Draußen vor dem Ghetto: Leopold Kompert Und Die 'Schilderung Jüdischen Volkslebens' in Böhmen Und Mähren [Reprint 2015 ed.] 3484651229, 9783484651227

Bislang sieht man- auch in der literaturwissenschaftlichen Forschung- die Situation der jüdischen Bevölkerung Böhmens fa

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Draußen vor dem Ghetto: Leopold Kompert Und Die 'Schilderung Jüdischen Volkslebens' in Böhmen Und Mähren [Reprint 2015 ed.]
 3484651229, 9783484651227

Table of contents :
Danksagung
I. Einleitung
1. Entstehung einer deutsch-jüdischen Identität
2. Die Ghettogeschichte als literarische Selbstvergewisserung
3. Von Heinrich Heine zu Leopold Kompert und Joseph Roth
4. Stand der literaturwissenschaftlichen und historischen Forschung
II. Überblick über die Geschichte der Juden in den böhmischen Ländern von 906 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts
III. Spielarten deutsch-jüdischer Belletristik im Vormärz
1. Das Ghetto als Schauplatz jüdischer Identitätskonflikte: Heinrich Heines Der Rabbi von Bacherach
Exkurs: Die Blutgeschichte von Damascus
2. Doch eine jüdische Heiligenlegende: Heinrich Arndts David Isaac
3. Zwischen Anziehung und Abstoßung: Jacob Kaufmanns Der böhmische Dorfjude
4. Leopold Komperts erste Veröffentlichungen: Aus dem böhmisch-jüdischen Leben
IV. Voraussetzung und Gestalt der böhmischen Ghettogeschichte
1. Das Erbe Auerbachs und seine Metamorphose
2. Dichter des Details: Leopold Kompert und Adalbert Stifter
3. Die Ghettogeschichte im Kontext des poetischen Realismus: Sprache, Milieu, Raum, Figuren
V. Das Leben in der böhmischen ‘Gasse’ im Spiegel der Geschichten Leopold Komperts
1. Anzeichen eines jüdischen Patriotismus: Der Kaiser und ‘seine’ Juden – Judith die Zweite, Ohne Bewilligung, Die beiden Schwerter
2. Sündenfall und Strafe: Soziale Ausgrenzungsmechanismen im Ghetto-Alt Babele, Schlemiel, Die Schweigerin, Gottes Annehmerin
3. Die Familie als Heimat: Komperts Beitrag zum Mythos der jüdischen ‘Mamme’ – Die Augen der Mutter, Der Dorfgeher, Christian und Lea, Die Schwärmerin, Eine Verlorene
4. Der Jude als Bauer und Handwerker: Eine literarische Utopie – Am Pflug, Die Prinzessin, Trenderl
5. Wie man im Ghetto heiratet: Brautschau und Familiengründung – Der Min, Franzefuß, Von meinem Großvater
6. Die Greisenherrschaft: Alte Menschen als Kontinuitätsgaranten – Wie Hund und Katze, Roßhaar, Eisiks Brille
7. Von der getrennten zur gemeinsamen Lektüre: Wandel im Geschlechterverhältnis – Auf der Beschau, Julius Arnsteiners Beschau
8. Einbruch der Welt ins Ghetto: Auflösung hierarchischer Familienstrukturen – Die Seelenfängerin, Die Jahrzeit, Der Karfunkel
9. Jüdische Zwischen-Existenz in einer gewandelten Welt – Die Kinder des Randars, Zwischen Ruinen
VI. Zwischen Imitation und Eigenart: Die Ghettogeschichten Eduard Kulkes
VII. Ausblick: Theresienstadt – ein Ghetto des Todes auf böhmischem Boden
VIII. Anhang: Stationen im Leben eines Ghettoschriftstellers: Von Münchengrätz nach Wien
Glossar
Bibliographie
Primärquellen
Sonstige Quellen
Forschungsliteratur
Abbildungen
Personenregister

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Conditio Judaica 2 2 Studien und Quellen zur deutsch-jüdischen Literatur- und Kulturgeschichte Herausgegeben vonAlfred HansBodenheimer, Otto Horch Mark H. Gelber und Jakob Hessing in Verbindung mit

M. Theresia Wittemann

Draußen vor dem Ghetto Leopold Kompert und die »Schilderung jüdischen Volkslebens in Böhmen und Mähren

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1998

Die Deutsche Bibliothek - CLP-Einheitsaufhahme Wittemann, Maria Theresia: Draußen vor dem Ghetto : Leopold Kompert und die >Schilderung jüdischen Volkslebens« in Böhmen und Mähren / M. Theresia Wittemann. - Tübingen : Niemeyer, 1998 (Conditio Judaica ; 22) Zugl.: München, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-484-65122-9

ISSN 0941-5866

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1998 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Einband: Nadele Verlags- und Industriebuchbinderei, Nehren

Inhalt

Danksagung I.

Einleitung 1. 2. 3. 4.

Entstehung einer deutsch-jüdischen Identität Die Ghettogeschichte als literarische Selbstvergewisserung Von Heinrich Heine zu Leopold Kompert und Joseph Roth Stand der literaturwissenschaftlichen und historischen Forschung ..

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II. Überblick über die Geschichte der Juden in den böhmischen Ländern von 906 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts

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III. Spielarten deutsch-jüdischer Belletristik im Vormärz

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1. Das Ghetto als Schauplatz jüdischer Identitätskonflikte: Heinrich Heines Der Rabbi von Bacherach Exkurs: Die Blutgeschichte von Damascus 2. Doch eine jüdische Heiligenlegende: Heinrich Arndts David Isaac 3. Zwischen Anziehung und Abstoßung: Jacob Kaufmanns Der böhmische Dorfjude 4. Leopold Komperts erste Veröffentlichungen: Aus dem böhmisch-jüdischen Leben IV. Voraussetzung und Gestalt der böhmischen Ghettogeschichte 1. Das Erbe Auerbachs und seine Metamorphose 2. Dichter des Details: Leopold Kompert und Adalbert Stifter 3. Die Ghettogeschichte im Kontext des poetischen Realismus: Sprache, Milieu, Raum, Figuren V. Das Leben in der böhmischen 'Gasse' im Spiegel der Geschichten Leopold Komperts

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1. Anzeichen eines jüdischen Patriotismus: Der Kaiser und 'seine' Juden Judith die Zweite, Ohne Bewilligung, Die beiden Schwerter 160

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Inhalt

2. Sündenfall und Strafe: Soziale Ausgrenzungsmechanismen im Ghetto -Alt Babele, Schlemiel, Die Schweigerin, Gottes Annehmerin 3. Die Familie als Heimat: Komperts Beitrag zum Mythos der jüdischen 'Mamme' - Die Augen der Mutter, Der Dorfgeher, Christian und Lea, Die Schwärmerin, Eine Verlorene 4. Der Jude als Bauer und Handwerker: Eine literarische Utopie Am Pflug, Die Prinzessin, Trenderl 5. Wie man im Ghetto heiratet: Brautschau und Familiengründung Der Min, Franzefuß, Von meinem Großvater 6. Die Greisenherrschaft: Alte Menschen als Kontinuitätsgaranten Wie Hund und Katze, Roßhaar, Eisiks Brille 7. Von der getrennten zur gemeinsamen Lektüre: Wandel im Geschlechterverhältnis - Auf der Beschau, Julius Arnsteiners Beschau 8. Einbruch der Welt ins Ghetto: Auflösung hierarchischer Familienstrukturen - Die Seelenfängerin, Die Jahrzeit, Der Karfunkel 9. Jüdische Zwischen-Existenz in einer gewandelten Welt Die Kinder des Randars, Zwischen Ruinen VI.

Zwischen Imitation und Eigenart: Die Ghettogeschichten Eduard Kulkes

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VII. Ausblick: Theresienstadt ein Ghetto des Todes auf böhmischem Boden

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VIII. Anhang: Stationen im Leben eines Ghettoschriftstellers: Von Münchengrätz nach Wien

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Glossar Bibliographie Primärquellen Sonstige Quellen Forschungsliteratur Abbildungen Personenregister

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Danksagung

Als literaturwissenschaftliche Spurensuche verdankt sich vorliegende Arbeit der Mitwirkung vieler. In Frau Dr. Gabriele von Glasenapp fand ich eine Briefpartnerin, die von Anfang an auf meine Anfragen positiv reagierte und mir bereitwillig eigene Forschungsergebnisse mitteilte. Ebenso unterstützte mich der Kurator für die historische Dokumentation im Jüdischen Museum Prag, Herr Dr. Jiri Fiedler, durch die Zusendung von geschichtlichen Details zum ehemaligen Ghetto in Münchengrätz, Angaben zur Familie Leopold Komperts sowie mit wichtigen Literaturhinweisen. Mein Doktorvater, Herr Prof. Dr. Gerhard Neumann hat das Entstehen des Textes mit stetem Interesse begleitet. Besonderer Dank gilt auch Herrn Professor Yosef Hayim Yerushalmi für das freundliche Gewähren einer sehr informativen 'Fragestunde' und Herrn Prof. Dr. Hans Otto Horch, der die fertige Studie mit großem Wohlwollen aufnahm und ihr einen Platz in seiner renommierten Reihe "Conditio Judaica" gewährte. Anja Schoene und Diana Schaumlöffel haben Korrektur gelesen und wesentlich dazu beigetragen, daß die Arbeit auch für "Nicht-Eingeweihte' lesbar blieb. Ihnen und Herrn Till Schicketanz, der das Layout für den Druck erstellte, sei an dieser Stelle herzlich Dank gesagt. Schließlich sollen auch die Menschen nicht unerwähnt bleiben, die den äußeren Rahmen für meine Studien schufen: Schwester Bernhild Schuster und den Schwestern des Provinzrates sowie Schwester Evita Hackl und allen Mitschwestern und Freunden, die mir in den Monaten des intensiven Studiums mit Verständnis begegneten, möchte ich von Herzen danken. Ein Stipendium der Ludwig-Maximilians-Universität München erleichterte mir nicht nur die Beschaffung des weitverstreuten Materials, sondern gab mir auch die Möglichkeit, in Prag und Wien zu recherchieren.

I. Einleitung

Seit der Öffnung der politischen Grenzen nach Osteuropa hin ist das Interesse an der deutsch-sprachigen Literatur in den ehemaligen böhmischen Kronländern des Habsburgerreiches (Böhmen, Mähren, Österreichisch-Schlesien) neu erwacht. Tatsächlich geriet in der literaturwissenschaftlichen Forschung der Nachkriegszeit trotz oder gerade aufgrund vermehrter Beschäftigung mit dem Werk Adalbert Stifters das böhmische Hinterland fast in Vergessenheit. Die Situation der jüdischen Bevölkerung Böhmens sieht man bislang vor allem durch den Spiegel der Prager Literatur um die Jahrhundertwende. Doch ihr berühmtester Exponent, der um 1883 geborene Franz Kafka, gehörte bereits der dritten Generation deutschschreibender Juden an, die sich ihrer Ghettovergangenheit nur noch ex negatione bewußt waren, d.h. im Leiden an metaphysischer Ungeborgenheit und unter dem Eindruck eines Identitätsdefizits. Die vorliegende Studie macht es sich zur Aufgabe, anhand literarischer Texte die voremanzipatorische jüdische Lebenswirklichkeit in den böhmischen Ländern, ihre Auflösung nach 1848 und die damit verbundene Identitätsproblematik nachzuzeichnen. Erstmals wird damit den frühen deutschsprachigen jüdischen Schriftstellern dieser Region eine eigene Untersuchung gewidmet.1 Dies erscheint dringlich angesichts des Abstandes, den zwei Weltkriege zur Epoche der Emanzipation und dem damaligen jüdischen Integrationsversuch geschaffen haben, erst recht aber vor dem Hintergrund der Shoa2, als man zwischen 1938 und 1945 von deutscher Seite aus die systematische Ausrottung der auf dem Gebiet der Vorkriegs-Tschechoslowakei ansässigen Juden betrieb und eine mehr als tausendjährige Kultur zerstörte.

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Einen fundierten Überblick über die Ghettoliteratur im gesamten deutschen Sprachraum bietet seit kurzem Gabriele von Glasenapp: Aus der Judengasse. Zur Entstehung und Ausprägung deutschsprachiger Ghettoliteratur im 19. Jahrhundert. Tübingen: Niemeyer 1996 (Conditio Judaica. Studien und Quellen zur deutsch-jüdischen Literatur- und Kulturgeschichte, 11). Dieser Begriff (hebr. Katastrophe, furchtbares Unglück) wird im folgenden dem geläufigeren, aber aus seinem ursprünglichen, theologischen Kontext gelösten Terminus 'Holocaust' (griech. Brandopfer, Ganzopfer) vorgezogen. Auch der 'Erfinder1 dieses Wortes, Elie Wiesel, hat sich kürzlich, am 27. Januar 1997, öffentlich davon distanziert.

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I. Einleitung

1. Die Entstehung einer deutsch-jüdischen Identität Der Fall der Ghettomauern im 19. Jahrhundert konfrontierte die Juden Westeuropas mit einer völlig neuen Situation. Er eröffnete ihnen nicht nur erstmals in ihrer Geschichte den freien Zugang zu christlich-säkularer Bildung und Wissenschaft, sondern erforderte auch eine Neubestimmung ihrer eigenen Identität, die sie bisher fraglos als eine ausschließlich religiöse begriffen hatten. Der Assimilationsdruck von Seiten der nichtjüdischen Mehrheit war enorm; möglichst rasch und endgültig sollte es zu einer Absorption der mißliebigen, aber einer "bürgerlichen Verbesserung"3 fur würdig befundenen Minorität kommen. Die beste Voraussetzung dafür sah man - darüber waren sich die Nachlaßverwalter der Aufklärung einig, die die "Idee des universellen Menschentums"4 zwar postuliert, aber im Blick auf die Juden nicht konsequent genug vertreten hatte - , im Übertritt zum Christentum oder, als Minimum einzufordernder 'Dankbarkeit', wenigstens in der Aufgabe all dessen, was einer reibungslosen Einordnung in die Gesellschaft hinderlich war. Konkret hieß das: Neben dem äußeren Erscheinungsbild sollten die Mehrzahl der Ritualvorschriften, die das koschere Essen, den koscheren Haushalt und selbst die Gebetspflichten betrafen, sowie unter Umständen (z.B. im Kriegsfall) auch die vorgeschriebene Sabbatruhe aufgegeben werden. Die zentrifugalen Kräfte, die solche Forderungen in der europäischen Judenheit freisetzten, waren groß. Nicht nur daß der gemeindliche Zusammenhalt, bereits seit Jahrzehnten durch gesetzliche Bestimmungen geschwächt, sich nun vollends aufzulösen drohte, auch an den Grundfesten der Religion selbst wurde gerüttelt. In den deutschen Territorien vollzog sich der Eintritt der Ghettobewohner in die nichtjüdische Gesellschaft fast überstürzt. Eventuellen Bedenken trat man mit dem Hinweis auf Moses Mendelssohn (1729-1786) als dem geistigen Vater der Emanzipation entgegen. Er hatte'die verschiedenen Strömungen innerhalb der westeuropäischen jüdischen Aufklärung (Haskala) geeint und seine Glaubensgenossen zugunsten der jeweiligen Landessprache zur Aufgabe der "deutsch-jüdischen Mundart"5 und der talmudischen Argumentationsweise, des 3

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Der preußische Staatsbeamte Christian Wilhelm Dohm hatte 1781 auf Bitten elsässischer Juden und durch Vermittlung Mendelssohns eine Schrift mit dem Titel Über die bürgerliche Verbesserung der Juden verfaßt, die grundlegend wurde für die österreichische und für die preußische Emanzipationsgesetzgebung. David Sorkin: Juden und Aufklärung. Religiöse Quellen der Toleranz. In: Die Juden in der europäischen Geschichte. Sieben Vorlesungen. Hg. von Wolfgang Beck. München: Beck 1992 (Beck'sche Reihe, 496), S. 50-66, hier: S. 55f. Vgl. Sander L. Gilman: Moses Mendelssohn und die Entwicklung einer deutsch-jüdischen Identität. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 99 (1980), S. 506-520. - Die talmudische Argumentation besteht im Gegensatz zur abendländischen Logik in einer Frage- und Antworttechnik auf der Basis von Analogieschlüssen.

1. Die Entstehung einer deutsch-jüdischen Identität

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s o g . Pilpul, aufgefordert. Allerdings war das Bekenntnis zur christlichen Religion, wenigstens w a s den Taufschein betraf, in den meisten Staaten noch bis zur Jahrhundertmitte Voraussetzung für einen gesellschaftlichen Aufstieg, sofern dieser nicht über das ökonomische Einfallstor erreicht werden konnte e i n Weg, bei dem viele Juden, die sich von der angestammten Religion nicht trennen wollten, nur das sichtbare Ghetto gegen ein unsichtbares vertauschten. A u f s Ganze gesehen ließ sich daher unter jüdischen Menschen zunehmend d i e Bereitschaft beobachten, selbst zu konvertieren und/oder wenigstens die Kinder taufen zu lassen. Im selben Maße stieg das Interesse der nichtjüdischen Mehrheit an einem Unterscheidungsmerkmal jenseits von Konfession und Habitus. War noch i m Deutschland des 18. Jahrhunderts ein Jude, der sich taufen ließ, Christ, und damit vollwertiges Mitglied der christlichen Gesellschaft geworden, so galt er jetzt als 'getaufter Jude' und erlebte sich im Extremfall als e i n Zwitterwesen, das weder der einen noch der anderen gesellschaftlichen Gruppierung gänzlich angehörte. 6 Hinzu kam, daß die gesetzliche Einführung v o n Familiennamen in Analogie zur christlichen Praxis (in Österreich 1787, in Preußen 1812) und die gleichzeitig beschränkte Namensauswahl ein scheinbares 7 Erkennungszeichen schufen, das für dessen Träger i m Zuge des wachsenden Antisemitismus 8 fatale Folgen haben sollte. 9 Bis ins letzte Drittel des 18. Jahrhunderts hatten die Juden in Europa eine eigene Namengebungskonven-

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Einen Reflex auf dieses Problem, für das wohl Heinrich Heines Biographie das prominenteste Beispiel ist, bietet Joseph Seligmann Kohn fauch: Selig Korn] in seinem Roman Der jüdische Gil Blas. Herausgegeben und mit Anmerkungen von einem Unbefangenen [1834]. Neu hg. und mit einem Nachwort versehen von Wilma A. Iggers. München: Scaneg 1993 (Edition scaneg, 10), S. 140: "Und besser ist es, wenn man, obschon Nichts die Satzungen der Rabbinen achtend, dennoch zu dem angebomen Glauben zum Scheine sich bekennt, als das beißende Prädicat: Der Getaufte stets sich um die Ohren schwirren zu lassen." (Orthographie und Hervorhebung im Text). Mit nur geringem Erfolg bemühte sich der jüdische Volkskundler Leopold Moses nachzuweisen, daß es kaum einen jüdischen Familiennamen gibt, der nicht sein christliches Pendant hat. Vgl. den Aufsatz "Jüdische Familiennamen - deutsches Kulturgut" [1932]. In: Leopold Moses: Spaziergänge. Studien und Skizzen zur Geschichte der Juden in Österreich. Hg. von Patricia Steines. Wien: Löcker 1994, S. 242-254. Wiewohl als Begriff erst im Herbst 1869 von Wilhelm Marr geprägt, ist der Antisemitismus der Sache nach schon früher greifbar. Vgl. Leo Gorel: Der Antisemitismus in der Litteratur. Ein Beitrag zur Geschichte der antisemitischen Bewegung in Deutschland. In: Allgemeine Zeitung des Judentums 58 (1894), Nr 40, S. 471-472, Nr 41, S. 484-485. Heute tendiert die geschichtliche Forschung ohnedies dahin, diesen Terminus für das gesamte Phänomen der Judenfeindschaft zu verwenden und unterscheidet lediglich zwischen den historischen Phasen des religiösen, ökonomischen und rassischen Antisemitismus. Wie wenig auch eine solche Differenzierung der geschichtlichen Komplexität gerecht wird, demonstriert Yosef Hayim Yerushalmi: Assimilierung und rassischer Antisemitismus. Die iberischen und die deutschen Modelle. In: ders., Ein Feld in Anatot Versuche über jüdische Geschichte. Berlin: Wagenbach 1993 (Kleine kulturwissenschaftliche Bibliothek, 44), S. 53-80. Vgl. Dietz Bering: Der Name als Stigma. Antisemitismus im deutschen Alltag 1812-1933. Stuttgart: Klett-Cotta 1987.

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I. Einleitung

tion besessen, die ghettointern noch lange lebendig blieb: Neben einem meist biblischen Vornamen trug der männliche Jude den Namen seines Vaters als Identifizierungsmerkmal, z.B. Moses Mendelssohn10, oder wurde, wenn er zugewandert war, nach seinem Herkunftsort benannt. Frauen dagegen erhielten entweder biblische oder "redende Namen"11, z.B. Gliickel, Blümele, Vögele, Resele, Golde, Bella, Esperanza. Der Bedeutung analog, die der Name in der außerliterarischen Wirklichkeit als "Identitätssymbol"12 besitzt, ist auch die "poetische Namengebung"13 in der Literatur. (Daß sie gerade im Zusammenhang mit der literarisch fixierten jüdischen Identitätsproblematik wichtige Aufschlüsse bietet, werden die Textinterpretationen zeigen.) Die je nach Region und Landesherr, nach städtischer oder ländlicher Umgebung, nach Schichten- und Familienzugehörigkeit unterschiedliche, im letzten völlig individuelle Reaktion der christlichen Umgebung auf ihre de iure zunehmend gleichgestellten jüdischen Mitmenschen verlangte von diesen große soziale Feinfuhligkeit und Flexibilität. Wer seine jüdische Identität auch unter den gewandelten Umständen behalten wollte, war häufig gezwungen, Kompromisse zu schließen, die, wurden sie von der religiösen Autorität nicht gedeckt, ihn zwangsläufig seiner angestammten Religionsgemeinschaft entfremden mußten. So warf schließlich die neue Situation auch völlig neue Fragen auf: Wer war Jude? Ab wann war man kein Jude mehr? Wie definierte sich jüdische Identität überhaupt? Um die Jahrhundertwende unternahm ein kleiner Kreis von jungen Akademikern in Berlin erstmals die Sondierung "jüdische[r] Bildungsstoffe und Kulturinhalte", um ihre "Verwendbarkeit für den Organismus der jüdischen Gemeinschaft in ihrem augenblicklichen Bestände" zu prüfen14. Mit anderen Worten: Man betrachtete die Ausdrucksformen jüdischen Lebens unter einem 10

Der Genitiv des väterlichen, oder seltener mütterlichen Namens wurde später durch die Eintragung in staatliche Namenslisten festgeschrieben (z.B. Jeiteles, Mendel&s, Giteles). Zu den verschiedenen Namensgruppen und ihrer Entstehung vgl. Arthur Ruppin: Soziologie der Juden. 2 Bde, Berlin: Jüdischer Verlag 1931/32, S. 132-135, und Karl AlbrechtWeinberger: Zur Geschichte der 'Jüdischen Namen'. In: Patricia Steines: Hunderttausend Steine. Grabstellen großer Österreicher jüdischer Konfession auf dem Wiener Zentralfriedhof Tor I und Tor IV. Wien: Falter-Verlag 1993, S. 336-346. 11 Vgl. Wolfgang Fleischer/Georg Michel: Stilistik der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig: Bibliographisches Institut 1975, S. 112: "Nicht nur die Umschreibung, sondern auch der Name selbst kann beschreibende Elemente enthalten, die auf der appellativen Bedeutung des zugrundeliegenden Wortes beruhen. Wird diese Bedeutung aktualisiert, so sprechen wir von redenden Namen." 12 Bering, Der Name als Stigma (wie Anni. 9), S. 101. '3 Vgl. Hendrik Birus: Poetische Namengebung. Zur Bedeutung der Namen in Lessings "Nathan der Weise". Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1978 (Palaestra, 270). 14 Sinai [Siegfried] Ucko: Geistesgeschichtliche Grundlagen der Wissenschaft des Judentums [1934]. In: Wissenschaft des Judentums im deutschen Sprachbereich. Ein Querschnitt. Mit einer Einführung hg. von Kurt Wilhelm. Tübingen: Mohr 1967 (Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts, 16/1), Bd 1, S. 315-352, hier: S. 332.

1. Die Entstehung einer deutsch-jüdischen Identität

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pragmatischen Gesichtspunkt, schied obsolet Gewordenes von Bewahrenswertem und machte sich Gedanken um die Gestaltung der Zukunft. Der im November 1819 gegründete "Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden" zählte neben dem Begründer der Judaistik, Leopold Zunz, den Verfasser der ersten modernen jüdischen Geschichte, Isaak Marcus Jost, sowie Eduard Gans, Moses Moser und ab August 1822 auch Heinrich Heine zu seinen Mitgliedern. 15 Ziel des Vereins war es, aufbauend auf Hegels Geschichtsphilosophie dem zeitgenössischen jüdischen Selbstverständnis eine wissenschaftliche Grundlage zu geben. Das Judentum wurde dabei in seiner umfassendsten Bedeutung genommen, als Inbegriff der gesamten Verhältnisse, Eigentümlichkeiten und Leistungen der Juden, in bezug auf Religion, Philosophie, Geschichte, Rechtswesen, Literatur überhaupt, Bürgerleben und alle menschlichen Angelegenheiten; - nicht aber in jenem beschränkten Sinne, in welchem es nur die Religion der Juden bedeutet.16 Da jedoch die Vereinsmitglieder jüdische Identität nicht als religiöse, sondern als nationale begriffen, 17 mußten sie bald in einen unlösbaren Konflikt geraten. Zum einen mit Hegels Geschichtsmodell, das fiir jedes Volk nur eine 'Blüte' vorsah - und die des jüdischen Volkes war demnach längst vorbei - , zum anderen mit der christlichen Mehrheit, die gerade noch bereit war, den Juden eine religiöse Eigenständigkeit zuzubilligen, auf keinen Fall aber eine nationale.18 Daher erschien die Auflösung des Cultur-Vereins (1825) und das persönliche Scheitern mancher seiner Mitglieder - "Flucht, Taufe, Selbstmord sind die Stichworte"19 - für die um Samuel Raphael Hirsch gescharte Gruppe der NeoOrthodoxen beinahe symptomatisch; sahen sie doch in dem Unterfangen, an 15

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Neuerdings ausführlich dokumentiert in Edith Lutz: Der "Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden" und sein Mitglied H. Heine. Stuttgart: Metzler 1997 (Heine-Studien). Immanuel Wolf: Über den Begriff einer Wissenschaft des Judentums. Zit. nach: Ucko, Geistesgeschichtliche Grundlagen (wie vorletzte Anm.), S. 336. Joel Abraham List am Tag der Gründung: "Wir fühlen und erkennen, daß das, was unserer Nation eigentümlich ist, unsere reine Nationalität, keine bloße Frucht der Zeit, keine vorübergehende Erscheinung ist. [...] Wir erkennen ein Wesen in uns, ein bleibendes Sein." Zit. nach: Ucko, Geistesgeschichtliche Grundlagen (wie Anm. 14), S. 333. Selbst zur religiösen 'Toleranz' war erst der "religiöse Liberalismus" der dreißiger und vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts fähig. Vgl. Ucko, Geistesgeschichtliche Grundlagen (wie Anm. 14), S. 347. Dann schien auch der Prozeß der Selbstdefinition, zumindest für einen Teil der Juden abgeschlossen, wie aus einer Rede Abraham Geigers von 1844 hervorgeht: "Die Juden [haben] aufgehört, eine Nation zu bilden, und [sind] nur noch eine Religionsgemeinschaft." Zit. nach: Caesar Seligmann: Geschichte der jüdischen Reformbewegung bis zur Gegenwart. Von Mendelssohn bis zur Gegenwart. Frankfurt a. M.: Kauffmann 1922, S. 116. Barbara Suchy: Die jüdischen wissenschaftlichen Zeitungen in Deutschland von den Anfängen bis zum ersten Weltkrieg. Ein Überblick. In: Wissenschaft des Judentums. Anfänge der Judaistik in Europa. Hg. von Julius Carlebach. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1992, S. 180-197, hier: S. 182.

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I. Einleitung

die heiligen Texte der Tora 20 und des Talmud 21 mit den Methoden einer historisch-kritischen Exegese heranzugehen, geradezu ein Sakrileg: Nach Hirschs Befinden war das Ergebnis der neuen Wissenschaft bestenfalls eine Art Ersatzidentität. Die jungen Gelehrten beteten nicht mehr die Worte der religiösen Poesie der Synagoge, sie studierten sie nur. 22 Im Gegensatz zu dieser rigoristischen Position versuchten Zacharias Frankel, Esriel Hildesheimer und Abraham Geiger - um nur die Prominentesten zu nennen - , die Erkenntnisse der Wissenschaft, jeweils in unterschiedlichem Umfang, für den Glauben fruchtbar zu machen. 23 Andere, wie der Historiker Heinrich Graetz, unternahmen es, mit jüdischer Geschichtsschreibung dem Verlust einer gemeinsamen Identität entgegenzuwirken.24 Sein gleichsam säkulares Identifizierungsangebot in populärwissenschaftlichem Gewand erlangte bleibende Bedeutung, zumal man auch die jüdische Vergangenheit bisher nur unter religiösen Vorzeichen betrachtet hatte. Neben Bibel und Talmud waren mit dem Ausbruch der Kreuzzüge Martyrologien und Memorbücher getreten, die ebenso wie die dichterische Aufarbeitung eines Pogroms in den Selichot, den sog. Bußgebeten, eine vorrangig liturgische Funktion besaßen und im Mittelalter die jüdische Geschichtsschreibung ersetzten.25 Immer schon hatte die gemeinsame Leidensgeschichte das Zusammengehörigkeitsgefühl unter jüdischen Menschen aller Jahrhunderte grundgelegt, das jetzt mit der Aufgabe der bisher selbstverständlichen religiösen und weitgehend auch kulturellen Homo-

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Tora (hebr. Lehre, Unterweisung) im engeren Sinne bezeichnet die fünf Bücher Mose, den Pentateuch. Talmud (hebr. Lernen, Lehre, Studium): Sammlungen von Ausführungen, Diskussionen und Kommentaren der Rabbinen. Es gibt einen palästinensischen (bis 5. Jh.) und einen babylonischen Talmud (bis 6/7. Jh.). Näheres in: Neues Lexikon des Judentums. Hg. von Julius H. Schoeps. Gütersloh, München: Bertelsmann-Lexikon-Verlag 1992. Michael A. Meyer: Jüdische Wissenschaft und jüdische Identität. In: Wissenschaft des Judentums (wie Anm. 19), S. 4-20, hier: S. 8. Frankel hatte 1846 eine Zeitschrift für die religiösen Interessen des Judenthums gegründet, die bis 1848 bestand. Ab 1851 gab er die Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums heraus. Daneben waren, besonders im Hinblick auf die Literaturrezensionen, auch Hirschs Jeschurun (1854ff.) und der von Marcus Lehmann redigierte Israelii (18601938) bedeutsam. Letzterer beurteilte als einziges unter den Blättern der Neo-Orthodoxie die Ghettogeschichten des böhmischen Autors Leopold Kompert positiv. Heinrich Graetz: Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. 11 Bde, Leipzig: Leiner 1853-1875. So wird z.B. bis heute in der Prager Altneusynagoge zur Erinnerung an die im Jahre 1389 ermordeten Juden "am Jom Kippur die 'Selicha' des Prager Rabbiners und hebräischen Dichters Avigdor Kara vorgelesen." Ingeborg Fiala-Fürst: Juden in Prag. In: Jüdisches Städtebild Prag. Hg. von I. Fiala-Fürst. Frankfurt a. M.: Jüdischer Verlag 1992, S. 7-31, hier: S. 9. Vgl. auch: Yosef Hayim Yerushalmi: Das Mittelalter. Mittel und Wege jüdischer Erinnerung. In: ders., Zachor: Erinnere Dich! Jüdische Geschichte und jüdisches Gedächtnis. Berlin: Wagenbach 1988, S. 43-64, hier: S. 58.

1. Die Entstehung einer deutsch-jüdischen Identität

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genität durch die Überschreitung wirklicher und symbolischer26 Ghettogrenzen gefährdet schien. Denn in kürzester Zeit hatten sich die Lebensverhältnisse ausdifferenziert, und der religiöse Pluralismus war fast unüberschaubar geworden. Tatsächlich ließ sich die Frage, wer Jude sei, fortan nicht mehr zufriedenstellend beantworten. Nur eingeschworene Judengegner, denen an einer vereinfachenden Formel viel gelegen war, wußten alle ihnen suspekt oder 'undeutsch' erscheinenden Eigenschaften als 'jüdisch' zu klassifizieren. Daß dabei, wie die Auseinandersetzung um das 'Junge Deutschland' zeigt, die Religionszugehörigkeit kaum mehr eine Rolle spielte, gehört zu den Inklusionen dieser nationalen Psychose. Am Ende des Jahrhunderts sollte daher Theodor Herzl zu dem Schluß kommen: Wer der Fremde im Lande ist, das kann die Mehrheit entscheiden. [...] Unser Wohlergehen scheint etwas Aufreizendes zu enthalten, weil die Welt seit vielen Jahrhunderten gewohnt war, in uns die Verächtlichsten unter den Armen zu sehen. Dabei bemerkt man aus Unwissenheit oder Engherzigkeit nicht, dass unser Wohlergehen uns als Juden schwächt und unsere Besonderheiten auslöscht. Nur der Druck presst uns wieder an den alten Stamm, nur der Hass unserer Umgebung macht uns wieder zu Fremden.27 Aber noch lag diese bittere Erkenntnis in weiter Ferne und die wenigsten Juden ließen sich von den Warnungen und Visionen der frühen, religiösen Zionisten Jehuda Alkalai und Zwi Hirsch Kalischer beeindrucken. Gab es doch ein reiches Spektrum an Eingliederungsmöglichkeiten, das von vollkommener Assimilation, d.h. Glaubenswechsel und Bruch mit der Abstammungsgemeinschaft, bis zur Akkulturation an die deutsche Sprache und Kultur reichte. Zu einer Integration der jüdischen Minderheit im Sinne einer "gegenseitigen Akzeptanz bei Wahrung der Eigenständigkeit"28 fand sich allerdings keines der europäischen Völker bereit.29 26

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In vergleichbarem Zusammenhang spricht Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck 1992 (C. H. Beck Kulturwissenschaft), S. 153, unter Berufung auf Wilhelm E. Mühlmann von "Grenzzeichen" wie "Tracht, Sprache, Küche, Lebenshaltung". Theodor Herzl: Der Judenstaat. Neudruck der Erstausgabe von 1896. Augsburg: ÖlbaumVerlag 1986 (Juden zur Judenfrage, 1), S. 51 und 66. Jean-Paul Satre kommt zu einer ähnlichen Definition des 'Juden'. In: ders., Betrachtungen zur Judenfrage. Psychoanalyse des Antisemitismus. Zürich: Europa-Verlag 1948, S. 80: "Jude sein heißt, der Situation des Juden ausgeliefert sein und zu gleicher Zeit in und durch seine eigene Person für das Geschick und sogar für die Natur selbst des jüdischen Volkes verantwortlich sein." £>ie Definition der Begriffe ist entnommen Pavel Petr: Ghetto oder Integration? Zu den Identitätsproblemen der Prager jüdischen Schriftsteller. In: Kontroversen, alte und neue. Akten des VII. Internationalen Germanistenkongresses, Göttingen 1985. Bd 5: Auseinandersetzungen um jiddische Sprache und Literatur. Jüdische Komponenten in der deutschen Literatur - die Assimilationskontroverse. Hg. von Walter Röll und Hans-Peter Bayerdörfer. Tübingen: Niemeyer 1986, S. 176-181, hier: S. 181. Selbst in Frankreich, wo Juden sehr früh emanzipiert wurden, flammte der latente Antisemitismus immer wieder auf, 1840 in der Damaskus- und 1894-99 in der Dreyfus-Affäre.

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I. Einleitung

Folglich mußten jüdische Menschen kollektiv und individuell nach Wegen suchen, die ihre Zwitteridentität lebbar machten. Besonders schwer wog dabei die Tatsache, daß das vermeintliche Ideal schon einmal Wirklichkeit gewesen war: Zu dem Zeitpunkt, als in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die deutsch-jüdische Aufklärung in der Freundschaft zwischen Lessing und Mendelssohn ihren Zenit erreichte. Jeder, der sich als Deutscher und Jude zugleich definierte, lebte im Glauben, daß jener Bund zwischen zwei vorurteilslosen Gelehrten Vor-Bild für einen noch zu gestaltenden Bund zwischen Deutschen und Juden sein könne. Doch bereits in den ersten Jahrzehnten des neuen Jahrhunderts sollte sich ein solcher Analogieschluß als irreal erweisen. Daß dies nur wenige, exponierte Juden in Deutschland, unter ihnen Rahel Varnhagen und Heinrich Heine, überhaupt erkannten, darin liegt die Tragik aller politischen Anstrengungen deutscher Juden bis in die NS-Herrschaft hinein.

2. Die Ghettogeschichte als literarische Selbstvergewisserung Mit dem Kampf um die bürgerliche Gleichberechtigung begann auch das Bemühen um die Wahrung des alten religiösen und kulturellen jüdischen Erbes. Bald war man sich bewußt, in einer jüdischen Zeitenwende zu leben, die über kurz oder lang zur Aufgabe der traditionellen Lebensweise zwingen würde. 30 Im Rahmen der nun einsetzenden Standortbestimmung kam der schöngeistigen Literatur als einem Spiegel sozialer und politischer Veränderungen eine herausragende Rolle zu. Neben der Autobiographie, die bis zur Jahrhundertmitte nur vereinzelt von Juden als Ausdrucksmittel genutzt wurde, übernahm vor allem die sog. Ghettoliteratur die Aufgabe einer jüdischen "Selbstdarstellung" 31 . Im Anschreiben gegen das drohende 'kulturelle Vergessen' erkannten die Autoren ein zentrales Anliegen und im aufstrebenden jüdischen Bürgertum, das im Begriffe war, die religiösen, sozialen und kulturellen Grundlagen seiner Ghettovergangenheit abzustreifen, eine erste, wenn auch nicht die einzige Zielgruppe. Denn im gleichen Maße, wie die Literarisierung der gemeinsamen 30

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Vgl. Das jüdische Volksleben. In: AZJ 14 (1850), Nr 36, S. 497-498, hier: S.498: "Zuerst frägt [!] es sich: liegt in der Auflösung seines eigentümlichen Lebens nicht auch die Auflösung des Trägers dieses Lebens? sind Beide nicht so unauflöslich mit einander verbunden, daß sie Beide ohne einander nicht existieren können? Und wenn man diese Besorgniß beseitigt, frägt es sich: [...] in welcher Weise wird nun das Allgemeine fortleben, das als Kem in der Schale der Besonderheit sich erhalten hatte? Die israelitische Religion, die durch die stürmischen Zeiten und Kämpfe des Mittelalters sicher in der Hülle des jüdischen Volkslebens erhalten ward, auf welche Weise wird sie durch die noch stürmischeren Zeiten und heftigeren Kämpfe der Neuzeit und Zukunft ohne jene Hülle [...] schreiten? " (Orthographie im Text). Heinz Mosche Graupe: Die Entstehung des modernen Judentums. Geistesgeschichte der deutschen Juden 1650-1942. Hamburg: Leibniz 1969 (Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden, 1), S. 290.

2. Die Ghettogeschichte als literarische Selbstvergewisserung

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Vergangenheit den eigenen Glaubensgenossen eine stabile jüdische Identität vermitteln sollte, wollte man Nichtjuden Einblick in inneqüdische Verhältnisse geben und damit Einfluß auf die öffentliche Meinung nehmen. Deutet man die "Entstehung von Geschichtsschreibung als Symptom veränderter Erinnerungskultur"32, dann wird auch der Konnex zwischen Ethnographie und Historiographie verständlich, den Berthold Auerbach 1837 im Vorwort seines historischen Romans Spinoza herstellt: Das jüdische Leben zerfallt nach und nach, ein Stück nach dem andern löst sich ab; darum scheint mir, daß es an der Zeit ist, Poesie und Geschichte und beide vereint seine Bewegungen im Bilde festhalten zu lassen.33 Was hier noch terminologisch getrennt ist, wird schon Jahrzehnte später durch das Verhältnis von Quelle und Auswertung bestimmt.34 Denn der Wiedererkennungseffekt, der sich nach dem Zeugnis der Zeitgenossen - selbst nach dem mancher Literaturwissenschaftler35 - , beim Lesen der sog. Ghettogeschichten einstellte, war allem Anschein nach so groß, daß die Faktizität der kulturellen Daten die Fiktionalität von Personen und Handlung überwog. Als wichtigste Voraussetzung dafür galt die genaue Kenntnis des Milieus. So vertraten Berthold Auerbach und Ferdinand von Saar unabhängig voneinander die Ansicht, daß nur ein Jude wirklich in der Lage sei, jüdische Lebenswelten authentisch darzustellen.36 Auf dieser Basis erscheint es gerechtfertigt, auch im Rahmen dieser Studie davon auszugehen, daß sich jüdische Autoren im 19. Jahrhundert nicht auf Vorbilder stützten, die aus der Feder von Nichtjuden stammten; egal, ob es sich dabei um Achim von Arnims Isabella von Ägypten (1812) und Die Majoratsherren (1819), Wilhelm Hauffs Novelle JudSüß (1827) und Carl Spindlers Der Jude (1827) oder gar Karl Gutzkows Der Sadduzäer von Amsterdam (1834) handelt. Bestenfalls bestand die Auseinandersetzung mit diesen, mit Ausnahme 32 33

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Assmann, Das kulturelle Gedächtnis (wie Anm. 26), S. 299. Berthold Auerbach: Das Ghetto. In: ders., Spinoza. Ein historischer Roman, 2 Theile. Stuttgart/Leipzig: J. Scheible/Brockhaus 1837, T1 1, S. III. Zit. nach Glasenapp, Aus der Judengasse (Anm. 1), S. 39, Hervorheb. von mir. Leopold Treitel: Ghetto und Ghettodichter (Sonderabdruck aus dem Jahrgang 1892 des Jahrbuchs zur Belehrung und Unterhaltung. Hg. von Markus Brann). Berlin: Th. Schatzky 1891, S. 1-24, hier: S. 16f. Vgl. auch: Joel Müller: Leopold Kompert als jüdischer Geschichtsschreiber. In: Adolf Brunell's populärwissenschaftliche Monatsblätter zur Belehrung über das Judenthum fllr Gebildete aller Confessionen 8 (1888), S. 193-196,217-220,249-251,265-273. Vgl. Gustav Karpeles: Simon Eichelkatz. In: AZJ 67 (1903), Nr 44, S. 524-525. Auerbach, Spinoza (wie Anm. 33), Bd 1, S. VII. Zit. nach Glasenapp, Aus der Judengasse (wie Anm. 1), S. 40: "[...] man wird es mir nicht als Anmaßung auslegen, wenn ich behaupte, daß es fllr einen Christen unendlich schwieriger ist, sich ganz in die Innerlichkeit und die Details des jüdischen Lebens zu versetzen. Vieles kann nur durch Erziehung, Gewohnheit und Tradition erfahren werden. Wir, die wir aus demselben hervorgegangen sind, haben den Beruf es der Welt darzulegen." - Ferdinand von Saar schrieb am 8. Juli 1887: "Um Juden gut zu schildern, muß man, glaub' ich, selbst Jude sein." (In: Marie von Thum und Taxis: Fürstin Marie zu Hohenlohe und Ferdinand von Saar. Ein Briefwechsel. Hg. von Anton Bettelheim. Wien: Reisser 1910, S. 178f.)

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I. Einleitung

von Der Jude, mehr oder weniger antijüdischen Werken in einer dezidierten Abwehr von judenfeindlichen Stereotypen. Die Bedeutung der Ghettoliteratur erschöpft sich also nicht darin, eine "Sammlung ethnographischer Miniaturen"37 zu sein, sondern sie will auch als Replik auf zeitgenössische Vorurteilsmuster gelesen werden. Eine Interpretation von Ghettogeschichten verfolgt demnach zwei Ziele: Zum einen soll die buchstäblich Schrift gewordene Kultur dokumentiert, das gleichsam mumifizierte Ghettoleben in den Texten wiederbelebt und in seinem historischen Kontext ausgedeutet werden. Zum andern wird unter Rekurs auf die Ansätze der amerikanischen 'cultural studies', speziell einer "ethnologisch orientierte[n] Literaturanthropologie", "untersucht, wie literarische Texte an umfassenderen Vorgängen der Symbolisierung teilhaben, die ausdrücklich an kulturelle Praktiken sozialer Gruppen, an ethnische [...] Differenzen und politische Machtgefuge rückverwiesen sind."38 In diesem Rahmen wird der Frage nachzugehen sein, inwieweit sich die Autoren der Genealogie von antisemitischen Klischees bewußt waren und sie durch Gegenbilder zu entkräften bzw. zu falsifizieren suchten oder ob sie sich vielleicht doch an deren Fortschreibung beteiligten. Ausgehend von der These, daß die jüdische Kultur anfänglich eine regelrechte Gegenkultur zur - und mit fortschreitender Säkularisierung immer noch eine periphere Kultur39 - neben der dominanten deutschen bildete, sollen auch rezeptionsästhetische Mißverständnisse, die aus der zeitlichen Distanz des Lesers zur Ghettowirklichkeit resultieren, in Betracht gezogen bzw. ausgeräumt werden. Bereits fìir die Zeitgenossen erfüllte die Ghettogeschichte die Funktion eines Archives für dem Untergang geweihte jüdische Lebenswelten, deren Eigenart man wohl am ehesten gerecht wird, wenn man sie unter kulturanthropologischem Aspekt betrachtet. Mit Recht gibt Norbert Mecklenburg in ähnlichem Zusammenhang zu bedenken, daß der im Konnex mit "Regional- und Minderheitenliteratur" immer wieder vorgenommenen "Unterscheidung von ästhetischem und funktionalem Wert [...] eine ungute Verbindung von Kulturrelativismus und ästhetischem Formalismus" zugrundeliege40. Obwohl Äußerung einer Minderheit und an den spezifisch jüdischen Kulturraum gebunden, läßt 37

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Der Begriff stammt aus: Clifford Geertz: Dichte Beschreibung. Bemerkungen zu einer deutenden Theorie von Kultur. In: ders., Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1983 (Theorie), S. 7-43, hier: S. 31. Doris Bachmann-Medick: Einleitung. In: Kultur als Text. Die anthropologische Wende in der Literaturwissenschaft. Hg. von D. Bachmann-Medick. Frankfurt a. M.: Fischer TaschenbuchVerlag 1996 (Fischer-Taschenbücher. Kultur & Medien, 12781), S. 7-64, hier: S. 15. Zu den Begriffen vgl. Roland Posner: Kultur als Zeichensystem. Zur semiotischen Explikation kulturwissenschaftlicher Grundbegriffe. In: Kultur als Lebenswelt und Monument. Hg. von Aleida Assmann und Dietrich Harth. Frankfurt a. M.: Fischer TaschenbuchVerlag 1991 (Fischer Taschenbuch Wissenschaft, 10725), S. 37-74, hier: S. 56-60. Norbert Mecklenburg: Über kulturelle und poetische Alterität. Kultur- und literartheoretische Grundprobleme einer interkulturellen Germanistik. In: Hermeneutik der Fremde. Hg. von Dietrich Krusche und Alois Wierlacher. München: Iudicium 1990, S. 80-102, hier: S. 95.

2. Die Ghettogeschichte als literarische Selbstvergewisserung

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sich die Ghettoliteratur jedoch nicht einfach mit Regionalliteratur im herkömmlichen Sinne gleichsetzen. Vielmehr stellt sie in jeder Hinsicht einen Sonderfall dar. So erstreckte sich der Kulturraum des aschkenasischen41 Judentums bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, in ländlichen Gegenden sogar bis 1848, über ganz Mitteleuropa, und man sah sich durch den Glauben, das religiöse Schrifttum und eine gemeinsame Binnensprache geeint. So kam es zu der paradox erscheinenden Situation, daß es zwischen einem Juden, der im Elsaß lebte, und seinem litauischen Glaubensgenossen mehr Verbindendes gab, als zwischen jüdischen und christlichen Landsleuten. Das soll aber nicht heißen, es hätte unter Juden überhaupt keine regionale Differenzen gegeben; lebte doch der Jude Süddeutschlands z.B. unter anderen Landesgesetzen und mit einer anderen Lokaltradition als der norddeutsche oder gar der galizische Jude, der sich wiederum der polnischen und russischen Judenheit verwandter fühlte als seinem böhmischen, nach Westen hin orientierten Nachbarn.42 Und dennoch: Im Vergleich zu der Kluft, die Juden und Christen trennte, handelte es sich hierbei um Nuancen. Dies sei am Beispiel der beiden aus Böhmen stammenden Schriftsteller, Adalbert Stifter und Leopold Kompert, auf deren Divergenzen im IV. Kapitel noch ausfuhrlich eingegangen wird, kurz skizziert. Stifter räumte dem Moment der Natur- und Landschaftsschilderung mitunter soviel Raum ein, daß ihm die Handlung zur Nebensache geriet. So kann ein Rezensent seiner Novelle Prokopus etwas überspitzt, aber zutreffend sagen: "Ich würde in der Fichtenau heimisch sein, so bekannt hat mich Stifter mit dieser Gegend gemacht, aber was der Prokopus eigentlich dort wollte, wird niemand erfahren."43 In den Erzählungen des Ghetto-Autors Kompert hingegen sucht man oft vergeblich nach geographischen Angaben, und Naturbeschreibungen finden sich allenfalls in solchen Texten, mit denen er für die Ausbildung eines jüdischen Bauernstandes eintrat. Selbst die Topographie der Judengasse wird auf ihre Gründelemente (Straße, Bach, Berg) reduziert, und nur vereinzelt ist ein Ort namentlich genannt. Stattdessen tendiert der Autor mehr oder weniger explizit dazu, jüdische Identität als religiöse, soziale und kulturelle Identität zu fassen, indem er mit literarischen Mitteln eine Kontinuität herstellt zwischen der geschilderten Ghettoexistenz und dem 41

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'Aschkenas' war im Mittelalter die hebräische Bezeichnung fllr Deutschland, umfaßte aber spätestens seit der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert auch die aus (Nord-) Frankreich, England und Norditalien stammenden Juden im Gegensatz zu den auf der Iberischen Halbinsel lebenden Sepharden. Vgl. dazu Hans Otto Horch: Auf der Suche nach der jüdischen Erzählliteratur. Die Literaturkritik der 'Allgemeinen Zeitung des Judentums' (1837-1922). Bern u.a.: Lang (Literaturhistorische Untersuchungen, 1), S. 165-199, bes. S. 165f. Besonders deutlich macht dies auch ein Vergleich von Autobiographien böhmischer und galizischer Provenienz. Zit. nach Moriz Enzinger: Adalbert Stifter im Urteil seiner Zeit. Festgabe zum 28. Jaenner 1968. Wien: Böhlau 1968 (österreichische Akademie der Wissenschaften. PhilosophischHistorische Klasse. Sitzungsberichte, 256), S. 120-121, hier: S. 121.

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I. Einleitung

Minderheitendasein in einer immer noch latent antijüdisch geprägten Gesellschaft. In ihrer Eigenart decken die Ghettogeschichten so ein literarisches und kulturelles Feld ab, das, auf eine bestimmte historische Situation bezogen, in der Geschichte der deutschen Literatur einzigartig ist. Der Anspruch, jüdisches Leben wahrheitsgetreu zu schildern, ließ frühe Ghetto-Autoren auch zu avantgardistischen Mitteln greifen. So brachte Auerbach in seinem zweiten Ghetto-Roman Dichter und Kaufmann (1840) nicht nur das Breslauer Bettlermilieu in die deutsche Literatur ein, sondern versuchte sich überdies an einer psychologischen Grundlegung der Charaktere, womit er dem Frührealismus und der Gattung Novelle im besonderen entscheidende Impulse gab. Denn die prosaische Kleinform sollte im Vormärz dem Roman endgültig den Rang ablaufen; symptomatisch dafür erscheint der Wechsel Auerbachs selbst zu der von ihm popularisierten Dorfgeschichte. Eine wesentliche Ursache für diese Entwicklung lag im explosionsartigen Wachstum des Zeitungs- und Zeitschriftenangebots, das einer neuen Spielart belletristischer Publikationsformen zum Durchbruch verhalf: der Fortsetzungsgeschichte. Ihrer bedienten sich in der Folgezeit fast alle Ghettoschriftsteller, deren vorrangiges Bestreben es ja war, zeitgemäß und aktuell zu sein, da man auf diese Weise weite Kreise des Lesepublikums zu erreichen hoffte. In ästhetischer Hinsicht bestand das Hauptinteresse der Autoren vor allem darin, ihre Texte inhaltlich von Phantasieprodukten, wie sie unter den 'Judengeschichten' nichtjüdischer Autoren besonders häufig zu finden waren, und formal vom Roman abzugrenzen. Feinere gattungstypologische Unterschiede wurden darüber vernachlässigt, und Bezeichnungen wie "Ghettogeschichte" und "Ghettonovelle" bzw. "-erzählung" synonymisch verwendet. Daß die Texte dabei in ihrem Umfang stark variieren, war für die Novellenproduktion der Zeit nichts Ungewöhnliches; man denke nur an Mörikes zweibändige Novelle Maler Nolten (1832). Noch 1886 verwahrte sich Karl Emil Franzos ausdrücklich dagegen, daß er und Kompert "jemals aus dem jüdischen Leben Romane geschrieben [hätten], sondern nur eben Novellen oder Geschichten [,..]"44. Eine solche Selbstbescheidung illustriert die hohe Einschätzung des Romans, mit dem man allgemein die Vorstellung einer erschöpfenden Behandlung einer Epoche verband. Grundsätzlich galt für das gesamte 19. Jahrhundert, was ein Rezensent von Leopold Komperts Novellenband Geschichten einer Gasse feststellte: "Novellen [sind] die Lieblingsspeise unserer Zeit."45 Offenbar eignete sich diese epische Form hervorragend zur Darstellung des jüdischen Mikrokosmos, und die Intention jüdischer Autoren traf sich mit zeitgenössischen Gattungstheorien, wonach gerade

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Karl Emil Franzos an Adolph Kohut, Brief vom 31. Dezember 1886. In: Mary Lynne Martin: Karl Emil Franzos. His Views on Jewry, as Reflected in his Writings on the Ghetto. (Diss.) Wisconsin 1968, S. 278-279, hier: S. 278. Literarischer Bericht. In: Der Israelit 5 (1864), Nr 51, Beilage, S. 677-679, hier: S. 679.

2. Die Ghettogeschichte als literarische Selbstvergewisserung

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die "üblichen Lebensumstände [...] das Unverwechselbare eines bestimmten Kulturkreises zu einer bestimmten Zeit" repräsentierten46: Die Novelle bildet 'Sitten' ab, sie zeugt durch ihr bloßes Vorhandensein von der Geltung solcher Sitten bzw. deutet für den Fall, daß es sich in der Gegenwart nicht erneuert, auf das 'zerbröckelnde' Gesellschaftsleben hin. So wird die Novelle zur Signatur der Zeit. Dabei definierten die meisten Ghetto-Autoren poetische Mimesis tatsächlich recht naiv als ebendiese 'Abbildung' - zumindest beteuerten sie es so gegenüber ihren Lesern. Wenn man jedoch die meinungsbildende Funktion der Ghettogeschichten mit in Betracht zieht und autobiographische Mitteilungen sowie soziologische Arbeiten aufmerksam liest47, stellt man überrascht fest, wieviele genuin jüdische Bereiche - u.a. die traditionelle Ausbildung im Cheder, der Elementarschule, und auf der Jeschiwa, der Talmudhochschule, sowie der grassierende Aberglaube unter dem einfachen Volk48 - in den Erzählungen ausgespart bleiben. Der Sinn einer solchen, nicht immer mit der gleichen Strenge durchgeführten Selbstzensur liegt auf der Hand: Der nichtjüdischen Öffentlichkeit sollte ein positives Judenbild vermittelt werden. Dieses Ziel versuchte man dadurch zu erreichen, daß man Gruppeneigenschaften, die von außen dem Juden oder der Jüdin nur allzuofi in feindlicher Absicht zugeschrieben wurden, durch die Schilderung einer facettenreichen Binnenkultur konterkarierte und das poetologische Gewicht in erster Linie auf die Darstellung typischer, aber zugleich auch liebenswerter Individuen legte. Feste, Rituale, Familienkonstellationen, kurz: alles, was zu den wesentlichen symbolischen Repräsentationen einer Kultur zählt, nehmen in den Ghettogeschichten einen besonders breiten Raum ein. 46

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Hugo Aust: Novelle. 2., Überarb. und erg. Aufl., Stuttgart, Weimar: Metzler 1995 (Sammlung Metzler, 256), S. 28. Die erste jüdische Autobiographie in deutscher Sprache erschien 1792 in Berlin u. d. T. Salomon Maimons Lebensgeschichte. Von ihm selbst geschrieben. Der Verfasser stammte aus einer Stadt in Litauen und wurde zu einer der führenden Gestalten der Berliner Aufklärung. Die polemische Schilderung seiner in traditionellen Bahnen verlaufenen Kindheit und Jugend erklärt sich aus seinem späteren Selbstverständnis als Philosoph, vermittelt aber dennoch einen interessanten Einblick in das jüdische Leben dieser Region. In der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählt die Autobiographie zu den beliebtesten Genres unter Juden, für professionelle Schriftsteller ebenso wie für Laien. Soziologische Aufschlüsse über das Leben der böhmischen Juden im Vormärz bietet vor allem Georg Leopold Weisel in seinen Aufsätzen "Die Schnorrer oder jüdischen Bettler" (1844), "Die Jeschiboth oder jüdischen Hochschulen" (1845) und "Die Prager Juden, wie sie leben" (1850). In: ders., Aus dem Neumarker Landestor. Die Volkskunde eines Aufklärers. Hg. von Josef Blau. Reichenberg: Kraus 1926 (Beiträge zur sudetendeutschen Volkskunde, XVII). Leopold Kompert bietet allenfalls in der frühen Geschichte "Alt Babele" einen Einblick in solche Vorstellungen. Vgl. dazu Hermann Steinthal: Leopold Kompert. In: ders., Über Juden und Judentum. Vorträge und Aufsätze. Hg. von Gustav Karpeles. 2. Aufl., Berlin: Poppelauer 1910 (Schriften der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums, 8), S. 231236, hier: S. 232.

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/. Einleitung

Allerdings hat die Tatsache, daß es sich nicht mehr um gegenwärtige, sondern um erinnerte Wirklichkeit handelt - die Zeitgenossen sprachen von 'Szenen aus dem altjüdischen Leben' - , auch zur Folge, daß das Moment der Reflexion mitunter das Übergewicht über die Handlung bekommt. Zudem ließ sich eine gewisse Stilisierung49 des jüdischen Selbstbildes kaum vermeiden. Wenn man sich als Jude schon einer Zeit der Unterdrückung, der inneren und äußeren Enge erinnerte - und die meisten vermochten das erst nach der gelungenen Etablierung in der christlich-bürgerlichen Gesellschaft - , dann sollte das Gewicht wenigstens auf die 'schönen' Seiten gelegt werden, das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Familie und in der 'Gasse'; die Feier religiöser Feste im Jahreskreis, angefangen vom Sabbat bis zum heiligen Ernst des Jom Kippur, des Sühnetages. Aber ebenso sollten die Mühen des Lebensunterhaltes und das religiös motivierte Streben nach Rechtschaffenheit zur Sprache kommen - Dinge, die, wie man hoffte, auch auf den nichtjüdischen Rezipienten die Wirkung nicht verfehlten. Der Autor fuhrt also den Leser, den nichtjüdischen wie den seiner jüdischen Herkunft entfremdeten, gleichsam in die 'gute Stube' des Ghettos, in den Raum, der traditionell der 'Königin' Sabbat und den Gästen vorbehalten ist. Damit soll jedoch nicht gesagt werden, die Autoren hätten sentimentale Geschichtsklitterung betrieben, im Gegenteil: Das Idealmodell wird immer wieder unterlaufen von der Darstellung interner Konflikte oder solcher, die durch das spannungsreiche Verhältnis mit der Außenwelt entstehen. Häufig nützten die Autoren, je nach Können mit unterschiedlicher Subtilität, die Gelegenheit, ihren Glaubensbrüdern den Spiegel vorzuhalten, indem sie die Frömmigkeit und Orthopraxie der Vergangenheit der Lauheit der Gegenwart gegenüberstellten, und auch soziale Probleme, die die physische Enge des Ghettos mit sich brachte, nicht verschwiegen. Tatsächlich wird nie in Zweifel gezogen, daß das Ghetto als solches einem unmenschlichen System entsprang - selbst das schönste Gefängnis bleibt immer noch Gefängnis. An einer theoretischen Reflexion ihrer Vermittlerrolle zwischen den Kulturen waren die Autoren aber nur selten interessiert. Die Mehrzahl sah ihren Zweck schon erfüllt, wenn der jüdische Leser mit einem gewissen Stolz auf seine Vergangenheit und der christliche mit milderem, verständnisvollerem Blick auf seine jüdischen Mitbürger schaute. Am nächsten kommt man wohl der besonderen Eigenart eines Ghettoschriftstellers, wenn man ihn als jemanden betrachtet, der, in Abwandlung einer Aussage von Andreas Dörner und Ludgera Vogt, "Schneisen schlägt in die Vielfalt der sozialen Realitäten" jüdischer Lebenswelt und "das Dieser Begriff wird wegen seiner Neutralität dem negativ belasteten der 'Idealisierung' vorgezogen. Vgl. Aleida Assmann: Kultur als Lebenswelt und Monument. In: Kultur als Lebenswelt und Monument (wie Anm. 39), S. 11-25, hier: S. 14: "Stilisierung ist Präparierung von etwas, das bestimmt ist, zur Schau gestellt zu werden. Stilisierung ist Wille zur Form mit der Absicht der Steigerung von Sichtbarkeit. Absichtsvolle Stilisierung ist ein Akt kultureller Zeichensetzung."

2. Die Ghettogeschichte als literarische Selbstvergewisserung

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Typische [ihrer] gesellschaftlichen Konstellation sichtbar werden läßt"50. Denselben Aspekt hoben bereits zeitgenössische Literaturkritiker hervor, wenn sie die Ghettogeschichten als kulturhistorische bzw. ethnographische Novellen klassifizierten. Dieser Definition, die sich später die Autoren selbst zu eigen machten, entsprechend, ist auch die vorliegende Untersuchung an der Grenze zwischen Literatur- und Kulturgeschichtsschreibung angesiedelt. Neben den Kulturthemen Sexualität, Essen, Kommunikation bzw. Aggression und 'Bewältigung' des Todes, Phänomenen, mit denen sich die Kulturanthropologie seit Jahrzehnten beschäftigt, rücken dabei vor allem die Bereiche Religion und Arbeit in den Mittelpunkt. Beides, das Skandalon jüdischer Existenz nach Christus und der verfemte Beruf des Händlers und Geldverleihers, wurde jahrhundertelang zur Selbst- und Fremdbestimmung jüdischer Menschen instrumentalisiert und so der Grundstock gelegt für die Entstehung eines judenfeindlichen Klischees, wie es trotz zahlreicher Mutationen im Kern bis heute lebendig ist. Weitere mentalitätsgeschichtlich bedeutsame Momente inneijüdischen Lebens sind die traditionell geprägten Hierarchie- und Familienbilder, deren literarische Darstellung vor dem Hintergrund der im 19. Jahrhundert entstehenden bürgerlichen Familienideologie gesehen werden muß, sowie die Verwendung bzw. NichtVerwendung des jüdischen Soziolekts. Dabei will der Wechsel von der judendeutschen Muttersprache zur deutschen Literatursprache, den von Heinrich Heine bis Eduard Kulke alle hier vorgestellten Autoren vollzogen, einem Diktum Michail Bachtins zufolge als gleichbedeutend mit einem Wechsel in der Weltanschauung betrachtet werden51. Auch kann der Einfluß genuin jüdischer Erzählformen, allen voran der hebräischen Bibel, nicht hoch genug eingeschätzt werden. Diese bildeten nicht nur ein schier unerschöpfliches motivliches Reservoir, sondern konnten außerdem als strukturelles Vorbild dienen. Ebenso gehörten Märchen - 'Maissele'52 - und Legenden, Lehrgespräche und literarisch eingekleidete Exempla, Gebets- und Liedtexte zum Allgemeingut selbst des ein50

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Andreas Dömer/Ludgera Vogt: Literatursoziologie. Literatur, Gesellschaft, politische Kultur. Opladen: Westdeutscher Verlag 1994 (WV-Studium, 170: Literaturwissenschaft), S. 24. Vgl. Michail M. Bachtin: Die sprachliche Situation in der Renaissance. In: ders., Literatur und Karneval. Zur Romantheorie und Lachkultur. Frankfurt a. M.: Fischer TaschenbuchVerlag 1990 (Fischer-Taschenbücher Wissenschaft, 7434), S. 7-14, hier: S. 7: "Zwei Sprachen sind nämlich zugleich zwei Weltanschauungen." Innerhalb der Ghettoliteratur wird dies beispielhaft illustriert durch die Gegenüberstellung der beiden Fassungen von A[ron] Bernsteins Novelle "Vögele der Maggid". Der Autor selbst hatte 1857 eine judendeutsche Version und 1864 eine deutsche erstellt. Vgl. Matthias Richter: Die Sprache jüdischer Figuren in der deutschen Literatur (1750-1933). Studien zu Form und Funktion. Göttingen: Wallstein 1995, S. 234f. - Da sich die Bezeichnung "westjiddisch" für die Sprache der Juden im deutschsprachigen Raum erst zu Beginn unseres Jahrhunderts einbürgerte, folge ich der zeitgenössischen Terminologie. Vgl. auch Bettina Simon: Jiddische Sprachgeschichte. Versuch einer neuen Grundlegung. Überarb. Fassung, 1. Aufl., Frankfurt a. M.: Jüdischer Verlag 1993. Besonders populär war das um 1580 entstandene Maase-Buch. Vgl. Günter Starnberger: Epochen der jüdischen Literatur. München: Beck 1982 (Beck'sche schwarze Reihe, 249), S. 146.

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I. Einleitung

fachen Volkes. Eine klare Trennung, wie sie Assmann mit "den Begriffen 'Weisheit' und 'Mythos"' bzw. "Sprichwort und Erzählung"53 für die Literatur eines Volkes vorschlägt, läßt sich daher in unserem Zusammenhang nicht durchführen. Bei einer Interpretation von Werken, die im Spannungsfeld der "doppelten Identität"54 des Autors stehen, ist ferner ein Rekurs auf deren biographische Hintergründe unerläßlich. Allen im folgenden behandelten Schriftsteilem ist die jüdische Abkunft gemeinsam und, was für ihr Selbstverständnis noch schwerer wiegt; die Auseinandersetzung mit überlieferten Judenbildern, mit denen die meisten bereits in früher Kindheit konfrontiert wurden. Judenfeindliche Klischees drückten ihnen das Stigma der Fremdheit auf, das abzuschütteln ihnen trotz vermehrter Anstrengungen, die manchmal fast pathologische Züge annahmen und zum sog. 'jüdischen Selbsthaß'55 führten, nicht gelingen sollte. Dementsprechend sind in den Texten politische und psychologische, soziale und religiöse Aspekte untrennbar verquickt. Nicht zuletzt waren die GhettoAutoren durch die Zeitumstände zu zahlreichen Konzessionen gezwungen: Bis 1848 gab es im Habsburgerreich noch eine strenge Zensur, der Zeitgeschmack wollte berücksichtigt sein und eigene (jüdische) und fremde (nichtjüdische) Interessen mußten aufeinander abgestimmt werden. Als - im buchstäblichen Sinn - populäre Literatur können die (böhmischen) Ghettogeschichten zwar ihre Nähe zur trivialen Unterhaltungslektüre nicht verleugnen, aufs Ganze gesehen und vor dem Hintergrund einer äußerst prekären Quellenlage stellen sie jedoch - und das ist die These dieser Studie - eine unverzichtbare, wenn auch literarische Quelle für die kulturgeschichtliche Erforschung jüdischen Lebens in den böhmischen Ländern des 19. Jahrhunderts dar, da es sich hier um den frühen und daher seltenen Fall einer Ethnographie "aus der Perspektive des 'Eingeborenen'" handelt56. Folglich liegt das Gewicht der Untersuchung auf der Interpretation des einzelnen Textes, der im Rahmen einer Kulturhermeneutik möglichst mikroskopisch betrachtet eine Vorstellung von längst verschwundenen Lebenswelten vermitteln will.

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Assmann, Das kulturelle Gedächtnis (wie Anm. 26), S. 141. Gershom Shaked: Die Macht der Identität. Essays über jüdische Schriftsteller. Königstein/Ts: Athenäum 1986, S. 12, u.ö. Er ist einer der ersten, der die Identität zum ausschließlichen Analyse-Instrument deutsch-jüdischer Literatur macht. Vgl. auch Hans Otto Horch: Heimat und Fremde. Jüdische Schriftsteller und deutsche Literatur oder Probleme einer deutsch-jüdischen Literaturgeschichte. In: Juden als Träger bürgerlicher Kultur in Deutschland. Hg. von Julius H. Schoeps. Stuttgart, Bonn: Burg 1989 (Studien zur Geistesgeschichte, 11), S. 41-65. Vgl. Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthaß [1931]. Mit einem Essay von Boris Groys. München: Matthes & Seitz 1984 (Debatte, 5). Vgl. den gleichnamigen Titel eines Aufsatzes von Clifford Geertz in: ders., Dichte Beschreibung (wie Anm. 37), S. 289-309.

3. Mutationen eines Genres

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3. Mutationen eines Genres: Von Heinrich Heine zu Leopold Kompert und Joseph Roth Wenn Juden auch, wie bereits angedeutet, in zahlreichen spätromantischen Texten als Protagonisten fungieren und ein Ghetto ihren düsteren Hintergrund bildet, so gilt doch Heinrich Heine mit seinem Fragment Der Rabbi von Bacherach bereits für die Literaturwissenschaft des 19. Jahrhunderts als "Vorbild"57 bzw. "Vater der Ghetto-Novelle in Deutschland"58. Trotzdem verzichtete die Forschung bis heute darauf, zu untersuchen, wie die Position Heines innerhalb der Grenzen dieses Genres zu bestimmen ist.59 Jost Hermand, der 1987 in einer Anthologie von Ghettogeschichten60 manche Erzählungen erstmals seit den beiden, in den Jahren des ersten Weltkriegs von Artur Landsberger herausge57

Gustav Kaipeles: Ein Blick in die jüdische Literatur. Prag: Brandeis 1895 (Jüdische Universalbibliothek, 8), S. 95. Zit. nach: Gerhard Kurz: Widersprüchliche Lebensbilder aus Galizien. Leo Herzberg-Fränkels Polnische Juden. In: Conditio Judaica. Judentum, Antisemitismus und deutschsprachige Kultur vom Ersten Weltkrieg bis 1933/1938. Interdisziplinäres Symposion der Wemer-Reimers-Stiftung Bad Homburg v. d. H. Hg. von Hans Otto Horch und Horst Denkler. 3 Tie, Tübingen: Niemeyer 1988/89/93, 2. Teil, S. 247-257, hier: S. 247. Karpeles, Simon Eichelkatz (wie Anm. 35), S. 525, wiederholt: "Die Ghettogeschichte ist, wie meine Leser wohl wissen, eigentlich noch jungen Datums. Ihr Ahnherr war Heinrich Heine mit seinem 'Rabbi von Bacherach1." Bereits 1865 wurde Heine, allerdings noch mit Einschränkung, für dieses Genre reklamiert. Vgl. Eduard Kulke: Berthold Auerbach. Eine Studie. In: Illustrate Monatshefte für die gesammten Interessen des Judenthums. Hg. von Arnold Hilberg. II. Bd (1865), S. 434-447, hier: S. 437.

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Adolph Kohut: Der Ghetto-Roman und die Ghetto-Novelle und ihre Vertreter. In: Das Magazin für die Litteratur des In- und Auslandes 56 (1887), No. 44, S. 645-648; No. 45, S. 671-674. - Vgl. auch Erich Loewenthal: Der 'Rabbi von Bacherach' (1937). In: HeineJahrbuch 1964, S. 3-16, hier: S. 3, und Mina Schiffmann: Die deutsche Ghettogeschichte. (Diss.) Wien 1931, S. 16. Stefan Hock (Einleitung. In: Leopold Kompert's'sämtliche Werke in zehn Bänden. Mit einer biographischen Einleitung von S. Hock. Leipzig: Max Hesse 1906, Bd I, S. V-LVIII, hier: S. XXIV) stellt Komperts Novellen in eine Reihe mit Heine und Auerbach, weil sich hier wie dort die Handlung fast ausschließlich im jüdischen Milieu abspiele. Schiffmann, Die deutsche Ghettogeschichte (wie letzte Anm.), S. 16-25, geht nur auf die Entstehung und die heterogene Form des Fragments ein, nicht auf Inhalt oder Figurenkonstellation. Obwohl in neuerer Zeit Hans Otto Horch (in: Arbitrium 6 (1988), S. 308-311, hier: S. 309) wieder auf die Zugehörigkeit des Rabbi zur Ghettoliteratur hinwies, grenzt Manfred Windfuhr (In: Heinrich Heine: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe. Bd 5: Der Rabbi von Bacherach. Hamburg: Hoffmann und Campe 1994 [Düsseldorfer Heineausgabe], Kommentar des Hg., S. 498-708, hier: S. 623f.) das Fragment gegen die Ghettoliteratur ab mit der vagen Begründung, "daß von einer Verbürgerlichung der Judenvorstellung, wie sie für die zweite Jahrhunderthälfte maßgebend wird, beim Rabbi noch nichts zu bemerken" sei. Auch die Rechtfertigung von Glasenapp, Aus der Judengasse (wie Anm. 1), S. 47f., Heines Text aus der Ghettoliteratur auszuschließen, kann nicht überzeugen.

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Geschichten aus dem Ghetto. Hg. von Jost Hermand. 2. Aufl., Frankfurt a. M.: Athenäum 1990 (Athenäums Taschenbücher, 147). Daß Vorwort wie Auswahl und Editionsmethode einer kritischen Überprüfung nur schwer standhalten, führt Horch (wie letzte Anm.) aus. Er spricht sogar von "eine[r] vertane[n] Chance" (S. 311).

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1. Einleitung

gebenen Sammlungen61 wieder zugänglich gemacht hat, stellt zwar Heines Rabbi in diesen Kontext, allerdings ohne jedoch dessen Sonderstatus zu erläutern. In einer späteren Studie deutet er immerhin an, daß eine einseitig verklärende Ghettogeschichte zu schreiben [...] sowohl Heines eigenem Assimilationsdrang als auch seinen betont liberalen, ja rebellischen Ansichten zutiefst widersprochen [hätte]. Für eine solche Aufgabe war er weder religiös noch romantisch genug gestimmt. Und eine solche Geschichte lediglich aus kulturhistorischem Interesse zu schreiben, [...], wäre ihm, der stets das Aktuelle und Engagierte im Auge hatte, hoffnungslos antiquarisch vorgekommen. Doch ebenso unmöglich war es fur Heine, eine einseitige Emanzipations- oder Assimilationsgeschichte zu schreiben, die sich geistig auf die 'überlegene' Kultur des Westens hinbewegt.62 Mit dieser augenscheinlichen Rettung des Avantgardisten Heine schießt Hermand jedoch über das Ziel hinaus und wird der sich wandelnden Motivation für Heines Beschäftigung mit dem Stoff nicht gerecht. In die gleiche Richtung tendiert Florian Krobb, wenn er die Bezeichnung des Heinetextes als "erste deutsch-jüdische Ghettogeschichte" für "ein Mißverständnis" hält63. Dabei ist unbestritten, daß sich der hochartifizielle und vielschichtige Rabbi einer vereinfachenden Kategorisierung entzieht; schon durch die Situierung der Handlung im ausgehenden Mittelalter nimmt er eine Zwischenstellung ein zwischen der damals in jüdischen Kreisen besonders favorisierten historisch-heroischen Literatur64 und der Ghettogeschichte, die auf die unmittelbare Vergangenheit rekurriert. Berücksichtigt man aber Heines Engagement im Culturverein, das sein Interesse für jüdische Geschichte weckte, und briefliche Äußerungen aus dieser Zeit, dann erscheint es plausibel anzunehmen, daß Der Rabbi von Bacherach ursprünglich als historischer Roman über jüdisches Leben im Spannungsfeld von religiös-familiärer Intimität und lebensbedrohender Umwelt geplant war. Doch spätestens bei der Überarbeitung von 1840 schrieb sich des Autors eigene, durch die Taufe verschärfte Identitätsproblematik in den Text ein. Weil sich deshalb an diesem Fragment gut demonstrieren läßt, wie historische Schilderung unter dem Eindruck eines Ereignisses, das Emanzipationshofínungen so empfindlich störte 61

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Das Ghettobuch. Die schönsten Geschichten aus dem Ghetto. Hg. von Artur Landsberger. Mit 18 Bildern von F. Feigl. 4. Aufl., München: G. Müller 1914; Das Volk des Ghetto. Hg. von Artur Landsberger. 2. Aufl., Berlin: Harz 1921. Jost Hermand: Mit dem Zeitraffer durch die deutsch-jüdische Geschichte. Heines "Rabbi von Bacherach". In: ders., Mehr als ein Liberaler. Über Heinrich Heine. Frankfurt a. M. u.a.: Lang 1991 (Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, 31), S. 77-92, hier: S. 88. (Teile dieses Aufsatzes kehren wieder in "Zweierlei Geschichtsauffassung. Heines Rabbi von Bacherach." In: ders., Judentum und deutsche Kultur. Beispiele einer schmerzhaften Symbiose. Köln, Weimar, Wien: Böhlau 1996, S. 40-50.) Florian Krobb: 'Mach die Augen zu, schöne Sara': Zur Gestaltung der jüdischen Assimilationsproblematik in Heines Der Rabbi von Bacherach. In: German Life and Letters 47 (1994), S. 167-181, hier: S. 172. Vgl. Horch, Auf der Suche nach der jüdischen Erzählliteratur (wie Anm. 42), S. 131-144, bes. S. 139.

3. Mutationen eines Genres

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wie die Judenhetze von Damaskus, in eine Diagnose der Gegenwart umschlägt, bietet es sich im Rahmen der vorliegenden Studie geradezu an, den Rabbi zu interpretieren (vgl. Kapitel III). Denn das Geschehen im Februar 1840 bildete auch fur die beiden Literaten Carl Maien und Siegmund Frankenberg den unmittelbaren Anlaß zur Herausgabe eines Taschenbuchs, das dem Leser einen Einblick in das sog. 'innere Leben der Juden' gewähren sollte. Die in Jeschurun publizierten Beiträge von Heinrich Arndt und Jacob Kaufmann wurden neben Berthold Auerbachs Schwarzwälder Dorfgeschichten fur den böhmischen Juden Leopold Kompert zum entscheidenden Anstoß, die eigene Ghettovergangenheit literarisch zu gestalten (vgl. Kapitel IV). So gesehen darf, unbeschadet der Tatsache, daß Auerbach seine beiden Ghettoromane schon in den dreißiger Jahren, und Kompert erst 1845 erste Skizzen aus dem Ghetto veröffentlichte, das Jahr 1840 als Geburtsstunde der Ghettogeschichte betrachtet werden. Während sich Heinrich Heine und Ludwig Börne bald einen, wenn auch nicht unumstrittenen Platz in der literarischen Öffentlichkeit erwarben, konnten die Juden in den böhmischen Ländern erst mit der Generation der um 1810 Geborenen an deutscher Kultur und Bildung partizipieren (vgl. Kapitel II). Der biographische Konflikt ihrer Existenz zwischen der weltanschaulichen Enge, aber auch Geborgenheit des Ghettos und der im Vormärz virulenten politischen Probleme prädestinierte jüdische Hochschulabgänger geradezu für den Beruf des Schriftstellers; dabei brachte die Entscheidung für eine sprachliche und kulturelle Ausrichtung an Deutschland Schwierigkeiten mit sich, die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts durch das wachsende tschechische Nationalbewußtsein verschärft wurden. Je mehr Einblick man in die jüdisch-deutsche Literatur dieser Region gewinnt, desto erstaunlicher erscheint deren Gattungsvielfalt. Sie reicht von der Autobiographie bis zum Roman, umfaßt sowohl lyrische als auch dramatische Werke. Selbst die große Zahl an Ghettogeschichten macht eine Auswahl unumgänglich, will sich eine ihnen gewidmete Darstellung nicht in literaturwissenschaftlichen Anmerkungen erschöpfen. Da nach einhelliger Meinung zeitgenössischer Literaturkritiker das vielbändige Werk Leopold Komperts nicht nur hinsichtlich seines innovativen Charakters über andere Texte desselben literarischen Genres hinausragt, sondern mit der Mannigfaltigkeit seiner Themen und Motiven, die zu Topoi geworden, sogar eine Art 'Schule' der Ghettodichtung begründete, steht es im Zentrum der folgenden Untersuchung. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß es nicht in der Absicht des Autors lag, eine systematische Darstellung der Welt seiner nord-böhmischen Kindheit zu geben. Vielmehr ließ er sich von seiner Vorliebe fur bestimmte Situationen, Familienkonstellationen, Berufe, Orte usw. leiten. So entstanden im Laufe von rund vierzig Jahren an die dreißig Novellen unterschiedlichen Umfangs - ein Kaleidoskop altjüdischen Lebens in böhmischen Dörfern und Kleinstädten. Trotz mancher regionaler Eigentümlichkeiten wurden Komperts Ghettogeschichten auch außerhalb der Habsburgermonarchie von jüdischen Kreisen

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I. Einleitung

begeistert aufgenommen, da in ihnen "der jüdische Charakter und das jüdische Leben so tief gezeichnet" sei65. Schließlich vertritt dieser Novellist jene Gruppe von Autoren, die ausdrücklich im Blick auf das nichtjüdische Publikum schrieben und damit eine Art 'Dankesschuld' für die Teilhabe an der deutschen Kultur ableisten wollten. Die Vorworte seiner Buchausgaben geben Zeugnis von dem literarischen Standort des Autors und sind zugleich Fundstellen einer skizzenhaften Poetologie, die ergänzend neben die deutsche Novellenprogrammatik des 19. Jahrhunderts tritt (vgl. Kapitel IV/V). Kompert zur Seite gestellt wird sein mährischer Landsmann Eduard Kulke (1831 in Nikolsburg - 1897 in Wien). Als Bewunderer des bereits etablierten Glaubensgenossen stellt der Jüngere seiner ersten Veröffentlichung Aus dem jüdischen Volksleben (1869) ein Widmungsgedicht und eine Art briefliche 'Rezension' Komperts voran, die ihrer wohlwollenden Kritik wegen für den bis dato hauptsächlich als Musikreferent hervorgetretenen Journalisten eine Empfehlung darstellen mußte. An die literarische Qualität und den kulturhistorischen Wert von Komperts Texten reichen Kulkes von da an zahlreich erschienenen Erzählungen mit jüdischem Kolorit allerdings nicht immer heran. Zwar fehlte dem Mährer nicht der Blick für den poetischen Stoff, doch in den meisten Fällen die Fähigkeit, eine Fabel straff und psychologisch stringent auszuarbeiten. Gerade die "Besonderheit der mährischen Judengasse"66 vermag er nur selten zu vermitteln (vgl. Kapitel VI). Der ebenfalls aus Mähren gebürtige Historiker und Theologe Gotthard Deutsch (1859 in Kanitz - 1921 in Cincinnati) kannte wie sein im selben Jahr geborener Landsmann und später zum Christentum konvertierter Glaubensgenosse Jakob Julius David (1859 in Mährisch-Weißkirchen - 1906 in Wien), die vormärzlichen Ghettoverhältnisse nurmehr aus der mündlichen Familientradition und gehört daher nicht mehr in den engeren Kreis der hier behandelten Autoren. Während aber Deutsch auch von heutigen Literaturwissenschaftlem selbstverständlich zu den Ghetto-Autoren gezählt wird,67 formulierte man die, durch verhältnismäßig zahlreiche jüdische Figuren dokumentierte thematische Nähe Davids zu diesem Genre bisher nur als These.68 Dies läßt sich vermutlich 65

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Ludwig Philippson: Literarische Nachrichten. Leopold Kompert [Rezension zu Aus dem Ghetto], In: AZJ 12 (1848), No. 36, S. 512-520, hier: S. 512. Ludwig Fränkel: Eduard Kulke. In: Allgemeine deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften, 2., unveränderte Aufl., Neudruck der 1. Aufl. von 1875-1912. Berlin: Duncker & Humblot 1967-1971, Bd 51, S. 436-438, hier: S. 436. Vgl. Glasenapp, Aus der Judengasse (wie Anm. 1), S. 292. Gotthard Deutsch veröffentlichte zwei 'Ghettogeschichten': Andere Zeiten. Eine Erzählung aus dem jüdischen Leben der jüngsten Vergangenheit. Berlin: Katz 1898 und: Unlösbare Fesseln. Eine Erzählung aus dem jüdischen Leben der Gegenwart. Frankfurt a. M.: Kauffmann 1903. Vgl. Ludwig Fränkel: Eduard Kulke, der mährische Ghettopoet. In: AZJ 71 (1907), Nr 6, S. 189-191, hier: S. 191 und Florian Krobb: "Jeder prügelt mich, wer gerade Lust hat." Zur

3. Mutationen eines Genres

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darauf zurückfuhren, daß er aufgrund seiner materialistisch-deterministischen Weltanschauung, die mehr dem Naturalismus als dem Realismus verpflichtet ist und eng mit seiner Biographie zusammenhängt, zu allen anderen in Frage kommenden Autoren einen deutlichen Gegensatz bildet. Seit Anfang unseres Jahrhunderts wird bisweilen auch Josef Sami Tauber (1822-1879), obwohl in Wien geboren und auch dort verstorben, unter den mährischen Ghettoschriftstellern genannt.69 Seine 'verschollenen Ghetto-Märchen' Die letzten Juden, das einzige literarische Werk des radikal aufklärerisch gesinnten Autors, partizipieren aber als Frucht einer Reise nach Prag und Krakau, wenn überhaupt, mehr an der Prager Lokaltradition als an der mährischen. 70 Tatsächlich pflegte die böhmische Landeshauptstadt spätestens seit der Gründung der Sippurim, einer als Fortsetzung konzipierten Sammlung jüdischer Volkssagen, Erzählungen, Mythen, Chroniken, Denkwürdigkeiten und Biographien berühmter Juden (1846ff.) ihre spezifische Geschichte, und Autoren wie Georg Leopold Weisel, Salomon Kohn, Michael Klapp u.a. leisteten einen Beitrag zur romantisch-düsteren Mystifizierung des Prager Judenviertels, die spätestens um die Wende zum 20. Jahrhundert zum festen Bestandteil der literarischen Physiognomie Prags gehören sollte.71 Daher erscheint eine Abgrenzung der Prager Ghettoliteratur, die sich in Stoff und Wirkungskreis erheblich von der restlichen böhmisch-mährischen unterscheidet, von dem sog. Prager Kreis, wie er sich fünfzig Jahre später um Franz Kafka und Max Brod bilden sollte, wenig sinnvoll, zumal sie nur die bisher in der Literaturwissenschaft vorgenommene Grenzziehung festschreiben würde. Die Literatur, die in und über (das jüdische) Prag entstanden ist, muß folglich einer eigenen Untersuchung vorbehalten bleiben. Dasselbe gilt fur Siegfried Kapper, der als

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jüdischen Problematik bei Jakob Julius David. In: Bulletin des Leo-Baeck-Instituts 85 (1990), S. 5-14, sowie: ders., Empfänglichkeit Air's Leid. [Nachwort], In: Jakob Julius David: Verstörte Zeit. Erzählungen. Hg. und mit einem Nachwort von F. Krobb. Göttingen: Wallstein 1990, S. 306-329. Hier findet sich auch .eine ausführliche Bibliographie. Fränkel, Eduard Kulke (wie Anm. 66), S. 437; Gustav Karpeles: Geschichte der jüdischen Literatur. 2 Bde, Berlin: M. Poppelauer 1909, Bd 2, S. 451. Wilhelm Stoffers: Juden und Ghetto in der deutschen Literatur bis zum Ausgang des Weltkrieges. Graz, Nymwegen: Wächter 1939 (Deutsche Quellen und Studien, 12), S. 250-304, hier: S. 295, ebenso: Glasenapp, Aus der Judengasse (wie Anm. 1), S. 115 und 123f. Josef Sami [Samuel] Tauber: Die letzten Juden. Verschollene Ghetto-Märchen. Zwei Theile. Leipzig: F. A. Brockhaus 1853. Von den fünf Erzählungen spielen je eine in Crailsheim/Bayem, Tarnowitz/Galizien und Wien und zwei in Prag. Horch, Auf der Suche nach der jüdischen Erzählliteratur (wie Anm. 42), S. 167 rubriziert den Autor wohl deshalb unter den Dichtem des Prager Ghetto. Zur Entstehung des Buches vgl. Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländem gelebt haben, 43. Theil. Wien: Zamarski 1881, S. 126-128. Neben dem berühmten Sagenkranz um Rabbi Löw und die Erschaffung des Golem gehören hierher auch die Geschichten, die sich um die Altneusynagoge sowie den alten Jüdischen Friedhof ranken.

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I. Einleitung

bilinguer Autor den Prototyp dieses Dreivölkerlandes verkörpert, und die in seiner Nachfolge entstandene tschechische Ghettonovellistik. 72 A b Mitte der siebziger Jahre, als Karl Emil Franzos, ein aus Galizien stammender, radikalaufklärerisch gesinnter Autor, Ghettonovellen zu publizieren begann, war bereits nicht mehr zu übersehen, daß sich die Ausbreitung dieser G a t t o l g eindeutig nach Osten hin verschoben hatte, gab es doch in Polen und Rußland schon zahlreiche Beispiele einer eigenständigen jiddischen Literatur, die sich wieder ausschließlich an jüdische Adressaten wandte. 7 3 Daher wurde das Ende der deutschsprachigen Ghettoliteratur bisher immer mit dem T o d v o n Franzos i m Jahre 1904 angesetzt. Aber auch wenn man nach diesem Datum kaum mehr Texte findet, die formal diesem Genre entsprechen, 7 4 Stoff und Intention waren noch aktuell und blieben es bis 1939 in den Essays und Romanen Joseph Roths. 7 5 D a eine detaillierte Analyse des einschlägigen Textes Juden auf Wanderschaft16

(1927) den Rahmen dieser Studie sprengen würde,

sei an dieser Stelle nur stichpunktartig auf Parallelen mit Leopold Kompert hingewiesen. Beide Autoren besaßen die Doppelbegabung zum Journalisten und Dichter. W o jedoch für den Böhmen in Bezug auf die Thematik noch die Reihenfolge

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Er schrieb in deutscher Sprache u.a. zwei Romane mit autobiographischen Zügen und mehrere Prager Ghettosagen, die teilweise im böhmischen Jahrbuch Libussa (1842ff.) veröffentlicht wurden. Vgl. Oskar Donath: Siegfried Kappers Leben und Wirken. In: Archiv für slavische Philologie 30 (1909), S. 400-447, 555-585 [mit Bibliographie]; ders., Siegfried Kapper als Ghettodichter. In: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums N. F. 20 (1912), S. 513-545; ders., Siegfried Kapper. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Geschichte der Juden in der Cechoslovakischen Republik 6 (1934), S. 323-442. Außerdem: Guido Kisch: Search of Freedom. A History of American Jews from Czechoslovakia. With a Foreword by Jan Masaryk. London: E. Goldston 1949, S. 34-40, und Wilma Iggers: Juden zwischen Tschechen und Deutschen. In: Zeitschrift für Ostforschung 37 (1988), S. 428-442. - Unter den tschechisch schreibenden Juden seien genannt: Vojtéch Rakous, Alois Mrstlk, Otokar Fischer, Jaroslav Vrchlicky.

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Zum sog. 'Dreigestirn' jiddischer Klassiker zählen Mendele Moicher Sforim (1835-1917), Scholem Alejchem (1859-1916) und Isaak Leib Perez (1851-1915). Der seit wenigen Jahren wiederentdeckte ostgalizische Autor Soma Morgenstern (18901976) wurde neben autobiographischen und journalistischen Texten vor allem durch seine Romantrilogie Funken im Abgrund bekannt. Zu anderen galizischen Autoren vgl. Maria Ktanska: Problemfeld Galizien in deutschsprachiger Prosa (1846-1914). Köln, Weimar, Wien: Böhlau 1991 (Stichwort Literaturgeschichte). Wenn ich richtig sehe, hat zum ersten Mal Winfried G. Sebald die Linie der Ghettoliteratur bis zu Roth ausgezogen. Vgl. W. G. Sebald: Westwärts-Ostwärts: Aponen deutschsprachiger Ghettogeschichten. In: ders., Unheimliche Heimat. Essays zur österreichischen Literatur. Salzburg, Wien: Residenz-Verlag 1991, S. 40-64, hier: S. 59-63 (Zuerst in: Literatur & Kritik 233 [1989], S. 161-178). - Zu Claudio Magris' Interpretation des Rothschen Œuvres vgl. Kapitel IV und V. Joseph Roth: Juden auf Wanderschaft. In: ders., Werke 2: Das journalistische Werk 19241928. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Klaus Westermann. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1990, S. 827-892.

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3. Mutationen eines Genres

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galt, zuerst das jüdische Leben und dann Österreich bzw. Wien, 77 da war es bei dem aus Galizien stammenden Roth genau umgekehrt, sein Generalthema hieß Österreich78 und daneben sprach er auch "mit Liebe" 79 von den Ostjuden. Wo heute gern ein einschlägiger Ausspruch Fontanes 80 zitiert wird, wenn man den Unterschied zwischen Essay und Novelle betonen will Joseph Roths Juden auf Wanderschaft sind ein Beispiel dafür, daß sich poetisches und essayistisches Schreiben nicht zwangsläufig ausschließen. Sie geben sich als "Mitteilungen" und enthalten statistische "Angaben"81, die auf eigener Anschauung und Recherche beruhen, sind aber alles andere als eine trockene wissenschaftliche Abhandlung. Roth stellt wohl dar, benennt und klassifiziert, aber er wertet auch, sucht nicht nur die weltanschaulichen Positionen innerhalb des osteuropäischen Judentums verständlich zu machen, sondern ist selbst Partei, bewundert und verurteilt, empfindet Ekel und Mitleid. Dabei schildert er in der Haltung eines Beobachters - sein Interesse gilt im Gegensatz zu Kompert vorrangig der Gruppe - , und seine Darstellung ist auf ihre suggestive Art sogar tendenziöser als die des älteren Autors. Dieser sah sich in der Rolle des Fürsprechers und warb um Sympathie, Roth dagegen tritt als Verteidiger auf und fordert Anerkennung. Die Erzählerinstanz, im 19. Jahrhundert noch 'Pufferzone' zwischen Schöpfer und Werk, ist hier weggefallen. Das "Ich" des Textes ist identisch mit dem Ich des Autors Joseph Roth. Perspektive und Milieu indessen ähneln sich auf vielerlei Weise. Komperts 'Gasse' kehrt in Roths "jüdische[m] Städtchen" wieder (839), im "ostjüdischen Landmenschen" (854) erkennt man unschwer den Verwandten des böhmischen Randar und im jüdischen Bauern Rußlands den Juden, der sich vor 'Verbauerung' zu bewahren weiß. Das Judenamt in Wien heißt jetzt "Polizeibüro" (858), doch die Behandlung der jüdischen Klientel ist deswegen nicht freundlicher geworden. Und es sollte noch schlimmer kommen, auch für die Juden in den ehemaligen böhmischen Ländern. Im KZ Theresienstadt,· einem neuen 'Ghetto' auf böhmischem Boden, wurde der jüdische Traum von der Akkulturation an Deutschland

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Komperts letzter Roman trug den Titel Franzi und Heini. Geschichte zweier Wiener Kinder (1880).

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Vgl. den Nachruf in: Alfred Polgar: Taschenspiegel. Hg. und mit einem Nachwort 'Alfred Polgar im Exil' von Ulrich Weinzierl. Wien: Löcker 1980, S. 70-73, hier: S. 70f. Roth, Juden auf Wanderschaft (wie Anm. 76), S. 827. "Ohne [...] Verklärung gibt es [...] keine eigentliche Kunst, auch dann nicht, wenn der Bildner in seinem bildnerischen Geschick ein wirklicher Künstler ist. Wer so beanlagt [!] ist, muß Essays [...] schreiben, aber nicht Novellen." Vgl. Theodor Fontane: Briefe an seine Familie. Zit. nach: Wolfgang Preisendanz: Voraussetzungen des poetischen Realismus in der deutschen Erzählkunst des 19. Jahrhunderts [1963]. In: Begriffsbestimmung des literarischen Realismus. Hg. von Richard Brinkmann. 3., erw. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1987 (Wege der Forschung, 212), S. 453-479, hier: S. 467 (Hervorheb. im Text). Roth, Juden auf Wanderschaft (wie Anm. 76), S. 892.

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I. Einleitung

z u m Alptraum und die "deutsch-jüdische Symbiose" 8 2 pervertierte zur Ideologie v o m jüdischen 'Parasiten', der 'ausgemerzt' werden müsse. Überlebende der Shoa schrieben so gesehen mit ihren Autobiographien eine Ghettogeschichte der Vernichtung (vgl. Kapitel VII).

4. Stand der literaturwissenschaftlichen und historischen Forschung Heute führen die Ghetto-Autoren und ihre Werke weithin ein Schattendasein in biographischen Lexika und Literaturgeschichten. Dabei wird, w e n n überhaupt, z u m e i s t nur L e o p o l d Kompert namentlich erwähnt. 8 3 Erst seit 1988 ist wieder e i n e geringe Anzahl seiner Texte greifbar. 8 4 Für die Interpretatio n seines Œvres m ü s s e n f o l g l i c h die posthum v o n Stefan H o c k herausgeg e b e n e n Sämtlichen

Werke85

herangezogen werden. Deren T e x t f a s s u n g , die

mitunter erheblich mit jener der Bucherstausgaben divergiert, orientiert sich an der n o c h zu Lebzeiten des Autors veranstalteten G e s a m t a u s g a b e . 8 6 82

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Dieser problematische Begriff hat immer noch Konjunktur. Vgl. neuerdings Jost Hermand: Gedanken zur deutsch-jüdischen Symbiose. In: Archiv für Kulturgeschichte 78 (1996), S. 467-482. Glasenapp, Aus der Judengasse (wie Anm. 1), S. 2f., untersuchte die einschlägige Literatur. In Friedrich Sengles dreibändiger Studie Biedermeierzeit. Deutsche Literatur im Spannungsfeld zwischen Restauration und Revolution 1815-1848 (3 Bde, Stuttgart: Metzler 1971-80) erscheint keiner der Ghettoschriftsteller. Vgl. aber neuerdings Michael A. Meyer: Deutsch werden, jüdisch bleiben. In: Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit. Hg. im Auftrag des Leo Baeck Instituts von M. A. Meyer unter Mitw. von M. Brenner. Bd 2: Emanzipation und Akkulturation 1780-1871. München: Beck 1996, S. 208-249, hier: S. 235-237. Schlemiel; Eisiks Brille; Roßhaar; Der Min. In: Leopold Kompert: Ghettogeschichten. Hg. von Burkhard Bittrich. Berlin: Nicolaische Verlagsbuchhandlung 1988 [2. Aufl., 1990] (Deutsche Bibliothek des Ostens); Judith die Zweite. In: Geschichten aus dem Ghetto (wie Anm. 60), S. 152-174; Ohne Bewilligung. In: Alt-Wiener Geschichten. Gesammelt von Joseph Peter Strelka. Frankfurt a. M.: Insel 1993 (Insel-Taschenbuch, 784), S. 43-90; vgl. neuerdings: Der Dorfgeher; Eisiks Brille; Die Schwärmerin; Die Jahrzeit; Gottes Annehmerin. In: Leopold Kompert: Der Dorfgeher. Geschichten aus dem Ghetto. Hg. und mit einem Nachwort von Florian Krobb. Göttingen: Wallstein 1997. "Schlemiel" wurde wieder abgedruckt in: Jüdische Erzählungen aus Prag. Hg. von Christian Grüny. Prag: Vitalis 1996 (Bibliotheca Bohémica, 9), S. 57-83. Leopold Kompert's sämtliche Werke in zehn Bänden. Mit einer biographischen Einleitung von Stefan Hock. Leipzig: Max Hesse 1906. Im folgenden zitiert als SW mit entsprechender Band und Seitenangabe. Komperts Orthographie und Interpunktion wurden beibehalten. Leopold Kompert's gesammelte Schriften. 8 Bde, Berlin: Louis Gerschel 1882/1883. Vgl. dazu: Gerson Wolf: Leopold Kompert. In: AZJ 46 (1882), Nr 22, S. 365-366, hier: S. 365. Einzig die in SW 10 versammelten Gedichte und Texte hat Hock neu ediert. An frühen Ausgaben in Buchform waren mir zugänglich: Aus dem Ghetto. 2. Aufl., Leipzig: Herbig 1850 [zuerst 1848]; Böhmische Juden. Wien: Jasper, Hügel und Manz 1851; Am Pflug. Eine Geschichte. 2 Bde, Berlin: Franz Duncker 1855; Neue Geschichten aus dem Ghetto. 2 Bde, Prag: Kober & Markgraf 1860; Geschichten einer Gasse. Novellen. 2 Bde, Berlin: Louis Gerschel 1865; Zwischen Ruinen. 2 Bde, Berlin: Louis Gerschel 1875.

4. Stand der literaturwissenschafllichen und historischen Forschung

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Um die Jahrhundertwende, als die Generation, die das Ghetto noch aus eigener Anschauung kannte, bereits das Greisenalter erreicht hatte, wurde eine erste Bestandsaufnahme der Ghettoliteratur notwendig. Neben zahlreichen Rezensionen in der deutschen Allgemeinen Zeitung des Judentums,87 welche die Entstehung und Ausfaltung der Ghettoliteratur von Anfang an begleitet hatte und jetzt eine Periodisierung und Systematisierung unternahm, erschienen auch Monographien 88 zu einzelnen Autoren und Literaturgeschichten,89 die auf dieses Genre eingingen. Eine unter der Ägide des Stifterforschers August Sauer 1907 entstandene Dissertation zu Kompert konnte nachweisen, wie sehr dieser bei seinen ersten literarischen Versuchen noch unter dem Einfluß Heines und anderer jungdeutscher Autoren stand, sich dann aber Auerbach und Josef Rank zuwandte. 90 1931 bot Mina Schifímann eine erste Gesamtschau der deutsch-sprachigen Ghettoliteratur. Zwar ist sie nicht wie ihr Nachfolger Wilhelm Stoffers im Lager des rassischen Antisemitismus beheimatet, ein unreflektierter Rassenbegriff 91 und Wendungen wie "das herabwürdigende, hündische Dasein" der Juden (3) oder die Bezeichnung "judenreines Städtchen" (37) müssen jedoch als Tribut an den Ungeist der Zeit gewertet werden. Bedauerlich ist auch, daß Zitate und inhaltliche Paraphrasen häufig nicht als solche gekennzeichnet sind. Stoffers seinerseits katalogisierte die einschlägige Literatur zwar mit fast enzyklopädischer Akribie, Interpretationsmethode und Wertungen sind aber kaum mehr wissenschaftlich zu nennen. 92 87

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Karl Emil Franzos: Über A[ron] Bernstein. In: AZJ 59 (1895), Nr 1, S. 5-8, Nr 5, S. 56-58, Nr 6, S. 67-68, Nr 8, S. 92-94, Nr 10, S. 116-118, Nr 11, S. 128-130, Nr 12, S. 140-142, Nr 21, S. 247-249, Nr 22, S. 259-261, Nr 23, S. 273-274, Nr 24, S. 285-287, Nr 25, S. 295296, Nr 26, S. 308-309, Nr 28, S. 330-331; Karpeles, Simon Eichelkatz (wie Anm. 35), S. 524-525; Ludwig Geiger: Jüdische Erzählungsliteratur. In: AZJ 71 (1907), Nr 7, S. 78-82; ders., Zangwill und Asch. In: ebd., Nr 41, S. 486-489; Heinrich Groß: Das Ghetto in der Dichtung. In: AZJ 72 (1908), Nr 7, S. 81-83. Wilhelm Goldbaum: Literarische Physiognomien.Wien o. J. [1875] [Darin: Ghettopoeten]. Vgl. auch Treitel, Ghetto und Ghettodichter (wie Anm. 34). Karpeles, Geschichte der jüdischen Literatur (wie Anm. 69), Bd 2, S. 450-432; Josef Winter/August Wünsche: Die Jüdische Literatur seit Abschluß des Kanons. Eine prosaische und poetische Anthologie mit biographischen und literaturgeschichtlichen Einleitungen. Bd III: Geschichte der poetischen, kabbalistischen, historischen und neuzeitlichen Literatur der Juden (Nachdruck der 1. Auflage Trier 1896). Hildesheim: Olms 1965, S. 890-891; Ludwig Geiger: Die deutsche Literatur und die Juden. Berlin: Reimer 1910; Richard M. Meyer: Die deutsche Literatur des Neunzehnten Jahrhunderts. Volksausg., 1.-12. Tsd, Berlin: Bondi 1912, S. 322. Paul Amann: Leopold Komperts literarische Anfänge. Prag: Bellmann 1907 (Prager Deutsche Studien, 5). So trägt Schifímann, Die deutsche Ghettogeschichte (wie Anm. 58), S. 66, einen Anachronismus in die Ghettogeschichte hinein, wenn sie z. B. von dem "Rassenbewußtsein Franzos' [und der] Solidaritätskundgebung des Blutes" spricht. Der Verfasser reißt nicht nur Zitate aus ihrem Zusammenhang - vgl. Stoffers, Juden und Ghetto in der deutschen Literatur (wie Anm. 69), S. 272f. - und verstrickt sich in Widersprüche (vgl. S. 289 vs. 295), sondern bleibt häufig auch bei der bloßen Motivsammlung stehen.

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I. Einleitung

Die aus Böhmen stammende und in die USA emigrierte Historikerin Wilma Iggers schloß als erste an die Vorkriegsforschung an, unterstrich die Authentizität der Kompertschen Novellen und hob bereits deren Bedeutung als historische Dokumente hervor. Außerdem bahnte sie den Weg fur eine moderne Interpretation der Texte.93 Ihr Aufsatz stieß vor allem in der amerikanischen94 und israelischen95 Germanistik auf größeres Echo. 1982 erhielt Kompert erstmals seit über vierzig Jahren wieder in einem Kompendium zur österreichischen Literatur ein eigenes Kapitel. Joseph P. Strelka96 bietet jedoch im Vergleich mit dem Überblick Bernhard Denschers97 nichts Neues, da er in der Hauptsache Stefan Hock referiert und damit sogar hinter den Überlegungen seines Vorgängers Rudolf Latzke98 zurückbleibt, insofern er an einer längst falsifizierten Chronologie innerhalb der Ghettoliteratur festhält.99 Mit Hans Otto Horchs Auswertung der

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Wilma Iggers: Leopold Kompert. Romancier of the Bohemian Ghetto. In: Modem Austrian Literature 6 (1973), No. 3/4, S. 117-138. Vorher wurde Kompert hauptsächlich als Journalist in den Blick genommen. Vgl. Kisch, In Search of Freedom (wiedie leitRoschheschoneh< (Neujahrstag) aus dem >Schoifer< (eine Art Posaune).' [...] 'Von wannen weißt du das, Gawriele, [...]?' 'Weil geschrieben steht:1 entgegnete dieser, 'En malech eched oisse schteh scheliches (ein Engel macht keine zwei Verrichtungen).' [...] 'Jetzt wirst du wissen, Mechol', antwortete Gawriele, wenn du willst dein' Kopf aufmachen, und wenn dich einer wird fragen, warum und aus welchem Grund man nicht thut Schoifer blasen, wenn >Roschheschoneh< auf Schabbes >gefallt< (fällt); denn die Melochim, was von >Heschemborchhu< (der Name, gelobt sei er) sind bestimmt, das Scholet und die Kugel gerathen zu machen, haben an diesem Tag nicht Zeit, aus dem Schoifer herauszugehen." (170, Hervorheb. im Text)

VI. Zwischen Imitation und Eigenart

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3. Der Klesmer 4. Das Schwebele 5. Leb Beheme26 6. Ein gewonnener Prozeß Bernstein widme ich: 1. Pilpel und Bilbel27 2. Rabbi Ephraim Ben Aaron Lunsenitz [?] Erzählungen nichtjüdischen Inhalts [!] 1. Die Töpferscheibe 2. Idiosynkrasie (kein Obst.) [!] Geht man davon aus, daß sich hinter der Nummerierung eine vage Chronologie verbirgt, dann ist die Erzählung "Ein Schnorrerkind"28 noch vor dem Oktober 1865, also der Publikation der ersten Folge des "Schlüssels", entstanden. Dafür spräche sowohl die äußerst triviale Fabel als auch deren Gestaltung, die weit hinter Auerbachs Dorfgeschichten zurückbleibt. Ein gutaussehender französischer Soldat, der auf der Flucht vor den Folgen eines Duells in einem Forsthaus einkehrt und sich in die Försterstochter Anna verliebt, entpuppt sich als 'Prinz' mit Bettelknabenidentität. Einst von räuberischen Kosaken geraubt, aber kurz vor der Heirat von seiner vorbeiziehenden Mutter wiedererkannt, wandert Franz unter seinem ursprünglichen Namen Perez - auf den Rat des "kleinen Chaim" mit ihr und seiner christlichen Braut nach Amerika aus. Eine Mischehe wird in dieser linearen und klischeehaften Erzählung nur im Hinblick auf das gesetzliche Verbot thematisiert und stellt folglich fur das Eheglück keinerlei Hindernis dar. Ganz anders ist es um die literarische Qualität der Erzählung "Eigene Haare" bestellt, die, 1867 zum ersten Mal publiziert29, erst mit der Herausgabe der Erzählenden Schriften wieder greifbar wurde. Sie ist inhaltlich und formal als gelungen zu betrachten; Schiffmann bezeichnet sie sogar als Kulkes "beste Ghettogeschichte"30. Am Hochzeitstag versetzt Rosa Freiburger die Mutter ihres Bräutigams in helle Aufregung: Sie weigert sich, der Tradition zu folgen und ihr Haar abschneiden zu lassen.31 Auch als verheiratete Frau bleibt sie bei 26

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Diese Erzählung wurde u.d.T. "Der unbekannte Gast" in der AZJ 54 (1890), Nr 38-46 als Fortsetzungsgeschichte veröffentlicht. Da ihre formalästhetische Qualität innerhalb von Kulkes Œuvre beachtlich ist, gehe ich davon aus, daß sie der Autor für die Wiederveröffentlichung überarbeitet hat und lasse ihre Interpretation weiter unten folgen. Diesen Titel, der ein Wortspiel enthält zwischen dem 'Pilpul', der traditionellen jüdischen Diskursmethode, und dem 'Bilbul', einem falschen Verdacht bzw. einer Verleumdung, könnte Kulke ursprünglich der u.d.T. "Er hat Fisch gegessen" veröffentlichten Erzählung zugedacht haben. Die Vertreter des Pilpuls wären dort die Verwandten von Aron Strunks Frau, die aus einer berühmten Rabbinerfamilie stammt und denkbar schlecht zu ihrem ungebildeten und gewissenlosen Mann paßt. Der Text ist erst in Aus dem jüdischen Volksleben (wie S. 28, Anm. 106), Bd 2, S. 1-69 greifbar. Eduard Kulke: Eigene Haare. In: Wiener Jahrbuch für Israeliten auf das Jahr 5628 ( 1867/68). Wien 1867, S. 85-166 (falsche Angabe bei Glasenapp, Aus der Judengasse [wie S. 1, Anm. 1], S. 121). Erneut abgedruckt in: ES 2,1-59. Schiffmann, Die deutsche Ghettogeschichte (wie S. 17, Anm. 58), S. 50. Bei einer Frau drückte sich Frömmigkeit bzw. 'Jüdischkeit' beinahe ausschließlich darin aus, daß sie sich dieser Vorschrift unterwarf. Vgl. den Dialog Aaron - Jonathan in Zwischen

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ihrer Überzeugung, "ich dulde nichts Falsches an mir" (ES 2, 30). Lange Jahre sucht der gutmütige, aber schwache Jossef vergeblich zwischen Mutter und Ehefrau zu vermitteln, während sich seine halbwüchsige Schwester Blümele eng an die junge Schwägerin anschließt. Im Zentrum ihrer Freundschaft steht die Verehrung Friedrich Schillers, dessen Porträt Rosa zum Entsetzen ihrer Schwiegermutter über dem Bett aufhängt: Etwas wie ein Heiligenbild muß es sein; es ist so ein Gesicht, wie man es bei ihnen sieht und nicht bei uns, ein Kopf als wie, nu du weißt ja, wie der, den sie fur Gott halten, mit langen Haaren! [...] so was duld' ich nicht in meinem jüdischen Haus. (18) Obwohl dieser 'Frevel' durch die Bilder zweier Rabbiner an der gegenüberliegenden Wand gewissermaßen neutralisiert wird32, und die junge Frau auch in allen anderen Belangen bereit ist, sich den Gebräuchen der rückständigen Ghettogemeinschaft zu unterwerfen, nährt die fromme Kreßel im Laufe der Jahre eine immer tiefer werdende Abneigung gegen die Schwiegertochter und verlangt schließlich von ihrem Sohn, daß er sich nach dem zehnten Hochzeitstag scheiden lasse. Dann war es nämlich juristisch gerechtfertigt, sich von einer unfruchtbaren Frau zu trennen. Erst als auch Blümele bei ihrer Hochzeit das Haaropfer verweigert, gibt die Mutter ihren Widerstand auf und muß gleichzeitig erfahren, wie ihre religiöse Argumentation durch die überraschende Schwangerschaft Rosas desavouiert wird. Zwar stellt der Erzähler keinen unmittelbaren Zusammenhang her zwischen der Lektüre von Schillers Werken und dem Verhalten der beiden jungen Frauen, aber allein die Tatsache, daß die Worte des Dichters in deren Gedankenwelt beinahe den Rang der göttlichen Offenbarung einnehmen,33 ist ein Kennzeichen für die schleichende Säkularisierung und Privatisierung der Religion. Eine solche Entwicklung, die in Rosas Distanziertheit gegenüber der 'Tchinah', dem "Gebetbuch für Frauen in jüdisch deutscher Sprache" ihren Ausdruck findet, wird vom Erzähler nicht nur ausdrücklich gutgeheißen, sondern sogar als ideal betrachtet:

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Ruinen: '"War sie [sc. Bella] fromm?' [...] Was willst du damit sagen?' fuhr Jonathan auf. 'Hat sie ihr eigenes Haar getragen?' ergänzte der Landstreicher, wie zur Erklärung seiner früheren Frage." (SW 6, 220). Dabei handelt es sich um historische Gestalten, den mährischen Landesrabbiner Markus Benedikt (1753-1829), der seit 1800 in Nikolsburg residierte, und seinen Nachfolger Nahum (Nehemias) Trebitsch (amt. 1832-1842). Ersterem setzte Kulke in der Anekdote "Vom Rabbi Markus Benedikt" ein literarisches Denkmal. In: AZJ 58 (1894), Nr 15, S. 177-178, später auch in der Anekdoten- und Skizzensammlung Schnurrige Käuze (ES 3, 134-138). '"Und mir sagt mein Herz' - begann Blümele plötzlich - 'daß noch alles zum Guten ausgehen wird.' - Ό, dann wird es auch! [...] er sagt es uns ja gewiß.' - 'Schiller?', fragte Blümele. 'Gewiß! Schiller sagt es: Was die innere Stimme spricht, / Das täuscht die hoffende Seele nicht.'" (45)

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VI. Zwischen Imitation und Eigenart

Rosa nahm [...] jeden Sabbath ihre 'Tchinah' mit in Schul, und las aus ihr das eine oder andere Gebet; ihre eigentlichen Gebete aber brauchte sie aus keiner Vorschrift, aus keinem gedruckten Buche herauslesen, sie durfte ihren eignen Gedanken und Empfindungen nur freien Lauf lassen, und gewiß, nie stieg ein reineres Gebet zum Himmel empor, als dieses, so sich aus dem unschuldvollsten Herzen des tugendhaftesten Weibes loslöste. (38) Da also der Bruch mit der Tradition nicht auf die "Eigenen Haare" beschränkt bleibt, und Rosas Beispiel "viel Nachahmung" findet (59), läßt er sich wohl kaum "als ein notwendiger evolutionärer Prozeß in einer intakten jüdischen Gemeinschaft" umschreiben34. Vielmehr enthüllt dieser Text seinen Autor als Aufklärer, der gegen die Starrheit der im Ghetto lebenden Juden ebenso polemisiert wie gegen die Ungleichbehandlung der Juden von staatlicher Seite. Kulke, der, wie sein Kommentar zu "Judith die Zweite" und die Überlegungen zu Komperts vorsichtigem Sprachgebrauch zeigte, in seiner Eigenschaft als Rezensent auch Kritik äußerte, ordnete sich als Schriftsteller dem erfolgreicheren Glaubensgenossen vorbehaltslos unter. Mehr noch: In dem seiner ersten BuchVeröffentlichung Aus dem jüdischen Volksleben vorangestellten Gedicht "An Leopold Kompert!" fingierte er sogar ein dichterisches Erweckungserlebnis: "Du hast gelöst die Zunge mir, / Und was sie spricht, vertrau' ich Dir / [...] / Denn ich bin Jünger, Meister Du."35 Dabei gibt der wohlwollende Brief Komperts, den der Mähre seiner überschwenglichen Widmung folgen läßt, durch das ausdrücklich genannte Datum - 24. November 1867 - einen impliziten Hinweis darauf, daß es sich bei den hier dargebotenen Erzählungen um bereits ältere Texte handelt. Es bleibt aber offen, ob die "Manuscripte", die Kompert zum angegebenen Zeitpunkt vorlagen, mit den vier in diesem Buch veröffentlichten Texten identisch sind. Ebensowenig gibt es Anhaltspunkte, die erklärten, warum Kulke unter seinen, wie wir aus der Titelliste wissen, zahlreichen Erzählungen ausgerechnet solche auswählte, auf die nicht nur Komperts Einwände paßten 36 , sondern die auch den Widerspruch so einflußreicher Literaturkritiker wie Gustav Karpeles herausfordern mußten. Da eine Selbsttäuschung über die Qualität seiner Texte wohl auszuschließen ist, dürfte allein die prekäre finanzielle Lage des Literaten dafür verantwortlich gewesen sein, daß er das Risiko eines Verrisses einging. Immerhin hat Komperts indirekte Empfehlung ihre Wirkung nicht verfehlt; denn noch im selben Jahr 'schob' Kulke diesmal mit Unterstützung Ludwig Philippsons, des namhaften Förderers deutsch-jüdischer Literatur, drei weitere Erzählungen 'nach', von denen er zumindest zwei schon fertig in der Schublade liegen hatte. 34 35 36

Glasenapp, Aus der Judengasse (wie S. 1, Anm. 1), S. 121. Kulke, Aus dem jüdischen Volksleben (wie S. 28, Anm. 106), Bd 1, S. VII-IX, hier: S. IX. Vgl. ebd., S. XII: "[...] namentlich die noch nicht ganz erfolgte Bewältigung des Jargons, die oft unnöthige Anwendung desselben [...], wo episches statt dramatisches Behandeln am Platze wäre, so wie zuweilen psychologische Sprünge in der Entwickelung der Charaktere [...]."

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Die Lebensnähe, die Kompert den Figuren bescheinigt37 und die Krauss später für alle Erzählungen in Anspruch nehmen sollte38, kann Kulke nicht immer glaubhaft machen. Bereits hinsichtlich ihrer Situierung in einem 'realistischen' Lebensraum müssen seine Texte gegenüber denjenigen Komperts bzw. Auerbachs, der dieses wesentliche Moment des poetischen Realismus gewissermaßen 'entdeckte', ins Hintertreffen geraten. Als einzige, dann aber stereotyp wiederkehrende Lokalangabe wird Brünn, das Handelszentrum Mährens, angeführt. Ebenso unbestimmt wie der Zeitraum, in dem die Handlung spielt, bleibt die Nennung historisch verbürgter Personen, darunter z.B. der Landesrabbiner Markus Benedikt und der Spaßvogel aus der 'Gasse' in Kostel, Gawriele Stuffer.39 Komperts Mahnung, "in unserem Genre können wir nichts erfinden, wir können nur lauschen, und das Gehörte in unseren Werkstätten zu Harmonien umgestalten. Je einfacher, schlichter, elementarer diese klingen, desto besser"40, benennt als poetologische Aussage, die nur der kundige Leser als Kritik an Kulke zu lesen versteht, den entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Ghettoschriftstellern. Denn gerade die Fiktion der Ursprünglichkeit, das Zurücktreten des Autors hinter seinem Werk vermißt man in Aus dem jüdischen Volksleben. Dabei markieren die beiden im ersten Band abgedruckten Texte - "Alt-Eisik wird tänzerig" und "Der Kunstenmacher" - gewissermaßen die stimmungsmäßigen Eckpunkte von Kulkes Schreiben: das humoristische und das melancholische Moment. Mißlingt dem Autor das eine nach Aussage Karpeles' vollkommen, so läßt sich auch zugunsten des anderen nur anfuhren, daß hier bereits jenes Gefühl der Sinnlosigkeit des Daseins artikuliert wird, wie es in der Literatur des Naturalismus und Fin du siècle bestimmend werden sollte.41 Mentalitätsgeschichtlich betrachtet würde dies zum zweiten Mal im 19. Jahrhundert - nach Heine und Börne - die Generalisierung einer ursprünglichjüdischen Befindlichkeit bedeuten. 37

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Ebd.: "[...] in dem Buche (finden sich) ein Fülle lebenswahrer und lebensabgelauschter Gestalten vor, die an und flir sich die Signatur dichterischen Schaffens an sich tragen." Vgl. ES 5, 145: "[...] ich wußte, daß er nur wahre Geschichten erzählt, das heißt, seine eigenen Erfahrungen und vielfach eigene Erlebnisse mitteilt, [...]." Er spielt in "Alt-Eisik wird tänzerig" und "Die schöne Hausiererin" ein wichtige Rolle und wird auch in "Der Schlüssel", "Samuel Mädchen" und "Der unbekannte Gast" genannt. Außerdem erzählt Kulke eine Anekdote aus dem Leben des Chederjungen "Gawriele Stuffer" (ES 3, 61 f.). Kulke, Aus dem jüdischen Volksleben (wie S. 28, Anm. 106), Bd 1, S. XII. Die erste Erzählung charakterisiert Karpeles, Jüdische Literaturbriefe (wie S. 28, Anm. 107), S. 414, als "possirlich sein sollende Komödie von Irrungen und Mißverständnissen" und faßt die Protagonisten der anderen folgendermaßen zusammen: "Nein wahrhaftig diese faden Lämmerschwänzchen, diese philanthropischen Faselhänse, das sind nicht die nüchternen, praktischen, einzig das reale Leben berücksichtigenden Jünglinge des Ghetto, das sind Gestalten des modernsten Lebens [...]." Wie recht er damit hat, illustrieren u.a. Richard von Schaukai: Schlemihle (1908) und Max Brod, Novellen aus Böhmen (1936).

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Thematisch an Goethes Novelle "Ein Mann von fünfzig Jahren" anschließend 42 , variiert "Alt-Eisik wird tänzerig"43 das Komödienmotiv des senex amans. Der Knoten ist schnell geschürzt: Ein schon lange verwitweter Hausierer wirbt bei der Mutter seiner jungen Nachbarin Reizel um die Hand der Tochter. Diese glaubt, der von ihr geliebte Mairem hätte seinen Vater mit einer Sondierung der Lage beauftragt, und bekundet ihre Bereitschaft. Der Ghetto-Spaßvogel rettet schließlich die verfahrene Situation, indem er öffentlich behauptet, Eisik hätte tatsächlich im Namen seines Sohnes geworben. Damit bewahrt er den alten Freier zwar nicht vor dem Gespött der Leute, wird aber zum Stifter einer glücklichen Ehe. Bei aller Polemik, die seiner Stellungnahme anhaftet, hat Karpeles nicht unrecht, wenn er Kulke der "Impietät gegen die Judengasse" bezichtigt44. In der Tat hat dieser bei der Charakterisierung seiner Figuren kaum ein antijüdisches Stereotyp unberücksichtigt gelassen, angefangen von Eisik, der in seiner körperlichen Häßlichkeit - er trägt einen Buckel - , dem auffalligen Gebaren, "er rieb sich vergnügt die Hände" (35), und der häuslichen Unordnung, "er ist ein Schlampsack" (22), bis ins Detail einer judenfeindlichen Karikatur entspricht.45 Auf der anderen Seite erscheint Reizel, deren Name nie ohne ein Epitheton ornans - schön, lieblich, hold - genannt wird, zum Objekt männlicher Begierde geradezu prädestiniert. Zwischen beiden steht "der gute Mairem" (41, 42, 44, 49), der sich in seiner Unbeholfenheit im "großen Lehrer Moses" präfiguriert sieht (24), und das Eingreifen Gawriele Stuffers als bibelgleiches Wunder betrachtet. Letztlich handelt es sich bei dieser Skizze - fur eine 'Erzählung' fehlt dem Text die Charakterzeichnung - um nicht viel mehr als die anekdotische Ausgestaltung eines jüdischen Sprichwortes.46 Fünfundzwanzig Jahre später sollte Kulke noch einmal auf diese so offensichtlich mißglückte Schreibart zurückgreifen. Trotz kulturhistorisch interessanter Einzelheiten47 bleibt auch Die schöne Hausierernί48 einer klischeehaften Zeichnung jüdischer Figuren verpflichtet, die zu einer Zeit, als das Motiv der 'schönen Jüdin' bereits zum Repertoire europaweit verbreiteter Judenstereotype gehörte, von einer verblüffenden, wenn auch unter jüdischen Schriftstellern nicht seltenen Naivität zeugt 49 Die sechzehnjährige Jentele kann sich vor Verehrern 42

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Die Parallelen liegen im Alter des Protagonisten (17) sowie in der charakteristischen Spiegelszene (30). Kulke, Aus dem jüdischen Volksleben (wie S. 28, Anm. 106), Bd 1, S. 17-50. Karpeles, Jüdische Literaturbriefe (wie S. 28, Anm. 107), S. 413. Besonders deutlich wird dies im Vergleich mit der humoristischen Novelle Komperts "Eisiks Brille". Vgl. Karpeles (wie vorletzte Anm.), S. 414. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß der Autor in der Figur des Moritz ein Porträt seiner eigenen Schul- und Studentenzeit in Nikolsburg und Wien gegeben hat. Kulke, Die schöne Hausiererin (wie S. 28, Anm. 106), Seitenzahlen fortan im Text. Vgl. Krobb, Die schöne Jüdin (wie S. 154, Anm. 199), S. 213-215. Freilich deutet er die Verwendung des Stereotyps ausschließlich unter dem Blickwinkel der Assimilationsproblematik.

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kaum retten. Als die Mutter des reichen Bauern Nedjelka ihr zu verstehen gibt, daß einer Heirat mit ihrem Sohn nur die jüdische Religion im Wege stünde, vereinbart Jentele, durch solch edle Absichten gerührt, eine heimliche Zusammenkunft mit ihrem Freier, um ihm, so schonend wie möglich, die Aussichtslosigkeit seiner Werbung zu eröffnen. Der überraschend auftauchende Rittmeister, der sich selbst aus unzweideutigen Motiven um die "schöne Jüdin" bemüht (62), glaubt sich betrogen und beschimpft Jentele als "Heuchlerin" und "Gassenmensch" (60). In der Sorge um ihren guten Ruf vertraut sich die junge Frau dem Studenten Moritz an, der die Verleumdung gegenüber Jenteles Mutter als Argument einsetzt, um die sittliche Dringlichkeit einer Verheiratung zu steigern. Im Glauben, ihr Kind sei von Nedjelka "verunglückt" worden (98), gibt Jachedl die Zustimmung zur Hochzeit mit dem armen Sohn des Synagogendieners. Vor dem Hintergrund dieser Erzählung, die mit der zeitgenössischen Doppelmoral, derzufolge das "Weib" als "Eva" nur einem "unbewußten Trieb" folgt (50f.), und sexuelle Nötigung durch einen verheirateten Grafen als "Barschheit des Cavallerie-Officiers" abgetan wird (64), völlig konform geht, erscheint Kulkes Kritik an Komperts "Judith die Zweite" in einem anderen Licht. Im Gegensatz zu ihm selbst trug der böhmische Autor nämlich der Delikatesse des Themas Rechnung, indem er das sittliche Skandalon in den größeren Zusammenhang der Verantwortlichkeit der Ghettobewohner füreinander stellte. Blümele 'sühnt' den Egoismus ihres Bräutigams mit dessen ausdrücklichem Einverständnis, während hier eine nicht stattgefundene Vergewaltigung dazu benutzt wird, um Mutter und Bräutigam hinters Licht zu fuhren. Abgesehen von der ungewöhnlich drastischen Verbalisierung eines Tabubereichs, geht der glückliche Ausgang auf Kosten eines der zentralsten Momente jüdischen Selbstverständnisses, dem gegenseitigen Vertrauen der Familienmitglieder. Anspruchsvoller, aber auch deutlich sentimentaler als die erste Geschichte des Bandes Aus dem jüdischen Volksleben geriert sich "Der Kunstenmacher"50. Der Protagonist Ephraim Wollhändler besitzt eine angeborene handwerkliche Begabung, die sich anfangs im Kopieren von Schriften und Bildern, später auch in der schnellen Auffassung des Schneider- und Schusterhandwerks äußert. Froimels erstes Werk, ein Misrach für den Vetter Süßkind, verhilft dem stillen Knaben zu seinem Beinamen und einer gewissen Popularität in der 'Gasse'. Von dem wohlhabenden und geschäftlich erfolgreichen Vater vernachlässigt und der Stiefmutter als "Tückischkopf' beargwöhnt, schließt er sich eng an die arme Halbwaise Hindele an. Jahre später fertigt Ephraim mit ihr zusammen einen Toravorhang, der wegen seiner Pracht und Originalität großes Aufsehen erregt. Als aber die Eltern ihre Zustimmimg zu einer Heirat mit dem geliebten Mädchen verweigern, fallt der junge Mann in Depressionen und gibt sich dem Müßiggang hin. In dieser Situation trifft er auf einen 50

Kulke, Aus dem jüdischen Volksleben (wie S. 28, Anm. 106), Bd 1, S. 51-170.

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Zimmermaler, der ihm rät, die Gemäldesammlung im Wiener Belvedere zu besuchen. Von seiner Todeskrankheit gezeichnet, kehrt der Dilettant heim und stirbt im Bewußtsein, sein Leben und sein Talent sinnlos vergeudet zu haben, und ohne jemals zu erfahren, daß er Hindele endlich heiraten könnte. Als eine Schlemielgestalt besonderer Art kämpft Kulkes Held vergeblich gegen Tradition und gesetzliche Beschränkung. Mit seiner Begabung fallt er nicht nur aus dem Rahmen dessen, was man von einem jüdischen Kind erwartet, sondern stellt darüberhinaus auf ebenso naive wie radikale Weise auch die herkömmliche jüdische Erwerbstätigkeit in Frage: "Einkaufen und verkaufen, und was? die Waare, die man also gar nicht einmal gern hat? Wenn Jemand etwas kauft, so muß er es brauchen, und muß es auch behalten [...]." (116) Anders als Kompert, der bei der Figur des Anschel Gloser von einer gleichsam naturgegebenen 'Schlemieligkeit' ausging, die durch äußere Faktoren zusätzlich verstärkt wurde, verlagert Kulke den Schwerpunkt auf die gesellschaftlichen Umstände. So sinniert Ephraim angesichts der Bilder italienischer und holländischer Meister: Wer weiß, was ich zu Stande gebracht hätte auf der Welt, wenn ich Etwas gelernt hätt' [...] Und dann, wer hätte dort in der Gasse, in diesen beengten und beschränkten Zuständen, Etwas fur mich thun können? (164f.) 5 1

Auch wenn die Sozialkritik durch den beinahe wehleidigen Erzählton erheblich an Schärfe verliert - sie ist ebenso präsent wie in dem vor 1866 entstandenen, thematisch eng verwandten Text "Die Töpferscheibe".52 Im bürgerlichen Milieu zu Anfang der fünfziger Jahre spielend, erzählt er vom Lebenskonflikt des Moses Kohn, der auf Wunsch seines Vaters Jura studiert, obwohl er sich seit seiner Kindheit, die er zum größten Teil in einer Töpferwerkstatt zubrachte, für Naturwissenschaften interessiert. In seiner Not vertraut er sich einem älteren Physikprofessor an, der es unternimmt, dem Vater von der Neigung seines Sohnes Mitteilung zu machen. Noch bevor eine Entscheidung gefallen ist, stirbt Moses an "Überreiztheit" des Gemütes. Beide Erzählungen kreisen um die Frage nach der ureigenen Bestimmung eines jeden, gerieren sich aber als unausgegorenes Produkt eines unter gesetzlicher Diskriminierung leidenden Menschen. So drängt sich die Frage auf, ob Kulke seine Protagonisten nicht nur deshalb sterben ließ, weil ihm selbst die Erfüllung seines Berufswunsches verwehrt blieb.53 51

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Eine ähnliche Ausgangssituation liegt noch vor bei Chaim Potok: Mein Name ist Ascher Lev. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1994 (rororo, 4012) [zuerst 1972], Der Protagonist lebt im New York der ersten Nachkriegsjahre in einem chassidischen Milieu, das die Verhältnisse im Rußland des 19., wenn nicht gar des 18. Jahrhunderts konserviert. Die Entscheidung fllr die Malerei bedeutet für ihn Verlust von Heimat und Familie. Glasenapp, Aus der Judengasse (wie S. 1, Anm. 1), S. 120, konstatiert aus nicht ganz schlüssigen Gründen einen Gegensatz zwischen beiden Texten. Eine vergleichbare 'Übersetzung' der Autobiographie ins literarische Werk läßt sich auch bei Jakob Julius David feststellen (vgl. "Am Wege sterben").

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In der letzten Geschichte seines ersten Novellenbandes, "Die Juden-Christel"54, hat sich der Autor sehr an Kompert orientiert; sie stellt gewissermaßen eine Motivkombination von "Christian und Lea" und "Die Augen der Mutter" dar. Der Dorfgeher Jakob Hirsch und die Häuslerstochter Christine lieben sich. Als aber der reiche Bauer Mathias um die Hand des Mädchens anhält, wird es von seinen Verwandten zu einer Heirat mit dem wegen seines Jähzorns gefurchteten Mann gedrängt. Dieser vernachlässigt bald Haus und Hof und verstrickt sich immer mehr in Spielschulden. Nach und nach wechseln große Teile seines Anwesens den Besitzer, ohne daß Mathias das Kreditgeschäft des Geldleihers Leser Karfimkelstein durchschaut. Christine versucht durch Sparsamkeit den Verlust abzugleichen, erregt aber durch ihre stille Duldung den Zorn und die nie überwundene Eifersucht ihres Mannes. Eines Nachts will sich der Bauer seines vermeintlichen Nebenbuhlers durch Mord entledigen, tötet aber stattdessen den Bruder seiner Frau, der bei Jakob arbeitet. Im Streit bestätigt der inzwischen völlig verarmte Mathias selbst Christines Verdacht. Diese weiht ihren Vater in das schreckliche Geheimnis ein und der Mörder wird hingerichtet. Bis an ihr Lebensende lebt die 'Juden-Christel' in der Familie ihres treuen jüdischen Freundes. Schon die Fabel läßt ahnen, wie einseitig in dieser Erzählung die Licht- und Schattenseiten verteilt sind: Außer Christine und ihrem Lieblingsbruder Paul, beide Opfer der Gewalttätigkeit des Bauern, treten Christen vorrangig als Säufer, Spieler und moralisch verwerfliche Menschen auf; unter den Juden bildet dagegen der profitgierige Geldleiher eine unrühmliche Ausnahme. Erzählerisches Talent ist dem Autor zwar trotz solcher Schwächen nicht abzusprechen - Komperts Empfehlung war also nicht nur eine 'soziale Tat' - , das "jüdische Volksleben" aber, das der Titel verspricht, kommt entschieden zu kurz. Trifft der Autor in "Der Kunstenmacher" noch das "Ghettokolorit"55, so vermitteln die drei anderen Texte den Eindruck, er habe sich des spezifischen Milieus nur bedient, um einer Handlung, die auch in einem christlichen Kontext denkbar ist, ein gewisses exotisches Gepräge zu verleihen und damit den Anschluß an eine literarische Mode zu bekommen. Zudem scheint er den Mangel an Charakterzeichnung durch eine übertriebene oder, um mit Kompert zu sprechen, "unnöthige Anwendung" des Judendeutschen wettmachen zu wollen. Was jedoch seine Erzählungen heute zur Fundgrube fur den Sprachforscher macht,56 mußte von den Zeitgenossen, die Rücksicht auf die Ressentiments in der nichtjüdischen Umwelt nehmen wollten, als störend, wenn nicht gar als rufschädigend empfunden werden. 54 55 56

Kulke, Aus dem jüdischen Volksleben (wie S. 28, Anm. 106), Bd 2, S. 1-99. Schiffmann, Die deutsche Ghettogeschichte (wie S. 17, Anm. 58), S. 50. Bei den in den 70er und 80er Jahren entstandenen Erzählungen hat sich Kulke sichtlich bemüht, der Mahnung des böhmischen Freundes zu entsprechen. Die schöne Hausiererin allerdings kommt mit ihrem Anmeikungs- bzw. Übersetzungsapparat fast an die Novellen Bernsteins heran, ohne jedoch deren ästhetische Qualität zu erreichen.

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Noch im selben Jahr veröffentlichte Kulke drei weitere Geschichten jüdischen Inhalts. Mit "Er hat Fisch gegessen"57 erweitert er das von Kompert angelegte Motivreservoir um die Thematisierung der den Juden auferlegten Verzehrsteuer. Samuel Frei, ein Glasergeselle aus Deutschland, macht sich den Accise-Pächter Aron Strunk zum Feind, als er, der "Hergelaufene" (29), die Tochter des Glasermeisters heiratet, die Aron für sich beanspruchte. Die unterlassene Zahlung der vorgeschriebenen Steuer fur den sabbatlichen Fisch gibt diesem eine willkommene Gelegenheit, sich an Samuel zu rächen. Er denunziert den inzwischen Eingebürgerten, der wiederholt auf die gerechtere Gesetzgebung in seiner Heimat hinwies, beim Oberamt als Volksaufwiegler. Samuel aber ist alles andere als das: Von seinem Schwiegervater beim Wort genommen, hält er ihm entgegen: "[...] man ist dem Gesetz des Landes, dem man angehört, unter allen Umständen Gehorsam schuldig; selbst wenn man deutlich einsieht, daß das Gesetz ungerecht ist." (73) Obwohl sich der junge Glaser in den Anklagepunkten unschuldig weiß, kommt er nach einigen Tagen Haft zu der Überzeugung, "wirklich ein Staatsverbrecher" zu sein, weil er "in seinen Gesinnungen [...] mehrere Staatsgesetze" verurteile (125). Mochten es in Komperts Erzählung "Ohne Bewilligung" noch die Bedenken vor der Zensur sein, die dem Autor die Feder führten, jetzt, mehr als zwanzig Jahre nach deren Aufhebung, ist eine solche Selbstdemütigung eines jüdischen Protagonisten nahezu unverständlich. Der zeitgenössische Leser mußte den Widerspruch zwischen dem Umstand, daß Samuel einerseits so freimütig seine Meinimg äußert und andererseits ausgerechnet dann zum Stillhalten mahnt, wenn er 'Farbe bekennen' sollte, besonders deutlich empfinden. Kompert setzte durch den kaiserlichen Gnadenakt wenigstens in einem Fall die Gesetze außer Kraft, und entwarf damit eine positive, wenn auch an den Monarchen gebundene Utopie; Kulke dagegen löst weder die innere Diskrepanz im Denken seines Protagonisten auf noch lassen die Worte des Justitiars - dem Pendant zu Komperts freundlichen Bürgermeister (Ohne Bewilligung) bzw. zum Kojeteiner Dechanten, der selbst seinem Kaiser noch eine Lektion in Sachen Toleranz erteilt (Die beiden Schwerter) - auf baldige Veränderung der Verhältnisse hoffen, zumal sie im gleichen Atemzug eine der größten Katastrophen in der jüdischen Geschichte evoziert: Wären alle Juden so, wie Sie [sc. Samuel Frei] sind, dann gäbe es längst keine ausschließenden Gesetze mehr, die die Rechte der Juden beschränken; ja noch mehr, wären alle Unterthanen des Staates so wie Sie, dann würde auch dem Staate im Ganzen genommen, ein größeres Maaß von Freiheit, als er heute besitzt, eingeräumt werden können; [...] Machen Sie sich daher nichts daraus, daß vorläufig Ihr Gefühl von manchem Gesetze verletzt wird, die Zeit schreitet sehr langsam vorwärts. Man hat einmal in Spanien jeden Juden verbrannt, der sich nicht taufen ließ [...]. Es wird einmal eine Zeit kommen [...], wo der Jude auch unverzahlte Fische frank und frei wird essen dürfen [...]. (126f.) 57

Kulke, Geschichten (wie S. 28, Anm. 106), S. 1-128.

Die Ghettogeschichten Eduard Kulkes

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Über hundert Jahre nach Lessings Lustspiel Die Juden konnten solche Beteuerungen wohl nicht anders als ironisch gelesen werden.58 Oder glaubte der Autor wirklich daran, daß sich die Lage der Juden auf evolutionärem Wege ändern würde? Weder in seiner Erzählprosa noch in den literaturkritischen Texten gibt es einen Hinweis darauf, daß Ironie zu Kulkes bevorzugten erzählerischen Mitteln gehörte, oder er auch nur beabsichtigte, in dieser Hinsicht z.B. in die Fußstapfen Heines zu treten. Stattdessen vertraten Kompert wie Kulke einen konservativen Liberalismus, der, auf dem jüdisch-christlichen Ethos gründend, vom Modell des Ständestaates ausging, in dem man billigerweise auch den Juden einen gesicherten Platz einräumen sollte; vor allem aber denen, die wie der junge Glaser ihre Loyalität oder besser: ihr Untertanenbewußtsein unter Beweis stellten: "Samuel Frei aber sprach von jener Zeit an nichts mehr über Staatseinrichtungen" (128).59 Die zweite Erzählung, in ihrer Art mit "Trenderl" verwandt, illustriert, wie sich Ruben, der Sohn einer armen Witwe, trotz Mittellosigkeit und geringer geistiger Gaben zu einem der angesehensten Menschen in der 'Gasse' hocharbeitet. Als Kind wegen seiner hausfraulichen Fähigkeiten mit dem Spitznamen "Schmul Mad" - daher der Titel "Samuel Mädchen"60 - verspottet, beginnt er bereits mit neun Jahren eine Lehre bei einem Bäckermeister. Nach einer an Rückschlägen und zerstörten Illusionen nicht armen Gesellenzeit in Brünn und Prag kehrt Ruben in seine Heimat zurück, eröffnet einen Bäckerladen und heiratet die Freundin seiner Kindertage. Das Erbe seines Großvaters, das ihm bisher von einem mißgünstigen Nachbarn vorenthalten wurde, wird ihm am Hochzeitstag ausgehändigt und macht sein Glück vollkommen. Versteht es sich gewissermaßen von selbst, daß dem Autor einer Ghettogeschichte daran gelegen ist, seine jüdischen Protagonisten als, wo nicht moralisch untadelige, so doch um Rechtschaffenheit bemühte Menschen darzustellen und wie nebenbei in Gesprächen und Erzählerkommentaren eine Lanze fur die minderprivilegierten Juden zu brechen, so muß die auffallend starke Kritik Kulkes an Repräsentanten seiner eigenen Gruppe verwundern.61 In nicht wenigen Texten fuhrt er wenigstens einen jüdischen 'Bösewicht' vor, sei es Bärl Lederer, der bereits dem Kind 'Feiwele' die Apostasie prophezeit (Der Schlüssel), den Geld58

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60 61

Bei Lessing jedenfalls sind sie so zu deuten. Vgl. Lessing, Die Juden (wie S. 56, Anm. 5), S. 487f.: "Der Baron·. Ό wie achtungswürdig wären die Juden, wenn sie alle Ihnen glichen!' - Der Reisende: 'Und wie liebenswürdig die Christen, wenn sie alle Ihre Eigenschaften besäßen!'" Glasenapp, Aus der Judengasse (wie S. 1, Anm. 1), S. 117, stellt die Vorliebe ftlr einen "versöhnlichen Schluß" nur bei Kompert fest und konstruiert so einen Gegensatz zwischen den beiden Autoren, der gerade im Blick auf diese Geschichte nicht recht überzeugen kann. Kulke, Geschichten (wie S. 28, Anm. 106), S. 129-252. Steinthal, Leopold Kompert (wie S. 13, Anm. 48), S. 234, begründet Komperts Haltung in dieser Hinsicht mit den Gepflogenheiten im Ghetto: "Von schlechten Menschen [...] wird dort wenig gesprochen."

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VI. Zwischen Imitation und Eigenart

Verleiher Leser Karfunkelstein (Die Juden-Christel) oder Aron Strunk (Er hat Fisch gegessen). Letzterer liegt nicht nur mit seiner Frau in beständigem Streit, sondern schlägt sie sogar und liefert damit ein ebenso anschauliches Beispiel fur das Ungenügen der traditionellen jüdischen Eheanbahnung wie fur die Aufweichung des jüdischen Ethos. In "Samuel Mädchen" verrät sich die personifizierte 'Scheinheiligkeit' schon im Namen. Scholem 'Zizesbeißer' scheut sich nicht, massiv in das Leben seiner Mitbewohner einzugreifen: er hetzt den Lehrer gegen den schwerfälligen Ruben auf und empfiehlt ihm, bei dem seiner Ansicht nach widerspenstigen Knaben äußerste Strenge walten zu lassen; er schmuggelt in den Mantel des jungen Müßiggängers Cheskel 'Sündenverzeiher' einen gestohlenen Silberlöffel, und erreicht so, daß Cheskel anstelle seines eigenen Sohnes zum Militär geschickt wird. Weil der einst geschmähte 'Schmul Mad' tatkräftig an der materiellen Basis fiir eine Familie arbeitet, heckt Scholem den perfiden Plan aus, Ruben mit seiner eigenen, von einem Talmudjünger62 geschändeten Tochter Malke zu verheiraten, damit das großväterliche Erbe, von dessen Existenz der Geizhals allein weiß, in seiner Familie bleibt, kurzum: Scholem 'Zizesbeißer' verkörpert das Böse in der Gestalt des Frommen. Auch wenn es solche Kreaturen überall und zu allen Zeiten gegeben hat, Kulke versäumt es, ihre Handlungsweise psychologisch zu fundieren und gibt sich stattdessen damit zufrieden, daß seine positiven Helden vor diesem dunklen Hintergrund umso heller erscheinen. Das alte Problem einer angemessenen Darstellung jüdischer Figuren im Spannungsfeld zwischen Tsiaturtreue' und Karikatur vermag er nicht zu lösen, ja es ist nicht einmal sicher, ob er sich dessen überhaupt in dem Maße bewußt war wie seine schreibenden Glaubensgenossen Auerbach und Kompert.63 Literarhistorisch betrachtet, steht Kulke mit seiner Neigung, einzelne Figuren negativ zu überzeichnen, zwischen Kompert und Franzos. Dieser sollte mit größerem Geschick und einer alle früheren Ghetto-Autoren übertreffenden Breitenwirkung den Unterschied zwischen traditionell gläubigen - bei ihm durchgehend als finstere, fanatische Charaktere geschildert - und aufgeklärten bzw. einer Aufklärung zugänglichen (Ost-)Juden festschreiben. Bei "Der Zigeuner-Hannes"64 handelt es sich allem Anschein nach um eine aus bereits vorhandenen Textstücken lose zusammengefügte Erzählung. Denn zwei Titel, die in der Werkliste vom Januar 1866 noch als eigenständige Texte genannt waren, tauchen hier als Kapitelüberschriften wieder auf: "Die drei Jünglinge" (Kap. VIII) und "Jenseits" (Kap. IX). Die biblische Assoziation fuhrt 62

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Ruben begegnet ihm auf seiner Wanderschaft in der Gestalt eines "Handwerksbursch"'; dessen prahlerische Anspielung versteht nur der mit dem Judendeutsche vertraute Leser: "[...] das ist ein fein 'Khilele' (Gemeindchen), ich kenn's gut, ich hab' dort eine 'Königin' erobert." (229) Das ist die Bedeutung des Frauennamens Malke. Vgl. die ausführliche Schilderung von Scholems Physiognomie (154f.), die geradezu von einer Lust am Karikieren zeugt. Kulke, Geschichten (wie S. 28, Anm. 106), S. 253-326.

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auf die richtige Spur, ist die Handlung doch wesentlich durch zwei Brände oder vielmehr Brandstiftungen bestimmt. Der ersten fallt das mit großer Mühe erbaute Haus des Dorfgehers Zallel Kralitzer zum Opfer, das den Neid des "Drab" erregt hatte, eines nichtjüdischen Exekutivbeamten des fur die Judengasse zuständigen Syndikus. Nur der tatkräftigen Hilfe des Zigeuner-Hannes ist es zu verdanken, daß Zalléis drei Söhne unversehrt geborgen werden konnten. Zur Erinnerung an die wunderbare Rettung läßt der Vater "ein 'Pidjon' (eine Auslösung der Seelen) machen" (262) und den Knaben die Namen der drei im Buch Daniel (Dan 3, 1-97) geschilderten jugendlichen Helden geben: Chananja, Meschael und Asaijah. Bald jedoch wird die Freundschaft zwischen der Titelfigur, die aufgrund ihrer Wortkargheit ebenso schemenhaft bleibt wie die Volksgruppe, die sie im Namen führt, und dem jüdischen Familienvater auf eine harte Probe gestellt. Hannes, der einst um seinen Bauernhof betrogen wurde und jetzt als Hehler für Diebesgut fungiert, versteckt ein gestohlenes Kästchen im Schrank Zalléis, und dieser muß auf Jahre ins Brünner Gefängnis, den gefürchteten Spielberg. Am Tag seiner Rückkehr, dem Vorabend von Pessach, läßt der Syndikus aus einer Laune heraus die "drei Jünglinge" verhaften, weil sie angeblich durch das "Chomezbatlen" (290), das Verbrennen des Gesäuerten, öffentliches Ärgernis erregt hätten. Auch Zalléis mutige Fürsprache kann nicht verhindern, daß die Knaben fünf Rutenstreiche erhalten. Da schwört Hannes bittere Rache, und noch am selben Abend brennt das Rathaus. Der Verdacht fallt sofort auf Zalléis Söhne, die aber sind ebenso spurlos verschwunden wie ihr geheimnisvoller Freund. Erst nach vielen Jahren erreicht die trauernden Eltern ein Brief von "jenseits des Meeres" (316), der das Rätsel ihres Aufenthaltes löst. Wie schon in "Das Schnorrerkind" und vorher in Komperts "Die beiden Schwerter" haben die Verfolgten in Amerika ihr Glück gemacht und bewirtschaften dort eine Farm. Beiläufig werden auch "Negersklaven, das sind ganz schwarze Menschen" erwähnt (323), doch ohne daß die Sympathie mit den Zigeunern, die bei allem Voyeurismus des Erzählers immerhin durchscheint65, jetzt auf diese, der elementarsten Menschenrechte beraubte Gruppe übertragen würde66. An kulturhistorischen Einzelheiten läßt es Kulke, vor allem im Zusammenhang mit Pessach, nicht fehlen und erreicht damit eine atmosphärische Dichte, die der von Kompert erzeugten kaum nachsteht. Solcher Realismus steht jedoch in eigenartigem Kontrast zu den offensichtlichen Rettungswundern, für die der Autor sogar den in der frühen Neuzeit aufkommenden Brauch, "zum 65

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"[...] und einige junge Zigeunermägdlein, halb nackt, mit lang herabwallenden Flechten, tanzten lustig um ihn herum [...] trotz der schwarzen Hautfarbe durchaus nicht ungeeignet, auch in den Augen eines zivilisirten Europäers,[...] eigenthümlich charakteristisch und interessant gefunden zu werden." (271 f.) Dabei hatte noch der Rabbiner in "Der Schlüssel" die Sklavenhalterei als "größtes Unrecht" (173) gebrandmaikt und Vergleiche mit der jüdischen Knechtschaft in Ägypten angestellt.

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Gedenken an die Errettung aus einer bestimmten Gefahr oder Verfolgung"67 ein 'zweites Purimfest' zu feiern, bemüht. Durch das Abfassen einer "MegillasHannes" (325) äußern die drei Brüder nicht nur ihren Dank gegenüber Gott paradoxerweise fungiert ja ein Nichtjude als rettender Engel - sondern halten dadurch zugleich die Erinnerung an Heimat und Eltern lebendig. Allerdings bleibt die Bedeutung dieses Motivs innerhalb der Erzählung dunkel. Verbirgt sich dahinter etwa ein Aufruf zur Emigration aufgrund der Erkenntnis, daß die jüdische Identität in Europa gefährdet sei? Der Heterogenität des Textes als ganzem entspricht im kleinen die mehr als unglaubwürdige Figurenzeichnung Zalléis. Sein Charakter oszilliert zwischen Naivität und Räsonnement, verfügt ebenso über traditionelle Gläubigkeit wie über eine modern anmutende argumentative Schlagfertigkeit, die sogar den Syndikus beeindruckt. Mit seitenlangen Plädoyers gegen Vorurteile und zugunsten einer Gleichbehandlung von Christen, Juden und Zigeunern fungiert der Dorfgeher als Träger von Ideen, die seinen geistigen Horizont weit übersteigen müssen. Ließ sich bis hierher noch anhand außerliterarischer Daten eine Werkchronologie herstellen, die große Wahrscheinlichkeit beanspruchen kann, so geben auf die Frage, womit sich Kulke in den siebziger Jahren beschäftigte, allein die Buchveröffentlichungen der Dramen einen Hinweis.68 Daß sich eine lange 'Ruhezeit' auf einen Text mitunter positiv auswirkte, zeigt die 1890 erfolgte Publikation der in den Notizen bereits 1866 genannten Erzählung "Leb Beheme", die jetzt den allgemeineren Titel "Der unbekannte Gast"69 erhielt. Gleich Komperts "Wie mein Großvater heirathete" zeugt sie von intimer Kenntnis altjüdischen Lebens und gehört zu den ausgewogensten Geschichten in Kulkes Œuvre. Angelehnt an die biblische Perikope von der Brautwerbung Jakobs schildert sie, wie ein junger Rabbi aus Wilna, der sich aufgrund traumatischer Kindheitserlebnisse zu einer Gottesleugnung hinreißen ließ, auf dem Weg nach Jerusalem in einem mährischen Randarhof einkehrt und beschließt, der Tochter des Hauses unerkannt zu dienen. Da ihn der Randar wegen seiner Einsilbigkeit für ein "Beheme"70, einen Dummkopf, hält, übergibt er ihn seinem jüngsten Sohn für die niedrigsten Arbeiten. Bald muß er jedoch gegen seinen Willen anerkennen, daß sich Leb als geschickter und umsichtiger Mann entpuppt, dem man getrost die Vertrauensstelle des Branntweinbrenners übertragen kann. Als sich die Familie anläßlich einer Hochzeit im nahegelegenen Ghetto aufhält, ereignet sich in der Brennerei ein schwerer Zwischenfall, und nur durch die Beherztheit des jüdischen Knechtes 67 68

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Yerushalmi, Zachor (wie S. 6, Anm. 25), S. 59. Folgende Dramen wurden am Wiener Burgtheater bzw. an deutschen Bühnen aufgefilhrt und schließlich auch publiziert: Don Perez. Tragödie in 5 Acten. Wien 1873; Korah. Tragödie in 5 Acten. Leipzig 1873; Der gefiederte Dieb. Lustspiel in 2 Akten. Wien 1876. In: AZJ 54 (1890), Nr 38-46 (Seitenzahlen im Text). Im selben Jahr trat Gustav Karpeles die Stelle als Chefredakteur an und räumte Kulke in den kommenden Jahren sogar dreimal Raum in seiner Zeitung ein. Hebr. behema bedeutet Rind, Kuh.

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wird größerer Schaden vermieden. Wenig später verrät ein Brief Lebs wahre Identität, und aus dem verkannten Gelehrten wird "der Eidam des Randars und, wenn man will, selber ein Stück von einem Randar" (643). Was Kompert in dem ungleichen Brüderpaar Anschel und Elieh (Am Pflug) als Gegensatz darstellte und auch bei Kulke in der älteren Generation des Randars und seinem Bruder Reb Joichene noch klar geschieden ist, Rabbi Leb vereint jüdische und 'gojische'71 Qualitäten auf ideale Weise und relativiert so in seiner Person die Differenz zwischen Dorf- und "Khilleleben" (497). Zwei Aspekte der Erzählung sind von besonderer kulturgeschichtlicher Bedeutung: Zum einen die ausfuhrlich referierte Genese der Glaubenskrise, die Lebs Wanderschaft und Schweigegelöbnis auslöst, und zum andern die Gestalt des "sagen- und märchenkundigen Schnorrers" (628), der nicht nur mit einer Anekdote aus dem Leben des jüdischen Weisen Abraham ben Meir ibn Esra (1089-1164) aufwarten kann, sondern auch mit dem Märchen "vom Fischer und seinem ehrgeizigen Weibe" (570)72. Damit kommt dem jüdischen Bettler eine ähnliche Vermittlerrolle zwischen regionalen Erzähltraditionen zu wie z.B. wandernden Handwerkern. Beide Binnenerzählungen fungieren als Widerspiegelung bzw. Deutung der Haupthandlung. Das Märchen wird von den Zuhörern auf dem Randaihof als Gleichnis für Lebs Aufstieg vom verachteten Handlanger zum geschätzten Mitarbeiter interpretiert, und die Anekdote nimmt den glücklichen Ausgang bereits vorweg. Das Gespräch der beiden Wilnaer Gelehrten, das der Erzähler vor dem 'Wendepunkt', d.h. dem Auftauchen des Briefes, nachträgt, gewährt einen überzeugenden Einblick in die talmudische Dialogtradition.73 Dabei entzündet sich der theologische Diskurs an einer Wahrnehmung: Eine Fischotter tötet einen eben gefangenen Fisch, beißt aber nur den Kopf ab und läßt den Rest liegen. Während Rabbi Elieh74 die Existenz der parasitären "Wasserkatz" mit dem Argument verteidigt, "daß, wenn [sie] nicht wär, die ganze Schöpfimg gar nicht mehr so sein könnt', wie sie ist, sondern eine ganz andere Gestalt haben müßt'" (618), d.h. jedes Lebewesen seine Daseinsberechtigimg in sich selbst hat, liegt nach Ansicht Lebs der Sinn der Schöpfung ausschließlich in ihrer Bezogenheit auf den Menschen. In Erinnerung an sein "klein Schwesterl" (619), das an einer Krankheit 71

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Vgl. die Bemerkung der christlichen Knechte: "Wenn der ein Jud ist, so ist er das größte Wunder in der Welt! Jeder andere Jud arbeitet mit dem Kopf, der aber kann es mit der Hand trotz Unsereinem!" (535) Philipp Otto Runge hatte es zu Anfang des 19. Jahrhunderts in der plattdeutschen Fassung Vom Fischer un syner Fru aufgezeichnet und so für den deutschen Märchenbestand erhalten. Was hier mit allem Emst referiert wird, parodiert Kulke an anderer Stelle. Vgl. "Samuel Mädchen" (Kulke, Geschichten [wie S. 28, Anm. 106], S. 228f.). Vermutlich verbirgt sich hinter dieser Namenswahl eine Reverenz an den berühmten Wilnaer Gaon Elia ben Salomon (1720-1797) - wenn nicht Kulkes Figur sogar als mit diesem identisch gedacht ist. Als der Schnorrer den Namen dessen nennt, der ihm einen Brief für Rabbi Leb mitgegeben hat, heißt es jedenfalls: "Bei diesem Namen standen Alle von ihren Sitzen auf, um ihre Ehrfurcht auszudrücken." (640)

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starb, und ein Pogrom, bei dem "grausam verthierte Menschen" über die Mutter herfielen und "ihr den Säugling von der Brust [wegrissen]" (620), verzweifelt er an einem göttlichen Plan für die Welt und schließlich an der Existenz Gottes selbst. Folgende Reflexionen scheinen sogar sozial-darwinistisch inspiriert: Der Hunger erzeugt den Betrüger, den Dieb, den Räuber und den Mörder, mit einem Wort, die Gewalt. Die Gewalt! diese ist es, welche herrscht auf dieser Erde anstatt Recht und Gerechtigkeit. [...] der Stärkere reißt den Boden an sich, nimmt Besitz davon und sagt: er ist mein! [...] Der Stärkere unterjocht den Schwächeren und macht sich zu seinem Herrn, und mit Hilfe dieser seiner Untergebenen, die er nach und nach entmenschlicht, gelingt es ihm auch, noch andere sogar schon Starke zu überwinden, die seiner Macht gegenüber aber doch nicht stark genug sind; so macht sich der Starke zum Herrn von ganzen Reichen und Ländern und Niemand kann ihm widerstehen, sein Wille ist dann das einzige Gesetz, nach welchem seine Untergebenen zu handeln haben [...].75 Erst (oder schon?) in "Die Lichtanzünderin"76 nennt der Erzähler einen konkreten Adressaten für seine Mahnung, "das Feuer und das Schwert von sich [zu] werfen und das Panier der Duldung und der allgemeinen Menschenliebe aufzupflanzen", die "römisch-katholische Kirche" (190f.). Konsequenterweise fokussiert die "grosse Bildungsgeschichte"77 des mährischen Ghetto-Autors nicht einen jüdischen Knaben, sondern einen christlichen. Als Sohn der armen "Schabbesgoite" (93), die im Ghetto den Dienst des Lichtanzündens und -auslöschens versieht, wächst die Halbwaise Andreas gleichsam an der Schwelle zwischen Judentum und Christentum heran. Er befreundet sich mit den Kindern des Fabrikbesitzers Mayer Braun und besucht bald neben der öffentlichen Volksschule auch den Privatunterricht des jüdischen Lehrers Salomon Hamburger. Als sich herausstellt, daß er dem gleichaltrigen Salmele an Begabung weit überlegen ist, entschließt sich dessen Vater, dem Wunsch der armen Mutter und des Lehrers zu entsprechen und den Knaben auf eigene Kosten als Begleiter seines Siegmund, wie Salmele von jetzt ab heißt, auf das Nikolsburger Piaristengymnasium zu schicken78. Dort gerät Andreas jedoch unter den Einfluß des älteren Schülers Cyrill, der ihn mit dem Argument, die Juden seien ein "gottverfluchtes Volk" (135), gegen seinen jüdischen Gönner einnimmt. Auf den Rat des neuen Kameraden macht sich der Knabe durch den vorgezogenen Eintritt ins Priesterseminar finanziell von Mayer Braun unabhängig, bricht den Kontakt mit Siegmund und schließlich auch mit seiner Mutter ab, da sie nicht gewillt ist, ihren "unwürdigen Dienst" in der 'Gasse' aufzugeben (142). Mehr als zehn Jahre später kehrt Andreas als Pfarrer in seine Heimatgemeinde zurück. Inzwischen haben die antijüdischen Parolen im Gefolge der 75 76 77

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Vgl. AZJ 54 (1890), Nr 44, S. 619f. (Orthographie im Text). ES 1,93-192. So hatte Amann, Komperts literarische Anfänge (wie S. 25, Anm. 90), S. 98, "Die Kinder des Randars" bezeichnet. Die Lokalität läßt sich aus topographischen Angaben erschließen (ES 1, 119).

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Revolution von 1848 auch die mährische Kleinstadt erreicht, und stellvertretend für die Ghettobewohner bittet Hamburger seinen ehemaligen Schüler, auf die Kirchengemeinde beschwichtigend einzuwirken. Der Pfarrer aber spielt die Gefahr bewußt herunter und eilt erst dann an den Schauplatz der Verwüstung, als die von dem Arbeiter Stephanik aufgehetzte Bürgerschaft das Ghetto bereits gestürmt und die Fabrik in Brand gesetzt hat; hier wird Andreas Zeuge, wie der Rädelsführer seine Mutter als "verkappte Jüdin" (187) niederschlägt, und findet an ihrem Totenbett endlich die Kraft, sich von dem just an diesem Tag eintreffenden Cyrill loszusagen. Die motivlichen Parallelen, die Kulkes Erzählung mit "Die Kinder des Randars" (ansatzweise auch mit Zwischen Ruinen) gemeinsam hat, können nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier das Leben im vormärzlichen Ghetto nicht mehr als Gegenwart erfahren, sondern aus großer räumlicher und zeitlicher Distanz heraus geschildert wird. Denn die Revolution hat mit den von ihr initiierten gesetzlichen Erleichterungen für die Juden jenen Glanz eingebüßt, den sie für Kompert während der fünfziger Jahre und auch für Kulke anfangs noch besaß. Die Dominanz des klerikalen Milieus gegenüber dem jüdischen und die Verlagerung des interreligiösen Konflikts in die Psyche eines christlichen Protagonisten im Verein mit der Ausweitung der Erzählerperspektive auf die politischen Ereignisse in West- und Mitteleuropa79 läßt die jüdische Minderheit Zusehens vom Subjekt zum Objekt der 'Geschichte' werden, diese im doppelten Sinn verstanden als Historie und Erzählung. Ineins damit ist die im Laufe der Handlung fortschreitende Entindividualisierung aller Figuren zu sehen, denen allein der Name noch eine gewisse Unverwechselbarkeit verleiht. Als Agierende verschwinden sie immer mehr in der von ihnen repräsentierten Gruppe: Stephanik, erklärter Feind schon des Knaben Andreas, geriert sich als gewalttätiger Angehöriger des Proletariats, dessen Judenfeindlichkeit ausschließlich auf ökonomischer Grundlage basiert; Cyrill steht für den theologisch und legendär fundierten Antijudaismus der katholischen Kirche, demzufolge der einzelne jüdische Mensch unwiderruflich an den 'Fluch' seiner Herkunftsgemeinschaft gebunden ist. Salomon Hamburger und Mayer Braun verkörpern das aufgeklärt-moderne und das traditionelle, auf materielle Sicherheit gründende Lager innerhalb der Judenheit, deren ursprünglich scharfer Gegensatz erst durch den wachsenden Druck von außen hinfallig wird. Daher hat es deutlich Symbolcharakter, wenn die Hochzeit von Brauns Tochter Prive mit ihrem ehemaligen Lehrer "auf den Trümmern der Zerstörung" stattfindet (192). Das hier grundgelegte dualistische Denkmuster von alter und neuer Zeit nimmt in der Freundschaft zwischen Cyrill und Andreas beinahe metaphysische Gestalt an. Läßt sich der jüngere Priester wenigstens durch den Tod der 79

Der Erzähler erinnert an die zentralen Ereignisse im Frühjahr 1848: Sturz des Königs in Frankreich, Revolution in Wien usw. (177f.).

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Mutter zur Einsicht in die Diskrepanz zwischen christlichem Ethos und kirchlicher Doktrin bewegen, der ältere bleibt völlig ungerührt. Beider Lebensläufe werden konterkariert von jenem als längst vergangen evozierten Ideal josephinischer Toleranz, das Andreas' Vorgänger in persona verkörperte. Ihm hat Kulke in einem plastischen und ungewöhnlich kühnen Traumbild sogar die Rolle des Brautführers für den an der Erfüllung seiner Liebe verzweifelnden jüdischen Lehrer zugedacht.80 Der Antijudaismus, den Kompert als Versagen einzelner Exponenten, Priester und Bischöfe, darstellte, wird jetzt zum Schibboleth der Glaubwürdigkeit und des Fortbestandes der Kirche: Die römisch-katholische Kirche hat durch Luther den ersten Stoß erhalten; den zweiten gab ihr die französische Revolution von 1789. [...] Treiben wir [sc. wir Priester] aber die Welt nicht mutwillig durch unser eignes Verschulden dahin, ihr noch einen dritten Stoß zu versetzen!" (191, Hervorheb. im Text)

In der schlichten und vorurteilslosen Lichtanzünderin besitzt, wie Andreas' Grabinschrift zeigt, die Kirche der Zukunft bereits ein unüberholbares Vorbild:

[...] Dona ei pacem, domine, et lux perpetua Luceat ei. Quae ipsa lucem incensit, Non solum apud Judeos, Sed et in anima mea (192).

So hymnisch dieses Epitaph auch klingt, in der Frage der Mischehe vertrat Kulke eine andere, ungleich pessimistischere Ansicht als sein böhmisches Vorbild. Wo Kompert beteuerte, daß in Dinah-Madlena auch nach der Konversion 'jüdische' Tugenden wie Mutterliebe und Familiensinn lebendig seien (Eine Verlorene), und Dorothea, die christlich erzogene Partnerin des Witwers Jonathan, selbst ohne förmlichen Übertritt eine gute jüdische Hausfrau werden könne (Zwischen Ruinen), da spricht in Kulkes - unter den bislang bekannten81 - einzigen Erzählung, in der eine Konversion aus Liebe stattfindet, bereits der Titel für sich: Heimweh.82 Der jüdische Ochsenhändler Jossef und Marie, die Tochter des Fleischhauers Niederhuber, scheinen schon aufgrund ihrer Namen wie füreinander bestimmt. Einmal entschlossen, auf die geliebte Frau nicht zu verzichten, bleibt Jossef auch für die Bitten und Warnungen seiner Schwester Finkel taub und läßt sich in 80

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"[...] aber o Wunder, der ehrwürdige Greis erschien wieder und an seiner Hand - [...] er sah die Geliebte seines Herzens leibhaft vor sich stehen [...] Noch nicht! - sagte der Greis [•·•]·" (170) Ernst Mach schätzt das Œuvre des Mähren auf 300 (!) Erzählungen. Vgl. Kulke, Kritik der Philosophie des Schönen, S. XI. Zit. nach: Keilson-Lauritz, Eduard Kulke (wie S. 29, Anm. 111),S. 321. ES 2, 63-162 (Seitenzahlen fortan im Text).

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Brünn taufen, ohne daß es seine Mutter, die erst im letzten Moment von diesem folgenreichen Schritt erfahrt, verhindern kann. Eltern und Schwester trauern sehr um den Apostaten, und knapp ein Jahr später beklagen sie einen wirklichen Toten in ihrer Mitte: Reb Wolf überlebte den Verlust des Sohnes nicht. Diesem nimmt die Mitschuld am Tod seines Vaters alle Lebensfreude. Auch seine mitterweile geborene Tochter Nannerl verkörpert, statt Quelle des Trostes zu sein, nur ein weiteres Moment zur Verschärfung seiner Gewissensqual. Bringt man bei deren Schilderung - mit einiger Vorsicht - in Anschlag, daß sich der Verfasser des Textes in einer ähnlich problematischen Vatersituation befand, dann bekommen die Überlegungen des Protagonisten den Charakter einer Apologie: [...] indem er dieses Kind beobachtete, kam es ihm erst zum Bewußtsein, was es heiße, einem solchen Wesen, das in seiner Unbehilflichkeit verkümmern mußte, alle die Sorgfalt zuzuwenden und alle die Liebe, [...] deren doch nur eine Mutter fähig ist. Und da kam ihm der Gedanke, daß er, der heute da stehe als ein Mann in der Welt, als Hausvater in seiner Familie, einmal auch ein solch unbehilfliches Kind gewesen sei, und daß er hätte elendiglich zugrunde gehen müssen, wenn er nicht eben all die Liebe und Sorgfalt auch von seiner Mutter erfahren haben würde [...]. Er fing es an zu begreifen, daß die Liebe der Mutter dem Kinde eine Schuld auflade fiir alle Zeit. (141)

An einem Weihnachtsabend hatten sich Jossef und Marie verlobt, und einige Jahre später am selben Tag löst die Frau das Rätsel der beständigen Traurigkeit ihres Mannes, als sie beobachtet, wie er die Fragen Nannerls nach dem Christkind nur mit einem stereotypen "Frag die Mutter" beantwortet (63). Heimlich verkauft das Ehepaar seine Habe und flieht nach Amsterdam, in jene jahrhundertealte jüdische Kolonie, wo einst die zur Taufe gezwungenen spanischen Marranen wieder zum Glauben ihrer Väter zurückkehrten. Den ersehnten Seelenfrieden aber findet die Familie auch dort nicht. Bereits zum nächsten Purimfest kehren die drei in das heimatliche Ghetto zurück. Nach einer kurzen Interimszeit des Glücks spürt sie Honza, der Knecht Niederhubers, auf und erschießt Jossef am Sederabend. Marie stürzt sich in ihrer Verzweiflung in den Brunnen. Frei von Pathos und jener Wehleidigkeit, die andere Texte des Autors kennzeichnet, begleitet der Erzähler seinen Protagonisten, dessen Konversion er zwar nicht gutheißen kann, die er aber in ihrer subjektiven Notwendigkeit glaubhaft motiviert. Neu an Kulkes Variation des Themas ist besonders der Umstand, daß der Identitätskonflikt nicht allein aus dem Bruch mit der Herkunftsfamilie resultiert, sondern durch die Gründung einer eigenen Familie noch verstärkt wird. Zwar hält die eheliche Liebe dieser doppelten Belastung stand, aber der Augenblick, wo der religiöse Konflikt in den "socialen" hinüberspielt, d.h. die Öffentlichkeit in Gestalt des Knechtes von dem durch das herrschende Gesetz nicht legitimierten Leben einer Christin im Ghetto erfährt, hat für Jossef zwangsläufig den Tod zur Folge, zumal die - laut Kulke -

VI. Zwischen Imitation und Eigenart

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"ideale Lösung" 83 , die Kompert für "Christian und Lea" gefunden hatte, hier nicht möglich ist. Der zwischen serviler Treue und explosiver Aggressivität oszillierende Charakter Honzas, dessen Gefährlichkeit der Erzähler trotz seines gegenläufigen Verhaltens hartnäckig negiert, ist der einzige, der dem Autor offensichtlich Schwierigkeiten bereitet hat. Denn als Hüter der gesellschaftlichen Ordnung hat Honza einerseits eine von Kulke als notwendig betrachtete Funktion - er bringt durch seine Tat gleichsam die Welt wieder ins Lot - , wird aber zugleich mitschuldig am Tod der Frau, die er "geliebt, wie kein andrer auf dieser Welt" (161). In diesem Zusammenhang wäre es aufschlußreich, zu wissen, wie Kulke sich zum Gesetz der "Noth-Civil-Ehe' und zur Konfessionslosigkeit stellte, und welche Chancen er ihr einräumte, vor allem im Hinblick auf die Erziehung der Kinder. Der utopische Schluß der Erzählung läßt vermuten, daß er dem jüdischen Glauben den Vorzug gegeben hätte; denn allein mit der Tatsache, daß die einzige noch lebende Großmutter Jüdin ist, scheint der Verbleib der kleinen Waise Channele (!) im Ghetto nicht ausreichend motiviert. Utopisch ist dieser Ausgang vor allem deshalb, weil sich noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, also in Kulkes Gegenwart, die Macht der katholischen Kirche zeigte. Wie jeder andere Jude in Europa mußte auch der Literat von dem Bologneser Knaben Edgar Mortara (1854-1940) gehört haben, der nach der Taufe durch eine christliche Magd im Alter von sechs Jahren seinen Eltern weggenommen und trotz weltweitem Protestes nicht mehr zurückgegeben wurde. Mit der Familie Finkeis hat der Autor ein harmonisches Gegenbild zu der ihres Bruders entworfen. Dabei darf man wohl annehmen, daß Jossefs Schwester mit ihrem Plädoyer zugunsten des angestammten Glaubens und ihrer Warnung vor Illusionen hinsichtlich der gesellschaftlichen Integration eines Konvertiten von Anfang an als Sprachrohr des Autors fungiert. Folglich ist es kein Zufall, wenn die Geburt ihres Erstgeborenen durch das Gelöbnis des frommen Vaters, eine Torarolle zu stiften, einen besonderen Akzent erhält, und so noch einmal der enge Zusammenhang zwischen Leben und Religion manifest wird. Auf den ersten Blick mag es überraschen, daß die Wiedervereinigung aller Familienmitglieder ausgerechnet an Purim, dem sog. jüdischen Karneval, stattfindet. Zwei Momente sind es jedoch, die das nur vordergründig heitere Szenarium rechtfertigen. Zum einen trägt die Ausgelassenheit an Purim den Stempel eines religiösen Gebotes, denn dem Fest liegt ja die Erzählung von der Befreiung der Juden Persiens von ihrem Erzfeind Haman zugrunde, wie sie in der Megillat Esther geschildert wird. Zum anderen wird die traditionelle Verkleidung der Purimspieler, die mit einstudierten Versen und Stücken von Haus zu Haus gehen, im Kontext der Rückkehr bzw. Einkehr der heimatlosen Familie in die 'Gasse' besonders bedeutsam: Wie Esther auf Anraten ihres Onkels Mordechai vor dem 83

Kulke, Leopold Kompert (wie S. 97, Anm. 165), S. 431.

Die Ghettogeschichten Eduard Kulkes

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Perserkönig solange geheimhielt, daß sie Jüdin sei, bis sie fürbittend vor ihn hintrat, so geben "die drei Masken, welche die Gruppe von Vater, Mutter und Kind bildeten" (157), ihre Identität erst in dem Augenblick preis, als sie von Schwester bzw. Schwägerin erkannt und zum Bleiben aufgefordert werden. Von noch größerer Symbolik ist die Erschießung Jossefs am ersten Sederabend in jenem Augenblick, als er die Türe für den Propheten Elia öffnet. Der rituelle Moment der Wehrlosigkeit, traditionell als Einfallstor des Göttlichen in die Welt gedeutet, wird auf diese Weise geradezu in sein Gegenteil verkehrt, ähnlich der Einladung zum Mahl, mit der Heines Rabbi die Mörder seiner Gemeinde zu Tisch bittet.84 Hier wie dort wird jüdische Glaubenshoffnung pervertiert, denn die Stelle des Messias bzw. seines Vorboten nimmt der Verderber ein. Ob Kulke das Ende seines Protagonisten in Übereinstimmung mit der frommen Mutter des Ermordeten als göttliche "Heimsuchung" (162) oder als Allegorie auf die zu seiner Zeit immer noch vorhandene Judenfeindschaft interpretiert haben wollte, bleibt offen. Der vierte Band der erzählenden Schriften enthält eine eher triviale, linear erzählte Geschichte, die entfernt an Komperts Spielernovellen erinnert. In "Das große Los"85 geht es um David Finkeies mütterliche Erbschaft, die er mit Rebb Joine zu teilen verspricht, wenn ihn dieser vom Militärdienst freikauft. Zu Glück und Wohlstand gekommen, 'vergißt' David jedoch die Abmachung, und wird nach einem unverhofften Zusammentreffen mit seinem Gläubiger von einer Wahnvorstellung befallen, die ihn nicht mehr verläßt. Als der verarmte Joine stirbt, ohne seinen rechtmäßigen Anspruch geltend gemacht zu haben, vererbt er seiner Tochter einen Brief, der nur das Gebot enthält, ihren Vater immer zu lieben. David erfahrt davon und gibt endlich seinen Widerstand auf. Als Geheilter erlebt er die Heirat zwischen Finkele, Joines Tochter, und seinem eigenen Sohn. Die Originalität dieses Textes liegt nicht so sehr in ihrer Fabel als vielmehr im Interesse des Autors für die psychischen Folgen unmoralischen Verhaltens. Während Kompert den betrügerischen Zender in "Gottes Annehmerin" die Rolle als Unschuldslamm über Jahre hinweg ohne sichtbare seelische Belastung spielen läßt, verfolgt den Protagonisten hier, nachdem er zur Rede gestellt wurde, die fixe Idee, er habe nur eine Hand, denn die andere, mit der er damals die Vereinbarung bekräftigt hatte, war für ihn wie nicht vorhanden. Mehrfach beschäftigte sich Kulke in seinen erzählerischen Texten mit neurotischen Verdrängungen und Psychosen (Das Narrenhaus), ohne allerdings in dieser Art von Literatur, in der Conrad Ferdinand Meyer führend werden sollte, über dilettantische Versuche hinauszukommen. Aber auch sonst zeichnet er sich durch den Einsatz moderner Stilmittel Kompert gegenüber aus. So streut er (Wach-)Träume, Spiegelungsszenen oder die Prophezeiung einer Zigeunerin (Heimweh) ein, um den Ausgang der Handlung anzudeuten, vorwegzunehmen 84

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Die parallele Szenerie (160), die hier die Funktion eines Vorspiels besitzt, ist ein Hinweis darauf, daß Kulke Heines Text kannte. ES 4,49-223.

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VI. Zwischen Imitation und Eigenart

(Die Lichtanzünderin, Heimweh) oder ihr eine unerwartete Wendung zu geben (Der Schlüssel). In mancher Hinsicht wird Kulke außerdem konkreter als sein böhmisches Vorbild, indem er z.B. das fiktive 'Gegenüber' deutlicher benennt, wie in seinem Appell an die römisch-katholische Kirche (Die Lichtanzünderin) oder in den Reden der Protagonisten, die sich an Vertreter des Staates wenden (Er hat Fisch gegessen, Der Zigeuner-Hannes). Ferner erweitert er das Motivreservoir Komperts um einige wesentliche Details: die Schilderung der Verhältnisse in einem Cheder - Kompert hatte mit Chaim Franzos lediglich einen Melamed außerhalb seines beruflichen Wirkens auftreten lassen (Judith die Zweite) - , die Erwähnung der Verzehrsteuer, die Erfahrungen eines jüdischen Bäckergesellen und das, wenn auch nur brieflich vermittelte jüdische Leben in Amerika. In einem besonderen Fall kann man sogar von einer Richtigstellung sprechen. Denn bei Kompert unterziehen sich junge jüdische Männer dem Militärdienst immer freiwillig (Corporal Spitz) und sehnen sich mitunter nach ihrer Entlassung sogar nach der dort erfahrenen Kameradschaft (Die Prinzessin) zurück. Ein Blick in die zeitgenössische Wirklichkeit macht allerdings deutlich, daß es sich mit der Rekrutierung eher so verhielt, wie es Kulke in "Samuel Mädchen" und "Das große Los" schilderte. Die Gemeindevorsteher wählten für diese unangenehme und bis in den Ersten Weltkrieg hinein mit judenfeindlichen Schikanen verbundene Aufgabe in der Hauptsache Söhne solcher Familien aus, die nicht in der Lage waren, sich mit Geld loszukaufen. 86 Solche und andere Details sowie der Umstand, daß sich Kulke mit seinen Texten nur vereinzelt an eine dezidiert nichtjüdische Öffentlichkeit gewandt hat, lassen vermuten, daß es ihm vor allem auf die Wirkung nach innen ankam. Auch die prononciert aufklärerische Tendenz, die doch niemals der Preisgabe des Judentums das Wort redete, weist in diese Richtung. Trotz der Neigung des mährischen Ghetto-Autors zur Weitschweifigkeit und der unbestreitbaren Tatsache, daß seine Texte vergleichsweise weniger sorgfältig erarbeitet sind als die Komperts, reichen in formaler Geschlossenheit, Detailgenauigkeit und psychologischer Stringenz immerhin die Erzählungen "Der Schlüssel", "Der unbekannte Gast", "Die Lichtanzünderin" und "Heimweh" an dessen Werk heran und stellen wie dieses einen wichtigen kulturhistorischen Beitrag zur deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts dar. 86

Friedländer, Tiferet Jisrael (wie S. 44, Anm. 22), S. 118, berichtet in diesem Zusammenhang von dem in mährischen Gemeinden häufig anzutreffenden "Verein junger Männer, Chewras Bachurim, dessen wohlthuender Wirkungskreis darin bestand, daß er jenen Jünglingen, welche zum Militär abgestellt wurden, einen festgesetzten namhaften Geldbetrag aus Vereinsmitteln verabfolgte, damit sie bei ihrem nach langjähriger Dienstzeit, die nicht weniger als 14 Jahre dauerte, erhaltenen Abschiede ein Sümmchen zur Betreibung irgend eines Nahrungszweiges aufbewahrt hatten." (Hervorheb. im Text). Daß Kulke diese Einrichtung völlig unerwähnt läßt, erweist nicht zwingend deren Nichtexistenz, sondern läßt vielmehr auf seine sozialkritische Intention schließen.

VII. Ausblick: Theresienstadt - ein Ghetto des Todes auf böhmischem Boden

Leopold Kompert gehörte zur ersten Generation böhmischer Juden, die das Ghetto ihrer Vorfahren verließ und sich, ausgerüstet mit einer Schulbildung, die sie den Nichtjuden zumindest intellektuell gleichstellte, beruflich neue Wege suchte. Gleichwohl mußte auch er noch einige Jahre im Schatten eines sog. Schutzjuden leben, der für ihn bürgte und ihn in seine Familie aufnahm. Mit der Aufhebung des allgemeinen Ghettozwangs als Frucht der Revolution von 1848 schien das Ende des jahrhundertelangen separierten jüdischen Wohnraums gekommen. Infolge der Landflucht wurden die jüdischen Gemeinden in den Dörfern und Kleinstädten Zusehens kleiner, und im selben Maß weitete sich der Verwaltungsbezirk eines einzelnen Rabbiners aus.1 Als schließlich 1867 die gesetzliche Gleichberechtigung in Kraft trat, glaubten sich die Juden Österreichs am Ziel ihrer Wünsche. Doch die Freude währte nicht lange. Die schwelenden Nationalitätenkonflikte, die immer größer werdenden sozialen Spannungen und der zunehmende Prestigeverlust der bürgerlich-liberalen Regierung forcierten die Suche nach einem Ventil, soziologisch gesprochen: nach einem Sündenbock. Die Anzeichen dafür, daß der jüdischen Integrationswilligkeit im rassischen Antisemitismus ein ernsthaftes Hindernis erwuchs, versuchte man auf jüdischer Seite jahrzehntelang zu bagatellisieren und sah darin zwar einen schmerzlichen Rückschlag, aber keinesfalls das Scheitern der Emanzipation als solcher.2 Hinzu kam, daß die Verbindung des einzelnen Juden mit dem 'Judentum', das ihm bisher metaphysischen und geschichtlichen Halt gegeben hatte, immer loser wurde, bis es nur noch in "kleinefn] Andenken aus frühern Zeiten" präsent war3, wie es Franz Kafka im Blick auf seinen Vater feststellt, der 1852 in einer "kleinen ghettoartigen Dorfgemeinde" 1

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Vgl. die Entwicklung in Münchengrätz nach V. Parik: Geschichte der Juden in Münchengrätz / Dejiny Zidu ν Mnichove HradiSti. In: Die Juden und Judengemeinden Mährens in Vergangenheit und Gegenwart. Ein Sammelwerk hg. von H. Gold. Brünn: Jüdischer Buchund Kunstverlag 1929, S. 409-411. Vgl. Reinhard Rürup: Emanzipation und Antisemitismus: Historische Verbindungslinien. In: Antisemitismus. Von der Judenfeindschaft zum Holocaust. Hg. von Herbert A. Strauss und Norbert A. Kampe. Frankfurt a. M., New York: Campus 1985 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, 213), S. 88-98. Franz Kafka: Der 'Brief an den Vater". In: ders., Nachgelassene Schriften und Fragmente II in der Fassung der Handschriften. Hg. von Jost Schillemeit. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1992, S. 143-217, hier: S. 189.

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VII. Ausblick

Südböhmens geboren wurde4. Der Sohn fährt fort: "Darin [lag] noch genug Judentum, aber zum Weiterüberliefertwerden war es gegenüber dem Kind zu wenig, es vertropfte zur Gänze, während Du es weitergabst."5 Zweiundfünfzig Jahre nach Komperts und einundvierzig Jahre nach Kulkes Tod geschah, womit die jüdische Bevölkerung des ehemaligen Habsburger Reiches noch bei Hitlers Einmarsch in Österreich, ja selbst nach dem Münchener Abkommen vom 30. September 1938 nicht gerechnet hatte: An der deutschtschechischen Sprachgrenze, die jetzt zugleich die Grenze zwischen dem vom Hitler-Regime annektierten Sudetenland und dem sog. Protektorat Böhmen und Mähren bildete, wurde im November 1941 ein neues 'Ghetto' für Juden errichtet. Theresienstadt, eine von Kaiser Joseph II. in den Jahren 1780-1790 erbaute Garnisonsstadt erschien den Nationalsozialisten wie geschaffen zur Errichtung eines "vorübergehenden Sammellager[s]"6 - wie es im den wahren Sachverhalt verschleiernden NS-Jargon hieß. Gemeinsamkeiten zwischen einem historischen Judenghetto und der als solchem bezeichneten Großen Festung Theresienstadt bestanden jedoch ausschließlich im Namen und beschränkten sich auf überkommene, aber jetzt bewußt euphemistisch gebrauchte Bezeichnungen wie "Ghettoinsasse" für Gefangener, "jüdische Siedlung" für Zwangslager und "jüdische Selbstverwaltung" für eine Institution, die in totaler Abhängigkeit von der Willkür der SS-Kommandatur operierte.7 Zwar vermag ein Vergleich mit der Beschreibung eines historischen Ghettos, wie sie exemplarisch Sigmund Mayer von seiner Heimatstadt Preßburg gegeben hat8, auf den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit zu evozieren, sie wird jedoch bei näherem Hinsehen falsifiziert. Es sei denn, man begreift die Situation in der überfüllten Kleinstadt9, die von 4 5

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Ebd., S. 188. Ebd., S. 188f. Zur Tschechisierung der böhmischen Juden vgl. Hillel J. Kieval: The Making of Czech Jewry. National Conflict and Jewish Society in Bohemia. 1870-1918. New York: Oxford University Press 1988 (Studies in Jewish History). "Niederschrift über eine Sicherheitspolizei-Besprechung in Prag über die 'Lösung der Judenfrage' im Protektorat, 10.10.1941". In: Die Ermordung der europäischen Juden. Eine umfassende Dokumentation des Holocaust 1941-1945. Hg. von Peter Longerich unter Mitarb. von Dieter Pohl. München, Zürich: Piper 1989 (Serie Piper. Dokumentation, 1060), S. 172-176, hier: S. 174. Vgl. das "Wörterverzeichnis" in Adler, Theresienstadt (wie S. 35, Anm. 145), S. XXIX-LIX, der im deutschen Sprachraum bis heute maßgeblichen Studie. Der Verfasser weist daraufhin, daß die Lagersprache sowohl von den Unterdrückern als auch von den Gefangenen verwendet wurde. Sie findet ihren Niederschlag daher auch in Autobiographien von Überlebenden. - Im folgenden werden solche Begriffe immer unter Anführungsstriche gesetzt. Mayer, Ein jüdischer Kaufmann (wie S. 51, Anm. 47), S. 3: "In dieser Gassenenge, der das Gesetz keine Erweiterung gestattete, waren zu meiner Zeit ungefähr 5000 Menschen zusammengepfercht; in diesem engen Räume mußten sie leben, wohnen, sterben. [...] Ungeachtet der Beweglichkeit im Sprechen und im Mienenspiel lag auf allen Gesichtern eine gewisse Scheu, wie bei Menschen, die Gefahr fürchten, oder einer solchen entgangen waren." Vgl. M. Kryl: Stadtführer und Panoramakarte von Theresienstadt. Mariánske Lásne: M'plan-Míka 1994: "Zum 1.12.1930 lebten hier 7.181 Personen, davon 3.431 Zivilisten."

Theresienstadt - ein Ghetto des Todes auf böhmischem Boden

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Unterdrückung, Folter, Hunger, Seuchen und Massensterben geprägt war, als Potenzierung und Pervertierung dessen, was jahrhundertelang jüdischen Menschen als Lebensraum zugemutet wurde. Eine derartige Überlegung hat vielleicht auch Leo Baeck die Feder gefuhrt. Er schrieb, vom Januar 1943 bis Juli 1945 selbst in Theresienstadt gefangengehalten, rückblickend: Manches was in der schwarzen Zeit verübt wurde, könnte überschrieben sein: Die Bosheit als experimentatum. Ein solches Experiment des Willens zum Bösen war in ganz besonderer Weise das ausschließlich für Juden bestimmte Konzentrationslager Theresienstadt - Terezin -[...]. Mit einem Minimum der Möglichkeit gesund zu bleiben, wurde dort ein Maximum an Erkrankungsmöglichkeit verbunden; der Daseinsraum wurde durch den Sterbensraum ersetzt. Das war das eine. In einem immer mehr verengerten [!] kleinen Bezirk wurden immer mehr Menschen hineingepreßt, so daß einer am anderen sich rieb und stieß: jede Selbstsucht mit ihrer Gier sollte aufwuchern und jede Anständigkeit verkümmern. Das war das Andere. Und das Dritte schließlich war, daß in dieser Enge Juden aus vielen Teilen Europas zusammengedrängt wurden, Menschen also, die seit Generationen heimatlich, kulturell und sprachlich unterschieden waren; jede Eifersüchtelei mit ihrer Überheblichkeit, so schien es, mußte aufbrechen und jedes Gesamtheitsempfinden verkommen. [...].10 Theresienstadt war kein Ghetto im herkömmlichen Sinn, sondern "das Vorzimmer des Todes" 11 oder "der Stall, der zum Schlachthof gehörte"12. Dabei ist dieser Ort und alles, was ihn in den Jahren von 1941-1945 bestimmte - "the most relevant feature always was the railroad line which led from Terezin to Auschwitz" 13 - , zwar auch fur die Geschichte der Juden in Europa von Bedeutung, in besonderem Maße aber Schauplatz des furchtbarsten Abschnittes in der böhmisch-jüdischen Geschichte. Seit der Gründung der Tschechoslowakei 1918 waren Juden jeglicher Couleur, ganz gleich ob sie sich als tschechisch-assimiliert, nationalzionistisch oder zur deutschen Minderheit gehörig betrachteten, loyale Bürger der jungen Demokratie. Die von Generation zu Generation tradierte Verehrung Josephs II. war nahtlos auf den ersten Präsidenten Tomaä Garrigue Masaryk übergegangen, in dem man seit seinem Eintreten für den in der Polnáer Ritualmordaffare unschuldig verurteilten Gesellen Hilsner gewissermaßen einen persönlichen

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Laut Lederer, Terezin (wie S. 35, Anm. 145), S. 109, waren es noch 1940 nicht mehr als 3.700 Zivilisten und 3.500 Soldaten. Leo Baeck: Geleitwort. In: Adler, Theresienstadt (wie S. 35, Anm. 145), S. VII. Goldscheider, Erinnerung an das Theater im Ghetto Theresienstadt (wie S. 35, Anm. 146), S. 291. Ruth Klüger: weiter leben. Eine Jugend. 4. Aufl., München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1995 (dtv, 11950) [zuerst 1992], S. 82. Lederer, Terezin (wie S. 35, Anm. 145), S. 146.

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VII. Ausblick

Schirmherrn sah14. Ausdruck einer kulturellen Zwischenstellung, die von der Mehrzahl der tschechischen Juden wohl als unproblematisch empfunden wurde, war die in der Familie und im Freundeskreis praktizierte Zweisprachigkeit, die es mit sich brachte, daß man seine Kinder meist in die tschechische Grundschule, dann aber auf ein deutsches Gymnasium bzw. Pensionat schickte.15 Nicht selten wurde daneben auch ein spezifisch jüdisches Idiom gepflegt, wie Andeutungen in Ruth Elias' Autobiographie Die Hoffnung erhielt mich am Leben illustrieren. 1922 in Mährisch-Ostrau - der noch 1941 zweitgrößten jüdischen Gemeinde im besetzten Gebiet16 - geboren, erwähnt die Autorin im Bericht über ihre Kindheit, daß nach dem sabbatlichen Gottesdienst "immer eine ganze Menge Freunde und Bekannter [...] 'zum Anbeißen'17 in unser Haus" kamen 18 . Auf die Kenntnis dieser Eigensprache dürfte es zurückzuführen sein, daß sich Ruth Elias mit ihren amerikanisch-jüdischen Befreiern ohne weiteres auf jiddisch verständigen konnte.19 Während die Prager Gestapo schon 1940 in der nahegelegenen Kleinen Festung, die bereits zu Zeiten der Habsburgermonarchie und der Republik als Militärgefängnis gedient hatte, eine Strafanstalt für politische Häftlinge einrichtete, wurde Theresienstadt selbst erst ab November 1941 zum "Arbeitsghetto" für tschechische Juden erklärt. Sie machten bis zum Eintreffen der über 65-jährigen deutschen und österreichischen Juden ab Juli 1942 die Mehrzahl, im Laufe des dreieinhalbjährigen Bestehens des Lagers immer noch beinahe die Hälfte aller Internierten aus, nämlich rund 75.000. Mit dem Geheimbeschluß über die "Endlösung der Judenfrage" vom Januar 1942 wurde die ursprüngliche Bestimmung Theresienstadts ein erstes Mal geändert. Jetzt sollte es als "Altersghetto" dienen, und alle bis dato noch in der Stadt wohnenden tschechischen Zivilisten mußten evakuiert werden. Dadurch fielen auch die internen Straßenabsperrungen weg. Durch "Transporte" von Juden aus Deutschland, Österreich, Holland, der Slowakei und Ungarn stieg die Anzahl der Häftlinge innerhalb von sechs

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Vgl. Elias, Die Hoffnung erhielt mich am Leben (wie S. 35, Anm. 145), S. 143: "Es war der 7. März, der Geburtstag des ehemaligen tschechischen Präsidenten Masaryk, welchen wir alle zutiefst verehrt hatten und welcher ganz offen seine Sympathie für das jüdische Volk gezeigt hatte." Vgl. ebd., S. 33 und 38 sowie Eva Erben: Mich hat man vergessen. Erinnerungen eines jüdischen Mädchens. Weinheim, Basel: Beltz 1996 (Gulliver zwei, 747), S. 1 lf. Vgl. "Niederschrift' (Die Ermordung der europäischen Juden [wie S. 328, Anm. 6], S. 172): "Im ganzen Protektorat leben z.Zt. etwa 88 000 Juden, davon sind in Prag 48 000. Der Schwerpunkt liegt außerdem noch in Brünn und Mährisch-Ostrau mit 10 000." (Hervorheb. im Text) Kompert hatte einst diesen in seinen Geschichten häufigen Ausdruck mit "Frühstück" übersetzt. Elias, Die Hoffnung erhielt mich am Leben (wie S. 35, Anm. 145), S. 28 Ebd., S. 249: "Zuerst traute ich meinen Ohren nicht, so erstaunt war ich, diese familiären Laute zu vernehmen. [...] 'My name is Captain Winter', sagte er, streckte seine Hand aus und fügte hinzu: 'Shalom alejchem, auch ich bin a Jid.'"

Theresienstadt - ein Ghetto des Todes auf böhmischem Boden

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Monaten von 20.000 auf 60.000.20 Dies hatte eine massive Verschlechterung der Lebensbedingungen in der Festungsstadt zur Folge. Und obwohl sich der jüdische "Ältestenrat" darum bemühte, trotz akuten Personalmangels die Gesundheitsfürsorge aufrechtzuerhalten, förderte die Überfüllung der Kasernen, das Fehlen entsprechender sanitärer Anlagen und medizinischer Ausrüstung den Ausbruch von Krankheiten, die im Verein mit der auftretenden Ungezieferplage und den bewußt kleingehaltenen Essensrationen zu einem Massensterben unter den alten Menschen führten: Even during the 'best' period, mortality in Terezín was eight times higher than had been normal for Jews in the Historic Lands before the war. During the worst period it was as much as thirty times higher. 21

Als die SS fürchten mußte, daß diese Situation, der auch viele 'prominente' Juden ausgesetzt waren, dem Ansehen des deutschen Reiches schaden könnte, reagierte sie mit neun "Transporten", in denen 18.000 Häftlinge, für deren Verbleib sich das Ausland nicht interessieren würde, vorgeblich in "ein anderes Ghetto"22, tatsächlich aber in Vernichtungslager gebracht wurden. Um auf eventuelle Besuche ausländischer Delegationen vorbereitet zu sein, erklärte man gegen Ende des Jahres Theresienstadt kurzerhand zum "Musterghetto" und lockerte die Bestimmungen, die die kulturelle Betätigung der Gefangenen regelten. Deren Aktivitäten erfuhren anfangs eine zögerliche, aber im Zuge der "Verschönerung" des Lagers, die im Februar des Jahres 1943 vehement vorangetrieben wurde, eine geradezu groteske Förderung. Unter dem Begriff der "Freizeitgestaltung" institutionalisierte sich in wenigen Monaten ein Kulturbetrieb, der an Vielfalt - und zum Teil sogar hinsichtlich der Qualität der Darbietungen - zu dieser Zeit in dem vom Krieg heimgesuchten Europa kaum seinesgleichen hatte. Von den Häftlingen wurde die Möglichkeit, dem qualvollen Alltag und der ständig präsenten Todesangst wenigstens für Stunden zu entfliehen, mit Begeisterung aufgegriffen. Nicht nur Intellektuelle, Wissenschaftler und professionelle Künstler fühlten sich aufgefordert, einen Beitrag zur Hebung der allgemeinen psychischen Situation zu leisten, auch Laien erfaßte, wie Adler es nennt, die "Theresienstädter Reimkrankheit"23. Das Formen von Gedichten, 20 21 22 23

Lederer, Terezln (wie S. 35, Anm. 145), S. 117. Ebd., S. 115f. Ebd., S. 118. Adler, Theresienstadt (wie S. 35, Anm. 145), S. 618. Er gibt von den zahlreichen Texten, die den Krieg überdauert haben, einige Kostproben, widmet sich aber nur zwei jungen Autoren, Georg Kafka und Hans Kolben, etwas ausfuhrlicher (619-620). Zu den archivierten Manuskripten vgl. auch den Anhang seiner Studie. - Nach der Qualität solcher Produkte zu fragen, erscheint angesichts der Schreibbedingungen widersinnig. Vgl. Klüger, weiter leben (wie S. 329, Anm. 12), S. 32: "In den KZs wurde keine große Lyrik verfaßt. Wäre es anders, so könnte man behaupten, diese Lager wären doch zu etwas gut gewesen, etwa zu einer Läuterung, die große Kunst zur Folge hatte. Sie waren jedoch zu nichts gut"

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VII. Ausblick

das Konzentration und Zeit erforderte, bot eine willkommene und - bis auf die Papierfrage - relativ ungefährliche Gelegenheit, sich durch Erinnerungen an das frühere Leben in Freiheit moralisch aufzurichten oder die grauenvolle Gegenwart zu objektivieren und sich damit wenigstens vor Resignation und psychischem Verfall zu bewahren. Gerty Spies (1897 in Trier - 1998 München), die selbst in Theresienstadt zur Lyrikerin wurde, erzählt, wie sie in "tiefster Verzweiflung" plötzlich auf den rettenden Gedanken verfiel: Versuch es doch mal mit dem Schreiben. Dein Vater, deine Vorfahren, alle haben ein wenig geschrieben - du selbst hast dich schon ab und zu darin versucht. Was kann geschehen? Deine Gedanken werden nicht mehr fort und fort diesen quälenden Leidensweg des Heimwehs zurUcktasten. Sie werden sich konzentrieren müssen - j e d e Minute, jede Sekunde - , so daß du deinen Schmerz vielleicht umbiegen kannst in den Ausdruck deiner Phantasie. Du wirst nicht mehr hören, was um dich her geschieht und geredet wird. Nur dein Körper wird noch hier sein. 24

Was der Fünfundvierzigjährigen zum Überleben half, das bewährte sich auch bei der mit elf Jahren nach Theresienstadt deportierten Ruth Klüger. 1931 in Wien geboren, hatte sie bereits keine 'normale' Kindheit mehr erlebt: Ihr Vater war vor den Nationalsozialisten nach Italien und später Frankreich geflohen, wurde dort aber aufgegriffen und vermutlich in Auschwitz ermordet; ihren älteren Bruder Jiri ereilte in Prag dasselbe Schicksal, er starb schließlich bei der "Liquidation" seines "Transportes" in Riga. Das Mädchen, dessen Rufname eigentlich Susanne - Susi - lautete, reagierte auf die massive Judenfeindlichkeit in seiner Umgebung, indem es eines Tages auf der Anrede mit seinem jüdischen Namen Ruth bestand. Die Isolation von gleichaltrigen Spielkameraden und die zunehmende Einschränkung der Bewegungsfreiheit - Spielplätze und Parkbänke waren 'für Juden verboten' - brachte es mit sich, daß das Kind, von dem die Erwachsenen meinten, es sei noch zu klein, um den Ernst der Lage zu verstehen, mehr und mehr in Büchern Trost suchte. Eine früh ausgeprägte Vorliebe für das Aufsagen von Gedichten, "eine Angewohnheit, die bei mir bis zur Manie gedieh"25, half Ruth Klüger indes in der extremsten Situation, der ein Mensch - und gar ein Kind - ausgesetzt werden konnte: [...] dem Inhalt nach war nicht viel in den Schillerschen Balladen, das mich den Durst bei den endlosen Appellen in Auschwitz hätte vergessen lassen. [Aber] mit denen konnte ich stundenlang in der Sonne stehen und nicht umfallen, weil es immer eine nächste Zeile zum Aufsagen gab, und wenn einem eine Zeile nicht einfiel, so konnte man darüber nachgrübeln, bevor man an die eigene Schwäche dachte. [...] Wer nur erlebt, reim- und gedankenlos, ist in Gefahr den Verstand zu verlieren [...]. 26

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Spies, Drei Jahre Theresienstadt (wie S. 35, Anm. 146), S. 39f. Klüger, weiter leben (wie S. 329, Anm. 12), S. 13. Ebd., S. 124 und 128.

Theresienstadt — ein Ghetto des Todes auf böhmischem Boden

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In den meisten solcher Autobiographien spielt der Aufenthalt in Theresienstadt nur eine untergeordnete Rolle, handelte es sich doch um ein Durchgangslager, in dem nur wenige Gefangene länger als drei Jahre blieben. Wer nicht das 'Glück' hatte, wie Gerty Spies dort das Kriegsende zu erleben, wurde nach dem Osten deportiert - ab dem 26. Oktober 1942 bis zum 28. Oktober 1944 hatten alle Güterzüge mit menschlicher Fracht nur ein Ziel: Auschwitz. Aber trotz oder gerade wegen ihrer Befristung bedeutete die in Theresienstadt verbrachte Zeit fur diejenigen, die als Kinder dorthin verschleppt worden waren, oft eine Phase seelischer Regeneration. Nach Aussage von Überlebenden, d.h. jener 100 (!) von 15.000 Kindern, die das Lager durchliefen, boten das Zusammentreffen mit anderen Kindern und Jugendlichen und die straffe, meist in zionistische Hände gelegte Organisation des Alltags den Vereinsamten einen Schutzraum, wie sie ihn von 'draußen' schon lange nicht mehr kannten. So schildert Cordelia Edvardson (geb. 1929 in München) in ihrem hochartifiziellen Lebensbericht, der hinsichtlich seiner Literarizität und Originalität aus der Vielzahl von autobiographischen Texten herausragt, wie sie, nachdem sie sich stellvertretend fur ihre Mutter Elisabeth Langgässer zum "Opfer"27 bereit erklärt hatte, ungeachtet ihrer Sonderstellung als "Deutsche und Katholikin [...] in den Kreis der anderen" aufgenommen wurde: [...] das Gefühl der Zugehörigkeit, Mitglied einer Gruppe zu sein, war neu, überwältigend und wunderbar. Haiinka öffnete eine Tür, die das Mädchen für endgültig geschlossen gehalten hatte. [...] In Theresienstadt durfte sie dabeisein.28 Auch Ruth Klüger, die nach dem Verlust ihres Bruders zum Einzelkind geworden war, empfand die Atmosphäre, die sie im September 1942 im Theresienstädter Mädchenheim L 414 vorfand, als wohltuend: Ich hab Theresienstadt irgendwie geliebt, und die neunzehn oder zwanzig Monate, die ich dort verbrachte, haben ein soziales Wesen aus mir gemacht, die ich vorher in mich versponnen, abgeschüttet, verklemmt und vielleicht auch unansprechbar geworden war.29 Andererseits erlebte sie hier zum ersten Mal chronischen Hunger - der sie die nächsten zwei Jahre nie mehr verlassen sollte - , durchlitt das Sterben ihrer Großmutter und die gefahrliche Gelbsucht ihrer Mutter und empfand die Überbevölkerung ebenso quälend wie die Tatsache, daß sie "die 'falsche' Muttersprache" hatte 30 . Die ein Jahr jüngere Eva Erben dagegen, 1930 in Decin (Tetschen) geboren, beherrschte selbstverständlich beide Landessprachen. Ab 1936 lebte die Familie in Prag und kam so mit einem der ersten "Transporte" im Dezember 1941 nach 27

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Cordelia Edvardson: Gebranntes Kind sucht das Feuer. 3. Aufl., München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1991 (dtv, 11115) [zuerst 1984], S. 73. Ebd., S. 78 und 79. Klüger, weiter leben (wie S. 329, Anm. 12), S. 103. Ebd., S. 93.

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VII. Ausblick

Theresienstadt. Zu dieser Zeit wurden die Geschlechter noch streng getrennt und die Elfjährige lebte anfangs zusammen mit ihrer Mutter in einer der ehemaligen Kasernen, die man zu Massenunterkünften umfunktioniert hatte. Später zogen sie mit dem Vater in eine Dachmansarde. Im Rückblick resümiert die Autorin, die als einzige ihrer Familie Auschwitz und den Todesmarsch überlebte: "Im Vergleich zu all dem Leiden, das uns später noch erwartete, sollten wir in diesem kleinen Zimmer drei glückliche Jahre verbringen."31 Aus der Perspektive des Kindes und "ohne die ganz schlimmen, wirklich traumatischen Sachen"32 schildert Eva Erben den entbehrungsreichen Ghettoalltag, die tägliche Arbeit der Kinderhäftlinge auf den Gemüsefeldern rund um die Festung und einzelne Glanzpunkte wie die Aufführung der tschechischen Kinderoper Brundibár33. Doch solche frohen Augenblicke hatten einen hohen Preis: Um für ihr gelungenes Täuschungsmanöver so wenig Zeugen wie möglich zu haben, wurden nach dem Besuch des schwedischen Grafen Bemadotte, der am 23. Juni 1944 im Namen des Internationalen Roten Kreuzes nach Theresienstadt kam, fast alle Gefangenen, die am Besuchsprogramm und dem im Sommer desselben Jahres gedrehten Propagandafilm Der Führer schenkt den Juden eine Stadt beteiligt gewesen waren, in den Gaskammern umgebracht. Hundertfünfzigtausend Menschen durchliefen das Konzentrationslager Theresienstadt, und jeder einzelne von ihnen erlebte es anders. Tatsächlich gab es, außer der Rechtlosigkeit des Häftlingsstatus', den denkbar schlechten Lebensbedingungen und der ständig drohenden Todesgefahr nur wenig, was die Deportierten untereinander verbunden hätte. Im Gegensatz zu ihren Vorfahren - und es waren ja noch die Ururgroßeltern gewesen - hatten die Menschen, die hier als "Volljuden" und "Geltungsjuden", d.h. "Halbjuden" oder Getaufte bzw. "Α-Juden" und "BJuden",34 zusammengefaßt wurden, auch keine gemeinsame religiöse Basis mehr. Sie zerfielen in drei Glaubensgemeinschaften, die mosaische, die katholische und die evangelische, eine nicht geringe Anzahl der Gefangenen verstand sich als nicht konfessionell gebunden. Bis heute scheint auch Gerty Spies, Ruth Elias, Cordelia Edvardson, Eva Erben und Ruth Klüger aus München und Mährisch-Ostrau, aus Berlin, Prag und Wien, die im Alter von fünfundvierzig und zweiundzwanzig, vierzehn und elf Jahren, allein, mit einem oder beiden Elternteilen (und Geschwistern) nach Theresienstadt kamen, nicht mehr zu verbinden als die Zeit der Gefangenschaft, die für vier von ihnen in der Deportation nach Auschwitz mündete,35 und die von dieser Schreckenszeit gebliebenen psychischen 31 32

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Erben, Mich hat man vergessen (wie S. 330, Anm. 15), S. 19. Laut einem Interview mit Harald Kiesel u.d.T. "Grauenhafte Kindheit", in: Hits für Kids 6 (1996), S. 36. Vgl. Erben (wie vorletzte Anm.), S. 21: "Im Ghetto hatte dieses Stück großen Erfolg, es wurde über filnfzigmal aufgeführt. Von all meinen Freunden und Freundinnen, die wie ich selbst mitsangen, überlebten nur vier - alle anderen wurden in Auschwitz ermordet." Zum Sprachgebrauch vgl. Adler, Theresienstadt (wie S. 35, Anm. 145), S. XLI. Ruth Elias und Ruth Klüger wurden noch in andere Lager verschleppt.

Theresienstadt - ein Ghetto des Todes auf böhmischem Boden

335

Traumata. Richtet man das Augenmerk jedoch auf die Umstände, welche die Jüngeren unter ihnen das jahrzehntelang bewahrte Schweigen brechen ließen36, so stellt man überraschende Gemeinsamkeiten fest. Vor allem fallt auf, daß es sich bei den Überlebenden der Shoa, deren Lebensberichte in den letzten fünfzehn Jahren veröffentlicht bzw. ins Deutsche übersetzt wurden, in der Mehrzahl um Frauen handelt. Zu einem Teil hängt dies sicher mit dem inzwischen gewachsenen weiblichen Selbstvertrauen und der größeren gesellschaftlichen Akzeptanz einer geschlechtsspezifischen Weltsicht zusammen, hat aber in diesem besonderen Fall seinen Grund auch darin, daß sich Frauen anscheinend durch ihre Kinder und Enkelkinder stärker zur Mitteilung über ihr Leben herausgefordert fühlen. Ein Blick auf die den Texten vorangestellten Widmungen, die in Einzelfällen sogar brieflichen Charakter annehmen37, und die in beinahe jedem Buch erwähnten familiären Kommunikationsprobleme bestätigen dies38. Traumatisierte Zeit in Worte zu fassen, sich von ihr 'loszuschreiben', mag befreiend sein - in erster Linie bedeutet Erinnerung jedoch Wiedererleben, was stets, auch wenn man sich ihm freiwillig unterzieht, um eine "Familienchronik [zu] hinterlassen"39, mit großen Schmerzen verbunden ist. Das empfand Eva Erben, als sie an einem Shoa-Gedenktag im Jahre 1979 von der israelischen Lehrerin ihres Sohnes aufgefordert wurde, der Klasse über ihre Lagererlebnisse zu berichten. Sie meinte zuerst, "daß ich diese Bitte nicht erfüllen könnte - daß es über meine Kräfte gehen würde"40. Ruth Klüger, die wie viele andere die Erfahrung machte, daß das Reden über den Terror der NS-Zeit für Deutsche, aber auch Angehörige solcher Völker, die nicht zu den Opfern gehörten, ja selbst für Juden, die rechtzeitig emigrieren konnten, lästig ist und beinahe mit einem Tabu belegt wird, faßte erst nach einem Verkehrsunfall in Göttingen, bei dem sie lebensgefahrlich verletzt wurde, den Entschluß, ihre Erinnerungen schriftlich niederzulegen. Als Literaturwissenschafilerin gehört sie zu den wenigen Autobiographen, die ihrem Gedächtnis und ihren Erinnerungen mißtrauen und die Sagbarkeit des Unsagbaren beim Schreiben reflektieren. Vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Überlebensstrategie, die darin bestand, mit selbstgemachten "Kindergedichte[n] [...] ein Gegengewicht zum Chaos [zu] stiften", thematisiert sie den Konnex von Leben und Literatur und weist den Anspruch Adornos und der "Experten in Sachen Ethik, 36

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Gerty Spies, die nach dem Krieg in ihre Wahlheimat München zurückgekehrt war, begann dort als Journalistin zu arbeiten und veröffentlichte schon früh in der Süddeutschen Tageszeitung Teile ihrer Lagererinnerungen. Vgl. dazu Nr 245a-245i im Anhang von Adler (wie vorletzte Anm.), S. 817. Vgl. Elias, Die Hoffiiung erhielt mich am Leben (wie S. 35, Anm. 145), S. 7f. Stellvertretend sei hier Klüger, weiter leben (wie S. 329, Anm. 12), S. 141 zitiert: "Wir sind Menschen, die ihre Kinder schlecht erzogen haben, weil wir ihnen entweder zu viel oder zu wenig von uns erzählten." Elias Die Hoffnung erhielt mich am Leben (wie vorletzte Anm.), S. 335. Erben, Mich hat man vergessen (wie S. 330, Anm. 15), S. 7.

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VII. Ausblick

Literatur und Wirklichkeit, die fordern, man möge über, von und nach Auschwitz keine Gedichte schreiben", zurück 41 . Sie ist sich aber auch des Rezeptionsproblems bewußt, das Texten von Überlebenden anhaftet. Können diese doch gegen den Willen des Autors sowohl als Argument dafür mißbraucht werden, daß es wohl nicht so schlimm gewesen sei - denn "wer schreibt, lebt" 42 - , als auch dazu verleiten, die Toten darüber zu vergessen. Aber "die Ermordeten werden nicht weniger dadurch, daß sie nicht durch uns vermehrt wurden" 43 . Erfahrungen sprachlich wiederzugeben heißt zwangsläufig, sie in eine vorgegebene, allen Menschen gemeinsame Denk- und Vorstellungsstruktur einzuordnen. Bei einem so sehr die Grenzen der Vorstellung sprengenden Erleben wie der Shoa ist dies immer verbunden mit einer Abschwächung der Realität; denn "die Niederschrift bedeutet nicht nur Frieden mit der Sprache, sondern auch mit einer bestimmten Erinnerungsvariante"44, selbst dann, wenn die Autobiographin eine so außergewöhnliche Sprachmächtigkeit besitzt wie Cordelia Edvardson. Die Literarisierung ihrer Kindheit, die im Bannkreis von mütterlicher Dichtung, Mythos, Märchen und Grauen stand, vermag eine fesselnde und dichte Atmosphäre zu erzeugen, der sich der Leser nur schwer entziehen kann, aber gerade die Vollkommenheit dieser Prosa macht die Diskrepanz zu der unmenschlichen Situation, die in Auschwitz herrschte, erst evident. Durch die schriftliche Fixierung werden Erlebnisse nicht nur gleichsam in einen anderen Aggregatszustand überfuhrt, sondern erhalten auch eine 'begreifbare' Gestalt. Überlebende der Shoa stehen daher vor einem zweifachen Problem: Sie wollen das Erlebte verdrängen oder aufschreiben, um es zu 'vergessen'45 und damit ein Weiterleben möglich zu machen, und spüren andererseits die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß dieser Teil europäischer, deutscher und jüdischer Vergangenheit dem kollektiven Gedächtnis nicht verloren geht, ja möglichst unverfälscht erhalten bleibt. Wenn der Historiker Yosef Hayim Yerushalmi im Blick auf die jüdische Auseinandersetzung mit dem "Holocaust" konstatiert, "daß sein Bild nicht am Amboß des Historikers, sondern im Schmelztiegel des Romanciers geformt wird"46, so trifft das zweifellos auch auf das Rezeptionsverhalten von Nichtjuden zu. Allerdings könnte der zunehmende zeitliche Abstand zur Shoa und der damit einhergehende 'Verlust' an Augenzeugen zu einer grotesken und

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Klüger, weiter leben (wie S. 329, Anm. 12), S. 126f. Ebd., S. 140. Ebd., S. 141. Mona Körte: Der Krieg der Wörter. Der autobiographische Text als künstliches Gedächtnis. In: Shoah. Formen der Erinnerung. Geschichte, Philosophie, Literatur, Kunst. Hg. von Nicolas Berg, Jess Jochimsen und Bernd Stiegler. München: Fink 1996, S. 201-214, hier: S. 213. Vgl. ebd., S. "Schreiben zielt auf Vergessen-machen [...]." Yosef Hayim Yerushalmi: Das Unbehagen in der modernen Geschichtsschreibung. In: ders., Zachor (wie S. 6, Anm. 25), S. 85-110, hier: S. 104.

Theresienstadt - ein Ghetto des Todes auf böhmischem Boden

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gefahrlichen47 Verwischung führen zwischen dem, was sich faktisch ereignete, und dem, was die Texte vermitteln, d.h. dazu, daß früher oder später ein Tatsachenbericht als Roman gelesen wird.48 Es hieße auch Leopold Kompert mißverstehen, wollte man sein Werk ausschließlich als unterhaltsam-exotischen Beitrag zur Kulturgeschichte der Völker lesen. Dazu waren die zeitgenössischen Probleme, die sich hinter der historischen Einkleidung verbergen, zu dringlich. Wie die jüdischen Autobiographen im 20. Jahrhundert schilderten die Ghetto-Autoren eine Zeit der Unterdrükkung, geistiger und körperlicher Enge, allerdings unter vergleichbar 'humaneren' Bedingungen - wenn nicht im Angesicht von Auschwitz ohnehin alle früheren Formen von Unmenschlichkeit relativiert werden. Auch im böhmischen Ghetto des frühen 19. Jahrhunderts, und vereinzelt sogar später noch, war die persönliche und kollektive Bedrohung allgegenwärtig, aber sie hatte ein bekanntes Gesicht, das des tschechischen oder deutschen Nachbarn. Wer dem Ghetto entwachsen war und schreibend zurückblickte, bewertete seine Erinnerungen und wählte aus, doch diese Selbstzensur war bewußt und geschah rational. Je nach Aussageabsicht schwächte man - wie Kompert - die Härten des voremanzipatorischen Alltags ab oder legte den Akzent auf einzelne Momente, wie z.B. Kulke in "Eigene Haare". Hundert Jahre später ist dies nicht mehr möglich. Den Überlebenden der Shoa kam die Kontinuität ihres Lebens abhanden. Was bleibt, sind Splitter, "Brocken des Erinnerns mit harten, messerscharfen Konturen, die noch heute kaum ohne Verletzung zu berühren sind"49. Kompert hatte sich einst ausdrücklich an das "deutsche Volk" gewandt. Es ist, wenngleich nicht so prononciert, auch für die Autobiographen, die die "große jüdische Katastrophe" erlebten50, ein wichtiger Adressat51. Den Ghettoschriftstellern 47

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Joseph Roth warnte nach dem ersten Weltkrieg: "Es ist wichtig, daß die Augenzeugen des Krieges ihre Erinnerungen veröffentlichen. Aber es ist fast ebenso wichtig, daß diese Publikationen ihre deutliche Bezeichnung 'Memoiren' erhalten. Es geht um den Namen. [...] Die Verwirrung ist gefährlich." Vgl. J. Roth: Schluß mit der "Neuen Sachlichkeit'! In: ders., Werke 3: Das journalistische Werk 1929-1939. Hg. von Klaus Westermann. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1991, S. 153-164, hier: S. 163. Eine Entwicklung, die Ruth Klüger, weiter leben (wie S. 329, Anm. 12), S. 140, ansatzweise bereits in Betracht zieht: "Wie kann ich euch, meine Leser, davon abhalten, [...] diese Seiten so zu lesen, als wären sie etwa Nachtrag und Bestätigung zu Anna Seghers' 'Das siebte Kreuz', ein Roman, der von der Kritik zwar als 'das schönste Buch über das Dritte Reich' bezeichnet worden ist, dessen Schönheit sich jedoch darin ausdrückt, daß die gelungene Flucht des Einzelnen, das Überleben des Einen von Sieben, für den Triumph, den Sieg des Ganzen, des Guten steht?" Tatsächlich findet man die Lebensbeschreibungen von Edvardson und Klüger im dtv-magazin Frühjahr 1998, S. 63 und 67 unter der Rubrik 'Literatur1 - im Unterschied zu den Autobiographischen Aufeeichnungen des Kommandanten von Auschwitz, Rudolf Höß (ebd., S. 78, Rubrik 'Zeitgeschichte'). Ruth Elias' Buch dagegen ist unter Geschichte/Zeitgeschichte eingeordnet. Vgl. Serie Piper, 'Die neuen Bücher', Sommer 1997, S. 74. Binjamin Wilkomirsky: Bruchstücke. Aus einer Kindheit 1939-1948. 3. Aufl., Frankfurt a. M.: Jüdischer Verlag 1996, S. 7. Klüger, weiter leben (wie S. 329, Anm. 12), S. 96.

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VU. Ausblick

lag ebenso fern, eine l'art pour l'art-Literatur zu schaffen, wie den dichtenden Gefangenen in Theresienstadt, nur daß hier als private Lebenshilfe fungierte, was man sechzig Jahre zuvor noch für politische und gesellschaftliche Einflußnahme hielt. Wie viel oder wie wenig52 an autobiographischen Reminiszenzen, Ängsten, Sehnsüchten und Hoffnungen auch in die Ghettoliteratur eingeflossen sein mag - es wird in den wenigsten Fällen überhaupt nachweisbar sein - eines ist sicher: Wie kaum sonst in der Literatur bilden in diesem Genre Autor und Werk einen 'Text', ein Gewebe. Die Tatsache allerdings, daß keine einzige Ghettogeschichte auf dem Scheiterhaufen der Nationalsozialisten in Flammen aufging, offenbart deutlicher als alles andere, daß diese Literatur über die Aktualität des Tages hinaus eine Bedeutung weder für die Politik noch die Mentalität ihrer nichtjüdischen Mitbürger besaß und daher die Vernichtung der europäischen Judenheit nicht aufhalten konnte.

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Ruth Elias veröffentlichte ihr Buch auf die Bitte des Verlegers Reinhard Piper und unternahm mehrere Lesereisen in Deutschland. Als ausdrückliches Gegenüber nennt sie "die kommenden Generationen" (342). Eva Erben signierte im Jüdischen Museum Frankfurt am Main die deutsche Übersetzung ihres Buches. Ruth Klüger widmete ihre auf deutsch geschriebenen Erinnerungen "den Göttinger Freunden" und schrieb "für Deutsche" (142). Glasenapp, Aus der Judengasse (wie S. 1, Anm. 1), S. 290, schränkt die Gemeinsamkeiten stark ein: "[...] aus der Gattung der autobiographischen Literatur können [...] Kategorien hinsichtlich der Identitätsproblematik mit einiger Vorsicht auf autobiographische Ghettogeschichten und deren weiteres Umfeld übertragen werden."

Anhang

Stationen im Leben eines Ghettoschriftstellers: Von Münchengrätz nach Wien1 Anders als noch 18752 fuhrt heute die Eisenbahntrasse Praha-Liberec (Reichenberg) über Mnichovo HradiStë (Münchengrätz). Nur die Autostraße orientiert sich noch an der alten Handelsstraße, die durch Altbunzlau und Brandeis ging. Erst das letzte Stück ab Miada Boleslav (Jungbunzlau) ist beiden Strecken gemeinsam, und die weite Ebene, aus der sich die kleine, auf einer Anhöhe erbaute Stadt erhebt, vermittelt dem modernen Reisenden wohl denselben Eindruck, wie ihn Hindel Spitz hatte, als sie auf der Suche nach ihrem, der Spielleidenschaft verfallenen Sohn Bärele nach Prag fuhr (Franzefuß). Mnichovo Hradiáté liegt inmitten einer sanften, agrarisch geprägten Hügellandschaft, die tschechische Dichter im 19. Jahrhundert als 'böhmisches Paradies' besangen. Bei der Ankunft auf dem kleinen, in den Vormittagsstunden fast gänzlich verlassenen Bahnhof fallt einem Besucher, der westeuropäische Verkehrsverhältnisse und von Autos gesäumte Straßen gewöhnt ist, besonders die morgendliche Stille auf, die über dem leeren Platz und dem gegenüberliegenden Park liegt. An dessen Front grüßt einladend das mannshohe Wappen des Städtchens, zwei gekreuzte Krummstäbe, von einer Mitra gekrönt. Es verweist auf die mittelalterliche Gründung des Ortes durch das jenseits der Jizera (Iser) gelegene, seit 1852 als Brauerei genützte Zisterzienserkloster Klááter HradiStë. Seine wechselvolle Geschichte spiegelt die böhmische Historie im kleinen wieder: 1150 auf einer altslawischen Burgstätte gegründet, entstand hier in den Jahren 1240-1280 eine Klosteranlage im frühgotisch-burgundischen Stil. Die Abteikirche, der Muttergottes geweiht, repräsentierte das erste gotische Hallenlanghaus in Böhmen. Knapp 150 Jahre später fiel das Kloster 1

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Erst nach Beendigung dieser Studie erschien Leopold Kompert: Der Dorfgeher. Geschichten aus dem Ghetto (Hg. und mit einem Nachwort von Florian Krobb. Göttingen: Wallstein 1997). Der Textauswahl ist zwar auch eine Kurzbiographie des Ghettodichters beigegeben, doch da Krobb sich darauf beschränkt, Aussagen früherer Biographen zu referieren, erscheint es gerechtfertigt, folgende Darstellung ungekürzt zu veröffentlichen. Vgl. die Exposition von Zwischen Ruinen·. "Hoch oben im nördlichen Böhmen liegt ein tschechisches Städtchen so still und weltabgelegen, daß selbst das Dampfroß der Eisenbahn, die es im weiten Bogen umkreist, nur aus der Feme, wie in traumhafter Erinnerung an die Menschen, die dort leben und sterben, seine schrillen Grüße hinübersendet." (SW 6,3)

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Anhang

den Hussitenkriegen zum Opfer, und heute zeugt nur noch das erhaltene Hauptportal der Kirche von der großen Vergangenheit.3 Das Dorf Münchengrätz, als Leibeigenensiedlung des Klosters gegründet, fiel 1420 an die königliche Kammer und wurde in den folgenden zwei Jahrhunderten wechselnden Besitzern pfandweise überlassen. Der dreißigjährige Krieg brachte fur den Ort einschneidende Veränderungen. Václav Budovec von Budov, seit 1612 Herr über Münchengrätz, ließ die längst baufällige gotische Veste über der bäuerlichen Siedlung in ein prachtvolles Renaissanceschloß umbauen. Er konnte es aber kaum genießen, denn schon 1621 wurde er wegen seiner Beteiligung am Aufstand tschechischer Adeliger gegen Habsburg auf dem Altstädter Ring in Prag hingerichtet. Ein Jahr später erwarb den konfiszierten Besitz und mit ihm das neugebaute Schloß Albrecht von Waldstein, der spätere Herzog von Friedland. Er fand auch ab 1785 in der Jahrzehnte nach seiner Ermordung auf dem Schloßareal errichteten St. Annakapelle seine letzte Ruhestätte. Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges gehörten Münchengrätz und die Herrschaften in der Umgebung wie Weißwasser und Hühnerwasser, Dux, Hirschberg und Neuperstein dem Geschlecht der Grafen von WaldsteinWartenberg. Heute stellt das dreiflügelige Schloß, das um 1700 von dem italienischen Architekten Marc Antonio Canevale umgestaltet wurde, mit seinem wertvollen Interieur - darunter das sog. goldene Kabinett und eine große Sammlung Delfter Porzellans - eine der Hauptsehenswürdigkeiten der an Denkmälern überraschend reichen Kleinstadt dar. Für den Bibliophilen birgt sie sogar eine besondere Kostbarkeit: die Hinterlassenschaft Giacomo Casanovas, der sein Leben als Bibliothekar auf Schloß Dux beschloß. Der Ortskern von Münchengrätz ist dem Schloß gegenüber und wie dieses auf einer Anhöhe gelegen. Von dem am südlichen Stadtrand situierten Bahnhof aus erreicht man in einer Viertelstunde den Ringplatz, der in unserem Jahrhundert zwar seinen Namen - er wurde nach Masaryk benannt - aber nur unwesentlich seine architektonische Form geändert hat. Um den für böhmische Städte typischen quadratischen Platz, in dessen Zentrum ein Renaissancerathaus aus den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts steht, gruppieren sich erst kürzlich restaurierte Bürgerhäuser aus derselben Epoche. Wie zu Komperts Zeiten sind die Ladengeschäfte im Erdgeschoß teilweise durch 'Laubengänge' miteinander verbunden. Die jüdischen Händler kamen damals aus der 3

Vgl. hierzu und zum folgenden: Jaroslaus Schaller: Allodialherrschaft Münchengrätz. In: ders., Topographie des Königreichs Böhmen darinn alle Städte, Flecken, Herrschaften, Schlösser, Landgüter, Edelsitze, Klöster, Dörfer, wie auch verfallene Schlösser und Städte unter den ehemaligen und jetzigen Benennungen samt ihren Merkwürdigkeiten beschrieben werden. Vierter Theil: Bunzlauer Kreis. Prag: Schönfeld 1786, S. 68-75; Johann Gottfried Sommer: Allodial-Herrschaft Münchengrätz. In: ders., Böhmen. Bunzlauer Kreis. Prag: J. G. Calve'sche Buchhandlung 1834, S. 194-204; Parik, Geschichte der Juden in Münchengrätz (wie S. 327, Anm. 1), S. 409-411, und den Bildprospekt: Mnichovo Hradiâtë a okolí. Hg. von Jaroslav Myäka. Mnichovo Hradiâtè: Tiskárna Volf 1996.

Stationen im Leben eines

Ghettoschriftstellers

Lageplan des Ghettos in Münchengrätz (1842) Nach einer handschriftlichen Skizze von Dr. Jiri Fiedler (Jüdisches Museum Prag) 1. Ritualbad 2. Spital, Hekdisch

3. Komperts Geburtshaus 4. Synagoge

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Anhang

Senke zwischen Schloß und Stadt herauf, denn die 'Judengasse' - heute die Havlickova- und ein Teil der Pncnästraße - bildete eine direkte Verbindung zwischen den beiden Herrschaftszentren. Unmittelbar am nördlichen Abhang des Stadtberges steht die 1726 erbaute St. Jakobuskirche inmitten eines kleinen, heute aufgelassenen Kirchhofs (vereinzelte Grabsteine, paradoxerweise solche mit deutscher und gemischtsprachiger Inschrift, haben sich erhalten). Noch im 18. Jahrhundert war die 'Judengasse' mehrheitlich von Holzhäusern gesäumt, die bis zur Regierungszeit Maria Theresias römische Hausnummern trugen. Nachts wurde an beiden Ausgängen eine Kette vorgehängt, wie es auch in anderen böhmischen Ghettos der Brauch war. Ein jüdischer Friedhof am westlichen Rand der Stadt, am Hochufer der Iser, bestand spätestens seit 1787, manche Quellen sprechen sogar davon, daß er bereits 1710 gegründet worden sei.4 Laut Totenbuch von 1788-1823 wurden dort auch Glaubensgenossen aus den umliegenden Dörfern beerdigt. Ebenfalls seit den achtziger Jahren sind innerhalb des jüdischen Wohnviertels eine deutschsprachige Schule sowie eine Synagoge bezeugt. Diese Institutionen, die zusammen mit der Mikwe, dem rituellen Tauchbad, und dem Hekdisch, Armenspital und 'Schnorrer-Herberge, für eine jüdische Gemeinde konstitutiv waren, formierten zugleich den unmittelbaren Lebens- und Erfahrungsraum des Kindes Leopold Kompert. Sein Geburtshaus, das nach der Familientradition für den ebenfalls dichterisch begabten - er schrieb hebräische Hymnen - und in der Alchemie bewanderten Urgroßvater auf Befehl des Grafen erbaut worden sein soll,5 grenzte unmittelbar an den schmalen Gang zur dahinter gelegenen Synagoge und stieß mit der Rückwand an die öffentliche Herberge an. Es dürfte wohl zu den wenigen Steinhäusern seiner Zeit gehört haben. Leopold, geboren am 15. Mai 1822, war nach Ewa (geb. 26.9.1816) und Marcus Moritz (geb. 26.9.1820) das dritte Kind seiner Eltern, Joseph und Susana Kompert, geb. Künstler. Auf ihn folgten die beiden Schwestern Catarina (geb. 27.6.1824) und Emilie (geb. 20.9.1826).6 Bereits die Wahl der Vornamen seiner Kinder demonstriert die Aufgeschlossenheit des jüdischen Wollhändlers und Mautpächters für die gesellschaftlichen Umbrüche im Gefolge des josephinischen Toleranzpatentes. Dank seiner späteren Popularität sind wir über Leopolds Kindheit und Jugend verhältnismäßig gut unterrichtet. Adolf Neustadt, sein erster Biograph, stützte sich bei seinen Recherchen auf eine "Umfrage" unter Komperts Verwandten und Informationen des Porträtierten selbst, und der Detailreichtum sowie der pointierte, anekdotische Stil seiner "Biographischen Skizze" können den Einfluß des letzteren nicht verleugnen. Allerdings dürften da, wo es galt, einen Werdegang zu schildern, der den zeitgenössischen Vorstellungen 4 5 6

Vgl. Parik (wie letzte Anm.), S. 409. Neustadt, Leopold Kompert (wie S. 97, Anm. 165), S. 349. Die Angaben aus den Münchengrätzer Matrikenbtlthern teilte mir freundlicherweise Herr Dr. Fiedler, Jüdisches Museum Prag, mit.

Stationen im Leben eines Ghettoschriftstellers

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von einer Dichtequgend entsprach, Dichtung und Wahrheit gleichermaßen Pate gestanden haben.7 Fest steht, daß der kränkliche, verträumte Leopold maßgeblich von seiner, für kleinstädtische Verhältnisse literarisch ungewöhnlich interessierten Mutter und dem vielseitig begabten Großvater geprägt wurde. Während er diesem später mit "Wie mein Großvater heirathete" ein Denkmal setzte, fungierte die Mutter als Vorbild fur viele seiner fiktiven Frauenfiguren.8 Mit ihr las Kompert Schiller, Cervantes und Richardson, und vom Großvater wird er wohl den ersten Talmudunterricht erhalten haben - was er, wie vieles andere, das zum jüdischen Leben von damals gehörte, später nie erwähnen sollte. Moisés Künstler nahm den Enkel auch auf Besorgungsgänge mit und machte ihn, wofür er ihm zeitlebens dankbar war, mit der Natur, den Randarhöfen und vor allem dem abenteuerlichen Leben der Schnorrer bekannt. Neben Mutter und Großvater bildeten diese das dritte Element, das Leopolds erste Kindheitsjahre entscheidend beeinflußte. Will man aber den Schilderungen Auerbachs und Weisels Glauben schenken,9 so war das Hekdisch, das sich jeden Freitagnachmittag mit herumziehenden Bettlern füllte, wohl kaum das richtige Umfeld für einen heranwachsenden Knaben. Vermutlich hat Leopold, dessen Hunger nach Geschichten und 'Märchen' nicht gestillt werden konnte, schon damals über allen Schmutz und alle Erbärmlichkeit hinweggesehen... Vom September des Jahres 1832 an waren die Tage in Münchengrätz gezählt, denn die Mutter hatte für ihre beiden Söhne den Besuch des Piaristengymnasiums10 im nahegelegenen Jungbunzlau durchgesetzt, um ihnen auf diese Weise die Möglichkeit zu geben, ohne Umgehung des Familiantengesetzes zu heiraten. Aber schon in den nächsten Sommerferien11 wurde Leopold für sein Heimweh reich belohnt: Münchengrätz war vom 3. bis 20. September 1833 Schauplatz eines geschichtlichen Ereignisses von europäischem Ausmaß. Im Gräflich-Waldsteinischen Schloß traf sich das österreichische Kaiserpaar, Franz I. und Carolina Augusta, mit dem Kaiser von Rußland Nikolaus I. und 7

Selbst Hock, Einleitung (wie S. 17, Anm. 59), der sich in seiner Einleitung auf zusätzliches - heute kaum mehr eruierbares - Quellenmaterial stützt, führt diese Stilisierung fort. 8 Vgl. Komperts Aussage in: Neustadt, Leopold Kompert (wie S. 97, Anm. 165), S. 353: "In den meisten meiner weiblichen Gestalten lebt ein Zug, der dem Gemüthe meiner Mutter entnommen ist." 9 Vgl. die im IV. Kapitel dieser Arbeit erwähnte Szene in Auerbachs Dichter und Kaufmann sowie Weisels Aufsatz "Die Schnorrer oder jüdischen Bettler" [1844], in: ders., Aus dem Neumarker Landestor (wie S. 13, Anm. 47), S. 173-186. 1° Das Gebäude überlebte mit einigen Veränderungen bis heute und birgt - frisch renoviert eine Musikschule für Kinder in seinen Mauern. - Für diese Auskunft danke ich Herrn Dr. Fiedler. 11 Es bleibt unklar, warum Leopold im September noch Schulferien hatte. Denn seit 1786 waren im ganzen (?) Habsburgerreich Juli und August die Ferienmonate. Vgl. Anton Altrichter: Historia gymnasii Nicolsburgensis. In: Tribus saeculis peractis 1631-1931. Festschrift des Staatsrealgymnasiums in Nikolsburg. Brünn: Verlag des Staatsrealgymnasiums in Nikolsburg 1931, S. 79.

Anhang

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dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm zum Abschluß einer heiligen Allianz - eine Begebenheit, die mehr als zehn Jahre später dem angehenden Journalisten Stoff für eine Hommage an seine Heimatstadt bieten sollte:

Der Kongreß in Münchengrätz und das Grab des

Friedländers.12

Von Leopold Kompert. Mein Heimatstädtchen ist so zu sagen eine Kleintrafik der Geschichte. Noch jetzt begreife ich es nicht, wie es dieser Dame eingefallen, gerade auf meinen Vaterort so liebevoll monopolisirende Blike zu werfen, während andere in der Nachbarschaft heißhungerig darauf warteten, und gerade [!] bei uns einen Theil ihres ungeheuren Waarendepots abzustappeln. Das aber begreife ich recht gut, wie meine Landsleute von den zwei Artikeln der historischen Kleintrafik (leider sind es nur zwei!) schon seit Jahr und Tag zehren und nähren, ohne daß bis jetzt auch nur der geringste Abgang oder Mangel fühlbar geworden wäre. [...] Münchengrätz, lieber Leser, Münchengrätz an der Iser. Solltest Du nie von diesem schönen, romantischen Flusse gehört haben, der im Riesengebirge mitten unter stillen Spinnern und Webern entspringt, in dessen Wellen gewiß einmal der müde Rübezahl seine Füße gebadet hat und noch badet, wenn er in tausend Proteusgestalten im Volke umherwandelt? [...] Schlage das erste beste geografische Lehrbuch auf, lieber Leser, da findest Du unsem Namen, da findest Du unsere Historie! Nur um Gotteswillen, nimm keine Geografie zur Hand, die vor 1833 erschienen ist; [...] Vor 1833 hatten wir gar keine Geschichte, da waren wir historisch todt- aber hernach! [...] Ich greife blindlings in einen Wust von neuem und neuesten Geografien - Ungewitters "Neueste Erdbeschreibung und Staatenkunde' fallt mir in die Hände. Da lese ich Seite 533, Österreichische Monarchie, Böhmen: Münchengrätz, St. an der Iser, nordöstlich und 8 1/2 Meilen von Prag und südwestlich und 9 1/2 Meilen von Hirschberg in Schlesien, hat ein gräflich Waldsteinisches Schloß, welches in neuerer Zeitgeschichtliche Berühmtheit durch die im Herbste 1833 hier stattgehabte Zusammenkunft der Kaiser von Rußland und Österreich erlangt hat, mit Theater, Park, drei Kirchen (nur zwei), worunter die St. Annenkirche mit der Grabstätte Wallensteins, Kattundrukerei und 3000 Einwohnern. Was sagst Du jetzt zu dieser schwarz auf weiß gedrukten Authentifikazion unserer Glorie? Sind das nicht zwei köstliche Artikel der historischen Kleintrafik - ein Kongreß und die Grabstätte des Friedländers?? [...] Als ich noch jung war und klein, in Jungbunzlau auf der Schule, da lag ich oft im Garten auf dem Rüken, wie Miß Mathilde in Heine's Reisebildern - und träumte. Diese Träume mögen nicht absonderlicher Art gewesen sein, etwa, wie sie sich in den Gehirnen jedes zehnjährigen Knaben zu kristallisiren pflegen. Was anders als von Kaisern und Königen und goldenen Fürsten, die einst in unser Städtchen einkehren und alle Schimmer irdischer Größe da verbreiten würden. Der Glanz, der bei

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Der Artikel erschien erstmals in Frankls Sonntagsblättern 4 (1845), Nr 50, S. 1150-1156 und wurde seitdem nie mehr abgedruckt. Er wird hier in Auszügen zitiert (Hervotheb. im Text).

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dieser Gelegenheit über unser Städtchen ausstrahlen würde, den dachte ich mir nicht etwa metaforisch, sondern wie von einem magischen Karfunkel, glaubte ich, müsse da die Beleuchtung ausgehen, und sich als zauberhaft schöner Reflex über Thal und Hügel legen. [...] und wenn so ein feines Tuch droben auf dem Schloßberge wandle, müsse man unten schnell die Augen bedeken, damit sie nicht zu sehr geblendet würden. Kein Traum war aber noch glorreicher erfüllt worden. Da kam der September 1833 - und mit ihm die hohen Gäste. Ich erschrak im Innersten meiner Seele, als ein etwas älterer Gespiele mir diese Kunde brachte. Die freudige Aufregung meines ganzen Heimatstädtchens zu schildern, hieße nach alter Weise meinem "Kiele" zu viel zu vertrauen. Solche Dinge, wie etwa der Bürgermeister in seiner pompösen Harangue steken bleibt, wie die Poller improvisirt losgehen, ehe ihnen der aufwirbelnde Staub von der Straße her den Befehl gegeben, wie der Herold, der das Zeichen der Ankunft geben soll, viel zu früh das Tuch flattern läßt, oder von der Lugwarte des Baumes einen unwillkürlichen Ikarussturz macht, wie die blumenschüttenden Mädchen, früher so kek und ausgelassen, nun auf einmal allen Muth und alle Fassung verlieren und sich nicht vom Platze zu bewegen wissen, wenn der große Augenblik gekommen, wie sich der arme Schulmeister mit dem farbigen Schupftuche den Schweiß von der durchfurchten Stime wischt, aus der vor einigen Tagen die gewappnete Pallas eines Gedichtes gesprungen, solche Dinge zu schildern, erlässest Du mir wohl, sehr geneigter Leser! Sie schweben mir in zu fragmentarischen Umrissen im Kopfe, als daß Dir diese magere Skizze ein genügendes Ganzes bieten könnte, auch hat mir die Vorsehung leider selbst die geringste Ähnlichkeit mit dem großen Wolfgang Göthe versagt. Während sie dem glüklichen Knaben einen Exzellenzherrn zum Großvater und mit ihm den Eingang in den Römer verschaffte, wo er mit leiblichen Augen die ganze Größe einer Kaiserkrönung ansehen konnte, gab sie meinem Vater - ein kleines Mauthhaus an der Heerstraße! Und von diesem Standpunkte aus schreibe ich die Erinnerungen jener unvergeßlichen Tage! [...] Das waren schöne, poetische Momente für unser Städtchen - 17 gloriose Tage! Ich sah damals viele bedeutsam historische Porträte der Gegenwart. Den höchstseligen Kaiser Franz und seine Gemahlin, die milde Karoline, den Kaiser von Rußland, die Großherzogin von Weimar, den Kronprinzen von Preußen, den Fürsten Metternich, Graf Nesselrode u. s. w. Die hohen Gäste schienen sich auch unter uns sehr zu gefallen, unsere Festtagsmienen den freundlichsten Eindruk auf sie zu machen. Wohl zwanzig Mal im Tage deklamirte mein alter, pathetischer Lehrer die Verse Schiller's, die ich dann in reiferen Jahren in der "Jungfrau von Orleans" fand: "Wie kommt so hoher Glanz in uns're Hütten?" Ein Antlitz ist mir vor allen anderen lebhaft im Gedächtniß zurükgeblieben - das des nordischen Herrschers, des gewaltigen Nikolaus. Er war einen oder zwei Tage später angelangt, als der Kaiser Franz, und kam über Reichenberg in unser Städtchen, während die Anderen von Prag aus ihren Weg genommen hatten. Kaiser Franz war ihm bis in das benachbarte Dorf Podoli, wo mein Vater ebenfalls die Straßenmauth in Pacht hatte, entgegengefahren, um da seinen Gast zu erwarten. Da spielte wieder meine Schwester [vermutlich Ewa], die Mauthnerin, eine bedeutende Rolle. Sie mußte nämlich ihr Zimmer räumen und weil. Sr. Majestät nahm davon Platz, nachdem man es früher mit allen nur aufzubringenden Tüchern und Blumen ausgeschmükt hatte. Einige Stunden darauf, nachdem der Kaiser von Rußland angekommen und der ihn erwartende Kaiser Franz wieder nach der Residenz zurükgefahren war, fanden wir im Zimmer meiner Schwester eine Menge abgerissener Blumenblätter zerstreut am Boden liegen,

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auf die Se. Majestät die betreffende Klassifikazion nach Linné sammt dem Namen der Blume mit Bleistift geschrieben hatte. Der Richter des Dorfes, dem jenes Haus gehörte, hat viele von diesen Blättchen mit den Schriftzügen seines Kaisers aufbewahrt und zeigt sie nur wie kostbare Reliquien dem Begünstigten. In Münchengrätz angelangt, ging erst die eigentliche Bewillkommnungsszene der beiden Herrscher vor sich. Ich stand damals an der Hand meiner Mutter vor dem Portale des Schlosses, in das die Karossen einmünden sollten - mein Vater uns zur Seite. Da mit einem Male, während die kaiserlichen Wagen donnernd daherkommen, reißt sich der Vater von unserer Seite los und stürzt mit dem nachdrängenden Volke schnell nach, so daß meine vortreffliche Mutter in ihrem tödtlichen Schreken glaubt, die Rosse mußten den Vater zu Boden geworfen und zertreten haben. Aber der Vater hatte damit recht gut gethan; er sah die ganze Willkommsszene mit eigenen Augen an und stand nur ein paar Schritte davon. Er hat mir dann erzählt, wie rührend das ausgesehen habe, als der jugendstarke Herrscher des Nordens mit seinen Armen den altersschwachen Kaiser Franz umfaßte und ihn herzlich und vor allen Leuten auf Mund und Wangen küßte! Tagtäglich sahen wir ihn, den russischen Czaaren, vor unseren Fenstern vorübergehen, ganz allein, ohne alle Begleitung, im einfachen Roke, ohne Stern und Band, wie er in den freundlichen Umgebungen unseres Städtchens spazierte. Man hatte in unser Münchengrätzer Mauthhaus einen Wachtposten gelegt, der den ankommenden Fremden ihre Pässe abverlangen sollte. Da traf es sich zuweilen, daß der Kaiser in seiner unscheinbaren Bekleidung, allezeit aber kenntlich durch seinen kolossalen Wuchs, mit dem er wie Saul, der Sohn des Kis, über alle hervorragte, von dem wachestehenden Soldaten eigenwillig ignorirt wurde; das schien dem gewaltigen Herrscher besonders viel Vergnügen zu machen. Eines Tages sieht er das hübsche Kind eines armen Mannes auf der Gasse stehen. Schnell strekt er ihm eine Hand voll Gold- und Silbermünzen hin, damit es wähle. Das blöde Kind nimmt einige silberne Groschen, statt des blendenden Goldes - die gefallen ihm besonders. Aus dem ganzen Kinde konnte eine prächtige Novelle werden - aber es ist ein häßliches Mädchen aus ihm geworden, wie ich sie jetzt zu Hause nach langen Jahren wieder gefunden habe. [...] Für meinen Vater aber hatte der Münchengrätzer Kongreß die interessantesten Folgen. Er erschwang ihm den [!] Mauthpacht - und das Jahr 1833 ist mithin in unserer Familie mit unterstrichen rothen Buchstaben aufgezeichnet. Siehst Du, lieber Leser, das ist der eine Artikel unserer historischen Kleintrafik! [...]

Heute kennt in Mnichovo Hradistë, das seit kurzem mit einem Prospekt in tschechischer, englischer und deutscher Sprache um Touristen wirbt, wohl kaum mehr jemand den Namen des jüdischen Mautpächterssohnes, für den 'unten' und 'oben' nicht bloß geographische Begriffe, sondern harte, soziale Wirklichkeit waren, und der dennoch so enthusiastisch von seinem Geburtsort schwärmen konnte! Auf dem Gymnasium hatten es dem Studenten vor allem die klassischen Sprachen, die Historie sowie die deutsche Literatur angetan. Mit seinem Freund Moritz Hartmann trat er in einen Reimwettstreit, der nach dem Tod des neunundachtzigj ährigen Großvaters im Spätherbst 1835 zum ersten Mal auch

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ernste Lyrik zeitigte, nämlich eine Elegie "in der Art Klopstock's, den [Leopold] wie eine Gottheit verehrte"13. Zwei Jahre später mußte der jugendliche Dichter die Heimat endgültig verlassen, da sein Vater nicht mehr in der Lage war, für die Ausbildung seiner Söhne aufzukommen. Leopold zog nach Prag, um auf dem Neustädter Gymnasium das letzte Schuljahr zu absolvieren und anschließend mit dem Medizinstudium zu beginnen, dem einzigen Studiengang, zu dem Juden damals zugelassen wurden. Doch der tägliche Kampf um die Existenzsicherung und das zeitraubende Stundengeben für Kinder reicher Eltern forderte seinen Tribut: Die schulischen Leistungen sanken bedenklich und auch im ersten, philosophischen Jahr an der Prager Universität ging es kaum besser. Weil er seinen Eltern Kummer möglichst ersparen wollte, bat Kompert sie um die Erlaubnis, nach Wien weiterziehen zu dürfen. Die Reichshauptstadt hatte schon vielen mittellosen Studenten Unterschlupf und Auskommen gegeben - warum nicht auch ihm? Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und überhaupt eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, trat der Siebzehnjährige auch dort eine Stelle als Hofmeister an. Tatsächlich entwickelte er bald pädagogisches Geschick und konnte nebenbei auch seinen literarischen Ambitionen frönen. Im Mai oder Juli 1840 entgegen den Angaben aller Biographen macht Amann Gründe für das Jahr 1841 geltend 14 - bricht Kompert seine Zelte in Wien überraschend ab und fährt donauabwärts nach Ungarn. Drei Monate durchwandert er die weite Ebene des Alföld von Szegedin aus, um schließlich mit dem letzten Geld die Heimreise anzutreten. Er kommt nur bis Preßburg und erhält dort Zugang zum Literatenkreis um Adolf Neustadt, der ihm die Möglichkeit eröffnet, seine ersten Texte in der Pannonia zu publizieren. Auch mit Ludwig August Frankl ergibt sich Kontakt, und durch Beiträge für die neugegründeten Sonntagsblätter macht sich der junge Autor, noch aus respektvoller Ferne, einen ersten Namen in der Reichshauptstadt. Den Angaben der Biographen zufolge hatte es Kompert seiner poetischen Grabschrift auf ein Pferd zu verdanken, daß ein Mitglied des ungarischen Adelsgeschlechtes Andrassy auf ihn aufmerksam wurde, und so kehrte er 1843 als Erzieher ins ungarische Hinterland zurück und verbrachte vier unbeschwerte Jahre auf dem gräflichen Gut Hossuréth bei Rosenau. Dort konnte er sich in seiner Freizeit literarisch betätigen und fand in den beiden anderen Hauslehrern kulturell aufgeschlossene Gesprächspartner. Aus einer Laune heraus entstanden im Sommer 1846 acht Nummern einer handschriftlichen Zeitung mit dem Titel Die drei Weisen von Hoszúréth15, für die Leopold Kompert und Emanuel Stöckler verantwortlich zeichneten (der dritte im Bunde bleibt ungenannt). 13 14 15

Neustadt, Leopold Kompert (wie S. 97, Anm. 165), S. 358. Amann, Komperts literarische Anfänge (wie S. 25, Anm. 90), S. 17. Die Zeitung hat die Jahre überdauert und befindet sich heute in der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek.

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Mit viel Kreativität und Witz werden hier der Alltag auf dem gräflichen Schloß, die Abenteuer der Kinder, aber auch Kulturhistorisches aus anderen Ländern geschildert. Das Feuilleton mit den Rubriken "Hofzeitung", "Aus Nah und Fem", "Spaßiges", "Aus hier und dort" enthält immer auch ein deutsch- oder französischsprachiges Rätsel ("Rebus" oder "Charade"). Vermutlich hätte es sich Kompert zu dieser Zeit nicht träumen lassen, daß er knapp zwei Jahre später Redakteur einer 'richtigen' Zeitung werden würde. Die Abgeschiedenheit des Gutes schien auch Reflexionen über sein Judesein zu begünstigen, denn hier machte der junge Mann jene Entdeckung, die fur seine literarische Zukunft bestimmend wurde: die 'Literaturfähigkeit' seiner Erinnerungen an die böhmische 'Gasse'. Aber die Entscheidung der gräflichen Familie, den Winter in Wien zu verbringen, und ein kurzer Abstecher nach Preßburg, wo er mit Neustadt zusammentraf, ließen Kompert vorerst an die Verwirklichung seiner ursprünglichen Studienpläne denken. 1847 kündigte er seine Stellung und schrieb sich im September an der Wiener Universität für Medizin ein. Bald machte jedoch der Ausbruch der Märzrevolution den guten Vorsätzen ein Ende. Nach einem kurzen Engagement beim Österreichischen CentraiOrgan, das als Frucht der Revolution ebenso schnell wie diese an Boden verlor, übernahm der junge Journalist die Redaktion des Österreichischen Lloyd, eines radikalpolitischen Blattes. Familiäre Gründe zwangen ihn zu diesem Schritt. Denn kurz nacheinander waren seine Eltern gestorben, und er mußte seine beiden jüngeren, noch unverheirateten Schwestern finanziell unterstützen. Durch den Erfolg seines ersten Novellenbandes ermutigt, versuchte Kompert im Rahmen seiner mehr wirtschaftlich orientierten Zeitung im Januar 1849 eine volkstümliche belletristische Beilage zu etablieren. Den Oesterreichischen Volksblättern für Stadt und Land, fur die wahrscheinlich Auerbachs Gevattersmann das Vorbild abgegeben hatte, war jedoch nur ein fünfmonatiges Erscheinen vergönnt. Am 31. Mai, in ihrer 64. Nummer, kündigten sie die Fusionierung mit dem Wiener Boten an; weiter heißt es dort: "Die Redaction desselben ist den Herren Dr. Salfinger und Adalbert Stifter übertragen worden." Noch bis 1852 stand Kompert dem Lloyd vor, dann mußte er wegen "körperlichefr] Uebermüdung und geistige [r] Abgespanntheit"16 seine leitende Funktion abgeben und folgte, inzwischen dreißig Jahre alt, der Bitte des preußischen Generalkonsuls17 Goldschmidt, in seinem Haus die Hofmeisterstelle einzunehmen, ohne daß dadurch seine literarischen und gesellschaftlichen Verpflichtungen Schaden zu leiden hätten. In den folgenden Jahren interessierte sich zunehmend auch das Ausland für den böhmischen Ghettoschriftsteller. Sein Erstlingswerk wurde 1853 ins Hol-

16 17

Neustadt, Leopold Kompert (wie S. 97, Anm. 165), S. 374. Wininger (wie S. 98, Anm. 170) und mit ihm zahlreiche jüngere Publikationen verlegen seinen Sitz fälschlich nach Pest.

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ländische und sechs Jahre später ins Französische übersetzt.18 Anfang 1857 trat Kompert als Beamter in die Österreichische Creditanstalt ein - ihr sollte er fünf Jahre angehören - und heiratete am 8. März die um sieben Monate ältere Witwe Mimi (Marie) Pollak, geb. Levi (auch: Löwy), die zwei Töchter mit in die Ehe brachte. Die Ehrendokterwiirde der Universität Jena und ein Besuch im Großherzogtum Weimar machten dieses Jahr zum bisher erfolgreichsten seines Lebens. Der anerkannte und durch die Mitgift seiner Frau finanziell unabhängige Autor konnte es sich nun leisten, selbst für kulturelle Zwecke tätig zu werden. Die Gründung des Wiener Schillervereins 1859 geht in der Hauptsache auf sein Engagement zurück. Lokale Zeitungen und Zeitschriften warben um seine Mitarbeit und das Wiener Jahrbuch für Israeliten brachte ab 1856 regelmäßig eine Novelle aus seiner Feder.19 Außerdem schrieb Kompert Artikel für Die Neuzeit und nahm kurzzeitig (1861-1863) die Redaktion des Feuilletons der Österreichischen konstitutionellen Zeitung wahr. Auch wenn der Beweis dafür erst noch erbracht werden muß - es scheint alles andere als ein Zufall gewesen zu sein, daß sich Kompert ausgerechnet 1863, am Höhepunkt seines gesellschaftlichen Ansehens, als Herausgeber des Jahrbuchs der Israeliten in einem Blasphemieprozeß zu verantworten hatte, in dem die judenfeindliche Wiener Kirchenzeitung mit ihrem Redakteur Sebastian Brunner als Kläger auftrat. Da Heinrich Graetz, Verfasser des inkriminierten Beitrags und seit 1845 am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau tätig, von einem österreichischen Gericht nicht belangt werden konnte, wurde die Anklage, Beleidigung sowohl der jüdischen wie der christlichen Religion hinsichtlich des Glaubens an einen persönlichen Messias, Kompert zur Last gelegt.20 Doch nicht nur dessen Verteidiger Lichtenstern, sondern auch der Prediger des Wiener Stadttempels, Isak Noa Mannheimer, der als "Zeuge" geladen war, wiesen dies sie als Verleumdungskampagne zurück.21 Am Ende wurde Kompert zwar "von dem Vergehen des § 303 (Beleidigung einer anerkannten Religionsgenossenschaft) freigesprochen", aber wegen "Vernachlässigung der pflichtmäßigen Obsorge" zu "vierzig Gulden, eventuell acht Tagen Arrest" verurteilt, sowie die weitere Auslieferung des Jahrbuchs verboten und "die 18

19 20

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Leopold Kompert: Uit het Ghetto. Joodsche volksvertellingen mit Boheme. [Übersetzt von Oudik van Putten]. s'Gravenhage: Fuhri 1853; Scènes du Ghetto. [Übersetzt von Emanuel Stauben, i.e. B. August Vidal]. Paris: Levy 1859. Weitere Angaben bei Wurzbach, Biographisches Lexikon (wie S. 21, Anm. 70), S. 407f. Vgl. ebd. Unter dem Titel "Die Verjüngung des jüdischen Stammes" deutet Graetz das 53. Kapitel des Deuterojesaja "(mit so vielen Erklärern) auf das Volk Israel als 'das Messias-Volk'" und fährt fort: "Auf eine Einzelpersönlichkeit übertragen werde es Carikatur und führe zu romantischer Schwärmerei." Zit. nach: Ein eigenthümlicher Prozeß. In: AZJ 28 (1864), Nr 3, S. 29-36, hier: S. 29. - Katz, Frühantisemitismus in Deutschland (wie S. 58, Anm. 16), S. 28f.. geht im Zusammenhang mit der jüdischen Messiasvorstellung auf diesen Prozeß ein, macht aber zum Zeitpunkt und zur Funktion Komperts falsche Angaben. Vgl. ebd., S. 33.

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Vernichtung der vorhandenen Exemplare" angeordnet22. Mit Recht sah die Allgemeine Zeitung des Judentums in dieser Entscheidung die Bestätigung dafür, "wie wenig es uns Juden noch gestattet ist, unsere Ansichten offen auszusprechen, während das Judenthum von vielen Schriftstellern noch täglich ungestraft gemißhandelt wird"23. Trotz der Enttäuschung des Wiener Korrespondenten über die schwache Reaktion "der hiesigen liberalen Presse"24 zieht sie es auch ein Jahr später, als die Kölnische Zeitung eine Rezension von Komperts Geschichten einer Gasse zu einem antijüdischen Ausfall benutzt, vor, zu moralischem Widerstand aufzurufen als gerichtlich dagegen vorzugehen: Wir dürfen nicht ermüden; wir arbeiten weniger für uns, als für unsere Söhne und Enkel. Was wir aber vor Allem tun müssen, das ist, daß wir nicht Gleiches mit Gleichem vergelten dürfen! [...].25 - So deutet sich bereits zu diesem Zeitpunkt die Vergeblichkeit jüdischer Bemühungen an. Wie schwer Kompert selbst diesen Angriff auf seine journalistische und ethisch-religiöse Integrität genommen hat, läßt sich nicht sagen. Kulke als der einzige Biograph, der den Prozeß überhaupt erwähnt, geht jedenfalls mit einigen Sätzen darüber hinweg und behauptet kurzerhand: "Kompert ging aber als Sieger aus diesem geistigen Kampfe hervor; und dieser Sieg wurde allerorten mit Freude vernommen."26 In den folgenden Jahren widmete sich der Ghetto-Autor neben seiner literarischen Produktion vor allem seinen Ehrenämtern, deren Vielfalt zumindest vordergründig nicht an einen massiven Prestigeverlust denken läßt: 1864 reiste er ein zweites Mal nach Weimar, doch diesmal in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied der Wiener Schillerstiftung; 1868 wurde er Regierungsrat und 1870 Bezirksschulrat der Stadt Wien. Drei Jahre später wählte man ihn in den Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und im selben Jahr27 in den Wiener Gemeinderat. 1876 übernahm er schließlich das Amt des Landesschulrates fur Niederösterreich. Komperts schwache Konstitution schien diesen zahlreichen Verpflichtungen nicht gewachsen. Als er seinen Sommerurlaub unterbrach, um an einer Sitzung des Direktionsrates des Wiener Stadttheaters teilzunehmen, warf ihn eine schwere Hirnblutung aufs Krankenlager. Nur sehr langsam erholte sich der Autor auf einer Italienreise und konnte, halbwegs genesen, noch seinen 60. Geburtstag feiern, an dem außerdem sein vierzigjähriges Schriftstelleijubiläum begangen wurde. Erst ein Schlaganfall am 4. April 1884 ließ ihn auf alle Ämter außer dem Vorsitz in der Schillerstiftung verzichten. 22 23 24 25

26 27

AZJ 28 (1864), Nr 3, S. 36. Einige Worte über diesen Prozeß. In: ebd., S. 37-38, hier: S. 37. Oesterreichischer Kaiserstaat. Wien. In: ebd., S. 69-70, hier: S. 69. Etwas über den Judenhaß. In: ebd. 29 (1865), Nr 37, S. 565-570, hier: S. 570 (Hervorheb. im Text). Kulke, Leopold Kompert (wie S. 97, Anm. 165), S. 444. So laut Hock, Einleitung (wie S. 17, Anm. 59), S. XL.

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Am 23. November 1886 starb Leopold Kompert 64jährig in seiner Wohnung am Franziskanerplatz 1 und erhielt ein Ehrengrab in der Zeremonienallee der Israelitischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs (I. Tor) neben der Gruft seines Freundes Ignaz Kuranda. Eineinhalb Jahre nach seinem Tod ehrte der Wiener Gemeinderat den Schriftsteller, dem noch zu Lebzeiten das Bürgerrecht verliehen worden war, indem man eine 'Gasse' nach ihm benannte. Am 13. April 1888 berichtet Die Neuzeit: Es ist bereits [am 30. März] in diesem Blatte gemeldet worden, daß eine Gasse in Wien den Namen "Kompertgasse" erhielt. Der Bürgermeister von Wien hat diesbezüglich folgendes Schreiben an die Witwe Frau Marie Kompert gerichtet: "Euer Hochwohlgeboren! Sehr geehrte Frau! Der Gemeinderath hat in seiner Plenarsitzung vom 13. l[etzten] M[onats] beschlossen, eine im V. Gemeindebezirke, Margarethen, neueröffnete Gasse nach Ihrem seligen Gemahl, Herrn Dr. Leopold Kompert mit dem Namen 'Kompertgasse' zu bezeichnen. Indem ich Euer Hochwohlgeboren hievon Mittheilung mache, gebe ich meiner vollen Befriedigung Ausdruck, daß die großen Verdienste des Verewigten auf dem Gebiete der Literatur und des öffentlichen Lebens auch auf diese Weise gewürdigt werden, und bitte Sie, sehr verehrte Frau, den Ausdruck meiner vollsten Hochachtung entgegennehmen zu wollen, mit welcher ich zeichne als Euer Hochwohlgeboren ergebener Eduard Uhi, Bürgermeister. Wien, am 21. März 1888. An Ihre Hochwohlgeboren Frau Marie Kompert, k.k. Regierungsraths- und Schriftstellers-Witwe." Die jüdische Katastrophe hat Kompert nicht mehr erlebt; er wurde auch nicht, wie viele seiner Zeitgenossen, u.a. der Prediger Isak Noa Mannheimer, auf Befehl der Nationalsozialisten unter unwürdigsten Umständen exhumiert, weil man die jüdischen Friedhöfe der 1938 nach Wien eingemeindeten Dörfer auihob. Seine "Liquidation" war vielmehr symbolischer Art: Am 9. Dezember im Jahr des 'Anschlusses' wurde die Kompertgasse aufgrund eines Erlasses des NSBürgermeisters Hermann Neubacher in "Hölderlingasse" umbenannt. Seit 1949 heißt die stille Straße, die von der vielbefahrenen Wiedner Hauptstraße zur Jahngasse führt, "Stauraczgasse", benannt nach Franz Stauracz (1855-1918), einem Salzburger Jugend- und Arbeiterseelsorger, der sich u. a. auch durch eine Biographie über Karl Lueger einen Namen machte. Immerhin mußte Neubacher, der 1960 als geachteter Wirtschaftsfachmann in Wien verstarb, noch die Rehabilitierung des jüdischen Schriftstellers erleben; denn am 16. November 1955 beschloß der Gemeinderat von Eßling die Namensänderung der bisherigen "Lenaugasse" in "Kompertgasse". 28 Diese Straße befindet sich im 21. Bezirk, am äußersten, östlichen Rand Wiens, sie ist gesäumt von Einfamilienhäusern und geht nach wenigen Hausnummern in eine Wiese über. Eine Gasse also mit viel Grün - wenigstens ein Bruchteil der Kompertschen Träume hat sich so erfüllt. 28

Vgl. Czeike, Historisches Lexikon (wie S. 97, Anm. 165), Bd 3, S. 565. Über den Beweggrund der Umbenennung war nichts in Erfahrung zu bringen.

Glossar

Die Schreibweise der hebräischen und judendeutschen Wörter richtet sich z.T. nach Komperts Sämtlichen Werken bzw. den Texten Eduard Kulkes. Die Worterklärungen stammen von den Autoren selbst oder sind gekürzt dem Neuen Lexikon des Judentums, hg. von Julius H. Schoeps (Gütersloh 1992), entnommen. Aschkenas: im Mittelalter hebräische Bezeichnung für Deutschland, umfaßte aber spätestens seit der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert auch die aus (Nord-)Frankreich, England und Norditalien stammenden Juden (Aschkenasim) im Gegensatz zu den auf der Iberischen Halbinsel lebenden Sepharden. Arbe h Kanfes (Arba Kanfot): sog. kleiner Gebetsmantel (Tallii), rechteckiger Kleidungsstoff mit einer Öffnung für den Kopf und Quasten/Schaufäden (Zizes/Zizit) an den vier Ecken. Bar Mitzwa: hebr. für 'Sohn des Gebotes', Bezeichnung für einen Jungen mit Vollendung des 13. Lebensjahres; religiöse Volljährigkeit. benschen: segnen Mihle (B'rit Mila)·. Beschneidung des männlichen Kindes Chad gadja: aram. 'ein Zicklein', Anfangsworte eines Pessach-Liedes. Challa: hebr. 'Teighebe1, Stück des Brotteiges, das ursprünglich an die Priester abgegeben wurde, heute jedoch von der Hausfrau ins Feuer geworfen wird. Chômez (Chamez): 'Ungesäuertes', wird vor Pessach feierlich verbrannt. Chassidim: hebr. 'Fromme', Anhänger des Israel Baal Schern Tow (gest. 1760). Der Chassidismus entstand um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Südostpolen, ergriff später breite Schichten des Judentums in der Ukraine, Galizien, Zentralpolen, Weißrußland und Ungarn. Cheder. judische Elementarschule. Cholemoed (Chol ha-Moed): Halbfeiertage während der Pessach- und Sukkot- Woche, traditionelle 'Beschau'- und Hochzeitstage. Eruw: symbolische Sabbatgrenze, Uber die man am Sabbat nicht hinausging. Goles (Galtä)·. "Unterdrückung", Exil, Bezeichnung für die jüdische Diaspora. Haskala: sog. jüdische Aufklärung. Hawdala/Habdala: Abschiedsritual am Ausgang des Sabbats. Jahrzeit·. Totengedenken am Jahrestag mit Besuch des Grabes und 'Kadisch'-Gebet. Jeschiwa: Talmudhochschule, deren Studierende als Jeschiwa-bocher oder Talmudbocher bezeichnet wurden. Jörn Kipur (Jom Kippur): hebr. Tag der Sühne, auch 'Versöhnungstag', höchster jüdischer Feiertag, ganztägiger Fasttag, an dem Israel die Vergebung seiner Schuld erfahrt. Kadisch sagen: das sog. Waisenkaddisch wurde vom Sohn für die verstorbenen Eltern gesprochen, ein Jahr lang dreimal täglich in der Synagoge, später jeweils am Jahrtag (= Jahrzeit) des Todes. Kol Jisroel: hebr. Stimme Israels, pars pro toto für das ganze 'Volk Israel'. koscher, rein, tauglich; Bezeichnung für Speisen, die nach religiöser Vorschrift zubereitet wurden.

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Glossar

Megillas (Megillat): hebr. Rolle, meist ist das Buch Ester gemeint. Melamed: "Winkellehrer"; Kleinkinderlehrer im Cheder. Mesusa: hebr. Türpfosten, bezeichnet eine Kapsel, in der sich ein Pergamentstreifen mit dem Sch'ma Jisroel befindet. Der fromme Jude berührt beim Betreten und Verlassen des Hauses die Mesusa mit der Hand oder küßt sie. Mikwe: rituelles Tauchbad. Misrack. "[...] wie er in jeder guten Judenstube an der Ostseite der Wand zu finden ist. Zwei züngelnde Ungeheuer, die sich bei näherer Betrachtung als die Löwen Judas herausstellten, hielten den Schild Davids [= Magen Dctwid] empor, zwei verschobene Dreiecke, in deren Mitte Jerusalems Weltgegend 'Misrach' (Ost) in großen, dicken Lettern flammte." (SW 3,8) Mitzwe (Mitzwa): Gebot, gute Tat. Pidjon: "Auslösung der Seelen"; Ritual der Namensänderung bei/nach großer körperlicher Gefahr. Pilpul: scharfsinnige Dialektik zur Klärung von Widersprüchen in halachischen, d.h. religions-gesetzlichen Fragen; talmudische Argumentationsweise, Spitzfindigkeit. Rosch-heschoneh (Rosch-Haschana) : jüdisches Neujahrsfest (September/Oktober). Schadchen: Heiratsvermittler. Schammes: Synagogendiener, Schulklopfer. Schemona-Esra: sog. Achtzehnbitten-Gebet, das der gläubige Jude dreimal täglich betete. Seder. erster und zweiter Abend des Pessach, an dem die Pessach-Haggada verlesen wurde. Selichot: hebr. 'Bußgebete1, dichterische Schilderung eines Pogroms bzw. der Verwüstung einer Gemeinde. Shoa: hebr. Katastrophe, Unglück; Bezeichnung fur den versuchten Genozid am jüdischen Volk durch die Nationalsozialisten. Sch'ma Jisroel·. jüdisches Glaubensbekenntnis (5 Mose 6, 4-9). Schofer/Schoifer (Schofar): Widderhorn, mit dessen Ton am Neujahrsfest die zehn Bußtage eingeleitet werden. Sidur/Siderl: Gebetbuch für den Alltag. Sukkot: Laubhüttenfest, an dem der gläubige Jude zur Erinnerung an den Zug durch die Wüste (3 Mose 23, 42-43) eine Woche lang in einer Laubhütte (Sukka) wohnt, die mindestens drei Wände haben und im Freien stehen muß. Talmud: hebr. 'Lernen', 'Lehre', 'Studium', Sammlungen von Ausführungen und Kommentaren der Rabbinen; palästinensischer (bis 5. Jahrhundert) und babylonischer Talmud (bis 6./7. Jahrhundert). Teflllim: Gebetsriemen mit Gebetskapseln, die Pergamentstreifen mit dem Sch'ma enthalten. Tischa b'Aw: Fasttag zum Gedenken an die Zerstörung des ersten und des zweiten Tempels. trefe: rituell unrein, für einen Juden ungenießbar. Toire/Torah (Tora): hebr. 'Lehre', 'Unterweisung', im engeren Sinne Bezeichnung für die fünf Bücher Mose, den Pentateuch. Weiberschul: Frauenabteilung in der Synagoge, mit eigenem Eingang; meist oberhalb der Männerabteilung. Zizit/Zizes: 'Schaufäden', vgl. Arbeh Kart/es.

Bibliographie

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Abbildungen

387

389

3.

Kompeits Geburtshaus (Aufnahme um 1900). Im Hintergrund die Turmspitze von St. Jakob. Abb. entnommen aus: Leopold Kompert's sämtliche Werke in zehn Bänden. Mit einer biographischen Einleitung von Stefan Hock. Leipzig: Max Hesse 1906, Bd. 1,S. ΥΠ.

391

5.

In diesem Haus am Franziskanerplatz 1 (Wien, I. Bezirk) lebte und starb Leopold Kompert. Von Wilhelm Goldbaum wissen wir, daß sich Komperts Wohnung im vierten Stock befand. Die Gedenktafel über dem linken Eingangsportal erinnert an Egon Caesar Conte Corti, der ab 1933 hier wohnte. Aufnahme: M. Theresia Wittemann.

392

6.

Komperts Ehrengrab in der alten Israelitischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs (I. Tor). Die Marmortafel hält die Lebensdaten seiner Frau Marie, geb. Löwy, fest: 4.11.1821 (Pest) - 29.3.1892 (Wien). Aufnahme: M. Theresia Wittemann.

Personenregister

Abraham ben Meir ibn Esra 319 Abrains, Bradley F. 26, 52,164, 216, 231 Acosta, Uriel 203 Adelung, Johann Christoph 257 Adler, Hans Günther 35, 328, 331, 334-335 Adorno, Theodor W. 85,335 Äsop 81 Akiba, Rabbi 238 Albrecht-Weinberger, Karl 4,200,235 Alexander, Gerhard 58 Alkalai, Jehuda 7,283 Altenhofer, Norbert 82-83 Altrichter, Anton 343 Amann, Paul 25, 87, 97, 106, 118, 122-123,277, 320, 347 An-ski (Salomon S. Rapaport) 231 Andersen, Hans Christian 99 Arndt, Heinrich 19, 86-90, 91, 172 Arnim, Achim von 9, 78, 156, 197 Arnsberg, Paul 294 Asch, Scholem 25 Assmann, Aleida 14,16,150-151 Assmann, Jan 7, 9,16 Auerbach, Berthold 9,12,17, 19,25, 47, 73, 88, 97-98,106-121, 126, 143, 148-149,157,160-163, 168, 231,233, 243, 269,297, 303, 306, 309,316, 343, 348 Auerbach, Jakob 118,297 Augustin, Matthias 155 Augustinus 156 Aust, Hugo 13,110 Baal-Schem-Tow, Israel 282 Bachmann-Medick, Doris 10 Bachtin, Michail 15 Baeck, Leo 329 Bartels, Adolf 29 Barthes, Roland 145 Battenberg, Friedrich 115 Baudelaire, Charles 156 Bauer, Barbara 83

Baum, Oskar 27 Bayerdörfer, Hans-Peter 148 Beauvoir, Simone de 156 Becher, Peter 277 Bechstein, Ludwig 99 Behr, Isachar Falkensohn 58-59, 269 Bellini, Vincenzo 273 Ben-Chorin, Schalom 62, 172, 217 Benedikt, Markus 307,309 Benjamin, Walter 129, 133, 137 Bergmann, H. 26 Bering, Dietz 3-4, 89, 148 Bernstein, A[ron] 15, 25-27, 107, 118,140,143-144, 147-149 Bezalel, Liwa ben (Rabbi Low) 21, 36,41,43 Bihl, Wolfdieter 31,50 Birnbaum, Nathan 34 Birus, Hendrik 4 Bittrich, Burkhard 122 Blixen, Tania 239 Börne, Ludwig 19, 61, 97, 3 09 Bonnet, Charles 57 Brahm, Otto 119 Braun, Christina von 134 Braun, J. E. 110 Brentâno, Clemens 78 Briegleb, Klaus 83 Briess, Ignaz 152 Brod, Max 21,27,274,309 Brosche, Wilfried 40 Brunner, Sebastian 349 Buber, Martin 48, 56, 99 Budovec von Budov, Václav 340 Bunjan, Anita 108-109 Bunzl, John 37,50, 53-54 Busch, Isidor 117 Campe, Julius 60 Canevale, Marc Antonio 340 Carl Alexander (Großherzog von Sachsen-Weimar) 117 Casanova, Giacomo 340 Castelli, Ignaz Franz 275

394 Cervantes Saavedra, Miguel de 80,343 Chamisso, Adalbert von 185-187 Cohen, Richard J. 144 Cohn, Albert 114 Czeike, Felix 97,351 David, Jakob Julius 20-21, 29, 154, 287,312 De Vries, Simon Philip 149, 156, 232, 245-246 Denscher, Bernhard 26 Deutsch, Gotthard 20, 51, 296 Dietrich, Ernst L. 39 Dingelstedt, Friedrich 106 Döblin, Alfred 201 Dörner, Andreas 14-15' Dohm, Christian Wilhelm von 2, 46, 63, 162,218 Donath, Oskar 22,121,145 Drabek, Anna M. 43 Dreyfus, Alfred 7 Dux, Adolf 147 Ebner-Eschenbach, Marie von 205 Ecker, Hans-Peter 65 Edvardson, Cordelia 333-334, 336337 Eichendorff, Joseph von 112 Eisenmenger, Johann Andreas 103 Elias, Ruth 35, 330, 334-335, 337338 Eliav, Mordechai 248 Enzinger, Moriz 11,129-131 Erb, Rainer 162,218,223,229 Erben, Eva 330, 333-335, 338 Feldmann, Rainer 61,63-67,69,71,75 Fenelon, François de Salignac de la Mothe 227,255 Ferdinand I./V. 41, 53, 163-164, 176, 249 Feuchtwanger, Lion 61,64-65,69,172 Feudel, Werner 186 Fiala-Fiirst, Ingeborg 6, 35 Fischer, Julius Wilhelm 212 Fischer, Kurt Gerhard 130, 132 Fischer, Otokar 22 Fleischer, Wolfgang 4 Fontane, Theodor 23,138-139,144 Frankel, Ludwig 20-21, 29,118,299 Frank, Jakob 118,294 Frankel, Zacharias 6 Frankenberg, Siegmund 19, 86

Personenregister Frankl, Ludwig August 51, 102, 347 Franzi. 48,164,343,345-346 Franz Joseph I. 26, 53 Franz, Georg 210 Franzos, Karl Emil 12, 22, 25-26, 62, 70, 97-98, 100, 105, 107,109,118, 120,138, 143-144,147-149, 179, 251,260,316, 326 Freeden, Herbert 35 Freytag, Gustav 51, 110, 118, 126, 144, 186 Friedländer, Max Hermann 44, 4950, 142, 149, 152,171, 173, 186, 193, 201-202, 227, 230, 232, 237, 245, 326 Friedrich II. d. Gr. 84 Friedrich Wilhelm von Preußen 344 Gans, Eduard 5 Gaul, Franz 218 Geertz, Clifford 10, 16 Geiger, Abraham 5-6 Geiger, Ludwig 25, 153-154, 293 Geliert, Christian Fürchtegott 56 Geulen, Eva 131 Gilman, Sander L. 2, 77, 147, 157 Girard, René 183 Gladstein-Kestenberg, Ruth 30-31 Glasenapp, Gabriele von 1,9, 17, 20, 24, 27-29, 87,92,98,107-108,117118, 123, 138, 145,176,223,290, 306, 308,312,315,338 Glaser, Horst Albert 138, 250 Glückel von Hameln 156,197 Göschen, Georg Joachim 251 Goethe, Johann Wolfgang 57-58, 106,117, 126, 146,150, 209, 251, 310, 345 Gold, Hugo 299 Goldbaum, Wilhelm 25, 126, 148149,219,227, 287,295 Goldscheider, Franz 35, 329 Goldschmidt, A. M. 28,348 Goltschnigg, Dietmar 118, 13 8 Gorel, Leo 3 Gotthelf, Jeremias 107-108 Graetz, Heinrich 6,116,268-269, 349 Graupe, Heinz Mosche 8, 60, 62, 144 Gregorovius, Ferdinand 107,297 Greipl, Fanny 129 Grillparzer, Franz 154, 194, 270 Grimm, Jakob 7 8 , 9 9 , 1 8 6 Grimm, Wilhelm 78, 99, 186

Personenregister Groß, Heinrich 25 Grüner, Karlfried 57 Gumpertz, Aaron Emmerich Gutzkow, Karl 9

395

57

Härtling, Peter 205 Häusler, Wolfgang 31,48-51,54 Hahn, A. 130 Hahnl, Hans Heinz 51 Halevi, Jehuda 82 Hardenberg, Karl August von 59 Hartmann, Moritz 36,51-52,275,346 Hauff, Wilhelm 9 , 1 5 6 , 2 8 0 Hauptmann, Gerhart 146 Havlicek-Borowsky, Karel 52 Hebbel, Friedrich 122-124, 126-127, 167-168,300 Hebel, Johann Peter 108-109, 161 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 5,62, 82 Hein, Jürgen 107,126 Heine, Heinrich 3, 5,15,17-24,25-26, 59-86, 88, 91,93-94,96-97,103104, 107, 111, 113,117, 120, 145147, 156, 170, 172-173, 186, 191, 214, 238, 262,269, 271, 292, 309, 315,325,344 Heller, Isidor 51,274 Herder, Johann Gottfried 55-56 Hermand, Jost 17-18,24,59,83,86 Hermann, Ignát 47 Herweg, Rachel Monika 156,196-198, 249 Herzberg-Fränkel, Leo 17,27 Herzfeld, L. 28 Herzl, Theodor 7, 34-35, 53-54 Herzog, Elizabeth 101,104,120, 152, 166, 179, 184,190-191,193-195, 202, 230-231,247, 266 Heuer, Renate 27 Heyse, Paul 28 Hildesheimer, Esriel 6 Hilsch, Peter 39-40 Hinck, Walter 59 Hirsch, Samuel Raphael 5-6 Hitler, Adolf 328 Hock, Stefan 17,24,26, 97,107, 117-118,122,124,157,164,204, 208,223,237,243,261, 268,297, 343, 349 Hoensch, Jörg K. 33 Höß, Rudolf 337 Hofinan, Alois 27

Holeczek, Heinz 59,70 Homberg, Naftoli Herz 48 Homer 155 Horch, Hans Otto 10, 16, 18, 21, 2627, 90, 93, 118, 121, 130 Hus, Jan 47 Hyams, Helge-Ulrike 140, 152, 227 Ibrahim ben Jakob 39 Iggers, Wilma 22, 26, 30, 33, 35, 98, 138, 158,214 Jakob ben Isaak Aschkenasi, Rabbi 99 Jean Paul 241 Johnston, William M. 26 Jolies, André 73 Joseph I. 209 Joseph II. 32, 43-47, 160, 162-163, 176-177, 209, 328-329 Jost, Isaak Markus 5 Jungmann, Josef 146 Kafka, Frantiäek 35 Kafka,Franz 1 , 2 1 , 2 6 , 9 3 , 1 1 6 , 1 5 1 , 179, 183,327 Kafka, Georg 331 Kahn, Lothar 26 Kaiisch, Ludwig 152 Kalischer, Zwi Hirsch 7, 283 Kann, Robert A. 31,46-47 Kapper, Siegfried 21-22,31,51-52 Kara, Avigdor 6 Karl IV. 40,43-44 Karniel, Joseph 32, 44, 46-47 Karpeles, Gustav 9, 17, 21, 25, 28, 118, 151,308-310,318 Katz, Jacob 37, 46, 53, 58, 140, 153, 161, 218-219, 222, 227, 246, 349 Kaufmann, Jacob 19, 42, 51, 53, 87, 90-96,99,106,110, 121,185,186, 202,277, 279 Keilson-Lauritz, Marita 29,299-301, 322 Kelsen, Hans 34 Kiesel, Harald 334 Kieval, Hillel J. 26,31, 52,117, 328 Kircher, Hartmut 76 Kisch, Guido 2 2 , 2 6 , 3 0 , 52, 165 Κ a ska, Maria 22 Klapp, Michael 21 Klausner, Josef 216-217 Klein, Michele 185 Kleist, Heinrich von 65

396

Klüger, Ruth 131, 135, 329,331-338 Koebner, Thomas 115 Körte, Mona 336 Kohn, Joseph Seligmann 3, 98-99, 174 Kohn, Salomon 21,147 Kohut, Adolph 12, 17, 29 Kolben, Hans 331 Komensky, Jan Arnos 47 Kompert, Catharina 342 Kompert, Emilie 342 Kompert, Ewa 342 Kompert, Joseph 342 Kompert, Marcus Moritz 342 Kompert, Marie 349,351 Kompert, Susana 342 Koselleck, Reinhart 113,120-121,145 Kramár, Karel 46 Krauss, Friedrich S. 300-301, 309 Krobb, Florian 18,20, 64, 66, 71-72, 80, 147, 154,287,310 Kruse, Joseph A. 62 Kryl, M. 328 Künstler, Debora 237 Künstler, Moisés 237, 343 Künzl, Hannelore 149 Kürnberger, Friedrich 108-109, 111, 118, 165 Kuh, Emil 31,123 Kuh, Ephraim Moses 88 Kulke, Eduard 15,17,20-21,27-29, 97, 118, 120,123-124,126, 139140, 147, 151, 157, 167, 174, 178, 198, 235, 238,268,273, 281,299326, 349 Kulke, Simson 299 Kuranda, Ignaz 51, 110, 351 Kurz, Gerhard 17,27 Landsberger, Artur 17-18 Langgässer, Elisabeth 333 Latzke, Rudolf 26, 126 Laube, Heinrich 97 Laufhütte, Hartmut 125,130 Lavater, Johann Kaspar 57, 59 Lea, Charlene A. 154 Lederer, Zdenek 35, 329-331 Lehmann, Emil 116, 185 Lehmann, Marcus 6 Lengauer, Hubert 151 Leopold I. 44 Leopold II. 48 Lesage, Alain-René 98

Personenregister Lessing, Gotthold Ephraim 4, 56-58, 86-88, 95,162,204,217, 251,259, 315 Lessing, Theodor 16 Levinson, PninaNavè 120,197-198, 213 Liesenhoff, Carin 250 Lieth, Elisabeth von der 156 Lilienthal, Regina 179 Link, Franz 55 Lion, Jindrich 237 Lipscher, Vladimir 32,42 Low, Leopold 190 Loewenstein, Bedrich 116 Loewenthal, Erich 17, 69 Lorm, Hieronymus 109, 118, 126 Lowth, Robert 55 Ludwig, Otto 303 Lukas, Jan 237 Luria, Isaak ben Salomo 282 Luther, Martin 322 Lutz, Edith 5 , 6 0 , 6 8 , 8 3 Mach, Ernst 299-300,322 Magris, Claudio 22, 125, 153, 157, 160-161, 174, 178,242, 261 Maien, Carl 19,86 Maier, Johann 40, 68 Maimón, Salomon 13,223 Mann, Thomas 186 Mannheimer, Isak Noa 349, 351 Maria Theresia (Kaiserin von Österreich) 33,42-44,47,342 Marr, Wilhelm 3 Martin, Bernd 37,50, 53-54 Martin, Mary Lynne 12,118 Masaryk, Tomââ Garrigue 54, 329330, 340 Matz, Wolfgang 124, 129-130 Maupassant, Guy de 156 Mauthner, Fritz 26,277 Maximilian II. 41 Mayer, Hans 56,61 Mayer, Sigmund 51, 119, 150, 152, 154, 165-166, 174, 179-180,215, 227,251,328 Mead, Margaret 152-153 Mecklenburg, Norbert 10,113 Mehmed Ali 83-84 Meißner, Alfred 3 6 , 5 1 , 9 0 Mendele Moicher Sforim 22 Mendelssohn, Moses 2 , 4 , 4 8 , 57, 59, 71, 86, 95, 163,165,246,251, 259

Personenregister

Mendelssohn Bartholdy, Felix 274 Mendes, Garcia 197 Mendl, David 186,189,277 Meseritsch, Jakob von 99 Meätan, Antonin 146 Metternich, Klemens Wenzel Fürst von 92,173-174,242 Meyer, Conrad Ferdinand 187-189, 325 Meyer, Melchior 126 Meyer, Michael A. 6,24,90,117,286 Meyer, Richard M. 25 Meyerbeer, Giacomo 274-275 Michaelis, Johann David 56-57, 162 Michel, Georg 4 Mörike, Eduard 12 Mohaupt, Amalia 124 Mohaupt, Juliane 124 Montefiore, Sir Moses Haim 96 Morgenstern, Sorna 22 Mortara, Edgar 324 Mosenthal, Salomon Hermann 186, 303 Moser, Moses 5,61,75 Moses, Leopold 3 Mrstik, Alois 22,278 Mühlmann, Wilhelm E. 7 Müller, Joel 9 Müller, S. 56,60,73 Mündt, Theodor 97 Muneles, Otto 98 Nadler, Josef 29 Natonek, Hans 27 Nebesky, Wenzel Bolemir 31,51 Ν mcová, Bo ena 45,119-120,243 Neruda, Jan 181,241 Neubacher, Hermann 351 Neubauer, Hans-Joachim 78, 252 Neumann, Gerhard 239,251 Neustadt, Adolf 97,107,117,122, 146, 342-343, 347-348 Nikolaus I. 343,345 Och, Gunnar 107 Oehler, Dolf 63-64 Offenbach, Jacques 274 Oppenheim, Moritz 145 Orland, Beate 98 Osborne, John 188 Palacky, Frantiäek 126, 146 Parik, V. 327,340,342

397 Pascheles, Wolf 52 Paul IV. 40 Pauley, Bruce 37 Pazi, Margarita 26-27,51,53,90-95, 107, 110, 113, 117, 151, 154, 186, 231,284, 293 Perez, Isaak Leib 22 Pestalozzi, Johann Heinrich 108 Petiäka, Eduard 41 Petr, Pavel 7 Petrarca 151 Philippson, Ludwig 20, 28-29, 80, 83-88, 96,168, 172, 308 Piper, Reinhard 338 Pius IX. 209 Piaton 155 Pokorny, Jiri 37 Polgar, Alfred 23 Pollak, Marie 124 Popper, Moritz 271 Posner, Roland 10 Potok, Chaim 312 Prawer, Siegbert S. 80 Preisendanz, Wolfgang 23, 81, 139 Prinz, Friedrich 33-36 Raabe, Wilhelm 118, 156, 240 Racine, Jean 154 Raddatz, Alfred 135 Rahe, Thomas 283 Rakous, Vojtéch 22 Rank, Josef 25, 97, 108, 147, 243, 290 Reich, Ignaz 164 Reininger, Anton 138 Reuter, Fritz 118 Richardson, Samuel 343 Richarz, Monika 141,248 Richter, Matthias 15, 78, 146, 148, 176 Riesser, Gabriel 60, 115 Rietra, Madeleine 91,126 Riff, Michael A. 36 Rose, Margret A. 68-69, 73, 75 Rosenzweig, Franz 73 Roth, Joseph 17-24, 84, 116, 153, 157, 161, 175, 337 Roth, Susanna 243 Rousseau, Jean-Jacques 127 Rudolf II. 36,41 Rürup, Reinhard 327 Runge, Philipp Otto 319 Ruppin, Arthur 4,212

398 Saar, Ferdinand von 9 Sabbatai Zwi 294 Salomon, Elia ben 319 Salus, Hugo 240 Sartre, Jean Paul 7 Sauer, August 25, 122 Schäfer, Peter 250 Schäffle, Albert Eberhard 47 Schaller, Jaroslaus 340 Schaukai, Richard von 184, 309 Schenk, Hans 36,37 Schiff, Hermann 28,107, 147 Schiffmann, Mina 17,25,28,65,98, 107-108, 118, 139, 144,303, 306, 313 Schiller, Friedrich 57, 117, 227, 251252, 272, 307, 332, 343,345 Schmidt, Ernst 29 Schmidt, Michael 153, 252 Schoeps, Julius H. 27 Scholem Alejchem 22, 156, 242 Scholem, Gershom 251, 283, 294 Schröder, Rolf 63, 87,110,168 Schroubek, Georg R. 54 Schudt, Johann Jakob 60 Schütz, Hans J. 27 Scott, Walter 60, 65, 80, 154,280 Scribe, Eugène 275 Sebald, Winfried G. 22, 120, 144, 153,202 Sedmidubsky, Miloä 119,127,181, 241,243,271 Seibt, Ferdinand 33 Seligmann, Caesar 5 Seligmann, Rafael 197 Sengle, Friedrich 24,141,245 Sessa, Karl Borromäus Alexander 78 Shaked, Gershom 16,84 Shakespeare, William 136, 154, 156, 271 Shatzky, Jacob 26 Shedletzky, Itta 26 Simon, Bettina 15 Simon, Ernst 48, 56 Sommer, Johann Gottfried 340 Sorkin, David 2 Spies, Gerty 35,332-335 Spindler, Carl 9 Spinoza, Baruch de 218 Srbik, Heinrich von 242 Steffen, Konrad 132 Steines, Patricia 4 Steinherz, Samuel 34

Personenregister Steinmetz, Horst 144,151 Steinthal, Hermann 13,138,146, 246,269,297,315 Stemberger, Günter 15, 57, 76 Stephens, Anthony 66,69,71-72,76, 85 Stemberger, Dolf 83 Stifter, Adalbert 1,11,25, 71,122137,271,348 Stöckler, Emanuel 347 Stölzl, Christoph 30-31,37, 49-50, 53,218 Stoffers, Wilhelm 21,25,277 Strelka, Joseph P. 26, 122,214 Suchy, Barbara 5 Sulzer, Salomon 245, 303 Susman, Margarete 130-131,134, 136, 294 Szantó, Simon 164 Tauber, Josef Samuel 21 Teige, Josef 47 Teufel, Helmut 42-43 Thomas von Aquin 55 Thum und Taxis, Marie von 9 Tieck, Ludwig 65,110 Timm, Erika 78 Tischler, Maria 41 Todorov, Tzvetan 57 Toury, Jacob 52, 54 Trebitsch, Nahum (Nehemias) 307 Treitel, Leopold 9,25, 117, 144-145 Treitschke, Heinrich von 278 Turgenjew, Iwan Sergejewitsch 139 Ucko, Sinai 4-5 Uhi, Eduard 351 Uhland, Ludwig 185 Uris, Leon 34 Vergil 136,155 Vogt, Ludgera 14-15 Voigt, Jürgen 59, 76 Volkov, Shulamit 37, 50,101, 152, 165 Vrchlicky, Jaroslav 22 Wagner, Richard 115 Wallenstein, Albrecht Wenzel Eusebius von 340 Weinberg, Werner 152 Weininger, Otto 134,187 Weisel, Georg Leopold 13,21,98, 106, 237

Personenregister

399

Weltsch, Robert 35 Werfel, Franz 160,205 Wertheim, Philip 148 Wertheimer, Joseph 117 Wessely, Wolfgang 50 Westermann, Claus 155 Wiesel, Elie 1 Wiesmann, Louis 189 Wilkomirsky, Binjamin 337 Windfuhr, Manfred 17, 65, 70, 74, 85 Wininger, Salomon 98, 348 Winkelbauer, Thomas 27, 104,138 Winter, Josef 25 Winter, Zikmund 47 Wlaschek, Rudolf M. 34-35 Wolf, Gerson 24, 31, 117, 145, 152 Wolf, Immanuel 5 Wolfenstein, Alfred 115 Wolff-Frank, Ulla 44,258-260 Wolkan, Rudolf 97,117,151 Wünsche, August 25 Würffei, Stefan Bodo 61-62,65,69, 72, 79 Wurzbach, Constantin von 117, 268

21,28,

Yerushalmi, Yosef Hayim 3, 6, 80, 160, 282,318,336 Zang, August 51 Zangwill, Israel 25 Zborowski, Mark 101,104, 120,152, 166, 179, 184, 190-191,193-195, 202, 230-231, 247,266 Zunz, Leopold 5 Zweig, Stefan 160