E-Commerce im Handel: Status Quo und Perspektiven [1 ed.] 9783886405091, 9783886401093

Das Buch informiert kompakt und fundiert über die vielfältigen Aspekte des E-Commerce im Handel. In mehreren Beiträgen v

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E-Commerce im Handel: Status Quo und Perspektiven [1 ed.]
 9783886405091, 9783886401093

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Kai Hudetz (Hrsg.)

E-Commerce im Handel - Status quo und Perspektiven

Kai Hudetz (Hrsg.)

E-Commerce im Handel — Status quo und Perspektiven

Deutscher Betriebswirte-Verlag

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-Bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar

© Deutscher Betriebswirte-Verlag, Gernsbach 2005 Druck und Satz: Druckhaus Beltz, Hemsbach ISBN: 3-88640-109-X

Geleitwort Die Nutzung des Internets ist inzwischen bei vielen Geschäftsprozessen zur Selbstverständlichkeit geworden: Immer häufiger werden Züge, Flüge und Hotels über das Internet recherchiert und gebucht. Die E-Mail ist aus der geschäftlichen Kommunikation nicht mehr wegzudenken. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Potenziale des Internets noch immer von vielen Unternehmen erst in Ansätzen ausgeschöpft werden. Dies gilt insbesondere fur aufwändigere Anwendungen wie den elektronischen Datenaustausch mit Lieferanten und die Integration der OnlineDaten in die internen Geschäftsprozesse. Auch die E-Commerce-Umsätze bleiben noch hinter den hohen Erwartungen zurück, die in der Phase der E-Commerce-Euphorie 1998 bis 2000 geweckt wurden. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen haben bei der Umsetzung des E-Business vielfach große Probleme. Häufig mangelt es ihnen an Informationen über die effektiven Nutzungsmöglichkeiten des Internets. Zudem fehlt zumeist ein neutraler Ansprechpartner, der die Bedürfnisse analysiert und den Kontakt zu entsprechenden Dienstleistungsunternehmen vermittelt. Das Bundesministerium fur Wirtschaft und Arbeit hat daher bereits im Jahr 1998 das Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr (NEG) ins Leben gerufen. Dieser Verbund aus 24 bundesweit verteilten regionalen Kompetenzzentren hatte von Anfang an die Aufgabe, kleine und mittelständische Unternehmen sowie Handwerksbetriebe über die Potenziale, aber auch die Probleme des E-Business neutral zu informieren und in einer Einstiegsberatung konkrete Handlungsempfehlungen zu vermitteln. In zahllosen Veranstaltungen hat das NEG (www.ec-net.de) seither umfassende Informationen zu den vielfaltigen Aspekten des elektronischen Geschäftsverkehrs vermittelt. Jedes Jahr werden weit über 1.000 persönliche Beratungen durchgeführt. Seit 2003 werden spezifische Fragestellungen des E-Business wie Kundenbeziehungen und Marketing, IT-Sicherheit, Logistik, elektronische Marktplätze, Management von Geschäftsprozessen und Kooperationen jeweils in Themenschwerpunkten in Zusammenarbeit mehrerer Kompetenzzentren speziell für die Zielgruppe der kleinen und mittelständischen Unternehmen aufbereitet. Im Jahr 2002 wurde das bereits 1999 mit Unterstützung des heutigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gegründete E-CommmerceCenter Handel als eines von drei Branchenkompetenzzentren in das NEG 5

Geleitwort

integriert. Es beschäftigt sich speziell mit den umfangreichen Fragestellungen des E-Commerce im Handel und bereitet die gewonnen Informationen zielgruppenspezifisch auf. Das ECC HANDEL richtet seine Aktivitäten einerseits direkt an die Zielgruppe. Durch die umfangreichen Informationen unter www.ecc-handel.de, den monatlichen elektronischen Newsletter, zahlreiche Studien und Veröffentlichungen hat sich das ECC HANDEL als Informationsstelle zum Thema E-Commerce im Handel etabliert. Andererseits stellt das ECC HANDEL den regionalen Kompetenzzentren des NEG umfassendes Know-how in Form von Studien, Artikeln und insbesondere Fachvorträgen zur Verfugung und unterstützt diese somit bei der Beratungs- und Informationstätigkeit. Einen besonderen Schwerpunkt der Arbeit des ECC HANDEL stellen eigene Studien dar. Im Jahr 1999 wurde mit der Untersuchung „Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen" erstmals die Internetnutzung insbesondere bei kleineren Unternehmen umfassend analysiert. Seitdem sind zahlreiche Studien zu verschiedenen Aspekten des E-Commerce im Handel, bspw. zum Multi-Channel-Vertrieb, zur Kundenbindung über das Internet und zu Zahlungssystemen im Online-Handel erschienen. Vor wenigen Wochen wurde mit „Internet im Handel 2004" bereits die zwölfte ausgewählte Studie des ECC HANDEL veröffentlicht. Studienberichte erreichen naturgemäß nur eine relativ kleine Zielgruppe. Ichfreue mich daher, dass in vorliegendem Buch wesentliche Erkenntnisse der Untersuchungen des ECC HANDEL erstmals in einem Sammelband zusammengefasst sind. Hierdurch besteht für die breite Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich kompakt und dennoch fundiert über die vielfaltigen Aspekte des E-Commerce im Handel zu informieren. Ich bin sicher, dass die Lektüre des vorliegenden Buchs dazu beitragen kann, bestehende Informationsdefizite zu verringern und die Chancen des E-Commerce deutlicher zu erkennen. Für weiterführende Informationen und eine persönliche Einstiegsberatung stehen Ihnen die Mitarbeiter des Netzwerks Elektronischer Geschäftsverkehr gerne zur Verfugung.

Berlin, im November 2004 Dr. Rolf Hochreiter, Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

6

Vorwort Mit diesem Buch werden erstmals aktuelle Studien des

E-COMMERCE-

CENTER HANDEL in einem Band zusammengefasst. Das ECC HANDEL

(www.ecc-handel.de) wurde zum 1. Oktober 1999 als Gemeinschaftsinitiative unter Führung des INSTITUTS FÜR HANDELSFORSCHUNG AN DER UNIVERSITÄT ZU K Ö L N mit finanzieller Unterstützung des heutigen BUNDESMINISTERIUMS FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT gegründet. Im Jahr 2002 wurde das ECC HANDEL in das NETZWERK ELEKTRONISCHER GESCHÄFTSVERKEHR (NEG) integriert, seit 2003 ist es Mitglied im Themenschwerpunkt ,Kundenbeziehungen und Marketing6 (www.eekundenbeziehung.de) des NEG (www.ec-net.de). Das ECC HANDEL hatte und hat die Aufgabe, insbesondere kleine und mittelständische Handelsunternehmen über Chancen und Risiken des E-Commerce zu informieren. Im Lauf der nunmehr fünfjährigen Tätigkeit des ECC HANDEL haben sich Grundstimmungen und Entwicklungen des E-Commerce mehrfach gedreht. Bis in das Jahr 2000 hinein wurde der E-Commerce mit nahezu grenzenlosem Optimismus verfolgt. Werbeslogans wie „It's E-Business or out of business" waren vorherrschend, erfolgreiche Konzepte hingegen Mangelware. Kaum ein reines Internetunternehmen schrieb schwarze Zahlen. Nach dem Konkurs von BOO.COM und weiterer Start-Up-Unternehmen platzte die Spekulationsblase und die Börsenkurse der OnlineUnternehmen sackten dramatisch in den Keller. Während die Großunternehmen in den Folgejahren ihre Internetkonzepte zumeist unbeirrt verwirklichten, setzte sich in mittelständischen Unternehmen häufig eine tiefe E-Commerce-Skepsis fest. Internetstrategien, so sie denn überhaupt realisiert wurden, waren überwiegend defensiv, d. h. auf Kostensenkung und Prozessoptimierung, insbesondere durch Ε-Procurement, ausgerichtet. Seit geraumer Zeit ist jedoch festzustellen, dass auch kleinere Unternehmen das Internet als eine Option der Kundenansprache entdecken. Die OnlineUmsätze wachsen - wenn auch nicht in dem von manchen Experten prognostizierten Umfang — weiterhin kontinuierlich an. Zudem erkennen immer mehr Händler die positiven Auswirkungen der Internetpräsenz für das stationäre Geschäft. Weiterhin bestehen jedoch noch große Informationsdefizite. Im Gegensatz zum traditionellen' Geschäft können Entscheidungsträger im E-Commerce 7

Vorwort

nicht auf bewährte Entscheidungsmuster zurückgreifen, sondern müssen sich neuartigen Situationen stellen. Wie die kurze und turbulente Geschichte des E-Commerce verdeutlicht, fuhrt die einfache Übertragung der Konzepte aus dem ,traditionellen' Geschäft in die Online-Welt nahezu zwangsläufig zum Scheitern. Mangelnde Kenntnisse über die Mechanismen des E-Commerce stellen ein wesentliches Problem dar. Das ECC HANDEL hat es sich daher von Anfang an zur Aufgabe gemacht, bestehende Informationslücken durch eigene Studien zu schließen. Neben der ersten Untersuchung „Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen" im Jahr 1999 und zwei EC-Reports in den Jahren 2000 und 2001, in denen der jeweils aktuelle Stand des E-Commerce in Deutschland dokumentiert wurde, sind inzwischen zwölf „Ausgewählte Studien des ECC HANDEL" ZU diversen Aspekten des E-Commerce erschienen. Zum Zeitpunkt des Drucks dieses Buchs sind zwei weitere Berichte in Arbeit, deren Ergebnisse bereits in diesen Band integriert werden konnten. Aufgrund der ungewöhnlichen Fülle an eigenen Studien in den vergangenen zwölf Monaten entstand die Idee, ausgewählte Aspekte in einem Sammelwerk zu integrieren. Ich freue mich, dieses Vorhaben mit Unterstützung des DEUTSCHEN BETRIEBSWIRTE-VERLAGS realisieren zu können. In dem Beitrag „Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Perspektiven" von Hudetz, Hans und Tanaskovic werden grundlegende Erkenntnisse zur Nutzung des Internets in den Geschäftsprozessen dargestellt. Diese basieren auf der im Oktober 2004 veröffentlichten Studie „Internet im Handel 2004", an der sich insgesamt 2.652 Handelsunternehmen beteiligten. Insbesondere der Vergleich mit den Vorläuferstudien aus den Jahren 1999 und 2002 macht deutlich, wie selbstverständlich das Internet inzwischen auch in den meisten kleineren Unternehmen genutzt wird. Allerdings beschränkt sich dies häufig noch auf die Kommunikation via E-Mail und die Datenrecherche. Die umfangreichen Ziele bei der Internetnutzung sind dabei zumeist erst in Ansätzen verwirklicht. Dies gilt auch für den Online-Vertrieb. Der Beitrag macht deutlich, dass sich die OnlineUmsätze überwiegend noch auf bescheidenem Niveau bewegen, allerdings weiterhin mit deutlich wachsender Tendenz. In den Jahren nach der E-Commerce-Euphorie standen die Möglichkeiten des Ε-Procurement häufig im Mittelpunkt des Interesses. Der Beitrag „Beschaffung über elektronische Marktplätze" von Hudetz und van Baal macht 8

Vorwort

deutlich, dass sich diese Fragestellung bei kleineren Unternehmen in einer gänzlich anderen Dimension stellt als bei Großunternehmen. Während bei der Diskussion über die elektronische Beschaffung in Konzernen häufig Senkungen der Einkaufskosten im Vordergrund stehen, zeigt der auf einer Studie aus dem Jahr 2003 basierende Beitrag, das kleinere Unternehmen insbesondere eine Optimierung der Bestellprozesse als Zielsetzung verfolgen. Bei der Betrachtung der reinen Online-Umsätze wird häufig vergessen, dass diese nur einen Teil der Effekte einer Internetpräsenz abbilden. Auswirkungen wie Image-Gewinn oder Kundenakquisition für das stationäre Geschäft werden dabei vernachlässigt. Der letzteren Fragestellung widmet sich der Beitrag von van Baal und Hudetz, der auf einer im Mai 2004 abgeschlossenen Studie des ECC HANDEL basiert. Sie zeigen auf, dass das Internet auch vor einem Kauf im Ladengeschäft sehr häufig zur Information genutzt wird. Wie die Studie nachweist, können durch einen ansprechenden Online-Auftritt viele Kunden für das traditionelle Geschäft akquiriert werden. Allerdings müssen bei einem Mehrkanalvertrieb mögliche Kannibalisierungseffekte beachtet werden. Die umfassenden Möglichkeiten des Internets zur Kundenbindung rücken zunehmend in den Blickpunkt auch kleinerer Handelsunternehmen. Auf der Grundlage einer im Februar 2004 veröffentlichten Studie zeigen Wilke, Duscha und Hudetz in dem Beitrag „Kundenbindung über das Internet" auf, welche Maßnahmen aus Kundensicht sinnvoll sind. Sie gehen dabei insbesondere auf Kundenkarten, elektronische Newsletter und Verbundangebote ein. Die Ergebnisse machen deutlich, dass das Internet zwar eine Massenmedium darstellt, entsprechende Instrumente jedoch dennoch zielgruppenspezifisch ausgestaltet werden müssen, um erfolgreich zu sein. Zwischen einzelnen Kundensegmenten bestehen erhebliche Unterschiede bei den Anforderungen an Online-Angebote, die unbedingt beachtet werden müssen. Im Bereich des klassischen Handels hat sich das Instrument des sogenannten ,Mystery Shopping' etabliert, bei dem Testpersonen die Qualität des Verkaufspersonals überprüfen. Dieses Vorgehen hat das ECC HANDEL gemeinsam mit dem Kölner Marktforschungsunternehmen PSYCHONOMICS AG auf den E-Commerce übertragen und im September und Oktober 2004 einhundert Unternehmen aus zehn Handels- und Dienstleistungsbranchen 9

Vorwort

fiktive Kundenanfragen per E-Mail zugeschickt. Die in dem Beitrag von Duscha, Hudetz, Geißler und Thomas zusammengefasste Auswertung des Rücklaufs zeigt bemerkenswerte Ergebnisse. Es wird deutlich, dass auch größere Handelsunternehmen durchaus noch erheblichen Nachholbedarf bei der professionellen Beantwortung von E-Mails haben. In einem Fall wurde sogar keine einzige Anfrage beantwortet. Immer wieder wird behauptet, dass das Internet ein Hort der Schnäppchenjäger sei. Wie groß sind die Preisunterschiede zwischen einzelnen Vertriebslinien und Einkaufsstätten jedoch tatsächlich? Das ECC HANDEL hat gemeinsam mit EVENDI und GETPRICE.DE die Preise von 15 Artikeln aus dem Consumer-Electronics-Segment verglichen. Der auf dieser im November 2004 präsentierten Studie basierende Beitrag von van Baal, Heidjann und Schräder zeigt die teilweise beträchtlichen Unterschiede bei Preisniveau und Preisstreuung auf. Nach Ansicht vieler Experten stellen unzureichende Zahlungssysteme noch immer ein Hemmnis im B2C-E-Commerce dar. Kunden bevorzugen im Regelfall die Zahlung auf Rechnung und lassen sich durch andere Bezahlverfahren, beispielsweise die Kreditkarte, vom Kauf abschrecken. Gemeinsam m i t d e m INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSPOLITIK UND WIRTSCHAFTSFORSCHUNG, SEKTION GELD UND WÄHRUNG DER UNIVERSITÄT KARLSRUHE

und der Unternehmensberatung FIVEFORCES G M B H hat das ECC im Oktober 2004 eine Studie präsentiert, die das Thema Zahlungssysteme aus Sicht der Online-Händler beleuchtet. Der Beitrag von van Baal, Hinrichs und Stroborn verdeutlicht, dass insbesondere kleinere Händler Probleme damit haben, den Zahlungsausfall zu minimieren. Einerseits werden Bezahlverfahren mit minimalem Händlerrisiko wie Lastschrift oder Vorkasse vom Kunden kaum akzeptiert, andererseits fehlen die Instrumente zur Bonitätsprüfung. Somit besteht die Diskrepanz zwischen den vom Kunden und den vom Händler gewünschten Zahlungsverfahren im Online-Handel weiter. (TH)

HANDEL

Mit diesen Beiträgen werden wesentliche Aspekte des E-Commerce für Handelsunternehmen, insbesondere die Kundenansprache, intensiv analysiert. Diese Auswahl kann bei aller Vielfalt nur einen Ausschnitt des gesamten Themengebiets beleuchten. Einige interessante und wichtige Themen wie beispielsweise der Handel über EBAY oder logistische Konzepte im Online-Handel konnten noch nicht in eigenen Studien analysiert werden 10

Vorwort

und sind daher in diesem Buch nicht berücksichtigt. Das ECC HANDEL wird daher auch künftig E-Commerce-Untersuchungen zu verschiedenen Bereichen des E-Commerce im Handel durchführen, wobei der Schwerpunkt weiterhin auf verschiedenen Aspekten des Online-Marketing im weitesten Sinne liegt. Ein Herausgeberwerk stellt in erster Linie ein Gemeinschaftsprojekt dar. Zunächst danke ich daher allen Autoren für die überaus engagierte Mitarbeit und die termingerechte Abgabe der Manuskripte. Sie haben mir die Arbeit in jeglicher Hinsicht leicht gemacht. Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Rolf Hochreiter für die Übernahme des Geleitworts, in dem die Einbindung des E C C HANDEL in das NETZWERK ELEKTRONISCHER GESCHÄFTSVERKEHR verdeutlicht wird. Frau Regine Meier vom DEUTSCHEN BETRIEBSWIRTE-VERLAG hat das Buch in dieser Form erst ermöglicht, wofür ich mich ganz herzlich bedanke. Dieses Buch stellt in gewisser Weise auch das Produkt der fünfjährigen Arbeit des ECC HANDEL dar. Es ist unmöglich, allen namentlich zu danken, die uns in diesem Zeitraum unterstützt haben. Mein persönlicher Dank gilt jedoch dem Direktor des INSTITUTS FÜR HANDELSFORSCHUNG AN DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN, Herrn Prof. Dr. Lothar Müller-Hagedorn und meinem Kollegen Herrn Dr. Andreas Kaapke, dem Geschäftsführer des IFH. Diese haben die Arbeit des ECC HANDEL insbesondere in der ersten Phase massiv unterstützt und begleiten es weiterhin beratend. Vorliegendes Werk wurde überwiegend von den »aktuellen' wissenschaftlichen Mitarbeitern des ECC HANDEL gestaltet, wäre aber ohne die Vorarbeit zweier ehemaliger Kollegen so nicht möglich gewesen. Herr Dr. Christian Dach hat mit mir gemeinsam das ECC HANDEL aufgebaut und insbesondere frühzeitig das Thema „Multi-Channeling" besetzt. Herr Dipl.-Kfm. Kai Wilke hat sich unter anderem der vielfaltigen Fragestellungen der „Kundenbindung über das Internet" angenommen. Beide habe die OnlineBefragungen des ECC HANDEL etabliert, die heute einen wesentlichen Bestandteil unserer Studien darstellen. Bei ihnen möchte ich mich daher herzlich bedanken. Abschließend möchte ich mich bei allen externen Partnern bedanken, die uns im Laufe der Jahre unterstützt haben, insbesondere den Vertretern im Beirat des E C C HANDEL, den Kollegen im NETZWERK ELEKTRONISCHER GESCHÄFTSVERKEHR, den Beteiligten beim Projektträger DEUTSCHES 11

Vorwort

ZENTRUM FÜR LUFT- UND RAUMFAHRTTECHNIK (DLR) sowie vor allem

den Vertretern des BMWA für die finanzielle Unterstützung des ECC HANDEL, die die in diesem Buch dokumentierten Aktivitäten des ECC HANDEL erst ermöglicht hat.

Köln, im November 2004 Kai Hudetz

12

Inhaltsverzeichnis

K A I HUDETZ, GUDRUN HANS, NICOLA TANASKOVIC

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

15

K A I HUDETZ, SEBASTIAN VAN B A A L

Beschaffung über elektronische Marktplätze

73

K A I WILKE, ANDREAS DUSCHA, K A I HUDETZ

Kundenbindung über das Internet

101

SEBASTIAN VAN B A A L , K A I HUDETZ

Multi-Channel-Effekte: Wechselwirkungen zwischen stationärem Geschäft und Internet

13 5

ANDREAS DUSCHA, K A I HUDETZ, HOLGER GEIBLER, CAROLIN THOMAS

E-Mail-Kommunikation von Handelsunternehmen im Vergleich

181

SEBASTIAN VAN B A A L , JÖRG HEIDJANN, CHRISTIAN SCHRÄDER

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung im Internet

215

SEBASTIAN VAN B A A L , JENS-WERNER HINRICHS, KARSTEN STROBORN

Zahlungssysteme für den Vertrieb über das Internet aus Sicht der Händler

259

Autorenverzeichnis

291

13

Nutzung des Internets im Handel Status quo und Entwicklungen Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung

16

2 Methodik des empirischen Vorgehens

18

3

Stichprobe

20

3.1 Branchenzugehörigkeit 3.2 Unternehmensgröße 3.3 Geographische Verteilung

20 23 25

4 Ergebnisse im Überblick 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7

Technische Infrastruktur Nutzung des Internets nach Geschäftstätigkeiten Beschaffung über das Internet Absatz über das Internet Ziele bei der Nutzung des Internets Probleme bei der Nutzung des Internets Verbraucherschutz im E-Commerce

5 Ergebnisse nach Unternehmensgröße

25 26 29 31 35 43 45 54 59

5.1 Technische Infrastruktur 5.2 Nutzung des Internets

59 61

5.3 Probleme bei der Nutzung des Internets

65

6 Fazit

67

Literaturverzeichnis

70

15

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

1

Einleitung

Vor knapp fünf Jahren führte das Institut für Handelsforschung an der Universität zu Köln mit ,Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen' erstmals eine empirische Studie zur Nutzung des Internets in Handels- und Dienstleistungsunternehmen durch.1 Die Auswertung und Verbreitung der Ergebnisse war eine der ersten Aktivitäten des im Oktober 1999 gegründeten E-COMMERCE-CENTER HANDEL. In den vergangenen fünf Jahren hat der E-Commerce eine äußerst dynamische und teilweise auch unerwartete Entwicklung genommen. Der Euphorie über die neuen Möglichkeiten folgte zu Beginn des Jahres 2000 die Depression, als die ersten Konkurse der reinen Internethändler deutlich machten, dass die ökonomischen Grundregeln auch für Unternehmen der sogenannten ,new economy' gelten. Dramatisch fallende Börsenkurse am Neuen Markt führten dazu, dass Internetaktivitäten in der Öffentlichkeit zumeist undifferenziert und sehr kritisch betrachtet wurden. Die zweite Erhebung ,Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen 2002' fiel in diese Phase. Diese war dadurch geprägt, dass die traditionellen Großunternehmen den E-Commerce - ungeachtet aller kritischen Diskussionen - in Ihrem Sinne voran trieben. Elektronische Marktplätze wurden gegründet, Einkaufsplattformen installiert und professionelle Online-Shops etabliert. Insbesondere der traditionelle Versandhandel, allen voran OTTO und QUELLE, verzeichnete im B2C-E-Commerce frühzeitig hohe Umsätze. Mittelständische Unternehmen verfügten zwar bereits damals häufig über die notwendige Technik, nutzten das Internet jedoch zumeist nur in Ansätzen.2 In den vergangenen zwei Jahren hat sich einiges geändert, wobei die Online-Umsätze naturgemäß stets im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen. Zwar befinden sich die Online-Umsätze zumeist noch immer auf recht niedrigem Niveau, aber mit weiterhin deutlich steigender Tendenz. So ermittelte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels für das vergangene Jahr einen E-Commerce-Umsatzanteil von 2,1 % des gesamten Einzelhandelsumsatzes, im Jahr 2002 waren es noch 1,5 %. Die Gesellschaft für

Der vorliegende Beitrag basiert auf Hudetz, Kai/Tanaskovic, Nicola: Internet im Handel 2004, Band 12 der ausgewählten Studien des ECC H A N D E L , Köln 2004. Vgl. hierzu Hudetz, Kai: Internet, E-Business, E-Commerce - Fakten und Trends, in: Handel im Fokus, 54. Jg. (2002), H. III, S. 216-227.

16

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Konsumgüterforschung rechnet damit, dass deutsche Konsumenten dieses Jahr im Internet für mehr als 11 Mrd. Euro einkaufen werden.3 Bei der Verkaufsanbahnung ist das Internet jedoch inzwischen von zentraler Bedeutung. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass der OnlineVerkauf der eigenen Produkte und Dienstleistungen zwar häufig schwierig ist, das Internet jedoch bei der Verkaufsanbahnung bereits jetzt einen hohen Stellenwert einnimmt. Eine aktuelle Studie des ECC HANDEL hat aufgezeigt, dass sich mehr als ein Viertel der Personen, die bereits einmal über das Internet eingekauft haben, vor einem Kauf im Ladengeschäft online informieren. Bei einigen Produktgruppen, bspw. PC-Zubehör und Hardware oder Consumer Electronics sind es sogar fast zwei Drittel. 4 Auch bei gewerblichen Kunden spielt das Internet eine zentrale Rolle bei der Verkaufsanbahnung. Eine Studie von EMNID im Auftrag des Brancheninformationsdienstes „Wer liefert was?" kam beispielsweise zu dem Schluss, dass in Deutschland bereits 2001 bei 76 % der Bestellungen das Internet genutzt wurde, um sich vorab über Lieferanten und Produkte zu informieren.5 Es sind stets die Aktivitäten der großen und bekannten Unternehmen, wie und insbesondere auch EBAY, die im Blickpunkt der öffentlichen Diskussion stehen. Wie nutzen aber kleine und mittelständische Handelsunternehmen inzwischen das Internet? Welche Ziele verfolgen sie? Wie wurden diese Ziele bislang erreicht? Welche Umsätze realisieren Sie online? Mit welchen Problemen des E-Business sind diese Unternehmen konfrontiert? Antworten auf diese und andere Fragen gibt die vorliegende Untersuchung, an der sich insgesamt 2.652 Handelsunternehmen beteiligt haben.

AMAZON, OTTO

Nach dieser Einführung wird im zweiten Teil zunächst die methodische Vorgehensweise erläutert. Anschließend wird die Zusammensetzung der Stichprobe ausführlich dargelegt, damit die Ergebnisse entsprechend ein3

4

5

Vgl. ο. V.: GfK: Einkauf per Internet bedroht klassischen Einzelhandel, Newsletter der Lebensmittel Praxis, 08.09.2004. Vgl. hierzu van Baal, Sebastian/Hudetz, Kai: Multi-Channel-Effekte im Handel, Köln 2004, insbesondere S. 48-51 sowie den entsprechenden Beitrag in diesem Band. Vgl. ο. V.: Bereich B2B - Schauen aber nicht kaufen/bestellen, in: ComCult Research Newsletter 04/01.

17

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

geordnet werden können. In den Kapiteln vier und fünf werden ausgewählte Gesamtergebnisse sowie die wichtigsten Unterschiede zwischen einzelnen Unternehmens-Größenklassen ausfuhrlich dargestellt. Abschließend werden wesentliche Erkenntnisse im Fazit zusammengefasst.

2

Methodik des empirischen Vorgehens

Wie bei den Vorläuferuntersuchungen wurde die schriftliche Befragung anderen Erhebungsmethoden, wie ζ. B. Telefoninterviews oder Expertengesprächen, vorgezogen. Somit ermöglicht diese Methodik einen Vergleich mit den Ergebnissen der beiden Grundlagenstudien des ECC HANDEL aus den Jahren 1999 und 2002. Als wesentliche Nachteile der schriftlichen Befragung werden gemeinhin die niedrige Antwortquote, die Möglichkeit der Beeinflussung durch Dritte und die fehlende Möglichkeit, Missverständnisse auszuräumen, aufgeführt. 6 Um mögliche Unklarheiten zu beseitigen, wurde den Unternehmen angeboten, sich mit dem Projektleiter telefonisch oder per E-Mail in Verbindung zu setzen. Dies wurde jedoch kaum in Anspruch genommen. Die Anfragen betrafen fast ausschließlich die Branchenzuordnung des Unternehmens. Der wesentliche Vorteil der schriftlichen Befragung stellt die relativ kostengünstige Erfassung einer großen Anzahl von Unternehmungen dar. Dadurch wurde es auch im vorliegenden Fall möglich, eine Vielzahl von Entscheidungsträgern aus Handelsunternehmen in die Studie einzubeziehen. Insgesamt gingen auf diesem Wege die Fragebögen von 1.877 Unternehmen in die Auswertung ein. Zusätzlich zur schriftlichen Erhebung wurde auch eine Online-Befragung mit einem identischen Fragebogen durchgeführt. 7 Dabei wurde sowohl auf

7

18

Z u den verschiedenen Erhebungsmethoden siehe beispielsweise Schnell, Rainer/Hill, Paul B./Esser, Elke: Methoden der empirischen Sozialforschung, 6. Auflage, München-Wien 1999, S. 297-387 und Scheffler, Hartmut: Stichprobenbildung und Datenerhebung, in: Herrmann, Andreas/Homburg, Christian (Hrsg.): Marktforschung, Wiesbaden 1999, S. 69-72. Dieses Instrument hatte sich bereits bei der Studie aus dem Jahr 2002 bewährt. Zur Güte von internetbasierten Befragungen siehe Batinic, Bernard: Datenqualität bei internetbasierten Befragungen, in: Theobald, Axel/Dreyer, Marcus/Starsetzki, Thomas: Online-Marktforschung, 2. Auflage, Wiesbaden 2003, S. 143-160.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

ausgewählten Websites per Link als auch per E-Mail-Newsletter zur Befragung eingeladen. An der Online-Befragung beteiligten sich weitere 775 Unternehmungen. Ingesamt nahmen damit 2.652 Handelsunternehmen an dieser Studie teil - nochmals deutlich mehr als in den Jahren 2002 (2.003 Teilnehmer aus dem Handel) und 1999 (1.637 Teilnehmer).8 Bei der Entwicklung des Fragebogens wurden möglichst viele Bestandteile des Fragebogens der beiden Vorläuferuntersuchungen übernommen, um einen Zeitvergleich zu ermöglichen. Aufgrund der Dynamik der Entwicklung im Bereich der Internetnutzung wurden jedoch auch zahlreiche neue Fragen in den Fragebogen aufgenommen, um aktuelle Aspekte berücksichtigen zu können. Hierbei brachten die Mitglieder des Beirats zahlreiche Vorschläge ein.9 Um eine hohe Rücklaufquote zu erreichen, wurde der Fragebogenumfang wiederum auf vier Seiten beschränkt. Einige Fragen der Untersuchung aus dem Jahr 2002 mussten daher gestrichen werden. Insgesamt setzt sich der Fragebogen zu etwa je der Hälfte aus alten und neuen Fragen zusammen. Knapp ein Drittel der Fragen sind noch mit der ersten Erhebung im Jahr 1999 identisch. Zielgruppe der Erhebung waren kleinere und mittelständische Handelsunternehmen. Die schriftliche Befragung wurde im wesentlichen über 39 kooperierende Industrie- und Handelskammern durchgeführt, deren Verteiler zumeist mit dem ECC HANDEL abgestimmt waren. Die Zielsetzung bestand darin, einen für die jeweilige Region möglichst repräsentativen Branchen-Mix des Handels zusammen zu stellen. Der Versand der Fragebögen durch die Kooperationspartner erfolgte zwischen Mai und Juli 2004. Es gingen alle Fragebögen in die Auswertung ein, die bis zum 24. August vorlagen. Die Online-Befragung fand vom 1. Juni bis zum 23. August 2004 statt.

9

Bei den beiden vorherigen Untersuchungen wurden auch Dienstleistungsunternehmen einbezogen. Somit nahmen insgesamt 2.088 (1999) bzw. 3.165 Unternehmen (2002) an den Befragungen teil. Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle Herrn Thorsten Scharmacher vom EuroHandelsinstitut und Herrn Wilfried Walter vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit für Ihre wertvollen, konkreten Anregungen.

19

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

3

Stichprobe

Die gewählte empirische Vorgehensweise ermöglicht die kostengünstige Einbeziehung einer Fülle von Entscheidungsträgern aus Handelsunternehmen. M i t diesem Verfahren kann jedoch keine für den Handel repräsentative Stichprobe gewährleistet werden. 10 U m die Ergebnisse korrekt interpretieren zu können, erfolgt daher im Folgenden eine detaillierte Abgrenzung der befragten Unternehmen nach Branchenzugehörigkeit, Unternehmensgröße und geographischer Verteilung.

3.1

Β r anchenzugehörigkeit

Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf Handelsunternehmen. Wie Abbildung 1 aufzeigt, liegt der Schwerpunkt der Stichprobe erwartungsgemäß auf dem Einzelhandel. Leider konnten 645 Fragebögen keiner Branche zugewiesen werden, da die entsprechenden Angaben fehlten und die Erhebungsbögen anonym ausgefüllt wurden. I

Einzelhandel Großhandel

I

1.208

759

Handelsvermittlungen

40

0

200

400

600

800

1.000 1.200 1.400

Anzahl der teilnehmenden Unternehmen Abbildung 1:

Stichprobe nach Wirtschaftszweigen

(n = 2007)

Diese Wirtschaftszweige beinhalten sehr unterschiedliche Branchen, so dass innerhalb der Bereiche weiter differenziert werden muss, um die Stichprobe genauer zu analysieren. Für die genaue Branchenzuordnung diente die Systematik des Statistischen Bundesamts als Grundlage. 11 Die Antworten der offenen Frage wurden in dieses Schema eingeordnet. Die 10

11

20

Vgl. Hüttner, Manfred: Grundzüge der Marktforschung, 5. überarbeitete und erweiterte Auflage, München-Wien 1997, S. 125. Zur Brancheneinteilung des Handels gemäß Statistischem Bundesamt, siehe bspw. Lambertz, Josef E.: Kompendium der Handelsstatistik in Deutschland, Wiesbaden 2002, S. 106-122.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Verteilung der Einzelhandelsbranchen im Vergleich zu der Grundgesamtheit in Deutschland gemäß Statistischem Bundesamt zeigt Tabelle 1. Neben den reinen Einzelhandelsbranchen (NACE-Nr. 52) wurden auch der Kraftfahrzeughandel (NACE-Nr. 50 1) und der Motorradhandel (NACENr. 50 4) dem Einzelhandel zugeordnet, da die beteiligten Unternehmen ihre Produkte ausschließlich oder überwiegend an Endkunden absetzen. Stichprobe NACENr.

Branche

Anzahl

Anteil

Grundgesamtheit Anzahl

(%)

Anteil

(%)

Handel mit Kraftfahrzeugen

50 1

49

4,98

22.486

7,71

Motorradhandel

50 4

8

0,81

2.476

0,85

52

926

94,21

266.608

91,44

27.689

9,50 10,09

Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und ohne Tankstellen), davon Einzelhandel mit Waren verschiedener Art

52 1

Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabak

52 2

73

7,43

29.406

Apotheken

52 3

76

7,73

24.109

8,27

Sonstiger Facheinzelhandel, davon

52 4

777

79,04

139.412

47,82

Einzelhandel mit Textilien

52 41

4.387

1,50

Einzelhandel mit Bekleidung

52 42

122

12,41

27.970

9,59

Einzelhandel mit Schuhen und Lederwaren

52 43

41

4,17

8.370

2,87

Einzelhandel mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen

52 44

118

12,00

14.737

5,05

Elektroeinzelhandel

52 45

101

10,27

14.521

4,98

Einzelhandel mit Bau- Heimwerkerbedarf

52 46

10

1,02

7.151

2,45

Buch- und Zeitschriftenhandel

52 47

10.141

3,48

52.135

17,88

3.120

1,07

Einzelhandel mit Bürobedarf Sonstiger Einzelhandel

52 48

Facheinzelhandel mit Antiquitäten und Gebrauchtwaren

52 5

Einzelhandel ohne Verkaufsraum

52 6

Summe

Tabelle 1:

39

3,97

28

2,85

287

29,20

31 983

3,15 100

34.771 291.570

11,93 100

Stichprobe des Einzelhandels im Vergleich

Die Übersichtstabelle macht deutlich, dass einige Wirtschaftszweige in der Stichprobe überrepräsentiert sind. Dies gilt insbesondere fur den Möbel-

21

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

handel und den Elektroeinzelhandel. Insbesondere der Einzelhandel ohne Verkaufsraum ist hingegen unterrepräsentiert. Die vermeintlichen Differenzen in den Positionen ,Einzelhandel mit Waren verschiedener Art' (NACE-Nr. 51 1) und Sonstiger Einzelhandel' (NACE-Nr. 52 48) gleichen sich bei einer gemeinsamen Betrachtung nahezu aus. Somit kann die Stichprobe als sehr ausgewogen bezeichnet werden. Der Großhandel weist ebenfalls eine sehr heterogene Struktur auf. In der vorliegenden Untersuchung wurden neben den feinen' Großhandelsbranchen (NACE-Nr. 51) auch der Autoteilehandel (NACE-Nr. 50 3) zum Großhandel gerechnet, da die beteiligten Unternehmen ihre Produkte ausschließlich oder überwiegend an gewerbliche Kunden vertreiben. Ungeachtet dessen, dass die Handelsvermittlungen in diesem Berichtsband als eigene Wertschöpfungsstufe betrachtet werden, wurden sie gemäß der Wirtschaftszweigsystematik hier ebenfalls dem Großhandel (NACE-Nr. 511) zugerechnet. In Tabelle 2 wird die Verteilung der Großhandelsstichprobe i m Vergleich zur Grundgesamtheit gemäß Statistischem Bundesamt dargestellt.

Stichprobe Branche Autoteilehandel Großhandel und Handelsvermittlungen (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen), davon

Grundgesamtheit Anteil

Anzahl

50 3

5

0,88

7.062

6,93

51

563

99,12

94.842

93,07

35,98

(%)

(%)

Handelsvermittlungen

51 1

43

7,57

36.663

Landwirtschaftlicher Großhandel

51 2

9

1,58

5.146

5,05

Großhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabak; davon

51 3

34

5,99

9.296

9,12

51 34

17

2,99

2.773

2,72

Großhandel mit Gebrauchs- und Verbrauchsgütern

51 4

65

11,44

16.941

16,63

Großhandel mit Rohstoffen, Halbwaren, Altmaterial und Reststoffen

51 5

152

26,76

14.691

14,42

Großhandel mit Maschinen, Ausrüstungen und Zubehör, davon

51 6

10

1,76

10.842

10,64 0,49

Getränkefachgroßhandel

Baumaschinengroßhandel Sonstiger Großhandel Summe

Tabelle 2:

22

Anteil

Anzahl

NACENr.

51 62

10

1,76

497

51 7

233

41,02

1.264

568

Stichprobe des Großhandels im Vergleich

100

101.904

1,24 100

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

I m Gegensatz zum Einzelhandel bildet die Stichprobe für den Großhandel diesen Wirtschaftszweig i m Hinblick auf die Teilbranchen nicht repräsentativ ab, vielmehr zeigen sich deutliche Unterschiede zur Zusammensetzung der Grundgesamtheit. Eine wesentliche Ursache besteht darin, dass viele Unternehmen als Branche schlicht ,Großhandel 4 angaben und somit eine detaillierte Zuordnung nicht möglich war. Dies erklärt den hohen Anteil des »sonstigen Großhandels' (NACE-Nr. 51 7). Insbesondere die Handelsvermittlungen sind in der Stichprobe deutlich unterrepräsentiert.

3.2

Unternehmensgröße

Zur Operationalisierung der Unternehmensgröße werden gemeinhin die Anzahl der beschäftigten Personen und der erzielte Umsatz herangezogen. Nachdem bei der Studie „Internet i m Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen 2002" eine hohe Verweigerungsquote bei der Frage nach dem Jahresumsatz festgestellt werden musste, wurde diesmal auf die entsprechende Position verzichtet und lediglich die Anzahl der Beschäftigten abgefragt. Wie Abbildung 2 zeigt, beschäftigten nur 7,6 % der teilnehmenden Unternehmen mindestens 100 Mitarbeiter. I n mehr als ein Drittel

bis 3

1 15,8

4 bis 9

21,9

10 bis 29

22,1

I 12,8

30 bis 99

mindestens 100

1 7,6

1 0% Abbildung 2:

5%

10%

15%

20%

25%

Stichprobe nach der Anzahl der Beschäftigten (n = 2.133)

23

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Abbildung 3:

Geographische Verteilung der Stichprobe

der Unternehmen sind weniger als zehn Personen beschäftigt. Lässt man die 34 Großunternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten außen vor, so arbeiten in den beteiligten Unternehmen durchschnittlich rund 33 Personen. Dies entspricht in etwa dem Wert aus dem Jahr 2002 (36 Personen). Somit kann festgehalten werden, dass die Zielsetzung, vornehmlich kleine

24

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

und mittelständische Unternehmen ( K M U ) in die Erhebung einzubeziehen, erreicht wurde. Vergleicht man jedoch die Größe der beteiligten Unternehmen innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige mit der Grundgesamtheit des Statistischen Bundesamts, so fallt auf, dass Kleinstbetriebe mit bis zu 5 beschäftigten Personen sowohl in der Einzelhandels- als auch in der Großhandelsstichprobe unterrepräsentiert sind. Es zeigt sich auch bei dieser Studie, dass Kleinstbetriebe die Teilnahme an empirischen Untersuchungen besonders häufig verweigern.

3.3

Geographische Verteilung

Die geographische Verteilung der Stichprobe wird stark durch das unterschiedliche Ausmaß der Unterstützung durch die Industrie- und Handelskammern geprägt. Die Region rund um Köln sowie insbesondere das Ruhrgebiet sind besonders gut in der Stichprobe vertreten. Abbildung 3 zeigt die geographische Verteilung der Stichprobe. Vergleichszahlen zur Grundgesamtheit stehen leider nicht zur Verfugung.

4

Ergebnisse im Überblick

Die dem vorliegenden Beitrag zugrunde liegende Studie erbrachte sehr umfangreiche Ergebnisse, von denen nachfolgend ausgewählte Erkenntnisse dargestellt werden. I m ersten Teil wird beleuchtet, in welchem Ausmaß die Unternehmen inzwischen über die für E-Business bzw. E-Commerce notwendigen Komponenten „Internetanschluss" und „eigene Website" verfugen. Erstmalig wurde die Leitungsqualität des Internetzugangs analysiert. Inwiefern das Internet dann tatsächlich für die jeweiligen Geschäftsprozesse genutzt wird, wird in den folgenden Kapiteln analysiert. Dabei werden zunächst die generellen Geschäftstätigkeiten betrachtet, bevor vertiefend auf Beschaffung und Absatz eingegangen wird. Welche Ziele die befragten Unternehmen beim E-Business verfolgen und inwieweit diese bereits erreicht wurden, ist Gegenstand des fünften Abschnitt. Nachfolgend werden die vielfaltigen Probleme bei der Nutzung des Internets analysiert. Abschließend werden die Einschätzungen der befragten Entscheidungsträger zu Fragen des Verbraucherschutzes im E-Commerce dargestellt. 12 12

Zwischen einzelnen Branchen, verschiedenen Unternehmensgrößen und unterschiedlichen Regionen bestehen teilweise erhebliche Unterschiede. Zu einer differenzierten Analyse der Ergebnisse nach Wirtschaftszweigen, Unterneh-

25

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

4.1

Technische Infrastruktur

Ein Internetanschluss gehörte bereits bei der Studie ,Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen 2002* auch für kleine Unternehmen zum Standard: damals gaben 95,2 % der befragten Unternehmen an, über einen solchen Anschluss zu verfugen. 13 Inzwischen ist dies bei 97,8 % der Unternehmen der Fall. In den letzten fünf Jahren ist dieser Anteil um etwa 30 Prozentpunkte gestiegen. 14 Während bei den ersten beiden Erhebungen des ECC HANDEL der Frage nachgegangen wurde, ob die Unternehmen über einen Internetzugang verfügen, wurde diesmal das ,wie* analysiert. Abbildung 4 macht deutlich, dass eine Mehrzahl der befragten Unternehmen bereits über Breitbandzugänge verfügt. über Modem

1 4,6

über ISDN

29,6

über DSL 1

über Standleitungen

115, )

über mobile Internetzugänge I 0,6 kein Internetanschluss vorhanden •

2,2

weiß nicht ] 0,9

Abbildung 4:

13

14

26

0% 10% 20% Art des Internetzugangs (n = 2.562)

30%

40%

50%

mensgröße und Region siehe Hudetz, Kai/Tanaskovic, Nicola: Internet i m Handel 2004, K ö l n 2004, S. 54-119. Vgl. Hudetz, Kai/Dach, Christian: Internet i m Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbreichen 2002, K ö l n 2002, S. 23-25. Vgl. hierzu auch die Ergebnisse der Erststudie des ECC HANDEL in Büchel, Daniela/Hudetz, Kai: Innovation Internet - ein Vergleich zwischen verschiedenen Wirtschaftszweigen, in: Müller-Hagedorn, Lothar (Hrsg.): Internet i m Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen, K ö l n 1999, insbesondere S. 254. Damals wiesen 63,0 % der befragten Einzelhändler, 66,3 % der Dienstleistungsunternehmen und 77,8 % der Großhandelsunternehmen einen Internetanschluss auf.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Beeindruckend ist insbesondere die weite Verbreitung von DSL-Anschlüssen: nahezu jedes zweite befragte Unternehmen nutzt bereits diese Option. Diese Erkenntnis steht im Einklang mit diversen Untersuchungen, die Deutschland im internationalen Vergleich eine Spitzenposition bei der Verbreitung von Breitband-Internetanschlüssen zubilligen. In Abbildung 5 ist beispielhaft das Ergebnis einer Studie des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien ( B I T K O M ) dargestellt.

Großbritannien Frankreich

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

Quelle: B I T K O M 2003. Abbildung

5:

ISDN-Kanäle

bzw. DSL-Anschlüsse je 100 Einwohner

im Jahr

2002 Während der Diffusionsprozess der Internetanschlüsse auch bei K M U weitestgehend abgeschlossen ist, sieht dies bei unternehmenseigenen Websites noch etwas anders aus. Immerhin 80,5 % der befragten Unternehmen verfugen aber inzwischen auch über eine eigene Website - genau 1 0 % mehr als bei der letzten Erhebung im Jahr 2002. 15 Hier bestehen jedoch deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Branchen und Unternehmens-

15

Vgl. Hudetz, Kai/Dach, Christian, 2002, S. 25-26.

27

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

großen. Betrachtet man die verschiedenen Einzelhandelsbranchen, zeigen sich Versandhandel, Einzelhandel mit Bürobedarf und Autohäuser als Spitzenreiter. Einen unterdurchschnittlichen Wert weisen vor allem die Bekleidungs- und Nahrungsmittelhändler auf. Auch die Unternehmensgröße spielt bei dem Anteil der Unternehmen mit eigener Website eine bedeutende Rolle. Nur 63,5 % - etwa 10 % mehr als in der Zweituntersuchung aus dem Jahr 2002 - der Kleinstunternehmen besitzen eine UnternehmensWebsite. Bei den größeren Unternehmen sind dies über 90 %. Lediglich eines der insgesamt 104 befragten Unternehmen mit mindestens 200 Mitarbeitern verfugt nicht über eine eigene Website. Abbildung 6 zeigt, dass sich der Anteil der Unternehmen mit einer eigenen Website seit 1998 insgesamt mehr als verdreifacht hat. I m Jahr 2004 soll sich dieser Anteil nochmals deutlich auf 87,8 % erhöhen. Lediglich 8,5 % der befragten Unternehmungen planen zurzeit keine eigene Website. 100 90 80 70 60 % 50 40 30 20 10

0 1992

1994

1996

1998

2000

2002

2004

2006*

* 2005 und 2006 ist eine Schätzung auf der Basis der Angaben der Befragten. 16 Abbildung 6:

16

28

Anteil der Unternehmen mit eigener Website (n = 1.876)

Dies erklärt den erkennbaren deutlichen Anstieg in den kommenden Monaten. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen kann davon ausgegangen werden, dass die Angaben „ w i r d noch in diesem Jahr umgesetzt" und „ w i r d i m nächsten Jahr umgesetzt" häufig zu optimistisch ausfallen und die tatsächliche Umsetzung erst später erfolgt. Somit steht zu vermuten, dass der tatsächliche Kurvenverlauf flacher ausfallen wird.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Die ermittelten Werte zur internettechnischen Ausstattung der Handelsunternehmen stehen im Einklang zur aktuellen Studie von TECHCONSULT „Internet- und E-Business-Einsatz i m bundesdeutschen Mittelstand 2004", die im Auftrag von I B M und der Zeitschrift Impulse durchgeführt wurde. Bei dieser Studie wird der Anteil der Handelsunternehmen mit Internetanschluss auf 97 %, der mit eigener Website auf 86 % beziffert. 17 Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass die für das E-Business notwendigen Technologien in den mittelständischen Handelsunternehmen weitgehend vorhanden sind. Insbesondere die Diffusion der Internetanschlüsse in deutschen Unternehmen ist nahezu abgeschlossen. Gleiches gilt leicht abgeschwächt bei der Ausstattung mit einer eigenen Website. Hier bestehen jedoch noch gewisse Steigerungspotenziale. Nur ein extrem geringer Anteil der befragten Unternehmen verweigert sich weiterhin der Internettechnologie.

4.2

Nutzung des Internets nach Geschäftstätigkeiten

Bei den Diskussionen um die Nutzung des Internets stehen zumeist Online-Umsätze im Vordergrund. Neben dem E-Commerce, d. h. der Beschaffung bzw. dem Absatz von Gütern und Dienstleistungen über das Internet, kann das Medium auch für zahlreiche andere Geschäftsprozesse genutzt werden. Alle geschäftlichen Aktivitäten über das Internet werden nachfolgend als E-Business bezeichnet. 18 Die Ergebnisse der vorliegenden Studien zeigen, dass das Internet inzwischen auch bei K M U bei einigen Aktivitäten intensiv genutzt wird. Dies betrifft insbesondere den Schriftverkehr per EMail, die Datenrecherche und das Online-Banking. In Abbildung 7 sind die Ergebnisse der aktuellen Studie im Vergleich zu den Werten der Untersuchungen der Jahre 1999 und 2002 dargestellt. 19

17

18

19

Vgl. Techconsult GmbH: Internet- und E-Business-Einsatz i m bundesdeutschen Mittelstand 2004, Untersuchung i m Auftrag von I B M und der Zeitschrift Impulse, 2004, S. 21. Z u diesem Begriffsverständnis von E-Commerce bzw. E-Business siehe: ECommerce-Center Handel (Hrsg.): Begriffe des eCommerce, Frankfurt/Main 2001, S. 17-19. Einem etwas engeren Verständnis von E-Business folgt bspw. Wirtz: Wirtz, Bernd W.: Gabler Kompakt-Lexikon eBusiness, Wiesbaden 2002, S. 54-56. Alle in diesem Beitrag dargelegten Ergebnisse zur Nutzung des Internets, den Zielen und der Zielerreichung beziehen sich ausschließlich auf die Unterneh-

29

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Informationsbeschaffung

Bankgeschäfte Nutzung von weiteren Online-Services* Schriftverkehr (E-Mail) Beratung von Kunden/Kundenservice Datenaustausch 1 nie

2

3

4

5 sehr oft

* Dieser Punkt wurde 2004 erstmals erfragt, daher liegen keine Vergleichswerte vor. Abbildung

7:

Nutzung des Internets nach Geschäftstätigkeiten im Vergleich (Mittelwerte) n> 2.342 (2004) η > 2.677 (2002) bzw. η > 1.213 (1999)

Die Abbildung verdeutlicht die enorme Entwicklung der Internetnutzung seit dem Jahr 1999. Die Reihenfolge der einzelnen Tätigkeiten nach dem Nutzungsgrad des Internets ist jedoch bei allen drei Erhebungen gleich geblieben. Das Internet wird bei sämtlichen abgefragten Geschäftsprozessen erheblich intensiver genutzt als noch im Jahr 2002, lediglich der E-Mail-Schriftverkehr hat sich auf hohem Niveau stabilisiert. Der Versand von E-Mails gehörte bereits 2002 bei nahezu allen befragten Unternehmen zum Standard. Das Internet wird zudem besonders häufig zur Recherche, ζ. B. zur Markt- und Wettbewerberbeobachtung und zur Suche nach Branchenfachinformationen genutzt. Bereits an dritter Stelle folgt das sogenannte Online-Banking. Immer weniger Unternehmen wollen auf die Möglichkeit, ihre Bankgeschäfte über das Internet abzuwickeln und zu kontrolmen, die auch über einen Internetanschluss verfugen. Es gilt zu beachten, dass bei den Gesamtdurchschnitten 1999 und 2002 auch Dienstleistungsunternehmen eingegangen sind.

30

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

lieren, verzichten. Deutlich seltener findet ein Datenaustausch über das Internet mit Steuerberatern, Franchisegebern oder sonstigen Geschäftspartnern statt. Offensichtlich fand hier in den vergangen beiden Jahren nur eine geringfügige Entwicklung statt. 20 I m Vergleich zu den Vorgängerstudien ist ein deutlicher Zuwachs bei der Nutzung des Internets für den Kundenservice zu verzeichnen. Nach wie vor setzen jedoch die wenigsten Handelsunternehmen intensiv auf Online-Service. Erstmals wurde bei dieser Studie die Nutzung von Online-Dienstleistungen wie Buchung von Bahn- und Flugtickets, E-Learning-Systemen oder Online-Programmen abgefragt. Die Antworten zeigen ein gemischtes Bild: 29,5 % der Befragten nutzen diese Optionen oft oder sehr oft, 34,1 % selten oder gar nicht. Für die Internetnutzung nach Geschäftstätigkeiten lassen sich folgende zentrale Ergebnisse festhalten: •

Die Nutzung des Internets hat seit 1999 für alle untersuchten Geschäftstätigkeiten erheblich zugenommen, im Vergleich zu 2002 waren ebenfalls bei nahezu allen Bereichen deutlich Zuwächse zu verzeichnen.



Nach wie vor wird das Internet überwiegend als Informations- und Kommunikationsmedium genutzt. Der Versand von E-Mails und die Informationsrecherche über das Web sind auch in den kleinen Unternehmen Standard.



Komplexere Anwendungen wie bspw. der Datenaustausch und vor allem der Kundenservice werden noch immer relativ selten über das Internet realisiert. Insbesondere im Bereich des Datenaustausches sind in den vergangen Jahren nur geringfügige Zuwächse zu erkennen.

4.3

Beschaffung über das Internet

Durch die Nutzung des Internets kann die Beschaffung in dreierlei Hinsicht optimiert werden. 21 Es besteht nicht nur die Möglichkeit, Kosten zu 20

21

Die Probleme speziell in diesem Bereich werden i m Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit geförderten Projekts anhand von Pilotanwendungen dokumentiert. A u f dieser Basis werden konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet. Siehe hierzu: www.prozeus.de. Vgl. hierzu und i m Folgenden Temps, Dietmar/Hudetz, Kai: E-Procurement Meilenstein oder Luftnummer?, in: Global Company (Hrsg.): E-Business & M Business, Pulheim 2001, S. 77-80 und die dort zitierte Literatur. Zum EProcurement siehe auch Holtrop, Thomas/Döpfner, Mathias/Wirtz, Bernd W.:

31

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

senken, sondern auch die Chance, den Beschaffungsvorgang zu beschleunigen und die Beschaffungsqualität zu verbessern. Diverse Untersuchungen gehen davon aus, dass die Beschaffungskosten häufig um bis zu 25 %, bei sog. C-Gütern sogar bis zu 80 % verringert werden können. Die Dauer eines kompletten Beschaffungsvorgangs kann teilweise um über 80 % reduziert werden. Diese Werte sind jedoch nur bei einer weitgehenden Automatisierung des Bestellprozesses möglich, d. h. wenn die Bestellung vom eigenen PC ohne Medienbruch ins System des Lieferanten gelangt und die Rückmeldung ebenfalls online erfolgen kann. Dies setzt voraus, dass das eigene Warenwirtschaftssystem mit den Systemen auf den entsprechenden Online-Plattformen verknüpft werden kann. Dazu ist der Einsatz entsprechender Standards nötig. Wie eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bei Berlecon Research in Auftrag gegebene Studie aufzeigt, bestehen bei der Standardisierung weiterhin erhebliche Probleme. 22 In vielen Bereichen existieren keine oder lediglich proprietäre Standards. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit geforderte Projekt PROZEUS (PROZEsse Und Standards) soll hier Abhilfe schaffen. 23 Mangelnde Standards stellen vor allem für K M U ein Problem dar, da diese nicht wie Großunternehmen eigene Richtlinien entwerfen können, sondern sich an den Standards der Lieferanten orientieren müssen. Die Optimierungspotenziale der K M U sind daher zumeist erheblich geringer als bei Großunternehmen. Folgerichtig kommen van Baal und Hudetz in einer empirischen Studie des ECC HANDEL zur Beschaffung über elektronische Marktplätze zu dem Schluss: „Alle verfolgten Ziele sind bislang zumeist nur in Ansätzen verwirklicht worden." 2 4

22

23 24

32

Deutschland Online - Entwicklungsperspektiven der Medien und Internetmärkte, 2. Auflage, Wiesbaden 2004, S. 73-79 sowie Brenner, Walter/Zarnekow, Rüdiger: E-Procurement - Einsatzfelder und Entwicklungstrends, in: Hermanns, Arnold/Sauter, Michael: Management-Handbuch Electronic Commerce, 2. Auflage, München 2001, S. 487-502. Vgl. hierzu Quantz, Joachim/Wichmann, Thorsten: E-Business-Standards in Deutschland - Bestandsaufnahme, Probleme, Perspektiven, Endbericht des Forschungsauftrags des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, Berlin 2003, insbesondere S. 17-29. Umfangreiche Informationen zu diesem Projekt unter www.prozeus.de. Van Baal, Sebastian/Hudetz, Kai: Beschaffung über elektronische Marktplätze: Ergebnisse einer empirischen Studie, K ö l n 2003, S. 59. Siehe hierzu auch den entsprechenden Beitrag in diesem Band.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Die Beschaffungsprozesse müssen nach der Art der Produkte differenziert betrachtet werden. Die elektronische Beschaffung indirekter Güter wie Büromaterial, Computerzubehör, Software etc. kann besonders einfach realisiert werden, da hierdurch der eigentliche Wertschöpfungsprozess nicht beeinflusst wird. Nach einer Umfrage des BUNDESVERBANDES M A TERIALWIRTSCHAFT, EINKAUF UND LOGISTIK (BME), der EUROPEAN BUSINESS SCHOOL und Booz ALLEN HAMILTON bestellen schon heute 85 Prozent der BME-Mitglieder C-Güter wie Büromaterial auf Internetmärkten.25 Die Zahlen der vorliegenden Untersuchung für kleine und mittelständische Unternehmen liegen deutlich darunter. Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen (32,8 %) gaben an, weder direkte noch indirekte Güter online zu beschaffen. Wie Abbildung 8 aufzeigt, beschafften im Voijahr nur knapp die Hälfte der Unternehmen mehr als 1 % ihrer indirekten Güter über das Internet. Lediglich bei jedem fünften Handelsunternehmen sind es mehr als 10 %. Durchschnittlich werden 11,5 % des Beschaffungsvolumens indirekter Güter online bestellt. Dieser Anteil liegt nur unwesentlich höher als im Jahr 2001 (10,2 %) und deutlich unterhalb der 47.6

• 2003

12004

19,8

mm 10J1 0' 2 0% Abbildung 8:

25

0,1% bis 1.0%

n-ïïTffrili

1,1% bis 5,0%

Online-Beschaffung

8,5 pm\

5,1% bis 10,0%

indirekter

10,1% bis 25,0%

über 25%

Güter (n >2212)

Vgl. ο. V.: BME-Studie: Marktplatznutzung steigt in Breite und Tiefe - Chemische Industrie nimmt Vorreiterstellung ein, Pressemitteilung des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V., Frankfurt-Nürnberg,

05.05.2003.

33

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Prognose der damals Befragten für 2002 (14,1 %). Die aktuellen Teilnehmer erwarten für das laufende Jahr einen Anteil von 14,7 %. Angesichts der Erfahrungen mit den Prognosen aus dem Jahr 2002 bleibt abzuwarten, ob dieser Wert tatsächlich erreicht wird. Die Zahlen machen deutlich, dass Ε-Procurement für die meisten kleineren Unternehmen auch bei indirekten Gütern aktuell nur eine relativ bescheidene Rolle spielt. Die Aussagen lassen jedoch eine spürbare Verschiebung i m Jahr 2004 hin zur OnlineBeschaffung vermuten. Immerhin fast ein Fünftel der befragten Unternehmen mit Internetanschluss wollen in diesem Jahr mehr als 25 % der Beschaffung von indirekten Gütern online abwickeln. Zur Beschaffung von Gütern für den Weiterverkauf wird das Internet naturgemäß noch seltener genutzt als bei indirekten Gütern. Hier sind nach wie vor überwiegend langfristige Lieferantenbeziehungen bzw. vertragliche Bindungen vorherrschend. Allerdings kann das Internet bei der Optimierung bestehender Beschaffungswege durchaus von Bedeutung sein. Bislang hat der Mittelstand diese Möglichkeiten kaum genutzt, da bestehende Lösungen auf der Basis von EDIFACT (Electronic Data Interchange For Administration, Commerce and Transport) zumeist zu komplex, aufwändig und teuer ausfallen. Sogenannte „Web-EDI-Lösungen" sollen nun die Vorteile des E D I mit denen des Internets verknüpfen und durch geringere Kosten auch für den Mittelstand attraktiv werden. 26 Zwei Drittel der befragten Handelsunternehmen nutzen das Internet nicht für die Beschaffung von Gütern für den Weiterverkauf. Erwartungsgemäß liegen damit die durchschnittlichen Online-Anteile unter denen der indirekten Güter. Allerdings fallt dieser Unterschied relativ gering aus. I m Jahr 2003 wurden durchschnittlich 10,1 % der direkten Güter online beschafft, für das laufende Jahr erwarten die Befragten einen Anstieg auf 12,8 % (Abbildung 9). I m Vergleich mit den Ergebnissen der Studie aus dem Jahr 2002 zeigt sich ein ähnliches B i l d wie bei den indirekten Gütern: Der für das Jahr 2003 ermittelte Wert von 10,1 % liegt leicht über dem Wert des Jahres 2001, aber deutlich unter dem Prognosewert für das Jahr 2002. Insgesamt bleibt damit festzuhalten, dass Ε-Procurement weiterhin nur in wenigen kleinen und mittelständischen Handelsunternehmen eine bedeu-

26

34

Vgl. Temps, D./Hudetz, K., 2001, S. 74.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen 70% 59,5

60%

• 2003

B2004

50% 40% 30% 16,3

20% 9.4 9.0

10%

3,5

6,2 5,3

2,2

ΓΤΊ

0% 0%

Abbildung 9:

0,1% bis 1,0%

1,1% bis 5,0%

Online-Beschaffung

direkter

5,1% bis 10,0%

7.7 5,1 B-m

12,8 a

t I 10,1% bis 25,0%

über 25%

Güter (n >2159)

tende Rolle spielt. In den vergangenen beiden Jahren hat E-Procurement bei diesen Unternehmen nicht die stürmische Entwicklung genommen, die einige Experten vorausgesagt hatten.

4.4

Absatz über das Internet

In der Euphoriephase des E-Commerce im Jahr 1999 überschlugen sich die Prognosen zu den künftigen Online-Umsätzen. Viele dieser Einschätzungen mussten inzwischen, zumindest was die kurzfristigen Erwartungen angeht, revidiert werden. Dies gilt sowohl für den B2B- als auch für den B2C-Sektor. I m Endkundenbereich sind zwar deutliche Steigerungen zu erkennen, der Online-Anteil am Gesamtumsatz fallt aber weiterhin vergleichsweise niedrig aus, wie Abbildung 10 verdeutlicht. In vorliegender Untersuchung wurden die Unternehmen zunächst danach gefragt, in welchem Umfang sie im vergangenen Jahr Handelswaren über das Internet abgesetzt hatten - egal ob B2B oder B2C - und welchen Umsatzanteil sie für 2004 prognostizieren. Reine Online-Händler wurden bei den folgenden Betrachtungen des Online-Vertriebs nicht berücksichtigt. 27

27

Insgesamt nahmen 20 reine Online-Händler (Umsatzanteil Handelswaren 2003 = 100 %) an der Befragung teil. Diese wurden für alle Analysen zum OnlineVertrieb ausgefiltert.

35

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

5%

~

4%

03 a < ü

E 3%

2,1

è υ

s 2%

TS"

E E δι 1%

1,0

LU

0%

0,5

0,3

I

1

1999 2000 2001 2002 Quelle: Hauptverband des Deutschen Einzelhandels 2004. Abbildung 10:

Anteil des E-Commerce am Gesamtumsatz des Einzelhandels

6% c

2003

5,2

5%

Cü Β π 4%

3,8

t/> E

ID 3% ι

φ Ο k_ Φ

2%

Ε Ε ο 1% Ο I ILI

0% 2003

Abbildung

11:

Durchschnittlicher ware (n > 2.017)

2004 Umsatzanteil der online verkauften

Handels-

Zwei Aspekte fallen bei der Betrachtung ins Auge: zum einen liegt der durchschnittliche Umsatzanteil im Jahr 2003 mit 3,8 % deutlich über dem vom H D E ausgewiesenen Wert. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass es sich bei den in Abbildung 11 dargestellten Werten sowohl um B2B- als auch um B2C-Umsatzanteile handelt. Zudem handelt es sich um

36

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

den Mittelwert der durchschnittlichen Umsatzanteile der Unternehmen, d. h. kleine und große Unternehmen gehen mit dem gleichen Gewicht in den Durchschnitt ein. Die angegebenen Werte geben somit nicht den Online-Umsatzanteil des E-Commerce an. 28 Neben dem relativ hohen Wert für 2003 fallt die deutliche Steigerung in 2004 auf. Es bleibt damit festzuhalten, dass die befragten Händler in diesem Jahr bereits etwa 5 % ihres gesamten Umsatzes über das Internet abwickeln werden. Dies Zahlen stehen in Einklang mit den Werten des aktuellen „Web Scope" der GESELLSCHAFT FÜR KONSUMGÜTERFORSCHUNG. Diese ermittelte für das vergangene Jahr einen E-Commerce-Umsatzanteil von 3 %, für das Jahr 2004 von 5 %.29 Die Gesamtdurchschnitte werden auch durch die vielen Handelsunternehmen beeinflusst, die ihr Leistungsangebot nicht online verfügbar machen. In der Stichprobe der vorliegenden Untersuchung waren dies immerhin 63,2 % der Unternehmen. Welche E-Commerce-Umsatzanteile realisieren die Unternehmen, die ihre Produkte und/oder Dienstleistungen online anbieten? In Abbildung 12 sind die entsprechenden Durchschnitte im Vergleich zu den Werten für alle Unternehmen dargestellt. 30 Die Unternehmen, die bereits online vertreiben, erzielen über diesen Kanal teilweise erhebliche Umsatzanteile. Aussagekräftiger als der Mittelwert ist in diesem Fall jedoch die folgende Häufigkeitsverteilung.

28

29

30

Dieser Aspekt sei aufgrund seiner Bedeutung an einem einfachen Beispiel verdeutlicht. Gegeben seien die beiden Unternehmen A (Jahresumsatz 1.000.000 Euro, E-Commerce-Anteil 1 %) und Β (Jahresumsatz 100.000 Euro, E-Commerce-Anteil 10%). Der durchschnittliche E-Commerce-Umsatzanteil, wie er in Abbildung 11 ausgewiesen würde, beträgt dann 5,5 % ((l+10)/2), der Anteil des E-Commerce am Gesamtumsatz jedoch nur 1,8% (( 10.000+10.000)/( 1.000.000+100.000)* 100) ! Vgl. ο. V.: Online-Shopping gewinnt an Relevanz, in: Internet World, 2004, H. 11, S. 10. Ein einfache Umrechnung der Werte aus Abbildung 11 anhand des Prozentsatzes der Unternehmen mit Online-Angebot (36,8 %) ist nicht möglich, da zwar 807 Befragte angegeben haben, Produkte online zu verkaufen, jedoch nur 615 Unternehmen Umsatzanteile angegeben haben.

37

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

• alle Händler

H Händler mit Online-Shop

20%

15%

12,7

E 3 10% I

ω

e ω

E E ο ο I

LU

5,2

3,8

1

5%

0% 2004

2003

Abbildung

12:

Durchschnittlicher Umsatzanteil der online verkauften Handelsware bei allen Unternehmen (n >2.017) und den Handelsunternehmen, die online anbieten (n > 599)

unter 0,1%

0,1% bis 1,0%

1,1% bis 5,0%

5,1% bis 25,0%

über 25,0%

Online-Umsatzanteil Abbildung 13:

38

E-Commerce-Umsatzanteile (n >599)

der Unternehmen mit Online-Vertrieb

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

I m vergangenen Jahr haben zwei Drittel der Handelsunternehmen mit Online-Vertrieb maximal 5 % ihres Umsatzes über diesen Kanal realisiert. I m Jahr 2002 waren dies noch über 80 % der Unternehmen. 31 Wie Abbildung 13 verdeutlicht, erwarten viele Unternehmen in diesem Jahr einen weiteren erheblichen Zuwachs der Online-Verkäufe. Fast die Hälfte der Unternehmen mit Online-Shop gehen davon aus, in diesem Jahr mehr als 5 % ihres Umsatzes über das Internet zu realisieren. I m Folgenden werden die Umsatzanteile i m B2C- und i m B2B-Bereich separat analysiert. In Abbildung 14 sind die Werte der Studie aus dem Jahr 2002 zum Vergleich eingetragen. Hierbei wurden nur Unternehmen mit Online-Shop berücksichtigt. 32 50%

40%

30%

20%

10%

0% unter 0,1%

0,1% bis 1,0%

1,1% bis 5,0%

5,1% bis 25,0%

über 25,0%

Online-Umsatzanteil

Abbildung 14:

E-Commerce-Umsatzanteile

im Endkundensegment

Auch wenn ein Teil der Verschiebungen durch unterschiedliche Stichproben bedingt sein könnte, so kann doch ein klarer Trend ausgemacht werden: Der Anteil der Unternehmen mit Online-Shop, die nur minimale B2CE-Commerce-Umsatzanteile realisieren, geht stark zurück. Bei immer mehr Handelsunternehmen spielt der Online-Umsatz im B2C-Segment 31 32

Vgl. Hudetz, K./Dach, Chr., 2002, S, 32f. Dabei konnten die Angaben von 415 (für das Jahr 2003) und 431 (fur 2004) Handelsunternehmen einbezogen werden.

39

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

durchaus eine nicht unbedeutende Rolle. Diese Erkenntnis deckt sich mit den Ergebnissen anderer Studien, die alle einen deutlichen Zuwachs im B2C-E-Commerce konstatieren. 33 Der mittlere B2C-E-Commerce-Anteil der Unternehmen mit Online-Shop liegt für das vergangene Jahr bei 15,8 %. Für dieses Jahr wird ein Durchschnitt von 20,6 % erwartet. Diese Durchschnittswerte werden jedoch stark von den knapp 12 % der entsprechenden Unternehmen beeinflusst, die über die Hälfte ihres Umsatzes online erzielen. Genauso wie in der Studie aus dem Jahr 2002 sind die Online-Umsatzanteile bei den Kleinstunternehmen mit Abstand am größten, während die Unterschiede zwischen mittleren Unternehmen und Großunternehmen geringer ausfallen. Vielfach wurde in den vergangenen Jahren gemutmaßt, dass der E-Commerce-Umsatzanteil i m B2B-Segment erheblich höher liegen dürfte als im B2C-Bereich. 34 Die vorliegenden Daten stützen diese These - wie bereits im Jahr 2002 - jedoch nicht, wie Abbildung 14 aufzeigt. Erneut wurden in dieser Betrachtung nur Unternehmen mit Online-Vertrieb berücksichtigt. Erstaunlicherweise sind die Zahlen für den Geschäftskundenbereich mit denen für das B2C-Segment nahezu identisch. Die Durchschnittswerte von 15,4% E-Commerce-Umsatzanteil in 2003 und 19,3% in 2004 liegen sogar etwas unter den Zahlen im Endkundensegment. Eine Ursache könnte in der Vermengung der Wirtschaftszweige bestehen. Während beim B2BUmsatz auch die Einzelhändler eingehen, die zum geringen Teil Waren an Weiterverbraucher vertreiben, werden im B2C-Segment auch die Großhändler einbezogen, die zusätzlich Produkte an Endkunden liefern. Bei einer getrennten Betrachtung der Umsatzanteile für Einzelhandel und Großhandel zeigt sich, dass der Umsatzanteil mit den gesamten über das Internet angebotenen Handelswaren im Einzelhandel bei 5,2 % liegt. Der Großhandel generiert mit Handelswaren hingegen nur einen Anteil von 2,1 %. Abbildung 15 verdeutlicht, dass fur B2B das Gleiche gilt wie für

33

34

40

Vgl. beispielsweise Kahle, Irene: Deutsche bei der Internetnutzung i m Mittelfeld, Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts Nr. 326 vom 5. August 2004 und Kuhn, Thomas: Web statt Warenhaus, in: Wirtschaftswoche, H. 33/2004, S. 33-34 und die dort aufgeführten Studien. Vgl. beispielsweise Bundesagentur für Außenwirtschaft: E-Commerce in der EU, Köln 2003, S. 25-27.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

B2C: immer mehr Unternehmen realisieren spürbare Umsatzanteile über das Internet. Für das Jahr 2004 wird mit einer erheblichen Steigerung gerechnet.

50% 44,(

• 2002

• 2001

• 2003

Π2004

40% 310

31,(

30%

28 1ir

ΛΠ

π In 1 Jr III

χi

2

20%



6

10%

4,1

0%

Π

18.2

14,'9

Ί ,

unter 0,1%

I Γ, ο

Η FJM 1I 3

1

1

0,1% bis 1,0%

22,7

20,2

I 1,1% bis 5,0%

5,1% bis 25,0%

über 25,0%

Online-Umsatzanteil Abbildung 15:

E-Commerce-Umsatzanteile

im Geschäftskundensegment

Neben der eigentlichen Handelsware spielen bei einigen wenigen Handelsunternehmen andere Leistungen eine Rolle: •

so vertreiben 1,5 % der Befragten auch Nutzungsrechte, ζ. B. Tickets online,



4,4 % der befragten Handelsunternehmen bieten kostenpflichtige Dienstleistungen (ζ. B. Lieferservices) über das Internet an und



2,1 % der Befragten stellen kostenpflichtige Downloads, ζ. B. Broschüren im Internet zur Verfugung.

Die Umsatzanteile dieser Unternehmen und damit einhergehend die Bedeutung des Internets für den Absatz in Teilbereichen, liegen erwartungsgemäß deutlich über den Handelswaren sowohl i m B2C- als auch im B2BBereich. Der stärkste Zuwachs wird bei den kostenpflichtigen Informationen erwartet.

41

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Seit einiger Zeit wird das ,Phänomen' eBay sehr intensiv diskutiert. Immer mehr Händler sehen hierin eine Alternative zum eigenen Online-Shop. 35 Es zeigt sich, dass eBay inzwischen beim Endkundengeschäft im Internet bereits eine bedeutende Rolle spielt. Etwa zwei Drittel des Endkundenumsatzes werden über den eigenen OnlineShop realisiert. Für mehr als 40 % der Befragten stellt dies die einzige Option dar. A n zweiter Stelle folgt bereits der Verkauf über die Auktionsplattform EBAY (16,3 % des gesamten Online-Umsatzes). Immerhin 6,6 % der befragten Unternehmen nutzen ausschließlich diesen Weg. Verkäufe über die Plattform einer Verbundgruppe, wie dies beispielsweise mit dem ep:netshop für ELECTRONIC PARTNER realisiert wird, spielen ebenfalls eine größere Rolle. Gut 6 % der Unternehmen beschränken sich auf diese Möglichkeit. Andere elektronische Marktplätze sind hingegen von geringerer Relevanz. Lediglich 2,4 % beschränken ihren Online-Vertrieb auf diese Option. Immerhin 43,6 % der Unternehmen mit Online-Endkundengeschäfi gaben an, auch Kunden im europäischen Ausland zu beliefern. Bei diesen Unternehmen entfielen durchschnittlich 13,3 % des Online-B2C-Umsatzes auf das Auslandsgeschäft. Die Mehrzahl der Unternehmen konzentriert sich jedoch weiterhin auf deutsche Endkunden. Die Gründe hierfür sind vielfaltig. In der rechtlichen Unsicherheit bei der Abwicklung von Bestellungen und Beschwerden sehen fast die Hälfte dieser Unternehmen ein großes oder sehr großes Problem. 36 Gleiches gilt für die zu hohen Logistikkosten. Immerhin 39,5 % der Befragten gaben als wichtigen Grund an, dass aus dem Ausland zu wenige Bestellungen einträfen. Relativ häufig nutzten die Unternehmen die Möglichkeit, weitere Gründe für den Verzicht auf Lieferungen ins Ausland zu benennen. Neben rechtlichen Bestimmungen (Vertriebschutz, Lizenzrechten etc.) wurde vor allem die starke regionale Verankerung häufig genannt. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der E-Commerce in den vergangenen beiden Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat. Immer mehr 35

36

42

Zum Handel über eBay siehe bspw. Hudetz, Kai: Internet, Online-Auktionen auf der Jagd nach Schnäppchen, in: Handel im Fokus - Mitteilungen des Instituts fur Handelsforschung, 55. Jg. (2003), H. III, S. 162-172 und Dietrich, Tobias/Seese, Detlef: Der Handel bei eBay.de, in: Handel im Fokus - Mitteilungen des Instituts für Handelsforschung, 56. Jg. (2004), H. I, S. 17-30. Skalenwert ,6' oder ,7' auf der 7er-Skala.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Unternehmen erzielen bereits spürbare Umsatzanteile über diesen Vertriebskanal. Neben dem eigenen Online-Shop spielt im B2C-Segement der Verkauf über eBay eine nicht unbedeutende Rolle.

4.5

Ziele bei der Nutzung des Internets

Welche Ziele verfolgen Handelsunternehmen bei der Nutzung des Internets? Wurden in der Phase der ersten E-Commerce-Euphorie überwiegend die neuartigen Absatzmöglichkeiten diskutiert, so werden in der Fachpresse seit geraumer Zeit verstärkt die Chancen der Optimierung von Geschäftsprozessen und die damit verbundenen Kosteneinsparungen erörtert. Dies spiegelt sich auch in den Befragungsergebnissen wider. Wie Abbildung 16 aufzeigt, hat hier in den vergangenen Jahren eine deutliche Entwicklung stattgefunden. Bei der Erststudie des ECC HANDEL aus

Erhöhung der Auswahl beim Einkauf

Kostenreduktion beim Einkauf

Zeitoptimierung/Flexiblität bei den internen Abläufen

Verbesserung des Kundenservice

Erschließung neuer Kundengruppen

sehr große Bedeutung

Abbildung 16:

Ziele bei der Nutzung des Internets (Mittelwerte)

Bedeutung

(n > 2.057)

43

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

dem Jahr 1999 standen die Ziele ,Kundenakquisition' und ,Kundenbindung' noch eindeutig im Vordergrund. Diese Ziele sind weiterhin von höchster Bedeutung, wobei die Werte sich geringfügig verringert haben. Die Ziele der Optimierung von Beschaffung und internen Abläufen haben im Laufe der Jahre erheblich an Relevanz gewonnen. Es zeigt sich, dass das Internet von den Handelsunternehmen zunehmend zur Unterstützung des gesamten Wertschöpfungsprozesses genutzt wird. Wie die Befragungsergebnisse belegen, ist das Internet in vielen Handelsunternehmen nicht mehr wegzudenken. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Unternehmen mit dem bislang Erreichten zufrieden wären. Wie Abbildung 17 verdeutlicht, ist das Gegenteil der Fall.

Erhöhung der Auswahl beim Einkauf

Kostenreduktion beim Enkauf

Zeitoptirrierung/Flex iblität bei den internen Abläufen

Verbesserung des Kundenservice

Erschließung neuer Kundengruppen

1 keine Zielerreichung

Abbildung 17:

44

Zielerreichung (n >1.809)

2

3

4

5 komplette Zielerreichung

bei der Nutzung des Internets (Mittelwerte)

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Der Vergleich mit den Ergebnissen der Vorgängerstudien zeigt jedoch durchaus eine positive Entwicklung auf: alle fünf Ziele werden inzwischen besser erreicht als in früheren Jahren. Während aber zwischen 1999 und 2002 ein erheblicher Sprung bei allen Zielerreichungsgraden stattfand, fallen die Verbesserungen seit 2002 nur relativ gering aus. Nach wie vor sind die Ziele bei der Nutzung des Internets zumeist nur ansatzweise verwirklicht. Abbildung 18 zeigt den Anteil derjenigen Unternehmen, welche einzelne Ziele gar nicht oder nur zu etwa 25 % erreicht haben. Jeweils mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen gaben somit an, das entsprechende Ziel gar nicht oder nur rudimentär erreicht zu haben. Es besteht somit weiterhin ein erheblicher Handlungsbedarf beim E-Commerce bzw. E-Business. • Zielerreichung 0 %

• Zielerreichung ca. 25 %

Erhöhung der Auswahl beim Einkauf

18,2

Kostenreduktion beim Einkauf

15,8

Erschließung neuer Kundengruppen 0%

4.6

I

18,8

Verbesserung des Kundenservice

18,3 20,1

I

21,9

I

10%

20%

Ungenügende Zielerreichung

1

21,4

21,2

Zeitoptimierung/Flexiblisierung

Abbildung 18:

18J

Γ

I



27,9

30%

40%

50%

60%

(n > 1.809)

Probleme bei der Nutzung des Internets

Die zumeist noch unzureichende Zielerreichung bei der Nutzung des Internets hängt mit einer Vielzahl von Problemen zusammen. Neben den ,klassischen' Innovationsbarrieren wie zu hohe Kosten, mangelndes Know-how oder zu geringe Personalressourcen, 37 treten beim E-Business spezifische

37

Zu den Innovationsbarrieren siehe Hudetz, Kai: Prozessinnovationen i m Großhandel, K ö l n 2000, insbesondere S. 59-67.

45

Kai Hudeîz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Produkte/Dienstleistung für Online-Vertrieb ungeeignet*

fehlendes Know-how bezüglich Online-Marketing"

fehlendes Know-how bezüglich der erforderlichen Technik**

Angst vor Preistransparenz/PreisverfaH**

Berührungsängste der Mitarbeiter mit dem Internet**

zu starke private Nutzung durch Mitarbeiter**

schwierige Anbindung an bestehende Systeme*

mangelnde Informationen über Nutzungsmöglichkeiten Auswahl externer Dienstleistungsunternehmen schwierig*

Zweifel an der Sicherheit

zu hohe Einführungskosten**

zu hohe laufende Kosten*

zu großer Zeitbedarf für Planung/Umsetzung

1 keine Bedeutung

2

3

4

5

6

7

sehr große Bedeutung

* Für diese Probleme liegen keine Vergleichswerte aus der Studie von 1999 vor. * * Für diese Probleme liegen keine Vergleichswerte aus den Studien von 1999 und 2002 vor.

Abbildung

38

46

19:

Bedeutung der Probleme bei der Nutzung des Internets innerhalb des Unternehmens (n > 1754f %

Die Frage nach dem fehlenden Know-how bezüglich der erforderlichen Technik wurde bei der Online-Befragung nicht gestellt. Dadurch lagen zu diesem Punkt erheblich weniger Angaben vor als zu den anderen Problemen mit mindestens 2.121 Nennungen.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Schwierigkeiten auf. So werden die nur beschränkte Sicherheit des Netzes und die schwierige Anbindung des Internets an bestehende Systeme gemeinhin als wichtige Hemmnisse angesehen. Zudem sind nicht alle Produkte und Dienstleistungen für den elektronischen Vertrieb gleich gut geeignet. Abbildung 19 zeigt, wie die befragten Entscheidungsträger die Bedeutung der jeweiligen Probleme aktuell einstufen. Die Werte der Probleme, die bereits in den Jahren 1999 und 2002 abgefragt wurden, sind zum Vergleich eingetragen. Positiv bleibt festzuhalten, dass die Bedeutung aller Probleme, bei denen Vergleichswerte aus den Vorgängerstudien vorlagen, zurück gegangen sind. Dies bestätigt die Erkenntnis der vorangegangenen Abschnitte, dass die Internetnutzung in K M U des Handels in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat. Es zeigt sich jedoch erneut, dass die Fortschritte zwischen 1999 und 2002 erheblich deutlicher ausfallen als zwischen 2002 und 2004. Die (effektive) Nutzung des Internets wird weiterhin durch viele kleinere Schwierigkeiten und nicht durch ein großes, singuläres Problem behindert. Drei Hemmnisse des E-Business sind dennoch von besonders großer Bedeutung: Zweifel an der Sicherheit, zu großer Zeitbedarf für die Planung und Umsetzung und die Ansicht, dass das Produkt bzw. die Dienstleistung für den Online-Vertrieb ungeeignet sind. Die mangelnde Sicherheit des Internets wird nach wie vor als wesentliches Problem bei der Nutzung des Internets angesehen, obwohl die Bedeutung im Vergleich zu 2002 nochmals leicht zurückgegangen ist. Wie auch bei der Befragung aus 2002 stufen jedoch 23 % der Befragten dieses Problem als ,groß' oder ,sehr groß 4 ein. Trotz vielfaltiger Schutzmechanismen und zahlreicher Initiativen, wie bspw. der vom BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT i n i t i i e r t e n PARTNERSCHAFT SICHERE INTERNET-

WIRTSCHAFT und den zahlreichen Aktivitäten des Themenschwerpunkts ,IT-Sicherheit'

i m NETZWERK ELEKTRONISCHER GESCHÄFTSVERKEHR 39 ,

wird das Internet weiterhin als unsicheres Medium betrachtet. Angesichts der inzwischen nahezu alltäglichen Probleme, insbesondere mit Viren, verwundert diese Einstellung kaum. Bereits in der Untersuchung des ECC HANDEL aus dem Jahre 1999 konnte jedoch aufgezeigt werden, dass dieses

39

Das Informationsangebot des Themenschwerpunkts befindet sich im Internet unter www.ec-sicherheit.de.

47

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Problem die Internetnutzung nicht behindert, d. h. Unternehmen, die das Internet intensiv nutzen, stufen dieses Hemmnis als ebenso bedeutend ein wie Unternehmen, für die dies nicht der Fall ist. 4 0 Der zu große Zeitbedarf bei der Planung und Realisierung von E-BusinessLösungen w i r d von 20,4 % der Befragten als großes oder sehr großes Problem angesehen - nur geringfügig weniger als 2002 (21,0 %), jedoch erheblich seltener als 1999 (29,1 %). Dies könnte unter anderem auch darauf zurückzufuhren sein, dass E-Commerce aufgrund der i m Vergleich zu dem E-Commerce-Hype des Jahres 1999 allgemein niedriger eingestuften Bedeutung inzwischen seltener als Chefsache angesehen w i r d und damit eher an entsprechende Mitarbeiter m i t niedrigerer Arbeitsauslastung delegiert werden kann. Noch immer sind viele Entscheidungsträger in Handelsunternehmen der Ansicht, dass das eigene Produkt oder die eigene Dienstleistung nicht fur den elektronischen Vertrieb geeignet sei. Rund ein Viertel der befragten Unternehmen sehen darin ein großes oder sehr großes Problem. 41 Inwieweit dies immer der Tatsache entspricht, muss angesichts der Vielfalt der i m Internet angebotenen und nachgefragten Produkte und Dienstleistungen, beispielsweise bei EBAY, jedoch bezweifelt werden. Neben den drei geschilderten besonders wichtigen Probleme existieren weitere Schwierigkeiten, die ebenfalls relativ häufig auftreten. In erster Linie sind hierbei die Angst vor Preistransparenz und Preisverfall, zu hohe Kosten sowie fehlendes Know-how, insbesondere i m Bereich des OnlineMarketing zu nennen. Angesichts der umfassenden Möglichkeiten des Preisvergleichs über Verzeichnisse und insbesondere spezielle Preisvergleichsseiten 42 verwundert es nicht, dass viele Händler Angst vor Preistransparenz und Preisverfall haben. Wie eine aktuelle Studie des ECC HANDEL ZU Preisen für Elektro-

40

41

42

48

Vgl. Büchel, Daniela/Hudetz, Kai: Das Internet im Handels- und Dienstleistungssektor - Ergebnisse einer empirischen Studie, in: Fritz, Wolfgang (Hrsg.): Internet-Marketing, 2. Auflage, Stuttgart 2001, S. 178. Wert 6 bzw. 7 auf der 7er-Skala von 1 (= keine Bedeutung) bis 7 (= sehr große Bedeutung). Siehe bspw. ο. V.: Schnäppchen der Konkurrenz, in: Einzelhandelsberater, 2003, Η. 2, S. 20.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

artikel in unterschiedlichen Vertriebskanälen belegt, liegen bei einigen Produkten die Online-Preise in der Tat erheblich niedriger als im stationären Handel. 43 Traditionelle Händler mit Online-Shop stecken daher häufig in einer Zwickmühle: bieten sie im Internet die gleichen Preise wie i m Ladengeschäft an, sind sie nicht konkurrenzfähig. Versuchen sie sich an den Vergleichspreisen im Web zu orientieren, so reduziert sich der Deckungsbeitrag und die Preisschere' zwischen Ladengeschäft und OnlineShop öffnet sich. Dieser Effekt ist zumeist unerwünscht. Nahezu jeder fünfte Befragungsteilnehmer hat große Angst vor Preistransparenz und Preisverfall durch das Internet. 44 Allerdings sehen auch ein Drittel der Befragten hierin kein Problem. Viele Unternehmen haben schmerzhaft erfahren müssen, dass die Einfuhrungskosten nur einen Teil der Gesamtkosten darstellen. Die laufende Pflege eines E-Business-Systems fuhrt teilweise ebenfalls zu hohen Kosten. Neben den Ausgaben für die Leitung und das Hosten des Servers muss vor allem an die Personalkosten für die Aktualisierung der Website, Beantworten der E-Mails etc. gedacht werden. Knapp 14 % der Befragten bezeichnen die Einfuhrungskosten, 10,8 % die laufenden Kosten als großes oder sehr großes Problem bei der Nutzung des Internets. Beide Werte liegen geringfügig unterhalb der Vergleichsergebnisse aus dem Jahr 2002. Die Vielzahl der relativ kostengünstigen Angebote, insbesondere für kleine Unternehmen hat offensichtlich noch keine nennenswerte Veränderung bewirkt. Wie i m vorangegangenen Kapitel aufgezeigt, gelingt es den Handelsunternehmen bislang zumeist nicht, das Internet effektiv zur Kundenbindung und vor allem zur Kundenakquisition zu nutzen. Eine wesentliche Ursache stellt mangelndes Know-how bezüglich des Online-Marketing dar. Fast jeder vierte Befragte sah hier in seinem Unternehmen Defizite. 45

43

44

45

Vgl. van Baal, Sebastian/Heidjann, Jörg/Schrader, Christian: Die Preisbildung im Internet und im stationären Handel: Ein exemplarischer Vergleich, Köln 2004 sowie den entsprechenden Beitrag in diesem Band. Wert 6 bzw. 7 auf der 7er-Skala von 1 (= keine Bedeutung) bis 7 (= sehr große Bedeutung). Werte 5, 6 und 7 auf der 7er-Skala von 1 (= keine Bedeutung) bis 7 (= sehr große Bedeutung).

49

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Interessanter Weise wird fehlendes Know-how im Online-Marketing signifikant häufiger als Problem angesehen als mangelnde Kenntnisse bezüglich der erforderlichen Technik. 4 6 Nur 15,7 % der Befragten stuft diese Thematik als überdurchschnittlich problematisch ein. Auch die Auswahl externer Dienstleistungsunternehmen stellt - im Gegensatz zu den Ergebnissen von 2002 - nur noch in Ausnahmefallen ein Problem dar. Gleiches gilt für die Anbindung einer E-Business-Lösung an bestehende Systeme: waren es 2002 noch knapp 18 % der Befragten, die hierin ein großes Problem sehen, sind es jetzt nur noch 12,6 %. Die Bedeutung fehlender Informationen hat in den vergangenen Jahren erheblich nachgelassen. Die umfangreichen Bemühungen der öffentlichen Hand scheinen hier deutlich Früchte zu tragen. Im Jahr 1999 war dies noch eines der zentralen Probleme. Inzwischen bezeichnen jedoch nur noch 5,9 % der Befragten mangelnde Informationen als großes oder sehr großes Problem. Bei den Vorläuferstudien betrug dieser Anteil noch 7,9 % (im Jahr 2002) bzw. 21,8 % (1999). Trotz dieses erheblichen Rückgangs bestehen jedoch weiterhin Informationsdefizite. Interne Widerstände spielen bei der Nutzung des Internets nahezu keine Rolle. Nur jeweils gut 5 % der befragten Entscheidungsträger stuften die Berührungsängste der Mitarbeiter vor dem Internet sowie eine zu starke Nutzung des Internets für den privaten Gebrauch als problematisch ein. Neben den ,hausgemachten' Problemen können i m E-Commerce Hemmnisse auch durch die Marktpartner entstehen. In vorliegender Studie wurde daher auch untersucht, inwieweit die Internetnutzung durch das Verhalten der Lieferanten und der Kunden beeinträchtigt wird. Mögliche Probleme auf Lieferantenseite bestehen darin, dass Lieferanten sich generell dem Online-Vertrieb verweigern, auf dem Gebietsschutz der Händler bestehen oder Preistransparenz bzw. Preisverfall furchten. Es zeigt sich jedoch, dass diese Probleme nur eine geringe Rolle spielen. Der durchgeführte T-Test offenbart, dass alle ermittelten Mittelwerte hochsignifikant unter dem Durchschnittswert der Skala von 4 liegen. Die größte Bedeutung kommt noch der Angst der Lieferanten vor Preistransparenz und Preisverfall zu. Immerhin 14,1 % der Befragten sahen hierin ein größeres Problem 4 7

46 47

50

Der T-Test der Mittelwerte ergibt einen signifikanten Unterschied. Wert 6 bzw. 7 auf der 7er-Skala von 1 (= keine Bedeutung) bis 7 (= sehr große Bedeutung).

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Die Hemmnisse auf Kundenseite werden von den Handelsunternehmen als bedeutender eingestuft. Genannt wurde, dass Kunden keinen Internetzugang haben, keinen Online-Vertrieb wollen und einen Mehrwert im Online· Vertrieb erwarten. Außerdem bestehe bei Online-Bestellungen eine zu hohe Betrugswahrscheinlichkeit. Die Werte verdeutlichen, dass viele Handelsunternehmen in ihren Kunden einen wesentlichen Hemmschuh des ECommerce sehen: Immerhin 18,8 % der Befragten sehen darin ein Problem, dass ihre Kunden keinen Online-Vertrieb wollen. Die Werte fur die anderen Schwierigkeiten liegen nur geringfügig darunter. Allerdings liegen auch hier die Durchschnittswerte der abgefragten Schwierigkeiten hochsignifikant unter dem Skalenmittelwert von vier. Inwieweit diese Probleme tatsächlich existieren oder auf Vermutungen der Befragten basieren, muss offen bleiben. So erklären es beispielsweise immerhin 13,4% der Entscheidungsträger zum wesentlichen Problem, dass Kunden nicht über einen Internetzugang verfügen. Angesichts der Tatsache, dass inzwischen nahezu alle Unternehmen und die Mehrheit der Konsumenten über einen solchen Zugang verfügen, muss diese Argumentation im Einzelfall kritisch hinterfragt werden. Wie die Ergebnisse der FORSCHUNGSGRUPPE WAHLEN für das 1. Quartal 2004 zeigen, nutzen inzwischen in den Altersklassen zwischen 18 und 49 rund drei Viertel, im Alter zwischen 50 und 59 knapp 60 % der Deutschen das Internet. Lediglich die Altersgruppe ab 60 Jahren ist mit 24 % Internetnutzern noch deutlich häufiger offline als online. Unbestreitbar erwarten Kunden einen Mehrwert im Online-Vertrieb. Die Frage des Mehrwerts stellt sich jedoch in Zeiten steigenden Wettbewerbsdrucks nicht nur im Online-Vertrieb, sondern in allen Vertriebskanälen bzw. Betriebsformen. Das Internet bietet Handelsunternehmen eine Vielzahl von Optionen, den Kunden gezielt anzusprechen und Mehrwert zu generieren. 48 Welche Probleme behindern den Online-Vertrieb? Zur Überprüfung tiefergehender Zusammenhänge zwischen dem Online-Absatz von Handelswa-

48

Siehe bspw. Hudetz, K./Duscha, A./Wilke, K , Kundenbindung über das Internet: Ergebnisse einer empirischen Studie, Band 9 der Ausgewählten Studien des ECC HANDEL, Köln 2004, S. 15 sowie den entsprechenden Beitrag in diesem Band.

51

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

ren und den von den befragten Unternehmen subjektiv bewerteten Problembereichen wird im Folgenden mittels einer Regressionsanalyse die Bedeutung der wesentlichen Probleme bestimmt. Dazu wurde zunächst eine Korrelationsanalyse nach Pearson mit den untersuchten Problemfeldern und den angegebenen Absatzzahlen durchgeführt. Diese sind in Tabelle 3 zusammengefasst. Korrelation mit Absatz im Endkundengeschäft

Signifikanz

Produkte/Dienstleistung für elektronischen Vertrieb ungeeignet

-0,299

0,000

fehlendes Know-how bezüglich Online-Marketing

-0,134

0,001

fehlendes Know-how bezüglich der erforderlichen Technik 4 9

-0,140

0,003

Angst vor Preistransparenz/Preisverfall

-0,101

0,011

Berührungsängste der Mitarbeiter mit dem Internet

-0,152

0,000

zu starke private Nutzung durch Mitarbeiter

-0,056

0,157

schwierige Anbindung an bestehende Systeme

-0,049

0,222

mangelnde Information über Nutzungsmöglichkeiten

-0,078

0,050

Auswahl externer Dienstleistungsunternehmen schwierig

-0,041

0,309

0,060

0,131

zu hohe Einführungskosten

-0,133

0,001

zu hohe laufende Kosten

-0,135

0,001

Zweifel an der Sicherheit

zu großer Zeitbedarf für Planung/Umsetzung

-0,185

0,000

Lieferanten verweigern sich generell dem OnlineVertrieb

-0,033

0,419

Lieferanten bestehen auf dem Gebietsschutz der Händler

-0,026

0,532

Lieferanten furchten Preistransparenz/Preisverfall

-0,011

0,799

Kunden haben keinen Internetzugang

-0,133

0,001

Kunden wollen keinen Online-Vertrieb

-0,174

0,000

Kunden erwarten Mehrwerte im Online-Vertrieb

-0,131

0,001

0,034

0,395

zu hohe Betrugswahrscheinlichkeit bei Online Bestellungen

Tabelle 3:

49

52

Korrelationsanalyse Absatz (n >1754)

der Auswirkung

der Probleme auf den Online-

Dieses Hemmnis wurde nur beim schriftlichen Fragebogen aufgeführt.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

Anhand der Korrelationsanalyse wurden neun hochsignifikante Problembereiche ermittelt. Der Absatz wird demnach aus der Sicht der Händler durch folgende Punkte negativ beeinflusst: •

Produkte/Dienstleistung sind für elektronischen Vertrieb ungeeignet,



fehlendes Know-how bezüglich Online-Marketing,



Berührungsängste der Mitarbeiter mit dem Internet,



zu hohe Einfuhrungskosten,



zu hohe laufende Kosten,



zu großer Zeitbedarf für Planung/Umsetzung,



Kunden haben keinen Internetzugang,



Kunden wollen keinen Online-Vertrieb,



Kunden erwarten Mehrwerte im Online-Vertrieb.

U m die Bedeutung dieser Faktoren für den Absatz von Handelswaren genauer zu analysieren, erfolgte eine schrittweise Regression. Die Regressionsanalyse wurde nach dem zweiten Schritt abgebrochen; die Ergebnisse sind in Tabelle 4 dargestellt. Einflussvariablen (Standardisierte Beta-Koeffizienten) 50

• Produkt/Dienstleistung für elektronischen Vertrieb ungeeignet (-0,301)

Ausgeschlossene Variable (Signifikanzniveau)

• fehlendes Know-how bezüglich OnlineMarketing (0,911) • Berührungsängste der Mitarbeiter mit dem Internet (0,973) • zu hohe Einfuhrungskosten (0,935) • zu hohe laufende Kosten (0,941) • zu großer Zeitbedarf für Planung/ Umsetzung (0,935) • Kunden haben keinen Internetzugang (0,967) • Kunden wollen keinen Online-Vertrieb (0,869) • Kunden erwarten Mehrwerte im OnlineVertrieb (0,955)

Erklärungsgüte

• R-Quadrat 0,090

Tabelle 4:

50

Regressionsanalyse der Problembedeutung

Alle Einflussvariablen waren auf einem Signifikanzniveau von 0,05 % hochsignifikant.

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Demnach empfinden die Händler mit einem niedrigen Absatz von Handelswaren ihre Produkte als besonders ungeeignet für den Online-Vertrieb. Nicht in das Modell eingeschlossen wurden die Barrieren „fehlendes Know-how bezüglich Online-Marketing", „Berührungsängste der Mitarbeiter mit dem Internet", „zu hohe Einfuhrungskosten", „zu hohe laufende Kosten", „zu großer Zeitbedarf für Planung/Umsetzung", „Kunden haben keinen Internetzugang", „Kunden wollen keinen Online-Vertrieb" und „Kunden erwarten Mehrwerte im Online-Vertrieb". Das Signifikanzniveau aller Einflussfaktoren lag zwischen 86,9 % bzw. 97,3 % weit über der 5 %Grenze. Die Güte des Modells fallt bei einem R-Quadrat von 0,090 relativ gering aus. Dies verwundert jedoch aufgrund der Fülle von Einflussfaktoren auf den Online-Absatz von Handelswaren und ihrer schwierigen Operationalisierung kaum. Die Regressionsanalyse unterstreicht das Ergebnis der in diesem Abschnitt vorangegangenen Problembetrachtung. Auch dort wurden der Eignung von Produkten/Dienstleistungen für den Online-Vertrieb und dem zu großen Zeitbedarf für Planung/Umsetzung eine hohe Bedeutung beigemessen. Das dort am häufigsten angegebene Problem der Sicherheitsmängel beim Online· Vertrieb verliert im Zusammenhang mit der Regressionsanalyse hingegen gänzlich an Bedeutung. Es ist zu vermuten, dass viele Händler dieses Problem mittlerweile als Vorwand für ihre Untätigkeit i m E-Commerce anführen, sich diesem jedoch aus anderen Gründen verweigern. Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass E-Business nicht durch ein einziges oder einige wenige Probleme, sondern vielmehr durch ein ganzes Bündel von Problemen mit eher mittlerer Bedeutung behindert wird. Abgesehen von den eher unbedeutenden internen Widerständen und den Hemmnissen auf der Lieferantenseite weisen alle Schwierigkeiten eine mittlere Relevanz auf. Einige als bedeutend eingestufte Probleme, wie die fehlende Eignung der eigenen Produkte und Dienstleistungen für den Online· Vertrieb, der mangelnde Mehrwert für die Kunden und die ungenügende Sicherheit des Internets scheinen jedoch mehr auf subjektiven Empfindungen als auf fundierten Kenntnissen zu beruhen.

4.7

Verbraucherschutz im E-Commerce

Vertrauen stellt die wesentliche Grundlage für die Abwicklung von Geschäftsprozessen über das anonyme Medium Internet dar. Dies gilt vor

54

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

allem für das B2C-Segment mit seinen unübersichtlichen Märkten. Die Schwierigkeiten des Händlers, sich gegenüber seinen Online-Endkunden abzusichern, schlagen sich insbesondere in den vom ihm angebotenen Zahlungsoptionen nieder. Möglichkeiten mit einer höheren Gefahr des Zahlungsausfalls wie beispielsweise die Lieferung auf Rechnung werden zumeist vermieden. 51 Aber auch Konsumenten sollen durch verschiedene gesetzliche Regelungen vor den Risiken des Online-Handels geschützt werden. 52 I m Rahmen der vorliegenden Studie wird untersucht, in wieweit die Handelsunternehmen diese umfassende Reglementierung als Hindernis des B2C-E-Commerce empfinden. Abbildung 20 verdeutlicht, dass die Händler nur zum Teil glauben, dass die gesetzlichen Informationspflichten Umsätze verhindern. Etwa 20 % der befragten K M U denken, dass die gesetzlichen Informationspflichten den Verbraucher weder verwirren, noch den Bestellvorgang erschweren oder verlängern. Dementsprechend ist zu vermuten, dass die Unternehmen die Notwendigkeit einer transparenten Gestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen weitgehend anerkennen und akzeptieren. Die gesetzlichen Informationspflichten verhindern Umsätze, weil sie...

die Kunden mehr verwirren, als dass sie ihnen helfen.

den Bestellvorgang erschweren/verlängern.

1

2

3

k e i n e

Zustimmung

Abbildung 20:

51

52

Bedeutung der Informationspflichten

4

5 vollständige Zustimmung

(n >2.037)

Z u den aktuellen und geplanten Zahlungssystemen i m Online-Handel siehe Hinrichs/Jens-Werner, van Baal, Sebastian/Stroborn, Karsten: InternetZahlungssysteme aus Sicht der Händler, K ö l n 2004, insbesondere S. 25-30 und den entsprechenden Beitrag in diesem Band. A u f der Website des ECC Handel sind die wichtigsten Regelungen dokumentiert, siehe http://www.ecc-handel.de/themenfelder/rechtliche_fragen/ .

55

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Das Widerrufs- und Rückgaberecht steht den Verbrauchern nach den gesetzlichen Regelungen für Fernabsatzverträge (§§ 312b ff. BGB) und für den elektronischen Geschäftsverkehr (§§ 312e f. BGB) in der Regel beim Abschluss von Kaufverträgen mit gewerblichen Anbietern (Unternehmen) zur Verfügung. Der Online-Händler kann seinen Kunden nach Wahl über dieses Recht aufklären und eine Widerrufsfrist von 2 Wochen einräumen. Tut er dies nicht, kann der Kaufvertrag sogar ohne zeitliche Beschränkung widerrufen werden. Der Kunde darf die Ware in beiden Fällen ohne Angabe von Gründen zurücksenden. Gefahrtragung und die Kosten für Rücknahme und Rücksendung trägt der Anbieter. 53 Diese Regelung bietet dem Kunden einen gewissen Interpretationsspielraum. In der vorliegenden Untersuchung wurde daher ermittelt, inwieweit die Händler vermuten, durch das gesetzlich vorgeschriebene Widerrufs- und Rückgaberecht Umsatzeinbußen zu erfahren. Insgesamt stimmen die K M U dieser Aussage nur teilweise zu. Die geringste Bedeutung messen die Unternehmen der Möglichkeit der Konsumenten bei mehreren Händlern gleichzeitig zu bestellen und dann dort zu kaufen, wo sie zuerst beliefert werden, bei. Ein größeres Problem stellt hingegen die Tatsache dar, dass Konsumenten Produkte bestellen, ausprobieren und in nicht wiederverkaufsfahigem Zustand zurücksenden. Damit entstehen dem Anbieter hohe Einnahmeverluste. Das am häufigsten genannte Problem besteht darin, dass Kunden Produkte zur Ansicht bestellen und nach der Begutachtung wieder zurücksenden (Abbildung 21). Die in Anspruchnahme des gesetzlichen Widerrufs- und Rückgaberechts ist stark vom Produkt abhängig. So sind häufig Textilhändlern davon betroffen, dass Verbraucher Bekleidung zur Ansicht bzw. Anprobe bestellen und danach wieder zurücksenden. Bei der Betrachtung der Einschätzung des Verbraucherschutzes innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige zeigt sich, dass das Widerrufs- und Rückgaberecht insbesondere für den Einzelhandel Probleme mit sich bringt.

53

Kein Widerrufs- oder Rückgaberecht besteht u. a. bei individuell angefertigten oder verderblichen Waren, bei online gebuchten Reisen oder bei entsiegelter Software, entsiegelten DVDs, CDs oder Videokassetten. Vgl. ο. V.: Widerrufs- und Rückgaberecht beim Online-Einkauf: Fristen beim Widerruf, unter: http://www.verbraucherzentrale-sh.de/ecommerce/widerruf.html , Zugriff am:

08.10.2004.

56

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen Das gesetzlich vorgeschriebene Widerrufs- oder Rückgaberecht verhindert Umsätze, weil immer mehr Kunden....

bei mehreren Händlern gleichzeitig dasselbe Produkt bestellen und dann dort kaufen, wo sie zuerst beliefert werden.

Produkte zur Ansicht bestellen und nach der Begutachtung wieder zurückschicken.

Produkte bestellen, ausprobieren und in nicht wiederverkaufsfähigem Zustand zurücksenden.

1 keine Zustimmung

Abbildung 21:

2

Bedeutung des Widerrufs-

3

4

5 vollständige Zustimmung

und Rückgaberechts (n > 1.980)

Nachdem die befragten Unternehmen einschätzen sollten, wie sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf ihr Online-Geschäft auswirken, wurden sie gebeten, Maßnahmen zur Förderung des E-Commerce im Endkundengeschäft zu bewerten. Dabei wird deutlich, dass die Verringerung gesetzlicher Informationspflichten nur teilweise als sinnvoll angesehen wird. Deutlich mehr Händler wünschen sich eine Verbesserung des Widerrufs· und Rückgaberechts (Abbildung 22). So stimmt jedes fünfte befragte Unternehmen der Aussage, dass die Verbesserung des Widerrufs- und Rückgaberechts zur Förderung des E-Commerce geeignet ist, vollständig zu. Die Hälfte der Händler bekunden »teilweise' bis ,starke' Zustimmung. Damit zeigt sich, dass die Online-Anbieter grundsätzlich dazu bereit sind, ihren Informationspflichten nachzukommen. Sie bemängeln jedoch die aus dem Widerrufs- und Rückgaberecht entstehenden Nachteile. Die beste Maßnahme zur Unterstützung des E-Commerce stellt aus Sicht der Händler

57

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

ein Gütesiegel für Online-Shops dar. Derzeit ist es dem Verbraucher nur schwer möglich, einen Überblick über die Vielzahl angebotener Gütesiegel zu gewinnen. Dementsprechend gering fallt zumeist der Bekanntheitsgrad einzelner Siegel aus. Außerdem tragen unterschiedliche Anbieter sowie uneinheitliche Prüfkriterien der Trägerinstitutionen zur Verwirrung der Konsumenten bei und machen es schwer, die Güte eines Online-Shops tatsächlich zu beurteilen. Das Ziel eines Gütesiegels, dem Kunden Vertrauen zu vermitteln und Markttransparenz zu schaffen, wird bislang folglich nur im Ansatz erreicht. Nachdem sich herausgestellt hat, dass immerhin 38,0 % der befragten Händler Gütesiegel für geeignet halten, um bei den Verbrauchern Vertrauen zu schaffen, erscheint es sinnvoll an der Vereinheitlichung etwaiger Gütesiegel zu arbeiten. Folgende Maßnahmen sind geeignet, um den E-Commerce im Endkundengeschäft zu fördern:

Deutliche Verbesserung des Widerrufs-/ Rückgaberechts zugunsten der Händler

Ε

Verringerung der gesetzlichen I nformationspflichten

3

>24

I 2,' 0

Gütesiegel für Online-Shops, um den Verbrauchern mehr Vertrauen zu geben

1

2

3

keine Zustimmung

Abbildung

22: Maßnahmen zur Förderung schäft (n > 1.950)

4

5

vollständige Zustimmung

des E-Commerce

im Endkundenge-

Abschließend wurde ermittelt, welche Maßnahmen zur Förderung des grenzüberschreitenden E-Commerce von den K M U für sinnvoll gehalten werden. Dabei stellt sich deutlich heraus, dass sich nahezu drei Viertel der Händler ,stark 4 bzw. ,vollständig' für eine weitere Vereinheitlichung der europäischen Rechtssprechung aussprechen. Außerdem wird einem ein-

58

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

heitlichen Gütesiegel ein erhebliches Potenzial zur Überwindung der rechtlichen Unsicherheit beim E-Commerce innerhalb Europas beigemessen. 35,4 % der Unternehmen stimmen dieser Aussage ,vollständig' zu, immerhin 28,7 % äußern eine ,starke' Zustimmung. Es wird deutlich, dass auf europäischer Ebene die Vielzahl von nationalen Gütesiegeln Verwirrung stiftet. Es erscheint demnach sinnvoll, dem Verbraucher auch hier durch die Schaffung eines gemeinsamen Siegels mit überschaubaren Richtlinien eine Orientierungshilfe zu bieten.

5

Ergebnisse nach Unternehmensgröße

Empirische Studien zeigen immer wieder, dass die Unternehmensgröße eine wesentliche Determinante des unternehmerischen Handelns darstellt. Sollen K M U beim E-Business gezielt gefordert werden, so muss analysiert werden, inwieweit sich die Nutzung des Internets sowie die damit verbundenen Ziele und Probleme bei kleineren Unternehmungen von Großunternehmen unterscheiden. Diese Analyse wird im Folgenden vorgenommen. Als Operationalisierungsfaktor wurde in der vorliegenden Studie die Beschäftigtenzahl abgefragt. Dieser Wert liegt für 2.129 Unternehmen vor. Die Einteilung der Unternehmen nach Ihrer Größe ist in Tabelle 5 dargestellt. Anzahl der Beschäftigten

Anzahl

Anteil in %

Kleinstunternehmen

bis 3

420

19,7

Kleinunternehmen

4 bis 9

582

27,3

Mittlere Unternehmen

10 bis 29

585

27,5

Stichprobe

Größere Unternehmen

30 bis 99

340

16,0

Großunternehmen

mindestens 100

202

9,5

Tabelle 5:

5.1

Größeneinteilung (n = 2.129)

der Unternehmen nach der Anzahl der Beschäftigten

Technische Infrastruktur

Zahllose empirische Studien belegen den Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und technischer Infrastruktur: je größer das Unternehmen, desto besser ist im Regelfall seine technische Ausstattung. 54 In der Zweit-

54

Vgl. Hudetz, K., 2000, S. 152 f.

59

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Studie des ECC HANDEL aus dem Jahr 2002 wurde nachgewiesen, dass Kleinstunternehmen signifikant seltener über einen Internetanschluss verfugen als größere Unternehmen. 55 Abbildung 23 zeigt das Vorhandensein von Internetzugang und Unternehmens-Website in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße. • Internet-Anschluss

bis 3

4 bis 9

E3 Unternehmens-Website

10 bis 29

30 bis 99

mindestens 100

Anzahl Mitarbeiter Abbildung 23:

Technische Infrastruktur größe (n > 198)

in Abhängigkeit

von der Unternehmens-

Die Untersuchungsergebnisse zeigen ein klares Bild: je größer das Unternehmen, desto eher verfugt es im Regelfall über einen Internetanschluss und eine eigene Website. Bei der Frage des Internetzugangs fallen die Kleinstunternehmen ab, ansonsten sind hier die Unterschiede zwischen den Beschäftigtenklassen aufgrund des allgemein hohen Diffusionsgrades sehr gering. 56 Immerhin drei Großunternehmen gaben an, keinen Internetanschluss zu besitzen. Bei der Frage, ob eine Unternehmens-Website vorhan-

55 56

60

Vgl. Hudetz, K./Dach, Chr., 2002, S. 101 f. Die Mittelwerte der Beschäfligtengrößenklassengruppen wurden jeweils mittels T-Test auf Ihre Signifikanz hin überprüft. Zwischen den Unternehmen wurden dabei stets hochsignifikante Mittelwertunterschiede festgestellt. Lediglich zwischen den Kleinst- bzw. Kleinunternehmen und den mittleren Unternehmen waren die Unterschiede gar nicht signifikant.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

den ist, spielt die Unternehmensgröße hingegen eine bedeutendere Rolle. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen sind jeweils hochsignifikant. Nur 63,5 % - etwa 10 % mehr als in der Zweituntersuchung aus dem Jahr 2002 - der Kleinstunternehmen besitzen eine UnternehmensWebsite. Bei den größeren Unternehmen sind dies über 90 %. Lediglich eines der insgesamt 104 befragten Unternehmen mit mindestens 200 Mitarbeitern verfugt nicht über eine eigene Website.

5.2

Nutzung des Internets

Die Untersuchung des ECC HANDEL „Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen 2002" legte offen, dass die Nutzung eines vorhanden Internetanschlusses teilweise von der Unternehmensgröße abhängt. 57 Die Analyse der aktuellen Ergebnisse zeigt, dass diese Aussage auch heute noch gilt. In Tabelle 6 sind die Durchschnittswerte der Nutzung für die einzelnen Größenklassen dargestellt. Die Intensität des Einsatzes wurde auf einer Skala von 1 (= nie) bis 5 (= sehr oft) abgefragt. Anzahl der Beschäftigten

Informationsbeschaffung

bis 3

4 bis 9

10 bis 29

30 bis 99

mindestens 100

3,88

3,77

3,76

3,95

4,04

Bankgeschäfte

4,10

3,89

3,88

3,66

3,20

Online-Services

2,89

2,77

2,84

3,10

3,26

E-Mail

3,91

3,74

3,89

4,19

4,49

Beratung von Kunden/ Kundenservice

2,63

2,41

2,45

2,53

2,80

Datenaustausch

2,59

2,68

2,80

3,17

3,14

Tabelle 6:

Nutzung des Internets nach Unternehmensgröße (n > 199)

Es zeigt sich, dass die größeren Unternehmen das Internet erheblich häufiger für Recherche, E-Mail, Kundenservice und Datenaustausch nutzen als kleine und mittlere Unternehmungen. Es wurde jedoch nur für den Kundenservice eine signifikante positive Korrelation zwischen der Unternehmensgröße und der Häufigkeit der Nutzung des Internets für diesen Zweck 57

Hudetz, K./Dach, Chr., 2002, S. 113.

61

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

festgestellt. Der Einsatz des Internets für Online-Banking nimmt von Größenklasse zu Größenklasse stetig ab, dieser Zusammenhang ist jedoch - im Gegensatz zur Studie des Jahres 2002 - nicht signifikant. Die Groß- und Kleinstunternehmen zeigen in fast allen Bereichen hochsignifikante Unterschiede (ausgenommen sind lediglich Recherche und Kundenservice). Die Ergebnisse sind in Abbildung 24 dargestellt.

Informationsbeschaffung

Bankgeschäfte

Nutzung von weiteren Online-Services

Schriftverkehr (E-Mail)

Beratung von Kunden/Kundenservice

• Kleinunternehmen • Großunternehmen

Datenaustausch

2,6d

3,14 5 sehr oft

Abbildung

24:

Nutzung des Internets bei Kleinstbetrieben nehmen im Vergleich (n > 199)

und größeren Unter-

In größeren Unternehmen wird das Internet - mit Ausnahme des OnlineBankings - demnach deutlich intensiver eingesetzt. Die öffentliche Diskussion beim Ε-Procurement dreht sich vor allem um die Initiativen der Großunternehmen. Das Internet bietet jedoch gerade auch kleineren Unternehmen, denen EDI zu aufwändig ist, die Möglichkeit, die Beschaffung zu optimieren. Zumindest bei den indirekten Gütern für den eigenen Bedarf ist dies auch fur Kleinstunternehmen problemlos möglich. Abbildung 25 zeigt den Anteil der Beschaffung, den die Unternehmen im Jahr 2003 online abwickelten sowie die diesbezüglichen Erwartungen für das laufende Jahr.

62

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

25% 20%

15% 10% 5% 0% bis 3

4 bis 9

10 bis 29

30 bis 99

mindestens

100

Anzahl der Beschäftigten Abbildung 25:

Online-Beschaffung (n > 196)

indirekter

Güter nach Unternehmensgröße

Das Ergebnis der Studie widerspricht der weit verbreiteten Ansicht, dass kleine Unternehmen das Internet bei der Beschaffung meiden. Dies verdeutlicht auch Abbildung 26, in welcher das Ausmaß der OnlineBeschaffung bei den direkten Gütern dargestellt ist. Bei den direkten Gütern sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Größenklassen noch 25% 20%

15% 10% 5% 0% bis 3

4 bis 9

10 bis 29

30 bis 99

mindestens

100 Anzahl der Beschäftigten Abbildung 26:

Online-Beschaffung direkter (n > 188)

Güter nach Unternehmensgröße

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

größer. Wie ein durchgeführter T-Test aufzeigt, beschaffen jedoch die Kleinstunternehmen signifikant mehr indirekte und direkte Güter über das Internet als die größeren Unternehmen. Es drängt sich die Vermutung auf, dass die größeren Unternehmen ihre Beschaffung bereits weitgehend optimiert haben - auch mit Hilfe von EDI - , so dass für sie ein geringerer Handlungsbedarf besteht als bei den kleineren Unternehmen. Die Zahlen machen deutlich, dass sich die kleinen Unternehmen durchaus dem Thema Ε-Procurement widmen. Eine Betrachtung des Absatzes über das Internet in Bezug auf die Größenklassen ist sehr problematisch, da die Möglichkeiten des Online-Vertriebs sowohl i m B2B- als auch im B2C-Segment maßgeblich von der Branchenzugehörigkeit (siehe Kapitel 5) und den entsprechenden Produkten bestimmt wird. Eine ausschließliche Betrachtung nach Unternehmensgröße erscheint daher wenig sinnvoll. Wie die Übersicht in Tabelle 7 zeigt, tätigen keineswegs nur die Großunternehmen Verkäufe über das Internet. Bei der Analyse dieser Zahlen gilt es jedoch erneut zu berücksichtigen, dass hier nur Unternehmungen, die auch ein Online-Angebot im jeweiligen Bereich aufwiesen, eingingen. B2C (n > 31)

B2B (n > 37)

2003

2004*

2003

2004*

Kleinstunternehmen

30,7

42,2

27,4

31,2

Kleinunternehmen

14,0

16,3

16,6

19,7

Mittlere Unternehmen

8,4

11,6

10,3

16,1

Größere Unternehmen

6,9

9,0

11,3

14,3

Großunternehmen

10,6

12,7

9,6

12,4

* Die Angaben zu 2004 basieren auf den Schätzungen der Teilnehmer. Tabelle 7:

Durchschnittliche % (n> 31)

Online-Umsatzanteile

nach Unternehmensgröße in

Genauso wie in der Studie aus dem Jahr 2002 sind die Online-Umsatzanteile bei den Kleinstunternehmen mit Abstand am größten, während die Unterschiede zwischen den anderen Gruppen geringer ausfallen.

64

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

5.3

Probleme bei der Nutzung des Internets

In der relevanten Literatur werden die besonderen Probleme von K M U bei der Umsetzung von Innovationen immer wieder hervorgehoben. 58 Insbesondere werden dabei personelle, finanzielle und technische Engpässe ausgeführt. In der vorliegenden Untersuchung wurden eine Fülle potenzieller Probleme auf ihre Bedeutung bei der Nutzung des Internets untersucht. In Tabelle 8 sind die Durchschnittswerte für die einzelnen Größenklassen zusammengestellt, wobei die drei jeweils wichtigsten Probleme hervorgehoben sind. Ein Vergleich der Kleinstbetriebe mit den größeren Unternehmen zeigt signifikante Unterschiede. In den Kleinstunternehmungen wurden das fehlende Know-how bezüglich der erforderlichen Technik, die Schwierigkeit bei der Auswahl externer Dienstleistungsunternehmen und die zu hohe Betrugswahrscheinlichkeit bei Online Bestellungen als signifikant bedeutendere Probleme eingestuft als in den Großbetrieben. Umgekehrt wurden die Eignung der Produkte/Dienstleistungen für den elektronischen Vertrieb, die schwierige Anbindung an bestehende Systeme und die zu starke private Nutzung durch Mitarbeiter signifikant häufiger als Hemmnis angesehen als in Kleinstunternehmungen. Die unterschiedlichen Schwierigkeiten spiegeln offenbar den jeweiligen Entwicklungsstand wider (siehe vorangegangenes Kapitel): während viele Kleinstbetriebe Sicherheitsmängel beim Einstieg in das E-Business befürchten, haben die Großunternehmen mit Widrigkeiten bei der konkreten Umsetzung zu kämpfen und bezweifeln die Eignung ihrer Produkte für den Online-Vertrieb.

bis 3

Anzahl der Beschäftigten 4 bis 9 10 bis 29 30 bis 99

Produkte/Dienstleistung für elektronischen Vertrieb ungeeignet

3,07

3,35

3,65

3,74

3,62

fehlendes Know-how bezüglich Online-Marketing

2,99

3,16

2,98

2,81

2,76

Tabelle 8:

58

100 und mehr

Probleme bei der Nutzung des Internets nach Unternehmens große (n > 156)

Siehe hierzu Hudetz, K., 2000, S. 65 und die dort aufgeführte Literatur.

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

Anzahl der Beschäftigten bis 3

4 bis 9

10 bis 29

30 bis 99

100 und mehr

fehlendes Know-how bezüglich der erforderlichen Technik 5 9

2,67

2,82

2,62

2,39

2,04

Angst vor Preistransparenz/Preisverfall

3,02

3,26

3,28

3,28

2,94

Berührungsängste der Mitarbeiter mit dem Internet

1,97

2,41

2,28

2,15

2,27

zu starke private Nutzung durch Mitarbeiter

1,71

2,03

2,42

2,66

2,85

schwierige Anbindung an bestehende Systeme

2,23

2,32

2,62

2,77

2,78

mangelnde Information über Nutzungsmöglichkeiten

2,34

2,54

2,43

2,34

2,29

Auswahl externer Dienstleistungsunternehmen schwierig

2,82

2,83

2,80

2,71

2,41

Zweifel an der Sicherheit

3,72

3,47

3,62

3,36

3,35

zu hohe Einfuhrungskosten

3,00

3,02

3,13

3,09

2,99

zu hohe laufende Kosten

2,86

2,89

2,85

2,77

2,94

zu großer Zeitbedarf für Planung/Umsetzung

3,42

3,70

3,56

3,39

3,14

Lieferanten verweigern sich generell dem Online-Vertrieb

2,12

2,28

2,24

2,29

2,28

Lieferanten bestehen auf dem Gebietsschutz der Händler

2,34

2,38

2,47

2,47

2,22

Lieferanten furchten Preistransparenz/Preisverfall

2,79

2,82

2,87

2,93

2,54

Kunden haben keinen Internetzugang

3,16

3,15

3,18

3,27

3,17

Kunden wollen keinen OnlineVertrieb

3,36

3,46

3,49

3,66

3,53

Kunden erwarten Mehrwerte im Online-Vertrieb

3,19

3,26

3,38

3,59

3,69

zu hohe Betrugswahrscheinlichkeit bei Online Bestellungen

3,47

3,45

3,29

3,02

2,81

Tabelle 8:

59

(Fortsetzung)

Dieses Hemmnis wurde nur bei dem schriftlichen Fragebogen aufgeführt.

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

6

Fazit

Derart umfangreiche Studien wie die in diesem Beitrag vorgestellte Untersuchung bergen die Gefahr, dass die wichtigsten Erkenntnisse in der Fülle der Daten verloren gehen. Daher werden nachfolgend die wesentlichen Erkenntnisse zur Internetnutzung der befragten KMU aus dem Handel knapp zusammengefasst. •

Nur noch ein Bruchteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen verweigert sich der Internettechnologie. Bereits jetzt verfugen fast 98 % der Befragten über einen Internetanschluss. Über 80 % der KMU besitzt zudem eine eigene Website. Dieser Anteil soll sich laut Angabe der Händler in den kommenden 12 Monaten um weitere 10 % erhöhen. Unternehmen mit mindestens 100 Mitarbeitern verfugen bereits jetzt nahezu alle über eine eigene Website (97,0 %). Bei den Kleinstbetrieben herrscht hingegen noch Nachholbedarf: Bislang verfugen 63,5 % dieser Unternehmen über einen eigenen Internetauftritt.



Bei der Nutzung des Internets stehen weiterhin der Austausch von EMails und die Informationsrecherche im Vordergrund. Kleinstbetriebe bedienen sich zudem häufig der Möglichkeiten des Online-Bankings. Die umfangreichen Optionen des Internets in Bezug auf Kundenservice und Datenaustausch werden hingegen eher von größeren Unternehmen wahrgenommen, gewinnen jedoch zunehmend an Bedeutung.



Ungeachtet aller euphorischen Prognosen spielt Ε-Procurement weiterhin nur eine recht bescheidene Rolle. Kurzfristig wird dementsprechend mit relativ bescheidenen Zuwächsen gerechnet. So soll der online beschaffte Anteil bei den indirekten Gütern von 11,5 % im vergangenen Jahr auf 14,7 % im Jahr 2004 und bei den direkten Gütern im gleichen Zeitraum von 10,1 % auf 12,8 % ansteigen. Wie die Studie zeigt, nutzen kleinere Unternehmen die Möglichkeiten der Beschaffung über das Internet häufiger als große Unternehmungen, die ihre Beschaffungsvorgänge oft über EDI abwickeln. Folgerichtig spielt EProcurement im Einzelhandel eine größere Rolle als im Großhandel.



Die Online-Umsatzanteile sind zumeist noch relativ gering, haben in den letzten beiden Jahren jedoch eine enorme Entwicklung erfahren. Durchschnittlich wurden 3,8 % der Umsätze mit Handelswaren von Multi-Channel-Unternehmen über den Online-Vertriebskanal erwirt67

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

schaffet. Fast 40 % der Unternehmen mit einem Online-Angebot wickeln inzwischen mehr als 5 % ihres gesamten Umsatzes über das Internet ab. Bereits für dieses Jahr wird ein weiterer spürbarer Anstieg auf 5,1 % erwartet. Die Unternehmen mit einem Online-Angebot im B2B-Bereich rechnen für 2004 mit einem Anstieg der durchschnittlichen Online-Umsatzanteile von 15,4% auf 19,3%. Die befragten Händler, die sich im Endkundengeschäft engagieren, prognostizieren ein Wachstum von 15,8 % auf 20,6 % im Jahr 2004. Durchschnittlich werden zwei Drittel des Online-Umsatzes über den eigenen OnlineShop realisiert, immerhin 16,3 % über eBay. Zwischen den verschiedenen Einzelhandelsbranchen und Unternehmensgrößenklassen bestehen im E-Commerce gravierende Unterschiede. So werden besonders große Umsatzanteile im B2C-Bereich des Versandhandels (29,1 %) und des Einzelhandels mit Bekleidung (17,3 %) über das Internet generiert. Bei beiden Brachen erfolgt der Vertrieb überdurchschnittlich häufig über einen eigenen Online-Shop. Über alle Branchen hinweg erwirtschaften Kleinstunternehmen deutlich höhere Online-Umsatzanteile als die befragten Großunternehmen. •

Nach wie vor stellen Kundenbindung und Kundenakquisition die wichtigsten Ziele bei der Nutzung des Internets dar, wenngleich die Optimierung der Beschaffung und die generelle Beschleunigung und Flexibilisierung der Geschäftsprozesse im Vergleich zur Untersuchung aus dem Jahr 2002 an Bedeutung gewonnen haben.



Obwohl sich der durchschnittliche Zielerreichungsgrad im Vergleich zur Erststudie deutlich erhöht hat, sind die fünf abgefragten Ziele bei der Nutzung des Internets weiterhin erst in Ansätzen erreicht. Allerdings ist zu bemerken, dass bei allen Zielen ein durchschnittlicher Zielerreichungsgrad von 50 % zumindest annähernd erreicht wird.



Die Nutzung des Internets wird durch eine Vielzahl von Problemen behindert. Neben der grundsätzlichen Problematik der Eignung von Produkten/Dienstleistungen für den E-Commerce, die besonders von mittleren bis großen Unternehmen häufig als unzulänglich betrachtet wird, sind die spezifischen Schwierigkeiten „Zeitmangel", „Zweifel an der Sicherheit des Internets" und „unzureichender Mehrwert für den Kunden" - insbesondere bei kleineren Unternehmen - von erhöhter Relevanz. Inwieweit es sich hierbei jedoch um objektive Tatsachen oder

68

Nutzung des Internets im Handel - Status quo und Entwicklungen

subjektive Empfindungen handelt, muss zumindest kritisch hinterfragt werden. •

In den vergangenen Jahren mangelte es nicht an Initiativen unterschiedlichster Institutionen zur Verbreitung von Informationen über den ECommerce. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass diese Bemühungen durchaus als erfolgreich bezeichnet werden können. Im Vergleich zur Studie aus dem Jahr 2002 hat das Hemmnis „mangelnde Informationen" deutlich an Bedeutung verloren.



In dieser Untersuchung wurde zum ersten Mal die Einstellung der Händler zum Thema Verbraucherschutz im E-Commerce abgefragt. Die daraus gewonnenen Ergebnisse legen einige branchenspezifischen Unterschiede offen. Zwar glauben die meisten Händler, dass gesetzliche Informationspflichten den Online-Handel kaum behindern, es ist jedoch zu bemerken, dass auffallig viele Textileinzelhändler der Meinung sind, dass diese Regelungen den Verbraucher verwirren und den Bestellvorgang erschweren bzw. verlängern. Außerdem erfahren der Bekleidungseinzelhandel und der Einzelhandel mit Schuhen und Lederwaren häufig negative Auswirkungen durch das Widerrufs- und Rückgaberecht. So bestellen Verbraucher häufig Produkte online und senden sie nach der Anprobe wieder zurück. Der Elektroeinzelhandel hat hingegen mit dem Problem zu kämpfen, dass Produkte bestellt und defekt zurückgesendet werden. In dieser Branche kommt es zudem häufig vor, dass bei mehreren Händlern gleichzeitig bestellt wird und dann dort gekauft wird, wo die schnellste Lieferung erfolgt. Die Mehrheit der befragten Händler spricht sich dementsprechend zugunsten einer Verbesserung des Widerrufs- und Rückgaberechts aus. Außerdem findet die Forderung nach einem einheitlichen Gütesiegel ausgesprochen großen Anklang.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Nutzung des Internets inzwischen auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen aus dem Handelsbereich zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Wie die vergleichsweise geringen Online-Umsatzanteile belegen, hat die häufig prognostizierte Revolution des Handels durch E-Commerce jedoch noch nicht stattgefunden. Das Internet spielt aber fur den Handel weiterhin eine wichtige Rolle bei der Optimierung der Geschäftsprozesse, insbesondere im Bereich der Kundenansprache. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass 69

Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

weiterhin große Anstrengungen notwendig sind, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

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Kai Hudetz, Gudrun Hans, Nicola Tanaskovic

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72

Beschaffung über elektronische Marktplätze Kai Hudetz, Sebastian van Baal Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung

74

2 Methodik des empirischen Vorgehens

75

3

Stichprobe

77

3.1 3.2 3.3

77 78 79

Branchenzugehörigkeit Unternehmensgröße Internetaffinität

4 Ergebnisse im Überblick

80

4.1 4.2 4.3 4.4

Ausmaß und Art der Nutzung Ziele Produkte Probleme

80 82 85 89

4.5

Erfahrungen und Erwartungen

93

5 Fazit

97

Literaturverzeichnis

98

73

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

1

Einleitung

Insbesondere für Handelsunternehmen stellt die effiziente Beschaffung einen wichtigen Wettbewerbsvorteil dar.1 Nach wie vor gilt die kaufmännische Weisheit „im Einkauf liegt der Gewinn", und das Bewusstsein für die strategische Bedeutung der Beschaffung setzt sich auch im Handel immer mehr durch.2 Nachdem in der Euphoriephase des E-Commerce bis Anfang 2000 überwiegend die neuartigen Möglichkeiten des OnlineVertriebs im Vordergrund der öffentlichen Diskussion standen, werden seit dem Einbruch der Internetökonomie die Optionen der elektronischen Beschaffung stärker beachtet. Durch das so genannte Ε-Procurement versprechen sich Unternehmen eine deutliche Optimierung des Beschaffungsvorgangs. Neben der Reduktion von Einkaufs- und Transaktionskosten wird dabei auch eine Beschleunigung des Einkaufsprozesses und eine Verringerung der Fehlbestellungen angestrebt. In Großunternehmen wurden Teile der Beschaffung mithilfe von EDI Electronic Data Interchange - bereits lange vor der kommerziellen Nutzung des Internets elektronisch abgewickelt.3 Über spezielle Datenleitungen und mit klar definierten Standards, zumeist auf der Basis von EDIFACT, wurden und werden dabei Bestell- und Lieferinformationen übermittelt. Durch die weite Verbreitung des Internets hat die elektronische Beschaffung, das Ε-Procurement, erheblich an Bedeutung gewonnen. Nun besteht die Möglichkeit, mehrere Anbieter und mehrere Nachfrager auf elektronischen Marktplätzen zu bündeln. Großunternehmen nutzen elektronische Marktplätze bereits sehr intensiv, um ihre Beschaffung zu optimieren.4 Seit geraumer Zeit wird beklagt, dass sich der Mittelstand weitge-

2

3

4

74

Dieser Buchbeitrag basiert auf van Baal, Sebastian/Hudetz, Kai: Beschaffung über elektronische Marktplätze, Band 8 der Ausgewählten Studien des ECC Handel, Köln 2003. Vgl. Rudolph, Thomas/Loos, Joëlle: Multichannel Sourcing als neuer Denkansatz im strategischen Beschaffungsmanagement des Handels, in: Thexis, 20. Jg. (2003), H. 3, S. 14. Siehe hierzu: Temps, Dietmar/Hudetz, Kai: E-Procurement - Meilenstein oder Luftnummer?, in: Global Company (Hrsg.): E-Business & M-Business, Pulheim/Köln 2001, S. 69-73. Auf der Website des ECC Handel www.ecc-handel.de/ecinfos sind hierzu im Themenfeld „B2B-Marktplätze und elektronische Beschaffung" umfassende Informationen, unter anderem in Form von Praxisbeispielen, zusammengestellt.

Beschaffung über elektronische Marktplätze

hend zurückhält. Nach einer Studie von PUTZ & PARTNER nutzte im Jahr 2001 bereits jedes zweite deutsche Großunternehmen elektronische Marktplätze zur Beschaffung, bei kleineren Unternehmen war es nicht einmal jedes Vierte. 5 Die im Jahr 2002 vom E C C HANDEL durchgeführte umfangreiche Studie „Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen" zeigte die Zurückhaltung der kleineren Handelsunternehmen beim Ε-Procurement auf: Nur bei jedem vierten befragten Unternehmen mit Internetanschluss lag der Online-Beschaffungsanteil bei mindestens 25 %. 6 Wie sieht die Situation aber aktuell aus? Wie nutzen Mittelständler elektronische Marktplätze zur Beschaffung? Welche Produkte werden über das Internet gehandelt? Welche Zielsetzungen werden bei der Beschaffung über elektronische Marktplätze verfolgt und wie wurden diese Ziele bislang erreicht? Welche Probleme treten auf? Welche Entwicklungen sind dabei zu beachten? Der vorliegende Beitrag gibt Antworten auf die entsprechenden Fragen. Zunächst wird die methodische Vorgehensweise der Befragung erläutert. Im Gegensatz zur bereits erwähnten Studie „Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen" wurde diese Erhebung ausschließlich online durchgeführt. Im dritten Kapitel wird die Zusammensetzung der Stichprobe dargelegt, damit die Ergebnisse entsprechend eingeordnet werden können. Als Kriterium dient dabei neben der Branchenzugehörigkeit und der Unternehmensgröße auch die Internetaffinität der Unternehmen. Anschließend werden ausgewählte Ergebnisse zur Nutzung der elektronischen Marktplätze für die Beschaffung umfassend dargestellt. Hierbei wird insbesondere auf das Ausmaß der Nutzung solcher Beschaffungsoptionen, die Zielsetzungen und die Probleme detailliert eingegangen. Abschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse der Studie zusammengefasst.

2

Methodik des empirischen Vorgehens

Aus den möglichen Erhebungsmethoden wurde die Online-Befragung vor allem aus pragmatischen Überlegungen anderen Möglichkeiten, wie ζ. B.

5

6

Quelle: Putz & Partner (Hrsg.): Studie über den Einsatz, die Kosten und den Nutzen von e-Business in Deutschland, Hamburg 2001. Vgl. Hudetz, Kai/Dach, Christian: Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen 2002, Köln 2002, S. 28-30.

75

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

einer schriftlichen Befragung, Telefoninterviews oder Expertengesprächen, vorgezogen. Die Online-Befragung stellt eine besonders kostengünstige Möglichkeit der standardisierten Erhebung dar. Als methodische Mängel werden jedoch häufig mangelnde Repräsentativität und unvollständige Abdeckung der Zielgruppe genannt.7 „Gleichwohl ist davon auszugehen, dass Online-Interviews als Technik der Datenerhebung in der Markt- und Sozialforschung in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen werden."8 Die Probleme bei der Erreichung der Zielgruppe müssen bei der Interpretation der Ergebnisse jedoch berücksichtigt werden. Da nach einer Studie des ECC HANDEL bereits im Jahr 2002 etwa 95 % der Einzel- und Großhändler über einen Internetanschluss verfügten 9, kann die Zielgruppe prinzipiell auch über das Internet angesprochen werden. Aufgrund der Selbstselektion kann jedoch davon ausgegangen werden, dass verstärkt Entscheidungsträger mit einem höheren Interesse am Internet bzw. E-Business angesprochen werden. Die Stichprobe wird daher auch daraufhin untersucht, ob die Befragten eine besonders hohe Internetaffinität aufweisen. Um möglichst viele Teilnehmer zu erreichen, wurden das NETZWERK KOMPETENZZENTREN FÜR DEN ELEKTRONISCHEN

DER

GESCHÄFTSVERKEHR

(NEG) sowie ausgewählte Industrie- und Handelskammern und Fachhandelsverbände um ihre Mithilfe bei der Ansprache potenzieller Probanden gebeten. Insgesamt unterstützten 16 Institutionen die Untersuchung, indem Sie online auf die Befragung hinwiesen. Dies erfolgte in drei Varianten: •

Auf ausgewählten Webseiten wurden so genannte Pop-Up-Fenster installiert, über die zur Teilnahme an der Befragung eingeladen wurde. Über einen Link gelangte der Teilnehmer dann direkt zu der Umfrage.



In anderen Fällen wurde der Link - zusammen mit einem erläuternden Text - direkt auf der Website platziert.



Als dritte Option nahmen einige Kooperationspartner den Link mit einer Erläuterung in ihren Newsletter auf.

7

Vgl. Wirtz, Bernd W.: Kompakt-Lexikon eBusiness, Wiesbaden 2002, S. 190 f., ο. V.: Online-Marktforschung, in: Absatzwirtschaft, 2002, H. 6, S. 45 f. Wiegand, Erich: Marktforschung via Internet, in: Direkt Marketing, 2001, H. 11, S. 42. Vgl. Hudetz, K./Dach, Chr., 2002, S. 43.

8

9

76

Beschaffung über elektronische Marktplätze

Die Online-Befragung fand vom 15. März bis zum 31. M a i 2003 statt. Nach einer intensiven Kontrolle und Filterung konnten die Fragebögen von insgesamt 129 Unternehmen berücksichtigt werden. Angesichts des relativ eingeschränkten Akquisitionsaufwands, des umfangreichen Fragebogens und des speziellen Themas war die Resonanz durchaus zufrieden stellend.

3

Stichprobe

Die gewählte empirische Vorgehensweise ermöglicht die kostengünstige Einbeziehung von Entscheidungsträgern aus Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Es ist jedoch unmittelbar ersichtlich, dass mit diesem Verfahren keine für diese Wirtschaftszweige repräsentative Stichprobe gewährleistet werden kann. 10 U m die Ergebnisse korrekt interpretieren zu können, erfolgt daher eine Analyse der befragten Unternehmen nach Branchenzugehörigkeit, Unternehmensgröße und Internetaffinität.

3.1

Branchenzugehörigkeit

Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf Unternehmen aus dem Handels- und Dienstleistungsbereich. Wie Abbildung 1 aufzeigt, verteilt sich die Stichprobe relativ gleichmäßig auf die drei Bereiche Einzelhandel,

Dienst leistungs-

Einzelhanc

unternehmen

28%

Abbildung 1:

10

Stichprobe nach Wirtschaftszweigen

Zur Repräsentativität von Stichproben siehe Härtung, Joachim: Statistik, 11. Auflage, München, Wien 1998, S. 315 und Schnell, Rainer/Hill, Paul B./Esser, Elke: Methoden der empirischen Sozialforschung, 6. Auflage, München, Wien 1999, S. 284-286.

77

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

Großhandel und Dienstleistungen. Die Abfrage der Branchenzugehörigkeit erfolgte durch eine offene Frage am Ende des Erhebungsbogens. Leider konnten 52 Fragebögen keiner Branche zugewiesen werden, da die entsprechenden Angaben fehlten und die Erhebungsbögen anonym ausgefüllt wurden.

3.2

Unternehmensgröße

Zur Operationalisierung der Unternehmensgröße werden gemeinhin die Anzahl der beschäftigten Personen und der erzielte Umsatz herangezogen. Diese Kennzahlen wurden auch bei der vorliegenden Studie abgefragt, allerdings auf freiwilliger Basis. Beide Angaben wurden jeweils von etwas mehr als der Hälfte der Befragten gemacht. Die Untersuchung richtete sich vornehmlich an kleine und mittlere Unternehmen ( K M U ) . Wie Abbildung 2 zeigt, beschäftigt nur etwa jede fünfte teilnehmende Unternehmung mindestens 100 Mitarbeiter. Lediglich fünf Nennungen lagen über 250 Mitarbeitern. In fast der Hälfte der Unternehmen sind weniger als zehn Personen beschäftigt.

bis 3

£9,2%

3 bis 9

19,4%

10 bis 99

331,3%

100 und mehr

0%

Abbildung 2:

1 18,1%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

Stichprobe nach der Anzahl der Beschäftigten

Die Analyse der Umsätze ergibt naturgemäß ein ähnliches Bild. Mehr als zwei Drittel der teilnehmenden Unternehmen wiesen 2002 einen Jahresumsatz von weniger als fünf Millionen Euro auf. Nur vier Unternehmungen gaben einen Jahresumsatz von mindestens 100 Millionen Euro an. Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass das Ziel, die Untersu-

78

Beschaffung über elektronische Marktplätze

chung weitestgehend auf kleine und mittlere Unternehmen zu beschränken, erreicht wurde. Großunternehmen sind in der Stichprobe nicht vertreten.

3.3

Internetaffinität

Ein häufig genannter Nachteil von Online-Befragungen stellt die Gefahr der Selbstselektion dar. 11 Es ist zu befurchten, dass sich internetaffine Nutzer besonders häufig an Online-Befragungen beteiligen und damit die Ergebnisse verzerren. Wie sich zeigt, sind die Befürchtungen nicht unbegründet. I m Vergleich mit den Teilnehmern der Studie des ECC HANDEL „Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungen 2002", bei der die Daten überwiegend schriftlich erhoben wurden, wird deutlich, dass die Befragten der aktuellen Untersuchung sich durchschnittlich erheblich früher mit dem Internet auseinander gesetzt haben. 12 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1995

1996

1997

1998

1999

• Umfrage Beschaffung über EM

Abbildung 3:

11

12

2000

2001

2002

2003

• Umfrage Internet im Handel

Anteil der Unternehmen mit Internetzugang

Vgl. hierzu beispielsweise Hauptmanns, Peter/Lander, Bettina: Zur Problematik von Online-Stichproben, in: Theobald, Axel/Dreyer, Marcus/Starsetzki, Thomas: Online-Marktforschung, 2. Auflage, Wiesbaden 2003, S. 35-37. Vgl. Hudetz, K./Dach, Chr., 2002.

79

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

Während jedes vierte der aktuell befragten Unternehmen bereits im Jahr 1995 über einen Internetanschluss verfugte, betrug dieser Anteil bei der Befragung „Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen 2002" nur 8,9 %. Da die Werte dieser Erhebung mit den Ergebnissen anderer Studien weitestgehend in Einklang standen,13 kann von einer erhöhten Internetaffinität der Befragungsteilnehmer der vorliegenden Studie ausgegangen werden. Dies muss bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden.

4

Ergebnisse im Überblick

I m Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse der Umfrage zusammengefasst und kommentiert. Zunächst werden Ausmaß und Art der Nutzung elektronischer Marktplätze zur Beschaffung dargestellt. I m zweiten Teil wird analysiert, welche Ziele die Unternehmen beim Ε-Procurement verfolgen und wie diese Ziele bislang erreicht wurden. Anschließend wird der Frage nachgegangen, welche Produkte bzw. Produktgruppen für die elektronische Beschaffung geeignet sind. Im vierten Teil werden die vielfaltigen Probleme, die Ε-Procurement weiterhin behindern, umfassend untersucht. Abschließend werden zentrale Erwartungen bezüglich der künftigen Nutzung elektronischer Marktplätze zur Beschaffung und erste Erfahrungen dargestellt.

4.1

Ausmaß und Art der Nutzung

Die in Abschnitt 3.3 dargestellte große Internetaffinität der Teilnehmer schlägt sich offensichtlich in einem hohen Anteil des Online-Beschaffungsvolumens nieder. I m Durchschnitt wurden im Jahr 2002 über 27 % der indirekten Güter (solche, die nicht für den Weiterverkauf bestimmt sind) und 22 % der Güter für den Weiterverkauf (Handelswaren) über das Internet beschafft. Hierbei fällt der Anteil von elektronischen Marktplätzen mit über 17 % bzw. 16 % erstaunlich hoch aus. Bei der Interpretation dieses beträchtlichen Anteils ist zu bedenken, dass sich zumindest einzelne Teilnehmer der Umfrage bei der Beantwortung nicht bewusst gewesen sein könnten, dass nur solche Internetplattformen als Marktplatz zu charakterisieren sind, auf denen mehrere rechtlich selbst13

80

Vgl. Hudetz, K./Dach, Chr., 2002, S. 24-26.

Beschaffung über elektronische Marktplätze

ständige Anbieter Waren anbieten. 14 Allerdings wurde auf dieses Unterscheidungskriterium zu anderen Institutionen im Internet wie bspw. Online-Shops explizit im Fragetext hingewiesen. Neben der vergangenheitsorientierten Betrachtung wurden die Teilnehmer auch darum gebeten, eine Einschätzung hinsichtlich des Beschaffungsvolumens im Jahr 2003 abzugeben. Wie in Abbildung 4 dargestellt, weisen die Antworten darauf hin, dass die Bedeutung sowohl des Internets im Allgemeinen als auch von Marktplätzen im Besonderen zunehmen wird. Dabei fallt die Zuwachsrate für die Beschaffung über Marktplätze etwas geringer aus als die für das Internet insgesamt. Die Steigerung für das Jahr 2003 betrifft sowohl direkte als auch indirekte Güter.

40 35 30 25 20 15 10 5 0 Realisiert 2002 (%)

Erwartet für 2003 (%)

— A n t e i l Internet eigener Bedarf —o— Anteil Marktplätze eigener Bedarf —a— Anteil Internet Weiterverkauf —δ— Anteil Marktplätze Weiterverkauf Abbildung 4:

14

Welchen Anteil der Güter für den eigenen Bedarf /für den Weiterverkauf haben Sie 2002 im Internet / über elektronische Marktplätze beschafft? Mit welchem Anteil rechnen Sie in 2003? (n = 97 bis 122)

Vgl. E-Commerce-Center Handel (Hrsg.): Die Begriffe des eCommerce - Ein Wörterbuch für „Old" und „New Economists", Frankfürt a. M . 2001, S. 39.

81

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

In diesem Zusammenhang ist die Frage von Bedeutung, wie viele Marktplätze die Teilnehmer der Umfrage einsetzen, d. h. auf wie viele Betreiber sich das Beschaffungsvolumen durchschnittlich verteilt. Das Minimum eingesetzter Plattformen unter den Teilnehmern der Umfrage beträgt Null, da auch solche Unternehmen zu der Befragung eingeladen wurden, die bisher keine Marktplätze einsetzen. Diese Unternehmen wurden in die Stichprobe einbezogen, um mögliche Gründe für deren Zurückhaltung zu ermitteln. Das Maximum in der Stichprobe sind zehn eingesetzte Plattformen. Der Durchschnitt für alle Teilnehmer liegt bei 2,6 genutzten Marktplätzen. Betrachtet man nur die Teilnehmer, die mindestens einen Marktplatz nutzen, ergibt sich ein Durchschnitt von 3,8. Bezüglich der Sortimentstiefe bzw. -breite der eingesetzten Marktplätze zeigt sich, dass sowohl horizontale (branchenübergreifende) als auch vertikale (branchenspezifische) Plattformen im Antwortverhalten der Teilnehmer reflektiert sind. 15 Die hohe Bedeutung von Marktplätzen für die Beschaffung indirekter Güter äußert sich in einem leichten Überhang der branchenübergreifenden Plattformen.

4.2

Ziele

Die Ziele, die bei der Beschaffung verfolgt werden, stehen in enger Beziehung zu den Oberzielen eines Unternehmens und den spezifischen Situationsanforderungen. 16 I m Handel hängen die Beschaffungsziele insbesondere von der Betriebsform und der Sortimentspolitik ab. Da die Ziele bei der Nutzung elektronischer Marktplätze als Instrument der Beschaffung insofern stark variieren können, ist nicht anzunehmen, dass einzelne Zielsetzungen pauschal für alle Marktplatz-Teilnehmer gelten. Eine Rangfolge von Zielen anhand ihrer durchschnittlichen Bedeutung lässt sich auf der Basis der vorliegenden Daten aufstellen, wie in der folgenden Abbildung 5 veranschaulicht. In der Abbildung findet sich weiterhin der von den Um-

15

16

82

Zu dieser Unterscheidung vgl. bspw. Hudetz, Kai: Elektronische Marktplätze Chancen und Risiken, in: Mitteilungen des Instituts für Handelsforschung an der Universität zu Köln, Jg. 53, Mai 2001, S. 75 f. Vgl. Bichler, Klaus/Beck, Martin: Beschaffung und Lagerhaltung im Handelsbetrieb, Teil 1, 2. Aufl., Wiesbaden 1987, S. 2Iff. sowie Brettschneider, Guido: Beschaffung im Handel unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen von Efficient consumer response, Frankfurt am Main et al. 2000, S. 24 ff.

Beschaffung über elektronische Marktplätze

frageteilnehmern angegebene durchschnittliche Grad der jeweiligen Zielerreichung. Abbildung 5 zeigt, dass bei der Beschaffung über elektronische Marktplätze mehreren Zielen eine überdurchschnittliche Bedeutung beigemessen wird, dass es also keine einzelne Zielsetzung gibt, die alle anderen dominiert. Dabei ist insbesondere die Priorität von reduzierten Prozesskosten und verringerter Prozessdauer gegenüber reduzierten Produktkosten und vergrößerter Produktauswahl bemerkenswert. Während i m Business-toConsumer-Geschäfi der Anteil der „Schnäppchenjäger" im Internet besonders hoch ist, 1 7 wird diese Zielsetzung i m Business-to-Business-Bereich I Bedeutung des Ziels

• Zielerreichung

Einkaufsprozesse beschleunigen** Prozesskosten reduzieren** Produktauswahl erhöhen* Produktkosten reduzieren** Lieferantenauswahl erhöhen Unkoordinierten Einkauf reduzieren** Nachfragemacht bündeln** 1

2

keine

3

4

5 s e h r

h o c h /

vollständig

**: Differenz signifikant auf dem 99%-Niveau * : Differenz signifikant auf dem 98%-Niveau

Abbildung

17

5:

Wie wichtig sind Ihnen die aufgefiihrten Ziele bei der Beschaffung über elektronische Marktplätze? Wie bewerten Sie den Erfolg Ihrer bisherigen Bemühungen im Hinblick auf die von Ihnen gesetzten Ziele? (n = 80)

Vgl. Dach, Christian: Vorteile einer Multi-Channel-Strategie: Eine nüchterne Betrachtung, K ö l n 2002, S. 44 f.

83

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

von der Aussicht auf administrative Effizienz- und Effektivitätssteigerungen dominiert. 18 Die Gesamtbetrachtung der Rangfolge der Zielsetzungen zeigt, dass diejenigen Ziele, die geeignet sind, den Druck auf Lieferanten zu erhöhen, tendenziell weniger bedeutsam sind als diejenigen, die der Steigerung der internen Effizienz und Effektivität dienen. So sind die Ziele „Nachfragemacht bündeln" und „Lieferantenauswahl erhöhen" generell geeignet, den Preisdruck auf Lieferanten zu erhöhen, um so das eigenständige Ziel,,Produktkosten reduzieren" zu erreichen. Diese drei Ziele werden als weniger wichtig eingeschätzt als die Ziele „Einkaufsprozesse beschleunigen" und „Prozesskosten reduzieren", bei denen es nicht zur Veränderung oder Ausübung von Marktmacht kommt. Stattdessen liegt bei der Beschaffung über elektronische Marktplätze der Fokus der Bemühungen auf der Beseitigung interner Ineffizienzen. Diese kann beispielsweise durch vereinfachte Genehmigungsverfahren, geringeren administrativen Aufwand, gesenkte Porto-, Papier- und Telefonkosten, reduzierte Lagerkosten und bessere Informationsversorgung erreicht werden. 19 Die Tendenz zu prozessorientierten Zielen deutet darauf hin, dass die Teilnehmer der Umfrage bei der Nutzung elektronischer Marktplätze nicht das Ziel verfolgen, ihren Lieferanten konfrontativ zu begegnen. Diese Priorität der Beseitigung ineffizienter Tätigkeiten läuft der These zuwider, dass die elektronische Beschaffung aufgrund der Orientierung an einzelnen Transaktionen zu einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen Lieferanten und Abnehmern fuhren müsste. Stattdessen passt die Beschaffung über elektronische Marktplätze vermutlich auch zu den Bemühungen, die Beziehungen zwischen Händlern und Herstellern kooperativ und effizient zu gestalten (wie unter dem Stichwort „Efficient Consumer Response" gefordert 20 ). Der Vergleich von Zielbedeutung und Zielerreichung deutet auf Verbesserungspotenziale bzw. mögliche Wettbewerbsvorteile für Marktplatzbetreiber hin. Lediglich im Fall der Lieferantenauswahl ist der Unterschied zwischen Bedeutung und Erreichen statistisch nicht signifikant. 21 Bei allen 18

19 20 21

84

Vgl. hierzu auch Rudolph, Thomas/Busch, Sebastian: Handel auf elektronischen Marktplätzen, in: Thexis, 19. Jg. (2002), H. 3, S. 4. Vgl. Temps, D./Hudetz, K. 2001, S. 78 ff. Vgl. Brettschneider, G. 2000, S. 96 ff. Es ist in diesem Fall also „nicht unwahrscheinlich genug", dass die Differenz zwischen den Antworten zufallig zustande gekommen ist.

Beschaffung über elektronische Marktplätze

anderen Zielen besteht noch deutlicher Nachholbedarf für die Betreiber von Marktplätzen. Die Werte für das Erreichen der Ziele „Prozesskosten reduzieren", „Produktkosten reduzieren", „Unkoordinierten Einkauf reduzieren" und „Nachfragemacht bündeln" sind nicht nur von dem Wert für ihre jeweilige Bedeutung signifikant verschieden, sondern diese Werte sind auch signifikant niedriger als der mittlere Skalenwert (3,00). 22 Bei diesen Punkten schätzen die Umfrageteilnehmer die Zielerreichung im Durchschnitt also geringer als „mittelmäßig" ein. Bei den Zielen „Einkaufsprozesse beschleunigen", „Produktauswahl erhöhen" und „Lieferantenauswahl erhöhen" ist dementsprechend die Differenz zwischen dem ausgedrückten Wert und dem theoretischen Mittelwert nicht signifikant. Bei der Interpretation der beobachteten Präferenzen der Befragten ist hierbei zu beachten, dass scheinbar unbedeutende Ziele nicht unbedingt vernachlässigbar sind. Das Ziel „Erhöhung der Lieferantenauswahl" beispielsweise wird unter Umständen nur darum mit einer relativ geringen Bedeutung bewertet, weil es bereits in einem zufrieden stellenden Ausmaß erfüllt ist. Weiterhin ist möglich, dass es sich bei den unterdurchschnittlich bedeutenden Zielen um „Basisanforderungen" handelt, deren Wegfall zu einer großen Unzufriedenheit unter den Marktplatzteilnehmern fuhren würde. 23 Eine hohe Bedeutung eines Ziels in Verbindung mit einem nicht ausreichenden Erreichen weist jedoch auf die Faktoren hin, bei deren Verbesserung die Umfrageteilnehmer ihre Nutzung elektronischer Marktplätze vermutlich ausweiten würden.

4.3

Produkte

Sowohl beim Absatz als auch bei der Beschaffung gilt, dass einige Produkte sich besser fur die internetgestützte Transaktion eignen als andere. Die Eignung steigt tendenziell, je

22 23

Auf dem 99 %-Niveau. Zu Arten von (un)zufriedenheitsstiftenden Anforderungen vgl. bspw. Kaapke, Andreas/Hudetz, Kai: Der Einsatz des Kano-Modells zur Ermittlung von Indikatoren der Kundenzufriedenheit - dargestellt am Beispiel der Anforderungen von Senioren an Reisebüros, in: Müller-Hagedorn, Lothar (Hrsg.): Kundenbindung im Handel, 2., aktualisierte und überarb. Aufl., Frankfurt a. M . 2001, S. 128 ff.

85

Kai Hudetz, Sebastian van Baal



geringer die Komplexität,



höher der Standardisierungsgrad,



besser die Normierung und



einfacher der Transport

der Produkte ist. 2 4 Aufbauend auf diesen Merkmalen stellt sich die Frage nach der konkreten Eignung besonders relevanter Produktarten für die elektronische Beschaffung. In der relevanten Literatur wird häufig auf die hohe Bedeutung elektronischer Marktplätze insbesondere für die Beschaffung indirekter Güter hingewiesen. 25 Zusätzlich zu dieser Unterscheidung in Waren für den eigenen Bedarf und Handelswaren kommt eine Reihe von weiteren GüterKlassifikationen in Betracht, die Aufschluss über die Eignung bestimmter Produkte für die Beschaffung über elektronische Marktplätze geben können. Die folgende Abbildung 6 stellt einige dieser Klassifikationen und deren Eignung für die Beschaffung über elektronische Marktplätze aus Sicht der Befragten dar. Dabei handelt es sich jeweils um Begriffspaare, die die beiden Endpunkte einer Klassifikation darstellen. I m Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass die Eignung von „Misch-Formen" zwischen den hier wiedergegebenen Endpunkten liegt. 2 6 Ein zentrales Ergebnis dieser Gegenüberstellung besteht darin, dass innerhalb aller Paare ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Eignung der jeweiligen zwei Güterarten vorliegt. 27 Einzelne dieser Unterschiede sind deutlich größer als andere: So bestätigt die unterschiedliche Eignung von indirekten und direkten Gütern die Erwartungen und ergänzt sie um die Erkenntnis, dass der hohe Anteil indirekter Güter am Beschaffungsvolumen sich in den expliziten Einschätzungen der Befragten widerspiegelt. Diese Einschätzung kommt auch in dem in Abbildung 6 ausge-

24 25

26

27

86

Vgl. Hudetz, K., 2001, S. 78. Vgl. beispielhaft Temps, D./Hudetz, K. 2001, S. 72 und die dort aufgeführte Literatur. Einige der einbezogenen Klassifikationen wurden auch von Rudolph, T./ Busch, S., 2002, betrachtet. Bzgl. dieser Klassifikationen kommen die Autoren bei ihrer Umfrage in der Schweiz zu vergleichbaren Ergebnissen. Bei einem Signifikanzniveau von 99 %.

Beschaffung über elektronische Marktplätze

Indirekte Güter (Büromateria! etc.)* #

3 3,95

Direkte Güter (Handelswaren etc.)

] 2,5o 3 2,09

Individuell angefertigte Produkte" Standardisierte Produkte**

II 3,53 12M

Generische Artikel* Markenartikel

3,10 2,41

Güter von hohem Wert** Güter von geringem Wert

I 3,35 1 3,44

Verbrauchsgüter* Investitionsgüter**

I 2,25

Güter, die häufig beschafft werden**

Ι13.Φ

• 2,68

Güter, die eher selten beschafft werden* Güter, die schnell (ad hoc) benötigt werden



Güter, die nicht so schnell benötigt werden

3,30

2,92 1

2

gar nicht

3

Eignung

4

5

sehr gut

Differenz zum Wert 3,00 ist: **: signifikant auf dem 99 %-Niveau * ; signifikant auf dem 95 %-Niveau

Abbildung

6:

Wie gut sind folgende Produktgruppen für Ihr Unternehmen zur Beschaffung über elektronische Marktplätze geeignet? (n = 80)

wiesenen signifikanten Unterschied zum mittleren Skalenwert von 3,00 zum Ausdruck. 28

28

Der erste erwähnte signifikante Unterschied innerhalb der Paare sagt beispielsweise aus, dass indirekte Güter signifikant besser für die Beschaffung über elektronische Marktplätze geeignet sind als direkte Güter. Das zweite und in der Abbildung gekennzeichnete Signifikanzniveau deutet hingegen darauf hin, dass die betreffende Güterart besser bzw. schlechter als „mittelmäßig" fur die Beschaffung über elektronische Marktplätze geeignet ist.

87

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

Ein sehr deutlicher Unterschied besteht hinsichtlich der Standardisierung der beschafften Waren. Während individuell angefertigte Güter unter allen Produktkategorien die geringste Eignung für die Beschaffung über elektronische Marktplätze aufweisen, gehören standardisierte Güter mit einer durchschnittlichen Eignung von 3,53 zu den am ehesten geeigneten Kategorien. Dies äußert sich auch darin, dass für beide Güterarten die jeweilige Differenz zum mittleren Skalenwert auf dem 99 %-Niveau signifikant ist. Der Unterschied bezüglich des Markencharakters der beschafften Waren fallt eher gering aus. Diese Ähnlichkeit liegt vermutlich darin begründet, dass sich beide Güterarten für verschiedene Beschaffungsziele eignen. So sind Markenartikel für die elektronische Beschaffung geeignet, da sich das einkaufende Unternehmen im Allgemeinen auf die Beschaffenheit und die Qualität der Waren verlassen kann, ohne diese vorher untersucht zu haben. Wenn zu beschaffende Güter hingegen lediglich nach ihrem Grundnutzen spezifiziert sind, wenn also auch genetische Artikel (solche, die nur der Art nach bestimmt sind) in Betracht kommen, bieten elektronische Marktplätze häufig viele verschiedene Optionen. In diesem Fall führt die Vielfalt angebotener Waren zu einem Vorzug von Marktplätzen, während es im ersten Fall die Eindeutigkeit der Produkte ist. Die Unterscheidung anhand der Beschaffungsfrequenz zeigt, dass Güter, die häufig beschafft werden, als deutlich besser für die Beschaffung über elektronische Marktplätze eingestuft werden als solche, die eher selten eingekauft werden. In dieser Einschätzung der Befragten kommt vermutlich zum Ausdruck, dass die erstmalige (bzw. einmalige) Nutzung eines elektronischen Marktplatzes für ein bestimmtes Gut einen relativ hohen Aufwand verursacht, da Mitarbeiter geeignete Plattformen auffinden, testen, bewerten und auswählen müssen. Bei Waren, die häufig beschafft werden, lohnt sich dieser Aufwand unter sonst gleichen Umständen eher als bei solchen, deren Beschaffungsfrequenz eher niedrig ist. Aufgrund von Erfahrungskurveneffekten verringert sich einerseits der Zeitbedarf je abgewickeltem Auftrag, andererseits erhöht sich tendenziell die Qualität des Ergebnisses (bspw. aufgrund einer besseren Eignung der beschafften Waren zur Deckung des konkreten Bedarfs). Weiterhin lässt sich aus den Ergebnissen ableiten, dass bezüglich des Bedarfs an direkten Gütern grundsätzlich sowohl Waren aus dem Grundsortiment eines Handelsbetriebs als auch Aktions- bzw. Saisonwaren generell für die Beschaffung über elektronische Marktplätze in Betracht kommen. Für die Deckung des

88

Beschaffung über elektronische Marktplätze

schnell drehenden Grundbedarfs ist der elektronische Beschaffungskanal aus Sicht der Befragten jedoch signifikant besser geeignet. Von den verbleibenden Güterarten soll hier abschließend die Unterscheidung anhand der Bedarfsdringlichkeit genannt werden. Sowohl Güter, die ad hoc benötigt werden als auch solche, bei denen eine Vorlaufzeit vorhanden ist, sind nach Ansicht der Befragten relativ gut für die Beschaffung über elektronische Marktplätze geeignet. Insofern ist die marktplatzgestützte Beschaffung nicht nur für die Einzelbeschaffung im Bedarfsfall, sondern auch für die Vorratsbeschaffung geeignet. Der signifikante Unterschied zwischen den jeweiligen Eignungseinschätzungen zeigt jedoch, dass tendenziell ein kurzfristiger Bedarf eher über diesen Beschaffungskanal gedeckt werden kann. Diese Einschätzung deckt sich mit der in Abschnitt 4.2 dargestellten hohen Bedeutung des Ziels „Prozessdauer reduzieren". Die Beschaffung über elektronische Marktplätze kann insofern auch zu dem Ziel der Vorratsminimierung und somit der Reduzierung der Kapitalbindung beitragen, zumal schneller auf Trends reagiert werden kann und Nachfrageunsicherheiten reduziert werden können. Für die Teilnehmer von Marktplätzen wird es dadurch insbesondere möglich, schneller als bei der klassischen Beschaffung auf Absatzschwankungen zu reagieren. Weiterhin kann der Einschätzung, dass Marktplätze sich nicht zur Beschaffung verderblicher Waren eignen, vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse nicht pauschal zugestimmt werden.

4.4

Probleme

Die Schwierigkeiten und Probleme, die Nutzer von elektronischen Marktplätzen bei der Anwendung dieses Beschaffungskanals sehen, sind eng verwandt mit Gründen, Marktplätze nicht zur Beschaffung einzusetzen. Da sich die entsprechende Frage daher sowohl an Nutzer als auch an NichtNutzer von Marktplätzen richtete, wird in diesem Abschnitt zwischen den beiden Gruppen differenziert. In Abbildung 7 ist die durchschnittliche Bedeutung einzelner Probleme für Nutzer und Nicht-Nutzer vergleichend zusammen gestellt. Zunächst wird die Gruppe der Nutzer elektronischer Marktplätze analysiert. Hier fallt auf, dass die bedeutendsten drei Probleme nicht in direkten Nutzungsschwierigkeiten begründet sind, sondern eher in einem fehlenden Zugang zu (weiteren) Marktplätzen. Dabei sind die ersten beiden Probleme als eng verknüpft anzusehen, zumal die Einschätzung, dass Lieferanten

89

Kai Hudetz,

Sebastian

van

Baal

• Nutzer •

Nicht-Nutzer

Produkte werden von Lieferanten nicht online angeboten

| 2 ,85

mangelnde Informationen über entsprechende Marktplätze

I 3.20

Produkte für 2,91 elektronische 1 2,20 Beschaffung ungeeignet mangelnde Unterstützung ρ · Η Η Ι Ι Η · 2 . 6 { langfristiger I 2.63 Lieferantenbeziehungen schwierige Anbindung y s M M M m ^ & m w ï m m 2.64 an bestehende Systeme 1 2,32 fehlendes Know-how im Unternehmen

2.59 12,12

mangelnde Sicherheit immmm^mMm des Internets

zu hohe Einführungskosten

^mmrn^mm

2.41 I 2,07

2,36 — I 2,24

zu hohe laufende Kosten

12,10

Widerstände innerhalb des Unternehmens

I 1.76

zu großer Zeitbedarf

I 2,32 1

I

1

1

2

3

4

keine Abbildung

7:

Welche Bedeutung zung elektronischer che

Bedeutung

Marktplätze

90

5 s e h r

Bedeutung haben folgende Marktplätze haben

fur

Probleme

nicht zur Beschaffung

in Bezug auf die

zur Beschaffung

Sie folgende zu nutzen?

h o c h

für

Gründe,

Sie bzw.

Nutwel-

elektronische

(n = 56, 41)

Beschaffung über elektronische Marktplätze

ihre Waren nicht auf Marktplätzen anbieten, häufig auf mangelnden Informationen über die entsprechenden Angebote begründet sein kann. Das drittbedeutendste Problem, die Ungeeignetheit der zu beschaffenden Produkte für den elektronischen Beschaffungskanal, ist ebenfalls wenigstens teilweise mit einem mangelnden Informations- und Kenntnisstand begründbar. So wird die Einschätzung der Ungeeignetheit häufig auf einer intuitiven Grundlage gemacht, die oftmals zuungunsten des elektronischen Beschaffungskanals verzerrt ist. Das bedeutendste Problem bei der Nutzung elektronischer Marktplätze, das originär mit den wahrgenommenen Eigenschaften des Mediums verknüpft ist, stellt die mangelnde Unterstützung langfristiger Lieferantenbeziehungen dar. Insbesondere in rezessiven Konjunkturlagen sowie auf gesättigten und komplexen Märkten werden zwischen Anbietern und Nachfragern verstärkt Partnerschaften und langfristige Austauschbeziehungen eingegangen. 29 Ziele sind hierbei insbesondere die langfristige Sicherung der Versorgungs- bzw. Absatzbasis, die Erlangung eines schwer zu kopierenden Wettbewerbsvorteils sowie die Ausnutzung von Synergiepotenzialen zwischen den Parteien. Die Verbesserung oder Sicherung der Wettbewerbssituation soll bei einer solchen Strategie im Gegensatz zu einer „Maximierung der Konditionen" durch Kooperation und Vertrauen zwischen den Akteuren erreicht werden. 30 Die Zusammenarbeit zwischen Handels- und Herstellerunternehmen verspricht insbesondere aus dem Grund beachtliche Kooperationsgewinne, dass das produktbezogene Wissen der Hersteller („vertikale Kompetenz") mit den produktübergreifenden Kenntnissen der Händler („horizontale Kompetenz") verbunden werden kann. 31 Die in den letzten Jahren deutlich verbesserten Informationssysteme im Handel haben entscheidend dazu beigetragen, dass solche Informationspartnerschaften verfolgt werden. Eine nicht ausreichende Eignung von elektronischen Marktplätzen für die Unterstützung solcher (häufig unilateraler) Beziehungen stellt für die Umfrage-Teilnehmer eines der wichtigsten Probleme dar. Diesem Bedürfnis

29

30 31

Vgl. Knaack, Guido Alexander: Wirkungen elektronischer Marktplätze auf das Beziehungs- bzw. Transaktionsmarketing von Anbietern und Nachfragern, K ö l n 2002, S. 6. Vgl. Brettschneider, G., 1999, S. 12. Vgl. Brettschneider, G., 1999, S. 103 sowie die dort angegebenen Quellen.

91

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

der Unternehmen, das vermutlich insbesondere bei der Beschaffung strategischer Güter dominant ist, dürften die so genannten „geschlossenen" Marktplätze am ehesten entgegen kommen. 32 Diese entsprechen tendenziell eher dem „Systematic Purchasing", bei dem langfristige Vereinbarungen mit ausgewählten Lieferanten getroffen werden, als offene Marktplätze, die eher für das transaktionsorientierte „Spot Purchasing" geeignet sind. 33 Unternehmen legen sich für gewöhnlich nicht auf eine dieser beiden grundlegenden Beschaffungsstrategien fest; stattdessen wird in Abhängigkeit von Produkt oder Situation eine der Strategien verfolgt. Insofern haben beide Marktplatzformen ihren spezifischen Anwendungsbereich für die elektronische Beschaffung, wobei die geschlossenen Marktplätze aus Sicht der Unternehmen eher als „ausgelagerte Extranet-Lösung" aufzufassen sind und vergleichsweise weniger als originär Internetbasierte Anwendung. Als eher unwichtig sehen die Teilnehmer „klassische" Innovationshemmnisse an, die in zu hohem Zeitbedarf, zu hohen Kosten und Widerständen im Unternehmen bestehen. Dabei ist wenigstens der zu hohe Zeitbedarf zumindest indirekt mit den bedeutenderen Problemen verbunden, da sich beispielsweise mangelnde Informationen über Marktplätze durch Zeitaufwand kompensieren lassen könnten. Andererseits stellt der geringere Zeitbedarf in Bezug auf den eigentlichen Beschaffungsprozess gerade einen der wesentlichen propagierten Vorteile elektronischer Marktplätze im Vergleich zu anderen Beschaffungskanälen dar. Da der Term „Zeitbedarf ς sowohl den Initialaufwand als auch den Beschaffungsprozess beinhaltet, wäre es überraschend, wenn die Einschätzung der Teilnehmer diesbezüglich anders verlaufen würde. Bei der Analyse der Antworten derjenigen Teilnehmer, die angaben, bisher keine elektronischen Marktplätze zur Beschaffung zu nutzen, fallen insbesondere zwei Unterschiede in den Rangplätzen der genannten Punkte auf: Erstens nennt die Gruppe der Nichtnutzer den zu großen Zeitbedarf an fünfter Position, während die Gruppe der Nutzer diesem Problem die geringste Bedeutung beimessen (Position elf). Der zu große Zeitbedarf stellt

32 33

92

Vgl. Hudetz, K., 2001, S. 76. Zu diesen Beschaffungsstrategien vgl. Kaplan, Steven/Sawhney, Mohanbir: B2B E-Commerce Hubs: Towards a Taxonomy o f Business Models, Dezember 1999, unter: http://gsbwww.uchicago.eduyfac/steven.kaplan/research/taxonomy.pdf, Zugriff am 15.7.2003.

Beschaffung über elektronische Marktplätze

insofern ein wesentliches Erstnutzungshemmnis, aber kein laufendes Problem dar. Ein zweiter auffallender Unterschied besteht in dem jeweiligen Rangplatz der Einschätzung, dass Produkte für die elektronische Beschaffung ungeeignet sind. Während dieses Problem von der Gruppe der MarktplatzNutzer den dritten Rang eingeräumt bekommt, sehen die Nichtnutzer diese Schwierigkeit nur auf dem siebten Platz. Das Hemmnis „Widerstände innerhalb des Unternehmens" wird von den Nicht-Nutzern als der am wenigsten bedeutende Zurückhaltungsgrund genannt. Vordergründig deutet diese Einschätzung auf die positive Tendenz hin, dass weiche Faktoren, die in der Psychologie bzw. in der Gruppendynamik der Betroffenen begründet sind, bei der Entscheidung über die Nutzung von Marktplätzen eine geringere Rolle spielen als rationale Überlegungen. Allerdings dürften solche Widerstände in vielen Fällen nicht offensichtlich sein, da sie sich häufig nur als unbewusste Verzerrung der Entscheidung auswirken. 34 Die geringe Bedeutung solcher Widerstände für die Befragten lässt sich auch durch deren durchschnittlich geringe Unternehmensgröße erklären, da insbesondere große Unternehmen internen Reibungsverlusten, Abstimmungsschwierigkeiten und infolgedessen Widerständen gegen Neuerungen ausgesetzt sind. 35

4.5

Erfahrungen und Erwartungen

Abschließend wurden die Teilnehmer um Einschätzungen zu verschiedenen Einzelfragen gebeten, die in Praxis und Wissenschaft angesprochen und teilweise kontrovers diskutiert wurden. Da die einzelnen Fragen inhaltlich nicht unmittelbar miteinander zusammenhängen, werden die entsprechenden Antworten hier in Form von relativen Häufigkeiten dargestellt. In den meisten Fällen reicht eine Betrachtung anhand von Mittelwerten nicht aus, um das Antwortverhalten treffend beschreiben zu können. Durchschnittswerte sind hier dennoch angegeben, um einen schnellen Einblick in die Grundstimmung gewähren zu können. 34

35

Vgl. van Baal, Sebastian: Individuelle und soziale Hemmnisse bei der Einfuhrung und Veränderung von Systemen: Ein theoriegeleiteter Bezugsrahmen, K ö l n 2003. Empirische Ergebnisse hierzu finden sich bei Hudetz, K./Dach, Chr., 2002, S. 107 und Hudetz, Kai/Tanaskovic, Nicola: Internet i m Handel 2004, K ö l n 2004, S. 113 f.

93

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

Die folgende Abbildung 8 stellt die Antworten bezüglich der Frage nach der zukünftigen Bedeutung der Beschaffung über elektronische Marktplätze dar. 100% 75% 50% 29,4%

24,7%

25%

22,4%

Λ a. aoj

7,1% 0%

1 -J

1

gar nicht

U

- 2·

-

^

3

Zustimmung

1 4

5

vollständig

Mittelwert: 3,16 Median:

Abbildung 8:

3

Die Beschaffung über elektronische Marktplätze wird zukünftig unser Unternehmen von großer Bedeutung sein, (n = 85)

fiir

Hier zeigt sich insgesamt eine Uneinigkeit bzw. Unentschlossenheit der Umfrage-Teilnehmer. Über 75 % der Antworten liegen bei dieser Frage innerhalb des Intervalls von zwei bis vier, und dementsprechend treffen Extremwerte nur für relativ wenige Teilnehmer zu. Im Vergleich zu der Umfrage „Internet im Handel und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen 2002" fallt die Zustimmung jedoch deutlich höher aus. So lagen bei dieser Befragung über 50 % der Antworten auf die entsprechende Frage bei eins oder zwei; im Mittel ergab sich eine vergleichsweise schwache Zustimmung von 2,43. Von einer positiven Entwicklung der Einschätzung von elektronischen Marktplätzen kann vor allem aus dem Grund ausgegangen werden, dass bei der Referenzstudie vom Juli 2002 insbesondere die kleinen Unternehmen nur eine geringe Zustimmung zu dieser Aussage äußerten. 36 Da Unternehmen dieser Größenklasse in der vorliegenden Stu36

94

Vgl. Hudetz, K./Dach, Chr., 2002, S. 41 und 108: Hier ergab sich ein Wert von 2,38 für die Unternehmen mit bis zu drei und 2,34 für die diejenigen von 4 bis

Beschaffung über elektronische Marktplätze

die besonderes stark repräsentiert sind, kann auf eine insgesamt steigende Zustimmung geschlossen werden. Waren es in 2002 noch vorwiegend die größeren Organisationen, die elektronischen Marktplätze gegenüber positiv eingestellt waren, zeigen sich nun somit auch steigende Zustimmungswerte bei kleineren Unternehmen. In der folgenden Abbildung 9 wird noch einmal auf das Problem der Unterstützung langfristiger Lieferantenbeziehungen eingegangen. Hier wird nicht wie in Abschnitt 4.4 die Problematik dieser Funktionalität thematisiert, sondern deren Wichtigkeit. 100% 75% 50%

36,0%

25% 0%

11,6% 1,2%

l l ü l I

1 gar nicht

30,2%

20,9% P S I l 1

2

1

3

1

4

Zustimmung

5 vollständig

Mittelwert: 3,83 Median:

Abbildung 9:

4

Es ist wichtig, dass auf elektronischen Marktplätzen Möglichkeiten zur Unterstützung langfristiger Lieferantenbeziehungen angeboten werden. (n = 86, nur Marktplatz-Nutzer)

Ein Vergleich zwischen der Zustimmung zu dieser Aussage und den Antworten auf die Frage nach den Problemen bei der Nutzung bzw. den Gründen für die Nichtnutzung (Abbildung 7 in Abschnitt 4.4) erlaubt einen Schluss auf zwei Gruppen innerhalb der Umfrageergebnisse: Diejenigen

9 Beschäftigten. Damit liegen die Antworten für diese Größenklassen unter dem Mittelwert von 2,43, wohingegen die der größeren Unternehmen darüber lagen.

95

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

Teilnehmer, die der Aussage, die in Abbildung 9 dargestellt ist, mit einem Wert größer als drei zustimmen, weisen dem Problem der mangelnden Unterstützung langfristiger Beziehungen insgesamt eine mittlere Bedeutung von 3,07 bei. Diejenigen Teilnehmer hingegen, die der Aussage aus Abbildung 9 mit einem Wert von drei oder weniger zustimmen, messen dem Problem der mangelnden Unterstützung langfristiger Beziehungen nur eine mittlere Bedeutung von 2,08 bei. 3 7 Die letzte Aussage, um deren Bewertung die Teilnehmer gebeten wurden, betrifft die qualitative Einschätzung der Beschaffimg über elektronische Marktplätze. Wie die folgende Abbildung 10 zeigt, stimmen über 35 % der Teilnehmer einer „überaus positiven Bewertung" vollständig zu. Über 80 % stimmen mit dieser Bewertung zumindest teilweise überein. Dieses Ergebnis ist insbesondere i m Hinblick auf die bisherige Zielerreichung bemerkenswert (dargestellt in Abbildung 5 in Abschnitt 4.2). So scheint die Beschaffung über elektronische Marktplätze selbst bei unvollständigem Erreichen der gesetzten Ziele den Unternehmen Vorteile zu bringen, die zu einer überdurchschnittlich positiven Bewertung dieses Beschaffungskanals fuhren. 100%

75%

1

2

gar nicht

3

4

Zustimmung

5 vollständig

Mittelwert: 3.78 Median:

Abbildung

37

96

10:

4

Die Nutzung von elektronischen Marktplätzen zur Beschaffung bewerte ich überaus positiv, (n = 64, nur Marktplatz-Nutzer)

Die Differenz zwischen den beiden Mittelwerten ist auf dem 1 %-Niveau hochsignifikant.

Beschaffung über elektronische Marktplätze

5

Fazit

Nachfolgend werden wesentlichste Erkenntnisse zur Beschaffung über elektronische Marktplätze in den befragten kleinen und mittelständischen Unternehmen aus Handel und Dienstleistungsbereich zusammengefasst. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass aufgrund der notwendigen Erhebungsmethodik die Repräsentativst der Ergebnisse nicht gewährleistet ist. Insbesondere bezieht sich die Stichprobe auf besonders internetaffine Unternehmen. Die folgenden Ausführungen zeigen jedoch wichtige Tendenzen auf. •

Der Anteil der über das Internet bzw. über elektronische Marktplätze beschafften Waren wird deutlich zunehmen. Dies gilt in erster Linie für Güter für den Eigenbedarf, aber auch für Produkte für den Weiterverkauf.



Ein mittelständisches Unternehmen nutzt im Normalfall nur wenige elektronische Marktplätze. Dabei werden sowohl horizontal als auch vertikal ausgerichtete Plattformen einbezogen.



Die wichtigsten Ziele bei der Beschaffung über elektronische Marktplätze stellen die Beschleunigung der Einkaufsprozesse, die Reduktion der Prozesskosten und die Erhöhung der Produktauswahl dar. Die Senkung der Produktkosten folgt erst an vierter Stelle.



Alle verfolgten Ziele sind bislang zumeist erst in Ansätzen verwirklicht worden. Besonders eklatante Abweichungen zwischen der Bedeutung eines Ziels und seiner bisherigen Zielerreichung ergeben sich bei der Reduktion der Prozess- und Produktkosten. Die prophezeiten Kostensenkungspotenziale konnten bislang nur wenige kleine und mittelständische Unternehmen realisieren.



Bei der Eignung unterschiedlicher Produktgruppen für die Beschaffung über elektronische Marktplätze bestehen nach Ansicht der Befragten erhebliche Differenzen. Indirekte Güter, häufig bestellte Waren und standardisierte Produkte bieten sich für Ε-Procurement in besonderer Weise an.



Die wichtigsten Probleme bei der Beschaffimg über elektronische Marktplätze sehen die befragten Unternehmen in den Produkten selbst: Viele Produkte werden von den Lieferanten nicht online angeboten, in anderen Fällen stufen die Befragten die Produkte als für die elektronische Beschaf97

Kai Hudetz, Sebastian van Baal

fung ungeeignet ein. Mangelnde Informationen über entsprechende Marktplätze stellen ein weiteres besonders wichtiges Problem dar. •

Unzureichende Informationen über geeignete elektronische Marktplätze stellen auch den wichtigsten Grund dar, warum Unternehmen die Optionen der elektronischen Beschaffung nicht nutzen. Zudem hält das fehlende Angebot der benötigten Güter sowie die mangelnde Unterstützung langfristiger Lieferantenbeziehungen viele Unternehmen von der Beschaffung über elektronische Marktplätze ab.



Für den künftigen Erfolg elektronischer Marktplätze wird es entscheidend sein, inwieweit langfristige Lieferantenbeziehungen unterstützt werden können.



Obwohl die Ziele bislang nur in Ansätzen erreicht wurden, beurteilen die befragten Unternehmen die Beschaffung über elektronische Marktplätze überaus positiv. Die Tatsache, dass sich Erfolge auch im EBusiness zumeist erst mittel- und langfristig einstellen, ist den Befragten offensichtlich bewusst.

Wesentliche Aussagen der vorgestellten Studie machen deutlich, dass die Beschaffung über elektronische Marktplätze weiter an Bedeutung gewinnen wird. Auch kleine und mittlere Unternehmen können von dieser Entwicklung profitieren und ihren Beschaffungsprozess optimieren. Allerdings sollten an das Ε-Procurement vor allem in der Anfangsphase keine überzogenen Erwartungen gestellt werden. Viele positive Effekte stellen sich erst mittelfristig, andere im vollen Umfang nur bei optimalen technischen Voraussetzungen ein.

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100

Kundenbindung über das Internet Kai Wilke, Andreas Duscha, Kai Hudetz Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung

102

2 Theoretische Grundlagen

103

3 Methodik des empirischen Vorgehens

107

4 Stichprobe

109

5 Ergebnisse im Überblick

112

6 Ergebnisse zu ausgewählten Kundenbindungsinstrumenten

116

6.1 Newsletter 6.2 Kundenkarte

117 122

6.3 Verbundangebote

127

7 Fazit

130

Literaturverzeichnis

131

101

Kai Wilke, Andreas Duscha, Kai Hudetz

Einleitung Die zentrale Bedeutung des Kundenbindungsmanagements für den Unternehmenserfolg ist inzwischen sowohl in der wissenschaftlichen Diskussion als auch in der betriebswirtschaftlichen Praxis unbestritten.1 Es stellt sich dabei auch für kleinere Unternehmen zunehmend die Frage, inwieweit das Internet in ein systematisches Kundenbindungsprogramm des Händlers integriert werden kann bzw. muss. Nachdem bis in das Jahr 2000 hinein die Möglichkeiten des E-Commerce überwiegend euphorisch eingestuft wurden, hat sich in den vergangenen Jahren Ernüchterung breitgemacht.2 Die reinen Online-Umsätze blieben zumeist hinter den häufig überzogenen Erwartungen zurück. Der HAUPTVERBAND DES DEUTSCHEN EINZELHANDEL beziffert den Anteil des B2CE-Commerce am gesamten Einzelhandelsumsatz in Deutschland für das Jahr 2003 trotz deutlicher Zuwachsraten auf „nur" 2,1 %. Dieser vergleichsweise geringe Umsatzanteil darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Internet bei der Verkaufsanbahnungsphase von großer Bedeutung ist. Zumindest kleine und mittlere Handelsunternehmen stehen bei der Nutzung des Internets häufig noch am Anfang. Angesichts der Krise der reinen Internetunternehmen und der damit einhergehenden eher skeptischen Beurteilung des E-Commerce haben in den letzten Jahren nur wenige Handelsunternehmen diesem Bereich eine hohe Priorität eingeräumt.3 Mit wachsenden Online-Umsätzen steigt das Interesse an der Thematik wieder an. Zunehmend erkennen kleinere Unternehmen, dass auch sie das Internet zur Kundenbindung nutzen können. Für traditionelle Handelsunternehmen stellen Online-Instrumente keinen Ersatz für traditionelle Maßnahmen, sondern eine Ergänzung im Rahmen

2

3

Der vorliegende Beitrag basiert auf Hudetz, Kai/Duscha, Andreas/Wilke, Kai: Kundenbindung über das Internet - Ergebnisse einer empirischen Studie, Band 9 der ausgewählten Studien des ECC Handel, K ö l n 2004. Vgl. Hudetz, Kai: Internet, E-Business, E-Commerce - Fakten und Trends, in: Handel i m Fokus - Mitteilungen des Instituts für Handelsforschung, 54. Jg. (2002), H. 3, S. 216. Zur aktuellen Nutzung des Internets speziell in kleinen und mittelständischen Handelsunternehmen siehe Hudetz, Kai/Tanaskovic, Nicola: Internet i m Handel 2004, K ö l n 2004 und den entsprechenden Beitrag in diesem Band.

102

Kundenbindung über das Internet

des gesamten Kundenbindungsmanagements dar. Durch ihren Einsatz soll das Ziel verfolgt werden, die Kunden auch über das an Bedeutung zunehmende und im Alltag immer stärker verankerte Medium Internet zu erreichen und mit adäquaten Maßnahmen anzusprechen. Um konkrete Aussagen zur Eignung und Wirksamkeit des Internets im Kundenbeziehungsmanagement zu erhalten, führte das am INSTITUT FÜR HANDELSFORSCHUNG angesiedelte E-COMMERCE-CENTER HANDEL eine eigene Erhebung durch, bei der die Erfahrungen von Online-Kunden, aber auch die Anforderungen und Erwartungen der Online-Käufer an OnlineInstrumente der Kundenbindung abgefragt wurden. Diese Befragungsergebnisse stehen im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags. Zunächst wird jedoch in aller Kürze das zugrunde liegende theoretische Konstrukt der Kundenbindung über das Internet erläutert. Anschließend wird die Methodik des empirischen Vorgehens beschrieben. Um die Ergebnisse der Erhebung entsprechend einordnen zu können, wird die Stichprobe im vierten Kapitel detailliert analysiert und mit anderen Gesamtheiten verglichen. Im folgenden Teil werden grundsätzliche Erkenntnisse der Befragung, bspw. zur generellen Zufriedenheit der Internetkäufer mit den Online-Anbietern vorgestellt. Anschließend erfolgt eine detaillierte Betrachtung der Ergebnisse zu einzelnen Kundenbindungsmaßnahmen. Aus der Fülle der Optionen wurden mit dem Newsletter, der Kundenkarte und den Verbundangeboten drei besonderes wichtige Maßnahmen für diesen Beitrag ausgewählt.

2

Theoretische Grundlagen

Seit geraumer Zeit wird dem Phänomen der Kundenbindung insbesondere im Handel eine zentrale Bedeutung beigemessen. Die in Abbildung 1 dargestellten positiven Auswirkungen der Kundenbindung auf den Unternehmenserfolg sind unbestritten. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es für Unternehmen entscheidend, Stammkunden zu binden. Der Begriff der Kundenbindung wird in Theorie und Praxis teilweise in unterschiedlichen Facetten genutzt.4 Um ein einheitliches Begriffsver4

Vgl. hierzu Müller-Hagedorn, Lothar: Kundenbindung mit System, in: MüllerHagedorn, L. (Hrsg.): Kundenbindung i m Handel, 2. Auflage, Frankfurt/Main 2001, S. 17-19.

103

Kai Wilke, Andreas

uscha, Kai Hudetz

ständnis sicherzustellen, wird im Folgenden auf die Definition zur Kundenbindung von DILLER zurückgegriffen, der wie folgt definiert: „Kundenbindung liegt dann vor, wenn innerhalb eines zweckmäßig definierten Zeitraums wiederholte Informations-, Güter- oder Finanztransaktionen zwischen zwei Geschäftspartnern stattgefunden haben (ex post-Betrachtung) bzw. geplant sind (ex ante-Betrachtung)."5

Abbildung 1:

Zusammenhang zwischen Kundenbindung {Quelle: Braunstein, C, 2001, S. 4.)

und Unternehmenserfolg

Zwei Aspekte sind fur die Fokussierung auf das Internet entscheidend. Zum einen spricht DILLER von „wiederholten Informationsaktionen" und reduziert seine Definition nicht nur auf wiederholte Kaufaktionen zur Bestimmung von Kundenbindung. Gerade in diesem Bereich scheinen die Stärken des Internets als schnelles und immer präsentes Informationsmedium zu liegen. In einer repräsentativen Befragung von Online-Nutzern hat das ECC HANDEL bereits 2001 festgestellt, dass das Internet fur die Information in der Kaufanbahnungsphase von großer Bedeutung ist.6 In

Diller, Hermann: Kundenbindung als Marketingziel, in: Marketing ZFP, 18. Jg. (1996), H. 2, S. 84. Siehe Dach, Christian: Vorteile eine Multi-Channel-Strategie: Eine nüchterne Betrachtung, K ö l n 2002, S. 18-24.

104

Kundenbindung über das Internet

einer aktuellen Erhebung wurde dieser Befund untermauert. 7 Die Informationsversorgung der Kunden spielt daher bei den Online-Instrumenten zur Kundenbindung eine zentrale Rolle. Zum anderen weist DILLER sowohl auf eine Betrachtung der Vergangenheit als auch der Zukunft hin. Damit ebnet er den Weg zu einem sicherlich schwierigen, aber wichtigen Aspekt der Kundenorientierung. Die Planung und Kontrolle darf sich nicht nur darauf beschränken, die Kundenbindung anhand von ökonomischen und faktischen Erfolgen aus der Vergangenheit zu messen und zu bewerten (Umsatzveränderungen aufgrund von Kundenbindungsmaßnahmen), sondern bedarf einer Analyse der Verhaltensabsichten des Kunden in absehbarer Zukunft. Es erscheint daher von großer Bedeutung, auch verhaltenswissenschaftliche Zwischengrößen (Einstellung, Zufriedenheit, Loyalität etc.) zu untersuchen und die damit einhergehenden Handlungs- und Wiederkaufabsichten des Kunden zu prüfen. Dieser zweite Aspekt steht im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags. Im Kundenbindungsmanagement finden sich zwei Ansätze für die Kundenbindung: BLIEMEL/EGGERT differenzieren hierbei zwischen einer Gebundenheit und einer Verbundenheit des Kunden.8 Bei der Gebundenheit versucht der Anbieter die Freiheit seiner Kunden einzuschränken, indem er Wechselbarrieren errichtet. Grundlage für die Gebundenheit des Kunden sind Verträge oder ökonomische Belohnungen und Sanktionen, weswegen häufig auch von faktischen Bindungen gesprochen wird. Die Verbundenheit hingegen lässt sich als ein „Nicht-Wechseln-Wollen" charakterisieren und basiert auf einer Zufriedenheit des Kunden mit dem Anbieter und seinen Leistungen. Statt materieller stehen immaterielle Wechselkosten im Vordergrund, weswegen Verbundenheit oftmals auch als psychologische Bindung verstanden wird. Dem Konstrukt der Kundenzufriedenheit kommt bei der Unternehmensführung aus verschiedenen Gründen eine zentrale Rolle zu. So kann davon ausgegangen werden, dass zufriedene Kunden •

mehr Geld pro Einkauf ausgeben,



häufiger einkaufen,

7

Vgl. hierzu van Baal, Sebastian/Hudetz, Kai: Multi-Channel-Effekte im Handel, Köln 2004, sowie den entsprechenden Beitrag in diesem Band. Vgl. Bliemel, Friedhelm W./Eggert, Andreas: Kundenbindung - die neue Sollstrategie, in: Marketing ZFP, 20. Jg. (1998), H. 1, S. 39-44.

8

105

Kai Wilke, Andreas Duscha, Kai Hudetz



mehr Leistungen nutzen,



weniger über einen Anbieterwechsel nachdenken,



den Anbieter weiterempfehlen und



weniger preissensibel sind.9

Sowohl der Management-Ansatz der Gebundenheit als auch der der Verbundenheit haben ihre Berechtigung und können zudem gleichzeitig verfolgt werden. Dies gilt auch für E-Commerce. Der vorliegende Beitrag widmet sich vor allem der Verbundenheit des Kunden mit dem Anbieter. Die zugrunde liegende Umfrage unter Online-Shoppern berücksichtigt aber auch einige ökonomische Bindungsinstrumente wie Rabattierungen und Coupons. Eine derartige Analyse verfolgt die Zielsetzung, aus dem Spektrum der denkbaren Online-Instrumente die Geeigneten herauszulösen und entsprechend auszugestalten, so dass sich beim Kunden ein für das Kundenbindungsmanagement charakteristischer Zustand der Anerkennung und Wertschätzung gegenüber dem Anbieter einstellt.10 Zunächst gilt es zu analysieren, welche Online-Instrumente dem Anbieter zur Verfügung stehen. Abbildung 2 stellt die gängigsten Maßnahmen im ECommerce dar und ordnet sie den aus dem Handel bekannten absatzpolitischen Instrumenten11 zu. Dabei wurden die für das Internet irrelevanten Bereiche Standort, Verkaufsraum und Personal durch die Front EndPolitik als Schnittstelle zum Online-Besucher12 ersetzt. Augenfällig ist die eher erzwungene Zuordnung der Kundenkarte zur Kommunikationspolitik. Sie sollte daher eher als Querschnittsfunktion angesiedelt werden. Aus den aufgelisteten Maßnahmen wurden nachfolgend drei besonders wesentliche ausgewählt und genauer betrachtet. Dabei handelt es sich um Newsletter, Kundenkarten und Verbundangebote. Um konkrete Aussagen zur Eignung und Wirksamkeit des Internets im Kundenbeziehungsmanage9 10

11

12

Vgl. Müller-Hagedorn, L., 2001, S. 34. Vgl. Eggert, Andreas: Konzeptionelle Grundlagen des elektronischen Kundenbeziehungsmanagements, in: Eggert, Andreas/Fassot, Georg (Hrsg.): Electronic Customer Relationship Management, Stuttgart 2001, S. 94. Vgl. z . B . Müller-Hagedorn, Lothar: Handelsmarketing, 3. Aufl., Stuttgart 2002, S. 7. Vgl. Wilke, Kai: Controlling i m E-Commerce, in: Handel i m Fokus, 54. Jg. (2002), H. 4, S. 284.

106

Kundenbindung über das Internet

Abbildung 2:

Instrumente des Kundenbindungsmanagements

über das Internet

ment zu erhalten, führte das am INSTITUT FÜR HANDELSFORSCHUNG angesiedelte E-COMMERCE-CENTER HANDEL eine Erhebung durch, bei der die Erfahrungen von Online-Kunden, aber auch die Anforderungen und Erwartungen der Online-Käufer an Online-Instrumente der Kundenbindung abgefragt wurden.

3

Methodik des empirischen Vorgehens

Aus den möglichen Erhebungsmethoden, die zur empirischen Überprüfung der Kundenbindungsinstrumente und der Kundenanforderungen in Frage kamen, wurde die Online-Befragung vor allem aus pragmatischen Überlegungen anderen Optionen, wie ζ. B. einer schriftlichen Befragung oder Telefoninterviews vorgezogen. Online-Befragungen sind insbesondere bei internetspezifischen Inhalten vorteilhaft, da ein Medienbruch vermieden wird. 13 Die Teilnehmer wurden frei rekrutiert. Die Online-Befragung 13

Vgl. Escher, Christian/Müller-Peters, Anke/Geißler, Holger: Stichprobenziehung und Methoden in der Online-Marktforschung, in: Wirtschaftspsychologie, 2001, H. 4, S. 75.

107

Kai Wilke, Andreas Duscha, Kai Hudetz

stellt eine besonders kostengünstige Möglichkeit der standardisierten Erhebung dar. Als methodische Mängel werden häufig mangelnde Repräsentativität und unvollständige Abdeckung der Zielgruppe (potenzielle Coverage-Problematik) genannt.14 Diese Probleme müssen bei der Interpretation der Ergebnisse beachtet werden. Die Zusammensetzung der Stichprobe wird daher in Kapitel 4 detailliert analysiert. Die dortige Betrachtung zur Struktur und Güte der Stichprobe zeigt zahlreiche Aspekte auf, die für eine ,/elative Repräsentativität" zum Zeitpunkt der Erhebung sprechen. Die Befragung richtete sich explizit an Endkunden, die in 2003 bereits in einem Online-Shop (nicht bei Auktionsplattformen wie z. B. EBAY) eingekauft hatten, so dass generelle Urteile der Probanden zum OnlineShopping und zu Online-Anbietern an einen konkreten Einkauf geknüpft waren. Die gewählte Transaktionsorientierung 15 reduzierte die Teilnehmerzahl zwar massiv, sollte aber zu präziseren Ergebnissen führen, da tatsächliche Online-Shopper zu persönlichen Erfahrungen, Anforderungen und Bindungsverhalten befragt wurden. Zudem wurden sogenannte Auktionskäufe, deren Anteil mittlerweile ein beträchtliches Ausmaß angenommen hat,16 herausgefiltert. Diese Filterung wurde bewusst durchgeführt, weil derartige Käufe entweder zwischen Endkonsumenten stattfinden oder im Falle der B2C-Verkäufe auf einer Plattform wie EBAY, die Leistungskomponenten des Anbieters durch das Angebotsspektrum der Auktionsplattform überschattet werden. Beide Bedingungen für die Teilnahme wurden sowohl in der Einladung und der Einleitung der Umfrage deutlich gemacht, als auch im Fragenkatalog gegengeprüft und gegebenenfalls herausgefiltert. Die Online-Erhebung befand sich von Oktober bis November 2003 über einen Zeitraum von 5 Wochen im Feld. Als Anreiz für die Teilnahme wurden Geschenkgutscheine für eine Verlosung unter den Teilnehmern zur 14

15 16

Vgl. Wirtz, Bernd W.: Kompakt-Lexikon eBusiness, Wiesbaden 2002, S. 190f., ο. V.: Online-Marktforschung, in: Absatzwirtschaft, 2002, H. 6, S. 45 f. Vgl. Dach, C., 2002, S. 15 f. Täglich werden weltweit auf eBay mehr als 1,7 Millionen neue Angebote eingestellt. Seit Anfang 2003 weist eBay in Deutschland auch die höchste Reichweite aller Online-Verkaufsplattformen in Deutschland auf. Vgl. hierzu: Hudetz, Kai: Online-Auktionen - auf der Jagd nach Schnäppchen, in: Handel im Fokus, 55. Jg. (2003), H. 3, insbes. S. 164f.

108

Kundenbindung über das Internet

Verfügung gestellt. Von den 826 ausgefüllten Fragebogen konnten insgesamt 675 verwertet werden und in die Auswertung einfließen. Angesichts des umfangreichen Fragebogens war die Resonanz sehr zufriedenstellend. Die maximal 53 Punkte des Fragebogens gliedern sich in 19 Fragenkomplexe. Nahezu alle Punkte wurden mit geschlossenen (Fünfer-)Skalen abgefragt. Die Frage nach dem Hauptgrund, wieder bei demselben Anbieter zu kaufen oder nicht mehr zu kaufen, wurde mit einer offenen Frage erhoben. Um die Erfassungsmaske notfalls rechtzeitig modifizieren zu können, wurden die Einträge permanent überprüft. Die Abbruchquote derjenigen, die den Fragebogen starteten, fiel mit 21,7% sehr niedrig aus. Davon brach knapp die Hälfte (9 %) bereits bei der ersten Frage ab. Bei dieser Gruppe lag offensichtlich kein ernsthaftes Interesse an der Befragung vor. Aufgrund der geringen Abbruchquote blieb die Erfassungsmaske während des gesamten Erhebungszeitraums unverändert.

4

Stichprobe

Es wurde bereits angemerkt, dass die Stichprobe aufgrund der Erhebungsmethodik keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben kann. Hierzu wären Panels oder eine entsprechend große bzw. quotierte Stichprobe notwendig. Nachfolgend werden jedoch typische Kriterien herangezogen, um zu verdeutlichen, dass die Stichprobe in ihrer Teilnehmerstruktur im Vergleich zu entsprechend aufwendigeren Erhebungen dennoch ein recht ausgewogenes Bild der Online-Shopper widerspiegelt. Zur Gegenprobe wird das „GFK WEB*SCOPE E-COMMERCE-TRACKING" herangezogen, bei

dem es sich um ein feststehendes Panel von 10.000 Internetnutzern handelt, das die deutschen Internetnutzer im Alter von über 14 Jahren repräsentiert. Die entsprechende jährliche Auswertung stellt die Ergebnisse für das Jahr 2002 zur Verfügung. Wie in Abbildung 3 dargestellt, weist die Online-Umfrage des ECC HANDEL einen Anteil von 66,4 % männlicher und 33,6 % weiblicher Teilnehmer aus. Somit weicht die Geschlechterstruktur der Online-Käufer etwas von der des GfK-Panels für das Jahr 2002 ab, das einen Männer-Anteil von 58,8 % aufweist. Diese leichte „Männerlastigkeit" der Stichprobe ist bei den nachfolgenden Interpretationen zu berücksichtigen. Begünstigend lässt sich allerdings festhalten, dass sich diese 2:1 Verteilung bezüglich des Geschlechtes in allen geprüften Untergruppen (ζ. B. Alterklassen, Kauf109

Kai Wilke, Andreas

usha, Kai Hudetz

• männlich • weiblich

33,6%

66,4%

Abbildung 3:

Geschlechterstruktur

der Stichprobe (n = 566)

häufigkeit) wiederfindet. Zum zweiten konnten in der Stichprobe vor allem „High Online Consumer" oder Vielkäufer erreicht werden. Der Anteil der männlichen Käufer unter den „Vielkäufern" ist dabei traditionell höher als bei „Seltenkäufern". 17 Wird die Kaufhäufigkeit genauer betrachtet, bestätigt sich der höhere Anteil der Vielkäufer im Vergleich zum GfK-Panel. Wie Abbildung 4 zeigt, liegt der Wiederkauf-Anteil der Probanden mit 88,4 % deutlich über dem des Panels für 2002 (69,0 %). Zudem fällt der Anteil der Online-Shopper mit sechs oder mehr Online-Käufen im Betrachtungsjahr mit 35,7 % wesentlich höher aus (im Vergleich zu 19,3 % in der Stichprobe des Panels). Dabei müssen allerdings zwei Dinge erwähnt werden. Zum einen lässt sich die höhere Quote aufgrund des ein Jahr späteren Erhebungszeitraums und den damit einhergehenden umfangreicheren Erfahrungen mit dem Medium erklären („Internet als fester Bestandteil des täglichen Lebens"). Zum zweiten aber dürfte der Wert der Stichprobe noch höher ausfallen, sofern die Stichprobe analog zum Panel einen Betrachtungszeitraum von einem vollen Jahr erfragt hätte und nicht nur gut 10 Monate (Januar bis Oktober bzw. November 2003). Insbesondere die Weihnachtszeit, in der tradi17

Die ComCult Research GmbH weist einen Anteil von 84 % männlicher High Online Consumer aus. Abweichend von der Definition dieses Beitrags, die von der Kaufhäufigkeit ausgeht, definiert ComCult diese Zielgruppe zudem als Online-Shopper mit hoher Zahlungsbereitschaft (einzelne Order über 5 0 0 - Euro) und hohem Haushaltsnettoeinkommen (mehr als 3.000,- Euro monatlich). Vgl. ComCult Research GmbH und TerraTec Ad2Net AG: „Online-Marketing 2003" - Zielgruppe High Online Consumer, Berlin 2003.

110

Kundenbindung über das Internet

1 mal

1 11,6% I 14,8°/L

2 mal 3 bis 5 mal

37,9%

6 bis 20 mal

] 25,3*Vo

öfter als 20 mal

) 10,4% 0%

Abbildung 4:

Kaufintensität

τ

10%

1

1

20%

r

30%

40%

50%

in der Stichprobe (bereits 2003 eingekauft; η = 675)

tionsgemäß der Online-Kauf nochmals einen starken Schub erfahrt, 18 fehlt in der Stichprobe. Im Hinblick auf die in Abbildung 5 dargestellte Altersstruktur der OnlineKäufer in der Stichprobe lässt sich konstatieren, dass diese bis auf leichte Abweichungen bei den Käuferschichten unter 18 Jahren und über 65 Jahren der Altersstruktur aus dem WEB*SCOPE 2002 stark ähnelt. Auch hier liegt das Zentrum der Online-Shopper im Altersbereich von 30 bis 40 Jahren und die Anteile der jüngeren und älteren Generationen sind ähnlich stark vertreten. jünger als 18 Jahre 1 0,5% 18 bis 25 Jahre

19,1%

26 bis 35 Jahre 36 bis 49 Jahre

I 42,9% 29,3%

50 bis 65 Jahre älter als 65 Jahre

Abbildung 5:

18

0% Altersstruktur

10% 20% 30% der Stichprobe (n = 576)

40%

50%

Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) schätzt den Anteil des Online-Weihnachtsgeschäfts am gesamten B2C-E-Commerce auf etwa 25 %. I m Jahr 2003 sollen in Deutschland laut Forrester Research OnlineWeihnachtskäufe in Höhe von 2,5 Milliarden Euro getätigt worden sein.

111

Kai Wilke, Andreas Dusha,

Kai Hudetz

anderer Abschluss 1 2,1%

Promotion Diplom / Magister / anderer Hochschulabschluss

7,4%

47,3% -

Berufsausbildung Allgemeine Hochschulreife / Fachhochschulreife /

9,9% -

25,6%

Mittlere Reife / Hauptschulabschluss

7,6%

Iι 0%

Abbildung 6:

Bildungsgrad

10%

1 20%

1 30%

1 40%

50%

60%

(höchster Abschluss) der Stichprobe (n = 566)

Nach wie vor wird das Internet überwiegend von Personen mit einem hohen Bildungsgrad genutzt. Wie Abbildung 6 zeigt, gilt dies auch für die Stichprobe: Mehr als die Hälfte der befragten Online-Käufer verfügt über einen Hochschulabschluss. Es lässt sich festhalten, dass aufgrund der Erhebungsmethode und Rekrutierung zwar keine repräsentative Stichprobe gewährleistet werden kann, die Teilnehmer jedoch im Vergleich zu einem gängigen Panel für den Deutschen Raum eine annähernd ähnliche Struktur aufweisen. Damit kann der Stichprobe eine angemessene Güte bestätigt werden. Dennoch sind die nachfolgenden Ergebnisse und deren Interpretation entsprechend achtsam zu analysieren.

5

Ergebnisse im Überblick

Ein zentrales Anliegen der Erhebung bestand darin, zu prüfen, wie zufrieden die Probanden insgesamt mit dem Online-Anbieter ihres letzten Online-Kaufs waren. Das Urteil zur Gesamtzufriedenheit wurde auf einer 5-stufigen Skala (von - 2 für sehr unzufrieden über den Mittelwert 0 bis hin zu +2 für sehr zufrieden) abgefragt. Das in Abbildung 7 dargestellte Ergebnis zeigt eine überraschend hohe Zufriedenheit der Online-Shopper: 112

Kundenbindung über das Internet

mittel seh unzufru 0,5°y

unzufrieden

zufrieden 37,9%

Abbildung 7:

sehr zufrieden 55,4%

Gesamtzufriedenheit (n = 601)

mit dem Anbieter

des letzten Online-Kaufs

37,9 % der Befragten waren mit dem Anbieter zufrieden, 55,4 % sogar sehr zufrieden. Dies spiegelt sich in dem sehr hohen Mittelwert von +1,46 wieder. Auf die Wiederkaufabsicht zielend wurde gefragt, ob der Teilnehmer erneut bei dem Online-Anbieter seines letzten Einkaufs einkaufen würde. Wie Abbildung 8 zeigt, bestätigten dies 89,1 % der Probanden, die diese Frage beantworteten. Weitere 10,0% äußerten ein „vielleicht" und nur knapp 1 % lehnten den Wiederkauf ab. Diese extrem hohe Wiederkaufabsicht untermauert die hohen Zufriedenheitswerte. Werden die Antworten gegengeprüfi, bestätigen die Resultate den faktischen Zusammenhang zwischen Gesamtzufriedenheit mit dem Online-Einkauf und der Wiederkaufabsicht. So beträgt der Mittelwert für die Zufriedenheit in der Gruppe der Probanden mit Wiederkaufabsicht entsprechend +1,58, in der Gruppe der unentschlossenen +0,63 und in der allerdings recht kleinen Gruppe der Wiederkaufverweigerer -1,40. In einer offenen Frage wurde anschließend nach dem Hauptgrund gefragt, der ausschlaggebend dafür ist, wieder beim gleichen Anbieter einzukaufen. Es wurden 557 Antworten derjenigen Teilnehmer registriert, die einen Wiederkauf bestätigt hatten. Die Ergebnisse sind in Abbildung 9 dargestellt. Unter Vorbehalt, dass freie Text-Antworten der Interpretation bedürfen und nicht zwingend das gleiche Begriffsverständnis unterstellt werden 113

Kai Wilke, Andreas Duse ha, Kai Hudetz

nein vielleic

10,0°/

^ Abbildung 8:

ja

^

89,1 %

Wiederkaufabsicht (n = 650)

beim

Online-Anbieter

des letzten Einkaufs

darf, ließen sich dennoch recht homogene Antwortkategorien bilden. Mit 26,4 % wurde die „Schnelligkeit in der Abwicklung" als Hauptgrund für die Wiederkaufabsicht angegeben. Das Ergebnis mag überraschen, zumal der günstige Preis des Angebotes nicht an erster Stelle, sondern mit 13,6 % der Einfachnennungen erst an zweiter Position folgt. Es folgen die Bequemlichkeit (10,4 %), das große Sortiment (9,3 %), die einfache Handhabung (9,0 %) und die Zuverlässigkeit des Anbieters (7,9 %).

Schnelligkeit

1 26,4%

günstige Preise

13,6%

Bequemlichkeit

] 10,4%

großes Sortiment

9,3%

einfache Handhabung

9,0%

Zuverlässigkeit

I

allgemeine Zufriedenheit

5,2%

0% Abbildung 9:

114

7,9%

5%

10%

15%

20%

Hauptgründe fur die Wiederkaufabsicht

25%

(n = 557)

30%

35%

Kundenbindung über das Internet

Es wird deutlich, dass sich die Wiederkaufabsicht offenbar nicht nur über die Preisgünstigkeit erzeugen lässt, sondern auch aus der Zufriedenheit mit anderen Leistungskomponenten resultieren kann. Das Internet wird nicht nur von sogenannten Smart Shoppern und Schnäppchenjägern zum Einkauf genutzt, sondern durchaus auch von Konsumenten, die spezielle Services und Leistungen schätzen und honorieren. Ein weiteres Indiz hierfür findet sich im Auswertungsergebnis der Frage, in wie vielen Online-Shops die Online-Käufer im Jahr 2003 bisher eingekauft haben. Hierbei wurden nur die High Online Consumer berücksichtigt, sprich die Online-Käufer, die zumindest sechs mal Produkte in einem Online-Shop bestellt haben. Das Ergebnis bestätigt frühere Erhebungen19 zur Anbietertreue im E-Commerce. Obwohl die hohe Kundenabwanderungsrate immer als Hauptbedrohung des Online-Geschäftes vermutet und genannt wird, zeigen die regelmäßigen Online-Shopper in ihrer Kaufstättenwahl eine gewisse Konstanz. Etwa 64 % der Vielkäufer gaben an, dass sie in 2003 lediglich bei 3 bis 5 Shops eingekauft haben.

0%

20%

40%

60%

80%

100%

\u 1 Shop • 2 Shops • 3 bis 5 Shops • 6 bis 20 Shops • mehr als 20 Shops |

Abbildung 10:

Anzahl der Online-Shops, in denen 2003 eingekauft wurde (, Vielkäufer'; η = 232)

Inwieweit dieses Verhalten durch die Bequemlichkeit begründet werden kann, ζ. B. weil die wiederholte Eingabe der Kundendaten erspart bleibt, der Kunde mit dem Angebot und der Abwicklung zufrieden war oder die Kundenbindungsmaßnahmen der Online-Anbieter hierfür ursächlich sind, kann an dieser Stelle nicht nachgeprüft werden. Vertiefende Erhebungen könnten jedoch interessante Hinweise für das Kundenbeziehungsmanagement zutage bringen. Wie anspruchsvoll Stammkunden jedoch sind, zeigt Abbildung 11. Fünf von acht vorgegebenen Leistungen wurden zumindest als „wichtig" eingestuft. Die Abbildung verdeutlicht zudem die sehr hohe Bedeutung von Rabatten. 19

Vgl. Deutsche Post World Net: eCommerce Facts 3.0, Bonn 2001, S. 19.

115

Kai Wilke, Andreas

usha, Kai Hudetz

Treuerabatt auf alle Einkäufe Rabatte auf Produktgruppen oder befristete Rabatte Zusatzangebote und -services

schnellere Bestellabwicklung Bevorzugung bei Sonderangeboten und -aktionen exklusiv - neue Produkte

exklusiv - limitierte Produkte

Vergünstigungen bei Kundenwerbung

Abbildung 11:

6

Welche Leistungen sind bzw. wären Ihnen als Kunde " eines Online-Anbieters wichtig? (n >557)

„regelmäßiger

Ergebnisse zu ausgewählten Kundenbindungsinstrumenten

Im ersten Abschnitt wurde bereits auf die Instrumente des Kundenbindungsmanagements über das Internet eingegangen. Für die Erhebung des ECC HANDEL standen drei Instrumente im Fokus: der Newsletter, die Kundenkarte und Verbundangebote. Nachfolgend werden ausgewählte Ergebnisse zu diesen drei Maßnahmen dargestellt. Dabei muss betont werden, dass die Ergebnisse nur einen Querschnitt abbilden können und sich somit nur unter Einschränkungen für unternehmensspezifische Ableitungen nutzen lassen. Beispielsweise können die dargestellten Durchschnittsergebnisse von bestimmten Kundensegmenten 116

Kundenbindung über das Internet

vollkommen unterschiedlich bewertet werden. Die Auswertung der vorliegenden Ergebnisse zeigt teilweise bereits sehr abweichende Anforderungen und Erwartungen in verschiedenen Alterklassen oder aufgrund unterschiedlicher Kaufintensitäten. U m so mehr muss davon ausgegangen werden, dass die Kundensegmente einzelner Anbieter bezüglich bestimmter Produktkategorien oder in spezifischen Kaufsituationen gänzlich andere Befragungsergebnisse liefern würden.

6.1

Newsletter

Ein zurzeit sehr gängiges Kundenbindungsinstrument stellen der Newsletter und andere per E-Mail verfugbare Formen des Permission Marketing dar. Die regelmäßigen Kontakt-Impulse sollen den Kunden auf neue Angebote aufmerksam machen, einfach nur informieren oder per Verlinkungstechnik zu einem wiederholten Besuch auf die Website des Anbieters einladen. 20 Allerdings verlieren sich qualitative Newsletter-Angebote auch im Dschungel zahlreicher ungewollter Werbemails und Spammings. Folglich reagiert der Empfanger oftmals verärgert oder ignoriert derartige Newsletter vollständig. Bereits im Jahr 2002 ergab eine Online-Befragung des Marktforschungsinstituts COMCULT RESEARCH zum „Permission Marketing im Internet: Online-Newsletter", dass 6 % der abonnierten Newsletter ungelesen gelöscht werden, 22 % nur „überflogen" werden und 6,9 % der Abonnenten weniger als die Hälfte des Newsletters lesen. Andererseits lesen auch 30,1 % etwa die Hälfte jedes Newsletters und immerhin 34 % sogar alle ihre Newsletter komplett. 21 Die Online-Erhebung des ECC HANDEL überprüfte zunächst, ob die Teilnehmer überhaupt einen Newsletter von dem Anbieter beziehen, bei dem sie zuletzt online eingekauft haben. Neben 15 % der Befragten, die angaben, generell keine Newsletter zu beziehen, äußerten sich knapp ein Drittel negativ und gaben an, kein Interesse an dem Newsletter des Anbieters ihres letzten Online-Kaufs zu haben. Wie Abbildung 12 aufzeigt, bekräftigte interessanterweise allerdings auch ein weiteres Drittel der Probanden, 20

21

Zu den Einsatzmöglichkeiten und Gestaltungsoptionen von Newslettern siehe bspw. Ceyp, Michael H.: Vertriebsweg E-Mail Newsletter, Waghäusel 2003. Vgl. ComCult Research GmbH: Permission Marketing im Internet: OnlineNewsletter, Berlin 2002, S. 18 f.

117

Kai Wilke, Andreas Dusha,

Kai Hudetz

dass sie den Newsletter des Anbieters schon vor dem letzten Online-Kauf bezogen haben. Das bedeutet, dass mindestens ein Drittel der Befragten bereits vor dem Kauf Kontakt zu dem Online-Anbieter hatten und auch in Folge dessen ein Online-Kauf zustande kam.

Nein, kein Newsletter verfügbar

Nein, abbestellt 2,3%

Nein, generell keine Newsletter 15,0% Abbildung 12: Newsletter-Abonnement (n = 606)

»,ο/ο

beim Online-Anbieter

des letzten Kaufs

Ein ähnlicher Tatbestand wurde in anderen Befragungen von regelmäßigen E-Mail-Nutzern (hier definiert als Personen, die mindestens einmal pro Woche E-Mails lesen) festgestellt. Hierbei wurde die Dauer des Newsletter-Kontaktes zum Anbieter erfragt und mit der Kaufhäufigkeit in Verbindung gebracht. Demnach bleiben 28 % der Abonnenten einem Newsletter mindestens 3 Jahre treu. Diese loyale Gruppe zeichnete sich zudem dadurch aus, dass sie häufiger Verlinkungen des Newsletters anklickten und öfter online einkauften (15,5 mal im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt mit 9,6 Einkäufen pro Jahr). 22 Die Umfrageteilnehmer des ECC HANDEL, die Newsletterangebote nicht generell ablehnten, wurden gebeten, verschiedene Newsletter-Inhalte nach 22

118

Vgl. Quris: Building Brand Loyalty With E-Mail, New York 2002, S. 7 ff.

Kundenbindung über das Internet

Sonderangebote 1 neue Produkte

1I

Events

I 0,93

-0.17 •

Gewinnspiele

-^HH]

Top-Seiler

-0,41 I

das Unternehmen (Presse etc.)

-0,49 \ -

Abbildung 13:

i 1.38

2

-

1 1

1

0

1

2

Wichtigkeit einzelner Newsletter-Inhalte (n > 469) (vollkommen unwichtig = -2 ... bis ... sehr wichtig = +2)

der persönlichen Wichtigkeit zu bewerten. Hierzu wurde wiederum die zuvor beschriebene 5er-Skala angelegt. I m Durchschnitt zeigte sich hier ein zu erwartendes Bild. Die Newsletterabonnenten hatten ein hohes Interesse an Sonderangeboten (Mittelwert +1,38), gefolgt von Informationen über neue Produkte und Produktänderungen (Mittelwert +0,93). Weniger wichtig waren den Abonnenten Informationen über Events, Gewinnspiele, sogenannte Top-Seiler (Produkte, die laut Händler gerne und viel gekauft werden) oder aber generelle Informationen über das Unternehmen. Eine fur den Online-Anbieter entscheidende Frage stellt sich hinsichtlich der Versandhäufigkeit eines Newsletters. Einerseits entsteht ein nicht zu vernachlässigender Aufwand durch die Planung und Erstellung, andererseits erscheint es marketingtechnisch viel entscheidender, den Kunden weder zu häufig noch zu selten zu kontaktieren. Die überwiegende Mehrheit der deutschen Unternehmen versendet maximal 40 Newsletter im Jahr. 23 Wie Abbildung 14 verdeutlicht, äußerten sich die Teilnehmer der Umfrage des ECC HANDEL diesbezüglich uneinheitlich. Neben den wenigen Befragten, die tägliche Newsletter bevorzugen, wünschen sich auch 10,4 % die Newsletter seltener als monatlich. Schwierig gestaltet sich die Entscheidung des Anbieters aber vor dem Hintergrund, dass jeweils mehr

23

Vgl. hierzu Ceyp, M., 2003, S. 37 f.

119

Kai Wilke, Andreas Dusha,

mehrmals täglich

Kai Hudetz

täglich Γ o,4%

alle 2 bis 3 Tage 1,4% wöchentlich - 26,7%

monat 35,9

Abbildung 14:

zweiwöchentlich 24,8% Gewünschte Versandhäufigkeit

des Newsletters

(n = 501)

als ein Viertel der Befragten wöchentlich, zweiwöchentlich oder monatlich informiert werden möchten. A u f der Suche nach der idealen Versandhäufigkeit hilft eine Segmentierung der Kunden weiter. Hierzu wird neben der Versandhäufigkeit noch ein zweites Kriterium, ζ. B. die Kaufhäufigkeit hinzugezogen. Die bereits erwähnten Vielkäufer werden hierbei der Gruppe der Seltenkäufer (weniger als sechs, aber mindestens ein Online-Kauf in 2003) gegenübergestellt. Per Clusterzentrenanalyse 24 können die beiden Kriterien „Kaufhäufigkeit" und „gewünschte Versandhäufigkeit des Newsletters" kombiniert werden. A u f Basis der Umfrageergebnisse lässt sich nun eine denkbare Strategie für den Versand des Newsletters herausarbeiten. Demnach zentrieren sich Vielkäufer um die gewünschte Versandhäufigkeit von wöchentlichen Newslettern, wohingegen sich die Gruppe der Seltenkäufer um die bevorzugte Versandhäufigkeit eines monatlichen Newsletters verdichtet (siehe Abbildung 15). M i t Blick auf die obige Analyse der Fragestellung wie häufig ein Newsletter versendet werden sollte, erscheint eine nähere Betrachtung des zu

24

Aufgrund der hohen Fallzahl konnte eine Clusterzentrenanalyse Anwendung finden. Sie bedient sich eines etwas einfacheren Algorithmus als klassische hierarchische Verfahren und kann bei hohen Stichprobengrößen eingesetzt werden. Vgl. Brosius, Felix: SPSS 11, Bonn 2002, S. 661-677.

120

Kundenbindung über das Internet

Φ Vielkäufer Ο Seltenkäufer Seltenkäufer

monatlich seltenerT

Abbildung 15:

wöchentlich täglich mehrfach zweialle 2 bis 3 täglich wöchentlich Tage

Ideale Versandhäufigkeit

versendenden Inhaltes angemessen. A u f Basis der unterschiedlichen Interessen an den Newsletter-Inhalten lassen sich per Clusteranalyse drei Kundengruppen bilden: 2 5 •

„ Informationssucher " haben ein hohes Interesse an allen angebotenen Informationen (n = 139),



„ Weniginteressierte " haben außer an Sonderangeboten kaum Bedarf an Informationen (n = 129),



„Neuigkeitensucher 250) kommen unwichtig = -2 ... bis ... sehr wichtig = +2J

(voll-

Eine Besonderheit fallt auf, wenn die einzelnen Alterstrukturen analysiert werden. Insbesondere die jüngeren Kundenkartenbesitzer bis zu einem Alter von 25 Jahren zeigen ein noch größeres Interesse an Rabatten (Mittelwert: +1,65) und Prämiensystemen (Mittelwert: +1,25). M i t Blick auf Abbildung 18 fallt auf, dass Coupons (Rabattmarken) von den jüngsten Teilnehmern sehr positiv (Mittelwert in der Gruppe bis 25 Jahre: +1,02), von Altersklasse zu Altersklasse schlechter und schließlich von den über

123

Kai Wilke, Andreas Duse ha, Kai Hudetz

50-jährigen Teilnehmern negativ beurteilt werden (Mittelwert: -0,31). Es stellt sich hierbei die Frage, ob die älteren Generationen den Rabattmarken ablehnender gegenüberstehen, weil sie neuere Entwicklungen allgemein skeptischer betrachten oder ob andere Gründe hierfür ursächlich sind. Über den Versand von Mailings und die Erstellung persönlicher Angebote lassen sich keine signifikanten Aussagen treffen, da die unterschiedlichen Aussagen der Altersgruppen breit gestreut sind. Die entsprechenden Auswertungsergebnisse wurden daher aus Abbildung 18 entfernt.

I

• 1,65



Π 1,66

Rabatte auf Produkte

I 1,57 i 1,31 • 1,25

Prämien für gesammelte Einkaufspunkte

2

-

I 0,83

0,88

••

Coupons per Post/E-Mail

-

I 0,76

1,02

0,16

-0,11 -0,31 1

0 1 • über 50 Jahre • 36 bis 49 Jahre

2

• 26 bis 35 Jahre • bis 25 Jahre

Abbildung 18:

27

Erwartungen der Online-Kunden mit Kundenkarte nach Altersgruppen (vollkommen unwichtig --2 ... bis ... sehr wichtig = +2)27

Stichprobengrößen: η > 38 (bis 25 Jahre), η > 116 (26 bis 35 Jahre), η > 63 (36 bis 49 Jahre), η >26 (über 50 Jahre).

124

Kundenbindung über das Internet

Zwischen Männern und Frauen bestehen ebenfalls deutliche Unterschiede bei der Beurteilung einzelner Leistungen einer Kundenkarte (siehe Abbildung 19). Es zeigt sich, dass jeder der abgefragten Aspekte zu Kundenkarten im Durchschnitt fur Frauen bedeutsamer ist als für Männer.

Rabatte auf Produkte 1,76

Prämien für gesammelte Einkaufspunkte Coupons per Post/E-Mail

• 0,05 ••••0,41

Spezielle Mailings

• 0,08 Haara 0,32

persönliche Angebote 1 -2

1 Π QQ

-1

-0 13 H ' ,m

0,20

1 • Frauen • Männer

Γ 1

2

Abbildung 19: Erwartungen der Online-Kunden mit Kundenkarte nach Geschlechtern (vollkommen unwichtig = -2 ... bis ... sehr wichtig = +2)28

Als hoch signifikant erweist sich dabei der Unterschied in der Beurteilung von Rabatten auf Produkte und Dienstleistungen zwischen den weiblichen (Mittelwert: +1,76) und männlichen (Mittelwert: +1,50) Befragten. Dieser Aspekt der Kundenkarte ist Frauen deutlich wichtiger als Männern. So geben 80,2 % der befragten Frauen an, dass ihnen die Gewährleistung von Rabatten durch den Besitz einer Kundenkarte sehr wichtig sei. Bei den Männern fallt die Häufigkeit mit 65,1 % der Befragten deutlich geringer aus. A u f Basis der einzelnen Aspekte einer Kundenkarte kristallisieren sich per Clusteranalyse zwei Gruppen heraus. 29 Dies sind im Einzelnen:

28 29

Stichprobengrößen: η > 89 (Frauen), η > 147 (Männer). Die i m Text erläuterten Ergebniswerte resultieren aus einem spezifischen Durchlauf der nachfolgend beschriebenen Clusteranalyse. Zunächst wurden innerhalb der hierarchischen Clusteranalyse mittels des Single-LinkageVerfahrens Ausreißer identifiziert und beseitigt. Nach Anwendung des Ward-

125

Kai Wilke, Andreas

usha, Kai Hudetz



,yAlles-Woller" sind allen vorgestellten Aspekten einer Kundenkarte nicht abgeneigt. Besonders wichtig erscheinen ihnen die Gewährung von Rabatten auf Produkte und Dienstleistungen (Mittelwert: +1,71), gegen Punkte einlösbare Prämien (Mittelwert: +1,23) und die Zustellung von Coupons (Mittelwert: +1,02).



,rRabattjäger" schätzen an einer Kundenkarte, dass sie mit dieser Rabatte auf Produkte und Dienstleistungen erhalten (Mittelwert: +1,40). I m Gegensatz zu den Alles-Wollern sind für sie Coupons vollkommen unwichtig (Mittelwert: -1,55).

In Abbildung 20 ist die Altersstruktur beider Gruppen dargestellt. Den größten Anteil der Befragten machen in beiden Clustern die 26- bis 49-Jährigen aus. Eine nähere Betrachtung der weiteren Altersstruktur offenbart weitere Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

60,0% 46,2°/,

50,0% -

49,4%

40,0% -

• Alles-Woller • Rabattjäger

30,0% - 20,5%

20,0%

6,0%

10,0%

0,0%

12,0°/

bis 25 Jahre

A bbildung 20:

26 bis 35 Jahre

Altersstruktur

36 bis 49 Jahre

50 bis 65 Jahre

der A lies- Woller und Rabattjäger

So sind die Befragten, die jünger als 26 Jahre alt sind, in der Gruppe der Alles-Woller mit einem Anteil von über 20 % vertreten. In die Gruppe der Rabattjäger fließen sie mit nur 6 % ein. Eine genau umgekehrte Tendenz weisen die 36- bis 49-Jährigen auf. Sie machen in der Gruppe der Rabattjäger mit 32,5 % einen um knapp 10 % größeren Anteil aus, als bei den Alles-Wollern.

Verfahrens mit der als Proximitätsmaß zugrunde gelegten quadrierten Euklidischen Distanz signalisierte sich die dargestellte Clusteraufteilung. Die vollzogene Vorgehensweise gilt als empfehlenswert bei dieser Suche nach optimalen Clustern. Vgl. Backhaus, Klaus/Erichson, Bernd/Plinke, Wulff/Weiber, Rolf: Multivariate Analysemethoden, 8. Auflage, Springer, Berlin, 1996, S. 300.

126

Kundenbindung über das Internet

6.3

Verbundangebote

Eine weitere Maßnahme, die eine Kundenbindung bewirken kann, aber vor allem den Bonwert des Kaufes steigert, verbirgt sich hinter dem hier gewählten Begriff der Verbundangebote. Diese Bündelungsangebote wie beispielsweise Hinweise auf ergänzende Produkte oder Mengenrabatte werden in Online-Shops häufig unterbreitet, weil damit Zusatzkäufe schnell und kundengerecht angeregt werden können. Im Online-Shop können Verbundangebote auf Basis der Kaufhistorie des Online-Kunden oder durch Matching-Prozesse zu anderen Kunden mit einem ähnlichen Kaufmuster direkt und individuell angeboten werden. Es stellt angebote angeben, sind. Die

sich die Frage, inwieweit die Online-Shopper derartige Kaufakzeptieren oder ablehnen. Die Umfrageteilnehmer sollten daher wie wichtig ihnen zusätzliche Angebote bei der Produktauswahl Durchschnittsergebnisse sind in Abbildung 21 dargestellt.

Cross-Selling

I

Produktbündelung

I 0,72

(h W ^ A - ' ï l

Up-Selling

Γ—771 0,32

Kundenvergleiche

1•

Mengenbündelung

1• 0,05

Abbildung

2 21:

0,61

-

1

0,11

0

1

2

Wichtigkeit zusätzlicher Kaufangebote bei der Produktauswahl (n = 559) (vollkommen unwichtig = -2 ...bis ... sehr wichtig = +2)

Alle zusätzlichen Kaufangebote werden i m Mittel positiv bewertet, allerdings sind die Werte für den Kundenvergleich sowie die Mengenbündelung sehr gering. Die Online-Kunden räumen Zubehör und Ergänzungsartikeln, die zu dem gewählten Produkt angezeigt werden (Cross Selling), die höchste Wichtigkeit ein (Mittelwert: +0,73). Mehr als 67 % der Befragten stufen dieses Angebot als wichtig oder sehr wichtig ein. Fast gleich wichtig ist ihnen die Produktbündelung (Mittelwert: +0,60), sprich, dass Ange-

127

Kai Wilke, Andreas Duse ha, Kai Hudetz

botspakete angezeigt werden, die das Produkt mit weiteren Produkten zu einem Aktionspreis enthalten. Auch bei der Frage nach den Verbundangeboten fallt in der Analyse die Abhängigkeit des Antwortverhaltens von der Altersstruktur auf. Ähnlich wie zuvor beim Couponing scheinen die jüngeren Online-Shopper tendenziell mehr Interesse an derartigen Angeboten zu haben. Exemplarisch soll hier der Kundenvergleich dienen. Damit ist das durch AMAZON bekannt gewordene Feature gemeint, dem Kunden weitere Artikel anzuzeigen und vorzuschlagen, die von anderen Kunden bestellt wurden, die das gleiche Produkt gekauft haben. Obwohl der Mittelwert der Stichprobe nur eine durchschnittliche Wichtigkeit abbildet (+0,11), bevorzugen die Teilnehmer bis 25 Jahre die Option am stärksten (+0,33). Die älteren Altersklassen kommen auf jeweils geringere Mittelwerte bis hin zu den über 50-jährigen Teilnehmern der Umfrage, die diese Option als unwichtig und somit negativ bewerten (-0,51). Durch Anwendung einer hierarchischen Clusteranalyse unter Einbezug des Ward-Verfahrens lassen sich vier Gruppen auf Basis der bevorzugten Verbundeffekte bilden:30 •

,^illes-Woller" haben ein hohes Interesses an allen Verbundkäufen; an Cross- und Up-Selling, Produkt- und Mengenbündelung, aber auch an Kundenvergleichen (n = 167).



Iternativensuchev" vergleichen gerne die Käufe anderer Kunden und sind an Cross-Selling-Angeboten und Produktbündelung interessiert (n = 210).



Zielgerichtete Käufer" wissen genau welches Produkt sie kaufen wollen und sind daher überhaupt nicht an Kundenvergleichen interessiert (Mittelwert des hier gebildeten Clusters -1,53). Ihr Interesse gilt Angebotspaketen, die das gewünschte Produkt zusammen mit weiteren Produkten zu einem Aktionspreis enthalten (Produktbündelung) (n = 94).

30

Die im Text erläuterten Ergebnisse resultieren aus einem spezifischen Durchlauf der durchgeführten hierarchischen Clusteranalyse unter Zuhilfenahme des Ward-Verfahrens. Zuvor wurden durch Verwendung des Single-LinkageVerfahrens Ausreißer identifiziert und aus der weiteren Betrachtung ausgeklammert.

128

Kundenbindung über das Internet



„Desinteressierte" lehnen Kundenvergleiche rigoros ab und sind weder an Produktbündelung noch an Mengenbündelung interessiert (n = 86).

Die Gruppen der Älles-Woller und der Alternativensucher bilden die zwei größeren Cluster der hier gebildeten Cluster-Gruppen. Die maßgebliche Altersstruktur umfasst in allen vier Clustern die Gruppe der 26- bis 35-Jährigen. Auffällig ist jedoch, dass in der Gruppe der zielgerichteten Käufer mit 21,4 % auch ein vergleichsweise hoher Anteil 36- bis 49-Jähriger vorhanden ist. Der größte Anteil mit 86,6 % der Personen bis 35 Jahre ist in der Gruppe der Alternativensucher vertreten. Erst mit deutlichem Abstand folgt die Präsenz dieser Personen in der Gruppe der Alles-Woller. Personen, die 50 Jahre und älter sind, sind hauptsächlich in der Gruppe der Desinteressierten vertreten. Die prozentuale Verteilung der Altersklassen auf die vier gebildeten Cluster ist in Tabelle 1 dargestellt. AllesWoller

Alternativensucher

Zielgerichtete Käufer

Desinteressierte

Gesamt

bis 25 Jahre

30,6 %

45,0 %

13,5 %

10,8 %

100,0 %

26 bis 35 Jahre

27,7 %

41,6%

16,9 %

13,9%

100,0 %

36 bis 49 Jahre

31,4%

32,7 %

21,4%

14,5 %

100,0 %

ab 50 Jahre

34,8 %

17,4 %

10,9 %

37,0 %

100,0 %

Tabelle 1:

Alterstruktur

in den Clustern

Bezüglich der Geschlechterstruktur zeichnet sich in den vier Gruppen ein einheitliches Bild ab, dass konform zur Verteilung in der Grundgesamtheit der Stichprobe aufgeteilt ist. Es können somit keine geschlechtsspezifischen Anforderungen an Verbundangebote festgestellt werden. In Verbindung mit dem Bezug eines Newsletters zeigt sich bei den ersten drei Gruppen ein eher durchwachsenes Bild. Die Gruppe der Desinteressierten zeigt jedoch auch hier ein vergleichsweise starkes Desinteresse am Newsletter-Bezug. 57 % der Befragten gaben an, entweder generell keine Newsletter zu beziehen oder kein Interesse an dem Newsletter des Anbieters zu haben, bei dem sie den letzten Online-Einkauf getätigt haben. Durch die verschiedenen Antworten auf die Frage nach der Wichtigkeit spezifischer Leistungen als regelmäßiger Kunde eines Online-Anbieters 129

Kai

Wilke, Andreas

Dusha,

Kai

Hudetz

lässt sich die Gruppe der Desinteressierten weiter charakterisieren: Ihnen sind besonders eine schnelle Abwicklung und Treuerabatte auf alle Einkäufe wichtig oder sehr wichtig (jeweils > 70 %). In Tabelle 2 sind die relevanten Erkenntnisse der Cluster-Bildung tabellarisch zusammengefasst. Alles-Woller

Alternativensucher

Verbundkäufe

Hohes Interesse an allen Verbundkäufen

Altersstruktur

Cluster

Zielgerichtete Käufer

Desinteressierte

Vergleichen gern die Käufe anderer Kunden

Wünschen Produktbündelung

Lehnen Kundenvergleiche, Produkt- und Mengenbündelung ab

Gemischte Altersstruktur

Hauptsächlich Personen bis 35 Jahre

Gemische Altersstruktur

Hauptsächlich Personen ab 50 Jahre

Geschlechterstruktur

Analog zur Verteilung der Grundgesamtheit

Analog zur Verteilung der Grundgesamtheit

Analog zur Verteilung der Grundgesamtheit

Analog zur Verteilung der Grundgesamtheit

Newsletterbezug

Gemischte Verteilung

Gemischte Verteilung

Gemischte Verteilung

Starkes Desinteresse am Newsletterbezug

Bezug weiterer Leistungen

Gemischte Struktur

Gemischte Struktur

Gemischte Struktur

Besonders wichtig sind die schnelle Abwicklung und Treuerabatte auf alle Einkäufe

Tabelle

2:

Abbildung

7

Fazit

Erkenntnisse

der

Clusterbildung

Die in vorliegendem Beitrag dargestellten Ergebnisse der empirischen Studie machen deutlich, dass das Internet Handelsunternehmen zahlreiche sinnvolle Optionen zur Kundenbindung bietet, die nicht unterschätzt werden dürfen. Online-Shopping ist den Kinderschuhen entwachsen. Wurde in den ersten Jahren des B2C-E-Commerce noch häufig über Probleme bei der Abwicklung von Online-Käufen geklagt, so zeigen die aktuellen Befragungsergeb130

Kundenbindung über das Internet

nisse ein gänzlich anderes Bild. Die Befragten waren mit dem OnlineAnbieter ihres letzten Kaufs zumeist sehr zufrieden. Ernsthafte Probleme treten offensichtlich nur noch sehr selten auf. Dies führt zu einer extrem hohen Wiederkaufabsicht. Der häufig zitierte Spruch „Das nächste Angebot ist nur einen Mausklick entfernt" suggeriert eine besonders geringe Kundenloyalität im Internet. Die Befragungsergebnisse bestätigen jedoch die Erkenntnisse anderer Studien, dass Internetkäufer sich zumeist auf einige wenige Online-Shops beschränken und Kundenbindung somit durchaus möglich ist. Es wird deutlich, dass Kundenbindung sowohl mit Newslettern als auch mit Kundenkarten und Verbundangeboten erreicht werden kann. Die Instrumente müssen jedoch kundenspezifisch ausgestaltet werden, um erfolgreich zu sein. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass Online-Käufer stark differenzierende Ansprüche aufweisen. Der Zielgruppensegmentierung kommt daher eine zentrale Bedeutung zu. Das Internet bietet Handelsunternehmen zahlreiche Optionen, verschiedene Zielgruppen individuell anzusprechen und damit Kundenbindung zu betreiben.

Literaturverzeichnis Backhaus, Klaus/Erichson, Bernd/Plinke, Wulff/Weiber, Rolf: Multivariate Analysemethoden, S. 300, 8. Auflage, Springer, Berlin, 1996 Bliemel, Friedhelm W./Eggert, Andreas: Kundenbindung - die neue Sollstrategie, in: Marketing ZFP, 20. Jg. (1998), H. 1, S. 37-46. Bomsdorf, Clemens/Kerbusk, Klaus-Peter/Scheele, Martin: Erst Gas geben, dann bremsen, in: Der Spiegel, H. 49/2003, S. 96-100. Braunstein, Christine: Einstellungsforschung und Kundenbindung: zur Erklärung des Treueverhaltens von Konsumenten, Wiesbaden 2001. Brosius, Felix: SPSS 11, Bonn 2002. Ceyp, Michael H.: Vertriebsweg E-Mail Newsletter, Waghäusel 2003. ComCult Research GmbH: Permission Marketing im Internet: OnlineNewsletter, Berlin 2002. ComCult Research GmbH und TerraTec Ad2Net AG: „OnlineMarketing 2003" - Zielgruppe High Online Consumer, Berlin 2003. 131

Kai Wilke, Andreas Dusha,

Kai Hudetz

Dach, Christian: Vorteile eine Multi-Channel-Strategie: Eine nüchterne Betrachtung, Köln 2002. Deutsche Post World Net: eCommerce Facts 3.0, Bonn 2001. Diller, Hermann: Kundenbindung als Marketingziel, in: Marketing ZFP, 18. Jg. (1996), H. 2, S. 81-94. Eggert, Andreas: Konzeptionelle Grundlagen des elektronischen Kundenbeziehungsmanagements, in: Eggert, Andreas/Fassot, Georg (Hrsg.): Electronic Customer Relationship Management, Stuttgart 2001, S. 87-106. Escher, Christian/Müller-Peters, Anke/Geißler, Holger: Stichprobenziehung und Methoden in der Online-Marktforschung, in: Wirtschaftspsychologie, 2001, H. 4, S. 70-76. Hudetz, Kai: Internet, E-Business, E-Commerce - Fakten und Trends, in: Handel im Fokus - Mitteilungen des Instituts für Handelsforschung, 54. Jg. (2002), H. 3, S. 216-227. Hudetz, Kai: Online-Auktionen - auf der Jagd nach Schnäppchen, in: Handel im Fokus - Mitteilungen des Instituts für Handelsforschung, 55. Jg. (2003), H. 3, S. 162-172. Hudetz, Kai/Tanaskovic, Nicola: Internet im Handel 2004, Band 12 der ausgewählten Studien des ECC Handel, Köln 2004. Hudetz, Kai/Duscha, Andreas/Wilke, Kai: Kundenbindung über das Internet - Ergebnisse einer empirischen Studie, Band 9 der ausgewählten Studien des ECC Handel, Köln 2004. Müller-Hagedorn, Lothar: Kundenbindung mit System, in: MüllerHagedorn, L. (Hrsg.): Kundenbindung im Handel, 2. Auflage, Frankfurt/Main 2001, S. 13-45. Müller-Hagedorn, Lothar: Handelsmarketing, 3. Aufl., Stuttgart 2002. ο. V.: Internet-Handel 26.11.03, S. 16.

hofft

auf Rekordgeschäft,

in:

Handelsblatt,

ο. V.: Online-Marktforschung, in: Absatzwirtschaft, 2002, H. 6, S. 45-46. Quris: Building Brand Loyalty With E-Mail, New York 2002. van Baal, Sebastian/Hudetz, Kai: Multi-Channel-Effekte im Handel, Band 10 der Ausgewählten Studien des ECC Handel, Köln 2004. 132

Kundenbindung über das Internet

Wilke, Kai: Controlling im E-Commerce, in: Handel im Fokus, 54. Jg. (2002), H. 4, S. 274-294. Wirtz, Bernd W.: Kompakt-Lexikon eBusiness, Wiesbaden 2002.

133

Multi-Channel-Effekte: Wechselwirkungen zwischen stationärem Geschäft und Internet Sebastian van Baal, Kai Hudetz Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung

136

2 Konzeptionelle Grundlagen

137

2.1 Zur Begrifflichkeit 2.2 Spezifische Eigenschaften des Multi-Channel-Vertriebs 2.3 Planung, Organisation und Kontrolle als Bestandteile des Multi-Channel-Managements 3 Merkmale der empirischen Untersuchung 3.1 Methodik 3.2 Stichprobe 4 Ergebnisse

138 141 144 148 148 150 153

4.1 Kannibalisierung stationärer Umsätze durch den Internet-Vertriebskanal 4.2 Anbahnung von Käufen im stationären Handel 4.3 Anbahnung von Käufen im Internet

153 160 165

4.4 Vergleichende Gegenüberstellung

170

5 Fazit

175

Literaturverzeichnis

177

135

Sebastian van Baal, Kai Hudetz

Einleitung Abgesehen vom Online-Kaufhaus AMAZON und dem Online-Marktplatz EBAY dominieren ,Multi-Channel-Unternehmen' den Business-toConsumer-E-Commerce in Deutschland: TCHIBO, OTTO, QUELLE und NECKERMANN sind die Unternehmen, die am häufigsten von OnlineShoppern besucht werden.1 Während bis ins Jahr 2000 hinein häufig Sorgen artikuliert wurden, ob es diese traditionsreichen Unternehmen in einigen Jahren überhaupt noch geben würde, äußern sich viele Marktbeobachter nun wenig überrascht über den Erfolg der Multi-Channel-Händler.2 Mehr Vertrauen der Konsumenten, größere Bekanntheit, mehr Erfahrung im Handel, bessere Kostensituation - dies sind nur einige Vorteile der MultiChannel-Unternehmen. Die Multi-Channel-Händler haben ein gute Ausgangsposition, um in Zukunft noch dominanter zu werden. Dieser Unternehmenstyp setzt sich mehr und mehr durch - die Dynamik der (Meta-) Betriebsformen scheint sich weiter fortzusetzen. Dynamik bringt immer Unsicherheit mit sich: Welchen neuen Anforderungen müssen sich die Unternehmen stellen, wie sind Strukturen und Prozesse zu verändern, wie können neue Chancen bestmöglich genutzt, neue Risiken bestmöglich umgangen werden? In diesem Beitrag wird ein Aspekt der sich neu konstituierenden Aufgabe ,Multi-Channel-Management' aufgegriffen: Das Verhalten der Konsumenten bezüglich der Nutzung mehrerer Kanäle innerhalb einer einzelnen Transaktion. Diese Thematik, die in der Vergangenheit bereits vom ECC HANDEL3 und beispielsweise von MCKINSEY 4 und der BOSTON CONSULTING GROUP5 thematisiert wurde, verdient genaue Beachtung. Wie viele Verbraucher informieren sich 1

2

3

4

5

Vgl. Fittkau & Maaß Consulting: WWW-Benutzeranalyse W3B April/Mai 2004, Hamburg 2004 sowie NFO Infratest/Enigma GfK: Online Shopping Survey, München 2004. Dieser Buchbeitrag basiert auf van Baal, Sebastian/Hudetz, Kai: MultiChannel-Effekte im Handel - Wechselwirkungen zwischen stationärem Geschäft und Internet, Band 10 der Ausgewählten Studien des ECC Handel, Köln 2004 Dach, Christian: Vorteile einer Multi-Channel-Strategie: Eine nüchterne Betrachtung, Köln 2002. McKinsey & Company: Multi-Channel Marketing: Making „Bricks and Clicks" Stick, ο. Α. 2000. Boston Consulting Group: The Multichannel Consumer - The Need to Integrate Online and Offline Channels in Europe, Boston 2001.

136

Multi- Channel-E ff ekte

online, bevor sie ein Produkt im stationären Laden kaufen (und umgekehrt)? Welche Verbraucher neigen bei welchen Produkten zu einem ,Multi-Channel-Shopping'? Welchen Anteil dieser ,Channel-Hopper' kann ein Unternehmen über die Kanäle hinweg binden, wie viele und welche Verbraucher neigen zum ,Beratungsklau'? Inwieweit kannibalisieren sich die Vertriebskanäle? Antworten auf diese Fragen zählen zu den elementaren Voraussetzungen für das Management des Multi-Channel-Vertriebs. Die Basis der folgenden Ausführungen stellen die Ergebnisse einer Erhebung dar, bei der das Phänomen ,Multi-Channel-Effekte' empirisch untersucht wurde: Um konkrete Aussagen zu den Wechselwirkungen zwischen stationärem Handel und dem Internet-Vertriebskanal zu ermitteln, führte das am INSTITUT FÜR HANDELSFORSCHUNG AN DER UNIVERSITÄT ZU K Ö L N angesiedelte E-COMMERCE-CENTER HANDEL eine Primärerhebung durch, bei der das Informations- und KaufVerhalten von Online-Shoppern untersucht wurde. Im zweiten Abschnitt des Beitrags werden die spezifischen Merkmale des Multi-Channel-Vertriebs und einige Grundlagen des Multi-ChannelManagements erörtert. Die hier dargestellten theoretischen Konzepte und Darstellungen dienen als Grundlage für die Interpretation der empirischen Untersuchung, deren Merkmale im dritten Abschnitt dargelegt werden. Im folgenden Abschnitt 4 werden die Ergebnisse dieser Untersuchung dargestellt, bevor die wesentlichen Implikationen im fünften Abschnitt resümiert werden.

2

Konzeptionelle Grundlagen

Begriffe wie ,Multi-Channel-Management', ,Multi-Channeling' oder ,Multi-Channel-Marketing' werden inflationär gebraucht. Ein einheitliches Begriffsverständnis wird dabei zumeist implizit vorausgesetzt. Da diese Begriffe jedoch durchaus verschiedene Facetten aufweisen, wird im Folgenden zunächst das dem Beitrag zugrunde liegende Begriffsverständnis erläutert. Anschließend werden spezifische Eigenschaften und Fragestellungen des Multi-Channel-Vertriebs dargestellt und insbesondere die Vorund Nachteile beleuchtet. Die für den Multi-Channel-Vertrieb spezifischen grundsätzlichen Fragen, die im Rahmen der Managementaufgaben Planung, Organisation und Kontrolle zu beantworten sind, werden im dritten Abschnitt dargestellt. 137

Sebastian van Baal, Kai Hudetz

2.1

Zur Begrifflichkeit

Eine Vielzahl von Veröffentlichungen greift mittlerweile das Thema ,Multi-Channer auf, ohne dass von einem einheitlichen Verständnis oder gar von einer klaren Abgrenzung zu anderen Termini gesprochen werden kann. Im Folgenden wird - in Anlehnung an Homburg/Krohmer 6 - ein ,Channel' als ein Vertriebskanal aufgefasst. Ein solcher Kanal stellt eine Option zur Durchführung eines Kaufs bzw. einer Bestellung dar, die ein Unternehmen seinen Kunden gewährt, mithin ein Kanal der akquisitorischen Distribution. ,Multi-Channel' betrifft dementsprechend Formen der akquisitorischen Distribution, bei denen ein Unternehmen mehr als einen Vertriebskanal unterhält.7 Der Zusatz ,Multi-Channel' vor einer Funktion, einer Institution oder einem anderen Term bedeutet dementsprechend, dass diese speziell auf den Bereich bzw. auf die Problematiken mehrerer Vertriebskanäle bezogen werden. Diese Arbeitsdefinition ist einerseits eng und andererseits weit: •

Multi-Channel wird hier auf Vertriebskanäle begrenzt, Kommunikationskanäle werden insofern nicht einbezogen.8 Das ,Multi-ChannelMarketing' stellt demzufolge nicht die »Kommunikation über mehrere Kanäle', sondern das ,Marketing(-management) der Vertriebskanäle'

6

Vgl. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Marketingmanagement: Strategie Instrumente - Umsetzung - Unternehmensfuhrung, Wiesbaden 2003, S. 701 und 718. Wer den Anglizismen abgeneigt ist, würde wohl lieber von ,Mehrkanal' sprechen. Englische Bezeichnungen sind in diesem Zusammenhang jedoch gängig, haben eine leicht andere Konnotation und dienen nicht zuletzt dem internationalen Austausch. Vgl. zu dieser Abgrenzung auch Hürth, Joachim: Multi Channel-Marketing Novum oder Phrase?, in: WiSt - Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 30. Jg. (2001) H. 9, S. 463-469, hier: S. 465 sowie Scholl, Michael: Multi Channel Management: Gestaltung, Steuerung und Erfolg von Multi Channel Vertriebssystemen (Diss. Universität Mannheim 2003), unter: bibserv7.bib.unimannheim.de/madoc/vontexte/2003/87/pdfMssertation-scholl.PDF, Zugriff am 15.6.2004, S. 8-11. Den Wert des Internets im Rahmen der Kommunikationspolitik von Einzelhandelsunternehmen diskutieren Müller-Hagedorn, Lothar/Wierich, Ralf: Der Nutzen des Internets für den stationären Einzelhandel, in: Gabriel, Roland/Hoppe, Uwe (Hrsg.): Electronic Business - Theoretische Aspekte und Anwendungen in der betrieblichen Praxis, Heidelberg 2002, S. 107-132.

7

8

138

Multi - Channel-E ff ekte

dar. Des Weiteren wird die physische Distribution bzw. die Logistik hier nicht als Teil des Multi-Channel-Vertriebs angesehen. •

Der Begriff Multi-Channel sagt dieser Definition zufolge noch nichts über die Art der Verknüpfung der Kanäle aus. Zuweilen wird MultiChannel von »Multiple Channel' abgegrenzt - Letzteres wird als ,Nebeneinander', Ersteres als ,Miteinander' der Kanäle aufgefasst. Im Gegensatz dazu wird die Bezeichnung Multi-Channel hier nicht bereits als eine spezifische Kanalstrategie aufgefasst. Die Entscheidung, ob die eingesetzten Kanäle (beispielsweise bezüglich Zielgruppen, Organisation, Sortiment) identisch, verknüpft oder disjunkt sein sollen, ist originäre Aufgabe eines ,Multi-Channel-Managements', das die eine oder die andere ,Multi-Channel-Strategie4 bevorzugen kann.9

Mit dem Begriff des Multi-Channel-Vertriebs wird im Handel zumeist die Verbindung mindestens eines ,klassischen' Vertriebskanals (insbesondere stationärer Laden und Katalog-Versandhandel) mit dem InternetVertriebskanal assoziiert.10 Grundsätzlich betreiben indes auch solche Handelsunternehmen einen Multi-Channel-Vertrieb, die lediglich klassische Vertriebskanäle kombinieren. 11 Die vorliegende Studie befasst sich jedoch ebenfalls mit der vorherrschenden und vergleichsweise akuten ,Bricks-and-Clicks'-Problematik: Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf solche Unternehmen, die stationären Handel und Internetvertrieb

9

10

11

Ähnlicher Ansicht sind Matter, Rudolf7Schlegel, Maike: Multichanneling bei Verlags- und Fernsehunternehmen, in: Merx, Oliver/Bachem, Christian (Hrsg.): Multichannel-Marketing-Handbuch, Berlin - Heidelberg - New York 2004, S. 259-288, hier: S. 259. Von einer Multi-Channel-Strategie wird man jedoch nicht sprechen, wenn zwischen den Vertriebskanälen eines (diversifizierten) Unternehmens überhaupt kein Zusammenhang besteht. Vgl. bspw. Dach, C. 2002, S. 9; Latzer, Michael/Schmitz, Stefan W.: Die Ökonomie des eCommerce, Marburg 2002, S. 91; Wirtz, Bernd W./Büttner, Tobias/Schwarz, Joachim: Multi-Channel-Management. Eine empirische Analyse zu ausgewählten Aktionsparametern und deren Erfolgsrelevanz, in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 49. Jg. (2003) H. 1, S. 65-83, hier: S. 66. Vgl. bspw. Schramm-Klein, Hanna: Multi-Channel-Retailing - Verhaltenswissenschaftliche Analyse der Wirkung von Mehrkanalsystemen im Handel (Diss. Universität des Saarlandes 2002), Wiesbaden 2003; Stichwort ,Mehrkanalsystem', in: Bruhn, Manfred/Homburg, Christian (Hrsg.): Gabler Lexikon Marketing, 2., vollst, überarb. und aktual. Aufl., Wiesbaden 2004, S. 552.

139

Sebastian van Baal, Kai Hudetz

kombinieren. 12 Als ,Normalfall' eines Multi-Channel-Unternehmens wird dabei im Folgenden die Situation unterstellt, in der ein Handelsunternehmen zuerst über stationäre Geschäfte verfugte, während das Internet als zusätzlicher bzw. neuer Vertriebskanal genutzt wird. 13 In den obigen Absätzen wurde der Zusatz ,Multi-Channel4 bereits einige Male mit einem (zur Herstellung einer inhaltlichen Nützlichkeit erforderlichen) weiteren Ausdruck verknüpft: Multi-Channel-Management, MultiChannel-Strategie, Multi-Channel-Vertrieb; darüber hinaus trägt der Beitrag den Begriff ,Multi-Channel-Effekte* im Titel. Hinzu kommt eine Vielzahl von Begriffen aus anderen Beiträgen: Multi-Channel-Retailing, Multi-Channel-Distribution, Multi-Channel-Banking etc. Der Versuch, die Begriffsvielfalt in ein einheitliches Korsett zu bringen, würde den Rahmen des vorliegenden Beitrags sprengen (und nicht seinem Ziel entsprechen). Lediglich die hier verwendeten zentralen Begriffe sollen in einen Zusammenhang gebracht werden, um ein einheitliches Verständnis zu erleichtern: •

Ein ,Multi-Channel-System' ist ein (Vertriebs-)System, das aus mehreren (Vertriebs-) Kanälen besteht. Während ein Multi-Channel-System eine Institution beschreibt, steht der ,Multi-Channel-Vertrieb 4 fur eine unternehmerische (konkreter: für eine absatzpolitische) Teilpolitik. Die beiden Begriffe sind eng verknüpft: Ein Unternehmen, das einen MultiChannel-Vertrieb betreibt, verfügt auch über ein Multi-Channel-System et vice versa.



,Multi-Channel-Management' steht im funktionalen Sinn für die speziellen Aufgaben, die sich bei der Planung, Organisation und Kontrolle

12

Somit wird hier auch von Katalogen als Vertriebskanal abgesehen, obwohl diese durch das Internet vermutlich eher substituiert werden können als stationäre Läden. Vgl. Ward, Michael R.: Will Online Shopping Compete more with Traditional Retailing or Catalog Shopping?, in: NETNOMICS: Economic Research and Electronic Networking, 3. Jg. (2001) H. 2, S. 103-117. Jedoch macht gerade die Kombination von zwei stärker unterschiedlichen Vertriebskanälen die ,Bricks-and-Clicks 4-Situation im Hinblick auf die vorliegende Fragestellung besonders relevant. Da die Kombination von zwei Vertriebskanälen betrachtet wird, müsste man streng genommen von ,Bi-Channel-Unternehmen' sprechen anstelle von MultiChannel-Unternehmen, in Anlehnung bspw. an das Wortpaar bilateral/multilateral. Es hat sich jedoch eingebürgert, auch den Zwei-Kanal-Fall mit dem Zusatz ,Multi 4 zu belegen.

13

140

Multi- Channel-Efekte

eines Multi-Channel-Systems bzw. des Multi-Channel-Vertriebs ergeben. Im institutionalen Sinn lässt sich ,das Management' auffassen als die mit diesen Aufgaben betrauten Personen. •

Die ,Multi-Channel-Strategie' kann zweierlei sein: Einerseits verfolgt ein Unternehmen eine Multi-Channel-Strategie, wenn es den MultiChannel-Vertrieb einsetzt. Eine Multi-Channel-Strategie ist also das Gegenstück zu einer ,One-Channel-Strategie'. Andererseits stellt eine Multi-Channel-Strategie die Strategie in Bezug auf die Kanäle dar. Beispielhafte Fragen der Multi-Channel-Strategie bei diesem Begriffsverständnis sind, ob die Back-end-Bestandteile der Kanäle verknüpft werden sollen oder welche Zielgruppen mit welchem Kanal erreicht werden sollen.



Der Begriff, Multi-Channel-Verhalten' wird hier aufgefasst als der Teil des Verhaltens der Konsumenten, der sich auf Multi-Channel-Systeme bezieht, nicht (was prinzipiell denkbar wäre) als das Verhalten eines Multi-Channel- Systems.



,Multi-Channel-Effekte' schließlich sind spezifische Wechselwirkungen, die sich innerhalb eines Multi-Channel-Systems ergeben. MultiChannel-Effekte sind beispielsweise die Kannibalisierung der Vertriebskanäle untereinander oder der Nutzenbeitrag eines Kanals für einen anderen.

2.2

Spezifische Eigenschaften des Multi-Channel-Vertriebs

In der Literatur zum Vertriebs- bzw. Distributionsmanagement finden sich zahlreiche Ansätze, die zur Gestaltung und zur Koordination von Absatzkanälen herangezogen werden können.14 Diese Ansätze lassen sich auf den Multi-Channel-Vertrieb übertragen - sie berücksichtigen die spezifischen Fragestellungen, die sich aus der Kombination mehrerer Vertriebskanäle ergeben, jedoch größtenteils nur am Rande.15 Die meisten klassischen 14

15

Vgl. bspw. Specht, Günter: Distributionsmanagement, 3., Überarb. Aufl., Stuttgart u. a. 1998 oder Coughlan, Anne T./Anderson, Erin/Stern, Louis W./ElAnsary, Adel I.: Marketing Channels, 6., überarb. Aufl., Upper Saddle River

2001.

Eine Ausnahme bildet die Diskussion der ,Kanalkonflikte'. Diese Thematik wird in den meisten Quellen diskutiert.

141

Sebastian van Baal, Kai Hudetz

Ansätze zielen auf das Management einzelner Kanäle ab, während im Multi-Channel-Vertrieb die Wechselwirkungen zwischen den Kanälen eine besondere Wichtigkeit erlangen und besondere Anforderungen an das Vertriebsmanagement definieren. 16 Einem Multi-Channel-Unternehmen stellen sich demzufolge spezifische Fragen, die sich aus der Kombination mehrerer Vertriebskanäle ergeben. Diese Fragen basieren auf den Vor- und Nachteilen bzw. den Chancen und Risiken des Multi-Channel-Vertriebs im Vergleich zum Ein-KanalVertrieb. Hier ist eine Vielzahl von Faktoren zu nennen, die sich in •

nachfrageseitige (künden- und umsatzbezogene) und



angebotsseitige (Unternehmens- und kostenbezogene)

Effekte trennen lassen. Darüber hinaus sind die nachfrageseitigen Chancen größtenteils in solche zu unterteilen, die sich •

auf bisherige Kunden oder



auf neue Kunden

beziehen. Bei den nachfrageseitigen Vorteilen lassen sich solche identifizieren, die •

speziell Vorteile von Multi-Channel-Unternehmen gegenüber reinen Internethändlern oder



speziell Vorteile von Multi-Channel-Unternehmen gegenüber rein stationären Händlern

darstellen. In Tabelle 1 sind die Multi-Channel-Effekte diesen Kategorisierungen entsprechend zusammengefasst. 17

16

17

Vgl. Schögel, Marcus: Multichannel Marketing: Erfolgreich in mehreren Vertriebswegen, Zürich 2001, S. 15. Vgl. zur Herleitung der Tabelle: Moriarty, Rowland T./Moran, Ursula: Managing Hybrid Marketing Systems, in: Harvard Business Review, 90. Jg. (1990) H. 6, 146-155; Coughlan, A. T./Anderson, E./Stern, L. W./El-Ansary, Α. I., 2001, S. 251 f.; Schögel, M . 2001, S. 13-15; Geyskens, Inge/Gielens, Katrijn/Dekimpe, Marnik G.: The Market Valuation of Internet Channel Additions, in: Journal of Marketing, 66. Jg. (2002) H. 2, S. 102-119, hier: S. 103 f.; Latzer, M./ Schmitz, S . W . 2002, S. 91; Homburg, C./Krohmer, H. 2003, S. 719; Rasch,

142

Multi-

Vorteil / Chance Nachfrageseitig

Channel-Effekte

Nachteil / Risiko

• Multi-Channel-Kaufanbahnung Speziell neue Kunden: Mehrumsatz durch:



Verwirrung der Kunden bzgl. Unterschieden zwischen den Vertriebskanälen hinsichtlich Sortiment, Preisen, Dienstleistungen



Kanalübergreifend höhere Preissensitivität der Kunden durch direkten Vergleich mehrerer Online-Angebote



Weniger Impulskäufe, wenn Kunden vermehrt auf dem Bestellweg einkaufen

• Erhöhte Marktabdeckung • Markterweiterung, Ansprache neuer Zielgruppen • Abwerben von Kunden bzw. Umsätzen der Wettbewerber Speziell bisherige Kunden: Mehrumsatz durch: • Erhöhung des eigenen Anteils an den Ausgaben der Kunden (,Share o f Wallet 4 ), Cross-Selling • Mehr Impulskäufe, da Kunden zu jeder Tageszeit und von verschiedenen Orten aus bestellen können • Erhöhte Kundenzufriedenheit und Kundenbindung aufgrund der erweiterten ,Einkaufsfreiheit 4 Speziell Multi-Channel Internetshops:

vs. reine

• Größeres Vertrauen der Kunden • Evtl. höhere Preise durchsetzbar (,Loyalitäts-Rente' ) Speziell Multi-Channel onäre Händler: • Angebotsseitig

vs. rein stati-

Innovativeres Image

• Beim Einstieg kann auf die vorhandene Infrastruktur aufgesetzt werden (Initial-Kostenvorteil) • Synergien zwischen den Vertriebskanälen (dauerhafter Kostenoder Nutzenvorteil) • Risikopooling, weniger Abhängigkeit von einem Vertriebskanal • Aufbau von Markteintrittsbarrieren

Tabelle

1:

Spezifika

Stefan/Lintner,

des

• Kannibalisierung der Kanäle (Kosten des Online-Auftritts steht dann nur unzureichender Mehrumsatz gegenüber, daher Kostennachteil) • Erschwerte KanalErfolgsrechnung • Steigerung der Komplexit ä t skosten) • Steigerung der (InterKanal-) Konflikte

Multi-Channel-Vertriebs

Alexander/Mogelvang,

Sofie: Ü b e r l e g e n e

Multikanal-Strate-

g i e n s i n d gefragt, i n : A l b a c h , H o r s t / H u m m e l , Johannes ( H r s g . ) : Z e i t s c h r i f t fur B e t r i e b s w i r t s c h a f t , Ergänzungsheft 1/2003: D i e Z u k u n f t des E l e c t r o n i c B u s i ness, S. 113-120; S c h r a m m - K l e i n , H . 2003a, S. 4 0 s o w i e 4 4 f .

143

Sebastian van Baal, Kai Hudetz

Die spezifischen Aspekte des Multi-Channel-Vertriebs betreffen alle Bereiche des Unternehmens. Insbesondere ist hier die Absatzpolitik zu nennen: Sollen die absatzpolitischen Instrumente kanalspezifisch oder kanalübergreifend gestaltet werden? Welche Auswirkungen haben beide Varianten bspw. auf die Aspekte , Verwirrung der Kunden', ,Kannibalisierung der Kanäle', ,Ansprache neuer Zielgruppen' oder ,Erhöhung der Kundenzufriedenheit'? Darüber hinaus führen die in Tabelle 1 genannten Aspekte zu Fragestellungen, die der übergreifenden unternehmerischen Funktion des Managements zuzuordnen sind. Dazu zählt insbesondere die Frage, welches Verhältnis zwischen Vorteilen und Nachteilen bzw. zwischen Chancen und Risiken zu erwarten ist - ob sich der Multi-Channel-Vertrieb also in summa positiv oder negativ auf den Unternehmensweit auswirkt. 18 Diese Frage stellt ein Leitmotiv der vorliegenden Untersuchung dar.

2.3

Planung, Organisation und Kontrolle als Bestandteile des Multi-Channel-Managements

Eine der grundlegenden laufenden Aufgaben des Multi-Channel-Managements stellt die Aufteilung von (finanziellen) Ressourcen auf die Kanäle i m Rahmen der Management-Funktion ,Planung' dar. Diese Aufteilung sollte sich nach dem Wert eines Kanals fur das Unternehmen richten, im Fall der Initialentscheidung bezüglich eines neuen Vertriebskanals nach dem erwarteten Wert. 1 9 In einem Multi-Channel-System wird die Berechnung dieses Werts, der sich insbesondere am Umsatz oder am Gewinn orientieren kann, 20 jedoch aufgrund der Multi-Channel-Effekte erschwert, speziell aufgrund des in Tabelle 1 genannten Aspekts der ,Multi-ChannelKaufanbahnung'. Diese liegt vor, wenn ein Kunde einen Vertriebskanal zur Information nutzt, seinen Kauf jedoch in einem anderen Kanal zu Ende fuhrt. 21 Zusätzlich ist bei einer umsatzbezogenen Betrachtung speziell der ebenfalls in Tabelle 1 aufgeführte Aspekt der ,Kannibalisierung der Kanä18

19

20

21

Diese Frage i m Kontext der Medienbranche untersuchen Geyskens, I./Gielens, K./Dekimpe, M . G. 2002 auf der Basis von Sekundärdaten. Z u den beiden Bestandteilen ,initiierende Aufgaben 4 und ,laufende Aufgaben' i m Rahmen des Multi-Channel-Managements vgl. Schögel, M . 2001, S. 33 ff. I m Folgenden werden Umsatzwirkungen in den Vordergrund gestellt, da die eingenommene Konsumentenperspektive keine Aussagen zu Kostenbestandteilen und somit zum Gewinn erlaubt. Dach fasst diesen Faktor als elementaren „Vorteil einer Multi-ChannelStrategie" auf. Vgl. Dach, C. 2002.

144

Multi-Channel-Effekte

le' zu berücksichtigen, der den Wert eines Kanals für das Unternehmen mindert. Die Frage nach der Kannibalisierung stellt sich im Erörterungszusammenhang insbesondere für solche Unternehmen, für die das Internet den ,neuen' und der stationäre Handel den ,etablierten' Vertriebskanal darstellt. Schließlich müssen in eine Wertbetrachtung auch (in der Summe positive oder negative) ,weiche' Faktoren aus Tabelle 1 einbezogen werden, die sich nicht unmittelbar i m Ergebnis niederschlagen. Diese drei Aspekte führen dazu, dass der Umsatz eines Vertriebskanals nicht mit seinem (umsatzbasierten) Wert für das Unternehmen übereinstimmt. In Abbildung 1 ist dieser Zusammenhang für den Internet-Vertriebskanal dargestellt.

Λ Kannibalisierung: Umsatz, der ohne Internet-Kanal stationär realisiert worden wäre V Umsatz des ( Internet-Kanals

r Mehrumsatz: Umsatz, der ohne Internet-Kanal nicht realisiert worden wäre

J Wert des InternetKanals für das Unternehmen


Preise im Internet Preise von Multi-ChannelUnternehmen

Preise von reinen Onlinehändlern

Preise von kleinen Unternehmen

Preise von großen Unternehmen

Abbildung 1:

«+

Übersicht der Vergleiche

I m vierten Abschnitt werden die Erkenntnisse zusammengeführt.

4.1

Internet vs. stationärer Handel

Die einfachste Art und Weise, um das Preisniveau im Internet mit dem i m stationären Handel zu vergleichen, stellt die Gegenüberstellung des durchschnittlichen Preises für die einzelnen Produkte dar. In Tabelle 4 sind die Ergebnisse dieser Gegenüberstellungen zusammengefasst. Die Ergebnisse zeigen, dass der durchschnittliche Preis im Internet häufig niedriger ist als im stationären Handel. Nur bei einem der 15 betrachteten Produkte liegt der mittlere Onlinepreis über dem mittleren stationären Preis. In 60 % der Fälle ist der Durchschnittspreis online niedriger als i m stationären Handel.

235

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

Anzahl

Anteil

Produkte Preisniveau online höher als stationär

1

Preisniveau online und stationär ungefähr

5

gleich (Toleranz: 2 % )

33,3 %

Preisniveau online niedriger als stationär Gesamt Tabelle 4:

6,7 %

Preisniveau anhand des durchschnittlichen

9

60,0 %

15

100,0 %

Preises

Der durchschnittliche Preis ist ein gängiger und nachvollziehbarer Indikator für das Preisniveau. Der Gleichsetzung von Durchschnittspreis und Preisniveau liegt jedoch die Annahme zugrunde, dass der ,Durchschnittskunde' eben diesen Preis bezahlt. Viele Kunden werden jedoch (speziell bei den hier betrachteten Produkten) eine intensive Preisrecherche betreiben und demzufolge nicht den mittleren Preis bezahlen, sondern einen geringeren Preis. I m (aus Kundensicht) günstigsten Fall ist dies der Minimalpreis. Demzufolge bietet sich auch diese Maßzahl als Indikator für das Preisniveau an. Tabelle 5 zeigt, dass sich auf der Basis des Minimalpreises ein eindeutiges Ergebnis ableiten lässt: Bei allen Produkten wurde der niedrigste Preis online gefunden. Niedrigster beobachteter Preis...

Anzahl Produkte

Anteil

...stationär

0

0%

...ungefähr gleich (Toleranz: 2 % )

0

0%

...online

15

100%

Gesamt

15

100%

Tabelle 5:

Preisniveau anhand des minimalen Preises

Die Ergebnisse, die in den beiden obigen Tabellen dargestellt sind, basieren auf einem ordinalen Vergleich. Erfasst wird dabei nur, wie häufig der Preis in dem einen Vertriebskanal höher oder niedriger ist als in dem anderen Kanal. Die dargestellten Ergebnisse lassen daher keine Aussage darüber zu, wie groß der (metrische) Unterschied hinsichtlich des Preisniveaus zwischen den beiden Vertriebskanälen ist. In Tabelle 6 ist dieser Unter-

236

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

im Internet

schied dargestellt, wiederum sowohl für das Preisniveau anhand des Durchschnittspreises' als auch für das Preisniveau anhand des Minimalpreises'.

Mittlere Preisdifferenz

Online vs. stationär

...anhand des durchschnittlichen Preises

-5,2 %

...anhand des minimalen Preises

-7,6 %

Tabelle 6:

Mittlere Preisdifferenz

Die Ergebnisse zeigen, dass der durchschnittliche Preis i m Internet circa 5 % unter dem durchschnittlichen Preis im stationären Handel liegt. Der Minimalpreis im Internet ist i m Durchschnitt knapp 8 % geringer als der Minimalpreis im stationären Handel. Beide Kennzahlen eignen sich grundsätzlich dafür, das ,Sparpotenzial' bei einem Kauf im Internet gegenüber einem Kauf im stationären Handel zu beschreiben. Es ist naheliegend, dass dieses Sparpotenzial bei einigen Produkten weit geringer, bei anderen weit höher ausfällt. In Tabelle 7 sind die größten beobachteten Preisunterschiede dargestellt. Online vs. stationär

Produkt

...anhand des durchschnittlichen Preises

-15,8%

Sony DSC-Wl

...anhand des minimalen Preises

-18,3%

Sharp LC-20 S 1 E

Maximale Preisdifferenz

Tabelle 7:

Maximale Preisdifferenz

Ein idealtypischer intensiv nach Preisen suchender Kunde (der in beiden Vertriebskanälen den jeweils minimalen Preis finden würde) könnte demzufolge bei den betrachteten Produkten maximal 1 8 % sparen, wenn er anstatt im stationären Handel im Internet einkauft. Ein idealtypischer Durchschnittskunde könnte maximal 16 % einsparen. Das Niveau der Preise in einem bestimmten Vertriebskanal ist nicht die einzige Variable zur Erklärung der Preisgestaltung. Der Streuung der Preise kommt ebenfalls eine enorme Bedeutung zu: Je weniger die Preise streuen, desto weniger Angebote muss ein Konsument konsultieren, um sich ein Bild vom Preisniveau machen zu können. Zur Erfassung der Preis-

237

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

Streuung werden im Folgenden zwei Maßzahlen herangezogen: die Standardabweichung und die Spannweite, wobei letztere sowohl absolut (in Euro) als auch relativ (in % des Maximalpreises) ausgewertet wird. 4 3 In Tabelle 8 sind die Ergebnisse anhand der Standardabweichung dargestellt. Das B i l d ist uneinheitlich: Bei fast der Hälfte der Produkte ist die Streuung online höher als i m stationären Handel. Anzahl Produkte

Anteil

Preisstreuung online höher als stationär

7

46,7 %

Preisstreuung online und stationär ungefähr gleich (Toleranz: 10 % )

2

13,3%

Preisstreuung online niedriger als stationär Gesamt Tabelle 8:

6

40,0 %

15

100,0%

Preisstreuung anhand der Standardabweichung

Die wiederum auf einem ordinalen Vergleich basierenden Ergebnisse aus Tabelle 8 lassen noch keine Aussage darüber zu, welcher Gesamtunterschied sich zwischen den beiden Vertriebskanälen ergibt. Ein Vergleich des Unterschieds der Standardabweichungen zeigt diesbezüglich, dass die Preisstreuung online durchschnittlich ungefähr 25 % höher ist als im stationären Handel. Ein anderes Maß für die Preisstreuung stellt die Spannweite dar. 44 Tabelle 9 zeigt, dass bei dieser Kennzahl die Preisstreuung i m Internet bei den meisten Produkten höher ausfallt als im stationären Handel. In Tabelle 10 sind die Spannweiten für die beiden Vertriebskanäle widergegeben. Es zeigt sich, dass die Streuung online auch dieser metrischen Betrachtung zufolge höher ausfallt als im stationären Handel.

43 44

Ähnlich bei: Brynjolfsson, E./Smith, M . D. 2000, S. 574-575. Die Spannweite beschreibt die Differenz zwischen dem minimalen und dem maximalen Preis - die Spannweite basiert demzufolge nur auf zwei Werten (den Extremen), während in die Berechnung der Standardabweichimg alle Beobachtungen eingehen.

238

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

Relativ zum Maximalpreis

Absolut

Spannweite

Anzahl Produkte Preisstreuung online höher als stationär

im Internet

Anteil

Anzahl Produkte

Anteil

10

66,7 %

11

73,3 %

Preisstreuung online und stationär ungefähr gleich (Toleranz: 10 % )

2

13,3%

1

6,7 %

Preisstreuung online niedriger als stationär

3

20,0 %

3

20,0 %

15

100,0%

15

100,0%

Gesamt Tabelle 9:

Preisstreuung anhand der Spannweite

Durchschnittliche Spannweite

Absolut

Relativ zum Maximalpreis45

Online

€ 101,46

28,2 %

Stationär



84,83

21,2%

Gesamt

€ 122,57

31,4%

Tabelle 10:

Mittlerer

Unterschied der Preisstreuung anhand der Spannweite

D i e durchschnittliche Differenz z w i s c h e n d e m m a x i m a l e n u n d d e m m i n i m a l e n Preis i m Internet beträgt den Ergebnissen aus Tabelle 10 zufolge über 100 Euro oder fast 30 % des Maximalpreises. S o m i t l i e g t die durchschnittliche Spannweite i m Internet fast 17 Euro oder 7 Prozentpunkte über der i m stationären Handel. D i e obigen V e r g l e i c h e zeigen, dass s o w o h l die Streuung als auch die Spannweite i m Internet größer sind als i m stationären Handel. D e m z u f o l g e ist n i c h t n u r die V a r i a b i l i t ä t der Preise i m Internet größer, sondern auch der A b s t a n d zwischen den Extremen.

45

Die relative Spannweite kann entweder auf den Minimalpreis oder auf den Maximalpreis bezogen werden. Naturgemäß fallt die Prozentzahl höher aus, wenn der Minimalpreis die Bezugsgröße ist (da die absolute Spannweite in beiden Fällen identisch ist). Hier wird der Maximalpreis als Bezugsgröße gewählt, da die relative Spannweite somit das maximale Einsparpotenzial fur den glücklichsten unglücklichen Kunden', nämlich den, der vom Maximalpreis ausgeht und beim Minimalpreis ankommt, beschreibt.

239

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

Die relative Spannweite, die in Tabelle 10 dargestellt ist, entspricht dem Quotienten aus absoluter Spannweite und Maximalpreis. Diese Berechnung ermöglicht es, für jedes Produkt anzugeben, wie hoch die maximale Einsparung ist, die ein Konsument (innerhalb eines Vertriebskanals) erhalten kann. Für den bereits oben zitierten Durchschnittskunden ist indes nicht der Maximalpreis die relevante Referenzgröße, sondern der Durchschnittspreis. In Tabelle 11 ist daher angegeben, wie stark sich der minimale und der maximale Preis jeweils vom Mittelwert der Preise unterscheiden. 46 Unterschied zwischen M i n i m u m und M i t t e l w e r t

Unterschied zwischen Mittelwert und M a x i m u m

Online

-13,5%

21,4%

Stationär

-11,2%

14,2%

Gesamt

-14,8 %

25,9 %

Tabelle 11 :

Preisstreuung anhand der relativen Abweichung vom mittleren Preis

Die Abweichungen vom mittleren Preis sind in keinem der beiden Vertriebskanäle zu vernachlässigen: In allen Fällen beläuft sich der Unterschied auf über 10 %. Demzufolge wird ein vom mittleren Preis ausgehender idealtypischer Konsument sowohl niedrigere als auch höhere Preise finden, wenn er Suchaktivitäten durchführt. I m Internet ist er jedoch sowohl vom maximalen als auch vom minimalen Preis ,weiter entfernt' als i m stationären Handel: Die Ergebnisse in Tabelle 11 zeigen, dass die Abweichung bei den Onlinepreisen sowohl in negativer (»günstigerer') als auch in positiver (,teurerer') Richtung größer ausfallt als bei den stationären Preisen. Auch diese Betrachtung offenbart, dass die These von der hohen Preistransparenz im Internet hinterfragt werden muss und dass die Bedeutung von Preisvergleichen zur Auffindung des günstigsten Angebots nicht zu unterschätzen ist. Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass im Internet das Preisniveau niedriger und die Preisstreuung höher ausfallt als im stationären Handel. Dabei handelt es sich für die vorliegenden Daten um ein robustes Ergebnis,

46

Diese relativen Maßzahlen entsprechen grundsätzlich der Spannweite - sie basieren jedoch auf einem anderen Referenzwert als die oben angegebene relative Spannweite.

240

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

im Internet

das auf der Basis verschiedener Kennzahlen und Definitionen abgeleitet werden kann. In Abbildung 2 sind diese Ergebnisse zusammenfassend anhand von standardisierten Preisen dargestellt.

Abbildung 2:

4.2

Vergleich von Preisniveau und Preisstreuung anhand von standardisierten Werten [ 1

Reine Internetanbieter vs. Multi-Channel-Unternehmen

Die Preise im Internet lassen sich unterscheiden in solche, die von Unternehmen stammen, die beim Vertrieb ausschließlich auf das Internet setzen (,Pure Player') und solche, die noch mindestens einen weiteren Vertriebskanal betreiben. Die letztgenannten Anbieter können als ,MultiChannel-Unternehmen' bezeichnet werden. Bei diesen stellt das Internet

47

Die Preise wurden in ihre Z-Werte transformiert, um den produktübergreifenden Vergleich durchführen zu können. I m Rahmen einer solchen Transformation werden die erhobenen Daten auf einen Mittelwert von N u l l und eine Standardabweichung von Eins normiert.

241

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

oftmals nur einen zusätzlichen Vertriebskanal dar - der Fokus liegt bei vielen dieser Unternehmen auf dem traditionellen Kanal, insbesondere auf dem stationären Handel oder dem katalogbasierten Versandhandel. Es ist zu vermuten, dass sich Multi-Channel-Unternehmen und reine Internetanbieter hinsichtlich der Preisgestaltung unterscheiden. U m diese Vermutung zu überprüfen, werden die beobachteten Preise im Folgenden im Hinblick auf die zwei genannten Unternehmenstypen untersucht. In den Tabellen 12 bis 15 sind die Ergebnisse in Bezug auf das Preisniveau dargestellt. Zusammenfassend lässt sich auf Basis der gewählten Indikatoren festhalten, dass das Preisniveau bei den reinen Internethändlern niedriger ausfallt als bei den Multi-Channel-Unternehmen. Anzahl Produkte

Anteil

Preisniveau bei Pure Playern höher als bei Multi-Channel-Unternehmen

1

7,1 %

Preisniveau bei Pure Playern und bei M u l t i Channel-Unternehmen ungefähr gleich (Toleranz: 2 % )

2

14,3 %

Preisniveau bei Pure Playern niedriger als bei Multi-Channel-Unternehmen

11

78,6 %

Gesamt

14

Tabelle 12:

Preisniveau anhand des durchschnittlichen

Niedrigster beobachteter Preis...

Preises

Anzahl Produkte

100,0% 48

Anteil

...bei einem Multi-Channel-Unternehmen

4

28,6 %

...bei Pure Playern und bei Multi-ChannelUnternehmen ungefähr gleich (Toleranz: 2 %)

3

21,4%

...bei einem Pure Player

7

50,0 %

14

100,0%

Gesamt Tabelle 13:

48

Preisniveau anhand des minimalen Preises

Die Vergleiche in diesem Abschnitt werden auf der Basis von 14 statt 15 Produkten durchgeführt, da fur das Produkt,Logitech M X 5 1 0 Optical Mouse USB & PS-2' nur zwei Preise von Multi-Channel-Unternehmen vorliegen.

242

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

Pure Player vs. Multi-ChannelUnternehmen

Mittlere Preisdifferenz ...anhand des durchschnittlichen Preises

-7,3 %

...anhand des minimalen Preises

-2,8 %

Tabelle 14:

im Internet

Mittlere Preisdifferenz

Pure Player vs. Multi-ChannelUnternehmen

Produkt

...anhand des durchschnittlichen Preises

-15,1 %

Leadtek WinFast A350 X T T D H

...anhand des minimalen Preises

-15,2%

Creative Nomad MuVo2 (4GB)

Maximale Preisdifferenz

Tabelle 15:

Maximale Preisdifferenz

D i e Tabellen 16 bis 19 stellen die Ergebnisse zur Preisstreuung dar. D i e dargestellten I n d i k a t o r e n sprechen dafür, dass innerhalb der Preise der Pure Player eine geringere Streuung v o r l i e g t als innerhalb der Preise der Multi-Channel-Unternehmen.

I m Durchschnitt fallt die

Standardabwei-

c h u n g b e i den Pure Playern 10,7 % niedriger aus als b e i den M u l t i Channel-Unternehmen.

Anzahl Produkte

Anteil

Preisstreuung bei Pure Playern höher als bei Multi-Channel-Unternehmen

2

14,3 %

Preisstreuung bei Pure Playern und bei Multi-Channel-Unternehmen ungefähr gleich (Toleranz: 10 % )

0

0,0 %

Preisstreuung bei Pure Playern niedriger als bei Multi-Channel-Unternehmen

12

85,7 %

Gesamt

14

100,0 %

Tabelle 16:

Preisstreuung anhand der Standardabweichung

243

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

Relativ zum Maximalpreis

Absolut

Spannweite

Anzahl Produkte

Anteil

Anzahl Produkte

Anteil

Preisstreuung bei Pure Playern höher als bei Multi-ChannelUnternehmen

2

14,3%

2

14,3%

Preisstreuung bei Pure Playern und bei M u l t i Channel-Unternehmen ungefähr gleich (Toleranz: 10 % )

0

0,0 %

2

14,3%

Preisstreuung bei Pure Playern niedriger als bei Multi-ChannelUnternehmen

12

85,7 %

10

71,4%

Gesamt

14

100,0%

14

100,0%

Tabelle 17:

Preisstreuung anhand der Spannweite

Durchschnittliche Spannweite

Absolut

Relativ zum Maximalpreis

Pure Player



66,95

17,6%

Multi-Channel-Unternehmen



91,61

25,3 %

Gesamt

€ 108,20

29,0 %

Tabelle 18:

Mittlerer

Unterschied der Preis Streuung anhand der Spannweite

Unterschied zwischen M i n i m u m und Mittelwert

Unterschied zwischen Mittelwert und Maximum

-9,8 %

10,0%

Multi-Channel-Unternehmen

-13,7%

16,5%

Gesamt

-13,8%

22,2 %

Pure Player

Tabelle 19:

244

Preisstreuung anhand der relativen Abweichung vom mittleren Preis

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

im Internet

Abbildung 3 stellt die Ergebnisse zusammenfassend anhand von standardisierten Werten dar.

Abbildung 3:

4·3

Vergleich von Preisniveau und Preisstreuung anhand von standardisierten Werten

Kleine vs. große Unternehmen

Die i m Internet beobachteten Preise lassen sich weiterhin nach der Größe des anbietenden Unternehmens unterscheiden. Ein Unternehmen wird hier als ,groß' klassifiziert, wenn es über 100 Mitarbeiter oder mehr als 10 Filialen hat. In den Tabellen 20 bis 23 sind die entsprechenden Ergebnisse zum Preisniveau dargestellt. Die Indikatoren zeigen, dass das Preisniveau bei den kleinen Unternehmen niedriger ausfallt als bei den großen Unternehmen in der Stichprobe.

245

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

Anzahl Produkte

Anteil

Preisniveau bei kleinen höher als bei großen Unternehmen

0

0,0 %

Preisniveau bei kleinen und bei großen Unternehmen ungefähr gleich (Toleranz: 2%)

1

6,7 %

Preisniveau bei kleinen niedriger als bei großen Unternehmen

14

93,3 %

Gesamt

15

100,0%

Tabelle 20:

Preisniveau anhand des durchschnittlichen

Preises

Niedrigster beobachteter Preis...

Anzahl Produkte

...bei einem großen Unternehmen

4

26,7 %

...bei kleinen und bei großen Unternehmen ungefähr gleich (Toleranz: 2%)

1

6,7 %

...bei einem kleinen Unternehmen

10

66,7 %

Gesamt

15

100,0 %

Tabelle 21:

Anteil

Preisniveau anhand des minimalen Preises

Mittlere Preisdifferenz

Kleine vs. große Unternehmen

...anhand des durchschnittlichen Preises

-9,2 %

...anhand des minimalen Preises

-5,4 %

Tabelle 22:

Mittlere Preisdifferenz

Maximale Preisdifferenz ...anhand des durchschnittlichen Preises

...anhand des minimalen Preises

Tabelle 23:

Kleine vs. große Unternehmen

Produkt

-16,9%

Sharp LC-20 S 1 E

-15,2%

Siemens Gigaset S150 - espresso und Creative Nomad MuVo2 (4GB)

Maximale Preisdifferenz

I n den Tabellen 2 4 bis 27 sind die Vergleichsergebnisse zur Preisstreuung dargestellt. D i e gewählten M a ß z a h l e n sprechen dafür, dass die Preisstreuung b e i den k l e i n e n Unternehmen geringer ist als b e i den großen Unternehmen. Eine A u s n a h m e stellt der mittlere Unterschied zwischen den

246

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

im Internet

Standardabweichungen dar: I m Durchschnitt fallt die Preisstreuung dieser Kennzahl zufolge bei den kleinen Unternehmen 8,3 % höher aus als bei den großen Unternehmen. Tabelle 24 zeigt, dass dieser Unterschied nur auf jene drei Produkte zurückzuführen ist, bei denen die Standardabweichung bei den kleinen über der bei den großen Unternehmen liegt. Diese drei Produkte stellen deutliche Ausreißer dar - es zeigen sich Unterschiede in der Standardabweichung zwischen den Unternehmensgrößen von über 100 bis über 300 %, während der Unterschied bei den restlichen Produkten nicht über 75 % beträgt. Dieser Effekt zeigt, dass die Preisstreuung nicht nur mit einer oder einigen wenigen Kennzahlen gemessen werden sollte, wenn Ausreißer bei der Berechnung nicht eliminiert werden. Anzahl Produkte

Anteil

Preisstreuung bei kleinen höher als bei großen Unternehmen

3

20,0 %

Preisstreuung bei kleinen und bei großen Unternehmen ungefähr gleich (Toleranz: 10 % )

2

13,3 %

Preisstreuung bei kleinen niedriger als bei großen Unternehmen

9

60,0 %

15

100,0%

Gesamt Tabelle 24:

Preisstreuung anhand der Standardabweichung

Spannweite

Absolut

Relativ zum Maximalpreis

Anzahl Produkte

Anteil

Anzahl Produkte

Anteil

Preisstreuung bei kleinen höher als bei großen Unternehmen

4

26,7 %

5

33,3 %

Preisstreuung bei kleinen und bei großen Unternehmen ungefähr gleich (Toleranz: 10 % )

2

13,3 %

2

13,3%

Preisstreuung bei kleinen niedriger als bei großen Unternehmen

9

60,0 %

8

53,3 %

Gesamt

15

100,0%

15

100,0%

Tabelle 25:

Preisstreuung anhand der Spannweite

247

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

Durchschnittliche Spannweite

Absolut

Kleine Unternehmen



64,96

18,5%

Große Unternehmen



77,44

22,2 %

Gesamt

€ 101,46

28,2 %

Tabelle 26:

Mittlerer

Relativ zum Maximalpreis

Unterschied der Preisstreuung anhand der Spannweite Unterschied zwischen M i n i m u m und Mittelwert

Unterschied zwischen M i t t e l w e r t und Maximum

Kleine Unternehmen

-9,0 %

12,3%

Große Unternehmen

-11,4%

14,8%

Gesamt

-13,5%

21,4%

Tabelle 27:

Preisstreuung anhand der relativen Abweichung vom mittleren Preis

Preisniveau und Preisstreuung sind in Abbildung 4 zusammenfassend anhand von standardisierten Werten dargestellt.

ο 2

1 —

0 —

-1

-2

kleine Unternehmen

Maximalpreis

0,7487

1,7750

Minimalpreis

-1,2563

-0,6593

Durchschnittspreis

-0,3384

0,4340

Abbildung 4:

248

gesamt

große Unternehmen

1,8811 -

1,3378 0,0000

Vergleich von Preisniveau und Preisstreuung anhand von standardisierten Werten

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

4.4

im Internet

Zusammenfassende Vergleiche

I n den vorangegangenen K a p i t e l n w u r d e n zahlreiche Aussagen z u Preisniveau u n d Preisstreuung i n unterschiedlichen Vertriebskanälen getroffen. Diese sind i n Tabelle 28 zusammengefasst. Preisniveau

Preisstreuung

Online vs. stationär

niedriger

größer

Pure Player vs. Multi-ChannelUnternehmen (im Internet)

niedriger

kleiner

Kleine vs. große Unternehmen (im Internet)

niedriger

kleiner

Tabelle 28:

Zusammenfassung der bisherigen Vergleichsergebnisse

Preisniveau (Durchschnittspreis) "θ,5 τ 1 stationär • ; ! • online, Multi-Channel · Preisstreuung (Standardabweichung)

ι

1

0

-0,5

I 1 ! • online, Pure Player ! stationär Standardabweichung Durchschnittspreis Abbildung 5:

49

0,5

ι

1

-0,5

online, Pure online, MultiPlayer Channel

gesamt

-0,0479

-0,3421

0,0385

0,000

0,3518

-0,4113

0,1999

0,000

Vergleich von Preisniveau (Durchschnittspreis) und Preisstreuung (Standardabweichung) für Vertriebsmodelle anhand von standardisierten Werten 49

Für diese Darstellungen in diesem Abschnitt wurde die Standardabweichung in der gesamten Stichprobe zur Vereinfachung auf den Wert N u l l normiert.

249

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

Wie wirken die betrachteten Faktoren zusammen? In Abbildung 5 und Abbildung 6 ist dargestellt, welche Relationen sich ergeben, wenn sowohl die Herkunft des Preises (stationärer Handel vs. Internet) als auch das Vertriebsmodell (Pure Player vs. Multi-Channel) in den Vergleich einbezogen werden.

ο 2 1 —

0



-1 _2

stationär

online, Pure Player

online, MultiChannel

gesamt

Maximalpreis

1,5867

0,4445

1,4899

2,1332

Minimalpreis

0,6838

1,2963

-0,9319

-1,3672

Durchschnittspreis

0,3518

•0,4113

0,1999

0,0000

Abbildung

6:

Vergleich von Preisniveau (Durchschnittspreis) und Preisstreuung (Spannweite) für Vertriebsmodelle anhand von standardisierten Werten

Die zwei Abbildungen und die zugehörigen Daten lassen erkennen, dass die Preisgestaltung der Multi-Channel-Unternehmen im Internet der im stationären Handel vergleichsweise ähnlich ist. Die Preise der MultiChannel-Unternehmen im Internet liegen zwar etwas unter den Preisen im stationären Handel - ein deutliches Sparpotenzial für Konsumenten gegenüber dem stationären Handel ergibt sich jedoch nur bei den reinen Internetanbietern. Bei diesen ist gleichzeitig die Streuung der Preise geringer als i m stationären Handel und bei den Multi-Channel-Unternehmen. Die Multi-Channel-Unternehmen scheinen von den in Abschnitt 2 beschriebenen disziplinierenden' Auswirkungen auf die Preisbildung nicht so stark betroffen zu sein wie die reinen Internethändler. In den Abbildungen 7 und 8 sind die Vergleichsergebnisse bei gleichzeitiger Betrachtung von Herkunft des Preises und Unternehmensgröße dargestellt.

250

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

im Internet

Preisniveau (Durchschnittspreis) "θ,5 j stationär * ! j

;i

online, groß j



Preisstreuung (Standardabweichung)

1

-0,5

0

-0,5

I * online, klein

Standardabweichung Durchschnittspreis Abbildung

7:

0,5 '

stationär

online, klein

online, groß

gesamt

-0,0479

-0,3076

-0,0065

0,0000

0,3518

-0,4768

0,2795

0,0000

Vergleich von Preisniveau (Durchschnittspreis) und Preisstreuung (Standardabweichung) fiir Unternehmensgrößen anhand von standardisierten Werten

ο 2 1 o





_

-1 -2

stationär

online, klein

online, groß

gesamt

Maximalpreis

1,5867

0,5575

1,5440

2,1332

Minimalpreis

-0,6838

-1,2904

-0,7294

-1,3672

Durchschnittspreis

0,3518

-0,4768

0,2795

0,0000

Abbildung

8:

Vergleich von Preisniveau (Durchschnittspreis) und Preisstreuung (Spannweite) fiir Unternehmens großen anhand von standardisierten Werten

251

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

Die zwei Abbildungen zeigen ein ähnliches Bild wie die Betrachtung des Vertriebsmodells: Die Preisbildung im Internet bei den großen Unternehmen liegt recht nahe an der im stationären Handel, nur bei den kleinen Unternehmen scheinen sich die effizienzsteigernden Effekte des Internets auf die Preisbildung zu manifestieren. 50 Insgesamt sprechen die Vergleichsergebnisse fur das Vertriebsmodell und die Unternehmensgröße dafür, dass die Unternehmensgröße einen stärkeren ,hemmenden Effekt' in Bezug auf die effizienzsteigernden Wirkungen des Internets hat als das Vertriebsmodell. Zwischen diesen beiden Klassifizierungsmerkmalen gibt es deutliche Überschneidungen - ein Vergleich von Abbildung 5 mit Abbildung 7 offenbart jedoch, dass sich dennoch Unterschiede hinsichtlich Preisniveau und Preisstreuung ergeben.

5

Fazit

Die im vierten Abschnitt dargestellten Vergleichsergebnisse zeigen, dass das Preisniveau bei den betrachteten Produkten im Internet niedriger ausfallt als im stationären Handel: Verbraucher können im Internet durchschnittlich fünf bis acht Prozent sparen, die maximale Ersparnis beträgt annähernd 20 %. Um die effektive Ersparnis für die Konsumenten im Einzelfall zu bestimmen, sind allerdings die weiteren (Distributions-)Kosten einzubeziehen - für die vorliegende Untersuchung wurden die Verkaufspreise der Anbieter ohne Versand- bzw. Transportkosten ausgewertet. Die Preisstreuung ist im Internet nicht niedriger als im stationären Handel - tendenziell liegt sie sogar darüber. Dies gilt selbst in einem Markt, in dem relativ intensiv mit Preisvergleichsagenten gearbeitet wird und in dem die Suchkosten der Konsumenten vergleichsweise gering sein dürften. Die Suchkosten sind jedoch dennoch nicht zu vernachlässigen, und die hohe

50

Abbildung 7 zeigt, dass die Preisstreuung bei den großen Unternehmen i m Internet sogar leicht über der Preisstreuung im stationären Handel liegt. Dabei ist zu bedenken, dass die Werte für den stationären Handel hier (aufgrund der geringen Stichprobengröße) nicht nach der Unternehmensgröße differenziert werden - die entsprechende Preisstreuung basiert also sowohl auf großen als auch auf kleinen Unternehmen. Es ist durchaus denkbar, auf Basis der vorliegenden Daten aber nicht überprüfbar, dass die Preisstreuung bei großen Unternehmen i m Internet geringer ist als die Preisstreuung bei großen Unternehmen i m stationären Handel.

252

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

im Internet

Preisstreuung spricht dafür, dass „sich das Anstellen von Preisvergleichen im Internet generell lohnt". 51 Der genauere Blick auf die Preisbildung im Internet zeigt deutliche Unterschiede: Bei großen und bei Multi-Channel-Unternehmen sind die Preise höher als bei kleinen Unternehmen und bei reinen Internetanbietern. 52 Dem auf den Preis besonders fixierten Verbraucher kann auf Basis dieser Ergebnisse empfohlen werden, das Internet bei seiner Kaufentscheidung nicht zu vernachlässigen und dabei insbesondere die Angebote von kleinen Unternehmen und von reinen Internetanbietern einzubeziehen. Es ist jedoch nicht zu vergessen, dass die höheren Preise der großen bzw. der Multi-Channel-Unternehmen durchaus ihre Berechtigung haben können, auch aus Sicht der Konsumenten. Diese Unternehmen bieten häufig umfangreichere begleitende Dienstleistungen an, sie sind oftmals (beispielsweise in der Warenlieferung) erfahrener und letztlich wird ihnen aus Sicht vieler Verbraucher ein höheres Vertrauen, das einen höheren Preis rechtfertigen kann, entgegengebracht. Die Vergleiche anhand des Vertriebsmodells und der Unternehmensgröße lassen dennoch vermuten, dass sich bei kleinen Unternehmen bzw. bei reinen Internetanbietern die erhofften Effizienzsteigerungswirkungen des Internets eher einstellen.53 Dies kann einerseits daran liegen, dass für diese Unternehmen die Suchkosten der Konsumenten wichtiger sind als für große Unternehmen bzw. Multi-Channel-Anbieter: Letztere sind häufig ohnehin bekannt, die Suche nach diesen ist weniger aufwändig. Die kleinen Unternehmen müssen tatsächlich erst gefunden werden, insofern dürfte der Einfluss der Suchkostenreduktion bei diesen größer sein.

51 52

53

Kuhlins, M . 2004, S. 158. Ähnliche Ergebnisse für Deutschland finden sich schon bei Henkel, Joachim: Bekannte Internethändler haben selten die günstigsten Preise, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. Februar 2000, S. 35. Für eine genauere Überprüfung dieser Vermutung wären detailliertere Daten zur Preisbildung i m stationären Handel erforderlich, da es zumindest denkbar ist, dass sich die Preissetzung der kleinen Unternehmen (bzw. der Ein-KanalUnternehmen) i m Internet nicht von der Preissetzung der kleinen Unternehmen (bzw. der Ein-Kanal-Unternehmen) i m stationären Handel unterscheidet. Wenn dies zuträfe, wären auch i m Fall dieser Unternehmen nur geringe Auswirkungen des Internets auf die Preisbildung zu vermuten.

253

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

Abgesehen von dem nachfrageseitigen Suchkostenargument sprechen bei den Multi-Channel-Anbietern unternehmensinterne Gründe dafür, dass das Internet nicht die effizienzsteigernde Wirkung hat, die ihm prophezeit wurde. Mehreren Studien zufolge verfolgen die meisten Multi-ChannelUnternehmen eine ,Gleichpreis-Strategie': Die Preise im Onlineshop sind weitgehend identisch mit denen in anderen Vertriebskanälen. 54 Die spezifischen marktlichen Gegebenheiten des Internets können sich demzufolge nicht durchsetzen, da die Preispolitik der Unternehmen auch das Umfeld im stationären Handel oder im Katalogversandhandel berücksichtigen muss. Da der E-Commerce-Anteil am Einzelhandelsumsatz relativ gering ist, ist davon auszugehen, dass der Einfluss der traditionellen Kanäle den des Internets in vielen Unternehmen überwiegt. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Preisrigiditäten, die sich augrund der Notwendigkeit der kanalübergreifenden Koordination ergeben, langfristig bestehen bleiben. Es gibt unter Unternehmensvertretern bislang keine einhellige Meinung darüber, ob die Gleichpreis-Strategie tatsächlich die richtige Vorgehensweise darstellt.55 Bei der Interpretation der Ergebnisse dieser Untersuchung ist nicht zu vergessen, dass es sich um Tendenzaussagen handelt. Um Aussagen generieren zu können, die über die hier betrachtete Stichprobe und Datenbasis hinaus generalisiert werden können, sind umfangreichere Untersuchungen nötig. Für eine detaillierte Analyse des Consumer Electronics-Segments müsste die Stichprobe im Hinblick sowohl auf die zu untersuchenden Produkte als auch auf die einbezogenen Unternehmen erweitert werden. Zudem stellt sich die Frage, inwieweit die Erkenntnisse auf andere Produktgruppen bzw. Branchen übertragen werden können. Dies erfordert eine umfassende, branchenübergreifende Erhebung. Der gerne bemühte Schlusssatz „weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich" trifft auch auf

54

55

Vgl. EuroHandelsinstitut: Multichannel Retailing: Status Quo, Erfolgsfaktoren und Perspektiven, K ö l n 2003, S. 33; Hagen, Kornelia/Preißl, Brigitte: ECommerce in Einzelhandels- und Dienstleistungsunternehmen am Beispiel Berlins, in: Wochenbericht des D I W Berlin, 71. Jg. (2004), H. 38, S. 547-556. Vgl. zum Lebensmitteleinzelhandel: Passenheim, Olaf: Multi-Channel-Retailing: Entwicklung eines adaptiven und innovativen Konzeptansatzes zur Integration des Internet als Absatzkanal i m deutschen Lebensmitteleinzelhandel, München - Mering 2003 (Diss. Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik 2003), S. 244.

254

Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

im Internet

die Preisbildung im Internet zu. Dies gilt insbesondere für den Handel in Deutschland, für den bislang kaum einschlägige Untersuchungen vorliegen.

Literaturverzeichnis Ancarani, Fabio/Shankar, Venkatesh: Price Levels and Price Dispersion on the Internet: A Comparison of Pure Play Internet, Bricks-andMortar, and Bricks-and-Clicks Retailers, Arbeitspapier (University of Maryland, USA und Università Commerciale Luigi Bocconi, Italien) 2002. Bailey, Joseph P.: Intermediation and Electronic Markets: Aggregation and Pricing in Internet Commerce (Diss. MIT), Cambridge, Massachusetts 1998. Baylis, Kathy/Perloff, Jeffrey M.: Price Dispersion on the Internet: Good Firms and Bad Firms, in: Review of Industrial Organization, 21. Jg. (2002), S. 305-324. Brynjolfsson, Erik/Smith, Michael D.: Frictionless Commerce? A Comparison of Internet and Conventional Retailers, in: Management Science, Jg. 46 (2000), H. 4 (April), S. 563-585. Carlton, Dennis W./Chevalier, Judith Α.: Free Riding and Sales Strategies for the Internet, in: The Journal of Industrial Economics, 49. Jg. (2001) ,H. 4, S. 441-461. Chiang, Kuan-Pin/Dholakia, Ruby R.: Factors Driving Consumer Intention to Shop Online: An Empirical Investigation, in: Journal of Consumer Psychology, 13. Jg. (2003), Η. 1&2, S. 177-183. Dach, Christian: Internet Shopping versus stationärer Handel: zum Einkaufsstättenwahlverfahren von Online-Shoppern, Stuttgart 2002 (Diss. Universität zu Köln 2002). Dach, Christian: Vorteile einer Multi-Channel-Strategie: Eine nüchterne Betrachtung, Band 5 der Ausgewählten Studien des ECC Handel, Köln 2002. Degeratu, Alexandru/Rangaswamy, Arvind/Wu, Jianan: Consumer Choice Behaviour in Online and Traditional Supermarkets: The Effects of Brand Name, Price, and other Search Attributes, in: In255

Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

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Eine vergleichende Untersuchung der Preisbildung

im Internet

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Sebastian van Baal, Jörg Heidjann, Christian Schräder

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258

Zahlungssysteme für den Vertrieb über das Internet aus Sicht der Händler Sebastian van Baal, Jens-Werner Karsten Stroborn

Hinrichs,

Inhaltsverzeichnis 1 Die Zahlungsabwicklung im Internet

260

2 Merkmale der empirischen Untersuchung

263

2.1 Methodik

264

2.2 Stichprobe

265

3 Ergebnisse

268

3.1

Nutzung des Internets als Vertriebskanal

268

3.2 3.3 3.4

Eigenschaften von Zahlungssystemen Risikoaspekte und-management Einsatz von Zahlungssystemen

271 274 279

3.5

Bewertung einzelner Zahlungssysteme und Betreiber

282

4 Fazit

286

Literaturverzeichnis

288

259

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Strobo

1

Die Zahlungsabwicklung im Internet

Das Internet hat sich in den letzten Jahren immer mehr vom reinen Informationsmedium zu einem komplexen Gebilde mit allen Möglichkeiten der Geschäftsabwicklung gewandelt.1 Eine besondere Bedeutung für den Vertrieb über das Internet haben naturgemäß Verfahren, die die Bezahlung der georderten physischen und digitalen Güter ermöglichen. Die Zahlungsabwicklung im Internet wird dementsprechend besonders häufig in Presse, Öffentlichkeit und Fachgemeinschaft als mögliches Hindernis des E-Commerce diskutiert. Aufgrund des Distanzprinzips beim Online-Shopping wird die Zahlungsabwicklung zum Problem, denn der gleichzeitige Austausch von Ware gegen Geld ist bisher nur unter Einschränkungen zu realisieren. Zur Bezahlung im Internet existiert daher eine umfangreiche theoretische und praktische Literatur sowie einige empirische Untersuchungen, die in den meisten Fällen die Perspektive des Konsumenten aufgreifen. Eine Quintessenz daraus ist: Egal welches Zahlungsverfahren im Fokus steht, das mangelnde Vertrauen der potenziellen Online-Kundschaft bei der Übertragung sensibler Daten und bei der Zahlung ist ein Hemmnis für die weitere Verbreitung des E-Commerce. Dabei liegt die Unsicherheit viel mehr im mangelnden Kenntnisstand der Anwender als in tatsächlich vorhandenen Sicherheitslücken. Neben die Anforderungen der Verbraucher treten die speziellen Bedürfnisse der Anbieter von Produkten und Dienstleistungen im Internet. Die diesem Beitrag zugrunde liegende Umfrage „Internet-Zahlungssysteme aus Sicht der Händler 2 (IZH2)" wählt daher die Perspektive der OnlineHändler. Diese müssen bei ihrer Entscheidung den Spagat zwischen ihren Bedürfnissen und denen ihrer Kunden schaffen, denn ein wesentliches Problem bei den Zahlungsverfahren im E-Commerce stellt der grundlegende Zielkonflikt zwischen Kunden und Händlern dar: Keiner der beiden Transaktionspartner möchte bei einem Geschäft in Vorleistung treten. Daher ist verständlich, dass Kunden lieber per Rechnung zahlen, während Händler die Vorauskasse bevorzugen. Dies liegt nicht daran, dass Kunden und Händler verschiedene Anforderungen an Zahlungsverfahren haben, Dieser Buchbeitrag basiert auf Hinrichs, Jens-Werner/van Baal, Sebastian/ Stroborn, Karsten: Internet-Zahlungssysteme aus Sicht der Händler: Ergebnisse der Umfrage IZH2, Band 11 der Ausgewählten Studien des ECC HANDEL, K ö l n 2004.

260

Zahlungssysteme fiir den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

sondern eher daran, dass sie aus ihrer jeweiligen Sichtweise sehr ähnliche Ziele verfolgen: Auf beiden Seiten zeigt sich als Basisanforderung die eigene Sicherheit. Kunden möchten weder von schwarzen Schafen unter den Händlern hereingelegt werden, noch möchten sie versierten Internetbetrügern ihre Kreditkartendaten oder Ähnliches zukommen lassen. Händler andererseits möchten ihre Waren nicht verschenken. Hundertprozentige Sicherheit beim E-Commerce wird sich vermutlich nie erreichen lassen, nicht zuletzt, da Sicherheit kein absoluter, sondern ein subjektiver Wert ist. Die empfundene Sicherheit hängt neben technischer Gegebenheiten auch von den Erfahrungen, Präferenzen und Einstellungen des Nutzers ab. So zeigt sich beispielsweise, dass Kunden mit längerer und intensiverer Interneterfahrung ihre Sicherheit beim Online-Shopping höher einstufen (oder als nicht so wichtig erachten), als dies bei eher unerfahrenen Nutzern der Fall ist.2 Aus diesen Gründen stellt die Erhöhung des Vertrauens der Nutzer eine wesentliche Anforderung an die Zahlungsabwicklung im Internet dar. Dies lässt sich erreichen, indem entsprechende Maßnahmen mit öffentlicher Wirkung unternommen werden. Die Zertifizierung des eigenen Online-Shops durch einen Dritten stellt eine Möglichkeit dar, einen Vertrauensvorschuss der Kunden zu erlangen. Die Bereitstellung umfangreicher Informationen zum Bestellprozess, zur Zahlungsabwicklung und zum Anbieter trägt weiterhin zur Vertrauensbildung bei. Beim Zahlungssystem selbst trennt sich jedoch die Spreu vom Weizen: Wenn ein Kunde nicht auf eine Art und Weise bezahlen kann, die ihm Vertrauen einflösst, wird er in vielen Fällen Konkurrenzangebote konsultieren oder gar vom Kauf absehen. Die Sicherheit auf Händlerseite andererseits lässt sich durch verschiedene Methoden erhöhen. Hier ist beispielsweise das Angebot von Dienstleistern zu nennen, die im klassischen Versandhandel bereits bekannte und angewendete Instrumente wie Plausibilitäts- und Adressprüfung sowie Scoring für Online-Shops anbieten. Beim Scoring können Daten wie SchufaEinträge, demographische Erhebungen, die bisherige Zahlungsmoral und Ähnliches genutzt werden, um den Kunden in eine bestimmte Risikoklasse 2

Vgl. Universität Karlsruhe (TH), Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung, Sektion Geld und Währung (Hrsg.): Internet-Zahlungssysteme aus Sicht der Verbraucher: Ergebnisse der Online-Umfrage IZV6, Karlsruhe 2003, S. 40.

261

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Stroborn

einzuordnen. Der Händler kann in Abhängigkeit von seiner eigenen Risikobereitschaft und der Höhe der Bestellung festlegen, bis zu welcher Risikoeinstufung er einen Kunden beliefern möchte oder welche Zahlungsmöglichkeiten er dem Kunden anbietet. Aus Sicht der Händler steht der Minimierung von Kosten und Ausfallrisiken dabei die Anforderung gegenüber, ein für den Konsumenten sicheres und bequemes Zahlungsmittel anzubieten. Neben einer Vielzahl von Lösungen wird die richtige Wahl des Zahlungssystems zusätzlich durch die Möglichkeit erschwert, klassische Zahlungsmittel, wie die Rechnung oder die Nachnahme, mit den Angeboten verschiedener Dienstleister zu verbinden. Ein Konflikt in Bezug auf die Zahlungsabwicklung im Internet besteht auch innerhalb der Anforderungen an Zahlungssysteme: Diese sollen zwar möglichst vollkommen sicher arbeiten, sollen aber auch möglichst einfach in der Bedienung und komfortabel sein, nichts kosten und portabel sein (sowohl zwischen PCs als auch in den stationären Handel). Diese Anforderungen können von einem System nicht alle erfüllt werden, da sie sich teilweise gegenseitig behindern. So würde eine Verlängerung des Schlüssels bei sicheren Verbindungen zwar die reale Sicherheit beim Einkauf im Internet erhöhen, andererseits würde sie aber zu einer Verlangsamung des Verbindungsaufbaus und somit zu einem Verlust an Komfort führen. Für viele Konsumenten ist es das Naheliegendste, beim Online-Shopping auf ,klassische4 Zahlungsverfahren wie die Rechnung, die Nachnahme oder die Vorauskasse zurückzugreifen. Zahlungssysteme, die speziell für das Internet entwickelt oder adaptiert wurden, erfüllen jedoch eine wichtige Funktion: Sie tragen zur Reduktion von Transaktionskosten bei. Dies wird insbesondere im Fall digitaler Güter deutlich, die zum direkten Download oder zum unmittelbaren Zugang angeboten werden. Für diesen Markt wäre es geradezu fatal, wenn alle Anbieter solcher Güter die Zahlungsabwicklung in Eigenregie durchführen müssten. Dies lässt sich erstens durch die größtenteils sehr geringen Einzelbeträge begründen, zweitens aufgrund der Problematik, dass sich die Identität des Käufers nicht mit ausreichender Schnelligkeit verifizieren lässt. Das erste Problem führt dazu, dass der Transaktionskostenanteil am Kaufpreis für den Anbieter oder für den Nachfrager prohibitiv hoch sein dürfte, während im zweiten Fall entweder der Nachfrager lange Wartezeiten bis zur Identitätsverifikation in Kauf nehmen müsste oder der Anbieter einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit von Zahlungsausfällen ausgesetzt wäre. Diese Probleme 262

Zahlungssysteme fiir den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

bestehen grundsätzlich auch beim Handel mit physischen Gütern - wenn auch nicht in der gleichen Intensität. Diese einleitenden Ausführungen zeigen, wie vielschichtig das Thema (oder das Problem) der Zahlungsabwicklung im Internet ist. Die Umfrage IZH2 soll dazu beitragen, den Informationsstand der Entscheidungsträger in Handels- und Medienunternehmen sowie bei Zahlungsdienstleistern, in der Fachöffentlichkeit und in der Politik zu verbessern. In den folgenden Abschnitten werden ausgewählte Ergebnisse dieser Umfrage dargestellt: Im zweiten Abschnitt werden die methodische Vorgehensweise sowie die Stichprobe beschrieben. Im Anschluss daran werden im dritten Abschnitt ausgewählte Ergebnisse der Umfrage dargestellt. Den Abschluss bildet ein Fazit mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Schlussfolgerungen.

2

Merkmale der empirischen Untersuchung

Die öffentliche Diskussion in Bezug auf die Zahlungsabwicklung im Internet basiert in der Regel auf den Einschätzungen der Endkonsumenten, die über eine Reihe von Studien erhoben wurden. Die Sicht der Anbieter von Waren, Inhalten und Dienstleistungen hingegen wird oft vernachlässigt. Die Anforderungen an Zahlungssysteme im Internet von Kunden und Anbietern klaffen jedoch auseinander. Die Umfrage IZH2 wurde durchgeführt, um die vorhandene Forschungslücke zu schließen: Die Ergebnisse dienen dazu, Anforderungen und Erwartungen von Händlern mit Internetvertrieb und Anbietern von kostenpflichtigen Inhalten (,Paid Content') hinsichtlich der verfügbaren Zahlungssysteme im Internet zu klären. Eine bessere Kenntnis der Bedürfnisse und konkreten Anforderungen der Händlerschaft ist eine notwendige Bedingung, um bessere Zahlungssysteme zu entwickeln. Dadurch dürfte der elektronische Handel insgesamt gefordert werden, denn nicht-optimal ausgestaltete Zahlungssysteme stellen ein mögliches Hindernis dar. IZH2

ist ein Gemeinschaftsprojekt, an dem die FIVEFORCES GMBH, das

E-COMMERCE-CENTER HANDEL AM INSTITUT FÜR HANDELSFORSCHUNG AN DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN

sowie das INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSPO-

LITIK UND WIRTSCHAFTSFORSCHUNG DER UNIVERSITÄT KARLSRUHE ( T H ) , SEKTION GELD UND WÄHRUNG,

beteiligt sind. Zur Beurteilung und Ein263

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Stroborn

Ordnung der im Folgenden dargestellten Ergebnisse und Erkenntnisse wer-

den zunächst wesentliche Merkmale der Stichprobe und die Methodik des empirischen Vorgehens dargestellt.

2.1

Methodik

Zur Erfassung der Anforderungen an Internet-Zahlungssysteme bietet sich die Methode der Online-Befragung an. Bei dieser Thematik ist davon auszugehen, dass die Zielgruppe über eine solche Befragung angesprochen werden kann, da die relevante Grundgesamtheit diejenigen Anbieter von Waren und Inhalten darstellen, die über einen Online-Vertrieb und somit auch über einen Zugang zum Internet verfugen. Hinzu kommt, dass nach einer Studie des ECC HANDEL im Jahr 2004 fast 98 % der Einzelhändler über einen Internetanschluss verfugten. 3 Aufgrund der Selbstselektion der Teilnehmer kann jedoch angenommen werden, dass mit der Befragung verstärkt Unternehmensvertreter mit einem hohen Interesse am Internet bzw. am elektronischen Handel angesprochen werden. Der Fragebogen wurde freiwillig und anonym ausgefüllt; bei der Interpretation der im Hauptteil vorgestellten Ergebnisse ist daher darauf zu achten, dass sich diese auf die Stichprobenstruktur beziehen, die im folgenden Abschnitt dargestellt wird. Eine repräsentative Stichprobe kann mit diesem Verfahren nicht garantiert werden. In entsprechenden Hinweistexten auf Portalen und in Newslettern wurden zur Teilnahme an der Umfrage Vertreter von Unternehmen eingeladen, die im Internet physische oder digitale Güter an Endkonsumenten zum Kauf anbieten. Somit kommen sowohl,klassische' Unternehmen in Betracht, für die das Internet ein zusätzlicher Vertriebskanal ist, als auch reine Internetunternehmen (,Pure Player'). Um möglichst viele potenzielle Teilnehmer auf die Online-Umfrage aufmerksam zu machen, wurden verschiedene Institutionen in die Verbreitung einbezogen. Dabei wurde darauf geachtet, dass die so angesprochenen Probanden insgesamt keine bestimmte Prädisposition in Bezug auf Zahlungssysteme aufweisen. Aus diesem Grund wurden insbesondere (in Bezug auf Internet-Zahlungssysteme) neutrale Institutionen einbezogen. Insgesamt kamen knapp 98 % der Umfrageteil3

Vgl. Hudetz, Kai/Tanaskovic, Nicola: Internet i m Handel 2004, Köln 2004, S. 22 f. und den entsprechenden Beitrag in diesem Buch.

264

Zahlungssysteme fr

den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

nehmer über Hinweise auf Websites und in Newslettern, deren Herausgeber kein bestimmtes Zahlungssystem betreiben oder bewerben (hierzu zählen beispielsweise die Websites des ECC HANDEL, des HANDELSJOURNALS und der LEBENSMITTELZEITUNG). Die Hinweise selbst wurden ebenfalls neutral formuliert, so dass die angesprochenen Probanden in Bezug auf die zu bewertenden Zahlungssysteme nicht in eine bestimmte Richtung gelenkt wurden. Als Anreiz zur Teilnahme an der Umfrage und zur Komplettierung des Fragebogens wurden unter den Teilnehmern, die nach Beendigung der Befragung ihre Kontaktdaten hinterließen, mehrere Sachpreise verlost. Der Fragebogen, der durch mehrere Pre-Tests vorbereitet wurde, enthielt insgesamt maximal 23 Fragen. Die Online-Befragung fand von Oktober 2003 bis Januar 2004 statt und verzeichnete in dieser Zeit 1.113 Zugriffe. Nach einer intensiven Kontrolle und Filterung konnten die Fragebögen von insgesamt 519 Unternehmen berücksichtigt werden.

2.2

Stichprobe

Etwas über zwei Drittel (67,5 %) der Teilnehmer der Umfrage sind dem Handel zuzurechnen, etwa ein Drittel (32,5 %) dem Medien- und Dienstleistungssektor. 78,1 % der Teilnehmer boten im Jahr 2003 (auch) physische Güter an, 48,9 % boten (auch) digitale Güter zum Download oder im Postversand an. In der Stichprobe dominieren erwartungsgemäß Unternehmen mit dem Vertrieb über das stationäre Internet. Der konventionelle Versandhandel via Telefon, Fax oder Post wird von zwei Dritteln der Teilnehmer praktiziert, dem Vertrieb über das mobile Internet (,M-Commerce') kommt nur eine sehr geringe Bedeutung zu. Über 40 % der teilnehmenden Unternehmen sind auch im stationären Handel vertreten. In Abbildung 1 sind diese Charakteristika der Stichprobe zusammengefasst. Die Unternehmensgröße als Indikator fur die Komplexität des Zahlungsverkehrs und die zur Verfugung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen wurde in der Befragung über die Anzahl der Mitarbeiter (umgerechnet auf Vollzeitbeschäftigte) erfasst. Abbildung 2 zeigt, dass in der Stichprobe kleine und mittlere Unternehmen dominieren. Fast 10 % der teilnehmenden Unternehmen beschäftigen jedoch mehr als 100 Mitarbeiter. 265

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Stroborn

Abbildung

1:

Abbildung 2:

266

Stichprobenstruktur Vertriebskanal

nach Wirtschaftssektor,

Unternehmensgröße nach Anzahl der Mitarbeiter

Produktkategorie

und

Zahlungssysteme für den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

Da das Transaktionsvolumen ein wesentlicher Einflussfaktor für die Organisation des Zahlungsverkehrs ist, sollte auch das Ausmaß der E-Commerce-Aktivitäten der Teilnehmer in die Charakterisierung der Stichprobe einfließen. Daher wurde erfragt, wie viele Internetbestellungen die teilnehmenden Unternehmen monatlich im Durchschnitt erhalten. Erwartungsgemäß dominieren auch dabei die unteren Kategorien: Fast 60 % der Unternehmen verzeichnen monatlich 100 oder weniger Bestellungen. Allerdings erhalten mehr als 14 % über 1.000 Internetbestellungen monatlich. Abbildung 3 zeigt, dass das Spektrum in der Stichprobe hinsichtlich der Transaktionszahlen somit relativ breit ist.

über 100 bis

über 10 bis 100: 38,2%

Abbildung 3:

Durchschnittliche

Anzahl monatlicher Internetbestellungen

Schließlich ist für die Beurteilung der Umfrageergebnisse relevant, welche Personen den Fragebogen ausgefüllt haben. Da es sich um eine Befragung von Unternehmen handelt, bietet es sich an, die Stichprobe anhand der Tätigkeit bzw. der Position der antwortenden Person zu charakterisieren. Wie Tabelle 1 zeigt, ist der überwiegende Teil der Umfrageteilnehmer in der Geschäftsführung tätig. Diese Tatsache dürfte in erster Linie anhand der durchschnittlich eher geringen Unternehmensgröße zu begründen sein. Es spricht für die Kompetenz und für die Qualität der Antworten der Teilnehmer, dass diese überwiegend in leitenden Positionen tätig sind.

267

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Stroborn

Geschäftsführung Marketing/Verkauf/V ertrieb Personal/Organisation/EDV Einkauf/Beschaffung Redaktion/Content Management Finanzierung/Controlling Sonstiges Gesamt Tabelle 1:

3

Anteil in % 56,8 17,1 3,5 3,1 2,8 2,4 14,3 100,0

Tätigkeit bzw. Position des Umfrageteilnehmers

Ergebnisse

I m Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse der Umfrage dargestellt. I m ersten Abschnitt wird auf allgemeine Daten zur Nutzung des Internets als Vertriebskanal eingegangen. Dabei handelt es sich um Faktoren, die wichtige Rahmenbedingungen fur die Zahlungsabwicklung darstellen. I m Anschluss daran erfolgt die Darstellung der Ergebnisse zu Einschätzung und Nutzung von Internet-Zahlungssystemen.

3.1

Nutzung des Internets als Vertriebskanal

Sowohl Anbieter von physischen als auch Anbieter von digitalen Gütern wurden in die Umfrage einbezogen. Die angebotenen Güterkategorien sowie die Planungen der teilnehmenden Unternehmen für das Jahr 2004 zeigt Abbildung 4. 4 In allen Produktkategorien ist eine Ausweitung des Angebots zu erwarten, am stärksten wächst der Bereich der digitalen Güter im Download. Die Planungen der Teilnehmer sprechen dafür, dass es zu einer deutlichen Zunahme bei den ,Vollsortimentern' kommt, also solchen Anbietern, die alle drei erfassten Produktkategorien anbieten. Insofern ist davon auszugehen, dass die Vermischung von Handel und Medien im Internet zunimmt.

In der Umfrage wurden bei einigen Punkten neben der aktuellen Situation auch die Planungen für die nahe Zukunft erfragt. U m den Teilnehmern eine fixen und überschaubaren Zeithorizont zu geben, wurde als Zeitraum das Jahr 2004 gewählt. Es ist davon auszugehen, dass nicht alle Planungen in diesem Jahr tatsächlich umgesetzt wurden; die Planungen stellen jedoch einen Indikator für die (aus Sicht der Händler gewünschte) weitere Entwicklung dar.

268

Zahlungssysteme für den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

60%

40%

20%

0«3/o Physische Güter

78,1% 1

-

ί I

1

I 34,2%

Digitale Güter im Download

1

I

29,2%

Digitale Güter im Postversand

19,0%

I

+2,9% 56,8%

I 1

100%

1

+9,0%

Abbildung 4:

80%

• Ja

65,3%

+5,5%

1

• Nein, jedoch geplant bis Ende 2004 • Nein, auch nicht geplant

Angebotene Güterkategorien

Vermutlich wird dadurch auch der Bedarf nach integrierten Zahlungssystemen, die über verschiedene Güterarten hinweg einsetzbar sind, zunehmen. Bei denjenigen Teilnehmern, die physische Güter anbieten, kommen verschiedene Vertriebswege in Betracht. Die entsprechenden Anteile und ihre weitere Entwicklung sind in Abbildung 5 dargestellt. o%

20% —!—

Versandhandel via stationärem Internet

40% —1—

60% —!

80%

100%

95,2%

Versandhandel via Telefon, Fax, Post Versandhandel via mobilem Internet Stationärer Einzelhandel

Abbildung 5:

51,2%

42,4%

Vertriebswege

, +6.4%

• Ja • Nein, jedoch geplant bis Ende 2004 • Nein, auch nicht geplant

(nur Anbieter von physischen Gütern)

Bei allen Vertriebswegen ist den Planungen der Teilnehmer zufolge eine stärkere zukünftige Nutzung zu erwarten. Nach Anzahl der Nennungen ist dabei der Handel per mobilem Internet der Vertriebsweg mit dem höchsten Wachstum - allerdings beginnend von einem sehr geringen Niveau und mit einer weiterhin relativ geringen Gesamtbedeutung. Die Zunahme spricht jedoch dafür, dass die Notwendigkeit adäquater Zahlungssysteme zur Unterstützung des M-Commerce steigt.

269

Sebastian van Baal, Jens- Werner Hinrichs, Karsten Stroborn

Die gleichzeitige Nutzung mehrerer Vertriebskanäle (,Multi-ChannelVertrieb') gewinnt den Planungen der Teilnehmer zufolge an Bedeutung, i m Gegenzug nimmt die Zahl der Ein-Kanal-Unternehmen ab. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die bislang ausschließlich auf das Internet setzen, um ihre Kunden anzusprechen, die sogenannten ,Pure Player'. Auch die Nachfrage nach integrierten Zahlungssystemen, die in verschiedenen Vertriebskanälen einsetzbar sind, dürfte aus diesen Gründen weiter zunehmen. Zur Platzierung ihres Angebotes steht den Unternehmen insbesondere die Alternative zur Verfügung, eine autarke Webpräsenz zu führen oder sich innerhalb einer Plattform zu präsentieren, die verschiedenen Anbietern einen einheitlichen Rahmen bietet. Solche Internet-Marktplätze können Vorteile durch eine größere Attraktivität für Kunden bieten sowie durch begleitende Dienstleistungen die Produktvermarktung und die Transaktionsabwicklung erleichtern bzw. sichern. Eine eigene Webpräsenz hingegen bietet einem Anbieter höhere Flexibilität und Unabhängigkeit. Abbildung 6 stellt die Inanspruchnahme dieser Optionen durch die befragten Unternehmen dar.

o% eigener Shop mit eigener Domain eBay

20%

40%

60%

80%

1

1

1

1

96,6%

100% 1 Π

1,9%

+ 1,6% 54,9%

33,9% + 11,3%

Inter net-Marktplatz (nicht eBay)

I

23,0% + 16,7%

60,4%

• Ja • Nein, jedoch geplant bis Ende 2004 • Nein, auch nicht geplant

Abbildung 6:

Genutzte Internetplattformen

(nur Anbieter von physischen Gütern)

Eine eigene Domain wird von nahezu allen Teilnehmern verwendet. In zunehmendem Maße werden jedoch auch weitere Plattformen zum Vertrieb eingesetzt: Der Online-Marktplatz EBAY spielt zukünftig für mehr als 40 % der befragten Internethändler im Vertrieb eine Rolle, und auch andere Marktplätze gewinnen zukünftig an Bedeutung. Die Dominanz des ausschließlichen Vertriebs über den eigenen Online-Shop nimmt somit ab.

270

Zahlungssysteme für den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

Durchgängig zeigt die Untersuchung, dass die Breite der Marktbearbeitung durch die Internethändler wächst. Dies gilt sowohl für das angebotene Produktspektrum als auch für die genutzten Vertriebswege und -plattformen. Damit steigen die Anforderungen an die von den Händlern einzusetzenden Zahlungssysteme. Umfassende, übergreifende Einsetzbarkeit und einfaches, integriertes Handling werden zukünftig an Bedeutung gewinnen. Damit dürfte mittel- bis langfristig die Bedeutung von Zahlungssystemen zurückgehen, die lediglich fur spezielle Einsatzgebiete optimiert sind.

3.2

Eigenschaften von Zahlungssystemen

Anhand welcher Attribute bewerten Händler die verfügbaren Zahlungssysteme? In Abbildung 7 sind die Einschätzungen der Umfrageteilnehmer in Bezug auf die Bedeutung verschiedener Eigenschaften von Zahlungssystemen dargestellt. Die Kriterien erlauben Rückschlüsse auf die noch im Einzelnen darzustellende pauschale Bewertung der Zahlungssysteme durch die befragten Händler (vgl. Abschnitt 3.5). Ein zusammenfassender Blick auf Abbildung 7 zeigt, dass ein Zahlungssystem eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen muss. Keine der im Frage-

(sehr hoch) 5

(gar keine) 1 Weite Verbreitung / Nutzung in der Kundschaft

• 4.52

Garantie der Zahlung für den Händler Hohe Bequemlichkeit / einfache Bedienbarkeit für den Kunden

ZD 4,46

Hohe technische Zuverlässigkeit / Hochverfügbarkeit Niedrige Gesamtkosten (Einrichtung, Betrieb, Gebühren)

• 4,40

Hohe Sicherheit des Systems aus Händler perspektive

• 4.38

Geringe Reklamationsquote der Zahlungen • 4,04

Verbesserung der Kundenbindung Hohe erwartete Langlebigkeit des Systems Geringer Integrationsaufwand in die eigene Verkaufsumgebung Schnelligkeit des Bezahlvorgangs während des Kaufs

• 3,92 • 3.83

I

Einfache Rückabwicklung von Zahlungen Gutes Renommee des Systembetreibers Hohe Zahl von gleichzeitig bedienbaren Kunden Geringer Aufwand für die Einbindung in das Warenwirtschaftssystem Internationale Einsetzbarkeit

Abbildung 7:

Z I 3,71 • 3,64

• 3.49

Bedeutung von Eigenschaften eines Zahlungssystems

271

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Strobom

bogen genannten Eigenschaften erhält eine durchschnittliche Bedeutung unterhalb des Skalenmittelwerts. Die Kriterien lassen sich jedoch in vier sachliche Blöcke gruppieren, die sich hinsichtlich ihrer Bedeutung unterscheiden: 1. Umsatzerschließung: Notwendige Bedingung für einen Händler ist, dass eine große Anzahl von potenziellen Kunden im Shop bezahlen kann und nicht mangels Verfügbarkeit eines fassenden' Zahlungssystems von einer Transaktion ausgeschlossen wird. 2. Umsatzsicherung: Der tatsächliche Erhalt der finanziellen Gegenleistung muss gesichert sein. Gefährdet werden Umsätze durch mangelnde Zahlungsfähigkeit, Betrugsabsichten und Systemfehler, bei denen Transaktionsdaten verloren gehen. 3. Laufender Betrieb und Kosten: Zu diesem Block zählen Aspekte, die den reibungslosen und kostengünstigen Betrieb des Zahlungssystems betreffen. 4. Sonstige Kriterien: Eher weiche Faktoren, die keinen unmittelbaren Einfluss auf die Abwicklung einer einzelnen Transaktion haben (ζ. B. Kundenbindung, Renommee des Betreibers) stellen ebenfalls einen Teil der Bewertung eines Zahlungssystems dar. Den Ergebnissen aus Abbildung 7 zufolge haben Kriterien, die die tatsächliche Verwendung der Zahlungssysteme unterstützen, eine besondere Bedeutung (Umsatzerschließung). Kriterien, die die Kosten des Systems und damit den Nettoertrag des Geschäftes positiv beeinflussen (Umsatzsicherung), sind ebenfalls bedeutend. Nicht (ganz) so hoch bewertet werden Faktoren, bei denen sich viele Unternehmen vermutlich zutrauen, mögliche Schwierigkeiten selbst kompensieren zu können bzw. bei denen die eigene Stärke wichtiger ist (Kundenbindung, Renommee, Integration). Das laut Abbildung 7 wichtigste Kriterium, die Verbreitung in der Kundschaft, verdient eine genauere Betrachtung. Unter dem Gesichtspunkt der Transaktionskostenminimierung ist zwischen Anbietern und Kunden eine möglichst geringe (aber positive) Anzahl von Intermediären, die „den Übergang der Verfügungsrechte bewirken oder unterstützen" 5 , wünschens5

E-Commerce-Center Handel (Hrsg.): Die Begriffe des eCommerce: Ein Wörterbuch fur „ O l d " und „New Economists", Frankfurt am Main 2001, S. 43.

272

Zahlungssysteme für den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

wert. Bei Internet-Zahlungssystemen ergibt sich diese Tatsache daraus, dass sie durch positive Netzeffekte gekennzeichnet sind: 6 Je größer die Anzahl der Konsumenten, die ein Zahlungssystem nutzen, desto mehr Händler interessieren sich für den Einsatz dieses Systems. M i t der Anzahl der Händler, die das Zahlungssystem verwenden, steigt wiederum die Attraktivität des Systems aus Konsumentensicht - der Aufwand der Registrierung und des Kennenlernens lohnt sich eher. A n der sehr hohen Bedeutung, die der Umfrage zufolge der weiten Verbreitung bzw. Nutzung in der Kundschaft beigemessen wird, zeigt sich, dass sich dieser Effekt nicht nur indirekt einstellt, sondern dass eine weite Verbreitung eines Zahlungssystems unter den Verbrauchern auch von den Händlern in hohem Maße gewünscht wird. Aus Sicht der befragten Unternehmen ist dieser Aspekt der Umsatzerschließung das wichtigste Kriterium, sogar noch vor den Gesamtkosten des Systems. Aufgrund der Netzeffekte sind Zahlungssysteme im Internet durch eine doppelte kritische Masse gekennzeichnet,7 und früher oder später dürften sich einige wenige Systeme als tragfahig erweisen. Solange jedoch eine große Anzahl unterschiedlicher Zahlungssysteme zum Einsatz kommt, können diese ihre Transaktionskosten-Reduktionsfunktion nicht in ausreichendem Maße erfüllen. 8 Zu den weiteren Aspekten der Umsatzerschließung lassen sich beispielsweise ,Hohe Bequemlichkeit/einfache Bedienung für den Kunden' und ,Hohe technische Verfügbarkeit' zählen. Diese drei Eigenschaften zusammen (einschließlich der weiten Verbreitung) stellen die notwendigen Voraussetzungen für den Anbieter dar, um mit hinreichender Wahrscheinlichkeit überhaupt erfolgreiche Transaktionen mit einer großen Zahl von Kun6

7

8

Vgl. bspw. Shapiro, Carl/Varian, Hal R.: Information Rules - A Strategie Guide to the Network Economy, Boston 1999, S. 183-184. Vgl. Reinhart, Joachim/Schlüter, Kai: Das Erreichen einer kritischen Masse von Händlern und Kunden als Hauptproblem erfolgreicher Bezahlverfahren i m Internet, in: Thießen, Friedrich (Hrsg.): Bezahlsysteme i m Internet, Frankfurt a. M . 1999, S. 341-353. M i t dem Begriff der doppelten kritischen Masse wird zum Ausdruck gebracht, dass zwei Gruppen von Marktteilnehmern (Verbraucher und Händler) von der Vorteilhaftigkeit eines Zahlungssystems überzeugt werden müssen. Dies gilt insbesondere, wenn Zahlungssysteme hinsichtlich ihrer Funktionen bzw. ihrer Anwendbarkeit fur bestimmte Produkte, Vertriebskanäle oder Kunden in hohem Maße identisch sind.

273

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Stroborn

den durchführen zu können. Wie zu erwarten spielen Aspekte der Umsatzerschließung somit eine große Rolle. Dabei ist die folgende Schwierigkeit, die die Verbreitung eines Zahlungssystems hemmen kann, zu bedenken: Verbreitung und Verfügbarkeit sind messbare Daten, die einer quantitativen Analyse standhalten. Die Bequemlichkeit und Einfachheit aus Kundensicht kann hingegen nur heuristisch und qualitativ beurteilt werden. Die Wichtigkeit dieser ,Soft Facts' ist dennoch nicht zu vernachlässigen: Sie führen zur Präferenzbildung des Kunden beim Einsatz alternativ angebotener Zahlungssysteme. I m Extremfall kann es daher sogar zu einer Nutzungsverweigerung kommen, selbst wenn keine andere Zahlungsalternative zur Verfügung stehen sollte. In den meisten Fällen dürfte es für Händler schwierig sein, diese präferenzbildenden Merkmale zu beurteilen. Die demzufolge geringe Angebotstransparenz dürfte die Verbreitung innovativer Zahlungssysteme hemmen. Zum Komplex der Umsatzsicherung gehört beispielsweise die Garantie einer Zahlung für den Händler und damit ihr sicherer Erhalt. Aus Händlersicht genießt dieses Kriterium eine nahezu identische Bedeutung wie die Verbreitung eines Zahlungssystems in der Kundschaft - Umsatzerschließung und Umsatzsicherung sind demzufolge die wichtigsten Eigenschaften eines Zahlungssystems.

3.3

Risikoaspekte und -management

Der Ausfall von Zahlungen wird von Online-Händlern verständlicherweise als großes Problem angesehen. Zu den tatsächlich zahlungsunwilligen Kunden kommen noch Irrtums- und Scherzbestellungen hinzu, die in der Summe in beachtlichen Zahlungsausfallen resultieren können. Wenn es darum geht, sich vor der Bezahlung zu drücken, entwickeln manche Konsumenten ungeahnte Kreativität. Dennoch sollte ein Händler davon ausgehen, dass die Mehrheit der Online-Shopper nicht auf Betrug aus ist - im E-Commerce ist gegenseitiges Vertrauen erforderlich, denn es gibt auf beiden Seiten schwarze Schafe. Insbesondere kleine und mittelständische Online-Händler sollten sich aber in jedem Fall bewusst sein, welche Tricks Betrüger im Internet anwenden könnten. Die meisten Online-Händler arbeiten jedoch nach wie vor ohne effektive Online-Schutzmechanismen; Betrugsprävention steht nur bei wenigen Unternehmen auf der Tagesordnung. Abbildung 8 zeigt, dass knapp 80 % der Umfrageteilnehmer schon »negative Erfahrungen' i m Zusammenhang mit dem Bezahlen im Internet

274

Zahlungssysteme fur den Vertrieb

Abbildung

8:

über das Internet aus Sicht der Händler

Anteil derjenigen Unternehmen, die mit dem Bezahlen im Internet schon einmal negative Erfahrungen gemacht haben

gemacht haben. Lediglich 20 % der befragten Anbieter sind bisher von solchen negativen Erfahrungen verschont geblieben. In Abbildung 9 ist dargestellt, welche konkreten negativen Erfahrungen die befragten Händler bisher gemacht haben. Rechnungen für korrekt erhaltene Ware nicht zu bezahlen oder bestellte (oder tatsächlich nicht bestellte) Waren nicht abzunehmen sind Verhalo% Rechnung trotz korrekter Lieferung nicht bezahlt Scherzbestellung

20%

40%

60%

80%

100%

1


:,;

- ,· j

I -Ho"-

1—

50,8%

Zahlungsgarantie durch den Betreiber

Bonitätsabhängiges Angebot von Zahlungssystemen Versicherung gegen Zahlungsausfall 3.3 (z.B. über iClear)

40%

80%

t I 160 ,%

100% 1

— Λ 38 .%

250 .% ' Β ^ Β Π

I "Ι

läräf 16,5%|

25,2%

3.1 13.7«Xg|

20.3%

H m

• 5 (sehr gut) • 4 q3 · 2 ο 1 (sehr schlecht)

Abbildung 12:

Bewertung von Instrumenten zur Risikominimierung

In der Gunst der Händler stehen Verfahren, die den Zahlungsausfall auf einfache Art und Weise minimieren, ganz oben. Dazu gehören die traditionellen Verfahren Nachnahme und Vorkasse. Daneben hat eine Zahlungsgarantie durch den Systembetreiber grundsätzlich eine hohe Attraktivität - Abbildung 11 zeigt jedoch, dass dieses Instrument nur selten eingesetzt wird. Überraschend ist, dass eine Versicherung gegen Zahlungsausfall deutlich niedriger bewertet wird. Die Kosten einer Versicherung von den Händlern werden vermutlich stärker wahrgenommen als die eines möglichen Umsatzverlusts. Die anderen Verfahren bedingen größere technische Voraussetzungen, die ihren Einsatz erschweren. Bei bonitätsabhängigen Angeboten und Scoringverfahren vermindern vermutlich die Komplexität und die Kosten der Systeme die Attraktivität für viele Händler.

278

Zahlungssysteme fr

3.4

den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

Einsatz von Zahlungssystemen

Die Betrachtung der parallelen Verwendung von Zahlungssystemen zeigt, dass derzeit offenbar der Einsatz eines Portfolios unabdingbar ist. Eine Auswertung der Planungen zeigt zudem, dass eine nachfrageseitige Konsolidierung unter den Zahlungssystemen zudem vorerst nicht zu erwarten ist. Stattdessen ist zunächst eine Ausweitung der von den Händlern parallel eingesetzten Verfahren wahrscheinlich. Diese Ergebnisse sind in Abbildung 13 dargestellt.

Anzahl eingesetzter Systeme Ende 2003 Anzahl eingesetzter Systeme Ende 2004 (geplant) Prozent der Teilnehmer

m

Abbildung 13:

Anzahl eingesetzter Zahlungssysteme

4,2

4 6

4,4

10

Momentan ist die Zusammenstellung der angebotenen Internet-Zahlungssysteme durch eine hohe Anzahl und zudem durch Dynamik gekennzeichnet. Insgesamt scheint der Markt fur Zahlungssysteme dementsprechend noch nicht in seine Reifephase gelangt zu sein, zumindest aus Sicht der Händler. Knapp 60 % der Befragten planen, in 2004 ein oder mehr weitere Zahlungssysteme in ihr Angebot aufzunehmen, über 25 % der Befragten planen dabei sogar die Einfuhrung von drei oder mehr neuen Systemen. Die befragten Unternehmen setzen zum Umfragezeitpunkt Ende 2003 durch-

Lesebeispiel: I m Jahr 2003 boten 23,2 % der Teilnehmer ihren Kunden drei Zahlungssysteme an. I m Jahr 2004 bieten (den Planungen zufolge) nur noch 14,2 % der Teilnehmer drei Zahlungssysteme an.

279

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Stroborn

schnittlich drei unterschiedliche Zahlungssysteme ein. Diese Anzahl mag aufgrund von Kundenanforderungen durchaus berechtigt sein; 11 da die befragten Unternehmen planen, diese Zahl deutlich zu erhöhen, so dass Ende 2004 durchschnittlich fünf Zahlungssysteme angeboten werden, scheint die hohe Dynamik in diesem Markt in absehbarer Zeit nicht abzunehmen. Auch wenn der parallele Einsatz verschiedener Verfahren die Regel ist, lässt sich eine klare Dominanz im Angebot belegen. In diesem Punkt spiegeln sich die Kundenpräferenzen stark wider; auch bei den Händlern unbeliebte Verfahren besitzen daher eine große Verbreitung. Dies zeigt sich beispielsweise in weiteren Zuwachszahlen für die Lastschrift. Noch stärker ist allerdings das Wachstum bei den Verfahren, die die Zahlungssicherheit für den Händler erhöhen, allen voran die Kreditkartenverfahren und die Online-Überweisung. Die Ergebnisse zu den einzelnen Zahlungssystemen sind in Abbildung 14 dargestellt. 12 Die Bedeutung der Kreditkarte mit SSL-Verschlüsselung und der Kreditkarte mit zusätzlicher Authentifizierung sowie der Online-Überweisung nimmt stark zu. Den Planungen der teilnehmenden Händler zufolge werden gesicherte Kreditkartenverfahren die Lastschrift an Bedeutung vermutlich schon in Kürze überholen. Reine Internet-Zahlungssysteme haben für die befragten Unternehmen nur eine geringe Bedeutung. Eine Untersuchung der abgewickelten Umsatzvolumina unterstreicht die Bedeutung der Kundenpräferenzen für das tatsächliche Angebot von Zahlungssystemen im E-Commerce. Hilfsweise wurde in der Umfrage statt der genauen Umsatzverteilung die geschätzte Rangfolge der Verfahren nach dem Umsatz erhoben. Die entsprechenden Ergebnisse sind in Abbildung 15 dargestellt. Die Rechnung ist - gemessen an der durchschnittlichen Rangfolge - das umsatzstärkste Verfahren. Vorauskasse, Lastschrift, Nachnahme und die Kreditkarte mit SSL-Verschlüsselung folgen dicht beieinander. Es über11

12

Vgl. Mürl, Carsten: ePayments aus Händlersicht - Empfehlungen für die richtige Wahl der Zahlungsmittel für einen Internet-Auftritt, in: Ketterer, KarlHeinz/Stroborn, Karsten (Hrsg.): Handbuch ePayment: Zahlungsverkehr im Internet; Systeme, Trends und Perspektiven, Köln 2002, S. 128-133, hier: S. 129. Eine Beschreibung einzelner Systeme findet sich bspw. bei: Dannenberg, Marius/Ulrich, Anja: Ε-Payment und E-Billing: Elektronische Bezahlsysteme für Mobilfunk und Internet, Wiesbaden 2004.

280

Zahlungssysteme fur den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

Vorauskasse (Scheck, Überweisung) Nachnahme Rechnung Lastschrift Kreditkarte mit SSL-Verschlüsselung Kreditkarte mit gesonderter Authentifizierung Onli ne-Überweisung Kreditkarte ohne SSL-Verschlüsselung Paypal Firstgate Mobiles Bezahlen Pay SafeCard T-Pay Micromoney Geld karte

Abbildung 14:

Einsatz einzelner Zahlungssysteme 1 Rechnung

2

3

SSL-Verschlüsselung. Online Uberweisung Kreditkarte mit gesonderter "

1

1

1

12.4 1

|2.5

1

ι

I

1

1

1

13.2 13.5

ι

H ι

1

1

1

I

ι

Γ

I

I

ι

1

1

11

1

13,6

Authentifizierung Billing-/lnkassoverfahren Prepaidverfahren Mobiles Bezahlen

Abbildung

13

15:

7

12.4 Ι

SSL-Verschlüsselung. Nachnahme

Kreditkarte ohne

(

12.3 1

Kreditkarte mit

Paypal

i5

|i.e

Vorauskasse Lastschrift

-X

14,2 4.6 15.3

1 1

6,3

1

Durchschnittlicher Rangplatz der eingesetzten Zahlungssysteme nach dem abgewickelten Umsatzvolumen 13,

Anmerkung: Ein Zahlungssystem wurde bei dieser Frage nur denjenigen Teilnehmern zur Auswahl gestellt, die das Verfahren prinzipiell anbieten. Die Verfahren

281

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Stroborn

rascht die starke Bedeutung der Vorauszahlung, die ein starkes Kaufbedürfhis und Vertrauen des Käufers voraussetzt. Die Online-Überweisung und Kreditkarte mit gesonderter Authentifizierung sind als neue Verfahren noch nicht weit verbreitet. Spezifika der Billing-/Inkasso- und Prepaidverfahren (Kleinbeträge) führen dazu, dass in einer umsatzorientierten Betrachtung der Gesamtstichprobe nur hintere Plätze belegt werden können. Es zeigt sich, dass den Präferenzen der Händler zumindest teilweise entsprochen wird. So nimmt die Vorauskasse den zweiten Platz unter den Zahlungssystemen ein. Insgesamt scheinen sich jedoch eher die Verbraucher durchzusetzen: Die von diesen bevorzugten traditionellen Systeme ,Rechnung' und Lastschrift' nehmen den ersten bzw. dritten Platz ein.

3.5

Bewertung einzelner Zahlungssysteme und Betreiber

Wie bereits erwähnt, ist der Markt für Zahlungssysteme durch eine hohe Dynamik gekennzeichnet: Aus der Sicht vieler Händler kommen (zu) häufig neue Dienstleister und Systeme hinzu, während vorhandene ausscheiden. Dadurch wird die Transparenz verringert - sowohl für Konsumenten als auch für Händler. 14 Dementsprechend ist zu vermuten, dass unter den Händlern Unsicherheit in Bezug auf die Einsatzmöglichkeiten und die Vorund Nachteile einzelner Systeme besteht. In Abbildung 16 ist dargestellt, wie groß der Anteil der Befragten ist, die sich die Beurteilung des jeweiligen Zahlungssystems nicht zutrauen. Klassische Zahlungssysteme können nur von wenigen Teilnehmern nicht eingeschätzt werden. Bei internetspezifischen Verfahren bestehen hingegen die größten Informationsmängel, auch bei internetadaptierten Verfahren besteht nur eine eingeschränkte Beurteilungskompetenz bei vielen Händlern. Diese Informationsdefizite dürften einen deutlichen Beitrag zur Erklärung der geringen Verbreitung bestimmter Verfahren leisten. Eine Studie von Europressedienst und Postbank kommt zu ähnlichen Schluss-

14

Firstgate und T-Pay wurden zu ,3illing-/Inkassoverfahren" zusammengeführt, die Verfahren Pay SafeCard, Micromoney und Geldkarte zu, ,Prepaidverfahren 4 '. Vgl. auch Europressedienst/Postbank (Hrsg.): Studie Elektronische Bezahlsysteme für Online-Händler 2003, Bonn 2003, S. 6.

282

Zahlungssysteme fur den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

80% Rechnung Vorauszahlung Nachnahme Lastschrift Kreditkarte mit SSL-Verschlüsselung Kreditkarte ohne SSL-Verschlüsselung

^49.1%

Kreditkarte mit gesonderter Authentifizierung Onli ne-Überweisung Mobiles Bezahlen

]7„

Firstgate Pay pal Geldkarte T-Pay PaySafeCard

] 73,4' ^J 74,1% J 75.2

J 77.8'

Micromoney

Abbildung 16:

Informationsmängel: Anteil derjenigen Teilnehmer, die das betreffende Zahlungssystem,nicht beurteilen ' können

folgerungen: „Mangelndes Wissen im Umgang mit Begriffen und den dahinter stehenden Konzepten fuhren zur Ablehnung des Themas und Verschiebung von Projekten". 15 Die pauschalen Bewertungen einzelner Verfahren durch die Händler sind in Abbildung 17 dargestellt. 15

Europressedienst/Postbank (Hrsg.) 2003, S. 6.

283

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Stroborn

(sehr schlecht)

1

(sehr gut)

2

5

1— 3,4

Vorauszahlung Kreditkarte mit gesonderter

_J 3,3

Authentifizierung Kreditkarte mit

]3.2

SSL-Verschlüsselung

13,2

Online-Überweisung Paypal

]3,2

Firstgate

J3.1

Geldkarte

"Ί 3,1 3.0

Nachnahme

3,0

T-Pay PaySafeCard

]3.0

Micromoney

]2.9

Lastschrift

~12.9

Mobiles Bezahlen Rechnung

2,8

2,7

Kreditkarte ohne SSL-Verschlüsselung .

Abbildung 17:

Bewertung einzelner Zahlungssysteme

Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass Verfahren mit garantierter Zahlung (bzw. Nichtabstreitbarkeit durch zusätzliche Authentifizierung und Autorisierung) die besten Bewertungen erfahren. Die relativ geringe Popularität vorbezahlter Systeme (Geldkarte, Scratch-Cards) lässt sich mit ihrer mangelnden Verbreitung und ihrem beschränkten Einsatzbereich (vorrangig Micropayments) begründen. Die Zahlung auf Rechnung genießt nur wenig Sympathien und wird nur durch die ungesicherte Kreditkartenzahlung ,übertroffen'. Für die mittlere Einschätzung der (relativ kostspieligen) Nachnahme spricht ihre breite Anwendbarkeit und das geringere Risiko, welches den Warenverlust ausschließt. Betreibergestützte Systeme auf Basis des Lastschriftsystems genießen eine höhere Wertschätzung als die Lastschrift selbst; die Risikonachteile des Lastschriftverfahrens selbst erklären die relativ schlechte Bewertung. Mobilfunkgestützte Zahlungssys-

284

Zahlungssysteme for den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

teme weisen diesbezüglich zwar Vorteile auf, haben jedoch deutliche Nachteile hinsichtlich der Verbreitung. Bei einer Gesamtbetrachtung der Bewertungen fallen zwei Dinge auf: Erstens gibt es kein Zahlungssystem, das eine Bewertung erfahrt, die deutlich über dem Skalenmittelwert von drei liegt. Es scheint sich also noch kein Zahlungssystem durchgesetzt zu haben, das den Präferenzen der Händler tatsächlich entspricht. Die beschriebene große Häufigkeit, mit der neue Zahlungssysteme in das Angebot der Händler aufgenommen werden, ist auf dieser Basis erklärbar. Zweitens bestätigen die Ergebnisse tendenziell die intuitiv begreifliche Annahme, dass Händler diejenigen Zahlungssysteme bevorzugen, bei denen sie die Zahlung vor oder während der Auslieferung der Ware erhalten. Schlechter schneiden hingegen diejenigen Systeme ab, bei denen keine auf diese Weise erhöhte Zahlungssicherheit besteht. 16 Es leuchtet ein, dass die Präferenzen der Verbraucher annähernd umgekehrt verlaufen. 17 A u f dieser Basis lässt sich erklären, dass mehrere grundsätzlich vergleichbare Systeme zur Anwendung kommen und dass häufig neue Zahlungssystembetreiber in den Markt eintreten, während vorhandene ausscheiden. Anbietern, die annehmen, dass sie die Händleranforderungen besser erfüllen können als etablierte, bietet sich offenbar auch nach der ,dot.com-Ära' noch ein Anreiz, neue Zahlungssysteme zu vermarkten. Wenngleich die Neueinfuhrung besserer Systeme wünschenswert ist, führt diese Entwicklung doch dazu, dass sich eine hohe Dynamik bei den verfügbaren Zahlungssystemen ergibt; diese führt sowohl auf Händler- als auch auf Verbraucherseite zu Verwirrung und Unsicherheit und vermutlich auch zu einer Zurückhaltung beim Online-Vertrieb bzw. -Shopping. Internet-Zahlungssysteme lassen sich nach der Art des Betreibers kategorisieren. Dabei dürfte es sich um eine Eigenschaft handeln, der insbesondere eine Signalwirkung zukommt: Die bestehenden Informationsmängel über

16 17

Vgl. auch Mürl, C. 2002, S. 132. Vgl. Stroborn, Karsten/Heitmann, Annika/Frank, Gerda: Internet-Zahlungssysteme in Deutschland: ein Überblick, in: Ketterer, K.-H./Stroborn, K. (Hrsg.) 2002, S. 31-44, hier: S.31 und Leibold, Kay/Stölzle, Robert/Stroborn, Karsten: ePayments und die Meinung der Konsumenten - Ergebnisse der Umfrage ,Internet-Zahlungssysteme für Verbraucher', in: Ketterer, K.-H./Stroborn, K . (Hrsg.) 2002, S. 109-118, hier: S.l 12.

285

Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Strobom

einzelne Systeme führen dazu, dass dem Vertrauen in den Betreiber eine hohe Bedeutung zukommt. In Abbildung 18 ist dargestellt, welche Betreiber die Umfrageteilnehmer präferieren.

Banken: 37,3%

andere Dienstleister: 9,0%

Internet Service Provider: 5,5% Telekommunikationsgesellschaften:

Kreditkartengesellschaften:

16,8%

2,6%

Abbildung 18:

Wer ist der ideale Betreiber eines Zahlungssystems aus Sicht Ihres Unternehmens ?

Die meisten Umfrageteilnehmer sind der Ansicht, dass traditionelle Institutionen des Zahlungsverkehrs, wie Banken und Kreditkartengesellschaften, die idealen Betreiber von Internet-Zahlungssystemen sind. Fast ein Drittel der Händler ist jedoch indifferent zwischen verschiedenen Betreibern oder bevorzugt andere Anbieter. Dies zeigt, das grundsätzlich Raum fur neue Geschäftsmodelle besteht.

4

Fazit

Wie entwickelt sich der Markt fur Zahlungssysteme? Wird den Anforderungen der Marktseiten entsprochen? Wird das Wachstum des E-Commerce durch die verfügbaren Zahlungssysteme behindert? Wenngleich diese Fragen nicht abschließend zu beantworten sind, so lassen sich die Ergebnisse von IZH2 doch als Indikatoren anfuhren. Ein Vergleich von IZH2 mit ihrer Schwesterumfrage „Internet-Zahlungssysteme aus Sicht der Verbraucher (IZV6)" gewährt interessante Einsich-

286

Zahlungssysteme für den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

ten.18 Bei IZV6 gaben 80,2 % der Verbraucher an, noch nie negative Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Bezahlen im Internet gemacht zu haben. Die Händler, die sich an IZH2 beteiligten, berichten dies beinahe umgekehrt: Lediglich 20,5 % geben an, noch keine schlechten Erfahrungen gemacht zu haben. Ob diese aus Konsumentensicht positive Beobachtung ein Ergebnis des erstarkenden Verbraucherschutzes ist oder lediglich Ausdruck der ,ohnehin' stärkeren Position, die diese auf vielen Märkten einnehmen, sei dahingestellt. Denkbar ist jedoch, dass insbesondere die Berichterstattung in den Medien dazu fuhrt, dass die Konsumenten das finanzielle Risiko, dem sie sich beim Online-Shopping aussetzen, systematisch überschätzen. Obwohl laut IZV6 über 80 % der Teilnehmer noch keine negativen Erfahrungen gemacht haben, fühlen sich nur 57,2 % generell sicher, wenn sie im Internet bezahlen. Dass viele Kunden folglich „maximale Sicherheit um jeden Preis" fordern, ist auf dieser Grundlage nachvollziehbar. Dieses Gefühl der Unsicherheit führt jedoch vermutlich zu überhöhten Transaktionskosten sowohl bei Internethändlern als auch bei Verbrauchern: Zusätzlich zu den tatsächlichen müssen auch die wahrgenommenen Risiken beim Online-Vertrieb bzw. beim Online-Shopping reduziert werden, bevor es zu einer Transaktion kommen kann. Im Licht von IZH2 lassen die bisher verfügbaren Zahlungssysteme im Handel noch Wünsche offen. Ihre Bewertung hängt wesentlich von der Verbreitung des Verfahrens bei den Endkunden und seinen Fähigkeiten, das Zahlungsrisiko des Händlers zu begrenzen, ab. Die Interessenlage der Endkunden bezüglich des Zahlungs- bzw. (aus ihrer Perspektive) des Lieferrisikos ist dazu konträr. Die ,Macht' der Kunden zeigt sich dabei in der dominanten Nutzung konventioneller Verfahren wie Rechnung und Lastschrift. Die Vielzahl der konkurrierenden, vordergründig ähnlichen Verfahren erschwert die Einschätzung der Händler, welches System sich langfristig durchsetzen wird. Die Langlebigkeit eines Zahlungssystems stellt jedoch ein relevantes Bewertungskriterium dar, dessen Bedeutung von fast drei Vierteln der befragten Händler als hoch bzw. sehr hoch eingeschätzt wurde. Überhaupt entsteht bei der Umfrage der Eindruck, dass der Handel sich wenig für die bisherigen Zahlungsverfahren begeistern kann, vielmehr im E-Commerce noch auf das Ei des Kolumbus wartet - wenn es dies denn geben mag. 18

Bei I Z V 6 äußerten sich 10.604 Verbraucher zu Zahlungssystemen im Internet. Vgl. Universität Karlsruhe (TH), Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung, Sektion Geld und Währung (Hrsg.) 2003.

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Sebastian van Baal, Jens-Werner Hinrichs, Karsten Strobom

Genauso wenig wie im stationären Handel wird sich die Zahlung im Internet jedoch auf ein allumfassendes System beschränken. Die Anforderungen der Kunden und Händler sind vielfaltig und komplex, und außerdem werden im Internet verschiedene Waren in unterschiedlichen Preisklassen gehandelt, die auch verschiedene Zahlungssysteme erfordern. Dennoch lassen sich einige Aussagen zur wahrscheinlichen weiteren Entwicklung der Zahlungssysteme im Internet machen. Bisher war es zumeist so, dass ein verschwindender Anbieter und somit eine Zahlungsvariante durch zwei neue ersetzt wurde. Dieser Trend wird mittel- bis langfristig vermutlich nachlassen. Es ist dennoch unwahrscheinlich, dass sich nur ein System durchsetzt. Stattdessen werden sich, so wie beispielsweise bei den ,realen' Kreditkarten, wahrscheinlich einige große Anbieter durchsetzen. Dafür spricht der zunehmend europäische Fokus der Zahlungssystemanbieter. Im Rahmen der Single European Payment Area (SEPA) soll auch regulatorisch der Boden fur supranationale Initiativen und Lösungen bereitet werden. Ein Blick auf die vergangene Entwicklung zeigt, dass sich tendenziell die Kundenwünsche durchsetzen. Bisherige Versuche, die Sicherheit von Zahlungssystemen durch kundenseitige Lösungen zu erhöhen, waren nicht besonders erfolgreich. Zu groß ist die Aversion der Internetnutzer, eine bestimmte Software installieren und nutzen zu müssen, geschweige denn eine bestimmte Hardware. Weiterhin lässt die Durchsetzungsfahigkeit der Kundenwünsche darauf schließen, dass sich tendenziell Zahlungssysteme durchsetzen werden, die in die reale Welt portabel sind, oder die sogar schon in der Tasche des Konsumenten vorhanden sind. Diese sind gegenüber den speziell für das Internet entwickelten Verfahren solange wesentlich im Vorteil, wie der Umgang im und mit dem virtuellen Raum noch keine volkswirtschaftliche Selbstverständlichkeit geworden ist.

Literaturverzeichnis Dannenberg, Marius/Ulrich, Anja: Ε-Payment und E-Billing: Elektronische Bezahlsysteme für Mobilfunk und Internet, Wiesbaden 2004. E-Commerce-Center Handel (Hrsg.): Die Begriffe des eCommerce: Ein Wörterbuch fur „Old" und „New Economists", Frankfurt am Main 2001. Europressedienst/Postbank (Hrsg.): Studie Elektronische Bezahlsysteme für Online-Händler 2003, Bonn 2003. 288

Zahlungssysteme für den Vertrieb

über das Internet aus Sicht der Händler

Hinrichs, Jens-Werner/van Baal, Sebastian/Stroborn, Karsten: Internet-Zahlungssysteme aus Sicht der Händler: Ergebnisse der Umfrage IZH2, Band 11 der Ausgewählten Studien des ECC Handel, Köln 2004. Hudetz, Kai/Tanaskovic, Nicola: Internet im Handel 2004, Band 12 der Ausgewählten Studien des ECC Handel, Köln 2004. Leibold, Kay/Stölzle, Robert/Stroborn, Karsten: ePayments und die Meinung der Konsumenten - Ergebnisse der Umfrage ,Internet-Zahlungssysteme für Verbraucher', in: Ketterer, Karl-Heinz/Stroborn, Karsten (Hrsg.): Handbuch ePayment: Zahlungsverkehr im Internet; Systeme, Trends und Perspektiven, Köln 2002, S. 109-118. Mürl, Carsten: ePayments aus Händlersicht - Empfehlungen für die richtige Wahl der Zahlungsmittel für einen Internet-Auftritt, in: Ketterer, Karl-Heinz/Stroborn, Karsten (Hrsg.): Handbuch ePayment: Zahlungsverkehr im Internet; Systeme, Trends und Perspektiven, Köln 2002, S. 128-133. Reinhart, Joachim/Schlüter, Kai: Das Erreichen einer kritischen Masse von Händlern und Kunden als Hauptproblem erfolgreicher Bezahlverfahren im Internet, in: Thießen, Friedrich (Hrsg.): Bezahlsysteme im Internet, Frankfurt a. M. 1999, S. 341-353. Shapiro, Carl/Varian, Hal R.: Information Rules - A Strategie Guide to the Network Economy, Boston 1999. Stroborn, Karsten/Heitmann, Annika/Frank, Gerda: Internet-Zahlungssysteme in Deutschland: ein Überblick, in: Ketterer, Karl-Heinz/ Stroborn, Karsten (Hrsg.): Handbuch ePayment: Zahlungsverkehr im Internet; Systeme, Trends und Perspektiven, Köln 2002, S. 31-44. Universität Karlsruhe (TH), Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung, Sektion Geld und Währung (Hrsg.): InternetZahlungssysteme aus Sicht der Verbraucher: Ergebnisse der OnlineUmfrage IZV6, Karlsruhe 2003.

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A utorenverzeichnis

Andreas Duscha (Dipl.-Wirt.-Inf.) ist seit Januar 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am ECC HANDEL, in dem er zuvor als studentischer Mitarbeiter tätig war. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit Fragen des E-Commerce, dabei insbesondere mit Methoden der Online-Kundenakquisition, Verfahren des Suchmaschinen-Marketing und Online-Befragungen. Seinen Abschluss als Diplorn-Wirtschaftsinformatiker erhielt er 2004 an der Universität zu Köln. Er ist Doktorand bei Prof. Dr. Müller-Hagedorn, Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Handel und Distribution der Universität zu Köln. Kontakt: [email protected]

Holger Geißler (Dipl.-Psych.) ist seit Frühjahr 2000 Senior Manager bei psychonomics und verantwortlich für die Themen Online-Marktforschung, Marken- und Werbeforschung und Produktentwicklung. Zuvor war er dort als Projektleiter tätig. Er ist als Referent u. a. für den Berufsverband der Marktforscher (BVM) aktiv und Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für OnlineForschung (D.G.O.F.). Herr Geißler studierte Psychologie in Heidelberg sowie Markt- und Werbepsychologie in Mannheim. Kontakt: [email protected]

Gudrun Hans (Dipl.-Kffr.) ist seit August 2004 wissenschaftliche Mitarbeiterin am ECC Handel und Doktorandin bei Prof. Dr. Müller-Hagedorn, Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Handel und Distribution der Universität zu Köln. Während ihrer Tätigkeit bei der Paybox.Net AG (2000 - 2003) hat sie den Launch des ,Mobilen Bezahlens' in Deutschland begleitet und anschließend den Roll-out in England zwei Jahre lang vor Ort unterstützt. Ihre Erfahrungen im Mobile und Electronic Commerce konnte sie seit 2003 mit dem Aufbau der deutschen Geschäftsstelle für das Internetunternehmen Music Trading Online (HK) Ltd. abrunden. Kontakt: [email protected] 291

Autorenverzeichnis

Dr· Jörg Heidjann (Dipl.-Phys.) gründete im Jahr 2001 das Preisportal Getprice.de und ist dort geschäftsführender Gesellschafter. Er machte Getprice.de zu einem der größten und beliebtesten Preis- und Produktvergleiche Deutschlands. Nach dem Studium der Physik promovierte Jörg Heidjann 1997 an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Sein beruflicher Einstieg führte ihn als einen der ersten Mitarbeiter zum Onlineservice AOL. Dort war er ab 1996 an der Markt- und Produkteinführung von AOL-Deutschland sowie der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Onlinedienstes maßgeblich beteiligt. Seine Erfahrungen im E-Commerce sammelte er bei Primus-Online, wo er die Bereiche Travel, Ticket und Privatauktionen leitete. Kontakt: [email protected]

Dr· Jens-Werner Hinrichs (Dipl.-Kfm.) ist Geschäftsführer der fiveforces GmbH für Research, Consulting, Management. Seine Tätigkeits- und Forschungsschwerpunkte umfassen insbesondere finanzwirtschaftliche Fragestellungen im Mobile und Electronic Commerce sowie das B2B-Marketing im Internet. In diesen Themenkomplexen berät er Unternehmen der Kreditwirtschaft und der Telekommunikationsbranche. Er ist Verfasser verschiedener Aufsätze und Studien. Beruflicher Werdegang: seit 2002: fiveforces GmbH, geschäftsführender Gesellschafter, 2001: MobilCom Financial GmbH, Prokurist, 2000-2002: GO-Solutions GmbH, Consultant, 1998-2000: Hinrichs-Hydraulik GmbH, Bevollmächtigter, 1994-1998: Universität Augsburg, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik und Financial Engineering, wissenschaftlicher Mitarbeiter. Kontakt: [email protected]

M i n R Dr. Rolf Hochreiter (DipL-Volksw.) leitet das Referat V I B4 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Er ist Initiator des Netzwerks Elektronischer Geschäftsverkehr und zeichnet sich für zahlreiche Projektvorhaben des BMWA zur Technologieforderung, insbesondere im Bereich des E-Business verantwortlich. Kontakt: [email protected]

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A utorenverzeichnis

Dr. Kai Hudetz (Dipl.-Wirtschaftsing.) ist stellvertretender Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung an der Universität zu Köln (IfH) und seit 2000 Leiter des dort angesiedelten ECC Handel, in dem er zuvor als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit den vielfaltigen Aspekten des E-Commerce, insbesondere mit Methoden der Online-Kundenakquistion und der Online-Kundenbindung sowie dem Handel über eBay. Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Universität Karlsruhe folgte im Jahr 2000 die Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität zu Köln. Seitdem ist er als Gastdozent für verschiedene Aspekte des E-Commerce an der Berufsakademie Heidenheim tätig. Im Jahr 2003 wurde er in den Lenkungskreis des Netzwerks Elektronischer Geschäftsverkehr und den Beirat des BMWA-Projekts PROZEUS (Prozesse und Standards) berufen. Kontakt: [email protected]

Christian Schräder (Dipl.-Medieninform. (FH)) ist Gründungsmitglied und einer der geschäftsführenden Gesellschafter des 1997 gestarteten Preisinformationsdienstes Evendi.de, der zu den führenden Online-Preisvergleichen in Deutschland gehört. Herr Schräder war neben dem Marketing vor allem für die technische Realisierung der eigenen, in Echtzeit gepflegten, Produktdatenbank von Evendi.de mit rund zwei Millionen Artikeln verantwortlich. Sein Studium, das er 2004 als Diplom-Medieninformatiker beendete, absolvierte Herr Schräder an der Fachhochschule Wedel. Kontakt: [email protected]

Dr. Karsten Stroborn (Dipl.-Wirtschaftsing., Dipl.-Volksw.) studierte an der Universität Karlsruhe (TH) und an der Universität Nantes, Frankreich. Er promovierte als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung (IWW) über sichere Bezahlsysteme in offenen Netzen und Fragen der Regulierung. Er ist Mitherausgeber des beim Verlag Deutscher Wirtschaftsdienst im Jahr 2002 erschienenen „Handbuch ePayment". Seit April 2004 arbeitet er im Portfoliomanagement der Deutschen Bundesbank. Seit 2003 ist er im Vorstand des neugegründeten Bundesverbandes der Dienstleister für Online-Anbieter. Kontakt: [email protected] 293

A utorenverzeichnis

Carolin Thomas (Diplom-Betriebswirtin ( F H » ist seit Frühjahr 2004 als Projekt Manager bei psychonomics in der OnlineMarktforschung tätig. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im Bereich des Mystery Mailing. Sie studierte Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Markt- und Kommunikationsforschung an der Fachhochschule Pforzheim und der ESCT Toulon. Kontakt: [email protected]

Sebastian van Baal (Dipl.-Kfm., M B A ) ist seit 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter am ECC HANDEL und Doktorand bei Prof. Dr. Müller-Hagedorn, Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Handel und Distribution der Universität zu Köln. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit Fragen des E-Commerce, dabei insbesondere mit der Vermarktung von Informationsgütern, mit dem MultiChannel-Management und mit Internet-Zahlungssystemen. Seinen Abschluss als Diplom-Kaufmann erhielt Herr van Baal im Jahr 2002 von der Universität Mannheim, seinen Abschluss als Master of Business Administration im Jahr 2001 von der Western Illinois University, USA. Kontakt: [email protected]

Nicola Tanaskovic (Dipl.-Kffr.) war von Januar 2001 bis zum erfolgreichen Abschluss ihres betriebswirtschaftlichen Studiums im Oktober 2004 an der Universität zu Köln studentische Mitarbeiterin am Institut für Handelsforschung an der Universität zu Köln. Ihre Diplomarbeit schrieb sie bei Professor Müller-Hagedorn am Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Handel und Distribution der Universität zu Köln. Kontakt: [email protected]

Kai Wilke (Dipl.-Kfm.) ist seit Januar 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der am IfH angesiedelten Forschungsstelle für Arzneimitteldistribution. Dort beschäftigt er sich vornehmlich mit Versandhandel, Beziehungsmanagement und Konsumentenverhalten im Arzneimittelmarkt. Nach Ausbildung zum Daten294