Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht: Eine Studie zu Rechtsrahmen und Kontrolle nichtstaatlicher Streitentscheidung im Verwaltungsrecht [1 ed.] 9783428543205, 9783428143207

Die Untersuchung thematisiert die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht. »Echte« Schiedsgerichte führen im öffentli

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Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht: Eine Studie zu Rechtsrahmen und Kontrolle nichtstaatlicher Streitentscheidung im Verwaltungsrecht [1 ed.]
 9783428543205, 9783428143207

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1262

Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht Eine Studie zu Rechtsrahmen und Kontrolle nichtstaatlicher Streitentscheidung im Verwaltungsrecht

Von Kaspar Henrik Möller

Duncker & Humblot · Berlin

KASPAR HENRIK MÖLLER

Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1262

Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht Eine Studie zu Rechtsrahmen und Kontrolle nichtstaatlicher Streitentscheidung im Verwaltungsrecht

Von Kaspar Henrik Möller

Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät für Rechtswissenschaften der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Jahre 2013 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-14320-7 (Print) ISBN 978-3-428-54320-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-84320-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Dem Andenken an Dieter Möller (1948–1993) Der Zukunft von Liv Grete und Anni Luise

Vorwort Diese Arbeit entstand während meiner Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Verwaltungslehre an der Universität Hamburg. Sie wurde im September 2013 von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg als Dissertation angenommen und befindet sich auf dem Stand ihrer Einreichung. Ich danke Prof. Dr. Ulrich Ramsauer für die inhaltliche Freiheit bei der Wahl eines Promotionsthemas sowie für die konstruktive und kritische Begleitung meiner Arbeit. Prof. Dr. Hans-Heinrich Trute sei für die zeitnahe Erstellung des hilfreichen Zweitvotums gedankt. Dem Bundesministerium des Innern danke ich für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Ebenso danke ich meinen Kolleginnen und Kollegen am Seminar für Verwaltungslehre, Dr. Dirk Bernhardt, Mirja Storck, Sönke Knickmeier und Barbara­ Görnandt, für freundschaftliche und gute Zusammenarbeit. Ohne die inhaltliche Auseinandersetzung mit Henning Jensen, dessen differenzierte und präzise Denkweise ich sehr zu schätzen gelernt habe, wäre das Verfassen dieser Arbeit weniger erbaulich gewesen. Die wissenschaftliche Neugier und Disziplin meines Freundes Dr. med. Hendrik Witt vom DKFZ Heidelberg hat mich stets beeindruckt und motiviert. Besonderen Dank schulde ich meiner Familie: Meiner Schwester Almut für die kritische und kenntnisreiche Durchsicht des Manuskripts, meiner Mutter Karola und meiner Schwester Stephanie für Rückhalt und Rückzugsmöglichkeiten. Meine Frau Julia unterstützt mich selbstlos und geduldig, mit Nachsicht und Zuspruch. Ihr schulde ich mehr Dank, als Zeilen es auszudrücken vermögen. Diese Arbeit ist dem Andenken meines Vaters Dieter Möller gewidmet. Sie hätte ihn mit Stolz erfüllt. Gleichermaßen widme ich sie der Zukunft meiner Töchter Anni Luise und Liv Grete. Vergangenheit und Zukunft gehören zusammen. Ohne beide wäre die Gegenwart Nichts. Henrik Möller

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht: Eine Bestandsaufnahme . . . 20 Teil 2: Regulierung der Schiedsgerichtsbarkeit: Rechtsrahmen und Kontrolle . . . . . . . . 41 Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . 48 Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 134 Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Teil 6: Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . 207 Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Teil 1

Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht: Eine Bestandsaufnahme

20

A. Begriffsbildung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Allgemeiner Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht . . . . . . . . . 21 II. Begriffsbestimmung anhand internationaler Schiedsgerichtsübereinkommen . . . 23 III. Eigene Arbeitshypothese: Übertragbarkeit des zivilprozessrechtlichen Begriffs . 24 IV. Strukturmerkmale der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Schiedsvereinbarung: Inhalt, Wirkung, Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Durchführung des Schiedsverfahrens: Schiedsgericht und Schiedsverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3. Wirkungen des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 B. Erscheinungsformen „echter“ und „unechter“ Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht 30 I. Echte Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Unechte Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Schiedsgerichtsbarkeit im System außergerichtlicher Streitbeilegung . . . . . . . . . . . . 34 I. Entstehungsbedingungen außergerichtlicher Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Systematisierungsversuche alternativer Konfliktlösungsmechanismen . . . . . . . . 36 III. Dreistufiges Modell der Konfliktlösung: Verhandlung – Streitbeilegung – Streitentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Teil 2

Regulierung der Schiedsgerichtsbarkeit: Rechtsrahmen und Kontrolle

41

A. Regulierungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 B. Regulierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

12

Inhaltsverzeichnis I. Bereitstellungsfunktion des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Schaffung von Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Kontrolle nichtstaatlicher Schiedsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Teil 3

Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit

48

A. Grundrechtliche Basis der Schiedsgerichtsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht? . . . 51 I. Privatautonomie und Schiedsgerichtsbarkeit im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 II. Privatautonomie und Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . 54 1. Vertragsabschlusskompetenz der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2. Verwaltungsrechtliche Vertragsfreiheit Privater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 III. Gewährleistung der Schiedsgerichtsbarkeit durch Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . 59 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 B. Staatsorganisationsrechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Schiedsgerichtsbarkeit und staatliche Souveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 II. Schiedsgerichtsbarkeit und staatliches Rechtsprechungsmonopol . . . . . . . . . . . . 65 1. Rechtsprechungsbegriff des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Formeller Rechtsprechungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Materielle Rechtsprechungsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 c) Funktionaler Rechtsprechungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Richter im Sinne des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3. Reichweite des Rechtsprechungsmonopols aus Art. 92 GG . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Historisch: Primat staatlicher Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Ratio: Konkretisierung des Gewaltenteilungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . 80 III. Schiedsgerichtsbarkeit und Gerichtsöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Gerichtsöffentlichkeit als Verfassungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. Gerichtsöffentlichkeit als Mittel parlamentarischer Kontrolle . . . . . . . . . . . . 90 3. Gerichtsöffentlichkeit als Element des Konzepts der „informierten Öffentlichkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 IV. Schiedsgerichtsbarkeit und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Gerichtliche Kontrolle als Sicherung der Gesetzesbindung der Verwaltung . . 95 a) Gesetzesbindung der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Lockerungen und Durchbrechungen der Gesetzesbindung der Verwaltung 96 c) Gerichtliche Kontrolle der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2. „Vertiefte“ Lockerung der Rechtsbindung durch Schiedsgerichtsbarkeit? . . . 100

Inhaltsverzeichnis

13

C. Schiedsgerichtsbarkeit und (Grund-)Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 I. Allgemeiner Justizgewährungsanspruch und Rechtsweggarantie . . . . . . . . . . . . 105 1. Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit durch Art. 19 Abs. 4 GG? . . . . . . . . . 106 2. Voraussetzungen eines Verzichts auf Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Freiwilligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Erkennbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3. Erfüllung des Anspruchs auf Justizgewährung durch Schiedsgerichte . . . . . . 115 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 II. Verfahrensgrundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Gesetzlicher Richter, Art. 101 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 III. Richtervorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 D. Unionsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Unionsrechtliche Zulassung der verwaltungsrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit 122 1. Europäisches Primärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Europäisches Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 II. Unionsrechtliche Anforderungen an Schiedsgerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 126 1. Die Pflicht der Schiedsgerichte zur Anwendung des Unionsrechts . . . . . . . . 127 2. Die Pflicht zur Beachtung der Vorgaben aus Art. 6 EMRK . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Vorlageberechtigung der Schiedsgerichte nach Art. 267 AEUV . . . . . . . . . . . 130 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

Teil 4

Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit

134

A. Anwendbarkeit der Schiedsverfahrensregelungen nach § 173 S. 1 VwGO . . . . . . . . . 135 B. Angepasstes verwaltungsrechtliches Schiedsverfahrensrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung . . . . . . . . . . 138 I. Entstehung des aktuellen Schiedsverfahrensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 II. Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Schiedsvereinbarung als verwaltungsrechtlicher Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Besondere verwaltungsrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . 143 a) Die Schiedsfähigkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten . . . . . . 143 aa) Vergleichsbefugnis als zentrale Voraussetzung der Schiedsfähigkeit . 144 bb) Vertragsformverbote als „echte“ Grenze der Schiedsfähigkeit . . . . . . 146 cc) Die Bedeutung von Vertragsinhaltsverboten für die Schiedsfähigkeit 147

14

Inhaltsverzeichnis dd) Beispiele nicht schiedsfähiger Konflikte im Verwaltungsrecht . . . . . . 150 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 b) Sicherung der Erkennbarkeit: Bestimmtheitserfordernis . . . . . . . . . . . . . . 152 c) Sicherung der Freiwilligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3. Form der Schiedsvereinbarung (§ 1031 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 4. Wirkung der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 5. Schiedsvereinbarungen in multipolaren Konflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 III. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 IV. Schiedsspruch und Verfahrensbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Materielles Schiedsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Verfahrensbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 V. Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Teil 5

Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

182

A. Begriff der Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 B. Erforderlichkeit staatlicher Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 I. Kontrolle als regulatorische Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 II. Kontrolle zu Gunsten des Kontrollierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 C. Spannungsverhältnis: Kontrolle vs. Autonomie der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . 185 D. Das schiedsverfahrensrechtliche Kontrollsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 I. Kontrolle der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Isolierter Feststellungsantrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 2. Wirksamkeitskontrolle der Schiedsvereinbarung nach § 1032 Abs. 1 ZPO . . 188 3. Letztentscheidungskompetenz der staatlichen Gerichte über die Zuständigkeit, § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 4. Befangenheitskontrolle der Schiedsrichter nach § 1037 Abs. 3 ZPO . . . . . . . 190 5. Vollständige Gültigkeitskontrolle einer Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . 190 II. Kontrolle des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Aufhebungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Fehlende Schiedsfähigkeit und Schiedsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Fehlerhaftes Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Fehlerhafter Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

Inhaltsverzeichnis

15

aa) Beschränkung auf „Ordre-public“-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 bb) Nichtigkeitsregelungen als verwaltungsrechtlicher „ordre public“ . . . 196 E. Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit über Informationsfreiheitsgesetze . . . . . . . . . . 197 I. Berechtigung, Verpflichtung und Inhalt des allgemeinen Informationsanspruchs . 199 II. Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Öffentliche Belange im Sinne von § 3 IFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Private Belange im Sinne von § 6 IFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 III. Hinreichende mittelbare Kontrolle über Informationsfreiheitsrechte . . . . . . . . . . 204 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Teil 6

Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht

207

A. Chancen der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 B. Risiken der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 C. Potentielle Anwendungsbereiche echter Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 I. Schiedsgerichtsbarkeit im Hochschulrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 II. Schiedsgerichtsbarkeit in städtebaulichen Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 III. Schiedsgerichtsbarkeit in koordinationsrechtlichen Rechtsverhältnissen . . . . . . . 219 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

Einleitung Schiedsgerichte sind als Instrument der Konfliktlösung im internationalen Wirtschaftsverkehr nicht mehr wegzudenken. Streitigkeiten mit transnationalem Bezug werden – belegt durch empirische Studien – vermehrt vor nichtstaatlichen Gerichten ausgetragen.1 Schiedsgerichten wird die Fähigkeit zugeschrieben, Konflikte zeitnah, mit hoher Sachkunde und geringen Verfahrenskosten zu entscheiden.2 Sie stellen damit im Zivilrecht eine echte Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit dar.3 Die Steigerung der Attraktivität des Schiedsstandorts Deutschland resultiert vor allem aus der Modernisierung und Harmonisierung des Schiedsverfahrensrechts im Jahre 1997.4 Im Zuge dieser Gesetzesnovellierung wurde mit § 173 S. 2 VwGO (jetzt § 173 S. 3 VwGO) eine Regelung über die instanzielle Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bei der staatlichen Kontrolle schiedsgerichtlicher Entscheidungen in die VwGO integriert. Die Vorschrift entspricht der gesetzgeberischen Überzeugung, Schiedsgerichte böten auch im Verwaltungsrecht ein der staatlichen Gerichtsbarkeit entsprechendes Rechtsschutzniveau.5 In der Praxis haben sie jedoch bisher wenig Relevanz erlangt. So erscheint die Perspektive eines zivilrechtlichen Schiedsverfahrensrechtlers zutreffend: „Die Novellierung des Schiedsverfahrensrechts ermöglicht es zwar, die verwaltungsgerichtliche Schiedsgerichtsbarkeit erheblich auszudehnen. Sie ist jedoch bisher sowohl an der verwaltungsrechtlichen Literatur als auch an der Verwaltungspraxis ‚abgeperlt‘.“6

1 Hoffmann, Schiedsgerichte als Gewinner der Globalisierung? – Eine empirische Analyse zur Bedeutung staatlicher und privater Gerichtsbarkeit für den internationalen Handel, SchiedsVZ 2010, 96. So auch der Befund unter dem – aus einer juristischen Perspektive missverständlich – titulierten Beitrag „Lieber zum Schlichter als zum Richter“, FAZ vom 21.11.2012, S. 21. 2 Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 41, Rn. 1; Schlosser, in: Stein/Jonas, Vor § 1025 Rn. 1; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 3 Rn. 119 ff, 133; Zypries, Zur Rolle der Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland, SchiedsVZ 2009, 1; Died­ rich, Grundlagen der Schiedsgerichtsbarkeit, JuS 1998, 156 (165). Differenziert: Münch, in:­ MüchKomm-ZPO, Vor § 1025 Rn. 51 ff.; Lögering, Die Eignung schiedsgerichtlicher Verfahren zur Lösung baurechtlicher Konflikte, ZfBR 2010, 14 (17); Semler, Schnelligkeit und Wirtschaftlichkeit in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2009, 149. 3 Zur „Alternativfunktion“ privater Schiedsgerichte vgl. Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 14; Böckenstiegel, Die Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland – Standort und Stellenwert, SchiedsVZ 2009, S. 3. 4 Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12.1997, BGBl. I, S. 3224. 5 Insofern auch eindeutig die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 13/5724, S. 34. 6 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 1 Rn. 14.

18

Einleitung

Immerhin kündigen jüngere Rechtsentwicklungen im Sozialrecht, das der außergerichtlichen Konfliktlösung mittels Schiedsstellen im besonderen Maße zugänglich ist,7 sowie vereinzelte, viel beachtete Schiedsverfahren mit starkem öffentlich-rechtlichen Bezug, von der Existenz der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht: So wird der Streit um Schadensersatzzahlungen in Folge des verzögerten Starts des deutschen Maut-Systems zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Konsortium um Toll Collect vor einem Schiedsgericht ausgetragen.8 Ebenso hatte die Betrauung eines internationalen Schiedsgerichts in einem Rechtsstreit zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Energieversorger Vattenfall auch maßgeblichen Einfluss auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren.9 Gleichwohl begegnet die Rechtswissenschaft der öffentlich-rechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit mit Skepsis. Jedenfalls in verfassungsrechtlicher Perspektive werden Bedenken gegen die Geheimhaltungstendenzen der Verwaltung geltend gemacht, die durch Schiedsvereinbarungen begünstigt werden.10 In der Staatslehre werden grundsätzliche Vorbehalte privater Entscheidungsmacht gegenüber staatlichen Institutionen formuliert.11 Dabei gibt es durchaus Bedarf für nichtstaatliche Streitentscheidung. Sei es aufgrund der immer noch langen Dauer von Verfahren vor Verwaltungsgerichten, sei es wegen der Spezialisierung und Differenzierung des Verwaltungsrechts, die spezifische Sachkenntnis bei einer Vielzahl von Entscheidungen erfordert, sei es wegen der höheren Akzeptanz einer Entscheidung durch gemeinsam vereinbarte Schiedsrichter: Motive der Streitparteien für eine schiedsgerichtliche Streitentscheidung existieren auch im Verwaltungsrecht. Die vorliegende Arbeit versucht eine kritische Bestandsaufnahme des Rechtsrahmens der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht. Sie soll die Annahme bestätigen, dass grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht nicht bestehen. Allerdings erfordert die Spezifik der Interaktion zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung und Privaten verwaltungsrechtliche Modifikationen des Schiedsverfahrensrechts nach Maßgabe der §§ 1025 ff. ZPO. Vor diesem Hintergrund sollen Anwendungsfelder aufgezeigt werden, die für die Betrauung von Schiedsgerichten im besonderen Maße geeignet erscheinen. 7

Vgl. dazu Felix, Schiedsstellen im Sozialrecht – geeignete Instrumente der Streitschlichtung?, S. 319 ff. 8 Zur Entscheidung über die Ablehnung eines Schiedsrichters wegen Befangenheit VG Berlin, NJOZ 2010, 2721. 9 Tams, Internationales Wirtschaftsrechts als Grenze deutscher Umweltpolitik – Anmerkungen zum Rechtsstreit Vattenfall gegen Deutschland, NordÖR 2010, 329. 10 So etwa Wolff, Grenze der Heimlichkeit – Nicht-öffentliche Schiedsverfahren mit Beteiligung der öffentlichen Hand am Maßstab des Verfassungsrechts, NVwZ 2012, S. 205 ff. 11 Herzog, in: Maunz/Dürig (1993), Art. 92 Rn. 158.

Einleitung

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Der Untersuchung wird eine Regulierungsperspektive zu Grunde gelegt. Zwar ist die Entscheidung eines rechtlichen Konflikts alles andere als ein klassisches Anwendungsfeld hoheitlicher Regulierung. Gleichwohl ist der Schiedsspruch eine Dienstleistung. Private stellen ihre Sachkunde zur Verfügung, um im Auftrag von Dritten einen Streitentscheid zu produzieren. Sie treten damit in Wettbewerb zu den staatlichen Gerichten als „ursprünglichen“ Streitentscheidern. Gleichzeitig wird ein Wettbewerb zwischen möglichen Anbietern von Schiedsentscheidungen initiiert. Das Schiedsverfahrensrecht erfüllt insoweit eine Doppelfunktion. Es soll die Rahmenbedingungen zur nichtstaatlichen Streitentscheidung bereitstellen und die spezifische Gemeinwohlverpflichtung des öffentlichen Rechts und der öffentlichen Verwaltung sichern. Das Schiedsverfahrensrecht muss mithin Instrumente zur Verfügung stellen, die eine „Flucht“ in die Schiedsgerichtsbarkeit zu Lasten der Gemeinwohlsicherung verhindern. Die somit skizzierten Ziele der vorliegenden Arbeit sollen in sechs Abschnitten erreicht werden. Zunächst erfolgt eine Bestandsaufnahme der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht. Sie umfasst neben dem empirischen Befund eine Einordnung der Schiedsgerichtsbarkeit in das System nichtstaatlicher Streitbeilegungsmechanismen im Verwaltungsrecht (Teil 1). Einer Präzisierung des regulatorischen Ansatzes, der im Wesentlichen auf die Bereitstellungsfunktion des Rechts und die Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit durch staatliche Gerichte zugeschnitten ist (Teil 2), folgt eine Darstellung des verfassungsrechtlichen Rahmens der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht. Eine sorgfältige Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulassung der verwaltungsrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit scheint geboten, weil diese sowohl in der „klassischen“ Perspektive der Staatslehre als auch in modernen, den Transparenzgedanken betonenden Ansätzen in Frage gestellt wird (Teil 3). Alsdann wird die Spezifik des Schiedsverfahrensrechts in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten dargestellt. Intendiert ist dabei keine Kommentierung der Schiedsverfahrensregelungen in verwaltungsrechtlicher Perspektive. Der Versuch einer vollständigen Darstellung bleibt Anderen vorbehalten.12 Es sollen jedoch Modifikationen des Schiedsverfahrensrechts im Verwaltungsrecht vor dem Hintergrund verfassungsrechtlicher Vorgaben aufgezeigt werden (Teil 4). Ein eigener Abschnitt wird der Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit durch staatliche Gerichte eingeräumt. Es wird zu zeigen sein, dass eine Ordrepublic-Kontrolle der schiedsrichterlichen Entscheidung nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO im Verwaltungsrecht an der Nichtigkeitsprüfung einer Verwaltungsentscheidung nach Maßgabe der §§ 44, 59 VwVfG zu orientieren ist. Daneben bewirkt die Informationsfreiheitsgesetzgebung eine mittelbare Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit (Teil 5). Abschließend werden Chancen und Risiken der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht diskutiert und ein Ausblick gewagt, in welchen verwaltungsrechtlichen Rechtsbeziehungen positive Bedingungen für die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht bestehen (Teil 6). 12

Vgl. dazu etwa Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht.

Teil 1

Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht: Eine Bestandsaufnahme Zu Beginn der Untersuchung steht eine Bestandsaufnahme der echten Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht. Sie wird zeigen, dass Erscheinungsformen schiedsrichterlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht einen festen Platz eingenommen haben. Allerdings überwiegt in der Verwaltungspraxis die „unechte“, aufgrund gesetzlicher Anordnung konstituierte Schiedsgerichtsbarkeit.1 „Echte“ Schiedsgerichte, also allein durch Parteivereinbarung begründete Schiedsgerichte, sind hingegen selten.2 Notwendigerweise hat der Bestandsaufnahme eine Begriffsbestimmung voranzugehen. Denn erst auf der Grundlage einer begrifflichen Präzisierung ist es möglich, echte schiedsgerichtliche Entscheidungen von sonstigen Konfliktlösungsmechanismen zu unterscheiden. Diesbezüglich ist festzustellen, dass sich ein tragfähiger Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht – trotz verschiedener Ansätze seiner Bestimmung – noch nicht herausgebildet hat. Es soll gezeigt werden, dass die bisherigen Versuche einer Begriffsbestimmung, sei es der Bildung eines allgemeinen Begriffes der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht,3 sei es der Extrahierung eines Begriffes aus internationalen Schiedsübereinkommen,4 nicht zu überzeugen vermögen. Vorzugswürdig erscheint stattdessen die Übertragung des zivilprozessrechtlichen Begriffes der Schiedsgerichtsbarkeit auf das Verwaltungsrecht mit anschließender Überprüfung, inwieweit Besonderheiten aus der Spezifik des dem Schiedsstreit zu Grunde liegenden Verwaltungsrechtsverhältnisses resultieren.5 Anhand des Begriffes der Schiedsgerichtsbarkeit soll schließlich eine Abgrenzung zu anderen Erscheinungsformen der nichtstattlichen Entscheidungsfindung stattfinden und die Eigenschaft des Schiedsverfahrens als verbindliche und endgültige Entscheidung eines Konflikts herausgestellt werden.6

1

Zur Abgrenzung von „echter“ und „unechter“ Schiedsgerichtsbarkeit siehe Teil 1, B. Zu dem Befund vgl. Teil 1, B. I. 3 So maßgeblich Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S. 15 ff.; siehe unter Teil 1, A. I. 4 Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 5 ff, siehe unter Teil 1, A. II. 5 Siehe unter Teil 1, A. III. 6 Siehe unter Teil 1, C. 2

A. Begriffsbildung der Schiedsgerichtsbarkeit

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A. Begriffsbildung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht Wesentliches Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit ist eine Darstellung der Spezifika schiedsrichterlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht. Damit soll ein vollständiger Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit, inklusive der aus dem Verwaltungsrechtsverhältnis der Konfliktparteien resultierenden Besonderheiten, am Ende der Untersuchung stehen. Allerdings erfordert bereits die Bestimmung der verfassungsrechtlichen Determinanten schiedsgerichtlicher Entscheidungen eine hinreichende begriffliche Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands. Zudem ließe sich eine Abgrenzung der „echten“ Schiedsgerichtsbarkeit von der „unechten“ Schiedsgerichtsbarkeit sowie weiterer Instrumente der Streitbeilegung, beispielsweise der Mediation oder den Schiedsgutachen, ohne eine begriffliche Konkretisierung ex ante nicht vornehmen. Da ein eigenständiger verwaltungsrechtlicher Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit de lege lata nicht besteht, gilt es somit zunächst zu erörtern, welche grundlegenden Strukturmerkmale echter Schiedsgerichtsbarkeit begriffsbildend wirken. In der wissenschaftlichen Diskussion finden sich unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung eines Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit. Regelmäßig wird dabei von der Existenz eines „allgemeinen Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit“ ausgegangen.7 Neuerdings wird die Extrahierung eines Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit aus internationalen Schiedsgerichtsübereinkommen propagiert.8 In der Auseinandersetzung mit diesen Ansätzen gilt es zu zeigen, dass die Übertragung des zivilprozessrechtlichen Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit auf das Verwaltungsrecht – unter dem Vorbehalt ihrer Vereinbarkeit mit den öffentlich-rechtlichen Anforderungen – den Vorzug verdient.

I. Allgemeiner Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht Die älteren Schriften zur Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht gehen von der Bestimmbarkeit eines allgemeinen Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit aus.9 Nach Woltereck ist für eine valide begriffliche Konkretisierung „die Grund­ 7 Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S. 15 ff.; siehe unter Teil 1, A. I. 8 Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 5 ff. 9 Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S. 15 ff.; ähnlich und in Anlehnung dazu: Weidemann, Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Streitsachen, S. 28.

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

situation des Rechtslebens, aus der sich die Schiedsgerichtsbarkeit entwickelt hat“ maßgeblich.10 Die Entstehungsbedingungen der Schiedsgerichtsbarkeit und ihre praktischen Anwendungsfelder werden damit für die systematische Erfassung der Institution Schiedsgerichtsbarkeit nutzbar gemacht. Prägend seien für die Schiedsgerichtsbarkeit vor allen das Bedürfnis der Streitparteien, die Streitigkeit von einer nichtstaatlichen Instanz entscheiden zu lassen und die Anerkennung des Schiedsspruchs durch die Rechtsordnung.11 Folglich sind Schiedsgerichte nach Woltereck nichthoheitliche Instanzen, die aufgrund einer Bestellung der Streitparteien zur Streitentscheidung berufen sind, deren Spruch dem staatlichen Urteil gleichgestellt und von der Rechtsordnung anerkannt wird. „Verwaltungsrechtlich“ sind Schiedsgerichte, die mit der Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitsachen betraut sind.12 Dieser Versuch einer funktionalen Begriffsbestimmung anhand der Erwartungen der Akteure und jenseits der rechtlichen Normierung erscheint für eine präzise Begriffsbildung nicht geeignet. Zwar mögen die Motive der Streitpartien für das „Ob“ und „Wie“ der Institutionalisierung eines Konfliktschlichtungsmodells von Bedeutung sein. Eine Kenntnis der Gründe ihres Entstehens kann zudem dem Verständnis ihrer Funktionsweise dienen. Insoweit beinhaltet der „allgemeine Begriff“ auch schon wesentliche Elemente des später zu konkretisierenden Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist gleichwohl aus theoretischer Perspektive als Institution und somit als Summe verbindlicher Regeln, die sich wiederholende Interaktionssituationen strukturieren und mit einem Durchsetzungsmechanismus bewehrt sind, zu begreifen.13 In diesem Sinne sind Institutionen immer normgeprägt und besitzen dementsprechend keine eigene Natur, kein eigenes Wesen oder „natürliche“ Eigenschaften, die abstrakt durch einen allgemeinen Begriff beschrieben werden könnten. Für eine Begriffsbildung müssen insofern die prägenden Regelungen einer Institution herangezogen werden. Die Motive der Beteiligten, bestimmte Strukturen zu schaffen, können als Indiz für ihre Wesentlichkeit hinzugezogen werden. Als Ausgangspunkt für eine systematische Begriffsbildung scheiden sie jedoch aus. Dies scheint dem Grunde nach bei der Begriffsbestimmung durch Woltereck auch anzuklingen, wenn dargelegt wird, dass erst die Anerkennung durch die 10

Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S. 17. 11 Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S.  17 ff. 12 Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S. 28. 13 Begriff bei Voigt, Institutionenökonomik, S. 27; in Anlehnung an Ostrom, An agenda for the study of institutions, Public Choice, 1986, S. 3 (5). Einführend zur Institutionenökonomik in der Verwaltungswissenschaft: Sackofsky, Anreize, in: GVwR II, § 40 Rn. 39 ff.

A. Begriffsbildung der Schiedsgerichtsbarkeit

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Rechtsordnung die Verkehrsfähigkeit der Schiedsgerichte bedinge.14 Die Beschreibung, in welcher Form, also unter welchen Voraussetzungen und Wirkungen die Rechtsordnung die Schiedsgerichtsbarkeit zulässt, wird aber im Rahmen der Begriffsbestimmung offen gelassen.

II. Begriffsbestimmung anhand internationaler Schiedsgerichtsübereinkommen Einen weiteren Versuch der Begriffsbildung unternimmt Stumpf.15 Er schlägt die Ableitung eines Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit aus internationalen Rechts­ texten, namentlich den völkerrechtlichen Übereinkommen über die Schiedsgerichtsbarkeit, vor.16 Diese Herangehensweise begründet Stumpf damit, dass dadurch eine rechtliche Anknüpfung der Begriffsbestimmung gewährleistet werden solle, ohne zugleich die zivilprozessrechtliche Definition der Schiedsgerichtsbarkeit zu verwenden. Sein Erkenntnisinteresse bestehe darin, die Übertragbarkeit der zivilrechtlichen Systematik der Schiedsgerichtsbarkeit auf das Verwaltungsrecht zu erörtern. Die Verwendung der zivilrechtlichen Begrifflichkeit würde das Untersuchungsergebnis in unzulässiger Weise vorwegnehmen.17 Im Ergebnis lasse sich den internationalen Verträgen zur Schiedsgerichtsbarkeit entnehmen, dass Schiedsgerichte Institutionen sind, die Rechtsstreitigkeiten aufgrund einer ihnen von den Parteien autonom verliehenen Entscheidungskompetenz entscheiden.18 Der von Stumpf verwendete Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit unterscheidet sich im Ergebnis nicht wesentlich von dem zivilprozessualen Begriff des Schiedsgerichts.19 Der Umstand hängt mit der Entstehung der schiedsverfahrensrechtlichen Regelungen in der ZPO zusammen: Diese sind maßgeblich auf das von 14 Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S. 20. 15 Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 5 ff. 16 Stumpf, Alternative Streitbeilegung, S. 5 ff. Zur Extrahierung des Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit werden verwendet: Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln (1923); Genfer Protokoll zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (1927); New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (1958); Europäisches Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit (1961); Welt-Bank-Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (1965). Zur Bedeutung der internationalen Verträge für die Ausbildung des Schiedsverfahrensrechts Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 41 Rn. 2 ff. 17 Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 5. 18 Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 10. 19 Zum Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit nach Maßgabe der ZPO vgl. sogleich unter Teil 1, A. III. und IV.

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

den Vereinten Nationen verabschiedete und den Mitgliedsstaaten zur Übernahme empfohlene UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit zurückzuführen.20 Die Regelungen der ZPO sind daher Ausdruck der internationalen Rechtsvereinheitlichung und -harmonisierung im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit. Die Ähnlichkeit von Begriffsextraktionen aus deutschem und internationalem Recht liegt daher nahe. Aus methodischer Sicht ist die begriffsbildende Verwendung internationaler Rechtstexte zur Vermeidung einer Vorwegnahme des Untersuchungsergebnisses allerdings nicht überzeugend. Denn bei Lichte betrachtet handelt es sich bei den von Stumpf formulierten Bedenken um ein logisches Scheinproblem: Sein Einwand ließe sich dahingehend konkretisieren, die Zugrundelegung des zivilrechtlichen Begriffs würde eine Prämisse bedeuten (Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht existieren in der Ausgestaltung durch die schiedsverfahrensrechtlichen Regelungen der ZPO) deren Gültigkeit (Anwendbarkeit der Regelungen des Schiedsverfahrensrechts im Verwaltungsrecht) sich im Zuge der Untersuchung als falsch herausstellen könnte. Ein logisches Gebot, wahre Prämissen zur Grundlage einer Untersuchung zu machen, besteht allerdings nicht. Vielmehr handelt es sich um ein methodisch einwandfreies Vorgehen, wenn eine Prämisse aufgestellt wird, deren Tragfähigkeit im Laufe der Untersuchung auf den Prüfstand gestellt wird. Dann kommt es allerdings darauf an, die Unsicherheit der Prämisse in die Fragestellung mit aufzunehmen. Zulässig wäre ohne weiteres die Frage, ob schiedsgerichtliche Entscheidungen in ihrer rechtlichen Ausgestaltung durch die ZPO nach den Vorgaben des Grundgesetzes auch im Verwaltungsrecht zulässig seien. Schließlich ist zu bemerken, dass die Extrahierung eines Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit aus internationalen Rechtstexten selbstverständlich nicht von der Notwendigkeit entbindet, eine Überprüfung des derartig beschriebenen Rahmens anhand der verfassungsrechtlichen Vorgaben vorzunehmen.

III. Eigene Arbeitshypothese: Übertragbarkeit des zivilprozessrechtlichen Begriffs Die Zugrundelegung des zivilprozessrechtlichen Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit für die Frage der Zulässigkeit schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht erscheint aus unterschiedlichen Gründen für die vorliegende Untersuchung vorteilhaft. Zum einen bietet die ZPO einen geschlossenen und ausdifferenzierten Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit, so dass die Frage der Zulässigkeit schiedsrich 20

Vgl. zu den Entstehungsbedingungen des geltenden Schiedsverfahrensrechts Teil 4, C. I.

A. Begriffsbildung der Schiedsgerichtsbarkeit

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terlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht nicht anhand hypothetischer Umsetzungsmöglichkeiten erörtert werden muss, sondern anhand eines existenten Rechtsrahmens erfolgen kann. Damit wird zum anderen die Frage der Zulässigkeit verwaltungsrechtlicher Schiedsgerichtsbarkeit nicht auf ein „Ja“ oder „Nein“ reduziert, die zumindest in älteren Untersuchungen die zentrale Rolle spielt.21 Vielmehr wird der Blick auf eine Detailanalyse der Übertragbarkeit der einzelnen Vorschriften zur Ausgestaltung schiedsrichterlicher Kompetenz und zum Verfahren in das Verwaltungsrecht gelenkt. Schließlich basiert diese Vorgehensweise auf der Überzeugung, die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht unterscheide sich zunächst allein aufgrund des Gegenstandes schiedsrichterlicher Entscheidung von der Schiedsgerichtsbarkeit in sonstigen Angelegenheiten. Verwaltungsrechtliche Schiedsgerichte entscheiden öffentliche-rechtlich Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 VwGO. Zwar resultieren aus dem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zwischen den Streitparteien im Einzelnen Abweichungen von den Regelungen des §§ 1025 ff ZPO.22 Gleichwohl sind die Essentialia der Schiedsgerichtsbarkeit – die auf einer Vereinbarung beruhende verbindliche Streitentscheidung durch nichtstaatliche Spruchkörper – identisch.23 Im Übrigen geht diese Überlegung konform mit der gesetzgeberischen Intention, im Zuge der Novellierung des Schiedsverfahrensrechts in §§ 1025 ff. ZPO auch die Verwaltungsgerichtsordnung in § 173 S. 2 VwGO (jetzt § 173 S. 3 VwGO) zu ändern und damit einerseits die Anwendbarkeit der §§ 1025 ZPO ff. im Verwaltungsrecht deutlich werden zu lassen, andererseits die notwendigen Anpassungen vorzunehmen.24 Die verwaltungsprozessrechtliche Literatur geht von der Übertragbarkeit der Regelungen der ZPO und von der Möglichkeit der Begriffsverwendung unter Rückgriff auf die Verweisungsnorm des § 173 VwGO überwiegend aus.25 Die Praxis scheint sich dieser Auffassung anzuschließen.26 Schließlich sei insoweit erneut klarstellend erwähnt, dass der Verwendung des zivilprozessualen Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit keine Aussage darüber zu entnehmen ist, in welcher Form Schiedsgerichte nach Maßgabe des Grundgeset 21 Weidemann, Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten, S. 44 ff., S.  96 ff.; Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S. 81 ff. 22 Zur verwaltungsrechtlichen Konkretisierung des Schiedsverfahrensrecht vgl. Teil 4. C. 23 Siehe zu den Strukturmerkmalen der Schiedsgerichtsbarkeit vgl. Teil 1 A. IV. 24 Änderung des § 173 S. 2 VwGO (jetzt § 173 S. 3) durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12.1997 (BGBl. I, S. 3224). Zur Anwendbarkeit der §§ 1025 ZPO im verwaltungsrechtlichen Schiedsverfahren eindeutig die Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrucks. 13/5724, S. 34. 25 Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, § 173 Rn. 316; Kopp/Schenke, § 40 Rn. 56; Heck­ mann, in: Sodan/Ziekow, § 168 Rn. 59; Schoch, Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: GVwR III, § 50 Rn. 406. 26 VG Berlin, NJOZ 2010, 2721 f. (Ablehnung eines Schiedsrichters – Toll Collect).

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

zes im Verwaltungsrecht mit Streitentscheidungen betraut werden können und ob spezifische Modifikationen zwingend sind.27 Dies ist erst vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Determinanten zu untersuchen.

IV. Strukturmerkmale der Schiedsgerichtsbarkeit Wurde somit verdeutlicht, aufgrund welcher Überlegungen eine Übertragung des zivilprozessrechtlichen Begriffs der Schiedsgerichtsbarkeit als Prämisse der Untersuchung dienen soll, geht es im Folgenden zunächst darum, die Essentialia der Schiedsgerichtsbarkeit nach Maßgabe der ZPO unter Berücksichtigung der verwaltungsrechtlichen Besonderheiten aufzuzeigen. Dabei ist eine Beschränkung auf diejenigen Vorschriften vorzunehmen, die das Grundgerüst der Institution Schiedsgerichtsbarkeit bilden. Ein solcher Auswahlprozess begründet zwar die Gefahr subjektiver Selektivität. Ein in sich geschlossener Grundriss der Schiedsgerichtsbarkeit ist an dieser Stelle der Untersuchung jedoch nicht intendiert. Es sollen zunächst diejenigen Grundsätze des Schiedsverfahrensrechts aufgezeigt werden, welche die spezifischen Besonderheiten dieser Form nichtstaatlicher Streitbeilegung begründen und damit als Abgrenzungskriterien dienen können. Eine Detailanalyse soll sich der Diskussion der verfassungsrechtlichen Vorgaben anschließen.28 1. Schiedsvereinbarung: Inhalt, Wirkung, Wirksamkeit „Herzstück“ des Schiedsverfahrensrechts ist die Schiedsvereinbarung.29 Sie ist gemäß § 1029 ZPO ein Vertrag zwischen den Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. Mit Abschluss der Schiedsvereinbarung werden die von ihr erfassten Streitigkeiten den staatlichen Gerichten entzogen.30 Denn eine Hauptwirkung der Schiedsvereinbarung ist die Begründung einer prozesshindernden Einrede der beklagten Partei. § 1032 Abs. 1 ZPO erklärt die entgegen einer Schiedsvereinbarung erhobene Klage vor einem staatlichen Gericht für unzulässig.31

27 Zu den verfassungsrechtlichen Determinanten der echten Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht ausführlich Teil 3. 28 Siehe dazu Teil 4, C. 29 Habscheid, Das neue Recht der Schiedsgerichtsbarkeit, JZ 1998, S. 445 (447); Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 4. 30 Zum Umfang der Schiedsvereinbarung und der Möglichkeit ihrer Beschränkung: Schlos­ ser, in: Stein/Jonas, § 1029 Rn. 18. 31 Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1029 Rn. 93.

A. Begriffsbildung der Schiedsgerichtsbarkeit

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Im Verwaltungsrecht ist in Ansehung der häufig auftretenden multipolaren Rechtsverhältnisse zu beachten, dass ausschließlich diejenigen Parteien an den Ausschluss des staatlichen Rechtswegs gebunden sind, die sich mittels der Schiedsvereinbarung der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen haben. Es stellt sich insoweit die Frage, inwieweit sich multipolare Konflikte als schiedsfähig erweisen und der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen werden können.32 Die materielle Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung ist an die Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes geknüpft. Die objektive Schiedsfähigkeit bemisst sich nach § 1030 ZPO.33 Nach § 1030 Abs. 1 S. 1 ZPO sind alle vermögensrechtlichen, also auf Geld- oder Geldwert gerichteten Ansprüche, objektiv schiedsfähig. Nichtvermögensrechtliche Ansprüche sind nach § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO hingegen nur insoweit schiedsfähig, wie die Parteien über den Gegenstand einen Vergleich schließen können. Wesentliches Merkmal der objektiven Schiedsfähigkeit ist damit die materielle Verfügungsbefugnis über den Schiedsgegenstand. Im Verwaltungsrecht richtet sich die Verfügungsbefugnis aus der Sicht eines Hoheitsträgers nach den allgemeinen Zulässigkeitsregelungen über öffentlichrechtliche Verträge in den §§ 54 ff. VwVfG.34 Sie ist demnach formell daran geknüpft, dass der Verwaltungsträger im Rahmen seiner Zuständigkeit tätig wird.35 Darüber hinaus darf der Vergleichsgegenstand wegen des Vorbehalts entgegenstehender Vorschriften in § 54 S. 1 Hs. 2 VwVfG nicht in den Anwendungsbereich von Vertragsformverboten fallen. Nach der ausdrücklichen Anerkennung des subordinationsrechtlichen Vertrages in § 54 S. 2 VwVfG ist die Dispositionsbefugnis nicht auf Gleichordnungsverhältnisse beschränkt. Die Verwaltung kann damit auch in Bereichen Schiedsvereinbarungen treffen, die einer Regelung durch Verwaltungsakt zugänglich sind.36 Einer ausdrücklichen Zulassung von Schiedsvereinbarungen im Verwaltungsrecht bedarf es nicht.37 Die Vergleichsbefugnis der Privatpersonen ist hingegen an keine besonderen Voraussetzungen geknüpft. Private können über ihre Rechte regelmäßig – inner 32

Zu Schiedsvereinbarungen in multipolaren Konflikten vgl. Teil 4, C. II. 5.  Die subjektive Schiedsfähigkeit, also die konkrete Befähigung der Beteiligten, eine Schiedsvereinbarung abzuschließen, wird in der ZPO nicht (mehr) ausdrücklich normiert, Vgl. Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1030 Rn. 8. 34 Zur Behandlung der Schiedsvereinbarung als materieller verwaltungsrechtlicher Vertrag vgl. Teil 4, C. II. 1.; zur vertraglichen Basis der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht Loos, Die Schiedsgerichtsbarkeit in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 45 ff. 35 Dolderer, in: Sodan/Ziekow, § 106 Rn. 41. 36 Die ältere Rechtsprechung des BVerwG (BVerwG NJW 1959, 1985) nach der ein Schiedsvertrag nur dann geschlossen werden kann, wenn nicht Hoheitsakte den Gegenstand des Schiedsvertrages bilden, ist in dieser Stringenz angesichts der Regelung des § 54 S. 2 VwVfG nicht aufrecht zu erhalten sein. 37 Zur überkommenen so genannten „normativen“ Theorie der Gestattung von verwaltungsrechtlichen Verträgen vgl. Schmidt-Salzer, Tatsächlich ausgehandelter Verwaltungsakt, zweiseitiger Verwaltungsakt und verwaltungsrechtlicher Vertrag, VerwArch 62 (1971), S. 135 ff. 33

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

halb der Grenzen des Verzichts38 – frei disponieren und unterliegen auch im Verwaltungsrecht keinen spezifischen Bindungen.39 2. Durchführung des Schiedsverfahrens: Schiedsgericht und Schiedsverfahrensrecht Die Auswahl eines zuständigen Schiedsgerichts obliegt der Parteidisposition und wird in der Regel im Rahmen der Schiedsvereinbarung getroffen. Den Parteien steht es frei, ein sog. Ad-hoc-Schiedsgericht (Gelegenheitsschiedsgericht) oder ein institutionalisiertes Schiedsgericht mit der Entscheidung des Streits zu betrauen. Ad-hoc-Schiedsgerichte konstituieren sich erst dann, wenn die Streitigkeit akut wird und die Parteien Schiedsrichter benennen müssen.40 Sie stellen zwar den gesetzlichen Regelfall dar, in der Praxis überwiegt jedoch die Beauftragung institutionalisierter Schiedsgerichte.41 Institutionalisierte Schiedsgerichte sind regelmäßig unabhängigen Schiedsinstitutionen angeschlossen42, die eigene Schiedsordnungen, d. h. ein eigenes Schiedsverfahrensrecht bereithalten, mit einer eigenen Verwaltung ausgestattet sind und den Parteien bei der Administrierung des Verfahrens weit reichende Unterstützung zukommen lassen.43 Dadurch wird ein gesteigertes Maß an Verfahrenseffizienz und Professionalität garantiert.44 Der Grundsatz der Parteiherrschaft in der privaten Schiedsgerichtsbarkeit wird insbesondere durch die Regelungsbefugnis der Parteien hinsichtlich des anzuwendenden Schiedsverfahrensrechts und des materiellen Rechts deutlich. Gemäß § 1042 Abs. 3 ZPO bestimmen die Parteien das Verfahren und sind dabei lediglich 38

Zu den Voraussetzungen des Verzichts siehe Teil 3, C. I. 2. und Teil 4, C. II. 2. b) und c). Zur Unterscheidung der Verfügungsbefugnis zwischen Hoheitsträgern und Privaten im öffentlichen Recht, vgl. Franke, Der gerichtliche Vergleich im Verwaltungsprozess, 1996, S. 52; siehe auch: Teil 3, A. II. 40 Lörcher/Lörcher, Die Organisation eines Ad-Hoc-Schiedsverfahrens, SchiedsVZ 2005, 179; Hantke, Die Bildung des Schiedsgerichts, SchiedsVZ 2003, 269. 41 Zur Empirie der Schiedsgerichtsverfahren: Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. C, Rn. 103 ff. 42 Wichtigste deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit ist die DIS (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit). Bedeutendste internationale Schiedsinstitution ist die International Chamber of Commerce (ICC) bei der Internationalen Handelskammer in Paris. International bekannte Schiedsinstitutionen sind ferner die American Arbitration Association (AAA. und das International Centre for Dispute Resolution (ICDR). Übersichten zu Schiedsgerichtsinstitutionen findet sich bei Schütze, Institutionalisierte Schiedsgerichte, § 1 Rn. 30 ff.; Lach­ mann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 31 Rn, 2942 ff. 43 Schütze, Institutionalisierte Schiedsgerichte, § 1 Rn. 29. 44 Begriff und wesentliche Merkmale institutionalisierter Schiedsgerichte bei Schütze, Institutionelle Schiedsgerichte, (2005), Kap 1 Rn. 1 ff.; zu den Vor und Nachteilen der institutionalisierten (administrierten) Schiedsverfahren, vgl. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 31 Rn. 3042, 39

A. Begriffsbildung der Schiedsgerichtsbarkeit

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an zwingende Verfahrensregeln des am Schiedsort geltenden Schiedsverfahrensrechts gebunden (sogenannte lex fori arbitri).45 Zwingendes Verfahrensrecht, Gleichbehandlungsgrundsatz und Anspruch auf rechtliches Gehör, finden sich in § 1042 Abs. 1 ZPO. Die Frage, welches materielle Recht die Schiedsrichter bei ihrer Entscheidungsfindung zu Grunde zu legen haben, entfaltet besondere Bedeutung bei internationalen Schiedsvereinbarungen. Dort ist es regelmäßig fraglich, nach wessen nationaler Rechtsordnung die Streitigkeit entschieden werden soll.46 Die gesetzliche Regelung des § 1051 ZPO sieht vor, dass grundsätzlich die Streitparteien das anwendbare materielle Recht festlegen (Abs. 1). Subsidiär sind die Regelungen anzuwenden, die mit dem Gegenstand des Vertrags die engste Verbindung aufweisen (Abs. 2) und schließlich können die Parteien das Schiedsgericht zu einer Billigkeitsentscheidung jenseits positiver Regelungen ermächtigen (Abs. 3). Ob eine Dispositionsbefugnis der Streitparteien über das anwendbare Verfahrensrecht in verwaltungsrechtlichen Schiedsverfahren besteht und die Parteien insofern von Amtsermittlungsgrundsatz im Verwaltungsprozess abweichen können ist einer gesonderten Prüfung zu unterziehen.47 Gleiches gilt für die Vereinbarungen der Streitparteien hinsichtlich des anwendbaren materiellen Rechts.48 3. Wirkungen des Schiedsspruchs Die Attraktivität des Schiedsverfahrens hängt wesentlich davon ab, in welcher Form sein Ergebnis Anerkennung durch die Rechtsordnung findet. Die ZPO stellt den Schiedsspruch einem rechtskräftigen Urteil zwischen den Parteien gleich (§ 1055 ZPO, sog. Urteilswirkung). Das deutsche Schiedsverfahrensrecht sieht – anders als verschiedene Schiedsordnungen – keinen Instanzenzug vor.49 Damit tritt die formelle und materielle Rechtskraft des Schiedsspruchs mit Erfüllung der Voraussetzungen des § 1054 ZPO ein, d. h. im Wesentlichen mit Zugang eines schriftlichen und begründeten Schiedsspruchs bei den Parteien (§ 1054 Abs. 4 ZPO).50 Gegen Schiedssprüche bestehen keine Rechtsbehelfe, die staatliche Gerichte dazu ermächtigen, den Schiedsspruch einer vollständigen materiellen Überprü 45

Vgl. Horn, Zwingendes Recht in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2008, 209. 46 Anschaulich zur Problematik Schütze, Institutionalisierte Schiedsgerichte, § 8 Rn. 194. 47 Zum anwendbaren Prozessrecht im Schiedsverfahren siehe Teil 4, C. III. 48 Zum anwendbaren materiellen Recht im Schiedsverfahren siehe Teil 4 C. IV. 1. 49 Vgl. zum Instanzenzug im Schiedsverfahren Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22. Rn. 1 ff. 50 Voit, in: Musielak-ZPO, § 1055 Rn. 5; zu den Unterschieden der materiellen Rechtskraftwirkung zwischen Schiedsspruch und staatlichem Urteil vgl. Teil 4, C. IV. 2.

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

fung zu unterziehen. Im Schiedsverfahrensrecht ist nur eine staatliche Mindestkontrolle angelegt. § 1059 ZPO lässt einen auf Aufhebung des Schiedsspruchs gerichteten Antrag einer Schiedspartei vor staatlichen Gerichten zu, der innerhalb von drei Monaten nach Empfang des Schiedsspruches bei dem zuständigen Gericht eingereicht werden muss. Die möglichen Aufhebungsgründe sind in § 1059 ZPO abschließend normiert. Ein Aufhebungsantrag hat Erfolg, wenn der Schiedsspruch unter erheblichen prozessualen (z. B.Nichtgewährung rechtlichen Gehörs) oder materiellen Mängeln (Widerspruch zur öffentlichen Ordnung) leidet.51 Anders als ein gerichtliches Urteil ist der Schiedsspruch als solcher nicht vollstreckbar. Zu seiner Durchsetzung in der Zwangsvollstreckung bedarf es für inländische Schiedssprüche nach § 1061 ZPO einer Vollstreckungserklärung. Erst die Vollstreckungserklärung ist Vollstreckungstitel im Sinne von des §§ 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO. Die Vollstreckungserklärung ist ein Antragsverfahren, in dessen Rahmen das Gericht das Vorliegen von Aufhebungsgründen im Sinne des § 1059 ZPO prüft, wenn der Antragsgegner diese begründet geltend macht.52 4. Zwischenergebnis Unter Schiedsgerichtsbarkeit ist somit die verbindliche Streitentscheidung durch nichtstaatliche Spruchkörper oder einzelne Schiedsrichter zu verstehen, deren Entscheidungsmacht durch Parteivereinbarung begründet wird und deren Entscheidung einem gerichtlichen Urteil im Wesentlichen gleichgestellt ist. Der Schiedsspruch kann durch staatliche Gerichte für vollstreckbar erklärt werden und auf Antrag aufgehoben werden. Die Definition fasst insoweit die gesetzlich angelegten Strukturmerkmale der Schiedsgerichtsbarkeit zusammen. Die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht unterscheidet sich materiell zunächst allein aufgrund des Gegenstandes, der eine Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 VwGO darstellt, von der Schiedsgerichtsbarkeit im Zivilrecht.

B. Erscheinungsformen „echter“ und „unechter“ Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht Schiedsgerichte sind im Verwaltungsrecht bisher eher eine Randerscheinung. Gleichwohl werden Zuständigkeiten nichtgerichtlicher Spruchkörper in einigen Fachgesetzen begründet, in anderen (deklaratorisch) ermöglicht. Insoweit soll die Unterscheidung von vereinbarter „echter“ Schiedsgerichtsbarkeit und gesetzlich

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Zur Kontrolle der Schiedsentscheidung durch staatliche Gerichte siehe unten, Teil 5, D. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap 27, Rn. 1; Schlosser, in: Stein/Jonas, § 1060 Rn. 10. Vgl. Teil 4, C. V. 52

B. Erscheinungsformen „echter“ und „unechter“ Schiedsgerichte 

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angeordneter „unechter“ Schiedsgerichtsbarkeit53 an verwaltungsrechtlichen Erscheinungen verdeutlicht werden.

I. Echte Schiedsgerichtsbarkeit Echte Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht haben bis dato Seltenheitswert.54 Allerdings steht dieser Befund empirisch auf tönernen Füßen. Weder existieren dezidierte Untersuchungen zu Fallzahlen echter schiedsrichterlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht, noch zur Praxis von Schiedsvereinbarungen im Rahmen der vermehrt auftretenden Public Private Partnerships.55 Die Prognosen des Anstiegs der Bedeutung von Schiedsklauseln und in deren Folge der schiedsgerichtlichen Entscheidung finden insoweit noch keine Entsprechung in der verwaltungswissenschaftlichen Aufarbeitung des Themas. Von der Existenz echter Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht künden – soweit ersichtlich – allein ein Schiedsgerichtsurteil des OVG Berlin und der vor einem Schiedsgericht ausgetragene Streit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Betreibern des LKW-Mautsystems Toll Collect. Das OVG Berlin fungierte im Rahmen eines Bund-Länder-Abkommens über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für Bautechnik als Schiedsgericht und entschied über einzelne Aspekte der Finanzierung.56 Dass ein staatliches Gericht als Schiedsgericht installiert worden ist, kann Ausdruck sowohl des Vertrauens in die Verwaltungsgerichtsbarkeit als auch der Skepsis gegenüber privater Streitentscheidung angesehen werden. Zu beachten ist gleichwohl, dass das OVG nicht in seiner staatlichen Funktion tätig wurde, sondern die Entscheidungskompetenz aus der Vereinbarung der Vertragsparteien resultierte. Es handelte sich mithin um ein „echtes“ Schiedsurteil.

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Pietzner, in: Schoch/Schneider/Bier, §  168 Rn. 32; Heckmann, in: Sodan/Ziekow, § 168 Rn. 55; Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 19; Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vor § 1025 Rn. 2; BGHZ 128, 380 (383). Woltereck hat zutreffend festgestellt, dass die Bezeichnung „Schiedsgericht“ vom Gesetzgeber für unterschiedliche Institutionen gebracht wurde und die Rezeption des Begriffs im Grunde unkritisch erfolgt ist. Vgl. dazu Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S.  30 ff. 54 So auch Schill, Öffentlich-rechtliche Schiedsverfahren zwischen Risikobewältigung und Rechtsrisiko, DÖV 2010, S. 1013 f. 55 Zum Anstieg der Schiedsklauseln in Erschließungsverträgen: Loos, Die Schiedsgerichtsbarkeit in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 13, und sonstiger öffentlich-privater Partnerschaften: Schill, Öffentlich-rechtliche Schiedsverfahren, DÖV 2010, S. 1013 (1014). Ebenso: Wolff, Grenze der Heimlichkeit: Nicht-öffentliche Schiedsverfahren mit Beteiligung der öffentlichen Hand am Maßstab des Verfassungsrechts, NVwZ 2012, S. 205. 56 Die Schiedsentscheidung ist in der amtlichen Sammlung des OVG Berlin abgedruckt: OVG Berlin, OVGE 16, 256.

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

Gleiches gilt für die noch ausstehende Entscheidung in Sachen Toll Collect. Gegenstand des Schiedsverfahrens sind mögliche Schadensersatzansprüche des Bundes gegen das Betreiberkonsortium aufgrund der verzögerten Inbetriebnahme des Mautsystems.57 Dass auch dieses Schiedsverfahren bisher nicht als Prototyp gelungener außerstaatlicher Streitentscheidung fungieren kann, belegt die vor dem Verwaltungsgericht Berlin begehrte Feststellung der Befangenheit eines Schiedsrichters auf Betreiben des privaten Konsortiums.58 Ein weiteres Schiedsverfahren mit verwaltungsrechtlichem Bezug, das Eingang in die wissenschaftliche Auseinandersetzung gefunden hat, lässt sich hingegen nicht der „echten“ Schiedsgerichtsbarkeit zuordnen. Der Rechtsstreit zwischen dem Energieversorger Vattenfall und der Hamburgischen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt um die Genehmigung eines Kohlekraftwerks wurde – parallel zu einem anhängigen Streit vor dem Oberverwaltungsgericht – vor einem internationalen Investitionsschiedsgericht geführt.59 Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts wurde durch Art. 26 Abs. 3 des Vertrags über die Energiecharta, einer multilateralen völkerrechtlichen Vereinbarung zum Schutz von Investitionen im Energiesektor, begründet.60 Als völkerrechtlicher Vertrag hat der Energiechartavertrag einfachen Gesetzesrang. Er ermöglicht es Investoren, Rechtsschutz gegen vertraglich missbilligte Benachteiligungen vor einem staatlichen Gericht, vor einem Schiedsgericht oder auch kumulativ vor beiden Foren geltend zu machen.61 Jedenfalls bedarf es für die Zuständigkeitsbegründung des internationalen Schiedsgerichts keiner ausdrücklichen Schiedsvereinbarung beider Vertragsparteien in Ansehung des konkreten Vorhabens. Die Schiedsvereinbarung auf Seiten des Hoheitsträgers gilt durch die Ratifizierung des Vertrags durch die Bundesrepublik Deutschland als abgeschlossen.

57 Zu Genese des Streits und zur Kritik an dem schiedsrichterlichen Verfahren: Schorkopf, Transparenz im Toll-Haus – Anmerkungen zur Vertraulichkeit des Maut-Konzessionsvertrages aus staatsrechtlicher Perspektive, NVwZ 2003, S. 1471 ff.; Wolff, Grenze der Heimlichkeit: Nicht-öffentliche Schiedsverfahren mit Beteiligung der öffentlichen Hand am Maßstab des Verfassungsrechts, NVwZ 2012, S. 205 ff. 58 VG Berlin, NJOZ 2010, 2721 (Ablehnung eines Schiedsrichters, Toll Collect). 59 Zu den Hintergründen des Streits vgl. Tams, Internationales Wirtschaftsrechts als Grenze deutscher Umweltpolitik – Anmerkungen zum Rechtsstreit Vattenfall gegen Deutschland, NordÖR 2010, S. 329 ff. 60 Danner/Theobald, in: Energierecht, Annex – Vertrag über die Energiecharta, Rn. 1. 61 Möglichkeit, Gefahr und Grenzen des sog. Forum-Shoppings bei Wolfgram, Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nach dem Vertrag über die Energiecharta, S. 123 ff.

B. Erscheinungsformen „echter“ und „unechter“ Schiedsgerichte 

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II. Unechte Schiedsgerichtsbarkeit Im Gegensatz zur „echten“ Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht ist das Schiedswesen im Sozialrecht als Instrument der Streitschlichtung etabliert und weitgehend akzeptiert.62 So werden Schiedsstellen etwa bei erfolglosen Verhandlungen über Kollektivverträge mit der Streitentscheidung betraut. Beispiele sind Schiedsstellen im Pflegeversicherungsrecht, die gemäß § 76 SGB XI Inhalt der Rahmenverträge zwischen Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen feststellen. Im Sozialhilferecht entscheiden Schiedsstellen nach § 80 SGB XII im Streitfall über die Höhe von Vergütungen für Träger von Sozialhilfeeinrichtungen. Schließlich seien Schiedsstellen im Krankenhausfinanzierungsgesetz genannt, die gemäß § 18a KHG über die Höhe von Pflegesätzen befinden.63 Schon durch die Verwendung der gesetzlichen Terminologie „Schiedsstelle“ wird deutlich, dass es sich bei den sozialrechtlichen Institutionen nicht um „echte“ Schiedsgerichte handelt. Die Zuständigkeitszuweisung der Konflikte erfolgt unabhängig vom Parteiwillen durch Gesetz.64 Ferner sind Schiedsstellen im Sozialrecht keine unabhängigen Spruchkörper. Sie sind zwar weisungsunabhängig65, unterliegen gleichwohl der Rechtsaufsicht übergeordneter Landesbehörden.66 Gegen ihre Entscheidungen ist grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.67 Es handelt sich damit bei den Schiedsstellen um Verwaltungsbehörden im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften zugewiesene Aufgaben erfüllen.68 Die „unechte“ Schiedsgerichtsbarkeit im Sozialrecht ist damit eine Modalität, kein Substitut staatlicher Konfliktentscheidung. 62 Eine Darstellung der Schiedsgerichte im Sozialrecht findet sich bei Schnapp, Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, 2004. Eine Übersicht bietet Felix, Schiedsstellen im Sozialrecht – geeignete Instrumente der Streitschlichtung? Recht als Medium der Staatlichkeit 2009, S. 319 ff. 63 Zu beachten ist, dass im Gegensatz zu allen anderen Schiedsstellenentscheidungen im Sozialrecht das Votum der Schiedsstelle nach § 18a KHG nicht verbindlich ist, sondern der Genehmigung der zuständigen Landesbehörde bedarf, Vgl. Felix, Schiedsstellen im Sozialrecht – geeignete Instrumente der Streitschlichtung?, S. 319 (323). 64 Zuständigkeitszuweisungen finden sich in §§ 75 Abs. 4 S. 1, 82a Abs. 4, 85 Abs. 5 SGB XI, § 77 Abs. 1 XII, §§ 18 Abs. 4 KHG, § 17a Abs. 3, § 17b Abs. 5 KHG. 65 Gleich lautend insofern § 76 Abs. 3 S. 2 SGB XI, § 18a Abs. 3 S. 2 KHG, § 80 Abs. 3 S. 2 SGB XII. 66 Gleich lautend insofern § 76 Abs. 4 SGB XI, § 18a Abs. 5 KHG, § 81 Abs. 2 S. 2 SGB XII. 67 Hauck, Änderungen des SGG im Jahre 2008: Das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGÄndG) – Teil I, jurisPR-SozR 17/2008 Anm. 4. Nicht anfechtbar sind dagegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 18a KHG, Felix, Schiedsstellen im Sozialrecht – geeignete Instrumente der Streitschlichtung?, S. 319 (333). 68 Überzeugend Schnapp, Einmal Behörde – immer Behörde? Überlegungen zum Behördenbegriff im Sozialrecht, NZS 2010, S. 241 ff. Ebenso Quaas, Die Schiedsstellen nach § 18 a KHG, in: Schnapp (Hrsg.), Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, Kap. C, Rn. 188 ff. Zum verfahrensrechtlichen Behördenbegriff nach § 1 Abs. 4 VwVfG vgl. Kopp/ Ramsauer, § 1 Rn. 51 ff.

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

Jenseits des Sozialrechts finden sich im öffentlichen Recht vereinzelt Vorschriften über die Streitentscheidung durch Schiedsgerichte. So sehen etwa § 83 Tierseuchengesetz, § 25 Tierzuchtgesetz, § 38a Vermögensgesetz oder § 66a Landwirtschaftsanpassungsgesetz die Möglichkeit vor, in den dort bezeichneten Fällen ein Schiedsverfahren durchzuführen. Die Verweisung an die Schiedsgerichtsbarkeit ist für die Streitbeteiligten nach diesen Vorschriften allerdings – im Gegensatz zu den sozialrechtlichen Vorschriften – nicht bindend. Ob eine Einigung auf ein schiedsgerichtliches Verfahren stattfindet, bleibt der Disposition der Beteiligten überlassen. Diese können im Streitfall auch weiterhin staatliche Gerichte anrufen. Die Vorschriften sind damit rein deklaratorischer Natur, welche die Entscheidungskompetenz von Schiedsgerichten im Verwaltungsrecht nicht erweitern. Wenden sich die Schiedsparteien an ein Schiedsgericht, gelten die Vorschriften der §§ 1025 bis 1065 ZPO. Die Vorschriften spielen allerdings in der Praxis keine besondere Rolle. So hat etwa die Schiedsgerichtsbarkeit in vermögensrechtlichen Streitigkeiten praktisch keine Relevanz.69

C. Schiedsgerichtsbarkeit im System außergerichtlicher Streitbeilegung Schiedsgerichte sind private Institutionen, die von den Streitparteien mit der Streitentscheidung beauftragt werden. Sie offerieren damit als Leistung eine Form nichtstaatlicher Konfliktlösung. Auch andere Formen der außergerichtlichen Konflikterledigung gewinnen im Verwaltungsrecht steigende Bedeutung. Einige von ihnen, wie etwa die Mediation oder das Schlichtungswesen, sind im Unterschied zur Schiedsgerichtsbarkeit weder hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Durchdringung noch ihrer praktischen Anwendung eine Randerscheinung.70 Der folgende Abschnitt verfolgt das Ziel, die echte Schiedsgerichtsbarkeit in Abgrenzung zu sonstigen Formen der Konflikterledigung zu präzisieren und in eine Systematisierung der Konfliktlösungsmechanismen einzuordnen. Zuvor sollen Entstehungsbedingungen der außergerichtlichen Konfliktlösung aufgezeigt werden.

69 Nolting, Unternehmensrückgabe und Schiedsverfahren nach § 38a VermG, BB Beilage 1992, Nr. 15, 14; ebenso Redeker/Hirtschultz, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt, § 38a Rn. 2. 70 Schoch, Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: GVwR III, § 50 Rn. 404. Geschlossene Darstellungen zur außergerichtlicher Streitbeilegung im Verwaltungsrecht legen Kaltenborn, Streitvermeidung und Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, und Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, vor.

C. Schiedsgerichtsbarkeit im System außergerichtlicher Streitbeilegung 

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I. Entstehungsbedingungen außergerichtlicher Konfliktlösung Die Diskussion um und die Etablierung von außergerichtlicher Konfliktlösungsmechanismen im Verwaltungsrecht sowie im Zivilrecht wurde zu Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts wesentlich durch zwei Entwicklungen be­einflusst: Zunächst war eine deutliche Funktionsbeeinträchtigung der staatlichen Gerichtsbarkeit spürbar, die mit einer stetig steigenden Zahl von Gerichtsverfahren konfrontiert wurde.71 Im Verwaltungsrecht wurde neben dem Anstieg der Klageverfahren eine Zunahme und Komplexitätssteigerung gesetzlicher Regelungswerke diagnostiziert, die zur Verlängerung der Dauer von Verwaltungsprozessen führte.72 Vor diesem Hintergrund sollte die Stärkung außerstaatlicher Streitbeilegung einen Beitrag zur Entlastung der Gerichte leisten.73 Neben der Funktionsbeeinträchtigung staatlicher Gerichte war für die Etablierung außerstaatlicher Streitbeilegungsmechanismen die Erkenntnis von Bedeutung, dass konsensuale Lösungsfindung zwischen öffentlichen und privaten Akteuren aufgrund ihrer diskursiven Entstehung eine starke Deeskalationswirkung aufweist. Einvernehmliche Lösungen steigern die Akzeptanz und können eine längere Halbwertszeit aufweisen.74 Ein Ausbau nichtstaatlicher Streitbeilegungsmöglichkeiten sollte insofern gesellschaftliche Selbstregelungsmechanismen aktivieren und fördern. In diesem Zusammenhang konnte an Untersuchungen zur Streitvermeidung, insbesondere an solche zur „Entdeckung“ des informellen Verwaltungshandelns75 und zur Akzentuierung konsensualen Zusammenwirkens zwi 71 Zu den Krisensymptomen vgl. Hoffmann-Riem, Optimierung durch Reorganisation der Gerichtsverwaltung, Verw 30, S. 481 ff.; Schmidt-Aßmann, Das Grundgesetz und die rechtsprechende Gewalt, in: Mußgnug (Hrsg.) Rechtsentwicklung unter dem Bonner Grundgesetz, 1990; 71, 94 ff.; Stelkens, Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Krise, DVBl. 1995, S. 1105 ff. 72 Übersicht zur Entwicklung der Fallzahlen und zu der Verfahrensdauer bietet Ramsauer, Die Wahrung des Verwaltungsrechtsschutzes aus gerichtlicher Sicht, in: Erbguth (Hrsg.) Verwaltungsrechtsschutz in der Krise, 2010, S. 71 (75). Statistiken zur Dauer der verwaltungsgerichtlichen Verfahren bei Steger, Überlange Verfahrensdauer, S. 32 ff. 73 Kaltenborn, Streitvermeidung und Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 13. Hingewiesen sei an dieser Stelle darauf, dass im Verwaltungsrecht eine Entlastung der Gerichte maßgeblich durch Verkürzungen der Rechtsschutzmöglichkeiten der Bürger durch die weit reichende Änderungen des 6- VwGO-Änderungsgesetzes sowie im Planungs- und Asylverfahrensrecht erreicht wurden. Dazu kritisch: Ewer, Das sechste Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung, ZG 1998, S. 47 f.; Schenke, Reform ohne Ende – Das sechste Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung, NJW 1997, S. 81 ff. 74 BVerfG ZKM 2007, 128; Caspar, Schlichten statt Richten – Möglichkeiten und Wege außergerichtlicher Streitbeilegung, DVBl. 1995, S. 992 (993); Hess, Mediation und weitere Verfahren konsensualer Streitbeilegung – Regelungsbedarf im Verfahrens- und Berufsrecht?, Gutachten F für den 67. Juristentag, Bd. I, F 9.  75 Grundlegende Arbeiten zur Bedeutung informaler Verhandlungen im Verwaltungsrecht u. a. bei Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, S. 236 ff., S. 588 ff.; Bohne, der informale Rechtsstaat, S. 46 ff. Zur frühen Kritik am kooperativen Vorabbindungen Hoffmann-Riem, Selbstbindungen der Verwaltung, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (203 f.).

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

schen der Verwaltung und den Regelungsadressaten angeknüpft werden.76 Die Auseinandersetzung mit Instrumenten zur Konfliktvermeidung – informaler Absprachen, Verwaltungsverträgen, gesteigerter Partizipation im Verwaltungsverfahren – ging regelmäßig mit der Thematisierung außergerichtlicher Streitbeilegungsmechanismen einher.77 Nicht zuletzt erkennt auch das BVerfG die eigenständige Bedeutung nichtrichterlicher Streitentscheidung an. In Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit des obligatorischen Schlichtungsverfahrens nach § 15a EGZPO befand das Gericht, dass eine einvernehmliche Lösung auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung sei.78 Denn sie weise regelmäßig eine größere Befriedungswirkung auf, weil eine einverständliche Lösung häufig Ergebnisse produziere, die von den Parteien als interessengerecht empfunden werden.

II. Systematisierungsversuche alternativer Konfliktlösungsmechanismen Vor diesem Hintergrund konnte sich in der Rechtspraxis eine Vielzahl unterschiedlicher Konfliktlösungsmodelle etablieren. Ihre Abgrenzung untereinander bereitet mitunter Schwierigkeiten und ihre Systematisierung wurde nicht abschließend erreicht. Darüber hinaus ist ein Ende der Entwicklung neuer Streitbeilegungsverfahren noch nicht in Sicht.79 Kann beispielsweise die Mediation als etablierte Form nichtstaatlicher Konfliktlösung gelten, sind etwa das Adjudication-Verfahren in Bau­ sachen80 oder die Verbrauchermediation81 aktuelle Erscheinungsformen, deren wissenschaftliche Durchdringung noch nicht abschließend erfolgt ist.82 Das Bedürfnis nach einer Systematisierung ist nicht rein theoretischer Natur. Die Differenzierung von Rechtsschutzmöglichkeiten in der Rechtsordnung erfordert eine 76

Fehling, Infomelles Verwaltungshandeln, in: GVwR II, § 38 Rn. 3. Vgl. Kaltenborn, Streitvermeidung und Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 29 ff. 78 BVerfG, NJW-RR 2007, S. 1073 (1074). 79 Einen Überblick über Konfliktlösungsmodelle bietet Stubbe, Konfliktmanagement – bedarfsgerechte Streitbeilegungsinstrumente, SchiedsVZ 2009, 321 ff. Für das Verwaltungsrecht findet sich ein früher Überblick bei Caspar, Schlichten statt Richten – Möglichkeiten und Wege außergerichtlicher Streitbeilegung, DVBl. 1995, S. 992 ff. und bei Schoch, Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: GVwR III, § 50 Rn. 404 ff. 80 Schramke, Gesetzliche Regelungen für eine Adjudikation in Bausachen? BauR 2007, S. 1983 ff.; zur Frage der Verfassungswidrigkeit, Lembcke, Adjudikation verfassungswidrig?, BauR 2010, 1122. 81 Zu Begrifflichkeit und Anwendungsformen der Verbrauchermediation: Hess, Verbrauchermediation, ZZP 118 (2005), 427 (429 ff.). 82 Vgl. zu diesem Befund auch Quack, Adjudication als Problemlösung für den Bauprozess, ZfBR 2010, 211. 77

C. Schiedsgerichtsbarkeit im System außergerichtlicher Streitbeilegung 

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Orientierungshilfe für die Beteiligten eines Konflikts, einen interessengerechten Streitbeilegungsmechanismus zu finden.83 Die zivilprozessrechtliche Literatur bietet eine Systematisierung der Konfliktlösungsmechanismen anhand der Begriffe Verhandeln, Vermitteln, Schlichten und Richten an.84 Dabei bleiben die Differenzierungskriterien jenseits des gefestigten allgemeinen Begriffsverständnisses offen und die Abgrenzung erscheint somit eher terminologischer als analytischer Natur. Breidenbach schlägt im Rahmen des Entwurfs einer Streitbehandlungslehre vor, Streiterledigungsmechanismen in Anlehnung an die zeitliche Stufung eines Konflikts (Information, Evaluation, Mediation, Drittentscheidung; Ultima ratio: Gericht) zu systematisieren.85 Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die Konfliktforschung, die eine Kategorisierung von Konfliktlösungsmechanismen anhand der Eskalationsstufen eines Konflikts vornimmt.86 Der idealtypische Verlauf eines Konflikts kann zur Systematisierung der Streiterledigungsmechanismen aber nur dann beitragen, wenn einzelne Konfliktstufen hinreichend präzise voneinander abgrenzbar sind. Der Konfliktforschung dient diesbezüglich ein Phasenmodell der Eskalation, welches bei „der Verhärtung unterschiedlicher Positionen“ ansetzt und bis zur „totalen Konfrontation unter Einsatz jeglicher Mittel“ reicht87. Eine derartige Beschreibung möglicher unterschiedlicher Verhaltens- und Motivationsmuster der Beteiligten reicht als Grundlage einer Systematisierung von Streitentscheidungsmechanismen nicht aus. Denn es ist ebenso wenig zwingend, dass einer bestimmten Konfliktphase ein bestimmter Konfliktlösungsmechanismus entspricht, wie ausgeschlossen, dass sich Streitparteien vor der Entstehung eines Konflikts auf eine bestimmte Streitbeilegungsmethode festlegen. So kann beispielsweise eine Schiedsvereinbarung oder eine Meditationsvereinbarung schon während der Vertragsverhandlungen geschlossen werden, ohne dass sich der Eintritt eines konkreten Streites abgezeichnet haben muss. 83

Vgl. zur Problematik der Rechtsschutzsuchenden, interessenadäquate Streitlösungsmechanismen zu finden, welche die Konflikte nicht auf allein rechtliche Fragen reduziert, Hoffmann-Riem, Modernisierung von Recht und Justiz, S. 65. Die Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) hat aus diesem Grund eine Konfliktmanagementordnung kodifiziert, welche den Streitparteien ein formalisiertes Verfahren zur Einigung auf einen Konfliktlösungsmechanismus losgelöst von Verhandlungen über den materiellen Konflikt, bereitstellt. Vgl. dazu Scherer, Die Konfliktmanagementordnung der DIS – eine innovative Verfahrenswahl- Verfahrensordnung, SchiedsVZ 2010, S. 122 ff. 84 Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 278 Rn. 45. 85 Breidenbach, Außergerichtliche Streiterledigung – Sinn und Zusammenspiel mit dem Gerichtsverfahren, in: Gottwald, Aktuelle Entwicklungen des Europäischen und Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 117 (125). 86 Glasl, Konfliktmanagement – Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater, S. 393 ff. 87 Glasl, Konfliktmanagement – Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater, S. 236 ff.

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

Für die vorliegende Untersuchung wird eine Systematisierung gewählt, die sich nicht vorrangig an der Genese eines Konflikts, sondern an den Strukturmerkmalen des Konfliktlösungsmechanismus orientiert.

III. Dreistufiges Modell der Konfliktlösung: Verhandlung – Streitbeilegung – Streitentscheidung Zu Grunde gelegt wird damit ein dreistufiges Modell der Konfliktlösungsmechanismen, für dessen Elemente die Begriffe Verhandlung, Streitbeilegung und Streitentscheidung verwendet werden. Als Differenzierungskriterien sollen das „Ob“ der Beteiligung Dritter an der Lösungsfindung und die Bindungswirkung der gefundenen Lösung herangezogen werden.88 Danach wird unter Verhandlungen Lösungssuche ohne Dritte verstanden. Sie finden also unter Verzicht auf neutrale Konfliktmittler und jenseits strukturierter Konfliktlösungstechniken statt. Verhandlungslösungen werden grundsätzlich zu Beginn eines Konflikts gesucht und somit zu einem Zeitpunkt, an dem eine einvernehmliche Lösungsfindung aufgrund einer Vielzahl von Lösungsoptionen noch möglich erscheint. Auf der zweiten Stufe des Konfliktlösungsmodells ist die Streitbeilegung angesiedelt. Streitbeilegung soll die Konfliktlösung mit Dritten bezeichnen und dient als Oberbegriff für sämtliche strukturierte Verfahren unter Einschaltung Dritter, denen nicht die endgültige Entscheidung eines Konflikts obliegt, sondern deren spezifische Problemlösungskompetenzen, seien sie inhaltlicher oder verhandlungsbezogen Natur, dazu dienen, eine Einigung der Parteien zu ermöglichen. Als Methoden der Streitbeilegung können die Mediation, die Schlichtung und das Schiedsgutachten angesehen werden. Die Mediation ist ein strukturiertes und vertrauliches Verfahren, in dem die Beteiligten auf freiwilliger Basis mit Unterstützung eines Mediators eine einvernehmliche Konfliktlösung suchen.89 Dabei besitzt der Mediator keine eigene Entscheidungskompetenz, sondern wird als neutraler Dritter tätig. Seine Mitwirkung kann jedoch von einer ausschließlich moderierenden Tätigkeit bis hin zu einer aktiven Beteiligung an der konkreten

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Dieser Vorschlag folgt im Ansatz der Systematisierung von Stubbe, Konfliktmanagement – bedarfsgerechte Streitentscheidungsinstrumente, SchiedsVZ 2009, S. 322 ff. Verzichtet wird allerdings auf den Begriff ADR (Alternative Dispute Resolution), der als Oberbegriff keine gesteigerte begriffliche Schärfe im Vergleich zum Begriff Streitbeilegung aufweist. Vgl. dazu Tochtermann, Alternative Dispute Resolution – Einführung in die alternative Streitbeilegung, JuS 2005, S. 131 ff. 89 v.  Bargen, Mediation im Verwaltungsprozess, DVBl. 2004, 468 (470); Ortloff, Mediation – Regelungsbedarf? NJW 2008, 2544; Schoch, Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: GVwR III, § 50 Rn. 409.

C. Schiedsgerichtsbarkeit im System außergerichtlicher Streitbeilegung 

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Lösungsausgestaltung variieren.90 Schlichtungsverfahren sind hingegen dadurch gekennzeichnet, dass die Streitparteien ihre Positionen zunächst einem neutralen Dritten darlegen. Auf Grundlage dieser Argumente unterbreitet der Schlichter einen eigenen Lösungsvorschlag, der als Empfehlung an die Streitparteien nicht bindend ist.91 Schwierigkeiten bereitet anhand des dreistufigen Modells der Konfliktlösungsmechanismen das „klassische“ deutsche Schiedsgutachten. In einem Schiedsgutachten entscheidet ein von beiden Streitparteien gemeinsam beauftragter Gutachter einen Teilaspekt einer Streitigkeit, etwa die Reichweite eines konkreten Vertragsinhalts oder die Höhe eines Schadens.92 Das gutachterliche Ergebnis ist für die Streitparteien und für die staatlichen Gerichte bindend.93 Gegen die Einordnung des Schiedsgutachtens als Form der Streitentscheidung spricht, dass in dem Gutachten nur ein Teilaspekt eines Konflikts entschieden wird und damit der Konflikt nicht zwingend vollständig beendet wird.94 Vielmehr wird auf der verbindlich festgestellten Tatsachengrundlage eine Einigung zwischen den Parteien begünstigt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Schiedsgutachten in unterschiedlichen Formen vereinbart werden können und das klassische deutsche Schiedsgutachten gerade wegen seiner Bindungswirkung in der Praxis kaum eine Rolle spielt.95 Dem praktischen Bedürfnis erscheinen eher vorläufig bindende Schiedsgutachten zu entsprechen, die in Anlehnung an die gesetzliche Normierung in England als Adjudication-Verfahren bezeichnet werden.96 Als neutrale Dritte treten in Streitbeilegungsverfahren zwar regelmäßig private Dritte als Mediatoren, Schlichter oder Schiedsgutachter auf. Allerdings kann die Streitbeilegung auch unter Beteiligung von Dritten durchgeführt werden, die der staatlichen Spähre zuzuordnen sind. So wird in der richterlichen Mediation ein staatlicher Richter tätig und bietet – ohne in der Sache entscheidungsbefugt zu sein – den Streitparteien Hilfestellung zur Findung einer konsensualen Lösung.97 Der Versuch des Richters in einer (obligatorischen) Güteverhandlung die Streit-

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Holznagel/Ramsauer, Mediation im Verwaltungsrecht, S. 696. Hess, Mediation und weitere Verfahren konsensualer Streitbeilegung – Regelungsbedarf im Verfahrens- und Berufsrecht?, Gutachten F für den 67. Juristentag, Bd. I, F 30.  92 Greger/Stubbe, Schiedsgutachten: außergerichtliche Streitbeilegung durch Drittentscheidungen, § 1 Rn. 1 ff. Beispiele nach Gottwald, in: MünchKomm-BGB, § 317 Rn. 31 f. 93 BGHZ 6, 335 (338); Rieble, in: Staudinger-BGB, § 317 Rn. 18. 94 Rieble, in: Staudinger-BGB, § 317 Rn. 13. 95 Stubbe, DIS-Schiedsgutachtensordnung (DIS-SchGO) und DIS-Gutachtensordnung (DISGO), SchiedsVZ 2010, S. 130 ff. 96 Vgl. Harbst, Adjudication – „Rough Justice“ in 28 Tagen? SchiedsVZ 2003, 68; Lembcke, Streitbeilegung bei Bauprojekten – Adjudication-Verfahren als Vorbild für vorläufig bindendes Schiedsgutachten, ZfIR 2008, S. 36 ff. 97 Ausführlich zur richterlichen Mediation und insbesondere auch zur Kritik: v.  Bargen, Konfliktlösung mittels richterlicher Mediation als Alternative zum konventionellen Verwaltungsprozess, Verw 43 (2010), S. 405 ff. 91

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Teil 1: Echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht

parteien zu einer Einigung zu bewegen, kann ebenfalls als staatlicher Streitbeilegungsmechanismus bezeichnet werden.98 Auf der dritten Stufe des hier verwendeten Konfliktlösungsmodells ist schließlich die Streitentscheidung angesiedelt. Streitentscheidung ist die Konfliktlösung durch Dritte. Im Gegensatz zu Streitbeilegung obliegt den Dritten nicht lediglich die Unterbreitung von Vorschlägen oder ein bindendes Votum in Bezug auf eine Einzelfrage. Vielmehr trifft der Dritte eine eigene Entscheidung, die für die Streitparteien verbindlich ist und zur Beendigung des Rechtsstreits führt. In diesem Sinne sind die Rechtsprechung durch staatliche Gerichte und die Entscheidungsfindung durch Schiedsgerichte als Formen der Streitentscheidung zu bezeichnen. Die so gewählte Systematisierung intendiert keine trennscharfe Kategorisierung von Konfliktlösungsmechanismen, die sich gegenseitig zwingend ausschließen. So ist es beispielsweise möglich, dass während eines Schiedsverfahrens eine Verhandlungslösung gefunden und das schiedsgerichtliche Verfahren beendet wird, etwa weil aufgrund sich ändernder Umstände, z. B.eines Wechsels der beteiligten Verhandlungspartner, eine einvernehmliche Lösung begünstigt wird. Wesentliches Ziel ist die Abgrenzung der Schiedsgerichtsbarkeit von sämtlichen Streitbeilegungsmechanismen. Im Gegensatz zu sämtlichen Formen der Streitbeilegung wird ein Konflikt durch das Schiedsgericht für die Parteien verbindlich und endgültig entschieden.

98 Zur Kritik an der obligatorischen Güteverhandlung: Knauss, Der „Zwang“ zur gütlichen Einigung – Für eine Reform des § 278 ZPO, ZRP 2009, 206 ff.

Teil 2

Regulierung der Schiedsgerichtsbarkeit: Rechtsrahmen und Kontrolle Der Begriff „Regulierung“ wird in der Rechtswissenschaft verwendet, um Formen staatlicher Einwirkung auf ganz unterschiedliche Regelungsgegenstände zu analysieren.1 Er ist zumeist in Ansätze eingebettet, die der „Neuen Verwaltungsrechtswissenschaft“ zugeordnet werden können.2 Vornehmlich findet Regulierung danach in solchen Bereichen statt, die nach traditioneller, allerdings nicht unumstrittener Begrifflichkeit3 der Daseinsvorsorge zuzuordnen sind. Dort soll Regulierung die Privatisierung staatlicher Aufgaben begleiten und für eine gemeinwohlverträgliche Öffnung des Marktes sorgen. Der folgende Abschnitt dient zur Begründung der These, dass der Regulierungsansatz auch für die Analyse der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht nutzbar gemacht werden kann. Dazu soll ein weiter Begriff der Regulierung vorgestellt und die maßgeblichen Regulierungsinstrumente im Zusammenhang mit der Schiedsgerichtsbarkeit vorgestellt werden.

A. Regulierungsbegriff Bezüglich einer Analyse von Rahmenbedingungen der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht birgt die Verwendung des Begriffs „Regulierung“ in mehrfacher Hinsicht Probleme: Die Schiedsgerichtsbarkeit ist – anders als zum Beispiel die Energieversorgung, die Telekommunikation oder das Eisenbahnwesen – alles andere als ein „klassisches“ Anwendungsfeld regulativen Eingreifens des Staates.4 Es handelt sich bei 1 Zur zentralen Bedeutung der Wirtschaftsregulierung als zentralem Referenzgebiet der Herausbildung eines Regulierungsverwaltungsrechts vgl. Masing, Die US-amerikanische Tradition der Regulated Industries und die Herausbildung eines europäischen Regulierungsverwaltungsrechts, AöR 128 (2003), S. 558 (562). 2 Grundlegend und programmatisch: Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: GVwR I², § 1 Rn. 1 ff. 3 Zur Aktualität eines europäisch akzentuierten Begriffs der Daseinsvorsorge vgl. Jensen, Kommunale Daseinvorsorge im europäischen Wettbewerb der Rechtsordnungen, S. 150 – Im Erscheinen. 4 Zu den (anglo-amerikanischen) Entstehungsbedingungen des Regulierungsbegriffs vgl. Ruf­ fert, Begriff, in: Fehling/Ruffert, Regulierungsrecht, § 7 Rn. 10 ff.; Eifert, in: GVwR I², § 19 Rn. 3.

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Teil 2: Regulierung der Schiedsgerichtsbarkeit: Rechtsrahmen und Kontrolle 

der Schiedsgerichtsbarkeit zudem weder um einen wirtschaftlich geprägten Lebensbereich, noch um einen Bereich der Ordnungsverwaltung als „paradigma­ tisches Anwendungsfeld hoheitlich-imperativer Verwaltung“.5 Darüber hinaus liegt dem Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit keine gesetzgeberische Konzeption „aus einem Guss“ zu Grunde. Eine einheitliche Regelungskonzeption, wie sie etwa im TKG deutlich wird, in dem Regulierungsziele gesetzlich formuliert, Verfahren statuiert und Regulierungsbehörden konstituiert werden, existiert für die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht nicht. Vielmehr finden sich verwaltungsrechtliche Schiedsverfahrensregelungen in der Verwaltungsgerichts­ordnung, im Verwaltungsverfahrensrecht und im Schiedsverfahrensrecht der Zivilprozessordnung. Voraussetzung der Nutzbarmachung des Regulierungsansatzes für diesen Zusammenhang ist die zunächst Zugrundelegung eines weiten Begriffsverständnisses. In Anlehnung an Eifert und damit anknüpfend an die politik- und verwaltungswissenschaftliche Begriffsverwendung soll Regulierung verstanden werden als „jede gewollte staatliche Beeinflussung gesellschaftlicher Prozesse, die einen spe­ zifischen (…) Ordnungszweck verfolgt und dabei im Recht zentrales Medium und Grenze findet.“6 Dieser umfassende Regulierungsbegriff setzt sich deutlich von neueren Begriffsbestimmungen ab, die unter Regulierung hoheitliches Handeln der Verwaltung verstehen, mit dem vornehmlich auf bestimmte Wirtschaftssektoren eingewirkt wird, um Wettbewerbsbedingungen zu schaffen bzw. aufrechtzuerhalten und dadurch die Gemeinwohlsicherung zu garantieren.7 Allerdings intendiert die vorliegende Begriffsverwendung weder die Konkretisierung eines Forschungsfeldes noch die Generierung einer für verschiedene Regulierungssektoren tauglichen Begrifflichkeit.8 Primär geht es um die Abbildung des institutionellen Zusammenspiels von Normen, Organen und Akteuren in einer Schnittmenge staatlicher und nichtstaatlicher Aufgabenwahrnehmung. Diesbezüglich scheint der Regulierungsansatz grundsätzlich geeignet, denn die gezielte staatliche Intervention in einen bestimmten gesellschaftlichen Bereich ist auch jenseits ökonomisch determinierter Zusammenhänge im Grundsatz möglich. Dadurch wird auch nicht der Begriff der Regulierung bis zur Unkenntlichkeit mit jeglicher Form der Gesetzgebung gleichgesetzt. Regulierung bleibt zuvorderst Teil des Privatisierungsfolgenrechts. Dessen Ziel besteht darin, die staatliche Verantwortung bei gleichzeitiger Änderung des Modus der Aufgabenerbringung aufrecht zu erhalten.

5

Eifert, Regulierungsstrategien, in: GVwR I², § 19 Rn. 28. Eifert, Regulierungsstrategien, in: GVwR I², § 19 Rn. 5. 7 Ruffert, Begriff, in: Fehling/Ruffert, Regulierungsrecht, § 7 Rn. 58. 8 So indes die Anforderungen an die Begriffsbildung bei Ruffert, Begriff, in: Fehling/Ruffert, § 7 Rn. 3. 6

A. Regulierungsbegriff 

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Vor diesem Hintergrund scheint der Regulierungsansatz für die Untersuchung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht geeignet. Er legt den Fokus der Einflussnahme auf den Staat als zentralen, nicht aber einzigen Akteur der Gemeinwohlsicherung.9 In der Tat nimmt der Staat bei der Bereitstellung von Streitentscheidungsmechanismen eine besondere Stellung ein. Denn er ist und bleibt aufgrund seiner verfassungsrechtlich determinierten Pflicht zur Justizgewährung zur eigenen Leistungserbringung verpflichtet.10 Dementsprechend kann es sich bei der Regulierung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht nur um eine Form hoheitlich regulierter gesellschaftlicher Selbstregulierung handeln.11 Kennzeichnen dieses Regulierungsmodus ist die Verbindung staatlicher und gesellschaftlicher Handlungsrationalität. Das Zusammenwirken wird dadurch geprägt, dass der Staat nicht selbst eine Leistung erbringt, gleichwohl aber für die Einhaltung bestimmter Gemeinwohlbelange einsteht (Gewährleistungsverantwortung).12 Besonderheit der Regulierung der Schiedsgerichtsbarkeit ist somit, dass die verfassungsrechtlich zwingend vorgeschriebene staatliche Streitentscheidung durch Gerichte nicht substituiert wird. Der Staat gibt seine eigene Erfüllungsverantwortung nicht auf. Dies wäre schon aufgrund der Aufgabenzuweisung in Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 92 GG nicht möglich. Der Staat schafft aber zusätzliche Instrumente nichtstaatlicher Streitentscheidung, die als Alternative neben die weiterhin bestehende staatliche Gerichtsbarkeit treten sollen. Eine Konkurrenz zwischen staatlicher und nichtstaatlicher Leistungserbringung scheint dabei möglich. Sie ist aber nicht primäres Regelungsanliegen. Ferner resultiert eine Besonderheit daraus, dass einer der Akteure der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht – der streitbeteiligte Verwaltungsträger – der staatlichen Sphäre zuzuordnen ist. Regulierung ist nach dieser Definition damit nicht auf die wirtschaftliche Sphäre beschränkt, sondern kann auch im Schnittfeld staatlicher und gesellschaftlicher Interaktion erfolgen, die nicht primär durch ökonomische Handlungslogik und Gewinnerzielungsabsicht geprägt sind. Der regulatorische Ansatz kann für die Beschreibung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht schließlich einen analytischen Rahmen schaffen. Denn die Schiedsgerichtsbarkeit erfolgt in einem gesetzlichen Rahmen, der entlang typischer Regulierungstopoi systematisiert und analysiert werden kann. So kann die Ermöglichung nichtstaatlicher, verbindlicher Streitentscheidung unter Wahrung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen und elementarer Gemein 9

Vgl. Eifert, Regulierungsstrategien, in: GVwR I², § 19 Rn. 6. Vgl. insoweit Teil 3, C. I. 11 Zu den Grundtypen der Regulierung vgl. Hoffmann-Riem, Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen – Systematisierungen und Entwicklungsperspektiven, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.) Auffangordnungen, S. 261 (300 ff.); Eifert, Regulierungsstrategien, in: GVwR I², § 19 Rn. 14. 12 Schulze-Fielitz, Grundmodi der Aufgabenwahrnehmung, in: GVwR I², § 12 Rn. 158. 10

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Teil 2: Regulierung der Schiedsgerichtsbarkeit: Rechtsrahmen und Kontrolle 

wohlbelange als Ziel einer Regulierung der verwaltungsrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit beschrieben werden. Als zentrales Instrument der Regulierung lässt das Recht eine private Entscheidungsmacht zu und setzt Standards für die Leistungserbringung der Schiedsgerichte. Dies wird durch die Vorschriften des Schiedsverfahrensrechts bewirkt, indem durch §§ 1030, 1032 ZPO die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass private Schiedsgerichte an die Stelle der staatlichen Gerichtsbarkeit treten können. Gleichzeitig werden in § 1030 ZPO materielle Voraussetzungen der Schiedsfähigkeit eines Konflikts statuiert, die es dem Gesetzgeber gleichzeitig ermöglichen, „schiedsfeste“ Bereiche zu schaffen, in denen die Streitentscheidung zwingend bei der staatlichen Gerichtsbarkeit verbleiben muss. § 1042 ZPO stellt zudem verfahrensrechtliche Mindestvoraussetzungen sicher, ohne die eine Anerkennung von Schiedssprüchen nicht erfolgen kann. Darüber hinaus liegt die Verwendung des Regulierungsansatzes aufgrund des Umstandes nahe, dass typischer-, aber nicht notwendigerweise die Erbringung von Dienstleistungen reguliert wird. Um nichts anderes handelt es sich bei der von Schiedsgerichten angebotenen Streitentscheidung. Schiedsrichter werden formal und entgeltlich von den Streitparteien mit der Formulierung eines Schiedsspruchs beauftragt. Ferner werden die staatliche Anerkennung und Kontrolle der Schiedsentscheidungen durch die Zuweisung der Kontrollzuständigkeit an staatliche Gerichte (§§ 1062 ZPO, 173 S. 3 VwGO) und die Schaffung eines spezifischen Kontrollprogramms (§ 1059 ZPO) institutionell organisiert. Das bedeutet freilich nicht, dass die staatlichen Gerichte als „Regulierungsbehörden“ tätig werden, die vergleichbar der Bundesnetzagentur das Marktgeschehen und die Schiedsgerichte überwachen und Maßnahmen zur Steuerung des Verhaltens der Marktteilnehmer treffen. Gleichwohl ist die staatliche Gerichtsbarkeit eingebunden in das System zur Kontrolle der Einhaltung regulatorischer Vorgaben. Anhand dieser Ausführungen wird bereits deutlich, dass mit der Verwendung von Kategorien des Regulierungsrechts die Perspektive auf den Betrachtungsgegenstand „Schiedsgerichtsbarkeit“ in Richtung eines handlungs- und entscheidungsbezogenen Ansatzes verschoben werden kann. Damit wird in den Fokus genommen, in welcher Form die Bereitstellungsfunktion des Rechts zur Schaffung eines alternativen, nichtstaatlichen Streitentscheidungsverfahrens ausgefüllt wird, wie einzelne Regelungswerke ineinander greifen und wie sie nur in ihrer Gesamtheit analytisch fassbar werden.

B. Regulierungsinstrumente 

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B. Regulierungsinstrumente Die Bandbreite staatlicher Einwirkungsmöglichkeiten auf gesellschaftliche Bereiche und damit das Arsenal von Regulierungsinstrumenten ist groß. Die wissenschaftliche Analyse von Regulierungsstrukturen geht zu Recht von einer Vielzahl existierender Steuerungsinstrumente aus, die sektorspezifisch, aber auch sektorübergreifend eingesetzt werden können.13 Zentrale Instrumente der Regulierung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht sind die rechtliche Bereitstellung von Entscheidungsräumen für nichtstaatlicher Spruchkörper einerseits sowie andererseits die Anerkennung ihrer Entscheidungen durch staatliche Gerichte. Die rechtlichen Voraussetzungen sollen der Schaffung einer moderaten Form von Wettbewerb um die Erbringung von Streitentscheidungen dienen. Der staatlichen Justiz kommt in diesem Zusammenhang die Aufgabe zu, die Einhaltung des Regelungsrahmens der nichtstaatlichen Streitentscheidung im Falle ihrer Anrufung durch eine Streitpartei zu kontrollieren und Schiedssprüche unter bestimmten Voraussetzungen zu korrigieren.

I. Bereitstellungsfunktion des Rechts Schwerpunkte der folgenden Untersuchung sind die Darstellung und Analyse der Regelungsstrukturen der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht: ihre verfassungsrechtlichen Determinanten, ihre einfachgesetzliche Konkretisierung und ein Abgleich zwischen dem verfassungsrechtlichen Soll- und dem einfachgesetzlichen Ist-Zustand. In den Blick genommen wird damit das organisierte Zusammenwirken zwischen dem Staat als Produzenten der maßgeblichen Regelungen einerseits und den Schiedsgerichten und Schiedsparteien als gesellschaftlichen Regulierungsobjekten andererseits. Damit kann das Schiedsverfahrensrecht als Organisationsrecht arbeitsteiliger Kooperation staatlicher und gesellschaftlicher Akteure interpretiert werden. Es formuliert die Voraussetzungen nichtstaatlicher Streitentscheidung, Maßstäbe ihrer Kontrolle und Anforderungen an ihre Vollstreckbarkeit. Mit der Normierung von Organisations-, Verfahrens- und Regelungsstrukturen der Schiedsgerichtsbarkeit übernimmt das Recht eine Bereitstellungsfunktion zur Ermöglichung koordinierter Handlungen zwischen Staat und Gesellschaft auf dem Gebiet der Streitentscheidung.14 Es ist damit zentrales Regulierungsinstrument und deshalb einer systematischen Analyse zu unterziehen.

13

Vgl. Fehling, Instrumente und Verfahren,, in: Fehling/Ruffert, Regulierungsrecht, § 20 Rn.  1 ff. 14 Zur Bereitstellungsfunktion des Rechts im kooperativen Staat vgl. Schuppert, Verwaltungsorganisation als Steuerungsfaktor,, in: GVwR I², § 16 Rn. 16 ff.

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Teil 2: Regulierung der Schiedsgerichtsbarkeit: Rechtsrahmen und Kontrolle 

II. Schaffung von Wettbewerb Zentrales Mittel der Regulierung zumindest in ökonomisch relevanten Sektoren ist regelmäßig die Kreation von Märkten, also die Schaffung von Wettbewerb.15 Der Wettbewerb soll ein optimales, der Nachfrage genügendes Angebot von Gütern generieren und damit dem Gemeinwohl insgesamt dienen. Gleichwohl liegt die Betrachtung der Schiedsgerichtsbarkeit aus einer wettbewerblichen Perspektive intuitiv eher fern. Denn die Streitentscheidung wird eher als „ureigene“ hoheitliche Aufgabe betrachtet, in der die staatliche Justiz von ökonomischen Zwängen weitestgehend befreit und zum Schutz ihrer Unabhängigkeit (Art. 97 GG) gegen Wettbewerbsdruck weitgehend immunisiert sein soll. Dennoch ist ein genauerer Blick auf die „Justiz im Wettbewerb“ analytisch lohnenswert.16 Die berechtigten Zweifel, ob die Justiz pars pro toto dem einzelnen Richter als „klassischer“ Wettbewerber auftritt und eigene Motive zur Bereitstellung seiner Leistung hat, ist für die Verwendung des Wettbewerbs als analytisches Instrument nicht entscheidend. Denn soweit deskriptiv und analytisch festgestellt werden kann, dass ein Markt besteht und anhand bestimmter Wettbewerbsparameter untersucht werden kann, etwas aus welchen Gründen sich die Konsumenten für das eine oder das andere Angebot entscheiden, sind wesentliche Aspekte eines Wettbewerbs erfüllt. Zunächst ist damit der Begriff des Wettbewerbs zu präzisieren. Wettbewerb wird verstanden als die Interaktion zwischen Akteuren in Rivalität um die Erlangung knapper Ressourcen.17 Mindestens zwei Subjekte bieten auf einem Markt ein Gut an, welches von Dritten nachgefragt wird, aber nur von einem der Anbieter tatsächlich erbracht werden kann. Um die Erbringung entsteht – regelmäßig aber nicht notwendigerweise aus ökonomischen Gründen – eine Konkurrenzsituation.18 In diesem Sinn ist die Entscheidung eines Rechtsstreits ein Gut, welches von staatlichen Verwaltungsgerichten und nichtstaatlichen Schiedsgerichten gleichzeitig angeboten werden kann. Als klassische Wettbewerbsparameter lassen sich die Dauer einer Entscheidungsbereitstellung, die Qualität der Entscheidung (Sachrichtigkeit, Bestandskraft, Akzeptanz) und natürlich der Preis (Verfahrensund sonstige Transaktionskosten) bestimmen. Ferner ist zu fragen, ob die Schaffung von Wettbewerb als regulatorisches Mittel durch den Gesetzgeber bewusst eingesetzt worden ist. Dies ist in einer internationalen Perspektive jedenfalls zu bejahen, denn das geltende Schiedsverfahrensrecht sollte ausdrücklich „das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland als Austra 15 Lepsius, Regulierungsrecht in den USA: Vorläufer und Modell, in: Fehling/Ruffert, Regulierungsrecht, § 1 Rn. 2. 16 So auch der Titel bei Oebbecke, Justiz im Wettbewerb, DÖV 2007, 177 ff. 17 Suchanek, in: Evangelisches Staatslexikon, S. 2697. 18 Zum Begriff des Wettbewerbs und seiner Nutzbarmachung für rechtliche Fragestellungen vgl. Musil, Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung, S. 11 ff.

B. Regulierungsinstrumente 

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gungsort internationaler Schiedsstreitigkeiten fördern“.19 In dem hier zu betrachtenden Gegenstand geht es aber nicht um internationalen Standortwettbewerb, sondern um Wettbewerb zwischen (inner-)staatlicher Gerichtsbarkeit und (innerstaatlichen) Schiedsgerichten.20 Doch auch hier kann die Schaffung von Wettbewerb als regulatorisches Anliegen betrachtet werden. Denn es sollten auch für verwaltungsrechtliche Angelegenheiten die spezifischen Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit nutzbar gemacht werden, um den Rechtsschutzsuchenden interessengerechte Streitlösungsmechanismen an die Hand zu geben. Die Schiedsgerichtsbarkeit soll als Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit rechtsgebietsübergreifend etabliert werden.21 Die Kreation eines Marktes für Streitentscheidungen zielt in diesem Sinn weniger darauf, den staatlichen Gerichten Streitverfahren zu entziehen noch die Justiz einem erhöhten Wettbewerbsdruck auszusetzen. Wenngleich sinkende Verfahrenszahlen oder sonstige Rückkoppelungen auf die staatliche Gerichtsbarkeit zu begrüßen sein mögen, geht es zuvorderst darum, den Rechtsschutzsuchenden eine Auswahl von Foren zu ermöglichen, vor denen sie die Streitentscheidung begehren.

III. Kontrolle nichtstaatlicher Schiedsentscheidungen Stellt der Staat die rechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung, die nichtstaatliche Streitentscheidung zu Gunsten eines moderaten Wettbewerbs erlauben und gewährt er damit Privaten die Teilnahme am Markt, muss er die Einhaltung der rechtlichen Voraussetzungen kontrollieren. Es wird zu zeigen sein, dass die staatliche Kontrolle nicht nur Ausdruck regulativer Logik, sondern verfassungsrechtliches Gebot aus Art. 19 Abs. 4 GG ist.22 Soweit nur bestimmte Gegenstände aus Gründen der Gemeinwohlsicherung der schiedsrichterlichen Entscheidung zugänglich gemacht werden, andere aber den staatlichen Gerichten vorbehalten bleiben, sind Verfahren und Institutionen erforderlich, welche die Regelbeachtung kontrollieren und Entscheidungen gegebenenfalls korrigieren. Das Schiedsverfahrensrecht statuiert dementsprechend eine ex-ante Kontrollmöglichkeit der Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen und expost Kontrollen der Wirksamkeit von Schiedssprüchen.

19

BT-Drs. 13/5274, S. 1. Gleichwohl soll durch die Bereitstellung des Regelungsrahmens die Schaffung von Wettbewerb unter den unterschiedlichen innerstaatlichen Schiedsinstitutionen nicht verhindert werden. Ausdrücklich formuliert der Gesetzgeber zwar allein die Stärkung der Konkurrenzfähigkeit deutscher Schiedsinstitutionen im internationalen Wettbewerb um Schiedsverfahren. Die Ermöglichung innerstaatlicher Konkurrenz ist aber zumindest Reflex der rechtlichen Ermöglichung nichtstaatlicher Streitentscheidung. 21 BT-Drs. 13/5274, S. 1. 22 Vgl. Teil 3, E. 20

Teil 3

Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit Die Streitbeilegung mittels besonderer Streitentscheidungsverfahren steht unter dem Schutz des Grundgesetzes. Das Rechtsstaatsprinzip als ungeschriebener elementarer Verfassungsgrundsatz1 fordert, dass der Staat für Streitigkeiten zwischen Privatpersonen Möglichkeiten gerichtlicher Entscheidung bereitstellt. Neben diesem allgemeinen Justizgewährungsanspruch2 tritt für Rechtsverletzungen des Bürgers durch Träger öffentlicher Gewalt die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Garantiert werden ebenso das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), der gesetzliche Richter (Art. 101 Abs. 1 GG) und die Unabhängigkeit des Richters (Art. 97 GG). Schließlich konstituiert Art. 92 GG die Rechtsprechung als notwendige Staatsfunktion und fordert damit die Bereitstellung der rechtlichen und tatsächlichen Mittel zur adäquaten Aufgabenerfüllung eines Rechtsschutzsystems.3 Ausdrücklicher Gegenstand des grundgesetzlichen Organisationsrechts ist allein die staatliche Gerichtsbarkeit. Schiedsgerichte finden hingegen – abgesehen von der Verpflichtung des Bundes zum Beitritt einer Vereinbarung über die Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte in Art. 24 Abs. 3 GG – keine verfassungsrechtliche Erwähnung.4 Inwieweit die Vorgaben des Grundgesetzes dennoch Auswirkungen auf die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht haben, ist Gegenstand des folgenden Abschnittes der Untersuchung. 1 BVerfGE 52, 131 (144); 90, 60 (86); Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: HStR II³, § 26 Rn. 3; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 615, definiert Rechtsstaatlichkeit als „Ausübung staatlicher Macht auf der Grundlage von verfassungsmäßig erlassenen Gesetzen mit dem Ziel der Gewährleistung von Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtssicherheit. Umfangreiche Darstellungen zum Rechtsstaatsprinzip u. a. bei Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip: Überlegung zu seiner Bedeutung für das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, und Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat: verfassungs- und verwaltungsrechtliche Aspekte. 2 Zum Geltungsgrund und Inhalt des Justizgewährungsanspruchs und der Rechtsweggarantie siehe Teil 3 C. I. 3 Zur Frage, inwieweit dem Art. 92 GG ein Rechtssprechungsmonopol zu entnehmen ist vgl. Teil 3, B. II. 4 Bisher besteht eine Schiedsgerichtsbarkeit im Sinne des Art. 24 Abs. 3 GG nicht. Die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 3, der verlangt, dass Schiedsgerichte umfassend und obligatorisch sein müssen und zur Beilegung zwischenstaatlicher Konflikte dienen sollen, umfassen weder der Internationale Gerichtshof (IGH), noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) oder der Internationale Strafgerichtshof (IStGH). Vgl. Streinz, in: Sachs-GG, Art. 24 Rn. 82 ff.

3. Teil: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit

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Die echte Schiedsgerichtsbarkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass die Streitparteien Private mit der verbindlichen Entscheidung eines rechtlichen Konflikts betrauen. Die Autorität der schiedsgerichtlichen Entscheidung beruht insofern nicht auf einer Delegation staatlicher Entscheidungskompetenz durch Hoheitsakt, sondern auf der Vereinbarung der Streitparteien, die vom Gesetzgeber anerkannt wird.5 Inwieweit das Grundgesetz als maßgebliches staatliches Organisationsstatut eine Übertragung von Rechtsprechungsaufgaben im Verwaltungsrecht auf nichtstaatliche Gerichte unter einen besonderen Schutz stellt, soll zunächst einer Prüfung unterzogen werden. Denn besteht für die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht eine grundrechtliche Basis, wie es nach allgemeiner Auffassung für zivilrechtliche Schiedsgerichte der Fall ist,6 resultiert daraus eine Konkurrenz auf Verfassungsebene mit solchen Staatsstrukturprinzipien, die von einer Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit tangiert werden können. Eine grundrechtlich geschützte Schiedsgerichtsbarkeit würde sich in gesteigertem Maße gegen konfligierende Verfassungsprinzipien behaupten können. Die verfassungsrechtliche Literatur begegnet der Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht verbreitet mit Skepsis. Aus einer öffentlichrechtlichen Perspektive ergeben sich verschiedene Problembereiche, die in der verfassungsrechtlichen Auseinandersetzung als noch nicht abschließend geklärt gelten können. Erweiterungen ergeben sich insbesondere aus den Besonderheiten eines dem Streit zu Grunde liegenden öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses und der Stellung der Verwaltung als Träger hoheitlicher Gewalt. Fraglich ist vor allem, inwieweit nichtstaatlichen Institutionen eine Entscheidungsbefugnis zugestanden werden kann, die gegenüber dem Staat und seinen Einrichtungen Verbindlichkeit beansprucht. Problematisch kann ferner sein, ob es mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung vereinbar ist, dass sich ein Verwaltungsträger durch Vereinbarung einer schiedsgerichtlichen Entscheidung der Kontrolle durch Verwaltungsgerichte entziehen kann. Schließlich ist zu fragen, ob Schiedsgerichte tatsächlich ein den staatlichen Gerichten vergleichbares Rechtsschutzniveau bieten und wie sichergestellt werden kann, dass rechtsstaatliche Mindestanforderungen und Gemeinwohlbelange in schiedsgerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden. Systematisch können mithin vier Themenkomplexe bei der Frage nach der Zulässigkeit schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht auseinander gehalten werden: 5

Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 121 f. Nach allgemeiner Auffassung ist die Schiedsgerichtsbarkeit als „Verlängerung der Privatautonomie ins Prozessrecht“ grundrechtlich abgesichert, vgl. etwa Schlosser, in: Stein/Jonas, Vor § 1025 Rn. 3; Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vor § 1025 Rn. 4 ff.; Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 148 ff.; Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 28; Distler, Private Schiedsgerichte und Verfassung, S. 117; Stober, Staatsgerichte und Schiedsgerichtsbarkeit, NJW 1979, S. 2001 (2004). 6

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

Zunächst scheinen strukturelle Erwägungen gegen eine Zulassung privater Streitentscheidung zu sprechen, die mit den Begriffen „staatliche Souveränität“ und „staatliches Rechtsprechungsmonopol“ umrissen werden. Damit werden Probleme in den Blick genommen, die das Verhältnis der Wirkbereiche Staat und Gesellschaft betreffen. Dabei handelt es sich um echte Ausschlusskriterien, die den Fokus der verfassungsrechtlichen Zulassung nichtstaatlicher Streitentscheidung auf eine „Ja- oder Nein-Entscheidung“ legen. Inwieweit die staatliche Souveränität und das staatliche Rechtssprechungsmonopol die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht ausschließen, soll zuvorderst einer Prüfung unterzogen werden.7 Betrachtet man die Verwaltung als einen Akteur beim Abschluss von Schiedsvereinbarungen, eröffnen sich zahlreiche Einzelfragen, die den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als zentrales Rechtsstaatsprinzip betreffen. Inwieweit wird die Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz gelockert, wenn ihr die Möglichkeit eröffnet wird, sich der vollständigen Kontrolle durch staatliche Gerichte zu entziehen? Verhindert der Grundsatz der Gewaltenteilung, dass nichtstaatliche Gerichte Verwaltungshandeln kontrollieren? Schließlich spielen weitere rechtsstaatliche Gebote, wie etwa die Transparenz des Verwaltungshandelns und das Gebot der Öffentlichkeit gerichtlicher Verwaltungskontrollen eine Rolle.8 Wird darüber hinaus der Bürger in den Fokus der Betrachtung genommen, stellen sich vor allem Rechtsschutzfragen, die verfassungsrechtlich gegen die Zulassung schiedsrichterlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht ins Feld geführt werden können. Interaktionen zwischen der Verwaltung und dem Bürger sind immer auch durch grundrechtliche Bezüge geprägt, die einen besonderen gerichtlichen Schutz bedingen. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG weist die Prüfung möglicher Rechtsverletzungen durch Hoheitsträger den staatlichen Gerichten zu. Ob und wieweit diese Vorschrift durch eine Vereinbarung der Streitparteien zur Disposition steht, ist im Wesentlichen anhand der Voraussetzungen des Grundrechtsverzichts zu beantworten.9 Neben den verfassungsrechtlichen Implikationen für die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht sollen schließlich die unionsrechtlichen Vorgaben einer Prüfung unterzogen werden. Es wird im Rahmen eines Exkurses geprüft, inwieweit dem europäischen Primär- und Sekundärrecht Anhaltspunkte einer generellen Zulassung bzw. Vorgaben für die Schiedsverfahrensrechte der Mitgliedsstaaten zu entnehmen sind. Diese Problemfelder aufwerfend, sei die These des Kapitels vorangestellt: Weder dem Grundgesetz noch dem Unionsrecht kann ein striktes Verbot schiedsrichterlicher Entscheidungsfindung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten entnommen werden. Gleichwohl ergeben sich aus beiden Rechtsordnungen spezi 7

Vgl. dazu Teil 3, B. I. und II. Vgl. dazu Teil 3, B. III. 9 Vgl. dazu Teil 3, C. I. 8

A. Grundrechtliche Basis im Verwaltungsrecht?

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fische Anforderungen an die Entscheidungsfindung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten durch nichtstaatliche Gerichte, welche die Anwendbarkeit der zivilprozessualen Schiedsverfahrensregelungen Einschränkungen unterwirft. Diese sollen am Ende des Kapitels zusammengefasst werden, um die Ausgestaltung des Schiedsverfahrensrechts für verwaltungsrechtliche Streitigkeiten einer Prüfung anhand der verfassungsrechtlichen Determinanten unterziehen zu können.

A. Grundrechtliche Basis der Schiedsgerichtsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht? Im Zivilrecht basiert die Streitbeilegung durch nichtstaatliche Gerichte auf verfassungsrechtlicher Grundlage. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist durch die Privatautonomie der Akteure grundrechtlich geschützt. Eine solche grundrechtliche Legitimierung der Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten hätte Auswirkungen auf die Untersuchung ihrer Zulassung. Denn soweit die Schiedsgerichtsbarkeit Ausdruck grundrechtlicher Gewährung ist und von der Schutzwirkung von Art. 2 Abs. 1 GG umfasst wird, wären Einschränkungen legitimationsbedürftig und müssen sich an den verfassungsrechtlichen Anforderungen für Freiheitsbeschränkungen messen lassen. Umgekehrt würde das Fehlen des grundrechtlichen Schutzes der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht für sich genommen nicht ihre Unzulässigkeit indizieren. Es wäre dann Sache des Gesetzgebers, ob und in welchem Umfang er sie zulassen wollte. Es bestände dann im Falle einer einfachgesetzlichen Zulassung keine besondere Schutzwürdigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit; die Anforderungen an einschränkende Rechtsakte wären geringer, ihre Durchsetzbarkeit gegen entgegenstehende Rechtsinstitute wäre begrenzt.10 Damit ist die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht grundrechtlich geschützt ist. In Betracht kommt eine dem Zivilrecht entsprechende Schutzwirkung durch die Vertragsfreiheit. Die folgende Untersuchung stellt zunächst die Bedeutung der Privatautonomie für die Schiedsgerichtsbarkeit in zivilrechtlichen Angelegenheiten dar, um im Anschluss ihre Übertragbarkeit auf verwaltungsrechtliche Streitigkeiten zu problematisieren. Im Fokus steht damit die Existenz und Reichweite einer Vertragsfreiheit im Verwaltungsrecht. Im Anschluss wird die mögliche Gewährleistung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht durch die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG in den Blick genommen werden.

10 Einen umgekehrten Ansatz wählt etwa Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 42, die von einem Grundsatz staatlicher Gerichtsbarkeit ausgeht und die positive Legitimation nichtstaatlicher Streitentscheidung fordert.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

I. Privatautonomie und Schiedsgerichtsbarkeit im Zivilrecht Echte Schiedsgerichtsbarkeit beruht unabhängig von einem privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Anwendungsbereich auf der Vereinbarung zweier Parteien, einen Konflikt von einem nichtstaatlichen neutralen Dritten entscheiden zu lassen. Sie basiert mithin auf einem vom Hauptgeschäft zu trennendem Vertrag, der Schiedsvereinbarung. Diese Schiedsvereinbarung genießt in zivilrechtlichen Angelegenheiten Grundrechtsschutz. Denn als „Verlängerung der Privatautonomie ins Prozessrecht“11 wird die Schiedsgerichtsbarkeit vom Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts12, bzw. durch spezielle Freiheitsrechte wie der Berufsfreiheit oder des Eigentums, sofern deren Schutzbereiche das Recht zum privaten Kontrahieren beinhalten, umfasst.13 Die Begründung ist darin zu sehen, dass die Privatautonomie als Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben neben der materiellen Verfügungsbefugnis – welche das Recht gewährleistet, Verträge innerhalb der gesetzlichen Grenzen inhaltlich frei zu gestalten, abzuschließen und aufzulösen (Vertragsabschlussund die Gestaltungsfreiheit)14 – auch die prozessuale Parteibefugnis, über einen Rechtstreit frei zu verfügen, umfasst.15 Die Dispositionsmaxime stellt es dem Rechtsinhaber anheim, einen Anspruch vor Gericht geltend zu machen oder eine Klageerhebung zu unterlassen.16 Letzteres stellt im Sinne der Nichtausübung eines Rechts einen Bestandteil der Freiheitsausübung dar, weil eine Verpflichtung zur Durchsetzung eines Rechts gegen Beeinträchtigungen nicht besteht.17 Wenn aber Nichtausübung als Teil der Dispositionsmaxime grundrechtlichen Schutz genießt, muss gleiches für die Wahl eines alternativen Streitbeilegungsmechanismus gelten. Die Parteien dürfen im Wege eines „opting-outs“ privates Schiedsverfah 11 Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vor § 1025 Rn. 5; Claasen, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 92 Rn. 42; Stober, Staatsgerichte und Schiedsgerichtsbarkeit, NJW 1979, S. 2001, (2004). 12 Vertragsfreiheit und Privatautonomie werden verbreitet synonym verwendet. Richtigerweise ist die Privatautonomie der zivilrechtliche Entsprechungsbegriff für die allgemeine Handlungsfreiheit und die Vertragsfreiheit ist einer ihrer Bestandteile, Vgl. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 Abs. 1, Rn. 101. 13 Zur Frage inwieweit die speziellen Freiheitsgrundrechte im Bereich der Vertragsfreiheit Art. 12 Abs. 1 GG verdrängen, mit weiteren Nachweisen Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 66; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 103. 14 BVerfGE 8, 274 (328); 89, 48 (61); 103, 197 (215); Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 4; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 101 (60. EGL 2010); Busche, in: MünchKomm-BGB, Vor. § 145 Rn. 2. 15 Musielak, in: Musielak-ZPO: Einleitung Rn. 35; Kornblum, Probleme der Schiedsrichterlichen Unabhängigkeit, 1968, S. 118; Stober, Staatsgerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit, NJW 1979, S. 2001 (2005). 16 Rauscher, in: MünchKomm-ZPO, Einl. Rn. 275. 17 Zutreffend zum Unterschied zwischen Nichtausübung und Verzicht, Dreier, in: Dreier-GG: Vorb. Rn. 130.

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rensrecht an Stelle des im Wesentlichen zwingenden staatlichen Verfahrensrechts setzen. Dass damit aufgrund der Wirkung der Schiedseinrede des § 1032 Abs. 1 ZPO18 ein Verzicht auf den Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten einhergeht, ist, anders als in öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen, bei denen die Rechtsweggarantie zu staatlichen Gerichten durch Art. 19 Abs. 4 GG grundrechtlich gesichert ist, zwischen Privaten nicht problematisch.19 Aus der grundrechtlichen Gewährung der Schiedsgerichtsbarkeit im Zivilrecht folgt, dass Eingriffe in das Recht, Schiedsgerichte zur Streitentscheidung zu bestimmen, ihrerseits legitimationsbedürftig sind.20 Sie unterliegen den grundrechtlichen Schranken, sei es dem einfachen Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 1 GG oder den besonderen Schrankenbestimmungen des einschlägigen speziellen Freiheitsrechts. Jedenfalls ist dem Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, aufgrund von Gemeinwohlvorstellungen, beispielweise zum Schutz der im vertraglichen Verhandlungsprozess strukturell benachteiligten Partei, die Privatautonomie einzuschränken.21 In diesen Zusammenhang sind die Regelungen der §§ 1029 ff. ZPO einzuordnen. So regelt etwa § 1030 ZPO die schiedsfähigen Gegenstände und sieht vor, dass vermögensrechtliche Ansprüche generell, nichtvermögensrechtliche Ansprüche, soweit die Parteien diesbezüglich dispositionsbefugt sind, Gegenstand einer Schiedsvereinbarungen sein können.22 Gleichsam werden in § 1030 Abs. 2 und 3 ZPO Schiedsvereinbarungen ausdrücklich ausgeschlossen: Unmittelbar zum Schutz des ausschließlichen staatlichen Gerichtsstands für Rechtsstreitigkeiten um Wohnraummieten (Abs. 2) und mittelbar aufgrund einfachgesetzlicher bereichsspezifischer Ausnahmen, die Schiedsgerichtsbarkeit ausschließen oder einschränken können (Abs. 3).23 Die Ausnahmeregelungen dienen damit dem Schutz besonderer staatlicher Interessen, für die sich der Staat ein Entscheidungsmonopol staatlicher Gerichte vorbehält.24 Sie sind aus grundrechtlicher Perspektive als zulässige Schrankenbestimmung so weit unproblematisch, wie sie die Anforderungen an die Einschränkung von Freiheitsrechten einhalten. Umstritten ist, ob Einschränkungen der Dispositionsmaxime so weit gehen können, dass die Schiedsgerichtsbarkeit im Zivilrecht insgesamt ausgeschlossen wird.

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Vgl. insofern Teil 4, C. II. 4. Zu den Voraussetzungen des Verzichts nach Art. 19 Abs. 4 GG siehe Teil 3, C. I. 2. 20 Stober, Staatsgerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit, NJW 1979, 2001 (2005). 21 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113 (118); Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 Rn. 104. 22 Einen Überblick über die Schiedsfähigkeit nach der Schiedsrechtsreform findet sich etwa bei Schulze, Grenzen der objektiven Schiedsfähigkeit, S. 20. 23 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 3 ff. 24 Schulze, Objektive Grenzen der Schiedsfähigkeit, S. 42; aufschlussreich diesbezüglich auch die Begründung zum Gesetzentwurfs des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes, BTDrs. 13/5724, S. 34. 19

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Diese bisweilen im zivilprozessualen Schrifttum aufgeworfene Frage25 ist im Ergebnis wohl zu verneinen. Dies liegt weder daran, dass die Dispositionsmaxime eine verfassungsrechtliche Garantie der Existenz der Schiedsgerichtsbarkeit beinhalte26, noch ist die Schiedsgerichtsbarkeit als Institution eingriffsfester Kernbereich der Privatautonomie. Vielmehr dürfte sich ein ausdrückliches Verbot der Schiedsgerichtsbarkeit aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten ihrer gesetzlichen Regulierung und der mithin vorhandenen milderen Mittel als unverhältnismäßige Verkürzung der Privatautonomie darstellen.27

II. Privatautonomie und Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht Eine bruchlose Übertragung der grundrechtlichen Verankerung schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Zivilrecht auf verwaltungsrechtliche Rechtsverhältnisse muss zunächst an einem strukturellen Unterschied scheitern. Im Verwaltungsrecht begegnen sich, zumindest in den hier vorrangig betrachteten Konstellationen, keine aufgrund von Freiheitsgewährungen berechtigten Rechtspersönlichkeiten. Vielmehr agiert der Bürger bzw. eine juristische Person des Privatrechts mit einem Träger öffentlicher Gewalt, der grundsätzlich nicht grundrechtsberechtigt ist, sondern im Rahmen der ihm zugewiesenen Kompetenzen handelt und zwingend im Rahmen des Rechts handeln muss.28 Stellt sich die Vereinbarung einer schieds 25 Vgl. Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113 (118); Schwab/Gottwald, Effektiver Rechtsschutz und verfassungsmäßige Ordnung, Verfassung und Zivilprozess, S. 1 (44); Stürner, Verfahrensgrundsätze des Zivilprozesses und Verfassung, in: FS Baur, S. 656; Stober, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, NJW 1979, S. 2001 (2004). 26 So aber Stober, Staatsgerichte und Schiedsgerichtsbarkeit, NJW 1979, S. 2001 (2004). 27 Im Ergebnis ebenso: Schwab/Habscheid, Verfassung und Zivilprozess, S. 1 (44); Stürner, Verfahrensgrundsätze des Zivilprozesses und Verfassung, in: FS Baur, S. 656. A. A. Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 113 (118). 28 Es erscheint indes nicht ausgeschlossen, bereichsspezifisch einen Schutz der Vertragsabschlusskompetenz der Verwaltung verfassungsrechtlich begründen zu können. Nahe liegend scheint in diesem Zusammenhang ein Blick auf die organisationsrechtlichen Staatsstrukturprinzipien, die in Teilen grundrechtsähnlich wirken. Die kommunale Selbstverwaltung garantiert in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG den Gemeinden das Recht, ihre Angelegenheiten in eigener Verantwortung zu regeln. Damit ist die weisungsfreie Erfüllung solcher Aufgaben gewährleistet, die in der der örtlichen Gemeinschaft wurzeln. Nun kann zwar von der Garantie eines festen Aufgabenbereichs nicht darauf geschlossen werden, dass der Gemeinde die Aufgabenerfüllung in einer bestimmten Rechtsform garantiert wird. Allerdings sind Bereiche denkbar, in denen eine sachgerechte Aufgabenerfüllung ausschließlich in Gestalt des öffentlich rechtlichen Vertrages möglich erscheint. Zu denken ist etwa an koordinationsrechtliche Verträge über interkommunale Zusammenarbeit oder die Gründung von Zweckverbänden (vgl. dazu Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 60). Zu denken wäre ebenfalls an die Garantie der akademischen Selbstverwaltung, (Art. 5 Abs. 3 GG, vgl. dazu Stelkens/Bonk/Sachs, in: Maunz/Dürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 132) im Rahmen derer Ziel- und Leistungsvereinbarungen als öffentlich-rechtliche Verträge geschlossen werden. Für den hier im Fokus stehenden Bereich subordinationsrechtlicher Verträge scheidet eine grundrechtliche Bewährung indes wohl aus.

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gerichtlichen Streitbeilegung als Vertragsschluss zwischen den Beteiligten dar, ist zunächst rein formal in den Blick zu nehmen, auf welcher Grundlage die Rechtsordnung der Verwaltung vertragliches Handeln gestattet und an welche Grenzen eine solche Gewährung stößt, bevor anschließend die daraus resultierenden Folgerungen für die Freiheitsausübung des Bürgers aufgezeigt werden.29 1. Vertragsabschlusskompetenz der Verwaltung Weder das Grundgesetz noch das einfache Recht normieren abschließend Handlungsformen, die der Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stehen. Ein Numerus clausus der Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung besteht nicht.30 Allerdings enthalten die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder31 mit § 54 VwVfG eine allgemeine Handlungsformermächtigung zum Abschluss öffentlich rechtlicher Verträge. Die Vorschrift stellt klar, dass der Vertrag als Handlungsform grundsätzlich, d. h. ohne spezialgesetzliche Ermächtigungen zulässig ist.32 Im Rahmen der ihr zugewiesenen Kompetenz entscheidet eine Verwaltungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen, welche Handlungsform zur Erfüllung der Aufgabe herangezogen werden soll.33 Damit bildet aus Sicht der Verwaltung keine grundrechtliche Gewährung die Basis des Abschlusses eines Verwaltungsvertrags, sondern der Vertragsschluss stellt „gesetzesgesteuerte Verwaltungstätigkeit“34 dar, die Konsequenz der formalen Aufgabenzuweisung ist. Die Grenzen der Zulässigkeit des verwaltungsrechtlichen Vertrages werden durch den handlungsformunabhängigen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) bestimmt. Denn der Verwaltung wird durch die Gewährung vertraglichen Handelns keine Lösung von der strikten Gesetzesbindung zugestanden.35 Dementsprechend gilt der Vorrang des Gesetzes auch im Bereich verwaltungsvertraglichen Handelns uneingeschränkt.36 Der Verwaltung ist es mit 29 Zur Erforderlichkeit der Differenzierung hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen im Verwaltungsvertragsrecht vgl. Franke, Der gerichtliche Vergleich im Verwaltungsprozess, Diss. 1996, S. 52; Dolderer, in: Sodan/Ziekow, § 106 Rn. 39 f. 30 Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 65; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 Rn. 8. Zur Genese spezifischer Handlungsformen Hoffmann-Riem, Rechtsformen, Handlungsformen, Bewirkungsformen, in: GVwR II, § 33 Rn. 14. 31 Zum Verhältnis der Verfahrensrechte von Bund und Ländern und der Simultangesetzgebung Kopp/Ramsauer, Einl. I, Rn. 5 f. 32 Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 1; Fehling, in: Fehling/Kastner, § 54 VwVfG Rn. 1; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 4. 33 Fehling, in: Fehling/Kastner, § 54 Rn. 9; Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, S. 252; Maurer, DVBl. 1989, S. 798 (805). 34 Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 72, mit Verweis auf Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, Rn. 677. 35 Schliesky, in: Knack/Hennecke, § 54 Rn. 2; zu der Lockerung der Rechtsbindung vgl. Teil 3, B. IV. 1. b). 36 Schliesky, in: Knack/Hennecke, § 54 Rn. 3.

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hin verwehrt zu kontrahieren, wenn die Vertragserfüllung einen Rechtsverstoß beinhalten würde.37 Ferner sind die Handlungsformverbote im Sinne des § 54 S. 1 Hs. 2 VwVfG für die Einschränkung der Vertragsabschlusskompetenz maßgeblich.38 Die Vorschrift konkretisiert die Gesetzesbindung und bestätigt die Möglichkeit des einfachen Gesetzgebers, bereichsspezifische Einschränkungen der Handlungsform Vertrag zu statuieren.39 Entgegenstehende Rechtsvorschriften können gleichermaßen ungeschriebene Verfassungsgrundsätze und ausdrückliche Vorschriften des Grundgesetzes sowie des Unionsrechts sein, ebenso formelles und materielles Bundes- und Landesrecht. Ausgeschlossen sind aufgrund des Vorrangs des Gesetzes indes Verwaltungsvorschriften oder Satzungen, weil die gesetzliche Zulassung einer Handlungsform nicht durch eine nachgeordnete Vorschrift unterlaufen werden kann.40 Werden insofern die Ermöglichung und Begrenzung vertraglichen Handelns der Verwaltung zur Frage des grundrechtlichen Schutzes der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht in Bezug gesetzt, ergibt sich für den Verwaltungsträger eine nur einfachgesetzliche Bewährung. Der Gesetzgeber verfügt über weit reichende Möglichkeiten, Schiedsvereinbarungen auszuschließen und damit die Schiedsgerichtsbarkeit einzuschränken. So können einerseits bestimmte Vertragsinhalte – damit auch der Abschluss eines Vertrages über den Rechtsweg generell – untersagt werden, andererseits kann für bestimmte Rechtsbereiche ein Vertragsformverbot erlassen werden, das in diesem Bereich ebenso zur Unzulässigkeit einer Schiedsvereinbarung führen würde.41 37 Der Vorbehalt des Gesetzes gilt indes nicht, weil § 54 S. 1 VwVfG einen Verzicht auf spezielle Vertragsformermächtigungen beinhaltet (Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 90; Schliesky, in: Knack/Hennecke, § 54 Rn. 8. Dies ist grundsätzlich unbedenklich, weil der zuvorderst freiheitssichernde Gedanke des Gesetzesvorbehalts den Bürger vor gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Rechtseingriffen schützen will. Im Bereich verwaltungsvertraglichen Handelns besteht indes die Gefahr eines Eingriffs in die Rechtssphäre nicht im gleichen Maße, da Vertragsschluss zwar möglicherweise eine Einschränkungen der Rechtsposition des Bürgers beinhaltet, die aber mit Einverständnis des Bürgers erfolgt und somit keinen eigenen Eingriffsgehalt aufweist, vgl. Scherzberg, Grundfragen des verwaltungsrechtlichen Vertrages, JuS 1992, S. 208 (211); Maurer, Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, DVBl. 1985, S. 805 ff. 38 Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 41. 39 Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, S. 254. 40 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 94 f. 41 Stumpf, Alternative Streitbeilegung, S. 52 ff. vertritt indes die Auffassung, die Möglichkeit der Vereinbarung einer schiedsrichterlichen Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen gehöre zu dem durch den Gewaltenteilungsgrundsatz geschützten Kernbereich exekutivischen Handelns, in dem Eingriffe durch die Legislative ausgeschlossen seien. Zum Schutz des Kernbereichs der Gewalten vgl. BVerfGE 34, 52 (59). Dies vermag indes nicht zu überzeugen. Selbst wenn die Kernbereichsthese grundsätzlich als hinreichend bestimmte Konkretisierung des Gewaltenteilungsgrundsatzes angesehen wird, scheint die Annahme, die Selbstkontrolle der Verwaltung gehöre zum Kernbereich der Exekutive, nicht tragfähig. Mit gleichem Argu-

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Die tatsächliche Frage, inwieweit ein bereichsspezifisches Vertragsformverbot angesichts des damit verbundenen Ausschlusses von Vergleichen sinnvoll wäre, mag an dieser Stelle dahinstehen. Festzuhalten ist, dass besondere verfassungsrechtliche Sicherungen jenseits der allgemeinen Anforderungen an das ordnungsgemäße Zustandekommen von Rechtssätzen aus der Perspektive des Verwaltungsträgers für die Zulassung von Schiedsvereinbarungen nicht bestehen. 2. Verwaltungsrechtliche Vertragsfreiheit Privater Somit gilt es die Folgen der einfachgesetzlichen Gestattung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht für die bürgerliche Freiheitsausübung bei der Gestaltung von Verwaltungsvertragsverhältnissen zu bestimmen. Die Feststellung der lediglich einfachgesetzlichen Verankerung des verwaltungsrechtlichen Vertrages erfolgt unabhängig von der Geltung der Privatautonomie des Bürgers im öffentlichen Recht. Mit der Feststellung ist nicht die Versagung einer grundrechtlichen Schutzposition Privater hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ eines Vertragsschlusses mit Akteuren öffentlicher Verwaltung intendiert. Denn unstreitig ist der Vertrag kein auf das Zivilrecht beschränktes Rechtsinstitut, sondern rechtsgebietsunabhängige Kategorie.42 Spätestens mit der ausdrücklichen Anerkennung des Verwaltungsvertrags in den Verwaltungsverfahrensgesetzen ist der Vertrag auch „Grundform des öffentlichen Rechts.“43 Im Verwaltungsrecht besteht ebenso wenig wie im Zivilrecht eine grundsätzliche Verpflichtung zum Abschluss von Verträgen.44 Gleichwohl wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Privatautonomie in erster Linie eine Erscheinung des Privatrechts ist.45 Denn die gesetzlichen Bindungen, welche den Inhalt möglicher Verträge im öffentlichen Recht determinieren,

ment könnte insofern gegen die Abschaffung des Widerspruchverfahrens als dem klassischen Instrument administrativer Selbstkontrolle gestritten werden. Aus einer Gewaltenteilungsperspektive bestehen diesbezüglich aber keine Bedenken. Vgl. zu den verfassungsrechtlichen Problemfragen Steinbeiß-Winckelmann, Abschaffung des Widerspruchsverfahrens – ein Fortschritt? NVwZ 2009, 686 (691). Allerdings scheint schon nicht hinreichend plausibel, warum die Streitentscheidung durch einen Dritten bei Stumpf als Instrument der Selbstkontrolle bezeichnet wird. Schließlich wäre durch einen rechtlichen Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht in keinem Fall ausgeschlossen, dass die Verwaltung von sich aus ihre Entscheidung einer erneuten Überprüfung unterzieht. 42 Maurer, Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, DVBl. 1989, S. 798 (800). 43 Leisner, Vertragsstaatlichkeit, S. 11 ff. 44 Gleichwohl kennt das Verwaltungsrecht Kontrahierungszwänge. Dazu im Sozialrecht kritisch: Martini/Schenkel, Die Eingliederungsvereinbarung – ein verfassungswidriger Formenmissbrauch? VSSR 2010, 393 ff. 45 Manssen, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, S. 119.

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gehen deutlich über diejenigen des Zivilrechts hinaus.46 Handlungsspielräume im Verwaltungsrecht ergeben sich aufgrund der Geltung des Gesetzesvorrangs vor allem im Bereich der Ermessensverwaltung und bei der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe.47 Dagegen geht die Gestaltungsmöglichkeit privater Rechtsbeziehungen im Privatrecht deutlich weiter und findet idealiter einzig in den Bestimmungen der §§ 134, 242 BGB ihre Grenze, rechtlich und faktisch allerdings in einer steigenden Anzahl von Gesetzesbindungen und richterlicher Rechtsfortbildung, welche die Privatautonomie auch im Zivilrecht beschränken.48 Ungeachtet der Zurückdrängung der Privatautonomie im Zivilrecht erscheint die Terminologie „verwaltungsrechtliche Vertragsfreiheit“49 zur Beschreibung einer Freiheit beim Abschluss verwaltungsrechtlicher Verträge vorzugswürdig, um die Verschiedenheit durch die gesteigerte Bedeutung rechtlichen Bindungen beim Abschluss von Verträgen zwischen Bürger und Verwaltung auch begrifflich deutlich werden zu lassen. Maßgeblich ist für die Frage der grundrechtlichen Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht die Feststellung, dass die Freiheitsgewährung des Bürgers ins Leere geht, sowit ihr keine gleichberechtigte Freiheitsgewährung auf Seiten der Behörde entspricht. Mit anderen Worten hängt die Tragfähigkeit der verfassungsrechtlichen Sicherung der verwaltungsrechtlichen Vertragsfreiheit wesentlich davon ab, inwieweit die Behörde zum Vertragsschluss berechtigt ist. Denn der Verwaltungsträger ist nicht Bürge eines Freiheitsanspruchs in Bezug auf den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages. Die Normierung des Verwaltungsvertrags ist nicht in erster Linie „für den Bürger“ gedacht. In diesem Sinne befasste sich die rechtspolitisch und rechtsdogmatische Kontroverse, ob der Staat mit dem Bürger „paktieren“ dürfe, bis zur ausdrücklichen einfachgesetzlichen Anerkennung des öffentlich rechtlichen Vertrags in § 54 VwVfG auch nicht mit der Frage, ob grundrechtliche Freiheitsgewährungen die Möglichkeiten eines Vertragsschlusses zwingend bedingen müssen. Maßgeblicher Streitpunkt war vor allem die von Otto Mayer heftig bestrittene Möglichkeit der Verwaltung, ein Gleichordnungsverhältnis mit dem Bürger einzugehen.50 Ein Anspruch auf den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages ist aufgrund der Ermessensvorschrift des § 54 S. 1 VwVfG im Falle einer Ermessens 46

Maurer, Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, DVBl. 1989, 798 (805); Götz, Hauptprobleme des verwaltungsrechtlichen Vertrages, JuS 1970, S. 1 (5). 47 Schliesky, in: Knack/Hennecke, § 54 Rn. 5; Manssen, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, S. 119. 48 Vgl. insofern kritisch: Olzen, in: Staudinger-BGB, Einleitung zum Schuldrecht, Rn. 50. Zu den Grenzen der Privatautonomie m Zivilrecht instruktiv, Murswiek, in: Sachs-GG, Art. 2 Rn. 55a ff. 49 So Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 68. 50 Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 13; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 2.

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reduktion zwar rechtskonstruktiv möglich.51 In Bezug auf den Abschluss einer Schiedsvereinbarung jenseits einer Selbstbindung der Verwaltung nach Art. 3 Abs. 1 GG ist aber nicht ersichtlich, auf welchen sachlichen Erwägungen eine Ermessenschrumpfung fußen könnte.52 Somit kann als Gradmesser für die private Ausübung der verwaltungsrechtlichen Vertragsfreiheit die behördliche Kompetenz vertraglichen Handelns angesehen werden. Da diese aber nur einfachgesetzlich gewährt wird, scheidet ein dem Zivilrecht vergleichbarer Schutz der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht durch die Privatautonomie aus.

III. Gewährleistung der Schiedsgerichtsbarkeit durch Art. 19 Abs. 4 GG In Betracht kommt schließlich, dass die Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten an der Schutzwirkung des Art. 19 Abs. 4 GG parti­ zipiert. Das „formale Hauptgrundrecht“53 des Grundgesetzes garantiert den lückenlosen Rechtsschutz gegen Akte hoheitlicher Gewalt. Als „Kernstück des Rechtsstaats“54 begründet die Rechtsweggarantie ein subjektives Recht auf effektiven Rechtsschutz, welches wegen seiner grundrechtlichen Ausgestaltung selbstständig im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann.55 Der Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 4 GG ist beschränkt auf das Bürger-Staat-Verhältnis, weil dessen Gewährleistung allein Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt umfasst. Damit ist die Rechtsweggarantie spezielle Ausformung des aus dem Rechtstaatsprinzip abzuleitenden allgemeinen Justizgewährungsanspruchs.56 Wenngleich in der dogmatischen Herleitung des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruchs und der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG Unterschiede bestehen, kann von einer weitgehenden inhaltlichen Parallelität von Justizgewäh-

51 Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 108 betont insoweit zutreffend, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dafür streiten kann, einen Vertrag abzuschließen, soweit sich die Vereinbarung als milderes Mittel zum Verwaltungsakt darstellt. 52 Skeptisch bezüglich der Möglichkeit einer Ermessensreduktion auch Maurer, Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, DVBl. 1989, 798 (805); Hennecke, in: Knack/ Hennecke, Vor. § 54 Rn. 46; zur Ermessensentscheidung im Bereich des Verwaltungsvertrags vgl. Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 16; Fehling, in: Fehling/Kastner, § 54 Rn. 10. 53 Begriff nach Klein, Tragweite der Generalklausel im Art. 19 Abs. 4 GG des Bonner Grundgesetzes, VVDStRL 8 (1950), S. 67 (88). 54 Sachs, in: Sachs-GG, Art. 19 Rn. 11. 55 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 7. 56 Maurer, Rechtsstaatliches Prozessrecht, in: FS 50 Jahre BVerfG, S. 467 (492); Huber, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 19 Abs. 4 Rn. 353.

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rungsanspruch und Rechtsschutzgarantie ausgegangen werden.57 Art. 19 Abs. 4 GG garantiert dem Rechtsschutzberechtigten eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung eines Streitgegenstands durch ein Gericht sowie eine verbindliche Entscheidung in der Sache.58 Obwohl nach ganz herrschender Auffassung Gerichte im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG ausschließlich staatliche Gerichte sind,59 wird vereinzelt die Ansicht vertreten, die Privatautonomie streite in einer spezifischen Ausgestaltung durch Art. 19 Abs. 4 GG dafür, auch im Verwaltungsrecht den Weg zu Schiedsgerichten zwingend offen zu halten.60 Die Gewährung des Rechtswegs bedinge die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit von Regelungen, welche die nichtstaatliche Streitbeilegung im Verwaltungsrecht insgesamt ausschließe.61 In der Sache wird damit ein grundrechtlicher Bestandsschutz der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht das Wort geredet. Diese Auffassung vermag aufgrund eines grundrechtssystematischen Arguments nicht zu überzeugen. So wird verkannt, dass Art. 19 Abs. 4 GG zuvorderst ein subjektives Leistungsgrundrecht darstellt, das ein Recht auf gesetzgeberische Aktivitäten zur Sicherung eines effektiven Gerichtsschutzes durch die Judikative schafft.62 Damit ist Art. 19 Abs. 4 GG kein Abwehrrecht, zielt also nicht darauf, die Freiheit des Bürgers durch die Abwehr von Eingriffen zu sichern.63 Dies wird zwar teilweise grundsätzlich in Abrede gestellt,64 bisweilen wird nur eine partielle Wirkung als Abwehrrecht angenommen.65 Dagegen spricht aber bereits die schrankenlose Ausgestal 57 BVerfGE 85, 337 (345); 88, 118, 123 ff.; Maurer, Rechtsstaatliches Prozessrecht, in: FS 50 Jahre BVerfG, S. 467 (493); Schenke, in: BonnerKomm-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 61. Der dogmatische Unterschied besteht darin, dass Art. 19 Abs. 4 GG ein Leistungsrecht darstellt, der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitete Justizgewährungsanspruch jedoch zunächst nur auf einem objektiven Verfassungsgebot beruht, welches erst unter Rückgriff auf die Grundrechte (Art. 2 Abs. 1 GG) eine subjektive Rechtsposition begründet. Aufgrund des einfachen Gesetzesvorbehalts aus Art. 2 Abs. 1 GG und der schrankenlosen Gewährung des Art. 19 Abs. 4 GG folgert Huber, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 19 Abs. 4 Rn. 355, dass der Teilhabeanspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG weiter reicht als der Justizgewährungsanspruch. 58 BVerfGE 54, 277 (291); 85, 337, 345 ff.; Maurer, Rechtsstaatliches Prozessrecht, in: FS 50 Jahre BVerfG, S. 467 (493); Schenke, in: BonnerKomm-GG, Art. 92 Rn. 62. 59 Schenke, in: BonnerKomm-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 85, Huber, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 19 Abs. 4 Rn. 445; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Rn. 174. 60 Stumpf, S. 50 f. 61 Stumpf, S. 51. 62 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 7; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG Art. 19 Abs. 4 Rn. 84. 63 Zu systembildenden Elementen der Freiheitsgrundrechte vgl. Stern, Idee und Elemente eines Systems der Grundrechte, in: HStR IX³, § 185 Rn. 49 ff. 64 Ibler, in: BerlinerKomm-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 47, der Art. 19 Abs. 4 GG eine weite Abwehrfunktion zuspricht. 65 Schenke, in: BonnerKomm-GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Rn. 38, 741 ff. nimmt einen eigenständigen abwehrrechtlichen Gehalt in Fällen an, in denen die Verwaltung im Rahmen eines Ver-

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tung des Art. 19 Abs. 4 GG.66 Die Annahme eines Abwehrrechts würde bedeuten, dass für sämtliche Einschränkungen der Rechtsweggarantie, wie sie einfachgesetzlich etwa durch die Erhebung von Gerichtskosten oder die Normierung eines Anwaltszwanges zulässigerweise statuiert werden,67 ein ungeschriebenen Schrankenvorbehalt fingiert werden müsste. Dies ließe sich mit der allgemeinen Grundrechtsdogmatik nicht vereinbaren.68 Der Rekurs auf die den abwehrrechtlichen Charakter ist bei verständiger Würdigung der Wirkungen eines subjektiven Leistungsrechts aber auch entbehrlich, um Art. 19 Abs. 4 GG einen hinreichenden Schutz gegen Verkürzungen der Rechtsweggarantie beizumessen. Denn der Leistungsanspruch ist die Kehrseite einer Abwehrfunktion bei Nichtgewährung des grundrechtlich geforderten Niveaus. Die Nichtgewährung einer grundrechtlich geschützten Leistung ist eine unzulässige Verkürzung des Anspruchs, ohne dass es eines kumulativen Abwehrgehalts bedürfte.69 Wird somit angenommen, dass Art. 19 Abs. 4 GG ein subjektives Leistungsrecht darstellt, wird deutlich, dass sich die Gewährung ausschließlich auf Gerichte beziehen kann, welche Gegenstand der tatbestandlichen Gewährleistung sind. Dies gilt – wie soeben dargestellt – ausschließlich für staatliche Gerichte. Damit ist es dem Gesetzgeber nicht nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 4 GG verwehrt, den Bürger, für den Fall dass er Rechtsschutz gegen Hoheitsträger in Anspruch nehmen will, zwingend an staatliche Gerichte zu verweisen.

IV. Zwischenergebnis Damit wurde gezeigt, dass die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht weder durch die verwaltungsrechtliche Vertragsfreiheit noch durch die Rechtweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG in ihrem Bestand gesichert wird. Sie ist zwar für Private Ausdruck ihrer verwaltungsrechtlichen Handlungs­ freiheit, für Träger öffentlicher Verwaltung aber Teil der gesetzesdirigierter Verwaltungstätigkeit. Eine grundrechtliche Absicherung der Schiedsgerichtsbarkeit resultiert daraus nicht. Daraus ist nicht der Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht zu folgern, wohl aber eine beschränkte Durchsetzbarkeit gewaltungsverfahrens dergestalt agiert, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden, die den Rechtsweg faktisch ausschließen. 66 Ramsauer, in: AK-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 77; Maurer, in: Rechtsstaatliches Prozessrecht, in: FS 50 Jahre BVerfG, S. 467 (474). 67 Zur Zulässigkeit von Regelungen, die den Rechtsweg rechtlich oder tatsächlich erschweren vgl. BVerfGE 10, 264 (268); Schenke, in: BonnerKomm-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 152 ff. 68 Zum Folgen des fehlenden Gesetzesvorbehalts vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 140. 69 So zutreffend Schenke, Art. 19 Abs. 4 Rn. 37.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

genüber sonstigen Instituten des Verfassungsrechts. Mit der Schiedsgerichtsbarkeit konfligierende Verfassungsgüter sollen im Folgenden aufgezeigt, diskutiert und Folgen für die Gewährung der Schiedsgerichtsbarkeit festgestellt werden.

B. Staatsorganisationsrechtliche Dimension In der verfassungsrechtlichen Auseinandersetzung stößt die Zulassung privater Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht verbreitet auf Skepsis.70 Im Wesentlichen werden Argumente vorgebracht, die eine Unvereinbarkeit privater Streitentscheidung mit Staatsstrukturprinzipien des Grundgesetzes begründen sollen. Dieser Abschnitt diskutiert diese Bedenken und versucht darzulegen, inwieweit sie als unbegründet erscheinen.

I. Schiedsgerichtsbarkeit und staatliche Souveränität „Eine private Verwaltungsgerichtsbarkeit scheidet schon deshalb aus, weil es zum Begriff der öffentlichen Gewalt gehört, dass sie von Privatpersonen und privaten Instanzen, gleichgültig wie sie im Übrigen organisiert sein mögen, keine verbindlichen Direktiven entgegenzunehmen braucht bzw. entgegennehmen kann.“71

Wird dieser pointierten Auffassung Herzogs gefolgt, wäre die Streitentscheidung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten unzulässig. Zwar ist nach dessen Auffassung dem Grundgesetz kein prinzipielles Verbot nichtstaatlicher Gerichtsbarkeit zu entnehmen,72 ein solches Verbot sei aber auf Grund der Besonderheiten des Rechtsverhältnisses zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung und Privaten zwingend. Eine Analyse dieser Position hat bei der Verwendung des Begriffs der öffentlichen Gewalt anzusetzen. Darunter fallen die in Formen des öffentlichen Rechts organisierten Verwaltungseinheiten und beliehene Privatrechtssubjekte.73 Herzogs Stellungnahme liegt die Auffassung zu Grunde, die öffentliche Gewalt als Teil der Staatsgewalt sei notwendigerweise allen gesellschaftlichen Kräften überlegen.74 Im Falle der Existenz einer Gewalt, welche der Staatsgewalt Direktiven auferlegen könne, verlöre der Staat das Alleinstellungsmerkmal der höchsten Gewalt und 70

Herzog, in: Maunz/Dürig (1993), Art. 92 Rn. 158; Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 87; Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 36, 51; Detterbeck, in: Sachs-GG, Art. 92 Rn.  28 f.; Achterberg, BonnerKomm-GG, Art. 92 Rn. 178; Wolff, Grenze der Heimlichkeit, NVwZ 2012, 205 (206). Positiv zur Zulassung jedoch Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 42. EGL. 2003, Art. 19 Abs. 4 Rn. 177, Schenke, in: BonnerKomm-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 97. 71 Herzog, in: Maunz/Dürig (1993), Art. 92 Rn. 158. 72 Herzog, in: Maunz/Dürig (1993); Art. 92 Rn. 149 ff. 73 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art 19 Abs. 4 Rn. 53 ff. 74 Zum Gewaltbegriff vgl. Isensee, Staat und Verfassung, in: HStR II³, § 15 Rn. 87 ff.

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würde damit ein wesentliches Merkmal moderner Staatlichkeit verlieren.75 Damit wird in der Sache ein Souveränitätsargument gegen die Zulassung privater Gerichte in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten eingeführt. Souveränität ist – neben dem Gewaltmonopol und der Hoheitlichkeit staatlichen Handelns – ein Ausdruck der Staatsgewalt.76 Sie hat eine doppelte Wirkrichtung: Nach außen umschreibt sie die rechtliche Unabhängigkeit eines Staates im Verhältnis zu anderen Staaten.77 In dem vorliegend zu untersuchenden Zusammenhang ist indes ihr Effekt nach innen von Bedeutung. Souveränität nach innen bedeutet, dass die Staatsgewalt im staatlich verfassten Gemeinwesen nicht die einzige, wohl aber die rechtlich höchste Gewalt ist, welche über allen anderen Gewalten, wie etwa den Selbstverwaltungskörperschaften oder den Kirchen, steht.78 Damit wird begrifflich auf den Punkt gebracht, dass der Staat und nur der Staat aus eigener Autorität verbindliche Regelungen aufstellen, Entscheidungen treffen und zwangsweise durchsetzen kann.79 Auch in seiner heutigen Form baut der Gedanke staatlicher Souveränität wesentlich auf den Grundlagen Bodins auf.80 Seine Souveränitätslehre ist geprägt durch den historischen Kontext des Mittelalters und des Ringens der Stände um Teilhabe an staatlicher Macht. An dessen Ende beginnt die Behauptung einer unabhängigen Staatsmacht gegenüber einer Vielzahl weltlicher und geistlicher Hoheitsträger. Der Zentralisierungsprozess politischer Macht mündet in der Neuzeit mit der Etablierung eines absolutistischen Herrschaftssystems.81 Der moderne Verfassungsstaat hat das Konzept der geschlossenen Machteinheit, eingebettet in Systeme der Machtverschränkung und Kontrolle übernommen.82 Die Rezeptionstauglichkeit des tradierten Konzepts staatlicher Souveränität zur Beantwortung von Fragen, welche historisch „unter umgekehrten Vorzeichen“ stattfinden, nämlich im Zuge einer zunehmenden (Rück-)Verlagerung von Aufgaben und Kompetenzen aus der staatlichen in die gesellschaftliche Sphäre, scheint indes fraglich. Im Kern geht es bei einer Bestimmung der Reichweite staatlicher Souveränität um das Verhältnis der Funktionsbereiche Staat und Gesellschaft. Die exakte Justierung von Wirkbereichen, die notwendigerweise in die

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Isensee, Staat und Verfassung, in: HStR II³, § 15 Rn. 87 ff. Isensee, Staat und Verfassung, HStR II³, § 15 Rn. 87 ff. 77 Randelzhofer, Staatsgewalt und Souveränität, in: HStR II³, § 17 Rn. 25. 78 Isensee, Staat und Verfassung, in: HStR II³, § 15 Rn. 98; Krüger, Allgemeine Staatslehre, S.  851 f. 79 Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 851 f. 80 Grundlegend Bodin, Six livres de la République, Buch I, 8. Kapitel – Über die Souveränität: „Der Begriff der Souveränität beinhaltet die absolute und dauernde Gewalt eines Staates, die im lateinischen majestas heißt. [ …] Souveränität bedeutet höchste Befehlsgewalt.“ Zitiert nach der Übersetzung von Niedhart. 81 Randelzhofer, Staatsgewalt und Souveränität, in: HStR II³, § 17 Rn. 2. 82 Isensee, Staat und Verfassung, in: HStR II³, § 15 Rn. 100 ff. 76

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staatliche Sphäre fallen, und jener, die von der Gesellschaft ausgefüllt werden können, bereitet aus zwei Gründen Schwierigkeiten. Zum einen, weil der steigende Grad der Vernetzungen zwischen Staat und Gesellschaft im modernen Staat sich einer trennscharfen Unterscheidung der Wirkbereiche entzieht.83 Sei es, weil sich der Staat der Erfüllung exekutiver Aufgaben entledigt und sie damit in die gesellschaftliche Sphäre überträgt, bzw. sie in privatrechtlicher Form oder in Kooperation mit Privaten erbringt. Sei es, weil legislative Aufgaben in kooperativer Form erbracht werden: Das „Zerfließen“ von Staat und Gesellschaft ist ein Phänomen moderner Staatlichkeit.84 Zum anderen sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Konstituierung von Staatlichkeit fragmentarisch. Das Grundgesetz setzt die Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland voraus: Es erkennt sie damit an, formuliert aber kein geschlossenes Konzept der Staatlichkeit und ihrer notwendigen Voraussetzungen.85 Die Frage des Verhältnisses der Wirkbereiche von Staat und Gesellschaft muss also vor dem Hintergrund disparater Verschränkung staatlicher und gesellschaftlicher Sphären und nicht vollständig konkretisierter verfassungsrechtlicher Vorgaben erfolgen. Wenn bereits aus diesen grundsätzlichen Erwägungen die Tauglichkeit des Souveränitätskonzepts zur Beantwortung der Frage einer Zulassung nichtstaatlicher Streitentscheidung als nicht geeignet erscheint, überzeugt die Argumentation, der Staat könne aufgrund seiner Souveränität die Entscheidungen privater Instanzen über staatliche Tätigkeit nicht anerkennen, auch aus der eigenen „Souveränitätslogik“ nicht. Denn die Entscheidungskompetenz nichtstaatlicher Gerichte in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ist mit der staatlichen Souveränität nur scheinbar unvereinbar. Private Schiedsgerichte treffen Entscheidungen nicht aus eigener Souveränität. Ihre Entscheidungskompetenz in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ist vielmehr in doppelter Hinsicht staatsabgeleitet: Zum einen bereitet die gesetzgebende Gewalt den Rahmen möglicher Entscheidungsgegenstände durch die Bereitstellung des Schiedsverfahrensrechts. Zum anderen bedarf es für die Zuständigkeitsbegründung eines Akts der Exekutive, nämlich des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung. Damit lässt sich die Schlussfolgerung begründen, dass es sich bei der Zulassung privater Gerichte gerade nicht um eine Preisgabe staatlicher Souveränität handelt, sondern ihre Gewährung auch in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten als Ausübung der staatlichen Souverä­ nität angesehen werden muss. Denn soweit ein Verwaltungsträger bei Abschluss einer Schiedsvereinbarung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit einem Bürger schließt, begibt er sich in ein Gleichordnungsverhältnis, in Rahmen derer sich die Beteiligten der Entscheidungsgewalt eines neutralen Dritten unterwerfen. Beide 83

Grimm, Das Recht als Steuerungsmedium im kooperativen Staat, S. 73 f. Rupp, Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, in: HStR II³, § 31 Rn. 55. 85 Isensee, Staat und Verfassung, in: HStR II³, § 15 Rn. 24. 84

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Entscheidungen sind indes souveräner Akt, weil sich der Verwaltungsträger im Rahmen der Gesetze nach Belieben aller Rechtsformen bedienen kann, die ihm nützlich scheinen, soweit er darin einen Vorteil bei der Gesetzesanwendung sieht.86 Gleichsam ist es Ausdruck einer souveränen Entscheidung der gesetzgebenden Gewalt, wenn der Entscheidung eines privaten Spruchkörpers Verbindlichkeit auch gegenüber einem staatlichen Organ zuerkannt wird. Einem privaten Schiedsgericht wird durch die Anerkennung von daher keine souveräne Stellung eingeräumt, die es ihm erlauben würde, aus eigener Machtfülle Entscheidungen von Verwaltungsträgern zu kontrollieren oder zu kassieren. Denn die Verbindlichkeit der Entscheidung resultiert erst durch den staatlichen Anerkennungsakt und ist somit nicht der Souveränität des Entscheidungsträgers geschuldet.87 Daraus ergibt sich, dass aus der staatlichen Souveränität keine Folgerungen für die Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht resultieren. Allerdings bedürfen Schiedssprüche der Anerkennung durch ein staatliches Gericht, wenn sie mit Hilfe des staatlichen Monopols legitimer Gewaltanwendung durchgesetzt werden sollen.

II. Schiedsgerichtsbarkeit und staatliches Rechtsprechungsmonopol Die Zulassung privater Schiedsgerichte in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten tangiert die Exklusivität der Aufgabenzuweisung des Grundgesetzes an staatliche Gerichte. In Frage steht, ob die Verfassung rechtsprechende Tätigkeiten – zumindest in Bezug auf näher zu bestimmende Sachbereiche oder gegenüber näher zu bestimmenden Institutionen – den staatlichen Gerichten vorbehält, mit anderen Worten ob und inwieweit ein Rechtsprechungsmonopol88 zu Gunsten der staatlichen Gerichtsbarkeit besteht. Ausgehen kann eine Erörterung der Möglichkeiten privater Streitentscheidung von Art. 92 GG. Gemäß der Grundsatznorm89 des IX. Abschnitts, welcher insbesondere die Grundlagen der Gerichtsorganisation und der Rechtsstellung der Richter regelt, ist die rechtsprechende Gewalt den Richtern anvertraut. Die Vorschrift konkretisiert den Grundsatz der Gewaltenteilung, der in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG eine Trennung der staatlichen Gewalten statuiert und ihre Ausübung durch be 86 Dazu klassisch Laband, AöR (2) 1887, S. 159: „Weil der Staat Herrscher ist, kann er sich nach Belieben aller Rechtsformen bedienen, die ihm nützlich scheinen.“ Vgl. auch Göldner, Gesetzmäßigkeit und Vertragsfreiheit im Verwaltungsrecht, JZ 1976, S. 352 (353). 87 So im Ergebnis wohl auch Stumpf, S. 33. 88 Umfassend zu Begriff, Genese und den unterschiedlichen Ansätzen zur Reichweite eines staatlichen Rechtsprechungsmonopol: Schleicher, Staatliches Rechtsprechungsmonopol und kirchliche Gerichtsbarkeit, S. 5 ff. 89 Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, 92 Rn. 17.

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sondere Organe vorsieht. Art. 92 GG bestimmt dementsprechend Richter zu Amtswaltern der Staatsfunktion Rechtsprechung. Uneinheitlich beantwortet wird indes die Frage, ob sich die Funktion von Art. 92 GG in der so beschriebenen Konkretisierung erschöpft oder ob der Vorschrift darüber hinaus Hinweise zum Verhältnis zwischen staatlicher und nichtstaatlicher Gerichtsbarkeit zu entnehmen sind. Für ein absolutes Rechtsprechungsmonopol, das sich gegen „jeden, der sich Rechtsprechungsbefugnisse – sei es auch nur tatsächlich – anmaßen will“90 wendet, ließe sich der Wortlaut der Art. 92 GG im systematischen Zusammenhang mit Art. 20 Abs. 2 GG aktivieren: Wenn rechtsprechende Gewalt den Richtern anvertraut ist, alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht und durch besondere Organe ausgeübt wird, lässt sich der Schluss begründen, die Rechtsprechung dürfe nur und aus­ schließlich durch solche Organe ausgeübt werden, die den legitimatorischen Anforderungen des Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG genügen.91 Denn das Modell demokratischer Legitimation erfordert für die Rückführbarkeit einer Entscheidung eines Staatsorgans auf das Volk eine ununterbrochene Legitimationskette zwischen dem Amtswalter und dem Volk.92 Somit ist stets eine Ernennung zum Amtswalter im beamten- bzw. richterrechtlichen Sinn erforderlich, um ein Moment personeller Legitimation zu schaffen.93 Eine Wahrnehmung von Rechtsprechungsaufgaben durch nichtstaatliche Organe wäre mithin ausgeschlossen.94 Diese Argumentation könnte durch ein historisches Argument verstärkt werden. Die Zentralisierung der Gewaltausübung auf Seiten des Staates kann als wesentliches Moment der Entwicklung moderner Staatlichkeit angesehen werden,95 deren „ureigenste Form“96 die Ausübung der Gerichtsbarkeit ist.97 Mit der Durch 90

Baur, Betriebsjustiz, JZ 1965, S. 163 (164). Zur Konstruktion dieser Auffassung Achterberg, in: BonnerKomm-GG, Art. 92 Rn. 175. 92 Grundlegend Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: HStR I, § 22 Rn. 35 ff.; BVerfGE 77, 1 (40); 93, 37 (66). 93 Zu den nicht immer konsistenten Anforderungen an die „Staatlichkeit“ eines Gerichts in Bezug auf das Mindestmaß personaler Legitimation siehe Häberle, Berufsgerichte als „staatliche“ Gerichte, DÖV 1965, S. 369, (370 ff.). 94 Ein alternatives sog. „Kontrollmodell“ demokratischer Legitimation im Bereich der Judikative bietet Tschentscher, Demokratische Legitimation der Dritten Gewalt, S. 112 ff., der wesentlich auf eine potentielle Inhaltskontrolle staatlichen Handelns als legitimationsstiftendes Element abstellt. Damit scheint die Ausübung von Rechtsprechungsaufgaben durch nichtstaatliche Gerichte wohl vereinbar. 95 Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 22. ff.; Schleicher, Staatliches Rechtsprechungsmonopol und kirchliche Gerichtsbarkeit, S. 5 ff.; Weidemann, Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Streitsachen, S. 47. 96 Heller, Staatslehre, S. 126; Scheuner, Die Religionsfreiheit im Grundgesetz, DÖV 1967, S. 585 (591). 97 Für eine Betonung des historischen Arguments zuletzt Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 79 ff. 91

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setzung des staatlichen Gewaltmonopols könnte insofern eine Pflicht zur Durchsetzung des Rechts durch staatliche Gerichte korrespondieren.98 In Rede steht die Frage, ob Art. 92 GG den Staat daran hindert, Tätigkeiten, die Gegenstand des Art. 92 GG sind, nichtstaatlichen Gerichten zuzuweisen bzw. ihre Wahrnehmung aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Parteien anzuerkennen und ihnen mithin Bestand vor dem Gesetz zu verleihen. Ob dieser Sinngehalt dem Art. 92 GG zu entnehmen ist, soll im Folgenden überprüft werden. Damit die Verfassungsnorm überhaupt Relevanz für die Frage der Zulassung privater Gerichte entfalten kann, bedarf es indes der Erörterung zweier Vorfragen. Zum einen muss es sich bei der Tätigkeit privater Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht um Rechtsprechung im Sinne des Grundgesetzes handeln. Denn bestände weder eine begriffliche noch eine funktionale Parallelität zwischen der Tätigkeit staatlicher Gerichte und nichtstaatlicher Schiedsgerichte, würde auch keine verfassungsrechtlich erhebliche Konkurrenz zwischen den Streitentscheidungsinstanzen existieren.99 Damit wird zunächst die Frage zu thematisieren sein, inwieweit Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten Rechtsprechung nach Maßgabe des Grundgesetzes ist. Zum anderen dürfen Schiedsrichter nicht als Richter im Sinne des Grundgesetzes anzusehen sein. Denn nur solange das Grundgesetz spezifische Anforderungen an diejenigen Personen stellt, welche von Verfassung wegen zum Streitentscheid berufen sind, die aber von Schiedsrichtern nicht erfüllt werden können, vermag sich eine Monopolisierung der Rechtsprechung bei den Richtern zu Lasten der Schiedsgerichtsbarkeit auswirken.100 Erst nach Klärung dieser Vorfragen gilt es zu problematisieren, ob Art. 92 Hs. 1 GG ausschließlich an die übrigen Staatsgewalten, die Exekutive und Legislative 98

Krüger, Allgemeine Staatslehre, § 34 I 4. b), S. 769. Zwar wird gegen eine an Begriffen orientierte Herangehensweise an die Frage der Zulassung nichtstaatlicher Streitentscheidung zu Recht angeführt, dass die Begriffsanalyse keine abschließende Problemlösung der aufgeworfenen Frage bieten kann, vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig (1993) Art. 92 Rn. 147; ähnlich: Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 13. Der Verwendung eines bestimmten Begriffes der Rechtsprechung kann zumindest so lange kein Verbot privater Streitentscheidung entnommen werden, wie dieser Begriff keine Beschränkung hinsichtlich der Organe, die Rechtsprechungstätigkeit wahrnehmen dürfen, beinhaltet. Gleichwohl suspendiert dieser Einwand nicht von der Notwendigkeit einer Subsumption der Tätigkeit von Schiedsgerichten unter den verfassungsrechtlichen Begriff der Rechtsprechung. Dies ist nicht allein Gebot der erforderlichen Begriffsklarheit bei der Auslegung von Grundrechtsnormen. Sondern die Frage der Reichweite eines Rechtsprechungsvorbehaltes setzt eine hinreichend präzise Bestimmung voraus, welche Art von Tätigkeiten das Grundgesetz in Art. 92 GG den staatlichen Gerichten anvertraut, vgl. auch Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 19 Fn. 6. 100 Dass die Schiedsgerichtsbarkeit gesetzlich auf die Ebene der Staatlichkeit „hochgezont“ werden kann, hält zumindest Stumpf, S. 31, für denkbar. 99

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gerichtet ist, und diesen verbietet, rechtsprechende Gewalt auszuüben. Oder ob andernfalls die Wirkung des Art. 92 Hs. 1 GG nicht auf das staatliche Binnenverhältnis beschränkt ist und eine weitgehende Sperrwirkung gegenüber nichtstaatlichen Institutionen entfaltet, denen es verboten wird, Rechtssprechungsaufgaben zu übernehmen. 1. Rechtsprechungsbegriff des Grundgesetzes Stellt sich die Frage, ob Streitentscheidung durch Schiedsgerichte Recht­ sprechung im Sinne des Grundgesetzes ist, muss der grundgesetzliche Rechtsprechungsbegriff präzisiert werden. Die Bedeutung des Begriffs wird in der Verfassung selbst nicht abschließend definiert.101 Eine am Wortlaut orientierte Begriffsfindung vermag keine hinreichenden Erkenntnisse über den Inhalt der als Rechtsprechung zu bezeichnenden Tätigkeiten zu liefern. Schwierigkeiten bei der Begriffsfindung resultieren bereits daraus, dass die grundgesetzliche Terminologie uneinheitlich ist: Während in Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, Art. 20a GG und in der Überschrift des IX. Abschnitts der Begriff „Rechtsprechung“ verwendet wird, steht der Terminus „rechtsprechenden Gewalt“ als Unikat in Art. 92 GG. Der differierende Wortlaut ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass Art. 92 GG innerhalb der grundgesetzlichen Systematik der Gewaltenteilung (auch) eine Klarstellungsfunktion erfüllt. Durch die Einbeziehung des Begriffs „Gewalt“ wird nach Maßgabe des Verfassungsgebers zum einen deutlich, dass die Rechtsprechung vollwertige dritte Staatsfunktion sein soll und die Gerichtsbarkeit der Exekutive und Legislative im System der Gewaltenteilung gleichrangig gegenüber steht.102 Zum anderen wird durch die Verwendung des Begriffs Gewalt akzen 101 Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: HStR V³, § 112 En. 14; Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 66 Fn. 3. 102 Meyer, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz Kommentar, Art. 92, Rn. 8; Achterberg, Art. 92 Rn. 60. Ein Klarstellungsbedürfnis mochte aus Sicht des Verfassungsgebers insofern bestanden haben, als dass die „klassische“ Gewaltenteilung montesquieuscher Prägung „gewisse Schwierigkeiten“ (so Maurer, Staatsrecht I, § 12 Rn. 9) mit der Dritten Gewalt hatte. Soweit Montesquieu sein Konzept der Gewaltenteilung anhand der realen Herrschaftsverhältnissen in England ausrichtete, wurde dem Parlament, in dem bürgerliche, aristokratische und monarchische Kräfte gebündelt wurden, die Legislative und dem König als Repräsentanten des monarchischen Systems die Exekutive zugeordnet. Indes existierte keine politische Kraft, die für eine Zuordnung der rechtsprechenden Gewalt prädestiniert schien. Die Annahme liegt nahe, dass aufgrund dieses machtpolitischen Vakuums die Dritte Gewalt von Montesquieu nicht als eigentliche Gewalt (en quelque facon nulle) angesehen wurde (Menger, Deutsche Verfassungsgeschichte in der Neuzeit, Rn. 165; Maurer, § 12 Rn. 9). Die historischen Vorzeichen haben sich indes dergestalt verschoben, dass die aktuelle Debatte eher durch die Behauptung eines zu starken Gewichts der Dritten Gewalt geprägt ist. Immerhin kann allein die rechtsprechende Gewalt Akte der Legislative für nichtig erklären bzw. Akte der Exekutive aufheben oder ändern, Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 13, Vgl. BVerfGE 7, 183 (188). Entscheidungen der

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tuiert, dass Rechtsprechung als Teil der Staatsgewalt hoheitliche Macht­ausübung ist.103 Allerdings bedingt die Herausstellung der Klarstellungsfunktion nicht, dass die Begriffe „rechtsprechende Gewalt“ und „Rechtsprechung“ im Übrigen identisch seien.104 Eine Gleichsetzung würde nicht hinreichend die unterschiedlichen Anwendungsbereiche der Vorschriften berücksichtigen. Während Art. 1 Abs. 3 GG sämtliche Tätigkeiten von Organen der Dritten Gewalt an Recht und Gesetz bindet und damit auch die von Rechtsprechungsorganen ausgeübten Akte der Justizverwaltung mit einbezieht, werden diese von Art. 92 GG eben nicht umfasst.105 Dementsprechend ist Art. 92 GG tätigkeitsbezogen, Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG, Art. 20a GG hingegen organbezogen zu verstehen. Zutreffend wird aus diesen Erwägungen gefolgert, dass dem Wortlaut des Art. 92 GG keine materielle Erkenntnis entnommen werden kann, wie die Rechtsprechungstätigkeit zu definieren ist. Vielmehr setzt der Verfassungsgeber einen vorkonstitutionellen Begriff der Rechtsprechung voraus, welcher im Wege der Verfassungsinterpretation – aus dem Zusammenwirken der einzelnen Vorschriften des Grundgesetzes sowie der Ermittlung des vorkonstitutionellen Verständnisses der Rechtsprechung – zu entwickeln ist.106 Diesbezüglich mangelt es in der Rechtslehre107 und in der Spruchtätigkeit des BVerfG108 nicht an Versuchen. Dennoch gilt der Rechtsprechungsbegriff als umstritten und ungeklärt.109 Der Befund des BVerfG in seiner grundlegenden Entscheidung zum Rechtsprechungsbegriff, „in der Rechtslehre ist die Diskussion darüber, was unter dem Begriff ‚rechtsprechende Gewalt‘ zu verstehen ist, noch

Dritten Gewalt können indes nicht von anderen Gewalten geändert werden, so dass die Stellung der Gerichte unter dem Grundgesetz als herausgehoben gilt, Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 54. 103 Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, HStR III², § 73 Rn. 1; zum Gewaltbegriff vgl. Isensee, Staat und Verfassung HStR II³, § 15 Rn. 87 ff. 104 So aber Achterberg, Art. 92 Rn. 60; Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 18. 105 So zutreffend Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 25. Nunmehr in der 6. Aufl. auch: Claasen, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 92 Rn. 5, der jetzt nicht mehr davon ausgeht, dass die Begriffe identisch seien, dafür aber „in enger Verbindung“ stehen. 106 Wilke, HStR V³, § 112 Rn. 14. Dem einfachen Gesetzgeber ist damit die Disposition über das, was Rechtsprechung ist, weitestgehend entzogen. Mit anderen Worten: Selbst wenn der Gesetzgeber Organe mit Aufgaben betraut und Verfahrensweisen festlegt, die „klassisch“ als Rechtsprechung zu bezeichnen wären, ist für eine verfassungsrechtliche Qualifikation entscheidend, ob damit Verfahren geschaffen werden, die dem vorkonstitutionellen Rechtsprechungsbegriff entsprechen. Anders indes der Ansatz des funktionalen Rechtsprechungsbegriffs, siehe dazu Teil 3, B. II. 1. c). 107 Übersichten über den Stand der Diskussion und zu den einzelnen Ansätzen bieten Claasen, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 92 Rn. 5 ff.; Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 69 ff.; Achterberg, Kommentar zum Bonner Grundgesetz, (Zweitbearbeitung 1981), Art. 92 Rn. 60 ff. 108 BVerfGE 22, 49 (73 ff.); 76, 100 (106); 103, 111 (137). 109 Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 25.

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nicht abgeschlossen“110 gilt fort und wird in jüngeren Entscheidungen des BVerfG erneuert.111 Dementsprechend groß ist die Bandbreite der Ansichten, die eine Konkretisierung des Rechtsprechungsbegriffs des Grundgesetzes vornehmen. Zu unterscheiden sind im Wesentlichen formelle, materielle und funktionale Ansätze der Bestimmung eines Rechtsprechungsbegriffs, die nun folgend hinsichtlich der Frage bemüht werden, ob die Streitentscheidung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten durch Schiedsgerichte den Begriffskriterien entspricht. Wird somit eine Subsumtion der Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten unter die unterschiedlichen Rechtsprechungsbegriffe der Rechtsprechung und Rechtslehre vorgenommen, ohne dass gleichsam die Frage ihrer verfassungsrechtlichen Zulassung beantwortet wird, erfolgt dieses Vorgehen aufgrund folgender Erwägung: Selbst wenn die Rechtsprechungsbegriffe in erster Linie zur Abgrenzung der staatlichen Gewalten untereinander entwickelt wurden,112 scheinen die verwendeten Kriterien im Grundsatz geeignet, einer allgemeinen Bestimmung des Rechtsprechungsbegriffs zu dienen, die auch auf nichtstaatliche Institutionen anwendbar ist. Denn solchermaßen abstrakte Rechtsprechungsmerkmale können unabhängig von der Frage formuliert werden, ob nur staatliche Rechtsprechungsorgane diese Tätigkeit wahrnehmen dürfen. a) Formeller Rechtsprechungsbegriff Eine systematisch naheliegende Vorgehensweise der Generierung eines Rechtsprechungsbegriffs ist seine Bestimmung anhand der Zuweisung von Aufgaben an Richter durch das Grundgesetz. Danach ist Rechtsprechung die Summe derjenigen Tätigkeiten, welche den Gerichten durch die Verfassung zugewiesen werden.113 Zweifelsfrei können demnach die grundgesetzlich determinierten Zuständigkeiten des BVerfG (u. a. Art. 18 S. 2, Art. 93 Abs. 1 u. 2, Art. 100 GG), die ausdrücklich den Richtern vorbehaltene Kontrolle von Entscheidungen in grundrechtssensiblen Bereichen (u. a. Art. 13 Abs. 2, Abs. 3 S. 3, Abs. 4, Abs. 5 GG, Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG) und der Rechtsschutz gegen Akte hoheitlicher Gewalt (Art. 19 110

BVerfGE 22, 49 (75). „Der Begriff der rechtsprechenden Gewalt ist durch die Verfassungsrechtsprechung nicht abschließend geklärt“ (BVerfGE 102, 111, 136). 112 Achterberg, Art. 92 Rn. 74; Schulze-Filitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 27. 113 Für einen Rechtsprechungsbegriff nach Maßgabe einer ermächtigenden Kompetenznorm u. a. Lorenz, Der Rechtsschutz des Bürgers und die Rechtsweggarantie, S. 197 und Neuner, Die Rechtsfindung contra legem, S. 53, die allerdings auch einfachgesetzliche Kompetenzzuweisungen ausreichen lassen, um eine Tätigkeit als Rechtsprechung zu klassifizieren. Dies vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil der einfache Gesetzgeber dann über Verfassungsrecht disponieren könnte und die Reichweite des Gewaltenteilungsgrundsatzes bestimmen könnte. Vgl. insofern Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 70. 111

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Abs. 4 GG) als Rechtsprechung im Sinne des Art. 92 GG bezeichnet werden.114 Damit deckt der formelle Rechtsprechungsbegriff im Wesentlichen die Tätigkeiten des BVerfG, der Verwaltungsgerichte und die auf eine Freiheitsentziehung gerichtete Tätigkeit der ordentlichen Gerichte sowie die Amtshaftungs- und Enteignungssachen ab. Wird der formelle Rechtsprechungsbegriff zu Grunde gelegt, wäre die Streitentscheidung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten immer Rechtsprechung im Sinne des Art. 92 GG, da eine Zuweisung des Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt durch Art. 19 Abs. 4 GG erfolgt. Inwieweit die Aufgabenwahrnehmung durch nichtstaatliche Gerichte dann zulässig ist, hängt wesentlich von der Reichweite der Zuweisungsnorm ab. Sieht diese zwingend und ausnahmslos die Kontrolle durch staatliche Gerichte vor, wie es insbesondere in den Richtervorbehalten deutlich wird,115 scheidet eine Streitentscheidung durch Schiedsgerichte aus. Dies würde allerdings nicht zwingend für Art. 19 Abs. 4 GG gelten, der als Rechtsweggarantie nicht ausschließt, dass nichtstaatliche Gerichte in der Sache mit einer Entscheidung betraut werden.116 Die Schwäche eines formellen Rechtsprechungsbegriffs wird deutlich, wenn als Kontrollüberlegung die Frage gestellt wird, inwieweit Rechtsprechung in zivil- und strafrechtlichen Angelegenheiten dem Rechtsprechungsbegriff des Grundgesetzes unterfällt. Diesbezüglich fiele die Antwort negativ aus, weil die Zivil- und Strafrechtspflege von keiner verfassungsrechtlichen Kompetenz- bzw. Zuständigkeitsnorm ausdrücklich genannt werden. Zwar ist unstreitig, dass der Justizgewährungsanspruch des Grundgesetzes die ordentliche Gerichtsbarkeit umfasst und Zivil- und Strafgerichte daher einzurichten sind.117 Gleichwohl kann ein formaler Rechtsprechungsbegriff seinem Anspruch, die Rechtsprechung allein aufgrund von Zuweisungsnormen des Grundgesetzes zu entwickeln, nicht gerecht werden. Ein formelles Begriffsverständnis setzt darüber hinaus Tatbestand und Rechtsfolge des Art. 92 GG gleich, weil die Vorschrift sinngemäß lauten würde „Den Richtern ist anvertraut, was ihnen durch Kompetenz-, Richter oder Rechtsweg­ vorbehalte zugewiesen ist.“118 Dadurch wird gleichsam ein methodischer Zirkelschluss vom Tatbestand auf die Rechtsfolge vorgenommen und Art. 92 GG auf eine allenfalls deklaratorische Bedeutung reduziert, die seiner Stellung im System des Grundgesetzes nicht gerecht werden kann.119

114 Aufstellung bei Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 33, und, in: BVerfGE 22, 49 (74) f. 115 Zur Bedeutung der Richtervorbehalte Teil 3, C. III. 116 Zur Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit im Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 4 GG vgl. Teil 3, C. I. 1. 117 Vgl. Teil 3, C. I. 118 So auch Stern, § 20 IV 5, S. 660; Achterberg, in: BonnerKomm-GG, Art. 92 Rn. 66. 119 Claasen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 92 GG Rn. 3.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

b) Materielle Rechtsprechungsbegriffe In der Rechtsprechung und Rechtslehre überwiegen die Ansichten, die den Begriff „Rechtsprechung“ materiell bestimmen. So geht das BVerfG davon aus, dass Art. 92 GG einen materiellen Rechtsprechungsbegriff statuiert, der – insoweit in Anknüpfung an den formellen Rechtssprechungsbegriff120 – jedenfalls solche Aufgaben, die vom Grundgesetz selbst den Gerichten zugewiesen werden, umfasst. Daneben treten aber die traditionellen Kernbereiche der Rechtsprechung – bürgerliche Rechtspflege und Strafgerichtsbarkeit – die der Verfassungsgeber der rechtsprechenden Gewalt zugerechnet hat, ohne sie im Grundgesetz besonders und ausdrücklich zu erwähnen.121 Die Anwendung dieses materiellen Verständnisses auf die Frage, ob schiedsrichterliche Entscheidungen im Verwaltungsrecht Rechtsprechung ist, führt angesichts der formalen Anknüpfung an die verfassungsrechtlichen Kompetenz- und Zuständigkeitsbereiche zum Ergebnis, dass Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht Rechtsprechung im Sinne von Art. 92 GG ausüben. Die Subsumption ist aufgrund der Zuweisungsnorm des Art. 19 Abs. 4 GG derjenigen des formellen Rechtsprechungsbegriffes identisch.122 Allerdings wird die Begriffsbestimmung des BVerfG nur scheinbar dem Anspruch gerecht, einen materiellen Rechtsprechungsbegriff hervorzubringen. In der Sache handelt es sich um einen formellen Begriff, der dem historischen Moment Rechnung tragend,123 um traditionelle Rechtsbereiche erweitert wird.124 Die Rechtslehre bemüht sich um einen weiteren materiellen Rechtsprechungsbegriff. Eine Systematisierung der vorgeschlagenen Kriterien eines materiellen Rechtsprechungsbegriffs identifiziert vier Grundpositionen, die neben dem historischen Argument des BVerfG vor allem Handlungsgegenstand, Handlungsmaßstab, Handlungswirkung und Handlungsmotivation zur Bestimmung des materiellen Begriffs heranziehen.125 Angesichts der Vielzahl der verwendeten Kriterien, die in unterschiedlichen Konstellationen miteinander kombiniert werden, liegt die Annahme nahe, es existiere nicht das eine Begriffskriterium für die Qualifikation einer Handlung als Rechtsprechung.126 120 In diesem Punkt werden an die Kriterien des formellen Rechtsprechungsbegriffs angeknüpft, siehe dazu Teil 3, B. II. 1. a). 121 BVerfGE 22, 49 (77f); 27, 18 (28); 76 100 (106). 122 Vgl. insofern Teil 3, B. II. 1. a). 123 Claasen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 92 Rn. 8. 124 Zur Kritik an dieser „Verlegenheitslösung“, die darum bemüht ist, die Nichterwähnung des Zivilrechts und des Strafrechts zu kompensieren Wilke: Die rechtsprechende Gewalt, HStR V³, § 112 Rn. 73 und Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 32. 125 Systematisierung bei Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 72 ff. 126 Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 29; Maurer, Staatsrecht I, § 19 Rn. 4; Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 72 ff., stellt fünf Hauptanknüpfungspunkte der verschiedenen Begriffsbestimmungen dar, die in den unterschiedlichen Ansätzen diskutiert werden.

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Wird vorliegend dennoch eine materielle Begriffsbestimmung vorgeschlagen, welche das „Reservoir von Gesichtspunkten, die die Konkretisierung des Verfassungsbegriffs ‚rechtsprechende Gewalt‘ leiten“127 nicht vollständig ausgeschöpft, geschieht dies auf Grundlage nachfolgender Überlegungen: Die teilweise sehr ausdifferenzierten Begriffsverwendungen zielen zuvorderst darauf, eine trennscharfe Abgrenzung der Staatsfunktionen, insbesondere der Exekutive von der Judikative, hervorzubringen.128 Diese Fokussierung birgt indes die Gefahr einer unnötigen Begriffsverengung, weil nicht hinreichend berücksichtigt wird, dass von der Begriffsbestimmung der Rechtsprechung die Frage zu trennen ist, welche Organe Rechtsprechung wahrnehmen dürfen. Es wird damit der Verwendung eines weiten Begriffs der Rechtsprechung das Wort geredet, der geeignet ist, auch solche Institutionen miteinzubeziehen, die den staatlichen Gerichten vergleichbare Tätigkeiten ausüben, ohne selbst staatlich zu sein. Damit wird das Augenmerk auf die Spezifik der Handlung als entscheidendes Kriterium für ihre Qualifikation als Rechtsprechung gerichtet. Nach alledem soll unter Rechtsprechung im materiellen Sinn im Rahmen der folgenden Untersuchung die verbindliche Streitentscheidung durch einen neutralen Dritten anhand der Maßstäbe des Rechts verstanden werden.129 Das Merkmal der Streitentscheidung wird bereits in der älteren Staatslehre bemüht130 und fängt die Eigenart der Rechtsprechung ein, eine Entscheidung eines rechtlichen Konflikts zwischen zwei Parteien herbeizuführen, die von einer Streitpartei initiiert und durch eine neutrale dritte Instanz getroffen wird.131 Das Element der Unparteilichkeit verdeutlicht, dass der Entscheidungsträger keine eigenen Interessen im Rahmen des Konflikts vertritt.132 Die Verbindlichkeit rekurriert auf den Umstand, dass im System der Gewaltenteilung grundsätzlich der rechtsprechenden Gewalt eine Letztentscheidungskompetenz zukommt.133 Die Bindung an das materielle Recht – durch Art. 97 Abs. 1 GG im Grundgesetz auch an anderer Stelle

127

Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 28. Achterberg, in: BonnerKomm-GG, Art. 92 Rn. 74; Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 27. 129 In Anlehnung an Achterberg, in: BonnerKomm-GG, Art. 92 Rn. 110, der indes auf die Merkmale der Verbindlichkeit und der Entscheidungsfindung nach Maßgabe des Rechts verzichtet. 130 Anschütz, Handbuch der Politik, S. 311; Triepel, Wesen und Entwicklung der Staatsgerichtsbarkeit, in: VVDStRL 5 (1929), S. 3, Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 5; Friesenhahn, Über Begriff und Arten der Rechtsprechung, in: FS Thoma, S. 27. 131 Mit weiteren Nachweisen auch zur jüngeren Rechtslehre, Achterberg, in: BonnerKommGG, Art. 92 Rn. 87, und Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 72. 132 Bettermann, in: GS Jellinek, S. 364; mit weiteren Nachweisen insbes. Smid, Rechtsprechung – Zur Unterscheidung von Rechtsfürsorge und Prozess, S. 156 ff. 133 Das Merkmal der Verbindlichkeit aufnehmend Claasen, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 92 Rn. 8; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 546; zur Kritik: Achterberg, in: BonnerKomm-GG, Art. 92 Rn. 108. 128

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

akzentuiert – ist als „Korrelat der richterlichen Unabhängigkeit“134 bereits sprachlich Bedingung rechtssprechender Tätigkeit. In der Bindung der Rechtsprechung an das materielle Gesetz kommt im besonderen Maße die Bedeutung der Rechtsprechung für die Rechtsbewährung zum Ausdruck. Der so formulierte Begriff der materiellen Rechtsprechung umfasst schiedsgerichtliche Entscheidungen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. Der Schiedsrichter wird zwar formal von beiden Streitparteien beauftragt, trifft aber in der Sache eine unabhängige Entscheidung. Er wird selbst nicht initiativ tätig, sondern seine Entscheidungskompetenz hängt davon ab, ob im Rahmen einer Schiedsvereinbarung das Schiedsgericht zumindest von einer Partei zu Klärung einer Vertragsfrage beauftragt wird. Schließlich ist der Schiedsspruch für die Beteiligten verbindlich und ist nur im begrenzten Maße einer weiteren Kontrolle zugänglich.135 Er hat sich an den Maßstäben des Gesetzes zu orientieren. Zwar sind die Streitparteien in zivilrechtlichen Angelegenheiten im Rahmen des § 1051 Abs. 3 ZPO berechtigt, Schiedsgerichte zu einer Billigkeitsentscheidung zu ermächtigen. Dies führt im Ergebnis nicht dazu, dass Schiedsgerichte gänzlich unabhängig von materiellen Regelungen entscheiden dürfen.136 Die Frage, welche Grenzen den Billigkeitsentscheidungen zu setzen sind, stellt sich in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten indes nicht. Denn aufgrund der umfassenden Gesetzesbindung der Verwaltung ist es ihr verwehrt, Schiedsrichter mit einer Entscheidung losgelöst vom materiellen Recht zu betrauen.137 c) Funktionaler Rechtsprechungsbegriff In der neueren Rechtsprechung des BVerfG ist neben dem materiellen auch ein funktionaler Rechtsprechungsbegriff anerkannt. Danach liegt „rechtsprechende Gewalt im Sinne des Art. 92 GG auch dann vor, wenn der Gesetzgeber für einen Sachbereich eine Ausgestaltung wählt, die bei funktionaler Betrachtung nur der rechtsprechenden Gewalt zukommen kann.“138 Bezüglich der Kriterien eines funktionalen Rechtsprechungsbegriffs wird auf die verbindliche Entscheidung in Rechtssachen139 in einem rechtsstaatlich geord 134

Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, Art. 97 Rn. 7. Dass die Schiedsgerichtsbarkeit materiell Rechtsprechung ist, nimmt auch der BGH an. Vgl. diesbezüglich BGHZ 65, 59 (61). 136 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1051 Rn. 53. 137 Vgl. insoweit Teil 4, C. IV. 138 BVerfGE 103, 111, Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 37. Die Verwendung eines funktionalen Begriffs wird vereinzelt für sich in Anspruch genommen, der darin bestehen soll, „die Wahrung des Rechts und des Rechtsfriedens durch die Gewährung von Schutz des Einzelnen vor und gegenüber Rechtsverletzungen“ zu garantieren, Stumpf, Alternative Streitbeilegung, S. 32. 139 BVerfGE 4, 358 (363). 135

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neten Verfahren140 durch unparteiische Dritte141 rekurriert, so dass die Kriterien mit solchen des materiellen Rechtsprechungsbegriffs vergleichbar sind. Steht indes die konkrete Ausgestaltung eines Verfahrens im Vordergrund, so kann die Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten als Rechtsprechung im Sinne des funktionalen Begriffs bezeichnet werden. Denn über die Verweisungsnorm des § 173 S. 2, 3 VwGO werden die Vorschriften des Schiedsverfahrens für verwaltungsrechtliche Streitigkeiten für anwendbar erklärt. Damit steht Streitparteien ein Verfahrensrecht zur Verfügung, das aufgrund der Sicherungen rechtsstaatlicher Mindeststandards (rechtliches Gehör und Gleichbehandlungsgrundsatz) den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren genügt. Dieses Ergebnis stimmt mit der Einschätzung des Gesetzgebers überein, die Schiedsgerichtsbarkeit könne in ihrer konkreten Ausgestaltung ein der staatlichen Gerichtsbarkeit vergleichbares Rechtsschutzniveau bieten.142 Die Betrachtung hat gezeigt, dass die Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten nach den gängigen Rechtsprechungsdefinitionen als Rechtsprechung im Sinne des Grundgesetzes zu bezeichnen ist.143 Damit ist indes ihre Zulassung durch Art. 92 GG noch nicht festgestellt. Vielmehr ist gezeigt worden, dass die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht in einer theoretischen Perspektive in Konkurrenz zur staatlichen Rechtsprechung treten kann. 2. Richter im Sinne des Grundgesetzes Fraglich ist mithin, ob nichtstaatliche Schiedsrichter den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Richterqualität genügen. Dies wird zumindest bei Stumpf angedeutet, der es für denkbar hält, dass der Gesetzgeber die Schiedsgerichtsbarkeit als staatliche Rechtsprechung anerkennt.144 Das Grundgesetz beinhaltet keine Bestimmung, welche die Eigenschaften der Richterpersönlichkeit abschließend regelt. Immerhin sind der Verfassung aber hinreichend konkrete Angaben zu entnehmen, welche Anforderungen an die Richterqualität zu stellen sind und wer insoweit staatliche Rechtsprechungsgewalt aus-

140

BVerfGE 103, 111 (137f). BVerfGE 27, 312 (322); 60, 175 (203). 142 BT-Drs. 13/5724, S. 34, 36. Die Kritik an einem funktionalen Rechtsprechungsbegriff setzt zu Recht daran an, dass dem einfachen Gesetzgeber die Möglichkeit gegeben wird, das Richtermonopol durch einfachgesetzliche Komponenten zu erweitern, was mit einer verfassungsrechtlichen Monopolisierung der richterlichen Entscheidung zumindest im Verhältnis zu den anderen Staatsgewalten als nicht vereinbar erscheint. So vor allem Wilke, Die rechtsprechende Gewalt, in: HStR V³, § 112 Rn. 75; Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 29. 143 Die Zivilgerichte gehen ebenso davon aus, dass Schiedsgerichte materiell Rechtsprechung ausüben: BGHZ 6, 335 (338); 51, 255 (258 f.); 98, 32 (36). 144 Stumpf, Alternative Streitbeilegung, S. 31. 141

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

üben darf.145 Der Status des Richters wird durch die Zusammenschau der Art. 92, 95 Abs. 2, 96 Abs. 2 S. 5, 97 und 98 GG deutlich.146 Danach ist der Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (Art. 97 Abs. 1 GG); er kann nur unter den verfassungsrechtlich vorgezeichneten Voraussetzungen entlassen bzw. versetzt werden (Art. 97 Abs. 2, 98 GG) und ist durch den zuständigen Minister ggf. im Zusammenwirken mit einem Richterwahlausschuss zu berufen (Art. 95 Abs. 2 GG)147. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die durch das Grundgesetz vorgesehene und abgesicherte statusrechtliche und organisatorische Unabhängigkeit für die Richtereigenschaft konstitutiv.148 Den funktionsrechtlichen Status eines Richters, der seine Unabhängigkeit dauerhaft sichert, erlangt der Richter erst mit der Übertragung des Richteramtes, also mit seiner wirksamen Ernennung.149 Durch die Ernennung wird der Richter verfassungsunmittelbares Organ und als solches Teil der Dritten Staatsgewalt.150 Das Richterbild des Grundgesetzes geht insofern davon aus, dass Richter auf Lebenszeit angestellte und hinreichend ausgebildete Berufsrichter sein müssen.151 Damit sind Richter im Sinne des Grundgesetzes nur die bei staatlichen Gerichten tätigen Richter.152 Schiedsrichter erfüllen insofern die Anforderungen an die Richterqualität des Grundgesetzes nicht. Zwar kann eine partielle Mitwirkung des Staates bei der Auswahl eines Schiedsrichters im Rahmen der Besetzung eines Schiedsgerichtes im Streitfall angenommen werden. Die staatlichen Legitimationsanforderungen an den Bestellungsakt werden gleichwohl nicht eingehalten, weil die spezifischen Verfahrensanforderungen des Richtergesetzes bei der Bestellung von Richtern nicht anwendbar sind. Schließlich fehlt es auch an der dauerhaften Eingliederung des Schiedsrichters in die staatliche Sphäre, welche allein dazu geeignet ist, eine institutionelle Gewähr seiner Unabhängigkeit zu bieten. Schiedsrichter können damit keine Richter im Sinne des Grundgesetzes sein.153

145

Begriffliche Verwendung bei: Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 65. Sodan, Der Status des Richters, in: HStR V³, § 113 Rn. 2. 147 Zur Kompetenz der Auswahl und Ernennung der Landesrichter ausführlich Wittreck, Die Verwaltung der Dritten Gewalt, S. 413 ff. m. w. N. 148 Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 65; BVerfGE 3, 377 (381); 103, 111 (140). 149 Sodan, Der Status des Richters, in: HStR V³, § 113 Rn. 16. 150 Sodan, Der Status des Richters, in: HStR V³, § 113, Rn. 12, Detterbeck, in: Sachs, GGKommentar, Art. 92 Rn. 24. 151 Ramsauer, in: AK-Kommentar zum GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 82. 152 Claasen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 92 Rn. 28. 153 Etwas anderes gilt auch nicht, wenn die Streitparteien sich auf einen staatlichen Richter als Schiedsrichter einigen. Denn die Bestellung des Schiedsrichters erfolgt dann nicht aufgrund eines staatlichen Bestellungsaktes, der die Berufung formelle Legitimität verleiht. 146

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3. Reichweite des Rechtsprechungsmonopols aus Art. 92 GG Ist damit festgestellt, dass Schiedsgerichte Rechtsprechung im Sinne des Grundgesetzes ausüben, Schiedsrichter aber keine Richterqualität besitzen, stellt sich die Frage der Exklusivität der Ausübung rechtsprechender Gewalt durch Art. 92 S. 1 GG. Ihre Beantwortung hängt auch davon ab, welcher Auslegungsmethode im Bereich des Art. 92 GG besondere Bedeutung beigemessen wird. Diejenigen Autoren, die sich gegen die Zulassung nichtstaatlicher Streitentscheidung im Verwaltungsrecht aussprechen, messen der historischen Auslegung besondere Bedeutung zu.154 Auslegungsdirektive der Gegenansicht ist die Ratio des Art. 92 GG, der wesentlich durch die Präzisierung des Gewaltenteilungsgrundsatzes geprägt ist.155 a) Historisch: Primat staatlicher Gerichtsbarkeit Vor allen in der älteren Rechtslehre findet sich die Ansicht, vor dem historischen Hintergrund des Art. 92 GG sei private Gerichtsbarkeit unzulässig; zumindest die Rechtsprechung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten müsse staatlich sein.156 Die Stellungnahmen setzen sich mit Entscheidungen des BVerfG zu unterschiedlichen Formen berufsständischer Gerichtsbarkeit157 auseinander und thematisieren unter gesonderter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur Zulassung von Gemeindegerichten158 die Frage, welche Anforderungen an die Staatlichkeit eines Gerichts zu stellen sind.159 154 Zur Bedeutung der historischen Auslegung des Art. 92 GG vgl. Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 20; für eine vordringliche Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, Hes­ selbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 79 ff. 155 Grundlegend Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, in: HStR III², § 73 Rn. 13. 156 Menger, Berufsgerichte und Grundgesetz, JuS 1966, S. 66 (69); Rupp/Zezschwitz, Ehrengerichtsbarkeit und Grundgesetz, JZ 1965, S. 399 (401); Häberle, Berufsgerichte als „staatliche“ Gerichte, DÖV 1965, S. 369 (373). 157 BVerfGE 18, 203 (Ehrengerichtliches Disziplinarverfahren wegen Pflichtverletzung eines Anwalts); BVerfGE 18, 241 (Nichtigkeit des rheinland-pfälzischen Gesetzes über Berufsgerichte von Ärzten, Zahnärzten). 158 BVerfGE 10, 200 (Gemeindegerichte sind mit Art. 92 GG vereinbar); BVerfGE 14, 56 (Persönliche Unabhängigkeit von Gemeinderichtern). 159 Nach der Entscheidung des BVerfGE 18, 241 (253 ff.) ist ein Gericht staatlich, wenn seine Bildung kraft Gesetz erfolgt und der Staat durch die Mitwirkung bei der Richterberufung ein Mindestmaß personeller Legitimation schafft. Verlangt ist damit eine Bindung an den Staat in sachlicher und personeller Hinsicht. Mit den Worten Häberles, Berufsgerichte als „staatliche“ Gerichte DÖV 1965, 369 (371, 373): „Das demokratisch legitimierte Gesetz – das parlamentarische Gesetz – und die demokratisch legitimierte und verantwortliche Regierung und Verwaltung – Mitwirkung in der Form der Bestätigung der Richter (Personalhoheit des Staates) – sind es, die einem Gericht Dignität und Legitimität eines ‚staatlichen‘ Gerichts i. S. des GG verleihen.“

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

Im Fokus dieser Auseinandersetzung steht insofern weniger das Verhältnis zwischen staatlicher Gerichtsbarkeit und privater Schiedsgerichtsbarkeit, sondern die Frage der Zulassung berufsständischer Gerichte, welche etwa über die Folgen von Pflichtverletzungen von Mitgliedern einzelner Berufsvereinigungen entscheiden. Dennoch lässt sich ein wiederkehrendes Moment der Diskussion auch für die Frage der Zulassung von Schiedsgerichten aktivieren. Denn zentrales Argument gegen die Zulassung nichtstaatlicher Streitentscheidung ist die Behauptung, das Grundgesetz wolle ständische Gerichtsbarkeit verhindern, weil dem Staat die ausschließliche Wahrnehmung rechtsprechender Gewalt zugewiesen sei.160 Das Grundgesetz als Organisationsrecht eines modernen Staates konstituiere eine Ordnung, in der die Hoheitsgewalt final und ausschließlich auf den Staat übergegangen sei. Dies werde gerade im Bereich der Rechtsprechung deutlich, da diese zentraler Gegenstand des historischen Ringens zwischen den ständisch verfassten Gewalten im mittelalterlichen Gemeinwesen und dem nach Monopolisierung der Hoheitsbefugnisse strebenden Staates gewesen sei.161 Dass der Staat schließlich obsiegte und die Hoheitsgewalt rechtlich und tatsächlich monopolisieren konnte, wurde in der – freilich nicht in Kraft getretenen – Paulskirchenverfassung deutlich, die in § 174 ausdrücklich vorsah, dass alle Gerichtsbarkeit staatlich zu sein habe.162 Einen ausdrücklichen Ausschluss privater Gerichtsbarkeit sah zudem § 15 GVG von 1877 vor.163 Die Tragfähigkeit dieser Argumentation für ein staatliches Rechtsprechungsmonopol scheint angesichts disparater geschichtlicher Entwicklungen nicht hinreichend gesichert, um einen vollständigen Ausschluss nichtstaatlicher Streit­ entscheidung begründen zu können. Mag zwar die Zurückdrängung ständischer Gerichtsbarkeit für ein staatliches Rechtsprechungsmonopol ins Feld geführt werden, kann die historische Entwicklung auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit in zivilrechtlichen Streitigkeiten als gegenläufig bezeichnet werden. Im Zuge der Industrialisierung und der damit verbundenen Beschleunigung wirtschaftlicher Prozesse stieg die Zahl ständiger Schiedsgerichte in Deutschland an und wurde durch eine die Möglichkeiten der Schiedssprüche ausweitende Gesetzgebung begleitet.164 1877 wurde insofern 160

Menger, Berufsgerichte und Grundgesetz, JuS 1966, S. 66 (69); Weidemann, Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Streitsachen, S. 47. 161 Eine Nachzeichnung des Prozesses der „Verstaatlichung“ der Gerichtsbarkeit findet sich bei Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 84 ff.; Schleicher, Staatliches Rechtsprechungsmonopol, S. 54 ff.; vgl. auch Krüger, Allgemeines Staatslehre, § 34 I 4 b (S. 769). 162 „Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus. Es sollen keine Patrimonialgerichte bestehen“. Abgedruckt bei Bergsträsser, Die Verfassung des Deutschen Reiches vom Jahre 1849. 163 „Die Gerichte sind Staatsgerichte. Die Privatgerichtsbarkeit ist aufgehoben.“ Vgl. Weide­ mann, S. 47. 164 Blomeyer, Betrachtungen über die Schiedsgerichtsbarkeit, S. 55 ff. stellt rechtsvergleichend unterschiedliche Entwicklungen in Europa und den Vereinigten Staaten dar.

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reichseinheitlich in §§ 1025 ff. ZPO der Rechtsrahmen für die Schiedsgerichtsbarkeit in zivilrechtlichen Streitigkeiten geschaffen. Vor diesen in Hinblick auf private Rechtsprechung zumindest als uneinheitlich zu bezeichnenden Entwicklungen sind auch die Äußerungen im Parlamentarischen Rat von 1948 zu verstehen, in dem zwar Einigkeit über die Frage herrschte, dass die Gerichtsbarkeit „möglichst“ beim Staat liegen solle.165 Gleichwohl sollte das Grundgesetz an der Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit, wie sie unter der Geltung des Art. 103 WRV bestand,166 nichts ändern.167 Insoweit aufschlussreich sind die Äußerungen Paul de Chapeaurouges im Parlamentarischen Rat: „In der nazistischen Zeit war man ja von der staatlichen Omnipotenz überzeugt und wollte sie überall, auch in der Rechtspflege einführen. (…) Einen solchen Weg können wir in einem demokratischen Staat nicht gehen. Wir können unseren Staatsangehörigen die freie Wahl des Schiedsverfahrens, wenn sie zu den staatlichen Gerichten nicht gehen wollen, unsererseits nicht verbauen.“168

Die dem Verfassungsgeber des Grundgesetzes vor Augen stehende Verfassungswirklichkeit war nämlich weniger durch den Konflikt staatlicher und nichtstaatlicher Gewalten um ein Monopol der Ausübung von Hoheitsrechten geprägt, als im Gegenteil durch die Auswirkungen der totalen Herrschaftsausübung des nationalsozialistischen Regimes inspiriert. Ob sich dieses Argument allerdings zu Gunsten der Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsgericht übertragen lässt, gilt es einer gesonderten Prüfung zu unterziehen. Denn die Verwaltungsgerichtsbarkeit bestand zwar während der nationalsozialistischen Herrschaft formal fort, konnte ihre Bedeutung als unabhängige Instanz zur Wahrung der bürgerlichen Freiheiten gegenüber dem antiliberalen Führerstaat allerdings nicht erfüllen.169 Insofern liegt es nahe, dass der Verfassungsgeber nach dem Zweiten Weltkrieg in Bezug auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuvorderst deren Wiederaufbau als unabhängige und eigenständige Institution intendierte.170 Inwieweit daneben auch 165 Abgeordneter De Chapeaurouge, in: Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz, Dokumentation seiner Entstehung, Bd. 23, Teilbd. 1, 1999, Dokument 28, S. 252. 166 Kern, Rechtspflege, in: Anschütz/Thoma, § 95 S. 478. 167 Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 87; Herzog, in: Maunz/Dürig (1993), Art. 92 Rn. 149; Schleicher, Staatliches Rechtsprechungsmonopol, S. 62. 168 Abgeordneter De Chapeaurouge, in: Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz, Dokumentation seiner Entstehung, Bd. 23, Teilbd. 1, 1999, Dokument 28, S. 252. 169 Zur Ambivalenz der Nationalsozialisten gegenüber der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die einerseits dadurch geprägt war, staatliches Handeln nicht durch Rechtsregeln beschränken zu lassen, andererseits den Anschein der Legalität und Regelgebundenheit staatlichen Handelns aufrecht erhalten zu wollten vgl. Kohl, Das Reichsverwaltungsgericht, S. 399 ff. 170 Zur Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Nachkriegszeit vgl. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 2 Rn. 20 ff.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

nichtstaatliche Verwaltungsgerichte zugelassen werden sollten, spielte auch vor dem Hintergrund keine Rolle, dass eine Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten vor Inkrafttreten des Grundgesetzes nicht bestand. Daher lassen sich den Materialien zur Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes weder positive noch negative Aussagen zur Zulassung von Schiedsgerichten im Verwaltungsrecht entnehmen. Gleichwohl belegt ist die generelle Skepsis der Verfassungsgeber gegenüber eines Ausschlusses nichtstaatlicher Gerichte, die eine pauschalisierende Behauptung der intendierten Monopolisierung der Gerichtsbarkeit auf Seiten des Staates als nicht haltbar erscheinen lassen. Unzutreffend ist ferner die Annahme, die Zulassung von privaten Schiedsgerichten könne nur im Wege einer teleologischen Reduktion des Art. 92 GG für solche Anwendungsbereiche gerechtfertigt werden, in denen die Schiedsgerichtsbarkeit bereits vor in Kraft treten des Grundgesetzes existent waren.171 Damit ließe sich die echte Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht ausschließen, denn aufgrund ihrer vertraglichen Basis dürfte sie wohl erst ab der ausdrücklichen Zulassung des öffentlich-rechtlichen Vertrags als rechtstechnisch überhaupt zulässig gelten. Allerdings hält die Annahme einer teleologischen Reduktion methodisch schon nicht stand, weil es insofern nicht zu einer planwidrigen Erweiterung des Art. 92 GG gekommen ist. Der Verfassungsgeber wollte eben keine vollständige Monopolisierung der Gerichtsbarkeit auf Seiten des Staates. Dies manifestierte sich am Beispiel der Schiedsgerichte, ohne dass eine Festschreibung des status quo und damit eine Fortentwicklung des Streitbeilegungsmechanismus in anderen Rechtsgebieten festgeschrieben werden sollte. Die Begründung des Ausschlusses nichtstaatlicher Gerichte aufgrund eines historisch bedingten Primats staatlicher Gerichtsbarkeit vermag aufgrund der Disparität historischer Entwicklungen nicht zu überzeugen. b) Ratio: Konkretisierung des Gewaltenteilungsgrundsatzes Überwiegend wird in der jüngeren Rechtslehre angenommen, Art. 92 GG sei keine Aussage hinsichtlich des Verhältnisses von staatlicher und privater Rechtsprechung zu entnehmen.172 Denn als wesentlicher Bestandteil der grundgesetz 171 So aber Wolff, in: Umbach/Clemens, Art. 92 Rn. 45. Zur Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Nachkriegszeit vgl. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 2 Rn. 20 ff. 172 Grundlegend Bettermann, Die Unabhängigkeit der Gerichte und der gesetzliche Richter, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, S. 629; ebenso: Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, in: HStR III² § 73 Rn. 72, 77; Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 87; Claasen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck: Art. 92 Rn. 41; Achterberg, in: BonnerKomm-GG, Art. 92 Rn. 179; Stober, Staatsgerichte und Schiedsgerichtsbarkeit, NJW 1979, 2001, 2003 f.

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lichen Funktionenordnung sei Art. 92 GG zunächst Konkretisierung der Gewaltenteilung.173 Als elementares Strukturprinzip der Verfassung174 werde die Gewaltenteilung durch Benennung der Gesetzgebung, vollziehenden Gewalt und Rechtsprechung als von unterschiedlichen Organen wahrzunehmende Grundfunktionen des Staates in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG angelegt. Die Zuordnung der Organe, welche diese Funktionen wahrnehmen und dadurch der Gewaltenteilung Kontur verleihen, erfolge in den besonderen Abschnitten des Grundgesetzes über die Staatsfunktionen. In diesem Sinne bestimmt Art. 92 GG Richter zu Amtswaltern der rechtsprechenden Gewalt.175 Eine Monopolisierung der Rechtsprechungstätigkeit zu Gunsten der Richter bestehe ausschließlich im Innenverhältnis der Staatsgewalten gegenüber der Gesetzgebung und der Verwaltung.176 Ob Art. 92 GG in diesem Sinne auf die Funktion einer reinen Organisationsnorm zu beschränken ist oder der Vorschrift darüber hinaus weiter reichende materielle Komponenten zu entnehmen sind, wird in der Rechtswissenschaft un­ einheitlich beantwortet. Zutreffend wird darauf verwiesen, Art. 92 GG weise neben der Funktionenzuweisung an die Gerichte einen materiellen Gehalt dergestalt auf, dass die Rechtsprechung als obligatorische Staatsaufgabe anzusehen sei.177 Der Staat muss die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für das adäquate Funktionieren der Rechtsprechung garantieren. Deutlich weiter reicht hingegen die Auffassung, Art. 92 GG statuiere zumindest in den Kernbereichen materieller Gerichtsbarkeit ein Rechtsprechungs- und Richtermonopol zu Gunsten staatlicher Gerichte.178 Zu diesen Kernbereichen sollen sämtliche Angelegenheiten gehören, für die das Grundgesetz Rechtsweggarantien oder Richtervorbehalte statuiere.179 Ebenso solche Materien, die „nach traditio­ nellem verfassungsrechtlichen Vorverständnis zu den klassischen Aufgabenberei 173

Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass dem Begriff „Gewaltenteilung“ eine Vereinfachung zu Grunde liegt, welche die vielfältigen Gewaltenverknüpfungen des Grundgesetzes nicht abbildet. Vgl. dazu m. w. N. Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, S. 32 Rn. 2. Sachgemäß erscheint eine Beibehaltung der Terminologie angesichts der Zeitlosigkeit der Idee einer sich wechselseitig begrenzenden und kontrollierenden Staatsmacht. In diesem Sinne auch Maurer, Staatsrecht, § 12 Rn. 20. 174 Maurer, Staatsrecht, § 12 Rn. 1; Papier, Rechtsschutzgarantie gegen die öffentliche Gewalt, in: HStR II³, § 27 Rn. 4. 175 Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 2; Claasen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 92 Rn. 2. 176 Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, in: HStR III², § 73 Rn. 77. 177 Burgi, Privatisierung, in: HStR VI³, § 75 Rn. 41. 178 Am deutlichsten wird diese so genannte Kernbereichsthese vertreten von Schulze-­Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 51; ähnlich auch Jarass/Pieroth, Art. 92 Rn. 11; Detterbeck, in: Sachs-GG, Art. 92 Rn. 29. 179 Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 30.

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chen der Rechtsprechung zählen“180, also die bürgerliche Rechtspflege, die Strafgerichtsbarkeit und die von Art. 19 Abs. 4 GG umfassten verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten.181 Zur Begründung des Rechtsprechungsmonopols in Kernbereichen wird darauf verwiesen, dass in diesen Bereichen regelmäßig besonders schwere Eingriffe in die Rechtssphäre der Bürger vorlägen, die nur durch gerichtliche Verfahren gesichert werden können. Denn ausschließlich staatliche Organe hätten eine besondere Autorität der Streitentscheidung, nur ihrer Entscheidung käme durch die Besonderheit staatlichen Tätigwerdens eine gesteigerte Geltung zu.182 Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Kernbereichsthese weder geeignet, überzeugende Gründe für ein Rechtsprechungsmonopol im Verhältnis Staat und Gesellschaft zu liefern, noch Bereiche hinreichend zu konturieren, in denen die Streitentscheidung ausschließlich den staatlichen Richtern vorbehalten sein muss. Ihre Vertreter knüpfen an die Rechtsprechung des BVerfG an, nach der es einen unantastbaren Kernbereich materieller Rechtsprechungsaufgaben gibt, die der rechtsprechenden Gewalt nicht durch Gesetz entzogen werden darf.183 Obwohl diese Rechtsprechung ausdrücklich nur für das Verhältnis der staatlichen Gewalten untereinander gilt, werden die Aussagen zu einem unantastbaren Kernbereich auf die gesellschaftliche Sphäre übertragen und damit auf nichtstaatliche Gerichte erweitert. Eine Übertragbarkeit auf das innerstaatliche Verhältnis der Gewalten abzielenden Rechtsprechung auf die gesellschaftliche Sphäre wird damit ausdrücklich angenommen.184 Gegen die Übertragbarkeit dieser Argumentationslinie spricht zuvorderst die Zielsetzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes. Er dient zunächst – entlang der klassischen montesquieuschen Prägung – der bürgerlichen Freiheitssicherung. Einer Machtkonzentration auf Seiten des Staates soll dadurch begegnet werden, dass Herrschaftsbefugnisse segmentiert werden, die das jeweilige Staatsorgan vor Eingriffen eines anderen staatlichen Organs schützen.185 Eine Übertragung dieses Schutzmechanismus auf Eingriffe aus der gesellschaftlichen Sphäre ist im Gewaltenteilungsgrundsatz allerdings nicht angelegt. Selbst wenn sich private Machtkonzentration – etwa bei politischen Parteien, Medien oder systemrelevanten Wirtschaftssubjekten – zu nicht unerheblicher Einflussmöglichkeiten auf staatliche Prozesse verdichten können, scheidet eine Nutzbar 180

Detterbeck, in: Sachs, Art. 92 Rn. 9 unter Verweis auf BVerfG NJW 2004, 2726. BVerfGE 22, 49 (76); 103, 111 (116); Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 30. 182 Diese Begründung liefert Herzog, in: Maunz/Dürig (1993), Art. 92 Rn. 154, der indes die Kernbereichsthese ablehnt. 183 BVerfGE 22, 49 (79 ff.), 45, 272 (289) 64, 261 (278). 184 So etwa Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 51, der die Grenze des unantastbaren Kernbereichs materieller Rechtsprechungsaufgaben für identisch mit solchen Rechtsprechungsaufgaben hält, die nicht privaten Gerichten anvertraut werden darf. 185 Mauer, Staatsrecht, § 13 Rn. 2; BVerfGE 7, 183 (188); 49 89 (124). 181

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machung des Gewaltenteilungsgrundsatzes vor ungewollten Eingriffen aus. Denn geteilt wird einzig und allein die öffentliche Gewalt, nicht aber gesellschaftliche Wirkkräfte.186 Wäre eine Abschirmwirkung noch so wünschenswert, fände sie keinen rechtlichen Anknüpfungspunkt in der Verfassung. Gegen die Existenz eines Kernbereichs materieller Rechtsprechungsaufgaben gegenüber Privaten lassen sich weitere, der Privatisierungsdiskussion entnommene Einwände, formulieren: Die Annahme eines Kernbereichs staatlichen Handelns, der nicht von Privaten wahrgenommen werden könne, betrifft das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft und die Austarierung der diesen Wirkeinheiten zugewiesenen Funktionen.187 Die Trennlinien zwischen den Polen Staat und Gesellschaft werden in der rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung vor allem hinsichtlich der Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Aufgabenprivatisierung diskutiert. Versuche der Konkretisierung genuiner Staatsaufgaben sind im Zuge der Privatisierungsdiskussion ohne allgemein akzeptiertes Ergebnis vorgenommen worden.188 Eine in sich geschlossene Staatsaufgabenlehre konnte bisher nicht entwickelt werden.189 Für den vorliegenden Problembereich der Zulässigkeit privater Rechtsprechung im Verwaltungsrecht sollen zwei grundsätzliche Erkenntnisse dieses Diskurses nutzbar gemacht werden, die gegen die Möglichkeit der Formulierung fester Kernbereiche staatlichen Handelns sprechen. Zunächst sei eine Modifikation des Staatsverständnisses genannt, das sich unter dem Leitbild des Gewährleistungsstaates190 zusammenfassen lässt.191 Die Grundannahme des Konzepts besteht darin, dass die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in einem arbeitsteiligen Prozess zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren stattfinden kann. Entschließt sich der Staat im Wege einer Organisationsentscheidung, seine eigene Leistungstiefe bei der Erfüllung einer Aufgabe zu senken, 186

So pointiert: Di Fabio, in: Gewaltenteilung, HStR II³, § 27 Rn. 14. Zur grundlegenden Unterscheidung zwischen Staat und Gesellschaft vgl. Isensee, Der Dualismus Staat und Gesellschaft, S. 317 und Böckenförde, Die Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 355 188 Zu den Versuchen vgl. Kämmerer, Privatisierung, S. 157 ff. 189 Ansätze zur Formulierung einer Staatsaufgabenlehre werden nunmehr dem Lissabon-Urteil des BVerfG (BVerfGE 123, 267 (356 ff.)) entnommen. Denn das Gericht nennt wesentliche „Bereiche demokratischer Gestaltung“, auf den der Deutsche Bundestag maßgeblichen Einfluss behalten haben muss. Vgl. Wiemers: Zur Staatsaufgabenlehre des Bundesverfassungsgerichts, KritV 2011, S. 226 ff. Dazu kritisch: Terhechte, Souveränität, Dynamik und Integration, EuZW 2009, S. 724 (730). 190 Zur Begriffsschöpfung: Eifert, Grundversorgung mit Telekommunikationsleistungen im Gewährleistungsstaat, S. 18; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 933 ff.; Franzius, Der Gewährleistungsstaat, VerwArch 99, S. 351 ff.; Schulze-Fielitz, Grundmodi der Aufgabenwahrnehmung, in: GVwR I², § 12 Rn. 148 ff. 191 Zur Verwendung von Leitbildern in der Verwaltungsrechtswissenschaft vgl. Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: GVwR I², § 1 Rn. 42. 187

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sorgt aber gleichwohl dafür, dass bestimmte Standards eingehalten werden und wirkt insofern weiterhin steuernd auf das Aufgabenfeld ein, wechselt er von einer Erfüllungs- in die Gewährleistungsverantwortung.192 Eine starre Trennlinie zwischen staatlicher und gesellschaftlicher Sphäre existiert nach Maßgabe dieses Konzepts nicht. Die kooperative Aufgabenwahrnehmung von Staat und Bürgern ist damit in der Verwaltungsrechtsdogmatik ebenso angekommen wie die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private.193 Übertragen auf die Frage der Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht können die gesetzlichen Regelungen in §§ 1025 ff. ZPO, 173 S. 2, 3 VwGO als Ausdruck eines gesetzgeberischen Konzepts des Gewährleistungsstaates interpretiert werden.194 Die Rechtsprechung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten wird durch das Grundgesetz (Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, 92 GG) dem Staat zugewiesen, ohne dass der Aufgabenzuweisung als solcher die Pflicht ihrer exklusiven Wahrnehmung durch staatliche Organe entspräche. Ob die Aktivierung nichtstaatlicher Streitbeilegungspotentiale durch §§ 1025 ff. BGB, 173 S. 2, 3 VwGO mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist, muss mittels Auslegung der verfassungsrechtlichen Zuweisungsnormen erfolgen. Dabei ist aber zu beachten, dass die Annahme eines „privatisierungsfesten“ Kernbereichs nach Maßgabe des Konzepts des Gewährleistungsstaates eher die Ausnahme, als die Regel sein dürfte. Neben diese Argumentation tritt die dogmatische Forderung, dass ein Rückgriff auf verfassungstheoretische Erkenntnisse zu privatisierungsfesten Kernbereichen nur insoweit Wirkung innerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes entfalten könne, wie sich diese Erkenntnis in hinreichender Form im Verfassungstext selbst manifestiert.195 Solange sich der Bestand staatlicher Kernbereiche nicht eindeutig, wie aus der Verfassung entnehmen lasse, beruhe die Präzisierung auf vorverfassungsrechtliche Überlegungen, die dem Wandel der Staatlichkeit nicht hinreichend gerecht werden können.196 So mochte im 20. Jahrhundert die staatliche Erbringung von Infrastrukturleistungen durch Post oder Eisenbahn noch als Pflichtaufgabe des Staates angesehen worden sein. Ein geändertes Verständnis wird nunmehr in Art. 87e f. GG abgebildet, in denen deutlich wird, dass die Monopolisierung staatlicher Aufgabenwahrnehmung im Dienstleistungsbereich unerwünschte negative Effekte

192

Burgi, Privatisierung öffentlicher Aufgaben – Gestaltungsmöglichkeiten, Grenzen, Regelungsbedarf, Gutachten D für den 67. Juristentag, Bd. I, D 94. 193 Schulze-Fielitz, Grundmodi der Aufgabenwahrnehmung durch Private, in: GVwR I², § 12, Rn.  64 ff. 91 ff. 194 Burgi, Privatisierung, in: HStR IV³, § 75 Rn. 40. 195 Burgi, Privatisierung öffentlicher Aufgaben – Gestaltungsmöglichkeiten, Grenzen, Regelungsbedarf, Gutachten D für den 67. Juristentag, Bd. I, D 54. 196 Burgi, Privatisierung, HStR VI³, § 75 Rn. 11.

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bewirken kann. Eine nicht hinreichende verfassungsrechtliche Abdeckung der Staats­aufgaben wird zudem deutlich, wenn neuere Entwicklungen, beispielsweise eine umfassende Sicherung eines Datennetzes zum schnellen Datenaustausch, gewährleistet werden soll. Insofern erscheint es notwendig, eine Umschreibung staatlicher Aufgaben einer ständigen Aktualisierung zu unterwerfen, mit der die Annahme eines festen Kernbereichs nicht zu vereinbaren ist.197 Solche Aktualisierungen der Aufgaben lassen sich auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit beobachten. Sie lassen sich beispielsweise anhand der Funktionserweiterung der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Einführung der altruistischen Verbandsklage belegen.198 Als Mittel der objektiven Rechtskontrolle stellt die Verbandsklage ein mit Art. 19 Abs. 4 GG zu vereinbarendes Element199 der objektiven Rechtskontrolle dar, das – europarechtlich vorgezeichnet – im Bereich des Umwelt- und Naturschutzrechts eine Ausweitung der Kontrollmöglichkeiten des Verwaltungshandelns bewirkt.200 Die deutliche Stärkung der Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter durch eine Ausweitung der subjektiven öffentlichen Rechte, sei es im Bereich des öffentlichen Baurechts oder in einer Vielzahl von Vorschriften, die in wettbewerblichen Konstellationen den Schutz von Konkurrenten zu dienen bestimmt sein sollen, hatte bereits zuvor zu einer „Dimensionserweiterung“ des öffentlichen Rechts beigetragen.201 Freilich deuten diese Entwicklungen eher in Richtung einer Ausweitung der Aufgaben der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Gleichwohl lassen sie sich als Argu­ ment gegen die Tragfähigkeit einer Kernbereichsthese heranziehen. Denn auch dieses Aufgabenfeld stellt sich als entwicklungsoffen dar und verändert sich – wenngleich, wie insbesondere die intensive Kontroverse um die Einführung der Verbandsklage durch das UmwRG verdeutlicht, nicht ohne erhebliche Widerstände202 – vor dem Hintergrund gesellschaftlicher und rechtspolitischer Einflüsse. Darüber hinaus wäre die Annahme einer exklusiven staatlichen Wahrnehmungsverpflichtung im Bereich der Dritten Gewalt innerhalb der grundgesetzlichen Systematik der Staatsgewalten eine Ausnahme. Denn Exekutive und Legislative integrieren Private in unterschiedlicher Art und Weise in ihre Tätigkeitsfelder. Die Nutzbarmachung gesellschaftlicher Potentiale im Vollzug der Gesetze ist als Verantwortlichkeitsteilung zwischen Staat und Gesellschaft anerkannt, wenngleich

197

Kämmerer, Privatisierung, S. 164 ff. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 4 Rn. 79. Schoch, Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: GVerwR III, § 50 Rn. 174. 199 Schlacke, Rechtsschutz durch Verbandsklage, NuR 2004, S. 629 (634). 200 Schoch, Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: GVerwR III, § 50 Rn. 174. 201 Wahl, Herausforderungen und Antworten: Das Öffentliche Recht der letzten fünf Jahrzehnte, S. 34 f. 202 Koch, Die Verbandsklage im Umweltrecht, NVwZ 2007, 369 f.; Berkemann, UmweltRechtsbehelfsgesetz (UmwRG) auf dem gemeinschaftsrechtlichen Prüfstand, NordÖR 2009, S.  336 ff. 198

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ihre „heilsbringende“ Wirkung angesichts nicht unerheblicher Steuerungs- und Kontrolldefizite mittlerweile wieder stärker bestritten wird.203 Auch im Bereich der Rechtssetzung ist die Mitwirkung Privater nicht ausgeschlossen. Die Normierung technischer Standards im Umwelt- und Technikrecht und die Beteiligung Privater beim Abschluss von Tarifverträgen seien als Beispiele genannt.204 Zwar handelt es sich bei diesen unter Mitwirkung beziehungsweise ausschließlich durch Private erzeugten Regelungen nicht um Gesetze im formellen und materiellen Sinn. Gleichwohl stellen sie Verhaltensbefehle dar, die Geltung beanspruchen und durch den Staat anerkannt werden.205 Schließlich spricht gegen die innere Konsistenz der Kernbereichsthese, dass selbst ihre Vertreter nicht ohne Ausnahmen auskommen und die Entscheidungen durch Schiedsgerichte im Zivilrecht, einem unstreitigen Kernbereich staatlicher Rechtsprechung, für zulässig erachten.206 Zwar soll die Anerkennung von Entscheidungen privater Gerichte an die Einhaltung bestimmter Verfahrensanforderungen geknüpft sein, um rechtsstaatliche Mindeststandards bei der Entscheidungsfindung zu sichern.207 Dennoch besteht keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung dafür, die Zivilrechtspflege zum Kernbereich staatlicher Rechtsprechung zuzurechnen, gleichzeitig aber eine bereichsspezifische Ausnahme zu Gunsten nichtstaatlicher Streitentscheidung zuzulassen. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass der Staat durch die Funktionszuweisung in Art. 92 GG verpflichtet wird, rechtsprechende Tätigkeit auszuüben. Dadurch wird die Existenz privater Gerichte nicht ausgeschlossen. Die Annahme von Kernbereichen materieller Rechtsprechung vermag keine Bereiche festzulegen, innerhalb derer nichtstaatliche Entscheidungsfindung unzulässig ist. Ein Rechtsprechungsmonopol zu Gunsten der Richter besteht nur im Verhältnis der Staatsgewalten untereinander und schließt aus, dass Rechtssprechungsaufgaben von der Legislative oder Exekutive wahrgenommen werden.

203 Knauff, Gewährleistungsstaatlichkeit in Krisenzeiten, Der Gewährleistungsstaat in der Krise, DÖV 2009, 581; Schoch, Gewährleistungsverwaltung: Stärkung der Privatrechtsgesellschaft, NVwZ 2008, 241 (247). 204 Herzog, in: Maunz/Dürig (1993), Art. 92 Rn. 154. 205 Grundlegend zur Integration privat gesetztem Recht in die Rechtsordnung und gegen ein staatliches Rechtssetzungsmonopol Kirchhof, Ferdinand: Private Rechtsetzung, insbes. S. 107 ff. Zum Kapitalmarktrecht vgl. Augsberg, Steffen, Rechtsetzen zwischen Staat und Gesellschaft, 2003. 206 Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 92 Rn. 52; Detterbeck, in: Sachs-GG, Art. 92 Rn. 29. 207 Hillgruber, in: Maunz-Dürig, Art. 92 Rn. 86 f.

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III. Schiedsgerichtsbarkeit und Gerichtsöffentlichkeit 1. Gerichtsöffentlichkeit als Verfassungsprinzip Ein verfassungsrechtliches Argument gegen die Zulassung nichtstaatlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht könnte aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verfahren im Verwaltungsrecht (§§ 173 S. 1, 55 VwGO, § 169 GVG) abgeleitet werden.208 Denn der Öffentlichkeitsgrundsatz, der die Streitentscheidung durch Richter in einem der Allgemeinheit zugänglichen Verfahren verlangt,209 erfüllt unterschiedliche rechtsstaatlich determinierte Funktionen. Als wesentliche aufklärerische Forderung stand die Idee der Gerichtsöffentlichkeit früh im Fokus der Forderung nach rechtsstaatlichen Institutionen im 19. Jahrhundert.210 Denn „das Recht der Öffent­ lichkeit beruht darauf, dass der Zweck des Gerichts das Recht ist, welches als eine Allgemeinheit auch vor die Allgemeinheit gehört; dann aber auch darauf, dass die Bürger die Überzeugung gewinnen, dass wirklich Recht gesprochen wird.“211 Der Öffentlichkeitsgrundsatz konfligiert im besonderen Maße mit der Schiedsgerichtsbarkeit. Denn wesentliches Motiv privater Streitparteien für den Abschluss einer Schiedsvereinbarung ist regelmäßig – neben der Erwartung verkürzter Verfahrenszeiten und sachkundigen Entscheidungen – die Umgehung der Öffentlichkeit eines gerichtlichen Verfahrens. Ein öffentlicher Gerichtsprozess birgt nicht erst dann Risiken für die Beteiligten, wenn der Anwendungsbereich einzelner Ausschließungsgründe des § 172 GVG anzunehmen ist, etwa weil Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse tangiert werden.212 Denn oft widerspricht es bereits dem Interesse der Streitparteien, überhaupt publik werden zu lassen, dass zwischen ihnen vertragliche Bindungen bestehen, geschweige denn gesteigerte Uneinigkeit herrscht. In solchen Fällen bleibt den Parteien mit der Vereinbarung einer Schiedsklausel die Möglichkeit, die öffentliche Wirkung eines Streits vor einem staatlichen Gericht zu vermeiden. Denn ansonsten besteht für die Schiedsparteien nur ein mittelbarer Weg der Vermeidung der Öffentlichkeit, nämlich dann, wenn sie sich in einem Zivilprozess übereinstim 208 Zum Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit vgl. Kloepfer, Öffentliche Meinung, Massenmedien, in: HStR III³, § 42 Rn. 60. 209 Hufen, in: Verwaltungsprozessrecht, § 35 Rn. 29; BVerwG, DVBl. 1973, 369 f. 210 Zur Genese der aufklärerischen Idee der Gerichtsöffentlichkeit eindrucksvoll Wegener, Der geheime Staat, S. 206 ff. 211 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 224. 212 § 172 GVG übernimmt die Moderation zwischen den Gründen für und gegen die Öffentlichkeit von Gerichtsverfahren. Besondere Bedeutung hat § 172 Nr. 2 GVG, der den Ausschluss der Öffentlichkeit ermöglicht, wenn ansonsten wichtige Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungsoder Steuergeheimnisse gefährdet werden. Vgl. Kissel, GVG, § 172 Rn. 1, 38. Im Verwaltungsverfahren findet § 172 GVG über die Verweisung des § 55 VwGO Anwendung, Czybulka, in: Sodan/Ziekow, § 55 Rn. 19 ff.

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mend auf das schriftliche Verfahren einigen bzw. im Verwaltungsprozess auf die mündliche Verhandlung verzichten.213 Eine vergleichbare Motivlage kann grundsätzlich auch in öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen virulent werden.214 Ein mittels öffentlich-rechtlichen Vertrages Verpflichteter mag die Preisgabe noch nicht vom Anwendungsbereich des § 172 GVG geschützter geschäftlicher Informationen fürchten; ein Verwaltungsträger kann etwa aus Gründen politischer Opportunität die Geheimhaltung vertraglicher Vereinbarungen begehren. In diesem Zusammenhang gewinnt die Frage Relevanz, ob aufgrund der – im Vergleich zum Zivilprozess gesteigerten – Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit im Verwaltungsprozess öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zwingend vor staatlichen Gerichten auszutragen sind. Notwendige Voraussetzung eines Ausschlusses der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht qua constitutione ist aber eine verfassungsrechtliche Vorgabe, die die Öffentlichkeit verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten verlangt. Somit sind die verfassungsrechtliche Verankerung des Öffentlichkeitsgrundsatzes und seine Wirkrichtung einer Prüfung zu unterziehen. Der Publizitätsgrundsatz erfüllt unterschiedliche verfassungsrechtlich indizierte Funktionen: Durch die Transparenz der Entscheidungsfindung soll einerseits die Objektivität der Rechtsprechung sichergestellt und damit die hohe Qualität ihrer Entscheidung gewährleistet werden.215 Es soll vermieden werden, dass sich das Gericht in Ermangelung jeglicher Form öffentlicher Kontrolle von sachfremden Erwägungen leiten lässt.216 Gleichzeitig dient der Öffentlichkeitsgrundsatz der Unabhängigkeit des Richters vor staatlicher Einflussnahme. Jeglichem Verdacht einer „Geheimjustiz“ soll durch die Publizität der wesentlichen Verfahrenshandlungen begegnet werden.217 Dadurch schützt die Gerichtsöffentlichkeit neben den Streitparteien auch die Allgemeinheit. Sie steht aus diesem Grund nicht zur Disposition der Beteiligten.218 Im Verwaltungsprozess kommt der Öffentlichkeit zudem eine besondere grundrechtliche Bedeutung zu. Denn die Öffentlichkeit des Verwaltungsprozesses „öff­ net überall dort, wo der Bürger sich durch die Exekutive in seinen Rechten ver­ 213 Wolf, in: MünchKomm-ZPO, § 169 GVG Rn. 24; Kissel, GVG, § 169 Rn. 58; Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, § 55 Rn. 23. Darüber hinaus steht die Öffentlichkeit des Gerichtsprozesses nicht zur Disposition der Streitparteien. 214 Zu den Geheimhaltungsinteressen der Schiedsparteien im Rahmen von Public Private Partnerships vgl. Wolff, Grenze der Heimlichkeit, NVwZ 2012, S. 205 (206 f.). 215 Berg, Grundsätze des verwaltungsrechtlichen Verfahrens, in: FS Menger, S. 537 (553). 216 Kissel, GVG, § 169 Rn. 16.; Berg, Grundsätze des verwaltungsrechtlichen Verfahrens, in: FS Menger, S. 537 (553). 217 Berg, Grundsätze des verwaltungsrechtlichen Verfahrens, in: FS Menger, S. 537 (553); Wegener, Der geheime Staat, S. 213; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 35 Rn. 29. 218 Kissel, GVG, § 169 Rn. 58; Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, § 55 Rn. 23.

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letzt fühlt, den Arkanbereich der Verwaltung“.219 Die Verwaltung muss daher damit rechnen, dass rechtswidrige Handlungen im Rahmen eines Gerichtsstreits öffentlich werden. Daraus wird zu Recht gefolgert, dass bereits die Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung eine Vorwirkung für rechtsverkürzendes Verwaltungshandeln entfaltet.220 Die Funktionserfüllung des Öffentlichkeitsgrundsatzes wird durch die grundsätzlich uneingeschränkte Gewährung der Teilnahme als Zuhörer an Verhandlungen staatlicher Gerichte bewirkt. Jedermann ist der Zutritt zum Verhandlungssaal zu ermöglichen und durch ausreichende Bekanntmachung eines Verhandlungs­ termins die interessierte Öffentlichkeit in Kenntnis zu setzen.221 Die somit beschriebene Funktion und Wirkungsweise des Öffentlichkeitsgrundsatzes legt seine verfassungsrechtliche Bewährung durchaus nahe. Folgerichtig soll die Gerichtsöffentlichkeit im Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip wurzeln222 und in ihrer historischen Entstehung für den Verwaltungsprozess eng mit dem Kampf gegen die Geheimjustiz der Administrativgerichte verbunden sein.223 Gleichwohl hat das BVerfG wiederholt festgestellt, dass die Öffentlichkeit des Verfahrens kein Verfassungsgrundsatz ist, sondern nur den Status einer einfachgesetzlich bewährten Prozessrechtsmaxime hat.224 Denn eine ausdrückliche Erwähnung findet der Grundsatz der Öffentlichkeit in der Verfassung nicht, die einfachgesetzliche Bewährung im Verwaltungsprozess resultiert aus der Verweisung in § 55 VwGO auf die §§ 168 GVG, 171a ff GVG. Schon aus dem formalen Grund könnte gefolgert werden, dass aus verfassungsrechtlicher Perspektive die Gerichtsöffentlichkeit der Schiedsgerichtsbarkeit nicht entgegensteht. Denn ihre einfachrechtliche Verankerung weist gegenüber der ebenfalls einfachgesetzlichen Gestattung der Disponibilität des Schiedsverfahrensrechts in § 1042 Abs. 3 ZPO keine erhöhte Durchsetzungskraft auf. Ein solch formales Argument findet eine zusätzliche inhaltliche Stütze. Dem Öffentlichkeitsgrundsatz ist zu entnehmen, dass vor staatlichen Gerichten bestimmte Verfahrenshandlungen durch die Öffentlichkeit kontrolliert werden müssen. Schutzwirkung entfaltet die Öffentlichkeit in Ansehung des spezifischen Spruchkörpers, nicht bezüglich des zu verhandelnden Gegenstandes. Das Gericht soll unabhängig von äußeren Einflüssen und allein nach Maßgabe des Rechts ent 219

Berg, Grundsätze des verwaltungsrechtlichen Verfahrens, in: FS Menger, S. 537 (556). Die Relevanz für den Grundrechtsschutz im Verwaltungsprozess betont ebenfalls Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 35 Rn. 29. 221 BVerwG DVBl. 1973, S. 369; Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, § 55 VwGO Rn. 16. 222 Zu den Grundlagen vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, § 55 Rn. 3; Häberle, Die Verfassung des Pluralismus, 1980, S. 136. 223 Zu den historischen und ideengeschichtlichen Grundlagen vgl. Wegener, Der Geheime Staat, S. 206 ff. 224 BVerfGE 4, 74 (94); 15, 303 (307); 103, 44 (63); zustimmend Schenke, in: BonnerKommGG, Art. 19 Rn. 148. 220

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scheiden können. Mit anderen Worten schützt der Öffentlichkeitsgrundsatz primär die Wahrheitsfindung durch das staatliche Gericht,225 nicht aber bestimmte Rechtsbereiche, die jedenfalls öffentlich verhandelt werden müssen. Die Schutzwirkung des Öffentlichkeitsgrundsatzes erstreckt sich insoweit gerade nicht auf private Schiedsgerichte.226 Denn die Parteien verzichten mit ihrem Verzicht auf den staatlichen Rechtsweg auf die verfassungsrechtliche Garantie des Art. 97 GG und die sie flankierenden rechtlichen Vorkehrungen. Ein Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht existiert daher aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht. 2. Gerichtsöffentlichkeit als Mittel parlamentarischer Kontrolle Mit einer verfassungsrechtlichen Begründung, gleichwohl unter einem anderen Blickwinkel als in Bezug auf den individuellen Rechtsschutz und die objektive Rechtsbewahrung, verlangt Wolff – ohne die verfassungsrechtliche Zulässigkeit schiedsrichterlicher Vereinbarungen im Verwaltungsrecht grundsätzlich in Zweifel zu ziehen – Beschränkungen der Umgehung des Öffentlichkeitsgrundsatzes in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten: „Schiedsverfahren, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, müssen öffentlich sein und mit der Veröffentlichung des Schieds­ spruchs einschließlich seiner Begründung enden.“227 Zur Begründung stellt Wolff darauf ab, dass nichtöffentliche Schiedsverfahren eine Bedrohung der parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten darstellen. Fänden Schiedsverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, würde das Parlament weder erfahren, dass ein Schiedsverfahren durchgeführt wurde, noch dass eine Schiedsvereinbarung im Rahmen einer Vertragsbeziehung vereinbart wurde.228 Ungeachtet der Überzeugungskraft der Forderung, dass Schiedsverfahren nicht zu einer Umgehung (parlamentarischer) Kontrollmechanismen führen dürfen229, überzeugt ihre Herleitung nicht. Unbestritten ist die Kontrolle der Exekutive eine zentrale Aufgabe der Parlamente.230 Das BVerfG hat in der Flick-Entscheidung die Kontrollfunktion des Parlaments zu Recht als prägendes Merkmal eines parlamentarischen Regierungssystems und als Ausdruck des Gewaltenteilungsgrundsatzes

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BGHSt NJW 1956, 1646 f.; Kissel, GVG § 169 Rn. 16. So auch Geimer, Integritätsprobleme im Umfeld der Justiz, S. 113 (158, Fn. 250); ebenso Schumann, Menschenrechtskonvention und Zivilprozess, in: FS Schwab, 449 (452). 227 Wolff, Ende der Heimlichkeit!, NVwZ 2012, S. 205 (209). 228 Wolff, Ende der Heimlichkeit!, NVwZ 2012, S. 205 (207). 229 Vgl. Zur Sicherung eines hinreichenden Niveaus transparenter Verwaltungshandlungen vgl. Teil 5, E. 230 Klein, Stellung und Aufgaben des Bundestages, in: HStR III³, § 50 Rn. 33 f. Lennartz, Parlamentarische Anfragen im Spannungsfeld von Regierungskontrolle und Geheimhaltungsinteressen, DÖV 2006, S. 185 ff.; Bull, Sind Nachrichtendienste unkontrollierbar?, DÖV 2008, S. 751. 226

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beschrieben.231 Allerdings ist aus ihr keine Pflicht zur Öffentlichkeit der Schiedsgerichtsbarkeit abzuleiten. Die Auffassung deutet die Funktion des gerichtlichen Rechtsschutzes im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG unzutreffend. Da Schiedsgerichte ebenso wie staatliche Gerichte zuvorderst dem Rechtsschutz des Einzelnen verpflichtet sind, gelten die Funktionsbeschreibungen des Art. 19 Abs. 4 GG auch für sie. In diesem Sinne ist die Ausgestaltung des Art. 19 Abs. 4 GG als deutliches Bekenntnis des Grundgesetzes für ein System des Individualrechtsschutzes zu verstehen.232 Die Verfassung installiert ein Modell gerichtlicher Kontrolle, das vom in seinen Rechten verletzten Bürger nicht bloß initialisiert wird, sondern in dessen Rahmen die subjektiven Rechte des Einzelnen der eigentliche Zweck des Verfahrens sind.233 Das Recht des Einzelnen ist nicht nur nützliches Vehikel, um eine objektive Rechtmäßigkeitsüberprüfung von Verwaltungshandlungen zu ermöglichen. Vielmehr folgt Art. 19 Abs. 4 GG dem grundrechtlich geprägten Leitbild einer dem Schutz von Individualität und Personalität verpflichteten Rechtsordnung.234 Der Rechtsbehelf eines Bürgers gegen eine hoheitliche Maßnahme ist folglich nicht Steigbügelhalter objektiver Rechtsbewährung oder parlamentarischer Kontrolle. Eine solche kann als gewollter Rechtsreflex auftreten, ist aber nicht eigentlicher Zweck des gerichtlichen Kontrollverfahrens. Für die Ausübung parlamentarischer Kontrolle stehen dem Parlament zudem andere Kontrollinstrumente zur Verfügung, die eine direkte Kontrolle der Verwaltung ermöglichen und den „Umweg“ über ein (Schieds-)Gerichtsverfahren entbehrlich scheinen lassen. So kann das Parlament Untersuchungsausschüsse nach Art. 44 GG einrichten, die, sinnvoll eingesetzt, die Aufklärung komplexer Zusammenhänge ermöglichen und gerade dort für Transparenz sorgen sollen, wo die Verwaltung ein offenbar gesteigertes Interesse an Geheimhaltung hat. Einzelne Parlamentarier können zudem große und kleine Anfragen stellen und somit Auskunft über die Verwaltungstätigkeit erhalten.235 Von diesem Recht haben Parlamentarier im Zusammenhang mit dem „Toll-Collect“-Schiedsverfahren auch Gebrauch gemacht und so beispielsweise die Kosten des Bundes für die Vergütung von Schiedsgericht und Anwälten in Erfahrung gebracht.236 Staatliche und nichtstaatliche Gerichtsverfahren hingegen sind weder unmittelbare noch mittelbare Instrumente parlamentarischer Kontrolle. Es wäre im Üb 231

BVerfGE 67, 100 = NJW 1984, S. 2271 (2273). Krebs, in: v. Münch/Kunig, Art. 19 Rn. 64; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4, Rn. 8. 233 Krebs, in: v. Münch/Kunig, Art 19 Rn. 64; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4, Rn. 8. 234 Wahl, in: Schoch/Schneider/Bier, Vor § 42 Abs. 2 Rn. 14. 235 Zu den Kontrollinstrumenten des Bundestags vgl. Hemes, in: Dreier-GG, Art. 65 Rn. 42 ff. 236 Vgl. die kleine Anfrage der Parlamentarier Dr. Hofreiter, Ebner, Herlitzius, BT-Drucks. 17/8553. 232

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rigen äußerst fraglich, ob die Parlamente ihrer Kontrollpflicht adäquat nachkommen würden, wenn sie die Beaufsichtigung der Verwaltung bei Kooperationen von der Zufälligkeit eines gerichtlichen Streits abhängig machen würden. Denn es landen überhaupt nur die gestörten Vertragsbeziehungen vor Gerichten. Eine gelungene parlamentarische Kontrolle muss hingegen früher ansetzen und Verwaltungskooperationen von staatlicher Relevanz unabhängig von einem Streitfall überwachen. 3. Gerichtsöffentlichkeit als Element des Konzepts der „informierten Öffentlichkeit“ Der Frage nach einem Verfassungsrang der Gerichtsöffentlichkeit soll schließlich vor dem Hintergrund des Steuerungskonzepts der informierten Öffentlichkeit einer Würdigung unterzogen werden.237 Grundannahme des Konzepts ist die zentrale Bedeutung der „Wächterfunktion der Öffentlichkeit“238 über die Politik und die Verwaltung. Dem Bürger als Handlungsträger der Öffentlichkeit kommt die Funktion zu, den effektiven Vollzug des Rechts kritisch zu begleiten. Durch Erweiterung der wehrfähigen Rechtspositionen, insbesondere in Ausdehnung der durch Art. 19 Abs. 4 GG, § 42 Abs. 2 VwGO vorgegebenen Beschränkung des Rechtsschutzes auf subjektive Rechtspositionen, soll der Bürger für die Durchsetzung des Rechts mobilisiert werden.239 Das Konzept folgt starken unionsrechtlich indizierten Impulsen. Zum einen, weil die deutliche Fokussierung des Schutzes des subjektiven Rechts der deutschen Rechtsordnung in anderen europäischen Rechtsordnungen, insbesondere in Frankreich, keine Entsprechung findet.240 Daraus resultiert jedenfalls hinsichtlich der Kontrolle der Einhaltung unionsrechtlicher Vorschriften durch die Mitgliedsstaaten ein Harmonisierungsbedarf. Zum anderen, weil die zur Durchsetzung des Unionsrechts berufene Kommission – trotz der scheinbar nicht enden wollenden Kritik an der „Brüsseler Bürokratie“ – aufgrund beschränkter Ressourcen nicht in der Lage ist, diese Aufgabe ohne Kritik und Anregungen aus der Öffentlichkeit zu erfüllen.241 Die aus letzterem resultierenden Vollzugsdefizite sind im Bereich des (europäischen) Umweltrechts deutlich geworden und auf nationaler und europäischer 237 Eine Gesamtdarstellung des Konzepts der informierten Öffentlichkeit bei Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 16 ff. 238 Scherzberg, in: GVwR III, § 49 Rn. 72. 239 Masing, Die Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts, S. 50 ff. 240 Zu den Impulsen des französischen Rechts auf die unionsrechtliche Rechtsentwicklung vgl. Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 39 ff. 241 Scherzberg, in: GVwR III, § 49 Rn. 72; Masing, Die Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts, S. 51.

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Ebene empirisch eindeutig nachweisbar.242 Wesentliche Ursache für die unzureichende Durchsetzung des materiellen Umweltrechts ist zudem die Diskrepanz zwischen der Anzahl von umwelt- und naturschutzrechtlichen Vorschriften und den – soweit überhaupt vorhandenen – nur vereinzelt anerkannten wehrfähigen subjektiven Rechten. Eine wirksame Durchsetzung des Rechts ist aber in hohem Maße von der verbindlichen Kontrolle durch Gerichte abhängig. Das Konzept der informierten Öffentlichkeit baut zur Durchsetzung der Rechtsordnung im Wesentlichen auf drei Säulen: der Erweiterung des Zugangs der Öffentlichkeit zu Informationen, der Erweiterung von Partizipation der Öffentlichkeit in öffentlichen Entscheidungsprozessen und der Erweiterung des Zugangs zur Gerichtsbarkeit.243 Jede Säule soll einen Beitrag dazu leisten, dass die Durchsetzung des Rechts zur Sicherung gemeinwohlorientierter Entscheidungen erreicht werden kann. Für den hier zu untersuchenden Gegenstand, die Bedeutung der Gerichtsöffentlichkeit für die Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungen, ist innerhalb des Konzepts der informierten Öffentlichkeit zunächst die dritte Säule, also der Zugang zur Gerichtsbarkeit von Bedeutung. Eine Erweiterung des Zugangs zu den Gerichten, sei es durch die direkte Geltendmachung unionsrechtlicher Vorschriften durch den Bürger, sei es durch den Ausbau kollektiver Rechtsbehelfe wie der Verbandsklage oder sei es durch die Zulassung der Geltendmachung objektiver Rechtsverstöße, kann über § 42 Abs. 2 VwGO innerhalb des Systems des Individualrechtsschutzes bewirkt werden.244 Bereits diese Skizze der Ziele des Konzepts der informierten Öffentlichkeit lässt die Folgerung zu, dass die Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit – und damit mittelbar eine Dispositionsmöglichkeit der Beteiligten über die Öffentlichkeit eines gerichtlichen Verfahrens – sich nicht mit den anerkennungswürdigen Zielrichtungen des Konzepts in einen unvereinbaren Widerspruch setzt. Denn die Möglichkeit des Bürgers, „öffentliche Belange“ vor Gericht zu bringen, stellt weder einen Handlungsauftrag dar, noch hindert sie den Rechtsschutzsuchenden, eigene Rechte mit dem Streitbeilegungsmittel seiner Wahl durchzusetzen. Aus der Handlungsoption einer erweiterten Klagemöglichkeit erwächst kein Handlungsgebot bezüglich der Art und Weise der Geltendmachung wehrfähiger Positionen. Damit wird auch die generelle Bedeutung der Öffentlichkeit für die Durchsetzung des Rechts in Frage gestellt. Dies soll im Fortgang der Untersuchung im Rah-

242 Vgl. etwa Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, S. 31 ff.; Pernice, Gestaltung und Vollzug des Umweltrechts im europäischen Binnenmarkt Europäische Impulse und Zwänge für das deutsche Umweltrecht, NVwZ 1990, S. 414 ff. 243 Systematisierung in Anlehnung an Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 118 ff. 244 Franzius, Objektive Rechtskontrolle statt subjektiver Rechtsschutz? NuR 2009, S. 384 ff.; Wahl, in: Schoch/Schneider/Bier, Vor. § 42 Abs. 2 Rn. 16.

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men der Darstellung des einfachen Rechts an zwei Stellen deutlich gemacht werden. So bewirkt die Schiedsvereinbarung zwischen einem Bürger und der Verwaltung nicht, dass Rechte Dritter inklusive deren Durchsetzungsmöglichkeit vor staatlichen Gerichten beeinträchtigt werden könnten. Im Rahmen der Darstellung des einfachen Rechts wird insofern zu zeigen sein, in welchem Maße multipolare Konflikte der Streitentscheidung durch Schiedsgerichte zugänglich sind.245 Die Frage steht im Grunde auch nicht in zwingendem Zusammenhang mit dem Konzept der informierten Öffentlichkeit, kann aber als Ausdruck einer Skepsis betrachtet werden, dass „öffentliche“ Konflikte der öffentlichen Auseinandersetzung entzogen werden. Der Gefahr ist indes dadurch zu begegnen, dass Schiedsvereinbarungen, die nicht von allen zu beteiligenden Parteien eines Konflikts getroffen werden, die Wirksamkeit zu versagen ist und derartige Konflikte im Ergebnis nicht schiedsfähig sind. Darüber hinaus wird im Fortgang der Untersuchung die erste Säule des Konzepts der informierten Öffentlichkeit, der breite Zugang zu staatlichen Informationen, einer Würdigung unterzogen. Auf Grundlage des einfachen Rechts, namentlich durch die Informationsfreiheitsgesetzgebung in Bund und Ländern. Sie führt dazu, dass „Geheimsphären der Verwaltung“ nur noch in begründeten Einzelfällen angenommen werden können. Die daraus resultierenden Konsequenzen für die Schiedsgerichtsbarkeit, insbesondere das weitgehende Leerlaufen der Schiedsvereinbarung aus Geheimhaltungsinteressen, werden im Abschnitt „Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit durch Informationsfreiheitsgesetzgebung“ einer Prüfung unterzogen.246

IV. Schiedsgerichtsbarkeit und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Verfassungsrechtliche Vorbehalte gegen die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht können sich daraus ergeben, dass eine Schiedspartei der staatlichen Sphäre zuzuordnen und bezüglich ihrer Handlungsoptionen besonderen Restriktionen unterworfen ist. Die Verwaltung ist als Träger hoheitlicher Gewalt nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. Wird die Schiedsgerichtsbarkeit als statthaft angesehen, erscheint es möglich, dass sich ein Verwaltungsträger innerhalb seines gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs der Kontrolle durch die staatliche Justiz entzieht. Inwieweit eine „Flucht des Staates vor dem Staate“ mit der Gesetzbindung der Verwaltung des Grundgesetzes in Konflikt geraten kann, soll Gegenstand des folgenden Abschnitts sein. 245

Vgl. Teil 4, C. II. 5. Vgl. Teil 5, E.

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Dazu wird zunächst der Grundsatz der Gesetzesmäßigkeit der Verwaltung als zentrales Element des Rechtsstaats benannt. Sodann werden die hier als „Lockerungen“ der Gesetzesbindung bezeichneten Elemente aufgezeigt: So existiert im Verwaltungsrecht keine gesetzliche Totalsteuerung der Verwaltung. Denn das Gesetz enthält im Einzelfall Freiräume, die der Verwaltung – im Rahmen des Gesetzes – Entscheidungsspielräume einräumen. Daneben existieren, empirisch besonders im Umwelt- und Naturschutzrecht nachgewiesen, planwidrige Durchbrechungen der Gesetzesbindung. Vollzugsdefizite als unzureichende Durchsetzung des objektiven Rechts stellen eine rechtsstaatlich missbilligte Lockerung der Bindung der Verwaltung an das Gesetz dar. Vor diesem Hintergrund soll gezeigt werden, dass der Kontrolle der Verwaltung durch die staatliche Gerichtsbarkeit eine besondere Funktion zur Sicherung der Bindung der Verwaltung an das Recht zukommt. Ob eine Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht die Gefahr begründet, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit diese Funktion nicht mehr zu erfüllen vermag und insoweit eine „vertiefte“ Lockerung der Gesetzesbindung der Verwaltung bewirkt wird, soll im Anschluss diskutiert werden. 1. Gerichtliche Kontrolle als Sicherung der Gesetzesbindung der Verwaltung a) Gesetzesbindung der Verwaltung Um das Spannungsfeld zwischen der Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht, der Gesetzesbindung der Verwaltung und ihrer Kontrolle durch die Justiz zu verdeutlichen, wird zunächst der Zusammenhang zwischen der Gesetzesbindung der Verwaltung und ihrer Verpflichtung auf das Gemeinwohl aufgezeigt. Die Regelbindung der Exekutive ist wesentliches Merkmal moderner Rechtsstaatlichkeit. Das Grundgesetz bindet die ausführende Gewalt in Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz. Damit sind Aufgaben und Grenzen jeglichen Verwaltungshandelns durch das Recht zu bestimmen.247 Rechtserhebliche Handlungen von Trägern exekutiver Befugnisse erweisen sich als Ausdruck gesetzesdirigierter Verwaltung.248 Ein Tätigwerden der öffentlichen Verwaltung aufgrund einer „natürlichen“ Handlungskompetenz existiert nicht.249 Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bindet die Exekutive auch aus Gründen, die im Demokratieprinzip angelegt sind. So wird zunächst dem Par 247

Scheuner, Das Gesetz als Auftrag der Verwaltung, DÖV 1969, S. 585 ff. Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: HStR II³, § 26 Rn. 61. 249 Vgl. zum Gesetz als Auftrag des Verwaltungshandelns Handelns siehe auch Teil 3, A. II. 1. 248

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lament als einzigem direkt gewähltem Repräsentanten des Souveräns ermöglicht, die Verwaltung inhaltlich zu programmieren.250 Die Verpflichtung der Verwaltung zur Anwendung der Gesamtheit aller Gesetze und das Verbot gesetzwidriger Entscheidungen sichern damit die herausgehobene Stellung des Gesetzgebers.251 Ferner kommt durch die Gesetzesbindung der Verwaltung ihre spezifische Verpflichtung zur Wahrung des Gemeinwohls zum Tragen. Im Gegensatz zu privaten Rechtssubjekten ist die Verwaltung an die Sicherung und Förderung des Gemeinwohls – verstanden als das alle Bürger über ihre Partikularinteressen verbindende allgemeine Interesse – gebunden.252 Die Exekutive wird damit maßgebliches Organ zur Durchsetzung der verbindlichen Regelungen des öffentlichen Rechts, die nur ausnahmsweise dazu bestimmt sind, dem Einzelnen zu dienen. Sie ist als Garant des Gemeinwohls gegen die oftmals wirkmächtige Durchsetzung von individuellen Interessen konstituiert. b) Lockerungen und Durchbrechungen der Gesetzesbindung der Verwaltung Die Gesetzesbindung der Verwaltung bietet für sich genommen freilich noch keine Gewähr für eine vollständige Regelbefolgung der Verwaltung. Skizziert werden nun folgend rechtliche und tatsächliche Vorgaben, die das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zwar nicht relativieren, wohl aber deutlich machen, dass es sich dabei um eine normative Vorgabe, nicht aber um eine abschließende Beschreibung der Realität handelt. So zeigen zunächst empirische Untersuchungen – allen voran im Natur- und Umweltschutzrecht – aufgrund welcher Faktoren eine Diskrepanz zwischen gesetzlicher Programmierung und Befolgung des Regelprogramms durch die Verwaltung entstehen können.253 Im Umweltrecht wurde bereits in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts festgestellt, dass die intensiven gesetzgeberischen Aktivitäten zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in einem Widerspruch zu ihrer tatsächlichen Durchsetzung standen. Dadurch konnten die Ziele des Umweltschutzrechts nur in einem begrenzten Maß erreicht werden.254 250

Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Art. 20, Rn. 72. Zum Inhalt des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 1 ff. 252 Schulze-Fielitz, Grundmodi der Aufgabenwahrnehmung, in: GVwR I², § 12 Rn. 20. Zum Verhältnis von Gemeinwohl und individuellem Interesse vgl. Masing, Der Rechtsstatus des Einzelnen im Verwaltungsrecht, in: GVwR I², § 7, Rn. 21 ff. 253 Grundlegende empirische Forschung bei Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, S.  31 ff. 254 Mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur Bedeutung der Vollzugsforschung für die Etablierung der Verbandsklage Koch, Die Verbandsklage im Umweltrecht, NVwZ 2009, S. 369; zu den Schwierigkeiten der Umsetzung empirischer Forschungsergebnisse vgl. Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, GVwR I², § 1 Rn. 30. 251

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Ursächlich waren zum einen verwaltungsorganisatorische Defizite, wie die Trennung von Zuständigkeiten auf unterschiedlichen Vollzugsebenen, sowie die mangelnde Kooperation zwischen Verwaltungsträgern. Ein weiterer Grund wurde in der unzureichenden personellen und sachlichen Ausstattung der Verwaltungsbehörden erkannt. Durch solche planwidrigen Durchbrechungen der Regelbindung der Verwaltung wird das Verfassungsgebots der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht in Frage gestellt. Allerdings verdeutlicht die Rechtstatsachenforschung, dass es zur Beschreibung der Realität nur in begrenztem Maße tauglich erscheint.255 Die Steuerung der Verwaltung durch das Gesetz beinhaltet ferner einen Mechanismus, der als „Lockerung“ der Gesetzesbindung bezeichnet werden kann. Es besteht im Verwaltungsrecht keine Totalsteuerung durch das Gesetz. Das Recht funktioniert nicht als „Speicher fertiger Antworten“256, sondern enthält notwendigerweise Raum für Konkretisierungen im Einzelfall. Dies ergibt sich zwingend aus der abstrakt generellen Formulierung von Gesetzen, deren Anwendung in Ansehung des konkreten Einzelfalls erfolgen muss. Lockerungen der strikten Gesetzesbindung sind in „Optionenräumen der Verwaltung“257 enthalten, die in Bewertungs-, Beurteilungs- und Prognosespielräumen und Ermessenentscheidungen Teil der rechtlichen Programmierung sind. In diesen Fällen ist eine gesetzliche Steuerung „an der langen Leine“ im Gesetz angelegt. Dadurch wird die Gesetzesbindung freilich nicht preisgegeben. Die Ausübung des Ermessens selbst ist durch § 40 VwVfG ihrerseits ebenso gesetzlich gesteuert, wie etwa Abwägungsentscheidungen gesetzlichen Direktiven folgen (Vgl. § 1 Abs. 7 BauGB). Wohl aber werden Entscheidungsräume der Verwaltung deutlich, die keiner strengen Finalsteuerung unterliegen. Schließlich soll unter dem Topoi der „Eigenständigkeit der Verwaltung“ die verwaltungswissenschaftliche Erkenntnis nutzbar gemacht werden, dass die Verwaltung als Organisation keineswegs reines Instrument parlamentarischer Programmierung und politischer Führung ist.258 Verwaltungseinheiten verfolgen immer auch spezifische Eigeninteressen: Sie streben, wie jede verfasste Wirkeinheit, nach der Erhaltung ihrer selbst, nach der Ausdehnung ihres Aufgabenbereichs und einer Emanzipation von externen Einflüssen. Dies gilt insbesondere dort, wo wechselhafte politische Mehrheiten zur Unbeständigkeit politischer Vorgaben führen. Der Wechsel politischer Mehrheiten ist im demokratischen System angelegt. Die Verwaltung hat mit der Sicherung

255

Vgl. Koch, Umweltverwaltungen im politischen Mehrebenensystem, S. 39. Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: HStR II³, § 26 Rn. 60. 257 Hoffmann-Riem, Eigenständigkeit der Verwaltung, in: GVwR I², § 10 Rn. 65. 258 Zur Tendenz der Verselbständigung der Verwaltung grundlegend: Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, S. 64 ff.; Hoffmann-Riem, Eigenständigkeit der Verwaltung, in: GVwR I², § 10, insbes. Rn. 17 ff. 256

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von Fachwissen und personellen Ressourcen eine stabilisierende Funktion.259 Die partielle Eigenständigkeit der Verwaltung stellt sich zwar nicht als verfassungsrechtlich unerwünschter Zustand dar. Sie ist keine planwidrige Abweichung vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der notwendigerweise entgegengewirkt werden muss. Gleichwohl lassen sich aus ihr Gründe dafür herleiten, das Verwaltungshandeln einer staatlichen Kontrolle zu unterwerfen. c) Gerichtliche Kontrolle der Verwaltung Damit sich das Gesetzmäßigkeitsprinzip vor diesem Hintergrund partieller Lockerungen von der Gesetzesbindung gleichwohl behaupten und planwidrigen Durchbrechungen wirksam begegnet werden kann, kommt der Verwaltungskontrolle eine besondere Bedeutung zu. In einer historischen Perspektive stellt die Selbstkontrolle der Verwaltung die ursprüngliche Form administrativer Überwachung dar.260 Bis zur Etablierung einer unabhängigen, von der Administration personell und organisatorisch weitgehend gelöster Gerichtsbarkeit war die Administrativjustiz als Instanz gedacht, die das Gemeinwohl gegenüber ständisch organisierten Sonderinteressen zu verteidigten hatte.261 Der demokratische Rechtsstaat ist hingegen durch ein Nebeneinander interner und externer Kontrollmöglichkeiten gekennzeichnet. Intern erfolgt die Verwaltungskontrolle durch die Mittel der Dienst, Fach- und Rechtsaufsicht.262 Von gesteigerter Bedeutung ist im Zusammenhang mit der Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht die externe Kontrolle durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Denn die Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit begründet ein Konkurrenzverhältnis zur staatlichen Justiz. Kennzeichen des verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes ist die Grundentscheidung für ein System des Individualrechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG, der den Rechtsweg in Falle möglicher Verletzungen subjektiver Rechte eröffnet.263 Konkretisiert wird die verfassungsrechtliche Vorgabe durch §§ 42 Abs. 2 VwGO und § 113 Abs. 1, 5 VwGO. Der Begrenzung der Zulassung von Klagen in § 42 Abs. 2 VwGO korrespondiert mit § 113 Abs. 1, 5 VwGO insoweit, als dass Anfechtungs 259

Vgl. Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, S. 66. Schiedermair, Selbstkontrolle der Verwaltung, in: GVwR III, § 48 Rn. 1. 261 Die zumindest partielle Gemeinwohlorientierung der Administrativjustiz beton Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 2 Rn. 4. 262 Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, § 10 Rn. 390, 407; zu den Standardformen der Selbstkontrolle Schiedermair, Selbstkontrolle der Verwaltung, in: GVwR III, § 48 Rn. 6 ff. 263 Krebs, in: v. Münch/Kunig, Art. 19 Rn. 58; Wahl, in: Schoch/Schneider/Bier, Vor § 42 Abs. 2 Rn. 11 ff.; instruktiv zur Entstehung und Durchsetzung des „Süddeutschen“ Modell der subjektiven Rechtskontrolle: Sydow, Die Revolution von 1848/49: Ursprung der modernen Verwaltungsgerichtsbarkeit, VerwArch 92 (2001), 389 ff. 260

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und Verpflichtungsklagen nur begründet sind, wenn durch die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts subjektive Rechte des Klägers verletzt werden. Der Rechtswidrigkeitszusammenhang verknüpft damit die Initiativberechtigung auf der Zulässigkeitsebene mit der Prüfung der materiellen Erfolgsaussichten und liefert gleichzeitig einen Kontrollmaßstab für die gerichtliche Entscheidung. Im Rahmen dieser Systematik wird die Kontrolle der Verwaltung zwar erst durch die Kontrollinitiative Privater in Gang gesetzt. Dennoch ist es den Verwaltungsgerichten zumindest nicht verwehrt, Verwaltungsentscheidungen im Grundsatz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollständig zu überprüfen.264 Art. 19 Abs. 4 GG schließt nicht aus, dass auch die Einhaltung der objektiven Rechte einer Kontrolle unterzogen wird. Der Richter nimmt in eigener Verantwortung eine Sachverhaltsaufklärung vor, wendet die Rechtsvorschriften auf den Fall an und trifft somit die Entscheidung praktisch noch einmal selbst. Ergibt der Vergleich zur Verwaltungsentscheidung eine Abweichung, ist die Entscheidung rechtswidrig.265 Eine zwingende Beschränkung des gerichtlichen Prüfauftrags ist auch § 113 Abs. 1, 5 VwGO nicht zu entnehmen.266 Die Vorschrift nennt objektive Rechtswidrigkeit und subjektive Rechtsverletzung nebeneinander und setzt durch die Verknüpfung lediglich fest, dass ein Rechtswidrigkeitszusammenhang Voraussetzung für die Aufhebung der behördlichen Entscheidung ist. Damit ist allerdings nicht gesagt, dass eine objektive Rechtsprüfung kein Element der richterlichen Kontrolle sein darf. Hätte der Gesetzgeber eine derartige Beschränkung gewollt, wäre dieses gesetzestechnisch durch eine Beschränkung auf die Prüfung der subjektiven Rechtsverletzung möglich gewesen. Reflexartig übernimmt die staatliche Gerichtsbarkeit eine wesentliche Funktion der objektiven Rechtskontrolle innerhalb der grundgesetzlichen Funktionenordnung.267 Verwaltungsgerichtliche Kontrolle dient damit sowohl dem subjektiven Recht des Einzelnen als auch der objektiven Rechtsbewährung.268

264 BVerfGE 15, 275 (282); 64, 261 (279); Ramsauer, Zur Kontrolldichte im Verwaltungsprozess, in: GS Kopp, S. 72 (78). 265 Ramsauer, Assessorprüfung, § 37 Rn. 37.01. 266 Anders wohl Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier (22. Ergänzungslieferung, 2012), § 113 Rn. 7. 267 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 4 Rn. 7 ff. 268 Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, HStR II³, § 26 Rn. 59. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang die objektiven Kontrollelemente des verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzsystems, wie etwa § 47 VwGO und die Möglichkeiten zur inzidenten Prüfung unter­ gesetzlicher Normen. Siehe hierzu (auch) kritisch: Krebs, Subjektiver Rechtsschutz und objektive Rechtskontrolle, in: FS Menger, S. 191 (202 ff.).

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2. „Vertiefte“ Lockerung der Rechtsbindung durch Schiedsgerichtsbarkeit? Stellt sich damit die staatliche Gerichtsbarkeit zumindest auch als Instrument der Durchsetzung des objektiven Rechts dar, liegt die Folgerung nicht fern, Verwaltungsträger dürften sich der verfassungsrechtlich vorgezeichneten Kontrolle in keinem Fall – also auch nicht durch die Vereinbarung der Zuständigkeit privater Gerichte – entziehen. Da private Schiedsgerichte im Gegensatz zur staatlichen Gerichtsbarkeit durch die fehlende persönliche Bindung der Schiedsrichter an den Staat nicht an die Wahrung von Gemeinwohlbelangen gebunden sind, ließe sich zumindest behaupten, es bestände die Gefahr eines partiellen Kontrollverlustes. Eine mögliche Gefährdung der Gesetzesbindung der Verwaltung und ihrer Gemeinwohlverpflichtung wird insbesondere vor dem Hintergrund handgreiflich, dass eine Schiedsvereinbarung einvernehmlich zwischen den Streitparteien erfolgt und die Schiedsparteien zwar in Ansehung eines konkreten Streitgegenstandes uneinig, gleichwohl aber in der Ablehnung einer Streitentscheidung durch ein staatliches Gericht einig sein können. Dies mag dann der Fall sein, wenn beide Schiedsparteien im gleichen Maße von der Lockerung der Gesetzesbindung profitieren, etwa weil eine Entscheidung im Interessenbereich beider Beteiligten liegt, das Allgemeininteresse hingegen nicht vollständig zur Geltung bringt. Die Vereinbarung einer schiedsrichterlichen Streitentscheidung könnte in einem solchen Fall eine „vertiefte Lockerung der Gesetzesbindung“ zu Lasten des Allgemeinwohls bedingen. Um Missbrauchsmöglichkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit begegnen zu können, wird teilwiese gefordert, die Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht davon abhängig zu machen, ob öffentliche Interessen bei der streitbefangenen Entscheidung tangiert werden.269 Weidemann hält das öffentliche Interesse dementsprechend für das eigentlich entscheidende Kriterium der Zulassung jeglicher Schiedsgerichtsbarkeit und beschränkt ihren Anwendungsbereich im Verwaltungsrecht im Wesentlichen auf solche Streitigkeiten, die keinen Bezug zur Allgemeinheit aufweisen. Dass dies aufgrund der fehlenden Konkretisierung eines Begriffs des öffentlichen Interesses zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen würde, wird zwar erkannt, als zwingender Einwand aber nicht gelten gelassen.270 Die Ansicht, aufgrund des Gemeinwohlbezuges des öffentlichen Rechts die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht zumindest deutlich einzuschränken, vermag nicht zu überzeugen. Bei Lichte betrachtet handelt es sich um ein Konvolut aus der Kritik an dem unvollständigen Schutz des Allgemeinwohls aufgrund der individualrechtsschützenden Konzeption des Verwaltungsprozessrechts und der 269

Weidemann, Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten, S. 118 ff. Weidemann, Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten, S. 118 ff.

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grundsätzlichen Zulassung verwaltungsrechtlicher Verträge. Beide Rechtsinstitute sind jedoch (verfassungs-)rechtlich hinreichend abgesichert. Es gilt vielmehr konstruktiv zu zeigen, wie im Rahmen der bestehenden Systematik die Schiedsgerichtsbarkeit integriert werden kann, ohne dass ein Missbrauch zu Lasten des Allgemeinwohls folgenlos bliebe. Die Annahme, eine Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit entziehe der staatlichen Gerichtsbarkeit solche Streitigkeiten, die aufgrund der Tangierung von Gemeinwohlinteressen zwingend von staatlichen Gerichten zu entscheiden wären, geht aus zwei Gründen fehl. Disponiert die Verwaltung unter Vereinbarung einer Schiedsklausel mit einem Vertragspartner, steht der Rechtsweg zu staatlichen Gerichten Drittbetroffenen selbstverständlich offen. Einigen sich beispielsweise Verwaltung und Investor im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages auf eine bestimmte planerische Nutzungskonzeption, können die sonstigen, an der Vereinbarung nicht beteiligten Rechtsinhaber den Streit vor die Verwaltungsgerichte tragen. Denn die Schiedsvereinbarung binden nur die unterzeichnenden Parteien.271 Gleichwohl stellt die Geltendmachung subjektiver Rechte in § 42 Abs. 2 VwGO eine hohe Hürde für die Zulässigkeit eines verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfs dar. In vielen Fällen scheitert die Klärung eines Streitfalls durch ein staatliches Gericht an der Existenz einer wehrfähigen subjektiven Rechtsposition. Die objektive Rechtsdurchsetzung scheitert damit aber an der Rechtsschutzkonzeption des Verwaltungsprozessrechts, nicht aber an der Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit. Daraus kann insofern kein tragfähiges Argument gegen die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht abgeleitet werden. Es kann von Schiedsgerichten kein „Mehr“ an Rechtsschutz verlangt werden, als von der staatlichen Gerichten zu erwarten wäre. Anders formuliert kann ein Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit nicht mit einer Anforderung an die staatliche Gerichtsbarkeit begründet werden, welche diese selbst nicht zu erfüllen vermag. Eine Reduktion von Kontroll- und Vollzugsdefiziten kann folgerichtig auch nur mit einer Stärkung überindividueller Klagepositionen begegnet werden, die europarechtlich indiziert mittlerweile im Umwelt- und Naturschutzrecht stärker verankert sind.272 Jenseits der Problematik des Schutzes Dritter lassen sich gleichwohl spezifische Missbrauchsmöglichkeiten erkennen, die in der Handlungsform des Verwaltungsvertrags angelegt sind. Es wurde bereits an anderer Stelle aufgezeigt, dass die Kompetenz zum Abschluss verwaltungsrechtlicher Verträge Basis der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht ist. Sie lässt die Geltung des Geset-

271

Zur Schiedsvereinbarung in multipolaren Konflikten siehe Teil 4, C. II. 5. Grundlegend: Rehbinder, Bürgerklage im Umweltrecht, 1972; zur Entstehung und Problematik des UmwRG aus der umfangreichen Literatur: Berkemann, Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) auf dem gemeinschaftsrechtlichen Prüfstand, NordÖR 2009, S. 336 ff.

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zesvorrangs zwar im Grundsatz unberührt.273 Gleichwohl entbehrt aber die fast schon tradierte Kritik an der Zulassung öffentlich-rechtlicher Verträge nicht jeglicher Tatsachengrundlage. In ihrem Fokus stehen nach der ausdrücklichen Zulassung des Vertrags durch § 54 VwVfG in erster Linie die Missbrauchsmöglichkeiten der Handlungsform.274 Denn im Anwendungsbereich verwaltungsvertraglichen Handelns gelten in der Tat Modifikationen der strengen Gesetzesbindung.275 Dies lässt sich anhand des Vergleichsvertrags im Sinne von § 55 VwVfG exemplifizieren, dem insoweit eine potentielle Gesetzesinkongruenz inne wohnt, als dass der Vergleichsinhalt selbst dann Geltung beanspruchen kann, wenn er nicht vollständig mit der objektiven Rechtslage übereinstimmt.276 Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist zwar an die engen tatbestandlichen Voraussetzungen des Vergleichsvertrages und nur dann zulässig, wenn die Beseitigung über einen Sachverhalt oder die Rechtslage durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird. Gleichwohl bleibt die Rechtsfolge, der Abschluss eines wirksamen Vergleichs trotz potentieller Gesetzes­ inkongruenz möglich. In einem gewissen Maß besteht eine Missbrauchsmöglichkeit auch aufgrund der – im Vergleich zum Verwaltungsakt gesteigerten – Folgenlosigkeit der Rechtswidrigkeit einer vertraglichen Vereinbarung.277 Nach der Systematik des VwVfG versagt die Rechtsordnung einem Verwaltungsvertrag erst dann seine rechtliche Anerkennung, wenn die Voraussetzungen der Nichtigkeit gemäß § 59 VwVfG vorliegen.278 Die einfache Rechtswidrigkeit eines Vertrages verbleibt hingegen sanktionslos. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass sich die Verwaltung durch eine rechtswidrige Vereinbarung wirksam verpflichten kann. Vor dem Hintergrund des Art. 20 Abs. 3 GG sind die somit angedeuteten Modifikationen der Gesetzesbindung verfassungsrechtlich unbedenklich. Es obliegt grundsätzlich dem Gesetzgeber, die Reichweite des Gesetzesvorrangs durch Fehlerfolgenregelungen festzulegen. Er entscheidet darüber, ob eine Verwaltungsentscheidung in Folge eines Rechtsverstoßes unwirksam oder aus Gründen der Rechtssicherheit wirksam ist.279 Die weit reichende Sanktionslosigkeit formeller Fehler in §§ 44 ff. VwVfG und die Fehlerfolgenregelungen in §§ 214 ff. BauGB mögen als Anschauungsmaterial 273

Vgl. dazu Teil 3, A. II. 1. Zur Entwicklung des verwaltungsrechtlichen Vertrags und seiner Rezeption in der Rechtswissenschaft jeweils mit weiteren Nachweisen Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 21; Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 13a. 275 Zu den Besonderheiten des Vorrangs des Gesetzes für vertragliches Verwaltungshandeln grundlegend: Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 83 ff. 276 Vgl. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 55 Rn. 6. 277 Vgl. zur Folgenlosigkeit rechtswidriger Verträge Schlette, S. 87. 278 Vgl. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 1. 279 Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, HStR II³, § 26 Rn. 62. 274

B. Staatsorganisationsrechtliche Dimension

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folgenloser Rechtsverstöße taugen.280 Sie können zwar rechtspolitisch missbilligt werden, stellen sich aber als verfassungsrechtlich hinreichend abgesichert dar. Eine unzulässige Preisgabe der Gesetzesbindung liegt aber vor, wenn keine Möglichkeit besteht, Gesetzesverstöße erheblichen Ausmaßes negativ zu sanktionieren.281 Denn das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes liefe leer, wenn eine Abweichung von Vorschriften, die der Gesetzgeber selbst als zwingend erachtet, folgenlos bliebe. Gefordert ist damit eine abgewogene Fehlerfolgenbetrachtung, die das Gewicht der verletzten Rechtsnorm und die Gründe für eine eventuelle Sanktionslosigkeit in einen Ausgleich bringen.282 Diesen Ansprüchen genügen die Vorschriften des §§ 54 ff. VwVfG. Nach § 54 S. 2 VwVfG steht die Zulassung vertraglicher Vereinbarungen im Verwaltungsrecht unter dem Vorbehalt entgegenstehender Vorschriften. Der Gesetzgeber hat es damit in der Hand, bereichs- oder einzelfallspezifisch den Vertrag als Handlungsform auszuschließen. Zwar sind echte Vertragsformverbote vergleichsweise selten.283 Der Gesetzgeber nutzt gleichwohl Vertragsformverbote in Bereichen, die aufgrund ihrer Struktur besonders anfällig dafür zu seien scheinen, Abweichungen der Vertragsparteien vom gesetzlichen Regelungsprogramm zu Lasten der Allgemeinheit zu begünstigen.284 Das Abgabenrecht und das Beamtenrecht seien hier als Beispiele genannt. Verstöße gegen Vertragsformverbote werden darüber hinaus durch § 59 Abs. 1 in Verbindung mit § 134 BGB negativ sanktioniert.285 Gleiches gilt gemäß § 59 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG, wenn die Vertragsparteien im bewussten und gewollten Zusammenwirken gegen Recht und Gesetz verstoßen, um eine rechtlich missbilligte Rechtsfolge herbeizuführen. Der Verwaltungsvertrag stellt damit keine Handlungsform dar, die den Gemeinwohlbezug des öffentlichen Rechts in Ansätzen preisgeben würde. Er gibt den Beteiligten zwar weitgehende Dispositionsmöglichkeiten und sanktioniert Verstöße nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 59 VwVfG, gleichwohl greifen Mittel zur Sicherung der Gemeinwohlverpflichtung. Bezogen auf die Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungen ist aus diesen Erwägungen zu folgern, dass ein verfassungsrechtlich missbilligtes Risiko für die Rechtsbewährung besteht, wenn schiedsgerichtlichen Entscheidungen die Anerkennung nicht versagt werden kann, obwohl sie Streitgegenstände betreffen, die 280

Zur Kritik der Fehlerfolgen vgl. Erbguth, Abwägung auf Abwegen?, JZ 2006, S. 484 (491 f.); Uechtritz, Die Änderungen im Bereich der Fehlerfolgen, ZfBR 2005, S. 11 (17). 281 Vgl. ähnlich: Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 88; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 2. 282 Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, HStR II³, § 26 Rn. 62. 283 Vgl. Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. Rn. 43. 284 Eine bereichsspezifische Untersuchung der Vertragsformverbote findet sich bei Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, S. 254 ff. 285 Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 41 a.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

der Disposition der Vertragsparteien entzogen sind. Positiv formuliert müssen vor dem Hintergrund des Art. 20 Abs. 3 GG drei Voraussetzungen gewährleistet sein: Zunächst dürfen nur solche Gegenstände, die nach den Regeln über Verwaltungsverträge zur Disposition der Parteien stehen, der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen werden. Regelungsbereiche, die der Gesetzgeber aus spezifischen Gemeinwohlgründen verwaltungsvertragsfest ausgestaltet hat, müssen der staatlichen Gerichtsbarkeit vorbehalten bleiben. So soll sichergestellt werden, dass einvernehmliche Regelungen der Schiedsparteien zu Lasten des Gemeinwohls nicht durch Schiedsvereinbarungen flankiert werden und durch bewusstes oder unbewusstes Mitwirken privater Schiedsrichter Geltung beanspruchen können. Die Regelung des § 1030 ZPO, die als „Herzstück des Schiedsverfahrensrechts“ als Einfallstor der Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungen dient, ist im Verwaltungsrecht im Lichte des Gebots der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu konkretisieren. Diese Vorgabe erlangt insbesondere bezüglich der Konkretisierung des Merkmals der Verfügungsbefugnis in § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO Bedeutung. Denn es besteht in der zivilprozessualen Rechtspraxis und Literatur keine Einigkeit darüber, ob die Verfügungsbefugnis allein die grundsätzliche Möglichkeit der Disposition über einen Gegenstand ausreichen lässt, oder ob darüber hinaus die Gültigkeit einer Disposition nach Maßgabe des materiellen Rechts zu fordern ist.286 Es wird zu zeigen sein, welche Auswirkungen der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf die Konkretisierung der Schiedsfähigkeit im Verwaltungsrecht hat. Ferner gebietet das Rechtsstaatsprinzip, dass schiedsgerichtliche Entscheidungen einer Kontrolle durch staatliche Gerichtsbarkeit zugeführt werden können. Bestände keine Möglichkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit, würden rechtlich zu missbilligende Schiedssprüche im Ergebnis bestand haben können. Die Kontrollmöglichkeit von Schiedssprüchen in §§ 1059 f. ZPO sind somit zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zwingend.287 Schließlich sei auf eine weitere Konsequenz der Rechtsbindung der Verwaltung hingewiesen. Eine Lösung der Verwaltung von den Bindungen des Rechts ist mit Art. 20 Abs. 3 GG unter keinen Umständen zu vereinbaren. Verwaltung als gesetzesgesteuerte Tätigkeit hat ausschließlich in den Bahnen des Rechts zu erfolgen. Es liegt mithin nicht in der Befugnis von Verwaltungsträgern, sich der Bindungen des Rechts zu entledigen. Dies gilt nicht nur unmittelbar für die Handlungen der der Verwaltung selbst, sondern auch im Rahmen der Betrauung Dritter mit der Streitentscheidung. Es ist der Exekutive mithin verwehrt, das Schiedsgericht von der Berücksichtigung des Verwaltungsrechts als Grundlage des Schiedsspruchs zu entbinden. Die Regelungen des materiellen Schiedsrechts in § 1051 ZPO ste-

286

Vgl. Teil 4, C. II. 2. a). Vgl. Teil 5, B.

287

C. Schiedsgerichtsbarkeit und (Grund-)Rechtsschutz

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hen von daher, anders als in zivilrechtlichen Streitigkeiten, nicht zur Disposition der Beteiligten.288

C. Schiedsgerichtsbarkeit und (Grund-)Rechtsschutz Die Zuständigkeitsbegründung eines Schiedsgerichts durch Vertrag soll nach dem gemeinsamen Willen der Schiedsparteien den Zugang zu staatlichen Gerichten versperren. § 1032 ZPO erkennt dieses Motiv an und begründet im Anwendungsbereich einer Schiedsvereinbarung die Unzulässigkeit einer Klage vor dem staatlichen Gericht. Grundsatz des Verwaltungsvertragsrechts ist gleichwohl, dass Interaktionen im Gleichordnungsverhältnis von Verwaltung und Bürger zu keinen Einbußen des Rechtsschutzniveaus führen dürfen.289 Vertragliche Vereinbarungen unterliegen dem vollständigen Schutz der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Folgenden soll die Zulassung schiedsrichterlicher Entscheidungen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten unter Rechtsschutzaspekten des privaten Vertragspartners untersucht werden. Als zentrale Frage stellt sich dabei heraus, ob und in welchem Maß die rechtsstaatlichen Schutzgewährungen des Grundgesetzes Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit haben. Im Fokus stehen der allgemeine Justizgewährungsanspruch290 und die Rechtsweggarantie gegenüber Akten der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG. Ferner werden die Vorgaben der justiziellen Grundrechte und mögliche Determinanten der Richtervorbehalte für die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht einer Prüfung unterzogen.

I. Allgemeiner Justizgewährungsanspruch und Rechtsweggarantie Der allgemeine Justizgewährungsanspruch ermöglicht dem Rechtsschutzsu­ chenden Zugang zu staatlichen Gerichten im Falle behaupteter oder tatsächlicher Rechtsverletzungen. Er gewährt umfassende und effektive gerichtliche Kontrolle und eine verbindliche Entscheidung im Einzelfall.291 Er stellt somit das Pendant zum staatlichen Monopol legitimer Gewaltanwendung, zur bürgerlichen Friedenspflicht und zum Selbsthilfeverbot zu Lasten des Bürgers dar.292 Das Rechtsstaatsprinzip ist in seiner Gesamtheit Geltungsgrund der allgemeinen Justizgewährung.293 Diese lässt sich demnach nicht einer einzelnen Vorschrift des 288

Vgl. Teil 4, C. IV. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 78 ff. 290 Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: HStR II³, § 26 Rn. 71. 291 BVerfGE 54, 277 (292); Papier, in: Rechtsschutzgarantie gegen die öffentliche Gewalt, in: HStR VI², § 153 Rn. 11. 292 BVerfGE 54, 277 (292). 293 Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: HStR II³, § 26 Rn. 71; Sachs, in: Sachs-GG, Art. 20 Rn. 162. 289

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

Grundgesetzes entnehmen, sondern erfährt Konturen durch Grundrechte und Organisationsvorschriften (Art. 92, 95, 101 Abs. 1 S. 2, 103 Abs. 1 GG).294 Im Anwendungsbereich der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG wird der allgemeine Justizgewährungsanspruch weitgehend verdrängt. Inhaltliche Differenzen bestehen zwischen dem Justizgewährungsanspruch und der Rechtsweggarantie nicht. Gemäß Art. 19 Abs. 4 GG steht der Rechtsweg offen, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt ist. Es stellt sich die Frage, ob damit für Rechtsverletzungen durch Hoheitsträger eine exklusive Zuweisung an staatliche Gerichte verbunden ist.295 Ist dieser Auffassung aufgrund des dispositiven Gehalts von Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu folgen, sind dennoch die Anforderungen an einen Grundrechtsverzicht zu erörtern. Schließlich ist zu untersuchen, inwieweit die Schiedsgerichtsbarkeit den Anspruch auf Justizgewährung erfüllen können. Würde dies zutreffen, wären Kontrollmöglichkeiten der Schiedssprüche durch staatliche Gerichte nach Maßgabe der Rechtsweggarantie entbehrlich. 1. Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit durch Art. 19 Abs. 4 GG? Im verfassungsrechtlichen Schrifttum wird nicht selten die Auffassung vertreten, Art. 19 Abs. 4 GG begründe innerhalb seines Anwendungsbereiches einen Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit.296 Rechtsweg im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG sei allein der Gerichtsweg. Über Streitigkeiten zwischen Hoheitsträgern und Privaten dürften nur staatliche Gerichte entscheiden.297 Die Begründung der Auffassung soll ein Rückschluss vom weitestgehend unstreitigen, an anderer Stelle noch zu thematisierenden298, Befund tragen: Die Schiedsgerichtsbarkeit erfülle nicht die zwingenden formalen Anforderungen des „Rechtsweges“ im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG. Sie sei weder organisatorisch noch personell an den Staat gebunden und partizipiere daher nicht an dessen legitimatorischer Wirkung.299 294

Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: HStR II³, § 26 Rn. 71. Die Vorgaben des Art. 19 Abs. 4 GG wurden unter umgekehrten Vorzeichen bereits an anderer Stelle untersucht (Teil 3, A. III.). Dort ging es um die institutionelle Garantie der Schiedsgerichtsbarkeit aufgrund der Gewährungen des Art. 19 Abs. 4 GG. Im Spektrum unterschiedlichen Meinungen zur Bedeutung des Art. 19 Abs. 4 GG werden insoweit sämtliche Positionen – von dem Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit bis hin zu ihrer institutionellen Sicherung – vertreten. 296 So ausdrücklich Lorenz, Der Rechtsschutz des Bürgers und die Rechtsweggarantie, S. 211; Klein, VVDStRL 8 (1950), S. 93; Haueisen, Die Entscheidung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, NJW 1962, S. 2129, (2130 f.); wohl auch Achterberg, Art. 92 Rn. 178. 297 Klein, Tragweite der Generalklausel des Art. 19 Abs. 4 des Bonner Grundgesetzes, VVDStL, 8 (1950), S. 67 (93). 298 Vgl. zur „Erfüllungswirkung“ des Anspruchs auf den Rechtsweg durch eine schiedgerichtliche Entscheidung Teil 3, C. I. 3. 299 Klein, Tragweite der Generalklausel des Art. 19 Abs. 4 des Bonner Grundgesetzes, VVDStL, 8 (1950), S. 67 (93): „Ausgeschlossen ist dadurch jegliche Art schiedsgericht 295

C. Schiedsgerichtsbarkeit und (Grund-)Rechtsschutz

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Ein derartiger Rückschluss von der Nichtstaatlichkeit eines Schiedsgerichts auf ihre verfassungsrechtliche Unzulässigkeit vermag nach der hier vertretenen Auffassung nicht zu überzeugen. Die Ansichten berücksichtigen nicht hinreichend den dispositiven Gehalt der Rechtsweggarantie. Die Verfügungsbefugnis im Rahmen des Art. 19 Abs. 4 GG wird bereits im Wortlaut der Vorschrift („so steht ihm der Rechtsweg offen“) deutlich zum Ausdruck gebracht. Sie ist zugleich Konsequenz der subjektiven Freiheitsgewährung des formalen Hauptgrundrechts.300 Es obliegt dem Bürger, ob er sich überhaupt gegen ein Handeln oder Unterlassen des Hoheitsträgers gerichtlich zur Wehr setzt. Die Grundrechtsausübung stellt keine bürgerliche Pflicht dar. Es ist Ausdruck der Freiheitsausübung, die Durchsetzung der eigenen Rechte vor einem anderen als dem staatlichen Forum durchzusetzen. Richtigerweise sind daher die Anforderungen an den Rechtsweg im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG von der Frage nach der Zulassung nichtstaatlicher Streitentscheidung voneinander zu trennen. Wechsel­ seitige Rückschlüsse sind insoweit ausgeschlossen. Einen anderen argumentativen Schwerpunkt wählt Lorenz. Er begründet den Ausschluss nichtstaatlicher Streitentscheidung im Verwaltungsrecht mit der Sicherung der Unabhängigkeit der Rechtsprechung. Zumindest im gesetzesfesten Bereich rechtsprechender Tätigkeiten müssten gesellschaftliche Einflüsse auf die Justiz, die insoweit auch durch Schiedsgerichte bewirkt werden können, ausgeschlossen sein.301 In der Sache redet Lorenz – unter Bezug auf Art. 19 Abs. 4 GG – einem staatlichen Rechtsprechungsmonopol in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten das Wort. Eine Monopolisierung der Gerichtsbarkeit auf Seiten des Staates wurde bereits an anderer Stelle grundsätzlich argumentativ entgegengetreten.302 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass Art. 19 Abs. 4 GG kein zusätzliches argumentatives Material für einen Ausschluss gesellschaftlicher Konfliktentscheidungsmechanismen enthält. Denn ebenso wenig wie Art. 92 GG enthält Art. 19

licher Erledigung einer Streitigkeit zwischen einem durch einen Träger der öffentlichen Gewalt in seinen Rechten Verletzten und dem Gewaltträger […], da es einen Rechtsweg im rechtstechnisch-spezifischen Sinne nicht zu Schiedsgerichten, sondern nur zu Gerichten gibt […]; Rechtsweg ist Gerichtsweg.“ Im Ergebnis wohl auch Achterberg, in: BonnerKomm-GG, Art. 92 Rn. 178, dessen Verweise hinsichtlich der Feststellung, Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG eröffne für hoheitliche Rechtsverletzungen „zwingend“ den Rechtsweg zu staatlichen Gerichten, seine Auffassung nicht zu tragen vermag. So stellen Merkel, Verfassungsrechtliche Aspekte der privaten Strafgewalt, S. 178 und Bettermann, in: Grundrechte, Bd. 3, 2. Halbbd., S. 788, ausschließlich fest, Schiedsgerichte seien keine staatlichen Gerichte. Bettermann lässt die Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten in Ansehung des Art. 19 Abs. 4 GG jedoch ausdrücklich zu, S. 812. 300 Vgl. Ibler, in: BerlinerKomm-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 242. 301 Lorenz, Der Rechtsschutz des Bürgers und die Rechtsweggarantie, S. 206 ff, insbes. S. 211. 302 Ausführlich zum Rechtsprechungsmonopol Teil 3, B. II.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

Abs. 4 GG eine Aussage hinsichtlich des Verhältnisses von staatlicher und nichtstaatlicher Streitentscheidung. Für ein Entscheidungsmonopol des Staates im Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 4 GG müssten, um eine besondere Wirkrichtung der Rechtsweggarantie begründen zu können, spezifische Rechtsschutzgesichtspunkte angeführt werden können. Solche Argumente klingen bei Herzog und Hillgruber durchaus an. Sie halten die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht für unzulässig, weil nur staatliche Gerichte in der Lage seien, hoheitliche Maßnahmen zu korrigieren. Nur sie könnten damit dem Rechtsschutzbegehren des Bürgers wirksam entsprechen.303 Zwar ist es insofern zutreffend, dass ein Schiedsgericht rechtlich nicht befähigt ist, eine hoheitliche Maßnahme – etwa eine im Schiedsverfahren begehrte Genehmigung – selbst zu erteilen. Dies unterscheidet die Schiedsgerichtsbarkeit nicht von staatlichen Gerichten, deren Entscheidungsbefugnis aus Gründen der Gewaltenteilung gemäß § 113 Abs. 5 VwGO auf die Verpflichtung der Behörde beschränkt ist, die begehrte Genehmigung zu verschaffen. Maßgeblich ist aus der Rechtsschutzperspektive allerdings die Gleichstellung des Schiedsspruches mit gerichtlichen Urteilen in § 1055 ZPO zu berücksichtigen. Sie bewirkt – in mit der staatlichen Souveränität zu vereinbarenden Weise – die Erfüllbarkeit jeglicher Rechtsschutzanliegen des Bürgers. Begehrt ein Privater die Aufhebung eines Verwaltungsaktes und ist der Gegenstand schiedsfähig, bedingt eine schiedsgerichtliche Aufhebungsentscheidung die Unwirksamkeit des Verwaltungsakts im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG. Die pauschale Aberkennung der Fähigkeit von Schiedsgerichten, Rechtsschutzbegehren zu erfüllen, trägt mithin nach der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit nicht.304 Darüber hinaus mögen spezifischen Defizite der Schiedsgerichtsbarkeit305 gegen ihre Zulassung im Verwaltungsrecht mit der Begründung angeführt werden, in bestimmten Angelegenheiten seien Verwaltungsgerichte „die bessere Wahl“. Allerdings sind Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit aus einer Rechtsschutzperspektive nicht geeignet, ihre Unzulässigkeit im Verwaltungsrecht zu begründen. Auch diesbezüglich ist vorrangig auf den dispositiven Gehalt des Art. 19 Abs. 4 GG abzustellen. Die Freiheitsgewährung indiziert keine Vermutung des Grundgesetzes zu Gunsten einer faktischen Überlegenheit staatlicher Rechtsschutzgewährung. Sie trifft keine Vorauswahl über geeignete oder weniger geeignete Spruchkörper. Das Risiko einer Schlechterstellung vor einem Schiedsgericht trägt

303 Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 89; ebenso Herzog, in: Maunz/Dürig (1993), Art. 92 Rn. 158. 304 Zur Ablehnung der auf Souveränitätsgesichtspunkte rückführbaren Position Herzogs vgl. Teil 3, B. I. 305 Zu den Risiken schiedsrichterlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht vgl. Teil 6, B.

C. Schiedsgerichtsbarkeit und (Grund-)Rechtsschutz

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insoweit – freilich innerhalb der im Folgenden darzustellenden Schutzpflichten aus Art. 19 Abs. 4 – der disponierende Bürger. 2. Voraussetzungen eines Verzichts auf Art. 19 Abs. 4 GG Der vorstehende Befund bedeutet nicht, dass der Rechtsweggarantie keinerlei Anforderungen an die Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit zu entnehmen wären. Der grundrechtliche Gehalt des Art. 19 Abs. 4 GG beinhaltet für die Zulassung nichtstaatlicher Streitentscheidung im öffentlichen Recht sehr wohl spezifische Anforderungen. Die wirksame Schiedsvereinbarung bedingt nach § 1032 Abs. 1 ZPO die Unzulässigkeit einer Klage vor dem staatlichen Gericht. Denn danach hat ein staatliches Gericht die Klage in einer Angelegenheit, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, als unzulässig abzuweisen. Die originäre Hauptwirkung einer Schiedsvereinbarung besteht daher in der Begründung einer prozesshindernden Einrede vor einem staatlichen Gericht.306 Der Weg zu den staatlichen Gerichten im Falle von Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt ist in Art. 19 Abs. 4 GG als Grundrecht ausgestaltet. Schließt ein Privater daher eine Schiedsvereinbarung im Sinne von § 1029 ZPO in einer verwaltungsrechtlichen Angelegenheit und wird dadurch der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten versperrt, disponiert er über grundrechtlich geschützte Rechte. Der Abschluss der Schiedsvereinbarung hat die Wirkung eines Verzichts auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährten Rechtsweg. Ein solcher Verzicht auf grundrechtliche Freiheitsgewährungen ist nach der allgemeinen Grundrechtsdogmatik grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Denn selbst wenn Grundrechte auch einen überindividuellen Gehalt aufweisen, der darauf gerichtet ist, allgemeine Bindungen der Staatsgewalt herbeizuführen, dominieren im Grundgesetz subjektivrechtliche Elemente.307 Der Freiheitsberechtigung erwächst nicht in die Pflicht, die Rechtsposition auszuüben oder sich gegen ihre Beeinträchtigungen zu verteidigen. Der Grundsatz „Volentia non fit iniuria“ gilt insoweit auch im öffentlichen Recht.308 Es ist mithin auch Ausdruck der Grundrechtsausübung, eine Rechtsverletzung nicht zu beseitigen und auf die Durchsetzung der rechtlich geschützten Position zu verzichten. Die Wirksamkeit eines solchen Verzichts setzt jedoch voraus, dass der Verzichtende die Grundrechtsrelevanz seines Verhaltens in die Entscheidung mitein 306

Münch, in: MünchKomm ZPO, § 1029 Rn. 116. Pietzcker, Die Rechtsfigur des Grundrechtsverzichts, der Staat 17 (1978), S. 527; Sachs, in: Sachs-GG, Vor Art. 1 Rn. 52. 308 Jellinek, VVDStRL 8 (1950), S. 67 (160); v. Münch: Grundrechtsschutz gegen sich selbst? In: FS Ipsen, 1977, S. 113 ff.; zur Problematik der Konstruktion des Verzichts im Verwaltungsrecht zu Recht kritisch: Sachs, Volentia non fit iniuria, VerwArch 1985, 398, 412 ff. 307

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

beziehen kann. Der Gefahr einer Preisgabe grundrechtlicher Schutzpositionen in Unkenntnis ihrer Existenz soll ausgeschlossen werden. Die abwehrrechtliche Komponente der Grundrechte lässt Dispositionen zudem nur in Abwesenheit von rechtlichen oder tatsächlichen Zwängen zu. Nur so vermag der Verzicht als Ausdruck einer autonomen Entscheidung des Rechtsträgers zu erscheinen. Damit ist jeder Verzicht auf ein Grundrecht an spezielle Voraussetzungen geknüpft. Der Verzichtende muss freiwillig handeln und sich der Wirkung seiner Entscheidung hinreichend bewusst sein. Freiwilligkeit und positive Kenntnis seiner Grundrechtsrelevanz sind daher als allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Grundrechtsdisposition weitgehend anerkannt.309 Hinsichtlich des Verzichts auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gelten in diesem Zusammenhang zunächst keine Besonderheiten.310 Die spezifische Bedeutung der Freiwilligkeit und Erkennbarkeit eines Verzichts auf die Rechtsweggarantie zu Gunsten von Schiedsgerichten soll im Folgenden aufgezeigt werden. Es gilt zu berücksichtigen, dass die Schiedsvereinbarung innerhalb eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses geschlossen wird, in dem die Gefahr einer strukturellen Ungleichheit der Beteiligten zu Lasten des Bürgers besteht. Ferner hat der Verzicht auf das formale Hauptgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG nur mittelbare Folgen für materielle Schutzpositionen, so dass an deren Erkennbarkeit besondere Anforderungen zu stellen sind. a) Freiwilligkeit Von einer freiwilligen Einigung in Bezug auf die Begründung der Schiedsgerichtszuständigkeit kann grundsätzlich nur dann gesprochen werden, wenn der Abschluss der Schiedsvereinbarung Ausdruck einer selbstbestimmten Entscheidung der Akteure ist. So muss die Schiedsvereinbarung zumindest ohne rechtliche oder tatsächliche Drohung, ohne eine Täuschungshandlung oder eine vergleichbare Zwangswirkung zu Stande gekommen sein.311 Die Freiwilligkeit ist immer dann bedroht, wenn eine Partei ihre rechtliche oder tatsächliche Übermacht ausnutzt, um den Vertragspartner zum Abschluss eines Vertrages zu bewegen. Die strukturelle Ungleichheit in Verhandlungspositionen ist als freiheitsbedrohende Komponente ein grundsätzliches Problem der Privatautonomie, unabhängig davon, ob über privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Gegenstände disponiert werden soll. Denn die Gefahr einer Fremdbestimmung besteht immer dann, wenn 309 Sachs, in: Sachs-GG, Vor Art 1 Rn. 56; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Vorb. Art. 1 Rn. 36; vgl. auch BVerwGE 119, 123 (127). 310 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 247; Papier, in: Rechtsschutzgarantie gegen die öffentliche Gewalt, HStR VI², § 154 Rn. 58; Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 86. Bettermann, Grundrechte, III/2, S. 812. 311 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 119.

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ein Vertragspartner in der Verhandlungssituation ein so starkes Übergewicht hat, dass er vertragliche Regelungen faktisch einseitig diktieren kann.312 Eine derart „gestörte Vertragsparität“313 liegt in zivilrechtlichen Streitigkeiten etwa dann vor, wenn die unterlegene Partei auf das in Aussicht gestellte Gut angewiesen ist und ein so großes Interesse am Abschluss des Vertrag hat, dass selbst ungewöhnlich belastende Gegenleistungen hingenommen werden.314 Beispielhaft sei diesbezüglich die in der Rechtsprechung des BVerfG missbilligte Angehörigenbürgschaft in Erinnerung gerufen, bei der sich ein Angehöriger aufgrund eines persönlichen Näheverhältnisses weit über seine finanzielle Leistungsfähigkeit belastet.315 Eine strukturelle Ungleichheit besonderer Art kann regelmäßig bei der Aushandlung subordinationsrechtlicher Verträge im Verwaltungsrecht bestehen. Der Vertragsschluss erfolgt aus der Sicht des Bürgers in Ansehung des Umstandes, dass die Behörde gleichsam berechtigt ist, in der Sache eine hoheitliche Entscheidung zu treffen.316 Das Alternativverhältnis zwischen einseitiger und vertraglicher Regelung kann dazu führen, dass der Vertragsschluss durch das „Damoklesschwert des Verwaltungsakts“317 begünstigt wird. Der Bürger sieht sich möglicherweise der Situation ausgesetzt, eine vertragliche Pflichtbegründung zu akzeptieren, um einer – gegebenenfalls umfangreicheren – Belastung mittels Verwaltungsakt, auf dessen konkrete Gestaltung er keinen Einfluss hat, zu entgehen. Zwar gelten diese Vorbehalte nicht unmittelbar für den Abschluss einer Schiedsklausel, da diesbezüglich keine Verwaltungsaktsbefugnis der Verwaltung existiert. Dennoch kann die Behörde eine Schiedsklausel als Essentialia einer vertraglichen Gesamtregelung voraussetzen und das „Ob“ des Vertragsschlusses von ihr abhängig gemacht werden. Von einer grundsätzlichen Schutzbedürftigkeit des Bürgers kann aber noch nicht auf eine generelle Nichtzulassung des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung im Verwaltungsrecht geschlossen werden. Denn weder steht die Verwaltung unter einem Generalverdacht, ihre hoheitliche Stellung als besondere Verhandlungsposition gegenüber dem Bürger zur einseitigen Bestimmung der Vertragsmodalitäten auszunutzen, noch muss zwangsläufig eine strukturelle Benachteiligung des privaten Vertragspartners vorliegen.

312

BVerfGE 81, 242 (254) – Handelsvertreter, BVerfGE 103, 89 (101) – Ehevertrag. BVerfGE 81, 242 (256). 314 Murswiek, in: Sachs-GG, Art. 2 Rn. 55 a. 315 Zur Kontrolle von Bürgschaften vermögensloser Angehöriger BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36; siehe auch Wagner, Die Sittenwidrigkeit von Angehörigenbürgschaften nach Einführung der Restschuldbefreiung und Kodifizierung der c.i.c., NJW 2005, S. 2956 f. 316 Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 44. 317 Der Begriff nach Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 44; kritisch zum Alternativverhältnis von Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag auch: Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (222 f.). 313

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Eine strukturelle Benachteiligung des Privaten besteht etwa nicht, wenn ein besonderes Interesse an einem Vertragsschluss auf Seiten des Verwaltungsträgers existiert. Dies kommt beispielsweise in Betracht, wenn die Behörde erst nach zeitintensiver und schwieriger Suche einen Investor gefunden hat, der sich im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages zur Übernahme von Planungs- und Entwicklungskosten bereit erklärt, im Gegenzug aber besonderes Entgegenkommen der Verwaltung erwartet. Vergleichbare Situationen dürften sich auch in anderen vertraglichen Konstellationen finden lassen, in denen Private aufgrund überlegener Personal- und Finanzmittel als stärkere Verhandlungspartner erscheinen. Es dürfte daher zu weit gehen, die Schiedsvereinbarungen im Verwaltungsrecht aufgrund der hoheitlichen Stellung der Verwaltung und der Möglichkeit zum Vorgehen mittels Verwaltungsakts generell die Anerkennung zu versagen, zumal der Behörde die alternative Auswahl zwischen Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag nur im Anwendungsbereich des § 54 S. 2 VwVfG zur Verfügung steht. Gleichwohl bleibt die Sicherung der Freiwilligkeit beim Abschluss eines Schiedsvertrages ein aus Art. 19 Abs. 4 GG resultierendes verfassungsrechtliches Gebot, das den Gesetzgeber bei der einfachgesetzlichen Regelung des Schiedsverfahrensrechts bindet.318 Das mit Einführung des UNCITRAL-Modellgesetzes außer Kraft getretene alte Schiedsverfahrensrecht319 trug der Sicherung der Freiwilligkeit durch eine sogenannte „Überlegenheitsklausel“ Rechnung. Nach § 1025 Abs. 2 ZPO a. F. war ein Schiedsvertrag unwirksam, wenn eine Partei ihre wirtschaftliche oder soziale Überlegenheit dazu ausgenutzt hat, den anderen Teil zu seinem Abschluss oder zur Annahme von Bestimmungen zu nötigen. Das geltende Recht hat diese Regelung nicht übernommen, aber mit § 1034 Abs. 2 ZPO eine Regelung eingeführt, die einer strukturelle Benachteiligung einer Partei bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts durch Inanspruchnahme staatsgerichtlicher Hilfe bei der Besetzung des Schiedsgerichts auszugleichen versucht. Inwieweit die Regelungen zur Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung aufgrund eines Parteiübergewichts nach Maßgabe des Schiedsverfahrensrechts den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG genügen, wird im Rahmen der Darstellung der einfachgesetzlichen Regelungen gesondert zu prüfen sein.320 Es stellt sich insbesondere die Frage, ob mit § 1034 Abs. 2 ZPO eine Sonderregelung getroffen wurde, die abschließend die Möglichkeiten einer strukturelle benachteiligten Partei gegen die Führung eines Verfahrens vor einem Schiedsgericht regeln soll. Darüber hinaus gilt es zu erörtern, wie der Schutz vor unfreiwilligen Schiedsvereinbarungen im Verwaltungsrecht auszugestalten ist.

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Vgl. Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 119. Zur Entstehung der geltenden Regelungen vgl. Teil 4, C. I. 320 Zur Sicherung der Freiwilligkeit der Schiedsvereinbarung vgl. Teil 4, C. II. 2. c). 319

C. Schiedsgerichtsbarkeit und (Grund-)Rechtsschutz

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b) Erkennbarkeit Sind damit zunächst die Implikationen des Art. 19 Abs. 4 GG in Bezug auf die Sicherung der Freiwilligkeit der Schiedsvereinbarung aufgezeigt worden, gilt es nunmehr die Anforderungen an die Erkennbarkeit ihrer Wirkungen auszuleuchten. Dies stellt insofern eine besondere Herausforderung dar, als ein Verzicht auf die Rechtsweggarantie regelmäßig nur mittelbare Wirkung auf materielle Rechtspositionen entfaltet. Denn wenn etwa ein Bürger bei Abgabe einer freiwilligen Speichelprobe im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens dem Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit zustimmt, sind ihm Ausmaß und Wirkung des Verzichts auf Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG hinreichend ersichtlich. Verzichtet ein Privater hingegen auf die Möglichkeit der Anrufung staatlicher Gerichte, beschränkt sich die unmittelbare Wirkung zunächst auf die Unzulässigkeit der Klage vor einem staatlichen Gericht. Eine materielle Wirkung entfaltet der Verzicht erst, wenn es zu einem Konflikt kommt, der vor einem Gericht ausgetragen werden soll und die Rechtsverletzung nicht durch ein staatliches Gericht korrigiert werden kann. Der Schutz des Art. 19 Abs. 4 GG ist aber nicht auf die unmittelbare Wirkung beschränkt. Art. 19 Abs. 4 GG sichert die Rechtsweggarantie nicht um ihrer selbst willen, sondern gewinnt vornehmlich in Bezug auf die zu verteidigende materielle Rechtspositionen Bedeutung. Die Anforderungen an die Erkennbarkeit der Folgen eines Grundrechtsverzichts beschränken sich daher nicht auf die unmittelbaren Konsequenzen. Maßgeblich für die Zulässigkeit eines Verzichts muss daher die Erkennbarkeit der materiellen Wirkungen, die aus einer behördlichen Maßnahme resultieren können. Über die konkreten Anforderungen an die Erkennbarkeit der mittelbaren Folgen eines Verzichts besteht in der verfassungsrechtlichen Auseinandersetzung allerdings keine Einigkeit. Verbreitet ist die Ansicht, ein Verzicht auf den Rechtsweg dürfe immer erst nach Erlass einer belastenden Entscheidung des Hoheitsträgers erklärt werden.321 Erst dann sei die Maßnahme hinreichend konkret und die materielle Wirkung eines Rechtsschutzverzichts vorhersehbar.322 Ein „pro-futuro-Verzicht“ auf das Klagerecht sei mit der Schutzfunktion des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.323 Weniger restriktive Auffassungen stellen nicht auf das Kriterium des Zeitpunktes einer Verzichtserklärung ab, sondern orientieren sich an Sinn und Zweck der Begrenzung des Verzichts. Eine Verzichtserklärung vor Erlass einer Verwaltungs 321 Bettermann, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, S. 812; Papier, in: Rechtsschutzgarantie gegen die öffentliche Gewalt HStR VI², § 154 Rn. 58. 322 Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 86. 323 Bettermann, Art. 19 Abs. 4 GG in der Rechtsprechung des BVerfG, AöR 96 (1971), S. 528 (557).

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

handlung könne Wirksamkeit beanspruchen, soweit Umfang und Bedeutung der Maßnahme konkret abzusehen waren.324 Die differenzierten Sichtweisen entfalten für die Zulassung einer Schiedsvereinbarung im Verwaltungsrecht durchaus Relevanz. Denn eine vertragliche Rahmenvereinbarung zwischen Parteien, sämtliche Streitigkeiten eines dauerhaften, sich aktualisierenden Vertragsverhältnisses vor einem Schiedsgericht auszutragen, wäre mit der erstgenannten Auffassung nicht zu vereinbaren. Die erstgenannte Ansicht läuft darauf hinaus, dass eine Schiedsvereinbarung nur dann zulässig ist, wenn sie bei Bestehen eines konkreten Konflikts, also regelmäßig im Nachgang zu einer Verwaltungshandlung, getroffen wird. Nach der hier vertretenen Ansicht begrenzt die Auffassung nach der ein Verzicht auf Art. 19 Abs. 4 GG nur in Ansehung eines konkreten Konflikts erklärt werden könne, die Dispositionsmöglichkeit über den Rechtsweg ohne hinreichenden Grund zu stark. Ausgangspunkt der Reichweite eines Verzichts ist die Erkenntnis, dass Art. 19 Abs. 4 GG nicht den Rechtsweg um seiner selbst willen, sondern in Ansehung einer möglicherweise beeinträchtigten materiellen Rechtsposition schützt. Soweit eine solche für den Verzichtenden nicht erkennbar ist, kann ein Verzicht nicht wirksam erklärt werden. Ein „Blanko-Verzicht“ auf den Rechtsweg ist mit dem Schutzgehalt des Art. 19 Abs. 4 GG daher nicht zu vereinbaren ist. Für die Erkennbarkeit eines gefährdeten materiellen Rechts kann der Zeitpunkt einer Verzichtserklärung auch ein wesentliches Indiz liefern. Allerdings lässt sich daraus keine notwendige Bedingung formulieren, dass (erst) zu einem solchen Zeitpunkt ein Verzicht wirksam sein kann. Denn es sind grundsätzlich verschiedene Konstellationen denkbar – und als solche auch rechtlich anerkannt – in denen ein Verzicht bereits vor Erlass eines Verwaltungsakts zulässig erscheint. Wird etwa ein Privater vor Erlass eines Verwaltungsakts, beispielsweise einer Gebührenfestsetzung im Rahmen einer gebundenen Entscheidung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG angehört und konkret über die beabsichtigte Maßnahme informiert, dürften ihm die Wirkungen eines Verzichts auf den Rechtsweg bereits vor Erlass des Verwaltungsakts hinreichend deutlich sein. Denn die mögliche Auswirkung des Verzichts, die Voraussetzungen der Gebührenfestsetzung nicht vor einem staatlichen Gericht kontrollieren lassen zu können, ist in diesem Moment bereits konkret ersichtlich. Das geltende Recht kennt solche Konstellationen an und lässt etwa im Abgabenrecht nach § 50 Abs. 1 S. 2 FGO einen Klageverzicht vor dem Erlass eines Verwaltungsakts unter der Bedingung zu, die Verwaltungsentscheidung ergehe mit dem vorgesehenen Inhalt.325 324 Schenke, in: BonnerKomm-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 115; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 247. 325 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 247; BVerwGE 19, 159 (160 ff.).

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Auch im Rahmen verwaltungsvertraglichen Handelns sind die Fallgestaltungen denkbar, in denen bei Vertragsabschluss die Verpflichtungen so hinreichend konturiert sind, dass einer Schiedsklausel die Wirksamkeit zugesprochen werden kann, ohne dass es bereits eines konkreten Konflikts bedürfen würde.326 Soll etwa eine behördliche Subventionierung von der Erbringung einer bestimmten Leistung – etwa der Schaffung von Ausbildungsplätzen abhängig gemacht werden – kann der Private materielle Rechtspositionen, die bei der Nichterfüllung der Vertragspflichten durch die Behörde beeinträchtig sein könnten, deutlich erkennen. Diese Ausführungen sollen die Auffassung stützen, dass Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu entnehmen ist, dass eine Schiedsvereinbarung generell erst nach Entstehung eines gerichtlich auszutragenden Konflikts geschlossen werden kann. Das Wort wird insofern einer einzelfallabhängigen Überprüfung geredet, die sicherstellen muss, dass eine Schiedsvereinbarung den Anforderungen an die Erkennbarkeit einer beeinträchtigten materiellen Rechtsposition aus Art. 19 Abs. 4 GG einhält. Inwieweit das geltende Schiedsverfahrensrecht, wonach gemäß § 1029 ZPO Schiedsvereinbarungen über „alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen [den Streitparteien] in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen“ zugelassen sind, den verfassungsrechtlichen Vorgaben für verwaltungsgerichtliche Schiedsverfahren ausreichend Rechnung trägt, gilt es im Rahmen der Analyse des einfachen Rechts auf der Grundlage der hier erfolgten Grundlegung zu untersuchen.327 3. Erfüllung des Anspruchs auf Justizgewährung durch Schiedsgerichte Nachdem gezeigt wurde dass die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG der Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht nicht entgegensteht, wohl aber an spezielle Voraussetzungen knüpft, ist der Frage nachzugehen, ob schiedsgerichtliche Entscheidungen den Anspruch auf Gewährung des Rechtswegs erfüllen können. Dies scheint konstitutiv zumindest denkbar. Immerhin ist der institutionelle Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit so gestaltet, dass die schiedsgerichtliche Tätigkeit als Rechtsprechung im Sinne des Grundgesetzes anzusehen ist.328 Darüber hinaus geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Schiedsgerichtsbarkeit „einen der staatlichen Gerichtsbarkeit grundsätzlich gleichwertigen Rechtsschutz“ bietet.329 Diese Gleichwertigkeitsthese ist wesentlicher Beweggrund gewesen, das geltende 326 Für die Verzichtbarkeit im Rahmen von Verträgen auch Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 247. 327 Zur Sicherung der Erkennbarkeit des tangierten materiellen Rechts siehe Teil 4, C. II. 2. b). 328 Vgl. zu den Strukturmerkmalen der Schiedsgerichtsbarkeit Teil 1, A. IV. und zur Kategorisierung der schiedsgerichtlichen Tätigkeit als Rechtsprechung Teil 3, B. II. 329 BT-Drs. 13/5274, S. 34, 36.

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Schiedsverfahrensrecht zu Gunsten der Verkehrsfähigkeit noch weiter zu liberalisieren.330 Bestände tatsächlich eine vollumfängliche Gleichwertigkeit zwischen Schiedsgerichten und staatlichen Gerichten wäre der Weg zum Schiedsgericht „Rechtsweg“ im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG. Die schiedsrichterliche Streitentscheidung würde den Anspruch des Rechtsschutzsuchenden auf Justizgewähr erfüllen. Es bedürfte qua constitutione keiner weiteren Form einer Überprüfung des schiedsrichterlichen Streitentscheids. Im Ergebnis kann die These der Gleichwertigkeit des Rechtsschutzes in Bezug auf die Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht überzeugen. Für deren Anforderungen ist insoweit unerheblich, ob die Streitparteien den Rechtsschutz durch Schiedsgerichte als funktionales äquivalent zur staatlichen Gerichtsbarkeit ansehen und ihrem Interesse durch die Streitentscheidung vollständig entsprochen wird. Es kann auch nicht auf eine objektive Bewertung der Qualität der Entscheidungsfindung durch Schiedsgerichte ankommen. Maßgeblich spricht gegen die Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs durch Schiedsgerichte die Anspruchsverpflichtung des Staates. Nach ganz herrschender Auffassung sind Gerichte nach Maßgabe der Rechtsweggarantie ausschließlich staatliche Gerichte.331 In diesem Sinn ist der Rechtsweg ausschließlich der Weg zu den staatlichen Gerichten. Die Staatlichkeit eines Spruchkörpers im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG ist eine formale Anforderung. Erforderlich ist insofern ein Mindestmaß personeller und sachlicher Bindung des Spruchkörpers an staatliche Organisationsakte.332 Eine solche wird erreicht, wenn ein Gericht in Erfüllung des legislativen Ausgestaltungsvorbehalts des Art. 19 Abs. 4 GG auf gesetzlicher Basis errichtet wurde. Ebenso, wenn die Exekutive die notwendigen Sach-, Personal und Finanzmittel für die Aufgabenerfüllung der Gerichte zur Verfügung stellt. Damit wird die Mitwirkung demokratisch legitimierter Entscheidungsträger bei der Konstituierung der Spruchkörper gewährleistet, die dazu berufen sind, Entscheidungen von Trägern öffentlicher Gewalt zu kontrollieren und gegebenenfalls aufzuheben. Ein auf vertraglicher Vereinbarung geschaffenes Schiedsgericht genügt diesen Anforderungen nicht. Es fragt sich schließlich, wie weit die Bindung der Rechtsweggarantie reicht, wenn die Streitparteien in zulässiger Weise eine schiedsgerichtliche Entscheidung den staatlichen Gerichten vorziehen. Einen Totalverzicht des Einzelnen auf jegliche Form des Rechtsschutzes kann vor der Schutzgewährung des Art. 19 Abs. 4 GG keinen Bestand haben. Die Institutionalisierung der Schiedsgerichtsbarkeit und die Schaffung von Streitentscheidungsalternativen suspendiert die staatliche 330 Vgl. zur Gleichwertigkeitsthese zutreffend kritisch: Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 21 ff. 331 Schenke, in: BonnerKomm-GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 85; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, Art. 19 Abs. 4 Rn. 445; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 174. 332 Pieroth, in: Jarass/Pieroth, Art. 92 Rn. 6; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 174; BVerfGE 4, 74 (92); 48, 300, (315f).

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Gerichtsbarkeit nicht davon, die nichtstaatliche Entscheidungsfindung einer Mindestkontrolle zu unterziehen. Dies gilt trotz eines wirksamen Verzichts der Schiedsparteien auf den Rechtsweg. Die Bindungen von Justizgewährungsanspruch und Rechtsweggarantie reichen so weit, dass die Schiedsentscheidung auf Antrag einer beteiligten Partei mindestens einer Kontrolle auf evidente formelle oder materielle Fehler durch staatliche Gerichte unterzogen werden muss.333 Der staatlichen Kontrolle muss es ebenfalls unterliegen, ob die Voraussetzungen des Grundrechtsverzichts im Einzelfall vorliegen und eine Schiedsvereinbarung Bestand haben kann. Mit der Rechtsweggarantie wäre es unvereinbar, einer nichtstaatlichen Institution die Letztentscheidungskompetenz über einen Streitgegenstand zuzugestehen. Es entspricht einer Schutzpflicht des Rechtsstaats, sonstige Spruchkörper, die Funktionen der Rechtsprechung übernehmen, zumindest einer Missbrauchskontrolle zu unterziehen.334 Daraus folgt jedenfalls die staatliche Verpflichtung, Instrumente zur Überprüfung schiedsgerichtlicher Entscheidungen auf Antrag der Streitparteien zur Verfügung zu stellen. Es gilt von daher vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG zu prüfen, inwiefern die Kontrollmechanismen der Schieds­ verfahrensrechts, insbesondere der Aufhebungsantrag in § 1059 ZPO, diesen Anforderungen genügen.335 4. Zwischenergebnis Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG beinhaltet damit zwingende Vorgaben für die Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. Wesentlich ist die Folgerung, dass jede schiedsrichterliche Entscheidung zumindest einer Mindestkontrolle durch die staatliche Gerichtsbarkeit unterzogen werden können muss. Darüber hinaus bedingt Art. 19 Abs. 4 aufgrund seiner grundrechtlichen Gewährung, dass die Anforderungen an den Grundrechtsverzicht im Rahmen der Kontrolle einer Schiedsvereinbarung zu beachten sind. Für die Zulässigkeit einer Schiedsvereinbarung ist es daher Ausdruck grundrechtlicher Freiheitsgewährung, dass sie freiwillig erfolgt und den Anforderungen an die Erkennbarkeit einer möglicherweise beeinträchtigten materiellen Rechtsposition genügt. Die Regelungen des § 1029 ZPO über die Zulässigkeit einer Schiedsvereinbarung und über ihre Unwirksamkeit bei wirtschaftlicher oder sozialer Überlegenheit sind im Rahmen der Darstellung des einfachen Rechts im Lichte von Art. 19 Abs. 4 GG zu würdigen.

333 Schmidt-Aßmann, in: Der Rechtsstaat, HStR II³, § 26 Rn. 73; Papier, Rechtsschutzgarantie gegen die öffentliche Gewalt, in: HStR VI², § 153 Rn. 12. 334 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 149; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland II, 1980, S. 920. 335 Vgl. insofern Teil 5, D. II. 1.

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II. Verfahrensgrundrechte Das Grundgesetz beinhaltet neben der Rechtsweggarantie weitere Sicherungen, die als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips den Bürger in Gerichtsprozessen schützen und gleichzeitig das Vertrauen der Rechtsschutzsuchenden in Unabhängigkeit und Sachlichkeit der Gerichte sicherstellen sollen. Art. 103 Abs. 1 GG normiert den Anspruch auf rechtliches Gehör, dem „prozessualen Urrecht des Menschen“, das die Objektivierung des Einzelnen im gerichtlichen Verfahren verhindert.336 Die Garantie des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG dient dem Schutz vor dem Einfluss Dritter auf die Besetzung eines Gerichts und somit der Unparteilichkeit der Richter. Die Steuerungswirkung dieser Rechte für die Zulassung und Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht sind Gegenstand dieses Abschnittes. 1. Rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist das älteste prozessuale Recht des Bürgers. Als Ausdruck der Menschenwürde schützt es den Einzelnen davor, dem Gerichtsverfahren als Objekt beiwohnen zu müssen. Als objektivrechtliches Verfahrensprinzip ist das Recht auf Gehör „für ein rechtstaatliches Verfahren schlechthin konstitutiv“.337 Das BVerfG fasst den Kerngehalt des Art. 103 Abs. 1 GG wie folgt zusammen: „Art. 103 Abs. 1 GG gibt dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, im Verfahren zu Wort zu kommen, namentlich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern (BVerfGE 60, 175 (210); Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen (BVerfGE 6, 19 [20]; 15 303 [307]; 36, 85 [87]). Dem entspricht die grundsätzliche Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen [BVerfGE 42, 364 [367]; 60, 250 [252]; st. Rspr.).“338

Die Gewährung umfasst mithin im Wesentlichen drei Elemente, nämlich ein Recht auf Information über Einleitung und Inhalt des Verfahrens, ein Recht auf Stellungnahme zu rechtlichen und tatsächlichen Verfahrensgegenständen sowie ein Recht auf Beachtung der Einlassungen durch das Gericht.339 Die Frage der Wirkungen der Verfahrensgarantie für die Schiedsgerichtsbarkeit tangiert den Anwendungsbereich des Art. 103 Abs. 1 GG. Als Grundrecht ver-

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BVerfGE 55, 1.  BVerfGE 107, 395 (408). 338 BVerfGE 64, 135 ff, 143 ff. 339 Nolte, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 103 Abs. 1 Rn. 28 ff.; Degenhart, in: Sachs-GG, Art. 103 Rn. 11. 337

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pflichtet das Recht auf Gehör zunächst ausschließlich staatliche Gerichte.340 Es gilt insofern gleichermaßen in Verfahren vor Bundes- und Landesgerichten, dem Bundesverfassungsgericht und sonstigen staatlichen Gerichten. Private Schiedsgerichte341 sind ebenso wenig wie die Verbandgerichte342 oder Kirchengerichte343 verpflichtete Adressaten des Rechts auf Gehör.344 Gleichwohl ist Art. 103 Abs. 1 GG auch von nichtstaatlichen Gerichten zwingend zu beachten. Denn die Gewährung des rechtlichen Gehörs wurzelt in der Menschenwürdegarantie und im Rechtsstaatsprinzip und bindet damit sämtliche Spruchkörper, die Rechtsprechungsfunktionen ausüben.345 Aus der Herleitung aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich zugleich, dass eine staatliche Anerkennung nichtstaatlicher Gerichtsentscheidungen nur unter Bedingungen erfolgen darf, dass das rechtliche Gehör in dem Verfahren gewährleistet wurde. Der Anspruch auf rechtliches Gehört bedingt damit eine Verpflichtung der Schiedsgerichte, rechtliches Gehör zu gewähren und die staatliche Gerichtsbarkeit, nur solche schiedsgerichtlichen Entscheidungen anzuerkennen, die dem Anspruch auf rechtliches Gehör genüge getan haben. Folgerichtig findet sich die Gehörsgewährung auch in den schiedsverfahrensrechtlichen Regelungen. Nach § 1052 Abs. 1 S. 2 ZPO ist den Schiedsparteien rechtliches Gehör zu gewähren. Ein Verstoß führt zur Nichtigkeit Aufhebbarkeit des Schiedsspruchs (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 b ZPO). 2. Gesetzlicher Richter, Art. 101 Abs. 1 GG Nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Die Vorschrift dient dazu, Eingriffe der Legislative und Exekutive in den Bereich der Dritten Gewalt abzuwehren und sachfremde Einflüsse auf die Besetzung des Gerichts auszuschließen.346 Durch eine konkrete Festlegung von Zuständigkeiten eines bestimmten Richters wird ausgeschlossen, dass durch eine kurzfristige Besetzung des Gerichts durch „geeignete“ Richter Einfluss auf das Verfahren genommen werden kann.

340 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 103 Rn. 49; Nolte, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 103 Abs. 1 Rn. 16. 341 BGH NJW 1992, 2299; Geimer, in: Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 127. 342 Degenhart, in: Sachs-GG, Art. 103 Rn. 8. 343 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 103 Rn. 50. 344 Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 103 Abs. 1 Rn. 17; Degenhart, in: Sachs, Art. 103 Rn. 8. 345 Allgemeine Meinung, vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier-GG, Art. 103 Abs. 1 Rn. 17; Degen­ hart, in: Sachs, Art. 103 Rn. 8; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 103 Rn. 49; Nolte, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 103 Abs. 1 Rn. 16; BGHZ 29, 352 (355). 346 Nolte, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 101 Rn. 1.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

Für die Schiedsgerichtsbarkeit entfaltet Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG keine Bedeutung. Denn die Vorschrift verbietet nur, dass jemand dem gesetzlichen Richter entzogen wird. „Entzug“ des gesetzlichen Richters bedeutet eine unfreiwillige Zuständigkeitsverschiebung, die insofern gegen den ausdrücklichen oder ohne den Willen der Beteiligten erfolgt. Einer einvernehmlichen Parteivereinbarung zu Gunsten einer nichtstaatlichen Streitentscheidung steht die Vorschrift nicht entgegen, weil sie den gesetzlichen Richter nicht als obligatorischen Richter festschreibt.347 Dies impliziert, dass „der gesetzliche Richter […] dem gewillkürten Gericht grundsätzlich weichen muss.“348 Somit sind Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG keine Vorgaben für die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht zu entnehmen.

III. Richtervorbehalte Schließlich ist zu fragen, inwieweit Richtervorbehalte des Grundgesetzes Auswirkungen auf Zulassung und Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit im Grundgesetz haben. Richtervorbehalte im Verhältnis zwischen Staat und Bürger349 beinhalten Art. 13 Abs. 2, 3 und 4 S. 1, 5 GG (Wohnungsdurchsuchung) und Art. 104 Abs. 2 und 3 GG (Freiheitsentziehung). Einfachgesetzlich werden sie im Strafprozessrecht, im Ausländerrecht und in den Landespolizeigesetzen konkretisiert.350 Richtervorbehalte sind gesetzliche Kompetenzvorschriften, die die Zuständigkeit für Anordnungen in grundrechtlich besonders schutzwürdigen Bereichen an staatliche Richter delegieren bzw. die Zulassung von Handlungen durch Exekutivorgane von der Mitwirkung eines Richter abhängig machen.351 Ihre sachliche Rechtfertigung resultiert aus einer doppelten Gefährdung bürgerlicher Freiheiten. Zum einen wird in ihrem Anwendungsbereich in elementare Rechtsgüter (Unverletzbarkeit der Wohnung, persönliche Freiheit) eingegriffen. 347 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 123; Gloria, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die gerichtlichen Geschäftsverteilungspläne, DÖV 1988, 849 (855); Diest­ ler, Private Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 59 ff. 348 Wagner, Prozessverträge: Privatautonomie im Verfahrensrecht, S. 71. 349 Im Bereich der sonstigen Richtervorbehalte des Grundgesetzes, Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG (Parteiverbot), Art. 61 GG (Präsidentenanklage) Art. 84 Abs. 4 S. 2 GG (Bundesaufsicht), Art. 98 Abs. 2 GG (Richteranklage), Art. 100 Abs. 1 GG (Normverwerfung) wird die Kompetenz des Bundesverfassungsrechts begründet, die nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten steht. Sie sind damit im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht gesondert zu berücksichtigen. 350 Rabe von Kühlewein, Der Richtervorbehalt im Polizei- und Strafprozessrecht, S. 79 f.; Eh­ lers, in: Schoch/Schneider/Bier, § 40 Rn. 620 ff. 351 Detterbeck, in: Sachs, Art. 92 Rn. 7; Leipold, Der Richtervorbehalt in der Praxis, NJWSpezial 2010, 504; Rabe von Kühlewein, Der Richtervorbehalt im Polizei- und Strafprozessrecht, S. 24 f.

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Zum anderen erfolgt der Eingriff regelmäßig heimlich und damit ohne Gewährung rechtlichen Gehörs.352 Die Mitwirkung eines Richters soll als eine vorbeugende Kontrolle durch eine unabhängige und neutrale Instanz die Schwere der Eingriffswirkung kompensieren.353 Hinsichtlich heimlicher Untersuchungs- oder Abhörmaßnahmen sind Schiedsvereinbarungen und damit schiedsgerichtliche Entscheidungen bereits praktisch ausgeschlossen. Das Interesse der Verwaltung an der Geheimhaltung einer Maßnahme, sei es im Bereich verdeckter Observationen (§ 9 hambGesDatPol) oder akustischen Überwachungen von Telekommunikationsmitteln (z. B.§ 100a StPO, § 10a hambGesDatPol) wäre durch einverständliche Dispositionen vollständig konterkariert. Entscheidend ist aber weniger, dass Schiedsvereinbarungen im Rahmen „heimlichen“ Handelns der Verwaltung tatsächlich eher nicht in Betracht kommen, sondern schiedsgerichtliche Entscheidungen im Anwendungsbereich der Richter­ vorbehalte aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen sind. Die Kompetenzzuweisungen der Richtervorbehalte stellen zwingende Vorschriften dar, die nicht zur Disposition der Beteiligten stehen. Neben ihrer Rechtsschutzfunktion begründen Richtervorbehalte richterliche Mitwirkungspflichten. Sie sind spezifische, grundrechtlich determinierte Verfahrensgarantien.354 Eine Maßnahme soll nur dann zulässig sein, wenn sie von einem Richter gestattet wurde.355 Damit wird der Richter – durch zulässige Abweichung von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes356 – in den Verfahrensablauf eines Exekutivorgans integriert, um ein zusätzliches Moment demokratisch Legitimation zu schaffen.357 Damit greift aber jedenfalls der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG, der hoheitliche Befugnisse ausschließlich Angehörigen des öffentlichen Dienstes zuweist, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Dazu gehören neben dem Berufsbeamtentum auch Berufssoldaten und Richter.358 Ein nichtstaatlicher Schiedsrichter könnte mithin die besondere Bindung an den Staat, der Gewähr für die strikte Rechtsbindung und die Neutralität bieten soll, nicht erfüllen und darf mithin im Anwendungsbereich von Richtervorbehalten nicht tätig werden.

352 Amelung, Die Entscheidung des BVerfG zur „Gefahr im Verzug“ i. S. des Art. 13 Abs. 2 GG, NStZ 2001, 337 (338). 353 BVerfGE 103, 142 (150 f.). 354 Berkemann, in: AK-GG, Art. 13 Rn. 85. 355 Berkemann, in: AK-GG, Art. 13 Rn. 86. 356 Herzog, in: Maunz/Dürig (1993), Art. 92 Rn. 36; Leipold, Der Richtervorbehalt in der Praxis, NJW Spezial 2010, S. 504 ff. 357 Rabe von Kühlewein, Der Richtervorbehalt im Polizei- und Strafprozessrecht, S. 418 f. 358 Battis, in: Sachs-GG, Art. 33 Rn. 50; Haug, Funktionsvorbehalt und Berufsbeamtentum als Privatisierungsschranken, NVwZ 1999, S. 816 f.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

D. Unionsrechtliche Vorgaben Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts und die daraus resultierende Verdrängung des nachrangigen nationalstaatlichen Rechts im Kollisionsfall lässt die Frage unentbehrlich erscheinen, inwieweit der Rechtsordnung der Europäischen Union Aussagen zur Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten zu entnehmen sind. Im Folgenden soll zunächst untersucht werden, ob dem europäischen Primärund Sekundärrecht Hinweise für eine generelle Zulassung oder einen generellen Ausschluss schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht zu entnehmen sind, bevor das Unionsrecht auf spezifische Vorgaben für die Ausgestaltung des schiedsgerichtlichen Verfahrens überprüft wird.

I. Unionsrechtliche Zulassung der verwaltungsrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit 1. Europäisches Primärrecht Als Indiz dafür, dass die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht keinen „Fremdkörper“ im Unionsrecht darstellt, können die Vorschriften der Art. 272 und 273 AEUV angesehen werden. Nach Art. 272 AEUV ist der Gerichtshof der Europäischen Union für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig, die in einem von der Union oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist. Nach Art. 273 AEUV entscheidet der Gerichtshof zudem jede mit dem Gegenstand der Verträge in Zusammenhang stehende Streitigkeit zwischen Mitgliedsstaaten, wenn diese bei ihm aufgrund eines Schiedsvertrags anhängig gemacht wird. Die Vorschrift des Artikel 272 AEUV eröffnet Streitparteien die Möglichkeit, mittels Vereinbarung einer Schiedsklausel die Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union für die Entscheidung eines auf Vertrag beruhenden Vertrages zu begründen. Voraussetzungen der Vorschrift sind, dass es sich um einen Vertrag handelt, der „von der Union“ abgeschlossen ist und die Vereinbarung eine wirksame Schiedsvereinbarung beinhaltet. Eine Vereinbarung ist dann „von der Union“ abgeschlossen, wenn die Union formell an dem Vertrag beteiligt ist, das heißt die Union selbst oder eines ihrer Organe als Vertragspartei auftritt.359 Die Vorschrift bezieht ausdrücklich sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Verträge in ihren Anwendungsbereich ein. Für die Zulässigkeit der 359 EuG, Rs. T-271/04, Citymo SA/Kommission, Slg. 2007, II-1375 Rn. 53–55; Schwarze, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 272 AEUV Rn. 8.

D. Unionsrechtliche Vorgaben

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Vereinbarung ist die Rechtsnatur des Vertrages daher unerheblich, zumal der Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht im Unionsrecht keine besondere Bedeutung zukommt.360 Mögliche Vertragspartner, die mittels Schiedsklausel eine Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs begründen können, sind sowohl Mitgliedsstaaten, Drittstaaten oder internationale Organisationen, als auch Private: namentlich natürliche oder juristische Personen des Privatrechts.361 Art. 273 AEUV eröffnet den Mitgliedsstaaten aufgrund eines zwischenstaatlichen Schiedsvertrages die Möglichkeit, den Gerichtshof mit einer Streitentscheidung zu betrauen. Die Vorschrift spielte bisher in der Praxis keine besondere Bedeutung. Etwas anderes könnte sich künftig aus dem Umstand ergeben, dass die Vertragsparteien des „Vertrages über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“ (sog. Fiskalpakt)362 in Artikel 8 Abs. 1 S. 2 den EuGH als Streitinstanz benennen. Zutreffend wird im europarechtlichen Schrifttum darauf hingewiesen, dass der Europäische Gerichtshof nicht als „Schiedsgericht im herkömmlichen Sinn“ tätig wird.363 Denn die Parteien haben weder Einfluss auf das Verfahren noch auf die Besetzung des Gerichts. Sie sind insofern an die unionsrechtlichen Vorschriften gebunden. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird nicht als alternativer Streitbeilegungsmechanismus beauftragt, sondern in seiner Funktion als Unionsorgan tätig. Die Vollstreckung eines Urteils des Gerichts kann daher auch anhand der allgemeinen Vorschriften über die Vollstreckbarkeit von Entscheidungen in Art. 280, 299 AEUV erfolgen.364 Folglich wird Art. 272 AEUV die Funktion allein einer Zuständigkeitsvereinbarung zugeschrieben, die sich in ihrem Wesen nicht von der in § 38 ZPO zugelassenen Gerichtsstandsklausel unterscheidet.365 Dies dürfte zwar deshalb nicht vollständig zutreffen, weil es den Parteien im Rahmen des Art. 272 AEUV obliegt, ob der Gerichtshof den Streit nach Maßgabe des materiellen Rechts eines Mitgliedsstaates, eines Drittstaates oder des Völkerrechts entscheiden soll.366 Eine solche Wahloption über das anwendbare materielle Recht beinhaltet eine Gerichtsstandsvereinbarung allerdings nur bei internationalen Streitigkeiten im Sinne von § 38 Abs. 2 ZPO. 360 Vgl. U. Stelkens, Probleme des Europäischen Verwaltungsvertrags nach dem Vertrag zur Gründung einer Europäischen Gemeinschaft und dem Vertrag über eine Verfassung für Europa. EuZW 2005, S. 299 (300). 361 Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 272 AEUV Rn. 10. 362 Abgedruckt in BT-Drs. 17/9046, S. 6 ff. 363 Schwarze, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 272 AEUV Rn. 2; Kotzur, in: Geiger/Khan/ Kotzur, EUV/AEUV, Art. 272 AEUV Rn. 1; Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 272 AEUV Rn. 10. 364 Schwarze, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 272 AEUV Rn. 16. 365 Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 272 AEUV Rn. 2. 366 Schwarze, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 272 AEUV Rn. 15.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

Ungeachtet dessen bleibt festzuhalten, dass Art. 272, 273 AEUV keine Aussagen in Bezug auf die positive Zulassung nichtstaatlicher Rechtsprechung zu entnehmen sind. Denn trotz Verwendung der Terminologie „Schiedsklausel“ und „Schiedsvertrag“ handelt es sich bei der Spruchtätigkeit des Europäischen Gerichtshofs auf Grundlage von Art. 272, 273 AEUV nicht um private Rechtsprechung. Gleichwohl machen die Vorschriften deutlich, dass das Primärrecht den Organen der EU die Möglichkeit einräumt, vertraglich über die Zuständigkeit der Gerichte zu disponieren. Das Unionsrecht erkennt damit das Interesse von Streitparteien als berechtigt an, sich spezifische Sachkenntnisse von Gerichten nutzbar zu machen.367 Eine Beschränkung darauf, dass eine Wahloption nur zu Gunsten des Europäischen Gerichtshofs besteht und darüber hinausgehende Vereinbarungen ausgeschlossen werden sollen, ist dem Sinn und Zweck der Art. 272, 273 AEUV nicht zu entnehmen. Ratio der Vorschriften ist die Nutzbarmachung der spezifischen unionsrechtlichen Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofs.368 Eine Verpflichtung der Streitparteien zur Befassung des EuGH mit unionsrechtlichen Streitigkeiten ist der Vorschrift hingegen nicht zu entnehmen.369 2. Europäisches Sekundärrecht Zunächst gilt es zu bemerken, dass das europäische Sekundärrecht in unterschiedlichen Zusammenhängen Regelungen zur Schiedsgerichtsbarkeit beinhaltet, ohne jedoch explizit die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht zu thematisieren. Zuvorderst sei die auf Grundlage von Art. 81 AEUV (ex-Artikel 65 EGV) geschaffene Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 2III. 12. 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel I-VO = EuGVVO) zu nennen. Als erster und maßgeblicher Schritt auf dem Weg zur Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts in Europa370 schafft die Verordnung eine unionsrechtliche Grundlage für die internationale Gerichtszuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen. Sie gilt gemäß Art. 1 Abs. 1 EuGVVO allerdings weder für verwaltungsrechtliche Angelegenheiten, noch findet sie nach Art. 1 Abs. 2 lit d) EuGVVO auf die Schiedsgerichtsbarkeit Anwendung. Daher 367

Vgl. Schwarze, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 272 AEUV Rn. 16. Schwarze, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 272 AEUV Rn. 2. 369 Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 272 AEUV Rn. 5. 370 Gottwald, in: MünchKomm ZPO, Bd. III, VO Nr. 44/2201, Vorbemerkung Rn. 3. 368

D. Unionsrechtliche Vorgaben

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sind Schiedssprüche – ebenso wie Urteile staatlicher Gerichte, die einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklären – in den Mitgliedsstaaten nicht nach Art. 32 ff. EuGVVO für vollstreckbar zu erklären.371 Die Nichtanerkennung schiedsgerichtlicher Entscheidungen ist insoweit allerdings kein Ausdruck einer allgemeinen unionsrechtlichen Skepsis gegenüber der Schiedsgerichtsbarkeit. Der Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit resultiert aus dem Umstand, dass mit dem New Yorker UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ein weltweites Abkommen gilt, dem alle Mitgliedsstaaten der EU beigetreten sind. Für die Anerkennung schiedsrichterlicher Entscheidungen im Unionsrecht wurde daher keine Notwendigkeit gesehen.372 Im Gegenteil wird aus der Nichtanerkennung von Schiedssprüchen in der EuGVVO eher darauf geschlossen, dass die Freiheit zum Abschluss von Schiedsvereinbarungen im Grunde nach bereits durch die Erwähnung der Schiedsgerichtsbarkeit mittelbar bestätigt wird.373 Ähnliches gilt für weitere Verordnungen, die darauf hindeuten, dass der Schiedsgerichtsbarkeit als Möglichkeit alternativer Streitbeilegung ein Platz in der Unionsrechtsordnung eingeräumt wird. So enthält die Verordnung (EU) Nr. 36/2012 des Rates vom 18. Januar 2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 442/2011374 in Artikel 18 VO eine Rückausnahme von der Einfrierung syrischer Gelder und Ressourcen, soweit die Gelder Gegenstand eines Sicherungs- oder Zurückbehaltungsrechts sind, welches von einem Gericht oder einem Schiedsgericht festgestellt wurde. Die Verordnung 2004/874 (EG) der Kommission vom 28. April 2004 zur Fest­ legung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktion der Do­ mäne oberster Stufe „.eu“ und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung sieht gemäß Artikel 22 VO für Streitfälle über die Zulässigkeit einer Registrierung als alternative Streitbeilegungsmechanismus eine „Schiedskommission“, dem Schiedsgericht bei der Wirtschaftskammer und der Landwirtschaftskammer der Tschechischen Republik in Prag vor.375 371

Zu dem weiten Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit in der EuGVVO vgl. Kreuzer/Wagner, in: Daues, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts (Stand 2012); Q. Europäisches Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 178. Gleichwohl begegnet der Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit fundierte Kritik: Zum Vorschlag staatliche Gerichtsverfahren, die sich auf Schiedsgerichtsbarkeit beziehen, in den Anwendungsbereich der EuGVVO aufzunehmen vgl. Hess/ Pfeiffer/Schlosser, The Brussels I Regulation 44/2001 – Application and Enforcement in the EU, Rn. 697; Schlosser, „Brüssel I“ und Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2009, S. 129 ff. 372 Kreuzer/Wagner, in: Daues, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts (Stand 2012); Q. Europäisches Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 177. 373 Gottwald, in: MünchKomm ZPO, Bd. III, VO Nr. 44/2201, Art. 1 Rn. 24. 374 ABl. L 16/1 vom 19.01.2012. 375 Zum Ablauf und zu den Voraussetzungen des Schiedsverfahrens Vgl. Müller, Das neue alternative Streitbeilegungsverfahren für „.eu“-Domains: Einführung und erste Erkenntnisse aus der Praxis, SchiedsVZ 2008, S. 76 ff.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

Zwar handelt es sich bei dem Verfahren nach der VO um kein Schiedsverfahren im Sinne der ZPO, da einige Anforderungen an ein echtes Schiedsgericht, wie die Zuständigkeitsbegründung aufgrund einer Parteivereinbarung und die Ersetzung des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten, nicht erfüllt sind. Die Anrufung des Schiedsgerichts verdrängt hier nicht den Weg zu staatlichen Gerichten. Eine Beschränkung der Überprüfung der Entscheidung des Schiedsgerichts durch staatliche Gerichte findet nicht statt.376 Diese gewiss selektiven Beispiele sollen indes verdeutlichen, dass das sekundäre Unionsrecht nicht „schiedsblind“ ist, und der Institution der Schiedsgerichtsbarkeit Beachtung schenkt. Ein Blick in das unionsrechtliche Primär- und Sekundärecht trägt von daher die Auffassung, dass dem Unionsrecht weder eine positive Zulassung noch ein Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsgerichtlichen Angelegenheiten zu entnehmen ist. Gleichwohl befasst sich das europäische Recht – wenngleich eher en passant – mit der Institution der Schiedsgerichtsbarkeit, ohne jedoch spezifische Zulassungsregelungen zu normieren. Es lässt sich daher folgern, dass der Unionsrechtsgeber sich der Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit als Element der außerstaatlichen Streitbeilegung bewusst ist, sich eines unionsrechtlichen Zugriffs allerdings enthält, und insoweit zumindest mittelbar dessen Berechtigung als Konfliktlösungsmechanismus anerkennt.

II. Unionsrechtliche Anforderungen an Schiedsgerichtsverfahren Der weit reichende Zugriff des Unionsrechts auf die Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten eröffnet die Frage, inwieweit dem Unionsrecht Vorgaben für die Schiedsgerichtsbarkeit zu entnehmen sind. Eine geschlossene Darstellung über die unionsrechtlichen Implikationen der Schiedsgerichtsbarkeit besteht diesbezüglich soweit ersichtlich nicht.377 Die nachfolgenden Überlegungen sind auch in keiner Weise vom Anspruch an eine umfassende und systematische Darstellung getragen. Es sollen aber Vorschriften des europäischen Primärrechts identifiziert werden, die spezifische Implikationen auf die Ausgestaltung des Schiedsverfahrensrechts haben (können). Konkret soll thematisiert werden, inwieweit eine Bindung der Schiedsgerichte an das Unionsrecht durch den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 376 Müller, Das neue alternative Streitbeilegungsverfahren für „.eu“-Domains: Einführung und erste Erkenntnisse aus der Praxis, SchiedsVZ 2008, S. 76 (78). 377 Aus der Spezialliteratur sei allerdings hervorgehoben Zobel, Schiedsgerichtsbarkeit und Gemeinschaftsrecht: Im Spannungsverhältnis von Integration und Exklusion, Diss. 2005. Die Arbeit befasst sich aus zivilprozessualer Perspektive mit Europäischen Kollisionsrecht, sowie der Bindung der Schiedsgerichte an das Europarecht und ihre Vorlageberechtigung nach Art. 267 AEUV.

D. Unionsrechtliche Vorgaben

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Abs. 3 EUV) bewirkt werden kann und die Vorgaben des Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) faktische Ausstrahlungswirkung auf die Mitgliedsstaaten haben. Darüber hinaus soll die Bedeutung der ausschließlichen Zuständigkeit des EuGH bei Auslegung und Anwendung von Unionsrecht für die Schiedsgerichtsbarkeit erörtert werden. 1. Die Pflicht der Schiedsgerichte zur Anwendung des Unionsrechts Für die Streitentscheidung in verwaltungsrechtlichen Konflikten stellt sich die Frage, inwieweit Schiedsgerichte durch unionsrechtliche Vorgaben zur Beachtung des europäischen Rechts verpflichtet werden können. Ein möglicher Mechanismus zur Bindung der Schiedsgerichte ließe sich über den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in Art. 4 Abs. 3 EUV herleiten. Die Unionsrechtsordnung stellt nach der grundlegenden Costa-Entscheidung des EuGH eine autonome Rechtsordnung dar, die durch die Gründung der Europäischen Gemeinschaft und mittels partieller Übertragung der mitgliedsstaatlichen Hoheitsrechte auf die Gemeinschaft entstanden ist.378 Wesentliches Merkmal des Unionsrechts ist dessen Anwendungsvorrang gegenüber dem Recht der Mitgliedsstaaten. Das nationale Recht wird im Falle einer Kollision mit Unionsrecht unanwendbar, behält aber seine Gültigkeit.379 Die Institutionen der Mitgliedsstaaten haben das Unionsrecht in einer Art und Weise anzuwenden, dass die Einheit und Wirksamkeit der Vorschriften gewährleitet ist.380 Allerdings ist fraglich, ob über Art. 4 Abs. 3 EUV auch eine Bindung der Schiedsgerichte bewirkt werden kann. Denn Adressaten der Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit sind zunächst die Mitgliedsstaaten als Subjekte des Unionsrechts, darüber hinaus aber auch diejenigen staatlichen Organe, die funktional angesprochen sind, d. h. alle Träger öffentlicher Gewalt in den Mitglieds­ staaten.381 Schiedsgerichte üben jedoch keine öffentliche Gewalt aus. Es stellt sich gerade als wesentliche Eigenschaft der privaten Schiedsgerichte dar, dass sie keine hoheitliche, von der staatlichen Autorität abgeleitete Entscheidungsbefugnis haben, sondern allein aufgrund der Vereinbarung der Streitparteien zur Streitentscheidung berufen sind. Dass Schiedsgerichte mit der Rechtsprechung als (auch) staatliche Aufgabe betraut sind, begründet keine Hoheitlichkeit ihres Handelns. Als Adressa-

378

EuGH, Rs. 6/64, Costa/ENEL, Slg. 1964, S. 1254 (1271). EuGH, Rs. 6/64, Costa/ENEL, Slg. 1964, S. 1254 (1271). 380 von Bogdandy/Schill, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 4 EUV Rn. 58. 381 EuGH, Rs. 14/83, von Colson und Kamann, Slg. 1984, S. 1891 Rn. 26; von Bogdandy/ Schill, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 4 EUV Rn. 58. 379

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

ten der Verpflichtung zur Anwendung des Unionsrechts nach Art. 4 Abs. 3 AEUV scheiden Schiedsgerichte daher aus.382 Die Verpflichtung der Schiedsgerichte zur Anwendung von Unionsrecht lässt sich aber aus ihrer Bindung an das materielle Recht ableiten: Schiedsgerichte sind grundsätzlich dazu verpflichtet, eine Entscheidung nach Maßgabe des geltenden Rechts zu treffen (Vgl. § 1051 Abs. 1 und 2 ZPO). Eine Billigkeitsentscheidung ist grundsätzlich gemäß § 1051 Abs. 3 ZPO nur dann erlaubt, wenn die Parteien das Schiedsgericht zu einer solchen Entscheidung losgelöst von materiellen Regelungen ermächtigt. Eine solche Lösung steht den Streitparteien in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten nicht zu. Denn die Verwaltung als Vertragspartei kann sich ihrer Rechtsbindung nicht entledigen und dementsprechend auch kein Gericht zur Entscheidung über ihre Angelegenheiten losgelöst von den verwaltungsrechtlichen Vorschriften ermächtigen. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hindert die Verwaltung daran, sich einer Streitentscheidung zu unterwerfen, die nicht auf dem Boden des Rechts erfolgt.383 Dies lässt sich aus einer europarechtlichen Perspektive auch aus Art. 4 Abs. 3 EUV herleiten. Denn jedenfalls die Verwaltung ist in Ausübung ihrer hoheitlichen Tätigkeit an das unionsrechtliche Normenprogramm gebunden. Diesen Bindungen kann sie sich nicht entziehen, indem sie ein Schiedsgericht von der Pflicht zur Beachtung von europarechtlichen Vorschriften befreit. Insofern sind auch von Schiedsgerichten die für den Einzelfall relevanten unionsrechtlichen Vorschriften zu beachten. Die Bindung an das Unionsrecht folgt aber nicht unmittelbar über Art. 4 Abs. 3 EUV, sondern ist Ausdruck des Grundsatzes der Verpflichtung von Schiedsgerichten, Streitigkeiten nach Maßgabe des materiellen Rechts zu entscheiden, von dem jedenfalls dann nicht abgewichen werden kann, wenn ein Beteiligter des Streits Träger öffentlicher Gewalt ist. 2. Die Pflicht zur Beachtung der Vorgaben aus Art. 6 EMRK Die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) beinhaltet einen Katalog von Menschen- und Grundrechten, der – unabhängig von der unterschiedlichen Stellung – in ihren Ratifikationsstaaten Geltung beansprucht. In der deutschen Rechtsordnung hat die EMRK kraft ihrer Umsetzung mittels förmlichen Gesetzes (Art. 59 Abs. 2 GG) den Rang eines einfachen Bundesgesetzes. Die Europäische Union ist der Vereinbarung bisher hingegen nicht beigetreten. 382 So auch Zobel, Schiedsgerichtsbarkeit und Gemeinschaftsrecht: Im Spannungsverhältnis von Integration und Exklusion, S. 112. 383 Vgl. Teil 4, C. IV. 1. 

D. Unionsrechtliche Vorgaben

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Allerdings wurde mit der Verleihung der Rechtspersönlichkeit an die EU mit dem Vertrag von Lissabon und der Schaffung einer kompetenzrechtlichen Grundlage zu ihrem Beitritt durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 EUV die wesentlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die EU der EMRK beitreten kann.384 Zwar kommt eine formelle Bindung der EU und mittelbar der schiedsgerichtlichen Entscheidungen im Anwendungsbereich des Unionsrechts an die Vorgaben des Art. 6 EMRK solange nicht in Betracht, wie der Abschluss einer völkerrechtlichen Vereinbarung zum Beitritt der EU noch nicht erfolgt ist. Allerdings steht zum einen angesichts konkreter Verhandlungen zwischen „Straßburg“ und „Brüssel“ zu erwarten, dass ein Beitritt in absehbarer Zeit erfolgen wird.385 Zum anderen entfalten die Bestimmungen der EMRK für die Judikatur des EuGH schon jetzt eine „Orientierungswirkung“, ebenso wie der EMRK die Rechtsprechung des EuGH berücksichtigt.386 Dies rechtfertigt insofern die Auffassung, dass aus europarechtlicher Perspektive die EMRK im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit zu beachten ist. Gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Trotz des insoweit eindeutigen Wortlauts der Vorschrift, der zivilrechtliche Ansprüche und strafrechtliche Anklagen umfasst, findet die EMRK auf öffentlichrechtliche Streitigkeiten Anwendung. Die Verwendung des Begriffs der zivilrechtlichen Ansprüche ist unter Heranziehung des verbindlichen Wortlauts der englischen und französischen Textfassung weit zu verstehen. So wurden frühzeitig der Widerruf einer ärztlichen Approbation und die Erteilung bzw. der Widerruf einer gewerblichen Genehmigung – Materien die nach dem deutschen Verständnis der Verwaltungsgerichtsbarkeit zuzuordnen sind – vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als zivilrechtliche Streitigkeit angesehen. Art. 6 Abs. 1 EMRK statuiert einen Justizgewährungsanspruch, der den effektiven Zugang und die Entscheidung durch ein staatliches Gericht innerhalb angemessener Frist umfasst. Nach der Rechtsprechung des EGMR und, dieser folgend, der überwiegenden Literatur kann auf den Rechtsweg vor staatliche Gerichte zu Gunsten von einer schiedsgerichtlichen Streitentscheidung verzichtet werden. Allerdings müssen die Vertragsstaaten Instrumente bereitstellen, die einen fehlerbehafteten Schiedsspruch korrigieren können. Das Gebot des fairen Verfahrens würde nicht Genüge getan, wenn Verstöße nicht vor staatlichen Gerichten gerügt 384

Obwexer, Der Beitritt der EU zur EMRK, EuR 2012, 115 (116). Obwexer, Der Beitritt der EU zur EMRK, EuR 2012, 115 f. 386 Meyer-Ladewig, EMRK, Einl. Rn. 56; Oppermann/Classen/Nettersheim, Europarecht, § 17 Rn. 21. 385

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

werden könnte. Die Möglichkeit eines Totalverzichts besteht auch nach Maßgabe des Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht. Damit entfaltet Art. 6 Abs. 1 EMRK keine un­ mittelbare Wirkung für Schiedsgerichte. Als private Institutionen sind sie an das völkerrechtliche Übereinkommen nicht gebunden. Aber die Konvention verlangt von den Unterzeichnerstaaten, die Kontrollierbarkeit von Schiedssprüchen in Bezug auf die Einhaltung ihrer Standards zu gewährleisten. Die Kontrollmöglichkeit und rechtliche Überprüfbarkeit von Schiedssprüchen ist daher unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 EMRK auch europarechtlich indiziert. 3. Vorlageberechtigung der Schiedsgerichte nach Art. 267 AEUV Die Einbindung der Schiedsgerichtsbarkeit in die Rechtsordnung der Union – ihre Pflicht zur Beachtung des Europarechts und rechtsstaatlicher Mindeststandards – eröffnet die Fragestellung, ob Schiedsgerichte ihrerseits berechtigt sind, dem EuGH Fragen über die Auslegung der Verträge oder über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union gemäß Art. 267 AEUV vorzulegen. Als Instrument zur Wahrung der Rechtseinheit in der Europäischen Union und des Schutzes der Sicherung der dem Einzelnen mittels Unionsrecht zugewiesenen Rechte kommt der Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV eine besondere Bedeutung zu.387 In ständiger Rechtsprechung lehnt der EuGH die Vorlageberechtigung von Schiedsgerichten ab.388 Ob ein Organ Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV ist, beurteil der EuGH anhand verschiedener Kriterien. Ein Gericht muss auf Grundlage eines Gesetzes errichtet sein, die Gerichtsbarkeit ständigen und obligatorischen Charakter haben und die Grundlagen eines rechtsstaatlich geordneten Verfahrens müssen eingehalten werden.389 Diesen formalen Anforderungen entsprechen Schiedsgerichte nicht vollständig. Ihre Entscheidungskompetenz basiert auf vertraglichen Vereinbarungen, ihre Betrauung kann ein singuläres Ereignis darstellen und allein die Anerkennung der Schiedssprüche basiert auf Gesetz. Aus der fehlenden Vorlageberechtigung ergibt sich für die Schiedsgerichte ein Dilemma. Einerseits sind sie zur Anwendung unionsrechtlicher Vorschriften verpflichtet, andererseits aber dürfen sie Fragen von grundsätzlicher Bedeutung 387

Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 267 Rn. 1. EuGH, Rs. 102/81, Nordsee/Reederei Mond, Slg. 1982, S. 1095, Rn. 10–12; Rs. C-393/92, Almelo, Slg. 1994, I-1477, S. 1515; Rs. C 125/04, Denuit und Cordenier, NZBau 2005, S. 278. Vgl. dazu Schütze: Die Vorlageberechtigung von Schiedsgerichten an den EuGH, SchiedsVZ 2007, S. 121 f. 389 Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 267 Rn. 18; Zobel, Schiedsgerichtsbarkeit und Gemeinschaftsrecht, S. 119. 388

D. Unionsrechtliche Vorgaben

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nicht dem EuGH zur allgemein verbindlichen Klärung vorlegen. Diese Problemlage wird grundsätzlich auch vom EuGH als solche anerkannt. Die Lösung des Konflikts soll gemäß einer Anregung des EuGH durch eine sogenannte „goldene­ Brücke“ erfolgen.390 Da die staatlichen Gerichte nach § 1050 ZPO dazu verpflichtet sind, Unterstützungshandlungen für schiedsgerichtliche Verfahren vorzunehmen, sollen Schiedsgerichte im Falle der Existenz einer vorlageerheblichen Fragestellung bei den staatlichen Gerichten beantragen, dass diese die Problematik, quasi als verlängerter Arm des Schiedsgerichts, dem EuGH vorlegen.391 Dieser Vorschlag findet in der schiedsverfahrensrechtlichen Literatur zwar keine einhellige Zustimmung. Verbreitet wird es als unbefriedigender, zeit- und kostenintensiver Formalismus angesehen, wenn den Schiedsgerichten die Vorlageberechtigung abgesprochen wird, der mittelbare Umweg über ein staatliches Gericht aber zugelassen werden soll.392 Die Kritik dürfte indes jedenfalls dann fehlgehen, wenn eine unionsrechtliche Fragestellung im Rahmen eines Schiedsverfahrens in Rede steht, die bei einer fehlerhaften Auslegung im Rahmen eines staatlichen Aufhebungsverfahrens nach § 1059 ZPO zur Kassation des Schiedsspruchs führen würde.393 Denn in einer solchen Konstellation ist die Vorlage durch das staatliche Gericht zwar nach wie vor ein Umweg, aber gleichzeitig auch Vorfrage zur Vermeidung eines späteren Aufhebungsverfahrens. Eine Betrachtung der unionsrechtlichen Vorgaben ergibt im Ergebnis, dass weder eine ausdrückliche Zulassung noch ein ausdrückliches Verbot schiedsgerichtlicher Entscheidungsfindung im Unionsrecht angelegt ist. Gleichwohl enthält das Unionsrecht nicht vollständig Regelungen in Bezug auf die Schiedsgerichtsbarkeit. Die EuGVVO als wesentlicher Baustein eines europäischen Zivilprozessrechts erkennt jedoch schiedsgerichtliche Entscheidungen bisher nicht an. Eine Lösung von unionsrechtlichen Vorgaben durch die Betrauung von Schiedsgerichten steht indes nicht zu befürchten. Die Rechtsbindung der Schiedsgerichte an Unionsrecht erfolgt über ihre Bindung an das materielle Recht. Soweit Träger öffentlicher Gewalt an dem Streit beteiligt sind, wird die Bindung an das Unionsrecht durch Art. 4 Abs. 3 AEUV gesichert. Der Verpflichtung der Schiedsgerichte zur Beachtung des Unionsrechts korrespondiert allerdings keine Vorlageberechtigung nach Art. 267 AEUV. Der Vorschlag des EuGH, bei entscheidungserheb-

390 Raeschke-Kessler, Binnenmarkt, Schiedsgerichtsbarkeit und ordre public, EuZW 1990, 145 (147). 391 EuGH, Rs. 102/81, Nordsee/Reederei Mond, Slg. 1982, S. 1095, Rn. 14. 392 Zobel, Schiedsgerichtsbarkeit und Gemeinschaftsrecht, S. 165; Lachmann, Handbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 927. 393 Voit, in: Musielak, ZPO, § 1050 Rn. 2. Zustimmend: Schütze, Die Vorlageberechtigung von Schiedsgerichten an den EuGH, SchiedsVZ 2007, 121 (124); Münch, in: MünchKomm ZPO, § 1050 Rn. 11.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Determinanten der Schiedsgerichtsbarkeit 

lichen unionsrechtlichen Grundsatzfragen eine Vorlage mittels der staatlichen Gerichtsbarkeit zu bewirken, stellt sich jedoch als taugliche Hilfskonstruktion dar.

E. Zusammenfassung Die Untersuchung der verfassungsrechtlichen Vorgaben hat ergeben, dass die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht nicht durch die Verfassung in ihrem Bestand geschützt ist. Es obliegt damit der Disposition des Gesetzgebers, Regelungen zu schaffen, die ihre Voraussetzungen schaffen oder umgekehrt ihrer Zulassung entgegenstehen. Grundlegende Verfassungsprinzipien, die staatliche Souveränität und das Rechtsprechungsmonopol stehen der Institutionalisierung der Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten nicht entgegen. Ein solches Rechtsprechungsmonopol folgt weder aus Art. 92 GG noch aus Art. 19 Abs. 4 GG. Allerdings erfordert das staatliche Gewaltmonopol, dass nur solche Schiedssprüche vollstreckt werden können, die eine ausdrückliche Anerkennung durch staatliche Gerichte gefunden haben. Der Öffentlichkeitsgrundsatz gerichtlicher Verfahren streitet – soweit seine verfassungsrechtliche Fundierung überhaupt angenommen werden kann – nicht gegen die Zulassung de Schiedsgerichtsbarkeit. Es wird allerding im Rahmen des einfachen Rechts zu zeigen sein, wie das Konzept der informierten Öffentlichkeit bewirkt, dass sich die Verwaltung trotz möglicher Streitentscheidung durch Schiedsgerichte nicht in einen Arkanbereich zurückziehen kann. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive ergeben sich Besonderheiten für die Ausgestaltung des Schiedsverfahrensrechts damit vor allem aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG und dem Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in Art. 20 Abs. 3 GG. Die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung im Verwaltungsrecht muss sich an den Voraussetzungen eines Grundrechtsverzichts messen lassen. Die Sicherung ihrer Bestimmtheit durch § 1029 ZPO bedarf von daher einer verwaltungsrechtlichen Konkretisierung; die Sicherung der Freiwilligkeit des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung muss ebenfalls Art. 19 Abs. 4 GG genügen. Schließlich verlangt die Rechtsweggarantie, dass trotz der Wirksamkeit eines Verzichts eine Mindestkontrolle des Schiedsspruchs möglich sein muss: ein Totalverzicht auf den staatlichen Rechtsschutz ist nicht möglich. Die staatliche Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit muss insbesondere gewährleisten, dass die Verfahrensgrundrechte eingehalten werden. Im Anwendungsbereich von Richtervorbehalten ist die Schiedsgerichtsbarkeit ausgeschlossen. Das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung wirkt in unterschiedlicher Weise auf die Ausgestaltung des Schiedsverfahrensrechts: Es verlangt e­ inerseits

E. Zusammenfassung 

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die Beschränkung und Kontrolle der Schiedsfähigkeit verwaltungsrechtlicher Konflikte. Der Gefahr ist wirksam entgegenzuwirken, dass sich die Verwaltung im Zusammenwirken mit Dritten Freiräume schafft, die von den Vorschriften über die Zulassung verwaltungsrechtlicher Verträge abweichen. Die Notwendigkeit der Kontrolle des Schiedsspruchs zur Sicherung der Gesetzesbindung kann ebenso als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips interpretiert werden. Schließlich darf sich die Verwaltung auch nicht mittelbar ihrer gesetzlichen Bindungen entledigen, indem sie ein Schiedsgericht von der Entscheidung nach Maßgabe des Rechts befreit. Zusätzliche, wenngleich nicht differierende Impulse, resultieren zudem aus unionsrechtlichen Vorgaben. Die Pflicht zur Beachtung des Unionsrechts folgt für die Schiedsgerichte mittelbar aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in Art. 4 Abs. 3 EUV. Eine staatliche Mindestkontrolle lässt sich zudem Art. 6 EMRK entnehmen, der freilich zu diesem Zeitpunkt kein verbindliches Unionsrecht ist, trotzdem aber „Ausstrahlungswirkung“ auf die Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten entfaltet.

Teil 4

Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit Der folgende Abschnitt stellt die wesentlichen einfachgesetzlichen Vorgaben für schiedsgerichtliche Entscheidungen im Verwaltungsrecht dar. In Anknüpfung an die als Strukturmerkmale bezeichneten rechtlichen Voraussetzungen der Schiedsgerichtsbarkeit1 soll gezeigt werden, ob und inwieweit die Schiedsverfahrensregelungen der ZPO auf verwaltungsrechtliche Schiedsverfahren übertragbar sind. Darüber hinaus werden mögliche Anpassungen an die besonderen Erfordernisse des Verwaltungsrechts diskutiert, wie sie durch die verfassungsrechtlichen Vorgaben vorgezeichnet sind. Intendiert ist dabei im Rahmen der vorliegenden Untersuchung keine vollständige Darstellung der schiedsverfahrensrechtlichen Regelungen aus verwaltungsrechtlicher Perspektive. So werden etwa die Regelungen zur Konstituierung der Schiedsgerichte in §§ 1034 bis 1039 ZPO keiner Untersuchung unterzogen. Gleiches gilt für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 1041 ZPO. Ein Anspruch auf eine vollständige Darstellung des Schiedsverfahrensrechts im Verwaltungsrecht ist anderen Werken vorbehalten.2 Vielmehr wird der Fokus durch einen Abgleich der verfassungsrechtlichen Vorgaben für Schiedsentscheidungen im Verwaltungsrecht mit ihrer einfachgesetzlichen Ausgestaltung in der Zivilprozessordnung auf die verwaltungsrechtlichen Besonderheiten gelegt. Die Untersuchung hat bisher ergeben, dass vor allem Art. 19 Abs. 4 GG und der im Rechtsstaatsprinzip verankerte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bei der Ausgestaltung des Schiedsverfahrensrechts zu beachten sind. Ihrer Einhaltung wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet, wenn im Folgenden die Schiedsvereinbarung als Grundlage des Schiedsverfahrens, das Schiedsverfahrensrecht, der Schiedsspruch und seine Vollstreckbarkeit untersucht werden. Dem Aufhebungsantrag in § 1059 ZPO als wesentlicher Rechtsbehelf wird als zentralem Element staatlicher Kontrolle ein eigenständiger Abschnitt gewidmet.3

1

Vgl. dazu Teil 1, A. IV. Vgl. Stumpf, Alternative Streitbeilegung, 2. Kapitel, Abschnitt 3 und 4.  3 Siehe dazu im Einzelnen Teil 5. 2

A. Anwendbarkeit der Schiedsverfahrensregelungen nach § 173 S. 1 VwGO 

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A. Anwendbarkeit der Schiedsverfahrensregelungen nach § 173 S. 1 VwGO Die rechtliche Möglichkeit einer Übertragung der Schiedsverfahrensregelungen auf verwaltungsrechtliche Angelegenheiten eröffnet die Grundsatznorm des § 173 S. 1 VwGO. Danach sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozessordnung im Verwaltungsprozess entsprechend anzuwenden, soweit die VwGO keine Bestimmungen über das Verfahren enthält und die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen. Die ganz herrschende Meinung im verwaltungsprozessualen Schrifttum4 und das BVerwG5 gehen im Grundsatz von einer Anwendbarkeit der Schiedsverfahrensregelungen im Verwaltungsrecht über § 173 S. 1 VwGO aus. Denn weder das Verwaltungsprozessrecht enthält eigene Bestimmungen über Schiedsverfahren, noch existieren in öffentlich-rechtlichen Fachgesetzen spezielle Vorschriften zur Ausgestaltung verwaltungsrechtlicher Schiedsverfahren. Vielmehr verweisen manche Fachgesetze direkt auf §§ 1025 ff. ZPO, so dass es in Streitigkeiten in ihrem Anwendungsbereich des Anwendungsbefehls des § 173 S. 1 VWGO nicht bedarf.6 Es lassen sich ferner keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen dem Zivil- und Verwaltungsprozess identifizieren, die der Anwendbarkeit des Schiedsverfahrensrechts generell entgegenstehen. Frühe Versuche in der verwaltungsrechtlichen Literatur, die aufgrund der speziellen Bindung des öffentlichen Rechts an Gemeinwohlbelange Schiedsverfahren nicht bzw. nur sehr begrenzt zulassen wollten, konnten sich zu Recht nicht durchsetzen.7 Denn der materielle Gehalt eines gesamten Regelungsbereiches kann der Anwendung prozessualer Vorschriften nicht entgegengehalten werden.8 § 173 S. 1 VwGO schließt eine Übertragung von Vorschriften nur dann aus, wenn Unterschiede in den Verfahrensordnungen angelegt sind. Auf den Gehalt materieller Regelungen kann insoweit nicht abgestellt werden. Dies entbindet indes nicht von der Notwendigkeit, einzelne Regelungen einer Überprüfung hinsichtlich ihrer Kompatibilität mit den Bestimmungen des Verwaltungsprozessrechts zu unterziehen. Denn es wurde gezeigt, dass die Schiedsgerichtsbarkeit spezifische verfassungsrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen 4 Kopp/Schenke, § 173 Rn. 4; Rennert, in: Eyermann, § 40 Rn.  161 f.; v. Nicolai, in: Redeker/v. Oertzen, § 40 Rn. 79; Meissner, in: Schoch/Schmitz-Aßmann/Pietzner, § 173 Rn. 316 mit weiteren Nachweisen. 5 BVerwG NVwZ 1993, S. 584 (585). 6 Zur deklaratorischen Erwähnung der Schiedsgerichtsbarkeit im besonderen Verwaltungsrecht vgl. Teil 1, B. II. 7 So etwa Weidemann, Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Streitsachen, S. 108 ff.; insbes. S. 118; Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S. 104 ff. 8 So auch Schmid, in: Sodan/Ziekow, § 173 Rn. 30.

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

hat. Schon aus diesem Grund ist eine Detailanalyse einzelner schiedsverfahrensrechtlicher Normen erforderlich. Gleichzeitig ist der grundlegende prozessuale Unterschied zwischen dem Verwaltungs- und Zivilprozess, der in § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO festgeschriebene Untersuchungsgrundsatz, auf seine Relevanz für die Anwendbarkeit des Schiedsverfahrensrechts zu überprüfen.9 Insoweit ist vorab die methodische Frage zu klären, ob § 173 S. 1 VwGO überhaupt die Möglichkeit zu einer modifizierten Übertragung zivilprozessualer Regelungen offen lässt oder allein eine Übertragung „en bloc“, gleichsam im Sinne eines „Alles-oder-Nichts“, ermöglicht. Mit anderen Worten ist zu thematisieren, ob eine Verweisung durch § 173 S. 1 VwGO nur dergestalt erfolgen kann, dass die verwiesenen Vorschriften entweder ganz oder gar nicht angewendet werden können.

B. Angepasstes verwaltungsrechtliches Schiedsverfahrensrecht? Damit ist die Frage aufgeworfen, ob angesichts der Verweisungstechnik des § 173 S. 1 VwGO ein angepasstes verwaltungsrechtliches Schiedsverfahrensrecht bestehen kann. Einer solchen Modifikation der schiedsverfahrensrechtlichen Regelungen im Verwaltungsrecht könnte der Grundsatz der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Prozessrechts entgegenstehen.10 Dieser soll im Interesse der Einheitlichkeit des Prozessrechts gebieten, gemeinsame Institute der Prozessordnungen nur dann unterschiedlich zu behandeln, wenn gewichtige Besonderheiten bestehen und Abweichungen notwendig erscheinen.11 Ob das Verwaltungsprozessrecht eine modifizierte Übertragung der zivilprozessualer Fragen zulässt, mithin ob der Umfang einer „entsprechenden“ Anwendung nach § 173 S. 1 ZPO beschränkt werden kann, hat sich das verwaltungsprozessuale Schrifttum bisher nur vereinzelt angenommen. Schmid bezieht insoweit Stellung, als dass er ein „angepasstes Verwaltungsprozessrecht“ grundsätzlich für zulässig hält.12 Eine Anpassung kommt dort in Betracht, wo die Unterschiede zwischen Verwaltungs- und Zivilprozess einer Übertragung im Grunde nicht entgegenstehen, wohl aber eine Auslegung unter Berücksichtigung der verwaltungsprozessualen Besonderheiten gebieten.13 Der Grundsatz vom ausgeschlossen Dritten (ter 9 Für die Wirkung der Schiedsvereinbarung vgl. Teil 4, C. II. 4.; für den Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO vgl. Teil 5, D. II. 2. c). 10 Zum Begriff vgl. Kopp/Schenke, § 173 Rn. 2. 11 Vgl. Kopp/Schenke, § 173 Rn. 2. 12 Schmid, in: Sodan/Ziekow, § 173 Rn. 17. 13 Schmid, in: Sodan/Ziekow, § 173 Rn. 17. Die Auffassung knüpft an die Rechtsprechung des BVerwG zur Bedeutung des § 88 Abs. 2 ZPO im Verwaltungsrecht an (BVerwG NJW 1985, 1178). Gemäß § 88 Abs. 2 ZPO hat das Gericht ein Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu

B. Angepasstes verwaltungsrechtliches Schiedsverfahrensrecht? 

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tium non datur), wonach eine Aussage entweder wahr oder falsch ist, eine dritte Möglichkeit hingegen nicht bestehen kann, soll nach dieser Auffassung im Anwendungsbereich des § 173 S. 1 VwGO keine Geltung beanspruchen können. Die Auffassung verdient jedenfalls dann Zustimmung, wenn verfassungsrechtliche Vorschriften eine Modifikation der prozessualen Regelungen erfordern. Dies kann für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand relevant werden. Ein Beispiel sind die Regelungen zur Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung in § 1032 Abs. 1 ZPO. Das zivilprozessuale Schiedsrecht normiert geringe Anforderungen an die Bestimmtheit der Schiedsabrede. Diese erscheinen vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG als bedenklich.14 Es liegt daher nahe, die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung dem § 1032 Abs. 1 ZPO zu entnehmen, diese aber zugleich in den Kontext von Art. 19 Abs. 4 GG zu setzen. Methodisch ist somit eine verfassungskonforme Auslegung der prozessualen Vorschriften vorzunehmen. Die verfassungskonforme Gesetzesauslegung ist immer dann möglich und geboten, wenn ein mehrdeutiger oder unbestimmter Inhalt eines Gesetzes durch Inhalte der Verfassung bestimmt werden kann.15 Sie soll den Bestand einer Regelung sichern und dabei das Maximum der gesetzgeberischen Intention in Ansehung der verfassungsrechtlichen Vorgaben konservieren.16 Zur Präzisierung der zivilprozessualen Regelungen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten könnte mittels einer verfassungskonformen Auslegung die Anwendung des Schiedsverfahrensrechts – entsprechend der gesetzgeberischen Intention – aufrecht erhalten bleiben. Die verfassungsrechtlich gebotenen Präzisierungen und Modifizierungen werden in das geltende Recht integriert. Im Folgenden wird insoweit davon ausgegangen, dass § 173 S. 1 VwGO keine vollständige Übertragung der schiedsverfahrensrechtlichen Regelungen erfordert, sondern Modifikationen zumindest aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben möglich sind. Damit können die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Schiedsverfahrensrechts berücksichtigt werden und zu einer verfassungsrechtlichen Konkretisierung einzelner Vorschriften des §§ 1029 ff. ZPO führen. Es bedarf folglich keines generellen Ausschlusses der Anwendbarkeit des Schiedsverfahrensrechts trotz gebotener verfassungsrechtlicher Konkretisierungen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten.

berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Das BVerwG modifiziert die Vorschrift dahingehend, dass eine Prüfung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung auch im Falle des Auftritts eines Rechtsanwalts von Amts wegen stattzufinden habe, wenn besondere Umstände Zweifel an dessen Bevollmächtigung begründen. 14 Dazu im Einzelnen: Teil 4, C. II. 2. b) und c). 15 Zur verfassungskonformen Auslegung vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, § 2 Rn. 79 ff.; Sachs, in: Sachs-GG, Einführung Rn. 52 ff. 16 Vgl. BVerfGE 8, 28 (34); 12, 45 (61).

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung Im Mittelpunkt des folgenden Abschnitts steht nun die Frage der Anwendbarkeit des Schiedsverfahrensrechts auf verwaltungsrechtliche Streitigkeiten. Das Schiedsverfahrensrecht ist im 10. Buch der ZPO (§ 1025 bis § 1066 ZPO) enthalten. Bevor im Folgenden die Schiedsvereinbarung (Abschnitt 2), das Schiedsverfahren (Abschnitt 5), der Schiedsspruch und die Beendigung des Verfahrens (Abschnitt 6) sowie die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung erörtert werden, erfolgt eine kurze Darstellung der Entstehung des geltenden Schiedsverfahrensrechts. Denn für das Verständnis der weitreichenden Gewährung privatautonomer Gestaltungsbefugnisse der Schiedsparteien ist von Bedeutung, dass die geltenden Vorschriften Ausdruck eines internationalen Anpassungs- und Liberalisierungsdrucks sind.

I. Entstehung des aktuellen Schiedsverfahrensrechts Seine heutige Form erhielt das Schiedsverfahrensrecht im Wesentlichen durch die vollständige Neufassung der §§ 1025–1066 ZPO im Zuge des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes (SchiedsVfG) vom 22.12.1997.17 Die bis dahin geltenden Regelungen (§§ 1025–1048 ZPO) existierten – abgesehen von einigen Änderungen durch die BGB-Novelle von 1898, mittels derer neue Vorschriften im Zuge der Normierung von BGB und HGB in die ZPO integriert wurden18 – aus der Zeit des Erlasses der ZPO im Jahre 1879.19 Die deutschen Schiedsverfahrensvorschriften wurden in der Folgezeit als überholt, lückenhaft20 und ungeeignet angesehen, Deutschland als Standort für Schiedsverfahren attraktiv erscheinen zu lassen.21 Allerdings war der Befund, die geringe Akzeptanz Deutschlands als Austragungsort (internationaler) Schiedsverfahren auf eine unzureichende Rechtslage zurückzuführen, keinesfalls eindeutig. Verbreitet wurden die geringen Verfahrenszahlen vor deutschen Schiedsgerichten auch auf Sprachbarrieren und ein unterschwelliges Misstrauen gegenüber Deutschland

17 Gesetz zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts (Schiedsverfahrens-Neureglungsgesetz – SchiedsVfG), BGBl. I, S. 3224. 18 Zur BGB-Novelle vgl. Brehm, in: Stein/Jonas-ZPO, Vor §  1 Rn. 146; Lüke, in: MünchKomm-ZPO, Einleitung Rn. 46. 19 Habscheid, Das neue Recht der Schiedsgerichtsbarkeit, JZ 1998, S. 445 ff. 20 BT-Drs. 13/9124, S. 1. 21 Zypries, Zur Rolle der Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland, SchiedsVZ 2009, S. 1 (2). Lörcher, Schiedsgerichtsbarkeit – Übernahme des UNCITRAL-Modellgesetzes? ZRP 1987, S. 230 (231); Schlosser, Notwendige Reformen des deutschen Rechts der Schiedsgerichtsbarkeit, ZIP 1987, S. 492 ff.

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

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als möglichem Schiedsstandort zurückgeführt.22 Dennoch entschied sich der Gesetzgeber für eine weitgehende Neufassung des schiedsgerichtlichen Verfahrens, um der internationalen Rechtsvereinheitlichung im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit und damit auch der Rechtsvereinfachung zu dienen.23 Die Vorschriften der §§ 1056–1066 ZPO basieren im Einzelnen auf dem UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit.24 Das Modellgesetz wurde von einer internationalen Arbeitsgruppe im Auftrag des Ausschusses der Vereinten Nationen für Internationales Handelsrecht ausgearbeitet und den Mitgliedsstaaten zur Berücksichtigung bei Reformen des Schiedsprozessrechts empfohlen.25 Es sollte das Schiedsverfahrensrecht international vereinheitlichen und damit ein weltweites Angebot gleichwertiger Schiedsorte schaffen.26 Neben Deutschland haben zahlreiche andere Staaten ihre Schiedsverfahrensgesetze in enger Anlehnung an das Modellgesetz geändert, so dass die erhoffte Harmonisierungswirkung auch tatsächlich eingetreten ist.27 Den Bedürfnissen des grenzüberschreitenden Handels und dem Einfluss wirtschaftlicher Interessen wurde bei der Normierung wesentlich entsprochen.28 Der Anwendungsbereich der Regelungen sieht gemäß § 1025 ZPO aber keine Beschränkung auf internationale Verfahren und keine Beschränkung auf Handelsstreitigkeiten vor, so dass in Deutschland ein einheitliches Schiedsgesetz besteht (sog. monistischer Ansatz).29 Kennzeichen der Regelung des Schiedsgesetzes ist die weitgehende Privatautonomie: Die Parteien können bestimmen, ob sie ein staatliches oder ein nichtstaatliches Gericht mit dem Streit betrauen wollen. Entscheiden sie sich für ein Schiedsgericht, obliegt ihnen die Wahl des anwendbaren Schiedsverfahrensrechts und des anwendbaren Sachrechts.30 Begrenzt wird die Parteiautonomie durch we-

22 Mahlich, Das neue deutsche Schiedsverfahrensrecht aus ausländischer Sicht, NJW 1998, 563 (565); Lörcher, ZRP 1987, S. 230 (231). 23 BT-Dr 13/5274, S. 1; Mönnikes, Die Reform des deutschen Schiedsverfahrensrechts, S. 3. 24 Schlosser, in: Stein/Jonas-ZPO, Vor § 1025 Rn. 1; Deutscher Text des UNCITRAL-Modellgesetzes abgedruckt bei Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Anhang A, S. 516. 25 Lörcher, Schiedsgerichtsbarkeit: Übernahme des UNCITRAL-Modellgesetzes? ZRP 1987, 230; Jaeger, Die Umsetzung des UNCITRAL Modellgesetzes über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, S. 24. 26 Jaeger, Die Umsetzung des UNCITRAL Modellgesetzes über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, S. 24. 27 Einen Überblick bieten Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit Kap. 41 Rn. 6. 28 Habscheid, Das neue Recht der deutschen Schiedsgerichtsbarkeit, JZ 1998, S. 445 f. 29 Schlosser, in: Stein/Jonas-ZPO, Vor § 1025 Rn. 1. Gottwald/Adolphsen, Das neue deutsche Schiedsverfahrensrecht, DStR 1998, 1017. Zum monististschen Ansatz eines einheitlichen Schiedsgesetzes und dem speziellen Ansatz einer Auslagerung internationaler Verfahren aus den allgemeinen Schiedsgesetzen: Jaeger, Die Umsetzung des UNCITRAL Modellgesetzes über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, S. 39 f. 30 Gottwald/Adolphsen, Das neue deutsche Schiedsverfahrensrecht, DStR 1998, S. 1017 ff.

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

nige zwingende Verfahrensregelungen und durch den Vorbehalt des ordre public.31 Ferner wurden durch die Neuregelung des Schiedsgesetzes die objektive Schiedsfähigkeit erweitert32 und die Schutzvorschriften gegen übereilte oder unter Zwang zu Stande gekommene Schiedsvereinbarungen reduziert.33 Damit handelt es sich um ein liberales Schiedsgesetz, welches ausweislich der Gesetzesbegründung eine weitgehende Gleichstellung des staatlichen und schiedsgerichtlichen Rechtsschutzes und damit eine Aufwertung der Schiedsgerichtsbarkeit intendiert.34 Vor diesem Hintergrund scheint es fraglich, ob das auf den internationalen Wirtschafts- und Handelsverkehr zugeschnittene Recht geeignet ist, verwaltungsrechtliche Streitigkeiten vor Schiedsgerichten hinreichend zu strukturieren. Denn die Ausgangslage unterscheidet sich nicht nur hinsichtlich der handelnden Akteure (Verwaltungsträger und Private im Gegensatz zu Privatrechtssubjekten) sondern auch bezüglich der Streitgegenstände. So dürfte die überwiegende Zahl von Streitsachen vermögensrechtlicher Natur sein, wohingegen im Verwaltungsrecht regelmäßig über nichtvermögensrechtliche Ansprüche gestritten wird. Inwieweit das Schiedsverfahrensrecht diese unterschiedlichen Startbedingungen einzufangen vermag, gilt es nun folgend zu prüfen.

II. Schiedsvereinbarung 1. Schiedsvereinbarung als verwaltungsrechtlicher Vertrag Die Schiedsvereinbarung ist als Herzstück des Schiedsverfahrensrechts ein eigenständiger Vertrag, dessen Hauptwirkung darin besteht, den Rechtsweg zu staatlichen Gerichten zu substituieren (§ 1032 Abs. 1 ZPO). Sie kann gemäß § 1030 Abs. 2 ZPO in Form einer selbstständigen Schiedsabrede getroffen werden oder Klausel eines Gesamtvertrags sein. Um die rechtlichen Anforderungen an die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung bestimmen zu können, muss zunächst ihre Rechtsnatur geklärt werden. Denn danach richtet sich, welches Regelungsregime für eine Wirksamkeitskontrolle anwendbar ist. Zwar enthält das Schiedsverfahrensrecht diesbezüglich selbstständige Regelungen, beispielsweise zur Schiedsfähigkeit (§ 1030 ZPO) oder zu Formvorschriften (§ 1031 ZPO). Keine Aussagen beinhalten die §§ 1025 ff. ZPO allerdings hinsichtlich des Zustandekommens von Schiedsvereinbarungen, zur Rechtsnachfolge oder zu sonstigen Instituten des allgemeinen Vertragsrechts.

31 Siehe Teil 5, D. II. 2. c) aa); ferner Horn, Zwingendes Recht in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ, 2008, S. 209 ff. 32 Siehe Teil 4, D. II. 33 Dazu Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 7 ff. 34 BT-Drs. 13/5274, S. 34.

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

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In der schiedsverfahrensrechtlichen Auseinandersetzung ist sehr umstritten, ob die Schiedsvereinbarung ein reiner Prozessvertrag oder ein materieller Vertrag mit prozessualen Wirkungen ist.35 Die wohl überwiegende Meinung in der zivilprozessrechtlichen Literatur hält die Schiedsvereinbarung für einen Prozessvertrag.36 Denn ihre Hauptwirkung bestehe in der Änderung prozessualer Rechtsbeziehungen, d. h. dem Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit zu Gunsten der Kompetenzbegründung eines Schiedsgerichts. Der BGH und die Gegenauffassung in der Literatur gehen dagegen davon aus, dass die Schiedsvereinbarung ein materiell-rechtlicher Vertrag über prozessrechtliche Beziehungen ist.37 Letztere Auffassung wird damit begründet, dass mit Abschluss der Schiedsvereinbarung eben auch materielle Pflichten entstünden. Die Parteien verpflichteten sich dazu, im Streitfall Schiedsrichter zu benennen, Vorschüsse an das Schiedsgericht zu zahlen und alles Erforderliche zu tun, um das Zustandekommen eines Schiedsspruchs zu fördern.38 Relevanz entfaltet dieser Streit beispielsweise hinsichtlich der Regelungen zur Rechtsnachfolge. Denn die allgemeinen Vorschriften des materiellen Zivilrechts in §§ 398 ff. BGB differieren von den prozessualen Normen in §§ 265, 325, 727 ZPO. Weitere Streitfelder sind etwa der Vertrag zu Gunsten Dritter oder die Vollmachtregelungen.39 Den Anforderungen an eine adäquate und einzelfallbezogene Betrachtungsweise entsprechend scheint die Auffassung des BGH überzeugend zu sein. Denn die Schiedsvereinbarung begründet einen Kanon sowohl aus materiellen als auch aus prozessualen Rechten und Pflichten.40 Da jedoch auch bei Annahme eines Prozessvertrags der Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften über das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Vereinbarung nach bürgerlichem Recht nicht absolut ausgeschlossen sein soll, kommt der Streitigkeit nicht die große praktische Bedeutung zu, die der Vielzahl von Stellungnahmen entspräche.41 Für Schiedsvereinbarungen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ist damit nicht entscheidend, ob überhaupt, sondern welche materiellen Regelungen für ihre Gültigkeit heranzuziehen sind. Es gilt zu fragen, ob diesbezüglich öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Vorschriften gelten.42 Denn allein die Feststel 35

Einen sorgfältigen Überblick über den Streitstand mit zahlreichen weiteren Nachweisen bietet Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 12 ff. 36 Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO, § 1029 Rn. 1; Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1029 Rn. 93; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 7 Rn. 37. 37 BGHZ 23, 198 (200); 49, 384 (386); Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 5 Rn. 266. 38 Vgl. zu den Pflichten ausführlich: Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 117 ff. 39 Zum Streit auch Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1029 Rn. 15. 40 Für das Verwaltungsrecht ebenso Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 111. 41 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1029 Rn. 10. 42 Die Frage stellt sich unabhängig davon, dass die verwaltungsrechtlichen Vertragsvorschriften unvollständig sind und ihrerseits über § 62 S. 1 VwVfG auf die Vorschriften des BGB

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

lung, es handele sich bei der Schiedsvereinbarung um einen materiellen Vertrag reicht nicht aus, um die Anwendung der §§ 54 ff VwVfG zu begründen.43 Völlig unstreitig bestehen zwischen Verwaltungsträgern und Privaten Verträge, die sich allein nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts richten. Für die Zuordnung der Schiedsvereinbarung zum öffentlichen oder privaten Recht ist auf die allgemeinen Abgrenzungsregelungen zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen abzustellen. Diese richten sich zunächst nach dem Vertragsgegenstand: Ein Vertrag ist dem öffentlichen Recht zuzuordnen, wenn er auf die Begründung oder Abänderung öffentlich-rechtlicher Rechte oder Pflichten abzielt.44 Die materiellen Wirkungen der Schiedsvereinbarung (Förde­ rung des Schiedsverfahrens durch Bestellung und Bezahlung der Schiedsrichter etc.) erlauben allerdings für sich genommen keine Zuordnung zum privaten oder zum öffentlichen Recht. Denn sie sind – ähnlich wie Geldforderungen – im Grunde „neutral“ bzw. „indifferent“, weil sie weder eindeutig privatrechtliche noch eindeutig öffentlich-rechtliche Pflichten darstellen.45 Zweifelsfrei lässt sich eine Zuordnung daher nur vornehmen, wenn auf die prozessuale Wirkung der Schiedsvereinbarung abgestellt wird. Denn der Zugang zu staatlichen Gerichten ist in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten durch Art. 19 Abs. 4 GG grundrechtlich ausgestaltet. Ein diesbezüglicher Verzicht mittels der Schiedsvereinbarung stellt insofern eine Verfügung über ein subjektives öffentliches Recht dar und begründet die Qualifikation der Schiedsvereinbarung als verwaltungsrechtlichen Vertrag. Ob nun aber der Rechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 VwGO zu den Verwaltungsgerichten eröffnet wäre und somit der Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 4 GG betroffen ist, kann nur anhand des streitigen Rechtsverhältnisses, das Gegenstand der Schiedsvereinbarung ist, bestimmt werden. Damit folgt die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung der Rechtsnatur des Hauptvertrags. Ein Rückgriff auf den Hauptvertrag ist daher zur Beurteilung des öffentlich-rechtlichen Charakters einer Schiedsvereinbarung unabdingbar. Dieses Ergebnis scheint konträr zur zivilprozessualen Systematik zu liegen. Denn dort werden Schiedsvereinbarung und materieller Vertrag streng vonein­ ander getrennt. Die Schiedsvereinbarung und der materielle Vertrag sollen ein „vollständig eigenständiges rechtliches Schicksal haben“.46

verweisen. Denn nur im Falle der Anwendbarkeit des Verwaltungsvertragsrechts können die besonderen Vorschriften der §§ 54 ff. VwVfG und die dazu ergangene Rechtsprechung angewendet werden. 43 So aber wohl Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 111 ff. 44 BVerwGE 74, 368 (370); Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 76. 45 Zur Schwierigkeit der Zuordnung einzelner Pflichten zu einem der Rechtsgebiete vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 10 ff. 46 Vgl. Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1031 Rn. 11 ff.

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

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Eine Durchbrechung der Systematik ist an dieser Stelle allerdings nicht intendiert. Denn eine Verklammerung der Schiedsvereinbarung mit dem Hauptvertrag gilt allein zur Beurteilung des öffentlich-rechtlichen Charakters der Schiedsvereinbarung. Sie ist als Folge der subjektiv-rechtlichen Verankerung der Rechtsweggarantie ebenso zwingend. Die Schiedsvereinbarung ist somit als materieller Vertrag mit prozessualem Inhalt anzusehen. Ihre Zuordnungsbarkeit zum öffentlichen Recht bestimmt sich nach ihrer prozessualen Wirkung. Sie ist dann als verwaltungsrechtlicher Vertrag zu qualifizieren, wenn sie in Bezug auf einen öffentlich-rechtlichen Gegenstand getroffen wird. Ist somit die Anwendbarkeit der verwaltungsrechtlichen Vertragsvorschriften positiv festgestellt, ist im Fortgang zu fragen, in welchen Fällen ein Rückgriff auf die §§ 54 ff. VwVfG indiziert und wann dieser ausgeschlossen ist. 2. Besondere verwaltungsrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen Es wurde im Laufe der Untersuchung gezeigt, dass verfassungsrechtlich indizierte Voraussetzungen für Schiedsvereinbarungen im Verwaltungsrecht bestehen. Zum einen muss auf einer einfachgesetzlichen Ebene die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hinreichend abgesichert sein47, zum anderen bedingt Art. 19 Abs. 4 GG spezifische Anforderungen an den Abschluss der Schiedsvereinbarung48. Inwieweit die Regelung zur Schiedsfähigkeit von Konflikten in § 1030 ZPO, die als Türöffner des Entscheidungsrahmens schiedsrichterlicher Entscheidungen fungiert, verwaltungsrechtlich auszulegen ist, wird im Folgenden aufgezeigt. Im Anschluss werden spezifische Anforderungen an die Erkennbarkeit und Bestimmtheit der Wirkungen der Schiedsvereinbarung entwickelt. a) Die Schiedsfähigkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten Die Schiedsfähigkeit eines Gegenstandes ist Voraussetzung dafür, dass eine Streitigkeit durch ein Schiedsgericht entschieden werden kann. Sie fungiert damit als „Einfallstor“ nichtstaatlicher Rechtsprechung und ist für die Beschreibung des Rechtsrahmens der Schiedsgerichtsbarkeit von besonderer Bedeutung. Das Schiedsverfahrensrecht unterscheidet zwischen der subjektiven Schiedsfähigkeit, die im Rahmen der Aufhebungsgründe eines Schiedsspruchs als Wirksamkeitsvoraussetzung in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a ZPO normiert ist, und der objektiven Schiedsfähigkeit in § 1030 ZPO. Die objektive Schiedsfähigkeit in ver-

47

Vgl. Teil 3, B. IV. 2. Vgl. Teil 3, C. I. 2.

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

waltungsrechtlichen Angelegenheiten soll im Folgenden einer gesonderten verwaltungsrechtlichen Betrachtung unterzogen werden.49 aa) Vergleichsbefugnis als zentrale Voraussetzung der Schiedsfähigkeit § 1030 ZPO ist Ausdruck der gesetzgeberischen Intention, die Schiedsfähigkeit von Gegenständen insgesamt auszubauen, dabei aber nicht sämtliche Streitigkeiten durch nichtstaatliche Gerichte entscheiden lassen zu können.50 Nach § 1030 Abs. 1 ZPO ist jeder vermögensrechtliche Anspruch schiedsfähig (Satz 1), eine Schiedsvereinbarung über nichtvermögensrechtliche Ansprüche ist hingegen nur wirksam, wenn die Parteien über den Gegenstand des Streites einen Vergleich schließen können (Satz 2). Besonders schutzwürdige Rechtsgüter können nach § 1030 ZPO der staatlichen Gerichtsbarkeit vorbehalten werden.51 Einen unmittelbaren Ausschluss bewirkt dabei § 1030 Abs. 2 ZPO, der Schiedsvereinbarungen über Wohnraummiete für unwirksam erklärt. Die Vorschrift dient dem Sozialschutz und trägt der strukturellen Ungleichgewichtigkeit in Mietrechtsverhältnissen Rechnung,52 ist aber als mietrechtsspezifische Sonderregelung im Verwaltungsrecht ohne Bedeutung. Nach § 1030 Abs. 3 ZPO bleiben gesetzliche Vorschriften außerhalb der ZPO, die den Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit begründen, vom Schiedsverfahrensrecht unberührt. Auch ausdrückliche Schiedsverbote im Sinne der Vorschrift existieren im öffentlichen Recht bisher nicht.53 49 Die subjektive Schiedsfähigkeit ist die Fähigkeit einer Partei zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung. Sie entspricht im Zivilrecht im Wesentlichen der Rechts- und Geschäftsfähigkeit, vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit Kap. 24 Rn. 4; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 5 Rn. 286. Für Schiedsvereinbarungen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten sind hinsichtlich der subjektiven Schiedsfähigkeit die Regelungen über die Beteiligung von Personen und Personenmehrheiten nach §§ 11–19 VwVfG anzuwenden. Denn die Schiedsvereinbarung ist ein verwaltungsrechtlicher Vertrag und beendet ein Verwaltungsverfahren im Sinne von § 9 VwVfG. Die Beteiligungsfähigkeit ergibt sich somit aus § 11 VwVfG, die Handlungsfähigkeit aus § 12 VwVfG. Einer Modifikation der Regelungen hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes „Schiedsvereinbarung“ bedarf es nicht, so dass auf eine gesonderte Erörterung der subjektiven Schiedsfähigkeit verzichtet wird. 50 BT-Drs. 13/5274, S. 34. Die Vergleichsfähigkeit war nach § 1025 Abs. 1 ZPO noch Voraussetzung jedes Schiedsverfahrens. Durch ihren Wegfall sollte die Schiedsfähigkeit insbesondere auf solche vermögensrechtlichen Ansprüche erweitert werden, für die Verfügung- oder Vergleichsverbote bestanden. Vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1030 Rn. 4; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 5 Rn. 285. 51 BT-Drs 13–5274, S. 34; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 5 Rn. 278. Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1030 Rn. 2. 52 Münch, in: MünchKomm-ZPO: § 1030 Rn. 25. 53 Gleichwohl bietet die Vorschrift dem Gesetzgeber Möglichkeiten, unerwünschte Schiedsverfahren in bestimmten Bereichen auszuschließen. Wird etwa diagnostiziert, dass in einem Regelungsbereich Vollzugsdefizite bestehen, die auch auf ein geringes Maß staatlicher Kontrolle zurückzuführen sind, kann die Schiedsgerichtsbarkeit dort ausgeschlossen werden. § 1030 Abs. 3 ZPO stellt insoweit klar, dass eine bereichsspezifische Regelung lex specialis ist und der allgemeinen Regel des Abs. 1 vorgeht.

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

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Für die Frage der Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht rückt somit § 1030 Abs. 1 ZPO in den Fokus der Betrachtung. Im Verwaltungsrecht dürfte S. 2 der Vorschrift schon aufgrund tatsächlicher Voraussetzungen eine höhere praktische Relevanz haben als im Zivilrecht. Denn in verwaltungsrechtlichen Angaben existieren eine Vielzahl von Verfahren, in denen weder um eine vermögensrechtliche Beziehung gestritten wird, noch Ansprüche geltend gemacht werden, die auf Geld- oder geldwerte Vorteile gerichtet sind.54 Darüber hinaus sprechen auch rechtliche Gründe dafür, dem Merkmal der vermögensrechtlichen Angelegenheit im Sinne von § 1030 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht als maßgebliches Kriterium der Schiedsfähigkeit anzusehen. Denn gerade in vermögensrechtlichen Angelegenheiten, wie etwa im Bereich des (Kommunal-)Abgabenrechts, unterfallen vertragliche Vereinbarungen Vertragsformverboten und sind der Disposition der Beteiligten weitgehend entzogen.55 Soweit im Zivilrecht die Forderung formuliert wird, den Begriff „vermögens­ rechtlicher Anspruch“ weit auszulegen und auf nahezu sämtliche Ansprüche auszudehnen, die in irgendeiner Weise wirtschaftliche Belange betreffen,56 ist ihr zumindest in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten zu widersprechen. Die wohl überwiegende Zahl von Ansprüchen im Verwaltungsrecht – so etwa die Erteilung von Genehmigungen, Zulassungen, Sondernutzungen etc. – weisen zumindest einen ökonomischen Bezug auf. Dies zeigt insofern auch § 52 Abs. 2 GKG, der von der Notwendigkeit eines Auffangwertes für die Bestimmung eines Streitstandes erst dann ausgeht, wenn sich ein solcher nicht bereits anhand des Sach- und Streitstandes ermitteln lässt. Eine weite Auslegung des Begriffs der vermögensrechtlichen Angelegenheit würde von daher die Möglichkeit schaffen, die einschränkende Voraussetzung des § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO zu umgehen. Das Kriterium der Vergleichsbefugnis würde bei einem zu weiten Begriffsverständnis contra legem marginalisiert. Hinsichtlich der objektiven Schiedsfähigkeit ist im Verwaltungsrecht daher regelmäßig § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO anzuwenden. Die Vergleichsbefugnis stellt mithin das zentrale Zulassungskriterium der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht dar. Die Voraussetzungen der Schiedsfähigkeit korrespondiert insoweit mit der Voraussetzung eines gerichtlichen Vergleichs in § 106 VwGO. Auch dieser ist an die Verfügungsbefugnis der Beteiligten geknüpft. Die materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Prozessvergleichs in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten richten sich nach den allgemeinen Regelungen der Zulassung öffent 54 Zur Bedeutung und Konkretisierung des Begriffs „vermögensrechtlicher Anspruch“ vgl. Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1030 Rn. 13; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 5 Rn. 281. 55 Zur Bedeutung der Vertragsformverbote für die Schiedsfähigkeit von Konflikten vgl. Teil 4, C. II. 2. a) bb). 56 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1030 Rn. 4.

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lich-rechtlicher Verträge in §§ 54 ff. VwVfG.57 Rechtsverhältnisse auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts können durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen.58 bb) Vertragsformverbote als „echte“ Grenze der Schiedsfähigkeit Die aus einer Anknüpfung der objektiven Schiedsfähigkeit an das materielle Recht resultierende Problematik besteht darin, dass die materiellen Grenzen verwaltungsrechtlicher Verträge nicht eindeutig gezogen sind. In Betracht kommen sowohl Vertragsform- und Vertragsinhaltsverbote als auch Vorschriften, die vertragliches Handeln an zusätzliche materielle Voraussetzungen knüpfen, wie etwa besondere Anforderungen an Vergleichsverträge § 55 VwVfG, an Austauschverträge in § 56 VwVfG oder an Mitwirkungserfordernisse Dritter gemäß § 58 VwVfG.59 Als „echte“ Grenze der Schiedsfähigkeit lassen sich verwaltungsrechtliche Vertragsformverbote ohne größere Probleme identifizieren. Vertragsformverbote liegen vor, wenn der Gesetzgeber den Abschluss eines Vertrags ohne Rücksicht auf dessen Inhalt kategorisch ausschließt.60 Mittels Vertragsformverboten werden bereichsspezifische Verbote markiert, um bestimmte Regelungsfelder, die für einvernehmliche Regelungen zu Lasten des Gemeinwohls besonders anfällig scheinen, der Disposition der Vertragsparteien vollständig zu entziehen. Besteht damit im Anwendungsbereich von Vertragsformverboten kein Spielraum für Vereinbarungen der Parteien, sind derartige Konflikte im Sinne von § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht schiedsfähig. Schwierigkeiten bestehen insoweit nicht darin, Vertragsformverbote als Grenze der objektiven Schiedsfähigkeit zu benennen. Vielmehr ist die Identifizierung echter Vertragsformverbote problematisch. Diese sind im besonderen Verwaltungsrecht Ausnahmeerscheinungen.61 Rechtlich werden sie entweder dadurch konstituiert, dass ein Gesetz die vertragliche Gestaltung eines Rechtsverhältnisses ausdrücklich verbietet.62 So untersagt beispielsweise § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB die Begründung eines Anspruchs auf Aufstellung eines Bauleitplans zum Schutz des planerischen Abwägungsvorgangs. Oder aber der Ausschluss vertraglichen Han-

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Dolderer, in: Sodan/Ziekow, § 106 Rn. 43; Redeker, in: Redeker/v. Oertzen, § 106 Rn. 3 f. Zur Begründung der Vertragsschlusskompetenz der Verwaltung vgl. Teil 3, A. II. 1. Ferner Dolderer, in: Sodan/Ziekow, § 106 Rn. 39. 59 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 99. 60 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 102; Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 42. 61 Gurlit, Wirksamkeit von Verwaltungsverträgen, in: Erichsen/Ehlers, Allg. VerwR, § 32 Rn. 4. 62 Schliesky, in: Knack/Hennecke, § 54 Rn. 14; Kunig, Verträge und Absprachen zwischen Verwaltung und Privaten, DVBl. 1992, S. 1993 (1196). 58

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delns ist einer Regelung zu entnehmen, die zwingend eine andere Handlungsform als den Vertrag vorschreibt.63 Letztgenannte Möglichkeit lässt anschaulich illustrieren, in welchen Bereichen Vertragsformverbote den Ausschluss schiedsrichterlicher Entscheidungen bewirken: So ist die Beamtenernennung durch Verwaltungsakt zu bewirken (§ 8 Abs. 2 BeamtStG), die Steuerfestsetzung hat mittels Verwaltungsakt zu ergehen (§ 155 Abs. 1 AO) und die Entscheidungen der Vergabekammern erfolgt durch Verwaltungsakt (§ 114 Abs. 1 GWB). Diese Bereiche sind damit „vertragsfeindlich“ und der Streitentscheidung durch Schiedsgerichte nicht zugänglich. cc) Die Bedeutung von Vertragsinhaltsverboten für die Schiedsfähigkeit Die Problematik der präzisen Bestimmung der objektiven Schiedsfähigkeit setzt dort an, wo das Verwaltungsrecht den Vertragsschluss nicht per se, sondern aufgrund bestimmter inhaltlicher Mängel sanktioniert. Angesprochen sind Vertragsinhaltsverbote. Solche liegen immer dann vor, wenn die Rechtsordnung dem Vertragsschluss aufgrund seines Gegenstandes die Wirksamkeit versagt.64 Zahlreiche Vorschriften außerhalb des VwVfG beinhalten Inhaltsbeschränkungen, die der Verwaltung die Begründung von Leistungspflichten auf vertraglicher Basis mit einem bestimmten Inhalt verwehren.65 Der Verstoß gegen ein Verbot bestimmter Vertragsinhalte führt aber nur dann zur Nichtigkeit einer vertraglichen Vereinbarung, wenn gemäß §§ 59 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit §§ 134, 138 BGB das gesetzliche Verbot die Nichtigkeit der Vereinbarung zwingend vorschreibt.66 Nach der Systematik der Fehlerfolgenregelung im Verwaltungsvertragsrecht reicht dafür ein einfacher Gesetzesverstoß nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein qualifizierter Rechtsverstoß, welcher anzunehmen ist, wenn eine vertragliche Vereinbarung auf einen Regelungserfolg gerichtet ist, der von der Rechtsordnung unter keinen Umständen hingenommen oder toleriert werden kann.67 Wenn aber ein solches Vertragsinhaltsverbot zur Schiedsunfähigkeit eines Konflikts führen soll, ist für die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung eine in 63 Schliesky, in: Knack/Hennecke, § 54 Rn. 14,17 weist allerdings zu Recht darauf hin, dass selbst die ausdrücklichen Bezeichnung einer Handlung als „Bescheid“ oder „Verfügung“ in einer Rechtsgrundlage einem Vertragsschluss nicht zwingend entgegenstehen muss. Ob durch eine solche Bezeichnung der Ausschluss eines Vertragsschlusses gesetzgeberisch intendiert ist, muss im Wege der Auslegung im Einzelfall ermittelt werden. Vgl. ebenso Gurlit, Wirksamkeit von Verwaltungsverträgen, in: Erichsen/Ehlers: Allg. VerwR, § 32 Rn. 4. 64 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 108. 65 Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 44; eine Rechtsprechungsübersicht findet sich bei Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 42a. 66 Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 41a; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 50. 67 BVerwGE 98, 58 (63); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 42; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 51.

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haltliche Prüfung des Rechtsverhältnisses, für das die Schiedsvereinbarung gilt, durchzuführen. Es gilt damit zu fragen, ob ein potentieller Vergleich zwischen den Beteiligten gemessen an den Vorschriften des § 59 VwVfG bestand haben könnte. Mit anderen Worten wäre die Schiedsfähigkeit nicht an die Vergleichsbefugnis, sondern an die Gültigkeit eines (hypothetischen) Vergleichs geknüpft.68 Das materielle Recht würde somit als Maßstab für die objektive Schiedsfähigkeit heranzuziehen. Ob die Vergleichsbefugnis im Sinne von § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO allerdings dahingehend zu verstehen ist, dass eine Gültigkeitskontrolle der vertraglichen Regelung vorzunehmen ist, wird in der schiedsverfahrensrechtlichen Literatur unterschiedlich beantwortet. Nach verbreiteter Ansicht im Zivilprozessrecht sollen Ansprüche aus Verträgen auch dann schiedsfähig sein, wenn diese gegen §§ 134, 138 BGB verstoßen.69 Nach dieser Auffassung kommt es für die Schiedsfähigkeit nicht auf die inhaltliche Wirksamkeit eines möglichen Vergleiches an. Maßgeblich soll allein auf die generelle Verfügbarkeit eines Rechtsverhältnisses abgestellt werden, da andernfalls aufgrund der Wertungsoffenheit der §§ 134, 138 BGB erhebliche Unsicherheiten für die Bestimmung des Rechtsweges bestehen würden.70 Zudem soll eine prozessuale Auffassung des Begriffs der objektiven Schiedsfähigkeit der gesetzgeberischen Intention Rechnung tragen, nur im Falle eines generellen Entzugs der Verfügbarkeit über Rechtsverhältnisse Rechtsprechungsmonopole des Staates anzunehmen.71 Ausgeschlossen wird die Verfügungsbefugnis nach dieser Ansicht vor allen in Statusangelegenheiten, etwa in Ehe- oder Kindschaftssachen.72 Diese Auffassung ist zumindest für die Schiedsfähigkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten zurückzuweisen. Sie würde in Anbetracht des weitgehenden Verzichts des besonderen Verwaltungsrechts auf echte Vertragsverbote dazu führen, dass nahezu sämtliche Rechtsverhältnisse schiedsfähig sind. Vor dem Hintergrund, dass die materiellen Regelungen über die Nichtigkeit verwaltungsrechtlicher Verträge eine Sicherung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zum Ziel haben, kann diese Auffassung nicht überzeugen. Die Schiedsfähigkeit 68 Die Differenzierung zwischen der Vergleichsgültigkeit und der Vergleichsbefugnis findet sich bei Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1030 Rn. 6, der diese Unterscheidung noch in Bezug auf § 1025 ZPO a. F. darstellt. Die Schwierigkeiten der inhaltlichen Konkretisierung des Erfordernisses der Vergleichsbefugnis führte zu einer umfangreichen Kasuistik (Münch, in: MünchKomm-ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1029 Rn. 4), die allgemein als unbefriedigend angesehen wurde und nicht zuletzt die Ausdehnung der Schiedsfähigkeit auf sämtliche vermögensrechtliche Gegenstände unabhängig von der Vergleichsbefugnis begünstigt hat. 69 Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1030 Rn. 8; Bork, Der Begriff der objektiven Schiedsfähigkeit, ZZP 100 (1987), S. 249 (256 ff.); Kornmeier, Vergleichsbefugnis und Schiedsfähigkeit, S. 39 ff. 70 Ähnlich Bork, Der Begriff der objektiven Schiedsfähigkeit, ZZP 100 (1987), S. 249 (256). 71 Kornmeier, Vergleichsbefugnis und Schiedsfähigkeit, S. 55. 72 Geimer, in: Zöller-ZPO: § 1030 Rn. 9; Bork, Der Begriff der objektiven Schiedsfähigkeit, ZZP 100 (1987), S. 249 (259 f.).

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als Pforte nichtstaatlicher Streitentscheidung muss mit einem Sicherungsmechanismus ausgestattet sein, der einer Gefahr einer Umgehung rechtsstaatlicher Bindungen wirksam begegnen kann.73 Andernfalls hätten es die Schiedsparteien in der Hand, über potentiell rechtsungültige Verträge durch nichtstaatliche Gerichte entscheiden zu lassen. Es bestünde dort zumindest die Möglichkeit, dass vor den Schiedsgerichten eine Verfügungsmacht angenommen wird, die vor staatlichen Gerichten nicht akzeptiert worden wäre.74 Gerade eine solche „Flucht“ der Streitparteien in die Schiedsgerichtsbarkeit soll aber mittels § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO verhindert werden. Diese Überlegung beruht nicht auf einer generellen Skepsis gegenüber der Integrität der Schiedsgerichte und einer unterstellten inhärenten Tendenz, „falsche“ Entscheidungen zu treffen.75 Es soll aber in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten dem Risiko entgegengewirkt werden, dass die Schiedsparteien eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung durch eine Schiedsvereinbarung flankieren können. Der Möglichkeit eines Missbrauchs soll durch einen engen Begriff der Schiedsfähigkeit „ein kraftvoller Riegel“76 vorgeschoben werden. Würde die objektive Schiedsfähigkeit nicht anhand materieller Kriterien eingegrenzt werden, bestände die einzige staatliche Kontrollmöglichkeit darin, den Schiedsspruch auf Ordre-pulic-Verstöße zu überprüfen. Damit würde aber auch ein wirksames Instrument der Schiedsparteien, die inzidente Kontrolle der Schiedsfähigkeit im Rahmen des § 1032 Abs.1 ZPO, entwertet werden.77 Dass durch ein materielles Verständnis der objektiven Schiedsfähigkeit für die Schiedsparteien eine Unsicherheit begründet wird, ob ihre Schiedsvereinbarung einer gerichtlichen Inhaltskontrolle standhält, ist im Interesse der Absicherung des Gebots der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hinzunehmen. Richtigerweise ist somit § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten dahingehend zu konkretisieren, dass die Wirksamkeit einer möglichen Vergleichsregelung – gemessen an den Anforderungen des § 59 VwVfG – Voraussetzung für die objektive Schiedsfähigkeit ist. Einer Inhaltskontrolle unterfallen dann sämtliche Nichtigkeitsgründe des § 59 Abs. 1 und 2 VwVfG, so dass auch die positiven Voraussetzungen eines Vergleichsvertrages (§ 59 Abs. 2 S. 3 VwVfG) vorliegen müssen beziehungsweise die negativen Voraussetzungen eines (unzulässigen) Austauschvertrages nicht vorliegen dürfen (§ 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG).78 73 Vgl. zur Bedeutung des Gebots der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung für die Anforderungen an die Schiedsfähigkeit Teil 3, B. IV. 2. 74 Vgl. Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1030 Rn. 5, 8.  75 So aber die Vermutung, die Bork, Der Begriff der objektiven Schiedsfähigkeit, ZZP 100 (1987), S. 249 (257) als unterschwellige Befürchtung der Vertreter eines materiellen Begriffs der Schiedsfähigkeit diagnostiziert. 76 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1030 Rn. 8. 77 Vgl. zur Kontrolle der Schiedsfähigkeit im Rahmen des § 1032 ZPO, Teil 5, D. I. 78 Zu den Anforderungen an die Schiedsvereinbarung in multipolaren Rechtsverhältnissen, die dem Anwendungsbereich von § 58 VwVfG unterfallen können, vgl. Teil 4, C. II. 5.

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dd) Beispiele nicht schiedsfähiger Konflikte im Verwaltungsrecht Im Folgenden sollen die Grenzen der Schiedsfähigkeit im Verwaltungsrecht anhand ausgesuchter Beispiele illustriert werden. Im Anwendungsbereich der Abgabenordnung sind Vereinbarungen, abgesehen von der als zulässig angesehenen „tatsächlichen Verständigung“, weitgehend ausgeschlossen.79 Dies gilt jedenfalls für Verträge über die Höhe der zu entrichtenden Steuer. Nach § 155 AO hat die Steuerfestsetzung durch Verwaltungsakt zu erfolgen. Dadurch soll der rechtsstaatliche Grundsatz gesichert werden, dass Steuern nur nach Maßgabe des Gesetzes erhoben werden können.80 Ein Vertrag über die Steuerfestsetzung verstößt von daher gegen ein Vertragsformverbot im Sinne von § 54 S. 1 Hs. 2 VwVfG. Das Rechtsverhältnis ist insoweit auch nicht schiedsfähig. Die Steuerfestsetzung ist der Disposition der Beteiligten vollständig entzogen. Die Parteien können aus diesem Grund keinen wirksamen Vergleich in der Sache schließen und die Basis für eine schiedsgerichtliche Entscheidung in der An­gelegenheit liegt nicht vor. Ferner fehlt es in Beamtenrecht regelmäßig an der Schiedsfähigkeit eines Konflikts. Einigt sich etwa ein Beamter mit seinem Dienstherrn auf vertraglicher Basis über eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Besoldung, ist der Vereinbarung nach §§ 59 Abs. 1 VwVfG, 134 BGB die Wirksamkeit abzusprechen.81 Die Besoldung von Beamten ist gesetzlich abschließend geregelt. Nach § 2 Abs. 2 BBesG und den entsprechenden Regelungen auf Landesebene sind Besoldungsvereinbarungen die Wirksamkeit zu versagen. Der Verstoß gegen ein Vertrags­ inhaltsverbot bedingt insoweit auch die Schiedsunfähigkeit eines Konflikts. Als weiteres Beispiel der fehlender Schiedsfähigkeit aufgrund eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz seien Subventionsverträge genannt, die mit den unionsrechtlichen Beihilfenregelungen in Art. 107, 108 AEUV unvereinbar sind. Die Vorschriften des EU-Beihilfenrechts stellen Verbotsgesetze im Sinne von § 134 BGB, die regelmäßig zur Nichtigkeit einer unionsrechtsinkongruenten Vereinbarung führen.82 Daher fehlt auch solchen Vereinbarungen die Schiedsfähigkeit. 79

Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 43; Fehling, in: Fehling/Kastner, § 54 Rn. 49. BVerwGE 8, 329; zur Zulässigkeit der sog. „tatsächlichen Verständigung“ im Abgabenrecht BFH, NVwZ 1985, 863. 81 Vgl. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 58; Fehling, in: Fehling/Kastner, § 59 Rn. 15. 82 EuGH, NJW 1993, 49 (50); BGH, EuZW 2003, S. 444 (446); Gurlit, in: Erichsen/Ehlers, Allg. VerwR, § 32 Rn. 25. Der EuGH geht in seiner neueren Judikatur jedoch davon aus, dass in Art. 108 III 3 AEUV keine Aussage zur Erforderlichkeit der Rückforderung einer Subvention bei einem nur formellen Verstoß gegen das Durchführungsverbot getroffen werde (EuGH, EuZW 2008, S. 145). Daraus wird zum Teil gefolgert, die Nichtigkeit eines Verpflichtungsgeschäftes bei einem Verstoß gegen Art. 108 III AEUV sei aus europarechtlicher Sicht nicht zwingend, Fehling, in: Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, § 59 Rn. 17; Bartosch, Die private Durchsetzung des gemeinschaftlichen Beihilfenverbots, EuZW 2008, S. 235 (240). 80

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Schließlich führen auch die Nichtigkeitsgründe des § 59 Abs. 2 VwVfG zur Schiedsunfähigkeit eines Konflikts. Eine Vereinbarung, mittels derer sich die Verwaltung eine unangemessene Gegenleistung im Sinne von § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG versprechen lässt, kann nicht auf Grundlage einer wirksamen Schiedsklausel der staatlichen Gerichtbarkeit entzogen werden. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, in der sich die Behörde eine unzulässige Gegenleistung im Sinne von § 56 Abs. 2 VwVfG versprechen lässt. Der durch die Nichtigkeitsfolge des § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG zu begegnenden Gefahr eines „Ausverkaufs von Hoheitsrechten“83 führt insofern dazu, dass allein staatliche Gerichte über die Vereinbarungen entscheiden können. Jenseits der allgemeinen Nichtigkeitsgründe des § 59 VwVfG hindern besondere Vertragsarten die Schiedsfähigkeit von Rechtsverhältnissen nicht. Schiedsvereinbarungen können demnach in subordinationsrechtlichen Rechtsbeziehungen ebenso getroffen werden wie im Rahmen koordinationsrechtlicher Verträge. Die älteren Schriften zur Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht, die die Schiedsgerichtsbarkeit für subordinationsrechtliche Streitigkeiten weitgehend ausschließen wollten84 und wesentlich auf der generellen Skepsis gegenüber dem Vertrag im Verhältnis zwischen Verwaltung und Bürger basieren, überzeugen nach der gesetzlichen Klarstellung in § 54 S. 2 VwVfG nicht mehr. Denn das VwVfG differenziert für die generelle Zulassung des verwaltungsrechtlichen Vertrags nicht zwischen subordinationsrechtlichen und koordinationsrechtlichen Verträgen. Die besonderen Schutzmechanismen des § 56 VwVfG finden über § 59 Abs. 2 VwVfG im Rahmen der Überprüfung der objektiven Schiedsfähigkeit jedoch Beachtung.85 Eine grundsätzliche Beschränkung der Schiedsfähigkeit gilt schließlich auch nicht für Verpflichtungs- oder Verfügungsverträge oder für generelle Vertragsinhalte (wie etwa Subventionsverträge oder umwelt- und naturschutzrechtliche Vereinbarungen). Ihre Wirksamkeit ist im Wege einer Einzelfallprüfung gesondert festzustellen. ee) Zusammenfassung Die Untersuchung hat ergeben, dass Maßstab der Schiedsfähigkeit § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO sein muss. Zahlreiche vermögensrechtliche Streitigkeiten, insbesondere im Steuer- und Kommunalabgabenrecht sind aufgrund von Vertragsformverboten 83

Kopp/Ramsauer, § 56 Rn. 16. Weidemann, Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Streitsachen, S. 119; Wolte­ reck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S. 108. 85 Dabei sind an die Zulassung einer Schiedsvereinbarung in koordinationsrechtlichen Verwaltungsträgern geringere Anforderungen zu stellen. Denn die Verwaltungsträger bedürfen nicht des besonderen Schutzes des Art. 19 Abs. 4 GG, so dass die im Folgenden aufgezeigten Besonderheiten nicht bzw. allenfalls eingeschränkt für Verwaltungsträger gelten. Nicht zuletzt daraus folgt die besondere Eignung von Schiedsvereinbarungen in kooperationsrechtlichen Vertragsbeziehungen, Vgl. Teil 6, C. III. 84

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der Disposition entzogen. Diese Restriktionen würden umgangen werden können, wenn sich Schiedsfähigkeit nach § 1030 Abs. 1 S. 1 ZPO richten würde. Für die objektive Schiedsfähigkeit eines Gegenstands nach § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO ist auf die potentielle Vergleichsgültigkeit des Regelungsgegenstandes anzuknüpfen. Sie setzt voraus, dass die Parteien in der Sache einen wirksamen Vergleich schließen können. Ob dies der Fall ist, lässt sich nur anhand des konkreten Einzelfalls anhand der Grundsätze des § 59 VwVfG bestimmen. b) Sicherung der Erkennbarkeit: Bestimmtheitserfordernis Der Abschluss einer Schiedsvereinbarung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten bewirkt gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO den Ausschluss der Beschreitung des Rechtsweges zu den staatlichen Gerichten. Insoweit verzichtet eine private Schiedspartei mittels einer Schiedsvereinbarung auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützten Zugang zur staatlichen Gerichtsbarkeit. Die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung muss sich daher an den Anforderungen des Grundrechtsverzichts messen lassen. Es wurde bereits gezeigt, dass ein Verzicht auf die Gewährleistungen aus Art. 19 Abs. 4 GG daran geknüpft ist, dass zum Zeitpunkt der Verzichtserklärung solche materiellen Rechtspositionen, die vor einem staatlichen Gericht hätten verteidigt werden können und aufgrund der Schiedsvereinbarung vor Schiedsgerichten zu verteidigen sind, hinreichend erkennbar sind.86 Denn nur soweit die Schiedspartei absehen kann, welche subjektiven Rechte von einer Schiedsabrede umfasst sein können, kann der Schutzpflicht aus Art. 19 Abs. 4 GG entsprochen werden und der Schiedsvereinbarung Wirksamkeit zugesprochen werden. Das Schiedsverfahrensrecht enthält in § 1029 ZPO – neben der Legaldefinition einer Schiedsvereinbarung – Anforderungen an ihre Bestimmtheit. Den Schiedsparteien soll durch die Vorschrift Klarheit über diejenigen Rechtsbeziehungen verschafft werden, die nicht mehr der Kontrolle durch staatliche Gerichte zugänglich sein sollen.87 Gemäß § 1029 Abs. 1 ZPO ist die Schiedsvereinbarung eine Vereinbarung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. Die Regelung setzt für die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung allein voraus, dass das Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen die Schiedsabrede getroffen wird, hinreichend bestimmt ist. Eine Beschränkung der Zulässigkeit auf Streitigkeiten, die vor der Schiedsabrede entstanden sind, kennt das deutsche Schieds­ 86

Siehe zur Herleitung und Anforderung der Erkennbarkeit Teil 3, C. I. 2. b). Voit, in: Musielak, § 1029 Rn. 16; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 73.

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verfahrensrecht nach dem Wortlaut der Vorschrift („entstanden sind oder künftig entstehen“) nicht.88 Dementsprechend werden beispielsweise zivilrechtliche Schiedsvereinbarungen als hinreichend bestimmt angesehen, die in einem Rahmenvertrag geschlossen worden sind und für eine Vielzahl folgender Einzelgeschäften gelten.89 Gleiches gilt für eine Schiedsvereinbarung, die „alle nachbarrechtlichen Ansprüche, die sich aus der Errichtung des Bauwerks ergeben“90 bestimmt. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass aus einem Rechtsverhältnis völlig verschiedene Streitigkeiten entstehen können, die mit Beeinträchtigungen verschiedener subjektiver Rechtspositionen einhergehen können. So kann etwa die Erfüllung einer vertraglichen Hauptpflicht Gegenstand des Streits sein, ebenso die Rückabwicklung eines Vertragsverhältnisses oder auch sonstige vertragliche Nebenpflichten im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB. Insgesamt ergeben sich daher aus § 1029 Abs. 1 ZPO und in Verbindung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung geringe Anforderungen an die Bestimmtheit eines Rechtsverhältnisses. Zwar ist eine Blanko-Schiedsvereinbarung nicht zulässig, die alle Streitigkeiten zwischen zwei Vertragsparteien den Schiedsgerichten zuweist. Sobald das Rechtsverhältnis aber auf eine individualisierbare Grundlage zurückgeführt werden kann, sei es auf einen bestimmten Vertrag oder ein bestimmtes Ereignis, welches ein Rechtsverhältnis zur Folge haben kann, gilt das Rechtsverhältnis als hinreichend bestimmt.91 Nach der hier vertretenen Auffassung kann die Anforderung des § 1029 Abs. 1 ZPO, die Bestimmtheit eines Rechtsverhältnisses für die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung ausreichen zu lassen, angesichts der Bedeutung von Art. 19 Abs. 4 GG in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten nicht genügen. Denn allein aufgrund der Bestimmtheit eines Rechtsverhältnisses können möglicherweise beeinträchtigte materielle Rechtspositionen von einer privaten Schiedspartei im Verwaltungsrecht nicht so klar erkannt werden, dass ein Ausschluss des Rechtwegs zu staatlichen Gerichten erfolgen darf. Die Begründung dieses Ergebnisses hat zunächst am Begriff des Rechtsverhältnisses im Sinne von § 1029 Abs. 1 ZPO anzusetzen. Für verwaltungsrechtliche Streitigkeiten ist der Begriff des Rechtsverhältnisses verwaltungsrechtlich zu konkretisieren. Zwar ist das Rechtsverhältnis eine Kategorie der Allgemeinen Rechtslehre.92 Im öffentlichen Recht besteht die Besonderheit aber darin, dass die einem 88 Vgl. dazu Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 3 Rn. 15; Schlosser, in: Stein/Jonas-ZPO, § 1029 Rn. 13. 89 SchiedsG Hamburg, NJOZ 2001, S. 1073 (1078). 90 OLG Hamburg RIW 1989, 574, 575 [I 2 b] mit S. 578 [III 2]. 91 Vgl. die „Grundregel“ bei Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 75: „Ein Rechtsverhältnis ist bestimmt, wenn es zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung auf eine individuelle oder individualisierbare Grundlage zurückgeführt werden kann.“ 92 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 17.

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Rechtsverhältnis zu Grunde liegenden rechtlichen Regelungen dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind und die Verwaltung an ein umfangreicheres Normenprogramm gebunden ist, als dies für private Vertragsparteien zutrifft. Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO ist definiert als eine rechtliche Beziehung zwischen zwei oder mehreren Rechtssubjekten, die sich aus einem konkreten Sachverhalt und einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm ergibt.93 Das Verwaltungsrechtsverhältnis steht im engen Zusammenhang mit subjektiven öffentlichen Rechten und kann teils Folge, teils Voraussetzung subjektiver Rechte sein. Denn die Begründung subjektiver Rechte und Pflichten kann auf Gesetz, Verwaltungsakt, Verwaltungsvertrag oder auf Realakt beruhen. So liegt ein Rechtsverhältnis auf gesetzlicher Grundlage zwischen dem Anspruchsberechtigten und der Verwaltung vor, wenn gesetzliche Ansprüche – etwa eine Sondernutzungserlaubnis oder eine Baugenehmigung – statuiert werden. Ein Gebührenbescheid für Abwasser oder ein Bußgeldbescheid begründen ein Rechtsverhältnis mittels Verwaltungsakt. Die vereinbarte Stellplatzabgabe ist Beispiel eines Rechtsverhältnisses auf vertraglicher Grundlage. Schließlich kann ein Rechtsverhältnis durch einen Realakt – etwa durch die Veröffentlichung einer Arzneimittel-Transparenzliste – begründet werden. Demnach ist ein Rechtsverhältnis in einem weiten Verständnis jede rechtliche Beziehung, jedes subjektive Recht und jede Pflicht zwischen zwei Rechtssubjekten im Verwaltungsrecht.94 Damit ist der Begriff im Verwaltungsrecht sehr weit angelegt. Eine aus Art. 19 Abs. 4 GG erforderliche Beschränkung auf die Erkennbarkeit materieller Rechtspositionen ist zum Zeitpunkt des Entstehens eines Rechtsverhältnisses regelmäßig nicht möglich. So liegt ein Rechtsverhältnis bereits dann vor, wenn die Verwaltung aufgrund tatsächlicher Umstände berechtigt wäre, gegen einen Bürger einen Verwaltungsakt zu erlassen. Ebenso liegt ein Rechtsverhältnis schon vor, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf ein behördliches Handeln auf Seiten eines Bürgers bestehen. Sollte bereits zu diesem Zeitpunkt einer Schiedsvereinbarung die Wirksamkeit zugesprochen werden, stünde noch nicht fest, ob und in welcher Form materielle Rechte des Bürgers im Rahmen der rechtlichen Beziehung tangiert werden. Denn Kennzeichen eines verwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnisses ist die Bindung der Verwaltung nicht nur an das Normenprogramm, welches den Inhalt der Rechtsbeziehung auf einfachgesetzlicher Ebene maßgeblich konturiert. Die Behörde unterliegt vielmehr im Rahmen des Rechtsverhältnisses formalen und materiellen Bindungen, die über das einfache Fachrecht hinausgehen. So hat beispielsweise die zuständige Behörde bei der Erteilung einer Baugenehmigung nicht

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Sodan, in: Sodan/Ziekow, § 43 Rn. 7. Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, § 43 Rn. 5.

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nur die Anspruchsvoraussetzungen nach Maßgabe der Bauordnung zu berücksichtigen. Sie ist darüber hinaus an die allgemeinen Formvorschriften für den Erlass von Verwaltungsakten gebunden. Darüber hinaus können Grundrechte insbesondere im Rahmen der behördlichen Ermessensausübung Wirkung entfalten. Wird damit etwa eine beantragte Baugenehmigung trotz Vorliegens der materiellen Tatbestandsvoraussetzungen rechtswidrig nicht erteilt, kann dies aus einer unzutreffenden Anwendung des materiellen Baurechts, einer gleichheitswidrigen Ermessenausübung oder aus einer unvollständigen Verhältnismäßigkeitsprüfung resultieren. Denkbar sind ebenfalls formelle Fehler, etwa ein Verstoß gegen die Begründungspflicht. Jedenfalls können in einem solchen Fall völlig verschiedene subjektive Rechtspositionen beeinträchtigt werden. Zu denken ist hier beispielsweise an einen einfachgesetzlichen Anspruch aus dem Bauordnungsrecht, auf Art. 3 Abs. 1 GG basierende Gleichheitsrechte oder sonstige grundrechtliche Schutzpositionen, wie etwa Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG. Welche konkrete Rechtsposition beeinträchtigt scheint, wird aber in der Regel erst dann erkennbar sein, wenn sich das Rechtsverhältnis in einem Maße verdichtet hat, dass sich daraus abzeichnet, ob und inwieweit Streit über Bedeutung oder Anwendbarkeit einer einzelnen Vorschrift entstehen kann. Eine solche Einschränkung ist der Vorschrift des § 1029 Abs. 1 ZPO allerdings nicht zu entnehmen. Die von der Rechtsweggarantie geforderte Einschränkung auf die Erkennbarkeit einer möglicherweise tangierten materiellen Rechtsposition gelingt der Regelung daher nicht. Aus diesen Gründen ist es nicht ausreichend, wenn das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung an die Bestimmbarkeit des Rechtsverhältnisses anknüpft. Denn dadurch wird eine vollständige Erkennbarkeit sämtlicher tangierter subjektiver Rechte nicht gewährleistet. Der zentralen Anforderung an einen wirksamen Grundrechtsverzicht wird durch die Regelung in § 1029 Abs. 1 ZPO nicht Genüge getan. Es gilt mithin zu fragen, welche Folgen die zu weite Formulierung des Tatbestands des § 1029 ZPO für die Beurteilung der Wirksamkeit einer verwaltungsrechtlichen Schiedsvereinbarung hat. Mit anderen Worten, wie die Vorschrift verfassungskonform auszulegen ist. Eine Möglichkeit bestände darin, die Vorschrift dahingehend zu konkretisieren, dass Schiedsvereinbarungen nur in Ansehung eines konkreten Streits zugelassen werden. Dies wäre etwa der Fall, wenn zwischen den Parteien eine Meinungsverschiedenheit über Rechte und Pflichten besteht, die voraussichtlich einer verbindlichen Klärung durch ein Gericht zugeführt werden wird. Eine solche Lösung dürfte in Übereinstimmung mit der Auffassung im verfassungsrechtlichen Schrifttum stehen, ein Verzicht auf den Rechtsweg dürfe immer erst nach Erlass einer belastenden Entscheidung des Hoheitsträgers erklärt werden. Der „pro-futuro-Verzicht“ auf das Klagerecht sei mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht

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vereinbar.95 Sie wäre zudem dem Zivilverfahrensrecht nicht fremd. Denn gemäß § 38 Abs. 3 Nr. 1, 40 ZPO sind Gerichtsstandsvereinbarungen nicht prorogationsfähiger Personen vor Entstehung der Streitigkeit ausgeschlossen.96 Eine Vereinbarung über den Gerichtsstand zwischen nichtkaufmännischen Parteien ist daher unwirksam, wenn sie als Teil eines Hauptvertrages abgeschlossen wird und sich ein außergerichtlicher Streit noch nicht abzeichnet.97 Der Vorteil einer solchen Vorgehensweise bestände darin, ein klares Kriterium für die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung zu haben. Die Zulässigkeit einer Schiedsvereinbarungen ließe sich in dieser Weise regelmäßig verlässlich und anhand objektiver Kriterien bestimmen. Der Schutzpflicht des Art. 19 Abs. 4 GG würde so entsprochen. Allerdings wurde an anderer Stelle bereits gezeigt, dass im Verwaltungsrecht Konstellationen existieren, in denen mögliche materielle Rechtsverletzungen bereits vor Erlass der konkreten Maßnahme erkennbar sind.98 Der Schutz des Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht darauf gerichtet, den Weg zur staatlichen Gerichtsbarkeit um seiner selbst willen, sondern in Ansehung einer zu verteidigenden materiellen Rechtsposition zu bewirken. Daher erscheint die Einschränkung der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung in Abhängigkeit vom Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung verfassungsrechtlich nicht indiziert zu sein. Stattdessen wird an dieser Stelle vorgeschlagen, die Vorschrift des § 1029 ZPO dahingehend verfassungskonform auszulegen, die Wirksamkeit einer verwaltungsrechtlichen Schiedsvereinbarung anzuerkennen, wenn bei ihrem Abschluss die materiellen Rechtspositionen, die in einem Rechtsstreit durchzusetzen sind, für die private Schiedspartei erkennbar sind. Als wesentliches Indiz zu Gunsten der Wirksamkeit kann der Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung herangezogen werden. Wird die Vereinbarung während oder nach konkreten Meinungsverschiedenheiten getroffen, deutet dies auf die Erkennbarkeit der tangierten Rechte hin. Erfolgt die Schiedsvereinbarung vor einer konkreten Auseinandersetzung, ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit die zu verteidigenden subjektiven Rechte konkret ersichtlich gewesen sind. Für diese Auslegung spricht zum einen, dass sie dem Interesse der Schiedsparteien Rechnung tragen kann, frühzeitig Klarheit über den Rechtsweg herzustellen. Zum anderen ist sie mit den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar. Es entspricht einem Bedürfnis der Praxis, die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes als alternativen Streiterledigungsmechanismus bereits im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung über materielle Rechte und Pflichten in das Vertrags 95

Vgl. zu der verfassungsrechtlichen Diskussion Teil 3, C. I. 2. Zur restriktiven Auslegung der §§ 38–40 ZPO vgl. Heinrich, in: Musielak-ZPO, § 38 Rn. 1. 97 Heinrich, in: Musielak-ZPO, § 38 Rn. 22. 98 Siehe dazu Teil 3, C. I. 1. b). 96

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werk zu integrieren. Denn die Bereitschaft zur Eingehung von Pflichten kann davon abhängig sein, vor welchen Spruchkörpern im Streitfall zu prozessieren ist. So erscheint es als berechtigtes Interesse der Parteien, den Rechtsweg zu einem staatlichen Gericht für eine vertragliche Streitigkeit auszuschließen, wenn bekannt ist, dass bei dem an sich zuständigen Gericht eine Entscheidung aus welchen Gründen auch immer nicht innerhalb einer angemessenen Frist zu erwarten sein wird. Eine solche Verknüpfung vor Abschluss des materiellen Vertrags und der Schiedsabrede wäre ausgeschlossen, wenn erst nach eine Meinungsverschiedenheit über den staatlichen Rechtsweg disponiert werden könnte. Zwar darf aufgrund praktischer Erwägungen die Schutzwirkung des Art. 19 Abs. 4 GG sicherlich nicht preisgegeben werden. Es gilt aber zu zeigen, dass die vorgeschlagene Auslegung aus zwei Gründen mit der Rechtsweggarantie zu vereinbaren ist. Zum einen kann die private Schiedspartei die Wirksamkeit der Schieds­ vereinbarung vor, während und nach der Entstehung eines konkreten Streits durch ein staatliches Gericht kontrollieren lassen. Eine vorlaufende Kontrolle sieht das Schiedsverfahrensrecht in § 1032 Abs. 2 ZPO vor. Danach kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts ein isolierter Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens bei einem staatlichen Gericht gestellt werden. Im Rahmen des Antrags prüft dann das zuständige Verwaltungsgericht, ob die Schiedsvereinbarung den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG genügt und daher die Wirksamkeit zuzusprechen ist. Die gleiche Prüfung erfolgt von Amts wegen, wenn eine Partei in einem Verfahren vor dem staatlichen Gericht die Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO erhebt. Die Klage ist nur dann als unzulässig abzuweisen, wenn das Gericht die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung positiv feststellt. Schließlich kann eine private Schiedspartei die Aufhebung eines Schiedsspruchs gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 1. ZPO mit der Begründung begehren, die Schiedsvereinbarung sei nicht gültig gewesen. Zum anderen haben Schiedsgerichte nach der Konzeption des Schiedsverfahrensrechts nicht die Letztentscheidungskompetenz über ihre eigene Zuständigkeit. Nach § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO obliegt die Kompetenz-Kompetenz, also die Befugnis über die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts abschließend zu entscheidend, in Korrektur der vorherigen Rechtsprechung bei den staatlichen Gerichten.99 Aufgrund weit reichender Möglichkeiten einer vor-, gleich- und nachlaufenden Kontrolle der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung durch die staatliche Gerichtsbarkeit und die gesetzlich festgelegte Letztentscheidungskompetenz der staatlichen Gerichte über die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts, stellt sich der Abschluss einer Schiedsvereinbarung nicht als Totalverzicht auf die Schutzgewährung des Art. 19 Abs. 4 GG dar. Die staatliche Gerichtsbarkeit ist damit aufgerufen, die Einhaltung der an den Verzicht auf den Rechtsweg zu knüpfenden 99

Vgl. zur Letztentscheidungskompetent der staatlichen Gerichte, Teil 5, D. I. 3.

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Voraussetzungen und somit Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung des § 1029 Abs. 1 ZPO im Streitfall letztverbindlich zu überprüfen. c) Sicherung der Freiwilligkeit Neben der Sicherung der Bestimmtheit einer Schiedsvereinbarung ist es zugleich Gebot der Rechtsweggarantie, den Verzicht auf den staatlichen Rechtsweg nur dann anzuerkennen, wenn er als Ausdruck einer selbstbestimmten Grundrechtsausübung freiwillig zustande gekommen ist. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass im Verwaltungsrecht aufgrund der hoheitlichen Stellung der Verwaltung die besondere Gefahr eines strukturellen Ungleichgewichts zu besorgen ist.100 Art. 19 Abs. 4 GG verlangt aber, solchen Schiedsvereinbarungen die Anerkennung zu versagen, die unter Ausnutzung der Schwäche oder einer sonstigen Zwangslage einer Partei zustande gekommen sind. Gegenstand der folgenden Überlegung ist die Frage, inwieweit das Schiedsverfahrensrecht den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG hinreichend Rechnung trägt. Dazu soll zunächst die Bedeutung von § 1034 Abs. 2 ZPO erörtert werden. Die Vorschrift sucht einen Ausgleich für Konstellationen, in denen ein Übergewicht einer Schiedspartei in Bezug auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts besteht und wird im schiedsverfahrensrechtlichen Schrifttum vereinzelt als Sonderregelung betrachtet, die eine Wirksamkeitsprüfung der Schiedsvereinbarung anhand des § 138 BGB ausschließt. Im Anschluss soll der Versuch unternommen werden, Kriterien auszuloten, die für die Unwirksamkeit einer Schiedsvereinbarung im Verwaltungsrecht mangels Freiwilligkeit ihres Zustandekommens sprechen können. Das alte Schiedsverfahrensrecht beinhaltete eine „Überlegenheitsklausel“, mit der unausgewogenen Schiedsvereinbarungen die Wirksamkeit abgesprochen wurde. Nach § 1025 Abs. 2 ZPO a. F. war ein Schiedsvertrag unwirksam, bei denen „eine Partei ihre wirtschaftliche oder soziale Überlegenheit dazu ausgenutzt hat, den anderen Teil zu seinem Abschluss (…) zu nötigen“. Die Vorschrift sollte – in Absenkung der strengen Voraussetzung der Sittenwidrigkeit – eine Erweiterung des § 138 BGB darstellen und die Ausübung von Druck beim Abschluss von Schiedsvereinbarungen negativ sanktionieren.101 In den Anwendungsbereich der Norm fielen beispielsweise Vereinbarungen, in denen ein Monopolist gegenüber einem Kleinbetrieb seine marktbeherrschende Stellung zum Abschluss der Schiedsvereinbarung ausgenutzt hat.102 Als weitere 100

Vgl. Teil 3, C. I. 2. a). Vgl. insofern Schlosser, in: Stein/Jonas-ZPO, 21. Aufl. (1994) § 1025 Rn. 19 ff. 102 Maier, in: MünchKomm-ZPO, 1. Aufl. (1992), § 1025 Rn. 8. 101

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mögliche Beispiele wurden Schiedsvereinbarungen zwischen Profifußballern und Verbänden oder Vereinen genannt, die den Sportlern den Zugang zu staatlichen Gerichten versperren sollten.103 Die praktische Bedeutung der Vorschrift war indes in der (Gerichts-)Praxis gering.104 Dementsprechend konnte die Rechtsprechung auch nicht zur Konkretisierung von Fallkonstellationen beitragen, in denen die soziale oder wirtschaftliche Überlegenheit einer Partei angenommen wurde und zur Unwirksamkeit einer Schiedsvereinbarung führte. Die zwingende Unwirksamkeitsfolge einer unter Ausnutzung eines Ungleichgewichts zustande gekommenen Schiedsvereinbarung wurde im Zuge der Neuregelungen des Schiedsverfahrensrechts zumindest partiell relativiert.105 Der Gesetzgeber hat im geltenden Schiedsverfahrensrecht auf eine § 1025 Abs. 2 ZPO a. F. vergleichbare Regelung verzichtet.106 Neu eingeführt wurde hingegen mit § 1034 Abs. 2 ZPO eine Vorschrift, die der unterlegenen Partei die Möglichkeit eröffnet, bei einem staatlichen Gericht die Bestellung eines anderen als durch die Schiedsvereinbarung bestellten Schiedsrichters zu erwirken. In der Vorschrift soll der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck kommen, an der Zuständigkeit des Schiedsgerichts im Falle einer Benachteiligung einer Vertragspartei festzuhalten. Allerdings soll die Möglichkeit der Bestellung eines ausgewogenen Schiedsgerichts auf Antrag des Benachteiligten die Unausgewogenheit der Schiedsparteien kompensieren.107 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes der Parteien im schiedsgerichtlichen Verfahren (§ 1042 Abs. 1 ZPO) ein ausgewogenes Schiedsgericht hinreichend geeignet ist, die negativen Folgen einer unter Druck zustande gekommenen Schiedsvereinbarung zu beseitigen.108 Es gilt zu erörtern, ob und inwieweit bereits die Regelung in § 1034 Abs. 2 ZPO den Anforderungen an den Rechtswegverzicht hinreichend entsprechen kann. Grundrechtlich garantiert ist die Möglichkeit des Zugangs zur staatlichen Gerichtsbarkeit. Der Verzicht auf den Zugang ist an die Freiwilligkeit geknüpft und verlangt von daher eine autonome Entscheidung der betreffenden Schiedspartei. Vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG ist zu beachten, dass einer Schiedsvereinbarung, die diesen Anforderungen nicht entspricht, ihre Anerkennung zu versagen ist. Der verfassungsrechtliche Kern der Rechtsweggarantie darf nicht zur Disposition des Gesetzgebers stehen.109

103

Schlosser, in: Stein/Jonas-ZPO, 21. Aufl. (1994), § 1025 Rn. 21. Schlosser, in: Stein/Jonas-ZPO, 21. Aufl. (1994), § 1025 Rn. 19. 105 Habscheid, Das neue Recht der Schiedsgerichtsbarkeit, JZ 1998, S. 445 (447). 106 Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 203 f. 107 Schlosser, in: Stein/Jonas-ZPO, § 1029 Rn. 26. 108 BT-Drs. 13/5274, S. 34 und 39. 109 Vgl. Geimer, Integritätsprobleme im Umfeld der Justiz, S. 119. 104

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So mag die Sicherstellung der Ausgewogenheit eines Schiedsgerichts durch den Mechanismus des § 1034 Abs. 2 ZPO zwar die faire Behandlung der Parteien im Rahmen eines Schiedsverfahrens gewährleisten. Den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG wird dennoch nicht genüge getan, wenn der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten durch eine unfreiwillige Schiedsvereinbarung insgesamt versperrt bleibt. Denn eine Korrektur der Besetzung des Schiedsgerichts vermag einen Verstoß gegen die Rechtsweggarantie nicht zu korrigieren. Die Regelung des § 1034 Abs. 2 ZPO wäre von daher jedenfalls dann verfassungsrechtlich unzulässig, wenn es sich um eine abschließende Sonderregelung handeln würde, die eine Beseitigung der Wirkungen der Schiedsvereinbarung und die Wiederherstellung des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten nicht zuließe. Ob der Vorschrift eine solche Wirkung zu entnehmen ist, wird in der schiedsverfahrensrechtlichen Literatur vereinzelt vertreten.110 Mittels § 1034 Abs. 2 ZPO werde der gesetzgeberische Wille eindeutig zum Ausdruck gebracht, die Nichtigkeit als Folge einer abgenötigten Schiedsvereinbarung insgesamt auszuschließen. Als Sonderregelung solle die Vorschrift den Bestand der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts insgesamt schützen. § 138 BGB sei im Falle einer unter Druck zustande gekommenen Schiedsvereinbarungen unanwendbar. Der BGH und die ganz überwiegende Auffassung in der Literatur folgen dieser Ansicht nicht und halten die allgemeinen Regelungen des bürgerlichen Rechts bezüglich der Nichtigkeit von Verträgen auch Schiedsvereinbarungen für anwendbar.111 Der BGH prüft die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen nunmehr ausdrücklich am Maßstab des § 138 BGB.112 Im Hinblick auf die Bedeutung des Art. 19 Abs. 4 GG ist dieses systematische Verständnis des § 1034 Abs. 2 ZPO für verwaltungsrechtliche Schiedsverfahren zwingend. Es entspricht den Anforderungen der Rechtsweggarantie, dass eine Partei den Ausschluss des Rechtswegs im Falle einer unzulässigen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit beseitigen können muss. § 1034 Abs. 2 ZPO ist damit als Vorschrift zu verstehen, die der unterlegenen Parteien nur die zusätzliche Möglichkeit einräumt, mittels Einflussnahme auf die Besetzung des Schiedsgerichts ihre Benachteiligung zu kompensieren. Dies mag etwa dann von Vorteil sein, wenn die Schiedspartei trotz ihrer Benachteiligung an der Aufrechterhaltung der schiedsgerichtlichen Zuständigkeit festzuhalten gewillt ist. Ferner sind die materiellen Anforderungen des § 1034 Abs. 2 ZPO weniger streng als diejenigen der Nichtigkeitskontrolle nach § 138 BGB, so dass der Partei eine Art Mindestschutz zuzusprechen ist, ohne dass die Hürden der Sittenwidrigkeit erreicht werden müssen.113 110

Hesselbarth, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 203 f. Voit, in: Musielak-ZPO, § 1029 Rn. 10; Münch, in: MünchKomm-ZPO: § 1034 Rn. 10; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 4 Rn. 15. 112 BGH NJW 2009, S. 1962. 113 Vgl. Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1034 Rn. 10. 111

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Mit der gesetzgeberischen Intention ist dieses Verständnis der Vorschrift als additive Option unbeschadet eines Angriffs auf die Schiedsvereinbarung selbst in Einklang zu bringen. Denn den Gesetzesmaterialien zum Schiedsverfahrens-Neureglungsgesetz ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass ein Rückgriff auf die materiellen Schutzbestimmungen zu Gunsten der Privatautonomie in § 138 BGB durch § 1034 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen sein soll. Eine verwaltungsrechtliche Schiedsvereinbarung ist in Bezug auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Freiwilligkeit vor diesem Hintergrund anhand der allgemeinen Nichtigkeitsvoraussetzungen der §§ 59 Abs. 1 VwVfG, 138 BGB zu messen.114 Das Schiedsverfahrensrecht enthält demnach keine Sonderregelung zur Nichtigkeit einer unter Ausnutzung einer Zwangssituation zustande gekommenen Schiedsvereinbarung. Sie verweist die unterlegene Streitpartei insofern auf die Systematik der allgemeinen Nichtigkeitsregelungen. Damit gewährt das Schiedsverfahrensrecht der unterlegenen Schiedspartei nur einen Mindestschutz. Denn die Generalklausel des § 138 BGB sanktioniert nicht jede vertragliche Vereinbarung, die allein aufgrund der Überlegenheit einer Partei zustande gekommen ist, mit der Nichtigkeitsfolge. Erst wenn die Ausübung von Druck oder die Ausnutzung der Zwangslage als anstößig betrachtet werden kann, führt dies zur Nichtigkeit einer vertraglichen Vereinbarung.115 Dies setzt aber nach der allgemeinen Leseart des § 138 BGB einen unerträglichen Verstoß gegen die Rechtsordnung voraus, die von ihren Grundwerten deutlich abweicht.116 Ein solcher Verstoß ist in der Praxis regelmäßig nur schwer nachzuweisen. Insoweit kann die Forderung, dass die staatlichen Gerichte bei der Nachprüfung der Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen „mit unerbittlicher Strenge“117 über­ prüfen, ob der Schiedsvertrag tatsächlich ohne Zwang geschlossen wurde, nur als deutlicher Hinweis auf die Beachtung der Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG verstanden werden. Indizien dafür, wann eine Schiedsvereinbarung aufgrund fehlender Freiwilligkeit als nichtig anzusehen ist, liefert sie nicht. Die folgenden Überlegungen zu den Indizien für die Nichtigkeit einer Schiedsvereinbarung im Verwaltungsrecht stellen nicht mehr dar, als eine erste Annäherung an spezifisch verwaltungsrechtliche Gründe der Sittenwidrigkeit einer Schiedsvereinbarung. Vorangestellt sei die Beobachtung, dass eine Systematisierung von „verwaltungsrechtlichen“ Nichtigkeitsgründen im Sinne von §§ 59 Abs. 1 VwVfG, § 138 BGB in der verwaltungsrechtlichen Literatur und in der Rechtsprechung – soweit 114 Vgl. zur Nichtigkeit öffentlich rechtlicher Verträge aufgrund eines Verstoßes gegen § 138 BGB Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 59; Kopp/Ramsauer, § 59 Rn. 15. 115 Voit, in: Musielak-ZPO, § 1029 Rn. 10. 116 Armbrüster, in: MünchKomm-BGB, § 138 Rn. 1; Palandt, § 138 Rn. 2 f. 117 So die deutliche Formulierung bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann: Grundz. § 1025 Rn. 7 (68. Aufl.)

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ersichtlich – bisher nicht erreicht wurde. Umfangreiche Darstellungen zum Verwaltungsvertrag behandeln Nichtigkeitsgründe selektiv und ohne systematischen Zugriff auf die Nichtigkeit wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten.118 Verbreitet findet sich in den verwaltungsverfahrensrechtlichen Kommentierungen die Ausführung, eine Nichtigkeit nach §§ 59 Abs. 1 VwVfG, 138 BGB komme dann in Betracht, wenn die Verwaltung ihre hoheitliche Machtübernahme missbraucht und eine spezifische Zwangs- oder Notfalllage ausnutzt.119 Voraussetzungen, unter denen ein solcher Verstoß anzunehmen ist, wie sie im Privatrecht beispielsweise in Bezug auf die Sittenwidrigkeit von Bürgschaften entwickelt worden sind, finden sich nicht. Auszugehen hat die Suche nach Indizien von dem unstreitigen Befund, der Missbrauch der hoheitlichen Machtüberlegenheit begründe die Sittenwidrigkeit einer verwaltungsrechtlichen Vereinbarung. So kann es etwa für ein Ausnutzen der hoheitlichen Position sprechen, wenn ein Verwaltungsträger gegenüber dem privaten Vertragspartner ein „Drohszenario“ – ohne dass freilich die Voraussetzungen des § 123 BGB erfüllt sein müssen – aufbaut. In Betracht käme etwa eine Äußerung der Behörde, die Aufnahme einer Schiedsklausel in einen Verwaltungsvertrag sei notwendige Bedingung des Vertragsschlusses, ohne den der Vertrag „platze“ und ein einseitiges Vorgehen im Wege hoheitlichen Handelns erfolgen müsse. Gleiches dürfte gelten, wenn die Behörde kommuniziert, der Weg zu den Verwaltungsgerichten müsse zwingend ausgeschlossen werden, weil dort die materielle Vereinbarung keinen Bestand haben werde. Eine Ausnutzung hoheitlicher Machtbefugnisse wäre ebenfalls anzunehmen, wenn die Behörde bei einem Scheitern des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung die Erfüllung ihrer Aufgaben mittels „Dienst nach Vorschrift“ ankündigt und somit eine Verzögerung ihrer Handlungen implizit ankündigt.120 Für die Beurteilung der Wirksamkeit einer verwaltungsrechtlichen Schiedsvereinbarung ist zudem eine Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen. Berücksichtigungsfähig ist insofern auch der Inhalt einer Hauptvereinbarung, die mittels einer Schiedsvereinbarung flankiert werden soll. Stellt sich heraus, dass die Hauptvereinbarung ein ungleicher Vertrag ist, bei dem ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv anzunehmen ist, kann dies dafür sprechen, dass die Schiedsvereinbarung die Kontrolle durch ein staatliches Gericht verhindern soll. Der Gedanke des § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG, der die Angemessenheit eines Austauschvertrages erfordert, kann daher mittelbar auch für die Schiedsvereinbarung nutzbar gemacht werden. Zwar entspricht 118 Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 545 ff.; Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, S. 407 ff. 119 Fehling, in: Fehling/Kastner, § 59 Rn. 18; Kopp/Ramsauer, § 59 Rn. 15; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 59. 120 Vgl. zu einer Konstellation, in der das OVG Koblenz die Nichtigkeit eines Vertrages aus tatsächlichen Gründen abgelehnt hat: OVG Koblenz, NVwZ-RR 2003, 825.

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es der zivilprozessualen Dogmatik, die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarung von Hauptvertrag und Schiedsklausel voneinander zu trennen. In verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten rechtfertigt aber Art. 19 Abs. 4 GG die Berücksichtigung der Hauptvereinbarung für die Wirksamkeit der Schiedsklausel. Von einer besonderen Schwäche des Vertragspartners, der die Annahme der Unfreiwilligkeit rechtfertigt, kann als Indiz ausgegangen werden, wenn der private Partner auf eine behördliche Leistung zwingend angewiesen ist. Sei es, weil er ohne sie keine Möglichkeit hat, eine beabsichtigte Tätigkeit aufzunehmen – etwa im Anwendungsbereich präventiver Verbote mit Erlaubnisvorbehalt – oder sei es, weil die Behörde als monopolisierter Nachfrager in einem Markt auftritt. Erreicht die Abhängigkeit des privaten Vertragspartners eine Schwelle, die erhebliche Beeinträchtigungen wirtschaftlicher oder finanzieller Art mit sich bringt, sprechen objektive Hinweise dafür, dass eine gestörte Vertragsparität der Vereinbarung zu Grunde liegt. Sind damit objektive Kriterien, die gegen eine freiwillige Schiedsvereinbarung sprechen können, zumindest angedeutet, soll ferner auf das subjektive Element der Sittenwidrigkeit im Verwaltungsrecht eingegangen werden. Der Vorschrift des § 138 BGB wohnt ein subjektives Element inne. Solche objektiven Umstände, die die Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung begründen können, müssen dem Vertragspartner bekannt oder zumindest erkennbar gewesen sein.121 Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes in § 24 VwVfG dürfte es der Behörde aber regelmäßig schwer fallen, sich auf die Unkenntnis der Umstände zu berufen. Die Behörde ist gesetzlich verpflichtet, sämtliche entscheidungserheblichen Umstände des Falls zu ermitteln.122 Eine Berufung auf die Unkenntnis kommt von daher wohl nur dann in Betracht, wenn der private Vertragspartner die Behörde bewusst in Unkenntnis gelassen hat. Insofern dürften im Verwaltungsrecht die Anforderungen an die subjektive Komponente der Sittenwidrigkeit abgesenkt sein. Die Untersuchung hat damit gezeigt, dass die Freiwilligkeit des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung als Wirksamkeitsvoraussetzung im Schiedsverfahrensrecht berücksichtigt werden kann. Allerdings besteht keine –§ 1025 ZPO a. F. vergleichbare – Sonderregelung mehr, welche die Anforderungen an die Annahme einer unzulässigen Benachteiligung einer Schiedspartei herabsetzen könnte. Von daher richtet sich die Nichtigkeitskontrolle einer Schiedsvereinbarung nach den allgemeinen Regeln der §§ 59 Abs. 1 VwVfG, 138 BGB. Dabei handelt es sich um eine Mindestkontrolle, deren Schutzniveau dadurch gehoben werden kann, dass die Indizien für eine unzulässige Benachteiligung im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG zu würdigen sind. In Bezug auf die fehlende subjektive Kenntnis eines die Sittenwidrigkeit begründenden Umstandes besteht mit § 24 VwVfG eine rechtliche Re-

121

Armbrüster, in: MünchKomm-BGB, § 138 Rn. 129; Kopp/Ramsauer, § 59 Rn 15.  Kopp/Ramsauer, § 24 Rn. 6.

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gelung, die der Behörde eine Berufung auf die fehlende Kenntnis weitgehend unmöglich machen dürfte. Zur Kontrolle der Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung besteht die letztverbindliche Zuständigkeit jedenfalls bei der staatlichen Gerichtsbarkeit. Insofern stellt sich das verringerte einfachgesetzliche Schutzniveau als mit den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar dar. 3. Form der Schiedsvereinbarung (§ 1031 ZPO) Das Schiedsverfahrensrecht enthält in § 1031 ZPO Formvorgaben für die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen. § 1031 Abs. 1 S. 1 ZPO verlangt im Grundsatz die Schriftform, lässt aber zu Gunsten der Verkehrsfähigkeit zahlreiche Erleichterungen im Geschäftsverkehr zu.123 Zulässig sind nach § 1031 Abs. 1 S. 2 ZPO – unter Verzicht auf den Grundsatz der Urkundeneinheit – Schriftwechsel zwischen den Parteien. Telefaxe, Vereinbarungen per E-Mail oder anderen Formen der Nachrichtenübermittlung können der Schriftform im Sinne des Schiedsverfahrensrechts im gewerblichen Bereich genügen.124 Ferner sind gemäß § 1031 Abs. 2 ZPO Abs. 2 unter Rücksichtnahme auf die Verkehrssitte (§§ 157, 242 BGB) Erleichterungen der Formpflicht möglich. Gemäß § 1031 Abs. 3 ZPO kann eine Schiedsvereinbarung bezugnehmend begründet werden.125 Damit stellt sich die Frage, ob diese Formvorschriften auch für Schiedsvereinbarungen im Verwaltungsrecht Geltung beanspruchen können. Bedeutung erlangen insbesondere solche Regelungen, die eine Lockerung der Formstrenge bewirken und insoweit von § 57 VwVfG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung abweichen.126 Eine Kommunikation via Internet würde als Verzicht auf jede Form der Körperlichkeit den Anforderungen der §§ 57 VwVfG, 126 Abs. 1 S. 1 BGB nicht genügen.127 Gleiches gilt für eine auf mehreren Schriftstücken basierende Schiedsvereinbarung, denn am Erfordernis der Urkundeneinheit wird im Verwaltungsrecht – trotz der partiellen Lösung des BVerwG von dieser Anforderung,128 – immer noch festgehalten.129 Derartig geschlossene Schiedsvereinbarungen könn 123

Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1031 Rn. 27. Voit, in: Musielak-ZPO, § 1031 Rn. 4; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichts­ praxis, Kap. 5 Rn. 345. 125 Die Regelungen in § 1031 Abs. 4 ZPO, welche im Seerecht die Schiedsvereinbarung durch Bezugnahme im Konnossement ermöglich, spielt für verwaltungsrechtliche Angelegenheiten keine Rolle. 126 Zu den Schriftformerfordernissen vgl. Schlemminger, Schriftformrisiken beim Abschluss öffentlich rechtlicher Verträge, NVwZ 2009, S. 223 ff., und Schmitz, Die Verträge sollen sicherer werden – zur Novellierung der Vorschriften über den öffentlich rechtlichen Vertrag, DVBl. 2005, S. 17 ff. 127 Palandt, § 126 Rn. 2. 128 BVerwGE 96, 326 (332); BVerwG NVwZ 2005, S. 1083. 129 Zum Streitstand vgl. mit zahlreichen weiteren Nachweisen: Bonk, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, § 57 Rn. 19 ff. 124

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ten aber nach § 1032 Abs. 1, 2 ZPO gültig sein,130 so dass eine Bestimmung des Verhältnisses zwischen den unterschiedlichen Formvorschriften erforderlich ist. Die Feststellung von Stumpf, es handele sich bei der Schiedsvereinbarung um einen verwaltungsrechtlichen Vertrag, der insofern auch an den Schriftformerfordernissen des § 57 VwVfG zu messen sei, reicht als Begründung nicht aus.131 Denn es ist zu klären, ob § 1031 ZPO als schiedsverfahrensrechtliche Sonderregelung einen Rückgriff auf die Formvorschriften des materiellen Rechts ausschließt. Im Schiedsverfahrensrecht wird zu Recht davon ausgegangen, dass § 1031 ZPO die Formerfordernisse einer Schiedsvereinbarung abschließend regelt. Zwar wird wirkmächtig, aber wohl nicht herrschend, die Auffassung vertreten, formstrengere materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen des Hauptvertrags könnten auf die Schiedsvereinbarung durchschlagen.132 So soll etwa die Beurkundungspflicht eines Kaufvertrags im Sinne von § 311b Abs. 1 BGB auch für eine diesbezügliche Schiedsvereinbarung gelten.133 Als Begründung werden die unterschiedlichen Schutzzwecke des BGB und der ZPO angeführt. Während § 1031 ZPO allein Schutz- und Beweisfunktion hat, bezweckt § 311a Abs. 1 BGB weitergehend die Gewährleistung der zutreffenden Abbildung des Willens der Vertragsparteien. Er dient damit im besonderen Maße der Rechts- und Verkehrssicherheit.134 Die zutreffende Gegenmeinung lehnt die Ausweitung strengerer Formvorschriften materieller Verträge auf Schiedsvereinbarungen zu Recht ab.135 Diese Auffassung findet nämlich weder eine Stütze im Schiedsverfahrensrecht selbst noch in der Gesetzesbegründung. § 1031 Abs. 1 ZPO gilt ausweislich seines Wortlautes für sämtliche „Schiedsverträge“, ohne dass eine Differenzierung zwischen Schiedsvereinbarungen mit und ohne Zusammenhang zu formstrengeren Hauptverträgen gesetzlich angelegt ist. Angesichts des Ziels der internationalen Rechtsharmonisierung war der Gesetzgeber darauf bedacht, dir Formerfordernisse im Schiedsverfahren eigenständig und abschließend zu regeln. Für Schiedsvereinbarungen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ergibt sich im Ergebnis keine Abweichung. Gegen eine Anwendbarkeit des § 57 VwVfG 130 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1032 Rn. 30; Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1031 Rn. 7; zurückhaltend: Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 5 Rn. 46, der aber grundsätzlich anerkennt, dass Verwaltungsträger als im Geschäftsverkehr erfahrende Akteure auftreten können. 131 Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht, S. 120. 132 Einen Überblick über den Streitstand mit einer umfassenden Auswertung von Gerichtsentscheidungen und Literatur: Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1031 Rn. 12, Fn. 20. 133 Schumacher, in: Staudinger-BGB: § 311 b Abs. 1 Rn. 196. 134 Zu den weiteren Normzwecken vgl. Schumacher, in: Staudinger-BGB, § 311b Abs. 1 Rn.  3 f. 135 BGHZ 69, 260 (265); zustimmend Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 129 f.; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 5 Rn. 2.

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

ist bereits die Subsidiarität des Verwaltungsverfahrensgesetzes in Stellung zu bringen. Denn nach § 1 Abs. 1 VwVfG gilt das Verfahrensgesetz nur, soweit Rechtsvorschriften des Bundes keine entgegenstehenden Bestimmungen enthalten. Als „entgegenstehende“ Vorschrift ist allerdings § 1031 ZPO anzusehen. Eine solche Verdrängung des Verwaltungsverfahrensgesetzes setzt voraus, dass abweichende Regelungen überhaupt darauf zielen, das VwVfG zu derogieren.136 Dies kann nur angenommen werden, wenn der Gesetzgeber seinen Willen zur Rechtsvereinheitlichung eindeutig zur Geltung gebracht.137 Der Gesetzgeber wollte eine einheitliche Regelung der Formvorschriften für sämtliche Schiedsvereinbarungen, auch ungeachtet ihrer Zuordnung zu öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Streitigkeiten, schaffen. So wurde die Anwendbarkeit des Schiedsverfahrensrechts in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ausdrücklich angenommen. Eine Anpassung verwaltungsrechtlicher bzw. verwaltungsprozessualer Regelungen wurde insoweit auch (nur) dort vorgenommen, wo der Gesetzgeber Regelungsbedarf erkannte. So wurde § 173 S. 2 VwGO (jetzt § 173 S. 3) in das Verwaltungsprozessrecht eingefügt, auf weitere Anpassungen allerdings bewusst verzichtet. Schließlich greifen auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Lockerung von Schriftformerfordernissen im Verwaltungsrecht. Obwohl die noch herrschende Meinung davon ausgeht, dass die Schriftform Mindestform der Wirksamkeit verwaltungsrechtlicher Verträge ist138 und weniger formstrenge Vorschriften mit dem Willen des Gesetzgebers unvereinbar sind,139 läuft diese Auffassung im Massenverkehr verwaltungsrechtlicher Verträge bereits praktisch leer.140 Zu Recht lässt die Gegenansicht ein Absehen von der Schriftform im „Lichte des Schutzzwecks“ des § 57 VwVfG dort zu, wo dessen Schutzzweck nicht gefährdet ist.141 Zwar existiert der Schutzzweck des § 57 VwVfG, die Warn- und Nachweisfunktion,142 auch und im besonderen Maße hinsichtlich der Existenz einer verwaltungsrechtlichen Schiedsvereinbarung. Allerdings spricht nichts dagegen, dass § 1031 ZPO diese Funktion nicht auch zu erfüllen vermag. Denn die Vorschrift dient ebenfalls der Warnung und dem Schutz der Schiedsparteien vor der Beschränkung des Justizgewährungsanspruchs.143 Gleichzeitig soll durch die Formvorschriften der

136 Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 1 Rn. 232; Vgl. auch BVerwG NVwZ 1987, S. 488. 137 Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 1 Rn. 232. 138 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 57 Rn. 22; Ziekow, § 57 Rn. 5; OVG Magdeburg, JMBl. LSA 2001, 66; 139 BT-Drs. 7/910, S. 81: „Solange der Vertrag – im Gegensatz zum Zivilrecht und im Gegensatz zu dem eingebürgerten Verwaltungsakt – als atypische Regelung anzusehen ist, muss hierfür Schriftform verlang werden, soweit nicht durch besondere Rechtsvorschriften eine andere, weitergehende Form vorgeschrieben ist.“ 140 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 29. 141 Fehling, in: Fehling/Kastner, § 57 Rn. 14. 142 Fehling, in: Fehling/Kastner, § 57 Rn. 14; Kopp/Ramsauer, § 57 Rn. 1. 143 Voit, in: Musielak, § 1031 Rn. 1.

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

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Nachweis über das Bestehen einer Schiedsvereinbarung erleichtert werden.144 Die Konkretisierungen der Anforderungen an die Schriftform in § 1031 Abs. 1 S. 2 ZPO scheinen darüber hinaus geeignet, bestehende Unsicherheiten im Anwendungsbereich des § 57 VwVfG zu nivellieren. Darüber hinaus sind die Lockerungen des § 1031 Abs. 2 bis 4 ZPO erfahrenen Vertragsparteien vorbehalten, so dass auch aus der Perspektive des Schutzes der Bürger kein Festhalten an § 57 VwVfG geboten ist. Denn wird der Bürger als natürliche Person tätig, fällt er unter den Verbraucherbegriff des § 1031 Abs. 5 ZPO, so dass die Lockerungen der Schriftform nicht greifen. 4. Wirkung der Schiedsvereinbarung Die Hauptwirkung der Schiedsvereinbarung besteht in der Begründung einer prozesshindernden Einrede der beklagten Partei.145 Wird vor einem Gericht Klage in Bezug auf einen Gegenstand erhoben, für den eine Schiedsvereinbarung gilt, hat das Gericht die Klage gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abzuweisen. Damit werden mit Abschluss der Schiedsvereinbarung Streitigkeiten, die vom Umfang der Vereinbarung gedeckt sind, den staatlichen Gerichten entzogen. Eine vollständige Verdrängung der staatlichen Gerichtsbarkeit findet gleichwohl nicht statt. Schiedssprüche können nach § 1059 ZPO aufgehoben werden, wobei den staatlichen Gerichten nur ein eingeschränktes Kontrollrecht zusteht.146 Zum anderen unterliegen einzelne Entscheidungen der Schiedsgerichte, wie etwa die Überprüfung ihrer Zuständigkeit (§ 1040 ZPO), der gerichtlichen Kontrolle.147 Darüber hinaus bleibt die staatliche Gerichtsbarkeit für Eilverfahren nach §§ 916 ff. ZPO bestehen.148 In der verwaltungsrechtlichen Literatur ist streitig, ob eine Schiedsvereinbarung im Verwaltungsprozess der zivilprozessualen Regelung entsprechend als Schiedseinrede zu betrachten ist149, oder von Amts wegen zu berücksichtigen ist.150 Nach 144 Reichold, in: Thomas/Putzo-ZPO, § 1031 Rn. 1; Münch, in: MünchKomm-ZPO § 1031 Rn. 31. 145 Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1029, Rn. 93. 146 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 1 Rn. 4. Zum System der Kontrolle der Schiedsgerichte ausführlich Teil 5, D. 147 Zur gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen des Schiedsgerichts im Einzelnen, Schütze, Die gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen des Schiedsgerichts SchiedsVZ 2009, S. 241 f. 148 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 1029, Rn. 94; Schütze, Die gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen des Schiedsgerichts SchiedsVZ 2009, S. 241 (243). 149 So noch unter Bezugnahme auf das alte Recht (§ 1027a ZPO a. F.) Ehlers, in: Schoch/ Schneider/Bier, § 40 Rn. 725; Eyermann/Fröhler, § 40 Rn. 139. Für einen Fall unechter Schiedsgerichtsbarkeit: BVerwG NJW 1958, S. 433 (435). 150 Woltereck, Die Erledigung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte, S.  134 f.; Stumpf, Alternative Streitbeilegung, S. 135 f.

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

§ 1032 Abs. 1 ZPO tritt die Wirkung der Schiedsvereinbarung erst ein, wenn der Beklagte ihr Vorliegen vor Beginn der mündlichen Verhandlung rügt. Die erstgenannte Auffassung, nach der die Unzulässigkeit nur auf Einrede durch das staatliche Gericht erklärt werden darf, verdient den Vorzug. Das formale Argument, im Verwaltungsprozess gelte gemäß § 86 Abs. 1 VwGO der Amtsermittlungsansatz, während die Dispositionsmaxime nur im Zivilprozess maßgeblich und nach § 173 S. 1 VwGO daher nicht anzuwenden sei, wird dem materiellen Gehalt einer Schiedsvereinbarung nicht gerecht. Maßgeblich ist zu berücksichtigen, dass die Wahl des Rechtsweges gemäß Art. 19 Abs. 4 GG zur Disposition der Parteien steht. Diesbezüglich gilt die Dispositionsmöglichkeit im Verwaltungsprozess ebenso wie im Zivilprozess.151 Entscheidet sich ein Kläger trotz Vorliegens einer Schiedsvereinbarung für den Gang zum staatlichen Gericht und schweigt der Beklagte über den Bestand der Schiedsvereinbarung, wollen beide Parteien an der Schiedsvereinbarung nicht mehr festhalten. Es entspricht damit ihren Willen, den Rechtsstreit entgegen der ursprünglichen Schiedsvereinbarung doch vor ein staatliches Gericht zu bringen. Es bestehen dann aber keine Gründe dafür, die Parteien an ihre einmal getroffene Vereinbarung zu binden. Ebenso wäre es formalistisch, eine ausdrückliche Vereinbarung zu fordern, welche die ursprüngliche Schiedsvereinbarung beseitigt und den Weg zum staatlichen Gericht wieder öffnet. Besondere Beachtung muss die Vorschrift des § 1032 Abs. 1 ZPO im Verwaltungsrecht aus einem anderen Grund finden. Die Vorschrift stellt klar, dass staatliche Gerichte von Amts wegen zu prüfen haben, ob die Schiedsvereinbarung Gül­ tigkeit besitzt. Denn nur dann kann die Unzulässigkeit der Klage ausgesprochen werden. § 1032 Abs. 1 ZPO beinhaltet dementsprechend auch eine frühzeitige Möglichkeit, die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen.152 Ist sie aufgrund eines Verstoßes gegen ein Vertragsformverbot oder aus sonstigen Gründen nicht schiedsfähig,153 wegen eines Formmangels unwirksam oder ist das Schiedsverfahren undurchführbar, weil ein notwendig Beizuladender der Schiedsvereinbarung nicht beigetreten ist,154 muss das Verfahren vor dem staatlichen Gericht durchgeführt werden.

151

Teil 3, C. I. 2. Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1032 Rn. 3. 153 Zur objektiven Schiedsfähigkeit vgl. Teil 4, C. II. 2. a). 154 Zur Schiedsgerichtsbarkeit in multipolaren Konflikten siehe Teil 4, C. II. 5.  152

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

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5. Schiedsvereinbarungen in multipolaren Konflikten Besondere Probleme birgt die Betrauung von Schiedsgerichten mit der Entscheidung multipolarer Konflikte. Sind nicht nur die rechtlich geschützten Interessen von zwei Streitparten zu berücksichtigen sondern treten zusätzliche Beteiligte hinzu, ergeben sich daraus faktische und rechtliche Probleme. Faktisch besteht das Risiko, dass ein Schiedsverfahren die Erwartungen gerade nicht erfüllt, soweit keine Befriedungsfunktion gegenüber sämtlichen Betroffenen eintritt. Führt die Nichtbindung anderer Beteiligter zu einem weiteren Verfahren vor einem staatlichen Gericht, relativieren sich die erwünschten Kosten- und Zeitvorteile.155 Es ist insofern für ein mehrpoliges Streitverhältnis entscheidend, ob und inwieweit mehrere Parteien – womöglich gegen ihren Willen – am Schiedsverfahren beteiligt werden und ob eine schiedsgerichtliche Entscheidung auch für nichtbeteiligte Dritte Bindungswirkung entfalten kann. In verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten gewinnen diese Fragen besondere Relevanz. Denn hier können mehrpolige Konflikte vermehrt auftreten. Die Anfechtungsklage eines Dritten bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung (Anlagen- oder Baugenehmigungen) oder die Verpflichtungsklage auf Erlass eines belastenden Verwaltungsakts an einen Dritten mögen als Beispiele bereits genügen. Besonders bei Großvorhaben existiert regelmäßig eine Vielzahl subjektiver Rechte der Betroffenen. Aufgrund der Aufwertung formaler Rechtspositionen zu absoluten Rechten und der Beteiligung von Verbänden werden wehrfähige subjektive Rechtspositionen künftig eher ausgedehnt. Der Gesetzgeber des Schiedsverfahrensgesetzes hat die Probleme mehrpoliger Konflikte bewusst ausgeklammert,156 die Rechtsprechung in wohl verstandener Zurückhaltung keine Lösungsmöglichkeiten entwickelt.157 Dementsprechend geben sich nicht unerhebliche Anwendungsprobleme. Wichtig scheint in diesem Zusammenhang eine Vergewisserung über die Grundlagen der Schiedsgerichtsbarkeit zu sein. Sie basiert auf einer freiwilligen Vereinbarung der Parteien; niemand darf gegen seinen Willen in ein Schiedsverfahren hereingezogen werden.158 Es ist insoweit zwar denkbar, dass mehrere Streitparteien eine Schiedsvereinbarung treffen und sich somit gemeinsam der Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfen.159 Erfor 155

Zu den positiven Erwartungen der Schiedsparteien vgl. Teil 6, A. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 8 Rn. 652 ff.; Münch, in: MünchKomm-ZPO: § 1029 Rn. 58. 157 BGH NJW 1996, S. 1753 (1756): Der BGH hat entschieden, dass die Anfechtung von Beschlüssen im Recht der Kapitalgesellschaften zu keiner Rechtskrafterstreckung auf Gesellschafter führen darf, die ihre Rechte im Schiedsverfahren nicht geltend machen konnten. Die Rechtskrafterstreckung „würde den Rahmen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung sprengen“. 158 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 64. 159 Stumpf, S. 71; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 60. 156

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

derlich ist eine sogenannte „universelle“ Schiedsvereinbarung160, für die es nicht ausreicht, wenn sich mehrere Parteien jeweils bilateral der Schiedsgerichts­barkeit unterwerfen. Vielmehr muss eine gemeinsame Vereinbarung getroffen werden, die ausdrücklich auf die einheitliche Entscheidung des mehrpoligen Streits gerichtet ist.161 Mit dem Grundsatz der Freiwilligkeit unvereinbar ist die Anwendbarkeit der verwaltungsprozessualen Grundsätze einer notwendigen Beiladung. Kann eine Streitentscheidung gegenüber mehreren Beteiligten nur einheitlich ergehen, sieht § 65 Abs. 2 VwGO vor, dass der Dritte von Amts wegen – unabhängig von seinem Willen – beizuladen ist.162 Erfolgt die Beiladung ordnungsgemäß, erstreckt sich gemäß § 121 Nr. 1 VwGO die Rechtskraftwirkung des Urteils auf den Beigeladenen. Ein Schiedsgericht ist rechtlich nicht befähigt, eine Partei beizuladen. Denn es mangelt ihm einerseits an der Legitimation, die Bindungswirkung seiner Entscheidung auf andere Beteiligte als die Schiedsparteien zu erstrecken. Denn die einvernehmliche Zuständigkeitsbegründung beschränkt die Entscheidungs­ wirkung auf die Parteien. Andererseits wäre eine Beteiligungspflicht des Dritten am Schiedsverfahren mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren. Fraglich ist, welche Auswirkungen eine fehlende universelle Schiedsbindung für Verfahren hat, die im Sinne von § 65 Abs. 2 VwGO nur einheitlich entschieden werden können. Im zivilprozessualen Schrifttum wird vertreten, dass im Falle einer notwendigen Streitgenossenschaft nach § 62 Abs. 1 ZPO und bei fehlender gemeinsamer Schiedsbindung die Durchführung des Schiedsverfahrens auch zwischen den Schiedsparteien unzulässig ist.163 Diese Auffassung verdient Zustimmung und ist auf verwaltungsrechtliche Angelegenheiten bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 VwGO zu übertragen. Denn notwendige Streitgenossenschaft und notwendige Beiladung basieren auf der Gemeinsamkeit, dass eine Entscheidung über das Streitverfahren nur einheitlich ergehen kann.164 Ratio der Vorschriften ist neben den Rechtsschutzgesichtspunkten auch, dass einer Entscheidungsdivergenz unterschiedlicher Spruchkörper in derselben Angelegenheit vorgebeugt werden soll.165 Die Vorschrift dient damit auch der Verfahrensökonomie.166 Fehlt es an einer gemeinsamen Schiedsvereinbarung, so ist das Schiedsverfahren im Sinne von § 1032 Abs. 1 ZPO undurchführbar. Damit wird allen Beteiligten – trotz Bestehens einer bilateralen Schiedsvereinbarung – der Rechtsweg zu staatlichen Ge-

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Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 65. Voit, in: Musielak, § 1029 Rn. 9; Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1029 Rn. 42. 162 Czybulka, in: Sodan/Ziekow, § 65 Rn. 2. 163 Musielak, § 1029 Rn. 12, Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 67. 164 Czybulka, in: Sodan/Ziekow, § 65 Rn. 40. 165 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 67. 166 Czybulka, in: Sodan/Ziekow, § 65 Rn. 22. 161

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

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richten eröffnet.167 Ergeht gleichwohl eine Entscheidung in der Sache durch ein Schiedsgericht, ist die Entscheidung gemäß § 1059 ZPO aufzuheben.168 Das Schiedsverfahrensrecht stellt damit Möglichkeiten zur Verfügung, mehrpolige Konflikte zu lösen. Voraussetzung ist die freiwillige und korrespondierende universelle Schiedsbindung sämtlicher Schiedsparteien. Gleichwohl sind zahlreiche Konstellationen denkbar, in denen subjektive Rechtsinhaber an Verfahren notwendigerweise zu beteiligen sind, aber kein Interesse an einer nichtstaatlichen Streitentscheidung haben. In diesen Fällen wäre ein Schiedsspruch nicht nur mit dem gewiss unpraktischen Makel behaftet, keine Geltung für Dritte beanspruchen zu können. Nach der hier vertretenen Auffassung ist dann ein Schiedsverfahren im Sinne von § 1032 Abs. 1 ZPO undurchführbar. Für die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht bedeutet dies eine nicht unerhebliche Einschränkung.

III. Schiedsverfahren Das Schiedsverfahrensrecht enthält nur wenige zwingende Vorgaben für die Gestaltung des Verfahrens vor einem Schiedsgericht. § 1042 Abs. 1 S. 1 ZPO normiert den Gleichbehandlungsgrundsatz, der zur Sicherung eines fairen Verfahrens die prozessuale Gleichstellung der Parteien verlangt.169 Das Schiedsgericht muss unparteiisch darauf achten, dass den Parteien gleicher Zugang zu den Informationen des Schiedsverfahrens gewährt wird und ihnen die gleichen Chancen eingeräumt werden, ihre Belange durchzusetzten.170 Der Anspruch auf rechtliches Gehör im Schiedsverfahren ist als zwingende Vorschrift in § 1042 Abs. 1 S. 2 ZPO verankert. Das Schiedsgericht muss die Parteien – entsprechend den Anforderungen an das rechtliche Gehör vor staatlichen Gerichten171 – anhören, soweit es die Sach- und Prozesslage verlangt.172 Schließlich garantiert § 1042 Abs. 2 ZPO die anwaltliche Vertretung im Schiedsverfahren. Rechtsanwälte dürfen als Bevollmächtige im Schiedsverfahren nicht ausgeschlossen werden. Daraus kann allerdings nicht gefolgert werden, dass vor Schiedsgerichten ein Anwaltszwang besteht.173 Diese Vor-

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Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1029 Rn. 67, Voit, in: Musielak, § 1029 Rn. 12. Vgl. Zur Schiedsfähigkeit mehrpoliger Rechtsverhältnisse Teil 4, C. II. 5. Die strenge Rechtsfolge gilt nicht im Falle einer einfachen Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO. Der Schiedsspruch würde gegenüber dem nicht einfach Beigeladenen keine Bindungswirkung entfalten. Darüber hinaus fehlt es aber an keiner Sachurteilsvoraussetzung. Schließlich ist zu bemerken, dass es mit dem Grundsatz der Freiwilligkeit der Schiedsbindung auch unvereinbar wäre, könnte sich ein Dritter in ein Schiedsverfahren ohne Zustimmung der Schiedsparteien drängen. 169 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1042 Rn. 3. 170 Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1042 Rn. 2. 171 BGHZ 31, 43 (46) = NJW 1959 2213; BGHZ 85, 288 (291) = NJW 1983, S. 867. 172 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1042 Rn. 4. 173 Voit, in: Musielak-ZPO: § 1042 Rn. 7; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1042 Rn. 62. 168

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

gaben sind als Mindestanforderungen eines rechtsstaatlichen Grundsätzen genügenden Verfahrens im Schiedsverfahrensrecht zwingend. Darüber hinaus stehen die Verfahrensregelungen zur Disposition der Schiedsparteien. Denn gemäß § 1043 Abs. 3 ZPO können die Parteien das Verfahren selbst regeln oder durch Bezugnehme auf eine schiedsrichterliche Verfahrensordnung regeln lassen. Es obliegt etwa ihrer Gestaltungsbefugnis, den Schiedsort festzulegen, Kommunikationsformen wie E-Mail oder Videokonferenzen zuzulassen, die Öffentlichkeit ganz oder teilweise auszuschließen oder Regelungen zu Gunsten eines zügigen Prozessablaufs (Säumnisfolgen, Fristen für Schriftsätze) vorzugeben.174 Die Schiedsparteien haben es damit in der Hand, ihr eigenes Verfahrensrecht anhand ihrer Bedürfnisse „maßzuschneidern“.175 Daraus ergibt sich die Frage, ob die Dispositionsmöglichkeiten in Schieds­ verfahren zu verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten hinter der in zivilrechtlichen Streitsachen zurückbleiben müssen. Denn mit dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO besteht ein grundlegender Unterschied zwischen der zivilrechtlichen und der verwaltungsrechtlichen Prozessordnung, dessen Beachtung auch im schiedsgerichtlichen bedenkenswert scheint.176 Die Untersuchungsmaxime im Verwaltungsprozess dient zumindest auch dem öffentlichen Interesse an einer Aufklärung der entscheidungserheblichen Tatsachen. Dadurch soll die objektive Rechtsordnung bewahrt und die Verwaltung kontrolliert werden können.177 Darüber hinaus ermöglicht § 173 Abs. 1 S. 1 VwGO die Übertragbarkeit der schiedsverfahrensrechtlichen Regelungen nur unter dem Vorbehalt, dass keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Verfahrensarten bestehen. Es lässt sich vertreten, dass § 173 S. 1 VwGO keine Disposition zulässt, die den grundsätzlichen Unterschied nivelliert. In diese Richtung ist wohl die Ausführung zu § 1042 ZPO bei Meissner zu deuten, der die Vorschriften der VwGO zur „Richtschnur“ für die Ausgestaltung der allgemeinen Verfahrensregelungen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten heranziehen will.178 Allerdings bezieht sich die Stellungnahme Meissners auf die Schiedsentscheidung des OVG Berlin, das im zu beurteilenden Fall gemäß § 1034 Abs. 2 ZPO a. F. (jetzt § 1042 Abs. 4 S. 1 ZPO) nach freiem Ermessen über das anwendbare Verfahrensrecht zu entscheiden hatte.179 Denn die Schiedsparteien hatten 174

Vgl. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 3 Rn. 139 f.; Voit, in: Musie­lak-ZPO, § 1042 Rn. 33. 175 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 3 Rn. 140. 176 Zur Geltung des Untersuchungsgrundsatzes im Verwaltungsprozess mit zahlreichen weiteren Nachweisen Haverkämper, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Maximen des Verwaltungsprozessrechts, S. 67 ff. 177 Haverkämper, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Maximen des Verwaltungs­ prozessrechts, S. 82 f. 178 Meissner, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, § 173 Rn. 317 unter Verweis auf die Schiedsentscheidung des OVG Berlin, OVGE 16, 256 (260). 179 OVG Berlin, OVGE 16, 256 (260).

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

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im Rahmen der Schiedsvereinbarung keine eigenständigen Verfahrensregelungen getroffen. Das OVG entschied sich dafür, das Schiedsverfahren entlang der Regeln des Verwaltungsprozesses vor dem staatlichen Gericht auszugestalten. Da es sich insoweit um eine Ermessensentscheidung des Gerichts über das anwendbare Verfahren handelt, können ihr keine Hinweise bezüglich der Frage entnommen werden, ob die Streitparteien nichts anderes hätten vereinbaren können. Maßgeblich ist für die Fragestellung auf den Sinn und Zweck des Amtsermittlungsgrundsatzes und auf dessen verfassungsrechtliche Verankerung abzustellen. Zuvorderst hat die Amtsaufklärung eine rechtsschützende Funktion für den Bürger. Durch die Amtsermittlung wird das Prozessrisiko des Rechtsschutzsuchenden verringert, da er von der Beweisführungslast enthoben ist180 und somit eher auf anwaltlichen Beistand verzichten kann.181 Die Amtsermittlung soll dazu beitragen, dass die strukturellen Ungleichheiten zwischen dem Bürger und der Verwaltung, welche regelmäßig über größere finanzielle und personelle Ressourcen verfügen kann, im Sinne der Waffengleichheit ausgeglichen werden.182 Der Schutz der objektiven Rechtsordnung durch die Amtsermittlung, ist zwar gewünscht, dennoch allein Nebenzweck des Untersuchungsgrundsatzes.183 Nun ist aber bereits der auf effektiven Rechtsschutz gerichtete Hauptzweck des Untersuchungsgrundsatzes keine zwingende grundgesetzliche Vorgabe, sondern Ergebnis einer Zweckmäßigkeitsüberlegung auf der Ebene des einfachen Rechts.184 Der Gesetzgeber ist deshalb nicht daran gehindert, selbst Regelungen zu treffen, um den Beibringungsgrundsatz im Verwaltungsprozess einzuführen. Damit einher geht die gesetzgeberische Regelungsbefugnis, die Entscheidung über den Untersuchungs- oder Beibringungsgrundsatz gemäß § 1043 Abs. 1 ZPO zur Disposition der Streitparteien zu stellen. Etwas anderes kann sich auch nicht aus § 173 S. 1 VwGO ergeben. Denn der Vorschrift ist keine Wirkung dahingehend zu entnehmen, dass § 1043 Abs. 3 ZPO grundsätzlich anwendbar ist, eine Sperrwirkung aber dann eintritt, wenn wesentliche Unterschiede zum Verwaltungsprozess begründet werden.185 180

BVerwGE 19, 87 (94). Haverkämper, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Maximen des Verwaltungsprozessrechts, S. 69. 181 Ramsauer, in: AK-GG Art. 19 Abs. Rn. 122. 182 Ramsauer, in: AK-GG Art. 19 Abs. Rn. 122. 183 Mit weiteren Nachweisen: Haverkämper, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Maximen des Verwaltungsprozessrechts, S. 82. 184 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 219; Ramsauer, in: AK-GG Art. 19 Abs. Rn. 123. 185 Es sei darauf hingewiesen, dass in einer vergleichenden Perspektive die Unterschiede zwischen dem Zivil- und Verwaltungsprozess in Ansehung der unterschiedlichen Prozessmaximen nicht mehr allzu groß sind. So wird im Verwaltungsprozess die Ermittlung von Sachverhalten auf die von den Parteien vorgetragenen Belange beschränkt, während im Zivilprozess die Gerichte die Beweisführung durch „richtige Fragen“ beeinflussen. Vgl. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 14 Rn. 1287; Ramsauer, in: AK.GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 123.

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

In der Schiedsgerichtspraxis machen die Streitparteien von den Gestaltungsoptionen nach § 1043 Abs. 3 ZPO nur selten Gebrauch.186 Häufig sind die Fronten im Falle einer notwendigen Streitentscheidung schon so verhärtet, dass eine Einigung auf Verfahrensfragen nicht mehr herbeigeführt werden kann. Unterlassen es die Schiedsparteien ausdrückliche verfahrensbezogene Regelungen zu treffen, fungieren die Verfahrensregelungen der §§ 1042 bis 1050 ZPO als Auffangordnung, die einen berechenbaren Verfahrensgang ermöglichen sollen.187 Anders als das alte Schiedsverfahrensrecht, das in §§ 1034 bis 1036 ZPO a. F. nur rudimentäre Verfahrensregeln enthielt, statuiert das geltende Recht in §§ 1042 bis 1050 ZPO diese vergleichsweise detailliert.188 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das auch insoweit dispositive Schiedsverfahrensrecht durch einen sog. beschränkten Untersuchungsgrundsatz geprägt ist.189 Nach § 1034 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO a.F hatten die Schiedsrichter „das dem Streit zugrunde liegende Sachverhältnis zu ermitteln, soweit sie die Ermittlungen für erforderlich halten“. Die Regelung wurde nicht in das neue Rechts transformiert, obwohl in der Sache keine Änderungen herbeigeführt werden sollten.190 Insofern besteht auch nach geltendem Recht die Verpflichtung des Schiedsgerichts, eine Beweisaufnahme im Rahmen des Erforderlichen durchzuführen, selbst wenn die Parteien diesbezüglich keine Anträge gestellt haben.191 Eine Beweiserhebung gegen den gemeinsamen Willen der Parteien ist allerdings unzulässig.

IV. Schiedsspruch und Verfahrensbeendigung 1. Materielles Schiedsrecht Das Schiedsverfahrensrecht enthält in § 1051 ZPO eine Regelung über die Rechtsvorschriften, die das Schiedsgericht bei seiner Entscheidungsfindung zu Grunde zu legen hat. Angesichts der internationalen Ausrichtung des Schiedsverfahrensrechts stellt die Vorschrift eine Kollisionsregel dar, die in Verfahren mit Auslandsbezug eine Entscheidung über die Anwendung nationaler oder internationaler Rechtsvorschriften ermöglichen soll.192

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Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 3 Rn. 142. Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1042. Rn. 8. 188 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1042 Rn. 3. 189 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 14 Rn. 1281; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1042 Rn. 110. 190 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 14 Rn. 1281. 191 Baumbach/Albers/Lauterbach/Hartmann, § 1042 Rn. 10; Schütze, Die Ermessensregeln des Schiedsgerichts bei der Bestimmung der Beweisregeln, SchiedsVZ 2006, S. 1 ff.; Lach­ mann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 14 Rn. 1281. 192 BT-Drs. 13/5274, S. 52; Reichold, in: Thomas/Putzo-ZPO, § 1051 Rn. 1; Baumbach/Al­ bers/Lauterbach/Hartmann; § 1051 Rn. 1. 187

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

175

Die Vorschrift bringt den Grundsatz des Schiedsverfahrensrechts zur Geltung, die Konkretisierung des Schiedsverfahrens weitestgehend in die Hände der Schiedsparteien zu legen.193 Denn gemäß § 1051 Abs. 1 ZPO ist der Streit primär nach solchen Vorschriften zu entscheiden, die von den Streitparteien als streitentscheidend bestimmt worden sind. Subsidiär greift die Regelung des § 1052 Abs. 2 ZPO, wonach beim Fehlen einer Parteivereinbarung das sachliche Recht desjenigen Staates anzuwenden ist, mit dem der Gegenstand die engste Verbindung aufweist. Dem Schiedsgericht ist zudem eine Billigkeitsentscheidung ohne Bindung an eine Rechtsordnung erlaubt, wenn die Streitparteien das Gericht dazu ermächtigen (§ 1051 Abs. 3 ZPO). Es drängt sich für verwaltungsrechtliche Streitigkeiten die Frage auf, ob die Parteien über das materielle Recht disponieren können. Sie ist jedenfalls in Bezug auf sämtliche Vorschriften des öffentlichen Rechts zu verneinen. Dies folgt zweifellos aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.194 Weder kann sich die Verwaltung selbst der Determination durch Recht und Gesetz entledigen noch Dritte dazu befähigen, nach anderen als den für sie geltenden Vorschriften zu entscheiden. Das Gesetz ist Auftrag der Verwaltung, ihre Lösung von Recht und Gesetz schlicht unzulässig.195 Dementsprechend kann § 1051 Abs. 1 ZPO in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten zumindest hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Gegenstandes keine Geltung beanspruchen. Das Schiedsgericht ist in diesem Zusammenhang gemäß § 1052 Abs. 2 ZPO an diejenigen nationalen Vorschriften gebunden, die für die jeweils zuständige Verwaltungsbehörde gelten. Landesbehörden können damit im Rahmen eines Schiedsprozesses die Anwendung von Bundesrecht vereinbaren, Kommunen können sich im Rahmen interkommunaler Kooperationen nicht der Gemeindeordnung eines anderen Landes unterwerfen. Eine Anwendbarkeit des § 1051 Abs. 1 ZPO könnte in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten allenfalls dann angezeigt sein, wenn eine vertragliche Vereinbarung öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Pflichten begründet und sie wegen des Grundsatzes der einheitlichen Beurteilung dem Verwaltungsrecht zuzuordnen ist.196 Eine Vereinbarung bezüglich der Geltung materieller zivilrechtlicher Vorschriften könnte zumindest dann in Betracht kommen, wenn eine Verpflichtung im Rahmen des Vertrages eindeutig privatrechtlicher Natur ist.197

193 Zur Intention des Gesetzgebers, die Schiedsverfahrensregelungen weitestgehend zur Disposition der Schiedsparteien zu stellen vgl. Teil 4, C. I. 194 Zu den Bezügen zum Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vgl. Teil 3, B. IV. 195 Vgl. Teil 3, C. IV. 196 Zum Grundsatz der einheitlichen Beurteilung: Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 29. 197 Skeptisch zur generellen Möglichkeit „gemischter Rechtsverhältnisse“: Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 77 f.; Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 29.

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

Ebenso wenig ist es den Schiedsparteien gestattet, die Schiedsrichter gemäß § 1051 Abs. 3 ZPO zu einer Billigkeitsentscheidung jenseits des Rechts zu ermächtigen. Auch diesbezüglich greift die Gesetzesbindung der Verwaltung zwingend ein und verhindert eine Lösung von jeglichen materiellen Vorschriften. Dies resultiert für die Bindungen der Schiedsgerichte an unionsrechtliche Vorgaben mittelbar aus Art. 4 Abs. 3 AEUV. 2. Verfahrensbeendigung Das Schiedsverfahrensrecht kennt unterschiedliche Arten der Beendigung eines Schiedsverfahrens. Es endet regulär gemäß § 1056 Abs. 1 Alt. 1 ZPO mit einem endgültigen Schiedsspruch im Sinne von § 1055 ZPO. Weitere Möglichkeiten der Verfahrensbeendigung durch Beschluss sieht § 1056 Abs. 1 Alt. 2 i. V. m. Abs. 2 ZPO vor. Das Schiedsgericht schließt danach das Verfahren im Falle einer einseitigen Verfahrensbeendigung durch Klagesäumnis (§ 1056 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO), einer Klagerücknahme (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 b ZPO), einer übereinstimmenden Verfahrensbeendigung kraft Vereinbarung (§ 1056 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), der Untätigkeit beider Parteien (§ 1056 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ZPO) oder wegen sonstigen Gründen, die eine Verfahrensfortführung unmöglich machen (§ 1056 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ZPO), ab. Gegenstand der folgenden Betrachtung ist die Beendigung des Verfahrens mittels eines Schiedsspruchs. Der Schiedsspruch kann sowohl Ergebnis eines streitigen Streitentscheidung als auch einer in die Form eines Schiedsspruchs transferierten einvernehmlichen Vereinbarung der Parteien sein (sog. Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, § 1053 Abs. 1 S. 2 ZPO). Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (§ 1053 Abs. 2 S. 2 ZPO) ergeht auf Antrag der Parteien, wenn sich diese im Laufe des Schiedsverfahrens einvernehmlich geeinigt haben. Wesentliches Motiv für einen solchen Antrag ist die verbesserte Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut im Vergleich zum lediglich protokollierten Schiedsvergleich.198 Das Schiedsgericht prüft den Inhalt des Vergleichs auf seine Übereinstimmung mit dem ordre public, § 1053 Abs. 1 S. 2 ZPO. Es kontrolliert insoweit, ob die materiellen Vergleichsvoraussetzungen vorliegen und unterlässt andernfalls einen Ausspruch. Für das Schiedsgericht gelten die gleichen materiellen Kontrollmaßstäbe, wie für das staatliche Gericht in einem Aufhebungsverfahren nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.199 Die Kontrolle dient dem Schutz davor, dass die Parteien sich nicht einvernehmlich einen vollstreckbaren Titel beschaffen.200 198

BT-Drs. 13/5724, S. 54 f. Voit, in: Musielak-ZPO, § 1053 Rn. 1. Teil 5, D. II. 2. 200 Voit, in: Musielak-ZPO, § 1053 Rn. 1; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichts­ praxis, Kap. 20 Rn. 1806. 199

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

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§ 1053 Abs. 2 S. 2 ZPO stellt den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut sonstigen Schiedssprüchen im Sinne des § 1055 ZPO gleich. Somit können die Wirkungen des Schiedsspruchs im Falle der einvernehmlichen und streitigen Verfahrensbeendigung zusammen dargestellt werden. § 1055 ZPO verleiht dem Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Diese Gleichstellung mit einem staatlichen Urteil bewirkt die Attraktivität des Schiedsverfahrens, denn dadurch werden Rechtssicherheit und Rechtsfrieden hergestellt.201 § 1055 ZPO nimmt keine Differenzierung zwischen formeller und materieller Rechtskraft. Daraus resultieren unterschiedliche Auffassungen in der schiedsverfahrensrechtlichen Literatur über die Wirkung des Schiedsspruchs, namentlich ob der Schiedsspruch dem gerichtlichen Urteil auch hinsichtlich der materiellen Rechtskraft vollständig gleicht. Die formelle Rechtskraft eines Schiedsspruchs, also die Unangreifbarkeit einer Entscheidung mit den ordentlichen Rechtsmitteln der Berufung, Revision, Einspruch oder Beschwerde202, tritt unter drei Voraussetzungen ein. Zunächst muss der Schiedsspruch den Schiedsparteien unter Einhaltung der formalen Vorgaben des § 1054 ZPO zugegangen sein.203 Die formalen Mindesterfordernisse des § 1054 ZPO erfordern, dass den Schiedsparteien ein schriftlicher, datierter, vom Schiedsgericht unterschriebener und begründeter Schiedsspruch übermittelt worden ist. Als Mindesterfordernisse sind diese Anforderungen notwendige Bedingung der formellen Rechtskraft. Das Begründungserfordernis steht nach § 1054 Abs. 2 ZPO zur Disposition der Schiedsparteien. Die formelle Bestandskraft setzt ferner voraus, dass kein höheres Schieds­gericht in der Sache entscheidungsbefugt ist. Das Schiedsverfahrensrecht sieht keine höhere Instanz vor. Auf die Normierung eines Instanzenzuges wurde bewusst verzichtet, um die Befriedung des Streits zeitnah herbeizuführen. Das hindert die Schiedsparteien jedoch nicht daran, selbstständig eine nachgeschaltete Kontrollinstanz zu vereinbaren.204 In Schiedsverfahrensordnungen von Schiedsinstitutionen sind Rechtsmittelinstanzen verbreitet.205 Dabei kann das Oberschiedsgericht als Berufungs- oder Revisionsinstanz ausgestaltet sein. Sieht die Schiedsvereinbarung eine höhere Instanz vor, tritt die formelle Rechtskraft erst mit der Entscheidung des Oberschiedsgerichts ein. Schließlich muss es sich bei dem Schiedsspruch um einen endgültigen Schiedsspruch handeln. Dies ist nicht der Fall, wenn das Schiedsgericht nur eine Zwischenentscheidung über den Anspruchsgrund trifft206 oder vorläufige Maßnahmen 201

Voit, in: Musielak-ZPO, § 1055 Rn. 1. Vgl. BGH 31, 391; Lackmann, in: Musielak-ZPO, § 705 Rn. 1; Kopp/Schenke, § 121 Rn. 2. 203 Geimer, in: Zöller-ZPO: § 1055 Rn. 5; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 19 Rn. 1783. 204 OLG Hamm, RIW 1983, S. 698; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1055 Rn. 3. 205 Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22 Rn. 1. 206 Voit, in: Musielak-ZPO, § 1055 Rn. 4. 202

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Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

getroffen werden sollen.207 Ein Teilschiedsspruch, in dem das Schiedsgericht eine endgültige Entscheidung nur über einen abgrenzbaren Teil einer Streits trifft, ist hingegen endgültig.208 Voraussetzungen und Grenzen der materiellen Rechtskraft, verstanden als die Bindung der Parteien und ihrer Rechtsnachfolger an eine formell rechtskräftige Entscheidung und das Verbot für die Gerichte, in derselben Sache erneut bzw. abweichend zu entscheiden,209 werden in der schiedsverfahrensrechtlichen Literatur uneinheitlich bewertet. Nach zutreffender herrschender Meinung unterscheidet sich die materielle Rechtskraft eines Schiedsspruchs von einem staatlichen Urteil dadurch, dass sie in einem nachfolgenden Verfahren nur auf Einrede zu beachten ist.210 Da der Schiedsspruch kein Hoheitsakt ist, besteht kein von Amts wegen zu beachtendes Interesse daran, einander widersprechende Hoheitsakte zu vermeiden.211 Die Gegenansicht sieht darin eine gesetzlich nicht indizierte Verkürzung der Rechtskraftwirkung und hält den Schiedsspruch gleich eines staatlichen Urteils für von Amts wegen zu berücksichtigen.212 Diese Auffassung berücksichtigt allerdings den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht hinreichend. Die Gesetzesbegründung ist diesbezüglich nämlich eindeutig: „Hinsichtlich der materiellen Rechtskraft unterscheidet sich die Wirkung eines Schiedsspruchs von der eines rechtskräftigen Urteils lediglich dadurch, dass die Rechtskraft nicht von Amts wegen sondern nur auf Einrede berücksichtig wird.“213 Für verwaltungsrechtliche Streitigkeiten von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist die Frage, ob dem Schiedsspruch als solchem bereits Gestaltungswirkung zukommt. So geht eine Ansicht davon aus, dass ein Schiedsspruch zur Entscheidung einer Gestaltungsklage erst dann rechtsgestaltende Wirkung entfalten kann, wenn er gemäß §§ 1060 f. ZPO für vollstreckbar erklärt ist.214 Als Begründung wird angeführt, dass die potentiell weitreichende Wirkung einer Anfechtung erst dann eintreten soll, wenn sie durch ein staatliches Gericht bestätigt wurde.215 207

Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 19 Rn. 1713 ff. Voit, in: Musielak-ZPO, § 1055 Rn. 4; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichts­ praxis, Kap. 19 Rn. 1718. 209 Musielak, in: Musielak-ZPO, § 322 Rn. 5; Kopp/Schenke, § 121 Rn. 2. 210 BT-Drs. 13/5274, S. 56 f.; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1055 Rn. 12; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 19 Rn. 1785; Reichold, in: Thomas/Putzo-ZPO, § 1055 Rn. 2. 211 BayOLG MDR 1984, S. 496; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1055 Rn. 4. 212 Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1055 Rn. 8, Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 21 Rn. 6. 213 BT-Drs. 13/5274, S. 56 f. 214 BayOLG MDR 1984, 496; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1055, Rn. 7; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1055 Rn. 32. 215 Zur Plausibilität des Arguments Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 19 Rn. 1787, der die Auffassung aber aus systematischen Gründen ablehnt. 208

C. Das Schiedsverfahrensrecht in verwaltungsrechtlicher Konkretisierung

179

Dies würde in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten etwa bedeuten, dass ein Schiedsspruch erst dann zur Aufhebung eines Verwaltungsakts führen könnte, wenn er nach § 1060 Abs. 1 ZPO für vollstreckbar erklärt wurde. Die Auffassung mag in der sachlichen Begründung zwar gewisse Plausibilität besitzen. Gleichwohl findet sie weder im Gesetz noch in seiner Begründung eine hinreichende Stütze. Denn das Schiedsverfahrensrecht unterscheidet eindeutig zwischen der Rechtskraft einer Entscheidung in § 1055 ZPO und der Vollstreckbarkeitserklärung in § 1060 ZPO. Eine Vermengung der Wirkungen des Schiedsspruchs ist insoweit systemwidrig.216 Ein hinreichender Grund, die Gestaltungswirkung von der Vollstreckbarkeitserklärung abhängig zu machen, besteht zudem richtigerweise jedenfalls dann nicht, wenn die Schiedsfähigkeit eines Gegenstandes eng gezogen ist217 und insbesondere Dritte die Möglichkeit haben, gegen den Schiedsspruch vorzugehen.218 Damit ist festzuhalten, dass ein Schiedsspruch über die Aufhebung eines Verwaltungsakts rechtsgestaltende Wirkung hat und zur die kassatorischen Wirkung eines staatlichen Urteils in einer Anfechtungssache teilt. In einem solchen Falle bedarf es dann keiner Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruches. Durchbrochen werden kann die materielle Rechtskraft eines Schiedsspruchs durch die gerichtliche Aufhebung nach § 1059 ZPO.219 Der Aufhebungsantrag ist jedoch kein Rechtsmittel. Zum einen führt er zur Prüfung ausgewählter prozessualer und materieller Mängel, zum anderen hemmt er gemäß § 1055 ZPO nicht den Eintritt der Rechtskraftwirkung. Denn er „hat unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils“. Daneben besteht die Möglichkeit der Parteien, den Schiedsspruch kraft einvernehmlicher und nachträglicher Vereinbarung zu ändern.220 Sie sind nicht daran gehindert, das Ergebnis des autonom vereinbarten Schiedsgerichts durch eine erneute Vereinbarung außer Kraft zu setzen. Der Schiedsspruch enthält neben dem Ergebnis (Klageabweisung oder Klagestattgabe) eine Entscheidung über die Kosten (§ 1057 ZPO).221 In verwaltungsrechtlichen Schiedsverfahren können Schiedssprüche bei Gestaltungsklagen (Anfechtungsklagen, Vollstreckungsabwehrklage nach § 167 VwGO in Verbindung mit § 767 ZPO) ebenso ergehen wie bei Leistungsklagen (Verpflichtungsklage, allgemeine Leistungsklage) oder Feststellungsklagen (positive und negative Feststellungsklage, Fortsetzungsfeststellungsklage).222 Ausgeschlossen sind Normen 216 Ebenso: Voit, in: Musielak-ZPO, § 1055 Rn. 11; Geimer, in: Zöller-ZPO: § 1055 Rn. 2; nunmehr auch Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 19 Rn. 1787. 217 Zur objektiven Schiedsfähigkeit verwaltungsrechtlicher Streitgegenstände vgl. Teil 4, C. II. 2. a). 218 Zur Schiedsfähigkeit multipolarer Konflikte vgl. Teil 4, C. II. 5.  219 Münch, in: MünchKomm-ZPO: § 1055 Rn. 30. 220 Voit, in: Musielak-ZPO, § 1055 Rn. 6; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1055 Rn. 28. 221 Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 18 Rn. 3 f. 222 Zum System der Klagearten im Verwaltungsprozess Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 13 Rn 5 ff.; Hufeld, Klagearten und Urteilstypik im Verwaltungsprozess, JA 1998, 520 ff.

180

Teil 4: Einfachgesetzliche Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit 

kontrollklagen. Sie behandeln mit Rechtsnormen Gegenstände, die nicht zur Disposition der Parteien stehen.

V. Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen Im Gegensatz zum Urteil eines staatlichen Gerichts ist der Schiedsspruch als solcher nicht vollstreckbar. Denn der Schiedsspruch ist als Ergebnis einer auf Parteivereinbarung beruhenden Entscheidungsbefugnis kein Hoheitsakt. Die Vollstreckungsgewalt einschließlich der Fähigkeit, Vollstreckungstitel zu schaffen, steht aber ausschließlich dem Staat zu. Es bedarf folglich einer Vollstreckbarerklärung im Sinne von §§ 1060 Abs. 1 ZPO, die dem Schiedsspruch erst die „volle Qualität eines gerichtlichen Urteils“ verleiht.223 Für verwaltungsrechtliche Schiedssprüche ist das Erfordernis einer Vollstreckbarerklärung in § 168 Abs. 1 Nr. 5 VwGO geregelt. Die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung folgen aus § 1060 ZPO. Danach erfolgt die Vollstreckbarerklärung auf Antrag, soweit keiner der Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegt. Im Fortgang dieser Untersuchung werden die Voraussetzungen einer Aufhebung des Schiedsspruches im Rahmen des Aufhebungsantrages dargestellt.224 Die Vollstreckbarkeitserklärung ist somit als Mittel nachlaufender staatlicher Kontrolle ausgestaltet.225 Das Gericht prüft die Schiedsfähigkeit eines Gegenstandes und die Vereinbarkeit des Schiedsspruchs mit dem ordre public, bevor es den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Gelangt das Kontrollgericht zur Überzeugung, es liege ein Aufhebungsgrund vor, versagt es nicht allein die Vollstreck­ barerklärung, sondern hebt den Schiedsspruch gemäß § 1060 Abs. 1 S. 1 ZPO auf. Das Gericht ist allerdings nicht dazu befugt, den Schiedsspruch inhaltlich zu ändern. Allenfalls können einfache Schreibfehler korrigiert werden. Darüber hinaus ist das Schiedsgericht an den Tenor des Schiedsspruchs gebunden.226 Die Zuständigkeit für die Vollstreckbarerklärung liegt in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten gemäß § 173 S. 3 VwGO, § 1062 Abs. 1 ZPO bei dem VG, die gegen seine Entscheidung nach § 1065 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde entscheidet das OVG als letzte Instanz.227 Die Abweichung gegenüber zivilrechtlichen Streitigkeiten, bei denen die Eingangszuständigkeit für die Vollstreckbarerklärung bei dem OLG angesiedelt ist und die Rechtsbeschwerde zum BGH geht, wird damit begründet, dass dem Bun 223

BGHZ 141, 90 (95) NJW 1999, 2370; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1060 Rn. 3. Vgl. Teil 5, D. II. 225 Münch, in: Münch-Komm-ZPO, § 1060 Rn. 3. Vgl. dazu auch Teil 5, D. II. 1. 226 OLG München, Beschluss vom 25.09.2006 – 34 Sch 12/06; zitiert nach juris; Lachmann, in: Handbuch für die Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 26 Rn. 2422. 227 Kopp/Schenke, § 173 Rn. 8. 224

D. Zusammenfassung

181

desverwaltungsgericht keine zusätzlichen Aufgaben zugewiesen werden sollen.228 An der Intention einer Verfahrensbeschleunigung, die im Zivilprozess durch die Konzentration der Kontrolle auf höherer Gerichtsebene bewirkt werden soll,229 wird damit im Verwaltungsrecht nicht festgehalten.230 Allerdings wird damit auch eine niedrigere Zugangsschwelle für Streitigkeiten mit geringen Streitwerten geschaffen. Denn die Kritik an der zivilprozessualen Lösung formuliert den Eindruck, mittels der Eingangszuständigkeit beim BGH werde „mit Kanonen auf Spatzen“ geschossen.231

D. Zusammenfassung Die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Ausgestaltung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht können im Rahmen des gelten Schiedsverfahrensrechts berücksichtigt werden. § 173 S. 1 VwGO steht einer partiellen Übertragung der Regelungen in §§ 1025 ff. ZPO nicht entgegen. Ein angepasstes verwaltungsrechtliches Schiedsverfahrensrecht ist insoweit möglich. Modifikationen der schiedsverfahrensrechtlichen Regelungen erfordern vor allem die Rechtsweggarantie in Art. 19 Abs. 4 GG und das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in Art. 20 Abs. 3 GG: So kann eine Schiedsvereinbarung im Sinne von § 1030 ZPO nur dann wirksam sein, wenn die Parteien in der Sache einen gültigen Vergleich schließen können. Das Rechtsverhältnis, über das im Rahmen eines Schiedsverfahrens entschieden werden soll, ist von daher einer Wirksamkeitskontrolle nach §§ 44, 59 Abs. 1 VwVfG, 134, 138 BGB zu unterziehen. Ferner gilt es § 1032 ZPO vor dem Hintergrund der Anforderungen an einen Grundrechtsverzicht dahingehend auszulegen, dass die Erkennbarkeit der betroffenen materiellen Rechtsposition hinreichend abgesichert ist und die Freiwilligkeit des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung einer strengen Prüfung zu unterziehen ist. Multipolare Konflikte, in denen Rechte mehrerer Beteiligter in qualifizierter Weise betroffen sind, können nur dann durch ein Schiedsgericht entschieden werden, wenn sich sämtliche Parteien im Wege einer universellen Schiedsvereinbarung auf ein Schiedsverfahren geeinigt haben. Bei der Durchführung des Schiedsverfahrens steht das anzuwendende materielle Recht, sowohl die nationalen als auch die unionsrechtlichen Vorschriften, entgegen § 1051 Abs. 3 ZPO nicht zur Disposition der Beteiligten. Die Gleichstellung des Schiedsspruchs mit dem staatlichen Urteil durch § 1055 ZPO bewirkt die kassatorische Wirkung eines Schiedsspruchs über die Aufhebung eines Verwaltungsakts. 228

BT-Drs. 13/574, S. 74. Voit, in: Musielak-ZPO, § 1062 Rn. 2; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1062 Rn. 3. 230 Kritisch insofern Kopp/Schenke, § 173 Rn. 8. 231 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1062 Rn. 4. 229

Teil 5

Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit Es wurde im Zuge der vorliegenden Untersuchung bereits angedeutet, dass die Installierung von Kontrollmechanismen ein wesentliches Instrument der Regulierung und somit Ausdruck der staatlichen Gewährleistungsverantwortung ist. Zudem wurde erörtert, inwieweit das Grundgesetz eine Überprüfbarkeit schiedsgerichtlicher Entscheidungen verlangt. Im Folgenden wird nunmehr der Frage nachgegangen, wie das staatliche Kontrollkonzept im Schiedsverfahrensrecht ausgestaltet ist. Dabei sollen erneut die Besonderheiten des Verwaltungsrechts im Vordergrund stehen und Konkretisierungen und Modifikationen der gesetzlichen Regelungen aufgezeigt werden.

A. Begriff der Kontrolle Unter den Begriff der Kontrolle lassen sich ganz unterschiedliche Erscheinungsformen der Beobachtung, Prüfung und Einwirkung eines Kontrollsubjekts auf einen Kontrollgegenstand subsumieren.1 In einem weiten Begriffsverständnis ist Kontrolle der Abgleich zwischen einem (normativen) Soll- und dem tatsächlichen Ist-Zustand mit dem Ziel der Feststellung und Korrektur von Abweichungen.2 Es gibt zahlreiche Versuche, Parameter von Kontrolle zu systematisieren.3 Differenziert werden kann etwa nach dem Kontrollorgan (staatlicher oder nichtstaatlicher Akteur), dem Kontrollgegenstand (Ergebnis oder Verfahrenskontrolle) oder nach dem Kontrollmaßstab (Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit oder Wirtschaftlichkeit) sowie nach den Zeitpunkt der Kontrolle (Vorabkontrolle, Ergebniskontrolle).4 Gegenstand dieses Abschnittes ist zunächst die Kontrolle der Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht durch staatliche Institutionen. Akteur der staatlichen Kontrolle ist die staatliche Gerichtsbarkeit, als Kontrollorgan „par excellence“5, die 1

Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte der Kontrolle, in: GVwR III, § 47 Rn. 35. Zum Begriff der Kontrolle in der Verwaltungslehre vgl. Thieme, Verwaltungslehre, 4. Aufl.1984, § 84 Rn. 495. 3 Eichhorn/Friedrich, Verwaltungsökonomie, Bd.1, S. 251 ff.; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 1 Rn. 43. 4 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte der Kontrolle, in: GVwR III, § 47 Rn. 35. 5 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte der Kontrolle, in: GVwR III § 47 Rn. 128. 2

A. Begriff der Kontrolle 

183

ihrerseits durch richterliche Unabhängigkeit, strikte Regelbindung und Distanz zu den Beteiligten gekennzeichnet ist.6 Das Schiedsverfahrensrecht sieht im Wesentlichen zwei Kontrollmöglichkeiten vor: die Überprüfung der Zuständigkeitsbegründung der Schiedsgerichte und die Kontrolle der Entscheidung des Schiedsgerichts. Es erfolgt also eine vorlaufende Kontrolle in Bezug auf die Wirksamkeit der Disposition über den staatlichen Rechtsweg und eine nachlaufende Kontrolle der Übereinstimmung des Schiedsspruchs mit gesetzlichen Vorgaben. Die normative Organisation der Kontrolle ist Ausdruck eines beschränkten Kontrollkonzepts. Es wird allein die Einhaltung verbindlicher Rechtsmaßstäbe für die Schiedsvereinbarung und für den Schiedsspruchs einer Prüfung unterzogen und gegebenenfalls sanktioniert. Allerdings führt nicht jeder Regelverstoß zur Aufhebung des Schiedsspruchs, sondern es erfolgt eine Mindestkontrolle, die der Schiedsgerichtsbarkeit ein gewisses Maß an Eigenständigkeit zugesteht. Neben der Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit durch staatliche Gerichte wird die Kontrollwirkung der Öffentlichkeit in den Blick genommen. Der Öffentlichkeit als prinzipiell unbegrenzter Adressatenkreis7 wird im demokratisch verfassten Staat eine politische Wächterfunktion zugeschrieben.8 Durch Transparenz institutioneller Handlungen soll verhindert werden, dass die zu Kontrollierenden hinter „verschlossenen Türen“ ihre Handlungsmacht in gemeinwohlschädlicher Weise missbrauchen. Die öffentliche Kontrolle ist im Gegensatz zu staatlichen Kontrollmechanismen nicht auf den Maßstab des Rechts beschränkt. Es wird zu zeigen sein, dass die öffentliche Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit nicht in erster Linie einem Machtmissbrauch oder der Vorbeugung gegen Korruptionsgefahren der Schiedsgerichte zu verhindern sucht. Sondern ihr Ziel ist im Wesentlichen die Vermeidung kollusiven Zusammenwirkens zwischen der öffentlichen Verwaltung und Privaten. Rechtswidrige verwaltungsrechtliche Vereinbarungen sollen nicht durch die Verlagerung von Streitentscheidungen auf private Gerichte geschützt werden. Insofern bilden die Informationsfreiheitsgesetze eine einfachgesetzliche Basis, „Fluchtbewegungen“ der öffentlichen Verwaltung aus der Öffentlichkeit des staatlichen Gerichtsprozesses in das Schiedsverfahrensrecht ihrer Wirkung zu berauben.

6

Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte der Kontrolle, in: GVwR III § 47 Rn. 127. Zum Begriff der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Kontrollfunktionen vgl. Scherz­ berg, Öffentlichkeitskontrolle, in: GVwR III, § 49 Rn. 1. 8 Scherzberg, Öffentlichkeitskontrolle, in: GVwR III, § 49 Rn. 72 (m. w. N.). Zum Kontrollkonzept der informierten Öffentlichkeit vgl. Teil 3, C. III. 3. 7

184

Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

B. Erforderlichkeit staatlicher Kontrolle An der Erforderlichkeit staatlicher Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit bestehen im Grundsatz keine Zweifel. Sie ist verfassungsrechtlich durch Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG zwingend geboten. Daneben treten aber weitere Erwägungen, die für die Erforderlichkeit staatlicher Kontrolle sprechen können. Sie stellt aus einer regulatorischen Perspektive ein notwendiges Äquivalent zur Ermöglichung der Erbringung staatlicher Aufgaben durch Private dar. Allerdings liegt es auch vielfach auch im Interesse des Kontrollierten, seine Handlungsspielräume nicht losgelöst von staatlichen Einwirkungsmöglichkeiten auszufüllen.

I. Kontrolle als regulatorische Notwendigkeit Die Kontrolle nichtstaatlicher Streitentscheidung stellt auch aus einer regulatorischer Perspektive eine Notwendigkeit dar. Überlässt der Staat Privaten die Erfüllung von Rechtssprechungsaufgaben, zu deren Erbringung er selbst verpflichtet ist und bleibt, ist dies als mögliche Variante der Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft zu anzusehen. Der Gesetzgeber gestaltet die Schiedsgerichtsbarkeit als echte Alternative zum staatlichen Rechtsweg aus, indem er die Schiedsvereinbarung als echtes Prozesshindernis normiert, dem Schiedsspruch Urteilswirkung zuerkennt und im Falle einer Vollstreckbarkeitserklärung dessen zwangsweise Durchsetzung ermöglicht. Sorgt der Gesetzgeber damit für die Verkehrsfähig der Schiedsgerichtsbarkeit, ist es gleichsam rechtsstaatliches Gebot, dass er die Einhaltung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen garantiert und im Falle ihrer Missachtung Mechanismen zur Korrektur bereitstellt.9 Der Eröffnung wettbewerblicher Erbringung verbindlicher Streitentscheidungen korrespondiert eine Verantwortung für die Einhaltung elementarer Marktregelungen. Denn mit der staatlichen Zulassung nichtstaatlicher Aufgabenerfüllung ist kein Verzicht auf regulatorisches Einwirken verbunden. Keinesfalls soll die Steuerungsleistung zwingender rechtsstaatlicher Prinzipien reduziert werden. Es ist im Gegenteil Ausdruck der Gewährleistungsverantwortung, Schutzvorkehrungen zur Einhaltung verbindlicher Regelungen durch private Akteure zu treffen, deren Einhaltung der Staat zu garantieren hat.10

9

Burgi, Privatisierung, in: HStR IV³, § 75 Rn. 41. Burgi, Privatisierung, in: HStR IV³, § 75 Rn. 41.

10

C. Spannungsverhältnis: Kontrolle vs. Autonomie der Schiedsgerichtsbarkeit 

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II. Kontrolle zu Gunsten des Kontrollierten Neben die staatszentrierten Begründungsstränge für die Notwendigkeit staatlicher Kontrolle treten auch solche Erwägungen für eine Überwachung, die der Institutionalisierung der Schiedsgerichtsbarkeit zu dienen bestimmt sind. Die Funktion von Kontrolle erschöpft sich nämlich nicht in der Gewährleistung der Einhaltung zwingender Rechtsmaßstäbe, sondern sie kann gleichzeitig, wenn auch nicht zwingend in gleichen Teilen, der Förderung des Kontrollierten dienen.11 Zum einen kann bereits die potentiell mögliche Überwachung dazu führen, das Vertrauen in die Integrität der Schiedsgerichtsbarkeit zu steigern.12 Die Bindung der Schiedsgerichtsbarkeit an verbindliche rechtliche Maßstäbe und eine sichere Erwartung, diese im Zweifel auch vor staatlichen Institutionen durchsetzen zu können, mag Zweifel der Schiedsparteien hinsichtlich des Abschlusses einer Schiedsabrede reduzieren. Die Erwartung, elementare Fehler im Entscheidungsverfahren oder in der Entscheidung selbst einer erneuten Prüfung zu unterziehen, senkt die als Unsicherheitsfaktoren einer möglicherweise als Risiko empfundenen Entscheidung zu Gunsten der Schiedsgerichtsbarkeit. Zum anderen ermöglicht Kontrolle die Initialisierung von Lernprozessen der Schiedsgerichte in Bezug auf die künftige Vermeidung von Fehlern. Die Schiedsgerichte haben schon aus Gründen ihrer Selbsterhaltung ein Interesse an der Bestandskraft ihrer Entscheidung. Schließlich dient die Kontrolle der Professionalisierung der Schiedsgerichtsbarkeit und reduziert die Gefahr nicht hinreichend sorgfältiger Entscheidungen. Eine mögliche Kontrolle schiedsrichterlicher Entscheidungen kann im Ergebnis auch die Akzeptanz der Schiedsgerichtsbarkeit als Institution fördern.

C. Spannungsverhältnis: Kontrolle vs. Autonomie der Schiedsgerichtsbarkeit Es wurde somit aufgezeigt, dass die Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit verfassungsrechtlich determiniert, gleichwohl aber keine eindimensionale Wirkung zu ihren Lasten entfalten muss. Dennoch wird ein Spannungsfeld zwischen dem Interesse der Schiedsparteien an einer bestandsfesten Entscheidung und ihrer gebotenen Kontrolle erzeugt. Zumindest die nachträgliche Kontrolle schiedsrichterlicher Entscheidungen durch staatliche Gerichte scheint den Sinn und Zweck der privaten Streitentscheidung zu konterkarieren. Die Erwartungen der Schiedsparteien an die Wahl 11 In Anlehnung an Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte der Kontrolle, in: GVwR III, § 47 Rn. 7. 12 Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte durch staatliche Gerichte, S. 6 f.

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Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

einer Alternative zu staatlichen Streitbeilegungsinstrumenten sind darauf gerichtet, schnelle, kostengünstige und gegebenenfalls vertrauliche Entscheidungen ihres Konflikts herbeizuführen.13 Eine umfassende Kontrolle des Schiedsspruches stünde hierzu im Widerspruch und würde die Schiedsgerichtsbarkeit auf eine Art „Vorverfahren des staatlichen Gerichtsverfahrens“14 reduzieren. Theoretisch bestehen unterschiedliche Möglichkeiten der Ausgestaltung eines Kontrollsystems, das dem so skizzierten Zielkonflikt zwischen Bestand und Kontrolle des Schiedsspruchs gerecht wird.15 Einerseits kann der Gesetzgeber in bestimmten, von ihm als sensibel empfundenen Bereichen, die Schiedsgerichtsbarkeit ausdrücklich ausschließen oder ihre Entscheidungsräume zumindest stark beschränken. Wird damit die Zulassung von schiedsgerichtlichen Entscheidungen an hohe Hürden geknüpft, kann die Ergebniskontrolle auf ein geringeres Maß reduziert werden. Es ist dann als ausreichend anzusehen, die Einhaltung des verbindlichen Entscheidungsrahmens einer Überprüfung zu unterziehen und nur im Falle der Umgehung von Schiedsverboten den Schiedsspruch aufzuheben. Bei einem solchen Regelungsregime können die Schiedsparteien davon ausgehen, dass bei einer Einhaltung des schiedsrichterlichen Entscheidungsbereichs das Schiedsergebnis regelmäßig aufrecht erhalten bleibt. Werden andererseits geringe Anforderungen an die Schiedsfähigkeit von Konflikten gestellt und den Schiedsparteien ein weiter Entscheidungsbereich zugestanden, wird der Fokus staatlicher Kontrolle auf den Schiedsspruch verschoben. Im Rahmen der Ergebniskontrolle muss dann ein Maß zwischen der rechtstaatlich gebotenen Kontrolle und der Sicherung eines Entscheidungsfreiraums der Schiedsgerichte gefunden werden, welche die staatlichen Gerichte nicht als „Superrevisionsinstanz“ für Schiedsgerichte erscheinen lässt. Das schiedsverfahrensrechtliche Regelungsregime im Verwaltungsrecht ist eher dem letztgenannten Modell staatlicher Kontrolle zuzuordnen. Denn der Anwendungsbereich schiedsrichterlicher Entscheidungen im Verwaltungsrecht ist zumindest insofern weit, dass keine Materien, wie etwa das Wohnraummietrecht in § 1030 Abs. 2 ZPO, bestehen, die ausdrücklich der Schiedsgerichtsbarkeit entzogen sind.16 Die Schiedsfähigkeit findet ihrer Grenze von daher allein in der Dispositionsgültigkeit eines Vergleichs. Zu beachten ist aber, dass mehrpolige Konflikte nur im Falle einer universellen Schiedsbindung schiedsfähig sind.

13

Vgl. dazu auch Teil 6, A. Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte durch staatliche Gerichte, S. 90. 15 Zum Zusammenhang zwischen hoher Eingangs- und geringer Ergebniskontrolle vgl. Son­ nauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte durch staatliche Gerichte, S. 93. 16 Zur Schiedsfähigkeit von verwaltungsrechtlichen Gegenständen vgl. Teil 4, C. II. 1. a). 14

D. Das schiedsverfahrensrechtliche Kontrollsystem

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D. Das schiedsverfahrensrechtliche Kontrollsystem Das schiedsverfahrensrechtliche Kontrollsystem sieht verschiedene Möglichkeiten vor, wie die Schiedsparteien staatliche Gerichte in Angelegenheiten betrauen können, für die eine Schiedsvereinbarung geschlossen wurde. Zu einem frühen Zeitpunkt kann die Schiedsvereinbarung einer Kontrolle unterzogen werden und damit die Frage durch ein staatliches Gericht entschieden werden, ob der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten tatsächlich versperrt ist (vorlaufende Kontrolle). Eine direkte nachträgliche Kontrolle des Schiedsspruchs kann im Wege des Aufhebungsantrags nach § 1059 ZPO erfolgen (nachlaufende Kontrolle). Im Rahmen der Vollstreckbarkeitserklärung erfolgt eine mittelbare Kontrolle des Schiedsspruchs.

I. Kontrolle der Schiedsvereinbarung 1. Isolierter Feststellungsantrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO Zunächst kann die Gültigkeit einer Schiedsvereinbarung einer Rechtskontrolle unterzogen werden, um zu prüfen, ob und inwieweit der Weg zu staatlichen Gerichten tatsächlich versperrt ist. Einen solchen isolierten Feststellungsantrag sieht § 1032 Abs. 2 ZPO vor.17 Er ermöglicht den Schiedsparteien noch vor Erhebung einer Schiedsklage, also losgelöst von einem konkreten Schiedsverfahren, die Prüfung, „ob eine wirk­ same Schiedsvereinbarung vorliegt, sie durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens der Schiedsvereinbarung unterfällt“.18 Der Antrag ist zulässig, solange sich das Schiedsgericht noch nicht konstituiert hat.19 Entscheidender Zeitpunkt für die Rechtzeitigkeit eines Antrages ist der Eingang bei Gericht. Es kommt somit nicht darauf an, ob der Antrag der Gegenseite zugestellt worden ist.20 Der isolierten Feststellung der fehlenden Schiedsfähigkeit nach § 1032 Abs. 2 ZPO kommt im Verwaltungsrecht eine besondere Funktion zu. Eine fehlende universelle Schiedsbindung führt in Konstellationen, in denen ein Beteiligter zu einem Verfahren gemäß § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen wäre, zur Undurchführbarkeit des Schiedsverfahrens.21 Es ist insoweit notwendige Folge die 17

Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1032 Rn. 22. Zu den Voraussetzungen des Feststellungsantrags vgl. Schroeter, Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO, SchiedsVZ 2004, S. 288 ff. OLG Frankfurt a. M., Beschl. V. 27.4.2006 – 26 SchH 1/06 [II a. E.]; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1032 Rn. 25. 19 Voit, in: Musielak-ZPO, § 1032 Rn. 10; OLG Saarbrücken, SchiedsVZ 2008, S. 313 (315). 20 BGH SchiedsVZ 2011, 281 (282). 21 Zum Erfordernis einer universellen Schiedsvereinbarung in mehrpoligen Rechtsverhältnissen vgl. Teil 4. C. II. 5. 18

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Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

ser Konstruktion, Dritten die Antragsbefugnis für das Überprüfungsverfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO zuzuerkennen. Ihre Antragsbefugnis setzt voraus, dass eine Entscheidung in der Sache ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 65 Abs. 2 VwGO). Dies ist an die qualifizierte Betroffenheit geknüpft, die dann vorliegt, wenn eine rechtlich geschützte Position des Dritten mit der Entscheidung steht und fällt.22 Inwieweit drittschützende Belange tangiert werden, ist in einem solchen Fall anhand der Schutznormlehre zu prüfen.23 Danach liegt eine Drittbetroffenheit vor, wenn eine Rechtsnorm nicht nur der Allgemeinheit, sondern zumindest auch den Interessen Einzelner zu dienen bestimmt ist. Ein Dritter ist hinsichtlich eines Feststellungsantrags nach § 1032 Abs. 2 ZPO somit antragsbefugt, wenn er geltend machen kann, dass in einem Schiedsverfahren ein Gegenstand behandelt werden könnte, welcher seine eigenen Rechte in qualifizierter Form tangiert. Daran knüpft die Frage an, ob ein Dritter losgelöst von der Existenz eines Schiedsverfahrens Kenntnis von der Existenz einer Schiedsvereinbarung erlangt. Dies dürfte sich in der Praxis als schwierig gestalten, ist aber angesichts Reichweite der Informa­ tionsfreiheitsgesetzgebung nicht ausgeschlossen.24 Ist das Gericht von der Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung überzeugt oder hält das Schiedsverfahren in Ermangelung einer universellen Schiedsvereinbarung für undurchführbar, stellt es die Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens fest.25 Bei einem erfolgreichen Feststellungsantrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO wird einer schiedsgerichtlichen Sachentscheidung damit die Grundlage entzogen. 2. Wirksamkeitskontrolle der Schiedsvereinbarung nach § 1032 Abs. 1 ZPO Die Schiedsvereinbarung ist ferner einer Wirksamkeitsprüfung zu unterziehen, wenn der Beklagte im Rahmen eines staatlichen Gerichtsverfahrens die Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO erhebt. Die Vorschrift verlangt eine Prüfung Wirksamkeitsprüfung von Amts wegen („es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist“).26 Nur so kann

22 Zum Begriff der qualifizierten Betroffenheit vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, § 65 Rn. 42. 23 Zur Schutznormlehre, die herangezogen wird, um zu überprüfen, ob ein subjektives öffentliches Recht betroffen sein kann vgl. BVerwGE 41, 58 (63); BVerwG NVwZ 1984, 38; Ramsauer, Die Grundrechte im System des öffentlichen Rechts, AöR 111 (1986), S. 501 (509 ff.). 24 Vgl. zu den Informationszugangsansprüchen Teil 5, E. 25 Schroeter, Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO, SchiedsVZ 2004, S. 288 (294). 26 Reichold, in: Thomas/Putzo-ZPO, § 1032 Rn. 3; Voit, in: Musielak-ZPO, § 1032 Rn. 3.

D. Das schiedsverfahrensrechtliche Kontrollsystem

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das Gericht seinen Kontrollauftrag erfüllen und es besteht nicht die Gefahr einer unzulässigen Rechtsschutzverweigerung.27 Hält das Gericht die Schiedsvereinbarung für ungültig oder das Schiedsverfahren für undurchführbar, wird das Verfahren vor den staatlichen Gerichten fortgeführt. 3. Letztentscheidungskompetenz der staatlichen Gerichte über die Zuständigkeit, § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO Schließlich enthält § 1040 ZPO eine Regelung zur Kompetenz-Kompetenz der Schiedsgerichte. Nach § 1040 Abs. 1 ZPO kann ein Schiedsgericht selbst über das Bestehen einer gültigen Schiedsvereinbarung und somit über seine eigene Kompetenzbegründung entscheiden. Zur Wirksamkeitsprüfung der Schiedsvereinbarung ist das Schiedsgericht verpflichtet.28 Verneint es die Schiedsbindung der Streitparteien, liegt eine notwendige Prozessvoraussetzung nicht vor und die Schiedsklage ist mittels Prozessschiedsspruch abzuweisen. Allerdings sind die staatlichen Gerichte an die Beurteilung des Schiedsgerichts nicht gebunden.29 § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO stellt insoweit klar, dass gegen einen Schiedsspruch über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ein Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO staathaft ist. Die Kompetenz-Kompetenz liegt damit bei der staatlichen Gerichtsbarkeit. Die eindeutige Ansiedlung der Letztentscheidungskompetenz bei staatlichen Gerichten in § 1042 Abs. 3 S. 2 ZPO sollte gesetzgeberisch klarstellen, dass – entgegen der hierzu vor Inkrafttreten des geltenden Schiedsverfahrensrechts ergangenen Rechtsprechung des BGH30 – Schiedsgerichte nicht bindend über ihre Zuständigkeit entscheiden können.31 Mittlerweile hat die Rechtsprechung ihre Auffassung der neuen Rechtslage angepasst.32 Einen spezifischen Rechtsbehelf gegen die Bejahung der eigenen Zuständigkeit sieht das Schiedsverfahrensrecht allerdings nicht vor. Die Überprüfung der Schiedsbindung hat auf Betreiben der unterlegenen Partei im Wege des Aufhebungsantrags nach § 1059 ZPO bzw. im Rahmen der Vollstreckbarerklärung nach § 1060 ZPO zu erfolgen.

27

Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1032 Rn. 2. Reichold, in: Thomas/Putzo-ZPO, § 1040 Rn. 2; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1040 Rn. 4. 29 BGH NJW 20005, S. 1125; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1040 Rn. 1. 30 BGHZ 68, 356 (366). 31 BT-Drs. 13/5274, S. 26 und S. 44. 32 BGHZ 162, 9 (12 f.): „Der Gesetzgeber hat in bewusster Abkehr von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit dem Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I, S. 3224) die Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts letztlich dem staatlichen Gericht vorbehalten“. 28

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Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

4. Befangenheitskontrolle der Schiedsrichter nach § 1037 Abs. 3 ZPO Neben den Regelungen über die Kontrolle der Schiedsvereinbarung enthalten die Vorschriften über die Konstituierung des Schiedsgerichts gemäß § 1037 Abs. 3 ZPO eine Möglichkeit, die Befangenheit eines Schiedsrichters vor einem staatlichen Gericht kontrollieren zu lassen. Damit soll zwar auch die Unabhängigkeit des Schiedsrichters als rechtsstaatliche Mindestanforderung geschützt und unter den Schutz der staatlichen Gerichtsbarkeit gestellt werden.33 Der Kontrollzweck tritt bei den Regelungen zur Bildung der Schiedsgerichte nach §§ 1034 ff. ZPO aber eher in den Hintergrund. Denn die Vorschriften dienen in erster Linie dazu, das Schiedsverfahren zu Stande kommen zu lassen, selbst wenn zwischen den Beteiligten Streit über die Besetzung des Schiedsgerichts entstanden ist. Sie ist damit zuvorderst Ausdruck der Verfahrensförderung durch staatliche Instanzen.34 5. Vollständige Gültigkeitskontrolle einer Schiedsvereinbarung Im Rahmen sämtlicher Kontrollmöglichkeiten der Schiedsvereinbarung haben die staatlichen Gerichte eine vollständige materielle Wirksamkeitskontrolle durchzuführen. Dabei sind die spezifischen verwaltungsrechtlichen Anforderungen besonders zu beachten. So gilt es der Bestimmtheit der Schiedsvereinbarung in Ansehung einer möglichen Rechtsverletzung besondere Bedeutung zu schenken.35 Zudem muss das Gericht die Freiwilligkeit der Schiedsvereinbarung streng prüfen und so den strukturellen Ungleichgewichten in verwaltungsrechtlichen Rechtsbeziehungen Rechnung tragen. Ferner müssen die Parteien über das Rechtsverhältnis wirksam disponieren können.36 Schließlich ist im besonderen Maße zu würdigen, ob das Schiedsverfahren aufgrund der qualifizierten Betroffenheit von Rechten Dritter das Schiedsverfahren undurchführbar ist und aus diesem Grund die Schiedsvereinbarung als ungültig anzusehen ist.

33

Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1037 Rn. 1. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 1 Rn. 9 spricht in diesem Zusammenhang von einer „Verzahnung“ zwischen staatlicher und nichtstaatlicher Gerichts­ barkeit. 35 Vgl. Teil 4, C. II. 2. b). 36 Zu den Wirksamkeitserfordernissen der verwaltungsrechtlichen Schiedsvereinbarung vgl. Teil 4, C. II. 34

D. Das schiedsverfahrensrechtliche Kontrollsystem

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II. Kontrolle des Schiedsspruchs Wesentliche Bedeutung für die objektive Rechtsbewahrung kommt der Überprüfbarkeit des Schiedsspruches zu. Denn es richtet sich nach dem Umfang der inhaltlichen Kontrolle, inwieweit Abweichungen vom geltenden Recht in Folge eines Schiedsspruches hinzunehmen sind. 1. Allgemeines Den einzigen Rechtsbehelf gegen die schiedgerichtliche Entscheidung normiert § 1059 ZPO. Die Vorschrift lässt im Rahmen der abschließend geregelten Aufhebungsgründe beschränkte inhaltliche Kontrolle zu. Die staatliche Kompetenz ist auf die Aufhebung des Schiedsspruchs beschränkt, eine (teilweise) Abänderung ist ausgeschlossen.37 Danach kann der Beschwerte bei dem gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO i. V. m. § 173 S. 3 VwGO zuständigen VG einen Antrag auf gerichtliche Aufhebung des Schiedsspruchs stellen. Hat der Antrag in der Sache erfolgt, hebt das Gericht den Schiedsspruch mit rückwirkender Geltung auf.38 Eine Änderung des Schiedsspruchs ist unzulässig.39 § 1059 Abs. 2 ZPO führt nach dem Enumerationsprinzip („Der Schiedsspruch kann nur aufgehoben werden wenn, […]) abschließend sämtliche Gründe auf, welche die Aufhebbarkeit eines Schiedsspruchs bedingen können. § 1059 ZPO beinhaltet zudem eine Differenzierung hinsichtlich der gerichtlichen Kontrolldichte der einzelnen Aufhebungsgründe. Während bestimmte Aufhebungsgründe „von Amts wegen“ zu prüfen sind (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), sollen andere vom Antragsteller „begründet geltend gemacht werden“ (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).40 In diesem Zusammenhang ist allerdings der Amtsermittlungsgrundsatz im Verwaltungsprozess (§ 86 Abs. 1 S. 1 VwGO) zu berücksichtigen.41 Das öffentliche Interesse an der richtigen Sachentscheidung besitzt gerade bei der Kontrolle schiedsgerichtlicher Entscheidungen besonderes Gewicht. Die Vorschrift des § 1059 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vor dem Hintergrund des § 173 S. 1 VwGO dahingehend zu verstehen, dass der Antragsteller lediglich die Tatsachen vorzubringen hat, welche eine Kontrolle des Schiedsspruchs erforderlich machen. Einem schlüssigen Parteivortrag und einer schlüssigen Beweiserbringung bedarf es hin-

37 Schlosser, in: Stein/Jonas, §  1059 Rn. 11; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 1059 Rn. 18. 38 Schlosser, in: Stein/Jonas, § 1059 Rn. 11. 39 Schlosser, in: Stein/Jonas, § 1059 Rn. 11; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1059 Rn. 72. 40 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1059 Rn. 49. 41 Vgl. zum Amtsermittlungsgrundsatz Rixen, in: Sodan/Ziekow, § 86 Rn. 7.

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Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

gegen nicht.42 Somit sind die Unterschiede zwischen § 1059 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes im Verwaltungsrecht hinsichtlich der Anforderungen an das Parteivorbringen gering. § 1059 ZPO normiert schließlich das geltende Recht als Kontrollmaßstab der gerichtlichen Entscheidung. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen materielles Recht zur Aufhebung des Schiedsspruchs. Verstöße, die zur Aufhebung führen, müssen von einem solchen Gewicht sein, dass eine Abweichung von den rechtlichen Vorgaben nicht hinnehmbar erscheint. Eine sog. „Révision au fond“, eine vollständige inhaltliche Überprüfung der rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen eines Schiedsspruchs, findet mithin nicht statt.43 Die Regelung ist damit Ausdruck der gesetzgeberischen Moderation des Spannungsfeldes zwischen Autonomie des Schiedsgerichtsbarkeit und Bewahrung der Rechtsordnung. „Einfache“ Rechtsverstöße sind sowohl von den Schiedsparteien als auch von der Rechtsordnung hinzunehmen.44 Die materielle Unrichtigkeit ist von den Schiedsparteien hinzunehmen, da sie durch die Schiedsvereinbarung eine mögliche Abweichung vom geltenden Recht in Kauf genommen haben45. Die Schiedsgerichtsbarkeit stellt kein der staatlichen Gerichtsbarkeit vorgeschaltetes „reines Vorverfahren“ dar.46. Als „Notbremse staatlicher Kontrolle“47 soll § 1059 ver­ hindern, dass die Schiedsgerichtsbarkeit zur Umgehung zwingender rechtlicher Regelungen missbraucht wird. Eine mittelbare Möglichkeit der Verteidigung gegen den Schiedsspruch ist zudem im Rahmen eines Antrags auf Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs nach § 1060 Abs. 1 ZPO möglich. Der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung ist gemäß § 1060 Abs. 2 ZPO unbegründet, wenn ein Aufhebungsgrund des § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegt.48 In diesem Falle hebt das Gericht den Schiedsspruch auf, ohne dass es eines gesonderten Antrags des Vollstreckungsgegners bedarf.49 Allerdings ist der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs der einzige Weg, direkt gegen die schiedgerichtliche Entscheidung vorzugehen.

42 So aber im Rahmen des § 1059 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in zivilrechtlichen Streitigkeiten, vgl. Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1059 Rn. 51. 43 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1059 Rn. 1. 44 Vgl. insofern OLG Frankfurt, SchiedsVZ 2005, S. 311: „Im Übrigen müsste er sogar eine Fehlentscheidung des Schiedsgerichts hinnehmen.“ 45 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 182. 46 Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, S. 180. 47 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1059 Rn. 42. 48 Vgl. insofern bereits Teil 4, C. V. 49 Münch, in: MünchKomm-ZPO § 1060 Rn. 26; BGH MDR 1958, 508 (§ 1042 Abs. 2 a. F.).

D. Das schiedsverfahrensrechtliche Kontrollsystem

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2. Aufhebungsgründe Die Aufhebungsgründe nach § 1059 ZPO lassen sich dahingehend systematisieren, dass die fehlende Schiedsfähigkeit und die fehlende Schiedsbindung, ein fehlerhaftes Schiedsverfahren und ein inhaltlich fehlerhafter Schiedsspruch zur Aufhebung der schiedsgerichtlichen Entscheidung führen.50 a) Fehlende Schiedsfähigkeit und Schiedsbindung Ausgeschlossen ist die Aufrechterhaltung eines Schiedsspruchs nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 1. Var. 1 ZPO, wenn eine Schiedspartei aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen nicht berechtigt gewesen ist, eine Schiedsabrede zu treffen (subjektive Schiedsunfähigkeit).51 Gleiches gilt gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 1. ZPO, wenn der Schiedsspruch einen Gegenstand betrifft, der den staatlichen Gerichten vorbehalten ist (objektive Schiedsunfähigkeit). Die objektive Schiedsunfähigkeit als Ausdruck der gesetzlichen Wertung, den Streitparteien Dispositionen über den Gegenstand aufgrund wichtiger Allgemeinwohlbelange zu entziehen, findet damit in der Aufhebbarkeit eine Entsprechung. Das Kontrollgericht hat im Falle der Geltendmachung durch den Antragsteller auch im Aufhebungsverfahren zu prüfen, ob der Schiedsspruch von der Schiedsbindung der Parteien gedeckt ist. Dies gilt zum einen hinsichtlich der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 1. Var. 2 ZPO). Diesbezüglich kommt insbesondere die fehlende Freiwilligkeit einer Schiedsvereinbarung sowie Formmängel (Schriftlichkeit) oder Inhaltsmängel (fehlende Bestimmtheit) in Betracht.52 Zum anderen obliegt die Reichweite der Schiedsbindung gerichtlicher Kontrolle. Ein zur Aufhebung des Schiedsspruchs führender Mangel liegt nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 c) ZPO vor, wenn der Streitgegenstand nicht von der Schiedsvereinbarung gedeckt ist und das Schiedsgericht damit außerhalb der Grenzen seiner Zuständigkeit entschieden hat. b) Fehlerhaftes Schiedsverfahren Fehler im Schiedsverfahren können nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b) und d) ZPO zur Aufhebbarkeit eines Schiedsspruchs führen. Wird einer Schiedspartei kein rechtliches Gehör angeboten, ist der Schiedsspruch nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b) ZPO aufzuheben. Die Vorschrift differenziert zwischen der Inkenntnissetzung von der

50

Die Systematisierung folgt Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1059 Rn. 10 ff. Zur subjektiven Schiedsfähigkeit vgl. Teil 4, C. II. 2. a). 52 Es gelten insofern die verwaltungsrechtlichen Konkretisierungen der Schiedsverfahrensregelungen, vgl. Teil 4, C. II. und Teil 5, D. I. 51

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Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

Durchführung eines Schiedsverfahrens (Var. 1) und der Nichtgewährung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln im Verfahren (Var. 2). Ungeklärt ist die Konkurrenz zu § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO, da beide Vorschriften Verfahrensfahler, die zugleich einen Ordre-public-Verstoß begründen, sanktionieren.53 Als Ausdruck des Art. 103 Abs. 1 GG ist die Gewährung rechtlichen Gehörs verfassungsrechtliches Gebot. Nahe liegt es insofern, ein Verstoß gegen § 1042 Abs. 1 ZPO als Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen Ordre-public anzusehen und nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO aufzuheben. Der Unterscheidung kommt in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten allerdings geringere Relevanz zu, da die Unterschiede zwischen den Aufhebungsgründen hinsichtlich der Amtsermittlungspflicht des Gerichts nicht durchschlagen. Ist die Konstituierung des Schiedsgerichts fehlerhaft, etwa weil ein anderer als der ernannte Schiedsrichter bei der Entscheidungsfindung beteiligt ist, folgt die Kassation des Schiedsspruchs aus § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit d) ZPO. Sonstige Prozessmängel, etwa die Missachtung des Prinzips der Parteiöffentlichkeit54 oder ein stattgebender Schiedsspruch statt der vereinbarten prozessualen Einstellung können zur Aufhebung führen, wenn anzunehmen ist, dass sich der Mangel auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. c) Fehlerhafter Schiedsspruch aa) Beschränkung auf „Ordre-public“-Kontrolle Die einzige Möglichkeit der Aufhebung eines inhaltlich fehlerhaften Schiedsspruchs bietet § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO. Danach ist ein Schiedsspruch aufzuheben, wenn dessen Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Der globale Staatsvorbehalt stellt die bereits beschriebene „Notbremse staatlicher Kontrolle“ dar. Ein Verstoß gegen eine zwingende Norm führt nur dann zur Kassation des Schiedsspruchs, wenn das gefundene Ergebnis mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar erscheint. Dies setzt nach der Rechtsprechung der obersten Zivilgerichte voraus, dass gegen eine Norm verstoßen wird, welche die Grundlagen des staatlichen oder wirt­ schaftlichen Lebens berührt und zentralen Frage wegen bestimmter staats- oder wirtschaftspolitischer Anschauungen regelt.55 Wann ein derartiger qualifizierter Verstoß vorliegt, ist Gegenstand der Einzelfallbetrachtung. Die Rechtsprechung 53

Vgl. Reichhold, in: Thomas/Putzo-ZPO, § 1059 Rn. 9, der von einer Überschneidung aufgrund der Angleichung der ZPO mit den UNCITRAL-Modellgesetz ausgeht. 54 OLG Hamburg MDR 1968, S. 1018. 55 Insbes. RGZ 169, 240, 245 – ferner: BGHZ 22, 1, 15; 42, 7, 12 f.

D. Das schiedsverfahrensrechtliche Kontrollsystem

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und die zivilprozessuale Kommentierung legen die den Ordre-public-Vorbehalt als Ausnahmevorschrift eng aus.56 Der schiedsverfahrensrechtliche Ordre-public-Vorbehalt stellt sich damit als Generalklausel dar, die auf in besonderen Ausnahmefällen die Aufhebbarkeit von Schiedssprüchen mit inhaltlichen Mängeln ermöglicht. Es mangelt zwar in der zivilprozessualen Literatur keinesfalls an Versuchen, den Ordre-public zu konkretisieren.57 Gleichwohl überwiegen im hohen Maße wertungsabhängige Formulierungen wie etwa „fundamentale wirtschaftspolitische(n) Konzeptionen des Staats“ oder „eklatante Verstöße“, welche die Aufhebbarkeit eines Schiedsspruchs tragen solle.58 Insoweit wird die Ordre-public-Prüfung als Einfallstor für eine weite Kasuistik gesehen.59 Die zivilprozessuale Konzeption des Ordre-public-Vorbehalts ist in erster Linie auf die Bedürfnisse der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zugeschnitten und soll vermeiden, dass die Anerkennung von Schiedssprüchen dadurch verhindert wird, dass die jeweiligen staatlichen Gerichte Schiedssprüche einer vollständigen Kontrolle nationaler Vorschriften unterziehen. Die Tauglichkeit für eine verwaltungsrechtliche Adaption dieses Konzepts ist daher schon aus diesem Grund fraglich. Denn den verwaltungsrechtlichen Streitgegenständen fehlt es zwar nicht notwendigerweise an einem internationalen Bezug. So können etwa „internationale“ verwaltungsrechtliche Streitigkeiten entstehen, wenn ausländische Investoren mit Verwaltungsträgern interagieren. Allerdings richten sich die Rechtsbeziehungen nach dem für die öffentliche Verwaltung maßgeblichen deutschen Rechtsvorschriften. Eine rechtliche Internationa­ lisierung ist insoweit ausgeschlossen.60 Flankiert wird die These der Untauglichkeit der zivilrechtlichen Leseart des ordre public in verwaltungsrechtliche Angelegenheiten durch eine Auseinandersetzung mit der Gesetzesbegründung des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes. Darin wird eine Tangierung des ordre public angenommen, wenn die Streitigkeit Grundrechtsrelevanz aufweist. Nach der gesetzgeberischen Intention gehören die Grundrechte auf jeden Fall zum Kern des ordre public und sind daher bei der staatsgerichtlichen Kontrolle stets zu beachten.61 Da die Grundrechte in die Privat-

56

Münch, in: MünchKomm-ZPO § 1059 Rn. 41. Vgl. etwa Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1059 Rn.55 ff. 58 Geimer, in: Zöller-ZPO, § 1059 Rn.59, 62. 59 Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1059 Rn. 40. 60 Im Streit zwischen dem Energieversorger Vattenfall und der Bundesrepublik Deutschland, der vor einem internationalen Investitionsschiedsgericht ausgetragen wurde, war kein verwaltungsrechtliches Rechtsverhältnis streitbefangen, sondern es ging um die Einhaltung von Pflichten aus dem Energiechartavertrag als völkerrechtliche Vereinbarung. 61 BT-Drs. 13/5274, S. 59: „Daß die Grundrechte zum Kern des ordre public gehören ist selbstverständlich und bedarf daher keiner ausdrücklichen Erwähnung.“ 57

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Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

rechtsordnung „nur“ hineinwirken,62 im öffentlichen Recht jedoch für die Rechtsverhältnisse zwischen Staat und Privaten prägend sind, kann allein eine Auswirkung des Schiedsspruches auf Grundrechte seine Aufhebbarkeit nicht begründen. Anders ausgedrückt ist die Grundrechtstangierung eines inhaltlichen fehlerhaften Schiedsspruchs im Verwaltungsrecht die Regel, im Zivilrecht die Ausnahme. Schließlich spricht für eine spezifische Adaption eines verwaltungsrechtlichen „Ordre-public“-Kontrolle die Besonderheit des öffentlichen Rechts, dass zuvorderst solche Normen beinhaltet, welche das Allgemeinwohl schützen. Die Statuierung subjektiver öffentlicher Rechte ist – trotz der Ausdehnung ihres Anwendungsbereichs aus Gründen des Rechtsschutzes – die Ausnahme.63 Dafür dass die Einhaltung objektiven Rechts bei der Kontrolle von Schieds­ sprüchen Berücksichtigung finden muss, streitet der Grundsatz der Gesetzesbindung der Verwaltung. Es wurde dargelegt, dass auf der Ebene des einfachen Rechts Sicherungsinstrumente zur Verhinderung einer planwidrigen Verselbstständigung der Verwaltung geschaffen werden müssen.64 Vor diesem Hintergrund muss der ordre public in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten nicht nur spezifische Einzelinteressen der am Rechtsstreit beteiligten Streitparteien, sondern weitergehend das allgemeine Interesse an der Bewahrung des Rechts umfassen. bb) Nichtigkeitsregelungen als verwaltungsrechtlicher „ordre public“ Die Offenheit des Begriffs des ordre public nach dem Schiedsverfahrensrecht ermöglicht eine verwaltungsrechtliche Präzisierung. Es ist zu zeigen, dass das allgemeine Verwaltungsrecht Anknüpfungspunkte für einen spezifischen Begriff des ordre public bietet. Denn das Verwaltungsverfahrensgesetz bietet im Rahmen der Nichtigkeitsregelungen in §§ 44 und 59 VwVfG ein ausdifferenziertes System zur Beurteilung der Frage an, wann ein Rechtsakt, der gegen formelles oder materielles Recht verstößt, Wirksamkeit beanspruchen kann und unter welchen Voraussetzungen er keinen Bestand haben darf. So beinhaltet § 44 VwVfG Regelungen für Verwaltungsakte, die aufgrund eines qualifizierten Rechtsverstoßes entgegen des Grundsatzes der Wirksamkeit und Aufhebbarkeit zur Nichtigkeit eines Verwaltungsakts führen; die entsprechende Regelung für Verwaltungsverträge liefert § 59 VwVfG. 62 Zu Lehre der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten F. Kirchhof, Grundrechtsschutz durch europäische und nationale Gerichte, NJW 2011, S. 3681 (3682). Ferner Barczak, Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe als Grundrechtsproblem, S. 159. 63 Vgl. zu Voraussetzungen und zur herrschenden Schutznormlehre auch Scherzberg, Subjektiv-öffentliche Rechte, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 8 ff. 64 Vgl. insoweit auch Teil 3, B. IV. 2.

E. Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit über Informationsfreiheitsgesetze

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Geltungsgrund der begrenzten Fehlerempfindlichkeit eines Verwaltungsakts ist das Spannungsfeld zwischen der Herstellung rechtmäßiger Zustände und der Beständigkeit einer bestehenden Rechtslage: die Ordnungs- und Orientierungsfunktion des Rechts, die effiziente Verfahrensgestaltung und das Bedürfnis der Verfahrensbeteiligten nach Stabilität und Sicherheit können für die Beibehaltung eines rechtswidrigen Zustandes streiten.65 Vergleichbare Gründe sprechen auch für die Stabilität verwaltungsrechtlicher Verträge. Der „nur“ rechtswidrige Verwaltungsvertrag führt erst bei einer bestimmten Qualifikation des Rechtsverstoßes zur Aberkennung jeglicher Wirkungen.66 Die Intention, bestimmte rechtswidrige Zustände unangetastet zu lassen, differiert damit im Vergleich zur Beständigkeit der Geltung eines rechtswidrigen Schiedsspruchs. Dort geht es in erster Linie darum, im Spannungsfeld zwischen der gebotenen Kontrolle und der notwendigen Autonomie der Schiedsgerichtsbarkeit einen Weg zu finden, der die Verkehrsfähigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit aufrechterhält. Gleichwohl ist die Kernfrage identisch: Wann erreicht ein Rechtsverstoß eine Qualität, in der es nach Maßgabe des Rechts und unter Berücksichtigung der gegenläufigen Interessen nicht mehr hinnehmbar erscheinen lässt, den rechtswidrigen Zustand beizubehalten. Da das Verwaltungsverfahrensrecht diesen Konflikt einfachgesetzlich konkretisiert und austariert, erscheint es folgerichtig, an die einfachgesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Frage, wann ein Schiedsspruch von der Rechtsverordnung nicht mehr hinnehmbar ist, anzuknüpfen. Der „verwaltungsrechtliche ordre public“ im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) ZPO kann somit unter Rückgriff auf die Wertungen der §§ 44, 59 VwVfG konkretisiert werden. Die rechtliche Anknüpfung ermöglicht eine hinreichende Konkretisierung der möglichen Nichtigkeitsgründe von Schiedssprüchen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten und sichert eine Anbindung an bestehende Rechtsinstitute. Die staatliche Gerichtsbarkeit überprüft mithin im Rahmen eines Aufhebungsanspruchs den Inhalt eines Schiedsspruchs anhand der allgemeinen Nichtigkeitsregelungen des VwVfG und kann insofern an die bestehende Dogmatik und Rechtsprechung anknüpfen.

E. Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit über Informationsfreiheitsgesetze Kritik an der Schiedsgerichtsbarkeit könnte auf der Befürchtung basieren, sie würde vertragliche Vereinbarungen zu Lasten des Gemeinwohls protegieren. Denn sie versetzt Träger öffentlicher Verwaltung und deren Vertragspartner in die Lage, 65

Vgl. Bumke, Verwaltungsakte, in: GVwR II, § 35 Rn. 153 ff. Zur Bedeutung der Nichtigkeit vgl. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 1 ff.

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Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

eventuelle Streitigkeiten vor nichtöffentlichen Foren auszutragen. Dadurch könnten Geheimnissphären geschaffen werden, welche mit demokratischen Grundsätzen des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren sind. Denn die Öffentlichkeit staatlicher Angelegenheiten ist als Grundprinzip staatlichen Handelns im modernen Rechtsstaat in den Vordergrund gerückt.67 Es wurde bereits gezeigt, dass eine verfassungsrechtliche Vorgabe, nach der das Schiedsverfahren öffentlich durchgeführt werden müssen, nicht existiert.68 Als private Institutionen sind Schiedsgerichte nicht Adressaten grundgesetzlicher Verpflichtungen. Die Öffentlichkeit staatlichen Handelns bezieht sich nur auf staatliche Institutionen. Die Notwendigkeit parlamentarischer Kontrolle vermag zudem keinen Zwang zur Öffentlichkeit eines Schiedsverfahrens herbeiführen. Denn als Instrument des subjektiven Rechtsschutzes dienen Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG zuvorderst dem subjektiven Rechtsschutz des Rechtsschutzsuchenden. Allerdings endet die Frage nach einem Transparenzgebot für schiedsgerichtliche Entscheidungen im Verwaltungsrecht nicht mit der reinen verfassungsrechtlichen Betrachtung. Dass ein Schiedsverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden kann, muss weder die vollständige Geheimhaltung seiner Existenz noch seines Ergebnisses bedingen. Der Schluss von der Nichtstaatlichkeit einer Schiedsinstitution führt nicht dazu, dass dort verhandelte verwaltungsrechtliche Angelegenheiten nicht der Öffentlichkeit preiszugeben sind. Denn Informationen über das Schiedsverfahren sowie der Schiedsspruch selbst könnten als „amtliche Information“ den Anwendungsbereichen der Informationsfreiheitsgesetze unterfallen. Damit wären Ansprüche Dritter gegen die an einem Schiedsverfahren beteiligte öffentliche Schiedspartei auf Zugang zu Informationen aller Art denkbar. Ob hinsichtlich schiedsgerichtlicher Verfahren die Voraussetzungen eines allgemeinen Informationsanspruchs vorliegen und worin mögliche Ansprüche ihre Grenze finden, wird im Folgenden einer Prüfung unterzogen. Die Anwendbarkeit von Informationszugangsansprüchen auf verwaltungsrechtliche Schiedsverfahren soll exemplarisch anhand des IFG des Bundes aufgezeigt werden. Die Landesgesetze sind mit dem Bundesgesetz nicht identisch, gleichwohl aber in der Ausgestaltung von Voraussetzungen und Grenzen allgemeiner Informationsansprüche ähnlich.69

67 Eine Untersuchung der Verankerung des Transparenzgrundsatzes im Grundgesetz liefert Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 34 ff. Vgl. auch BVerfGE 110, 199 (223) = NVwZ 2004, S. 1105 (1108). 68 Teil 3, C. III. 1. 69 Rossi, Das Informationsfreiheitsgesetz in der gerichtlichen Praxis, DVBl. 2010, S. 554 spricht in diesem Zusammenhang von einer weitgehenden Parallelisierung der Gesetze.

E. Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit über Informationsfreiheitsgesetze

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I. Berechtigung, Verpflichtung und Inhalt des allgemeinen Informationsanspruchs Die Informationsfreiheitsgesetzgebung hat einen grundlegenden Wandel in Bezug auf die Transparenz der Handlungen öffentlich-rechtlicher Akteure eingeläutet.70 An die Stelle des Prinzips der beschränkten Aktenöffentlichkeit im Sinne von § 29 VwVfG71 treten allgemeine Informationsansprüche. Diese gewähren Dritten – unabhängig von ihrer Eigenschaft als Beteiligte in einem Verwaltungsverfahren oder der Existenz schutzwürdiger rechtlicher Interessen – einen weiten Zugang zu sämtlichen Informationen, die der Verwaltung zur Verfügung stehen.72 Insoweit ist die Informationsfreiheitsgesetzgebung auch Ausdruck des Konzepts der informierten Öffentlichkeit und sorgt für die Bereitstellung der Informationsbasis, aufgrund derer die Öffentlichkeit ihre Wächterfunktion wahrnehmen kann. Die Normierung subjektiver Rechtsansprüche auf allgemeine Informationen erfolgt allerdings nicht in einem Gesetz, sondern wird in einem scheinbar unkoordinierten Nebeneinander von Bundes- und Landesvorschriften geregelt.73 Neben dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, das vorrangig Ansprüche gegenüber Bundesbehörden normiert, existieren derzeit74 elf Landesinformationsfreiheitsgesetze, welche zuvorderst die Landes- und Kommunalbehörden verpflichten. Schließlich existieren weitere fachgesetzliche Regelungen, wie etwa das Verbraucherinformationsgesetz oder Umweltinformationsgesetze.75 So wenig übersichtlich die Rechtslage ist, eint die verschiedenen Regelwerke die Stärkung der Verwaltungstransparenz und der Informationsfreiheit. Wesentliches Merkmal allgemeiner Informationsfreiheitsansprüche ist der weite Kreis von Anspruchsberechtigten. Nach § 1 Abs. 1 IFG hat „jeder“ einen 70 Holznagel, Erosion demokratischer Öffentlichkeit, VVDStRL 68 (2009), S. 381 (388); Rossi, Das Informationsfreiheitsgesetz in der gerichtlichen Praxis, DVBl. 2010, S. 554 (555). 71 Das Prinzip der beschränkten Akteneinsicht ersetzte in historischer Perspektive den Grundsatz des Aktengeheimnisses, vgl. Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 29 Rn. 3. Zu Kritik des Prinzips beschränkter Akteneinsicht Wegener, Der geheime Staat, S. 439 ff., der von einer „Unhaltbarkeit“ des Grundsatzes der Regelgeheimhaltung im modernen Staat ausgeht. 72 Kopp/Ramsauer, § 29 Rn. 45; Schoch, Zugang zu amtlichen Informationen, Jura 2012, S. 203. 73 Zu den in der Praxis noch nicht vollständig geklärten Abgrenzungen und Vorrangregelungen vgl. Kopp/Ramsauer, § 29 Rn. 48; Schoch, Zugang zu amtlichen Informationen, Jura 2012, S. 203. 74 Stand 10/2012. 75 Während das Verbraucherinformationsgesetz als Reaktion auf Defizite in der Lebensmittelüberwachung in Deutschland die Öffentlichkeitskontrolle stärken sollte (vgl. Zilkens, Bereichsspezifisches Informationsgesetz im Verbraucherschutz, NVwZ 2009, S. 1465 ff.), sind die Umweltinformationsrechte völkerrechtlich (Aarhus-Konvention) und europarechtlich (Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen) determiniert.

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Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

Anspruch auf Zugang zu Informationen. Seine Geltendmachung ist an kein berechtigtes Interesse geknüpft und wird somit nahezu voraussetzungslos gewährt.76 Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen Bürgerinitiativen und Verbände hinsichtlich der Informationsansprüche nicht anspruchsberechtigt sein.77 Angesichts der besonderen Funktion gemeinnütziger Verbände für die Rechtsbewahrung erscheint eine Beschränkung auf die Rechtsfähigkeit nicht sachgerecht.78 Ungeachtet dessen bestehen in der Praxis keine Schwierigkeiten für Personenmehrheiten einen Informationsanspruch geltend zu machen, da einzelne Verbandsmitglieder als natürliche Personen anspruchsberechtigt sind und für einen Verband Anträge stellen können. Anspruchsverpflichtet sind gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 IFG Landesbehörden, sonstige Bundesorgane und -einrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (§ 1 Abs. 1 S. 2 IFG) und natürliche oder juristische Person des Privatrechts, der sich eine Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient (§ 1 Abs. 1 S. 3 IFG). Schiedsgerichte sind nach Maßgabe des IFG mithin unter keinem denkbaren Gesichtspunkt passivlegitimiert. Weder sind sie Verwaltungsbehörde, noch werden sie in im Aufgabenkreis eines Akteurs der öffentlichen Verwaltung tätig. Im Übrigen gilt das IFG auch nicht für die rechtsprechende Tätigkeit staatlicher Gerichte.79 Der Anspruch des § 1 Abs. 1 IFG ist gerichtet auf „Zugang zu amtlichen Informationen“. § 2 Nr. 1 IFG definiert „amtliche Information“ als jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Darunter werden sämtliche aktenkundigen, archivierten oder sonstigen vorhandenen Informationen verstanden.80 Der Anwendungsbereich ist ebenfalls sehr weit gefasst. Eine Verschaffungspflicht der Behörde bezüglich Informationen besteht allerdings nicht. Sind Informationen tatsächlich nicht vorhanden, scheidet ein Informationsanspruch aus.81 Unter diesen Voraussetzungen besitzen Dritte einen Anspruch gegen den an einem Schiedsverfahren beteiligten Träger öffentlicher Verwaltung auf Zugang zu aktenkundigen Informationen aus dem Schiedsverfahren. Denn die Behörde verfügt mindestens über eine schriftliche Ausfertigung des Schiedsspruchs (§ 1054 76

Kopp/Ramsauer, § 29 Rn. 48; Schoch, IFG, § 1 Rn. 18. BT-Drs. 15/4493, S. 7. 78 So zu Recht Rossi, Das Informationsfreiheitsrecht in der gerichtlichen Praxis, DVBl. 2010, S. 554 (558). 79 Vgl. Schoch, IFG, § 1 Rn. 219. Gleichwohl ist die staatliche Gerichtsverwaltung verpflichtet, veröffentlichungswürdige Urteile zu publizieren, BVerwG, NVwZ 1997, 1209. Zustimmend Bohne, Die Informationsfreiheit und der Anspruch von Datenbankbetreibern auf Zugang zu Gerichtsentscheidungen, NVwZ 2007, S. 656 (660). 80 Kopp/Ramsauer, § 29 Rn. 47. 81 VG Berlin, NVWZ-RR 2010, S. 339 (341). 77

E. Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit über Informationsfreiheitsgesetze

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Abs. 4 ZPO), regelmäßig wohl auch über sonstige verfahrensrelevante Unterlagen. Sämtliche Unterlagen fallen unter den Begriff der Information nach dem IFG. Ausgeschlossen sind nach § 2 Nr. 1 IFG allein Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines amtlichen Vorgangs geworden sind.

II. Grenzen Die weite Gewährung von Informationsansprüchen eröffnet die Frage nach ihren Grenzen. Das IFG begründet zwar weit reichende, nicht aber uneingeschränkte Informationsansprüche. Grenzen, die hinsichtlich der Verschaffung von Informationen aus Schiedsverfahren relevant werden, beinhalten §§ 3 bis 6 IFG. Die Vorschriften sind verfassungsrechtlich vorgezeichnet.82 Denn zum einen schützen sie öffentliche Belange in Gestalt spezifischer Beratungs- und Handlungsbereiche, deren Preisgabe Gefahren für die öffentliche Aufgabenwahrnehmung bedeuten würde. Zum anderen tragen sie der staatlichen Schutzpflicht Rechnung, geistiges Eigentum Dritter sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht Preis zu geben. 1. Öffentliche Belange im Sinne von § 3 IFG § 3 IFG enthält einen abschließenden Katalog öffentlicher Belange, die einem Informationsbegehren entgegengehalten werden können. Darunter fallen beispiels­ weise Informationen über internationale Beziehungen (§ 3 Nr. 1 lit. a IFG), militärische Belange der Bundeswehr (§ 3 Nr. 1 lit. b IFG), Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- oder Regulierungsbehörden (§ 3 Nr. 1 lit. d IFG) oder vertraulich erhobene Informationen (§ 3 Nr. 7 IFG). Von besonderer Bedeutung für Zugangsansprüche in Bezug auf Schiedsverfahren ist § 3 Nr. 1 lit. g IFG. Danach ist der Informationsanspruch ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen haben kann. Unter den Ausschlusstatbestand fallen auch Informationen aus laufenden Schiedsverfahren.83 Denn Schiedsgerichte üben wie staatliche Gerichte Rechtsprechung aus. Schutzzweck der Regelung ist die Rechtspflege, die ungestört von externen Einflüssen Recht finden soll.84 Deshalb darf die Verwaltung während laufender Verfahren keine Informationen Preis geben, um die Rechtsprechungsorgane vor negativen Einflüssen, die von einer Verbreitung von Informationen aus 82

Schoch, IFG, Vor §§ 3–6, Rn. 2 f. So auch Schoch, IFG, § 3 Rn. 80. 84 Schoch, IFG, § 3 Rn. 74, Roth, in: Berger/Roth/Scheel, § 3 Rn. 74. 83

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gehen können, freizuhalten. In dem laufenden Schiedsverfahren zwischen dem Bund und Toll Collect entfaltete die Vorschrift des § 3 Nr. 1 lit. g IFG bereits praktische Relevanz. Die Bundesregierung hatte die Herausgabe des Betreibervertrages mit Hinweis auf das laufende Schiedsverfahren verweigert. Die Entscheidung wurde zumindest in Bezug auf die für das Schiedsverfahren entscheidungserheblichen Vertragsbestandteile von Datenschutzbeauftragten akzeptiert.85 Ferner können fiskalische und wirtschaftliche Interessen des Bundes der Herausgabe von Informationen aus Schiedsverfahren gemäß § 3 Nr. 6 IFG entgegenstehen. Die Vorschrift soll die Herstellung fairen Wettbewerbs gewährleisten, wenn und soweit ein Verwaltungsträger privatwirtschaftlich tätig ist. Vermieden werden soll die Transparenz unternehmerischer Entscheidungen des Bundes, die seine Stellung als Wettbewerber gegenüber anderen Marktteilnehmern verschlechtert.86 Auf eine solche Schutzbedürftigkeit hat sich etwa der Berliner Senat im Zusammenhang mit der Geheimhaltung von Privatisierungsverträgen der Berliner Wasserbetriebe berufen.87 Nicht geschützt sind hingegen Vertraulichkeitsvereinbarungen zwischen dem Bund und seinen Vertragspartnern. Im Wege einvernehmlichen Zusammenwirkens können die Ansprüche Dritter nicht ausgeschlossen werden. 2. Private Belange im Sinne von § 6 IFG Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung schiedsgerichtlicher Verfahren können Informationsansprüche mit dem Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen kollidieren. Nach § 6 IFG sind solche privaten Belange geeignet, das Auskunftsverlangen auszuschließen. Die Vorschrift verhindert, dass Dritte über eine Behörde an Informationen gelangen, die sie von dem Privaten selbst unter keinen Umständen bzw. allenfalls gegen Entgelt erhalten würden.“88 Der Schutz ist durch Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG indiziert und hat für die Privaten enorme ökonomische Bedeutung.89 Denn in der Regel begründen Vorsprünge bei technischem oder kaufmännischem Know-How den ökonomischen Erfolg eines Betriebs. Die Rechtsprechung des BVerwG hat den konturschwachen Begriff der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse konkretisiert.90 Danach sind geschützte Ge 85

Schoch, IFG, § 3 Rn. 80. Schoch, IFG, § 3 Rn. 169. 87 BerlVerfGH, Urt. v. 14.7.2010 – VerfGH 57/08 Rn. 4, 8 zitiert nach juris. 88 Vgl. Rossi, Das Informationsfreiheitsrecht in der gerichtlichen Praxis, DVBl. 2010, S. 554 (561). 89 Schoch, IFG, § 6 Rn. 6 ff. 90 BVerwG 2009, S. 1113 f.; NVwZ 2010, S. 189 (192); jeweils unter Verweis auf BVerfGE 115, 205 (230 f.). 86

E. Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit über Informationsfreiheitsgesetze

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heimnisse „alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vor­ gänge […], die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.“91 Durch die Begriffsverwendung moderiert das Gericht die Kritik an der absoluten Schutzgewährung des § 6 IFG. Der Wortlaut verlangt keine Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteressen und dem öffentlichen Interesse an der Publizität. Der absolute Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnis wurde als unbefriedigend empfunden.92 Die Rechtsprechung fordert nunmehr gleichwohl ein berechtigtes Interesse des Privaten an der Geheimhaltung.93 Ein solches wird angenommen, wenn ein wettbewerblich begründbares Interesse daran besteht, Rückschlüsse auf die Kundenstruktur, die Betriebsführung, die Kostenkalkulation, Marktaktivitäten und -strategien oder Marktanteile und Umsätze zu verhindern.94 Die Entscheidung über das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes obliegt der Behörde. Sie wird zwar in der Regel die Einschätzung des Privaten einholen, ob ein Ablehnungsgrund aufgrund relevanter Geschäftsgeheimnisse existiert. Allerdings sind diese Erwägungen einer sorgfältigen behördlichen Prüfung zu unterziehen.95 Mit einem Vorschieben von Gründen darf sich die Behörde nicht zufrieden geben. Immerhin trägt sie das Risiko, im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle einen Prozess zu verlieren, soweit das Gericht der Entscheidung über die Berechtigung eines Geheimhaltungsinteresses nicht folgt. Angesichts der so beschriebenen Grenzen des allgemeinen Informationsanspruchs verwundert es nicht, dass sich das große Konfliktpotential zwischen den Auskunftsbegehren einerseits und den entgegenstehenden Geheimhaltungsinteressen andererseits auch in einer steigenden Zahl von Gerichtsverfahren niederschlägt.96 Eine ablehnende behördliche Entscheidung über einen Informationsanspruch ist gemäß § 9 Abs. 4 IFG im Wege der Verpflichtungsklage vollständig gerichtlich überprüfbar.97 Die unbestimmten Rechtsbegriffe, die in den Tatbeständen der einzelnen Ablehnungsgründe in § 3 IFG enthalten sind, eröffnen Rechtsprechung den Verwaltungsbehörden keine Beurteilungsspielräume.98 Die Ge 91 BVerwG NVwZ 2009, S. 1113, NVwZ 2010, 189, (192); jeweils unter Verweis auf BVerfGE 115, 205 (230 f.). 92 Zur Kritik Schoch, IFG, § 6 Rn. 72 ff. 93 Rossi, Das Informationsfreiheitsgesetz in der gerichtlichen Praxis, DVBl. 2010, S. 554 (561). 94 BVerwG NVwZ 2009, S. 1113 f.; nach: Rossi, Das Informationsfreiheitsgesetz in der gerichtlichen Praxis, DVBl. 2010, S. 554 (561). 95 Schoch, IFG § 6 Rn. 65. 96 Zur Bedeutung der Rechtsprechung bei der Durchsetzung des Informationsfreiheitsrechts und m. w. N. zu Fallzahlen vgl. Gurlit, Das Informationsverwaltungsrecht im Spiegel der Rechtsprechung, Die Verwaltung 44 (2011), S. 75 ff. 97 Schmitz/Jastrow, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, NVwZ 2005, S. 984 (990). 98 Schoch, IFG, § 9 Rn. 84.

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Teil 5: Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit

richte prüfen demnach die Ablehnungsgründe vollständig in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.

III. Hinreichende mittelbare Kontrolle über Informationsfreiheitsrechte Ein mittelbarer Anspruch auf Zugang zu schiedsrichterlichen Entscheidungen – zu richten gegen den am Schiedsverfahren beteiligten Verwaltungsträger – mag im Zusammenhang mit einer Untersuchung der Kontrollmechanismen der Schiedsgerichtsbarkeit prima facie verwundern. Dass die interessierte Öffentlichkeit „über den Umweg“ eines allgemeinen Informationsanspruchs Informationen bezüglich des schiedsgerichtlichen Verfahrens erlangt, birgt zum einen das Risiko, den Anspruch gegen die Behörde gerichtlich geltend machen zu müssen. Zum anderen handelt es sich weniger um eine Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit als vielmehr um eine weitere Kontrollmöglichkeit der öffentlichen Verwaltung. Eine solche Konstruktion ist aber im Hinblick auf allenfalls mittelbare Wirkungen der Kontrollmöglichkeit sachgerecht. Denn es gilt zunächst zu konstatieren, dass die Kritik an der Schiedsgerichtsbarkeit bei Lichte betrachtet weniger von Skepsis gegen nichtstaatlichen Schiedsrichter, als vielmehr durch Unbehagen gegenüber nichtöffentlichen Handlungsmöglichkeiten der Verwaltung getragen ist. Nicht die Schiedsrichter stehen unter dem Verdacht, Entscheidungen im Sinne der Streitparteien und zu Lasten des Gemeinwohls zu treffen und damit zu Steig­ bügelhaltern kollusiven Zusammenwirkens zwischen den Streitparteien zu avancieren. Eine Umgehung der Kontrollfunktion staatlicher Gerichte wird eher den Verwaltungsträgern angelastet. Es soll durch das Mittel der „Öffentlichkeit“ erreicht werden, dass die Verwaltung nicht „unkontrolliert“ mit Privaten kooperieren kann. Insofern treffen Informationsansprüche gegen die Verwaltung den richtigen Kontrolladressaten. Darüber hinaus wird über die Informationsansprüche ein hinreichendes Niveau an Transparenz bezüglich der Umstände und Ergebnisse des Schiedsverfahrens hergestellt. Mittels des IFG wird verhindert, dass das „Ob“ und „Wie“ der Veröffentlichung von Informationen über ein Schiedsverfahren der Disposition der Schiedsparteien obliegt. Allein durch die Möglichkeit der Veröffentlichung eines Schiedsspruchs wird bereits eine Funktion der Kontrolle erfüllt. Die Kontrollierbarkeit einer Handlung steigert die Bereitschaft der Akteure zur Regelbefolgung. Denn bereits die Gefahr negativer Öffentlichkeit ist geeignet, ein Handeln im Sinne von Recht und Gesetz zu fördern. Eine „Flucht“ in die Schiedsgerichtsbarkeit ist damit erschwert, wenn eine Streitpartei Verwaltungsträger ist.

E. Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit über Informationsfreiheitsgesetze

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Die Informationsfreiheitsrechte haben in der Praxis auch unter Beweis gestellt, dass sie die Regelungsintention des Gesetzgebers zur Schaffung von mehr Transparenz erfüllen. Praktische Erfahrungen hinsichtlich der Quantität von Informa­ tionsansprüchen des Anteils erfolgreicher Informationsbegehren machen deutlich, dass sich die Verwaltungspraxis auf die Umkehr hin zur Publizität ihrer Handlungen eingestellt hat.99 Zwar erfolgt die Umstellung bei den Verwaltungsbehörden mit gewisser Verzögerung und unter nicht unerheblichen personellen Belastungen für die jeweiligen Verwaltungsbehörden.100 Gleichwohl sind die überwiegenden Stellungnahmen zur gesetzlichen Zweckerreichung positiv. Flankiert wird der Wandel hin zu mehr Publizität durch die Rechtsprechung. Die Gerichte sind bestrebt, die gesetzlichen Vorgaben effektiv durchzusetzen und entscheiden eine Vielzahl von Streitfällen zu Gunsten der Antragsteller in Informationszugangsverfahren. Eine Erfolgsquote von etwa 50 % liegt deutlich über dem Erfolgsdurchschnitt sonstiger verwaltungsrechtlicher Streitverfahren.101 Im Übrigen moderieren die Informationsfreiheitsgesetze den Konflikt zwischen berechtigten Geheimhaltungsinteressen und dem Publizitätsinteresse in einem praktisch handhabbaren Rahmen. Insbesondere wenn eine teilweise Zugangsverschaffung von Informationen gewährt wird, scheinen praxisnahe Kompromisslösungen zwischen den Interessen möglich. Dass insoweit Fälle denkbar sind, in denen Geheimhaltungsinteressen aufgrund überwiegender öffentlicher oder privater Belange einer Veröffentlichung von Schiedssprüchen entgegenstehen, ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Immerhin sind Grenzen der Auskunftsansprüche verfassungsrechtlich indiziert. Sie sind ferner keine Besonderheit des Schieds­ verfahrens, sondern werden gemäß §§ 172 GVG, 52 VwGO auch in staatlichen Prozessen anerkannt. Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass die Veröffentlichung von Informationen aus Schiedsverfahren eine Initiative der interessierten Öffentlichkeit erfordert, für die unter Umständen sogar Kosten anfallen. Die Rechtspraxis zeigt, dass die Verwaltungsbehörden von den Gebührenregelungen in den Informationsfreiheitsgesetzen sehr zurückhaltend Gebrauch machen.102 Der Forderung nach einer Veröffentlichungspflicht für verwaltungsrechtliche Schiedsgerichte, welche die Bildung eines öffentlichen Interesses initiiert,103 ist entgegenzuhalten, dass zumindest in Bezug auf wichtige öffentliche Angelegenheiten sämtliche sonstige Kontrollmechanismen versagt haben müssen, um von einer Initiierung durch die Publizi-

99 Zahlenmaterial aus der Praxis liefert Rossi, Das Informationsfreiheitsgesetz in der gerichtlichen Praxis, DVBl. 2010, S. 554 (555). 100 Schoch, Zugang zu amtlichen Informationen nach dem IFG, Jura 2012, S. 203; Rossi, Das Informationsfreiheitsgesetz in der gerichtlichen Praxis, DVBl. 2010, S. 554 (555). 101 Zahlenmaterial zu Klageverfahren bei Schoch, IFG, § 9 Rn. 85. 102 Nach Schoch, IFG, § 10 Rn. 103 werden nur in etwa 8 % der Anträge Gebühren erhoben, davon bewegen sich die Gebührenhöhe in etwa der Hälfte der Fälle unter 50 €. 103 So in der Tendenz Wolff, Ende der Heimlichkeit! NVwZ 2012, S. 506 f.

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tät eines Schiedsspruchs ausgehen zu können. Als Rettungsanker der öffentlichen Aufmerksamkeit kann die Schiedsgerichtsbarkeit indes nicht fungieren.

F. Zusammenfassung Im Anschluss an die Darstellung des Kontrollsystems der ZPO unter Berücksichtigung seiner Besonderheiten in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten soll resümierend der Schluss gezogen werden, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Kontrollierbarkeit des Schiedsverfahrens eingehalten werden. Die durch Rechtsweggarantie und das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung indizierte Mindestkontrolle schiedsgerichtlicher Entscheidungen wird durch das geltende Schiedsverfahrensrecht gewährleistet. Zum einen besteht die Möglichkeit die Schiedsfähigkeit eines Gegenstandes frühzeitig einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen. Der isolierte Feststellungsantrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO steht insoweit auch Dritten offen, die in einem mehrpoligen Rechtsverhältnis in qualifizierter Weise betroffen sind. Die staatlichen Gerichte prüfen bei Ergebung einer Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO die Wirksamkeit von Amts wegen. Die Gültigkeit einer Schiedsvereinbarung ist ferner im Rahmen des Aufhebungsantrags nach § 1059 Abs. 1 Nr. 1 lit a), Nr. 2 lit 1. ZPO zu berücksichtigen. Die Ausgestaltung der Aufhebung des Schiedsspruchs im Rahmen des § 1059 berücksichtigt ferner die zwingenden verfassungsrechtlichen Vorgaben. So finden Verfahrensmängel ebenso Berücksichtigung, wie ein Schiedsspruch, der elementare rechtliche Wertungen außer Acht lässt. Wann ein Kernbereich zwingender Normen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten betroffen ist und somit ein Schiedsspruch aufgrund des ordre public-Vorbehalts nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO aufzuheben ist, bemisst sich anhand der verwaltungsrechtlichen Regelungen über die Nichtigkeit von Verwaltungsakten und Verwaltungsverträgen. Eine mittelbare Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit ist zudem durch die Informationsfreiheitsgesetzgebung gewährleistet. Sie führt dazu, dass sich spezifische Geheimhaltungsinteressen der Schiedsparteien nur im Rahmen der Grenzen der Informationszugangsansprüche durchsetzen können.

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Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht Die echte Schiedsgerichtsbarkeit vervollständigt das System nichtstaatlicher Streitbeilegung im Verwaltungsrecht. Schiedsgerichte sind, anders als Streitschlichter, nicht darauf beschränkt, Lösungsvorschläge zu unterbreiten, deren Annahme von ihrer materiellen Qualität oder von taktischen Überlegungen der Streitparteien abhängen. Schiedsgerichte mediatisieren auch keine Konflikte, indem sie Hilfestellung bei der einvernehmlichen Konfliktlösung anbieten, deren Ergebnisse in der Folgezeit praktisch umgesetzt werden müssen. Schiedsgerichte beenden einen Streit kraft der ihnen durch die Parteien verliehenen Autorität. Es wurde in der Untersuchung gezeigt, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Schiedsgerichte verfassungsrechtlich abgesichert und einfachgesetzlich zumeist hinreichend konkretisiert sind. Dennoch hat die Schiedsgerichtsbarkeit in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ihre Praxistauglichkeit bisher nicht unter Beweis stellen können. Selbst wenn vereinzelte Schiedsverfahren durchgeführt worden sind, begegnet ihr die Rechtswissenschaft und Rechtspraxis tendenziell skeptisch. Im Folgenden sollen die Vorteile schiedsrichterlicher Entscheidungen aufgezeigt werden, die für eine Ausweitung des Instruments im Verwaltungsrecht sprechen können. In einer Gegenüberstellung werden Defizite der schiedsrichterlichen Streitentscheidung betrachtet, um vor diesem Hintergrund Rechtsbereiche und Konstellationen zu eruieren, die günstige Bedingungen für die Beauftragung nichtstaatlicher Gerichte im Verwaltungsrecht aufweisen.

A. Chancen der Schiedsgerichtsbarkeit Einer Entscheidung gegen den staatlichen Rechtsweg können unterschiedliche und vielfältige Motive der Streitparteien zu Grunde liegen. Von besonderer Bedeutung sind im Zivilrecht spezifische Geheimhaltungsinteressen der Parteien, die weder Interesse an der Publizität rechtlicher Verbindungen noch am Bekanntwerden bestehender Rechtsstreitigkeiten haben.1 Im Verwaltungsrecht bietet ein 1 Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vor § 1025 Rn. 57; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 3 Rn. 143 ff.

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Teil 6: Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht

„Ausweichen“ in die Schiedsgerichtsbarkeit indes keine Gewähr für eine weit reichende Geheimhaltung. Die Informationsfreiheitsgesetze führen dazu, dass Schiedsverfahren nicht losgelöst von der Kontrolle durch die Öffentlichkeit stattfinden können. Denn es bestehen Ansprüche Dritter gegen die beteiligten Hoheitsträger auf Herausgabe der Informationen über das Schiedsverfahren, die über die Publizierung des reinen Schiedsspruches hinausgehen können.2 Für die Beauftragung eines Schiedsgerichts im Verwaltungsrecht mag aber die erwartete Qualität einer Entscheidung sprechen.3 Sie kann aus der besonderen Sachkompetenz der Schiedsrichter resultieren. Eine Vielzahl verwaltungsrechtlicher Vorschriften beinhaltet technische Regelungen, zu deren Durchdringung naturwissenschaftlich-technischer Sachverstand erforderlich ist. Dies ist etwa im Gentechnikrecht, im Produktsicherheitsrecht oder auch bei der Überwachung von Finanzprodukten der Fall.4 Diejenigen, die einen Streit zu entscheiden haben, benötigen spezifische Sachkenntnisse, die sie sich entweder selbst aneignen oder unter Zuhilfenahme externer Gutachter generieren. Es liegt insofern nahe, dass ein Schiedsgericht mit der Streitentscheidung betraut wird, das aufgrund der Qualifikationen der Schiedsrichter selbst ein hohes Maß an technischem Sachverstand mitbringt. Da das Schiedsverfahrensrecht den Streitparteien Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts einräumt, ist diese Möglichkeit gegeben. Es können mithin Schiedsrichter bestellt werden, die selbst über besondere Sachkenntnisse verfügen oder denen zumindest größtmögliche Kompetenz hinsichtlich einer inhaltlich bestmöglichen Entscheidung zugetraut wird.5 Eine Parallele besteht insoweit zur unechten Schiedsgerichtsbarkeit im Sozialrecht. Auch dort ist die spezifische Sachnähe und bereichsspezifische Professiona­ lisierung der Schiedsstellen wesentlicher Beweggrund für ihre Institutionalisierung.6 Damit einher geht die Zeitkomponente, die für das opting-out der staatlichen Gerichtsbarkeit sprechen kann. Eine überlange Verfahrensdauer wird verbreitet als wesentliche Kritik an der (Verwaltungs-)Gerichtsbarkeit formuliert.7 Die Erwartung, vor Schiedsgerichten eine zeitnahe Streitentscheidung zu erhalten, ist insoweit zentraler Beweggrund für die Wahl der Schiedsgerichtsbarkeit.8 Sie orien 2

Vgl. dazu Teil 5, E. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2007, Rn. 130. 4 Zu den Herausforderungen naturwissenschaftlicher-technischer Risiken vgl. etwa: Jaeckel, Risiko-Signaturen im Recht, JZ 2011, S. 116 ff. 5 Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vor § 1025 Rn. 55. 6 Zu den Schiedsstellen im Sozialrecht vgl. Teil 1, B. II. 7 Vgl. mit zahlreichen Nachweisen aus der Literatur: Stege, Überlange Verfahrensdauer, S. 20. 8 Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vor § 1025 Rn. 52; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2007, Rn. 155 ff. 3

A. Chancen der Schiedsgerichtsbarkeit

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tiert sich auch an der Überzeugung, dass eine zeitnahe Entscheidung in der Sache im Einzelfall von den Schiedsparteien als wichtiger angesehen werden kann, als eine qualitativ einwandfreie, systematisch unter Berücksichtigung sämtlicher Besonderheiten getroffene, dafür aber (zu) späte Entscheidung. Dies mag etwa der Fall sein, wenn eine Investitionsentscheidung an die Einhaltung bestimmter Zeitvorgaben geknüpft ist. Die Möglichkeiten staatlicher Gerichte bei einem Spruchkörper kurzfristig zu reagieren sind angesichts einer hohen Arbeitsbelastung in Folge der Komplexität einzelner Gegenstände oder der Vielzahl von Fällen beschränkt. Im Gegensatz dazu können die Schiedsparteien aufgrund der privatrechtlich organisierten Betrauung von Schiedsgerichten mittelbaren Einfluss auf die Verfahrensdauer ausüben. Eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Schiedsgerichte kann dazu beitragen, dass eine Entscheidung maßgeblich beschleunigt wird. Denn die defizitäre Ausstattung der staatlichen Justiz und ihrer Verwaltung wird nicht zu Unrecht als wesentliche Ursache ineffizienter Verfahrensgestaltung angesehen.9 Trotz der Einführung moderner Kommunikationsmittel und vorhandener Professionalisierung der gerichtlichen Verfahrensorganisation, nutzt sie die Bandbreite technischer Möglichkeiten noch nicht vollständig aus. Schließlich können die Streitparteien im schiedsrichterlichen Verfahren Einfluss auf die Verfahrensgestaltung nehmen, sei es, indem sie das Schiedsverfahren an ihre Bedürfnisse anpassen (Verfahrenssprache, Beweisgrundsätze etc.) oder sei es, indem sie durch Ausstattung des Schiedsgerichts mittelbar für eine effiziente Durchführung des Verfahrens sorgen. Durch beide Möglichkeiten können echte Beschleunigungseffekte erzielt werden. Denn es obliegt den Parteien festzulegen, innerhalb welcher Fristen Schriftsätze einzureichen und zu erwidern sind, welche Kommunikationsformen erlaubt sind, ob mündliche Verhandlungstermine angesetzt werden, in welchem Rahmen Beweis erhoben werden soll. Ferner mag ein Vorteil des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung auch eine psychologische Komponente sein. Soweit die Vertragsparteien mit der Schiedsvereinbarung zu einem frühen Zeitpunkt dokumentieren, im Falle eines Streits produktive und zeitnahe Lösungen suchen zu wollen, können Unsicherheiten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses reduziert werden. Verzögerungen, die aus taktischen Erwägungen der Streitparteien einen Streit in die Länge ziehen, kann insofern mit der frühen Einigung auf ein Streitbeilegungsverfahren begegnet werden. Positiv formuliert kann eine Schiedsvereinbarung Ausdruck dessen sein, dass der Streitfall bei einer Vertragsverhandlung als mögliches Ereignis mitgedacht wird. Realisiert er sich, steigt das Interesse der Parteien, alles dafür zu tun, dass einer produktiven Streitentscheidung in der Sache nichts im Wege steht.

9 Pointiert dazu aus publizistischer Perspektive: Prantl, Die letzten Tage des Wunders der Justiz, DRiZ 2006, 254.

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Teil 6: Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht

Damit korrespondiert die Beobachtung, dass Schiedsverfahren im besonderen Maße dazu geeignet sind, eine Beendigung im Wege eines Vergleichs herbeizuführen.10 Schiedsgerichte sind, anders als staatliche Gerichte, an Verhandlungstagen an geringeren Termindruck gebunden. In Vergleichsverhandlungen treten damit weniger zeitliche Zwangslagen auf, die im Einzelfall gegen eine Einigung sprechen können. Die Auswahl der Schiedsrichter nach fachlicher Eignung stärkt darüber hinaus das Vertrauen der Parteien, einen Vergleichsvorschlag des Schiedsgerichts Folge leisten zu können.

B. Risiken der Schiedsgerichtsbarkeit Dass die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht noch nicht richtig Fuß fassen konnte, mag auch daran liegen, dass der Ruf der Verwaltungsgerichtsbarkeit trotz bestehender Defizite grundsätzlich gut ist.11 So ist die Dauer der Verfahren vor den Verwaltungsgerichten seit Beginn des 21. Jahrhunderts leicht, aber doch spürbar rückläufig.12 Zusätzliche Impulse zu Gunsten einer Verfahrensbeschleunigung werden zudem von der Einführung der Verzögerungsrüge in § 198 GVG erwartet.13 Allerdings ist es wohl unzutreffend, die Schwäche der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht monokausal als Folge der Stärke der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu begreifen. Zunächst sprechen die hohen Kosten eines Schiedsverfahrens gegen seine Durchführung in Massenverfahren mit geringen Streitwerten. Denn die Schiedsgerichtsbarkeit ist nicht als kostengünstige Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit anzusehen.14 So lassen sich Rechtsanwälte ihr spezifisches schiedsverfahrensrechtliches Know-How in Honorarvereinbarungen besonders vergüten. Ebenso fallen Honorare für die Schiedsrichter an. Regelmäßig sind zudem Gebühren für Schiedsinstitutionen zu entrichten, welche die Durchführung von Schiedsverfahren anbieten. In einem detaillierten Vergleich zwischen den gerichtsspezifischen Kosten des staatlichen Prozesses und schiedsrichterlicher Verfahren kommt Lachmann zu dem Ergebnis, dass staatliche Prozesse selbst dann deutlich kostengünstiger sind, 10 Lachmann. Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 3 Rn. 167; Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 94; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1053 Rn. 2. 11 Ramsauer, Die Wahrung des Verwaltungsrechtsschutzes aus gerichtlicher Sicht: Aktuelle Probleme der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 71 (85). 12 Ramsauer, Die Wahrung des Verwaltungsrechtsschutzes aus gerichtlicher Sich, S. 71 (75 f.); Stege, Überlange Verfahrensdauer, S. 31 ff. 13 Biermann, Verwaltungsmodernisierung in Mecklenburg-Vorpommern, S. 146; Britz/Pfei­ fer, Rechtsbehelf gegen unangemessene Verfahrensdauer im Verwaltungsprozess, DÖV 2004, S. 245 (250). 14 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 44 Rn. 4733; Münch, in: MünchKomm-ZPO: Vor § 1025 Rn. 54.

B. Risiken der Schiedsgerichtsbarkeit

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wenn sie durch zwei Instanzen gehen.15 Fallen nach dem GKG für einen Streitwert von 50.000 € Gerichtsgebühren i. H. v. 1.368 € an, würde eine Honorierung der Schiedsrichter nach dem RVG 8.630 € betragen.16 Die Differenz zwischen den Kosten relativiert sich nach Lachmann zwar bei steigenden Streitwerten. Doch selbst bei einem Streitwert von 1.000.000 €, der in dieser Höhe im Verwaltungsrecht zwar nicht ausgeschlossen, wohl aber die Ausnahme ist, betragen die Kosten des Schiedsverfahrens ungefähr das Dreifache der staatlichen Gerichtskosten.17 Lachmann hält in Folge dessen die These, Schiedsverfahren seien von vornherein kostengünstiger als staatliche Prozesse für unhaltbar.18 Jedenfalls fällt eine auf die Gerichts- und Anwaltskosten beschränkte Kostenbetrachtung zu Lasten der Schiedsgerichtsbarkeit aus. Da im Verwaltungsrecht die Streitwerte im Vergleich zum Zivilprozess deutlich geringer sind,19 dürfte eine Entscheidung aus Gründen der Verfahrenskosten selten für die Schiedsgerichtsbarkeit getroffen werden. Gleichwohl ist auf zweierlei hinzuweisen: die Standardisierung der Kosten in der zitierten Untersuchung erfolgt auf der Grundlage der Beauftragung von drei Schiedsrichtern. Dies ist nach der Systematik des § 1034 Abs. 1 S. 2 ZPO der gesetzliche Regelfall, nicht aber zwingend vorgeschrieben. Einigen sich die Schiedsparteien auf einen Einzelschiedsrichter, sinken die Kosten deutlich. Zudem ist für eine Transaktionskostenanalyse, die nicht nur die Gerichtsgebühren und Honorare für Prozessbevollmächtigte umfasst, die Dauer der Schiedsverfahrens miteinzupreisen, welche im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit regelmäßig kürzer ist.20 Gegen die Betrauung von Schiedsrichtern spricht auch ein im Verhältnis zur staatlichen Gerichtsbarkeit abgesenktes Niveau der Unabhängigkeit. Werden für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Neutralität und Korruptionsresistenz der Richter als Qualitätsmerkmal angesehen, die durch Art. 97 GG wirkmächtig abgesichert sind, bestehen gegen die Unabhängigkeit der Schiedsrichter durchaus strukturelle Bedenken.21 Denn immerhin werden im Regelfall zwei Schiedsrichter durch die Parteien ernannt. So wird als ein Problem der Schiedspraxis wiederholt beschrieben, dass die Schiedsrichter häufig als Sachwalter „ihres“ Ernennenden erscheinen.22 15

Einen detaillierten Kostenvergleich zwischen Schiedsverfahren und staatlichen Gerichtsverfahren unternimmt Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 44 Rn. 4666 ff. 16 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 44 Rn. 4693 Diagramm 1a. 17 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 44 Rn. 4693 Diagramm 1b. 18 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 44 Rn. 4692. 19 Die Streitwertfestsetzung im Verwaltungsprozess ist auch durch Art. 19 Abs. 4 GG geprägt. Durch eine unangemessen hohe Festsetzung soll die Beschreitung des Rechtsweges nicht in unzumutbare Weise erschwert werden, vgl. BVerfG DVBl. 1994, S. 43. 20 Das Schiedsverfahren in Sachen Toll Collect trägt diesen Befund indes nicht. Dort ergeht seit nunmehr acht Jahren kein Schiedsspruch. 21 Ramsauer, Die Wahrung des Verwaltungsrechtsschutzes aus gerichtlicher Sich: Aktuelle Probleme der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 71 (78). 22 Vgl. zur Problematik: Frenzen: „Parteischiedsrichter“ – ein vermeidbarer Mangel in der Praxis, NJW 1986, S. 299 ff.

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Teil 6: Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht

Zumindest hinsichtlich der Akzeptanz des Schiedsspruchs birgt dieser Umstand Risiken. Das Schiedsverfahrensrecht begegnet dieser strukturellen Schwäche in § 1034 ZPO dadurch, dass regelmäßig drei Schiedsrichter einen Streit entscheiden und nur zwei durch die Parteien selbst bestimmt werden, der dritte Schiedsrichter als neutraler Vorsitzender die Parteiinteressen austariert. Gleichwohl begründen Zweifel an der Unabhängigkeit ein Risiko der Schiedsgerichtsbarkeit, das jedenfalls dann zur Verlängerung des Verfahrens führt, wenn das (korrigierende) Eingreifen der Schiedsgerichtszusammensetzung durch eine Schiedspartei begehrt wird. Im Falle des Schiedsverfahrens Toll Collect hat sich eben diese Gefahr rea­ lisiert und deutliche Verzögerungen des Verfahrensablaufs begründet.23 In verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten existieren darüber hinaus weitere Risiken, die aus dem streitbefangenen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis resultieren. Ein solches Risiko stellt in einer Vielzahl von Konflikten die mögliche Existenz von Rechten Dritter dar. Es wurde gezeigt, dass im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 VwGO ein Schiedsverfahren im Sinne von § 1032 Abs. 1 ZPO undurchführbar ist. Dritte können im Falle der Durchführung eines Schiedsverfahrens den Schiedsspruch erfolgreich anfechten, wenn sie der Schiedsvereinbarung nicht wirksam beigetreten sind. Dieses Risiko lässt sich nur dort ausschalten, wo unter keinen Umständen eine unmittelbare Drittbetroffenheit angenommen werden kann. Angesichts der oftmals schwierigen Abgrenzung einer qualifizierten Betroffenheit im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO zu der einfachen Betroffenheit des § 65 Abs. 1 VwGO24 sowie der Tendenz zur Ausdehnung subjektiver Rechtspositionen im Verwaltungsrecht25 kann die Drittbetroffenheit in einer Vielzahl denkbarer Schiedsverfahren eine Entscheidung zu Gunsten einer Schiedsvereinbarung verhindern. Ein weiteres Risiko besteht in der bisher vergleichsweise geringen Professionalisierung der verwaltungsrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit. Während zivile Schiedsgerichte an ihre langjährige Erfahrung in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit anknüpfen können und sich dort Schiedsinstitutionen mit eigenen Schiedsordnungen längst gebildet haben, existiert ein vergleichbarer Erfahrungshintergrund in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten nicht. Solange positive 23 Das VG Berlin, NJOZ 2010, S. 2721, hatte im Schiedsverfahren von Toll Collect über die Ablehnung eines Schiedsrichters wegen Befangenheit zu entscheiden. 24 Eine dogmatisch unumstrittene Lösung der Frage, wann ein Fall qualifizierter Rechtsbetroffenheit vorliegt, existiert nicht. Daraus folgt eine umfangreiche Kasuistik zu den Grenzfällen der notwendigen Beiladung. Vgl. dazu Sodan/Ziekow, § 65 Rn. 110 ff.; Kopp/Schenke, § 65 Rn.  14 ff. 25 Zu den als zu eng empfundenen Grenzen der Schutznormtheorie vgl. Berkemann, Die unionsrechtliche Umweltverbandsklage des EuGH – Der deutsche Gesetzgeber ist belehrt „so nicht“ und in Bedrängnis, DVBl. 2011, S. 1253 ff.; Couzinet, Die Schutznormtheorie in Zeiten des Feinstaubs, DVBl. 2008, S. 754 ff.

C. Potentielle Anwendungsbereiche echter Schiedsgerichtsbarkeit

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Vorbilder Mangelware sind und Schiedsinstitutionen spezifisch verwaltungsrechtsrechtliche Streitentscheidungsverfahren nicht anbieten, dürfte die Neigung der Streitparteien zu innovativen Streitentscheidungsmethoden gering sein.26 Der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht steht zudem ein Bedürfnis nach Grundsatzentscheidungen im Wege. Die Verwaltungsbehörden haben im Rahmen wiederkehrender Konflikte oftmals ein Interesse daran, eine Entscheidung vor Gericht zu erhalten, die im Folgenden zur Grundlage der Verwaltungspraxis gemacht wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine neue Gesetzeslage Unsicherheiten in der Rechtsanwendung mit sich bringt. Ein rechtskräftiges Urteil eines staatlichen Gerichts kann in einer derartigen Konstellation Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schaffen. Denn grundsätzliche Bedeutung ist den Schiedsentscheidungen regelmäßig nicht zu entnehmen, da sie nur unter den Beteiligten gelten, und weder rechtliche noch faktische Bindungen für staatliche Gerichte entfalten. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass die spezifischen Vorteile der schiedsrichterlichen Streitentscheidung sich erst dann realisieren, wenn sich die Schiedsparteien dem Schiedsspruch endgültig beugen. Der Gesetzgeber hat das Schiedsverfahren zwar nicht als reines Vorverfahren zur staatlichen Gerichtsbarkeit ausgestaltet. Wohl aber kann der Schiedsspruch einer staatlichen Kontrolle zugeführt werden. Die verwaltungsrechtliche Kontrolle des Schiedsspruchs ist immerhin als Nichtigkeitskontrolle auszugestalten.27 Die Erfolgschancen eines kassatorischen Begehrens sind insoweit höher als im Zivilrecht. Die Bestandskraft eines Schiedsspruchs hängt aus diesem Grund von der materiellen Qualität der schiedsgerichtlichen Entscheidung ab. Das Risiko einer „schlechten“ Entscheidung ist folglich von den Schiedsparteien in die Entscheidung miteinzubeziehen.

C. Potentielle Anwendungsbereiche echter Schiedsgerichtsbarkeit Anhand der so beschriebenen Vor- und Nachteile der Schiedsgerichtsbarkeit lassen sich Bedingungen formulieren, die eine positive Entscheidung von Streit­ parteien zu Gunsten der Beauftragung von Schiedsgerichten beeinflussen. Konflikte, in denen Rechte Dritter nicht in qualifizierter Weise betroffen sein können, sind Schiedsverfahren eher zugänglich. Sind die zu erwartenden Streitwerte hoch, können Kostenargumente für die Betrauung von Schiedsgerichten sprechen. Werden für eine Streitentscheidung besonderer Sachverstand, spezi 26 Ähnlich Schill, Öffentlich-rechtliche Schiedsverfahren, DÖV 2010, S. 1013 (1018), der spezielle öffentlich-rechtliche Qualifikationen von Schiedsrichtern in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten fordert. 27 Zur den Nichtigkeitsregelungen als verwaltungsrechtlicher ordre public siehe Teil 5, D. II. 2. c).

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Teil 6: Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht

fische Branchenkenntnisse oder Erfahrungswerte für erforderlich gehalten, kann die Wahl eines Schiedsgerichts begünstigt werden. Tritt dazu ein besonderes Erfordernis, Streitentscheidungen zeitnah herbeizuführen, spricht einiges dafür, über den staatlichen Rechtsweg zu disponieren. Diese Bedingungen für den Abschluss einer Schiedsvereinbarung stützen den Befund, dass Schiedsgerichte „für Profis“28 gemacht sind. Für eine Vielzahl der verwaltungsrechtlichen Regelungsgegenstände – wie das Ordnungsrecht, das Ausländerrecht, das Hochschulzulassungsrecht oder das Rundfunkgebührenrecht – erscheint die Schiedsgerichtsbarkeit hingegen als eher ungeeignet. Günstig erscheinen die Bedingungen hingegen dort, wo die Verwaltung Regelungen im Wege des Verwaltungsvertrags trifft. Im Folgenden sollen einige konkrete Anwendungsmöglichkeiten von Schiedsvereinbarungen aufgezeigt werden.

I. Schiedsgerichtsbarkeit im Hochschulrecht Ein mögliches Anwendungsfeld schiedsrichterlicher Entscheidungen bietet das Hochschulrecht. Denn mit der Einführung von Zielvereinbarungen als Teil des Neuen Steuerungsmodells ist dort der Anwendungsbereich verwaltungsrechtlicher Verträge erheblich ausgedehnt worden.29 Als wesentliches Element des Kontraktmanagements dienen Zielvereinbarungen der Steuerung von Organisationseinheiten durch Determinierung und Kontrolle ihres Outputs. Sie definieren Produkte sowie den Umfang ihrer Erbringung und treten an die Stelle der finanziellen Steuerung mittels Bereitstellung von Mitteln im Haushalt.30 Die Rechtsnatur von Zielvereinbarungen ist zwar noch nicht vollständig geklärt.31 Einer abschließenden Kategorisierung steht die Heterogenität ihrer Ausgestaltung im Einzelfall entgegen.32 Gleichwohl geht die herrschende Auffassung mittlerweile zu Recht davon aus, dass Zielvereinbarungen jedenfalls dann als öffentlich-rechtliche Verträge dem Anwendungsbereich der §§ 54 ff. VwVfG unterfallen, wenn sie gerichtlich durchsetzbare Rechte und Pflichten begründen.33

28

So ausdrücklich Diedrich, Grundlagen der Schiedsgerichtsbarkeit, JuS 1998, S. 158 (165). Zur Einführung des neuen Steuerungsmodells im Hochschulwesen vgl. Kracht, Das neue Steuerungsmodell im Hochschulbereich, S. 117 ff.; Schmuck, Zielvereinbarungen im Hochschulbereich, S. 36 ff. 30 Vgl. Hill, Zur Rechtsdogmatik von Zielvereinbarungen im Verwaltungsrecht, NVwZ 2002, S. 1059 (1060); Smeddinck, Die deregulierte Hochschule, DÖV 2007, S. 269 (271). 31 Zu den unterschiedlichen Ansätzen vgl. Hill, Zur Rechtsdogmatik von Zielvereinbarungen im Verwaltungsrecht, NVwZ 2002, S. 1059 (1060). 32 Zu den Schwierigkeiten vgl. ebenfalls Schmidt, Zielvereinbarungen als Herausforderung des Allgemeinen Verwaltungsrechts, DÖV 2008, S. 760 ff. 33 Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 40g; Kracht, Das neue Steuerungsmodell im Hochschulbereich, S. 247; Fehling, in: Fehling/Kastner, § 54 Rn. 80. 29

C. Potentielle Anwendungsbereiche echter Schiedsgerichtsbarkeit

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Zielvereinbarungen lassen sich anhand ihrer Vertragspartner als „interne“ und „externe“ Schiedsvereinbarungen kategorisieren.34 Externe Zielvereinbarungen werden zwischen der staatlichen Verwaltung, in der Regel den zuständigen Landesministerien und den Hochschulen geschlossen.35 Sie definieren vorwiegend den Aufgabenbereich einer Hochschule und die von ihr zu erbringenden Leistungen und dazu korrespondierend die staatlichen Gegenleistungen, welche die Leistungserbringung im Wesentlichen ermöglichen soll.36 Interne Schiedsvereinbarungen werden dagegen zwischen der Hochschule und ihren Untergliederungen getroffen, etwa zwischen einer Universität und ihren Fakultäten oder zwischen einer Fakultät und einzelnen Mitgliedern. Sowohl externe als auch interne Zielvereinbarungen bieten Eignungsvoraussetzungen für den Abschluss von Schiedsvereinbarungen und damit die Möglichkeit zur Durchführung von Schiedsverfahren. Auf der Mikroebene soll dies zunächst für Leistungsvereinbarungen zwischen Professoren und Fakultäten exemplifiziert werden. Berufungszusagen können die Gestalt öffentlich-rechtlicher Verträge annehmen.37 Eine solche vertragliche Vereinbarung kann u. a. die sachliche und personelle Ausstattung eines Lehrstuhls, die inhaltliche Ausrichtung eines Instituts oder auch die Bezüge des Lehrstuhlinhabers festschreiben. Entsteht über den genauen Inhalt einer solchen Zusage Streit, kann eine Streitentscheidung durch Schiedsrichter eine vielversprechende Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit sein. Soll über die Einhaltung konkreter Lehr- oder Forschungsverpflichtungen entschieden werden, besteht ein gesteigertes Bedürfnis an die Fachkunde der Schiedsrichter. Verfügen sie sowohl über Kenntnisse des Ablaufs von Berufungsverhandlungen als auch über inhaltliches Wissen im Forschungsbereich des Hochschullehrers kann eine Streitentscheidung getroffen werden, die sich am geltenden Recht orientiert, zugleich aber nicht auf rechtliche Maßstäbe beschränkt ist. Konfliktursachen, die auf strukturelle Besonderheiten im Hochschulrecht zurückzuführen sind, können aufgenommen und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Gelingt dies, sind die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass dem Streitentscheid eine gesteigerte Befriedungsfunktion zukommt. Ähnliches gilt für die Schiedsfähigkeit von Konflikten im Rahmen externen Zielvereinbarungen. Sie können bestimmte Finanzierungszusagen von der Schaffung eines eigenständigen Hochschulprofils, der Umsetzung einer Studienreform oder von einer Mindestzahl von Absolventen abhängig machen.38 Sind Art und 34

Vgl. zur Unterscheidung ausführlich Schmuck, Zielvereinbarungen im Hochschulbereich, S.  44 ff. 35 Zur Empirie in einzelnen Bundesländern ausführlich Schmuck, Zielvereinbarungen im Hochschulbereich, S. 51 ff. 36 Schmuck, Zielvereinbarungen im Hochschulbereich, S. 46. 37 So zum Beispiel VG Dresden, Urteil vom 17.09.2008, Az.: 5 K 2167/06 (juris). 38 Zu den Inhalten externer Zielvereinbarungen vgl. die Praxisbeispiele bei Kracht, Das neue Steuerungsmodell im Hochschulbereich, S. 149 ff. und Schmuck, Zielvereinbarungen im Hochschulbereich, S. 140 ff.

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Teil 6: Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht

Maß der Vorgaben solcher Vereinbarungen hinreichend verbindlich, ist von ihrer gerichtlichen Durchsetzbarkeit auszugehen.39 Dies setzt in der Regel voraus, dass die wechselseitigen Rechte und Pflichten hinreichend präzisiert sind und sich nicht auf Zielbeschreibungen oder Vorgaben allgemeiner Art beschränken.40 In derartigen Fällen kann die Betrauung von Schiedsrichtern mit einer spezifischen Sachnähe dazu führen, dass die spezielle Logik der Zielvereinbarung als Steuerungsinstrument bei der Entscheidungsfindung Berücksichtigung findet. Dies kann wiederum dann relevant sein, wenn fachliche Fragen zur Bewertung des Grades der Zielerreichung erforderlich sind. Als Beispiel mag weiterhin die Klärung der Frage angeführt werden, ob eine Studienreform tatsächlich die politischen Vorgaben einer Zielvereinbarung hinreichend berücksichtigt oder lediglich formale Änderungen bewirkt, welche den gewünschten Steuerungserfolg nicht zu gewährleisten vermögen. Gleiches kann für die Frage gelten ob die Bildung eines Forschungsprofils durch die Hochschule tatsächlich eine hinreichende Abgrenzung zu vergleichbaren Einrichtungen und Hochschulen beinhaltet.

II. Schiedsgerichtsbarkeit in städtebaulichen Verträgen Ein weiteres Feld für verwaltungsrechtliche Schiedsvereinbarungen bietet der Anwendungsbereich städtebaulicher Verträge im Sinne von § 11 BauGB. Zentraler Regelungsgegenstand der überwiegenden Anzahl städtebaulicher Verträge ist die Finanzierung erforderlicher Maßnahmen zur Erschließung und Entwicklung von Baugebieten.41 § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB nennt beispielhaft und nicht abschließend weitere Gegenstände städtebaulicher Verträge.42 Die Vorbe­ reitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten wird in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB aufgenommen, Pläne zur Förderung und Sicherung der planerischen Ziele umfasst § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB. Ferner sind Verträge über die Übernahme planerischer Folgekosten (Nr. 3) und Vereinbarungen über die Nutzung von Netzen und Anlagen zur Energieversorgung (Nr. 4) genannt. Das Zustandekommen städtebaulicher Verträge wird durch eine korrespondierende Interessenlage der Vertragsparteien begünstigt. Der planenden Verwaltung stehen unter Umständen nicht die erforderlichen personellen und finanziellen Mittel zur Verfügung, die Entwicklungsmaßnahmen eigenständig zu bewältigen. Der private Vertragspartner stellt Mittel bereit, um an dem wirtschaftlichen Erfolg der Maßnahme zu partizipieren. 39

Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 40g. Trute, Die Rechtsqualität von Zielvereinbarungen und Leistungsverträgen im Hochschulbereich, WissR 33 (2000), S. 134, 148 f. 41 Tietze, Kooperation im Städtebau, S. 222 ff. 42 Lohr, in: Battis/Krautzberger/Lohr, § 11 Rn. 5. 40

C. Potentielle Anwendungsbereiche echter Schiedsgerichtsbarkeit

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Das Instrument des städtebaulichen Vertrags ist wichtiges Element der Realisierung städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen im Zusammenwirken zwischen der öffentlichen Verwaltung und Privaten.43 Die Frage, ob dabei ein städtebaulicher Vertrag öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist und eine in dessen Rahmen getroffene Schiedsvereinbarung damit unter das Regelungsregime des Verwaltungsrechts fällt, lässt sich nicht losgelöst von dem konkreten Inhalt der Vereinbarung bestimmen.44 Denn städtebauliche Verträge können sowohl privatrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Pflichten begründen. Als überzeugende Faustformel für eine Beurteilung der Rechtsnatur wird vorgeschlagen, darauf abzustellen, ob der Vertrag unter Privaten geschlossen werden könnte oder die Beteiligung eines Hoheitsträgers zwingend erfordert. Nur im ersten Falle wäre eine Vereinbarung dem Zivilrecht zuzuordnen.45 Städtebauliche Verträge gelten schließlich als wesentliche praktische Anwendungsform von Public Private Partnerships,46 denen eine besondere Affinität zum Abschluss von Schiedsvereinbarungen bereits attestiert wurde.47 Dies lässt sich anhand der Regelungsmöglichkeiten des § 11 BauGB anschaulich illustrieren. Regelmäßig werden im Rahmen städtebaulicher Verträge Vereinbarungen über Großvorhaben oder die Erschließung neuer Baugebiete getroffen.48 Zwar fehlen soweit ersichtlich empirische Untersuchungen über durchschnittliche Investitionsvolumen in städtebaulichen Verträgen. Allerdings stützen vereinzelte Judikate die Annahme, dass der finanzielle Umfang städtebaulicher Verträge eine Größe erreicht, in Rahmen dessen die schiedsrichterliche Entscheidung im Vergleich zur staatlichen Gerichtsbarkeit als kostengünstige Alternative gesehen werden kann.49 Dies ergibt sich einerseits aus einem Vergleich der Kosten und Gebühren eines Schiedsverfahrens im Vergleich zur staatlichen Gerichtsbarkeit. Andererseits spielen Kostengründe auch aufgrund der Finanzierungsfunktion eines städtebaulichen Vertrags eine Rolle. Hinsichtlich der Motive eines Investors kann ein ökonomisches Interesse daran konstatiert werden, dass sich die getätigte Investition möglichst zeitnah refinanziert. Im kommunalen Wettbewerb um Investitionskapital kann die Aussicht der Vermeidung möglicher langjähriger, mehrinstanzlicher 43

Bunzel, Finanzierung städtebaulicher Folgeinvestitionen als Gegenstand städtebaulicher Verträge, DVBl. 2011, 796; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 11 Rn. 1 ff. Eine empirische Untersuchung bietet Tietze, Kooperation im Städtebau, S. 219 ff. 44 Zu den unterschiedlichen Ansätzen zur Abgrenzung Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bie­ lenberg/Krautzberger, § 11 Rn. 1 ff. 45 Hien, Bemerkungen zum städtebaulichen Vertrag, S. 129 (141), zustimmend wohl Krautz­ berger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 11 Rn. 186 ff. 46 Kahl, Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, DÖV 2000, 793; Ruttloff, Die Zulässigkeit von Vertragsstrafenklauseln in städtebaulichen Verträgen, S. 30. 47 Vgl. insofern auch Teil 1, B. I. 48 Krämer, Planungsleistungen als „Gegenleistung“ in städtebaulichen Verträgen, S. 31. 49 Die Entscheidung des BVerwG, ZfBR 2009, S. 472 betrifft eine Entwicklungsmaßnahme, die einen Gesamtfinanzbedarf von etwa 17 Millionen Euro betraf, von denen 1,25 Millionen Euro durch Folgekostenverträge mit Grundstückseigentümern generiert wurden.

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Teil 6: Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht

Streitigkeiten durch eine Schiedsvereinbarung eine positive Investitionsentscheidung zu Gunsten eines Standorts durchaus beeinflussen. Der Wunsch nach einer zeitnahen Entscheidung von Streitigkeiten ist zudem auch damit zu begründen, dass die Vertragspartner regelmäßig kein Interesse daran haben, den Fortgang eines begonnen Projekts wesentlich zu unterbrechen oder wesentlich zu verzögern.50 Für beide Vertragspartner bedingen Verzögerungen Verluste finanzieller wie auch ideeller Art, denn die Kompetenz eines Investors, Projekte zeitnah abzuwickeln, hat einen Einfluss darauf, ob dieser als zuverlässiger Partner wahrgenommen wird. Zudem kann das Erfordernis spezifischen Sachverstands auch im Anwendungsbereich städtebaulicher Verträge zu Gunsten der Schiedsgerichtsbarkeit angeführt werden. Auch hier begründen spezifische Sachkenntnisse der Schiedsrichter positive Bedingungen einer zeitnahen und mit einer gesteigerten Akzeptanz versehenen Streitentscheidung. Gleichwohl können sich bei städtebaulichen Kooperationen im Sinne von § 11 BauGB auch die Risiken der Schiedsgerichtsbarkeit realisieren. Sind an einer Vereinbarung nicht nur ein Investor, sondern mehrere Parteien beteiligt, kann die Schiedsgerichtsbarkeit nur im Falle einer universellen Schiedsbindung durchgeführt werden. Mag eine solche im Rahmen der Vertragsverhandlungen als überwindbares Hindernis erscheinen, kann anderes gelten, wenn die städtebauliche Vereinbarung umweltrelevante Absprachen enthält. So können im Rahmen städtebaulicher Verträge auch Maßnahmen zum Lärmschutz51 oder zum Immissionsschutz52 vereinbart werden. Zu denken sind an spezifische Lärmschutzmaßnahmen, die bereits auf Vertragsebene hinreichend konkretisiert werden, um für spätere Genehmigungsentscheidungen hinreichende Sicherheit zu gewinnen.53 Solche Regelungen können indes nur die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien im Verhältnis zuein­ander konkretisieren. Sie schließen nicht die Möglichkeit der betroffenen Nachbarn aus, gegen unzureichende Schutzvorkehrungen den staatlichen Rechtsweg zu beschreiten. Es kann vorkommen, dass die Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien schiedsgerichtlich entschieden wird, aber von Dritten vor staatliche Gerichte gebracht wird. Ungeachtet der möglichen Risiken scheint die Schiedsgerichtbarkeit im Anwendungsbereich städtebaulicher Verträge aufgrund der kooperativen Prägung des Verhältnisses zwischen den Vertragsparteien insgesamt geeignet zu sein, ef 50 Zur Bedeutung des Zeitfaktors bei Bauprojekten vgl. Lögering, Die Eignung schiedsgerichtlicher Verfahren zur Lösung baurechtlicher Konflikte, SchiedsVZ 2010, S. 14 (15). 51 Krautzberger, Der Beitrag der städtebaulichen Verträge zur Lösung von städtebaulichen Problemen des Lärmschutzes, UPR 2009, S. 213. 52 Birk, Städtebauliche Verträge in der anwaltlichen Praxis, S. 169 (177 f.). 53 Zur Zulässigkeit solcher Vereinbarungen vgl. BVerwG NJW 1975, S. 70 ff. („Flachglas“).

C. Potentielle Anwendungsbereiche echter Schiedsgerichtsbarkeit

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fiziente und zeitnahe Konfliktentscheidungen herbeizuführen, die zu einer Beschleunigung der Entwicklungsmaßnahmen im Fall des Streits führen und die Transaktions­kosten insgesamt zu senken vermögen.

III. Schiedsgerichtsbarkeit in koordinationsrechtlichen Rechtsverhältnissen Schließlich beinhalten Vereinbarungen zwischen Hoheitsträgern Potential für den Abschluss von Schiedsgerichten. Kooperieren Träger öffentlicher Verwaltung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten auf vertraglicher Basis, wird eine solche Vereinbarung nach tradierter Terminologie als „koordinationsrechtlicher“ Vertrag bezeichnet.54 Der koordinationsrechtliche Vertrag bildet insoweit den Gegenbegriff zum subordinationsrechtlichen Vertrag im Sinne von § 54 S. 2 VwVfG, der mit einem Vertragspartner geschlossen wird, an den die Verwaltung auch einen Verwaltungsakt richten könnte.55 Dem Begriffspaar „kooperationsrechtlicher“ und „subordinationsrechtlicher“ Vertrag wird zwar eine analytische Schwäche attestiert.56 Denn zum einen beinhaltet die Bezeichnung „subordinationsrechtlicher“ Vertrag ein Paradoxon, weil die Parteien sich im Falle eines Vertragsschlusses auf einer Ebene rechtlicher Gleichordnung bewegen. Zum anderen können auch Verwaltungsträger in einem grundsätzlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander stehen.57 So liegen die Verhältnisse etwa zwischen einer aufsichtführenden und einer beaufsichtigten Behörde bei der Ausübung einer umfassenden Fachaufsicht. Ungeachtet der begrifflichen Schwäche soll in diesem Zusammenhang zur Anknüpfbarkeit an bestehende Kategorien am Begriff des koordinationsrechtlichen Vertrags festgehalten werden. Koordinationsrechtliche Verträge sind demnach diejenigen Vereinbarungen, die zwischen verschiedenen Stellen der öffentlichen Verwaltung getroffen werden, ohne dass sie auf ein Gleichordnungsverhältnis zwischen den Verwaltungseinheiten beschränkt sind.58 Obwohl dem koordinationsrechtlichen Vertrag in der Praxis noch geringe Relevanz attestiert wird59 und sich dieser Befund quantitativ zweifellos aufrecht er 54

Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 6; Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 47; BVerwGE 37, 236; BVerwG NVwZ 2005, 1083 ff.; Fehling, in: Fehling/Kastner, § 54 Rn. 60. 55 Zur Unterscheidung vgl. Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 47. 56 Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 382 ff.; Ziekow, § 54 Rn. 34; Bull/Mehde: Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 849. 57 Achterberg, Der öffentlich-rechtliche Vertrag, JA 1979, 356 (358); zustimmend Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 382 ff. 58 So auch Ziekow, § 54 Rn. 35. 59 Bonk, in: Stelkens/Bock/Sachs, § 54 Rn. 6.

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Teil 6: Positive Bedingungen für Schiedsgerichte im Verwaltungsrecht

halten lässt,60 sind verwaltungsrechtliche Verträge zwischen Verwaltungsträgern oftmals von hoher ökonomischer Relevanz für die Vertragsparteien und mitunter wichtiges Element der Strukturierung ihrer Kooperationen. Im Anwendungsbereich interkommunaler Zusammenarbeit dürfte die Bedeutung des koordinationsrechtlichen Vertrages in der jüngeren Vergangenheit zugenommen haben. Dafür sprechen die erhöhte wissenschaftliche Aufmerksamkeit, die der Kooperation zwischen Gemeinden gewidmet wird61 und die Folge des Innovationsdrucks ist, welchem die Gemeinden ausgesetzt sind.62 Als Grundlage von kommunalen Kooperationen dienen Verwaltungsverträge immer dann, wenn nicht bloß informale, nicht institutionalisierte Formen des Austauschs gewählt werden.63 Neben solche Gründe, die bereits an anderer Stelle zu Gunsten einer Entscheidung für die Schiedsgerichtsbarkeit angesprochen wurden, treten bei koordinations­rechtlichen Verträgen weitere Adaptionsmöglichkeiten für schiedsgerichtliche Streitentscheidung. Die besondere Schutzbedürftigkeit eines privaten Vertragspartners, die in §§ 56, 59 Abs. 2, 61 VwVfG zum Ausdruck gebracht wird und dessen schwächerer Position Rechnung trägt, ist kein Hindernis für den Abschluss koordinationsrechtlicher Verträge.64 Die verringerte Schutzbedürftigkeit der Verwaltungsträger wirkt sich auch im Anwendungsbereich der Schiedsverfahrensrechts aus. Denn hier gelten die Vorgaben des Art. 19 Abs. 4 GG nur soweit, wie Träger des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG in das Schiedsverfahren involviert sind. Es gelten mithin nicht die Restriktionen hinsichtlich der Bestimmtheit und der Freiwilligkeit der Schieds­ vereinbarung, die als Ausdruck der Rechtsweggarantie Schiedsvereinbarungen zwischen Privaten und Hoheitsträgern einer strengen Kontrolle unterwerfen.65 Außerdem kann bei kommunalen Kooperationen als begünstigendes Element für den Abschluss einer Schiedsvereinbarung die Bestimmbarkeit des Schiedsorts angesehen werden. Dies kann jedenfalls dann eine Rolle spielen, wenn eine Kooperation zwischen örtlich weit entfernten Hoheitsträgern beschlossen wird.66 60

Eine umfassende Untersuchung zu den unterschiedlichen Vertragsformen in der Verwaltungspraxis bietet Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, S. 263 ff. 61 Dazu etwa Brüning, Rechtliche Grundlagen der interkommunalen Zusammenarbeit, VBlBW 2011, S. 46 (49 f.); Kupfer, Die Aufstellung von Lärmaktionsplänen in interkommunaler Zusammenarbeit, VBlBW 2011, S. 128 ff.; Heilshorn/Schober: Die interkommunale Zusammenarbeit bei der Planung von Windenergieanlagen, BWGZ 2012, S. 142 ff. 62 Vgl. dazu Hill, Selbstverwaltung neu denken, NordÖR 2011, S. 469 (471). 63 Siehe dazu: Brüning, Rechtliche Grundlagen der interkommunalen Zusammenarbeit, VBlBW 2011, S. 46 (51). 64 Zum fehlenden Schutzniveau von Trägern hoheitlicher Verwaltung vgl. Ziekow, § 54 Rn. 32. 65 Zu den Beschränkungen des Art. 19 Abs. 4 GG siehe Teil 3, C. I. und Teil 4, C. II. 1. b) und c). 66 Anschaulich insofern das Beispiel bei Brüning, Rechtliche Grundlagen der interkommu­ nalen Zusammenarbeit, VBlBW 2011, S. 46, der die Kooperation zwischen den Kieler Stadt-

D. Zusammenfassung

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Aufgrund der Tendenz regionaler Verwaltungsträger, ihre Lokalität zu betonen, kann die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens auf „neutralem Boden“ im Interesse der Kooperationspartner liegen. Wird der Schiedsgerichtsbarkeit damit das weite Feld interkommunaler Zusammenarbeit erschlossen, lassen sich Schiedsvereinbarungen etwa in verwaltungsorganisationsrechtlichen Kooperationen oder im Rahmen gemeindeübergreifender Planungen denken: Schiedsvereinbarungen können über die Gründung von Zweckverbänden in öffentlich-rechtliche Verträge integriert werden. Zweck­ verbandsvereinbarungen sind klassisches Anwendungsbeispiel koordinationsrechtlicher Verträge.67 Zweckverbänden sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, die durch Kommunen zur gemeinsamen Erbringung öffentlicher Aufgaben gegründet werden.68 Streiten die Träger der Zweckverbände dann etwa über die Finanzierung oder sonstige Angelegenheiten des Verbandes, wird dieser Streit im Falle einer Schiedsvereinbarung einem Schiedsgericht zugewiesen.69 Ob das Potential für die Zuständigkeitsbegründung der Schiedsgerichtsbarkeit in kommunalen Kooperationen genutzt wird, hängt auch von der Bereitschaft der beteiligten Entscheidungsträger ab, sich nichtstaatlichen Streitentscheidern zu unterwerfen. Immerhin bietet das Schiedsverfahren vor dem OVG Berlin70 ein Beispiel (gelungener) nichtstaatlicher Streitbeilegung im Rahmen koordinationsrechtlicher Verträge.

D. Zusammenfassung Die Schiedsgerichtsbarkeit kann auch in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten einige ihrer spezifischen Vorteile zur Entfaltung bringen. So können die Nutzbarmachung spezifischen Sachverstandes, der Einfluss auf die Verfahrensgestaltung und auch Kosten- und Zeitvorteile die Wahl der Streitparteien zu Gunsten der Schiedsgerichtsbarkeit beeinflussen. Den Möglichkeiten korrespondieren allerdings auch spezifische verwaltungsrechtliche Risiken, die vor allem im Bereich der Massenverwaltung der schiedswerken und der MVV Energie AG mit Sitz in Mannheim beschreibt. Zwar sind beide Vertragspartner keine Träger hoheitlicher Verwaltung. Allerdings wird deutlich, dass Kooperationen im Bereich der Daseinsvorsorge nicht darauf angewiesen sind, dass Kooperationspartner Gebietsnachbarn sind. 67 Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 47. 68 Zum Zweckverband als klassische Kooperationsform des Kommunalrechts vgl. Wurzel/ Schraml, Entscheidungskriterien für die Wahl einer Rechtsform, Kapitel J, Rn. 25 f.; ausführlich: Schmidt, Kommunale Kooperationen, S. 27 ff. 69 Ein Beispiel eines Rechtsstreits zwischen zwei Gemeinden um einen Erstattungsanspruch aufgrund einer nichtigen Zweckvereinbarung bietet die Entscheidung des VG Regensburg, Urteil vom 22.09.2005, Az.: Rn. 3 K (zitiert nach juris). 70 OVG Berlin, OVGE 16, 256.

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gerichtlichen Entscheidung entgegenstehen. So realisieren sich Kostenvorteile der Schiedsgerichtsbarkeit erst bei höheren Streitwerten. Es besteht zudem die Gefahr, dass sich Schiedsverfahren aufgrund der in qualifizierter Weise betroffener Dritte nicht realisieren lassen. Darüber hinaus kann die Durchführung eines Schiedsverfahrens nicht die Publizität des Schiedsspruchs verhindern. Es lassen sich dennoch selektive Beispiele und Konstellationen aufzeigen, in denen Schiedsgerichte auch im Verwaltungsrecht eine vielversprechende Alternative zur Streitentscheidung durch staatliche Gerichte bieten. Hochschulrechtliche Zielvereinbarungen seien in diesem Zusammenhang ebenso wie städtebauliche Verträge und Vereinbarungen zur Strukturierung koordinationsrechtlicher Zusammenarbeit als schiedsfähige Regelungsbereiche angedeutet.

Schlussbemerkung Die echte Schiedsgerichtsbarkeit vervollständigt das System nichtstaatlicher Streitbeilegungsverfahren in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. Sie eröffnet dem rechtsschutzsuchenden Bürger im Einvernehmen mit einem Verwaltungsträger die Möglichkeit, eine verbindliche Entscheidung durch nichtstaatliche Dritte herbeizuführen. Verfassungsrechtliche Bedenken, die in der traditionellen Staatslehre unter den Topoi ‚Souveränität‘ und ‚Rechtsprechungsmonopol‘ gegen die Zulassung nichtstaatlicher Streitentscheidung formuliert werden, überzeugen im Ergebnis nicht. Die staatliche Souveränität wird gerade nicht in Frage gestellt, wenn der Gesetzgeber privaten Spruchkörpern eine Entscheidungsbefugnis einräumt und der Entscheidung die Anerkennung durch die Rechtsordnung zuspricht. Denn die Rechtswirkungen der Entscheidung resultieren aus keiner privaten Machtfülle, sondern erfolgen in den Bahnen staatlicher Rechtsgewährung und Rechtssetzung. Auch das Rechtsprechungsmonopol der Dritten Gewalt existiert allein im Verhältnis zwischen den Staatsgewalten und verhindert keine schiedsrichterlichen Entscheidungen im Verwaltungsrecht. Selbst im Bereich notwendiger Staatsaufgaben ist dem Grundgesetz keine trennscharfe und ausschließliche Aufgabenzuordnung zu entnehmen, die eine Nutzbarmachung privater Handlungsrationa­ lität und privater Handlungsressourcen ausschließen würde. Die modernere Konzeption eines Gewährleistungsstaates steht der Aktivierung nichtstaatlicher Regelungspotentiale auch im Bereich der Rechtsprechung grundsätzlich positiv gegenüber. Sie verlangt aber die Schaffung funktionsfähiger Instrumente zur Sicherung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen und zur Bewahrung von Gemeinwohlbelangen. Dies gilt auch und gerade vor dem Hintergrund, dass mit der Zulassung schiedsgerichtlicher Entscheidungsgewalt in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten spezifische Risiken verbunden sind: Es handelt sich nicht allein um eine theoretische Konstruktion, dass Verwaltungsbehörden im Zusammenwirken mit Privaten Lockerungen der Gesetzesbindung extensiv interpretieren. Arrangements zu Lasten des Gemeinwohls können durch den Ausschluss des staatlichen Rechtswegs zu Gunsten privater Schiedsgerichte flankiert werden. Die berechtigte Forderung, Missbrauchsmöglichkeiten der Schiedsgerichts­ barkeit auszuschließen, sollte allerdings nicht zur grundsätzlichen Ablehnung dieser Streitbeilegungsform führen. Der Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit würde

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Schlussbemerkung

eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen. Denn es bestehen sachgerechte und mildere Möglichkeiten, den Risiken der Schiedsgerichtsbarkeit entgegenzuwirken. Als präventive Kontrolle wirkt eine restriktive Interpretation des schiedsgerichtlichen Entscheidungsrahmens. Die nachträgliche Kontrolle einer schiedsgerichtlichen Entscheidung ermöglicht die Aufhebbarkeit von solchen Entscheidungen, bei denen sich die spezifischen Risiken einvernehmlichen Zusammenwirkens von Verwaltung und Privaten zu Lasten des Gemeinwohls realisiert haben. Darüber hinaus bestehen mit den Informationsfreiheitsgesetzen wirksame Instrumente, Geheimhaltungsinteressen der Verwaltung entgegenzuwirken. Mit den Informationszugangsansprüchen stehen der interessierten Öffentlichkeit mehr als nur „stumpfe Schwerter“ zur Verfügung. Der Informationszugang wird durch die staatlichen Gerichte wirksam durchgesetzt, so dass die Informationsgesetzgebung hierbei eine präventive Wirkung entfaltet. Dem Grundgesetz sind zudem zwingende Vorgaben für die Schiedsgerichts­ barkeit im Verwaltungsrecht zu entnehmen. Schiedsgerichte können nicht als vollständiges Substitut zum staatlichen Rechtsweg fungieren. Eine staatliche Mindestkontrolle des Schiedsspruchs muss gewährleistet sein, die einen Verstoß gegen die elementaren Verfahrensgrundrechte des rechtlichen Gehörs und der Gleichbehandlung ebenso sanktionieren kann, wie Verstöße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Die Rechtsweggarantie gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt verlangt, dass sich Schiedsvereinbarungen an den Anforderungen des Grundrechtsverzichts messen lassen müssen. Der Schutz von Freiwilligkeit und Erkennbarkeit materieller Rechtspositionen fordert eine verstärkte Beachtung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. Damit sind Regelungsbereiche angesprochen, die aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben eine Modifikation des Schiedsverfahrensrechts der ZPO erfordern. Es ist mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar, die abstrakte Bestimmbarkeit eines Rechtsverhältnisses im Sinne von der weiten schiedsverfahrensrechtlichen Regelung für die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung in jedem Falle ausreichen zu lassen. Ebenso wenig können die Schiedsparteien über das anwendbare Recht frei disponieren. Die Kontrolle der schiedsrichterlichen Entscheidung ist insbesondere hinsichtlich des ordre public verwaltungsrechtlich zu interpretieren und mit einer Nichtigkeitskontrolle gleichzusetzen. Darüber hinaus gilt, dass das Schiedsverfahrensrecht einen Rechtsrahmen bietet, der auch für verwaltungsrechtliche Streitverfahren ein hinreichendes Gerüst bietet. Damit ist allerdings auch angedeutet, dass die Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht nicht alle ihrer spezifischen Stärken ausspielen kann. Die Vertraulichkeit des Verfahrens wird durch nachträgliche Informationsansprüche in Frage gestellt. Die Verwaltung kann nicht geheim halten, mit wem sie kontrahiert und mit wem sie Streitigkeiten unter Zuhilfenahme Dritter beilegen muss. Die Streitparteien können auch nicht über materielles Recht disponieren. Ein wesentlicher,

Schlussbemerkung

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begünstigender Faktor der Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Wirtschaftsund Handelsverkehr kommt damit im Verwaltungsrecht nicht zum Tragen. Dennoch bestehen Möglichkeiten, Effizienzgewinne durch Schiedsgerichte zu erzielen. Sie kommen dann in Betracht, wenn die Schiedsgerichte persönliche und sachliche Voraussetzungen aufweisen, die eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Entscheidung begünstigen können. Gerade der Zeitfaktor kann durch eine Modellierung eines interessengerechten Schiedsverfahrensrechts positiv beeinflusst werden. Dennoch steht am Schluss der Untersuchung eine gewisse Skepsis, ob sich die Schiedsgerichtsbarkeit als echte Alternative zum staatlichen Gerichtsverfahren im Verwaltungsrecht etablieren wird. Das Feld für schiedsgerichtliche Entscheidungen im Verwaltungsrecht ist zwar bestellt, der Zugang Privater zum Markt der Streitentscheidung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten eröffnet. Die staatliche Gerichtsbarkeit hat, soweit von einer Form von Wettbewerb ausgegangen werden soll, einen deutlichen Startvorteil. Als etablierte und – trotz bestehender Schwierigkeiten – hoch geschätzte Institution hat die Verwaltungsgerichtsbarkeit gewissermaßen einen „Amtsbonus“. Die Annahme des Angebots der Schiedsgerichtsbarkeit liegt letztlich allein in der Hand der Rechtsanwender. Solange positive Beispiele gelungener Schiedsverfahren fehlen, dürfte der bewährte Weg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten als attraktivere Option erscheinen. Eins sollte in der Diskussion um die Zulassung der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht bei aller berechtigter Vorsicht und gebotener Kritik jedoch bedacht werden: Schiedsgerichte erweitern die Optionen der Rechtsschutzsuchenden. Die Forderung, eine Einschränkung aus Gründen der Verwaltungskontrolle vorzunehmen, lässt an die schillerschen Worte denken: „Auf den Sack schlägt man, den Esel meint man“ (Kabale und Liebe, Erster Akt, Erste Scene). Eine Bezugnahme auf das Grundgesetz vermag diese Forderung jedenfalls nicht zu tragen. Denn ein derartiges Fehlgehen des Schlages läge der Verfassung fern.

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Sachverzeichnis Adjudication-Verfahren  36, 39 Amtsermittlungsgrundsatz – Bedeutung für Schiedsverfahren  172 f., 163, 191 außergerichtliche Streitbeilegung – Entstehungsbedingungen  35 ff. demokratische Legitimation  66 f., 76, 121 Dispositionsmaxime  52 f. Funktionsvorbehalt des Art. 33 GG  121 Gerichtsöffentlichkeit –– als Mittel parlamentarischer Kontrolle  90 ff. –– als Prozessmaxime  89 –– als Verfassungsprinzip  87 ff. –– als verfassungsrechtliche Grenze der Schiedsgerichtsbarkeit  86 ff. –– Funktionen  88 f. –– Konzept der „informierten Öffentlichkeit“  92 gesetzlicher Richter –– als verfassungsrechtliche Grenze der Schiedsgerichtsbarkeit  119 f. –– Begriff 119 Gesetzmäßigkeit der Verwaltung –– als verfassungsrechtliche Grenze der Schiedsgerichtsbarkeit  94 ff. –– Begriff 95 –– Durchbrechungen des Grundsatzes der ~  96 ff. –– Entscheidungsspielräume der Verwaltung  97 –– gerichtliche Kontrolle der Verwaltung  98 f. –– Gesetzesbindung der Verwaltung  96 –– Lockerungen und Durchbrechungen  96 –– Preisgabe durch öffentlich-rechtliche Verträge 101 –– Vollzugsdefizite 95 Gewährleistungsverantwortung  83, 182, 184

Gewaltenteilungsgrundsatz  65 ff., 80 ff. Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV)  126 Grundsatz der Parteiherrschaft  28 Informationsfreiheitsgesetze –– allgemeiner Informationsanspruch  199 ff. –– Grenzen des allgemeinen Informations­ anspruchs  201 ff. –– Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit über ~  197 ff., 204 ff. Justizgewährungsanspruch –– als verfassungsrechtliche Determinante der Schiedsgerichtsbarkeit 51 –– aus Art. 6 Abs. 1 EMRK  128 ff –– Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit durch Art. 19 Abs. 4 GG  106 ff. –– Begriff 105 –– Erfüllung durch Schiedsgerichte  115 f. –– Gewährleistung der Schiedsgerichtsbarkeit durch Art. 19 Abs. 4 GG  59 –– Voraussetzungen eines Verzichts auf Art. 19 Abs. 4 GG  109 ff. Konfliktlösung –– Dreistufiges Modell  38 ff. –– Entstehungsbedingungen außergerichtlicher ~  35 ff. konsensuale Lösungsfindung  36 Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit –– als regulatorische Notwendigkeit  184 ff. –– Autonomie der Schiedsgerichtsbarkeit  185 ff. –– Befangenheitskontrolle der Schiedsrichter nach § 1037 Abs. 3 ZPO  190 –– Begriff  182 ff. –– fehlerhafter Schiedsspruch  194 –– Feststellungsantrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO  187 f.

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Sachverzeichnis

–– Kontrolle der Schiedsvereinbarung  187 ff. –– Kontrolle des Schiedsspruchs  191 ff. –– Kontrolle über Informationsfreiheitsgesetze  197, 204 ff. –– Letztentscheidungskompetenz der staatlichen Gerichte über die Zuständigkeit gem. § 1040 Abs. 3 S 2 ZPO  189 f. –– „Ordre-public“-Kontrolle 194 –– Schiedsverfahrensrechtliches Kontrollsys­ tem  187 ff. –– vollständige Gültigkeitskontrolle einer Schiedsvereinbarung  190 f. –– Wirksamkeitskontrolle der Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO  188 f. Konzept der „informierten Öffentlichkeit“  92 Mediation  34, 38 öffentlich-rechtlicher Vertrag –– Abschlusskompetenz der Verwaltung  55 ff. –– Anwendbarkeit der §§ 54 ff. VwVfG auf die Schiedsvereinbarung  140 –– Form der Schiedsvereinbarung  164 ff. –– Missbrauchsmöglichkeit 100 –– Nichtigkeit  147, 196 f. –– Schiedsvereinbarung als verwaltungsrecht­ licher Vertrag  140 ff. –– Vertragsformverbot  49 f., 106, 156 f. –– Vertragsfreiheit Privater  57 ff. –– Vertragsinhaltsverbot 147 öffentliche Gewalt  62 Orde-public-Kontrolle  176, 194 ff. Primat staatlicher Gerichtsbarkeit  77 ff. Privatautonomie –– Dispositionsbefugnis der Parteien über das Verfahren  171 –– Dispositionsbefugnis der Parteien über materielles Recht in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten  174 f. –– Dispositionsmaxime 52 –– Schiedsgerichtsbarkeit im Zivilrecht  45 f. –– Vertragsabschlusskompetenz der Verwaltung 55 –– Verwaltungsrechtliche Vertragsfreiheit Privater  57 ff. Publizitätsgrundsatz siehe Gerichtsöffentlichkeit

rechtliches Gehör –– als Grenze der Schiedsgerichtsbarkeit  118 ff. –– Begriff 125 –– im Schiedsverfahren  171 Rechtsprechungsbegriff des Grundgesetzes –– formeller  70 ff. –– funktionaler 74 –– materieller  72 ff. Rechtsprechungsmonopol –– als verfassungsrechtliche Grenze der Schiedsgerichtsbarkeit  65 ff. –– Reichweite des ~  77 –– Richter im Sinne des Grundgesetzes  75 Rechtsstaatsprinzip –– demokratische Legitimation  66 f., 76, 121 –– Gerichtsöffentlichkeit  87 ff. –– Gesetzmäßigkeit der Verwaltung  94 ff. –– Gewaltenteilungsgrundsatz  65 ff., 80 ff. –– Justizgewährungsanspruch  51, 106 ff. –– rechtliches Gehör  118, 125, 171 Rechtsweggarantie –– als Grenze der Schiedsgerichtsbarkeit  106 ff. Richtervorbehalte 120 –– Verzicht auf die Rechtsweggarantie  109 ff. Schiedsbindung –– fehlende  193 ff. –– in multipolaren Konflikten  169 f. Schiedseinrede  167, 188 f. Schiedsfähigkeit –– Bedeutung von Vertagsinhaltsverboten für die Schiedsfähigkeit  147 ff. –– Beispiele nicht schiedsfähiger Konflikte im Verwaltungsrecht  150 ff. –– fehlende Schiedsfähigkeit als Aufhebungsgrund  193 f. –– in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten  143 ff. –– objektive 143 –– subjektive 143 –– Vergleichsbefugnis  144 ff. –– Vertragsformverbot als Grenze  146 Schiedsgericht –– Ad-hoc-Schiedsgericht 28 –– Auswahl 28

Sachverzeichnis –– institutionalisiertes 28 –– Vorlageberechtigung nach Art. 267 AEUV  130 ff. Schiedsgerichtsbarkeit –– als Ausdruck der Privatautonomie  52 ff. –– als außergerichtliche Streitbeilegung  34 ff. –– Ausschluss durch Rechtsweggarantie  106 –– Autonomie der ~  185 ff. –– Begrenzung durch Richtervorbehalte  120 ff. –– Begriff  21 ff. –– echte und unechte ~  31 ff. –– Gemeinwohlbezug des öffentlichen Rechts als Grenze der ~  100 ff. –– gesetzlicher Richter als verfassungsmä­ ßige Grenze der ~  119 f. –– Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als Grenze  94 ff. –– Gewährleistung durch Art. 19 Abs. 4 GG  59 ff. –– grundrechtliche Basis im Verwaltungsrecht  54 ff. –– grundrechtliche Basis im Zivilrecht  52 –– Kontrolle der ~  182 ff. –– potentielle Anwendungsbereiche im Verwaltungsrecht  213 ff. –– rechtliches Gehör als Grenze der ~  118 ff. –– Rechtsprechungsmonopol als verfassungs­ rechtliche Grenze der ~  65 ff. –– Risiken der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht  210 ff. –– Strukturmerkmale der ~  26 –– Übertragbarkeit des zivilprozessrechtlichen Begriffs  24 –– Unechte 30 –– unionsrechtliche Vorgaben für ~  126 ff. –– Vereinbarkeit mit dem Justizgewährungsanspruch  105 ff. –– Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Gerichtsöffentlichkeit  87 ff. –– Vereinbarkeit mit der staatlichen Souveränität  62 ff. –– Verfahrensgrundrechte als Grenzen der ~  118 ff. –– Vergleichsbefugnis als Zulassungskriterium im Verwaltungsrecht  144 ff. –– Vorlageberechtigung nach Art. 267 AEUV  130 ff.

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Schiedsgutachten  38 f. Schiedsklausel siehe Schiedsvereinbarung Schiedsrichter –– als Richter im Sinne des Grundgesetzes  75 –– Befangenheit 190 –– besondere Sachnähe  230 f. –– Kosten der ~  211 –– und gesetzlicher Richter  119 Schiedsspruch –– Aufhebungsgründe  193 ff. –– Beendigung des Verfahrens durch ~  176 ff. –– Dispositionsbefugnis der Parteien über materielles Recht in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten  174 f. –– fehlerhafter  194 ff. –– Kontrolle  191 ff. –– materielle Rechtskraft  176 ff. –– Vollstreckbarerklärung  180 ff. Schiedsvereinbarung –– als Verwaltungsrechtlicher Vertrag  140 ff. –– als Verzicht auf Art. 19 Abs. 4 GG  109 ff. –– Anwendbarkeit der §§ 54 ff. VwVfG  143 ff. –– Bestimmtheit  152 ff. –– Form  164 ff. –– Freiwilligkeit der Vereinbarung  158 ff. –– Gültigkeitskontrolle  188 f. –– in multipolaren Konflikten  169 ff. –– Rechtsnatur  140 f. –– Verwaltungsrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen  143 ff. –– Zuordnung zum öffentlichen Recht  140 ff. Schiedsverfahren –– Amtsermittlungsgrundsatz  171 f. –– angepasstes verwaltungsrechtliches Schiedsverfahren  136 f. –– Anwendbarkeit der Schiedsverfahrens­ regeln der ZPO  138 ff. –– anzuwendendes Prozessrecht  171 ff. –– Dispositionsbefugnis der Parteien über materielles Recht  174 f. –– Entstehung des aktuellen Schiedsverfahrensrechts  138 ff. –– fehlerhaftes Schiedsverfahren als Auf­ hebungsgrund des Schiedsspruchs  193 f. –– Schiedspruch und Verfahrensbeendigung  174 ff. –– schiedsverfahrensrechtliches Kontrollsystem  187 ff.

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Sachverzeichnis

–– UNCITRAL-Modellgesetz  138 f. staatliche Souveränität als Grenze der Schiedsgerichtsbarkeit im Verwaltungsrecht  62 ff. Streitbeilegung – Dreistufiges Modell der Konfliktlösung  38 ff. Toll Collect  31, 201, 212 Unabhängigkeit des Richters  48, 75 UNCITRAL-Modellgesetz  23, 138 Unionsrecht –– Anforderungen an Schiedsgerichtsverfahren  122 ff. –– Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV)  127 –– primärrechtliche Vorgaben für verwaltungsrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit  122 ff.

–– Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) 128 –– sekundärrechtliche Vorgaben für ver­ waltungsrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit  124 ff. –– Vorlageberechtigung der Schiedsgerichte nach Art. 267 AEUV  130 ff. Untersuchungsgrundsatz, Untersuchungsma­ xime siehe Amtsermittlungsgrundsatz Verfahrensgrundrechte –– als verfassungsrechtliche Grenze der Schiedsgerichtsbarkeit  118 ff. –– gesetzlicher Richter  119 –– rechtliches Gehör  118 Vergleichsbefugnis  144 f. Vertragsformverbot  55, 100, 167, 146 f. Vertragsinhaltsverbot  147 ff.