Dienst, Verdienst und Distinktion: Fürstliche Selbstbehauptungsstrategien der Hohenzollern im 15. Jahrhundert 9783412211547, 9783412209810

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Dienst, Verdienst und Distinktion: Fürstliche Selbstbehauptungsstrategien der Hohenzollern im 15. Jahrhundert
 9783412211547, 9783412209810

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Symbolische Kommunikation in der Vormoderne Studien zur Geschichte, Literatur und Kunst Herausgegeben von Gerd Althoff, Barbara Stollberg-Rilinger und Horst Wenzel

Katrin Bourrée

Dienst, Verdienst und Distinktion Fürstliche Selbstbehauptungsstrategien der Hohenzollern im 15. Jahrhundert

2014 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Dieser Band ist im Sonderforschungsbereich 496 »Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution« an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster entstanden und wurde auf seine Veranlassung unter Verwendung der ihm von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellten Mittel gedruckt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

© 2014 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Meinrad Böhl, Leipzig Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-20981-0

Vorwort

Von den vielfältigen Anstrengungen, die vor allem Kurfürst Friedrich I., seine beiden Söhne Friedrich II. und Albrecht Achilles nach der Verleihung der Mark Brandenburg durch Sigismund von Luxemburg im Jahr 1415 unternommen haben, um sich im Kreis der höchsten Reichselite zu etablieren, erzählt dieses Buch, das im Sommersemester 2010 an der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen wurde. Die Mühen des Herrscherhauses führten schließlich zum Erfolg, da seine Mitglieder Etablierte und Mitstreiter als Vorbilder nutzten bzw. weil sie wohlwollende Unterstützung Dritter erfuhren. Ganz ähnlich stellte sich der Sachverhalt im Entstehungsprozess dieses Buches dar: Mit der Abfassung dieser Arbeit waren Anstrengungen verbunden, die durch die Unterstützung vieler gemildert wurden – Mitstreitern und Vorbildern kam eine zentrale Funktion zu. Dies erfüllt mich mit großen Dankbarkeit, die ich an dieser Stelle gerne zum Ausdruck bringen möchte: Die wesentlichen Überlegungen zu meiner Arbeit, die ich vor Gerd Althoff, Hermann Kamp und Barbara Stollberg-Rilinger im Mai 2010 verteidigt habe, entstanden im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 496, in dem ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin wesentlich von der Produktivität und wissenschaftlichen Kreativität der Kolleginnen und Kollegen – Vorbilder und Mitstreiter in diesen Jahren – profitiert habe. Von der Mitarbeit in verschiedenen Arbeitsgruppen, aber vor allem auch von dem wissenschaftlichen Austausch im Rahmen der interdisziplinären Tagungen und Vortragsveranstaltungen im Sonderforschungsbereich, konnte ich sehr profitieren. Dabei möchte ich an erster Stelle meinem Doktorvater Gerd Althoff danken, der mich bei meinem Projekt vertrauensvoll förderte und dessen unerschöpfliches Interesse an der symbolischen Kommunikation und Begeisterung für die Epoche des Mittelalters mich inspirierten. Das diskussionsfreudige Klima in Münster wurde ebenfalls stark von Barbara Stollberg-Rilinger geprägt, deren Leidenschaft insbesondere für geschichtstheoretische Fragen mein Interesse und Verständnis für mein Forschungsthema vertiefte. Beiden sowie Horst Wenzel danke ich zudem herzlich für die Aufnahme meiner Dissertation in die von ihnen herausgegebene Reihe. In der letzten Phase der Abfassung der Dissertation war es schließlich vor allem

VI Hermann Kamp, der in regelmäßigen Gesprächen nicht nur letzte Fragen zu klären und konzeptionelle Probleme zu überwinden half, sondern den entscheidenden ‚sanften‘ Druck ausübte, das Buch zu beenden. Für all dies und mehr bin ich ihm überaus dankbar. Bei ersten methodisch-theoretischen Überlegungen, Gliederungsfragen und bezüglich anderer konzeptioneller Erwägungen hatte ich in Münster in Christina Schröer, Christoph Friedrich Weber, Antje Flüchter, Lukas Wolfinger, Michael Sikora und Stefanie Rüther einen Kreis kompetenter Ansprechpartner, Kollegen und Freunde. Auf mehreren Tagungen, in Oberseminaren und Kolloquien in Münster, Leipzig und Köln konnte ich diese Überlegungen vertiefen, indem ich Zwischenergebnisse zur Diskussion stellte und dabei neue Anregungen sammeln konnte. Dies hat meinen Arbeitsprozess sehr bereichert und stellte eine hilfreiche Ergänzung zu den Münsteraner Forschungspositionen dar. An dieser Stelle möchte ich vor allen Reinhard Seyboth meinen Dank für seine kompetenten Hinweise im Rahmen mehrerer Tagungen aussprechen. Beim Zusammentragen des Materials und bei späteren Nachfragen hatte ich das Glück, auf freundliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den von mir konsultierten oder kontaktierten Archiven zu treffen, die mit großer Akribie meine Anfragen betreuten. In der Schreibphase hatten schließlich verschiedene Personen Anteil an der Entstehung dieses Buches, die mich durch anregende Hinweise und vor allem durch kritisches Korrekturlesen in besonderem Maße unterstützten. Dies gilt für Almut Breitenbach, Stefanie Rüther, Carla Scheunemann, Christina Schröer, Christiane Witthöft und Lukas Wolfinger, die jeweils Kapitel der Arbeit lasen und kommentierten. Mein Bruder Hendrik Bourrée war mir außerdem bei der Korrektur der Fußnoten eine große Hilfe. Ihnen allen möchte ich von ganzem Herzen danken. Schließlich möchte ich Christine Eglseder vom Promotionsprüfungsamt der Universität Münster für ihre ruhige und freundliche Betreuung meinen Dank aussprechen. Auch dies hat maßgeblich zum erfolgreichen Abschluss der Arbeit beigetragen. Nachdem meine Dissertation im Dezember 2010 als eine der besten des Studienjahres von der Fakultät ausgezeichnet wurde, habe ich sie dennoch für den Druck an einigen Stellen überarbeitet und gekürzt. Viele Kollegen und Freunde begleiteten diesen Prozess der Drucklegung durch bereichernde Diskussionen und kritische Hinweise. Stellvertretend sind hier vor allem Ulrike Bock und Antje Schnoor zu nennen. Organisatorische Hilfe in dieser Phase der Druckvorbereitung erhielt ich von Frau Maria Hillebrandt als Geschäftsführerin des SFB 496, von Elena Mohr und Susanne Kummer vom Böhlau Verlag sowie von Eva Wiebel, die freundli-

VII cherweise den Satz meines Manuskriptes übernahm. Auch Eduard Heinrich Dreser bin ich für die großartige Hilfe bei der mühevollen Erstellung des Registers zu großem Dank verpflichtet. Sandra Andrea Venske und Doris Hartmann gebührt mein Dank für die Beschaffung und Anfertigung druckgeeigneter Bildvorlagen. Auch auf der nicht-wissenschaftlichen Ebene haben viele durch ihre Unterstützung zum Gelingen meines Dissertationsprojekts beigetragen, vor allem meine Freundinnen Carla Scheunemann, Frederike Jacob, Uta Schlott, Ina Brendt und mein Mann, Jan Knechtel. Insbesondere ohne meine Eltern, Edith und Volker Bourrée, denen ich viel verdanke, wäre dieses Buch wahrscheinlich nie entstanden. Neben der liebevollen Unterstützung in der gesamten Entstehungszeit haben sie mir vielfach auch ganz konkret im Schreib- und Drucklegungsprozess geholfen: Mein Vater durch mehrfaches sorgfältiges Korrekturlesen; meine Mutter durch organisatorische Hilfestellungen. Nicht nur aus diesem Grund möchte ich ihnen dieses Buch widmen. Dortmund im April 2014

Katrin Bourrée

Inhalt

Vorwort ............................................................................................................

V

1. Einleitung .................................................................................................. 1 4 1.1 Untersuchungsgegenstand und Forschungslage .......................... 1.2 Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen ... 15 1.3 Untersuchungszeitraum, Aufbau der Arbeit, Quellengrundlage 30 2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und die Bedeutung von Verdienstadel für die Dynastie der Hohenzollern .............................. 41 2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität, bewusster Auszeichnung und als Instrument der Statusinszenierung ........ 50 2.2 „und ob du die brief verlurest, wie gut warest du dann“? Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel ................................. 118 2.3 Ämter und Dienste als Mittel zur Inszenierung von Dissens oder zur demonstrativen Beilegung eines Konflikts ................... 146 3. Vernetzung als Mittel der Etablierung innerhalb der Gruppe der Standesgenossen und in den Territorien ....................................... 161 3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung: „fruntliche eynunge“, „puntgenossen“ und „swâgerschaft“ ...................................... 171 3.2 Ideelle Mitgliedschaften und kulturelle Vernetzungsstrategien zur Machtkonsolidierung: Hof- und Festkultur, Kurzweil und Genossenschaft ....................................................... 199 4. Nähe und Distanz(-ierung) ..................................................................... 253 5. Symbolische und instrumentelle Aspekte der hohenzollerischen Landesherrschaft im 15. Jahrhundert ................................................... 315 5.1 Das Kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg.... 368 5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik als Mittel der landesherrlichen Repräsentation: Kurfürst Friedrich II. ............ 419 6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie ........................................................ 6.1 Grablegen und Stiftungen ............................................................... 6.2 Mitgliedschaften in religiösen Bruderschaften, Adelsgesellschaften und Hoforden ................................................................... 6.3 Herkunft und Ruhm ........................................................................

481 486 519 576

X 7. Schlussbetrachtung .................................................................................. 611 Anhang.............................................................................................................. Abbildungsnachweis ................................................................................ Quellen ...................................................................................................... Ungedruckte Quellen ....................................................................... Gedruckte Quellen und Übersetzungen ....................................... Literatur ..................................................................................................... Personen- und Ortsregister ....................................................................

623 623 626 626 627 635 699

1. Einleitung 1. Einleitung

„Er hat durch die Strenge der standesgemäßen Lebensform, die eine weiteste Berührungsfläche zwischen seinen Mitgliedern schuf; durch die Forderung der Ebenbürtigkeit, die eine physiologische Garantie der qualitativen und historischen Einheitlichkeit des Standes bewirkt; durch die Technik seiner Tradition, die die Werte und Errungenschaften der Familie und des Standes verlustlos wie in ein Sammelbecken einströmen lässt – durch diese soziologischen Mittel hat der Adel seine Individuen in einem sonst nicht erreichten Maße in die Gesamtgruppierung eingeschmolzen. Aber das so entstandene überpersönliche Gebilde hat nun entschiedener als irgend sonst seinen Zweck und Sinn in der Existenz der Einzelnen, in ihrer Macht und Bedeutung, in der Freiheit und Selbstgenügsamkeit ihres Lebens.“1 „Die Akkumulation materieller Reichtümer ist […] nur ein Mittel unter anderen, symbolische Macht zu akkumulieren als Macht zur Durchsetzung der Anerkennung der Macht […].“2

Im Jahr 1500 ließ Ludwig von Eyb der Ältere dem seit 1486 regierenden Markgrafen Friedrich V. eine Art politisches Memorandum zukommen,3 in dem er dem jungen Hohenzoller ein ganzes Ensemble von Maßnahmen vorschlug, die die territoriale Basis seiner Herrschaft erweitern und seinen politischen Spielraum vergrößern sollten.4 Von Eyb – seit Ende der 1430er Jahre bis zu seinem Tod am 29. Januar 1502 in Diensten der fränkischen Hohenzollern – wies den Markgrafen beispielsweise darauf hin, dass man versuchen müsse, die Grafschaft Katzenelnbogen zu gewinnen.5 Aus der söhnelosen Ehe Markgräfin Sibylles mit Herzog Wilhelm IV. von JülichBerg sei zudem Gewinn zu schlagen,6 und die Schwäger des Markgrafen, König Władysław II. von Böhmen und Ungarn sowie König Johann Albrecht von Polen, müssten dazu gebracht werden, jeweils einem markgräflichen Sohn ein ungarisches bzw. polnisches Bistum zu übergeben.7 1 2 3 4 5 6 7

SIMMEL, Zur Soziologie des Adels, S. 3. BOURDIEU, Sozialer Sinn, S. 240. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 103–114. Ebd., S. 19. Ebd., S. 106. Zu den Plänen der Hohenzollern, diese Grafschaft zu gewinnen, siehe SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 392–393. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 107. Ebd.

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1. Einleitung

Weitere Vorschläge des fränkischen Rates sahen außerdem vor, verschiedene geistliche Ämter für die minderjährigen Markgrafensöhne zu erlangen8 und eine markgräfliche Tochter entweder mit einem Sohn Pfalzgraf Philipps oder Herzog Albrechts IV. von Bayern-München zu verheiraten.9 „Dann es mag in kurczer zeit darzu komen, so herczog Jorg sturb, das sich zwischen Pfalcz und München umb herczog Jorgen verlassen land und leute ein grosse zwitrecht gegeben mag“,10 deshalb, so von Eyb weitsichtig, solle Markgraf Friedrich der Ältere festlegen, mit welcher Familie die Verhandlungen zu führen seien – „das mein herr der ain an sich hieng“.11 Neben diesen Strategien zur Erweiterung des Macht- und Einflussbereiches der fränkischen Hohenzollern hatte der Bruder des berühmten Frühhumanisten Albrecht von Eyb bereits zu Beginn des politischen Memorandums die Übernahme der Regierungsgeschäfte in dem südlichen Territorium der Hohenzollern geschildert. Nur wenige Tage nach dem Tod des Vaters, Markgraf Albrechts, auf dem Frankfurter Reichstag im Jahr 1486 seien die beiden Brüder Friedrich V. und Sigmund mit den fränkischen Territorien, ihr Halbbruder Johann mit der Kurmark belehnt worden, so der fränkische Chronist. Sie traten nun „mit der dinstparkait dem kaiser in die fustapfen irs herrn und vaters erstlich mit einem mergklichen raisigen zeug fur Gemündt unnd darnach uff manigfeltig kaiserlich teg, die sie besuchten mit schwerer costung. Darnach lies sich mein herr betaidigen zu eim haubtman uff das Lechfeldt wider Bairn unnd darnach aber mit einem grossen mercklichen raisingen zeug bey achthundert pferden gein Schweitz unnd sich da mit schwerer costung bis zu endung des kriegs enthielt.“12

In dieser Darstellung Ludwigs von Eyb zeigt sich deutlich, dass das politische Agieren der markgräflichen Söhne als Herrschaftsnachfolger eine Kontinuität aufwies, eine dynastische Tradition, die schon seit langer Zeit den Aufstieg der Familie begleitet hatte. Denn durch die geschilderte militärische Unterstützung Kaiser Friedrichs III. und König Maximilians I. bei ihrem Kriegszug gegen die flandrischen Städte 1488, die Mitwirkung der markgräflichen Brüder auf Reichstagen in den ersten Jahren ihrer Regierungszeit, die Übernahme des Reichsheerführeramtes durch Friedrich V. gegen Herzog Albrecht von Bayern-München sowie schließlich durch seine Teilnahme im Aufgebot König Maximilians im Rahmen des Schweizer8 9 10 11 12

Ebd., S. 109. Ebd., S. 109–110. Ebd., S. 110. Ebd. Ebd., S. 103–104.

1. Einleitung

3

krieges13 leisteten beide Hohenzollern dem habsburgischen König bzw. Kaiser Dienste, die der intime Kenner der Familie bereits als typisch für den väterlichen Amtsvorgänger identifiziert hatte. Gemäß der Schilderung von Eybs ergänzte dieses dynastische ‚Spezifikum‘ die anfangs geschilderten Maßnahmen der Herrschaftskonsolidierung und -erweiterung zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Die Letztgenannten gehörten dabei scheinbar zu einem allgemeinen Repertoire der hochadeligen Geschlechter, die versuchten, ihren politischen Bedürfnissen und ihrem sozialen Status Geltung zu verschaffen. Die „Strenge der standesgemäßen Lebensform“, die Georg Simmel dem Adel bescheinigt,14 beeinflusste offensichtlich auch das Agieren auf diesen Handlungsfeldern; ja, sie legte geradezu die Auswahl der Felder selbst fest. Insbesondere für Neumitglieder in der Gruppe des Hochadels stellten sie somit eine Bewährungsprobe dar, die entscheidend für die Herrschaftsteilhabe war. Denn in der Vormoderne wurden nicht fachliche Qualifikationen als Voraussetzung für die Ausübung von Herrschaft angesehen. Im Bewusstsein der mittelalterlichen Zeitgenossen war vielmehr die Überzeugung tief verwurzelte, dass der ‚Adel‘ einer Person der Garant für ihre Befähigung zur Herrschaft sei.15 Aus diesem Grund beschäftigt sich die vorliegende Untersuchung mit den Bemühungen eines fränkischen Adelsgeschlechts,16 Akzeptanz unter den Herrschaftsträgern seiner Zeit zu gewinnen, und analysiert, auf welche Weise die Dynastie der Hohenzollern nach ihrem Aufstieg ins Kollegium der Kurfürsten ihre neue politische und soziale Position zu etablieren suchte. Der Adel dieser Dynastie bot verschiedentlich Anstoß zur Erörterung ihrer Herrschaftsqualifikationen, und innerhalb dieser Debatten wurde auf unterschiedliche Wertvorstellungen der spätmittelalterlichen Reichsgesellschaft rekurriert. Die Studie möchte somit durch eine Analyse der Praktiken und der Diskurse der Herrschaftslegitimation einen Beitrag zum Verständnis der sozialen Ordnung im 15. Jahrhundert leisten und darlegen, wie die Teilhabe an der Herrschaft im Reich in dieser Zeit möglich war.

13 14 15 16

Ebd., S. 104. SIMMEL, Zur Soziologie des Adels, S. 3. So zum Beispiel Aegidius Romanus, De regimine principum libri tres I, 4, 5, S. 204–205. Die schwäbischen Wurzeln der Hohenzollern sollen aber keinesfalls verschwiegen werden.

4

1. Einleitung

1.1 Untersuchungsgegenstand und Forschungslage 1.1 Untersuchungsgegenstand und Forschungslage

Seit jeher hat die historische Forschung ein allgemeines Interesse an der Untersuchung von Herrschaft, „[…] sei es in Gestalt sozialer, kultureller oder psychischer Unterordnungs- und Machtverhältnisse oder in ihrer institutionalisierten Form als Staat oder Verwaltung.“ Deshalb ist „[…] davon auszugehen, daß Herrschaft, die Analyse der Prozesse von Machterwerb, Machtbewahrung und Machtverlust einerseits und die Ausbeutung durch Macht andererseits, nach wie vor eine Zentralthematik kritischen geschichtswissenschaftlichen Arbeitens darstellt […].“17 Ein Interesse an den Funktionsweisen von Macht und Herrschaft für die Zeit des Mittelalters schließt dabei immer auch eine besondere Beachtung der fürstlichen Dynastien mit ein, auch wenn die historische Forschung aus wissenschaftstheoretischen Erwägungen dieses Untersuchungsfeld phasenweise eher gemieden hat.18 Auf die herausragende Bedeutung von Fürsten und Dynastien für das Verständnis der mittelalterlichen Reichsgesellschaft in ihren verschiedenen noch nicht ausdifferenzierten Teilbereichen hat Peter Moraw ausdrücklich hingewiesen: „Was wir Verfassung nennen, war damals vielfach ein Verhältnis unter Großen, denen fürstliches Ansehen viel mehr galt als Texte auf Papier oder besser: dies waren inkommensurable Größen.“19 Die mediävistische Forschung hatte zu diesem Zeitpunkt bereits erkannt, dass es nicht angemessen gewesen war, das mittelalterliche Reich wie einen modernen Staat zu beschreiben: mit einer Gerichtsverfassung und entsprechender Gesetzgebung, einer Ämterorganisation und differenzierten Institutionen.20 Es wurde zudem deutlich, dass die spezifische Verfasstheit der Gesellschaft der Vormoderne sich treffender als eine Präsenzkultur beschreiben ließ, die auf der persönlichen Anwesenheit der Herrschaftsträger beruhte und erst in zweiter Linie auf schriftlicher Kommunikation und Stellvertretung.21 Die institutionelle Ordnung des Mittelal17 18

19 20 21

WEBER, Einleitung, S. 3. Für die Epoche der Frühen Neuzeit schildert Weber die Gründe für eine vollkommene Verdrängung der Thematik zugunsten der Untersuchung von nicht-adeligen und unterbürgerlichen Bevölkerungsgruppen. Für die deutsche und außerdeutsche Mediävistik sieht Weber hingegen weniger große Berührungsängste, siehe WEBER, Einleitung, S. 1–3 und Fußnote 1. Karl-Heinz Spieß hat jedoch darauf hingewiesen, dass das Thema der Dynastien auch in der Mediävistik erst seit dem Beginn der 1980er Jahre wieder Konjunktur hat, siehe SPIEß, Einführung, S. 9. MORAW, Hoftag, S. 20. ALTHOFF, Spielregeln, S. 2; siehe aber auch KELLER, Ottonische Königsherrschaft, insbesondere S. 11–21 und S. 51–90. STOLLBERG-RILINGER, Des Kaisers alte Kleider, S. 11.

1.1 Untersuchungsgegenstand und Forschungslage

5

ters wurde also durch die persönliche Interaktion der gesellschaftlichen Führungsschicht hergestellt. Für die Ebene der Reichspolitik bedeutete dies, dass die Großen und das Königtum einander immer wieder körperlich gegenübertreten mussten. Neben dem Beitrag der Fürsten zur Reichsverfassung ist außerdem betont worden, dass sich aus der dynastischen Akkumulation von Rechten, Besitzungen und Ansprüchen im Laufe des Spätmittelalters die Territorien entwickelt haben, sie also primär Fürstenleistungen waren.22 Dieser Standpunkt war nicht unumstritten.23 Die besondere Bedeutung der Dynastie in dieser Hinsicht betont unter anderem Ernst Schubert, wenn er davon ausgeht, dass die Herrschaft in den Fürstentümern eben nicht nur auf das Land, sondern auch auf das eigene dynastische Haus bezogen gewesen sei und stets auch die Interessen der Familie, beispielsweise in Bezug auf Nachfolgeregelungen, zu berücksichtigen hatte.24 Bedenkt man, dass es sich bei der Dynastie um eine „optimierte Erscheinungsform der Familie“ handelt, „[…] die sich durch erhöhte Identität (und damit verstärkte Abgrenzung nach außen), ausdrücklich gemeinsam genutzten (individueller Verfügung durch Familienmitglieder entzogenen) Besitz (Güter, Ränge, Rechte, Ämter), im Interesse ungeschmälerter Besitzweitergabe bzw. maximaler Besitzerweiterung bewusst gesteuerte Heirat und Vererbung sowie daher in der Regel gesteigerte historische Kontinuität auszeichnet“25,

dann wird klar, auf welche Weise Dynastien Anteil am Prozess der Territorialisierung im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit hatten. Ergänzend sei hinzugefügt, dass es sich bei der Dynastie um einen Verband mehrerer gleichzeitig oder nacheinander existierender Familien handelt und diese „neben den lebenden Angehörigen auch die verstorbenen und zukünftigen Mitglieder, also eine Generationenkette“26 umfasst. Die beiden zentralen Perspektiven auf die politische Ordnung der spätmittelalterlichen Gesellschaft – auf die Ebene der Reichspolitik auf der einen Seite und auf die der Territorial- und Landesherrschaft auf der anderen – werden durch einen weiteren, von Peter Moraw bereits früh formu22 23 24 25 26

MORAW, Bestehende Voraussetzungen, S. 110. Zur Forschungsgeschichte und zum Forschungsstand der Phänomene ‚Landesherrschaft‘ bzw. ‚Territorium‘ siehe den entsprechenden Band aus der Enzyklopädie deutscher Geschichte von Ernst Schubert: SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft. SCHUBERT, Ernst der Bekenner, vor allem S. 37. WEBER, Dynastiesicherung, S. 95. NOLTE, Familie, S. 13.

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1. Einleitung

lierten Hinweis ergänzt, dass nämlich auch der König selbst in erster Linie im Interesse seiner Dynastie gehandelt und erst danach an seine Landesherrschaft oder etwa an die Belange des Reiches gedacht habe.27 Vor dem Hintergrund dieser in verschiedenen Studien zur Reichsverfassung und zum Verhältnis zwischen den Fürsten und dem Königtum herausgearbeiteten zentralen Bedeutung von Fürsten und Dynastien konnte Karl-Heinz Spieß 2002 zu Recht konstatieren, dass die „Publikation eines Bandes, der sich mit den Themen ‚Dynastie‘ und ‚Hof‘ beschäftigt, […] heute kaum einer Begründung“ bedürfe, „[…] gehören doch beide Komplexe zu den aktuell sehr intensiv diskutierten Forschungsfeldern in der Geschichtswissenschaft und den angrenzenden Disziplinen.“28 In Anlehnung an die Arbeiten Peter Moraws habe sich die spätmittelalterliche Forschung seit den 1990er Jahren vermehrt mit dem Untersuchungsgegenstand ‚Reichsfürsten‘ und dabei vor allem mit ihrem Verhältnis untereinander beschäftigt.29 Im Bereich ihrer sozialen und politischen Interaktionen, also in ihrem reichständischen Verhalten erkannte Moraw den Schlüssel zum Verständnis zentraler Aspekte der spätmittelalterlichen Gesellschaft; und zwar auch abseits der auf den ersten Blick eindeutig machtpolitischen Themen, zum Beispiel bezüglich der Raumstruktur des Reiches.30 Während das soziale Bezugssystem der Fürsten bis ins 13. Jahrhundert durch Julius Ficker frühzeitig untersucht worden ist31 und dessen Ergebnisse trotz einiger kritischer Einwände32 noch immer Bestand haben, hat es sich vor allem das Forschungsprojekt ‚Principes‘an der Universität Greifswald unter der Leitung von Karl-Heinz Spieß zur Aufgabe gemacht, das soziale „Beziehungsnetz und die innere Struktur und Rangordnung der spätmittelalterlichen Reichsfürsten“33 zu analysieren. So überrascht es auch nicht, dass eine Greifswalder Habilitationsschrift aus jüngerer Zeit sich mit den „Koordi-

27 28 29 30 31 32

33

MORAW, Die kurfürstliche Politik, S. 76. SPIEß, Einführung, S. 9. Ebd., S. 10. MORAW, 1292 und die Folgen, S. 59–60. FICKER, Vom Reichsfürstenstande. Auf die großen sozialen Unterschiede innerhalb des Reichsfürstenstandes hat vor allem Peter Moraw immer wieder hingewiesen, siehe MORAW, Fürsten, S. 21. Zu der generellen Tendenz der Forschung, im Adel eine rechtlich und sozial homogene Körperschaft zu sehen, siehe SPIEß, Ständische Abgrenzung. SPIEß, Einführung, S. 10. Informationen zum Stand des Projektes, seinen Zielen und den bereits erschienen Publikationen der Projektmitarbeiter bietet die Homepage des Lehrstuhls für Allgemeine Geschichte des Mittelalters und Historische Hilfswissenschaften der Universität Greifswald: http://www.phil.uni-greifswald.de/bereich2/histin/lehrstuehlearbeitsbereiche/allgemeine-geschichte-des-mittelalters-und-historische-hilfswissenschaften/ma-forschung/principes.html.

1.1 Untersuchungsgegenstand und Forschungslage

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naten fürstlichen Handelns im Mittelalter“34 befasst. Der enge Zusammenhang zwischen dem Thema der reichsfürstlichen Interaktion und dem der Dynastie liegt auf der Hand. Aus diesem Grund stellt ein Gesichtspunkt des Projekts auch die Untersuchung einzelner reichsfürstlicher Dynastien dar, die in der deutschsprachigen Mediävistik ab den 1990er Jahren unter sozial- und verfassungsgeschichtlichen Fragestellungen erneut verstärkt betrachtet35 und in jüngster Zeit nun auch unter kultur- und kommunikationsgeschichtlicher Perspektive zum Gegenstand der historischen Forschung wurden.36 Trotz der zeitweisen Vernachlässigung des fürstlichen Hauses bzw. Geschlechts durch die Geschichtswissenschaft sind entscheidende Impulse für eine neu ausgerichtete Dynastieforschung schon früh anzusetzen, denn in zwei grundlegenden Punkten hatte Karl Schmid in dieser Hinsicht die Adelsforschung aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg bereichert und Anregungen für eine Neuausrichtung des Forschungszweiges geliefert. Bereits in einem Aufsatz aus dem Jahr 1957 legte er den Zusammenhang zwischen dem Wandel der Herrschaftsformen und der Familienstruktur im hochmittelalterlichen Adel dar.37 Vier Jahre später, in seiner Habilitationsschrift, die erst nach über 30 Jahren und posthum veröffentlicht werden sollte, konnte Schmid wiederum die wechselseitige Bezogenheit von Adel und Königtum nachweisen und dabei zeigen, dass für die dynastischen Vorstellungen des Adels das „königliche Geblüt“ stets als Leitbild fungierte.38 Insbesondere Schmids neuartige Erkenntnisse über den Zusammenhang von Herrschaft und hochadeliger Familienstruktur leiteten schließlich auch für die Epoche des Spätmittelalters einen verfassungs- und sozialgeschichtlichen Perspektivwechsel ein und machten den Weg frei für Arbeiten, deren Gemeinsamkeit darin bestand, nicht mehr auf einzelne Herrscherpersönlichkeiten zu fokussieren, sondern familienbestimmtes Denken und Handeln zu untersuchen. Vor allem die Versuche, Herrschaft kontinuierlich in der Familie zu sichern, stellten dabei einen zentralen Ausgangspunkt für weitere Überlegungen dar. So führten Peter Moraw und Ernst Schubert immer wieder vor,39 auf welche Weise spätmittelalterliche 34 35 36 37 38 39

AUGE, Handlungsspielräume, S. 2. Zu nennen wären hier zum Beispiel: HEIMANN, Hausordnung; SPIEß, Familie und ROGGE, Herrschaftsweitergabe. Diese aktuelle Perspektiverweiterung machen die im Principes-Projekt erschienenen Publikationen und laufenden Arbeiten deutlich. SCHMID, Zur Problematik von Familie, Sippe und Geschlecht. SCHMID, Geblüt. Aus der Vielzahl der Publikationen seien hier lediglich genannt: MORAW, Die Entfaltung; DERS., Das Reich; DERS., Fürsten; SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft; DERS., Die Umformung spätmittelalterlicher Fürstenherrschaft; und DERS., König und Reich.

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1. Einleitung

Dynastien eine handlungsleitende Bezugsgröße für politische Entscheidungen auf der Ebene des Reiches und in den Territorien waren. In der Weiterführung wurden ihre Überlegungen mit landesherrschaftlichen Fragestellungen kombiniert.40 Die Übernahme von Fragestellungen und Theorien aus benachbarten Disziplinen und eine vielfältige methodische Neuausrichtung, die die Geschichtswissenschaft seit den 1980er Jahren allgemein prägen, hatten auch Einfluss auf die Ausrichtung der Dynastiegeschichte. Die moderne mediävistische und frühneuzeitliche Dynastieforschung kann methodische Ansätze der Historischen Anthropologie und der Alltagsgeschichte genauso für sich fruchtbar machen,41 wie sie geschlechtergeschichtliche Fragestellungen42 gewinnbringend auf ihren Gegenstand anzuwenden weiß oder Konflikte zum Ausgangspunkt ihres Erkenntnisinteresses bestimmt: zum Beispiel um den Beitrag innerdynastischer Konflikte einerseits und die Ausbildung von Hausnormen andererseits für den Staatsbildungsprozess zu untersuchen.43 Im Zuge der sogenannten kulturalistischen Wende in der Geschichtswissenschaft sind die neuesten dynastiegeschichtlichen Publikationen der Mediävistik kommunikationstheoretischen Methoden verpflichtet. Im Rahmen seiner Habilitationsschrift widmet sich Jörg Rogge beispielsweise der Dynastie als einem Kommunikations- und Handlungssystem. Die Dynastie sei zugleich Träger und Bewahrer von Herrschaftsrechten, da sie Normen und Leitvorstellungen hervorbringe und transportiere, denn „Kommunikation“ koordiniere „das Verhalten und Handeln von Individuen“.44 Insbesondere Konflikte zwischen den männlichen Mitgliedern der Dynastie, die bezüglich der Herrschaftsweitergabe entstanden, bilden seinen Untersuchungskorpus. Cordula Nolte hingegen nimmt das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach in den Blick und ist dabei insofern dem Modell der Verflechtungsanalyse Wolfgang Reinhards verpflichtet, als sie die zentralen Stränge der Markgrafendynastie analysiert und vor allem dem jeweiligen Familienoberhaupt besondere Beachtung zollt.45 Ihre Untersuchung konzentriert sich auf die Themenkomplexe Familienordnung, Hofund Haushaltsorganisation, räumlich-soziale Lebenswelt und die sprachlichen Kommunikationsformen innerhalb der Dynastie. Zentrales Anliegen Noltes ist dabei die Frage, wie 40 41 42 43 44 45

Als ein Beispiel kann hier aufgeführt werden: BRENDLE, Dynastie. SABLONIER, Die Aragonesische Königsfamilie. WUNDER, Dynastie und Herrschaftssicherung. HEIMANN, Hausordnung. ROGGE, Herrschaftsweitergabe, S. 8. NOLTE, Familie, S. 17.

1.1 Untersuchungsgegenstand und Forschungslage

9

„[…] die Angehörigen fürstlicher Familien im Übergang vom Mittelalter zur Frühneuzeit ihre Beziehungen untereinander – innerhalb der Familie, Dynastie, Verwandtschaft – gestalteten. Das Beziehungshandeln dieser Gruppe wird dabei als Teil fürstlicher Politik und Herrschaftspraxis verstanden.“46

Die Habilitationsschrift Cordula Noltes stellt den gegenwärtig aktuellsten systematischen Versuch einer Beschäftigung mit der hohenzollerischen Dynastie dar und steht in einer langen geschichtswissenschaftlichen Tradition.47 Insbesondere die Anfangsphase ist gekennzeichnet durch eine vornehmlich preußisch gefärbte Geschichtsschreibung, deren Interesse im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert vor allem darin bestand, in den Ursprüngen dieser Dynastie erste Hinweise für den Ruhm und die Größe der preußischen Könige und des späteren Kaiserhauses zu entdecken. Ganz im Sinne der allgemeinen Tendenz der nationalen Historiografie dieser Zeit, die mittelalterliche Vergangenheit als Leitbild für die Zukunft zu begreifen, welches durch eine glorreiche Stellung des Reiches als „‚Vor- und Ordnungsmacht‘ in Europa“48 charakterisiert war und zu dessen Größe zurückgefunden werden sollte, schienen bereits die Anfänge der Dynastie Vorbildcharakter zu haben. Dies zeigte sich in besonderem Maße bei der zentralen Diskussion um den Egoismus und die partikularistischen Bestrebungen des mittelalterlichen Adels als Ursachen für den ‚Untergang‘ eines starken Kaisertums. Der preußischen Geschichtsschreibung schienen die Hohenzollern in diesem Zusammenhang nahezu als Personifikation der Kaiser- und Reichstreue. In den Publikationen, die sich mit der Dynastie als Ganzer, den ersten Ursprüngen, einzelnen prominenten Vertretern oder bestimmten Aspekten ihres Herrschaftshandelns beim Aufstieg oder als Mitglieder des Kurkollegiums ab dem 15. Jahrhundert befassten,49 kommen solche Aspekte in unterschiedlicher Weise deutlich zum Ausdruck.50 46 47

48 49

50

Ebd., S. 13. Die zentralen Arbeiten über die beiden hohenzollerischen Territorien in Franken und der Mark Brandenburg werden an entsprechenden Stellen der vorliegenden Studie angeführt. Ebenso finden sich jeweils in den einzelnen Kapiteln umfassende Informationen zum Forschungsstand der dort behandelten Gegenstände, insbesondere zum höfischen Orden der Dynastie und zu anderen Stiftungen der Familie. ALTHOFF, Die Macht der Rituale, S. 15. RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses 1; DERS., Geschichte des Preußischen Königshauses 2; DERS., Zehn Jahre; DERS., Über den Ursprung; DERS., Über den Bruch; DERS., Über den Krankheitszustand; KANTER, Markgraf Albrecht; SCHUSTER/WAGNER, Die Jugend; BERNER, Die Abstammung; oder KOSER, Die Politik. Eine völlig andere Sichtweise vertritt hier Reinhard Seyboth: „Stößt das bei Kurfürst Friedrich II. nicht so ausgeprägte, dagegen bei den Kurfürsten Friedrich I. und Albrecht Achilles überaus intensive Engagement für Belange des Kaisers und der fränkischen Besitzungen auf kaum verborgene Kritik, so wird die schrittweise Distanzierung Kurfürst Johanns von seinem Vater Albrecht, seinen fränkischen Brüdern und damit deren über die engen Grenzen

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1. Einleitung

Eine kritische Distanz zum Untersuchungsgegenstand ist für die frühe Hohenzollernforschung selten gegeben, unter den wenigen Ausnahmen sei hier vor allem auf die umfassende Monografie von Otto Hintze und auf die Dissertation Erich Brandenburgs verwiesen.51 Als zweiter Aspekt, der für die Forschung der Frühphase kennzeichnend war, kann die Tatsache genannt werden, dass viele Arbeiten wegen der preußischen Perspektive auf die Mark Brandenburg als Kurfürstentum fokussiert waren und die „fränkischen Zollern des 15. Jahrhunderts […] vorrangig nach ihren Leistungen als Landesherrn der Mark beurteilt“52 wurden. Die Verknüpfung des brandenburgischen und fränkischen Territoriums der Dynastie im 15. Jahrhundert war in dieser Sichtweise lediglich eine ‚Vor-Geschichte‘ für das königlich-preußische Zeitalter der Neuzeit.53 Aus diesem Grund war es vor allem die fränkische Landesgeschichtsschreibung, die sich der Geschichte der fränkischen Hohenzollern seit dem 16. Jahrhundert widmete.54 In diesen Arbeiten, aber auch in solchen, die sich aus keiner borussischen Perspektive mit dem Agieren der Hohenzollern in Süddeutschland beschäftigten, zeigt sich jedoch oft ebenfalls eine verzerrte Bewertung und Darstellung der Dynastie. Zumeist erscheinen die Hohenzollern im 15. Jahrhundert als eine Dynastie, die insbesondere gegenüber den Wittelsbachern und anderen Herrschaftsträgern des süddeutschen Raumes in unangemessener Weise ihren Vorteil gesucht hätte.55 Neben der in der einen oder der anderen Weise verzerrten Darstellung der frühen Historiografie ist also die getrennte Betrachtung der beiden Territorien für das 15. und 16. Jahrhundert kennzeichnend für die Mehr-

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des eigenen Territoriums hinausreichender Politik bei gleichzeitigem Rückzug auf märkische Belange nicht ohne Wohlwollen registriert.“ Siehe SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 10. HINTZE, Die Hohenzollern. Trotz der wissenschaftlichen Qualität der Arbeit Hintzes weist seine Darstellung jedoch auch das grundsätzliche Problem auf, dass er die Geschichte der Hohenzollern mit der Brandenburgs und Preußens gleichsetzt. NOLTE, Familie, S. 31. Reinhard Seyboth sieht die Tendenz der Geschichtsschreibung sogar noch kritischer, wenn er schreibt, dass sich das „Trauma der hohenzollerischen Kurfürsten von Brandenburg, ihre nichtfürstliche Abkunft, auf die Chronisten ihres Wirkens“ übertrage. „Aus deren Sicht erscheinen die Grafen von Hohenzollern, die Burggrafen von Nürnberg und die Markgrafen der fränkischen Fürstentümer nicht als respektable Stammväter hohenzollerischer Tradition und erste Baumeister der europäischen Machtposition Brandenburgs, sondern eher als peinliche Anfänge späterer Größe“, siehe SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 9. Eine solche Darstellungsweise findet sich beispielsweise bei DROYSEN, Geschichte der Preußischen Politik 1. Ausführlich dazu, mit einer generellen Einschätzung der älteren Literatur, siehe SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 9–20. Als immer noch grundlegende Arbeit über die fränkischen Hohenzollern, leider mit zum Teil erheblicher Polemik, sei hier genannt: VON LANG, Geschichte des Fürstentums Ansbach-Bayreuth 1. Stellvertretend sei hier lediglich angeführt: KLUCKHOHN, Ludwig der Reiche.

1.1 Untersuchungsgegenstand und Forschungslage

11

zahl der Untersuchungen zur Geschichte der Hohenzollern. Dies erscheint insofern hoch problematisch, als es nicht nur der zeitgenössischen Wahrnehmung widerspricht, worauf Cordula Nolte ebenfalls hingewiesen hat,56 sondern zudem den Blick auf die innerdynastischen politischen Absprachen und die ‚Arbeitsteilung‘ der Hohenzollern in Bezug auf ihre dynastischen Interessen versperrt. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung legen es nahe, dass allein die Zusammenschau ein umfassendes Verständnis der Herrschaftsausübung der Hohenzollern im 15. Jahrhundert ermöglicht, die in einer gesamtdynastischen Anstrengung zwischen beiden Territorien ihre Macht sicherten und weiter ausbauen konnten. Gerade beim Thema ‚Dynastie‘ scheint eine einseitige Perspektive fragwürdig, der Gewinn einer entsprechenden Gesamtschau zeigt sich bei neueren Publikationen wie der knappen und trotzdem anschaulichen Darstellung Wolfgang Neugebauers.57 Auch Nolte berücksichtigt in ihrer Habilitationsschrift die Mitglieder der Dynastie in beiden Territorien gleichermaßen, was ihr Erkenntnisinteresse auch ausdrücklich erfordert, analysiert sie doch die innerdynastischen Kommunikationsstrukturen im 15. und 16. Jahrhundert.58 Vorbildlich nicht nur in dieser Hinsicht ist die quellen- und materialgesättigte Studie von Reinhard Seyboth, die sich zwar mit den Markgraftümern Ansbach und Kulmbach von 1486 bis 1515 beschäftigt, aber weit über den angegebenen Untersuchungszeitraum hinausreicht. Seine im Jahr 1985 veröffentlichte Dissertation befasst sich mit zentralen Aspekten der Dynastie: ihrer Einbindung in die Reichspolitik, ihrer Herrschaft als Landesherrn in den beiden Territorien – hier insbesondere in Bezug auf die markgräfliche Verwaltungs- und Finanzpolitik und die Organisation der verschiedenen Residenzen – und den Beziehungen zwischen einzelnen Familienmitgliedern.59 56 57

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NOLTE, Familie, S. 31, Fußnote 73. NEUGEBAUER, Die Hohenzollern 1. Die neueste Veröffentlichung im deutschsprachigen Raum zur Dynastie der Hohenzollern von Frank-Lothar Kroll, die 2008 in der WissensReihe im Beck-Verlag erschienen ist, befasst sich lediglich auf 19 Seiten mit der Zeit von 1061 bis 1499 und fällt entsprechend nicht ins Gewicht, siehe KROLL, Die Hohenzollern. In Frankreich ist ebenfalls jüngst ein Überblickswerk zur Geschichte dieser Dynastie erschienen: BOGDAN, Les Hohenzollern. Im Vorfeld ihrer Habilitation hat Nolte bereits verschiedene Aufsätze zu dieser Thematik veröffentlicht, zum Beispiel: NOLTE, Ir seyt ein frembs weib, oder DIES., Die markgräfliche Familie. SEYBOTH, Die Markgraftümer. Die wichtigsten Aspekte hat Seyboth auch in einigen Aufsätzen zusammengefasst, stellvertretend sei hier genannt: SEYBOTH, Die Hohenzollern in Franken. Seyboth hat außerdem eine Vielzahl von Aufsätzen mit einer enormen thematischen Bandbreite zu den Hohenzollern im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit veröffentlicht. In ihnen wird der Stellenwert, den die Dynastie für das politische Agieren der einzelnen Fürsten besaß, deutlich. Wenn auch nur kurz, geht Seyboth in seinen Studien auch

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1. Einleitung

Im Jahr 1982 hat Erwin Herrmann einen Aufsatz vorgelegt, der sich mit den ‚Abstammungsfabeln‘ der Hohenzollern seit dem 15. Jahrhundert befasst60 und ihre von der älteren Forschung eher als Kuriosa aufgefassten Versuche der Herrschaftslegitimation auf ihre tatsächliche Funktion für die Dynastie hin befragt. Herrmann konnte plausibel machen, dass die genealogischen Bemühungen auffälligerweise immer dann einsetzten, wenn der Rang der Dynastie von außen angegriffen und ihr Selbstverständnis erschüttert wurde. Das Instrument der Genealogie als eine Strategie der Legitimation wurde laut Herrmann seitens der Hohenzollern in der Frühen Neuzeit nicht nur ausgebaut, sondern erfuhr zudem einen Medienwechsel, da die zuvor höchstens in Form von Briefen vorliegenden Abstammungsrekonstruktionen nun in eine kolossale Wandmalerei in der bei Kulmbach gelegenen Plassenburg umgesetzt wurden. Mit seinen Überlegungen gab Herrmann den Anstoß, sich mit den fürstlichen Repräsentationsformen der Dynastie ausgiebiger zu befassen und genauer nach der Ausformung ihres dynastischen Selbstverständnisses zu fragen. In einer Zeit, die durch ein allgemein gestiegenes Interesse am Begriff der Repräsentation, der erneuten Hinwendung zum historischen Subjekt und der „Einsicht in die fundamentale Leistung des Symbolischen für die soziale Welt“61 im Zuge der kulturalistischen Wende in der Geschichtswissenschaft geprägt war, nahm sich nach Herrmann nun erstmalig Jean-Marie Moeglin des Themas der hohenzollerischen Verteidigungs- und Selbstdarstellungsstrategien eingehender an62 und fragte in verschiedenen Aufsätzen nach deren Einfluss auf ihr dynastisches Selbstverständnis.63 Durch seine Vergleiche mit dem Selbstverständnis anderer fürstlicher Dynastien des Spätmittelalters wie den Wittelsbachern und Habsburgern wurden dynastische Besonderheiten der Hohenzollern in diesem Punkt augenfällig. Moeglin hat einige von den – in der älteren Forschung zwar in der Regel erwähnten, aber nur en passant behandelten und dann zumeist anders gedeuteten – Anfechtungen ihres fürstlichen Ranges gesammelt und dabei systematisch erarbeitet, wie sich im Zuge ihrer diskursiven Gegenmaßnahmen Schritt für Schritt zugleich ein festes Selbstverständnis und Argumentationsschema entwickelte. Er identifiziert die Dienste der älteren Hohenzollern für Kaiser und Reich bis einschließlich des 14. Jahrhunderts als zentrales Mittel ihres Auf-

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immer wieder auf Aspekte der hohenzollerischen Herrschaftsrepräsentation ein und thematisiert zudem ihr Selbstverständnis als reichsfürstliche Dynastie. HERRMANN, Genealogie. STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 490. Ohne allerdings den Aufsatz von Erwin Herrmann in irgendeiner Form zu rezipieren. MOEGLIN, Le personnage; DERS., Toi burgrave; DERS., L'utilisation; und DERS., Dynastisches Bewußtsein.

1.1 Untersuchungsgegenstand und Forschungslage

13

stiegs, das im 15. Jahrhundert von der Dynastie als diskursive Waffe64 genutzt wurde, und fragt danach, ob dies ein effizientes Instrument dargestellt hätte, um ihre politische Position zu stützen.65 Auch Cordula Nolte greift das Thema des dynastischen Selbstverständnisses für ihre Untersuchung auf und zeigt, welcher Begriffe man sich in welchen Kommunikationszusammenhängen bediente, um über die eigene Familie bzw. Dynastie zu sprechen. Zentralen Stellenwert zur Bezeichnung von Familie und Dynastie besaß Nolte zufolge der Begriff der ‚Herrschaft‘, häufig habe dieser die Familie und die Dynastie zugleich umfasst.66 Die Selbstbezeichnungen der Hohenzollern hätten insgesamt eine große Vielschichtigkeit aufgewiesen, wobei der Begriffsgebrauch stark vom jeweiligen Kontext abhing. Die Selbstbezeichnung als „Herrschaft“, so Nolte, charakterisiere den Familienverband unter „[…] politischen Vorzeichen, indem er die Qualität der Herrschaftsausübung bzw. den Besitz von Herrschaft benennt und die Konnotationen ‚Herrschaftsgebiete‘, ‚Herrschaftsbereiche‘, ‚Herrschaftsrechte‘ mitschwingen lässt.“67 Herrschaftsinhalte wurden somit als Wesensmerkmal des sozialen Verbandes gesehen.68 Verschiedentlich wurde das Thema des fürstlichen Selbstverständnisses der Hohenzollern auch in denjenigen Publikationen angesprochen, die sich mit einzelnen Herrscherpersönlichkeiten der Dynastie im 15. und 16. Jahrhundert beschäftigten. Dabei hat sich das Interesse vor allem auf Markgraf Albrecht Achilles konzentriert, den wichtigsten Partner Kaiser Friedrichs III.69 und die Leitfigur der Kurfürstengruppe für viele Jahre.70 Sein reichsfürstliches Agieren, aber auch die landesherrlichen Maßnahmen in Franken bildeten den Fokus der Untersuchungen.71 Entsprechend ausführliche Darstellungen finden sich deutlich seltener für Friedrich I., noch weniger aber für seinen Sohn Friedrich II. Oftmals werden beide Kurfürsten lediglich beiläufig in entsprechenden Veröffentlichungen zum Gesamthaus behandelt.72 In neuester Zeit fand die Person Friedrichs II. in der 64 65 66 67 68 69 70 71 72

MOEGLIN, Toi burgrave, S. 129. Ebd., S. 127. NOLTE, Familie, S. 50. Ebd. Insgesamt zum Familien- und Dynastiebewusstsein siehe vor allem S. 44–55. Ebd., S. 13. HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 59, Fußnote 25. MORAW, Fürsten, S. 28. SCHUBERT, Albrecht Achilles; QUIRIN, Markgraf Albrecht; BOOCKMANN, Fürsten; SCHUHMANN, Die Markgrafen, S. 41–47; KANTER, Markgraf Albrecht; und SCHMIDT, Zur Politik. Erneut als Ausnahme ist Seyboth zu nennen: SEYBOTH, Friedrich VI. Auf den ersten hohenzollerischen Kurfürsten geht auch Günther Schuhmann ein, siehe SCHUHMANN, Die Markgrafen, S. 29–32. Für Kurfürst Friedrich II. gibt es solche eigenständigen Behandlungen nicht, in den einschlägigen Werken zu den Hohenzollern in der Mark Brandenburg und in

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1. Einleitung

Forschung im Rahmen einer Dissertation aus dem Jahr 2004 etwas mehr Beachtung, die die Kirchenpolitik dieses Kurfürsten mit der Philipps des Guten von Burgund vergleicht.73 Charakteristisch für die Mehrzahl auch der neueren Publikationen zu den ersten drei hohenzollerischen Kurfürsten ist, dass sich hier zumeist eine direkte Rückkopplung des Herrschaftsstils an den Charakter der Fürsten findet, er gewissermaßen als Erklärungsmuster für das politische Handeln der Akteure dient. Dies erscheint problematisch, erschwert es durch den ‚charakterlichen Rückbezug‘ doch die Möglichkeit, politische Handlungen in ihrer Eigenlogik und Funktionalität zu analysieren. Dies wird vor allem in dem stets wiederholten, vermeintlich extremen Gegensatz zwischen Friedrich II. als einem ‚frommen‘ Landesherrn und seinem Vater Friedrich I. bzw. seinem Bruder Albrecht Achilles deutlich, die häufig geradezu als Personifikationen des repräsentations- und ehrbewussten Reichsfürsten des Spätmittelalters dargestellt werden. Seit dem Beginn der 1980er Jahre hat sich die historische Forschung verstärkt den Residenzen von Reichsfürsten als Untersuchungsfeld zugewendet.74 Neben ihrer Funktion zur Verwaltung des Besitzes und zur Ausübung von Herrschaft durch den Fürsten führten die neuen kulturwissenschaftlichen Fragestellungen und Erkenntnisinteressen auch zu einer Ausweitung des Gegenstandes auf den Fürstenhof und damit einhergehend auf Fragen von Herrschaftsorganisation und -repräsentation.75 Auch die spätmittelalterlichen Residenzen der Hohenzollern in der Mark Brandenburg76 und in Franken77 wurden eingehender untersucht, kurze Artikel zu den wichtigsten Fürstensitzen entstanden zudem im Rahmen des groß angelegten Projektes der Residenzenkommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.78 Bezüglich ihrer verschiedenen Funktionen für

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Franken finden sich entsprechende personalisierte Abschnitte, siehe die entsprechenden Kapitel bei SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, oder KOSER, Die Politik, S. 73–168. Mittlerweile sind ebenfalls eine ganze Reihe von Untersuchungen zu weniger prominenten Persönlichkeiten der Dynastie und insbesondere zu ihren weiblichen Mitgliedern erschienen, siehe dazu die Hinweise bei NOLTE, Familie, S. 32–33. LETZ, Fürstliche Herrschaft. PATZE/STREICH, Die landesherrlichen Residenzen. An dieser Stelle sei auf die regelmäßigen wissenschaftlichen Kolloquien der Residenzenkommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen mit den entsprechenden Publikationen verwiesen. Eine Auflistung sämtlicher Tagungen und publizierten Beiträge findet sich unter http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/index.php. AHRENS, Residenz; DERS., Bemerkungen; und MÜLLER-MERTENS, Landesherrliche Residenz. Mit kurzen Ausführungen zum Spätmittelalter, aber vor allem zur Frühen Neuzeit: NEUGEBAUER, Residenz, oder KUNISCH, Kurfürstliche Residenzen. SEYBOTH, Art. ‚Nürnberg‘; SCHMID, Fränkisches Adelskloster; BURGER, Die Cadolzburg; DERS., Landesfestungen. PARAVICINI, Höfe und Residenzen, Bd. 2.

1.2. Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen

15

die Dynastie stand dabei in erster Linie die Landesherrschaft im Mittelpunkt der Analysen; Aspekte der Herrschaftsrepräsentation wurden eher in Ausnahmefällen behandelt. Erneut ist es Reinhard Seyboth, der am deutlichsten auf die Bedeutung der markgräflichen Residenzen in unterschiedlicher Hinsicht verweist und ein regelrechtes ‚funktional differenziertes‘ Residenzensystem der Hohenzollern in Franken entwirft.79 Über die Organisation der fürstlichen Haushalte, aber auch bezüglich der Raumstruktur und Sozialtopografie der hohenzollerischen Höfe informiert abermals Nolte ausführlich und kenntnisreich in ihrer Habilitationsschrift.80 Für die Mitglieder der fränkischen Linie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts behandelt schließlich die Bilddokumentation Günther Schuhmanns verschiedene Einzelaspekte der markgräflichen und kurfürstlichen Politik und ihrer Repräsentationsformen.81 Neben kurzen Herrscherportraits und Aspekten der Landesherrschaft im Spätmittelalter sowie in der Frühen Neuzeit ist diese Publikation eine ergiebige Fundgrube für die materiellen Repräsentationsformen des Hauses wie Siegel, Epitaphe oder Stifterbilder. Seitens der Kunstgeschichte wurden in jüngster Zeit ebenfalls einige materielle Repräsentationen der Hohenzollern in Augenschein genommen, vor allen in Form verschiedener Stiftungen, die diese im Laufe des 15. Jahrhunderts tätigten.82 Im Vergleich zu Schuhmann unternahmen jene Arbeiten jedoch den produktiven Versuch, die behandelten materiellen Repräsentationen der Dynastie in politische Zusammenhänge einzuordnen und somit ihre Funktion als konkrete Herrschaftspraxis sichtbar zu machen.

1.2 Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen 1.2. Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen

Die vorliegende Untersuchung knüpft an die grundsätzlichen Überlegungen Jean-Marie Moeglins über das dynastische Bewusstsein der Hohenzollern im späten Mittelalter vom Beginn der 1990er Jahre an. Mit den Fragen nach dem Selbstverständnis der Dynastie im 15. Jahrhundert und den 79 80 81 82

SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen. NOLTE, Familie, S. 167–273. SCHUHMANN, Die Markgrafen. Beispielhaft seien hier genannt: BÖNING, Eine Glasmalereistiftung, sowie GĄSIOR, Das Hochaltarretabel. Agnieszka Gąsior beschäftigt sich umfassend mit den Kunststiftungen der Hohenzollern in ihrer Dissertation, siehe DIES., Eine Jagiellonin als Reichsfürstin. Zur Thematik dieser Stiftungen auch WETTER, Die Stickereien, und JEITNER, Überlegungen.

16

1. Einleitung

Formen ihrer ‚Selbstrepräsentation‘, die mit verschiedenen Konfliktsituationen mit anderen Herrschaftsmächten im süddeutschen Raum einhergingen, hat Moeglin den Blick auf die mentalen Dispositionen ihrer Mitglieder gelenkt, die wesentlichen Einfluss auf das politische Handeln der Dynastie in der Phase nach dem Aufstieg in die höchste reichsfürstliche Elite hatten.83 Moeglins Untersuchung eröffnet zugleich die Möglichkeit, grundsätzliche Erkenntnisse über die soziale Ordnung des späten Mittelalters zu gewinnen. Denn die widersprüchlichen Vorstellungen, mit denen Gruppen oder Individuen ihrer Welt Sinn verleihen, fließen in jede historische Tätigkeit oder Struktur ein.84 Die Klassifizierungs- und Wahrnehmungssysteme müssen als „wirkliche“ soziale Institutionen verstanden werden, als „kollektive Repräsentationen“,85 die die grundsätzlichen Strukturierungen der gesellschaftlichen Ordnung in sich aufnehmen und mit hervorbringen. Zur Überwindung des vermeintlichen Gegensatzes zwischen der Objektivität der Strukturen und der Subjektivität der Vorstellungen86 schlägt Roger Chartier eine Rückbesinnung auf den Begriff der Repräsentation vor. Dieser erweist sich als ein geeignetes Instrument, um zu erkennen, wie Eliten „[…] ein Stück der Wirklichkeit, in der sie lebten, verstanden und zu verstehen gaben.“87 Die kollektiven Repräsentationen sind jedoch auch Matrizen der Konstruktionspraktiken der sozialen Welt, sie leiten zu Handlungen an, die darauf ausgerichtet sind, eine Existenzweise zur Schau zu stellen und die Anerkennung einer sozialen Identität herbeizuführen. Dies funktioniert in erster Linie mithilfe von Symbolen, denn es sind symbolische Strategien, die die Positionen und Beziehungen von Individuen oder Gruppen determinieren und auf diese Weise eine wahrgenommene Daseinsweise konstruieren, die konstitutiv ist für ihre Identität.88 Wie andere Kulturhistoriker unterstreicht also auch Roger Chartier die elementare Bedeutung des Symbolischen für die Ordnung der sozialen Welt, und somit eröffnet sich eine Perspektive, die sich in mehrfacher Hinsicht von einer Dynastieforschung im herkömmlichen Sinne unterscheidet: In seinen Ausführungen zum Menschen als einem symbolischen 83

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Grundsätzliche Überlegungen zur dynastischen Repräsentation im späten Mittelalter, zu den Interpretationsproblemen, die sich Historikern in diesem Zusammenhang stellen, und insbesondere zu der Frage der Quellen finden sich in neuester Zeit bei AUGE, Handlungsspielräume, S. 301–310. Oliver Auge hat die Aspekte des fürstlichen Rangbewusstseins und der dynastischen Repräsentation am Beispiel der Herren von Pommern, Rügen, Werle und Mecklenburg untersucht, siehe ebd., S. 301–345. CHARTIER, Die Welt als Repräsentation, S. 326. Ebd., S. 336. Ebd., S. 335–336. CHARTIER, Die unvollendete Vergangenheit, S. 12. CHARTIER, Die Welt als Repräsentation, S. 337.

1.2. Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen

17

Wesen, bei denen er sich explizit auf Ernst Cassirer bezieht, stellte Umberto Eco im Jahr 1973 als generelle Tatsache fest, dass man „Gesellschaft stiftet […], wenn man Zeichen austauscht“,89 und bereits Max Weber hatte deutlich gemacht, dass der „Umstand, daß ‚äußere‘ Zeichen als Symbole dienen, […] eine der konstitutiven Voraussetzungen aller sozialer Beziehungen“90 sei. Auch wenn die Moderne durch eine kritische Distanz zu Symbolen gekennzeichnet ist – sie erlebt ihre pluralistische Allgegenwart bei einer gleichzeitigen Beliebigkeit ihrer Deutungen –,91 kann die Bedeutung von Zeichen und Symbolen für den Menschen sowie die Gesellschaft nach wie vor als außerordentlich bezeichnet werden und zeigt erneut die bereits angesprochene Dialektik des symbolischen Weltbezuges: „Die Kultur als ‚Sinnuniversum‘ ist den einzelnen einerseits durch kollektive Zeichensysteme und materielle Objektivationen immer schon vorgegeben und präformiert ihre Wahrnehmungs- und Handlungsmöglichkeiten. Andererseits wird sie umgekehrt von den einzelnen stets aufs neue subjektiv angeeignet, reproduziert und modifiziert.“92

Insbesondere die vormodernen Gesellschaften legen Zeugnis von der Macht des Symbolischen ab, wobei schon in den 1960er Jahren Jacques Le Goff für die französischsprachige Mediävistik das Mittelalter als eine „civilisation du geste“93 charakterisierte und unterstrichen hat, dass zeichenhaftes Handeln den Bestand und die Funktionsfähigkeit der mittelalterlichen Rechts- und Sozialordnung sicherten. Nachdem lange Zeit insbesondere die deutsche Mediävistik den Stellenwert unterschätzt hatte, „den Zeichen, Symbole und Rituale in der mittelalterlichen Kommunikation“94 besaßen, haben vor allem die Arbeiten Gerd Althoffs dieser Erkenntnis Geltung verschafft. Immer wieder wird in ihnen deutlich, dass in der Zeit des Mittelalters durch symbolische und rituelle Handlungen Verpflichtungen übernommen, Beziehungen dargestellt und Rechte anerkannt wurden. „Machtausübung vollzog sich offensichtlich ganz wesentlich in solchen Handlungen.“95 Will man also der Frage nachgehen, wie sich die Herr89 90 91 92 93 94 95

ECO, Zeichen, S. 108. WEBER, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, S. 332. STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 489. Ebd., S. 491. LE GOFF, La civilisation, S. 440. ALTHOFF, Die Kultur der Zeichen, S. 2. ALTHOFF, Die Macht der Rituale, S. 11. Bereits in einer Vielzahl früherer Publikationen konnte Althoff auf die Bedeutung symbolischer Kommunikation und ritualisierter Verhaltensweisen für die vormodernen Gesellschaften hinweisen. An dieser Stelle seien lediglich genannt: ALTHOFF, Die Veränderbarkeit; DERS./SIEP, Symbolische Kommunikation; DERS.,

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1. Einleitung

schaftsausübung und die Etablierung einer spätmittelalterlichen Adelsdynastie wie derjenigen der Hohenzollern innerhalb der Gruppe der Standesgenossen in der Gesellschaft des späten Mittelalters realisierte, kommt man nicht umhin, den Formen symbolischer Kommunikation besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Hierbei kann man auf frühere systematische Untersuchungen zurückgreifen, denn Wirkungsweisen und Formen symbolischer Kommunikation sind mittlerweile für viele gesellschaftliche Bereiche der Vormoderne gut erforscht.96 Versteht man unter symbolischer Kommunikation die Kommunikation mit einer bestimmten Art von Zeichen – wie sprachlichen Metaphern, Bildern, Artefakten, Gebärden – oder komplexen Handlungsfolgen – wie Ritualen, aber auch symbolischen Narrationen –,97 eine Kommunikation also, die momenthaft verdichtet, mehrdeutig und unscharf ist98 und Sinn stiftet,99 dann lässt sie sich sowohl gegenüber instrumentellem Handeln als auch gegenüber begrifflich-abstrakter diskursiver Kommunikation abgrenzen.100 Denn instrumentelles Handeln verfolgt einen ganz bestimmten Zweck, der die Handlung steuert, während der Sinn symbolischen Handelns bereits im Vollzug der Handlung selbst liegt, aber erst vor dem HinRituale – symbolische Kommunikation; DERS., Inszenierung verpflichtet; DERS., Rituale und ihre Spielregeln; DERS., Spielregeln der Politik; und DERS., Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation. 96 Aus einer großen Bandbreite seien hier einige Publikationen des Sonderforschungsbereiches 496 genannt, die sich dieser Thematik für ganz unterschiedliche Bereiche der vormodernen Gesellschaft angenommen haben. Zur symbolischen Kommunikation innerhalb der vormodernen Stadt siehe zum Beispiel RÜTHER, Integration und Konkurrenz, oder WELLER, Theatrum Praecedentiae. Weitere Untersuchungen wurden aber auch für das Königtum des 11. Jahrhunderts vorgenommen, siehe ALTHOFF, Heinrich IV., oder für die normannischstaufische Adelsgesellschaft BROEKMANN, Rigor iustitiae. Dem Zusammenhang zwischen symbolischer Kommunikation und Raumnutzungen bzw. Raumvorstellungen wurde genauso nachgegangen wie der Frage nach der Bedeutung von Wertvorstellungen für symbolische Kommunikation: DARTMANN/FÜSSEL/RÜTHER, Raum und Konflikt, und ALTHOFF, Zeichen – Rituale – Werte. Für die Bereiche der mittelalterlichen Literatur und des vormodernen Theaters liegen nun ebenfalls systematische Studien vor: WITTHÖFT, Ritual und Text, und MEIER/MEYER/SPANILY, Das Theater des Mittelalters. Schließlich konnten die Untersuchungen des Forschungsverbundes auch den grundlegenden Wandel der Funktionen und der Formensprache symbolischer Kommunikation im Zusammenhang mit dem Übergang zur Moderne im Rahmen der Französischen Revolution zeigen: Siehe dazu zum Beispiel THAMER/REICHHARDT/SCHMIDT, Symbolische Politik und politische Zeichensysteme, aber auch SCHRÖER, La représentation du Nouveau Régime, oder DIES., Republik im Experiment. Selbstverständlich sind auch außerhalb des SFB 496 Publikationen zum Themenfeld der symbolischen Kommunikation entstanden, zu nennen sind hier beispielsweise die Veröffentlichungen des SFB 485 (Norm und Symbol. Die kulturelle Dimension sozialer und politischer Integration) in Konstanz und weitere mehr. 97 STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 500. 98 Ebd., S. 499. 99 Ebd., S. 497. 100 Ebd.

1.2. Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen

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tergrund eines kollektiven Bedeutungssystems verständlich wird.101 Begrifflich-abstrakte diskursive Kommunikation wiederum unterscheidet sich von symbolischer Kommunikation, da sie einen prozeduralen Charakter besitzt und grundsätzlich auf Eindeutigkeit zielt. Trotzdem bleibt zu beachten, dass jede Form begrifflich-abstrakter Kommunikation ebenfalls eine symbolische Dimension aufweist.102 Für die umfassende Analyse vormoderner Herrschaftsstrukturen und sozialer Ordnungen ist es notwendig, gleichermaßen symbolisches und instrumentelles Handeln, aber auch diskursive Kommunikationsformen zu untersuchen. Denn alle diese Formen hatten ihren Anteil daran, dass sich Herrschaft auf eine bestimmte Art realisierte und verfestigte. Die Leistungsfähigkeit eines demonstrativen und symbolischen Politikund Kommunikationsstils erweist sich insbesondere vor dem Hintergrund einer Gesellschaft, die ein Defizit an staatlichen Strukturen aufweist, also weder über eine Verfassung noch ein institutionalisiertes Gerichtswesen, schriftlich garantierte Grundrechte oder ein staatliches Gewaltmonopol verfügt.103 Dies ist in mehrfacher Hinsicht der Fall. Generell ist jede institutionelle Ordnung auf symbolisch-rituelle Verkörperungen angewiesen und beruht auf gemeinsam geglaubten Fiktionen, also kollektiven Sinnzuschreibungen.104 Die soziale Ordnung funktioniert, da Individuen an das Funktionieren der Ordnung als etwas Selbstverständliches glauben und ihr Handeln an der Erwartung ausrichten, dass auch alle anderen gesellschaftlichen Akteure ihr Handeln an der Ordnung ausrichten.105 In den vormodernen Gesellschaften war es vor allem das interaktive Handeln der Mächtigen in der Öffentlichkeit,106 die Teilnahme an öffentlichen symbolischrituellen Akten wie Hof- und Reichstagen, Belehnungen, Huldigungen etc., das die Grundlage der institutionellen Ordnung bildete, denn zu diesen Anlässen wurde die soziale Ordnung öffentlich aufgeführt, und durch die Teilnahme der Herrschaftsträger wurde die Akzeptanz der Ordnung für alle sichtbar bekräftigt.107 Als symbolische Macht kann man somit die Macht „zur Durchsetzung der Anerkennung der Macht“108 bezeichnen. Die ordnungsstiftenden und herrschaftsstabilisierenden Leistungen der symbolischen, ritualisierten Kommunikationsformen liegen aber auch darin begründet, dass Rituale als besonders komplexe Formen der symbolischen 101 102 103 104 105 106 107 108

Ebd., S. 498. Ebd., S. 499. ALTHOFF, Spielregeln, S. 2. STOLLBERG-RILINGER, Des Kaisers alte Kleider, S. 9. Ebd. ALTHOFF, Die Macht der Rituale, S. 13. Ebd., S. 11. BOURDIEU, Sozialer Sinn, S. 240. Für das gesamte Zitat siehe den Beginn der Einleitung.

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1. Einleitung

Kommunikation nicht nur Verfahrenssicherheit für die Gegenwart schaffen, sondern auch Erwartungen in kalkulierbares Verhalten in der Zukunft begründen. Das öffentlich Gezeigte unterstreicht die Gültigkeit für die Zukunft, verpflichtet die beteiligten Individuen und Parteien auf ein bestimmtes Verhalten und sorgt so für die Stabilität der Ordnung.109 Die Bedingungen der vormodernen Präsenzkultur, also die Tatsache, dass persönliche Anwesenheit zur Ausübung von Herrschaft zwingend notwendig war, stellten geradezu ideale Voraussetzung dafür dar, dass das symbolischrituelle Handeln eine solche Wirkung entfalten konnte.110 Schließlich zeigt sich, dass die soziale Ordnung durch symbolische Kommunikation nicht nur stabilisiert wurde. Modifikationen der bestehenden Ordnung, aber auch Handlungen, die auf ihren kompletten Umsturz abzielten, erfolgten ebenfalls mithilfe symbolischer Kommunikationsformen. Da symbolische Handlungen soziale Ordnung generierten, stellten sich folgerichtig Kämpfe um die soziale Macht häufig als Kämpfe um die Macht zur Benennung und Auslegung der Welt dar.111 Symbolische Kommunikation strukturiert also die Wahrnehmung der sozialen Welt, leitet zu bestimmten Handlungen an und führt kollektiv geteilte Werte vor Augen. Da Normen in der Vormoderne vorwiegend gewohnheitsrechtlich Gültigkeit hatten, musste ihre Geltung in der Praxis immer wieder sichtbar gemacht werden, damit sie nicht verfielen. Wurde dennoch gegen Normen verstoßen, konnte dies aufgrund eines mangelnden Gewaltmonopols und des geringen Machtgefälles zwischen den Herrschaftsträgern häufig nicht sanktioniert werden. Damit das Vertrauen in das Fortbestehen der Normen aufrechterhalten werden konnte, mussten sie durch diejenigen, die sie verletzt hatten, symbolisch bekräftigt werden.112 Der Grund, warum Symbolisierungen so wirkmächtig sind, liegt vor allem darin begründet, dass soziale Strukturen oder politische Ordnungen durch Symbolisierungen mit einer „Aura der Notwendigkeit“113 umgeben werden und damit schwer zu hinterfragen sind. Weil sie sinnlich wahrnehmbar sind, erscheinen die dahinter liegenden Ordnungen bzw. Strukturen den Akteuren als eine objektive Wirklichkeit und nicht als etwas, das immer wieder neu erzeugt wird114 und wandelbar ist. Die grundlegenden Unterscheidungen, auf denen die vormoderne Gesellschaft beruhte – zum 109 ALTHOFF, Spielregeln, insbesondere S. 229–257, oder DERS., Inszenierung verpflichtet. 110 STOLLBERG-RILINGER, Des Kaisers alte Kleider, S. 11. 111 Am Beispiel der Französischen Revolution zeigt dies anschaulich Schröer, Spektakel des Umbruchs. Zu Ritualen als Konfliktgeneratoren in der mittelalterlichen Gesellschaft siehe die grundlegenden Beiträge bei Althoff, Spielregeln. 112 STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 517–518. 113 STOLLBERG-RILINGER, Einleitung (2005), S. 20. 114 STOLLBERG-RILINGER, Des Kaisers alte Kleider, S. 10.

1.2. Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen

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Beispiel die Unterscheidung zwischen Adel und Nicht-Adel –, wurden zumeist als solche nicht reflektiert, sondern erschienen ‚natürlich‘ und wurden fraglos akzeptiert.115 Um die spezifischen Formen der Machtausübung im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit bzw. die Bedingungen zur Bewahrung von Herrschaft angemessen analysieren zu können, ist es deshalb notwendig, sich dieser Wirkmächtigkeit von Symbolisierungen bewusst zu sein und sich vor allem den kulturellen Praktiken zuzuwenden. Denn jedes Subjekt unterliegt bestimmten Zwängen, die es selbst nicht erkennt, die aber „[…] jenseits aller klaren Gedanken[,] und oft sogar in Gegensatz zu ihnen, die Repräsentationen und Handlungen regeln […].“116 Indem man Ideen und Diskurse von den Kommunikationsformen und Praktiken, die ihnen vielfältige und sogar konkurrierende Bedeutungen verleihen, loslöst, unterstellt man ihnen eine eigenständige Wirkung, die sie nicht haben.117 Deshalb ist es zwingend notwendig, die konkreten Praktiken systematisch zu untersuchen, da sich in ihnen die Bedeutungszuschreibungen und Wahrnehmungsmuster der Akteure zeigen. Um sie analysieren zu können, bedarf es jedoch der Beachtung einer methodischen Prämisse: Vormoderne Gesellschaften erweisen sich in vielen Bereichen als andersartig und fremd, zugleich stehen Historiker aber stets in einem Distanzverhältnis zu den vergangenen Bedeutungssystemen. Deshalb sind sie dazu aufgefordert, die historischen Phänomene in ihrer Andersartigkeit genau zu beschreiben und ernst zu nehmen.118 Als zweites wesentliches Charakteristikum vormoderner Gesellschaften neben der Dominanz symbolisch-ritueller Kommunikationsformen, das gerade im Hinblick auf die Praktiken der Herrschaftsetablierung und Herrschaftsausübung der Hohenzollern elementar ist, muss die Tatsache genannt werden, dass vormoderne Gesellschaften strikt nach Rang geordnet 115 STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 506. Dies wurde auch durch den sakralen Kern vieler Rituale und anderer Arten symbolischer Kommunikation verstärkt, siehe dazu STOLLBERG-RILINGER u. a., Spektakel der Macht, insbesondere S. 18. 116 CHARTIER, Die Welt als Repräsentation, S. 344. 117 Ebd. 118 In Bezug auf vormoderne Formen der Herrschaftsrepräsentation plädiert Ute Daniel zum Beispiel dafür, der Fremdheit dieses Phänomens gerecht zu werden und auf diese Weise die unterschiedlichen Funktionen, die sie für die höfische Gesellschaft erfüllten, analysieren zu können, siehe DANIEL, Überlegungen. Zur Gewährleistung dieser kritischen Distanz gegenüber dem Untersuchungsgegenstand erscheint die ‚methodische Fiktion‘ des ethnologischen Blicks hilfreich zu sein, bei dem man sich den Begebenheiten in den Quellen wie ein Ethnologe einer fremden Kultur annähert, um keine falschen Analogieschlüsse zu ziehen, siehe STOLLBERG-RILINGER, Einleitung (2005), S. 12. Zu den Gefahren von unhinterfragten Analogieschlüssen in Bezug auf die Verfassungsgeschichte des Reiches siehe auch ALTHOFF, Spielregeln, insbesondere S. 3.

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1. Einleitung

waren. Für ihre Zeitgenossen war ‚Gesellschaft‘ gar nicht anders vorstellbar.119 Dies stellt allgemein ein Hauptmerkmal von stratifizierten Gesellschaften dar, denn Stratifikation als Modus der gesellschaftlichen Systemdifferenzierung beinhaltet, dass die Gesellschaft „als Rangordnung repräsentiert wird und Ordnung ohne Rangdifferenzen unvorstellbar geworden“120 ist. Obgleich mittelalterliche Vorstellungen also davon ausgingen, dass von Gott für jedes Individuum ein genau festgelegter Platz vorgesehen war121 – damit also eigentlich ein unumstößliches Statikgebot hätte verbunden sein müssen –, zeigt sich eine große Diskrepanz zwischen dieser Norm und der gesellschaftlichen Wirklichkeit der Zeit. Auch in den vermeintlich festgefügten vormodernen Gesellschaften lassen sich dynamische Prozesse beobachten, worauf Winfried Schulze bezüglich der neuzeitlichen Verhältnisse hingewiesen hat.122 Diese Feststellung scheint zugleich die Missachtung einer der grundlegendsten Normen der Ständegesellschaft zu bedeuten, und so stellt sich die Frage, welche Kriterien für die soziale Stellung der Akteure ausschlaggebend waren. Scheinbar eindeutig zu rekonstruierende Lagemerkmale sozialer, ökonomischer, rechtlicher und politischer Art waren nicht hinreichend für die Festlegung der sozialen Position. Entscheidend war, wie die Unterschiede von den Zeitgenossen wahrgenommen und ob sie als legitim anerkannt wurden.123 Somit stellt sich die Hierarchie der Stände und Ränge als ein dynamisches Geflecht wechselseitiger Geltungsansprüche dar, die erhoben, anerkannt und zurückgewiesen wurden.124 Akten symbolischer Kommunikation kam auch hierbei ein großer Stellenwert zu,125 denn alle Repräsentationen von Ordnung lassen sich stets auch als symbolische Aussagen über die hierarchischen Beziehungen und die sozialen Geltungsansprüche der beteiligten Personen lesen.126 Da die Autorität einer Macht oder das Machtpotential einer Gruppe immer davon abhängt, welche Glaubwürdigkeit ihren Repräsentanten zugeschrieben wird und wie sie diese selbst geltend machen,127 kommt den Formen ihrer Herrschaftsrepräsentation besondere Bedeutung 119 FÜSSEL/WELLER, Einleitung, S. 10. Zur zentralen Bedeutung dieser Vorstellung für die Gesellschaft des Mittelalters siehe auch ALTHOFF, Christliche Ethik. 120 LUHMANN, Die Gesellschaft, S. 679. 121 Aus der umfangreichen Literatur zur ständischen Differenzierung und den mittelalterlichen Ordnungsvorstellungen seien hier lediglich genannt: DUBY, Die drei Ordnungen; FICHTENAU, Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts; OEXLE, Die Funktionale Dreiteilung; und SPIEß, Rangdenken. 122 SCHULZE, Die ständische Gesellschaft, insbesondere S. 9–10. 123 FÜSSEL/WELLER, Einleitung, S. 11. 124 Ebd. 125 ALTHOFF, Die Kultur der Zeichen, S. 2. 126 FÜSSEL/WELLER, Einleitung, S. 11. 127 CHARTIER, Zeit der Zweifel, S. 91.

1.2. Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen

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zur Erforschung vormoderner Herrschaftsstrukturen zu. Beim Repräsentationsbegriff geht es nicht um bloßes ‚Sich-Zeigen‘ oder ‚Darstellen‘,128 vielmehr entfaltet der Begriff sein Erkenntnispotential dadurch, dass die Formen der Repräsentation als Praktiken begriffen werden, die das zu Repräsentierende erst bewirken und herstellen.129 Die performativen Aspekte des Repräsentationsbegriffs, also die Tatsache, dass die Bedeutung erst im Augenblick „des Äußerns, Aufführens oder sich Verhaltens“130 erzeugt wird, sind ausschlaggebend für die Frage nach der Verortung der Akteure in der gesellschaftlichen Ordnung ihrer Zeit. Sozialer Rang war demnach keine festgeschriebene Qualität, sondern wurde durch die wechselseitig aufeinander bezogenen Praktiken der sozialen Distinktion immer wieder neu hergestellt.131 Aufgrund der Tatsache, dass sich die vormodernen Gesellschaften noch nicht durch eine funktionale Differenzierung ihrer verschiedenen Teilbereiche auszeichneten, „[…] hieß politisches Handeln zugleich, seinen wirtschaftlichen Reichtum, seine soziale Zugehörigkeit und seinen Rang zu demonstrieren.“132 Politische Zurückweisungen oder Deklassierungen hatten im Umkehrschluss auch zumeist Auswirkungen auf die gesellschaftliche Stellung der Person. Innerhalb einer face-toface-Gesellschaft beruhte Ansehen auf öffentlicher Sichtbarkeit einer Person, und sichtbare Zeichen der Ablehnung der sozialen Geltung mussten öffentlich sichtbar abgewiesen werden: „Bei einem offenen Konflikt stand daher tendenziell das ganze soziale Ansehen des Betroffenen und seines unmittelbaren sozialen Umfelds auf dem Spiel.“133 *** Wie eingangs dargelegt, haben fürstliche Dynastien auf elementare Weise die Gesellschaft der Vormoderne bestimmt, als wesentliche Träger von Herrschaft und Macht sowohl auf der Ebene des Reiches als auch als Landesherren in ihren Territorien. Die Art und Weise, wie sie im spätmittelalterlichen Reich Herrschaft über andere Gesellschaftsmitglieder ausübten oder wie sich die Teilhabe an der fürstlichen Macht konkret realisierte, unterscheidet sich fundamental von den Bedingungen, die für die Herrschaftsausübung späterer Zeiten charakteristisch waren. Einsichten in die 128 In dieser Grundbedeutung verwendet ihn vor allem Otto Gerhard Oexle, siehe OEXLE, Soziale Gruppen, S. 33–34. 129 BELLIGER/KRIEGER, Repräsentation, S. 72. 130 MARTSCHUKAT/PATZOLD, Geschichtswissenschaft, S. 10. 131 FÜSSEL/WELLER, Ordnung und Distinktion, S. 12. Grundlegende Überlegungen zum Begriff der sozialen Distinktion finden sich bei BOURDIEU, Sozialer Sinn. 132 STOLLBERG-RILINGER, Des Kaisers alte Kleider, S. 16. 133 STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 519.

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1. Einleitung

soziale Praxis der dynastischen Machtausübung, Machtbewahrung und des Machtverlustes lassen somit elementare Einsichten in die Funktionsweisen der Gesellschaft erwarten und Erkenntnisse darüber, wie sich soziale Ordnung in dieser Zeit realisierte. Dieser Erkenntnisgewinn scheint jedoch vor allem gewährleistet, wenn man Dynastieforschung unter kulturgeschichtlichen Prämissen betreibt und sich somit jeder Form der überhistorischuniversalisierenden Darstellung und Interpretation enthält, die ja geradezu charakteristisch für den größten Teil der frühen Hohenzollernforschung war. Eine dynastiegeschichtliche Untersuchung in kulturwissenschaftlichem Sinne bemüht sich um eine Rekonstruktion von Praktiken, Diskursen und Objektivationen. Denn in ihnen lassen sich Bedeutungsstrukturen der untersuchten Vergangenheit erkennen, die zentral für das Verständnis von Macht und Herrschaft sind.134 Unter diesem Gesichtspunkt erscheint eine Untersuchung der unterschiedlichen Etablierungsstrategien der neu ins Kurkolleg aufgestiegenen Hohenzollern äußerst lohnenswert. Dabei sind es gerade die Konfliktsituationen zwischen den Aufsteigern und den etablierten Mächten, die wertvolle Hinweise liefern können, denn hier begegnen Wertvorstellungen und ‚Funktionsmechanismen‘ einer Gesellschaft in verdichteter Form. Da Kommunikationsakte aber auch stets „Akte der Konstituierung und Selbstverständigung einer Gruppe“135 sind, werden gleichzeitig Erkenntnisse über die Gruppe des Hochadels im 15. Jahrhundert gewonnen. Vor allem die Wertüberzeugungen der höchsten reichsadeligen Elite scheinen sich näher bestimmen zu lassen, denn ein ganz wesentlicher Aspekt bei der Analyse der Herrschaftsetablierung der Hohenzollern nach der Aufnahme ins Kurkolleg ist die Frage, welche Qualitäten überhaupt zu Herrschaft berechtigen. *** Jean-Marie Moeglin hat betont, dass es bei seiner Untersuchung der Hohenzollern nicht das Ziel gewesen sei, die Mechanismen des rasanten Aufstiegs der Dynastie zu analysieren.136 Auch das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit zielt nicht in diese Richtung, zumal sich eine Disserta134 STOLLBERG-RILINGER, Einleitung (2005), S. 13. 135 STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 496. 136 „Mon intention dans cet article n’est pas d’analyser les mécanismes d’une réussite politique presque sans égale; il s’agit bien plutôt de mettre au premier plan la conscience de soi, l’autocompréhension et répresentation (‚Selbstverständnis‘) des Zollern au XVe siècle, c’est-à-dire le sentiment qu’ils ont eu d’appartenir à une dynastie, de continuer dans la voie ouverte par une longue lignée d’ancêtres qui leur ont transmis leurs noms […]“, siehe Moeglin, Toi burgrave, S. 93–94.

1.2. Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen

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tion aus dem Jahr 1994 bereits systematisch dieser Thematik angenommen hat.137 Vielmehr geht es darum, eine umfassende Analyse der Praktiken fürstlicher Selbstbehauptung und Selbstdarstellung der Hohenzollern im 15. Jahrhundert vorzunehmen. Die vorliegende Studie zielt also darauf ab, die dynastischen Mechanismen und Instrumente zur Etablierung innerhalb der Gruppe der neuen Standesgenossen nach der Belehnung mit der Mark Brandenburg und der damit einhergehenden Aufnahme Friedrichs I. ins Kurkollegium zu untersuchen. Diejenigen symbolischen und instrumentellen Strategien sollen im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen, die im Verständnis der Hohenzollern als angemessen und zielführend eingeschätzt wurden, um Akzeptanz unter den Standesgenossen zu erreichen, die Herrschaft im neuen Territorium zu sichern und zugleich im von vielen Herrschaftsmächten umkämpften Raum Franken nicht an Boden gegenüber den Konkurrenten zu verlieren. Schließlich galt es auch, die Position gegenüber den eigenen Untertanen zu wahren. Will man sich mit fürstlichen Strategien zur Herrschaftsetablierung befassen, so ist es jedoch dringend geboten, sich bewusst zu machen, was Oliver Auge in Rekurs auf ältere Forschungspositionen unlängst festgestellt hat: „Vieles, wenn nicht das Meiste im Handeln der Fürsten war eben nicht Plan, sondern Entwicklung, nicht geplante Aktion, sondern – im besten Fall durchdachte – Reaktion. Und vieles davon entzieht sich einem rationalen Zugangsversuch wie dem unserigen, einer schlüssigen Erklärung, da es im emotionalen Bereich oder in uns in ihrer Gesetzmäßigkeit kaum oder nur schwer zugänglichen Regel- und Denkmechanismen seine Ursache und Begründung hatte.“138

Da also hinter vielen fürstlichen Maßnahmen eher der „biologische Zufall“139 als eine bewusste Konzeption zu sehen ist und generell die Gefahr besteht, vor dem Hintergrund der eigenen Einbettung in eine postulierte Rationalität der modernen Politik den Herrschaftsträgern des Mittelalters Zweckrationalität zu bescheinigen, obgleich die Intentionen des politischen Handelns dieser Epoche sich von denen der heutigen Zeit stark unterscheiden,140 gilt es, Vorsicht bei der Interpretation der Quellen walten zu lassen. Mit Verweis auf die Überlegungen Knut Görichs kann man aber mit Auge festhalten, dass das Gegenteil von unserer Rationalität nicht Irrationalität, sondern eine andere Rationalität ist, und es gilt, diese „[…] 137 138 139 140

TWELLENKAMP, Die Burggrafen. AUGE, Handlungsspielräume, S. 7. SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft, S. 5. VOLLRATH, Politische Ordnungsvorstellungen, S. 46.

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1. Einleitung

von verschiedenen Seiten zu ergründen.“141 Auge geht es bei seiner Untersuchung der Herren von Mecklenburg, Pommern, Rügen und Werle deshalb darum, sich bewusst zu machen, dass adelige Dynastien in jeder Generation eine Vielzahl von Herausforderungen zu bewältigen hatten, denen sie mit unterschiedlichen Strategien begegnen konnten.142 In diesem Sinne wird auch dem Einfluss von Kontingenz und der spezifischen Rationalität des späten Mittelalters in dieser Untersuchung bei der Interpretation der Quellen Rechnung getragen. Ein angemessener methodischer Umgang mit dieser Herausforderung kann beispielsweise darin bestehen, die Andersartigkeit historischer Phänomene detailliert zu beschreiben und ihnen die gebührende Bedeutsamkeit zuzusprechen.143 Die vorangegangenen Ausführungen haben bereits deutlich gemacht, dass die sozialen Positionen der Akteure trotz der vorherrschenden Auffassung einer strikt ranggeordneten Gesellschaft nicht festgeschrieben waren, sondern stets aufs Neue hergestellt werden mussten. Herrschaft musste direkt ausgeübt und konnte nur sehr bedingt delegiert werden. Deswegen entschied der Erfolg oder der Misserfolg der angewandten Praktiken über die politischen Einflussmöglichkeiten der Dynastie und hatte zugleich auch Einfluss auf die soziale Existenz, da beide Lebensbereiche in der Vormoderne in einem beinahe unauflösbaren Zusammenhang standen. Aber nicht nur die konkreten Praktiken der Dynastie und die Reaktionen ihrer Zeitgenossen, insbesondere die der direkten Konkurrenten um Macht und Ressourcen, werden im Folgenden untersucht, sondern auch die diskursiven Strategien der Herrschaftslegitimierung und Herrschaftsstabilisierung. Mit den symbolischen und instrumentellen Praktiken gingen begrifflich-abstrakte diskursive Kommunikationsbemühungen einher,144 die ebenfalls das Ziel verfolgten, zur Durchsetzung von Herrschaft und zur Etablierung der neuen sozialen Position beizutragen. In beiden Zusammenhängen besaßen Werte eine große Bedeutung. Damit rückt das Verhältnis der allgemeinen Wertesysteme der spätmittelalterlichen Gesellschaft zu den symbolischen Ausdrucksformen in den Fokus: Es geht also einerseits darum, „nach der Funktion von Wertordnungen für Kommunikation“ zu fragen, und andererseits darum, zu untersuchen, wie „[…] sich Werte in symbolischer Kommunikation artikulieren, ‚kristallisie-

141 142 143 144

AUGE, Handlungsspielräume, S. 7. Ebd. STOLLBERG-RILINGER, Einleitung (2005), S. 12. Ausführlich zur Unterscheidung von symbolischer Kommunikation und begrifflich-abstrakter diskursiver Kommunikation siehe STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 498–500.

1.2. Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen

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ren‘, verfestigen und verändern.“145 In diesem Zusammenhang scheinen Konflikte besonders aussagekräftig und erkenntnisfördernd zu sein. Denn die Inanspruchnahme von Werten ist zugleich immer auch von bestimmten Machtpositionen und Interessen abhängig. Wertekonflikte begegnen in zwei verschiedenen Formen: Sie können als Deutungskonflikte in Erscheinung treten,146 wenn unterschiedliche Gruppen oder Individuen auf denselben Wert rekurrieren, oder aber als Kampf um konkurrierende Wertesysteme entbrennen.147 Eine entsprechende Untersuchung der Wertbezüge, die die Hohenzollern seit der Aufnahme ins Kurkolleg bemühten, und möglicher Wertekonflikte erscheint deshalb vielversprechend, um die Art und Weise zu ermitteln, wie die hochadelige Führungsschicht des späten Mittelalters ihre Herrschaft mithilfe des Rekurses auf bestimmte Werte stützte bzw. der Rückbezug auf bestimmte Werte den Zugang zur Macht entweder ermöglichen oder versperren sollte. Trotz des Bedeutungszuwachses der Kurfürsten, machtvoller Reichsstädte und einflussreicher Fürsten blieb der König als Herr des Reichsgutes, oberster Lehnsherr, „Quelle allen Rechts“148 sowie Oberbefehlshaber des Reichsheeres – zudem ausgestattet mit kirchlichen Rechten – die zentrale Reichsinstanz auch noch im 14. und 15. Jahrhundert.149 Das Königtum stellte somit sowohl Bezugsgröße als auch Vorbild dar, an dem sich der Adel orientierte. Darüber hinaus war es nicht nur so, dass seit dem 12. Jahrhundert der König für eine förmliche Erhebung in den Reichsfürstenstand zwingend notwendig war,150 sondern durch die Vergabe von finanziell einträglichen Privilegien und Regalien, die zugleich statussteigernd waren, besaß er die Möglichkeit, ausgewählte Personen und Gruppen zu fördern. Das Beispiel der Hohenzollern macht dies sehr deutlich. Ihr Aufstieg im Laufe des Mittelalters wurde begleitet und gefördert durch eben solche Vergabungen, die schließlich in der Belehnung mit der Mark Brandenburg gipfelten. Im Gegenzug engagierte sich die Dynastie für die jeweiligen Könige und Kaiser.151 Die verschiedenen Vorteile, aber auch

145 146 147 148 149

ALTHOFF/SIEP, Symbolische Kommunikation, S. 409. STOLLBERG-RILINGER, Einleitung (2007), S. 18. ALTHOFF, Christliche Ethik. KRIEGER, König, Reich und Reichsreform, S. 21–22. Von der vielfältigen Literatur seien hier vor allem genannt: SCHUBERT, König und Reich; KRIEGER, Die Lehnshoheit; MORAW, Wesenszüge; ISENMANN, König oder Monarch; und DERS., Der römisch-deutsche König. 150 SPIEß, Ständische Abgrenzung, S.190. 151 Seit dem Beginn der wissenschaftlichen Befassung mit den Hohenzollern wurde dieser Aspekt stets deutlich betont und auch als eine Konstante bis ans Ende des Mittelalters gesehen. Auch Reinhard Seyboths Einschätzung lautet entsprechend: „Bei keiner anderen Dynastie war das Engagement für die Oberhäupter des Reiches, gleich welcher Dynastie sie

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1. Einleitung

Gefahren, die dieses Verhalten für eine Adelsdynastie im späten Mittelalter barg, sollen im Folgenden intensiver betrachtet werden als bislang geschehen. In diesem Kontext wird aber auch zu überprüfen sein, ob an dem herkömmlichen Bild gewisse Korrekturen vorgenommen werden müssen. Die Dynastie der Hohenzollern ist aus verschiedenen Gründen besonders gut für eine Analyse der Instrumente fürstlicher Selbstbehauptung und Selbstdarstellung im Spätmittelalter geeignet: Abgesehen von einer breiten Überlieferungslage, die sich durch ein weites Spektrum edierter und nicht edierter historiografischer, urkundlicher, brieflicher und gegenständlicher Quellen auszeichnet, ergänzt durch entsprechende Vorarbeiten, die für einige Bereiche eine Synthese ermöglichen, stellen die Hohenzollern eine Dynastie dar, die im Gegensatz zu allen übrigen Mitgliedern des Kurkollegiums keine lange Tradition als Reichsfürsten vorweisen konnte. Streng genommen waren sie bis zur Belehnung mit der Mark Brandenburg durch König Sigismund im Jahr 1415 sogar überhaupt keine Fürsten. Ein Privileg Karls IV. hatte ihnen 1363 fürstliche Rechte zugestanden.152 Vorausgegangen war ein kontinuierlicher Ausbau der gesellschaftlichen Position des kleinen fränkischen Grafengeschlechts mit ursprünglich schwäbischen Wurzeln. Durch günstige Heiraten hatten sie das Reichsamt der Burggrafen von Nürnberg erlangt und ihren Besitz durch weitere Heiratsverbindungen und geschickte Zukäufe stetig vergrößert. Vor allem war die Dynastie seitens des Reichsoberhaupts mit entscheidenden Privilegien ausgestattet worden, zu denen auch die bereits genannte Urkunde Karls IV. gehörte. Es ist darauf hingewiesen worden, dass die Hohenzollern in den Folgejahren quasi auf gewohnheitsrechtlichem Wege153 als Fürsten anerkannt worden wären. Aber dennoch muss man konstatieren, dass die Mitglieder der Dynastie von der königlichen Kanzlei bis in die 1380er Jahre weiterhin als Grafen tituliert wurden. Auch sie selbst begannen erst spät, sich als illustri oder hochgeboren zu bezeichnen. So erstmalig in einer Urkunde vom 12. Juli 1388; ab 1407 mehren sich die Belege der fürstlichen Titulatur in den von ihnen ausgestellten Urkunden.154 Selbst wenn man davon ausgehen möchte, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt ihre fürstliche Position allgemein anerkannt war, vergingen nur wenige Jahre bis zur Belehnung mit der Mark Brandenburg. Man hat also mit den Hohenzollern entstammten, so ausgeprägt wie bei den Hohenzollern. Die enge Anlehnung gehörte zu den unverrückbaren Prinzipien der Dynastie.“ Siehe SEYBOTH, Aufbau eines Territoriums, S. 25. 152 Mit dem Privileg waren sie aber noch nicht als Reichsfürsten angesprochen, sondern lediglich gefürstet worden. Zu dem Unterschied zwischen Fürsten und Fürstengenossen siehe KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, vor allem S. 94–95. 153 Ebd., S. 93. 154 MOEGLIN, Fürstliche Ehre, S. 82.

1.2. Theoretische Anknüpfungen, Methode und Fragestellungen

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‚klassische‘ Aufsteiger vor sich, die aus diesem Grund in besonderem Maße darauf angewiesen waren, allen Anforderungen einer fürstlichen Existenz gerecht zu werden. Dazu gehörten nicht nur eine entsprechende Art der (kur-)fürstlichen Repräsentation, sondern auch andere Formen der Herrschaftsausübung in den beiden getrennt voneinander liegenden Territorien. Das Beispiel dieser Dynastie verspricht also, die expliziten und impliziten Anforderungen zu offenbaren, die an Reichsfürsten am Ausgang des Mittelalters gestellt wurden, und so zugleich Auskunft über die Regeln geben zu können, die für die Teilhabe an der politischen Elite entscheidend waren. Denn an den Reaktionen ihrer Umwelt, also an der öffentlichen Akzeptanz oder Nicht-Akzeptanz seitens der verschiedenen Reichsglieder und des Königs, waren Erfolg oder Misserfolg der gewählten Strategien direkt ablesbar. Vor dem Hintergrund des genannten Erkenntnisinteresses soll im Rahmen dieser Überlegungen danach gefragt werden, welche konkreten Praktiken und diskursiven Strategien eine Dynastie anwendet, die versucht, sich innerhalb einer vermeintlich geschlossenen Gruppe im späten Mittelalter zu etablieren. Auf welchen gesellschaftlichen Feldern werden überhaupt Anstrengungen unternommen? Welche Instrumente erscheinen den Akteuren als vielversprechend bzw. welche Praktiken sind für einen Hochadeligen des 15. Jahrhunderts überhaupt denkbar? Im Zusammenhang mit den verschiedenen Formen der Herrschaftsrepräsentation gilt es zudem zu ermitteln, welche Adressaten jeweils angesprochen waren. In welchen Situationen griff man also möglicherweise eher auf symbolische Instrumente zurück und wann kamen solche Mittel zum Einsatz, bei denen instrumentelle Aspekte im Vordergrund standen? Folgt man Emile Durkheim, der davon überzeugt ist, dass eine Gesellschaft vor allem durch die Vorstellungen konstituiert wird, die sie sich von sich selbst macht,155 so scheint ein Abgleich mit spätmittelalterlichen Adelskonzepten dringend geboten. Hier lassen sich grundlegende Erkenntnisse für die Frage nach den Bedingungen von Herrschaft am Ausgang des Mittelalters gewinnen. Die Perspektive auf die drei Kurfürsten, Friedrich I., Friedrich II. und Albrecht Achilles, macht es zudem möglich, genauer zu untersuchen, ob sich Unterschiede in den Formen der Herrschaftsrepräsentation und Selbstinszenierung finden lassen: Bevorzugte Friedrich I. also andere Instrumente als seine beiden Söhne und Amtsnachfolger Friedrich II. und Albrecht Achilles? Rekurrierten sie auf unterschiedliche Werte, und wenn ja, warum? Schließlich stellt sich die Frage nach der Rolle des Königs. Wie sah es angesichts des rasanten Aufstiegs 155 DURKHEIM, Les formes élémentaires, S. 603–604.

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1. Einleitung

der Vergangenheit, der sehr durch königliche Gunst befördert worden war, mit der Förderung nach der Belehnung mit der Kurmark aus, und inwiefern zeigten die Hohenzollern entsprechende Gegenleistungen? Wie ist das Verhältnis zwischen Dynastie und Reichsoberhaupt im 15. Jahrhundert insgesamt zu bewerten, und wie dachten die Mitglieder der Dynastie über ihre Beziehung zum jeweiligen König? Lässt sich möglicherweise eine Diskrepanz zwischen der Selbstwahrnehmung und -stilisierung der Hohenzollern und ihren konkreten Praktiken feststellen?

1.3 Untersuchungszeitraum, Aufbau der Arbeit, Quellengrundlage 1.3 Untersuchungszeitraum, Aufbau der Arbeit, Quellengrundlage

Für die Analyse der Praktiken fürstlicher Selbstbehauptung und Selbstdarstellung der Hohenzollern hat die vorliegende Untersuchung den Zeitraum von der Belehnung mit der Mark Brandenburg im Jahr 1415 als dem maßgeblichen Ereignis, mit dem die Dynastie endgültig in den Kreis der Reichsfürsten Aufnahme fand, bis zum Tod Markgraf Albrecht Achilles auf dem Frankfurter Reichstag von 1486 in den Blick genommen. Innerhalb dieser 71 Jahre werden die verschiedenen Praktiken deutlich als gesamtdynastische Anstrengungen sichtbar, denn beide Herrschaftsbereiche in Franken und der Kurmark unterstanden entweder einem Markgrafen in Personalunion – dies ist bei Friedrich I. und Markgraf Albrecht für einige Jahre der Fall – oder wurden in enger Zusammenarbeit und in Absprache zwischen mehreren Mitgliedern der Familie regiert. Erst mit dem Tod Albrechts Achilles fand diese Praxis für längere Zeit ein Ende, denn nun bildeten sich zwei Zweige der Dynastie heraus und die beiden Territorien nahmen eine getrennte Entwicklung. Eine Aufhebung dieser Trennung erfolgte schließlich Ende des 18. Jahrhunderts, als die beiden Fürstentümer Ansbach und Bayreuth an Friedrich Wilhelm II. von Preußen fielen.156 Über diese ‚Kernzeit‘ hinaus werden in zwei Richtungen kurze Ausblicke gegeben: Zum einen gilt es, das Handeln der Hohenzollern im Vorfeld der Übertragung der Kurwürde zu untersuchen, also die Formen der reichsfürstlichen Herrschaftsrepräsentation, die die Rangerhöhung vorbereiteten und begleiteten. Zum anderen werden auch die systematischen und diskursiven Anstrengungen der Hohenzollern gegen Ende des 15. bzw. am Anfang des 16. Jahrhunderts in die Untersuchung mit einbezogen, die als 156 NEUGEBAUER, Die Hohenzollern, Bd. 2, S. 52.

1.3 Untersuchungszeitraum, Aufbau der Arbeit, Quellengrundlage

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Ausdruck der ‚autorisierten‘ Selbstdarstellung der Dynastie angesehen werden müssen.157 Die skizzierten Fragestellungen werden durch die Analyse von vier grundlegenden Bereichen beantwortet, in denen seit der Belehnung mit der Mark Brandenburg verstärkte Anstrengungen der Hohenzollern manifest werden, sich in der Gruppe der spätmittelalterlichen Kur- und Reichsfürsten zu etablieren. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die Bemühungen in diesen Bereichen sich zum Teil wechselseitig beeinflussten und verstärkten. Grundsätzlich stehen die Bündnisbildung auf den unterschiedlichen Ebenen der mittelalterlichen Gesellschaft, die Beziehung zum Reichsoberhaupt, die Landesherrschaft in den beiden Territorien der Hohenzollern und die Repräsentation der Dynastie als solche im Mittelpunkt der Analyse. Für die Dynastie war es zunächst geboten, ihre Standesgleichheit mit den übrigen Kurfürsten zu demonstrieren. Gleichzeitig war es aber auch notwendig, die Herrschaft über die Untertanen in den Territorien persönlich auszuüben. Die Teilhabe an der Reichsregierung wiederum, insbesondere als Mitglieder des Kurkollegs, erforderte ebenfalls ein persönliches Engagement. Das richtige Verhältnis zur zentralen Instanz im Reich, dem Königtum, bildete zudem eine wichtige Voraussetzung für die Etablierung in der sozialen und politischen Führungsschicht des Reiches. Schließlich musste die Dynastie auch beweisen, dass sie den von der Gruppe des Hochadels geteilten Normen und Werten gerecht wurde. Viele der Anforderungen an die mittelalterliche Adelsherrschaft lassen sich als allgemeingültig für die Ausübung von Herrschaft klassifizieren: so zum Beispiel die Tatsache, dass sich gerade die Ranghöchsten noch weniger als andere Freiheiten gegenüber den offiziellen Normen herausnehmen dürfen, ihren erhöhten Rang also mit erhöhter Anpassung an die Werte der Gruppe bezahlen. Solange die Reproduktion der herkömmlichen Ordnung noch nicht hinreichend gewährleistet ist, „reicht es für die Herrschenden nicht aus, das von ihnen beherrschte System laufen zu lassen, um ihre Herrschaft auf Dauer auszuüben; sie müssen täglich und persönlich daran arbeiten, die stets unsichere Herrschaftslage zu produzieren und zu reproduzieren.“158 Die Ehrerweise, die Achtung der anderen können nicht angeeignet werden, ohne diese für sich persönlich zu gewinnen.159 Vor der Analyse der vier zentralen Felder der Herrschaftsetablierung widmet sich ein erster Teil ausführlich dem Thema der Dienste für das Reichsoberhaupt. Diese Strategie der Herrschaftsetablierung verdient eine 157 Siehe dazu die Ausführungen bei MOEGLIN, Toi burgrave. 158 BOURDIEU, Sozialer Sinn, S. 236. 159 Ebd., S. 236-237.

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1. Einleitung

gesonderte Betrachtung, da sie für die Hohenzollern aus mehreren Gründen zentral ist. Zum einen gelten diese Dienste gemeinhin als Motor für den kontinuierlichen Aufstieg der Hohenzollern seit dem 12. Jahrhundert, und die historische Forschung hat ihnen unhinterfragt für das 15. Jahrhundert den gleichen zentralen Stellenwert zugewiesen. Zum anderen spielten sie eine wichtige Rolle für die Selbstinszenierung und Selbstvergewisserung der Dynastie seit ihrer Belehnung mit der Kurmark. Vergleichend dazu gilt es, nach ihrer tatsächlichen Bedeutung für die Selbstbehauptung und Selbstdarstellung der Dynastie im Anschluss an die Rangerhöhung zu fragen. Zu diesem Zweck wird zunächst die Praxis der hohenzollerischen Dienste in Form von Ehrendiensten und Reichs- und Ehrenämtern untersucht. In einem zweiten Schritt werden die gewonnenen Befunde mit zeitgenössischen Adelsdiskursen abgeglichen und der Beitrag der Dienste und Ämter für das Selbstverständnis sowie die Formen der Selbstinszenierung der Hohenzollern in der Folgezeit analysiert. Denn im Rahmen der anderen Etablierungsstrategien spielte das Thema der Dienste eine besondere Rolle, ebenso wie in Bezug auf das Verhalten der Hohenzollern gegenüber dem Reichsoberhaupt. Dass Ehrendienste durchaus ambivalente symbolische Botschaften transportieren können, macht das abschließende Kapitel des ersten Teils deutlich. Hier gilt es zu untersuchen, auf welche Weise die Hohenzollern dieses sensible Instrument nutzten, um ihr Verhältnis zum Königtum zu bestimmen, und wie das Reichsoberhaupt das Mittel anwandte, um seine Beziehung zu dieser Dynastie gegenüber den anderen Reichsfürsten zu kommunizieren. Der zweite Teil der Untersuchung befasst sich mit den hohenzollerischen Vernetzungsstrategien auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen. Denn während die Hohenzollern ihre vertikalen Beziehungen mit dem Reichsoberhaupt mithilfe von Ehrendiensten und Ämtern austarierten und zur Darstellung brachten, nutzten sie sämtliche zeitgenössischen Möglichkeiten der Bündnisbildung und Vernetzung, um ihre Position in der gesellschaftlichen Ordnung abzusichern und auszubauen. In zwei Schritten kann die Bedeutung für die fürstliche Selbstbehauptung herausgearbeitet werden: Zum einen werden die vertraglichen Formen der Bündnisbildung wie Eheschließungen, Einungen und Bündnisverträge näher in den Blick genommen. Zum anderen die kulturellen Strategien, die gleichfalls geeignet waren, Beziehungen zu den Standesgenossen, aber auch zu standesungleichen sozialen Gruppen herzustellen, und somit auf umfassende Weise Herrschaft abzusichern vermochten. Nachdem im ersten Teil die Dienste als herausragendes Instrument der Herrschaftsetablierung analysiert worden sind, soll im dritten Teil das Königtum als höchstes Vorbild des mittelalterlichen Adels, das diesen zugleich

1.3 Untersuchungszeitraum, Aufbau der Arbeit, Quellengrundlage

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an sich zog und auf Distanz hielt,160 in allgemeiner Perspektive betrachtet werden. Bekanntlich nahm dieses seine zentrale Position innerhalb der spätmittelalterlichen Reichsgesellschaft auch aufgrund der Tatsache ein, dass es Privilegien und Regalien zuweisen oder vorenthalten, durch Gunstund Gnadenerweise also erheblichen Einfluss auf das Ständegefüge ausüben konnte. Für die Hohenzollern als soziale Aufsteiger war ein positives Verhältnis zum Königtum besonders wünschenswert, ein größeres Maß an Distanz aber nicht zuletzt als Mitglieder des Kurkollegs gefordert. Die unentwegten Versuche, das Verhältnis zum Reichsoberhaupt entlang dieser beiden Pole auszutarieren, um den gewünschten Platz in der gesellschaftlichen Ordnung einzunehmen, werden im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen. Anschließend wird durch eine Analyse derjenigen Strategien der Herrschaftsausweitung, die auf die beiden auseinander liegenden Territorien bezogen waren, der besonderen territorialen Ausgangslage der Hohenzollern Aufmerksamkeit geschenkt. Die Landesherrschaft bildete nicht nur die materielle Grundlage mittelalterlicher Dynastien, sondern der Status als Fürst hing ganz wesentlich von der Ausstattung mit einem adäquaten Fürstentum ab. Die spezifischen Bedingungen des fränkischen Territoriums auf der einen Seite und die Tatsache, dass die Hohenzollern in der Mark Brandenburg als Landesfremde ihre Herrschaft erst noch etablieren mussten, auf der anderen Seite bedeuteten große Herausforderungen für die Hohenzollern und beeinflussten das Agieren der Dynastie maßgeblich. Schließlich werden im fünften und letzten Teil der vorliegenden Studie solche dynastischen Bemühungen analysiert, die ganz konkret auf die Steigerung des Ansehens und den Erwerb von Ruhm abzielten. Diese beiden Komponenten besaßen für die Konstruktion von ‚Adel‘ allgemein zentrale Funktionen, in ähnlicher Weise, wie dem ‚Gedächtnis‘ in Form memorialer Praktiken für diese soziale Gruppe ein besonders hoher Stellenwert zukam. Da ‚Dynastie‘ überhaupt erst durch ‚Gedächtnis‘ und ‚Ansehen‘ erzeugt werden kann, die drei Begriffe also in einem unauflösbaren Wechselverhältnis stehen, werden in gleicher Weise den Funktionen und Wirkungsweisen der verschiedenen Memorialpraktiken, wie Stiftungen oder der Eintritt in Bruderschaften, sowie Begängnissen als höfischen Festen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Grundsätzlich bleibt anzumerken, dass die Praktiken, die in Hinblick auf ihre Funktion für die Legitimation und Repräsentation der hohenzollerischen Dynastie im Mittelpunkt des Interesses stehen, ausschließlich einer qualifizierenden Analyse unterworfen werden, denn eine statistische 160 SCHMID, Geblüt, S. 102.

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1. Einleitung

Untersuchung scheint für die Erforschung kultureller Phänomene nicht weiterführend zu sein.161 Vielmehr soll exemplarisch vorgegangen werden. Es wurden solche Beispiele ausgesucht, die besonders geeignet erschienen, die Fragstellungen der jeweiligen Kapitel zu beantworten. Bestimmte Handlungen oder Repräsentationsformen werden mehrfach in je unterschiedlichen Kapiteln vor dem Hintergrund des vorherrschenden Erkenntnisinteresses herangezogen, da ihre Bedeutungen und nicht die jeweiligen Handlungen selbst im Mittelpunkt stehen. Grundsätzlich ist die Dynastie, nicht einzelne Herrscherpersönlichkeiten, Gegenstand der Untersuchung. Deshalb werden, wo immer es möglich ist, die Praktiken und Strategien aller drei Kurfürsten sowohl in einer diachronen Perspektive untersucht als auch in einer synchronen, insofern als die nacheinander folgenden Regierungszeiten der Kurfürsten in den Blick genommen werden und zugleich ihre innerdynastischen Interaktionen als Fürsten im fränkischen Herrschaftsgebiet wie auch im neuen Territorium der Mark Brandenburg. *** Die Untersuchung stützt sich entsprechend der Fragestellungen und der Prämissen einer kulturgeschichtlichen Methode auf sehr unterschiedliche Quellengattungen. Urkunden, Briefe, erzählende bzw. literarische und normative Quellen bilden ebenso die Grundlage der Analyse der hohenzollerischen Herrschaftsetablierung wie materielle Repräsentationen der Dynastie, Gerichtsakten oder pragmatisches Schriftgut.162 Aufgrund des gesteigerten Interesses an der Dynastie der Hohenzollern und der Mark Brandenburg seitens der historischen Forschung ist ein erheblicher Teil der Quellen ediert oder über Abdrucke in historischen Zeitschriften zugänglich. Zudem wurde der Großteil der die Dynastie direkt betreffenden Archivalien, vor allem einzelner Herrscherpersönlichkeiten, insbesondere nach 1866 aus verschiedenen Archiven zusammengetragen und ins Hausarchiv Charlottenburg (heute: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin) gebracht, wo sie sich immer noch befinden. Das Staatsarchiv Nürnberg verfügt neben einigen zusätzlichen Beständen zum Markgraftum Brandenburg-Ansbach vor allem über Überlieferungen zu verschiedenen konkurrierenden Herrschaftsträgern im süddeutschen Raum. 161 Frühzeitig hat die kulturgeschichtliche Forschung in dieser Hinsicht denn auch Kritik an den Versuchen geübt, „[…] Einstellungen und Haltungen zu ermitteln, indem man zählt.“ Siehe DARNTON, Das große Katzenmassaker, S. 291. 162 Siehe zu dieser Quellengattung den Sammelband: KELLER/GRUBMÜLLER/STAUBACH, Pragmatische Schriftlichkeit.

1.3 Untersuchungszeitraum, Aufbau der Arbeit, Quellengrundlage

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Weitere Bestände dieser Art befinden sich im Staatsarchiv Bamberg. Für einige Aspekte der vorliegenden Arbeit war der Rückgriff auf diese Archivalien notwendig, insbesondere für die Auseinandersetzung um das Kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg. Das Landgericht nahm im Kontext der Etablierungsstrategien der Hohenzollern einen zentralen Stellenwert ein, worüber auch verschiedene Denkschriften, Privilegien und Landgerichtsurteile Zeugnis ablegen, die in verschiedenen Teilen der vorliegenden Studie behandelt werden. Im Folgenden sollen nur kurze Anmerkungen zu den jeweils zentralen Editionen gegeben werden. Einzelnachweise und weiterführende quellenkritische Hinweise finden sich in den thematischen Zusammenhängen der einzelnen Kapitel. Anhand des Kriteriums der ‚Verfasser‘ bzw. ‚Auftraggeber‘ des untersuchten Quellenkorpus lässt sich eine grobe Zweiteilung der Bestände vornehmen: So bilden zunächst einmal Quellen die Grundlage der Analyse, die – bewusst oder unbewusst – über die Strategien und Instrumente der Selbstbehauptung informieren oder über die Art, wie die Dynastie gesehen werden wollte, da sie im Auftrag der Hohenzollern oder zumindest in ihrem Umfeld angefertigt wurden. Anzusprechen sind als Zeugnisse für die ‚dynastische Sichtweise‘ diskursive und normative Texte, Urkunden und pragmatisches Schriftgut, das im Rahmen bestimmter Strategien entstand, aber auch materielle Repräsentationen wie Portraits, Epitaphe, Totenschilde, Paramente etc. Einen großen Stellenwert unter den Schriftzeugnissen nimmt die Korrespondenz der Mitglieder der Dynastie ein, wobei für diese unter quellenkritischen Aspekten auf die allgemeinen Bedingungen spätmittelalterlicher Briefkommunikation verwiesen werden muss.163 Insbesondere die Briefe der beiden markgräflichen Brüder Friedrich II. und Albrecht Achilles, aber auch solche an oder von befreundeten bzw. verwandten Fürsten liegen in großer Fülle vor. Kann man generell von einer Tendenz zur verstärkten brieflichen Kommunikation am Ende des Mittelalters sprechen, so ist diese bei den Hohenzollern noch dadurch verstärkt, dass „angesichts getrennt liegender Herrschaftsgebiete weite Distanzen und Zeiträume schriftlich“164 überbrückt werden mussten. Den größten Umfang unter den überlieferten Briefen nimmt die von Felix Priebatsch in drei Bänden edierte Politische Correspondenz Markgraf Albrechts ein, in der in ungefähr 2200 Nummern Briefe abgedruckt sind und auf

163 Von der umfangreichen Literatur zu diesem Thema seien lediglich genannt: HOFFMANN, Zur mittelalterlichen Brieftechnik, insbesondere S. 145, TEUSCHER, Bernische Privatbriefe, insbesondere S. 366, und der Sammelband von Hans-Dieter Heimann und Ivan Hlaváček, siehe HEIMANN/HLAVÁČEK, Kommunikationspraxis. 164 NOLTE, Familie, S. 23.

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1. Einleitung

mehrere Tausend weitere in Regestenform Bezug genommen wird.165 Weitere Briefe von oder an die Dynastie aus dem 15. Jahrhundert finden sich in den Deutschen Privatbriefen des Mittelalters,166 im Codex Diplomaticus Brandenburgensis167 und in den umfangreichen Materialien zur Reichsgeschichte aus der Zeit Friedrichs III., die von Adolf Bachmann ediert worden sind.168 Hilfreich waren auch verschiedene Editionen, welche umfangreichen Briefverkehr mit anderen Fürsten, Instruktionen an Gesandte, Urkunden, Konzepte, Notizen und andere Materialien zur Herrschaft der Hohenzollern versammeln und von der markgräflichen Kanzlei im 15. und 16. Jahrhundert für den Gebrauch in politischen oder rechtlichen Angelegenheiten zusammengestellt worden sind. An dieser Stelle sind vor allem die schon früh kritisierte Edition des Kaiserlichen Buches Markgraf Albrechts Achilles169 von Julius von Minutoli,170 Das Funfft Merckisch Buech in der Edition Karl August Hugo Burkhardts171 – beide für die Zeit zwischen 1470 und 1486 – und das von Karl Adolf Constantin Höfler herausgegebene Kaiserliche Buch zu nennen.172 Neben den Abschriften und Konzepten finden sich in den genannten Briefsammlungen Ausfertigungen – in der Regel von Schreibern der Kanzlei, eigenhändige Briefe der Markgrafen bilden die seltene Ausnahme –, aber auch Briefeingänge von Dritten. Verschiedene Schriften Ludwigs von Eyb, unter ihnen ebenfalls Briefe, geben einen tieferen Einblick in die Bemühungen der Dynastie, ihre Herrschaft nach der Belehnung mit der Mark Brandenburg zu etablieren und zu legitimieren. Ludwig von Eyb der Ältere war als Rat seit den 1430er 165 PRIEBATSCH, Politische Correspondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles (im Folg. zit.: PC). 166 STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe 1. 167 Die Edition Riedels gliedert sich in vier Hauptteile: Der erste Hauptteil umfasst die Geschichte der geistlichen Stiftungen, der adeligen Familien sowie der Städte und Burgen der Mark Brandenburg und liegt in 25 Bänden vor. Der zweite Hauptteil versammelt in sechs Bänden die ‚Urkunden-Sammlung zur Geschichte der auswärtigen Verhältnisse der Mark Brandenburg und ihrer Regenten‘. Der dritte Teil, die ‚Sammlung für allgemeine Landes- und kurfürstliche Haus-Angelegenheiten‘, liegt in drei Bänden vor und wird durch einen Band über spezielle Orts- und Landesgeschichte ergänzt. Im Folgenden werden die einzelnen Bände durch die Abkürzung CDB mit entsprechender Angabe des Hauptteils in römischen Zahlen und den einzelnen Bänden in arabischen Zahlen angegeben. Ergänzungen befinden sich zudem in einem von Georg Wilhelm von Raumer herausgegebenen Band: CDB continuatus. 168 BACHMANN, Urkunden und Actenstücke; DERS., Urkundliche Nachträge; und DERS., Briefe und Acten. 169 WAGNER, Berichtigungen und Nachträge. Auch Felix Priebatsch hat an den älteren Editionen Kritik geübt, siehe sein Vorwort im ersten Band der Politischen Correspondenz: PC 1, S. V–XII, insbesondere S. V–VI. 170 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch. 171 Das Funfft Merckisch Buech, hg. von KARL AUGUST HUGO BURKHARDT. 172 HÖFLER, Das kaiserliche Buch.

1.3 Untersuchungszeitraum, Aufbau der Arbeit, Quellengrundlage

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Jahren bis zu seinem Tod im Jahr 1502 in den Diensten der fränkischen Hohenzollern und in alle wichtigen politischen Entscheidungen eingebunden. Maßgeblich gestaltete er die Verwaltungsstrukturen am markgräflichen Hof mit, zeichnete zudem verantwortlich für die Umgestaltung der Hofhaltung in der Mark Brandenburg nach der Abdankung Kurfürst Friedrichs II. und bekleidete Ämter als Hofmeister, Hausvogt, markgräflicher Hauptmann im Zweiten Süddeutschen Städtekrieg oder Beisitzer im markgräflichen Hofgericht.173 Als enger Rat, insbesondere Markgraf Albrechts, bekleidete er nicht nur im höfischen Orden der Dynastie ein zentrales Amt, sondern wurde von den Zeitgenossen durchaus als ‚strategischer Kopf‘ verschiedener politischer Unternehmungen der Hohenzollern identifiziert.174 Die von Matthias Thumser erstellte Edition175 versammelt Schriften des Autors in unterschiedlichen Textgattungen. Die sogenannten Denkwürdigkeiten, ein historiografisches Werk, das die Geschichte der fränkischen Markgrafen von Brandenburg bis ins Jahr 1500 erzählt, bildet dabei den Hauptteil der Edition. Der Text richtet sich an den zur Abfassungszeit regierenden Markgrafen Friedrich den Älteren und die Ansbacher Hofgesellschaft. Dabei liefert er keinen geschlossenen chronikalischen Abriss, sondern von Eyb hebt verschiedene für die Dynastie bedeutsame Ereignisse besonders hervor, teilweise auch mit der Intention, die Verdienste der eigenen Person zu unterstreichen.176 Den letzten Teil bildet das eingangs angesprochene Memorandum für den regierenden Markgrafen Friedrich V. Besonders die durch Thumsers Edition vorliegenden Gesandtschaftsberichte Ludwigs von Eyb an Markgraf Albrecht sind von großem Wert, da sie vor allem das Verhältnis zwischen dem Markgrafen und Kaiser Friedrich III. in der Zeit des Trierer Tages von 1473 näher beleuchten. Sie geben Auskunft über konkrete Handlungsanweisungen von Albrecht Achilles für das Agieren am kaiserlichen Hof, nicht nur bezüglich der Ambitionen Karls des Kühnen, sich zum römisch-deutschen König wählen zu lassen, sondern auch in der wichtigen Frage der Auseinandersetzung zwischen den Königen Matthias Corvinus und Georg Podiebrad, die großen Einfluss auf die Reichspolitik hatte. Das kanzleimäßige Amtsbuch von Eybs ist zudem von Interesse, da es Einblicke in die markgräfliche Hofhaltung gewährt, Gerichtsordnungen für das Nürnberger Landgericht 173 Zu der Person Ludwigs von Eyb des Älteren siehe vor allem: THUMSER, Chronist, und die Einleitung in der Edition der wichtigsten Schriften von Eybs: THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 11–31. 174 In der Auseinandersetzung um das sogenannte Kaiserliche Landgericht Nürnberg nennt ein städtischer Schreiber des Nürnberger Rats von Eyb einen ‚Leithund‘, siehe WAGNER, Nürnbergische Geheimschrift, S. 47. 175 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften. 176 Ebd., S. 20.

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1. Einleitung

der Burggrafen überliefert, die Einbindung der fränkischen Ritterschaft in das Herrschaftssystem der Dynastie dokumentiert und weitere Einsichten in die Herrschaftsrepräsentation der Markgrafen, insbesondere bezüglich ihrer Memorialkultur, bietet. Weitere briefliche Nachrichten von oder über die Markgrafen und brandenburgischen Kurfürsten finden sich als Teilabdrucke oder im Rahmen verschiedener Aufsätze zu Spezialthemen aus dem 19. Jahrhundert.177 Daneben wurde als eines der beiden wichtigsten Editionswerke für die Geschichte der Dynastie der Codex Diplomaticus Brandenburgensis, der in 41 Bänden von Adolph Friedrich Riedel herausgegeben worden ist, herangezogen. Dieser umfasst wichtige Stücke der markgräflichen Korrespondenz, alle zentralen Urkunden bezüglich des kurfürstlichen Territoriums und zudem Auszüge verschiedener märkischer Chroniken bis ins Jahr 1486. Das zweite bedeutende Editionswerk, das in umfassender Weise die Urkunden der Dynastie von ihren schwäbischen Anfängen 1095 bis ins Jahr 1418 bereitstellt, sind die achtbändigen Monumenta Zollerana, die von Rudolph Freiherr von Stillfried und Traugott Märcker herausgegeben worden sind.178 Auch hier findet sich rechtserhebliches und verwaltungsmäßiges Schrifttum, verschiedenartige Urkunden wie königliche bzw. kaiserliche Privilegien, aber auch Schenkungs- und Stiftungsbriefe oder Testamente. Zudem ist eine Sammlung ganz unterschiedlicher Urkunden für die Regierungszeit Kurfürst Friedrichs I. durch die Edition Julius von Minutolis bereitgestellt.179 Die letztgenannten Editionen liefern vielfach auch Hinweise auf die Strategien der dynastischen Selbstbehauptung und Selbstdarstellung, die die Außenwahrnehmung der Dynastie näher beleuchten, lassen sich hier doch Anhaltspunkte finden, wie die Bemühungen durch die Zeitgenossen rezipiert worden sind. Eine solche Außenperspektive auf die Strategien und Instrumente der Herrschaftsetablierung der fürstlichen Aufsteiger findet sich teilweise in der zeitgenössischen Chronistik – sei es in Form von städtischer Geschichtsschreibung, sei es in Form von Konzilschronistik oder Reichshistoriografie. Die Wahrnehmung der Hohenzollern durch ihre Zeitgenossen fand zudem ihren Niederschlag in anonymen Volksliedern, Selbstzeugnissen des Niederadels oder in der humanistischen Geschichtsschreibung und den Brieftraktaten Eneas Silvius Picco-

177 Zum Beispiel von HÖFLER, Fränkische Studien IV, und auch in den Bänden 4, 5, 8 und 11 des Archivs für Österreichische Geschichte. 178 STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana. 179 MINUTOLI, Friedrich I.

1.3 Untersuchungszeitraum, Aufbau der Arbeit, Quellengrundlage

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lominis,180 wobei bei Letzterem die positiven Darstellungsabsichten bezüglich der Dynastie unverkennbar sind. Schließlich bieten die verschiedenen Bände der Reichstagsakten181 Auskunft über den Bereich des reichspolitischen Agierens der Dynastie, über ihre ‚öffentlichen‘ Interaktionen mit anderen Standesgenossen auf Hofund Reichstagen, einschließlich entsprechender Formen kurfürstlicher Selbstdarstellung. Sie sind zentral für alle Fragen, die das Verhältnis der Dynastie zum jeweiligen Reichsoberhaupt betreffen. Für diesen Bereich bot außerdem die monumentale Regestensammlung der Regesta Imperii182 weiterführendes Material.

180 Zum Beispiel: SCHMIDT, Eneas Silvius Piccolomini, Germania, insbesondere S. 63. Die Germania des Eneas ist im Jahr 2009 zwar durch Maria Giovanna Fadiga neu ediert worden, aber der Eindruck dieser Neuedition ist, wie Julia Knödler treffend auf den Punkt gebracht hat, „zwiespältig“. Aus diesem Grund wird der Edition und der Übersetzung Adolf Schmidts aus dem Jahr 1962 der Vorzug gegeben, auch wenn die „Ausgabe von 1962 […] insofern benutzerunfreundlich [ist], als sie immer mit der vom Herausgeber im selben Jahr publizierten Übersetzung zusammen gelesen werden muss, wo sich der überwiegende Teil des historischen Kommentars findet.“ Siehe KNÖDLER, Rezension von Enea Silvio Piccolomini. 181 Deutsche Reichstagsakten (im Folg. zit.: RTA), Ältere Reihe. 182 Regesta Imperii.

2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und die Bedeutung von Verdienstadel für die Dynastie der Hohenzollern 2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

„Glücklicherweise läßt sich heute auf Grund bündiger und größtentheils auch schon in meinem Codex abgedruckter Documente noch unwiderleglich darthun, daß weder Darlehne noch Kaufgelder, und überall keine Finanzoperationen der bezeichneten Art, sondern nur hohe persönliche Verdienste des Burggrafen Friedrich sein Aufsteigen von der burggräflichen und reichsfürstlichen zur markgräflich und kurfürstlichen Würde herbeigeführt haben.“183

Der fast schon wie ein Stoßseufzer anmutende Ausspruch Adolph Friedrich Riedels steht stellvertretend für die vielfältigen Versuche der preußischen Geschichtsschreibung des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, den Ursprung des hohenzollerischen Königshauses entgegen der älteren Historiografie184 auf rühmlichere Weise darzustellen, und war Teil einer energisch, mitunter verbittert geführten Forschungsdiskussion dieser Zeit.185 Hauptstreitpunkt der Kontroverse war die Frage, ob die Übertragung der Mark Brandenburg auf Burggraf Friedrich VI. durch König Sigismund während des Konstanzer Konzils aufgrund umfangreicher finanzieller Zugeständnisse an den König erwirkt worden und ob dies eine Strategie des fränkischen Burggrafen gewesen sei, den König durch die Gewährung hoher Kredite in eine starke Abhängigkeit zu bringen.186 Aber nicht erst zur Zeit der letzten vier preußischen Könige war die Frage des Aufstiegs ein intensiv diskutiertes Thema, sondern bereits Zeitgenossen des ersten hohenzollerischen Kurfürsten stellten lebhafte Spekulationen über die Frage an, auf welche Weise die Nürnberger Burggrafen zu Beginn des 15. Jahrhunderts in die höchste reichsfürstliche Elite aufgestiegen waren. Thomas Prisschuch von Augsburg, der Verfasser einer Dichtung über das Konstanzer Konzil, wusste beispielsweise zu berichten, dass unter den unzähligen Personen, die zum großen Konzil nach Kon183 RIEDEL, Zehn Jahre, S. IV–V. 184 Als Beispiele seien hier Thomas Kantzow und Peter Hafftiz genannt, siehe BÖHMER, Thomas Kantzow’s Chronik und das Microchronicon Marchicum, in: CDB IV, 1, S. 46–167. 185 Selbst bei weniger offensichtlich pro-preußischen Geschichtsschreibern wird dieses Thema ausführlich behandelt, siehe zum Beispiel BRANDENBURG, König Sigmund, insbesondere S. 23–47. 186 Adolph Friedrich Riedel hat immer wieder vehement gegen diese These angeschrieben, so zum Beispiel in seiner Geschichte des preußischen Königshauses: RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, insbesondere S. 45–48.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

stanz gekommen waren, auch die edelsten Fürsten aller Länder zu finden gewesen wären. Einem von ihnen, Burggraf Friedrich VI., der mit großer Würde in Konstanz einzogen sei, wäre eine große Ehre zuteil geworden, da er „das ampt von Brandenburg“187 erhalten habe. Seine „furstlich biderbkait“ wird von Prisschuch als die ausschlaggebende Qualität angeführt, die Friedrich für das Kurfürstenamt prädestiniert habe. Laut Elisabeth Wechsler ist in dem Begriff der ‚biderbkait‘ allgemein der Idealzustand der Normenkonformität und eine grundlegende Richtlinie für gutes Handeln zu sehen.188 Der Aufstieg in das Kurkolleg war im Sinne Prisschuchs also durch den Charakter und das vorbildliche Verhalten des Nürnberger Burggrafen aus dem Hause Hohenzollern zu erklären. Die Bayerischen Annalen setzten hingegen einen anderen Akzent, sie stellten die Rangerhöhung als Resultat der großen Gunst König Sigismunds dar189 und nicht als natürliche Folge einer charakterlichen Eignung. In seinem Bericht über die Taten Kaiser Sigismunds führt Eberhard Windecke wiederum zwei weitere Gründe ins Feld, warum dieser dem Burggrafen durch die Verleihung der Mark Brandenburg die Aufnahme ins Kurkolleg ermöglicht habe. Aufgrund seiner besonderen Kenntnisse als Finanzfachmann war Windecke als Gesandter in Diensten Sigismunds und einige Monate sogar für Burggraf Friedrich als Mühlmeister in der Mark Brandenburg tätig gewesen.190 Er verfasste zwischen 1438 und 1439 ein Sammelwerk zeitgeschichtlich-politischer Informationen, das auf die Person des Königs bezogen war.191 Hierin bot Windecke als eine Erklärung des Aufstiegs die engen Verwandtschaftsbeziehungen Burggraf Friedrichs an. Dieser sei zum Kurfürst gemacht worden, „[…] wann des selben marggrofen Friderichs brüder burggrof Hans des vor genanten koniges swester gehept in der ee.“192 Windecke hob diese Gegebenheit zudem als Grund dafür hervor, warum sich Friedrich, nun Markgraf Friedrich I., im Jahr 1417 nicht an einem gegen den König gerichteten Bündnis der Kurfürsten und verschiedener anderer Adeliger beteiligt habe. Bereits zu Beginn seiner Ausführun-

187 LILIENCRON, Die historischen Volkslieder, Bd. 1, S. 242, Z. 863–872. 188 WECHSLER, Ehre und Politik, S. 131–137. 189 „Istis diebus Friedericus Burggrauius Norimbergenses, cum esset in flagrante Caesaris gratia, Brandenburgico Septemviratu fuerat a Sigismundo donatus.“ Siehe Johannes Turmair's, genannt Aventinus, Annales Ducum Boiariae, Bd. 2, 2, 7. Buch, Kap. 24, S. 499. 190 JOHANEK, Art. ‚Windeck‘, Sp. 1198. 191 Ebd., Sp. 1204. 192 Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 105. Zurzeit ist immer noch diese Edition Wilhelm Altmanns maßgeblich (die Übertragung ins Neuhochdeutsche erfolgte im Rahmen der Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit), wobei unter der Leitung Joachim Schneiders an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz eine Neuedition des Textes entsteht, siehe: http://www.geschichte.uni-mainz.de/MittelalterLandesgeschichte/385.php.

2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

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gen nannte Windecke jedoch die persönlichen Verdienste Friedrichs VI. als Motiv für die Rangerhöhung seitens des Königs: Sigismund habe seinen Krönungszug nach Aachen ungekrönt abbrechen wollen, weil nur ein Teil der Kurfürsten seiner Einladung zur Beratung gefolgt war. Daraufhin habe Friedrich den König überredet, nicht nach Ungarn zurückzukehren und erfolgreich Verhandlungen mit den Kurfürsten geführt, sodass die Krönung schlussendlich doch zustande gekommen sei.193 Die Schilderungen des Mainzer Historiografen legen nahe, dass es dieser persönliche Einsatz Friedrichs VI. war, der den König dazu bewog, ihm die Kurwürde zu verleihen. Noch direkter als Resultat der persönlichen Verdienste des Nürnberger Burggrafen um König Sigismund zeichnet die Magdeburger Schöppenchronik die Übertragung der Mark Brandenburg auf die Hohenzollern. Denn in den „breve[n]“, die Friedrich bei seinem Zug in die Mark Brandenburg mit sich geführt habe, habe gestanden, dass diesem aufgrund der mannigfaltigen Dienste und Wohltaten, die er für und an Sigismund begangen habe, die Mark Brandenburg mit der Kurwürde übertragen worden sei.194 Mit den Briefen, von denen die Magdeburger Chronik zu berichten weiß, war die Belehnungsurkunde König Sigismunds gemeint, die dieser am 30. April 1415 auf dem Konzil in Konstanz ausgestellt hatte. Diese schildert eindrücklich die vielfältigen Tugenden, die den Nürnberger Burggrafen Friedrich auf besondere Art auszeichneten, seine Treue, die er gegenüber Sigismund stets bewiesen, und die herausragenden Verdienste, die er als Verweser und Hauptmann der Mark Brandenburg unter großem persönlichem Einsatz geleistet hatte.195 Ganz im Sinne der Schilderung des Übertragungsvorgangs in der Magdeburger Schöppenchronik griff Friedrich selbst nur kurze Zeit nach seinem Aufstieg in das Kurkollegium das Thema der für den König geleisteten Dienste auf. In der Außendarstellung gegenüber anderen Standesgenossen und Konkurrenten bemühte er gerade in Konfliktsituationen das Bild des loyalen Dieners, und im Laufe des 15. Jahrhunderts wurde dieses Motiv zu einer Art Meistererzählung196 der gesamten Dynastie, die in der Folgezeit dankbar von seinen Söhnen Fried-

193 Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 52: „[…] also wart der konig ungewillig und zouch gon Nürenberg und wolt widerumb gon Ungern sin ungecrönet zu eime Romschen konige. also rette mit im burggrofe Friderich von Nürenberg, daz der konig widerumbe zoch an den Rin und die fursten zü im koment und wurdent do wol eins. des hatte der konig dem burggrofen wol gelonet, wanne er im die Brandenburger mark gap […].“ 194 HEGEL, Magdeburger Schöppenchronik, S. 342. 195 CDB II, 3, Nr. 1340, S. 226–229, hier S. 227. 196 Zum Begriff der Meistererzählung ausführlich: REXROTH, Meistererzählungen. Mehr zur ‚Meistererzählung‘ der Hohenzollern im 4. Kapitel.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

rich II. und Albrecht Achilles innerfamiliär, aber auch offensiv nach außen eingesetzt wurde. Die Dienste und Ämter, die die Hohenzollern im Spätmittelalter bekleideten, wurden von der Forschung zum Teil recht einseitig als Ausdruck ihres besonders loyalen Verhaltens gegenüber dem Reichsoberhaupt aufgefasst. Es erscheint aber auch sinnvoll, sie als Spielarten symbolischer Kommunikation zu interpretieren: Die Übertragung von symbolischen Diensten und Ämtern einerseits, aber auch die freiwillige Übernahme bestimmter Aufgaben für das Reichsoberhaupt andererseits sind geeignete Indikatoren, um Aussagen über Rang und Stellung von Mitgliedern der adeligen Führungsschicht in der Gesellschaft der Vormoderne treffen zu können. Denn Ämter und symbolische Dienste sagen nicht nur etwas über das Ansehen der betreffenden Person aus, sondern hier werden auch deren konkrete Bemühungen deutlich, sich innerhalb der gesellschaftlichen Ordnung und insbesondere innerhalb einer bevorzugten sozialen Gruppe zu etablieren. Sie können zudem Belege für die Qualität der Beziehungen zwischen dem König und seinen Großen sein. Aber die Wirkungen, die durch die Übernahme von Diensten und durch die Vergabe von Ämtern erzielt werden, können durchaus einen ambivalenten Charakter aufweisen.197 So finden sich immer wieder Hinweise auf symbolische Dienste, die geleistet wurden, um erneut in die Gunst des Herrschers aufgenommen zu werden. Oder es lassen sich Beispiele finden, in denen der König Dienste einforderte, um zu disziplinieren und einen zuvor Abtrünnigen zurück in eine loyale Haltung zu zwingen.198 Gleichzeitig übertrug man aber auch Ämter, um ganz im Gegenteil eine bestimmte Person bewusst auszuzeichnen und sie an sich zu binden. Die Problematik der Vielschichtigkeit, aber auch der Ambivalenz ist in der Forschung verschiedentlich diskutiert worden.199 Gerade bei der Analyse von symbolischen Diensten scheint es 197 Wie bei anderen Formen der symbolischen Kommunikation spielt die Frage nach der Dechiffrierbarkeit auch bei den symbolischen Diensten und Ehrenämtern eine wichtige Rolle. Generell zeichnet sich in den Kulturwissenschaften bereits längere Zeit eine Debatte ab, die sich an der Frage nach der Ein- oder Mehrdeutigkeit von symbolischen Zeichen entzündet hat. Stellvertretend für eine Forschungsrichtung, die die Mehrdeutigkeit betont, sei hier der symbolische Anthropologe Victor Turner genannt: TURNER, The Forest. Zum Problem der Mehrdeutigkeit von Symbolen in Bezug auf die mediävistische Forschung siehe KOZIOL, Begging Pardon, S. 307–311. Siehe zu dieser Frage auch ALTHOFF, Rituale und ihre Spielregeln, S. 51–61. 198 Beispiele für solche Intentionen bei der Ausübung von symbolischen Diensten sowohl in der Historiografie als auch in der mittelalterlichen Literatur finden sich bei ALTHOFF/WITTHÖFT, Les services. 199 Bezüglich der symbolischen Dienste stand häufig die Lesart der Auszeichnung im Vordergrund, wie es auch Karl-Friedrich Krieger betont, siehe KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, insbesondere S. 110, oder LAUFS, Art. ‚Erzämter‘, Sp. 1011–1015. Auch Ernst Schu-

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daher unerlässlich, den genauen Kontext und das Verhältnis der beteiligten Personen zueinander eingehend zu betrachten.200 Es ist keine überraschende Feststellung, dass symbolische Dienste und königliche Ämter bzw. Reichsämter201 in einem engen Zusammenhang stehen, insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass durch die Vergabe oder Ausübung dieselbe Botschaft für die Beteiligten zum Ausdruck gebracht werden konnte: die ehrende Würdigung des Eingesetzten oder Ausübenden. Als eine allgemeine Definition für symbolische Dienste mag genügen, sie als verschiedene Arten von Tätigkeiten zu beschreiben, die zu einem bestimmten Anlass ausgeübt und in der Regel von ranghohen Personen durchgeführt werden, um damit symbolisch etwas zum Ausdruck zu bringen – meistens Dienstbereitschaft für denjenigen, dem diese Tätigkeiten gelten.202 Das Bedeutungsfeld des vielseitig verwendeten Begriffs des ‚Amtes‘ reicht hingegen von Gefolgschaft, Pflicht, Dienst, Wahrnehmung weltlicher oder geistlicher Aufgaben203 bis hin zu einem eingeschränkten Verständnis im Sinne eines mit Einkünften verbundenen Hoheitsrechtes.204 Ausgehend von den Amtsträgern, denen die Sorge um die Person des Herrschers oblag, schlossen sich im Rahmen der königlichen Hofverwaltung weitere Diener an diesen Kern an, die zusätzliche Leistungen erbrachten. So entwickelte sich zunächst bis ungefähr 1350 neben den klassischen vier Hofämtern ein erweiteter Kreis von königlichen Amtsträgern, die später zusätzliche Aufgaben innerhalb der Hofverwaltung übernahmen.205 Eine gängige Einteilung der königlichen Ämter bzw. Reichsämter sieht in erster Linie eine Unterscheidung in Erb- bzw. Erzämter und in besoldete Ämter vor, wobei sich feststellen lässt, dass in der sozialen Praxis des Mittelalters die Grenze zwischen den drei genannten Ämterkategorien

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bert verweist darauf, dass „[…] aus den zeremoniellen Bedürfnissen einer ‚curia’ […] in der staufischen Zeit Ehrendienste von Fall zu Fall übertragen“ worden seien; „[…] sie waren Würdigungen von Personen […]“, siehe SCHUBERT, Erz- und Erbämter, S. 191. Aber bereits Egon Boshof hat auf die diametral entgegengesetzten Botschaften verwiesen, die beispielsweise mit dem Schwertträgerdienst zum Ausdruck gebracht werden konnten, siehe BOSHOF, Erstkurrecht S. 102–103. ALTHOFF, Die Macht der Rituale, S. 95. In Bezug auf das Thema des Reichsdienstes ist auf die umfassende und detailreiche Untersuchung Eberhard Isenmanns im Rahmen seiner ungedruckten Habilitation zu verweisen: ISENMANN, Kaiserliche Obrigkeit. ALTHOFF/WITTHÖFT, Les services, S. 1297–1298. Zu frühen historiografischen Beispielen für Ehrendienste – den ausgeübten bzw. verweigerten Mundschenkendiensten Ottokars von Böhmen und König Wenzels II. – siehe WITTHÖFT, Ritual und Text, S. 116–146; zur Bewertung von Ehrendiensten durch Ulrich von Liechtenstein siehe ebd., S. 166–183. STOLLEIS, Art. ‚Amt‘, Sp. 549–550. SCHRÖDER, Art. ‚Amt‘, Sp. 545–546. MORAW, Organisation, S. 35.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

nicht streng gezogen war. Als eine Ursache für dieses Phänomen muss der Einfluss adeliger Qualifikationen für die Vergabe der wichtigsten Ämter im Reich genannt werden. Aus diesem Grund schlägt Peter Moraw vor, in einem Hofamt grundsätzlich nicht einen festen Zuständigkeitsbereich zu sehen, sondern eher ein mehr oder weniger ausgeschöpftes Potenzial.206 Als deutlichster Unterschied zwischen Erb- und Erzämtern kann festgehalten werden, dass die Erbämter aus der staufischen Reichsverwaltung erwachsen sind und zum Königshof gehörende Ämter darstellten, während man in einem Erzamt eine auf das Reich bezogene Würde zu verstehen hat. Bereits im 13. Jahrhundert setzte sich die Trennung von Erb- und Erzämtern durch,207 um 1400 schließlich der Gedanke, dass die Erbämter nicht mehr von König und Reich zu Lehen gingen, sondern den weltlichen Kurfürsten zugeordnet waren. Die ursprünglich aus den Hofämtern hervorgegangenen Erzämter verliehen eine dignitas, die auf der einen Seite zwar als Würde des königlichen Hofes aufgefasst wurde, als ein Rang, der ganz wesentlich durch die Nähe zum König bestimmt war. Auf der anderen Seite wurde die Funktion der Erzämter aber durch die Verantwortung für das Reich bestimmt.208 Erzämter galten zudem nicht als Recht einer Familie, sondern als Appertinenz des jeweiligen Landes.209 Die Zeitgenossen haben den Erzämtern große Bedeutung zugesprochen, denn sie hatten entscheidendes Gewicht für das Ansehen der Kurfürsten, und von ihnen konnten Rechtsansprüche abgeleitet werden.210 Nicht zuletzt die Tatsache, dass Eike von Repgow in seinem Sachsenspiegel die Fiktion konstruierte, dass das Kurrecht an ein Hofamt gebunden sei, unterstreicht den enormen Stellenwert, den die Zeitgenossen den Erzämtern beimaßen.211 Trotzdem versuchte in der politischen Praxis lediglich der Mainzer Kurfürst, im Verlaufe des späten Mittelalters seinem Erzamt reale Bedeutung zu verschaffen.212 Ernst Schubert konnte vor einiger Zeit zeigen, dass der Amtsbegriff im Sprachgebrauch der Kanonisten und Legisten, aber auch im Sinne der Goldenen Bulle „Machtausübung im Rahmen von iurisdictio und administratio“213 bedeutete, in der spätstaufischen Zeit die Betonung damit aber nicht nur auf der Beauftragung gelegen habe, sondern auch auf einem persönlichem Anspruch. Als zweites Charakteristikum des mittelalterlichern Amtsverständnisses identifiziert Schubert die 206 207 208 209 210 211 212 213

Ebd. SCHUBERT, Erz- und Erbämter, S. 197. SCHUBERT, Die Stellung, S. 104. SCHUBERT, Erz- und Erbämter, S. 214–215. SCHUBERT, Die Stellung, S. 126. SCHUBERT, Erz- und Erbämter, S. 208–209. SCHUBERT, Die Stellung, S. 103–104, Fußnote 31. SCHUBERT, Erz- und Erbämter, S. 212.

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Tatsache, dass ein mit iurisdictio verbundenes Amt immer auch eine Einnahmequelle dargestellt habe und gleichzeitig mit jedem Amt auch eine Aussage über Rang und Würde getroffen worden sei. Deshalb sei ein Amt im mittelalterlichen Verständnis eben nicht Dienst, sondern ein Rechtsanspruch gewesen.214 Neben den Erzämtern der Kurfürsten und den zentralen Erbämtern gab es weitere mit besonderer Bedeutung aufgeladene Ämter, die angesehenen Mitgliedern der Adelsgesellschaft, zumeist Vertretern des Hochadels, zugewiesen wurden. Diese Ehren- oder Reichsämter, die „die Königsnähe des Würdenträgers ebenso wie in ihrer Gesamtheit die Einheit des Reiches“215 symbolisierten, entfalteten in vielen Teilen des Reiches große politische Bedeutung.216 Reichslandvögte und Landfriedenshauptmänner beispielsweise nahmen im kaiserlichen Auftrag die mit ihren Ämtern verbundenen Befriedungsfunktionen wahr, was für die Amtsinhaber zugleich Anerkennung ständischer Würde und Führungsqualität wie auch die Realisierung herrscherlicher Macht bedeutete.217 Das Amt des Reichsvikars war ebenfalls von besonderer Bedeutung für die Organisation der Königsherrschaft außerhalb des königlichen Hofes. Zunächst ein auf Italien bezogenes Amt, das die fehlende praesentia corporalis des Königs ausgleichen sollte, wurde es im 13. Jahrhundert auf die deutschen Reichsteile übertragen. Der königliche Vikar bzw. der Reichsvikar218 war Stellvertreter des Herrschers, der bis zu seinem Widerruf in einem bestimmten Bereich eingesetzt wurde. Die mit dem Amt verbundenen Inhalte und Kompetenzen variierten insofern von Person zu Person, als es entscheidend war, in welchem Maße der Vikar die theoretisch umfassenden Königsrechte auf Grundlage seiner eigenen Autorität durchsetzen konnte.219 Eine weitere Form der Stellvertretung des Königs war durch das Amt des Protektors gegeben. Dieser übernahm bei Abwesenheit des Königs den Schutz für Kirchenversammlungen, repräsentierte das Reichsoberhaupt und setzte kirchenpolitische Maßnahmen durch. Das Amt des Reichsvikars und des Protektors wurden zwar widerruflich mit Mitgliedern ranghoher Familien besetzt, aber insbesondere das Reichsvikariat entwickelte sich wegen der 214 215 216 217 218

Ebd., S. 213. WILLOWEIT, Art. ‚Erbämter‘, Sp. 2101. WILLOWEIT, Die Entwicklung, S. 72. Ebd. Moraw weist darauf hin, dass die Reichsterminologie bei diesem Amt schneller in Gebrauch kam als in anderen Bereichen. Als mögliche Gründe für diese Entwicklung gibt er das Vorbild der Verweserschaft vacante imperio und die Tatsache an, dass das Amt als Ansatzpunkt der Opposition gegen den König interessant wurde, siehe MORAW, Organisation, S. 52. Allgemein zur Geschichte des Reichsvikariats siehe SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 420–437. 219 MORAW, Organisation, S. 51.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Machtfülle zu einer echten Bedrohung für das Reichsoberhaupt, sodass Kaiser Friedrich III. das Amt schließlich nicht mehr vergab.220 Darüber hinaus gab es weitere feste Ehrenämter am Königshof, die vom Reichsoberhaupt meist zusammen mit einem Fürstentum verliehen wurden.221 Diese konnten grundsätzlich in ganz unterschiedlichen Bereichen der königlichen Hof- oder der Reichsorganisation angesiedelt sein: So berichten die Quellen vom Erzjägermeisteramt der Markgrafen von Meißen222 genauso wie vom Amt des Apfel- und Zepterträgers des Herzogs von Jülich223 oder beschreiben das königliche Vorschneideamt, das die Grafen von Luxemburg 1354 von Karl IV. verliehen bekommen hatten.224 Diese Ämter konnten ein begehrtes Gut darstellen, das in manchen Fällen Anlass zu schweren Konflikten gab, wie im berühmten Fall des Schwertträgeramtes, um das über mehrere Generationen hinweg zwischen verschiedenen Fürstenfamilien gestritten wurde.225 Theoretisch gehörte zu all diesen Ämtern auch die symbolische Ausübung der Handlungen, die für sie namensgebend waren, trotzdem zeigt sich immer wieder, dass bestimmte Ehrenämter vergeben wurden, ohne dass der entsprechende symbolische Dienst jemals verrichtet wurde.226 Die Trennung zwischen Ehrenamt und Ehrendienst darf zwar nicht zu streng getroffen werden, denn bereits Konrad von Megenberg knüpfte das „officium“,227 verstanden als Ehrenamt, an den höfischen Dienst. Auch Karl IV. versuchte diese Verbindung immer wieder herzustellen und ließ entsprechende Bestimmungen in seine Goldene Bulle aufnehmen, die hier besonders den unterordnenden Charakter des Dienstes betonen sollten.228 Aber einige Unterschiede lassen sich doch ausmachen: So konnten zunächst einmal symbolische Dienste im Gegensatz zu den Ämtern ad hoc ausgeübt werden, ohne dass eine entsprechende Amtsverleihung stattgefunden hatte. Diese symbolischen Dienste ohne Verleihung waren vielfälti220 221 222 223 224 225 226

Ebd., S. 52. KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 100. SCHUBERT, Erz- und Erbämter, S. 220. MEYER, Graf Wilhelm, S. 55–57. SCHUBERT, König und Reich, S. 309–310. ZEUMER, Die Goldene Bulle Bd. 2, 1, S. 239–244. Als ein Beispiel für ein solches Ehrenamt kann das von Karl IV. neu geschaffene Amt des Erzkanzlers der römischen Kaiserin genannt werden, das dem Abt von Fulda auf dem Metzer Hoftag 1356 verliehen wurde. Den dazugehörenden Dienst des Haltens der kaiserlichen Krone übte dieser jedoch nicht aus, siehe dazu SCHUBERT, Erz-und Erbämter, S. 211. 227 KRÜGER, Konrad von Megenberg, Bd. 2, S. 206. 228 Dazu SCHUBERT, Erz- und Erbämter, insbesondere S. 219–223. Karl IV. scheiterte jedoch mit seinem Versuch, über die Hofbindung eine Reichsintegration zu erzielen, denn ab 1400 wurden die Erbämter als Lehen der übergeordneten Erzämter definiert, siehe dazu SCHUBERT, Erz- und Erbämter, S. 223–227.

2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

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ger Natur, zu denken ist in diesem Zusammenhang allein schon an die mannigfaltigen Ehrendienste, die im Rahmen von Herrschereinzügen229 oder Prozessionen230 anfielen. Entscheidender ist aber noch, dass die Verleihung von Reichs- oder Ehrenämtern im Gegensatz zu der Ausübung symbolischer Dienste nicht als Mittel der politischen Disziplinierung oder ständischen Degradierung benutzt werden konnte. Die Einsetzung in ein entsprechendes Amt konnte zwar mit körperlichen oder zumindest mit finanziellen Unannehmlichkeiten verbunden sein – denkt man zum Beispiel an das Amt des Reichsheerführers –, grundsätzlich bedeutete sie jedoch in der öffentlichen Wahrnehmung zunächst einmal eine Anerkennung des besonderen persönlichen Ranges und der spezifischen Fähigkeiten des Eingesetzten. Deswegen erscheint es sinnvoll, im Folgenden die vornehmlich analytische Unterscheidung von Ehrenämtern und -diensten beizubehalten. Insgesamt muss zudem für die weiteren Analysen im Auge behalten werden, dass die Vergabe von Reichs- und Ehrenämtern mehr als einen Indikator des guten Einvernehmens zwischen dem König und den Mitgliedern des Adels darstellt. Der Übertragung eines solchen Reichsamtes konnte vielmehr sogar eine Nötigung des Reichsoberhaupts seitens der mächtigsten Fürsten vorausgegangen sein und somit einen Angriff auf seine Macht darstellen. Außerdem war es durch die demonstrative Übernahme eines Amtes möglich, das beschädigte Verhältnis zum König wieder ins Reine zu bringen. Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass die Kurwürde besondere Aufmerksamkeit innerhalb des Themenbereiches der symbolischen Dienste und Ehrenämter verdient, vereinte sie doch beides in sich, denn zu jedem Erzamt gehörte der entsprechende symbolische Dienst, der zu besonderen Anlässen wie der Königskrönung oder dem feierlichen Hoftag geleistet wurde.

229 Siehe dazu die entsprechenden Stellen bei SCHENK, Zeremoniell und Politik, oder DOTZAUER, Die Ankunft. 230 Hierzu LÖTHER, Prozessionen, insbesondere S. 108, oder DRABEK, Reisen.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität, bewusster Auszeichnung und als Instrument der Statusinszenierung 2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität Von den verschiedenen Botschaften, die durch Ehrenämter und symbolische Dienste transportiert werden können, stellt die Inszenierung von bedingungsloser Loyalität durch den Dienenden auf der einen Seite und die besondere Ehrung desjenigen, dem der Dienst erwiesen wird oder der ein Ehrenamt vergibt, auf der anderen Seite ein an vielen historischen Beispielen belegtes Verhaltensmuster des europäischen Hochadels dar. Für das gesamte Mittelalter sind berühmte Beispiele für solche Ehrendienste und Ehrenämter nachzuweisen,231 die vom Frühmittelalter bis zur Ausübung der Erzämter durch die Kurfürsten bei der Wahl Maximilians I. zum deutschen König im Jahr 1486 und sogar bis in die Frühe Neuzeit reichen.232 Bei diesen Ämtern und Diensten stand eindeutig ihr symbolischer Charakter im Vordergrund. Daneben existierten jedoch auch solche Ämter, die das Interesse der historischen Forschung zumeist aufgrund ihrer instrumentellen Dimensionen geweckt haben und überwiegend in diesem Sinne behandelt werden: Die konkreten Aufgabenbereiche des Reichsheerführers oder die des Reichsvikars sind leicht zu benennen, ihre Tätigkeitsbereiche waren auf greifbare Zwecke ausgerichtet. Desgleichen steht für die Forschung auch bei der Mehrzahl der Aufgaben die instrumentelle Dimension klar im Vordergrund, die der König an die Fürsten und diejenigen Mitglieder des Adels übertrug, die er an der Reichsregierung beteiligte. Diese Ämter und Dienste besaßen trotzdem auch einen symbolischen Mehrwert, denn in der Regel weisen fast alle sozialen Handlungen sowohl symbolische als auch instrumentelle Dimensionen auf.233 Bei der Analyse der von den Hohenzollern verfolgten Strategien der Herrschaftsetablierung erscheint es aus diesem Grund sinnvoll, neben den vermeintlich ausschließlich instrumentellen Handlungen bzw. Aufgaben, die die Mitglieder dieser Dynastie vom Reichsoberhaupt übertragen bekamen, auch die 231 Eine Sammlung der überlieferten Beispiele für diese symbolischen Dienste und Ämter findet sich insbesondere bei: WAITZ, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, 2 passim; FICKER, Vom Reichsfürstenstande, Bd. 2, 1; und speziell zum Schwertträgerdienst: ZEUMER, Die Goldene Bulle, S. 239–244. Verschiedentlich wurde das Thema der Ehrendienste und Ehrenämter auch systematisch untersucht, siehe LATZKE, Hofamt. 232 Ein Bericht des Reichsherolds Romreich Bernhard Sittich über den zeremoniellen Ablauf der Krönung Maximilians findet sich in den RTA, Mittlere Reihe, 1, 2, Nr. 915, S. 927. Noch deutlicher sind die Erzämter der Kurfürsten jedoch bei der Krönung Friedrichs III. im Jahr 1442 im zeremoniellen Ablauf hervorgehoben, wie ein zeitgenössischer Bericht zeigt: RTA 16, Nr. 108, S. 192–195, hier S. 193–194. 233 STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 497.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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überwiegend als symbolisch verstandenen Ehrenämter und Ehrendienste zu analysieren. Hier kann sich zeigen, inwiefern die Ämter und Dienste als Mittel genutzt wurden, um sich als Aufsteiger in der gesellschaftlichen Ordnung zu etablieren und sich als Kur- bzw. Reichsfürst zu inszenieren. Laut Markus Twellenkamp bekleidete seit der Zeit der Krönung Rudolfs I. von Habsburg im Jahr 1273 bis zur öffentlichen Belehnung Burggraf Friedrichs VI. mit der Mark Brandenburg in Konstanz 1417 außer Burggraf Berthold, seit 1351 Bischof von Eichstätt, kein Mitglied der Hohenzollern ein königliches Amt bzw. Reichsamt.234 Obwohl die Hohenzollern bereits lange zuvor am Königshof bedeutende Stellungen eingenommen hätten oder ihnen diese zumindest zugeschrieben worden seien – in der Österreichischen Reimchronik seien die Nürnberger Burggrafen immer wieder als Ratgeber, Vermittler und Mitglieder des königlichen Rates dargestellt worden235 –, ließen sich weder solche Urkunden noch entsprechende Anreden als Räte finden. Selbst Rudolf von Habsburg, der bei seiner Wahl und Durchsetzung gegen Ottokar von Böhmen massive Unterstützung Burggraf Friedrichs III. erhalten hatte, habe diesem nie ein Amt verliehen. Twellenkamp vermutet, dass bis zur Regierungszeit Kaiser Heinrichs VII. fast ausschließlich Fürsten zu königlichen Räten ernannt worden seien,236 die Nicht-Berücksichtigung der Hohenzollern also eine Frage des gesellschaftlichen Ranges gewesen sei. Diese Einschätzung erscheint durchaus plausibel. Aber dennoch lassen sich vor der Rangerhöhung der Dynastie, zum Beispiel unter König Wenzel oder König Sigismund, Ratstätigkeiten der Hohenzollern nachweisen.237 Möglicherweise waren die beiden Luxemburger in dieser Hinsicht pragmatischer als ihr Urgroßvater. Die vermehrte Übertragung von Reichsämtern und verantwortungsvollen Aufgaben insbesondere seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts scheint jedenfalls die Belehnung mit dem wichtigsten Reichsamt vorbereitet zu haben – die Verleihung der Kurwürde im Jahr 1415. Die Quellen seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts bezeugen eine Vielzahl von symbolischen Diensten und Ämtern, die Friedrich I. übertragen bekam bzw. übernahm, noch bevor er in das Kurkolleg aufgestiegen war. Insbesondere in dieser Anfangsphase des Aufstiegs liegt die Vermutung nahe, dass die Dienste und Ämter in besonderem Maße als demon234 TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 80–81. Berthold sei seit Anfang 1365 bis zu seinem Tod nur wenige Monate später Kanzler Kaiser Karls IV. gewesen. Den Titel eines Rates führten die Hohenzollern erstmals unter Ludwig dem Bayern, wie Twellenkamp an dieser Stelle außerdem darlegt. 235 Ebd., S. 80. 236 Ebd. 237 SEYBOTH, Friedrich VI., S. 29 bzw. S. 31.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

strative Inszenierung loyalen Verhaltens gegenüber dem Reichsoberhaupt sowie als Aufführung und damit als Veröffentlichung des neuen sozialen Status fungierten. Später sollten auch seine Söhne und Nachfolger, Friedrich II. und Albrecht Achilles, verschiedene Ehrenämter übertragen bekommen und symbolische Dienste leisten. Inwiefern es auch für sie noch notwendig war, auf diese Weise den reichsfürstlichen Rang gegen Anfeindungen zu betonen und das gute Verhältnis zum König gegebenenfalls nach Außen darzustellen, soll im Folgenden genauer untersucht werden. Ob sich die Einstellung der Hohenzollern gegenüber den Ämtern und Diensten bzw. ihre Ausübungs- und Übernahmepraxis im Verlauf des 15. Jahrhunderts geändert hat und dies möglicherweise auch mit einem wachsenden Bedürfnis nach einer vom Reichsoberhaupt unabhängigen Inszenierung der reichsfürstlichen Autorität zu tun hatte, wird im Anschluss daran zu beantworten sein.

Vorbereitung der Rangerhöhung: Dienste und Ämter im Rahmen der Wahl Sigismunds von Luxemburg zum römisch-deutschen König Als erstes Beispiel sollen die Wahlen König Sigismunds von Ungarn zum römisch-deutschen König im Jahr 1410 bzw. 1411238 und seine Krönung am 8. November 1414 in Aachen näher betrachtet werden, denn im Wahlund Krönungsvorgang des Luxemburgers wird bereits das enge Zusammenspiel von symbolischen und instrumentellen Komponenten deutlich. Von der Forschung wurden die Ereignisse um die Wahl Sigismunds lange Zeit als ausschlaggebender Grund für die Belehnung mit der Mark Brandenburg gesehen.239 Der preußischen Geschichtsschreibung war es – wie bereits erwähnt – ein besonderes Anliegen, monetäre Gründe für die Übertragung auszuschließen, ein zweiter Schwerpunkt der Forschung lag auf der Frage, ob die erste Wahl 1410 rechtmäßig durchgeführt worden sei oder nicht. Diese Frage wird unter bestimmten Gesichtspunkten später noch einmal von Interesse sein.

238 Als Beispiel für neuere Untersuchungen zur Wahl Sigismunds vor allem unter dem Aspekt des Gesandtschaftswesens siehe die Dissertation von Oliver Daldrup: DALDRUP, Zwischen König und Reich. 239 KOSER, Geschichte, S. 84, oder RIEDEL, Zehn Jahre, S. 26. Aber auch später wurde die Übertragung der Mark Brandenburg noch als Belohnung für geleistete Dienste eingeschätzt, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 11, oder SEYBOTH, Friedrich VI., S. 32. Skeptischer hingegeben schätzt Neugebauer die Bedeutung der Ereignisse ein, siehe NEUGEBAUER, Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 33.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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Der Nürnberger Burggraf Friedrich VI. stand bereits seit 1409, insbesondere aus finanziellen Erwägungen, in Diensten König Sigismunds von Ungarn.240 Aus diesem Grund befand er sich am Hof des Luxemburgers, als Sigismund im Juni 1410 von mehreren Kurfürsten das Angebot gemacht wurde, ihn zum römisch-deutschen König zu wählen.241 Über die Rolle Friedrichs bei der Wahl Sigismunds herrschte bereits in der älteren Literatur große Unstimmigkeit,242 und auch die Positionen der heutigen Forschung gehen in dieser Frage zum Teil erheblich auseinander.243 Das Problem soll hier nicht gelöst werden – wobei das Agieren des Burggrafen durchaus als einflussreich für die Wahl eingeschätzt wird –, sondern im weiteren Verlauf der Ausführungen soll die Bedeutung, die die Geschehnisse für Friedrich VI. und seine Dynastie hatten, im Fokus der Betrachtungen stehen. Nach dem Tod König Ruprechts am 18. Mai 1410 war der Thron des Reiches vakant. Unter den Kurfürsten herrschte Uneinigkeit darüber, wem eine Kandidatur angetragen werden sollte, und trotz seiner Absetzung durch die Kurfürsten im Jahr 1400244 beharrte König Wenzel IV. weiterhin darauf, rechtmäßiger römisch-deutscher König zu sein. Unterstützung für seine Position fand er bei verschiedenen Fürsten, einigen Reichsstädten, aber vor allem bei Kurfürst Rudolf III. von Sachsen und seinem Cousin Jobst von Mähren. Verschärft wurde die labile Situation im Reich zudem durch das immer noch herrschende Schisma, da das Kurkolleg auch in dieser Frage in zwei Fraktionen geteilt war.245 Sowohl die Partei um Johann von Mainz und Friedrich von Köln als auch Kurfürst Ludwig von der 240 Dazu die Ausführungen in den Denkwürdigkeiten des langjährigen Rates Ludwig von Eyb: THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 63. 241 SEYBOTH, Friedrich VI., S. 31. 242 Johann Gustav Droysen stellt hier wohl den extremsten Vertreter der älteren Forschung dar, welche die besondere Rolle des Nürnberger Burggrafen bei der Wahl König Sigismunds beweisen wollte. Dieser unterstellt Friedrich VI. sogar, dass er sich an den Hof des ungarischen Königs begeben habe, um zusammen mit diesem einen Plan zur Reichsreform zu entwerfen, siehe DROYSEN, Geschichte der Preußischen Politik, Teil 1. Erich Brandenburg versuchte 1891 die Einschätzung Droysens zu entkräften, siehe BRANDENBURG, König Sigmund, S. 12–21. 243 Siehe dazu zum Beispiel SEYBOTH, Friedrich VI., S. 31, und NEUGEBAUER, Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 32–33. Während Seyboth der Meinung ist, dass Sigismund dem Nürnberger Burggrafen „in erster Linie zu verdanken“ hatte, „daß er schließlich am 21. Juli 1411 in einem zweiten Wahlakt von sämtlichen Kurfürsten einstimmig zum römischen König gewählt wurde“, hält es Neugebauer für eine „Übertreibung, daß Friedrichs Wirken entscheidend für die Wahl des Luxemburgers zum deutschen König war […]“. 244 Näheres zu den Umständen und Konsequenzen für die Verfassung des Reiches bei SCHUBERT, Königsabsetzung, vor allem S. 362–419, SCHNITH, Gedanken zu den Königsabsetzungen, S. 311–313, oder GRAUS, Das Scheitern von Königen. 245 JATZLAUK, Die Belehnung, S. 163.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Pfalz sowie Werner von Trier begannen Verhandlungen über die Bedingungen einer möglichen Königswahl mit Sigismund in Visegrád und Ofen.246 Auffällig ist, dass Burggraf Friedrich bereits an allen wichtigen Gesprächen und Maßnahmen im Vorfeld der Wahl beteiligt war. Er agierte als wichtigster Ratgeber und Vertrauter des Königs: So begleitete der Burggraf diesen zu den Verhandlungen von Visegrád, und gemäß dem Bericht Job Veners aus den Jahren 1410 oder 1411247 trat er hier als aktiver Verhandlungspartner in Erscheinung.248 Nach der Abreise des Königs im Anschluss an die gescheiterten Gespräche mit Köln und Mainz führte Friedrich die Verhandlungen mit dem Pfälzer Kurfürsten in Ofen schließlich sogar ganz allein.249 Seine besondere Rolle – zunächst im Rahmen der Vorverhandlungen der Wahl, später aber auch bei den Maßnahmen bis zur erfolgreichen Durchsetzung Sigismunds als König im Reich – zeigt sich auch darin, dass Friedrich sämtliche Wahlversprechen des ungarischen Königs, die dieser Pfalzgraf Ludwig am 5. August 1410 ausgestellt hatte, mitgesiegelt hat.250 Auch in der allgemeinen Wahlkapitulation ist der Hinweis zu finden, dass Friedrich VI. „zu des obgenanten [unsers gnedigen herren] des kunigs von Ungern ingesigel [sein] eygen ingesigel an disen briff“ gehängt habe.251 Die ältere Forschung, insbesondere Johann Gustav Droysen und Adolph Friedrich Riedel, interpretierte die Tatsache, dass der Hohenzoller die entscheidenden Urkunden der Vorbereitungsphase der Wahl mitsiegelte, als Beweis dafür, dass Friedrich VI. als eigentliche Antriebskraft hinter der Bewerbung Sigismunds um die römisch-deutsche Krone zu vermuten sei, da dieser eine „nationale Reichspolitik“ verfolgt und in dem ungarischen Kö246 Die Nachricht über die Verhandlungen der beiden Kurfürsten mit König Sigismund vor seiner umstrittenen Wahl sind nur indirekt durch einen Brief Burggraf Friedrichs VI. an die Stadt Nürnberg überliefert. Friedrich VI. schreibt an dieser Stelle: „[…] wir haben auch, ee wir zu seinen gnaden komen, briefe gesehen die zu Rome geschriben sein, wie der babst [Johannes XXIII.] gesprochen hat, er lasse den von Ungeren nicht umb sterbens willen, und sei im verdrisslich, das die zwen erbischof von Colen und Mentze den werren gemacht haben, und er doch ir briefe habe das sie den von Ungeren welen wollten […]“, RTA 7, Nr. 36, S. 52–53, hier S. 52. Dietrich Kerler weist in der Einleitung zu diesem Band der Reichstagsakten darauf hin, dass der Chronist Andreas von Regensburg ebenfalls von Geheimverhandlungen zwischen König Sigismund und den beiden rheinischen Kurfürsten im Vorfeld der Königswahl berichtet, wobei der „Passus über die Wahl nicht frei von historischen Verstößen [sei] und […] auch in der Aufzählung der Motive K. Sigmunds an starken inneren Unwahrscheinlichkeiten [leide], doch dürfte an der Thatsache nicht zu zweifeln sein, dass Johann von Mainz und Friedrich von Köln in der That Unterhandlungen mit Sigmund angeknüpft hatten.“ Siehe ebd., S. 3. 247 Der Bericht ist ediert bei LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik, im Anhang S. 545–553. 248 Hierzu siehe DALDRUP, Zwischen König und Reich. 249 LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik, S. 508. 250 RTA 7, Nr. 7–10, S. 18–23. 251 Ebd., Nr. 11, S. 24–25, hier S. 25.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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nig den richtigen Mann für die Belange des Reiches vermutete habe.252 Diese Interpretation geht jedoch viel zu weit und ist auch mit schlagenden Argumenten von Erich Brandenburg entkräftet worden. Während das Mitsiegeln der Wahlkapitulationen durch den Burggrafen im Gegensatz zur Position Droysens auch lediglich als schlichte Beglaubigung der königlichen Briefe gedeutet worden ist,253 scheint doch hier zumindest eine weitere symbolische Botschaft transportiert worden zu sein: die spätere Funktion des Hohenzollers als Stellvertreter des Königs während der Wahl am 20. September in Frankfurt. Denn nachdem Friedrich VI. die Gespräche mit Ludwig von der Pfalz und dem Trierer Erzbischof zu einem erfolgreichen Ende geführt hatte,254 reiste er schließlich als Bevollmächtigter und Stellvertreter König Sigismunds nach Frankfurt, um an der Wahl teilzunehmen, zur der der Mainzer Erzbischof eingeladen hatte. Die zukünftige Position Friedrichs, die durch die Wahlkapitulationen vom 5. August 1410 schon angedeutet wurde, erhielt durch entsprechende Vollmachten des ungarischen Königs die notwendige Legitimation. Und das, bevor der Burggraf seine Aufgabe als Stellvertreter Sigismunds so glaubhaft ausübte, dass er den entscheidenden Impuls für den Vollzug der Wahl geben konnte. Die Kredenzbriefe Sigismunds vom 5. und 6. August 1410255 bevollmächtigten den Burggrafen, den Luxemburger bei den Verhandlungen über die Königswahl in Frankfurt zu vertreten, wobei er selbst stellvertretend als Markgraf von Brandenburg an der Wahl teilnehmen und Sigismund zum König wählen sollte. Schließlich wurde er durch die Briefe ebenfalls in die Lage versetzt, die Wahl im Namen des Königs anzunehmen. Durch seine exponierte Stellung bei den Verhandlungen in Visegrád und Ofen, aber auch durch das Mitsiegeln der Wahlkapitulationen war Burggraf Friedrich bei den entscheidenden Akteuren des Jahres 1410 bereits als wichtigster Verhandlungspartner neben dem König eingeführt. Zur Akzeptanz einer Stellvertreterfunktion war es dann nur noch ein kleiner Schritt. Insbesondere der Ablauf der Wahl vom 20. September 1410, aber auch die Geschehnisse während des zweiten Wahlvorgangs im Juli 1411 sind von der Forschung immer wieder intensiv analysiert worden,256 da die 252 Die Darlegung der beiden Positionen bei BRANDENBURG, König Sigmund, S. 2–5 bzw. S. 13–14. 253 LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik, S. 508. 254 Ausführlich zu den Verhandlungen mit den beiden kurfürstlichen Parteien LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik, S. 521–533, und BRANDENBURG, König Sigmund, insbesondere Exkurs I und II, S. 201–207. Zu dem Thema auch DALDRUP, Zwischen König und Reich. 255 RTA 7, Nr. 27 und Nr. 28, S. 39–40. 256 Ein erstes ausgeprägtes Interesse an den Vorgängen ist bereits im 19. Jahrhundert zu verzeichnen. Hier entstanden verschiedene Arbeiten über die Wahlvorgänge von 1410 und

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Ereignisse ausgesprochen verworren sind und die von den beteiligten Parteien und Zeitgenossen heftig diskutierte Frage der Gültigkeit der Wahlen für das Verständnis der spätmittelalterlichen Verfassungsgeschichte von einigem Interesse ist. Hier soll jedoch lediglich der Dienst Friedrichs VI. als Stellvertreter und Bevollmächtigter Sigismunds im Mittelpunkt stehen. Aufgrund der bereits skizzierten Spaltung des Kurkollegs, von dem ein Teil anfangs an der Überzeugung festhielt, dass eine Wahl überhaupt nicht notwendig sei, da Wenzel von Böhmen immer noch als rechtmäßiger Inhaber der Königswürde anzusehen sei, und aufgrund der unterschiedlichen Präferenzen für Papst Johannes XXIII. bzw. Gregor XII. stand für die Wahlverhandlungen in Frankfurt von Anfang an ein großes Konfliktpotenzial zu erwarten. Da die von Johann von Mainz und Friedrich von Köln initiierten Gespräche mit Sigismund erfolglos abgebrochen worden waren,257 hatten diese sich Jobst von Mähren, dem Cousin Sigismunds, zugewandt, um mit ihm über eine Kandidatur zu verhandeln.258 Die Verhandlungen waren jedoch zu keinem für beide Seiten befriedigenden Ergebnis gekommen, sodass die Situation Anfang September eine relative Offenheit aufwies. Die Aufgabe Friedrichs in Frankfurt wurde zusätzlich dadurch erschwert, dass dieser einen höchst umstrittenen Anspruch vertreten sollte: Um die eigene Wahl durchzusetzen, war König Sigismund auf die Abgabe seiner eigenen Stimme als Markgraf von Brandenburg angewiesen. Die zuvor bereits angesprochenen Wahlkapitulationen hatte er unter anderem als „marggraff zu Brandemburg und des heiligen Romischen reichs erczcamerer“259 ausgestellt, in den betreffenden Vollmachten für Friedrich VI. berechtigte er diesen als Markgraf von Brandenburg zu handeln.260 Faktisch war es jedoch so, dass Sigismund große Teile der Mark Brandenburg an Jobst von Mähren, den Deutschen Orden und die Herzöge von Stettin verpfändet

257 258 259 260

1411, so beispielsweise SCHROLLER, Die Wahl Sigmund‘s; QUIDDE, König Sigmund, vor allem S. 133–156; SCHROHE, Die Wahl Sigmunds; oder VON ASCHBACH, Geschichte Kaiser Sigmunds, Bd. 1, S. 282–310. In den 1950er Jahren erhielt die Forschung eine neue Ausrichtung, da Joachim Leuschner auf Grundlage eines im Archiv neu aufgefundenen Textes die Vorgänge nun anders bewertete, siehe LEUSCHNER, Die Wahlpolitik. Weitere entscheidende Impulse brachte in den 1980er Jahren Hermann Heimpel, der die meisten Berichte über die Wahlvorgänge nun dem Rat und Juristen Job Vener zuordnete: HEIMPEL, Die Vener von Gmünd, Bd. 2, S. 637–690 und S. 1117–1127. Das Interesse aktueller Forschungen ist vor allem auf die Handlungs- und Einflussmöglichkeiten der zeitgenössischen Akteure ausgerichtet, stellvertretend hierfür siehe WEFERS, Das politische System, insbesondere S. 33–56. Die Schilderung bei Andreas von Regensburg, Chronica pontificum et imperatorum Romanorum, hg. von GEORG LEIDINGER, S. 144–145. LEUSCHNER, Die Wahlpolitik, S. 508. RTA 7, Nr. 7–11, S. 18–25 Ebd., Nr. 27 und 28, S. 39–40.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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hatte.261 Markgraf Jobst beanspruchte aus diesem Grund, legitimer Inhaber der brandenburgischen Kurstimme zu sein,262 zumal er am 3. April 1397 in Prag ebenfalls mit dem Erzkämmereramt belehnt worden war,263 und bestritt den Anspruch des ungarischen Königs vehement. Friedrich VI. musste also ein deutliches Zeichen setzen, um die Ansprüche Sigismunds erfolgreich zu vertreten. Zu diesem Zweck richtete er eine Anfrage an den Frankfurter Rat, die indirekt durch eine Besprechung zwischen den kurmainzischen Gesandten und dem Rat der Stadt überliefert ist.264 Friedrich habe gefordert, mit einem Gefolge von 200 Pferden in die Wahlstadt eingelassen zu werden, so der Frankfurter Rat in der betreffenden Schilderung vom 1. September 1410. Die Ratsherren wollten von den Kurfürsten erfahren, wie sie in diesem Falle und auch generell im Umgang mit anderen Personen, die das gleiche Anliegen vertraten, verfahren sollten, schrieb die Goldene Bulle doch für die Zeit der Wahl des römisch-deutschen Königs vor, niemanden außer die Kurfürsten oder ihre Stellvertreter in die Wahlstadt einzulassen, egal „willichirleie wirdekeit, adels adir hirschefte er“265 sei. Dass Friedrich VI. von Anfang an keinen Zweifel daran lassen wollte, dass er als Stellvertreter König Sigismunds und damit in Stellvertretung der Brandenburger Kurstimme in die Wahlstadt eingelassen werden wollte, macht seine Anfrage an den Frankfurter Stadtrat sehr deutlich: Seine Forderung, mit einem Gefolge von „zweinhundert pherden“266 in die Stadt einziehen zu dürfen, war ganz gemäß der Vorgaben der Goldenen Bulle verfasst, die ein entsprechendes Gefolge der Kurfürsten oder ihrer Stellvertreter bei der Wahl vorsah.267 Genauso interpretiert der Bericht des Job Veners diese Anfrage, denn hier wird folgendermaßen formuliert: „[…] und of den andern tag darnach kame min herre burggrave Friderich von Nuremberg von des kunigs von Ungern wegen und fordert geleide an die bürger, das sie in mit zweinhundert pferden wolten inlassen, als dann auch die gulden bulle uswiset.“268 Bei der Frage, welcher Status Friedrich VI. zuzuschreiben sei, spielte der Aspekt des Gefolges dann auch die entscheidende Rolle. Nicht nur, dass seine Anfrage am 2. September 1410 von einer großen Anzahl hochkarätiger Gesandter der Kurfürsten von Trier, Köln und Pfalz – wie zum Beispiel von Bernhard von Baden oder Ermicho von Leiningen – zusammen mit dem Frankfurter

261 262 263 264 265 266 267 268

SCHULTZE, Mark Brandenburg 3, S. 14. Ebd. RIEDEL, Zehn Jahre, S. 10. Ebd., Nr. 22, S. 35. FRITZ, Die Goldene Bulle, hier Kap. I, 20, S. 575. RTA 7, Nr. 22, S. 35. FRITZ, Die Goldene Bulle, Kap. I, 17, S. 573. LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik, S. 545.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Rat ausgiebig beraten wurde.269 Die zeitgleiche Anfrage des Pfälzer Kurfürsten auf Einlass in die Wahlstadt mit einem Gefolge von 300 Pferden wurde umgehend vom Rat abgelehnt, der sich auf die Vorgaben der Goldenen Bulle berief. Der Mainzer Erzbischof Johann II. hatte nämlich bereits am 3. Juni 1410 eine Aufforderung an den Stadtrat gerichtet, sich während der Zeit der Wahlverhandlungen exakt an die Vorgaben der Goldenen Bulle zu halten und des Weiteren zu seinem Anschreiben einen entsprechenden Auszug aus dem Rechtsbuch Karls IV. mitgeschickt.270 Dieser Aufforderung hatte der Rat zugestimmt271 und am 30. August an die anderen Kurfürsten appelliert, sich an die Vorgaben bezüglich des Gefolges zu halten.272 Die am 2. September versammelten kurfürstlichen Gesandten rieten dem Frankfurter Rat in Absprache mit den Räten des Mainzer Erzbischofs schließlich, den Nürnberger Burggrafen „inzulassen mit zweinhundert pherden“, aber nicht als einen Markgrafen von Brandenburg, sondern als einen „boden odir in botschaft des kuniges von Ungern“ und zwar unabhängig davon „[…] wievil daz er lude brenge.“273 Die kurfürstlichen Gesandten unterstrichen noch einmal ausdrücklich, dass die Frankfurter Ratsherren den Burggrafen nicht nach der Größe seines Gefolges fragen, diese also vollkommen ignorieren sollten. Zudem sollten sie dem Hohenzoller ausdrücklich mitteilen, dass er lediglich als Bote und nicht als Vertreter eines Wahlberechtigten Einlass in die Stadt fand.274 Es wird deutlich, dass der rang- bzw. statusgemäße Anspruch des Hohenzollers – als rechtmäßiger Stellvertreter des Brandenburger Kurfürsten – von seinen Kontrahenten wie dem Mainzer Erzbischof im intendierten Sinne verstanden wurde. Trotz der ausdrücklichen Versuche, Friedrich VI. den geforderten Status zu verweigern, gelang es diesem, wie er es gewünscht hatte, kurfürstengleich in die Wahlstadt einzuziehen. Herzog Stephan von Bayern-Ingolstadt dagegen, der als ältester Wittelsbacher die Pfälzer Kurstimme für sich hatte reklamieren wollen, wurde der Einlass in die Stadt schlicht verweigert.275 Bedenkt man die mehrfach vom Mainzer Erzbischof und dem Frankfurter Stadtrat wiederholten Appelle, dass die Vorschriften der Goldenen Bulle für die Königswahl absolut verbindlich sein sollten, und die strikte Handhabung derselben gegenüber Pfalzgraf Ludwig und Herzog Stephan von Bayern-Ingolstadt, so ist es doch erstaunlich, dass man dem Burggra269 270 271 272 273 274 275

RTA 7, Nr. 23, S. 36–37. Ebd., Nr. 14, S. 29–30. Ebd., Nr. 15, S. 30–31. Ebd., Nr. 18, S. 32–33. Ebd., Nr. 23, S. 36–37, hier S. 37. Ebd. Ebd., Nr. 29, S. 40.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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fen von Nürnberg nicht nur den Einzug in die Wahlstadt gestattete, sondern ihm auch ein für einen Kurfürsten angemessenes Gefolge zugestand. Die Auflagen bezüglich seines Status schlicht ignorierend, bot Friedrich dem Rat der Stadt sogar seine Unterstützung bei möglichen Unruhen während der Zeit der Wahl an276 und rekurrierte damit demonstrativ auf die Verpflichtungen eines Kurfürsten, wie sie die Goldene Bulle vorsah.277 Den ihm eigentlich vom Mainzer Erzbischof zugedachten Status des Gesandten nahm Friedrich VI. also keineswegs an, vielmehr ließ er keine Möglichkeit aus, sich weiterhin als Stellvertreter des Brandenburger Kurfürsten in Szene zu setzen. Trotz der massiven Gegenwehr eines Teils des Kurkollegiums gelang Friedrich VI. also der Einzug nach Frankfurt. Bei den anschließenden Verhandlungen über die Kandidatur König Sigismunds stand Friedrich zudem erneut im Mittelpunkt des Geschehens und wurde auch von den Erzbischöfen von Mainz und Köln zumindest als Verhandlungspartner akzeptiert, wie der Bericht des Job Vener deutlich belegt.278 Die Frage seines Status wurde in der Folgezeit mehrfach von den Kurfürsten diskutiert. Während die Erzbischöfe von Mainz und Köln die rechtmäßige Stellvertreterfunktion bestritten, da sie den Anspruch Sigismunds auf die Brandenburger Kurstimme für illegitim hielten, beharrten Pfalz und Trier auf seiner Zulassung zur Wahl.279 Friedrich von Köln und Johann von Mainz versuchten die Wahl mit der Begründung hinauszuzögern, dass man auf das Erscheinen des sächsischen Kurfürsten und Jobsts von Mähren warten müsse, der Anspruch auf die Brandenburger Kurstimme erhoben hätte.280 Ludwig von der Pfalz und Werner von Trier vertraten dagegen die Auffassung, dass der Burggraf König Sigismund legitim repräsentiere, und verwiesen auf die große Notlage des Reiches, das ohne Oberhaupt sei.281 Nach tagelangen Verhandlungen ließen sie die Gegenpartei schließlich am 19. September wissen, dass sie die Wahl am nächsten Tag am dafür vorgeschriebenen Ort, der Frankfurter Bartholomäuskirche, auf jeden Fall vollziehen würden. Um die Bestimmungen der Goldenen Bulle zu erfüllen, wurde der Dekan der Bartholomäuskirche schließlich noch aufgefordert, die Wahlzeremonie mit einer Heiliggeist-

276 […] und hat geredt, obe Fflauf etc. wFrde, bi den rad und der stede baner zF kommen etc., siehe ebd., Nr. 23, S. 36–37, hier S. 37. 277 LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik, S. 510. 278 Ebd., S. 547–549. 279 So wird übereinstimmend von den Verhandlungen berichtet: LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik S. 547–551, oder RTA 7, Nr. 30, S. 42–44. 280 LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik, S. 547. 281 RTA 7, Nr. 30, S. 42–43.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

messe zu eröffnen.282 Der weitere Verlauf des Wahlvorgangs ist schnell zusammengefasst: Um die Gegenpartei an der Wahl zu hindern, verhängte Erzbischof Johann von Mainz nicht nur das Interdikt über sämtliche Kirchen der Stadt, sondern ließ die Bartholomäuskirche zusätzlich auch verschließen.283 Nachdem die zur Wahl bereiten Kurfürsten und Friedrich VI. vergeblich versucht hatten, Zugang zur Kirche zu erhalten, entschlossen sie sich, die Wahl auf dem Kirchhof vorzunehmen. Da dies ein eklatantes Abweichen von den Bestimmungen der ordnungsgemäßen Königswahl darstellte, wurde für den weiteren Verlauf der Zeremonie peinlichst darauf geachtet, alle weiteren Artikel der Goldenen Bulle einzuhalten, um der Anfechtbarkeit der Wahl entgegenzuwirken. Dies zeigt sich unter anderem darin, dass strikt auf die korrekte Reihenfolge der Stimmabgabe geachtet und dabei mehrfach betont wurde, dass eigentlich den abwesenden Kurfürsten von Mainz und Köln an den entsprechenden Stellen der Vortritt gebühre.284 Der Burggraf verkündete während der Zeremonie ein weiteres Mal, dass er als Stellvertreter des Markgrafen von Brandenburg seine Stimme abgebe. Im Anschluss an die vollzogene Wahl ließ er keine Zeit verstreichen, um in einer öffentlichen Erklärung festzuhalten, dass er gemäß seiner von König Sigismund ausgestellten Vollmacht als dessen Stellvertreter diesen zu einem „Romischem kunige recht und redelich erwelt und gekorn“ und „an stad und namen desselben unsers vorgenanten herren des kunigs“285 die Wahl angenommen habe. Ebenfalls von diesem Tag datiert eine gemeinsame Erklärung mit dem Trierer Kurfürsten und Ludwig von der Pfalz an die Reichsstände, dass Sigismund der rechtmäßig gewählte König sei und man dessen Anerkennung fordere.286 Auch in der Folgezeit blieb Burggraf Friedrich weiterhin in den Diensten König Sigismunds präsent, und zwar insbesondere, weil sich nun die Situation für Sigismund als neu gewähltem römisch-deutschen König erheblich verschlechterte: Denn die Ansprüche Sigismunds und seines Vetters auf die Krone standen seit dem 1. Oktober 1410 gegeneinander, da Jobst von Mähren durch seinen Bevollmächtigten, den mit einer Vollmacht ausgestatteten Hofmeister des sächsischen Kurfürsten sowie durch die Erzbischöfe von Köln und Mainz ebenfalls zum König gewählt worden

282 Zur Rolle der Messe innerhalb der Krönungszeremonie allgemein und insbesondere im Zusammenhang mit der Krönung König Sigismunds siehe DOTZAUER, Anrufung, insbesondere S. 28–29. 283 RTA 7, Nr. 30, S. 45. 284 Ebd., S. 45–46. 285 Ebd., Nr. 31, S. 47. 286 Ebd., Nr. 32, S. 47–50.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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war.287 Der intensive Einsatz des Burggrafen im Reich in der kritischen Zeit nach der zwiespältigen Wahl Sigismunds scheint durchaus einen demonstrativen Charakter gehabt zu haben. Wie bei seinem erzwungenem Zutritt zur Wahlstadt Frankfurt agierte Friedrich selbstbewusst als Stellvertreter eines Königs mit umstrittenem Status: Am 27. September 1410 beauftragte er beispielsweise den Pfalzgrafen, Frankfurt und andere Städte in der Abwesenheit des Königs gegen Feinde zu schützen.288 Ebenso beauftragte er den Pfarrer der Nürnberger Sebalduskirche im Oktober desselben Jahres, mit der Reichsstadt Nürnberg im Auftrag König Sigismunds über die erfolgte Königswahl zu sprechen und die Interessen des neu Gewählten zu vertreten.289 Die schwierige Situation der Doppelwahl wurde schließlich durch den überraschenden Tod Jobsts am 18. Januar 1411 zugunsten Sigismunds gelöst. Auch die zweite Wahl des Luxemburgers verlief aufgrund der unterschiedlichen Interessen innerhalb des Kurkollegs alles andere als reibungslos,290 doch schließlich wurde Sigismund am 17. Juli 1411 in Frankfurt erneut gewählt. Da Burggraf Friedrich bei der ersten Wahl 1410 immer wieder demonstriert hatte, dass er als rechtmäßiger Stellvertreter des Brandenburger Kurfürsten zu gelten habe, konnte er an der zweiten Wahl nicht teilnehmen, ohne sein früheres Verhalten ad absurdum zu führen, weswegen diesmal sein Bruder Johann bei der Wahl eingesetzt wurde.291 König Sigismund jedenfalls zählte seine Regierungszeit von der ersten Wahl an, die zweite hatte der Luxemburger also allein unter pragmatischen Gesichtspunkten durchführen lassen.292 Die Beteiligung Friedrichs VI. an den Wahlvorgängen der Jahre 1410/11 hatte nicht nur Auswirkungen auf seine Beziehungen zum Reichsoberhaupt. Als mäßig bezahlter Rat des Königs293 hatte er großen Anteil an der Durchsetzung der Kandidatur Sigismunds gehabt. Hierdurch konnte er sich auf Reichsebene als einer der wichtigsten Vertrauten des neuen Königs präsentieren, denn er war es, der in der kritischen Phase der Königserhebung konsequent den neuen Anspruch des Luxemburgers im Reich in Szene gesetzt hatte. Für die eigene Position unter den Großen des 287 Zur Wahl Jobsts vgl. die unterschiedlichen Berichte über den Wahlvorgang bei Job Vener (LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik, S. 552) und die Lesart der Erzbischöfe von Mainz und Köln, siehe RTA 7, Nr. 50, S. 72. 288 RTA 7, Nr. 34, S. 51. 289 Ebd., Nr. 35, S. 51–52. 290 Zu den Geschehnissen siehe LEUSCHNER, Zur Wahlpolitik, S. 520–526. 291 BRANDENBURG, König Sigmund, S. 19–20. 292 ROGGE, Die deutschen Könige, S. 78. 293 Der Burggraf erhielt 2000 Gulden jährlich, RIEDEL, Zehn Jahre, S. 21. Für seine Dienste als Hofmeister der Tochter König Sigismunds erhielt Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt im Vergleich dazu 12.000 Gulden im Jahr, siehe ebd., S. 22.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Reiches, aber auch für den Rang seiner Dynastie konnte dies von einiger Bedeutung sein. In der eingangs zitierten Darstellung des Chronisten Windecke ist es Friedrich VI., der die Krönung Sigismunds zum römischdeutschen König überhaupt ermöglichte, da er die Kurfürsten dazu bewegen konnte, zu dieser zu erscheinen, und Sigismund von einer überstürzten Abreise abhielt. Da außer Windecke kein anderer Zeitgenosse von solchen Unstimmigkeiten im Vorfeld der Krönung in Aachen berichtet, scheint es möglich, dass dieser die Geschehnisse aus den Wahljahren 1410 und 1411 verdichtet hat, um die Verdienste des Burggrafen in diesem Zusammenhang besonders zu betonen. Das Zeremoniell der Krönung im Jahr 1414 unterstrich erneut die besondere Bedeutung des Hohenzollers als Vertrautem an der Seite König Sigismunds und seine gewachsene Macht im Reich: Im Verlauf der Feierlichkeiten im Aachener Dom war es erneut Friedrich VI., der „von der marg wegen von Brandenburg daz gulden zeptrum“294 trug und damit den Ehrendienst ausübte, der dem brandenburgischen Kurfürsten während der Krönungszeremonie zustand. Ein französisches Verzeichnis, das die Teilnehmer der Königskrönung festhält, nennt den Nürnberger Burggrafen sogar bereits einen Erzmarschall des Reiches.295 Von der Forschung ist immer wieder spekuliert worden,296 ob die Übertragung der Kurmark durch Sigismund bereits von langer Hand geplant gewesen sei, zumal der König den Burggrafen vor der endgültigen Belehnung als Verweser in Brandenburg einsetzte. Überblickt man den Zeitraum von 1410 bis 1415, so kann man sagen, dass Friedrich in dieser Zeit in gewissem Sinne durchgehend als brandenburgischer Kurfürst in Szene gesetzt wurde. Während der Wahlvorgänge von 1410 handelte er als ein solcher und leistete bei der Aachener Krönung vier Jahre später den entsprechenden Ehrendienst im Rahmen des Krönungszeremoniells – zu diesem Zeitpunkt zwar immer noch lediglich Burggraf, nun aber zumindest vom König als Verweser des Kurfürstentums eingesetzt.

Präsentation und Inszenierung des neuen Kurfürsten: Ehrenämter auf dem Konstanzer Konzil Die symbolische Inszenierung Friedrichs VI. als Reichs- und Kurfürst durch die Ausübung von Ehrendiensten erfolgte während des Konstanzer

294 RTA 7, Nr. 167, S. 243–245, hier S. 244. 295 Ebd., Nr. 170, S. 248. 296 RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 128, oder KANTER, Markgraf Albrecht, S. 33.

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Konzils besonders gehäuft. Auf dem Konzil, das eine der größten Kirchenversammlungen des Mittelalters und ein politisches Ereignis ersten Ranges in Europa darstellte,297 versammelten sich nicht nur der internationale Hochadel und andere wichtige politische Handlungsträger der Zeit, sondern es muss gleichfalls als ein bis zu diesem Zeitpunk noch nie da gewesenes ‚Medienereignis‘ bewertet werden.298 Nirgendwo hätte sich eine bessere Bühne finden lassen können, um den Nürnberger Burggrafen als wichtigen Handlungsträger und besonderen Vertrauten des Königs zu inszenieren, vor allem aber ihn als zukünftigen Kurfürsten einzuführen. Bei seinem aufsehenerregenden Einzug in Konstanz „mit iiij hundert pfärden und iiii wägen“299 trat er „an statt und in nammen des churfürstenthumbs von Brandenburg“ auf, wie Ulrich Richental in seiner berühmten Chronik zu berichten wusste, dessen Statthalter er sei und das „[…] im darnach gelihen ward.“300 Von den verschiedenen in dieser Chronik beschriebenen fürstlichen Einzügen während des Konzils gehörte das Gefolge des Nürnberger Burggrafen eindeutig zu den umfangreichsten. Generell muss gesagt werden, dass das Gefolge spätmittelalterlicher Reichsfürsten ein probates Mittel der Rangdemonstration darstellte, wobei es seine demonstrative Wirkung sowohl „aus der großen Anzahl und der einheitlichen Kleidung“ der mit einziehenden Personen als auch „aus ihrer sozialen Zusammensetzung“301 bezog. Da die durchschnittliche Größe eines kurfürstlichen Gefolges zu feierlichen Anlässen am Königshof oder zu anderen politisch bedeutsamen Zusammenkünften bei ungefähr 200–600 Pferden lag,302 war der Umfang von Friedrichs Zug seiner zukünftigen Position durchaus angemessen. Über die ständische Zusammensetzung der Mitziehenden werden in dem Bericht des Konstanzer Chronisten leider keine weiteren Einzelheiten mitgeteilt, im Gegensatz zum Einzug des Pfalzgrafen, den „fünff graufen und vil ritter und knecht“303 begleiteten, oder den des Burggrafen Johann, in dessen immerhin noch aus 120 Pferden bestehendem Gefolge sich wenigstens zwei Grafen befanden.304 Die Konstanzer Bürger und Zuschauer des konziliaren Geschehens beeindruckte Friedrich schlicht mit der Größe seines Zuges, den dort bereits versammelten Ranggenossen konnten darüber 297 Allgemein zum Konstanzer Konzil siehe: MÜLLER/HELMRATH, Die Konzilien von Pisa; HLAVÁCEK/PATSCHOVSKY, Reform von Kirche und Reich; oder SCHELLE, Das Konstanzer Konzil. 298 MIETHKE, Die großen Konzilien, bzw. RATHMANN, Das Konstanzer Konzil. 299 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 37. 300 Ebd. 301 SPIEß, Kommunikationsformen, hier S. 266. 302 Ebd., aber auch PARAVICINI, Alltag bei Hofe, S. 25, Fußnote 121. 303 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 48. 304 Ebd., S. 49.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

hinaus subtilere Botschaften übermittelt werden. Ihnen präsentierte sich Friedrich als eine Person, die kurz davor stand, in die höchste reichsfürstliche Elite aufzusteigen, und die eine wichtige Rolle während des Konzils einzunehmen gedachte. Der erste Ehrendienst, den Burggraf Friedrich VI. in Konstanz für König Sigismund leistete und den Richental ausführlich beschreibt, fand im Rahmen des königlichen adventus statt. Als der König am 23. Januar 1417 erneut nach Konstanz einziehen wollte, vollzogen alle weltlichen Fürsten und Herren in Begleitung der Bürger der Stadt eine occursio, also die symbolische Einholung des Herrschers durch Entgegenziehen, Begrüßung und Geleit des Königs in die Stadt.305 Da Sigismund zum Konzil reiste und nicht die Stadt Konstanz sein Ziel war, waren es vor allem adelige Vertreter des Reiches, die zusammen mit den städtischen Repräsentanten dem König vor die Stadt entgegenzogen, unter ihnen auch „[…] hertzog Ludwig von Payern und burggrauf Fridrich […].“306 Mittlerweile in der Stadt – in der zeremoniellen Sequenz der processio, während der der Herrscher zur Hauptkirche der Stadt geführt wurde307 –, begleitete der Klerus den König in einer Prozession mit Kreuz und allen wichtigen Heiligtümern bis zum großen Münster. Sigismund schritt hierbei unter einem goldenen Baldachin, unter dem mit ihm vier weitere Personen gingen, die auf dem Weg zur Konstanzer Hauptkirche jeweils zu zweit vor bzw. hinter dem König angeordnet waren. Diese vier Personen in direkter Nähe zum König waren der Patriarch Johann von Antiochia, der Kardinal von Ostia, der Pfälzer Kurfürst Ludwig und schließlich Burggraf Friedrich VI. Neben dem symbolischen Schutz, der dem Geehrten durch den Baldachin gewährt werden sollte, markierte dieser zudem für alle sichtbar das Zentrum der gesamten Prozession.308 Durch die den König flankierende Anordnung wurde dieser nicht nur zeremoniell hervorgehoben, sondern zeichnete auch diejenigen aus, die ihn unter dem Baldachin geleiteten. Die besondere Nähe zum König und damit auch die hervorgehobene Stellung unter den Fürsten des Reiches kam aber auch in einem weiteren Ehrendienst während der processio zum Ausdruck: So berichtet der Chronist weiter, dass Pfalzgraf Ludwig und Burggraf Friedrich „[…] hattend tremel und behutend sy vor trang und fürten inn also mit großer wirdikait und eren für das münster under der güldin tecki.“309 Der Kurfürst und der Burggraf waren auf dem Weg zum Münster also für die 305 306 307 308

SCHENK, Zeremoniell, S. 278. BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 99. SCHENK, Zeremoniell, S. 366. Umfassend zum Thema der Prozession, auch mit ihren zeremoniellen Implikationen, siehe WELLER, Theatrum Praecedentiae, und LÖTHER, Prozessionen. 309 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 99.

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Sicherheit des Königs und der beiden Geistlichen sowohl symbolisch als auch ganz real verantwortlich, sollten sie diese doch während der Prozession vor dem Zuschauergedränge durch den Einsatz ihrer mitgeführten Stäbe schützen. Achim Thomas Hack konnte zeigen, dass dieser „Prügeldienst“310 zu den Ehrendiensten mit langer Tradition gehörte, die der römisch-deutsche König oder Kaiser dem Papst leisten musste. Dies war auch während des Konstanzer Konzils bei der Weihe und Krönung Martins V. nicht anders.311 Im Falle des Einzugs König Sigismunds im Jahr 1417 zeigt sich, dass dieser spezielle Ehrendienst die große Nähe zum König symbolisch deutlich auf den Punkt brachte: Friedrich VI. konnte dem König zum einen seine absolute Loyalität demonstrieren, da er sich unter Einsatz seines Körpers um dessen Schutz bemühte, zum anderen wurde er gleichzeitig für alle Beteiligten und Zuschauer sichtbar aus der Menge der Fürsten hervorgehoben und sein Rang betont. Denn nicht nur dem König widerfuhr eine besondere Ehre, da er mit großen Würden von den beiden Fürsten begleitet wurde, auch sie wurden durch die Nähe zum Reichsoberhaupt geehrt. Beim königlichen adventus war Friedrich in das zeremonielle Geschehen eingebunden; die Chronik des Ulrich von Richental berichtet aber ebenfalls von weiteren Ehrendiensten während des Konzils: Beim spektakulären Einzug Markgraf Friedrichs von Meißen beispielsweise – dem schönsten Einzug, der je gesehen wurde, wie Richental bewundernd festhält – ist Burggraf Friedrich unter den eigens Erwähnten, die dem Meißener zusammen mit dem König entgegenzogen.312 Die dauerhafte Präsenz des Burggrafen stand in einem eklatanten Gegensatz zur Abwesenheit der meisten Kurfürsten, die sich bei zeremoniellen Aufgaben häufig vertreten ließen. Die permanente Anwesenheit des Burggrafen während des Konzilsgeschehens ist auffällig; aber nicht nur hier, sondern auch bei anderen Ereignissen, die dazu dienten, den Rang der Beteiligten zu unterstreichen. Bei einem besonders prunkvollen Festmahl, das die englischen Bischöfe zu Ehren des Königs und der anderen weltlichen Großen während des Konzils gaben, waren „in sonder hertzog Ludwigen von Payern und burggrauff Fridrichen von Nürenberg“313 zu Tisch geladen. Bei der aufsehenerregenden deditio Herzog Friedrichs IV. von Österreich, der Papst Johannes XXIII. bei seiner Flucht aus Konstanz unterstützt hatte, standen der Nürnberger Burggraf und Ludwig von der Pfalz erneut im Mittelpunkt des Gesche310 HACK, Nähe und Distanz, S. 473. Allgemein zum Thema ‚Stäbe‘ in rituellen oder zeremoniellen Zusammenhängen aus neuerer Zeit: TÖBELMANN, Stäbe der Macht. 311 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 128. 312 Ebd., S. 103. 313 Ebd., S. 99.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

hens: Sie eskortierten den Herzog zurück zum König und knieten als Vermittler zusammen mit diesem vor Sigismund nieder,314 wobei der symbolische Aussagewert von Vermittleraufgaben später noch zu diskutieren sein wird. Zu der Schilderung des Konzilsgeschehens durch Ulrich Richental kann man insgesamt festhalten, dass bei vielen Akten, die für die Kirchenversammlung wichtig waren, beide Reichsfürsten zumeist als Einzige oder zumindest in zentralen Positionen erwähnt werden.315 Da im Gegensatz zu den Aufzeichnungen Eberhard Windeckes keine direkten Verbindungen zwischen dem Verfasser und dem Burggrafen erkennbar sind, scheint die Annahme nahezuliegen, dass Friedrich VI. während des Konzils von den Zeitgenossen durchaus in einer zentralen Position wahrgenommen wurde. So lassen sich verschiedene andere Belege in der Historiografie finden, die zwar nur knapp über das Konzil berichten, aber trotzdem auf die Person des Burggrafen eingehen.316 Die feierliche Verleihung der Mark Brandenburg auf dem Konstanzer Konzil am 18. April 1417 durch König Sigismund317 stellte für Friedrich VI. und für die gesamte Dynastie den vorläufigen Höhepunkt des sozialen Aufstiegs dar; sie markierte die Aufnahme in die höchste reichsfürstliche Elite. Die durch die Belehnung mit der Kurmark gleichzeitig vollzogene Übertragung der Kurfürstenwürde war somit die wichtigste königliche Amtsverleihung für die Hohenzollern. König Sigismund zeichnete ein treues Mitglied des Reichsadels für seine Dienste der letzten Jahre aus, was ebenfalls im Text der Belehnungsurkunde explizit formuliert wurde. Wie gesehen, war die Nähe und die Auszeichnung des Nürnberger Burggrafen durch die verschiedenen Aufgaben und Ehrendienste, die dieser seit der Königswahl übernommen hatte, bereits mehrfach angedeutet worden. Der ‚finale‘ Aufstieg war in ihnen praktisch vorweggenommen worden, da der Burggraf bei der Ausübung häufig bereits als Kurfürst agierte und auch so von anderen wahrgenommen wurde, wie das Beispiel der französischen Zeugen der Königskrönung von 1414 oder auch die

314 Ebd., S. 68. 315 „Und mornends nach der sechßten stund an dem morgen lüt man aber laudes und samnotend sich all cardinäl, ertzbischoff, patriarchen, bischoff, och alle pfaffhait und gelert lüt und hertzog Ludwig von Payern von Haidelberg, burggrauff Fridrich von Nürenberg und vil ander weltlicher herren und beliben da biß zu mittag und wurden mit ain ander ains.“ Siehe ebd., S. 96. 316 Als Beispiele seien hier genannt: HEGEL, Magdeburger Schöppenchronik, S. 322, und KERN, Chronik aus Kaiser Sigismunds Zeit, S. 357. 317 Bereits am 30. April 1415 hatte Sigismund dem Burggrafen in Konstanz die Mark Brandenburg und das Amt des Reichserzkämmerers überlassen, siehe CDB II, 3, Nr. 1340, S. 226– 229.

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Ausführungen anderer Zeitgenossen deutlich machen.318 Dabei spielte sicherlich die pragmatische Überlegung des Reichoberhaupts eine Rolle, im Kollegium der Kurfürsten eine loyale und ihm ergebene Vertrauensperson zu besitzen. Dieser Hintergedanke bei der Belehnung wird durch einen Briefwechsel des Königs mit dem polnischen König Władysław aus dem Jahr 1420 ersichtlich. In seinem Brief formuliert Sigismund, dass der Markgraf von ihm mit besonders verbindlicher Liebe ‚gehegt‘ werde, dieser sei „nostra […] creatura“.319 Dass hier die ganz eindeutige Erwartung eines dienstfertigen und untergeordneten Verhaltens des brandenburgischen Kurfürsten zum Ausdruck kam, obgleich der König den Markgrafen nach eigener Aussage wie einen leiblichen Sohn liebte,320 zeigt ein weiterer Brief des Königs. Nur kurze Zeit später, nachdem es wegen der Heiratspläne des Hohenzollers mit dem polnischen Königshaus zum Zerwürfnis mit Sigismund gekommen war, drückte der König am 28. Februar 1421 seine Verwunderung darüber aus, dass Friedrich sich weigerte, das Projekt nach königlichem Wunsch aufzugeben. Schließlich formulierte Sigismund mit verbittertem Unterton, dass „[…] wir sicher vnd on czweyfel gewezt seyn, das du Danknem syst, vnd was du erkennest vnd an vns brufest, das vns wider were, das dir das nicht zuswer were zutun, vnd bey vns leib vnd gut dorczulegen vnd zustreken.“321

Es ist also unschwer zu erkennen, dass die Ämtervergabe seitens des Königs auch immer mit ganz bestimmten Vorstellungen von unbedingter Loyalität und Dankbarkeit verbunden war. Generell gilt es zu bedenken, dass das Belehnungszeremoniell aus der Perspektive der Fürsten insgesamt „eine zweischneidige Angelegenheit“322 darstellte, auch wenn es gleichzeitig Möglichkeiten zur repräsentativen Selbstdarstellung bot. Denn innerhalb des Belehnungsaktes sind die eindeutigen Unterwerfungsgesten unübersehbar, mussten die Fürsten das Lehen doch kniend vom König empfangen.323 Folgt man Karl-Heinz Spieß, der hervorgehoben hat, dass spätmittelalterliche Reichsfürsten sehr 318 So zum Beispiel in den Reichstagsakten, siehe RTA 7, Nr. 170, S. 248. 319 „Porro frater carissime novit dileccio vestra, quomodo illustris Fredericus, marchio Brandeburgensis burgrabius Norembergensis, speciali vinculo dileccionis a nobis foveatur, nostra sit quodammodo creatura et patrimonium nostrum […]”. In: PROCHASKA, Codex epistolaris vitoldi, Nr. 882, S. 481–484, hier S. 483. 320 Ebd. 321 CDB II, 3, Nr. 1391, S. 393–394, hier S. 393. 322 SPIEß, Kommunikationsformen, S. 283. 323 Zu den zeremoniellen Aspekten des Lehnswesens siehe SPIEß, Das Lehnswesen, insbesondere S. 23–26, und GANSHOF, Was ist das Lehnswesen, vor allem S. 73–82.

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wahrscheinlich nur einmal in ihrem gesamten Leben, und zwar im Falle ihrer Belehnung, vor einem anderen Mann niederknieten,324 da es der fürstliche Verhaltenskodex vorsah, dass sie in der Regel lediglich vor einer Dame oder in der Kirche das Knie beugen mussten, erscheint es plausibel, dass das Knien bei diesem Anlass durchaus als Zumutung empfunden wurde. So kam es im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit immer häufiger vor, dass Reichsfürsten sich bei der Belehnung vertreten ließen oder gänzlich auf den Empfang ihrer Lehen verzichteten. Dies war bereits zur Zeit König Sigismunds der Fall,325 vor allem aber in der Frühen Neuzeit nahm diese Praxis immer mehr zu.326 Trotz dieser ambivalenten Bedeutung der Übertragung des Kurfürstenamtes durch den König für den Brandenburger Kurfürsten wird die zentrale Stellung Friedrichs für das Reichsoberhaupt und innerhalb des Hochadels auch in der Beschreibung der Belehnungszeremonie in der Chronik des Ulrich Richental deutlich. Vor dem Hintergrund der bereits beschriebenen Ehrendienste kann es nicht überraschen, dass Richental auch seine Belehnung am ausführlichsten von allen anderen beschreibt. Hierbei spielt sicherlich auch die Tatsache eine Rolle, dass es sich hier um eine Neubelehnung eines Kurfürsten und nicht um eine einfache Fürstenbelehnung handelte, also um die Vergabe eines für die Reichsverfassung zentralen Amtes. Die Belehnungsurkunde datierte zwar bereits vom 30. April 1415, der feierlichen Inszenierung während des Konstanzer Konzils kam aber auch in der Erinnerung der Dynastie eine besondere Bedeutung zu. Richental schildert minutiös den gesamten Ablauf des Rituals – einschließlich des dreimaligen Umritts des Burggrafen, des aufwendig gestalteten Lehnsgerüstes und der besonderen Kleidung – sowie die Ehrendienste, die die beteiligten Personen ausübten. Verschiedene Fehler im Zeremoniell belegen entweder die Unkenntnis des Chronisten oder zeigen, dass man sich nicht strikt an die Vorgaben der Goldenen Bulle hielt. Die erste Erklärungsmöglichkeit scheint naheliegender zu sein, da Richentals Beschreibung der königlichen Insignien – eine goldene Lilie und ein Zepter, das aussieht wie eine Kugel mit einem Kreuz darauf und das wohl eher den Reichsapfel dargestellt hat327 – auch nicht sonderlich kenntnisreich erscheint. Die rituellen Handlungen im Rahmen einer Belehnung mit einem Kurfürstentum sollten symbolisch verschiedene Aspekte zum Ausdruck bringen und zugleich unterschiedliche Funktionen erfüllen: Zunächst hatte das Ritual die 324 SPIEß, Kommunikationsformen, S. 283. 325 KRIEGER, Die Lehnshoheit, S. 440–441 und S. 591–597. 326 STOLLBERG-RILINGER, Das Reich, hier S. 62, und STOLLBERG-RILINGER, Des Kaisers alte Kleider, insbesondere S. 211–217. 327 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 105.

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Funktion, die Einsetzung rechtsgültig werden zu lassen. Des Weiteren wurden die rechtlichen und politischen Neuerungen, die durch die Belehnung entstanden waren, einer größeren Öffentlichkeit verkündet. Zudem wurde den Zuschauern generell die soziale Ordnung mit ihren zentralen Ämtern und Funktionsträgern vor Augen geführt, und das Reich in seiner Verfasstheit kam auf diese Weise im wahrsten Sinne des Wortes zur Aufführung.328 Schließlich bekam aber nicht nur jeder seine Position innerhalb dieser Ordnung zugewiesen, sondern demonstrierte auch durch seine Teilnahme, dass er sie und seine eigene Position darin akzeptierte und dies auch zukünftig zu tun gedachte.329 Diese vielfältigen Funktionen des Zeremoniells können nicht hoch genug veranschlagt werden, trugen sie doch dazu bei, dass die politische und soziale Ordnung auch ohne geschriebene Verfassung aufrechterhalten werden konnte. Neben den Funktionen, die der Belehnungsakt Friedrichs I. für die soziale Ordnung der mittelalterlichen Gesellschaft erfüllte, sei auf weitere Aspekte des Belehnungsrituals hingewiesen, die zur repräsentativen Selbstdarstellung des Hohenzollers beitrugen: das mit goldenen Tüchern ausgeschlagene Lehnsgerüst, das aussah, als brenne es vor Gold,330 und die kostbare und außergewöhnliche Kleidung des Königs sowie der Kurfürsten, die kirchliche Gewänder bzw. besondere Kurfürstenkleidung trugen.331 Dies alles beeindruckte die Zuschauer genauso wie das große burggräfliche Gefolge, das dazu angetan war, den besonderen Rang Friedrichs I. zu unterstreichen. Bei seinem dreimaligen Umritt durch Konstanz, bei dem alle Teilnehmer eine rote Fahne in der Hand hielten und zwei Ritter die Banner der Mark Brandenburg und des Burggrafentums Nürnberg mitführten, wurde Friedrich von so viel Volk, „das im dienen wolt“, begleitet, dass „ain tail halten mußtend in der Ringassen“,332 bevor der Zug durch die Straßen der Stadt fortgesetzt werden konnte. Wie fast jedes Ritual schloss auch dieser Belehnungsakt mit einem feierlichen Mahl ab, das Friedrich nun als Brandenburger Markgraf ausrichtete. Ulrich Richental unterstreicht bei seiner Schilderung die Menge und den besonderen Rang der geladenen Gäste, zu denen er neben dem König und den Kurfürsten auch alle zu diesem Zeitpunkt in Konstanz anwesenden Grafen, Ritter, Edelknechte sowie alle Kleriker und gelehrten Leute außer den Kardinälen zählt.333 Dies entspricht sicherlich nicht den historischen Tatsachen, unterstreicht jedoch 328 329 330 331 332 333

Zu diesem Thema siehe vor allem SCHNEIDMÜLLER, Die Aufführung des Reichs. ALTHOFF, Die Macht der Rituale, S. 12. BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 104. Ebd., S. 104–105. Ebd., S. 104. Ebd., S. 106.

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den festlichen und außergewöhnlichen Rahmen, den der Chronist hervorzuheben suchte. Auch nach der Belehnung mit der Mark Brandenburg blieb Friedrich den Schilderungen Richentals zufolge auffallend präsent im Konstanzer Geschehen. Dies zeigt sich bereits bei den folgenden Fürstenbelehnungen. So trug er beispielsweise das Schwert, als Adolf I. von Kleve „zu ainem hertzogen gemacht“334 wurde. Auch diese Nachricht erscheint etwas verwunderlich und ist vielleicht von Richental nicht ganz präzise wiedergeben worden, obgleich der Chronist nicht nur als Zuschauer auf dem Konzil anwesend war, sondern auch auf Urkunden, Teilnehmerlisten und Ähnliches zurückgreifen konnte, die er seitens der Stadt zur Verfügung gestellt bekommen hatte.335 Denn als Erzkämmerer des Reiches musste der brandenburgische Kurfürst zu zeremoniellen Anlässen eigentlich das Reichszepter und nicht das Schwert tragen. Das anschließende Festmahl jedenfalls war nicht so prunkvoll, wie das im Anschluss an die Belehnung des Brandenburger Markgrafen, wie Richental nicht zu erwähnen vergisst. Auch das besonders „köstliche“, also luxuriös ausgerichtete, Festmahl wird der Tatsache geschuldet gewesen sein, dass Markgraf Friedrich I. den gehobenen Repräsentationsanforderungen seines neuen Amtes mit besonderer Sorgfalt nachkommen wollte. Dies nahmen die Zeitgenossen scheinbar durchaus zur Kenntnis, genauso wie die Tatsache, dass er am Tag seiner Belehnung „die kantzler des küngs, torhüter, die prusuner, pfifer und och all spilllüt erlichen“ so großzügig bedachte, „[…] das kain klag von im was.“336 Hierbei ging es nur in zweiter Linie darum, sich wichtige Funktionsträger des Königs wie dessen Kanzler gewogen zu halten, sondern die besondere Freigiebigkeit sollte vor allem der Inszenierung (kur-)fürstlicher Tugenden des neuen Amtsträgers dienen. Interessanterweise ist die zweite öffentlich inszenierte Belehnung eines Kurfürsten, die Belehnung Herzog Ludwigs von der Pfalz, ebenfalls viel knapper geschildert, obwohl es sich hierbei um den zu diesem Zeitpunkt vielleicht einflussreichsten Reichsfürsten handelte, der in den Darstellungen der Richental-Chronik immer wieder im Mittelpunkt der Ereignisse stand. Ludwig von der Pfalz war nicht nur bereits während des Romzugs seines Vaters König Ruprecht Reichsvikar, sondern König Sigismund hatte ihm dieses Amt auch im Jahr 1414 übertragen. Auf dem Konzil machte ihn der König später zum stellvertretenden Konzilsprotektor und zum Reichsrichter, der über den abgesetzten Papst Johannes XXIII. und über Jan Hus 334 Ebd., S. 107. 335 MERTENS, Art. ‚Ulrich Richental‘, Sp. 57. 336 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 106.

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urteilen musste. Ein möglicher Grund für die kurze Beschreibung der Belehnung mag sein, dass der Pfalzgraf bereits seit 1410, seit dem Tod des Vaters, die Kurpfalz innehatte. Weitere symbolische Ehrendienste, die die neue Würde des Hohenzollers eindrucksvoll unterstrichen, leistete Friedrich I. bei verschiedenen zentralen Ereignissen während des Konzils, die zumeist mit einer großen Öffentlichkeit verbunden waren. Im Folgenden sollen seine Dienste bei der großen Fronleichnamsprozession im Jahre 1417, bei der Übergabe der Goldenen Rose an den erkrankten König im Augustinerkloster im Auftrag Papst Martins V. und seine Beteiligung bei der Krönung sowie Weihe bzw. beim Auszug des neuen Papstes aus Konstanz näher untersucht werden. Die Fronleichnamsprozession des Jahres 1417 war ein eindrucksvolles Ereignis, das den Zeitgenossen in besonderer Erinnerung blieb. Der Chronist Richental zählt zu Beginn seiner Darstellung ehrfürchtig die große Menge an Teilnehmern der Prozession auf, die sich allein seitens des Klerus auf zwei Patriarchen, 22 Kardinäle, 83 Erzbischöfe und Bischöfe, 102 Äbte, alle Priester von Konstanz, die Gelehrten und Universitätsgeistlichen der Universitäten Paris, Köln, Erfurt, Heidelberg und Wien belaufen haben soll. Zudem nennt er 500 weitere Priester und 132 Mitglieder der Bettelorden, wobei die fast 1000 aktiven geistlichen Prozessionsteilnehmer nach Richental alle einen vergoldeten Stab getragen haben sollen. König Sigismund, „angelait als ain ewangelier mit ainer korkappen“337 und flankiert von zwei Kardinälen, nahm unter einem goldenen Baldachin an der Prozession teil, wobei in direkter Linie vor ihm Markgraf Friedrich unter dem Baldachin ging. Dieser war gekleidet wie ein „epistler“.338 Mit einem langen Chormantel um seine Schultern hatte er, wie der König, einen hohen, bunten Hut auf dem Kopf. Von allen weltlichen Großen, die an der Prozession teilnahmen, waren laut Richental nur der König und der Markgraf mit geistlicher Kleidung angetan.339 Bei der Fronleichnamsprozession in Kon337 Ebd., S. 109. 338 Also wie jemand, der verschiedene Passagen des Evangeliums während der Messe vorliest. Dass weltliche Personen geistliche Kleidung trugen, kann in der Vormoderne nur zu ganz seltenen Anlässen beobachtet werden. Als Beispiel sei hier die berühmte Weihnachtsmesse im Jahr 1046 genannt, als Heinrich III. wie ein Evangelist gekleidet während der Messe zu seiner Kaiserkrönung einen Satz aus dem Weihnachtsevangelium nach Lukas vorlas. Dies war bezeichnenderweise die Stelle „es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.“ Damit wollte der Herrscher einen eindeutigen Bezug zu dem von Gott ausgezeichneten Kaiser herstellen, der bei Christi Geburt die Welt beherrschen durfte, siehe BECHER, Heinrich III., S. 143. Karl IV. inszenierte sich bei der Weihnachtsmesse 1347 in gleicher Weise, siehe SCHNEIDMÜLLER, Die Kaiser des Mittelalters, S. 97. 339 Ernst Schubert hat darauf hingewiesen, dass hierin die Stufung der gemeinsamen Repräsentanten des Heiligen Reiches zum Ausdruck kommt, gleichzeitig aber auch ein großer Unter-

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stanz trug Markgraf Friedrich Sigismund die goldene Lilie voraus, während Herzog Heinrich von Bayern und Ludwig von Brieg Zepter und Schwert in den Händen hielten, gefolgt von einer großen Menge an Fürsten, Grafen, Rittern und Herren. Einen besonders feierlichen Eindruck muss die Prozession allein deshalb gemacht haben, weil alle weltlichen und geistlichen Prozessionsteilnehmer je eine brennende Kerze in ihren Händen hielten, 2000 Kerzen insgesamt, wie Richental beeindruckt vermerkt.340 Bei der Weihe und Krönung Papst Martins V. am 21. November 1417 leistete Friedrich als Einziger der Kur- und Reichsfürsten dieselben drei Ehrendienste, die König Sigismund dem Papst erwies: Wie der König küsste er nach der Weihe im Konstanzer Münster den Fuß des Papstes, der auf einem weißen Pferd saß. Ebenso führte er dessen Pferd am linken Zügel. Neben dem Fußkuss und dem Stratordienst durfte Friedrich dem Papst zudem auch den ‚Prügeldienst‘ leisten.341 Wie bereits beim Einzug König Sigismunds, nur jetzt nicht mehr als Burggraf, sondern als Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches, war Friedrich also dafür zuständig, die Zuschauermenge vom Papst fernzuhalten. Während Pfalzgraf Ludwig und der gefürstete Graf Orsini ebenfalls mit Stäben ausgerüstet waren, aber nur hinter dem König und Friedrich die Zipfel der päpstlichen Pferdedecke halten durften, befand sich der brandenburgische Kurfürst in einer ehrenvolleren Position. Fast auf gleicher Stufe mit dem römischen König durfte er die Zügel halten und vor den beiden anderen herschreiten. Da die Weihe und Krönung des neuen Papstes eines der zentralen Ereignisse des Konzils darstellten, darf die Wirkung, welche diese Ehrendienste des Markgrafen für seine Wahrnehmung als Kur- und Reichsfürst hatten, nicht unterschätzt werden. Überdies sind sie ein guter Indikator für seine Stellung in der politischen Konzeption Sigismunds, denn der König befand sich zu diesem Zeitpunkt als Mitinitiator des Konzils in einer dominierenden Position. Am Montag nach dem vierten Fastensonntag stand Markgraf Friedrich sogar ganz allein im Mittelpunkt einer öffentlichen Prozession, da er im Auftrag des Papstes dem erkrankten König die Goldene Rose überbringen sollte. Traditionell wurde die Goldene Rose des Papstes am vierten Fastensonntag, dem ‚Rosensonntag‘, geweiht und einer Person verliehen, die der Papst in besonderem Maße auszeichnen wollte und also hohes Ansehen

schied zur Darstellung des Verhältnisses zwischen König und Kurfürsten zur Zeit Karls IV. In der Goldenen Bulle wurde noch im Rechtszeremoniell des öffentlichen Mahls die Bindung der Kurfürsten an die curia sichtbar gemacht, siehe SCHUBERT, Die Stellung, S. 127. 340 Ebd. 341 HACK, Nähe und Distanz, S. 128.

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genoss.342 Richental beschreibt eindrücklich, wie Friedrich hoch zu Pferd die Rose für alle sichtbar in seinen Händen vom Konstanzer Münster bis in das Augustinerkloster zu König Sigismund trug. Dabei wurde er von allen Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen begleitet. Sämtliche auf dem Konzil versammelten Fürsten, Ritter, Knechte und Prälaten zogen mit ihm zum Kloster, begleitet von einer großen Menge von Trompetern, die für die angemessene musikalische Untermalung sorgten. Dass das Ereignis erneut von einer großen Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, war zum einen durch den besonderen Anlass gegeben – die Goldene Rose gehörte zu den höchsten Auszeichnungen, die das Papsttum überhaupt vergeben konnte. Zum anderen hatte der Papst zuvor im Anschluss an eine Messe öffentlich seinen Segen gespendet, weshalb bereits so viel Volk vor der Konstanzer Hauptkirche versammelt war, dass man nach der Segensspendung die Türen bewachen musste, „[…] das nieman ertruket würd, noch getötet.“343 Nachdem Friedrich am 18. Mai 1417, erneut als epistler bekleidet, an der spektakulären Neubelehnung des von König Sigismund wieder in seine Gunst aufgenommenen Herzogs Friedrich IV. von Österreich teilgenommen und dabei das Reichszepter für den König gehalten hatte,344 erfolgte der letzte wichtige Ehrendienst, bei dem der neue Kurfürst öffentlichkeitswirksam in Erscheinung trat. Nachdem das Konzil durch den Papst beendet worden war, zog Martin V. am 19. April in einer großen Prozession aus der Stadt, wobei – wie zum Anlass seiner Weihe – König Sigismund und Markgraf Friedrich den Stratordienst leisteten. Lediglich die anderen beiden Fürsten, die den Papst unter seinem goldenen Baldachin geleiteten, waren ersetzt worden. Nun liefen Herzog Ludwig von BayernIngolstadt und Herzog Friedrich IV. von Österreich links und rechts neben dem Pferd des Papstes und hielten die Zipfel der Pferdedecke.345 Auch Eberhard Windecke schildert die Abreise des Papstes und die Ehrendienste. Bei ihm geht der Markgraf sogar auf der rechten, ehrenvolleren Seite des päpstlichen Pferdes.346 Nachdem König und Markgraf den Papst zu Fuß bis zum Geltinger Tor begleitet hatten, folgten sie ihm zu Pferd bis Gottlieben, wo Martin V. seine Abreise auf dem Rhein per Schiff Richtung

342 SCHUCHARD, Die Goldene Rose, S. 10. 343 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 137. 344 Ebd., S. 146. Auch Eberhard Windecke hielt dieses Ereignis und den Ehrendienst für berichtenswert, siehe Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 76. 345 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 149. 346 Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 77.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Schaffhausen fortsetzte.347 Kurze Zeit später reiste auch Friedrich I. aus Konstanz ab und begab sich zurück in sein fränkisches Territorium.348 Eine Betrachtung der Ereignisse seit der Königswahl zeigt also, dass sich die besondere Rolle, die der Hohenzoller von König Sigismund zugewiesen bekam, in den verschiedenen Ämtern und Ehrendiensten widerspiegelt, die dieser ihm übertrug. Gleichzeitig konnte Friedrich mit ihnen seine Treue und Loyalität gegenüber Sigismund demonstrieren und vor allem die neue Position als einflussreicher Kur- und Reichsfürst vor einer politischen Öffentlichkeit inszenieren. Die Belehnung mit der Kurmark am 18. April 1417 ist dafür ein gutes Beispiel. Ein größerer öffentlicher Rahmen konnte sich Friedrich fast gar nicht bieten, denn es waren alle wichtigen Reichsfürsten in Konstanz versammelt, da der König auf den 11. April zu einem Hoftag geladen hatte.349 Darüber hinaus fanden die Ehrendienste des Burg- und späteren Markgrafen vor einer großen Anzahl von weltlichen und geistlichen Großen aus vielen europäischen Ländern, also vor ‚internationalem‘ Publikum, statt. Die Dienste und Ämter stellten also zugleich ein Mittel zur Inszenierung des frisch erfolgten Aufstiegs dar, verpflichteten Friedrich aber ebenfalls gegenüber dem Reichsoberhaupt, da sie seine Unterordnung und Loyalität betonten.

Friedrich I. als Reichsvikar König Sigismunds Die in Konstanz zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung Friedrichs durch den römisch-deutschen König erfuhr durch die Einsetzung als Reichsverweser eine nochmalige Steigerung. Hier zeigt sich ein ähnliches Muster wie nach den Wahlvorgängen von 1410 und 1411, als Sigismund Friedrich zusammen mit den beiden Kurfürsten Ludwig von der Pfalz und Werner von Trier als Kuratel-Regierung in der Zeit seiner Abwesenheit vom Reich einsetzte.350 Nur wurde diesmal die Sorge für das Reich allein dem Brandenburger Kurfürsten übertragen, was sich gleichzeitig als eine deutliche Distanzierung gegenüber Ludwig von der Pfalz deuten lässt. Sigismund hatte in beiden Situationen die Möglichkeit genutzt, besondere Vertraute mit wichtigen Angelegenheiten zu beauftragen und konnte sich somit sicher sein, dass seine Interessen gewahrt blieben. Der hohe gesellschaftliche Rang und das Ansehen der Eingesetzten bzw. Dienenden hatte zudem 347 Ebd. 348 Am 4. und 25. Juli stellte er Urkunden in Nürnberg und Ansbach aus, siehe RIEDEL, Zehn Jahre, S. 405, Fußnote 27. 349 RTA, 7, Nr. 212, S. 322–323. 350 HECKMANN, Stellvertreter, Teil 2, S. 646.

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Einfluss auf das Prestige des Königs, dem die Dienste geleistet wurden bzw. der diese Ämter vergab. Gleichzeitig konnte Sigismund seine Getreuen aber auch auszeichnen und ehren, ihr Rang und ihr gesellschaftliches Ansehen erfuhren eine deutliche Aufwertung. Damit hatte der König ein Mittel in seinen Händen, um die Loyalität der Dienenden weiter zu festigen. Auf dieses Weise flossen in den Ämtern und Diensten instrumentelle und symbolische Dimensionen zusammen. Somit waren sie in besonderem Maße dazu geeignet, soziale Beziehungen zu festigen und Ehre und Ansehen im gesellschaftlichen Raum zu steigern. Dies zeigt auch die weitere Entwicklung nach dem Konstanzer Konzil: Am 2. Oktober 1418 ernannt Sigismund Markgraf Friedrich I. in Donauwörth zu seinem „stathalter und furweser“ für die Dauer seiner Abwesenheit und verlieh ihm zu diesem Zweck „[…] volle gewalt und machte tzu schaffen tzu tun und tzu lassen gemeingleich und besunder als wir selber in allen unsern und des richs sachen und gescheften großen und kleinen in allen Tutschen landen […].“ Also, so der König weiter „[…] das er dorinn unser und des richs beste nutze und ere furwenden und schaffen solle nach siner besten verstantnuß als er uns schuldig und verbunden ist. und was er also und in solcher maße schaffen und ordnen wirdet, das wollen wir stete veste und unverbriklich halten.“351

Ein weiteres Schreiben Sigismunds von demselben Tag richtete sich an die Stadt Köln352 – gleichlautende Briefe ergingen an andere Reichsstädte – mit der Aufforderung, dem Kurfürsten während der Zeit der Statthalterschaft Rat und Beistand zu leisten. Die Ernennung des Markgrafen zum Reichsverweser erfolgte in einer Zeit, in der der König durch ihn nicht nur permanente Unterstützung in allen Reichsangelegenheiten und in Ungarn erfahren hatte – sie stellte damit gewissermaßen eine Belohnung für die anhaltende Loyalität in der Vergangenheit dar –, sondern fand auch in einer Phase statt, in der sich Sigismunds Beziehung zu Ludwig von der Pfalz erheblich verschlechtert hatte.353 Die Beeinträchtigung des Verhältnisses zwischen König und Pfalzgraf, der noch 1414 in seiner Funktion als Reichsvikar für den König agiert hatte354 und als wichtigster Berater bei der 351 352 353 354

RTA 7, Nr. 251, S. 372–373, hier S. 373. Ebd., Nr. 252, S. 373–374. EBERHARD, Ludwig III., S. 46. SCHULER, Art. ‚Ludwig III.‘, S. 409. Marie-Luise Heckmann bestreitet allerdings, dass Sigismund dem Pfalzgrafen überhaupt das Abwesenheitsvikariat übertragen habe. Sie ist vielmehr der Meinung, dass der König bewusst die pfälzischen Ansprüche beschränken wollte und auch deswegen nach seiner Wahl eine Kuratel-Regierung aus dem Trierer Erzbischof, dem Pfalzgrafen und Markgraf Friedrich I. installiert habe, siehe HECKMANN, Stellvertreter, Teil 2, S. 649.

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Vorbereitung des Konstanzer Konzils angesehen werden muss,355 deutete sich bereits auf dem Konzil an. Durch die Annäherung des Königs an den Mainzer Erzbischof und seinen Plan, die Reichspfandschaften, die sich im Besitz des Pfalzgrafen befanden, wieder an das Reich zu bringen,356 verschlechterte sich das Verhältnis und wurde die Hinwendung Ludwigs zu den oppositionellen rheinischen Kurfürsten in der Folgezeit befördert. Die Übertragung der Reichsverweserschaft auf Markgraf Friedrich sollte bis auf mündlichen oder schriftlichen Widerruf gelten oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sigismund wieder persönlich ins Reich kommen würde.357 Seine Einsetzung als Stellvertreter des Königs hatte Einfluss auf das bis dahin enge Verhältnis zu Ludwig von der Pfalz.358 Mit dem Pfälzer hatte Markgraf Friedrich auf dem Konzil zu Beginn dieses Konflikts sogar einen Vertrag abgeschlossen, als Ausdruck der engen Verbundenheit. Hier versprachen sich die Fürsten, sich jeweils beim König und bei anderen Situationen füreinander einzusetzen und sich zu helfen.359 Obwohl die Laufzeit des Vertrags noch nicht beendet war, sahen sich beide am 13. Januar 1419 veranlasst, in einer weiteren Urkunde zu erklären, dass sie „von keinerlei sache oder geschicht wegen, wie die dann were oder gesin mochte, nymmer zu krige oder zu feintschaft miteinander komen“360 wollten, und sie versicherten sich zudem, dass die Privilegien und Rechte des anderen nicht angetastet werden sollten. Streng genommen war dies jedoch schon indirekt durch die Übertragung des Ehrenamtes auf den Markgrafen seitens des Königs geschehen, denn der Pfalzgraf konnte darin durchaus eine Minderung seiner legitimen Ansprüche auf das Reichsvikariat sehen. Auch wenn Marie-Luise Heckmann im Gegensatz zu einem Großteil der Forschung der Meinung ist, Sigismund habe den Pfalzgrafen für die Zeit seiner Abwesenheit vom Reich nicht zum Generalvikar ernannt,361 wie das Wahlversprechen seines Vetters Jobst aus dem Jahr 1411 es eigentlich vorgesehen hatte, muss dies nicht bedeuten, dass keine entsprechenden Ansprüche seitens Ludwigs bestanden. Der genannte Vertrag zwischen ihm und Markgraf Friedrich I. erscheint vielmehr vor diesem Hintergrund und somit aus konkretem An355 SCHULER, Art. ‚Ludwig III.‘, S. 409. 356 Zu den weiteren Gründen des Zerwürfnisses zwischen Ludwig von der Pfalz und König Sigismund siehe BRANDENBURG, König Sigmund, S. 55–68. 357 RTA 7, Nr. 251, S. 373. 358 Dies lag auch im engen verwandtschaftlichen Verhältnis der beiden Fürsten begründet. Die Mutter des Pfalzgrafen war Elisabeth von Hohenzollern, eine Schwester Friedrichs I., siehe SCHULER, Art. ‚Ludwig III.‘, S. 409. 359 Die Urkunde ist auf den 3. Februar 1417 datiert, siehe MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 45, S. 101. 360 Ebd., Nr. 46, S. 101–102, hier S. 101. 361 HECKMANN, Stellvertreter, Teil 2, S. 649.

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lass entstanden zu sein. Ansprüche der Pfalzgrafen bei Rhein auf die Stellvertretung des Königs bestanden seit langer Zeit. Ludwig III. hätte sich durchaus auf verschiedene Privilegien berufen können, wie er es später in ähnlicher Situation auch getan hat.362 Bereits Rudolf von Habsburg hatte Pfalzgraf Ludwig II. 1276/81 eine Urkunde verliehen, die ihm für den Fall der Thronvakanz die Statthalterschaft zusprach, und insbesondere König Ludwig der Bayer stärkte durch die Sachsenhäuser Appellation von 1323 die Rechte der Pfälzischen Kurfürsten, um die Ansprüche des Papstes auf das Vikariat bei einer Thronvakanz im Reich abzuwehren.363 Seit Karl IV. bezogen sich die Ansprüche des Pfälzer Kurfürsten vor allem auf zwei verschiedene Legitimationsgrundlagen: Die Goldene Bulle von 1356 legte fest, dass der Pfalzgraf im Falle einer Thronvakanz „furmundir sin“ solle, „des heiligin richis von der paltzgreveschafft wegin zu der hant eins kunftigin Romischin konigis in den landin des Rines und Swabin und in Frenschin gebiede“,364 wobei jedoch die Vergabe von Fahnen- und Fürstenlehen ausgenommen war.365 Zudem hatte Karl IV. dem Pfalzgrafen am 12. Februar 1375 zusätzlich ein Mandat verliehen, das diesem das Reichsvikariat für die Zeit der Abwesenheit des Königs vom Reich bei Zügen des römischen Königs oder Kaisers über die Alpen dauerhaft zugestand, das zuvor nur fallweise vergeben worden war.366 Bei der Handhabung der verschiedenen Vikariate und der Aus-

362 Ebd., S. 645–646. 363 Zu den Ansprüchen des Pfalzgrafen auf Vikariatsrechte vor der Zeit der Goldenen Bulle siehe HERMKES, Das Reichsvikariat, S. 5–23, und LAMMERS, Art. ‚Reichsvikariat‛, Sp. 807–808. Zu dieser Thematik siehe auch ERLER, Reichsverweser, Sp. 806–807. 364 FRITZ, Die Goldene Bulle, Kap. V, S. 583. 365 Ebd., S. 585. In den Gebieten mit sächsischem Recht sollte hingegen der Kurfürst von Sachsen die Statthalterschaft ausüben. Grundsätzlich zum Reichsvikariatsrecht, wie es die Goldene Bulle festlegt, siehe HERMKES, Reichsvikariat, S. 5–23. 366 HECKMANN, Stellvertreter, Teil 2, S. 624. Beim Reichsvikariat wurde generell zwischen dem Vikariat vacante imperio, also jener Vikariatsform, bei der der Vikar die Verwaltung des Reiches bis zur Wahl und Krönung des neuen römisch-deutschen Königs übernahm, und dem Vikariat vivente imperatore unterschieden. In diesem Fall wurde zu Lebzeiten des Reichsoberhaupts ein Stellvertreter im Falle seiner Abwesenheit eingesetzt, siehe HERMKES, Reichsvikariat, S. 3. Neben diesen Bestimmungen für das Generalvikariat bzw. die Reichsstatthalterschaft des Pfalzgrafen bei Rhein bzw. des sächsischen Kurfürsten gab es weitere Möglichkeiten des Königs, in bestimmten Gebieten Herrschaftsrechte durch Stellvertreter ausüben zu lassen. So konnten entsprechende zeitlich begrenzte Amtsträger in bestimmten Teilen des deutschen Reichsgebietes, in Reichsitalien oder dem Arelat benannt und mit unterschiedlich großen Befugnissen ausgestattet werden, siehe ISENMANN, Art. ‚Reichsvikar‘, Sp. 667–668. Auch für das engere Reichsgebiet bestand diese Möglichkeit: Zwischen 1415 und 1418 ernannte König Sigismund zum Beispiel Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt zum Reichsvikar in Schwaben, Franken und dem Elsass, am Rhein und in der Wetterau, siehe FINKE/HOLLNSTEINER/HEIMPEL, Acta Concilii Constanciensis, Nr. 478, S. 485–489. Neben der Thronvakanz, dem Romzug des Herrschers oder anderen Ursachen für die Abwesenheit des Herrschers vom Reich war es die periphere Lage bestimmter Reichsteile wie dem Arelat und Itali-

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stattung der Vikare mit Kompetenzen und Rechten zeigen sich große Unterschiede zwischen den einzelnen Herrschern von Karl IV. bis König Sigismund.367 Während Karl IV. den Generalvikaren in seiner späteren Regierungszeit nicht nur Majestätsrechte, sondern auch Souveränitätsrechte zugestanden hatte,368 versuchte Sigismund im Unterschied zu seinem Vater die „Stellvertretungen während seiner Abwesenheit zeitlich, räumlich und auf den jeweiligen Anlass bezogen zu begrenzen“.369 Trotz der Begrenzung der Kompetenzen des Generalvikars durch König Sigismund konnte Markgraf Friedrich in der Zeit seiner einjährigen Stellvertretung vom Oktober 1418 bis zum Herbst 1419 doch erstaunlich autark agieren:370 In seiner Zeit als Reichsverweser berief er verschiedene Kurfürsten- und Fürstentage ein,371 hielt mehrere Städtetage in Nördlingen,372 Rothenburg373 und Heilsbronn374 ab und engagierte sich vor allem im Konflikt zwischen dem Deutschen Orden und dem König von Polen, wobei er eine Gegenposition zum Reichsoberhaupt einnahm und sich für den Orden einsetzte.375 Auch in anderen Angelegenheiten betrieb der Markgraf eine gegenüber Sigismund eigenständige Politik und führte sein Amt als dessen Stellvertreter mit einer gewissen Unabhängigkeit aus. Bei einer Unterredung mit dem Frankfurter Ratsherrn Heinrich von Gelnhausen beispielsweise stellte er sich gegen die von Sigismund im Reich betriebene Münzpolitik und äußerte gegenüber dem Ratsherrn, dass diese nicht praktikabel sei, weshalb er Sigismund bitten werde, sie aufzuheben.376

367 368 369 370 371 372 373 374 375

376

en, die es für den römisch-deutschen König notwendig machen konnte, Stellvertreter zu benennen. Generell zu der Thematik siehe HECKMANN, Stellvertreter, Teil 2, zum Vergleich zwischen den Königen Wenzel, Ruprecht und Sigismund vor allem S. 646–650. Ebd., S. 647. Ebd., S. 646. Obwohl auch er nicht das Recht zur Belehnung mit Fürsten- und Fahnenlehen erhielt, was sich die römisch-deutschen Könige fast ausnahmslos selbst vorbehalten haben, siehe ISENMANN, Art. ‚Reichsvikar‘, Sp. 667–668, hier Sp. 667. Beispielsweise im Januar 1419 in Mainz, siehe RTA 7, Nr. 263, S. 382, oder in Heilsbronn am 1. September 1419, siehe ebd., Nr. 257, S. 378–379. Dies belegt die Nürnberger Rechnung über die zu diesem Anlass entstandenen Kosten, ebd., Nr. 264, S. 382, § 1. Ebd., § 3. Ebd., Nr. 257, S. 378–379, Nr. 261, S. 381, Nr. 265, S. 384. Dies geschah auch aufgrund der eigenen Interessen als Nachbar Polens. Aber die Autonomie gegenüber dem König zeigt sich deutlich. Seine zusammen mit vier weiteren Kurfürsten beim König und beim Papst getätigten Einlassungen datieren vom 8. Januar 1419, siehe ebd., Nr. 253–255, S. 374–379. Die Darstellung des Konflikts zwischen dem Orden und dem polnischen König bei BRANDENBURG, König Sigmund, S. 76–87. Aber auch die neuere Ordensforschung hat das Thema behandelt, zum Beispiel BOOCKMANN, Der Deutsche Orden, oder SARNOWSKY, Der Deutsche Orden. JANSSEN, Frankfurts Reichscorrespondenz, Bd. 1, Nr. 572, S. 333–335, hier S. 334.

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Zudem erließ Friedrich I. am 12. Mai 1419 eine eigene Anordnung über das Münzwesen, in der er Vorschriften bezüglich der Prägung, des Werts und der Gültigkeit der Münzen festschrieb.377 Das relativ eigenständige Profil als Reichsvikar, das sich nicht nur in bloßer Stellvertretung erschöpfte, wird hier deutlich. Durch die in der königlichen Urkunde verliehenen Rechte waren die Aktionen zwar abgedeckt, da Sigismund dem Markgrafen zugestanden hatte, in allen Reichsangelegenheiten verbindlich handeln zu dürfen, und es ausdrücklich festgehalten worden war, dass er in keiner Weise die Entscheidungen des Markgrafen revidieren dürfe,378 aber es kann nicht überraschen, dass nur wenig später das Verhältnis zwischen Sigismund und Friedrich I. stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Betrachtet man die auf den ersten hohenzollerischen Kurfürsten übertragenen Ehrenämter bzw. seine Ehrendienste für das Reichsoberhaupt seit der Wahl Sigismunds zum römisch-deutschen König, so wird deutlich, dass diese einen guten Indikator für die soziale Position des Burg- und Markgrafen darstellen und gleichermaßen Aussagen über sein Verhältnis zum Reichsoberhaupt ermöglichen. Die Einsetzung zum Reichsvikar spiegelt zum einen den Höhepunkt der königlichen Wertschätzung für Friedrich I. wider. Bei Königswahl und Konzil hatte er sich für Sigismund als verlässlicher Gefolgsmann erwiesen, sodass die Entscheidung, ihm das Reichsvikariat zu übertragen, naheliegen musste. Auf den Fürsten- und Städtetagen trat der brandenburgische Kurfürst als Stellvertreter des Königs in Erscheinung, und es war ihm möglich, diese ‚Bühnen‘ für die weitere Steigerung seines Ansehens zu nutzen. Das Agieren bei ‚internationalen‘ Angelegenheiten wie im Falle der Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Orden und dem Königreich Polen war ebenfalls hilfreich beim Ausbau seiner Position im Reich. Beim nur kurze Zeit später ausbrechenden Konflikt mit König Sigismund konnte Friedrich dann auch auf die Unterstützung des Papstes setzen.379 Zudem waren die Ehrenämter und -dienste dazu angetan, die Gunst des Königs zu erhalten. Durch sie konnte er seine loyale Gesinnung in Szene setzen, was in dieser Phase des Aufstiegs und der Etablierung durchaus notwendig gewesen zu sein scheint. Die ausgeübten Ehrendienste und übernommenen Ämter zeigten diesen als Angehörigen einer Dynastie, die noch nicht sehr lange der Gruppe der Reichsfürsten zuzurechnen380 und stark auf die Nähe zum Reichsoberhaupt ange-

377 378 379 380

HIRSCH, Des Teutschen Reichs Münz-Archiv, S. 71. RTA 7, Nr. 251, S. 373. Mehr dazu in Kapitel 2.2. MOEGLIN, Fürstliche Ehre, S. 82. Seit 1385 benutzte die kaiserliche Kanzlei dann schließlich durchgehend, auch in den Kaiserurkunden, den Fürstentitel für die Hohenzollern, siehe

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wiesen war. Auch die Zustimmung der Standesgenossen war entscheidend für die Dynastie, gemäß der Prämisse, dass zum Aufstieg die Akzeptanz derer gehört, in deren Kreis man aufsteigen möchte.381 Sowohl vor seiner Erhebung zum Kurfürsten als auch im Anschluss daran trat Friedrich immer wieder bei der Verrichtung von Ehrendiensten für das Reichsoberhaupt in Erscheinung oder konnte sich auf andere Weise symbolisch als wichtiger Reichsfürst inszenieren. Er zeigte damit gleichzeitig Präsenz auf der politischen Bühne und ordnete sich dem König symbolisch trotzdem eindeutig unter. Ab dem Zeitpunkt, zu dem Friedrich begann, unabhängiger vom Reichsoberhaupt zu agieren, was sich bereits im Verlauf seiner Tätigkeit als Reichsvikar angedeutet hatte, gestaltete sich die Beziehung zu Sigismund bezeichnenderweise ausgesprochen konflikthaft. Auch eine erste Aussöhnung im Jahr 1422 in Nürnberg382 konnte das frühere Verhältnis nicht wieder herstellen. Die Ehrenämter, die er während der letzten Jahre der Regierung des Königs übernahm, standen deswegen auch unter einem anderen Vorzeichen als zu Beginn seines Aufstiegs unter König Sigismund.383

Ehrenämter und Ehrendienste nach dem Tod des Vaters: Friedrich II. und Markgraf Albrecht Da sich das Verhältnis zwischen König Sigismund und Friedrich I. nie mehr völlig normalisierte, geschweige denn so eng wurde wie in den Jahren vor 1418/20, suchten die Hohenzollern nach dem Tod Sigismunds den engen Kontakt zu dessen Schwiegersohn und Nachfolger, König Albrecht II. Gemäß ihrer Überzeugung, dass ein König, je länger er im Amt sei, wankelmütig würde,384 sahen die Hohenzollern nun neue Möglichkeiten bei Albrecht II. Nachdem Sigismund am 9. Dezember 1437 gestorben war, wurde nach der Wahl Albrechts II. am 18. März 1438 bis zu dessen

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FICKER, Vom Reichsfürstenstande, Bd. 1, S. 211; insgesamt zur Titulierung der Hohenzollern siehe die Seiten 210–212. STOLLBERG-RILINGER, Höfische Öffentlichkeit, S. 172. Die Schilderung der Versöhnung zwischen König Sigismund und Markgraf Friedrich I. bzw. Ludwig von der Pfalz siehe bei Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 151. Über die Versöhnung berichten ebenfalls zwei Straßburger Gesandte am 2. August 1422, siehe RTA 8, Nr. 131, S. 141–143, hier S. 142. Dies soll in den beiden folgenden Kapiteln im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Gregor Heimburg gibt in einem Brief aus dem Jahr 1469 an Markgraf Albrecht ein Gespräch zwischen diesem und Kurfürst Friedrich I., dessen Vater, wieder. Albrecht habe in Bezug auf Kaiser Sigismund lapidar festgestellt, dass das Reichsoberhaupt „unbestanden“ geworden wäre. Sobald jedoch ein Nachfolger gewählt worden sei, „bey dem wil ich mich zu tod dienen.“ Siehe HÖFLER, Das kaiserliche Buch, Nr. 107, S. 210–214, hier S. 213.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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Erscheinen bezeichnenderweise Friedrich I. von den Kurfürsten anstelle des pfälzischen Kurfürsten als Reichsvikar vivente imperatore im Reich eingesetzt.385 In der kurzen Regierungszeit Albrechts II., der nach noch nicht einmal zweijähriger Amtszeit starb, nutzte Markgraf Friedrich I. das Instrument der Ehrendienste und -ämter für seine Selbstinszenierung als Kur- und Reichsfürst nur noch in geringem Maße. Die Übertragung des Ehrenamts durch die übrigen Kurfürsten unterstreicht jedoch den Status, den dieser unter seinen Standesgenossen Ende der 1430er Jahre erreicht hatte. Im Zusammenhang mit der Königswahl war er sogar zeitweise als geeigneter Kandidat gehandelt worden. Seit der Wahl des neuen Königs überließ es der nunmehr 67-jährige Kurfürst aber seinen Söhnen, vor allem dem drittältesten Sohn Albrecht, sich in besonderer Weise beim Reichsoberhaupt zu engagieren. Betrachtet man die Praxis der geleisteten Ehrendienste und verliehenen Ehrenämter des zweiten Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern, Friedrich II., so wird schnell deutlich, was die historische Forschung generell als Charakteristikum seiner Regierungszeit erkennen wollte: Seine politischen Aktivitäten waren vor allem auf das Territorium der Mark Brandenburg beschränkt. Trotz seines Amtes als Kurfürst war er in der Reichspolitik weniger aktiv als sein Vater. Dies hat die ältere Literatur teilweise dazu verleitet, in ihm einen überdurchschnittlich religiösen Zeitgenossen zu sehen, den ausschließlich die Sorge um das Seelenheil seiner märkischen Untertanen umgetrieben habe.386 Dass diese Sichtweise wenig zutreffend ist, wird an späterer Stelle ausführlicher zu behandeln sein. An dieser Stelle ist entscheidender, dass sich noch vor dem Tod des Vaters und insbesondere danach eine Art Arbeitsteilung zwischen Friedrich II. und seinem Bruder Albrecht Achilles etablierte,387 bei der sich Albrecht vor allem in der Reichspolitik engagierte, während Friedrich II. vordringlich als Landesherr in der Mark Brandenburg agierte. Beide standen jedoch in regem Briefkontakt und tauschten sich über die für die Dynastie wichtigen Belange aus.388 Aufgrund dieser Arbeitsteilung ist es nicht überraschend, dass es Albrecht war, der rund ein Jahr nach der Wahl des Habsburgers versuchte, sich im Rahmen eines neuen Ehrenamts um das Reichsoberhaupt verdient zu machen: Nachdem Albrecht II. am 27. Dezember 1438 zum König von Böhmen gewählt worden war, musste er, da eine hussitisch 385 RTA 13, Nr. 57, S. 96. 386 Für diese Sichtweise seien vor allem KOSER, Geschichte, S. 110, und SCHUSTER/WAGNER, Die Jugend, S. 115, angeführt. 387 KOSER, Geschichte, S. 113. 388 Entsprechend nennt Albrecht seinen Bruder in einem Brief auch seinen ‚innersten Rat‘, siehe PC 1, Nr. 85, S. 168.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

gesinnte Adelsopposition einen Gegenkönig erhoben hatte, seine Ansprüche auf kriegerischem Weg durchsetzen. Im Anschluss an einen Hoftag zu Nürnberg, auf dem er die Reichsstände um entsprechende Hilfe gebeten hatte,389 sagten der sächsische und der brandenburgische Kurfürst umgehend Hilfe zu, noch bevor überhaupt ein allgemeiner Beschluss gefallen war.390 Anstelle des brandenburgischen Kurfürsten sollte Markgraf Albrecht den König in den böhmischen Angelegenheiten unterstützen. In den Jahren 1438 und 1439 kämpfte Albrecht als königlicher Kriegshauptmann gegen die mit den Hussiten verbündeten Polen in Schlesien und Polen.391 Am 3. März 1439 wurde er in Anerkennung seiner Verdienste vom Reichsoberhaupt zum obersten und allgemeinen Hauptmann in Breslau und ganz Schlesien ernannt.392 Während er als königlicher Kriegshauptmann lediglich Befugnisse für einen schlesischen Kreis besessen hatte, machte ihn das neue Ehrenamt nun zum Statthalter des Fürstentums Breslau und Befehlshaber aller Truppen des Herzogtums Schlesiens. Seine Amtstätigkeit belegen die Bestätigungen verschiedener Urkunden und Kaufverträge.393 Nachdem König Albrecht II. mit Polen im Sommer desselben Jahres einen Waffenstillstand erreicht hatte, kehrte auch Albrecht nicht mehr nach Schlesien zurück, sondern sagte die Hauptmannschaft auf.394 Da König Albrecht II. bereits im Oktober desselben Jahres starb, blieb es bei dieser einen Intervention des Markgrafen zugunsten des Habsburgers. Nach seiner Wahl am 2. Februar 1440 begab sich König Friedrich III. 1442 auf Krönungsreise nach Aachen, auf der ihn Friedrich II. als neuer brandenburgischer Kurfürst begleitete. Während der Krönungsmesse im Aachener Dom am 17. Juni 1442 hielt „der marcgraf von Brandenburg das szepter […] gar hochwirdiklich“395 und verrichtete auf diese Weise jenen Dienst, den er als Erzkämmerer des Reiches während der Krönung dem römischdeutschen König leisten musste. In den folgenden Tagen nahm König Friedrich III. eine ganze Reihe von öffentlichen Belehnungen vor, wobei er

389 KANTER, Markgraf Albrecht, S. 142. 390 Ebd., S. 143. Bezeichnenderweise waren es die beiden ‚Neuen‘ im Kurkolleg, die umgehend ihre Unterstützung zusagten. 391 Die Ernennungsurkunde vom 20. September 1438: SCHIRRMACHER, Urkundenbuch, S. 391; zu den Ereignissen siehe auch KOSER, Geschichte, S. 115. 392 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 299, S. 409–410. König Albrecht II. verkündete den schlesischen Fürsten am 4. März, dass er Albrecht Achilles als einen Hauptmann in Schlesien eingesetzt habe, und verpflichtete sie, diesem treu und gehorsam zu sein. Die Urkunde ist ediert bei BAYER, Die Jugendzeit, S. 33–102, hier Beilage III, S. 78. 393 Zum Beispiel CDB II, 4, Nr. 1588, S. 194, oder CDB III, 1, Nr. 144, S. 234. 394 KLOSE, Von Breslau, Bd. 2, 2, S. 441. 395 RTA 16, Nr. 108, S. 192–195, hier S. 193.

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zuerst die Kurfürsten in ihre Lehen einsetzte. Auch bei der Belehnung Friedrichs II. mit der Mark Brandenburg verrichteten die übrigen Königswähler in ihrer Kurfürstenkleidung ihre symbolischen Dienste während des Zeremoniells.396 Friedrich II. kam „[…] geritten auf den markt für den kunig mi 30 trummettern und pfeifern mit 4 baniern und mit drew tawsentn oder mer pfarden.“397 Damit überflügelte er sogar noch den glanzvollen Auftritt seiner Kurkollegen, des Pfalzgrafen und des Herzogs von Sachsen, die zuvor ihr Lehen empfangen hatten. Bei diesen Belehnungen leistete Friedrich II. die entsprechenden symbolischen Dienste und ritt mit einem Gefolge, das drei Mal so groß war wie das der übrigen Kurfürsten, auf das Aachener Rathaus zu.398 Bereits seinen Einzug in die Krönungsstadt Aachen einen Tag vor den Krönungsfeierlichkeiten schilderte der Lütticher Benediktiner Jean de Stavelot begeistert: „Le semedy apres tantoist lendemain entre 9 et 10 heures au matin entrat en Ays ly marchis de Brandeboirch, moijen fis de dit marchis, qui 3 freres, a mult grant summe de gens d’armes prinches contes chevaliers et eskuwier atout grant summe de tromppettes et menestreis.“399

Im weiteren Verlauf des Berichts beschreibt Jean de Stavelot die Ehrendienste, die der brandenburgische Kurfürst im Rahmen des Krönungszeremoniells leistete. Er erzählt, wie Friedrich II. nach der feierlichen Krönungsmesse im Dom „portant l’espee de justiche royal“400 und gemäß der Goldenen Bulle an der Tafel des neuen Königs seine Dienste verrichtete.401 Auch der glanzvolle Auftritt während der Belehnung mit der Kurmark ist dem Lütticher Benediktinermönch eine Erwähnung wert.402 Insgesamt zeigen die Berichte aus der Krönungsstadt Aachen, dass Friedrich seinen ersten großen Auftritt als brandenburgischer Kurfürst zu nutzen wusste, um seinen Rang zu inszenieren. Der glanzvolle Einzug und Umritt im Rahmen seiner Belehnung durch König Friedrich III. machte Eindruck bei den Zeitgenossen. Der erste Auftritt auf reichspolitischer Bühne mit einer großen Öffentlichkeit lässt keinen Zweifel daran, dass Friedrich II. genau im Blick hatte, was von ihm als Kurfürst erwartet wurde. Am Ende seiner langen Regierungszeit – im Rahmen der Abdankungsverhandlungen mit 396 397 398 399 400 401 402

Ebd., S. 194. Ebd., Nr. 109, S. 195–203, hier S. 202. Ebd., S. 201. Ebd., Nr. 107, S. 186–192, hier S. 188. Ebd., S. 189. Ebd. Ebd., S. 191.

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seinem Bruder Markgraf Albrecht – betonte dieser im Jahr 1470 dann auch ausdrücklich, dass kein anderer Kurfürst einen solchen Aufwand bei Hofund Reichstagen oder königlichen Krönungen betrieben habe.403

Markgraf Albrecht in Diensten Friedrichs III. Wie sich bereits zu Lebzeiten des Vaters durch die Übernahme der Hauptmannschaft für König Albrecht II. zwischen 1438 und 1439 angedeutet hatte, übernahm Markgraf Albrecht dessen Rolle in der Reichspolitik. Nachdem er bereits unter Kaiser Sigismund königlicher Rat gewesen war,404 konnte er dieses Amt und die damit verbundene vertrauensvolle Stellung ebenfalls bei König Friedrich III. erreichen. Der neu gewählte König hatte zu Beginn seiner Herrschaft mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. In den ersten 26 Monaten nach der Wahl blieb er in seinen Erblanden, da er sich dort aufgrund seiner in Tirol ausgeübten Vormundschaftsregierung405 und durch den Versuch der Durchsetzung der Vormundschaft über die Kinder des 1439 verstorbenen Vetters König Albrecht II. im Konflikt mit den jeweiligen Landständen befand. Zusätzlich musste der neue König eine Lösung für die Auseinandersetzung mit seinem Bruder Albrecht VI. finden, der eine Teilung der innerösterreichischen Erblande nach Ablauf des Wiener Familienvertrages sowie die Beteiligung an den Vormundschaften über Ladislaus Postumus und Herzog Sigmund von Tirol erreichen wollte.406 Sein Verhältnis zu den Kurfürsten im Reich war ebenfalls durch Spannungen geprägt, hatte der neue König doch durch seine zögerliche Annahme der Wahl407 zum Ausdruck bringen wollen, dass nicht die Königswähler, sondern allein seine eigene Entscheidung Voraussetzung für die königliche Würde sei.408 Zudem herrschte Uneinigkeit zwischen den Kurfürsten und dem Reichsoberhaupt bezüglich der Haltung gegenüber den beiden Päpsten Eugen IV. und Felix V. Aber Friedrich III. erkannte schnell, dass er auf die Unterstützung der Kurfürsten angewiesen sein würde, wollte er sich im Reich durchsetzen. Deshalb 403 404 405 406 407

CDB III, 1, Nr. 372, S. 525–527, hier S. 525–526. HEINIG, Friedrich III, Teil 1, S. 59. HEINIG, Friedrich III, Teil 2, S. 822. RTA 16, S. 149. Obwohl am 2. Februar gewählt, nahm er die Wahl erst am 6. April 1440 an. Generell passte das Verhalten auch zu seiner Art, Bittsteller warten zu lassen. Die Verkündigung der Annahme der Königswahl zelebrierte er in Wiener Neustadt schließlich in einem besonders feierlichen Rahmen, siehe KOLLER, Kaiser Friedrich III., S. 71, oder auch BACHMANN, Die deutschen Könige, S. 71. 408 KOLLER, Kaiser Friedrich III., S. 71–72.

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kam er diesen bei ihrem Standpunkt bezüglich des Schismas und des Baslers Konzils entgegen. Auf dem Mainzer Hoftag im Jahr 1441 ließ er von Gesandten die Weiterführung der kurfürstlichen Neutralitätspolitik gegenüber den Päpsten Felix V. und Eugen IV. verkünden.409 Trotz dieses Entgegenkommens blieb das Verhältnis gegenüber den Königswählern angespannt, und die Vorbehalte gegen den Habsburger waren im gesamten Reich außerordentlich hoch: Aufgrund seines Eingreifens in die Auseinandersetzung zwischen Zürich und der Eidgenossenschaft im Alten Zürichkrieg,410 war er, nachdem sich die Überlegenheit der Eidgenossen immer deutlicher abzuzeichnen begann, dazu gezwungen, den französischen König Karl VII. um militärische Unterstützung zu bitten. Karl VII. kam dieser Bitte nach und stellte sogar deutlich mehr Söldnertruppen zur Verfügung, als von Friedrich III. gefordert worden war.411 Trotz der großen zahlenmäßigen Überlegenheit der französischen Söldnertruppen unter der Führung des Dauphins Ludwig XI. bzw. Graf Bernards VII. d'Armagnac erlitten die Armagnaken, die nun zusammen mit den habsburgischen Truppen agierten, durch die Eidgenossen in der Schlacht bei St. Jakob an der Birs große Verluste. Die Verbündeten zogen sich zurück in das Reichsgebiet, genauer gesagt ins Elsass, wo die französischen Söldner nun unkontrolliert plünderten. Um das Elsass gegen seine ehemaligen Verbündeten zu verteidigen, musste Friedrich III. jetzt um die Unterstützung der Reichsfürsten und Städte bitten.412 Wegen des Einfalls der Armagnaken in das Reichsgebiet, den der Habsburger verschuldet hatte, litt das Ansehen des Königs stark, und bezeichnenderweise ging bei einem Hoftag in Frankfurt das Gerücht um, dass er die Stadt an fremde Truppen ausliefern lassen wolle.413 Von einem ganz ähnlichen Zwischenfall wusste auch die Speierische Chronik im Rahmen der Krönungsfeierlichkeiten des Habsburgers am 16. Juni 1442 in Aachen zu berichten. Auch hier stand der Vorwurf im Raum, Friedrich III. habe die Stadt verraten.414

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BACHMANN, Die deutschen Könige, S. 80. Zu Friedrichs Anteil an diesem Konflikt siehe KOLLER, Kaiser Friedrich III., S. 91–100. NIEDERSTÄTTER, Der Alte Zürichkrieg, S. 201. Am 25. September 1444 boten verschiedene Kurfürsten, Fürsten und Städte ein Aufgebot gegen die französischen Söldnertruppen auf, unter ihnen auch der brandenburgische Kurfürst Friedrich II., siehe RTA 17, Nr. 214, S. 440–441. 413 JANSSEN, Frankfurts Reichscorrespondenz, Bd. 1, Nr. 409, S. 289. 414 „Do woltent etliche wenen, es ging uber die stat, und der konig hette die stat verraden, und machtent ein groß geschrey uber den konig, daz der konig nit gar sicher was in der stat Ache, wanne der konig wuste nit da von.“ Siehe Speierische Chronik, hg. von FRANZ JOSEPH MONE, S. 375. Der Aufruhr in der Stadt spitzte sich zunächst weiter zu, da verschiedene Gerüchte umgingen, Friedrich III. und Pfalzgraf Ludwig wollten sich wechselseitig absetzen. Nach einem Eingreifen Herzogs Gerhards von Jülich-Berg, der versuchte, die Stadtbevölkerung, die sich in zwei Parteien gespal-

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Trotz der allgemein kritischen Stimmung gegenüber dem Reichsoberhaupt trat Markgraf Albrecht als einer der wenigen weltlichen Reichsfürsten bereits 1444 offiziell in den Dienst Friedrichs III.415 und bot somit seine Hilfe zu einer Zeit an, in der der König noch auf wenig Unterstützung im Reich zählen konnte. Wie bei König Albrecht nur wenige Jahre zuvor sahen die Hohenzollern beim neu gewählten König ihre Chance, gute Beziehungen zum Reichsoberhaupt herzustellen und auf diese Weise ihre Position unter den Reichsfürsten weiter auszubauen. Möglicherweise stellte die Aufnahme der Ratstätigkeit für den König auch in gewisser Weise einen Versuch der Wiederannäherung der Hohenzollern dar, denn zuvor hatte sich Albrecht trotz des königlichen Friedensgebots mit Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt befehdet und somit gegen den Willen des Königs gehandelt.416 Methodisch ist es nicht immer ganz einfach, genau zu bestimmen, ab welchem Zeitpunkt Reichsfürsten als Räte des Königs agiert haben. Paul-Joachim Heinig hat darauf hingewiesen, dass die bloße Nicht-Erwähnung der Ratstätigkeit nicht immer als konkreter Beweis für das Fehlen eines Dienstverhältnisses gelten kann, da insbesondere weltliche Reichsfürsten den Ratstitel wegen ihres Standes und bei verwandtschaftlichen Beziehungen zum König häufig nicht führten.417 Im Zuge der Unterstützung der Stadt Zürich gegen die Eidgenossen durch König Friedrich III. berichteten Züricher Gesandte am 22. August 1444 von den Hilfszusicherungen des Habsburgers und dass „[…] ouch uf hútt únser gnediger herr marggräf Albrecht únsers herren des kúngs rât und diener worden, hât im gesworn […].“418 Albrecht sollte zur Unterstützung Herzog Albrechts VI. von Österreich, dem Friedrich III. die Leitung der militärischen Operationen gegen die Eidgenossen übertragen hatte, nach Zürich ziehen. Dass der Aufgabenbereich eines königlichen Rats vielfältig war – er konnte als Gesandter, Schiedsmann, Unterhändler und Redner für den König agieren419 –, zeigt sich ebenfalls in dieser frühen Ratstätigkeit Albrechts. Wie gewünscht, unterstützte dieser den Bruder des Königs in den Schweizer An-

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ten hatte, zu beruhigen, ritt der Pfalzgraf in die königliche Herberge und versicherte Friedrich III. seine bedingungslose Treue, siehe ebd. HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 399. HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 15. HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 399. In gewisser Weise empfanden die Reichsfürsten den Ratstitel sogar als ehrmindernd, siehe ebd., S. 401, wenngleich die Tätigkeit durchaus als Ausweis einer machtvollen Position innerhalb des Reiches angesehen wurde. Ähnlich argumentiert auch Peter Moraw: „Dabei ist zu beachten, daß adelige Qualität oder Verwandtschaft mit dem König die Ratsqualität zur Seite zu schieben vermochte; gerade den Mächtigsten fügte der Ratstitel nur wenig hinzu.“ Siehe MORAW, Organisation, S. 38. RTA 17, Nr. 230c, S. 500–501, hier S. 501. MORAW, Organisation, S. 37.

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gelegenheiten in vielfältiger Weise und gehörte zu einer zweiten Gesandtschaft, die zunächst mit dem Dauphin,420 später mit Karl VII. von Frankreich über einen Abzug der französischen Söldnerheere verhandelte. Die erste Ratstätigkeit des Hohenzollers für das Reichsoberhaupt stellte keinen Dienst im Sinne der allgemeinen Verpflichtung der Reichsfürsten zu auxilium und consilium gegenüber dem König dar, sondern ging weit darüber hinaus. Auch von den beiden Beteiligten wurde das so eingeschätzt. Nicht nur, dass Albrecht in der Rückschau auf diesen frühen Einsatz für Friedrich III. von seinem engsten Vertrauten und langjährigen Rat Ludwig von Eyb explizit als Rat des Königs bezeichnet wurde,421 sondern auch die Gegenleistungen Friedrichs III. für die Dienste des Markgrafen machen eine entsprechende Bewertung deutlich: Zunächst verlieh der Habsburger eine Reihe von Privilegien an das Haus Hohenzollern. Insbesondere Kurfürst Friedrich II. erhielt am 14. September 1444 das Recht, die Neumark an den Deutschen Orden abzutreten422 – was eigentlich gegen die Goldene Bulle verstieß, den Hohenzollern aber beträchtliche Einnahmen brachte. Außerdem erhöhte der Habsburger den Zoll in Eberswalde zugunsten des brandenburgischen Kurfürsten,423 hob eine Entscheidung gegen das Kaiserliche Landgericht Nürnberg auf424 und handelte damit in einer für Markgraf Albrecht wichtigen Angelegenheit ganz im Sinne seines königlichen Rates. Das markgräfliche Agieren im Zusammenhang mit dem Alten Zürichkrieg hatte beim König bleibenden Eindruck hinterlassen. In der Folgezeit setzte Friedrich III. den Markgrafen bei wichtigen Angelegenheiten immer wieder als seinen Rat ein. So wirkte dieser beispielsweise bei der Aushandlung der Österreichischen Hausverträge mit, betrieb die Eheschließung Markgraf Karls I. von Baden mit Katharina von Österreich, der Schwester des Königs, und sorgte auf dem Frankfurter Tag 1446 dafür, dass die Kur420 RTA 17, Nr. 210, § 5, S. 431–435, hier S. 434. 421 „Danach auß erforderung des Romischen kaisers zug mein herr marggraff Albrecht hinab gein Osterreich unnd wurd kaiser fridrichs […] hofmeister […].“ Siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 89. Von Eyb unterlässt es auch nicht, darauf hinzuweisen, dass Albrecht 6000 Gulden für Truppen und Lebensmittelhilfen aufgewandt habe, ohne dass er dafür angemessen entschädigt worden sei. Die unentlohnten Hilfsleistungen, die in den Denkwürdigkeiten von Eybs immer wieder erwähnt werden, sollen die großen Opfer, die für das Reichsoberhaupt geleistet wurden, und das hohe Ansehen der Dynastie unterstreichen. 422 CHMEL, Regesta, Abt. 1, Nr. 1741, S. 178. Aber der König gestand außerdem zu, dass „alles, was von dem Churfürstenthum Brandenburg unbillig entwendet, entfremdet oder unrechtlich entwältigt ist, es sey an Schlössern, Städten, Landen, Leuten, Lehenschaften, Zöllen etc. wieder dazu nach Gebühr gebracht werden soll“, siehe ebd., Nr. 1742, S. 178. 423 Ebd. Nr. 1744, S. 178. Weitere Privilegien vergab der König auch noch am 26. September und am 4. bzw. 7. Oktober 1444, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 15. 424 HARPPRECHT, Staats-Archiv, Nr. 24, S. 133–134.

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fürsten auf die Seite Eugens IV. überwechselten. Den Titel eines königlichen Rates führte Albrecht allerdings seit 1445 nicht mehr, die bereits genannten Gründe werden hierfür ausschlaggebend gewesen sein. Da es sich mit seinem in den 1450er Jahren verliehenen Hofmeistertitel ähnlich verhielt, soll die Frage nach den Gründen an dieser Stelle noch einmal ausführlicher behandelt werden. Nach den frühen Diensten in der Phase kurz nach der Königskrönung von 1442 häuften sich die kaiserlichen Ämterverleihungen an Markgraf Albrecht in den 1450er Jahren. Als zunächst hofgebundender, später externer Hofmeister, Hofrichter und auch Hauptmann in Diensten des Kaisers hatte dieser für einige Jahre unter allen Reichsfürsten dieser Zeit den größten Einfluss auf die kaiserliche Politik.425 Die Verleihungspolitik des Habsburgers war ein Indikator für den Rang und das besondere Ansehen, das Albrecht in der spätmittelalterlichen Gesellschaft des Reiches genoss. Gleichzeitig griff der Kaiser auf einen bewährten Vertrauensmann in einer Zeit zurück, in der ein erster Absetzungsversuch durch den Trierer Erzbischof Jacob von Sierck 1454 gescheitert,426 seine Stellung im Reich also alles andere als stabil war.427 Das Beispiel der mehrfachen kaiserlichen Ämterverleihung im Jahr 1455 macht aber vor allem auch noch einmal die ambivalente Bedeutung der Ämter und Dienste für denjenigen deutlich, dem diese übertragen wurden.428 Diese Ambivalenz soll im Folgenden am Beispiel der Ämtervergabe von 1455 dargestellt werden: Am 20. März 1455 war „Marggraf Albrecht von Brandenburg des Keisers Hofemeister“429 geworden, und die Ernennung war wie bei seiner königlichen Ratstätigkeit in den 1440er Jahren zunächst einmal an die Vergabe großzügiger Privilegien seitens des Kaisers gekoppelt.430 Des Weiteren erhielt Albrecht für seinen Dienst, den er mit 60 Pferden leisten sollte, ein recht hohes Jahresgehalt von 6000 Gulden,431 und das, obgleich die Entlohnung am kaiserlichen Hof allgemein als nicht sonderlich üppig galt. In seiner ursprünglichen Funktion war der Hofmeister432 das führende Ratsmitglied am fürstlichen 425 HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 549. 426 MILLER, Jakob von Sierck, S. 234, Fußnote 38. 427 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 452. Ernst Schubert weist an dieser Stelle darauf hin, dass Friedrich III. überhaupt als der am häufigsten von Absetzungsplänen bedrohte Kaiser des deutschen Spätmittelalters gelten muss, ebd., S. 450. 428 ALTHOFF/WITTHÖFT, Les services, S. 1299. 429 MÜLLER, Des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation Reichs Tags Theatrum, Bd. 1, S. 532. 430 So befreite er Albrecht und dessen Nachkommen beispielsweise davon, sich vor dem Kammergericht oder anderen Gerichten verantworten zu müssen, siehe StABa, A 20, Lade 10, Nr. 317. 431 HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 60. 432 Allgemein zu dem Thema siehe SEELIGER, Das deutsche Hofmeisteramt.

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bzw. königlichen Hof, dessen Tätigkeitsbereich sich auf verschiedenste Bereiche erstreckte. Der Hofmeister handelte in der zeitgenössischen Vorstellung stets in Stellvertretung des Herrschers und konnte in diesem Sinne auch richterliche Funktionen ausüben.433 Zusammen mit dem Kammermeister, dem Hofmarschall und dem Hofkanzler gehörte der Hofmeister zu den führenden Mitgliedern des Hofrates, und die Arbeitsbereiche dieses Gremiums waren noch nicht ausdifferenziert. Aus diesem Grund konnten sowohl Hof- als auch Hausmachts- und Reichsangelegenheiten in den Aufgabenbereich des königlichen Hofmeisters fallen.434 Die Vergabe des Hofmeistertitels an den Markgrafen seitens des Habsburgers markiert eine Neuausrichtung des Amtes bzw. eine Rückbesinnung auf dessen traditionelle Funktion, die noch bei König Sigismund deutlich sichtbar gewesen war: Ursprünglich hatte das Hofmeisteramt unter anderem auch die Funktion erfüllt, die nicht-erbländischen Teile des Reiches in den jeweiligen Königshof zu integrieren, indem es mit Mitgliedern des Reichsadels besetzt wurde.435 Seit seiner Krönung zum römisch-deutschen König hatte Friedrich III. jedoch zunächst eine völlig andere Politik der Amtsbesetzung betrieben und seine Hofmeister aus dem niederen Adel seiner Erblande rekrutiert.436 Wenige Jahre nach seiner Kaiserkrönung in Rom nahm er nun entscheidende Korrekturen vor. Durch die Übertragung des Amtes auf die Person des Markgrafen besaß der Kaiser jetzt die ideale Person, um durch einen machtvollen Partner die eigene Position im Binnenreich zu stärken. Dies war möglich, da das Amt seit seiner Entstehung im 13. Jahrhundert437 verschiedene funktionale Umgestaltungen erfahren hatte. So musste sich der königliche Hofmeister bereits unter König Albrecht II. nicht mehr direkt am Hof des Herrschers aufhalten,438 sondern war wie im Falle Markgraf Albrechts befugt, die Interessen des Kaisers durch die Anwesenheit seiner Person im Reich zu vertreten und dort prokaiserliche Allianzen zu schließen. Insgesamt hatte das Hofmeisteramt außerdem insofern einen Funktionswandel erfahren, als dass es durch die

433 MORAW, Organisation, S. 35. 434 In der Literatur ist häufig vom Großhofmeister die Rede, der auf das Reich bezogene Kompetenzen besaß, im Gegensatz zum (Haus-)Hofmeister bzw. (Landes-)Hofmeister, dessen Funktion auf die innere Verwaltung in den jeweiligen Erblanden beschränkt war, siehe SPIEß, Fürsten und Höfe, S. 125. Diese Aufteilung der Zuständigkeitsbereiche hat sich jedoch erst im Laufe des Mittelalters herauskristallisiert, und die Kompetenzen waren auch nicht immer klar voneinander abgegrenzt. 435 MORAW, Organisation., S. 53–59. 436 Zu den ersten Jahren der Besetzung des Hofmeisteramts siehe HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 52–59. 437 RÖSENER, Hofämter, S. 512. 438 HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 61.

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Bandbreite seines Aufgabenspektrums nun noch mehr wie eine königliche Statthalterschaft erschien.439 Dass Markgraf Albrecht beispielsweise 1455 im Namen des Kaisers mit Ladislaus Postumus verhandelte, 1456 als oberster Feldhauptmann nach Ungarn zog und als kaiserlicher Gerichtskommissar in einer Streitsache des lüneburgischen Rates auftrat,440 ist von der Literatur als Ausdruck der gesteigerten Aufgabenbandbreite des neuen Hofmeisteramts gewertet worden.441 Paul-Joachim Heinig hat zudem betont, dass man „sich im Falle Friedrichs III. nicht durch den klassischen Inhalt des Hofmeisteramts täuschen lassen“ dürfe, denn bei ihm habe nicht „ein inneres Hofmeisteramt im Vordergrund“ gestanden, sondern der Titel sei nur eine „in die höfische Form gekleidete Steigerung politischer Partnerschaft“442 gewesen. Trotzdem sollen die verschiedenen Ämter, die Albrecht 1455 von Kaiser Friedrich III. verliehen bekam, im Folgenden getrennt voneinander betrachtet und auch als wirkliche Ämter aufgefasst werden. Denn in einem Schreiben an seinen Kanzler Johann Volker am 14. Oktober 1485 erinnerte er sich genau: „do wurden wir sein hofmaister, haubtmann vnd hofrathe“,443 eine Aufzählung, die zeigt, dass der Markgraf seine Ämter durchaus getrennt voneinander wahrnahm. Es darf aber nicht übersehen werden, dass eine ganz klare Trennung der einzelnen Kompetenzen auch noch im 15. Jahrhundert eine anachronistische Vorstellung darstellt. Im Jahr 1455 war Albrecht außerdem als oberster Richter des Kammergerichts tätig.444 Die parallele Einsetzung in diese beiden zentralen Ämter am kaiserlichen Hof war insofern naheliegend, als zum einen die Handhabung des Rechtswesens auch im Spätmittelalter noch sehr eng mit der Hofverwaltung verbunden war445 und zum anderen das Amt des Hofmeisters, wie gesehen, viele verschiedene Aufgabenbereiche umfasste. Darunter befanden sich solche, die dem ‚Rechtsbereich‘ zugeordnet waren. Im Bereich der königlichen Rechtsprechung lassen sich unter Friedrich III. grundlegende Änderungen feststellen. Das königliche Hofgericht, das 439 Obgleich ein Amt zunächst einmal generell „von seiner Entstehungsgeschichte als Stellvertretung des Herrn aufzufassen“ ist, „der nicht überall gleichzeitig anwesend sein konnte.“ Siehe MORAW, Von offener Verfassung, S. 190. 440 SEELIGER, Das deutsche Hofmeisteramt, S. 69. 441 Gerhard Seeliger beispielsweise zählt diese Hofmeistertätigkeiten Markgraf Albrechts auf, siehe ebd. 442 HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 61. 443 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 119, S. 135–137, hier S. 135. Auch sonst spricht der Markgraf immer von den verschiedenen Ämtern; im Jahr 1464 berichtete er beispielsweise davon, dass er „Erzhofmeister vnd Erzhaubtleut vnd Erzrichter […] von des Keysers wegen“ gewesen war, siehe HÖFLER, Fränkische Studien IV, Nr. 10, S. 38–40, hier S. 39. 444 HARPPRECHT, Staats-Archiv, Nr. 34, S. 173–174. 445 MORAW, Organisation, S. 46.

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durch die Einrichtung eines Hofrichteramts im Mainzer Reichslandfrieden von 1235 durch Kaiser Friedrich II. einen ersten Anfang genommen hatte,446 stellte für lange Zeit die höchste Gerichtsinstanz im Reich dar. Spätestens seit dem 15. Jahrhundert hatte es jedoch immer mehr an Ansehen verloren, besonders nachdem verschiedene Reformvorschläge für das Hofgericht seitens der Kurfürsten 1438 und durch Heinrich Tocke im Jahr 1442 gescheitert waren. Bereits im 14., aber vor allem im 15. Jahrhundert hatten sich die deutschen Könige auch königlicher Kommissare oder delegierter Richter bedient, die in ihrem Namen und Auftrag Verfahren durchführten.447 Auf diese Weise sollten die Möglichkeiten königlicher Rechtsprechung außerhalb des Hofes ergänzt werden, und man versuchte so, den Mängeln im Bereich des Gerichtswesens entgegenzuwirken. Ebenfalls im 14. Jahrhundert etablierte sich schließlich das Kammergericht als eine andere Gerichtsform – anfangs noch nicht unter diesem Namen – am Hof des deutschen Königs, das sich noch stärker als das Hofgericht zu einem Instrument der persönlichen Rechtsprechung entwickelte.448 Innerhalb kurzer Zeit erwies sich das Kammergericht in jeder Hinsicht effektiver als das Hofgericht.449 Vor allem wurden die Rechtsfälle von studierten Juristen zusammen mit adeligen Räten bearbeitet, die nicht an das traditionelle Rechtsverfahren gebunden waren, was die Effizienz dieses Gerichts enorm steigerte.450 Nachdem 1442 das Kammergericht von Friedrich III. neu geordnet worden war und sich als feste Institution neben dem Hofgericht etabliert hatte, wurde das Hofgericht schließlich im Jahr 1451 aus noch nicht eindeutig geklärten Gründen abgeschafft.451 Friedrich III. war bei der Besetzung der Richterstellen seines neu organisierten Kammergerichts der Tradition seiner Vorgänger Ruprecht, Sigismund und Albrecht II. gefolgt und hatte das Amt des obersten Richters mit nicht territorial gebundenen, königsnahen Mitgliedern des Adels besetzt.452 Einen weiteren Professionalisierungsschub erfuhr das Gerichtswesen dadurch, dass der Kaiser das Amt des Kammerrichters seit 1455 nicht mehr nur an einen bestimmten Prozess band, sondern auf Dauer stellte. Die feste Ernennung eines Vertrauten zum Kammerrichter führte schließlich dazu, dass die Position des Amtsträgers gestärkt wurde.

446 447 448 449 450 451 452

DILCHER, Vom Königlichen Hofgericht, S. 48. Ebd., S. 51. Ebd., S. 52. HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 100. DILCHER, Vom Königlichen Hofgericht, S. 52. Ebd. HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 98.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Als erster Kammerrichter in dieser gestärkten Position erscheint Markgraf Albrecht, der während seiner dauerhaften Präsenz am kaiserlichen Hof zwischen 1455 und 1456 regelmäßig den Gerichtsvorsitz übernahm.453 Der Markgraf war zumindest nominell bis 1458 in dieser Funktion tätig, bis er aus politischen Erwägungen durch den immer wieder gegen seinen Bruder agierenden Erzherzog Albrecht VI. abgelöst wurde, damit dieser stärker in die Amtsstrukturen des Kaiserhofes eingebunden werden konnte.454 In der Zeit seiner Tätigkeit als Kammerrichter hatte der Markgraf nicht nur Einfluss auf wichtige Prozesse vor dem höchsten Reichsgericht, sondern das Amt konnte zugleich als Ausweis seines besonderen Rangs unter den Reichsfürsten dienen. Friedrich III. hingegen konnte auf einen loyalen Gewährsmann in der höchsten Gerichtsinstanz des Reiches zählen, was für ihn sicherlich ein nicht unerheblicher Grund bei der Amtsübertragung gewesen sein wird. Im Jahr der Ernennung zum kaiserlichen Hofmeister und Kammerrichter wurde Albrecht schließlich überdies erstmalig zum kaiserlichen Hauptmann gegen den ehemaligen kaiserlichen Getreuen Andreas Baumkircher ernannt, der sich bei der Belagerung von Wiener Neustadt 1452 noch um den Kaiser verdient gemacht, sich dann aber den Gegnern Friedrichs angeschlossen hatte.455 In der Folgezeit war der Markgraf wiederholt als Hauptmann in den Diensten des Kaisers tätig, wie er es bereits unter König Albrecht II. in jungen Jahren in Schlesien gewesen war. Kaiser Friedrich III. vergab die Hauptmannschaft im Reich nicht dauerhaft, da dies gegen seine auch bei der Übertragung anderer Ämter zu beobachtende Politik verstoßen hätte, die kaiserliche Macht nicht durch eine irreversible Festlegung auf bestimmte Personen zu schmälern.456 Albrecht wurde vom Kaiser zwar nur bei Bedarf ernannt, dennoch ist die regelmäßige Einsetzung in dieses Amt doch recht auffällig. Bei wichtigen Konflikten, die der Kaiser kriegerisch austragen ließ, fand immer wieder eine Übertragung des Reichshauptmannsamts auf ihn statt: sei es beim Reichskrieg gegen Herzog Ludwig von Bayern-Landshut im Jahr 1459, beim Feldzug gegen Herzog Albrecht VI. von Österreich im Rahmen der sogenannten Mainzer Erzstiftsfehde nur kurze Zeit später oder im Reichskrieg gegen Karl den Kühnen von Burgund in den Jahren 1474 und 1475.457 453 454 455 456 457

Ebd., S. 101. Ebd., S. 106. SCHÄFFER, Die Baumkircherfehde, S. 177. HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 62–63. LANGE, Pulchra Nussia, S. 113. Die vielfältige Korrespondenz zwischen Albrecht und Friedrich III. bereits im Vorfeld des tatsächlichen Eingreifens in den Konflikt zeigt, in welchem Maße der brandenburgische Kurfürst den Habsburger in dieser Reichsangelegenheit beriet, siehe zum Beispiel PC 1, Nr. 692–698, 700, 726–728, 739–741, 761–768. Für die

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Dass Kaiser Friedrich III. Markgraf Albrecht über eine Phase von einigen Jahren hinweg zeitgleich mit drei verschiedenen Ämtern innerhalb seiner Hof- und Reichsverwaltung auszeichnete, muss als besonders deutliche Wertschätzung des Hohenzollers seitens des Reichsoberhaupts gewertet werden. Die zeitgleiche Einsetzung als Hauptmann, Kammerrichter und Hofmeister bzw. Hofrat verlieh dem Markgrafen in den 1450er Jahren einen solch übergroßen Kompetenzbereich, dass er zwischenzeitlich als ein Statthalter oder Gubernator des Kaisers erscheinen musste, wobei es Friedrich III. tunlichst vermied, eine förmliche Ernennung dieser Art vorzunehmen.458 Besonders das Ehrenamt des königlichen Hofmeisters besaß große Bedeutung für Albrecht, und zwar in doppelter Hinsicht. Es beinhaltete einige wichtige politische Kompetenzen und war gleichzeitig ein Ehrenamt, das dem Amtsinhaber im wahrsten Sinne des Wortes zur Ehre gereichte. Der Versuch Herzog Ludwigs des Reichen, 1464 durch den kaiserlichen Kämmerer Hans von Rohrbach das Hofmeisteramt von Kaiser Friedrich III. zu erlangen,459 stieß auf massive Gegenwehr des Hohenzollers. Dieser vertrat die Meinung, dass ihm das Amt eher als dem Wittelsbacher zustünde, und obwohl es ihm keinen direkten Nutzen bringe, „[…] so haben wir doch die Ere gern […].“460 Falls der Kaiser das Amt dennoch an den Wittelsbacher verleihen und es „erzen“ würde, sei es keine Frage, dass er das Amt umgehend aufkündige, denn „des Herzog Unterhofmeister“461 würde er keinesfalls werden. Die Tatsache, dass Ludwig überhaupt den Versuch unternahm, eine Ernennung zum kaiserlichen Hofmeister oder Hauptmann zu erreichen, spricht dafür, dass der bayerische Herzog sich davon eine ähnlich einflussreiche Stellung innerhalb des Reiches versprach, wie sie Markgraf Albrecht für einige Jahre erreichen konnte. Die einflussreiche Position Albrechts wurde auch im Zusammenhang mit der Obödienzleistung für Eugen IV. seitens der Kur- und Reichsfürsten deutlich, die der Hohenzoller für den Kaiser in den 1440er Jahren forcierte. Das Eintreten für Rom führte zu einer Fülle von päpstlichen Privilegien für die gesamte Dynastie, die vor allem Kurfürst Friedrich II. zum Ausbau seiner Stellung als Landesherr in der Mark Brandenburg nut-

458 459 460 461

Nachrichten zur persönlichen Intervention in die Kriegshandlungen siehe zum Beispiel: PC 2, Nr. 17, 34, 101, 104, oder BACHMANN, Urkundliche Nachträge, Nr. 261, 302–305. Zur Belagerung von Neuss durch Karl den Kühnen allgemein siehe METZDORF, Bedrängnis; EHM, Burgund, S. 79–86 und LANGE, Pulchra Nussia. HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 62. Von diesem Plan berichten die markgräflichen Gesandten an Albrecht Achilles am 7. April 1464, siehe HÖFLER, Fränkische Studien IV, Nr. 3, S. 28. Ebd., Nr. 4, S. 29–32, hier S. 31. Ebd., Nr. 10, S. 38–40, hier S. 40.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

zen konnte.462 Die Ämtervergabe wirkte sich außerdem auf das Ansehen der Dynastie unter den fürstlichen Standesgenossen aus. Die Phase der intensiven Einbindung des Markgrafen in das Hofsystem Friedrichs III. macht deutlich, dass die Dienste und Ämter, die von Albrecht übernommen wurden, ein sehr wirksames Instrument für die Festigung der Position innerhalb der sozialen Ordnung darstellte. Bezüglich des Hofmeistertitels ist außerdem ein ähnliches Verhalten Albrechts zu beobachten, wie er es bereits im Zusammenhang mit der Verleihung des Ratstitels durch den König im Jahr 1444 gezeigt hatte. Bereits seit dem Beginn des Jahres 1446 hatte er den Titel des königlichen Rates offiziell nicht mehr geführt, obwohl er dieses Amt durchaus weiterhin ausübte. Dies ist insofern nachzuvollziehen, da regierende weltliche Fürsten sich nur in Ausnahmefällen in den Ratsdienst begaben. „Sie scheuten sich davor, als vereidigter Rat eine Tätigkeit auszuüben, die anderen als Broterwerb diente.“463 Aber genau dies hatte Albrecht getan, wie die Züricher Gesandten präzise vermeldeten: der Markgraf sei der Rat Friedrichs III. geworden und „hat im gesworn“.464 Es scheint also im Interesse Albrechts gelegen zu haben, zwar das Amt für den König auszuüben und dadurch eine entsprechend einflussreiche Position im politischen System des Reichsoberhaupts einzunehmen. Er wollte aber tunlichst vermeiden, als ‚hauptberuflicher‘ Rat in Erscheinung zu treten, der das Amt benötigte, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. So schrieb er am 10. Juli 1464 über das kaiserliche Hofmeisteramt an seine Gesandten: „[…] wir hetten das S. G. mermaln bey H. Wentzlav abgesagt, do liess er vns durch Meister Ulrichen solches wieder befelhen vnd saget vnser Herr der Keiser geret nicht, dass wir den Namen vmb sunst haben sollten, doch haben wir sein noch nie einen pfenning gesehen noch vns hofmeister geschrieben, seid wir aus dem kays. Hof kommen sind.“465

Nicht nur, dass Markgraf Albrecht das Amt mehrfach aufgekündigt hatte, auch führte er den Titel seit dem Zeitpunkt nicht mehr, seit dem er sich nicht mehr am Hof des Kaisers aufhielt. Sowohl das Verhalten des Markgrafen als auch das des Kaisers sind im Zusammenhang mit der Hofmeistertätigkeit des Ersteren gleichermaßen ungewöhnlich: Albrecht hielt sich zumindest zwischen 1455 und 1456 am Hof des Kaisers auf, obwohl das Amt des Hofmeisters längst nicht mehr vor Ort ausgeübt werden musste. Möglicherweise konnte der Markgraf aber so ganz bewusst seine Bezie462 463 464 465

Mehr dazu in Kapitel 5.2. SPIEß, Fürsten und Höfe, S. 125. RTA 17, Nr. 230c, S. 500–501, hier S. 501. HÖFLER, Fränkische Studien IV, Nr. 10, S. 38–40, hier S. 40.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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hung zum Kaiser intensivieren, da er am Hof ein ganzes Jahr persönlich anwesend war. Der Kaiser dagegen hat trotz des Versuchs Ludwigs von Bayern-Landshut, das Hofmeisteramt übertragen zu bekommen, die Einsetzung Albrechts niemals widerrufen, und erst unter König Maximilian kam es überhaupt wieder zu der Ernennung von neuen königlichen Hofmeistern.466 Dies ist umso überraschender, als dass der Markgraf ja selbst mehrfach das Amt niedergelegt hatte, wie das Zitat vom Juli 1464 belegt. Nachweisbar übte er es bis 1467 aus und war funktionell als Hofmeister fern vom Hof sogar noch nach seinem Aufstieg zum Kurfürsten tätig.467 In dem markgräflichen Schreiben an seine Gesandten klang zudem ein weiteres Thema an, das sich als bedeutsam für die Bereitschaft der Ausübung kaiserlicher Ämter herausstellte: Die Höhe der Besoldung scheint ein entscheidendes Kriterium dargestellt zu haben, ob eine Amtstätigkeit, beispielsweise als Rat, von den Zeitgenossen als ehrenhaft oder ehrmindernd aufgefasst wurde, was zunächst einmal sehr modern anmutet.468 Auch für Albrecht stellte die Höhe des in Aussicht gestellten Gehalts ein wichtiges Argument dafür da, ob ein solcher Dienst für den Kaiser mit der Ehre eines Fürsten vereinbar sei. Als er im Jahr 1485 von den vermeintlichen Plänen seines Sohnes Markgraf Friedrich erfahren hatte, als kaiserlicher Rat an den Hof Friedrichs III. zu gehen, drohte er diesem damit, dass er ihn in diesem Fall nicht mehr als seinen Sohn erachten würde.469 Entsetzt zeigte sich der Markgraf über die Tatsache, dass dieser vorhatte, sich mit 40 Pferden an den kaiserlichen Hof zu begeben, und dafür lediglich 2000 Gulden erhalten solle. Als „Churfursten Sonn ein Soldner zu sein Schemt er sich nit vor Im selber“,470 fragte Albrecht in einem Brief seinen Kanzler Johann Volker völlig aufgebracht, denn selbst der geringste Edelmann würde dem Sold nicht nachreiten. Dies führe nur zu übler Nachrede und Spott. Für seinen eigenen Dienst als Hofmeister, Hauptmann und Rat des Kaisers habe er 6000 Gulden im Jahr erhalten und sei diesem nur mit 60 Pferden verpflichtet gewesen. Trotzdem sei auch dieser Dienst nicht unproblematisch gewesen, denn Friedrich III. habe für den Lohn der Söldner, die Albrecht angeworben hatte, über 60.000 Gulden nicht gezahlt, weswegen Albrecht bis heute dem Spott ausgesetzt sei und sich schämen müsse.471 Um seine Argumentation zu bekräftigen, listete er schließlich im weiteren 466 HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 64. 467 Ebd., S. 61. 468 Wobei bereits Benno von Osnabrück im 11. Jahrhundert finanzielle Gegenleistung für treue Dienste erwartete und das Argument ins Feld führte, dass das auch die Treue der anderen Großen fördern würde, siehe ALTHOFF, Spielregeln, S. 190. 469 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 119, S. 135–137, hier S. 135. 470 Ebd. 471 Ebd., S. 135.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Verlauf des Briefes die Dienste und Ämter auf, die er in jungen Jahren als Rat Kaiser Sigismunds oder als Edelknappe Kaiserin Barbaras geleistet hatte. Bereits hier sei er standesgemäß entlohnt worden. Wenn man nun seinen Sohn für 2000 Gulden kaufen könne, „was wolt man auff vns achten“,472 so der wütende Markgraf. Neben einem hoch bezahlten Dienst für den Kaiser konnte es in den Augen des Markgrafen nur eine einzige ehrenhafte Alternative geben: Solange Markgraf Friedrich ein unbezahlter Rat des Kaisers sei und am markgräflichen Hof bliebe, so könne er dies gerne tun. Denn ohne in einem besoldeten Dienstverhältnis am Hof Friedrichs III. zu stehen, aber dennoch dem Kaiser zu raten und zu dienen, „[…] das zimbt sein furstlichen eren woll […].“473

Die Inszenierung als reichsfürstliche Dynastie am Hof des Konkurrenten: Die Hohenzollern auf der Landshuter Hochzeit Abschließend soll nun ein letztes Beispiel für die Nutzung von Ehrenämtern und -diensten zur Inszenierung der eigenen Person und der Dynastie durch Mitglieder des Hauses Hohenzollern näher betrachtet werden, das sich in gewisser Weise von den vorherigen unterscheidet. Im Rahmen der sogenannten Landshuter Hochzeit übernahm Markgraf Albrecht das für diese Feierlichkeiten befristete Ehrenamt des Hofmeisters und leistete verschiedene symbolische Dienste während der zeremoniellen Ausgestaltung der Festlichkeiten in der bayerischen Residenzstadt. Das Ehrenamt wurde dem Markgrafen im Unterschied zu den bislang behandelten nicht durch das Reichsoberhaupt verliehen. Trotzdem konnte Albrecht auch in diesem Fall ein Amt nutzen, um seinen Rang vor den Standesgenossen und dem Kaiser zu inszenieren und auf diese Weise weiteres symbolisches Kapital zu akkumulieren. Das Beispiel fügt sich somit sehr gut in die Reihe der zuvor analysierten Ämter und Dienste ein. Auf einen weiteren Unterschied zu den bislang behandelten sei noch hingewiesen: Bei der Landshuter Hochzeit stand Albrecht neben dem Brautpaar und den das Fest ausrichtenden Wittelsbachern im Mittelpunkt des Geschehens. Aber auch weitere Mitglieder seiner Familie trugen zu seiner Repräsentation als Kurund Markgraf bei. 472 Ebd., S. 137. 473 Ebd., S. 136. Andere Fürsten scheinen da weniger auf die Vereinbarkeit des bezahlten Königsdienstes mit ihrer fürstlichen Ehre bedacht gewesen zu sein als auf die tatsächliche Zahlung des ausstehenden Soldes. Heinrich V. von Mecklenburg beispielsweise trat im Frühjahr 1503 aus dem Dienstverhältnis bei König Maximilian aus, da dieser ihm bis zu diesem Zeitpunkt über 11.435 Gulden schuldete, siehe AUGE, Handlungsspielräume, S. 184.

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Über die Ereignisse rund um die berühmte Hochzeit im Jahre 1475 informiert neben weiteren Quellen474 der ausführliche Bericht Hanns Orings, des sogenannten Markgrafenschreibers.475 Bereits zu Beginn der Schilderung liefert Oring nebenbei den Hinweis, dass „[…] mein herr der Marckgraf waß der der da gantz und gar hoffmeister waß […].“476 Die Tatsache, dass der brandenburgische Kurfürst auf der Hochzeit eines Mitglieds des Landshuter Zweigs der Wittelsbacher als Hofmeister in Erscheinung tritt, muss insbesondere vor dem Hintergrund seiner bereits angesprochenen Tätigkeit als Reichsheerführer gegen Ludwig von Bayern-Landshut im Reichskrieg von 1459 bis 1463477 zunächst einmal überraschen. Der Konflikt stellte eher die Regel als die Ausnahme in den Beziehungen beider Dynastien dar, denn im gesamten 15. Jahrhundert war das Verhältnis zwischen den Hohenzollern und einem Teil der bayerischen Herzöge immer wieder durch Auseinandersetzungen und Spannungen geprägt. Insbesondere das von Konkurrenz bestimmte Verhältnis zwischen Herzog Ludwig und Albrecht Achilles gestaltete sich die meiste Zeit hochproblematisch und mündete mehrfach in kriegerische Auseinandersetzungen.478 Die Hochzeit, die Ludwig für seinen Sohn Georg und dessen königliche Braut Hedwig von Polen ausrichtete, stellt unter den spätmittelalterlichen Fürstenhochzeiten im Reich ein Ausnahmeereignis dar und ist von allen bekannten Hochzeiten am besten durch Quellenzeugnisse belegt.479 Die enorme Größe der Besucherzahl, der hohe gesellschaftliche Rang der Teilnehmer und die für die Verhältnisse des Reiches fast schon phantastisch anmutenden Kosten für die Ausrichtung haben dazu beigetragen, dass die Hochzeit von der Forschung als eines der repräsentativsten Feste des Hochadels immer wieder in den Blick genommen wurde.480 Die Ehe zwischen Herzog 474 Als weitere Quellen sind der Bericht des Selinenthaler Klosterschreibers Hans Seybolt von 1482, das letzte Buch der Historiae Polonicae libri XII des Chronisten Jan Długosz, die 1493 abgeschlossene Bayerische Chronik des Veit Arnpeck, verschiedene Anwesenheitslisten und Rechnungen zu nennen. 475 Auf der Originalhandschrift im Staatsarchiv Weimar ist sein Name vermerkt. Nähere Informationen finden sich bei STAHLEDER, Die Landshuter Hochzeit. 476 HIERETH, Zeitgenössische Quellen, S. 20. 477 Über die reichsrechtlichen und territorialpolitischen Ursachen dieses Krieges informiert Eberhard Isenmann ausführlich in seiner Habilitation, siehe ISENMANN, Kaiserliche Obrigkeit, insbesondere S. 38–49. 478 Siehe dazu zum Beispiel BAADER, Krieg der fränkischen Einungsverwandten; HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Kampf der wittelsbachischen und brandenburgischen Politik. Oder die Darstellungen in der neueren historischen Forschung: MOEGLIN, L'utilisation; und STAUBER, Herzog Georg, insbesondere S. 499–515. 479 SPIEß, Kommunikationsformen, S. 264. 480 Zum Beispiel HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit; DERS., Die Landshuter Hochzeit; BLEIBRUNNER, Landshuter Hochzeit; MACHILEK, Nürnberg; STAUBER, Herzog Georg, S. 71–80, oder SPIEß, Kommunikationsformen, vor allem S. 263–277.

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Georg und der polnischen Königstochter war ein entscheidender Baustein der Heiratspolitik Herzog Ludwigs des Reichen,481 gehörte die Dynastie der Jagiellonen doch zu den führenden Fürstenhäusern in Europa und hatte allein schon wegen der flächenmäßigen Ausdehnung ihres Territoriums entscheidenden Einfluss auf den gesamten osteuropäischen Raum. Den Jagiellonen lag vor allem daran, ein kaiserlich-polnisch-böhmisches Bündnis gegen Matthias Corvinus zu bilden.482 Durch die habsburgischen Interessen an Ungarn und Böhmen besaß das Eheprojekt der wittelsbachischen Herzöge ebenfalls Implikationen für das Reich. Wie das bereits am 13. März 1474 geschlossene Bündnis zwischen Kaiser Friedrich III., König Kasimir von Polen und dessen Sohn Władysław, das die faktische Anerkennung des Letzteren als böhmischen König seitens des Reichsoberhaupts bedeutete, sollte auch die Hochzeit der Stärkung der Beziehungen zwischen dem Reich und Polen dienen.483 Nach intensiven Verhandlungen am polnischen Hof und in Landshut seit dem Frühjahr 1474484 kam schließlich am 31. Dezember 1474 der Heiratsvertrag zustande, der allein für Morgengabe und Widerlegung seitens Herzog Ludwigs die enorm hohe Summe von 64.000 Gulden vorsah.485 Der bereits durch die gezahlten Ehegelder angedeutete aufwendige Rahmen der Landshuter Hochzeit spiegelte sich auf allen Ebenen der Trauung wider. Ein achtzigköpfiges Organisationskomitee war mit sämtlichen Schritten der Planung und Umsetzung betraut. Der logistische Aufwand war enorm,486 bedenkt man die Tatsache, dass bereits 6500 fürstliche Gefolgsleute mit 9000 Pferden in einer Stadt wie Landshut adäquat untergebracht werden mussten, die etwa 7000 Einwohner besaß.487 Allein 25 weltliche und geistliche Fürsten waren Gäste Ludwigs während der Feierlichkeiten in Landshut, wie Veit Arnpeck in seiner Bayerischen Chronik zu berichten weiß,488 unter ihnen sogar Kaiser Friedrich III., der den Hochzeitseinladungen der eigenen Schwester und seiner Nichte nicht gefolgt war, was den besonderen Stellenwert dieser Eheschließung ebenfalls unterstreicht.489 Die Teilnahme des Kaisers und der anderen Mitglieder des europäischen Hochadels machten das Fest zu einem gesellschaftlichen und politischen Ereignis ersten Ranges. Eine Ge481 STAUBER, Herzog Georg, S. 62–80. 482 MACHILEK, Nürnberg, S. 641. 483 Ebd., S. 642. Insgesamt zum komplizierten Interessen- und Machtverhältnis zwischen Ungarn, Böhmen und dem Reich siehe STAUBER, Herzog Georg, S. 59–62. 484 HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 13. 485 Ebd., S. 19. 486 Ausführlich zum organisatorischen Aufwand siehe ebd., vor allem S. 24–45. 487 STAUBER, Herzog Georg, S. 74–75. 488 LEIDINGER, Veit Arnpeck, S. 625–626. 489 SPIEß, Kommunikationsformen, S. 276.

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sandtschaft, bestehend aus dem herzoglichen Vogt von Neuburg, Graf Sigmund Frauenberg zu Haag und Wilhelm Schenk von Geyern, lud Markgraf Albrecht persönlich ein.490 Wie zuvor bereits ausgeführt, waren die Beziehungen zwischen dem Markgrafen und Herzog Ludwig seit Ende der 1450er Jahre schwer belastet. Trotz des von König Georg Podiebrad vermittelten Prager Friedens im Jahr 1463 im Anschluss an den Reichskrieg gegen Herzog Ludwig blieb das Verhältnis zwischen den beiden Reichsfürsten für einige Jahre angespannt. So gesehen bedeutete die Teilnahme des brandenburgischen Kurfürsten ein deutliches Signal der Entspannung nach langen Jahren.491 Die durch den Seligenthaler Klosterschreiber Hans Seybolt aus dem Jahr 1482 überlieferten Angaben zum Gefolge der einzelnen Hochzeitsgäste zeigen, dass Markgraf Albrecht zusammen mit seiner Ehefrau Anna von Sachsen und seinem zweitältesten Sohn Friedrich mit 1370 Pferden nach Landshut reiste.492 Seybolt verfasste seinen Bericht für den Edlen Thomas Jud von Bruckberg, der sich im Gefolge Herzog Georgs von Bayern-Landshut befand.493 Aufgrund des spannungsreichen Konkurrenzverhältnisses zu Ludwig dem Reichen und vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Albrecht bei der nur wenige Jahre zurückliegenden Auseinandersetzung mit dem bayerischen Herzog eine empfindliche Niederlage hatte einstecken müssen, ist die Teilnahme des Markgrafen an den Festlichkeiten als außerordentliche Machtdemonstration zu verstehen. Nach den gastgebenden Wittelsbachern zog der brandenburgische Kurfürst mit dem zweitgrößten Gefolge in Landshut ein und übertraf dabei sogar die kaiserlichen Begleitmannschaften um mehr als die doppelte Anzahl von Pferden.494 Wie Karl-Heinz Spieß festgestellt hat, war aber nicht nur die Anzahl der Personen, sondern auch deren rangmäßige Zusammensetzung entscheidend für das Prestige des einziehenden Fürsten.495 Hans Seybolts Angaben über das Gefolge Albrechts sind in dieser Hinsicht aufschlussreich, denn es zeigt sich hier, dass der Kurfürst neben drei Grafen und dem Reichserbkämmerer Philipp von Weinsberg von einer großen Anzahl von adeligen Herren und Edelfreien sowie 203 Rittern begleitet wurde.496 Zu einem späteren Zeitpunkt sollte diese Machtdemonstration durch das 490 Das Original des Berichts: BayStaBi, cgm 331, fol. 89–176. Der Bericht liegt ediert vor durch WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 106. 491 STAUBER, Herzog Georg, S. 499. 492 Die Auflistung aller Pferde des Gefolges mit der Gesamtsumme bei WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 163–168. 493 STAHLEDER, Die Landshuter Hochzeit, S. 147. 494 Ebd., S. 163. 495 SPIEß, Kommunikationsformen, S. 266. 496 WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 163–164.

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markgräfliche Gefolge sogar noch übertroffen werden: In einem Brief vom 11. November 1476 forderte Albrecht seinen Sohn Johann auf, aus Anlass der Hochzeit des Matthias Corvinus in Eger mit 400 Pferden zu seinem Gefolge von 2000 Pferden dazuzustoßen. Zudem solle er unbedingt die Bischöfe von Lebus und Brandenburg, den Fürst von Anhalt, die Grafen von Ruppin, Mansfeld, Regenstein und Barby sowie alle tauglichen Geschlechter der Alt- und Mittelmark mitbringen, so der brandenburgische Kurfürst weiter. Das Gefolge sollte einheitlich im bereits von der Landshuter Hochzeit bekannten markgräflichen Hofkleid erscheinen, sodass „die röck ganz halb swarz und halb gra sein und auf den swarzen ermel buchstaben von weissem tuch“497 angebracht sein sollten. Neben verschiedenen Angaben zu den ebenfalls zur Hochzeit mitzubringenden Turnierutensilien vergaß der Markgraf abschließend nicht anzumerken, dass auch die beiden vergoldeten Kutschen mitzuführen seien. Auf die Funktion der ranghohen Gefolgschaft, der Kleidung und der luxuriösen Ausstattung insgesamt verwies Albrecht selbst. All dies sollte einen entsprechenden Eindruck auf die in Prag versammelte Hofgesellschaft machen. Der Repräsentationsaufwand war aber besonders an einen bestimmten Adressaten gerichtet, denn der glänzende Aufzug des einziehenden Kurfürsten geschah, „[…] damit die Stettinischen herrn auch innen wurden, wer wir hieaussen sein.“498 Dem Kurfürsten war die Wirkung, die er mithilfe seines Begleitzuges schon auf dem Weg zu höfischen Festen erzielen konnte, also sehr bewusst. Die in einheitlicher Farbe gekleideten und somit als markgräfliche Gefolgsleute und Vasallen zu identifizierenden Adeligen können geradezu als ‚mediales Ereignis‘ für die Zuschauer und als explizite Botschaft für die versammelte Hofgesellschaft eingestuft werden. Bereits 1473 ließ Albrecht in einer Bestimmung bezüglich der Organisation des Berlin-Cöllner Hofes seines ältesten Sohnes Johann explizit festlegen, dass das gesamte Hofgesinde, immer wenn „sein gnad uber landt reyt“, mit „Iren harnisch vff das fertigste geschmuckt sein“ solle, „das man sie nicht ansehe fur kaufleute“.499 Die Einladung Markgraf Albrechts für den Grafen von Isenburg-Büdingen, an seinem Zug nach Landshut teilzunehmen, ist ebenfalls vor dem Hintergrund der repräsentativen Wirkungsweisen des fürstlichen Gefolges zu verstehen. Albrecht versuchte den Grafen für sich zu gewinnen, indem er ihm den Gewinn für die eigene Reprä497 PC 2, Nr. 250, S. 266–267, hier S. 266. 498 Ebd., S. 267. Immer wieder war es wegen Pommern-Stettin zu Konflikten gekommen, vor allem wegen unterschiedlicher Auffassungen über den rechtmäßigen Besitz des Herzogtums und seiner Lehnsbeziehung zu der Mark Brandenburg. 1476 brach schließlich der Pommernkrieg aus, der bis 1479 andauern sollte, siehe dazu SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 142–146. Mehr zu diesem Thema im 4. Kapitel. 499 CDB III, 2, Nr. 93, S. 115–126, hier S. 115.

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sentation deutlich ausmalte, denn dieser sollte „[…] mit gots hilfe vast kostenlich und statlich darkommen […] als der freundt, der auch gesehen will werden […].“500 Der Graf nahm dennoch nicht an den Landshuter Feierlichkeiten teil, möglicherweise wollte er so einer etwas delikaten Situation entgehen: Auf der Amberger Hochzeit von Pfalzgraf Philipp und Margarethe von Bayern-Landshut nur ein Jahr zuvor war er als Vasall des Pfalzgrafen erschienen,501 der eine tiefe Feindschaft mit dem Markgrafen pflegte. Bei den ersten feierlichen Akten im Zusammenhang mit der Fürstenhochzeit trat noch vor seinem Vater Albrecht Markgraf Friedrich in Erscheinung. Sowohl der Bericht des Markgrafenschreibers als auch Hans Seybolt beschreiben übereinstimmend, dass dieser zu der Abordnung der Fürsten gehörte, die der königlichen Braut bei ihrem Zug nach Landshut ein großes Stück entgegenritt.502 Dieser rituelle Teil der Einholung des Brautzuges war bereits hochkarätig besetzt: Neben dem Sohn des Kaisers, Erzherzog Maximilian von Österreich, nahmen auch der Neffe Friedrichs des Siegreichen, Pfalzgraf Philipp, der Schwiegersohn Ludwigs des Reichen und der junge Markgraf teil. Dieser, in den markgräflichen Farben Schwarz und Grau gekleidet, trug kostbaren Schmuck, der dem Bericht eine explizite Erwähnung wert war.503 Die Abordnung war auf Veranlassung des Kaisers, Markgraf Albrechts und Herzog Ludwigs der Braut entgegengezogen, wobei jeder Fürst mit einem repräsentativen Begleitzug von 100 Pferden unterwegs war.504 Hierbei kam es fast zu einem schwerwiegenden Fehler im Zeremoniell, da Hedwig begann, von ihrer Kutsche herabzusteigen, um die rangmäßig unter ihr stehenden Fürstensöhne zu begrüßen, was nur im letzten Moment verhindert werden konnte.505 Eigentlich hätte in dieser Phase der Begrüßung des Brautzuges der Bräutigam seine zukünftige Ehefrau empfangen müssen,506 da dies das Zeremoniell vorsah, wie auch der Bischof von Eichstätt gegenüber Hedwig deutlich zum Ausdruck

500 501 502 503 504 505

PC 2, Nr. 152, S. 178–179, Fußnote 1. SPIEß, Kommunikationsformen, S. 275, Fußnote 38. Zum Zeremoniell des Einzugs allgemein siehe BUMKE, Höfische Kultur, S. 290–299. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 16. WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 129. Dieser Zwischenfall ist übereinstimmend sowohl im Bericht des Markgrafenschreibers als auch bei Seybolt dargestellt: HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 23 und WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 131. Die Fürsten retteten die Situation, indem sie daraufhin der Königin entgegenzurennen begannen, um das Absteigen zu verhindern, was ihnen auch gelang. Die Begrüßung konnte dann korrekt vollzogen werden: Die Braut blieb in der Kutsche sitzen, während sich die stehenden Fürsten vor ihr verneigten. 506 SPIEß, Kommunikationsformen, S. 267.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

brachte und den Bräutigam wegen dringender Geschäfte für den Kaiser entschuldigte.507 Nachdem der Lapsus noch rechtzeitig verhindert worden war, stand es nach Herzog Maximilian und dem Pfalzgrafen als nächsten Verwandten des Bräutigams im fürstlichen Zug Markgraf Friedrich zu, die Braut zu begrüßen.508 Zusammen mit den anderen Fürsten erwies er der Prinzessin die ihr gebührende Ehre, indem er sie auf dem Zug nach Landshut begleitete. Gleichzeitig unterstreicht die Tatsache, dass der junge Markgraf als Dritter nach dem Sohn des Kaisers und nach dem Pfalzgrafen die Braut begrüßen durfte, den hohen Rang, der den Hohenzollern unter den Reichsfürsten zugestanden wurde. Als Teil des beeindruckenden Gefolges der Braut, das aus 1000 Pferden bestand, setzte Friedrich nun den Weg weiter fort. Der polnische Chronist und Krakauer Domherr Jan Długosz fasste den sich nun anschließenden eigentlichen Empfang der Braut auf dem Feld vor Landshut folgendermaßen zusammen: „Deinde in Lanczuth, per unum et amplius milliare pannis constrata via, ab armatis hominibus, in parte utraque iter ambientibus, sponso suo Georgio Duce Bavariae in singulari splendore illi occurrente, et posthaec a Friderico Romanorum Imperatore, qui cum mille equitum turma, ad septimum ut aiunt lapidem, cum Coloniensi archiepiscopo, Alberto Marchione Brandeburgensi, Johanne Duce de Mench et aliis Almanniae Prinicibus occurit et in Lanczuth deduxit.“509

Długosz, dem es wahrscheinlich an notwendigem Wissen über die Verhältnisse im Reich mangelte und der zudem von diesem Zusammentreffen zwischen Braut und Bräutigam vom Hörensagen berichtete, macht falsche bzw. ungenaue Angaben über die auf dem Feld anwesenden Fürsten. Neben dem tatsächlich anwesenden Kaiser und Markgraf Albrecht, die Długosz korrekterweise nennt, berichtet er vom Erzbischof von Köln, der gar nicht eingeladen war,510 und von „Johanne Duce de Mench“ (München?), der nicht zu identifizieren ist. Hans Seybolt und der Markgrafenschreiber schildern ebenfalls übereinstimmend den glanzvollen Empfang durch die einflussreichsten Fürsten des Reiches, die mit 1000 Pferden auf dem Feld vor Landshut erschienen waren, um die polnische Braut zu begrüßen.511 507 SEYBOLT erläutert, dass der Bischof von Eichstätt sich gegenüber Hedwig entschuldigt habe, denn Herzog Georg sei „nitt Hinaus gein ir geritten, als doch geburlich“ gewesen sei, siehe WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 131. 508 HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 16. 509 Ebd., S. 10. 510 WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 112. Auch Veit Arnpeck nennt ihn nicht, siehe LEIDINGER, Veit Arnpeck, S. 626. 511 WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 130 und HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 20.

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Laut diesen beiden Gewährsmännern waren neben dem Bräutigam unter anderem Herzog Sigmund von Österreich, der Vetter des Kaisers, die übrigen vier bayerischen Herzöge sowie die Bischöfe von Salzburg, Bamberg, Eichstätt und Augsburg versammelt.512 Der zumeist ausgesprochen detailreiche Bericht des Markgrafenschreibers schildert auch sehr ausführlich den Hergang der Begrüßung der polnischen Braut und erwähnt gleichzeitig zum ersten Mal das Ehrenamt des Hofmeisters, das Markgraf Albrecht im Rahmen der Feierlichkeiten übernommen hatte.513 Dass der Hofmeister – wie bereits dargelegt – verantwortlich für die geregelte Durchführung der zeremoniellen Abläufe bei bedeutenden Anlässen war, zeigt sich auch bei den Ausführungen des Markgrafenschreibers über die Funktionen, die Albrecht während der Landshuter Hochzeit ausübte. Vor allem in Situationen, die eine Herausforderung an das Zeremoniell darstellten, war seine Kompetenz gefragt. Beim ersten Zusammentreffen des Brautzuges mit den Vertretern der Bräutigamseite und den anderen adeligen Gästen lag es in der Verantwortung des Hohenzollers, den korrekten Ablauf des Begrüßungszeremoniells zu organisieren. Die der Königstochter entgegengerittenen Fürsten hatten sich zunächst auf dem Feld vor der Residenzstadt versammelt. Der brandenburgische Kurfürst begann, durch Umreiten der Fürsten einen Ring zu bilden, in dessen Kern sich der Bräutigam und der Kaiser zu Pferd sowie der an Podagra leidende Herzog Ludwig auf einem Wagen befanden. Für Markgraf Albrecht bestand die Herausforderung darin, dass der Kaiser ausdrücklich darauf bestanden hatte, nicht in seiner Funktion als Reichsoberhaupt, sondern als Freund Herzog Ludwigs an der Hochzeitsfeier teilnehmen zu wollen. Dies musste auch im Zeremoniell seinen Ausdruck finden. Aus diesem Grund ließ der Markgraf die Fürsten in einer Ringformation Aufstellung nehmen. So konnte der Kaiser einerseits seinem Rang entsprechend geehrt werden, während andererseits die Fürsten nicht zurückgesetzt wurden.514 Durch die ringmäßige Anordnung waren die Rangunterschiede zwischen den Fürsten aufgehoben, nur die Personen innerhalb des Rings waren gegenüber denen hervorgehoben, die sich außerhalb befanden. Ein weiterer Effekt der Anordnung war zudem, dass der nichtfürstliche Adel deutlich abgesondert war.515 Während der einzelnen Festetappen war dieser Vorgang des ‚gestuften Zugangs‘ innerhalb der adeligen Festversammlung immer wieder zu beobachten. Nachdem sich die Kutsche der Braut genähert hatte, stiegen alle Fürsten von ihren Pferden ab 512 513 514 515

WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 130. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 20. SPIEß, Kommunikationsformen, S. 268. Ebd.

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und gingen dieser entgegen. Hierbei wurde nun die Ringformation aufgegeben und eine andere Art der Gleichrangigkeit inszeniert: „Item der keiser ging in der Mitte und fuert neben Im hertzog Joergen auf der andern Seiten Marckgraf Albrecht hertzog Ludwig hertzog Sigmund und die andern fuersten alle neben einander und entpfingen die koenigin.“516

Auch bei dieser Anordnung waren trotzdem noch Rangunterschiede zu erkennen, denn die Nähe zum Kaiser blieb ein entscheidendes Kriterium für den Platz, den man in der gegenwärtigen Rangordnung einnahm, auch wenn dieser quasi als ‚Privatmann‘ an der Feier teilnahm. Es ist also nicht überraschend, dass nach dem Kaiser der Gastgeber, Herzog Ludwig, sein Sohn als Bräutigam und schließlich Markgraf Albrecht das Vorrecht besaßen, als Erste die Braut begrüßen zu dürfen. Nachdem dies geschehen war, wurde erneut ein Kreis aus allen Fürsten und Fürstinnen gebildet, wobei diesmal die eine Hälfte des Kreises durch die Braut- und die andere durch die Bräutigamseite besetzt wurde.517 An diese Aufstellung schloss sich die traditionelle Begrüßungsrede an, die ebenfalls von Albrecht gehalten wurde. Dieser tat „gar viel schoener Rede von hertzogs Jorgen wegen als von des heyret wegen“ und wies in diesem Zusammenhang auf den Nutzen der Verbindung für die Christenheit und das Reich hin.518 In der Ausübung seines Ehrenamts als Hofmeister während des Hochzeitsfests fiel es dem Markgrafen zu, neben der Organisation der heiklen Teile des Zeremoniells auch die Aufgaben der Diplomatie wahrzunehmen, was in diesem Fall bedeutete, die erste Rede zu halten, welche die Braut am Hof ihres zukünftigen Ehemanns willkommen hieß. Am Fürstenhof fielen solche Tätigkeiten normalerweise in den Aufgabenbereich des regulären Hofmeisters.519 Wieder zeigt sich hier die exponierte Rolle des Markgrafen während des Festes in Landshut, die ihm im Bericht des Markgrafenschreibers immer wieder zugestanden wird. Die ältere Forschung hat den Schreiber Hanns Oring dem Hof Albrechts Achilles zugeordnet, da sich in seinem Bericht immer wieder Wendungen wie „mein herr der marckgraf“ finden lassen. Vor diesem Hintergrund erscheint es also nicht verwunderlich, dass in Orings Darstellung neben den Mitgliedern der gastgebenden Dynastie und dem Kaiserhaus der brandenburgische Kurfürst besonders ehrenvoll in Er516 HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 22. Diese Entgegengehen auf einer Linie findet sich auch bei Hans Seybolt: „[…] und giengen in der Ordnung neben einander […]“, siehe WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 132. 517 HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 22. 518 Ebd., S. 23. 519 SEELIGER, Das deutsche Hofmeisteramt, S. 73.

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scheinung tritt. Die neue Forschung bezweifelt jedoch mittlerweile, dass Oring am Hof des Markgrafen tätig gewesen ist, vielmehr geht sie davon aus, dass er lediglich auf dem Rückweg von der Hochzeit eine zeitlang in dessen Gefolge gereist sei.520 Verschiedene Hinweise im Bericht sprechen gegen seine Zugehörigkeit zum markgräflichen Hof. Der wohl wichtigste Grund scheint die Tatsache zu sein, dass am Ende der Ausführungen eine für den brandenburgischen Kurfürsten eher unvorteilhafte Episode geschildert wird, die von Ärger unter dem markgräflichen Gefolge berichtet: Albrecht habe dieses während der Hochzeit nicht besser versorgt wissen wollen als zu Hause, was den Unwillen seiner Dienerschaft hervorgerufen habe, so Oring. Dass der Bericht außerdem bereits im 18. Jahrhundert in Jena als Druckvorlage diente und spätestens im 19. Jahrhundert im Ernestinischen Gesamtarchiv zu Weimar lag, lässt die Vermutung naheliegen, dass er für den sächsischen Kurfürsten verfasst wurde, der in Landshut nicht anwesend sein konnte.521 So scheint es, dass die für den Markgrafen vorteilhafte Darstellung Orings nicht zwangsläufig der Loyalität eines Dieners geschuldet war. Im gesamten Bericht erscheint der Markgraf immer wieder aus der Menge der anderen Reichsfürsten hervorgehoben, dies zum einen bei den Teilen des Hochzeitsablaufs, in denen aufgrund des Zeremoniells der Rang betont wird, und zum anderen durch Handlungen, die Albrecht aufgrund seines Ehrenamts ausübte. Aber auch seine Ehefrau Anna von Sachsen und sein Sohn Friedrich tauchen in den Quellenzeugnissen an exponierten Stellen auf und unterstreichen so insgesamt den besonderen Rang, den die Hohenzollern-Dynastie vor anderen fürstlichen Familien einnahm. Sowohl der Bericht des Markgrafenschreibers als auch Hans Seybolt schildern wiederkehrend die Vorrangstellung Albrechts: Im Zusammenhang mit dem Einzug der Braut in die Kirche beispielsweise berichten beide Gewährsleute übereinstimmend, dass der Markgraf vor der Kirchtür zusammen mit dem Kaiser und dem Bräutigam als Erstes die Braut in Empfang nahm, um sie in die Kirche zu geleiten.522 Der Nürnberger Chronist Hans Deichsler hält in seiner Nürnberger Chronik, in der er nur in wenigen Worten auf die Hochzeit des bayerischen Herzogs eingeht, als berichtenswert fest: „Item markgraf Albrecht und hertzog Sigmunt von der Etsch fürten sie zu opfer.“523 Es ist die Markgräfin, die als eine der ersten Fürstinnen die königliche Braut begrüßen darf.524 Beim Eröffnungstanz am Abend gehörte der junge Mark520 521 522 523 524

STAHLEDER, Die Landshuter Hochzeit, S. 149. Ebd. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 24 und WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 136. VON KERN, Jahrbücher des 15. Jahrhunderts, S. 118–386, hier S. 345. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 25.

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graf zu denjenigen Fürsten, die als Vortänzer den Reigen des Kaisers und der Braut begleiten durften.525 Direkt im Anschluss tanzte der Sohn des Kaisers, Herzog Maximilian, mit Markgräfin Anna.526 Beim anschließenden Beilager der Eheleute wurde der Bräutigam von Markgraf Friedrich,527 die Braut vom Kaiser und dem Markgrafenpaar ins Brautgemach geleitet.528 Beim zweiten Kirchgang des darauffolgenden Tages schritt Albrecht an der rechten Seite des Bräutigams in die Kirche529 und befand sich während der Messe an der Seite des Kaisers im Kirchenchor.530 Nach dem Gottesdienst führte der junge Markgraf Friedrich die Herzogin von Bayern-Landshut, die direkt hinter Hedwig von Polen einherschritt, aus der Kirche, wie der Klosterschreiber bemerkt.531 Beim 32 Gänge umfassenden Hauptfestmahl der Feier532 ist die Sitzordnung ähnlich aufschlussreich: Am Haupttisch in der Herberge des Kaisers533 wurde in exponierter Weise der Kaiser am Kopf des Tisches platziert, „Marggraf Albrechtt neben im“.534 Am fünften Tisch, so Seybolt, saß neben dem Pfalzgrafen und dem jungen Grafen von Württemberg Albrechts Sohn, wobei dieser jedoch während des Mahls einen Ehrendienst zu versehen hatte: Zusammen mit Pfalzgraf Philipp musste Friedrich am Tisch des Kaisers „das Erst Essenn tragen“,535 also das Truchsessenamt ausüben, indem er am Ehrentisch den ersten Gang des Festmahles servierte. Die weiblichen Hochzeitsgäste speisten an einem anderen Ort als die Männer, sie versammelten sich zum Festmahl in der Herberge der Braut. Auch hier berichten beide Quellen übereinstimmend, dass die Markgräfin von Brandenburg am Tisch den Ehrenplatz direkt neben Hedwig von Polen eingenommen habe.536 Bis zur Abreise des markgräflichen Gefolges am vierten Tag der Feierlichkeiten537 änderte sich nichts an diesen Manifestationen von Rang und Ansehen, die dem Markgrafen und seiner Familie galten. Sei es beim Turnier, an dem Markgraf Friedrich teilnahm, während sein Vater im vertrauten Gespräch mit dem

525 526 527 528 529 530 531 532 533 534 535 536 537

Ebd., S. 27. Ebd., S. 28. Ebd., S. 29. WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 137. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 32. WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 138. Ebd., S. 139. Die genaue Aufführung jedes einzelnen Gangs bei Hans Seybolt: WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 151–152. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 40. WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 143. Ebd. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 39, und WESTENRIEDER, Hans Seybolt, S. 147. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 48.

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Kaiser in dessen Herberge weilte,538 oder beim Tanz, zu dem Letzterer ebenfalls als Begleitung des Reichsoberhaupts erschien.539 Zwei besondere Ereignisse ragen außerdem aus den Hochzeitsabläufen heraus: „deß Morgen fruehe an dem Mittwochen“, am Tag nach der Trauung und dem ehelichen Beilager, übernahm es Markgraf Albrecht als Hofmeister, bei der Geschenkübergabe an die Brautleute Hedwig ein Geschenk ihres Ehemanns zu überreichen.540 Herzog Georg schenkte ihr sowohl eine kostbare Kette als auch 10.000 Gulden. Gemäß der höfischen Etikette übernahm es nicht der Ehemann in eigener Person, seiner Ehefrau das Geschenk nach der ersten gemeinsam verbrachten Nacht zu überreichen,541 sondern ein von ihm beauftragter Stellvertreter. Ungewöhnlicherweise „redet Marckgraff Albrecht“ zu diesem Anlass erneut „gar vil schoener Rede von wegen des Preuetgams wie daß sie die Gabe solt aufnemen nicht fuer ein Morgengabe sunder Er gebe Ir das auß Liebe und freuenschafft“.542 In der Regel wurde bei fürstlichen Hochzeiten nur bei der Begrüßung der Braut eine feierliche Rede gehalten,543 was Albrecht bereits vor den Toren der Stadt getan hatte. Es ist nicht ersichtlich, ob diese Extrarede auf Bitten des Herzogs erfolgte oder ob der Markgraf die Gunst der Stunde nutzte, um sein allgemein bekanntes Redetalent544 vor der anwesenden höfischen Gesellschaft vorzuführen. Die Übergabe der Geschenke zog sich lange hin, da alle Fürsten und die Vertreter der Städte dem Brautpaar ihre Geschenke überreichten. Nur Kaiser Friedrich III. hatte kein Geschenk, wie Hanns Oring als weiteren Zwischenfall während der Festlichkeiten vermerkte. Da „begont mein herr Marckgraff mit im zureden eß docht nicht daß er nicht schenket es mecht im ein große Nachred“545 entstehen. Die besondere Vertrauensstellung des Markgrafen gegenüber dem Reichsoberhaupt scheint hier deutlich zu werden, sorgte sich dieser doch um den guten Ruf des Kaisers. Gleichzeitig versuchte er aber auch, seinem Ehrenamt in besonderer Weise gerecht zu werden und Fehler im zeremoniellen Ablauf sowie bei der höfischen Etikette zu verhindern. Eine andere Begebenheit, bei der die markgräfliche Familie und insbesondere der brandenburgische Kurfürst besonders im Mittelpunkt des Geschehens standen, fand während des letzten Tanzabends statt, von dem der Markgrafenschreiber berichtet. Nachdem es auch dort zu einem zere538 539 540 541 542 543 544 545

Ebd., S. 45. Ebd., S. 47. Ebd., S. 30. ZALLINGER, Die Ringgaben, S. 42. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 30. SPIEß, Kommunikationsformen, S. 268. SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 131. HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 31.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

moniellen Fauxpas gekommen war – der Graf von Württemberg tanzte zur Rechten der Braut, obwohl zuvor alle anderen Fürsten der ranghöheren Königstochter diesen Platz überlassen hatten546 –, ließ der Kaiser Markgraf Albrecht in seinem Namen verkünden, dass nun alle adeligen Frauen und Jungfrauen allein tanzen sollten. Die 81 weiblichen Tanzpaare mussten vor dem Kaiser und Graf Haug von Werdenberg tanzen, die als ‚Preisrichter‘ darüber urteilten, welche Frauen die schönsten seien.547 Viele schöne Frauen und Jungfrauen tanzten dort vor dem Kaiser und den anderen Fürsten, „doch behilt mein herr der Marckgraff den Preiß mit seinen fraven und Junckfraven ob den andern“. Denn obwohl auch die Frauen der anderen Fürsten besonders schön und wunderbar geschmückt gewesen seien, habe es den Ausschlag gegeben, dass „[…] der Marckgraff hette die Menge etlicher mer wenn hundert.“548 Mit der Masse an schönen Frauen konnte der Markgraf seine Standesgenossen und die städtische Öffentlichkeit in Landshut bereits während seines Einzuges beeindrucken, denn in seinem Gefolge befanden sich 25 Wagen, in denen ausschließlich Frauen saßen, zusätzlich zum Wagen des Markgrafen und dem seiner Frau, wie Oring explizit betont.549 Auch die Markgräfin trug weiter zu diesem spektakulären Aufzug bei, ritten ihrer Kutsche doch vierzehn Jungfrauen zu Pferde voraus, deren Hüte mit kostbaren Federbroschen geschmückt waren. Ob die vorausreitenden Jungfrauen den Eindruck von Amazonen550 vermittelten oder von den Betrachtern des Zuges schlicht besser gesehen werden sollten, als wenn sie in Kutschen gefahren wären, kann nicht beurteilt werden. Einen weiteren Akzent setzte Anna von Sachsen dadurch, dass in ihrem Gefolge zwei goldene Wagen mitgeführt wurden, die für ihre Jungfrauen reserviert waren.551 Diese Inszenierungsform des brandenburgischen Kurfürsten fügte sich sehr gut in die Repräsentationsstrategien ein, die Albrecht immer wieder zu betonen verstand. Laut Selbstaussage führte Albrecht in seiner Ansbacher Hauptresidenz einen regelrechten Artushof,552 und besonders die ritterlich-höfischen Aspekte der fürstlichen Lebensführung wie beispielsweise das Turnier wurden von ihm genutzt, um seine Person in Szene zu setzen. Dass der Kurfürst einen besonders großen Repräsentationser546 547 548 549 550

Ebd., S. 48. Ebd., S. 49. Ebd. Ebd. Zu den mittelalterlichen Vorstellungen über Amazonen siehe REINLE, Exempla weiblicher Stärke, oder SCHEIBELREITER, Höfisches Geschichtsverständnis. 551 HIERETH, Herzog Georgs Hochzeit, S. 49. 552 Damit bemühte er favorisierte Bilder des Adels, da König Artus zu den beliebtesten Vorbildern der spätmittelalterlichen Fürsten gehörte, siehe RANFT, Ritterorden und Rittergesellschaften, S. 98. Zu dieser Thematik auch BUMKE, Höfische Kultur, passim.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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folg mit den Frauen seines Gefolges erzielen konnte, lag auch daran, dass diese jedem höfischen Fest erst den richtigen Glanz verliehen: Die weiblichen Festteilnehmer machten die Feier zu einem vollendeten Ereignis. Sie legitimierten den Minnedienst als wichtigen Teil des adelig-ritterlichen Selbstverständnisses, ihr Schmuck und ihre prachtvollen Gewänder erhöhten den Ruhm ihrer Männer.553 Nebenbei bemerkt, betonte Albrecht Achilles im Zusammenhang mit dem weiblichen Geschlecht immer wieder die eigene Potenz. In Briefen gegenüber anderen Fürsten, aber auch im Briefwechsel mit seiner Frau stilisiert er sich als großer Liebhaber und prahlte mit der großen Anzahl seiner Geliebten.554 Überblickt man die Inszenierung der Hohenzollern auf der Landshuter Hochzeit, vor allem die symbolischen Dienste, die Markgraf Albrecht im Rahmen seines Hofmeisteramtes ausübte, dann wird deutlich, dass diese gezielt zum Einsatz gebracht wurden, um den eigenen Rang auf einer großen Bühne zu unterstreichen. Von besonderem Gewicht scheint dabei vor allem gewesen zu sein, dass Albrecht immer wieder Niederlagen gegenüber seinem Hauptkontrahenten, Ludwig von Bayern-Landshut, hatte hinnehmen müssen und sich nun auf diesem für die Wittelsbacher zentralen Fest so in Szene setzen konnte. Als weiterer wichtiger Gesichtspunkt für das Handeln der Hohenzollern muss sicherlich auch die Tatsache genannt werden, dass die Dynastie sich mit dem jagiellonischen Königshaus in Heiratsverhandlungen befand und der Markgraf nun vor den anwesenden Großen des polnischen Hofes die Bühne für einen glanzvollen Auftritt nutzen wollte.

Vermittlerdienste und Beisitze im Fürstengericht Abschließend muss kurz auf zwei andere Formen von politischer Einflussnahme im Reich eingegangen werden, die ebenfalls den gestiegenen sozialen Rang der Hohenzollern illustrierten und die in der öffentlichen Wahrnehmung zur Vermehrung ihres Ansehens beitrugen: ihre Vermittlerfunktionen bei Konflikten zwischen dem König und anderen Reichsfürsten sowie die Übernahme von Beisitzen im Fürstengericht. Bereits eine flüchtige Durchsicht der Quellen zeigt sowohl Friedrich I. als auch seine Söhne 553 RANFT, Feste, S. 249. 554 MORAW, Der Harem des Kurfürsten. Kritisch zu Moraws Sichtweise äußert sich Cordula Nolte, die den in den Briefen geäußerten Hinweisen auf die vielfachen sexuellen Beziehungen zu den Hofdamen seiner Ehefrau den Realitätsbezug abspricht und in den Briefen ein erotisches Spiel zwischen dem Markgrafenpaar sehen will, siehe NOLTE, Verbalerotische Kommunikation.

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Friedrich II. und Markgraf Albrecht mehrfach als Vermittler bzw. Friedenstifter in Konflikten und als Beisitzer in Prozessen gegen andere Reichsfürsten. Die historische Forschung hat sich im Rahmen von Untersuchungen zu den Formen der Austragung von Konflikten im Mittelalter verschiedentlich mit dem gesellschaftlichen Phänomen des Vermittlers oder Friedensstifters befasst.555 Neben der Erkenntnis, dass sich die Vermittlung als besondere Form der Konfliktbeilegung erst im hohen Mittelalter entwickelt hat,556 dem Wissen um den bevorzugten Einsatz bestimmter Personen für diese Tätigkeit557 und einer gewachsenen Klarheit über die konkrete Praxis der Vermittlungs- und Schlichtungsaktivitäten558 geben die Arbeiten zu dieser Thematik zudem genauere Auskunft über die Auswahlkriterien, die zum Zuge kamen, wenn die Konfliktparteien Vermittler für ihre Belange benannten. Es ist darauf hingewiesen worden, dass ein Vermittler zusätzlich zu bestimmten Fähigkeiten und Kenntnissen ein weiteres wichtiges Kriterium erfüllen musste: Er benötigte „[…] eine soziale Stellung, die Autorität verlieh, und eine Position im Beziehungsgeflecht der Konfliktparteien, die Einflussnahme versprach.“559 Aber nicht nur die besondere Nähe zu den Konfliktparteien – immer wieder finden sich erfolgreiche Vermittler, die zu beiden Seiten gute Beziehungen pflegten, mit ihnen häufig sogar verwandtschaftlich verbunden waren, wobei erstaunlicherweise aber auch Personen von einer Konfliktpartei ausgewählt wurden, die aus dem Gefolge des Gegners stammten560 –, sondern auch das Ansehen, der Rang, der dem Vermittler durch die streitenden Parteien zugestanden wurde, war für die Auswahl von entscheidender Bedeutung. Generell lässt sich seit dem 555 Die umfassendste Studie zum Phänomen der Friedensstifter und Vermittler im ostfränkischdeutschen Reich, insbesondere in der Zeit vom Früh- bis zum Hochmittelalter, bietet KAMP, Friedensstifter. Aber bereits vor der systematischen Untersuchung Hermann Kamps haben sich einige Historikerinnen und Historiker zumindest mit Teilaspekten dieses Themas befasst bzw. andere mittelalterliche Gesellschaften in den Blick genommen. Als einige wichtige Arbeiten seien hier genannt: CHEYETTE, Suum cuique tribuere; MILLER, Bloodtaking, insbesondere S. 259–299; GEARY, Extra-judical means; DERS., Vivre en conflit; WHITE, Feuding; REUTER, Unruhestiftung; KRIEB, Vermitteln; ALTHOFF, Compositio, S. 263–276; DERS., Huld, und DERS., Königsherrschaft. 556 KAMP, Friedensstifter, S. 6. 557 Für die Rolle der Bischöfe als Friedensstifter im Merowingerreich siehe JAMES, Beati pacifici. Eine knappe Zusammenfassung der Argumente für eine ‚natürliche‘ Eignung von Bischöfen aufgrund ihres Amtsverständnisses bei KAMP, Vermittler, S. 704–707. Zum Agieren von Königinnen und weltlichen Großen in mittelalterlichen Konflikte, siehe DERS., Friedensstifter, insbesondere S. 155–173. Zum König als Schlichter und Vermittler ebd., S. 130–154, oder ALTHOFF, Genugtuung, insbesondere S. 250. 558 KAMP, Friedensstifter, aber auch ALTHOFF, Königsherrschaft, besonders S. 272–275. 559 KAMP, Vermittler, S. 701. 560 ALTHOFF, Genugtuung, S. 251.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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11. Jahrhundert ein wachsender Einfluss der Fürsten als unumgängliche Ansprechpartner bei Konflikten zwischen dem König und seinen Kontrahenten konstatieren.561 Der sich entwickelnden Vorstellung von einem unabhängig zwischen den Parteien stehenden Vermittler kamen die politische Stärke der Großen, ihre Stellung gegenüber dem König, aber auch ihre militärische Potenz entgegen.562 Dass in Konflikten zwischen dem König und seinen Großen oder auch bei Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe der Reichfürsten bestimmte Personen als Vermittler ausgesucht wurden, kann vor dem Hintergrund der vorangegangenen Bemerkungen etwas über ihre öffentliche Bewertung durch die Standesgenossen aussagen. So lässt ihre Akzeptanz durch die Konfliktparteien erwarten, dass man ihnen ein gehobenes Maß an Ansehen und Vertrauen entgegenbrachte, ihre Ehre hoch einschätzte und sie als gleichwertige Verhandlungspartner und später als Garanten des Ausgehandelten anerkannte. Schließlich waren sie es, die durch ihre Intervention und ihren Eid dafür Sorge tragen sollten, dass sich die Kontrahenten versöhnten, und sie waren es auch, die zentralen Einfluss auf die Versöhnungs- und Unterwerfungsrituale hatten. Dies war umso wichtiger, als dass in den Augen der am Konflikt Beteiligten die Art der Versöhnung „über ihr künftiges Ansehen, über ihren Rang und ihren Status“ entschied.563 Entsprechend dem hohen Stellenwert, den Vermittler für die politische Ordnung der mittelalterlichen Gesellschaft hatten, muss davon ausgegangen werden, dass ihre Auswahl nicht leichtfertig getroffen wurde. Bezeichnenderweise ist Friedrich VI. bereits zur Zeit der Absetzung König Wenzels im Jahr 1400 als Vermittler tätig geworden. Zusammen mit dem Mainzer Erzbischof sollte er vor der Wahl Ruprechts in einem Konflikt zwischen dem Erzbischof von Köln und dem Pfälzer Kurfürsten unterhandeln.564 Die Zeit auf dem Konstanzer Konzil war ebenfalls durch wichtige Vermittleraufgaben gekennzeichnet: Wie schon unter anderen Gesichtspunkten in diesem Kapitel erwähnt, wurde er als Mediator zwischen König Sigismund und Herzog Friedrich IV. von Österreich tätig, nachdem Letzterer durch die Fluchthilfe für Papst Johannes XXIII. in Ungnade gefallen war. Nachdem er den Herzog zurück in die Konzilsstadt eskortiert hatte, verwandte der Hohenzoller sich für den Habsburger und handelte die Bedingungen für die Wiederaufnahme in die Huld des Königs aus. Bei der öffentlichen Inszenierung der Versöhnung im Franziskanerkloster in Konstanz in Anwesenheit verschiedener Reichsfürsten und Gesandter der italienischen Städte Venedig, Mai561 562 563 564

KAMP, Friedensstifter, S. 179. Ebd., S. 180. KAMP, Vermittler, S. 697. GARNIER, Wie vertraut man, S. 286.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

land und Florenz gehörte es zum ausgehandelten Unterwerfungsritual, dass sich der Herzog zusammen mit den Vermittlern Markgraf Friedrich I. und Herzog Ludwig von der Pfalz dem mit dem Rücken zur Tür stehenden König näherte und gemeinsam mit diesen auf dem Weg zu Sigismund dreimal im Raum niederkniete.565 Nachdem der Habsburger dem König erneut einen Eid geleistet hatte, wurde er wieder in dessen Gunst aufgenommen, wobei die durch Ulrich Richental überlieferte Urkunde noch einmal die Vermittlungstätigkeit des Hohenzollers unterstreicht, der hier als Zeuge genannt wird und die Urkunde mitgesiegelt hat.566 Nur kurze Zeit nach der Aussöhnung zwischen König und Herzog wurde Friedrich I. mit einer etwas anderen Aufgabe als der des Vermittlers beauftragt: Er sollte als Schlichter fungieren, bekam also den expliziten Auftrag, einen Kompromiss zu finden, dem beide Streitparteien zustimmen konnten.567 König Sigismund hatte dem Markgrafen diese Aufgabe übertragen, da auf dem Konzil der lang andauernde Konflikt zwischen den vier Wittelsbacher Herzögen erneut virulent geworden war.568 Streitpunkt war die Aufteilung des Erbes der Dynastie, die eigentlich bereits 1408 durch die sogenannten Freisinger Schiedssprüche festgelegt worden war. Der damalige Nürnberger Burggraf hatte die Schiedssprüche zusammen mit dem Freisinger Bischof Berthold von Wehingen in einer Weise festgesetzt, mit der Ludwig von Bayern-Ingolstadt nicht einverstanden war. Als es nun – angeheizt durch die antiburgundische Propaganda des Ingolstädters im Sommer 1415 – in Anwesenheit König Sigismunds zu einem Eklat zwischen den burgundischen Gesandten und den Familiaren des Herzogs kam, verwandten sich Herzog Heinrich von Bayern-Landshut sowie Pfalzgraf Ludwig III. für die Burgunder.569 Der König setzte daraufhin Friedrich I. als Streitschlichter ein, wobei die Tatsache, dass der Hohenzoller nicht nur über seine Ehefrau mit Herzog Heinrich verwandt war, sondern sich der neu gegründeten Konstanzer Liga gegen Ludwig von Bayern-Ingolstadt angeschlossen hatte,570 einer erfolgreichen Schlichtung zuwiderliefen. Der Ingolstädter tat sich schließlich mit Herzog Friedrich von Österreich zu einem antiburgundischen Bündnis zusammen.571

565 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 68. 566 Ebd., S. 70. 567 Zur Unterscheidung zwischen den Funktionen eines Vermittlers und eines Schlichters siehe KAMP, Vermittler, S. 685. 568 Mehr zu diesem Konflikt auch in Kapitel 2.2. 569 FINKE/HOLLNSTEINER/HEIMPEL, Acta Concilii Constanciensis, Nr. 198, S. 259–260. 570 Mehr zu dem Konflikt und der Konstanzer Liga bzw. zur Gründung der sogenannten Sittichgesellschaft als Abwehrbündnis in Kapitel 2.2. 571 STRAUB, Bayern, S. 243.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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Die Autorität, die Friedrich I. im Rahmen des Konzils zugestanden, und die besondere Wertschätzung, die ihm vom König, aber auch von den in Konstanz versammelten geistlichen und weltlichen Fürsten entgegengebracht wurde, lässt sich auch daran ablesen, dass er in einer zentralen Krise im Jahr 1417 zwischen den Kardinälen und König Sigismund vermittelte. Sigismund hatte sich mit der Mehrheit der in Konstanz anwesenden Kardinäle über die Frage des päpstlichen Wahlverfahrens überworfen, nachdem Papst Benedikt XIII. im Jahr 1415 für abgesetzt erklärt worden war.572 Als sich der Konflikt so weit zugespitzt hatte, dass der König die betreffenden Kardinäle aus dem Tagungsort ausschließen ließ, und diese daraufhin geschlossen Konstanz verlassen wollten, da „[…] gieng der marggrauf und vil bischoff und die rät ze Constentz mit tädingen entzwüschen.“573 Nach der Vermittlung Friedrichs I. blieben die Kardinäle schließlich in Konstanz und das Konzil wurde fortgesetzt. Eberhard Windecke berichtet von einer weiteren Intervention Friedrichs I. aus dem Jahr 1419, die in letzter Konsequenz ebenfalls zum Erfolg führte. Verschiedene königliche und kaiserliche Privilegien, in deren Besitz die Stadt Köln war, hatten zu Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und den vier rheinischen Kurfürsten geführt. Da sich König Sigismund trotz Kölner Bitten standhaft weigerte, sich in den Konflikt einzuschalten,574 eskalierte der Streit so stark, dass diese Kurfürsten mit ihren Heeren vor die Stadt zogen. Friedrich I. lud daraufhin zu einer „freundschaftlichen Zusammenkunft“ ein und vermittelte zwischen den Kölner Bürgern und den Kurfürsten bei dreitägigen Verhandlungen im Mainzer Rathaus.575 Obwohl sie zunächst ohne Resultat zu Ende gingen, war dennoch die Gefahr der militärischen Eskalation überwunden und durch das Eingreifen des Brandenburger Kurfürsten die Kommunikation zwischen den streitenden Parteien wiederhergestellt.576 Die Räte der rheinischen Kurfürsten, die des Brandenburgers und des Markgrafen von Baden beriefen einen weiteren Tag, auf dem schließlich ein Frieden zwischen den Konfliktparteien geschlossen wurde und die Stadt sogar ihre Privilegien behalten durfte.577 Die Eigeninitiative des Markgrafen, die Windecke explizit schildert, kam durchaus nicht selten bei mittelalterlichen Vermittlern und Friedensstiftern

572 BRANDENBURG, König Sigmund, S. 63. 573 BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 114. 574 Eberhard Windecke gibt an, dass der König geäußert habe, er könne nichts für sie tun, da die Kurfürsten selbst das Recht seien, siehe Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 101–102. 575 Ebd., S. 102. 576 Diese Aufgabe identifiziert Hermann Kamp als eine der „ersten und wichtigsten Aufgaben eines Vermittlers“, siehe KAMP, Vermittler, S. 690. 577 Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 101.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

vor.578 Bei der nächsten Vermittlungstätigkeit, die der Mainzer Chronist ebenfalls aus dem Jahr 1419 von dem Hohenzoller überliefert, trat dieser zusammen mit seinen kurfürstlichen Kollegen in Aktion. Bei dem Konflikt zwischen dem Pfälzer Kurfürsten und dem Markgrafen von Baden handelten die übrigen Kurkollegen als Gruppe, die sich um die Belange eines ihrer Mitglieder bemühte. Laut Windecke beschuldigte Ludwig von der Pfalz Markgraf Bernhard I. von Baden, ihn bei König Sigismund verleumdet zu haben und trotz einer Vorladung zu einer Versammlung nicht erschienen zu sein.579 Eine erste Verhandlung der Kurfürsten brachte noch keine Annäherung der beiden Streitenden, aber Windecke berichtet weiter, dass der Markgraf von Brandenburg und der Trierer Erzbischof schließlich zwischen diesen vermittelt und eine Aussöhnung für drei Jahre zustande gebracht hätten.580 Bereits die wenigen genannten Beispiele, die sich fortführen ließen, zeigen Friedrich I. bei Vermittlungs- und Schlichtertätigkeiten in zentralen Konflikten. Hier verhandelte er nicht nur zwischen verfeindeten Reichsfürsten, sondern stiftete auch Frieden zwischen dem König und seinen Standesgenossen. Seine Autorität war demnach entsprechend groß, auch seine Eigeninitiative wurde selbstverständlich akzeptiert. Ähnliches findet sich auch später bei seinen Söhnen: Immer wieder sind auch für Kurfürst Friedrich II. Schlichtertätigkeiten belegt, die jedoch auf territorialer Ebene und nicht innerhalb der Reichspolitik stattfanden. So verglich er beispielsweise das Brandenburger Domkapitel und die Familie Döbberitz wegen der Lietzower Pfarrkirche am 2. Juni 1451581 oder konnte in dem gleichen Sommer einen Streit zwischen den Geistlichen der Brandenburger Bischofskirche und dem Prämonstratenserkloster auf dem Harlunger Berg zu einer friedvollen Einigung bringen.582 Auch die verschiedenen Situationen, in denen Markgraf Albrecht als Vermittler in Konflikten seiner Zeit tätig war, belegen das besondere Ansehen, die Kompetenz und die Autorität, die diesem von seinen Standesgenossen und vor allem auch von Kaiser Friedrich III. zugestanden wurden. Am 24. August 1455 zum Beispiel vermittelte der Bruder des brandenburgischen Kurfürsten zusammen mit Bischof Ulrich von Passau583 in Wiener Neustadt einen Vergleich zwischen dem Kaiser und König Ladislaus Postumus.584 Letzte578 579 580 581 582 583

KAMP, Vermittler, S. 691. Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 106. Ebd., S. 107. CDB I, 7, Nr. 150, S. 370. CDB continuatus, Nr. 42, S. 188. Der Bischof gehörte im Jahr 1456 bei der Abreise Ladislaus Postumus von Wien nach Ungarn sogar dem Regentschaftsrat des jungen Königs an, siehe HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 43. 584 CHMEL, Regesta, Abt. 2, Nr. 3409, S. 343.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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rer hatte vormalig der Vormundschaft des Kaisers unterstanden und stritt mit diesem um Herrschaftsrechte in Österreich. Auch in einer zweiten Angelegenheit, auf die abschließend noch kurz hingewiesen werden soll, ging es um eine Auseinandersetzung des Kaisers mit einem anderen europäischen Herrscher, die für den Habsburger – ähnlich wie die Auseinandersetzung mit seinem Neffen bezüglich der Herrschaftsrechte in Österreich – zu einer Belastung geworden waren. Der reichspolitisch umtriebige Christian von Dänemark hatte durch seine politischen Aktivitäten die Interessen Kaiser Friedrichs III. beeinträchtigt, woraufhin es zu Verstimmungen zwischen beiden Herrschern gekommen war, die erst durch die Vermittlung Kurfürst Albrechts behoben werden konnten.585 Der Markgraf konnte aber nicht nur an diesen Stellen intervenieren, sondern fungierte zumindest zeitweise als „verlängerter Arm des Kaisers an der Peripherie des Reiches“586, in diesen Fällen in Ostmittel- bzw. Nordeuropa. Die Aktivitäten mittelalterlicher Vermittler, darauf ist ausdrücklich hingewiesen worden,587 sind häufig von anderen Formen der Schlichtung nur schwer zu unterscheiden. Der Schiedsmann oder Schiedsrichter handelte beispielsweise insofern wie ein Vermittler, als dass er für die Konfliktparteien ebenfalls einen Ausgleich vermittelte. Was ihn jedoch vom Vermittler grundsätzlich unterschied, war die Tatsache, dass er ein bindendes Urteil aussprach, an das zu halten sich die Streitenden im Vorfeld verpflichtet hatten.588 Durch diese Zwecksetzung, also dem Streben nach einer gütlichen Einigung, unterscheiden sich beide genannten Arten der Schlichtung wiederum grundsätzlich von einer anderen Form der Normendurchsetzung: dem gerichtlichen Verfahren.589 Friedrich I. und auch seine Söhne waren auch in gerichtliche Verfahren gegen Standesgenossen eingebunden. Seit dem Mainzer Hoftag von 1235 war es üblich, dass ein Hofrichter in Stellvertretung des Königs für alle Klagen in Zivil- und Strafsachen am königlichen Hofgericht zuständig war; die Erklärung der Reichsacht, die Entscheidung in ‚Fürstensachen‘ und anderen bedeutsamen Angelegenheiten (causae maximae) blieben jedoch dem König persönlich vorbehalten.590 Bei den ‚Fürstensachen‘, bei denen es um das Leben, die Ehre und das Lehen von Reichsfürsten ging, traten Sondergerichte, sogenannte Fürstengerichte, zusammen, die sich aus Standesgenossen des Angeklagten unter Vorsitz des Königs oder eines von ihm fallweise bestellten Reichs585 586 587 588 589 590

HEINIG, Friedrich III., Teil 2, S. 1106. NOLTE, Familie, S. 42. KAMP, Friedensstifter, S. 8. Ebd., S. 9. Ebd. KRIEGER, König, Reich und Reichsreform, S. 23.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

fürsten zusammensetzten.591 Ein von einigen Fürsten unter der Beteiligung Kurfürst Friedrichs I. erarbeitetes Weistum aus dem Jahr 1434, das wahrscheinlich eine interne Meinungsbildung des kaiserlichen Hofgerichts darstellt und erst in der Folgezeit dadurch offiziösen Charakter erhielt, dass sich unter anderem König Friedrich III. in entsprechenden Prozessen darauf bezog, legte fest, dass zumindest die erste Vorladung eines Fürsten ausschließlich von Fürsten oder Fürstengenossen vorgenommen werden müsse.592 Im Falle von Streitigkeiten um Reichslehen waren seit dem Ende des 14. Jahrhunderts Reichsmannengerichte zuständig, die ebenfalls unter königlichem Vorsitz tagten oder unter Leitung eines beauftragten Reichsfürsten. Seit der Stauferzeit nahm der König zusätzlich eine persönliche Jurisdiktionsgewalt in Anspruch, auf deren Grundlage er unabhängig vom förmlichen Prozessverfahren entscheiden konnte, da es sich in der Praxis immer wieder als relativ schwerfällig erwies. Diese persönliche Gerichtsbarkeit des Königs hat sich, wie bereits dargelegt, wahrscheinlich unter König Sigismund in Form des Kammergerichts institutionalisiert,593 das unter Vorsitz des Königs oder eines von ihm eingesetzten Kammerrichters Urteile erließ und mit zumeist königlichen Räten als Beisitzern besetzt war.594 Bei allen genannten Formen der königlichen Gerichtsbarkeit konnten auch Kur- und Reichsfürsten involviert werden, entweder als Urteiler, Beisitzer oder indem der König ihnen den Gerichtsvorsitz übertrug. Und wie es sich einerseits im Laufe des 15. Jahrhunderts zu einem Privileg von Reichsfürsten entwickelte, nur vom König und fürstlichen Standesgenossen oder Fürstengenossen in einem Gericht abgeurteilt bzw. von Fürsten oder Fürstengenossen überhaupt vor Gericht geladen zu werden,595 so wurden andererseits die Richter und Beisitzer der Fürstengerichte aufgrund ihres Ansehens beim König und den Standesgenossen ausgewählt. In verschiedenen Verfahren gegen fürstliche Standesgenossen lassen sich insbesondere Kurfürst Friedrich I., aber auch sein Sohn Friedrich II. als Beisitzer, aber auch als anderweitig Beteiligte finden. Da es gerade bei wichtigen Streitfragen oder ranghohen Adeligen von großer Bedeutung 591 Ebd., S. 23–24. 592 KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 107–108. 593 Zum Kammergericht allgemein siehe die immer noch grundlegende Studie von Rudolf Smend: SMEND, Das Reichskammergericht. 594 KRIEGER, König, Reich und Reichsreform, S. 24. 595 Auch wenn dies nicht konsequent zur Anwendung kam, beriefen sich Reichsfürsten durchaus immer wieder darauf, wie Karl Friedrich Krieger zeigt, siehe KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte. Zu dieser Thematik auch BATTENBERG, Reichsacht, S. 258–259. Weitere gerichtliche Standesvorrechte der Fürsten, zum Beispiel das Recht, sich vor Gericht eines warners oder rauners bedienen zu dürfen, um keine Verfahrensfehler zu machen, beschreibt ebenfalls KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 100.

2.1 Dienste und Ämter als Ausdruck von Loyalität

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war, welche Personen dem ad hoc zusammentretenden Gericht beisaßen bzw. in das Geschehen eingebunden waren,596 ergeben sich also auch unter diesem Gesichtspunkt interessante Befunde, die für die Bewertung der Hohenzollern seitens ihrer Standesgenossen und seitens des Königs Relevanz besitzen: In dem bereits kurz erwähnten Prozess gegen Herzog Friedrich von Österreich auf dem Konstanzer Konzil agierte Kurfürst Friedrich I. in Stellvertretung König Sigismunds als Richter.597 Zudem war er während des Konzils Fürsprecher Herzog Heinrichs von Bayern-Landshut, der zusammen mit einer Reihe weiterer Fürsten Klage gegen Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt führte.598 Insbesondere in den 1430er Jahren lassen sich viele Belege für Beisitze des ersten brandenburgischen Kurfürsten finden, am 9. Januar 1434 sogar in einem weiteren Prozess gegen Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt in Basel. Bei diesem Prozess trat der Kurfürst diesmal als Fürsprecher Kaiser Sigismunds in Erscheinung. Unter den übrigen Beisitzern befand sich zudem sein Sohn Friedrich II.599 Weitere Beisitze aus den 1430er Jahren sind überliefert.600 Markgraf Albrecht war vor allem durch sein Amt als königlicher Hofrichter in den 1450er Jahren in die Rechtsprechung Friedrichs III. involviert, und obwohl er dieses Amt nominell – wie bereits dargelegt – nur bis zum Jahr 1458 innehatte, fungierte er im Jahr 1474 auf ausdrücklichen Wunsch Friedrichs III. als kaiserlicher Kammerrichter gegen Pfalzgraf Friedrich den Siegreichen in Augsburg. Und das, obwohl das Kammerrichteramt zu diesem Zeitpunkt bereits an den Mainzer Kurfürsten verpachtet war. Das kaiserliche Achturteil, das im Prozess gegen den Pfalzgrafen erging, besiegelte Kurfürst Albrecht ebenfalls mit.601

596 WEITZEL, Dinggenossenschaft, 2. Teilband, S. 154. 597 Der Urkundentext ist überliefert bei Eberhard Windecke, siehe Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 70–72. 598 Ebd., S. 71. Wobei die Tatsache, dass Herzog Heinrich der Schwager des Hohenzollers war, die größere Rolle für die Auswahl als Fürsprecher gespielt haben wird. 599 Regesta Imperii 11, 2, Nr. 9948a, S. 168. 600 In den Regesta Imperii lässt sich eine Vielzahl entsprechender Beispiele finden: am 17. April 1431 in Nürnberg, ebd. Nr. 8505, S. 455, oder am 26. Juli 1437 in Eger, ebd. Nr. 11909, S. 480. Weitere Beispiele für die Zeit vor den 1430er Jahren: Regesta Imperii 11, 1, Nr. 2211, S. 278 (22. April 1417), oder Regesta Imperii 11, 2, Nr. 7055, S. 333 (27. April 1428). Wenig überraschend ist, dass sich an der Übertragung von Beisitzen die Missstimmungen zwischen Markgraf und Reichsoberhaupt deutlich ablesen lassen. 601 HEINIG, Friedrich III., Teil 2, S. 1108.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

2.2 „und ob du die brief verlurest, wie gut warest du dann“? Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel 2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel Die vorangegangenen Ausführungen über die symbolischen Dienste und Ämter, welche die Hohenzollern im 15. Jahrhundert geleistet bzw. bekleidet haben, haben deutlich gemacht, welch große Bedeutung diese in der Praxis der Dynastie einnahmen und wie sehr sie als soziale Distinktionsmittel eingesetzt und als Möglichkeit genutzt wurden, sich als loyale Gefolgsleute des Reichsoberhauptes zu inszenieren. Während die Zeitgenossen anfangs noch über die Gründe für den Aufstieg der Hohenzollern ins Kurkolleg spekulierten, entwickelte die Dynastie das Thema der Dienste und Ämter im Verlauf des 15. Jahrhunderts zum zentralen Aufstiegsparadigma, das später auch von der historischen Forschung als wichtiger Grund für die einflussreiche Position, die die Hohenzollern nach der Belehnung mit der Mark Brandenburg einnahmen, erkannt wurde. Die wiederholten Ehrendienste auf dem Konstanzer Konzil beispielsweise, die Friedrich I. bereits vor seiner Erhebung zum Brandenburger Kurfürst leistete, entsprachen den spezifischen Erwartungen, die an seine zukünftige Aufgabe als Kurfürst gestellt wurden. Sie zeigten ihn gewissermaßen bereits vor seiner Erhebung in die spätere Position als einen Kurfürsten, also als Teil eines Kollegs, dessen Mitglieder als „nechste gelider“ des Reiches602 dem König als dessen Haupt bei der Reichsregierung zur Seite standen. Insgesamt wird bei den Hohenzollern das dauernde Bestreben deutlich, in der öffentlichen Wahrnehmung eine positive Deutung der von ihnen ausgeübten Dienste und Ämter durchzusetzen. Indem sie diese durch entsprechende andere Repräsentationsformen ergänzten, konnten die Markgrafen und Kurfürsten sicherstellen, dass die ehrsteigernden Aspekte dieser symbolischen Kommunikationsformen klar im Vordergrund standen. Der sich in den Ehrenämtern und -diensten widerspiegelnde Geltungsanspruch, den die Hohenzollern im 15. Jahrhundert postulierten, blieb nicht unwidersprochen. In den Konflikten mit anderen Standesgenossen, in denen es um die wechselseitige An- oder Aberkennung von Statusansprüchen im Medium symbolischer Formen ging, wurden handfeste politische Interessen verhandelt. Hier kamen aber auch generelle Vorstellungen darüber zum Ausdruck, wie die Gesellschaft legitimerweise geordnet sein sollte. Da man prinzipiell von einer festgefügten und damit auch unabänderlichen Gesellschaftsordnung ausging, in der jeder Person ein klar zu benennender Platz

602 SCHUBERT, Die Stellung, S. 98.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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zugewiesen werden konnte,603 war ein schneller Aufstieg, insbesondere im Adel, durchaus erklärungs- oder sogar verteidigungsbedürftig. Dies galt auch für die Hohenzollern. Bei den Konflikten mit Standesgenossen stellte der erst kurze Zeit zurückliegende Aufstieg in den Kreis der reichs- und kurfürstlichen Elite deswegen schon bald einen empfindlichen Angriffspunkt dar. Hatten die Hohenzollern es in der öffentlichen Inszenierungspraxis oft verstanden, sich als eine der führenden Dynastien im Reich und enge Vertraute des Königs zu präsentieren, so lernten sie in den diskursiven Auseinandersetzungen nun schnell, die Ämter und Dienste zur Legitimation ihrer neuen Position argumentativ einzusetzen. Die Konflikte der Hohenzollern mit anderen Reichsfürsten sind insofern interessant, da sich in diesem Zusammenhang deutliche Hinweise auf konkurrierende Wertesysteme finden lassen. Allgemein lässt sich sagen, dass Werte erst in der Beziehung von handelnden Subjekten entstehen.604 Ihre Inanspruchnahme ist stark von bestimmten Interessen und Machtpositionen abhängig. In diesem Sinne dienen sie als zentrale Argumente, um eine bestimmte Position zu stützen oder zu diskreditieren.605 In jeder Kultur sind Werte auf verschiedene Weise symbolisch präsent, da sie „von den Einzelnen in ihrem symbolischen Handeln reproduziert“ werden und „ihnen zugleich in objektivierten Formen […] in körperlichen Gebärden und sprachlichen Formeln, in Bildern und Bauten, in Symbolen und Ritualen“606 entgegentreten. Konflikte um Wertesysteme können dabei aus unterschiedlichen Gründen ausbrechen: Zunächst sind immer wieder Deutungskonflikte festzustellen, bei denen verschiedene Gruppen auf dieselben Wertbegriffe und Leitideen Anspruch erheben, um damit bestimmte Positionen zu untermauern.607 Daneben können für ein und dieselbe soziale Gruppe aber auch konkurrierende Wertesysteme Geltung haben, beispielsweise für den mittelalterlichen Adel, der sowohl den Werten aus dem kriegerisch-höfischen als auch aus dem christlich-monastischen Bereich verpflichtet war.608 Eine solche Form der Konkurrenz von verschiedenen Wertesystemen scheint auch bei den bereits angesprochenen Auseinandersetzungen der Hohenzollern mit Standesgenossen im 15. Jahrhundert auf. Der Begriff des 603 FÜSSEL/WELLER, Einleitung, S. 9. 604 STOLLBERG-RILINGER, Einleitung (2007), S. 17. Barbara Stollberg-Rilinger legt ihren Ausführungen eine moderne Definition von Werten zugrunde und versteht sie als „stabile, kollektiv geteilte Vorstellungen von dem, was – im genauen Sinn des Wortes – wünschenswert ist, nämlich nicht nur tatsächlich gewünscht wird, sondern des Wünschens mit guten Gründen für wert erachtet wird“, siehe ebd., S. 9. 605 ALTHOFF/SIEP, Symbolische Kommunikation, S. 409. 606 STOLLBERG-RILINGER, Einleitung (2007), S. 10. 607 Ebd., S. 18. 608 Zu dieser Thematik siehe ALTHOFF, Christliche Ethik.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Wertes als etwas, das in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Meinung als schön oder gut bewertet wird, entstand erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts,609 in den angesprochenen Konflikten war stattdessen die Rede von Tugenden. Diese müssen als eine besondere Art von Werten angesehen werden, da sie fast immer Charaktereigenschaften und Handlungsdispositionen von Individuen betreffen.610 Von den Konfliktparteien wurden diese jeweils als Teil ihrer Legitimationsstrategie eingesetzt: Während den Hohenzollern auf Grundlage einer bestimmten Tugendvorstellung die Rechtmäßigkeit ihrer Position abgesprochen werden sollte, brachten diese dagegen eine andere Tugend in Stellung, um genau diese Position zu verteidigen. Das soll im Folgenden anhand dreier Konflikte exemplarisch gezeigt werden, in denen die Art des Aufstiegs und die Qualität des Adels der Hohenzollern thematisiert wurden. Im Mittelpunkt des Interesses stehen die Auseinandersetzungen zwischen Markgraf Friedrich I. und Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt in den Jahren 1417 bis 1420, da sie nicht nur ausführlich das Thema der Dienste als zentrale Legitimationsstrategie der Dynastie präsentieren, sondern auch die unterschiedlichen Wertvorstellungen der Konfliktparteien deutlich machen. Während der Wittelsbacher auf seine vornehme Herkunft und das Alter seiner Dynastie verwies, um seinen hohen Rang zu unterstreichen, zeigte sich Markgraf Friedrich I. als vehementer Verfechter eines ‚Verdienstadels‘. Die Dienste der Dynastie spielten demnach bereits zu diesem Zeitpunkt in ihren Diskursen eine gewichtige Rolle. Es zeigt sich jedoch, dass dieses Argumentationsmuster in den Auseinandersetzungen, die Albrecht Achilles und Friedrich II. mehr als 40 Jahre später mit Herzog Ludwig von BayernLandshut bzw. den Herzögen von Pommern-Wolgast austrugen, nicht mehr bemüht wurde, sondern nun andere Gründe für den Rang der Dynastie ins Feld geführt wurden. Die beiden Konflikte der 1460er Jahre, die diese gewandelten Argumentationsmuster zeigen, sind an dieser Stelle der Untersuchung nur kurz in Hinblick auf die Diskussion um die Qualität des Adels von Interesse, die konkreten Legitimationsmuster werden zu einem späteren Zeitpunkt genauer analysiert.611 Als auffällige Befunde sind an dieser Stelle bereits festzuhalten, dass das Verdienstthema in der Kommunikation mit Standesgenossen nun zwar fast vollständig gemieden wurde, in der Interaktion mit dem Reichsoberhaupt oder auch innerfamiliär besaß es hingegen während des gesamten 15. Jahrhunderts große Bedeutung.612 609 SCHMITT, Welche Geschichte der Werte, S. 26. 610 SIEP, Der Streit, S. 144. 611 Das Kapitel 6.3 befasst sich genauer mit den neuen Legitimationsstrategien der Hohenzollern. 612 Dies wird im 4. Kapitel näher untersucht.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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Zudem übernahmen die Hohenzollern weiterhin ganz konkret Dienste und Ämter für König und Reich oder bemühten sich zumindest darum. Die Ambivalenz der Dienste fand auch in den Diskursen innerhalb der Familie ihren Niederschlag: In der familieninternen Kommunikation reflektierten die Mitglieder der Dynastie einerseits über die große Bedeutung der für das Reichsoberhaupt geleisteten Dienste für Aufstieg und Ansehen der Dynastie, sodass sich das Thema der Verdienste im Laufe der Zeit zu einer Art Leitbild der dynastischen ‚Aufstiegserzählung‘ entwickelte. Andererseits legten einzelne Mitglieder der Dynastie immer wieder eine überraschend pragmatische Einstellung bezüglich dieses Themas an den Tag.

Die Kontroverse mit Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt: Die Entwicklung des Verdienstthemas als Argument zur Legitimation des neuen Ranges Nur acht Tage vor der Belehnung mit der Mark Brandenburg auf dem Konstanzer Konzil bat Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt den „hochgeborn[en] furst“ und „lieb[en] Bruder“613 Burggraf Friedrich VI. um die Rückzahlung von 23.000 Gulden, die der Wittelsbacher König Sigismund zwei Jahre zuvor geliehen hatte. Der Brief stellte den vermeintlich höflichen Beginn einer sich über vier Jahre hinziehenden regelrechten Kampagne gegen Friedrich von Hohenzollern dar, in deren Verlauf eine immer größere Öffentlichkeit in den Konflikt mit einbezogen wurde und die schließlich in der kriegerischen Auseinandersetzung der beiden Reichsfürsten kulminierte.614 Während die Briefe des bayerischen Herzogs sich zunächst noch ganz in die Gattung der spätmittelalterlichen Schmähbriefe einfügten,615 weiteten sie im Laufe der Zeit ihre Thematik grundsätzlich aus. Vorgeblicher Grund für die Kontaktaufnahme mit Friedrich war, dass dieser zusammen mit dem Grafen von Themesburg (Temeswar) und dem Vizekanzler König Sigismunds, dem Propst von Gran (Esztergom), am 10. Juli 1415 in Konstanz für eine Schuld des Königs gebürgt hatte.616 Die sich in der Anrede des ersten Mahnbriefes widerspiegelnde freundschaftliche Gesinnung des Herzogs entbehrte bereits zu diesem Zeitpunkt jegli613 CDB III, 1, Nr. 56, S. 84. 614 Der Konflikt zwischen dem Wittelsbacher und Markgraf Friedrich I. ist von der Forschung verschiedentlich behandelt worden. Für die ältere Forschung sei hier vor allem genannt: RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, insbesondere S. 374–382. Für die jüngere Forschung muss vor allem auf HERRMANN, Genealogie und Phantasie, insbesondere S. 55–57, MOEGLIN, Toi burgrave, und DERS., Ehre, S. 80, verwiesen werden. 615 Zu der ordnungsregulierenden Funktion von Schandbriefen siehe LENTZ, Konflikt. 616 CDB III, 1, Nr. 55, S. 81–83.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

cher Grundlage. Tatsächlich bestand seit Jahren ein angespanntes Verhältnis zwischen dem Wittelsbacher und dem Burggrafen, da dieser durch seine Ehefrau Elisabeth von Bayern-Landshut früh in bayerische Erbstreitigkeiten hineingezogen worden war: Vorläufiger Höhepunkt der schlechten Beziehungen stellte die Mitgliedschaft des Hohenzollers in der im Jahr 1414 gegründeten Sittichgesellschaft617 seit dem 16. Februar 1415 dar. Nach dem Tod Herzog Stephans III. von Bayern-Ingolstadt war diese von den übrigen Wittelsbachern als Reaktion auf die Rückkehr Herzog Ludwigs vom französischen Hof nach Bayern ins Leben gerufen worden. Am 8. Juli 1415 hatten sich die bayerischen Herzöge in Konstanz erneut zu einem Schutzbündnis zusammengeschlossen, dem nun auch Markgraf Friedrich und Pfalzgraf Ludwig beitraten.618 Diese sogenannte Konstanzer Liga war explizit gegen Herzog Ludwig gerichtet, wobei die Intention des Bündnisses schon den Zeitgenossen sehr bewusst war.619 Das Abwehrbündnis sollte das weitere Ausgreifen des Herzogs auf die Territorien seiner Vettern verhindern. Dieser war mit der Größe des Gebiets, das ihm nach der bayerischen Erbteilung von 1392 zustand, nicht zufrieden gewesen und hatte deshalb systematisch seinen Anteil am väterlichen Erbe auf Kosten der anderen Wittelsbacher ausgebaut. Unter anderem führte er einen jahrelangen Prozess in dieser Sache gegen Herzog Heinrich von Bayern-Landshut,620 den Schwager Friedrichs. Durch die Freisinger Schiedssprüche, die der Burggraf am 7. Mai 1408 zusammen mit dem Freisinger Bischof Berthold von Wehingen gefällt hatte, setzte sich Friedrich zugunsten seines Schwagers ein621 und zog so den Unmut Ludwigs auf sich. Heinrich von Bayern-Landshut, dem es seit 1408 gelungen war, eine immer größere Anzahl an Bündnispartnern im süddeutschen Raum gegen seinen Vetter zu aktivieren,622 konnte mit der Konstanzer Liga den Ingolstädter beinahe vollständig isolieren. Von allen Verbündeten seines Vetters war Herzog Ludwig besonders erbost über Markgraf Friedrich I., da dieser zum einen sich innerhalb weniger Jahre zu einem der mächtigsten Bündnispartner Herzog Heinrichs entwickelt hatte. Zum anderen war der äußerst rangbewusste Wittelsbacher 617 KRUSE, Art. ‚Sittich‘. Der Sittich als Symbol der Reinheit diente scheinbar als Gegensymbol zum St.-Oswald-Raben, den Herzog Ludwig seit 1412 als Devise führte, siehe STRAUB, Bayern, S. 237, Fußnote 1. 618 CDB III, 1, Nr. 54, S. 77–81. 619 Eine Kanzleinotiz aus Ingolstadt aus den Jahren 1432 bis 1434 lautet: „Contra istam ligam a sacro concilio petatur dissolucio attento quod sid contra utilitatem publicam et presertim impedimentum prestat extirpationis Hussitarum“, siehe HStA München, Neuburger Kopialbücher 26, fol. 65v. 620 STRAUB, Bayern, S. 235. 621 Ebd., S. 235–236. 622 Ebd., S. 236–237.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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der Meinung, dass die Mark Brandenburg und das damit verbundene Amt des Kurfürsten, die einmal im Besitz seiner Dynastie gewesen waren, rechtmäßigerweise seinem Haus zustünden. Bereits das zweite überlieferte Mahnschreiben vom 24. Mai 1417 deutete eine klare Verschärfung des Tonfalls an, drohte der bayerische Herzog doch hier unterschwellig damit, er würde Friedrich I. „[…] annders vnd höcher manen, dann wir bis her getan haben.“623 Da er es nur äußerst ungern dazu kommen lassen wollte, schloss der Herzog seinen Brief provokativ mit den zuversichtlichen Worten: „[…] vnd getrawen dir wol, das du es darczu nicht kommen lassest […].“624 Der Briefwechsel zwischen den beiden Reichsfürsten ist aus unterschiedlichen Gründen bemerkenswert: Die lange Dauer der Auseinandersetzung, die sich über vier Jahre hinzog, und der enorme Umfang der Korrespondenz, die fast 100 Seiten des Codex Diplomaticus Brandenburgensis füllt,625 sucht in der spätmittelalterlichen Reichsgeschichte ihresgleichen. Zudem muss der Einfluss des Konflikts auf die politische Situation im Reich äußerst hoch eingeschätzt werden, da er zeitweise beinahe die gesamte Reichspolitik lähmte. Insbesondere durch den Ausbruch der offenen Kampfhandlungen im Sommer 1420 griff der Konflikt im Zuge der Mobilisierung der verschiedenen Bündnispartner auf immer mehr Grafen, Fürsten und Reichsstädte über626 und behinderte damit auch ein gezieltes Vorgehen gegen die hussitischen Heere aus Böhmen, was schließlich zu energischen Versuchen seitens König Sigismunds führte, den Streit beizulegen. Herzog Ludwig ging bei seiner Kampagne gegen den Markgrafen äußerst systematisch vor: Zunächst band er eine immer größere Öffentlichkeit in die Auseinandersetzung ein. Nachdem er schon zu Beginn des Konflikts seinen Widersacher durch Geistliche, Notare, Laien und Herolde627 hatte mahnen lassen, schickte er bald Abschriften aller Briefe mit Boten an König Sigismund und eine immer größere Anzahl von Fürsten, Rittern und Städte. In einem späteren Stadium der Auseinandersetzung, am 14. März 1419, ließ er per Herold628 eine Herausforderung zum Zweikampf zustellen und drohte schließlich mit weiteren Rundschreiben und öffentlichen Aushängen der ehrverletzenden Anschuldigungen gegen den brandenburgischen Kurfürsten im Mai desselben Jahres.629 Aber auch der 623 624 625 626 627 628 629

CDB III, 1, Nr. 57, S. 84–85, hier S. 85. Ebd. CDB III, 1, S. 84–181. STRAUB, Bayern, S. 237. CDB III, 1, Nr. 58, S. 85–86, hier S. 86. Ebd., Nr. 77, S. 113–114. Ebd., Nr. 85, S. 130–132, hier S. 131.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Aufbau der Argumentation war höchst planvoll. Die Herabsetzung des Hohenzollers erfolgte zum einen auf der Ebene der Anrede: Während Ludwig Friedrich in den ersten Briefen noch mit der entsprechenden Fürsten- und Verwandtschaftsformel „hochgeborner furst und lieber bruder“630 bzw. „oheim“ ansprach, ging er bald zur neutralen Anrede „hochgeborner furst“631 über, um Friedrich schließlich ab dem Sommer 1419 durchweg als „newlich hochgemachte[n], vnendliche[n] Edelman vnd lugenhaftige[n] Marggraf von Brandenburg“632 oder wahlweise auch nur als „Burggraf fridrich von Nürmberg“633 zu titulieren. Auch in Anweisungen an Dritte wie beispielsweise den Nürnberger Rat, der den ausstehenden Geldbetrag im Auftrag des Herzogs von Markgraf Friedrich in Verwahrung nehmen sollte, sprach Ludwig durchgängig vom Burggrafen634 und ließ auf diese Weise den neuen Titel seines Widersachers unter den Tisch fallen. In den späteren Schmähbriefen an den verhassten Markgrafen stellte Herzog Ludwig den Markgrafentitel schließlich ganz infrage und beendete die Anredeformel mit der herabsetzenden Wendung „[…] der sich nennet Margraue zu Brandenburg […].“635 Die Wendung vom „neu aufgestiegenen, niederträchtigen Edelmann und lügenhaften Markgrafen“ zielte auf die bewusste gesellschaftliche Demontage Friedrichs ab, wobei der bayerische Herzog versuchte, dies durch eine gänzliche Herabsetzung seiner Ehre und durch die Verunglimpfung seines Geschlechts zu erreichen. Die fundamentale Bedeutung der ‚Ehre‘ für das gesellschaftliche Ansehen einer Person, und damit auch für deren Position in der gesellschaftlichen Ordnung, ist von der neueren kulturhistorischen Forschung deutlich herausgearbeitet worden.636 Es hat sich gezeigt, dass jeder Angriff auf das Ehrkapital einer Person eine umgehende Reaktion notwendig machte.637 In diesem Sinne nahm Markgraf Friedrich schließlich auch entsprechende Modifikationen in den Anreden seiner Briefe vor und richtete diese nun an den „vnendliche[n], lugenhaftige[n], schamlich[en] man Ludwig, der sich schreibt Grafe zu Mortain“, obwohl „[…] du dich doch darczu nicht halten oder genähen tarest.“638 Diese An-

630 631 632 633 634 635 636

Ebd., Nr. 57, S. 84–85, hier S. 84. Ebd., Nr. 75, S. 109–112, hier S. 109. Ebd., Nr. 87, S. 135–137, hier S. 135. Ebd., Nr. 92, S. 145–146, hier S. 145. Ebd., Nr. 60, S. 87–88, hier S. 88. Ebd., Nr. 100, S. 156–161, hier S. 156. Zur Bedeutung von Ehre als verhaltensleitendem Code in den Gesellschaften der Vormoderne und auch allgemein zum Forschungsstand siehe SCHREINER/SCHWERHOFF, Verletzte Ehre, S. 1–28. Stellvertretend für die Fragestellungen und Schwerpunkte der mediävistischen Forschung sei hier auf GÖRICH, Die Ehre Friedrich Barbarossas, verwiesen. 637 SCHREINER/SCHWERHOFF, Verletzte Ehre, S. 12. 638 CDB III, 1, Nr. 86, S. 132–135, hier S. 132.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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spielung auf das zweifelhafte Führen des Titels eines Grafen von Mortain war der Tatsache geschuldet, dass der Herzog die Grafschaft im äußersten Südwesten der Normandie zwar aus der Hand des französischen Königs erhalten hatte, sich diese aber seit 1417 unter englischer Besatzung befand und Ludwig sie somit nicht mehr betreten konnte.639 Die herabsetzende Anrede des Markgrafen Friedrich traf den Herzog an einer besonders empfindlichen Stelle, da der Wittelsbacher außerordentlich großen Wert auf seine guten Beziehungen zur französischen Krone legte: Durch seine Schwester, die Ehefrau König Karls VI. von Frankreich, war Ludwig nicht nur eng mit dem Königshaus verwandt, sondern als Mitglied des königlichen Rates und Gouverneur am Hof des Dauphins besaß er zudem eine außerordentlich einflussreiche Stellung am Hof.640 Die Grafschaft Mortain war in besonderem Maße ein Sinnbild dieser engen Beziehungen zum Königshaus, da sie seit dem 12. Jahrhundert vom französischen König vor allem an Personen verliehen wurde, die eng an die Krone gebunden werden sollten.641 Die Verunglimpfungen des Wittelsbachers auf der Ebene der Anrede hatten bereits die Argumentation angedeutet, die der bayerische Herzog in der Abfolge seiner Schmähbriefe nun systematisch aufbaute: Die Angriffe Ludwigs zielten im Kern darauf ab, die Qualität des Adels der Hohenzollern und ihrer Herkunft infrage zu stellen. Während Ludwig den Markgrafen in den ersten Briefen noch an seine „Sigel, Trew vnd Gelübde“642 erinnerte und ihn auf diese Weise vorgeblich zu ermahnen versuchte, seinen Verpflichtungen als Bürge nachzukommen und die Schulden des säumigen Königs zu zahlen, wurden die Vorwürfe schnell sehr viel schwerwiegender. In einem Brief vom 28. November 1418 äußerte Ludwig nicht nur Erstaunen darüber, dass Friedrich seine Eide und Versprechen nicht einhalte, sondern deutete an dieser Stelle auch erstmalig an, dass dies wahrscheinlich mit Absicht geschehe, um bestimmte Dienste für den König zu verzögern.643 Ludwig beendete den Brief mit der Drohung, dass er in kurzer Zeit öffentlich machen werde, wie Friedrich ihn „mit sussen vnd vnwarhafften wortten vnser gelt aberlaicht“644 habe, außer der Markgraf komme endlich seinen Verpflichtungen nach, auf die er einen Eid geleistet habe. Nur König Sigismund zuliebe werde er eine kurze Frist einräumen. Die Infragestellung der Dienste für Sigismund, bei der bereits unterschwellig die Unterstellung 639 640 641 642 643 644

BOUVRIS, Art. ‚Mortain‘, Sp. 847. STRAUB, Bayern, S. 228. BOUVRIS, Art. ‚Mortain‘, Sp. 847. CDB III, 1, Nr. 58, S. 85–86, hier S. 86. Ebd., Nr. 63, S. 92. Ebd.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

von illoyalem Verhalten gegenüber dem Reichsoberhaupt anklang, war der Auftakt für einen Generalangriff auf die fürstliche Ehre des Hohenzollers. Der Konflikt wurde auch dadurch weiter verschärft, dass Sigismund verschiedene Entscheidungen zuungunsten des Herzogs und zugunsten des Markgrafen traf.645 Der bayerische Herzog zeichnete von Brief zu Brief – neben unterschiedlichen Vorwürfen wie der unrechtmäßigen Vorladung von Bewohnern seines Territoriums vor das burggräfliche Landgericht646 und der Anschuldigung, Zwietracht zwischen den bayerischen Fürsten gesät zu haben647 – ein immer deutlicheres Negativbild eines Fürsten: Friedrich sei meineidig, wortbrüchig,648 böse und verlogen649 und besitze keinerlei Ehre.650 Er sei verschlagen und listenreich,651 und selbst seine Schwüre vor hoch angesehenen Zeugen seien nichts wert, da er diese niemals einhalte. Mit zunehmender Heftigkeit der Kontroverse versteifte sich Ludwig zudem darauf, dass allein Markgraf Friedrich überhaupt verantwortlich für die Streitigkeiten zwischen den bayerischen Herzögen sei, da er diese bewusst gegeneinander aufgehetzt652 und – wie auch in anderen Fällen – absichtlich falsch beraten habe.653 Auch sei er im ganzen Land dafür bekannt, täglich seine „[…] Armleute zu stewren vnd zu schinden.“654 In den Mittelpunkt der herzoglichen Angriffe rückten aber sehr schnell vor allem zwei grundsätzliche und miteinander verknüpfte Themen, an die die übrigen Vorwürfe angelagert wurden: Zum einen stellte Ludwig gerade das enge Verhältnis zu König Sigismund und die treuen Dienste des Markgrafen und seiner Dynastie nicht nur infrage, sondern verkehrte diese geradezu ins Gegenteil, indem er Friedrich unterstellte, bewusst zum Schaden des Königs zu handeln.655 Durch die Konstruktion eines immer detailreicheren Bildes vom skrupellosen Aufsteiger, der sich durch nahezu alle verachtenswerten Eigenschaften auszeichnet, die im Rahmen eines spät645 So übertrug der König Friedrich I. im Jahr 1418 die Schutzherrschaft über das Kloster Kaisheim, siehe GLASAUER, Herzog Heinrich XVI., S. 160. Am 3. März 1420 hob er zudem die ingolstädtischen Landgerichte Hirschberg, Graisbach und Höchstädt auf, siehe STRAUB, Bayern, S. 238. 646 Zum Beispiel CDB III, 1, Nr. 68, S. 98–99, hier S. 99, oder Nr. 79, S. 117–121, hier S. 119. 647 Ebd., Nr. 75, S. 109–112, hier S. 110. 648 Ebd., Nr. 72, S. 104–105, hier S. 105. 649 Ebd., Nr. 106, S. 168–171, hier S. 171. 650 Zum Beispiel ebd., Nr. 65, S. 94–96, hier S. 95, oder Nr. 100, S. 156–161, hier S. 161. 651 Ebd., Nr. 63, S. 92. 652 Zum Beispiel in seinen Briefen vom 3. und 28. März oder vom 16. Juni 1419, siehe ebd., Nr. 75, S. 110, Nr. 79, S. 118, oder Nr. 87, S. 136. 653 Ebd., Nr. 79, S. 117–121, hier S. 119. 654 Friedrich berichtet in seinem Brief vom 28. Juli 1420 davon, dass sich der Herzog in einem Hetzschreiben an die Städte und Einwohner der Mark Brandenburg in dieser Weise geäußert habe, siehe ebd., Nr. 105, S. 166–168, hier S. 166. 655 Ebd., Nr. 63, S. 98–99, hier S. 98.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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mittelalterlichen Weltbildes vorstellbar waren, konnte der Herzog zum anderen das Thema der Herkunft der Hohenzollern in den Blickpunkt des Interesses stellen. Dieser Kreatur, die jedem Herrn diente, sofern er nur gut bezahlte, stellte Herzog Ludwig schließlich das Bild seiner eigenen Person gegenüber – das Bild eines ehrenhaften, dem König gehorsamen Fürsten,656 des Angehörigen eines frommen, alten Geschlechts,657 in allen Punkten das komplette Gegenteil des aufgestiegenen Markgrafen. Mit der Kritik an den Diensten und der angeblich mangelnden Loyalität gegenüber dem Reichsoberhaupt wusste Ludwig geschickt genau das Fundament infrage zu stellen, auf dem sich der Aufstieg der Hohenzollern zum großen Teil vollzogen hatte und das auch im Selbstverständnis der Dynastie eine wichtige Rolle spielte. Die Verteidigung Friedrichs, dem König immer treu gedient und stets nur dessen Bestes im Blick gehabt zu haben,658 griff Ludwig in einem seiner folgenden Briefe auf, zunächst um die angeblich ‚wahre‘ Natur der markgräflichen Dienste zu enthüllen. Kryptisch formulierte der Herzog am 22. Januar 1419: „Du hast dich auch gewdent mit deinem Schreiben, wie wol du vnserm genedigen herren dem Romischen konige gedienet habst, darauf haben wir dir vor geanttwurt, die weil vnserm genedigen herren den koenige deins dinsts benügt, So sol dich auch benügen. Aber du paitest gar lang, das du vns nicht fragest, warumb vnseren genedigen herren deiner dinste nicht pillich benüge, Seind du doch Schreibest, wie lautterlich vnd getrewlich du Im gedienet habest vnd sein erlichest vnd bestes habest furgewendet. […] wir wolden dich vnd ander wol wissen lassen, wie trewlich du vnserm genedigen herren sein erlichest vnd pestes vnderstunden furgewandt hettest.“659

Auf die unverhohlene Drohung des Herzogs, den König und auch andere über die tatsächliche Qualität der markgräflichen Dienste aufzuklären, falls er ihm das ausstehende Geld nicht zahlen werde, konterte Friedrich I. kurz darauf mit der abermaligen Betonung, immer nur im besten Sinne für das Reichsoberhaupt und ohne böse Hintergedanken gehandelt zu haben.660 Die Verteidigung des Markgrafen blieb in dieser Angelegenheit genauso allgemein, wie es die Angriffe seines Kontrahenten waren, ohne dass der Hohenzoller auf die Anschuldigungen gegen ihn einging. Fast ein halbes Jahr später kam er aber schließlich genau auf diesen Punkt zurück. In einem Brief an den bayerischen Herzog bemerkte er äußerst gereizt, dass er 656 657 658 659 660

Ebd., Nr. 75, S. 109–112, hier S. 111. Ebd. Ebd., Nr. 64, S. 93–94, hier S. 93. Ebd., Nr. 63, S. 98–99, hier S. 98. Ebd., Nr. 70, S. 100–103, hier S. 101.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Ludwig bezüglich der Anspielungen auf die zweifelhafte Beschaffenheit seiner Eide, Treue und Dienste für König und Reich mehrmals gefragt habe, welche konkreten Vergehen er ihm vorwerfe, zumal „du dann begertest, wir sollten dich fragen“,661 der Herzog ihm aber niemals eine Antwort darauf gegeben habe. Dies sei ein Beweis dafür, dass er nichts zu sagen wisse, denn „[…] wo du von vns arges westest, in so verherter poshait du gen vns bist, du hettest des so lang nicht verswigen.“662 Mit dem Fortschreiten der herzoglichen Polemik wurde immer deutlicher, dass Ludwig die Frage der Dienste und der Loyalität gegenüber dem König als zentrales Instrument zu nutzen suchte, um das Ansehen und damit die Rechtmäßigkeit der neuen Position des Markgrafen zu erschüttern. Der Herzog betonte im Folgenden nicht nur weiter die Tatsache, dass der Markgraf König Sigismund aus Eigeninteresse geschadet und falsch beraten habe, sondern stilisierte dies zu einer generellen Verhaltensweise. Zunächst deutete er an, dass Friedrich mit seinen Eiden immer schnell bei der Hand sei, da er nichts dabei empfinde, diese zu brechen.663 So sei es auch kein Wunder, dass der Markgraf verschiedenen Personen gleichzeitig Treueeide geleistet habe. Auf die Einlassung des Markgrafen, stets nur dem König die Treue geschworen zu haben,664 stellte der bayerische Herzog nur wenige Tage später die süffisante Frage: „wen mainst du, vnsern herren konig wenczlaw?“665 Die Anspielung auf die Dienste, die Friedrich König Wenzel geleistet hatte und die eine Treueverpflichtung gegenüber diesem König begründeten, waren durchaus unangenehm für den Hohenzoller, gehörte er doch zu den Personen, die aktiv an der Absetzung des Königs in Oberlahnstein beteiligt gewesen waren und in der entsprechenden Absetzungsurkunde genannt wurden.666 Nachdem Ludwig in seinen Briefen immer wieder auf den Schwur für König Wenzel Bezug nahm, erweiterte er in einem Brief aus dem Sommer des darauffolgenden Jahres den Vorwurf des Verrats am Reichsoberhaupt: Nicht nur König Wenzel habe er einen Schwur geleistet, den er gebrochen habe, sondern auch König Ruprecht, dem er genauso wenig die Treue habe halten können. Dies sei alles landkundig, da sogar ein fahrender Sänger darüber berichte.667 Ludwig wolle König Sigismund über den Sachverhalt gründlich aufklären, damit er Friedrich richtig einschätzen könne und „[…] das du Im nicht täst, Als du seinem 661 662 663 664 665 666 667

Ebd., Nr. 86, S. 132–135, hier S. 133. Ebd. Ebd., Nr. 72, S. 104–105, hier S. 105. Ebd., Nr. 74, S. 106–109, hier S. 108. Ebd., Nr. 75, S. 109–112, hier S. 110–111. RTA 3, Nr. 204, S. 254–260, hier S. 258. CDB III, 1, Nr. 106, S. 168–171, hier S. 170. Welche Meinung König Ruprecht von Friedrich gehabt habe, könne er ihm zudem noch mitteilen. Ebd.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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Brüder konig wenczlaw, auch konig Ruprecht saligen getan hast, der baider gesworen du gewesen bist […].“668 Die Verteidigung des Markgrafen gegen die fundamentalen Angriffe des bayerischen Herzogs erfolgte entsprechend umfangreich und vehement. In seinem Schreiben vom 22. Oktober 1420 legte er ausführlich seine Beziehungen zu den beiden Vorgängern König Sigismunds dar und die Ämter, die er bei ihnen bekleidet hatte. Zu Lebzeiten des Vaters sei er „hofgesinde“ König Wenzels gewesen und habe ihm keinen anderen Schwur geleistet, als ihm als Rat zur Seite zu stehen, was er auch stets treu so gehalten habe.669 Und zwar so lange „[…] bis wir Im den erwerclich vnd redlichen vor vil frummen fürsten vnd herren aufgesagt haben vnd vrlaub von Im namen.“670 Was König Ruprecht betreffe, so lasse sich nichts anderes über sein Verhältnis zu dem verstorbenen König sagen, als dass er mit Frömmigkeit und Ehren alles gehalten und getan habe, was er diesem versprochen habe. Deswegen glaube er auch nicht, dass ein fahrender Sänger solche Lügen über ihn verbreite, und wisse auch nichts davon. Sollte es aber sein, dass Ludwig tatsächlich einen solchen Mann kenne, dann solle er ihm den Namen nennen und eine Abschrift des Liedes schicken. Friedrich sei sich jedoch sehr sicher, dass die geheimnisvolle Anspielung auf die Existenz dieses Sängers eine erneute Hinterlist des Herzogs sei und dessen reine Erfindung.671 In den vier Jahren, in denen der bayerische Herzog seine Schmähbriefe nicht nur an den brandenburgischen Markgrafen, sondern entsprechende Rundschreiben auch an eine große Zahl von Reichsfürsten und Städten, später sogar ganz gezielt an die Einwohner und Städte der Mark Brandenburg672 richtete, wurde es mehr und mehr zu seinem Ziel, die Unrechtmäßigkeit der Standeserhöhung Friedrichs zu beweisen sowie einen Entzug der entsprechenden Privilegien durch das Reichsoberhaupt plausibel zu machen. Im Laufe der Zeit kristallisierte sich ein relativ festes Argumentationsmuster heraus, das immer wieder durch eine gewisse Anzahl neuer Vorwürfe variiert wurde: Die Dienste und die guten Beziehungen zum Reichsoberhaupt seien pures Eigenlob des Markgrafen673 und von zweifelhafter Natur. Außerdem seien nicht nur seine Eide vollkommen wertlos, da Friedrich sie jederzeit breche, sondern er schwöre sie auch nahezu jedem, der nur genug bezahle oder von dem er sich andere Vorteile erhoffe. 668 669 670 671 672 673

Ebd. Ebd., Nr. 109, S. 173–177, hier S. 174. Ebd. Ebd. Zum Beispiel ebd., Nr. 93, S. 147. „Mer lobest du dich selbs, wie du den Romischen konigen also getrewlich gedienet habest, das sy dich gewirdigt vnd gehohet haben etc. […]“, siehe ebd., Nr. 79, S. 117–121, hier S. 120.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Da der Markgraf aufgrund seines schändlichen Charakters seinen Besitz und sein Vermögen in Franken „vnendlich vertan“ habe, könne er „vor armut in disen lannden nicht beleiben“.674 Mit Schande sei er deshalb aus den Diensten König Ruprechts aufgebrochen und habe sich zu Sigismund nach Ungarn begeben, „der dich seyder erneret hat.“ Markgraf Friedrich sei also ganz und gar nicht aus ehrenwerten Motiven zu Sigismund gefahren, sondern habe sich aus purer Existenznot in den Dienst des ungarischen Königs begeben. Dabei habe er sogar sein bestehendes Treue- und Dienstverhältnis zum Reichsoberhaupt verraten. Der Gipfel der Unverschämtheit sei, dass Friedrich diesen Sachverhalt zu verschleiern suche, indem er behaupte, er sei aufgrund von uneigennützigen Ausgaben für König Sigismund und für die Mark Brandenburg in eine finanzielle Notlage geraten. Dies sei aber nur eine weitere erdichtete, böswillige Lüge, denn er sei bereits an den ungarischen Hof gewechselt, noch bevor er überhaupt einen Fuß in die Mark Brandenburg gesetzt habe.675 Ludwigs Darstellung des Verlusts des markgräflichen Vermögens diente dazu, den verräterischen Charakter der Dienste zu entlarven. Ganz nebenbei zeigten die Ausführungen den Markgrafen auch noch als einen Fürsten, der durch Geldverschwendung den ihm anvertrauten Bewohnern seiner Territorien Unrecht getan hatte und seinen Pflichten als Landesherr in keiner Weise gerecht wurde. Dieses Bild des Markgrafen korrespondiert nicht nur mit den Vorwürfen des Wittelsbachers, die fränkischen und märkischen Untertanen mit hohen Steuern unrechtmäßig zu ‚schinden‘, sondern fügt sich ebenfalls nahtlos in die geradezu toposartig anmutende Anschuldigung ein, dass niemand dem Land zu Bayern „durch sein diener mer nam, prannd vnd schaden bej tag vnd nacht gestatt zu tun an kaufleuten, an pfaffen, an klostern, an frawen, an wittiben, waisen vnd anderen“676 als Markgraf Friedrich. Das unehrenhafte und schändliche Verhalten Friedrichs ließ in den Augen des bayerischen Herzogs nur den Schluss zu, dass dieser gemäß seiner verstockten und heimtückischen Natur handele. Das Verhalten gegenüber drei verschiedenen Königen, aber auch gegen die eigenen Untertanen und die Standesgenossen sei von Anfang an von dem durch und durch schlechten Charakter des Nürnberger Burggrafen geprägt, der sich niemals verändert habe. Deswegen nutzten auch alle Auszeichnungen nichts, da sie das Wesen des Hohenzollers nicht verändern könnten. In einem Brief vom 3. März 1419 kam Ludwig schließlich zu dem Schluss, dass der Aufsteiger Friedrich durch die

674 Ebd., Nr. 106, S. 168–171, hier S. 171. 675 Ebd. 676 Ebd., Nr. 79, S. 117–121, hier S. 118.

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königlichen Privilegien einzig an seinem Namen erhöht worden wäre, aber „[…] und ob du die brief verlurest, wie gut warest du dann?“677 Ein Jahr später führte Ludwig diese Überlegungen noch weiter aus. Markgraf Friedrich habe ihm vorgeworfen, dass er die Scheltbriefe aus purem Neid schreibe, da König Sigismund ihn mit der Mark Brandenburg belehnt und dadurch in seinem Stand erhöht habe.678 Dies sei aber nicht der Fall. Der König könne ihn zwar an seinem Namen und an seinem Gut erhöhen und ihm außerdem auch etliche seiner Schandtaten vergeben, aber Friedrich als einen vollkommen schamlosen Mann an seiner Ehre erhöhen, das könne einzig der Markgraf selbst.679 Sigismund und auch sein Vater, der verstorbene Kaiser Karl IV., hätten die Briefe, Papier und Tinte leider jedes Mal verschwendet, wenn sie versucht hätten, den Namen eines solch nichtsnutzigen Mannes zu erhöhen. Denn: „So haben wir auch wol ainen schebigen, pösen hund gesechen, der Rüland hies; Aber er was dannoch vnendlich vnd pos, vnd von seins namens wegen nichts des pesser.“680 Deswegen sei er weder um seine Ehre, seinen Leib oder seinen Mut zu beneiden; es gebe gar nichts, das beneidenswert bei einem so treulosen, bösen und sündhaften Mann sei.681 Aus diesen Überlegungen zog Herzog Ludwig eine weitere Konsequenz: Da die Standeserhöhung des Markgrafen nur dessen Namen erhöht habe, er aber in seinem Wesen immer noch derselbe schändliche Mann sei und die Verdienste um König und Reich zudem nur als Lügen anzusehen seien, sei es auch gerechtfertigt, die Standeserhöhung wieder rückgängig zu machen. Bereits die Anreden in verschiedenen Briefen hatten diese Idee angedeutet. In ihnen titulierte der Herzog den Markgrafen nicht nur immer wieder als Burggrafen und versagte ihm somit schlicht den neuen kurfürstlichen Titel, sondern er beendete seine Anreden mehrmals entweder mit der Wendung „der sich Markgraf von Brandenburg nennt“682 oder wurde sogar noch direkter: In seinem Schreiben vom 25. Mai 1419 war beispielsweise folgender Nachsatz zu lesen: „[…] den der Alledurchleuchtigte furste, vnser genediger herre der Romisch etc. konig gemacht hat vnuerdient mit frümkait zu Markgrafen von Brandenburg.“683 Wegen der mangelhaften Dienste für König und 677 678 679 680

Ebd., Nr. 75, S. 109–112, hier S. 111. Ebd., Nr. 100, S. 156–161, hier S. 157. Ebd. Ebd. Die Anspielung bezieht sich auf Graf Roland von der bretonischen Mark, den Heerführer Karls des Großen beim Kriegszug gegen die Mauren. Der Stoff war durch das Rolandslied weit verbreitet, der Heerführer galt als einer der angesehensten Helden des Mittelalters. Zur Bedeutung des Rolandstoffes für die mittelalterliche Gesellschaft aus geschichtswissenschaftlicher Sicht siehe JUSSEN, Roland. 681 CDB III, 1, Nr. 100, S. 158. 682 Zum Beispiel ebd., S. 156. 683 Ebd., Nr. 85, S. 130–132, hier S. 130.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Reich und da Friedrich es auch ansonsten völlig an fürstlichen Qualitäten und Verhaltensweisen fehlen ließ, war er in der Sichtweise Ludwigs vollkommen unverdient in den Stand eines Markgrafen und Kurfürsten erhöht worden. Aus diesem Grund – und vor allem da König Sigismund nichts von den schlechten Taten des Markgrafen gewusst habe –, so Herzog Ludwig am 21. August 1420, sei es völlig gerecht, dass dieser ihn auch wieder in seinem Stand mindere.684 Ein Punkt, den die herzoglichen Schmähbriefe mehrfach indirekt aufgriffen, war das Thema der Kurwürde, die Friedrich nun innehatte. Hier zeigt sich deutlich eine besondere Verärgerung des Herzogs über die Standeserhebung, da es noch nicht so lange her war, dass die Kurmark sich im Besitz der Wittelsbacher befunden hatte. Mittlerweile von der Kurwürde ausgeschlossen – Ludwigs Vater hatte noch einmal bei der Königswahl von 1410 vergeblich versucht, Ansprüche auf die Pfälzer Kurwürde durchzusetzen685 –, musste der Herzog dies als eine außerordentliche Zurücksetzung empfinden. Deswegen reagierte er entsprechend ablehnend auf den Vorschlag Friedrichs, die Entscheidung in der Streitsache über die 23.000 Gulden vor einem kurfürstlichen Gremium verhandeln zu lassen. Friedrich hatte bereits am 31. Januar 1419 erstmalig vorgeschlagen, in der Angelegenheit Recht vor dem König, dem Papst bzw. dem Gerichtshof der päpstlichen Kurie oder den Kurfürsten zu suchen.686 Er war auch bereit, nur einen Teil der Kurfürsten als Instanz zu akzeptieren, denn der sächsische und pfälzische Kurfürst waren mit ihm verwandt und mussten in den Augen des Wittelsbacher als befangen gelten. In seinem nur wenige Tage später formulierten Antwortbrief ging Ludwig auf den Vorschlag zwar nicht ein, griff das Thema aber indirekt auf, indem er als Bestärkung seiner Vorwürfe anführte, dass es viele Leute gebe, die von den Untaten des Markgrafen wüssten.687 Diese sprächen die Wahrheit, auch wenn der Markgraf wahrscheinlich der Meinung sei, dass sie ihn nicht verklagen dürften, da sie keine Kurfürsten seien. Sicherlich werde er als Kurfürst gegen diese einen Eid leisten, da er immer leichtfertig schwöre,688 auch wenn ihm das in den Augen des Herzogs nicht zustünde. Da Friedrich das Angebot, am Hof des Königs einen Zweikampf auszufechten, ablehnte und stattdessen immer wieder eine Entscheidung vor den genannten Gremien vorschlug, betonte Ludwig mehrfach verärgert, dass er keine sieben Kurfürsten habe, um ihm die Rechtmäßigkeit der Anschuldi684 685 686 687 688

Ebd., Nr. 106, S. 168–171, hier S. 170. STRAUB, Bayern, S. 233. CDB III, 1, Nr. 70, S. 101–103, hier S. 102. Ebd., Nr. 72, S. 104–105, hier S. 105. Ebd.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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gungen zu beweisen, aber genügend ehrbare Leute, die dies könnten.689 Schließlich gelang es Ludwig sogar, seinen Ärger über die Kurwürde des Markgrafen als einen weiteren Anklagepunkt gegen jenen zu benutzen: So brachte er im Mai 1419 seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass der Markgraf immer wieder versuche, die Entscheidung in der Streitsache dem König zu entziehen und stattdessen vor den Kurfürsten zu verhandeln, und das, obwohl sie Sigismund nicht nur in Teilen selbst anginge, sondern jener auch die zuständige Instanz sei.690 Provokativ beendete der Wittelsbacher seine Ausführungen mit der Frage, wie er den Vorschlag des Markgrafen, die Streitsache vor dem Kurfürstenkolleg verhandeln zu lassen, eigentlich verstehen solle. Entweder wolle er seine Schandtaten schlicht verschleiern, da er seine Kurfürstenkollegen als zuständige Instanz zur Entscheidung des Konflikts vorschlage, oder Friedrich versuche den König bewusst in seiner Macht zu beschneiden, da dieser eigentlich rechtmäßig zuständig sei.691 Durch diese Wendung schaffte es der Herzog, Markgraf Friedrich erneut als illoyalen Fürsten zu charakterisieren, der sich auch über die Rechte seines ‚wahren Herrn‘ erhob. Der Ingolstädter achtete darauf, neben der Betonung seiner loyalen Gesinnung gegenüber dem König, die sich nicht zuletzt darin zeige, dass er es als seine Pflicht auffasse, Sigismund vor dem verschlagenen Charakter des Markgrafen zu warnen und ihm dessen Untaten zu offenbaren, die eigene Frömmigkeit, die Würde und das Alter seiner gesamten Dynastie692 herauszustellen. Des Weiteren verwies der bayerische Herzog auf seinen ehrenhaften Leumund, den viele fromme Leute bezeugen könnten und der bei einem redlichen Fürsten aus einem ehrenwerten Geschlecht natürlicherweise vorzufinden sei. Genau wie der Markgraf führte er zusätzlich seine treuen Dienste für das Reichsoberhaupt und die königliche Familie, insbesondere für die Königin und deren Tochter, ins Feld und betonte ebenfalls, dass sein Einsatz für den französischen Dauphin jederzeit aufrichtiger

689 Zum Beispiel ebd., Nr. 79, S. 117–121, hier S. 119. Friedrich zeigte sich zu Recht verwundert über die Unterstellung, er habe von Ludwig gefordert, dass er sieben Kurfürsten als Beweis der Rechtmäßigkeit seines Standpunktes anführen müsse, siehe ebd., Nr. 86, S. 132–135, hier S. 134. 690 Ebd., Nr. 85, S. 130–132, hier S. 130. 691 Ebd., S. 130–131. 692 „Wir hoffen zu got, wir sein frum, vnd sol auch nymmer an vns erfunden werden, dann als vnserem alten frummen geslecht zu gehort“, ebd., Nr. 75, S. 109–112, hier S. 111. Aber auch indirekt betonte der Herzog das Alter seiner Dynastie, wenn er bei dem strittigen Punkt der Vorladung vor das Hofgericht des Nürnberger Burggrafentums ausdrücklich formulierte, dass alle seine Vorfahren bereits länger von dieser Pflicht durch königliche Privilegien befreit seien, als sich die Burggrafschaft überhaupt im Besitz der Hohenzollern befände, siehe ebd., Nr. 79, S. 117– 121, hier S. 119.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Natur gewesen sei und niemals den Reichsinteressen entgegengestanden habe.693 Betrachtet man den Verlauf des Briefwechsels über die vier Jahre eingehender, dann wird deutlich, wie sehr die Argumentationen aufeinander abgestimmt waren. Die Antwortschreiben des Markgrafen erscheinen stets als exakte Gegenreaktionen auf die Vorwürfe des bayerischen Herzogs, einzelne Punkte der Argumentation wurden umgehend aufgegriffen und auf derselben Ebene gegen den Herzog gewendet. Erwartungsgemäß unterstrich Friedrich die Ehre, Frömmigkeit und das große Ansehen seiner Person und der hohenzollerischen Dynastie insgesamt, die nicht nur in ihren Landen,694 sondern auch im ganzen Reich und darüber hinaus bekannt seien.695 Überzeugt von dem hohen Ansehen seiner Familie, appellierte der Markgraf an die ‚Fairness‘ des Herzogs und bestand immer wieder darauf, dass dieser seine Schmähbriefe nur zusammen mit der markgräflichen Gegendarstellung öffentlich machen dürfe.696 Falls die Schmähschriften beider Parteien öffentlich gegeneinander vorgelesen würden, so der Markgraf am 13. Mai 1419, würde jeder Zuhörer klar erkennen können, welcher der beiden Fürsten Ehre und Recht mehr als der andere lieben würde.697 Nicht nur, weil Herzog Ludwig das Thema der Verdienste für König und Reich in den Mittelpunkt seiner Scheltbriefe gestellt hatte, sondern auch, da diese im Verständnis der Dynastie von fundamentaler Bedeutung waren, führte Friedrich diesen Punkt in nahezu jedem seiner Antwortschreiben gewissenhaft aus. Während der Markgraf anfangs fast ein wenig monoton wiederholte, dass er dem König nach bestem Wissen und Gewissen stets treu gedient habe,698 betonte er später zusätzlich die großen persönlichen Opfer, die die Dienste teilweise ihm und seiner Familie abverlangt hätten. Friedrich habe nicht, wie es Ludwig bösartig behaupte, sein Vermögen in Franken verschwendet, sondern es sei

693 Ebd., Nr. 106, S. 168–171, hier S. 170. 694 Zum Beispiel ebd., Nr. 105, S. 166–168, hier S. 167. 695 Friedrich zeigte sich zuversichtlich, dass das Wesen und Herkommen beider bekannt sei und in der öffentlichen Meinung seine Person ein besseres Ansehen genieße, siehe zum Beispiel ebd., Nr. 70, S. 100–103, hier S. 103, oder Nr. 86, S. 132–135, hier S. 135. 696 Zum Beispiel am 13. Mai 1419, siehe ebd., Nr. 84, S. 127–130, hier S. 129. Friedrich betonte, dass er selbst die Briefe beider Parteien am königlichen Hof vor Fürsten, Grafen, Rittern und anderen habe vorlesen lassen, wie er es stets handhaben würde, siehe ebd., Nr. 99, S. 154– 156, hier S. 155. 697 Ebd., Nr. 84, S. 127–130, hier S. 128. 698 Zum Beispiel ebd., Nr. 70, S. 100–103, hier S. 101.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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„[…] landtkundig, das wir es in vnsers gnedigisten herren des Romischen etc. konigs vnd dieser lannde der marck frummen mit eren verczert vnd onworden haben, die vns vnd vnseren erben des wol dancken mugen, vnd wir hoffen auch mit eren wol darausz zu komen vnd das zu bezalen, wann du deins vatter saligen vnd dein schulde bezalst.“699

Der Hinweis auf die persönlichen Opfer und das vehemente Beharren darauf, nie Vasall König Wenzels gewesen zu sein,700 sondern lediglich dessen Rat, bis er vor Zeugen das Amt öffentlich aufgekündigt habe, dienten Friedrich als Ausweis seines integren Verhaltens und als Beleg für das ungetrübte Verhältnis zum Reichsoberhaupt. Die durchaus provokative Anspielung auf den erhofften Zeitpunkt, an dem der Markgraf seine finanziellen Nöte vollends überwunden haben würde, nämlich dann, wenn auch Ludwig die eigenen Schulden und die seines Vaters abbezahlt haben werde, bezog sich auf den Vorwurf, sein Vermögen verschwendet zu haben und wegen des Geldes seine Treue verkaufen zu müssen. Die ehrmindernde Unterstellung, nicht nur arm zu sein, sondern auch käuflich, wies Friedrich weit von sich. Es sei bekannt, dass König Sigismund von sich aus gebeten habe, er solle an seinen Hof kommen. Diesem Wunsch sei er mit Erlaubnis und Wissen König Ruprechts nachgekommen, was auch andere Personen wie der Bischof von Speyer wüssten.701 Tatsächlich habe sein Vater, so Friedrich in demselben Brief weiter, ihm genauso viel vererbt wie Ludwigs Vater dem Herzog. Und dieses Erbe habe er mit Gottes Hilfe und mit großer Ehre seitdem vermehrt und nicht vermindert.702 Im Übrigen danke er Gott und auch dem König, der ihn stets für seine Dienste belohnt habe, und er wollte auch niemals mit Ludwig tauschen, denn dieser habe seinen Reichtum mit großer Schande erlangt, während seine Armut ausgesprochen ehrenhaft sei.703 Die Ausführungen Friedrichs sollten zeigen, dass beide ehrenhaften Familien entstammten, die sie gleichermaßen finanziell versorgt hatten. Das Erbe der Vorfahren war von ihm vergrößert worden, nur aus ehrenwerten Gründen für Reich und König musste er schließlich große finanzielle Einbußen hinnehmen. Der Reichtum des Herzogs sei hingegen auf schändliche Weise entstanden, so der Markgraf. Weshalb das der Fall war, deutete Friedrich in einem Schreiben vom 28. Juli 1420 an: Herzog Ludwig habe sich in den Dienst der Tochter König Sigismunds nicht aus ehrenwerten Beweggründen begeben, vielmehr 699 Ebd., Nr. 105, S. 166–168, hier S. 167. 700 „[…] vnd haben auch kain lehen von Im nye enpfangen, wann vnser lieb herr vnd vatter saliger gedechtnusse zu den zeiten in leben was […]“, siehe ebd., Nr. 81, S. 122–125, hier S. 124. 701 Ebd., Nr. 109, S. 172–177, hier S. 174. 702 Ebd. 703 Ebd., S. 174–175.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

„[…] bewegt dich nicht dein gutwillikait darczu, Sunder dich bewegten die zwelif Tausend guldein darczu, die dir darumb gelobt wurden.“704 Die Verdienste, die sich die Mitglieder der Dynastie der Hohenzollern bei Königen und Kaisern erworben hatten, sahen in den Augen des Markgrafen naturgemäß völlig anders aus. Es sei allgemein bekannt, dass Friedrich und seine Vorfahren Königen und Kaisern treu gedient hätten und sie deshalb von ihnen immer wieder in ihrem Stand erhöht worden seien.705 Dieses Prinzip empfand der Markgraf nicht nur als gerecht, sondern er betonte gegenüber Herzog Ludwig zudem, dass der jetzige König mit Friedrich und seinen Kindern bislang so verfahren sei und er deshalb „mit vnseren kinden vnd frunden seinen genaden furder dester getrewlicher dienen“ wolle. „[…] Darumb wir vns noch mer genaden vnd wirdikait zu seinen konigelichen genaden fürsehen vnd hoffende sind.“706 Wie es bereits beim Thema des Geldes angeklungen ist, verstand es Markgraf Friedrich genauso wie der bayerische Herzog, die Argumente des Gegners in eigene zu verwandeln. Die Angriffe des Wittelsbachers geschähen ausschließlich aus Neid. Außerdem wäre zu bedenken: Wenn etwas Wahres an den Vorwürfen Ludwigs sei und dieser gewusst habe, dass Friedrich zum Nachteil König Sigismunds handele, dies aber dem König aus Angst, sein Geld erst zu spät wiedererstattet zu bekommen, nicht gemeldet habe, was sage das über die Ehre des Herzogs aus?707 Ludwig habe dem König bei den Heiligen einen Eid geleistet, und diese Treue sollte ihm doch weitaus wichtiger sein als schnöde finanzielle Überlegungen, so der brandenburgische Kurfürst voller Polemik.708 Ein letztes Argument, das die Ehre des Kontrahenten untergraben sollte, bezog sich auf die Beziehungen zur französischen Krone, auf die der Herzog gerade besonders stolz war. Friedrich behauptete zum einen, dass Ludwig seine leibliche Schwester betrogen habe, denn die französische Königin habe sich auf dem Konstanzer Konzil an ihn gewandt und sich beklagt, dass der Bruder ihr für ihr Geld in Bayern Schlösser und Güter hatte verschreiben wollen, dies aber trotz seines Versprechens und seiner Eide nicht getan habe.709 Zum anderen stünde der Herzog in einem schändlichen doppelten Vasallenverhältnis zum französischen Dauphin und dem deutschen König. Am 28. Juli 1420 fragte Markgraf Friedrich mit betontem Entsetzen:

704 705 706 707 708 709

Ebd., Nr. 104, S. 163–166, hier S. 165. Ebd., Nr. 78, S. 115–117, hier S. 116–117. Ebd., S. 117. Ebd., Nr. 70, S. 100–103, hier S. 101. Ebd. Ebd., Nr. 74, S. 106–109, hier S. 107.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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„Waist du nicht, wie ain bosz glos du getan hast, da du von dem delphin zu franckrich schiedest, da globest du Im zu den heiligen, kainen andern herrn zu nennen dann In, Als du das unserm herren konig selb gesagt hast?“710

Die Auswertung der Korrespondenz der beiden Reichsfürsten macht deutlich, wie sehr die jeweiligen Argumentationen auch von unterschiedlichen Wertvorstellungen beeinflusst waren. Während der Wittelsbacher voller demonstrativer Verachtung auf den „newlich hochgemachten“ Markgrafen herabsah und vor allem die eigene altehrwürdige Herkunft unterstrich und die Würde seiner Dynastie betonte, sah Friedrich seinen Aufstieg als völlig legitimes Resultat der kontinuierlichen Verdienste seiner Vorfahren und auch der eigenen an. Für ihn stellte das traditionelle Verhalten der Hohenzollern ein zukunftsträchtiges Konzept für sich und seine Nachkommen dar, um als Gegenleistung für die loyalen Dienste auch weiterhin mit Privilegien und weiteren Rechten belohnt zu werden. Herzog Ludwig wurde dagegen nicht müde, seine Geburtsadelsvorstellungen gegen das Verdienstadelskonzept des brandenburgischen Kurfürsten in Stellung zu bringen. Als Vertreter der Idee eines Geburtsadels, die davon ausging, dass Adel eine durch Abstammung konstituierte Wirklichkeit sei, die sich jedoch auch im Verhalten erweisen müsse,711 war er überzeugt, dass die anderen adeligen Tugenden sich quasi fast ausnahmslos auf der Grundlage der hohen Geburt entfalten würden. Im Gegensatz dazu war für Markgraf Friedrich die Verbindung zwischen Geburts- und Tugendadel in der Form selbstverständlich nicht gegeben. Er bestand vehement darauf, dass er niemals dem ehrwürdigen Geschlecht des Herzogs die Frömmigkeit abgesprochen oder schlechte Nachreden über die Dynastie in Umlauf gesetzt habe.712 Aber wenn Ludwig genauso fromm wäre wie sein altes Geschlecht, hätte er solche Lügen und Schmähbriefe nie geschrieben. Die Schlussfolgerung für Friedrich war deswegen simpel: „Du mainst aber villeicht dein vbeltat zu bedecken vnder dem schein der woltat deins frummen geslächts.“713 Tugenden waren in dieser Sichtweise also immer nur an die einzelne Person geknüpft und mussten von dieser immer wieder unter Beweis gestellt werden. Sie waren allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einer ehrwürdigen Familie keine Selbstverständlichkeit. 710 Ebd., Nr. 104, S. 163–166, hier S. 165. 711 Otto Gerhard Oexle erläutert das Konzept anhand des Konflikts zwischen dem Trierer Chorbischof Thegan und Ebo von Reims. Thegan war über dessen Ernennung zum Erzbischof durch Ludwig den Frommen empört und erklärte, dass Adel immer ererbt werde und niemals verliehen werden könne: „[…] fecit te liberum, non nobilem, quod impossibile est […]“, zitiert nach OEXLE, Aspekte, S. 22. 712 CDB III, 1, Nr. 78, S. 115–117, hier S. 117. 713 Ebd.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Der Wertekonflikt zwischen den beiden Reichsfürsten war Teil einer aktuellen Debatte der Zeit. Nach einer Hochphase von Traktaten über die Natur des ‚wahren‘ Adels in der Zeit vom 11. bis zum 13. Jahrhundert war das Interesse an gelehrten Abhandlungen über die unterschiedlichen Adelsvorstellungen ungebrochen.714 Dies zeigt sich unter anderem in der kontinuierlichen Benutzung zahlreicher antiker und hochmittelalterlicher Sentenzen und Sprichwörter715 und im Entstehen neuer (Tugend-)Adelstraktate im Laufe des gesamten 15. Jahrhunderts.716 Das Adelskonzept Markgraf Friedrichs, das in seinen Briefen deutlich wird, scheint aber noch über die gängigen Vorstellungen eines Adels auf Grundlage guter Taten717 hinauszugehen. Es zielt besonders eindeutig auf das Thema der eigenen Leistung ab, wobei natürlich andere spätmittelalterliche Fürstentugenden auch eine gewisse Rolle spielten. Bei Friedrich waren Dienste und Ämter für König und Reich ein regelrechtes Aufstiegsmittel, das von ihm und seiner Dynastie bewusst eingesetzt worden war und weiterhin eingesetzt werden sollte. Die eigenen Anstrengungen – häufig unter großen persönlichen Opfern – mussten legitimerweise gerecht entlohnt werden. Es bleibt zu konstatieren, dass der Verdienstadel, den Friedrich propagierte, vielleicht eher wie die Tugendvorstellung eines spätmittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Stadtbürgers wirkt als die eines Reichsfürsten dieser Epoche. Die unterschiedlichen Adelskonzepte der beiden Reichsfürsten traten in einer Kontroverse zutage, die für einige Zeit das Reichsgeschehen bestimmte. Die Debatte um die Art des Aufstiegs der Hohenzollern, ihr Ansehen und ihre Ehre wurde vor einem breiten Publikum ausgetragen, das nicht nur aus dem König und dem größten Teil des Adels bestand, sondern zum Teil auch aus den Städten und den Bewohnern der Mark Brandenburg. Die gesellschaftliche Position der Hohenzollern stand somit reichsweit zur Disposition, und deswegen war es von entscheidender Bedeutung, welcher der beiden Fürsten die gewünschte Sichtweise auf die Hohenzollern durchsetzen konnte. Dies war sicherlich auch ein Grund dafür, dass Markgräfin Elisabeth ihren Mann eindringlich vor einem Gerücht warnte, das der Herzog angeblich in Umlauf gebracht habe. Sie habe gehört, dass die Nachricht die Runde mache, dass Friedrich 714 Grundsätzlich zu den verschiedenen Adelskonzeptionen und der Frage nach dem ‚wahren‘ Adel siehe zum Beispiel SCHREINER, Sozial- und standesgeschichtliche Untersuchungen, OEXLE, Aspekte, oder, mit Schwerpunkt auf dem Tugendadel, HONEMANN, Aspekte des Tugendadels. Leider ungedruckt und der Verfasserin deswegen unzugänglich: SCHREINER, De nobilitate. 715 HONEMANN, Aspekte des Tugendadels, S. 274. 716 Ebd., S. 277. 717 Zum Beispiel bei Freidank oder Reinmar von Zweter, siehe HONEMANN, Aspekte des Tugendadels, S. 275.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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„[…] den kurfürsten an dem Rein geschriben sulle haben, das der Römisch konig ein Husse sei, vnd das sie gedenken sollen noch einen andern Römischen konig zu erwelen, daran Ir dann gut helffen vnd raten wollt.“718

Nicht nur wegen seiner Beziehung zu König Sigismund, sondern auch, um die Bundesgenossen im großen Bayerischen Krieg,719 der im Juli 1420 ausgebrochenen war, nicht zu verlieren, durfte sich dieses Bild des verräterischen Fürsten nicht durchsetzen.

Quaternionenlehre und Abstammung: Der Konflikt mit Herzog Ludwig von Bayern-Landshut zu Beginn der 1460er Jahren Die Legitimität des Aufstiegs und die gesellschaftliche Position der Hohenzollern wurden einige Jahrzehnte später, im Jahr 1460, erneut Gegenstand einer reichsweit beachteten Kontroverse.720 Herzog Ludwig, Sohn des ehemaligen landshutischen Verbündeten, trug über Jahre hinweg einen Streit mit Markgraf Albrecht aus, der schließlich in kriegerische Auseinandersetzungen mündete. Spätestens seit Ende der 1450er Jahre war es zum Bruch zwischen den beiden Reichsfürsten gekommen, die anfänglich sogar in einem relativ guten Verhältnis zueinander gestanden hatten.721 Der unmittelbare Auslöser des Streits war die Übernahme der Reichshauptmannschaft Markgraf Albrechts gegen Herzog Ludwig,722 nachdem dieser am 4. Juni 1459 Donauwörth erobert hatte.723 Die Reichsstadt Donauwörth war lange Zeit Teil des bayerischen Herzogtums gewesen, im Jahr 1422 jedoch ans Reich gekommen.724 Obwohl der Markgraf den Herzog zunächst bei seinem Plan unterstützt hatte, die Stadt zu erobern, und im September 1458 mit ihm sogar vor die Stadt gezogen war,725 vollzog Albrecht in dieser Angelegenheit ein Jahr später eine komplette Kehrtwende. Aufgrund der ausgreifenden Politik des Kaiserlichen Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg, die der Hohenzoller im süddeutschen Raum immer 718 CDB III, 1, Nr. 112, S. 180–181, hier S. 181 (eigenhändige Beilage der Markgräfin Elisabeth). 719 STRAUB, Bayern, S. 238. 720 Zu der Kontroverse siehe auch MOEGLIN, L'utilisation, oder HERRMANN, Genealogie und Phantasie. 721 KANTER, Markgraf Albrecht, S. 256. 722 Die kaiserliche Ernennungsurkunde zum Reichshauptmann findet sich gedruckt bei MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 302, S. 412–413. Zuvor war es aber bereits zu verschiedenen Konflikten zwischen den beiden Reichsfürsten gekommen. 723 KRAUS, Sammlung der Kräfte, S. 278. 724 Ebd., S. 277. 725 Ebd.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

vehementer durchzusetzen suchte,726 hatte sich Ludwig mit dem Hauptgegner des Markgrafen, Pfalzgraf Friedrich dem Siegreichen, zu einem Bündnis auf Lebenszeit gegen Albrecht zusammengeschlossen.727 Der Angriff auf Donauwörth brachte den Wittelsbacher schließlich seinerseits in eine bedrängte Lage: Nicht nur, dass er den Kaiser durch die Eroberung einer Reichsstadt gegen sich aufgebracht hatte, infolge der erst kurz zuvor erfolgten Erneuerung seines Bündnisses mit dem Pfälzer Kurfürsten und der konsequenten Abwehrversuche gegen das Kaiserliche Landgericht beschloss der Markgraf, sich nun zusammen mit seinen Verbündeten gegen den bayerischen Herzog zu wenden. Der Kaiser verhängte die Reichsacht über Herzog Ludwig und setzte Albrecht – nachdem dieser selbst den entsprechenden Wunsch geäußert hatte – in das Amt des Reichsheerführers ein. Die folgenden Jahre des Reichskrieges gegen Herzog Ludwig bis zum Prager Frieden von 1463 waren für den Markgrafen von wechselnden Erfolgen bestimmt, endeten aber insgesamt zuungunsten Albrechts, da Ludwig seine Gerichtshoheit gegenüber dem Nürnberger Landgericht behaupten konnte. Aber nicht nur die militärischen Auseinandersetzungen, sondern auch der ehrmindernde Schlagabtausch der beiden Reichsfürsten, der erneut vor großen Teilen des Reichsadels und der Städte ausgetragen wurde,728 prägten die Zeit des Reichskrieges. Die Schmähungen, die auf die Herabsetzung der Ehre des Gegners zielten, wurden von den Kontrahenten für schwerwiegend erachtet. Der bayerische Fürst verlangte sogar als Teil der Rother Richtung729 eine gerichtliche Aufarbeitung der markgräflichen Schmähungen, da diese seine Person beschädigt hätten.730 Vor allem den Markgrafen mussten aber die öffentlichen Verunglimpfungen des Wittelsbachers schwer treffen, behauptete dieser doch im Jahr 726 Mehr zu den Konflikten mit anderen Standesgenossen im Zusammenhang mit dem Versuch der Durchsetzung der Zuständigkeit des Landgerichts in Kapitel 5.1. 727 KRAUS, Sammlung der Kräfte, S. 278. 728 „Vns ist aigentlich fürkömen Wie Marggraf Albrecht von Branndemburg dem Erwirdigen Ingott vatter vnnserm besunderlieben frunde Herrn Iohannsen Bischouen zu Wirtzburg vnd Hertzogen In frannken geschriben auch ettlich brief In ewrer (Nürnberg) auch in Steten Bamberg Wirtzburg vnd annderswa hab offennlich lassen anslahen […]“, siehe HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 32, S. 161–165, hier S. 161. 729 Die sogenannte Rother Richtung bezeichnet den Friedensschluss vom 24. Juni 1460, der zumindest zeitweise die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Markgraf Albrecht und Herzog Ludwig von Bayern-Landshut und ihren jeweiligen Anhängern beendete. Der Vertragstext ist zuerst von Hasselholdt-Stockheim abgedruckt worden, wobei der Text jedoch nicht gegliedert und deshalb etwas unübersichtlich ist, siehe HASSELHOLDTSTOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 42a–o, S. 189–248. Zudem ist der Text ins Neuhochdeutsche übertragen und mit Nummerierungen und Untergliederungen versehen worden, siehe RÜGER, 900 Jahre Roth. 730 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 42, S. 189–192, hier S. 192.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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1460 geradeheraus, dass Albrecht sich zu Unrecht einen Fürsten des Reiches nenne, da er kein Land besäße. Denn wenn er „[…] vermaint ein Lannd zehaben So wär billich das solichs einen namen hette wie das hiess das man sich weste darnach zurichten das doch bisher nicht bewusst ist […].“731 Das volle Verfügungsrecht über ein Territorium gehörte gemeinhin zu den Kriterien, die für die Zugehörigkeit zur Gruppe der spätmittelalterlichen Reichsfürsten als wesentlich erachtet wurden.732 In der Entgegnung auf die polemische Behauptung des Herzogs, die Hohenzollern seien keine Fürsten des Reiches, führte Albrecht nun nicht mehr die Dienste für König und Reich als Beleg für die Rechtmäßigkeit der Standeserhebung durch den König an, sondern nannte verschiedene neue Argumente für die Ranggleichheit mit den Wittelsbachern. Unter anderem hob er die engen verwandtschaftlichen Beziehungen seiner Vorfahren zu den königlichen Dynastien der Luxemburger und Wittelsbachern hervor733 und betonte, dass diese Ehen wohl nicht geschlossen worden wären, wenn die Hohenzollern als unadelig zu gelten hätten.734 Müsste er eine Achtahnenprobe ablegen, so der Markgraf weiter, müsse er neben Böhmen, Sachsen und Brandenburg allein vier Ahnen aus dem Hause Bayern als seine Vorfahren anführen.735 Die Antwort des Herzogs ließ nicht lange auf sich warten. Ludwig verhöhnte die Versuche des Markgrafen, die Ebenbürtigkeit der hohenzollerischen Dynastie zu beweisen, auf das Bitterste: Obwohl er in den früheren Briefen gar nicht den ‚Adel‘ der Hohenzollern infrage gestellt habe, müsse Ludwig nun auf dieses Thema eingehen. Albrecht habe als Argument für die Gleichwertigkeit seiner Dynastie die Eheverbindungen mit dem Hause Bayern angeführt, aber so „[…] ist offt gescheen das sich ain Edelman zu ainem der nicht so Edel gewesen ist, oder das sich ein Edelman zu ainem pawern geheyrat hat […].“736 Diese extrem ehrverletzenden Äußerungen krönte der Wittelsbacher mit der ungeheuerlichen Behauptung, dass er viele Urkunden als Beweis anführen könne, dass die Burggrafen von Nürnberg in früheren Zeiten die Diener der bayerischen Herzöge gewesen wären und diese für ihre rechtmäßigen Herren gehalten hätten. Er sehe deswegen keinerlei Stichhaltigkeit für Albrechts Behauptungen, der als Nürnberger Burggraf seinen Adel als gleichwertig mit dem des Königs von Böhmen, des Herrn von Sachsen und der bayerischen Herzöge erachten würde.737 Auch im weiteren Verlauf 731 Ebd., Nr. 32, S. 163. 732 KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 103. Mehr dazu im Kapitel 5.1. 733 Johann III. von Nürnberg war mit einer Schwester König Sigismunds verheiratet gewesen und Elisabeth von Hohenzollern die Ehefrau König Ruprechts von der Pfalz. 734 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 31, S. 157–160, hier S. 159. 735 Ebd. 736 Ebd., Nr. 32, S. 164. 737 Ebd.

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des polemischen Briefwechsels mit dem Wittelsbacher führte der Markgraf das Thema der Dienste nicht mehr an, möglicherweise sah er in ihnen mehr Angriffsfläche als Potenzial, um den eigenen Standpunkt zu stützen.

Die Auseinandersetzungen mit den Herzögen von Pommern-Wolgast: Alter und Status der Burggrafschaft Nürnberg als Argument Im sogenannten Stettiner Erbfolgestreit,738 der nur kurze Zeit später virulent wurde, zeigt sich ebenfalls das Bestreben der Hohenzollern, ihren gesellschaftlichen Rang in der Interaktion mit Standesgenossen nicht durch die Verdienste um König und Reich zu begründen, sondern andere Argumente anzuführen, die sie als erfolgversprechender erachteten. Der Stettiner Erbfolgestreit, also die Auseinandersetzung zwischen Kurfürst Friedrich II. und den Herzögen von Wolgast in den 1460er Jahren, war um die Frage entbrannt, ob der brandenburgische Kurfürst oder die Herzöge rechtmäßigerweise die Herrschaft über das Herzogtum Pommern-Stettin ausüben sollten. Die Ausgangslage war folgende: Nachdem am 22. September 1451 Herzog Joachim von Pommern-Stettin,739 der Ehemann Elisabeths von Hohenzollern, an der Pest gestorben war, nahm Kurfürst Friedrich dessen unmündigen Sohn Otto an seinen Hof, um ihm als seinem Neffen eine fürstliche Erziehung zukommen zu lassen.740 Nachdem Otto neun Jahre später die Herrschaft in Pommern-Stettin angetreten hatte, starb er bereits am 8. September 1464 im Alter von neunzehn Jahren ebenfalls an der Pest. Während die Herzöge von Pommern-Wolgast sich aufgrund der gemeinsamen Abstammung und einer Belehnung zur gesamten Hand als einzige Erben sahen, argumentierte Kurfürst Friedrich II., dass er nach dem Aussterben der Linie Pommern-Stettin einen legitimen Rechtsanspruch auf das erledigte Lehen habe. Dabei stützte er sich auf eine Zusicherung König Sigismunds für seinen Vater.741 Bereits in seinem ersten Brief an die pommerischen Stände, in dem er diese aufforderte, ihm zu huldigen, titulierte sich der Kurfürst als Herzog von Stettin und Pom-

738 Zum Hergang des Stettiner Erbfolgestreits siehe die Ausführungen bei SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 80–90. Grundlegend zu dem Thema auch: GAETHGENS, Die Beziehungen; RACHFAHL, Der Stettiner Erbfolgestreit; oder BRANIG, Geschichte Pommerns, Bd. 1, S. 54–65. 739 Eine aktuelle und sehr informative Zusammenfassung der Geschichte der Herzöge von Pommern-Stettin sowie vor allem auch ihres Verhältnisses mit den anderen Zweigen des Hauses bietet Oliver Auge, siehe AUGE, Zur Geschichte. 740 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 80–81. 741 Ebd., S. 82.

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mern742 und ließ so keinen Zweifel an seinen Ansprüchen. Zur Absicherung seiner Forderung schickte Friedrich einem seiner Räte, dem Bamberger Domdekan Hertnid vom Stein, am 18. Oktober genaue Instruktionen, wie in einem Gespräch mit dem Kaiser zu argumentieren sei. Die vertraulichen Anweisungen des Kurfürsten sind unter verschiedenen Gesichtspunkten äußerst interessant. Friedrich stellte seinem Rat verschiedene Gesprächstaktiken zur Auswahl, die je nach Verlauf der Unterredung angewendet werden sollten. Für den Fall, so der Brandenburger Kurfürst an späterer Stelle des Schreibens, dass der Kaiser wissen wolle, wie die Mark Brandenburg und damit auch das Herzogtum Pommern-Stettin überhaupt in den Besitz der Hohenzollern gekommen sei, müsse Friedrich III. der Hergang seit der Zeit Karls IV. genauestens geschildert werden.743 Wie Hertnid vom Stein bekannt sei, habe sein Vater, der Nürnberger Burggraf Friedrich, dem ungarischen König Sigismund gedient und sei zudem dessen Schwager gewesen. Für seinen Dienst an König Sigismund habe sein Vater Verschreibungen im Wert von 24.000 Gulden in Ungarn erhalten. Zudem sei er nicht nur von diesem als Hauptmann in der Mark eingesetzt worden, sondern habe dem Luxemburger auch die große Summe von 100.000 Gulden geliehen. Als nun König Ruprecht verstorben sei, habe Burggraf Friedrich König Sigismund, seinem Freund und Gönner,744 aber den weitaus größten Dienst erwiesen: Mit großem Fleiß und höchstem persönlichen Einsatz habe er „[…] zu wegen bracht […] das konig Sigmund von Ungern Romischer Konig ward […].“745 Im Konstanzer Konzil habe Sigismund ihm darauf die Mark als erbliches Lehen verliehen, woraufhin der Vater dem König die Schulden und Verschreibungen in Ungarn erlassen habe. Schließlich habe Friedrich die Mark in vielen Kriegen und mit großem Blutvergießen unter seinen Rittern und mit unendlichen Kosten und Mühen eingenommen. Vor einiger Zeit habe sein Vater die Mark schließlich ihm vererbt. Als der Herzog von Pommern auf dem Konstanzer Konzil sein Lehen verliehen bekam, habe Friedrichs Vater bereits in Anwesenheit des besagten Herzogs protestiert und die Abschrift eines jetzt Hertnid vom Stein mitgegebenen Briefes vorgelegt, in dem König Sigismund dem Hohenzoller die Lehnshoheit über Pommern zugesichert habe.746 Durch die Verhandlungen mit Kaiser Friedrich III. hoffte Friedrich II., seine politischen und rechtlichen Ansprüche auf das ledige Herzogtum 742 743 744 745 746

CDB continuatus, Nr. 127, S. 260–261, hier S. 260. Ebd., Nr. 125, S. 258–259, hier S. 259. Ebd. Ebd. Ebd. Vgl. dazu auch die Ausführungen Hertnids vom Stein in einem Brief an Kaiser Friedrich III., siehe ebd., Nr. 122, S. 251–253, hier S. 252.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

durchsetzen zu können. Neben den rechtlichen Argumenten sollten vor allem auch die Darstellung der persönlichen Verdienste um den König und die enge freundschaftliche Beziehung zum Reichsoberhaupt den Kaiser überzeugen, zugunsten der Hohenzollern zu entscheiden. Die kurfürstlichen Instruktionen machen deutlich, dass für Friedrich II. in der Kommunikation mit dem Kaiser die Leistung des Vaters ausschlaggebend für die Erhebung in den Kurfürstenstand war und er sie somit als ein legitimes Mittel für den Aufstieg der Familie betrachtete. Wie in früheren Zeiten sollten aus den persönlichen Leistungen und Anstrengungen direkte politische Vorteile erwachsen. Gegenüber den Wolgaster Herzögen wählte der Brandenburger Kurfürst hingegen eine gänzlich andere Strategie, um seine politischen Interessen zu vertreten: Nachdem diese vehement gegen das Handeln des Hohenzollers protestiert und auf die Rechtmäßigkeit der eigenen Ansprüche verwiesen hatten, führten sie als Argument das vermeintlich höhere Alter ihrer Dynastie an.747 Besonders deutlich wird dies beispielsweise in einem Schreiben vom 1. Januar 1465, in dem die Herzöge höhnisch bemerkten, dass die Länder zu Stettin und Pommern seit heidnischen Zeiten in ihrem Besitz und dem ihrer Vorfahren seien748 und im Gegensatz dazu „nye by neynen tiden Jennich Borggreve to Noremberg ein dorp, einen hof edder eine Huve mit rechte In unsen landen gehat“ hätte.749 Friedrich solle also in seiner ‚Grafschaft‘ von Nürnberg bleiben und den Wolgaster Herzögen gefälligst ihr Herzogtum in Pommern lassen.750 Friedrich reagierte besonders empfindlich auf die geringschätzige Bemerkung seiner Kontrahenten über die Herkunft der Burggrafen von Nürnberg und legte den beiden Fürsten in einem wütenden Antwortschreiben ausführlich dar, weswegen die Burggrafschaft seit altehrwürdigen Zeiten ein beachtenswertes Fürstentum des Heiligen Römischen Reiches und er also ein Fürst und kein Graf sei. Für die Burggrafschaft Nürnberg schäme sich Friedrich II. keineswegs. Sie umfasse wohl 747 Der Zweck der Argumentation der Herzöge bestand darin, sich als principes naturales Pomeranie zu präsentieren, was ihnen insofern nicht leicht fiel, da sie zunächst nur diffuse Vorstellungen von ihren Ansprüchen gehabt haben, so Oliver Auge. Siehe AUGE, Identifikation, S. 182. 748 CDB continuatus, Nr. 137, S. 267–268, hier S. 267. 749 Ebd., S. 268. 750 Kurze Zeit später entsandten die Herzöge den Greifswalder Juraprofessor Dr. Matthias von Wedel an den kaiserlichen Hof. Als wichtigste Argumente führte dieser ins Feld, dass der Kaiser noch vor dem Tod Ottos III. den Herzögen die Zusage gegeben habe, eine Belehnung zur gesamten Hand vorzunehmen. Die pommerschen Herzöge entstammten aber vor allem einem altehrwürdigen Geschlecht, das bereits seit 2000 Jahren in dem umstrittenen Gebiet geherrscht habe – zu anfangs als Könige Slawiens. Sowohl die Wolgaster als auch die Stettiner Herren seien Linien desselben Stammes, was sich auch darin zeige, dass sie dieselben Titel und Wappen führten, siehe CDB continuatus, Nr. 123, S. 253–257. Zum weiteren Vorgehen des pommerschen Gesandten siehe AUGE, Identifikation, S. 183–184.

2.2 Geburtsadel – Tugendadel – Verdienstadel

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dreizehn Grafschaften und sei noch eher ein Fürstentum des Reiches gewesen, als die Vorfahren der Herzöge von Pommern-Wolgast Christen geworden seien. „Ein Borggrave to Norinberg heft des Jars wol 60.000 gulden geld und Ißt furste und yo beter dann ein pakelente edder ein pothkummer“,751 so der Markgraf in Anspielung auf die Familien Pakulent (Pacholęta) und Puttkammer, zwei Familien, die wichtige Räte der pommerschen Herzöge stellten.752 Darüber hinaus seien die Beteuerungen der Wolgaster Herzöge, ihre Rechte stammten bereits von heidnischer Zeit her, nichts als Worte.753 Und nicht zuletzt die Tatsache, dass andere Herren den Hohenzoller als einen Herzog von Pommern anredeten bzw. anschrieben, wertete der Markgraf als einen weiteren Beweis dafür, dass er diesen Titel zu Recht führte.754 Zuweilen begegnete der Kurfürst seinen Gegnern auch mit großer Ironie und neutralisierte auf diese Weise deren Argumente. Die Antwort auf den Vorwurf, den Titel eines Herzogs von Pommern zu führen, obgleich Friedrich II. weder der Bruder oder Vetter der Wolgaster Herzöge sei, lautete schlicht: „[…] dat hore wy gerne und Ißt uns lyff were gy unnse bruder wy mosten Iw villichte deylunge an den landen Stettin pomern geven, das ist suß nicht not Wann die lant Stettin pomern wenden und Cassuben sint uns angefallen von godes und rechts wegen […].“755

Und die vermeintliche Übereinstimmung der Wappen der Herzöge von Pommern-Stettin mit denen der Wolgaster Linie, die die Herzöge immer wieder anführten, um zu beweisen, dass beide Zweige der Dynastie einem gemeinsamen Stamm entsprängen, wollte Friedrich II. ebenfalls nicht gelten lassen. Sein Wappen als brandenburgischer Kurfürst, das einen roten Adler zeige, werde auch nicht von anderen als Zeichen dafür gewertet, dass er mit dem Hause Tirol verwandt sei.756 Die Verwandtschaftskonstruktion der 1420er Jahre, die eine gemeinsame Abstammung der Hohenzollern und der Colonna aufgrund einer vermeintlichen Wappenähnlichkeit propagierte, schien vergessen zu sein. Ähnlich wie bei dem Konflikt seines Bruders mit Herzog Ludwig von Bayern-Landshut sah der Kurfürst für die Verteidigung der dynastischen Ehre und des Rangs seiner Dynastie nun nicht mehr die Dienste für den Kaiser als adäquate Argumente an. Der 751 CDB continuatus, Nr. 136, S. 266–267, hier S. 266. 752 Wenngleich dies einflussreiche Adelsfamilien in Pommern waren. Zur Familie der Puttkamer siehe zum Beispiel PUTTKAMER, Geschichte des Geschlechts, Bd.1. 753 CDB continuatus, Nr. 136, S. 266–267, hier S. 266. 754 Ebd. 755 Ebd. 756 GStAB, BPH Rep. 26 Ia, Nr. 37 (Abschrift aus dem Jahr 1793).

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

Schlagabtausch der beiden Fürsten macht vielmehr deutlich, dass er die vermeintliche Anciennität des Burggrafentums gegenüber der Dynastie der Wolgaster Herzöge, die Bedeutung und finanzielle Potenz des Fürstentums sowie die Akzeptanz der Standesgenossen als Argumente in dem Konflikt anführte. Im Gegensatz zu den fast zeitgleich geführten Verhandlungen am Habsburgerhof in derselben Angelegenheit wurden die Verdienste für das Königtum oder das Reich nicht thematisiert. Die angesprochenen Konflikte der Söhne Kurfürst Friedrichs I. mit anderen Reichsfürsten zeigen insgesamt deutlich, dass nach dem Tod des Vaters in den Auseinandersetzungen mit Standesgenossen das Thema der Verdienste um König und Reich nur noch bedingt als ein adäquates Mittel betrachtet wurde, um die eigene soziale Position zu rechtfertigen oder zu verteidigen. Die Dynastie entwickelte im Laufe des 15. Jahrhunderts weitere Legitimationsstrategien, da die bloße Inszenierung als loyale Diener des Königs in der Fremdwahrnehmung den ungewollten Beigeschmack eines zu subalternen Verhältnisses gewinnen konnte und damit die Gefahr bestand, geradezu das Gegenteil des gewünschten Effekts zu erreichen. Innerdynastisch sah dies jedoch ganz anders aus:757 Hier wechselten sich die Heroisierung der Verdienste und eine pragmatische Sichtweise auf das Thema ab.

2.3 Ämter und Dienste als Mittel zur Inszenierung von Dissens oder zur demonstrativen Beilegung eines Konflikts 2.3 Ämter und Dienste zur Inszenierung von Dissens Dass Ämter und Ehrendienste ein Mittel darstellten, um eine bestimmte Person auszuzeichnen und damit auch ihre Loyalität zu steigern, ist in Kapitel 2.1 ausführlich dargelegt worden. Die Debatten um die Frage nach der Bewertung von Geburts-, Tugend- und Verdienstadel, in die die Hohenzollern seit ihrem Aufstieg in das Kurkollegium immer wieder involviert waren, machen deutlich, wie unterschiedlich die Kriterien bewertet wurden, die über den Rang einer Dynastie in der gesellschaftlichen Ordnung entscheiden konnten, aber auch, wie insgesamt über sozialen Aufstieg in der spätmittelalterlichen Gesellschaft gedacht wurde. Wie symbolische Dienste und Reichsämter einerseits Aussagen über den Rang eines Fürsten und dessen Verhältnis zum König möglich machen, lässt sich andererseits in gewissen Situationen auch die politische Stärke des Königs anhand von 757 Ausführlich wird dies im 4. Kapitel behandelt.

2.3 Ämter und Dienste zur Inszenierung von Dissens

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dessen Vergabepraxis bei Reichsämtern genauer bestimmen. Zumindest zeigt sich eine schwache oder stärkere Beteiligung der Kur- und Reichsfürsten an der Herrschaft im Reich auch daran, inwiefern sie auf die Besetzung von Reichsämtern Einfluss ausüben konnten. Anhand der Vergabe des Reichsheerführeramtes an Markgraf Friedrich I. wird dieser Frage im Folgenden nachzugehen sein. In dieses Amt setzte König Sigismund den brandenburgischen Kurfürsten gleich zweimal ein, zunächst im Jahr 1422, dann erneut 1431. Die Amtsvergabe vermittelte in den beiden Fällen völlig verschiedene Botschaften, die der jeweiligen Machtstellung des Königs und der Kurfürsten geschuldet war. Zwischen den beiden Amtseinsetzungen Friedrichs I. als Reichsheerführer lag eine mehrjährige Phase des gestörten Verhältnisses zwischen dem Markgrafen und dem Reichsoberhaupt. Außerdem erfolgten in dieser Zeit die Amtseinsetzungen seiner beiden Söhne, die zum einen die wechselseitige Bereitschaft von Kurfürst und König, zu einem guten Einvernehmen zurückzukehren, signalisieren sollten. Zum anderen stellen sie ein geeignetes Mittel dar, um die Abstufungen im Stand ihrer Beziehungen anzuzeigen. Der Knappendienst Markgraf Albrechts am ungarischen Hof Königin Barbaras von Cilli im Jahr 1429 und die Einsetzung Friedrichs II. am 29. September 1434 als Stellvertreter Kaiser Sigismunds auf dem Basler Konzil geschahen mit sehr unterschiedlichen Intentionen und brachten symbolisch völlig verschiedene Botschaften zum Ausdruck. Dass Kurfürst Friedrich I. nur wenige Jahre nach der Belehnung mit der Mark Brandenburg damit begann, eine von König Sigismund unabhängigere Position für sich zu beanspruchen, stellte für den Luxemburger eine Herausforderung dar, hatte er Friedrich doch in besonderer Weise gefördert und sah in ihm einen treuen Gefolgsmann innerhalb des Kurkollegs. Auslöser des Bruches war eine angestrebte Eheverbindung zwischen Friedrichs zweitgeborenem Sohn und der Tochter des bis zu diesem Zeitpunkt söhnelosen Königs Władysław II. von Polen. Eine erfolgreiche Eheschließung hätte großen Einfluss auf die politische Position des Brandenburgers im Osten, seinen Rang als Reichsfürst, aber auch auf die Interessen König Sigismunds in seinem Stammland und in Böhmen gehabt. Im Zuge der Verhandlungen mit Polen und vor allem nach der am 8. April 1421 urkundlich fixierten Heiratsabsprache trat der Unmut des Königs offen zutage. Die Ambitionen des Kurfürsten belasteten das Verhältnis zum Reichsoberhaupt insofern, als die geplante Ehe ein mit dem polnischen König gegen den Deutschen Orden abgeschlossenes Bündnis758 bekräftigte. Das Bündnis war für Friedrich auch deshalb von Interesse, als sich 758 MATHIES, Kurfürstenbund, S. 78.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

die Deutschordensherren standhaft weigerten, die Neumark an den Kurfürsten zurückzugeben, die sie seit dem Jahr 1402 als Pfand innehatten.759 Sigismund wiederum stand in gespanntem Verhältnis zu König Władysław II. – dem potenziellen Schwiegervater Markgraf Friedrichs II. – weil er 1420 auf dem Hoftag in Breslau einen Spruch zuungunsten Polens und zugunsten des Deutschen Ordens gefällt hatte.760 Hinzu kam, dass der Konflikt zwischen Friedrich I. und König Sigismund in eine Phase der Reichspolitik fiel, die von massiven Spannungen zwischen dem gesamten Kurfürstenkolleg und dem Reichsoberhaupt sowie speziell durch die hussitische Bedrohung geprägt war: „Die Erhaltung Böhmens beim Reich, die Verdrängung des Unglaubens aus den eigenen Landen, die Stärkung der allgemeinen Abwehrkräfte durch Befriedung nach [i]nnen – dies waren die treibenden Momente, welche die Kurfürstenpolitik vom Hussitenbund des Jahres 1421 über die Maßnahmen gegen die Entfremdung Böhmens 1422 und 1424 bis zum Frankfurter Hussitenreichstag 1427 und der Preßburger Gesandtschaft an die Kurie 1429/30 durchzogen.“761

Ernst Schubert hat darauf hingewiesen, dass der Anspruch der Kurfürsten auf eine führende Rolle in den Hussitenkriegen mit ihrer Vorstellung der Reichsrepräsentanz und der damit verbundenen Entwicklung hin zu einem Kurkolleg zu erklären sei.762 Das Scheitern der halbherzigen militärischen Unternehmungen des römisch-deutschen Königs gegen die Hussiten in den Jahren 1420/21 führte zur massiven Kritik an Sigismund im Reich.763 759 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 20. 760 Der Schiedsspruch König Sigismunds erfolgte am 6. Januar 1420, siehe BEZOLD, König Sigismund, S. 36. Der Deutsche Orden verstand sich als ‚Schild der Christenheit‘ und argumentierte, dass er dieser Aufgabe nur mit einer festen Basis in Preußen nachkommen könne. Auf diese Weise verband der Orden ‚Heidenkampf‘ und Landesherrschaft miteinander, was sich spätestens seit der Zeit der Polnisch-Litauischen Union ab 1386 zu einem immer größeren Konfliktpotenzial auswuchs. Kriegerische Auseinandersetzungen und Verhandlungen wechselten sich in der Folgezeit ab, auch die Verhandlungen auf dem Konstanzer Konzil unter der Vermittlung König Sigismunds blieben ohne Ergebnis. Jürgen Sarnowsky betont, dass König Sigismund zwischen 1412 und 1420 stärker auf eine Verbindung zum polnischen König gesetzt habe, aber, nachdem er 1419 das Erbe als böhmischer König seines Bruders Wenzel IV. angetreten habe, sich wieder auf die Seite des Ordens geschlagen habe, siehe SARNOWSKY, Der deutsche Orden, S. 96. 761 MATHIES, Kurfürstenbund, S. 273. 762 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 442. 763 Andreas von Regensburg, Chronica Husitarum, hg. von GEORG LEIDINGER, Nr. 28, S. 379– 384. Der Herausgeber der Werke Andreas’ von Regensburg, Georg Leidinger, vertritt die Ansicht, dass der Augustiner-Eremit nicht der Verfasser der Rede gewesen sei, sondern nimmt einen unbekannten Autor an. Die Argumentation Leidingers ist nicht zwingend und die Verfasserfrage allgemein von untergeordneter Bedeutung, da sie auch so als Zeugnis für die negative Stimmung im Reich dienen kann.

2.3 Ämter und Dienste zur Inszenierung von Dissens

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Am 23. April 1421 schlossen sich zunächst nur die vier rheinischen Kurfürsten zum Hussitenbund zusammen,764 um in Eigenverantwortung einen Feldzug ohne die Beteiligung des Königs durchzuführen. Den königslosen Tag in Nürnberg im April 1421, auf dem es zu entsprechenden Beratungen kam, besuchten die Hohenzollern nicht.765 Auf dem Tag von Görlitz im Juni 1421 war Friedrich I. dann aber dem Hussitenbund beigetreten, ebenso wie der sächsische Kurfürst.766 Die Verwerfungen zwischen dem Reichsoberhaupt und den Kurfürsten kulminierten zwei Jahre später in der Gründung des Binger Kurvereins am 17. Januar 1424.767 Während sich der Antagonismus zwischen Sigismund und den Kurfürsten seit dem Beginn der 1420er Jahr zunehmend ausprägte, verschärften sich parallel, aber zunächst unabhängig davon,768 auch die Spannungen zwischen dem König und dem Markgrafen von Brandenburg. Nicht nur der bereits in einem anderen Zusammenhang erwähnte Brief Sigismunds an Kurfürst Friedrich I. vom 28. Februar 1421, in dem der König ausdrücklich daran erinnerte, dass er es gewesen sei, der den ehemaligen Burggrafen in seinem Rang erhöht und zu einem Kurfürsten gemacht habe,769 sondern auch eine Reihe ganz gezielter Aktionen Sigismunds, die den Zweck hatten, Friedrich zu schaden, zeugen von dieser Entwicklung. Die massiven Versuche, die Eheschließung mit dem polnischen Königshaus zu hintertreiben, aber auch die Vergabe der sächsischen Kurwürde an die Wettiner im Jahr 1423, die ausdrücklich gegen Friedrich I. gerichtet war,770 können als Belege des 764 RTA 8, Nr. 29, S. 29–31. 765 ANNAS, Hoftag, Bd. 2, S. 250–257. 766 RTA 8, Nr. 49, S. 61–64, hier S. 63. Verschiedene Berichte über den Tag siehe ebd., Nr. 68– 71, S. 80–83. Eberhard Windecke unterstreicht hingegen die Loyalität des Brandenburgers: Im Zuge des Zerwürfnisses zwischen Pfalzgraf Ludwig und König Sigismund habe der Erstgenannte seit 1417 stückweise immer mehr Anhänger gegen den König gewinnen können. Pfalzgraf Ludwig habe bald ein Bündnis der Kurfürsten und anderer Großer wie den Grafen von Katzenelnbogen, von Veldenz, Sponheim, Sayn und Herzog Rainald von Geldern zuwege gebracht, dem beizutreten sich einzig Friedrich I. von Brandenburg geweigert habe, siehe Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 104–105. 767 Die Bundesurkunde ist in zwei Varianten in den Reichstagsakten ediert. Einmal auszugsweise, siehe RTA 8, Nr. 294, S. 344–346, und als vollständiger Abdruck der zweiten, späteren Fassung: RTA 8, Nr. 295, S. 346–351. 768 Das Vorgehen des Brandenburgers stand teilweise sogar im Widerspruch zu den Intentionen der übrigen Kurkollegen, da Friedrich I. den Kontakt mit Polen suchte und ein Bündnis mit dem polnischen König gegen den Deutschen Orden abschloss, siehe BEZOLD, König Sigismund, Teil 1, S. 61. Die übrigen Kurfürsten gingen jedoch insofern mit König Sigismund konform, als sie die Verbindung der Jagiellonen mit den böhmischen Ketzern missbilligten, siehe MATHIES, Kurfürstenbund, S. 79. 769 „Nu merkestu wol, Sindemal wir an dich als grosse Ere und wirdickeyt gelegt vnd dich auch als eynen kurfursten des Romischen Rychs erhebet haben vnd sollest du nu deyn blut also vermengen vnd geben, domyt wir gen dir in widerwertickeyt seyn musten […]“, CDB II, 3, Nr. 1391, S. 393–394, hier S. 394. 770 Weitere Ausführungen dazu in Kapitel 4.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

durchgehend schlechten Verhältnisses des Königs zu dem Fürsten gewertet werden, von dem er im Jahr 1420 noch erklärt hatte, ihn wie einen leiblichen Sohn zu lieben.771 Das bereits erwähnte772 und angeblich von Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt in Umlauf gebrachte Gerücht, Friedrich habe an die rheinischen Kurfürsten geschrieben und diese davon unterrichtet, dass König Sigismund ein Hussit sei und man deshalb ein neues Reichsoberhaupt wählen müsse,773 wird ebenfalls zur weiteren Verschlechterung der Beziehung beigetragen haben. Der Luxemburger soll kurzfristig sogar seine bereits Herzog Albrecht V. von Österreich – dem späteren römisch-deutschen König – versprochene Tochter Elisabeth dem polnischen König als Ehefrau angeboten haben,774 um das Heiratsprojekt des Hohenzollers endgültig zu verhindern. Die Situation in Böhmen hatte sich insofern zugespitzt, als Witold von Litauen durch die hussitisch gesinnten Stände Böhmens die Krone angeboten bekommen und seinen Neffen als seinen Stellvertreter nach Böhmen gesandt hatte, um diese anzunehmen. Dies wiederum beschwor die Gefahr herauf, dass Böhmen in die Hand eines ‚ketzerfreundlichen‘ litauischen Fürsten fallen könne. Die Kurfürsten nutzen die Entwicklung als Hauptargument,775 um für den 15. Juli 1422 einen Tag nach Nürnberg auszuschreiben. Obwohl Sigismund selbst für den 1. Juli zu einem Tag nach Regensburg gerufen hatte, forderten die Kurfürsten den König und die Reichsstände durch ein Anschreiben gemeinsam auf, nach Nürnberg zu kommen, um dort der Hussitengefahr wirksamer zu begegnen und die Abtrennung Böhmens vom Reich zu verhindern. Die eigenständige Verlegung des vom König festgelegten Tagungsortes und -datums stellte dabei einen ziemlichen Affront gegenüber dem Reichsoberhaupt dar.776 Das im Reich umlaufende Gerücht, die Kurfürsten wollten König Sigismund absetzen,777 die Gefahr des Verlustes der 771 PROCHASKA, Codex epistolaris vitoldi, Nr. 882, S. 481–484, hier S. 483. 772 Kapitel 1.2. 773 CDB III, 1, Nr. 112, S. 180–181, hier S. 181. Ein Jahr später wurde seitens der Gegner Friedrichs I. erneut dieses Gerücht gestreut, siehe BERNHARDT, Die Inanspruchnahme, S. 40–41. 774 RIEDEL, Über den Bruch, S. 324–325. 775 RTA 8, Nr. 111, S. 125–126, hier S. 125: „[…] und wann nF soliche sachen die ganzen gemeinen cristenheit anrFren, und zu besorgen ist, wo man dem in zit nit widderstunde, daz daz große swechunge dem heiligen cristlichen glauben brengen und fugen wurde, und dem heiligen riche am dem lande zF Beheim (daz doch ein merglich gelid des richs ist) ein großer abebroche bescheen mochte […]“. Scheinbar befürchteten die Kurfürsten auch die Unterstützung Papst Martins V. für Großfürst Witold, was die Expansionsbestrebungen des Litauers nach Böhmen wesentlich aussichtsreicher gemacht hätte, siehe MATHIES, Kurfürstenbund, S. 84–85. 776 Ebd., S. 83. 777 Diese Befürchtung äußerte auch der Leibarzt des Königs in einem Brief an den Hochmeister des Deutschen Ordens am 25. April 1422: „[…] item so wisset: ist daz unser herre der konig nicht

2.3 Ämter und Dienste zur Inszenierung von Dissens

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böhmischen Krone und das geschlossene und machtvolle Auftreten der sechs Kurfürsten waren schließlich ausschlaggebend dafür, dass Sigismund in der Auseinandersetzung mit den wichtigsten Reichsgliedern einlenken musste. Besonders demütigend wird dabei sicherlich auch die Tatsache gewesen sein, dass der König durch seine Räte noch einmal den erfolglosen Versuch unternahm, die Kurfürsten dazu zu bewegen, zu ihm nach Regensburg zu kommen,778 und sich schließlich dennoch persönlich zu den ihn erwartenden Kurfürsten nach Nürnberg begeben musste. Der Chronist Eberhard Windecke, der als Grund für den Konflikt zwischen König Sigismund und Markgraf Friedrich I. ein Verhältnis zwischen Königin Barbara von Cilli und dem brandenburgischen Kurfürsten angibt,779 vermerkte in seinen Ausführungen zum Nürnberger Tag lapidar, dass der Markgraf, nachdem die Aussöhnung stattgefunden habe, zum Reichsheerführer gegen die Hussiten gewählt worden sei.780 Die Nachricht, die Windecke hier nebenbei einfließen lässt, verdient jedoch eine größere Aufmerksamkeit, vor allem, wenn man die beschriebene Vorgeschichte bedenkt und in Rechnung stellt, dass die Interaktionen zwischen dem König und Markgraf Friedrich I. weiterhin deutlich von Feindseligkeiten geprägt waren. Auf dem Nürnberger Tag hatte offiziell tatsächlich eine Aussöhnung zwischen Sigismund und dem Markgrafen stattgefunden.781 In der Außendarstellung achtete man sehr darauf, ein gutes Verhältnis zu demonstrieren und besonders die Ehre und Würde des Königs in Szene zu setzen. Beispielsweise bereiteten die in Nürnberg versammelten Kurfürsten dem Luxemburger einen ehrenvollen Empfang, indem sie ihm, wie es das Zeremoniell erforderte, entgegenritten.782 Das gegen die Hussiten geplante Vorgehen wurde demonstrativ gemeinsam ausgearbeitet und beschlossen,783 und das, obwohl die Kurfürsten dem Reichsoberhaupt zuvor immer

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wurde komen uf den tag zu Regensburg, als er gelowbt und gesworen hot, so muste ich leider sorge haben, daz mein herre wurde komen von allen seinen kronen und reichen.“ Siehe RTA 8, Nr. 118, S. 129. Ebd., Nr. 123, S. 131–132. Interessanterweise unterstellt Windecke der Königin ebenfalls ein Verhältnis mit Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt: „[…] do wolt er der konigin damit wol gefallen und dienen, das im harnoch zF Fbel kam, als du harnoch wol vinden wurst, wann er verdocht wart mit der koniginne.“ Siehe Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 142. Ebd., S. 151–152. Die Aussage von Windecke verdeutlicht zumindest die eher passive Rolle des Königs, da er dem Markgrafen in diesem Sinne das Amt nicht übertrug, sondern die versammelten Fürsten diesen wählten. Zwei Straßburger Gesandte berichteten am 2. August 1422 davon, siehe RTA 8, Nr. 131, S. 141–143, hier S. 142. König Sigismund informierte den Hochmeister des Deutschen Ordens, Paul von Rusdorf, am 3. September 1422 persönlich von der Versöhnung, ebd., Nr. 178, S. 214–215, hier S. 214. Ebd., Nr. 127, S. 135–136, hier S. 136. Die einmütige Zusammenarbeit wurde im Auftrag des Königs verbreitet, wie aus einem Brief des Hochmeisters des Deutschen Ordens hervorgeht: „[…] hat mich unsir herre koning euch hei-

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

wieder sein passives Verhalten vorgeworfen hatten. Auch die vorangegangenen Auseinandersetzungen um den Tagungsort versuchte man zu kaschieren.784 Aber von einer wirklichen Aussöhnung kann kaum die Rede sein. Darüber kann auch nicht die Tatsache hinwegtäuschen, dass König Sigismund am 21. August 1422 der vier Tage zuvor erneuerten und aus der Zeit Karls IV. stammenden Erbeinung785 zwischen Erzbischof Konrad III. von Mainz, Johann von Würzburg und Markgraf Friedrich I. wieder beitrat.786 Obgleich sich Sigismund erhofft haben mag, durch das Erb- und Schutzbündnis zwei der Königswähler enger an sich zu binden und mit Friedrich I. und dem Würzburger Hochstift eine Basis gegen die Kurfürstenopposition in Franken errichten zu können,787 ging dieser Plan – so er bestanden haben sollte – keineswegs auf. Genauso wie der König gezwungen war, dem Mainzer Erzbischof das Reichsvikariat anzutragen,788 scheint auch die Übertragung des Reichsheerführeramts an den brandenburgischen Kurfürsten am 5. September 1422 keine Wunschbesetzung des Luxemburgers gewesen zu sein, zumal er dem Markgrafen weitestgehend selbstständige Heeresführung und Handlungsfreiheit gegenüber den Hussiten zugestehen musste.789 Die Formulierung, dass Sigismund „[…] des hochgebornen Fridrichs marggravens zu Brandemburg unsers und des richs erczcamrers und burggravens zu Nureinberg unsers rates lieben oheims und kurfurstens redlikeyt vernunft und vestikeyt [erkannt habe] und sunderlich die bewert liebe und trewe die er christemglouben uns und dem riche zu dienen hat, und haben in dorumb mit wolbedahtem

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ssen und befolhen zu schreiben dieweile diesir brief wart geschreben: das her sich mit seinen k=rfursten einmuticlich und eintrechticlich habe geeint und entrichtet also das sie undir enander ganz eins sein, und sie wellen im beistehen und helfen, also will her in widder thun […]“, siehe ebd., Nr. 130, S. 140–141, hier S. 141. Die vom Deutschordensmeister und seinem Statthalter Ludwig von Lansee verfassten Berichte von diesem Tag, aber auch die Ausführungen der Kurfürsten schildern die einvernehmliche Zusammenarbeit sehr eindrücklich, siehe ebd., Nr. 129, S. 137–140, Nr. 130, S. 140–141, Nr. 137, S. 147–149, Nr. 138, S. 150–152, Nr. 177, S. 213–214, und Nr. 178, S. 214–215. MATHIES, Kurfürstenbund, S. 89, Fußnote 11. Die erste Erbeinung war am 20. August 1366 abgeschlossen worden. HHStA Wien, MEA Reichstagsakten Fasz. 1a, fol. 150r–154v. MATHIES, Kurfürstenbund, S. 91. Dies gab Sigismund gegenüber einem städtischen Boten zu, der im März 1423 einen Bericht verfasste, siehe RTA 8, Nr. 230, S. 272. Ebd., Nr. 162, S. 184–185. Unter anderem wurde durch die Urkunde festgelegt: „[…] und, was er ouch also mit allen und iglichen menschen geistlichen und werntlichen edeln und unedeln wer dann oder wie die genant sind in der vorgenanten cron beteydingt machet handelt tGt und uberkommet, in das alles mit seinen brieven zu verschriben, und mit namen alles das zu tund und zu lassen das wir selbs getun und gelassen m=hten ob wir gegenwortig weren […] und was er also tut und tun wirdet und an unserr stat versprichet oder verschreibet, das ist alles unser gut wille und wort.“ Ebd., S. 185.

2.3 Ämter und Dienste zur Inszenierung von Dissens

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mGte gutem rate der vorgenanten unserr kurfursten fursten edler banerherren und getruer […] unsern obristen houptman gemachet und geseczet […],“790

mutet geradezu ironisch an im Hinblick auf die Art und Weise, wie König und Kurfürst bis zum Nürnberger Tag miteinander umgegangen waren. Die Tatsache, dass Sigismund entgegen seiner in der Urkunde vom September 1422 formulierten Verpflichtung den Feldzug seines Reichsheerführers nur sehr wenig unterstützte,791 scheint ebenfalls ein Beleg für die erzwungene Amtsübertragung sein. Die besondere Betonung der freiwilligen Einsetzung des Brandenburgers als Reichsheerführer, die Hervorhebung seiner großen Treue und Liebe gegenüber dem König und die gesamte Inszenierung der Einmütigkeit zwischen Sigismund und den Kurfürsten scheint der Notwendigkeit der Gesichtswahrung und dem Schutz der königlichen Ehre geschuldet,792 jedoch nicht dem tatsächlichen Verhältnis zwischen Sigismund und Friedrich entsprochen zu haben. Dieser Befund korrespondiert mit dem weiteren Verhalten König Sigismunds. Denn dieser kam nicht nur seinen militärischen Verpflichtungen bezüglich der Hussiten nicht nach, sondern machte zudem anlässlich des Todes Albrechts III., des letzten sächsischen Kurfürsten aus dem Hause der Askanier, überaus deutlich, wie wenig er gewillt war, einen erneuten Machtzuwachs der Hohenzollern zu akzeptieren. Markgraf Friedrich hatte aus der Ehe seines Sohnes Johann mit Barbara, der Tochter des 1419 verstorbenen Kurfürsten Rudolf III., umgehend Ansprüche auf Kursachsen angemeldet.793 Er rechnete sich gute Aussichten aus und war gegen Ende Dezember 1422 nach Sachsen gezogen.794 Die Stadt Wittenberg hatte daraufhin die Tore geöffnet, um ihn als Landesherrn zu akzeptieren.795 Die Reaktion des römisch-deutschen Königs ließ jedoch nicht lange auf sich warten, denn am 6. Januar 1423 belehnte dieser den Wettiner Friedrich, Markgraf von Meißen, mit Sachsen und ließ in der Urkunde ausdrücklich festhalten, dass er den Meißner mit allen Mitteln unterstützen wolle, sein Kurfürstentum einzunehmen: 790 Ebd., S. 184. 791 BEZOLD, König Sigismund, S. 116. Erich Brandenburg hat sogar die Behauptung aufgestellt, dass Sigismund sich absichtlich vom Feldzug fernhielt, um wegen der Nürnberger Demütigung Genugtuung zu erlangen, siehe BRANDENBURG, König Sigmund, S. 155. 792 Zu diesem Thema siehe vor allem ALTHOFF, Freiwilligkeit. 793 BEZOLD, König Sigismund, S. 123. 794 Noch am 30. November 1422 hatten ihm Otto und Friedrich von Schlieffen aus Wittenberg einen Brief zukommen lassen, in dem sie den Markgrafen aufforderten, Sachsen einzunehmen. Das Brüderpaar schloss die Aufforderung mit den Worten: „[…] und wez wir uwern gnaden gedinen konden, dez were wir Allezcit bereit.“ Siehe CDB II, 3, Nr. 1432, S. 437. 795 So der Bericht in HEGEL, Magdeburger Schöppenchronik, S. 369.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

„Und wer es auch, das der Hochgeborne Friedrich, Maggraf zu Brandenburg etc. oder jemand anders, wer der wehre, das Herzogthum und Landt zu Sachsen ganz eingenommen hette, so soll der vorgenannt Marggraf Friedrich von Meiszen mit unser Hilf, dem wir auch dazu gethreulich mit aller unser Macht und Vermögen helfen sollen, mit aller seiner Macht dazu thuen, dasz ihm das ein werde und in seine Hände komme, als wir ihme das verlihen haben […].“796

Fünf Tage später erteilte König Sigismund dem neuen sächsischen Kurfürsten zudem eine Vollmacht für den Kampf gegen die Hussiten, die diesem die gleichen Rechte wie dem Brandenburger als Reichsheerführer verlieh.797 Dieses Vorgehen führte die wenige Monate zuvor erfolgte Einsetzung Markgraf Friedrichs in das Reichsheerführeramt ad absurdum, auch wenn keine offizielle Titelübertragung an den sächsischen Kurfürsten stattgefunden hatte. Die drohende militärische Konfrontation zwischen dem Wettiner und Markgraf Friedrich wurde am 23. bzw. 25. Februar 1423 durch einen Kompromiss gelöst: Die Hohenzollern gaben ihre Ansprüche auf Sachsen auf, erhielten dafür 10.000 Schock böhmischer Groschen. Zudem wurde zwischen beiden Häusern ein Schutzbündnis geschlossen.798 Das Verhältnis zwischen König Sigismund und Markgraf Friedrich I. blieb trotz der friedlichen Lösung der Frage um die sächsische Kur denkbar schlecht, was im Nachhinein ebenfalls die Ehre infrage stellt, die der Luxemburger dem brandenburgischen Kurfürsten angeblich durch die Verleihung des Reichsheerführeramtes zuteilwerden lassen wollte.799 In der Folgezeit wird ihre zutiefst gestörte Beziehung auch in wechselseitigen symbolischen Herabsetzungen deutlich, die im Briefverkehr des Jahres 1424 zum Ausdruck kommen: Zu Beginn jenes Jahres nannte König Sigismund Friedrich in einem Brief an König Władysław II. demonstrativ einen ‚Burggrafen von Nürnberg‘,800 verweigerte ihm also Rang und Titel eines brandenburgischen Kurfürsten. Zudem behauptete der Luxemburger in demselben Brief, der Markgraf sei wahrscheinlich der Urheber des fal796 CDB II, 3, Nr. 1633, S. 437–439, hier S. 438–439. Siehe zu dem Vorgang auch RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 450–453. Ganz anders die Schilderung dagegen bei Eberhart Windecke: Nach dem Tod Albrechts III. von Sachsen sei Markgraf Friedrich zwar unverzüglich vom Hussitenfeldzug nach Sachsen gezogen und habe einen Teil des Herzogtums eingenommen. Nachdem Friedrich von Meißen aber bei König Sigismund Protest eingelegt hatte und von diesem daraufhin mit Sachsen belehnt worden war, habe Erich von Sachsen ebenfalls protestiert und um Belehnung gebeten. Der König habe schließlich die Sache von den Kurfürsten auf einem Tag in Frankfurt verhandelt, siehe Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 152. 797 BEZOLD, König Sigismund, S. 134. 798 CDB II, 3, Nr. 1437, S. 445–446, bzw. Nr. 1438, S. 446–448. 799 MATHIES, Kurfürstenbund, S. 93. 800 PROCHASKA, Codex epistolaris vitoldi, Nr. 1123, S. 617–618, hier S. 617.

2.3 Ämter und Dienste zur Inszenierung von Dissens

155

schen Gerüchts, König Sigismund habe den polnischen König als seinen Vasallen bezeichnet.801 Friedrich I. konnte die Rangminderung nicht unerwidert lassen. Im Codex epistolaris Vitoldi Magni Ducis Lithuaniae findet sich ein Bericht über eine markgräfliche Gesandtschaft an den polnischen Hof, die dort am 8. Mai 1424 von König Władysław II. empfangen wurde. In dieser Zeit war es zwischen dem polnischen König und dem Markgrafen ebenfalls zu Unstimmigkeiten gekommen und König Sigismund hatte sich – wenig uneigennützig – in dieser Angelegenheit als Schiedsrichter angeboten. Die markgräflichen Gesandten betonten die klare Ablehnung der königlichen Schiedsrichtertätigkeit durch den Hohenzoller während der Audienz vor dem polnischen König, nicht ohne darauf zu verweisen, dass Kurfürst Friedrich vom ‚König von Ungarn‘ nicht gerichtet werden könne, sondern nur von den übrigen Kurfürsten, seinen Brüdern: „[…] quia prefatum dominum regem Hungarie noscit et sentit sibi iudicem gravem et non favorabilem in hac causa nec sibi competentem, cum ipse non per dominum regem Hungarie sed per ceteros ellectores imperii, frates ipsius, debet iudicari.“802

Indem Kurfürst Friedrich seinerseits Sigismund die Würde eines römischdeutschen Königs absprach und unterstrich, nur die Gruppe der Kurfürsten als Richter über seine Person zu akzeptieren, beantwortete er die Rangminderung in gleicher Weise und trug zur weiteren Verschärfung des Konflikts bei. In der nächsten Zeit folgten abermalige Eskalationsschritte in der Auseinandersetzung. In einem Schreiben an den Hochmeister des Deutschen Ordens im Jahr 1425 behauptete Sigismund sogar, dass Friedrich die Altmark nur pfandweise innehabe, also hier denselben Status besitze wie der Orden in der Neumark,803 und demnach keinerlei Rechte auf die Verfügung über das gesamte Territorium der Mark Brandenburg habe. Am 18. September 1424 hatte Sigismund den Brandenburger zudem vor sein Hofgericht geladen, um dort in der Streitsache zwischen Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt und dem Markgrafen zu verhandeln.804 Auch in 801 Ebd. 802 Ebd., Nr. 1147, S. 639–640, hier S. 639. 803 RIEDEL, Über den Bruch, S. 321–322. Bereits am 25. November hatte Sigismund an den Großfürsten Witold von Litauen geschrieben und diesem angeblich Dokumente vorgelegt, die beweisen sollten, dass Friedrich I. die Mark Brandenburg nur pfandweise innehabe, siehe BRANDENBURG, König Sigmund, S. 187. Außerdem schrieb er den polnischen König an und teilte ihm mit, dass Friedrich I. als Pfandinhaber kein Recht dazu habe, Hedwig von Polen ihr Wittum auf märkische Orte und Dörfer zu verleihen. Siehe dazu den märkischen Gesandtschaftsbericht vom 29. Mai 1425, RTA 8, Nr. 360, S. 423–428, hier Abschnitt 4, S. 426– 427. 804 BRANDENBURG, König Sigmund, S. 187.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

dieser Angelegenheit war der König vollständig von seiner früheren Haltung abgerückt, hatte er doch zuvor den Brandenburger gegen den Wittelsbacher unterstützt. Als im Frühjahr 1425 die Pommernherzöge in die Mark Brandenburg einfielen, die verabredeten Hilfeleistungen von Bündnispartnern ausblieben und der polnische König nun sogar die Angreifer unterstützte,805 wurde die Lage für den Markgrafen so kritisch, dass er sich entschloss, zu dem von Sigismund nach Wien anberaumten Hoftag zu reisen, obwohl die übrigen Kurfürsten fernblieben. Durch die von sieben Vermittlern herbeigeführte Aussöhnung vom 16. März 1426 zwischen Markgraf Friedrich und dem König – unter diesen befanden sich auch der sächsische Kurfürst und der Magdeburger Erzbischof Günther – nahm das Reichsoberhaupt seinen Kurfürsten wieder in seine „koniglich gnade“806 auf. In der Folgezeit waren die massiven Auseinandersetzungen zwar durch die vertraglich fixierte Aussöhnung eingestellt, die Beziehungen blieben aber durch Indifferenz geprägt, von einer Rückkehr zum ursprünglichen Verhältnis kann keine Rede sein. Auf zwei Reichstagen im Februar und Mai 1427 wurde ein erneutes militärisches Vorgehen gegen die Hussiten beschlossen, der Markgraf stellte bei dieser Unternehmung ebenfalls ein Kontingent, nahm jedoch keine führende Position ein.807 Nachdem auch dieser Feldzug gegen die Hussiten für die Reichstruppen durch die Schlacht bei Mies blamabel gescheitert war,808 kam bezeichnenderweise das Gerücht auf, die Ketzer hätten geheime Boten an den brandenburgischen Kurfürsten geschickt und ihm und seinen Söhnen die böhmische Krone angeboten, falls er sich in den militärischen Auseinandersetzungen nicht zu sehr engagiere. Dies habe er daraufhin getan. Hierin sei der Grund für die Niederlage und die ehrlose Flucht der Reichstruppen zu sehen.809 Diese Gerüchte und die Tatsache, dass der Markgraf sich immer vehementer für eine friedliche Lösung mit den Hussiten einzusetzen begann, wirkten sich auf das immer noch strapazierte Verhältnis zu König Sigismund aus. Am 7. September 1429 vergab der König die bis dahin dem Deutschen Orden nur verpfändete Neumark ‚auf ewig‘.810 Auch durch Papst Martin V. über die schweren Vorwürfe gegen sich informiert811 und durch die Entwicklung bezüglich der Neumark besorgt, begab sich Friedrich I. im Herbst 805 806 807 808 809

SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 28. RTA 8, Nr. 376, S. 444–445, hier S. 445. RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 494. BEZOLD, König Sigismund, insbesondere S. 115–122. Das Gerücht wurde König Sigismund durch den Bischof von Olmütz, Johann XII. von Bucca, zugetragen, siehe PALACKY, Geschichte Böhmens, Bd. 3, 2, S. 455. 810 CDB II, 4, Nr. 1527, S. 103–106, siehe auch RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 504. 811 RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 500.

2.3 Ämter und Dienste zur Inszenierung von Dissens

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1429 zusammen mit dem Mainzer Erzbischof zu einem nach Wien einberufenen Hoftag, während die anderen Kurfürsten wieder fernblieben.812 Auf dem Weg zum königlichen Hof nach Bratislava – Sigismund hatte aus Krankheitsgründen nicht nach Wien kommen können – führte der Markgraf seinen fünfzehnjährigen Sohn Albrecht im Gefolge mit sich.813 Dieser sollte Edelknabe am Hof Königin Barbaras von Cilli werden und hat dieses Ehrenamt auch tatsächlich bis zum Jahr 1431 ausgeübt.814 Die Tätigkeit als Edelknabe der Königin diente ganz offensichtlich nicht nur der höfischen Ausbildung des jungen Markgrafen,815 sondern muss als Versuch angesehen werden, das erneut schwer belastete Verhältnis zum Reichsoberhaupt zu normalisieren. Bereits Erhard Waldemar Kanter hat darauf hingewiesen, dass die Übernahme des Edelknabenamts durch Markgraf Albrecht „nach der vorausgegangenen Entzweiung ein Zeichen seines Vertrauens für den König, ein Pfand für die Dauer ihrer Versöhnung“816 dargestellt habe. Diese Einschätzung Kanters scheint durchaus realistisch zu sein und entsprach zudem gängiger mittelalterlicher Praxis, auf das persönlichste Mittel der Vertrauensbildung zurückzugreifen, das denkbar ist. Bedenkt man, dass im Rahmen von kriegerischen Auseinandersetzungen häufig Geiseln aus den Familien der Konfliktparteien das Wohlverhalten der Gruppen während der Verhandlungen sicherten817 und es durchaus üblich war, dass der Frieden zwischen zuvor verfeindeten Gruppen gewährleistet wurde, indem man Frauen der einen Partei mit Männern der anderen verheiratete,818 dann scheint auch die Klassifizierung Markgraf Albrechts als eine Art obses pacis zwischen König und Kurfürst gerechtfertigt zu sein. Tatsächlich zeigt sich eine deutliche Entspannung in der Interaktion zwischen König Sigismund und Markgraf Friedrich I. in der Folgezeit, die schließlich auch dazu führte, dass der König dem brandenburgischen Kurfürsten am 26. Juni 1431 erneut das Amt des Reichsheerführers übertrug. Drei Tage später erfolgten in der Nürnberger

812 Auch Eberhard Windecke vermerkt das Ausbleiben der anderen Kurfürsten explizit in seiner Chronik, verlegt den Hoftag jedoch nach Nürnberg und nicht nach Wien, siehe Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 189. 813 SCHUSTER/WAGNER, Die Jugend, S. 115. 814 Der Kurfürst berichtet selbst über seine Zeit am Hof der Königin, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 119, S. 135–137, hier S. 136. 815 Stellvertretend zu dieser weitgefassten Thematik siehe PARAVICINI, Zur Einführung, bzw. SPIEß, Reisen, insbesondere S. 39–40. 816 KANTER, Markgraf Albrecht, S. 110. 817 ALTHOFF, Verwandte, S. 187. 818 ALTHOFF, Heinrich IV., S. 208. Allgemein zur Thematik der Geiselstellung im Mittelalter siehe KINTZINGER, Geiseln.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

St. Sebalduskirche die zeremoniellen Vorbereitungen für den ‚Ketzerkreuzzug‘, wie ein unbekannter Nürnberger Chronist berichtete: „Item in demselben jar an sant Peter und Paulus tag da gab der cardinal Julianus dem markgraffen von Brandemburg das creucz mit samt seiner ritterschaft zu sant Sebolt vor dem altar in dem kor, dabey was der kunig und ander herschaft.“819

Der durch seine Nähe zum königlichen Hof gut informierte Eberhard Windecke hebt in seiner Chronik hervor, dass verschiedene Fürsten mit ihren Heeren noch nicht zu den in Böhmen kämpfenden Truppen der Reichsfürsten gestoßen waren – unter ihnen ebenfalls Markgraf Friedrich I. –,820 als die Hussiten am 14. August 1431 den Heeren des Reiches bei Taus eine bittere Niederlage beibrachten und die aufgeriebenen Truppen unehrenhaft die Flucht ergriffen. Windecke scheint darin einen der Gründe für die Niederlage gesehen zu haben. Obgleich andere Quellen von der Anwesenheit des Reichsheerführers in Taus berichten,821 hat Windecke möglicherweise die vorherrschende Stimmung am Königshof zur Deutung der Ereignisse des Reichskrieges wiedergegeben. Denn trotz des Scheiterns dieses Prestigeprojektes des Kaisers blieb Markgraf Friedrich I. die Gunst Sigismunds erhalten, was verschiedene Übertragungen wichtiger Aufgaben an den Markgrafen in der Folgezeit belegen.822 Unter anderem beauftragte er ihn auf dem Basler Konzil, als sein Stellvertreter mit den Hussiten über eine friedliche Konfliktlösung zu verhandeln.823 Besonderer Ausdruck der Wiederherstellung des guten Einvernehmens war einerseits die Beteiligung des Kaisers an der Stiftung einer Ehe zwischen Barbara von Brandenburg und Markgraf Ludovico Gonzaga von Mantua im Jahr 1433824 und andererseits die Ernennung eines Sohnes des Brandenburger Kurfürsten, Markgraf Friedrich II., zu seinem Stellvertreter auf dem Basler Konzil am 29. September 1434.825 Hierbei handelte es sich wohl um ein Ehrenamt im wahren Wortsinne: Obgleich die Anwesenheit Friedrichs II. zusammen mit

819 Siehe KERN, Chronik aus Kaiser Sigismunds Zeit, S. 382. Mit dem Kardinal Julianus war Kardinal Giordanus Orsini, der Legat Papst Eugens IV. auf dem Basler Konzil, gemeint. 820 Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 317. 821 RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 519. 822 Zum Beispiel ließ der König den Markgrafen verschiedene Truppen für seinen Italienzug zusammenstellen, siehe Regesta Imperii, Bd. 11, 2, Nr. 9240, S. 501. Der Markgraf fungierte außerdem im Namen des Königs wiederholt als Schiedsrichter, siehe zum Beispiel ebd., Nr. 9139, S. 633, oder als vorsitzender Richter im Hofgericht, ebd., Nr. 9753, S. 701. 823 RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 519–520. 824 SEVERIDT, Familie, S. 233. 825 Die Ernennungsurkunde siehe CDB II, 4, Nr. 1551, S. 137–139. Sigismunds Empfehlung an das Konzil ebd., Nr. 1552, S. 139.

2.3 Ämter und Dienste zur Inszenierung von Dissens

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seinem Vater in den Jahren 1433 und 1434 in Basel mehrfach belegt ist,826 scheint sich im Namen Kaiser Sigismunds lediglich der Kurfürst in das Konzilsgeschehen eingemischt zu haben. Denn obgleich auch die Chronistik vermerkte, dass „Item 1434 am freitag nach sant Michels tag do fur der kaiser von Regenspurg weck ab auf der Donaw gen Ungern und machet vicarier des reichs den jungen marggraf Friderich von Brandenburg“,827

scheint der junge Markgraf das Amt nie ausgeübt zu haben. Nicht nur, dass sich keine entsprechenden Quellenbelege für eine Konzilstätigkeit Friedrichs II. finden lassen, am 15. Dezember 1434 schrieb Kaiser Sigismund an Kardinal Giordanus Orsini, dass er an die Bestellung eines Stellvertreters für das Basler Konzils denken müsse.828 Der Vergleich der beiden Einsetzungen Markgraf Friedrichs I. in das Amt des Reichsheerführers in den Jahren 1422 und 1431 hat vor dem Hintergrund des jeweiligen historischen Kontextes deutlich gemacht, wie unterschiedlich die Vergabe von Ehrenämtern zu bewerten ist. Die Beispiele zeigten, dass die politische Stärke des Reichsoberhaupts im Verhältnis zu den Kurfürsten eine entscheidende Rolle für die Übertragung spielte. Bei der Verleihung des Reichsheerführeramts im Jahr 1422 an den brandenburgischen Kurfürsten ging es weniger um die ehrenvolle Auszeichnung eines verdienten Reichsfürsten, vielmehr war es der Druck der versammelten Kurfürsten in Nürnberg, der den König zu dieser Entscheidung zwang.829 Die zweite Übertragung des Reichsheerführeramtes erfolgte unter völlig anderen politischen Vorzeichen: Nach einer Reihe von Versuchen, das Verhältnis zu König Sigismund zu verbessern und damit auch eigene politische Ambitionen weiter verfolgen zu können, zwang die Zuspitzung der Situation – das Gerücht, er habe gemeinsame Sache mit den Hussiten gemacht, das sogar zu Papst Martin V. vorgedrungen war, und die Übergabe der Neumark durch Sigismund an den Deutschen Orden – zu einem deutlicheren Schritt gegenüber dem unversöhnlichen Reichsoberhaupt. Als Zeichen des höchsten Vertrauens und als Symbol des aufrichtigen Wunsches, sich mit dem König zu versöhnen, schickte der Brandenburger seinen Sohn Albrecht an den königlichen Hof, der dort für 826 827 828 829

Zum Beispiel für den 17. Dezember 1434, siehe RTA 11, S. 173. VON KERN, Chronik aus Kaiser Sigismunds Zeit, S. 395. RTA 11, Nr. 248, S. 467–470, hier S. 468, Fußnote 7. Die besondere Position Markgraf Friedrichs I. im Reich und in Bezug auf König Sigismund wird den Ausschlag für die übrigen Kurfürsten gegeben haben, siehe dazu auch MATHIES, Kurfürstenbund, S. 78–82.

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2. Symbolische Dienste, Ehrenämter und Verdienstadel

einige Zeit den Ehrendienst eines Knappen der Königin ausüben sollte. Die Einsetzung Friedrichs I. als Reichsheerführer erfolgte nur kurze Zeit nachdem sein Sohn nach Franken zurückgekehrt war. Diesmal hatte Sigismund die Entscheidung allein getroffen, da die kurfürstliche Opposition nun nicht mehr in der Lage war, so geschlossen aufzutreten wie noch zu Beginn der 1420er Jahre. Die Übertragung des Stellvertreteramtes für das Basler Konzil an Markgraf Friedrich II. stellte wiederum eine höchst ehrenvolle Auszeichnung dar, die jedoch mit keinerlei realer Amtsausübung verbunden war. Sie markierte vor allem das gute Einvernehmen zwischen den Hohenzollern und Sigismund in den letzten Regierungsjahren des Kaisers.830

830 RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 525–531.

3. Vernetzung als Mittel der Etablierung innerhalb der Gruppe der Standesgenossen und in den Territorien 3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Das Thema der Ämter und Dienste als soziales Distinktionsmittel in der öffentlichen Inszenierungspraxis der Hohenzollern und als diskursive Legitimationsstrategie in Konflikten mit ihren Standesgenossen stand in den vorangegangenen Kapiteln im Zentrum der Betrachtungen. Damit war vor allem das vertikale Beziehungssystem der Dynastie angesprochen, denn zentraler Bezugspunkt für die Bemühungen um einen dynastischen Statusgewinn war insbesondere der König, seltener das Reich, da es sich als abstrakte Größe unabhängig vom König erst im Verlauf des 15. Jahrhunderts durchzusetzen begann.831 Die Übernahme von Diensten und Ämtern diente der Stärkung der persönlichen Beziehungen zum Reichsoberhaupt. Zusätzlich aber – auf horizontaler Ebene – fungierten die Standesgenossen als Publikum und Adressaten der erlangten Auszeichnung bzw. dieser Form der Selbstinszenierung, da es für eine dauerhafte Fundierung der neuen Position entscheidend war, die Zustimmung der anderen Großen zu erlangen. Wenn nun im Folgenden verschiedene Aspekte der Netzwerkbildung832 der ersten drei hohenzollerischen Kurfürsten näher analysiert werden, dann geht es hier verstärkt um jene zweite, horizontale Ebene des Beziehungssystems, die so entscheidend für die Zugehörigkeit zur höchsten reichsfürstlichen Elite war. Wie bereits Dieter Mertens für Graf Eberhard den Älteren von Württemberg am Ende des 15. Jahrhunderts festgestellt hat, war es bei einer Fürstenerhebung vor allem wichtig, dass „die fürstli831 832

Krieger, König, Reich und Reichsreform, S. 36, siehe auch SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 438–443. Zentral für die historische Netzwerkforschung ist das von Wolfgang Reinhard aus der Sozialwissenschaft respektive aus der mikrosoziologischen Sozialpsychologie bzw. Sozialanthropologie übernommene Konzept der ‚Verflechtungsanalyse‘: siehe REINHARD, Freunde und Kreaturen, bzw. den gleichnamigen Aufsatz von 1997: DERS., Freunde und Kreaturen. Reinhard lehnt den Begriff des ‚Netzwerkes‘ ab und schlägt stattdessen den Begriff der ‚Verflechtung‘ vor, siehe REINHARD, Freunde und Kreaturen (1997), S. 290. Seine zentrale These ist, dass „Führungsgruppen […] nicht in erster Linie durch gleiche soziale Daten ihrer Mitglieder konstituiert [sind], sondern durch die soziale Verflechtung dieser Mitglieder, weil dadurch Interaktion ermöglicht, begünstigt, kanalisiert wird. ‚Konstituiert‘ heißt sowohl ‚rekrutiert‘ als auch ‚integriert‘.“ Siehe ebd. Ungeachtet der kritischen Position Reinhards sollen in diesem Kapitel die Begriffe ‚Netzwerk‘ und ‚Verflechtung‘ bzw. ‚Vernetzung‘ gleichermaßen gebraucht werden.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

chen Standesgenossen den neuen Herzog akzeptieren und ihm in ihren Reihen einen genau definierten Platz einräumen“,833 und so waren „die neuen Standesgenossen […], im Unterschied zu den ehemaligen, sehr wohl daran interessiert, die den bisherigen Stand übersteigende Vornehmheit, ja fast die Ebenbürtigkeit des Gefürsteten festzustellen. Sie waren deswegen die eigentlichen Adressaten der Hinweise für das fürstenmäßige Herkommen“834 der Dynastie. Diese Einschätzung lässt sich auch ohne Weiteres auf die Situation der Hohenzollern übertragen, die erst durch die Verleihung der Mark Brandenburg tatsächlich in den Kreis der Reichsfürsten aufgestiegen waren. Der Grund für das Interesse der neuen Standesgenossen kann mit einer allgemeinen Tendenz sozialer Gruppen erklärt werden, die bei elitären Zusammenschlüssen835 besonders ausgeprägt ist: Denn soziale Institutionen, die eine symbolische Wirklichkeit schaffen, wie dies beispielsweise bei der Konstruktion von ‚Adel‘ der Fall ist, tragen den „Zauber des Geweihten“836 in sich, der durch gegenseitiges Kennen und Anerkennen geschaffen wird. „Mit der gegenseitigen Anerkennung und der damit implizierten Anerkennung der Gruppenzugehörigkeit wird so die Gruppe reproduziert; gleichzeitig werden ihre Grenzen bestätigt, d. h. die Grenzen, jenseits derer die für die Gruppe konstitutiven Austauschbeziehungen (Handel, Kommensalität, Heirat) nicht stattfinden können. Jedes Gruppenmitglied wird so zum Wächter über die Gruppengrenzen: Jeder Neuzugang zur Gruppe kann die Definition der Zugangskriterien in Gefahr bringen, denn jede Form der Mésalliance kann die Gruppe verändern, indem sie die Grenzen des als legitim geltenden Austausches verändert. […] [D]enn mit der Einführung neuer Mitglieder in eine Familie, einen Clan oder einen Club wird die Definition der ganzen Gruppe mit ihren Grenzen und ihrer Identität aufs Spiel gesetzt und von Neudefinitionen, Veränderungen und Verfälschungen bedroht.“837

Durch diese Form der Gruppenbildung wird wiederum ständische Qualität erzeugt, wobei beim Adel vor allem das Kriterium der Herkunft entscheidend für Zugehörigkeit ist und war.838 In den „wechselseitigen Verschränkungen von Normen und Vorstellungen über ‚Welt‘ und ‚Gesellschaft‘, von Formen des Handelns und von spezifischen Institutionen“ bedeutet 833 834 835 836 837 838

MERTENS, Der Fürst, S. 82. Ebd. Zu den Besonderheiten des Adels als sozialer Gruppe siehe SIMMEL, Soziologie, S. 816–831. BOURDIEU, Die verborgenen Mechanismen, S. 65. Ebd., S. 66. OEXLE, Soziale Gruppen, S. 21.

3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

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„jede ‚Form’ von Gruppenbildung […] eine spezifische ‚Kultur‘“.839 Dies gilt auch für den spätmittelalterlichen Adel. Gerade Aufsteigern wird aus diesem Grund eine enorme soziale „Anerkennungsarbeit“ abverlangt, bedenkt man die strengen normativen Ordnungsvorstellungen, die dieser Epoche insgesamt, aber besonders dem Stand des Adels eigen waren.840 Um nun auf der Ebene der Standesgleichen die Akzeptanz und Aufnahme in die Gruppe zu erreichen, stellten in der Vormoderne unter anderem verschiedene Formen von Bündnisbildung ein geeignetes Instrument für die Erzeugung von Zugehörigkeit dar. Sie sind dabei zugleich Mittel und Indikator der Anerkennung, da die erfolgreiche Bündnisbildung bzw. Vernetzung unter bestimmten Bedingungen dazu führen konnte, eine Steigerung des gesellschaftlichen Ansehens zu erzeugen, und gleichzeitig deutlich machte, dass die anderen Großen geneigt waren, die betreffende Person als gleichwertigen Partner zu akzeptieren. Neben dieser Funktion von Bündnisbildung bestehen weitere, die ebenfalls von erheblicher Bedeutung für die jeweiligen Akteure waren und aus diesem Grund auch im Zusammenhang mit der hohenzollerischen Bündnispolitik von einigem Interesse sind. Diese Arten von Etablierungsstrategien nehmen erneut auch die vertikale Beziehungsebene in den Blick, jedoch unter einer gänzlich anderen Perspektive als bei der Frage der Dienste und Ämter für König und Reich. Unter der Perspektive der Bündnisbildung sind die Hohenzollern, nicht das Reichsoberhaupt, Ausgangspunkt der Betrachtungen, denn ihre Vernetzungsarbeit vor allem mit dem Niederadel in ihren Territorien, aber auch mit weiteren, standesungleichen sozialen Gruppen muss gleichermaßen untersucht werden, war es doch notwendig, in den fürstlichen Herrschaftsgebieten, vor allem in einem neuen Territorium wie der Mark Brandenburg, die fürstlichen Machtansprüche durchzusetzen. Bündnisse mit dem Reichsoberhaupt kamen durchaus auch vor, sollen jedoch unter einem anderen Gesichtspunkt analysiert werden.841 Die Bedeutung von Bündnissen und personalen Formen von Herrschaft im Mittelalter sind bereits seit längerer Zeit Allgemeingut der historischen Forschung. Die ‚Entdeckung‘ des ‚Personenverbandsstaats‘842 insbesondere durch deutsche Historikerinnen und Historiker seit den 1930er Jahren und die damit einhergehende Verabschiedung der Vorstellung eines 839 840

841 842

Ebd., 25. Siehe LUHMANN, Die Gesellschaft, insbesondere S. 679, und OEXLE, Die funktionale Dreiteilung. Sogar das Jenseits war in die strikten Ordnungsvorstellungen eingeschlossen und stellte sich als neunstufige Hierarchie dar, siehe hierzu DINZELBACHER, Klassen und Hierarchien. Diese Formen der Interaktion mit dem König untersucht das Kapitel 4. So lautet der Titel eines Unterkapitels bei Gerd Althoff, das die Forschungsgeschichte zur der Thematik zusammenfasst, siehe ALTHOFF, Verwandte, S. 5–9.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

‚institutionellen Flächenstaats‘843 für die Zeit des Mittelalters war zunächst sehr stark durch die Ideologie des Nationalsozialismus geprägt.844 Vor diesem Hintergrund entstanden Arbeiten, welche die Auffassung vertraten, dass sich das deutsche Mittelalter besser durch Prinzipien wie ‚Führer und Gefolgschaft‘ oder ‚Ganzheit‘ und ‚Gemeinschaft‘ umschreiben ließe, und die bis zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden Ansichten der Forschung über den mittelalterlichen Staat als Illusion einer liberal-konstitutionellen Gesinnung zu entlarven suchten.845 Trotz der häufig tendenziösen Interpretation eines mittelalterlichen ‚Personenverbandsstaates‘ war die Erkenntnis für die Verfassungsgeschichte entscheidend, dass eine Fokussierung auf Personenverbände der Verfassungswirklichkeit dieser Epoche eher gerecht werden könne als die Beschreibung einer von modernen Institutionen geprägten Gesellschaft in mittelalterlicher Zeit.846 Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war aufgrund der geänderten Sichtweise auf die mittelalterlichen Verfassungsverhältnisse das Interesse der mediävistischen Forschung an der Gruppen- und Verbandsbildung bzw. allgemein am Thema der personellen Bindungen weiterhin ungebrochen.847 Die neuere Forschung seit den 1990er Jahren betont ebenfalls die enorme Bedeutung von Gruppen und personalen Bindungsformen für die Epoche des Mittelalters und sieht in diesem Zugriff eine Möglichkeit, große Bereiche der mittelalterlichen Gesellschaft analysierend zu durchdringen.848 Dies gilt 843

844 845 846 847

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Als ein prominenter Vertreter der Vorstellung von einem ‚staatlichen‘ Charakter der deutschen Verfassung im Mittelalter und damit einhergehend der Überzeugung, dass der Staat des Mittelalters ein Staat im modernen Sinne gewesen sei, muss GEORG VON BELOW mit seinem Hauptwerk Der deutsche Staat des Mittelalters genannt werden. Für einen kurzen Abriss der in dieser Zeit entstandenen Arbeiten siehe ALTHOFF, Verwandte, S. 5–7. MÜLLER-MERTENS, Die Reichsstruktur, S. 32–33. ALTHOFF, Verwandte, S. 7. So beschäftigte sich beispielsweise Otto Brunner auch nach dem Zweiten Weltkrieg unter geänderten Vorzeichen weiterhin mit Fragen über das Zusammenleben von Menschen in sozialen Gruppen: BRUNNER, Das Problem. Aber es entstanden auch weitere Arbeiten zu der Thematik unter anderen Gesichtspunkten, stellvertretend sei hier genannt: BORST, Lebensformen. Zu der Thematik der ‚Gruppe‘ und generell zur Bedeutung der personellen Bindungsformen für den mittelalterlichen Adel siehe ALTHOFF, Verwandte; DERS., Amicitiae; OEXLE, Soziale Gruppen; DERS., Kulturwissenschaftliche Reflexionen; JUSSEN, Erforschung; vor allem aber auch GARNIER, Amicus. Claudia Garnier, die vom Quellenbegriff der amicitia bzw. fruntschaft ausgeht, spricht in Bezug auf die Bündnispolitik mittelalterlicher Fürsten von einer funktionalen Kongruenz herrschaftlicher, genossenschaftlicher und verwandtschaftlicher Bindungsformen, die sich auch in einer begrifflichen Übereinstimmung niedergeschlagen hätte, siehe GARNIER, Amicus, S. 64. Eine weitere mehrdimensionale Untersuchung der bündnispolitischen Bemühungen mittelalterlicher Fürsten aus jüngerer Zeit bietet Oliver Auge. Er untersucht im Rahmen seiner Habilitationsschrift die Bündnis- und Koalitionspolitik der Herren von Mecklenburg, Werle, Pommern und Rügen von 1283 bis in die 1520er Jahre als einen

3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

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umso mehr, als für die mittelalterlichen Menschen Gruppen und Gemeinschaften in verschiedensten Formen omnipräsent waren, denn bereits durch die Geburt waren sie Mitglied einer Sippe, eines Stammes oder eines Geschlechts. Netzwerke sowohl verwandtschaftlicher, freundschaftlicher als auch herrschaftlicher Art wurden vom Vater übernommen, und durch das Eingehen von Lehnsverpflichtungen oder den Abschluss von Bündnissen ergaben sich weitere und wechselnde Beziehungsgeflechte.849 Bereits der Hinweis auf ein Hauptcharakteristikum der mittelalterlichen Epoche, das Vorhandensein von nur rudimentär ausgeprägten staatlichen Strukturen, macht den hohen Stellenwert von Gruppenbeziehungen in einer solchen Gesellschaftsform evident. Personelle Beziehungsgeflechte „[…] garantierten in einer prinzipiell friedlosen Gesellschaft einen Raum friedfertigen Verhaltens, der Unterstützung und Hilfe in allen Lebensbereichen.“850 Neben Schutz und Unterstützung ermöglichte die Einbindung in Netzwerke zudem, generell an politischen Entscheidungsprozessen zu partizipieren und Herrschaft auszuüben.851 Die soziale Praxis des Mittelalters macht somit deutlich, dass das Eingebundensein in soziale Netzwerke auf fundamentale Weise den Handlungsspielraum der gesellschaftlichen Akteure bestimmte und ihren Platz in der sozialen Ordnung definierte. Grundsätzlich lassen sich drei verschiedene Arten von Beziehungsverhältnissen unterscheiden:852 Neben der Verwandtschaft sind hier sowohl genossenschaftlich strukturierte Verbindungen, wie sie Gilden oder geschworene Einungen darstellen, zu nennen als auch herrschaftliche Beziehungsgeflechte, wie sie zwischen Lehnsherr und Lehnsmann bestanden.853 Die parallele Einbindung in unterschiedliche Beziehungsverhältnisse war dabei der mittelalterliche Normalfall, der Adelige war sowohl Teil einer Herrschaftsbeziehung als auch durch Freundschaftsbündnisse oder

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Aspekt des Handlungsspielraumes dieser Fürsten, siehe AUGE, Handlungsspielräume, S. 41– 60. ALTHOFF, Verwandte, S. 2. Ebd. GARNIER, Politik, S. 36, oder auch ALTHOFF, Die Erhebung, S. 6. Wolfgang Reinhard unterscheidet im Rahmen seiner Verflechtungsanalyse hingegen „vier Gattungen persönlicher Beziehungen, die als potentielle Träger von Interaktionen eine besonders hervorragende Rolle spielen“, und zwar Verwandtschaft, Landsmannschaft, Freundschaft und Patronage, siehe REINHARD, Freunde und Kreaturen (1997), S. 305. Zu den differenzierten Beschreibungen der vier Gattungen und ihrem Verflechtungspotenzial siehe ebd., S. 305–309. Grundsätzlich möglich ist auch eine analytische Zweiteilung, wie sie Otto Gerhard Oexle vornimmt, der zwei Grund-Typen von Gruppenbildung definiert. Oexle unterscheidet diejenigen Gruppen, die aufgrund realer oder imaginierter Verwandtschaft bestehen, und diejenigen, die durch Vereinbarungen soziale Verbindungen herstellen, da sie nicht miteinander verwandt seien und deswegen durch Konsens oder Vertrag ein dauerhaftes Verhältnis herstellen müssten, siehe OEXLE, Soziale Gruppen, S. 19.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Schwurvereinigungen mit seinen Standesgenossen verbunden. Durch dynastische Heiraten oder andere Formen der Verwandtschaftskonstruktion erfuhren die adeligen Netzwerke und Verpflichtungen eine enorme Vervielfältigung, wobei die Beziehungen nicht nur stetiger Pflege bedurften, sondern auch ständiger Veränderung unterworfen waren, da Verpflichtungen häufig mit dem Tod eines Partners beendet wurden.854 Die Absicherung adeliger Partnerschaften und Allianzen erfolgte nicht gerade selten über eine bewusste Verdopplung der Verpflichtungen, indem etwa Bündnisverträge durch Heiratsverbindungen gestärkt wurden855 oder umgekehrt dynastische Verbindungen durch vertragliche Abmachungen weitere Fixierungen erfuhren.856 Die Intentionen und Strategien solchen Handelns liegen klar auf der Hand, sodass die Gesamtheit dieser Maßnahmen als Bündnispolitik und Form politischer Netzwerkbildung des spätmittelalterlichen Adels klassifiziert werden kann. Reinhart Koselleck hat darauf verwiesen, dass der Begriff des Bündnisses in jenes „stark besetzte Wortfeld“ gehört, „[…] in dem sich Einung, Einigung, Gelübde, Verständnis, Frieden, Freundschaft, Bruderschaft, Gesellschaft, Genossenschaft […] und ähnliche Ausdrücke der spätmittelalterlichen Rechtssprache überlappen.“857 Ein trennscharfer Gebrauch der Begriffe erscheint dadurch fast unmöglich,858 und die mittlerweile umfangreiche historische Forschung zu

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ALTHOFF, Die Erhebung, S. 8. SPIEß, Familie und Verwandtschaft, insbesondere S. 410. Zu den verschiedenen Funktionen, die Eheschließungen erfüllen konnten, siehe auch MEDICK/SABEAN, Emotionen und materielle Interessen. Mit Vorsicht zu genießen sind hingegen die Ausführungen bei SCHRÖTER, Sozio- und psycho-genetische Studien. Wie pragmatisch man diese Mittel einsetzte, zeigt das Beispiel Herzog Ludwigs II. von Bayern und des böhmischen Königs Wenzel II., die, obwohl durch Blutsverwandtschaft und Verschwägerung bereits miteinander verbunden, als Begründung für ein politisches Bündnis zwischen ihnen ins Feld führten, dass ein dreifaches Seil schwerer reiße als ein doppeltes. Das Beispiel bei GARNIER, Politik, S. 49. KOSELLECK, Art. ‚Bund‘, S. 584. Natürlich zeigen sich Unterschiede der einzelnen Bündnisformen. So definiert Klaus Rupprecht ‚Einungen‘ beispielsweise als „ein Bündnis von lokalen Herrschaftsträgern auf Zeit […], geschlossen zumindest auf der Basis eines Vertrages – wenn nicht als Schwurgemeinschaft –[,] sich einem gemeinsamen Recht unterstellend und, wenn auch in ganz engem Rahmen, eigene Institutionen ausbildend.“ Rupprecht weist jedoch darauf hin, dass es sich beim Einungswesen um keine vorgegebene Verfassungsform handelte, sondern dieses stets von den herrschenden politischen Verhältnissen maßgeblich bestimmt war, siehe RUPPRECHT, Vom Landfriedensbündnis, S. 102. Zentral beim Einungswesen bleibt der Schwur, der bei anderen Formen der Bündnisbildung bzw. Vernetzung fehlt. Ernst Schubert grenzt auch deswegen ‚Landfrieden‘ als interterritoriale Gestaltung mit Schwurverband, eigenen Behörden und einem eigenen Gebotsbereich von einfachen Fürstenbündnissen ab, denen es an diesen gemeinsamen Instanzen in der Regel mangelte, siehe SCHUBERT, Die Landfrieden, S. 128–129.

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diesem Thema859 konnte zeigen, dass Bündnisbildung in den verschiedenartigen Formen von Privilegienverleihungen, Schutzbündnissen, Lehnsverpflichtungen, Landfriedens- und Neutralitätsabkommen, Erbeinungen,860 aber auch Heiratsverbindungen,861 Gebetsverbrüderungen862 oder Schwureinungen863 erscheint. Aus diesem Grund erscheint der sehr viel weiter gefasste, aber auch unspezifischere Begriff der ‚Netzwerkbildung‘ bzw. des ‚Netzwerkes‘ durchaus geeignet, um die unterschiedlichen Phänomene unter einem Oberbegriff zu versammeln. Zumal die hier untersuchten Netzwerke nicht als Instrumente der territorialen Friedenssicherung im Mittelpunkt des Interesses stehen, sondern als Möglichkeit, sich in der Gruppe der Standesgenossen zu behaupten. Da adelige Netzwerkbildung im späten Mittelalter also in unterschiedlicher Weise begegnet, gibt es, neben der analytischen Unterscheidung auf Grundlage der Qualität der Verbindung in Netzwerken verwandtschaftlicher, freundschaftlicher oder genossenschaftlicher Art, je nach Erkenntnisinteresse weitere Möglichkeiten der Einteilung: Denkbar sind sowohl Klassifizierungen anhand der Funktionen864 der verschiedenen Bündnisformen, Unterscheidungen gemäß der ständischen Zusammensetzungen der Zusammenschlüsse865 als auch die Möglichkeit, die unterschiedlichen Arten und Formen der Vernetzung als entscheidendes Kriterium in den Blick zu nehmen. Letztere Form der Kategorisierung erscheint insofern geeignet, einen Beitrag zur Erklärung des Aufstiegs und der Etablierung der Hohenzollern im 15. Jahrhundert zu leisten, als es so möglich wird, neben den ‚klassischen‘, instrumentellen Formen der Bündnispolitik auch 859

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In neuester Zeit hat Mario Müller in seiner Dissertation die Forschungsdiskussion unter dem Schlagwort ‚Freundschaftsverträge‘ nachgezeichnet und ist dabei auch auf die Abgrenzung der unterschiedlichen Begriffe eingegangen, siehe MÜLLER, Besiegelte Freundschaft, S. 77–90. Hier sei zunächst nur auf den einschlägigen Artikel in den Geschichtlichen Grundbegriffen von Reinhart Koselleck verwiesen: KOSELLECK, Art. ‚Bund‘, S. 584, und auf SELLERT, Art. ‚Erbvertrag‘, besonders Sp. 984–985; auf die weitere historische Literatur wird an der jeweiligen Stelle Bezug genommen. Insbesondere für die Erbeinungen der Hohenzollern im Rahmen des sogenannten Glogauer Erbfolgestreits ist die Dissertation Mario Müllers maßgeblich, siehe MÜLLER, Besiegelte Freundschaft. SPIEß, Familie und Verwandtschaft, oder MORAW, Das Heiratsverhalten, S. 115–140. Die Studien des Historikerkreises um Karl Schmid konnten beispielsweise nachweisen, in welch großem Umfang in den Verbrüderungsbüchern des Früh- und Hochmittelalters Bündnisse und Einungen der Zeit ihren Niederschlag gefunden haben: SCHMID/ WOLLASCH, Societas; SCHMID, Gedächtnis; DERS., Das liturgische Gebetsgedenken; oder ALTHOFF, Unerforschte Quellen. DILCHER, Genossenschaftliche Gruppen, oder OEXLE, Gilde und Kommune. MORAW, Die Funktion. Zum Beispiel in einer dialektischen Unterscheidung von vertikalen und horizontalen Bündnisformen.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

nach den kulturellen bzw. symbolischen Vernetzungsstrategien innerhalb des Hochadels zu fragen. Als Schlüsselkriterium der Unterscheidung dient hierbei die vertragliche Fixierung866 der Vernetzung, die den kulturellen Formen der Bündnisbildung gegenübergestellt werden soll, bei denen vertragliche Elemente entweder gar nicht vorhanden waren oder eine untergeordnete Rolle spielten, die aber ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Etablierung innerhalb der Gruppe der Reichsfürsten, aber auch auf der Ebene der spätmittelalterlichen Landesherrschaft leisteten. Im Falle der Hohenzollern umfasst die erste Kategorie der Vernetzung sowohl Friedens-, Freundschafts- und Bündnisverträge bzw. Erbeinungen als auch Heiratsverträge, die zentral für die Etablierung im 15. Jahrhundert waren. Dass eine Zusammenfassung dieser unterschiedlichen Vertragsformen als Vernetzungsstrategien durchaus im Sinne der Zeitgenossen war, beweisen verschiedene Ausführungen Kurfürst Albrechts Achilles. Immer wieder wies er in Instruktionen an seine Räte oder in Briefen an seine Verbündeten auf sein erfolgreiches Agieren in dieser Hinsicht hin: Zufrieden berichtete er beispielsweise im Jahr 1472 seinem Rat Dr. Peter Knorr, dass er nicht nur in gutem Einvernehmen mit den Königen von Polen, Ungarn und Böhmen stehe, die Mark Brandenburg durch Bündnisse und Einungen mit Freunden „umzäunt“ habe und in kürzester Zeit mit dem König von Dänemark zusammentreffe. Sondern er werde bald sowohl seine Tochter Ursula nach Schlesien als auch eine Nichte nach Braunschweig verheiraten, zudem könne es mit den Herzögen von Sachsen nicht besser stehen und Herzog Wilhelm habe für ihn nachdrücklich an den Bischof von Bamberg geschrieben.867 Der Blick auf die kulturell-symbolischen Formen der Vernetzung und Aufrechterhaltung von Beziehungen erweitert die Perspektive um ein Vielfaches, da ein nicht unerheblicher Teil der Netzwerkbildung auf diese Weise vonstattenging. Bedenkt man, dass das Agieren auf der politischen Bühne des Reiches, aber auch die gesamte soziale Existenz eines Adeligen stark davon abhängen konnte, in welchem Maße dieser es verstand, Bündnisse mit Standesgenossen und anderen wichtigen politischen Akteuren zu schließen und somit zum einen den politischen Einfluss zu vergrößern bzw. sich gegen potenzielle Gegner abzusichern und zum anderen auch die besondere Akzeptanz innerhalb der Gruppe des Hochadels zu beweisen, so liegt die Relevanz aller Arten von Bündnispolitik klar auf der Hand.

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Die Entwicklung der vertraglichen Fixierung von Bündnissen untersucht vor allem Claudia Garnier in ihrer Dissertation über politische Freundschaft und fürstliche Netzwerke im 13. Jahrhundert, siehe GARNIER, Amicus, vor allem S. 13–23 bzw. S. 77–81. PC 1, Nr. 503, S. 466–467, hier S. 466.

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Besonders Markgraf Albrecht muss als wahrer Meister dieser Vernetzungsarbeit angesehen werden, die er Zeit seines Lebens mit großer Akribie betrieben hat und die wie die zuvor behandelten Ehrenämter und symbolischen Dienste dazu beitrug, den Aufstieg und die Etablierung des Hohenzollernhauses im gesamten 15. Jahrhundert zu forcieren.868 Am Ende seines Lebens resümierte er voller Zufriedenheit über die Früchte seiner Bemühungen, so am 8. November 1485, als der Kurfürst dem Erzbischof von Mainz durch einen Rat folgende Bilanz ausrichten ließ: „[…] wir sind in eynung mit herzog Sigmunden und herzog Albrechten von Bayrn, die sollen mit den andern iren brudern erbeyten, das sie es auch thon. item mit unserm oheim und swager von Bamberg. item mit den zwayen jungen von Wirtemberg sind wir vor in der Menntzeschen eynung. item der alt von Wirtemberg ist mit uns in eynung. do sind vil leut außgenomen uf beyde seyten. Item der herzog von Gulch und Berg ist mit uns in guter, freuntlicher verstentnus und zuschreiben, nicht zu verlassen nach seinem vermogen. item die zwen herzogen von Sachsen und die drey landtgrafen von Hessen sind mit uns in der bruderschaft und erbeynung zu Sachsen. So sind all Prawnschweygisch, Lunenburgisch, Meckelburgisch, Stargardisch, Settinisch, Pomerisch, Bartisch, Wolgastisch, Wendisch und Gützgawisch herrn mit uns in eynung, darinnen Sie nyemants ausgenomen; desgleichen sein die von Rotemburg auch bei uns […] So haben die herrn von Sachsen ine verwandt drey bischof in iren landen, desgleichen wir drey bischof in unsern landen, die herrn von Stettin und Meckelnborg zwen bischof in iren landen, so man die alle rechet, so ist ir aller ein mercklich zale, dafur wir es halten, die uns und unser puntgenossen nit verlassen […].“869

Die „mercklich zale“ von Bündnispartnern trug dazu bei, die Akzeptanz und Aufnahme in die Gruppe der Reichsfürsten zu fördern, sie half aber auch auf verschiedene Arten dabei, die fürstliche Repräsentation und damit den Rang innerhalb der sozialen Ordnung zu steigern. Zudem gewährten Bündnisse Schutz gegenüber Dritten oder machten es unter Umständen auch möglich, bei Konflikten Neutralität zu signalisieren. Neben der Gruppe der Standesgenossen konnten die Hohenzollern so ebenfalls ein Netzwerk zu standesungleichen Personen und Gruppen herstellen, denn da „[…] der Besitz von Macht die Verfügung über knappe Chancen einzuschließen pflegt, sind viele Personen daran interessiert, Beziehungen zu Machthabern herzustellen und zu unterhalten. Umgekehrt ist ein ausgedehntes Netz von Be-

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SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 27. PC 3, Nr. 1151, S. 487–488, hier S. 488.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

ziehungen nach oben, unter Gleichen und auch nach unten ein hervorragendes Mittel, sich Macht zu verschaffen […].“870

Dass der Gegenstand der mittelalterlichen Bündnispolitik sich dazu eignet, nach dem symbolischen Mehrwert für die Etablierung unter den Reichsfürsten zu fragen, zeigt gerade auch der Misserfolg, das Scheitern erwünschter Bündnisse oder anderer Vernetzungsformen. Sie zeigen als eine Art Negativfolie, welche Partnerschaften angestrebt und in welchen Situationen sie als adäquate Instrumente des Machtausbaus oder der Konsolidierung erachtet wurden, aber auch, in welchen Fällen die Partnerschaft als nicht erstrebenswert eingeschätzt wurde. Aus diesem Grund werden auch die gescheiterten Vernetzungsversuche der Hohenzollern für die Frage nach ihrem Aufstieg und ihrer Etablierung als Kur- und Reichsfürsten von einigem Interesse sein. Bezüglich der vertraglich fixierten Bündnispolitik der Hohenzollern lässt sich feststellen, dass die historische Forschung einige zentrale Linien der ersten drei Kurfürsten herausgearbeitet hat. Von der älteren Forschung871 – hier jedoch häufig unter anderem Erkenntnisinteresse – wurde das Thema zum Teil en passant mit behandelt, ebenso in jüngerer Zeit von der Forschung zwar nicht zu einem eigenen Thema einer ausführlichen Analyse gemacht, aber durchaus immer wieder in andere Überlegungen mit einbezogen.872 Reinhard Seyboth hat in seiner grundlegenden Dissertation zu den Markgraftümern Ansbach und Kulmbach wichtige Hinweise auf das Netzwerk von hohenzollerischen Bündnispartnern geliefert.873 Dabei befragt er immer wieder auch die Heiratspolitik dieser Dynastie nach ihrer Funktion für die Bündnisbildung. In einem detailreichen Kapitel ihrer Habilitationsschrift hat sich wiederum Cordula Nolte eingehend mit der Heiratspolitik der Hohenzollern in der Zeit von 1440 bis 1530 befasst, wobei sie für ihre Konnubiumsanalyse auch akribisch sämtliche Ehen seit der Verleihung des Reichsfürstenprivilegs 1363 mit einbezieht.874 Sie fragt 870 871 872

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REINHARD, Freunde und Kreaturen (1997), S. 302. Stellvertretend für die verteilten Hinweise in der Literatur des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts seien hier RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, bzw. KANTER, Markgraf Albrecht, genannt, aber auch LÖNING, Die Erbverbrüderungen. Mario Müller untersucht verschiedene Aspekte der Verbindungen der Markgrafen von Brandenburg mit anderen Fürstendynastien, wobei er dabei einen Schwerpunkt auf die Erbeinungen und Erbverbrüderungen legt und sich eben nicht nur auf die Hohenzollern beschränkt, siehe MÜLLER, Besiegelte Freundschaft. Eine Auflistung der meisten Bündnisse, Erbeinungen und Erbverbrüderungen der Hohenzollern bzw. brandenburgischen Kurfürsten von 1327–1605 findet sich im Anhang der Untersuchung, ebd., S. 289–302. SEYBOTH, Die Markgraftümer, passim. NOLTE, Familie, S. 95–114. Für die Ehepolitik der Hohenzollern sind Noltes Ausführungen grundlegend.

3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung

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nach den verschiedenen Intentionen, bestimmte Ehen einzugehen oder anzustreben, und klassifiziert sie auch als Möglichkeiten der Bündnisbildung.875 Auf Grundlage der bisherigen Forschungsergebnisse ist es notwendig, die wichtigsten Leitlinien und Funktionen der vertraglichen Bündnisbildung der ersten drei hohenzollerischen Kurfürsten nachzuzeichnen, um schließlich anhand konkreter Beispiele ihren Beitrag für die Etablierung der Hohenzollern in der Gruppe der Reichsfürsten zu analysieren. Nur so lässt sich nachvollziehen, wie die Dynastie immer wieder sowohl instrumentelle als auch symbolische Strategien zusammen zum Einsatz brachte, um ihren gesellschaftlichen Rang stetig auszubauen bzw. zu verteidigen. Denn dass eine einmal erkämpfte Position in der sozialen Ordnung der Vormoderne kein Garant für die Zukunft war, sondern eine kontinuierliche Beziehungsarbeit erforderte, haben viele Untersuchungen gezeigt.876 Wie eine solche Pflege der bestehenden Beziehungen sich konkret realisierte und als Grundlage für weitere Vernetzung dienen konnte, macht die umfassende Zusammenschau der Strategien deutlich.

3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung: „fruntliche eynunge“, „puntgenossen“ und „swâgerschaft“ 3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung Sechzehn Jahre vor der Belehnung mit der Mark Brandenburg, am 19. September 1399, trat Burggraf Friedrich VI. in einem Bündnisvertrag in Erscheinung,877 der für die weitere Entwicklung seines Hauses von einiger Bedeutung war. Nach dem oppositionellen Zusammenschluss von fünf Kurfürsten gegen König Wenzel IV. waren diese dazu übergegangen, weitere Fürsten für den Widerstand gegen das Reichsoberhaupt zu gewinnen. Die Urkunde, in der nach den Kurfürsten und dem Landgrafen von Hessen an dritter Stelle „burchgrave Friderich van Nuremberg“ aufgeführt wird, lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, formuliert sie bereits im ersten Artikel, dass die durch das Schriftstück Verbundenen mit dem Ziel zu875

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Ebd., S. 100–104. Nach der Bedeutung politischer Ehen für die Beziehung zwischen Pommern und der Mark Brandenburg fragt auch Heidelore Böcker, wobei die Eheschließungen des Adels fast ausschließlich als ‚politisch‘ einzuschätzen sind, weshalb die Klassifizierung Böckers etwas überrascht, siehe BÖCKER, Zur Wirksamkeit. Viele Beispiele für die Zeit der Vormoderne finden sich bei beispielsweise in dem Sammelband FÜSSEL/WELLER, Ordnung und Distinktion. RTA 3, Nr. 59, S. 105–107.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

sammengekommen sind, „[…] umb eynen anderen Roymsschen konyngh zo erweilen und zo setzen […].“878 Obwohl Burggraf Friedrich VI. zu diesem Zeitpunkt noch königlicher Hauptmann des fränkischen Landfriedens war und sein Bruder Burggraf Johann III. als Gesandter Wenzels noch knapp drei Wochen zuvor versucht hatte, mit den Kurfürsten einen Hoftag zu Verhandlungszwecken auszuhandeln,879 war der spätere Kurfürst intensiv in die oppositionellen Bestrebungen gegen den Luxemburger eingebunden. Bereits 1395 – knapp zwei Monate nach dem Tag von Boppard, auf dem die rheinischen Kurfürsten ihren Willen zum Ausdruck gebracht hatten, auch notfalls gegen den König für eine Wiederherstellung der Sicherheit und Ordnung im Reich zu sorgen, und kurze Zeit später ein Bündnis gegen den Ritterbund der Schlegler geschlossen hatten – trat Burggraf Friedrich dem Bündnis bei.880 Markus Twellenkamp gibt als Belege für eine frühe Unterstützung der rheinischen Opposition seitens Friedrichs VI. die Tatsache an, dass sich dieser umgehend dem Bündnis anschloss, während Burggraf Johann demonstrativ auf Distanz blieb. Ein Indiz, das Twellenkamp als Beweis dafür gewertet wissen will, dass beiden Burggrafen die anti-königliche Stoßrichtung des Bündnisses gegen den Ritterbund bzw. die Intentionen der rheinischen Kurfürsten sehr bewusst gewesen seien. Der neu eingesetzte Mainzer Erzbischof Johann II. und Pfalzgraf Ruprecht II. schlossen am 24. Oktober 1396 den sogenannten Oppenheimer Vertrag ab, ein Bündnis auf Lebenszeit, das die Zusicherung des Erzbischofs enthielt, den Pfalzgrafen in seinem Streben nach Ehren und Würden zu unterstützen.881 In der Verwandtschaft des Mainzer Erzbischofs mit dem Nürnberger Burggrafen – dieser war der Vetter des Vaters Friedrichs VI. – sieht Twellenkamp eine nicht unwahrscheinliche Möglichkeit für die Kenntnis des Oppenheimer Vertrages.882 Generell würde das Agieren Burggraf Friedrichs in das von der Forschung so häufig bei den Hohenzollern konstatierte Verhalten passen, sich aus strategischen Gründen immer besonders eng an die wichtigste Partei im Reich anzulehnen.883 Als 878 879 880 881 882 883

Ebd., S. 105. Ebd., Nr. 55, S. 101. Burggraf Johann hielt im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder Friedrich König Wenzel die Treue, bis Ruprecht von der Pfalz seine Stellung als König gesichert hatte, siehe dazu TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 106. Ebd., S. 107. STHAMER, Beiträge zur Kritik, S. 198. TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 108. Besonders prägnant wurde dies von Wolfgang Neugebauer formuliert, der darauf hinweist, dass sich dieses Verhalten bereits in der Stauferzeit gezeigt habe. Burggraf Konrad sei auf Distanz zu Friedrich II. gegangen, nachdem dessen Position im Reich unsicherer wurde, und habe sich dem Gegenkönig Heinrich Raspe angeschlossen. Nach der Unterstützung der aufstrebenden Habsburger hätten die Burggrafen erneut die Schwäche eines amtierenden Reichsoberhauptes dazu genutzt, sich dem Kontrahenten zuzuwenden: In den 1440er Jah-

3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung

173

ein bedeutender Grund für den erneuten Seitenwechsel des Nürnberger Burggrafen kann möglicherweise die Tatsache gesehen werden, dass nach dem von König Wenzel einberufenen Koblenzer Tag die Handlungsunfähigkeit des Königs allgemein deutlich wurde884 und auch das persönliche Verhältnis zwischen ihm und Burggraf Friedrich VI. bereits gestört war. Obwohl sich Wenzel drei Wochen in Nürnberg aufhielt und sich mit dem Landfrieden beschäftigte, traf er mit dem Burggrafen kein einziges Mal zusammen, ein Umstand, der besonders merkwürdig erscheint, bedenkt man, dass der König Friedrich VI. zum königlichen Hauptmann des fränkischen Landfriedens ernannt hatte.885 Zudem stand auch die Bestätigung der burggräflichen Lehen noch aus, die der König aber ebenfalls nicht vornahm. Insgesamt wird deutlich, dass König Wenzel IV. die Burggrafen im Vergleich zu seinen Vorgängern Karl IV. und Ludwig dem Bayern ausgesprochen wenig mit Privilegien oder anderen Zugeständnissen ausstattete886 und es sich bei seinen Begünstigungen zumeist lediglich um die Bestätigung früherer Rechte handelte. In der Folgezeit nach dem Abschluss des Bündnisses gegen König Wenzel vom September 1399 engagierte sich Burggraf Friedrich für das Anliegen der Opposition: So verhandelte er in ihrem Namen mit Frankfurt um das städtische Geleit für einen Tag, um über das weitere Vorgehen gegen den König zu beraten,887 und war am Tag der Absetzung Wenzels in Oberlahnstein persönlich anwesend.888 Auffälligerweise stellten der seit 1363 gefürstete Burggraf und Herzog Stephan III. von Bayern-Ingolstadt die einzigen anwesenden Vertreter des Fürstenstandes dar, die anderen Mitglieder des Bündnisses gegen den König aus dem Jahr 1399 waren der Absetzung am 20. August 1400 ferngeblieben. Die eigentlich überflüssige Anwesenheit Friedrichs VI. – im Gegensatz zu den Kurfürsten war er nicht wahlberechtigt – brachte symbolisch „die enge Verbundenheit mit der Oppositionsbewegung“889 zum Ausdruck. Jenseits der demonstrativen Parteinahme für die Oppositionsgruppe gegen König Wenzel konnte die persönliche Anwesenheit bei einer Kurfürstenversammlung von solcher Tragweite vor allem aber auch die Bedeutung Friedrichs VI. innerhalb der

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ren bekam das die bayerische Partei zu spüren, als sich die Burggrafen Karl IV. zuwandten, siehe NEUGEBAUER, Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 23–26. STHAMER, Erzbischof Johann II., S. 71. RTA 2, Nr. 306, S. 492; zuvor hatte König Wenzel bereits Urkunden über den Landfrieden ausgestellt, in denen zwar vom Hauptmann die Rede war, Friedrich jedoch nicht namentlich als Hauptmann genannt wurde, siehe ebd., Nr. 302, 303 und 305. TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 104. RTA 3, Nr. 112, S. 159–160. Ebd., Nr. 204, S. 254–260, hier S. 258. TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 111.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Reichspolitik anschaulich zur Darstellung bringen. In der zuvor erwähnten Bündnisurkunde von 1399 war das „Haus Nürnberg“ zudem als eines der fünf Häuser genannt worden, aus denen das zukünftige Reichsoberhaupt gewählt werden sollte.890 Auch wenn sich „außer im pfalzgräflichen Haus“ niemand „ernsthaft Hoffnungen auf eine Kandidatur machte“, die „Auflistung der königsfähigen Familien […] eine Art formelles Zugeständnis an die Fürsten“ war und „nur die wahren Ziele des Pfälzers und des Mainzers“891 verschleierte, ist es doch offensichtlich, dass die Aufnahme in die Liste der potenziellen Königsgeschlechter zu dieser Zeit nicht ohne Bedeutung für das Ansehen der Hohenzollern gewesen sein muss. Im Gegensatz zu den Herzögen, Land- und Markgrafen von Bayern, Hessen und Meißen waren die Nürnberger Burggrafen keine Reichsfürsten, sondern lediglich gefürstete Grafen. Zwar gehörte auch das Haus Württemberg nicht dem fürstlichen Stand an und ist sogar erst 1495 zum Herzogtum erhoben worden, aber immerhin war Graf Eberhard III. von Württemberg ein Enkel Kaiser Ludwigs des Bayern, was ihm unter den fürstlichen Standesgenossen eine entsprechende Geltung verlieh.892 Der Beitritt zum Mainzer Bündnis vom 19. September 1399 und die Teilnahme in Oberlahnstein bzw. die Unterzeichnung der Absetzungsurkunde am 20. August 1400 unterstrichen in der politischen Öffentlichkeit des Reiches das Gewicht des Hohenzollers, der mit den eigentlichen politischen Größen die Absetzung des Königs betrieb und die Neuwahl eines Reichsoberhaupts unterstützte. Die im Bündnis- und Absetzungsvertrag zum Ausdruck kommende politische Relevanz Friedrichs VI. zeigte sich in der Folgezeit verstärkt. Im Anschluss an die Wahl König Ruprechts einen Tag nach der Absetzung seines Vorgängers893 war Burggraf Friedrich aufs Engste in die Reichspolitik des neuen Königs eingebunden: Als königlicher Bevollmächtigter verhandelte er 1401 mit der Reichsstadt Nürnberg, und Ruprecht übertrug ihm außerdem die heiklen Verhandlungen mit dem abgesetzten luxemburgischen Vorgänger.894 Dass das neue Reichsoberhaupt ein Schwager Burggraf Friedrichs war, da Ruprecht am 27. Juni 1374 Elisabeth von Hohenzollern geheiratet hatte, wird ebenfalls zum Ansehen der Hohenzollern unter den Großen des Reiches Anfang des 15. Jahrhunderts beigetragen und die Verbindung zwischen den Nürnberger Burggrafen und dem neuen römisch-deutschen König zumindest in der Anfangszeit zusätzlich gestärkt haben. Zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht vorhersehbar war die 890 891 892 893 894

RTA 3, Nr. 59, S. 106. TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 111. FLORIAN, Graf Eberhard, S. 125–126. RTA 3, Nr. 209, S. 267–268. TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S.117–119.

3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung

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Tatsache, dass der Parteiwechsel vom luxemburgischen zum pfälzischen Reichsoberhaupt knapp achtzehn Jahre später als Argument für die moralische Zweifelhaftigkeit und den Mangel an Adel des hohenzollerischen Aufsteigers benutzt wurde.895 Das Beispiel dieses frühen Bündnisses deutet bereits an, wie bewusst diese als politische Instrumente eingesetzt wurden und ebenfalls zum Ansehen und zur Rangsteigerung einer Dynastie beitragen konnten. Angestrebte und realisierte Verbindungen mit Sachsen, Hessen und mit ostmitteleuropäischen Herrschaftsträgern Überblickt man die knapp 71 Jahre Regierungszeit der ersten drei Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern, so lassen sich bestimmte Leitlinien der Vernetzung und Hauptsäulen der Bündnispartnerschaft skizzieren: Reinhard Seyboth hat bereits 1985 darauf hingewiesen,896 dass die Erbeinung der Häuser Brandenburg, Sachsen und Hessen, der Edgar Löning schon im Jahr 1867 seine Habilitationsschrift gewidmet hatte,897 eine wichtige Säule des hohenzollerischen Bündnissystems darstellte. Der Grundstein dieses weitreichenden Dreierbündnisses war am 5. Januar 1435 gelegt worden, als zunächst die Häuser Sachsen und Brandenburg eine erste Erbverbrüderung vereinbarten.898 Diese besondere Bündnisform, bei der sich zwei oder mehrere Häuser wechselseitiges Erbrecht für den Fall zusichern, dass eines von ihnen ausstirbt,899 muss als besonders starke Form der Verbindung angesehen werden, erfolgte durch sie nicht nur eine konkrete Festlegung für die Ausübung der Hoheitsrechte, sondern war sie doch häufig mit einer Erbeinsetzung verbunden, welche auch die Nachkommen

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Siehe dazu das Kapitel 2.2. SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 25. LÖNING, Die Erbverbrüderungen. CDB II, 4, Nr. 1553, S. 140–146, bzw. MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 43, S. 108–114. Zur Erbeinung zwischen den Hohenzollern und den Wettinern siehe MÜLLER, Besiegelte Freundschaft, insbesondere S. 129–131. SELLERT, Art. ‚Erbvertrag‘, Sp. 984. Sellert unterscheidet nicht zwischen Erbeinung und Erbverbrüderung; die neuere Forschung dagegen schon. Die Erbeinung stellt eine Vertragsform dar, in der verbindliche Regeln für eine friedliche Nachbarschaft von Fürstentümern getroffen werden. Darin eingeschlossen sind eine grenzübergreifende Judikative, Exekutive und der gesicherte Verkehr von Waren und Personen in den Gebieten. Die Erbverbrüderungen gehen darüber hinaus, da sie den gegenseitigen Erbgang für die Dynastien festlegen, falls eines der Häuser im Mannesstamm aussterben sollte, siehe MÜLLER, Besiegelte Freundschaft, S. 16–17. Weitere Ausführungen zu den Charakteristika von Erbeinungen und Erbverbrüderungen siehe ebd., S. 88–90.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

auf ein Schutz- und Trutzbündnis verpflichtete.900 Trotz der durchaus immer wieder problematischen Beziehung mit den Wettinern901 – als zwei Hauptkonflikte seien nur die unterschiedlichen Interessen im Sächsischen Bruderkrieg und der Streit um die Lausitz genannt – kam es am 27. Januar 1451902 und am 29. April 1457 zu einer Erneuerung der Erbverbrüderung der beiden Dynastien. Die zweite Einung aus dem Jahr 1457 ging insofern noch über die frühere hinaus, als sie ausdrücklich die gegenseitige Unterstützung und Zusicherung des Besitzstandes beinhaltete und zudem die Landgrafen von Hessen in das Bündnis eintraten.903 Dabei waren Hessen und Sachsen bereits seit 1356 durch eine Erbeinung verbunden,904 die 1373 durch Kaiser Karl IV. bestätigt worden war.905 Verstärkt wurde das intensive Beziehungsnetz zwischen den drei Dynastien durch verschiedene Eheschließungen: Der am 2. Juni 1439 abgeschlossene Ehevertrag zwischen Markgraf Friedrich II. und der Herzogin Katharina von Sachsen906 fiel in eine Phase, in der Brandenburg und Sachsen gleichermaßen versuchten, in der Lausitz Fuß zu fassen. Diese mit Konflikten verbundenen Bemühungen sind spätestens seit Ende der 1430er Jahre festzustellen.907 Begleitet wurden die Spannungen im Nordosten des Reiches von einem zweiten Konfliktherd. Dieser war dadurch entstanden, dass die sächsischen Herzöge 1440 im Hochstift Würzburg versuchten, dem dortigen Stiftspfleger, Herzog Sigmund von Sachsen, einen sächsischen Regentschaftsrat an die Seite zu stellten, um auf diese Weise in einem wichtigen Bistum Frankens Fuß zu fassen.908 Die Hohenzollern sahen darin eine ernstzunehmende Bedrohung ihrer territorialen Interessen, die schließlich noch dadurch verstärkt wurde, dass Friedrich und Wilhelm von Sachsen das Zustande900 901 902 903

904 905 906 907

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SELLERT, Art. ‚Erbvertrag‘, Sp. 985. Zu dem Verhältnis der beiden Dynastien im 15. Jahrhundert siehe HAHN, Landesherrliche Ordnung. CDB II, 4, Nr. 1819, S. 445–451. LÖNING, Die Erbverbrüderungen, S. 27. Die vertraglich fixierten Bündnisse der drei Häuser wurden immer wieder erneuert und bestanden für einige Jahrhunderte, siehe SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 26. Zu den Erbeinungen und Erbverbrüderungen der Hohenzollern mit Sachsen und Hessen aus neuester Zeit siehe die Ausführungen bei MÜLLER, Besiegelte Freundschaft, S. 91–100. LÖNING, Die Erbverbrüderungen, S. 14. Ebd., S. 17. CDB II, 4, Nr. 1590, S. 196–198. EIBL, Die Lausitzen, S. 317. Grundlegend zu dem Konflikt um die Lausitz auch MANSBERG, Der Streit. Bereits in den 1420er Jahren hatten beide Dynastien entsprechende Bemühungen bezüglich der Lausitz unternommen, die aber aufgrund der gemeinsamen Bedrohung durch die Hussiten nicht zu einem Zerwürfnis führten, siehe HAHN, Landesherrliche Ordnung, S. 94. SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 311. Zur Würzburger Hochstiftsfehde und dem brandenburgisch-würzburgischen Dualismus in Franken siehe WEIß, Franken, S. 430–433.

3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung

177

kommen der abgesprochenen Ehe mit ihrer Schwester Katharina so lange verzögerten, dass sich Kurfürst Friedrich II. in seiner Ehre verletzt fühlen musste.909 Im November 1440 kam es schließlich zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Brandenburg und Sachsen, die am 18. Juli 1441 durch ein vom hessischen Landgrafen vermitteltes Bündnis beendet wurden.910 Kurze Zeit zuvor, am 11. Juni 1441, im direkten Anschluss an den Waffenstillstand, hatte bereits die Hochzeit zwischen Kurfürst Friedrich und Katharina von Sachsen stattgefunden. Nicht nur dieses Ehebündnis stärkte die Verflechtung zwischen den Hohenzollern, den Wettinern und den hessischen Landgrafen, bereits bestehende Verwandtschaftsbeziehungen sorgten ebenfalls dafür, dass der Zusammenhalt auf eine zusätzliche Basis gestellt wurde. Der Beitritt der hessischen Landgrafen zur brandenburgisch-sächsischen Erbeinung 1457 wurde sicherlich auch dadurch erleichtert, dass Ludwig von Hessen, der Sohn Margarethes von Hohenzollern, seit 1436 mit Anna von Sachsen verheiratet war. Diese Politik der mehrfachen Absicherung von Beziehungen mit anderen Standesgenossen gehörte zu den erklärten Lieblingsstrategien Kurfürst Albrechts, wie sich aus einem Brief an seinen Rat Albert Klitzing vom 17. Oktober 1477 herauslesen lässt.911 In Bezug auf ein Eheprojekt zwischen Magnus II. von Mecklenburg und Sophie von Pommern sprach er sich für diese Ehe aus, obwohl die Herzogin bereits mit dem verstorbenen Bruder des Herzogs, Johann VI., verlobt gewesen war.912 Er sehe „den heyrat nicht ungern und sehen gern, das er fur sich geet“,913 so Albrecht in dem besagten Brief, obgleich der Bruder der zukünftigen Braut, Herzog Bogislaw X. von Pommern, der Ehemann seiner Nichte war. Neben dieser Möglichkeit, in der konfliktreichen Zeit die Bande zwischen Hohenzollern, Pommern und Mecklenburg zu stärken, war es für den brandenburgischen Kurfürsten von weiterem Interesse, durch Verwandte auf wichtige Ämter Einfluss zu nehmen. Sein anderer Neffe, Herzog Balthasar von Mecklenburg, dem bereits von 1471 bis 1474 das Stift Hildesheim anvertraut worden war, bekleidete mittlerweile das Amt des Koadjutors im Schweriner Stift. Mit der rhetorischen Frage: „[…] wen wol-

909 910 911 912

913

STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 200. CDB II, 4, Nr. 1627, S. 245–252. PC 2, Nr. 327, S. 326–328, hier S. 327. Albrecht gibt als Argument für die Rechtmäßigkeit der Ehe an, dass er auch von einem entsprechenden Fall eines Nürnberger Bürgers gehört habe. Wenn dies einem Bürger erlaubt sein solle, dann müsse es für einen Fürsten erst recht gelten, so Albrecht in dem Brief weiter. Lakonisch bemerkt er abschließend zu der Angelegenheit: „[…] wer gelt hat, der kauft zu Rom, was er will“, siehe ebd. Ebd.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

ten wir lieber im stift sehen dann ine?“914 machte der Markgraf Albrecht Klitzing deutlich, wie zufrieden er mit dem Verlauf seiner Vernetzungsarbeit war. Während verschiedene Eheprojekte mit den Landgrafen von Hessen scheiterten, kamen im 15. Jahrhundert insgesamt fünf Eheschließungen mit Sachsen zustande.915 Diese bereits kurz angesprochenen Verbindungen mit dem sächsischen Fürstenhaus können als ein aussagekräftiges Beispiel für die Funktionalität gezielter Bündnispolitik dienen. Neben den wichtigsten vertraglich fixierten Bündnissen, den vorgestellten Erbeinungen, sollten die angesprochenen Eheschließungen auch dazu dienen, die konfliktreichen Beziehungen der beiden Dynastien zu überbrücken.916 Aus der Perspektive der Hohenzollern ermöglichten sie außerdem einen handfesten Statusgewinn für die Aufsteiger, vergrößerten ihren politischen Handlungsspielraum und festigten die Position unter den Standesgenossen. Eine erste Ehe der Hohenzollern mit Kursachsen wurde von König Sigismund bereits 1411 gestiftet, da – wie der Chronist Eberhard Windecke betont – Burggraf Friedrich von Nürnberg und Albrecht von Sachsen lange Feinde gewesen seien. Der König habe sie durch die Vermählung ihrer Kinder aber zu Freunden gemacht.917 Gemeint ist hier jedoch nicht Albrechts Tochter, wie Windecke fälschlicherweise annimmt, sondern die seines Bruders Rudolf III., Barbara von Sachsen-Wittenberg. Der Chronist weiß weiter zu berichten, dass Sigismund die Aussöhnung so wichtig gewesen sei, dass er sogar 50.000 Gulden des eigenen Geldes für die Eheschließung bereitgestellt und dem Burggrafen die Mark Brandenburg verschrieben habe.918 Durch die 1416 in Treuenbrietzen919 gefeierte Hochzeit erhielt Burggraf Friedrich VI. einen wichtigen Bundesgenossen in der von konkurrierenden Mächten umgebenen Mark, der den Burggrafen zunächst als Einziger der Nachbarn als einen von Sigismund eingesetzten Verweser des Kurlandes 914 915 916

917 918 919

Ebd. NOLTE, Familie, S. 101. Eine ganz ähnliche Funktion sollten mehrere Eheprojekte zwischen Brandenburg und den Herzögen von Pommern bzw. den Herren von Mecklenburg haben. Sie sollten dazu dienen, die immer wieder in gewaltsamen Auseinandersetzungen kulminierenden Gegensätze zu überwinden. Die Eheschließung Dorotheas von Brandenburg und Heinrichs IV. von Mecklenburg im Jahr 1436 wäre als ein Beispiel zu nennen, siehe AUGE, Handlungsspielräume, S. 249. Da die Hohenzollern jedoch versuchten, ihren Anspruch auf Wenden durchzusetzen, kam es trotzdem zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die erst am 12. April 1442 durch einen Vertragsschluss beendet wurden. Der neue Kurfürst, Friedrich II., setzte in dem Vertragswerk durch, dass sein Haus „ein unanfechtbares Erbrecht am Gesamtbesitz beider mecklenburgischen Linien im Falle ihres Aussterbens“ behielt, siehe ebd., S. 74. Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 23. Ebd. Das von König Sigismund gestiftete Eheversprechen zwischen Johann von Hohenzollern und Barbara von Sachsen ist auf den 25. August 1411 datiert, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 7, Nr. 11, S. 12–16.

3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung

179

anerkannte.920 Zusätzlich stellte eine Ehe mit der Tochter Kurfürst Rudolfs III. von Sachsen-Wittenberg durchaus eine prestigeträchtige Partie für die Dynastie dar, die damit auch bezüglich ihres auf den Hochadel abzielenden Konnubiums weitere Erfolge erzielen konnten. Die Ehe von 1416 bildete für die Hohenzollern schließlich sechs Jahre später die Grundlage für weitergehende Pläne bezüglich eines Ausbaus ihrer politischen und sozialen Position. Nachdem Kurfürst Albrecht III. von Sachsen-Wittenberg am 12. November 1422 kinderlos gestorben war, beanspruchte Kurfürst Friedrich I. die sächsische Kurwürde für seinen Sohn Johann.921 Der Kurfürst befand sich selbst seit einiger Zeit im faktischen Besitz des Landes, das er zu großen Teilen kurz nach dem Tod des Wettiners besetzt hatte, und wurde von einer Mehrheit des Adels unterstützt. Laut der Magdeburger Schöppenchronik hatte die Stadt Wittenberg Friedrich sogar freiwillig eingelassen und geschworen, ihn solange als Herrn anzuerkennen, bis König Sigismund ihnen einen neuen Herrn weisen würde.922 Trotz dieser glänzenden Ausgangslage konnten die Hohenzollern die zweite Kurstimme nicht in ihren Besitz bringen, da durch ein anderes ehrgeiziges Eheprojekt das Verhältnis zum Reichsoberhaupt extrem belastet worden war. Der ambitionierte Versuch Kurfürst Friedrichs I., seit 1420 eine Ehe zwischen seinem zweitgeborenen Sohn Friedrich und der polnischen Erbprinzessin Hedwig abzuschließen und sich damit „eine außerordentlich unabhängige Machtstellung im Osten“923 zu sichern, hatte – wie bereits gezeigt – zu einer rapiden Verschlechterung der Beziehungen zu König Sigismund geführt. Nachdem Kurfürst Friedrich gegen den ausdrücklichen Willen des Königs924 am 8. April 1421 in Krakau einen Verlobungsvertrag mit König Władysław II. von Polen und gleichzeitig ein Bündnis gegen den Deutschen Orden mit diesem abgeschlossen hatte,925 wobei vereinbart wurde, dass nach einem Tod Władysławs ohne Erben die Krone den Hohenzollern zufallen sollte, blieb das Verhältnis zum Reichsoberhaupt für einige 920 921 922 923 924

925

KOSER, Geschichte, S. 85. LEISERING, Die Belehnungsurkunden von 1423 und 1425 im Spiegel, S. 144. HEGEL, Magdeburger Schöppenchronik, S. 369. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 20. In einem im Auftrag König Sigismunds verfassten Brief vom 3. April 1421 wird Folgendes an den Hochmeister des Deutschen Ordens berichtet: „gnediger herre. ouch zo hot mir mein herre k=ning gesait, wi das sich mein herre markgrofe Frederich an allen seinen willen zu dem koninge zu Polen gefrFnden wil.“, siehe RTA 8, Nr. 3, S. 8–9, hier S. 9. Angeblich hatte König Sigismund bereits im Jahr 1420 dem brandenburgischen Kurfürsten vorgeschlagen, das ‚polnische Projekt‘ aufzugeben und als Gegenleistung eine Ehe mit einer eigenen Tochter angeboten, siehe dazu HÖFLER, Fränkische Studien IV, S. 9. CDB II, 3, Nr. 1393, S. 396–398, und Nr. 1394, S. 399–401. Für die neuesten Erkenntnisse zu den Beziehungen zwischen den Hohenzollern und den Jagiellonen im 15. und 16. Jahrhundert siehe SEYBOTH, Die Beziehungen.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Jahre grundlegend gestört.926 Dieser Konflikt war bestimmend für die Entscheidung König Sigismunds, die sächsische Kurstimme an Markgraf Friedrich den Streitbaren von Meißen zu geben und die Forderungen des Hohenzollers und das Anliegen der sächsischen Stände zu übergehen. In der Belehnungsurkunde vom 6. Januar 1423 ließ Sigismund sogar ausdrücklich festhalten, dass er dem Markgraf von Meißen zum Kurland verhelfen wolle, selbst wenn der brandenburgische Kurfürst oder sonst irgendjemand das Herzogtum eingenommen hätte, und zwar mit ganzer Macht und Vermögen.927 Kurfürst Friedrich I. blieb nichts anderes übrig, als die Ansprüche seines Hauses aufzugeben und sich mit einer Entschädigungszahlung des Wettiners zufriedenzugeben.928 Um dennoch aus dem unglücklichen Verlauf des Projektes einer zweiten Kurstimme noch das Beste zu machen, schloss Friedrich I. mit Friedrich dem Streitbaren am 25. Februar 1423 ein Bündnis ab und erreichte so erneut eine enge Bindung zu Sachsen, nachdem das Kurland von den Askaniern auf die Wettiner übergegangen war.929 Das bereits angesprochene zweite hohenzollerisch-wettinische Eheprojekt, die 1439 vereinbarte und 1441 realisierte Ehe zwischen Friedrich II. und Katharina von Sachsen, muss wahrscheinlich vor allem als Versuch gesehen werden, den akuten Konflikt zwischen beiden Dynastien zu entschärfen. Die Absprachen über die Ehe wurden in einer Zeit getroffen, als man ebenfalls ein unter der Vermittlung des hessischen Landgrafen zustande gekommenes Freundschaftsbündnis abgeschlossen hatte, um „alle und igliche schelmey, gebrechen und mißhellung“930 der beiden Familien zu beenden und sich durch die „freuntliche eynung“ wieder miteinander zu verbinden. Beide vertraglich fixierten Bündnisformen kamen im Zusammenspiel zum Einsatz, um das bestehende Zerwürfnis zwischen den Dynastien zu beheben und ein enges Beziehungsgeflecht zwischen ihnen zu stiften. Reinhard Seyboth hat schließlich der zweiten Eheschließung Markgraf Albrechts Achilles im Jahr 1458 eine ähnlich wichtige Funktion zugewiesen. Die prunkvolle Hochzeit mit Herzogin Anna von Sachsen wurde im November 1458 in Ansbach in Anwesenheit von zwölf Reichsfürsten gefeiert. Allein die sächsischen Herzöge nahmen mit einem Gefolge von 750 Pferden teil, und sogar der größte Widersacher des Markgrafen, Ludwig

926 927 928 929 930

Die Kapitel 2.3 und 6.3 befassen sich ausführlich mit dem polnischen Eheprojekt und dem damit verbundenen Zerwürfnis mit König Sigismund. LEISERING, Die Belehnungsurkunde von 1423 – der Originaltext, S. 139–143. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 23. CDB II, 3, Nr. 1433, S. 437–439, bzw. Nr. 1438, S. 446–448. MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 52, S, 135–136, hier S. 135.

3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung

181

von Bayern-Landshut, befand sich unter den Gästen,931 gegen den Albrecht nur ein Jahr später im Namen Kaiser Friedrichs III. einen Reichskrieg führen sollte. Für die Hohenzollern war diese Eheschließung aus unterschiedlichen Gründen von enormer Bedeutung: Nicht nur, dass Markgraf Albrecht den „territorialpolitischen Spannungen mit den Wettinern […] durch seine zweite Ehe mit Anna von Sachsen viel von ihrer Schärfe nehmen“932 konnte. Die Verbindung bildete vielmehr einen zentralen Kern der Vernetzungsbemühungen der Hohenzollern in dieser Zeit, in der sich grundsätzlich zwei Parteiungen innerhalb des Reiches gebildet hatten. In dieser Phase der Reichsgeschichte agierten die Hohenzollern, insbesondere Markgraf Albrecht, mit zwei Strategien: Zum einen organisierte der Markgraf das Bündnissystem der kaiserlichen Parteigänger im Reich933 und stellte Kaiser Friedrich III. durch sein Kommunikationsnetz wichtige Informationen zur Verfügung.934 Zum anderen verfolgten die Hohenzollern eigene Interessen, reagierten auf Bündnisse der Gegner mit Gegenbündnissen und versuchten, ihre Position unter den Reichsfürsten auszubauen. Durch die Erneuerung der Erbeinung und die neuerlich ausgehandelten Heiratspläne konnten die Hohenzollern sich auf feste Netzwerke mit Sachsen und Hessen stützen. Mithilfe eines weiteren Bündnisses gewannen sie wichtige Partner beim Ausbau ihrer Vormachtstellung in Franken. Der sogenannte Mergentheimer Vertrag vom 20. Juni 1458, eine Einigung zwischen Markgraf Albrecht, Kurmainz und Württemberg,935 stellte anfangs schlicht ein Abwehrbündnis gegen das Schutzbündnis Herzog Ludwigs von Bayern-Landshut und Pfalzgraf Friedrichs des Siegreichen vom Februar desselben Jahres dar.936 In der Auseinandersetzung um die territoriale Dominanz im süddeutschen Raum und bei ihren Bemühungen, auf Reichsebene die zentrale Position unter den Standesgenossen zu erlangen, müssen vor allem die Wittelsbacher immer wieder als die wichtigsten Antagonisten der hohenzollerischen Bestrebungen angesehen werden. Während die Hohenzollern durch die Vergrößerung des Beziehungsgeflechts und durch den strategischen Einsatz des sogenannten Kaiserlichen Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg versuchten, in Franken ihre Ziele zu erreichen,937 sollte ihre erfolgreiche Vernetzungsarbeit und die Pflege der guten Beziehungen zum Reichsoberhaupt auf der Reichs931 932 933 934 935 936 937

MEYER, Aus einem markgräflichen Haushaltungsbuch, S. 152–155. SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 26. HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 402. HEINIG, Friedrich III., Teil 2, S. 1109. Zu der besonders intensiven Beziehung zwischen Albrecht Achilles und Graf Ulrich V. von Württemberg und den beiden Familien siehe NOLTE, Familie, S. 355–360. SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 26, und WEIß, Franken, S. 437. Mehr zu diesen Bestrebungen der Hohenzollern in Kapitel 5.1.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

ebene ebenfalls für das gewünschte Resultat sorgen. Was als anfängliche Reaktion auf den Zusammenschluss des Pfalzgrafen und des bayerischen Herzogs begonnen hatte, bildete sich zu einer weiteren zentralen Allianz der Hohenzollern in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts aus: Das Mergentheimer Bündnis erfuhr in den Jahren 1465 und 1485 eine Erneuerung.938 Zudem kam es auch diesmal zu einer zusätzlichen Verstärkung der Verbindung durch einen am 3. Juni 1465 abgeschlossenen Ehevertrag zwischen Markgräfin Elisabeth und Graf Eberhard dem Jüngeren von Württemberg.939 Die Stellung Kurmainz’ und Württembergs während des Reichskrieges gegen Ludwig von Bayern-Landshut940 und weitere Bündnisse in der Folgezeit941 sind also gleichermaßen Ausdruck des engen Zusammenhaltes über viele Jahre. Auch in ihrem nordöstlichen Territorium sollten die engen Verbindungen mit Sachsen und Hessen in der Zeit der dritten Eheschließung zwischen Brandenburg und Sachsen auf zweifache Weise wirken. In einem Brief vom 9. April 1458 schrieb Markgraf Albrecht an seinen Bruder, Kurfürst Friedrich II., bezüglich verschiedener neuer Informationen, die er aus Böhmen erhalten hatte. Vertreter der Stadt Lübeck hielten sich am Hofe des neuen böhmischen Königs Georg Podiebrad auf, um dort für sich und andere hansische Städte über ein Bündnis zu verhandeln. „Vnd haben sich berümt ettlicher Merckischer stete, das sie der macht haben, das sie sich mitsampt ine vnd andern Henyschen steten verpindten wollen zu der kron, als verrn sie der new erwelt will aufnemen.“942 Um dieses bedrohliche Szenario zu verhindern, das direkte Auswirkungen auf ihre Herrschaft im brandenburgischen Territorium und gleichermaßen Einfluss auf die Machtkonstellation im Reich haben würde, sei es erforderlich, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Als geeignetes Mittel schlug Albrecht vor, „[…] eynung zu machen, kurtz oder lang, mit Sachsen, Branndburg, Hessen vnd, wen sie zu in zügen, mit der kron.“943 Falls ihnen das gelänge, so würde – wie dem Markgrafen ein Vertrauensmann in Böhmen verraten habe – König Georg seine Zusage an die Städte zurücknehmen und sich einer solchen Einigung anschließen. Der Markgraf sah darin eine besonders positive Lösung, denn „[…] damit sessens ir vnd wir, auch die herrn von Sachsen, in fried aller ansprach halben.“ Zuvor müssten sie jedoch die sächsischen Herzöge davon überzeugen, die Ansprüche auf die böhmische Krone aufzugeben. Der Markgraf schloss schließlich mit einer ‚Arbeitsan938 939 940 941 942 943

NOLTE, Familie, S. 102, Fußnote 341. GStAB BPH, Rep. 27 W 13, fol. 3–5. STAUBER, Herzog Georg, S. 499–515. NOLTE, Familie, S. 355. BACHMANN, Urkunden und Actenstücke, Nr. 165, S. 223. Ebd.

3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung

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weisung‘ an seinen älteren Bruder Friedrich II., der über die märkischen Städte in Erfahrung bringen solle, ob es eine Bündnisabsicht mit der Hanse gebe, während er ebenfalls Nachforschungen anstellen wolle. Bei einem positiven Ergebnis wolle er Verhandlungen wegen eines Bündnisses mit Sachsen aufnehmen.944 Die Sache führte zumindest für kurze Zeit zu einem ausgesprochen positiven Ergebnis, da die beiden Brüder fast ein Jahr später, am 25. April 1459, in Eger ein Bündnis mit Georg Podiebrad und dem Herzog von Sachsen abschließen konnten.945 Das Bündnis mit Georg Podiebrad aus dem Jahr 1459, das auch im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um das Kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg gesehen werden muss,946 stellte keine dauerhafte Verbindung dieses Fürsten mit den Hohenzollern dar. Bereits im Oktober desselben Jahres verband der böhmische König sich mit Pfalzgraf Friedrich dem Siegreichen und Herzog Ludwig von BayernLandshut,947 die Georg Podiebrad ebenfalls auf ihrer Seite gegen die Ansprüche bezüglich des Landgerichts haben wollten.948 Nach der Besetzung Donauwörths durch Ludwig den Reichen und der Verhängung der Reichsacht als Reaktion des Kaisers auf die Verletzung seiner Rechte ernannte Friedrich III. Markgraf Albrecht und Herzog Wilhelm von Sachsen zu den Hauptleuten in dem nun ausbrechenden Reichskrieg gegen den bayerischen Herzog.949 Der aus der Perspektive der Hohenzollern schlechte 944 945

946 947 948

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Ebd. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 139. Der sogenannte Egerer Fürstentag ging auf die Initiative Markgraf Albrechts zurück, er fungierte dort als Vermittler zwischen den Parteien. Das Treffen sollte vor allem der Beilegung des sächsisch-böhmischen Konflikts dienen, der sich um Grenzstreitigkeiten entwickelt hatte. An dem Treffen nahmen Fürsten aus den Häusern Wittelsbach, Wettin und Hohenzollern teil. Siehe aus neuester Zeit zu diesem Treffen aus der Perspektive des böhmischen Königs Georg Podiebrad: TRESP, Ein Aufsteiger, S. 143–150. Zu dem von Markgraf Albrecht in Eger ausgehandelten Ausgleichsvertrag zwischen Sachsen und Böhmen: DERS., Erbeinung und Dynastie, insbesondere S. 62–65. Für das Verhältnis zwischen Brandenburg und Böhmen ist zu sagen, dass es bereits im 14. Jahrhundert zu Erbeinungen gekommen ist, siehe MÜLLER, Besiegelte Freundschaft, S. 100–104, die Markgraf Albrecht am 6. Mai 1454 mit König Ladislaus Postumus erneuerte. Mit dem damaligen Gubernator von Böhmen, Georg Podiebrad, schloss er an demselben Tag ein Bündnis auf Lebenszeit ab. Siehe ebd., S. 105. Mehr dazu in Kapitel 5.1. KLUCKHOHN, Ludwig der Reiche, S. 127–128. ULSAMER, Die Rother Richtung, S. 108. Uwe Tresp hat darauf hingewiesen, dass Georg Podiebrad die reichsfürstlichen Parteien bereits beim Egerer Treffen geschickt gegeneinander auszuspielen wusste und dadurch seinen eigenen politischen Handlungsspielraum vergrößern konnte, siehe TRESP, Ein Aufsteiger, S. 147–148. Eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse um den Reichskrieg – bzw., je nach Perspektive, den Fürstenkrieg – bietet WIEß, Franken, S. 437–441. Eingehender analysieren Joachim Schneider und Eberhard Isenmann in ihren Habilitationen diesen Konflikt, natürlich mit unterschiedlichem Erkenntnisinteresse. Siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 476–503, und ISENMANN, Kaiserliche Obrigkeit, S. 38–83 und

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Ausgang des Krieges, der von 1458 bis 1463 andauerte und am 24. August 1463 mit einem Friedensschluss beendet wurde, war auch weiterhin für die extremen Spannungen zwischen den ehemaligen Kontrahenten verantwortlich, die auch nach dem Ende der gewalttätigen Auseinandersetzungen weiterhin anhielten. Besonders das abschlägige Urteil gegen die Zuständigkeit seines Kaiserlichen Landgerichts traf den Markgrafen hart, bis zum Ende seines Lebens wollte er es nicht akzeptieren.950 Die Bündnispartner der Hohenzollern, die diese in der Zeit vor dem Krieg erfolgreich aktivieren konnten, hatten sich wie erhofft in den kriegerischen Auseinandersetzungen auf die Seite der von Markgraf Albrecht angeführten kaiserlichen Partei geschlagen.951 Nun war es angeraten, die bestehenden Verbindungen weiterhin zu stärken und neue Verflechtungen hinzuzufügen. In diese für die Hohenzollern und insbesondere für Markgraf Albrecht schwierige Phase fiel die vierte Eheschließung mit dem sächsischen Fürstenhaus. Im Januar 1464 heiratete Markgräfin Dorothea, eine Tochter Kurfürst Friedrichs II., Herzog Johann IV. von Sachsen-Lauenburg.952 Zudem folgten weitere Erneuerungen bestehender Verbindungen kurze Zeit später: so zum Beispiel die Verlängerung eines älteren Bündnisses zwischen Markgraf Albrecht und den Reichsstädten Nördlingen und Bopfingen am 24. April 1464953 – die bereits während des Bayerischen Krieges Verbündete Kurfürst Friedrichs I. gewesen waren954 – oder eine weitere Eheschließung zwischen den Hohenzollern und den Grafen von Württemberg am 3. Juni 1465.955 Aber auch neue Verbindungen sollten die angeschlagene Position der Hohenzollern im Reich wieder festigen und vielleicht sogar zur Steigerung des Ansehens der Dynastie beitragen. Bereits 1460 – mitten im Reichskrieg gegen Herzog Ludwig – hatten Markgraf Albrecht und König Podiebrad durch Prokuratoren einen Ehevertrag zwischen Albrechts Tochter Ursula und Georgs Sohn Herzog Heinrich von Münsterberg abge-

950 951 952 953 954

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S. 150–267. Im Rahmen dieser Untersuchung steht der Reichs- bzw. Fürstenkrieg insbesondere im Kapitel 5.1 in Bezug auf das Kaiserliche Landgericht Nürnberg im Mittelpunkt der Betrachtung. WEIß, Franken, S. 441. Ebd., S. 438. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 127. BACHMANN, Urkundliche Nachträge, Nr. 19, S. 30. Am 1. Oktober 1416 hatte Kurfürst Friedrich I. ein Bündnis mit diesen und weiteren Reichsstädten abgeschlossen, siehe VON FREYBERG, Regesta, S. 235. Im Jahr 1420 stellte Markgräfin Elisabeth, Friedrichs Ehefrau und Regentin des fränkischen Territoriums, in seiner Abwesenheit eine Urkunde aus, die festlegte, die verbündeten Städte an den Eroberungen im Krieg gegen Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt zu beteiligen, siehe ebd., S. 356. Der Ehevertrag zwischen Markgräfin Elisabeth und Graf Eberhard dem Jüngeren von Württemberg: GStAB, BHP, Rep. 27 W 13, fol. 3–5.

3.1 Vertragliche Formen der Bündnisbildung

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schlossen und die Trauung durch die Prokuratoren vollziehen lassen.956 Noch immer hatten die Hohenzollern es nicht aufgegeben, den böhmischen König aus der Verbindung mit den Wittelsbachern herauszulösen und fester an sich zu binden. Markgraf Albrecht verfolgte ein ehrgeiziges Projekt: In der Zeit des intensiven Kampfes um die Vormachtstellung mit den Wittelsbachern in Süddeutschland bzw. nach dem gescheiterten Reichskrieg war es sein Plan, sich durch zwei Eheprojekte mit mächtigen Bündnispartnern im Osten zu verbinden. Neben einer familiären Verbindung mit dem böhmischen Königshaus plante er zudem, eine weitere Tochter Matthias von Ungarn zur Frau zu geben.957 Das Eheprojekt mit Böhmen erschien ihm so wichtig, dass er sogar das gute Verhältnis zu Papst Pius II. aufs Spiel setzte, der ein erklärter Gegner des Böhmenkönigs wegen dessen Unterstützung der Hussiten war und einen Kreuzzug gegen die Böhmen plante. Der Nachfolger Pius’ II., Papst Paul II., belegte Georg Podiebrad 1466 mit dem Bann958 und hatte auch immer wieder Albrecht Achilles ermahnt, die Eheverbindungen mit dem böhmischen Königshaus aufzulösen. Da Markgraf Albrecht an der Beziehung weiterhin festhielt, exkommunizierte Paul II. diesen in demselben Jahr.959 Zudem setzte der Markgraf die Ehe auch gegen den massiven Widerstand seiner Tochter Ursula durch, die er auf der Plassenburg internierte, da sie sich weigerte, den ebenfalls gebannten Heinrich von Münsterberg zu heiraten, und darin vom Papst unterstützt wurde.960 Markgräfin Ursula gab schließlich die Gegenwehr auf und trotz der zahlreichen Hindernisse wurde die Hochzeit wie geplant 1467 gefeiert.961 Auch der Plan einer Ehe zwischen den Hohenzollern und dem ungarischen Königshaus blieb während der Zeit, in der die Hohenzollern nach dem Prager Frieden von 1463 in ihrer Position stark angegriffen waren, weiterhin akut. Matthias Corvinus, der im Vertrag von Wiener Neustadt am 19. Juli 1463 dem Haus Habsburg die Erbfolge in Ungarn zugestehen 956 957

958 959 960 961

NOLTE, Familie, S. 284. Scheinbar schätzte er dabei die Bedeutung des Böhmen höher ein als die Matthias‘ Corvinus, denn Cordula Nolte konnte herausarbeiten, dass er später vorhatte, die bereits ausgesuchte Tochter Ursula, die aus seiner Ehe mit Margarethe von Baden stammte, gegen eine jüngere aus seiner zweiten Ehe mit Anna von Sachsen auszutauschen. Siehe NOLTE, Familie, S. 114. Der Markgraf meinte, dass König Georg „[…] wenn er verneme, das die jüngste vnnser tochter vnnserm hern dem kayser so nehend gefreundt ist, er sollt lieber sein freundin nehmen, denn des Margraffen von Baden.“ Zitiert nach ebd. Bereits Pius II. hatte ihn 1464 zum Ketzer erklärt, siehe MACEK, Art. ‚Georg Podiebrad‘, Sp. 1276. NOLTE, Familie, S. 285. Die Beschreibung auch der innerfamiliären Dimensionen der erzwungenen Ehe ebd., S. 284–286. Ebd., S. 286.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

musste,962 war in mehrfacher Hinsicht ein Wunschkandidat der Hohenzollern: Zunächst einmal hoffte die Dynastie, insbesondere Markgraf Albrecht, das durchaus angeschlagene Verhältnis zum Reichsoberhaupt wieder zu verbessern. Ritter Georg von Absberg, ein vertrauter Rat Markgraf Albrechts, berichtete am 20. März 1464 aus Wiener Neustadt vertraulich, dass der ungarische König sich nach den Wünschen des Kaisers verheiraten wolle, und falls der Markgraf zu Willen sei „[…] vnd möget das tun, bin ich in Hoffnung wir wolten Ew. Tochter eine Königin von Ungarn machen […].“963 Von Absberg führte in dem Brief weiter aus, dass die Gesandten des Kaisers bei der Krönung Matthias’ in Stuhlweißenburg – Matthias hatte die Stephanskrone dem Habsburger zuvor für eine enorme Summe abkaufen müssen964 – mit dem Ungarn verhandeln wollten, da „[…] der Keyser diese Freundschafft gerne sehe […].“965 Obwohl der ‚kostenbewusste‘ Markgraf Albrecht darauf hinwies, dass er nicht viel Geld für dieses Eheprojekt aufwenden wolle,966 ermahnte er seine Räte gleichzeitig, bei den Verhandlungen darauf zu achten, was der Wille des Kaisers und des ungarischen Königs sei. Falls bei diesen „[…] von Bundnussen vnd Einungen gehandelt vnd beslossen wurde, dass wir dann nicht dahinter bleiben.“967 Ein zweiter Grund für die Heirat war für Markgraf Albrecht zudem überaus wichtig, den er in einem Brief vom 12. Mai desselben Jahres seinen Gesandten am kaiserlichen Hof gegenüber zum Ausdruck brachte. Zunächst einmal setzte er sie darüber in Kenntnis, dass nicht mehr eine seiner Töchter verheiratet werden solle, sondern sein Bruder Friedrich II. den Wunsch geäußert habe, eine Tochter mit dem ungarischen König zu verheiraten, „das wollen wir nit verhindern“, so Albrecht, „dann vns sein freundschaft lieber ist, dann die heyrat zu Hungern […].“968 Die Gesandten sollten aber weder für ihn noch für Kurfürst Friedrich II. etwas Endgültiges abschließen, solange sie es nicht erreicht hätten, dass der Spruch zwischen Herzog Ludwig von Bayern-Landshut und Markgraf Albrecht – der nach dem verlorenen Reichskrieg im Prager Frieden 1463 festgelegt worden war – modifiziert würde.969 Ein letztes Mal wurde das Thema einer engen Verbindung zwischen den Hohenzollern und dem ungarischen Königshaus dann fünf Jahre spä962 963 964 965 966 967 968 969

Der Vertrag sah vor, dass Kaiser Friedrich III. die Nachfolge von Matthias Corvinus in Ungarn antreten sollte, falls dieser ohne legitime Nachkommen sterben sollte, siehe KOLLER, Kaiser Friedrich III., S. 157. HÖFLER, Fränkische Studien IV, Nr. 2, S. 26–27, hier S. 27. TEKE, Matthias Corvinus, S. 17. HÖFLER, Fränkische Studien IV, S. 27. Brief vom 30. April an seine Gesandten, siehe ebd., Nr. 4, S. 29–32, hier S. 32. Ebd. Ebd., Nr. 5, S. 32. Ebd.

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ter noch einmal akut, nachdem die Verhandlungen 1464 gescheitert waren. König Matthias war in Böhmen einmarschiert, um seinen ehemaligen Schwiegervater abzusetzen und sich so die Möglichkeit zu verschaffen, die böhmische und möglicherweise auch die römische Krone zu erlangen.970 In der noch offenen Auseinandersetzung mit Georg Podiebrad hatte er diesem vorgeschlagen, ihm die eroberten Schlösser und Gebiete in Böhmen wiederzugeben und seine sonstigen Ansprüche aufzugeben, falls dieser ihn darin unterstütze, römisch-deutscher König zu werden, so berichtete Markgraf Albrecht in einem Brief vom 23. März 1469 an seinen Bruder, Kurfürst Friedrich II.971 Sowohl der Kaiser als auch der Papst hätten – laut eines böhmischen Boten – zugesagt, die Bestrebungen des ungarischen Königs zu unterstützen, so der Markgraf weiter. König Matthias war daran gelegen, auch die beiden Hohenzollern für sich zu gewinnen, um einflussreiche Bündnispartner im Reich und insbesondere im Kurkolleg auf seiner Seite zu haben. Gemäß den Ausführungen Albrechts habe Georg Podiebrad versucht, ihn zu überzeugen, dass es besser sei, den Ungarn als den Herzog von Burgund zum König zu haben, dem hätten Kaiser und Papst ebenfalls die Krone angeboten.972 Etwa zeitgleich hatte sich König Matthias auch persönlich an den brandenburgischen Kurfürsten gewendet, um ihn für seine Interessen zu gewinnen. In einem Brief vom 26. März schrieb dieser nun an seinen Bruder in Ansbach, dass der König ihn eingeladen habe.973 Er vermute, dass Matthias ihn entweder wegen des „Heiligen Reiches“, also der Königswürde, sprechen wolle oder, um über eine Ehe mit seiner Tochter zu verhandeln. Der Brandenburger bat im Verlauf des Briefes seinen jüngeren Bruder um einen Rat, wie er sich bezüglich der einen oder der anderen Sache verhalten solle.974 In seinem Antwortschreiben führte Markgraf Albrecht genau aus, welche Verhandlungspositionen der Kurfürst gegenüber dem Ansinnen des Matthias Corvinus einnehmen solle. Wolle der König als Pilger durch die Mark Brandenburg reiten, so solle Friedrich ihm Ehre und Zucht erweisen und ihm selbst das Geleit geben, denn „[…] was zu den eren gehort, das ist wol angelegt […].“975 Wolle er über eine Heirat mit der Tochter sprechen, so sei auch dies dem König nicht zu versagen. Wenn er jedoch bezüglich des Reiches mit Friedrich verhandeln wolle, so müsse er ihm wahrheitsgemäß antworten, dass er in einer Einigung mit den 970 971 972 973 974 975

SMAHEL, Matthias Corvinus, S. 47. PALACKY, Urkundliche Beiträge, Nr. 478, S. 567–569, hier S. 568. Ebd., S. 569. HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 89, S. 186–187, hier S. 186. Ebd., S. 187. Ebd., Nr. 90, S. 187–190, hier S. 188.

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übrigen fünf Kurfürsten sei und sie sich geschworen hätten, nichts ohne die anderen zu verhandeln. Bereits in seinem ersten Brief vom 23. März hatte Markgraf Albrecht auf die Einigung der Kurfürsten hingewiesen, in der diese beschlossen hatten, ihr Vorgehen bezüglich der römisch-deutschen Krone aufeinander abzustimmen. Die Antwort scheint also ganz im Sinne eines kaisertreuen Fürsten wie Markgraf Albrecht zu sein, der sich häufig in seinen persönlichen Ausführungen als ein solcher darstellte und wie ihn auch die Forschung immer wieder gesehen hat.976 Ernst Schubert, der die Königspläne Matthias’ im Zusammenhang mit den Absetzungsplänen gegen das Reichsoberhaupt im 15. Jahrhundert diskutiert, hebt hinsichtlich dieser Episode hervor, dass die beiden Hohenzollernfürsten an dieser Stelle unterschiedliche Positionen vertreten hätten: Friedrich sei dem Plan des ungarischen Königs nicht abgeneigt gewesen und habe sich davon Gebietserweiterungen in seinem märkischen Territorium erhofft.977 Tatsächlich hatte der Kurfürst nach eigener Aussage auf die Frage König Matthias‘, was er von ihm als Gegenleistung begehre, Breslau und Liegnitz ins Gespräch gebracht.978 Albrecht habe wegen seiner Verbundenheit mit dem Kaiser das Ansinnen jedoch strikt abgelehnt.979 So hatte der Markgraf in seinem Bericht an den Bruder seine Antwort an den böhmischen Gesandten folgendermaßen zusammengefasst: „Vns zyme auch nicht vnnsers herrn des kaisers halben solchs anzubringen an die von Sachsen noch an ewr lieb [...].“980 Liest man dagegen den späteren Antwortbrief Albrechts an seinen Bruder vom 3. April weiter, in dem er die strikten Anweisungen für die persönliche Verhandlung zwischen Kurfürst Friedrich II. und König Matthias macht, so wird klar, dass der demonstrative Verweis auf das gemeinschaftliche Handeln der Kurfürsten in dieser Sache durchaus nicht das letzte Wort der Hohenzollern sein musste. Die Andeutungen des Markgrafen lassen den taktischen Spielraum für die Interessen seiner Dynastie deutlich erkennen, denn eine enge Verbindung mit dem mächtigen ungarischen König konnte nicht ganz ohne Reiz für die Hohenzollern sein.981 Der König müsse mit Friedrich gar nicht über das römische Königtum verhan976 977 978 979 980 981

Zuletzt noch Schubert im Jahr 2005: SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 464, S. 478 und passim. Ebd., S. 478. HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 89, S. 186–187, hier S. 186. SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 478. PALACKY, Urkundliche Beiträge, Nr. 78, S. 569. Ernst Schubert unterstreicht dagegen explizit, dass die Wahl des ungarischen Königs ganz und gar nicht im Interesse der Zollern sein konnte, da ihnen bewusst gewesen sei, dass Martin Mair, der von Albrecht Achilles leidenschaftlich gehasste gelehrte Rat, das Bündnis zwischen Matthias und Herzog Ludwig von Bayern-Landshut ausgehandelt habe, siehe SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 479.

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deln, da eine Unterstützung doch eine ganz natürliche Sache sei, wenn die „fruntschaft“982 sich zum Besten entwickele. „[…] dann weme mocht anders einfallen, dann das ir im als ewren aydem, vnd ewer tochter als ewer leiplichs kind eret, erhöhet vnd furdret in dem vnd allen sachen als nern (sic) uch leib vnd gut wendet vnd ir mit eren erleiden oder zu wegen bringen kondt.“983

Falls der König ihn wiederum bitten sollte, ihm bei der Erlangung der böhmischen Krone zu helfen, so solle Friedrich betonen, dass er und sein Vater sich immer wie christliche Kurfürsten verhalten hätten, so solle es auch zukünftig geschehen. Außerdem würden die anderen Kurfürsten und Fürsten des Reiches Friedrich für parteiisch halten, falls er sich zu sehr für die Sache des Ungarn einsetzen würde. Dies führe jedoch dazu, so Markgraf Albrecht weiter, dass Friedrich die Fürsten nicht so gut lenken könne wie sonst. Wenn die Angelegenheit sich für König Matthias jedoch positiv entwickle, würde Friedrich für ihn eintreten und diesen unterstützen als ein guter Freund und Schwiegervater.984 Gleiches gelte für den Fall, dass der ungarische König sich Unterstützung erhoffe, um die böhmische Krone nach dem Tod Georg Podiebrads zu erhalten. Schließlich gab Markgraf Albrecht seinem Bruder noch Vorschläge für weitere Varianten des Treffens und machte ebenfalls deutlich, in welchen Fällen der Bruder auf keinen Fall auf die Offerten des Königs eingehen solle. Auffallend ist, dass Albrecht bei sämtlichen Vorschlägen die Hochzeit mit der Tochter Friedrichs als entscheidendes Argument für die Zustimmung nennt. In der Möglichkeit, Schlesien, die Lausitz oder andere Städte zusätzlich zu erhalten, sah er zudem eine willkommene Dreingabe.985 Die Eheschließung mit dem ungarischen Königshaus bot den Hohenzollern zum einen die Gelegenheit, eine Verbindung zu einem besonders machtvollen Partner herzustellen bzw. zu verhindern, dass dieser zu einer potenziellen Bedrohung der nächsten Jahre würde. Möglicherweise sahen sie darin auch eine Chance, ein Gegengewicht zu dem Bündnis zwischen Matthias Corvinus und den Wittelsbachern zu bilden, das diese in demselben Jahr vereinbart hatten.986 Außerdem waren die Hohenzollern naturgemäß sehr daran interessiert, die Ehre und das Ansehen ihrer Dynastie zu vergrößern, indem sie eine weitere Ehe mit einem europäischen Königshaus eingingen. 982 983 984 985 986

HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 90, S. 187–190, hier S. 188. Ebd. Ebd. Ebd. NEHRING, Matthias Corvinus, S. 50–51.

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Nur wenige Wochen später lud König Matthias Kurfürst Friedrich II. tatsächlich nach Breslau ein, das seit 1466 mit dem Ungarn verbündet war, wo er ihn mit größtem Prunk und besonderen zeremoniellen Ehren empfing.987 Nachdem der König dem Hohenzoller über Tage hinweg große Aufmerksamkeiten hatte zukommen lassen, ihn reich beschenkt und verschiedene Bitten gewährt hatte, bat Matthias ihn schließlich, sich in Freundschaft durch ein ewiges Bündnis mit ihm zu verbinden. Auch die anwesenden geistlichen Legaten und sogar die kaiserlichen Räte „[…] hetten alle gern gesehen vnd baten vast darvmb, Sülcher buntnusse einzugeen.“988 Friedrich habe jedoch trotzdem mit dem Hinweis abgelehnt, dass beide Brüder keinerlei Bündnis ohne den anderen abschließen würden.989 Schließlich habe man auch über eine Heirat mit Friedrichs Tochter gesprochen, die der König lieber als jede andere haben wolle. Wegen der gegenwärtigen Situation und der Kriege werde er aber frühestens in zwei Jahren heiraten können, deswegen habe er Friedrich gebeten, so lange seine Tochter ‚freizuhalten‘. „Gaben jm dy antwort, das wir vnnser tochter vorhin versagt hetten, doch wer es so ferren nicht komen, wir geben sy so mere eym konig als eym hertzogen.“990 Nachdem Friedrich II. drei Tage zuvor in Breslau den Vorschlag abgelehnt hatte, für 2000 Gulden jährlich König Matthias bei seinem neuen Amt als böhmischer König zu beraten,991 kam auch diese Ehe zwischen den beiden Häusern auch trotz eines weiteren ‚Bestechungsversuchs‘ nicht zustande: Auf der Rückreise hatte König Matthias dem Kurfürsten einen Brief mit 1000 Gulden und mit der Zusage überbringen lassen, ihm freiwillig jederzeit 10.000–20.000 Mann für Kriegszüge zur Verfügung zu stellen. Die letzte Verbindung zwischen den Wettinern und den Hohenzollern betraf die Ehe zwischen Markgraf Johann, dem ältesten Sohn Kurfürst Albrechts, und Margarethe von Sachsen, der Tochter Herzog Wilhelms. Diese Ehe bot zwar die Möglichkeit, eine enge Verbindung zu dem fränkischen und thüringischen Zweig der Wettiner herzustellen, doch scheint es, dass von Markgraf Albrecht diesem Projekt nur mäßiges Interesse entgegengebracht wurde. Trotz frühzeitiger Eheverhandlungen dauerte es Jahre, bis die Hochzeit tatsächlich stattfinden konnte. Bereits am 26. April 1468 verhandelte man über einen Aufschub der Heirat,992 noch im August 1473 kam es zu erneuten Gesprächen über die Modalitäten des Festes und der 987 988 989 990 991 992

Bericht des Kurfürsten über den Besuch am Breslauer Hof vom 17. Juni 1469, siehe CDB III, 1, Nr. 360, S. 507–509. Ausführlich zum ruhmreichen Empfang Friedrichs II. bei Matthias Corvinus das Kapitel 3.2. CDB III, 1, Nr. 360, S. 507. Ebd. Ebd. Ebd., S. 508. CDB II, 5, Nr. 1867, S. 121.

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Eheschließung im Allgemeinen,993 wobei der zukünftige Schwiegervater eine Reihe von Forderungen stellte. Im Jahr 1476 fand die Trauung schließlich in Berlin statt. Die Gründe für die vielfachen Verzögerungen lagen wahrscheinlich in dem mangelnden Engagement Markgraf Albrechts, das möglicherweise zu einem nicht geringen Teil auf das ausgesprochen schlechte Verhältnis zu seinem ältesten Sohn zurückzuführen ist.994 Immer wieder wendete sich Johann mit der Bitte um Geld und Ausstattungsgegenstände für die Hochzeitsvorbereitungen an Albrecht und musste demütigende Anfragen stellen. Am 29. September 1473 bat er seinen Vater flehentlich: „Wir sind In vnzweiuelicher hoffnung, ewr liebe wird selbst herein zu vns komen. Denn wo das nicht geschee, so weysz ewr lieb, was wir von Sylbergeschyrr hir Innen haben vnd worden deszhalben gantz bloesz erfunden. So haben wir auch von süssem wein, Samethen, Polstern, Rocklach vnnd Thebichen, als sichs zu solchen zu haben zymet, nichts nicht, vnnd konnen das auch hir Innen nicht zu weg bringen. Deszhalben wir ewr lieb Bitten, vns mit solcher vnnd ander notturfft, zu den Sachen dynende, veterlich zu bedenken […].“995

Außerdem war Markgraf Albrecht, genau wie der Vater der Braut, nicht gewillt oder in der Lage, die erforderlichen Abgaben zu leisten. Während Herzog Wilhelm die Heimsteuer für seine Tochter verzögerte, da er darauf wartete, dass die markgräflichen Gebiete, die als Wittum der Braut gedacht waren, aus ihrer Verpfändung ausgelöst wurden, hatte Albrecht die Heimsteuer der Sachsen eingeplant, um genau jene Gebiete auszulösen.996 Als ein weiterer Grund kann ebenfalls angenommen werden, dass der Markgraf seine zeitlichen und finanziellen Ressourcen viel lieber in das prestigeträchtige Eheprojekt seines Sohnes Friedrich des Älteren mit der polnischen Königstochter Sophia steckte. Der Vater der Braut galt zu dieser Zeit als mächtigster König im Osten Europas, durch seine Ehe mit Elisabeth von Habsburg konnte er Ansprüche sowohl auf den ungarischen als auch auf den böhmischen Thron stellen. Besonders ab 1471 versuchten die Hohenzollern, den Kontakt zu den Jagiellonen zu intensivieren, denn nun war Władysław II., der Sohn Kasimirs II., böhmischer König. Das bedeutete auch, dass nun beide hohenzollerischen Territorien direkt an den Herrschaftsbereich des jagiellonischen Königshauses grenzten: Im Osten war das für die Mark Brandenburg bereits der Fall gewesen, nun war zu993 994 995 996

CDB III, 2, Nr. 103, S. 136–138. NEUGEBAUER, Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 65. CDB III, 2, Nr. 107, S. 141–142, hier S. 142. NOLTE, Familie, S. 113. Nolte weist an dieser Stelle jedoch darauf hin, dass dies nicht so ungewöhnlich in der Heiratspraxis des späten Mittelalters war.

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dem das südliche Territorium der Hohenzollern dem Gebiet des mächtigen Herrscherhauses benachbart. Da der gesamte Donauraum und das Königreich Böhmen im Zentrum der rivalisierenden Interessen der Habsburger und der Jagiellonen standen,997 war der polnische König ebenfalls daran interessiert, eine enge Verbindung mit wichtigen Vertrauten Kaiser Friedrichs III. einzugehen. Seit Beginn der 1470er Jahren war über eine dynastische Verbindung der beiden Häuser verhandelt worden. Sehr zum Leidwesen der Hohenzollern fanden gleichzeitig auch Verhandlungen zwischen dem polnischen Königshaus und Herzog Ludwig dem Reichen statt,998 die sogar früher zum Ziel führten. Im November 1475 wurde in Landshut die Hochzeit zwischen Georg von Bayern-Landshut und Hedwig von Polen mit großem festlichen Aufwand begangen, während die entsprechenden Verhandlungen der Hohenzollern seit 1472 nur sehr langsam vorangingen. Vor dem Hintergrund des unbefriedigenden Fortgangs der Gespräche nutzte Markgraf Albrecht die Landshuter Hochzeit für eine besonders deutliche Demonstration des Ranges seiner Familie und seiner eigenen Person, die auch von den Zeitgenossen wahrgenommen wurde.999 Adressaten der Inszenierung waren nicht nur die bei der Hochzeit versammelten Großen des Reiches, allen voran der Kaiser und dessen Sohn, sondern in besonderem Maße auch das polnische Gefolge der Braut.1000 Bezeichnenderweise wurden sich beide Dynastien kurz nach dem Landshuter Fest über die Modalitäten der Eheschließung einig,1001 am 14. Februar 1479 konnte die Hochzeit zwischen Markgraf Friedrich und Sophia von Polen in Frankfurt an der Oder schließlich mit großem Prunk gefeiert werden.1002 Eine bildliche Darstellung der Verbindung der beiden Hochadelsdynastien findet sich auf dem Retabel des sogenannten Schwanenordenaltars in der Gumbertuskirche in Ansbach. Das Retabel als gemeinsame Stiftung der fränkischen Hohenzollern wurde lange Zeit gemäß ihrer Inschrift auf das 997 998 999

STAUBER, Herzog Georg, S. 59–62. Ebd., S. 66–71. Zur der eindrucksvollen Selbstinszenierung der Hohenzollern auf der Landshuter Hochzeit siehe Kapitel 2.1. 1000 BISKUP, Die dynastische Politik, S. 209, sowie NEHRING, Die ungarische Außenpolitik, S. 40. 1001 NEHRING, Die ungarische Außenpolitik, S. 250. 1002 Eine Beschreibung der Hochzeit findet sich in der von Ludwig von Eyb dem Jüngeren verfassten Lebensbeschreibung des fränkischen Ritters Wilwolt von Schaumberg, der der Schwager des Autors war, siehe VON KELLER, Die Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg, S. 47. Der Edition von Kellers liegt eine schlechte Handschrift des Nürnberger Staatsarchivs zugrunde, wobei sich in diesem Archiv noch eine zweite, bessere Handschrift befindet. In einigen zeitgenössischen Quellen findet sich auch der Name „von Schaumburg“. Die namengebende Schaumburg des Geschlechts befand sich oberhalb des heute in Thüringen gelegenen Städtchens Schalkau bei Coburg.

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Jahr 1484 datiert. Das Altarretabel (Abb. 1) zeigt, auf der Vorderseite, sowohl den als Kurfürsten dargestellten Albrecht Achilles in goldener Rüstung mit Kurhut und -mantel (Abb. 2) als auch, auf der Rückseite, das Ehepaar Markgraf Friedrich d. Ä. und Sophie von Polen mit den jeweiligen Wappen der Dynastien (Abb. 3). Das künstlerisch hochwertige Retabel wurde zur Verewigung der für die Dynastie ausgesprochen bedeutsamen Hochzeit mit dem polnischen Königshaus angefertigt, wie die neuere kunsthistorische Forschung zeigen konnte,1003 und unterstreicht den hohen Rang, den die Dynastie dieser Verbindung beimaß. Ähnlich hoch angesetzt wurde seitens der Hohenzollern die Bedeutung der Eheverbindungen mit dem dänischen Königshaus1004 und der 1476 geschlossenen, aber nie vollzogenen Ehe zwischen Markgräfin Barbara und Władysław von Böhmen, seit 1490 König von Ungarn, die erst 1500 aufgelöst wurde.1005 Zu den ausführlich besprochenen Hauptsäulen der vertraglichen Vernetzungsstrategien der Hohenzollern, die im 15. Jahrhundert dazu führten, die Hohenzollern zu einer der wichtigsten Dynastien im Reich zu machen,1006 müssen schließlich noch weitere wichtige Bündnispartner besonders im süddeutschen Raum genannt werden: Im Herzogenauracher Rezess im Jahr 1464 konnten die Hohenzollern ein Bündnis mit dem Bischof von Bamberg abschließen, der im Reichskrieg zuvor auf der Seite der Verbündeten Herzog Ludwigs von Bayern-Landshut gestanden hatte.1007 Eine weitere große Lücke fügten die Hohenzollern dem dichten Block der Verbündeten Herzog Ludwigs durch ein Bündnis mit Herzog Albrecht von Bayern-München 1473 zu.1008 Die Markgrafen von Baden waren ebenfalls für die nächsten Jahre eng mit der Dynastie verbunden. Diese Beziehung war durch die Eheschließung Markgraf Albrechts mit Margarethe von Baden 1446 in Ansbach entstanden, die nur „unter Berücksichtigung der 1003 Die neuesten Befunde zu diesem Altarwerk hat Agnieszka Gąsior erarbeitet, siehe GĄSIOR, Eine Jagiellonin. Mehr zur Bedeutung dieses Retabels für die Hohenzollern in Kapitel 6.2. 1004 In den 1440er Jahren heiratete Markgräfin Dorothea, Tochter Markgraf Johanns des Alchimisten, zunächst Christoph von Dänemark und nach dessen Tod am 28. Oktober 1449 schließlich dessen Nachfolger Christian von Dänemark, siehe HÖFLER, Fränkische Studien IV, S. 11, und STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 127. 1005 NOLTE, Familie, S. 276–290. 1006 SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 27. 1007 WEIß, Franken, S. 443. 1008 Bereits im September 1472 schrieb Markgraf Albrecht an seine Räte, dass er in ein Bündnis mit dem bayerischen Herzog einwilligen wolle, siehe PC 1, Nr. 478, S. 450–452. Im September des darauffolgenden Jahres berichteten die markgräflichen Räte davon, dass Herzog Ludwig vor dem Kaiser versucht habe, in der Auseinandersetzung um das Graisbacher Landgericht, das den Hohenzollern unterstand, den Münchener auf seine Seite zu ziehen. Dies habe dieser jedoch abgelehnt und sich für die Sache Markgraf Albrechts eingesetzt, siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 196.

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Grenznachbarschaft und Rivalität der Markgrafen von Baden zu den kurpfälzischen Wittelsbachern verständlich“1009 wird. Allgemeine Befunde der vertraglichen Formen der hohenzollerischen Bündnispolitik Was sich bei der Heirat mit Sophia von Polen besonders klar gezeigt hat und auch bei den beiden letztendlich gescheiterten Eheprojekten mit dem polnischen Königshaus in den 1420er Jahren bzw. mit dem ungarischen König in den 1460er Jahren deutlich wurde, ist, dass diese Formen der Vernetzung auf horizontaler Ebene verschiedene Funktionen erfüllten bzw. auf unterschiedliche Weise wirken konnten: Neben der Möglichkeit, Einfluss auf politische Entscheidungen auszuüben oder sich schlicht gegen einen übermächtigen Konkurrenten durchzusetzen, spielte der Rang der Ehepartner für die Repräsentation unter den Standesgenossen eine erhebliche Rolle. In ihrer Habilitationsschrift nimmt Cordula Nolte eine ausführliche Analyse des Konnubiums der Hohenzollern vor,1010 bei der sie sich auch auf Peter Moraws allgemeine Ausführungen zum Heiratsverhalten des deutschen Hochadels im Spätmittelalter stützt.1011 Dabei nimmt sie die 63 Eheverbindungen in den Blick, die die Hohenzollern in der Zeit seit ihrer Erhebung in den Reichsfürstenstand bis zum Jahr 1550 eingegangen sind. Nolte kommt zu dem Ergebnis, dass ca. 86 Prozent der Ehen der Markgrafentöchter und ca. 73 Prozent der markgräflichen Söhne mit (reichs-)fürstlichen Familien geschlossen wurden. Bei den Töchtern heirateten zudem ca. 10 Prozent in Königshäuser ein, von den Söhnen ca. 23 Prozent.1012 Unter 20 reichsfürstlichen Dynastien nahmen die Hohenzollern aufgrund ihrer erfolgreichen Heiratspolitik den sechsten Platz ein,1013 ein bemerkenswert gutes Ergebnis, bedenkt man die wenigen Jahrzehnte, die sie überhaupt erst dem Kreise der Reichsfürsten angehörten. Bereits die Verleihung fürstlicher Rechte im Jahr 1363 habe sich unmittelbar auf die Art der Eheverbindungen ausgewirkt, erstmalig seien Eheschließungen mit der fürstlichen Spitzengruppe der Luxemburger, Wittelsbacher und Habsburger möglich gewesen.1014 Der Vergleich des fränkischen mit dem brandenburgischen Zweig macht deutlich, dass bei den Ehen der männlichen Hohenzollern die Brandenburger sich offenkundig 1009 1010 1011 1012 1013 1014

SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 26. NOLTE, Familie, S. 95–114. MORAW, Das Heiratsverhalten. NOLTE, Familie, S. 96–97. MORAW, Das Heiratsverhalten, S. 139. NOLTE, Familie, S. 95.

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öfter mit königlichen Familien verbanden als die fränkischen Markgrafen; dies stellt einen auffälligen Hinweis auf die Bedeutung der Kurwürde für ihr Haus dar.1015 Allgemeine Befunde der Konnubiumsanalyse zeigen außerdem, dass die Dynastie in die Heiratslandschaft an der südlichen Ostseeküste eingebunden war1016 und seit der Belehnung mit der Mark Brandenburg besonders intensiv versuchte, ein dichtes Konnubium mit Mecklenburg, Pommern und Braunschweig-Lüneburg zu unterhalten. Im Südwesten schlossen die Hohenzollern bevorzugt Ehen mit Württemberg und den Grafen von Henneberg ab.1017 Cordula Nolte weist bei der Analyse der Ehen darauf hin, dass sich daraus einige wichtige Anhaltspunkte über die außenpolitische Situation der Mark Brandenburg im 15. und 16. Jahrhundert ableiten lassen. Denn die anhaltenden Konflikte mit Pommern und Mecklenburg bestanden durchgehend im 15. Jahrhundert und erfuhren durch Vernetzungsversuche nur kurzzeitig Entspannung.1018 Vor diesem Hintergrund stellten die guten Beziehungen zwischen Pommern und Polen eine Herausforderung für die Hohenzollern dar, auf die sie reagieren mussten. Ihre Reaktion bestand in den Versuchen, durch vermehrte Bündnisse mit den Nachbarn und gleichzeitigen Bemühungen, familiäre Bindungen zum polnischen Königshaus einzugehen, die Gefahr einzudämmen. Für die zusätzliche Aussicht, möglicherweise in den Besitz des polnischen Throns zu gelangen, die zumindest in den 1420er Jahren für kurze Zeit möglich erschien, riskierten die Hohenzollern nicht nur ein völliges Zerwürfnis mit dem Reichsoberhaupt, sondern wären auch bereit gewesen, die ungeheure Summe von 100.000 Gulden für Heimsteuer und Widerlegung zu investieren, für die die Dynastie im Zahlungsfall einen großen Teil ihres märkischen Besitzes hätte verpfänden müssen.1019 Während bei den nur zu einem geringen Teil realisierten Eheprojekten mit den polnischen und ungarischen Königshäusern das Motiv des Statusgewinns unter den Standesgenossen eine wichtige Rolle spielte, zeigt sich eine andere Strategie bei den Ehen mit den Grafen von Henneberg. Die 1015 Ein Drittel der brandenburgischen Söhne ging eine königliche Ehe ein, während dies in Franken nur bei ca. fünfzehn Prozent der Fall war, siehe ebd., S. 99. 1016 MORAW, Das Heiratsverhalten, S. 139. 1017 NOLTE, Familie 100. 1018 Bezüglich der Heiratspolitik mit Pommern siehe BÖCKER, Zur Wirksamkeit. Zu den Konflikten um die Lehnshoheit zwischen Brandenburg und Pommern dagegen SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 58–77. Das wechselhafte Verhalten der mecklenburgischen Fürsten hingegen zeigt sehr anschaulich ihr kurzfristiges Bündnis mit Kurfürst Friedrich II. im Jahr 1468 im Rahmen des Stettiner Erbfolgestreits gegen die Herzöge von Pommern-Wolgast. Obgleich sie im Januar 1469 noch eine Einigung zwischen den Konfliktparteien ausgehandelt hatten, wechselten sie im Oktober desselben Jahres auf die Seite der Pommern, siehe AUGE, Handlungsspielräume, S. 43. 1019 NOLTE, Familie, S. 112.

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1310 gefürsteten Grafen erschienen in den Augen der Hohenzollern zwar nicht als gleichrangige Partner,1020 dennoch gingen die Hohenzollern Heiratsverbindungen mit diesem fränkischen Adelsgeschlecht ein1021 und konnten eine dichte Vernetzung auch auf anderem Weg realisieren: Verschiedene Mitglieder der Familie wurden in den Dienst der Hohenzollern aufgenommen, beispielsweise Graf Otto von Henneberg-Römhild, der Feldhauptmann Kurfürst Albrechts im Burgunderkrieg wurde. Dessen Bruder, Graf Philipp von Henneberg-Römhild, erlangte durch die Mithilfe des Hohenzollers 1475 das Amt des Bamberger Bischofs.1022 Der Einsatz Markgraf Albrechts bezüglich der Grafen von Henneberg muss vor dem Hintergrund des Kampfes mit dem Würzburger Bischof um die territoriale Vorherrschaft und um den Titel eines fränkischen Herzogs gesehen werden.1023 Da die soziale Ordnung auch im 15. Jahrhundert nicht statisch war und um jede Statusverbesserung oder -verschlechterung erbittert gerungen wurde, stellten diese Versuche der Hohenzollern, ganz Franken „zumindest ihrem mittelbaren Einfluss zu unterwerfen“,1024 einen Beitrag dar, sich unter den Großen des Reiches zu behaupten. Die Beispiele der Netzwerkbildung, die in Form von Bündnissen und Heiratsverträgen hergestellt wurden, zeigen nicht nur, wie die unterschiedlichen Vertragsformen im Zusammenspiel eingesetzt wurden, sondern machen auch generell ihre multifunktionalen Wirkungsweisen deutlich: So konnten sie ein Mittel darstellen, um in den Kreis der neuen Standesgenossen aufgenommen zu werden, und trugen besonders effektiv zur Steigerung des dynastischen Ansehens bei. Die bewährte Methode der Konnubiumsanalyse zeigt, dass bereits die Verleihung fürstlicher Rechte im Jahr 1363 zu einer Steigerung des Konnubiums geführt hatte und die Dynastie in der Folgezeit fast ausschließlich fürstliche und königliche Ehen anstrebte, deren erfolgreicher Abschluss weitere hochrangige Partnerschaften nach sich zog.1025 Gerade die familiäre Verstärkung von Netzwerken und Beziehungen war allgemein ein gebräuchliches Mittel des spätmittelalterlichen Adels und wurde auch von den Hohenzollern bewusst und gerne 1020 Ebd., S. 97. 1021 Im Jahr 1482 vereinbarte man eine erste Ehe zwischen Markgräfin Elisabeth, der Tochter Albrechts Achilles, und Graf Hermann VIII. von Henneberg-Römhild, dem Neffen des späteren Mainzer Erzbischofs. Eine zusätzliche Verstärkung erfuhr diese Verbindung dadurch, dass Erzbischof Berthold von Henneberg-Römhild 1486 das alte brandenburgischmainzische Bündnis erneuerte und weitere familiäre Bindungen folgten, siehe SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 302–303. 1022 Ebd., S. 302. 1023 Mehr dazu in Kapitel 5.1. 1024 SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 301. 1025 NOLTE, Familie, S. 95.

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eingesetzt. Dass sie sich davon viel versprachen, machen nicht nur die entsprechenden Aussagen Markgraf Albrechts immer wieder deutlich. Mithilfe von Bündnissen konnten die Hohenzollern an politischen Entscheidungsprozessen teilhaben und Herrschaft auf der Ebene des Reiches und in ihren Territorien ausüben. Sie gestatteten es ihnen beispielsweise, das neue Territorium der Mark Brandenburg dauerhaft in Besitz zu nehmen. Bereits in der kurzen Zeit der Verweserschaft Burggraf Friedrichs VI. war es vor allem auch die 1412 in Treuenbrietzen gefeierte Hochzeit zwischen Herzogin Barbara und Markgraf Johann dem Alchimisten, durch die Burggraf Friedrich einen ersten Bündnispartner in der von Feinden umgebenen Kurmark gewinnen konnte. Zudem folgten später weitere Bündnisse mit den Herzögen von Mecklenburg1026 oder den Bischöfen von Magdeburg und Halberstadt,1027 die ebenfalls zur Etablierung des neuen Landesherrn in der Folgezeit beitrugen. Dass Bündnisse ein äußerst nuancenreiches Instrument darstellten, zeigt die Tatsache, dass durch sie außerdem gezielt Neutralität signalisiert werden konnte, falls es die Situation verlangte, und sie genau wie die familiären Vernetzungsstrategien es möglich machen konnten, Konflikte zu entschärfen.1028 Schließlich konnten Bündnisse indirekt auch Einfluss auf die vertikalen Beziehung zum Reichsoberhaupt haben, denn nicht zuletzt das Beispiel der geplanten Eheschließung zwischen Matthias Corvinus und der Tochter Markgraf Albrechts im Jahr 1464, die von Kaiser Friedrich III. favorisiert wurde, zeigt, dass auch solche Erwägungen die Vernetzungspolitik der Hohenzollern mitbestimmten. Der Überblick über die vertraglichen Formen der Bündnisbildung seit der Belehnung mit der Mark Brandenburg macht zudem noch etwas anderes deutlich: Die Mehrzahl dieser Formen der Vernetzung betrifft eindeutig die horizontalen Beziehungsstrukturen, denn es sind die Mitglieder des Hochadels, die als „puntgenossen“ gewonnen oder durch „swâgerschaft“ fest an die aufgestiegene Dynastie gebunden werden sollten. Mit dem Niederadel oder verschiedenen Reichsstädten gingen die Hohenzollern zwar ebenfalls vertraglich fixierte Bündnisse in Form von Schwureinungen im Rahmen von Landfriedens- oder Schutzabkommen ein. Diese galten aber vorrangig der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Ordnung in einem lokal 1026 CDB continuatus, Nr. 16, S. 55–56. 1027 SEYBOTH, Friedrich VI., S. 33. 1028 Zum Thema der Konflikte aus soziologischer Perspektive: DAHRENDORF, Zu einer Theorie, und SIMMEL, Soziologie, insbesondere S. 684. Aus der reichhaltigen historischen Forschung zu diesem Thema sollen hier lediglich genannt werden: ALTHOFF, Spielregeln, insbesondere S. 57–125; der Sammelband DARTMANN/FÜSSEL/RÜTHER, Raum und Konflikt; und BOURRÉE, Rituale und Konflikte.

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begrenzten Bereich und trugen weniger zur Festigung der ständischen Position der Dynastie bei. Teilweise waren sie auch dazu geeignet, ambitionierte politische Projekte zu realisieren, wie das Beispiel der Grafen von Henneberg gezeigt hat. Hier ging es um den Machtkampf mit dem Würzburger Bischof, an den die Hohenzollern die Hoffnung knüpften, dem Bischof den umstrittenen Titel eines Herzogs von Franken abspenstig machen zu können.1029 Ebenfalls in den Bereich der vertikalen Vernetzungsstrategien gehören die Bündnisse mit verschiedenen Reichsstädten, die von den Hohenzollern aber seltener angestrebt wurden. Häufig war das Verhältnis zu den Städten eher durch schwere Konflikte und unterschiedliche Interessen gekennzeichnet, wobei sich hier auch Unterschiede zwischen den einzelnen Kurfürsten zeigen: Kurfürst Friedrich I. wird – ähnlich wie König Sigismund – durch die Forschung eher eine städtefreundliche Haltung zugeschrieben.1030 Bündnisse wie jenes mit den Reichsstädten Rothenburg, Nördlingen, Dinkelsbühl, Weißenburg und Bopfingen vom 1. Oktober 1416, das sich im Anschluss an die sogenannte Konstanzer Liga explizit gegen Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt richtete und von Markgräfin Elisabeth von Hohenzollern um die Maßgabe erweitert wurde, die Städte an der Eroberung der wittelsbachischen Gebiete zu beteiligen,1031 finden sich in seiner Regierungszeit durchaus häufiger. Bei seinen Söhnen Friedrich II. und Albrecht zeigte sich dagegen wiederholt eine dezidierte Städtefeindlichkeit. Die fast zeitgleichen Versuche der beiden Brüder, einen Fürstenbund gegen die Reichsstädte einzurichten, weisen in diese Richtung. So wollte Kurfürst Friedrich II. in Wilsnack einen Bund mit König Christian von Dänemark, den Herzögen von Pommern, Mecklenburg, Sachsen und Braunschweig zustande bringen,1032 und Markgraf Albrecht unternahm in demselben Jahr Ähnliches gegen die Reichsstadt Nürnberg, da es zu Konflikten bezüglich der Geleits-, Münz- und Bergwerksrechte gekommen war.1033 Der sogenannte Zweite Süddeutsche Städtekrieg, in dessen Zentrum die ‚Markgrafenfehde‘ zwischen Albrecht Achilles und der Reichsstadt Nürnberg in den Jahren 1449 bis 1450 stand,1034 gilt als Symbol für die tiefe ständische Abneigung Markgraf Albrechts gegenüber den Städten. 1029 1030 1031 1032 1033 1034

Mehr dazu in Kapitel 5.1. PRIEBATSCH, Die Hohenzollern und die Städte, S. 56–57. VON FREYBERG, Regesta, S. 356. RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 185–186. SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 139–140. Allgemein zum Zweiten Süddeutschen Städtekrieg siehe ZEILINGER, Lebensformen, aber auch KÖLBEL, Der erste Markgrafenkrieg. Insbesondere die Verarbeitung dieses Großkonflikts durch die städtische Chronistik thematisiert Carla Meyer in ihrer Dissertation: MEYER, Die Stadt, vor allem S. 349–368.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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Trotzdem ging auch der Markgraf entsprechende Bündnisse ein, wenn es die Situation erforderte: Mit der Reichsstadt Nördlingen kam es zum Beispiel immer wieder zu solchen Bündnissen, zuletzt im Jahr 1485, als Albrecht die Stadt gegen Herzog Georg den Reichen von Bayern-Landshut unterstützte, um dessen Einfluss in der Reichspolitik zu den eigenen Gunsten zu verringern.1035

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und kulturelle Vernetzungsstrategien zur Machtkonsolidierung: Hof- und Festkultur, Kurzweil und Genossenschaft 3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur Der langjährige adelige Rat in den Diensten der Hohenzollern, Ludwig von Eyb der Ältere, schilderte in seiner um 1500 entstandenen historiografischen Schrift Denkwürdigkeiten brandenburgischer Fürsten die Geschichte der fränkischen Markgrafen von Brandenburg im 15. Jahrhundert.1036 Von Eyb, der sich mit seinem Werk an die Ansbacher Hofgesellschaft einschließlich der aktuellen Landesherren wandte,1037 kolportierte unter anderem einen wichtigen Ratschlag, den Kurfürst Friedrich I. angeblich seinen am Sterbebett versammelten Söhnen geben haben soll: „So thu ich vor euch allen ein offenbars gescheft, das ir eur ritterschaft in eren und lieb habt, an den gib ich euch den hochsten schatz, […] und das ir eur kuchen und keler offen last stehen gein der ritterschaft. Das ist der sold, den wir ine geben.“1038

Von Eyb unterließ es nicht, den potenziellen Lesern und Zuhörern und insbesondere dem regierenden Markgrafen Friedrich dem Älteren, an den er sich in einer Art Regierungsmemorandum im letzten Teil der Denkwürdigkeiten direkt richtete,1039 den großen Gewinn dieser Art von vertikaler Beziehungspflege zu verdeutlichen. Denn nicht nur bei der Auseinandersetzung Markgraf Albrechts mit der Reichsstadt Nürnberg in den Jahren 1449 und 1450 habe sich gezeigt, dass „[…] die ritterschaft den krieg mit hohem vleiss ubten, nit anders dann wer es ir yedes aigen sach.“1040 Bedenkt man die terri1035 1036 1037 1038 1039 1040

STAUBER, Herzog Georg, S. 264–265. THUMSER, Chronist, S. 157. Ebd., S. 159. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 69–70. THUMSER, Chronist, S. 163. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 80.

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toriale Situation Frankens im 15. Jahrhundert, vor allem den Kampf um die politische Vorherrschaft in der Region,1041 so wird klar, welch entscheidender Vorteil die Einbindung der Ritterschaft und des übrigen Adels für das Ringen um herrschaftliche Dominanz in Franken haben konnte. Dass die Markgrafen in diesen vertikalen Vernetzungsformen ein geeignetes Mittel der politischen Einflussnahme und damit auch zur Festigung des eigenen Rangs sahen, spiegelt sich ebenfalls in den Denkwürdigkeiten Ludwigs von Eyb wider. Denn bei ihm erscheinen die Mitglieder des nicht-fürstlichen Adels in Franken nicht nur als loyale Gefolgsleute zu Kriegszeiten, wie eingangs geschildert, sondern darüber hinaus in einer zentralen Funktion als Stütze der landesherrlichen Herrschaft mit vielfachen Aufgabenbereichen: als Amtsträger eingebunden in die Verwaltung der beiden Territorien oder durch die persönlichen Dienste am Herrscherhof als Teil der fürstlichen Hofgesellschaft.1042 Zwar stellte der nicht-fürstliche Adel und insbesondere die Ritterschaft ein wertvolles Gut dar, um das auch mit vertraglichen Mitteln gerungen wurde,1043 aber kulturelle Strategien der Vernetzung – also solche, die in der Regel seltener im Mittelpunkt von Untersuchungen zur spätmittelalterlichen Bündnispolitik stehen – konnten auf eine Art wirken, die in der von ‚Face-to-Face-Kommunikation‘ geprägten Gesellschaft des Mittelalters neben den ‚klassischen‘ Formen der Bündnisbildung zusätzliche Möglichkeiten boten. Dies kam auch den allgemeinen Funktionsweisen der mittelalterlichen Gesellschaft entgegen, da die Integration des Gemeinwesens generell in hohem Maße durch die persönliche Kommunikation unter Anwesenden hergestellt wurde.1044 Ähnlich wie bei der Bündnispolitik durch Eheschließungen wurden auch diese Verbindungen auf eine besondere Grundlage gestellt. Zwar bildete nicht die zentrale Kategorie der Verwandtschaft den ‚Kitt‘ der Beziehungen, aber andere Normen und Werte1045 der mittelalterlichen (Adels-)Gesellschaft wie die gemeinsame Teilhabe an der vorherrschenden ritterlich-höfischen Kultur, der wechselseitige Austausch von Geschenken oder schlicht Fröm-

1041 Aus der Perspektive des Bischofs von Würzburg schildert MERZ, Fürst und Herrschaft, S. 30–51, vor allem S. 42–48, die Kleinteiligkeit der Herrschaftsgebiete und die damit verbundenen Konflikte. Einen allgemeineren Überblick über die interterritorialen Verhältnisse, aber durchaus zugespitzt auf die Sichtweise der Hohenzollern, bietet insbesondere SEYBOTH, Die Markgraftümer. 1042 AUGE/SPIEß, Hof und Herrscher, S. 6–7. 1043 Zum Beispiel schloss Friedrich I. am 12. November mit Bamberg und Würzburg einen entsprechenden Vertrag wegen der fränkischen Ritterschaft ab, siehe MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 45, S. 118–119. 1044 STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 514. 1045 Zur Definition von Normen und Werten siehe STOLLBERG-RILINGER, Einleitung (2007), S. 9–10.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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migkeit sorgten dafür, dass die Verbindlichkeit auch durch emotionale Mittel bzw. durch die „Inkorporation kollektiver Dispositionen“1046 hergestellt wurde und diese so eine eigene Wirkmächtigkeit entfalten konnten. Die Bandbreite der als ‚kulturell‘ zu klassifizierenden Formen der Vernetzung war ähnlich groß wie bei den im vorherigen Kapitel analysierten Bündnisformen. Eine schriftliche Fixierung der Beziehungen war in diesen Fällen entweder überhaupt nicht vorgesehen oder zweitrangig. Teilweise waren sie einfach Indikatoren für bestehende Verbindungen, stärkten diese jedoch stets und stellten sie somit gleichzeitig auf Dauer. Zudem konnten sie auch vollkommen neue Netzwerke erzeugen. Da die Herstellung einer Beziehung durch diese kulturelle Vernetzungspraxis für die Akteure eher indirekt, praktisch erst auf einer zweiten Ebene sichtbar ist, fiel es möglicherweise leichter, diese Formen von Beziehungen herzustellen. Vielleicht besaßen sie sogar eine größere Art der Verbindlichkeit, da es den Akteuren sowohl um strategische Erwägungen ging, aber diese zusätzlich durch allgemeingültige Normen und Werte abgesichert wurden, die im adeligen Habitus der beteiligten Personen fest verankert waren. Im Folgenden sollen nun verschiedene Formen solch kultureller Vernetzungsstrategien auf ihre konkreten Wirkungsweisen hin untersucht werden. Vorab ist zu konstatieren, dass sie im Vergleich zu den bereits untersuchten vertraglich fixierten Bündnisformen relativ gleichwertig sowohl zu dem horizontalen als auch zu dem vertikalen Beziehungsgeflecht der Hohenzollern beitrugen, im Gegensatz zu den vertraglich fixierten Formen, die besonders auf die horizontale Vernetzung ausgerichtet waren. Fürstliche Hofhaltung und höfische Feste Die gemeinschaftsstiftende Wirkung des Mahls ist mittlerweile insbesondere für die Zeit des Mittelalters beinahe ein Gemeinplatz der historischen Forschung zu nennen,1047 und seit längerer Zeit wird ebenfalls intensiv über die Funktionen der höfischen Festkultur für die mittelalterliche Gesellschaft diskutiert.1048 Im Zusammenhang mit der Dynastie der Hohenzollern wurde immer wieder auf den großen repräsentativen Aufwand 1046 Zu der Vorstellung von der Verinnerlichung von kollektiven Dispositionen über den Habitus siehe BOURDIEU, Sozialer Sinn, vor allem S. 122–145. 1047 ALTHOFF, Der frieden-, bündnis- und gemeinschaftstiftende Charakter; DERS., Rituelle Verhaltensmuster; oder STOLLBERG-RILINGER, Ordnungsleistung. Zu den vielen Funktionen des Mahls allgemein, aber auch insbesondere in Bezug auf die herrschaftliche Repräsentation, siehe auch: BELLIGER/KRIEGER, Repräsentation; FOUQUET, Wie die kuchenspise; DERS.: Das Festmahl; IRSIGLER, Essen. 1048 ALTHOFF, Fest und Bündnis; FRANKE, Feste; RANFT, Feste; oder ZOTZ, Der Reichstag.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

hingewiesen, der bereits kennzeichnend für die Regierungszeit Friedrichs I. gewesen sei und für den später vor allem dessen Sohn Markgraf Albrecht unter den Reichsfürsten berühmt gewesen wäre.1049 Der markgräfliche ‚Hofchronist‘ Ludwig von Eyb brachte die Ansbacher Hofhaltung unter dem ersten hohenzollerischen Kurfürsten auf die knappe Formel, dass Markgraf Friedrich I. „[…] konig Artus hoff hielt, als albeg bey der herrschaft gewest ist etc.“1050 Damit griff er auf das gängige Vokabular der Zeit zurück: Der Artushof als Ziel- und Ausgangspunkt des Ritters, als Zentrum der höfischen Kultur ließ Raum für zahlreiche Assoziationen.1051 Die Fest- und Hofkultur Friedrichs I. war Vorbild für seine ihm ins Kurfürstenamt nachfolgenden Söhne Friedrich II. und Albrecht Achilles. In einem Brief vom 18. Januar 1480 an seinen Sohn Markgraf Johann griff Kurfürst Albrecht eine ähnliche Formulierung zur Beschreibung der eigenen Hofhaltung wie der Vater auf und rühmte sich: „[…] vnd ist konig artes hofe hie mit Jagen, payssen, hetzen, Stechen, Rennen vnd aller kurtzweil […].“1052 Obwohl Friedrich I. noch einen gegenüber seinem Sohn Albrecht deutlich reduzierteren Hof aufzuweisen hatte – denn der Vater, so Albrecht, habe an seinem Hof nie „uber IIc zu roß und fussen nye gehabt, so er on krieg gewesen“,1053 während die eigene Hofhaltung auf 300 Personen und 200 Pferde angewachsen war –, kann seine Bedeutung im Reich nicht zu hoch eingeschätzt werden. Mehr als einmal hatte Markgraf Friedrich I. König Sigismund zu Gast in Ansbach und bewirtete die wichtigsten Reichsfürsten während seiner Amtszeit als Kurfürst.1054 Betrachtet man die repräsentative Selbstinszenierung, die Friedrich I. auf Hoftagen, dem Konstanzer Konzil und an auswärtigen Höfen betrieb,1055 so fällt es vergleichsweise leicht, sich den Umfang seiner fürstlichen Hofhaltung vorzustellen. Aber auch sein Sohn Albrecht stand ihm in dieser Hinsicht in nichts nach: Die Hochzeiten mit Margarethe von Baden im Jahr 1445 bzw. mit Anna von Sachsen im Jahr 1458, an der allein zwölf Reichsfürsten, Grafen und Vertreter der Reichsstädte mit 2251 Pferden teilnahmen,1056 macht wiederum die Leistungskraft seiner Hofhaltung deutlich. Die Tatsache, dass „all fursten, die erbern frawen und die rytterschaft […] zu hof gegessen, und die 1049 1050 1051 1052 1053 1054

Siehe zum Beispiel SCHUBERT, Albrecht Achilles, oder KANTER, Markgraf Albrecht. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 69. Der Artushof diente den Zeitgenossen als Inbegriff des ritterlichen Lebens. CDB III, 2, Nr. 192, S. 242–243, hier S. 243. PC 3, Nr. 934, S. 240–243, hier S. 242. So beherbergte Friedrich I. König Sigismund zum Beispiel am 18. November 1418 in Ansbach, siehe RIEDEL, Zehn Jahre, S. 303. 1055 Auf den festlichen Einzug in Konstanz zum Anlass des Konzils mit einem der größten Gefolge aller Reichsfürsten ist bereits in Kapitel 2.1 verwiesen worden. 1056 MEYER, Aus einem markgräflichen Haushaltungsbuch, S. 152–155.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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knecht vom hof an die herberig gespeist“1057 haben, wie die markgräfliche Kanzlei genau zu berichten weiß, verweist aber ebenfalls auf die Verbindung der Hauptresidenz des Landesherrn zu einer wichtigen Stadt in seinem Territorium.1058 Zu solch einzigartigen Anlässen – und die zweite Hochzeit des Markgrafen Ende der 1450er Jahre stellte ein gesellschaftliches und politisches Ereignis ersten Ranges dar, das als fast so bedeutend wie die Landshuter Hochzeit 17 Jahre später zu bewerten ist – konnten nicht nur erfolgreich Vertreter des gesamten Adels durch die Hohenzollern in das Festgeschehen mit einbezogen werden, sondern auch die Stadtbevölkerung hatte Anteil an dem besonderen Ereignis.1059 Der Reichsfürst präsentierte also seinen Rang unter den adeligen Standesgenossen, zeigte sich jedoch genauso als Stadt- und Landesherr und stärkte seine Herrschaft durch die Inszenierung seiner Würde.1060 Dass auch die Mark Brandenburg Schauplatz prunkvoller höfischer Feste war, zeigen nicht zuletzt die beiden Hochzeiten Markgraf Johanns im Jahr 1476 und Markgraf Friedrichs des Älteren 1479. Diese fanden in Berlin bzw. in Frankfurt an der Oder in einem feierlichen Rahmen mit reger adeliger Beteiligung und einem hochrangigen Fürstenhochzeiten angemessenen repräsentativen Aufwand statt.1061 Jedoch bereits in der Zeit Markgraf Friedrichs II., dem die höfische Kultur auf höchstem Niveau durch seinen jahrelangen Aufenthalt am polnischen Königshof als Verlobter der polnischen Königstochter Hedwig mehr als vertraut gewesen sein muss,1062 sind entsprechende höfische Feste anzunehmen. Es ist zu vermuten, dass nicht zuletzt dessen Hochzeit mit Katharina von Sachsen im Jahr 1441, die nach den kriegerischen Konflikten zwischen den Hohenzollern und den 1057 Ebd., S. 152. 1058 SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 578. Reinhard Seyboth konnte sehr anschaulich zeigen, dass die Hohenzollern im Laufe des 15. Jahrhunderts ein regelrechtes Residenzensystem aufbauten, innerhalb dessen verschiedenen Orten Spezialfunktionen zukamen, siehe ebd., S. 597. Ausführlich über die Residenzen der Hohenzollern in der Mark Brandenburg und in ihren fränkischen Territorien informiert das 5. Kapitel. 1059 SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 578. 1060 Weitere Ausbauten der Stadt während der 1460er und 1470er Jahre zielten laut Seyboth ebenfalls darauf ab, den Rang des zuvor unscheinbaren Ansbach den Residenzen in Wiener Neustadt, Dresden, München und Landshut anzugleichen und einem Kurfürsten angemessen zu gestalten, siehe ebd., S. 580. 1061 Wobei es deutliche Unterschiede zwischen den beiden Festen gab, denn über die Hochzeit seines nicht sonderlich geliebten Sohnes Johann berichtete Albrecht an Graf Eberhard II. von Württemberg, dass es „[…] würdt kein merklich hochzeit noch stechen hynnen, allein unßers sons hofgesind und etlich Frennkisch gesellen, den wir geschriben haben, desgleichen etlich landtleut, nit vil, auf das hochst bey XX helmen, geszt, hofgesind und landleut.“, siehe PC 2, Nr. 225, S. 237–238, hier S. 237. Das Zitat findet sich in den Ausführungen Priebatschs bezüglich eines anderen Schreibens Herzog Eberhards des Jüngeren. 1062 SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 75–81.

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Wettinern eine Zeit des guten Einvernehmens besiegeln sollte,1063 in einem der Bedeutung der Versöhnung angemessenen Rahmen gefeiert worden ist. Auch wenn gerade die ältere Forschung immer wieder das Bild eines frommen, bescheidenen Landesherrn entwerfen wollte, der im Gegensatz zu seinem Vater und Bruder auf repräsentatives Auftreten als Reichsfürst wenig Wert legte,1064 reicht bereits ein kurzer Blick in wenige Briefzeugnisse Friedrichs aus, um das enorme Repräsentationsbewusstsein dieses Kurfürsten zu belegen. Eigens für seinen Besuch bei König Matthias von Ungarn borgte er sich die goldene Kutsche seiner Schwägerin Markgräfin Anna1065 aus. Im Anschluss an den Besuch schilderte er seinem Bruder Albrecht in einem Brief vom 17. Juni 1469 begeistert von den hohen zeremoniellen Ehren, die der König ihm während seines Aufenthalts in Breslau zuteilwerden ließ.1066 Dabei betonte Friedrich nicht nur ausdrücklich, dass er ein schönes Gefolge mit sich geführt hätte, das einem Kurfürsten angemessen gewesen wäre, sondern der Kurfürst führte weiter aus: „[…] vnnd vnnser guldin Swerdt ist glich hoch des konigs Swert jn der Procession an des heiligen leichnams tag vnnd sust uberall getragen, des ist sein libe zuvor mit vns ein worden, das wir dem so thun solten. Auch müst wir jn der Procession obenan gehen, der konig ging zwischen vns vnd dem Bischoffe von verrar, dem Pepstlichen legaten. Ewer libe hat wol zu merken, hett wir vns nicht so prechtlich gestelt, man hett vns kaum sulchs angeboten […].“1067

Diese Äußerung des Hohenzollers macht wohl mehr als deutlich, dass auch diesem die Bedeutung des Zeremoniells, der repräsentativen Selbstinszenierung und der Macht der Symbole völlig klar gewesen sind. Wie ernst Kurfürst Friedrich II. diesen Bereich der fürstlichen Herrschaftsausübung nahm, zeigt wiederum ein anderes Zitat, das aus einem im Rahmen der Abdankungsverhandlungen mit seinem Bruder Albrecht im Jahr 1470 verfassten Brief stammt. Unzufrieden mit den vom Bruder angebotenen Abfindungen für die Aufgabe der Mark Brandenburg, versuchte der Brandenburger den Wert und den Reichtum der Kurmark hervorzuheben. Die Tatsache, dass er ausschließlich mit den Einnahmen aus diesem Land seine Repräsentationspflichten als Kurfürst habe finanzieren können, obwohl sein Bruder Johann – vorher vom Vater als Regent eingesetzt – ihm vier bis fünf Mal mehr Schulden hinterlassen habe, als nun Albrecht mit der 1063 1064 1065 1066 1067

Wie im Kapitel 3.1 dargelegt worden ist. KOSER, Die Politik. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 93. CDB III, 1, Nr. 360, S. 507–509. Ebd., S. 508.

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Mark Brandenburg übernehme, sei ein Zeichen für den Reichtum dieses Landes, das schier einem Königreich gleich sei. Denn seine Ausgaben für repräsentative Anforderungen als Kurfürst seien gewaltig gewesen: „Wir lassen uns düncken, das ir ny erfaren habt, daßs Vns y kein Kurfurste vorgethan hat, es sey zu tagen, zu Königlichen Crönunge oder vil ander mühe Vnnd Czerung awffenwendig Landes, dy wir alles mer denn ein ander getan, gegen euch umberümpt. Wir haben auch gekrigt Vnd grossen korfürstlichen stat gehalten, das Wir wol rechin woltin Vber Sechs oder Siebenmal hundert tausent gulden vortzert haben […].“1068

Einen sicher nicht ganz unerheblichen Teil der ungeheuren Summen von 600.000–700.000 Gulden für die kurfürstliche Repräsentation wird Friedrich II. auch für die angemessene Hofhaltung nicht nur aus Anlass des Empfangs auswärtiger Gäste und des heimischen Adels aufgebracht haben, auch wenn für seine Regierungszeit im Gegensatz zur den geordneten buchhalterischen Aufstellungen nach der Übernahme der Herrschaft in der Mark Brandenburg durch Albrecht keine schriftlichen Belege vorhanden sind. Verschiedene Zeitgenossen äußerten sich bewundernd über die aufwendige und prunkvolle Außendarstellung der Hohenzollern. So beispielsweise der fränkische Niederadelige Wilwolt von Schaumberg, der seine Lebensbeschreibung im Jahr 1510 von Ludwig von Eyb dem Jüngeren verfassen ließ,1069 dessen Schwester mit dem Bruder Wilwolts verheiratet war.1070 Der jüngere von Eyb war zunächst Hofmeister des Bischofs von Eichstätt, dann in Diensten der Pfalzgrafen von Pfalz-Mosbach, bevor er Hauptmann der Markgrafen in Ansbach wurde. Bei verschiedenen gewaltsamen Auseinandersetzungen befand er sich unter den Begleitern Markgraf Albrechts. Wilwolt von Schaumberg hingegen, in Diensten verschiedener Herren wie dem Grafen Rudolf IV. von Sulz oder Karl dem Kühnen, konnte ebenfalls von der prächtigen Hofhaltung der Hohenzollern berichten, denn er war persönlich bei einem Kriegszug in die Mark Brandenburg unter den Begleitern Markgraf Albrechts. Mit sichtlicher Bewunderung berichtete er, dass jener – selbst als er seinem Sohn in der Mark gegen feindliche Angriffe zu Hilfe geeilt sei – mit vielen hübschen Jungfrauen, Hofgesinde und Fürsten gereist wäre und dort trotz der 1068 Ebd., Nr. 372, S. 525–527, hier S. 525–526. 1069 VON KELLER, Die Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg. Zu diesem Werk siehe WENZEL, Exemplarisches Rittertum, und RABELER, Niederadlige Lebensformen, insbesondere S. 65–76. 1070 RABELER, Der Niederadel, S. 66. Allgemein zu Wilwolt von Schaumberg siehe auch die Dissertation von Sven Rabeler: RABELER, Niederadlige Lebensformen.

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Kriegsgefahr Ritterspiele, Tanz und allerlei anderer Kurzweil abgehalten habe.1071 Seine biografischen Ausführungen, die „eine der frühesten und umfangreichsten adligen Lebensbeschreibungen im deutschsprachigen Raum“1072 darstellen, liefern weitere Schilderungen der markgräflichen Festkultur. So heißt es dort beispielweise über den Ansbacher Hof, an dem Wilwolt sich für eine ganze Weile aufhielt: „Nu haben vill leut gehört, wie margraf Albrecht von Brandenwürg etc., von dem auch hie vor geschrieben, als ainen fürstlichen brechtlichen hof bei seiner zeit gehalten, das des gleich in teutschen landen nit funden werden mocht. In denselben hof tet sich Wilwolt von Schauburg, understuent sich auch nach hofs gewonthait, zu rennen, stechen und allerlai kurzweil, der den da über maß geübet, zu treiben. An dem hof waren vill hüpscher frauen und junkfrauen, lust zu solichem ritterspill gebent, den sich Wilwold genau tet, sein hail versuecht, daß die ab ime gefallen truegen und er lieb von in gehalten werden möchte.“1073

Nicht nur die Pracht, der große repräsentative Aufwand und die höfische Selbstinszenierung des Markgrafen springen bei den Ausführungen Wilwolts ins Auge, sondern eine weitere Funktion der fürstlichen Hof- und Festkultur wird deutlich: Zum einen konnte durch die Akzeptanz bzw. Nicht-Akzeptanz von Festeinladungen Freundschaft und Loyalität oder gerade das Gegenteil davon zum Ausdruck gebracht werden.1074 Zum anderen stellte die höfische Festkultur ein geeignetes Mittel dar, um den Adel der eigenen Territorien an den Hof zu binden. Dort erhielt dieser die Möglichkeit, dem Lebensstil seines Standes nachzukommen, und das in einem Maße, wie es gerade die bescheidenen finanziellen Möglichkeiten des Ritteradels sonst niemals ermöglicht hätten. Der Hof des Fürsten als Ort ritterlich-höfischer Kultur trug dazu bei, dass sich die hier Anwesenden mit dem Herrscher identifizierten, wobei die höfische Identität das Sozialgefüge im Umkreis des Herrschers stärkte.1075 Die Steigerung des Ansehens des Fürstenhofes durch großen repräsentativen Aufwand ließ proportional auch das Ansehen und die Würde der dort versammelten Adeligen ansteigen, wobei die Anzahl und der besondere Rang der hochadeligen Gäste das Prestige des Hofes maßgeblich bestimmten. Aber nicht nur der das Fest ausrichtende Fürst und die sich dort mit großem Gefolge präsentierenden Hochadeligen konnten ihre largesse, cour1071 VON KELLER, Die Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg, S. 37. Sicherlich ist zu fragen, ob nicht eine gehörige Portion Stilisierung in dieser Aussage steckt. 1072 RABELER, Der Niederadel, S. 66. 1073 VON KELLER, Die Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg, S. 33. 1074 FOUQUET/VON SEGGERN/ZEILINGER, Höfische Feste. Eine Einleitung, S. 12. 1075 AUGE/SPIEß, Hof und Herrscher, S. 9.

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toisie und allgemein ihre vorbildliche adelige Lebensweise zur Schau stellen, sondern auch dem restlichen Adel war es nicht zuletzt durch das Eingebundensein in den festlichen Ablauf möglich, sein symbolisches Kapital zu vergrößern. Dies konnte entweder in Form von untergeordneten Aufgaben beim zeremoniellen Geschehen passieren, möglicherweise als Erweiterung von bestehenden Dienst- oder Lehnspflichten,1076 oder durch die Teilnahme an dem für die Feste des Hochadels obligatorischen Turnier: Diese Einbindung des benachbarten Ritteradels in den Festablauf zeigte sich in der Person des bereits erwähnten Wilwolts von Schaumberg auch bei der Hochzeit Markgraf Friedrichs des Älteren mit der polnischen Königstochter Sophia im Jahr 1479, die „mit großem gebreng und köstlichait“ in Frankfurt an der Oder in Anwesenheit vieler Reichsfürsten gefeiert wurde: „Und als die braut einzoch, rennten drei par vor ir im velt und drei in der stat und tetten vast gueter rennen. Sonderlich rannten Wilwolt von Schaumburg und Endres von Wildenstain, das ein vast langer gerader gesell was, in der stat, trafen zumal woll.“1077

Die Ausrichtung großer Feste mit Turnieren, Tanz und anderen Formen von Kurzweil gaben somit den geeigneten Rahmen ab, um neue Beziehungen zu den Gästen herzustellen oder alte Verbindungen zu pflegen,1078 wie das Beispiel Wilwolts von Schaumberg zeigt. Genau wie das Mahl und das höfische Fest stellte das Turnier einen wichtigen Bereich der ritterlich-adeligen Hofkultur dar, in der Form des ritterlichen Zweikampfes als Stechen mit stumpfer Lanze oder das Rennen mit scharfen Waffen.1079 Diese Ritterspiele waren nicht nur obligatorischer Bestandteil eines Hoffestes, sondern wurden in reduzierter Form auch bei Besuchen adeliger Standesgenossen geübt. Insbesondere Markgraf Albrecht galt als besonders turnierbegeistert.1080 Auch von vielen Zeitgenossen wurde der Markgraf als ein auf diesem Feld erfolgreicher Fürst geschildert – sogar Eneas Silvius Piccolomini unterstreicht diesen Aspekt in seiner Charakterisierung des Markgrafen.1081 Deshalb scheint es naheliegend zu sein, dass Albrecht diesen Bereich der höfischen Kultur aufgrund eigener Interessen an seinem Hof besonders pflegte. Dieses Motiv ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, aber bekanntermaßen stellte das Ideal der 1076 Ebd., S. 7. 1077 VON KELLER, Die Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg, S. 47. 1078 ALTHOFF, Fest und Bündnis, S. 29; der Aufsatz geht ausführlich auf weitere Funktionen von Festen im Mittelalter ein. 1079 Ausführlich wird auf das Thema des Turniers in Kapitel 6.3 eingegangen. An dieser Stelle sei nur auf GAMBER, Ritterspiele, und ZOTZ, Ritterliche Welt, verwiesen. 1080 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 75. 1081 Siehe dazu das Kapitel 6.3.

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ritterlichen Lebensweise, bei der dem Turnierwesen zentrale Bedeutung zukam, einen wichtigen Grundsatz des adeligen Selbstverständnisses im späten Mittelalter dar,1082 der für alle Mitglieder des inhomogenen Adelsstands gleichermaßen Geltung beanspruchen konnte. So nimmt es auch nicht wunder, dass die Hohenzollern ebenfalls auf eine lange Turniertradition zurückblicken konnten, ein Umstand, auf den Albrecht seinen Sohn Johann wiederholt hinwies: Dementsprechend betonte er beispielsweise in einem Brief aus dem Jahr 1481, dass sein Großvater und sein Vater Mitglieder der Turniergesellschaft ‚im Bären‘ gewesen seien,1083 und vier Jahre später verwies er stolz auf eigene Erfolge – „man ways wol, das wir gethurniert haben; uns sind funf denck worden unsrer zait inn thurnern“1084 –, um Johann zu versichern, dass er sich um die eigene Turnierfähigkeit keinerlei Sorgen machen müsse. Alle drei hohenzollerischen Kurfürsten waren also sowohl als Zuschauer1085 als auch als aktive Teilnehmer1086 in das Turnierwesen ihrer Zeit eingebunden und auch selbst Ausrichter von Turnieren und anderer Formen ritterlicher Kurzweil im Rahmen der Festkultur an ihren Höfen. Albrecht, der auch auf anderen Ebenen versuchte, eine besonders enge Bindung zu nicht-fürstlichen Adeligen in seinen Territorien herzustellen, indem er ihnen beispielsweise Ämter verlieh oder Schutz vor Feinden und auch die Übernahme von Schulden in Aussicht stellte, um eine Verarmung und einen sozialen Abstieg des betreffenden Ritters zu verhindern,1087 nutzte das ritterliche Kriegsspiel intensiv als Mittel zur Herstel1082 Ausführlich dazu BUMKE, Höfische Kultur, oder PARAVICINI, Die ritterlich-höfische Kultur. 1083 PC 3, Nr. 733, S. 47. 1084 Ebd., Nr. 1041, Fußnote 1, S. 344–345, hier S. 344. 1085 Am 25. und 26. März 1434 schaute Friedrich I. mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen Friedrich II. und Albrecht bei einem Turnier in Nürnberg zu, siehe SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 93. 1086 So nahmen beispielsweise am 30. und 31. August ebenfalls in Nürnberg alle drei Markgrafen an einem Turnier teil, wobei der zwanzigjährige Albrecht „gar wol gestochen“ hatte und den vierten Turnierdank aus den Händen seiner Mutter in Empfang nehmen konnte, siehe ebd. 1087 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, S. 396. Zumindest für die ihm loyal gesinnten Ritter stellte Albrecht diese großzügige Maßnahme in Aussicht, explizit wurde jedoch festgehalten, dass bei widerspenstigem Handeln keine Hilfe zu erwarten sei, siehe ebd., Nr. 295, S. 397–398. Von den Friedensverhandlungen im sogenannten Reichskrieg, den Markgraf Albrecht gegen Herzog Ludwig von Bayern-Landshut führte, hat sich ein Gutachten des Markgrafen zu den Artikeln des Friedensentwurfs erhalten. Hier wird mit einem etwas anderen Akzent ebenfalls die Verantwortung Albrechts für die ihn während der Kriegshandlungen unterstützenden Ritter, aber auch für seine anderen adeligen Bundegenossen deutlich: „[…] wie zympte sich denn eins friden einzugeen vnd die gefanngen sitzen zu lassen, noch mynder ein richtigung auffzunemen, dorinn die fursten, grauen, herrn, ritter vnd knecht am Rein nicht on entgeltnuß ledig wurden als wol die hie oben?“ BayHStA Abt. I, Fürstensachen Nr. 173, pag. 230–233, hier pag. 230. In der rhetorischen Frage ist die Sorge um eine Entschädigung und Freilassung der ihn Unterstützenden eng mit der persönlichen Ehre des Markgrafen verknüpft.

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lung und Pflege von Beziehungen. Hingewiesen sei hier zunächst nur kurz auf die Verbindung Markgraf Albrechts mit dem Ritteradel im Rahmen der sogenannten Turniere der Vier-Lande,1088 also überregional und genossenschaftlich organisierter Turniere der vier Kernlandschaften des Reiches am Rheinstrom, in Schwaben, Franken und Bayern.1089 Bereits zum ersten Turnier dieser Art in Würzburg wurden Albrecht und seine Familie in einem Schreiben vom 24. April 1478 von Rittern der veranstaltenden Adelsgesellschaft der ‚Fürspränger‘ eingeladen, da man den Glanz solch hochrangiger Gäste als unerlässlich für das Prestige eines solchen Turniers erachtete.1090 Zudem versuchte man in dem Schreiben auf ein allgemeines Konzept von Ritterschaft zu rekurrieren, das für alle Adeligen gleichermaßen gelten sollte und damit Niederadel und Hochadel verbinden konnte. Somit hatten beide Seiten – der Ritteradel und auch Albrecht – ein großes Interesse an einer intensiven Beziehung. Der Markgraf nahm an der Mehrzahl der Vier-Lande-Turniere teil, so beispielsweise in Heidelberg 1481, in Stuttgart 1484, in Ansbach 1485 und sogar an dem von der dem Markgrafen feindlich gesinnten Geselschaft des Einhorns ausgerichteten Turnier in Bamberg im Jahr 1486.1091 Das Ansbacher Turnier, das von den ‚Fürsprängern‘ und Albrecht gemeinsam veranstaltet wurde,1092 spielt in Bezug auf die Intention des Markgrafen, die Ritterschaft fest an sich zu binden und somit im stark umkämpften Raum Franken einen erheblichen politischen Vorteil zu erzielen, eine wichtige Rolle. Das mit 406 Helmen äußerst zahlreich besuchte Turnier1093 war ein Sonderfall innerhalb der Vier-Lande-Turniere, da es das einzige dieser genossenschaftlich organisierten Turniere des Ritteradels darstellte, bei dem ein Fürst als Veranstalter in Erscheinung trat. Die Söhne Albrechts, die Markgrafen Friedrich der Ältere und Sigmund, traten als aktive Teilnehmer des Turniers auf.1094 Abgesehen von dem großen Ruhm, der den Hohenzollern bereits während der Helmschau zuteilwurde, da sie mit einem exorbitanten Gefolge antraten, machten die Vier-Lande-Turniere ebenfalls ihre vertikalen Vernetzungserfolge deutlich. Denn nicht nur die große Menge der mit ihnen kämpfenden Rittern stellte einen Beleg des 1088 RANFT, Die Turniere der vier Lande, oder ULRICHS, Vom Lehnhof, S. 135–151. Zum Ursprung der Vier-Lande-Turniere siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 455–456. 1089 RANFT, Adelsgesellschaften, S. 59, Fußnote 121. 1090 ULRICHS, Vom Lehnhof, S. 139. 1091 Ebd., S. 146–147. 1092 Albrecht wird in den Quellen ‚König‘ des Turniers genannt, siehe STAMM, Das Turnierbuch, S. 23. 1093 RANFT, Adelsgesellschaften, S. 168, Fußnote 305. 1094 STAMM, Das Turnierbuch, S. 29.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Erfolgs dar, sondern Albrecht hatte es zudem geschafft, die wichtigste Adelsgesellschaft der damaligen Zeit für sich zu gewinnen: Mit den ‚Fürsprängern‘ veranstaltete der Markgraf nicht nur das Turnier in Ansbach, sondern einige Ritter der eigenen markgräflichen Bärengesellschaft unterstützen die ‚Fürspränger‘ wie auch den Grafen von Württemberg in den Kämpfen während des Turniers.1095 Turniergesellschaften Turniergesellschaften wie die bereits erwähnte Bärengesellschaft stellten ein ausgesprochen effektives vertikales Vernetzungsmittel für die Hohenzollern dar, hier konnte in hohem Maße eine Verbindlichkeit der eingegangenen Beziehung hergestellt werden, da diese gleich mehrfach durch unterschiedliche Mechanismen abgesichert wurde. Insbesondere Kurfürst Friedrich I. und Markgraf Albrecht haben sich auf diesem Feld engagiert. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der ‚Turniergesellschaft‘ in der historischen Forschung als problematisch gilt, da er zu einseitig auf ihre Funktionen im Zusammenhang mit dem Turnierwesen abhebt, die zeitgenössische Selbstbezeichnung „Thornergesellschaft“ benutzte folgerichtig lediglich eine einzige mittelalterliche Gesellschaft.1096 Dass die Quellen zu diesen Gesellschaften häufig ausschließlich aus dem Bereich Turnier stammen, hängt laut Andreas Ranft vordringlich mit der größeren Überlieferungschance zusammen.1097 Gesellschaften, die von der Forschung unter dem Etikett ‚Turniergesellschaft‘ geführt werden, erfüllten eine Vielzahl von Funktionen im Fehdewesen, memorialer Art oder zur Abwehr hochadeliger Dominanz.1098 Da das Thema der Adelsgesellschaften und höfischen Orden an späterer Stelle ausführlich thematisiert werden wird,1099 seien hier nur einige wenige Aspekte knapp zusammengefasst. Im späten Mittelalter suchte der niedere Adel nach neuen Formen der Absicherung, um seine angestammte Rolle als Herrschaftsträger mit Gewalthoheit vor Ort und als „Monopolist überlegener Waffentechnik“1100 zu 1095 Ebd. Die Bärengesellschaft kann als Erfolgskonzept zur vertikalen Beziehungsherstellung angesehen werden, da sie für den Ritteradel so attraktiv war, dass sich die Mitglieder aus ganz verschiedenen Territorien rekrutierten. Dies war möglicherweise auch dem bereits zeitgenössischen Ruhm Albrechts als Turnierkämpfer geschuldet. 1096 RANFT, Adelsgesellschaften, S. 187. Siehe dazu auch die Einleitung von Werner Paravincini in: KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden und Adelsgesellschaften, S. 21–22. 1097 RANFT, Adelsgesellschaften. 1098 Ebd., S. 188. 1099 Siehe dazu Kapitel 6.2. 1100 RANFT, Adelsgesellschaften, S. 21.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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bewahren. Dies geschah vor allem in Form egalitärer Schwurvereinigungen mit festen Regularien bzw. Statuten, die die rechtlichen Beziehungen der Mitglieder untereinander und auch deren soziale und kulturell-religiösen Belange regelten. Neben der sozialen Statussicherung und dem Prestigegewinn waren die unter gegenseitigem Eidversprechen verbundenen Adeligen Mitglieder von Gesellschaften, die ganz unterschiedliche Merkmale aufwiesen: Teilweise standen gegenseitige Waffenhilfe, Friedenssicherung und Schiedsgerichtsbarkeit im Vordergrund, teilweise memoriale Aspekte oder eben die gegenseitige Unterstützung beim Turnier. Dies galt auch für die von der Forschung als ‚Turniergesellschaft‘ klassifizierten Vereinigungen, die neben der Ausrichtung oder Gestaltung von Turnieren immer auch weitere Funktionen für ihre Mitglieder erfüllten.1101 Ungesicherte Nachrichten bringen Friedrich I. zunächst einmal mit einer fränkischen St. Georgsgesellschaft in Verbindung, die er zusammen mit dem Bamberger Bischof Friedrich von Aufseß am 15. Januar 1427 gegründet haben soll.1102 Zwei Jahre später, so will es die Historiografie wissen, soll sodann sein Sohn, der fünfzehnjährige Markgraf Albrecht, während einer Schlacht im Rahmen der Hussitenkriege die Fahne dieser Gesellschaft getragen haben.1103 Aus naheliegenden Gründen wählten viele Adelsgesellschaften den Ritterheiligen zu ihrem Patron, sodass sich relativ viele Zusammenschlüsse unter diesem Namen im 15. Jahrhundert finden lassen.1104 Nur eine einzige Georgsgesellschaft aus dem von Holger Kruse, Werner Paravicini und Andreas Ranft zusammengestellten Verzeichnis der Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland käme zeitmäßig und geografisch als mögliche Stiftung der Nürnberger Burggrafen infrage. Die Gesellschaft, die sich durch Bündnisverträge mit der Löwengesellschaft und mit der Wilhelmsgesellschaft zur gegenseitigen Hilfe verpflichtet hatte, ist jedoch vor 1381 gegründet worden, weswegen der damals zehnjährige Friedrich I. unmöglich Gründer und auch nicht Mitglied gewesen sein konnte, da die Gesellschaft wahrscheinlich nur bis zum Frühjahr 1383 bestanden hat.1105 Die bekannten Mitglieder dieser 1101 PARAVICINI, Einleitung in: KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden und Adelsgesellschaften, S. 21. Näheres zur Funktion der Turniere für den niederen Adel, siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 439. 1102 KANTER, Markgraf Albrecht, S. 111 mit Fußnote 4. Allgemein zum fränkischen Adel auf den Reichsturnieren und in den fürstlichen Vasallenverbänden siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 423–448. 1103 KANTER, Markgraf Albrecht, S. 111. 1104 Holger Kruse, Werner Paravicini und Andreas Ranft führen in ihrem systematischen Verzeichnis der Ritterorden und Adelsgesellschaften allein neun Gesellschaften auf, die mindestens mit ihrer Zweitbezeichnung nach diesem Heiligen benannt sind. 1105 AHLBORN/RANFT/ZIELKE-DÜNNEBEIL, Art. ‚St. Georg‘, S. 115.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Gesellschaft aus dem fränkischen Niederadel stammten jedoch aus der unmittelbaren Umgebung der Hohenzollern: Die von Seckendorff hatten beispielsweise ihren Stammsitz ganz in der Nähe der Cadolzburg. Heinrich von Seckendorff ist als Mitglied der Gesellschaft aufgeführt, und Konrad von Seckendorff war später unter Kurfürst Friedrich I. Hofmeister in der Mark Brandenburg.1106 Trotzdem lässt sich keinerlei Verbindung zu der von Waldemar Kanter angeführten, von Kurfürst Friedrich angeblich gegründeten Georgsgesellschaft herstellen, selbst wenn dessen gleichnamiger Vater gemeint sein sollte. Zwar nur sehr wenige,1107 aber dafür etwas konkretere Nachrichten haben sich von der sogenannten Bärengesellschaft erhalten, von der der hohenzollerische Chronist Ludwig von Eyb behauptete, dass Markgraf Albrecht sie gegründet habe.1108 Zudem nennen verschiedene zeitnahe Quellen die Markgrafen Sigmund und Friedrich den Älteren1109 bzw. die brandenburgischen Markgrafen insgesamt als Mitglieder der Gesellschaft.1110 Ganz konkret geht ein Brief vom 9. April 1481 auf die Gesellschaft ‚im Bären‘ ein. Hier informierte Albrecht seinen Sohn Johann darüber, dass es in Franken in früheren Zeiten eine Turniergesellschaft gegeben habe, „[…] dorinnen unser anherr, unser vetter burggrave Johanns und unser vater gewesen sind mitsambt den iren ob und under dem gebirge als Perner, desgleichen die funf geslecht mit irer fruntschaft, das alles zusamen trossen hat bey IIIIC gegen einander verschriben.“1111

Indirekt geht aus der Korrespondenz des Markgrafen hervor, dass sich die Mitglieder der Bärengesellschaft gegen Feinde zusammengeschlossen hatten, die damals in einer Widdergesellschaft verbunden waren.1112 Möglicherweise kann damit eine vor dem 4. November 1386 gegründete Gesellschaft dieses Namens gemeint sein, von der sich lediglich eine Urkunde erhalten hat und von der deshalb auch nur drei Mitglieder bekannt sind.1113 Ob dies die von Albrecht gemeinte Gesellschaft ist, lässt sich wegen des Mangels an Quellen nicht entscheiden. Bereits zu Zeiten des Großvaters 1106 AHRENS, Residenz, S. 96. 1107 Nachrichten über die Gesellschaft finden sich laut Andreas Ranft nur in einigen Wappenund Turnierbüchern, siehe RANFT, Art. ‚Bär‘, S. 432. 1108 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 67, verzeichnet an dieser Stelle auch die Mitglieder der Bärengesellschaft während des Turniers in Ansbach 1485, siehe ebd., S. 383–388. 1109 RANFT, Art. ‚Bär‘, S. 434. 1110 Im Rahmen der Vier-Lande-Turniere, siehe ebd., S. 435. 1111 PC 3, Nr. 733, S. 47. 1112 Ebd. 1113 KRUSE, Art. ‚Widder‘, S. 128. Als Mitglieder verzeichnet sind hier Graf Heinrich von Henneberg, Hans von Wenigheim und Hans Tzolner.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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und Vaters bestand die genossenschaftliche Verbindung der ‚Bären‘ aus mindestens 400 Personen, Verwandten und Bündnispartnern der Hohenzollern, die sich mit den „fünf Geschlechtern“, den adeligen Familien der Fuchs, der von Seckendorff, Grumbach, Seinsheim und Ehenheim1114 und deren Getreuen zusammengeschlossen hatten. Auf diese Bündnispartner im fränkischen Territorium konnten die Hohenzollern beim Ausbau ihrer dortigen Stellung und bei ihrem Aufstieg ins Kurkollegium zurückgreifen. Aus den Ausführungen des brandenburgischen Kurfürsten wird ersichtlich, dass es zu einer Erneuerung beider Gesellschaften jeweils unter einem neuen Namen gekommen war. So berichtete dieser seinem in der Mark Brandenburg weilenden Sohn Johann, dass die gleichen Feinde von früher sich erneut zusammengeschlossen hätten, aber nun nicht mehr ‚Widder‘, sondern ‚Einhörner‘ hießen.1115 Deswegen habe er „[…] dieselben eynung verneuet und versigelt fur uns, euch, auch marggrave Fridrichen und marggrave Sigmunden mit unser aller innsigel.“1116 Zuvor hatte der Kurfürst sich bereits mit sechs Mitgliedern der angesehenen Adelsgesellschaft der ‚Fürspränger‘ zusammengeschlossen und gegenseitige Hilfe im Turnier vereinbart.1117 Die Erneuerung der alten Bärengesellschaft als direkte Reaktion auf den Zusammenschluss der 72 fränkischen Niederadeligen aus 29 Familien in der Geselschaft des Einhorns1118 erklärt sich, wenn man sich die Tragweite der Prämisse der ‚Einhörner‘ vor Augen führt, an keinem Turnier im Gefolge eines Fürsten teilzunehmen und auch an fürstlichen Höfen jederzeit ihr Abzeichen zu tragen.1119 Denn diese demonstrative Betonung der Autonomie der niederadeligen ‚Einhörner‘ gegenüber der Fürstenpartei bezog sich primär auf die Hohenzollern.1120 Weitere Maßnahmen des Markgrafen, den Ritteradel an die eigene Person zu binden, gehen in eine etwas andere Richtung: Teilweise vergab 1114 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 291, S. 390–393, hier S. 391. 1115 PC 3, Nr. 733, S. 47. 1116 Ebd. Es liegen unterschiedliche Angaben über das Gründungsdatum vor. Genannt werden die beiden Turniere in Ingolstadt und Stuttgart im Jahr 1484, und Georg Rüxner gibt wiederum das Turnier von Würzburg im Jahr 1479 als Gründungszeitpunkt sein. Zu allen drei Gründungsdaten siehe RANFT, Art. ‚Bär‘, S. 432. Markgraf Albrecht berichtete bereits am 9. April 1481 von der Neugründung der ‚Einhörner‘ und der eigenen Gesellschaft. Es existiert zudem eine entsprechende Urkunde über die Gesellschaft des Markgrafen vom 27. Juli 1481, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 291, S. 390–393. Cord Ulrichs weist dezidiert darauf hin, dass die ‚Einhörner‘ deutlich gegen Markgraf Albrecht gerichtet waren, siehe ULRICHS, Vom Lehnhof, S. 145. 1117 Am 30. April 1481, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 292, S. 393–395. 1118 RANFT, Art. ‚Einhorn‘, S. 437. 1119 ULRICHS, Vom Lehnhof, S. 145. 1120 Da Markgraf Albrecht in Franken als einer der wichtigsten weltlichen Fürsten zu gelten hat und entsprechend federführend in Bezug auf das Turnierwesen war, richtete sich diese Spitze explizit gegen ihn, was auch an seiner vehementen Reaktion abzulesen ist.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Albrecht wichtige Ämter mit entsprechenden Pfründen an Adelige wie Veit von Rotenhan,1121 stellte Vorschüsse zur Auslösung verschuldeter Besitzungen bereit oder warnte verschiedene Ritteradelige vor fürstlichen Feinden, insbesondere vor den eigenen Konkurrenten. Im Jahr 1469 trug er beispielsweise Heinrich von Aufseß, seinem Hauptmann ‚auf dem Gebirg‘, auf, Fritz von Sparneck davon in Kenntnis zu setzen, dass der Bischof von Würzburg plane, dessen Burg Stein zu erobern.1122 Von Sparnecks Bruder Hans wiederum stand seit 1452 in seinen Diensten, war 1467 Beisitzer im Hofgericht des Markgrafen und dessen Rat, obwohl er anfangs noch eine Fehde gegen Albrecht geführt und deswegen im Gefängnis gesessen hatte.1123 Somit war dieses fränkische Adelsgeschlecht, dessen Besitzungen bis nach Böhmen reichten, durch persönliche Bindungsstrategien mehrfach an den Markgrafen gebunden. Albrecht versuchte also den Niederadel durch verschiedene Taktiken zu Loyalität zu verpflichten. Zugleich trug er aber auch dazu bei, oppositionelle Adelige unter Druck zu setzen, um sie notfalls auf diese Weise dazu zu bringen, sich seiner Herrschaft unterzuordnen.1124 Dass auch dies keine spontane Handlung Albrechts war, macht die Tatsache deutlich, dass die Instruktionen an den obergebirgischen Hauptmann Heinrich von Aufseß Aufnahme in das sogenannte Kaiserliche Buch des Markgrafen gefunden haben, eine „Sammlung der diplomatischen Correspondenzen des Markgrafen […], Briefe, Instruktionen an seine Gesandten und Unterhändler“, die früh „in ein ganzes zusammengestellt [wurden], mit besonderer Berücksichtigung dessen, was zum ferneren Gebrauche vorzüglich auf Reichstagen dienen konnte, abgeschrieben [wurden] und so eine Sammlung gebildet [haben], deren werthvollen Inhalt man im XV. und XVI. Jahrhunderte [...] fleissig benützte“1125 – die also als erinnerungswert eingeschätzt wurden. Eine solche Zwangsmaßnahme des Hohenzollers musste auf kurz oder lang auch zu Widerstand und Unmut unter dem fränkischen Niederadel führen, und die Gründung der Einhorn1121 Im Jahr 1482 verlieh er diesem das Kämmereramt zu Bamberg und den Hof zu Reutersbrunn, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, S. 396. 1122 Ebd., Nr. 294, S. 396–397, hier S. 397. 1123 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 215. 1124 Am 9. Juli 1469 schrieb er Heinrich von Aufseß, dass er beschlossen habe, dass die fränkischen Ritteradeligen, die bei dem Juden Lasser verschuldet seien, unterschiedlich behandelt werden müssten, sie also bezüglich ihres loyalen Verhaltens gegenüber seiner Person kategorisiert werden sollten: „Welcher es dann mit der herschaft hielte, den hielt man dester lenger aus. Welcher das nicht thete, so gönt man dem Lasser Juden sein schuld, dester ee zu fordern vnd einzubringen, das ist noch vnser meynung.“ MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 295, S. 397–398. Die Taktik des Markgrafen war genauso einfach wie effektiv. Diejenigen, die durch ihr ‚Fehlverhalten‘ aufgefallen waren, sollten dem Drängen ihres Gläubigers ohne Rücksicht ausgesetzt werden, während den treuen Gefolgsleuten eine großzügigere Schonfrist zugutekommen sollte. 1125 Das Zitat bei HÖFLER, Kaiserliches Buch, S. III in der Fußnote.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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gesellschaft kann als eine solche Reaktion gesehen werden. Mit der Erneuerung der Gesellschaft unter neuem Namen,1126 in der seine Vorfahren, die Burggrafen Johann II. und Friedrich V., zuvor Mitglieder gewesen waren, wollte Albrecht vor allem ungefähr 15 abtrünnige Adelige, die vom markgräflichen Lager zu den ‚Einhörnern‘ gewechselt waren, zurückgewinnen.1127 Diese wollte er lediglich mit einer Geldstrafe davonkommen lassen, „dann sie haben es nit gewiszt, das es uns berürt“. Durch die Rückgewinnung der Abtrünnigen sollte die Hohenzollern-Dynastie „mit gots hilf in dem alten bracht und wesen bleiben des turners halben“ und auf diese Weise „[…] die unsern und auch die andern alten geslecht bey uns behalten.“ Beide Aspekte – der Ruhm im Turnier und die enge Verbundenheit zwischen Fürst und Adel – sollten mit der Erneuerung der Turniergesellschaft erreicht werden, bedingten sich zugleich aber auch gegenseitig. Die in den folgenden Wochen ausgestellten Urkunden betonten allesamt fast ausschließlich den Aspekt der gegenseitigen Hilfe im Turnier. Durch sie schlossen sich zunächst die ‚fünf Geschlechter‘ und deren Verbündete bzw. Verwandte mit den Markgrafen und deren zukünftigen Erben, „die ir wappen füren“,1128 zusammen. Auch die wechselseitigen Bestätigungen des Zusammenschlusses aus dem Juli des Jahres 1481, die die Vereinigung der Markgrafen mit über 150 fränkischen Adeligen fixieren,1129 stellen die Turnierhilfe in den Vordergrund. Dass die Gesellschaft, die für ihre adeligen Mitglieder eine eigene Gerichtsbarkeit vorsah, wenn diese einem alten Stamm oder Geschlecht angehörten,1130 neben der Förderung des Turnierruhms für die Hohenzollern auch ein geeignetes Instrument darstellte, um aus dem Adel in Franken, aber auch in anderen Regionen,1131 zuverlässige Bündnispartner zu gewinnen, wird aus den zeitgenössischen Zeugnissen sehr deutlich. Dies hatte umso mehr Gewicht, als die Hohenzollern in ihrem süddeutschen Territorium im Spätmittelalter von konkurrierenden Herrschaftsträgern umgeben waren.1132

1126 „[…] wir heissen nymmer die Perner, sunder sie halten sich unser und wir ir wider als unsrer verwandten […]“, siehe PC 3, Nr. 733, S. 47. Spätestens seit dem Ansbacher Turnier 1485 wurde die Gesellschaft jedoch wieder unter ihrem ursprünglichen Namen geführt, siehe STAMM, Das Turnierbuch, S. 20. 1127 PC 3, Nr. 733, S. 47. 1128 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 292, S. 393–395, hier S. 394. 1129 Ebd., Nr. 291, S. 390–393, und Nr. 293, S. 395–396. 1130 Ebd., Nr. 291, S. 390. 1131 Cord Ulrichs hat darauf hingewiesen, dass die Mitglieder nicht nur aus Franken, sondern auch aus Thüringen, Bayern und Schwaben stammten, siehe ULRICHS, Vom Lehnhof, S. 145. 1132 Zu den Versuchen, durch das Turnierwesen lehnsübergreifende Verbindungen herzustellen, siehe auch SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 501–502.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Höfische Orden: Das Beispiel der Gesellschaft Unserer Lieben Frau Bei den genannten horizontalen und vertikalen Vernetzungsstrategien der Hohenzollern standen bislang vor allem Markgraf Albrecht und sein Vater, Kurfürst Friedrich I., im Mittelpunkt der Betrachtungen. Als das möglicherweise weitaus effektivste und einflussreichste kulturelle Vernetzungsinstrument der Hohenzollern muss jedoch noch eine weitere Art des genossenschaftlichen Zusammenschlusses genannt werden, das von der Forschung bislang fast ausschließlich als Ausdruck der Frömmigkeit Kurfürst Friedrichs II. behandelt wurde. Friedrich II. stiftete nur neun Tage nach dem Tod des Vaters im September 1440 die Gesellschaft Unserer Lieben Frau als einen höfischen Orden mit Sitz auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg. Auch an dieser Stelle sollen nur äußerst knapp die nötigsten Informationen zum Thema der Hoforden referiert werden, da zu diesem Thema zu einem späteren Zeitpunkt ausführlich Stellung genommen werden wird.1133 Von den egalitären Vergemeinschaftungsformen des spätmittelalterlichen Adels, in denen Verbindlichkeit durch die gegenseitige Eidesleistung aller Mitglieder hergestellt wurde, unterscheiden sich höfische Orden fundamental durch ihre hierarchisch auf einen fürstlichen Stifter hin ausgerichtete Struktur,1134 die durch den Vasalleneid1135 abgesichert wurde. Während die egalitären Adelsgesellschaften im 14. und 15. Jahrhundert einen wahren Siegeszug im deutschsprachigen Raum antraten,1136 stellten höfische Orden dagegen eher eine Seltenheit dar:1137 Für die gesamte Zeit des 15. und 16. Jahrhunderts lassen sich hier insgesamt nur 16 höfische Orden neben der Gesellschaft Unserer Lieben Frau finden. Die Stiftung des brandenburgischen Kurfürsten aus dem Jahr 1440, die sich auch sein Bruder Albrecht zunutze machte, war in besonderem Maße geeignet, sowohl den nicht-fürstlichen Adel an die Person des Stifters zu binden als auch eine Verknüpfung mit Hochadeligen herzustellen bzw. zu verstärken, da für diese die Kombination aus frommer Stiftung und elitärem Ritterorden ebenfalls ausgesprochen attraktiv war. Gerade die durchaus schwierige Situation in der Mark Brandenburg, in der der Adel auch noch 28 Jahre nach dem Erscheinen der Hohenzollern nicht völlig loyal

1133 Siehe dazu Kapitel 6.2. An dieser Stelle werden auch die wichtigsten Literatur- und Quellenhinweise gegeben. 1134 RANFT, Adelsgesellschaften, S. 22. 1135 RANFT, Ritterorden und Rittergesellschaften, S. 97. 1136 Ebd., S. 95–96. 1137 RANFT, Adelsgesellschaften, S. 29.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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gegenüber dem Landesherrn eingestellt war,1138 machte eine Strategie zur Integration dieser Einwohnergruppe in die Landesherrschaft notwendig und bot die Chance, auf diesem Weg das bestehende Netzwerk der Dynastie um ein Vielfaches zu erweitern. Der der Jungfrau Maria geweihte Hoforden, der sein geistiges Zentrum im Prämonstratenserstift an der Marienkirche auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg hatte, war einerseits durch seine relativ strenge religiöse Ausrichtung geprägt, die ihren deutlichen Niederschlag in den Ordensstatuten gefunden hatte und ihren Mitgliedern verschiedene religiöse Pflichten abverlangte. Zusätzlich unternahm man große Anstrengungen zur Pflege der memoria der Gruppenmitglieder, entsprechende Stiftungen, Totenschilde und Ablässe sorgten dafür, dass diese nicht dem Vergessen ausgeliefert waren und für die Zeit im Jenseits Vorkehrungen getroffen wurden. Anderseits übten das Prestige der teilweise hochrangigen Mitglieder, die Teilhabe an einer stilisierten adeligen Lebenswelt mit einem entsprechenden Ehren- und Verhaltenskodex, das Arkanwissen und die Exklusion der Nicht-Mitglieder von bestimmten Orten, Versammlungen und Festen eine große Anziehung aus, was in den sprunghaft ansteigenden Mitgliederzahlen anschaulich zum Ausdruck kommt: Im Stiftungsbrief vom 29. September 1440 ließ Friedrich II. noch eine Beschränkung auf 30 männliche und sieben weibliche Mitglieder für seinen Hoforden verbindlich festlegen,1139 aber bereits drei Jahre später hat diese Bestimmung keine Aufnahme in die Ordensstatuten mehr gefunden. Kurz nach der Aufhebung der Beschränkung stieg die Zahl der Mitglieder stark an. Eine an die niederdeutsche Fassung der Statuten angehängte Mitgliederliste führte zu diesem Zeitpunkt bereits 78 Männer und Frauen auf und dokumentiert gleichfalls die gewachsene regionale Ausbreitung. Nach den Ursprungsmitgliedern aus Altmark und Neumark, also aus dem märkischen Territorium der Hohenzollern, sind weitere Personen aus den Braunschweiger und Lüneburger Landen, aus Magdeburg, Anhalt und der Lausitz aufgeführt.1140 Wie weit die regionale Ausdehnung bereits fortgeschritten war, macht die Rubrik anschaulich, die die Mitglieder aus Österreich, Franken, Schwaben, Bayern und Meißen festhält.1141 Abgeschlossen wird das Verzeichnis durch eine separate Abteilung, die schließlich die acht weiblichen Mitglieder des Jahres 1443 auflistet, die sich aus der Ehefrau des Ordensstifters, Katharina von Sachsen, und Frauen weiterer Ordensmitglieder zusammensetzten. Bereits in der kurzen Zeit des Bestehens hatte es der kurfürstliche Stifter geschafft, nicht nur mit ihm verwandte 1138 1139 1140 1141

PRIEBATSCH, Die Hohenzollern und der Adel, S. 230. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 36. Ebd., S. 62. Ebd., S. 63.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Fürsten wie den Herzog von Mecklenburg bzw. die Herzöge von Braunschweig und Lüneburg zu gewinnen, sondern auch wichtige Amtsträger aus dem Reichsgebiet in seine Ordensgemeinschaft aufzunehmen, so Konrad von Weinsberg, Erbkämmerer des Reiches, oder Erbmarschall Heinrich von Pappenheim,1142 der bei König Friedrich III. eine einflussreiche Stellung einnahm. Ein zweites überliefertes Verzeichnis aus dem Jahr 1455 registriert einen weiteren merklichen Anstieg der Mitgliederzahlen, denn nun sind insgesamt 129 Personen aufgeführt, darunter allein 14 Fürsten. Die Liste macht deutlich, dass in den 25 Jahren des Bestehens der Gesellschaft besonders viele Personen aus dem süddeutschen Raum rekrutiert worden waren. Denn während sich unter den märkischen Mitgliedern nur wenige neu Aufgenommene finden, hatte sich nun die Zahl der mittel- und süddeutschen Mitglieder sogar verdoppelt.1143 Die Gesellschaft war jetzt nicht mehr nur eine Stiftung Friedrichs II., sondern wurde insbesondere von Albrecht Achilles genutzt, um sowohl politische als auch memoriale und repräsentative Zwecke zu verfolgen. Spätestens seit den 1450er Jahren war der Orden untrennbar mit der gesamten Dynastie verbunden, da nun die Landesherren beider Territorien aktiv neue Mitglieder in die Gesellschaft aufnahmen. Albrecht trug dem Anstieg der Mitgliederzahlen aus dem süddeutschen Raum Rechnung, indem er 1459 eine zweite Ordensniederlassung institutionalisierte. Zu diesem Zweck tätigte er in der Georgskapelle von St. Gumbertus in Ansbach eine entsprechende Stiftung, durch die die süddeutschen Mitglieder nun nicht mehr gezwungen waren, nach Brandenburg zu reisen, um ihren religiösen Verpflichtungen innerhalb der Gesellschaft nachzukommen. Eine letzte Mitgliederliste für die Gesamtgesellschaft stammt aus dem Jahr 1464 oder 14651144 und scheint einem Seelbuch, möglicherweise der Marienkirche, entnommen zu sein,1145 da sie eine etwas andere Struktur aufweist als die beiden vorherigen Listen. Neben einer Einteilung der Mitglieder nach ihrer regionalen Zugehörigkeit ist zunächst die Unterscheidung der lebenden und toten Gesellschaftsgenossen gegeben. Die verstorbenen Gesellschaftsmitglieder sind dabei gemäß ihrem gesellschaftlichen Rang in gesonderten Rubriken zusammengefasst, was bei den Lebenden nicht der Fall ist. Diese sind wie zuvor nach den Herkunftsterritorien auf1142 Beide sind dort als Mitglieder verzeichnet, siehe ebd., S. 62. 1143 Darauf machen Rudolf von Stillfried und Siegfried Haenle in ihrer Einleitung aufmerksam, siehe ebd., S. 10. 1144 Stillfried und Haenle haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass eine Datierung der Liste relativ genau möglich ist, da Markgraf Johann bereits als verstorben vermerkt ist, während Margarethe von Baden, die erste Ehefrau Albrecht Achilles, noch als lebend geführt wird, siehe ebd., S. 64. 1145 So vermuten jedenfalls Stillfried und Haenle, siehe ebd., S. 10.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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geführt und innerhalb der einzelnen Rubriken nach ihrer gesellschaftlichen Stellung geordnet. Als letzter Eintrag der Liste findet sich ein Vermerk, dass es noch einige Mitglieder aus den Königreichen Dänemark, Ungarn, Polen, Böhmen und Frankreich, aus den nieder- und oberdeutschen Landen, aus dem Rheinland, Bayern, Schwaben, Österreich und anderen deutschen Landen in der Gesellschaft gebe, „die noch nicht ein sind geschriben“1146 und deren Namen nicht alle bekannt seien. Zudem findet sich auch eine Auflistung der Könige und Königinnen bzw. Fürsten und Fürstinnen, die noch nicht ordnungsgemäß aufgenommen worden waren:1147 Genannt werden hier beispielsweise der König von Dänemark und dessen Ehefrau,1148 aber auch der ungarische König – ob Ladislaus Postumus oder Matthias Corvinus, lässt sich nicht zweifelsfrei klären.1149 Zudem finden sich Erzherzog Albrecht VI. von Österreich, der Bruder des späteren Kaisers Friedrich III., Herzog Sigmund von Bayern-München und Herzog Wilhelm von Sachsen unter den Genannten, die zehn Jahre zuvor noch nicht der Stiftung Friedrichs II. angehört hatten. Innerhalb der zehn Jahre zwischen 1455 und 1465 lässt sich insgesamt ein weiteres Ansteigen der Mitgliederzahlen feststellen, da nun ungefähr 329 Personen verzeichnet sind. Auch unter den neuen Mitgliedern finden sich rangmäßig hochstehende Personen, waren doch nun bereits 26 Fürsten als Mitglieder des Ordens verzeichnet.1150 Damit gehörte die Stiftung Friedrichs II. durchaus zu den mitgliederstarken Adelsverbindungen mit vertikaler Organisation im deutschsprachigen Raum.1151 Die letzte, nicht mehr vollständig überlieferte Liste, die zwischen 1515 und 1518 entstanden ist und bis 1527 reicht, stellt eine Zusammenstellung der süddeutschen Mitglieder der Gesellschaft dar. Als Register der lebenden und toten Mitglieder konzipiert, war sie für den Gebrauch bei Gottesdiensten bestimmt.1152 Eine Gesamtliste aus dieser Zeit existiert zwar nicht mehr, aber 1146 Ebd., S. 68. 1147 Ebd. 1148 Gemeint sind König Christian I. von Dänemark und seine Ehefrau Dorothea von Brandenburg. Auch wenn sie hier namentlich nicht genannt werden, geht ihre Mitgliedschaft aus verschiedenen Briefen hervor. 1149 Es ist nicht eindeutig, ob Ladislaus Postumus oder Matthias Corvinus gemeint ist. Mit Matthias Corvinus bestanden zumindest zu diesem Zeitpunkt noch Heiratspläne, siehe NOLTE, Familie, Hof und Herrschaft, S. 144, Fußnote 408. Erst später waren die Beziehungen zu Matthias Corvinus gestört, da sich Albrecht Achilles im Namen des Kaisers als Reichsheerführer im Krieg gegen den ungarischen König engagierte. 1150 Das Verzeichnis von 1464/65 ist abgedruckt bei STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 64–68. 1151 Vgl. die bei KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, behandelten Adelsverbindungen und die in der Einleitung von Werner Paravicini gemachten Angaben ebd., S. 24. 1152 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 70–77.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Rudolf von Stillfried und Siegfried Haenle schätzten auf Grundlage der von anderen Autoren des 17. bis 18. Jahrhunderts überlieferten Nachrichten die Gesamtmitgliederzahl vor der Auflösung der Gesellschaft nach der Einführung der Reformation1153 auf mindestens 700 männliche und weibliche Mitglieder.1154 Von der Forschung sind als Gründe der Gesellschaftsgründung sowohl der Wunsch nach ‚sittlicher Hebung‘ des märkischen Adels1155 als auch die Bindung des territorialen, insbesondere des feindlich gesinnten Adels an den neuen Landesherrn identifiziert worden.1156 Der Herstellung persönlicher Beziehungen zum Adel als Intention für die kurfürstliche Stiftung tragen vor allem die Statuten von 1443 Rechnung, denn diese hoben die Beschränkung der Mitgliederzahl auf. Die Bindung des märkischen Adels an den neuen Landesherrn muss schon für die Gesellschaftsgründung als Intention des brandenburgischen Kurfürsten angenommen werden, dies legt zumindest ein Blick auf die Zusammensetzung der Ursprungsmitglieder im Jahr 1440 nahe. Die 38 Ursprungsmitglieder kann man zwar nur indirekt erschließen, da keine Mitgliederliste aus dieser Zeit überliefert ist, aber Rudolf von Stillfried und Siegfried Haenle haben plausibel gemacht, dass sie aus der ersten vorhandenen Mitgliederliste, die dem niederdeutschen Original der Statuten von 1443 angehängt war, erschlossen werden könnten.1157 Ein Vergleich der überlieferten Mitgliederlisten von 1443, 1455 und 1465 zeige, dass diese jeweils chronologisch geordnet seien. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass die Personen, die als Erstes unter der Rubrik „In der olden vnde nyen Marcke to Brandeborch“1158 verzeichnet sind, als Ursprungsmitglieder anzusehen sind, besonders da es sich genau um 30 männliche Mitglieder handelt und die weiblichen Mitglieder ganz am Ende der Liste in einer gesonderten Rubrik verzeichnet sind.1159 Gerade, dass Friedrich II. die Beschränkung der Mitglieder seiner Stiftung an keiner ‚heiligen‘ Zahl1160 ausrichtete, also zum Beispiel nicht wie der Hosenband1153 Die Auflösung erfolgte im fränkischen und märkischen Territorium der Hohenzollern zeitversetzt: in Franken ungefähr nach dem Tod Markgraf Kasimirs 1527, in der Mark Brandenburg gegen 1539, in dem Jahr, in dem Kurfürst Joachim II. die Reformation eingeführt hatte, siehe KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, S. 325. Offiziell aufgehoben wurde der Orden allerdings nie, siehe STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 19. 1154 Ebd., S. 25. 1155 Zum Beispiel FRÖHLICH, Der Schwanenritterorden, S. 708. 1156 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 53, und Priebatsch, Die Hohenzollern und der Adel, S. 216. 1157 Ebd., S. 61. 1158 Ebd. 1159 Ebd., S. 62. 1160 Allgemein zur Zahlenbedeutung im Mittelalter siehe MEYER, Die Zahlenallegorese.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

221

orden 24 Personen als Obergrenze festlegte, um damit auf die zwölf Jünger Jesu1161 anzuspielen, oder etwa als ‚Zahl der Vollendung‘ die 33 wählte, scheint ein Beleg dafür zu sein, dass eben pragmatisch-politische Gründe eine Rolle gespielt haben. Dem höfischen Orden gehörten im Jahr 1440 neben den beiden markgräflichen Brüdern Friedrichs II. – Albrecht Achilles und Friedrich dem Jüngeren – zunächst 27 männliche Mitglieder an, die ausschließlich aus der Mark Brandenburg stammten. Bezeichnenderweise finden sich vor allem Vertreter der vornehmsten märkischen Familien wie zum Beispiel Albrecht Graf zu Lindau, Herr zu Ruppin,1162 oder Angehörige besonders alteingesessener Familien wie den von Armins oder den von Burgsdorfs unter den ersten Gesellschaftsangehörigen. Zudem waren auch solche märkischen Adeligen als Gründungsmitglieder im Orden vertreten, die zuvor beim Herrschaftsantritt der Hohenzollern in der Mark eine führende Rolle im erbitterten Widerstand gegen die neuen Landesherrn gespielt hatten: Als Beispiele seien hier Busso Gans zu Putlitz oder Mitglieder der Familie von Bredow, einer seit dem 13. Jahrhundert in der Mark nachweisbaren angesehenen Adelsfamilie,1163 genannt. Die Edlen Gänse zu Putlitz besaßen gute Beziehungen zu den Quitzows, den Hauptwidersachern der Hohenzollern in der Mark Brandenburg.1164 Kaspar Gans zu Putlitz war als Erbmarschall der Mark Brandenburg selbst daran interessiert gewesen, in diesem Territorium als Stellvertreter König Sigismunds zu agieren, wurde von diesem jedoch lediglich zum Amtmann der Prignitz bestellt.1165 Die Magdeburger Schöppenchronik kolportiert im Zusammenhang mit der Einsetzung Burggraf Friedrichs VI. als Hauptmann der Mark Brandenburg einen angeblich von den Quitzows, den von Rochows und anderen märkischen Adelsfamilien getätigten Ausspruch, dass ihnen Kaspar Gans zu Putlitz als Markgraf genüge,1166 sie also keine fremden Landesherren benötigten. Die von Bredows, die mit den Quitzows verwandt waren, schlossen sich gleichfalls mit den Edlen zu Putlitz dem Widerstand an. Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft des mit Friedrich I. verbundenen Brandenburger Bischofs schwor Kaspar Gans zu Putlitz dem Markgrafen im Jahr 1416 Urfehde,1167 und auch die von Bredows 1161 Dieser Bezug fand sich häufig auch bei der Festlegung der Größe von mittelalterlichen Stadträten, siehe dazu RÜTHER, Herrschaft auf Zeit, S. 37. 1162 Ausführlicher zur Herrschaft Ruppin siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 2, S. 238– 240. 1163 BRANIG, Art. ‚Bredow‘, S. 567. 1164 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 2, S. 225. 1165 CDB I, 3, Nr. 123, S. 412. 1166 „[…] Jaspar Gans van Putlist, de wer on markgreve noch […]“, siehe HEGEL, Magdeburger Schöppenchronik, S. 335. 1167 CDB continuatus, Nr. 24, S. 63–65.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

gaben ihren Widerstand auf. Die Hohenzollern waren bemüht, beide Familien durch verschiedene Maßnahmen an sich zu binden. Hans von Bredow erhielt 1416 zunächst das Amt des Hauptmanns der Uckermark,1168 im Jahr 1420 wurde er Hauptmann in der Mittelmark.1169 Auch die Gänse zu Putlitz avancierten zu den wichtigsten Amtsträgern der Hohenzollern im märkischen Territorium.1170 Trotzdem waren diese Maßnahmen nicht unbedingt ein Garant für rückhaltlose Treue, denn mit Markgraf Friedrich dem Jüngeren kam es später erneut zu so großen Konflikten, dass er Hans zu Putlitz gefangen nehmen ließ.1171 Neben der Vergabe von verschiedenen Ämtern und Diensten stellte die Einbindung in den höfischen Orden des brandenburgischen Kurfürsten für Friedrich II. bei seinem Regierungsantritt in dem neuen Territorium also eine weitere Möglichkeit dar, die nicht immer stabile Loyalität des märkischen Adels durch eine zusätzliche persönliche Verpflichtung abzusichern, zwanzig Jahre nach den Bemühungen des Vaters, die Vertreter der wichtigsten Adelsfamilien an sich zu binden. Die Tatsache, dass Friedrich II. durch seine Stiftung ein Bündnis mit Adeligen seines Territoriums, später aus dem gesamten Reichsgebiet einging, auf das man im Konfliktfall mit auswärtigen Mächten zurückgreifen konnte oder dessen Mitglieder zumindest erst einmal als potenzielle Feinde wegfielen, war gleichfalls ein wichtiger Effekt der Ordensgründung. Diese Funktion des Ordens für die Dynastie soll im Folgenden anhand weiterer Beispiele erläutert werden. Bei den bereits angesprochenen Konflikten zwischen den Hohenzollern und den Wettinern um die Niederlausitz und um die Besetzung des Würzburger Bischofsstuhls während der 1440er Jahre spielte die Stiftung Friedrichs II. eine erhebliche Rolle. Die Ober- und Niederlausitz hatten einen komplizierten politischen Status, da sie nicht nur Nebenländer der Krone Böhmens waren und der römisch-deutsche König hier Befugnisse als oberster Lehns- und Gerichtsherr hatte, sondern sie sich auch im Interessenbereich zweier aufstrebender Territorialmächte befanden: Sachsens und der Mark Brandenburg.1172 Wie gesehen, hatten sowohl die sächsischen Herzöge als auch Friedrich II. bereits Ende der 1430er Jahre versucht, ihre Herrschaftsrechte bis in die Niederlausitz auszudehnen. Mit der Wahl König Friedrichs III. 1168 Ebd., Nr. 39, S. 77. 1169 Ebd., Nr. 36, S. 75–76. 1170 Busso Gans zu Putlitz wurde sogar Erbmarschall des brandenburgischen Kurfürsten und ist in dieser Funktion auf der Predella des sogenannten Schwanenordenaltars in der Ritterkapelle der Gumbertuskirche in Ansbach dargestellt, siehe dazu Abb. 2. 1171 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 190. 1172 EIBL, Die Lausitzen, S. 316.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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und der Thronvakanz in Böhmen Anfang der 1440er Jahre schien die Situation für Friedrich II., aber auch für die sächsischen Herzöge günstig, eine Entscheidung auf böhmischem Territorium zu ihren Gunsten zu forcieren; der Brandenburger brachte in dieser Zeit verschiedene Herrschaften in der Niederlausitz in seinen Besitz, titulierte sich in einem von ihm ausgestellten Lehnsbrief als Vogt der Niederlausitz und fiel im Oktober des Jahres 1448 mit seinen Truppen in das Land ein.1173 Trotz der mehrfachen Interventionen König Friedrichs III. zwischen 1440 und 1449, der seinen Schwager Friedrich II. von Sachsen als Vogt der Ober- und Niederlausitz sehen wollte, war der brandenburgische Kurfürst nicht bereit, die von ihm mit Gewalt eroberten Stellungen in der Niederlausitz aufzugeben, zumal er Schützenhilfe von den auf einem Landtag in Iglau versammelten böhmischen Ständen erhielt.1174 Der Krieg, der zwischen Sachsen und dem brandenburgischen Kurfürsten Ende 1449 ausbrach und erst 1451 mit dem Naumburger Frieden beendet werden konnte, brachte schließlich einen Sieg für den Hohenzoller. Diesem wurde die Pfandherrschaft über die Niederlausitz bestätigt, während der sächsische Kurfürst lediglich die Herrschaften Hoyerswerda und Senftenberg erhielt.1175 Die Stände der Lausitz verhielten sich während der sächsisch-brandenburgischen Auseinandersetzung unterschiedlich. Zum geringeren Teil unterstützten sie die Interventionen König Friedrichs III. für Friedrich von Sachsen, wie aus einem königlichen Schreiben vom 8. Januar 1450 an die Stadt Bautzen ersichtlich wird.1176 Die überwiegende Mehrheit der adeligen Familien aus der Lausitz und dem Grenzgebiet zu Sachsen schlossen sich – schlussendlich erfolgreich – der Sache des brandenburgischen Kurfürsten an. Einige von ihnen waren zuvor von Friedrich als Mitglieder seiner Gesellschaft Unserer Lieben Frau gewonnen worden, wie das entsprechende Mitgliederverzeichnis von 1443 klar ausweist.1177 Hans von Torgau gehörte zu jenen, die von Anfang an die Sache der Hohenzollern unterstützten, war er doch bereits unter Kurfürst Friedrich I. ein wichtiger Vertrauter und wurde von diesem als einer der Verwalter der Mark Brandenburg für die Zeit eingesetzt, in der sich Friedrich auf dem Konzil in Konstanz aufhielt.1178 Auch in vielen weiteren Urkunden und Vertragsabschlüssen tauchte von Torgau als Zeuge auf, in den Kriegen mit Sachsen 1439 und

1173 1174 1175 1176 1177 1178

Ebd., S. 318–319. Ebd., S. 322. Ebd., S. 325. EIBL, Regesten Kaiser Friedrichs III., Nr. 103, S. 156–157. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 61–62. Ebd., S. 221.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

1450 wurde er jeweils gefangen genommen.1179 Bei ihm ist es wenig überraschend, dass er sich in der für die Lausitz konfliktreichen Zeit als ortsansässiger Adeliger in dem ersten Mitgliedsverzeichnis des Hofordens aus dem Jahr 1443 wiederfindet. Die Mitgliedschaft in dem elitären Hoforden des brandenburgischen Kurfürsten erscheint geradezu als eine Auszeichnung eines treuen und loyalen Gefolgsmanns in einem für die Hohenzollern wichtigen Gebiet. Als weitere Unterstützer gegen die sächsischen Kurfürsten, die dem Hoforden der Hohenzollern angehörten, sind zudem die Brüder Friedrich und Wenzel von Bieberstein zu nennen. Diese Mitglieder gehörten einer alten und reich begüterten Familie an, deren Besitzungen sich sowohl in der Niederlausitz, in Meißen als auch in der Mark Brandenburg befanden. Ähnlich wie bei Hans von Torgau scheinen hier wichtige Verbündete der Hohenzollern durch die Mitgliedschaft ausgezeichnet und sie damit auch durch ein zusätzliches Band noch enger an den Kurfürsten gebunden worden zu sein. Denn bereits der Großvater Johann von Bieberstein hatte sich bei dem Angriff auf die von den Quitzows gehaltene Feste Friesack, den Kurfürst Friedrich I. unternahm, unter dem beteiligten märkischen Adel befunden.1180 Nachdem Friedrich von Bieberstein spätestens 1443 Ordensmitglied geworden war, begab er sich mit verschiedenen Gütern in den Schutz des Brandenburger Kurfürsten, genau wie dies bereits zuvor der Vogt der Niederlausitz, Nikolaus von Polenz, getan hatte. Wenzel von Bieberstein unterstützte Friedrich II. von Hohenzollern in den Auseinandersetzungen mit dem sächsischen Kurfürsten auch militärisch und erhob im Zerbster Frieden deswegen Schadensansprüche gegen die Sachsen. Er legte zudem fest, dass für den Fall des Aussterbens seiner Familie verschiedene Besitzungen wie zum Beispiel die Herrschaft Soran in den Besitz des Hohenzollers übergehen sollten. Bei den Herren von Kottbus war der Fall hingegen gänzlich anders gelagert: Diese gehörten in dem Konflikt um die Lausitz zu den wenigen Adelsfamilien, die zu Beginn der 1440er Jahre zunächst Friedrich von Sachsen unterstützten, denn die Vettern Luther und Reinhard von Kottbus hatten mit den Herzögen Wilhelm und Friedrich von Sachsen einen Bündnisbrief auf zehn Jahre gegen den Brandenburger Markgrafen abgeschlossen.1181 Nach dem ersten erfolgreichen Ausgreifen des Markgrafen auf die Niederlausitz1182 wurden sie seit 1443 jedoch als Mitglieder des Hofordens

1179 1180 1181 1182

Ebd., S. 222. Ebd., S. 121. Ebd., S. 167. EIBL, Die Lausitzen, S. 318.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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geführt, wie aus dem Verzeichnis ersichtlich wird.1183 Friedrich II. versuchte seine Herrschaft über die Niederlausitz also scheinbar nicht nur durch eine militärische Überlegenheit durchzusetzen, sondern ehemalige Gegner wie auch noch neutrale Adelige der umstrittenen Region durch seine Stiftung fester an sich zu binden. Das Beispiel der beiden Herren von Kottbus macht deutlich, dass die schnell erfolgte Aufnahme in den elitären Orden möglicherweise eine flankierende Maßnahme darstellte, um eine Verbindlichkeit der Beziehungen zu den neuen Verbündeten herzustellen. In demselben Jahr, in dem die Brüder als Mitglieder des Ordens verzeichnet sind, begab sich Reinhard von Kottbus mit seiner Hälfte an dem Schloss und der Stadt Kottbus in den Schutz des Markgrafen und wurde von diesem im Jahr 1447 schließlich sogar zum Vogt des Landes Sternberg bestellt.1184 Nicht nur in dem Ursprungsland der Gesellschaft Unserer Lieben Frau finden sich unter den Mitgliedern des Ordens solche, die in verschiedenen Konflikten den Hohenzollern als Bündnispartner dienen konnten, obgleich die Bedeutung des Hofordens im süddeutschen Raum von der Forschung durchaus kritisch gesehen wird. Andreas Ranft ist noch 1994 zu dem Schluss gekommen, dass gerade der höfische Orden der Hohenzollern als ein Beispiel dafür angesehen werden muss, dass diese Form der Adelsverbindung in einem Kerngebiet des Reiches wie Franken zum Scheitern verurteilt war, da es hier an festen Territorialherrschaften mit fast vollständig mediatisiertem Adel mangelte. Hinsichtlich der durch Albrecht Achilles in Süddeutschland initiierten Filialbildung der Gesellschaft Unserer Lieben Frau im Jahr 1459 kam Ranft zu folgendem Urteil: „Sie diente zweifellos als flankierende Maßnahme zur Integration des Adels bei seinem Versuch, als ‚Herzog in Franken‘ eine territorial ausgeweitete Herrschaft von Ansbach aus zu installieren, die schon in ihrem Ansatz durch Gegenbewegungen der umliegenden Kräfte, den Krieg von 1460–1463 und die folgende Erbfriedenseinigung 1464 scheiterte.“1185

Die Einschätzung Ranfts steht in einem Missverhältnis zu der Tatsache, dass dieser Hoforden bis zum Ende des 15. Jahrhunderts in Franken min-

1183 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 61. Weitere Verzeichnisse sind hier ediert. Im Staatsarchiv Nürnberg ist aus dem Jahr 1464/65 ein Verzeichnis erhalten, das auf fol. 1r–2v die verstorbenen Mitglieder und auf fol. 3r–5r die noch lebenden Mitglieder festhält, siehe StANü, Rep. 165a, Ansbacher Oberamtsakten, 68b. 1184 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 167. 1185 RANFT, Adelsgesellschaften, S. 29.

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destens 500 Mitglieder verzeichnete,1186 unter denen sich zahlreiche einflussreiche Adelige der Region befanden und die auch in den Auseinandersetzungen mit den hochadeligen Konkurrenten durchaus von einiger Bedeutung waren. Markgraf Albrecht schaffte es bis zu seinem Tod 1486 in seinem fränkischen Territorium eine bedeutende, zeitweise herausragende Position einzunehmen, und bei allen zentralen Konflikten dieser Zeit konnte er nicht erst seit der Filialbildung des Ordens in der St. Gumbertuskirche in Ansbach auch auf die Mitglieder des Schwanenordens zurückgreifen.1187 Durch die Stiftung seines kurfürstlichen Bruders war dem Markgrafen eine attraktive Möglichkeit an die Hand gegeben, den fränkischen Adel an sich zu binden. Dass der Niederadel ein begehrtes Gut in Franken darstellte, zeigt nicht nur der frühe Vertrag vom 12. November 1436 zwischen Kurfürst Friedrich I. und den Bischöfen von Bamberg und Würzburg bezüglich der Ritterschaft.1188 Schon im Jahr 1881 haben Rudolf von Stillfried und Siegfried Haenle darauf hingewiesen, dass es kein Zufall gewesen sei, dass neben den hochadeligen Mitgliedern ebenfalls so viele Adelige aus der Umgebung der freien Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg und Schwäbisch Hall bzw. aus den Grenzbereichen zu den Hochstiften Würzburg, Bamberg und Eichstätt in den Mitgliederverzeichnissen des Hofordens auftauchen.1189 Nicht nur diese Herrschaftsträger, sondern auch Herzog Ludwig von Bayern-Landshut und Pfalzgraf Friedrich der Siegreiche sind als weitere Akteure neben den Hohenzollern im Kampf um die Vorherrschaft im Raum Franken1190 bzw. in der südlichen Einflusssphäre des Reiches zu nennen. Johannes Merz fasste die Situation in dieser Region um die Mitte des Jahrhunderts mit der knappen Formel zusammen: „Das Signum dieser Zeit ist der offene Kampf um politische Vorherrschaft, die auch aus dem jeweiligen Selbstverständnis als ranghoher Reichsstand genährt wurde.“1191 Deswegen ist es mehr als wahrscheinlich, dass gerade hier, wo die Auseinandersetzung um die Vormachtstellung seit 1440 so erbittert geführt wurde, Markgraf Albrecht durch gezielte Verleihungen der Ordensinsignie seine Vernetzungspolitik intensivierte und damit die Machtkonstellation aktiv zu seinen Gunsten verändern wollte. Gleichzeitig verschafften die rivalisierenden Herrschaftsansprüche der Fürstengeschlechter dem niederen Adel eine unabhängige Position,1192 da sie von 1186 1187 1188 1189 1190 1191 1192

STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 24–25. Dies zeigt bereits das erste Mitgliederverzeichnis von 1443, siehe ebd., S. 61–62. MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 45, S. 118–119. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 11–12. Zu der Problematik des ‚Raums Franken‘ siehe MERZ, Fürst und Herrschaft, S. 30–34. Ebd., S. 46. Ebd., S. 43.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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den konkurrierenden Herrschaftsträgern umworben wurden. Bei den wiederkehrenden Auseinandersetzungen mit Herzog Ludwig dem Reichen, in der sogenannten Markgrafenfehde der Jahre 1449/50 und bei allen anderen zentralen Konflikten der Hohenzollern in dieser Region ist zu beobachten, dass zahlreiche Gesellschaftsmitglieder aufseiten der Dynastie involviert waren. Hierbei waren wie in der Mark Brandenburg verschiedene Konstellationen denkbar: Es zeigt sich, dass Albrecht zum einen loyale und getreue Gefolgsleute, die im besten Fall zudem in wichtigen Positionen an fremden Höfen und an anderen einflussreichen Stellen saßen, die Ordensmitgliedschaft verlieh. Dies betraf nicht nur diejenigen Adeligen, die in Diensten feindlich gesinnter Familien standen, sondern auch solche, die an fürstlichen Höfen vorzufinden waren, die sich tendenziell in gutem Einvernehmen mit der Dynastie befanden. Auch wichtige Funktionsträger am kaiserlichen Hof waren darunter. Zum anderen finden sich aber auch einige Beispiele für die Aufnahme von Personen in die kurfürstliche Stiftung, die zunächst eine dezidiert feindliche Haltung gegenüber den Hohenzollern eingenommen hatten oder sich zumindest neutral verhielten. Der in den Ordensstatuten festgeschriebene Eid auf den Ordensgründer oder auf denjenigen, der die Mitgliedschaft im konkreten Fall übertrug, das allgemeine Gebetsgedenken, das in die geistliche Gemeinschaft aller Mitglieder besonders die Familie und die Ahnen der Dynastie mit aufnahm, die wechselseitige Überwachung der Ehre der Gruppenmitglieder bzw. das mit Vertrauten des Kurfürsten besetzte Ehrgericht des Ordens und nicht zuletzt die regelmäßigen Kapitelsitzungen der Mitglieder schufen auf ganz unterschiedlichen Ebenen eine Gemeinschaft und Verbundenheit mit den brandenburgischen Kurfürsten und Markgrafen. Die durch diese ideelle Mitgliedschaft an die Dynastie gebundenen süddeutschen Adeligen wirkten auf die Kräftekonstellation des Raumes in erheblichem Maße ein. Wilhelm von Paulsdorfer, dessen Familie ihren Sitz auf einer Hofmark in der Nähe von Regensburg hatte, kann als ein typisches Beispiel für die Auszeichnung eines getreuen Gefolgsmanns genannt werden, der in seiner späteren Funktion als Rat bei den Wittelsbacher Herzögen Ludwig dem Höckrigen von Bayern-Ingolstadt und Ludwig dem Reichen von BayernLandshut eine für die Hohenzollern interessante Position einnahm. Wie Kurfürst Friedrich I. hatte von Paulsdorfer an den Kriegen gegen die Hussiten teilgenommen und erwies diesem auf seinem feierlichen Leichenbegängnis im Jahr 1440 die letzte Ehre.1193 Unter den ersten Ordensmitgliedern aus Franken, Bayern, Österreich, Meißen und Schwaben ist sein

1193 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 187.

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Name genauso zu finden wie der Karls von Thüngen,1194 der bereits 1439 in einer Fehde gegen den umstrittenen Würzburger Bischof Johann von Brunn mit Friedrich I. verbunden war.1195 Wilhelm Schenk von Geyern, seit spätestens 1455 als Mitglied des Hofordens geführt,1196 war bereits 1441 in den Dienst Albrechts getreten und hatte immer wieder wichtige Aufgaben wie Gesandtschaften und Verhandlungen mit anderen Reichsfürsten für den Markgrafen ausgeführt. In seiner Funktion als Gesandter Heinrichs XVI. von Bayern-Landshut und des Augsburger Bischofs1197 in den 1430er und 1440er Jahren war er über wichtige Geschäfte dieser beiden Herrschaftsträger im süddeutschen Raum gut informiert. Aus diesen Gründen war er somit besonders interessant für die Hohenzollern. Schließlich sei noch Hans von Rotenhan angeführt, der seine Verdienste für die Dynastie nicht nur durch seine Ratstätigkeit für Markgraf Johann, sondern auch durch die Begleitung der Markgrafen Johann und Albrecht auf ihrer Pilgerreise ins Heilige Land und die Teilnahme am Leichenbegängnis für Friedrich I. erworben hatte. Nach der Aufnahme in den Orden bis spätestens 1443 übertrugen die Hohenzollern ihm 1450/52 das Unterkämmereramt des Stiftes Bamberg, das der brandenburgische Kurfürst als Lehen vergeben konnte. Das in direkter Nachbarschaft zum hohenzollerischen Territorium gelegene Hochstift stellte einen unmittelbaren Konkurrenten der Markgrafschaft dar, mit dem es immer wieder zu Konflikten bezüglich verschiedener Herrschaftsrechte kam.1198 Mit Hans von Rotenhan besaß Markgraf Albrecht in einem wichtigen Amt innerhalb des Hochstiftes Bamberg eine Vertrauensperson, die auf mehrfache Weise mit ihm persönlich verbunden war. Unter den mit der Aufnahme in den Hoforden ausgezeichneten Vertrauten der Hohenzollern lassen sich auch wichtige Amtsträger in der Reichsverwaltung oder dem kaiserlichen Hof finden. Konrad von Weinsberg, einflussreicher Rat unter Kaiser Sigismund und König Albrecht II. und seit 1441 von König Friedrich III. mit dem Kämmereramt belehnt,1199 stand in einem freundschaftlichen Verhältnis zum Ansbacher Hof, der die Beziehung zu von Weinsberg auch durch Geschenke weiter vertiefte.1200 Seit 1443 als Mitglied des Ordens geführt, vermittelte er im Namen König 1194 1195 1196 1197 1198 1199 1200

Ebd., S. 62. Ebd., S. 221. Ebd., S. 63. Ebd., S. 154. SCHUBERT, Die Landstände, S. 76. SCHLUNK, Der Erbkämmerer, S. 483. Ein Beispiel ist das Geschenk von Windhunden an die Ehefrau des Erbkämmerers, das Stillfried und Haenle anführen, siehe STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 230.

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Sigismunds in der Auseinandersetzung zwischen Friedrich I. und Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt zwischen 1418 und 14211201 und war auch in verschiedene andere Reichsangelegenheiten, die die Hohenzollern betrafen, involviert. Ähnlich stand es um die Reichserbmarschälle von Pappenheim. Gleich mehrere Mitglieder dieser einflussreichen Familie, deren Stammsitz südlich von Nürnberg angesiedelt war, sind als Mitglieder des hohenzollerischen Hofordens verzeichnet. Heinrich von Pappenheim beispielsweise, der Reichsvogt von Donauwörth in einer Zeit war, als Markgraf Albrecht von Kaiser Friedrich III. das Amt des Reichsheerführers gegen Herzog Ludwig innehatte, wurde immer wieder als kaiserlicher Schiedsrichter und Vermittler in verschiedenen Angelegenheiten von Bedeutung für die Hohenzollern eingesetzt: im Jahr 1455 in einem Rechtsstreit bezüglich des Federsees bei Buchau, bei den Streitigkeiten mit den Herzögen von Pommern und bei anderen Angelegenheiten bezüglich der Mark Brandenburg.1202 Wie eng Heinrich von Pappenheim mit Albrecht verbunden war, geht auch aus einem Brief des Hohenzollers an Kaiser Friedrich III. aus dem Jahr 1461 hervor, in dem dieser das Reichsoberhaupt bat, bei verschiedenen Verhandlungen auch Heinrich von Pappenheim und seine eigene Person nicht zu vergessen.1203 Genau wie sein Bruder Konrad befand sich Heinrich von Pappenheim unter den ersten Mitgliedern des Ordens.1204 Konrad hatte nicht nur die markgräflichen Brüder auf ihrer Pilgerreise nach Jerusalem 1435 begleitet, sondern taucht in den Quellen als markgräflicher Rat auf. Als Hofrichter Herzog Wilhelms von Sachsen1205 in Coburg, dessen Rat und Hofmeister er ebenfalls war,1206 saß er an einer zentralen Stelle des Wettiner Hofes, was möglicherweise für die Hohenzollern in Franken von besonderem Interesse gewesen ist. Aber nicht nur im Reich, sondern auch an auswärtigen Königshöfen finden sich verschiedene adelige Ordensmitglieder in zentralen Funktionen. Albrecht von Kostka, der einem alten böhmischen Adelsgeschlecht angehörte, war spätestens seit 1464/65 Mitglied der Gesellschaft Unserer Lieben Frau.1207 Da von Kostka ein enger Vertrauter der Könige Georg

1201 Ein erster Hinweis auf die Vermittlertätigkeit findet sich beispielsweise in CDB III, 1, Nr. 67, S. 97. 1202 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 186. 1203 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 28, S. 156–158, hier S. 158. 1204 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 62. 1205 Die Wettiner waren Inhaber des Coburger Landes, da es 1353 vom Haus HennebergSchleusingen auf diese Dynastie übergegangen war, siehe MERZ, Fürst und Herrschaft, S. 33. 1206 KARCHE, Coburgs Vergangenheit, S. 267. 1207 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 67.

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Podiebrad und Matthias von Ungarn war,1208 wäre es nicht gerade unwahrscheinlich, dass die Hohenzollern bei ihren diffizilen Verhandlungen mit beiden Regenten auf die Unterstützung eines ihrer Ordensmitglieder zurückgegriffen haben und die Aufnahme in den Orden auch aus solch strategischen Gesichtspunkten zustande kam. Besonders wichtig für Markgraf Albrecht waren diejenigen süddeutschen Adeligen, die in den verschiedenen Gerichten der hochadeligen Konkurrenten als Beisitzer oder Hofrichter zu finden waren: Hans von Bibra, Urteiler im Würzburger Hofgericht1209 und seit 1465 Mitglied des Ordens, Ritter Mang von Hohenreichen, Beisitzer im Rottweiler Hofgericht,1210 das in direkter Konkurrenz zum Kaiserlichen Landgericht der Nürnberger Burggrafen stand, und Kraft zu Lentersheim als Oettinger Lehnsrichter1211 sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Werner von Nothafft, der 1461 und 1485 württembergischer Hofrichter war,1212 Heinrich von Wernau der Jüngere in den Jahren 1461, 1477 und 1481,1213 Wolfgang von Tachenhausen bis Mitte des 15. Jahrhunderts als württembergischer Hofmeister Beisitzer des Hofgerichts1214 oder Heinrich Schenk von Winterstetten, 1477 ebenfalls Beisitzer dieses Gerichts,1215 sind weitere Beispiele aus den Mitgliederlisten der Gesellschaft Unserer Lieben Frau. Insgesamt 17,7 Prozent der Vasallen des Würzburger Bischofs in den Jahren 1464/65 waren Mitglieder der Gesellschaft Unserer Lieben Frau, wie Markus Frankl ermitteln konnte.1216 Sie alle konnten für den Markgrafen potenzielle Mittelsmänner darstellen, um auf die Machtkonstellation im süddeutschen Raum Einfluss auszuüben, denn Gerichtsrechte waren in der Vormoderne immer zugleich auch Herrschaftsrechte. Für den Süddeutschen Fürstenkrieg zwischen 1458 und 1463 zeigt sich zudem, dass Ordensmitglieder, die zugleich Vasallen des Würzburger Bischofs waren, von Johann III. von Grumbach entweder gegen Markgraf Albrecht mobilisiert 1208 Ebd., S. 167. 1209 Ebd., S. 121–122. Markus Frankl ordnet die Mitgliedschaft Bibras im Orden jedoch später ein als Stillfried und Haenle. Er sei erst 1496 durch Friedrich den Älteren aufgenommen worden, siehe FRANKL, Würzburger Vasallen, S. 112. 1210 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 162. 1211 Ebd., S. 170. 1212 Ebd., S. 182. 1213 Ebd., S. 230. 1214 Ebd., S. 220. 1215 Ebd., S. 231. 1216 FRANKL, Würzburger Vasallen, S. 108. Um 1515/18 seien es sogar 30,5 Prozent gewesen, wobei die Zahl sogar noch höher veranschlagt werden müsse, so Frankl, da einige Vasallen, die zweifelsfrei als Ordensmitglieder zu identifizieren sind, in dem Mitgliederverzeichnis von 1515/18 nicht auftauchen, siehe ebd., S. 109. Ausführlich zu einzelnen Lehnsmännern des Bischofs siehe ebd., S. 108–118.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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oder zur Neutralität in diesem Konflikt gezwungen werden sollten.1217 Wilhelm von Rechberg und Heinrich Fuchs zu Wallburg versagten dem Bischof ihre Pflichten aufgrund von Dienstverpflichtungen gegenüber dem Markgrafen, die Mitgliedschaft im höfischen Orden der Hohenzollern wird ebenfalls eine Rolle bei der Frage von Dienstbereitschaft und Neutralitätserklärung gespielt haben.1218 Es waren also nicht nur die „geschmirte(n) suesse(n) wort(e)“, die den Würzburger Ritteradel dazu brachten, sich dem Hohenzoller zuzuwenden, wie der Würzburger Chronist Lorenz Fries hingegen vermutete.1219 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Hohenzollern in einem Raum, der von konkurrierenden Fürsten und Mächten stark umkämpft war, große Teile des Adels durch kulturelle Vernetzungsformen zusätzlich zu anderen Bündnisstrategien an sich binden und durch die ideelle Mitgliedschaft in ihrem elitären Orden eine größere Form der Verbindlichkeit der Beziehungen schaffen konnten. Die Art und Weise, in der die Ordensstatuten hierbei durch konkrete Bestimmungen die Verbindung zwischen den Gesellschaftsmitgliedern untereinander, aber auch zwischen ihnen und dem Stifter in der Praxis stärkten, wird an späterer Stelle noch genauer zu analysieren sein.1220 Es zeigt sich, dass in konkreten Konflikten, aber auch generell auf einflussreichen Positionen in den Gerichten und Höfen anderer Reichsfürsten sich immer wieder Mitglieder ihrer Stiftung finden lassen. Der besondere Vorteil dieses Vernetzungsmittels bestand zudem darin, dass es gleichzeitig auch denjenigen besonders auszeichnete, der als Ordensmitglied von den Hohenzollern ausgesucht worden war. Nebenbei sei erwähnt, dass dieser Effekt der Ordensverleihung auch in Kombination mit anderen Formen der Vernetzung zielgerichtet eingesetzt werden konnte: Im Zuge der jahrelangen Bemühungen um eine Heiratsverbindung mit dem polnischen Königshaus empfing Friedrich II. nach seiner Abdankung als Kurfürst kurz vor seinem Tod am 15. November 1470 auf der Plassenburg eine Gesandtschaft des polnischen Königs. In seinem Brief an seinen Bruder Albrecht schilderte er, wie er die hochrangigen polnischen Adeligen auf der hohenzollerischen Residenz großzügig bewirten und am Ende des Aufenthalts die polnischen adeligen Räte und Diener in seinen

1217 Ebd., S. 118–119. 1218 Ebd., S. 120. Markgraf Albrecht versuchte im Jahr 1461 sogar etliche Doppelvasallen, die eher ihm zugeneigt waren, bei ritterlichen Versammlungen einzuschleusen, wie Joachim Schneider herausgefunden hat, siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 499. 1219 Lorenz Fries, Chronik der Bischöfe, S. 172. 1220 Siehe Kapitel 6.2.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Hoforden1221 aufnehmen ließ, worüber diese ausgesprochen erfreut gewesen seien. Ein weiterer Aspekt sei schließlich noch erwähnt, der ebenfalls veranschaulicht, wie die Beziehungen zwischen den Hohenzollern, insbesondere zwischen Friedrich II. und wichtigen Herrschaftsträgern in den Territorien gefestigt oder neue Bündnispartner gewonnen werden konnten. Nach einem öffentlichen Glaubensbekenntnis im Dom zu Brandenburg am 12. Januar 14531222 begab sich Friedrich in demselben Jahr auf eine Pilgerreise nach Jerusalem, die ihn auf dem Rückweg auch nach Rom führte, wo er mit der sogenannten Goldenen Rose des Papstes ausgezeichnet wurde.1223 Ein ausführlicher Bericht der Fahrt ist durch den Basler Bürgermeister Peter Rot überliefert, der persönlich Teilnehmer des Zuges nach Jerusalem war.1224 Auf dieser Reise fuhr Friedrich II. mit einem Gefolge, das wahrscheinlich ähnlich groß war wie das seiner Brüder achtzehn Jahre zuvor und sich demnach auf etwa 40 Personen belaufen haben wird.1225 Pilgerfahrten spätmittelalterlicher Fürsten waren nicht nur Ausdruck eines tief verinnerlichten Glaubens, sondern wurden darüber hinaus auch als Mittel adelig-fürstlicher Repräsentation eingesetzt. Dies liegt auf der Hand, bedenkt man allein, dass auf dem Weg Station an vielen wichtigen Höfen gemacht und häufig weitere prestigereiche Begegnungen inszeniert wurden.1226 Besonders für den Zusammenhang der vertikalen Vernetzungsstrategien der hohenzollerischen Kurfürsten interessant ist die Tatsache, dass sich in dem Gefolge Friedrichs II. eine ganze Reihe späterer Mitglieder seines Hofordens befanden, aber auch solche, die er bereits in seine Stiftung aufgenommen hatte. Einen besonderen Reiz auf jeder Fahrt ins Heilige Land übte der Ritterschlag über dem Heiligen Grab in der Jerusalemer Grabeskirche aus.1227 1221 PC 1, Nr. 112, S. 193–195, hier S. 195. 1222 Das Bekenntnis hatte der Kurfürst bereits am 13. Mai 1445 in Prenzlau niedergeschrieben und acht Jahre später vorgetragen, siehe CDB III, 1, Nr. 190, S. 310–312. 1223 Zu der Pilgerfahrt des Kurfürsten und seiner Auszeichnung durch Papst Nikolaus V. siehe KRAACK, Jerusalem; NOLTE, Erlebnis; SCHUCHARD, Die Goldene Rose; und HEIMANN, Andacht beherrschen. 1224 BERNOULLI, Hans und Peter Rot’s Pilgerreisen. 1225 KRAACK, Jerusalem, S. 52. 1226 Ebd., S. 51. Auf diesen Aspekt geht das Kapitel 5.2 ausführlicher ein. 1227 CARLEN, Der Ritterschlag. Der Ritterschlag am Heiligen Grab, der seit 1330 quellenmäßig zu belegen ist, war ausgesprochen prestigeträchtig, denn die Ritterwürde an diesem heiligen Ort – quasi auf dem Kreuzzug – zu erlangen, erschien als besonders ruhmvoll. Aber auch aus finanziellen Gründen war der Ritterschlag sogar für den Hochadel noch von Interesse, da er „eine[n] der vier Fälle des Lehnrechts“ darstellte, „[der] die Vasallen und Hintersassen zu einer Abgabe verpflichtete.“ Siehe PARAVICINI, Die ritterlich-höfische Kultur, S. 41. Kurfürst Friedrich II. schlug seine Reisebegleiter zu Rittern und wurde später ebenfalls zum Ritter geschlagen, obwohl er die Ritterwürde bereits führte, wie der Verfasser der Reisebe-

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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Diese besonders ruhmreiche Ehrung thematisierte der Basler Patrizier Peter Rot in seinem Bericht nicht zuletzt deshalb, da er selbst zu den neu mit der Ritterwürde Ausgestatteten gehörte: „Item an dem vorgenanten fritag in der nacht schlGg min gnediger her her Friderich margraff ze Brandenburg etc., dis nachgeschriben in der cappel des Heiligen Grabs ze ritter. Und ward sin gnod von her Búppelin vom Stein ritter geslagen, doch so was er vor och ritter […].“1228

Die 29 Personen, die er im Folgenden aufzählt, stammten fast vollständig aus adeligen Geschlechtern der nordöstlichen und südwestlichen Einflusssphäre der Hohenzollern, teilweise aus bedeutenden Familien, die jeweils großes Gewicht für die Politik des Kurfürsten hatten. Unter ihnen waren beispielsweise ein Mitglied der Reichsministerialenfamilie von Pappenheim,1229 Gottfried von Hohenlohe, dessen Geschlecht über ein ansehnliches Territorium in Franken verfügte, aber auch wichtige märkische Adelige wie Georg von Waldenfels. Von Waldenfels war einer der einflussreichsten Räte des Kurfürsten, später auch Markgraf Albrechts. Seit dem Regierungsantritt Friedrichs II. hatte er bis in die 1480er Jahre unter beiden Hohenzollern das Amt des Kammermeisters ausgeübt, war der letzte brandenburgische Landvogt der Lausitz in der konfliktreichen Zeit mit Georg Podiebrad und an den meisten wichtigen Entscheidungen für die Mark Brandenburg beteiligt.1230 Auch Otto von Schlieben der Jüngere gehörte zu den einflussreichen märkischen Adeligen der Zeit. Bereits 1440 hatte dieser im Namen der Hohenzollern den sächsischen Herzögen abgesagt, war seit 1444 kurfürstlicher Rat und von 1447 bis 1450 bzw. von 1453 bis 1456 Vogt der Lausitz. Genau wie Klaus von Sparre unterstützte er Markgraf Albrecht bei seiner Absage an die Reichsstadt Nürnberg 1449/50,1231 woran man nicht nur die besonders enge Zusammenarbeit der Hohenzollern in ihren beiden Territorien erkennen kann, sondern auch deutlich wird, dass die feste Vernetzung mit dem umgebenden Adel den

1228 1229 1230 1231

schreibung nicht zu betonen vergaß, siehe BERNOULLI, Hans und Peter Rot’s Pilgerreisen, S. 405. Im 15. Jahrhundert war es durchaus nicht ungewöhnlich, dass dieselbe Person mehrfach zum Ritter geschlagen wurde, siehe PARAVICINI, Die ritterlich-höfische Kultur, S. 3. BERNOULLI, Hans und Peter Rot’s Pilgerreisen, S. 405. Gemeint ist der Erbmarschall Georg von Pappenheim, siehe STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 185. So zum Beispiel an den Friedens- und Bündnisverhandlungen mit Pommern und Stettin in den Jahren 1440/48. Nach seinem Tod wurde er in der Ordenskapelle in der Marienkirche auf dem Harlunger Berg beigesetzt, siehe ebd., S. 227. Ebd., S. 204. Klaus von Sparre gehörte zu den drei Hauptmännern, die Kurfürst Friedrich II. seinem Bruder zur Hilfe nach Franken schickte, siehe ebd., S. 215.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Hohenzollern auch zusätzliche Handlungsmöglichkeiten über ihr jeweiliges Territorium hinaus verschaffte. In der Not war es sowohl Friedrich II. als auch Albrecht möglich, auf wehrhafte Adelige außerhalb ihres direkten Herrschaftsbereichs zurückzugreifen. Anwesend auf der Pilgerfahrt und unter denjenigen, die den Ritterschlag am Heiligen Grab empfingen, waren sowohl Ursprungsmitglieder des Hofordens wie Klaus von Sparre, Hans von Torgau oder Graf Albrecht V. von Anhalt, die bereits in dem ersten Mitgliederverzeichnis von 1443 geführt wurden,1232 als auch solche, die erst später dem Orden beitraten, wie zum Beispiel der Basler Bürgermeister Rot. Die gesamte Pilgerfahrt war also einerseits dazu angetan, zukünftige Mitglieder des Ordens zu rekrutieren.1233 Andererseits konnte die von allen Teilnehmern sicherlich als ein außergewöhnliches Erlebnis eingestufte Reise auch ein Band zwischen den Teilnehmern herstellen, das seinen Ausdruck in dem gemeinsamen Hinterlassen von Inschriften, Wappen oder ähnlichen Zeichen fand1234 und durch die später angefertigten Reiseberichte bekannt gemacht wurde. Ein letzter Verweis auf einen anderen genossenschaftlichen Zusammenschluss soll noch einmal die vertikale Vernetzung Friedrichs II. mit vornehmlich anderen sozialen Gruppen der Mark Brandenburg belegen. Auch hier konnte ein zusätzlicher Effekt erreicht werden, der auch bei den anderen Vernetzungsstrategien zu beobachten war: die Integration von oppositionellen Individuen und Personengruppen in seine Herrschaft. Am 25. August 1452 bestätigte Friedrich II. eine der heiligen Jungfrau Maria gewidmete Bruderschaft „[…] bey sanct nicolaus pfarkirchen an der thore in unser statt Berlin gelegen […].“1235 Die Bestätigungsurkunde unterstreicht ausdrücklich, dass die Stiftung nicht auf die Initiative des Kurfürsten zurückging, sondern dass „[…] etliche die unsern vor uns komen sein und uns vorbracht und erinnert haben, wie das vor zeiten die hochgeborne Furstinne frawe Margarita selige unsers lieben vettern Burggrave 1232 Alle ebd., S. 61. Bei einigen waren zumindest bereits Familienmitglieder dem Orden beigetreten, wie zum Beispiel bei Georg von Schlieben, bei dem drei Mitglieder seiner Familie bereits 1443 in der ersten Liste auftauchen, insbesondere auch Otto von Schlieben der Jüngere, der ebenfalls auf der Pilgerfahrt dabei war. 1233 Dazu konnten auch Pilgerreisen anderer Fürsten dienen. Graf Eberhard von Württemberg fuhr 1468 nach Jerusalem und wurde von Ritter Konrad von Achelfingen begleitet, der scheinbar auf dieser Reise in die Gesellschaft Unserer Lieben Frau aufgenommen worden ist, da den Grafen viele Ordensmitglieder begleiteten, siehe STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 111–112. 1234 KRAACK, Jerusalem, S. 57–58. 1235 Urkundenbuch zur Berlinischen Chronik, Bd. 2, hg. von FERDINAND VOIGT/ERNST FIDICIN (im Folg. zit.: UBC), Nr. 189, S. 424–426, hier S. 425.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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Johansen seligen gemahel mit Hulfe verhenckniße des almechtigen gots, und durch rat und steur ander fromer Christen leute eyne bruderschafft vor etlichen Zeiten angefangen hatt in der ehren der Hochgelobten konigynnen und trosterinne aller Christenheit der iuncfrawen und mutter sanct marien in der kirchen und gots Hause zu Mangerßrewt drawssen zu lande bey colinbach gelegen […].“1236

Friedrichs Hofgesinde, seine Diener und andere liebe Getreue seien der Bruderschaft seiner Großtante zu Mangersreuth bei Kulmbach1237 sehr zugeneigt und hätten deshalb den Vorsatz gefasst, auch in der Mark Brandenburg eine solche zu stiften. Die Stiftung, die laut der Bestätigungsurkunde mit Gottes Hilfe, mit der Hilfe von Friedrichs Herrschaft und der Hilfe und dem Rat anderer Brüder und frommer Leute entstanden sei, bestand aus zwei Priestern und drei Chorschülern, die täglich eine Marienmesse singen mussten und weitere Gebetsverpflichtungen zu erfüllen hatten.1238 Innerhalb der Gruppe der Initiatoren wird Ulrich Zeuschel namentlich in der Urkunde als kurfürstlicher Küchenmeister genannt. Dieser hatte das Amt bereits unter Friedrich I. seit 1432 inne, war ab 1449 Berliner Hausvogt1239 und wirkte an Belehnungen und auch teilweise an der Rechtsprechung des Kurfürsten mit.1240 Trotz der überaus verantwortungsvollen Stellung, die Ulrich Zeuschel am Berliner Hof des Fürsten innehatte,1241 scheint es fraglich, ob die Initiative für die Stiftung wirklich von seiner Person ausging. Die nach Ausweis der Urkunde ebenfalls vom Brandenburger Bischof bestätigte Stiftung weist nämlich in vielen Bereichen nicht nur eine große Übereinstimmung mit der Gesellschaft Unserer Lieben Frau auf, sondern sie richtete sich in einer Zeit, in der der sogenannte Berliner Unwillen erst vier Jahre zurücklag und in der die Beziehung zwischen dem Stadtherrn und der ehemaligen Doppelstadt BerlinCölln immer noch mehr als angespannt war,1242 vor allem an die Bürger der Städte Berlin und Cölln. Die Stiftung war zwar ständisch offen, denn 1236 1237 1238 1239 1240 1241

Ebd., S. 324–325. Gemeint war die Ehefrau Burggraf Johanns III., eine Tochter Kaiser Karls IV. UBC, Nr. 189, S. 425. AHRENS, Residenz, S. 96 bzw. S. 143. Zudem verfasste er das Schossregister von 1451, siehe ebd., S. 144. Zu diesem Zeitpunkt war das Amt des Küchenmeisters aufgrund der Person Zeuschels das wichtigste innerhalb der Hof- und Landesorganisation. Zudem hatte seine Stimme unter den kurfürstlichen Räten großes Gewicht. Nachdem dieser das Amt des Küchenmeisters ab 1464 nicht mehr ausübte, ging dessen Bedeutung schlagartig zurück, siehe BECK, Hofpersonal, S. 12. 1242 Allgemein zum ‚Berliner Unwillen‘ und den Konflikten mit den märkischen Städten im 15. Jahrhundert: MÜLLER-MERTENS, Zur Städtepolitik; NEUMEISTER, Persönlichkeiten; KAEBER, Die Beziehungen; MÜLLER-MERTENS, Die landesherrliche Residenz; PESCHKEN, Stadtfreiheit, insbesondere S. 94.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Mitglied konnte jede Person werden, egal ob Priester oder Laie, edel oder unedel, Mann oder Frau,1243 aber zielte sicherlich vornehmlich auf die Stadtbürger als unterlegener Partei des Konflikts ab. Friedrich II. scheint sie als Möglichkeit betrachtet zu haben, auf unbelastete Art und Weise eine Beziehung zu den ehemaligen Kontrahenten herzustellen. Karl-Heinz Ahrens hat darauf hingewiesen, dass sich zwar keinerlei Mitgliederverzeichnisse der Bruderschaft für das 15. Jahrhundert erhalten haben, es jedoch sehr wahrscheinlich sei, dass sich die führenden Ratsfamilien unter den Mitgliedern befunden hätten. So auch Balthasar Boytin, der bereits im ‚Berliner Unwillen‘ als Gefolgsmann des Kurfürsten eine entscheidende Rolle gespielt hatte.1244 Boytins Mitgliedschaft ist sehr wahrscheinlich, da er eine Stiftung für die Bruderschaft tätigte, die zum Ankauf einer jährlichen Rente gedacht war.1245 Zusammen mit dem Kurfürsten genehmen Handwerkern wie Arnd Schonhusen oder Hans Dylis gelangte Boytin nach der Gründung der Bruderschaft schließlich erneut in den Stadtrat Berlins.1246 Die Tatsache, dass der Kurfürst erlaubte, dass Thomas Wins, ein ehemaliger Rädelsführer des Aufstands gegen den Stadtherrn,1247 nach so kurzer Zeit Bürgermeister der Stadt werden konnte, scheint dafür zu sprechen, dass er hoffte, durch eine solche Einbindung die Versöhnung zu beschleunigen. Damit der eigene Einfluss im wichtigsten städtischen Gremium jedoch gleichzeitig präsent blieb, beschickte er dieses auch mit Gefolgsleuten. Ein ähnliches Kalkül scheint auch bei der Organisationsstruktur der Mariengesellschaft im Hintergrund gewirkt zu haben, war doch in der Bestätigungsurkunde festgelegt worden, dass der Vorstand der Bruderschaft aus einem ihrer beiden Priester, je zwei Personen aus dem Hofgesinde des Kurfürsten und zwei Bürgern aus den Städten Berlin und Cölln gebildet werden sollte.1248 Die täglichen Gebetsverpflichtungen und vor allem die ausgeprägten memorialen Praktiken im Todesfalle eines Bruderschaftsmitgliedes mussten für die Bürger der Städte Berlin und Cölln ausgesprochen attraktiv gewirkt haben. Somit konnte die Bruderschaft ein wirksames Mittel zur Vernetzung zwischen dem Landesherrn, den Bürgern seiner wichtigsten Residenzstädte und seines Hofes bilden. Auf diese Wei-

1243 Einzige Bedingung war, dass die Person „frome unverlawmpter lute und erlich gebornn“ war, siehe UBC, Nr. 189, S. 425. 1244 NEUMEISTER, Persönlichkeiten, S. 45–47. 1245 AHRENS, Residenz, S. 312. 1246 Die Bestätigungsurkunde der Bürgermeister und Ratsmänner in Berlin vom 27. März 1453 siehe UBC, Nr. 191, S. 427. 1247 NEUMEISTER, Persönlichkeiten, S. 48. 1248 UBC, Nr. 189, S. 425.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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se war es möglich, Adel und Bürgerschaft enger in die Hof- und Landesverwaltung einzubinden.1249 Alltäglichere Formen von Geselligkeit Wie bereits erwähnt, gehörten Turnier und Ritterspiel zum Rahmenprogramm fürstlicher Feste, waren aber genauso selbstverständlicher Bestandteil fürstlicher Repräsentation an den heimischen Höfen. Der eigene Hof bot besonders gute Möglichkeiten, bestehende horizontale Beziehungen zu intensivieren oder neue zu knüpfen, wenn er als ‚intimer‘ Rahmen für den Besuch einzelner Adeliger oder mehrerer Mitglieder einer adeligen Familie genutzt wurde. Nur in ganz seltenen Fällen wurde zu solchen Anlässen der repräsentative Aufwand oder die zeremonielle Ausgestaltung des gastgebenden Hofes reduziert, um eine im heutigen Sinne ungezwungene, freundschaftliche Atmosphäre zu erzeugen.1250 Sobald ein Standesgenosse sich in unmittelbarer Nähe befand, herrschte in der Regel „Prestigerivalität unter den Fürsten“.1251 Trotzdem soll die gezielte Einladung einzelner Fürsten oder des Königs im Folgenden unter dem Etikett einer alltäglicheren Form von Festkultur und Geselligkeit der Hohenzollern firmieren und veranschaulichen, auf welche Weise sich hier weitere Möglichkeiten der horizontalen Beziehungspflege neben der immer parallel mitzudenkenden 1249 AHRENS, Residenz, S. 312. 1250 Uwe Tresp weist auf diese Tatsache hin und berichtet in diesem Zusammenhang von einem entsprechenden Aufenthalt Graf Ulrichs V. von Württemberg, mit dem Albrecht nicht nur über Jahre hinweg eine enge Freundschaft verband. Dieser war zudem der Schwiegervater seiner Tochter Elisabeth, also ein enger Verwandter. Tresp konstatiert, dass der Aufenthalt des Württembergers fundamental von den Grundsätzen höfischer Repräsentation abgewichen sei, so dass sich der Eindruck aufdränge, dass es sich um eine demonstrative Inszenierung von Unbefangenheit handele, da trotz des scheinbar zwanglosen Zusammenseins wichtige politische Gespräche geplant gewesen wären, siehe TRESP, Die Kurzweil, S. 271. Auffällig ist auf jeden Fall die Betonung der Zwanglosigkeit in Albrechts Ausführungen: „Doch wöllen wir uns nyderlegen und aufsteen, wenn wir wöllen: Desgleichen mag ein yeder auch thun. Ir, die Elß, wir und die Ann wöllen in unnserm stüblein essen und den jungen zweyen, euren und unnserm sone, den hof bevelhen, essen und trincken wann und wie sie wöllen.“ STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 152, S. 108–109. Dieses zwanglose Miteinander-Umgehen stellt die vollendete Form einer freundschaftlichen oder verwandtschaftlichen Beziehung dar, da sämtliche Repräsentationszwänge aufgehoben sind. 1251 FOUQUET/VON SEGGERN/ZEILINGER, Einleitung, S. 9. Wirkliche Intimität des alltäglichen Hofes gab es nur bei der Abwesenheit von Fremden und Gästen, dann herrschten die „seit der Antike überkommenen Sparsamkeitsgrundsätze der Ökonomik“ vor, siehe ebd., S. 10. Gerhard Fouquet hat bereits vor Jahren am Beispiel des Bischofs von Speyer, Matthias von Rammung, diese Denkweise vorgeführt. Der Bischof ließ aus Kostengründe abends auch schon mal die Reste des Tages servieren, jedoch nur in dem Fall, dass „[…] nit fremde lute vorhanden sint“, zitiert nach FOUQUET, Wie die kuchenspise, S. 19.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Rangdemonstration der Kurfürsten boten. Als Gastgeber anderer Standesgenossen oder des Königs war es zunächst einmal möglich, durch gemeinsam verbrachten Müßiggang eine elitäre Lebensform bewusst in Szene zu setzen.1252 Außerdem konnten Beziehungen zum König oder zu ausgesuchten Standesgenossen durch die gemeinsam verbrachte Zeit am eigenen Hof intensiviert werden, und zwar mehr, als dies im Rahmen von Hoftagen oder anderen Festen möglich war, da hier stets eine Konkurrenzsituation mit den anderen anwesenden Hochadeligen bestand. Auch die Freude an der standesgemäßen Unterhaltung selbst – sei es in Form von Ritterspielen, Tanz oder Jagd – musste sich positiv auf die Atmosphäre während des Aufenthalts, aber auch auf die Beziehungen im Allgemeinen und damit auch mittel- bzw. langfristig auf die politischen Handlungsmöglichkeiten der Dynastie auswirken. Dabei war es sicherlich hilfreich, dass die drei hohenzollerischen Kurfürsten eben als leidenschaftliche Turnierkämpfer und Jäger galten, wobei sich die meisten Nachrichten für Markgraf Albrecht erhalten haben. Besonders häufig kam es zur Einladung an verwandte oder eng befreundete Fürsten wie den bereits erwähnten Ulrich V. von Württemberg und dessen Sohn Graf Eberhard II., der mit der Tochter Albrechts verheiratet war. Im Sommer 1473 wurde Ulrich zum Beispiel für zwei Wochen am Ansbacher Hof erwartet, um dort ausgiebig zu jagen, mit Albrecht ein Zielschießen zu veranstalten und zu tanzen.1253 Bereits im Sommer des Jahres 1470 schrieb Albrecht an Ulrich und bat diesen, mit seiner Familie nach Ansbach zu kommen, um danach „mit uns gen Cadoltzpurg jagen [zu gehen] und die prunsst daselbst mit uns frölich“ zu verbringen.1254 In dieser Atmosphäre wollte man sich wegen Albrechts „abschid zG der kaiserlichen maiestat“ besprechen, und auch Kurfürst Friedrich II. habe er aus der Mark zu diesem Beratungstreffen eingeladen, da Albrecht beide „fur unser liebst freund und innerst rete“1255 ansehe. Es finden sich in der Korrespondenz Albrechts weitere Beispiele für diese Einladungen an verwandte Fürsten, um – eingebettet in einen Tagesablauf voller Kurzweil – verschiedene Reichsangelegenheiten oder andere Dinge miteinander zu verhandeln, zum Beispiel mit seinem Schwager Herzog Albrecht von Sachsen.1256 Neben verwandten Reichsfürsten luden die Hohenzollern gezielt auch andere Standesgenossen an den Hof. Dass gerade die Einladungen zur 1252 1253 1254 1255 1256

SPRANDEL, Kurzweil durch Geschichte, S. 358. STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 152, S. 108–109. Ebd., Nr. 129, S. 94. Ebd. Zum Beispiel am 13. Juli 1481, siehe ebd., Nr. 349, S. 233–234, oder mit Herzog Ernst von Sachsen: PC 3, Nr. 77, S. 103–104, bzw. ebd., Nr. 311, S. 363–367.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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Jagd einen großen Teil der Offerten der Kurfürsten an Standesgenossen und den König ausmachten,1257 ist sicherlich nicht nur mit den persönlichen Vorlieben der Hohenzollern,1258 sondern vor allem mit dem Stellenwert der Jagd für die höfische Gesellschaft insgesamt zu erklären. Die Jagd galt im Mittelalter als die beliebteste standesgemäße Unterhaltungsform des Adels.1259 Darüber hinaus ist von der Forschung immer wieder auch auf ihre rechtlichen und sozialen Funktionen, ihre Herrschaftssymbolik und Bedeutung für die adelige Mentalität hingewiesen worden.1260 Die Jagd auf Hochwild war exklusives Vorrecht des Adels, da sie nicht zuletzt für diesen Stand gleich mehrere Funktionen übernahm. Sie gehörte zum adeligen Erziehungskanon, da sie als Übung und Ersatzhandlung für den Krieg galt. Hier konnte der Adelige sich in der Waffenführung schulen und den Körper trainieren. Aber auch ethische Funktionen für die Ausbildung des Adeligen wurden der Jagd zugeschrieben, sie sollte seinen Charakter festigen und ihn gleichzeitig von Lastern und unehrenhaften Vergnügungen abhalten.1261 Als „Kunst des Adels“1262 sollte sie deshalb auch nur vom Adel ausgeübt werden, und auf die Einhaltung dieses Standesvorrechts wurde zumeist auch streng geachtet. Häufig kam es deshalb zu Konflikten der Fürsten mit den nicht-adeligen Ständen ihrer Territorien. Solche Auseinandersetzungen waren auch insofern häufig, da das Jagdrecht auch schlicht ein Herrschaftsrecht darstellte.1263 Die Bauern und andere in einem herrschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis stehende Bevölkerungsgruppen waren verpflichtet, dem Herrn bei der Jagd zur Verfügung zu stehen, die Jagdgesellschaft zu beherbergen und zu verpflegen. Welche große finanzielle Belastung diese Verpflichtung darstellen konnte, machen bereits die Kos1257 Uwe Tresp hat jüngst auf ein wissenschaftliches Projekt der Universität Potsdam unter der Leitung von Heinz-Dieter Heimann hingewiesen, das das in Archiven und Editionen erfasste Briefmaterial der brandenburgischen Kurfürsten und Markgrafen aus dem Hause Hohenzollern im 15. Jahrhundert systematisch erfasst. Von dem ausgewerteten Material befassen sich allein 98 Briefe mit dem Thema Jagd, das damit sogar ein beliebteres Thema als das Turnier darstellt, das lediglich in 69 Briefen thematisiert wird, siehe TRESP, Die Kurzweil, S. 265 und auch Fußnote 30. 1258 Ebd., S. 267. 1259 ENDRES, Adelige Lebensformen, S. 80–81. Allgemein zum Thema höfische Jagd siehe DASLER, Grundelemente; RÖSENER, Jagd und Tiere; DERS., Adel und Jagd; SPORER-HEIS, Die Jagd; oder den Sammelband MARTINI, Die Jagd. Die Habilitation Martina Gieses aus dem Jahr 2011, die sich mit dem König als Jäger im Früh- und Hochmittelalter befasst, steht kurz vor der Veröffentlichung, siehe GIESE, Der König. Giese hat zudem eine Reihe von Aufsätzen zur adeligen Jagd veröffentlicht, zum Beispiel GIESE, Kompetitive Aspekte, oder DIES., Die Jagd. 1260 TRESP, Die Kurzweil, S. 273. 1261 DASLER, Grundelemente, S. 115; siehe auch TRESP, Die Kurzweil, S. 274. 1262 RÖSENER, Adel und Jagd, S.140. 1263 FRANKE, Jagd, S. 200.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

tenaufstellung des Kloster Heilsbronn1264 bzw. die Klagen des Abts Sebald Bamberger deutlich,1265 der vor allem die Gelage der Söhne Markgraf Albrechts – Friedrich des Älteren und Sigmunds – in der Klosteranlage rügte und in seinen Ausführungen auf die enorm hohen Kosten, die dem Zisterzienserkloster dadurch über die Jahre hinweg entstanden waren, verweist. Schließlich dominierte die Jagd die adelige Lebenswelt und höfische Repräsentation aufgrund ihres Symbolgehalts; Falke und Hund als Jagdattribute wurden zum Kennzeichen von Rittertum und Adel. Wildtiere wurden auf Wappen oder in den Namen von Burgen abgebildet, große, von Fürsten veranstaltete Hofjagden waren dazu angetan, die Größe, den Reichtum und das Ansehen des veranstaltenden Hofes zum Ausdruck zu bringen.1266 Auf Einladungen zu dieser in mehrfacher Hinsicht symbolisch aufgeladenen Unterhaltungsform griffen die Hohenzollern immer wieder gerne zurück, um auch nicht-verwandte Hochadelige an ihren Höfen zu empfangen: So verbrachte Markgraf Albrecht zusammen mit Bischof Wilhelm von Eichstätt beispielsweise einen Jagdaufenthalt an seinem Herrschaftssitz in Schwabach,1267 wo er im Jahr 1473 zudem eine polnische Gesandtschaft König Kasimirs empfing,1268 mit der er sicherlich in einer angenehmen Atmosphäre über die für seine Dynastie so wichtige Eheschließung zwischen seinem Sohn und Prinzessin Sophie von Polen verhandeln wollte. Die Hohenzollern konnten bei ihren Einladungen auf eine Fülle von Residenzen zurückgreifen, die teilweise Spezialfunktionen erfüllten, da sie zum Beispiel ein ergiebiges Jagdrevier bereitstellten oder über große Kampfund Stechbahnen verfügten.1269 Auch das Kloster Heilsbronn bzw. das dortige Burggrafenhaus war ein beliebter Ort der Dynastie, um wichtige Gäste unterzubringen. Da Heilsbronn die Familiengrablege der Hohenzollern war, kamen sie aus Anlass des Gedenkens verstorbener Burg- und Markgrafen häufiger mit einem zum Teil aus 300 bis 400 Personen bestehenden Gefolge in das Kloster. Unter diesem Gefolge waren häufig hochrangige Geistliche, die als Gäste der Dynastie für einige Zeit im komfortablen Burggrafenhaus und das sie begleitende Gesinde in einem nahe gelegenen Wirtshaus untergebracht wurden.1270 Auch wenn die Kirche der nicht zum unmittelbaren Nahrungserwerb dienenden adeligen Jagdkultur äußerst kritisch gegenüberstand und die Jagd von Klerikern strikt ab1264 1265 1266 1267 1268 1269 1270

MUCK, Beiträge, S. 102. VON STILLFRIED, Kloster Heilsbronn, S. 241–305. TRESP, Die Kurzweil, S. 275–276. PC 1, Nr. 271, S. 290. Ebd., Nr. 150, S. 176–177, oder Nr. 805, S. 512 (im Jahr 1474). Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 4. MUCK, Beiträge, S. 60.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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lehnte,1271 sah die soziale Praxis häufig anders aus. Der in der Regel dem Hochadel angehörende hohe Klerus sah die Jagd durchaus als selbstverständlichen Teil seiner Standesrepräsentation.1272 Auch im Fall der markgräflichen Gäste des Burggrafenhauses sind entsprechende Jagdausflüge hochrangiger Kleriker in die wildreiche Umgebung von Heilsbronn durchaus zu verzeichnen. Bemerkenswert ist auch, dass Albrecht bei seiner Huldigungsreise als Kurfürst in die Mark Brandenburg ebenfalls ausgiebige Jagden in dem neuen Territorium einplante und zu diesem Zweck Jäger, Falkner und Hunde in seinem Gefolge aus Franken mit sich führte.1273 In einem Brief vom 14. September 1471 bat der Kurfürst seinen Sohn Johann, Auskunft über die Wildverhältnisse im neuen Territorium zu geben,1274 und auch sonst gehörten Jagdangelegenheiten immer wieder zu dem Themenspektrum seiner Briefe.1275 Der mit einem Gefolge von 300 Pferden reisende Albrecht,1276 unter dem sich viele fränkische Adelige befanden, nutzte die Reise möglicherweise auch zur „räumlichen Besitzergreifung seines Territoriums“,1277 konnte aber außerdem zu der märkischen Ritterschaft, die ihm in Berlin „glänzend“1278 gehuldigt hatte, durch das gemeinsame Jagdvergnügen mit den fränkischen Niederadeligen einen ersten intensiven Kontakt herstellen. Auch eine Erwiderung der „täglichen Freundschaftserbietungen durch die Herzöge von Braunschweig und Mecklenburg und den Erzb. v. Magdeburg“1279 auf dieser Huldigungsreise durch die Mark Brandenburg durch einige Gegeneinladungen zur höfischen Jagd ist denkbar. Sogar ehemalige Konkurrenten und erklärte Gegner Albrechts wie der Würzburger Bischof Rudolf II. von Scherenberg gehörten zu seinen Jagdgästen, diesmal auf der Cadolzburg. Der Bischof, der immer wieder wegen der Vorherrschaft in Franken mit dem Markgrafen in Konflikt geraten war und in den kriegerischen Auseinandersetzungen von 1459 bis 1463 zu den Verbündeten Herzog Ludwigs von Bayern-Landshut gehört hatte, hielt sich für vier Tage in dieser hohenzollerischen Residenz auf und „[…] hot alle tage mit der margraven getanzt […].“1280 Überdies waren Herzog Ludwig 1271 1272 1273 1274 1275 1276 1277 1278 1279 1280

WOLTER-VON DEM KNESEBECK, Aspekte, S. 523. Ebd. PC 1, Nr. 222, S. 276. Ebd. Zum Beispiel am 9. November des Jahres, siehe ebd., Nr. 247, S. 289–290, oder am 12. Dezember, siehe ebd., Nr. 258, S. 296. Ebd., Nr. 221, S. 274–276, hier S. 275. TRESP, Die Kurzweil, S. 278. PC 1, Nr. 247, S. 289–290, hier S. 290. Ebd., Nr. 259, S. 296. PC 2, Nr. 322, S. 323–324, hier S. 323.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

selbst bzw. Mitglieder seiner Familien als Gäste am markgräflichen Hof in entspannteren Phasen der Beziehung beider Reichsfürsten zu finden, ein deutliches Zeichen, wie man versuchte, die persönliche Einladung als Mittel der Beziehungspflege zu nutzen. Politische Absprachen und die Vertiefung von Beziehungen waren nicht nur im Fall verwandter Standesgenossen oder sonstiger Ranggleicher durch eine persönliche Einladung an den Hof möglich, gerade das Reichsoberhaupt wurde von Friedrich I. und seinen beiden Söhnen besonders gerne zur Jagd in das fränkische Territorium eingeladen. So beherbergte Friedrich I. König Sigismund im Gästehaus des Klosters Heilsbronn, das über eine großzügige Ausstattung sowohl in Bezug auf Räumlichkeiten als auch mit klösterlichem Dienstpersonal verfügte,1281 um mit diesem in den umliegenden Wäldern zu jagen.1282 Weitere regelmäßige Aufenthalte des Reichsoberhaupts im Burggrafenhaus beispielsweise von Kaiser Friedrich III. als Gast Markgraf Albrechts, bei denen auch Kurfürst Friedrich II. dazustieß, lassen sich in der Folgezeit feststellen.1283 Auch an den anderen markgräflichen Höfen und Residenzen boten sich adäquate Möglichkeiten für die Unterbringung hochrangiger Personen. Die Nürnberger Jahrbücher bis 1499 berichten ausführlich von dem Aufenthalt Kaiser Friedrichs III. auf der Cadolzburg am 11. September 1471. Hier habe der Kaiser übernachtet und „[…] mit der marggrafin und im marggrave Albrecht ein rayen vor getanzt.“1284 Man kann mit einiger Sicherheit annehmen, dass den Hohenzollern die Möglichkeiten und Chancen dieser persönlichen Treffen mit dem König bzw. Kaiser in einer von standesgemäßen Vergnügungen geprägten Atmosphäre sehr bewusst gewesen sind. Hier wurde es möglich, die Beziehungen zum Reichsoberhaupt zu pflegen oder gegebenenfalls auch wieder zu verbessern. Hier konnte man aber auch ganz konkret auf politische Entscheidungen Einfluss nehmen, da an den eigenen Höfen die Konkurrenz der anderen Großen weitestgehend ausgeschaltet und der Weg zum Ohr des Herrschers1285 nun sehr viel leichter zu erreichen war. Auffällig ist auf jeden Fall, wie vehement sich der Markgraf dafür einsetzte, dass der Kaiser bei seinen Besuchen in Franken bei den Hohenzollern Station machte.1286 Dass der persönliche Besuch auch als Chance genutzt wurde, schlechte Beziehungen wieder zu verbessern, zeigt ein letztes Bei1281 1282 1283 1284

SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 591. MUCK, Beiträge, S. 98. Ebd., S. 99. VON KERN, Tucher'sche Fortsetzung der Jahrbücher, S. 518. Weiteres Beispiel für einen Jagdaufenthalt des Kaisers: ebd., S. 466. 1285 ALTHOFF, Spielregeln, S. 185–198. 1286 SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 590.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

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spiel aus dem Oktober des Jahres 1485. Friedrich III. war zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg zum Bamberger Bischof, als Kurfürst Albrecht seinem Sohn Friedrich dem Älteren die Anweisung gab, dafür zu sorgen, dass der Kaiser unbedingt im markgräflichen Schloss in Baiersdorf übernachten solle und keinesfalls auf Bamberger Territorium im benachbarten Forchheim.1287 Das gesamte Jahr 1485 war zuvor von den Versuchen des Kurfürsten geprägt gewesen, in der Gunst des Kaisers verlorenen Boden gegenüber den Wittelsbachern wiedergutzumachen, er hatte dabei jedoch das genaue Gegenteil erreicht. Zu einem Tag in Würzburg wurde Albrecht von Friedrich III. nicht eingeladen, obwohl an seinen Widersacher, Herzog Georg von Bayern-Landshut, sehr wohl eine Einladung ergangen war.1288 In dieser Zeit der abgekühlten Beziehungen war es dem Kurfürsten also umso wichtiger, das Reichsoberhaupt nun an seinem Hof zu empfangen und ohne seine hochadeligen Konkurrenten das Verhältnis zu Friedrich III. wieder zu verbessern. Geschenke und Gabentausch In einem engen Zusammenhang mit dem Thema der Jagd steht eine andere Praxis, „die als symbolische Repräsentation von Herrschaftsrechten angesehen“,1289 aber auch als ein Mittel der horizontalen Netzwerkpflege klassifiziert werden kann. Wie viele Standesgenossen ihrer Zeit verschenkten auch die Hohenzollern nach erfolgreicher Jagd nicht selten Teile ihres Wildbrets an ausgesuchte Standesgenossen und Bündnispartner, um diesen „[…] lieb und frúntschaft zu beweisen.“1290 Neben diesen Erzeugnissen einer erfolgreichen Jagd wurde auch jede Form von Jagdutensilien, seien es entsprechende Waffen wie Armbrüste oder Bögen, seien es zur Jagd besonders geeignete Pferde, Jagdhunde oder Falken, verschenkt.1291 Die Bedeutung von Geschenken und Gaben für die Gesellschaft des Mittelalters und hier insbesondere für den Adel ist von der historischen und soziologischen Forschung seit längerer Zeit Mittelpunkt verschiedener Überlegungen gewesen.1292 Von besonderem Interesse waren dabei stets die Funktionen 1287 1288 1289 1290 1291

PC 3, Nr. 472, S. 501 mit Anmerkung 1. STAUBER, Herzog Georg, S. 297. TRESP, Die Kurzweil, S. 279. STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 349, S. 233–234, hier S. 234. Zur Bedeutung bestimmter Tiere im adeligen Kontext siehe TEUSCHER, Hunde und RÖSENER, Jagd und Tiere. 1292 MAUSS, Die Gabe; GODELIER, Das Rätsel, vor allem S. 20–26; EWERT/HIRSCHBIEGEL, Gabe; EHM, Der reisende Hof. Zur Rolle von Geschenken in der höfischen Gesellschaft des Mittelalters siehe zum Beispiel HIRSCHBIEGEL, Étrennes; DRESSEL/HOPF, Von Ge-

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

von Geschenken und Gabentausch und vor allem die Frage, warum sich Gruppen und Individuen überhaupt verpflichtet fühlen, stets dasselbe zu geben bzw. ein entsprechendes Äquivalent, für das, was sie bekommen haben.1293 Betrachtet man den hoch- und spätmittelalterlichen Wertediskurs zum Thema ‚Schenken‘, so zeigt sich, dass die largesse im Mittelpunkt der Überlegungen steht.1294 Als zentrale höfische Tugendvorstellung dient sie in der zeitgenössischen sozialen Praxis der Integration und Herrschaftsabsicherung; Geschenke als Ausdruck von Huld machten der Hofgesellschaft die Wertschätzung bestimmter Personen und den Gunstverlust anderer in der Öffentlichkeit deutlich.1295 Dadurch trugen die Gaben auch zur Aufrechterhaltung und Sichtbarmachung der sozialen Ordnung bei. Der Wert und die Bedeutung von Geschenken waren zum Teil so stark differenziert, dass die Auswahl eines Geschenks einen empfindlichen Indikator für die genaue Höhe der Wertschätzung und des Ansehens einer Person und damit auch gleichzeitig für den Zustand der Beziehungen zwischen Schenkendem und Beschenktem darstellen konnte.1296 Schließlich waren Geschenke ebenfalls dazu angetan, den Rang und das Ansehen des Schenkenden in der höfischen Öffentlichkeit in Szene zu setzen, und dienten somit als Symbole der fürstlichen Repräsentation. Diese drei Aspekte des Geschenk- und Gabentauschs – die Auszeichnung bestimmter Personen, der Verpflichtungscharakter bzw. die Bedeutung für die sozialen Beziehungen innerhalb der höfischen Gesellschaft und die Bedeutung als Mittel der Ranginszenierung – lassen sich auch in der Geschenkpraxis der Hohenzollern wiederfinden, wobei in den nachfolgenden kurzen Ausführungen die Bedeutung für die persönlichen Beziehungen zwischen Schenkenden und Beschenkten im Vordergrund stehen soll. Der Austausch von Geschenken erfolgte bei den Hohenzollern wie bei anderen Standesgenossen auch bevorzugt im Kreis der engeren und weiteren Familie. Durch das Schenken wertvoller und begehrter Tiere, deren Wert sich durch ihre Spezialisierung oder besondere Ausbildung für die Jagd ergab,1297 wurden die Beziehungen zwischen den teilweise an entfernten Höfen lebenden Verwandten gepflegt. Besonders begehrt waren Bärenhunde bzw. Windhunde, die zur Hasenjagd eingesetzt werden konnten, und die verschiedenen Sorten von Jagdfalken, die sich für die Beizjagd

1293 1294 1295 1296 1297

schenken; MÜLLER-OBERHÄUSER, Das Buch, vor allem S. 121–128 und auch ALTHOFF, Spielregeln, S. 215–216. GODELIER, Das Rätsel, S. 20. MÜLLER-OBERHÄUSER, Das Buch, S. 123–124. ALTHOFF, Spielregeln, S. 215. Ebd., S. 216. TRESP, Die Kurzweil, S. 279–280.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

245

eigneten. Kurfürstin Anna, die selbst eine passionierte Jägerin war,1298 schickte beispielsweise an ihren Schwiegersohn Graf Eberhard von Württemberg im Oktober 1472 vier Windhunde, „zwen euch und zwen unnser tochter“, mit dem aufrichtigen Hinweis, dass wenn„[…] ir [ebenso] vil freud dovon hettend, alls wir von in entpfangen haben, wern wir erfreut.“1299 Als Gegenleistung erhoffte sich Eberhards Schwiegermutter, dass der Graf ihren Gemahl und sie selbst „mit einem guten laithund, vier jaghunden und vier hetzhunden zu den hirßen“ versehe, da am ansbachischen Hof ein akuter Mangel an diesen Tieren zu verzeichnen sei.1300 Eberhard von Württemberg bedankte sich im darauffolgenden Jahr bei seinem Schwiegervater für den „Müsserhabich, so uwer lieb mir geschickt“, besonders da dieser – laut der Aussage Markgraf Albrechts – schnell den Hühnern nachfliege. Graf Eberhards Ehefrau, Gräfin Elisabeth, habe nämlich eine Lust auf Feldhühner geäußert, so der Württemberger weiter, und deshalb „[…] mein ich, ich wöll ir lieb durch min arbeit mit solchem habich solichs irs lusts ergetzen.“1301 Der Hinweis auf den liebevollen Plan, seiner Ehefrau einen besonderen Essenswunsch zu erfüllen, war hierbei möglicherweise ein Versuch, die Beziehung zu seinem Schwiegervater zu verbessern. Denn das Verhältnis zwischen den Eheleuten galt als nicht sonderlich gut und war immer wieder Anlass für Diskussionen in der Familie des Markgrafen.1302 Da besonders die Beizjagd mit Falken in der höfischen Gesellschaft des Mittelalters hoch angesehen war, spielten Falken innerhalb des höfischen Geschenkverkehrs insgesamt eine große Rolle.1303 Entsprechend häufig waren die Bitten um solche Vögel an die zollerischen Markgrafen, wobei besonders deutlich wird, dass beschenkte Personen in der besonderen Gunst des Schenkenden standen.1304 Deshalb überrascht es kaum, dass sich viele Belege für das Verschenken und Verleihen kostbarer Tiere in der Korrespondenz zwischen Ulrich V. von Württemberg und Markgraf Albrecht finden, da beide in einer sehr engen Beziehung zueinander standen. Bereits im April 1464 verzichtete der Graf großzügig auf vier ihm von Albrecht zugesagte Windhunde, da ihm berichtet worden sei, dass sie der Markgräfin gehörten und diese ihre Freude an ihnen habe.1305 Er wolle 1298 1299 1300 1301 1302 1303 1304

SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 590. STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 143, S. 102–103, hier S. 103. Ebd. Ebd., Nr. 156, S. 112. NOLTE, Familie, S. 214. TRESP, Die Kurzweil, S. 281. Weitere Beispiele für entsprechenden Geschenkverkehr bei den Hohenzollern ebd., S. 281– 284. 1305 STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 81, S. 61–62, hier S. 61.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

Albrecht jedoch Waidmannswerk schenken, das er für eine erfolgreiche Jagd brauchen könne. Der Ton, der immer wieder ihre Briefe prägte, zeigt die vertrauensvolle Beziehung der beiden Adeligen, die sich häufig auch in ironischem Spott äußerte: Im Oktober 1466 bemerkte Ulrich, dass er bereits lange auf eine versprochene Armbrust des Markgrafen warte, aber „[…] ich mein, ir haben es underwegen gelassen, mir das zú schicken darúmb, das ich kein aventúr gewynnen soll, damit ir den bracht allein behalten.“1306 Das ungeschriebene Gesetz, dass jede Gabe auch einer Gegengabe bedurfte, macht ein früherer Brief des Grafen deutlich, in dem er am 2. Juni 1465 Folgendes formulierte: „Ouch, lieber herr und sweher, mein ich, üwer lieb wol gewert haben mit gGten hunden, so ich uch geschickt, inmaßen ich mit üwer lieb geredt han: ich sihe aber noch kein falbes pferdlin.“1307

Ausschlaggebend für diese direkte Einforderung einer Gegengabe war sicherlich die besondere Wertschätzung Markgraf Albrechts durch den Württemberger. Aber das Beispiel kann auch zeigen, dass der vormoderne Gabentausch tatsächlich als eine Tauschrelation verstanden wurde, bei der jede Gabe eine Gegengabe erforderte. Innerhalb der Familie wurden auch andere Dinge verschenkt oder erbeten, die von ganz unterschiedlichem materiellen und symbolischen Wert waren und auch unterschiedliche Funktionen erfüllen sollten. Einen durchaus hohen Wert hatten gewiss solche Gegenstände, die eigenhändig für den Beschenkten hergestellt worden waren, hierin kam eine besonders tiefe Verbundenheit anschaulich zum Ausdruck, wie das Kurfürstin Anna in einem Brief an ihren Bruder ausdrücklich auch formulierte.1308 Neben dem Aspekt der besonderen Verbundenheit erfüllten selbst hergestellte, aber auch persönlich gebrauchte Gegenstände zudem eine zweite Funktion: Sie vergegenwärtigten den Abwesenden. Dies wird am Beispiel Ursulas von Münsterberg, der Tochter Markgraf Albrechts, sehr deutlich. So schenkte Albrecht seiner Lieblingstochter im Jahr 1480 ein Stück vom heiligen Kreuz, das nicht nur sein Vater auf dem Konstanzer Konzil erworben hatte, sondern er selbst jahrelang an einer Kette um den Hals getragen

1306 Ebd., Nr. 103, S. 76. 1307 Ebd., Nr. 97, S. 73. 1308 Kurfürstin Anna schickte ihrem Bruder Herzog Albrecht von Sachsen am 30. April 1470 „[…] ausz angeborner swesterlicher treu […] ein padhemd, gutlich pittend, ir wollet das von uns zu gut uffnemen, das von unsern wegen uff den somer trage unnd unser dapey auch gedencken […]“, siehe STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 127, S. 93.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

247

hatte.1309 Die Reliquie war also nicht nur aus religiösen Gründen wertvoll, sondern erhielt ihre Bedeutung auch durch familiäre Zuschreibungen. Da die Tochter in einem früheren Brief ihrem Vater bittere Vorwürfe gemacht hatte, sie durch die Verheiratung mit Heinrich von Münsterberg ins Elend gegeben zu haben, und Albrecht vehement versuchte, diese Vorwürfe zu widerlegen, kann das Geschenk der ‚Familienreliquie‘ möglicherweise auch als ein Versuch angesehen werden, bei seiner Tochter wieder präsenter zu werden. Auch die mittelalterliche Literatur kannte solche mit Präsenzmagie erfüllten Geschenke. So unterbreitete ein Fürstenspiegel König Artus im Prosalancelot den Rat, den Reichen schöne, am besten von ihm selbst gebrauchte Dinge zu schenken, wie etwa ein Pferd, das er über einen längeren Zeitraum geritten habe. Auf diese Weise könne der Beschenkte behaupten, dass er eine wahrlich persönliche Gabe erhalten habe.1310 Unter gänzlich anderem Gesichtspunkt ist dagegen die Bitte Dorotheas von Mecklenburg an ihren Bruder Albrecht vom 5. Januar 1467 zu sehen, ihr eine goldene Kutsche zu schenken, da sie für das Turnier in der Mark keinen solchen Wagen zur Verfügung habe.1311 Die Herzogin fürchtete ganz offensichtlich, als ranghohe Fürstin nicht standesgemäß auftreten zu können, was natürlich in gewisser Weise auch auf das Ansehen der Hohenzollern zurückwirken konnte. Für die Frage nach den Bündnis- und Vernetzungsstrategien der Hohenzollern erscheint der Geschenkaustausch zwischen den Hohenzollern und nicht-verwandten Fürstenfamilien noch interessanter zu sein: In diesem Zusammenhang besonders bemerkenswert ist der rege Briefkontakt zwischen Georg von Bayern-Landshut und Markgraf Friedrich dem Älteren, dem Sohn Kurfürst Albrechts. Nachdem die längste Phase der Regierungszeit Albrechts von schweren Konflikten zwischen den Hohenzollern und den Wittelsbacher Herzögen geprägt gewesen war, kam es, wie gezeigt, zu einer ersten Annäherung der beiden Dynastien im Rahmen der Landshuter Hochzeit im Jahr 1475. Weitere Annäherungsversuche folgten nach dem Regierungsantritt Herzog Georgs 1479, die jedoch bereits bald wieder einer eher von Misstrauen geprägten Atmosphäre zu weichen begannen.1312 In dieser Zeitspanne bis ungefähr 1485 schenkte der bayerische Herzog der markgräflichen Familie, insbesondere Friedrich dem Älteren, 1309 Ebd., Nr. 315, S. 213–215. 1310 „Den herren die silber gnug haben soltu cleyder geben und zeltende pferde, und die pferd soltu ymmer zu allererst riten selber ein wochen oder zwo, und dann soltus im geben: so sprichet man, ware er komet, das im sin herre der konig sin zeltende pferd hab gegeben das erselb reyt.“ Siehe KLUGE, Prosalancelot, S. 666, 22–27. Für diesen Hinweis danke ich Frau Dr. Christiane Witthöft. 1311 STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 104, S. 76–77. 1312 STAUBER, Herzog Georg, S. 499–500.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

mehrmals für Ritterspiel und Turnier ausgebildete Pferde.1313 Beide Fürsten tauschten sich zudem intensiv über verschiedene Gesellenstechen aus.1314 Die Geschenkpraxis der beiden Familien in dieser Zeit kann also als Indikator für die verbesserten Beziehungen fungieren, zeigt damit aber gleichzeitig eine weitere Möglichkeit, auf Beziehungen zu Standesgenossen Einfluss zu nehmen. Herzog Albrecht IV. von Bayern-München, zu dem die Hohenzollern im Gegensatz zu seinen Landshuter Verwandten in einem sehr viel besseren Verhältnis standen, erhielt im April des Jahres 1484 ein Rennpferd, da Albrecht IV. ein solches bei Markgraf Friedrich dem Jüngeren bewundert hatte.1315 Immer wieder lassen sich die Bemühungen der Hohenzollern um die Münchner Linie der Wittelsbacher feststellen: Bereits 1456 war Siegmund von Bayern-München mit Markgräfin Margarethe, der Tochter Kurfürst Friedrichs II., verlobt worden, wobei die Eheverbindung jedoch 1465 an den zu hohen Mitgiftforderungen des Herzogs scheiterten.1316 Die Verbindung Siegmunds zu den Hohenzollern war noch kurze Zeit zuvor zusätzlich verstärkt worden, indem dieser und seine Schwester, Herzogin Elisabeth, als Mitglieder des höfischen Ordens der Dynastie gewonnen werden konnten.1317 Im Jahr 1472 schließlich hatte Markgraf Albrecht versucht, mit Albrecht IV. von Bayern-München ein Bündnis zu schließen,1318 wodurch die Phalanx der bayerischen Herzöge für die Hohenzollern strategisch Risse bekommen sollte. Nur kurze Zeit nach dem Bündnisschluss erwies sich der Herzog schon als zuverlässiger Vertrauter gegen Herzog Ludwig von Bayern-Landshut, denn am 1. September des Jahres meldeten die markgräflichen Räte Ludwig von Eyb und Hertnid von Stein, dass der Herzog ihnen die intriganten Pläne Ludwigs bezüglich des Landgerichts Graisbach und des Weißenburger Forstes verraten habe und sie so Ludwig zuvorkommen konnten und den Kaiser auf diese Sache angesprochen hätten.1319 Neben den genannten Beispielen einer solchen Geschenkpraxis der Hohenzollern in Bezug auf die bayerischen Herzöge lassen sich weitere 1313 Siehe zum Beispiel STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 316, S. 215. Im Oktober 1481 wandte sich der Markgraf erneut an den Wittelsbacher, um sich Pferde zu diesem Zweck zu leihen, siehe ebd., Nr. 356, S. 238. 1314 So beispielsweise in einem Brief vom 30. Dezember 1481, siehe ebd., Nr. 357, S. 238–240. 1315 Ebd., Nr. 382, S. 257. 1316 Der Kurfürst berichtete seinem Bruder Albrecht am 20. Januar 1465 davon, siehe GStAB, BPH, Rep. 26 VIa 8, fol. 5. 1317 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 68. 1318 PC 1, Nr. 479, S. 451–452. Am 9. August 1473 schloss sich Markgraf Johann als Regent der Mark Brandenburg an, siehe ebd., Nr. 650, S. 545. 1319 Ebd., Nr. 671, S. 564–565, hier S. 565.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

249

auch für andere Reichsfürsten anführen, mit denen die Dynastie weitaus weniger problematische Beziehungen unterhielt. Während sich beispielsweise 1458 der Bamberger Bischof Anton von Rotenhan noch einem Abwehrbündnis Herzog Ludwigs, Pfalzgraf Friedrichs des Siegreichen und des Bischofs von Würzburg gegen Markgraf Albrecht angeschlossen hatte,1320 war Philipp von Henneberg-Römhild im Jahr 1475 erst durch die Mithilfe Markgraf Albrechts Bischof von Bamberg geworden. Auch wenn dies natürlich bereits ausreichend Anlass für ein gutes Einvernehmen bot, wurden die guten Beziehungen auch durch regelmäßige Geschenke gepflegt: Im Januar des Jahres 1476 ließ der Markgraf dem Bischof zwei Falken zukommen, auf die auch andere Fürsten bereits ein Auge geworfen hatten.1321 Aufnahme von Kindern an die markgräflichen Höfe und die Überantwortung der eigenen Kinder an andere Fürstenfamilien Auf eine besondere Form der Vernetzung zwischen verwandten adeligen Haushalten hat schließlich Cordula Nolte in Bezug auf die Hohenzollern unlängst hingewiesen: „Mit der Überantwortung bzw. Aufnahme von Kindern als Unterpfändern der ‚Freundschaft‘ bewies man Solidarität und stärkte den Familienzusammenhalt.“1322 Eine weit verbreitete Praxis bestand darin, fürstliche Kinder im Rahmen von Eheanbahnungen an die Höfe des zukünftigen Ehemanns oder der Ehefrau zu geben. Hintergrund dieser Praxis war das Ziel, dass diese etwas über die Sitten und das Leben an dem Hof, der bald ihr Lebensmittelpunkt werden würde, erfahren oder teilweise auch die Sprache des potenziellen Ehepartners erlernen sollten. Im Falle Markgraf Friedrichs II. ist dieser Grund für seinen Aufenthalt am polnischen Hof im Zusammenhang mit seiner Verlobung mit Prinzessin Hedwig am 8. April 1421 in Krakau deutlich nachzuvollziehen.1323 Da der achtjährige Bräutigam noch nicht im ehemündigen Alter war,1324 blieb viel Zeit für eine Eingewöhnung in die Gepflogenheiten des Krakauer Hofes, möglicherweise sollte gleichzeitig auch die Verbindlichkeit der Verlobung

1320 1321 1322 1323 1324

WEIß, Franken, S. 437. STEINHAUSEN, Deutsche Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 222, S. 156. NOLTE, Familie, S. 190. CDB II, 3, Nr. 1393, S. 396–399. Die Kirche hatte es für männliche Personen auf vierzehn und für die Braut auf zwölf Jahre festgesetzt, siehe SPIEß, Familie und Verwandtschaft, S. 114. Zum Zeitpunkt der Verlobung war Hedwig im Alter von dreizehn zwar ehemündig, aber Friedrich hätte mindestens noch sechs Jahre warten müssen und blieb insgesamt sogar zehn Jahre am polnischen Hof.

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3. Vernetzung als Mittel der Etablierung

verstärkt werden, da erst das Ehegelöbnis der Brautleute im Rahmen der Hochzeitszeremonie bindend war.1325 In einem anderen Zusammenhang ist das Überantworten der eigenen Kinder an verwandte Höfe bzw. die entsprechende Aufnahme an den eigenen Hof zu sehen. Die Gründe hierfür waren vielfältig und konnten von Kinderreichtum mit damit einhergehenden Versorgungsproblemen über das gegensätzliche Problem der Kinder- und Erbenlosigkeit bis zu dem Wunsch reichen, das Band zu verschwägerten Familien zu verstärken.1326 Für die Zeit der drei ersten Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern sind insgesamt lediglich drei Fälle dieser Art zu nennen, denn die bereits geschilderten Episoden der Markgrafen Friedrich II. und Albrecht können, wenn man sie noch anders deuten möchte, höchstens als Teil einer Ausbildung als Fürstensöhne bewertet werden,1327 da die ‚Aufnahmefamilien‘ gar nicht oder nur sehr weitläufig mit den Hohenzollern verwandt waren.1328 Dagegen stellte der Aufenthalt des achtjährigen Gianfrancesco Gonzaga, des Sohns Markgraf Ludovicos Gonzaga von Mantua, der mit Markgräfin Barbara von Hohenzollern verheiratet war, einen Versuch der engeren Vernetzung zwischen zwei Dynastien dar, wobei weitere Gründe für den Aufenthalt eine Rolle spielten.1329 Gianfrancesco wurde im Jahr 1455 zunächst zu seinen Großeltern, Markgraf Johann dem Alchimisten und Markgräfin Barbara, auf die Plassenburg geschickt und blieb dann – nach dem Rücktritt des Markgrafen – von 1458 bis 1459 am Ansbacher Hof Albrechts Achilles.1330 Zusätzlich trat der Herzog von Mantua ebenfalls der Gesellschaft Unserer Lieben Frau bei.1331 Markgraf Albrecht gab 1467 wiederum seinen zwölfjährigen Sohn Johann an den kurfürstlichen Hof seines Bruders Friedrich II., nachdem Johann bereits im Alter von sieben Jahren von seinem Onkel gebeten worden war, an den Berliner Hof zu kommen.1332 Der Kurfürst, dessen eigener Sohn bereits verstorben war, sah in Johann wahrscheinlich den zukünftigen Erben der Mark, der das Territorium und die dortige Hauptresidenz der Hohenzollern kennenler-

1325 SPIEß, Familie und Verwandtschaft, S. 115. 1326 NOLTE, Familie, S. 193. 1327 Siehe zu diesem Thema beispielsweise PARAVICINI, Zur Einführung; MERSIOWSKY, Adlige Sozialisation; oder HEROLD, Der Aufenthalt. 1328 König Sigismund war insofern mit Friedrich I. verwandt, als dass seine Schwester Margaretha mit Friedrichs Bruder Johann verheiratet war. Diese war jedoch bereits 1410, ohne Kinder zu hinterlassen, gestorben. 1329 HEROLD, Der Aufenthalt. 1330 NOLTE, Familie, S. 190. 1331 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 179. 1332 Markgraf Johann unterrichtete seinen Vater von dieser Anfrage, siehe CDB III, 2, Nr. 33, S. 28.

3.2 Ideelle Mitgliedschaften und Hofkultur

251

nen und in die Lage versetzt werden sollte, die Regierungsgeschäfte in nicht allzu ferner Zukunft zu übernehmen.1333 Hier sollte Johann nicht „als ein furst, Sunder als ewer diner vnnd als ein knab, den jr vns zu lieb als ewern frund ertziehen wolt“,1334 wie Albrecht seinen Bruder Friedrich II. unterrichtete, Aufnahme finden. Im Jahr 1480 schließlich nahm Albrecht seinen gleichnamigen Enkelsohn, den Sohn Ursulas und Herzog Heinrichs I. von Münsterberg, vielleicht auch dessen Bruder Georg an seinem Hof auf.1335 Durch die unterschiedlichen kulturellen Vernetzungsstrategien und ideellen Mitgliedschaften konnten es die Hohenzollern also erreichen, wichtige Bündnispartner in weiten Teilen des Reiches zu rekrutieren, die in konkreten Konfliktsituationen, aber auch bei den täglichen Bemühungen der aufgestiegenen Dynastie, den neuen Rang unter den Standesgenossen zu demonstrieren und im besten Falle noch weiter auszubauen, von großem Nutzen waren. Genau wie die vertraglichen Formen der Bündnispolitik hatten die Hohenzollern zudem Vertraute an wichtigen Stellen, wie zum Beispiel an den Höfen anderer Reichsfürsten oder in den Gerichten ihrer direkten Konkurrenten. Auffällig sind die Unterschiede bei den Mitteln der Vernetzung, aber auch bei den Strategien, die zur horizontalen und vertikalen Vernetzung gleichermaßen geeignet waren. Die Gesellschaft Unserer Lieben Frau legt davon beredtes Zeugnis ab, hat sich doch hier gezeigt, dass die Vernetzung mit dem Hochadel auf eine andere Weise funktionierte als die mit dem Niederadel. Für die Kurfürsten war die Mitgliedschaft der Standesgenossen aus Prestigegründen von Bedeutung und eine Möglichkeit, die besondere Verbundenheit zu diesen auszudrücken. Der standesungleiche Niederadel hingegen konnte als Verbündeter in kriegerischen Auseinandersetzungen oder schlicht zur Unterstützung landesherrlicher Interessen gewonnen werden.

1333 NOLTE, Familie, S. 191. Dies seien auch die Intentionen Markgraf Albrechts gewesen, siehe ebd., Fußnote 251. Außerdem erklärte Kurfürst Friedrich II. gegenüber König Matthias von Ungarn 1468, dass er keine wichtigen politischen Bündnisse mehr eingehen würde, da er alles seinem Nachfolger, seinem Bruder Albrecht und dessen Söhnen überlassen wolle, siehe CDB III, 1, Nr. 360, S. 507–509, hier S. 507. 1334 CDB III, 1, Nr. 356, S. 503–504, hier S. 504. 1335 NOLTE, Familie, S. 191 und auch Fußnote 252.

4. Nähe und Distanz(-ierung) 4. Nähe und Distanz(-ierung)

Bis mindestens 1470 wurde das Reich in der Wahrnehmung seiner Einwohner schlicht mit dem König gleichgesetzt, erst langsam begann man es auch als eine von diesem unabhängige Instanz, gebildet aus Kurfürsten und Fürsten, denken zu können. Für seine Herrschaftsstrukturen war ein Dualismus zwischen König und Reichsfürsten charakteristisch, denn die Abgesandten der Freien und der Reichsstädte spielten während der gesamten Dauer des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation lediglich eine marginale Rolle.1336 In diesem Sinne kann die Betrachtung des spezifischen Verhältnisses des Reichsoberhaupts zu seinen Fürsten Erkenntnisse über die Funktionsweise vormoderner politischer Strukturen und Einsichten in eine soziale Ordnung mit nur rudimentär ausgeprägten staatlichen Institutionen liefern. König und (Kur-)Fürsten dürfen jedoch keinesfalls ausschließlich als antagonistische Kräfte der mittelalterlichen Reichsverfassung verstanden werden, vielmehr waren sie auf vielfältige Weise existenziell aufeinander angewiesen: „König und Fürsten (diese hier zunächst im weiten Sinn einschließlich der Kurfürsten einerseits und der nicht reichsfürstlichen Fürsten andererseits verstanden) benötigen einander als natürliche und selbstverständliche Hauptpartner im Reich […] allein schon zur Pflege des eigenen aristokratischen Habitus, da nun einmal entsprechende verbindende Verhaltensregeln wohl seit der Karolingerzeit ererbt und durch lange Gewohnheit unstreitig geworden waren.“1337

Während der König an seinem täglichen Hof oder auf den von ihm einberufenen Hoftagen die Fürsten zum Nachweis seiner herrscherlichen Existenz benötigte,1338 förderte die Nähe zu diesem wiederum auch das Ansehen der Fürsten, da sie als eine Auszeichnung aufgefasst wurde und insbesondere in der Übertragung von Lehnsbesitz zum Ausdruck kam.1339 Im

1336 1337 1337 1338 1339

MORAW, Hoftag, S. 7. MORAW, Fürsten, S. 20. MORAW, Hoftag, S. 7. Ebd. KAMP, Adeligsein, S. 101.

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gesamten Mittelalter und bis in die Neuzeit1340 war die Belehnung durch den König ein Kernelement der fürstlichen Legitimität und Motiv zahlreicher Besuche am Hof.1341 Zudem konnten Dienste für den König – wie gesehen – einerseits für die politische Öffentlichkeit der adeligen Standesgenossen Königsnähe demonstrieren. Andererseits war ein Aufenthalt am Hof häufig nur ein weiterer Anlass für die Vergabe von Ämtern seitens des Reichsoberhauptes, woraus nicht selten eine erneute Inbesitznahme von Lehnsgütern folgte.1342 Neben dem Erhalt von Reichslehen bestand ein anderer Grund für die Fürsten, die Nähe zum König zu suchen, in den königlichen Privilegien, die sich nicht nur finanziell nutzen ließen, sondern gleichzeitig Prestige für die eigene Person und Familie versprachen. Da auch für das Spätmittelalter noch galt, dass sich die Qualität des eigenen Adels erst im Vergleich mit den anderen offenbarte,1343 waren solche Sonderrechte auch immer Ausweis der sozialen Distanzierung. Dies galt in besonderem Maße gegenüber den Nicht-Adeligen, denn wenn „[…] die soziologische Form des Adels zunächst auf seiner scharfen gruppenmäßigen Abgrenzung aufbaut, die das ganze Sein der Persönlichkeit betrifft, – so daß alle einzelnen Unterschiede nur Symbole einer absolut selbstgenügsamen und geschlossenen Seinsart sind – so wird diese Unterschiedlichkeiten gegen alles Nicht-Adelige erst durch die beider Bestimmungen beschrieben: daß der Adel darf, was andere nicht dürfen[,] und daß er nicht darf, was andere dürfen.“1344

Fast immer aber war das Königtum zentraler Bezugspunkt adeligen Verhaltens, wie etwa Karl Schmid in seiner Habilitationsschrift deutlich gemacht hat: Adeliges Geblütsdenken und Herrschaft waren stets auf dieses Vorbild bezogen, das Königtum stellte für den mittelalterlichen Adel die „höchste Verwirklichung des Geblüts“1345 dar.

1340 Zu diesen charakteristischen Zügen des Reiches in der Frühen Neuzeit siehe STOLLBERGRILINGER, Das Reich als Lehnssystem, S. 55–67, oder DIES., Des Kaisers alte Kleider, S. 64–71 und passim. 1341 MORAW, Fürsten, S. 20. 1342 KAMP, Adeligsein, S. 104. 1343 Ebd., S. 101. Für die Gesellschaft des Ancien Régime siehe die Ausführungen bei ELIAS, Höfische Gesellschaft, S. 172–173. Knut Görich konnte vor kurzer Zeit zeigen, dass die aemulatio für die adelige Konkurrenz charakteristisch war, also „die Konkurrenz um den eigenen Rang im Vergleich zu dem der Standesgenossen, die Verpflichtung, sich vor den anderen einen Namen zu machen.“ Siehe GÖRICH, Die „Ehre des Reichs“, S. 52. 1344 SIMMEL, Soziologie, S. 821. 1345 SCHMID, Geblüt, S. 146.

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Wie die Nähe zum König für den Adel also auf vielfache Weise von großer Bedeutung war, spielte das richtige Maß an Distanz zu diesem ganz besonders für denjenigen, der erst durch dessen Gunst in seiner sozialen Stellung erhöht worden war, gleichfalls eine wichtige Rolle. Insgesamt lassen sich recht unterschiedliche Motive ausmachen, die einer Distanzierung gegenüber dem König durch einen zuvor Begünstigten zugrunde liegen konnten: die Notwendigkeit, sich den neuen Anforderungen einer Gruppe zu unterwerfen, sei an dieser Stelle beispielsweise genannt. Ein ‚Neumitglied‘ in einer elitären Gruppe wie der, die das Kurkollegium darstellte, konnte sich besonders wenige ‚Repräsentationsschwächen‘ erlauben. Ganz im Gegenteil musste es zeigen, dass es die neuen Distinktionsanforderungen erfüllen konnte bzw. der Selbstwahrnehmung der anderen Gruppenmitglieder entsprach, da doch der zuverlässige Beweis von Legitimität gemeinhin im sicheren Auftreten liegt.1346 Die „verfassungsmäßig Königsnächsten“,1347 die Kurfürsten, verstanden sich schließlich nicht als dem König in deutlicher Weise untergeordnet, sondern als ‚Säulen‘ bzw. ‚Glieder des Reiches‘ ‚,die zusammen mit dem ‚Kopf‘, also dem Reichsoberhaupt im wahrsten Sinne des Wortes, die Bürden des Reiches zu tragen hatten.“1348 Wollte man in seinem neuen Rang akzeptiert werden, war es außerdem zu vermeiden, nur als eine ‚Kreatur‘ des Königs, als ein einzig durch die Gnade des Herrschers erhöhter Aufsteiger wahrgenommen zu werden. Gerade in einer Gesellschaft, die vom Stellenwert der Ehre so geprägt war wie die des Mittelalters, musste deshalb eine zu devote Unterordnung unter den König von den fürstlichen Standesgenossen mit Verachtung betrachtet werden. Denn auch wenn das Reichsoberhaupt rangmäßig über den Fürsten stand, so waren sich die Mitglieder der Hocharistokratie doch der eigenen Stellung sehr bewusst und zumindest ein Teil dieser Familien hatte entweder bereits einen König gestellt oder sah sich zumindest potenziell in der Lage, dies tun zu können. Als ein weiteres Motiv, sich gegen den König zu stellen, kann aber auch schlicht angeführt werden, dass man die eigenen politischen Interessen zur Not auch gegen den erklärten Willen des Königs durchsetzen können musste, denn genauso wie der König in erster Linie ein Fürst war und blieb, waren die Kur- und Reichsfürsten vor allem Territorialherren mit kleinteiligen Einzelinteressen.1349 Die Interessen von König und Fürsten konnten in dieselbe Richtung zeigen, taten es aber häufig durchaus nicht. Dies muss gerade auch für den Aufstieg in das Kollegium der Kurfürsten 1346 1347 1348 1349

BOURDIEU, Die feinen Unterschiede, S. 393. MORAW, Hoftag, S. 15. SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 440–441. MORAW, Das Reich und die Territorien, S. 201.

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gelten, denn auch wenn König und Kurfürsten häufig gegen dritte Kräfte zusammenhielten,1350 bildeten die Kurfürsten eine eigene ‚Verfassungsinstitution‘ neben dem König oder Kaiser.1351 Verfassungsrechtlich auf der normativen Grundlage der Goldenen Bulle klar gegenüber den anderen Fürsten abgegrenzt, waren die Königswähler in ihrer Stellung zwar in der Nähe des Herrschers positioniert, aber spätestens seit den 1420er Jahren, als sich ein auf einem festen Zusammenhalt gegründetes Kurkollegium entwickelt hatte, trafen die Kurfürsten bedeutungsschwere Entscheidungen – häufig vom Herrscher gebilligt,1352 mitunter aber explizit gegen diesen durchgesetzt. Lange Abwesenheiten vom Reich in der Zeit König Sigismunds oder Friedrichs III. beförderten das selbstständige Agieren der Kurfürsten und führte auch nach der Entmachtung König Wenzels im Jahr 1400 immer wieder zu konkreten Absetzungsplänen im Laufe des Jahrhunderts.1353 Dass der potenzielle Gegensatz zwischen Kurfürsten und Reichsoberhaupt gerade auch für Aufsteiger ins Kurkollegium eine besondere Herausforderung bedeutete, zeigt sehr anschaulich das Beispiel des Wettiners Friedrich des Streitbaren im Jahr 1423. Dieser war von König Sigismund trotz einer ganzen Reihe anderer Bewerber gegen alle Widerstände als sächsischer Kurfürst eingesetzt worden, obgleich einige der Bewerber ebenfalls legitime Gründe für die Übernahme der sächsischen Kur vorweisen konnten.1354 Und obwohl durch Sigismund mit dem Kurfürstentum belehnt, musste Friedrich der Streitbare noch die Aufnahme in das Kurkolleg durch seine Kollegen erreichen.1355 Das Engagement des Wettiners bezüglich der sächsischen Kur fiel jedoch in eine Zeit, als sich der Binger Kurverein zu formieren begann. Erwartungsgemäß wurden für die Auf1350 1351 1352 1353 1354

MORAW, Fürsten, S. 23. MORAW, Hoftag, S. 14. Ebd., S. 15. SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 437–485. Die berechtigtsten Ansprüche auf Sachsen erhob wohl Erich V. von Sachsen-Lauenburg, da die beiden Herzogslinien Wittenberg und Lauenburg 1374 die Erbfolge im Falle des Aussterbens des jeweils anderen Hauses vertraglich vereinbart hatten und König Sigismund 1414 dem Lauenburger alle Rechte bestätigt hatte. Zudem verfügte Herzog Erich über enge Verbindungen zum König. Friedrich I. von Brandenburg beanspruchte das Kurfürstentum ebenfalls für sich, da sein Sohn Johann mit der Nichte des verstorbenen Kurfürsten verheiratet war. Zudem war der Brandenburger von einigen sächsischen Adeligen zur Nachfolge ins Land gerufen worden und dieser Bitte nachgekommen, siehe BUTZ, Ensifer ense potens, S. 380–385. 1355 Das Reichsoberhaupt wandte sich in entsprechenden Schreiben an die Kurfürsten mit der Aufforderung, den Wettiner als Kurkollegen anzuerkennen. Er bat auch explizit den Brandenburger, Friedrich von Sachsen zusammen mit den anderen Kurfürsten als einen Mitkurfürsten anzuerkennen, denn damit täte er ihm einen großen Gefallen, siehe GStA PK BPH Rep. 25.

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nahme in das Kollegium an Friedrich von Meißen bestimmte Forderungen gerichtet, die eindeutig auf die Untergrabung der königlichen Autorität abzielten. Friedrich nahm die durch die Kurfürsten oktroyierten Bedingungen an und verpflichtete sich, vor dem König und den Kurfürsten eine Klärung der strittigen Frage der sächsischen Kurstimme zwischen seinem Haus und den Ansprüchen Sachsen-Lauenburgs binnen eines Jahres zu suchen.1356 Nur das Auseinanderbrechen des Binger Kurvereins im Sommer 1424 führte letztendlich dazu, dass sich der Wettiner wieder dem Reichsoberhaupt zuwendete. 1425 begab sich Friedrich zu König Sigismund und schloss mit diesem ein Bündnis gegen jedermann ab, was einen kompletten Rückzug von den Bingener Vertragsbindungen und eine völlige Anlehnung an das Reichsoberhaupt bedeutete. Dass es zuvor jedoch zu schweren Irritationen zwischen dem König und seinem neuen Kurfürsten gekommen war, machen noch die Formulierungen des 1425 aufgesetzten Urkundentextes deutlich. So spricht das Schriftstück von Feinden, die Wege gesucht hätten und möglicherweise auch immer noch suchten, Sigismund und Friedrich zu trennen. Als Zeichen des guten Willens verpflichtete sich Friedrich, nicht mehr nur für die Dauer von sechs Monaten 2000 Bewaffnete für die Unterstützung Sigismunds für den Deutschen Orden in Preußen zu stellen, wie es bereits bei der Übertragung der Kur vereinbart worden war, sondern diesem zusätzlich „mit acht thusent pferden reisiges geczuges folgen und bii in blieben“1357 zu wollen. Das Verhalten Friedrichs von Meißen zeigt deutlich, dass es für die Etablierung in der Gruppe der Kurfürsten – und damit zugleich für die Durchsetzung einer neuen gesellschaftlichen Position – notwendig werden konnte, sich demonstrativ vom König zu distanzieren. Denn auch wenn der Wettiner im Jahr 1425 erneut die Nähe des Königs suchte, war dies vor allem der Auflösung des Binger Kurvereins als wirksamem Gegengewicht zum Reichsoberhaupt geschuldet und nicht eine ‚freiwillige‘ Rückkehr unter die königliche Autorität. Die Vorstellung von einem vom König abstrahierten Reich, dessen Wohl einen Wert an sich darstellte, das zu verteidigen zu den ureigensten Aufgaben eines Kurfürsten gehörte, kam im 15. Jahrhundert insbesondere in den Begründungen für potenzielle oder tatsächliche Bemühungen zur Absetzung des Reichsoberhaupts und in den sich seit dieser Zeit verändernden Wahlzusagen des Königs zum Ausdruck. Man ließ sich nun nicht mehr territoriale, sondern kirchen- und reichspolitische Zugeständnisse machen: Die „[…] kurfürstliche Verantwortung für das Reich – Konkreti-

1356 BUTZ, Ensifer ense potens, S. 391–392. 1357 Ebd., S. 396.

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sierung des ‚von Reiches wegen‘ – gewann Gestalt.“1358 Ernst Schubert hat darauf hingewiesen, dass die Reichsverantwortung der Kurfürsten sich nach der Absetzung König Wenzels in Reichsrepräsentanz gewandelt habe und die Königswähler nun auch von ihren Zeitgenossen an dieser neuen Stellung gemessen wurden.1359 Im Aufgreifen des sogenannten Reichsreformthemas1360 durch die Kurfürsten in der Folgezeit, das auch mit entsprechenden schriftlichen Reformvorschlägen einherging, zeigte sich ebenfalls die Vorstellung einer kurfürstlichen Reichsverantwortung.1361 Bezeichnenderweise erzeugte ab diesem Zeitpunkt eine vermeintliche Vernachlässigung dieser Pflichten1362 auch umgehend entsprechende Kritik. Die Zeitgenossen begannen langsam in Kategorien von Reichsinstitutionen zu denken und nicht mehr nur in Form von „personal zu verantwortender Würde und Dignität“.1363 Diese Einschätzung findet sich auch bei den Betroffenen selbst. Also nicht nur ‚egoistisches Kalkül‘, sondern auch ‚aufrichtiges Amtsverständnis‘ konnte Triebfeder einer Frontstellung gegenüber dem Reichsoberhaupt sein. Am Ende seines Lebens, im Januar 1485, brachte Markgraf Albrecht Achilles dieses neue Verantwortungsgefühl, das aus dem Kurfürstenamt erwachsen konnte, prägnant auf den Punkt: „[…] es ist zu betrachten, das wir nit sind das ganz reich oder das bedeuten. Wir vermogent alleine nit die burd des ganzen reichs zu tragen. Aber mit zu leiden nach gebur als die fordersten und nechsten glider des heiligen reichs, bin ich des für mein person willig zu thun.“1364

Die propreußische Geschichtswissenschaft des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts hat in den Hohenzollern zumeist eine Dynastie sehen wollen, die immer wieder die Nähe des Königs suchte, ihm treu ergeben diente und – wo Differenzen oder unübersehbare Verstimmungen das Verhältnis bestimmten – den Grund im ungerechten Verhalten des 1358 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 438. 1359 Ebd. Siehe auch die weiteren Ausführungen Schuberts zu der Reichsverantwortung der Kurfürsten bis S. 449. 1360 Eine prägnante Definition von ‚Reichsreform‘ bietet Johannes Helmrath: „Unter ‚Reichsreform‘ verstehen wir hier die Summe der vielfältigen Pläne des 15. und 16. Jahrhunderts von ständischer, monarchischer und gelehrter Seite, den Verfassungsdualismus des Reiches durch Institutionen zu binden und funktionsfähig zu machen sowie Friedenssicherung, Gerichts- und Finanzwesen des Reiches effektiver zu gestalten.“ Siehe HELMRATH, Das Basler Konzil, S. 280. 1361 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 457. 1362 So zum Beispiel durch Siegmund Meisterlin, Johannes Lichtenberger oder Nikolaus von Kues, siehe ebd., S. 439. 1363 Ebd. 1364 PC 3, Nr. 1033, S. 333–337, hier S. 336.

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Reichsoberhauptes1365 bzw. in der Verfolgung eines höheren ‚Reichsinteresses‘1366 durch die Hohenzollern sehen wollte. Die Vorstellung von einer das gesamte Handeln der Dynastie auch noch im 15. Jahrhundert prägenden Loyalität der Hohenzollern gegenüber dem Reichsoberhaupt1367 oder einer entsprechenden Haltung einzelner Mitglieder1368 findet sich auch in der neuesten Literatur. Derart wird ausschließlich ein Aspekt des Handelns der Familie in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt, der auch von den Hohenzollern selbst als Handlungsmaxime thematisiert worden ist.1369 Erklärungsbedürftig bleiben bei der Konzentration auf die Bemühungen der Dynastie, die Nähe des Herrschers zu suchen, jedoch die Anzeichen für ein genau gegenteiliges Verhalten: Bereits bei der Einsetzung als Reichsverweser am 2. Oktober 1418 agierte Friedrich I. relativ autonom und stellte sich sogar gegen die Münzpolitik König Sigismunds.1370 Durch das vehemente Festhalten am Plan einer Hochzeit zwischen seinem Sohn Friedrich II. und Hedwig von Polen war ein Zerwürfnis mit dem Reichsoberhaupt unvermeidlich, was dem Kurfürsten selbst klar gewesen sein muss. Die ältere Forschung hat dieses Verhalten dazu veranlasst, immer wieder danach zu fragen, warum der Kurfürst einen Bruch mit dem Luxemburger auf diese Weise provoziert

1365 So auch Adolph Friedrich Riedel, der deutlich in dieser Weise argumentiert, wenn er unterstreicht, dass Markgraf Friedrich nur deshalb am polnischen Heiratsprojekt, das der Auslöser für den Bruch mit König Sigismund gewesen sei, festgehalten habe und sich mit dem polnischen König verband, weil Sigismunds „Politik das Kurfürstenthum Brandenburg eines seiner wichtigsten Glieder für alle Folgezeit zu berauben“ drohte. „So darf dem Markgrafen wohl nicht verargt werden, dass er sich zu dem Versuche, dies ihm so nachtheilige, den Reichsgrundgesetzen zuwiderlaufende Verfahren zu hindern, den Widersachern des [Deutschen] Ordens anschloß.“ RIEDEL, Über den Bruch, S. 322. 1366 „Die politischen Principien der Burggrafen von Nürnberg, bis gegen Ende des 14ten Jahrhunderts, lassen sich hauptsächlich erkennen aus dem Verhältnis derselben zu Kaiser und Reich. Die Hohenzollern waren als Beamte des Reiches, nämlich als vom Kaiser eingesetzte Burggrafen und Richter, von jeher Freunde des deutschen Vaterlandes und suchten auf jegliche Weise das Wohl und Heil desselben zu befördern.“ Siehe FRANKLIN, Die Deutsche Politik, S. 2. Im Zusammenhang mit der Schilderung des Konflikts zwischen Sigismund und Friedrich in den 1420er Jahren schreibt Franklin: „Feste Anhänglichkeit an Kaiser und Reich zeichnete alle Hohenzollern aus, und Friedrich I. leuchtete allen seinen Nachfolgern hierin voran. […] Friedrich, welcher das Heil des Reiches höher achtete, als dass er es seiner Unzufriedenheit mit dem unwürdigen Betragen des Königs opferte, war bereit, sich mit Sigismund auszusöhnen.“ Siehe ebd., S. 164. 1367 Diese Vorstellung findet sich zum Beispiel bei SEYBOTH, Aufbau eines Territoriums, S. 25. 1368 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 456 und passim, aber auch DERS., Albrecht Achilles, S. 152. 1369 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 2.2. 1370 Gegenüber dem Frankfurter Rat äußerte der Kurfürst, dass sich diese nicht gut handhaben lasse, weshalb er Sigismund bitten werde, sie aufzuheben, siehe JANSSEN, Frankfurts Reichscorrespondenz, Bd. 1, Nr. 572, S. 333–335, hier S. 334.

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habe.1371 Die Inbesitznahme Sachsens nach dem Tod Albrechts III., also der Versuch, die Belehnung mit einem zweiten Kurfürstentum vom König zu erzwingen,1372 reiht sich ebenfalls in das vom Reichsoberhaupt unabhängige Agieren des ersten Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern ein. Desgleichen die Teilnahme am Binger Kurverein 1424. Aber auch Markgraf Albrecht, der immer wieder seine tiefe Verbundenheit mit Friedrich III. artikulierte und demonstrativ vor dem Kaiser und anderen inszenierte, handelte durchaus gegen den Habsburger, wenn es seine Interessen erforderten. In einem Einungsvertrag mit Herzog Wilhelm von Sachsen aus dem Jahr 1449 nahm er den König nicht aus, wahrscheinlich, da dieser die Erwerbung der Lausitz durch seinen Bruder verhindert hatte. Das Verhalten war so unerhört, dass es Herzog Ludwig von Bayern-Landshut noch im Jahr 1467 als Argument gegen ihn verwenden konnte.1373 Kurz vor dem Ausbruch des Reichskrieges gegen Herzog Ludwig im Jahr 1458 unterstützte er diesen zunächst bei der Einnahme der Reichsstadt Donauwörth, da er hoffte, von ihm Zugeständnisse wegen des Nürnberger Landgerichtes zu erhalten. Anfang Dezember desselben Jahres, nachdem der Kaiser den Wittelsbacher wegen crimen laesae maiestatis in dieser Angelegenheit geladen hatte, war es Albrecht, der Herzog Ludwig auf das fürstliche Privileg aufmerksam machte, das für einen Reichsfürsten festlegte, dass dieser bei Klagen um seinen Leib, seine Ehre oder seine Regalien dreimal zu bestimmten Terminen durch einen Fürstengenossen vor ein Gericht geladen werden musste, wie Eberhard Isenmann gezeigt hat.1374 Der Hohenzoller schlug sogar vor, ein Schreiben seitens der Kurfürsten aufzusetzen und so mit dem Hinweis auf das Privileg den Habsburger entweder aufzufordern, von der Klage abzulassen, oder um das korrekte Vorgehen zu bitten.1375 Nachdem die Verhandlungen zwischen den beiden Reichsfürsten jedoch gescheitert waren, wurde Albrecht umgehend beim Kaiser vorstellig und führt ihm drastisch vor Augen, welche Schande er auf sich laden würde, wenn er eine Reichsstadt nicht gegen Übergriffe beschütze.1376 In dem dann folgenden Krieg übernahm er mit großem Enga1371 Das fragt sich zum Beispiel RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 33. 1372 Eberhard Windecke deutet noch ein anderes Vergehen des Brandenburgers an, denn dieser sei vom Schlachtfeld im Kampf gegen die Hussiten nach Sachsen gezogen. Obgleich er als Reichsheerführer eigentlich den Kampf gegen die ‚Ketzer‘ führen sollte, habe Friedrich I. nur die eigenen Interessen im Sinn gehabt, siehe Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 152. 1373 SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 148. 1374 ISENMANN, Kaiserliche Obrigkeit, S. 41. 1375 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage, Nr. 5, S. 59–60, hier S. 59. 1376 KOSER, Geschichte, S. 136.

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gement das Amt des Reichsheerführers. Die engen Beziehungen mit dem vom Papst gebannten und mit Friedrich III. verfeindeten böhmischen König Georg Podiebrad waren ebenfalls eine ziemlich offensichtliche Provokation des Kaisers, die in der Verheiratung seiner Tochter Ursula mit dem Sohn Georg Podiebrads im Jahr 1467 einen überaus deutlichen Ausdruck fand.1377 Erwartungsgemäß protestierte der Kaiser auch umgehend in scharfem Ton gegen die Eheschließung. Die vielfältigen heimlichen Kontakte und Beratungen mit dem Böhmen1378 veranlassten sogar Albrechts Bruder Friedrich II. dazu, sich versprechen zu lassen, dass der Markgraf kein Bündnis mit dem gebannten König eingehen werde.1379 Und die verstärkte Korrespondenz mit dem vehementen Kaiserkritiker Gregor Heimburg1380 in dieser Zeit spricht ebenfalls für sich. Als Kurfürst verwahrte sich Albrecht 1474 schließlich zusammen mit Friedrich II. von Sachsen vehement gegen den Vorschlag des Kaisers, das königliche Kammergericht in die Reichslandfriedensordnung mit einzubeziehen. Sogar den Kompromiss, es zumindest als Appellationsinstanz anzuerkennen, lehnte der Hohenzoller kategorisch ab1381 und stellte sich damit gegen ein Prestigeprojekt des Kaisers. Die geschilderten demonstrativen Akte der Distanzierung werden möglicherweise verständlich, wenn man sowohl die Nähe zum als auch die Distanzierung vom König für die Etablierung innerhalb der Gruppe der Kur- und Reichsfürsten gleichermaßen für notwendig erachtet. Das unterschiedliche Verhalten gegenüber dem Reichsoberhaupt kann sicherlich auch schlicht als ein Ausdruck des persönlichen Herrschaftsstils einzelner Markgrafen und Fürsten gewertet werden, vor allem, wenn ein Vergleich des Handelns verschiedener Mitglieder der Familie möglich ist. Bei einer solchen Sichtweise nimmt man Abstand von der Annahme, dass die gesamte Dynastie mehr oder weniger durch einen Habitus geprägt gewesen sei. Zeichen für Nähe und Distanzierung lassen sich zudem als Gradmesser für die Akzeptanz einer Dynastie durch die anderen Standesgenossen lesen.

1377 BÖCKER, Festigung der Landesherrschaft, S. 198. 1378 In einem der Briefe des Jahres 1467 riet Markgraf Albrecht diesem zum Beispiel, seine Bündnispartner zu einem Tag zusammenzurufen, und bot an, sogar persönlich an dem Treffen teilzunehmen, um über das weitere Vorgehen zu beraten, da der Papst alle Fürsten dazu aufgerufen hatte, sich gegen den böhmischen König zu verbünden, siehe HÖFLER, Fränkische Studien IV, Nr. 16, S. 43 (Brief vom 2. Mai 1467). 1379 Markgraf Albrecht gab seinem Bruder dieses Versprechen bereits am 25. März 1467, siehe ebd., Nr. 22, S. 41. 1380 HEINIG, Friedrich III., Teil 2, S. 1104. 1381 Ebd., S. 226, Fußnote 252.

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Konzentriert man sich zunächst auf eine aus einer Reichsverantwortung als Kurfürst erwachsene Motivation für politisches Handeln, so lässt sich diese ebenfalls bei Friedrich I. und Friedrich II. nachweisen: Beide sahen sich mit Situationen konfrontiert, in denen ihr Amt als Kurfürst sie in Opposition zum Reichsoberhaupt brachte oder die sie deutlich erkennbar im Sinne ihrer besonderen Reichsverantwortung agieren ließen. Anhand dreier Beispiele, die alle im Zusammenhang mit den sogenannten Reichsreformbemühungen dieser Jahre stehen – der Hussitenpolitik der Kurfürsten der 1420er Jahre, der sogenannten Neutralitätspolitik der Kurfürsten während des Basler Konzils und der Reichsreformvorschläge Markgraf Albrechts in den 1460er Jahren – soll dieser Aspekt im Folgenden knapp skizziert werden. Dabei liegt es auf der Hand, dass das Handeln der Kur- und Reichsfürsten unterschiedlich bewertet werden kann, ist sich die Forschung doch bereits uneins darüber, was überhaupt als reichsreformerisches Engagement zu bewerten ist.1382 Die Frage, ob reine Eigeninteressen oder das Bewusstsein, als Verantwortliche für das Wohlergehen des Reiches zu handeln, ausschlaggebend für das Agieren der Kur- und Reichsfürsten waren, wird desgleichen je nach Perspektive und Frageinteresse von der Historiografie unterschiedlich bewertet: Während beispielsweise Heinz Angermeier 1984 die Reformbemühungen der Kur- und Reichsfürsten nach 1437 überwiegend als ‚Vehikel‘ bezeichnet, „das man benützte, wenn die direkte Machtbildung nicht weiterführte“,1383 und konstatiert, dass „keiner dieser Reformversuche wirklich ernsthafte Vorschläge zur Verbesserung und Konsolidierung der Reichsverfassung“1384 enthalten habe, kommt Ernst Schubert in jüngerer Zeit zu einer anderen Einschätzung: Bereits für die Zeit Sigismunds erkennt er das Werden eines Kurkollegs, „das sich im verantwortlichen Samthandeln zusammenfindet“,1385 1382 Während beispielsweise Heinz Angermeier die Initiative für eine Reform des Reiches bis 1434 ausschließlich aufseiten des Königs, in diesem Falle König Sigismunds, sieht, siehe ANGERMEIER, Die Reichsreform, S. 70 oder S. 72, klassifiziert Ernst Schubert die Hussitensteuer von 1422 dezidiert als kurfürstlichen Reformversuch, siehe SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 458. 1383 ANGERMEIER, Die Reichsreform, S. 131. Angermeier führt an dieser Stelle weiter aus, dass seit dem Augenblick, an dem sich der Trierer Erzbischof Jakob von Sierck gegen die königliche Kirchen- und Konzilspolitik stellte, die pfälzische und Trierer Opposition gegen den König in dem Thema der Reichsreform eine gemeinsame Plattform gefunden habe, die als Instrument für ihre territorialpolitischen Interessen dienen konnte. Seit 1452 hätten dann gezielte Reichsreformvorschläge der Stände eingesetzt, die jeweils ihre eigenen Interessen verfolgt hätten. Angermeier unterscheidet drei Etappen der Reichsreform aufseiten der Stände mit jeweils eigenständigen Konzeptionen: einer kurfürstlichen, einer Konzeption des „weltlichen Fürstentums“ und einer, die „von persönlichen Zwängen oder vom Ehrgeiz einzelner Fürsten“ diktiert worden sei, siehe ebd., S. 132. 1384 Ebd., S. 140. 1385 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 448.

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und stellt weiterhin fest, dass – trotz der Tatsache, dass die Kurfürsten bei ihren Reformversuchen stets die Interessen ihrer Herrschaft mit bedacht hätten1386 – sie auch in der Regierungszeit Friedrichs III., insbesondere in den 1450er Jahren, ihre Verantwortung dadurch zeigten, dass sie angesichts der akuten ‚Türkengefahr‘ und der vielen Gebrechen des Reiches den Habsburger durch massive Absetzungsdrohungen zum Handeln bewegen wollten, um den aktuellen Bedrohungen und Herausforderungen begegnen zu können.1387 Es kann sicherlich nicht behauptet werden, dass die Hohenzollern in allen drei genannten Phasen der Reichsreform initiativ tätig waren, um die Probleme der Reichsverfassung zu beheben. Doch auch wenn andere in dieser Hinsicht viel intensiver und nachhaltiger wirkten, unterstützten sie die Anliegen ihrer Mitkur- und Reichsfürsten in den entscheidenden Momenten, wenngleich sie eigene Interessen dabei nicht aus den Augen verloren. Seit 1421 stellte die Unzufriedenheit mit der ‚Hussitenpolitik‘ König Sigismunds für die Kurfürsten und damit auch für Friedrich I. die Motivation dar, sich in Opposition zum Reichsoberhaupt zu begeben. Drei Jahre später gipfelte dies schließlich in der Gründung des Binger Kurvereins.1388 Die neue Reichsverantwortung war durch die Hussitenkriege vor eine Herausforderung gestellt worden, und es wurde erstmalig sehr deutlich, dass sich das Gremium der Königswähler in ein Kurfürstenkolleg gewandelt hatte.1389 Die Politik der Kurfürsten war bis ins Jahr 1430 neben der Bekämpfung des ‚Unglaubens‘1390 von der Sorge getragen, durch die Herstellung des inneren Friedens Abwehrkräfte gegen äußere Feinde aktivieren zu können und vor allem Böhmen beim Reich zu halten.1391 Als Leitmotiv nicht nur der wichtigen Tage von Boppard, Nürnberg und Wesel im Jahr 1421,1392 sondern auch in der Zeit der Binger Kurfürsteneinigung und den vielfältigen geheimen Beratungen in Mühlhausen im Anschluss daran, wurde immer wieder die Verantwortung als ‚oberste Glieder‘ des Reiches genannt. Dabei hatten die Kurfürsten das Reich als Ganzes und insbeson-

1386 Ebd., S. 482. 1387 Siehe insbesondere ebd., S. 457–459. 1388 Ausführlich zu den Ereignissen rund um den Binger Kurverein informiert MATHIES, Kurfürstenbund, insbesondere S. 137–172. 1389 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 441. 1390 Dieses Thema war zentral unter den Kurfürsten, wie nicht nur ihre Vermittlung im Konflikt zwischen Straßburg und der Ritterschaft deutlich macht, siehe MATHIES, Kurfürstenbund, S. 54, Fußnote 35. Insbesondere die Bulle Papst Martins V., in der dieser alle Gläubigen zum Kreuzzug gegen die Hussiten aufrief, führte dazu, dass die Kurfürsten unbedingt gegen diese militärisch vorgehen wollten, siehe ebd., S. 54. 1391 Ebd., S. 273. 1392 Ebd., S. 60, Fußnote 93.

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dere seine Reformbedürftigkeit im Blick, wie die 1422 aufgestellte Forderung der reichsweiten Hussitensteuer deutlich zeigt. Dass das Kurkolleg diese Verantwortung für sich ernst nahm, sollte nicht angezweifelt werden, denn an Deutlichkeit ließen ihre Formulierungen nichts zu wünschen übrig, auch in Bezug auf die Person des Reichsoberhauptes nicht: „[…] understunde auch unser herre der Romische kunig oder imand von sine wegen oder iman anders das heilige Romische riche oder einche sin zugehorunge zu smelen abezubrechen oder dem riche zu entpfremden oder das riche zu entliedern, darwidder sollen wir samentlich sin und sollent unser willen gunst und verhengnisse darzu nit tun noch geben in dheine wise.“1393

Besondere Brisanz erhielt diese konzertierte Aktion der Kurfürsten zudem, da sie dabei gemäß der Goldenen Bulle aus eigenem Recht handelten.1394 Wie die Darstellung des Chronisten Windecke nahelegt, sah der Luxemburger vielleicht gerade deshalb in ihrem Verhalten vor allem eine Vorbereitung zur Amtsenthebung, denn „[…] do was der Romsch Konig gar zornig und schrei lute und gab in zorniclich antwurt und sprach: ‚hetten wir den korfürsten also hoch gesworn, als sie uns gethon haben, wir wollten wol anders mit in umbgon, danne sie mit uns thunt‘.“1395

Dass es sich hierbei zumindest in der Wahrnehmung der Zeitgenossen um reale Befürchtungen des Herrschers handelte, belegt erneut ein Chronist des 15. Jahrhunderts, Ulrich Richental. Für ihn hatten die Kurfürsten so viel Macht, dass sie „[…] ainen römischen küng erwellen mögen und och entsetzen mögen, wenn das not wirt.“1396 Im Zusammenhang mit der ‚Hussitenbedrohung‘ mit all ihren weiterführenden Implikationen wird deutlich, dass auch Friedrich I. angesichts der aktuellen ‚außenpolitischen‘ und ‚innenpolitischen‘ Herausforderungen des Reiches nicht ausschließlich als ambitionierter Fürst agierte, der die von seinem ehemaligen Förderer auferlegte Rolle als dankbarer Aufsteiger abzustreifen suchte. Die im Reich heftig diskutierte und als reale Bedrohung empfundene ‚Hussitenfrage‘, die am Ende der 1420er Jahre insbesondere in Franken extrem virulent wurde,1397 muss als ernst zu nehmender Grund betrachtet werden, der Friedrich I. neben anderen Interessen aktiv 1393 1394 1395 1396 1397

RTA 8, Nr. 295, S. 346–351, hier S. 350. SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 447. Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 176. BUCK, Ulrichs von Richental Chronik, S. 16. MACHILEK, Hus.

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werden ließ. Sicherlich darf nicht unbeachtet bleiben, dass der Kurfürst gerade im Jahr 1421 zunächst eigene Interessen verfolgte1398 und damit nicht nur König Sigismund, sondern auch die Kurfürsten verärgerte. Seine Allianz mit König Władysław II. von Polen inklusive des Bündnisvertrages gegen den Deutschen Orden stand im Gegensatz zur kurfürstlichen Politik. Man duldete die Konspiration zwischen den Jagiellonen und den böhmischen ‚Ketzern‘ bzw. die polnisch-litauische Politik gegenüber dem Deutschordensstaat nicht, und auch wenn der Hohenzoller bereits 1421 in die Initiativen der Kurfürsten mit eingeschlossen worden ist,1399 so trat er erst auf dem Frankfurter Tag im Januar 1422 demonstrativ den anderen Kurfürsten in ihrer Oppositionshaltung gegen das Reichsoberhaupt bei.1400 Damit distanzierte er sich aber nun sehr deutlich von der ‚Böhmenpolitik‘ des mit ihm verbündeten polnischen Königs,1401 übernahm 1422 das Amt des Reichsheerführers gegen die Hussiten1402 und zwang im Verbund mit den anderen Kurfürsten König Sigismund sogar dazu, von seinem heimlichen Plan Abstand zu nehmen, Böhmen Großfürst Witold von Litauen zu überlassen.1403 Auch wenn der Binger Kurverein auf Dauer keine Wirksamkeit entfalten konnte, der „[…] Gedanke […] der kurfürstlichen Korporation in Verantwortung für das Reich ging im 15. Jahrhundert nicht mehr verloren.“1404 Die sogenannte Reichsreform war ein bedeutsames Dauerthema des 15. Jahrhunderts, in dessen Fahrwasser das Kurfürstenkolleg seine neu entdeckte Reichsverantwortung in besonderem Maße unter Beweis stellte. Hierbei muss angemerkt werden, dass die Reform sich nicht als gradlinig verlaufende Entwicklung gestaltete, sondern Verdichtungsphasen aufwies, die von äußeren Bedingungen abhängig waren.1405 Die Konzilszeit stellte zum Beispiel eine solche ‚Verdichtungsphase‘ dar, sie war dadurch gekennzeichnet, dass Reichsreform und Kirchenreform noch in einem engen Zusammenhang standen.1406 Der Tod Kaiser Sigismunds im Jahr 1437 und die Einberufung des päpstlichen Konzils von Ferrara und Florenz durch

1398 Siehe dazu die Ausführungen insbesondere in Kapitel 2.3. 1399 RTA 8, Nr. 49, S. 61–64, hier S. 63. Zusammen mit dem sächsischen Kurfürsten trat er sogar dem Nürnberger Hussitenbund bei, alle Berichte über den Görlitzer Tag im Juni 1421 sprechen von allen sechs Kurfürsten, siehe zum Beispiel ebd., Nr. 69, S. 81. 1400 MATHIES, Kurfürstenbund, S. 78. 1401 „[…] und auch wider alle die die denselben unglaubigen wißentlichen zulegen oder beholfen sin werden […]“, siehe RTA 8, Nr. 29, S. 29–31, hier S. 30. 1402 Vgl. Kapitel 2.3. 1403 MATHIES, Kurfürstenbund, S. 157. 1404 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 448. 1405 Ebd., S. 466. 1406 Zu diesem Thema siehe insbesondere BOOCKMANN, Über den Zusammenhang.

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Eugen IV., welches die Absetzung des Papstes durch das Basler Konzil provozierte, führten dazu, dass die Kurfürsten nicht nur gezwungen waren, die Wahl eines neuen römisch-deutschen Königs zu organisieren, sondern sich auch bezüglich des erneuten Schismas positionieren mussten. Noch vor der Wahl Albrechts II. erklärten sie die Neutralität des Reiches bezüglich der beiden Kirchenrepräsentanten – Papst und Konzil –, und es war dabei ihre politische Absicht, „[…] durch diese Neutralität die Berufung eines dritten Konzils zwischen Basel und Florenz zu erreichen, welches den Kirchenstreit beenden und mit einer womöglich in Deutschland zu fällenden Konzilsentscheidung zugleich auch dem Reich die seit Sigmund erfolgreich praktizierte Kompetenz in Kirchensachen erneuern sollte.“1407 Seit 1432 hatten die Kurfürsten deutliches Wohlwollen für das Basler Konzil gezeigt, wobei aber nicht alle Königswähler dem Konzil inkorporiert waren.1408 Neben der Tatsache, dass in der Neutralitätserklärung der Kurfürsten1409 ihr gesteigertes Selbstbewusstsein deutlich zum Ausdruck kommt, da sie hier und in verschiedenen Abkommen der Folgezeit darauf bestanden, bezüglich der Kirchenfrage zusammen mit König, Geistlichkeit, Adel und Gelehrten des Reiches noch einmal nach sechs Monaten vor einem eigenen Gremium entscheiden zu wollen,1410 war es aber auch das Interesse, das Ansehen des Reiches zu steigern und seinen Einfluss gegenüber den Nachbarreichen und der Kirche zu erhöhen, das das Agieren der Königswähler in dieser Zeit bestimmte. Und auch wenn sich die Kurfürsten seit dem Beginn der 1440er Jahre zweimal bezüglich der Neutralität von ihrer Geschlossenheit als Kurkolleg abbringen ließen,1411 zeigt doch die Absetzung der rheinischen Kurfürsten von Köln und Trier durch Papst Eugen IV. am 9. Februar 1446, dass die unterschiedlichen Interessen immer dann bedeutungslos wurden, wenn ihre Position als Kurfürsten zur Disposition stand. So war auch die Reaktion der Kurfürsten auf den „[…] unverständlichste(n) unter den nicht wenigen Mißgriffen Eugens IV.“1412 klar und deutlich: Am 22. März 1446 verband sich das bis dahin gespaltene Kollegium durch einen Kurverein,1413 der am 23. April durch den sächsi1407 ANGERMEIER, Die Reichsreform, S. 75. 1408 Friedrich II. von Brandenburg war beispielsweise nie dem Konzil inkorporiert, siehe HELMRATH, Das Basler Konzil, S. 285, Fußnote 421. Seit dieser Zeit hatten die Kurfürsten auch versucht, zwischen dem Konzil und Rom zu vermitteln, und dies im Einvernehmen mit König Sigismund, siehe ebd., S. 294. 1409 Erklärung vom 17. März 1438, siehe RTA 13, Nr. 130, S. 216–219. 1410 HELMRATH, Das Basler Konzil, S. 295. 1411 Ebd., S. 309–311. 1412 Ebd., S. 312. 1413 MÜLLER, Des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation Reichs Tags Theatrum, Bd. 1, S. 305–308.

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schen Kurfürsten und Friedrich II. von Brandenburg erweitert wurde. Für Letzteren war dies eine besonders schwerwiegende Maßnahme, da der Hohenzoller seit 1443 ganz im Gegensatz zu Friedrich II. von Sachsen einer Gruppierung um den König angehörte, die im Einklang mit Burgund Eugen IV. unterstützte.1414 Auf die Absetzung der rheinischen Kurfürstenkollegen musste Markgraf Friedrich II. jedoch wie die anderen Königswähler reagieren, obgleich dies seinen politischen Interessen völlig entgegenlief und das Reichsoberhaupt in gewisser Weise sogar düpierte. Die Tatsache, dass er dem Kurverein erst einen Monat später beitrat, mag diesem Dilemma geschuldet gewesen sein. In ihrer Erklärung vom 22. März stellten die in Frankfurt versammelten Kurfürsten den Habsburger vor die Wahl, sich ihren Forderungen entweder aufgeschlossen zu zeigen und die Amtsenthebung des Kölner und des Trierer Erzbischofs nicht zu akzeptieren oder sich mit einem Reichsregiment der Kurfürsten unter der Leitung des Mainzer Erzbischofes konfrontiert zu sehen.1415 Dass Markgraf Albrecht nur kurze Zeit später der führende Kopf war, der die anderen Kur- und Reichsfürsten dazu brachte, Eugen IV. nun doch Obödienz zu leisten, wie Eneas Silvius Piccolomini berichtet und das Namensverzeichnis der königlichen Gesandtschaft auf dem Frankfurter Reichstag klar ausweist,1416 zeigt jedoch, dass die Hohenzollern in letzter Konsequenz politische Vorteile oder Notwendigkeiten ihrer Dynastie nie aus den Augen verloren. Trotzdem agierte Friedrich II. von Brandenburg ganz im Sinne der Solidarisierungsmaßnahmen seiner Amtskollegen, solange es die Belange des Reiches notwendig machten oder – wie in diesem Falle – die Gefahr bestand, dass die Würde des Amtes beschädigt werden könnte. Nur wenige Jahre später kann eine weitere Verdichtungsphase der Reichsreform konstatiert werden. Ausgelöst durch den Schock der Eroberung Konstantinopels durch die Türken, baten die Kurfürsten Friedrich III. seit 1454 immer wieder eindringlich, sich um die Missstände des Reiches zu kümmern.1417 Sie unterstrichen die Vordringlichkeit des Themas dadurch, dass sie mit der Bitte an den Kaiser, auf den Frankfurter Tag des Jahres 1456 zu kommen, die unverhohlene Drohung verbanden, dass der Habsburger bei Nicht-Erscheinen „sinen willen dortzu geben wulle, das wir einen Romischen kunig welen“,1418 der dann die Reichsgewalt von Friedrich III. 1414 1415 1416 1417 1418

Siehe dazu die kurzen Ausführungen in Kapitel 5.2. QUIRIN, Markgraf Albrecht, S. 275. Ebd., S. 274. SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 457. WEINRICH, De reformando, Nr. 36, S. 320–324, hier § 2. Falls der Kaiser weder kommen noch seine Zustimmung zur Wahl geben wolle, drohten die Kurfürsten ihm damit, sich

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übertragen bekommen sollte. Nicht sonderlich überraschend kursierten in den folgenden Jahren dann auch immer wieder mal mehr, mal weniger konkrete Pläne zur Absetzung des habsburgischen Kaisers.1419 Zugleich machten verschiedene Reformvorschläge die Runde, sowohl von kurfürstlicher Seite – beispielsweise vom Trierer Erzbischof Jakob von Sierck oder der Ratschlag der Kurfürsten, der auf dem Tag von Wiener Neustadt 1455 übergeben wurde –1420 als auch seitens verschiedener gelehrter Räte. Insbesondere die Reformvorschläge Martin Mairs spielten eine große Rolle, die er in der Zeit von 1455 bis 1465 im Namen unterschiedlicher ‚Dienstherren‘ formulierte.1421 Der Reformplan des Jahres 1463, den Mair dem Kaiser im Namen König Georg Podiebrads vorlegte, beschrieb zum Beispiel zunächst ausführlich die drängendsten Probleme des Reiches: so unter anderem die Streitigkeiten zwischen dem Papst und dem böhmischen König, die Auseinandersetzungen im Rahmen der Mainzer Stiftsfehde,1422 die Mängel im Gerichtswesen,1423 die schlechte Qualität der geschlagenen Münzen, aber vor allem auch die großen Herausforderungen, die sich nach dem Prager Frieden im Anschluss an den Reichskrieg gegen Herzog Ludwig von Bayern-Landshut ganz aktuell ergaben,1424 da zwischen den vormaligen Konfliktparteien trotz des Friedensschlusses keine wirkliche Versöhnung stattgefunden hatte. Um diese Mängel dauerhaft zu beheben, schlug Martin Mair vor, dass die Vertreter der vier einflussreichsten Dynastien des Reiches sich in Prag treffen, die wichtigsten Konflikte zwischen sich lösen und alle diejenigen Punkte beraten sollten, die schließlich auf einem zweiten Tag in Eger – diesmal mit der Beteiligung der Kur- und übrigen Reichsfürsten, der Reichsstädte und Grafen – in Angriff genommen werden sollten.1425 Nicht etwa der Kaiser in Verbund mit den Kurfürsten, sondern der böhmische König Georg Podiebrad und die beiden einflussreichsten Wittelsbacher, Herzog Ludwig und Pfalzgraf Friedrich der Siegreiche, sollten zusammen mit Markgraf Albrecht als Vertreter der Hohenzollern über die Geschicke des Reiches beraten. Den Zweck dieser

1419 1420 1421 1422 1423 1424 1425

persönlich nach Frankfurt zu begeben und nicht eher zu gehen, als sie einen neuen König gewählt hätten. Siehe dazu ausführlich die Ausführungen bei SCHUBERT, Königsabsetzung, insbesondere S. 450–485. WEINRICH, De reformando, Nr. 35, S. 315–320. SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 462. WEINRICH, De reformando, Nr. 37a, S. 324. Zum Thema: ERLER, Die Mainzer Stiftsfehde, oder DERS., Neue Funde. „[…] so werden die gericht nicht so furderlich gehallten und vorbracht, als dann die nottdurft der sach wol erfordert, darauß dann auch manicherlai unrat entsteen.“ WEINRICH, De reformando, Nr. 37a, S. 324. Ebd., S. 325. Ebd., S. 326–327.

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Zusammenarbeit der genannten Fürsten machte der gelehrte Rat ziemlich deutlich: „Und so nu die mechtigisten fursten im Reich ir wissen und von den sachen auch nutz heten und deshalb darein willigen wurden, so understunden sich die klainen fursten und stete, wider sie sach nit zu seczen, und musten das auch tun, also wurd dem kaiser ausz den dingen großer nutz entsteen.“1426

Um diese Aufgaben besser zu bewältigen und den Frieden im Reich dauerhaft zu sichern, sollten sich die genannten Dynastien, ergänzt um die beiden wettinischen Herzöge, zudem in einer Einung verbinden.1427 Gegenvorschläge und Ergänzungen zu dieser Spielart der Reichsreform kamen nicht nur von der wittelsbachischen Partei,1428 sondern auch von Markgraf Albrecht, der sich nun eigene Gedanken zur Umorganisation des Reiches machte und entsprechende Instruktionen an seine Räte weitergab.1429 Zusätzlich entwickelte der Hohenzoller in demselben Jahr die Idee, dass zwei Reichsvikariatsbezirke westlich und östlich des Rheins geschaffen und Herzog Karl dem Kühnen bzw. König Podiebrad übertragen werden sollten.1430 Unabhängig davon, ob man den Vorschlag des Markgrafen als angemessene politische Lösungsmöglichkeit bewertet,1431 bleibt die Frage zu klären, aus welchem Grund er sich an der Debatte beteiligte. Können wirklich einzig sein Wunsch, nicht außen vor zu bleiben, also nicht von den anderen großen Dynastien im Reich übertrumpft und ausgebootet zu werden,1432 oder seine beinahe grenzenlose Skepsis gegenüber den Projekten der gelehrten Räte seiner Zeit1433 als Gründe angesehen werden, sich mit eigenen Vorschlägen an der Reformdebatte zu beteiligen? Es zeigt sich immer wieder, dass Albrecht trotz hoher persönlicher Kosten und Mühen sich durchaus engagierte, wenn es die ‚Notdurft‘ des Reiches erforderte – der Krieg gegen Karl den Kühnen von Burgund einige Jahre 1426 1427 1428 1429 1430 1431

1432 1433

Ebd., S. 328. Ebd. Ebd., Nr. 37b, S. 330–332. Der wesentliche Unterschied zum Vorschlag des böhmischen Rates war, dass je zwei Habsburger, Wittelsbacher, Wettiner, zwei Böhmen und zwei Hohenzollern sich in einer Einung zusammenfinden sollten, siehe ebd., Nr. 37d, S. 333–334. SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 465. Obgleich Albrecht von Institutionen ausgegangen sei, müsse das Konzept Martin Mairs als viel realitätsnäher und angemessener zur Bewältigung der Probleme des Reiches klassifiziert werden, so Ernst Schubert. Mair habe die Bedeutung des dynastischen Gedankens erkannt und in seinem Reichsreformkonzept zur Geltung gebracht, siehe ebd. ANGERMEIER, Die Reichsreform, S. 139. So argumentiert Ernst Schubert, siehe SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 465 mit der Fußnote 67.

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später mag hier als kurzer Hinweis genügen. Dass zugleich eigene Vorteile eine Rolle bei solchen Entscheidungen spielten, kann sicherlich nicht von der Hand gewiesen werden, sie erklären aber auch nicht alle Entscheidungen und Handlungen Albrechts, insbesondere dann nicht, wenn die persönlichen Nachteile überdeutlich waren. Auch die anderen genannten Beispiele weisen diese Ambivalenz auf – das Amtsverständnis der Kurfürsten, dessen Wandel seit dem 15. Jahrhundert unübersehbar war, hatte ja auch großen Einfluss auf das Handeln des Vaters und Bruders gehabt. In dieser Hinsicht unterschieden sich die Hohenzollern also kein bisschen von ihren Kurkollegen, die bei ihren Reformideen die eigenen Interessen stets mit berücksichtigten.1434 Mit Georg Simmel kann man in diesem Nebeneinander von Zugehörigkeit und Gegnerschaft eine typische Entwicklung sehen, denn solange „[…] es sich um die Herausarbeit von Institutionen handelt, die das immer vielgliedrigere und verwickeltere Problem des inneren Gleichgewichts der Gruppe zu lösen haben – solange wird es häufig unentschieden sein, ob sich ihre Zusammenwirksamkeit zum Heil des Ganzen in der Form der Opposition, Konkurrenz, Kritik, oder in der der unmittelbaren Einheit und Harmonie vollziehen soll.“1435

In dieser Hinsicht mussten die Kurfürsten im Verlauf des 15. Jahrhunderts ihre neue Rolle also erst noch finden. Neben den verschieden motivierten Distanzierungsbemühungen der Hohenzollern war die Interaktion mit dem Reichsoberhaupt durch Versuche geprägt, eine Verbundenheit mit dem König herzustellen. Bereits an früherer Stelle wurde dargelegt, wie sehr die Hohenzollern vor dem Aufstieg ins Kurkollegium und in den ersten Jahren danach bemüht waren, die Nähe zum König nach außen deutlich sichtbar zur Schau zu stellen und sich für diesen in vielfacher Weise zu engagieren: Der Einsatz Burggraf Friedrichs VI. im Rahmen der Wahl Sigismunds zum römisch-deutschen König, seine demonstrative Inszenierung als engster Vertrauter während des Konstanzer Konzils, die Übernahme militärischer Aufgaben für König und Reich durch Friedrich I. und Markgraf Albrecht unter dem Luxemburger und dessen Schwiegersohn, Albrecht II. sind einige beredte Beispiele für dieses Engagement der kurfürstlichen Aufsteiger. Sehr bezeichnend ist zudem, dass die schließlich von König Sigismund ausgehenden Unternehmungen zur Bekämpfung der Hussiten Anfang der 1430er Jahre 1434 Ebd., S. 482. 1435 SIMMEL, Soziologie, S. 294.

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vor allem durch Kurfürst Friedrich I. getragen wurden, nachdem das Verhältnis zwischen beiden durch verschiedene vertrauensbildende Maßnahmen wieder hergestellt worden war.1436 Und auch in den ersten Jahren nach der Wahl zum römisch-deutschen König wurde wiederum Friedrich III. fast ausschließlich durch die Hohenzollern, insbesondere durch Markgraf Albrecht, unterstützt: seit 1444 sowohl im Reich als auch im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Eidgenossen,1437 Mitte der 1450er Jahre gegen die Bedrohung durch Andreas Baumkircher und Ulrich von Grafenegg in seinen Stammlanden. Das Eintreten der Hohenzollern für den Kaiser in der Zeit der wechselnden Absetzungspläne verschiedener Fürsten,1438 die Reichskriege gegen Herzog Ludwig bzw. Karl den Kühnen und nicht zuletzt die Wahl Maximilians I., für die sich der kranke und alte Kurfürst Albrecht noch einmal auf Wunsch des Kaisers nach Frankfurt begab, zeigten immer wieder deutlich, dass die Dynastie grundsätzlich bereit war, sich für den König zu engagieren, selbst wenn dies die anderen Reichsfürsten nicht taten und außerdem erhebliche persönliche Kosten mit sich brachte. Die treuen Dienste1439 und die Tatsache, dass man „alweg also“ empfand, dass die Hohenzollern ihr „leyb vnd gut In vil weyse getrewlichen“1440 zur Verfügung gestellt hatten, führten dazu, dass sie als Gegenleistungen Privilegien und andere königliche Gunstbezeugungen erhielten, die für ihre soziale und politische Stellung von eminenter Bedeutung waren. In einer solchen Privilegienvergabe kam die Nähe der Dynastie zum jeweiligen Reichsoberhaupt also besonders eindrücklich zum Ausdruck. Diese Gegenleistungen für ihr Engagement erfuhren sie als königliche Unterstützung, die sich direkt in finanzielle, politische oder legitimatorische Vorteile umsetzen ließ. An erster Stelle in diesem Zusammenhang ist selbstver-

1436 Siehe Kapitel 2.3. Eberhart Windecke schildert, dass zu einem 1429 anberaumten Hoftag in Nürnberg von den Kurfürsten lediglich Friedrich I. erschienen sei, die anderen nur ihre Räte schickten, siehe Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 279. Und auf die dringende Bitte Sigismunds an die Kurfürsten, zu ihm nach Wien zu kommen, erschien der Erzbischof von Mainz zusammen mit Friedrich I., während Kurtrier, Kurköln und Kurpfalz erneut lediglich ihre Räte schickten, siehe RTA 9, Nr. 279, S. 352. Diese beiden Bemühungen sind aber noch vor der eigenen bedrückenden Situation zu sehen und waren noch durch ein denkbar schlechtes Verhältnis zum Luxemburger geprägt. 1437 HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 399. 1438 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 457–485. 1439 So die Begründung König Sigismunds für die Übertragung des vierten Teils an den neuen Zöllen in Franken an Kurfürst Friedrich I. am 3. September 1422, siehe MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 26, S. 76. 1440 So Kaiser Friedrich III. am 1. November 1484 in einem Brief an Markgraf Albrecht, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 17, S. 26–27, hier S. 26.

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ständlich die Belehnung mit der Mark Brandenburg zu nennen,1441 aber eine Vielzahl weiterer Beispiele zeigt, dass sich die Nähe zum König in verschiedener Hinsicht bezahlt machen konnte. Am 12. August 1456 gestand Kaiser Friedrich III. Markgraf Albrecht und dessen Erben beispielsweise das Recht zu, genau wie die Kurfürsten jederzeit und uneingeschränkt ihre Leute, Räte, Diener und Hintersassen – weltliche und geistliche Personen welcher Art auch immer – anfordern zu können. Der Kaiser machte dieses Mandat allen Fürsten, Grafen, Freien, Rittern, Hauptleuten, Schultheißen, Bürgermeistern, Hofrichtern, Amtsleuten, Räten, Bürgern und Gemeinden bekannt mit der Auflage, den Markgrafen und seine Erben in diesem Recht in keiner Weise einzuschränken.1442 Inwiefern Albrecht von diesem Privileg tatsächlich Gebrauch machte, ist schwer zu sagen, für das Ansehen seiner Person wird es durchaus einen gewissen Beitrag geleistet haben. Ähnlich bedeutsam war die Bestätigung sämtlicher Privilegien aus burggräflichen und markgräflichen Zeiten,1443 denn sie festigte im Konfliktfall die Position der Hohenzollern gegenüber anderen Ansprüchen und trug so zu ihrer Legitimation bei. Weitere Zollprivilegien1444 oder andere Regalien1445 könnten hier desgleichen angeführt wer-

1441 Ganz unabhängig von der Aufnahme in die höchste Elite des Reiches kam in einer Belehnung durch den König generell eine Steigerung des Ansehens zum Ausdruck, denn bereits das lateinische Wort honor macht diesen Zusammenhang anschaulich, konnte hiermit doch zugleich die Ehre und das Lehen bezeichnet werden, siehe KAMP, Adeligsein, S. 104. 1442 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 250, S. 315–316. 1443 Am 31. Mai 1433 bestätigte Kaiser Sigismund alle Privilegien der Hohenzollern, wie er es bereits nach der Königskrönung in Aachen gemacht hatte, was die Urkunde ausdrücklich betont, siehe MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 30, S. 80–81. Zwei Jahre später bestätigte der Kaiser zudem die Privilegien König Wenzels, die es dem brandenburgischen Kurfürsten erlaubt hatten, bestimmte Zölle zu erheben, siehe ebd., Nr. 31, S. 81. Markgraf Friedrich II. erhielt am 14. September 1444 zum Beispiel ein Mandat Friedrichs III., dass er alle der Mark Brandenburg entfremdeten Gebiete und Rechte zurückfordern dürfe, siehe CDB II, 4, Nr. 1690, S. 344–345, während der Habsburger Markgraf Albrecht am 24. Januar 1453 alle Rechte für das Haus Hohenzollern bestätigte, siehe CDB II, 4, Nr. 1741, S. 478. 1444 Auch Kurfürst Friedrich II. erhielt ein Zollprivileg: Am 23. Juli 1456 bekam er das Recht zugestanden, in der Mark Brandenburg neue Zölle einrichten zu dürfen und die alten zu erhöhen, obgleich dies gegen das alte Herkommen verstieß, dass bestehende Zollordnungen eingehalten werden mussten, siehe KOSER, Geschichte, S. 153. 1445 Am 8. Januar 1434 erlaubte König Sigismund dem brandenburgischen Kurfürsten beispielsweise, das Münzmeisteramt für 4000 Gulden bei der Stadt Nürnberg auszulösen und zukünftig zu gebrauchen, siehe VON FREYBERG, Regesta, S. 305. Am 4. Februar 1427 übergab Sigismund dem brandenburgischen Kurfürsten das Halsgericht der Märkte Neustadt, Stambach, Gefrees, Stauf, Eifelden und des Amtes Liebenau, siehe MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 18, S. 69. Bereits am 11. Juli 1415 hatte Friedrich den Klosterschutz über das Reichskloster St. Egidien in Nürnberg erhalten, siehe ebd., Nr. 16, S. 67.

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den, schließlich wären auch einige Reichslehen in diesem Zusammenhang zu nennen.1446 Aber auch abseits der Vergabe von Sonderrechten schlug sich die Nähe zum Herrscher in weiteren Arten von Gunsterweisen nieder: Neben verschiedenen Geldzuweisungen1447 oder Urteilen, die die Hohenzollern zu ihren Gunsten am königlichen Hofgericht erwirken konnten,1448 stiftete König Sigismund zum Beispiel vor der Erhebung Burggraf Friedrichs VI. zum Kurfürsten eine Ehe zwischen dessen Sohn Johann und der Tochter des sächsischen Kurfürsten.1449 Am 6. Oktober 1427 schützte er den Markgrafen durch königliche Erlasse vor den Übergriffen Antons von Monheim und Eberhards von Falkmauer und ihrer Gesellschaft.1450 Die besondere Gunst kam zudem demonstrativ zum Ausdruck, wenn die Mitglieder der Dynastie an geheimen Verhandlungen teilnehmen durften,1451 ihr Rat als ausschlaggebend für die königlichen Entscheidungen deklariert wurde, sie mit heiklen, aber äußerst wichtigen Aufgaben betraut wurden1452 oder ihr Eingreifen als einzig mögliche Rettung in höchster Not bezeichnet wurde.1453 Wie eng zum Teil das Vertrauensverhältnis gewesen sein muss, zeigt 1446 Am 2. April 1446 hatte Friedrich III. Markgraf Albrecht beispielsweise den sogenannten Federsee bei Buchau als Reichslehen gegeben, siehe CHMEL, Regesta, Abt. 1, Nr. 2057, S. 206. 1447 Beispielsweise erhielt Friedrich I. am 18. September 1418 42.000 Gulden von Zehnteinnahmen seitens Sigismunds, siehe MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 23, S. 73. Am 4. Februar 1427 bewilligte König Sigismund Friedrich I., aufgrund seiner finanziellen Notlage folgende Reichslehen an die Stadt Nürnberg verkaufen zu dürfen: die Feste und das Amt Nürnberg, das Schultheißenamt, den Markt Werde, verschiedene Dörfer der Nürnberger Umgebung, zwei Mühlen innerhalb des Stadtgebietes, zwei außerhalb und zudem den Nürnberger Zoll, siehe RUDHART, Regesta, S. 89. 1448 Zum Beispiel im Falle der Rechtsstreitigkeiten um den Federsee bei Buchau im Jahr 1456. Trotz zahlreicher berechtigter Einlassungen der Prozessgegner erging das Urteil zugunsten Markgraf Albrechts, siehe SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, Nr. 15, S. 308–366. 1449 Der Brief Sigismunds datiert vom 25. August 1411, siehe MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 10, S. 61–63. 1450 Ebd., Nr. 29, S. 79–80. 1451 Beispielsweise bei den Verhandlungen mit dem Frankfurter Rat am 28. Januar 1420, siehe RTA 7, Nr. 281, S. 409–410. Zum Thema der geheimen und öffentlichen Beratungen allgemein siehe ALTHOFF, Colloquium. 1452 Im Jahr 1444 beauftragte Friedrich III. Markgraf Albrecht auf dem Nürnberger Reichstag, die Vorwürfe des Reiches gegen den König von Frankreich vorzutragen. Zudem war er in diplomatischen Angelegenheiten für die Habsburger tätig und sollte die Reichsstände, die dem neuen König noch skeptisch gegenüberstanden, von der Richtigkeit des Vorgehens gegen den französischen König überzeugen, siehe SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 137–138. 1453 So wollte der habsburgische Kaiser bezüglich des böhmischen Thronstreits, der zeitweise das Reich und die östlichen Fürstentümer nahezu ausschließlich in Atem hielt, unbedingt den Rat Albrechts hören, wie ein Brief vom 31. Juli 1473 deutlich zeigt, siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften S. 164–166. Bei den Verhandlungen mit Karl dem Kühnen 1473 in Trier schickte Friedrich III. immer wieder Briefe an ihn mit der Bitte, persönlich an den Treffen teilzunehmen, siehe ebd., S. 157–164. Nach dem Scheitern dieser Verhandlungen

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auch die Tatsache, dass es sich Markgraf Albrecht auf der Landshuter Hochzeit herausnehmen durfte, den Kaiser in einem mehr oder weniger vertraulichen Gespräch für sein Benehmen während des Festes zu kritisieren, und der Gescholtene daraufhin sogar sein Verhalten korrigierte.1454 In einem anderen Zusammenhang1455 wurde zudem bereits darauf hingewiesen, dass die gemeinsam verbrachte „kurtzweyl“ und wechselseitig vorgebrachte Einladungen an den Hof Nähe und Verbundenheit ausdrückten und zugleich erzeugten. Der Aspekt der Repräsentation, der insbesondere bei festlichen Mählern, Tanzveranstaltungen, Turnieren und bei der höfischen Jagd zum Ausdruck kam, wurde naturgemäß um ein Vielfaches gesteigert, wenn diese Gelegenheiten zur Kurzweil in Anwesenheit oder zu Ehren des Reichsoberhauptes veranstaltet wurden. Deswegen ist es bemerkenswert, dass alle regierenden römisch-deutschen Könige im 15. Jahrhundert Gäste an den Höfen der Hohenzollern waren, insbesondere in Franken, und das aufwendige Hofleben genossen, das die Markgrafen zu unterhalten wussten. Besuche von Fürsten an anderen Höfen waren stets eine aufsehenerregende Angelegenheit, und dies galt selbstverständlich bei einem Aufenthalt des Königs oder Kaisers umso mehr. So wurde deren Anwesenheit an den Höfen der Hohenzollern von der Chronistik fleißig vermerkt und von den fürstlichen Standesgenossen entsprechend kritisch registriert.

und nun angesichts der Bedrohungen durch den burgundischen Herzog bat der Kaiser den Markgrafen umso dringender darum, zu seinem Hof in Rothenburg zu stoßen, um dort mit ihm über die politische Lage zu beraten, siehe den Brief Ludwigs von Eyb vom 17. Dezember 1473 ebd., S. 228–230. Noch im April 1485 schrieb der Kaiser Albrecht flehentlich: „Daneben zwingen vns die grossen Notn dorInn wir des kriegs steen, das wir nit lassen mögen dich als vnsern lieben freund, zu dem wir vnser hochstes vertrawen sezen, vmb Rathe vnd hilff zu ersuchen, vnd begeren an dein lieb mit besundern vnd ganßem vleys bittend, Du wollest vns deinen getrewen Rathe mitteylen, wie wir doch ein furderliche hilff on Zusamenkomen vnnser, vnd vnnser Churfursten vnd Fursten auffbringen, vnd Wyen damit erretten, dann layder die sachen vmb vns vnd wyen dermassen gestalt ist, das wir keinen verzug dorInnen erleyden, noch der nachfolg des getrewen Rats, so du vns nechstmols gegeben host erharren mogen, dann wo du verstundst vnd wessest, das wir on zusamkomen ye kein hilff aus dem heyligen Reych gehaben mochten […]“, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 85, S. 98–99, hier S. 98. 1454 So hatte der Markgraf den Kaiser dafür kritisiert, dem Brautpaar nichts geschenkt zu haben, woraufhin Friedrich III. später ein Schmuckstück überreichen ließ, siehe Kapitel 2.1. 1455 Siehe Kapitel 3.2.

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Das Kaiserliche Landgericht und die richterliche Stellvertreterfunktion für das Reichsoberhaupt als Zeichen von Nähe Unter allen Privilegien, welche die hohenzollerischen Kurfürsten und Markgrafen im Verlauf des 15. Jahrhunderts vom jeweiligen Reichsoberhaupt erhalten haben, spielten die Sonderrechte, die auf die Durchsetzung und Ausweitung der Kompetenzen des sogenannten Kaiserlichen Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg abzielten, eine bedeutende Rolle. Das Landgericht sollte nicht nur in den theoretischen Konzeptionen Markgraf Albrechts eine zentrale Funktion übernehmen, sondern besaß für die praktische Politik der Hohenzollern während des gesamten 15. Jahrhunderts tatsächlich einen großen Stellenwert. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es wegen der Ausübung der Gerichtsrechte immer wieder zu massiven Konflikten mit anderen Reichsfürsten und Reichsstädten kam. Die historische Forschung hat sich immer wieder mit diesen Auseinandersetzungen um das Kaiserliche Landgericht befasst, im besonderen Maße in solchen Untersuchungen, welche die Person Albrechts Achilles als Markgraf in den fränkischen Territorien oder sein Verhältnis zu Herzog Ludwig dem Reichen in den Mittelpunkt stellten.1456 Die frühe preußische Geschichtsschreibung zeigte dabei Verwunderung über die markgräfliche Auslegung der kaiserlichen Privilegien,1457 fand diese Bemühungen aber auch bezeichnend für eine Zeit, „[…] die sich durch eine erstaunliche Unkenntnis früherer Rechtsverhältnisse auszeichnete.“1458 Und mit ganz unterschiedlichem Ergebnis wurde immer wieder die Frage thematisiert, aus welchem Grund Albrecht einen so erstaunlichen und dauerhaften Ehrgeiz bei dem Versuch der Durchsetzung ausgeweiteter Gerichtskompetenzen an den Tag gelegt habe.1459 Es wurde einerseits die Auffassung vertreten, dass Albrechts Vorstellungen über die Aufgaben seines Landgerichts im Einklang mit seinen „aufrichtigen Rechtsvorstellungen“1460 gestanden hätten, sie also deutlicher Ausdruck der traditionellen hohenzollerischen Politik seien, im Auftrag des 1456 Siehe dazu zum Beispiel VOGEL, Des Ritters, insbesondere S. 23; MERZBACHER, Iudicium provinciale, insbesondere S. 37–41; KLUCKHOHN, Ludwig der Reiche, S. 60–70, S. 183–184 und S. 332; SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 104–112; SCHUBERT, Zur Konzeption; und WERMINGHOFF, Ludwig von Eyb, S. 84–87, S. 100–108, S. 113 und S. 354–356. Zum Kaiserlichen Landgericht Nürnberg aus neuerer Zeit siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, insbesondere S. 458–464. 1457 VOGEL, Des Ritters, S. 18. 1458 KLUCKHOHN, Ludwig der Reiche, S. 61. 1459 In diese Richtung fragt zum Beispiel WERMINGHOFF, Ludwig von Eyb, aber in der neueren Forschung auch SEYBOTH, Die Markgraftümer. 1460 SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 146.

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Kaisers und anstelle des Kaisers für das Reich zu handeln. Andererseits wurde die Vermutung angestellt, dass der Markgraf mit der Ausdehnung seiner Gerichtskompetenzen seine reichsfürstliche Stellung insgesamt habe aufwerten wollen.1461 Die einschlägigen Quellen aus der Zeit des 15. Jahrhunderts zeigen zunächst einmal sehr deutlich, dass das Kaiserliche Landgericht nicht erst seit der Regierungszeit Albrechts von den Hohenzollern als politisches Instrument zum Einsatz gebracht wurde, denn bereits Friedrich I. wusste die verschiedenen Privilegien König Sigismunds zugunsten des Gerichts für sich zu nutzen. Als Funktionen, die das Gericht für die Hohenzollern bereits seit der Zeit Friedrichs I. besaß, können die Abwehr regionaler Konkurrenten in Franken und die Steigerung der reichsfürstlichen Position genannt werden. Es lässt sich allerdings feststellen, dass sich erst unter der Federführung Markgraf Albrechts eine regelrechte Strategie der Hohenzollern herauskristallisierte und es innerhalb der Politik der Dynastie eine enorme Aufwertung erfuhr. Das „iudicium provincale in Nurenberch“ wurde den Hohenzollern im Jahre 1273 von König Rudolf von Habsburg als Reichslehen verliehen1462 und von den nachfolgenden römisch-deutschen Königen wie Albrecht I.1463 oder Ludwig dem Bayern1464 immer wieder zusammen mit der Burggrafschaft Nürnberg bestätigt. Generell lässt sich feststellen, dass Landgerichte seit fränkischer Zeit die für eine Grafschaft zuständigen Hochgerichte von Grafen darstellten; hier waren sämtliche ansässigen oder begüterten Freien und Ministerialen dingpflichtig.1465 Die kaiserlichen Landgerichte waren zusätzlich als kaiserliche Lehen gekennzeichnet und sprachen deshalb kraft kaiserlicher Autorität Recht. Sachlich waren sie für Grundstücks- und Freiheitssachen, Acht- und Anleiteverfahren zuständig.1466 In Oberdeutschland entwickelten sich im späten Mittelalter eine ganze Reihe solcher kaiser1461 SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 107. Reinhard Seyboth weist in diesem Zusammenhang richtigerweise darauf hin, dass der Markgraf zugleich territoriale Ziele verfolgte, wie in Kapitel 5.1 zu zeigen sein wird. 1462 STILLFRIED /MÄRCKER, Monumenta Zollerana 2, Nr. 129, S. 75–76; die Urkunde datiert vom 25. Oktober 1273. Rudolf von Habsburg erneuerte die Urkunde am 4. September 1281, siehe ebd., Nr. 246, S. 128. 1463 Ebd., Nr. 300, S. 211, und Nr. 435, S. 367. 1464 Ebd., Nr. 628, S. 409. Karl IV. bestätigte bereits zwei Wochen nach dem Tod Ludwig des Bayern erstmalig den Burggrafen sämtliche Lehen einschließlich des Landgerichts, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 3, Nr. 176, S. 83. Im Jahr 1366 tat er dies erneut, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 8, Nr. 284, S. 191. Sein Sohn, König Wenzel, beglaubigte im Februar 1381 die Lehnsrechte der Burggrafen, desgleichen sein Nachfolger König Ruprecht am 18. September 1401, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 125, S. 156. 1465 MERZBACHER, Art. ‚Landgericht‘, Sp. 1495. 1466 Ebd., Sp. 1499.

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licher Gerichte, von denen einige im Laufe der Zeit den mehr oder weniger erfolgreichen Versuch unternahmen, ihre Kompetenzen über ihre ursprünglichen Zuständigkeitsbereiche hinaus auszuweiten.1467 Als Beispiele können hier das Rothenburger Landgericht, Rottweil oder Zürich genannt werden. Auch das Nürnberger Landgericht unternahm verschiedentlich im 14. Jahrhundert in dieser Hinsicht Vorstöße, seine Gerichtsbarkeit über benachbarte Territorien, insbesondere die benachbarten Reichsstädte und geistlichen Stifte auszudehnen, trotz der verbrieften Zuständigkeiten anderer Gerichte.1468 Diese Entwicklung wurde in der Folgezeit durch königliche Privilegierung weiter befördert. Seit Beginn des 15. Jahrhunderts kam es zu erheblichen Konflikten des Nürnberger Landgerichts mit anderen Gerichten, die ebenfalls mit entsprechenden Privilegien ausgestattet waren: Beispielsweise bestritt das Nürnberger Gericht am 20. November 1403 dem Würzburger Bischof das Recht, die Burggrafen vor das Gericht des Herzogtums Franken zu laden,1469 am 30. Juni 1406 erging ein Schiedsspruch wegen Kompetenzstreitigkeiten mit der Stadt Rothenburg bezüglich der Landgerichte,1470 und in den Folgejahren kam es erneut zu Auseinandersetzungen wegen der Gerichtszuständigkeiten mit dem Würzburger Bischof.1471 Trotzdem bestätigte König Sigismund Friedrich I. am 24. Juli 1417 sämtliche Privilegien der Hohenzollern bezüglich ihres Landgerichts. Dieselbe Urkunde legte zudem fest, dass die Stadt Regensburg nun nicht mehr wie bisher von diesem Landgericht befreit sein sollte. Die Klausel war insofern pikant, als der Luxemburger gleichzeitig zugeben musste, dass „ein brief uß unser kunglichen canzly gegangen und den burgern der stat zu Regenspurg villiht von unwissenheite oder ubriger bede wegen“1472 gegeben worden war. In diesem Brief war der Stadt Regensburg nur drei Jahre zuvor 1467 VOGEL, Des Ritters, S. 4–5. 1468 Ebd., S. 14–15. 1469 „[…] die selben herren heten eim lantgericht der Burgrafschaft zu Nurenberg, des sye von dem heiligen Römischen Reiche vnd auch dez heiligen Reichs kurfürsten gut vrkunde vnd briefe heten […]“, deshalb dürften sie nicht vor das Gericht des Würzburger Bischofs geladen werden, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 226, S. 216–217. 1470 Friedrich Schenk von Limpurg hatte einen Schiedsspruch erlassen, da es zu Konflikten zwischen beiden Parteien „von der ladung vnd vollung wegen, als der obgenant vnser herre der burggraf die vorgenanten von Rotenburg, ir lewte vnd ire guter auf sein Lantgerichte des Burggraftums zu Nurenberg, vnd die yetzundgenante von Rotenburg denselben vnsern herrn den Burggrafen, sein lewte vnd seine guter widervmb auf ir Lantgerichte gen Rotenburg, geladen vnd ervollet hetten“ gekommen war „vnd jetweder teil meynet, das dez nicht sein solt, nach ir bayder freyhaitbriefe laute vnd sage“, siehe ebd., Nr. 347, S. 357–358, hier S. 357. 1471 Ein von Burggraf Friedrich VI. zwischen dem Bischof von Würzburg und seinem Bruder Johann ausgehandelter Vergleich bezüglich Kompetenzstreitigkeiten ihrer beider Landgerichte datiert beispielsweise vom 21. September 1415, siehe Monumenta Zollerana 7, Nr. 432, S. 332–336. 1472 Regesta Imperii 11, 1, Nr. 2488, S. 322.

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die Befreiung vom Landgericht bestätigt worden.1473 Trotzdem ließ sich das Reichsoberhaupt genauso wenig wie durch die Beschwerden Herzog Ludwigs von Bayern-Ingolstadt nur kurze Zeit darauf von der Unterstützung der Interessen des brandenburgischen Kurfürsten abbringen. Durch das Gericht, dessen Autorität durch die erneute königliche Privilegienbestätigung erheblich gestärkt worden war, war Friedrich I. ein Instrument in die Hand gegeben, mit dessen Hilfe er zunächst systematisch seine Stellung gegenüber den Konkurrenten im süddeutschen Raum ausbauen konnte und das auf diese Weise im Rahmen der fränkischen Territorialpolitik effektiv verwendbar war.1474 Und obgleich das Reichsoberhaupt im Zuge der verschlechterten Beziehungen zu Friedrich seit dem Beginn der 1420er Jahre immer wieder versuchte, den Einfluss des Gerichtes zu beschneiden,1475 lässt die rege Prozesstätigkeit in dieser Zeit nichts von einer Beeinträchtigung ahnen. Im Konfliktfall ließen die Hohenzollern immer wieder die königlichen und kaiserlichen Privilegien vorlegen, einschließlich der Privilegienbestätigung König Sigismunds, die sie in der Vergangenheit erhalten hatten, und beharrten auf der Legitimität ihrer Ansprüche. Vor allem wurde aber bereits sehr früh eine Argumentationsfigur entwickelt, die die Präzedenz des Nürnberger Landgerichts gegenüber allen anderen Gerichten im Reich belegen sollte: Am 3. Oktober 1413 antwortete Burggraf Johann auf einen Brief König Wenzels, in dem dieser gefordert hatte, die Vorladung verschiedener Bürger aus Eger vor das Nürnberger Landgericht abzuweisen und an ihn zu übergeben.1476 Bereits über 50 Jahre zuvor, im Jahr 1358, hatten die Hohenzollern erstmalig versucht, ihre Gerichtshoheit bis nach Böhmen auszudehnen, waren jedoch damit an der strikten Gegenwehr Kaiser Karls IV. gescheitert. Burggraf Johann, der lange Jahre zu den wenigen Vertrauten Wenzels im Reich gehört und seine 1473 Am 29. Juli 1414 hatte Sigismund den Regensburger Bürgern noch das Recht bestätigt, nur vor ihrem Stadtgericht erscheinen und sich insbesondere vor dem Landgericht der Burggrafen nicht verantworten zu müssen, siehe ebd., Nr. 1110, S. 214. 1474 Zum Einsatz des Kaiserlichen Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg als Mittel der hohenzollerischen Territorialpolitik siehe die Ausführungen im Kapitel 5.1. 1475 Kaiser Sigismund setzte beispielsweise am 19. April 1433 ein Landgerichtsurteil gegen die Stadt Kempten außer Kraft, siehe Regesta Imperii 11, 2, Nr. 9416, S. 421, verwies eine am Nürnberger Gericht verhandelte Rechtssache über ein im Rottweiler Territorium gelegenes Gut am 23. November 1433 wieder zurück an das Rottweiler Hofgericht, ebd., Nr. 9829, S. 478, und legte nach Übergriffen noch einmal explizit fest, dass das in der Regensburger Diözese gelegene Kloster Waldsassen vom Nürnberger Landgericht befreit war, siehe ebd., Nr. 12044, S. 509, nachdem er sogar noch einmal am 30. Dezember 1433 der Stadt Regensburg das Privileg erteilt hatte, sich vor keinem Landgericht verantworten zu müssen, siehe ebd., Nr. 9905, S. 456. 1476 STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 8, Nr. 521, S. 382–384.

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Absetzung im Jahr 1400 nicht unterstützt hatte, vermittelte auch im Brief aus dem Jahr 1413 noch immer den Anschein des loyalen Vertrauten des Luxemburgers. Nicht nur, dass er das Schreiben an den „allerdurchlewchtigsten fursten vnd hern herren Wenczlaw romischen künige etc., meinem gnedign hern“1477 adressierte, er versicherte diesem auch, dass er alles, was er für Wenzel billigerweise tun könne, gerne tun werde. Trotzdem bestand Johann strikt darauf, dass die Nürnberger Burggrafen von Königen und Kaisern Privilegien besäßen, die jegliche – auch zukünftige – Beeinträchtigung der Herrschaft der Burggrafen oder ihrer Nachkommen oder eine Minderung des Nürnberger Landgerichts untersagten. Diese Briefe und Privilegien habe Kaiser Karl IV. bestätigt. Außerdem habe Wenzel selbst als römischer König, als König von Böhmen und böhmischer Kurfürst mit der Bestätigung der anderen Kurfürsten alle Rechte und Freiheiten konfirmiert, die die Hohenzollern von Königen und Kaisern erhalten hätten.1478 Deswegen seien die Vorladungen der Eger Bürger rechtmäßig, obwohl der Burggraf hoffte, dass „[…] ewr gnade, vns des nicht in argk auffzunemen […].“1479 Der Hinweis des Burggrafen auf die Bestätigung der Privilegien der Hohenzollern, die dieser als römisch-deutscher König getätigt hatte, war insofern heikel, wenn man die Rolle bedenkt, die Burggraf Friedrich VI., der Bruder Johanns, nur dreizehn Jahre zuvor bei der Absetzung Wenzels gespielt hatte. Neben dem deutlichen Beharren auf der Privilegierung war das Besondere des burggräflichen Schreibens aber vor allem, dass hier erstmalig die Formulierung auftauchte,1480 dass „[…] wir oder vnser lantrichter an vnser stat von vnsern wegn das lantgericht zu Nuremberg eben an eynes kaisers stat halten, besiczen vnd alles gericht richten schulln vnd dem vorsiczen mugen.“1481 Burggraf Johann reklamierte also eindeutig das verbriefte Recht der Nürnberger Burggrafen, anstelle des Kaisers das Gericht abzuhalten und diesem vorzusitzen. Diese Auslegung des Landgerichtsprivilegs, das als inserierter angeblicher Urkundenauszug Kaiser Karls IV. wiedergegeben ist, sollte innerhalb der nächsten Jahrzehnte die Grundlage für die argumentative Strategie der Hohenzollern bilden, ihr Landgericht zum obersten Reichsgericht zu erklären: Während das Landgericht bislang schlicht entsprechende Vorladungen vorgenommen und bei Widerstand versuchte hatte, auf der Grundlage der uneindeutigen Zuständigkeitsbereiche zu argumentieren, legten die Hohenzollern hier zum ersten Mal Wert auf eine Stellvertreterfunktion für das 1477 1478 1479 1480 1481

Ebd., S. 384. Ebd., S. 383. Ebd., S. 384. TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 188. STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 8, Nr. 521, S. 383.

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Reichsoberhaupt. Auf diese Weise nahmen sie eine dezidierte „theoretische Grundlegung“ vor, um ihre Präzedenz zu begründen. Dass Johann den Zeitpunkt für günstig hielt, die Kompetenzen des Landgerichts auszuweiten, mag vielleicht auch an der politischen Aufwertung der Hohenzollern im Reich seit der Wahl König Sigismunds liegen. Sein Bruder, Friedrich VI., war durch Sigismund 1411 als Verweser in der Mark Brandenburg eingesetzt worden1482 und gehörte zu diesem Zeitpunkt mit dem Pfalzgrafen zu den wichtigsten Vertrauten des Königs im Reich. Und auch Johann stand in dessen Gunst, hatte Sigismund ihn bei der Wiederholung der Wahl des Jahres 1411 doch mit der brandenburgischen Kurstimme beauftragt. Bemerkenswerterweise wurde nur kurze Zeit, nachdem die Hohenzollern sich für ihr Burggrafenamt in ihrem Landgericht erstmalig eine Stellvertreterfunktion des Königs zugesprochen hatten, auch das Siegel des Landgerichts (Abb. 4) verändert. Während zuvor die Umschrift der Siegel den jeweils regierenden Burggrafen namentlich als Richter angab,1483 war nun seit dem Jahr 1414 vom „SIGILIUM IUDICII PROVINCIALIS BURGGRAUIATUS IN NURENBERG“1484 zu lesen. Die neue Umschrift brachte zum Ausdruck, dass das Amt des Landrichters nicht mehr an eine bestimmte Person gebunden sein sollte, sondern als überzeitliche, an das Burggrafentum Nürnberg geknüpfte Würde verstanden wurde, wobei das Burggrafentum im Selbstverständnis der Hohenzollern die Grundlage ihres Fürstenstatus bildete. Des Weiteren wurde auf dem Siegel eine auf einem Richterstuhl sitzende Figur mit einem Richtschwert in der Rechten und einem Fürstenhut auf dem Kopf dargestellt. Die Figur auf dem Wappen war eindeutig als Burggraf zu identifizieren, denn auf der linken Seite wurde sie durch das schwarz-weiß gevierte Zollernschild flankiert, während ein mit einem Löwen versehenes burggräfliches Amtswappen zu ihrer Rechten abgebildet war. Das Unterstreichen des Fürstenrangs und die Hervorhebung des Burggrafentums als ein Fürstentum gehen aus der Neugestaltung des Siegels deutlich hervor. Eine weitere Änderung des Siegels erfolgte dann bezeichnenderweise im Zuge der durch Markgraf Albrecht forcierten Kampagne zur Etablierung des Landgerichts als oberstes Reichsgericht in der Mitte des 15. Jahrhunderts: Nun wurde der brandenburgische Adler als Symbol des hohenzollerischen Kurfürstentums in das Landgerichtssiegel aufgenommen.1485 1482 Urkunde vom 8. Juli 1411, siehe Regesta Imperii 11, 1, Nr. 58, S. 69–70. 1483 TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 177. 1484 Also vom ‚Siegel des Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg‘. Eine Abbildung findet sich in STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 7, Nr. 326, S. 246. Das Original wird im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg aufbewahrt. 1485 RIEDEL, Über den Ursprung, S. 389, Fußnote 50a.

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Bereits im 13. und 14. Jahrhundert hatte das Landgericht indirekt einen wichtigen Beitrag für die politische Aufwertung der Hohenzollern geleistet, worauf Adolph Friedrich Riedel schon frühzeitig hingewiesen hat. Er betonte in seinen Ausführungen zur Burggrafschaft Nürnberg, dass in fast allen Markgrafschaften die Markgrafen es geschafft hätten, die Burggrafen von der Gerichtsverwaltung zu entfernen. Nur in der Burggrafschaft Nürnberg sei das Gegenteil der Fall gewesen, da der Burggraf „im Nürnberger Landgerichte die eigentlich dem Markgrafen gebührende Stellung“ eingenommen habe.1486 Die Folge sei gewesen, dass die Burggrafschaft einer unmittelbar zu Lehen verliehenen Grafschaft geglichen habe, und so sei sie bereits im 13. Jahrhundert auch in entsprechenden königlichen Urkunden als ‚Grafschaft‘ bezeichnet worden.1487 Im 14. Jahrhundert fänden sich viele Belege für eine solche Benennung und auch die Hohenzollern hätten sich als ‚Grafen‘ bezeichnet oder beide Titel parallel geführt.1488 Entsprechende Beispiele seien noch bis ins 15. Jahrhundert, bis in die Regierungszeit Friedrichs I. hinein nachzuweisen. Riedel schlussfolgerte, dass das burggräfliche Landrichteramt deshalb für die politische und soziale Stellung der Burggrafen ausgesprochen bedeutend gewesen sei, da sich wegen des Status einer reichsunmittelbaren Grafschaft mit dem Gerichtsbann weitere Rechte verbunden hätten, vor allem das Fahnlehen einer Grafschaft mit dem Recht des Heerbannes. Dies sei elementare Voraussetzung für die fürstliche Gewalt gewesen. In ihrem gesamten Jurisdiktionsbereich hätten die Burggrafen militärische und richterliche Gewalt innegehabt.1489 Damit sei auch zu erklären, warum Karl IV. in seinem Privileg von 1363, das den Hohenzollern fürstliche Rechte verlieh, davon gesprochen habe, dass bereits die Würde des Burggrafenamts die Burggrafen den Fürsten gleichstelle, denn die mit dem Amt verbundenen Besitzungen, Einkünfte und nutzbaren Rechte seien ansonsten nicht der Rede wert gewesen.1490 Stimmt man mit der Argumentation Riedels überein, dann erbrachte der Zuständigkeitsbereich des Landgerichts für die Hohenzollern als Inha1486 Ebd., S. 394. 1487 Die Urkunden Rudolfs von Habsburg von 1273 und 1281 sprächen von einer „burggräflichen Grafschaft (comitiam Burggrauii in Nurenberch)“, siehe ebd. 1488 Riedel bringt eine Vielzahl von Beispielen aus dem 14. Jahrhundert: Eine Urkunde der Äbtissin zu Birkenfeld von 1370 spricht beispielsweise von Graf Friedrich als dem Burggrafen von Nürnberg, siehe ebd., S. 395, Fußnote 59. Noch im Jahre 1404 sind entsprechende Belege zu verzeichnen, zum Beispiel in einer Urkunde des Hirschberger Landgerichts: „Graff Fridrich pürgraff zu Nuremnberch“, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 261, S. 249–251, hier S. 250. 1489 RIEDEL, Über den Ursprung, S. 402–403. 1490 Ebd., S. 403.

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ber des Burggrafenamts bereits im 13. und 14. Jahrhundert indirekt eine enorme politische und soziale Aufwertung, denn er steckte den Rahmen ab, in dem ihnen neben dem Gerichtsrecht noch weitere Herrschaftsrechte zukamen. Noch vor dem Aufstieg in das Kurkollegium und der damit verbundenen Belehnung mit einem Fürstentum verhalf ihnen das Landgericht also zu einem ‚fürstengleichen‘ Status. Mit dem Regierungsantritt Markgraf Albrechts im Fürstentum Ansbach begann schließlich die wichtigste Phase des Nürnberger Landgerichts, gekennzeichnet durch eine immer deutlicher werdende Zuspitzung des Landgerichtsthemas auf zwei Aspekte: Zum einen setzte Albrecht alles daran, seine Auffassung durchzusetzen, dass das Nürnberger Landgericht im gesamten Reichsgebiet für alle Arten von Streitfällen zuständig sei. Zum anderen, und davon abgeleitet, wollte der Hohenzoller sich selbst die Funktion eines ‚obersten Reichsrichters‘ zuweisen. Damit fügte sich Albrecht in einen allgemeinen Trend der Zeit ein, indem er zur Rangsteigerung Reichsinstitutionen für sich zu vereinnahmen suchte, wie PaulJoachim Heining deutlich gemacht hat.1491 Denn im Zuge des Versuchs Georg Podiebrads im Jahre 1458, die römisch-deutsche Königskrone zu erlangen, hatten sich beispielsweise der Mainzer Kurfürst das Reichsvikariat und Friedrich der Siegreiche von der Pfalz die Reichshauptmannschaft von diesem zusichern lassen.1492 Zudem versuchte Herzog Ludwig von Bayern-Landshut 1464 das Amt des Königlichen Hofmeisters, das Markgraf Albrecht zu diesem Zeitpunkt noch immer innehatte, von Kaiser Friedrich III. übertragen zu bekommen.1493 Alle diese Versuche zielten letztlich darauf ab, die eigene fürstliche Position innerhalb der Reichspolitik auszubauen. Die systematischen Anstrengungen Albrechts, seinen reichsfürstlichen Rang mithilfe des Kaiserlichen Landgerichts aufzuwerten, werden auf unterschiedlichen Ebenen sichtbar: Nicht allzu lange Zeit nach seinem Regierungsantritt sind zunächst einmal vermehrte Zuständigkeitskonflikte im Grenzgebiet zu Würzburg festzustellen. Diese zeigen deutlich sein Bemühen, seinem Hauptkonkurrenten in Bezug auf die gerichtliche Vormachtstellung den Rang abzulaufen. Die Anstrengungen waren durchaus von Erfolg gekrönt: Beispielsweise unterwarf sich die Reichsstadt Schweinfurt freiwillig dem Nürnberger Gericht, nachdem sie sich im Jahr 1443 der Würzburger Landgerichtskompetenz entzogen hatte.1494 1491 HEINIG, Friedrich III., Teil 1, S. 233. 1492 HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 16, S. 59–64, hier S. 63, bzw. Nr. 14, S. 52–58, hier S. 53– 54. 1493 HÖFLER, Fränkische Studien IV, Nr. 3, S. 28. 1494 STEIN, Geschichte, Bd. 2, S. 31, 39, 44, 49 und S. 80.

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Als flankierende Maßnahme der Prozesserfolge begann Dr. Peter Knorr, vertrauter Rat und Rechtsberater Markgraf Albrechts über viele Jahre,1495 zudem eine diskursive Kampagne für das Landgericht. Am 10. Dezember 1443 verfasste er zunächst eine Appellation gegen eine Beschwerde des Bamberger Bischofs bei König Friedrich III. bezüglich des Ausgreifens des Nürnberger Landgerichts auf den Bamberger Gerichtsbezirk.1496 Knorr wies darauf hin, dass die Markgrafen zu Brandenburg und Burggrafen von Nürnberg, ihre Vorfahren und insbesondere Friedrich I. vielfältig von Königen und Kaisern privilegiert worden seien und sich unter diesen Privilegien auch ein Landgericht befunden habe, in dem „[…] ain Jeder Burggrafe der In den Zeyten ist, sitzen, vnnd an statt aines Romischen Kayßers oder Kunigs richten soll, vnnd mag, alle richtende Gericht, das auch also meinen obgenanten Herrn der Marggrauen eltern, Ir vatter, vnnd auch Sie bishere lenger den Jemand verdencken mag, In stiller nutzlicher gerFrter Gewere on all rechtlich einspruche herbracht, also das sie In obgeschribner masse, an dem Reinstrom, In Schwaben, Bayrn, Francken, vnnd sunderlich In dem Lande des Stiffts, vnd Statt zu Bamberg gerichtet haben, auch das obgemelt Lanndtgericht, also vor alter ist herkumen, das kain R=misch kunig, von seiner aigen Macht, on aller des Hailigen Reichs Churfursten willen, wider des obgenant Landtgericht, nicht Macht hatt, zu geben kaynerlay Freyhait, nach dem als das durch den Allerdurchleuchtigsten FFrsten und Herrn, Herrn Sigmunden vnuergrifflich gedechtnusse, R=mischen Kaysern rechtlichen geleutert vnnd erkant ist, vnnd lenger den jemand verdencken mag, allzeyt In loblicher guter Gewonhait herbracht vnnd komen ist […].“1497

Die Urteile des Landgerichts seien auch von königlichen und kaiserlichen Hofgerichten bestätigt worden, und auch König Friedrich III. habe bei seiner Krönung mit Willen und Wissen der Kurfürsten die Privilegien für das Landgericht beglaubigt.1498 Die Erwiderung Dr. Peter Knorrs kennzeichnete eindeutig eine neue Phase in der Auseinandersetzung, denn die Argumentation des markgräflichen Rats ging ein großes Stück über die ‚Landgerichtspolitik‘ unter Markgraf Friedrich I. hinaus. Neben dem mittlerweile bewährten Argument der Stellvertretung des Reichsoberhaupts finden sich nun einige entscheidende Neuerungen in den Ausführungen: Die Hohenzollern vertraten hier erstmalig die Position, dass ihr Landgericht über alle „richtenden Gerichte“ richten dürfe, also die Autorität eines Obergerichts für alle Gerichte im Reich besitzen sollte. 1495 SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 363, Fußnote 96. Allgemein zu Dr. Peter Knorr siehe KIST, Peter Knorr, und BAERISWYL-ANDRESEN, Dienstleister. 1496 HARPPRECHT, Staats-Archiv, Nr. 23, S. 128–133. 1497 Ebd., S. 129. 1498 Ebd., S. 129–130.

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Knorrs Einlassung ist auch insofern bemerkenswert, da sie selbstbewusst den Anspruch formulierte, dass kein römischer König ohne die Zustimmung aller Kurfürsten Freiheiten oder Privilegien vergeben dürfe, die die Rechte des Landgerichts schmälern würden oder ihnen zuwiderliefen. In seinen Ausführungen bezog sich Knorr auf das bereits erwähnte Privileg König Sigismunds vom 24. Juli 1417. Der Luxemburger hatte hier zwar tatsächlich ausgeführt, dass alle den Freiheiten des Nürnberger Landgerichts zuwiderlaufenden Verleihungen, die jemals vergeben worden waren oder zukünftig vergeben werden würden, nicht gültig sein sollten, und dabei darauf verwiesen, dass alle Kurfürsten hierzu ihre Zustimmung gegeben hätten. Aber natürlich hatte Sigismund keineswegs formuliert, dass es für anderslautende Privilegien das Einverständnis aller Kurfürsten bedürfe.1499 Für die Hohenzollern wäre eine solche Regelung natürlich von großem Vorteil gewesen, da eine Zustimmung aller Kurfürsten zu einer Beschneidung der Nürnberger Landgerichtsprivilegien praktisch unmöglich war, verfügten die Hohenzollern ja selbst über die brandenburgische Kurstimme. Der Bestand der Urkunden des Kaiserlichen Landgerichts im Staatsarchiv Nürnberg macht deutlich, dass die diskursiven und praktischen Bemühungen Markgraf Albrechts um das Gericht in den 1440er und 1450er Jahren durchaus erfolgreich waren, denn es gelang nun erstaunlich konstant, nicht nur Rechtsfälle aus dem süddeutschen Raum, sondern aus fast allen Teilen des Reiches ans Nürnberger Gericht zu ziehen.1500 Ausgesprochen aussagekräftig ist in diesem Zusammenhang auch die Zusammensetzung der vorgeladenen Personen bzw. Personengruppen, denn in den Akten lassen sich Prozesse der Kurfürsten von Trier,1501 Mainz1502 und der Pfalz1503 genauso finden wie gegen die Herzöge von Bayern-Landshut1504 oder Österreich.1505 Die Bischöfe von Bamberg und Augsburg wurden vor das Nürnberger Landgericht geladen, genauso wie eine große Anzahl von Reichsstädten.1506 Schließlich finden sich auch Vorladungen gegen genossenschaftliche Verbindungen, die politisch großen Einfluss hatten, so beispielsweise die Ritterschaft mit dem St. Jörgenschild.1507 Den Zeitgenossen wurde die reichsweite Zuständigkeit des Kaiserlichen Landgerichts also 1499 1500 1501 1502 1503 1504 1505 1506 1507

MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 19, S. 69–71. StANü, Kaiserliches Landgericht Nürnberg, Urkunden. Ebd., Nr. 173. Ebd., Nr. 104. Ebd., Nr. 149. Ebd., Nr. 94. Ebd., Nr. 129. Zum Beispiel Köln, siehe ebd., Nr. 198. Ebd., Nr. 109.

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immer wieder praktisch vor Augen geführt, und zwar auf ganz unterschiedlichen ständischen Ebenen: In kontinuierlichen Abständen lud man Bauern und niederen Adel aus der direkten fränkischen Nachbarschaft vor das Gericht, während gleichzeitig Prozesse aus dem ganzen Reichsgebiet, die Vertreter der höchsten sozialen Elite betrafen, an das Landgericht gezogen wurden. Bei der Etablierung des Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg als oberstes Reichsgericht setzte Markgraf Albrecht auch auf sprachliche Mittel. Denn in den schriftlichen Ausführungen zum Landgericht sprach der Hohenzoller fast durchgängig vom „keiserlichen lantgericht“1508 des Burggrafentums Nürnberg, ein Zusatz, der sofort deutlich machte, dass sich das Nürnberger Gericht von anderen Landgerichten merklich unterschied. Bezeichnenderweise findet sich diese Formel in den früheren Urkunden und Briefen der Hohenzollern noch nicht, an den entsprechenden Stellen ist dort ausschließlich vom „iudicium provinciale in Nurenberch“1509 bzw. in der deutschen Übersetzung vom „Landgericht des Burggrafen in Nürnberg“1510 die Rede. Diese subtilen Hinweise auf die herausragende Position des Nürnberger Gerichts, die die Stellvertretung des Kaisers bereits im Namen anzudeuten schienen, bedeuteten eine kleine, aber durchaus entscheidende Akzentverlagerung. Viel weniger beiläufig, sondern ganz explizit formuliert eine im Rahmen des Ersten Markgrafenkrieges verfasste Denkschrift,1511 bei dem es auch zu Konflikten um die Zuständigkeit des Landgerichts mit der Reichsstadt Nürnberg gekommen war, den besonderen Status des Landgerichts der Hohenzollern: Gleich zu Beginn artikulierte die Schrift, dass die Stellvertretung des Kaisers von Anfang an für das Nürnberger Gericht festgelegt worden sei, denn König Rudolf spreche bereits in seiner Belehnungsurkunde explizit davon, dass er dem Burggrafen das Landgericht zu Nürnberg übergebe, „[…] an dem er an eines kaysers stat sitzen [soll] und sol alle richtende gerichte richten […].“1512 Dem Kaiserlichen Landgericht der Burggrafen käme in dieser Deutungsweise also die Funktion eines Obergerichts für das gesamte Reichsgebiet zu. Die markgräfliche Übersetzung des lateinischen Privilegs ist äußerst gewagt, findet sich in der Urkunde von 1273 doch lediglich die Formulierung, dass der Burggraf als unmittelbarer kaiserlicher

1508 StANü, Fürstentum Ansbach, Ansbacher Generalrepertorium, Akten, Nr. 147 o. Fol. 1509 Lehnsurkunde König Rudolfs von Habsburg von 1273, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 2, Nr. 129, S. 75–76. 1510 VOGEL, Des Ritters, S. 23. 1511 StANü, Fürstentum Ansbach, Ansbacher Generalrepertorium, Nr. 147, o. Fol. 1512 Ebd.

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Beamter über alle ihm bekannt werdenden Rechtsfälle zu richten habe.1513 Im Folgenden zählte die Denkschrift alle weiteren kaiserlichen Bestätigungen dieser Verleihung auf und bemühte sich eindringlich, die kaiserliche Qualität des Gerichts im Gegensatz zu den anderen Landgerichten zu unterstreichen. Aus den königlichen und kaiserlichen Briefen und Privilegien werde ersichtlich, dass solch ein Landgericht, „wiewol man es nennet ein lantgericht, nicht ein lantgericht, sunder ein koniglich oder kayserlich gericht“1514 sei. Deswegen könnten sich die Nürnberger dem Kaiserlichen Landgericht eben nicht mit der Begründung entziehen, dass sie als Reichsstadt ausschließlich vom König zu richten seien. Das Landgericht der Burggrafen müsse als das rechtmäßig zuständige Gericht über die Reichsstadt Nürnberg angesehen werden, da die Burggrafen diesem doch bereits seit 1273 anstelle des Kaisers vorsäßen.1515 Der Erfolg des Kaiserlichen Landgerichtes wurde seit den 1450er Jahren durch eine ganze Reihe von Privilegien Kaiser Friedrichs III. unterstützt, die zwar nie explizit eine Funktion als oberstes Reichsgericht ausformulierten, jedoch die dominierende Stellung im Reich faktisch unterstrichen und absicherten.1516 Ein Privileg vom 4. September 1454 erklärte beispielsweise, dass alle den markgräflichen Freiheiten bezüglich des Kaiserlichen Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg zuwiderlaufenden Privilegien anderer Stände von nun an kraftlos seien.1517 Zudem erhielt Markgraf Albrecht ein weiteres Privileg, das ihm zusicherte, dass alle in den nächsten zehn Jahren am Landgericht gefällten Urteile durch das Kaiserliche Hofgericht und das Kammergericht bestätigt würden, ohne dass diejenigen Parteien, gegen die die Urteile dann ergingen, das Recht hätten, Einspruch zu erheben.1518 Schließlich gestand der Habsburger Albrecht auch das Recht zu, sein Gericht im Bedarfsfall außerhalb der Stadt Nürnberg im Territorium seines Burggrafentums oder am „andern ende seiner lande und gebiete“ abhalten zu dürfen.1519 Diese Privilegierung Friedrichs III. wider1513 „[…] cui etiam vice imperatoris omne iudicium iudicans presidebit (sc. Burggravius) […]“, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 2, Nr. 45, S. 75. 1514 StANü, Fürstentum Ansbach, Ansbacher Generalrepertorium, Nr. 147, o. Fol. 1515 Ebd. Dies widersprach grundsätzlich dem Privileg, das König Sigismund am 5. Mai 1428 der Reichsstadt ausgestellt hatte, in dem er es allen Fürsten und Grafen untersagte, Nürnberg vor irgendein Landgericht oder eine Schranne zu laden, siehe Regesta Imperii 11, 2, Nr. 7064, S. 455. 1516 Zusammenfassung dieser Briefe aus den Jahren 1454–1456 im Herrschaftlichen Buch Nr. 18 des Staatsarchivs Nürnberg, siehe StANü, Fürstentum Ansbach, Herrschaftliche Bücher. 1517 StANü, Fürstentum Ansbach, Herrschaftliche Bücher, Nr. 18, fol. 31b–32a. Regest bei CHMEL, Regesta, Abt. 2, Nr. 3237, S. 326. 1518 StANü, Fürstentum Ansbach, Herrschaftliche Bücher, Nr. 18, fol. 80a und b. 1519 Ebd., fol. 80b–81a.

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sprach einer entsprechenden Urkunde König Sigismunds vom 23. September 1431, die dieser der Stadt Nürnberg ausgestellt hatte. Der Luxemburger hatte der Reichsstadt hier zugesichert, dass das Landgericht ausschließlich an bestimmten Orten des Stadtgebiets abgehalten werden dürfte, nämlich in St. Egidien, am Gostenhof und an der Regnitzbrücke nach Fürth. An einem anderen Ort gesprochene Urteile erklärte er hingegen für nichtig.1520 Weitere Privilegien Friedrichs III. für das Kaiserliche Landgericht aus dieser Zeit lassen sich problemlos ergänzen: So verlieh der Kaiser Albrecht zum Beispiel Privilegien, die die Exemtion aller Städte in Schwaben, Franken und im Niederland von der Zuständigkeit des Nürnberger Gerichtes aufhoben,1521 obgleich er selbst erst im Jahr 1440 Nürnberg eine solche Befreiung zugestanden hatte.1522 Außerdem hatte der Markgraf am Kaiserlichen Landgericht 1455 ein Urteil herbeiführen lassen, dass bestimmte Stellen in Nürnberg als fränkisches, sächsisches, bayerisches und schwäbisches Erdreich zu gelten hätten.1523 Damit wollte man auf den bestehenden Rechtsgrundsatz reagieren, dass ein freier Mann nur auf dem Boden seines Stammes gerichtet werden dürfe. Das Urteil wurde nicht nur extra von Albrecht besiegelt, sondern die symbolische Markierung von bestimmten Stellen innerhalb Nürnbergs – als Orte der vier Stämme – wurde ein Jahr später durch ein Privileg Kaiser Friedrichs III. indirekt gebilligt.1524 Im Rahmen eines seit 1447 stattfindenden Prozesses um den sogenannten Federsee bei Buchau,1525 der im Mittelpunkt eines Konfliktes um Fischereirechte zwischen verschiedenen an den See angrenzenden Dörfern und Markgraf Albrecht stand, erging fast zeitgleich zu der verstärkten kaiserlichen Privilegierung ein Urteil des Kammergerichts Friedrichs III. zugunsten des Markgrafen. Das für Albrecht positive Urteil spielt im Zusammenhang mit dem Kaiserlichen Landgericht eine wichtige Rolle, da es dem Hohenzoller in dem aufwendigen und langjährigen Verfahren nicht etwa darum ging, seine Rechte als Lehnsinhaber zu verteidigen, sondern er vor allem den Beweis der ausgedehnten und langjährigen Zuständigkeit seines Landgerichts erbringen wollte.

1520 Regesta Imperii 11, 2, Nr. 8864, S. 476. 1521 StANü, Fürstentum Ansbach, Herrschaftliche Bücher, Nr. 18, fol. 76a und b, fol. 77a und b, fol. 78a und b und fol. 79a und b. 1522 SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 106, Fußnote 12. 1523 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 283–285. 1524 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 8, S. 71–73. 1525 Verschiedene Urkunden und Prozessakten dieses Verfahrens sind ediert bei SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 251–366.

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Dieser Meinung war auch der Jurist und Humanist Gregor Heimburg, der ein ausführliches Rechtsgutachten für Herzog Ludwig von BayernLandshut zu dem Prozess verfasste: „Es meynnen auch etlich, das mein herr marggraff der haupsach nicht acht, wann es sitzen so vil lewte in den dorffern an dem see gelegen, dy alle darinnen fischen, dy der edelleut sein, das keyser und marggraff und alle fursten von Bayren nicht erweren möchten, sunder such newer, die sach der beschwerung zu erbern, dadurch er mag erlangen, das das lantgericht des burggrafenthumbs so ferrer zu richten habe.“1526

Zu diesem Zweck ließ Ludwig von Eyb als Bevollmächtigter des Markgrafen nicht nur einen Schreiber als Zeugen aussagen, der seit zweiundzwanzig Jahren am Landgericht tätig war und der behauptete, dass ihm bekannt sei, dass seit mehr als fünfzig Jahren „[…] ein yeder lantrichter des burggrafthumbs zu NFrmberg durch alle Lant im reich, was clag fFr Sy kommen sind, gericht haben nach Laut und sag der Herschafft priuilegien, die Sie haben von kaisern und von kFnigen.“1527 Sondern von Eyb legte während des Verfahrens selbst diverse Bücher und Register des Landgerichts vor und erbrachte so weitere Belege für die ausgedehnte Zuständigkeit.1528 Es zeigt sich also, dass das gute Einvernehmen mit dem Reichsoberhaupt sich für die Hohenzollern direkt in Form von gezielter Privilegierung und zu ihren Gunsten erlassenen Urteilen vor dem kaiserlichen Kammergericht bemerkbar machte. Kaiser Friedrich III. begründete die Privilegien für das Landgericht auch entsprechend, indem er in einer Urkunde vom 4. September 1454 verkündete, dass er vor allem die „mergkliche gelider“ des Reiches privilegiere, die ihm mit Rat und Hilfe bei seinen Amtsgeschäften zur Seite stünden.1529 Eine Stärkung der Position des Landgerichts erfolgte auch dadurch, dass sowohl Kaiser Sigismund als auch König Albrecht II. von diesem Gebrauch machten und dort selbst Klage führten, Sigismund beispielsweise gegen die Städte Straßburg1530 und Kempten.1531 Zu seiner Zeit als römisch-deutscher König ließ er außerdem von Erbmarschall Haupt zu 1526 1527 1528 1529

THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 294. SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 338. Ebd., S. 336. HEROLD, Regesten Kaiser Friedrichs III., Nr. 304, S. 389. Auch von anderer Seite wurden die Hohenzollern beim Ausbau der Zuständigkeit ihres Landgerichts unterstützt – Papst Pius II. hatte bereits 1450 das Gumbertusstift in Ansbach aus dem Landgerichtsverband Würzburg gelöst und es dem Nürnberger Landgericht unterstellt, siehe DANNENBAUER, Die Entstehung, S. 136. 1530 SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 348. 1531 Ebd., S. 355.

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Pappenheim einen Prozess gegen die Freie Reichsstadt Speyer anstrengen.1532 Trotz der eigenen Nutzung stellte es für den Luxemburger in späterer Zeit jedoch keinen Widerspruch dar, Urteile des Nürnberger Gerichts wieder aufzuheben und gegenläufige Urkunden an Konkurrenzgerichte auszustellen.1533 Auch Sigismunds direkter Nachfolger als römisch-deutscher König, Albrecht II., prozessierte in seiner kurzen Regierungszeit vor dem Nürnberger Landgericht, zum Beispiel gegen die Stadt Schweinfurt.1534 Auch weitere hochrangige Personen nutzten das Landgericht zu Lebzeiten Friedrichs I. Der König von Polen klagte nach dem Tod Herzog Ulrichs von Teck in den 1430er Jahren auf dessen hinterlassene Güter bei Ehningen, Schelckingen und Mindelheim gegen Heinrich von Stoffel.1535 Da Markgraf Albrecht seinem Kaiserlichen Landgericht selbst den höchsten Stellenwert innerhalb seiner reichspolitischen Ambitionen zuwies, drückte die kaiserliche Unterstützung auf diesem Gebiet besonders deutlich die königliche bzw. kaiserliche Gunst aus. Ganz nebenbei bemerkt, war das Landgericht für den Hohenzoller auch in finanzieller Hinsicht äußerst attraktiv, erhielt er doch im Jahr 1458 allein 12.000 Gulden dafür, dass sich elf Reichsstädte von der Zuständigkeit seines Gerichts loskauften.1536 Auch die extrem beharrliche Art, mit der Albrecht an dem Plan der Durchsetzung seines Gerichts als oberstes Reichsgericht festhielt, zeigt, wie viel er sich von diesem Projekt für seine reichsfürstliche Position versprach. Schließlich konnte er sich in der Zeit noch nicht wie sein Bruder auf den Titel eines Kurfürsten stützen. Ein kurzfristiges Zugeständnis bei den immer stärker werdenden Auseinandersetzungen mit Herzog Ludwig von Bayern-Landshut wegen des Landgerichts in den 1450er Jahren – nämlich das Versprechen, auf die Gerichtskompetenz über die Untertanen des Wittelsbachers zu verzich-

1532 Ebd., S. 319. 1533 Im Prozess um den Buchauer Federsee sagte Kraft von Neußlingen als Zeuge aus und berichtete davon, dass er zu Lebzeiten Kaiser Sigismunds am kaiserlichen Hof gewesen sei und dort an einem Prozess teilgenommen habe. Hier hätte ein Fraunberger von Bayern, dessen Taufnamen er nicht kenne, einen anderen Edelmann verklagt, der wiederum der Meinung gewesen sei, dass er dem Fraunberger nichts schuldig wäre, da das Nürnberger Gericht über diesen die Acht verhängt habe. Der Fraunberger habe jedoch gemeint, dass dieses Gericht über ihn oder das Land zu Bayern nicht urteilen könne, wobei diese Meinung vom Hofgericht bestätigt worden sei, siehe SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 320. Einige Jahre später betrieb auch Kaiser Friedrich III. eine ähnliche Politik, als er innerhalb kürzester Zeit enorme Privilegien ausstellte, um kurz danach auch Rivalen zu privilegieren, siehe HEINIG, Friedrich III., Teil 2, S. 1102. 1534 SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 360. 1535 Ebd., S. 319. 1536 WERMINGHOFF, Ludwig von Eyb, S. 86–87.

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ten1537 – zog Albrecht zügig wieder zurück und behauptete auf dem Hoftag zu Eger im November 1459 und auf einem zweiten Tag in Nürnberg im März 1460, dass er als Fürst gar nicht über ein kaiserliches Gericht bestimmen könne.1538 In einem Schreiben an den Kaiser im Jahr 1461 bezeichnete Albrecht sich selbst und seine Brüder demonstrativ als Reichsrichter.1539 Wie viel Albrecht für seine Reichsgerichtspläne riskiert hatte, zeigt die Niederlage in den Reichskriegen, die nicht nur die Durchsetzung des Kaiserlichen Landgerichts als oberstes Reichsgericht in weite Ferne rückten, sondern die Position der Hohenzollern im Reich insgesamt schwer erschütterten.1540 Vor allem die Bestätigung der sogenannten Rother Richtung1541 im Prager Frieden von 1463 machte die Hoffnungen des Markgrafen in dieser Hinsicht vollkommen zunichte. Immer wieder bat er deshalb Kaiser Friedrich III.1542 und andere Reichsfürsten, sich für eine Revision der Rother Richtung einzusetzen, da hier festgelegt worden war, dass weder die Untertanen des bayerischen Herzogs noch die des Würzburger Bischofs sich vor dem Nürnberger Landgericht zu verantworten hätten. 1537 VOGEL, Des Ritters, S. 39. 1538 Ebd. Der Markgraf argumentierte, dass die Landgerichtsprivilegien einer innerständischen Regulierung oder eines Schiedsspruches gar nicht zugänglich, sondern nur einer obrigkeitlichen Entscheidung durch das Reichsoberhaupt vorbehalten seien, da es Rechte wären, die vom Kaiser und Reich herrührten. Geschickt hob Albrecht auf die Pflichtgebundenheit dieser Rechte ab, „[…] an denen dem Empfänger zwar eine Berechtigung zur Ausübung und Nutzung zustand, die jedoch zugleich eine Dienst- und Leistungsverpflichtung gegenüber Kaiser und Reich schufen. Diese Rechte durften in ihrer Substanz nicht gemindert werden, da sonst das Leistungsvermögen hinsichtlich der geschuldeten Reichsdienste unzuverlässigerweise herabgesetzt wurde und aus Sicht der Reichsgewalt der Zweck der Erteilung nicht mehr gewährleistet war.“ Siehe ISENMANN, Kaiserliche Obrigkeit, S. 46. 1539 WERMINGHOFF, Ludwig von Eyb, S. 561, Fußnote 111. 1540 Wie sehr die Gegner die Chance nutzen wollten, um Albrecht zu demütigen und möglicherweise sogar insgesamt die Hohenzollernherrschaft in Franken zu vernichten, zeigt nicht nur die Tatsache, dass der Würzburger Bischof darauf bestand, dass Albrecht nach der Niederlage bei Roth persönlich zur Neubelehnung mit Ansbach und anderen umstrittenen Würzburger Lehen im Herrschaftsgebiet der Hohenzollern erscheinen sollte, und auch das Flehen der markgräflichen Räte, von dieser Forderung abzulassen, ihn nicht beeindruckte. Auch die Verträge zwischen Herzog Ludwig und dem Bischof von Würzburg kurze Zeit vor der Rother Richtung, am 23. Mai 1460, machten bereits deutlich, dass es hier eher um eine völlige Demontage des Hohenzollers ging: Gestärkt durch militärische Erfolge wie die Einnahme von Eichstätt im April 1460 hatten die beiden Reichsfürsten die Aufteilung der zu erwartenden eroberten Gebiete Albrechts festgelegt. Während Kitzingen, Uffenheim und Prichsenstadt an Würzburg fallen sollte, sollte der bayerische Herzog Ansbach, Schwabach und Gunzenhausen erhalten, siehe ULSAMER, Die Rother Richtung, S. 113. 1541 Ebd., S. 103–154. 1542 Diesen zum Beispiel am 8. März 1467, siehe HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 46, S. 115– 116. Weitere Briefe an den Kaiser zeugen von den unaufhörlichen Bemühungen des Markgrafen, eine Revision der Rother Richtung zu erreichen, siehe zum Beispiel PC 1, Nr. 340, S. 401, Nr. 479, S. 520.

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Zeit seines Lebens haderte der Markgraf mit dem Scheitern seines Plans der Aufrichtung eines übergeordneten Reichsgerichtes: Am 22. Juni 1464 schrieb Albrecht in einem Brief voller Bitterkeit, dass er erst der alte Markgraf sei, wenn er das Landgericht erneut gegen Bayern aufgerichtet habe.1543 Er nannte die Rother Richtung 1467 einen Schandbrief,1544 und noch ein Jahr vor seinem Tod wollte er das Landgerichtsthema erneut mit dem Kaiser besprechen.1545 Um zu demonstrieren, dass die Hohenzollern eine Einstellung ihres Gerichtes trotz der Verträge von Roth und Prag nicht akzeptierten, ließ sich der Markgraf schließlich verschiedene Strategien einfallen. Betrachtet man die Klag- und Urteilsbücher aus der Zeit zwischen 1460 und 1488, lassen sich zwar keine Einträge über stattgefundene Prozesse finden,1546 tatsächlich aber ruhte das Landgericht nie vollständig. Das Gericht wurde in gewissen Abständen zu bestimmten Anlässen zusammengerufen, wobei die Hohenzollern es scheinbar als eine Art Gericht für die Mitglieder der Familie zu nutzen pflegten. Am 10. Januar 1467 wurde beispielsweise über den Erbverzicht von Albrechts Töchtern Ursula und Elisabeth befunden. Auch 1474 fand aus ähnlichen Gründen eine Sitzung des Landgerichts statt, wie die Quellen festhalten.1547 Bereits 1464 hatte der Markgraf veranlasst, dass an seinem Hof ein Sammelband zusammengestellt wurde, der sämtliche Landgerichtsprivilegien beinhaltete, um den Privilegienbestand für die Zukunft zu sichern.1548 Außerdem deklarierte er nicht nur bestimmte Zusammenkünfte seiner Räte als ‚Landgericht‘,1549 sondern ließ auch öffentlich verlautbaren, dass er „unnser lannntgericht des burggraventhums zu NFremberg als richter personlich besessen“,1550 Albrecht seinem Gericht also persönlich als Richter vorgesessen habe. Es zeigt sich, dass der in der Sache eigentlich unterlegene Markgraf immer wieder deutlich zu machen versuchte, dass sein Landgericht weiterhin Bestand hatte. Zu diesem Zweck warf er sogar seine persönliche Autorität als Markgraf und Kurfürst in die Waagschale, denn gerade für die Außendarstellung wollte er die Funktionen des Gerichts aufrechterhalten. Noch am 18. Juli 1474 schrieb er in einem Brief an seine Räte nach Augsburg, dass sie bei Verhandlungen immer im Auge behalten sollten, dass sein Landgericht kaiserlich sei und keine territorialen Begrenzungen für Vorladungen habe. Das Gericht des 1543 1544 1545 1546 1547 1548 1549 1550

HÖFLER, Fränkische Studien IV, Nr. 54, S. 37. Am 24. Juni 1467, siehe HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 78, S. 117. Ebd., Nr. 112, S. 126–128. SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 145. Jungen, Miscellaneorum 4, S. 55–57. Dies ist das Herrschaftliche Buch Nr. 18 im Staatsarchiv Nürnberg. WERMINGHOFF, Ludwig von Eyb, S. 271. Ebd., S. 562, Fußnote 116.

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Herzogs von Bayern dagegen sei auf einen bestimmten Bereich festgelegt und „[…] nicht mer dann in einer graveschaft ein lantgericht […]“. Herzog Ludwigs Gericht sei zudem seit mehr als 60 Jahren „[…] nye gebraucht worden […], als es sein soll.“1551 Auch an dieser Stelle benutzte Albrecht den Hinweis auf die ausgesetzte Ausübung des Gerichts durch den Herzog als einen Beleg für dessen untergeordnete Stellung gegenüber seinem Landgericht, das faktisch doch immer getagt habe. Unermüdlich führte der Markgraf noch jahrelang in vielen Briefen an den Kaiser, aber auch an andere Große aus, wie er als „erbrichter“ anstelle des Königs für das Reich richte. In den meisten Fällen fehlte auch niemals der Hinweis, dass Herzog Ludwigs Gericht in Bayern als Gericht der Grafschaft Graisbach eine solche Funktion eben nicht ausüben könne.1552 Trotz der Tatsache, dass die Hohenzollern und insbesondere Markgraf Albrecht mit dem Plan scheiterten, die Kompetenzen ihres Landesgerichts um ein Vielfaches auszudehnen, zeigt sich doch, welche ungeheuren politischen Möglichkeiten sich im Erfolgsfall aus diesem Projekt ergeben hätten. Das Amt eines obersten Reichsrichters, der potenziell sämtliche Gerichtsverfahren im Reich hätte an sein Gericht ziehen können und dessen Gericht allen anderen Gerichten übergeordnet gewesen wäre, hätte eine enorme Aufwertung seiner reichspolitischen Position, aber auch seiner Erben und der Dynastie insgesamt bedeutet. Und wenigstens die zeitweise Dominanz des Gerichts bis zur Rother Richtung 1460 hing nicht unwesentlich mit der königlichen und kaiserlichen Förderung der hohenzollerischen Pläne zusammen. Die Belehnung der Hohenzollern mit dem Kaiserlichen Landgericht, aber auch die Vergabe weiterer Privilegien für das Gericht während des 15. Jahrhunderts stellten deutliche Zeichen der königlichen Gunst dar. Zugleich spiegelte das Landgericht aber selbst das wechselhafte Bemühen der Dynastie um Nähe und Distanz gegenüber dem Reichsoberhaupt wider: Das Gericht war zum einen durch die Stellvertreterfunktion für den König bzw. den Kaiser eine Institution der extremen Nähe. Die hier vertretene Idee der Stellvertretung sah vor, dass der Richter des Landgerichts während der Verfahren die Position des Königs einnehmen solle.1553 Zum 1551 PC 1, Nr. 871, S. 680. Das Graisbacher Gericht der bayerischen Herzöge liege bereits seit dem Konstanzer Konzil still, so Albrecht am 4. Mai 1472, es dürfe nur noch über Bauern richten, die in dem Gerichtssprengel ansässig seien, siehe ebd., Nr. 340, S. 364–366, hier S. 365. 1552 Zum Beispiel HÖFLER, Kaiserliches Buch IV, Nr. 49, S. 117. 1553 Unter germanistischer Perspektive informiert die im Druck befindliche Habilitationsschrift von Frau Dr. Christiane Witthöft mit dem Titel „Vertreten, Ersetzen, Vertauschen. Phänomene der Stellvertretung und der Substitution im ‚Prosalancelot‘“ über neueste Erkenntnisse der Forschung zum Thema der Stellvertretung.

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anderen suchte die Dynastie das Gericht aber als Mittel der Rangsteigerung zu nutzen. Dies wiederum evoziert eine deutliche Distanzierung vom Reichsoberhaupt. Phasen der königlichen Distanzierung Ein enges und vertrauensvolles Verhältnis zum Reichsoberhaupt, die vielfache Privilegierung und Förderung der Dynastie durch das spätmittelalterliche Königtum prägten das Bild der Hohenzollern in der historischen Forschung maßgeblich bis heute. Es muss jedoch beachtet werden, dass diese Beziehung durchaus von Ambivalenz geprägt war, denn in den 26 respektive 53 Regierungsjahren des luxemburgischen bzw. habsburgischen Reichsoberhaupts brachten diese ihre besondere Gunst zwar häufig zum Ausdruck, entzogen sie aber auch immer wieder und bevorzugten verschiedene politische Konkurrenten der brandenburgischen Kurfürsten, insbesondere die Wittelsbacher im Süden und die Wettiner im Norden des Reiches. Bezüglich der Behandlung der Hohenzollern lassen sich jedoch auch markante Unterschiede zwischen dem Verhalten König Sigismunds und Friedrichs III. erkennen: Der Bruch zwischen Sigismund und dem Brandenburger Kurfürsten führte dazu, dass der König das Urteil gegen die Landgerichte Herzog Ludwigs von Bayern-Ingolstadt in Graisbach und Hirschberg aufhob,1554 das Markgraf Friedrich und verschiedene andere Fürsten zum Schutze ihrer Gerichtsprivilegien erwirkt hatten.1555 Weitere unmissverständliche Signale für den Gunst- und Vertrauensverlust folgten auf dem Fuße. Der König belehnte, begleitet von unverhohlenen Drohungen gegen Friedrich, die Wettiner mit Kursachsen, erteilte – ein deutliches Indiz für die feindliche Stimmung – Friedrich I. von Brandenburg am 25. Mai 1425 einen Geleitbrief, um an seinen Hof zu kommen,1556 und enthielt Herzog Heinrich von Bayern-Landshut bei seinem Abschied vom königlichen Hof in Ofen seinen Segen vor, da dieser Sigismund zuvor nicht versprechen wollte, sich gegen den Hohenzoller zu verbünden, wie Eberhard Windecke zu berichten weiß.1557 Die überaus feindliche Haltung des Königs, die im Bericht Windeckes zum Ausdruck kommt, deckt sich auch mit der Schilderung einer markgräflichen Gesandtschaft an den polnischen König Władysław vom 29. Mai 1425, die ausführlich darlegte, wie der Luxemburger Friedrich I. in dieser Zeit mit Hass verfolgt und seine 1554 1555 1556 1557

Am 9. November 1422, siehe VON FREYBERG, Regesta, S. 404. Das Urteil des Königs war am 4. März 1420 ergangen, siehe ebd., S. 338. MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 27, S. 78. Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten, S. 183–184.

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Ehre herabgesetzt habe.1558 Auch nach der offiziellen Aussöhnung zwischen dem Reichsoberhaupt und seinem Kurfürsten, die am 23. Mai 1426 durch eine Reihe hochrangiger Fürsten vermittelt worden war,1559 und der vereinzelten Vergabe verschiedener Privilegien manifestierte sich die Distanzierung vom Brandenburger Kurfürsten in demonstrativen Handlungen. Die ausdrückliche Befreiung der Reichsstadt Nürnberg von den sie umgebenden Landgerichten am 5. Mai 1428 kann in diesem Zusammenhang genannt werden, aber vor allem auch die Verschreibung der Neumark an den Deutschen Orden am 7. September 1429,1560 die trotz mehrfacher Proteste seitens Friedrichs I. erfolgte.1561 Bei Friedrich III. zeigt sich hingegen bis auf eine Phase der konstanten Förderung der Dynastie Anfang bis Mitte der 1450er Jahre ein ständiger Wechsel zwischen einem zuweilen rücksichtslosen Ignorieren der hohenzollerischen Interessen, ihrer bewussten Schädigung und einer wiederholten Auszeichnung und Bevorzugung Markgraf Albrechts vor allen anderen Standesgenossen. In der ersten Hälfte der 1440er Jahre, in einer Zeit also, in der sich Albrecht bereits intensiv für Friedrich III. engagierte, formulierte die Urkunde, mit der der König Kurfürst Friedrich II. und seine Brüder am 15. Juni 1442 zu gesamter Hand mit der Mark Brandenburg belehnte, explizit, dass der Habsburger der Bitte des Kurfürsten aufgrund der „merglich vnd getruwe dinst vnd eere“, die Friedrich „vnd sein bruder vns vnd dem heiligen Reiche offte vnd vnuerdrossenlich getan vnd erboten haben vnd furbazzer thun sullen vnd mugen“,1562 nachgekommen sei. Nur kurze Zeit später schaltete sich Friedrich III. zudem in den Konflikt zwischen Kurbrandenburg und Kursachsen um die Vorherrschaft in der Lausitz ein. Zuvor hatten das Reichsoberhaupt und Friedrich II. zur Festigung ihrer Beziehungen sogar ein Bündnis miteinander abgeschlossen1563 und hatte der Habsburger dem brandenburgischen Kurfürsten ein Mandat erteilt, alle von der Kurmark entfremdeten Gebiete zurückfordern zu dürfen.1564 Ober- und Niederlausitz waren im 15. Jahrhundert Nebenländer des Königreichs Böhmen und unterstanden aus diesem Grund dem jeweiligen böhmischen König. Als 1558 1559 1560 1561 1562

RTA 8, Nr. 360, S. 423–428, insbesondere S. 426. CDB III, 1 , Nr. 121, S. 187. CDB II, 4, Nr. 1527, S. 103. VOIGT, Die Erwerbung, S. 89. CDB II, 4, Nr. 1683, S. 271–272, hier S. 271. König Sigismund hatte in der Belehnungsurkunde für die Mark Brandenburg vom 30. April 1415 festhalten lassen, dass die Belehnung aufgrund der Treue des Burggrafen gegenüber seiner Person und der großen Dienste unter erheblichen persönlichen Opfern als Hauptmann und Verweser der Mark Brandenburg erfolgt sei, siehe CDB II, 3, Nr. 1340, S. 226–229. 1563 Am 11. September 1444, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 248, S. 314. 1564 CDB II, 4, Nr. 145, S. 344.

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oberster Lehns- und Gerichtsherr war der römisch-deutsche König jedoch befugt, ebenfalls auf das Geschehen in diesen Ländern Einfluss zu nehmen.1565 Bereits Ende der 1430er Jahre hatten sowohl Sachsen als auch Brandenburg erfolglos versucht, in der Lausitz Fuß zu fassen, und auch nach dem Tod König Albrechts II. blieb ihr Interesse an dem böhmischen Nebenland ungebrochen. Beim Herrschaftsantritt Friedrichs III. als römisch-deutscher König war Ladislaus Postumus, der Sohn Albrechts II. und dessen Nachfolger als böhmischer König, noch nicht geboren, später unterstand er einige Jahre der Vormundschaft seines königlichen Onkels. Diese komplizierten Herrschaftsverhältnisse wollte Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg zum eigenen Vorteil nutzen, indem er einige niederlausitzische Herrschaften in seinen Schutz aufnahm.1566 Im Jahr 1448 fiel der Brandenburger schließlich in die Lausitz ein, zwang die Landvögte, ihm die Pfandherrschaft abzutreten, und nannte sich in Urkunden umgehend einen Vogt der Lausitz.1567 Im Jahr 1449 intervenierte Friedrich III. daraufhin massiv für die Interessen des sächsischen Kurfürsten, seines Schwagers, und forderte den Hohenzoller mehrfach auf, von der Lausitz zu lassen.1568 Nachdem es 1450 zu Kriegshandlungen zwischen den Kurfürsten gekommen war, schickte der römisch-deutsche König schließlich an mindestens 59 verschiedene Fürsten, Erzbischöfe, Bischöfe, Hanse- und Reichsstädte im Nordosten des Reiches, einschließlich des Hochmeisters des Deutschen Ordens, die Aufforderung, dem Sachsen mit Reiter- und Fußtruppen gegen Friedrich II. beizustehen.1569 Trotz der Verwandtschaft zwischen dem Reichsoberhaupt und Friedrich dem Sanftmütigen waren es wohl eher eigene Interessen, die den Habsburger dazu bewegten, so vehement gegen Friedrich II. vorzugehen. Denn „beide Lausitzen, zu Böhmen gehörige Lehen“, waren eingebunden „[…] in die böhmische Parteienbildung: die Utraquisten auf der einen, Friedrich III. als Vormund des unmündigen Königs Ladislaus und die katholische Fraktion auf der anderen Seite. So beruhte Friedrichs III. Unterstützung für den Wettiner wohl vor allem darauf, daß er in ihm den Sachwalter seiner Interessen im Kräftefeld Lausitz – Böhmen – Schlesien sehen mochte.“1570

1565 1566 1567 1568 1569 1570

EIBL, Die Lausitzen, S. 316. Ebd., S. 318. Ebd., S. 319. EIBL, Regesten Kaiser Friedrichs III., Nr. 91, S. 75, Nr. 101, S. 87, und Nr. 103, S. 100. EIBL, Die Lausitzen, S. 322. Ebd., S. 321.

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Dieses Motiv mag ebenfalls der Grund für den Habsburger gewesen sein, nach dem Tod der Herzogin von Liegnitz-Brieg die schlesischen Herrschaften Liegnitz und Goldberg nicht deren Bruder, dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich II., zu übertragen, sondern ebenfalls dem sächsischen Kurfürsten, so Elfie-Marita Eibl.1571 In gleicher Weise unerfreulich für die Hohenzollern war die Tatsache, dass Friedrich III. nur ein Jahr nach dem Prager Frieden der Reichsstadt Nürnberg verbriefte, dass sämtliche ihre Rechte schmälernden Privilegien keine Gültigkeit mehr haben sollten.1572 Das Privileg zielte direkt auf den Einfluss des Nürnberger Landgerichts ab, dessen Zuständigkeit auch für Rechtsangelegenheiten der Stadt der Kaiser nur wenige Jahre zuvor den Hohenzollern urkundlich bestätigt hatte. Wie strategisch der Habsburger dachte und wie sehr er auch bereit war, die Interessen von engen Vertrauten zu opfern, zeigt ein anderes Beispiel aus der Zeit der Reichskriege gegen Herzog Ludwig von Bayern-Landshut. Gegen die Zahlung einer hohen Geldsumme stellte Friedrich III. der Reichsstadt Nürnberg ein Privileg aus, das diese von der Teilnahme am Krieg befreite.1573 Da der Kaiser Markgraf Albrecht als Reichsheerführer gegen Herzog Ludwig nicht verärgern wollte, dieser aber ausdrücklich auf der Unterstützung der Reichsstädte gegen den Wittelsbacher beharrte, hatte Friedrich III. das Datum der Urkunde fälschen und zehn Jahre vorverlegen lassen.1574 Auf diese Weise konnte sich Nürnberg einer Frontstellung gegen seinen langjährigen bayerischen Verbündeten entziehen, und der Kaiser entging gleichzeitig einem Konflikt mit dem Markgrafen, ließ er diesen doch sogar in dem Glauben, er würde wegen Ungehorsam einen Prozess gegen die Reichsstadt an seinem kaiserlichen Kammergericht anstrengen.1575 Das Wechselspiel von Nähe und Distanz: Das Beispiel Pommern Der im Verlauf des gesamten 15. Jahrhunderts und auch noch in der Frühen Neuzeit1576 immer wieder aufflammende Konflikt bezüglich der Lehnsbeziehungen zwischen dem Herzogtum Pommern und den bran-

1571 1572 1573 1574 1575 1576

Ebd. VOGEL, Des Ritters, S. 19, Fußnote 28. WAGNER, Nürnbergische Geheimschrift, S. 50. Ebd. Ebd., S. 51. Zu den Konflikten zwischen Brandenburg und den Herzögen von Pommern in der Frühen Neuzeit siehe STOLLBERG-RILINGER, Des Kaisers alte Kleider, S. 79–85.

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denburgischen Kurfürsten1577 kann exemplarisch vorführen, wie wechselhaft sich Sigismund und Friedrich III. gegenüber den Hohenzollern verhielten, dabei sogar zum Teil massiv gegen sie agierten, und wie negativ sich diese Phasen der Distanzierung auch immer wieder auf die Dynastie auswirkten. Um die Frage des Lehnsverhältnisses war es bereits früher häufig zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen,1578 zum Beispiel zwischen den Askaniern und den Pommernherzögen, nachdem Kaiser Friedrich II. im Jahr 1231 König Waldemar II. von Dänemark Pommern als Lehen überlassen hatte.1579 Auch zur Zeit der Wittelsbacher war das Verhältnis zu den benachbarten pommerschen Herzögen durch diesen Konflikt immer noch stark geprägt. So musste der Sohn König Ludwigs des Bayern, Ludwig V., im Anschluss an seine Belehnung mit der Mark Brandenburg im Jahr 1323 nach erfolglosen kriegerischen Auseinandersetzungen hinnehmen, dass Pommern den Status eines unmittelbaren Reichslehens erhielt. Ludwig der Bayer bestimmte aber, dass beim Aussterben des Hauses Stettin das Land an das Königtum zurückfallen sollte.1580 Dass Pommern den Status eines Reichslehens in der Folgezeit weiterhin aufrechterhalten konnte, lag vor allem in der Konkurrenz zwischen Ludwig dem Bayern und Karl IV. begründet, denn Letzterer bestätigte aufgrund eigener Interessen die Reichsunmittelbarkeit des Herzogtums. Zusätzlich konnten die Herzöge die Auseinandersetzungen zwischen dem Luxemburger und dem Wittelsbacher nutzen, um Teile der Uckermark unter ihre Herrschaft zu bringen.1581 Nach der vom amtierenden Markgrafen Otto V. erzwungenen Abtretung der Mark Brandenburg an Kaiser Karl IV. im Jahr 13731582 war es erst wieder an König Sigismund, Bewegung in die Frage des Lehnsverhältnisses zwischen Pommern und der Kurmark zu bringen. Nun begann eine neue Runde im zähen Ringen um die Unterordnung Pommerns unter die Lehnshoheit der Mark Brandenburg: Noch während des Konstanzer Konzils, also direkt bei der Übernahme der Mark Brandenburg als Kur1577 Das Verhältnis zwischen der Mark Brandenburg und dem seit dem Ende des 12. Jahrhunderts in verschiedene Teilherzogtümer geteilten Herzogtum Pommern wurde insbesondere von der Forschung des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts untersucht, siehe BRANDT, Der märkische Krieg; GAETHGENS, Die Beziehungen; Rachfahl, Der Stettiner Erbfolgestreit; WEISSTANNER, Die Kämpfe. Aber auch in neuerer Zeit wurde es unter geändertem Frageinteresse thematisiert, siehe BÖCKER, Zur Wirksamkeit, oder auch die Dissertation Mario Müllers aus dem Jahr 2010: MÜLLER, Besiegelte Freundschaft. 1578 Eine prägnante Zusammenfassung der Frühzeit des ‚Konfliktfalls‘ Pommern findet sich bei AUGE, Zur Geschichte, S. 23–25. 1579 GAETHGENS, Die Beziehungen, S. 4. 1580 Ebd., S. 60–61. 1581 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 2, S. 121. 1582 Ebd., S. 158.

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fürst, habe Friedrich I. dagegen protestiert, dass König Sigismund Pommern den Status als reichsunmittelbares Lehen bestätigt habe. Dies sei in Anwesenheit der Herzöge Otto II. und Kasimir V. geschehen, wie Kurfürst Friedrich II. in einer Instruktion an seinen Rat Hertnid vom Stein 47 Jahre später ausdrücklich erwähnte.1583 Sigismund gab dem Hohenzoller daraufhin die Zusicherung, dass die königliche Vereinbarung mit Pommern seinen Rechten unschädlich sein, seine Lehnshoheit also grundsätzlich weiterhin Bestand haben solle.1584 Bereits 1415 hatte der Luxemburger das herzogliche Brüderpaar Otto II. und Kasimir V. aufgrund des Konflikts mit Brandenburg mit der Reichsacht belegt.1585 Die kriegerischen Auseinandersetzungen, die diese deutliche Parteinahme des Königs für seinen Kurfürsten auslöste, dauerten bis ins Jahr 1427 und wurden erst durch ein Ehebündnis und die Abmachung beendet, dem König oder Kaiser die Entscheidung über die Lehnshoheit zu überlassen.1586 Die zehnjährige Dauer der pommerschen Übergriffe auf die Kurmark ist sicherlich auch durch die offene Feindschaft des Reichsoberhaupts mit Friedrich I. in dieser Phase zu erklären. Zumindest das Einlenken der Herzöge von Pommern-Stettin im Jahr 1427 war auch der Tatsache geschuldet, dass sich Sigismund und Friedrich I. kurz zuvor wieder versöhnt hatten.1587 Nach einer längeren Phase des Friedens, getragen von einem zehnjährigen Bündnisvertrag, brach der Konflikt erneut aus. Am 14. September 1444 hatte sich Friedrich II. vom König das Recht erteilen lassen, alle der Mark entfremdeten Gebiete wieder zurückfordern zu dürfen.1588 Weitere Unterstützung seitens des Habsburgers erhielt der brandenburgische Kurfürst, als sich der König im Jahr 1446 an die Stettiner Herzöge wandte und diesen mitteilte, dass sie Pommern von ihm nicht als Reichslehen empfangen hätten und es deshalb auch nicht besäßen.1589 Mithilfe dieser königlichen Unterstützung konnte der brandenburgische Kurfürst in dieser Zeit zunächst einige Erfolge gegenüber Pommern erzielen. Zeitgleich mit dem Wegbrechen der königlichen Gunst als Folge der Auseinandersetzung um die Lausitz seit 1448 musste Friedrich II. am 29. Mai 1448 auf einen Teil 1583 1584 1585 1586

CDB continuatus, Nr. 125, S. 258–259. Dies geschah am 31. Mai 1417, siehe Regesta Imperii 11, Nr. 2366, S. 164–165. AUGE, Zur Geschichte, S. 17. GAETHGENS, Die Beziehungen, S. 7. Wobei in der Phase der gestörten Beziehungen zwischen Sigismund und Friedrich I. von Hohenzollern die Herzöge von Pommern-Stettin im Jahr 1424 eine uneingeschränkte Belehnung erreichen konnten, nachdem sie persönlich an den Hof des Reichsoberhaupts nach Ofen gereist waren, siehe AUGE, Zur Geschichte, S. 19. 1587 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 37. 1588 CDB II, 4, Nr. 299, S. 344–345. 1589 CDB continuatus, Nr. 57, S. 200–201.

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der Uckermark – Pasewalk und Torgelow – verzichten, durfte aber im Gegenzug zumindest Stolpe und Greiffenberg wieder der Mark Brandenburg zuschlagen.1590 Für die nächsten Jahre herrschte erst einmal eine konfliktfreie Phase in den Beziehungen zwischen Pommern und der Mark Brandenburg.1591 Schließlich, in einem Zeitraum des besonders guten Einvernehmens vor dem Ausbruch der Reichskriege Ende der 1450er Jahre, stellte Kaiser Friedrich III. den Hohenzollern in Wiener Neustadt am 30. März 1459 ein bedeutendes Mandat zu ihren Gunsten aus, das noch einmal den für die Dynastie weiterhin virulenten Wunsch der Lehnsherrschaft über Pommern in greifbare Nähe zu rücken schien: Nach einer durch Markgraf Albrecht vorgebrachten Bitte widerrief der Kaiser kraft seiner Autorität alle den kurfürstlichen Privilegien und Gerechtigkeiten in der Mark Brandenburg, im Burggrafentum Nürnberg sowie in den anderen Herrschaften und Gebieten entgegenstehenden Freiheiten und befahl allen Fürsten, Grafen und Untertanen des Reiches unter Androhung schwerer Strafen die Beachtung der hohenzollerischen Privilegien.1592 Durch den Tod Ottos III. von Pommern-Stettin am 8. September 1464 war die Linie der Herzöge von Pommern-Stettin ausgestorben. Nach dem Ableben des Vaters 1451 als Neffe des Brandenburger Kurfürsten am Berliner Hof erzogen, hatte Otto von Pommern-Stettin nur eine kurze Zeit eigenständig regieren können, bevor auch er nur neunzehnjährig starb. Lediglich neun Tage später forderte Friedrich II. die Stände Pommerns selbstbewusst dazu auf, ihm umgehend zu huldigen. Er verlangte, dass sie „[…] nymand zu hern uffnehmet noch daruber keinem Hern einicherley globde pflicht oder eyde nicht thut, Sundern euch an uns, als ewer erbherschafft haldet, als Ir nach keyserlicher verschribung uns verlihen, von eren und rechts wegen pflichtig und Schuldig seyt […].“1593 Der Brandenburger vertrat also demonstrativ die Auffassung, dass Pommern nach dem Tod des Lehnsinhabers wieder an ihn als den rechtmäßigen Lehnsherrn zurückgefallen war. Gegen diese Ansprüche erhoben nun die Herzöge von Pommern-Wolgast Protest, waren empört darüber, dass sich der Kurfürst an die Landstände gewandt hatte, da er mit ihnen nicht verwandt sei, und wandten sich mit ihrem Anliegen direkt an den Kaiser.1594 Friedrich II. hatte den markgräflichen Rat Hertnid vom 1590 1591 1592 1593 1594

Ebd., Nr. 66, S. 206–207. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 80. EIBL, Regesten Kaiser Friedrichs III., Heft 20, Nr. 97, S. 66. CDB continuatus, Nr. 127, S. 260–261, hier S. 260. Ebd., Nr. 123, S. 253–257. Der Konflikt zwischen Kurfürst Friedrich II. und den Wolgaster Herzögen wurde bereits im Kapitel 2.2 unter dem Gesichtspunkt der ‚Verdienstadelskonzeptionen‘ der Hohenzollern betrachtet.

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Stein ebenfalls an den kaiserlichen Hof geschickt, der sich von Friedrich III. bis zu einem für Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien angesetzten Tag am 13. Januar 1465 eine Bestätigung der Rechte des Brandenburger Kurfürsten in Pommern ausstellen lassen sollte.1595 Die Zahlung von insgesamt 1000 Gulden an verschiedene Räte des Kaisers1596 sollte das kurfürstliche Anliegen zusätzlich unterstützen. Dies scheint eine kluge Maßnahme gewesen zu sein, hatten die Wolgaster Herzöge doch bereits 1463 versucht, beim Kaiser die Belehnung zur gesamten Hand für sich und den damals noch lebenden Otto III. von Pommern-Stettin zu erreichen, und hatten sie diese nur nicht erhalten, da sie ihre Gesandten nicht mit dem notwendigen Geld ausgestattet hatten, wie Hertnid vom Stein am 30. November 1464 dem Kurfürsten berichtete.1597 Der Kaiser nahm sich zunächst Bedenkzeit und wollte auch die durch den markgräflichen Rat vorgelegten Briefe König Sigismunds und seine eigenen prüfen lassen. Zeitgleich verhandelte er mit den Räten der pommerschen Herzöge.1598 In einem Brief an seinen Bruder Albrecht vom 26. Dezember 1464 drückte der Kurfürst bereits sehr deutlich seine Zweifel über die Verlässlichkeit des Reichsoberhaupts in Bezug auf ihr Anliegen aus. Friedrich II. bat Albrecht äußerst eindringlich, sich beim Kaiser persönlich für die pommersche Angelegenheit einzusetzen. Denn wenn „[…] so nicht durchgeen mocht, als wir nicht hoffen, das er vns doch vmbillich vorsaget, Nach deme man einem Iderman nicht versagen sol zu leihen, worzu er recht hat zu seinem rechten […]“. Albrecht solle den Kaiser an das vergossene Blut, die großen Schäden an Land und Leuten erinnern, die Albrecht und er selbst für den Kaiser erlitten hätten, und an die großen Verdienste, die sich Albrecht um den Kaiser erworben habe.1599 Besonders schreckte den Kurfürsten die Vorstellung, dass alle Feinde aus den Kriegen, die sein Bruder in den letzten Jahren für den Kaiser geführt hatte, ihren Spott über den Undank Friedrichs III. kundtun würden: „Sulche gienge vns neher zu herzen, wenn aller Schade.“1600 Zudem quälte den Kurfürsten die Vorstellung, dass „[…] Als wir den Titel hir in dissen landen haben aufgeen lassen vnd vns auch der wapen vnderwunden haben, wo Nu die sach nicht

1595 CDB continuatus Nr. 122, S. 251–253. 1596 Der Kanzler Ulrich von Patzow sollte 300 Gulden, Bischof Ulrich von Gurk 300, Hans von Rorbach 100, der kaiserliche Pronotar Johann Rot 100 Gulden erhalten. Unter den Kämmerern sollten 100 Gulden verteilt werden, unter den Kanzleischreibern 50, und die Türhüter sollten zusammen ebenfalls 50 Gulden erhalten, siehe CDB continuatus, Nr. 124, S. 257. 1597 GAETHGENS, Die Beziehungen, S. 66. 1598 Ebd., S. 75. 1599 CDB III, 2, Nr. 35, S. 30–33, hier S. 31. 1600 Ebd.

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vor sich ginge, were es vast honlich.“1601 Wenn der Kaiser ihnen schon nicht ihre rechtmäßige Bestätigung der entsprechenden Lehnsbriefe ausstellen wolle, müsste es zumindest erreicht werden, dass er den Pommern keine Briefe aushändige, die ihnen für ihr Herzogtum den Status eines Reichslehens bestätigten. Auch müsse Friedrich III. dahin gebracht werden, den Ständen von Stettin, Pommern, Wenden und Kaschuben zu befehlen, niemanden als Herrn anzunehmen, den er ihnen nicht als einen solchen aufgetragen habe.1602 Schließlich bat Friedrich II. seinen Bruder, sich bei Friedrich III. eine Bestätigung darüber ausstellen zu lassen, dass die Herzöge von Pommern niemals vom Kaiser mit ihrem Herzogtum belehnt worden seien,1603 um seine Argumentation zu stärken, dass die Herzöge ihr Lehen vom Brandenburger Kurfürsten erhalten müssten. Aber auch bezüglich dieser Bitte äußerte der Kurfürst umgehend Zweifel, ob der Habsburger ihr nachkommen würde. Der ernüchterte, verbitterte Ton, der im gesamten Brief bezüglich der Person des Königs vorherrscht, scheint auch sehr treffend Markgraf Albrechts Gefühle gegenüber dem Habsburger im Jahr 1464 zu beschreiben. In einer Serie von Briefen drückte der Markgraf immer wieder seine Enttäuschung über das Verhalten des Kaisers aus und beklagte: „Item wir haben dem Keysser funff dienst getan die sach vnd zerung antreffend den Papst zu Frankfort dorjnn begeben, darvmb ward vns nichts, die Sach dortoben zu Swaben, da vns S. G. Sold versprach, wurd vns auch nichts, denn gegen dem allem gab er vns den Luchauer [Buchauer] See, des wir nie Pfenning genossen haben. Zu Oesterreich dienten wir S. G, da gab er vns die lüneburgisch Sach, jetzund hat er vns geben die Juden. In die lüneburgisch Sacht tregt er vns, die Juden gibt er andern leuten, also dass vns wenig doraus wird, so hat er vns etlich jargelt dass er vns danyden zu Osterreich schuldig bleibe auf die Stette verweyst.“1604

Falls der Kaiser ihn erneut für eine Angelegenheit einspannen wollte, so der Markgraf weiter, brauche er sich überhaupt nicht um eine adäquate Entschädigung bemühen, denn er habe sich zwar stets um den Kaiser verdient gemacht, selbst dabei aber immer nur Schaden genommen.1605 Nicht nur, dass Albrecht in den Instruktionen an seine Räte seiner konkreten Sorge Ausdruck verlieh, dass der Kaiser mit den Wittelsbachern ein 1601 1602 1603 1604

Ebd., S. 32. Ebd., S. 31. Ebd., S. 32. Brief an Georg von Absberg und Wenzel Riemann vom 30. April 1464, siehe HÖFLER, Fränkische Studien IV, Nr. 4, S. 29–32, hier S. 30. 1605 Ebd., S. 31.

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Bündnis eingehen würde, das sich möglicherweise auch gegen ihn richten könne, sondern er warnte sie auch davor, Geld an den kaiserlichen Hof zu schicken, denn „[…] wenn das Geld in des Keysers hoff kumbt, so gesehen wir das nymmer kein pfenning […].“1606 Obgleich der intensive Einsatz der beiden Hohenzollern Wirkung zeigte und Kaiser Friedrich III. am 21. März 1465 den gewünschten Lehnsbrief ausstellte1607 und die pommerschen Herzögen einige Monate später wegen Ungehorsams gerichtlich vorladen ließ,1608 versuchte der Habsburger weiterhin, aus der Angelegenheit eigenen Gewinn zu schlagen, und knüpfte an eine endgültige Entscheidung hohe finanzielle Forderungen: Der Kaiser deklarierte Pommern als ein ans Reich heimgefallenes Lehen und forderte deshalb für den besonderen königlichen Gnadenerweis der Neubelehnung 37.000 Gulden. Den Hohenzollern ließ er Abschriften der Urkunden aushändigen und deponierte die Originale in Nürnberg. Sie sollten erst gegen die Zahlung der entsprechenden Summe ausgehändigt werden.1609 Die markgräflichen Brüder zeigten sich schwer enttäuscht über diese Entwicklung. Friedrich II. äußerte in einem Brief an seinen Bruder am 13. Mai 1465 sein Befremden über die „eitel ungnade“1610 des Kaisers, von der er nicht wisse, womit sie sie verdient hätten. Auch erinnerte er den Bruder, dass „[…] wir umb seinen willen umbs landt zu Lusitz bereyt komen sein, und ist nu gar nahendt so verren komen, das er uns umb diesse unnsere landt zu Stettin und Pomern auch gebracht hat.“1611 Eine solch hohe Geldsumme auszugeben erschien dem Hohenzoller angesichts der Unsicherheit, ob nicht trotz des kaiserlichen Briefes ein Krieg geführt werden müsse, um das Land tatsächlich zu gewinnen, zunächst wenig angebracht. 32.000 Gulden für eine Belehnung könnten eher als Kaufpreis durchgehen, formulierte Friedrich II. spitz. 5000 Gulden, die die kaiserlicher Kanzlei zusätzlich erhalten sollte, erschienen dem Kurfürsten wahnwitzig, er habe „[…] ny gehort ader in chroniken gelesen […], das man in diessen landen so vil vor sulchen einen brief geben hat.“1612 Als Resümee ließ er seinen Bruder wissen, dass man sie mit Vorsatz um das Ihre bringen wolle, trotzdem sollten sie so gut wie möglich versuchen, dieses zu verteidigen. Nicht zuletzt wegen der strategisch bedeutsamen Lage Pommerns – von unschätzbarem Wert erschien dem 1606 1607 1608 1609 1610 1611 1612

Brief vom 10. Juli 1464, siehe ebd., Nr. 10, S. 38–40, hier S. 39. CDB II, 5, Nr. 1825, S. 75–76. CDB III, 1, Nr. 260, S. 377–379 (26. Juli 1465). Kaiserliche Anweisung an die Reichsstadt vom 27. März 1465, siehe ebd., Nr. 254, S. 374. GAETHGENS, Die Beziehungen, Anhang, Nr. 3, S. 139. Ebd. Ebd.

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Kurfürsten der Zugang zum Meer –, aber auch wegen der Sorge vor der großen Schande, die die beiden markgräflichen Brüder auf sich laden würden, weil sie den Herzogstitel bereits geführt hatten,1613 war Friedrich II. schließlich doch bereit, entsprechende Zahlungen zu leisten. Albrecht hingegen blieb strikt dagegen, über 30.000 Gulden für einen Belehnungsbrief des Kaisers auszugeben, und plädierte dafür, dass so viel Geld besser in Kriegsausgaben angelegt sei.1614 Er kenne den Kaiser nur zu gut, so Albrecht in einem Brief an seinen Bruder, sobald sie das Geld gezahlt hätten und die Herzöge von Pommern daraufhin auch Geld geben wollten, würde Friedrich III. neues Geld fordern. Auch wenn der Kaiser nicht grundsätzlich gegen Friedrich II. sei, ihm sogar – solange es nichts koste – das Himmelreich gönne, so müsse er wissen, dass „[…] der kayser als sere zum gelt genaigt ist und es lieber hat, dann kein mensch […].“1615 Die Argumente des Markgrafen scheinen für das zu diesem Zeitpunkt herrschende Verhältnis der Hohenzollern zum Kaiser bezeichnend zu sein und deuteten die zunehmende Verschlechterung der Folgejahre bereits an. Verschiedene Verhandlungen führten schließlich am 21. Januar 1466 zum Soldiner Vertrag,1616 der festlegte, dass die Wolgaster Herzöge ihr Land von Friedrich als Kurfürst von Brandenburg erhalten, die Stände beiden Parteien huldigen und sie auch gleichermaßen Wappen und Titel führen sollten.1617 Weder die Herzöge noch die Stände Pommerns akzeptierten jedoch die Abmachungen des Jahres 1466. Vor allem der Kaiser zeigte sich erbost über die Vereinbarungen, die seine Interessen nicht berücksichtigt hatten, und zugleich über die Tatsache, dass Markgraf Albrecht ihm keine Unterstützung gegen Georg Podiebrad leisten wollte.1618 Das Ende der 1460er Jahre war dann auch durch einen echten Tiefpunkt der Beziehungen1619 zwischen den Hohenzollern und Friedrich III. gekennzeichnet. Trotzdem wandte Friedrich II. sich im Jahr 1467 in einem Brief noch einmal an das Reichsoberhaupt, um den Habsburger für den eigenen Rechtsstandpunkt zu gewinnen.1620 Neben den persönlichen Diensten für den Kaiser unterstrich Friedrich II. an dieser Stelle, was er in der Mark Bran1613 1614 1615 1616 1617

Ebd., Nr. 5, S. 141–142 (15. Juli 1465). Brief vom 1. Oktober 1465, siehe ebd., Nr. 10, S. 146–149. Ebd., S. 149. CDB continuatus, Nr. 155, S. 288–290. Friedrich II. konnte im Jahr 1465 bereits Ansprüche auf das Fürstentum Rügen erheben, da die Witwe Markgraf Friedrichs des Jüngeren, Agnes, eine Tochter Herzog Barnims VIII. von Pommern, Rügen an den Brandenburger abgetreten hatte, siehe GAETHGENS, Die Beziehungen, S. 99–100. 1618 SCHULTZE, Mark Brandenburg 3, S. 88. 1619 HEINIG, Friedrich III., Teil 2, S. 1102. 1620 CDB continuatus, Nr. 160, S. 295–296.

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denburg zum Wohle des Reiches täglich leiste: Am Ende der deutschen Lande säße er wie ein ‚Ortsfürst‘, also ein Grenzfürst, gegen die Bedrohungen aus Polen bzw. Preußen und agiere dort zum Vorteil des Heiligen Reiches, indem er dafür sorge, dass nichts durch Fremde enteignet werde.1621 Deswegen hoffe er, dass der Kaiser zu seinen Gunsten entscheiden werde, da er seine Privilegien durch hohen persönlichen Einsatz, nämlich durch „Blutvergißenn leydung verterben, Schadenn“1622 mehr als verdient habe. In seinen Ausführungen betonte der Hohenzoller die eigenen Verdienste unter hohen persönlichen Opfern. Die Formulierung, dass er wie ein Grenzfürst auswärtige Gefahren vom Reich abhalte, scheint eine direkte Anspielung auf eine entsprechende Passage aus dem Privilegium maius zu sein, das Friedrich III. vierzehn Jahre zuvor bestätigt hatte.1623 Auch Markgraf Albrecht appellierte 1467 noch einmal an den Kaiser, bei seinen Verhandlungen mit Herzog Ludwig von Bayern-Landshut die Interessen der Hohenzollern nicht zu vernachlässigen. Der Markgraf formulierte fast schon provozierend, dass er keinerlei Zweifel daran habe, dass Friedrich, „Angesehen mein verdienen, auch gnedigs zuschreiben von ewrn gnaden […] Auch zusagen mir von ewrn Reten geschehen“,1624 diese entsprechend berücksichtigen werde. Doch auch dieses Schreiben half nichts, und so fasste der Markgraf am 25. März 1467 schließlich knapp seine Meinung über den Habsburger zusammen – der Kaiser nehme Geld und würde alle hintergehen –, während Friedrich II. seiner Wut über das Verhalten des Reichsoberhaupts breiten Raum gab: Es sei nicht so, wie Albrecht berichtet habe, dass der Kaiser nichts in der stettinischen Angelegenheit unternehme, so Friedrich am 5. April desselben Jahres. Vielmehr habe man den markgräflichen Räten in Königsberg einen Brief Friedrichs III. gezeigt, in denen er die Wolgaster Herzöge auch als Herzöge von Pommern und Stettin tituliere und sie aufgefordert habe, ihr Lehen von ihm einzufordern, da sie noch nicht belehnt seien und das Herzogtum unmittelbar ihm und dem Reich gehöre.1625 Friedrich III. trachte also danach, die Herrlichkeiten seines Kurfürstentums zu schmälern, wo doch Kaiser Ludwig und Kaiser 1621 HEINIG, Friedrich III., Teil 2, S. 296. 1622 Ebd. Bereits am 15. März 1461 hatte Markgraf Albrecht seinem Bruder Friedrich II. durch einen Gesandten Instruktionen für seine Räte übermitteln lassen, die mit Kaiser Friedrich III. Verhandlungen führen sollten. Die Argumentation ist dieselbe wie sechs Jahre später: Zunächst solle man dem Kaiser die treuen Dienste des Kurfürsten und auch Albrechts versichern. Außerdem sei aber darauf hinzuweisen, dass das Kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg „[…] durch unnsers plutvergiessens vnd getrewen Dinste willen gegeben vnd bevolhen ist […]“, siehe HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 23, S. 78–80, hier S. 79. 1623 Für den Hinweis danke ich Herrn Dr. Lukas Wolfinger. 1624 HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 46, S. 115–116, hier S. 115. 1625 CDB III, 1, Nr. 301, S. 431–433.

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Sigismund die alten Gerechtigkeiten des Kurfürstentums bestätigt hätten. Friedrich III. habe den Hohenzollern Pommern nicht gegeben und habe doch wohl deshalb auch nicht die Macht, es ihnen zu nehmen. Die Bestätigung des Lehens der pommerschen Herzöge in Konstanz sei mit der Vorgabe geschehen, dass sie den Brandenburger Kurfürsten in Zukunft nicht schädlich sein solle, darüber besitze er die Briefe Kaiser Sigismunds.1626 Habe der Kaiser etwas zu verleihen, dann solle er seine eigenen Lehen vergeben und nicht die seinen, so der Brandenburger weiter. Er habe gehört, dass der Habsburger den Ständen verbiete, ihm zu huldigen, dies sei nicht rechtens. Aber er deute das Verhalten so, dass der Kaiser versuche, ihn zu behindern, obgleich er ihm nach Maßgabe der Goldenen Bulle in seinem Kurfürstentum nichts zu befehlen habe. Die Schlussfolgerung aus dem Verhalten des Reichsoberhaupts stand für Friedrich II. fest: „Er sucht gelt, das findt er bey vns nicht: eer wir Im gelt wolten geben der sachhalben, wir woltens liber mit Huren verzeren.“1627 Während der Kaiser zuerst noch scheinbar einlenkend den Brandenburger davon unterrichtete, dass er die Herzöge von Pommern-Wolgast angeschrieben und davon unterrichtet habe, dass die Lande Pommern, Stettin, Kaschuben und Wenden Reichslehen seien, er aber, wenn es zur Verhandlung in dieser Sache käme, die Rechte Brandenburgs berücksichtigen wolle,1628 formulierte er am 30. September 1469 sehr viel schärfer: Der Habsburger verbot Friedrich II. unter der Androhung einer Strafe von 1000 Goldmark, den polnischen König als Schlichter in dem Streit um Pommern anzunehmen, da doch die Herzöge von Pommern-Wolgast, aber auch er als Kurfürst von Brandenburg direkt dem Reiche unterstünden. Deshalb könne auch nur er als Richter über diesen Streit befinden.1629 Der Einwand des Kaisers fand seitens des Kurfürsten wenig Beachtung. Seit dem Sommer 1468 hatte er mit kriegerischen Mitteln versucht, seinen Anspruch auf Pommern durchzusetzen, aber bis zu seiner Abdankung im Jahre 1470 nur einen Waffenstillstand mit den Herzögen erreicht.1630 Einen Erfolg in der Frage um Pommern konnte erst der ihm in der Kurwürde nachgefolgte Albrecht erzielen, und das aufgrund der geänderten politischen Lage und Interessen des Kaisers. Dieser war nämlich durch Matthias von Ungarn bedrängt und hoffte, sein altes Bündnissystem aktivieren und einen weiteren Kurfürsten neben dem Mainzer und Trierer Erzbischof an

1626 1627 1628 1629 1630

Ebd., S. 432. Ebd., S. 433. Brief des Kaisers vom 2. Juli 1465. CDB continuatus, Nr. 149, S. 282–283. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 90.

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sich binden zu können.1631 Aus diesem Grund erhielt Kurfürst Albrecht am 12. Dezember 1471 – diesmal lediglich gegen die Zahlung von 200 Gulden Gebühren1632 – die Anerkennung der brandenburgischen Rechte auf Pommern und die Belehnung mit Stettin. Zudem erließ Friedrich III. entsprechende Gebote, dem brandenburgischen Kurfürsten zu huldigen, an die Pommernherzöge und die Stände des Landes.1633 Auch auf dem Trierer Tag 1471 engagierte sich der Kaiser noch einmal für die Sache der Hohenzollern. Das Friedensabkommen vom 30. Mai 1472 erfüllte alle Wünsche des Brandenburger Kurfürsten, da er Titel und Wappen von Stettin, Pommern, Wenden und Kaschuben führen sowie die von ihm eroberten Gebiete behalten durfte und die Wolgaster Herzöge den Rest von ihm zu Lehen nehmen mussten.1634 Suggestion von Nähe: Die dynastische ‚Meistererzählung‘ Das Beispiel der Lehnsstreitigkeiten mit Pommern hat deutlich gezeigt, wie sehr das Verhalten des Reichsoberhaupts von eigenen Interessen geleitet wurde. Aber auch die Hohenzollern brüskierten den König bzw. Kaiser, gingen provokativ auf Abstand oder riskierten zumindest ein distanzierteres Verhältnis. Diese deutlichen Distanzierungsversuche stehen jedoch in einem auffälligen Widerspruch zum Bild einer Dynastie, für das der angeblich auf dem Totenbett ausgesprochene Rat Kurfürst Friedrichs I., jederzeit für die Seele des Kaisers zu beten, da man ihm die Rangerhöhung der Familie verdanke,1635 häufig als Sinnbild ihrer loyalen Gesinnung herhalten musste. Zugleich erzeugte sie auch eine Unsicherheit, inwiefern eine negative Haltung mit dem Selbstbild der Hohenzollern zu vereinbaren war. Denn das Selbstverständnis der Dynastie basierte auf der Vorstellung, den Aufstieg ihrem loyalen Verhalten gegenüber dem Reichsoberhaupt zu verdanken und jahrhundertelang König und Reich große Dienste erwiesen zu haben. Da die Hohenzollern dieses Bild als Mittel gegen die Infragestellung des fürstlichen Ranges nutzten, war es unumgänglich, auch weiterhin daran festzuhalten. Die ‚Meistererzählung‘ von den loyalen Gefolgsleuten des Königs diente der Verteidigung gegen auswärtige Angriffe, aber 1631 1632 1633 1634

HEINIG, Friedrich III., Teil 2, S. 1105. PC 1, Nr. 123, S. 100. CDB II, 5, Nr. 1892, S. 144–146, und Nr. 1893, S. 146–147. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 112. Trotz dieser Vereinbarung gingen die Konflikte der Lehnsbeziehungen zwischen der Mark Brandenburg und Pommern auch in der Folgezeit weiter, siehe STOLLBERG-RILINGER, Des Kaisers alte Kleider, S. 79–85. 1635 HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 107, S. 210–214; siehe auch dazu Kapitel 2.1.

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auch der innerdynastischen Selbstvergewisserung. Die Markgrafen mussten sie somit auch vor sich selbst aufrechterhalten. Störungen dieses Bildes stürzten die Hohenzollern in Krisen, dies wird sowohl an den Konflikten deutlich, die sich zuweilen zwischen Friedrich II. und seinem Bruder Albrecht bezüglich des Kurses gegenüber dem Reichsoberhaupt andeuten, als auch an der zum Teil ausgesprochen schwankenden Einschätzung, welches Verhalten denn überhaupt angemessen wäre. Eine manchmal beinahe schmerzhaft loyale Einstellung gegenüber dem König, sogar in Situationen größter Zurückweisung, wechselte sich mit einer fast schon verachtend zu nennenden Einschätzung seiner Person ab. Mitunter wirken der in regelmäßigen Abständen vorgetragene Hinweis auf die große Achtung vor der Person des Königs und der Wunsch, diesem und dem Reich unablässig zu Diensten zu sein, eher wie ein lang erlernter Automatismus. Insbesondere die für die Hohenzollern schwierige Phase nach der Niederlage bei den Reichskriegen zu Beginn der 1460er Jahre macht die ambivalente Einstellung gegenüber dem Kaiser und die Unentschlossenheit bezüglich der einzunehmenden Haltung sehr deutlich: In einem ausführlichen Brief vom September 1460 ließ Markgraf Albrecht sich durch den markgräflichen Rat Georg von Absberg bei Friedrich III. entschuldigen, dass er nicht persönlich an den kaiserlichen Hof komme könne, um an einem Hoftag teilzunehmen, der der Abwehr der ‚Türkengefahr‘ dienen sollte. Obgleich es „seinen genaden nichts mere vnd grossens zu frewden gewesen [wäre] dann das er personlich zu disem tag in ewrn keyserlichen hofe zu ewern keyserlichen genaden solt komen sein“,1636 hätten ihn dringende Geschäfte in den eigenen Landen davon abgehalten. Selbstverständlich, so von Absberg, wäre der Markgraf bestrebt, dem Kaiser weiterhin zu dienen, so wie er es bisher in vielfältiger Weise getan habe, und um seinen guten Willen zu beweisen, schicke Albrecht deshalb mit Vollmachten ausgestattete Räte an den kaiserlichen Hof, um sich über die Pläne des Kaisers informieren zu lassen.1637 Nach dieser demütigen Einleitung geht der markgräfliche Rat im weiteren Verlauf des Briefes schnell zu dringenden Anliegen seines Herrn über. Denn nun ging von Absberg detailliert auf die großen Ungerechtigkeiten ein, die Albrecht, aber auch dem Bischof von Eichstätt im Rahmen der Rother Richtung vom 24. Juni desselben Jahres widerfahren würden, obgleich doch beide sich „[…] getrewlich […] Inn ewer keyserlich genaden sachen bearbeit habenn Inn dem das werde (Donauwörth) wider zw ewer genaden hannden vnd an des heilig reich bracht […].“1638 Die ausführlichen Schilderungen des markgräfli1636 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 42, S. 232–244, hier S. 232. 1637 Ebd. 1638 Ebd., S. 234.

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chen Rates erläutern detailliert die großen Nachteile, die den Hohenzollern aus der Rother Richtung erwuchsen. Zwischen diese Ausführungen ließ Markgraf Albrecht von Absberg immer wieder Hinweise auf die große Loyalität und die Verdienste des Markgrafen einflechten. Abschließend bat der Rat des Markgrafen seinen „allergnedigisten naturlichen Herrn“1639 noch einmal eindrücklich, sich zu Herzen zu nehmen, „[…] wie gar getrewlich Inn den vergangen zeiten vnnser gnediger Herre vnd auch der vorgenant vnnser Herre von Eystet ewer k. M. gedinet haben.“1640 Aus diesem Grund solle der Kaiser die schändliche Richtung von Roth umgehend aufheben. Im Dezember desselben Jahres warnte Albrecht den Kaiser eindrücklich vor Absetzungsplänen, die Pfalzgraf Friedrich der Siegreiche gegen das Reichsoberhaupt hege, um sich selbst als König zu installieren, während er doch zu den Absetzungsplänen des böhmischen Königs zunächst noch schwieg, über die er durch seinen Bruder Kurfürst Friedrich II. gut informiert war.1641 Der brandenburgische Kurfürst brachte den aktuellen Stand der Beziehungen zwischen dem Habsburger und sich äußerst knapp auf den Punkt, indem er am 7. März 1462 an seinen Bruder schrieb, dass der Kaiser ihm unterstelle, dass er nichts von ihm halte.1642 Friedrich halte genauso viel von dem Kaiser, wie er auch wert sei, doch wisse Albrecht ja sehr genau, „[…] das vnnsers geslechtes gewonheyt y gewest vnd noch ist, von wem wir nicht vil haben, da geben wir nicht vil vmb.“1643 Dieser Kaiser gebe ihnen nichts und wolle ihnen sogar das Ihre nehmen, „[…] das ist vns so nicht eben.“1644 Während Friedrich II. durch die Haltung des Habsburgers in der pommerschen Angelegenheit bald weitere schwere Enttäuschungen erfahren sollte, schrieb Markgraf Albrecht schließlich 1462 an Friedrich III. und brüstete sich damit, dass er und sein Bruder die „teuflischen verschreybung“ und „große untreue“ verhindert hätten, die durch Georg Podiebrad und die verbündeten Wittelsbacher begangen werden sollten und durch die der „[…] keyser mocht […] von aller Regierung komen sein […].“1645 Im Jahr 1464 war Albrecht zwar wieder einmal als kaiserlicher und päpstlicher Hauptmann gegen die Türken vorgesehen und schien zudem die Unterstützung des Kaisers für ein Eheprojekt zwischen der Tochter von Matthias Corvinus und einem seiner Söhne zu erhalten, aber zeitgleich brachte er seinen Unmut über die Undankbarkeit des Kaisers deutlich zum 1639 Ebd., S. 243. 1640 Ebd. 1641 SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 477. Das bei Schubert angegebene wörtliche Zitat des Markgrafen ist leider mit einer fehlerhaften Literaturangabe versehen. 1642 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 27, S. 91–92, hier S. 91. 1643 Ebd., S. 92. 1644 HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 27, S. 91–92, hier S. 92. 1645 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 254, S. 319–320.

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Ausdruck. Trotz der deutlichen Distanzierung des Kaisers in den gesamten 1460er Jahren und trotz des eigenen Unmuts über die Missachtung ihres Hauses gefielen sich beide markgräflichen Brüder gleichzeitig darin, ihre Loyalität gegenüber dem Reichsoberhaupt vor Dritten zu betonen,1646 aber auch gegenüber sich selbst das alte Selbstbild der Familie zu bemühen. Albrecht konstatierte am 28. April 1466 ganz in der Tradition seiner Familie, dass die Hohenzollern von Kaisern und Königen in ihrem Rang erhöht worden seien und sie es sich deshalb nicht mit ihren rechten Erbherren und Freunden verderben wollten. Er wolle auf jeden Fall in die Fußstapfen seiner frommen Eltern treten, so Albrecht weiter, und wen Gott ihm auf Erden als Herrn gebe, an den wolle er sich auch halten.1647 Während er in dieser Weise über die Haltung der Hohenzollern zum Reichsoberhaupt sinnierte, trat Friedrich III. mit dem erklärten Feind des Markgrafen, Ludwig von Bayern-Landshut, in eine Einung ein und unterließ es, den Markgrafen zu den Ausgleichsverhandlungen mit Niederbayern einzuladen.1648 Beinahe beschwörend schrieb er im Sommer 1467 deshalb an den Habsburger, dass er großes Vertrauen in den Kaiser habe, dass er ihn in die Verhandlungen mit Herzog Ludwig mit einbeziehe, da er in Krieg und Streit immer zum Kaiser gestanden habe.1649 Im März hatte er den Habsburger noch fast ängstlich gefragt, warum der Kaiser ihn nicht habe rufen lassen, als er ganz in der Nähe in Bamberg gewesen sei. An dieser Stelle verlieh er seiner Hoffnung Ausdruck, dass er „under ewrem mantel in einen verstentnus stee, damit ich nit verlassen werd“, und wies noch einmal auf die Verdienste um die Person des Kaisers ausdrücklich hin.1650 Inwieweit die Äußerungen gegenüber dem Reichsoberhaupt taktischer Natur oder zum Teil auch dem eigenen Selbstverständnis der Dynastie geschuldet waren, bleibt angesichts der deutlichen Worte, die die beiden markgräflichen Brüder bezüglich des Stettiner Lehnsstreit über den Kaiser in derselben Zeit fanden, offen. Im November 1467 jedenfalls überwog bei Albrecht erneut die Empörung über seine Behandlung durch den Habsburger, denn dass seine Räte auf dem Regensburger Tag nicht ihrem Rang gemäß behandelt worden seien, offenbare die

1646 So beispielsweise vor dem Rat des sächsischen Kurfürsten, Hugolt von Schleinitz, am 27. Mai 1466, dem Kurfürst Friedrich II. mitteilte, dass er hinter dem Rücken des Kaisers keine Bündnisse eingehen könne, siehe CDB III, 1, Nr. 270, S. 393. 1647 CDB III, 3, Nr. 63, S. 74–77, hier S. 76. 1648 HEINIG, Friedrich III., Teil 2, S. 1103. 1649 So in einem Brief am 4. Juni 1467, siehe HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 49, S. 117–119. 1650 Ebd., Nr. 46, S. 115–116, hier S. 115.

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„[…] ordenung des keyserlichen furnemens wol, das er gern, woe ermocht, nymand schmehet, dan die, die im dienden, dann er hett sorg, die andern wurden es von jm nit leyden, als in die lenng, […].“1651

Albrecht wolle sich zwar in Geduld üben, sich aber trotzdem gegen derartige Schmähungen zur Wehr setzen. Die Frage nach dem richtigen Verhalten gegenüber dem Kaiser löste aber auch zwischen den beiden Hohenzollern massive Konflikte aus. In einem Brief vom 5. April 1469 erklärte der Brandenburger Kurfürst seinem Bruder, dass er nicht vorhabe, ein Bündnis mit dem Kaiser einzugehen, denn die bereits bestehenden Bündnisse hätten den Kaiser nicht dazu veranlasst, ihnen Unterstützung zukommen zu lassen. Falls er zusammen mit den anderen Kurfürsten zu einem persönlichen Treffen mit dem Kaiser geladen würde, wolle er selbstverständlich alles tun, um Frieden und Eintracht im Reich zu gewährleisten.1652 Auf den Vorschlag, dem Kaiser, wie andere Fürsten auch, Truppen für ein Vorgehen gegen Georg Podiebrad zu verweigern, reagierte Markgraf Albrecht äußerst ungehalten. Wenn er dem Kaiser die Hilfe verweigere, würden sie beide in der Achtung des Kaisers sinken und es stünde zu erwarten, dass die bayerischen Herzöge die Gelegenheit nutzen würden, um die Verantwortung für die Hilfsverweigerung auf die Hohenzollern zu schieben.1653 Albrecht erinnerte den Bruder an die Vorgänge in Nürnberg im Jahr 1456, als verschiedene Reichsfürsten, vor allem die Wittelsbacher, versucht hatten, den Kaiser abzusetzen und Georg Podiebrad zum König zu erheben. Als die Vorgänge bekannt geworden wären, habe man behauptet, dies sei Friedrichs Plan gewesen,1654 und dieser habe seine liebe Not gehabt, sich zu verteidigen. In einem Brief vom 20. August 1469 erinnerte Albrecht an ein Gespräch zwischen ihm und ihrem Vater auf der Cadolzburg. Zu diesem Anlass habe der alte Markgraf Folgendes gesagt: „Ich han dich vnd dein Bruder gehöhet das ir all furstengenoß sein mogt das durch das Burggrafenthum nymmer mere mocht geschehen sein. vnd bist verpflichtig got zu bitn fur des keisers sele. von dem wir das habn. Ist er mir zu zeiten ungenedig gewest, so ist er mir doch wider genedig worden.“1655

1651 1652 1653 1654 1655

Ebd., Nr. 85, S. 176. CDB III, 2, Nr. 45, S. 42–43. MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 253, S. 319. Ebd. HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 107, S. 210–214, hier S. 213.

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Albrecht habe daraufhin ausgerufen, dass er nach dem Tod Sigismunds auf jeden Fall dazu bereit sei, einem anderen König „zu tod [zu] dienen“.1656 Auch zuvor war es bereits vorgekommen, dass Albrecht seinen Bruder wegen negativer Äußerungen über den Kaiser oder wegen seiner antikaiserlichen Politik scharf zurechtwies und dabei auf die Gewohnheiten der Vorfahren verwies, Kaiser und Reich stets loyal gedient zu haben. Aber auch Albrecht selbst zeigte weiterhin wechselnde Einstellungen gegenüber dem habsburgischen Kaiser. Seit Beginn der 1470er Jahre hatte sich das Verhältnis zwischen dem neuen brandenburgischen Kurfürsten und Friedrich III. erheblich verbessert, vor allem, da das Reichsoberhaupt auf dessen Unterstützung nun wieder vermehrt angewiesen war. Seit diesem Zeitpunkt lassen sich zwar wieder häufiger Äußerungen über die unbedingte Loyalität, die der Hohenzoller gegenüber dem Reichsoberhaupt empfand, in der Korrespondenz des Hohenzollers finden – Dr. Peter Knorr beruhigte er 1472 beispielsweise bezüglich erneuter Absetzungspläne des Pfalzgrafen, dass die Mehrheit im Kurkollegium kaisertreu wäre, diese bestünde nämlich aus Sachsen, Trier, Mainz und ihm selbst1657 –, aber nur kurz darauf finden sich gleichfalls äußerst kritische Einschätzungen über Friedrich III. In einem Brief an den sächsischen Kurfürsten zeigte sich Albrecht zum Beispiel wenig erstaunt über das rücksichtslose Vorgehen des Kaisers bezüglich der Rangerhöhung Burgunds auf dem Trierer Tag 1473, das den Sachsen schwer empört hatte.1658 Von der Chronistik der Zeit wurde Albrecht jetzt jedenfalls wieder dauerhaft im Gefolge des Kaisers erblickt,1659 und im Jahr 1474 wurde auch konstatiert, dass er „dem kaiser zu liebe, an den Rein“1660 gegen Karl von Burgund gezogen sei. Trotzdem hatte Markgraf Albrecht sich zuvor erneut beim Mainzer Erzbischof beschwert, dass er immer noch nichts für seine Dienste für den Kaiser erhalten habe, während Nürnberg jederzeit alles ohne Mühe bekäme.1661 Gerade in der Zeit der Verhandlungen und des Konflikts mit Karl dem Kühnen war Kaiser Friedrich III. sehr bemüht, den brandenburgischen Kurfürsten wieder als Vertrauten zu gewinnen, versicherte ihm, in der Frage des böhmischen Thronstreits gemäß seiner Ratschläge zu handeln,1662 und drückte seinen ausdrücklichen Wunsch aus, wieder einmal nach Ansbach eingeladen zu werden.1663 Auch in dieser 1656 1657 1658 1659 1660 1661 1662 1663

Ebd. SCHUBERT, Königsabsetzung, S. 481. EHM, Burgund, S. 182. VON KERN, Jahrbücher des 15. Jahrhunderts, S. 337. Ebd., S. 342. PC 1, Nr. 478, S. 450 (24. September 1472). THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 164–166. Ebd., S. 239–240.

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‚harmonischen Phase‘ der 1470er Jahre finden sich jedoch die altbekannten Beschwerden Albrechts über den Undank des Kaisers,1664 genauso wie die Gewohnheit, dass die Verdienste der Dynastie beim Kaiser regelmäßig als Argument für ein bestimmtes politisches Verhalten ins Feld geführt wurden. Als Albrecht am 19. Februar 1478 beispielsweise den Kaiser bat, sich für ihn in seinem Streit mit dem Herzog von Sagan und dem ungarischen König einzuschalten, brachte er die Dienste der Dynastie ins Spiel und versprach dem Kaiser zudem, dass er diese Devise seiner Familie auch seinen Kindern ans Herz legen werde.1665 Insbesondere die letzten Jahre vor dem Tod des brandenburgischen Kurfürsten waren durch eine beinahe grotesk häufige Thematisierung von Loyalität und Dienstbereitschaft seitens des Brandenburgers, aber auch seitens des Kaisers geprägt. Und das, während Albrecht seinem Sohn Johann in der Mark Brandenburg unverfroren Erläuterungen gab, wie man mit dem ungarischen König ein Bündnis eingehen und es sich gleichzeitig nicht mit dem Kaiser verderben könne. Mit wichtigen Hinweisen sparte der Kurfürst in diesem Zusammenhang nicht: „Das halt in geheim zu vermeydung unser aller verderben und undergangk hieaussen, dann es zympt uns nicht zu offenbaren und die keyserlichen feynd zu stercken. auch der tag zue Nurmberg, ytzund gehalten, der ist wider die Türcken, mogen wir als vil dancks umb den konig als umb den kayser verdienen. Darumb ist in der sach nichts bessers dann sweigen, denn die that, die wurdt uns wol schuldig machen oder entschuldigen.“1666

In zahlreichen Briefen aus den Jahren 1481 bis 1485 versicherten sich das Reichsoberhaupt und der Kurfürst wechselseitig ihrer Loyalität, und der Kaiser vergaß auch nicht, immer wieder zu versichern, dass ihm bewusst sei, wie sein „vertrauter Freund“1667 Albrecht stets unter großem persönlichen Einsatz für ihn gehandelt habe.1668 Der Kurfürst seinerseits legte seiner Korrespondenz Abschriften alter Briefe bei, damit der Kaiser „[…] ein warlich wissen von mir hab, damit ir mich eygentlich findt und erkennt als den alten getreuen Albrechten, in unzweiventlichem getrauen […].“1669 Die weiteren Versicherungen über die treuen Dienste, die geleistet worden waren und auch weiterhin geleistet würden, die sowohl der Brandenburger als auch der 1664 So beispielsweise am 12. August 1475, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 251, S. 317. 1665 CDB III, 2, Nr. 178, S. 220–222. 1666 PC 2, Nr. 697, S. 648–650, hier S. 649 (21. Oktober 1480). 1667 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 19, S. 28 (12. November 1484). 1668 Ebd., Nr. 17, S. 26 (1. November 1484). 1669 PC 3, Nr. 794, S. 96–97, hier S. 96 (21. September 1481).

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Kaiser aussprachen,1670 das Versprechen, die Kinder weiter in diesem Geist zu erziehen,1671 scheinen eher ein Ausweis des Misstrauens oder des reinen Kalküls zu sein,1672 die andere Seite zu bestimmten Handlungen zu bewegen. In diese Richtung weist auch die Tatsache, dass Albrecht seinen Sohn Friedrich den Älteren am 17. Oktober 1485 mit einem Verzeichnis über die Dienste, die er dem Kaiser in seinem Leben geleistet hatte, an den kaiserlichen Hof schickte.1673 Aber auch die mündlichen Abmachungen zwischen Kaiser und Kurfürst, die bei einer Zusammenkunft in Dinkelsbühl in demselben Jahr getroffen wurden, nämlich fortan nicht mehr gegeneinander zu handeln und sich gegenseitig zu helfen,1674 sprechen eher für eine misstrauische Stimmung zwischen beiden Parteien in dieser Zeit. Auch bei der Interaktion mit anderen Fürsten wies der Hohenzoller immer wieder auf seine Dienste und seine loyale Gesinnung gegenüber dem Kaiser hin und setzte weiter das Bild der kaisertreuen Dynastie in Szene. So zum Beispiel in einem Brief an den sächsischen Kurfürsten,1675 in dem er den Vorschlag Ernsts von Sachsen ablehnte, sich das noch ausstehende Geld für die Dienste des Kaisers auf andere Weise zu holen. Albrecht antwortete streng auf den Vorschlag des Wettiners: „Vns ist nicht angeborn, vnserm hern dem kayser das sein zu stelen, oder von den fellen [Gefällen], die er vns bevelhe einzubringen, mer einzunemen, dann er vns gebe“, und unterstrich so noch einmal die Rechtschaffenheit seiner Person und seiner gesamten Familie. Die Aufzeichnungen des brandenburgischen Kurfürsten, die er zur Vorbereitung für einen Hoftag in Frankfurt verfasste, lassen sich noch ganz als Selbstvergewisserung im Sinne der dynastischen Devise, Kaiser und Reich treu zu dienen, lesen. Albrecht notierte hier, dass er nun dem Kaiser wieder helfen werde, selbst wenn dies die anderen Fürsten und 1670 So Albrecht beispielsweise am 11. Februar 1485, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 85, S. 98–99, oder am 28. April desselben Jahres, siehe ebd., Nr. 87, S. 101–104. Kaiser Friedrich III. unterließ es ebenfalls in der Korrespondenz mit dem Hohenzoller nicht, auf die mannigfaltige treue Unterstützung für ihn und das Reich hinzuweisen, zum Beispiel am 28. November 1484, siehe ebd., Nr. 21, S. 30–31, am 6. Oktober 1485, siehe ebd., Nr. 108, S. 123, und am 17. Oktober, wobei der Habsburger in diesem Brief explizit darauf hinwies, dass er Albrecht und dessen Kindern freundschaftlich verbunden sei und für sie tun werde, was er könne, siehe ebd., Nr. 129, S. 149–151. 1671 Geäußert in einem Brief am 11. Februar 1485, siehe ebd., Nr. 69, S. 79–81. 1672 Als am kaiserlichen Hof 1486 über eine mögliche Wahl Maximilians I. zum römisch-deutschen König gesprochen wurde, wurde ganz selbstverständlich vertreten, dass man den Brandenburger Kurfürsten ganz ohne finanzielle Zuwendungen gewinnen könne, und nach der Wahl in Frankfurt schilderten die wittelsbachischen Räte, dass der Hohenzoller die Wahl des Habsburgers ganz offensiv forciert habe, siehe SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 152. 1673 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 130, S. 151–152. 1674 Ebd., Nr. 113, S. 128–129. 1675 Ebd., Nr. 252, S. 318–319 (26. November 1481).

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Kurfürsten nicht tun würden.1676 In anderen Notizen, mit deren Hilfe sich der Brandenburger auf verschiedene Verhandlungen mit dem Kaiser vorbereiten wollte, scheint eine Instrumentalisierung des Bildes der Hohenzollern als treue kaiserliche Gefolgsleute dagegen eher im Vordergrund zu stehen: Im Rahmen dieser Aufzeichnungen, die „dem keyser nit gelesen noch vbergeben“ werden sollten,1677 schrieb er sich als Argumentationshilfe nicht nur auf, dass er als einziger Kurfürst dem Kaiser stets gedient habe,1678 sondern notierte später eine regelrechte ‚Geschichte der Dienste‘ für das Reichsoberhaupt, bei denen er zugleich immer auch die Verluste und Opfer seines Hauses protokollierte.1679 Die zeitgleich und wiederholt gegenüber den eigenen Söhnen ausgesprochenen Befehle, den Kaiser als den ‚Erbherrn‘ der Dynastie nicht zu hintergehen, und auch die Betonung der großen Loyalität, die die Hohenzollern stets ausgezeichnet habe, weisen aber wieder in eine andere Richtung: Neben dem strategischen Denken scheint das für die ‚Öffentlichkeit‘ konstruierte Bild der Dynastie auch von ihren Mitgliedern internalisiert worden zu sein. Nicht nur als Mittel gegen die Versuche der Rangminderung seitens der Konkurrenten, nicht nur um die politischen Interessen beim Kaiser durchzusetzen, sondern auch als Instrument der Selbstvergewisserung kam dieses von den Hohenzollern im 15. Jahrhundert konstruierte Bild also zum Einsatz. Der Wunsch, das Verhältnis zum Reichsoberhaupt entlang der Pole von Nähe und Distanz auszutarieren, der sich in den verschiedenen Praktiken der Dynastie nach dem Aufstieg ins Kurkollegium immer wieder zeigte, prägte also zugleich das innerdynastische Selbstbild der Hohenzollern.

1676 1677 1678 1679

Ebd., Nr. 56, 62–63. Ebd., Nr. 112, S. 126–128, hier S. 126. Ebd., Nr. 111, S. 125–126. Ebd., Nr. 112, S. 126–128.

5. Symbolische und instrumentelle Aspekte der hohenzollerischen Landesherrschaft im 15. Jahrhundert 5. Aspekte der Landesherrschaft

Die neuen Anforderungen, die auf die Hohenzollern als Teil der höchsten reichsfürstlichen Statusgruppe zukamen, waren vielfältiger Natur: Neben der Übernahme von symbolischen Diensten und Ehrenämtern und der horizontalen Vernetzung mit Standesgenossen bzw. der vertikalen mit dem rangniedrigeren Adel, einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Nähe und Distanz zum Reichsoberhaupt, das zu entsprechender Privilegierung ohne eine völlige Unterordnung führte, war vor allem eine geordnete Landesherrschaft erforderlich, und das sowohl in den traditionellen Herrschaftsgebieten in Franken als auch in besonderem Maße im neuen märkischen Territorium. Von den genannten Feldern fürstlicher Repräsentation ist es insbesondere die Landesherrschaft, die von einem großen Teil der mediävistischen Forschung ausschließlich dem Bereich der ‚klassischen‘ Politikgeschichte zugeordnet wird. Dabei bleibt häufig unbeachtet, dass auch symbolische Aspekte eine Rolle dabei spielten, innerhalb eines Territoriums fürstliche Herrschaft durchzusetzen, zu stabilisieren oder, im umgekehrten Fall, anzugreifen. Denn auch für die Landesherrschaft wie für jede institutionelle Ordnung gilt, dass sie „symbolisch-ritueller Verkörperungen“ bedurfte „und auf gemeinsam geglaubten Fiktionen“,1680 also auf sozialen Konstruktionen und kollektiven Sinnzuschreibungen, beruhte. Selbstverständlich trugen neben der Sinnstiftung auch vornehmlich instrumentelle Handlungen der Fürsten dazu bei, Herrschaft auszuüben. Beides steht in einem engen wechselseitigen Zusammenhang1681 und muss entsprechend zusammen betrachtet werden. Seit dem 13. Jahrhundert prägt die Landesherrschaft die Verfassungsstruktur des deutschen Reiches in entscheidendem Maße, in ihr hat die (rechts-)historische Forschung den Ursprung des neuzeitlichen Flächenstaates zu erkennen geglaubt.1682 Dabei bestimmten nicht nur Fragen über 1680 STOLLBERG-RILINGER, Des Kaisers alte Kleider, S. 9. 1681 Zu dieser Thematik siehe STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, insbesondere S. 497–498. 1682 Stellvertretend für die Fülle an Literatur seien hier nur genannt: WILLOWEIT, Die Entwicklung, S. 66, und RÖSENER, Art. ‚Landesherrschaft‘, S. 63. Zum problematischen Begriff der Landesherrschaft siehe auch SCHLINKER, Fürstenamt, S. 1–4. Allgemein zum Thema der Landesherrschaft sei lediglich auf folgende ältere, aber grundlegende Literatur – PATZE, Der deutsche Territorialstaat; MORAW, Von offener Verfassung, insbesondere S. 183–201;

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ihre Entstehung lange Zeit die Forschungsdebatten, wobei bereits Heinrich Mitteis darauf verwiesen hat, dass die Landesherrschaft nicht nur aus erworbenen oder usurpierten Reichsrechten entstanden sei, sondern das Resultat sowohl von eigenberechtigter als auch von einer vom Reich abgeleiteten Herrschaftsmacht darstellte.1683 Losgelöst von den nicht restlos geklärten Fragen nach den Entstehungsbedingungen und der historischen Entwicklung der Landesherrschaft bringt das Thema insofern weitere Probleme mit sich, als sich für das Spätmittelalter kein „Modellfall eines deutschen Territoriums“ feststellen lässt, wie Ernst Schubert zu bedenken gegeben hat, und „vor allem […] der Unterschied von Regionen mit geschlossener und solchen mit zersplitterter Herrschaftsbildung sichtbar“1684 ist. Wenn aber fürstliche Herrschaft sich nicht über ein als geschlossene Fläche zu definierendes einheitliches Gebiet erstreckte, sondern vielmehr in der Wahrnehmung einzelner Herrschaftsrechte bestand, die beieinander liegen konnten, aber nicht mussten, dann ergeben sich sowohl Probleme bei der räumlichen Beschreibung der fürstlichen Herrschaft, wobei Begriffe wie ‚Territorialstaat‘ oder ‚Territorialpolitik‘1685 unbrauchbar erscheinen, als auch offene Fragen, die das Verhältnis der einzelnen Herrschaftsträger zueinander betreffen. Aber so problematisch sich auch die beschriebenen Komponenten der spätmittelalterlichen Landesherrschaft darstellen, bezüglich der landesherrlichen Herrschaftspraxis lassen sich Ähnlichkeiten zwischen all ihren Ausprägungen – den geistlichen Wahlstaaten, den weltlichen Fürstentümern, Grafschaften und sogar bei den städtischen Territorien – feststellen: Die Landesherrschaft als „Kulmination von Herrschaftsrechten […], welche durch die Person des Landesherrn vereinigt werden“,1686 zielte auf eine innere und äußere Stabilisierung der landesherrlichen Gewalt ab und griff dabei auf einen variabel einsetzbaren, aber nicht unendlich erweiterungsfähigen Katalog politischer Maßnahmen und institutioneller Gestaltungsmöglichkeiten zurück.1687 Als Instrumente der landesherrlichen Politik,

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1684 1685 1686 1687

BRUNNER, Land und Herrschaft – und auf den neueren Sammelband WERNER, Spätmittelalterliches Landesbewußtsein, hingewiesen. MITTEIS, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 132. Lange Zeit wurde in der Forschung hierbei über die geschichtliche Entwicklung der Landesherrschaft und die Bedeutung der Fürstenprivilegien Friedrichs II. von 1220 und 1231 spekuliert, siehe WILLOWEIT, Die Entwicklung, S. 67. SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft, S. 3. Dieser Aspekt war für die Hohenzollern von erheblicher Relevanz, wie in Kapitel 5.1 zu zeigen sein wird. SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft, S. 5. WILLOWEIT, Die Entwicklung, S. 67. Ebd., S. 67–68. Mit der Konzentration auf die Landesherrschaft der Hohenzollern ist der Blick auf die Innenpolitik gerichtet. Oliver Auge hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich schwer eine Trennlinie zwischen Außen und Innen ziehen lässt, da der „Landadel eines

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insbesondere des Adels, sind die Grundherrschaften, Vogteien, Gerichte, das Geleit und die verschiedenen Zölle zu nennen.1688 Dabei sei nur kurz angemerkt, dass das Reichsoberhaupt, das in den vorangegangenen Kapiteln einen entscheidenden Bezugspunkt dargestellt hat, in Bezug auf die Landesherrschaft nur insofern eine Rolle spielte, als es beispielsweise entsprechende Privilegien vergeben konnte, welche die Landesherrschaft zusätzlich stützten oder zu ihrer weiteren Expansion beitrugen. Durch den Kampf mit konkurrierenden Mächten um bestimmte Herrschaftsobjekte erfolgte einerseits eine Abrundung von Herrschaftsgebieten – sowohl auf gewaltsame Art als auch durch Kauf- oder Pfanderwerb –, andererseits ist eine Ausdehnung des landesherrlichen Einflussbereiches auch über das eigentliche Territorium hinaus zu beobachten: durch das Knüpfen von Beziehungen, durch schlichte Präsenz oder durch eine politische Einflussnahme in Bereichen, die eigentlich nicht der Landesherrschaft unterworfen waren.1689 Zudem konzentrierte sich die Politik spätmittelalterlicher Landesherrn auf die stückweise Verdichtung von Herrschaftsbeziehungen innerhalb ihrer Territorien1690 auf dem Weg der Erhebung verschiedener Steuern, von denen die Bede als wichtigste zu nennen ist, durch die Ausweitung des Lehnswesens innerhalb ihres Wirkungsbereiches – auch hier gab es besondere lehnsrechtliche Instrumente, die in erster Linie der Landesherrschaft dienen sollten1691 – und mithilfe der landesherrlichen Gerichtsbarkeiten. Denn neben dem Hofgericht, dem der Landesherr vorsaß, war dieser zumeist Inhaber einzelner Land- und Dorfgerichte in

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Fürstentums, dessen Machtstellung die der Fürsten zeitweilig in Frage stellen konnte, […] sich zum Beispiel mit Vorliebe territorienübergreifend in den Grenzregionen der Fürstentümer [bewegte]. Die Kirche, ein weiterer wichtiger innenpolitischer Machtfaktor, war supraterritorial organisiert. Städte, mit denen sich die Fürsten innerhalb ihres Territoriums auseinanderzusetzen hatten, waren mit Städten außerhalb des fürstlichen Machtbereichs verbündet.“ Siehe AUGE, Handlungsspielräume, S. 96. Aus diesem Grund vertritt Auge die Auffassung, dass es nur sinnvoll sei, den inneren und äußeren Bereich in einem ‚Raumkapitel‘ zu untersuchen. Ebd. Wenn jedoch eine Dynastie im Mittelpunkt des Interesses steht, die in zwei getrennt voneinander liegenden Territorien agieren musste, scheint eine Trennung der Bereiche gerechtfertigt, solange die von Auge beschriebenen Probleme bei der Analyse nicht außer Acht gelassen werden. WILLOWEIT, Fürstentum, S. 1389. Zur konkreten Herrschaftspraxis von Landesherrn im 14. und 15. Jahrhundert siehe PATZE, Die Herrschaftspraxis. WILLOWEIT, Die Entwicklung, S. 72. Als hauptsächliche Akteure, mit denen es der Landesherr innerhalb seines Territoriums zu tun hatte und die seine Macht im Inneren beschränken konnten, sind der Landadel, kirchliche Institutionen und die Städte zu nennen. Siehe AUGE, Handlungsspielräume, S. 96. Dietmar Willoweit nennt in diesem Zusammenhang zum Beispiel die sogenannten Sühnemannschaften nach dem Sieg über einen Gegner, Burglehen, Offenhausverträge und Lehnsauftragungen, siehe WILLOWEIT, Die Entwicklung, S. 75. Zur Bedeutung des Lehnswesens für Fürstentum und Landesherrschaft siehe auch SPIEß, Lehnsrecht, insbesondere S. 253–256.

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seinen Landen.1692 Schließlich bezogen sich die landesherrlichen Maßnahmen innerhalb der Territorien auch auf den Bereich des Kirchenregiments, zogen die Landesherrn im Laufe der Zeit doch immer häufiger Befugnisse der in ihrem Land gelegenen Kirchen an sich, wobei sie teilweise sogar auf päpstliche Privilegierung bauen konnten, die es ihnen ermöglichte, die personalen Herrschaftsformen der Kirche in eigene Rechte zu verwandeln.1693 Auch der Beginn einer Landesgesetzgebung fällt in gewissem Maße in die Zeit des 14. und 15. Jahrhunderts, obwohl die spätmittelalterliche Landesherrschaft generell noch mit wenigen landeseinheitlichen Normen auskam. Vor allem wichtige regionale Rechtsverhältnisse wurden durch einzeln erlassene Stadtrechte und Gerichtsordnungen geregelt, während jedoch der ländliche Rechtsbereich, der den überwiegenden Anteil des Rechtswesens ausmachte, zumeist ohne diese Form der Reglementierung auskam.1694 Die vielfältigen Aktivitäten der spätmittelalterlichen Landesherren zum Ausbau und zur Festigung ihres Herrschaftsbereiches innerhalb der Territorien standen immer wieder im Fokus der deutschen Landesgeschichte. Doch die Perspektive der ‚klassischen Politikgeschichte‘ hat in der Vergangenheit häufig Aspekte vernachlässig, die Auskunft darüber geben können, wie sich die Herrschaft der Landesherrn konkret realisierte. Die Überlegung Dietmar Willoweits, dass die „Konzentration aller rechtswahrenden Funktionen in der Person des Landesherrn einen bis dahin unbekannten, allenfalls mit der Person des Kaisers vergleichbaren Autoritätszuwachs“1695 darstellte, weist in diese Richtung: Denn die symbolischen Funktionen, welche fast alle landesherrlichen Maßnahmen immer auch gleichzeitig erfüllten,1696 entfalteten ihre Wirksamkeit teilweise auf anderen Ebenen oder waren an andere Adressaten gerichtet als die vermeintlicherweise ‚eigentlich‘ intendierten instrumentellen. Trotzdem ist ihre Bedeutung für den Ausbau oder die Festigung der Landesherrschaft und gleichzeitig für die gesellschaftliche Wahrnehmung der betreffenden Akteure nicht zu unterschätzen. Erneut liefert Willoweit ein Beispiel für diese zweite Dimension landesherrlicher Politik, wenn er im Rahmen seiner Ausführungen über die Maßnahmen zur Ausweitung des landesherrlichen Einflussbereichs über das eigentliche Territorium hinaus davon spricht, dass diese ihren Zweck vor allem auch darin hatten, die gegenwärtige Stärke des be1692 1693 1694 1695 1696

WILLOWEIT, Die Entwicklung, S. 75–76. Ebd., S. 78. Ebd., S. 76–77. Ebd., S. 76. Barbara Stollberg-Rilinger macht dies am Beispiel des vormodernen Landtages deutlich: STOLLBERG-RILINGER, Politisch-soziale Praxis, S. 4.

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treffenden Landesherrn zu demonstrieren und zugleich die Möglichkeit einer zukünftigen Herrschaftsausweitung gegenüber den konkurrierenden Herrschaftsträgern anzudeuten.1697 Landespolitische Maßnahmen in dieser Weise verstanden als symbolisch-expressive Handlungen wiesen also zeichenhaft über sich selbst hinaus.1698 Sie konnten so das Bild eines mächtigen Herrschaftsträgers sowohl gegenüber den eigenen Untertanen als auch gegenüber konkurrierenden Mächten in den benachbarten Territorien evozieren. Teilt man insbesondere für die Vormoderne das Diktum Thomas Hobbes‛, dass „im Ruf von Macht stehen“ bereits „Macht haben“ bedeutete,1699 dann muss man zugleich akzeptieren, dass es entscheidend war, ob den Formen der Selbstinszenierung von Herrschaftsträgern in der öffentlichen Wahrnehmung durch die Zeitgenossen Glauben geschenkt wurde. Diese Perspektive auf das politische Herrschaftshandeln, die mit kulturgeschichtlicher Methodik untersucht, auf welche Weise Akteure und ihre Zeitgenossen bestimmten Handlungen Sinn zugeschrieben haben,1700 ist auch dazu geeignet, „Normen, Regeln und Institutionen gleichsam unter die Lupe zu legen, sie auf das Niveau des individuellen sinnhaften Handelns und der konkreten Kommunikationsakte hinunterzuverfolgen und dann zu beobachten, wie sie sich in ein kompliziertes Geflecht wechselseitiger Geltungsansprüche, -zuschreibungen und -zurückweisungen auflösen.“1701

Da auch für den vormodernen Bereich der Landesherrschaft galt, dass sie wie die abstrakten Begriffe ‚Macht‘ und ‚Herrschaft‘ im Allgemeinen für die beteiligten Akteure sichtbar gemacht werden musste, damit sie als ‚tatsächliche‘ Begebenheit wahrgenommen werden konnte, ist es erforderlich, nicht nur auf den Zweck, auf den sich eine jeweilige Handlung richtete und der zumeist sogar von den Akteuren explizit benannt wurde, zu schauen, sondern auch auf die symbolischen Dimensionen, die häufig verschiedene Deutungsmöglichkeiten bieten.1702 Die instrumentellen und symbolischen Dimensionen von (politischen) Handlungen ergänzen sich dabei in fast allen Fällen, wie Niklas Luhmann betont hat.1703 In Hinblick auf die Ho1697 1698 1699 1700

WILLOWEIT, Die Entwicklung, S. 72. STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 498. Thomas Hobbes, Leviathan, hg. von IRING FETSCHER, Kap. 10, 66, S. 96. Zu kulturgeschichtlichen Methode in Bezug auf politisches Herrschaftshandeln siehe allgemein die Ausführungen bei: MERGEL, Überlegungen zu einer Kulturgeschichte, und STOLLBERG-RILINGER, Was heißt Kulturgeschichte. 1701 STOLLBERG-RILINGER, Zeremoniell, Ritual, Symbol, S. 405. 1702 LUHMANN, Legitimation durch Verfahren, S. 223–232. 1703 Ebd., S. 227.

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henzollern im 15. Jahrhundert ließe sich eine Vielzahl von Beispielen unter der Doppelperspektive der symbolischen und instrumentellen Dimensionen ihrer Landespolitik in der Mark Brandenburg und in Franken untersuchen. Einiges sei hier im Folgenden kurz angesprochen, um das breite Spektrum des spätmittelalterlichen territorialen Herrschaftshandelns anzudeuten, bevor verschiedene Aspekte exemplarisch vertieft werden. Residenzen und Hofordnungen Die Bildung und der Ausbau von Residenzen im adeligen Herrschaftsgebiet stellen einen klassischen Bereich landesherrlicher Politik dar, worauf bereits Hans Patze und seitdem viele andere Historikerinnen und Historiker hingewiesen haben.1704 Mit dieser Maßnahme verfolgte der Landesherr nicht nur den Zweck, sein Territorium räumlich zu durchdringen und dabei effektiver zu verwalten, sondern sie machte es auch möglich, die Lebenshaltungskosten des Fürsten in einem erträglichen Rahmen zu halten, konnte er doch jeweils die Ressourcen vor Ort und die Dienste der dort ansässigen Hintersassen und anderer Untertanen in Anspruch nehmen.1705 Teilweise griffen die Landesherrn dabei auf bereits bestehende Bauten zurück,1706 teilweise errichteten sie neue, die von Anfang an nach den aktuellen Bedürfnissen und Repräsentationsanforderungen errichtet wurden.1707 Mit der instrumentellen Handlung des Residenzenbaus verfolgte der Landesherr also eindeutige Zwecke, die über den Bau der kon1704 PATZE, Die Herrschaftspraxis. Zum Thema der Entstehung der landesherrlichen Residenzen allgemein: PATZE, Die Bildung der landesherrlichen Residenzen. Auf Initiative Patzes kam es im Jahr 1985 zur Gründung der Residenzen-Kommission in Göttingen, siehe SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 567, Fußnote 1. Allgemein zum weiten Feld der Residenzenforschung seien hier beispielhaft genannt: JOHANEK, Höfe und Residenzen; PARAVICINI, Höfe und Residenzen, Teilbände 1 und 2; RANFT, Adel, Hof und Residenz. Weitere Hinweise in: HIRSCHBIEGEL, Dynastie. 1705 STREICH, Zwischen Reiseherrschaft, S. 42. Die verschiedenen Residenzen erfüllten häufig auch unterschiedliche Funktionen für die Dynastie; Reinhard Seyboth führt dies anhand der fränkischen Hohenzollern-Residenzen eindrücklich vor, siehe SEYBOTH, Art. ‚Nürnberg‘, oder DERS., Die landesherrlichen Residenzen. 1706 Wobei die Reduktion von Kosten nur einen Grund neben anderen darstellte, wie Seyboth anhand der Cadolzburg zeigen konnte, siehe SEYBOTH, Art. ‚Nürnberg‘, S. 9. 1707 In Franken war dies das Ansbacher Schloss, das Burggraf Friedrich VI. kurz nach seinem Regierungsantritt 1398 zu bauen begann, siehe SEYBOTH, Art. ‚Nürnberg‘, S. 19. In der Mark Brandenburg hatte das Berliner Schloss die zentrale Bedeutung für das märkische Territorium. Nach der eigenhändigen Grundsteinlegung durch Friedrich II. am 31. Juli 1443 dauerte es acht Jahre, bis dieser den repräsentativen Bau beziehen konnte, der nun geeignet war, die Anforderungen als Hauptresidenz und Sitz eines Kurfürsten zu erfüllen. Zur inneren und äußeren Gestalt des Berliner Schlosses siehe die knappe Zusammenfassung bei AHRENS, Residenz, S. 299–302.

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kreten Burgen oder Schlösser hinausreichten. Unter dem Gesichtspunkt der symbolischen Dimensionen dieser Art der landesherrlichen Politik haben bereits Reinhard Seyboth bei der eingehenden Betrachtung der hohenzollerischen Residenzen in Franken1708 und Karl-Heinz Ahrens für die märkischen1709 auf die repräsentativen Funktionen der Bauten hingewiesen, die diese für Dynastie und Herrschaft besaßen.1710 Der allgemeine Trend des Spätmittelalters, der mit dem Stichwort „Von der Burg zum Schloss“1711 umschrieben werden kann, lässt sich auch am Beispiel der Hohenzollern nachvollziehen, nicht mehr die Wehrhaftigkeit der Bauten war jetzt das Hauptkriterium für deren Errichtung, sondern ein gestiegenes Komfort- und Repräsentationsbedürfnis hatte entscheidenden Einfluss auf ihre Gestaltung. Aber hierbei ging es nicht darum, einfach nur größere oder luxuriösere Fürstensitze zu bauen, sondern den Zeitgenossen sollten zusätzlich differenzierte symbolische Botschaften vermittelt werden, die auf die Stabilität der Landesherrschaft und das Ansehen der Dynastie zurückwirken sollten: Denn auffälligerweise behielt die landesherrliche Residenzenarchitektur des 15. und 16. Jahrhunderts häufig Elemente der äußeren Wehrarchitektur bei, und selbst dort, wo die militärisch funktionale Wehrhaftigkeit restlos zurückgetreten war, nahm nun eine ‚symbolische‘ Wehrhaftigkeit ihren Platz ein. Das wehrhafte Schloss versinnbildlichte „[…] in besonderer Weise den Anspruch, Wohn- und Arbeitsstätte einer mit göttlichen Tugenden ausgestatteten weltlichen Regierung zu sein […]. Das wehrhafte Schloss, so könnte man formulieren, diente als Schutz- und Tugendburg für ein von Gott eingesetztes und aus dem Geist göttlicher Weisheit und Vorsehung (Sapientia und Providentia Dei) heraus gerecht herrschendes Regiment. Zu dessen vornehmlichsten Aufgaben gehörten die Durchsetzung und Aufrechterhaltung einer geordneten Landesherrschaft, die von den fürstlichen Tugenden der Justitia, Fortitudo, Temperantia und Caritas bestimmt war und gewissermaßen das irdische Abbild eines himmlischen Urbildes widerspiegelte.“1712

Der symbolische Mehrwert der Residenzenarchitektur, die Visualisierung fürstlicher Tugend und mustergültiger Herrschaft, ist nur ein Aspekt von verschiedenen, der die Bedeutung der symbolischen Komponenten dieser 1708 SEYBOTH, Art. ‚Nürnberg‘, S. 16, oder DERS., Die landesherrlichen Residenzen, S. 573. 1709 AHRENS, Residenz, S. 156. 1710 Unter der Perspektive der Vernetzung mit den adeligen Standesgenossen und als Ort der Interaktion mit dem Reichsoberhaupt wurden die Residenzen der Hohenzollern in der Mark Brandenburg und in Franken bereits in Kapitel 3.2 behandelt. 1711 SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 575. 1712 MÜLLER, Spätmittelalterliches Fürstentum, S. 113.

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Form von landesherrlicher Politik illustriert. Beide Dimensionen der Politik hatten ihre Relevanz für die Herrschaft der Hohenzollern im spätmittelalterlichen Franken und der Mark Brandenburg: sowohl die persönliche Präsenz des Landesherrn in den Residenzen in den verschiedenen Teilen seiner Lande als auch die symbolischen Botschaften, welche die Architektur den an dem entsprechenden Kommunikationscode1713 der Zeit teilhabenden Zuschauern übermittelte, wobei natürlich nicht alle Gesellschaftsmitglieder in gleicher Weise dazu befähigt waren, diesen zu dechiffrieren. Über die tatsächliche Ausgestaltung der fürstlichen Residenzen der Hohenzollern im 15. Jahrhundert lassen sich nur noch in geringem Maße Aussagen treffen, da sich von den architektonischen Ensembles nur sehr wenig erhalten hat. Diese konkreten Orte der Herrschaft1714 sowohl in der Mark Brandenburg als auch in Franken sollen an dieser Stelle jedoch kurz angesprochen werden. Mit der Übertragung der Kurmark übernahmen die hohenzollerischen Markgrafen durchweg die bestehenden Residenzorte ihrer Vorgänger, so auch in Spandau. Die dortige Burg war von den Askaniern auf einem slawischen Vorgängerbau errichtet worden,1715 aus der Zeit des 15. Jahrhunderts ist bezüglich der räumlichen Gestaltung der kurfürstlichen Residenz allerdings nur wenig bekannt. Eine Urkunde von 1444 lässt erkennen, dass die Anlage neben dem sogenannten Juliusturm und dem Palas über ein Brauhaus und ein nicht weiter spezifiziertes Gebäude verfügte.1716 Andere Urkunden aus der Folgezeit zeigen, dass die Markgrafen verschiedene Teile der Burg an Vasallen als Burglehen ausgaben, sich jedoch das Recht vorbehielten, diese jederzeit wieder einlösen zu können und den Palas nutzen zu dürfen.1717 Karl-Heinz Ahrens hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Herausgabe von Teilen der Spandauer Burg an Vasallen darauf schließen lässt, dass der Ort als Residenz für die brandenburgischen Markgrafen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts keine Rolle spielte. Lediglich in der Zeit der massiven Konflikte Markgraf Johanns mit den mittelmärki1713 Barbara Stollberg-Rilinger hat darauf hingewiesen, dass Kommunikation stets ein kollektives Phänomen sei und voraussetze, dass es gewisse konstitutive Regeln und Konventionen gebe, die die Beteiligten miteinander und mit den Mitgliedern eine Gruppe teilen. Sie sei deswegen nie voraussetzungslos, sondern stets in einen sozialen Zusammenhang eingebettet, siehe STOLLBERG-RILINGER, Symbolische Kommunikation, S. 494. 1714 Verstanden als Gegenstück zum Hof als ihrer Organisationsform, siehe MORAW, Was ist eine Residenz, S. 462. 1715 AHRENS, Residenz, S. 229. Zum Äußeren der erhaltenen Teile der Burganlage siehe ebd., S. 230–232. 1716 So spricht die Urkunde von „[…] die drey gebaw, die zu der rechten hant, so man in das gnannte vnnszer Slozs kommet“, nämlich „das Borgfride mit dem wonhawse, auch das Brawhawsz vnd das gebaw, das zwuschen den Borgfride vnd dem Brawhuse steet.“ Siehe CDB, Nr. 141, S. 101. 1717 AHRENS, Residenz, S. 234.

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schen Städten1718 ab Ende der 1420er Jahre gewann Spandau zwischenzeitlich als Alternativresidenz zu Berlin an Bedeutung; eine Entwicklung, die jedoch mit dem Herrschaftsantritt Friedrichs II. wieder umgekehrt wurde.1719 Die Mittelpunktfunktion für die Mark Brandenburg, die Spandau noch im gesamten 14. Jahrhundert besessen hatte,1720 erreichte die Residenz unter den Hohenzollern nie wieder. Die Dynastie nutzte sie vielmehr vor allem als Witwensitz. Trotzdem war die Stadt aufgrund ihrer Lage im Schnittpunkt der naturräumlichen Landschaften Havelland, Barnim und Teltow und auch als günstiger Übergang über die Havel nicht unwichtig im märkischen Territorium der Hohenzollern, auch wenn sie aufgrund der Konkurrenz der nahe gelegenen Doppelstadt Berlin-Cölln nie deren Bedeutung erreichte.1721 Das Verhältnis zwischen der Stadt, in der sich erst verhältnismäßig spät ein Ratskollegium ausbildete,1722 und den Landesherren war im 15. Jahrhundert durch eine klare Unterordnung bestimmt. Von den ehemals autonomen Bestrebungen der im 14. Jahrhundert noch aufstrebenden Stadt, die damals immer wieder Mitglied märkischer Städtebünde war, war nichts mehr geblieben.1723 Wie unter den luxemburgischen Vorgängern erlangten die Doppelstadt Berlin-Cölln und die Burg bzw. Kleinstadt Tangermünde bei den Hohenzollern große Bedeutung als Herrschaftsmittelpunkte des neuen Territoriums,1724 als Handels- und Hansestadt hatte sich die Erstgenannte bereits sehr frühzeitig zu einem Zentrum der Mark Brandenburg entwickelt.1725 Tangermünde, das erst unter Kaiser Karl IV. zur Residenz ausgebaut worden war, wurde insbesondere in der sechzehnjährigen zwischen Kurfürst Friedrich II. und Markgraf Friedrich dem Jüngeren geteilten Regierungszeit in der Mark Brandenburg zur Hauptresidenz der Altmark und zum Ort aller zentralen Regierungsgeschäfte des jüngeren Hohenzollers.1726 Nach dessen Tod firmierte Tangermünde als kurfürstliche Nebenresidenz, die insbesondere im Sommer genutzt wurde, und war ansonsten Sitz des Lan1718 Bündnisurkunde der Städte Berlin-Cölln, Frankfurt und der Alt- und Neustadt Brandenburg vom 1. Februar 1431 gegen die Landesherren, UBC, Nr. 51, S. 349–350. 1719 Zur Zeit des ‚Berliner Unwillens‛ nutzte der Kurfürst Spandau jedoch erneut als Ausweichquartier. 1720 BÖCKER, Art. ‚Spandau‘, S. 538. 1721 AHRENS, Residenz, S. 207. 1722 Wahrscheinlich erst seit Anfang des 14. Jahrhunderts, zumindest finden sich ab diesem Zeitpunkt Nachrichten über die Zusammensetzung des Rates, siehe KUNTZEMÜLLER, Urkundliche Geschichte, S. 68. 1723 AHRENS, Residenz, S. 229. 1724 Zur Verteilung der landesherrlichen Aufenthalte der Hohenzollern in anderen (Residenz-) Städten der Mark siehe MÜLLER-MERTENS, Landesherrliche Residenz, S. 149–153. 1725 Ebd., S. 139. 1726 BÖCKER/BÖCKER, Art. ‚Tangermünde‘, S. 577.

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deshauptmanns der Altmark und des Vogtes der Stadt.1727 Die ähnlich wie in Spandau nur sporadisch vorhandenen Nachrichten über die räumliche Beschaffenheit des Residenzareals zeigen, dass bald nach der Machtübernahme durch den neuen Kurfürsten die Burg durch einen quadratischen Erweiterungsbau an der Toranlage zwischen Haupt- und Vorburg verstärkt wurde. Im Jahr 1480 begann man schließlich, den einzigen Zugang zur Burg an die waffentechnischen Entwicklungen der Zeit anzupassen, ihn mit einem Backsteinrundturm auszustatten und die komplette äußere Wehranlage durch eine zweite Mauer zu ergänzen.1728 Als wahrscheinlicher Anlass dieser Umbaumaßnahme, zumindest als Grund für die Errichtung des sogenannten Gefängnisturmes ist der Konflikt Kurfürst Albrechts mit den altmärkischen Städten um die Bierziese und den Tonnenzoll1729 anzunehmen.1730 Den Schlossbau hatte Karl IV. errichten lassen. Er nahm die gesamte Elbseite der Hauptburg ein und wies nicht nur durch seine Freskengestaltung große Ähnlichkeiten mit der Prager Burg auf dem Hradschin bzw. der Burg Karlstein auf.1731 Eine – ebenfalls zu Zeiten Karls IV. errichtete – Kapelle war im Inneren gleichermaßen in enger Anlehnung an die Kapelle der Burg Karlstein gestaltet worden und ausgesprochen kostbar ausgestattet.1732 Etwas mehr lässt sich über ein etwa 13 Meter breites und 22 Meter langes Gebäude sagen, das in den beiden oberen Stockwerken durch hohe Spitzbogen- und niedrige Flachbogenfenster und Wandmalereien aufwendig ausgestaltet war und bei Karl IV. möglicherweise zunächst die Kanzlei beherbergte.1733 Spätestens die Hohenzollern nahmen eine funktionale Umnutzung vor, bot das zweigeschossige Gebäude doch ausreichend Platz, um zu festlichen Anlässen als Tanzhaus zu fungieren.1734 Wie diese kurzen Ausführungen bereits zeigen, stellte die Residenz in Tangermünde für Markgraf Friedrich den Jüngeren während der Herrschaftsteilung in der Mark Brandenburg von 1447 bis 1463 also einen durchaus standesgemäßen Ort der Hofhaltung dar, und auch in den Phasen, in denen Markgraf Johann oder später Friedrich II. während des ‚Berliner Unwillens‘ Berlin verlassen mussten, bot die Residenz alle räumlichen und strukturellen Möglichkeiten, um den kurfürstlichen Hof aufzunehmen. 1727 Ebd. 1728 Ebd., S. 578–579. 1729 Zu diesem Konflikt siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 146; zur Entwicklung in der Regierungszeit Markgraf Johanns siehe ebd., S. 163–166. 1730 AHRENS, Residenz, S. 263. 1731 Ebd., S. 266. 1732 Ebd. 1733 Ebd., S. 265. 1734 Eine Urkunde vom 25. Februar 1449 spricht von „[…] vnseren danczhuwse […]“, siehe CDB I, 6, Nr. 180, S. 129.

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Die Tatsache, dass die Hohenzollern die Tangermünder Residenz gegenüber der Zeit der Amtsvorgänger im Wesentlichen unverändert ließen, wird zwar zum einen der reduzierten Bedeutung des Ortes in ihrer Herrschaftszeit geschuldet sein. Zum anderen stellte man sich sicherlich auch nicht gerade ungern in die Tradition des mächtigen Kaisers aus dem Hause der Luxemburger, der die Burg nach seinen Vorstellungen gestalten und sich selbst, umgeben von den Kurfürsten sowie 18 weiteren ganzfigurigen Herrschern und Herrscherinnen seiner Dynastie und des přemyslidischen Geschlechts, in einem Freskenzyklus des Hauptgebäudes verewigen ließ.1735 Tangermünde war für die Hohenzollern schließlich auch aufgrund der Lage und der Beschaffenheit der Burg von besonderem Wert: Hier konnte man die wertvollsten liturgischen Geräte und Bücher, aber auch die wichtigsten Urkunden der Landesherrschaft sicher verwahren, was Friedrich I. in einer Urkunde am 7. Juni 1437 zur Aufteilung der Herrschaft in den hohenzollerischen Territorien nach seinem Tod festschreiben ließ.1736 Wie schon der wittelsbachische Markgraf Ludwig II. gegen Mitte des 14. Jahrhunderts begann Kurfürst Friedrich II. Berlin-Cölln seit Beginn seines Herrschaftsantritts systematisch zum politischen Mittelpunkt seines Territoriums auszubauen, obgleich die Doppelstadt erst mit der Trennung der fränkischen Fürstentümer von der Mark Brandenburg nach dem Tod Kurfürst Albrechts 1486 vollends zur Residenz- und Hauptstadt avancierte.1737 Bereits Friedrich I. hatte sich nach seiner Einsetzung als Kurfürst von den märkischen Ständen in Berlin huldigen lassen und damit die Vernachlässigung der Stadt zugunsten Tangermündes durch die Luxemburger beendet. Der Sohn führte diese Tradition fort und nahm nach seinem Herrschaftsantritt in der Mark ebenfalls im Oktober 1440 in Berlin die Erbhuldigung der märkischen Stände entgegen.1738 Die erneute politische Aufwertung Berlin-Cöllns unter Friedrich II. fand ihren deutlichen Ausdruck auch in einer völligen Umgestaltung der markgräflichen Residenzensituation. Ursprünglich lassen sich bereits zur Zeit der Askanier zu beiden Seiten der Klosterstraße verschiedene Besitzkomplexe der Markgrafen feststellen, und die wittelsbachischen Markgrafen Otto und Ludwig II. residierten ebenfalls inmitten Berlins. Das sogenannte Hohe Haus,1739 ein

1735 1736 1737 1738 1739

GÖTZE, Geschichte der Burg Tangermünde, S. 111–112. CDB III, Nr. 141, S. 223–232, hier S. 230. MÜLLER-MERTENS, Landesherrliche Residenz, S. 138. BÖCKER/BÖCKER, Art. ‚Berlin/Cölln‘, S. 51. Zu den Ausmaßen und der äußeren Gestaltung des Hohen Hauses siehe AHRENS, Residenz, S. 294; zur Anlage und Beschaffenheit der übrigen Besitzkomplexe siehe ebd., S. 295–298. Nachdem das kurfürstliche Schloss bezugsfertig war, gab Friedrich II. das Hohe Haus am 15. Dezember 1451 als Burglehen an seinen Kammermeister Georg von Waldenfels, siehe

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frühgotischer, mehrfach veränderter, unbefestigter Ziegelbau,1740 diente den Landesherren seit dem 13. und 14. Jahrhundert durchgängig als Unterkunft,1741 wenn sie sich in der Stadt aufhielten. Der gesamte markgräfliche Grundbesitz entlang der Klosterstraße bildete mit dem angrenzenden Franziskanerkloster mit der Zeit „[…] eine Art Pfalzkomplex, der den Anforderungen einer noch nicht zentralisierten Landesverwaltung wie den persönlichen Bedürfnissen der Markgrafen anfangs durchaus genügt haben wird. Mit der Klosterkirche besaß man eine ansehnliche Herrschaftskirche, und der repräsentative Saal des Hohen Hauses bot einen ausreichenden Rahmen für den Empfang städtischer wie ständischer Deputationen, auswärtiger Gesandter und Fürsten; auch für die Ausrichtung von Festlichkeiten war er ohne weiteres geeignet.“1742

Trotzdem kam Berlin aufgrund der Beschaffenheit des Hohen Hauses zunächst nicht als Ort für längere Aufenthalte der Landesherren in Betracht. Außerdem war es zwingende Voraussetzung, dass keine Spannungen zwischen Stadtgemeinde und Stadtherren bestanden, da das Gebäude nicht umwehrt war.1743 Mit der zunehmenden Zentralisierung der Verwaltung in der Mark Brandenburg wurde es deshalb für Friedrich II. immer wichtiger, entsprechende Räumlichkeiten in der Spreestadt zu schaffen. Gegen heftigen Widerstand1744 seitens der Stadtgemeinde begann der Kurfürst seit 1443 mit dem Bau eines Schlosses, das seinen Anforderungen an den Residenzort entsprach. Dass der hohenzollerische Markgraf in dem zentralen Konflikt mit der Stadt siegreich blieb, fand seinen symbolischen Ausdruck in einem Stadtsiegel, das Friedrich II. 1448 prägen ließ und das bis ins Jahr 1700 in Gebrauch blieb:1745 Dargestellt ist hier der brandenburgische Adler, der dem Berliner Bären auf dem Rücken sitzt und sich tief in das Bärenfell verkrallt hat (Abb. 5) – deutlicher konnte der Triumph des Landesherrn über die Stadt nicht auf den Punkt gebracht werden. 1451 wurde das Schloss schließlich ständiger Aufenthaltsort des kurfürstlichen Hofes.

1740 1741 1742 1743 1744 1745

CDB III, 1, Nr. 186, S. 303–305. Im Jahr 1462 übertrug er es Graf Ludwig zu Helffenstein, siehe ebd., Nr. 240, S. 356. BÖCKER/BÖCKER, Art. ‚Berlin/Cölln‘, S. 55. So spricht Friedrich II. in der Übertragungsurkunde von „[…] vnnsern alden hof vnnd how hawfz in berlin, dar wir selbs Inn gewont haben […]“, siehe CDB III, 1, Nr. 240, S. 356. AHRENS, Residenz, S. 298. Ebd. Siehe dazu die späteren Ausführungen des Kapitels. SCHNEIDER, Berlin, S. 59. Hier die Abbildung des Siegels.

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Die auf der Nordhälfte der Cöllner Spreeinsel errichtete Flachburg verfügte über zwei quadratische Wehrtürme in der Südostecke der Anlage, einen weiteren im Nordwesten und einen Rundturm, der in Richtung des Cöllner Werders lag.1746 Die im Schlossbau quergestellte Kapelle mit östlicher Apsis stellte einen zentralen Raum des Baus dar, in dem ein Teil des sogenannten Grünen Hutes, ein Turm der ehemaligen Stadtbefestigung, verbaut war. Neben praktischen Gründen für diese Wiederverwertung ist es vor dem Hintergrund des Konfliktverlaufes mit der Stadt durchaus denkbar, dass Friedrich seinem Sieg über die Stadt ähnlich wie im Falle des Stadtsiegels auch architektonisch Ausdruck verleihen wollte. Wenige Nachrichten geben Auskunft über die Anzahl und Gestaltung der Innenräume,1747 es sind aber verschiedene Um- und Ausbaumaßnahmen insbesondere in der Regierungszeit Markgraf Albrechts und während der Regentschaft Markgraf Johanns belegt.1748 Der vermutlich dreigeschossige Backsteinbau1749 war umgeben von drei weiteren Seitengebäuden, die Platz für die Unterbringung von Gästen, Personal und Gesinde boten, zudem waren hier die Stallungen bzw. Wirtschaftsräume zu finden. Eine großzügige Stechbahn erstreckte sich zwischen dem Dominikanerkloster und der ‚Langen Brücke‘. Ein Zugang zur Stadt befand sich im Osten der stark befestigten Mauer, ein weiterer öffnete sich auf das Cöllner Werder hin. Durch einen vorgeschobenen Wartturm hatte Friedrich II. diesen Zugang zum Schloss zusätzlich sichern lassen.1750 Die räumlich aber eher als karg zu bezeichnende Wohnsituation der Mitglieder der kurfürstlichen Familie1751 stand in einem seltsamen Missverhältnis zu den ambitionierten Plänen, die Friedrich II. mit der neuen Residenz in der Doppelstadt verband. Lediglich der in den 1470er Jahren errichte Schießstand, die neue, komfortable Badestube und das anlässlich der Hochzeit Markgraf Johanns 1746 BÖCKER/BÖCKER, Art. ‚Berlin/Cölln‘, S. 55. 1747 Cordula Nolte behandelt in einem ausführlichen Teil ihrer Habilitationsschrift die Bau- und Wohnstrukturen bzw. die Sozialtopografie der hohenzollerischen Familie, insbesondere in ihren fränkischen Residenzen, siehe NOLTE, Familie, S. 201–312. Über die Architektur und die Anlage der Berliner Residenz informiert PESCHKEN, Das königliche Schloss, Bd. 1. Die zweite bis vierte Phase der Schlossgestaltung fassen Dagmar Böcker und Heidelore Böcker knapp und prägnant zusammen, siehe BÖCKER/BÖCKER, Art. ‚Berlin/Cölln‘, S. 55–58. 1748 So ließ Albrecht zum Beispiel im Jahr 1471 nach dem Ansbacher Vorbild in Berlin eine Badestube und einen Schießstand bauen, siehe PC, 1, Nr. 166, S. 240. 1749 Zu den Ausmaßen der Anlage siehe AHRENS, Residenz, S. 299. 1750 Ebd., S. 299–300. 1751 Kurfürstin Katharina spricht beispielsweise in einem Brief an ihren Schwager Markgraf Albrecht am 11. November 1471 davon, dass sie drei Kammern zusammen mit ihren Dienern bewohne, siehe CDB III, 2, Nr. 55, S. 54–56, hier S. 55. Auch die Unterbringung der Gäste während der Hochzeit Markgraf Johanns mit Margarethe von Sachsen im Jahr 1476 bereitete große Schwierigkeiten, siehe PC 2, Nr. 153, S. 179–183, hier S. 180, Fußnote 2. Insgesamt waren die Wohnräume scheinbar wenig großzügig angelegt.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

entstandene Badehaus weisen darauf hin, dass den kurfürstlichen Repräsentationspflichten gegenüber auswärtigen Gästen und der Hofgesellschaft Genüge getan wurde. Das große Gewicht, das Friedrich II. seinem Residenzort Berlin beimaß und auch in der Wahrnehmung der Untertanen verankern wollte, zeigt sich jedoch ganz besonders im Falle der Kapelle des neu errichteten Schlosses, die dem heiligen Erasmus geweiht war. Diese wurde bereits am 28. November 1450 mit Pfarrrecht ausgestattet.1752 Außerdem wurde der Bischof von Brandenburg neun Jahre später hier sogar in sein Amt eingeführt, während man im Brandenburger Dom nur eine Nachfeier veranstaltete.1753 Durch die Einrichtung eines gut dotierten Kollegiatstiftes seitens des Kurfürsten im Jahr 14651754 erhielt der Residenzort Berlin noch einmal zusätzliches Gewicht. Im fränkischen Territorium der Hohenzollern waren wie in der Kurmark drei Residenzen von besonderer Bedeutung: Nürnberg, die Cadolzburg und Ansbach. Die in direkter Nachbarschaft zur Kaiserburg in Nürnberg gelegene Burggrafenburg, die dieser als schützende Vorburg diente, muss in der frühen Aufstiegsphase der Hohenzollern als Hauptresidenz der Dynastie angesehen werden. Von hier kamen die Burggrafen ihren Lehnspflichten nach, die unter anderem darin bestanden, im Auftrag des jeweiligen Reichsoberhaupts die Kaiserburg zu verwalten. In den Wirren des Interregnums eigneten sich die Hohenzollern die Burggrafenburg schließlich an, mussten aber bald wegen der bewussten Beschneidung ihrer Rechte durch den Kaiser und der rasch zunehmenden Bedeutung Nürnbergs in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts beginnen, sich außerhalb der Reichsstadt ein neues Territorium zu erschließen.1755 Auch wenn nun die Cadolzburg neuer Wohnsitz und Verwaltungsmittelpunkt wurde, hielten die Hohenzollern trotzdem an ihren Rechten und Besitzungen innerhalb Nürnbergs fest. Und hier insbesondere an der Burggrafenburg, da sich während der vielfach in Nürnberg abgehaltenen Hoftage so sehr einfach Nähe zum Reichsoberhaupt herstellen ließ.1756 Nach der Belehnung mit der Mark Brandenburg zogen sich die Hohenzollern schließlich immer weiter aus Nürnberg zurück, vergaben Teile der Burggrafenburg als Lehen und bauten sie, nachdem die Burg vom bayerischen Pfleger von Lauf, Christoph Laiminger, im Rahmen einer Fehde niedergebrannt worden war, 1752 CDB III, 1, Nr. 199, S. 319–322. 1753 BÖCKER/BÖCKER, Art. ‚Berlin/Cölln‘, S. 51. 1754 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 5.2. Zu der weiteren Einrichtung verschiedener Institutionen und Ämter der Landesverwaltung in Berlin-Cölln siehe BÖCKER/BÖCKER, Art. ‚Berlin/Cölln‘, S. 51–52. 1755 SEYBOTH, Art. ‚Nürnberg‘, S. 427. 1756 Ebd. Zu dieser Selbstbehauptungsstrategie der Hohenzollern siehe insbesondere das 4. Kapitel.

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nicht wieder auf, sondern verkauften das Gelände an die Reichsstadt für 120.000 Gulden.1757 Die 15 Kilometer westlich von Nürnberg gelegene Cadolzburg kam in baulicher, geografischer und strategischer Hinsicht den Bedürfnissen der Hohenzollern in der Folgezeit sehr entgegen1758 – bot sie sich doch allein wegen des umfangreichen Streubesitzes der Dynastie bis zum ersten Drittel des 15. Jahrhunderts als fränkische Hauptresidenz an. Die Burg bestand zu diesem Zeitpunkt aus zwei durch einen Querbau verbundenen Gebäudeteilen, die Kurfürst Friedrich I. in seiner Regierungszeit stark ausbauen ließ. Der westliche, dreigeschossige ‚Alte Bau‘ wurde in dieser Zeit neu errichtet.1759 Einen repräsentativen Erkersaal mit Kamin ließ Kurfürst Albrecht 1480 einwölben. Zusammen mit der großen Halle im ersten Obergeschoss und den verschiedenen spätgotischen Zimmern im zweiten Ober- und Dachgeschoss1760 konnte in dieser Residenz nicht nur der markgräfliche Hof während seines Aufenthaltes beherbergt, sondern konnten auch hochstehende Gäste standesgemäß untergebracht werden. Schließlich war eine Kapelle, die die Markgrafen im 15. Jahrhundert neu stifteten, namensgebend für den sogenannten Kapellenflügel der Cadolzburg, der den ‚Alten Bau‘ mit dem ‚Neuen Bau‘ verband. Äußerlich wirkte die Burganlage ausgesprochen wehrhaft – ein Eindruck, der insbesondere durch die hochaufragende Ringmauer und den als Bergfried dienen Torturm erzeugt wurde.1761 Die Burg, die im wildreichsten Teil des markgräflichen Territoriums in Franken gelegen war, war umgeben von verschiedenen Wirtschaftshöfen, Fischteichen und Zeidelweiden, die problemlos die Güter des täglichen Bedarfs des Markgrafenhofes deckten. Luxusgüter konnten zudem leicht aus der nahe gelegenen Fernhandelsmetropole Nürnberg beschafft werden1762 – viele Gründe sprachen also dafür, dass die Hohenzollern in diese Residenz immer wieder fürstliche Standesgenossen oder sogar den Kaiser einluden.1763 Die Cadolzburg mit dem zu ihren Füßen liegenden kleinen Marktort bot im Laufe des 15. Jahrhunderts jedoch nicht mehr genügend Kommunikations- und Repräsentationsmöglichkeiten1764 – die gewachsene Bedeutung der Hohenzollern als Kur- und Reichsfürsten machte es dringend 1757 1758 1759 1760 1761

Ebd. SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 569. SEYBOTH, Art. ‚Cadolzburg‘, S. 101. Ebd. Eine Abbildung des Torzwingers und des Torturmes der Kernburg bietet BURGER, Die Cadolzburg, S. 75, Abb. 44a. 1762 SEYBOTH, Art. ‚Cadolzburg‘, S. 102. 1763 Mehr dazu in Kapitel 3.2. 1764 SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 575.

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erforderlich, neue räumliche Möglichkeiten in dem wesentlich größeren und bedeutsameren Ansbach zu errichten. Zudem war die größere Entfernung zur Reichsstadt Nürnberg ein zusätzlicher Gewinn, nahmen die Spannungen zwischen den Markgrafen und der fränkischen Metropole doch im Laufe des 15. Jahrhunderts stetig zu. Bereits 1397 hatte Friedrich I. vom Gumbertusstift einen Hof bei der ‚steinernen Brücke‘ erworben,1765 wenige Jahre später ließ er bereits die „vesten zu Onoltzbach“1766 bauen, ein Wasserschloss, das 1409 bezugsfertig war. Das Schloss, das als erster von keinem Vorgänger übernommener Bau der Hohenzollern in Franken gelten muss,1767 war gegenüber der Stadt Ansbach nur wenig gesichert. Dies war insofern unproblematisch, da das Verhältnis zwischen Bürgergemeinde und der Hofgesellschaft sich zumeist konfliktfrei darstellte. Nicht nur die strategisch gute Lage im Territorium der Hohenzollern, sondern auch das als exklusiv geltende Chorherrenstift St. Gumbertus, aus dem die Dynastie immer wieder geistliche Räte rekrutierte, und nicht zuletzt die Nähe zur Familiengrablege in Heilsbronn1768 machten Ansbach zu einem extrem attraktiven Residenzort und waren ausschlaggebend dafür, dass die Stadt seit der Regierungszeit Markgraf Albrechts zu seiner Hauptresidenz avancierte. Neben verschiedenen Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten, die schriftlich belegt sind,1769 ergab sich der Bedarf nach architektonischen Veränderungen der Ansbacher Residenz in erster Linie wegen der Übertragung des Kurfürstentitels auf Markgraf Albrecht im Jahr 1470 und der prestigereichen Hochzeit Friedrichs d.Ä. mit Sophia von Polen 1479. In den Quellen aus der Regierungszeit Friedrichs I. bzw. Albrechts finden ein Fürstengemach, Frauenzimmer,1770 Kinderzimmer und ein weiteres, ‚heimliches‘ Gemach für die Frauen1771 explizite Erwähnung, insgesamt liegen aber wiederum nur wenige konkrete Nachrichten über die innere Gestaltung der Residenz vor. Im Jahr 1471 gab Albrecht eine „padtstuben bey dem sloß zwischen den wassern“ in Auftrag und befahl ebenfalls, eine 1765 STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 8, Nr. 420, S. 301–302. 1766 Die Erwähnung des Schlosses findet sich in einer Urkunde vom 4. Mai 1409, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 500, S. 545–546, hier S. 545. 1767 SEYBOTH, Art. ‚Ansbach‘, S. 14. 1768 Ebd. Siehe auch SCHUHMANN, Die Hohenzollern-Grablegen. Wichtige Erkenntnisse über Heilsbronn als Hauskloster der Hohenzollern lässt auch das Habilitationsprojekt von Dr. Markus Hörsch erwarten, das sich allgemein mit dem Bildgebrauch in Zisterzienserklöstern vom 11. bis 15. Jahrhundert befasst. 1769 Zum Beispiel StANü, Fürstentum Ansbach, Ansbacher Oberamtsakten, Rep. 165a, Nr. 3821. 1770 Zur Beschaffenheit des Frauenzimmers siehe PC 1, Nr. 83, S. 165–166, hier S. 166, oder PC 2, Nr. 209, S. 216–219, hier S. 218. 1771 Das Funfft Merckisch Buech, hg. von KARL AUGUST HUGO BURCKHARDT, S. 173.

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Zielstatt für die Armbrust von 120 Fuß anzulegen.1772 Im darauffolgenden Jahr plante er ein neues Gewölbe und wog Wehrhaftigkeit und Komfort sorgsam gegeneinander ab: „Des paws halben mit der mawer […] lassen wir gescheen, uff das es werhaftig sey. Wir wollen aber vnsers gewelbs nicht entbern, es mache die stuben liecht oder vinster. Dann ob inn der stuben nicht mer wern, dann die fenster, die in den hof geen, wer uns lieber, dann das vil venster in die stat giengen, nachdem uß der kamern wol in die stat und den garten sehen kann.“1773

Entscheidende Bedeutung für die Residenz Ansbach kam vor allem dem Ausbau von St. Gumbertus zur Hofkirche und zum Residenzstift zu, insbesondere nachdem Albrecht eine zweite Ordensniederlassung des Hofordens seines Bruders veranlasst hatte.1774 Nachdem es zu verheerenden Verwüstungen der Stadt im Zuge des Zweiten Süddeutschen Städtekrieges gekommen war, ließ er ab den 1450er Jahren die schon aus staufischer Zeit stammende Stadtbefestigung wesentlich verstärken und den Schlossbau in die Befestigungsmauern integrieren.1775 Die in direkter Nähe zu Ansbach gelegene Zisterzienserabtei Heilsbronn trug ebenfalls zum Prestige des Residenzortes Ansbach bei – der Ruhm des Klosters, seine Bedeutung als Familiengrablege der Hohenzollern und insbesondere die Möglichkeit, im ‚Burggrafenhof‘ der Abtei befreundete Adelige oder sogar den Kaiser während Jagdvergnügungen unterzubringen, steigerten den Wert des Residenzortes.1776 Mit dem Bereich der vormodernen Residenzenbildung und -architektur nah verwandt, ist zudem das Thema der fürstlichen Hofordnungen.1777 Die

1772 Am 9. November richtete der Markgraf die Aufforderung an seine Räte in Franken, dass diese Arbeiten am Ansbacher Schloss zügig vorangehen sollten, siehe PC 1, Nr. 247, S. 289– 290, hier S. 290. 1773 Das Funfft Merckisch Buech, hg. von KARL AUGUST HUGO BURCKHARDT, S. 67–68. Aus finanziellen Erwägungen wurde das Gewölbe schließlich nicht so realisiert, siehe ebd., S. 123. 1774 Zu der Bedeutung von St. Gumbertus insbesondere für Markgraf Albrecht, der dort von der Dynastie getätigten Stiftungen und der vom Markgrafen in Auftrag gegebenen Baumaßnahmen im Rahmen der Gründung einer zweiten Niederlassung der Gesellschaft Unserer lieben Frau siehe Kapitel 6.2. 1775 SEYBOTH, Art. ‚Ansbach‘, S. 15. 1776 Ausführlich zur Bedeutung Heilsbronns für die Herrschaftsrepräsentation der Hohezollern siehe Kapitel 3.2 und Kapitel 6.2. 1777 Die nahe thematische Verwandtschaft wird beispielsweise bei DE JONGE, Hofordnungen, herausgearbeitet. Ausführlich zum Thema der Hofordnung allgemein der Sammelband KRUSE/PARAVICINI, Höfe und Hofordnungen. Stellvertretend für die vielfältige Literatur, die sich ebenfalls mit der schriftlichen Reglementierung der adeligen Höfe in Spätmittelalter

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Quellengattung der Hofordnungen lässt breiten Raum für Spekulationen über ihre ‚eigentlichen‘, instrumentellen Zwecke, die Ordnung des täglichen Hofes und ein pragmatischer Zwang zur Sparsamkeit gehören sicherlich zu den vordringlichsten ihrer Funktionen.1778 Doch insbesondere der höfischen Öffentlichkeit, repräsentiert durch die Gruppe der Standesgenossen, aber auch den Untertanen in den eigenen Landen konnten zudem – korrespondierend zu dem architektonischen Befund bei den landesherrlichen Residenzen – nicht nur die ‚vernünftige‘ und rechte Ordnung des fürstlichen Hofes, sondern mithilfe des durch schriftliche Reglementierungen organisierten Hofes auch das richtige Maß zwischen sparsamem Regiment und repräsentativer Selbstdarstellung vor Augen geführt werden. Doch auch weitere symbolische Dimensionen für die Aufstellung und Ausgestaltung von Hofordnungen sind denkbar: Werner Paravicini wies bereits 1999 darauf hin, dass die Texte, die über die eindrucksvollste äußere Gestaltung verfügten bzw. die fürstliche Hofhaltung am prächtigsten und gleichzeitig am strengsten reglementierten, gerade bei sekundären Herrschern oder um Legitimität ringenden Fürsten wie den Herzögen von Burgund zu finden seien.1779 Über das Medium der Hofordnung sollte demnach eine ganz bestimmte symbolische Aussage den konkurrierenden Standesgenossen übermittelt werden, damit diesen die Ebenbürtigkeit oder sogar die Überlegenheit der eigenen Hofhaltung demonstriert werden konnte. Weitere Adressaten konnten und sollten in vielen Fällen wohl auch zugleich die Untertanen der eigenen Territorien sein. Im deutschsprachigen Raum kam es allgemein erst recht spät zu schriftlichen Reglementierungen der fürstlichen Hofhaltung.1780 Die Hohenzollern erließen entsprechende Ordnungen für die fränkische Plassenburg im August des Jahres 1470.1781 Ebenfalls aus diesem Jahr überliefert ist die Ordnung Markgraf Albrechts für den Berliner Hof, die dieser zu Beginn der Regentschaft seines Sohnes Johann erlassen hatte.1782 Durch

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und Früher Neuzeit befasst, seien hier lediglich genannt: EWERT/HILSENITZ, Lediglich ein Finanzdokument, und HECHT, Hofordnungen. Werner Paravicini stellt eine große Anzahl weiterer potenzieller Gründe für den Erlass von Hofordnungen zur Debatte: PARAVICINI, Europäische Hofordnungen, S. 15. Ebd. Peter Moraw macht die ersten Anhaltspunkte für diese Form der Reglementierung ab 1450 am Niederrhein aus, siehe MORAW, Zusammenfassung, S. 559. „Anordnung der Haushaltung zu Blassenberg 1470“, nähere Informationen zu dieser Hofordnung, siehe WEIGAND-KARG, Die Plassenburg, S. 96–99. Friedrich II. hatte sich nach seiner Abdankung als Kurfürst am 29. August 1470 auf die Plassenburg zurückgezogen und erließ die Ordnung kurz nach seiner Ankunft, siehe ebd., S. 96. Edition der Hofordnung im CDB III, 2, Nr. 93, S. 115–126. Anscheinend um 1483 war es am Ansbacher Hof dringend notwendig geworden, die dortigen Verhältnisse zu regeln, wobei diese Ordnung in einem Brief des Markgrafen an seinen Sohn zum Ausdruck kommt,

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die Abdankung Friedrichs II. im Jahr 1470, seinen Rückzug auf die Plassenburg und die Einsetzung Markgraf Johanns als Regent in der Mark Brandenburg bestand erheblicher Reglementierungsbedarf an den Höfen der Hohenzollern. Der Berliner Hof, der von den vertrauten Räten Markgraf Albrechts zur Vorbereitung der Amtsübernahme in Augenschein genommen wurde, erfüllte nur sehr unzureichend die Anforderungen an eine moderne und effektive Verwaltung, wie sie diese aus dem fränkischen Herrschaftsbereich der Hohenzollern gewohnt waren. Durch das zu diesem Zeitpunkt hochmoderne Mittel der Hofordnung sollte er auf den fortschrittlichsten Stand der Verwaltung gebracht werden. Erst drei andere hochadelige Höfe im Reich hatten zu diesem Zeitpunkt überhaupt eine Hofordnung im umfassenden Sinn erhalten. Auffälligerweise sind es zwei weitere kurfürstliche Höfe und die um die Kurwürde stets konkurrierenden Wittelsbacher, welche als Erste im deutschen Reichsgebiet entsprechende Ordnungen für ihre Höfe aufstellen ließen. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts folgten dann weitere Ordnungen für andere reichsfürstliche Höfe in schneller Folge.1783 Die Hofordnung für Berlin regelte detailliert die Hofhaltung für den 200 Personen umfassenden engeren Hof.1784 Sie hält zudem ausführliche Bestimmungen über den Aufgabenbereich des hier tätigen Hofgesindes fest und gibt Einblicke in die finanziellen Aspekte der gesamten Hofhaltung.1785 Da Markgraf Albrechts Räte nach der Übernahme der Kurmark „in dem gebrauch der haußhalt ganz kein ordnung gefunden“ hatten „und yederman […] nach seinem willen“ lebte,1786 war für den Markgrafen die Erstellung eines schriftlich fixierten Reglements dringend erforderlich geworden. Dabei war neben der straffen Organisation des märkischen Hoflebens für ihn die Kostenreduktion ein vordringliches Ziel, nicht zuletzt auch, weil er Zeit seines Lebens in diesem Territorium lediglich ein Nebenland seiner Dynastie sah.1787 Möglicherweise ist dies auch der Grund dafür, dass die von ihm erlassene Ordnung wenig Anzeichen für eine repräsentative Funktion lieferte, scheint sie doch sehr einseitig auf die Perspektive eines Rückgangs der Ausgaben fokussiert zu sein. Die Hofordnung wurde jedoch durch verschiedene Bestimmungen, Anweisungen und Aufstellungen ergänzt, die Albrecht seinem Sohn bis zu

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eine schriftliche Ordnung aus dieser Zeit hat sich nicht überliefert, siehe BOOCKMANN, Hof und Hofordnung, S. 317–318. MORAW, Zusammenfassung, S. 559. Zur Ausgestaltung insbesondere der finanziellen Aspekte der Hofhaltung durch Markgraf Albrecht siehe NOLTE, Familie S. 162–167. SCHAPPER, Die Hofordnung, S. 23. PC 1, Nr. 75, S. 157–161, hier S. 157. NOLTE, Familie, S. 163.

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seinem Tod zukommen ließ1788 und aus denen der Anspruch auf eine ‚geregelte Repräsentation‘ eindeutiger hervorgeht: Im Jahr 1473 legte er beispielsweise verbindlich für Markgraf Johann fest, dass jedes Mal, wenn sein Hofgesinde durch die Mark Brandenburg reiten sollte, alle Mitglieder des hohenzollerischen Hofes jeweils mit einem Harnisch bekleidet sein müssten, damit sie nicht für Kaufleute gehalten würden.1789 Wie viel Wert der Kurfürst auf die ‚Außendarstellung‘ seiner Person und seiner Dynastie legte, machen seine hofordnungsäquivalenten Vorschriften über die Zusammensetzung und Ausstattung seines Ansbacher Hofes deutlich. Allein die Anzahl von zu versorgenden Personen – engerer Hof und Dienerschaft – und deren großzügige Ausstattung mit Pferden zeigen den Glanz der markgräflichen Hofhaltung,1790 der zu Lebzeiten Albrechts durchaus sprichwörtlich war. Auch die schriftlichen Regularien für die fränkische und märkische Hofhaltung zeigen, dass diese nicht nur ausschließlich dem Zweck dienen mussten, „[…] fürstliche Mittel einzusparen.“1791 Obgleich durchaus ein Unterschied zum repräsentativen Aufwand in der Zeit Friedrichs II. konstatiert werden muss1792 und Albrecht sogar hin und wieder von seinen Räten daran erinnert werden musste, in bestimmten Situationen mehr in seine Repräsentationsformen zu investieren.1793

1788 BOOCKMANN, Hof und Hofordnungen, S. 317. 1789 CDB III, 2, Nr. 93, S. 115–126, hier S. 115. 1790 PC 3, Nr. 934, S. 240–243. Zum Thema der äußerlichen Zeichen fürstlichen Luxus und Aufwandes im 14. und 15. Jahrhundert allgemein siehe auch die Kontroverse zwischen Michail A. Bojcov und Karl-Heinz Spieß: BOJCOV, Diskrete Charme, und SPIEß, Zu den Formen. 1791 BOJCOV, Diskrete Charme, S. 49–50. 1792 Der laut Eigenbeschreibung stets einen großen kurfürstlichen Staat gehalten hatte, siehe CDB III, 1, Nr. 372, S. 525–527, hier S. 525–526. 1793 Ludwig von Eyb, der sich seit Juli 1473 an dem sich im Westen und Südwesten des Reiches befindlichen kaiserlichen Hof aufhielt, berichtete regelmäßig an Markgraf Albrecht über die Vorgänge in der Umgebung des Habsburgers. Immer wieder äußerte Kaiser Friedrich III. laut von Eyb den Wunsch, dass der brandenburgische Kurfürst sich persönlich zu ihm begeben solle. Auf den 17. Dezember 1473 ist ein erneuter Bericht des markgräflichen Rates datiert: „Item unnser herr der k[eiser] ist von Coblentz auß durch den graven von Katzelnbogen, Nassaw und ander graven dorumb biß gein Franckfort mit gesmuckten hofleuten und in guter meng versehen. Desgleichen wirdet mein herr von Mentz mit den seinen und die von Franckfort den k[eiser] furter versehen. Deßhalb woll e. g. auch gesmückt hofleut schicken, domit e. g. in dem gepreng nit der m:ndst sei.“ THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, Briefe an Kurfürst Albrecht Achilles, Nr. 20, S. 229– 230, hier S. 229. Auch sein Bruder Friedrich II. gab ihm im März 1469 den Hinweis, dass, falls er Markgraf Johann mit zum König von Ungarn nehmen sollte, dieser für den Besuch standesgemäßer ausgestattet werden müsste: „ Solt er mit, So ist not, das er basz gerustet worde mit cleidern, mit zerung vnnd anderm das darzu gehöret, als ewer libe wol versteet, der wirt ewer libe wol vor dencken.“ Siehe CDB III, 1, Nr. 355, S. 501–502, hier S. 502.

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Städtepolitik als Maßnahme der Landesherrschaft: Das Beispiel Berlin-Cölln Ebenfalls als Instrumente der landesherrlichen Politik ließen sich die in den entsprechenden Territorien befindlichen Städte einsetzen.1794 Die Eindämmung von städtischer Autonomie und bündischen Organisationsbestrebungen stellte ein zentrales Anliegen der spätmittelalterlichen Landesherrschaft dar.1795 Die märkischen Städte hatten im hohen Maße eine autonome Stellung erlangt; dies war der spezifischen Entwicklung geschuldet, die die Mark Brandenburg im Laufe der Zeit genommen hatte: Im späten Mittelalter zählte die Kurmark zu den wenigen Reichsterritorien ohne gewachsenes herrscherliches Zentrum. Grund dafür war ihre wechselhafte Herrschaftsgeschichte.1796 Nicht nur der relativ rasche Wechsel der regierenden Dynastien im 14. und 15. Jahrhundert – die Wittelsbacher übernahmen die Kurmark von den Askaniern 1323, um sie 1373 an die Luxemburger abzutreten – hatte das Territorium auf diese spezifische Weise geprägt, sondern auch die Tatsache, dass die beiden letztgenannten Adelshäuser ihren Herrschaftsmittelpunkt vor allem in ihren Kerngebieten sahen. Hinzutraten unvorhersehbare innerdynastische und politische Entwicklungen. Als deutlichste Folgen der Vernachlässigung der Kurmark durch ihre Markgrafen und Regenten können vor allem das ausgeprägte Raub- und Fehdewesen, die große Autonomie der Städte, die sich immer wieder auch aus Selbstschutzgründen zu Bündnissen zusammenschlossen,1797 und die Herausbildung eines selbstbewussten märkischen Adels genannt werden. Während ein Teil der märkischen Ritterschaft insbesondere die märkischen Klöster und Städte durch Raubzüge schwer bedrängte, schlossen sich andere Adelige auswärtigen Herrschaftsträgern an, die häufig in die Mark Brandenburg einfielen. Nach entsprechenden Klagen über die unhaltbaren Zustände im Kurfürstentum einer auch mit vielen städtischen Vertretern besetzten Gesandtschaft übernahm Friedrich I. ein ausgedehntes Herrschaftsgebiet, bestehend aus Altmark, Prignitz, Havelland, Zauche, Teltow, Barnim, Lebus, Sternberg und einem Teil der Uckermark, das durch große Rückständigkeit der landesherrlichen Verwaltungsstrukturen1798 geprägt war, dessen Städte zugleich aber existenziell auf einen gesicherten Handelsverkehr angewiesen waren. 1794 WILLOWEIT, Fürstentum, S. 1389. 1795 Eine kleinschrittige Untersuchung der Städtepolitik der Herren von Werle, Pommern, Rügen und Mecklenburg bietet in jüngerer Zeit AUGE, Handlungsspielräume, S. 137–154. 1796 SEYBOTH, Art. ‚Hohenzollern‘, S. 119. 1797 Hierzu siehe vor allem: KRÜGER, Zwischen Herren und Hanse. Aus der Fülle an Literatur zu dieser Thematik seien hier außerdem genannt: HELBIG, Die brandenburgischen Städte, S. 227–245, und SCHULZ, Vom Herrschaftsantritt, S. 278. 1798 MORAW, Die Mark, S. 29; allgemein auch HELBIG, Die brandenburgischen Städte.

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Die landesherrliche Städtepolitik der hohenzollerischen Kurfürsten wurde von der historischen Forschung zum Teil unterschiedlich bewertet: Friedrich I. sei ein großer Städtefreund gewesen,1799 er habe das Diktum König Sigismunds „das Reich sind die Städte“ geteilt1800 und entsprechend wenig die städtische Autonomie beschnitten. Zudem hatten die Städte den neuen Kurfürsten im Kampf gegen den adeligen Widerstand zu Beginn seiner Herrschaft und gegen die in die Mark Brandenburg einfallenden Pommern unterstützt.1801 Seit dem Jahr 1420 stellte sich Friedrich I. mehrfach auf die Seite der Ratsparteien, wenn er bei innerstädtischen Konflikten von den regierenden Ratsgeschlechtern zur Festigung oder Wiederherstellung der alten Ordnung gerufen wurde, ohne dabei in eigenem Interesse zu agieren.1802 Ein solches Beispiel der ‚landesherrlichen Zurückhaltung‘ stellte auch der Konflikt zwischen den Zünften und dem Rat in Frankfurt an der Oder im Jahr 1420 dar, denn der Kurfürst betätigte sich in dieser Auseinandersetzung zwar als eine Art Vermittler, tastete aber genauso wenig die städtischen Privilegien und Freiheiten an wie 1423 in Treuenbrietzen.1803 Besonders in der kritischen Anfangsphase der landesherrlichen Herrschaft, in der der Kurfürst nicht nur immer wieder die Mark vor den Feinden aus den umliegenden Ländern schützen musste, sondern auch noch mit den letzten oppositionellen Adeligen zu kämpfen hatte, wollte dieser sicherlich nicht eine weitere Front eröffnen, sondern war froh um jede Form der Unterstützung seitens seiner Stände. In den fränkischen Territorien machte Friedrich I. dagegen dezidiert Gebrauch von seinen landesherrlichen Rechten und fügte sich damit in die in allen deutschen Territorien stärker werden Bestrebungen der Landesherren ein, die Städte fester ihrer Herrschaft unterzuordnen.1804 Im Jahr 1434 erließ er für sämtliche Städte seiner fränkischen Territorien eine einheitliche Ratswahlord-

1799 So jedenfalls PRIEBATSCH, Die Hohenzollern und die Städte, S. 57, und darauf bezugnehmend SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 258. Ein gegenteiliges Urteil der Beziehung zwischen Friedrich I. und den Städten des Märkischen Territoriums findet sich bei MLECZKOWSKI, Zum politischen und sozialen Wandel, besonders S. 94. Grundsätzlich zur landesherrlichen Politik in der Mark Brandenburg im 15. Jahrhundert siehe BÖCKER, Festigung der Landesherrschaft. 1800 Der Aufwertung der Reichsstädte unter König Sigismund trägt auch die königliche Kanzlei Rechnung, sie spricht von den „merklich gelidern“ des Reiches, siehe KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 96. 1801 BÖCKER, Festigung der Landesherrschaft, S. 178. 1802 HELBIG, Gesellschaft, S. 55–56. 1803 BÖCKER, Festigung der Landesherrschaft, S. 179. Diese Einschätzung ebenfalls bei SCHULZ, Vom Herrschaftsantritt, vor allem S. 258. 1804 HELBIG, Gesellschaft, S. 57.

5. Aspekte der Landesherrschaft

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nung, die den Einfluss des Landesherrn auf die städtischen Ratswahlen merklich erhöhte.1805 Sehr rasch nach dem Herrschaftsantritt Johanns des Alchimisten als stellvertretender Regent in der Mark Brandenburg seit 14261806 begann eine neue Phase der Beziehungen zwischen den märkischen Städten und ihrem Landesherrn, die eher auf Konfrontation als auf friedliche Koexistenz angelegt war. 1428/29 kam es zu einer schweren Auseinandersetzung zwischen Markgraf Johann und der Stadt Frankfurt an der Oder, da sich diese in den Augen des Markgrafen durch die Ausübung des Obergerichts landesherrliche Rechte angemaßt hatte.1807 Eine ganze Reihe weiterer Konflikte zwischen den märkischen Städten und Johann folgte Ende der 1420er und 1430er Jahre; zudem wurden städtische Bündnisse gebildet, deren Zweck auch in der Abwehr landesherrlicher Ansprüche wie der Einforderung der Bede bestanden.1808 Der Hohenzoller konnte in dieser Zeit keine sonderlich großen Erfolge gegenüber den Städten erzielen, sodass seine Städtepolitik von der Forschung häufig als weniger entschlossen als die seines Vaters bewertet wurde.1809 Mit der Übertragung der Regentschaft auf seinen jüngeren Sohn Friedrich II., die Friedrich I. am 7. Juni 1437 in der Mark bekannt machte,1810 begann nach und nach eine Neuausrichtung der hohenzollerischen Städtepolitik in diesem Territorium. Mit dem Herrschaftsantritt des Markgrafen 1437 kam es zunächst umgehend zu Versuchen, ein Abwehrbündnis aller mittel- und altmärkischen Städte gegen die Herrschaft des neuen Statthalters zu etablieren.1811 Spätestens seit dem landesherrlichen Eingreifen in die städtischen Auseinandersetzungen der Doppelstadt Berlin-Cölln im Jahr 1442 und der völligen Aufhebung der städtischen Autonomie stand Friedrich II. im Ruf, ein Feind der Städte zu sein.1812 1805 SEYBOTH, Friedrich VI., S. 41. Allgemein zum Thema der Ratswahlen siehe POECK, Rituale der Ratswahl; DERS.: Das Geheimnis des Rates; RÜTHER, Herrschaft auf Zeit; DIENERSTAECKLING, Der Himmel; und SCHLOTTEROSE, Die Ratswahl. 1806 Siehe zu der Zeit dieser Regentschaft SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 36–47. 1807 Ebd., S. 39. 1808 Ebd., S. 40–41; siehe dazu vor allem auch KRÜGER, Zwischen Herren und Hanse, insbesondere S. 241. 1809 HELBIG, Die brandenburgischen Städte, S. 234. 1810 Verkündung der Abberufung Johanns und Einsetzung Markgraf Friedrichs durch Kurfürst Friedrich I., siehe CDB III, 1, Nr. 142, S. 232. 1811 PRIEBATSCH, Die Hohenzollern und die Städte, S. 74–75. Auf die gegen den Landesherrn gerichtete Tendenz der märkischen Städtebünde weist auch NEUGEBAUER, Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 47, hin. 1812 Seit dieser Zeit wurde Friedrich II. immer wieder von städtischer Seite unterstellt, an der Unterdrückung der Städte durch die Fürsten beteiligt oder gar federführend zu sein. Noch 1467 klagten beispielsweise Goslar, Magdeburg, Halle und Braunschweig, dass Städte wie Göttingen, Hildesheim, Hannover und Nordheim Rechtsverletzungen erleiden mussten, die

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Das harte Vorgehen Friedrichs II. gegen die Doppelstadt Berlin-Cölln ist möglicherweise unter anderem mit der Tatsache zu erklären, dass von hier die meisten Anregungen für die Städtebünde ausgegangen waren.1813 Zudem hatten sich die beiden Städte im Jahr 1432 selbst unter Führung ihrer mächtigsten Ratsfamilien per Vertrag miteinander verbunden, um sich gegen den Landesherrn und innerstädtische oppositionelle Kräfte zu schützen.1814 Ein Vorläufer dieses Zusammenschlusses lässt sich bereits im 14. Jahrhundert finden. Im Jahr 1435 hatte Berlin außerdem die Dörfer Tempelhof, Mariendorf, Marienfelde und Rixdorf vom Johanniterorden gekauft, wobei es in der Forschung noch immer umstritten ist, ob die Zustimmung des Kurfürsten erforderlich gewesen wäre.1815 Die neuesten Untersuchungen konnten aber zeigen, dass der Orden die Lehnshoheit über die Güter des Tempelhofes tatsächlich noch bis 1810/11 ausübte und das Patronatsrecht über die Kirchen im Tempelhof und in Rixdorf bis 1546 bzw. 1575 behielt.1816 Knut Schulz vertritt in diesem Zusammenhang die These, dass die Stadt eine ähnliche Territorialpolitik zu betreiben versuchte, wie es Nürnberg zu diesem Zeitpunkt getan habe.1817 Die Führungsrolle der Doppelstadt im Zusammenhang mit verschiedenen märkischen Städtebünden, ihre Union im Jahr 1432 und die Anlehnung an die Hanse – zum Hansetag 1435 schickte die Stadt ihre Bevollmächtigten1818 – stellten die Autorität des Landesherrn also massiv infrage. Aus diesem Grund nutzte der neue Kurfürst den rituellen Ablauf der Huldigung1819 der beiden Städte und die Bestätigung der Privilegien durch seine Person am 19. November 1440 in Berlin für eine symbolische Demonstration der neuen Verhältnisse, die mit seiner Landesherrschaft nun

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ihnen von Herzog Friedrich von Braunschweig-Lüneburg zugefügt worden seien, und sich Kurfürst Friedrichs II. trotzdem gegen sie verbunden habe, siehe CDB I, 22, Nr. 14, S. 496– 499. Gegen Städte wurden verschiedenste fürstliche Bündnisse in der Mark Brandenburg unter der Führung Friedrichs II. geschlossen, so zum Beispiel zwischen der Mark Brandenburg und Mecklenburg am 8. Mai 1442 oder mit Braunschweig am 21. Februar 1443, siehe CDB II, 4, Nr. 1636, S. 264–270, bzw. Nr. 1644, S. 279–281. Zu der Thematik allgemein siehe auch PRIEBATSCH, Die Hohenzollern und die Städte. HELBIG, Die brandenburgischen Städte, S. 236. NEUMEISTER, Persönlichkeiten, S. 42. Neumeister gibt an dieser Stelle außerdem eine ausführliche Beschreibung der Ausgestaltung des Zusammenschlusses von 1432. Peter Neumeister ist der Auffassung, dass der Kurfürst oberster Lehnsherr gewesen sei, siehe ebd., S. 41, während Johannes Schultze der Meinung ist, dass der Tempelhof Eigentum der Johanniter gewesen wäre und keineswegs markgräfliches Lehen, weshalb auch eine Zustimmung des Markgrafen zum Verkauf nicht notwendig gewesen sei, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 58, Fußnote 14. DE NÈVE/CANTE/WITTKOPP, Tempelhof, S. 1275. SCHULZ, Vom Herrschaftsantritt, S. 264–266. HELBIG, Die brandenburgischen Städte, S. 235. Grundlegend zum Thema ‚Huldigung‘: HOLENSTEIN, Die Huldigung.

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eingeläutet werden sollten: Der Stadtschreiber, der von den Feierlichkeiten berichtete, hielt in seinen Aufzeichnungen zunächst den genauen Wortlaut des Huldigungseides fest, den die städtischen Vertreter den beiden anwesenden Markgrafen leisteten. Dann vermerkt er jedoch ausdrücklich, dass zu beachten sei, dass Friedrich II. nur „mit schlechten worden“ gelobt habe, die Stadt bei ihren Freiheiten zu belassen und sie zu beschützen. Der Kurfürst „sede des nicht in eydes stad tu ten hilgen“, habe also keinen Eid geschworen und sich so nicht verbindlich verpflichtet, die Freiheiten der Stadt zu wahren. Dies habe er schlicht versäumt.1820 Aber nicht nur der Eid im Namen der Heiligen war entfallen, der Kurfürst hatte auch das rituelle Geschehen insofern geändert, als die Bestätigung der Privilegien erst nach der Huldigung der beiden Städte erfolgt war. Dass diese bewussten Änderungen des rituellen Ablaufs eine Verschlechterung der Rechtsposition darstellten und für Berlin und Cölln ernsthafte Konsequenzen haben könnten, war dem Stadtschreiber sehr bewusst. Dieser hielt deswegen schriftlich folgende Anweisung fest: „Item tu merken, in kumftigen tyden: er men unse gnedigen hern dy obingeschreuen huldinge dat, muste he vns irst confirmiren vnse privilegia u. na lude der confirmacion, vnde dy confirmacie vorlesen laten, in gegenwordicheit des Radis vnd aller Borger, unde antworde vns dunne dy confirmacie na der huldunge, dy men vindet by ander confirmacien.“1821

Die Tatsache, dass der Kurfürst die bestehende Tradition des Rituals geändert hatte und eben nicht, wie der Schreiber dies für zukünftige Zeiten wieder einfordern wollte, vor der Huldigung die Privilegien bestätigt und diese nach dem öffentlichen Verlesen übergeben hatte, unterstreicht seine geänderten Vorstellungen über die Beziehung zu den Städten seines Landes:1822 Zunächst sollten diese ihre ‚Untertanenpflicht‘ erfüllen, bevor der Kurfürst ihnen als Gegenleistung ihre Privilegien – in einer unverbindlicheren Form – bestätigte. Die Privilegienbestätigung sollte in seinem Ermessen liegen und abhängig von der Gunst des Landesherrn sein. Seine geänderte Haltung in Bezug auf die landesherrliche Städtepolitik konnte Friedrich II. zwei Jahre später noch deutlicher demonstrieren. Wieder war es die Doppelstadt, die durch die unverkennbare Zurschaustellung ihrer Autonomie dem Kurfürsten weiterhin widerstrebte. Als es in BerlinCölln schließlich zu Konflikten um das Stadtregiment zwischen den Ratsgeschlechtern, Viergewerken und den Bürgerschaften gekommen war, 1820 UBC, Nr. 86, S. 375. 1821 Ebd. 1822 Auch Johannes Schultze sieht hierin einen Beleg für das gewandelte Verständnis des Kurfürsten, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 55.

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ergriff Friedrich II., als die Zünfte entsprechende Beschwerden bei ihm vorbrachten, die sich ihm bietende Gelegenheit: Eigentlich als Schlichter angerufen, setzte er den amtierenden Rat ab, ordnete Neuwahlen an, an denen nur Vertreter der Viergewerke und der Bürgerschaften teilnehmen durften, und hob die Union der beiden Städte vollständig auf. Zudem legte er fest, dass in Zukunft die beiden gewählten Räte stets seiner Bestätigung bedurften und dass er die Ratsleute bei Unfähigkeit absetzen konnte, und nahm den Städten ihr seit langer Zeit bestehendes Recht, Bündnisse zu schließen.1823 Da die Städte erneut Widerstand leisteten und sich schließlich weigerten, dem Landesherrn die Stadtschlüssel auszuhändigen, verschaffte sich der Markgraf gewaltsam Zutritt zur Stadt1824 und verschärfte nach seinem Sieg die Strafen für die Städte enorm. Die betreffende Urkunde aus dem August des Jahres 1442 legte fest, dass dem Kurfürsten ein Platz beim Cöllner Dominikanerkloster und ein Teil der Stadtmauer abzutreten sei, damit er an dieser Stelle ein Schloss bauen könne. Das gemeinsame Rathaus der Städte auf der Spreebrücke, die oberen und niederen Gerichte der Stadt und das Stapelrecht1825 sollten in die Hände des Landesherrn übergehen und alle Verordnungen vom Februar bezüglich der Trennung der Städte und der Neubesetzung des Rates volle Gültigkeit haben.1826 Die Bürger der Stadt gelobten, zukünftig gehorsame Bürger zu sein und zu bleiben, und erhielten dafür den „Tempelhoff mit allen Dorpperen und guderen“ der Johanniter von Friedrich II. zurück, um aber fortan den „herrn, ere erven und nakomen ore Roßdinste ore Wagendinste lagere herwegene, lantbeden und alle ander der herschapp gerechticheide“1827 zu leisten. Da die Lehnshoheit über den Tempelhof und die dazugehörigen Dörfer dem Johanniterorden zustand – wie die neuere Forschung gezeigt hat – und Markgraf Johann bereits am 25. Juni 1432 die ihm dort geschuldeten 1823 Zudem wurden sämtliche bestehenden Bündnisse aufgehoben, vor allem das mit der Hanse, siehe MÜLLER-MERTENS, Zur Städtepolitik, S. 536. 1824 Johannes Schultze erwähnt, dass zwischen dem Abkommen vom Februar 1442 und einer Urkunde vom 29. August des Jahres erneut etwas vorgefallen sein muss, das die Härte der Bestrafung der Stadt und einige Bemerkungen im Urkundentext erklärt, der von der mannigfaltigen Schuld der Städte spreche, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 57. Der Chronist Peter Hafftiz gibt folgenden Bericht von den Ereignissen nach der Weigerung der Stadt, die Stadttore für den Landesherrn zu öffnen: „Vnd als der Churfürst mit 600 pferde (welchs damals ein großs schrecken gemacht) für die Stadt komen, ist der vnbestendige pöbel bald zugefahren, haben die Thore geöffnet vnd den Churfürsten eingelassen, welcher damals die Müllen, Nidderlage, Müntze vnd alle priuilegia beiden Stedten genomen, Auch dem Rathe vnd den belehnten Bürgern alle Ihre Lehngüter eingezogen“, siehe CDB IV, 1, S. 46–167, hier S. 62. 1825 Diese besaßen die Städte bereits seit der Zeit der askanischen Markgrafen als Privilegien, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 57. 1826 CDB continuatus, Nr. 67, S. 207–209. 1827 Ebd., S. 208.

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Dienste dem Kommendator Heinrich Ratzenberger überlassen hatte,1828 erscheint es besonders bemerkenswert, dass Friedrich II. in der Urkunde vom 29. August explizit die ihm zu leistenden Dienste und Abgaben für den Tempelhof festhalten ließ und die Rückgabe des Hofes in diesem Dokument als eine Belohnung für den Treueschwur der Bürger erscheint. Der Orden hatte zwar im September 1435 der Stadt Berlin seinen gesamten Besitz einschließlich aller Rechte und Privilegien bis auf die markgräflichen Beden als ewiges Lehen überlassen, aber nicht nur das Eigentumsrecht an der Kommende, sondern auch deren Kirchenlehen mit den Hochund Niedergerichtsbarkeiten und die entsprechenden Lehen in Rixdorf behalten.1829 Dass der Kurfürst bei seinem Vorgehen also nicht nur diese Rechte des Johanniterordens ignorierte, sondern auch die Tatsache außer Acht ließ, dass sein Bruder einige Jahre zuvor auf die Dienste für den Tempelhof verzichtet hatte, scheint kein Versehen des Hohenzollers gewesen zu sein. Dieses Verhalten fügt sich eher in das neue landesherrliche Selbstverständnis, das er seit seinem Herrschaftsantritt in der Mark Brandenburg immer häufiger demonstrativ in Szene setzte. Nicht nur gegenüber der Doppelstadt trat Friedrich II. also als entschlossener Stadt- und Landesherr in Erscheinung, sondern er versuchte, konkurrierende Herrschaftsträger in die Schranken zu weisen, Befugnisse und Autonomiebestrebungen zu beschränken oder in seinem Territorium ansässige Personen und Institutionen auf andere Weise in seine Herrschaft einzubeziehen. Dem Kurfürsten war immer mehr daran gelegen, die Johanniter in seine Landesherrschaft zu integrieren, ein Ziel, das er spätestens im Jahr 1460 erreicht hatte, da er nun das Nominationsrecht für die Wahl des Herrenmeisters vom Papst erlangen konnte und somit faktisch die Kontrolle über die Ballei der Mark Brandenburg erhielt.1830 Ähnlich verhielt es sich – nebenbei bemerkt – generell mit den märkischen Klöstern. Beim Herrschaftsantritt der Hohenzollern in der Mark Brandenburg hatten sie zu den stärksten Bündnispartnern der Hohenzollern gehört,1831 im Laufe der Zeit wurden diese in die Herrschaft der hohenzollerischen Landesherrn dadurch integriert, dass die Äbte als Räte fungierten, die Klöster in die Schutzherrschaft der Kurfürsten aufgenommen wurden oder, wie im Fall der Frauenklöster, der Landesherr ab 1447 eigene Beamte einsetzte, um die Kontrolle über die Vermögensverwaltung der Nonnen zu erhalten.1832

1828 1829 1830 1831 1832

DE NÈVE/CANTE/WITTKOPP, Tempelhof, S. 1277. Ebd., S. 1277–1278. SARNOWSKY, Konvent, S. 48. LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 161. Ebd., S. 162–165.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Nach der Durchsetzung der landesherrlichen Autorität in Berlin-Cölln im Sommer 1442 unterstrich der Kurfürst seine Position gegenüber diesen beiden wichtigen Städten der Mark Brandenburg durch eine weitere demonstrative Handlung: Beim Neubau seines Schlosses in Cölln legte er den Grundstein, und zwar „mit seiner eigen handt“,1833 wie der Schreiber der markgräflichen Kanzlei explizit festhielt. Der Chronist Albert Krantz bezeichnete das Berliner Schloss demgemäß auch sehr treffend als Zügel der alten Freiheiten1834 der Stadt. Auf diesen performativen Akt reagierte die Stadt fünf Jahre später in gleicher Weise, als sie im sogenannten Berliner Unwillen demonstrativ den Bauplatz des Schlosses unter Wasser setzte und genau diejenigen Teile der abgerissenen Stadtmauer mit Planken verschloss, die für den landesherrlichen Bau eingerissen worden waren.1835 Damit versuchten die Bürger den Bau des kurfürstlichen Schlosses inmitten der Stadt als Ausdruck ihrer neuen Abhängigkeit vom Landesherrn zu verhindern. Auch weitere symbolträchtige Orte und Personen waren zudem Ziele der widerständigen Bürgerschaft. So wurden der markgräfliche Richter Balthasar Hake und der Stadtrichter Michael Schonberg angegriffen, verschiedene kurfürstliche Diener am Betreten der Städte gehindert, Beamte des Kurfürsten aus der Stadt vertrieben, welche die landesherrlichen Mühlen- und Zolleinnahmen erhoben, und schließlich vor allem die landesherrliche Kanzlei gestürmt und dabei eine Reihe von Urkunden öffentlich vernichtet.1836 Da es Friedrich II. aber durch sein geschicktes Vorgehen schnell schaffte, Berlin und Cölln auch innerhalb der Gruppe der märkischen Städte zu isolieren, und sich zudem die Hanse nicht bereitfand, Unterstützung zu leisten,1837 folgte bereits am 25. Mai 1448 ein Vergleich zwischen Landesherr und den beiden oppositionellen Städten, der vom Bischof von Brandenburg und anderen märkischen Städten ausgehandelt worden war.1838 Der Vergleich stellte einen ansehnlichen Erfolg für den Kurfürsten dar, da er auf Grundlage der Verträge von 1442 zustande kam und die Städte zusätzlich zur Zahlung hoher Geldstrafen und zum Verlust ihrer Lehen verurteilt wurden.1839

1833 1834 1835 1836 1837 1838 1839

CDB III, 1, Nr. 160, S. 257. Krantz spricht vom „frenum antiquae libertatis“, siehe KRANTZ, Wandalia, Kap. 10, S. 76. BÖCKER, Festigung der Landesherrschaft, S. 186. KAEBER, Die Beziehungen, S. 77. Ebd., S. 80–81. NEUMEISTER, Persönlichkeiten, S. 48. Die Urkunde vom 19. Juni 1448 in: UBC, Nr. 147, S. 402–403.

Abb. 1: Schwanenritterordensretabel, Vorderseite. Ansbach, St. Gumbertus.

Abb. 2: Schwanenritterordensretabel, Vorderseite; Ausschnitt Predella des Altar­ schreins. Kurfürst Albrecht kniend im Kurfürstenornat. Ansbach, St. Gumbertus.

Abb. 3: Schwanenritter­ ordensretabel, Rücksei­ te, Schutzmantelbild mit Margraf Friedrich d.Ä. und Sophie von Polen. Ansbach, St. Gumbertus.

Abb. 4: Siegel des Kaiserlichen Landge­ richts des Burggrafentums Nürnberg von 1414.

Abb. 5: Berliner Stadtsiegel von 1448.

Abb. 6: Glasfensterstiftung Friedrichs II. Der Kurfürst, bekleidet mit Kurmantel und Kurhut, kniet vor dem gekreuzigten Christus neben der Jungfrau Maria. Wilsnack, St. Nikolai.

Abb. 7: Sogenannte Schwanenordenkasel, Rückansicht. Gestickte Ordensinsigie mit Wappenschilden und Titulatur Kurfürst Friedrichs II.

Abb. 8: Cadolzburger Altar (um 1430). Darstellung des gekreuzigten Christus mit der Muttergottes und dem heiligen Johannes. Unterhalb der beiden Heiligen: Stifterportraits Kurfürst Friedrichs I. und seiner Ehefrau Markgräfin Elisabeths; Seitenflügel links: Die heilige Cäcilie; Seitenflügel rechts: Der heilige Valerian. Berlin, Jagdschloss Grunewald.

Abb. 9: Cadolzburger Altar, Ausschnitt, Stifterbild. Kurfürst Friedrich I. mit Wappen der Mark Brandenburg. Berlin, Jagdschloss Grunewald.

Abb. 10: Romanisches Kirchenschiff. Die drei hohenzollerischen Hochgräber und das gotische Mortuarium (südliches erweitertes Seitenschiff ). Heilsbronn, St. Marien und Jakobus.

Abb. 11: Wappenplatten vom einstigen Hochgrab des Burggrafen Friedrich V. Errichtet 1366-1368. Heilsbronn, St. Marien und Jakobus.

Abb. 12: Cadolzburger Al­ tar, Ausschnitt. Stifterbild Markgräfin Elisabeths mit Wappen des Herzogtums Bayern. Berlin, Jagd­ schloss Grunewald.

Abb. 13: Die Marienkirche von Brandenburg an der Havel nach einem Bild des Stadtschreibers Zacharias Garcaeus aus dem Jahre 1588.

Abb. 14: Zeichnung der soge­ nannten Schwanenordenkasel (1845), Rückenansicht. Darstel­ lung der gestickten Ordensinsi­ gnie, Titulatur und Wappen Kurfürst Friedrichs II.

Abb. 15: Zeichnung einer Ordenskette der Gesell­ schaft Unserer Lieben Frau von 1845, Ausschnitt der zwischen „Premtzen“ eingeklemmten Herzen.

Abb. 16: Totenschild für Eberhard von Aurbach, Mitglied der Gesellschaft Unse­ rer Lieben Frau, gestorben 1482. Ansbach, St. Gumbertus.

Abb. 17: Sogenannte Schwanenordenkasel, Rückansicht. Gestickte Ordensinsigie mit ausgefallener Inschrift. Brandenburg an der Havel, Dom St. Peter und Paul. Friedrichs II.

Abb. 18: Glasfensterstiftung aus dem Jahr 1467 mit den drei von der Ordensinsi­ gnie umschlungenen Vollwappen Kurfürst Friedrichs II. Werben, St. Johannis.

Abb. 19: Gedenktafel für Kurfürst Friedrich II. (nach 1471), Heilsbronn, St. Mari­ en und Jakobus.

Abb. 20: Epitaph Hans‘ von Haldermannstetten mit der Ordenskette der Gesell­ schaft Unserer Lieben Frau von 1502. Ansbach, St. Gumbertus.

Abb. 21: Bildnis einer Dame mit dem Schwanenorden (um 1480). Samm­ lung Thyssen-Bornemisza, LuganoCastagnola.

Abb. 22: Schwanenritterordensretabel, Vorderseite; Ausschnitt Predella des Al­ tarschreins. Darstellung der Markgräfin von Brandenburg, Anna von Sachsen. Ansbach, St. Gumbertus.

5. Aspekte der Landesherrschaft

359

Das Vorgehen gegen die Doppelstadt in den 1440er Jahren hatte auch Signalwirkung für das Verhältnis zwischen dem Landesherrn und den märkischen Städten im Allgemeinen.1840 Friedrich II. setzte es nun nach und nach durch, dass die Städte der Mark in seinem Namen Recht sprachen und an seinem Hofgericht strittige Urteile neu verhandelt wurden. Durch die Aufnahme führender Stadtbürger in seine Dienste band er zudem die Städte indirekt in seine Landesherrschaft ein.1841 Sein Interesse als Landesherr und Reichsfürst bestand darin, die Autonomie und Macht der Städte stark zu reduzieren, in diesem Punkt teilte Friedrich II. ganz und gar den Standpunkt seines Bruders, Markgraf Albrechts.1842 Die Gemeinsamkeit hatte sich bereits im Jahr 1443 abgezeichnet, denn im Februar dieses Jahres traf sich Friedrich II. mit den Herzögen von Braunschweig, Mecklenburg, Sachsen und Pommern, dem Hochmeister des Deutschen Ordens und König Christoph III. von Dänemark in Wilsnack, um dort ein Bündnis gegen die Städte zu vereinbaren.1843 Seit diesem Zeitpunkt versuchte auch Markgraf Albrecht immer wieder, in Franken einen solchen Fürstenbund gegen die Macht der Städte einzurichten: erstmalig am 14. November 1443 mit dem Erzbischof von Mainz und dem Pfleger des Hochstifts Würzburg, dem späteren Bischof Gottfried IV. Schenk von Limpurg.1844 Für lange Zeit sollte Albrecht an diesem Plan festhalten.1845 5. Aspekte der Landesherrschaft Landesherrliche Städtepolitik in Franken In der Literatur galt und gilt Markgraf Albrecht Achilles zumeist als Paradebeispiel des ehr- und repräsentationsbewussten Reichsfürsten, dessen Abneigung gegen die Städte in diesen Darstellungen geradezu sprichwörtlich erscheint1846 und häufig mit seinem Charakter und insbesondere mit 1840 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 60. Peter Neumeister ist sogar der Auffassung, dass mit „dieser Niederlage der Bürger von Berlin und Cölln […] erstmals einem Territorialfürsten im Reich ein erfolgreicher Schlag gegen die städtische Autonomie“ gelungen sei. „Die Berliner Vorgänge waren ein Zeichen für andere deutsche Fürsten, um ebenfalls gegen die städtische Autonomie in ihren Territorien vorzugehen.“ Siehe NEUMEISTER, Persönlichkeiten, S. 49. 1841 KAEBER, Die Beziehungen, S. 84. 1842 Heinz Quirin hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass es sicherlich kein Zufall gewesen sei, dass beide Brüder in demselben Jahr Bündnisse gegen die Städte eingegangen seien, sie hätten die Lage wahrscheinlich ähnlich beurteilt, siehe QUIRIN, Markgraf Albrecht, S. 292. 1843 Ebd. Vgl. auch RIEDEL, Geschichte des Preußischen Königshauses, Bd. 2, S. 185–186. 1844 RTA 17, S. 233. 1845 SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 139. 1846 Für die preußische Literatur sei hier stellvertretend die Biografie Erhard Waldemar Kanters genannt, in der dieser als geschworener Feind der „verhassten Städte“ bezeichnet wird:

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5. Aspekte der Landesherrschaft

seinem besonders ausgeprägten Standesbewusstsein erklärt wird.1847 Die herausgehobene Rolle Albrechts im Rahmen des sogenannten Zweiten Süddeutschen Städtekrieges, seine Markgrafenfehde mit der Reichsstadt Nürnberg, dient zumeist als Beispiel, um diese Darstellung zu untermauern. Die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Partei der (Reichs-)Städte auf der einen und der der Fürsten auf der anderen Seite, die Verhandlungen, Klagepunkte und Allianzen1848 könnten insgesamt sicherlich einen wichtigen Einblick in die symbolische Kommunikation zwischen den Hauptkontrahenten und deren verschiedenen Wertvorstellungen in Bezug auf das Verhältnis zwischen Stadtgemeinden und Adel geben. An dieser Stelle sollen jedoch ausschließlich die Konflikte Albrechts mit den Städten seiner direkten Umgebung in den 1440er und 1450er Jahren – ähnlich wie bei Friedrich II. in der Mark Brandenburg in dieser Zeit – als Teil einer landesherrlichen Politik untersucht werden, die vielfache Gründe hatte. Es ging nicht nur um die „prinzipielle Gegnerschaft eines noch ganz im feudalen Denken verhafteten Fürsten gegen die reiche Handelsstadt“1849 Nürnberg, sondern um verschiedene territorialpolitische Gesichtspunkte, die Heinz Quirin präzise zusammengetragen hat.1850 Obwohl der Vergleich zwischen der Mark Brandenburg und Franken in den 1440er und 1450er Jahren deutlich die großen Unterschiede zwischen beiden Territorien zeigt – sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht mit entsprechenden Auswirkungen für die landesherrliche Politik –, spielte die Städtepolitik für beide Landesherren eine wichtige Rolle. Die wirtschaftliche und politische Bedeutung der Städte bzw. allein ihre bloße Anzahl machte Franken geradezu zu einer von ihnen geprägten Landschaft.1851 Für die Hohenzollern nahm spätestens seit ihrer Ernennung zu Burggrafen von Nürnberg das Verhältnis zu dieser Reichsstadt in ihren politischen Plänen eine bedeutende Rolle ein, aber auch allgemeine Tendenzen im späten Mittelalter beeinflussten ihre landesherrliche Städtepolitik in ihren fränkischen Territorien. Der starke wirtschaftliche Aufstieg

1847 1848

1849 1850 1851

KANTER, Markgraf Albrecht, zum Beispiel S. 347. Aber auch die neuere und neueste Literatur übernahm dieses Urteil, siehe QUIRIN, Markgraf Albrecht, insbesondere S. 283, aber auch NEUGEBAUER, Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 59. SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 154. Als neueste Publikation zum Zweiten Süddeutschen Städtekrieg und zur Beteiligung der Hohenzollern in dem Konflikt ist hier vor allem die Dissertation von Gabriel Zeilinger zu nennen: ZEILINGER, Lebensformen. Darüber hinaus: KÖLBEL, Der erste Markgrafenkrieg; WEIß, Franken, S. 433–435; QUIRIN, Markgraf Albrecht; RIEDEL, Der Krieg; VON KERN, Die Fürstenpartei im Städtekrieg; und FRANKLIN, Albrecht Achilles. SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 140. QUIRIN, Markgraf Albrecht, insbesondere S. 270. Ebd., S. 281.

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neuer städtischer Gruppen, aber auch die Prosperität der Städte insgesamt in dieser Zeit, die allgemeine Verarmung des Adels im Zuge der Wirtschaftskrise am Ende des 14. Jahrhunderts, die auch die Hohenzollern dazu gezwungen hatte, immer mehr Rechte und Besitz an Nürnberg abzutreten, die Konkurrenz Nürnbergs, des Pfalzgrafen und der Herzöge von Bayern bezüglich der Ausbeutung von Bodenschätzen in der unmittelbaren Umgebung des hohenzollerischen Gebietes und der zunehmende politische Einfluss der großen Städte im Reich stellten wichtige Gründe für das Handeln Markgraf Albrechts gegenüber den Städten seines Territoriums dar.1852 Die Konflikte zwischen Adel und Städten gipfelten in der Mitte des 15. Jahrhunderts im Zweiten Süddeutschen Städtekrieg, die führende Rolle, die Markgraf Albrecht innerhalb dieser Auseinandersetzung übernahm, vor allem der Kampf gegen die Reichsstadt Nürnberg, ist vor dem Hintergrund der genannten territorialpolitischen Entwicklung zu sehen. Neben den instrumentellen Strategien und Maßnahmen, die die beiden Parteien im Städtekrieg anwandten, waren es immer wieder auch Formen symbolischer Kommunikation, die das Handeln prägten. Die Art und Weise, wie Albrecht seine Absage an die Reichsstadt Nürnberg überbringen ließ, galt der Forschung vielfach als Ausdruck seines „[…] feudalen Hochmuts […].“1853 Doch genau wie die Gründe für den Krieg vielschichtig waren und nicht nur einem ‚extremen Standesdünkel‘ entsprangen – vielmehr war dies bereits die polemische Deutung einer Kriegspartei1854 –, müssen auch die symbolischen Handlungen als Ausdruck eines rationalen Kalküls betrachtet werden. Für den Markgrafen war es auch in diesem Konflikt – neben den landesherrlichen Gründen – notwendig, seinen fürstlichen Rang zu unterstreichen, war es doch weniger als zwei Jahre her, dass der Bischof von Würzburg, Gottfried IV. Schenk von Limpurg, der mit dem Markgrafen einige Zeit um eine Vormachtstellung in Franken gerungen hatte, Albrecht in einem Anschreiben demonstrativ den Fürstentitel verweigert hatte.1855 Zu allem Überfluss war dies in einem

1852 Ebd., S. 282–285. 1853 SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 140. 1854 „[…] margraf Albrecht reit also […] mit großem folke für die stat: hochmutig waren sein gedanken“, so ein pro Nürnberg verfasstes Volkslied aus der Zeit, siehe LILIENCRON, Die historischen Volkslieder, Bd. 1, Nr. 91, S. 421–423, hier S. 421, Strophe 6. Aber auch die Partei des Markgrafen nannte den Hochmut der Nürnberger als Grund für die Kriegshandlungen: „Daneben die von Nürnberg durch iren stolcz unnd hohmut meim herrn marggraff Albrechten in vill sachen unrecht thetten“, so in der Rückschau die Schilderung bei Ludwig von Eyb, siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 79. 1855 August Amrhein bietet in einem Aufsatz den Teilabdruck eines Briefwechsels zwischen den beiden Fürsten, der ebenfalls den betreffenden Brief beinhaltet, siehe AMRHEIN, Gotfrid IV. Schenk von Limpurg, Bd. 50, S. 83–97. Über weitere Konflikte der beiden Reichs-

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Brief geschehen, der auf die Beschwerde Albrechts über die „newe und unbilliche fürnemung“ des Bischofs reagiert hatte, seit dem 5. September 1446 durchgehend den Titel eines Herzogs von Franken zu führen. Als Antwort auf die in der Anrede erfolgte Rangminderung durch den Würzburger adressierte der Hohenzoller sein Antwortschreiben dann auch in ähnlich provokativer Weise an den „[…] wirdigen unnsern besundern frunde hernn Gotfriden bischouen zu Wirtzpurg, des stifts zu Meintz suffraganien […].“1856 Zudem war dem Markgrafen in der Auseinandersetzung mit dem Würzburger Bischof auch daran gelegen, den Stiftsadel auf seine Seite zu ziehen,1857 da dieser wie auch die fränkische Ritterschaft insgesamt für die Landespolitik und die Vormachtstellung im süddeutschen Raum von großer Bedeutung war. Bei diesem Vorhaben erschien es sicherlich als eine gute Überlegung, die ‚Sache des Adels‘ demonstrativ zu vertreten und den Abstand zu den nicht-adeligen Bevölkerungsgruppen symbolisch zu markieren. Vor diesem Hintergrund muss auch die Art der Absage des Hohenzollers an die Reichsstadt Nürnberg im Zweiten Süddeutschen Städtekrieg gesehen werden: Denn Albrecht ließ seinen Fehdebrief vom 29. Juni 14491858 mit einem Strohkranz umwunden nach Nürnberg tragen. Durch diese Art der Präparierung des Briefes sollte nicht nur der rangmäßige Unterschied zwischen dem Markgrafen und der Reichsstadt betont, sondern Nürnberg deutlich in seinem Ansehen herabsetzt werden, indem man auf ein bäuerliches Symbol zurückgriff. Auffälligerweise geht der Nürnberger Chronist Erhard Schürstab auf diesen Aspekt des Vorfalls in seinem ausführlichen Bericht über die Kriegshandlungen der Jahre 1449 und 1450 nicht ein.1859 Thematisiert wird dagegen die Art und Weise, wie der Bote mit dem Nürnberger Absagebrief von dem mit den Hohenzollern verbündeten Adel behandelt wurde. Denn der Bote sei nicht nur geschlagen worden, sondern ihm sei auch sein Pferd genommen worden, „daz auch nicht recht und unfürstlich ist“,1860 so der Kommentar Schürstabs. Erst durch die zwischenzeitlichen Verhandlungen der Kriegsparteien auf dem Heidelberger Tag im Januar 1450 wird deutlich, was ein Grund für den Gewaltausbruch gegen den Nürnberger Boten sein könnte, den der städtische Chronist als ‚unfürstlich‘ kritisierte, um damit die Position des

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fürsten gibt ein anderer Teilabdruck eines entsprechenden Briefwechsels Auskunft, siehe AMRHEIN, Gotfrid IV. Schenk von Limpurg, Bd. 53, S. 7–79. AMRHEIN, Gotfrid IV. Schenk von Limpurg, Bd. 50, S. 90. QUIRIN, Markgraf Albrecht, S. 294. VON KERN, Urkundliche Beilagen, Nr. 1, S. 514. „Item darnach etliche tag sant in margraff Albrecht seinen veintzbrieff und ander fürsten, grefen, herrn, ritter und knecht, purger, köch und kelner, waz er aufbracht, ire absagbrieff auch […]“, siehe: HEGEL, Nürnbergs Krieg, S. 130. Ebd.

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Markgrafen zu diskreditieren.1861 Dr. Peter Knorr, Rat und Verhandlungsführer des Markgrafen auf diesem Tag, brachte als einen der ersten Anschuldigungspunkte gegen die Reichsstadt vor, dass diese ihren Absagebrief gegen seinen fürstlichen Herrn in höchstem Maße ehrverletzend mit einem siebenfarbigen Seidenkranz umwunden geschickt habe.1862 Die Aneignung eines nur dem Adel zustehenden Symbols, wie es mehrfarbige Seide darstellte,1863 zeugt vom Selbstbewusstsein der Reichsstadt, zugleich aber auch von ihrem Wunsch, die Provokation Markgraf Albrechts auf derselben symbolischen Ebene zu parieren. Die Nürnberger Gesandten verteidigten den Vorfall auffällig defensiv, indem sie zwar bemerkten, dass der Markgraf seinen Absagebrief zuvor mit einem Strohkranz gesandt habe, die provokative Umkränzung des städtischen Briefes mit farbiger Seide jedoch ohne das Wissen des Rates geschehen sei.1864 Die Vertreter des Rates betonten jedoch sogleich, dass, falls dies geschehen sei, es aber nicht die Misshandlung des städtischen Boten rechtfertigen würde. Der Gewaltausbruch gegen den Nürnberger Boten erscheint also auch in dieser Darstellung als eine ‚irrationale‘ Überreaktion, die sehr gut zum Bild des standesbewussten und jähzornigen Markgrafen passt. Ein weiteres gern zitiertes Beispiel für diesen ‚Charakterzug‘ Albrechts ist ein Zwischenfall, den Eneas Silvius Piccolomini im Zusammenhang mit einem der Gerichtstage 1452 in Wiener Neustadt im Anschluss an die Markgrafenfehde schildert. Bei diesem Gerichtstag, bei dem der Kaiser in seiner Funktion als oberster Richter über Ansprüche der Reichsstadt und des Markgrafen befinden sollte, sei es zu einem aufsehenerregenden Eklat gekommen. Als Albrecht gesehen habe, wie der kaiserliche Rat, der Rechtsgelehrte Ulrich Riederer,1865 die fürstlichen Urteiler befragte, habe dieser jenen gepackt und gefragt, ob er ein Fürst sei, dass er sich unter Fürsten begebe.1866 Der spätere Papst Pius II. berichtete zudem von einem

1861 Zum Umgang mit Boten und Gesandten als Argument zur Herabsetzung von Konfliktparteien siehe RÜTHER, Geleit. 1862 BADER, Erhard Schürstab’s Beschreibung, S. 34, Fußnote 1. 1863 Joseph Bader interpretiert das Umschlagen des Fehdebriefes mit farbiger Seide fälschlicherweise als eine Respektbekundung des Nürnberger Rates „vor fürstlicher Würde“, siehe ebd. Allgemein zur symbolischen Bedeutung von Kleidung, Stoffen und Farben, siehe: FRIELING, Die Bedeutung von Kleidung; KEUPP, Macht und Mode; und DINGES, Von der Lesbarkeit. 1864 BADER, Erhard Schürstab’s Beschreibung, S. 34, Fußnote 1. 1865 Zu der Person und seiner Stellung unter den kaiserlichen Räten ausführlich: REINLE, Ulrich Riederer. 1866 „ Albertus cum vidisset Ulricum inter principes verba facientem accedens propius vestemque hominis apprehendens ‚tune princeps es‘, inquit, ‚qui te principibus misces?‘ vique retrudens virum iussit abire.”

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Zwischenfall, der durch Albrecht einen Tag zuvor ausgelöst worden sei, als dieser den Kaiser in ungehörigem Ton zurechtgewiesen habe, dass er nicht akzeptiere, den Gerichtstag zu verschieben, wie dieser es eigentlich vorgehabt hatte. Da eine ausreichende Anzahl Fürsten anwesend sei, wolle er jetzt ein Urteil in seiner Angelegenheit und keinesfalls, dass der Kaiser ihn später lediglich mit seinen Räten aburteile. Er sei schließlich ein Fürst des Reiches und stamme von fürstlichem Geblüt ab,1867 deswegen solle der Kaiser nicht mit Unebenbürtigen über ihn entscheiden. Der Hohenzoller sei schließlich in ein Zimmer gestürmt, in das sich der Kaiser zur Beratung zurückgezogen habe, und habe dort lautstark gegen die Standesungleichheit der fürstlichen Ratgeber protestiert.1868 Als Friedrich III. ihn darauf hingewiesen habe, dass er sich lediglich berate, aber keine Gerichtssitzung abhalte, und er sich mit jedem beraten könne, mit dem er wolle, habe der Markgraf im Nebenzimmer aufgebracht die anderen Fürsten um sich gesammelt. Nach einigen Beschwichtigungsversuchen einzelner Adeliger sei der Markgraf so von Sinnen gewesen, dass er die Betroffenen beschimpft und später sogar Kaiser und Papst beleidigt habe.1869 Die „cholerischen Ausfälle des Markgrafen“1870 dienten Karl-Friedrich Krieger als Beispiele, um zu zeigen, dass im 15. Jahrhundert eine deutliche Monopolisierung und Festschreibung bisher noch umstrittener oder mit anderen geteilter Vorrechte der Fürsten zu beobachten sei, die mit einer Abgrenzungstendenz gegenüber dem restlichen Adel zu „einer deutlichen Aufwertung der fürstlichen Standesqualität“ geführt habe.1871 Ein Reichsfürst habe „sehr empfindlich reagiert“, so Krieger,1872 wenn es um von ihm beanspruchte fürstliche Vorrechte gegangen sei. Die Reaktion des Hohenzollers ist wohl aber vor allem durch die besondere Situation einer Dynastie erklärbar, deren Rang und die Art ihres Aufstiegs immer wieder zur Debatte standen. Weder Friedrich I. noch seine Söhne gingen mit der Herabsetzung ihres fürstlichen Standes gelassen um, denn die Herkunft

1867 1868 1869

1870 1871 1872

Siehe Eneas Silvius Piccolomini, Historia Austrialis, Teil 2, hg. von MARTIN WAGENDORFER, S. 795. „Princeps sum ex principe natus; minime tuus me marescallus aut magister camere iudicabit“, siehe ebd., S. 771. „Albertus timens, ne quid adversum se decerneretur, furenti similis convocatis fauctoribus suis iracundus et importunus in consilio cesarem adit suamque causam inter dispares agitari queritur.“ Siehe ebd., S. 772. Ebd. Später brachte Markgraf Albrecht sogar 16 Kurfürsten und Fürsten dazu, sich in einem persönlichen Schreiben an den Kaiser zu wenden, um Albrecht gemäß seiner fürstlichen Privilegien, Rechte und Würde zu behandeln, siehe den Abdruck der kaiserlichen Gerichtsurkunde mit einem ausführlichen Prozessbericht bei FRANKLIN, Albrecht Achilles, S. 61–68, Fußnote 26. KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 92. Ebd., S. 116. Ebd., S. 92.

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und der Aufstieg ihrer Dynastie blieben zunächst ihre ‚Achillesferse‘ in der Auseinandersetzung mit ihren Gegnern. Ein zweiter Punkt fällt ebenfalls ins Gewicht: Vor dem Hintergrund, dass es keine einklagbaren Fürstenrechte gab, auf die man sich berufen konnte, sondern es in gewisser Weise in das Belieben des Reichsoberhaupts gestellt war, sich an die fürstlichen Vorrechte im Gericht zu halten, erhält die Tatsache, dass Albrecht so vehement und massiv gegen die vermeintliche Verletzung seiner Fürstenrechte vorging und eine Aburteilung durch Rangniedrigere mit allen Mitteln zu verhindern suchte, seine besondere Bedeutung.1873 Gerade in Anwesenheit der großen Anzahl von Fürsten am kaiserlichen Hof hätte ein unwidersprochenes Hinnehmen des Prozederes ein stilles Einverständnis demonstriert und wäre einer öffentlichen Diskreditierung des sozialen Status gleichgekommen. Die spektakulären Ausfälle Markgraf Albrechts sowohl in der Auseinandersetzung mit der Reichsstadt Nürnberg und als auch am kaiserlichen Hof in Wiener Neustadt scheinen vor diesem Hintergrund also eher wohlkalkulierte fürstliche Selbstdarstellungen gewesen zu sein, die jeweils zum gewünschten Ergebnis führten: In allen Fällen wurde sein fürstlicher Rang in Szene gesetzt, die Solidarität der anderen Fürsten erreicht, die in persönlichen Briefen an Kaiser Friedrich III. für die Berücksichtigung der fürstlichen Rechte des Markgrafen in den Gerichtsverhandlungen plädierten, und der Prozess zuungunsten der Reichsstadt verzögert. Gerade auch in Bezug auf den als wichtiges Territorialisierungsinstrument umkämpften Niederadel war die Thematisierung des Gegensatzes zwischen Nicht-Adel und Adel ein kluger Schachzug, da man auf ‚Solidarisierungseffekte‘ des Adels hoffen konnte. Ein Vorwurf gegenüber den Nürnbergern seitens der Adelspartei bestand ja darin, dass diese den Adel unterdrückten und insbesondere Ritteradelige zu ungebührlichen Gelübden drängten,1874 womit auf die Praxis des Patriziats reicher Reichsstädte wie Nürnberg abgehoben wurde, Teile des Besitzes und der Gerechtsamen der verarmten Adeligen 1873 Karl-Friedrich Krieger vertritt die Meinung, dass der Prozess gegen Herzog Ludwig von Bayern-Ingolstadt im Jahr 1434, in dem die Prozessvertreter des Wittelsbachers dagegen protestierten, dass das Gericht nicht ausschließlich mit Fürsten besetzt gewesen sei, eine Wende bei der Festschreibung fürstlicher Standesvorrechte im Gerichtsverfahren dargestellt habe. Im Anschluss an das Verfahren hätten einige Fürsten, unter ihnen Markgraf Friedrich I., ein Weistum verfasst, das die Fragen der Vorladung und des Verfahrens verbindlich regeln lassen wollte. Auf Grundlage dieses Dokuments habe Friedrich III. in den Jahren 1445 und 1448 bei zwei Prozessen argumentiert. Deswegen wäre es kein Wunder gewesen, dass Markgraf Albrecht auf seinen Rechten beharrt habe, siehe KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 107. Trotz der angeführten Beispiele ist es fraglich, ob der ‚öffentlichkeitswirksame‘ Protest nicht trotzdem notwendig war, um die Einhaltung gewisser fürstlicher Vorrechte immer wieder zu erzwingen. 1874 WEECH, Historische Darstellung, S. 386.

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aufzukaufen1875 und den Adel auf diese Weise in eine Abhängigkeitsposition zu manövrieren. Bereits der nach der Niederlage von Ragaz im Alten Zürichkrieg 1446 aufgestellte Entwurf einer neuen Heeresordnung Friedrichs III., an der Markgraf Albrecht wahrscheinlich keinen geringen Anteil hatte,1876 sprach davon, dass man den Adel und die Ritterschaft in ihrem Wesen erhalten müsse, da sie – in diesem Fall von den Eidgenossen – unterdrückt würden. Eine besonders deutliche Parallele zum Agieren des kurfürstlichen Bruders in der Mark Brandenburg bei der Auseinandersetzung mit der Doppelstadt Berlin-Cölln stellte Albrechts Rolle in der sogenannten Ratsverschwörung in Schweinfurt 1447 dar, die fast zeitgleich zum ‚Berliner Unwillen‘ dem Markgrafen eine Möglichkeit bot, in die Verhältnisse dieser geografisch und politisch wichtigen Stadt einzugreifen. Die Reichsstadt kontrollierte nicht nur handelspolitisch wichtige Mainbrücken, sondern spielte in dem territorialen Ringen der Hohenzollern mit dem Bischof von Würzburg eine wichtige Rolle. Mitte des 14. Jahrhunderts war die Stadt zunächst an den Bischof verpfändet worden,1877 konnte sich in der Folgezeit aber selbst aus den Pfandschaften auslösen. Kaiser Karl IV. unterstellte Schweinfurt schließlich einem Reichsvogt. Bereits in den 1380er Jahren hatten die Schweinfurter sich hilfesuchend an die Hohenzollern gewendet, als König Wenzel die Stadt entgegen den Zusagen seines Vaters erneut an Würzburg verpfändet und Burggraf Friedrich V. von Hohenzollern zum Reichsamtmann gemacht hatte.1878 Im Jahr 1444 schließlich schloss die Stadt einen Schutzvertrag mit Markgraf Albrecht ab, um einem erneuten Zugriff des Würzburger Bischofs zu entgehen. Knapp zwei Jahre später brachen in der Reichsstadt innerstädtische Unruhen aus, die der Markgraf in seinem Sinne zu nutzen versuchte: Genau wie in vielen anderen Städten zur selben Zeit hatte sich in Schweinfurt der Innere Rat immer mehr abgeschlossen und eine eigene Politik betrieben.1879 Nachdem er Besitzungen des Deutschen Ordens innerhalb Schweinfurts aufgekauft hatte, bei der Ratswahl im Dezember 1446 aber keine überzeugende Rechnungslegung vorweisen konnte, kamen Vorwürfe des mit Mitgliedern der Zünfte besetzten Äußeren Rates auf, dass Gelder veruntreut worden seien. Die Verdachtsmomente spitzten sich zu dem Vorwurf zu, dass städtische Gelder an Adelige verliehen worden wären, um die Herrschaft der patrizi1875 QUIRIN, Markgraf Albrecht, S. 283. 1876 Ebd., S. 273. 1877 SAFFERT, Studien zur Geschichte, S. 33; siehe auch GERLICH/MACHILEK, Staat und Gesellschaft, S. 684. 1878 GERLICH/MACHILEK, Staat und Gesellschaft, S. 685. 1879 SAFFERT, Studien zur Geschichte, S. 47.

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schen Familien innerhalb der Stadt zu stützen und sich unter den Adeligen der Umgebung Bündnispartner zu schaffen.1880 Am 22. Dezember kam es daraufhin zu einem gewaltsamen Aufstand, in dessen Zuge der Innere Rat abgesetzt wurde. Mit der Begründung, als Schutzherr der Stadt zu handeln, schaltete sich Albrecht in den Konflikt zwischen den herrschenden Geschlechtern und den Zünften Schweinfurts ein.1881 Genau wie sein Bruder bei den innerstädtischen Auseinandersetzungen der Doppelstadt BerlinCölln griff auch er zugunsten des neuen Rats in den Konflikt ein1882 und suchte damit Anhänger in den nicht-patrizischen Einwohnerteilen zu gewinnen und somit indirekt Einfluss auf die innerstädtischen Verhältnisse auszuüben. Nürnberg hatte aufgrund der Lage der Stadt handelspolitisches Interesse an Schweinfurt und zugleich viel Geld in das dortige Rentenwesen investiert. Deshalb brachte der Nürnberger Rat die Angelegenheit vor König Friedrich III. Die eigenen reichspolitischen Interessen abwägend, übergab dieser die Angelegenheit nicht dem Markgrafen, sondern Nürnberg.1883 Trotz der Nicht-Beachtung durch den Habsburger versuchte Albrecht weiterhin, auf Grundlage einer Schirmherrschaft seine landespolitische Hoheit an einem zentralen Ort in Franken zu festigen:1884 Da er vom neuen Rat als Schirmherr anerkannt wurde, vertrat er Schweinfurt auf den angesetzten Schiedstagen bei den Verhandlungen mit den beteiligten Konfliktparteien bzw. den anderen Schiedsleuten. Häufig konnte er die Tatsache zu seinen Gunsten nutzen, dass er früher als die städtischen Abgesandten Nürnbergs dort war, und bereits Absprachen ohne diese aushandeln.1885 Da die territorialen Voraussetzungen sich jedoch grundsätzlich von denen in der Mark Brandenburg unterschieden, kam Albrecht im Gegensatz zu seinem Bruder Friedrich II. mit ähnlichen landesherrlichen 1880 Ebd., S. 98. Siehe zu den Auslösern des Konflikts auch: ENDRES, Die soziale Problematik. 1881 Dabei geriet er nicht in Konflikt mit dem amtierenden Reichsvogt, da dieses Amt zu diesem Zeitpunkt von Hermann von Seinsheim besetzt war, dessen Familie eng mit den Hohenzollern verbunden war. Verschiedene Angehörige der von Seinsheim wie Erkinger oder Friedrich von Seinsheim unterstützten die Hohenzollern nicht nur bei ihren Auseinandersetzungen mit den Wittelsbachern oder waren markgräfliche Räte. Sie sind auch als Mitglieder der Gesellschaft Unserer Lieben Frau eng an die Dynastie gebunden gewesen, siehe STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 214. 1882 Heinz Quirin stellt zwar die Parallelität des Eingriffs zur Debatte, da er meint, dass Friedrich II. möglicherweise einen Kompromiss der streitenden Parteien aushandeln wollte, aber die vorangegangenen Ausführungen sollten deutlich gemacht haben, dass es ebenfalls darum gegangen ist, seinen landesherrlichen Einflussbereich auszuweiten. Siehe QUIRIN, Markgraf Albrecht, S. 298. 1883 Ebd. 1884 Ebd., S. 299. 1885 SAFFERT, Studien zur Geschichte, S. 62.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Maßnahmen letztlich aber nicht zum Erfolg. Nürnberg hatte in der Zwischenzeit Würzburg dazu gebracht, den Schweinfurtern das Geleit aufzukündigen, sodass der Handel ins Stocken geriet.1886 Als primäre Folge führte dies dazu, dass viele Schweinfurter Bürger 1448 in Zahlungsverzug gerieten, da sie ihre Leibgedinge an die Nürnberger Gläubiger nicht mehr entrichten konnten. Die sekundäre Folge war schließlich, dass der Nürnberger Druck auf Schweinfurt so anwuchs, dass der Alte Rat wieder in sein Amt eingesetzt wurde und somit „die städtische Finanzwirtschaft als Kampfmittel den Markgrafen schließlich um den Erfolg“ brachte.1887 Der Vergleich zwischen der landesherrlichen Städtepolitik in Franken und der Mark Brandenburg hat gezeigt, dass die Eingriffe in innerstädtische Konflikte den Hohenzollern in der Mitte des 15. Jahrhunderts helfen sollten, ihre Position in den jeweiligen Territorien nicht nur zur konsolidieren, sondern – wenn möglich – auch weiter auszubauen. Dies gelang mit wechselndem Erfolg. Für dieses Ziel setzten sie Strategien und Maßnahmen ein, die auch mit Mitteln der symbolischen Kommunikation die erhofften Ziele zu erreichen suchten. Hierbei muss bedacht werden, dass die beschriebene landesherrliche Städtepolitik beider Brüder mit der Tatsache zu kämpfen hatte, dass sie ihre Herrschaft in dem jeweiligen Territorium als eigenverantwortliche Landesherren aber überhaupt erst seit 1440 innehatten.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg 5.1 Das Kaiserliche Landgericht Die hohenzollerischen Bemühungen um das Kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg waren insbesondere ab der Mitte des 15. Jahrhunderts darauf ausgerichtet, eine Aufwertung der reichspolitischen Position der Dynastie zu erreichen. Die Konstituierung als höchstes Gericht mit einer Zuständigkeit über sämtliche Gerichte im Reich sollte vor allem für Markgraf Albrecht eine Aufwertung des eigenen Ranges noch vor der Übertragung der Kurfürstenwürde auf seine Person im Jahre 1470 erwirken.1888 Die Übernahme des neuen Amtes hätte eine extreme Kulmination von Macht in der Hand einer Person bedeutet, bekleidete der Markgraf doch zeitweise gleichzeitig die Ämter des Hofmeisters, Hauptmanns 1886 QUIRIN, Markgraf Albrecht, S. 299. 1887 Ebd. 1888 Dies ist ausführlich im Kapitel 4 dargelegt worden.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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und Hofrichters Friedrichs III. und wäre dann zudem oberster Reichsrichter gewesen. Eine endgültige Durchsetzung des Landgerichts als oberstes Reichsgericht wäre außerdem für die Hohenzollern insgesamt mit einer gewaltigen Aufwertung der Dynastie einhergegangen, nur wenige Jahre nach dem gescheiterten Versuch Friedrichs I., römisch-deutscher König zu werden.1889 Aber bereits Reinhard Seyboth hat darauf hingewiesen, dass Albrecht mithilfe des Gerichts auch die Territorialisierung in seinen fränkischen Herrschaftsgebieten weiter voranzutreiben suchte,1890 das Gericht also auch in dieser Hinsicht wichtige Funktionen für die Hohenzollern erfüllen sollte. Der allgemeine Trend der Territorialisierung im Spätmittelalter brachte es mit sich, dass der Begriff der ‚Landeshoheit‘ bzw. ‚Landesherrschaft‘1891 eine eminent wichtige Bedeutung gewann. Hauptkomponenten der Landesherrschaft waren die Grund- bzw. Gerichtsherrschaft und die Regalien.1892 Die landesherrliche Gewalt resultierte aus verschiedenen Rechtsinstituten, benannte jedoch kein konkretes Rechtsverhältnis.1893 Nach der dominierenden Rechtsmeinung des 15. Jahrhunderts definierte sich die Landeshoheit durch einen möglichst umfassenden und zusammenhängenden Besitz und die tatsächliche Ausübung verschiedener Hoheitsrechte 1889 Nach dem Tod Kaiser Sigismunds hatte kurzfristig der Plan bestanden, Friedrich I. zum Nachfolger zu wählen. Die Wahl scheint vom Würzburger Bischof Johann von Brun hintertrieben worden zu sein, zumindest hielt sich das Gerücht auch in Form eines Liedes hartnäckig, siehe Lorenz Fries, Chronik der Bischöfe, S. 53. 1890 SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 322. In der neueren Forschung betont auch Eberhard Isenmann, dass die Ausdehnung des Zuständigkeitsbereichs des Landgerichts dazu gedient habe, „[…] um mit dessen Hilfe die relativ kleinen und eingeengten, zudem geteilten Besitzungen der fränkischen Hohenzollern zu einem einigermaßen geschlossenen Territorium, einem neuen Herzogtum Franken auszubauen.“ Siehe ISENMANN, Kaiserliche Obrigkeit, S. 40. Für die frühere Zeit einschließlich des 14. Jahrhunderts geht Markus Twellenkamp der Frage nach, ob und inwiefern das Nürnberger Landgericht den Hohenzollern dazu gedient habe, ihre Territorialisierung voranzutreiben. Er kommt zum Schluss, dass auch die gehäuften Anleiteverfahren, die das Gericht vornahm, seit der Regierungszeit König Wenzels nicht zur Territorialisierung beigetragen hätten, da die Hohenzollern zu diesem Zeitpunkt bereits den Fürstenrang besessen und über ein entsprechendes Territorium verfügt hätten, siehe TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 175–192, vor allem S. 185. Dass das Landgericht dennoch entscheidende Funktionen für ihre gesellschaftliche Stellung hatte, soll im folgenden Kapitel gezeigt werden. 1891 Wolfgang Sellert hat darauf hingewiesen, dass der Begriff ‚Landeshoheit‘ von Hans Patze und Heinrich Mitteis auf den Territorialstaat des späten Mittelalters und der Neuzeit angewendet worden sei. Bis zu dieser Zeit müsse terminologisch präziser von ‚Landesherrschaft‘ gesprochen werden, siehe SELLERT, Art. ‚Landeshoheit‘, Sp. 1388. 1892 RÖSENER, Art. ‚Landesherrschaft‘, S. 64. 1893 WILLOWEIT, Rechtsgrundlagen, S. 17. Allgemein zum Thema Landesherrschaft siehe WILLOWEIT, Die Entwicklung; speziell zur Situation in Süddeutschland: FRIED, Die Entstehung, und GERLICH/MACHILEK, Staat und Gesellschaft, insbesondere S. 539–543 zu den konkreten Entstehungsbedingungen der Territorien.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

durch den jeweiligen Landesherrn: „Wo dieser alle herrschaftlichen Befugnisse in den Händen hielt, dort war er uneingeschränkter Landesherr.“1894 Die Realität des 15. Jahrhunderts zeichnete sich jedoch häufig durch eine solch kleinteilige Zersplitterung von Hoheitsrechten aus, dass in konkreten Konflikten um die Ausübung der Landesherrschaft die drei Hauptkomponenten in unterschiedlicher Gewichtung als Argumente ins Feld geführt wurden. Zwar konnte die Verfügungsgewalt über eine ausgedehnte Grundherrschaft, ergänzt durch verschiedene Gerechtsame, die entscheidende Basis der Territorialherrschaft darstellen,1895 die spätmittelalterlichen Rechtsgelehrten in Italien hoben jedoch bald ein anderes Hoheitsrecht in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen über die Natur der Landesherrschaft: Für Baldus de Ubaldis, dessen Überlegungen prägend für den Rechtsdiskurs des späten Mittelalters waren und der später großen Einfluss auf das frühneuzeitliche Verfassungsrecht der Territorien haben sollte, war die Jurisdiktionsgewalt die entscheidende Zutat des Territoriums.1896 Bereits Bartolus de Saxoferrato hatte die fürstliche Herrschaft untrennbar mit der jurisdiktionellen Gewalt verbunden, sein Schüler führte die Überlegungen weiter, indem er darlegte, dass jeder Herrschaftsträger im Reich seine Jurisdiktionsgewalt vom Kaiser ableiten können müsse.1897 Mit Rekurs auf Ubaldis galt die Ausübung der vollen Gerichtsbarkeit in den vielfältigen juristischen Diskursen des späten Mittelalters nun zumeist als Grundlage aller Hoheitsrechte.1898 Ubaldis war es zudem auch zu verdanken, dass das Territorium als Rechtsbegriff formuliert wurde. Die spezifischen Verfassungsverhältnisse im deutschen Reichsgebiet lagen ihm jedoch fern, die sich häufig dadurch auszeichneten, dass die niedrige Vogtei und das Hochgericht von unterschiedlichen Territorialherren kraft eigenen Rechts ausgeübt wurden und auch grundherrliche Herrschaftspositionen eine wichtige Rolle spielten.1899 Der einheitliche Herrschaftsbegriff des neuzeitlichen Territoriums musste sich noch entwickeln, die Kriterien für die legitime und unbestrittene Herrschaftsgewalt innerhalb einzelner Reichsterritorien waren in der sozialen Praxis des 15. Jahrhunderts noch nicht klar umrissen.

1894 1895 1896 1897

SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 200. RÖSENER, Art. ‚Landesherrschaft‘, S. 64. WILLOWEIT, Rechtsgrundlagen, S. 27. Damit sah er im Unterschied zu seinem Lehrer Saxoferrato im Kaiser nicht einen „defensor“ des Reiches, sondern er verstand ihn als höchsten Träger der Jurisdiktion, siehe ebd. 1898 HOKE, Art. ‚Imperium merum et mixtum‘, Sp. 1195. 1899 WILLOWEIT, Rechtsgrundlagen, S. 34.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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Herrschaftsvoraussetzungen in Franken und die Entwicklung des Landgerichts bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts Die landesherrliche Politik der Hohenzollern in ihren fränkischen Territorien im ausgehenden Mittelalter erklärt sich zum überwiegenden Teil aus der spezifischen Beschaffenheit Frankens in dieser Zeit. Erst 1522 entstand durch eine Einteilung des römisch-deutschen Reiches in bestimmte Kreise ein erstmalig so benannter Fränkischer Kreis, der sich aus Herrschaftsgebieten verschiedener Reichsstände zusammensetzte: den Einflussbereichen der Bischöfe von Bamberg, Würzburg und Eichstätt, des Hochmeisters des Deutschen Ordens, des Propstes von Comburg, der Hohenzollern, der gefürsteten Grafen von Henneberg in den Linien Schleusingen und Römhild, der Grafen von Castell, Wertheim, Rieneck, Hohenlohe, der Schenken zu Limpurg, Erbach, Schwarzenberg und der Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Windsheim, Schweinfurt und Weißenburg.1900 Das historische Land ‚Franken‘ war mit dieser neuen politischen Einteilung jedoch nicht kongruent, verschiedene andere Herrschaftsträger stießen in das fränkische Gebiet mit ihren Herrschaftskomplexen vor – zu nennen wären hier neben dem Erzbistum Mainz beispielsweise auch die Abtei Fulda –, und auch die Grenzen zwischen Franken und Schwaben waren noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts unklar.1901 Der zeitgenössische Raumbegriff fand seinen Ausdruck in einem ‚Land‘ zu Franken, obwohl es seit der Karolingerzeit kein Stammesherzogtum oder eine ähnliche Art der Raumorganisation gegeben hatte, wobei jedoch der Bischof von Würzburg sich durch das Kaiserprivileg von 1168 als rechtmäßiger Herzog von Franken verstand.1902 Da der größte Teil Frankens der Würzburger Diözese angehörte, das Bistum über großen weltlichen Besitz verfügte und zudem andere hochadelige Konkurrenten fehlten, besaßen die Würzburger Bischöfe hier für längere Zeit eine Führungsrolle, die erst im Laufe der Zeit durch das Ausgreifen geistlicher und weltlicher Fürsten und die Fürstung verschiedener Grafen in diesem Gebiet gewisse Grenzen erfuhr.1903 Die Hohenzollern hatten erst seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts begonnen, ein neues Herrschaftsgebilde aufzubauen, und da die Wurzeln der anderen Herrschaftsträger bis weit ins hohe Mittelalter zurückreichten, erhielt ihr Territorium eine höchst eigenwillige Form.1904 Besonders im 13. 1900 1901 1902 1903 1904

MERZ, Fürst und Herrschaft, S. 30–31. Ebd., S. 31–32. LUBICH, Auf dem Weg, S. 147. MERZ, Fürst und Herrschaft, S. 35–42. SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 102.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

und 14. Jahrhundert verstanden sie es, durch vorteilhafte Heiraten und geschickte Zukäufe in verschiedenen Teilen des fränkischen Raumes kleinere Herrschaften und Herrschaftsrechte an sich zu bringen und nach der Übertragung des Burggrafenamts nach und nach neben dem Nürnberger Ausgangspunkt ihren Machtbereich zu vergrößern.1905 Insgesamt war im 15. Jahrhundert die Macht der anderen Kräfte neben Würzburg soweit angewachsen, dass ein Kräftegleichgewicht unter den Rivalen – den Hohenzollern, Würzburg und Bamberg – herrschte, das nie entschieden werden konnte.1906 Die im Reich beinahe einzigartige Situation der Konzentration einer Vielzahl von Herrschaften unterschiedlichster Größe, Struktur und Interessenlage führte auch dazu, dass ein weiteres Ausgreifen in diesem Territorium immer auf großen Widerstand stoßen musste. Aufgrund natürlicher Gegebenheiten zerfiel das hohenzollerische Territorium in zwei unverbundene Teile, die durch den Höhengürtel der Fränkischen Schweiz begrenzt wurden. Die naturgegebene Einteilung der Gebiete war nicht deckungsgleich mit der verwaltungsmäßigen, da der nördliche Teil des ‚Landes unterhalb des Gebirgs‘, das sich um Neustadt an der Aisch und Erlangen herum erstreckte, durch das sogenannte ‚Land oberhalb des Gebirgs‘ mit verwaltet wurde.1907 Vor allem das ‚Land oberhalb des Gebirgs‘ um Ansbach setzte sich aus kleinen und kleinsten Herrschaftsteilen zusammen. Zusätzlich verfügten die Hohenzollern über Streubesitz in benachbarten Territorien, der nicht mit ihren Hauptgebieten verbunden und damit immer wieder auch massiven Annexionsbemühungen fremder Herrschaften ausgesetzt war.1908 Im Gegenzug wiesen beide fränkischen Herrschaftsbereiche der Hohenzollern ebenfalls eine große Menge an Fremdbesitz auf, sodass sie weit davon entfernt waren, geschlossene Territorien zu bilden. Dies war der Grund dafür, dass für die Hohenzollern neben einem generellen Interesse aller Landesherren, den Beweis für die rechtmäßige Herrschaftsgewalt in ihren Territorien erbringen zu können, die Angelegenheit regelrecht existenzielle Bedeutung besaß, denn

1905 Zu der genauen Art des Herrschaftszuwachses der Hohenzollern vom 12. bis Anfang des 15. Jahrhunderts siehe die ausführliche Darstellung bei NEUGEBAUER, Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 19–31, insbesondere S. 23–28. 1906 SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 12. 1907 Ebd. Die Aufteilung der fränkischen Gebiete war nach der Maßgabe erfolgt, für die Markgrafen Johann und Albrecht nach dem Tod des Vaters Friedrich I. zwei flächen- und bevölkerungsmäßig gleich große Gebiete zu schaffen. 1908 Ebd., S. 103. Hanns Hubert Hofmann beschreibt das markgräfliche Herrschaftsgebiet im 14. Jahrhundert als ein Konglomerat von „Grundherrschaften mit Nieder-, manchmal auch örtlicher Halsgerichtsbarkeit, verklammert allein durch Regalien und Wildbannrechte“, ohne jegliche räumliche oder rechtliche Geschlossenheit, siehe HOFMANN, Territorienbildung, S. 267–268.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

373

seit ihrer Aufnahme in das Kurkolleg hatten ihnen verschiedene Standesgenossen das Fehlen eines vollwertigen Territoriums vorgehalten. Damit war jedoch zugleich ihr reichsfürstlicher Rang infrage gestellt, denn für den Reichsfürstenstatus war dies die obligatorische Voraussetzung.1909 Besonders schmerzhaft war außerdem, dass es anderen Dynastien wie den Wittelsbachern oder den Habsburgern vergleichsweise leicht fiel, dynastisches Bewusstsein an ein konkretes Territorium zu koppeln,1910 was diese gegenüber den Hohenzollern auch durchaus immer wieder deutlich zum Ausdruck brachten. Vor dem Hintergrund der territorialen Beschaffenheit des hohenzollerischen Territoriums soll im Folgenden die Bedeutung des Kaiserlichen Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg für die landesherrliche Politik im 15. Jahrhundert näher analysiert und dabei gezeigt werden, dass es für die Hohenzollern insbesondere in den 1440er und 1450er Jahren eine Schlüsselstellung einnahm. Obwohl durch die Niederlagen in den Reichskriegen gegen Herzog Ludwig von Bayern-Landshut und seine Verbündeten – allen voran Pfalzgraf Friedrich den Siegreichen – das ambitionierte Projekt der Etablierung des Nürnberger Landgerichts als übergeordnetes Reichsgericht und vorherrschende Institution im fränkischen Raum letztendlich scheiterte, bot es sich als ein Instrument an, um ein zentrales Problem der Dynastie zu lösen, das ihre Position als Landesherren und damit mittelbar auch ihre reichsfürstliche Stellung stark beeinträchtigte. Für die Hohenzollern konnte es ganz verschiedene Funktionen als Landesherren in Franken erfüllen, dies gilt es im Folgenden näher zu betrachten. Es ist auffällig, dass die Hohenzollern seit der Verleihung der Mark Brandenburg für ihre fränkischen Besitzungen den Titel der ‚Markgrafen‘ übernahmen.1911 Möglicherweise geschah dies nicht nur zur Betonung ihres neuen Ranges, sondern auch, um einen übergreifenden Begriff für ihr Herrschaftsgebiet zu verwenden. Insbesondere in den Auseinandersetzungen mit der Reichsstadt Nürnberg benutzten sie zudem vorzugsweise den Begriff des Burggrafentums Nürnberg, um auf diese Weise die historischen Wurzeln ihrer Herrschaft zu unterstreichen.1912 Wie sehr man innerhalb der Dynastie über dieses Thema reflektierte, zeigen nicht zuletzt die Nachfolgebestimmungen Kurfürst Friedrichs I. Im Jahr 1437 ließ dieser explizit für seine vier Söhne und deren Erben festlegen, dass derjenige, der das Kurfürstenamt innehabe, „[…] der sol sich einen Kurfürsten und des heil. Röm. R 1909 KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 102. Mehr zu diesem Thema an einer späteren Stelle der Ausführungen. 1910 MOEGLIN, Dynastisches Bewusstsein; DERS., Die Genealogie der Wittelsbacher; DERS., Zur Entwicklung; und DERS., La formation d’une histoire nationale. 1911 SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 102, Fußnote 2. 1912 Ebd.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Erzcamerer schreiben.“1913 Aber, so der Kurfürst in seinen Ausführungen weiter, alle vier Söhne sollten sich gleichermaßen als Markgrafen und Burggrafen titulieren, egal, in welchen Landesteilen sie regierten oder lebten. Auch diese Titelübernahme konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die verspätete Territoriumsentwicklung der Hohenzollern zu erheblichen Nachteilen für die geografische Beschaffenheit ihrer Herrschaftsgebiete geführt hatte. Die Hohenzollern hatten im Jahr 1273 das Kaiserliche Landgericht als Reichslehen erhalten,1914 das sich bezüglich der verhandelten Streitsachen nicht im Mindesten von den anderen zeitgenössischen Landgerichten des Spätmittelalters unterschied. Bei den 47 in den Monumenta Zollerana dokumentierten Landgerichtsurteilen in der Zeit von 1265 bis 1417 ging es in der Mehrzahl um Klagen, bei denen verschiedene Parteien Anspruch auf Lehen, Lehnsleute und Nutzungsrechte erhoben. Aber auch die Bestätigung von Testamenten wurde vor dem Nürnberger Gericht vorgenommen oder ‚Judenschulden‘ verhandelt.1915 Neben Klagen aus dem unmittelbaren Herrschaftsbereich des markgräflichen Territoriums ließen die Hohenzollern vor ihrem Gericht auch eigene Streitfälle entscheiden. Da die jeweiligen Landrichter durch die Burggrafen eingesetzt wurden, überrascht es nicht, dass sich kein einziges Urteil des Gerichts erhalten hat, das zuungunsten der Burggrafen ergangen ist.1916 Bereits im 14. Jahrhundert lassen sich erste Bemühungen der Hohenzollern finden, das Gericht gegenüber den konkurrierenden Landgerichten der Region – einschließlich des Rottweiler Hofgerichtes – durchzusetzen.1917 Seit den 1350er Jahren griff es in alle Himmelsrichtungen auf die umliegenden Gerichtsbezirke aus.1918 Hier1913 MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 330, S. 327–333, hier S. 330. 1914 Siehe Kapitel 4. An dieser Stelle auch allgemein zu der sachlichen Zuständigkeit von Landgerichten im späten Mittelalter und Ausführungen zur Quellenlage des Nürnberger Gerichts. Die Belehnungsurkunde ist ediert in STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 2, Nr. 129, S. 75–76. 1915 TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 182. Zusätzlich fanden Prozesse aufgrund von Gewaltdelikten wie Mord, Raub, Brandstiftung statt, wie das überlieferte Achtbuch aus dem Jahr 1319/20 belegt, siehe NEUKAM, Bruchstück eines verlorenen Ächtbuchs, S. 11–16. Auch das spätere Achtbuch der Jahre 1364 bis 1422 weist diese Arten von Delikten auf, siehe DANNENBAUER, Die Entstehung, S. 146. Aber die Blutgerichtsbarkeit machte insgesamt einen immer weiter abnehmenden Teil der verhandelten Straftaten aus, siehe ebd. Im Allgemeinen waren Landgerichte für Grundstücks- und Freiheitsangelegenheiten zuständig, nicht alle nahmen die Strafgerichtsbarkeit wahr, siehe MERZBACHER, Art. ‚Landgericht‘, Sp. 1499. 1916 TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 184. 1917 VOGEL, Des Ritters, S. 14–15. 1918 TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 187. Beispiele für Kompetenzstreitigkeiten des Nürnberger und Würzburger Landgerichts im 14. Jahrhundert liefert MERZBACHER, Iudicium provinciale.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

375

bei handelte es sich jedoch nicht um eine systematische Vorgehensweise, die Kompetenz des Gerichts zu erweitern, sondern zunächst um Versuche, spontan Fakten zu schaffen, die durchaus nicht immer von Erfolg gekrönt waren. Häufig konnten die anderen politischen Konkurrenten ihre eigenen Rechte durchsetzen, und insbesondere die Bemühungen der Hohenzollern, auf den Interessenbereich des Reichsoberhaupts auszugreifen, wurden stets deutlich zurückgewiesen. Beim ersten Versuch im Jahr 1358, böhmische Untertanen vor das Landgericht in Nürnberg zu laden, scheiterten sie an dem vehementen Eingriff Kaiser Karls IV.,1919 der urkundlich festlegen ließ, dass die Burggrafen und ihre Nachkommen keinen seiner böhmischen Diener und keine Untertanen vor ihr Gericht laden dürften. Zunächst gelegentlich, dann in zunehmendem Maße konnten die Hohenzollern ihre Gerichtskompetenz jedoch immer weiter durchsetzen. Als Beispiel sei hier der Fall der Stadt Regensburg genannt, die zwar durch Privilegien Ludwigs des Bayern und Kaiser Karls IV. von der Landgerichtsbarkeit befreit war, aber es hinnehmen musste, dass im Jahr 1366 das Nürnberger Gericht die Acht über die Stadt verhängte.1920 Auch der Bischof von Bamberg und das Kloster Langheim wurden vor das Landgericht geladen und das ergangene Urteil schlussendlich vom Hofgericht Karls IV. bestätigt.1921 Die zuvor skizzierte territoriale Situation in Franken brachte es mit sich, dass das Vorgehen des Nürnberger Landgerichts nicht singulär war, auch die anderen benachbarten Gerichte versuchten, Streitsachen aus anderen Gerichtssprengeln an sich zu ziehen. Auf ein allgemeines Schreiben Karls IV. an alle Reichsstände aus dem Jahr 1361 gestützt, das festlegte, dass sich alle Reichsangehörigen ausschließlich vor diesem Gericht verantworten sollten, konnte das Rottweiler Hofgericht für eine gewisse Zeit eine weit über den ursprünglichen Zuständigkeitsbereich hinausreichende Kompetenz etablieren.1922 Ähnliche Tendenzen zeigte auch das Rothenburger Landgericht. Aber vor allem das Landgericht des Würzburger Bischofs war bestrebt, sich dem Einfluss des Bistums in Franken entsprechend als führendes Gericht durchzusetzen, und konnte dabei ebenfalls eine Urkunde Karls IV. ins Feld führen. Am 17. November 1347 hatte dieser dem Würzburger Gericht bestätigt, das einzige und ausschließliche Landgericht im Bereich des Herzogtums Frankens zu sein.1923 Es lassen sich eine Reihe von Beispielen finden, bei denen das Würzburger Gericht

1919 1920 1921 1922 1923

TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 186. RIEDEL, Über den Ursprung, S. 401. Ebd., S. 401–402. VOGEL, Des Ritters, S. 5–7, Fußnote 7. MERZBACHER, Iudicium provincale, S. 30.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Prozesse aus der Verantwortlichkeit des Wimpfener oder des SchwäbischHaller Landgerichts an sich zog und deren Zuständigkeiten ignorierte.1924 Bei den Nürnberger Burggrafen wird deutlich, dass sie in der Zeit besonders häufig Lehnsleute aus anderen Landgerichtssprengeln vorluden, in der sie von Kaiser Karl IV. als mögliche Heiratspartner ins Auge gefasst wurden1925 und somit auf eine gewisse Unterstützung des Kaisers hoffen konnten. Ein forcierter Einsatz des Landgerichts lässt sich zudem wieder mit dem erneut gestiegenen politischen Gewicht der Hohenzollern seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts feststellen. Das Achtbuch des Gerichts aus den Jahren 1364 bis 1422 und eine größere Anzahl auch negativer Entscheidungen Kaiser Sigismunds gegen Urteile des Nürnberger Gerichts aus der Regierungszeit Markgraf Friedrichs I. zeigen, wie die Hohenzollern bestrebt waren, das Gericht im fränkischen Raum gegenüber anderen Gerichten durchzusetzen, teilweise saßen sie dabei dem Gericht sogar persönlich vor.1926 Auffälligerweise mehrten sich seit der Zeit König Wenzels ebenfalls die vor dem Landgericht durchgeführten Anleiteverfahren der Hohenzollern,1927 wobei Markus Twellenkamp infrage gestellt hat, ob diese für die Dynastie einen Beitrag zur Territorialisierung geleistet haben, da sie zu diesem Zeitpunkt schon den größten Teil ihres Territoriums besaßen und bereits fürstliche Rechte zuerkannt bekommen hatten.1928 Doch nahm ja gerade seit dem Ende des 14. Jahrhunderts der Kampf um die Vormachtstellung in Franken an Schärfe zu, und die Nürnberger Burggrafen hatten zwar fürstliche Rechte zugesprochen bekommen, mussten sich ihr politisches Gewicht jedoch weiterhin hart erarbeiten. Zwar müsste tatsächlich im Einzelnen geprüft werden, ob die in den Anleiteverfahren behandelten Güter wie jene Heinrichs von Absberg,1929 jene Wilhelms von Meiental im Jahre 14101930 oder auch die Veste Liebenau1931 im Besitz der Hohenzollern verblieben, aber die steigende Anzahl der Prozesse und die massiven Konflikte mit den anderen angrenzenden Gerichtsherren schei1924 Ebd., S. 30–31. 1925 TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 147. 1926 Entsprechende Beispiele: STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 41, 161, 226, 231, 467, 591, 593. Ein persönlicher Vorsitz der Burggrafen fand ausgesprochen selten statt, da sich die Hohenzollern bereits seit 1358 durch einen von ihnen eingesetzten Landrichter bei den Gerichtssitzungen vertreten ließen, von 1343 bis 1417 sind nur vier landgerichtliche Urteile eines Hohenzollers überliefert, siehe TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 181. 1927 Zum Thema des mittelalterlichen Anleiteverfahrens siehe insbesondere BATTENBERG, Reichsacht, S. 304–325. 1928 TWELLENKAMP, Die Burggrafen, S. 185. 1929 STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 5, Nr. 110, S. 116. 1930 STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 554, S. 611–612. 1931 STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 5, Nr. 393, S. 386–387 (26. Juli 1397).

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

377

nen doch dafür zu sprechen, dass die Hohenzollern bei ihren Bemühungen um das Gericht noch einmal deutlich den Druck erhöhten. Allein bis 1415 finden sich mit drei der wichtigsten Konkurrenzgerichte massive Konflikte um die Zuständigkeitsbereiche. Die ausgehandelten Vergleiche der Gerichte waren nicht von langer Dauer, und die Auseinandersetzungen wurden teilweise mit massivem Gewalteinsatz geführt. So verhandelte Friedrich Schenk von Limpurg am 30. Juni 1406 einen Waffenstillstand zwischen Burggraf Friedrich VI. und der Stadt Rothenburg „[…] von der ladung vnd vollung wegen, als der obgenant vnser herre der burggraf die vorgenanten von Rotenburg, ir lewte vnd ire guter auf sein Lantgerichte des Burggraftums zu Nurenberg, vnd die yetzundgenante von Rotenburg denselben vnsern herrn den Burggrafen, sein lewte vnd seine guter widervmb auf ir Lantgerichte gen Rotenburg, geladen vnd ervollet hetten, vnd jetweder teil meynet, das dez nicht sein solt, nach ir bayder freyhaitbriefe laute vnd sage […].“1932

Aus demselben Jahr stammte auch eine Klage des Bamberger Bischofs, dass „[…] die meins herren von Bamberg oft geladen werden auf meines herren burggrafen gerichte gen Nurmberg, gen furt wider meins herren von Bamberg vnd des stitfs freyheit […].“1933 Bereits am 20. November 1403 hatte der Nürnberger Landschreiber Hans Seereuter in Stellvertretung der Nürnberger Burggrafen vor dem Landgericht verkünden lassen, dass der Würzburger Bischof kein Recht habe, die Burggrafen, ihr Land oder ihre Leute vor das Gericht des Herzogtums Franken zu laden, da „[…] die selben herren heten eim lantgericht der Burgrafschaft zu Nurenberg, des sye von dem heiligen Römischen Reiche vnd auch dez heiligen Reichs kurfürsten gut vrkunde vnd briefe heten.“1934

Zudem sei die Ladung anders erfolgt, als es sich für Reichsfürsten gehöre, weswegen sie ohnehin hinfällig sei.1935 Am 7. Januar 1404 bestätigte das Hofgericht König Ruprechts die Befreiung der Burggrafen vom Gericht des Würzburger Bischofs,1936 und aus den Jahren 1413 und 1415 haben sich drei Schiedssprüche erhalten, die belegen, dass der Streit um den Gerichtsbezirk zwischen diesen beiden fränkischen Herrschaftsträgern wei1932 1933 1934 1935 1936

STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 347, S. 357–358, hier S. 357. Ebd., Nr. 345, S. 350–352, hier S. 350. Ebd., Nr. 226, S. 216–217, hier S. 217. Ebd. Ebd., Nr. 231, S. 219–221.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

terhin besonders hartnäckig geführt wurde.1937 Einige Jahre später vermieden die Hohenzollern im Übrigen sehr bewusst, das Würzburger Gericht als ein Gericht des Herzogtum Frankens zu bezeichnen, und sprachen schlicht vom Landgericht der Herren von Würzburg.1938 Auch die Streitigkeiten mit den Landgerichten der bayerischen Herzöge nahmen in dieser Zeit zu, der Landrichter Hans Reuter beklagte sich am 18. Februar 1411, dass das Nürnberger Gericht Lehnsleute aus den Gerichtsbezirken Hirschberg und Graisbach vorgeladen habe.1939 Besonders bemerkenswert an diesem Fall ist außerdem, dass die bayerischen Untertanen von Bürgern der Reichsstadt Nürnberg vor das Gericht geladen worden waren, die ja durchaus selbst in einem sehr belasteten Verhältnis zu den Hohenzollern stand. Nicht nur die Konflikte und ihre Schiedssprüche sind Ausweis der Instrumentalisierung des Gerichts für die Ausweitung des hohenzollerischen Herrschaftsbereichs, sondern auch die jeweiligen vor dem Gericht geführten Prozesse zeigen, wie mit seiner Hilfe landesherrliche Politik betrieben werden konnte. Im Kampf der Herrschaftsträger des süddeutschen Raumes, ihren Machtbereich auszubauen, setzte man verstärkt darauf, den Adel an sich zu binden. Die Tatsache, dass der Adel das Nürnberger Gericht immer wieder nutzte, um vor dieser Instanz sein Recht einzuklagen, war also ganz im Sinne der Hohenzollern. So wurden zum Beispiel Bürger umliegender Reichsstädte wie Schwäbisch Hall,1940 aber sogar das viel weiter entfernte Köln durch süddeutsche Adelige verklagt und gleich mehrfach durch das Nürnberger Landgericht mit der Acht belegt.1941 Die Mitglieder des süddeutschen Adels luden sich jedoch auch immer wieder gegenseitig wegen Lehns- und Erbsachen vor das Gericht und suchten so andere Wege abseits von Fehden, um an ihr Recht zu gelangen.1942 1937 Für das Jahr 1413 siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana, 8, Nr. 519, S. 380– 381. Im Jahr 1415 ist zum einen der Schiedsspruch Burggraf Friedrichs VI. zwischen seinem Bruder und dem Würzburger Bischof vom 21. September zu nennen und zum anderen hatten der Bamberger Bischof und Ernfried von Seckendorff am 18. Dezember einen Schiedsspruch zwischen den Parteien ausgehandelt, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 464, S. 357–361. 1938 Ebd., Nr. 432, S. 332–336, hier S. 333. 1939 Ebd., Nr. 593, S. 648. 1940 Wilhelm von Leonrod sagte im Prozess um den Federsee bei Buchau aus, dass sein Vater die Stadt vor das Landgericht geladen habe, da er einen Streit mit dem Bürger Arnold von Marstein endgültig entscheiden lassen wollte, siehe SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 322. 1941 Nicht nur im Jahr 1433 durch die Klage Konrads von der Kapellen, siehe ebd., S. 324, sondern auch bereits viel früher, um 1414, als Stefan von Absberg Landrichter und Hans Seereuter Landschreiber Burggraf Friedrichs VI. waren, siehe ebd., S. 325. 1942 Ebd., S. 324–336.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

379

Verstärkte Nutzung des Landgerichts durch die Hohenzollern nach ihrer Einsetzung als Verweser in der Mark Brandenburg Eine qualitative Änderung in Bezug auf die Strategien zur Durchsetzung des Nürnberger Landgerichts trat im Jahr 1413 ein, als sich die Hohenzollern erneut entschlossen, ihre Gerichtshoheit bis nach Böhmen auszudehnen. Als Burggraf Johann im Jahr 1413 nämlich auf die Forderung König Wenzels reagieren musste, verschiedene Bürger aus Eger nicht vor das Nürnberger Landgericht zu laden, sondern die Fälle an ihn zu übergeben,1943 verwies der Hohenzollern vehement darauf, dass die Nürnberger Burggrafen von Königen und Kaisern Privilegien besäßen, die eine Minderung des Nürnberger Landgerichts untersagten. Diese Briefe und Privilegien habe Kaiser Karl IV. bestätigt und sogar Wenzel selbst habe in seiner Funktion als römischer König eine entsprechende Bestätigung erteilt.1944 Zusätzlich reklamierte der Burggraf an dieser Stelle das verbriefte Recht der Nürnberger Burggrafen, anstelle des Kaisers das Gericht abzuhalten und diesem vorzusitzen. Grundlage seiner Argumentation bildete eine angebliche Urkunde Kaiser Karls IV. Im Konkurrenzkampf der süddeutschen Landgerichte und im Rahmen der landesherrlichen Politik konnte diese Argumentationsfigur einen strategischen Vorteil bieten,1945 denn während das Landgericht bislang schlicht entsprechende Vorladungen vorgenommen und bei Widerstand versucht hatte, auf der Grundlage der uneindeutigen Zuständigkeitsbereiche zu argumentieren, legten die Hohenzollern hier zum ersten Mal Wert auf eine Stellvertreterfunktion für das Reichsoberhaupt. Zwar ging Johann noch nicht so weit, eine Kompetenz als oberstes Gericht für das gesamte Reich zu behaupten, wie es später Markgraf Albrecht tun sollte,1946 aber trotzdem wird hier eine qualitative Änderung der hohenzollerischen Strategien bezüglich ihres Landgerichts deutlich. Die Stellvertretung für das Reichsoberhaupt bedeutete einen ‚Legitimationsvorsprung‘, der es den Kontrahenten erschweren sollte, die Zuständigkeit des Nürnberger Landgerichts zu bestreiten oder die dort gefällten Urteile anzufechten.

1943 STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 8, Nr. 521, S. 382–384. 1944 Ebd., S. 383. 1945 Die kaiserliche Urkunde Karls IV., die sich bezeichnenderweise nicht unter denen im Herrschaftlichen Buch Nr. 8 (Rep. 132) überlieferten Privilegien der Hohenzollern finden lässt, wurde zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr als Argumentationsgrundlage herangezogen, da man nun auf die wesentlich ältere Belehnungsurkunde Rudolfs von Habsburg zurückgriff. 1946 Dazu die Ausführungen in Kapitel 4.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Einen weiteren Schritt auf dem Weg zum Ausbau einer gerichtlichen Vormachtstellung zunächst in Süddeutschland, später in Bezug auf das gesamte Reichsgebiet stellt die Ausstellung eines Privilegs König Sigismunds dar. Wenige Wochen nach der öffentlichen Belehnung mit der Mark Brandenburg bestätigte dieser Friedrich I. und dessen Bruder Johann III. am 24. Juli 1417 die Privilegien des Landgerichts Nürnberg und widerrief dabei gleichzeitig eine Urkunde, die er der Stadt Regensburg ausgestellt hatte und die die Stadt vom Zugriff des Landgerichts befreite.1947 Der Wortlaut der Urkunde ähnelte stark den Formulierungen des Briefes Burggraf Johanns an König Wenzel aus dem Jahr 1413, hieß es im Privileg des Luxemburgers doch, dass „[…] ein lantrichter desselben lantgerichts in des kaisers stat auf demselben lantgericht sitzet, und also richtet.“1948 In der Folgezeit begann Friedrich I., mithilfe des durch das königliche Privileg gestärkten Landgerichts gezielt auf Kosten Herzog Ludwigs von Bayern-Ingolstadt seine Herrschaftsstellung in Süddeutschland auszuweiten. Sehr deutlich werden die markgräflichen Intentionen bereits Ende des Jahres 1418: Der Nürnberger Landrichter Konrad Truchseß von Pommersfelden setzte am 15. Dezember eine Sitzung des Landgerichts für den nächsten Donnerstag nach dem Dreikönigsfest an, da der Landschreiber Hans Seereuter in Stellvertretung Friedrichs auf „allen die gut vnd recht, die der hochgeborn furste vnd herre, her ludwig, pfalczgraue bey Rein vnd herczog in Bayern, hat hindishalb der Tunaw, mit namen die vesten vnd Statt zum stein, zu der freyenstat, zu höchstett, zum holnstain vnd wo er sust icht hat vnd waz darczu gehört, vesten, Stette, Merckte, dörffer, weiler, zehenden, häuser, höfe, wisen, ecker, gericht, lewt vnd gut, höltzer, wasser, weyer, wunn, weyde, varende vnd ligende hab, besucht vnd vnbesucht nichtz aufzgenomen“

geklagt hatte.1949 Gegen diesen Übergriff des Nürnberger Landgerichts und wegen weiterer Vorladungen für Bewohner seines Territoriums legte der Wittelsbacher im Januar 1419 innerhalb eines Tages sowohl bei Friedrich I.1950 als auch bei König Sigismund1951 Protest ein. Der Herzog sah in diesen Vorgängen einen Versuch des Markgrafen, ihn mithilfe unrechtmäßiger Prozesse gegen sein Land und sein Eigen einzuschüchtern.1952 Ge1947 MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 19, S. 69–71. Minutoli datiert die Urkunde fälschlicherweise auf den 29. Juli 1417, siehe die Berichtigung in den Regesta Imperii 11, 1, Nr. 2488, S. 521–522. 1948 MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 19, S. 69–71, hier S. 70. 1949 CDB III, 1, Nr. 66, S. 96. 1950 Ebd., Nr. 68, S. 98–99, hier S. 98. 1951 Ebd., Nr. 69, S. 99–100. 1952 Ebd., Nr. 68, S. 98.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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genüber dem Reichsoberhaupt unterstrich Ludwig noch einmal das große Unrecht, das ihm widerfuhr, da der Markgraf alle Städte, Schlösser, Märkte, Land und Leute seines Fürstentums, die in den Landgerichten Hirschberg und Höchstädt gelegen seien, vor das Landgericht Nürnberg lade. Die besagten Orte und Personen befänden sich jedoch nicht im Territorium des Markgrafen und die eigenen Gerichte seien in Betrieb, sodass jeder dort Recht erhalten könne. Gegenüber König Sigismund und in den Briefen an Markgraf Friedrich bezog der bayerische Herzog einen eindeutigen Standpunkt in der Angelegenheit der Landgerichte: Jede klagende Person solle ihr Recht nur vor dem Landgericht erhalten, in dessen Gebiet sie ansässig sei. Falls jemand aus dem Zuständigkeitsbereich seines eigenen Landgerichtes gegen ihn als Herzog klagen wolle, so solle er dies vor dem königlichen Hofgericht tun. So sei es seit langer Zeit gewesen und bislang habe sich auch der Markgraf daran gehalten.1953 In direkter Antwort auf die Beschwerde des bayerischen Herzogs bemühte Friedrich I. das mittlerweile bewährte Argument, dass „wir mit vnserm landgericht onemittel an eins Romischen kaisers oder konigs Stat zu richten haben“,1954 und fügte ironisch hinzu, dass diese Tatsache Ludwig ja bekannt sein müsse, habe er doch in eigener Person das Gut des böhmischen Königs vor das Nürnberger Landgericht laden lassen, obwohl dieser doch edler und mit mehr Privilegien ausgestattet sei als der Herzog1955 und sich nach Ludwigs Argumentation auch nicht hätte vor einem fremden Gericht verantworten müssen. Ludwig hatte zuvor argumentiert, dass Könige und Kaiser allen ihren Hofrichtern verböten, über das Gut und Eigen von Reichsfürsten zu richten, wenn sie dies selbst tun wollten.1956 Bereits der Mainzer Reichslandfrieden von 1235 hatte festgelegt, dass die Kompetenz des neugeschaffenen Hofrichters sich nicht auf die Rechtsprechung über Fürsten erstrecken durfte, sondern in den Fällen, in denen ihre Ehre, ihr Recht, ihre Lehen oder ihr Erbe betroffen waren, der König allein eine Entscheidung treffen musste.1957 Dass dies in der sozialen Praxis des Spätmittelalters sehr viel flexibler gehandhabt wurde, ist wahrscheinlich. Allein die Kompetenzstreitigkeiten der süddeutschen Landgerichte im 14. und beginnenden 15. Jahrhundert betrafen ja immer wieder auch die Gerichte konkurrierender Fürsten, was jene jedoch nicht davon abhielt, entsprechende Vorladungen auszustellen und Urteile zu fällen. Friedrich I. parierte 1953 Ebd., Nr. 69, S. 99. 1954 Ebd., Nr. 70, S. 100–103, hier S. 101. 1955 Ebd. Immerhin handelte es sich hierbei um König Wenzel IV., der zuvor ja sogar römischdeutscher König und Kurfürst gewesen war. 1956 Zum Beispiel in dem Brief vom 28. März 1419, siehe ebd., Nr. 79, S. 117–121, hier S. 119. 1957 KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 102.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

den Vorwurf des Wittelsbachers deshalb auch mit dem Verweis auf seine Privilegien, die ihm ein solches Vorgehen anstelle des Königs erlaubten. Weil dies so sei, wären die Nürnberger Urteile, die sich auf Fälle der Hirschberger und Höchstädter Gerichtszuständigkeiten bezögen, rechtmäßig erfolgt.1958 Außerdem beschuldigte er nun seinerseits den Herzog, sich rechtswidrig zu verhalten. Unrechtmäßige Vorladungen gingen von Herzog Ludwig aus, so der Markgraf, da er kein Recht habe, die Untertanen Friedrichs vor seine Gerichte laden zu lassen. Entsprechende königliche und kaiserliche Privilegien verbrieften ihm, davon befreit zu sein. In dem bereits in einem anderen Zusammenhang angesprochenen Schmähbriefwechsel der beiden Reichsfürsten in der Zeit von 1418 bis 14211959 war auch das Thema der Zuständigkeit der Landgerichte kurzfristig ein wichtiger Streitpunkt, besonders nachdem der Nürnberger Landrichter im Februar des Jahres 1419 Hans Seereuter in Stellvertretung des Markgrafen einen Anleitbrief über sämtliche Güter Herzog Ludwigs jenseits der Donau ausgestellt hatte.1960 Das Nürnberger Landgericht diente Ludwig und Friedrich I. in unterschiedlicher Weise für ihre Zwecke: Der bayerische Herzog versuchte den Gegenstand zu nutzen, um die Allianz seiner Vettern Wilhelm und Ernst von Bayern- München mit Friedrich I. zu hintertreiben. Er warf dem Markgrafen öffentlich vor, auch die Rechte der Herzöge von Bayern-München zu schmälern, da er unrechtmäßigerweise Prozesse an sein Landgericht zöge, die in den Zuständigkeitsbereich einer Vielzahl ihrer Gerichte gehörten.1961 Denn wer „[…] lasset laden, vrtailen, Aechten täglichs vber Ir vndertan, Richter, vrtailer vnd ander? Wer lasst richten vmb erb vnd aigen, die In iren landgerichten ligen, vnd doch dieselben Ire landgericht alle aufgericht sein, vber das verpieten, So Romisch kaiser vnd konig Iren hofrichtern verpoten haben, das sy vber kains fursten gut richten sullen?“1962

Auf diese Weise versuche Friedrich dem gesamten ‚Haus‘, ‚Geschlecht‘ und ‚Land zu Bayern‘ zu schaden.1963 Während der Wittelsbacher auf Solidarisierungsmaßnahmen seiner Verwandten hoffte, sah Markgraf Friedrich in dem Nürnberger Landgericht dagegen ein Instrument, um seinen Herrschaftsbereich um die Städte Stein, Höchstädt und Holnstein weiter aus1958 1959 1960 1961 1962 1963

CDB III, 1, Nr. 70, 100–103, hier S. 102. Siehe Kapitel 2.2. CDB III, 1, Nr. 73, S. 106. Ebd., Nr. 79, S. 117–121. Ebd., S. 119. Ebd., S. 118.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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zuweiten, denn in diesen Gegenden befanden sich einige Herrschaften fest in der Hand des Wittelsbachers und schnitten so in das markgräfliche Territorium. Die Vorwürfe Ludwigs sind auch ein Anhaltspunkt dafür, dass der Markgraf zu diesem Zeitpunkt Vorladungen für Einwohner anderer bayerischer Herrschaften wie Stauf, Roth oder Tann ausstellen ließ, die zum Herrschaftsbereich der Herzöge Wilhelm und Ernst von Bayern-München gehörten. Denn in der Erwiderung auf die Vorwürfe Ludwigs stritt Friedrich I. nicht grundsätzlich ab, dass solche Vorladungen ergangen waren, sondern unterstrich lediglich erneut die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens. Die beiden Münchener Herzöge seien von einer solchen Würde und in einer solchen Position, dass sie – falls Friedrich I. sich ihnen gegenüber unbillig verhalten habe – den Markgrafen auf jeden Fall zur Rede gestellt hätten.1964 Mit dieser Argumentation konnte Friedrich I. auf indirekte Weise sogar seinen Standpunkt verstärken, da der ausbleibende Protest der anderen Wittelsbacher anscheinend die rechtmäßige Kompetenz des Nürnberger Gerichts zu belegen schien. Im Kampf um eine Vormachtstellung in Franken wurde die Durchsetzung der Gerichtskompetenz von den konkurrierenden Fürsten also als ein effizientes Mittel erachtet. Dies zeigt sich auch bei der Argumentation Herzog Ludwigs.1965 Denn die Vorladungen der Einwohner aus den bayerischen Landgerichtsbezirken bedeuteten für ihn gleichermaßen den Verlust von Gerichts- wie von Herrschaftsrechten. Bezogen auf die beiden Herzöge von Bayern-München fragte Ludwig deshalb den Kurfürsten auch rhetorisch: „Wer nimpt vnsern lieben vettern egenanten das gancz gericht vnd herschaft zu Stauf? Wer nimpt in das gancz gericht vnd herschaft zu Rot? Wer nimpt In das gancz gericht vnd herschaft zu Tann? Wer nimpt In das gericht vnd herschaft zu Ferden? Wer nimpt In das gericht vnd herrschaft zu Swannt?“1966

Aus der Regierungszeit des ersten hohenzollerischen Kurfürsten zeigt die Fülle an Prozessen vor dem Nürnberger Landgericht,1967 wie dieses die 1964 Ebd., Nr. 81, S. 122–125, hier S. 123. 1965 Aber nicht nur an dieser Stelle. Im Jahr der Auseinandersetzung zeigt das Salbuch des Landgerichts Graisbach, wie stark der bayerische Herzog im Gegenzug versuchte, auf das markgräfliche Gebiet auszugreifen. Die Ämter Ansbach, Feuchtwangen, Wassertrüdingen und Schwabach, die aus dem Herrschaftsbereich Friedrichs I. stammten, waren an dieser Stelle aufgeführt. Außerdem beanspruchte der Wittelsbacher viele markgräfliche Vasallen für sein Gericht, siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 460. 1966 CDB III, 1, Nr. 79, S. 119. 1967 Urteilsbriefe des Nürnberger Landgerichts, 2. Faszikel 1411–1457, siehe StABa, Markgraftum Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth, Geheimes Hausarchiv Plassenburg (GHAP),

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5. Aspekte der Landesherrschaft

landesherrliche Politik Friedrichs I. mitbestimmte. Allein die Gerichtsgelder aus den Anleiteverfahren und der Achtschatz gingen zu einem nicht geringen Teil an den Markgrafen als Inhaber des Gerichts.1968 Neben den Einnahmen aus anderen Regalien oder Zöllen trugen sie so zu einem Vermögen bei, das er für den Unterhalt seiner Landesherrschaft benötigte. Die Vernehmungen der markgräflichen Zeugen im Rahmen des seit 1447 stattfindenden Prozesses um den sogenannten Federsee1969 belegen eindrücklich, dass nicht nur das Ausgreifen in fremde Herrschaftsbereiche und größere Einnahmen aus dem Gerichtswesen gewünschte Effekte der hohenzollerischen Politik darstellten, sondern bereits Friedrich I. hatte mithilfe des Gerichts eine wichtige Position für den süddeutschen Adel eingenommen und als Landesherr Präsenz zeigen können. Immer wieder wurden adelige Besitz-, Erb- und Lehnsstreitigkeiten vor dem Gericht verhandelt, bei manchen Streitfällen griff Friedrich persönlich ein, um zwischen den Parteien zu vermitteln. So konnte er beispielsweise 1420/21 zwischen Rudolf von Fridingen und einem Grafen von Tengen erfolgreich einen Ausgleich erreichen, nachdem der Graf den Hohenzoller um Hilfe gebeten hatte.1970 Und auch im Fall seines Verwandten Eitelfritz von Zollern, der von Graf Rudolf II. von Sulz vor das Gericht geladen worden war,1971 gelang es ihm, den Prozess durch einen Ausgleich zwischen beiden Parteien zu beenden. Die erfolgreiche Vermittlung zwischen den streitenden Parteien stärkte nebenbei auch das Ansehen1972 des Markgrafen. Die im Prozess um den Federsee aufgeführten Zeugen sollten im Jahr 1455 den für Markgraf Albrecht wichtigen Beweis erbringen, dass vor dem Nürnberger Landgericht seit vielen Jahren aus den vier historischen Landen Schwaben, Bayern, Franken und den sogenannten Niederlanden1973

1968 1969

1970 1971 1972 1973

Nr. 697. In diesem Zusammenhang von Bedeutung sind auch das Register der Landgerichtsbücher und das der auslaufenden Briefe, siehe ebd., Nr. 2291. Die Bestände im Nürnberger Staatsarchiv, die Landgerichtsurkunden und das sogenannte Herrschaftliche Buch Nr. 18 stellen für diesen Themenkomplex ebenfalls wichtige Quellen zur Verfügung. BATTENBERG, Reichsacht, S. 145. Nach Adolph Friedrich Riedel standen in den Landgerichten dem Oberrichter – im Nürnberger Gericht also den Burggrafen – generell zwei Drittel der Gerichtseinkünfte zu, siehe RIEDEL, Über den Ursprung, S. 393. Verschiedene Urkunden und Prozessakten sind ediert bei SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 251–366. In diesem Prozess ging es offiziell um strittige Fischereirechte. Konfliktparteien waren der Markgraf auf der einen Seite, auf der anderen Seite die Reichsstadt Buchau und verschiedene an den See angrenzende Dörfer, unter anderem Allershausen, Oggelshausen, Seekirch und Tiefenbach, siehe dazu Kapitel 4. SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 320. Ebd. KAMP, Vermittler, S. 701. Gemeint sind hier das ehemalige Stammesland Sachsen und der Bereich, in dem der Sachsenspiegel Geltung hatte.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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Prozesse geführt wurden.1974 Aus diesem Grund finden sich in den Zeugenaussagen der Landrichter, Landschreiber und Prokuratoren Hinweise für eine Fülle von Verfahren, die der Adel im gesamten süddeutschen Raum gegeneinander anstrengte. Der schwäbische Reichsritter Walther von Hürnheim verklagte beispielsweise Konrad Schenk von Limpurg genauso vor dem Landgericht,1975 wie Ritter Wilhelm von Rietheim eine Vorladung zum Zweikampf vor das Gericht durch Diebold von Haßberg erhielt, um einen länger schwelenden Rechtsstreit zu entscheiden.1976 Besondere Bedeutung kam dabei der Tatsache zu, dass das Landgericht mit der Zeit die Funktion einer Art Obergerichts für den Adel angenommen hatte,1977 und zwar sowohl für die Adeligen der hohenzollerischen Territorien als auch für die der angrenzenden Herrschaftsgebiete. Die Inhaber des Gerichts, die Nürnberger Burggrafen und brandenburgischen Markgrafen, präsentierten sich nicht nur in den Fällen, in denen sie in eigener Person in Verfahren eingriffen, als Territorialmacht des fränkischen Raumes, sondern wurden auch allgemein vom Adel mit dem Gericht identifiziert. Dies zeigen die Briefe und Urkunden, in denen sich Kläger oder Beklagte an Friedrich I. wandten und ganz explizit von ‚dessen‘ Gericht sprachen.1978 Der Adel Süddeutschlands klagte zudem auch gegen Städte der Umgebung oder einzelne Bürger. So ließ ein Ritter von Wehingen bei Reutlingen acht Reichsstädte kämpflich vorladen, da sie ihm sein Schloss abgenommen hatten.1979 Bereits gegen 1414 hatte Hans von Leonrod1980 die Stadt Schwäbisch Hall wegen ihres Bürgers Arnold von Marstein vor dem Landgericht verklagt,1981 und Anselm von Eyberg führte einen Prozess gegen 22 schwäbische Städte – unter anderen Ulm und Nördlingen –, die durch das Landgericht mit der Acht belegt wurden.1982 Die geschilderte besondere Bedeutung, die das Landgericht der Hohenzollern für den süddeutschen Adel hatte, erhält zusätzliches Gewicht, bedenkt man, wie stark die kon1974 SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 308–366. 1975 Ebd., S. 314. Konrad der Ältere sei von dem Gericht mit der Acht belegt worden und habe daraufhin Markgraf Albrecht gebeten, ihn daraus zu befreien, siehe ebd. 1976 Ebd., S. 316–317. 1977 VOGEL, Des Ritters, S. 19. Hans Erich Feine weist auf die großen Gemeinsamkeiten zwischen dem Nürnberger Landgericht und dem Rottweiler Hofgericht in Schwaben in Bezug auf die gegenständliche Zuständigkeit, ihre Besetzung und ihre Verfahren hin, unterstreicht in diesem Zusammenhang jedoch auch, dass das Nürnberger Landgericht „stärker Adelscharakter trug“, siehe FEINE, Die kaiserlichen Landgerichte, S. 220. 1978 Zum Beispiel SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 318. 1979 Markgraf Friedrich konnte in diesem Streitfall eine gütliche Einigung herstellen, siehe ebd., S. 320–321. 1980 RECHTER, Die Herren von Leonrod, S. 38. 1981 SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 322. 1982 Ebd., S. 324–325.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

kurrierenden Mächte des Raumes diese Gruppe umwarben, um politischen Vorteil daraus zu ziehen. Und ein weiterer Aspekt ist genau in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung, auf den Joachim Schneider vor einiger Zeit hingewiesen hat.1983 Markgraf Albrecht versuchte sehr geschickt, den süddeutschen Niederadel auch durch diskursive Mittel auf seine Seite zu ziehen, und so neben der Gerichtspraxis weitere Argumente für das Landgericht und gegen seine fürstlichen Konkurrenten zu präsentieren. In einem Konflikt zwischen Herzog Ludwig von Bayern-Landshut und Albrecht, auf den an späterer Stelle genauer einzugehen sein wird, hatte der Hohenzoller in einem Brief am 27. April 1460 deutlich herausgestellt, dass der Wittelsbacher versuche, die ehrbare Ritterschaft zu einer Erbhuldigung zu drängen. Dies zeige ein Brief des Herzogs an Jörg von Ehenheim und die Schenken zu Geyern. Eine solche Behandlung wiederfahre in Franken nur den Bauern, so der Markgraf, denn diese müssten den Fürsten und dem Adel huldigen.1984 Durch eine Unterwerfung unter die bayerischen Landschrannen, lokale Gerichte, die in Bayern die Adelshofmarken durchbrachen und hier zum Teil sogar direkt für die Angelegenheiten des Adels zuständig waren,1985 würden die Rechte des Niederadels stark eingeschränkt. Albrecht hingegen lasse die Ritterschaft „bey und neben vns sitzen als frey frumm Ritter vnd knecht“,1986 und dies wollte er insbesondere in der Gerichtspraxis seines Landgerichts realisiert sehen. Der Markgraf warf dem Herzog vor, die fränkische Ritterschaft einer Herrschaft unterwerfen zu wollen, die im Reich als freiheitsfeindlich und gewalttätig bekannt sei, und setzte in seinem Schreiben, das auf fränkische Adressaten abzielte, dabei „bewußt fremdartige Begriffe der bayerischen Verfassungsordnung ein“,1987 um den Widerwillen der Ritter gegen Ludwig zu vergrößern. Auf diese Weise suchte er einen weiteren Vorteil im Kampf der konkurrierenden Mächte im süddeutschen Raum zu erlangen. Neben dem Adel galt das Interesse des Markgrafen aber auch den anderen Untertanen seines Territoriums. Und so erfuhren die Bürger der hohenzollerischen Städte das Gericht ihres Landesherrn ebenfalls als effizient arbeitende Institution. Der Ansbacher Bürger Hans Pfab beispielsweise verklagte die Bürgermeister und Gemeinde der Stadt Straßburg vor dem Landgericht und konnte ihre Ächtung erreichen.1988 Selbst die mit den 1983 1984 1985 1986 1987 1988

SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 463–464 und S. 474–475. Ebd., S. 463. Ebd., S. 464. HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 31, S. 157–160, hier S. 158. SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 463. SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 326.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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Hohenzollern traditionell eher in einem distanzierten bis feindlichen Verhältnis stehenden Nürnberger Bürger suchten und fanden hier häufig ihr Recht. Der Büchsenmeister von Nürnberg strengte beispielsweise während der Regierungszeit Markgraf Friedrichs I. ein Anleiteverfahren gegen die Güter der Brüder Hans und Wilhelm von Rechberg in Weikersheim an der Tauber an, das mit einer gütlichen Einigung endete.1989 Und sogar die ländliche Bevölkerung machte zuweilen Bekanntschaft mit dem Landgericht der Nürnberger Burggrafen,1990 wenn entweder ganze Dörfer1991 oder einzelne Bauern1992 sich hier zu verantworten hatten. Im Laufe der Zeit wurde das Landgericht zudem immer regelmäßiger von solchen Personen genutzt, die außerhalb Frankens und sogar außerhalb Süddeutschlands ansässig waren.1993 Dies war natürlich ganz im Sinne der Hohenzollern, denen es ja um eine immer ausgedehntere Durchsetzung ihrer Gerichtskompetenzen ging. Aufgrund der als mangelhaft empfundenen Gerichtsverfassung im Reich1994 war ein regelmäßig und effizient arbeitendes Landgericht attraktiv für viele Kläger auch außerhalb des eigentlichen Territoriums. Teilweise wurden die Landgerichte zu Appellationsinstanzen der benachbarten Territorien, teilweise versuchte man hier bereits in erster Instanz Recht zu erhalten.1995 Betrachtet man die Regierungszeit des ersten hohenzollerischen Kurfürsten, ist für die Bedeutung des Nürnberger Landgerichts kennzeichnend, dass die Übergriffe auf die benachbarten Gerichtsbezirke weiter vorangetrieben wurden und der Markgraf darum bemüht war, insbesondere für den Adel ein effizient arbeitendes Gericht zur Verfügung zu stel1989 Ebd., S. 331. 1990 In der Regel habe die Rechtsprechung über die bäuerliche Bevölkerung in diesem Raum jedoch bei den vielen niederen Gerichten gelegen, so DANNENBAUER, Die Entstehung, S. 144–145. 1991 Im Jahr 1430 lud das Frauenkloster Kirchheim das Dorf Ederheim vor das Landgericht, siehe SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 322. 1992 Ritter Hans vom Stein ließ zwei Bauern aus Neuenried im Allgäu vor das Landgericht laden, siehe ebd., S. 329. 1993 Im Jahr 1434 klagte beispielsweise Johann von der Walle aus Köln gegen Kunz von der Cappell vor dem Nürnberger Landgericht, siehe StABa, Markgraftum Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth, Geheimes Hausarchiv Plassenburg (GHAP), Nr. 6055. Zwischen 1427 und 1429 beschwerten sich verschiedene schwäbische Städte über ihre Vorladungen vor das Landgericht der Nürnberger Burggrafen, siehe KLUCKHOHN, Ludwig der Reiche, S. 62, Fußnote 3. Immer wieder wurden Bürger verschiedener Schweizer Städte vorgeladen (zum Beispiel SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 319, 322, 325 und 326), aber auch aus anderen Reichsteilen wie beispielsweise aus Görlitz oder Halle, siehe SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 330. 1994 Stellvertretend für die umfangreiche Literatur zum Thema des im späten Mittelalter häufig kritisierten Justizwesens siehe FISCHER, Reichsreform, S. 276. 1995 KLUCKHOHN, Ludwig der Reiche, S. 60.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

len. Das Ansehen des Nürnberger Landgerichts wurde durch seine Gerichtspraxis gestärkt und dadurch, dass es sogar von Mitgliedern der höchsten gesellschaftlichen Elite genutzt wurde. Sowohl Kaiser Sigismund als auch König Albrecht II. führten selbst Klagen vor dem Landgericht, und auch weitere hochrangige Personen nutzten es zu Lebzeiten Markgraf Friedrichs I., wie beispielsweise der polnische König in den 1430er Jahren.1996 Im verschärften Kampf um die territoriale Vorherrschaft in Franken im 15. Jahrhundert konnte die Dynastie ihre Gerichtsgewalt im Landgericht einsetzen, um politischen Gewinn daraus zu ziehen, war das Landgericht doch besser als die zerstückelten fränkischen Territorien dazu geeignet, Landesherrschaft innerhalb eines ausgedehnten, aber vor allem geschlossenen Gebiets zu ‚simulieren‘. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass das Thema des Nürnberger Landgerichts in der Regierungszeit Markgraf Albrechts seit den 1440er Jahren eine immer wichtigere Bedeutung einnahm. Diskursive und normative Landgerichtspolitik: Die Regierungszeit Markgraf Albrechts Wie bereits an anderer Stelle dargelegt,1997 verfasste Dr. Peter Knorr drei Jahre nach dem Herrschaftsantritt Markgraf Albrechts in Franken eine Appellation gegen eine Beschwerde des Bamberger Bischofs bei König Friedrich III. bezüglich des Ausgreifens des Nürnberger Landgerichts in den Bamberger Gerichtsbezirk.1998 Mit dieser Appellation begann eine neue Phase in der ‚Landgerichtspolitik‘ der Hohenzollern, da die Strategien und Maßnahmen ein großes Stück über die unter Friedrich I. verfolgten hinausgingen.1999 Dr. Peter Knorr legte in der Schrift dezidiert dar, dass die Markgrafen zu Brandenburg und Burggrafen von Nürnberg im Besitz königlicher und kaiserlicher Privilegien seien, die es ihnen erlaubten, anstelle des römischen Kaisers oder Königs zu richten.2000 Die Hohenzollern vertraten hier erstmalig die Position, dass ihr Landgericht über alle ‚richtenden Gerichte‘ richten dürfe, also die Autorität eines Obergerichts für alle Gerichte im Reich besitzen sollte. Eine insbesondere für die landes1996 1997 1998 1999

SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 319. Siehe Kapitel 4. HARPPRECHT, Staats-Archiv, Nr. 23, S. 128–133. Andrian-Werburg vertritt die These, dass es keine besonders offensive Landgerichtspolitik Markgraf Albrechts gegeben habe, siehe ANDRIAN-WERBURG, Markgraf Albrecht Achilles, S. 65. Dass dem Landgericht dennoch großes Gewicht in den politischen Bestrebungen des Hohenzollers in dieser Zeit eingeräumt werden muss, sollen die folgenden Ausführungen zeigen. 2000 HARPPRECHT, Staats-Archiv, S. 129.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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herrliche Politik in Franken wichtige Konsequenz hatte zudem die hier ebenfalls zum ersten Mal aufgestellte Behauptung, es bestehe seit langer Zeit eine Gerichtszuständigkeit sowohl im gesamten fränkischen Raum als auch in verschiedenen Nachbarterritorien wichtiger Herrschaftskonkurrenten wie beispielsweise der Herzöge von Bayern oder des Bamberger Bischofs. Für den markgräflichen Rat legitimierte die Gerichtspraxis, gegen die seit Urzeiten kein Einspruch erhoben worden sei, aufgrund der langen Dauer einen unumstößlichen Rechtsanspruch. In der erstmalig so offensiv vertretenden Behauptung eines solch weitgefassten Zuständigkeitsbereichs sollte dem Nürnberger Landgericht nun also eine Gerichtskompetenz für fast den gesamten süddeutschen Raum zukommen, bedeutende Konkurrenzterritorien eingeschlossen. Obwohl mit Anton von Rotenhan ein Mann das Bamberger Bischofsamt bekleidete, der durchaus keine generelle Abneigung gegen die Hohenzollern pflegte,2001 und das Verhältnis zu dem anstelle des von Markgraf Albrecht unterstützten Sigmund von Sachsen 1442 neu in Würzburg eingesetzten Gottfried Schenk von Limpurg zumindest in der Anfangsphase noch relativ neutral war,2002 scheint die Argumentation Peter Knorrs besonders auf diese beiden Konkurrenzgerichte abgezielt zu haben, mit denen es seit dem Ende des 14. Jahrhunderts immer wieder zu Kompetenzstreitigkeiten gekommen war. Nur vier Jahre später kam es dann auch tatsächlich zu einer offenen Konfrontation zwischen Markgraf Albrecht und dem Würzburger Bischof, bei der es sehr offensichtlich um das Rangverhältnis innerhalb des fränkischen Raumes und um unterschiedlich interpretierte Gebietszugehörigkeiten und daraus resultierende Verpflichtungen ging; Fragen, die für die Position der Hohenzollern als Landesherren keine unwesentliche Rolle spielten. Nachdem der Würzburger Bischof im Jahr 1445 ein Bündnis auf zwei Jahre mit der Reichsstadt Nürnberg abgeschlossen hatte,2003 die seit Lan2001 Am 11. und 12. November 1436 schloss von Rotenhan ein Bündnis wegen der öffentlichen Sicherheit und einen Vertrag über die Ritterschaft mit Markgraf Friedrich I. ab, siehe HARPPRECHT, Staats-Archiv, Nr. 88, S. 115, und Nr. 89, S. 118–119. 2002 Vom 14. November 1442 datiert ein Vertrag zwischen Gottfried von Limpurg, Markgraf Albrecht und dem Erzbischof von Mainz, durch den der Markgraf Gottfried von Limpurg als Pfleger des Stifts Würzburg anerkannte, siehe AMRHEIN, Gotfrid IV., Bd. 50, S. 59. Aufgrund der bedrückenden finanziellen Situation seines Bistums musste der neu eingesetzte Würzburger Bischof Kitzingen an den Markgrafen verpfänden, siehe GREIPEL, Schenk von Limpurg, S. 633. Albrecht soll jedoch bereits zu dieser Zeit versucht haben, seinen Neffen, Herzog Bernhard von Braunschweig, zum Würzburger Bischof zu machen, wie der Würzburger Chronist Lorenz Fries jedenfalls behauptete. Für dieses Unterfangen gibt es jedoch keine anderen Quellen, vielmehr warf Albrecht dem Bischof vor, dieses Gerücht im Jahr 1445 selbst über ihn in Umlauf gebracht zu haben, siehe AMRHEIN, Gotfrid IV., Bd. 50, S. 80–83. 2003 Ebd., S. 89.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

gem in einer äußerst angespannten Beziehung zu dem Hohenzoller stand, kam es zu einer extremen Verschlechterung im Verhältnis der beiden Reichsfürsten. Kurz darauf, am 5. September 1446, verfasste Gottfried Schenk von Limpurg ein Schreiben, das er an verschiedene Reichsfürsten versandte und in dem er auf einige Klagepunkte Markgraf Albrechts einging, die dieser gegen ihn vorgebracht hatte.2004 In dem Schreiben gebrauchte Bischof Gottfried neben dem Bischofstitel zum ersten Mal auch den Titel eines ‚Herzogs von Franken‘ für sich, fortan sollte dies seine stehende Titulatur werden.2005 Das Führen des Herzogstitels bei der öffentlichen Stellungnahme zu den Vorwürfen Markgraf Albrechts und die Tatsache, dass Gottfried kurze Zeit zuvor ein Bündnis mit der Reichsstadt Nürnberg eingegangen war, schien eine deutliche Frontstellung gegen den Hohenzoller darzustellen. Entsprechend hitzig war dessen Gegenreaktion, der auf dem Frankfurter Reichstag desselben Jahres den Bischof wegen seines neuen Bündnisses zur Rede stellte und sich im darauffolgenden Jahr in einem Briefwechsel mit diesem auseinandersetzte. In dem angesprochenen Briefwechsel vom 5. bis 13. März 1447 wurde das Thema des Landgerichts zwar nur einmal und auch nur sehr beiläufig angesprochen. Die Kontroverse war vor allem Ausdruck des sich nun merklich zuspitzenden Kampfes um die Vormachtstellung zwischen den beiden Fürsten, war doch in den Augen des Hohenzollers die seitens des Bischofs gewählte Anrede nicht standesgemäß und dessen eigene Titulierung als fränkischer Herzog anmaßend. Damit ging es also um ganz wesentliche Punkte: die Rangordnung und Vormachtstellung im süddeutschen Raum.2006 Zugleich hatte die Auseinandersetzung aber auch wieder Einfluss auf die ‚Landgerichtspolitik‘ des Markgrafen, wie sich im weiteren Verlauf zeigen sollte. Zunächst sei der Hergang der Kontroverse kurz dargestellt: Albrecht beschwerte sich zu Beginn des Briefwechsels wegen des fehlenden Titels und der gleichzeitigen Titelanmaßung des Bischofs ausdrücklich, um anschließend den ironischen Hinweis zu geben, dass er die korrekten Titel und Anreden für sich und den Bischof seinem Schreiben beigefügt habe, falls Gottfried seine Kanzlei „mit newen Schreibern bestellet“ habe, welche „[…] die gelegenheyt des stifts vnd der vmbligender fürsten nicht wissen […].“2007 2004 Ebd., S. 81; hier ging es unter anderem um die Gerüchte bezüglich des Würzburger Bischofsamtes. 2005 Ebd., S. 88. Einer seiner Vorgänger, Bischof Johann von Egloffstein, nahm 1409 erstmalig den Titel in seine Titulatur auf, dessen Nachfolger, Johann von Brunn, benutzte ihn lediglich zweimal. Erst mit Bischof Gottfried wurde er formelhafter Bestandteil der Würzburger Bischofsurkunden, siehe SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 108, Fußnote 22. 2006 MERZ, Fürst und Herrschaft, S. 65. 2007 AMRHEIN, Gotfrid IV., Bd. 50, S. 90.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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Nachdem der Markgraf den Würzburger als Suffragan des Mainzer Erzbischofs bezeichnet hatte, wurde nun auch der Bischof in seinem Antwortschreiben deutlicher. Zunächst entschuldigte er die falsche Anrede als vermeintlichen Fehler eines jungen Schreibers,2008 wies darauf hin, dass derselbe Fehler auch der markgräflichen Kanzlei mehrfach passiert sei – „wiewol wir auch ein furste des heiligen reychs sind“ –, und parierte den Herabsetzungsversuch des Hohenzollers, indem er betonte, dass er die Unterordnung unter den Mainzer Erzbischof anerkenne und es für sehr würdig halte, ihm als seinem Metropoliten zugeordnet zu sein. Der Bischof griff das Thema der rangmäßigen Unterordnung nun seinerseits auf und spielte auf ein vermeintlich bestehendes Lehnsverhältnis zwischen den Hohenzollern und dem Bistum Würzburg an, um eine ungeordnete Position der Hohenzollern zu markieren: „[…] wolten auch gerne, das solche wesenlichheyt vnd pflicht, die ewre eltern seylig gedechtnis gein vnnsern stiffte erkant haben, von euch auch solchmas annemig vnd mit keinem newerungen vermischt wurden.“2009 Der Hinweis auf die Vasallenpflicht der Hohenzollern gegenüber dem Würzburger Stift wurde zwei Tage später in einem Brief durch Albrecht aufgegriffen.2010 Der Hohenzoller zweifelte ganz offen an, dass der Herzogstitel Inhalt der königlichen oder kaiserlichen Privilegien des Würzburger Bischofs sei, und erklärte zudem, dass sicher auch sein Vater, Friedrich I., den Bischof niemals in dieser Weise angeschrieben habe.2011 Etwas zusammenhangslos kam Markgraf Albrecht schließlich auf das Thema des Landgerichts zu sprechen, wobei nicht richtig deutlich wird, warum er dies in dem Brief thematisierte. Wie es sich mit dem Landgericht in Bezug auf das Herzogtum verhalte, davon wolle er nicht viel schreiben, so der Markgraf, da es allgemein bekannt und der Bischof genau wisse, wie es darum bestellt sei.2012 Da Albrecht das Thema des Landgerichts direkt in den Argumentationsgang integrierte, weswegen es keine rangmäßige Unterordnung der Hohenzollern unter den Bischof als einen Herzog von Franken gebe, kann die Bemerkung möglicherweise als ein Hinweis auf die besondere Stellung seines Gerichts gemeint sein, das seit dem Privileg König Sigismunds eine gestärkte Stellung einnahm. Bereits die früheren Auseinandersetzungen mit den Vorgängern Gottfrieds, Johann I. von Egloffstein und Johann von Brunn, in den Jahren 1403 und 1415 hatten gezeigt, dass die Hohenzollern bereit waren, mit allen Mitteln den Zuständigkeitsbereich ihres Landgerichts gegen Begehrlichkeiten der Würzburger Bischöfe zu verteidigen. 2008 2009 2010 2011 2012

Ebd., S. 91. Ebd. Ebd., S. 92. Ebd. Ebd.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Die Anspielung auf eine bestehende Vasallenpflicht der Hohenzollern gegenüber Bischof Gottfried könnte hingegen auf die Tatsache bezogen werden, dass die Nürnberger Burggrafen seit dem 14. Jahrhundert Würzburger Lehen besessen haben,2013 wie beispielsweise das Schloss Schwanberg,2014 und Albrecht durch den Pfandbesitz von Kitzingen streng genommen ebenfalls in einer Verbindung zum Hochstift stand.2015 Da die Hohenzollern zunächst nur die Vogtei über die Stadt Ansbach und das Kollegiatstift erhalten hatten, waren die Würzburger Bischöfe zudem weiterhin die Lehnsherren des Chorherrenstifts St. Gumbertus in Ansbach. Albrecht von Eyb sah sich später veranlasst, über daraus resultierende Streitpunkte eine Denkschrift zu verfassen.2016 In der Kontroverse um die rangmäßige Ordnung der beiden Reichsfürsten in diesem Briefwechsel des Jahres 1447 machte der Markgraf jedenfalls deutlich, dass die Hohenzollern aufgrund ihres Kurfürstentums und wegen des Status der Burggrafschaft als einem Fürstentum des Reiches niemandem verpflichtet seien als einzig und allein dem Reichsoberhaupt. Höchstens gegenüber ihren Freunden und Bündnispartnern seien sie zusätzliche Verpflichtungen eingegangen.2017 Ein kurzer Hinweis auf das zweifelhafte Verhalten des Bischofs im Rahmen seiner Einsetzung – Gottfried hatte sowohl Eugen IV. als auch das Basler Konzil um seine Bestätigung ersucht und damit die Neutralitätspolitik der deutschen Fürsten untergraben2018 – rundete die Erwiderung ab. Der Bischof erklärte seinerseits zwei Tage später, dass er sich sehr sicher sei, dass Albrecht und seine Vorfahren über den fränkischen Herzogstitel des Würzburger Bischofs Bescheid gewusst hätten,2019 und stritt den Bruch der Neutralität schlichtweg ab. Gottfried betonte, dass er mit der hohenzollerischen Verpflichtung gegenüber seinem Bistum weder das Kurfürstentum noch die Burggrafschaft gemeint habe, „[…] sundern von der pflicht ewer eltern, darvff wir die noch also setzen.“2020 Bezüglich dieser vermeintlich noch immer bestehenden Verpflichtung der Vorfahren erwiderte der Markgraf in dem letzten Brief der Serie am 13. März lediglich, dass es wohl sein könne, weil das Stift und

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

Diesen Standpunkt vertritt jedenfalls August Amrhein. Siehe ebd., S. 89. Ebd., S. 92. „Consilium iuridicium, quod Marchio oppidum Onolzbach feudi nomine ab Episcopo Herbipolensi non accipere teneatur“, siehe StANü, Würzburger Bücher, Nr. 5. Die Schrift ist nach fol. 153 eingelegt. AMRHEIN, Gotfrid IV., Bd. 50, S. 93. Ebd. Brief vom 11. März 1447, siehe ebd., S. 94. Ebd.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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„[…] vnd vnnser eltern beyeinander mit iren landen gelegen vnd noch sein, das sey eynungen halben vnd sunst vf beiden seiten durch maniche wege aneinander gewant sind gewesen; vns zweifelt aber nicht, vnnser eltern haben sich in den dingen so redlich vnd auffrichtig gehalten, das sie des von euch vnd meinglich billich one nachrede bleyben.“2021

In Albrechts Darstellung bestand also kein Lehnsverhältnis zwischen den Hohenzollern und dem Hochstift. Ihre Herrschaftsgebiete lägen lediglich sehr eng beieinander, was gleichermaßen sowohl für das Hochstift als auch für die Lande seiner Vorfahren gelte und möglicherweise zu Bündnissen zwischen den Hohenzollern und den Würzburger Bischöfen geführt habe. Die Behauptung einer Verpflichtung, welche die Hohenzollern gegenüber dem Würzburger Bischof eingegangen seien, müsse schlicht als Verleumdung seiner Eltern gelten. Der Markgraf bestritt also vehement eine rangmäßige Unterordnung aufgrund einer bestehenden Lehnsbeziehung. Deutlich wird an dieser Stelle des verbalen Konflikts jedoch, dass das zentrale Problem des markgräflichen Territoriums, die Zerrissenheit des Herrschaftsgebietes und die damit einhergehenden unklaren Zuständigkeiten im fränkischen Raum, auch großen Einfluss auf die Interaktion mit dem Bischof von Würzburg hatten. Gleichermaßen auffällig wie merkwürdig bei der Auseinandersetzung um das Lehnsverhältnis der beiden Fürsten ist, dass der Würzburger Bischof in den Briefen an den Markgrafen kein konkretes Lehen nennt, sondern es bei Andeutungen über eine seit längerer Zeit bestehende Lehnsverpflichtung der Hohenzollern belässt. Dies lässt die Vermutung zu, dass der Bischof eher auf eine generelle Unterordnung der Markgrafen unter ihn als einem fränkischen Herzog abzielte, zumal es in der Kontroverse insgesamt um die Frage des Herzogstitels von Franken ging. Dies waren Ansprüche, deren Rechtmäßigkeit die Hohenzollern naturgemäß bezweifelten, da einem Herzog von Franken in dieser Region gegenüber den Nürnberger Burggrafen eine klare Vorrangstellung zugekommen wäre. Aus diesem Grund setzten die Hohenzollern alles daran, die Ansprüche des Würzburger Bischofs abzuwehren. Als eine auffällige Koinzidenz ist zu verzeichnen, dass Albrecht beinahe genau zwei Wochen nach dem kontroversen Briefwechsel die erste Ordnung seines Nürnberger Landgerichts erstellen ließ.2022 Diese legte nun detaillierte Bestimmungen für die gesamte Gerichtspraxis verbindlich fest: Sie betrafen sowohl die Art von Delikten, die vor dem Landgericht verhandelt werden sollten, die anfallenden Gerichtskosten und -gebühren, den Personenkreis, der dort Klage führen durfte, als auch genaue Verhaltens2021 Ebd., S. 95. 2022 Edition der Ordnung: THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 270–279.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

anweisungen für das Gerichtspersonal. Die Präambel der Gerichtsordnung formulierte zunächst ausdrücklich die Ziele, die durch sie erreicht werden sollten. Die Markgrafen Albrecht und Johann hätten diese „Got zu lob, der gerechtikeyt zu gesterckung, uns selber und unßerm furstenthumb zu eren und dem gemaynnen volck zu nutz“2023 aufgestellt, wodurch sie klar machten, welche Bedeutung die Markgrafen ihr für sich und ihre landesherrliche Politik beimessen wollten. Als Grund für die Niederschrift gaben sie an, dass viele Personen, die zum Gerichtsbezirk ihres Landgerichts gehörten, in ihren jeweiligen Ämtern entweder keine Möglichkeit zur Klage erhalten hätten oder große Kosten zu tragen hatten, weshalb das Landgericht beinahe von seinen alten Gewohnheiten und Herkommen abgekommen und beim gemeinen Volk in Verruf geraten wäre.2024 In ihrer Funktion als gute Landesherren wollten die Hohenzollern also dafür Sorge tragen, dass die Einwohner in ihren fränkischen Gebieten zu ihrem Recht kommen konnten und die gute, alte Ordnung des Gerichts wiederhergestellt wurde. Anlass zu Spekulationen kann die unklare Formulierung liefern, welche Gebiete und Ämter von der Präambel angesprochen wurden. Mit der unspezifischen Formulierung der markgräflichen Ordnung konnten auch die unter den Konkurrenten in Franken umstrittenen Bezirke gemeint sein, in denen es immer wieder zu massiven Konflikten wegen der Gerichtskompetenz gekommen war. Es gab jedenfalls keine expliziten Bestimmungen über den Zuständigkeitsbereich des Nürnberger Gerichts.2025 Einziger Hinweis auf die umkämpfte Situation in Franken ist ein kurzer Abschnitt gegen Ende der Ordnung, in dem zu einigen benachbarten Gerichten Stellung genommen wird: In diesem Teil der Gerichtsordnung wird zwar ausdrücklich festgehalten, welche Landgerichte und welche Landschrannen vor dem Nürnberger Landgericht Akzeptanz finden sollten – aufgezählt werden die Landgerichte Würzburg und Bamberg und die Landschrannen Hirschberg, Sulzbach und Auerbach.2026 Diese sollten zwar vom Nürnberger Gericht anerkannt werden, aber nur „[…] wüe das nicht were wider unser und unsers landgerichtz previlegia.“2027 Als weitere Bedingung ließen die Markgrafen in 2023 Ebd., S. 271. 2024 Ebd., S. 270–271. 2025 Die Gerichtsordnung von 1447 sah eine weite Zuständigkeit des Landgerichts vor, lediglich Angelegenheiten über Grund und Boden innerhalb der Stadtmauern sollten vor den Stadtgerichten verhandelt werden: „Item wir setzen, orden und wollen, das furbas nymant von unsern wegen von dem landgericht geweist oder gevordert werd, es dreffe den an leben, einem sein ere oder unser herschafft herligkeyt, sunder das man auch umb grunt und boden außwendig der stett rinckmawr recht auff dem landgericht gen las. Was aber in der rinckmawr erb geviell, das sol man weissen in die statgericht.“ Siehe ebd., S. 275. 2026 Alle übrigen, insbesondere auch die bayerischen Landgerichte waren damit ausgeschlossen. 2027 Ebd., S. 277.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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ihrer Gerichtsordnung vermerken, dass für die genannten Gerichte und Schrannen entsprechende Urkunden von weltlichen Autoritäten ausgestellt worden sein müssten.2028 Diese beiden einschränkenden Zusätze ließen die Möglichkeit offen, jederzeit entsprechende Urteile der aufgeführten Gerichte nicht zu akzeptieren, indem man argumentierte, dass sie gegen die eigenen Privilegien verstießen oder nicht durch entsprechende Urkunden gedeckt seien. Drei weitere Aspekte der Gerichtsordnung springen ins Auge, die für ihre Bedeutung innerhalb der landesherrlichen Politik der Hohenzollern nicht unwichtig erscheinen: Die Ordnung betont mehrfach, dass jedermann vor dem Landgericht sein Recht erhalten solle, und formuliert an ihrem Schluss noch einmal ausdrücklich, dass Arm und Reich vor Gericht gleich zu behandeln seien. Auch der Landrichter solle seine Beisitzer so auswählen, dass das Gericht unparteiisch gegenüber allen sei, unabhängig davon, welchem Stand die Kläger und die Beklagten jeweils angehörten.2029 Damit wurde nicht nur der Klägerkreis auf alle sozialen Gruppen ausgedehnt und die vorherrschende Funktion des Nürnberger Gerichts als bevorzugtes Gericht des Adels in gewisser Weise in den Hintergrund gerückt, sondern die Markgrafen konnten sich auch als gute Fürsten in Szene setzen, da sie sich dazu verpflichteten, in ihrem Landgericht allen Untertanen gleichermaßen die Möglichkeit zu geben, ihr Recht einzuklagen. Es fällt zudem auf, dass weitere Bestimmungen insbesondere die rechtliche Position der „armen lewtt“ vor Gericht stärken sollten, ließen die Markgrafen doch beispielsweise festlegen, dass es fortan nicht mehr gestattet sein solle, diejenigen Armeleute, die „hinder den echtern sitzen […] an zu greyffen und zu bekömern“2030 oder sie nicht weiterhin immer wieder vor das Gericht zu laden, ohne dass in der Sache die Anklage verlesen würde. Zukünftig solle vielmehr die Klage fallen gelassen werden müssen, falls auch beim dritten Erscheinen vor Gericht, keine Mitteilung der Klage stattgefunden habe.2031 Trotz der besonderen Fürsorge für die „armen lewtt“ darf jedoch nicht übersehen werden, dass bereits die Ordnung von 1447 Ausführungen zum Kampfgericht aufweist und sich damit auch insbesondere an den Adel richtete,2032 wenngleich Markgraf Albrecht möglicherweise zeitnah2033

2028 2029 2030 2031 2032 2033

Ebd. Ebd., S. 278. Ebd., S. 272. Ebd., S. 276. Ebd., S. 277–278. Siehe ebd., S. 321, die Anmerkung von Matthias Thumser zur Kampfgerichtsordnung.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

schließlich eine weitere, gesonderte Ordnung ausschließlich für diese Prozessform erließ.2034 Zweitens legt die Ordnung genau fest, innerhalb welcher Fristen bestimmte Rechtsdokumente ausgestellt, Verfahrensschritte vollzogen bzw. Kläger und Angeklagte sich vor dem Gericht einfinden mussten. Damit wurden allen Untertanen Albrechts und Johanns, die das Gericht in Anspruch nehmen wollten oder mussten, verlässliche und überschaubare Fristen in Aussicht gestellt, die sie für ihre Rechtsangelegenheiten veranschlagen konnten. Dies machte einen erheblichen Unterschied zu der allgemein als mangelhaft empfundenen Situation an vielen Reichsgerichten aus, denn häufig war es so, dass Verfahren über lange Zeit keinen sichtbaren Fortgang nahmen oder erst gar nicht angestrengt wurden. Schließlich nehmen die Auflistungen der Gebühren für verschiedene rechtliche Dienstleistungen in der Ordnung von 1447 breiten Raum ein: So finden sich detaillierte Aufstellungen der Abgaben für Inzichtprozesse,2035 über den Lohn der Anleiter, der Gerichtsschreiber2036 und Gerichtsboten2037 für verschiedenste Dienstleistungen.2038 Auch hier bestand der Vorteil für die Kläger darin, dass die feste Regelung der Gebühren es kalkulierbarer machte, die Dienste des Landgerichts in Anspruch zu nehmen. Für weitere Verfahrenssicherheit sorgten außerdem Bestimmungen, die vorschrieben, dass „[…] ein ytlicher landschreyber furbas alle spruch in das landgericht buch schreyben, auff das die sprüch, die an den zetteln in gegeben werden, nicht auß dem büch fallen oder verloren werden, dann in kunfftigen zeyten irsall darauß werden mocht.“2039 Zudem wurde jedem Kläger zugestanden, dass sein Klagespruch schriftlich vermerkt wird, und jedem Beklagten, dass er nicht nur die Klage zu hören bekommt, sondern bei Bedarf auch eine Abschrift erhält.2040 Die Tatsache, dass die Ordnung die Annahme von Geldern seitens des Gerichtspersonals und der Anleiter über die festgelegten Sätze hinaus sanktionierte,2041 diese vor ihrem Gericht nicht Klage führen noch beklagt werden durften2042 und insbesondere den Landschreibern in den Kanzleien der beiden Markgrafen verboten wurde, Gelder für gerichtliche Dienstleistungen zu fordern,2043 zeigt, dass die Landesherren versuchten, Miss2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 2041 2042 2043

Ebd., S. 321–333. Also einer besonderen Art des Leumundsverfahrens. Ebd., S. 272. Ebd., S. 273. Ebd., S. 272. Ebd., S. 275. Ebd., S. 274. Ebd., S. 275. Ebd., S, 274. Ebd., S. 275. Ebd., S. 279.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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stände, die die Attraktivität des Nürnberger Gerichts minderten, abzustellen. Mithilfe der Gerichtsordnung des Jahres 1447 zeigten sich Johann und Albrecht also als tugendhafte Landesherren, die Gerechtigkeit und Rechtssicherheit im Blick hatten, ihr Gericht modernisierten bzw. systematisierten und es so für ihre Untertanen, aber auch für Auswärtige attraktiv machten. Damit trugen sie nicht nur zur herrschaftlichen Durchdringung ihres Territoriums bei und banden den Adel fester an sich, sondern festigten insgesamt ihre Position als Herrschaftsträger in Franken: Die Aufstellung der Landgerichtsordnung in dem Moment, in dem die latente Spannung zwischen dem Würzburger Bischof und Markgraf Albrecht zum ersten Mal eskaliert und vor allem das Thema des fränkischen Herzogstitels in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung gerückt war, scheint kein Zufall gewesen zu sein. Deutliches Zeichen dafür, dass beide Seiten im Gerichtswesen ein wichtiges Instrument der Territorialpolitik sahen, ist – nebenbei bemerkt – die Tatsache, dass Gottfried Schenk von Limpurg die Gerichte seines Würzburger Bistums im selben Jahr wie der Markgraf reformierte.2044 Eine interessante Parallele zu der Situation im Jahr 1447 zeigte sich zwölf Jahre später. In einer Phase, in der sich erneut die Konflikte mit den Nachbarn zugespitzt hatten und der Widerstand der benachbarten Fürsten gegen das Ausgreifen des Nürnberger Landgerichts einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte, erließ Albrecht eine zweite Landgerichtsordnung am 28. Dezember 1459. Mit dem generellen Anliegen verfasst, Einzelpersonen „ausserhalb gemeynner sammellung der stett, der closter und stifftte“2045 die Möglichkeit zu geben, sich durch einen Prokurator oder Anwalt vor dem Gericht vertreten zu lassen,2046 legte sie neben anderen Punkten beispielsweise eine Begrenzung der Stellungnahmen der Parteien vor dem Landgericht fest, die nun auch schriftlich erbracht werden sollten, da die langen mündlichen Darlegungen bisher die Verfahren unnötig verlängert und

2044 SCHUBERT, Landständische Verfassung, S. 95. Wobei das Gerichtswesen nicht als einziges Mittel der Territorialpolitik angesehen wurde, auch gewaltsamere Mittel wurden erwogen. So erließ der Würzburger Bischof im Jahr 1450 eine Kriegsordnung, die als Reaktion auf die Politik Markgraf Albrechts gesehen werden muss, siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 486. Der Konflikt wurde schließlich durch einen Vergleich friedlich beigelegt, siehe Lorenz FRIES, Chronik der Bischöfe, S. 123–127. 2045 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 280. 2046 Ausnahmen bildeten lediglich Angelegenheiten des Kampfgerichts bzw. Inzicht- und Anleiteverfahren. Außerdem musste jegliche Form von Eiden in eigener Person geleistet bzw. vorgebracht werden und auch bei Dingen, die Erb und Eigen oder die Lehnsnutzung während der Minderjährigkeit betrafen, musste man persönlich vor Gericht erscheinen, siehe ebd., S. 281.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

verteuert hätten.2047 Albrecht war scheinbar erneut daran interessiert, gerade in einer Hochphase der Auseinandersetzungen die Institution seines Gerichts zu optimieren und es damit noch attraktiver für potenzielle Kläger der Umgebung zu machen. Vor allem aber unterstreicht die im Namen des Markgrafen erlassene zweite Gerichtsordnung besonders deutlich den Status des Gerichts, das ostentativ „ein frey keysserlich landgericht“2048 genannt wird. In der kurzen Gerichtsordnung wird gleich mehrfach der Bezug zu den kaiserlichen Gerichten, dem Hof- und Kammergericht, hergestellt; so werden nicht nur die „gerichtten des kaysserlichen hofftz“2049 als Ursprung des Nürnberger Gerichts herausgestellt, sondern bestimmte Reformen explizit damit begründet, dass die bisherige Praxis eben im Widerspruch zur Verfahrensweise an den kaiserlichen Hofgerichten stünde.2050 Weil einer der Hauptpunkte in der hohenzollerischen Argumentationskette bezüglich der Vorrangstellung ihres Landgerichts über alle anderen Gerichten im Reich darin bestand, dass das Nürnberger Landgericht als ein kaiserliches Gericht zu gelten habe, in dem der Burggraf von Nürnberg „als ober richter“2051 anstelle des Kaisers Recht spreche, war es nur folgerichtig, dass die Landgerichtsordnung von 1459 sich eng an das Vorbild der kaiserlichen Gerichte anlehnte,2052 da diese der Ursprung des Nürnberger Landgerichts seien. Schon im Februar des Jahres 1455 hatte Albrecht durch Ludwig von Eyb einen Spruch seines Nürnberger Landgerichts herbeiführen lassen, um so die Verfahrensweise bei der Verhängung der Aberacht festzulegen.2053 Wie in anderen regionalen Land- und Hofgerichten zeigt sich auch in Nürnberg der besondere Zusammenhang zum königlichen Hofgericht darin, dass die jeweiligen Acht- und Anleiteverfahren sich in Ablauf und Struktur eng an das dortige Verfahren anlehnten.2054 Diese generelle Tendenz konnte im Falle des Markgrafen durchaus ein zusätzliches Argument für die kaiserliche Qualität seines Gerichts darstellen und die Stellvertreterschaft für die Rechtsprechung des Reichsoberhauptes untermauern. 2047 2048 2049 2050 2051 2052

Ebd. Ebd., S. 282. Ebd., S. 280. Ebd., S. 282. Ebd., S. 280. Zur Ausdifferenzierung von Hofgericht und Kammergericht siehe BATTENBERG, Reichsacht, S. 63. 2053 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 283–285. 2054 BATTENBERG, Reichsacht, S. 69. Zur Verfahrensweise bei einem Acht- oder Anleiteverfahren am kaiserlichen Hofgericht siehe ebd., S. 249–345, insbesondere S. 249–291. Auskunft über den genauen Verfahrensgang am Nürnberger Landgericht gibt das erst 1490 zusammengestellte Memorandum Ludwigs von Eyb, siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 334–345, und der bereits angeführte Nürnberger Spruch über die Verhängung der Aberacht von 1455.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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Schließlich muss auch auf die bereits kurz erwähnte, undatierte, ausführliche Kampfgerichtsordnung des Nürnberger Landgerichts hingewiesen werden, die sehr wahrscheinlich im Anschluss an die erste Gerichtsordnung von 1447 redigiert wurde.2055 Aufgrund des kirchlichen Widerstandes, der bereits im frühen 13. Jahrhundert dazu geführt hatte, das Gottesurteil in Form des gerichtlichen Zweikampfes zu verbieten,2056 wurde diese Form von Rechtsfindung immer mehr aus den Zivil- und Strafrechtsverfahren verbannt. In der Folge bedurfte es kaiserlicher Privilegienverleihungen, um in einem gesonderten Gericht Urteilsfindungen durch Zweikämpfe durchführen zu lassen.2057 Anlass für die besondere Form von gerichtlichen Zweikämpfen als Zweikämpfe unter Aufsicht eines Gerichts war zumeist eine Ehrverletzung, auf die der Verletzte vor einem Kampfgericht mit einer Aufforderung zum Zweikampf reagierte.2058 Das Nürnberger Landgericht verfügte über entsprechende kaiserliche Privilegien. Und obgleich eigentlich keine Notwendigkeit bestand, dem Kampfgericht eine neue schriftliche Ordnung zu geben – eine erste Ordnung war bereits 1410 erstellt worden2059 –, wollte man seitens des markgräflichen Hofes anscheinend die Möglichkeit nutzen, um durch eine detaillierte Ausgestaltung dieser Form der Urteilsfindung ihren Stellenwert für das Landgericht zu verdeutlichen und es insbesondere für den Adel attraktiv zu machen. Diesem war es ein geradezu überlebenswichtiges Anliegen, auf Ehrverletzungen reagieren zu können. Die Prozessform wurde aber nicht nur in besonderem Maße durch Vertreter des niederen Adels angestrebt, sondern fügt sich auch in eine neue Mode des 15. Jahrhunderts ein: die Aufforderung zum symbolischen Zweikampf durch einen Fürsten. Diese Kämpfe, bei denen es bei einem verbalen Kräftemessen blieb, da sie zwar angekündigt und die Umstände ausgehandelt, jedoch niemals ausgetragen wurden,2060 waren eine Zeit lang ausgesprochen beliebt. Auch Markgraf Albrecht forderte zu solchen Zweikämpfen auf und provozierte dabei 2055 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, Nr. 10, S. 321–333; zur Datierungsfrage siehe die entsprechenden Erläuterungen von Matthias Thumser ebd., S. 321. 2056 NOTTARP, Gottesurteilstudien, S. 133–134. Das päpstliche Verbot des gerichtlichen Zweikampfes erfolgte auf dem 4. Laterankonzil 1215 unter Innozenz III. Allgemein zum Thema des gerichtlichen Zweikampfes: NEUMANN, Der gerichtliche Zweikampf; HOLZHAUER, Der gerichtliche Zweikampf; oder auch SCHILD, Art. ‚Zweikampf‘. 2057 HOLZHAUER, Der gerichtliche Zweikampf, S. 103. 2058 SCHILD, Art. ‚Zweikampf‘, Sp. 1842. 2059 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 321. 2060 Bereits Johann Huizinga und im Anschluss daran auch Werner Goez haben aber darauf hingewiesen, dass keiner der in den spätmittelalterlichen Quellen auftauchenden Fürstenzweikämpfe jemals stattgefunden habe, siehe GOEZ, Über Fürstenzweikämpfe. Das „völlig fiktive Fürstenduell“ sei ein spielerisches Element im Wettstreit um die Ehre und das Ansehen gewesen, so Huizinga. Siehe HUIZINGA, Homo ludens, S. 106.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

bisweilen in extremer Weise, wenn er beispielsweise beide sächsischen Herzöge zugleich als Gegner herausforderte. Die ausgesprochen detaillierte Ausgestaltung der Kampfgerichtsordnung hatte also möglicherweise einen zusätzlichen Grund in seiner allgemeinen Wertschätzung des höfisch-adeligen Lebensstils. Es lässt sich feststellen, dass seit den frühen 1440er Jahren eine mehrgleisige Strategie Albrechts zur Förderung seines Landgerichts zu identifizieren ist: Neben den bereits thematisierten Versuchen, durch normative Vorgaben die Gerichtspraxis zu optimieren und so das Nürnberger Landgericht zur bevorzugten Institution in Süddeutschland und sogar im Reich zu machen, ließ er durch seine Räte verschiedene Denkschriften bzw. Legitimationstheorien verfassen, um auf diskursiver Ebene das Gericht zu stärken: Dies zeigt beispielsweise der Konflikt mit der Reichsstadt Nürnberg in den Jahren 1449/50. Das Nürnberger Landgericht war eine der Ursachen für den Ausbruch des Zweiten Süddeutschen Städtekrieges, da die Reichsstadt sich schlicht weigerte, die von den Hohenzollern postulierte Zuständigkeit des Gerichts zu akzeptieren, und sogar Appellationen von ihren Gerichten an das burggräfliche Gericht aufs Schwerste bestrafte.2061 Die Stadt unterhielt zugleich ein sogenanntes Bauerngericht, vor dem sich die Nürnberger Hintersassen und ‚Armeleute‘ verantworten mussten, deren Verfahren nach der Auffassung Albrechts jedoch in den Zuständigkeitsbereich seines Gerichts fallen sollten.2062 Bereits im ersten Jahr der gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Reichsstadt hatte er eine Denkschrift formulieren lassen,2063 deren zentrale Argumentationspunkte auch auf dem Bamberger Tag im Jahr 1450 wieder aufgegriffen 2061 Dr. Peter Knorr brachte als markgräflicher Verhandlungsführer auf dem vom 18. bis zum 23. Juni 1450 stattfindenden Bamberger Tag Beispiele für diesen Klagepunkt vor und nannte sowohl einen gewissen Otto Peck, dem die Nürnberger die Augen ausgestochen hätten, da er an das Landgericht der Hohenzollern appelliert habe, als auch einen gewissen Hans Rumel, der einen Nürnberger Bürger vorgeladen hatte und den die Stadt dann vor die Alternative gestellt habe, entweder die Klage zurückzuziehen oder die Stadt nicht mehr zu betreten, siehe WEECH, Historische Darstellung, S. 366–367. 2062 Ebd., S. 367. Bei den Verhandlungen in Bamberg führte Knorr als einen weiteren Klagepunkt bezüglich des Landgerichts aus, dass Nürnberg am 15. Mai 1447 Georg von Seckendorff dazu gebracht habe „all sein gerechtikeid an vnd vuff dem Karnberg an vnd in dem Nüremberger walde auff der seyten sannd Larencien pfarr gelegen als weit derselb Karnberg vmbfangen vnd begriffn ist ob der erden vnd darunder mit alln rechtn nuczn vellen gewaltsamen dinsten gewonheiten vnd zugehörungn wie sein vordern vnd er das alles vnd iglichs von vns vnd dem heilign rich zu erblehen ingehabt besessen vnd genossen haben“ zu verkaufen, da es über den Kornberg zu einem Streit zwischen den beiden Parteien gekommen sei, siehe CHMEL, Regesta, Abt. 1, Nr. 2280, S. 232. Eigentlich sei jedoch auch hier das Nürnberger Landgericht zuständig gewesen, so Peter Knorr, weshalb sich auch in diesem Fall die Reichsstadt unbillig verhalten habe. Zum Nürnberger Bauerngericht siehe ESPIG, Das Bauerngericht von Nürnberg. 2063 StANü, Fürstentum Ansbach, Ansbacher Generalrepertorium, Akten, Nr. 147, o. Fol.

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wurden. Sie hatte den expliziten Zweck, die Rechtsprechungskompetenz des Gerichts über Nürnberger Bürger zu belegen. Die Denkschrift argumentierte, dass bereits der Lehnsbrief Rudolfs von Habsburg von einer kaiserlichen Stellvertreterfunktion der Burggrafen spreche und festgelegt habe, dass das Nürnberger Gericht die Oberinstanz für alle Gerichte im Reich darstellen solle.2064 Aufgrund dieser seit Ende des 13. Jahrhunderts bestehenden besonderen Qualität des Landgerichts, die seitdem immer wieder von Kaisern und Königen bestätigt worden sei, „[…] mogen sich die von Nurmberg nicht doraus zyehen, dorumb, das sie ein reichstat sein und sprechen, sie gehorten fur einen romischen konig, angesehen, das das lantgericht auch des heyligen reichs gericht ist und ein burggraf oder ein lantrichter an eines burggrafen stat anstat eines romischen kaysers das gericht besitzt und richtet.“2065

Das Privileg, sich als Reichsstadt nur vor dem König verantworten zu müssen, war in der Logik der Denkschrift für das Nürnberger Landgericht also insofern aufgehoben, als die Burggrafen und auf einer zweiten Ebene auch der jeweils amtierende Landrichter die Person des Reichsoberhauptes direkt vertraten. In dieser Konstruktion war es, als ob der König jedes Mal in eigener Person richtete, wenn ein Prozess vor dem Landgericht durchgeführt wurde. Eine spätere Stelle der Ausführungen spitzte schließlich noch einmal unmissverständlich zu, dass Nürnberg, aber auch jede andere Reichsstadt – zu denken wäre hier insbesondere an Windsheim, Rothenburg und Schweinfurt, die sowohl Markgraf Albrecht als auch der Würzburger Bischof jeweils ihrer Gerichtskompetenz zu unterwerfen suchten2066 – sich vor dem Gericht der Burggrafen mit „leib und gut verantworten“2067 müsse. Nürnberg revanchierte sich – nebenbei bemerkt – bei den Verhandlungen im Rahmen des Städtekriegs: Die Reichsstadt vertrat gegenüber Albrecht die Meinung, dass der Bischof von Würzburg „ein Fürst in merklicherem Stande und höher“ als der Markgraf sei.2068 Und selbstverständlich gehörte Nürnberg auch zu den wenigen Mächten in Franken, die den

2064 2065 2066 2067 2068

Ebd. Ebd. SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 110. StANü, Fürstentum Ansbach, Ansbacher Generalrepertorium, Akten, Nr. 147, o. Fol. Zitiert nach Herrmann, Genealogie, S. 57. Eine Vereinbarung der Friedensverhandlungen zwischen Nürnberg und dem Markgrafen sah vor, dass die Reichsstadt versicherte, Markgraf Albrecht als einen Fürsten des Reiches anzuerkennen, siehe BADER, Erhard Schürstab’s Beschreibung, S. 126, Fußnote 1.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Bischof von Würzburg mit dem Titel des fränkischen Herzogs anschrieben.2069 Die ausführlichen Darlegungen der markgräflichen Denkschrift von 1449 bildeten am Ende des Städtekrieges die Argumentationsgrundlage für Dr. Peter Knorr in den Friedens- und Ausgleichsverhandlungen mit Nürnberg. Es zeigt sich, dass der Markgraf mit der Denkschrift bezweckte, eine wichtige Konkurrenzmacht in Franken unter seine Gerichtshoheit zu zwingen, und dies durch Ausführungen seiner gelehrten Räte zu erreichen suchte. Ähnlich agierte man im Übrigen auch 41 Jahre später, am Ende des 15. Jahrhunderts, als das Gericht nach jahrzehntelangem Stillstand wieder neu aufgerichtet werden sollte.2070 Ludwig von Eyb verfasste ein Memorandum, um erneut die besondere Qualität und die Kompetenz des Landgerichts im gesamten Reich zu belegen. Innerdynastisch ergriff man ebenfalls Maßnahmen, um sich im Kampf um die gerichtliche Vormachtstellung in Franken mit theoretischen und rechtlichen Argumenten zu präparieren. Nachdem Markgraf Albrecht als eindeutiger Verlierer aus den Reichskriegen hervorgegangen war und seine Landgerichtspläne durch den Prager Frieden von 1463 gestoppt worden waren, versuchte man, durch die Zusammenstellung der wichtigsten kaiserlichen Privilegien für das Nürnberger Gericht in einem Sammelband sich für den Zeitpunkt zu wappnen, an dem ein weiterer Versuch gewagt werden konnte, das Gericht erneut gegen Konkurrenten durchzusetzen.2071 Die bereits zur Zeit Markgraf Friedrichs I. begonnene Sammelhandschrift, in der für das Konstanzer Konzil verschiedene Schriften – unter anderem die lateinische und deutsche Fassung der Goldenen Bulle – zusammengestellt waren,2072 wurde nach 1463 um das Memoriale Alexanders von Roes und die Landgerichtsprivilegien erweitert. Ernst Schubert konnte plausibel machen, dass man auf reichsrechtliches Schrifttum angewiesen war, wollte man die reichsrechtliche Funktion des Landgerichts beweisen. Das Memoriale war insofern besonders gut als Argumentationsgrundlage geeignet, als es über die „alten deutschen Stämme aufklärte“ und das Landgericht für sich dezidiert in Anspruch nahm, über die vier deutschen Stämme richten zu können.2073 2069 Bereits am 3. Oktober 1446 titulierte die Reichsstadt Herzog Gottfried Schenk von Limpurg als einen Herzog von Franken, siehe AMRHEIN, Gotfrid IV., Bd. 50, S. 88–89. 2070 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 334–345. 2071 SCHUBERT, Zur Konzeption. 2072 Ebd., S. 338. 2073 Ebd., S. 341. Zu diesem Zwecke ließ Markgraf Albrecht durch seinen Bevollmächtigten Ludwig von Eyb am Landgericht am 25. Februar 1455 den bereits erwähnten Spruch über die Verhängung der Aberacht herbeiführen, siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 283–285.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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Zusätzlich zu diesen diskursiven Strategien schuf das Landgericht durch seine Praxis Fakten: Einer der engsten Vertrauten des Markgrafen und Inhaber verschiedener Ämter des markgräflichen Hofes, Ludwig von Eyb, strengte in regelmäßigen Abständen gegen verschiedenste Personen des süddeutschen Raumes Prozesse vor dem Landgericht an und zwang diese so vor das Gericht. Albrecht Werminghoff hat zu bedenken gegeben, dass es nicht eindeutig sicher sei, ob Ludwig von Eyb die Vielzahl von Prozessen vor dem Landgericht als ‚Privatmann‘ oder im Auftrag des Markgrafen angestoßen habe.2074 Es erscheint jedoch sehr wahrscheinlich, dass sie im Auftrag des Markgrafen angestrengt wurden, passten sie doch sehr gut in die Pläne seines Herrn und wurde der markgräfliche Vertraute und Rat einige Male auch ganz ausdrücklich durch Albrecht persönlich beauftragt. So beispielsweise am 27. August 1459, als von Eyb auf Schutzgeld gegen einige Bewohner Herzogenaurachs klagte, das zu diesem Zeitpunkt dem Domkapitel von Bamberg unterstand. Seit dem 30. Oktober 1441 bis ins Jahr 1459 findet sich von Eyb fast jährlich, zur Zeit der größten Kontroverse um das Gericht sogar drei Mal innerhalb eines Jahres als Kläger vor dem Nürnberger Landgericht.2075 Die Streitobjekte und die verklagten Personen scheinen mit Bedacht ausgewählt, gehören sie doch in den Einflussbereich der Gemeinde und des Stifts Bamberg, des Würzburger Bischofs, der Reichsstädte Weißenburg und Bopfingen und auch des Deutschen Ordens. Als Beispiele sei hier kurz auf von Eybs Klage auf Güter im Bamberger Dorf und der Mark Velden vom 2. April 14462076 oder auf die Ächtung von Bürgern aus Weißenburg und Bopfingen am 26. Januar 14522077 verwiesen. Die Streitobjekte bzw. Vorgeladenen fielen in den Einflussbereich konkurrierender Herrschaftsträger und deren Gerichtsbarkeiten. Das konsequente Ignorieren der fremden Zuständigkeit konnte dazu beitragen, einen Gerichtsbezirk für das Nürnberger Gericht zu konstruieren, der mit den vorhandenen Privilegien keineswegs übereinstimmte, faktisch aber bestand. Ähnlich verhielt es sich bei den Rechtsstreitigkeiten zwischen Markgraf Albrecht und der Reichsstadt Buchau bzw. den vier Dörfern Allershausen, Oggelshausen, Seekirch, Tiefenbach2078 bzw. den anderen Dörfern, deren Einwohner im Federsee gefischt hatten.

2074 WERMINGHOFF, Ludwig von Eyb, S. 100. 2075 Hinweise auf die Prozesse finden sich als kurze Regesten mit den entsprechenden Archivbelegen zusammengestellt in den Anmerkungen bei Werminghoff, siehe ebd., S. 483–484, Anmerkung 210. 2076 Ebd., S. 483, Anmerkung 210. 2077 Ebd. 2078 Ebd., S. 102.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Der Prozess um den Federsee und die faktische Vormachtstellung des Gerichts in Süddeutschland in den 1450er Jahren Am 19. Juni 1447, kurz nach der Kontroverse mit dem Würzburger Bischof und der Abfassung der ersten Gerichtsordnung, hatte Markgraf Albrecht vor seinem Nürnberger Landgericht erfolgreich geklagt und von diesem die Anleite über den Federsee und die Besitzungen der Angeklagten zugesprochen bekommen.2079 Bei diesem Prozess ging es nur vordergründig um die Fischereirechte, tatsächlich sollte hier der rechtskräftige Beleg für den ausgedehnten Zuständigkeitsbereich und die lange Rechtstradition des Landgerichts erbracht werden. Es war Teil der mittelalterlichen Rechtspraxis, dass ein Landgericht, vor dem einmal aufgrund einer Klage ein Verfahren eröffnet worden war, unabhängig vom Wohnort oder der Standeszugehörigkeit der Parteien bzw. der Lage der Streitobjekte zuständig blieb, bis eine Befreiung auf Grundlage kaiserlicher Privilegien nachgewiesen werden konnte.2080 Eine Klage vor dem Nürnberger Gericht war demnach von Anfang an erfolgversprechend, da zunächst einmal der Beweis der kaiserlichen Befreiung vom Landgericht erbracht werden musste, die in vielen Fällen nicht bestand oder durch Kaiser Friedrich III. zugunsten der Hohenzollern wieder aufgehoben worden war. Nachdem das Verfahren um den Federsee, das insgesamt fast neun Jahre dauerte, vor dem Nürnberger Gericht begonnen hatte, war es in den Zuständigkeitsbereich des Kaisers übergegangen, da es sich zum einen bei diesem See um ein königliches Lehen handelte2081 und zum anderen die Prozessgegner des Markgrafen das Urteil des Nürnberger Landgerichts nicht anerkennen wollten. Zudem weitete sich das Interesse an dem Streitfall mit der Zeit aus, da sich verschiedene Herrschaftsträger im süddeutschen Raum von den gerichtlichen Ambitionen des Markgrafen bedroht sahen und sich in die Auseinandersetzung einschalteten. Bereits 1450 hatten beispielsweise die bayerischen Räte am Hof Friedrichs III. gegen die Behauptung der ausgedehnten Gerichtskompetenz durch den Markgrafen protestiert und den Habsburger aufgefordert, ihnen entsprechende Schutzprivilegien auszustellen.2082 Am 11. Juni 1455 hatte Friedrich III. schließlich Erbmarschall Heinrich von Pappenheim als kaiserlichen Kommissar eingesetzt,2083 der

2079 SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 253–255. 2080 BATTENBERG, Reichsacht, S. 69. 2081 Am 2. April 1446 hatte dieser Markgraf Albrecht den Federsee als Reichslehen gegeben, siehe CHMEL, Regesta, Abt. 1, Nr. 2057, S. 206. 2082 KLUCKHOHN, Ludwig der Reiche, S. 70–71. 2083 SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 259–260.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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die Untersuchung im Rahmen des Prozesses für das kaiserliche Hofgericht durchführen sollte. Der bereits an früherer Stelle erwähnte und durch Markgraf Albrecht erwirkte Spruch des Landgerichts über die Verhängung der Aberacht vom 25. Februar 1455,2084 der die genaue Verfahrensweise der Gerichtspraxis, ihre „lobliche gewonheit und alt herkomen“2085 betonte, unterstrich die reichsweite Zuständigkeit des Landgerichts und dessen Verbindung zum kaiserlichen Hofgericht, indem er sich an einem im frühen und hohen Mittelalter geltenden Rechtssatz orientierte, der festlegte, dass die Acht des Königs nur im Heimatland des Beklagten verkündet werden durfte.2086 Obwohl es keine reichsgesetzlichen Festlegungen darüber gab, zeigen verschiedene Fälle Ende des 14., Anfang des 15. Jahrhunderts,2087 dass diese ‚Rechtstradition‘ immer noch Beachtung fand. Noch 1433 wurde der Grundsatz, der von der Stadt Straßburg angeführt worden war, vom Kammergericht Kaiser Sigismunds modifiziert akzeptiert, da man zwar nicht mehr darauf bestand, dass die Verkündigung im Heimatland des Beklagten stattfinden müsse, aber doch zumindest im engeren Reichsgebiet.2088 Unter Berücksichtigung der an königlichen Gerichten praktizierten und diskutierten Verfahrensweise ließ der Markgraf für sein Landgericht eine Rechtsfiktion entwerfen, die vorsah, dass bestimmte Stellen in Nürnberg als fränkisches, sächsisches, bayerisches und schwäbisches Erdreich zu gelten hätten.2089 Weil dies so sei, so hieß es in der Urteilsbegründung, müsse sich der Landrichter „erheben und fugen bey Nurmberg die statt“2090 und – falls er zum Beispiel gegen einen Bayern die Aberacht verhängen wolle – diese vor dem Frauentor zu Nürnberg auf der Straße nach Bayern und damit „auff Bayrisch erdrich“ aussprechen. Festgelegt wurde außerdem, dass der Richter mit seinen Füßen auf dem entsprechenden Erdstück stehen und sein Gesicht in die Richtung des Landes wenden müsse, in dem sich derjenige befände, über den er die Aberacht verhängen wolle. Schließlich sei es notwendig, dass der Landrichter einen Zettel in der Hand halte, auf dem der Name des zu Ächtenden stehe, und dabei die vorgesehene juristische Formel aufsage, 2084 2085 2086 2087 2088 2089

THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 283–285. Ebd., S. 284. BATTENBERG, Reichsacht, S. 267. Ebd., S. 267–268. Ebd., S. 269. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 284. Die Aberacht über einen Franken sollte der Landrichter auf der Rednitzbrücke bei Fürth auf der Straße nach Neustadt stehend aussprechen, über einen Schwaben auf der Rednitzbrücke in Stein auf der Straße nach Ansbach, über einen Bayern am Frauentor in Nürnberg und über einen Sachsen am Tiergärtnertor auf der Straße nach Erlangen. 2090 Ebd.

406

5. Aspekte der Landesherrschaft

mit der eine Aberacht gemeinhin verhängt werde.2091 Nur so sei das Urteil rechtskräftig. Lediglich ein Jahr nach dem landgerichtlichen Urteil wurde die Zulässigkeit dieser Rechtsfiktion indirekt durch ein Privileg Kaiser Friedrichs III. gebilligt.2092 Die Konstruktion von vier fiktiven Stätten als fränkisches, schwäbisches, bayerisches und sächsisches Erdreich sollte die reichsumspannende markgräfliche Gerichtskompetenz belegen. Es sollte überzeugend dargelegt werden, dass die Aberacht grundsätzlich über Angehörige aller ‚vier Lande‘ verhängt werden könne bzw. entsprechende Verfahren vor dem Kampfgericht durchgeführt werden dürften. Die Anlehnung an einen ‚uralten‘ Rechtssatz, obgleich er vom kaiserlichen Kammergericht in dieser Weise gar nicht mehr praktiziert wurde, demonstrierte

2091 Ebd. 2092 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 36, S. 73. Die vier Gerichtsstätten des Nürnberger Landgerichts, die nach Herkunft des Beklagten zum Einsatz kommen sollten, finden sich ebenfalls in der wahrscheinlich acht Jahre zuvor entstandenen Kampfgerichtsordnung, siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 326. Die kaiserliche Billigung der vier Gerichtsstätten für die ‚vier historischen Lande‘ war nicht die einzige Privilegierung, die die Hohenzollern von Friedrich III. für ihr Landgericht erwirken konnten. Wie bereits ausführlich in Kapitel 4 behandelt, konnten sie vor allem in den Jahren zwischen 1454 und 1457 eine ganze Reihe von Freiheitsbriefen und Privilegien für ihr Gericht vom Reichsoberhaupt erfolgreich einfordern. Stellvertretend sei hier nur die Verleihung Friedrichs III. vom 4. September 1454 genannt, in der der Habsburger sämtlichen Markgrafen von Brandenburg versicherte, dass ihr Recht, als Landrichter des Landgerichts in Stellvertretung des Kaisers zu richten, in der Vergangenheit zu häufig beeinträchtigt worden wäre. Deswegen gebe er ihrer Klage statt und erkläre, dass sämtliche Privilegien anderer Stände, die den Freiheiten der Markgrafen bezüglich ihres Gerichts zuwiderlaufen würden, von nun an hinfällig seien, siehe StANü, Herrschaftliche Bücher, Nr. 18, fol. 31b–32a. Gestützt auf die stattliche Menge an kaiserlichen Privilegien, fiel es dem Hohenzoller umso leichter, den besonderen Machtanspruch seines Landgerichtes zu behaupten. Friedrich Battenberg hat zu bedenken gegeben, dass die Gerichtsbarkeit der Land-, Landfriedens- bzw. der Hofgerichte bestimmter entsprechend privilegierter Feudalherren mit der königlichen Gerichtsbarkeit oder der des Reichsvikars nicht zu vergleichen gewesen wäre, denn den hier veranlassten Acht- und Anleiteverfahren seien lediglich beschränkte Wirkung zugekommen, siehe BATTENBERG, Reichsacht, S. 74. Die Beschränkung wäre zwar nicht mit der Existenz eines genau umrissenen Gerichtsbezirks zu erklären, jedoch mit der Tatsache, dass sie lediglich auf einer mittelbaren königlichen Autorität beruht hätte. An dieser Stelle übt Battenberg eine explizite Kritik an der Darstellung Ekkehard Kaufmanns hinsichtlich der Landgerichte mit einem räumlich abgegrenzten Zuständigkeitsbereich, siehe ebd., S. 74, Fußnote 308. Deswegen sei zwar eine bereits bestehende lokale Herrschaftsgewalt mit einem Legitimitätszuwachs verstärkt worden, hätte diese aber nicht ersetzt. Erst wenn Ächtungen und Anleiten nach einer entsprechenden Klage vom König oder seinem Hofgericht bestätigt oder verworfen worden wären, hätten die Land-, Landfriedens- und Hofgerichte Teil an der unmittelbaren königlichen Autorität gehabt, siehe ebd., S. 74. Selbst Battenberg räumt jedoch ein, dass diese Gerichte trotzdem eine starke Position einnehmen konnten, und führt als Beispiel vor allem das Rottweiler Hofgericht an, das eine Zeit lang vom König sogar als sein ‚anderes Hofgericht‘ tituliert worden wäre, siehe ebd., S. 68. Als ein weiteres Beispiel für ein Gericht mit einer ähnlich dominanten Stellung nennt er schließlich auch das Nürnberger Landgericht.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

407

ein besonders altes Herkommen der landgerichtlichen Rechtstradition und unterstrich die Analogie des Verfahrens zum Kammergericht. Die verschiedenen Strategien der Hohenzollern zur Stärkung ihres Landgerichts gingen zumindest für eine gewisse Zeit auf: Seit der Regierungszeit Friedrichs I. konnten sie das Gericht – insbesondere in der späteren Zeit der 1450er Jahre – dazu nutzen, ihre Position in ihren fränkischen Territorien zu stärken. Unabhängig von dem in der Theorie strittigen Zuständigkeitsbereich und Status ihres Landgerichts kam diesem in der Praxis der Zeit eine Vormachtstellung zu, die von den Herrschaftskonkurrenten zeitweilig nur mit großen Anstrengungen erschüttert werden konnte. Diese dominante Stellung spiegelt sich in der großen Anzahl von Klagen und Prozessen aus fast allen Teilen des Reiches wider, die auch gegen ranghöhere Reichsfürsten2093 erfolgreich angestrengt wurden. Die überlieferten Urkunden machen deutlich, dass es den Hohenzollern gelang, in die Territorien der süddeutschen Nachbarn hineinzuwirken, wenn etwa Prozesse gegen Bamberger2094 oder Augsburger Bürger,2095 aber auch solche aus dem Zuständigkeitsbereich der Gerichte Herzog Ludwigs von BayernLandshut2096 vor dem Nürnberger Gericht verhandelt wurden und damit vor einem Gericht, das mit von ihnen ausgesuchten Landrichtern und Urteilern besetzt war. Ähnliche Beispiele lassen sich für die einflussreichen Reichsstädte Nürnberg,2097 Dinkelsbühl,2098 Nördlingen,2099 Eger2100 und vor allem auch für Rothenburg finden,2101 wobei gerade das Rothenburger Landgericht über längere Zeit hinweg eine ebenso führende Stellung in Süddeutschland für sich beanspruchte und zunächst selbst Prozesse gegen die Hohenzollern angestrengt hatte, ein Anspruch, den die Dynastie jedoch erfolgreich zurückweisen konnte.2102 Das Hineinwirken in die benachbar2093 Wie in Kapitel 4 dargelegt, konnte das Landgericht Verfahren aus dem gesamten Reichsgebiet an sich ziehen. So erscheinen in den Akten Prozesse gegen die zu diesem Zeitpunkt noch ranghöheren Kurfürsten von Trier, Mainz und der Pfalz genauso wie gegen die Herzöge von Bayern-Landshut oder Österreich. Auch Prozesse von den Bischöfen von Bamberg und Augsburg lassen sich in den Prozessakten finden, neben Rechtsfällen einer großen Anzahl von Reichsstädten, aber auch der Ritterschaft mit St. Jörgenschild, siehe StANü, Kaiserliches Landgericht Nürnberg, Urkunden, Nr. 173, 104, 149, 94, 129, 198 und Nr. 109. 2094 Beispielsweise im Oktober des Jahres 1446, siehe ebd., Nr. 65 und Nr. 66. 2095 Die Urkunde datiert vom 5. Juni 1444, siehe ebd., Nr. 52. 2096 Ebd., Nr. 94. 2097 Zum Beispiel ebd., Nr. 98, 107 oder Nr. 155. 2098 Ebd., Nr. 114–121. 2099 Ebd., Nr. 159. 2100 Ebd., Nr. 63. 2101 Ebd., Nr. 106 oder Nr. 158. 2102 Im Jahr 1405 erhielt Burggraf Friedrich VI. durch das Hofgericht König Ruprechts die Bestätigung, unrechtmäßig vor das Rothenburger Gericht geladen worden zu sein, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 299–303.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

ten Territorien und Einflussbereiche konkurrierender Herrschaftsträger gelang ebenfalls im Fall der Hochstifte von Würzburg2103 bzw. Eichstätt,2104 und zudem wurden Prozesse aus dem Herrschaftsbereich des Pfalzgrafen vor dem Nürnberger Landgericht verhandelt.2105 Dass diese Prozesse auch dazu geeignet waren, die Bindungen zum süddeutschen Adel zu verstärken, zeigt ein Blick auf die Kläger. In einem Prozess im Jahr 1451 beispielsweise, gegen den der bayerische Herzog Protest einlegte,2106 findet sich als Kläger Hans vom Stein, der sich nicht nur zwei Jahre zuvor im Zuge des Zweiten Süddeutschen Städtekrieges an den militärischen Aktionen gegen Nürnberg beteiligt hatte, sondern ebenfalls ein Mitglied der Gesellschaft Unserer Lieben Frau wurde.2107 Die im Nürnberger Staatsarchiv überlieferten Akten des Kaiserlichen Landgerichts,2108 vor allem aber auch die Auflistung von Prozessen im Rahmen des Streites um den Buchauer Federsee2109 bieten eine Fülle von weiteren Beispielen, bei denen Angehörige des süddeutschen Adels das Gericht zu ihren Gunsten nutzen konnten. Das einflussreiche fränkische Adelsgeschlecht der von Heideck,2110 der schwäbische Graf Ulrich der Ältere von Helfenstein,2111 aber auch der aus dem Einflussbereich des Hochstifts Bamberg stammende Ritter Diebold von Habsberg, der auf Anleite auf verschiedene Güter des Abtes des Prämonstratenserklosters Roggenburg klagte,2112 das zu diesem Zeitpunkt noch der Augsburger Diözese unterstand, stehen hier stellvertretend für den großen Teil des süddeutschen Adels, der immer wieder als Kläger vor dem Nürnberger Landgericht in Erscheinung trat. Mitglieder der beiden letztgenannten Adelsgeschlechter waren bemerkenswerterweise zum Zeitpunkt des Prozesses, wie viele weitere in den Buchauer Prozessakten vermerkte adelige Kläger, Mitglieder des hohenzolleri2103 2104 2105 2106 2107

2108 2109 2110 2111 2112

StANü, Kaiserliches Landgericht Nürnberg, Urkunden, Nr. 55. Ebd., Nr. 47. Ebd., Nr. 149. Ebd., Nr. 94. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 217. Vom Stein hatte dagegen geklagt, dass Wolfgang Marschall zu Affingen das Schloss und Dorf Sulmetingen von seinem Schwager Hans von Sulmetingen nach Zahlung einer nicht unbedeutenden Summe übertragen worden war, siehe StANü, Kaiserliches Landgericht Nürnberg, Urkunden, Nr. 94. Der Bestand ‚Kaiserliches Landgericht Nürnberg, Urkunden‘ umfasst 290 Urkunden. Zu den am Landgericht stattgefundenen Prozessen nach der Darstellung von markgräflichen Zeugen siehe SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 308–366. Kuntz Wolflin von Heideck klagte erfolgreich gegen die Stadt Augsburg, die daraufhin mit der Acht belegt wurde, siehe ebd., S. 324. Dieser verklagte gemäß der Angaben eines Zeugen die Bürgermeister und Stadt Buchau, da er das Gericht und das Amt zu Buchau als Reichslehen innehatte und sich in seinen Rechten eingeschränkt sah, siehe ebd., S. 338–339. Ebd., S. 330–331.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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schen Hofordens2113 oder traten in diesen kurze Zeit später ein, sodass sich zusätzliche enge Bindungen an diese Dynastie ergaben. Die Fülle von Verfahren, die – legt man die Angaben der Gerichtsordnung von 1447 zugrunde – eine nicht zu unterschätzende Summe Geldes in die Kasse des Markgrafen spülte, der Einfluss auf den Adel der unmittelbaren Umgebung und die indirekten Eingriffe der Hohenzollern in die Herrschaftsbereiche der konkurrierenden Fürsten waren Faktoren, die auch für die übrigen Herrschaftsträger in Süddeutschland von Bedeutung waren und ihre Einschätzung der landgerichtlichen Ambitionen der Hohenzollern bestimmten. Sie fühlten sich durch das Nürnberger Gericht ganz direkt bedroht, zumal sich die Hohenzollern in dieser Zeit auf die Unterstützung des Reichsoberhaupts stützen konnten.2114 Die bereits angesprochene Beschwerde Herzog Ludwigs von Bayern-Landshut bei König Friedrich III. im Jahr 1450 war deswegen nur eine unter vielen. Die konkurrierenden Landesherren in Süddeutschland waren gezwungen, auf das immer selbstbewusstere Ausgreifen des Landgerichts zu reagieren. Die Zuständigkeit des Landgerichts als Grundlage für die Definition des fränkischen Territoriums der Hohenzollern Im Zuge des Aufkommens der systematischen Legitimationstheorien seit dem Regierungsantritt Markgraf Albrechts, die den besonderen Rang des Gerichts und seine weite Kompetenz verdeutlichen sollten, versuchten die markgräflichen Räte auf verschiedene Weise auch einen geografisch klarer definierten Zuständigkeitsbereich zu etablieren. Territorialer Bezugspunkt war anfangs stets nur allgemein die Burggrafschaft, um deren Gericht es schließlich ging, wobei nie eine konkrete Definition des burggräflichen Gebietes vorgenommen wurde. Im Laufe der Zeit formulierte man dann immer selbstbewusster eine Zuständigkeit in den ‚vier Landen‘ Franken, Schwaben, Bayern und Sachsen. Die kontinuierliche Nutzung des Gerichts, aber auch Verträge, die für eine Befreiung von der Zuständigkeit abgeschlossen wurden – als prominentes Beispiel sei hier ein entsprechender Vertrag zwischen den Hohenzollern und zehn schwäbischen Reichsstädten

2113 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 158–159 bzw. S. 157. 2114 Besonders betroffen von den Übergriffen des burggräflichen Landgerichts fühlte sich der bayerische Herzog, der 1455 erneut eine Beschwerde am kaiserlichen Hof vorbrachte, aber nur bezüglich einer anderen Beschwerde gegen die westfälischen Femegerichte Recht erhielt, siehe KLUCKHOHN, Herzog Ludwig, S. 71.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

vom 15. Januar 1458 angeführt2115 –, zeigen, welchen Grad von Anerkennung das Gericht Mitte des 15. Jahrhunderts erreicht hatte. Auch bei Fällen, in denen eine Verantwortlichkeit des Nürnberger Landgerichts abgelehnt wurde, fand man zwar – wie im Falle der Reichsstadt Köln – Gründe für die Ungültigkeit der Vorladung, aber nicht selten erfolgte trotzdem eine generelle Anerkennung der reichsweiten Kompetenz des Landgerichts.2116 Da es speziell im territorial zersplitterten Südwesten des Reiches letztendlich entscheidend war, Herrschaft faktisch durchzusetzen, denn durch sich widersprechende Privilegien, den Besitz unterschiedlicher Rechtstitel und Mehrfachvasallität waren die Herrschaftsverhältnisse kompliziert gestaltet und es bestanden eben keine rechtlich eindeutig abgesteckten Territorialverhältnisse, bedeutete eine konsequente Behauptung von Gerichtsrechten einen großen Erfolg im Kampf um die rechtmäßige Landesherrschaft. Aufgrund der Tatsache, dass es für die Zeit des Mittelalters keinen Rechtsbegriff der Landesherrschaft gab und die landesherrliche Gewalt aus den verschiedenartigsten Rechtsinstituten resultierte,2117 stellte sich zwangsläufig das Problem ein, wie mit dem „verworrenen Geflecht sich überschneidender Territorialrechte“2118 umgegangen werden sollte. Ein unwidersprochenes ‚Stehenlassen‘ der markgräflichen Ansprüche war also insbesondere für die direkten Nachbarn in Franken keine Option.2119 Für die Hohenzol2115 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 285–292. Die Reichsstädte Augsburg, Ulm, Nördlingen, Schwäbisch Hall, Schwäbisch Gmünd, Memmingen, Donauwörth, Giengen, Aalen und Bopfingen schlossen mit dem Markgrafen unter der Vermittlung Kaiser Friedrichs III. einen Vertrag ab, der sie von der Zuständigkeit des Kaiserlichen Landgerichts Nürnberg befreite, was sich die Hohenzollern entsprechend teuer bezahlen ließen. 2116 Der Kölner Rat argumentierte, dass sich die Stadt nicht im Territorium der ‚vier Lande‘ befände, sondern seit alters her auf lothringischem Gebiet, siehe KLUCKHOHN, Ludwig der Reiche, S. 65. 2117 WILLOWEIT, Rechtsgrundlagen, S. 17. 2118 Ebd., S. 34. 2119 Nebenbei bemerkt, diente als Beweis für den Besitz der rechtmäßigen Landesherrschaft neben der Gerichtshoheit auch die faktische Ausübung weiterer Herrschaftsrechte wie das Jagd- oder Geleitsrecht innerhalb eines bestimmten Gebietes. Das Beispiel der konfliktreichen Beziehung zwischen den Hohenzollern und der fränkischen Reichsstadt Nürnberg soll dies kurz veranschaulichen: Nachdem Markgraf Friedrich I. aufgrund einer finanziellen Notlage die Burggrafenburg, verschiedene Dörfer, Höfe und die Reichswälder in der Umgebung Nürnbergs an den städtischen Rat verkaufen musste, schwächte dies die Herrschaftsposition der Dynastie gegenüber der mächtigen Reichsstadt anhaltend. Aus diesem Grund versuchte der Markgraf und später vor allem auch sein Sohn Albrecht, die verbliebenen Herrschaftsrechte zu nutzen, so zum Beispiel den Wildbann, das Geleitsrecht auf den Straßen von und nach Nürnberg und die an Nürnberger Bürger ausgegebenen Lehen, um so die uneingeschränkte Landeshoheit der Hohenzollern bis an die Mauern der Reichsstadt zu beweisen, siehe SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 197. Zahlreiche Konflikte um die Ausübung dieser Herrschaftsrechte zeigen den vehementen Einsatz dieser Strategien durch die Markgrafen. Der landesherrliche Herrschaftsanspruch sollte der Reichsstadt immer und immer wieder vor Augen geführt und – wenn möglich – auch in die Stadt hinein ausgedehnt

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

411

lern ging es bei der Frage des Nürnberger Landgerichts um weit mehr als um die Durchsetzung eigener Interessen gegenüber Herrschaftskonkurrenten im Kampf um den Ausbau der Territorialherrschaft. Die im Vergleich zu den fränkischen Nachbarn verzögerte Territoriumsentstehung der Hohenzollern, die ihren Niederschlag in den beiden Notnamen ‚Land oberhalb‘ bzw. ‚Land unterhalb des Gebirgs‘ gefunden hatte, machte die Dynastie extrem angreifbar. Im Zuge der allgemeinen Bestrebungen des Adels im 15. Jahrhundert, sich gegenüber dem Nicht-Adel sozial abzugrenzen, aber auch innerhalb des eigenen Standes klare ständische Grenzziehungen vorzunehmen,2120 hatte bereits Ludwig von Bayern-Ingolstadt über vierzig Jahre zuvor Albrechts Vater vorgehalten, nur an seinem Namen erhöht worden zu sein,2121 faktisch aber seinem alten Stand anzugehören. Der Unterschied zwischen dem sogenannten Briefadel und den Angehörigen eines unumstrittenen Fürstenstandes klingt hier an. Die intensiven Bemühungen der Hohenzollern, das alte Herkommen und die traditionelle Kompetenz ihres Landgerichts diskursiv durchzusetzen oder faktisch durch konkrete Vorladungen ein Gebiet zu konstruieren, in dem sie die alleinige Herrschaftsautorität darstellten, sind auch vor diesem Hintergrund zu sehen. Dies sollte sich Anfang der 1460er Jahre zeigen, denn der bayerische Herzog Ludwig erkannte im Thema des fürstlichen Territoriums einen neuen Aspekt, um den fürstlichen Status Markgraf Albrechts infrage zu stellen und seiner Position in der Reichspolitik zu schaden. Nachdem der Markgraf am 4. Juni 1459 von Friedrich III. im Konflikt um die Städte Donauwörth und Dinkelsbühl zum kaiserlichen Hauptmann gegen den bayerischen Herzog ernannt worden war,2122 hatten sich Ludwig und Pfalzgraf Friedrich I. nach gescheiterten Vermittlungsversuchen Ende März 1460 gegen den Markgrafen verbündet und die Fehde eröffnet.2123 Bereits im Jahr 1458 hatten beide Fürsten ein Bündnis gegen Albrecht abgeschlossen, das das erklärte Ziel hatte, die Übergriffe des Nürnberger Landgerichts

2120 2121 2122

2123

werden, zum Beispiel durch die Ausübung von Schutz und Schirm in den Klöstern St. Katharina, St. Egidi oder St. Klara, siehe ebd., S. 198. Zum Herrschaftsrecht der Jagd siehe dagegen DASLER, Grundelemente der mittelalterlichen Jagd, insbesondere S. 115. SPIEß, Ständische Abgrenzung, S. 189. CDB III, 1, Nr. 75, S. 109–112, hier S. 111. Verschiedene Mitteilungen an die Reichsstände sind überliefert, zum Beispiel an die Grafen von Helfenstein, siehe Bayerisches HStA, Abt. I., Fürstensachen, Nr. 173, fol. 13. Vorausgegangen war die Okkupation der Reichsstadt Donauwörth durch Herzog Ludwig am 18. Oktober 1458, auf die der Wittelsbacher meinte ein Pfandrecht zu haben – siehe ISENMANN, Kaiserliche Obrigkeit, S. 41, Fußnote 15 –, und das gewaltsame Vorgehen gegen die Stadt Dinkelsbühl im Jahr 1457; zwei Vorfälle, auf die der Kaiser als Reichsoberhaupt reagiert musste. MÜLLER, Des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation Reichs Tags Theatrum, Bd. 1, S. 755.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

gegen das bayerische und pfälzische Territorium zu unterbinden.2124 Mehrfache Verhandlungen und Treffen von Unterhändlern, die das Thema der Gerichtszuständigkeit zwischen dem Herzog und dem Markgrafen klären sollten, scheiterten in der Folgezeit, und der bayerische Herzog bemerkte deswegen 1460 verbittert, dass Albrecht weiterhin sein Land und seine Leute durch das Landgericht beschwere und sogar behaupte, „[…] er sey mit vns von des lantgerichts wegen nichts gerichtet […].“2125 Bei einem Schiedstag in Nürnberg am 9. Juli 1459 waren auch die Gerichtsstreitigkeiten der Konfliktparteien behandelt worden. Und obgleich das Nürnberger Landgericht nicht namentlich genannt wurde, wurde eine Begrenzung der landgerichtlichen Zuständigkeit festgelegt,2126 an die sich das Gericht des Markgrafen in der Folgezeit jedoch nicht hielt. In mehreren Schreiben warf Ludwig Albrecht schließlich öffentlich vor, dass dieser eigentlich kein Land besitze2127 und damit auch kein Fürst des Reiches sei. Mit diesem Vorwurf konnte der Wittelsbacher nicht nur einen seiner wichtigsten Konkurrenten in Süddeutschland treffen, sondern auch die Position der Hohenzollern auf Reichsebene erschüttern. Die Behauptung war umso pikanter, als der Hohenzoller im Auftrag des Kaisers als Hauptmann im Reichskrieg gegen den Wittelsbacher agierte. Auf diesen existenziellen Angriff auf seinen gesellschaftlichen Rang reagierte Albrecht erwartungsgemäß ausgesprochen vehement: Mit kaiserlichen Briefen könne er belegen, dass „sich der Zirckel der burggrafschafft zu Eistett an der staig anfahet vnd Reichet nach der breite bis gein geilissheim, So hebtt er sich nach der lenge an zu Hall vnd geet bis gein eger an die Statmaür“2128, so Albrecht in einem Brief vom 27. April 1460 über die Ausdehnungen seiner Lande in Franken. Steckt man anhand der genannten Koordinaten das von den Hohenzollern postulierte burggräfliche Territorium ab, so erkennt man, dass das bis nach Schwaben und Böhmen hineinreichende Gebiet einen großen Teil von Herrschaften umfasste, die sich in den Händen der Wittelsbacher, der Hochstifte Würzburg, Bamberg und Eichstätt und verschiedener Grafen und Herren befanden. Innerhalb die2124 KREMER, Urkunden, Nr. LV.b, S. 170–171, hier S. 170. 2125 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 29, S. 152–153, hier S. 152. 2126 Die Vertragsurkunde findet sich gedruckt bei MÜLLER, Des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation Reichs Tags Theatrum, Bd. 1, S. 623–624. Dort lautet es: „Ob der egenanten herren inwoner in iren landen icht spruch zu einander hetten oder gewunnen, so soll der kläger dem antworter nachfarn und recht von im nehmen, do der antworter gesessen ist, und das im recht doselbst ergehe, wie recht ist, ungeverlich.“ Siehe ebd., S. 624. Mit dieser Klausel wurde der Anspruch auf eine weitreichende Gerichtszuständigkeit über auswärtige Personen aufgegeben. 2127 So nahm Albrecht Ende April 1460 bereits zu diesem Vorwurf Stellung, siehe HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 31, S. 157–160, hier S. 158; am 16. Mai 1460 wiederholte der Herzog den Vorwurf noch einmal, siehe ebd., Nr. 32, S. 161–165, hier S. 162. Siehe dazu auch das Kapitel 2.2. 2128 Ebd., Nr. 31, S. 157–160, hier S. 158.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

413

ses von Albrecht als burggräfliches Territorium reklamierten Gebiets beharrte er zeitlebens – sogar noch nach dem Vergleich von Roth – standhaft auf seiner Gerichtszuständigkeit.2129 In dieser Situation zielte der Wittelsbacher schließlich auf die ‚Achillesferse‘ der Hohenzollern, indem er feststellte, dass es ihm egal sei, wie viel Land der Markgraf von seinem Vater ererbt habe oder nicht und wie der Bezirk der Burggrafschaft aussehe, solange benachbarte Fürsten an der markgräflichen Grenzziehung keinen Anstoß nähmen und Albrecht nicht das bayerische Territorium verletze. Etwas anderes sei jedenfalls von viel größerer Bedeutung: „Dann wie dem allen So haben wir Im nicht von Czirken vnd wo seine gebiet sich anfahen vud ennden geschriben Sunder wir haben In vnnserm brief gesaczt das er kain lannd habe, solichs ist auch war Ob er aber vermaint ein Lannd zehaben So wär billich das solichs einen namen hette wie das hiess das man sich weste darnach zurichten das doch bisher nicht bewust ist […].“2130

Das ‚namenlose‘, zerstückelte Territorium der Hohenzollern stellte für die Dynastie also ein schwerwiegendes Problem dar, da es nicht nur in der Konkurrenzsituation in Süddeutschland eine Hypothek bedeutete, sondern ein vollwertiges Territorium auch für den Status eines Reichsfürsten eine obligatorische Voraussetzung war.2131 Um diesem Missstand abzustellen, schien die Gerichtshoheit ein probates Mittel zu sein. Ein Vorbild bei dem Versuch, die Ausdehnung einer Gerichtszuständigkeit als Grundlage für die Etablierung eines allgemeinen Herrschaftsbereiches zu nutzen, konnte ein anderer fränkischer ‚Dauerkonkurrent‘ der Hohenzollern sein: So hatte das Kaiserdiplom von 1168 festgelegt, dass der Bischof von Würzburg gleichzeitig Herzog seines Dukats und Richter seines Landgerichts war. Damit wurde sein Landgericht zum Symbol des fränkischen Herzogtums. Friedrich Merzbacher hat die Konsequenz, die aus dem Diplom Friedrich Barbarossas erwuchs bzw. von den Würzburger Bischöfen in Anspruch genommen wurde, anschaulich auf den Punkt gebracht: „Das Landgericht sollte soweit reichen wie das Herzogtum. Das bedeutet gleichviel als Antithese: Das Herzogtum reichte so weit[,] als das Landgericht sich Geltung

2129 Herzog Ludwig hingegen beanspruchte noch 1472 einen eigenen Gerichtssprengel bis zur Marktbergeler Steige, was einen großen Teil des markgräflichen Territoriums mit einschloss, siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 460. 2130 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage, Nr. 32, S. 161–165, hier S. 163. 2131 KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte, S. 102.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

zu schaffen verstand.“2132 Die Hohenzollern konnten dieses zumeist sehr erfolgreiche Agieren der Würzburger Bischöfe bereits während des gesamten 13. und 14. Jahrhundert verfolgen, diese zielgerichtete Strategie nachzuahmen schien somit durchaus naheliegend zu sein. Wie ernst die Landgerichtsbestrebungen der Hohenzollern von ihren Nachbarn genommen wurden, zeigt neben dem Abwehrbündnis Herzog Ludwigs und Pfalzgraf Friedrichs auch eine frühere Reaktion der Wittelsbacher auf die mithilfe des Gerichts betriebene expansive Politik der Hohenzollern. Im Zuge des Prozesses um den Federsee der Reichsstadt Buchau gaben Herzog Ludwig von Bayern-Landshut und Herzog Albrecht III. von Bayern-München im Sommer 1456 ein Rechtsgutachten2133 bei dem fränkischen Rechtsgelehrten Gregor Heimburg2134 in Auftrag, und das, obgleich es in diesem Rechtsstreit eigentlich um Angelegenheiten ging, die außerhalb des bayerischen Herrschaftsbereich der Wittelsbacher lagen, da es sich bei Buchau um eine Reichsstadt Schwabens handelte. Trotzdem war die Sorge groß, dass es der Markgraf erreichen könnte, die Zuständigkeit seines Gerichts auch auf Bayern auszudehnen und den Herzögen damit ein zentrales Herrschaftsrecht in ihrem eigenen Territorium streitig zu machen. Bereits zu Beginn des Gutachtens wurde durch den Rechtsgelehrten die Vermutung ausgesprochen, dass es Albrecht in dem Prozess gar nicht nur um die Buchauer Angelegenheit gehe, sondern er das Verfahren für weiterreichende Interessen zu nutzen versuche: „Als nw dy von Buchaw vor dem gericht der beruffung fur gezogen hetten den griven der beschwerung, inmaßen obgerurt ist, wie sie untter das landgericht nit gehörten etc., setzte marggraff Albrecht sein gegen were vill weytter, den zu notturfft der gegenwertigen sachen gepurlich was.“2135

2132 MERZBACHER, Iudicium Provinciale, S. 29. Bereits einige Zeit früher hatte Adam von Bremen den Anspruch des Bischofs auf den Dukat auf die Vorstellung gestützt, dass die Verfügung über die Grafschaften eines Landes zwangsläufig die herzogliche Gewalt bedeute: „Solus erat Wirciburgensis episcopus, qui dicitur in episcopatu suo neminem habere consortem, ipse cum teneat omnes comitatus suae parrochiae, ducatum etiam provintiae gubernat episcopus.“ Siehe Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte, hg. von BERNHARD SCHMEIDLER, S. 188. 2133 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 293–321. Zu den ‚Argumentationsschwächen‘ bzw. der Stoßrichtung der Argumentation Heimburgs siehe SCHNEIDER, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel, S. 466–467. 2134 WIDDER, Art. ‚Gregor von Heimburg‘, Sp. 1264. 2135 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 294–295.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

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Im Rahmen des langwierigen Verfahrens habe Albrecht bereits früher am kaiserlichen Hofgericht die Auffassung vertreten,2136 dass sein Gericht nicht nur in Schwaben, sondern auch in Bayern, Franken und Sachsen Recht sprechen dürfe.2137 Hier offenbarten sich für Gregor Heimburg bereits die wirklichen Absichten Albrechts, denn nun „[…] ist wol zu versten, das im nit not tete, Beyren zu nennen, nachdem der see zu Buchaw nyndert an Beyren rurt, sunder an das Hegaw und Bodem See stosset. Aber es meynten de clugen leute, er hab nit den see gesucht, sunder dy außbreyttüng des landgerichs, als obgeschriben stet.“2138

Als besonders von den Ambitionen des Hohenzollers gefährdet identifizierte der Rechtsgelehrte für die bayerischen Herzöge die Ritterschaft ihres Herrschaftsbereiches, aber auch die anderen Landstände Bayerns. Insbesondere im Nordgau und im Altmühltal wäre mit Vorladungen vor das Landgericht zu rechnen, da diese Gegenden direkt an das Burggrafentum grenzten,2139 so Heimburg in seinem Gutachten. Für die Wittelsbacher wurde durch die Ausführungen Heimburgs sehr deutlich, dass der Markgraf vor allem den niederen Adel im Visier hatte und auch die Grenzgebiete zur Burggrafschaft in besonderem Maße von den Vorladungen des Landgerichts betroffen sein würden, da es Albrecht um eine schrittweise Ausweitung der Zuständigkeit seines Gerichtes ging. Heimburg wies auf die vier unterschiedlichen Landrechte in den vier ‚historischen Landen‘ Sachsen, Bayern, Franken und Schwaben hin und hob klar hervor, dass das Burggrafentum kein eigenes Recht besitze, sondern fränkisches Recht gebrauche.2140 Dass das Landgericht des Burggrafentums gegen die Privilegien der bayerischen Herzöge verstoße, die diese auf Grundlage der Gnade des Kaisers besäßen, indem es bayerisches Landrecht und die Autorität der bayerischen Landrichter ignoriere, sei gegen die allgemeine Ordnung des Reiches und gegen den Eid, den das Reichsoberhaupt geleistet habe.2141 Denn für ein solches Vorgehen sei die Zustimmung der Reichsfürsten zwingend notwendig. Heimburg bestritt grundsätzlich das Recht des Markgrafen, auswärtige Personen an dessen Landgericht zu ziehen – jedes Land besitze Grenzen, und nur innerhalb 2136 Am 3. März 1455 hatte in Wiener Neustadt ein Gerichtstag zwischen den Vertretern Buchaus und dem Markgrafen stattgefunden, siehe SCHNITZLEIN, Selecta Norimbergensia 4, S. 261–263. 2137 Ebd., S. 265. 2138 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 295. 2139 Ebd. 2140 Ebd., S. 303. 2141 Ebd., S. 303–304.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

dieser könne die volle Gerichtsgewalt ausgeübt werden.2142 Die höchsten Gerichte des Reiches seien weiterhin ausschließlich das Hofgericht, das immer dort abgehalten werde, wo sich der Kaiser persönlich aufhalte, und das kaiserliche Kammergericht. Weder Hof- noch Kammergericht könnten ohne die persönliche Anwesenheit des Reichsoberhaupts abgehalten werden.2143 Selbst die vom Markgrafen als Beweis für die Kompetenz seines Gerichts immer wieder angeführten früheren Verfahren, die vor dem Landgericht stattgefunden hatten, waren für Heimburg kein schlagender Beweis für die Rechtmäßigkeit der markgräflichen Position. Diese Beweiskraft des ‚alten Herkommens‘ wollte der Jurist nicht anerkennen. Denn selbst wenn mancher bayerische Untertan sich vor dem Gericht verantwortet hätte, so Gregor Heimburg, könnte daraus kein Präjudiz entstehen: „Solch sein verwilligung, dy bynd in und nymant anders.“2144 Das Nürnberger Landgericht habe also keine Obrigkeit oder Gewalt über das Land zu Bayern, da dieses älter, würdiger und von höherem Herkommen als das Burggrafentum Nürnberg sei.2145 Aber, so Heimburg, „[…] wiewoll das ist, das der see zu Buchaw mit der vyscherey und allem nütz die herrn von Bayrn nichtz an get, yedoch so ist es also in der welt gestalt, wer ein sach durch bringet, der gewinnet eynnen rüm und einnen bracht, dorauß volget anhangk der lewte.“2146

Obwohl es nach strenger Rechtslage so sei, dass der Markgraf gegenüber niemandem etwas gewonnen habe außer gegenüber der Stadt Buchau, habe ihm der Sieg in diesem Verfahren den Weg bereitet, um seinen Einfluss auf ganz Schwaben und Bayern auszudehnen.2147 Für die nachfolgenden Entscheidungen habe Markgraf Albrecht seine Autorität entscheidend vergrößern können, denn je länger eine Sache andauere, desto mehr Kraft gewinne sie, so die eindringliche Mahnung Heimburgs. Auch wenn rechtlich gesehen das Urteil nicht übertragbar sei, so müssten die bayerischen Herzöge im Auge behalten, dass es in der Zukunft trotzdem an Bedeutung gewinnen könne, da Ähnlichkeiten in der Sache häufig gleiche Urteile nach sich zögen. Zudem seien die Auswirkungen des Buchauer Verfahrens für Bayern viel schwerwiegender als für Schwaben, da es in Schwaben keinen Landesfürsten gebe und jeder Fürst und jede Stadt unmittelbar dem Kaiser

2142 2143 2144 2145 2146 2147

Ebd., S. 304. Ebd., S. 305. Ebd., S. 306. Ebd., S. 307. Ebd., S. 318. Ebd., S. 319.

5.1 Das Kaiserliche Landgericht

417

unterstehe.2148 Das, was gegen einen schwäbischen Herrn oder eine schwäbische Reichsstadt geurteilt werde, binde also überhaupt keinen anderen Herrn oder keine andere Stadt in Schwaben, sondern nur den Herrn oder diejenige Stadt, in deren Herrschaftsbereich das betreffende Urteil ergangen sei: Denn die schwäbischen Herren und Städte gebrauchten keine gemeine „landßfreyheit“.2149 Anders sehe die Sachlage in Bayern aus, deswegen rate Heimburg den beiden Wittelsbacher Herzögen, mit größter Strenge jegliche Versuche aller Gerichte und Richter, auf ihr Land auszugreifen, mit aller Macht zu unterbinden. Diejenigen bayerischen Untertanen, die sich vor fremden Gerichten verantworteten, müssten mit Geldstrafen oder sogar mit der Acht belegt werden, und zwar unabhängig davon, welchem Stand sie angehörten. So könne man erreichen, dass die Vorgeladenen sich umgehend an die Schirmer und Konservatoren der bayerischen Herzogtümer wendeten, die wiederum die Landrichter und Urteilssprecher mit Strafen belegen sollten.2150 Dies sei der einzige Weg, sich vor den Vorladungen vor fremden Gerichten zu schützen.2151 Den Sorgen der wittelsbachischen Herzöge vor den territorialen Ambitionen Markgraf Albrechts, die durch die Ausführungen des Rechtsgelehrten weitere Nahrung erhalten hatten, wurde schließlich durch den für die Hohenzollern verheerenden Ausgang des Reichskriegs und die Bestimmungen der Rother Richtung schließlich der Boden entzogen, wie bereits an anderer Stelle ausgeführt wurde.2152 Das Rechtsgutachten Gregor Heimburgs zeigt jedoch nicht nur klar, welch immense Bedeutung die konkurrierenden Mächte in Süddeutschland dem Nürnberger Landgericht beimaßen und wie hoch ein angesehener Rechtsexperte wie Heimburg das Gericht als reale Gefahr für die Herrschaft der bayerischen Herzöge in ihrem Einflussbereich einschätzte. Das Beispiel der Auseinandersetzung um das Landgericht zeigt vielmehr auch, dass in der sozialen Wirklichkeit der Vormoderne der faktischen Durchsetzung einer Sache mehr Gewicht zukam als einer rechtlichen Norm, da hieraus ein „anhangk der lewte“ entstehen konnte. Die in der historischen und rechtshistorischen Forschung immer wieder im Zusammenhang mit dem Nürnberger Gericht thematisierte Frage nach der Rechtmäßigkeit der Gerichtsansprüche der Hohenzollern und dem Zuständigkeitsbereich der konkurrierenden Landgerichte im süddeutschen Raum kann zwar zur (Re-)Konstruktion von normativen Vorstellungen des späten Mittelalters beitragen. Möglicherweise beschreiben diese jedoch weni2148 2149 2150 2151 2152

Ebd. Ebd., S. 320. Ebd., S. 320–321. Ebd., S. 320. Siehe Kapitel 4.

418

5. Aspekte der Landesherrschaft

ger die soziale Realität der landesherrlichen Gerichtspraxis in Franken in dieser Zeit. Es hat sich gezeigt, dass das Kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg für die Hohenzollern im 15. Jahrhundert verschiedene wichtige Funktionen erfüllte: Indem erstens Prozesse von konkurrierenden Gerichten in benachbarten Territorien erfolgreich vor das Landgericht gezogen wurden, konnte man in die Herrschaftsgebiete der Konkurrenten hineinwirken und den eigenen Einflussbereich stückweise ausdehnen. Durch regelmäßige Vorladungen vor das Gericht war man zweitens als Landesherr und Fürst in den eigenen Territorien präsent, denn der Besitz von Gerichtsrechten stellte für diese Position ein entscheidendes Kriterium dar. Ein dritter Aspekt betraf das Bild des Landesherrn, das dieser gegenüber seinen Untertanen abgab. Durch die Gewährleistung von Rechtssicherheit und eines effektiv arbeitenden Gerichts konnte er sich nicht nur gegenüber den häufig langsamen und unvollkommen agierenden Reichsgerichten profilieren, sondern auch einem wichtigen Herrscherideal gerecht werden, indem er den Einwohnern seiner Territorien potenziell jederzeit die Möglichkeit zur Verfügung stellte, zu ihrem Recht zu kommen. Eine vierte und nicht unerhebliche Konsequenz eines sich ausweitenden Landgerichts lag schlicht in steigenden Gerichtseinahmen, denn Herrschaftsrechte waren in der Vormoderne in erster Linie Nutzungsrechte, wie Ernst Schubert deutlich gemacht hat.2153 Das Nürnberger Landgericht bot durch seine besondere Konzeption fünftens eine Möglichkeit, den Einfluss der Hohenzollern auf den umkämpften Adel der Region zu erhöhen, da es für diesen durch seine Kampfgerichtsordnung attraktiv war. Denn nur noch wenige Gerichte im Reich waren überhaupt mit der Möglichkeit ausgestattet, Ehrverletzungsdelikte durch einen gerichtlichen Zweikampf entscheiden zu lassen. Durch die Etablierung eines weitläufigen Zuständigkeitsbereichs des Gerichts konnte sechstens schließlich vor allem das erreicht werden, was für die Etablierung und Stabilisierung der neu Aufgestiegenen von eminenter Bedeutung war: die symbolische Konstruktion eines zusammenhängenden Herrschaftsgebietes in Franken.

2153 SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft, S. 37.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik als Mittel der landesherrlichen Repräsentation: Kurfürst Friedrich II. 5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik Während in Franken das Kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg für die landesherrliche Politik der Hohenzollern verschiedene wichtige Funktionen erfüllen sollte und zum Teil auch tatsächlich erfüllt hat und vor allem für diese eine Möglichkeit darstellte, dem als schwerwiegend empfundenen Defizit entgegenzuwirken, über kein geschlossenes Territorium zu verfügen, war die Dynastie in dem neuen Territorium der Mark Brandenburg mit vollkommen anderen politischen Voraussetzungen und Herausforderungen konfrontiert. Aus diesem Grund lassen sich hier andere Schwerpunkte in der landesherrlichen Politik ausmachen und wurden abweichende Strategien und Instrumente erprobt, wie im Folgenden auszuführen sein wird. Das im Vergleich zu den süddeutschen Landen der Hohenzollern beinahe völlig geschlossene – wenn auch zunächst durch erhebliche Gebietsverluste gekennzeichnete – märkische Territorium stellte die neuen Landesherren nicht vor das grundsätzliche Problem, aufgrund der Zerstückelung des Herrschaftsgebietes ihren Fürstenstatus infrage gestellt zu sehen. Ganz im Gegenteil war doch gerade die Belehnung mit dem Kurfürstentum der Grund für den Aufstieg in die höchste soziale Gruppe des Reiches, nachdem die Dynastie zunächst nur fürstengleiche Rechte zugesprochen bekommen hatte. Seit ihrem Herrschaftsantritt in der Mark waren große Teile der politischen Bemühungen insbesondere Friedrichs I. und Friedrichs II. zunächst darauf ausgerichtet, die entfremdeten Städte und Herrschaften wieder der Kurmark einzuverleiben.2154 Eine schwerwiegende Hypothek für die Hohenzollern bedeutete dagegen die Tatsache, dass die neuen Landesherren als landesfremd galten und sich nicht nur einem ausgesprochen autarken Adel, sondern auch selbstbewussten Städten gegenüber sahen, ein Zustand, der zum großen Teil durch ihre in der Vergangenheit selten im märkischen Territorium anwesenden Vorgänger begünstigt worden war, die zudem wechselnden Dynastien angehört hatten.2155 Bereits Friedrich I. sah sich bei seinem ersten Zug in die Mark Brandenburg mit der aus Adelskreisen vorgebrachten Herabsetzung, er sei ein „tand von Nurenberg“,2156 konfrontiert, und noch viele Jahre später rief sein Sohn 2154 Siehe dazu ausführlich SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3. 2155 SEYBOTH, Art. ‚Hohenzollern‘, S. 117. 2156 So vermerkt ein anonymes Lied von 1414, das von den Auseinandersetzungen Friedrichs I. und den Quitzows berichtet, unter anderem: „[…] Di Quitzoen haden gesworen ein eid, wie si den fursten machden leid, dar to weren se mit liste bereid mit erem ingesinde // Si wugen den fursten so ein

420

5. Aspekte der Landesherrschaft

Albrecht im Rahmen seines Huldigungszuges durch die Mark nach der Übernahme des Kurfürstenamtes im Jahr 1471 ähnlich negative Reaktionen hervor: Nach einem feierlichen Empfang in Salzwedel häuften sich die drastischen Beschwerden, dass der Kurfürst mit seinen ‚ausgehungerten Franken‘ in die Stadt eingefallen sei.2157 Zudem waren die anwesenden märkischen Würdenträger besonders empört über die Tatsache, dass der Kurfürst ihnen nicht die ihnen zustehende Ehre erwies, obgleich ihm mit seinem fränkischen Adel große Ehrungen und Gunstbezeugungen durch die Stadt und die versammelten Stände zuteilwurden.2158 Zu allem Überfluss verhielt sich das kurfürstliche Gefolge insgesamt zudem wenig ehrenhaft, wie die zeitgenössischen Schilderungen nahelegen.2159 An dem Wahrheitsgehalt dieser Berichte mag insofern nicht gezweifelt werden, da Markgraf Albrecht selbst immer wieder seine durchaus eher geringe Wertschätzung gegenüber dem märkischen Adel zum Ausdruck brachte, dessen Rang und Ansehen er beispielsweise weder für groß genug hielt, um auf den Turnieren der Vier-Lande bestehen zu können,2160 noch ihn insgesamt in der Lage sah, eine höfische Festkultur in angemessener Weise zu bereichern, weswegen er befreundeten Adeligen sogar davon abriet, zur Hochzeit seines eigenen Sohns ins Kurland zu reisen. Friedrich II. gelang es dagegen durch eine erfolgreiche Vernetzungsstrategie2161 und aufgrund der Tatsache, dass er im Gegensatz zu seinem Vater und auch zu seinem Bruder Albrecht seine Herrschaft durchgehend persönlich vor Ort ausübte, den Adel seines Kurlandes in die eigene Herrschaft weitgehend einzubinden und Konflikte mit diesem Teil der ‚Landstände‘2162 größtenteils zu

2157 2158 2159 2160

2161 2162

scherf, hi was er tand von Nurenberg: „het hi vor unse slote gewerf, des willn wi wol genesen!“ // […]“, siehe LILIENCRON, Die historischen Volkslieder, Bd. 1, S. 223–225, hier S. 223, Strophe 6 und 7. „Desülven Francken nehmen ock weg allent, wat se vuppe dem Radhuse aflangen konden, alse appeln, beren mispeln vnde wat man in Körven vnde Molden auer sydes ghesat hadde“, siehe CDB I, 14, Nr. 420, S. 348–352, hier S. 349. Ebd. Ebd. So beschwor er seinen Sohn Johann, an dem in Heidelberg ausgetragenen Turnier der VierLande nicht mit Rittern aus der Mark teilzunehmen, da man nicht sicher sein könne, ob sie die Zulassungskriterien erfüllten, was wiederum ihm und der ganzen Familie großen Schaden an ihrem Ansehen zufügen würde. Siehe dazu Kapitel 3.1 und Kapitel 3.2. Für das Mittelalter ist der Begriff nicht bezeugt und auch der Begriff ‚Stände‘ setzt sich im deutschen Sprachraum erst um 1500 durch, siehe SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft, S. 41. Aber da in der Mark seit den 1450er Jahren ständisch organisierte Korporationen auf Landtagen agierten, scheint eine Verwendung des Begriffs dennoch gerechtfertigt.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

421

vermeiden.2163 In seiner Regierungszeit und bereits während der Regentschaftsregierung seines Bruders Johann waren es jedoch die selbstbewussten Städte, die versuchten, ihren weitgehend autarken Status zu behalten, und gegen den Herrschaftsanspruch des Landesherrn aufbegehrten.2164 Sie schlossen sich mehrfach der Hanse an oder zu Städtebünden zusammen.2165 Gefahren für die Landesherrschaft gingen zudem immer wieder von den direkten Nachbarn aus, den Herzögen von Pommern, dem Erzbischof von Magdeburg, zeitweise den Wettinern und dem böhmischen König. Neben den Problemen, die der Herrschaftsantritt von fremden Landesherrn im Allgemeinen mit sich brachte, unterschied sich der neue Herrschaftsbereich der Hohenzollern auch in Bezug auf die Struktur der kirchlichen Verhältnisse in erheblichem Maße von dem süddeutschen Ursprungsterritorium: Wie in den anderen Gebieten der ‚Ostkolonisation‘ waren in der Mark Brandenburg die Bistümer zunächst mit erheblich weniger Landbesitz ausgestattet und deshalb durchaus weniger mächtig als die älteren Diözesen des Reiches.2166 Grundsätzlich besaßen neun Diözesen Rechte und Pflichten innerhalb der Mark, von denen jedoch nur drei – Brandenburg, Lebus und Havelberg – ganz bzw. überwiegend im Märkischen lagen und deren Kathedralorte hier angesiedelt waren.2167 Im Gegensatz dazu befanden sich in Franken sämtliche Bischofssitze außerhalb des hohenzollerischen Herrschaftsbereiches,2168 was die direkte Einflussnahme des Landesherrn deutlich schwerer machte. Diese besondere Beschaffenheit der Mark Brandenburg begünstigte auf dieser Ebene den landesherrlichen Zugriff. Somit lag es auf der Hand, dass die Dynastie einen Schwerpunkt ihrer landesherrlichen Politik im Kurland darin sah, ihren Herrschaftsanspruch gegenüber den geistlichen Herrschaftsträgern auszuweiten.2169 Es erscheint demnach sinnvoller, hierin die Ursache für einige der wichtigsten politischen Maßnahmen während der Regierungszeit Friedrichs II. zu sehen, als seinen vermeintlich spezifischen

2163 Eine Übersicht über das Verhältnis der Hohenzollern zum märkischen Adel gibt Priebatsch, dessen Darlegung jedoch durchaus in einigen Teilen kritisch hinterfragt werden muss, siehe PRIEBATSCH, Die Hohenzollern und der Adel. 2164 Vor allem die Doppelstadt Berlin-Cölln. 2165 KRÜGER, Zwischen Herren und Hanse, S. 198. 2166 KURZE, Das Mittelalter, S. 22. 2167 Ebd., S. 91. Des Weiteren waren es in der Altmark Verden und Halberstadt, in der Uckermark und Neumark Kammin, die in die Herrschaft der pommerschen Herzöge eingebunden waren. Im Osten wurden Posen, im Raum um Crossen Breslau und schließlich die Diözese Meißen von den Wettinern dominiert, siehe ebd. 2168 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 28. 2169 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 49.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Charakter, seine ‚große‘ Frömmigkeit zum Antrieb seiner Politik zu erklären, wie es immer wieder gemacht worden ist.2170 Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die ‚persönliche‘ Religiosität des Kurfürsten Einfluss auf dessen Herrschaftsstil ausgeübt haben kann. Aber eine Rekonstruktion der ‚tatsächlichen‘ Frömmigkeit des Hohenzollers ist auf Grundlage der überlieferten Quellen ein problematisches Unterfangen, und die Interpretation des Herrschaftsstils aufgrund seines vermeintlichen ‚Charakters‘ erschwert die Möglichkeit, politische Handlungen des Kurfürsten in ihrer Eigenlogik und Funktionalität zu analysieren. Selbstverständlich darf Friedrich II. kein ausgearbeitetes Konzept ‚religiöser Herrschaftsstrategien‘ unterstellt werden, das dieser zu Beginn seines Herrschaftsantritts ausgearbeitet hätte, um es dann Schritt für Schritt umzusetzen. Aber der Erfolg der Regierung Kurfürst Friedrichs, der lange Zeit von der Forschung nur unzureichend wertgeschätzt worden ist,2171 muss als durchaus erklärungsbedürftig eingeschätzt werden, zumal sich nach und nach die Einsicht durchsetzt, dass sich sein herrschaftliches Handeln gerade im Vergleich mit der Herrschaftszeit des Vaters und Bruders als effektiver erwiesen hat.2172 Die Tatsache, dass – begünstigt durch die großzügige Privilegienvergabe der durch das Schisma in ihrer Autorität angeschlagenen Päpste – fast alle weltlichen Fürsten große Energien darauf verwendeten, die Rechte auswärtiger Bischöfe im eigenen Herrschaftsbereich einzuschränken,2173 kann als eine generelle Tendenz der Landesherrschaft im 15. Jahrhundert angesehen werden.2174 Der in der Forschung durchaus kontrovers diskutierte Begriff des sogenannten landesherrlichen Kirchenregiments be-

2170 Selten fehlt in der Literatur der Hinweis auf die tiefe Religiosität, von der Friedrich II. durchdrungen gewesen sei; stellvertretend für die neuere Forschungsliteratur, siehe LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 144. Zudem ließ sich nicht nur Johannes Schulze dazu hinreißen, im Miterleben des frühen Todes seiner Verlobten, Prinzessin Hedwig von Polen, an deren Hof sich Friedrich II. zehn Jahre aufgehalten hatte, den Grund für dessen Hang zu „Mystik und Schwärmerei“ zu erkennen, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 49. 2171 Im Vergleich zu seinem Vater Friedrich I. und seinem ihm ins Kurfürstenamt nachfolgenden Bruder Albrecht, die beide aufgrund ihres starken Einsatzes in der Reichspolitik im Fokus der Betrachtungen standen, hat die historische Forschung ihn immer wieder als ‚zaghaften‘ und wenig charismatischen Reichsfürsten des 15. Jahrhunderts gezeichnet und ist dabei häufig seinem Beitrag für die Etablierung der Herrschaft der Hohenzollern im 15. Jahrhundert nur ungenügend gerecht geworden. 2172 NEUGEBAUER, Die Hohenzollern, Bd. 1, S. 51. 2173 HAHN, Kirchenschutz, S. 182. 2174 Einen detaillierten Blick auf das Verhältnis zwischen fürstlichem Landesherrn und den kirchlichen Institutionen des Herrschaftsbereiches bietet AUGE, Handlungsspielräume, S. 112–137.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

423

schreibt genau diese Entwicklung. Dieser „Vereinbarungsbegriff“2175 meint den verstärkten Zugriff der fürstlichen Landesherren auf die Reichtümer der Kirche. Außerdem ist mit ihm die Tatsache angesprochen, dass die weltlichen Schutzaufgaben für die Kirche insbesondere im 15. Jahrhundert verstärkt als Herrschaftsrecht instrumentalisiert wurden.2176 Der Bereich der fürstlichen Patronatsrechte über Pfarreien in Stadt und Land ermöglichte es dem Landesherrn beispielsweise, einen ihm verpflichteten Personenverband aufzubauen und auf diese Weise fest an sich zu binden. Die neuere Forschung geht mittlerweile aber davon aus, dass vor der Reformation die kirchliche Kompetenz durch die Landesherren nicht grundsätzlich infrage gestellt worden ist, ihr Agieren nicht als ein neu erwachtes laikales Bewusstsein verstanden werden muss. Streng genommen wurde die Reichsunmittelbarkeit nur bei den Bischofskirchen von Kammin, Schwerin und Schleswig komplett aufgehoben. Diese gingen vollständig in den Herrschaftsverband von Pommern, Mecklenburg und Holstein auf. Aus diesem Grund ist es auch angezeigt, nur hier von einem ‚landesherrlichen Kirchenregiment‘ zu sprechen, wie Ernst Schubert deutlich gemacht hat.2177 Doch auch in der Mark Brandenburg ist zweifelsohne für den Landesherrn ein wachsender Einfluss im kirchlichen Bereich während des 15. Jahrhunderts auszumachen.2178 Verschiedene Publikationen haben sich mit dieser Ausweitung des landesherrlichen Herrschaftsanspruchs Kurfürst Friedrichs II. gegenüber den geistlichen Institutionen in der Mark – in erster Linie gegenüber den Bistümern und Klöstern – beschäftigt: Bereits sehr früh widmete sich die Geschichtsschreibung im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts diesem Themenkomplex,2179 und auch in neuester Zeit entstanden Arbeiten mit diesem Frageinteresse.2180 Grundlage des besonderen Einflusses auf die klerikalen Institutionen seines Territoriums war insbesondere eine Fülle an Privilegien, die Kurfürst Friedrich II. in den 1440er Jahren seitens der Kurie zugestanden be2175 SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft, S. 41. Allgemein zu dem Begriff siehe KRUMWIEDE, Art. ‚Kirchenregiment‘. Zur Diskussion um den Begriff auch BORGOLTE, Die mittelalterliche Kirche. 2176 SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft, S. 38. Zum Begriff allgemein siehe FRANK, Kirchengewalt. 2177 SCHUBERT, Fürstliche Herrschaft, S. 39. 2178 Siehe dazu auch SCHULZE, Fürsten und Reformation, S. 147. 2179 PRIEBATSCH, Staat und Kirche in der Mark Brandenburg, und HENNIG, Kirchenpolitik. 2180 HAHN, Kirchenschutz; HEIMANN, Andacht beherrschen; DERS., Über mehr ein rittervard; KURZE, Das Mittelalter; DERS., Die Transmutation; DERS., Die weltliche Macht; und WIGGER, Vom Chordienst. Als Letztes beschäftigte sich eine Dissertation aus dem Jahr 2004 mit dem Verhältnis von fürstlicher Herrschaft und Kirche in der Mark Brandenburg Mitte des 15. Jahrhunderts und versuchte durch den Vergleich mit dem Herzogtum Burgund neue Erkenntnisse zu entwickeln, siehe LETZ, Fürstliche Herrschaft.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

kommen hatte. Durch die Frontstellung zwischen Papst Eugen IV. und dem Basler Konzil2181 war die Autorität der Kirche am Ende der 1430er Jahre erschüttert, und die Wahl des Gegenpapstes Felix V. 1439 hatte ebenfalls großen Einfluss auf die Situation im Reich. Die zunächst zumindest offiziell verfolgte einheitliche Neutralitätspolitik der Kurfürsten2182 wurde bald zugunsten wechselnder Unterstützung der beiden Päpste aufgegeben, was zur Spaltung der Kurfürstengruppe führte. Die Hohenzollern und insbesondere Markgraf Albrecht, der sich als Rat König Friedrichs III. in engem Kontakt mit der Kurie befand, nutzten den Stimmungsumschwung zugunsten Roms, nachdem Eugen IV. die Exkommunikation der Erzbischöfe von Köln und Trier aufgehoben hatte. Auf einem Tag in Frankfurt im September 1446 setzte sich Albrecht für die Obödienzleistung gegenüber Papst Eugen ein und schaffte es, die versammelten Reichsfürsten zu einem entsprechenden Umdenken zu ermuntern.2183 Bereits zuvor hatte sich die Parteinahme für Eugen IV. bei König Friedrich III., Friedrich II. von Brandenburg, Albrecht Achilles, dem Mainzer Erzbischof Dietrich von Erbach und Jakob I. von Baden abgezeichnet.2184 Die Hohenzollern agierten in der Angelegenheit der kurfürstlichen Neutralität erneut ‚arbeitsteilig‘ – entsprechend wurde die gesamte Dynastie mit päpstlichen Privilegien bedacht: Als erste Gegenleistung erhielt Markgraf Albrecht für sein Engagement auf dem Tag von Frankfurt einen Dispens für seine Ehe mit Margarethe von Baden.2185 Friedrich II. hielt sich zunächst noch mit Wünschen und Forderungen an Papst Eugen IV. zurück, um das geschlossene Vorgehen seiner Kurkollegen nicht zu untergraben, unterzeichnete schließlich aber zusammen mit dem Mainzer Erzbischof und König Friedrich III. am 5. Februar 1447 die sogenannten Fürstenkonkordate. Bereits im März 1446 hatte der Habsburger vom Papst umfassende Zugeständnisse für seine Erblande erhalten, den päpstlichen und königlichen Gesandten gelang es Anfang Februar 1447, Dietrich von Mainz und den Hohenzoller ebenfalls zur gemeinsamen Obödienzleistung zu bewegen. „Den vier ausmanövrierten Kurfürsten blieb nur der Weg, sich an die Bemühungen Karls VII. von Frankreich anzuhängen, das Basler Restkonzil ehrenvoll zu liquidieren und sich dabei mit französischer Deckung selbst passabel aus der Affäre zu ziehen.“2186 2181 Aus der Fülle der Literatur zu dem Thema seien hier nur genannt: HELMRATH, Das Basler Konzil; MÜLLER/HELMRATH, Die Konzilien von Pisa; und SUDMANN, Das Basler Konzil. 2182 Die Neutralitätserklärung der Kurfürsten erfolgte am 17. März 1438 in Frankfurt am Main. 2183 LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 84. 2184 Und zwar bereits seit 1443, wie Johannes Helmrath konstatiert, siehe HEMRATH, Das Basler Konzil, S. 311. 2185 Am 20. September 1446, siehe CDB II, 5, Nr. 1766, S. 3–4. 2186 HELMRATH, Das Basler Konzil, S. 313.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

425

Die deutliche Demonstration der Unterstützung Eugens IV. blieb nicht unbelohnt durch die Kurie: Sowohl von Papst Eugen IV. als auch von seinem Nachfolger Nikolaus V. erhielten die Hohenzollern neben den vier Fürstenkonkordaten2187 33 Privilegien und Privilegienbestätigungen, die ihre Interessen als Landesherren und Reichsfürsten betrafen. Die Bullen reichten von der Besetzung hoher Kirchenämter, der Übertragung bestimmter Aspekte der geistlichen Gerichtsbarkeit auf den Kurfürsten, über die Förderung bestimmter geistlicher Einrichtungen durch Ablässe bis zu Dispensen von Fastenvorschriften und der Nutzung von Tragealtären durch die engsten Familienmitglieder.2188 Obwohl die päpstlichen Privilegien also auf völlig unterschiedliche Bereiche abzielten, lohnt es sich, sie auf ihren möglichen Beitrag für die Herrschaftsrepräsentation der Hohenzollern und ihren Wert für die Landesherrschaft in der Mark Brandenburg im Allgemeinen zu untersuchen. Während die engen Beziehungen zum Reichsoberhaupt sich durch die Privilegierung mit dem Kaiserlichen Landgericht des Burggrafentums Nürnberg in ein wirksames Instrument für die fränkische Landesherrschaft umsetzen ließen, war es diesmal die frühzeitige demonstrative Parteinahme für die römische Obödienz, die den Hohenzollern in ihrem brandenburgischen Territorium neue Herrschaftsmittel an die Hand gab. Der Erfolg der durch die Privilegienvergabe realisierbaren Maßnahmen, welche die Landsässigkeit der Bischöfe von Havelberg, Lebus und Brandenburg vorantreiben sollten, wird von der Forschung unterschiedlich eingeschätzt.2189 Unbestreitbar scheint jedoch zu sein, dass beispielsweise durch das Nominationsprivileg für diese drei Diözesen die Hohenzollern ihre landesherrlichen Interessen erfolgreich durchsetzen konnten.2190 Ähnliches lässt sich ebenfalls für weitere Freiheiten sagen, weswegen auf diese in einem kurzen systematischen Überblick eingegangen werden soll. Anschließend sollen 2187 Die päpstlichen Bullen vom 5. bzw. 7. Februar 1447 sind gedruckt bei CHMEL, Materialien, Bd. 1, 2, Nr. 94–97, S. 230–234. 2188 Siehe die Zusammenstellung der päpstlichen Vergünstigungen bei Bruno Hennig: HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage I–XXXII, S. 223–258. Hennig ist ebenfalls eingehend auf die Überlieferung der Privilegien für Kurfürst Friedrich II. eingegangen. Neben vorhandenen Originalen haben sich Kopien in den päpstlichen Registern erhalten, die Adolph Friedrich Riedel fast ausschließlich als Grundlage für seinen Codex Diplomaticus Brandenburgensis benutzt hat. In Riedels Edition lassen sich nicht nur zum Teil Lesefehler finden, sondern er datiert auch an einigen Stellen falsch, deshalb wird im Folgenden – wenn möglich – der neuere Abdruck der Urkunden bei HENNIG, Die Kirchenpolitik, zitiert. 2189 Die ältere Forschung hat eine durch die päpstlichen Bullen forcierte Landsässigkeit der genannten Bischöfe unterstrichen – so beispielsweise HENNIG, Die Kirchenpolitik –, während Peter Michael Hahn oder Annette Wigger diese Einschätzung strikt ablehnen. Siehe HAHN, Kirchenschutz, und WIGGER, Stephan Bodecker, S. 39–46. 2190 Dies hat Dietrich Kurze bereits 1999 festgestellt, siehe KURZE, Das Mittelalter, S. 87.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

exemplarisch der intensive persönliche Einsatz Kurfürst Friedrichs II. bei der Auseinandersetzung um das sogenannte Wilsnacker Wunderblut und die Verfolgung der Ketzerei in der Mark Brandenburg unter dem Aspekt der landesherrlichen Politik eingehender betrachtet und hiermit zusammenhängend einige weitere Akte der religiösen Repräsentation behandelt werden, die ebenfalls zur Festigung der Landesherrschaft einen nicht unerheblichen Beitrag geleistet haben. Unberücksichtigt bleiben an dieser Stelle die vielfältigen Stiftungen der Hohenzollern und insbesondere Friedrichs II., die selbstverständlich ebenfalls Anteil an der Etablierung der Herrschaft in der Mark Brandenburg hatten,2191 jedoch in einem gesonderten Kapitel unter der Perspektive der memorialen Praxis der Dynastie behandelt werden sollen. Dies gilt auch für eine seiner einflussreichsten Stiftungen, der Gesellschaft Unserer Lieben Frau, die zudem bereits bei der Betrachtung der Vernetzungsstrategien der Hohenzollern eingehender untersucht worden ist.2192 Landesherrliche Einflussnahme durch die Nominierung von Bischöfen Erst relativ spät, am 10. September 1447, erhielt Friedrich II. durch Papst Nikolaus V. das Recht zugesprochen, im Fall einer Vakanz die Bischöfe von Brandenburg, Lebus und Havelberg zu nominieren. Ein Privileg mit weitreichenden Folgen für die Landesherrschaft in der Mark Brandenburg, weswegen es im Zusammenhang mit dem für die Obödienzleistung erhaltenen Privilegienpaket für die Hohenzollern zumeist im Mittelpunkt der Betrachtungen steht.2193 Aber bereits bevor Friedrich II. dieses Vorrecht von der Kurie erbat, hatte sein Vater zu Beginn seiner Herrschaft in dem neuen märkischen Territorium dieses landesherrliche Instrument einzusetzen gewusst: Während die Bischöfe von Brandenburg, Lebus und Havelberg noch im 14. Jahrhundert eine reichsunmittelbare Stellung innehatten,2194 erhöhte 2191 Mit dem effektiven und vielfältigen Einsatz von Stiftungen als fürstliches Herrschaftsinstrument im späten Mittelalter beschäftigt sich eingehend die Dissertation von Lukas Wolfinger über den Habsburger Rudolf IV, siehe WOLFINGER, Die Herrschaftsinszenierung. 2192 Siehe Kapitel 3.2. 2193 Bis auf Peter-Michael Hahn veranschlagt die Forschung die Bedeutung dieses von Nikolaus V. verliehenen Vorrechts für die landesherrliche Kirchenpolitik Mitte des 15. Jahrhunderts sehr hoch. Nicht selten wird auf der Grundlage dieses Privilegs für die Mark Brandenburg eine Frühform des landesherrlichen Kirchenregiments vor der Reformation angenommen, siehe SCHULZE, Fürsten und Reformation, S. 196–197. 2194 PRIEBATSCH, Staat und Kirche in der Mark, S. 412. Peter-Michael Hahn, der grundsätzlich gegen die These argumentiert, dass die drei Diözesen in die Landesherrschaft der Mark

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

427

der neue Landesherr den Druck auf diese Bischofssitze in erheblichem Maße. Bereits während des Schismas zur Zeit des Konstanzer Konzils griff Friedrich I. in die Neubesetzung des Brandenburger Bischofsstuhls nach dem Tod Henning von Bredows ein. „[D]at capittel koren eindrechtichlik ute orer kerken einen erliken man, hern Nicolaus Borchstorp genant, de ein perner in der nien stad Brandenborch was“,2195 so berichtete die Magdeburger Schöppenchronik von der Situation nach dem Tod von Bredows. Trotz dieser einstimmigen Wahl durch das Kapitel, ist dort weiter zu lesen, habe schließlich auf Wunsch des Markgrafen und mit seiner persönlichen Hilfe Johannes von Waldow das Bischofsamt erhalten. Nicht nur die Tatsache, dass König Sigismund einen dritten Kandidaten ins Auge gefasst hatte,2196 sondern auch der Fakt, dass die moralischen Qualitäten des neuen Bischofs nach Schilderung der Chronik stark zu wünschen übrig ließen – gestattete dieser doch viele „heimeliker roverie“ in dem Herrschaftsgebiet der Magdeburger Diözese2197 –, zeigen die guten Beziehungen der Hohenzollern zur Kurie,2198 die es ermöglichten, dass trotzdem ihr Wunschkandidat durchgesetzt wurde. Auch in der Folgezeit lassen sich ähnliche Maßnahmen zum Ausbau der neuen Stellung als Landesherren erkennen: Bei der Neubesetzung des Havelberger Bischofamtes im Jahr 1427 wandte sich der vom Domkapitel gewählte Konrad von Lintorff in einem Schreiben an den Markgrafen, in dem er als Erwählter des Bistums und Stifts von Havelberg bekannt gab, falls er „[…] durch furderung, gnade vnd gunst des Jrleuchten fursten vnsers gnedigen Herren, Hern fridrichs, marggrauen zu Brandeburg etc. und Burggraue zu Nuremberg, zu dem Stiffte vnd Bistume zu Habelberg kömen vnd von vnserm Heiligen vater dem Babst bestigt würden, So sullen vnd wollen wir als ein Bischoff vnder vnserm Bischofflichem Jnsigel uerbriefen vnd verschreiben Jn aller der maßse, als Hie nachgeschrieben stet, zum ersten, das wir vns mit dem uorgenanten Stiffte und Bistume zu Habelberg mit allen vnsern slossen, steten […] und vndertanen zu dem vorgenanten Hern friderich und Hern Johansen seinem sone, Marggrauen

2195 2196 2197

2198

Brandenburg aufgegangen seien, weist dagegen darauf hin, dass die landesgeschichtliche Forschung lange Zeit einhellig die These vertreten habe, dass die drei im 14. Jahrhundert landsässig geworden seien, siehe HAHN, Kirchenschutz, S. 188. HEGEL, Magdeburger Schöppenchronik, S. 341. AHRENS, Die verfassungsrechtliche Stellung, S. 24. Ebd. Da auch der Magdeburger Erzbischof in der frühen Phase der hohenzollerischen Herrschaft immer wieder in die Mark einfiel oder Vorstöße dieser Art von anderer Seite unterstützte, mag am Wahrheitsgehalt der Chronik in dieser Angelegenheit durchaus gezweifelt werden. Nur wenige Jahre später spielte das gute Verhältnis zur Kurie im Konflikt mit König Sigismund ebenfalls eine nicht unbedeutende Rolle.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

zu Brandeburg etc. und zu allen Jren erben vnsern gnedigen herren, setzen vnd tun sullen und wollen, vnd auch damit bey Jn bleiben, ja beholffen, beraten vnd beystendig sein, wider allermeniglich nymand außsgenomen.“2199

Außerdem gelobte der zukünftige Bischof, sich in keinerlei Angelegenheit gegen den Landesherrn oder Mitglieder seiner Familie zu wenden und auch „iren fride und unfride [zu] liben vnd [zu] halten“.2200 Dieses Versprechen Konrads von Lintorff beinhaltete so umfangreiche Pflichten, dass es einem Lehnseid sehr nahekommt, fehlen doch auch die beiden Hauptpflichten – Hilfe und Rat für den Kurfürsten – nicht. Auf jeden Fall ist die vertikale Beziehung zwischen Landesherr und Bischof eindeutig markiert, das Versprechen absoluter Treue und die Unterstützung mit sämtlichen Schlössern, Städten und Untertanen des Bistums geht weit über die zumutbaren Verpflichtungen einer gleichberechtigen Beziehung hinaus, ganz abgesehen davon, dass hier auch keine wechselseitigen Verbindlichkeiten vereinbart wurden. Bemerkenswerterweise besaß der neue Landesherr aber keineswegs das Nominationsrecht für die Besetzung des Havelberger Bischofssitzes, die Einflussnahme in dieser Angelegenheit beruht zum einen auf der besonderen Beziehung zur Kurie, die seit dem Konstanzer Konzil weiterhin ausnehmend gut war,2201 zum anderen war Friedrichs I. Stellung bzw. die Position seines Sohnes Johann, der seit 1426 die Regentschaft in der Mark Brandenburg übernommen hatte,2202 zu diesem Zeitpunkt so gefestigt, dass dem Domkapitel bei der Besetzung des Havelberger Bischofamtes wenig Handlungsspielraum blieb. Nicht erst seit dem Nominationsprivileg aus dem Jahr 1447 übten die Hohenzollern demnach Einfluss auf die Besetzung höchster Kirchenämter in ihrem neuen Herrschaftsgebiet aus, sondern bereits frühzeitig nahmen sie auf diese Weise die Chance wahr, an zentraler Stelle einen ‚Wunschkandidaten‘ zu installieren. Bedenkt man, dass die bischöfliche Kompetenz sich nicht nur auf die kirchliche Gerichtsbarkeit und die Diözesanverwaltung in dem jeweiligen Sprengel erstreckte, sondern die Bischöfe auch auf die Einhaltung der Vorschriften der geistlichen Lebensführung in den Klöstern und beim Klerus allgemein zu achten hatten und somit umfassend für das Wohl der Kirche in der gesamten Diözese Sorge tragen mussten, wird ihr enormer Einfluss auf Land und Leute deutlich. Gleichfalls erklärt sich auch das Interesse der Landesherren, diese zentralen Kirchenämter mit ihnen genehmen Personen zu besetzen. Nachdem Fried2199 2200 2201 2202

CDB I, 2, Nr. 63, S. 487. Ebd. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 21. Ebd., S. 26.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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rich I. in Brandenburg und Havelberg in dieser Hinsicht zunächst erfolgreich agiert hatte, zeigte sich jedoch bald, dass dieser Bereich noch kein gefestigtes Recht des Landesherrn darstellte. Der große Autoritätsverlust Papst Eugens IV. im Zuge des Konflikts mit dem Basler Konzil ab den 1430er bis zum Beginn der 1440er Jahre führte dazu, dass teilweise bei den Bischofsbesetzungen im Reich nun wieder der Einfluss der Domkapitel ausschlaggebend war, da das Basler Konzil die Idee der Bischofswahl durch das Kapitel favorisierte.2203 Gleichzeitig hatte Markgraf Johann in den 1430er Jahren und später auch der ihn als Regent ablösende Friedrich II. mit dem Widerstand der märkischen Städte zu kämpfen, sodass die Position der Landesherren zeitweise geschwächt wurde. Das Beispiel Lebus macht dieses Problem sehr anschaulich, wurde doch in dieser Diözese nach Vakanzen dreimal hintereinander das Bischofsamt durch die Wahl des Kapitels besetzt, ohne dass die Markgrafen hierbei intervenieren konnten.2204 Friedrich I. hatte im Jahr 1424 den Kandidat des Lebuser Kapitels, Peter von Burgsdorff, noch zugunsten eines eigenen Anwärters zurückweisen können. Im Jahr 1436 trat von Burgsdorff erneut zur Wahl an und konnte sich diesmal durchsetzen.2205 Dass Friedrich II. im Rahmen der Auseinandersetzungen um die Obödienzleistung der Kurfürsten ab 1446 die Chance ergriff, sich durch ein entsprechendes Privileg das Nominationsrecht in den drei Diözesen seines Territoriums zu sichern, erscheint demnach eine logische Konsequenz aus der Erfahrung der geschwächten landesherrlichen Position bei den Ämterbesetzungen der vorangegangenen Jahre zu sein.2206 In seinem Privileg verpflichteten sich Papst Nikolaus V. und seine Nachfolger, zu Lebzeiten Friedrichs II. nur diejenigen Personen zu providieren, die der Kurfürst zuvor als Bischof vorgeschlagen hatte.2207 Als Grund nannte der Papst die besondere Zuneigung der Vorfahren Friedrichs zu den drei Bistümern und die Tatsache, dass große Teile der Kirchengüter in dessen Herrschaftsbereich lägen.2208 Friedrich II. machte von seinem neuen Nominationsrecht erstmalig im Jahr 1455 Gebrauch, indem er seinen wichtigsten Vertrauten, Kanzler Friedrich Sesselmann, als Nachfolger im Bistum Lebus vorschlug, wobei dieser hier bereits seit 1453 Dompropst war.2209 Vier Jahre später, als es notwendig wurde, das Bistum 2203 2204 2205 2206 2207 2208 2209

HELMRATH, Das Basler Konzil, S. 89. LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 128–129. HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 85. So argumentiert auch LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 129. HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 21, S. 241–242, hier S. 241. Ebd. KOPIEC, Art. ‚Sesselmann‘, S. 661. Bruno Hennig weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass die Chronisten des Bistums eine einstimmige Wahl Sesselmanns durch das Lebuser

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Brandenburg neu zu besetzten, wandte sich der Kurfürst mit einem Brief an das Kapitel, in dem er sein päpstlich verbrieftes Vorrecht unterstrich: „[...] So haben wir mercklich freyheyt vnd begnadung vonn vnnserm heiligen vater dem pabst, als Ir villicht wol wisset, das wir ein ander persone czu Nominiren vnd zu nennen habenn, vnd wen wir nennen, das der zu bischoff von vnnserem heiligen vater pabst confirmiret vnd vffgenommen sol werdenn.“2210

Friedrich II. gelang es bei der Nachfolge in Brandenburg sehr geschickt, einerseits seine verbrieften Rechte zu unterstreichen und seine Autorität als Landesherr in dieser wichtigen Diözese seines Herrschaftsbereiches durchzusetzen. Andererseits erlaubte er es den einflussreichen Kapitelmitgliedern, ihr Gesicht zu wahren, denn Friedrich stellte es frei„[…] ab Ir welch wale doruber thun würdet, als wir meinen nicht not sey […]“. Noch einmal machte er gegen Ende seines Schreibens deutlich, wem die Entscheidung über die Wahl seines lieben Rates, Dietrich von Stechow, zukommen sollte, denn er ermahnte sie, „[…] das Irs so fur nehmet, das wir an unnser freyheit und begnadung nicht geleczt noch gekrenckt werden […].“2211 Das dritte und letzte Mal, dass der Markgraf von seinem Nominationsrecht Gebrauch machte, war bei der Neubesetzung des Havelberger Bischofsstuhls, für den er Wedigo Gans zu Putlitz vorschlug. Die Gans Edlen zu Putlitz gehörten zu den mächtigen Adelsgeschlechtern in der Mark Brandenburg, da sie große Teile der Prignitz besaßen. Für Wedigo sprach zusätzlich, dass das Havelberger Domkapitel insgesamt stark durch den lokalen Adel beeinflusst war2212 und die Gans zu Putlitzens für die Hohenzollern seit der Inbesitznahme des Kurlandes wichtige Vertraute und Unterstützer ihrer Herrschaft darstellten, abgesehen von einer kurzen Zeitspanne, in der sie sich dem Widerstand der Quitzows gegen den neuen Landesherrn angeschlossen hatten.2213 Busso Gans zu Putlitz war nicht nur Erbmarschall Friedrichs II., sondern auch Mitglied der Gesellschaft Unserer Lieben Frau seit mindestens 1443.2214 Kaspar Gans zu Putlitz, ebenfalls

2210 2211 2212 2213 2214

Kapitel vermerken und eine Nominierung durch den Kurfürsten nicht erwähnen, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 86–87. Es ist schwer zu entscheiden, ob dies einem Versuch der Chronisten geschuldet ist, die Autonomie des Kapitels zu unterstreichen. Unstrittig ist hingegen, dass das erste frei werdende Bischofsamt nach Verleihung des Privilegs an einen der wichtigsten Vertrauten des Kurfürsten ging und es sich hierbei sogar um die reichste der märkischen Diözesen handelte. CDB I, 8, Nr. 462, S. 417–418, hier S. 417. Ebd., S. 418. LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 130. Siehe dazu Kapitel 3.1. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 56.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

431

ein Mitglied dieses höfischen Ordens,2215 war Lehnsmann der Hohenzollern und somit mehrfach in die Herrschaft des Landesherrn eingebunden. Die Möglichkeiten, die das Nominationsrecht in drei märkischen Bistümern für die Landesherrschaft boten, waren selbstverständlich auch Markgraf Albrecht bewusst, weswegen er es bei der Übernahme der Herrschaft in der Kurmark ebenfalls nicht missen wollte, obgleich das päpstliche Privileg ausdrücklich nur eine Geltungsdauer für die Lebzeiten Friedrichs II. angibt.2216 Umso wichtiger war es für Albrecht, eine Kontinuität der während der Regierungszeit seines Bruders begonnenen rechtlichen Tradition durchzusetzen: Bei der ersten Neubesetzung nach dem Tod Friedrichs II. wählte das Brandenburger Kapitel im Jahr 1472 so schnell wie möglich einen Nachfolger und stellte auf diese Weise den Landesherrn vor vollendete Tatsachen. Dennoch achteten die Kapitelherren darauf, einen Kandidaten auszusuchen, der dem Hohenzoller genehm war, um ein Einschreiten des Landesherrn zu verhindern.2217 Da ein Präzedenzfall seine Position beeinträchtigt hätte, bestand der Kurfürst trotzdem nachdrücklich auf seinem Recht: Der bereits gewählte Arnold von Burgsdorff musste in Anwesenheit des Markgrafen vor dem Kapitel zunächst auf seine Ansprüche verzichten und wurde dann direkt im Anschluss von Albrecht erneut nominiert. Erst danach erlaubte es der Markgraf, dass die Wahl durch das Kapitel ein zweites Mal vollzogen wurde.2218 Über den gesamten Vorgang ließ Albrecht schließlich eine ausführliche Urkunde2219 anfertigen, um die Fortführung des Vorrechts durch seine Person zu dokumentieren. Wenige Jahre später, im Oktober 1483, ging er gegen die ohne seine Zustimmung erfolgte Bischofswahl in Lebus hingegen nicht vor. Nicht nur, dass ihm der Kandidat durchaus zusagte, der Markgraf wollte unbedingt verhindern, dass der Favorit Sixtus’ IV. zum Zuge kam. Denn „so hetten wir ewiglich bebster zu Lubus“,2220 und der eigene Einfluss wäre völlig dahin, so der Markgraf weiter. Der Brief unterstreicht noch einmal die grundsätzliche Auffassung Albrechts über das Verhältnis zwischen Bischof und 2215 Ebd., S. 190. So gesehen gibt es doch weitere Argumente, die für Wedigo Gans zu Putlitz sprachen, auch wenn Alexander Letz unterstreicht, dass er kein Rat des Kurfürsten gewesen sei, siehe LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 130. 2216 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 66. 2217 Ebd., S. 93. 2218 Auch auf einer weiteren Ebene war die Abhängigkeit des neuen Brandenburger Bischofs zum Kurfürsten groß, denn Albrecht streckte diesem die große Summe von 1000 Rheinischen Gulden vor, die von Burgsdorff zur Zahlung der Annaten bei der Kurie benötigte, siehe Das Funfft Merckisch Buech, hg. von KARL AUGUST HUGO BURCKHARDT, Nr. 101, S. 183–184. 2219 CDB I, 8, Nr. 477, S. 433–434. 2220 Also päpstliche Kandidaten in dem Lebuser Amt, siehe PC 3, Nr. 982, S. 278–282, hier S. 279.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Landesherrn. Ihm war es wichtig, dass sein als Regent in der Mark eingesetzter Sohn Johann bei den Verhandlungen mit dem Kapitel ein ähnliches Vorgehen wie in Brandenburg einige Jahre zuvor vereinbaren sollte. Er erinnerte ihn daran, wie wichtig es sei, dass, wenn Johann nach Lebus komme, „[…] sie euch einlassen als irn erbherrn und landsfürsten […] dann sie sind irn pflichten nach das schuldig zu thun.“2221 Ein Bischof von Lebus müsse ein redlicher Mann sein und der Herrschaft und dem Land nützen, vor allem aber müsse er „[…] thun, was ein marggraf zu Brandburg will in pillichen sachen, den marggraven und die land berürende, es sey im lieb oder leydt […].“2222 Eine direkte Einbindung der märkischen Bischöfe in die Landesherrschaft wurde auch nach der Wahl forciert, indem sie als kurfürstliche Räte fungierten. Dies geschah nicht erst seit dem päpstlich verbrieften Nominationsrecht ab 1447, sondern bereits Friedrich I. nutzte die Bischöfe auf diese Weise für seine Herrschaft in der Mark Brandenburg. Durch das Privileg wurde diese Herrschaftsstrategie jedoch ‚berechenbarer‘, worauf Dietrich Kurze hingewiesen hat.2223 Durch die Übertragung von Ratsaufgaben auf die von ihm nominierten Bischöfe konnte Friedrich II. sie für wichtige Aufgaben innerhalb der Kurmark einsetzen. Gleichzeitig stattete der Kurfürst auch andere kirchliche Familiaren mit verschiedenen Ämtern innerhalb der gesamten Kurmark aus, um auf diese Weise seine Landesherrschaft auf zwei Ebenen zu verdichten.2224 Dies ermöglichten unter anderem weitere Privilegien im Rahmen der Verleihung von 1447: Im Februar 1447 vergab Papst Eugen IV. das Nominationsrecht für den Lebuser Dompropst und für zwei Domherren dieses Domstifts an den Markgrafen,2225 zudem das Patronatsrecht für fünf Kanonikate des Kollegiatstiftes zu Stendal.2226 Papst Nikolaus V. bestimmte zusätzlich im September desselben Jahres, dass die Anhänger des Gegenpapstes unter der Geistlichkeit der Mark Brandenburg von ihren Ämtern enthoben werden sollten und die frei werdenden Posten durch von Kurfürst Friedrich II. ausgewählte Personen zu besetzen seien.2227 2221 2222 2223 2224 2225 2226 2227

Ebd. Ebd. KURZE, Das Mittelalter, S. 86. WIGGER, Vom Chordienst, S. 110. CDB I, 8, Nr. 138, S. 280–281. HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 3, S. 224–225. Ebd., Beilage Nr. 20, S. 238–241. Alexander Letz mutmaßt, dass das Privileg auf die Streitigkeiten innerhalb des Klosters Zinna gemünzt gewesen sein könnte. Die Absetzung des Abtes Balthasar 1435 habe innerhalb des Klosters Unruhe ausgelöst. Möglicher Grund für seine Amtsenthebung könnte die Parteinahme für das Basler Konzil gewesen sein, das ihm 1438 drei Sentenzen zu seinen Gunsten zukommen ließ. In den 1440er Jahren habe es in der Mark keine Anhänger Basels mehr gegeben, so Letz, womit es naheliege, dass die Unruhen im Zinnaer Konvent noch nicht zu Ruhe gekommen seien, siehe ebd., S. 163. Anzu-

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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Somit waren dem Landesherrn auf verschiedenen kirchlichen Hierarchiestufen angesiedelte Personengruppen verbunden, die Zugriff auf unterschiedliche Kreise der märkischen Bevölkerung hatten und die dementsprechend zielgerichtet für die landesherrlichen Interessen einsetzbar waren. Da sämtliche Privilegien und päpstliche Bullen auf konkrete Wünsche der Hohenzollern zurückgingen, sieht man, wie zielgerichtet Friedrich II. die geistlichen Amtsträger für seine landesherrlichen Ziele einzusetzen suchte. Ausbau der landesherrlichen Gerichtskompetenzen zuungunsten geistlicher Herrschaftsträger Neben der Verfügung und Einbindung bestimmter Herrschaftsträger und Amtspersonen in die eigene Herrschaft durch den Landesherrn ermöglichten die Privilegien aus dem Jahr 1447 außerdem eine erhebliche Ausweitung der Gerichtsrechte und damit einen weiteren Machtzuwachs in einem zentralen Bereich fürstlicher Herrschaft,2228 war doch das späte Mittelalter in zunehmender Weise von Konflikten um die Zuständigkeit weltlicher und geistlicher Gerichte geprägt. Dass es im Interesse des Landesherrn lag, den Einfluss der eigenen Rechtsprechung auszuweiten, wurde bereits am Beispiel des sogenannten Kaiserlichen Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg in den Blick genommen.2229 In der Kurmark hatte Friedrich I. schon zur Zeit seiner Verweserschaft den Einwohnern der Städte Berlin und Cölln verboten, weltliche Rechtsfälle vor geistlichen Gerichten verhandeln zu lassen.2230 Bei Fragen der Gerichtszuständigkeit ging es sowohl um den Ausbau des herrschaftlichen Einflusses als auch um nicht unerhebliche Einnahmen aus den Gerichtsrechten.2231 Markgraf Friedrich II. setzte fünf Jahre nach seinem Herrschaftsantritt eine Kommission zur Konfliktregelung und zur Sicherung seiner Interessen ein. Diese arbeitete einen Rezess aus,2232 der am 27. Juni 1445 von den Landständen und dem Landesherrn gemeinsam unterzeichnet wurde.

2228 2229 2230 2231 2232

merken ist jedoch, dass Letz keinerlei Belege für die Behauptung liefert, dass die Geistlichkeit der Mark Brandenburg zu diesem Zeitpunkt bereits einheitlich hinter Rom gestanden habe. Auch dieser Aspekt der Gerichtsherrschaft ist verschiedentlich von der Forschung behandelt worden, siehe LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 173–174, aber auch KURZE, Das Mittelalter, S. 98–100. Siehe Kapitel 5.1. UBC, Nr. 8, S. 330; die Urkunde datiert vom 30. November 1413. MONE, Kanzlei- und Gerichtsgebühren, S. 435–438. CDB III, 1, Nr. 166, S. 273–276.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Zu Beginn der Urkunde wurde auf die Streitigkeiten zwischen den Prälaten und Bischöfen von Havelberg, Lebus und Brandenburg und den Rittern, Herren und Städten der Mittelmark, Lebus, Prignitz und Sternberg Bezug genommen, die eine umfassende Regelung notwendig gemacht hätten.2233 Im Anschluss legte die Urkunde in zwölf Artikeln im Wesentlichen fest, dass die Zuständigkeit der geistlichen Gerichte in geistlichen Angelegenheiten grundsätzlich erhalten bleiben sollte, jedoch im Falle von Verfahren gegen Laien, bei denen gegen den Willen ihres Gerichtsherrn der Prozess vor ein geistliches Gericht gebracht werde, zukünftig die Möglichkeit bestehen sollte, dass der weltliche Gerichtsherr das Verfahren an das eigene Gericht ziehen könnte.2234 Zudem wurde beschlossen, dass für weitere Fälle die Zuständigkeit der landesherrlichen Gerichte ausgeweitet und somit weitere Personenkreise der Gerichtshoheit Friedrichs II. unterstellt wurden. Schließlich sah der Rezess vor, dass ein Kirchenbann nicht mehr auf ganze Dörfer oder Städte in der Mark Brandenburg ausgeweitet werden, sondern nur noch allein über denjenigen verhängt werden durfte, der auch tatsächlich bestraft werden sollte. Eine Bestrafung Unschuldiger durch die Suspension des Gottesdienstes sollte nicht mehr möglich sein.2235 Der Rezess des Jahres 1445 förderte die Landesherrschaft Friedrichs II. also auf mehrfache Weise und trug zur Festigung seiner Autorität bei: Im Sinne eines Ausbaus der Landeshoheit konnte der Hohenzoller ungefähr zeitgleich zu den Bemühungen seines Bruders Albrecht in Franken weitere Herrschaftsrechte an sich bringen, seine Einnahmen aus Gerichtsgebühren steigern und den Einfluss der Geistlichkeit zurückdrängen. Zudem beförderte der Markgraf in nicht unerheblichem Maße die eigene Selbstdarstellung, da die Bestimmungen von 1445 sich eines dringenden Problems der Zeit annahmen. Den Untertanen des märkischen Territoriums wurde Rechtssicherheit in Aussicht gestellt, da der Landesherr den Zugang zu einem geregelten gerichtlichen Verfahren erleichterte. Wie Markgraf Albrecht in Franken konnte er damit einer wichtigen fürstlichen Herrscheranforderung nachkommen. Selbstverständlich spielte auch die Erhöhung der Einnahmen aus Gerichtsgeldern eine nicht unerhebliche Rolle. Schließlich hatte Friedrich II. es durch den Rezess erwirken können, dass die Folgen des Kirchenbannes nicht mehr unterschiedslos alle Ein2233 Ebd., S. 274. 2234 „Worde denn des beclageden Mannes herre, In des gerichte hy beseten were, an den prelaten addir sinen official, dy on geladen hedde, schriuen vnd bidden, dat hy den cleger In dat gerichte, dar dy antwerder Innen beseten weder, wysede, hy wolde ome rechts helppen, dem schal dy prelate adder dy official, an dem dat na geschreuener wyse geuordert wert, also don vnd den clegeren In dat gerichte wysen […]“, siehe ebd. 2235 „Die vorgeschreben prelaten edder ore official scholen ok ummb neynerly penningk saken willen den sanck legeren, Sunder den ban widder den sakeweldigen, dy schuldich is, verfolgen, als vorgeschriben is.“ Siehe ebd., S. 275.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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wohner bestimmter Dörfer und Städte treffen konnte. Die Sorge der Untertanen, ohne eigenes Verschulden ihr Seelenheil zu gefährden, konnte durch dieses fürsorgliche Handeln des Landesherrn gemildert werden. Der Markgraf präsentierte sich durch seine verschiedenen Maßnahmen also als umsichtiger Fürst, der das geistliche und weltliche Wohl seiner Untertanen gleichermaßen im Auge hatte. Bruno Hennig hat darauf verwiesen, dass in der Folgezeit in der märkischen Rechtsprechung immer wieder auf den Rezess Bezug genommen wurde, was belege, dass die neuen Bestimmungen schnell Einzug in die Rechtswirklichkeit gehalten hätten.2236 Die Relevanz dieser Regelungen für die Zeitgenossen wird hier deutlich. Da die Diözesangrenzen von Brandenburg, Havelberg und Lebus sich nicht mit den weltlichen Grenzen der Mark Brandenburg deckten, ergab sich für Friedrich II. in seinem Territorium neben den generellen Streitigkeiten zwischen weltlicher und geistlicher Rechtsprechung ein weiteres Problem, das ganz direkt seine Autorität als Landesherr berührte: Für die Altmark war zum einen Teil die Diözese Verden und zum anderen Teil die Diözese Halberstadt zuständig, Teile der Uckermark bzw. der Neumark waren der Diözese Kammin unterstellt.2237 In diesen Gebieten der Mark Brandenburg, die also auswärtigen Diözesen unterstanden, war der Einfluss fremder Herrschaftsträger groß, zu denen sowohl die Herzöge von Sachsen als auch der Magdeburger Erzbischof und die Herzöge von Pommern gehörten. Dies konnte selbstverständlich nicht im Interesse der Hohenzollern sein, bestand nicht nur die Gefahr, dass in diesen Grenzbereichen des märkischen Territoriums nach und nach der eigene Herrschaftsanspruch bei den Untertanen vollkommen untergraben würde, sondern im schlimmsten Fall diese Teile des Landes endgültig in den Herrschaftsbereich der konkurrierenden Machtträger übergingen. In der Altmark hatte der Markgraf bereits vor dem Jahr 1447 versucht, durch einen Landtagsbeschluss den Einfluss der fremden Bischöfe zu verringern.2238 Dass insbesondere hier die gut organisierten geistlichen Gerichte häufiger

2236 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 139–140. 2237 LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 174. 2238 Eine Urkunde aus dem Jahr 1460 gibt Auskunft über die Regelungen und stellte die Missstände aus der Zeit, „als wir die alden Marg noch In vnnserm Regiment hetten“, dar, der Zeit also, als die Kurmark noch nicht zwischen Friedrich und seinem jüngeren Bruder aufgeteilt war, siehe CDB I, 16, Nr. 109, S. 89. Bereits am 11. Juni 1435 unternahm Friedrichs Vater, Friedrich I., den Versuch, durch einen Vergleich mit dem Bischof und dem Kapitel von Halberstadt die Gerichtsfrage zu seinen Gunsten zu verbessern. Ein unter seinem Schutz stehender Kommissar sollte insbesondere bei Schuldsachen geistlicher und weltlicher Personen im altmärkischen Teil der Halberstädter Diözese ausschließlich zuständig sein, siehe CDB I, 22, Nr. 1, S. 485–486. Welche Gegenleistung der Bischof für dieses weitgehende Zugeständnis erhalten haben könnte, ist nicht bekannt, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 160.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

bei Schuldsachen von Laien angerufen wurden, macht die Vielzahl von Prozessen aus dem 15. Jahrhundert deutlich.2239 Dies stellte ein großes Ärgernis für den Landesherrn dar. In dem zwischen Landesherrn und Landständen abgestimmten Beschluss wurde deswegen festgelegt, dass kein Laie wegen einer Schuldsache oder in anderen weltlichen Angelegenheiten einen anderen Laien vor einem geistlichen Gericht verklagen dürfe.2240 Falls es zu einer Rechtsverweigerung kommen sollte, wurde festgelegt, dass automatisch nach sechs Wochen und drei Tagen der Prozess an das markgräfliche Gericht in Tangermünde gehen sollte.2241 Bezeichnend ist, dass die an der Erarbeitung des Beschlusses beteiligten Landstände nur durch Herren, Edle und die Städte der Altmark vertreten waren, der Klerus im Gegensatz zu der Praxis in den anderen Regionen der Mark Brandenburg aus diesem Gremium ausgeschlossen war. Zudem wird deutlich, wie sehr die Autorität des Landesherrn im Gerichtsbereich gestärkt werden sollte. Aber auch die neuen Bestimmungen besserten die Situation in der Altmark für den Landesherrn nicht wesentlich,2242 zumal die Position des Kurfürsten gegenüber den geistlichen Herrschaftsträgern keine Durchsetzung des neuen Konzepts zuließ. Deswegen einigte sich Friedrich II. zunächst mit dem Bischof von Halberstadt nur darauf, dass fortan geistliche Richter in Vertretung des Erzbischofs an den Gerichten tätig werden sollten. So fiel zumindest die Möglichkeit weg, dass Bewohner der Mark vor auswärtige Gerichte geladen wurden.2243 Dieser Kompromiss erinnerte stark an einen Vergleich, den der Vater des Kurfürsten, Friedrich I., im Jahr 1435 mit dem Bischof und dem Kapitel von Halberstadt geschlossen hatte2244 und der vorsah, dass im Archidiakonat von Halberstadt, zu dem die altmärkischen Teile der Diözese gehörten, ebenfalls ein bischöflicher Kommissar eingesetzt werden sollte, der für Schuldsachen weltlicher und geistlicher Personen zuständig sein sollte. Der Bischof ließ sich unter anderem zusichern, dass er weiterhin Appellationsinstanz bei allen vom Kommissar getroffenen Entscheidungen bleiben sollte, der Markgraf behielt sich dagegen vor, dass der Kommissar unter seinem Schutz stünde.2245 Die Verträge zwischen dem Markgrafen und den Bischöfen bezüglich der Gerichtskompetenzen zeigen den geringen Handlungsspielraum Fried2239 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 156. 2240 „[…] das ein werntlicher den anderen umb keiner schult noch werntlicher sachen willen vor geistlich gericht nicht zyhen noch pannen sol, In kein weysze […]“, siehe CDB I, 16, Nr. 109, S. 89. 2241 Ebd. 2242 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 156–157. 2243 LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 177. 2244 CDB I, 22, Nr. 1, S. 485–486. 2245 Ebd., S. 486.

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richs II. in diesem Teil seines Territoriums, da sie Verträge zwischen gleichberechtigten Partnern darstellten und die markgräfliche Herrschaftsgewalt sich folglich nicht auf den Halberstädter Bischof erstreckte. Um die landesherrliche Autorität in diesem Teil der Mark entscheidend durchzusetzen und den Einfluss der konkurrierenden Herrschaftsträger auszuschalten, ließ sich der Kurfürst nach der Obödienzleistung für Eugen IV. von dessen Nachfolger Nikolaus V. verschiedene Bullen ausstellen, die eine erhebliche Verbesserung der landesherrlichen Position bewirkten:2246 Vom 10. September 1447 datiert die Bulle Etsi de cunctis I, welche generell bestimmte, dass die Untertanen der Mark Brandenburg sich in allen Ziviloder Kriminalsachen nur vor dem markgräflichen Gericht oder einem durch den Markgrafen eingesetzten Richter zu verantworten hätten.2247 Darin wurde ausdrücklich allen geistlichen Richtern untersagt, märkische Untertanen entgegen diesen Bestimmungen vorzuladen. Ebenfalls am 10. September stellte Nikolaus V. die Bulle Etsi de cunctis II aus, die den Einwohnern von Stendal und dem umliegenden märkischen Gebiet zugestand, sich bei einem Streitwert von unter 15 Kammergulden vor einem vor Ort tagenden Vertreter des Halberstädter Bischofs verantworten zu dürfen, wobei es besagtem Vertreter genau wie anderen geistlichen Richtern verboten war, die Bewohner der Stadt Stendal außerhalb des märkischen Territoriums vorzuladen.2248 Damit sollten die Bewohner Stendals, einer der reichsten und bedeutendsten Städte in der Mark Brandenburg,2249 nicht mehr ins zwei Tagesreisen entfernte Halberstadt fahren müssen. Die Bulle legte aber auch ausdrücklich fest, dass es im Belieben der Stendaler Bürger stehen sollte, ob sie vor dem bischöflichen Kommissar erscheinen wollten. Fast ein Jahr später, am 5. Juni 1448, stellte Papst Nikolaus V. dem Markgrafen schließlich einen weiteren bullierten Brief aus, der noch einmal unterstrich, dass die großen Unannehmlichkeiten abgestellt werden müssten, die dem Markgrafen und seinen Untertanen aus der Tatsache erwüchsen, dass Märker wegen geringfügiger weltlicher Rechtssachen über

2246 Diese sollten ebenfalls die Zuständigkeit von außerordentlichen Gerichten verbieten, denn es gab auswärtige Geistliche, die in speziellen Fällen oder zur ständigen Vertretung einer Korporation Gerichtsrechte besaßen. Zuweilen griffen auch Körperschaften auf das markgräfliche Gebiet aus. Als Beispiel kann eine im Namen des Markgrafen vorgebrachte Beschwerde vor dem Basler Konzil dienen, die dagegen klagte, dass das Konzil in einer weltlichen Angelegenheit in der Mark Brandenburg angerufen worden war, wie das Konzilsprotokoll vom 29. März 1436 festhielt, siehe HALLER, Consilium Basiliense, Bd. 4, S. 97. 2247 HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 25, S. 244–247. Ebenfalls abgedruckt in CDB II, 5, Nr. 1768, S. 5–6, hier aber nach dem päpstlichen Registereintrag und mit falschem Datum bzw. einigen Lesefehlern. 2248 CDB I, 15, Nr. 329, S. 270–271. 2249 HEINRICH, Art. ‚Stendal‘, Sp. 109–110.

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die Grenzen der Mark hinaus vor fremde geistliche Gerichte geladen würden.2250 Den Einwohnern der Mark wurde hier das Recht zugesprochen, darauf zu bestehen, dass ihre Prozesse vor den in der Mark ansässigen geistlichen Richtern verhandelt würden, solange keine Gefahr bestünde, dass die Verfahren verschleppt würden. Mit dem Brief wurde festgeschrieben, dass alle weltlichen Rechtssachen auf jeden Fall im Lande verhandelt und gerichtet werden mussten, auch wenn dies vor einem geistlichen Gericht geschehen sollte. Bereits Bruno Hennig hat darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch zwischen der ersten Bulle aus dem Jahr 1447 bezüglich der Gerichtskompetenzen und den beiden folgenden bestünde.2251 Während die beiden letzteren einmal allein für die Stadt Stendal und ihre Umgebung und einmal für das gesamte Gebiet der Mark Brandenburg festlegten, dass die genannten Personengruppen nicht vor auswärtige Gerichte geladen werden dürften, hatte die erste Bulle vom 10. September Kurfürst Friedrich II. eigentlich die alleinige Gerichtskompetenz in allen weltlichen Rechtsangelegenheiten zugestanden. Allen dreien sei jedoch die Tatsache gemeinsam, dass sie den Einfluss der nicht in der Mark Brandenburg ansässigen Gerichte unterbinden wollten: Diese gemeinsame Intention der päpstlichen Bullen Etsi de cunctis I und II hob zwei Jahrzehnte später Kurfürst Albrecht ebenfalls in einem Brief deutlich hervor.2252 Es scheint plausibel, wenn Hennig argumentiert, dass Etsi de cunctis II eine freiwillige Selbstbeschränkung des Kurfürsten beinhalte, bei der er sich speziell für die Stendaler Verhältnisse „[…] absichtlich in keinem Punkt mehr bewilligen [ließ], als der Bischof zugestanden hatte, und als dem momentan wirklich bestehenden Machtverhältnis von Landes- und Kirchenfürst in diesem Gebiet entsprach.“2253 Hätte Friedrich II. weiterreichende Rechte gegen den Bischof durchsetzen wollen, hätte er – so Hennig – damit rechnen müssen, dass der Bischof sich entweder mit einer Beschwerde an den Papst gewendet oder die Bulle Nikolaus’ V. schlicht missachtet hätte. Gleichzeitig sei der Bischof aber gezwungen gewesen, die Vereinbarung, die bereits in dem Vertrag mit Friedrich I. im Jahr 1435 festgelegt worden war, zu halten, und habe nicht mehr hinter diese Abmachung zurückgehen können, zumal sie 2250 Der bullierte Brief Eximia praeclarae, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage 25a, S. 247– 250. 2251 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 164. 2252 Markgraf Albrecht fasst den wichtigsten Punkt der beiden Bullen 1472 folgendermaßen zusammen: „[…] das man seine vnterthan des kurfurstenthumbs zw Branndemburg vßwenndigen Lanndes vnd der gerichte, dar Inn sie gesessen sein nicht Laden vnd In fremde gerichte nicht ziehen soll […]“, siehe Das Funfft Merckisch Buech, hg. von KARL AUGUST HUGO BURCKHARDT, Nr. 13, S. 27. 2253 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 167.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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nun sogar päpstlich sanktioniert war.2254 Durch die Bulle Etsi de cunctis I habe sich der Markgraf dagegen den größtmöglichen Handlungsspielraum gesichert, sprach sie dem Landesherrn doch zu, dass sich die Untertanen in diesem Teil der Mark Brandenburg in allen Zivil- oder Kriminalsachen nur vor dem markgräflichen Gericht oder einem durch den Markgrafen eingesetzten Richter zu verantworten hätten.2255 Der Kurfürst habe die Bulle mit den umfassenderen Bestimmungen also praktisch ‚in der Hinterhand‘ haben wollen, um bei einem Überschreiten der Vereinbarungen seitens des Bischofs wirksam reagieren zu können. Denkbar ist aber durchaus, dass sich Friedrich II. für den Fall eines Wandels in den realpolitischen Machtverhältnissen mit einem wirksamen Instrument ausstatten lassen wollte, um in einem geeigneten Augenblick eine Ausweitung seiner landesherrlichen Handlungsmöglichkeiten betreiben zu können. In diesem Sinne hätte der Kurfürst die Bulle auch offensiv zum Einsatz bringen können und sie nicht nur als Absicherung gegen mögliche Ausdehnungen der Gerichtskompetenzen durch den Halberstädter Bischof nutzen müssen. Zusätzlich ergaben sich durch die päpstlichen Bullen zwei weitere Vorteile bezüglich der Gerichtskompetenzen innerhalb der Mark Brandenburg: Zum einen boten die extrem ausgedehnten landesherrlichen Gerichtskompetenzen von Etsi de cunctis I gegenüber benachbarten Diözesen eine gute Verhandlungsgrundlage bei Verträgen über Gerichtszuständigkeiten. Zum anderen war es dem Landesherrn möglich, in den Teilen des märkischen Territoriums, in denen die Diözesen innerhalb des Landes lagen, gegen die außerordentlichen geistlichen Richter vorzugehen,2256 d. h. gegen auswärtige Geistliche, die zum Beispiel in Vertretung einer Korporation Gerichtsrechte wahrnahmen. Die Tatsache, dass der fast ein Jahr später ausgestellte bullierte Brief Eximia praeclarae nicht noch einmal eine generelle Zuständigkeit der markgräflichen Gerichte in sämtlichen weltlichen Rechtsangelegenheiten erklärte, sondern nur festlegte, dass sie vor Gerichten innerhalb des Territoriums zu verhandeln seien, weist nicht nur auf die realistische Einschätzung der Möglichkeiten hin, eine flächendeckende Gerichtsorganisation zur Verfügung zu stellen. Nicht unwesentlich mag bei der Bitte um den bullierten Brief auch gewesen sein, dass bei dieser Festlegung das mark2254 Ebd., S. 168. 2255 Alexander Letz hat auf der Basis der Überlegungen Hennigs die Bullen einerseits als Ausdruck längerfristiger und prinzipieller landesherrlicher Ansprüche (Etsi de cunctis I), andererseits als einen an der Tagespolitik orientierten Kompromiss (Etsi de cunctis II) gedeutet, siehe LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 181. Friedrich II. habe zwar prinzipiell immer noch auf dem Prinzip einer sachenrechtlichen Zuständigkeit bestanden, aber „der fora domicilii mit der Zuständigkeit örtlich verankerter Gerichte zum Durchbruch […] verholfen“, siehe ebd. 2256 Ebd., S. 172.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

gräfliche Territorium zumindest die ausschlaggebende Bezugsgröße darstellte, da die Märker in ‚ihrem Land‘ bleiben durften, wenn sie sich vor Gericht zu verantworten hatten.2257 Trotz des Pragmatismus Friedrichs II., der sich in zwei der drei päpstlichen Gerichtsprivilegien widerspiegelt, spricht die Erneuerung von Etsi de cunctis I am 21. März 1459 durch Papst Pius II.2258 dafür, dass er an dem Ziel einer alleinigen markgräflichen Kompetenz in weltlichen Rechtsangelegenheiten festhielt und dies zu seinem Selbstverständnis als Landesherr wesentlich dazugehörte. Die Bulle Pius’ II. sah zudem eine analoge Regelung für die fränkischen Lande der Hohenzollern und damit eine Stärkung der landesherrlichen Position Markgraf Abrechts vor. Damit waren sämtliche hohenzollerischen Territorien bezüglich dieser Formen von Gerichtskompetenzen zumindest rein formal völlig gleichgestellt. Kaiser Friedrich III. hatte Albrecht nämlich im Jahr 1456 ein privilegium de non evocando,2259 ausgestellt, das diesem bezüglich der Gerichtsrechte „all die gnad, freyheit, recht vnd gerechtigkeyt [verlieh], die unser vnd des heyligen Rychs kurfursten“ besaßen.2260 Bereits 1451 verbot der Domdechant von Lebus auf Grundlage von Etsi de cunctis I und im Auftrag Friedrichs II. den geistlichen Gerichten der Diözese Kammin, Untertanen des Markgrafen, insbesondere in der Stadt Prenzlau, vorzuladen.2261 Außerdem sollten die Räte der Städte Stettin, Prenzlau, Greifswald und Pasewalk, die dieser Diözese angehörten, öffentlich verkünden, dass die Vorladung und andere Prozesse dieser Art unstatthaft seien; gleichzeitig warnte der Domdechant den Offizial von Kammin bei der Strafe der Bannung davor, die markgräflichen Untertanen entgegen dem Privileg vorzuladen. Ebenfalls erneuert wurde der bullierte Brief Eximia praeclarae am 2. März 1472,2262 da aufgrund der Abfassungsform nach dem Tod Friedrichs II. die Vereinbarung hinfällig geworden war. Dies hatte benachbarte Bischöfe dazu veranlasst, ihre alten Zuständigkeiten wieder einzufordern, wie aus einem Brief des Prenzlauer Rates vom 11. Juli 1471 hervorgeht. Die Prenzlauer müssten „grote mohye vnd sware swygende banne plegeliken lyden“, und zwar „[…] wedder sodane priuilegien, alse vnse gnedige here marggreue frederick

2257 Sehr wahrscheinlich hatte der Kurfürst die Bulle Eximia praeclarae in Hinsicht auf den Bischof von Verden ausstellen lassen, da Etsi de cunctis II vor allem die Kompetenzen zwischen dem Landesherrn und dem Halberstädter Bischof regelte, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 178. 2258 CDB II, 5, Nr. 1791, S. 35–37. 2259 Allgemein zum privilegium de non evocando siehe EISENHARDT, Die Rechtswirkungen. 2260 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 250, S. 315–316. 2261 CDB I, 21, Nr. 263, S. 307. 2262 CDB II, 5, Nr. 1896, S. 149–154; bei Riedel mit der falschen Jahresangabe 1471. Die Erneuerung nahm auf Wunsch Kurfürst Albrechts Papst Sixtus IV. vor.

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seliger […] van deme alderhilgestem vnserm vader deme pawese vorworuen hefft.“2263 Deswegen baten sie Markgraf Albrecht, sie bei ihrem Anliegen vor dem päpstlichen Legaten zu unterstützen und das Privileg erneuern zu lassen. Selbstverständlich war der neue Landesherr daran interessiert, einer Beeinträchtigung seiner herrschaftlichen Position in der Mark Brandenburg entgegenzuwirken bzw. die Chance zu einem Ausbau der Stellung zu ergreifen. Die Erneuerung der Bulle erfolgte noch nicht einmal ein Dreivierteljahr später. Dass die Beschwerden aus Prenzlau keinen Einzelfall darstellten, unterstreicht ein Brief Albrechts vom 12. Dezember 1471, in dem er konstatierte, dass es in der Mark Brandenburg „vast grosse vnd manigvaltige clag Vnd ansuchung von den Vnsern“ gebe, „[…] die vast in Vnbillich Weiß mit den gaistlichen gerichten Vmbgetrieben Vnd zu pann bracht worden, vmb sachen, die nicht gaistlich sind.“2264 Albrecht versuchte, der ursprünglichen Forderung nach umfassender weltlicher Gerichtskompetenz seines Bruders Geltung zu verschaffen, wies er seine Räte in Franken doch darauf hin, „ein gebotsbrieff von vnnserm heiligen Vater dem Babst“ zu erwerben, „das die geistlichen In vnnsern kurfurstenthumen hynnen vnd doaussen vber weltlich sach nicht richten“ sollten.2265 Nach der Neuausstellung der Bulle durch Sixtus IV. ließ Albrecht diese umgehend in der Altmark bekannt machen.2266 In eine ganz ähnliche Stoßrichtung wie die genannten Bullen der Jahre 1447/48 geht eine weitere für Friedrich II. ausgestellte Bulle vom 10. September 1447. Durch diese Urkunde wurde das Kollegiatstift in Tangermünde aus dem Gerichts- und Herrschaftsbereich des Halberstädter Bischofs gelöst und direkt dem Papst unterstellt.2267 Das Tangermünder Stift, das dem Patronat des Fürsten unterstand und zwölf Kanoniker umfasste, war durch Karl IV. im Jahr 1377 gegründet und reich dotiert worden.2268 Bereits bei der Gründung durch den luxemburgischen Kaiser war das Stift von der Zuständigkeit des Halberstädter Bischofs eximiert worden. Eine erneute Befreiung von der Gerichts- und Herrschaftshoheit des Halberstädter Bischofs erfolgte auf dem Konstanzer Konzil am 5. Januar 1415 durch Papst Johannes XXIII.2269 Die Bulle Papst Nikolaus’ aus dem Jahr 1447 unterstellte das Tangermünder Kollegiatstift endgültig dem Heiligen Stuhl. Auch hier lag es im Interesse des Landesherrn, konkurrierende 2263 CDB I, 21, Nr. 301, S. 340–341, hier S. 341. 2264 Das Funfft Merckisch Buech, hg. von KARL AUGUST HUGO BURCKHARDT, Nr. 2, S. 6–7, hier S. 6. 2265 Ebd., Nr. 14, S. 28. 2266 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 182. 2267 CDB I, 16, Nr. 97, S. 78–79. Hier datiert Riedel erneut falsch auf den 6. September 1447 anstelle des 10. Septembers, siehe die Ausführung bei HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 253. 2268 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 34. 2269 POPP, Tangermünde, S. 1263.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

Herrschaftsträger innerhalb des eigenen Territoriums auszuschalten und eine der wichtigsten geistlichen Korporationen der Mark Brandenburg, die zudem in einer auch im 15. Jahrhundert weiterhin ausgiebig genutzten Residenz der Hohenzollern angesiedelt war,2270 von Zwischengewalten zu befreien. Die von Kurfürst Friedrich I. 1423 dem Stift inkorporierte Kapelle St. Maria zur Klause in Tangermünde erhöhte die Bedeutung des Stiftes zusätzlich, besaß die Kapelle doch ein Gnadenbild der Gottesmutter, das zumindest regional durchaus sehr bedeutend war.2271 Nach der Wiedergewinnung der Neumark agierte Papst Pius in Bezug auf die Kollegiatkirche St. Peter und Paul in Soldin ähnlich. Er entzog sie der Zuständigkeit des Kamminer Bischofs und unterstellte sie seinem eigenen Schutz. Auch dies erfolgt auf Wunsch Friedrichs II., der den Soldiner Dompropst bereits 1454 als seinen Rat bezeichnete.2272 Einbindung von Dom- bzw. Kollegiatstiften und Klöstern in die kurfürstliche Landesherrschaft: Kanonikate, Ratstätigkeit und Observanz Weitere Bullen Papst Eugens IV. und Nikolaus’ V. von 1447/48 sahen eine Steigerung der landesherrlichen Einflussnahme auf Grundlage eines unterschiedlich ausgeprägten Kollationsrechts vor: Durch die Möglichkeit, Kandidaten für die Vergabe der Kanonikate vorzuschlagen, besaß der Kurfürst ein wirksames Instrument, um Macht auf die einflussreichsten kirchlichen Korporationen in seinem Land auszuüben. Im Domstift St. Nikolai in Stendal sollte der Markgraf für fünf Kanonikate Personen vorschlagen dürfen und erhielt zudem das Patronatsrecht.2273 Damit war seit dem 15. Jahrhundert stückweise der Einfluss der Markgrafen auf das Stift ausgebaut, waren gleichzeitig die finanziellen Forderungen an die Stendaler Domherren kontinuierlich erhöht worden.2274 Die Stendaler Domherren leisteten erbitterten Widerstand gegen den Ausbau des Besetzungsrechtes, und erst fünf Jahre später, im Jahr 1452, kam es schließlich zu einem Kompromiss zwischen Friedrich II. und Stendaler Domherren.2275 Das päpstliche Privileg von 1447 stellte als Grund für die Ausstellung nicht nur die Tatsache heraus, dass den Markgrafen seit alters her das Patronatsrecht 2270 2271 2272 2273 2274

AHRENS, Bemerkungen zur Mittelpunktsfunktion, S. 170. POPP, Tangermünde, S. 1265. KURZE, Das Mittelalter, S. 88. HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 3, S. 224–225. Ebd., S. 39–40, Fußnote 5. Zusätzlich versuchten die Hohenzollern, eine Einflussnahme durch eine stärkere Einbindung der Domherren über Dienstpflichten zu erreichen, siehe POPP/BADSTÜBNER, Stendal. Kollegiatstift, S. 1198. 2275 Ebd. Der Markgraf erhielt das Besetzungsrecht für drei Majorpräbenden.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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zustünde,2276 sondern auch die großen Verdienste Kurfürst Friedrichs I. bei der Übernahme der Mark Brandenburg und die großen Zerstörungen, die durch die landesfremde Herrschaft zuvor entstanden waren. Die besonderen Verdienste der Dynastie der Hohenzollern wurden durch Papst Eugen IV. außerdem insofern hervorgehoben, als er es nicht unterließ, den Anteil Friedrichs II. am Zustandekommen der Obödienz zu betonen und damit sein besonderes Verdienst um die Kirche.2277 Die Bulle unterstützte das Anliegen des Landesherrn also gleich auf mehrfache Weise: Nicht nur kraft päpstlicher Autorität sollten die Rechte im Domstift begründet werden, sondern auch durch einen Verweis auf vorgeblich altes Herkommen, die besonderen Verdienste der Hohenzollern und den Hinweis auf die Entfremdung märkischen Besitzes und märkischer Rechte. Das letztgenannte Argument stellte ein Hauptanliegen der hohenzollerischen Politik seit der Belehnung mit der Mark Brandenburg dar, das sie auch immer wieder gegenüber König Sigismund betont hatten und das aktueller denn je war. Denn Friedrich II. konnte im Jahr des Kompromisses mit dem Stendaler Domkapitel ebenfalls erreichen, dass nach jahrzehntelangen Bemühungen die Neumark vom Deutschen Orden wieder zurückerlangt werden konnte.2278 Ebenso wie in Stendal ließ sich Friedrich II. in einer an demselben Tag ausgestellten Bulle das einmalige Recht zusichern, den Propst und zwei Personen für das Domkapitel von Lebus zu nominieren.2279 Durch diese päpstliche Verfügung wurde zunächst eine indirekte Einflussnahme auf die zukünftigen Bischofswahlen in dieser Diözese möglich, und da in diesem Bistum noch zu Beginn der 1440er Jahre der Einfluss Polens und Böhmens extrem deutlich spürbar war, erhielten die Bestrebungen des Markgrafen eine besondere Dringlichkeit.2280 Bereits Friedrich I. hatte intensive Versuche gestartet, um seinen landesherrlichen Einfluss geltend zu machen, und die Tatsache, dass seit 1421 insbesondere Märker und Franken und nicht mehr Mitglieder schlesischer oder polnischer Familien das Bi-

2276 Das Stift war eine Gründung der Askanier, seit deren Aussterben besaßen die Markgrafen nur noch die Propstei und eine Domherrenstelle. 2277 HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 3, S. 224. 2278 Siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 61 bzw. S. 76–80. Ausführlich, aber aufgrund des Alters nur mit Einschränkungen zu dem Thema zu empfehlen: VOIGT, Die Erwerbung. 2279 „[…] per prefatum Machionem vobis nominandis duos canonicatus et totidem prebendas ecclesie Lubucensis […]“, siehe CDB I, 20, Nr. 138, S. 280–281. Die Bulle ist ebenfalls auf den 5. Februar 1447 datiert und nicht, wie Riedel fälschlicherweise angibt, auf das Jahr 1448, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 226. 2280 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 49. Die Domherrenstellen wurden zumeist aus schlesischen und polnischen Familien besetzt.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

schofsamt erhalten hatten, mag für einen gewissen Erfolg seiner Strategie sprechen.2281 Spätestens durch die Übertragung des Nominationsrechts für das Bischofsamt, das Papst Nikolaus V. Friedrich II. nur sieben Monate später zugestand, war der Weg frei für die umfangreichste Form des Zugriffs seitens des Landesherrn.2282 Durch die frühere Übertragung des Nominationsrechtes an den Propst und zwei weitere Kanonikate in Lebus waren darüber hinaus zusätzliche landesherrliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Domkapitel geschaffen worden, und Friedrich II. konnte zudem für ihn wichtige Amtsträger mit der Vergabe dieser Pfründen eng an seine Person binden und belohnen.2283 Analog zu den Verhältnissen in Stendal bzw. Lebus wurden auch in Franken die landesherrlichen Zugriffsmöglichkeiten auf der Ebene der Kollegiatstifte ausgebaut: Eugen IV. übertrug Markgraf Albrecht und seinen Nachfolgern das Patronatsrecht über die Propsteien und je zwei Kanonikate im Kollegiatstifte St. Gumbertus in Ansbach und dem Marienstift in Feuchtwangen.2284 Insbesondere die Nominationsrechte in Ansbach bedeuteten für den Markgrafen einen entscheidenden Schlag gegen einen mächtigen Herrschaftskonkurrenten in Süddeutschland, denn die Bischöfe von Würzburg waren ehemals die eigentlichen Herren des Chorherrenstifts gewesen. Die Hohenzollern hatten im Jahr 1331 zunächst die Vogtei über die Stadt Ansbach und das Kollegiatstift erhalten und es geschafft, stückweise ihre Herrschaft im Ansbacher Raum auszubauen.2285 Die Übertragung in dem Jahr, in dem der Rangstreit mit dem Würzburger Bischof Gottfried IV. Schenk von Limpurg ein erstes Mal eskalierte,2286 muss eine 2281 Ebd., S. 50. 2282 1455 wurde die Position des Bischofs dann auch mit Friedrich Sesselmann besetzt, der bereits 1436 Landschreiber auf der Plassenburg und vertrauter Rat Friedrichs I. gewesen war, seit 1445 zu einem der bevorzugtesten Räte des Sohnes und Unterstützer seiner landesherrlichen Kirchenpolitik aufstieg, später sogar Statthalter und Regent der Mark Brandenburg unter Markgraf Albrecht wurde, siehe AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 134. 2283 Hennig hat jedoch zu bedenken gegeben, dass die Kanonikate so schlecht ausgestattet gewesen wären, dass sie nicht für einen auskömmlichen Unterhalt geeignet gewesen seien, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 48. Gleichzeitig gibt er jedoch verschiedene Beispiele dafür, dass der Kurfürst seinen Einfluss auf das Lebuser Kapitel immer wieder geltend gemacht habe, um seine markgräflichen Beamten über sein Nominationsrecht hinaus mit Kanonikaten zu versorgen. Von den sieben Geistlichen, die während der Regierungszeit Friedrichs II. in der markgräflichen Kanzlei tätig gewesen waren, hatten vier ein Lebuser Kanonikat erhalten, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 54. Somit scheint das Ziel des Kurfürsten eine Erweiterung seiner Handlungsspielräume innerhalb des Kapitels gewesen zu sein, und auch die betreffenden Geistlichen haben aus der Übertragungen der Kanonikate scheinbar einen Nutzen ziehen können. 2284 Ebd., Beilage Nr. 7, S. 231–232. 2285 SCHUHMANN, Die Stiftskirche, S. 45. 2286 Siehe Kapitel 5.1.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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gewisse Genugtuung für Albrecht und selbstverständlich einen nicht unerheblichen politischen Vorteil bedeutet haben. Papst Pius II. bestätigte die Bulle Eugens IV. im Jahr 1459 und stellte den Einfluss auf Dauer, der durch die Einbindung der Stiftsherren und Stiftsvikare in die landesherrliche Verwaltung und durch die Übertragung von Diensten für den Markgrafen zudem verstärkt wurde.2287 Landesherrliche Herrschaft wurde aber nicht nur durch das gezielt angewendete Nominationsrecht an den Dom- und Kollegiatstiften ausgeübt, sondern die Hohenzollern und insbesondere Kurfürst Friedrich II. versuchten, die Klöster ihres Territoriums für ihre Landesherrschaft nutzbar zu machen.2288 Lediglich zwei der päpstlichen Bullen der Jahre 1447/48 zielten überhaupt auf die Klöster in der Mark Brandenburg, wobei es sich bei der einen nur um die Bestätigung der Inkorporation eines Altares zugunsten des Nonnenklosters Arendsee durch Nikolaus V. handelte.2289 Die Zugriffe der Markgrafen erfolgten vornehmlich auf andere Weise, aber die besagte Bulle Papst Nikolaus’ V. vom 10. September 1447 legte immerhin fest, dass dem Kurfürsten und seinen Nachfolgern das Recht zustehen solle, den Frauenklöstern in der Mark Laien zur Seite zu stellen, welche die klösterlichen Einkünfte einziehen und die Nonnen vor dem Druck seitens ihrer Oberen schützen sollten.2290 Diese letzte Bestimmung zielte vor allem auf den Zugriff konkurrierender kirchlicher Herrschaftsträger, vor allem auswärtiger Bischöfe, ab. Gegenüber den Nonnenklöstern der Mark Brandenburg war der Einfluss der Hohenzollern insofern auch groß, da sie beispielsweise immer wieder die Aufnahme von Frauen in bestimmte Klöster anordnen konnten.2291 Auch durch die Übernahme von Patronaten 2287 Die Erneuerung des Privilegs durch Papst Pius II. erfolgte am 15. Februar 1459 in Mantua, siehe SCHUHMANN, Die Stiftskirche, S. 46. Schuhmann zeigt ausführlich die Vergabe von Pfründen an wichtige Amtsträger durch die Hohenzollern im 14. und 15. Jahrhundert, siehe ebd., S. 48. 2288 Bereits Bruno Hennig hat jedoch darauf hingewiesen, dass in der landesherrlichen Politik Friedrichs II. den Klöstern eher eine untergeordnete Rolle zugekommen sei, und Alexander Letz schließt sich diesem Urteil an, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 117, bzw. LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 159. Festzustellen ist jedoch, dass die Hohenzollern es dennoch verstanden, die Klöster durch Ratsverpflichtungen der Äbte und die Übertragung anderer Aufgaben für ihre landesherrlichen Interessen intensiv einzuspannen. Zudem forderten sie immer wieder Abgaben von den Klöstern, Visitationen durch Bischöfe wurden ermöglicht oder das Gastungsrecht in hohem Maße ausgereizt, siehe KURZE, Das Mittelalter, S. 90. 2289 CDB I, 23, Nr. 17, S. 17. 2290 HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 12, S. 242–243. 2291 Zum Beispiel im Jahr 1428, siehe CDB I, 16, Nr. 44, S. 342–343: „[…] Hirvmmb ist vnszer ernste meynunge begern, vnd bitten euch mit besundern fleis, ir wollet des genanten Clawesen von cloden tochter czu euch in ewer closter nehmen, Ir ein pründe gleich andern Junckfrawen von vnszer bete wegen geben vnd fuderung vnd guten willen weisen vnd vns ein solchs nicht uersagen […]“, oder im Jahr 1471, siehe ebd., Nr. 79, S. 366–367.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

für Frauenklöster brachte der Landesherr seine Geltung gegenüber diesen deutlich zum Ausdruck.2292 Einen so unmittelbaren Zugriff auf zum Teil nicht unerhebliche klösterliche Vermögenswerte2293 und auf die weltlichen Belange der Klostergemeinschaften konnte der Landesherr bei den Männerorden zwar nicht erreichen, aber hier übte er auf andere Weise seinen Einfluss aus. Bereits beim Herrschaftsantritt Friedrichs I. hatten sich die Orden als verlässliche Partner der Hohenzollern erwiesen, waren sie doch in einer Zeit, die durch die Abwesenheit des Landesherrn geprägt war, von den räuberischen Übergriffen verschiedener Adelsfamilien und dem Einfall Auswärtiger in die ungeschützte Mark2294 in besonders großem Maße betroffen gewesen. Insbesondere die Choriner Mönche waren den Hohenzollern zu großem Dank verpflichtet, da sie unter dem Einfall der Pommern stark gelitten hatten.2295 Die Verbundenheit dieser geistlichen Gemeinschaften mit den neuen Landesherren spiegelte sich bereits in der Tatsache wider, dass viele märkischen Klöster sich an den Huldigungen für Friedrich I. beteiligten.2296 Teilweise lässt sich auch ein weit über die normalen Verpflichtungen hinausreichender persönlicher Einsatz feststellen, wenn beispielsweise das reiche und einflussreiche Zisterzienserkloster Lehnin unter der Leitung seines Abtes Heinrich Stich bei der Befriedung der Kurmark sogar militärische Dienste leistete.2297 Die Dienstbarmachung der Klöster für die Landesherrschaft erfolgte aber auch im nicht-militärischen Bereich: Bereits Friedrich I. hatte es verstanden, die wichtigsten Äbte seines neuen Herrschaftsgebietes als Räte zu verpflichten und auf diese Weise eng an sich zu binden. Die Äbte von Lehnin, Chorin oder Zinna übernahmen weitreichende Aufgaben in der Landesherrschaft für den Kurfürsten und vermittelten zum Beispiel zwischen diesem und kon-

2292 Beispiele hierfür bei HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 123, Fußnote 2. 2293 Zum Teil konnten diese bei den Frauenklöstern durchaus einen beträchtlichen Umfang annehmen. Die Zisterzienserinnen in Zehdenick beispielsweise besaßen allein 16 Dörfer vollständig, verfügten über Teilbesitz oder verschiedene Getreide-, Fischerei- oder Geldeinnahmen. Durch das Patronat über 16 oder 17 Pfarrkirchen der Umgebung und über weitere Altäre waren zusätzliche Einkünfte garantiert, siehe KUGLER/CANTE, Zehdenick, S. 1327. 2294 Zu dieser Thematik Näheres bei SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 2, S. 198–236. 2295 KURZE, Das Mittelalter, S. 97. 2296 Die frühzeitige Unterstützung der Klöster für Friedrich I. wird in einer Schilderung der Magdeburger Schöffenchronik deutlich: Bei seinem Huldigungsumritt noch als Verweser der Mark Brandenburg im Jahr 1412 huldigte am 14. September ein Großteil der havelländischen Ritterschaft dem Hohenzoller in Berlin, was die Chronik dem persönlichen Engagement des einflussreichen Abtes des Klosters Lehnin, Heinrich Stich, zuschrieb, siehe HEGEL, Magdeburger Schöppenchronik, S. 334. 2297 Im Februar 1414 beteiligte sich das Kloster mit einem eigenen Aufgebot am Kampf um die Feste Beuthen, die von den Quitzows gehalten wurde, schließlich aber erobert werden konnte, siehe WARNATSCH, Lehnin, S. 766.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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kurrierenden geistlichen Herrschaftsträgern.2298 Auch Friedrich II. folgte dem Beispiel seines Vaters und verpflichtete die Äbte aller wichtigen märkischen Klöster zu Ratsdiensten. Durch die umgehende Bestätigung der jeweiligen Klosterrechte hatte er bereits kurz nach seiner Herrschaftsübernahme für ein gutes Einvernehmen gesorgt.2299 Auch die Aufnahme verschiedener Klöster wie beispielsweise des Franziskanerklosters Kyritz2300 in den markgräflichen Schutz sorgten einerseits für Loyalität der geistlichen Gemeinschaften gegenüber dem Landesherrn und anderseits für eine Erweiterung der Einflussmöglichkeiten auf die Geistlichkeit des Territoriums. Einige märkische Klöster waren extrem vermögend, insbesondere das Kloster Lehnin, das als die größte Finanzmacht in der gesamten Mark Brandenburg angesehen werden muss.2301 In den Augen des Landesherrn waren diese Einrichtungen damit ausgesprochen attraktiv, da sie ihm immer wieder Beistand leisteten, wenn es darum ging, den enormen kurfürstlichen Geldbedarf zu decken und insbesondere bei finanziellen Engpässen mit ihren Einkünften aus Renten auszuhelfen.2302 Friedrich II. erhob wie andere Landesherren seiner Zeit verschiedene außerordentliche Abgaben und Steuern von seinen Klöstern und bestritt durch diese regelmäßigen Einnahmen einen Teil seiner Ausgaben.2303 Weitere Einnahmen konnte er sich im Jahr 1447 zudem durch eine weitere Bulle Eugens IV. sichern. Durch die päpstliche Verfügung wurde dem Markgrafen das Recht zugesprochen, die Einkünfte der märkischen Kalandsbruderschaften, die diese für gemeinsame Mahlzeiten vorgesehen hatten, zu anderen frommen Zwecken seiner Wahl einzusetzen.2304 Diese aus Klerikern wie Laien zusammengesetzten geistlichen Bruderschaften 2298 Der Abt von Zinna war gleichzeitig Rat des Magdeburger Erzbischofs, der insbesondere in der Anfangsphase der hohenzollerischen Herrschaft massive Konflikte mit Friedrich I. austrug. Hier konnte der Abt als Vermittler zwischen den beiden Fürsten fungieren, siehe LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 163. 2299 Friedrich II. bestätigte dem Kloster Lehnin am 2. Juni 1441 sämtliche Rechte und Besitzungen, Gleiches gewährte er dem Kloster Chorin am 5. Februar 1442, siehe CDB I, 10, Nr. 182, S. 274–275, bzw. CDB I, 13, Nr. 118, S. 280–281. 2300 Am 7. November 1443 unterstellte der Kurfürst das Kloster seinem Schutz, siehe CDB I, 3, Nr. 172, S. 442–443. Auch weitere Klöster schlossen sich an; Beispiele finden sich bei HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 118, Fußnote 1. 2301 Das Zisterzienserkloster Lehnin verfügte über Besitzungen in mindestens 115 Orten, worunter sich ganze Dörfer oder sogar die Stadt Werder befanden. Ein Großteil der Einnahmen resultierte aus der Landwirtschaft. Lehnin verfügte zudem über Mühlen und Mühlrechte, Fischerei- und Marktrechte. Das Kloster betrieb intensiven Handel mit allen regional bedeutenden Städten, unter anderen mit Berlin-Cölln, Brandenburg oder Magdeburg, siehe WARNATSCH, Lehnin, S. 772–779. 2302 LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 160. 2303 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 117–118. 2304 Ebd., Beilage Nr. 6, S. 230–231.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

verfügten zum Teil über erhebliche Einnahmen und hatten sich in allen Teilen der Mark Brandenburg gebildet.2305 Friedrich II. brachte die Verfügung Eugens IV. in der Folgezeit lediglich bei zwei Kalandsbruderschaften zur Anwendung: bei den Kalanden von Berlin und von Teltow.2306 Deren Einnahmen sollten seit den 1450er Jahren zugunsten des Pfarrbezirkes gebraucht werden, der um das neu errichtete markgräfliche Schloss festgelegt worden war, ein Vorgang, der später noch einmal ausführlicher behandelt werden wird. Zwei wirksame Mittel, um bis in das Innerste von geistlichen Korporationen hinein zu wirken und obrigkeitlichen Einfluss auszuüben, stellten die Durchsetzung der Observanz und der Einsatz von Visitationen in den Klöstern des jeweiligen Territoriums dar. Insbesondere die Observanzbewegung des 15. Jahrhunderts machten sich viele Landesherren zu eigen und bestärkten den Reformwillen der geistlichen Korporationen innerhalb ihres Herrschaftsgebietes.2307 Das von Bruno Hennig gefällte2308 und auch von Teilen der neueren Forschung übernommene Urteil,2309 dass die Hohenzollern und insbesondere Friedrich II. diese Arten des landesherrlichen Zugriffs auf die märkischen Klöster fast vollständig ungenutzt ließen, obwohl es bei vielen Territorialherren des Reiches erfolgreich zum Einsatz kam, muss nicht nur vor dem Hintergrund verwundern, dass Hennig seine Ausführungen zum Verhältnis zwischen den märkischen Landesherren und den Klöstern mit Beispielen für eben diese Art der Ausübung von Landesherrschaft beginnen lässt.2310 Gestützt auf Hennig beharrt auch Alexander Letz auf der Einschätzung, dass die Observanzbewegung in der Mark Brandenburg nur sehr geringen Niederschlag gefunden habe – das Katharinenkloster in Stendal wird als einsames Beispiel angeführt, das im Jahr 1469 das erste Nonnenkloster gewesen sei, das überhaupt die Observanz angenommen habe.2311 Diese Sichtweise steht im deutlichen Widerspruch zum Urteil Dietrich Kurzes, der betont, dass die Hohenzollern der 2305 Allgemein zu den Kalandsbruderschaften in der Mark Brandenburg siehe ROSENPLENTER, Saeculum pium, insbesondere S. 13–101. 2306 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 111. 2307 Zum Thema Observanz allgemein siehe SCHREINER, Dauer. Zur Observanzbewegung in der Mark Brandenburg: WEIGEL-SCHIECK, Landesherren. 2308 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 117–120. 2309 LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 165. 2310 Wobei Hennig nach den einleitenden Feststellungen durchaus vorsichtiger formuliert und deutlich macht, dass die Einflussnahme durch die Durchsetzung der Observanz im Vergleich zu den sächsischen Diözesen und Magdeburg geringer ausgefallen sei, es aber insgesamt durchaus Beispiele für solche Eingriffe der Hohenzollern gebe, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 120. 2311 Sowohl Hennig als auch Letz beziehen sich auf die Angaben des Augustinermönchs Johannes Busch, siehe ebd., S. 119– 120.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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„Observanz, wo immer es möglich war, immer Vorschub geleistet“2312 hätten. Wenngleich sicherlich intensivere Eingriffe dieser Art von Landesherren im 15. Jahrhundert zu konstatieren sind, ist doch auffällig, dass auch die Hohenzollern sich dieses Instruments bedient haben, sofern es nützlich für ihre Landesherrschaft erschien: Bereits 1421 sorgte Friedrich I. mit der Unterstützung Papst Martins V. dafür, dass das Minoritenkloster in Brandenburg und kurz darauf der Konvent in Spandau reformiert wurden.2313 Auch das Franziskanerkloster in Angermünde übernahm bald darauf auf landesherrliches Drängen die strenge Observanz.2314 Ähnliche Befunde lassen sich bei den Dominikanern konstatieren, denn die Unterstützung dieses Ordens durch die Hohenzollern in Form eines Klosterbaus in Tangermünde im Jahr 1438 und eines Terminierhauses in Stendal war an die vorherige Annahme der strengen Observanz geknüpft.2315 Auch unter Friedrich II. lassen sich ähnliche Reformbemühungen um die märkische Geistlichkeit feststellen. Leicht konnte er die Durchsetzung der strengen Reform beim Marienstift bei Brandenburg erwirken, ging diese Einrichtung doch auf eine Stiftung der Hohenzollern zurück. Für das von seinem Vater 1435 gegründete Prämonstratenserstift St. Marien auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg ließ der Sohn ungefähr um 1446 die strenge Observanz festlegen, obwohl das Mutterstift, das Domstift St. Peter und Paul in Brandenburg,2316 diese nicht angenommen hatte.2317 Da das Domkapitel ein verbrieftes Aufsichtsrecht über das Stift auf dem Marienberg besaß, entstanden über das Thema der Observanz einige Konflikte zwischen den beiden Stiften, die erst am 27. Mai 1451 dadurch gelöst wurden, dass der Dompropst bei seinen Visitationen nun „[…] mit sich nehmen und haben [sollte] zwen probst Ihres ordens, die der observancien und solchs lebens sind, als solch hern und bruder in solchem Closter uff den Bergk vor Brandenburg ytzund sind.“2318 Auch die Beschwerden der Stiftsherren auf dem Harlunger Berg, dass die strenge Auslegung der Regel ihr Zusammenleben als Gemeinschaft zu sehr beschwere,2319 wurde vom Kurfürsten nicht akzeptiert. Zudem förderte der Markgraf die Forderungen nach der Annahme bzw. Durchsetzung der strengen Regel, indem er seine Erlaubnis gab, dass das 2312 2313 2314 2315 2316 2317 2318 2319

KURZE, Das Mittelalter, S. 99. HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 123, Fußnote 2. KURZE, Das Mittelalter, S. 99. Ebd., S. 98. An dieser Stelle nennt Dietrich Kurze als weiteres Beispiel für einen reformierten Konvent der Dominikaner das Kloster in der Neustadt Brandenburg. SCHÖßLER u. a., Prämonstratenser-Domkapitel St. Peter und Paul, S. 229–273. GAHLBECK/SEEBACHER/MÜLLER, Prämonstratenserstift St. Marien, S. 310. CDB continuatus, Nr. 42, S. 188. Die Bulle Nikolaus‛ V. vom 1. Juli 1448 nimmt darauf Bezug, siehe CDB I, 9, Nr. 220, S. 169.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

wichtigste Reformkapitel der Augustiner-Eremiten 1458 in Königsberg abgehalten werden durfte, und auch enge Beziehungen zur Windesheimer Kongregation der reformierten Augustiner-Chorherren unterhielt. Aus Dank für die Bemühungen um die Reformbewegung sollten im Windesheimer Kloster und auch in allen anderen Klöstern der Augustiner-Eremiten im Falle ihres Todes für Friedrich II. und seine Frau Messen gelesen werden.2320 Die Tatsache, dass Friedrich II. in den 1440er Jahren die Führer der Franziskanerkonventualen, insbesondere Matthias Döring, insofern bei ihrem Kampf gegen die strenge Observanz unterstützte, als er sie in die Mark Brandenburg aufnahm, nachdem sie vom Magdeburger Erzbischof aus dessen Herrschaftsbereich ausgewiesen worden waren,2321 zeigt den überlegten und pragmatischen Umgang des Landesherrn mit dem Thema der Observanz. Die einflussreichen und mächtigen Zisterzienserklöster Lehnin, Chorin und Zinna, aus denen deutliche Missstände und Konflikte aufgrund einer massiv gelockerten Auslegung der Regel immer wieder an die Öffentlichkeit drangen,2322 blieben durch den Markgrafen unbehelligt, da die Beziehungen zwischen den Konventen und dem Landesherrn gut waren und gleichzeitig der landesherrliche Einfluss durch die Ratstätigkeiten der Äbte gewährleistet war. Dem Abt des wichtigsten Klosters seines Herrschaftsgebietes, Lehnin, verschaffte Friedrich II. sogar durch Intervention bei Papst Nikolaus V. das Recht, Mitra, Ring und Bischofsornat tragen zu dürfen,2323 was das Gewicht dieser Korporation innerhalb des märkischen Klerus erheblich erhöhte, aber auch der Repräsentation des Markgrafen zugutekam, jedes Mal wenn der Abt des Klosters als dessen Rat fungierte. Ganz ähnlich kann wahrscheinlich auch die Duldung der Konventualen um Matthias Döring und Johannes Kannemann eingeschätzt werden. Sowohl Döring als auch Kannemann leisteten Friedrich II. nach ihrer Übersiedlung aus dem Herrschaftsgebiet des Magdeburger Erzbischofs gute Dienste in zwei wichtigen Angelegenheiten: bei der Auseinandersetzung um das sogenannte Wilsnacker Wunderblut und bei den ‚Ketzerverfolgungen‘ der 1450er Jahre. Es zeigt sich also, dass insbesondere Friedrich II., dem häufig besonders ‚aufrichtige‘ Frömmigkeit als Handlungsmotiv unterstellt worden ist, aber auch die Hohenzollern insgesamt 2320 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 121–122, Fußnote 3. 2321 WEIGEL, Ordensreform, S. 66. Der ebenfalls ausgewiesene Johannes Kannemann hatte sich dem Reformversuch des Magdeburger Erzbischofs 1457 erfolgreich widersetzt und wurde Mitglied des Franziskanerklosters in Salzwedel. In einer Urkunde vom 15. Juni 1457, in der es um die Interaktion des Ordens mit der Krämergilde der Neustadt Salzwedel geht, wird Kannemann als Ordensmitglied aufgeführt, siehe CDB I, 14, Nr. 382, S. 302–303. 2322 KURZE, Das Mittelalter, S. 96–97. 2323 Archivio Segreto Vaticano, REG. VAT. 459, 26r–v.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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aus einem Repertoire von Strategien der landesherrlichen Einflussnahme auf die geistlichen Institutionen ihrer Territorien auswählten, sie flexibel handhabten und somit auf verschiedene Weise in die geistlichen Gemeinschaften hineinwirkten. Die Bandbreite reichte von direktem Zwang bis zu Einflussmöglichkeiten, die nur auf Grundlage beinahe partnerschaftlicher Beziehungen entstehen konnten. Auch Markgraf Albrecht blieb dem Einsatz mehrgleisiger Strategien treu: Im Jahr 1470 ließ er durch Busso von der Schulenburg gewaltsam die Observanz im Augustinerstift in Salzwedel einführen,2324 während er gleichzeitig den auch nach dem spektakulären Prozess gegen den ehemaligen Abt Arnold von Monnickendam durchaus noch reformbedürftigen Konvent Lehnin unbehelligt ließ und die Äbte als kurfürstliche Räte weiterhin wichtige Aufgaben für ihn erfüllten.2325 Erst im Jahr 1491 legte auf Bitten Kurfürst Johanns ein Schreiben des päpstlichen Nuntius fest, dass die Bischöfe von Havelberg und Brandenburg alle Klöster im Herrschaftsbereich des Markgrafen visitieren und – wenn nötig – reformieren sollten.2326 Das Schreiben ist insofern bemerkenswert, wie Dietrich Kurze unterstrichen hat, da „zum ersten Mal mit päpstlicher Autorität das märkische Territorium in seiner Gesamtheit ohne Rücksicht auf die mit ihm nicht in Deckung zu bringende diözesane Struktur als kirchliche und kirchenrechtliche Einheit dargestellt und somit – wenigstens im Blick auf das Klosterwesen – die Landeskirche anerkannt“ wurde.2327 In den Jahrzehnten vor dieser umfassenden Regelung für die märkischen Klöster gerieten bereits die Domstifte ins Visier Markgraf Friedrichs II. Bei seinen Versuchen des Jahres 1447, auf Grundlage päpstlicher Privilegierung die Prämonstratenserstiftsherren von Brandenburg und Havelberg in das Marienstift auf dem Havelberg bzw. nach Wilsnack zu versetzen und auf diese Weise diese Domstifte in Säkularkapitel umzuwandeln, wird besonders deutlich, wie der Einsatz für die Observanz als Mittel der landesherrlichen Herrschaftsausübung dienen sollte. Bereits bei der Formierung der Mark Brandenburg standen die Markgrafschaft und die 2324 Der Augustinerpropst Johannes Busch schildert das Auftreten von der Schulenburgs im Namen des Markgrafen gegenüber den Mönchen mit folgenden Worten: „Putatis vos domini, quod contra voluntatem dominorum marchionis et episcopi hic potestis permanere? Dominus marchio omnino vult, ut – vos reformetis. Si id negaveritis, tunc omnes vos de terra sua eiiciet. Ubi dimittis sensus vestros, quod hoc non consideratis?“ Siehe GRUBE, Des Augustinerpropstes, S. 501. 2325 In besonderer Gunst stand zudem auch der Mönch Bartholomäus Papen, der zwischen 1467 und 1478 Zellerar des Klosters war und dieses im Prozess gegen von Monnickendam in Köln vertrat, siehe WARNATSCH, Lehnin, S. 780. 2326 KURZE, Das Mittelalter, S. 86. 2327 Ebd.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

ursprünglich reichsunmittelbaren Hochstifte in einem großen, sich teils überschneidenden Herrschaftsraum nebeneinander.2328 Auf diese konfliktreiche Konstellation haben die brandenburgischen Markgrafen auf drei verschiedene Weisen reagiert: indem sie bischöfliche oder domkapitularische Kompetenzen zu beschränken versuchten und gleichzeitig konkurrierende geistliche Institutionen förderten, dadurch, dass sie Hoheitsgerechtsame wie Gerichtsbarkeit oder Beden auf die Stiftsgebiete ausdehnten oder indem sie auf Bischofswahlen und die Zusammensetzung des märkischen Stiftsklerus insgesamt einwirkten.2329 Das Privileg Ex superne Eugens IV. vom 5. Februar 1447, das Nikolaus V. im September desselben Jahres transumierte,2330 sollte die markgräfliche Verfügungsgewalt über die Domstifte von Havelberg und Brandenburg ermöglichen, die beide ihre Mitglieder aus dem Prämonstratenserorden rekrutierten. Da „ipsius ordinis regulari observantia non vivunt“,2331 sei es unter anderem notwendig, den Orden in Havelberg und Brandenburg aufzuheben. Zur Vermehrung des Seelenheils der Christen sollten deshalb – wie in den benachbarten Kathedralkirchen – Säkularkanoniker eingesetzt werden.2332 Die Bulle beauftragte den Bischof von Lebus, die Zustände in den Domkapiteln zu untersuchen und – falls die Vorwürfe des Markgrafen zuträfen – eine Umwandlung der beiden Domkapitel zu veranlassen. Die Stiftsherren sollten in diesem Fall in das Marienstift auf dem Harlunger Berg versetzt werden, das schon der Observanz unterworfen sei, oder nach Wilsnack, wo der Markgraf ein entsprechend nach der strengen Auslegung der Regel organisiertes Stift zu gründen gedenke.2333 Der Bischof oder von ihm beauftragte Personen sollten schließlich denjenigen Weltgeistlichen die Kanonikate, Würden und Pfründen übertragen, die der Markgraf nominiere, und sie in die Stifte in Brandenburg und Havelberg versetzen. Bedenkt man, dass sich zuvor die Stiftsherren statutenmäßig selbst ergänzt und die Übertragung der Stiftsämter autonom vorgenommen hatten,2334 so wird die Tragweite des markgräflichen Planes deutlich. Ziel war 2328 2329 2330 2331 2332 2333

KURZE, Transmutation, S. 684–685. Ebd., S. 685. HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 5, S. 226–229, bzw. Nr. 15, S. 236–237. Ebd., Nr. 5, S. 226–229, hier S. 227. Ebd. „[…] et facere ac omnes et singulos fratres seu personas ordinis et Brandeburgensis [ecclesiarum] huiusmodi ad [monasterium] beate Marie Virginis in monte prope antiquam civitatem Brandeburgensem, in quo regularis observantia viget, vel ad aliud, quo etiam dictus marchio in loco Wilsnack, Hanelbergensis diocesis, fundare facere proponit, postquam fundata fuerint, transferre et inibi in fratres recipi facere […].“ Ebd., S. 227–228. 2334 Dietrich Kurze weist darauf hin, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Stiftsherren hierbei genauso viel Rücksicht auf die Wünsche des Markgrafen nahmen wie auf die familiären Bindungen, die sie mit dem benachbarten Adel hatten, siehe KURZE, Transmutation, S. 687.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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es eindeutig, die einflussreichen Domkapitel mit Personen zu besetzen, die dem Landesherrn genehm waren und die dort zu seinen Gunsten wirken sollten. Obwohl die Idee Friedrichs II. zunächst misslang und erst 1507 von Markgraf Joachim I. durchgesetzt werden konnte, macht das Beispiel deutlich, wie selbstverständlich der Kurfürst seine Chancen auf Machtvergrößerung im geistlichen Bereich zu nutzen gedachte und dabei möglicherweise ein von langer Hand geplantes Konzept in die Tat umsetzen wollte.2335 Die Umwandlung scheiterte an den Bischöfen von Havelberg und Brandenburg und ihren jeweiligen Domkapiteln, und auch Papst Nikolaus V. hatte daran seinen Anteil, da er nicht nur am 10. September 1447 eine Schutzbitte des Bischofs, Propstes und Kapitels von Havelberg erfüllte, sondern vor allem am 22. Januar 1452 die Gelübde und Gewohnheiten der Prämonstratenser-Domherren von Brandenburg anerkannte.2336 Die Gründung des ‚Domstiftes‘ in Berlin-Cölln Nach dem erfolglosen Versuch, die Domstifte für die landesherrlichen Zwecke umzuwandeln, förderte oder gründete Friedrich II. andere Säkularstifte in der Mark Brandenburg wie Tangermünde, Soldin, Stendal und Berlin-Cölln. Von den genannten spielte das Stift in der Doppelstadt die weitaus bedeutendste Rolle. Die Gründung des Stiftes in Berlin-Cölln durch den Kurfürsten bereicherte die Ausübung der Landesherrschaft um einen neuen Aspekt, der großen Anteil an der Stabilisierung seiner Position hatte. Bei den zuvor behandelten Beispielen und Maßnahmen spielte dieser Gesichtspunkt bislang eine eher untergeordnete Rolle, sodass ihm nun größere Aufmerksamkeit geschenkt werden soll. Die bislang analysierten Strategien und Handlungen Friedrichs II. und der anderen hohenzollerischen Kurfürsten in der Mark Brandenburg, die auf das religiöse bzw. kirchliche Leben des Territoriums abzielten, scheinen ‚klassische‘ Bereiche des ‚landesherrlichen Kirchenregiments‘ zu betreffen. Immer ging es darum, ganz konkrete Herrschaftsrechte an sich zu bringen bzw. zu stärken oder, durch päpstliche Verfügungen sanktioniert, den Anteil an Einnahmen von bestimmten Korporationen oder Personengruppen zu vergrößern. Auch bei der Einrichtung des Stiftes in Berlin-Cölln 2335 Bruno Hennig hatte bereits diese Vermutung angestellt und gab zu bedenken, dass die umfangreichere Ausstattung des Marienstiftes durch Friedrich II. und vor allem die Ausdehnung der Selbstständigkeit der Stiftung seines Vaters durch die Einsetzung eines eigenen Propstes im Jahr 1443 dafür sprächen, dass der Kurfürst die Aufhebung des Prämonstratenser-Domkapitels so vorbereitet habe, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 62. 2336 KURZE, Transmutation, S. 689.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

durch den Markgrafen spielten finanzielle Gesichtspunkte und der Ausbau konkreter Handlungsmöglichkeiten für Friedrich II. sicherlich eine wichtige Rolle. Aber der Nutzen für seine Landesherrschaft erwies sich auch auf andere Weise. Die Einrichtung des Stiftes wie auch weitere damit im Zusammenhang stehende Maßnahmen führten zu einer Stabilisierung der Herrschaft, indem sie sich positiv auf das Bild des Landesherren auswirkten, auf seine fürstliche und landesherrliche Repräsentation. Wie bereits dargelegt, begann der Kurfürst seit 1443 damit, gegen großen Widerstand der Stadtbevölkerung unter Einbeziehung bestehender Grundstücke und Gebäudekomplexe eine Hauptresidenz in der Doppelstadt errichten zu lassen. Der im Jahr 1451 fertiggestellte dreigeschossige Backsteinbau des Schlosses2337 umfasste auch eine kleine Kapelle, die aus Apsis, Hauptraum, Vorraum und Empore bestand. Hauptraum und Vorraum maßen der Länge nach etwa 23 Meter, bereits im Jahr 1459 wurden jedoch Erweiterungen vorgenommen.2338 Schon bevor das Schloss überhaupt bezugsfertig war, genau genommen am 28. November 1450, erwirkte Friedrich II. von Papst Nikolaus V. eine Urkunde, die den Bischof von Brandenburg beauftragte, die Schlosskapelle in eine Pfarrkirche umzuwandeln, den Pfarrer – den kurfürstlichen Rat und Berliner Propst Franz Steger – zum Kaplan der kurfürstlichen Familie zu erheben und zu diesem Zweck die bereits erwähnten Einkünfte der Kalanden von Berlin und Teltow zu verwenden.2339 Auch die Zusammenkünfte der beiden Kalanden sollten zukünftig in der Schlosskirche stattfinden, was mit weiteren Einkünften für den Pfarrer verbunden war.2340 Das Patronats- und Nominationsrecht für die Altäre in der Marienkirche in Berlin und der Kirche in Teltow ging von den Kalanden in den Besitz des Kurfürsten über mit der Begründung, dass die Markgrafen die Stifter der beiden Kalandsaltäre und der für die Mahlzeiten der Bruderschaft bestimmten Einkünfte seien. Der tatsächliche Wahrheitsgehalt dieser päpstlichen Erklärung ist jedoch mehr als fraglich.2341 Eine gute Grundlage für die Umwidmung der Einkünfte der Kalandsbruderschaften bildete das Privileg von 1447, das Papst Eugen IV. noch ausgestellt hatte. Die Ausstattung der dem heiligen Erasmus 2337 WIESINGER, Das Berliner Schloss, S. 41, oder GEYER, Geschichte des Schlosses, S. 22. Allgemein zum Schloss siehe auch PESCHKEN/KLÜNNER, Das Berliner Schloß. 2338 AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 301. 2339 CDB III, 1, Nr. 199, S. 319–322. Die Datumsangabe lautet fälschlicherweise 1. Dezember 1454. 2340 HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 112, Fußnote 1. 2341 Auch ein weiteres Argument für die neue Nutzung der Einkünfte, die Tatsache, dass die Kalande die Einkünfte für unverhältnismäßige Schlemmereien missbraucht hätten, entspricht den Interessen des Kurfürsten, sodass es wahrscheinlich ist, dass die Begründungen konstruiert worden sind, siehe HENNIG, Die Kirchenpolitik, S. 112–113.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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von Antiochia2342 gewidmeten Kapelle mit Pfarrrechten war ein bedeutender Schritt zur Aufwertung dieser geistlichen Institution einerseits und dem Schloss als kurfürstlicher Hauptresidenz andererseits. Nicht nur die Tatsache, dass die kurfürstliche Familie durch die Bulle Nikolaus’ V. aus der Parochie der Berliner Marienkirche eximiert war und an der schlosseigenen Kirche ihren religiösen Verpflichtungen nachkommen konnte, steigerte die fürstliche Repräsentation der Hohenzollern in der Mark Brandenburg. Durch die täglichen Gottesdienste, Predigten und Messen nahm die Kirche mit ihrer durch Friedrich II. gestifteten Ausstattung auch einen zentralen Platz in der kirchlichen Betreuung der Stadtbewohner ein.2343 Ein zusätzlicher Anlass zur demonstrativen Selbstdarstellung stellte die Gründung eines gut ausgestatteten Residenzstiftes dar,2344 dessen Stiftsherren am 7. April 1465 feierlich in Anwesenheit bedeutender geistlicher und weltlicher Herrschaftsträger der Mark Brandenburg eingeführt wurden.2345 Die Vergrößerung der Erasmuskapelle im Jahr 1459 muss hierfür als eine vorbereitende Maßnahme gewertet werden. Das Kapitel, das vom Kurfürsten präsentiert wurde, bestand aus dem Dekan, dem Thesaurar, dem Pfarrer und fünf weiteren Kanonikern und wurde vor den Augen Friedrichs II., wichtiger kurfürstlicher Räte, des Bischofs von Lebus, der Äbte von Lehnin, Chorin, Himmelpfort und Zinna durch den Bischof von Brandenburg investiert.2346 Die Bedeutung, die der Kurfürst dieser Stiftung persönlich beimaß, zeigt sich allein schon darin, dass Friedrich II. spätestens seit 1466 in verschiedenen Urkunden immer wieder von seinem ‚Domstift‘ sprach2347 und ihm damit einen Status zuwies, den es nicht besaß. Einige Jahre später, am 20. Januar 1469, dotierte er das Stift schließlich umfassend.2348 Dies geschah in Anwesenheit einer exklusiven Öffentlich2342 Die Beliebtheit dieses heiligen Bischofs und Märtyrers zeigt sich nicht zuletzt an seiner Aufnahme in den Kreis der Vierzehn Nothelfer, siehe WIMMER, Handbuch der Namen, S. 56. 2343 Der Wert dieser Bulle Papst Nikolaus’ V. liegt auf der Hand, bedenkt man einerseits, welch großes Interesse die mittelalterlichen Stadträte daran hatten, die Pfarrkirchen und das Personal in ihren Städten zu kontrollieren. Andererseits stellten die Pfarrkirchen die zentralen Orte im städtischen Leben dar – sie waren „der städtische öffentliche Raum schlechthin“, siehe BOOCKMANN, Die Stadt, insbesondere S. 192. Allgemein zum Thema der mittelalterlichen Pfarrkirchen siehe REITEMEIER, Pfarrkirchen. 2344 BÜNZ, Der tägliche Gottesdienst, S. 36. 2345 Der Text der Gründungsurkunde findet sich bei MÜLLER, Die Gründung, Beilage 1, S. 208– 210. 2346 Ebd., S. 210. 2347 Erstmalig in einer Bestätigungsurkunde für eine Stiftung des Berliner Bürgers Benedikt Hoppenrade vom 22. März 1466, siehe AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 303, Fußnote 7. Von einem Domstift kann keine Rede sein, da nur die mit einem Kapitel ausgestatteten Hauptkirchen einer Diözese als Domstifte zu bezeichnen sind. 2348 Die Urkunde ist vollständig ediert in UBC, Nr. 241, S. 440–443.

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5. Aspekte der Landesherrschaft

keit, nahmen an der Zeremonie doch nicht nur die Bischöfe von Lebus und Havelberg, sondern auch Albrecht von Anhalt, der Meister des Johanniterordens, der Magdeburger Domherr Andreas Hasselmann, der kurfürstliche Erbmarschall Busso Gans zu Putlitz mit weiteren Mitgliedern der Gesellschaft Unserer Lieben Frau und andere hochrangige weltliche und geistliche Würdenträger der Mark und der angrenzenden Territorien teil. Dem nun um einen eigenen Propst erweiterten Kapitel, dem zwei Ministranten und fünf Chorschüler zur Seite gestellt wurden, war eine strikte Residenzpflicht zur Gewährleistung der gottesdienstlichen, aber auch der memorialen Verpflichtungen gegenüber der kurfürstlichen Stifterfamilie auferlegt.2349 Durch die Vermehrung des Gottesdienstes und den stückweisen Ausbau der Erasmuskapelle zu einem Domstift konnte sich Friedrich II. gegenüber den Einwohnern der Doppelstadt als frommer und verantwortungsbewusster Fürst präsentieren und zog zudem mit anderen Kurfürsten gleich, die bereits Residenzstiftungen von herausragendem Rang angelegt hatten, wie beispielsweise der Pfalzgraf bei Rhein, dessen Heiliggeiststift in Heidelberg gleichzeitig als Universitätsstift fungierte.2350 Zusätzlich zu diesem Beitrag zur fürstlichen Repräsentation des Markgrafen konnte er eine feste Bindung der Stiftsherren an seine Person durch das gemeinsame Mahl im Schloss an hohen Feiertagen erreichen, wobei der Pfarrer, die Ministranten und die Chorschüler des Stiftes sogar täglich Kost und Logis auf dem kurfürstlichen Schloss erhielten.2351 Eine Einbindung der Domherren in die landesherrliche Politik war nicht zuletzt auch dadurch gewährleistet, dass die Stiftspröpste in der Regel gleichzeitig als Pröpste der Doppelstadt Berlin-Cölln fungierten und somit dieses wichtige Amt in der Hand von Männern lag, die durch den Kurfürsten ausgesucht worden waren. Zugleich waren die Pröpste als kurfürstliche Räte oder Kapläne tätig und wurden vom Kurfürsten mit diplomatischen Aufgaben betraut.2352 Die zentrale Bedeutung, welche Domstift und Kapelle für die märkische Landesherrschaft einnehmen sollten, verdeutlicht auch die Tatsache, dass Friedrich II. die Pflicht zum Erhalt des Stiftes schriftlich festhalten ließ und auch seine Nachfolger darauf festlegte. Zudem bestimmte der Kurfürst diesen Ort zu seiner Grablege2353 und er-

2349 Mehr dazu in Kapitel 6.2. 2350 BÜNZ, Der tägliche Gottesdienst, S. 36. Als Beispiele neuerer Veröffentlichungen zum Heiliggeiststift in Heidelberg seien hier lediglich genannt: SCHWARZ, Die Heiliggeistkirche, und HUTHWELKER, Tod. 2351 UBC, Nr. 241, S. 440–443, hier S. 441. 2352 AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 304–305. 2353 Gegen diesen ausdrücklichen Willen wurde der Kurfürst jedoch in Heilsbronn bestattet, siehe dazu Kapitel 6.3.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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höhte die religiöse Bedeutung durch eine Ausstattung mit wichtigen Reliquien.2354 Der hohe Rang, den die Hohenzollern den Mitgliedern ihres Domstifts in der Folgezeit zugestanden, kann auch an der Ordnung Kurfürst Albrechts für die Fronleichnamsprozession aus dem Jahr 1476 abgelesen werden: Die vornehmsten Plätze waren für die Berlin-Cöllner Stiftsherren reserviert, wobei zuerst der Propst, im weiteren Verlauf der Prozession der Stiftsdekan das Sakrament tragen sollte.2355 Nicht nur den Teilnehmern der Fronleichnamsprozession der kurfürstlichen Residenzstadt wurde auf diese Weise die herausragende Position der Angehörigen des Stiftes vor Augen geführt. Jedes Mal wurde zugleich auch die Würde der kurfürstlichen Stifter indirekt betont und auf die kurfürstliche Familie verwiesen. Einen ganz ähnlichen Beitrag zur fürstlichen Repräsentation Friedrichs II. und der Dynastie der Hohenzollern insgesamt leisteten verschiedene Privilegien Eugens IV. und Papst Nikolaus’ V. aus dem Jahr 1447. Den vier markgräflichen Brüdern und deren Ehefrauen sprach Papst Eugen IV. am 5. Februar das Recht zu, sich von einem Beichtvater ihrer Wahl Absolution erteilen zu lassen,2356 wobei diese befugt sein sollten, sie ebenfalls von allen Bannsprüchen freizusprechen.2357 Weitere Privilegien desselben Tages beinhalteten zudem die Erlaubnis, einen Tragaltar mit sich zu führen, an dem vor Tagesanbruch oder an Orten, die mit dem Interdikt belegt waren, Gottesdienste abgehalten werden durften,2358 oder auch das Recht der vier Brüder, alle mit ihnen an einem Tisch speisenden Personen kraft päpstlicher Autorität von Fastenvorschriften dispensieren zu dürfen.2359 Papst Nikolaus V. erweiterte wenige Monate später den Katalog persönlicher Vorrechte für die Hohenzollern darüber hinaus um das Privileg, sich durch ihren Beichtvater von religiösen Gelübden mit Ausnahme bestimmter Wallfahrten befreien und sich von diesem die Sakramente 2354 Zu der Ausstattung mit Reliquien und der Gewährung eines Ablasses für den Besuch der Erasmuskapelle siehe Kapitel 6.1. 2355 Die Prozessionsordnung des Kurfürsten von 1476 findet sich bei CLAUSWITZ, Das Stadtbuch, S. 66–67: „Item es sollenn am Irsten gehen die schuler unnser liven fruwenn zum Berlin.“ Ebd., S. 66. 2356 Das Regest bei HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 8, S. 232–233. 2357 Einmalig sogar bei den Fällen, die ausschließlich dem Heiligen Stuhl vorbehalten waren, siehe das Regest ebd., Nr. 9, S. 233. 2358 Das Regest ebd., Nr. 10, S. 234. Das Recht, selbst in mit dem Interdikt belegten Orten die Messe hören zu dürfen, hatte sich Friedrich I. sogar von jedem neuen Papst bestätigen lassen, das letzte Mal von Eugen IV. am 8. Mai 1439. Außerdem erteilte Eugen IV. in dieser Urkunde dem Beichtvater des Kurfürsten gleichzeitig die Vollmacht, einmal im Leben und in ihrer Todesstunde Friedrich I. und seiner Gemahlin Elisabeth die Absolution erteilen zu dürfen, siehe KANTER, Markgraf Albrecht, S. 180 und Fußnote 4. 2359 Die Urkunde bei HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 11, S. 234–235.

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erteilen zu lassen.2360 Es liegt auf der Hand, dass alle diese Vorrechte für den Kurfürsten und die engsten Mitglieder seiner Familie zum einen den persönlichen religiösen Bedürfnissen dienten und aus diesem Grund bei den Verhandlungen mit der Kurie durch Kurfürst Friedrich II. und Markgraf Albrecht erbeten worden sind. Nicht unwesentlich erscheint aber zum anderen auch der Aspekt der Rangbetonung der fürstlichen Familie gewesen zu sein.2361 Die Möglichkeit der Inszenierung der eigenen Person gegenüber den fürstlichen Standesgenossen und weiteren Mitgliedern der sozialen Führungsschichten fällt insbesondere bei dem Recht des Kurfürsten und seiner Brüder ins Auge, anwesende Gäste bei gemeinsamen Mahlzeiten von Fastenvorschriften zu dispensieren. Im Vergleich mit den päpstlichen Privilegien, die als Sondervorschriften allein auf die Person des Kurfürsten bzw. auf einzelne Familienmitglieder abzielten, stellte dieses Vorrecht noch einmal eine qualitative Steigerung dar: Kraft päpstlicher Privilegierung wurde Friedrich II. in die Lage versetzt, in ‚Stellvertretung‘ des Papstes zu handeln und andere fürstliche Standesgenossen und hochrangigen Gäste seiner Tafel in den Genuss eines Sonderrechts kommen zu lassen. Das Vorrecht war demnach also nicht nur für ihn persönlich nutzbar, sondern gestand ihm – wenn auch sehr begrenzt – geistliche Autorität zu. Die Pilgerfahrt ins Heilige Land und die Auszeichnung mit der Goldenen Rose des Papstes Von der älteren Forschung als Beleg der besonderen Frömmigkeit Friedrichs II. behandelt2362 und in jüngerer Zeit unter geänderten Interessen2363 erneut aufgegriffen wurden die Pilgerfahrt des Kurfürsten im Jahr 14532364 und seine Auszeichnung mit der sogenannten Goldenen Rose durch Papst Nikolaus V. Die Vorgänge dieser Zeit, einschließlich des zweimaligen öf-

2360 Das Regest ebd., Nr. 29, S. 254–255. 2361 KURZE, Das Mittelalter, S. 83. 2362 Stellvertretend für die ältere Einschätzung dieser Vorgänge sei hier genannt: RIEDEL, Über den Krankheitszustand, S. 204–205. Auch Johannes Schultze stellte noch in den 1960er Jahren in Bezug auf die Pilgerfahrt nach Jerusalem fest: „Seine Brüder Johann und Albrecht hatten bereits 1435 eine solche Reise unternommen, sie trug bei ihnen mehr den Charakter einer ritterlichen Routinefahrt, bei der der Jüngere in der Grabeskirche den Ritterschlag erhielt. Für Friedrich war es ausschließlich eine religiöse Handlung“, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 74. 2363 KRAACK, Jerusalem; NOLTE, Erlebnis; oder HEIMANN, Andacht. 2364 Unter dem Aspekt der ‚Vernetzungspolitik‘ der Hohenzollern wurde die Pilgerfahrt bereits in Kapitel 3.2 eingehend behandelt.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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fentlichen Glaubensbekenntnisses des Kurfürsten und der Heimführung der Goldenen Rose in die neue Stiftskirche der Residenzstadt Berlin-Cölln, sollen im Folgenden zusammen in den Blick genommen und unter dem Aspekt der Stabilisierung der Landesherrschaft betrachtet werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass diese Ereignisse für die Repräsentation Friedrichs II. ähnlich herausragende Bedeutung hatten wie die in den vorhergehenden Abschnitten untersuchten Beispiele. Am 6. Mai 1445 hatte Friedrich II. in Prenzlau ein Glaubensbekenntnis niederschreiben lassen, in dem er zunächst bekannte, schwere Sünden seit seiner Taufe auf sich geladen zu haben. Zugleich gab er aber seinem festen Vorsatz Ausdruck, zu sterben „[…] als ein guter cristen, als die hailig Römisch kirch glaubt.“2365 In dieser für jeden Christen wichtigen Angelegenheit überließ der Kurfürst nichts dem Zufall: War es ihm zum einen bewusst, dass er nicht immer die erforderlichen guten Werke getan hatte, die seine Sünden hätten aufwiegen können, fürchtete er zum anderen die verschiedenen Gefahren, die in der Stunde des Todes warteten. Da die Sterbestunde die Gefahr barg, dass Dämonen Irrglauben, Misstrauen in Gottes Güte und Verzagtheit in das Herz des Sterbenden pflanzten, es dazu kommen konnte, dass die Todesnot die Sinne verwirrte oder aus anderen Gründen es dem Sterbenden nicht möglich sein könnte, die notwendigen Handlungen für einen ‚guten Tod‘ zu vollziehen, so die eindringliche Erklärung des Kurfürsten, ließ Friedrich II. penibel alle Handlungen aufschreiben, die bei seinem Tod ausgeführt werden sollten. Zudem verschriftlichte er auch die Aspekte, die die Liturgie des Krankenritus für den Betroffenen vorsah und die eigentlich in eigener Person vollzogen werden mussten.2366 Um so gegen alle Unwägbarkeiten der Todesstunde gewappnet zu sein, vertraute er also auf das Medium der Schriftlichkeit und bereitete sich wie ein guter Christ vorbildlich auf die Todesstunde vor, indem er „mit guter clarer vernufft“ alles Notwendige festhielt. Die Ausführungen des Kurfürsten schei-

2365 CDB III, 1, Nr. 190, S. 310–312, hier S. 310. 2366 Diese Vorsorge für den Fall, persönlich nicht mehr in der Lage zu sein, in der Stunde des Todes die notwendigen Handlungen – vor allem die Beichte der Sünden – zu vollführen, hat auch andere Zeitgenossen umgetrieben. Ein etwas anderes Beispiel lieferte die stellvertretende Beichte einer Nonne aus dem Katharinenkloster in Nürnberg, von der in einem Briefwechsel zwischen den Schwestern des Katharinenklosters in St. Gallen und dem Nürnberger Konvent berichtet wird. Da eine Nürnberger Schwester in ihrer Sterbestunde körperlich nicht mehr in der Lage war, persönlich ihre Sünden zu beichten, und sie deswegen eigentlich von den Sterbesakramenten ausgeschlossen gewesen wäre, übernahm eine Mitschwester diese Aufgabe, die gut über ihr Leben Bescheid wusste. Siehe Wil, Klosterarchiv St. Katharina, ‚Schwesternbuch‘, fol. 124v. Für diesen Hinweis und die Aufklärung über die verschiedenen Aspekte zum Krankenritus danke ich Frau Dr. Almut Breitenbach.

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nen direkt einer ars moriendi2367 entnommen. Deutlich wird entsprechend zu Beginn formuliert, dass Friedrich II. an der Gnade Gottes in vollem Umfang teilhaftig werden wolle und deswegen alle Sünden bekennen, die Sakramente empfangen, die Kommunion und die Salbung mit dem heiligen Öl erhalten wolle.2368 Wie es der Krankenritus forderte, bekannte Friedrich in seinen schriftlichen Ausführungen, dass er all denjenigen vergeben wolle, die ihm Unrecht angetan haben, bat selbst um Vergebung für solche Missetaten, die ihm nicht bekannt seien, und verpflichtete seine Erben dazu, alle Dinge, die sich unrechtmäßigerweise in seinem Besitz befänden, nach seinem Tode an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben.2369 Ganz im Sinne einer ars moriendi gelobte der Kurfürst weiter, im Falle einer unerwarteten Genesung sein Leben zu bessern.2370 An dieses Bekenntnis schließen sich ein Gebet und die Bitte an den Engel an, den Gott ihm zur Seite gestellt habe, zusammen mit den Heiligen als Zeuge seiner Ausführungen zu fungieren. Zudem vertraute Friedrich II. diesem Engel2371 die konkreten Zettel mit seinen Ausführungen an und bat ihn, „[…] das du sie dem Almechtigen got zaigest in der czeite meiner letzten note odir am Jüngsten gerichte, das ich die fröliche stymme müge horen nach glorificirten widerersteen: kompt ir gesegenten meines vaters vnd besitzet das Reich, das euch vnd allen aufserwelten berait ist von ewigkeit Amen.“2372

Mit diesen schriftlichen Anweisungen und Bekenntnissen erfüllte Friedrich II. auf vorbildliche Weise die zentralen Anforderungen an einen

2367 Grundsätzlich zur ars moriendi siehe PALMER, Ars moriendi. Eine kurze Übersicht zum Thema bietet der entsprechende Artikel im Verfasserlexikon: RUDOLF, Art. ‚Bilder-Ars-moriendi‘. 2368 CDB III, 1, Nr. 190, S. 310–312. „So pite ich demutiglichen alle vnd begere mit itziger begirde vnd liebe zu meiner armen sel hail, Das man mich nicht versawme an gotis rechten, Wann ich ye gern ein gantze peichte tun wolte vnd die hailigen Sacrament nemen des hailigen waren leichnams ihesu cristi vnd der hailigen ölung, mit starcker hoffenunge zu der ewigen seligkeit.” Ebd., S. 310–311. 2369 Ebd., S. 311. Eine ähnliche Bestimmung sah auch das Testament seines Vaters, Kurfürst Friedrichs I., vor, der seinen Sohn Friedrich II. 1440 beauftragt hatte, für 400 Kupfermünzen in der Liebfrauenkirche in Berlin Glocken gießen zu lassen, da er die ursprünglichen zu Waffen hatte einschmelzen lassen, siehe CDB III, 1, Nr. 146, S. 235–237, hier S. 236. 2370 CDB III, 1, Nr. 190, S. 311. 2371 Die ältere Forschung wollte in diesem ‚persönlichen Engel‘ die jung verstorbene Verlobte Friedrichs II., Prinzessin Hedwig von Polen, sehen, deren früher Tod die Melancholie und ‚schwärmerische Frömmigkeit‘ des Markgrafen ausgelöst haben sollte, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 31. Viel naheliegender ist die Vorstellung von der Anwesenheit von Engeln in der Todesstunde, wie sie in einer Vielzahl bildlicher Darstellungen zum Beispiel in den artes moriendi zu sehen ist. 2372 CDB III, 1, Nr. 190, S. 311.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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Christen für einen ‚guten Tod‘ und sorgte so persönlich für seine Zeit im Jenseits vor. Acht Jahre später, im Jahr 1453, ließ er einen Zusatz unter die Ausführungen des Jahres 1445 setzen. In Vorbereitung auf eine anstehende Pilgerfahrt ins Heilige Land habe sich Friedrich in der Brandenburger Domkirche zu allen ausgeführten Punkten erneut bekannt2373 und auch seine Erben beauftragt, sämtlichen Besitz und alle Vorgaben,2374 die er ebenfalls schriftlich festgehalten habe, genauestens umzusetzen. Zur Beglaubigung hatte der Kurfürst sein Zeichen unter die Ausführungen anbringen lassen, das schwarz-weiß gevierte Zollernschild mit einem darüber angeordneten ‚F‘.2375 Die Wiederholung erfolgte aus einem Anlass, der durchaus dazu angetan war, Vorsorge für die Zeit nach dem Tod zu treffen, da jede Fahrt ins Heilige Land Gefahren und Unwägbarkeiten in sich barg. Ebenso wie der Landesherr das Regiment für die Zeit seiner Abwesenheit wohl ordnete, indem er eine Vormundschaftsregierung für seinen noch unmündigen Sohn Johann, bestehend aus zwölf Vertretern des Adels – darunter enge kurfürstliche Räte wie die Bischöfe von Lebus und Brandenburg, der Meister des Johanniterordens oder der Erbkämmerer des Kurfürsten, Georg von Waldenfels – und vier Räten aus den Städten Berlin-Cölln, Frankfurt an der Oder, Brandenburg und Prenzlau, einsetzte und so alles Nötige für eine Nachfolge im Falle seines möglichen Todes erließ,2376 erwies er sich auch insofern als guter Christ und Fürst, als er in vorbildlicher Weise für sein Seelenheil Sorge trug. Bereits Detlev Kraack hat zudem darauf hingewiesen, dass es für den Antritt einer längeren Reise unabdingbar war, gewisse religiöse Präliminarien einzuhalten – „inklusive Gottesdienst und feierlicher Beichte“ –,2377 wobei die Art der schriftlichen Absicherung des Seelenheils durch Friedrich II. jedoch durchaus ungewöhnlich erscheint. Falls der Markgraf seine Anweisungen und Bekenntnisse in einer Messe vor seiner Pilgerfahrt öffentlich verlesen ließ, was durchaus denkbar ist, hätte dies seine Inszenierung als frommer Fürst noch um ein Vielfaches gesteigert. Kraack ordnet den Gottesdienst und das Bekenntnis des Kurfürsten den Mitteln adelig-fürstlicher Repräsentation zu, ein Motiv, das für die gesamte Pilgerfahrt des Hohenzollers eine nicht unerhebliche Rolle 2373 Ebd., S. 312. 2374 Diese Angaben und auch mögliche Sündenbekenntnisse sind jedoch nicht überliefert, siehe die Anmerkungen von Adolph Friedrich Riedel: CDB III, 1, Nr. 190, S. 311. 2375 Angabe von Riedel, ebd. 2376 Die Anordnungen vom 13. Dezember 1452 in CDB III, 1, Nr. 189, S. 307–309, hier S. 308. 2377 KRAACK, Jerusalem, S. 51. Cordula Nolte gibt eine ausführliche Schilderung der Vorbereitungen Herzog Wilhelms III. von Sachsen unmittelbar vor seiner Pilgerreise zu den heiligen Stätten, einschließlich genauer Anweisungen für seine Grablege und das Begängnis, siehe NOLTE, Erlebnis, S. 65.

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gespielt haben wird, denn für die Durchführung von Pilgerreisen mittelalterlicher Fürsten müssen neben religiösen Gründen eine Vielzahl von weiteren Motiven in Betracht gezogen werden.2378 Auch die Pilgerfahrt des brandenburgischen Kurfürsten war dazu angetan, auf vielfache Weise der fürstlichen Repräsentation des Hohenzollers zu dienen, hatte man es „[…] nach Zeugnis des Reiseberichts keineswegs mit einem Pilger in Sack und Asche zu tun […].“2379 Die wichtigsten Stationen und Anlässe, die dem Kurfürsten eine Möglichkeit boten, sich in der Öffentlichkeit insbesondere vor anderen Mitgliedern der europäischen Herrschaftselite als bedeutender Fürst zu inszenieren, sollen kurz resümiert werden:2380 Der Basler Patrizier und spätere Bürgermeister Peter Rot begleitete den Markgrafen auf seinem Zug ins Heilige Land und verfasste einen Reisebericht, der die Begebenheiten und einzelnen Stationen der Fahrt ausführlich schildert.2381 Da Rot jedoch erst ab Venedig zu der kurfürstlichen Reisegruppe stieß, fehlen Beschreibungen der Reiseetappen von der Mark bis nach Italien. Die überlieferten Berichte anderer Fürsten können jedoch durchaus als eine Art Muster dienen, um die Begebenheiten auf den fehlenden Streckenabschnitten zu rekonstruieren. Denn es war allgemein üblich, im Sinne einer Hofesreise durch Besuche an den Höfen befreundeter oder verwandter Fürsten das fromme Unternehmen mit weiteren Zwecken zu verbinden: Kurzweil und Unterhaltung, Stärkung der persönlichen Bindungen innerhalb der Gruppe der Standesgenossen und repräsentativer Selbstdarstellung. Die ausführliche Darstellung der Reise Herzog Bogislaws X. von Pommern,2382 die mit dem besonderen Anliegen verfasst wurde, den Status der Pommernherzöge als gleichwertige Reichsfürsten zu belegen,2383 da sich diese in ständigen Auseinandersetzungen mit den Hohenzollern befanden, welche die Pommern als ihre Vasallen betrachteten, gibt für die Verknüpfung dieser verschiedenen Anliegen während der fürstlichen Pilgerreisen ein anschauliches Beispiel. Auf seiner Reise ins Heilige Land besuchte Herzog Bogislaw X. die Höfe verschiedenster Reichsfürsten und auch den habsburgischen Hof. Dort ging der

2378 NOLTE, Erlebnis, S. 73–74. Nolte gibt in diesem Aufsatz insgesamt einen detaillierten Überblick über das Thema der fürstlichen Pilgerreisen. 2379 KRAACK, Jerusalem, S. 51. 2380 Mehr oder weniger ausführlich und mit anderen Fragestellungen gehen auf diesen Aspekt der Pilgerreise jüngst vor allem Detlev Kraack und Dieter Heimann ein, siehe KRAACK, Jerusalem, und HEIMANN, Andacht beherrschen. 2381 Siehe BERNOULLI, Hans und Peter Rot’s Pilgerreisen. 2382 Der Bericht des herzoglichen Notars Martin Dalmar liegt ediert vor in: BÖHMER, Thomas Kantzow’s Chronik, S. 300–326. 2383 Siehe dazu NOLTE, Erlebnis, S. 79–80. Insgesamt zu den Reisemotiven siehe ebd., S. 73–74.

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Herzog mit König Maximilian auf Gämsenjagd2384 und tanzte – auf seinem Rückweg – auf einem ihm zu Ehren veranstalteten Fest mit der Königin in Innsbruck.2385 Bogislaw besprach aber auch vertrauliche Dinge mit dem Reichsoberhaupt2386 und anderen Reichsfürsten wie dem Pfalzgrafen2387 oder den sächsischen Herzögen. Die penibel aufgezählten festlichen Empfänge, Geschenke, Ehrenerweise und mehrtägigen Aufenthalte an den Höfen vieler bedeutender Fürsten belegen sowohl den Wunsch nach reichsfürstlicher Repräsentation des Pommernherzogs als auch seine Versuche, wichtige politisch-soziale Kontakte zu vertiefen. Auch der Reisebericht des Basler Patriziers Peter Rot räumt der Schilderung besonderer Ehrerweisungen breiten Raum ein, die dem brandenburgischen Kurfürsten entgegengebracht wurden, wenn er beispielsweise von den Vorgängen in Venedig vor der Überfahrt ins Heilige Land Folgendes zu berichten weiß: „Item uff Unsers Lieben Herren uffart kamen die hern von Venedig zu minem hern in sin herberg und boten in, das er mit in gieng, so wolten si im z=igen ir gewonheit, die si uff dem selben tag hettent […] Do dannen giengen alle herren von Venedig, und sust vil volkes, und furten min gnedigen herren und all die sinen in einer procession uff ein gallen, und fGren do in das mer fúr die port ze Sant Niclaus. Domit furen och zwen bischoff und vil priester, och senger.“2388

An dieser Zeremonie, bei der die Stadtrepublik Venedig symbolisch mit dem Meer verheiratet wurde, nahmen neben dem Dogen, Kurfürst Friedrich als dessen Ehrengast und besagten Bischöfen zudem 400 ausgewählte Gäste teil, die sich zusammen auf einer reich geschmückten Galeere befanden. Auf einer späteren Etappe der Pilgerfahrt, in Ragusa, wurde nach der Einschätzung des Berichterstatters Friedrich II. und seinem Gefolge erneut „vil eren do erbotten“,2389 lud man die kurfürstliche Reisegesellschaft doch feierlich ins Rathaus und zeigte ihr die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Neben einer Vielzahl weiterer Ehrungen für den Hohenzoller auf seiner Pilgerfahrt stellten selbstverständlich der Besuch des Heiligen Grabes und die Auszeichnung mit der Goldenen Rose durch Papst Nikolaus V. die 2384 BÖHMER, Thomas Kantzow’s Chronik, S. 305. 2385 Ebd., S. 322. 2386 Die besondere Nähe und Vertrauensstellung, in der sich Herzog Bogislaw X. zum Reichsoberhaupt befand, lässt dieser in dem Bericht Dalmars unterstreichen, indem dort ausdrücklich aufgeführt wird, dass er „alleine ohne alle Rh(te“ von König Maximilian empfangen worden war, siehe ebd., S. 305. 2387 Ebd., S. 303. 2388 BERNOULLI, Hans und Peter Rot’s Pilgerreisen, S. 399–400. 2389 Ebd., S. 402.

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wichtigsten Etappen der gesamten Fahrt dar. Unter Frömmigkeitsaspekten war der Besuch des Grabes Christi sicherlich unübertreffbar, aber der öffentliche Ehrenerweis des Papstes, Zeichen der päpstlichen Wertschätzung für die besondere Treue zur römischen Kirche,2390 war sowohl aus religiösen als auch aus machtpolitischen Gründen von großem Wert. Noch sechs Jahre nach der Gewährung des Privilegienpaketes durch die Päpste Eugen IV. und Nikolaus V. als Gegenleistung für die Aufkündigung der kurfürstlichen Neutralität erhielt der Brandenburger für sein frühzeitiges Umschwenken eine hochsymbolische Ehrengabe, die seiner Inszenierung als frommer Reichsfürst in besonderem Maße entsprach. In den 1440er und 1450er Jahren werden insgesamt die Bemühungen Friedrichs II. sichtbar, im religiösen Bereich seine Herrschaftsposition als Landesherr auszubauen oder zu konsolidieren. In den Päpsten hatte der Brandenburger bei diesem Unterfangen zuverlässige Partner gefunden, waren diese doch ihrerseits auf die Unterstützung aufstrebender Territorialherren und Reichsfürsten angewiesen,2391 nachdem sie nach dem Schisma und den großen Konzilien der letzten Jahre viel von ihrer Autorität eingebüßt hatten. Bezeichnenderweise erfolgte die Pilgerfahrt Friedrichs II. und die Auszeichnung mit der päpstlichen Rose zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kontroverse um das sogenannte Wilsnacker Wunderblut, auf die noch einzugehen sein wird, sich auf dem Höhepunkt befand und vor allem der Papstlegat Nikolaus von Kues erst kurz zuvor die Verehrung von Bluthostien verboten hatte.2392 Der Kurfürst, der am Bestehen Wilsnacks als Wallfahrtsort großes Interesse hatte, erreichte bei seinem Aufenthalt in Rom im Jahr 1453 nicht nur, dass Nikolaus V. das Urteil des eigenen Legaten kassierte, sondern ging auch ‚moralisch gestärkt‘ aus der Auseinandersetzung hervor, da ihn die Goldene Rose als treuen Unterstützer der wahren Kirche auswies, nachdem es im Zuge der Eskalation des Streites sogar zu wechselseitigen Exkommunikationen des Magdeburger Erzbischofes und des Bischofs von Havelberg gekommen war.

2390 So formuliert es der zwei Tage später ausgestellte Ablassbrief Papst Nikolaus’ für die Berliner Schlosskapelle, in der die Rose aufgestellt werden sollte, siehe CDB III, 1, Nr. 191, S. 312–313: „Cum igitur dilectus filius nobilis uir Fredericus Senior, Marchio Brandeburgensis, Sacri Romani Imperij Elector, cui apud Sedem apostolicam constituto, ad eius eximie nobilitatis ac specialia fidei et deuotionis merita, quibus apud Sedem ipsam clarere dinoscitur prospectus habentes, pridie rosam, quam nouissime dicta die gerebamus, in signum specialis beniuolentie gratuito munere contulimus, illam, ut afferit, ad laudem diuini nominis Capelle Castri Colenn prope Sprewam Brandeburgensis diocesis per eum fundate et dotate offerre et in ea reponere intendat, ut ibidem pro incitamento deuotionis perpetuo conseruetur […].“ 2391 Entsprechend aussagekräftig ist auch die Liste der Empfänger der Goldenen Rose seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, wie Christiane Schuchard gezeigt hat, siehe SCHUCHARD, Die Goldene Rose, S. 10–12. 2392 BOOCKMANN, Der Streit, S. 404.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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Am 11. März, dem Sonntag nach Laetare, erhielt der seit zwei Tagen in Rom weilende Kurfürst in einer prunkvollen Zeremonie das Ehrengeschenk der Goldenen Rose durch den Papst verliehen. In einem knappen Bericht an den Hochmeister des Deutschen Ordens, Ludwig von Erlichshausen, schildert der Prokurator des Deutschen Ordens an der Kurie, Jodocus Hogenstein,2393 die große Ehre, die der Papst dem Kurfürsten öffentlich erwiesen habe, denn „[…] alle Cardinal, bisschoff und prelaten furten yn vom Pallas santi Petri bass yn seyn herberge, darnach und da das Essen gescheen was, Reit her mit derselbigen Rose zeu sant Johannes lateran. und vorbass zcu Jherusalem, anders genant ad sanctam crucem myt veelen deutschen Cortisan, dye ym zcu eren folgeten.“2394

Nachdem Papst Nikolaus V. dem Kurfürsten die Rose feierlich überreicht hatte, führte ihn der Weg vom Papstpalast ein erstes Mal durch Rom – begleitet von allen Kardinälen, Bischöfen und Prälaten – zu seiner Unterkunft, um nach dem Festmahl mit einem um viele deutsche Fürsten vergrößerten Gefolge ein zweites Mal den Zug durch die Stadt anzutreten: Ziel waren diesmal zwei der wichtigsten Pilgerkirchen Roms, die Lateranbasilika, als Bischofskirche die ranghöchste Kirche der Stadt, und die Basilika Santa Croce in Gerusalemme. War bereits sein Vater gut 36 Jahre zuvor mit einer päpstlichen Rose feierlich durch eine Stadt gezogen,2395 um sie dem erkrankten König Sigismund ins Augustinerkloster in Konstanz zu bringen, bildete nun erneut ein Hohenzoller den Mittelpunkt einer eindrucksvollen, diesmal ihm zu Ehren abgehaltenen Prozession, die vor den Augen der Stadtbevölkerung, einer Vielzahl in Rom anwesender europäischer Pilger und fürstlicher Standesgenossen durchgeführt wurde. Der päpstliche Zeremonienmeister Paris de Grassis vermerkte bezüglich der Zeremonie vom 11. März 1453, dass an diesem Tag vom allgemeinen Zeremoniell bei der Verleihung einer Goldenen Rose abgewichen worden sei, denn die Begleitung durch das Kardinalskollegium vom Papstpalast bis zur Unterkunft des Ausgezeichneten stand eigentlich nur Königen und erstgeborenen Königssöhnen zu.2396 Als Grund für die Abweichung gab de Grassis an, dass Friedrich II. „non quidem ex quo sit elector impe-

2393 Das Original befindet sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, 20. Hauptabteilung (Staatsarchiv Königsberg), Ordensbriefarchiv, Nr. 11873. Es liegt ediert vor: VOIGT, Die Erwerbung, S. 337, Fußnote 1. 2394 Ebd. 2395 Siehe Kapitel 2.1. 2396 SCHUCHARDT, Die Goldene Rose, S. 10.

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rii, sed quia ipse Marchio tempore ultimi scismatis ita fidelis ecclesiae Romanae fuit“2397 und deshalb in den Genuss des besonders ehrenhaften Zeremoniells gekommen sei. Die Rose, das Symbol des Leidens und der Auferstehung Christi,2398 erhielt der Kurfürst, um wenig später zu den tatsächlichen Schauplätzen des Martyriums des Gottessohnes zu fahren, aber nicht bevor er von Papst Nikolaus V. zusätzlich einen Ablass für die Kapelle seiner neuen Berliner Residenz erwirkt hatte.2399 Nach dem Besuch der heiligen Stätten und der Rückkehr in die neu erbaute Hauptresidenz fand das Ehrengeschenk seinen Platz in der zur Pfarrkirche erhobenen Erasmuskapelle und bildete so einen neuen religiösen Mittelpunkt in der Stadt, nur fünf Jahre nach der Niederschlagung des ‚Berliner Unwillens‘ durch den Markgrafen. Dies stellte nach der Gründung der Bruderschaft Unserer Lieben Frauen von der Kapelle bei St. Nikolai Pforten am 25. August 14522400 bzw. der Förderung dieses Unternehmens seitens des Kurfürsten eine weitere Maßnahme dar, um die zuvor mehrfach widerständige Stadtbevölkerung für sich einzunehmen. Nicht nur die besondere Ehre für ihren Stadt- und Landesherrn mag Einfluss auf das Bild Friedrichs II. nach seiner Rückkehr bei seinen Untertanen gehabt haben, sondern auch die Tatsache, dass sich durch ihn die Möglichkeit eröffnete, eine Verringerung der Bußstrafe durch den Ablass zu erhalten. Hatte er sich also bereits im Zusammenhang mit der Einsetzung der Vormundschaftsregierung für seinen Sohn Johann vor der Abreise nach Palästina als ein verantwortungsbewusster Vater und Landesherr gezeigt, da er unterstrich, dass er dafür Sorge tragen wolle, dass „unnsere liben kinder wol versorgt vnd unnsere lande vnd lute, geistlich und werntlichen, In guten fride, wolmacht vnd gotlichen wesen gesaczt bleiben vnd gestalt solten sein vnd werden“,2401 brachte auch seine Rückkehr äußerst positive Aspekte für seine Untertanen mit sich. Es zeigt sich also, dass die Fahrt ins Heilige Land und die ruhmvolle Heimführung der Goldenen Rose sich insofern harmonisch in das Bemühen des Markgrafen einfügten, seine Autorität in den geistlichen Belangen seines märkischen Herrschaftsbereichs auszuweiten, als sie die Glaubwürdigkeit seiner frommen Motive erhöhten und die wohlwollende Anerkennung seiner Verdienste seitens der höchsten geistlichen Autorität auf Erden deutlich vor Augen führten.

2397 2398 2399 2400 2401

Zitiert nach CORNIDES, Rose, S. 133–134. SCHUCHARDT, Die Goldene Rose, S. 10. Die Urkunde datiert vom 13. März 1453, siehe CDB III, 1, Nr. 191, S. 312–313. UBC, Nr. 189, S. 424–426. Mehr zu dieser Bruderschaft in Kapitel 3.2 und 6.2. CDB III, 1, Nr. 189, S. 307–309, hier S. 307.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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War bereits die Hinreise nach Palästina nicht nur – wie beschrieben – mit einer Vielzahl von Möglichkeiten verbunden, die Würde und das Ansehen des Markgrafen zu inszenieren, bot vor allem die triumphale Rückkehr von dieser besonderen Form der Hofesreise2402 mit dem bedeutendsten päpstlichen Ehrenzeichen2403 und anderen, aus dem Heiligen Land mitgebrachten frommen und exotischen Dingen dazu Anlass. In den Abschnitten der Reise, die durch die Mark Brandenburg führten, bekam ein Teil der Märker ihren Landesherrn möglicherweise überhaupt das erste Mal in seinem Leben zu Gesicht. Sie sahen die Heimkehr eines frommen und ruhmvollen Fürsten, der zusammen mit einem prächtigen Gefolge die heiligen Stätten besucht hatte und zum Wohl ihres Landes, ausgezeichnet mit der Goldenen Rose des Papstes, zusammen mit anderen ehrenhaften adeligen Begleitern heimkehrte, die in der Grabeskirche den Ritterschlag empfangen hatten. Nicht nur die Tatsache, dass ihr Land durch die Gunst Gottes mit einem frommen Herrscher gesegnet war, konnte die Einwohner der Mark Brandenburg erfreuen, der Markgraf ermöglichte es den andächtigen Besuchern der Kapelle im Berliner Schloss, eine Reduzierung ihrer Sündenstrafen zu erreichen. Da der Markgraf in weiser Voraussicht die Schlosskapelle bereits 1450 durch den Papst in eine Pfarrkirche hatte umwandeln lassen, war die Heilswirkung des päpstlichen Ehrenzeichens also nicht nur auf einen kleinen, privilegierten Kreis beschränkt. In der Folgezeit sorgten der stete Ausbau der Kapelle und die Stiftung eines Domstiftes für eine anhaltende Bedeutung dieses Ortes als fromme Stätte der Mark und stiftete eine enge Verbindung zu den märkischen Untertanen. Alle geschilderten Handlungen waren dazu angetan, das Bild des Markgrafen in der öffentlichen Wahrnehmung wirkungsvoll zu gestalten. Positiv auf die Landesherrschaft wirkte sich auch die Tatsache aus, dass der Kurfürst mit wichtigen Herrschaftsträgern der Mark gereist war, die durch das Besondere des gemeinsamen Reiseerlebnisses in eine noch engere Bindung zu dem Hohenzoller eintraten. Gestärkt wurde diese zusätzlich dadurch, dass die adeligen Reisebegleiter durch Friedrich II. am Heiligen Grab zum Ritter geschlagen worden waren und einige kurze Zeit später in seinen höfischen Orden aufgenommen wurden.2404 Dies alles konnte dazu beitragen, die Loyalität gegenüber dem Herrscher zu erhöhen, und die Steigerung des Ansehens seiner adeligen Begleiter trug in einem zweiten Schritt auch wieder zur Aufwertung des eigenen Prestiges bei, jedes Mal 2402 NOLTE, Erlebnis, S. 74. 2403 Obwohl aus den Quellen nicht ersichtlich wird, auf welche Weise das päpstliche Ehrengeschenk in die Mark Brandenburg gelangt ist, ist es durchaus denkbar, dass Markgraf Friedrich dieses persönlich mit sich geführt hat. 2404 Dazu siehe die Ausführungen in Kapitel 3.2.

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wenn diese als Räte, Amtsträger oder schlicht im Gefolge des Markgrafen agierten. Landesherrliches Eingreifen in den Konflikt um das Wilsnacker Blutwunder und die Bekämpfung der ‚Ketzerei‘ in der Mark Brandenburg Heinz-Dieter Heimann hat bereits darauf hingewiesen, wie sehr die Auszeichnung mit der Goldenen Rose und die Auseinandersetzungen um das Wilsnacker Wunderblut als Ausdrücke der besonderen Frömmigkeit Friedrichs II. dazu geeignet waren, die Herrschaft des Markgrafen „[…] rituell zu vermitteln und zu stabilisieren.“2405 Der landesherrliche Status und die damit einhergehenden entsprechenden Herrschaftsansprüche waren insofern bei dem Streit um den Wallfahrtsort Wilsnack angesprochen, als es um die Beschränkung der Herrschaft des Magdeburger Erzbischofs gegenüber der Kirche der Mark Brandenburg ging. Denn obwohl der Wallfahrtsort im Territorium des Brandenburger Kurfürsten lag und der Havelberger Bischof für die religiösen Belange der Wilsnacker Kirche zuständig war, fiel die letzte Verantwortung für alle drei brandenburgischen Bistümer dem Metropoliten und Magdeburger Erzbischof Friedrich III. von Beichlingen zu.2406 Die Einflussmöglichkeiten des Magdeburgers standen den Ambitionen des Markgrafen diametral entgegen, sich in immer mehr Teilen seines Territoriums als einzige Herrschaftsgewalt durchzusetzen. Die ‚Blutwallfahrt‘ im Elbtal zwischen Wittenberge und Havelberg war entstanden, nachdem die Wilsnacker Kirche am 16. August 1383 durch den Ritter Heinrich Bülow, der mit dem Havelberger Bischof in Fehde lag, niedergebrannt worden war. Die Wundererzählung berichtet, dass der Wilsnacker Pfarrer Johannes Cabbuez einige Tage später in den Trümmern seiner Kirche drei von ihm geweihte Hostien gefunden habe, die das Feuer nicht nur fast völlig unbeschadet überstanden und in der Mitte rote, blutähnliche Flecken aufgewiesen hätten, sondern auch trotz des anhaltenden Regens völlig trocken gewesen wären. Nachdem die drei ‚Bluthostien‘ in die Kirche von Groß Lüben verbracht worden waren, habe sich dort umgehend ein zweites Wunder ereignet, an das sich eine Reihe weiterer Wunder angeschlossen hätten.2407 Der kurz darauf einsetzende Ansturm von Pilgern veranlasste zunächst eine noch recht bescheidene Ablasstätigkeit seitens der Kurie und der Bischöfe von Lebus, Brandenburg und Havel2405 HEIMANN, Andacht beherrschen, S. 184. 2406 ZIESACK, Wilsnacks Widersacher, S. 133–134. 2407 KÜHNE, Einleitung, S. 12–16.

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berg.2408 Der neue märkische Wallfahrtsort kam bereits drei Jahrzehnte nach der Entdeckung der ‚Wunderhostien‘ und noch vor der Herrschaftsübernahme der Hohenzollern in die Kritik. Eine förmliche Untersuchung der Wilsnacker Wundertätigkeit wurde schon im Jahr 1405 durch den Prager Erzbischof in Gang gesetzt, der unter anderem Jan Hus mit dieser Aufgabe betraute. Hus klassifizierte den Wallfahrtsort als bloßen Ort der Geschäftemacherei, woraufhin der Erzbischof die Wilsnackfahrt in seiner Erzdiözese verbot,2409 und auch an der Erfurter Universität wurden kritische Stimmen zur Blutwallfahrt in Wilsnack laut.2410 Trotz der frühen und zum Teil fundamentalen Kritik an der Verehrung der Hostien – die Beanstandungen reichten vom offenen Vorwurf des Betruges über unterschiedliche theologische Ansichten von Dominikanern und Franziskanern2411 bis hin zu der Frage, ob die Hostien im Jahr des Kirchenbrandes 1383 überhaupt geweiht gewesen waren oder ob die Pilger nun wohlmöglich ungeweihte Hostien anbeteten2412 – hielt der Pilgerstrom unvermindert an, und die wirtschaftliche und städtische Entwicklung Wilsnacks nahm einen beständigen Aufstieg. Von dem großen Pilgerstrom profitierten das Dorf Wilsnack, aber vor allem auch die Havelberger Bischöfe bzw. Stiftsherren: „Die relativ selbständige Stellung, die während des 15. Jahrhunderts die Havelberger Bischöfe behaupteten, verdanken sie ganz wesentlich dem Umstande, daß sie infolge der reichen Einnahmen aus Wilsnack ihre Tafelgüter zusammenhalten konnten.“2413 Auch der Landesherr hatte frühzeitig Anteil an den Wallfahrtseinnahmen, da Friedrich II. in den 1440er Jahren zwei Altäre in der Wilsnacker Wallfahrtkirche St. Nikolai gestiftet hatte, 2408 BOOCKMANN, Der Streit, S. 389. Seitens Papst Urbans VI. wurde der Wallfahrtsort zunächst nur mit einem Ablass für den Neubau des Kirchengebäudes unterstützt, siehe CDB I, 2, Nr. 2, S. 140, und ebd., Nr. 3, S. 140–141. Die drei Bischöfe der Brandenburger Diözesen und ihr Magdeburger Metropolit vergaben hingegen vierzehntägige Ablässe für die Besucher des Blutwunders. Von den älteren Untersuchungen zur Thematik der Wilsnacker Wallfahrt sind immer noch grundlegend: BREEST, Das Wunderblut, und HENNIG, Kurfürst Friedrich II. Von der neueren Literatur zu nennen sind: der Sammelband KÜHNE/ ZIESAK, Wunder; ESCHER, Brandenburgische Wallfahrten; BUCHHOLZ/GRALOW, Zur Geschichte; und ZIESAK, Eine Bestandsaufnahme. 2409 BOOCKMANN, Der Streit, S. 389. 2410 Der Franziskaner Christian von Hiddestorf berichtete 1411, dass der Pfarrer Johannes Cabbuez, der die Hostien in der zerstörten Kirche gefunden hatte, ins Franziskanerkloster nach Magdeburg gekommen sei und dort angeboten habe, eine ähnliche Wallfahrt zu initiieren, siehe ZIESAK, Wilsnacks Widersacher, S. 133. 2411 Während die Dominikaner überzeugt waren, dass Christus bei seiner Auferstehung alles Blut mit sich genommen hatte und damit Blutwunder prinzipiell ausschlossen, waren die Franziskaner vom Gegenteil überzeugt, siehe BOOCKMANN, Der Streit, S. 389. 2412 Um diese Idolatrie zu verhindern, legte das Basler Konzil fest, dass stets eine frisch geweihte Hostie neben die drei ‚Bluthostien‘ gelegt werden müsse, siehe BREEST, Das Wunderblut, S. 189–190. 2413 HENNIG, Kurfürst Friedrich II., S. 79.

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deren personelle Besetzung in seiner eigenen Zuständigkeit verblieb.2414 Er konnte aber nicht nur von den enormen Pilgermassen profitieren, sondern durch die Stiftungen manifestierte sich zudem seine landesherrliche Präsenz in der Nikolaikirche. Sowohl die Einnahmen als auch die Präsenz in der Wallfahrtskirche waren dem Markgrafen so wichtig, dass er bei der Teilung der Mark Brandenburg und der Abtretung der Altmark an seinen jüngeren Bruder im Jahr 1447 sich und seinen Nachkommen das Recht der Besetzung für die beiden Altäre zusichern ließ.2415 Der Aspekt der fürstlichen Präsenz und Repräsentation wurde insbesondere durch eine große Glasfensterstiftung (Abb. 6), die ihn selbst mit Kurmantel und Kurhut bekleidet kniend vor dem Kreuz Christi und neben der Jungfrau Maria darstellt, betont, konnten die frommen Besucher aus allen Teilen des Reiches und den europäischen Nachbarländern die kurfürstliche Stifterfigur im Mittelfenster des Hauptchores doch kaum übersehen.2416 Auch in nahe gelegenen Kirchen wie beispielsweise in Werben, einer Stadt, die für die Wilsnackfahrer einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt darstellte und deren Johanniskirche sich mit einem marianischen Gnadenbild, einem verehrungswürdigen Kruzifix und einem Reliquiar in Form des Hauptes Johannes des Täufers zu einem ‚Transitheiligtum‘ entwickelt hatte,2417 tätigte Friedrich II. ebenfalls an zentraler Stelle eine Stiftung: Im Jahr 1467 ließ er im Hauptchor dieser Kirche seine drei Vollwappen, umschlungen von der Ordenskette seiner Gesellschaft Unserer Lieben Frau, abbilden,2418 deutlich sichtbarer Ausdruck seiner Frömmigkeit und seines fürstlichen Status für alle Pilger und die anderen Besucher der Kirche.2419 Insgesamt zeigte er also in zentralen Wallfahrtsorten der Mark Brandenburg eine starke Präsenz. Neben den genannten – in Wilsnack und Werben – nahm die Marienkirche auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg zeitweise ebenfalls eine herausragende Stellung als Wallfahrtskirche ein, die der Kurfürst durch die Einrichtung eines Kollegiatstiftes und die Festlegung als Hauptsitz seines höfischen Ordens besonders förderte.

2414 KÜHNE, In Wilsnack, S. 112. 2415 CREMER, Die St. Nikolaus- und Heiligblutkirche, S. 123. 2416 Zu dieser Stiftung und weiteren möglichen Stiftungen in St. Nikolai in Wilsnack siehe Kapitel 6.1. 2417 KÜHNE, Werben/Elbe, S. 97. 2418 BÖNING, Die mittelalterlichen Glasmalereien, S. 35. 2419 Mehr zu dieser Stiftung und einer weiteren Stiftung, die Kurfürst Albrecht 1476 in der Werbener Johanniskirche tätigte, in Kapitel 6.1.

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Bereits durch die Stiftertätigkeit in Wilsnack und aufgrund einer besonderen Vorliebe für den Ort2420 wurde der Kurfürst schnell in den zu Beginn der 1440er Jahre erneut ausbrechenden Konflikt um das ‚Wunderblut‘ hineingezogen. Der Havelberger Bischof Johann von Wöpelitz hatte schon wenige Jahre nach der Entdeckung der ‚Wunderhostien‘ begonnen, durch Käufe den Ort und die Kirche von Wilsnack an sich zu bringen. Im Jahr 1395 erwirkte er außerdem von Papst Bonifaz IX., dass die Pfarrkirche dem Havelberger Stift inkorporiert wurde.2421 Damit hatte von Wöpelitz seinem Stift die üppigen Einnahmen aus dem prosperierenden Wallfahrtsort gesichert, brachte aber nicht zuletzt aus diesem Grund die benachbarten Bischöfe gegen die Wallfahrtsstätte auf. Nach anfänglichen Verteidigungsmaßnahmen – sogar durch die großen Reformkonzilien von Konstanz und Basel – formierte sich der theologische Widerstand gegen Wilsnack immer massiver: Hauptgegner des ‚Wunderblutes‘ war der Magdeburger Domherr und ehemalige enge Vertraute Friedrichs I. Heinrich Tocke, der 1432 im Auftrag des Magdeburger Erzbischofs und der Universität Erfurt zum Konzil nach Basel gereist war.2422 Bereits 1426 hatte Tocke eine Polemik gegen Wilsnack verfasst, und von 1429 datiert ein Gutachten der theologischen Fakultät der Universität Leipzig über diesen märkischen Wallfahrtsort, das ebenfalls negativ ausfiel.2423 Aber erst nachdem der Magdeburger Domherr den Wallfahrtsort und die ‚Bluthostien‘ im Juli 1443 persönlich in Augenschein genommen und ein vernichtendes Urteil über Wilsnack abgegeben hatte,2424 begann sich die Kontroverse zu verschärfen und auf weite Kreise im Reich überzugreifen. Während in einer Reihe von Tagfahrten über Wilsnack beraten wurde, bei denen Thesenreihen zusammengestellt wurden, die als Grundlage von Traktaten und Repliken dienten,2425 suchte der Magdeburger Erzbischof seine Metropolitangewalt in Bezug auf den Havelberger Bischof zu festigen. Neben diesen Kompetenzstreitigkeiten zweier kirchlicher Amtsträger bestanden zeit2420 Sowohl Kurfürst Friedrich II. als auch sein Bruder Albrecht trafen in Wilsnack immer wieder mit fürstlichen Standesgenossen zusammen, um dort zu beraten oder auch Bündnisse zu schließen, siehe BREEST, Das Wunderblut, S. 191–192 und S. 277–278. 2421 HENNIG, Kurfürst Friedrich II., S. 78. 2422 ZIESACK, Wilsnacks Widersacher, S. 135. 2423 HENNIG, Kurfürst Friedrich II., S. 81, Fußnote 1. 2424 Auf einer Magdeburger Provinzialsynode 1451 hatte Tocke eine Rede über den skandalösen Wallfahrtsort gehalten, die teilweise ediert vorliegt: MEIER, Christianus de Hiddestorf, S. 52–53. 2425 Hartmut Boockmann hat darauf hingewiesen, wie präsent das Thema ‚Wilsnack‘ bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts war: Es wurde nicht nur 25-mal schriftlich für oder gegen den Wallfahrtsort Stellung bezogen, sondern 150 Texte sind in norddeutschen Bibliotheken, aber sogar auch in München, Nürnberg und Stuttgart überliefert, siehe BOOCKMANN, Der Streit, S. 395.

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gleich Spannungen zwischen dem märkischen und dem magdeburgischen Territorium aufgrund ungeklärter Rechte an Lehnsgütern von großem Wert: Neben verschiedenen anderen Streitpunkten hatte der Magdeburger Erzbischof sogar die Herrschaft über die Stadt Havelberg gefordert. Erzbischof und Markgraf konnten die Fragen erst im Jahr 1449 mit dem Vertrag von Zinna klären.2426 In dieser von vornherein angespannten Situation bestellte Kurfürst Friedrich II. delikaterweise den Bischof von Havelberg zu seinem Schiedsmann für die Verhandlungen mit dem Erzbischof, wobei es zwischen Erzbischof und Bischof aufgrund der Tatsache, dass sich einige Havelberger Stiftsgüter auf dem Gebiet des Magdeburgers befanden, ebenfalls zu territorialen Streitigkeiten gekommen war.2427 Bruno Hennig hat darauf hingewiesen, dass die Parteinahme des Markgrafen für den Havelberger Bischof sich aus dieser komplizierten politischen Lage der 1440er Jahre erklären lässt;2428 auffällig ist auf jeden Fall die persönliche Intervention des Kurfürsten in dieser Angelegenheit. Nachdem er zunächst den Brandenburger Dompropst Peter von Klitzing zu Verhandlungen nach Magdeburg geschickt hatte, traf Friedrich II. im Sommer 1444 auf dem Weg zum Hoftag in Nürnberg persönlich mit Heinrich Tocke zusammen. Am 21. August ließ er sich von diesem im Magdeburger Dom über das Wilsnacker Wunderblut berichten2429 und vertrat auch nach den kritischen Erläuterungen Heinrich Tockes die Auffassung, dass die Hostien nicht entfernt werden müssten, die zuständigen Geistlichen jedoch nicht in der bisherigen Art über das ‚Wunder‘ predigen sollten. Bei den in der Folgezeit vom Magdeburger Erzbischof angesetzten Verhandlungsterminen ließ sich der Havelberger Bischof bei seinem Metropoliten mehrfach entschuldigen und nannte als Grund für sein Nicht-Erscheinen unter anderem auch Dienstverpflichtungen gegenüber dem brandenburgischen Kurfürsten. Dass Friedrich II. weiterhin in die Angelegenheiten um das Wunderblut direkt involviert war, zeigt nicht zuletzt, dass der märkische Rat von Klitzing an zwei kurze Zeit später angesetzten Verhandlungstagen teilnahm. Mit der Replik auf die Vorwürfe der Wilsnack-Kritiker wurde der Franziskanerkonventuale Matthias Döring beauftragt. Im Jahr 1443 zum Ordensgeneral erhoben,2430 war Döring – wie zuvor schon erwähnt – aufgrund seiner ablehnenden Haltung gegen die strenge Observanz aus dem Magdeburger Herrschaftsgebiet ausgewiesen worden. 1446 hatte er eine Tätigkeit 2426 2427 2428 2429 2430

CDB II, 4, Nr. 1698, S. 421–425. HENNIG, Kurfürst Friedrich II., S. 84. Ebd., S. 85. BREEST, Das Wunderblut, S. 197. WEIGEL, Ordensreform, insbesondere S. 148–167.

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als kurfürstlicher Rat aufgenommen2431 und verfasste zusammen mit Johannes Kannemann am 12. September jenes Jahres eine Erwiderung auf die von Heinrich Tocke bei den Verhandlungen über den Streitfall in Burg vorgelegten 14 Artikel gegen das Wilsnacker Wunderblut.2432 Nachdem Friedrich II. zu derselben Zeit beschlossen hatte, sich der römischen Obödienz anzuschließen, schickte er wenig später Gesandte zu Papst Eugen IV., die über die bereits an früherer Stelle angesprochenen Privilegien mit der Kurie verhandelten. In Rom wurde schließlich von den markgräflichen Räten auch im Beisein Johannes Kannemanns, der offiziell als Gesandter des Havelberger Bischofs vor Ort war,2433 zum einen eine Bulle erwirkt, die den Besuchern und den Wohltätern Wilsnacks einen Ablass erteilte.2434 Zum anderen wurde im Februar 1447 eine an die Bischöfe von Havelberg und Lebus gerichtete päpstliche Bulle ausgestellt, die vorschrieb, dass zu den transformierten Hostien eine nach Belieben erneuerbare konsekrierte Hostie gelegt werden sollte.2435 Der Magdeburger Erzbischof hatte zwar ein seinen Zwecken entsprechendes Gutachten der Erfurter Universität bezüglich der Wilsnacker Sache erhalten, das als Grundlage für die Einberufung eines Provinzialkonzils dienen sollte, das jedoch an die Autorität der päpstlichen Beschlüsse selbstverständlich nicht heranreichte. Auf das Gutachten der Erfurter Universität reagierte Friedrich II. jedoch umgehend, indem er einen förmlichen Protest „gegen die Angriffe […] gegen ‚sein Fürstentum und seine Kirche‘“2436 einreichte. Zur gleichen Zeit erwirkte der Kurfürst durch ein Protestschreiben an den Herzog von Sachsen, dass der Leipziger Dominikaner und Theologieprofessor Johannes Krone, der ebenfalls gegen das Wilsnacker Wunderblut polemisiert hatte, aus dem Leipziger Territorium ausgewiesen wurde.2437 Dieser massive Einsatz des Landesherrn im Konflikt um einen Wallfahrtsort, der nicht nur einen Eingriff in die theologische Auseinandersetzung um die Glaubwürdigkeit der ‚Bluthostien‘ bedeutete, sondern auch Stellung bei den Kompetenzstreitigkeiten eines

2431 2432 2433 2434

KURZE, Das Mittelalter, S. 106. WEIGEL, Ordensreform, Anhang: Regesten und Quellen, Nr. 97, S. 371–372. HENNIG, Kurfürst Friedrich II., S. 93. CDB I, 2, Nr. 13, S. 149–150. Riedel datiert erneut falsch, da er nicht den Calculus Florentinus in Rechnung stellt, und gibt das Jahr 1446 an. 2435 Ebd., Nr. 14, S. 150–151. Damit sollte den Pilgern nicht nur eine deutlich erkennbare Hostie präsentiert werden – die drei Wunderhostien waren nach zeitgenössischen Berichten zu urteilen beinahe völlig zerfallen –, sondern man konnte auch den Kritikern des Wunders entgegnen, dass in Wilsnack lediglich das ‚tägliche‘ Wunder der konsekrierten Hostie angebetet wurde. Auch hier findet sich derselbe Datierungsfehler. 2436 HENNIG, Kurfürst Friedrich II., S. 97. 2437 Ebd.

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Bischofs mit seinem Metropoliten bezog, war damit noch nicht beendet: Der Magdeburger Erzbischof und der brandenburgische Kurfürst trafen am 25. Mai 1447 sogar in Fischbeck persönlich zusammen, während der Havelberger Bischof wieder sein Erscheinen verweigerte. Das Treffen blieb erneut ergebnislos, da beide Parteien von ihrem jeweiligen Standpunkt nicht abrückten. Am 10. September erneuerte Papst Nikolaus V. schließlich die Privilegien für Wilsnack, auch wenn der Name des Kurfürsten nun nicht mehr erwähnt wurde.2438 Durch päpstliche Veranlassung wurde dem Landesherrn weiterhin eine entscheidende Rolle in diesem Konflikt übertragen. Zunächst stellte Nikolaus V. ebenfalls am 10. September einen Schutzbrief für die Güter und Rechte des Havelberger Stifts aus und ernannte gleichzeitig die Pröpste von Stendal und Brandenburg, zwei markgräfliche Räte, zu päpstlichen Konservatoren.2439 Trotz dieser deutlichen Parteinahme der römischen Kurie für den brandenburgischen Landesherrn unternahm der Magdeburger Erzbischof mehrere Versuche, die Verhandlungen um Wilsnack wieder aufzunehmen, und gab verschiedene Gutachten in Auftrag, die erneut den Missbrauch dieser Wallfahrtsstätte belegen sollten. Nachdem aber weder der Havelberger Bischof noch der Markgraf auf die Aktionen des Magdeburgers reagierten, berief dieser im Jahr 1451 eine Provinzialsynode ein, die von Nikolaus von Kues als päpstlichem Legaten geleitet wurde. Noch einmal wurden die wichtigsten mit Wilsnack zusammenhängenden ‚Frevel‘ von Heinrich Tocke öffentlich vorgetragen. Im Anschluss an diese Schilderungen erließ Nikolaus von Kues auf der Synode eine Bulle, die das Ausstellen von ‚Bluthostien‘ allgemein bei Strafe des Interdikts verbot.2440 Der Magdeburger Erzbischof Friedrich III. von Beichlingen ließ keinen Zweifel daran, dass er die Urkunde des Papstlegaten anwenden wollte, denn nachdem er sie explizit dem Bischof von Havelberg bekannt machen ließ, dieser jedoch nichts gegen die Pilger nach Wilsnack unternahm, lud der Erzbischof den Rektor und die Kapläne der Pilgerkirche vor.2441 Auf Grundlage der Bulle des Papstlegaten exkommunizierte der Erzbischof seinen Suffragan, im Gegenzug bannten die markgräflichen Räte – die Pröpste von Stendal und Brandenburg – den Metropoliten in ihrer Funktion als päpstliche Konservatoren des Havel2438 CDB I, 2, Nr. 15, S. 151–152. Bruno Hennig weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass dem Magdeburger Erzbischof aber auf jeden Fall klar gewesen sein musste, dass Friedrich II. der Verantwortliche für die Ausstellung der päpstlichen Bullen war, da sogar die Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium den Kurfürsten als treibende Kraft vermerkten, siehe MGH SS 14, S. 376–484, hier S. 466–467. 2439 HENNIG, Kurfürst Friedrich II., S. 100. 2440 CDB I, 2, Nr. 17, S. 152–156. 2441 Ebd.

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berger Stifts. In dieser Situation war die Kurie nun endgültig genötigt einzugreifen. Beide Exkommunikationen wurden durch Rom aufgehoben, weitere Strafsentenzen verboten2442 und die Zurschaustellung der drei ‚Bluthostien‘ weiterhin erlaubt. Hennig konnte zeigen, dass diese endgültige Entscheidung für Wilsnack in die Zeit fiel, in der Kurfürst Friedrich seine Pilgerfahrt ins Heilige Land unternahm und sich in Rom aufhielt, um die Goldene Rose entgegenzunehmen. Aus dieser Zeit Anfang März 1453 datieren Hennig zufolge außerdem eine Reihe weiterer Privilegien Papst Nikolaus’ V. für den Brandenburger.2443 Die heftigen Auseinandersetzungen um das sogenannte Wilsnacker Wunderblut machen deutlich, welch vielschichtige Interessen bei allen drei Hauptakteuren – dem brandenburgischen Markgrafen, dem Magdeburger Erzbischof und dem Bischof von Havelberg – im Spiel waren, die von der Durchsetzung ungeklärter Herrschaftsansprüche territorialer Art bis zur deutlichen Demonstration geistlicher Verantwortung für diesen Gnadenort reichten. Vor allem der Brandenburger Markgraf und der Erzbischof aktivierten für ihre jeweilige Position gewichtige Bündnispartner aus der Amtskirche und beauftragten Experten, um die Existenzberechtigung der Wallfahrtsstätte zu klären. Dass es seinem Selbstverständnis als christlichem Landesherrn entsprach, auch für das geistliche Wohl seiner Untertanen Sorge zu tragen, und er auch auf diesem Gebiet der Landesherrschaft Boden insbesondere gegenüber der zuständigen auswärtigen geistlichen Autorität gutmachen wollte, dass es Markgraf Friedrich II. also nicht ausschließlich um finanzielle Aspekte bei der Verteidigung des Wallfahrtsortes ging, zeigt auch sein Vorgehen gegen häretische Umtriebe in der Mark Brandenburg Ende der 1450er Jahre.2444 Bereits in den ersten Jahren der Herrschaft der Hohenzollern in der Mark Brandenburg lassen sich Tätigkeiten waldensischer Prediger beobachten. Ein bischöflicher Offizial ließ beispielsweise im Mai 1417 in Jüterbog sechs Personen auf dem Scheiterhaufen verbrennen.2445 Bis in die 1440er Jahre blieb es zunächst wieder einigermaßen ruhig um die märkischen Waldenser, bis der Bischof von Kammin zusammen mit dem Hochmeister des Deutschen Ordens 1447 gegen waldensische Umtriebe vorging. In den 1450er Jahren kam es unter Führung des ‚Bischofs‘ Friedrich Reiser zu Versuchen, die märkischen und pommerischen Waldenser

2442 Ebd., Nr. 18, S. 156–158. 2443 HENNIG, Kurfürst Friedrich II., S. 102, Fußnote 3. 2444 Allgemein dazu: WATTENBACH, Über die Inquisition; BRUNNER, Ketzer; KURZE, Märkische Waldenser; und DERS., Waldenser in der Mark. 2445 KURZE, Märkische Waldenser, S. 463.

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mit den Hussiten zu einer Bewegung zu vereinen,2446 die jedoch durch die Verhaftung Reisers Anfang 1458 in Straßburg und seine Verbrennung als rückfälliger ‚Ketzer‘ am 6. März dieses Jahres ein jähes Ende fanden.2447 Die Inhaftierung Reisers und der sich daraufhin anschließende Prozess in Straßburg müssen mit großer Wahrscheinlichkeit als Auslöser für die Verhaftung dreier Waldenser in der Mark Brandenburg gesehen werden, deren Prozess durch den Bericht des Lebuser Klerikers Heinrich Bawerungk überliefert ist.2448 Anhand dieser Darstellung ist zu erkennen, dass sich der Kurfürst auch dieser wichtigen geistlichen Angelegenheit persönlich annahm und dabei in gewisser Hinsicht seine Kompetenz als Markgraf überschritt. Am 21. April 1458 wurden die vier der Ketzerei Verdächtigten in dem Dorf Klein-Ziethen verhaftet und „[…] de mandato illustrissimi principis et domini domini Friderici, marchionis Brandburgensis sacrique Romani imperii principis electoris et archicamerarii ac burggravii, Nurembergensis etc., ad opidum Berlin, dicte Brandburgensis diocesis adducti […].”2449

Obgleich der Hauptangeklagte, der Schneider Matthäus Hagen, aus Selchow stammte, das eigentlich der Kamminer Diözese zugeordnet war, wurde allen vier Angeklagten ein gemeinsamer Prozess in der Berliner Residenz des Kurfürsten gemacht.2450 Gemäß Heinrich Bawerungks Bericht wurden die Angeklagten nach Berlin verbracht und dem Brandenburger Bischof Stephan Bodeker vorgeführt, da kein Inquisitor anwesend gewesen wäre, der eine päpstliche Bevollmächtigung besessen hätte. Bodeker, der bereits unter Friedrich I. kurfürstlicher Rat gewesen war2451 und der auch zu dessen Sohn eine enge Beziehung besaß, übertrug seine inquisitorischen Vollmachten aufgrund seines fortgeschrittenen Alters auf Johannes Kannemann, blieb aber genau wie der Kurfürst während des Verfahrens weiterhin persönlich in der kurfürstlichen Residenz anwesend. Damit wurde die Leitung des Prozesses dem Franziskaner Kannemann übertragen, der bereits bei der Auseinandersetzung um den Wallfahrtsort Wilsnack für den Kurfürsten wichtige Aufgaben übernommen hatte. Neben Bodeker war zudem ein weiterer kurfürstlicher Rat Mitglied der ‚Untersuchungskommission‘: der Lehniner Abt Arnold von Monnicken2446 Ebd., S. 466. 2447 Ebd., S. 471. 2448 Zusammen mit dem Bericht über ein zweites Verfahren in Angermünde im Sommer 1458 ediert in: KURZE, Quellen, Nr. 25, S. 288–306. 2449 Ebd., S. 289. 2450 Ebd., S. 294. 2451 WIGGER, Stephan Bodeker, S. 144.

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dam.2452 Durch seine Eingriffe in den Ablauf des Verfahrens und das Übergehen des Kamminer Bischofs, der in keiner engen Verbindung zu Friedrich II. stand, vielmehr sogar als ehemaliger Kanzler Herzog Bogislaws IX. von Pommern einem ausgewiesenen Herrschaftskonkurrenten des Kurfürsten nahegestanden hatte,2453 sicherte sich der Landesherr seinen Einfluss auf das Inquisitionsverfahren, indem er damit enge Vertraute beauftragte. Zudem demonstrierte der Kurfürst durch seine persönliche Anwesenheit während des Prozesses, dass er auch in dieser für sein Territorium ernsten Angelegenheit seiner Verantwortung als Landesherr vorbildlich nachkommen und die Bekämpfung dieser Glaubensabweichungen nicht einfach den Bischöfen seines Landes überlassen wollte. Inquisitionsverfahren gegen Häretiker mussten von einem vom Papst oder Bischof beauftragten Inquisitor selbstständig als Sondergerichtshof durchgeführt werden;2454 der in dem Bericht von 1458 angegebene Mangel an einer entsprechend autorisierten Person scheint die Überstellung der Verdächtigen nach Berlin und ihre Vorführung vor den Brandenburger Bischof also zwingend notwendig gemacht zu haben. Aber weder die persönliche Anwesenheit des Landesherrn während des gesamten Prozesses noch das Übergehen des zumindest für den Hauptangeklagten Matthäus Hagen zuständigen Bischofs von Kammin sind aus dem normalen Verfahrensablauf zu erklären. Auffällig ist zudem, dass der Bericht des Lebuser Klerikers lediglich im Falle des verhörten Johannes Goreß die Diözesanzugehörigkeit angibt, da er Schulze von Klein-Ziethen war, das dem Bistum Brandenburg angehörte und somit tatsächlich in den Kompetenzbereich Stephan Bodekers fiel.2455 Nach der öffentlichen Verurteilung der vier Angeklagten vor der Berliner Marienkirche am 27. April 1458, die bis auf Matthäus Hagen geständig waren, folgte ein zweites Verfahren gegen die häresieverdächtigen Dörfer Kerkow und Klein-Ziethen Ende Juni desselben Jahres.2456 Bei diesem Verfahren, das nun von Johannes Kannemann allein geleitet wurde, sodass der Brandenburger Bischof diesmal nicht an-

2452 KURZE, Quellen, S. 294. 2453 KURZE, Das Mittelalter, S. 130. 2454 VONES, Art. ‚Inquisition‘, Sp. 370. Allgemein zum Inquisitionsverfahren siehe BUSCHMANN, Inquisition, und das Standardwerk von Paul Flade: FLADE, Das römische Inquisitionsverfahren. 2455 „Postmodum adductus fuit coram dominis episcopo et inquisitore prefatis, presentibus dominis quibus supra, / Johannes Goreß, schultetus de parva Cziten predicte Brandburgensis diocesis […]“, KURZE, Quellen, S. 296. 2456 Überliefert ist dieses Verfahren durch einen Bericht eines anonymen Notars, der in der Handschrift auf den Bericht Heinrich Bawerungks folgt, siehe ebd., S. 302–306.

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wesend war, nahm Kurfürst Friedrich II. erneut persönlich teil.2457 Der Bericht eines anonymen Notars hält nach der Aufzählung der Teilnehmer der Untersuchungskommission für den 29. Juni 1458 explizit zum Verfahrensablauf fest: „Primo omnes et singulos villanos Kerkowienses vocavit, et ipsos medio suo iuramento per eos et quemlibet ipsorum prestito, de consilio et ex suasione illustris principis et domini domini Friderici marchionis Brandeburgensis, dictorumque dominorum, cum nimis prolixum esset singulos singulariter examinare, iussit atque mandavit, quatenus lepra heretica infecti a sanis et veris christifidelibus tamquam schoria ab argento separarentur, uti inter eos tamquam inter bonos et malos verius iudicium haberetur.”2458

Diese Art der pauschalen Wahrheitsfindung, die der Kurfürst zur Zeitersparnis in Angermünde vorschlug, stellte eine absolute Ausnahme im üblichen Inquisitionsverfahren dar, da dieses eigentlich die Durchführung von Einzelverhören zwingend vorsah.2459 Dietrich Kurze hat darauf hingewiesen, dass diese auf Anraten des Kurfürsten vorgenommene Abweichung von den Einzelverhören durch den Inquisitor Kannemann gleichzeitig eine deutliche Einmischung in die Kompetenz der geistlichen Gerichtsbarkeit darstellte.2460 Eigentlich kam die weltliche Obrigkeit nur bei einer möglichen Verhängung der Todesstrafe zum Einsatz und konnte sonst nicht weiter auf die Art des Verfahrens Einfluss nehmen.2461 Nicht nur der persönliche Einsatz bei der Verfolgung von ‚ketzerischen Umtrieben‘ in seinem Territorium, sondern auch die intensiven landesherrlichen Maßnahmen auf dem geistlichen Gebiet in ihrer Gesamtheit können als die wesentlichen Merkmale der landesherrlichen Politik Markgraf Friedrichs II. seit dem Antritt seiner Herrschaft in der Mark Brandenburg angesehen werden. Von der älteren Forschung als Ausdruck der ‚privaten‘ Frömmigkeit des Hohenzollers und als charakteristisches Merkmal seiner Persönlichkeit gedeutet – insbesondere im Vergleich mit dem Regierungsstil seines Vaters bzw. seines Bruders Albrecht2462 –, zeigte sich bei 2457 „[…] in presentia illustris principis et domini domini Friderici senioris marchionis Brandenburgensis, sacri Romani imperii principis electoris etc., suorumque consilliariorum et familiarium ac mei notarii publici infrascripti, modo infrascripto sunt examinati”, ebd., S. 302. 2458 Ebd., S. 304. 2459 FLADE, Das römische Inquisitionsverfahren, S. 57. 2460 KURZE, Märkische Waldenser, S. 478. 2461 FLADE, Das römische Inquisitionsverfahren, S. 60. 2462 Besonders bemerkenswert der Aufsatz von Reinhold Koser vom Beginn des 20. Jahrhunderts, siehe KOSER, Die Politik, aber bis in die neueste Zeit wurde diese Form der Gegenüberstellung der ersten drei Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern immer wieder vorgenommen.

5.2 Religiöse Praktiken und Kirchenpolitik

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genauerer Betrachtung das Potenzial der auf den Bereich von Kirche und Frömmigkeit abzielenden Maßnahmen für die Stabilisierung und den Ausbau der noch relativ neuen Landesherrschaft im Kurland. Gerade vor dem Hintergrund der spezifischen Anforderungen und Herausforderungen dieses Territoriums mit seinem autarken Adel bzw. den selbstbewussten Städten und der lange Zeit vorherrschenden Wahrnehmung der Hohenzollern als Süddeutsche und damit Landesfremde konnten sich nicht alle Herrschaftsinstrumente, die in Franken zum Einsatz kamen, als ebenso effektiv erweisen. Aber es waren auch gerade die besonderen Voraussetzungen des märkischen Territoriums, in dem sich gleich drei Bistümer befanden, die landesherrliche Strategien möglich machten, die in Franken niemals hätten genutzt werden können. Die Untersuchung der Maßnahmen Markgraf Friedrichs II. hat erneut gezeigt, wie eng symbolische und instrumentelle Dimensionen aufeinander bezogen waren. Die unterschiedlichen Formen der religiösen Repräsentation wiesen zugleich eine bemerkenswerte Multifunktionalität auf. Außerdem konnte der neue Markgraf und Kurfürst auf diese Weise ein völlig unterschiedliches ‚Publikum‘ ansprechen: Er erreichte sowohl die Einwohner seines neuen Markgraftums – als Besucher seiner zur Pfarrkirche umgewandelten Schlosskapelle, als Mitglieder der verschiedenen Domkapitel, die er zum Teil persönlich nominiert und deren Bischöfe er eingesetzt hatte, oder als Besucher des Wilsnacker Wunderblutes. Er konnte sich als Reichsfürst und frommer Landesherr vor den eigenen Standesgenossen und vor auswärtigen Fürsten inszenieren – nicht nur im Rahmen seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land und der damit verbundenen Auszeichnung mit der Goldenen Rose in Rom, sondern auch als Gastgeber, der die Gäste an seiner Tafel von Fastenvorschriften suspendieren konnte. Aber auch bei dem Besuch einer feierlichen Messe im Rahmen der verschiedenen Fürstentreffen in Wilsnack in einem Altarraum, der durch seine großformatige Fensterstiftung geprägt war, trat Friedrich II. als frommer Christ in Erscheinung. Mithilfe dieser religiösen Repräsentationsformen konnte der Kurfürst auf beiden Seiten ‚Legitimationserfolge‘ erzielen. Die Mittel und Medien seiner Herrschaftsdurchsetzung entsprachen den gesellschaftlichen Bedürfnissen der Beherrschten und den sozialen Anforderungen als Markgraf und Kurfürst gleichermaßen. Der besondere Erfolg dieser Repräsentationsform liegt zudem darin, dass Frömmigkeit im Gegensatz zu anderen Arten der Repräsentation beinahe unangreifbar ist, da sie einen absoluten Wert in der Gesellschaft des christlichen Mittelalters darstellte. Andere soziale Repräsentationsformen waren immer wieder massiver Kritik ausgesetzt. Vorwürfe wie stolz, gierig oder ruhmessüchtig zu sein, konnten schnell zu gefährlichen Anklagepunkten werden und sich damit

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5. Aspekte der Landesherrschaft

kontraproduktiv auf die Herrschaftsetablierung auswirken. Eine Kritik am ‚frommen Wirken‘ eines Fürsten ließ sich dagegen erheblich schwerer formulieren. Natürlich konnte Friedrich II. nicht ausschließlich zweckrational und beliebig aus einem Repertoire auswählen, aber die charakteristische Verschmelzung von ‚Privat-‘ und ‚Staatsfrömmigkeit‘2463 im späten Mittelalter war die Grundlage des Erfolgs dieser Repräsentationsformen.

2463 Das von Franz Machilek geprägte Begriffspaar der ‚Privat-‘ und ‚Staatsfrömmigkeit‘ bezeichnet eine dominante Dichotomie in der Geschichtswissenschaft, die von der Forschung in vielfältigen Variationen und mit durchaus abweichenden Interpretationen bereits vor Jahrzehnten zur Analyse von Herrschaftsformen und -stilen gebraucht wurde. Insbesondere zur Beschreibung der Regierungszeit Friedrichs II. ist häufig auf dieses Erklärungsmuster zurückgegriffen worden. Die von Machilek weniger analytisch gedachte als deskriptiv vorgenommene Trennung in eine ‚politisch motivierte‘ und eine ‚private‘ bzw. ‚persönliche‘ Frömmigkeit des Luxemburgers Karls IV. sollte unter anderem dazu dienen, das „Persönlichkeitsbild“ des Kaisers zu beleuchten, siehe MACHILEK, Privatfrömmigkeit, S. 87. Dabei unterstrich Machilek die Bedeutung religiöser Erfahrungen der Kinder- und Jugendzeit als prägendes Moment der ‚privaten‘ Frömmigkeit Karls IV., und deutete zugleich eine Abhängigkeit der Herrschaft vom Charakter des Luxemburgers an.

6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie 6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie „[…] als auch Herczog Ludwig den adel sein vnd vnnsernhalben anczeühet, So wir In desshalben anruren woltten, were vns ein cleine ere, dann vnnser muter loblicher gedechtniss die vnnser Herkommen vff dits erterich bracht hat ist seins vaters Swester gewest, So was vnnsers vaters seligen Swester kung Ruprechts gemahel, die beide heirrat als mit Burggrauen von Nurmberg gescheen sind […].“2464

Mit dem Verweis auf die verwandtschaftlichen Verbindungen zwischen den Hohenzollern und dem Geschlecht der Wittelsbacher, die Markgraf Albrecht in einem Brief an den Würzburger Bischof Johann III. von Grumbach im Jahr 1460 betonte, und der auch dazu dienen sollte, die Akzeptanz seines Geschlechts als Heiratskandidaten der Bayernherzöge zu belegen,2465 ist zugleich ein grundsätzlicher Aspekt für die Konstitution von Adel angesprochen: die Herkunft der Ahnen und die Erinnerung an diese. Folgerichtig setzt der Markgraf den Bischof im Folgenden darüber in Kenntnis, dass „[…] ob wir vnnser acht anen solten beweisen der müsten wir von Behem Sachsen Branndemburg vnd beiern vier benenen […].“2466 Der enge Zusammenhang von Herkunft und Adel, der auch während des gesamten Mittelalters immer wieder reflektiert und unterschiedlich bewertet wurde,2467 ist mittlerweile ein Gemeinplatz der Geschichtswissenschaft.2468 Auch die Themenfelder ‚Ansehen‘, ‚Gedächtnis‘ und ‚Dynastie‘ gehören in diesen Sinnzusammenhang und stellen Kategorien dar, die wechselseitig aufeinander Einfluss ausüben. Für die mittelalterliche Adelsgesellschaft besaßen sie einen Stellenwert, der nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Aus diesem Grund stellen die diskursiven und praktischen Bemühungen der adeligen Gesellschaftsmitglieder des Mittelalters um diese drei Kategorien wichtige Parameter dar, um die soziale Ordnung 2464 2465 2466 2467

HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 31, S. 157–160, hier S. 159. Siehe dazu Kapitel 2.2. HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 31, S. 159. So zum Beispiel Aegidius Romanus, der betont, dass die Herkunft dem Einzelnen verleiht, was er ist – seinen Rang, siehe Aegidius Romanus, De regimine principum, S. 204–205. Bereits im 7. Jahrhundert urteilte Isidor von Sevilla in dem zehnten Buch seiner Etymologiae in diesem Sinne: „Nobilis, non vilis, cuius et nomen et genus scitur“, siehe LINDSAY, Isidor, Etymologiae, S. 88, V. 184. 2468 Vor allem die Arbeiten Karl Schmids sind in diesem Zusammenhang zu nennen, stellvertretend sei hier lediglich ein Aufsatz genannt: SCHMID, Zur Problematik. Schmid konnte immer wieder zeigen, dass die Frage nach den Ahnen im Mittelalter nicht im biologischen Sinne gestellt wurde, sondern eine Frage des historischen Bewusstseins darstellte.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

des 15. Jahrhunderts und insbesondere die Position der Hohenzollern in ihr zu analysieren. Auch wenn die Idee eines ‚Tugendadels‘ im Laufe des Mittelalters als konkurrierendes Konzept2469 aufkam, wurde die Bedeutung des Geschlechts und der Herkunft für die Qualität von Adel von den gesellschaftlichen Akteuren nie ernsthaft angezweifelt. Das Herkommen war „[…] um so eminenter, je weiter diese Vorfahrenschaft in die Vergangenheit zurückreicht. Denn in diesem Wesen des Adels liegt die Fähigkeit einer ständigen Akkumulation adeliger Eigenschaften: einerseits durch die Dauer in der Zeit, andererseits durch die Nachahmung der Eltern und der Vorfahren beim adeligen Individuum, durch die ‚imitatio parentum‘. So sind die Söhne der Adeligen immer adeliger als ihre Eltern (‚semper filii sunt nobilores parentibus‘).“2470

Aber neben das Erbe der Herkunft müssen weitere Eigenschaften und Verhaltensweisen treten, die den ‚Adel‘ einer Person auf prägende Art bestimmen. Eine davon stellte die „spezifische, positive oder negative, soziale Einschätzung der ‚Ehre‘“2471 dar, die unter anderem auf einer privilegierten Lebensführung gegründet ist; auf diesem ‚symbolischen Kapital‘ beruhte gemeinhin die soziale Stellung des Einzelnen innerhalb der ständischen Gesellschaft.2472 Prägend für die Ehre und das Ansehen eines mittelalterlichen Adeligen waren insbesondere timor und laus, also die Furcht, die ihm entgegengebracht wurde, und das Lob, das ihm galt.2473 Beides trug dazu bei, dass den Zeitgenossen, aber auch den Nachgeborenen der Name des Betreffenden und der seines Geschlechts bekannt waren. Es ist danach gefragt worden, durch welche konkreten Dinge und Taten man im Mittelalter berühmt wurde.2474 Zu den verschiedenen Dingen, die zur Berühmtheit, zum Ruhm bzw. vor allem zum Nachruhm einer Person beitrugen, gehörten nicht an letzter Stelle besondere kriegerische Leistungen und außergewöhnliche Tapferkeit,2475 wobei insbesondere diejenigen Kriegstaten als besonders ehrenvoll angesehen wurden, die dazu dienten, den Frieden in einer Region herzustellen und einen lang anhaltenden Zustand der Rechtlosigkeit zu beenden. Dies überrascht nicht, galten Gerechtigkeit und Frieden doch als politisch-soziale Grundtugenden, die immer wieder angemahnt und den mittelalterlichen Herrschern in der sozialethischen 2469 Siehe dazu das Kapitel 2.2. 2470 Oexle gibt hier die Argumentation des Aegidius Romanus wieder, siehe OEXLE, Aspekte, S. 22. 2471 WEBER, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 534. 2472 FÜSSEL/WELLER, Einleitung, S. 14. 2473 OEXLE, Aspekte, S. 23. 2474 ALTHOFF, Gloria. Zu dieser Thematik siehe auch: GRAF, Nachruhm. 2475 ALTHOFF, Gloria, S. 301–302.

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Traktatliteratur und in den Beschreibungen eines idealen Herrschers ans Herz gelegt wurden.2476 Vor diesem Hintergrund muss das Handeln Markgraf Friedrichs I. in seiner Zeit als Verweser der Mark Brandenburg den Zeitgenossen als äußerst ruhmvoll erschienen sein. Ein anonymes Volkslied aus dem Jahr 1414, das die Befriedung der Mark Brandenburg durch den Nürnberger Burggrafen beschreibt, stilisiert Friedrich – „den edlen fursten lobesamen“ – nicht nur zu einem durch Gott zum Trost gesandten Retter, sondern streicht heraus, dass man seit der Regierungszeit Karls IV. von keinem Fürsten gehört habe, der dem ungezügelten Raub- und Fehdewesen in der Mark etwas entgegensetzen konnte. Der Autor des Liedes kommt schließlich zu dem Schluss, dass der Name dieses Fürsten von hoher Art in aller Munde sei, denn sowohl die Ungebildeten als auch die Gelehrten „[…] loven alle sinen namen […].“2477 Aber auch die Heldentaten im normalen Kampfgeschehen und vor allem die kriegerische List in allen ihren Spielarten wurden im Mittelalter hochgeschätzt und begründeten den Ruhm und das Prestige einer Person in besonderem Maße.2478 Die Eroberung Angermündes durch Friedrich I. im März 1420, die dazu führte, dass der Markgraf die östliche Uckermark bis Löcknitz zurückerobern konnte,2479 ist ein Beispiel für diese Art von Berühmtheit, wie in Kapitel 6.3 zu zeigen sein wird. Auf die beschriebene Weise stellten Ruhm und Ansehen also eine ‚öffentliche‘2480 Bekanntheit her, die Voraussetzung für die Teilhabe am Adelsstand war, denn bereits Isidor von Sevilla hat als konstitutiven Bestandteil für die Definition von Adel die Bekanntheit des Geschlechts 2476 2477 2478 2479 2480

SCHREINER, Gerechtigkeit und Frieden, S. 44–45. LILIENCRON, Die historischen Volkslieder, Bd. 1, S. 223–225, hier S. 223. ALTHOFF, Gloria, S. 302–303. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 19. Zum Thema der ‚Öffentlichkeit‘ im Mittelalter gibt es eine breite Forschungsdebatte in der mediävistischen Forschung, spätestens seit dem Diktum Jürgen Habermas’, für die Zeit des Mittelalters könne lediglich von einer „repräsentativen Öffentlichkeit“ gesprochen werden, siehe HABERMAS, Strukturwandel, S. 19–23. An dieser Einschätzung ist mehrfach Kritik geübt worden, so zum Beispiel von THUM, Öffentlichkeit, S. 65, wobei die Kritik Thums durchaus mit Vorsicht zu genießen ist, da einige kritisierte Aspekte von Habermas so nicht behauptet wurden. Der Unterschied zwischen den Formen und Trägern politischer Kommunikation in Mittelalter und Moderne kann nicht bestritten werden, trotzdem muss auch für die Vormoderne von einer politischen Öffentlichkeit ausgegangen werden, die neben der Sphäre der Heimlichkeit existierte, siehe ALTHOFF, Spielregeln, insbesondere S. 229–230. Möglicherweise ist der Begriff der ‚höfischen Öffentlichkeit‘ für diese Form der vormodernen Öffentlichkeit zweckmäßiger, da sie sich vor allem aus Mitgliedern der (Hoch-)Adelsgesellschaft zusammensetzte, siehe hierzu STOLLBERG-RILINGER, Höfische Öffentlichkeit, insbesondere S. 148. Einschlägig aus neuester Zeit zum Thema der spätmittelalterlichen politischen Öffentlichkeit: KINTZINGER, Politische Öffentlichkeit.

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angeführt.2481 Otto Gerhard Oexle hat vor einiger Zeit darauf aufmerksam gemacht, dass mit dieser Bedingung für die Zugehörigkeit zum Adel unter mentalitätsgeschichtlichen Gesichtspunkten ein zweites Element angesprochen sei.2482 Denn Heinrich Fichtenau habe für das Frühmittelalter zeigen können, dass ein Adeliger jemand war, der von seinen Zeitgenossen als ein solcher bezeichnet wurde. Dies habe vor allem damit zusammengehangen, dass sich zu diesem Zeitpunkt die rechtliche Stellung des Adels erst auszuformen begann.2483 Entscheidend für die Zugehörigkeit zum Adel war im Mittelalter demnach die öffentliche Anerkennung durch die Zeitgenossen. Für Oexle ist damit aber zugleich ein wesentliches Element der Genese allen Adels angesprochen, sei es doch der Wunsch jedes Adeligen und damit Kennzeichen jeder Adelskultur, von den Mitlebenden und insbesondere von der Nachwelt gerühmt zu werden.2484 Diese von Oexle konstatierte Notwendigkeit der Anerkennung und Kenntnisnahme durch die Umwelt ist zwar für die Mitglieder des Adelsstandes von besonderer Relevanz, gilt aber grundsätzlich für Angehörige aller sozialer Gruppen. Das gesellschaftliche Phänomen ‚Adel‘ besteht neben den elementaren Bestandteilen ‚Herkunft‘ und ‚Ansehen‘ zudem aus einer weiteren Komponente: der Erinnerung. Für Maurice Halbwachs bildete der Adel für lange Zeit den Grundpfeiler des Kollektivgedächtnisses, da das System der adeligen Werte auf die Geschichte der adeligen Familien gegründet war und sich somit über Generationen hinweg als ein festes Ensemble von Erinnerungen und Traditionen weiter fortpflanzte.2485 In der letzten Konsequenz bedeutet dies jedoch auch, dass mit dem Verlust des Gedächtnisses und der Erinnerung an ein bestimmtes Geschlecht auch die Adelsqualität seiner Mitglieder verloren geht. Im Zusammenhang mit der Vorstellung von Erinnerung als notwendiger Voraussetzung für die Existenz von Adel führt der Weg schließlich zwangsläufig zum Thema der Dynastie. Denn noch wesentlicher als die Beschreibung von Dynastien als primäre herrschaftliche Eliten, denen es unter dem Einsatz ganz bestimmter Mittel gelungen ist, hegemoniale oder monopole Machtpositionen zu erlangen, Strukturen zu festigen und sie in steter Ausweitung zu einem politischen System zu transformieren, wie es Wolfgang Weber im Jahr 1990 beschrieben hat,2486 scheint für ihre Exi2481 2482 2483 2484 2485 2486

LINDSAY, Isidor, Etymologiae, Buch X, V. 184. OEXLE, Aspekte, S. 23. Allgemein zu dem Thema: SPIEß, Ständische Abgrenzung. OEXLE, Aspekte, S. 24. Maurice Halbwachs, zitiert nach OEXLE, Aspekte, S. 25. WEBER, Einleitung, S. 16. Dass Dynastien einen Gegenstand von Forschungen darstellen, meinte Wolfgang Weber in seiner Einleitung noch entschuldigen zu müssen, siehe ebd., S. 18. Die vielfältige Beschäftigung vieler Historikerinnen und Historiker mit diesem Gegen-

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stenz die Erinnerung an eine ununterbrochene Abfolge von Generationen zu sein. Erst durch die Bewahrung des familiären Gedächtnisses über lange Zeiträume hinweg entsteht die Dynastie als genealogisches Geschlechterbewusstsein. Die Aufrechterhaltung der Erinnerung ist dabei elementar für die Selbstvergewisserung der Familie,2487 durch sie wird im Umkehrschluss aber auch ihr Ansehen und der Rang bekräftigt und erhöht. Aus diesem Grund stehen die Begriffe ‚Ansehen‘, ‚Gedächtnis‘ und ‚Dynastie‘ notwendigerweise in einem unauflösbaren Zusammenhang und erzeugen und verstärken sich wechselseitig. Die praktischen Bemühungen um das Ansehen und den Erhalt des Gedächtnisses sind zudem die maßgeblichen Triebkräfte bei der Produktion von Bildern einer Dynastie, den immateriellen wie den materiellen. Diese wirken wiederum auf die Wahrnehmung durch die Zeitgenossen zurück, prägen das Selbstverständnis des Geschlechts und können bestimmenden Einfluss auf die Vorstellungen bis in die Gegenwart ausüben. Geht man im Sinne der Kulturgeschichte des Politischen davon aus, dass die Darstellung und Wahrnehmung des Politischen nicht von den ‚eigentlichen‘ Machtstrukturen und Entscheidungsprozessen unterschieden werden können, die Strukturen also immer schon von Wahrnehmungsmustern durchdrungen sind und diese umgekehrt in objektiven Gegebenheiten wurzeln,2488 dann zeigt sich, welche fundamentale Rolle symbolische Praktiken und diskursive Strukturen bereits bei der Konstitution von politischen Institutionen, Ordnungskategorien, Geltungs- und Herrschaftsansprüchen spielen.2489 Aus diesem Grund scheint die Analyse der Bilder, die die Hohenzollern bewusst produzierten oder die ihnen durch ihre Zeitgenossen zugeschrieben wurden, für das Verständnis der Mechanismen der Gruppenakzeptanz der gesellschaftlichen Elite im 15. Jahrhundert und der gesellschaftlichen Ordnung im Allgemeinen von einiger Bedeutung zu sein. Inwiefern die vertikale und horizontale Netzwerkbildung einer Dynastie am Ende des Spätmittelalters, ihre Auszeichnung durch Ehrenämter und die Übernahme symbolischer Dienste, aber auch die verschiedensten Repräsentationen als Landesherren und die Inszenierung von Nähe und stand macht die geänderten Auffassungen deutlich. Trotzdem ist es erstaunlich, dass beispielsweise im Lexikon des Mittelalters kein Lemma ‚Dynastie‘ zu finden ist. 2487 KAMP, Memoria, S. 210. Bereits Karl Ferdinand Werner hat darauf hingewiesen, dass aufgrund der Tatsache, dass der adelige Mensch des Mittelalters in einem System der Verwandtschaft und Verwandtengemeinschaft lebte, der ‚persönliche‘ Adel der neueren Zeit einen Widerspruch in sich darstellt, siehe WERNER, Adel, S. 12. 2488 STOLLBERG-RILINGER, Einleitung (2005), S. 16. 2489 Ebd. Barbara Stollberg-Rilinger weist an dieser Stelle darauf hin, dass es keine ‚unverschleierte‘ soziale Realität gibt, die nicht schon in den Köpfen aller Beteiligten durch Sinnzuschreibungen strukturiert wäre.

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Distanz zum Reichsoberhaupt ihr Bild bei den Zeitgenossen und den nachfolgenden Betrachtern prägte, haben die vorangegangenen Ausführungen über die Hohenzollern gezeigt. Im Folgenden stehen der Einfluss memorialer Praktiken im Rahmen der Jenseitsvorsorge der Dynastie, die Mitgliedschaft der ersten drei Kurfürsten in Bruderschaften und höfischen Orden, aber auch die Anstrengungen zur Hervorhebung ihrer genealogischen Präzedenz und der Einfluss erworbenen Ruhms auf ihre öffentliche Wahrnehmung im Mittelpunkt des Interesses. Vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten scheinen die Bilder, die sich die anderen von den Hohenzollern machten, ihre Vorstellungen, Zuschreibungen und Erwartungen, ebenfalls von immenser Bedeutung zu sein. Mit den Themenfeldern ‚Gedächtnis‘ und ‚Ruhm‘ sind Verpflichtungen und Verbindlichkeiten für das diesseitige wie für das jenseitige Leben angesprochen. Die spezifischen Mechanismen der Gedächtnissicherungen, insbesondere die Vorstellungen von der wechselseitigen Hilfe zwischen den lebenden und toten Mitgliedern der Gesellschaft, die für alle mittelalterlichen Formen der Jenseitsvorsorge konstitutiv waren, verbanden beide Welten in untrennbarer Weise miteinander, während der diesseitige Ruhm ebenfalls auf das Gedächtnis einer Person zurückwirkte.

6.1 Grablegen und Stiftungen 6.1 Grablegen und Stiftungen Am 18. September 1440, zwei Tage vor seinem Tod auf der Cadolzburg in Franken, ließ Friedrich I. seinen Letzten Willen niederschreiben. Nach den üblichen einleitenden Worten über die Gewissheit des Todes, dessen Zeitpunkt jedoch niemand kenne, legte der Kurfürst fest: „Des ersten, das wir vnser begrepnusse erwelt haben vnd erwelen in dem Closter zu hailsprun, vnd das dieselbe vnser begrepnusse in schlechter, demutiger form geschen solle, in leynen tuch on gros hoffertig pompey, die nicht vast zu götlicher ere dienen.“2490

Diesen knappen Hinweisen zur Ausgestaltung seines Begräbnisses ließ der Kurfürst einen kurzen Verweis auf die an anderer Stelle bereits festgehaltenen Bestimmungen zur Aufteilung der Herrschaft und des Besitzes unter seinen vier Söhnen folgen, der einzige Exkurs zu politischen Angelegenheiten, der in seinem Testament zu finden ist. Die nächsten beiden Anord2490 CDB III, 1, Nr. 146, S. 235–237, hier S. 235.

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nungen wenden sich bestehenden und potenziellen Schulden im Diesseits zu, die Friedrich I. im Jenseits nicht mehr belasten sollten. Hierbei handelte es sich sowohl um konkrete Schulden, die der Markgraf zu Lebzeiten nicht bezahlt hatte, als auch um Schulden, die aus seinem Handeln als Regent resultierten. Der Markgraf legte fest, dass alle zu diesem Zeitpunkt bekannten Verbindlichkeiten und Pfandschaften von seinen Erben ausgelöst werden müssten,2491 den aktuellen Schuldnern also durch seinen Tod keine Verluste entstehen dürften. Die andere Sorte von Schulden, auf die der Hohenzoller abzielte, war eher von moralischer Art. Da ihm bekannt sei, so der Brandenburger Kurfürst, dass er seine Armeleute und Untertanen mit Steuern und anderen Abgaben belastete hätte, erlegte er es seinen Söhnen auf, dies im Gedächtnis zu behalten, und – wo es möglich sei – Entlastungen vorzunehmen, zumindest aber guten Willen in dieser Sache zu zeigen. Im direkten Anschluss an die Vorschriften zur Entlastung der markgräflichen Seele folgten Anweisungen zur Abhaltung einer ewigen Messe in der Kapelle seiner Burg Colmberg und eines ewigen Jahrtages für sich und seinen bereits verstorbenen Bruder Johann im Kloster Heilsbronn. Schließlich bestimmte der brandenburgische Kurfürst noch einmal für Johann und sich „[…] einen jartag in dem closter zu Culmbach, das von vnsern eltern vnd vns gestiftet ist.“2492 Die genannten Bestimmungen des markgräflichen Testaments wie auch der überwiegende Teil der folgenden Ausführungen stellten den Versuch Friedrichs I. dar, für die Zeit nach seinem Tod Sorge zu tragen, und werfen Schlaglichter auf die wichtigsten Aspekte von Jenseitsvorsorge und Gedächtnisstiftung, die im Leben aller spätmittelalterlichen Menschen einen zentralen Platz einnahmen und zum Teil ganz widersprüchliche gesellschaftliche Bedürfnisse miteinander verbanden. „Das Verlangen, mit dem Tod nicht dem Vergessen anheimzufallen, hat die Menschen immer wieder veranlasst, Dinge und Einrichtungen zu schaffen oder schaffen zu lassen, die sie überdauern und an ihre Person erinnern sollen.“2493 In der Forschung der vergangenen Jahrzehnte ist ausführlich dargelegt worden, dass die Strategien der Gedächtnisstiftung im Laufe der Jahrhunderte sehr verschiedene Formen annahmen. Dabei weisen insbesondere die ihnen zugrunde liegenden Motive und die jeweilige praktische Ausgestaltung in der Zeit der Antike und später seit der Ausbreitung des Christentums fundamentale Unterschiede auf.2494 Selbst2491 2492 2493 2494

Ebd. Ebd., S. 236. KAMP, Memoria, S. 9. Die Gedächtnisbewahrung in Form der Stiftung kann in dieser Hinsicht als Beispiel dienen. Während die antiken Stiftungen insofern Selbstzweck waren, als sie die Erinnerung an einen

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verständlich lassen sich auch deutliche Veränderungen bezüglich des Memorialwesens im Verlauf des Mittelalters erkennen.2495 Auch die Veränderungen im mittelalterlichen Bußwesen oder die Systematisierung der Fegefeuerlehre stellten tiefe Einschnitte in der Einstellung der Menschen gegenüber dem Tod dar und hatten dadurch Einfluss auf die frommen Handlungen im Alltag.2496 Gerade für Laien hatte sich im Verlauf des Spätmittelalters die Anzahl der Sühnemöglichkeiten enorm erhöht, die anfangs nur aus der Trias von Gebet, Fasten und Almosengeben bestanden hatten.2497 Die konkrete Wahl der jeweiligen Strategie zur Jenseitsvorsorge hing jedoch von verschiedenen Faktoren ab. Insbesondere das Almosengeben und die Messfeier, vor allem in der Form der missa specialis, avancierten im Laufe des Mittelalters zu den wichtigsten Sühnemitteln.2498 Zudem hatten die jeweils präferierten Jenseitsvorstellungen, die zum Teil auch nebeneinander existierten,2499 großen Einfluss auf die Art der betriebenen Jenseitsvorsorge. Denn die Systematisierung der Lehre vom Fegefeuer innerhalb der frühscholastischen Bußtheologie2500 wirkte sich unmittelbar auf das diesseitige Handeln der Menschen aus: In der stellvertretenden Bußleistung der Lebenden in Form von Almosen, guten Werken oder Gebeten wurde nun eine Möglichkeit gesehen, den im Fegefeuer ihre Sündenstrafen abbüßenden Toten zur Hilfe zu kommen.2501 Aber mit den

2495

2496 2497 2498 2499 2500

2501

‚guten und spendablen‘ Bürger aufrechterhalten wollten – ein Verlangen, Würde und Prestige, Distanz und Patriotismus über den Tod hinaus zur Schau zu stellen –, war es mittelalterlichen Stiftern daran gelegen, durch die Erhaltung des Gedächtnisses auf Erden sich Gott in Erinnerung zu rufen und sich der göttlichen Barmherzigkeit anzuempfehlen, siehe ebd., S. 11. Bereits Johan Huizinga konstatierte im Jahr 1919 in Bezug auf Philipp den Guten von Burgund, dass sich die spezifische „Verbindung von Frömmigkeit und weltlichem Sinn“, die das Spätmittelalter präge, anschaulich in der Gewohnheit des burgundischen Herzogs zeige, gemäß dem Rang seiner Gefolgsleute nach festen Tarifen Seelenmessen lesen zu lassen, siehe HUIZINGA, Herbst des Mittelalters, S. 250. WEHRLI-JOHNS, Das Fegefeuer, S. 47. ANGENENDT, Geschichte der Religiosität, S. 627. ANGENENDT, Missa specialis, S. 178. LUSIARDI, Stiftung, S. 68. Jacques Le Goff vertritt die These von der Geburt des Fegefeuers zwischen 1170 und 1180 als bewusster Reaktion der bedeutendsten Vertreter der Frühscholastik auf die geänderten Verhältnisse der städtischen Gesellschaft und damit als Zeichen der Anerkennung des wachsenden Selbstbewusstseins der Stadtbürger, siehe LE GOFF, Die Geburt des Fegefeuers. Seine These ist vielfach kritisiert worden. Eine umfassende Kritik bietet Arnold Angenendts Rezension des Buches von 1986, siehe ANGENENDT, Le Goff, Jacques. WEHRLI-JOHNS, Das Fegefeuer, S. 50–51. Bereits im Frühmittelalter finden sich – beispielsweise im Zusammenhang mit Stiftungen – immer wieder Hinweise auf die große Angst vor bevorstehenden Höllenqualen nach dem Tod und der ewigen Verdammnis. Aber bereits zu dieser Zeit äußerten Stifter auch häufig die Hoffnung, dass durch ein reinigendes Feuer, an-

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geänderten Bußvorstellungen und der Idee der tätigen Reue wurde den Menschen nicht nur die Möglichkeit zugesprochen, durch aktives Handeln Einfluss auf den Platz im Jenseits zu nehmen, sondern es bestand nun auch die regelrechte Verpflichtung, Vorsorge für den Tod zu treffen. In diesem Kontext zeigen sich besonders deutlich die Funktionsweisen und die Leistungskraft der memoria-Idee, die die Gesellschaft des Mittelalters in hohem Maße prägte.2502 Da die irdischen Verfehlungen der Sünder gesühnt und ausgeglichen werden mussten, damit diese nicht einer langen Leidenszeit im jenseitigen Fegefeuer oder der ewigen Verdammnis anheimfielen, waren sie nach ihrem Tod auf die Hilfe der Lebenden angewiesen, um ihre restlichen Sündenstrafen abzubüßen. In der mittelalterlichen Vorstellung blieben die Verstorbenen Personen im rechtlichen Sinne, sie konnten Verträge abschließen, klagen oder beklagt werden.2503 Als Rechtssubjekte waren sie gleichzeitig auch Subjekte von Beziehungen in der

gefacht durch Gebete und Opfergaben der Nachwelt, diese Schmerzen gelindert werden könnten, siehe KAMP, Memoria, S. 12. 2502 OEXLE, Memoria und Memorialbild, S. 385. Grundsätzlich kann man sagen, dass memoria im Mittelalter den „Charakter erinnernden Handelns“ hatte. Die „[…] Erinnerung, die man anstrebte, belief sich folglich auf eine periodische, bisweilen kontinuierliche Vergegenwärtigung mittels ritueller Handlungen, ausgeführt zumeist von Gemeinschaften, die mit der Sorge für das Gedächtnis beauftragt waren.“ Siehe KAMP, Memoria, S. 14. Die mittelalterliche Memorialkultur ist eingehend erforscht worden. Während die frühe Memorialforschung sich damit begnügte, von den Namenslisten auf den liturgischen Zweck der Überlieferung zu schließen, wies die neue Forschung – seit den 1950er Jahren vor allem vertreten durch Gerd Tellenbach – der memoria der religiösen Praxis ihren Platz im Erinnern und Gedenken überhaupt zu, siehe BORGOLTE, Memoria, S. 204–205. Aufgegriffen wurde die neue Sichtweise von Tellenbachs Schülern Karl Schmid und Joachim Wollasch, die die Verbrüderungsbücher frühmittelalterlicher Klostergemeinschaften vor allem unter personengeschichtlichen Fragestellungen untersuchten. Später hat vor allem Otto Gerhard Oexle die Memorialforschung – erneut unter geändertem Frageinteresse – weiter betrieben, sein Anliegen lag insbesondere darin, memoria als Schlüsselphänomen der Sozialgeschichte und anderer Disziplinen der historischen Forschung fruchtbar zu machen. Oexle verstand memoria in Anlehnung an das Konzept des französischen Soziologen Marcel Mauss als ‚totales soziales Phänomen‘, das „alle Dimensionen des Lebens umfaßt und sich in allen Bereichen des Lebens auswirkt, das also nicht nur die Religion betrifft, sondern auch Wissenschaft, Alltagsleben, Philosophie, Kunst, Geschichtsschreibung, die menschlichen Beziehungen, das soziale Verhalten und Handeln insgesamt“, siehe OEXLE, Memoria in der Gesellschaft, S. 301. Dass die memoria-Forschung auch weiterhin ertragreich betrieben werden kann, zeigt nicht nur ein aktueller Tagungsband, der sich der Memorialkultur frühneuzeitlicher Oberschichten widmet, siehe HENGERER, Macht und Memoria, sondern auch eine monumentale Dissertation aus dem Jahr 2007: MINNEKER, Vom Kloster. Die letztgenannte Arbeit ist insofern von besonderer Bedeutung, da sie ihr Augenmerk „auf die Konstituierung herrscherlicher Legitimation und Repräsentation im religiösen Kontext“ richtet und danach fragt, wie die Nachfahren „für den Verstorbenen, seine Erinnerung und seine Bestattung, also letztendlich für ihre eigene herrschaftliche Zukunft Sorge“ trugen, siehe ebd., S. 17. 2503 BRUNNER, Die Klage mit dem toten Mann.

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menschlichen Gesellschaft und damit unter den Lebenden gegenwärtig.2504 Zur Vergegenwärtigung unter den Lebenden waren die Toten jedoch auf die Hilfe der Lebenden angewiesen, weshalb die sozialen Bindungen über den Tod hinaus aktiviert werden mussten. Die Gegenwart der Toten konnte nur durch die Gegengabe des Gebets bewirkt werden, sie bedurften des Gedenkens, der memoria, durch die lebenden Mitglieder der Gesellschaft.2505 Gemäß der mittelalterlichen Idee des Ineinandergreifens der Welt der Lebenden und der Verstorbenen zeigte sich der Dank der Toten für die geistlichen Wohltaten – in Form von Fürbitten oder Gebetshilfe – durch konkrete Hilfe bei weltlichen und geistlichen Angelegenheiten, die die Lebenden betrafen.2506 Diese Auffassung führte zu den verschiedensten Ausformungen des Gebetsgedenkens. Die religiöse Ausrichtung der Gedenkstiftungen blieb zwar im gesamten Mittelalter weiterhin bestimmend, aber sie stellten im Laufe der Zeit auch immer mehr Mittel zur Selbstdarstellung dar. Indem man nämlich durch besonderen Aufwand – in Größe, Ausstattung, künstlerischer Ausgestaltung – Demut, die Gleichheit aller vor dem Tod und die Notwendigkeit des Beistandes der Armen zur Sicherung des Seelenheils zur Anschauung brachte, konnte man auf diese Weise die eigene Person, die eigene Gruppe oder das eigene Geschlecht in Szene setzen.2507 Stiftungen in Testamenten und weitere Verfügungen der Hohenzollern: Kurfürst Friedrich I. Die vielfältigen Funktionen der memoria spielten auch bei den testamentarischen Verfügungen Friedrichs I. eine Rolle, in ihnen tritt aber vor allem auch der „elementare Zusammenhang von Gewissensbefreiung, Sündenbekenntnis, Sühne und Heilserwartung“2508 in Erscheinung. Denn neben der Bestimmung, die finanziellen Belastungen, die er seinen Untertanen und Armeleuten zu Lebzeiten auferlegt hatte, in Erinnerung zu behalten, ließ der Kurfürst einer Reihe weiterer Bestimmungen folgen, damit „[…] solchs auf vnser seel nicht bleibe.“2509 Dies umfasste die Ausrichtungen von Jahrtagen für die markgräflichen Knechte Jeckel und Hans Schneider, 2504 OEXLE, Die Gegenwart, S. 22. 2505 Ebd., S. 31. 2506 OTHENIN-GIRARD, Der Dank der Toten, S. 166. Das gesamte mittelalterliche Gedenkwesen ist von der allgemeinen Gültigkeit des Vergeltungsprinzips getragen, dass jede Gabe eine Gegengabe verlangt, siehe OEXLE, Memoria und Memorialüberlieferung, S. 87–91. 2507 KAMP, Memoria, S. 14–15. 2508 RÜTHER, Prestige, S. 169. 2509 CDB III, 1, Nr. 146, S. 235–237, hier S. 236.

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deren Lidlohn, also Arbeitslohn, er nicht im vollen Umfang bezahlt hatte, genauso wie die Aufforderung, den Dinkelsbühlern, die am 9. Dezember 1439 von der Stadt Nürnberg mit dem Kurfürsten und seinen Söhnen über verschiedene Streitsachen verglichen worden waren,2510 alle noch ausstehenden Dinge zu erlassen, da er ihnen vor Gott gänzlich vergeben habe, auch wenn sie seine Herrschaft verletzt hätten.2511 Kurz vor seinem Tod belasteten Friedrich I. weitere Dinge: So legte er fest, dass sein Sohn Friedrich II. in der Mark Brandenburg die Finanzierung neuer Glocken für die Marienkirche in Berlin übernehmen sollte,2512 denn die alten hatte der Markgraf in den ersten unruhigen Jahren seines Herrschaftsantritts in der Mark Brandenburg zu Kanonen umschmelzen lassen. Zudem sollten verschiedene Personen, unter ihnen „einer von leitershausen vnd etliche ander vom vnser herrschafft“2513 Schadensersatz erhalten, da man diese übervorteilt habe. Und schließlich war es dem Kurfürsten noch ein Bedürfnis, zu bestimmen, dass seine Erben 2000 Gulden bei der Festsetzung des Hauptgeldes für die Lösung Hohentrüdings erlassen sollten.2514 Sich der aufgeführten Verfehlungen gewiss und „in gutem getrauen sein seele“ Gott überantworten zu können, legte der Kurfürst eine ganze Reihe Stiftungen für sein Seelenheil fest, zusätzlich zu der bereits erwähnten ewigen Messe in der Burgkapelle in Colmberg und den beiden Jahrtagen im Kloster Heilsbronn sowie bei den Augustiner-Eremiten in Kulmbach. So wollte Friedrich I. durch sein Testament sicherstellen, dass die Marienmesse, die er jeden Samstag „der herrschaft zu gnaden vnd seeligkeit“ im Gumbertusstift in Ansbach lesen ließ, auch nach seinem Tod ausgeführt würde. Zudem sollte von den Stiftsherren in der Karwoche der Psalter gelesen werden, wofür er einen ewigen Gulden bereitstellte.2515 Ein gutes Gewand aus Samt oder von noch besserer Qualität sollte für einen weiteren Jahrtag in St. Gumbertus Verwendung finden.2516 Besonders viel ließ sich der Markgraf die Stiftung einer ewigen Messe in der Wallfahrtskirche von Wilsnack kosten: 400 Gulden sollten dafür angelegt werden, die der

2510 2511 2512 2513

VON CAEMMERER, Die Testamente, S. 24, Fußnote 4. CDB III, 1, Nr. 146, S. 235–237, hier S. 236. Ebd. Ebd. Außerdem sollten 20 Gulden des verstorbenen Heinz von Dobeneck der Kirche auf der Cadolzburg zugutekommen, wobei aus den Aufzeichnungen des Letzten Willens nicht hervorgeht, ob der Markgraf diesem die Summe geschuldet hatte oder was der genaue Grund für die Schenkung war, siehe ebd. 2514 CDB III, 1, Nr. 146, S. 235–237, hier S. 236. 2515 Die genaue Höhe des Ewiggeldes wird in dem Letzten Willen Friedrichs I. jedoch nicht genannt. 2516 Ebd.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Küchenmeister Konrad Ebe2517 zuvor von einem Ungar „zum Nutzen der Herrschaft“ eingenommen hatte. Für die Plassenburg, oberhalb Kulmbachs gelegen und zu diesem Zeitpunkt noch eine wichtige Residenz der Hohenzollern in Franken,2518 waren 30 Mark Silber aus dem Vermögen des Kurfürsten vorgesehen. Diese sollten dem Heiltum, also dem Reliquienschatz der Hohenzollern, zugutekommen und zur Herstellung von Monstranzen und für den Kauf eines Zentners Wachses benutzt werden.2519 Bereits 1399 hatte Friedrich, damals noch zusammen mit seinem Bruder Johann, eine Priesterstelle für die Burgkapelle auf der Plassenburg gestiftet, wobei der Priester sowohl für das geistliche Wohl der Hofangehörigen zuständig war als auch das Hofarchiv und die Reliquiensammlung betreuen sollte.2520 Während eine letzte Wachsstiftung an die Benediktinerabtei in Steinbach ging, wurden die Zisterzienser in Zinna schließlich mit einem Glasfenster bedacht.2521 Auch wenn die Ausgaben, die der Kurfürst im Rahmen seines Testaments für Stiftungen veranschlagte, nicht übermäßig hoch für ein Mitglied des reichsfürstlichen Adels erscheinen, so stellten sie auch nur einen Teil seiner Jenseitsvorsorge dar, da er bereits zu früheren Zeitpunkten andere Stiftungen in Auftrag gegeben oder Schenkungen an verschiedene geistliche Einrichtungen vorgenommen hatte. Der Wunsch, nicht dem Vergessen anheimzufallen, eine größere Menge von Personen in das Vorhaben mit einzubeziehen und dadurch die Gebetsleistungen zu maximieren, aber häufig auch die Sorge, dass die Stiftungen – sei es durch die wiederkehrenden Gefahren der mittelalterlichen Gesellschaften wie Kriege, Seuchen oder Hungersnöte, sei es durch innerkirchliche Missstände – nach einiger Zeit nicht mehr ausgeführt würden und damit der eigentliche Zweck jeder Stiftung gefährdet wäre,2522 führte auch dazu, dass man Stiftungen bei verschiedenen geistlichen Institutionen in Auftrag gab. Durch die Verteilung auf verschiedene Einrichtungen erhöhte sich die Chance, dass das Gedächtnis des Stifters Bestand hatte und ein Nachleben begründet werden konnte, denn mit dem Erlöschen eines Klosters oder bei der schlichten Vernachlässigung der geistlichen Pflichten 2517 Dieser tritt in den Quellen von 1416 bis 1424 immer wieder dadurch in Erscheinung, dass er zum Teil beträchtliche Summen für den Kurfürsten in der Mark einnahm, siehe SCHAPPER, Die Hofordnung, S. 105. 2518 SEYBOTH, Art. ‚Nürnberg‘, S. 15–17. 2519 CDB III, 1, Nr. 146, S. 235–237, hier S. 236. 2520 STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 6, Nr. 48, S. 110–111. 2521 CDB III, 1, Nr. 146, S. 235–237, hier S. 236. 2522 Die Stiftungen hatten memoriale Funktionen zu erfüllen, deswegen mussten sie ‚unendlich‘ fortbestehen, um ein Nachleben zu begründen. Aus diesem Grund wählte man auch Stiftungszwecke aus, von denen man annahm, dass sie ihren Nutzen niemals verlieren würden, siehe KAMP, Memoria, S. 73.

6.1 Grablegen und Stiftungen

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in einer Einrichtung waren nicht gleich sämtliche Anstrengungen zur Bewahrung der memoria verloren. Auch Friedrich I. verhielt sich in dieser Angelegenheit wie viele seiner Zeitgenossen: Die durch den Letzten Willen festgesetzten Stiftungen galten zwei verschiedenen Zisterzienserklöstern, den Augustiner-Eremiten, verschiedenen Gemeinschaften von Säkularkanonikern, einer Wallfahrtskirche und der eigenen Burgkapelle. Ähnlich breit gestreut hatte sich der Markgraf zusammen mit seiner Ehefrau Elisabeth in Gebetsgemeinschaften verschiedener Orden aufnehmen lassen: im Jahr 1405 bei den Dominikanern,2523 etwa ein halbes Jahr später bei den Augustinern,2524 im Jahr 1425 im Zisterzienserkloster Schönau bei Worms,2525 fast genau ein Jahr später bei den Karmelitern2526 und schließlich im Basler Dominikanerkloster am 13. April 1434 im Rahmen eines seiner Konzilsbesuche.2527 Neben der Intention, zur Sicherung des Andenkens eine breite Streuung der Stiftungen vorzunehmen, spielten für die Auswahl von Einrichtungen für die Stifter verschiedene Gründe eine Rolle. Dass „die Sorge um das Totengedächtnis zunächst einmal einem ausgeprägten Familiensinn“2528 entsprang, lässt sich auch bei Friedrich I. feststellen. Denn dieser ließ sich – wie viele seiner adeligen Zeitgenossen – dort begraben, wo bereits die Vorfahren lagen, in der Klosterkirche Heilsbronn. Aber nicht nur auf diese Weise trat das Familienbewusstsein des Hohenzollers zutage, in der Stiftungspraxis zeigt sich der Wunsch, die verstorbenen Familienmitglieder auch in das eigene Totengedenken mit einzubeziehen: So erfolgten die Stiftungen der Jahrtage in Heilsbronn und Kulmbach ebenfalls für seinen bereits verstorbenen Bruder Johann, und Friedrich I. unterstrich persönlich die besondere familiäre Beziehung zum Augustiner-Eremitenkloster in Kulmbach, das „[…] von vnsern eltern vnd vns gestiftet ist.“2529 Das dem Patronat der Gottesmutter und des heiligen Augustinus unterstehende 2523 Auf dem Generalkapitel in Nürnberg am 16. Juni 1405, siehe MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 167, S. 257–258. 2524 Durch den Ordensprovinzial Bruder Nikolaus am 1. Januar 1406, ebd., Nr. 168, S. 258. 2525 Durch den Abt des Konvents, der in üblicher Weise versprach, dass beide aller guten Werke teilhaftig werden sollten, die der allmächtige Gott durch das Konvent wirken würde: „[…] das Euer Gnade und Euer Hausfraw der teilhaftig sind, in dem leben und auch im Tode, es sey mit messen, Vigilien, wachen, fasten, beten, Almusen geben, und auch andrer, aller tugentlichen geistlichen Uebung. Also man uns Euer fürstlichen Gnaden, oder ewr obgenant hausfrawen tod verkündet wird, das der Allmechtig Got langwende, so sollen und wollen wir ewr gnade, und auch ewr vorgenant hawsfrawen in unserm Capitel absolviren, und ewren tot begeen mit messen, vigilien und andern gebet, nach unsers Ordens gewonheit, und satzung.“ Ebd., Nr. 169, S. 258–259, hier S. 259. 2526 Ebd., Nr. 170, S. 259-260, hier durch den Prior und Provinzial Eberhard Hargasser. 2527 Ebd., Nr. 171, S. 260. 2528 KAMP, Stiftungen, S. 33. 2529 CDB III, 1, Nr. 146, S. 235–237, hier S. 236.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Kloster war im Jahr 1340 von Burggraf Johann II. gegründet worden2530 und lag am Fuße der Plassenburg. Vor allem die Eltern Friedrichs I., Burggraf Friedrich V. und dessen Ehefrau Elisabeth von Meißen, hatten zahlreiche Stiftungen vorgenommen und waren deshalb in die Gebetsgemeinschaft des Ordens aufgenommen worden.2531 Somit bestand bereits seit längerer Zeit eine engere Bindung zwischen dem Kloster in Kulmbach und der Familie des Markgrafen, die noch dadurch verstärkt wurde, dass Markgraf Johann sich engagiert für die Reformierung des Ordens eingesetzt und sich zu diesem Zweck sowohl an den Ordensgeneral als auch an den Papst gewandt hatte. Im Jahr 1420 wurde den Brüdern schließlich das Almosensammeln auf dem Lande verboten, um die Vernachlässigung ihrer geistlichen Pflichten zu verhindern, weswegen Johann ihnen zum Ausgleich für die finanziellen Verluste einige Höfe und Waldungen schenkte.2532 Besonderes Verdienst erwarb sich aber Friedrich I. um den Konvent, da das Kloster nach dem Einfall der Hussiten in Franken 1430 vollkommen zerstört wurde und der Markgraf es wieder aufbauen ließ.2533 In der Stunde der höchsten Not, nach der Zerstörung durch die ‚Ketzer‘, hatte der Markgraf unter großem finanziellem Einsatz diese fromme Stätte wieder aufrichten lassen, der Konvent an sich und die späteren Stiftungen für diese geistliche Institution können also als Manifestation der guten Werke und der frommen Gesinnung des großzügigen Stifters gesehen werden. Eine ähnlich persönliche Beziehung zu einer mit einer Stiftung bedachten geistlichen Einrichtung, die auf eine lange Familientradition zurückblicken konnte, hatte er zum St. Gumbertusstift in Ansbach. Das Kollegiatstift war seit dem 22. März 1331 fest mit den Hohenzollern verbunden, seitdem Burggraf Friedrich IV. die Vogtei über die Stadt und das dort ansässige Stift verliehen bekam.2534 Die familiäre Beziehung zu dem Stift spiegelte sich in zahlreichen Schenkungen und Stiftungen der gesamten Familie wider,2535 als Gegengabe wurden seit dem Jahr 1332 Gedenktage und Seelenmessen abgehalten. Wie bereits gesehen, sollte später der Einfluss der Hohenzollern auf das Chorherrenstift noch weiter anwachsen, erhielt Markgraf Albrecht im Jahr 1446 von Papst Eugen IV. doch das Patronats- und Kollationsrecht über die Stiftspropstei sowie zwei Kanonikate und sicherte sich auf diese Weise den Einfluss auf die weltliche Füh-

2530 2531 2532 2533 2534 2535

STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 3, Nr. 194, S. 201. HEMMERLE, Die Klöster der Augustiner-Eremiten, S. 33. Ebd., S. 34. VON CAEMMERER, Die Testamente, S. 24, Fußnote 1. SCHUHMANN, Die Stiftskirche, S. 45. Von einigen aus der Zeit des 15. Jahrhunderts wird in Kapitel 6.2 zu handeln sein.

6.1 Grablegen und Stiftungen

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rung des Stifts.2536 Die Tatsache, dass viele Pfründen in St. Gumbertus immer wieder an Mitglieder der mit den Hohenzollern stets eng verbundenen Familien von Seckendorff und von Gundelfingen gingen,2537 führte dazu, die Beziehungen wechselseitig weiter zu verstärken. Auch andere Faktoren waren bestimmend für die Auswahl von Begünstigten einer Stiftung: Das Hauskloster der Hohenzollern, der Zisterzienserkonvent Heilsbronn, spielte als Familiengrablege naturgemäß eine Ausnahmerolle unter den Klöstern und anderen geistlichen Einrichtungen ihrer Herrschaftsgebiete. Die wichtige Bedeutung, die das Kloster für die Familie Friedrichs I. besaß, lässt sich aber auch daran erkennen, dass der frühere Heilsbronner Abt Berthold Stromaier2538 der Taufpate des Markgrafen und seines Bruders Johann war.2539 Dass nun unter einem Nachfolgerabt für beide Patenkinder Jahrtage gelesen werden sollten, nachdem auch ihr Vater dort für sich eine Seelenmesse, ein ewiges Licht, aber auch den Dreikönigsaltar gestiftet hatte,2540 unterstreicht die enge Gemeinschaft, in die das Kloster durch die Patenschaft des Abtes eingebunden war. Gleichzeitig war die Patenschaft des Heilsbronner Abts auch eine besondere Ehre für die Hohenzollern, gehörte Heilsbronn doch zu den angesehensten Klöstern Süddeutschlands. Das Kloster war bekannt für die strenge Regelobservanz bzw. die große Frömmigkeit seiner Mönche, deren hohen Bildungsgrad und die Qualität des Scriptoriums. Vor allem aber seine Kantoren, die sogar an andere Klöster ausgeliehen wurden, trugen zum Ansehen des Konvents bei.2541 Das reiche Kloster war eine der größten Wirtschaftsmächte in Franken2542 und sein Abt fungierte als ranghöchster Prälat im burg- und markgräflichen Territorium.2543 Darüber hinaus nahm das Kloster innerhalb des Ordens eine besondere Stellung ein: Zum einen tagte in der Zeit des Schismas hier sechsmal das Generalkapitel des Ordens, zum anderen vertrat der Abt Arnold Waibler das Kloster sehr aktiv auf den Konzilien von Konstanz und Basel.2544 Mit der Auswahl des Abts von Heilsbronn hatte Burggraf Friedrich V. in dem Paten für seine beiden

2536 2537 2538 2539 2540 2541

SCHUHMANN, Die Stiftskirche, S. 46. Ebd., S. 48. Eine Liste der Äbte bis zum Jahr 1631 bietet GEIßENDÖRFER, Heilsbronn, S. 389–390. SCHUHMANN, Die Hohenzollern-Grablegen, S. 10. Ebd. Ebd., S. 4. Aber auch HAAG, Entstehung und Geschichte, S. 15–138, insbesondere S. 30– 40. 2542 Der umfangreiche Besitz des Klosters befand sich um 1500 in 292 Orten zwischen Main und Donau, hier besaß die Zisterze Grund-, Gült- und Zehntrechte, siehe ebd., S. 30. 2543 SCHUHMANN, Die Hohenzollern-Grablegen, S. 6. 2544 Siehe hierzu HAAG, Entstehung und Geschichte, S. 30–32.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Söhne Friedrich und Johann eine Person gefunden, die sich durch ihre Frömmigkeit auszeichnete und generell hohes Ansehen genoss. Testamentarische Verfügungen der Söhne: Friedrich II. und Markgraf Albrecht Im Vergleich mit dem Letzten Willen des Vaters zeigen sich große Ähnlichkeiten zum Testament Markgraf Albrechts vom 1. November 1485.2545 Entsprechungen bei den testamentarischen Verfügungen seines älteren Bruders, Kurfürst Friedrichs II., sind nicht festzustellen, da sich von diesem kein Letzter Wille erhalten hat, wie Albrecht selbst am 17. Februar 1471 in einer Instruktion an einen Rat deutlich machte: „item unser bruder seliger hat kein gescheft gemacht: sovil wir aber haben mögen erlernen an seinen peichtiger und caplan, das sein letzer wille gewest sey, haben wir verzeichent ubernomen und darein verwilligt, das gemert und nit gemyndert; wollen aber das mit hilf gots volstrecken und schicken in des abschrift, dorauß sie die meynung vernemen werden.“2546

Markgraf Albrecht benannte lediglich zwei konkrete Maßnahmen als Letzten Willen seines Bruders Friedrich II. Sein älterer Bruder habe zum einen bestimmt, dass die Insignie seines im Jahre 1440 gestifteten höfischen Ordens – der Gesellschaft Unserer Lieben Frau – zum ursprünglichen Hauptsitz der Gemeinschaft, zur Marienkirche auf dem Harlunger Berg, geschickt werden solle.2547 Die Statuten dieser Ordensstiftung, auf die im folgenden Kapitel ausführlich eingegangen wird, sahen vor, dass beim Tode eines der Mitglieder dessen Ordenskette zur Marienkirche geschickt werden musste und zudem die Angehörigen einen Totenschild mit dem Wappen und Namen des Verstorbenen in der Ordenskapelle aufhängen sollten.2548 Der Totenschild und die Ordenskette übernahmen eine wichtige Funktion innerhalb des Totengedenkens. Nicht nur, dass die Chorher2545 VON CAEMMERER, Die Testamente, Nr. 7, S. 45–52. 2546 PC 1, Nr. 130, S. 211–212, hier S. 211. Kurfürst Friedrich II. hatte ursprünglich ein Testament verfasst, worauf in den Quellen hingewiesen wird: Im Zuge seines öffentlichen Glaubensbekenntnisses im Brandenburger Dom im Jahr 1453 wird auf Bestimmungen verwiesen, wie sie sein Testament festlegten, siehe CDB III, 1, Nr. 190, S. 310–312, hier S. 312. Im Zusammenhang mit der Urkunde über die Stiftung des Berliner Kollegiatstiftes vom 20. Januar 1469 wird ebenfalls noch einmal auf ein Testament des Kurfürsten verwiesen, siehe VON CAEMMERER, Die Testamente, S. 26. Dieses muss kurze Zeit später verloren gegangen sein, Hermann von Caemmerer hat die Vermutung aufgestellt, dass es von Friedrich II. im Zuge seiner Abdankung eingezogen worden wäre, siehe ebd., S. 27. 2547 PC 1, Nr. 130, S. 211–212. 2548 Ausführlich befasst sich das Kapitel 6.2 mit den betreffenden Ausführungen der Statuten zum Todesfall eines Mitgliedes.

6.1 Grablegen und Stiftungen

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ren zusammen mit dem Priester und den Chorschülern regelmäßig Seelenmessen für die verstorbenen Mitglieder lesen mussten, der Schild und die Kette evozierten die Gegenwart des Toten während der Liturgie. Diese Zeichen stellten eine liturgische Anwesenheit her, dienten zugleich dem Andenken und schufen – auf ewig – eine Öffentlichkeit für das Gedächtnis.2549 Für die norddeutschen Mitglieder fanden die geheimen Kapitelsitzungen des Hofordens in der Ordenskapelle der Marienkirche auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg statt, in der auch die Totenschilde aufgehängt wurden; somit wurden die Verstorbenen den übrigen Mitgliedern bei jedem Treffen in Erinnerung gerufen und es bestand die berechtigte Hoffnung, dass man sie in die Gebete mit einschloss. Das vermehrte Streben nach Fürbitte war der Grund dafür, dass es der Orden übernahm, den Tod eines Mitgliedes umgehend allen anderen Ordensangehörigen bekannt zu machen. Ähnlich verfuhr auch Albrecht, der gemäß seiner Instruktionen befahl, den Tod seines Bruders den bedeutenden Herren und Fürsten mitzuteilen.2550 Die zweite Bestimmung, die Albrecht als den Letzten Willen seines Bruders zu erkennen gab, betraf eine Kleiderstiftung, die Friedrich II. vor seinem Tod in Auftrag gegeben haben soll. Ein Schneider war damit beauftragt worden, ein Messgewand aus Kleidern des Kurfürsten herzustellen. Diese Stiftung sollte auch nach dem Tod des Stifters in die Tat umgesetzt werden.2551 Genauere Angaben, für wen dieses Gewand bestimmt war, finden sich in den Anweisungen Albrechts nicht – überliefert ist lediglich ein Schreibervermerk, dass das Messgewand dort gestiftet werden sollte, wo es der verstorbene Kurfürst vorgesehen hatte.2552 Möglicherweise handelte es sich bei dem Messgewand jedoch um die überaus kostbare Schwanenordenkasel (Abb. 7), die aus einem Kurmantel Friedrichs II. hergestellt worden ist und sich heute im Paramentenschatz des Brandenburger Doms befindet.2553 Während sich also nur sehr wenige Hinweise auf die gewünschte Ausgestaltung der Totenmemoria Friedrichs II. erhalten haben, ist das Testament Markgraf Albrechts in dieser Hinsicht aufschlussreicher. Wie beim Vater und damit in Übereinstimmung mit der Mehrzahl der ranghohen Stifter des Spätmittelalters wird auch bei ihm der Wunsch nach Familienzusammenhalt insbesondere für die Zeit nach dem Tod deutlich:

2549 2550 2551 2552 2553

KAMP, Stiftungen, S. 41. PC 1, Nr. 130, S. 212. Ebd. Ebd., Fußnote 2. WETTER, Die Stickereien, S. 72. Mehr zur sogenannten Schwanenordenkasel in Kapitel 6.2.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

„Item wir orden, setzen, schaffen und ist unser letzer wille, das uns unser sone sollen begeen, wie wir unsern bruder marggraf Fridrichen seligen begangen haben und in unser eltern grab legen zu Hailspronn und uns doselbst ein jartag machen nach gebure.“2554

Neben dem Anniversar für die eigene Person war die Sorge um die Familie ebenfalls Auslöser für die Stiftungen, die der Kurfürst sogleich im Anschluss an die Festlegung seiner Grablege ansprach. So hatte er für seinen Vater, seine Mutter und seine Ehefrau – gemeint ist Margarethe von Baden, die erste Frau Markgraf Albrechts – jeweils eine Messe in der Ansbacher Schlosskapelle, der Ansbacher Pfarrkirche St. Johannis und in der Kapelle der Burg zu Colmberg gestiftet.2555 Die Stiftungen waren jedoch nicht umgesetzt worden, und Albrecht hatte Sorge, dass mit seinem Tod die Stiftungen für seine Familienangehörigen in Vergessenheit geraten würden. Aus diesem Grund legte er testamentarisch fest, dass alles, was noch für eine angemessene Umsetzung der Messstiftungen fehlte, nun rasch in die Wege geleitet werden müsse, wobei er darauf hinwies, dass die „herschaft die lehenschaft behalten“ solle.2556 Ebenfalls von der Sorge um die Familie getragen, aber vor allem zu dem Zweck der eigenen memoria legte Albrecht fest, dass für sich, seine zweite Gemahlin Anna von Sachsen und die beiden lebenden Söhne aus dieser Ehe jeweils zwei Messen in dem ‚Land auf dem Gebirg‘ und im ‚Unterland‛, also in beiden fränkischen Territorien gehalten werden sollten. Im ‚Land auf dem Gebirg‘ sollte die Messen im Baiersdorfer Schloss der Familie und im Schloss in Neustadt an der Aisch gelesen werden, im ‚Unterland‘ hingegen in den Residenzen in Crailsheim und Hoheneck. Diese systematische Verteilung war nicht nur der Idee geschuldet, die memorialen Verpflichtungen sicherheitshalber bei verschiedenen Trägern anzusiedeln, sondern wird gewiss auch mit dem Wunsch in Zusammenhang stehen, das Gedächtnis des Landesherrn und seiner Dynastie in den verschiedenen Teilen der fränkischen Territorien, repräsentiert durch vier Residenzen der Hohenzollern, zu bewahren.2557 Solche scheinbar „uneigennützigen, von der Ökonomie befreiten Handlungen, die vordergründig allein dem Erhalt des Seelenheils dienten“, konnten entscheidend „zur Etablierung und Aufrechterhaltung politisch-sozialer Ordnung“2558 beitragen, indem sie der Repräsentation von Dynastien und

2554 2555 2556 2557 2558

VON CAEMMERER, Die Testamente, Nr. 7, S. 45–52, hier S. 47. Ebd., S. 47–48. Ebd., S. 48. Für die Messstiftungen waren jeweils 40 Gulden vorgesehen. RÜTHER, Prestige, S. 11.

6.1 Grablegen und Stiftungen

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ihrer Mitglieder dienten und diese im ‚öffentlichen‘ Raum der Kirchen, Klöster und der Städte präsent hielten.2559 Wie der Vater sah Markgraf Albrecht ebenfalls verschiedene Objektstiftungen vor. So sollte für 200 Gulden ein Kelch mit dem Wappen des Kurfürsten angefertigt, nach Rom gebracht und dort dem Hochaltar – anzunehmen ist der Hauptaltar der Peterskirche oder der Lateranbasilika – gestiftet werden.2560 Zudem war es der Wunsch Albrechts, für das Zisterzienserkloster in Zinna ebenfalls für 200 Gulden eine Monstranz anfertigen zu lassen, die der Muttergottes, der Patronin des Klosters, gestiftet werden sollte. Die große Marienfrömmigkeit, die charakteristisch für das späte Mittelalter war, zeigte sich auch immer wieder bei den Stiftungen der Hohenzollern, war die heilige Jungfrau doch häufig Adressatin der Vergabungen. Zwei weitere Objektstiftungen runden die kurzen testamentarischen Angaben über die memorialen Wünsche des Kurfürsten ab, wobei beide größere Bedeutung im Rahmen der markgräflichen und dynastischen Gedächtnisstiftung besaßen. Zunächst stellte Albrecht 100 Gulden für ein Glasfenster in der Wallfahrtskirche in Wilsnack bereit, wobei das Fenster mit dem Wappen des Stifters verziert werden sollte. Der Ort der Stiftung war für die Herstellung einer größtmöglichen Öffentlichkeit geradezu prädestiniert. Denn Wilsnack als ein Wallfahrtsort von europäischem Rang hatte jährlich eine enorme Anzahl von Pilgern zu verzeichnen. Diese waren nicht nur als Adressaten des Gedächtnisses vorgesehen, sondern bildeten auch die Zuschauer der herrscherlichen Repräsentation der Dynastie, die sich in dem kurfürstlichen Wappen manifestierte. Zusätzlich besaß Wilsnack für die gesamte Dynastie eine große Bedeutung, die sowohl im Rahmen der persönlichen Frömmigkeit als auch im politischen Handeln zum Ausdruck kam, denn hier trafen sich die beiden hohenzollerischen Brüder häufig mit anderen Fürsten, um über politische Sachverhalte zu beraten oder Bündnisse abzuschließen. Die Stätte des ‚Blutwunders‘, die das wunderbare Wirken Gottes in besonders anschaulicher Weise symbolisierte, schien der geeignete Ort für die Ausgestaltung wichtiger politischer Strategien zu sein. Die letzte testamentarisch festgehaltene Objektstiftung des Markgrafen betraf den Hoforden Friedrichs II., für den Albrecht seit Ende der 1450er Jahren in Franken großzügige Stiftungen vorgenommen und schließlich 1484 einen eigenen Ordenszweig für sein fränkisches Herrschaftsgebiet

2559 Die Bedeutung der memoria für die fürstliche Herrschaftsrepräsentation zeigt MINNEKER, Vom Kloster; für den städtischen Bereich siehe RÜTHER, Soziale Distinktion, oder WELLER, Das Begräbnis. 2560 VON CAEMMERER, Die Testamente, Nr. 7, S. 45–52, hier S. 47.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

gegründet hatte.2561 Wie sein Bruder im Jahr 1471 wollte der Kurfürst vierzehn Jahre später gemäß der statuarischen Vorgaben seine Ordensinsignie an den Ordenssitz schicken lassen. Da er jedoch das eigene Abzeichen seiner Tochter, Herzogin Ursula von Münsterberg, geschenkt hatte, musste er nun für 200 Gulden ein neues anfertigen lassen.2562 Wie Vater und Bruder hatte Albrecht bereits zu Lebzeiten eine Vielzahl von Stiftungen und Schenkungen ins Leben gerufen, und noch ausführlicher als der Vater im Jahr 1440 nahm er in seinem Testament Stiftungen für verschiedene Personen vor, die seiner Herrschaft unterstanden.2563 Zudem weist sein Testament eine lange Liste von Personen auf, die dem Kurfürsten noch Geld schuldig waren. Allen aufgeführten Schuldnern erließ Albrecht kurz vor seinem Tod nicht nur ihre Verbindlichkeiten, sondern legte fest, dass sie – genau wie eine Reihe weiterer Personen – bestimmte Beträge zusätzlich erhalten sollten. Ähnlich wie beim Vater waren diese Bestimmungen des Testaments wahrscheinlich dem Wunsch geschuldet, die eigene Seele vor dem Tod zu erleichtern, und in diesem Sinne passend endete der Letzte Willen mit einer Generalabsolution. Der Kurfürst bat jedermann „[…] uns zu vergeben, was peinlicher sach sind an leib und leben; desgleichen wollen wir auch thun.“2564 Im markgräflichen Testament vom November 1485 finden sich zudem Angaben zum Ablauf des Begräbnisses. Albrecht äußerte den Wunsch, auf dieselbe Art in Heilsbronn zu Grabe getragen zu werden wie sein Bruder Friedrich II. Eine ähnliche Bestimmung wie die des Vaters, ihm ein schlichtes Begräbnis ohne großen Pomp in einem leinernen Tuch zukommen zu lassen,2565 findet sich hingegen nicht. Aber auch dem Vater wurde dieser ausdrückliche Wunsch nicht erfüllt. Friedrich I., der sich auf dem sogenannten Cadolzburger Altar2566 (Abb. 8) in der Weise darstellen ließ, wie er anscheinend gerne gesehen werden wollte – als schlichter Amtmann Gottes in seinem Fürstentum,2567 in einem pilgerähnlichen, schlichten dunkelbraunen Samtrock (Abb. 9), allerdings mit Zobel gefüttert –, wurde in 2561 Mehr dazu in Kapitel 6.2. 2562 VON CAEMMERER, Die Testamente, Nr. 7, S. 45–52, hier S. 49. 2563 Zum Beispiel für die Ritter Hans Stornschatz und Hans Sachsen jeweils einen Jahrtag im Kloster Zinna, siehe ebd. 2564 Ebd., S. 52. 2565 CDB III, 1, Nr. 146, S. 235–237, hier S. 235. 2566 Der Altar befindet sich mittlerweile im Jagdschloss Grunewald. 1873 war das Retabel Kronprinz Friedrich III. von der Cadolzburger Kirchengemeinde geschenkt worden, siehe SCHUHMANN, Die Markgrafen, S. 33. 2567 Am 7. November 1420 übertrug Friedrich I. dem Kartäuserkloster in Frankfurt an der Oder das Dorf Arensdorf. In der Urkunde gab der Kurfürst als Begründung für diese Schenkung an: „Wir sein got schuldig, als vnsserm rechten herren, des slechter amtman an den furstenthumen, die wir von Im Innehaben […]“, siehe CDB I, 20, Nr. 13, S. 18–19, hier S. 18.

6.1 Grablegen und Stiftungen

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einer aufwendigen Zeremonie unter zahlreicher reichsfürstlicher Beteiligung beigesetzt. Die Klosterrechnungen weisen aus, dass zu diesem Anlass allein 14.900 Lebkuchen gebacken, ein neues Tafelservice und viele Dinge mehr für das sogenannte Burggrafenhaus im Kloster Heilsbronn, dem Gästehaus der hohenzollerischen Familie, angeschafft wurden.2568 Die Missachtung des Letzten Willens Friedrichs I. geschah jedoch nicht aus Gedankenlosigkeit – wenn es sich überhaupt um einen ernstgemeinten Wunsch und nicht um eine schlichte Devotionsformel gehandelt haben sollte –, sondern ist mit den besonderen Anforderungen zu erklären, die an die fürstlichen Trauerfeiern im Spätmittelalter gestellt wurden. Denn sie waren sowohl kirchliche Feier als auch höfisches Fest,2569 und selbstverständlich war auch der Tod eines angesehenen Reichs- und Kurfürsten im späten Mittelalter keine ‚private‘ Angelegenheit der Familie, sondern auch hier war man den Anforderungen unterworfen, die der eigene Rang stellte. Aus diesem Grund wird auf die Leichenfeiern der drei hohenzollerischen Kurfürsten gesondert im Kapitel 6.3 eingegangen werden. Das Erbbegräbnis der Dynastie Die überlieferten Testamente Friedrichs I. und seines Sohnes Markgraf Albrecht enthielten den Wunsch, eine letzte Ruhestätte im Kloster Heilsbronn, „in unser eltern grab“, zu erhalten. Die fürstliche Grablege „[…] zielte auf die Bewahrung oder Gründung einer familiaren Gedenktradition ab, die der eigenen Lignage oder Familie zur Selbstvergewisserung diente.“2570 Der Adel sah zu diesem Zweck vornehmlich Klöster, die eigene Schlosskapelle, aber auch eine nahe gelegene Pfarrkirche oder die Kapelle einer Kathedrale vor. Im Laufe der Zeit kam es immer wieder zur Bevorzugung bestimmter Orte als Grablegen. Es lässt sich beispielsweise feststellen, dass das Interesse für Klöster zwar zunehmend nachließ, eine Grabstätte in einem Konvent jedoch auch im späten Mittelalter immer noch als Ausweis besonderer Exklusivität galt.2571 Dies zeigt sowohl das Beispiel der Habsburger,2572 einiger Zweige der Wittelsbacher2573 als auch das burgundische Beispiel der Herzöge aus dem Hause Valois.2574 2568 2569 2570 2571 2572

SCHUHMANN, Die Hohenzollern-Grablegen, S. 12. BABENDERERDE, Die fürstliche Leichenfeier, S. 119. KAMP, Stiftungen, S. 32. Ebd. Ihre älteste Grablege hatten diese in der aargauischen Benediktinerabtei Muri, später dann bei den Franziskaner-Konventualen im Kloster Königsfelden, siehe ANDERMANN, Kirche, S. 173.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Während in den süddeutschen Territorien der Hohenzollern St. Gumbertus die Funktion einer Hofkirche bzw. eines Residenzstiftes ausübte,2575 in dem die markgräfliche Familie die dortigen Gottesdienste besuchte, legten sie für ihr Erbbegräbnis seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert wiederum das Münster des Klosters Heilsbronn fest. Die Hohenzollern hatten von den Grafen von Abenberg, die um 1200 ausgestorben waren, die Schirmvogtei über das Kloster Heilsbronn übernommen.2576 Zunächst beerdigten sie ihre adeligen Familienmitglieder in der Abenberger Grabkapelle,2577 die später zugunsten der Erweiterung des Ostchores abgerissen wurde. Im Mittelschiff der Klosterkirche (Abb. 10) ließ Burggraf Friedrich V., der Vater des ersten hohenzollerischen Kurfürsten, zwischen 1366 und 1368 schließlich „der Herrschaft Grab“, die Hauptgrablege der Dynastie errichten:2578 eine Tumba im gotischen Stil, die abwechselnd mit Platten bestückt war, die jeweils den quadrierten Zollernschild und das burggräfliche Löwenwappen zeigten (Abb. 11). Das Gebetsgedenken für einen Verstorbenen war im Mittelalter zwar nicht auf das Grab angewiesen, denn im Mittelpunkt der Liturgie standen Messen und Gebete, die an jedem Altar bzw. Versammlungsraum vollzogen werden konnten, aber dennoch wurden nicht selten Besuche am Grab des Verstorbenen ausdrücklich im Testament vorgeschrieben.2579 Ein 2573 Die erste Grablege der Wittelsbacher war zum Beispiel das Benediktinerkloster Scheyern, siehe LIST, Die mittelalterlichen Grablegen, S. 533. 2574 Diese stifteten die Kartause von Champmol zu diesem Zweck, siehe PROCHNO, Die Kartause, S. 45. 2575 SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 584. 2576 Heilsbronn war 1132 durch den Bamberger Bischof Otto I. gestiftet worden, zunächst als Benediktinerabtei geplant, aber 1136 den Zisterziensern übergeben, siehe SCHUHMANN, Die Hohenzollern-Grablegen, S. 3. 2577 Burggraf Friedrich III. ließ zwischen 1263 und 1284 anstelle der Abenberger Kapelle einen neuen Chor errichten, mit dem die Grabstätten der ehemals separaten Kapelle überbaut wurden, siehe WIESNER, Vom Zisterzienserkloster, S. 155–156. Diesen Chor bestimmte der Burggraf zum Erbbegräbnis seiner Familie, wobei die Bestattung von Laien im Chor in unmittelbarer Nähe zum Hochaltar ein Novum in dieser Zeit dargestellt habe, wie Ulrich Wiesner bemerkt, ebd., S. 156. Wiesner bietet eine kursorische Übersicht Heilsbronns in der Funktion als Erbbegräbnis der Dynastie, aber auch über ihre weiteren Begräbnisorte, nämlich die Erasmus-Kapelle in Berlin und das Kloster Lehnin in der Mark Brandenburg bis in die Frühe Neuzeit, siehe ebd., S. 153–186. 2578 SCHUHMANN, Die Hohenzollern-Grablegen, S. 10. Wiesner gibt hingegen 1362 bis 1366 als Errichtungszeitraum des Hochgrabes westlich vom Kreuzaltar und der Chorschranke an, siehe WIESNER, Vom Zisterzienserkloster, S. 157. 2579 Auf vielen mittelalterlichen Grabmälern wurde die Totenliturgie abgebildet, um die Betrachter an die periodische Wiederholung der Gedächtnisfeiern zu erinnern; am ersten Jahrestag waren in den meisten Fällen Grabbesuche vorgesehen, siehe BORGOLTE, Das Grab, S. 306. Ein gutes Beispiel für die Verbindung von Gedächtnisfeiern mit dem Grab eines Verstorbenen stellt auch eine Anniversarstiftung des burgundischen Kanzlers Nicolas Rolin aus dem Jahr 1427 dar. Dieser ließ dort festlegen, dass die Domherren von Autun eine feierliche

6.1 Grablegen und Stiftungen

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Grund hierfür mag die Tatsache sein, dass das Grabmal eine wichtige Rolle bei dem Versuch spielte, die besondere Frömmigkeit eines verstorbenen Stifters herauszustellen. Zu diesem Zweck musste man auf Erinnerungszeichen zurückgreifen. Seit dem Hochmittelalter fungierten die Grabmäler als solche Zeichen, die das Bild des Stifters genau fixierten und auf diese Weise das Andenken als eine Form des Gedächtnisses auffassten.2580 Auch wenn die überlieferten Testamente Friedrichs I. und Markgraf Albrechts nicht den periodischen Besuch der Begräbnisstätte für die mit der memoria betrauten Kleriker oder die Familienmitglieder vorschrieben, so versammelten sich die Hohenzollern doch in regelmäßigen Abständen in der Klosterkirche in Heilsbronn, um an der dynastischen Grablege den Todestag eines Burggrafen bzw. Markgrafen zu begehen.2581 Im späten Mittelalter gehörte das Erbbegräbnis in den meisten Territorien zu den „[…] unverzichtbaren Merkmalen der landesherrlichen Residenz, hatten doch die mittelalterlichen Fürsten zumeist das Bedürfnis, den verstorbenen Mitgliedern ihrer Familie und auch ihrem eigenen dereinstigen Begräbnisort schon zu Lebzeiten möglichst nahe zu sein.“2582 Trotzdem unterließen es die Hohenzollern, in direkter Nähe ihrer Residenzen eine eigene Begräbnisstätte zu errichten, wobei Heilsbronn jedoch von der Cadolzburg und Ansbach aus sehr rasch erreichbar war. Ein Grund für die Übernahme der Grablegentradition von den Abenberger Grafen mag das Bedürfnis gewesen zu sein, sich auf umfassende Weise als ihre Nachfolger zu legitimieren, und zwar nicht nur im Amt als Schirmvögte des Klosters. Die Hohenzollern übernahmen auch den gräflichen Allodialbesitz um Abenberg und Cadolzburg, hatten sich doch durch die Ehe der Erbtochter Hildegard von Abenberg mit Konrad II. von Raabs um 1170, aus der eine Tochter mit Namen Sophia hervorgegangen war, verwandtschaftliche Beziehungen mit dem Grafenhaus ergeben.2583 Denn diese Tochter heiratete schließlich Graf Friedrich III. von Hohenzollern, der nach dem Aussterben der Grafen von Raabs im Jahr 1191/92 zunächst durch Rudolf von Habsburg mit der Burggrafschaft Nürnberg belehnt wurde, um wenige Jahre später auch die Abenberger fast vollständig zu beerben. Die Übernahme der Grablege der Grafen von Abenberg erscheint in diesem Zusammenhang durchaus naheliegend zu sein. In ihr kann der

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Prozession zu den Gräbern der Rolins in der der Kathedrale Saint-Lazare gegenüberliegenden Pfarrkirche unternehmen mussten, siehe KAMP, Memoria, S. 216. KAMP, Memoria, S. 320. Beinahe alle Burg- und Markgrafen aus dem Haus Hohenzollern haben sich immer wieder in dem wichtigen fränkischen Kloster aufgehalten, nicht nur zur Feier des Gedenkens an ihre verstorbenen Verwandten, siehe MUCK, Beiträge, S. 73. SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 588. STÖRMER, Die innere Entwicklung, S. 278.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Versuch gesehen werden, eine bruchlose Kontinuität zwischen der eigenen Dynastie und den Amtsvorgängern zu erzeugen. Dafür spricht auch, dass die Hohenzollern ihre toten Familienmitglieder einträchtig neben den verstorbenen Grafen in der Abenberger Grabkapelle bestatteten und keine Veranlassung sahen, eine zweite Kapelle anbauen zu lassen. Als weiterer Grund für die Wahl Heilsbronns als Familiengrablege und die damit einhergehende Fortsetzung der Abenberger Tradition kann auch der besondere Rang und das Ansehen des Klosters gesehen werden, das in Süddeutschland kulturell, wirtschaftlich und politisch eine herausragende Position einnahm. Diese überragende Bedeutung unter den süddeutschen Konventen lässt sich auch daran erkennen, dass Abt Ulrich Kölzer im Jahr 1439 für sich und seine Nachfolger die Pontifikalien, also Mitra, Bischofsring und Bischofsstab, zuerkannt bekam.2584 Damit besaßen die Äbte der beiden wichtigsten Klöster im fränkischen wie auch im brandenburgischen Territorium der Hohenzollern2585 das Recht, bischöfliche Herrschaftsinsignien zu tragen. In Bezug auf ihre dynastische Grabstätte lässt sich zudem bei den Hohenzollern eine Betonung ihrer burggräflichen Herkunft feststellen, die neue fürstliche Grablege im Mittelschiff der Klosterkirche aus der Zeit Ende der 1360er Jahre war, wie bereits erwähnt, mit dem Löwenwappen der Burggrafschaft Nürnberg geschmückt (Abb. 11). Die Belehnung mit der Mark Brandenburg änderte zunächst nichts an der Grablegentradition. Die ersten drei brandenburgischen Kurfürsten wurden alle in Heilsbronn begraben – Friedrich I. mit seiner zwei Jahre nach ihm verstorbenen Ehefrau jedoch zumindest im neu angebauten Mortuarium vor dem Peter- und Paulsaltar2586 –, und somit ist kein neuer Ort des dynastischen Totengedenkens symbolisch mit der Rangerhöhung verbunden. Dies ist umso erstaunlicher, als Friedrich II. durchaus den Versuch unternahm, eine neue kurfürstliche Grablege in seinem in Berlin gestifteten Residenzstift zu schaffen, und auch den ausdrücklichen Wunsch formulierte, dort begraben zu werden.2587 Trotzdem ließ Markgraf Albrecht seinen älteren Bruder nach dessen Tod in Heilsbronn beerdigen – möglicherweise aus pragmatischen Gründen,2588 vielleicht gab aber auch der Wunsch, die Familientradition nicht zu unterbrechen, den Ausschlag. 2584 SCHUHMANN, Die Hohenzollern-Grablegen, S. 4. 2585 Markgraf Friedrich II. hatte dies auf Intervention bei Papst Nikolaus V. für das Kloster Lehnin erreicht, wie bereits in Kapitel 5.2 dargelegt worden ist. 2586 SCHUHMANN, Die Hohenzollern-Grablegen, S. 12. Das Mortuarium wurde zwischen 1412 und 1433 als zweischiffige, spätgotische Halle zu je fünf Jochen errichtet. 2587 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 98. 2588 Friedrich II. hatte sich nach seiner Abdankung in Franken auf die Plassenburg zurückgezogen, und eine Beerdigung in Berlin wäre durchaus mit einem erheblichen Transportaufwand verbunden gewesen. Im September 1470 besuchte er zudem Heilsbronn, siehe RIEDEL,

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Für Heilsbronn als Erbbegräbnis der Hohenzollern spricht zusätzlich allerdings auch die Tatsache, dass die Klosterkirche bei dem fränkischen Adel ebenfalls ausgesprochen beliebt war. Mit seinen über 500 adeligen Grabstätten erhielt das Kloster zu Recht im Laufe der Zeit den Beinamen „christliche Schlafkammer Frankens“.2589 Gewöhnlich war das Kloster einschließlich seiner Kirche für Laien verschlossen, aber an dreizehn Feiertagen im Jahr wurde das Portal der Ritterkapelle für ausgewählte Besucher geöffnet, um gemeinsam mit den Mönchen an der Messe teilnehmen zu dürfen.2590 Wahrscheinlich haben fast alle fränkischen Adeligen das Kloster an einem dieser Feiertage oder zur Beerdigung eines Burg- bzw. Markgrafen besucht. Der besondere Zusammenhalt zwischen den Landesherren und den adeligen Vasallen, der durch den gemeinsamen Begräbnisort erzeugt werden konnte, auf der einen Seite und die hervorragende Möglichkeit der Herrschaftsrepräsentation vor einem exklusiven Publikum – fränkischer Adel, Mitglieder des auswärtigen Hochadels und sogar mehrfach der römisch-deutsche König bzw. Kaiser – auf der anderen Seite ließen Heilsbronn als fürstliche Grablege wahrscheinlich mehr als geeignet erscheinen. Ganz selbstverständlich äußerte auch Albrecht den Wunsch, hier seine letzte Ruhestätte zu finden. Er sollte jedoch der letzte brandenburgische Kurfürst bleiben, der in der fränkischen Zisterze begraben wurde:2591 Sein Sohn und sein Enkel, die Markgrafen Johann und Joachim I., wurden im wichtigsten Kloster des märkischen Territoriums, in der Zisterzienserabtei Lehnin beerdigt.2592 Und erst Albrechts Urenkel Joachim II. transferierte, nachdem er das Domstift Kurfürst Friedrichs II. aus dem Stadtschloss in die benachbarte Dominikanerkirche verlegt hatte, im Jahr 1545 die Särge seiner beiden kurfürstlichen Vorgänger aus dem Kloster in der Altmark nach Berlin.2593 Die Errichtung einer residenznahen dynastischen Grablege erfolgte also erst Mitte des 16. Jahrhunderts. Das Festhalten der ersten hohenzollerischen Kurfürsten an dem fränkischen Zisterzienserkloster Heilsbronn als dynastische Familiengrablege

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Über den Krankheitszustand, S. 233. Vielleicht entstand bei diesem Anlass auch der Wunsch, doch bei seinen Vorfahren beerdigt zu werden. BRUCKDORFFER/GEIßENDÖRFER/NIEDEN, Das Münster, S. 156. Genauer zu diesen Festtagen siehe HAAG, Entstehung und Geschichte, S. 35. Die Situation der Teilung der Dynastie in zwei verschiedene Linien wurde nach dem Tod Markgraf Albrechts durch das Grabmal seiner zweiten Ehefrau markiert. Markgräfin Anna ließ sich nicht im Familiengrab ihres verstorbenen Ehemannes beerdigen, sondern errichtete 1492 ein aufwendiges Hochgrab im Mittelschiff der Heilsbronner Kirche. Sie „wurde zur Stammmutter der fränkischen Linien“. Siehe WIESNER, Vom Zisterzienserkloster, S. 171. Damit wurde bewusst an die Askanier angeknüpft, die ihr Erbbegräbnis in Lehnin hatten. ANDERMANN, Kirche, S. 175. Für zweihundert Jahre fanden dann alle brandenburgischen Kurfürsten aus dem Hause der Hohenzollern in Berlin ihre Grabstätte.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

drückt besonders deutlich den Wunsch aus, den Zusammenhalt der Familie zu bezeugen und zu deren Selbstvergewisserung beizutragen. Die Selbstvergewisserung adeliger Geschlechter war wiederum stets zielgerichtet, „[…] sie bezweckte, das Ansehen und den Rang der Familie zu bekräftigen und gegebenenfalls zu erhöhen.“2594 Der Wunsch, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Familie in eine Gedenktradition zu überführen, die dem neu erworbenen Ansehen der Dynastie entsprochen hätte,2595 also eine zweite Grablege auf märkischem Gebiet zu stiften und damit der Rangerhöhung auch im Bereich des Totengedächtnisses Ausdruck zu verleihen, lässt sich bei den Hohenzollern erst mit der faktischen Teilung der Dynastie in eine brandenburgische und eine fränkische Linie nach dem Tod Kurfürst Albrechts ausmachen. Dieser Befund korrespondiert mit der bei Friedrich I. und Markgraf Albrecht durchgängig vorherrschenden Überzeugung, in dem fränkischen Territorium trotz der Verleihung der Kurwürde den bedeutenderen Herrschaftsbereich zu sehen, die auch in zahlreichen politischen Handlungen ihren Ausdruck fand. Stiftungen zu Lebzeiten Im Zusammenhang mit den testamentarischen Verfügungen der ersten drei brandenburgischen Kurfürsten waren bereits einige Stiftungen für das Seelenheil angesprochen, die lediglich den Abschluss einer regen Stiftertätigkeit zu Lebzeiten bildeten. Denn auch die Hohenzollern handelten gemäß dem Wort des Lukasevangeliums: „Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.“2596 Aus diesem Grund investierten sie wie die Mehrheit des spätmittelalterlichen Adels bereits zu Lebzeiten einen großen Anteil ihres Vermögens in Stiftungen und Schenkungen für ihr Seelenheil. Die Memorialkultur erfüllte für den mittelalterlichen Adel verschiedene Funktionen, unter anderem hatte sie Anteil an seiner Herrschaftsrepräsentation, prägte das Bild der adeligen Familie nach außen und wirkte auf diese Weise herrschaftsstabilisierend. Bereits die Betrachtung einiger exemplarischer Fälle zeigt, dass dies für die Stiftungen und Schenkungen der Hohenzollern ebenfalls zutrifft. Hierbei kann keine systematische Auswertung sämtlicher 2594 KAMP, Memoria, S. 210. 2595 Ebd., S. 218. 2596 Lukas 12,48. Einen Beleg für die Verbreitung dieser Vorstellung bringt der Chronist und Vertraute Karls des Kühnen Olivier de la Marche in seinen Memoiren: „[…] car plus est l’homme de hault affaire, plus doit à Dieu de recongnoissance […]”, BEAUNE/MAULBON D’ARBAUMONT, Mémoires, Bd. 4, S. 92.

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Vergabungen der Hohenzollern im 15. Jahrhundert vorgenommen werden, und es erscheint auch wenig sinnvoll, eine kleinteilige Klassifizierung der Stiftungen in sämtliche mögliche Arten durchzuführen,2597 zumal selbst die Unterscheidung von Stiftung und Schenkung nicht in jedem Fall zweifelsfrei vorgenommen werden kann. Definiert man mit Ralf Lusiardi Stiftungen als „Vergabungen von Gütern, mit denen ein bestimmter vom Stifter gesetzter Zweck auf unbegrenzte Dauer realisiert werden soll“,2598 stellt sich automatisch bei bestimmten Stiftungssorten ein Zuordnungsproblem ein, da einige Vergabungsformen in gewisser Weise ambivalent sind: Nimmt man beispielsweise Objektstiftungen wie Kelche, die nicht selten einem bestimmten Kleriker ohne Auflagen über den Verwendungszweck oder -ort vermacht wurden und die somit eigentlich als Schenkung zu verzeichnen wären, dann zeigt sich, dass es immer wieder Fälle gab, wo solche Auflagen existierten, die eine Klassifizierung als Stiftung rechtfertigen. In diesen Fällen wurde beispielsweise eine Verwendung an einem ganz bestimmten Altar vorgeschrieben oder die Stiftung mit dem Wappen des Stifters verziert, sodass bei jeder Verwendung der Verweis auf den Stifter immer wiederholt wurde.2599 Neben den beiden grundsätzlichen Zwecken spätmittelalterlicher Stiftungen – einen Platz im Gedächtnis Gottes zu erlangen und die Erinnerung der Nachwelt auch nach dem Tod aufrecht zu erhalten –, die sich bereits in den Testamenten der Hohenzollern ange2597 Die Begriffsverwendungen in Bezug auf verschiedene Stiftungsarten in der Forschungsliteratur sind vielfältig, sie reichen von differenzierten Unterteilungen der Stiftungen in „Mahlzeitstiftung“ (KIEßLING, Vom Pfennigalmosen, S. 40), „Fahrhabe-Stiftung“ (JARITZ, Seelgerätstiftungen, S. 15) oder „Heiratsgutstiftung“ (KÜHNEL, Sinn, S. 8) in Anlehnung an den jeweiligen Quellenbegriff bis hin zu relativ groben Einteilungen, die verschiedene Stiftungsarten zusammenfassen und nur zwischen Kirchenstiftungen, Fürsorgestiftungen und Stiftungen zur Förderung der Bildung und Wissenschaft unterscheiden, siehe BORGOLTE, Totale Geschichte, S. 9–11. Nach der Rechtsform wird in der Literatur zudem grundsätzlich zwischen selbstständigen Stiftungen und unselbstständigen unterschieden, wobei der Unterschied darin besteht, dass bei selbstständigen Stiftungen neue Gemeinschaften mit eigenem Rechtsstatus gegründet wurden, während bei unselbstständigen Stiftung das aufgewendete Kapital zwar in das Vermögen der Kirche einfloss, aber im Gegenzug im Namen des Stifters dauerhafte geistliche oder karikative Leistungen erbracht wurden. Für „das mittelalterliche Stiftungsverhalten spielten diese rechtlichen Differenzierungen nur eine untergeordnete Rolle“, KAMP, Stiftungen, S. 29. 2598 LUSIARDI, Stiftung, S. 51. 2599 Lusiardi führt noch weitere Beispiele für die Schwierigkeiten bei der Klassifizierung von Stiftungen und Schenkungen auf, siehe ebd., S. 52–62. Michael Borgolte gibt als entscheidendes Kriterium für die Unterscheidung von Stiftungen und Schenkungen die ständige Wiederholung der Gabe bei der Stiftung an, siehe BORGOLTE, Totale Geschichte, S. 8. Man kann auch ein anderes Unterscheidungskriterium als entscheidend ansehen, wenn man davon ausgeht, dass Schenkungen ohne Gegengabe erfolgten, aber in den meisten Fälle vorgenommen wurden, da man eine spirituelle Vergütung erwartete, siehe KAMP Stiftungen, S. 29.

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deutet haben, lassen sich verschiedene Charakteristika der kurfürstlichen und markgräflichen Vergabungen ausmachen, die typisch für ihre Zeit waren. Insbesondere das Bedürfnis nach Prestige, das als eine wichtige Antriebsfeder für die weltliche Inanspruchnahme von Stiftungen genannt werden muss,2600 kann als ein grundlegendes Motiv für die hohenzollerische Stiftungstätigkeit angesehen werden, bedenkt man ihr Legitimationsdefizit gegenüber anderen hochadeligen Standesgenossen. Eine kurze Durchsicht der Stiftungs- und Schenkungsbegünstigten zeigt eine breite Streuung bei den Ordensgemeinschaften ihrer Territorien: Von den Kartäusern in Frankfurt an der Oder2601 über das Prämonstratenserkloster in Brandenburg,2602 die Johanniterkomturei in Werben,2603 die Zisterzienserinnen im Kloster zum Heiligengrabe in der Prignitz,2604 die Zisterze Lehnin,2605 oder die Franziskaner in Kyritz2606 bis zu den Benediktinerinnern in Arendsee2607 gehörte eine große Anzahl von märkischen Ordensgemeinschaften zu ihren Begünstigten. Ähnlich sah es in den fränkischen Territorien der Hohenzollern aus: Kurfürst Friedrich I. trat bei den Kartäusern in Nürnberg immer wieder als Stifter und Wohltäter in Erscheinung,2608 Markgraf Albrecht nahm mehrfach Stiftungen am Augustinerkloster in Kulmbach vor,2609 es finden sich entsprechende Vergabungen an die Zisterzienserinnen in Birkenfeld,2610 und selbstverständlich bedach-

2600 KAMP, Memoria, S. 318. 2601 Markgraf Friedrich II. bedachte gerne die Kartause in Frankfurt an der Oder, „[…] gots zu lobe unde allen gots heiligen zu eren, auch sunderlich zu unnsern vorfaren margraven zu Brandemborg unnser Eldern unde unnser selen selickeyt […]“, wie im Jahre 1440, siehe CDB continuatus, Nr. 93, S. 124–125, hier S. 124. 2602 Am 2. Februar 1431 übereignete Friedrich I. zusammen mit seinem Sohn Markgraf Johann den Prämonstratensern der Stadt Brandenburg eine Siedlung und das Dorf Bauersdorf bei der Brandenburger Burg und der Neustadt Brandenburg gelegen, siehe ebd., Nr. 80, S. 115. 2603 Im Jahr 1448 bedachte der brandenburgische Kurfürst die Johanniterkomturei mehrere Male, siehe PARTENHEIMER/KNÜVENER, Werben, S. 1290 und S. 1293. 2604 Das Kloster erhielt das Patronatsrecht über die Pfarrkirche in Pritzwalk am 27. September 1436, siehe CDB continuatus, Nr. 87, S. 119–120. 2605 Friedrich II. übertrug dem Kloster Lehnin am 26. Mai 1438 das Recht, auf der Havel bei Deetz einen Fährbetrieb zu unterhalten, siehe CDB I, 10, Nr. 179, S. 271–272. 2606 Im Jahr 1452 stiftete der Kurfürst hier ein Seelgerät, siehe WEIGEL, Ordensreform und Konziliarismus, S. 178. 2607 Der brandenburgische Kurfürst inkorporierte dem größten Frauenkloster der Mark Brandenburg am 10. September 1447 zwei Altäre, siehe CDB I, 17, Nr. 23, S. 17–18. 2608 Am 17. Juli 1428 schenkte Friedrich I. beispielsweise dem Konvent einen Acker bei Nürnberg, siehe RUDHART, Regesta, S. 124. 2609 HERRMANN, Geschichte, S. 85–87. 2610 FUNK, Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster, S. 34.

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ten alle Markgrafen Heilsbronn, das Hauskloster der Dynastie, großzügig,2611 um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Zudem gründeten die Hohenzollern in ihren Territorien, insbesondere in der Mark Brandenburg, auch neue Klöster wie das Katharinenkloster in Stendal, das Friedrich II. als Kloster für Augustiner-Chorfrauen stiften ließ,2612 oder das Dominikanerkloster in Tangermünde.2613 Aber auch Markgraf Albrecht nahm in seinem Herrschaftsbereich entsprechende Gründungen von Konventen vor, so stiftete er beispielsweise das Franziskanerkloster St. Wolfgang in Rietfeld,2614 während auf die Großzügigkeit seines Vaters schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts das Augustinerkloster in Langenzenn zurückging. Die Stiftungen und Schenkungen vor allem an märkische Klöster wie dem Kloster zum Heiligengrabe in der Prignitz, für die Zisterze Lehnin oder für das Kloster Arendsee zeigen über den Wunsch nach der Verteilung der memoria auf verschiedene Institutionen hinaus die große Bedeutung, die weltlich-politische Gründe für die Auswahl der Institutionen spielten: Friedrich II. und Markgraf Johann bedachten in den 1430er und 1440er Jahren märkische Klöster auch immer wieder großzügig, da sie auf Bündnispartner in der unruhigen Mark angewiesen waren. Ähnliche Intentionen haben auch bei der Neugründung von Konventen eine wesentliche Rolle gespielt und waren auch ausschlaggebend für die Auswahl von Klöstern in dem von vielen Mächten umworbenen Herrschaftsraum in Franken. Nebenbei bemerkt festigten die Hohenzollern auf der Ebene der memoria auch die Beziehungen zu anderen, adeligen Bündnispartnern. An dieser Stelle sei lediglich kurz auf ein Beispiel verwiesen: Am 12. Dezember 1471 stiftete Markgraf Albrecht Seelenämter für den verstorbenen Ludwig II. von Hessen.2615 Mit den Landgrafen von Hessen hatten die Hohenzollern bereits vor langer Zeit eine Erbverbrüderung abgeschlossen, nun dienten Messstiftungen als zusätzliches Mittel, die 2611 Auskunft über die vielfältigen Stiftungen der Hohenzollern in der Zisterze gibt das Necrologium Heilsbronnense, StANü, Fürstentum Ansbach, Ansbacher Oberamtsakten, Nr. 747. 2612 Das Katharinenkloster wurde in den 1460er Jahren von Friedrich II. auf Bitten des Rates und der Stadt Stendal gestiftet, nachdem er zuvor im Jahr 1456 von Papst Kalixt III. die Erlaubnis erwirkt hatte, die Kapelle des Heilig-Geist-Spitals in ein Benediktinerinnenkloster umzuwandeln. Der Ordenswechsel geschah anscheinend auf Betreiben des städtischen Rates, siehe POPP/BADSTÜBNER, Stendal. Augustiner-Chorfrauen, S. 1221. 2613 Das Dominikanerkloster in Tangermünde war das jüngste der acht Predigerklöster in der Mark Brandenburg und wurde 1438 als observante Niederlassung im Rahmen der dominikanischen Reformbewegung durch den minderjährigen Markgrafen Friedrich den Jüngeren zur Zeit der Regierung seines Vaters Kurfürst Friedrich I. gegründet. Friedrich II. tätigte hier ebenfalls Stiftungen, so zum Beispiel eine ewige Lampe „for 1 Mark standalischer“ Währung am 11. Juni 1442, siehe GRIESBACH/SPRINGER/HILLEBRAND, Tangermünde, S. 1255. 2614 Im Jahre 1458, siehe SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 587. 2615 PC 1, Nr. 258, S. 296.

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Verbindung der beiden Familien zu stärken. Wie im Falle traditioneller Gebetsverbrüderungen zwischen Klerikern und Laien waren es nicht nur die Funktionen für das Seelenheil, sondern auch bündnisstärkende Aspekte,2616 die für solche Arten von Stiftungen sprachen. Die frommen Stiftungen und Schenkungen der Hohenzollern erstreckten sich darüber hinaus neben den Klöstern ihres Herrschaftsbereiches auch auf andere geistliche Institutionen: auf verschiedene Kollegiatkirchen und -stifte,2617 eine ganze Reihe Pfarrkirchen vor allem in ihren Residenzstädten2618 oder aber auf Kapellen, die ihnen besonders am Herzen lagen.2619 Auffällig ist der Konservatismus bei der Stiftertätigkeit der ersten drei brandenburgischen Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern. So finden sich klassischerweise als Begünstigte nur geistliche Einrichtungen in ihrem Repertoire, modernere weltliche Stiftungszwecke, die auf ganz offensichtliche Weise der Allgemeinheit zugutekamen wie der Bau eines 2616 SCHMID, Gedächtnis, S. 128. 2617 Als ein zentrales Beispiel ist hier die Einrichtung eines Prämonstratenserstifts auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg durch Kurfürst Friedrich I. und seinen Sohn Friedrich II. im Jahre 1435 zu nennen, auf das in den beiden folgenden Kapiteln noch näher eingegangen werden wird. Ein weiteres Beispiel ist das von Friedrich dem Jüngeren 1459 gegründete Marienstift in Arneburg, siehe dazu POPP, Arneburg. Kollegiatstift, S. 131–136. 2618 Im Allgemeinen betrafen Stiftungen für Pfarrkirchen seitens der Landesherren vorzugsweise die eigenen Residenzorte, dies war bei den Hohenzollern ebenfalls nicht anders: So wurde die dem heiligen Johannes geweihte Kirche in Ansbach von Kurfürst Friedrich I. begonnen und mithilfe von weiteren Stiftungen Markgraf Albrechts 1458 vollendet. Der tatkräftigen Unterstützung Albrechts war zudem der Bau der Johanniskirche in Schwabach seit 1469 zu verdanken. Ähnlich sah es in Bayreuth für St. Maria Magdalena aus, hier war es erneut Friedrich I., der durch seine Stiftungen die Erneuerung der Pfarrkirche an einem Residenzort der Hohenzollern förderte. Eines seiner frühen Projekte noch als Burggraf von Nürnberg war der Bau der Laurentiuskirche in Neustadt/Aisch am Beginn des 15. Jahrhunderts, siehe SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 586–587, insbesondere die Fußnoten 80–84. Von dem landesherrlichen Engagement für die von den Hussiten zerstörte Petrikirche in Kulmbach ist bereits berichtet worden. Auch die Pfarrkirchen in der Mark Brandenburg wurden mit entsprechenden Stiftungen bedacht, so tätigte Friedrich I. noch als Verweser der Kurmark am 12. Mai 1412 eine Stiftung für den Marienaltar in der Cöllner Marienkirche, wobei er das Patronatsrecht König Sigismund und dem zukünftigen Markgrafen, der er drei Jahre später selbst werden sollte, vorbehielt, siehe FIDICIN, Historisch-diplomatische Beiträge, Bd. 3, S. 291. Verschiedene Stiftungen während seiner Regierungszeit als Kurfürst sind seitens Friedrichs II. bezeugt, er bedachte sowohl die Pfarrkirchen seiner ‚Hauptresidenzstadt‘ Berlin-Cölln wie beispielsweise die Nikolaikirche, in der er den Erasmusaltar stiftete, dessen Einkünfte er ab 1469 seinem neu gestifteten Domstift überließ, siehe UBC, Nr. 241, S. 440–443, als auch Pfarrkirchen in anderen Städten seines Territoriums. 2619 Im Jahr 1417 bestätigte Kurfürst Friedrich I. beispielsweise eine ewige Messe in der Kapelle zu Schönberg, die sein Vater gestiftet hatte, siehe STILLFRIED/MÄRCKER, Monumenta Zollerana 8, Nr. 549, S. 409–412. Die Kapelle und den Altar der Marienklause mit dem wundertätigen Bild der Gottesmutter in Tangermünde, die seit Anfang des 15. Jahrhunderts ein weiterer beliebter märkischer Wallfahrtsort geworden war, ließ der Kurfürst im Jahr 1423 ebenfalls durch mehrere Stiftungen erneuern, siehe LEHMANN, Tangermünde, S. 75.

6.1 Grablegen und Stiftungen

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Spitals oder Armenhauses, die Gründung einer Universität oder Schule sucht man hingegen vergebens. Die Wertschätzung und Sorge um das Seelenheil der Familie, die gleichzeitig auch immer eine Inszenierung des dynastischen Zusammenhalts und der familiären Würde darstellen konnte, werden bei den hohenzollerischen Stiftungen deutlich sichtbar: Bereits die Umwandlung der Pfarrkirche in Langenzenn in ein Augustinerkloster durch Friedrich I. im Jahre 1409 geschah ausdrücklich „zum Troste des Vaters“.2620 Vornehmlich nennen die Stiftungsbriefe das Seelenheil der Vorfahren als Grund für das fromme Wirken,2621 häufig wurden Seelenmessen auch für namentlich genannte einzelne Verwandten zusammen mit Messen für die eigene Person in Auftrag gegeben2622 oder an alte Stiftungen von Familienmitgliedern angeknüpft, was in den Urkunden ausdrücklich thematisiert wurde. Auf diese Weise wurde einerseits der Zusammenhalt der Familie nach innen gestärkt, und der Dynastie wurden weitere Möglichkeiten zur Selbstvergewisserung neben der Familiengrablege zur Verfügung gestellt. Nach außen wurde andererseits ein Bild der Familie als Abfolge von Generationen frommer Wohltäter konstruiert, fürsorgender Landesherren und guter Christen. Die durch die Stiftungen der Öffentlichkeit erwiesenen Wohltaten begründeten die Hoffnungen des Stifters auf eine gnädige Aufnahme im Jenseits und Tilgung der diesseitigen Sündenstrafen. Zugleich verhießen die Stiftungen, die der Allgemeinheit zukamen, wie beispielsweise die Vermehrung des Gottesdienstes an einer Pfarrkirche, irdischen Nachruhm. Denn bereits Thomas von Aquin hatte erkannt, dass „[…] wer himmlischen Ruhm von Herzen begehrt, der findet ihn. Doch zugleich gelangt er 2620 VON FREYBERG, Regesta, S. 38. 2621 Kurfürst Friedrich II. übereignete am 14. Juli 1451 der Pfarre von Barnewitz eine Wiese für sein eigenes Seelenheil und das seiner Vorfahren, siehe SCHÖßLER, Regesten, S. 565. Im Jahr 1454 stiftete er außerdem eine jährliche Vigilie und Seelenmessen für sich, seine Familie, seine Vorfahren und Nachkommen, siehe SCHMIDT/SCHUMANN, Zinna. Zisterzienser, S. 1368. Häufig findet sich bei mittelalterlichen Stiftungen auch der Hinweis, der (Amts-) Vorgänger und Nachfolger zu gedenken, da dies dem politisch-historischen Diskurs der Zeit entsprach. Insbesondere den Vorgängern verdankte man in der zeitgenössischen Vorstellung einen großen Teil der eigenen Macht und Stellung, da man auf ihr Erbe zurückgegriffen hatte, siehe KAMP, Amortisation, S. 269–270. 2622 Markgraf Albrecht stiftete beispielsweise eine Pfründe und eine ewige Messe am Georgsaltar in der Pfarrkirche Ansbach für seine verstorbene erste Frau Margarethe im Jahr 1457, siehe SCHUHMANN, Die Stiftskirche, S. 38. Außerdem wies er den Pfarrer und den Rat von Kitzingen am 12. Februar 1471 an, zum Gedächtnis seines verstorbenen Bruders Friedrich II. Seelenämter und Vigilien abzuhalten, siehe CDB III, 3, Nr. 73, S. 91. Laut einer entsprechenden Fußnote des Kodexbandes existierte ursprünglich eine größere Menge weiterer Urkunden mit entsprechenden Seelgerätstiftungen für unterschiedliche Kirchen und Stifte mit diesem Datum, die von dem Kurfürsten für seinen verstorbenen Bruder in Auftrag gegeben worden waren.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

auch in den Besitz der ‚gloria hominum‘.“2623 Diese Art von Ruhm konnte nach der thomistischen Lehre vor Gott bestehen, da er ein höheres Gut erwirkte und kein ‚eitler Ruhm‘, keine vana gloria war.2624 Unabhängig von mittelalterlichen Ruhmeslehren konnten sich die Wohltaten in der Praxis auf den Ruf der Dynastie auswirken – seitens der Standesgenossen, aber auch der Bewohner ihrer Herrschaftsgebiete, und so herrschaftsstabilisierend wirken. Stifterbilder und weitere Objektstiftungen der Hohenzollern Die Aufnahme in die Gemeinschaft der Heiligen stellte sicherlich den größten Wunsch des rechtgläubigen Menschen des Mittelalters dar,2625 wobei diese Hoffnung sich häufig auch im Bildprogramm von Stifterbildern ausdrückte. Als Erinnerungszeichen standen die Bilder im Dienst der liturgischen memoria, schmückten sie doch zumeist das Grab eines Stifters, standen im Kirchenchor oder befanden sich auf dem Altar und vergegenwärtigten den edlen Wohltäter somit während der Messe. Die ständige Präsenz des Stifters war jedoch nur ein Vorteil dieser Art von Erinnerungszeichen. Sie machten es außerdem möglich, ein ganz bestimmtes Bild der eigenen Person zu präsentieren und verewigten den Stifter auf diese Weise, denn dafür waren die Bilder auch gedacht.2626 Ein Wunschbild konnte beispielsweise die Präsentation als demütiger ‚Amtmann Gottes‘ sein, wie Friedrich I. sich auf dem sogenannten Cadolzburger Altar (Abb. 9) darstellen ließ.2627 Die mittlere Tafel des Altarretabels zeigt die beiden Stifterfiguren Friedrich I. und dessen Ehefrau Elisabeth unterhalb des gekreuzigten Heilands, der von Maria und dem heiligen Johannes flankiert wird (Abb. 8). Obwohl die Szene auf einer mit verschiedenen Blumen und Beeren bewachsenen Wiese angelegt ist, sitzt das Stifterpaar links bzw. rechts unterhalb des Kreuzes in einer Art Kirchengestühl, das jeweils mit einem Wappen bestückt ist, und hat die Hände zum Gebet gefaltet. Je ein Seitenflügel zeigt zudem die heilige Cäcilie und den heiligen Valerian. Die Gesichter andächtig zum Gekreuzigten erhoben, präsentiert sich das hochadelige Ehepaar als fromme und demütige Christen. Die beiden Heiligen auf dem jeweiligen Seitenflügel zu ihrer Rechten eignen sich in besonderem 2623 2624 2625 2626 2627

VON MÜLLER, Gloria, S. 163. Ebd., S. 161. KAMP, Memoria S. 163–164. KAMP, Stiftungen, S. 40. Für die vergrößerten Ausschnitte Friedrichs I. und seiner Ehefrau Elisabeth siehe Abb. 9 und 12.

6.1 Grablegen und Stiftungen

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Maße als Vorbild und Ansprechpartner – starben sie doch nicht nur den Märtyrertod für ihren Glauben, sondern waren zu Lebzeiten als Ehepartner miteinander verbunden.2628 Trotz der im Bild zum Ausdruck kommenden frommen und demütigen Gesinnung kann die Darstellung nicht über die gleichzeitige Inszenierung des sozialen Status des Markgrafenpaares hinwegtäuschen. Denn der dunkelbraun-schwarze Rock des Kurfürsten ist mit Zobelpelz gefüttert, eine der kostbarsten Pelzarten auch in der Zeit des Mittelalters. Und obgleich das Haupt Elisabeths von Bayern mit einem züchtigen Schleier bedeckt ist, tritt der kostbare Stoff ihres grünen und mit einem edlen Pflanzenmuster versehenen Kleides dem Betrachter deutlich vor Augen (Abb. 12). Der zum Kleid passende Umhang ist zudem mit kostbarem Pelz – Hermelin oder Feh – gefüttert. Die auf dem Kirchengestühl angebrachten Wappen können gleichfalls zur Herrschaftsrepräsentation der beiden Stifterpersonen beitragen. Dargestellt ist nicht der schwarzweiß gevierte Zollernschild, sondern das Wappen der Mark Brandenburg, das Friedrich I. seit seiner Rangerhöhung als einen Kurfürsten ausweist (Abb. 9). Seine Gemahlin präsentiert sich dagegen deutlich sichtbar als Herzogin von Bayern. Das Retabel stiftete der Kurfürst in den 1420er Jahren für die Burgkapelle der Cadolzburg. Diese musste zwar gegen Ende des 14. Jahrhunderts Ansbach ihren Rang als Hauptresidenz abtreten,2629 wurde aber insbesondere von Friedrich I. gerne für längere Perioden als Residenz genutzt und beherbergte auch während der Regierungszeit seines Sohnes Albrecht immer wieder hochrangige Standesgenossen des Kurfürsten als Gäste, beispielsweise bei Jagdausflügen oder zu anderen Anlässen.2630 Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass das irdische Nachleben dem kurfürstlichen Stifter ebenfalls ein großes Anliegen war, das Bedürfnis nach Prestige und Inszenierung des neuen sozialen Status trat neben die Sorge um das Seelenheil. Die im späten Mittelalter immer deutlicher zutage tretende Funktion von Stiftungen als Mittel der sozialen Distanzierung, als Ausdruck von adeligem Konkurrenzdenken,2631 ist vor dem Hintergrund eines grundlegenden Wandels zu sehen. Während Stiftungen für lange Zeiten des Mittelalters demonstrativ die Gleichheit vor dem Tod, die Solidarität mit den Armen in Szene setzten und die Abkehr von weltlichen Werten behaupteten, wurden spätestens seit dem 15. Jahrhundert ein luxuriöser Lebensstil

2628 JÖCKLE, Das große Heiligenlexikon, S. 87–89. 2629 SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 570. 2630 Beispielsweise den Würzburger Bischof Rudolf II. von Scherenberg in den 1460er Jahren und am 11. September 1471 Kaiser Friedrich III. 2631 KAMP, Memoria, S. 320.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

und das Streben nach Ansehen über den Tod hinaus bejaht.2632 Der Einsatz der Stiftungen als Instrumente der Repräsentation und Möglichkeiten der Selbstdarstellung führte dazu, dass sich die frommen Wohltäter veranlasst sahen, eine Öffentlichkeit für ihre Stiftungen herzustellen, indem sie – wie beispielsweise Friedrich II. am 13. März 1453 von Papst Nikolaus V.2633 – Ablässe für ihre Stiftungen erwirkten. Im Gegenzug vermehrte die größere Öffentlichkeit wiederum den Hang zur repräsentativen Gestaltung der Stiftungen seitens der Stifter.2634 Diese Wechselwirkungen zeigen sich gleich bei mehreren Stiftungen Friedrichs II. So zum Beispiel bei den im Hauptchor der Wallfahrtskirche in Werben im Jahr 1467 gestifteten qualitätsvollen Glasfenstern mit den drei Vollwappen des Kurfürsten2635 oder bei einer ebenfalls aus den 1460er Jahren stammenden Wappenscheibe im Chor der Stendaler Jakobikirche.2636 Zudem spricht viel dafür, dass eine weitere, wahrscheinlich bereits um 1440 entstandene Glasmalereistiftung im Dom von Stendal, die einen in Rüstung gekleideten Stifter in kniender Haltung bei der Anbetung der Gottesmutter zu Füßen eines unbekannten Heiligen darstellt und mit dem burggräflichen Wappen versehen ist, ebenfalls als eine Stiftung Friedrichs II. angenommen werden muss.2637 2632 2633 2634 2635 2636

Ebd., S. 319. CDB III, 1, Nr. 191, S. 312–313. KAMP, Memoria, S. 320. Auf diese Stiftung wird in Kapitel 6.2 noch ausführlich eingegangen. Karl-Joachim Maercker gibt zwar zu bedenken, dass nicht zweifelsfrei geklärt werden könne, ob das Wappen, das einen roten Adler zeigt, der seinen Kopf zur Seite neigt, das Wappen des brandenburgischen Landesherrn oder der Stadt Stendal sei, siehe MAERCKER, Die mittelalterlichen Glasmalereien in der Stendaler Jakobikirche, S. 59 und Abbildung 72. Dass jedoch ein Oberwappen mit Helm- und Helmzier und vor allem mit einer Krone ein städtisches Wappen sein soll, erscheint eher unwahrscheinlich, sind diese heraldischen Symbole doch eher für die Wappen des Hochadels typisch. Für diesen Hinweis danke ich Frau Dr. Monika Böning. Maercker hat außerdem selbst festgestellt, dass die Darstellung des brandenburgischen Adlers auf den zweifelsfrei als Stiftungen der Hohenzollern zu identifizierenden Fenstern in Werben und in Wilsnack der in der Jakobikirche entspreche, siehe ebd., S. 59. 2637 MAERCKER, Die mittelalterliche Glasmalerei im Stendaler Dom, S. 197–201, Farbtafel XII, Abbildung S. 549–556; auch für diesen Hinweis möchte ich Frau Dr. Monika Böning danken. Karl-Joachim Maercker möchte sich bei der Stifterfigur nicht festlegen und hält Kurfürst Friedrich I. oder einen seiner beiden Söhne Friedrich II. oder Friedrich den Jüngeren für den Dargestellten. Als Entstehungszeitraum hält er 1435 bis 1440 für wahrscheinlich. Falls die Stiftung in dieser frühen Zeit getätigt wurde, scheinen vor allem Friedrich I. oder Friedrich II. in Betracht zu kommen, vor allem als kurfürstliche Landesherren und militärische ‚Eroberer‘ der unruhigen Mark Brandenburg. Eine spätere Stiftung Ende der 1440er Jahre kann politisch auch nicht ausgeschlossen werden, denn der Stendaler Dom spielte für Friedrich II. eine wichtige Rolle im Rahmen seiner Landesherrschaft. Wie bereits gesehen, wurden einige Jahre später durch das päpstliche Privileg vom 5. Februar 1447 zwei Kanonikate des Nikolaistifts seiner Person unterstellt, siehe HENNIG, Kurfürst Friedrich II., S. 85.

6.1 Grablegen und Stiftungen

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Von besonderer Bedeutung hinsichtlich der öffentlichkeitswirksamen Repräsentation einer Person oder Dynastie durch das Medium der frommen Stiftung ist die große Glasfensterstiftung Friedrichs II. in der Wilsnacker Nikolaikirche. Das Fenster in der berühmten Wallfahrtskirche präsentierte den Hohenzoller mit Kurmantel und Kurhut bekleidet kniend vor dem Kreuz Christi und neben der Jungfrau Maria. Wie bereits erwähnt,2638 hatte der Kurfürst in den Jahren 1445 und 1447 bereits zwei Altäre in Wilsnack gestiftet2639 und konnte so auch vom Ablass Papst Eugens IV. für den Besuch der Nikolaikirche aus dem Januar 1447 profitieren, der zu einem weiteren Anstieg der Pilgerströme führte. Die Stiftungsbemühungen Friedrichs II. in St. Nikolai rundete die Stiftung eines Chorscheitelfensters ab, das die Vita des heiligen Erasmus zeigt.2640 Der heilige Bischof und Nothelfer gehörte zu den ‚Lieblingsheiligen‘ Friedrichs II., ihn suchte er kurze Zeit später nicht nur als Patron für eine seiner wichtigsten Stiftungen, die Berliner Schlosskapelle, im Jahr 1450 aus, sondern stiftete ihm zu Ehren einen Altar in der Berliner Nikolaikirche.2641 Markgraf Albrecht führte die Tradition seines Bruders in Wilsnack fort und legte in seinem Testament ebenfalls eine Glasfensterstiftung fest. Auch der Vater, Friedrich I., hatte schon Stiftungen in Wilsnack vorgenommen und in der Wallfahrtskirche zudem eroberte Banner aus siegreichen Schlachten ausgestellt.2642 Somit war die Präsenz der hohenzollerischen Markgrafen an diesem ‚wundertätigen‘ Ort in doppelter Form gegeben: Einerseits evozierten ihre Stiftungen eine Präsenz während der Messliturgie und ließen sie so Anteil an den Gnadenerweisen der Messe haben. Ihre

2638 2639 2640 2641

2642

Auch wenn die Argumentation mit der ‚Portraitähnlichkeit‘ von mittelalterlichen Glasmalereien immer problematisch erscheint, fällt doch die Ähnlichkeit der dargestellten Stifter im Stendaler Dom und in Werben auf. Schließlich weist Maercker auch auf eine These Hermann Alberts hin, der in dem unbekannten Heiligen St. Erasmus und in der Stifterfigur Markgraf Erasmus, einen verstorbenen Sohn Friedrichs II., sehen will. Siehe MAERCKER, Die mittelalterliche Glasmalerei im Stendaler Dom, S. 199, Fußnote 179. Für den Heiligen Erasmus würde auch dessen besondere Wertschätzung durch den Kurfürsten sprechen. In neuester Zeit ist in der Forschung Friedrich I. als Stifter wieder ausgeschlossen worden, siehe MARTIN, Die Hohenzollern, worauf mich ebenfalls Frau Dr. Böning hingewiesen hat. Zu der Bedeutung der Wallfahrtskirche ausführlich das Kapitel 5.2. Die Altarstiftungen in Wilsnack werden auch in dem Teilungsvertrag über die Mark Brandenburg zwischen Kurfürst Friedrich II. und seinem Bruder Friedrich dem Jüngeren vom 16. September 1447 erwähnt, siehe CDB III, 1, Nr. 173, S. 280–292, hier S. 283. CREMER, Die St. Nikolaus- und Heiligblutkirche, S. 125. Cremer formuliert vorsichtiger und spricht von einer möglichen Stiftung des Kurfürsten. Der 1454 geborene Sohn Friedrichs II., der bereits spätestens 1465 verstorben war, ist ebenfalls nach diesem Heiligen benannt worden. Er wurde jedoch nicht in der Berliner Schlosskapelle, sondern in der Burgkapelle von Tangermünde beerdigt, siehe WIESNER, Vom Zisterzienserkloster, S. 168. Mehr dazu in Kapitel 6.3.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Altarstiftungen trugen zu einer Vermehrung der Gottesdienste des viel besuchten Wallfahrtsortes bei und stellten somit fromme Werke dar, die ebenfalls sündentilgend wirkten. Andererseits präsentierten sie sich in einem Gnadenort von europäischem Rang als mächtige Landesherren. Und dies gilt insbesondere für Friedrich II. zu einer Zeit, in der der Kampf um das sogenannte Wilsnacker Wunderblut mit dem Magdeburger Erzbischof und seinen Mitstreitern in die entscheidende Phase eingetreten war und es auch um theologische Glaubwürdigkeit ging.2643 Nicht zuletzt war es sicherlich auch kein unwichtiger Gedanke, sich für die Landesherrschaft an geeigneter Stelle um göttlichen Beistand zu bemühen. Die typische Verbindung von liturgischer memoria und Herrschaftsrepräsentation kommt auch gut bei den Paramentenstiftungen des Mittelalters zur Anschauung, wurden die liturgischen Gewänder von den Geistlichen doch während der Messfeier getragen und verwiesen gleichzeitig durch entsprechende Wappendarstellungen auf die frommen Stifter.2644 Auch für die Hohenzollern lassen sich solche Stiftungen von Paramenten nachweisen, mehrere befinden sich heute im Brandenburger Domschatz. Ein aus einer Kasel, zwei Dalmatiken und einem Pluviale bestehender Ornat hat sich als einziger vollständiger Ornat im Schatz des Brandenburger Doms erhalten.2645 Alle vier Textilien wurden aus vormals profanen Gewändern aus goldenem Stoff hergestellt, wobei es aufgrund von Schnittspuren wahrscheinlich ist, dass auch ein Frauenkleid unter den verwendeten Textilien war. Ursprünglich trug jedes Gewand die Wappen der „[…] markgräflichen Stifter, heraldisch rechts das kurfürstlich brandenburgisch und links das herzoglich-sächsische, die als Ehewappen einander zugewendet waren.“2646 Die Stiftung ist nicht eindeutig zuzuschreiben. Aufgrund des Ehewappens kommen laut Evelin Wetter Markgraf Albrecht und dessen Ehefrau Anna von Sachsen, aber auch der Sohn aus der ersten Ehe Albrechts, Johann, und dessen Gattin Margarethe von Sachsen in Betracht.2647 Aus welchem Grund die Paramente nicht eine späte Stiftung Kurfürst Friedrichs II. und seiner Gemahlin Katharina von Sachsen sein können, lässt Wetter offen. Undenkbar scheint dies indes nicht, stammen doch alle Textilen aus dem Bestand der Marienkirche auf dem Harlunger Berg und befindet sich im Brandenburger Domschatz zudem eine weitere Kasel, die zwar „slecht“, also ungeschmückt ist, jedoch aus ausgesprochen 2643 Mehr dazu in Kapitel 5.2. 2644 Wobei zu beachten ist, dass nicht alle Paramentenstiftungen mit Stifterwappen versehen waren. 2645 JEITNER, Kasel C 12, in: REIHLEN, Liturgische Gewänder, S. 319. 2646 Ebd., S. 320. 2647 WETTER, Kasel C 12, in: REIHLEN, Liturgische Gewänder, S. 328.

6.1 Grablegen und Stiftungen

517

hochwertigem Stoff angefertigt wurde und bei der „[…] der Schnitt der Erstverwendung […] es nahe[legt], auf eine Robe der Gattin des Kurfürsten Friedrich II., Katharinas von Sachsen, rückzuschließen.“2648 Den repräsentativen Objektstiftungen der ersten drei brandenburgischen Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern wären weitere hinzuzufügen, die alle in einem engen Zusammenhang mit dem von Friedrich II. gestifteten höfischen Orden stehen. Die Analyse der Stiftung der Gesellschaft Unserer Lieben Frau und auch weiterer von den Hohenzollern fundierten Bruderschaften und Orden wird jedoch an späterer Stelle2649 vorgenommen. Das Kollegiatstift in der kurfürstlichen Residenz zu Berlin Abschließend sei aber noch auf eine zweite zentrale Stiftung Friedrichs II. hingewiesen, auf die bereits im Rahmen der Ausführung über dessen landesherrliche Maßnahmen in der Mark Brandenburg ausführlich berichtet worden ist:2650 die Gründung des Kollegiatstiftes an der neuen kurfürstlichen Residenz in Berlin-Cölln. In einem ersten Schritt hatte sich der Kurfürst für die kleine Kapelle seiner neuen Residenz, die im Jahr 1459 erheblich erweitert wurde, von Papst Nikolaus 1450 Pfarrrechte zugestehen lassen und sie mit entsprechenden Einkünften versehen. Durch diese Stiftung war die kurfürstliche Familie nicht nur aus der Parochie der Berliner Marienkirche eximiert, sondern die Stadtbewohner konnten in einer weiteren Kirche Berlin-Cöllns die täglichen Gottesdienste und Predigten hören und der Gnade des Abendmahls teilhaftig werden. Fünfzehn Jahre nach der Erhebung zur Pfarrkirche – quasi als zweite Etappe – stiftete der Kurfürst ein gut ausgestattetes Kollegiatstift, das er selbst als ‚sein Domstift‘ bezeichnete und mit acht Kanonikern ausstattete. Schließlich erfolgte am 20. Januar 1469 als dritter Schritt eine letzte Erweiterung der kurfürstlichen Stiftung.2651 Die neue Dotierung Friedrichs II. deckte nun auch die Stellen für einen Propst, zwei Ministranten und fünf Chorschüler ab. Diese sollten zusammen mit den übrigen Chorherren

2648 JEITNER, Kasel C 11, in: REIHLEN, Liturgische Gewänder, S. 317. Siehe dazu auch JEITNER, Überlegungen, S. 108. Die Kasel sei ebenfalls mit höchster technischer Raffinesse angefertigt und in Bezug auf das Material dem kostbaren Stoff der sogenannten Schwanenordenkasel durchaus vergleichbar, so Jeitner, siehe JEITNER/MAY/OTAVSKÝ, Luxusstoffe, S. 61. 2649 In Kapitel 6.2. 2650 Siehe dazu Kapitel 5.2. 2651 UBC, Nr. 241, S. 440–443.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

„[…] alle sontage durch das iar zuhant vor der vesper eine gantze vilge mit newen leren, laudes vnnd gebFrlichen collecten vnde des montages darnach zwischen der fromesse vnde hoemessen eine sylemesse singen […] vnde süllen geschen vor vns vnde vnser herschafft […].“2652

Eine von den weiteren Bestimmungen des Stiftungsbriefes, die die geistlichen Verpflichtungen der Chorschüler, Kanoniker des Stiftes und des Pfarrers regelte, legte fest, dass der Letztgenannte zudem „allewege vnter der sylemesse, zwüschen dem evangelio vnde opfersange, offinberlich vnser namhafftigen alse sollichs collegiums vnde stiffts stifter, dornechst och vnser elderen geschlechte, erben vnde herschaft, alse landesfursten getrewlichen denken, vnde dauor fleißiglichen bitten“ solle.2653 Die Gewährleistung der Gebetsverpflichtungen für die Person und Familie des Kurfürsten, die auch durch eine strikte Residenzpflicht abgesichert werden sollte, müssen als Hauptzweck der kurfürstlichen Stiftung genannt werden. Die Bindung der Bewohner der Doppelstadt an die Pfarrkirche des Stadt- und Landesherrn, das ‚Gleichziehen‘ mit anderen Fürsten, die ebenfalls über ein Residenzstift verfügten, aber vor allem auch die Herrschaftsrepräsentation in einem viel besuchten Gotteshaus, waren ebenfalls Resultate dieser Stiftung. Um eine entsprechende Öffentlichkeit für seine Stiftung zu erreichen, hatte der Kurfürst eine ganze Reihe von Reliquien in der Erasmuskapelle zusammengetragen,2654 darunter das wahrscheinlich wichtigste Stück seines Heiltums, eine Goldene Rose Papst Nikolaus’ V. Zudem hatte der Pontifex Friedrich II. für den Besuch der Kapelle des heiligen Erasmus einen Ablass gewährt.2655 Im Zusammenhang mit der Stiftung Friedrichs II. ist außerdem von einiger Bedeutung, dass der Kurfürst die Kapelle als seine Grablege bestimmte,2656 auch wenn dies nicht zur Ausführung kam. Friedrich wollte somit für die Hohenzollern eine eigene Grabtradition als brandenburgische Kurfürsten begründen, abseits des Hausklosters Heilsbronn. Die Möglichkeit, in exponierter Lage in der Stiftskirche begraben zu werden und ein aufwendiges, feierlich zelebriertes Totengedenken für sich und seine Familie festlegen zu können, machte eine solche Grablege erstrebenswert. Generell war die Gründung von Kanonikergemeinschaften außerdem bestens geeignet, um eine dauerhafte familiäre Gedenk- und Grablegentradition zu schaffen, da die Besetzungsrechte für die Priesterstellen meistens in der Familie weitervererbt wurden und damit in der Regel auch das Interesse am Schicksal solcher

2652 2653 2654 2655 2656

Ebd., S. 442. Ebd. Ebd., S. 441. ABB, Das Domstift, S. 218. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 98.

6.2 Mitgliedschaften in Orden und Bruderschaften

519

Kirchen relativ hoch war.2657 Dass es im Fall Friedrichs II. nicht zur Gründung einer neuen Grablegentradition kam, scheint an der geringen Wertschätzung Markgraf Albrechts für die Mark Brandenburg gelegen haben, vor allem aber an dem übermächtigen ‚Erbe‘ Heilsbronn.

6.2 Mitgliedschaften in religiösen Bruderschaften, Adelsgesellschaften und Hoforden 6.2 Mitgliedschaften in Orden und Bruderschaften „Faced with the multitude of terms and titles which were used by contemporaries to describe voluntary associations: gilda, fraternitas, confraternitas, caritas, congregatio, and their vernacular variants, historians have been drawn to description and classification of the bodies covered by myriad of terms, rather than to analysis of the underlying social relations which produced them.”2658

Mit dem Phänomen der vielfältigen zeitgenössischen Bezeichnungen für mittelalterliche Bruderschaften, das von Miri Rubin als ein Grund für die unzureichende Analyse dieser Zusammenschlüsse seitens der historischen Bruderschaftsforschung2659 identifiziert worden ist, ist gleichzeitig die Tatsache angesprochen, dass ihre Erscheinungsformen sehr vielfältig waren. Denn mit dem Begriff der ‚Bruderschaft‘ können die unterschiedlichsten historischen Phänomene bezeichnet werden: von den bereits im Frühmittelalter existenten Gebetsverbrüderungen über die städtischen Handwerks-, Gesellen- und Priesterbruderschaften bis zu den Marien- und Fronleichnams- oder Rosenkranzbruderschaften bzw. Elendsgilden des späten Mittelalters. So vielfältig Namen und Zwecke der bruderschaftlichen Zusammenschlüsse des Mittelalters waren, so unterschiedlich waren sie in der Zusammensetzung ihrer Mitglieder. Während zum einen sozial offene Bruderschaften solchen mit extrem exklusiver Zugangsberechtigung gegenüberstanden, deren Mitglieder sich aus den städtischen Eliten rekrutierten oder ausschließlich für bestimmte adelige Gruppen gegründet worden waren, bestimmten zum anderen der gemeinsame Pfarrbezirk, die Ausübung eines speziellen Handwerks oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Zunft über die Aufnahme in eine entsprechende genossen2657 KAMP, Stiftungen, S. 33. 2658 RUBIN, Fraternities, S. 185. 2659 Stellvertretend für die neuere Forschung zum mittelalterlichen Bruderschaftswesen seien hier nur genannt: ESCHER-APSNER, Mittelalterliche Bruderschaften; FOUQUET, Trinkstuben; und JOHANEK, Einungen.

520

6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

schaftliche Vereinigung.2660 Trotz der mannigfaltigen Unterschiede und Differenzen war allen genannten Formen von mittelalterlichen Bruderschaften die Freiwilligkeit des Zusammenschlusses, der auf Grundlage geteilter Interessen erfolgte, gemeinsam. Als weitere grundlegende Charakteristika können zudem die Übernahme von Verpflichtungen innerhalb der Bruderschaft durch alle Mitglieder, gemeinsame, durch Rituale strukturierte Versammlungen und memoriale Funktionen für alle in der Bruderschaft zusammengeschlossenen Personen genannt werden.2661 Die Hohenzollern in ständeübergreifenden Bruderschaften Vor allem in letzter Hinsicht waren die bruderschaftlichen Vergesellschaftungsformen für die Mitglieder der hohenzollerischen Dynastie ebenfalls von einigem Interesse, auch wenn sich ihr Beitrittsgrund nicht ausschließlich darin erschöpfte: Sowohl Markgraf Friedrich I. und seine Ehefrau Elisabeth als auch Markgraf Albrecht sowie seine beiden Gemahlinnen, Margarethe und Anna, waren Mitglieder der Stephansbruderschaft in Ansbach.2662 Die Mitgliedschaft wurde auch in der folgenden Generation der Markgrafen weitertradiert, lassen sich doch ebenfalls Albrechts jüngster Sohn, Markgraf Sigmund, und Markgräfin Sophie unter den Mitgliedern der Bruderschaft finden. Auf den ersten Blick erscheint die Ansbacher Stephansbruderschaft wenig attraktiv für die hochadeligen Markgrafen und Markgräfinnen gewesen zu sein, denn diese war eine ständisch ungebundene Vereinigung, der nur sehr wenige fränkische Adelige beigetreten waren. Aus diesem Grund ist zu fragen, welche Motive bestimmend für den Beitritt einer größeren Anzahl von Familienmitgliedern gewesen ist, zumal der heilige Stephan auch nicht zu denjenigen Heiligen gehörte, die von der Dynastie in besonderer Weise verehrt wurden.2663 Auffällig ist jedenfalls, dass sich die Mitglieder der Bruderschaft vor allem aus den Hofdienern der Markgrafenfamilie und den Bürgern der Stadt Ansbach rekrutierten. Der Wunsch, in einer ihrer Hauptresidenzen ein enges Band zwischen sich und der Stadtbevölkerung herzustellen und auch im Umfeld ihres Hofes eine entsprechende ideelle Verbindung zu knüpfen, scheint durchaus nahelie2660 2661 2662 2663

JOHANEK, Vorwort, S. 196. RUBIN, Fraternities, S. 186. STILLFRIED/HAENLE, Buch vom Schwanenorden, S. 177. Hier ist in erster Linie Maria zu nennen, die einen besonderen Stellenwert für alle Angehörigen der Dynastie besaß, eine überdurchschnittliche Beliebtheit ist außerdem, ohne eine systematische Auswertung vorgenommen zu haben, für den heiligen Georg, den Erzengel Michael und Erasmus von Antiochia feststellbar.

6.2 Mitgliedschaften in Orden und Bruderschaften

521

gend zu sein. Gleichzeitig erwiesen sie sich durch den Beitritt in die Stephansbruderschaft vor den Bewohnern ihrer Residenzstadt und den Mitgliedern ihrer Hofdienerschaft als fromme Christen, waren doch entsprechende Gebetsverpflichtungen durch die Mitgliedschaft vorgegeben. Schließlich beteten zudem die anderen Mitglieder der Bruderschaft für ihr Seelenheil, was selbstverständlich die Mitgliedschaft für die Markgrafen besonders wertvoll machte, war dies doch der vordringlichste Grund, sich einer Bruderschaft anzuschließen. Der Aspekt der Gemeinschaftsstiftung zwischen Landes- bzw. Stadtherr, Hofpersonal und Untertanen bot sich auch für die Situation in der Mark Brandenburg an. Dies zeigt insbesondere das Beispiel der Bruderschaft Unserer Lieben Frauen von der Kapelle bei St. Nikolai Pforten, die nach dem Vorbild des Hofordens Friedrichs II. gestaltet worden war. Diese Mariengesellschaft,2664 deren integrativer und harmonisierender Charakter für die Stabilisierung der kurfürstlichen Herrschaft bereits an früherer Stelle ausführlich behandelt worden ist,2665 war am 25. August 1452, wenige Jahre nach dem sogenannten Berliner Unwillen, gestiftet worden. Die Stiftung sah vor, dass zwei Priester und drei Chorschüler jeden Tag in der Liebfrauenkapelle der Nikolaikirche Marienmessen singen sollten – in die Gebete war selbstverständlich die kurfürstliche Herrschaft eingeschlossen. Zu den Versammlungen der Bruderschaft und zu bestimmten Feiertagen mussten sich außerdem alle Mitglieder in Berlin einfinden, um gemeinsam zu beten. Auch hier konnte der Kurfürst also auf einen großzügigen Beitrag für die Tilgung seiner diesseitigen Sündenstrafen hoffen. Obgleich die Gesellschaft ständisch offen war, sind vor allem die Mitglieder der städtischen Führungsschichten Berlins und Cöllns als Zielgruppe der Stiftung anzunehmen. Neben den memorialen Aspekten, die für Friedrich II. sicherlich von großer Bedeutung gewesen sein werden, ist ein herrschaftsstabilisierendes Moment bezüglich der Mariengesellschaft auszumachen: Die Tatsache, dass Mitglieder verschiedener angesehener Berliner und Cöllner Familien – unter ihnen wahrscheinlich auch am ‚Berliner Unwillen‘ Beteiligte – regelmäßig für das Seelenheil und die Herrschaft des Brandenburger Kurfürsten beten, wird die Bereitschaft, aktiv und gewaltsam gegen den Stadtherrn vorzugehen, durchaus gehemmt haben. Eine ähnlich ständisch offene Bruderschaft wie die Mariengesellschaft stellte die Wolfgangsbruderschaft in Berlin dar, die 1476 von zwei Bürgern

2664 Die Bestätigungsurkunde für die Stiftung siehe UBC, Nr. 189, S. 424–426. 2665 Siehe hierzu Kapitel 3.2.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

der Stadt gestiftet worden war.2666 Mitglieder waren „etlich fursten vnd herren mit Iren gemahelen, vnnd darnach das gemeine Volk, reich vnd arm, vill namhafftige lewte“,2667 unter ihnen der Brandenburger Bischof. Markgraf Johann, der älteste Sohn Albrechts Achilles, bemühte sich sehr um die Wolfgangsbruderschaft, die neben Wolfgang auch den heiligen Leonhard zu ihrem Patron erkoren hatte.2668 Am Tauftag seines Sohnes Wolfgang, am 26. Mai 1482, bestätigte der Markgraf die Bruderschaft mit ihren Statuten und tat kund, dass er zusammen mit seiner Gemahlin Margarethe in der Nikolaikirche am Altar hinter dem Chor zwei Kommenden gestiftet habe.2669 Der Markgraf legte ausführliche Gebetsverpflichtungen sowohl für die Inhaber der Kommenden als auch für die Bruderschaftsmitglieder fest. Bemerkenswerterweise lässt sich für die Wolfgangsbruderschaft tatsächlich eine breite ständische Streuung feststellen, da sich in ihr neben den hochadeligen Mitgliedern und den Angehörigen der städtischen Führungsschichten auch Personen wie der Holzschuhmacher Simon, der Sattler Hans Schoneich oder der Kannengießer Palme finden lassen.2670 „Die Integrationskraft dieser Vereinigung dürfte daher auch angesichts einer Vielzahl alltäglicher Probleme und Konflikte nicht zu unterschätzen sein.“2671 Dass hier ein positives Bild der Markgrafenfamilie gefestigt wurde, zumindest unter den anderen Mitgliedern der Bruderschaft, ist sicherlich auch anzunehmen. Die Mitgliedschaft in Adelsgesellschaften Neben dem im gesamten Mittelalter vorzufindenden und alle Teile der Bevölkerung erfassenden Phänomen der Bruderschaften entstanden im 14. und 15. Jahrhundert in großem Umfang neuartige Formen adeliger Zusammenschlüsse, die als dauerhafte Verbindungen mit festen Regularien gegründet wurden. Erste Hinweise auf solche Gesellschaften mit eindeutig laienbruderschaftlichen und gildenmäßigen Strukturen, die in den Quellen 2666 FIDICIN, Historisch-diplomatische Beiträge 3, S. 156–157. 2667 FIDICIN, Historisch-diplomatische Beiträge 2, Nr. 177, S. 287–288, hier S. 287. 2668 Dieser wird zu den Vierzehn Nothelfern gezählt, siehe WIMMER, Handbuch der Namen, S. 56. 2669 FIDICIN, Historisch-diplomatische Beiträge 2, Nr. 175, S. 280–284. Bereits 1482 waren Markgraf Johann und seine Frau der Bruderschaft beigetreten, unterstützten sie in vielerlei Hinsicht, und der Markgraf wird in verschiedenen Bruderschaftsurkunden „[…] guter getreuer Mitbruder und gestrenger Nachfolger St. Wolfgangs genannt.“ Siehe FIDICIN, Historisch-diplomatische Beiträge 3, S. 156, Fußnote 7. 2670 FIDICIN, Historisch-diplomatische Beiträge 2, Nr. 179, S. 290–292, hier S. 292. 2671 AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 313.

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fassbar werden, finden sich zunächst in Frankreich.2672 Ab 1331 traten die Adelsverbindungen dann vor allem im deutschen Sprachraum einen wahren Siegeszug an, sind doch hier bis zum Jahr 1500 mindestens 70 solcher Zusammenschlüsse zu finden,2673 sodass man im Vergleich zu Westeuropa geradezu von einem besonderen Merkmal dieser Region im späten Mittelalter sprechen kann.2674 Als wichtigstes Charakteristikum der neuen Vergemeinschaftungsformen, die im Spätmittelalter neben die traditionellen Klientel- und Gefolgschaftsverhältnisse des Adels traten, muss das Vorhandensein von mehr oder weniger ausführlichen Statuten genannt werden, die die rechtlichen Beziehungen der Mitglieder untereinander und die Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft regelten. Zudem legten sie häufig auch detailreich fest, wie die religiösen Belange der Mitglieder zu gestalten waren oder welche Vorschriften für den sozialen Bereich Geltung haben sollten.2675 Abgesehen von den grundlegenden Gemeinsamkeiten dieser spätmittelalterlichen Adelszusammenschlüsse waren die konkreten Ausformungen der Gesellschaften ausgesprochen vielfältig, die Übergänge zwischen Adelsgesellschaft, Devise, Ritterorden, Bündnis, Einung oder Schützenbruderschaft zudem sogar häufig so fließend,2676 dass sich sowohl bei den Zeitgenossen als auch in der historischen Forschung eine Fülle verschiedener Begriffe finden lassen, die zudem nicht immer konsequent dieselben Phänomene bezeichnen. Unter den verschiedenen Vorschlägen, die die Forschungsliteratur gemacht hat, um die verschiedenen Formen der Vergesellschaftung zu kategorisieren,2677 erscheint eine Einteilung aufgrund des Kriteriums der Gruppenstruktur am sinnvollsten, da hier – neben den vielfältigen Gemeinsamkeiten – gerade die unterschiedlichen Gründungszwecke deutlich werden. In seiner Habilitationsschrift nimmt Andreas Ranft eine Unterscheidung gemäß diesem Kriterium vor und stellt die hierarchisch strukturierten Zusammenschlüsse denjenigen Vergemeinschaftungen des Adels gegenüber, die eine egalitäre Struktur aufweisen.2678 Erstere bezeichnet er als Ritter- oder Hoforden.2679 Sie zeichneten sich 2672 2673 2674 2675 2676 2677

KEEN, Chivalry, S. 189–190. RANFT, Adelsgesellschaften, hier S. 95–96. Ebd., S. 18. Ebd., S. 22. PARAVICINI, Einleitung, in: KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, S. 14 und S. 21–23. Zum Beispiel BOULTON, The Knights, der eine Unterscheidung von „true orders“ in sieben verschiedene Kategorien vornimmt. 2678 RANFT, Adelsgesellschaften, S. 22. 2679 Ranft problematisiert einige Seiten zuvor zwar die Verwendung des Begriffs ‚Orden‘ für die adeligen Zusammenschlüsse, da die Quellen diesen Begriff ausschließlich auf geistliche Orden anwendeten und nur in zwei Fällen auf Adelszusammenschlüsse, benutzt ihn dann aber durchgehend zur Kennzeichnung der hierarchisch strukturierten Adelsverbindungen, die von einem Souverän gegründet worden sind. Siehe ebd., S. 15, Fußnote 27. Vgl. auch die

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dadurch aus, so Ranft, dass sie von einem Souverän gegründet worden seien, der die Mitglieder persönlich kooptiert und diese durch eine Eidesleistung auf sich verpflichtet habe. Die egalitär strukturierten Gesellschaften, die Ranft in Abgrenzung Adelsgesellschaften nennt,2680 seien dagegen Zusammenschlüsse Adeliger gewesen, deren Beziehung ebenfalls durch eine Eidesleistung gestiftet worden sei, die jedoch eine völlig andere rechtliche Qualität gehabt hätten. In diesem Fall habe es sich nicht um einen „Vasalleneid“2681 gehandelt, sondern um den „promissorischen Genossenschaftseid der Gilden“,2682 der die Schwörenden gleichberechtigt miteinander verbunden habe. Entsprechend unterschiedlich seien demnach die Motive für die Gründung gewesen. Während im Falle der Hof- und Ritterorden die Herrschaftssicherung des Souveräns durch die enge Bindung des Adels an seine Person bzw. seinen Hof im Mittelpunkt gestanden habe, waren es Gründe wie die Durchsetzung von Landfrieden, gegenseitige Leistung militärischer Hilfe oder das Bedürfnis der sozialen Statuswahrung in einer Zeit zunehmender ständischer Konkurrenz, die den zumeist niederen Adel dazu bewegt habe, sich als Gleichberechtigte durch gegenseitige Eidesversprechen zusammenzuschließen.2683 Alle drei brandenburgischen Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern traten den neuartigen adeligen Zusammenschlüssen bei und wussten das Potenzial der Adelsgesellschaften und höfischen Orden zur Herrschaftskonsolidation und Inszenierung ihres fürstlichen Ranges zu nutzen. Im Falle Markgraf Friedrichs I. zeigte sich immer wieder, dass er besonderen Wert auf ein gutes Verhältnis zum Ritteradel legte. Am Ende seines Lebens legte er diese ‚Regierungsmaxime‘ auch seinen Söhnen ans Herz. Noch auf dem Sterbebett gab er ihnen den Rat, die Ritterschaft fest an sich zu binden und dafür Hof und Keller der markgräflichen Schlösser zu öffnen.2684 Es ist somit kaum verwunderlich, dass Friedrich I. auch im Zusammenhang mit den neuartigen Zusammenschlüssen des Niederadels in Erscheinung trat. Zusammen mit dem Bischof von Bamberg hatte er am 15. Januar 1427 eine St. Georgsgesellschaft in Franken gegründet, deren

2680 2681 2682

2683 2684

Ausführungen bei PARAVICINI, Einleitung, in: KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, S. 21. Die terminologische Unterscheidung in Hoforden und Adelsgesellschaften soll auch in dieser Arbeit übernommen werden. RANFT, Ritterorden und Rittergesellschaften, S. 97. Ebd., S. 107. Das mit dieser Form des Eides verbundene Recht habe sich entsprechend nicht von einer Herrschaft abgeleitet, sondern sei gewillkürtes Recht gewesen, die Gesellen somit Genossen, die wechselseitig füreinander eingestanden seien, wie Ranft an derselben Stelle weiter ausführt. RANFT, Reichsreform, S. 144–151. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 69–70.

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Fahne sein Sohn Albrecht 1430 während der Hussitenkriege vorantrug.2685 Bereits sieben Jahre früher war Friedrichs ältester Sohn Johann der Gesellschaft mit dem Rüdenbande beigetreten, deren ‚König‘ Herzog Ludwig von Brieg, der Schwager Johanns, war.2686 Später wurde der Markgraf ein Hauptmann der Gesellschaft und durfte in Franken, Schwaben und Bayern neue Mitglieder aufnehmen.2687 Wie an früherer Stelle ausgeführt,2688 hatten sich Markgraf Johann und sein Bruder Kurfürst Friedrich I. zusammen mit anderen fränkischen Adeligen in der sogenannten Bärengesellschaft verbunden, die insgesamt etwa 400 Personen umfasste2689 und sich gegen Widersacher der Hohenzollern richtete, die in der Widdergesellschaft organisiert waren. Zusammen mit seinen Söhnen Friedrich II. und Albrecht Achilles schloss Friedrich I. in den Jahren 1437 und 1439 Landfriedensverträge mit der sogenannten Gesellschaft mit dem St. Jörgenschild ab,2690 trat der Gesellschaft jedoch nicht bei. Diese Gesellschaft muss als ein politisch-militärisches Bündnis aufgefasst werden, das 1406 zunächst als Reaktion auf den Aufstand der Appenzeller Bauern gegen den Abt von St. Gallen und den Adel der Gegend entstanden war und die Form eines Bündnisses auf Zeit besaß.2691 Nach innen ging es um die Friedens- und Rechtswahrung unter den verbundenen Rittern und Adeligen.2692 Eine weitere Adelsgesellschaft, bei der der Bündnischarakter im Mittelpunkt stand, war die sogenannte Drachengesellschaft,2693 die König Sigismund von Ungarn 1408 gegründet hatte und in die er seinen Vertrauten den damaligen Burggrafen Friedrich VI. aufnahm, ein Jahr nachdem dieser in seinen Dienst getreten war. Obgleich die Gesellschaft von einem Souverän gegründet worden und stark auf diesen ausgerichtet war, kann man nicht von einem Hoforden im engeren Sinne sprechen, da die Statuten weder regelmäßige Kapitelsitzungen oder einen festen Sitz vorsahen noch bestimmte Amtsträger.2694 Die Gründung erfolgte laut Stiftungsbrief vor 2685 KANTER, Markgraf Albrecht, S. 111, Fußnote 4, leider ohne Quellenangabe. Aber auch Ernst Schubert spricht von dieser Stiftung Markgraf Friedrichs, siehe SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 135. 2686 KRUSE, Art. ‚Sichel‘, S. 144. 2687 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 128. 2688 Siehe Kapitel 3.2. 2689 PC 3, Nr. 733, S. 47. 2690 MINUTOLI, Friedrich I., Nr. 48, S. 127–129, und Nr. 49, S. 130–132. 2691 Die Bünde wurden immer nur für einen bestimmten Zeitraum zwischen einem und zehn Jahren abgeschlossen, siehe OBENAUS, Recht, S. 13–14. Zur Gesellschaft mit dem St. Jörgenschild siehe auch: RANFT/ZIELKE-DÜNNEBEIL, Art. ‚St. Jörgenschild‘. 2692 OBENAUS, Recht, S. 16–17. 2693 Siehe allgemein zur Drachengesellschaft: KRUSE/KAMENZ, Art. ‚Drache‘, und LÖVEI, Hoforden. 2694 KRUSE/KAMENZ, Art. ‚Drache‘, S. 231.

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allem zur Verteidigung der Christenheit gegen Feinde wie Heiden, Schismatiker und alle Völker des orthodoxen Glaubens. In diesem Sinne erwarben sich die Mitglieder große Verdienste um das Christentum, eine positive Wirkung auf ihr jenseitiges Leben stand somit in Aussicht. Dass die Verleihung der Mitgliedschaft auch viel zum Ansehen der Auserwählten beitragen sollte, dafür wollte König Sigismund Sorge tragen, der in seinem Stiftungsbrief formulierte, dass er ihnen ‚honor et reverentia‘2695 erweisen wolle. Die Gesellschaft des ungarischen Königs wurde von seinen Amtsnachfolgern in Ungarn Albrecht II. und Matthias Corvinus weitergeführt, aber auch von Friedrich III.,2696 der diesen zwar nicht auf den ungarischen Thron, aber auf den römisch-deutschen folgte. Während Markgraf Albrecht noch von König Sigismund in die Drachengesellschaft aufgenommen worden war2697 und auch sein Vater weiterhin als Mitglied geführt wurde, begegnet Albrecht unter König Albrecht II. als Beisitzer des Ehrengerichts der Gesellschaft.2698 Rudolf von Stillfried und Siegfried Haenle haben außerdem die Vermutung aufgestellt, dass Markgraf Johann und seine Brüder, die Markgrafen Albrecht und Friedrich II., Mitglieder des Hofordens des dänischen Königs Christoph gewesen wären, da dieser der Schwiegersohn Johanns gewesen sei und in den Hoforden Markgraf Friedrichs II. aufgenommen worden wäre.2699 Als gesichert durch den entsprechenden Pilgerbericht Peter Rots muss hingegen gelten, dass Kurfürst Friedrich II. auf seiner Reise ins Heilige Land durch den zypriotischen König Johann II. in dessen höfischen Orden aufgenommen worden ist.2700 Generell ist zu sagen, dass die Aufnahmen von Adeligen in die höfischen Orden der europäischen Souveräne die gesellschaftliche Anerkennung ihres standesgemäßen Verhaltens bedeutete, zur Adaptation des jeweiligen ‚hohen Stils‘ eines gastgebenden Fürsten und seines Hofes führte

2695 Zitiert nach ebd., S. 233. 2696 Ebd., S. 231–232. 2697 Im Jahr 1485 berichtete der Kurfürst in einem Schreiben an seinen Kanzler Johann Volker davon, siehe MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, Nr. 119, S. 135–137, hier S. 136. 2698 KRUSE/KAMENZ, Art. ‚Drache‘, S. 243. 2699 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 139–140. Die Autoren halten es auch für möglich, dass an Christophs Stelle König Christian I. von Dänemark Mitglied der Gesellschaft Unserer Lieben Frau gewesen sei. Ein Hinweis auf die enge Verbindung der Hohenzollern zu dem dänischen Orden, der den nordischen Drachen als sein Wappentier gewählt hatte, seien die Ausmalungen im Kloster Himmelkron, denn hier wäre das Abzeichen unter einigen anderen ausgesuchten verewigt worden, siehe ebd., S. 139. 2700 Da der Kurfürst aus Zeitgründen nicht nach Nikosia zu Johann II. von Zypern reisen konnte, ließ der König dem Hohenzoller seine Ordensinsignie nach Venedig schicken, siehe BERNOULLI, Hans und Peter Rot’s Pilgerreisen, S. 407.

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und in letzter Konsequenz damit auch zu einer immer stärkeren Vernetzung der Höfe und ihrer jeweiligen Stile.2701 Die Gesellschaft Unserer Lieben Frau als höfischer Orden der Hohenzollern Von größter Bedeutung für die Hohenzollern war sicherlich ein anderer höfischer Orden,2702 dessen Gründung in geradezu idealer Weise Gedächtnis und Ruhm zu erzeugen vermochte und – besonders in der historischen Forschung – großen Einfluss auf das Bild Friedrichs II. hatte, aber zeitweilig auch für die gesamte Dynastie ein wichtiges Repräsentationsmittel darstellte: Als „Marggraue tu Branndemburg. Des heilgen Romischen Rykes Erczkamrer“ gründete Friedrich II. neun Tage nach dem Tod des Vaters, am 29. September 1440, eine „Selschapp vnnser liuen frowen“2703 mit Sitz auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg. Gemäß dem Kriterium Ranfts kann die Gründung eindeutig den spätmittelalterlichen Hoforden zugeordnet werden, wobei zu bedenken ist, dass die zeitgenössischen Quellen in fast allen Fällen unterschiedslos von ‚Gesellschaften‘ sprechen, unabhängig von der strukturellen und organisatorischen Gestalt, welche die konkreten Adelszusammenschlüsse jeweils aufwiesen. Auf den ersten Blick reihte sich die Stiftung des Markgrafen in die Masse der höfischen Orden der Zeit ein, 2701 RANFT, Ritterorden und Rittergesellschaften, S. 105. Die unterschiedlichen Formen der Interaktion und des Austausches zwischen den europäischen Fürstenhöfen sind gerade in letzter Zeit von der historischen Forschung vermehrt in den Blick genommen worden, stellvertretend hierfür sei folgender Sammelband genannt: ORLOWSKA/PARAVICINI/WETTLAUFER, Vorbild. 2702 Bereits im Kapitel 3.2 wurde die Gesellschaft Unserer Lieben Frau näher betrachtet, hier stand jedoch ausschließlich ihre Funktion als kulturelles Vernetzungsinstrument der Hohenzollern im Mittelpunkt des Interesses. Allgemein zu dieser Gesellschaft siehe STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden; DÄSCHLEIN, Der Schwanenorden; MEYER, Schwanenordens-Ritterkapelle; STILLFRIED, Der Schwanenorden. Als neuere Literatur seien genannt: AHLBORN/KAMENZ/KRUSE, Art. ‚Unsere liebe Frau/Schwan‘, S. 324– 346, und LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 215–221, aber vor allem auch FRANKL, Würzburger Vasallen. Frankl behandelt den Hoforden auch in seiner noch nicht veröffentlichten Dissertation ‚Albrecht Achilles und das Hochstift Würzburg‘. Was die Quellenlage betrifft, so haben sich im Staatsarchiv Nürnberg handschriftliche Mitgliederverzeichnisse sowie Rechnungsbücher und ein gedrucktes Statutenbüchlein aus dem Jahr 1515 erhalten. Das Statutenbüchlein: StANü, Fürstentum Ansbach, Stift St. Gumbertus, Urkunde Nr. 555. Zudem finden sich vereinzelte Archivalien im Stadtarchiv Nürnberg und im Historischen Archiv des Germanischen Nationalmuseums. Die wichtigsten Quellen zu diesem Hoforden der Hohenzollern sind bei STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, ediert, zudem finden sich einige Quellen als Auszüge oder Einzelpublikationen. Diese entstanden vor allem im Zuge des Neugründungsversuchs des Ordens im Jahr 1843, siehe zum Beispiel STILLFRIED, Der Schwanenorden. 2703 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 36.

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kann man doch sagen, dass im 15. Jahrhundert an „jedem fürstlichen Hof Europas, der etwas auf sich hielt und politische Ambitionen besaß, die Etablierung solcher Orden festzustellen“2704 ist. Dennoch sind verschiedene Aspekte dieser Gründung bemerkenswert: Zunächst einmal kann die Gesellschaft Unserer Lieben Frau im Reichsgebiet als einer von wenigen Hoforden im strengen Sinne genannt werden, also von Zusammenschlüssen, die sich in ihrer nachdrücklichen Ausrichtung auf den Souverän besonders eng an Orden wie den Hosenbandorden des englischen Königs oder den Orden vom Goldenen Vlies anlehnten.2705 Besonders die extrem aufwendigen Repräsentationsstrategien des burgundischen Ordens dienten als Vorbild für viele der nachfolgenden Gründungen.2706 Wie ein Blick auf die sechzehn weiteren in dieser Zeit im deutschsprachigen Reich2707 infrage kommenden Orden zeigt, sind allein acht zeitlich spätere Gründungen als die Stiftung des brandenburgischen Kurfürsten.2708 Bei den verbleibenden acht Stiftungen lässt sich keine finden, die sowohl mehrere der von Ranft, Paravicini und Kruse genannten Kriterien für einen Hoforden – wie zum Beispiel die hierarchische Ausrichtung auf einen Souverän, die Festlegung eines festen Zentrums der Stiftung etc. – aufwies als auch eine ähnliche Wirkung wie die Gesellschaft Unserer Lieben Frau entfalten konnte, zumindest wenn man die Anzahl und die ständische Qualität der Mitglieder betrachtet.2709 Durchaus bemerkenswert ist auch, dass in vier weiteren höfischen Orden Vertreter der Hohenzollern-Dynastie als Mitglieder zu finden sind.2710 2704 RANFT, Ritterorden und Rittergesellschaften, S. 99. 2705 PARAVICINI, Einleitung, in: KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, S. 23, Fußnote 68. 2706 VAN BUREN-HAGOPIAN, The Model, und SMEDT, Der Orden. Zur Wahrnehmung durch die Zeitgenossen vgl. auch MELVILLE, Rituelle Ostentation. 2707 Einschließlich Schlesiens, des Elsass’, der heutigen Schweiz, Österreichs und des Ordenslands Preußen. 2708 Werner Paravicini nennt in der Einleitung zu KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, einschließlich der Gesellschaft Unserer Lieben Frau neun infrage kommende Hoforden, siehe KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, S. 23, Fußnote 68, wobei er die Drachengesellschaft mit einer falschen Nummer angibt. Die Sittichgesellschaft, die Paravicini an dieser Stelle ebenfalls erwähnt, darf gerade nicht zu den höfischen Orden gezählt werden, da sich in ihr ausschließlich Fürsten zusammengeschlossen hatten und sie somit andere Funktionen erfüllte; siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3. Andreas Ranft zählt außerdem acht weitere Orden dieses Typs auf: RANFT, Adelsgesellschaften, S. 29, Fußnote 109. 2709 Freilich muss man beachten, dass sich für viele höfische Orden und Gesellschaften entsprechende Mitgliederlisten oder andere Nachrichten schlicht nicht überliefert haben. 2710 So in der Gesellschaft der Templaise, in der sich wenige außerhalb der Habsburger Herrschaft angesiedelte Mitglieder befinden, aber „Johannes comes de Nürenberch“, „Albertus comes de Nürenberch“ und „Fridericus comes de Nürneberch“ werden als Mitglieder der Gesellschaft geführt. Weitere Mitglieder der Hohenzollerndynastie finden sich zudem in der Drachengesellschaft des ungarischen Königs (KRUSE/KAMENZ, Art. ‚Drache‘, S. 243) oder in der Gesellschaft mit dem Rüdenband (SEYLER, Geschichte der Heraldik, S. 326). Beim Hubertusor-

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Als Stifter und Souveräne der anderen 16 höfischen Orden sind gleich mehrfach Herzöge aus dem Hause Habsburg in Erscheinung getreten.2711 Je ein Hoforden wurde zudem vom ungarischen König Sigismund,2712 von Herzog Wenzel II. von Liegnitz als Bischof von Breslau,2713 Herzog Adolf I. von Kleve,2714 Kurfürst Ludwig IV. von der Pfalz,2715 Herzog Gerhard VII. von Jülich und Berg,2716 Adolf von Egmond, dem Herzog von Geldern,2717 Kaiser Friedrich III.,2718 Bertolt von Henneberg, Erzbischof von Mainz2719 und dem Freiherrn zu Hollenburg und Finkenstein2720 gestiftet. Im Rahmen seiner Bemühungen um die ‚Türkenabwehr‘ trat Kaiser Maximilian I. sogar mit zwei Stiftungen in Erscheinung.2721 Neben diesen Hoforden im strengen Sinne war der Adel des spätmittelalterlichen Reiches in einer Vielzahl weiterer Gesellschaften verbunden, wobei die Gemeinschaften mit horizontalen Bindungsstrukturen im Gegensatz zu den westeuropäischen Verhältnissen bei Weitem überwogen. Höfische Orden, deren Hauptkennzeichen die vertikale Organisation ist, stellten im Reich eine Ausnahme dar. Sie befanden sich vor allem in relativ stabilen Territorialherrschaften, die einen landständigen Adel aufwiesen.2722 Umso bemerkenswerter muss es daher erscheinen, dass es gerade Friedrich II. mit großem Erfolg gelang, einen solchen elitären Orden in der Mark Brandenburg zu gründen, bedenkt man allein den adeligen Widerstand, auf den er in seinem Herrschaftsgebiet von Anfang an stieß. Betrachtet man die übrigen sechzehn genannten höfischen Orden, so wird deutlich, dass die Gründer bis auf den Freiherrn von Hollenburg und Finkenstein, der im Dienste Kaiser Maximilians stand und von diesem das

2711 2712 2713 2714 2715 2716 2717 2718 2719 2720 2721 2722

den wird ebenfalls ein brandenburgischer Kurfürst als Mitglied genannt, auch wenn nicht ersichtlich ist, ob Albrecht Achilles oder Markgraf Friedrich d. Ä. gemeint ist, siehe KRUSE/OSSOBA, Art. ‚St. Hubertus‘, S. 368 bzw. S. 371. Hier sind folgende fünf zu nennen: die Gesellschaft der Templaise (vor 1337), die Salamandergesellschaft (zwischen 1394 und 1430), der Zopforden (vor 1395), die Adlergesellschaft (1433), St. Georgs- und St. Wilhelmsschild (1436). Drachengesellschaft (1408). Gesellschaft mit dem Rüdenband (1413). St. Antoniusorden (1420/35). Pelikanorden (1444). St. Hubertusorden (1444/45). Unsere Liebe Frau/St. Maria (1468). St. Georgsritterorden (1469). Friedrich III. hatte ihn aber nicht als römisch-deutscher Kaiser gegründet, sondern als Landesherr in seinen österreichischen Erblanden, siehe KRUSE, Art. ‚St. Georgs-Ritterorden‘. St. Martin (1496). St. Christoph (1517). St. Georgsbruderschaft (1493) und St. Georgsgesellschaft (1503). RANFT, Adelsgesellschaften, S. 29.

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Schenkenamt in Kärnten erhalten hatte,2723 ausnahmslos dem Hochadel angehörten. Die drei ‚königsfähigen‘ Großdynastien2724 der Habsburger, Luxemburger und Wittelsbacher – Letztere vertreten durch Ludwig IV. von der Pfalz – verfügten erwartungsgemäß über entsprechende Stiftungen, die Überzahl der habsburgischen Gründungen spricht dabei für sich. Mit der Gesellschaft Unserer Lieben Frau reihte sich Friedrich II. in die Reihe dieser hochadeligen Stifter ein und gründete den ersten bekannten Hoforden eines Kurfürsten. Obgleich Friedrich I. seinem Sohn bereits am Anfang des Jahres 1440 eine umfassende Vollmacht zur Ausübung sämtlicher Herrschaftsrechte in der Mark – „gleicherweisz ob wir selbst gegenwertig weren“2725 – ausgehändigt hatte, fiel das Territorium und vor allem das Kuramt erst mit dem Tod des Vaters endgültig in seinen Besitz.2726 Aus diesem Grund kann die Gründung der Gesellschaft Unserer Lieben Frau durchaus zu den ersten Amtshandlungen des neuen Markgrafen gezählt werden, sie erfolgte noch vor dem Huldigungsumritt in seinem Territorium ab Oktober 1440.2727 Für die Forschung schien sie lange Zeit somit fast programmatischen Charakter zu besitzen, zumindest ist dies durchaus immer wieder betont worden.2728 Eine gewisse Einmütigkeit herrscht scheinbar auch darüber, in der Stiftung einen besonders deutlichen Ausdruck der großen Frömmigkeit Friedrichs II. zu sehen,2729 auch neuere Arbeiten argumentieren immer noch in diese Richtung.2730 Gerade im direkten Vergleich mit der Stiftung des Goldenen Vlieses durch Philipp den Guten von Burgund wurde viel2723 KRUSE, Art. ‚St. Christoph‘, S. 473. 2724 MORAW, Fürsten, S. 22. 2725 Urkunde vom 7. Februar, in der Friedrich I. den Adel, die Städte und alle Einwohner der Mark Brandenburg von der Vollmacht des Sohnes in Kenntnis setzt: CDB III, 3, Nr. 47, S. 54–55, hier S. 55. 2726 Völlig frei bei der Verfügung über die Mark war Friedrich II. schon allein deshalb nicht, da sein Vater bestimmt hatte, dass er ohne seine Zustimmung keine Teile des Territoriums veräußern dürfte, bevor sein Bruder, Friedrich der Jüngere, volljährig geworden wäre, da dieser von der Mark Brandenburg – entgegen den Vorschriften der Goldenen Bulle über die Unteilbarkeit der Kurfürstentümer – die Altmark und Prignitz erhalten sollte, siehe CDB III, 1, Nr. 145, S. 234–235. 2727 Die Erbhuldigung der Neumark erfolgte beispielsweise am 20. Oktober 1440, siehe CDB III, 1, Nr. 150, S. 242. Das altmärkische Stendal huldigte wenige Monate später am 10. Februar 1441, siehe ebd. 2728 So zum Beispiel auch SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 54. 2729 Dies besonders bei der Forschung im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Als Beispiel seien genannt: FRÖHLICH, Der Schwanenritterorden, S. 708, oder KOSER, Geschichte, S. 146. Aber auch in der neueren Literatur wird diese Interpretation durchaus übernommen, so zum Beispiel von Johannes Schultze, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 53, Fußnote 2, oder Alexander Letz, der die Gestaltung des Ordensabzeichens in einer solchen Weise verstanden wissen will, siehe LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 220. 2730 Stellvertretend für diese Sichtweise sei hier genannt: WEIß, Die ersten Hohenzollern, S. 37.

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fach darauf hingewiesen, dass Friedrich II. seine Stiftung „in wesentlich geringerem Maße als ein politisches Instrument“2731 einsetzte als der burgundische Herzog dies getan habe. Doch wie in Kapitel 3.2 deutlich geworden ist, hatte es der Stifter, aber auch dessen Bruder Albrecht Achilles schnell verstanden, mithilfe dieses höfischen Ordens Vertreter des hohen und niederen Adels aus dem gesamten Reichsgebiet sowie angrenzender europäischer Länder, aber auch Patrizier großer Reichsstädte systematisch an sich zu binden und in ihre Netzwerkbildung zu integrieren. Neben den geschilderten Formen der expliziten politischen Nutzung soll nun im Folgenden analysiert werden, auf welche Weise die Gesellschaft Unserer Lieben Frau Anteil am Ansehen und Gedächtnis der Dynastie hatte und somit das Bild der Zeitgenossen von dieser hochadeligen Familie prägte. Stiftungsurkunde und Statuten Die Berliner Stiftungsurkunde Friedrichs II. vom 29. September nennt keine weltlichen Motive wie die zuvor geschilderten, sondern zeichnet in ihren einleitenden Sätzen zunächst ein sehr traditionelles Bild2732 der verehrungswürdigen Jungfrau. Die von Engeln, Patriarchen, Propheten, Aposteln und allen himmlischen Mächten gelobte Heilige2733 habe nicht nur die von den Menschen verlorene göttliche Gnade für diese zurückgewonnen, sondern auch den Heiland geboren, der für die Sünden der Menschen gestorben sei. Zudem setze sie sich im Angesicht des Todes vor Gott stets als Fürsprecherin für die sündigen Menschen ein. In dieser Passage des Stiftungsbriefes offenbart sich auch die Möglichkeit von Stiftungen, den Zuspruch von Heiligen zu erwirken, denn indem man dafür sorgte, dass das Gedächtnis der Heiligen in Gebet und Bild, aber auch durch die Stiftung eines Ordens gewahrt blieb, konnte man ihr Wohlwollen erwirken.2734 Die himmlische Königin, die voll von Gnade und Tugend sei, müsse deshalb auch auf Erden gelobt werden, so die weiteren Ausführungen der Stiftungsurkunde. Folgerichtig setzt der Brief des brandenburgischen Kurfürsten dies als alleinigen Zweck der Stiftung fest. Ausgesprochen interes2731 LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 220. 2732 Grundsätzlich zur Marienverehrung im Mittelalter: OPITZ u. a., Marienverehrung, und SCHREINER, Maria. 2733 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 35. 2734 Auch das Versikel nach der dritten Lesung des kleinen Marienoffiziums weist auf diese Möglichkeit hin: „Alle mögen deine Hilfe erfahren, die dein Andenken feiern“, zitiert nach KAMP, Memoria, S. 165.

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sant ist nun die Argumentation, die auf den sehr allgemein gehaltenen Teil zu Beginn der Urkunde folgt: Denn obwohl natürlich alle Menschen verpflichtet seien, die heilige Gottesmutter zu loben und ihr zu dienen, wäre es nur gerecht, dass „[…] die vpp dusser erden meher eren vnd loues durch die gnade ores sones enpfangen hebben, meher und hoger denn ander lude ore loff ere vnd werdichkeit verkundigen vnd oren dinst sterken.“2735 Friedrich II. bezieht sich hier auf den entsprechenden Vers des Lukasevangeliums,2736 verweist aber zugleich auf den großen Ruhm und die Ehre, die ihn und seine Familie vor anderen auszeichne. Da ihn Gott solchermaßen erhöht habe, sei er im besonderen Maße verpflichtet, den Ruhm und den Dienst für die heilige Muttergottes zu fördern. Als Vertreter eines privilegierten Standes sei es nur gerecht, dass sich sein Aufwand und seine Anstrengungen in größerem Rahmen bewegten als bei einfachen Menschen.2737 Dieser Verpflichtungsgedanke, der mit der Idee einer gemäß der gesellschaftlichen Hierarchie abgestuften Verantwortung verbunden ist, evozierte gleichzeitig eine weitere Vorstellung, die im Mittelalter ebenfalls sehr verbreitet war: Die vornehme Herkunft des Stifters stellte geradezu eine Garantie für dessen tugendhaftes und frommes Verhalten dar, da eine edle Natur zugleich immer die Veranlagung zu edlen Verhaltensweisen besitzen sollte.2738 Die heilige Jungfrau Maria, die von ganz unterschiedlichen sozialen Gruppen des Mittelalters als zentrale Symbolfigur in Anspruch genommen wurde,2739 konnte auch dem Adel als Leitbild dienen, nachdem sich bereits relativ früh die Vorstellung von der direkten Abkunft der Gottesmutter aus der Dynastie König Davids durchgesetzt hatte und dieses alternative Deutungsangebot seinen Platz neben dem Bild der einfachen Magd behauptete. Die adelige Abstammung Marias wurde durch deren alleredelste Genealogie zu einem „in der göttlichen Heilsordnung verankerten Wert“.2740 So lag es nahe, dass viele der im 14. und 15. Jahrhundert neu entstehenden adeligen Vergemeinschaftungsformen die Muttergottes zu ihrer bevorzugten Patronin wählten. Auch kam Maria dem Adel, dessen Lebenswelt auch im späten Mittelalter immer noch von ritterlichen Idealen durchdrungen war, als Patronin eines frommen Hofordens naturgemäß sehr entgegen. Frommes Wirken und adeliges Selbstverständnis ließen sich so in nahezu idealer Weise verbinden; der Dienst für die heilige Jungfrau wurde zum frommen 2735 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 36. 2736 Lukas 12,48. 2737 Diese im Mittelalter verbreitete Ansicht hatte bereits das Zitat von Olivier de la Marche im vorherigen Kapitel verdeutlicht. 2738 SCHREINER, Maria, S. 318. 2739 SCHREINER, Nobilitas Mariae, S. 213. 2740 SCHREINER, Maria, S. 318.

6.2 Mitgliedschaften in Orden und Bruderschaften

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Minnedienst.2741 Trotz des massiven Widerstands seitens der Kirche und immer wieder verhängter Verbote galt die Muttergottes der Ritterschaft als aktive Turnierhelferin, im „[…] Dienst für Maria erreichte der Ritterberuf seine höchste Stufe und wahre Erfüllung.“2742 Der in der Stiftungsurkunde Friedrichs II. unternommene Verweis auf Ruhm und Ehre als verpflichtende Triebkräfte zum Dienst an und Lob für die Gottesmutter macht die enge gedankliche Verbindung zwischen Frömmigkeit, Seelenheil, ständischem Ansehen und persönlicher bzw. dynastischer memoria deutlich. Die gedankliche Verbindung zwischen dem gesellschaftlichen Rang und daraus resultierenden besonderen Pflichten für den brandenburgischen Markgrafen zeigt sich auch in der Vorrede der drei Jahre nach der Gründung erlassenen Statuten der Gesellschaft. Friedrich II. nutzt die Möglichkeit, um an dieser Stelle festzustellen, dass er seinen aus seinem fürstlichen Rang resultierenden Pflichten bereits mit großen Anstrengungen nachgekommen sei. In der niederdeutschen Fassung des Statutentextes vom 15. August 1443 spricht er davon, dass er aufgrund seiner Position als Landesherr bereits vieles unternommen habe, um seine Lande und seine Untertanen zu Einigkeit und zu einem friedlichen Miteinander zu bewegen und sie in diesem Zustand zu erhalten. Auch zukünftig wolle der Markgraf „[…] darIn unseren flit dön na allen vnsen vermöghen […].“2743 Mit großer Sorge und Kummer sehe er aber die gegenwärtige Situation, in der sich das Reich und die Christenheit befänden. Schlimme Irrtümer und große Zwietracht seien entstanden und verschärften sich immer mehr. Hieraus hätte sich bereits großer Schaden für die gesamte Christenheit und das Reich ergeben, und es stehe zu befürchten, dass noch größeres Leid entstehen werde, wenn Gott dies nicht abwende. Mit dieser Anspielung ging Friedrich II. auf die Situation seiner Zeit ein, die durch die Auseinandersetzungen zwischen Papst Eugen IV. und dem Basler Konzil seit 1439 erneut durch ein Schisma geprägt war, ohne dies explizit auszusprechen. Der Konflikt zwischen Konzil und Papst spaltete die europäische Christenheit wie das Reich und hatte weitreichende Konsequenzen für die gesamte Politik der Reichs- und Kurfürsten. Nach der Zuspitzung der Auseinandersetzung durch die Verlegung des Konzils nach Ferrara im Jahr 1437 durch Papst Eugen IV. und dem Tod König Sigismunds in demselben Jahr nahmen die Reichsstände und allen voran die Kurfürsten eine politische Schlüsselstel-

2741 Zum Stellenwert des Minnedienstes im ritterlichen Tugendkatalog siehe BUMKE, Höfische Kultur, insbesondere S. 508–513. 2742 Das Zitat bei SCHREINER, Nobilitas Mariae, S. 226. Allgemein zu Maria als ritterlicher Turnierhelferin und der ablehnenden Haltung der Kirche in dieser Beziehung: ebd., S. 223–227. 2743 STILLFRIED, Der Schwanenorden, S. 39.

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lung ein.2744 Zum Zeitpunkt der Statutenabfassung hatten sich zwei Parteien innerhalb des Kurkollegiums herauskristallisiert. Aus verschiedenen Gründen wandten sich Köln, Trier, Sachsen und der Pfalzgraf dem Gegenpapst Felix V. zu. Dieser hatte als Graf von Savoyen gute Beziehungen zu Frankreich und bot sich somit als ein Gegengewicht zu dem als bedrohlich empfundenen burgundischen Herzog an.2745 Zusätzlich spielten auch dynastische Überlegungen eine Rolle, deshalb war die Hinwendung des sächsischen und des pfälzischen Kurfürsten zum Gegenpapst allein schon aus diesem Grund politisch geboten.2746 König Friedrich III., Friedrich II. von Brandenburg, Albrecht Achilles und der Mainzer Erzbischof Dietrich von Erbach und Jakob I. von Baden wiederum orientierten sich ab 1443 schrittweise immer mehr in Richtung Rom, wobei die zu diesem Zeitpunkt noch guten Beziehungen König Friedrichs III. zu Herzog Philipp III. von Burgund2747 zeitweise dieser Allianz eine proburgundische Ausrichtung gaben.2748 Obwohl der Statutentext zwar sehr allgemein auf die gegenwärtige Situation verwies und keine konkreten politischen Konsequenzen des Schismas ausführte, liegt der Unterschied zur Gründungsurkunde auf der Hand: Während bei der Gründung 1440 explizit keinerlei politischen Motive des Stifters genannt wurden und nur die Aussagen über die religiösen Stiftungsabsichten breiten Raum einnahmen, stellte Friedrich II. nun einen Bezug zu der aktuellen reichs- und kirchenpolitischen Situation seiner Zeit her. Friedrich II. nutzte die Vorrede und besonders das Unterkapitel über die „Bewechnisse der geselschapp“, um gezielt auf seine Verdienste und Bemühungen bei der Überwindung des unerträglichen Zustandes der Kirche und des Reiches hinzuweisen. Da er sich aus tiefstem Herzen Friede und Einheit in der Christenheit wünsche, habe er „groten arbeit, Muye, koste vnde theringe gedan vnde geleden“. Er wolle auch weiterhin unverdrossen nach seinem besten Vermögen in dieser Sache helfen und raten, damit er noch zu seinen Lebzeiten erleben möge, dass sich die Situation wieder zum Besse-

2744 HELMRATH, Das Basler Konzil, S. 273, und MILLER, Der Trierer Erzbischof, S. 91. 2745 MILLER, Jakob von Sierck, S. 147–150, bzw. zu den Streitigkeiten wegen der luxemburgischen Erbfolge zwischen Trier, Sachsen und Burgund ebd., S. 80–113. 2746 So wollte der sächsischen Kurfürst seinen Sohn mit einer Enkelin des Grafen von Savoyen verheiraten, und Pfalzgraf Ludwig heiratete Margarethe von Anjou, die verwitwete Tochter des Grafen, siehe CORNAZ, Le mariage, bzw. MILLER, Jakob von Sierck, S. 140. 2747 BACHMANN, Die deutschen Könige, S. 109. Diese wurden in der Folgezeit noch gestärkt, nachdem König Friedrich III. im österreichisch-eidgenössischen Krieg von Frankreich schwer enttäuscht worden war, siehe dazu PARAVICINI, Karl der Kühne, S. 445. 2748 Herzog Philipp der Gute von Burgund war überdies einer der treuesten Anhänger Papst Eugens IV., siehe dazu MILLER, Der Trierer Erzbischof, S. 99.

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ren wende.2749 Der Grund für den verheerenden Zustand, in dem sich Reich und Christenheit befanden, war für Friedrich II. schnell ausgemacht: Er sei die Strafe Gottes für die großen Sünden der Menschen. Alte Exempel hätten ihn gelehrt, dass die Besserung des Lebens und die Zuflucht zu Gott oder zu von Gott geehrten Heiligen wirksame Mittel seien, um Hilfe in solch schrecklichen Notsituationen zu erhalten. Er habe sehr wohl erkannt, dass er mit seinen ‚politischen‘ Verdiensten und Bemühungen den Frieden und die Einheit für Christenheit und Reich nicht werde herstellen können, deshalb habe er nach intensivem Nachdenken eingesehen, dass die Jungfrau Maria besonders geeignet sei, um nun Hilfe bringen zu können. Ähnlich wie in der Gründungsurkunde wird an dieser Stelle des Textes eine Bewertung Marias vorgenommen und ihre besondere Eignung als Fürsprecherin hervorgehoben, denn Gott könne ihr nichts abschlagen.2750 Deswegen habe Markgraf Friedrich sie geehrt, zu ihr gebetet und sie um Hilfe angerufen, damit sie sich der Christenheit erbarme, die Zwietracht beigelegt werde und es auf diese Weise wieder zu Frieden und Eintracht komme könne.2751 Der Kurfürst engagierte sich auf diese Weise also persönlich, indem er zur Jungfrau Maria betete und zugleich versuchte, politisch auf die Lage einzuwirken. Zudem habe er ein Kleinod anfertigen lassen, so Friedrich II. weiter, eine „Gesellschaft Unserer Lieben Frau“, welches er trage, damit seine fromme Andacht auch anderen Menschen als Anweisung und Vorbild für ein besseres Leben dienen könnten. Die Stiftung des höfischen Ordens als Gemeinschaft und der Insignie als ‚Erinnerungszeichen‘2752 und Ausweis der Mitgliedschaft sind also weitere persönliche Bemühungen und Verdienste des Kurfürsten zur Beendigung des Schismas und zur Behebung der Nöte seiner Zeit. Denn durch sie sollten andere Menschen ebenfalls zu einem frommen Lebenswandel angehalten werden, was sich nicht nur positiv auf deren Seelenheil auswirken musste, sondern zudem einen Beitrag zur Besänftigung des göttlichen Zorns darstellen konnte.

2749 2750 2751 2752

STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 40. Ebd. Ebd., S. 40–41. Roger Chartier hat darauf hingewiesen, dass zwei verschiedene Bedeutungsgruppen für den Begriff der Repräsentation unterschieden werden müssten: Zum einen verweise er auf etwas Abwesendes. Die Repräsentation mache ein abwesendes Ding sichtbar, indem sie ein ‚Bild‘ an seine Stelle setze, das das Abwesende in Erinnerung rufe. Zum anderen verwiesen Repräsentationen aber auch immer auf etwas Anwesendes, insofern als zwischen dem sichtbaren Zeichen und dem Signifikat ein dechiffrierbares Verhältnis postuliert werde. Diese ‚symbolischen Repräsentationen‘ stellten intellektuelle Konfigurationen dar, mit deren Hilfe Individuen oder Gruppen ihre divergenten Realitäten konstruierten, siehe CHARTIER, Die Welt als Repräsentation, S. 338, und CHARTIER, Unvollendete Vergangenheit, S. 17.

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Betrachtet man nun die Motive, die Stiftungsbrief und Statuten explizit und implizit anbieten, so stellt sich folgendes Bild dar: Explizit als Gründungszweck werden in der Stiftungsurkunde von 1440 das Lob für die und der Dienst an der heiligen Jungfrau genannt, wobei der fürstliche Rang des Stifters einen besonderen Einsatz verlange. Implizit als Motive der Gründung ergeben sich daraus zunächst das Interesse am eigenen Seelenheil des Stifters, das durch das Lob der heiligen Gottesmutter, fromme Werke und einen entsprechenden Lebenswandel gewährleistet werden sollte, wobei das Ordensabzeichen als memento mori fungierte. Durch die Einrichtung einer frommen Stiftung ermöglichte es der Stifter anderen Sündern zusätzlich, für ihr Seelenheil zu sorgen, und trug damit gleichzeitig dazu bei, dass sich das sündhafte Verhalten der Menschen besserte. Wie die Statuten ausdrücklich formulieren, hatte die Ordensinsignie dabei die Funktion, anderen die Einsichten Friedrichs II. und sein frommes Beispiel bekannt zu machen und so als Vorbild zu dienen.2753 Zudem legten verschiedene Bestimmungen der Stiftungsurkunde die Gebetsverpflichtungen der Mitglieder fest2754 und sahen die Aufnahme in die Gebetsgemeinschaft des bereits von Friedrich I. gegründeten Stifts auf dem Harlunger Berg vor.2755 Zu bestimmten Festtagen oder beim Tod eines Mitgliedes war außerdem zu den täglichen Pflichten die Lesung von Seelenmessen vorgesehen.2756 Im zeitgenössischen Verständnis musste sich auch die Tatsache positiv auf das Seelenheil Friedrichs II. auswirken, dass er trotz des Widerstandes der Stiftsherrn auf dem Harlunger Berg, die über die Härte der Lebensweise ihrer Gemeinschaft klagten,2757 die strenge Observanz der Gemeinschaft weiter durchsetzen konnte. Zugangsberechtigung und Ziele der Gesellschaft Betrachtet man die Ausführungen der Stiftungsurkunde genauer, so werden auch weitere Überlegungen zu den impliziten Motiven der Stiftung 2753 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 41. 2754 Ebd., S. 36–37. 2755 Ebd., S. 36. Darüber hinaus wurde die Aufstockung der Stiftung festgelegt, um genügend Mittel für die Mitglieder des Ordens zur Verfügung stellen zu können. 2756 Ebd. 2757 So heißt es in der Bestätigungsurkunde Papst Nikolaus’ V. für das Stift auf dem Harlunger Berg, siehe CDB I, 9, Nr. 220, S. 169. Der Vergleich zwischen dem Domkapitel von Brandenburg und dem Stift auf dem Harlunger Berg aus dem Jahr 1451 betont ebenfalls die Strenge der Gemeinschaft, denn die „Heren von dem Berge mynen das sie von gestrengickeit wegen Ihres ordens und lebens solch Rubriken und gebete als Im Stifte zu Brandenburg zu beten gewonheit ist, nicht gehalden und thun mogen […]“, siehe CDB continuatus, Nr. 42, S. 188.

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möglich: Der Stifter legte fest, dass außer ihm nur 30 Männer und sieben Frauen Mitglieder der Gesellschaft sein sollten. Die Urkunde bestimmte zugleich, dass die Aufnahme an ständische Kriterien gebunden sein sollte, denn neben der ehelichen Geburt mussten die Mitglieder „[…] Echt vnd recht to helme vnde schilde geboren sin […].“2758 Friedrich II. legte also die Ritterbürtigkeit für die Mitgliedschaft verbindlich fest, lediglich die aktuelle Ritterwürde, wie sie beispielsweise der Orden vom Goldenen Vlies oder der englische Hosenbandorden zusätzlich verlangten,2759 war nicht als Aufnahmekriterium vorgesehen. Interessanterweise war es bei den adeligen Zusammenschlüssen im deutschsprachigen Raum ausgesprochen selten,2760 dass überhaupt bestimmte ständische Qualifikationen als Aufnahmebedingungen schriftlich festgehalten wurden, obwohl die Ritterbürtigkeit de facto überall vorausgesetzt wurde. Dass nun Friedrich II. in der Gründungsurkunde einen Passus über die ständische Qualifikation aufnehmen ließ, lässt durchaus Rückschlüsse auf die elitäre Gesinnung des Markgrafen zu. In den Statuten forderte der kurfürstliche Stifter sogar explizit die Vierahnenprobe,2761 also den Nachweis, dass vier väterliche und mütterliche Ahnen dem Adel entstammten, was im Stiftungsbrief noch nicht der Fall gewesen war. Auswärtige Personen, die sich um eine Aufnahme in die Gesellschaft bemühten, sollten ihre adelige Abstammung durch „gnughafftige kuntschafft vnd beweisung“2762 belegen. Die Statuten geben somit Zeugnis über die hohen standesspezifischen Anforderungen, die der Stifter mit seinem höfischen Orden verband, auch wenn diese Norm später nicht ausnahmslos aufrechterhalten wurde. Die explizit geforderte Mitgliederbegrenzung auf 38 Personen – inklusive dem Stifter – erfolgte aus einer ähnlichen Motivation, war eine solche Begrenzung doch ein Zeichen für die besondere Exklusivität einer Verbindung. Auch diese Bestimmung Markgraf Friedrichs II. war ausgesprochen selten bei den adeligen Zusammenschlüssen des deutschen Sprachraums, lassen sich doch lediglich bei dem fünf Jahre später gegründeten Pelikanorden des Pfälzer Kurfürsten und bei der Gesellschaft ‚mit dem Fürsprang‘, einer fränkischen Rittergesellschaft, eine ausdrückliche Beschränkung der Mitgliederzahl finden.2763 Wieder sind es die höfischen Orden par excellence, wie der Orden vom Goldenen Vlies 2758 2759 2760 2761

STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 36. PARAVICINI, Einleitung, in: KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, S. 22. Ebd., S. 29. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 43. Allgemein zur Ahnenprobe in Mittelalter und Früher Neuzeit siehe den aktuellen Sammelband: HARDING/HECHT, Die Ahnenprobe, und auch die Ausführungen in der Dissertation Elizabeth Hardings: HARDING, Landtag und Adeligkeit. 2762 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 43. 2763 PARAVICINI, Einleitung, in: KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, S. 30.

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oder der Hosenbandorden, die eine strikte Begrenzung der Mitglieder auf je 24 Personen vorsahen und auch in dieser Beziehung als Vorbild für andere Hoforden gedient haben mögen.2764 Neben den explizit formulierten ‚frommen‘ Gründungsmotiven des brandenburgischen Kurfürsten muss also das Bedürfnis nach fürstlicher Repräsentation als zusätzlicher Beweggrund der Stiftung in Betracht gezogen werden, auf das bereits die vorgeschriebenen Kriterien für die Mitgliedschaft in der Stiftungsurkunde von 1440 verweisen. Wie bereits dargestellt,2765 war zudem die Bindung des territorialen, insbesondere des feindlich gesinnten Adels an den neuen Landesherrn ein weiteres Motiv für die Gesellschaftsgründung. Dabei gelang es dem Kurfürsten, vor allem Vertreter der vornehmsten märkischen Familien wie zum Beispiel Albrecht Graf zu Lindau, Herr zu Ruppin2766 oder Angehörige besonders alteingesessener Familien wie die von Armin oder die von Burgsdorf für seinen Hoforden zu gewinnen und dadurch den Ruhm der Stifterdynastie zu vermehren. Besondere Bedeutung erlangten dabei solche adeligen Mitglieder, die wie die Gans zu Putlizens nicht nur großes Ansehen in der Mark Brandenburg besaßen, sondern zunächst dem von den von Quitzows organisierten Widerstand angehörten.2767 Dass sich die bedeutendsten und ältesten Familien der Mark Brandenburg dem höfischen Orden Friedrichs II. angeschlossen hatten, machte seine Stiftung gleichzeitig für auswärtige Mitglieder des Adels attraktiv, wie die Mitgliederverzeichnisse der Jahre 1443, 1455 und 1465 dokumentieren. Die im Stiftungsbrief und in den Statuten der Gesellschaft festgehaltenen Bestimmungen über den für die Ordensmitglieder vorgeschriebenen Lebenswandel wie zum Beispiel die Vorgabe, dass kein Ehebrecher oder Unkeuscher in der Gesellschaft sein dürfe,2768 oder die Aufforderung, sich beim Verzehr von Alkohol zu mäßigen,2769 wurde insbesondere von der 2764 Auch der Michaelsorden des französischen Königs Ludwig XI., der bereits 1330 gegründete Schärpenorden König Alfons XI. von Kastilien oder der Halbmondorden König Renés von Anjou-Provence sahen eine begrenzte Mitgliederzahl von 24 Personen vor. Die besondere Vorbildfunktion des Hosenbandordens ist in diesem Zusammenhang zu unterstreichen, da er eine besonders frühe Stiftung darstellt, siehe auch LÖVEI, Hoforden, S. 253. Der Orden vom Goldenen Vlies erfuhr im Jahr 1433 schließlich eine Aufstockung der Mitgliederzahl auf 30 Personen zuzüglich des Stifters. Alle noch überlieferten Statuten gaben fortan diese Zahl an. In der Mitgliederzahl findet sich also eine Parallele zur Gesellschaft Unserer Lieben Frau, siehe BOULTON, The Knights, S. 374. 2765 Siehe Kapitel 3.2. 2766 Ausführlicher zur Herrschaft Ruppin siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 2, S. 238– 240. 2767 Ausführlich dazu das Kapitel 5.2. 2768 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 37. 2769 Ebd. Die durch Kurfürst Albrecht Achilles 1484 erlassenen Statuten verbieten außerdem ausdrücklich, beim Glücksspiel die Ordensinsignie zu tragen, siehe ebd., S. 56.

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älteren Forschung immer wieder hervorgehoben, um zu belegen, dass es Friedrich II. bei seiner Stiftung im besonderen Maße darum gegangen sei, die verrohten Sitten des märkischen Adels zu bessern und diesen zu einem frommeren Lebenswandel anzuhalten.2770 Grund sei die persönliche Frömmigkeit des Kurfürsten gewesen und der Wunsch, auf diese Weise das unkontrollierte Fehdewesen abzustellen.2771 Es darf aber nicht übersehen werden, dass Friedrich II. sich damit ganz in das allgemeine Verhalten der spätmittelalterlichen Landesfürsten einfügte, denn es gehörte zu ihrem Selbstverständnis, über den geistlichen Wandel in den Territorien zu wachen.2772 Gottesdienst und Landeswohl waren eng miteinander verschränkt, wobei unter ‚Gottesdienst‘ durchaus gleichzeitig die Hebung der Sitten und eine aktive Kirchenpolitik – beispielsweise im Sinne der Einführung der strengen Observanz in den Klöstern des Territoriums – verstanden werden konnte. Der politische Handlungsrahmen war bestimmt durch das Kalkül mit einem gerechten Gott, denn „[…] wer dem Land wohl tat, gefiel Gott und konnte auf dessen Gunst hoffen.“2773 Aber noch ein weiterer Aspekt der Ausführungen über den Lebenswandel der Gesellschaftsmitglieder fällt auf. Dem Markgrafen war es möglich, über bedeutende Adlige seines Territoriums und später theoretisch auch über die auswärtigen Mitglieder seines Ordens Einfluss auszuüben und bei einem Verstoß gegen bestimmte Aspekte der Lebensführung Strafgelder oder andere Sanktionen zu verhängen. Auf diese Weise konnte Friedrich letztinstanzlich über die Ehre seiner Gesellschaftsmitglieder wachen. Zu diesem Zweck sahen die Statuten die Einsetzung eines Ehrgerichts vor, das mit Schiedsleuten zu besetzen war, die vom Markgrafen aus der Gesellschaft dafür bestellt worden waren.2774 Für den vormodernen Adel war die Höhe des akkumulierten Ehrkapitals von großer Bedeutung für die Wahrnehmung durch die Zeitgenossen2775 und bestimmte Ruhm und Rang einer Person entscheidend. Die gesellschaftliche Wertschätzung der einzelnen Personen war zugleich bestimmend für das Ansehen der gesamten sozialen Gruppe des Adels, dessen Konstruktion als soziale Institution über Werte wie Ehre und Ruhm funktionierte.2776 Aufgrund dieser Mechanismen nimmt es nicht wunder, dass die Ordensstatuten diesem Punkt ebenfalls einige Bedeutung beimaßen. Dabei ging es in den Statuten eben nicht mehr 2770 2771 2772 2773 2774 2775

SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 53 und S. 63. KOSER, Die Politik, S. 116. SCHULZE, Fürsten und Reformation, S. 196–197. Ebd., S. 194. Ausführlich dazu Kapitel 3.2. Zu der Bedeutung von Ehre für den Adel im Mittelalter siehe auch die Ausführungen von Gerd Althoff und Christiane Witthöft: ALTHOFF/WITTHÖFT, Les services, S. 1296. 2776 BOURDIEU, Die verborgenen Mechanismen, S. 66.

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nur darum, dass „die kusche muder wol kuscher diener wirdich ist“,2777 wie es die Stiftungsurkunde formulierte, sondern die Mitglieder sollten sich ihres Standes gemäß verhalten und schändliche Missetaten und unehrenhaftes Verhalten vermeiden. Über das ehrenhafte Verhalten ihrer Mitglieder sollte die ganze Gruppe wachen und nicht nur die zuständigen Amtsträger des Ordens.2778 Da Ehre als so zentral angesehen wurde, konnte das unehrenhafte Verhalten eines Gruppenmitglieds durchaus auf die anderen Mitglieder der Gesellschaft negative Auswirkungen haben und gleichzeitig diesen elitären höfischen Orden als Ganzes gefährden. So war es nur folgerichtig, dass die Mitglieder verpflichtet waren, sich bei entsprechenden Vorwürfen vor dem Ehrgericht der Gesellschaft zu verteidigen. Falls die betreffende Person hier oder vor anderen Gerichten des unehrenhaften Verhaltens überführt würde oder sich auch nur weigern sollte, sich vor dem Gericht zu verantworten, so sollte sie aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Auch das Ordensabzeichen musste in diesem Fall abgegeben werden, und falls dies nicht freiwillig geschehen sollte, waren die anderen Mitgesellen verpflichtet, es dem nun ausgeschlossenen Mitglied abzunehmen und es dem Propst des Stiftes auf dem Harlunger Berg zu schicken.2779 Das potenzielle Machtinstrument, das dem Kurfürsten durch die Vorschriften über den Lebenswandel der Mitglieder in die Hände gegeben wurde, war im Jahr 1440 sicherlich noch kein Motiv für die Stiftung gewesen. Die ausführlicheren Bestimmungen der Statuten drei Jahre später, die nun konkrete Zwangsmaßnahmen bei bestimmten Verstößen vorsahen, und die Tatsache, dass der Kurfürst nun auch ein Ehrgericht institutionalisierte, scheinen jedoch ein Anhaltspunkt dafür zu sein, dass Friedrich diesen Möglichkeiten nun größere Bedeutung beimaß. Das Bemühen um die Besserung des Lebenswandels der Bewohner seines Territoriums vermehrte seinen Ruhm und wirkte sich positiv auf die eigene Jenseitsvorsorge aus, da Friedrich seinen Pflichten als Fürst und Landesherr in vorbildlicher Weise nachkam. Die Überwachung der Ehre aller Ordensmitglieder war außerdem ein Mittel, um das Ansehen der Gesellschaft zu erhalten und ihren Rang im Vergleich mit anderen höfischen Orden zu bewahren. Dies wiederum wirkte sich auf den Beitrittswillen seitens des Adels aus. Insgesamt machen Stiftungsurkunde und Statuten also deutlich, wie sehr die Gesellschaft dazu geeignet war, Ruhm und memoria Friedrichs II. bzw. der Dynastie der Hohenzollern insgesamt zu vermehren.

2777 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 37. 2778 Ebd., S. 45. 2779 Ebd.

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Die Ausrichtung auf den kurfürstlichen Stifter Dass die Gesellschaft Unserer Lieben Frau an die wichtigen höfischen Orden ihrer Zeit angelehnt war und dem Kurfürsten somit als Repräsentationsmittel diente, zeigt auch die spätestens seit 1443 verfolgte konsequente Ausrichtung auf den kurfürstlichen Stifter. Die Stiftungsurkunde machte noch keine Angaben über die Organisation der Gesellschaft, erst die Statuten legten einige Ämter und die hierarchische Struktur verbindlich fest. Als Obmann und letzte Instanz in allen Belangen fungierten der Stifter und seine Erben.2780 Als besondere Ämter waren zudem vier Schaffer bzw. Schiedsleute vorgesehen, die verschiedene Aufgaben wahrnehmen mussten. Ganz grundsätzlich oblag es dem Stifter und seinen Erben zusammen mit den Schaffern der Gesellschaft, darüber zu wachen, dass alle in den Statuten festgelegten Punkte und Artikel streng eingehalten wurden. Im Falle der Übertretung einer Norm musste dieses Vergehen untersucht und umgehend bestraft werden. Zusätzlich sollten die Schaffer zusammen mit dem Propst des Stiftes auf dem Harlunger Berg die Verwendung der Einnahmen der Gesellschaft verwalten und bestimmen, wofür diese verwendet werden sollten. Sie waren auch dafür zuständig, besagten Propst und das gesamte Stift gegen Gefahren oder Unrecht zu schützen und „hulffe vnd Rat“2781 zu gewähren. In Form eines Ehrgerichtes sollten sie entsprechende Klagen gegen Gesellschaftsmitglieder verhandeln, wobei dem Kurfürst und seinen Erben die letztinstanzliche Entscheidung vorbehalten war, falls es den Schiedsleuten nicht gelingen sollte, sich zu einigen.2782 Da der kurfürstliche Stifter die Schiedsleute seiner Gesellschaft ausgewählt hatte und dieser beim Tod eines der Schiedsleute unterstützt durch den Ratschlag der verbleibenden drei auch jeweils den neuen Schiedsmann bestimmte, konnte Friedrich II. die Ämter stets in seinem Sinne kontrollieren. Somit wurden Normverstöße der Gesellschaftsmitglieder, insbesondere solche, die ihre Ehre betrafen, von Personen verhandelt und sanktioniert, die Friedrich II. selbst ausgesucht hatte. Im Zweifelsfall hatte der kurfürstliche Stifter sogar die Möglichkeit, als Obmann eine ihm genehme Entscheidung durchzusetzen, weswegen zumindest theoretisch alle Mitglieder seinen Entscheidungen unterworfen waren. Als Nebeneffekt war es ihm zudem möglich, wichtige Personen auszuzeichnen, indem er sie zu Schaffern ernannte; und es scheint kein Zufall zu sein, dass sich als erste Schiedsleute in der Neumark Albrecht von Lindau und Matthias von Bre2780 Ebd., S. 50. 2781 Ebd. 2782 Ebd.

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dow, in der Altmark Bernd von der Schulenburg und im Lüneburger Land Vicke von Bülow finden. Sie gehörten zu den angesehensten Familien des märkischen Territoriums und waren zum Teil in die ehemalige Adelsopposition gegen die Hohenzollern involviert gewesen.2783 Weitere Ämter innerhalb des Ordens waren vom Stifter nicht vorgesehen oder werden zumindest in den Quellen nicht genannt. Lediglich seit 1484, dem Jahr, in dem Albrecht Achilles dem süddeutschen Zweig des Ordens eine eigene Organisation gab, werden zwei Hauptleute für den süddeutschen Zweig des höfischen Ordens aufgeführt. Ludwig von Eyb der Ältere und Georg von Zedwitz sollten als Hauptleute der Gesellschaft das eingenommene Geld verwalten2784 und dabei vom Kammerschreiber des Kurfürsten, Linhardt Nordlinger, unterstützt werden.2785 Die Hauptleute sollte für den süddeutschen Zweig des Ordens ähnliche Aufgaben wahrnehmen wie die Schaffer bis zu diesem Zeitpunkt dies für die Gesamtgesellschaft getan hatten, wobei es der Stiftungsbrief Kurfürst Albrechts offenlässt, ob sie auch Ehrverfehlungen sanktionieren sollten und über die Einhaltung der Gesellschaftsnormen zu wachen hatten. Die Umstrukturierung des Ordens im Jahr 1484 vollzog sich im Zuge eines von Albrecht gestifteten Jahrtages für die Gesellschaft Unserer Lieben Frau in der St. Gumbertuskirche in Ansbach.2786 Hierdurch kam es zur Gründung einer zweiten Gesellschaft, die parallel zu der ursprünglichen bestand und für alle Mitglieder „disseit des Duringer Waldes“2787 vorgesehen war. Bereits 1459 hatte Albrecht einen zweiten geistlichen Mittelpunkt der Gesellschaft in der Gumbertuskirche gestiftet,2788 wobei die süddeutschen Mitglieder bis 1484 jedoch organisatorisch noch völlig in die Stiftung Kurfürst Friedrichs II. integriert waren. Eine regionale Ausdifferenzierung des Ordens gab es demnach lange Zeit nur für gottesdienstliche und memoriale Belange. Auch in Bezug auf die Rekrutierung der Mitglieder war die Auswahl ganz auf den Willen des Stifters und seiner Familie zugeschnitten, da der Beitritt ausschließlich durch Ernennung durch den Ordenssouverän erfolgte. In den Quellen ist nur ein einziges Beispiel belegt, bei dem das Ernennungsrecht an eine andere Person weitergegeben worden ist: Am 2783 Zumindest für die Familie von Bredow und für die von der Schulenburg ist dies genau nachweisbar, siehe ebd., S. 137 und S. 205–206. 2784 Ebd., S. 58. 2785 Ebd., S. 60. 2786 Der Stiftungsbrief des Kurfürsten mit eigenen Statuten von 1484 ebd., S. 54. 2787 Ebd., S. 55. 2788 Über die Stiftung erfährt man indirekt durch eine Bulle Papst Pius’ II. vom 16. Januar 1460, in der der Papst die Ausdehnung der Privilegien für die Gesellschaft Unserer Lieben Frau auf die Kirche St. Gumbertus in Ansbach gestattet, siehe ebd., S. 52–53.

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5. Juni 1475 erlaubte Kurfürst Albrecht Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg aufgrund der besonderen Gunst, in der diese bei ihm stand, zehn oder zwölf Gesellschaften, also zehn oder zwölf Ordensinsignien an andere adelige Personen zu vergeben. Dies war sonst nur den Markgrafen von Brandenburg vorbehalten, wie die Urkunde ausdrücklich vermerkt.2789 Eine zweite, nicht ganz gesicherte Nachricht bietet ein Brief Dorotheas von Mecklenburg, einer Schwester Friedrichs II., vom 26. Oktober 14492790 an den Bischof von Schwerin, Nikolaus von Boddeker. In diesem ist die Rede von einem Kleinod, das die Fürstin Nikolaus Boddeker zugesandt hatte mit der Bitte, es um ihretwillen zu tragen. Es ist jedoch nicht eindeutig zu sagen, ob es sich dabei um die Insignie der Gesellschaft Unserer Lieben Frau handelt. Während der Stiftungsbrief noch nichts über die Möglichkeit sagt, die Gesellschaftsmitgliedschaft zu vererben, legten die Statuten von 1443 dies nun verbindlich fest. Die neuen Bestimmungen fügen sich in den allgemeinen Trend der ständischen Abgrenzung des Adels im 15. Jahrhundert ein, der sich in unterschiedlichsten Bereichen des sozialen Lebens manifestierte, und zwar sowohl innerhalb der Gruppe des Adels – als Abschluss des Hochadels gegenüber dem Niederadel und der damit einhergehenden Festschreibung von fürstlichen Privilegien2791 – als auch in Form der Abgrenzung des Niederadels gegenüber nichtadeligen Personen. Die Erblichkeit der Ordensmitgliedschaft war nicht auf die kurfürstliche Stiftung beschränkt, sondern findet sich durchaus bei weiteren Gesellschaften des deutschsprachigen Raumes.2792 Sie machte es möglich, bestimmte Adelsfamilien auf Dauer an den Ordenssouverän zu binden und auf diese Weise eine Kontinuität der Beziehungen zu erzeugen. Den großen Erfolg der kurfürstlichen Stiftung dokumentieren nicht nur die enorm hohen Mitgliedszahlen der Gesellschaft bis zum Zeitpunkt ihrer Auflösung2793 – Rudolf von Stillfried und Siegfried Haenle schätzten auf Grundlage von überlieferten Nachrichten von Autoren des 17. und 18. Jahrhunderts die Gesamtmitgliederzahl auf mindestens 700 männliche und weibliche Ordensangehörige2794 –, sondern auch die regionale Ausdeh2789 2790 2791 2792

Ebd., S. 77. CRULL, Die Urkunden-Sammlung, S. 226. Zu dieser Thematik vor allem KRIEGER, Fürstliche Standesvorrechte. Siehe dazu die Angaben bei PARAVICINI, Einleitung, in: KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, S. 29–30. Rudolf von Stillfried und Siegfried Haenle waren noch davon ausgegangen, dass die Erblichkeit als einzigartig einzuschätzen sei, siehe dazu STILLFRIED/ HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 9, erste Fußnote. 2793 Genaueres zum Anstieg der Mitgliedszahlen im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts und zu deren sozialer Zusammensetzung findet sich in Kapitel 3.2. 2794 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 25.

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nung und der hohe gesellschaftliche Rang der meisten Mitglieder. Allein die gesicherten Daten, die von 1440 bis 1464/65 über die Mitglieder der Gesamtgesellschaft Auskunft geben, insbesondere die Informationen zur territorialen und sozialen Zusammensetzung, reichen aus, um deutlich werden zu lassen, in welchem Ausmaß die Stiftung zum Ruhm und Gedächtnis der Dynastie beitragen konnte. Einerseits zeigen die Zahlen die Attraktivität des kurfürstlichen Hofordens für andere adelige Zeitgenossen. Andererseits wirkten sich diese Wertschätzung und insbesondere die Mitgliedschaft von Angehörigen des europäischen Hochadels auf das Ansehen der Dynastie aus. Die fromme Stiftung hatte gleichfalls Anteil an der dynastischen memoria, denn dies gewährleisteten entsprechende Gottesdienstfeiern und Gebetsleistungen in der Marienkirche bei Brandenburg und der Gumbertuskirche in Ansbach, die durch die steigenden Mitgliedszahlen vervielfacht wurden. Einige weitere Aspekte des höfischen Ordens beeinflussten gleichermaßen die öffentliche Wahrnehmung Friedrichs II. und der gesamten Dynastie, förderten die Attraktivität der Stiftung für weitere Beitritte und konnten sie somit zu einem Mittel gegen das Vergessen nach dem Tod machen. Sie sollen im Folgenden nun genauer betrachtet werden. Die Ordensniederlassung und ihre Bedeutung für die Hohenzollern Als erster Punkt in diesem Zusammenhang muss die Symbolik des Raumes genannt werden, die keine unwesentliche Rolle für den Erfolg der Gesellschaft gespielt und sich infolgedessen auch auf die Person des kurfürstlichen Stifters ausgewirkt hat. Friedrich II. legte als Sitz seiner Gesellschaft das Prämonstratenserstift an der Marienkirche auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg fest und konnte durch die Ortswahl zwei Ebenen der Identitätsstiftung ansprechen. Zum einen war der Harlunger Berg in der Mark Brandenburg ein jahrhundertealter Wallfahrtsort, der viele Besucher anzog und sogar noch vor der Christianisierung der Gegend als Kultstätte gedient hatte.2795 Die 1150 errichtete und 1222 erneuerte Marienkirche,2796 die durch ihre Größe und die exponierte Lage auf der Anhöhe des Harlunger Berges (Abb. 13) einen imposanten Eindruck gemacht haben muss,2797 erlebte seit ihrem Bestehen einen enormen Anstieg der Pilgerzahlen. Die Wallfahrtskirche befand sich im Besitz des Domstifts St. Peter und Paul in 2795 GEISLER, Archäologische Beobachtungen, hier auch weiterführende Literatur und verschiedene Quellenangaben. 2796 Allgemein zur Geschichte der Marienkirche siehe aktuell GAHLBECK/SEEBACHER/MÜLLER, Prämonstratenserstift St. Marien, S. 307–328, und SELLO, Die Marienkirche. 2797 KURZE, Das Mittelalter, S. 89.

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Brandenburg und wurde von einem Pfarrer ohne eigenen Pfarrbezirk geleitet, den das Domkapitel eingesetzt hatte. Obwohl die Marienfrömmigkeit in der Mark Brandenburg insgesamt von besonderer Bedeutung war, bescherte das wundertätige Marienbild der Kirche nicht nur einen regen Zulauf aus der Region,2798 sondern machte sie zum überregional bedeutenden Pilgerort ersten Ranges. Die Wallfahrtsstätte spielte außerdem eine herausragende Rolle für das Selbstverständnis des gesamten Territoriums, da sie zunächst einmal als Siegessymbol des Christentums über die Heiden verstanden wurde. Diese Deutung war der Tatsache geschuldet, dass die Marienkirche im 12. Jahrhundert an der Stelle einer slawischen Triglav-Kultstätte2799 errichtet worden war, die angeblich der Wendenfürst Pribislaw zerstört hatte, der zusammen mit seiner Ehefrau zum christlichen Glauben übergetreten war und sich seitdem den christlichen Namen Heinrich gegeben hatte.2800 Bis 1526 wurde sogar ein Standbild der dreiköpfigen Gottheit Triglav als Symbol des Sieges in der Kirche aufbewahrt und hielt das Gedächtnis an diesen entscheidenden Schritt der Christianisierung des märkischen Territoriums wach. Darüber hinaus erinnerte der Kirchenbau auch an die Gründung der Mark Brandenburg,2801 da er zeitlich in die Phase fiel, in der sie sich nach der Rückeroberung der Brandenburg durch Albrecht den Bären als eigenständiges Territorium formierte.2802 Die Geschichtsschreiber des 15. und 16. Jahrhunderts schrieben die Stiftung der Marienkirche Pribislaw-Hein2798 So erwähnt eine Urkunde bei Gercken, dass „[…] ubi dominus Jesus Christus […] plura dignatus est […] miracula operari“, siehe GERCKEN, Ausführliche Stifts-Historie, S. 574. Peter Beier weist zudem darauf hin, dass eine Predigtordnung vom Ende des 14. Jahrhunderts durch ihre Fülle an Festen und die große Anzahl an Predigern belege, wie beliebt der Wallfahrtsort zu diesem Zeitpunkt gewesen sein muss, siehe BEIER, Märkische Marienwallfahrtsorte, S. 27. Die Ordnung ist überliefert im CDB I, 9, Nr. 125, S. 79–80, und Beier bringt eine entsprechende Übersicht in seiner Anlage 1, S. 39. Christian Gahlbeck, Gregor Seebacher und Joachim Müller bewerten die Ordnung jedoch eher als Zeugnis der Konflikte zwischen dem Brandenburger Domkapitel und den Bettelorden, da sich das Predigt- und Seelsorgeamt die vom Kapitel bestellten Priester mit den Bettelmönchen teilten, siehe GAHLBECK/SEEBACHER/MÜLLER, Prämonstratenserstift St. Marien, S. 308. 2799 Zum Triglav-Kult und der Christianisierung der Region um den Harlunger Berg: LÜBKE, Zwischen Triglav und Christus, siehe auch SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 1, insbesondere S. 64–72. 2800 Das berichtete Heinrich von Antwerpen in der ältesten Chronik der Mark Brandenburg, siehe Heinrici de Antwerpe, can. Brandenb., Tractatus de captione urbis Brandenburg, hg. von GEORG SELLO, S. 27. 2801 GAHLBECK/SEEBACHER/MÜLLER, Prämonstratenserstift St. Marien, S. 308. 2802 Nach der Rückeroberung der Brandenburg am 11. Juni 1157 nannte sich Albrecht der Bär in einer Urkunde vom 3. Oktober 1157 erstmalig „marchio in Brandenburg“, zitiert nach SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 1, S. 74, Fußnote 40. Hiermit hatte sich, wie Johannes Schultze bemerkt, das vom König verliehene Amtslehen in eine Landesherrschaft gewandelt. Die Argumentation ebd., S. 74–78, aber auch S. 69.

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rich zu,2803 mittlerweile scheinen für die historische Forschung eher Albrecht der Bär2804 oder dessen Sohn, Markgraf Otto I.,2805 als Wohltäter infrage zu kommen. Neben der Bedeutung für das Selbstverständnis des Territoriums hatten auch die Hohenzollern beim Regierungsantritt Friedrichs II. bereits einen intensiven Bezug ihrer Dynastie zu diesem Ort hergestellt. Im Jahr 1435 tätigte Friedrich I. an dieser Stelle eine bedeutende Stiftung,2806 nachdem seine beiden Söhne Johann und Albrecht von einer Pilgerreise ins Heilige Land2807 sicher wieder zurückgekehrt waren. Der Markgraf ließ in der Kirche, die „der hochgeborn Furste, Herr Heinrich, ettwenn der Wenden koenig […] In die ere und wirdikeit der hochgelobten koniginn Marien gepawet“2808 hatte, ein Stift einrichten. Zuerst durch die Konkurrenz der der Jungfrau Maria geweihten Pfarrkirche in Neukammer bei Nauen,2809 seit 1382 dann durch den großen Zulauf des ‚Wunderbluts‘ in Wilsnack2810 verlor der viel besuchte Marienwallfahrtsort gegen Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts an Bedeutung. Weitere Einbußen entstanden dem Domkapitel durch die Beteiligung der drei großen Bettelorden der Franziskaner, Dominikaner und Augustiner-Eremiten an Predigt und Seelsorge in der Marienkirche. Die fehlenden Einnahmen bewirkten, dass die Kirche im 15. Jahrhundert mehr und mehr verfiel, da das Domkapitel immer weniger gewillt war, in die Marienkirche zu investieren.2811 Auch die Gottesdienste und die Messfeiern wurden seltener. Auf diese Situation nahm im Jahr 1435 auch die Urkunde Friedrichs I. Bezug. Er ließ hier festhalten, dass er es als großes Unrecht ansehe, dass es mit dem Lob Mariens an einer Stätte so gering bestellt sei, an der die heilige Jungfrau so viele Wunder gewirkt habe.2812 Deshalb setzte er Johann Haysen als Dechant des neuen Stiftes ein und verpflich2803 Aber auch andere mögliche Stifter wurden immer wieder genannt, siehe dazu EICHHOLZ, Das Prämonstratenserstift, S. 127. 2804 GAHLBECK/SEEBACHER/MÜLLER, Prämonstratenserstift St. Marien, S. 308. 2805 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 1, S. 91, Fußnote 17. Die Schenkung der Marienkirche an das Brandenburger Domkapitel im Jahr 1161 durch Markgraf Otto I. ist sicher belegt: CDB I, 8, Nr. 15, S. 104–105. 2806 Annette Wigger hat darauf hingewiesen, dass sich das Engagement der Hohenzollern auf dem Harlunger Berg nicht in den beiden Stiftungen des Vaters und des Sohnes erschöpfte. In den auffällig umfangreichen Stiftungen, die der Dompropst Peter von Klitzing dem Stift der Prämonstratenser machte, seien sehr wahrscheinlich Schenkungen der Hohenzollern, insbesondere Friedrichs II., zu vermuten, da die Summen selbst für einen märkischen Adeligen viel zu hoch gewesen wären, siehe WIGGER, Vom Chordienst, S. 115. 2807 Zu der Reise ausführlich Kapitel 5.2. 2808 CDB I, 9, Nr. 182, S. 141–143, hier S. 141. 2809 BEIER, Märkische Marienwallfahrtsorte, S. 31. 2810 Mehr dazu in Kapitel 5.2. 2811 BEIER, Märkische Marienwallfahrtsorte, S. 27. 2812 CDB I, 9, Nr. 182, S. 141–143, hier S. 141.

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tete zudem fünf Domherren aus dem Brandenburger Domkapitel St. Peter und Paul, täglich Stundengebete zu Ehren der Gottesmutter zu halten und den Gottesdienst in der Marienkirche zu feiern. Die Statuten der Gesellschaft Unserer Lieben Frau2813 und eine Urkunde Friedrichs II. vom 28. Mai 14432814 zeigen, dass der Markgraf auch schon an der Stiftung seines Vaters beteiligt gewesen war, denn an beiden Stellen findet sich die entsprechende Formulierung, dass die Stiftung des Vaters mit dem Wissen und der Hilfe des Sohnes erfolgt sei. 1440 hatte er dem Stift außerdem verschiedene Einkünfte aus dem Dorf Butzow verschrieben,2815 um die Stiftung finanziell aufzuwerten. Schließlich legte er am 14. Mai 1443 fest, dass das Stift auf dem Harlunger Berg der Verantwortung des Brandenburger Domkapitels entzogen wurde, ließ den Dechanten zum Propst erheben und sicherte dem Kapitel die „frien kor und wal“2816 zu. Dieser Akt der ‚Emanzipation‘ für das Stift, den die kurfürstliche Urkunde damit erklärt, dass die guten Werke der Stiftsherrn somit noch beständiger und auf ‚ewige Zeit‘ gewährleistet werden könnten,2817 bedeutete gleichzeitig, seine eigene Position zu stärken und eine Zwischengewalt auszuschalten. Die Bemühungen Friedrichs I. und Friedrichs II. im Zusammenhang mit dem Prämonstratenserstift zeigen den hohen Stellenwert, den dieses für die Dynastie besaß. Es stellte eine der wichtigsten frühen Stiftungen der Hohenzollern in ihrem neuen Territorium dar und hatte damit große Bedeutung für die Legitimation der Dynastie in der Mark Brandenburg. Denn durch die geschickte Verknüpfung ihrer frommen Stiftung mit einem Ort, der für ihr neues Territorium von großer Bedeutung war, erhöhte sich die Attraktivität für den märkischen Adel, der Gesellschaft beizutreten. Dieser Gedanke fand auch in den entsprechenden Stiftungsbriefen von Vater und Sohn seinen Niederschlag, in denen ein Anknüpfen an die Stiftung des Pribislaw-Heinrich deutlich hervorgehoben wurde. Friedrich II. übernahm sogar direkt Formulierungen des Vaters, und in den Ordensstatuten wird die Kontinuität zwischen den Hohenzollern und dem berühmten konvertierten Herrscher des 12. Jahrhunderts auf die Spitze getrieben, indem Friedrich II. an dieser Stelle vom Wendenkönig als von „vnser vorfarn“2818 spricht. Eine besondere Auszeichnung des Ortes der Gesellschaft Unserer Lieben Frau erfolgte jedoch noch auf andere, vielleicht noch wirksamere Wei2813 2814 2815 2816 2817 2818

STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 42. GERCKEN, Ausführliche Stifts-Historie, Nr. 145, S. 659. CDB I, 9, Nr. 193, S. 150. CDB continuatus, Nr. 48, S. 190–191, hier S. 191. Ebd. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 42.

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se: Friedrich I. und Friedrich II. betonten immer wieder, dass der Harlunger Berg von der heiligen Jungfrau selbst ausgesucht worden sei. Bereits bei der Gründung des Stiftes im Jahr 1435 verwies Friedrich I. auf diese Tatsache und äußerte seine Überzeugung, dass er „[…] on zweifel sein, Sie habe sich dieselben stete selbs zu Irem Lobe ausserwelt und ausserkorn […].“2819 Sowohl im Stiftungsbrief der Gesellschaft als auch in den Statuten evoziert Friedrich II. das gleiche Bild der Auserwählung durch die Gottesmutter.2820 Er stellte erneut eine geschickte Verbindung zu seiner eigenen Person her, indem er betonte, dass die heilige Jungfrau zwar an allen Orten ihre Gnade beweise und Wunder vollbringe, aber in seiner Herrschaft besonders die Kirche auf dem Harlunger Berg ausgesucht habe. Diese sei im Ursprung seines Fürstentums gelegen, in dem er ein Markgraf und der Erzkämmerer des Heiligen Römischen Reiches sei und heiße. An diesem besonderen Ort habe Maria viele Wunder vollbracht und tue dies immer noch. Der Auserwählung durch die Gottesmutter hätten sein Vater und er bereits Rechnung getragen, indem sie das Prämonstratenserstift eingerichtet hätten. Nun wolle er die Kirche auch weiterhin ehren und habe sie deswegen vor allen anderen Kirchen seines Territoriums zum Sitz der neuen Stiftung auserwählt.2821 Dass die Gottesmutter die Marienkirche selbst ausgesucht hatte, musste im Verständnis der Zeitgenossen schwer wiegen. Friedrich II. und sein Vater erwiesen sich als fromme Christen, indem sie den ‚offensichtlichen‘ Wunsch der Heiligen erkannten und der Marienkirche durch entsprechende Stiftungen eine angemessene Bedeutung beimaßen. Dass der Sitz der neuen Stiftung Friedrichs II. an einem symbolisch so herausragenden Ort angesiedelt war, hat sicherlich die Attraktivität des Hofordens für seine Mitglieder erhöht. Über die Gestalt der Kirche, die am 20. April 1722 abgerissen worden ist2822 und deren letzte Fundamente 1960 vollständig entfernt wurden,2823 geben lediglich Zeichnungen und zwei Modelle Auskunft. Die große Eingangshalle und der über alle Treppen erreichbare vollständige Umgang des Obergeschosses weisen auf ihre Funktion als Wallfahrtskirche hin.2824 Zeichnungen und Modelle2825 machen deutlich, dass es sich um einen doppelgeschossigen Zentralbau handelte, der von vier quadratischen Türmen umschlossen war und vermutlich auf byzantinische Vorbilder zurück2819 2820 2821 2822 2823 2824 2825

CDB I, 9, Nr. 182, S. 141. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 36 bzw. S. 42. Ebd., S. 42. GAHLBECK/SEEBACHER/MÜLLER, Prämonstratenserstift St. Marien, S. 313. Ebd., S. 319. Ebd., S. 320. EICHHOLZ, Das Prämonstratenserstift, S. 124-125.

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ging. Wahrscheinlich trug Friedrich II.2826 den Anforderungen seiner Ordensstiftung architektonisch Rechnung, indem er an der Westseite der Kirche eine 1443 vollendete2827 gotische Kapelle anbauen ließ, die ebenfalls zweigeschossig und der Hauptkirche nachempfunden war, aber insgesamt eine relativ ungewöhnliche Bauform in dieser Zeit darstellte.2828 Der untere Raum der Kapelle bestand aus einer dem heiligen Leonhard geweihte Krypta,2829 die durch zwei Treppentürme erreichbar war und über die man ebenfalls in die Empore der Hauptkirche gelangen konnte. Der Hauptraum der Kapelle lag wie ein Hochchor zur Hauptkirche und war mit dieser durch eine breite Treppe verbunden, wobei jedoch ausschließlich die Mitglieder der Gesellschaft Zugang zu diesem Teil der Marienkirche hatten. Die Ordensmitglieder konnten den Gottesdiensten in der Kirche demnach von exponierter Stelle aus beiwohnen und hatten so einen exklusiven Blick auf das wundertätige Bild der Gottesmutter, das den zahlreichen Pilgern an hohen Festtagen präsentiert wurde.2830 Zur Auswahl des Gründungsdatums und zur Symbolik der Ordensinsignie Als Stifter der Gesellschaft Unserer Lieben Frau hatte Friedrich II. nicht nur durch die Wahl des institutionellen Ortes seiner Stiftung verschiedene symbolische Rückbezüge hergestellt, sondern auch das Gründungsdatum war durchaus mit Bedacht gewählt. Zunächst einmal ist die zeitliche Nähe zur Stiftung des Prämonstratenserstifts auffällig, dessen Stiftungsurkunde vom 26. September datiert. Denkbar ist, dass durchaus auch auf dieser Ebene die Nähe der beiden Stiftungen symbolisch zum Ausdruck kommen sollte. Sehr wahrscheinlich sollte auch eine zeitliche Nähe zum Sterbebzw. Geburtstag des Vaters hergestellt werden, denn die memorialen Aspekte der Stiftung boten eine Gelegenheit, hier einen Beitrag zum Seelenheil des Vaters zu leisten.2831 Der 29. September als Gründungdatum der 2826 Christian Gahlbeck, Gregor Seebacher und Joachim Müller datieren den Bau der Kapelle jedoch bereits auf die Stiftsgründung von 1435, siehe dazu GAHLBECK/SEEBACHER/MÜLLER, Prämonstratenserstift St. Marien, S. 320. 2827 EICHHOLZ, Das Prämonstratenserstift, S. 134. 2828 GAHLBECK/SEEBACHER/MÜLLER, Prämonstratenserstift St. Marien, S. 320. 2829 Die Oberkirche war hingegen der heiligen Maria geweiht, siehe WIESNER, Vom Zisterzienserkloster, S. 165. Eine detailreiche Beschreibung der Doppelkapelle findet sich bei ADLER, Mittelalterliche Backstein-Bauwerke, S. 7–8. 2830 EICHHOLZ, Das Prämonstratenserstift, S. 130. 2831 Der genaue Termin des Geburtstags Friedrichs I. ist in der Forschung umstritten, meist wird nur das Jahr angegeben wie bei WEIß, Die ersten Hohenzollern, S. 27. Reinhard Seyboth vermutet dagegen den 21. September als Geburtsdatum, siehe SEYBOTH, Friedrich VI., S. 28. Wie das burgundische Beispiel zeigt, war es bei adeligen Stiftungen im 15. Jahrhundert

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Gesellschaft Unserer Lieben Frau lässt aber weitere symbolische Deutungen zu: Der St. Michaelstag scheint geradezu prädestiniert, um als Gründungstag eines höfischen Ordens zu fungieren, war der Bezug zum Erzengel Michael – nicht nur in seiner Funktion als Seelenwäger – für die Mitglieder der Gesellschaft äußerst reizvoll. In memorialer und seelsorgerischer Hinsicht stellte der höfische Orden mit der Jungfrau Maria und dem Erzengel Michael gleich zwei ‚himmlische Helfer‘ bereit, die entscheidenden Einfluss auf das weitere Leben im Jenseits ausübten. Während Maria als Fürsprecherin vor Gott für die armen Sünder eintrat, lag es in den Händen Erzengel Michaels, die Waagschale möglicherweise zugunsten der Gesellschaftsmitglieder ausschlagen zu lassen. Zudem galt er allen Gläubigen als ein Vorbild im Tode,2832 und aus einem Streit mit dem Teufel um den Leichnam Moses geht er als Sieger hervor. Durch die Cluniazenser verbreitete sich die Vorstellung von Michael als dem Seelengeleiter in den Himmel, und diese Deutung erfuhr gerade im Spätmittelalter noch einmal gesteigerten Zuspruch. Zusätzlich zu den Funktionen, die ihm in der Stunde des Todes und für das jenseitige Leben zukamen, fungierte der Erzengel als Schutzpatron des Heiligen Römischen Reiches.2833 Während der Schlacht auf dem Lechfeld 955, aber auch bereits 933 bei der Schlacht an der Unstrut sollen beispielsweise Fahnen und andere Feldzeichen2834 mitgeführt worden sein, auf denen sich Bild und Name des Erzengels befanden, wie zumindest Widukind von Corvey berichtete.2835 Auch ganz allgemein galt Michael als Schlachtenhelfer, in Byzanz hatte sich beispielsweise bereits seit dem 10. Jahrhundert der Brauch herausgebildet, auf Kriegsfahnen neben der Jungfrau Maria oder dem heiligen Georg auch den Erzengel Michael darzustellen.2836 Auch im späten Mittelalter hatte sich

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üblich, den Geburtstag als Gedenktag zu Lebzeiten und den Todestag für die Ewigkeit zu wählen. Für Karl den Kühnen ist lediglich ein Beispiel bekannt, bei dem der Geburtstag auch weiterhin als Gedenktag für die Zeit nach dem Tod ausgewählt wurde, siehe KAMP, Amortisation, S. 269. Lukas Wolfinger hat in seiner Dissertation über Rudolf IV. von Habsburg ausführlich die Bedeutung des Geburtstages für die Herrschaftsinszenierung des Herzogs analysiert, siehe WOLFINGER, Die Herrschaftsinszenierung. Zu theologischer Bedeutung, Verehrung und Ikonografie des Erzengels Michael: SCHALLER, Der Erzengel Michael; BRÜCKNER, Art. ‚Michaelsverehrung‘, S. 714–724, insbesondere S. 717; und SCHNEIDER, Michael und seine Verehrung. Aus der umfangreichen Forschungsliteratur zu den Heiligen im Mittelalter hier nur allgemein ANGENENDT, Heilige. BRÜCKNER, Art. ‚Michaelsverehrung‘, S. 718. Allgemein zu Fahnen als symbolischen Kommunikationsmedien, welche die Bitte um Schutz, Sieg und Hilfe in der Schlacht zum Ausdruck brachten: SCHREINER, sygzeichen, vor allem S. 82–85; DERS., ‚Signa Victricia‘, insbesondere S. 272–283. Grundlegend zu diesem Thema aus neuerer Zeit: WEBER, Zeichen der Ordnung. Widukind von Corvey, Sachsengeschichte, hg. von GEORG WAITZ/KARL ANDREAS KEHR, S. 125 und S. 57, Zeile 11. SCHREINER, Schutzherrin, S. 289.

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diese Funktion nicht verändert. Für einen Kurfürsten des Reiches war die Wahl eines solchen Patrons für eine fromme Stiftung sicherlich sehr angemessen. In seiner Position als Mitglied des Hochadels, der einem entsprechenden adeligen Normen- und Wertesystem verpflichtet war, konnte eine Gründung am St. Michaelstag schließlich noch eine weitere symbolische Deutungsebene für seine adeligen Standesgenossen eröffnen: Betrachtet man die Darstellung im Alten Testament, so springt die Position Michaels als Großengel der Engelfürsten in Auge. Er gehört der höchsten Klasse des himmlischen Hofstaates an, der Engelsfürst ist der Vertraute Gottes, schaut in dessen Angesicht und verwahrt die Schlüssel zum Himmel.2837 Gegenüber dieser Betonung seiner ‚ständischen Qualität‘ wird im Neuen Testament die kämpferische Schutzfunktion des Erzengels unterstrichen. Während des gesamten Mittelalters galt Michael als Symbol der „ecclesia militans“ und Bezwinger des Satans,2838 was durch die vielfache bildliche Darstellung in der mittelalterlichen Vorstellungswelt ausgesprochen präsent gewesen sein muss. Als Drachentöter wird er seit dem 9. Jahrhundert dargestellt, spätestens im 15. Jahrhundert hat sich das Bild des Seelenwägers mit dem Bild des Drachentöters und Teufelsbezwingers als fester Kanon in der Kunst etabliert.2839 In gewisser Weise greifen auch die Statuten Kurfürst Friedrichs II. dieses Thema wieder auf, wenn sie als Gegenwartsbeschreibung die schrecklichen Irrtümer und die Zwietracht anführen, die durch die Sünden der Menschen in die Welt gekommen sind.2840 Dieser letztendlich von Satan hervorgerufenen Situation versuchte Friedrich II. entgegenzuwirken, wie die Vorrede seiner Ordensstatuten zu belegen scheint. Mit der Gründung seiner Gesellschaft am St. Michaelstag konnte er also aus einem durchaus breiten symbolischen Repertoire auswählen und verschiedene Bedürfnisse bei sich und seinen Gesellschaftsgenossen abdecken bzw. insgesamt unterschiedliche Deutungsebenen eröffnen. Am attraktivsten für die adeligen Mitglieder, insbesondere für jene, die sich aus dem Hochadel rekrutierten, muss der Erzengel in seiner Funktion als ritterlicher Anführer der göttlichen Heerscharen und als Vertreter einer ‚himmlischen Elite‘ innerhalb der Hierarchie des Jenseits2841 gewesen sein. Der Stifter mag auch gerade in der Schutzfunktion des Engelsfürsten für das Reich symbolische Anknüpfungspunkte für seine Person als Kurfürst 2837 2838 2839 2840 2841

BRÜCKNER, Art. ‚Michaelsverehrung‛, S. 718, und auch DÖRRER, Art. ‚Michael‘, S. 394. ANGENENDT, Heilige, S. 107. BRÜCKNER, Art. ‚Michaelsverehrung‘, S. 722. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 39. Zur Ordnung der ‚himmlischen Gesellschaft‘ als neunstufige Hierarchie siehe DINZELBACHER, Klassen.

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gesehen haben. Man kann also durchaus sagen, dass bereits in dem Gründungsdatum der besondere Charakter der Gesellschaft Friedrichs II. deutlich zum Ausdruck kommt: auf der einen Seite die fromme Stiftung, mit deren Hilfe für das Seelenheil gesorgt werden konnte. Auf der anderen Seite stellte sie ein Medium dar, das den Anforderungen fürstlicher bzw. kurfürstlicher Repräsentation ausgesprochen gut entgegenkam. Die Ordensinsignie Bereits der Stiftungsbrief des Jahres 1440 gibt indirekt Auskunft über das Aussehen der Ordensinsignie, die Friedrich II. für die in seiner Stiftung versammelten Gesellschaftsgenossen obligatorisch machte. Besonders die Wahl und Deutung des Ordensabzeichens ist von der Forschung immer wieder als ein deutliches Indiz für die „[…] mystisch angehauchte Glaubensausrichtung Friedrichs II.“2842 gedeutet worden. Das Abzeichen bietet jedoch vielschichtige symbolische Bezüge an und stellte damit ein durchaus anspruchsvolles Repertoire zur Verfügung, das nicht nur fromme, sondern auch repräsentationsbewusste adelige Mitglieder interessieren konnte.2843 Dies soll im Folgenden näher erläutert werden: Der Kurfürst ließ in der Stiftungsurkunde knapp festhalten, dass er ein Abzeichen habe anfertigen lassen, welches er selbst zur Andacht trage (Abb. 14). Hierauf folgen Deutung und Funktion der wichtigsten Elemente des Abzeichens, nämlich die von „Premtzen“, also Maulhölzern2844 gepeinigten Herzen (Abb. 15), das Bild der heiligen Gottesmutter, der Schwan und die weiße „Dwele“,2845 ohne dass aus der Urkunde ganz ersichtlich wird, dass es sich um die Beschreibung der äußeren Erscheinung der Insignie handelt. Die drei Jahre später entstandenen Ordensstatuten hingegen liefern in dem mit „Uthleggunge vnde bedutnisz der geselschapp“ überschriebenen Kapitel2846 nicht nur eine genaue Beschreibung der Ordenskette, sondern stellten gleichzeitig eine Ausdeutung jedes einzelnen Symbols zur Verfügung. Die Statuten evozieren das Bild der Gottesmutter, die sich in einem Mond und von Sonnenstrahlen umgeben präsentiert. Ikonografisch ließ sich Friedrich II. bei der Gestaltung des Abzeichens von einem beliebten Motive der zeitge2842 LETZ, Fürstliche Herrschaft, S. 220; so urteilte aber auch bereits Johannes Schultze 1963, siehe SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 53, Fußnote 2. 2843 Wobei das von den Zeitgenossen sicherlich nicht als Gegensatz empfunden worden ist. 2844 Zunächst eine Art Maulkorb für Tiere, der später jedoch als Folterinstrument genutzt wurde. 2845 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 36. 2846 Ebd., S. 41.

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nössischen Kunst inspirieren. Denn die Darstellung der Gottesmutter mit dem Kind auf dem Arm, die von Sonnenstrahlen umgeben ist und auf einer Mondsichel steht, war bereits seit dem 14. Jahrhundert fest ins Repertoire der mittelalterlichen Malerei eingegangen.2847 Die sogenannte Mondsichelmadonna ging auf das ältere Sujet der ‚apokalyptischen Frau‘ zurück, das sich auf die Offenbarung des Johannes bezog, in der ein mit der Sonne bekleidetes und auf einer Mondsichel stehendes Weib einen Knaben gebärt, der alle Völker mit einem eisernen Stab weiden soll.2848 Mutter und Kind werden von einem siebenköpfigen roten Drachen bedroht, den der Erzengel Michael schließlich überwindet und aus dem Himmel auf die Erde stürzt. Im Zuge der gesteigerten Marienfrömmigkeit des 14. Jahrhunderts wurde die Frau aus der Offenbarung des Johannes endgültig mit Maria gleichgesetzt und gehörte im 15. Jahrhundert zu den bevorzugten Marienmotiven. Eine gewisse künstlerische Variation des Bildsujets ist beim Abzeichen der Gesellschaft Unserer Lieben Frau aber insofern zu vermerken, als hier ein Brustbild, nicht die Komplettansicht der stehenden Gottesmutter präsentiert wird. Auffällig erscheint trotzdem, wie gut das Motiv der ‚Mondsichelmadonna‘ zur Wahl des Gründungsdatums der Gesellschaft passt, wie harmonisch Marienfrömmigkeit und die Verehrung des Erzengels ineinandergreifen. Der Rückgriff auf das Motiv des Schwans weist in der bildenden Kunst des Mittelalters in eine etwas andere Richtung, auch wenn der Schwan im späten Mittelalter sowohl in die Marien- als auch in die Christussymbolik eingegangen ist:2849 Vom keltischen Volksglauben über das antike Griechenland bis nach Kleinasien, aber auch bei den Slawen und Germanen wurde der Schwan zunächst als Symbol des Lichts gedeutet, wobei er in der frühchristlichen Kunst keine besondere Rolle spielte und viel seltener als beispielsweise die Ente dargestellt wurde.2850 In der griechischen Antike nahm er hingegen eine zentralere Position ein, war es doch Apoll, der sich bei Ovid als Schwan mit Leda paarte, oder Cygnus, der sich in einen Schwan verwandelte, um vor Achilleus zu entkommen.2851 Zudem galt der Schwanenvogel als Attribut von Aphrodite, Apollon, Klio, Erato und Tyche, die häufig auf einem Schwan reitend dargestellt wurde.2852 Bei Vergil 2847 2848 2849 2850 2851 2852

SIEGFRIED, Maria auf der Mondsichel. Offb 12,1–12,18. KRETSCHMER, Lexikon, S. 382. MOHR, Lexikon, S. 260–261. PRESTON, Metzler-Lexikon, S. 217. Apollon als Gott des Lichts wurde häufig mit einem Schwan dargestellt, aber auch als Gott des Gesanges. Da der Schwan laut den Dichtern der klassischen Antike den Gesang liebt und selbst in der Stunde seines Todes lieblich singt, wurden auch einige Musen wie Erato und Klio in der künstlerischen Darstellung von Schwänen begleitet. Der Schwan als Inbe-

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erscheint das Bild des Schwans als Personifikation des Mutes, denn in seiner Aeneis stürzt sich ein Schwan auf einen Adler, der einen anderen Schwan angreift.2853 Die allgemein positive Bedeutung des Schwans als Sinnbild der edlen Reinheit und Herkunft in der Antike, aber auch des ‚poetischen‘ Vogels neben Nachtigall und Schwalbe2854 verwandelte sich im Laufe des Mittelalters zur Mariensymbolik. Schließlich begegnet der Schwanenvogel als Attribut verschiedener Heiliger wie zum Beispiel des heiligen Cuthberts, Hugos von Grenoble oder Hugos von Lincoln, des heiligen Liutgers, während die Zisterzienser von Salem, aber auch der Kartäuserorden den Schwan als ihr Wappentier ausgewählt hatten.2855 Sowohl bei mittelalterlichen Handschriften-Illustrationen fand die Schwanensymbolik eine weite Verbreitung – als Beispiele wären hier die Holkham Bibel oder der Queen Mary’s Psalter, beide aus dem Anfang bzw. der Mitte des 14. Jahrhunderts zu nennen – als auch in der Tafelmalerei: Von der Vielzahl der Beispiele seien hier nur kurz der Herrenberger Altar des Jörg Ratgeb oder Lucas Cranachs Portrait der Anna Cuspinian genannt.2856 In der mittelalterlichen Literatur war das Motiv des Schwans zudem eng mit dem Schwanritterstoff verbunden, der durch den Parzival Wolframs von Eschenbach, Konrads von Würzburg Schwanenritter und im 15. Jahrhundert durch den anonymen Lorengel und das Heldenbuch Ulrich Füetrers in vielfachen Variationen präsent war. Zudem stellte Konrads von Würzburg Lobgesang auf die Jungfrau Maria in seiner Goldenen Schmiede ein Beleg dafür dar, dass der Schwan nun auch als Christussymbol galt.2857 Eine eigenständige Tradition hatte sich auch in Frankreich mit dem Chanson du Chevalier au Cygne2858 entwickelt, wobei eine – allerdings

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griff der Schönheit war wenig überraschend auch ein Attribut der Aphrodite, siehe HALL, Dictionary of Subjects, S. 294. Publius Vergilius Maro, Aeneis, 12, 247–248, hg. von GIAN BIAGIO CONTE. Häufig findet sich die Vorstellung, in dem anderen Schwan ein Jungtier zu sehen, das verteidigt wird. Dieses Sujet wurde in der Kunst und Literatur häufig aufgegriffen. ROTH-BODJADZHIEV, Studien, S. 41, Fußnote 215. KRETSCHMER, Lexikon, S. 382. Auch in der Ausmalung profaner Räume im Kontext der Paradiesvorstellungen gehörten Schwäne zu den beliebten Motiven, siehe ROTH-BODJADZHIEV, Studien, S. 13. ROTH-BODJADZHIEV, Studien, S. 69 und S. 93. „Man sagt uns allen, dass der Schwan / singet, wenn er sterben soll. / Dem tut dein Sohn gleichen wohl.“, zitiert nach KRETSCHMER, Lexikon, S. 382. Zudem wurden auch theologische und naturwissenschaftliche Texte verfasst, die sich mit dem Schwan beschäftigten, zum Beispiel von Hugo von Folieto, Albertus Magnus oder Konrad von Megenberg, siehe ROTH-BODJADZHIEV, Studien, insbesondere S. 3–5. Zu der Entwicklung der literarischen Tradition des Stoffes in Frankreich und insbesondere der Zusammenhang mit dem Märchen von den Schwankindern, siehe CRAMER, Lohengrin, S. 48–68. Auch in England wurde der Schwanenritterstoff seit dem späten 14. Jahrhundert aufgegriffen, siehe BARRON, Chevalere Assigne. Verschiedentlich sind zudem historische

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auch nur schwache – Verbindung zwischen der literarischen Überlieferung in Frankreich und Deutschland für Wolfram von Eschenbach und Konrad von Würzburg zu belegen ist.2859 Während jedoch allen französischen Chanson-du-Chevalier-au-Cygne-Varianten gemeinsam ist, dass sie das Thema mit der historischen Gestalt Gottfrieds von Bouillon in Bezug setzen, denn der Schwanenritter wird als Großvater Gottfrieds von Bouillon dargestellt, dem bekanntesten Kreuzfahrer und späteren König von Jerusalem,2860 sind die Schwanenritter in Wolframs und Konrads Bearbeitungen nicht mit diesem verwandt.2861 Bei ihnen werden aber die Gottgesandtschaft und die besonderen ritterlichen Qualitäten des Schwanenritters deutlich herausgestellt;2862 und auch der heldenhafte Kampf gegen die Heiden während des Kreuzzuges diente zur Verherrlichung der Ehre aller beteiligten Personen.2863 Auch diese literarischen Vorlagen waren demnach sehr gut geeignet, den Repräsentationsanforderungen eines spätmittelalterlichen Hofordens bzw. seiner (hoch-)adeligen Mitglieder zu dienen. Verschiedene europäische Adelshäuser haben in diesem Sinne entweder selbst genealogische Verbindungen ihrer Dynastie mit dem sagenhaften Schwanenritter konstruiert oder wurden aus verschiedenen Gründen von Dritten mit diesem in ein Verwandtschaftsverhältnis gesetzt. Neben den bereits erwähnten Grafen von Bouillon müssen in diesem Zusammenhang die Grafen von Boulogne, das Haus Brabant, die Herzöge von Kleve,2864 aber zum Beispiel auch die holländischen Grafen van Arkel2865 genannt werden.

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Zeugnisse überliefert, die eine entsprechende Verwandtschaft mit dem legendären Schwanenritter zu konstruieren versuchen, zum Beispiel bei König Stephan und dessen Gemahlin Mathilde im 13. Jahrhundert, siehe CRAMER, Lohengrin, S. 71–73 mit weiteren Beispielen vor allem für Edward I. CRAMER, Lohengrin, S. 124. BRUNNER, Genealogische Phantasien, S. 279. Thomas Cramer weist darauf hin, dass die historischen Quellen, die eine vermeintliche Abstammung des Hauses Bouillon von einem Schwanenritter zu belegen versuchen, sogar älter sind als die der überlieferten Schwanenritterdichtung, siehe CRAMER, Lohengrin, S. 69. Wobei Konrad von Würzburg Gottfried von Bouillon als Gottfried von Brabant in Erscheinung treten lässt, dessen Tochter der von Gott gesandte Schwanenritter zu Hilfe eilt, siehe BRUNNER, Genealogische Phantasien, S. 279. Ebd., S. 279–280. CRAMER, Lohengrin, S. 175. Auch die Existenz eines klevischen Schwanenritterordens wurde bisweilen immer wieder angenommen, und diese Annahmen fanden sogar Eingang in die enzyklopädischen Wissensbestände des 19. Jahrhunderts, siehe PIERER’S UNIVERSAL-LEXIKON, S. 503. Für den Orden, den Rudolf von Habsburg anlässlich seiner Heirat mit Margarethe von Kleve 1290 gegründet haben soll, lassen sich jedoch keine gesicherten Quellenbelege finden, siehe CRAMER, Lohengrin, S. 100–102. CRAMER, Lohengrin, S. 122–123. Neben den genealogischen Bezügen diente der Schwan verschiedenen adeligen Häusern Europas als Wappentier, unter anderem dem burgundischen Hof des Herzogs Jean de Berry, siehe ROTH-BODJADZHIEV, Studien, S. 8.

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Auch wenn ein direkter Rückbezug Friedrichs II. für seine brandenburgische Stiftung auf das literarische Vorbild des Schwanenritters nicht belegt werden kann,2866 scheint doch die allgemeine Kenntnis des Schwanenritterstoffes und Rezeption durch den europäischen Adel diesen Zusammenhang durchaus nahezulegen. Während sich also verschiedene künstlerische und literarische Vorbilder für die einzelnen Elemente der Ordensinsignie finden lassen, scheint die Kombination von Schwanenmotiv und ‚Mondsichelmadonna‘ einzigartig zu sein, zumindest lässt sich bislang kein weiteres Beispiel für diese Verbindung finden. Betrachtet man die Abzeichen der anderen höfischen Orden des 14. und 15. Jahrhunderts, so zeigt sich, aus welcher Bandbreite symbolischer Bezüge generell geschöpft wurde:2867 Sie reichten von einfacher, fast selbsterklärender Symbolik2868 über komplizierte Verknüpfungen der griechischen Mythologie mit christlicher Thematik, wie es sich bei der Argonautensage des Goldenen Vlieses finden lässt, bis zu eher mysteriösen Motiven und Bezügen, die zum Beispiel der sogenannte Hosenbandorden des englischen Königs anbietet.2869 Auch Verbindungen von bildlicher Symbolik mit Wortdevisen waren häufig und wurden auch von der Insignie der Gesellschaft Unserer Lieben Frau aufgegriffen. Die genaue Ausdeutung liefern auch hier wieder die Statuten Friedrichs II. von 1443. Das berühmteste Beispiel einer Wortdevise stellt wohl das Vokalspiel „AEIOU“2870 Kaiser Friedrichs III. dar, das auf Bauten, Silbergeschirr, Paramenten, Siegeln und Urkunden Verwendung fand und noch in der Frühen Neuzeit eine Renaissance erlebte.2871 Für den Bereich der höfischen Orden sei stellvertretend für die Vielzahl an Devisen auf das nicht minder berühmte und schwer zu deutende Wortspiel des Hosenbandor2866 Thomas Cramer stellt dazu jedenfalls fest: „[O]b der [b]randenburgische Orden mit dem literarischen Schwanenritter in Verbindung steht[,] ist ungewiß“, siehe CRAMER, Lohengrin, S. 123. Cramer erwähnt jedoch, dass es eine – wenn auch sehr weitläufige – verwandtschaftliche Verbindung der Hohenzollern mit den Geschlechtern gegeben hat, bei denen der Schwanenritterstoff eine große Bedeutung für das Dynastiebewusstsein hatte, siehe ebd. 2867 Siehe dazu vor allem PRIETZEL, Hosenband, S. 119. 2868 Als Beispiel kann hier das Abzeichen des St. Michaelsordens des französischen Königs genannt werden, das erwartungsgemäß in einem ovalrunden Mittelschild den Erzengel im Kampf mit dem Drachen zeigt. 2869 Stellvertretend für die Vielzahl an Literatur über den zwischen 1347 und 1349 von Edward III. gestifteten Hosenbandorden seien hier nur genannt: BOULTON, The Knights, S. 96–166, und COLLINS, The Order of the Garter, S. 155–180. 2870 LHOTSKY, Die ‚Devise‘. Verschiedene Deutungsangebote der Historiker lassen sich finden: Den wohl bekanntesten Auflösungsversuch stellt die Devise „Alles Erdreich ist Österreich untertan“ (Austriae est imperare orbi universo) dar, aber häufig wurde sie auch als Ausdruck bloßer Buchstabenmagie oder Zahlenmystik gedeutet, dazu KOLLER, Zur Bedeutung, oder SCHMIDT, Das Vokalspiel. 2871 BENNA, Zum AEIOV, hier S. 416.

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dens verwiesen, das bereits in Mittelalter und Früher Neuzeit eine Fülle von Deutungsversuchen ausgelöst hat, die immer wieder auch erotischromantische Anspielungen entdecken wollten.2872 Die intellektuell durchaus anspruchsvollen Bezüge, die der kurfürstliche Stifter bzw. vor allem seine – wahrscheinlich geistlichen – Räte für das Abzeichen herstellten, zeigen sich gleichfalls in den theologischen Auslegungen der einzelnen Symbole, die die Statuten vornehmen. Hier wird ein regelrechter Heilsplan für den Träger der Ordenskette entwickelt, der sich nahtlos in die zeitgenössischen Vorstellungen der Jenseitsvorsorge einfügte. Dass der Kurfürst zur Beschreibung seines Abzeichens gleichzeitig die Bedeutung der Symbole festhalten ließ, muss interessant erscheinen, die Statuten des Drachenordens König Sigismunds von Ungarn2873 oder diejenigen des Goldenen Vlieses2874 tun dies jedenfalls nicht. Die Intention scheint aber auf der Hand zu liegen: Friedrich II. behielt auf diese Weise die Deutungshoheit über sein Abzeichen und konnte sicher sein, dass es von seiner Umwelt in seinem Sinne verstanden wurde. Der kurfürstliche Stifter ließ festlegen, dass das Bildnis der Muttergottes mit der Devise „Gegrütet sistu der werlde ffrowe“2875 versehen werden sollte, damit die Träger der Kette die Muttergottes immer im Herzen trügen und nicht vergäßen, welche Gnade die Menschen durch sie empfangen hätten. Die Jungfrau Maria sei zwar die Königin des Himmels, erhöht über alle Heiligen, schöner als der Mond und erwählter als die Sonne,2876 trotzdem sei sie zugleich eine Fürstin dieser Welt und durch ihre Verwandtschaft mit Adam und Eva mit allen Menschen verwandt. Immer solle man sich daran erinnern, dass sie der Welt Fürstin sei und deswegen die Menschen umso barmherziger beschütze. Im Anschluss erklären die Statuen die Funktion der „[…] premtzen dy vmme den hals gehangen, vnde dar In hertern gepyniget werden […].“2877 Die von Maulhölzern umschlossenen und dadurch gepeinigten Herzen wollte Friedrich II. als Symbol dafür verstanden wissen, dass die Gesellschaftsmitglieder ihren Eigenwillen, Übermut und ihre Wollust zügeln, sich

2872 Die Devise „Hony soit qui mal y pense“ („Ehrlos sei, wer schlecht darüber denkt“) des Hosenbandordens hat die verschiedensten Deutungsansätze vor allem auch erotischer Art hervorgebracht, siehe PRIETZEL, Hosenband, S. 124–126. 2873 Hier findet sich nur eine ausführliche Beschreibung des Abzeichens, nicht aber eine symbolische Ausdeutung, siehe die ins Deutsche übertragene Passage im Stiftungsbrief bei LÖVEI, Hoforden, S. 258. 2874 GERSTINGER, Das Statutenbuch. 2875 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 41. 2876 Dies scheint an das Hohelied angelehnt zu sein, wo es heißt: „Wer ist sie, die hervorbricht wie die Morgenröte, schön wie der Mond, klar wie die Sonne, gewaltig wie ein Heer“, Hld 6,10. 2877 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 41.

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vor Gott demütigen und ihre Herzen durch Premtzen aufrichtiger Reue und Buße kasteien sollten. Auf diese Weise sollten die Herzen so weiß und rein wie eine dwele, ein Handtuch, werden, wie das, welches um das Bildnis der Muttergottes gewunden sei und das zehn Fransen besitze, die für die zehn Gebote stünden.2878 Die Ordensmitglieder könnten so rein und lauter das Lob für die heilige Jungfrau verbreiten und ihr zu Diensten sein. Schließlich führen die Statuten ein weiteres Element des Abzeichens auf, das die Gesellschaftsmitglieder an den Tod erinnern sollte: Da der Mensch von Jugend an zur Sünde neige und da es auf der Welt nichts anderes gebe, das die Menschen von ihrem sündhaften Treiben abhalte, als die Betrachtung des schweren Todes, den Gott um der Menschheit Willen erlitten habe und den alle Menschen erleiden müssten, sei dem Abzeichen ein Schwan beigegeben. Denn wie der Schwan seinen eigenen Tod zuvor wisse und beklage, habe auch der Herr seinen eigenen Tod zuvor geahnt. Dies solle den Mitgliedern der Gesellschaft als Unterweisung dienen, dass sie – ganz im Gegensatz dazu – ihren Tod nicht im Voraus wissen könnten und deswegen stets auf Beichte, Reue und die barmherzige Hilfe Marias angewiesen seien. Deswegen sei es auch nur billig, dass sie die Gottesmutter stets mit der Devise des Ordens, gegrüßt seist du, Herrin der Welt, anriefen, um sie zu preisen.2879 In der Konzeption des Ordensgründers diente also jedes einzelne Symbol der Insignie als Erinnerungszeichen, mit dessen Hilfe die Mitglieder der Stiftung ein regelrechtes Heilsprogramm durchführen konnten, um in der Stunde des schweren Todes gewappnet zu sein. Im Mittelpunkt des Programms stand die heilige Gottesmutter, deren Hilfe und Fürsprache erreicht werden sollten. Der Schwan, dessen lieblicher Gesang in der Stunde des Todes zu den gesicherten Wissensbeständen in Antike und Mittelalter gehörte,2880 wurde durch die Deutung der Statuten zu einem ausdrücklichen Instrument des memento mori. Vor allem die Fröhlichkeit des Gesanges des den Tod erwartenden Schwans verdeutlichte die im christlichen Sinne 2878 Ebd. 2879 Ebd., S. 41–42. 2880 Dass der sterbende Schwan lieblich singe, wurde im Mittelalter vielfach thematisiert. Diese ‚Tatsache‘ hielt bereits Plinius der Ältere in dem 10. Band seines Werkes Naturalis historia fest. Der sogenannte St. Georgener Prediger erzählt ebenfalls ausführlich vom Schwanengesang, wobei er die alte Namensform ‚elbiz‘ verwendet: „Der vogel der uff dem ast sitzet, das ist ain elbs. daz waiss von nature sin tot vor und und (sic!) so er hut sterben sol oder morn, so singet er aines tages vor aines frolichen sanges. bi dem vogel ist bezaichent daz salig mentsche; daz sol er gedenken daz ez sim tot alle tag nahet ain tagwaide, und sol Got ie vrolicher dienen mit singenn und mit lesenn“, zitiert nach ROTH-BODJADZHIEV, Studien, S. 71. Als Beispiel für die bildliche Darstellung des im Tode lieblich singenden Schwans, siehe Lilienfeld, Stiftsbibliothek, cod. 151, fol. 95v. Zum Thema des Schwanengesanges als einem klassischen Topos und seinen Eingang in die Zoologie des Mittelalters und der Frühen Neuzeit siehe ROLING, Cantus cygnorum.

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richtige Einstellung zum Tod. Die Vielfältigkeit der symbolischen Bezüge der Ordenskette Friedrichs II. machte es möglich, dass die Stiftung in zweierlei Hinsicht für die anvisierte Klientel attraktiv sein konnte: Einerseits erfüllte die Insignie in vorbildlicher Weise wichtige Funktionen für die persönliche Jenseitsvorsorge. Andererseits bot sie darüber hinaus weitere symbolische Ebenen an, die sich im thematischen Umfeld der ritterlichhöfischen Lebensideale bewegten. Neben der äußerlichen Form des Abzeichens und der Auslegung seiner Symbole legten die Statuten Friedrichs II. gleichfalls fest, zu welchen Anlässen die Ordensinsignie zu tragen war. Während der Stiftungsbrief noch das tägliche Tragen der Kette vorgesehen hatte,2881 wie dies die meisten frühen Hoforden als Vorschrift kennen,2882 wurde diese Bestimmung durch die Statuten von 1443 abgemildert. Trotzdem legten diese eine Vielzahl von Anlässen verpflichtend fest, zu denen die Mitglieder das Abzeichen tragen mussten: am Hof des Stifters, an Herrentagen, zu Festlichkeiten an anderen Höfen, zu den allgemeinen Kapiteln der Gesellschaft, an allen Marientagen und an allen Samstagen.2883 Ein Zuwiderhandeln sollte mit einer Geldbuße von acht Pfennigen sanktioniert werden. Zu dieser Fülle von Gelegenheiten wurde also die exklusive Netzwerkbildung Friedrichs II. eindrucksvoll zur Schau gestellt. In seinem Territorium und auf Reichsebene präsentierte sich der neue Markgraf und Kurfürst auf diese Weise gleichzeitig als frommer Stifter und ranghoher Reichsfürst. Einen weiteren Beitrag zum Ruhm und Gedächtnis der Dynastie leisteten die Statuten durch die verbindliche Festlegung der Gebetsverpflichtungen für die Mitglieder. Diese mussten täglich das Gebet sprechen, das eigens für die Gesellschaft gemacht worden war. Falls dieses nicht bekannt sein sollte, so forderten die Statuten, stattdessen sieben Vaterunser und sieben Ave Maria zu beten.2884 Insgesamt nahmen die bruderschaftlichen Aufgaben der Gesellschaft breiten Raum ein, die Geistlichen des Stifts und auch weitere Chorschüler und Priester sollten Stundengebete in der Marienkirche abhalten und jeden Morgen eine Liebfrauenmesse und abends das Liebfrauenlob singen.2885 Die Statuten verpflichteten den zelebrierenden Priester, während der Messe für die Eintracht der heiligen Christenheit, für Kurfürst Friedrich II., seine Herrschaft und für die lebenden und 2881 2882 2883 2884

STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 37. BOULTON, The Knights, S. 369. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 44. Ebd. Die Statuten sehen auch hier finanzielle Sanktionen vor, falls die entsprechende Gebetsleistung unterbleibt. Ausführlich über die memorialen Verpflichtungen informiert das Kapitel 3.2. 2885 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 46.

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toten Mitglieder seiner Stiftung zu beten. Zudem sollte auch für die Eltern des Stifters und die jedes einzelnen Gesellschaftsgenossen gebetet werden. Bei ihren täglichen Seelenmessen sollten die Geistlichen ein gesondertes Tagesgebet sprechen und vierteljährlich besondere Seelenmessen für die Verstorbenen und deren Eltern feiern,2886 wobei Name, Stand und Würden der Verstorbenen verlesen werden sollten.2887 Dabei wurden die Mitglieder des Ordens, der Markgraf und die Stiftsherren auf dem Harlunger Berg durch die Gebetsverpflichtungen und das gemeinsame Totengedenken einerseits eng miteinander verbunden, denn die Totenschilde in der Kapelle und das Verlesen der Namen der Verstorbenen während der Messe konsitutierten eine Gemeinschaft aller Hofordensmitglieder, der lebenden wie der toten.2888 Andererseits wurde durch das Gebet für die Herrschaft und Person des Fürsten, durch die Totenschilde in der Kapelle und das Verlesen der ranghohen Namen der einzelnen Mitglieder auch die Exklusivität dieser neuen Gemeinschaft betont und gleichzeitig die Würde des markgräflichen Stifters immer wieder unterstrichen. In Bezug auf diese Bestimmungen der kurfürstlichen Stiftung wird erneut die enge Verknüpfung von individuellem bzw. dynastischem Ruhm und individueller bzw. dynastischer memoria deutlich. Die Stiftung konnte beides gewährleisten, und beides verstärkte sich wechselseitig. Durch dieses besonders effektive Zusammenspiel war sie zudem ausgesprochen attraktiv für weitere Mitglieder, was auch der große Anstieg der Mitgliederzahlen dokumentiert, und das Anwachsen der Gesellschaft wirkte sich wiederum auf Ruhm und Gedächtnis der Hohenzollern aus. Ordensspezifische Repräsentationsmedien und das Beispiel der Schwanenordenkasel Friedrich II. gelang es durch den Einsatz seiner Ordensinsignie nicht nur, einen symbolischen Verweis auf seine fromme Stiftung und damit auch auf die eigene Person herzustellen, sondern dies geschah zusätzlich durch verschiedene Medien, die entweder durch den Kurfürsten selbst oder durch andere Mitglieder der Gesellschaft zum Einsatz gebracht wurden. Zunächst sind in diesem Zusammenhang die Wappen- bzw. Totenschilde zu nennen, die von den verstorbenen Mitgliedern angefertigt wurden und mit dem Sterbedatum versehen in der Kapelle der Marienkirche auf dem 2886 „[…] mit vigilien vnd selmessen to vier tyden Im Jare Alle die in der Selschapp verstoruen sin began vnd dy namkundich verkundigen vnd oue vor deme volcke gnaden bidden […]“, siehe ebd., S. 37. 2887 Ebd., S. 48. 2888 SCHMID/WOLLASCH, Die Gemeinschaft der Lebenden; OEXLE, Memoria in der Gesellschaft; und KAMP, Memoria.

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Harlunger Berg aufgehängt werden mussten.2889 Beispiele solcher erhaltener Totenschilde aus dem süddeutschen Raum2890 (Abb. 16) legen die Annahme nahe, dass sie sich in Form eines von einer stilisierten Ordenskette umwundenen Wappens präsentierten. Die Totenschilde dienten in erster Linie der Totenmemoria und Selbstvergewisserung der Gruppe von Ordensmitgliedern, da sie in der Kapelle aufgehängt wurden, in denen die Kapitelsitzungen der Gesellschaft stattfanden und deren Zugang auf Mitglieder dieser Gruppe beschränkt war.2891 Da es sich aber bei der Marienkirche auf dem Harlunger Berg um eine viel besuchte Wallfahrtskirche der Mark Brandenburg handelte und der Kapellenraum des Hofordens durch eine breite, gerade Treppe in einer großen Bogenöffnung mit dem Hauptraum der Kirche verbunden war,2892 werden trotz der Zugangsbeschränkung viele der Wappentafeln für die Pilger in der Wallfahrtskirche gut sichtbar gewesen sein. Ein weiteres Argument dafür, dass die Wappenschilde der Aufmerksamkeit der Pilger nicht entgangen sein werden, ist die Tatsache, dass die Prämonstratenserstiftsherren 1448 das wundertätige Marienbild „ypp yne ander stede hebben laten seten“,2893 höchstwahrscheinlich vor den Eingang der Ordenskapelle.2894 Die Verweildauer der Pilger an dieser Stelle mag auch der Umstand verlängert haben, dass vor dem Gnadenbild eine Frau Pilgerabzeichen verkaufte.2895 Aufgrund der Tatsache, dass die Kirche 1722 abgerissen wurde, aber bereits seit der Zeit der Reformation einen stetigen Niedergang erfuhr2896 und im Laufe des 17. Jahrhunderts als Steinbruch genutzt wurde, lässt sich nicht mehr viel zur weiteren Ausstattung der Marienkapelle bzw. zur Gestaltung der Wappenschilde sagen. Lediglich einige Paramente aus dem Marienstift haben sich als einzige materielle Zeugnisse aus der Zeit des 15. Jahrhunderts erhalten, die sich heute im Domschatz des Brandenburger Domkapitels befinden.2897 Unter diesen Paramenten befindet sich die sogenannte Schwanenordenkasel, eine 2889 Dies schreiben die Statuten verbindlich fest, siehe ebd., S. 47. 2890 Als Beispiel für einen solchen Totenschild sei der Schild des 1482 verstorbenen Ritters Eberhard von Aurbach genannt. Eine Abbildung der erhaltenen Schilde der süddeutschen Ordensmitglieder der linken und rechten Seitenwand der Gumbertuskirche in Ansbach und eine Auflistung der verstorbenen Ritter bietet: MEYER, Schwanenordens-Ritterkapelle, S. 34, 36 und S. 40–43. 2891 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 46. 2892 EICHHOLZ, Das Prämonstratenserstift, S. 136. 2893 Landeshauptarchiv Potsdam (BLHA), Pr. Br., Rep. 10B. 2894 Dies vermutet auch Annette Wigger, siehe WIGGER, Vom Chordienst, S. 100. 2895 Landeshauptarchiv Potsdam (BLHA), Pr. Br., Rep. 10B. 2896 Da „die Kirche ganz ledigk ist vnd durch mutwillig bloß gesinde, was dorinne an gemelden, taffeln vnd anderem gewesen, viel daran gestolen worden“, übertrug Markgraf Joachim II. im Jahr 1551 die Marienkirche dem Domstift Brandenburg, siehe CDB IV, 1, S. 108. 2897 GAHLBECK/SEEBACHER/MÜLLER, Prämonstratenserstift St. Marien, S. 321.

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Prunkkasel aus dunkelkaminrotem Brokatsamt (Abb. 7). Das kostbare Stück war aus einem Kurfürstenmantel Friedrichs II. hergestellt worden. Es ist nicht eindeutig zu klären, ob es sich bei der Kasel um eine Stiftung handelte, die er noch zu Lebzeiten in Auftrag gab, oder ob sein Bruder Albrecht nach dem Tod des Kurfürsten eine entsprechende Verfügung für diesen umsetzte. Eveline Wetter gibt als frühesten Termin der Stiftung das Jahr 1466 an, da in einer rückseitigen Stickerei der Kasel (Abb. 14) das Wappen Pommerns dargestellt gewesen sei, das Friedrich II. aufgrund des Soldiner Vertrages erst ab diesem Zeitpunkt zu führen berechtigt gewesen wäre.2898 Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass auch eine zwei Jahre frühere Stiftung Friedrichs II. nicht ausgeschlossen ist, da sich dieser in einem Schreiben an die pommerschen Stände im Jahr 1464 bereits als Herzog von Pommern bezeichnete,2899 was in der Folge zu massiven Konflikten mit den Herzögen von Pommern-Wolgast führen sollte.2900 Die Stiftung könnte jedoch auch kurz nach dem Tod Friedrichs II. getätigt worden sein, da Kurfürst Albrecht wenig später den Auftrag erteilt hatte, dass einem „sneider, der unserm bruder seligen die meßgewant auß seinen claydern machen sol“,2901 entsprechendes Material zur Verfügung gestellt werden solle. Da Friedrich II. – wie bereits ausgeführt – selbst kein Testament hinterlassen hatte, meinte Albrecht nach Rücksprache mit dem Beichtvater des Bruders, einen entsprechenden Willen Friedrichs erkennen zu können.2902 Die sogenannte Schwanenordenkasel weist nicht nur eine zeitliche und stilistische Nähe zu dem von Jan van Eyck gemalten Gewand des burgundischen Kanzlers Rolin auf,2903 sondern auch der Schnitt des Messgewandes zeigt deutlich den engen Bezug zu Burgund: So findet sich dasselbe Schnittmuster bei einem zwischen 1430 und 1440 hergestellten Messornat des Ordens vom Goldenen Vlies.2904 Der Gewandstoff und sein aufwendiges Muster macht die Kaselstiftung ausgesprochen kostbar, denn das aufwendige Blumenmuster der Goldstickerei war nach allen herstellungstechnischen Möglichkeiten der Zeit gefertigt worden und der dunkelrote Samt der ehemaligen Kurfürstenrobe besonders wertvoll. Auf der Rückseite der 2898 2899 2900 2901 2902 2903

WETTER, Schwanenordenkasel C 13, in: REIHLEN, Liturgische Gewänder, S. 312. CDB continuatus, Nr. 127, S. 260–261, hier S. 260. Siehe dazu die Kapitel 2.2 und 4. PC 1, Nr. 130, S. 211–212, hier S. 212. Ebd., S. 211. JEITNER/MAY/OTAVSKÝ, Luxusstoffe, S. 61. Eveline Wetter weist auf die nahe Verwandtschaft des Stoffes der beiden Gewänder hin und gibt zudem einige weitere Kaseln an, die ähnliche Muster aufweisen, siehe WETTER, Schwanenordenkasel C 13, in: REIHLEN, Liturgische Gewänder, S. 310. 2904 JEITNER, Schnitte, S. 101.

6.2 Mitgliedschaften in Orden und Bruderschaften

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Kasel befindet sich die allein durch ihre Größe äußerst prominente, gestickte Darstellung der Ordenskette, in deren Inneren die fünf Wappen des kurfürstlichen Stifters angebracht sind. Bis ins 19. Jahrhundert war diese Komposition zudem von einer Inschrift begleitet, die auf Latein alle Titel und Herrschaftsansprüche Friedrichs II. aufzählte, heute jedoch ausgefallen ist (Abb. 17).2905 Wie die kunsthistorische Forschung herausgestellt hat, lässt sich für keinen anderen Hoforden eine vergleichbare bildliche Darstellung einer Ordensinsignie auf einem liturgischen Gewand nachweisen. Vergleichbares findet sich höchstens bei den um 1500 hergestellten Pluvialeschließen eines Ornats des Goldenen Vlieses oder bei einem gestickten Abzeichen des Drachenordens, von dem aber nicht mehr zu rekonstruieren ist, worauf es angebracht gewesen sein könnte.2906 Die Schwanenordenkasel erfüllte während der Jahrfeiern für die verstorbenen Gesellschaftsmitglieder oder bei anderen liturgischen Anlässen zum einen memoriale Funktionen: Während der Gottesdienste trug sie zur permanente Präsenz Markgraf Friedrichs II. bei, der als Stifter der kostbaren Kasel, aber eben auch als Stifter des höfischen Ordens insgesamt2907 in Erinnerung gerufen wurde, und leistete so einen wertvollen Beitrag zu seinem persönlichen Gedächtnis und dem seiner Dynastie. Zum anderen verwies das Gewand des zelebrierenden Priesters auch auf die Herrschaftsansprüche und die ruhmreiche ‚Erfolgsgeschichte‘ der Hohenzollern, denn dies wurde den teilnehmenden Ordensmitgliedern während der Gottesdienste durch die Wappen und das Schriftband unübersehbar vor Augen geführt. Weitere im Fach I des Giebelschrankes des Brandenburger Domschatzes aufbewahrte, wertvolle Paramente legen aufgrund ihrer Zuschnitte und der Zweitverarbeitung aus profanen Gewändern den Gedanken nahe, dass sie ebenfalls der Memorialpraxis der Gesellschaft Unserer Lieben Frau zuzurechnen und von Angehörigen der Hohenzollern-Dynastie und anderen Gesellschaftsmitgliedern gestiftet worden sind.2908 Die Werbener Glasfensterstiftung und die Totenschilde in Heilsbronn Eine ähnliche Funktion und Wirkung wie die Schwanenordenkasel Friedrichs II. aus der Marienkirche besaß eine hochwertige Glasfensterstiftung, 2905 „Friederc(us). D(ei). G(ratia). Marchio. bra(n)d(e)b(ur)ge(nsis). princep(s). elector. sac(ri). Rom(ani). Imp(er)ii. E(r)z. Camerari(us). Stettine. Pom(r)a(n)ie. cassub(ia)e. slavor(rum). Dux. b(or)grav(ius) nur(em)berg(ensis) (et). princeps. rugi(a)e“, siehe WETTER, Schwanenordenkasel C 13, S. 311. 2906 Ebd., S. 312. 2907 Ebd. 2908 Siehe die Ausführungen in Kapitel 6.1.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

die der Kurfürst in der Johanniskirche in Werben2909 gemäß den Inschriften im Jahr 1467 tätigte. Im Zuge der Chorneugestaltung der Werbener Kirche ließ Friedrich II. in den südlichen Hauptchorfenstern nebeneinander seine drei Vollwappen – das Wappen des Burggrafentums Nürnberg, der Mark Brandenburg und der Dynastie2910 – anbringen (Abb. 18). Eine Inschrift nennt zudem das Datum der Stiftung und die Titel des Markgrafen, Burggrafen und Erzkämmerers des Heiligen Römischen Reiches.2911 Auch zwei große Bildfelder, auf denen der Tod und die himmlische Krönung der heiligen Gottesmutter dargestellt sind, gehörten sehr wahrscheinlich ebenfalls zu dieser Stiftung in der Kirche des Johanniterordens.2912 Bei der markgräflichen Fensterstiftung ist besonders augenfällig, dass jedes einzelne Wappen mit der Ordensinsignie der Gesellschaft Unserer Lieben Frau umschlossen ist, damit bilden die Fenster zusammen mit der ‚Schwanenordenkasel‘ die einzige erhaltene Darstellung der Kette aus der Mark Brandenburg. Vielfältige Gründe kommen für die umfangreiche Stiftung der Fenster, die von höchster künstlerischer Qualität sind, infrage: Neben der allgemeinen Affinität zu den Johannitern, die sich unter anderem durch verschiede Stiftungen zugunsten des Ordens in der Mark Brandenburg äußerte,2913 der Tatsache, dass Friedrich II. nach der Aufhebung der geteilten Landesherrschaft infolge des Todes seines Bruders, Friedrichs des Jüngeren, im Jahr 1463 ein Zeichen als Landesherr setzen wollte,2914 wiegt wohl am schwersten sein Interesse, sich an prominenter Stelle als Stifter seines höfischen Ordens zu präsentieren. Für die Johanniskirche, die sowohl Pfarr- als auch Wallfahrtskirche war und an der vier weitere Bruderschaften angesiedelt waren, müssen hohe Besucherzahlen angenommen werden. Besonders für die Bürger der Stadt stellte der Erwerb der Bruderschaft des Ordens ein äußerst erstrebenswertes Gut dar, und bis zum Ende des 15. Jahrhunderts 2909 Allgemein zur Werbener Kommende des Johanniterordens bzw. zur Johanniskirche siehe PARTENHEIMER, Die Johanniterkomturei Werben, und DERS./KNÜVENER, Werben, S. 1289–1304. 2910 Laut Günther Schuhmann wurden die Wappen des Burggrafentums und des Hauses Hohenzollern zunächst sehr undifferenziert nebeneinander geführt, erst seit dem 13. Jahrhundert legte man sich auf das weiß-schwarz quadrierte Schild als Hauswappen und den Löwenschild als Wappen der Burggrafschaft fest, siehe SCHUHMANN, Die Markgrafen, S. 366. 2911 BÖNING, Die mittelalterlichen Glasmalereien, S. 166. Zu dieser Stiftung, vor allem zu ihrer Bedeutung für die Landesherrschaft Friedrichs II. siehe auch BÖNING, Eine Glasmalereistiftung. 2912 Monika Böning führt dafür stilistische, formale und inschriftliche Gründe an, siehe BÖNING, Die mittelalterlichen Glasmalereien, S. 56. 2913 Zudem finden sich Mitglieder des Johanniterordens unter den engsten Vertrauten des Markgrafen, siehe ebd., S. 40. 2914 Ebd., S. 35.

6.2 Mitgliedschaften in Orden und Bruderschaften

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versuchte sich fast jeder Bürger Werbens als St. Johannes-Bruder beerdigen zu lassen.2915 Aber nicht nur für die Stadtbürger, auch für den Kurfürsten mag das Patronat eines geistlichen Ritterordens äußerst reizvoll für seine Stiftung gewesen sein. Die konzeptionelle Ähnlichkeit des Johanniterordens mit der Gesellschaft Unserer Lieben Frau, die Idee einer adeligen Ritterbruderschaft, wird auch nicht unerheblich auf die Wahl des Ortes für die umfangreiche Fensterstiftung Einfluss gehabt haben.2916 Das wichtigste Argument für den Kurfürsten wird jedoch sicherlich der prominente Ort innerhalb der viel besuchten Kirche gewesen sein. So wurde es möglich, dass jeden Tag eine nicht unerhebliche Zahl von Gläubigen während der Gottesdienste auf seine Person und Verdienste, aber auch auf seinen Hoforden aufmerksam gemacht wurde und hier für sein Seelenheil betete. Schließlich sei auch noch kurz auf den Totenschild Friedrichs II. in der Klosterkirche Heilsbronn (Abb. 19) hingewiesen. In der Kirche des wohlhabenden Klosters, das immer wieder auch Mitglieder der Dynastie mit großem Gefolge während ausgedehnter Jagdausflüge aufnehmen musste,2917 finden sich verschiedene Darstellungen der Ordensinsignie als Teil von Hochgräbern, Altarretabeln oder Epitaphen. Sie verweisen auf die Gesellschaftsmitglieder der Stifterdynastie, aber auch aus der fränkischen Ritterschaft. Der Schild Kurfürst Friedrichs II. wurde nach seinem Tod, wahrscheinlich gegen 1472 angefertigt und zeigt vor einem blauen Sternenhimmel zwei Engel, die die Kette der Gesellschaft Unserer Lieben Frau halten.2918 Eine über der Engelsszene angebrachte Schrift, die im 19. Jahrhundert stark überarbeitet worden ist, nimmt Bezug sowohl auf die Gesellschaft als auch auf die verstorbenen Ordensmitglieder. Da Friedrich II. in der Klosterkirche ohne ein eigenes Grabmal bestattet ist, fungierte die Tafel als Epitaph im echten Sinn, also als eine die Erinnerung wachhaltende Grabinschrift.2919 Das Hauptmotiv für das Anbringen der Gedächtnistafel für den kurfürstlichen Stifter liegt demnach auf dem Aspekt der memoria, der Überwindung des Todes durch ewiges Gedächtnis. Hierfür bot eine so bedeutende Klosterkirche wie die der Zisterzienser in Heilsbronn verständlicherweise ideale Voraussetzungen. Aufgrund der großen Anziehungskraft des Klosters ergab sich für den Totenschild des Ordensgründers in der Kirche zudem insofern eine erweiterte Öffentlichkeit, da, wie 2915 2916 2917 2918

PARTENHEIMER/KNÜVENER, Werben, S. 1295. BÖNING, Die mittelalterlichen Glasmalereien, S. 40. SEYBOTH, Die Markgraftümer, S. 310. Die in der Klosterkirche Heilsbronn angebrachte Gedächtnistafel für Friedrich II. findet sich als Abb. 19 im Tafelteil. Für die Tafel Albrechts Achilles siehe SCHUHMANN, Die Markgrafen, S. 407. 2919 ERICHSEN, Zwei Epitaphien, S. 225.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

bereits gesehen, die Mönche häufig Mitglieder des fränkischen Adels beherbergten und sich auch immer wieder verschiedene deutsche Kaiser hier aufhielten. Die genannten Beispiele, die um viele weitere Darstellungen der Ordensinsignie2920 auf Gräbern (Abb. 20), Totenschilden und Portraits (Abb. 21)2921 ergänzt werden müsste, verwiesen deutlich sichtbar auf die Person Friedrichs II. und auf seine Dynastie. Sein frommes Wirken, aber auch die repräsentative Position als Kur- und Reichsfürst und die Bedeutung seines adeligen Netzwerkes auf Reichsebene kam so eindrucksvoll zur Anschauung. Errichtung einer zweiten Ordensniederlassung: Die Georgskapelle in St. Gumbertus Bereits an früherer Stelle war im Rahmen der hohenzollerischen Vernetzungsstrategien2922 ausführlich die Rede von der Beziehung Markgraf Albrechts zum höfischen Orden seines Bruders Friedrich II. Hierbei ist deutlich geworden, dass der Hohenzoller den Orden nutzte, um in dem von vielen verschiedenen Herrschaftsträgern umkämpften Raum Franken seine Macht auszubauen, indem er in erster Linie unter dem niederen Adel durch die Aufnahme in die Gesellschaft Unserer Lieben Frau treue Gefolgsleute gewann und zum Teil sogar wichtige Amtsträger seiner Konkurrenten erfolgreich umwerben konnte. Zu diesem Zweck musste der Markgraf, wie schon kurz angesprochen, eine zweite Ordensniederlassung neben der Marienkirche auf dem Harlunger Berg in der Mark Brandenburg etablieren, was im Jahr 1459 geschah. Als der konkrete Auslöser zur Tätigung dieser Stiftung ist von der Forschung der Tod der ersten Frau Albrechts gesehen worden.2923 Margarethe von Baden war am 24. Oktober 1457 verstorben, und in einem Brief Friedrichs II. vom 11. Dezember 1457 lässt dieser seinen verwitweten Bruder wissen, dass er, wie es dessen Wunsch gewesen sei, „[…] dy gesellschafft mit dem Messegewandt, vff vnnserer lieben frawen bergk Schicken vnd die begengnüsse bestellen [werde], nach ewerm willen […].“2924 Ob es 2920 Eine Zusammenstellung von entsprechenden Hinweisen bei AHLBORN/KAMENZ/KRUSE, Art. ‚Unsere liebe Frau/Schwan‘, S. 330–333. 2921 Darunter auch künstlerisch ausgesprochen hochwertige Gemälde wie das Bild ‚Frau mit Schwanenorden‛ der Sammlung Thyssen-Bornemisza oder das ‚Allerheiligenbild‘ Albrecht Dürers, siehe SCHUHMANN, Die Markgrafen, S. 333. Ein Tafelbild in der Maria-Magdalenen-Kirche zu Lauenburg zeigt Johann IV. von Sachsen-Lauenburg und seine Ehefrau Dorothea, Tochter Kurfürst Friedrichs II., mit dem Schwanenorden und ist vor 1464 entstanden, siehe KRISCHER, Ein mittelalterliches Doppelportrait, S. 67. 2922 Siehe Kapitel 3.2. 2923 So jedenfalls auch STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S.10. 2924 Ebd. in der Fußnote.

6.2 Mitgliedschaften in Orden und Bruderschaften

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der Markgraf tatsächlich als schmerzlich empfunden hat, dass das Begängnis der Gesellschaft für seine verstorbene Ehefrau nicht im Kreise seines Hofes in Franken gefeiert wurde,2925 kann nicht beantwortet werden, die Bestätigungsurkunde für die Ausdehnung der Rechte der Marienkirche bei Brandenburg auf die Georgskapelle in der St. Gumbertuskirche in Ansbach von Papst Pius II. aus dem Jahr 1460 nennt jedenfalls die Beschwerlichkeiten der Reise für die süddeutschen Mitglieder zum Ordenssitz der Gesellschaft als Grund für die Gewährung dieses Privilegs.2926 Rudolf Stillfried und Siegfried Haenle haben jedoch zu Recht festgestellt, dass die politischen Möglichkeiten, die eine Ordensfiliale im eigenen Herrschaftsgebiet für den Markgrafen bot, wahrscheinlich großen Einfluss auf diese Entscheidung gehabt haben.2927 Neben die Möglichkeit der Vernetzung mit dem fränkischen Niederadel trat nun die Gelegenheit, die Kirche in der Nähe der markgräflichen Hauptresidenz in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken, eine Kirche, die immer mehr die Funktion einer Hofkirche für Markgraf Albrecht übernehmen sollte. Durch die Übertragung der Patronatsrechte über die Propstei und zwei Kanonikate im Kollegiatstift St. Gumbertus in Ansbach im Jahr 1447 durch Papst Eugen IV.2928 hatte Albrecht seine weltliche Macht über Kirche und Stift erheblich gegenüber den Bischöfen von Würzburg ausgeweitet, die doch zuvor die eigentlichen Lehnsherren des Chorherrenstifts gewesen waren. Mit dem gestiegenen Einfluss nahm auch die Bedeutung des Stifts innerhalb der Herrschaftskonzeption Albrechts zu. St. Gumbertus ist von den Hohenzollern immer wieder mit Stiftungen ausgestattet worden, bereits am 4. August 1430 hatte Friedrich I. ein „officium praedicationis et lecturae“2929 gestiftet und festgelegt, dass die Person, die den Gottesdienst in deutscher Sprache – zumindest an den Sonn- und Feiertagen – abhalten sollte, ein Weltgeistlicher und Gelehrter sein müsse, ein Doktor oder Lizenziat, wenigstens ein Bakkalaureus der Heiligen Schrift.2930 Durch die Auflage, Vorträge über Themen der Bibel im Gumbertusstift zu halten, sollten die Stiftsherren theologisch weitergebildet werden, und die Stiftung hatte wohl insgesamt den Zweck, das Gumbertusstift vom Niveau her den Domkapiteln anzugleichen.2931 Neben den Stiftungen der Hohenzollern und dem Einfluss auf die Vergabe der Kano2925 2926 2927 2928 2929 2930 2931

Ebd., S. 10. CDB III, 1, Nr. 209, S. 331–332. STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 11. HENNIG, Die Kirchenpolitik, Beilage Nr. 7, S. 231–232. VON ELSPERGER, Stiftungsbrief, S. 69. SCHUHMANN, Die Stiftskirche, S. 50. Ebd.

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nikate gab es weitere Aspekte, die die Beziehung zwischen der fürstlichen Familien und dem Stift vertieften: Die Chorherren fungierten häufig als Räte der Burg- und Markgrafen, und immer wieder wurden ausgesuchte Personen mit Präbenden im Stift ausgestattet.2932 Die besondere Wertschätzung von St. Gumbertus seitens der markgräflichen Familie, insbesondere Markgraf Albrechts, zeigte sich auch darin, dass dieser an hohen Feiertagen die dortigen Gottesdienste mit seiner Familie besuchte2933 und im Jahr 1458 seine prunkvolle Hochzeit mit Herzogin Anna von Sachsen hier feierte, an der viele Mitglieder des Hochadels teilnahmen.2934 Dies alles wird Anteil daran gehabt haben, dass der Markgraf die Georgskapelle der Stiftskirche zum süddeutschen Sitz der Gesellschaft Unserer Lieben Frau machte. An dieser Stelle sollten von nun an die süddeutschen Ordensmitglieder ihre regelmäßigen Versammlungen abhalten und sollte das Totengedächtnis für die verstorbenen Mitglieder stattfinden. Wie vormals ausschließlich in der Marienkirche auf dem Harlunger Berg wurden in der Georgskapelle wie auch in der Klosterkirche Heilsbronn nun die Totenschilde (zum Beispiel Abb. 16) der verstorbenen Ordensmitglieder Süddeutschlands aufgehängt. Der Ort war insofern besonders passend, als der heilige Georg als Ritterheiliger schlechthin galt und auch bei den Hohenzollern große Wertschätzung genoss.2935 Die Attraktivität der Stiftskirche, die in der Möglichkeit bestand, hier die Predigt in deutscher Sprache zu hören, erfuhr eine weitere Steigerung durch die Gewährung von Ablässen seitens Papst Pius’ II.2936 Vor dieser gesteigerten Öffentlichkeit blieben die repräsentativen Totenschilde der adeligen Ordensmitglieder, die auch immer wieder eigene Stiftungen in der Kapelle tätigten,2937 nicht verborgen. Das laute Verlesen der Namen der lebenden und verstorbenen Ordensmitglieder durch die Stiftsherren in St. Gumbertus erfüllte somit nicht nur seinen Zweck im Rahmen der Jenseitsfürsorge des Ordens, sondern trug auch zur Herrschaftsrepräsentation der Hohenzollern in ihrer Hofkirche bei. Die Stiftung der zweiten Ordensniederlassung in der Georgskapelle brachte zunächst keine Spaltung des Ordens mit sich. Weiterhin mussten dem Propst der Marienkirche auf dem Harlunger Berg die Ordensabgaben geleistet werden, weiterhin galten die Statuten Friedrichs II. von 1443, die 2932 2933 2934 2935

Ebd., S. 46. SEYBOTH, Die landesherrlichen Residenzen, S. 584. BAADER, Beilager. Markgraf Friedrich I. hatte im Jahr 1427 eine Georgsgesellschaft gegründet, deren Banner Markgraf Albrecht als Sechszehnjähriger im Hussitenkrieg getragen hatte. Siehe dazu Kapitel 3.2. 2936 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 53. 2937 MEYER, Schwanenordens-Ritterkapelle, S. 14.

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von diesem eingesetzten Schaffer und Schiedsleute waren für Verfehlungen innerhalb des Ordens zuständig. Der Kurfürst war immer noch der alleinige Souverän des Ordens. Durch das rasche Bevölkerungswachstum in Ansbach und den weiteren Ausbau der markgräflichen Residenz erfuhr auch die St. Gumbertuskirche eine Reihe von baulichen Veränderungen: In den Jahren zwischen 1475 und 1484 wurden verschiedene gotische Kapellen eingebaut und der Innenraum der Kirche repräsentativ neu gestaltet. Auch die Georgskapelle als Ritterkapelle wurde innerhalb der Kirche verlegt, vom rechten südlichen Querschiff wanderte sie 1480 in die Mitte des südlichen Seitenschiffs, um dort in eine besonders breite, vom Markt her lichtdurchflutete Kapelle umgestaltet zu werden.2938 Ob dies bereits eine vorbereitende Maßnahme für die umfassende Jahrtagstiftung Kurfürst Albrechts im Jahr 1484 war oder sich ein solches Bild erst in der Rückschau ergibt, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Sicher ist jedenfalls, dass mit der Jahrtagstiftung eine grundlegende Aufspaltung des höfischen Ordens in einen nördlichen und einen südlichen Zweig erfolgte. Der Stiftungsbrief von 1484 hebt hervor, dass Albrecht als Bruder des verstorbenen Friedrichs II. die Mark Brandenburg geerbt und dabei festgestellt habe, dass viele Mitglieder ihrer Pflicht nicht nachgekommen seien, ihre Beiträge an das Stift auf dem Harlunger Berg zu überweisen, und einige auch keine Totenschilde hätten anfertigen lassen. Aus diesem Grund habe er beschlossen, „[…] den personen der geselschafft einen ewigen Jartag zu stifften hie aussen im lande, nemlich in dem stifft vnnser stat Onolzbach, in der newen Cappeln, der Ritterschafft Cappeln genannt, darin ein ewige mesz zu stifften […] die selbigen Stifftungen der mesz auch des Jartags, obgemelt, furter zu erstrecken mit dem gelt vnd geselschafften, die von todten vnd lebendigen hie diesseits des Duringer Waldes gesessen, noch vnbezalt hindterstellig vnd hinfür gefallen soll […].“2939

An dem jeweiligen Mittwoch in den vier Quatemberwochen sollte des Seelenheils der Mitglieder nachts mit einer Vigilie, am Donnerstagmorgen mit je einem Amt gedacht werden, wobei zu diesem Anlass feierlich Kerzen entzündet werden sollten. Am Marientag und zusätzlich an jedem Sonntag sollte ein gesungenes Amt stattfinden. Außerdem legte der Kurfürst die Möglichkeit fest, an jedem Quatembertag derjenigen toten und lebenden Gesellschaftsmitglieder zu gedenken, die einen entsprechenden 2938 SCHUHMANN, Die Stiftskirche, S. 53. Im 18. Jahrhundert erfolgte schließlich eine weitere Ortsverlegung und eine Aufstellung aller Kunstgegenstände, die etwas mit dem Ritterorden zu tun hatten, am neuen Standort im Chor der St. Gumbertuskirche. 2939 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 55.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Beitrag geleistet hatten, indem ihre Namen von der Kanzel laut verlesen wurden. Dies sollte zum Trost der verstorbenen Seelen und zur Besserung der lebenden Ordensangehörigen geschehen, wie die Urkunde ausdrücklich festhält.2940 Zur Umdeutung der Ordensinsignie durch Markgraf Albrecht und deren Implikationen Auf diese einleitenden Ausführungen mit konkreten Angaben bezüglich seiner Jahrtagstiftung ließ Albrecht eine kurze Beschreibung der Ordensinsignie folgen, bei der die Ausdeutung der einzelnen Symbole des Abzeichens in einem Punkt auffällig von der Festlegung des Bruders abwich. Das Motiv des Schwans erhielt von Markgraf Albrecht eine neue, explizit politische Deutung, wobei gleichzeitig die Ehre und Würde der Hohenzollern-Dynastie unterstrichen wurde: Gott habe, so die Erläuterungen im Stiftungsbrief, aufgrund seiner unendlichen Güte den Hohenzollern das Kurfürstentum der Mark Brandenburg – eines der höchsten Glieder des Reiches – anvertraut und sie somit erhöht. Albrecht habe nun dieses Fürstentum im Erbgang erhalten. Er, aber auch seine Eltern und Vorfahren, hätten im Heiligen Römischen Reich seit unvordenklichen Zeiten die Burggrafschaft Nürnberg und die Mark Brandenburg als edle und freie Sachsen und Franken innegehabt, deshalb habe Albrecht beschlossen, als Symbol dieser Freiheit den Schwan auszuwählen, „der ein fry vnd vnbezwungen vogell [sei], so er von menigklich seiner Freyheit halben Frank angeschryen vnd genent wirdet“,2941 und diesen unterhalb des Marienbildes an die Ordensinsignie anbringen zu lassen. Der Markgraf nahm zwar keinerlei tatsächliche Veränderung des althergebrachten Ordensabzeichens vor, veränderte aber in entscheidendem Maße die Ausdeutung eines zentralen Symbols. Der Schwan, der bei Friedrich II. noch ausdrücklich als memento mori diente und die Ordensmitglieder an die Unausweichlichkeit des Todes mahnen sollte,2942 wurde nun zu einem Symbol der Größe und der Ehre der Dynastie und der eigenen Person. Die neuen Mitglieder mussten nicht nur bei der Aufnahme in den Orden auf die Einhaltung der Statuten schwören, sondern erhielten kleinformatige Statutenbüchlein2943 mit dem neuen Text von 1484, die sie bei sich tragen konnten. Seit 1515 wurden in der Werkstatt von Hieronymus Hölzel in Nürnberg sogar kleinformatige Taschenausga-

2940 2941 2942 2943

Ebd. Ebd. Ebd., S. 41. AHLBORN/KAMENZ/KRUSE, Art. ‚Unsere liebe Frau/Schwan‘, S. 334.

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ben gedruckt, die leicht mitgenommen werden konnten.2944 Die Umdeutung des Schwanenmotivs durch Albrecht stellt ein besonders anschauliches Beispiel für die Veränderbarkeit von Symbolen dar, ein Charakteristikum, das die symbolische Kommunikation für die Gesellschaften des Mittelalters so leistungsfähig machte.2945 Dies zeigt, wie sehr er das Instrument dieses höfischen Ordens zur eigenen Selbstdarstellung und zur Inszenierung seiner Dynastie nutzte. Die Betonung der langen Zeit, in der seine Dynastie als freie Sachsen und Franken Burggrafen, Markgrafen und Kurfürsten in der Mark Brandenburg gewesen sind, ist gerade vor dem Hintergrund der im Laufe des 15. Jahrhunderts immer wieder aufscheinenden massiven Infragestellung des Ranges der Hohenzollern und ihrer Herrschaftsrechte in Franken als deutliches Ausrufungszeichen zu werten. Die Hinweise auf den besonderen Rang der Familie, aber auch auf das gute Werk des Bruders, dessen ursprüngliche Stiftung die Gesellschaft darstelle, waren beide in das neue Statutenbüchlein aufgenommen. Da hier auch das Gebet der Gesellschaft aufgeführt war, das die Mitglieder täglich zu sprechen verpflichtet waren, ist es durchaus vorstellbar, dass nicht wenige Statutenbüchlein dauerhaft mit sich geführt und hin und wieder auch gelesen wurden. Somit trugen sie auf ihre Weise zum Bild der Hohenzollern bei, das in gewissem Maße von Albrecht bewusst gestaltet und durch verschiedene Repräsentationsmittel des Hofordens vervielfältigt wurde. Zu nennen wäre hier in erster Linie die Ausgestaltung der Ritterkapelle in der St. Gumbertuskirche in Ansbach. Eine Vielzahl von runden und ovalen Totenschilden, unter ihnen auch die repräsentativ ausgeschmückten Schilde Friedrichs II. und Albrechts,2946 erfüllten ihre memorialen Funktionen für die Hohenzollern und die anderen Ordensmitglieder wie in der Marienkirche auf dem Harlunger Berg sowie in der Familiengrablege in Heilsbronn. Steinerne Epitaphe verschiedener Ordensmitglieder, die reich ausgestaltet waren und jeweils den Toten mit der Ordensinsignie darstellten,2947 häufig in Ritterrüstung (Abb. 20), verwiesen ebenfalls auf die from-

2944 Günther Schuhmann hat das im Nürnberger Staatsarchiv befindliche einzig erhaltene Exemplar (StA, Fürstentum Ansbach, Stift St. Gumbertus, Urkunde Nr. 555) als Faksimile herausgegeben: SCHUHMANN, Das Statutenbüchlein. 2945 Symbolische Kommunikation und insbesondere Rituale sind entgegen einer verbreiteten Annahme alles andere als starr. Als geschichtliche und von Menschen gemachte Phänomene passen sie sich den wechselnden Gegebenheiten an, transformieren sich und sind ständigen Wandlungen unterworfen, siehe ALTHOFF, Die Macht der Rituale, S. 195. Allgemein zur Thematik siehe auch: DERS., Die Veränderbarkeit. 2946 MEYER, Schwanenordens-Ritterkapelle, S. 28–40, insbesondere S. 28 und S. 31 bzw. S. 40– 43. 2947 Bis auf das Epitaph Veits von Vestenberg, auf dem dieser zusammen mit seiner Ehefrau Magdalena dargestellt war, siehe ebd., S. 27.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

me Stiftung der Hohenzollern. Totenschilde und Epitaphe erfüllten ihre Funktion im Rahmen von Gedächtnisstiftung und Jenseitsfürsorge für die verstorbenen Ordensmitglieder. Aber sie wurden auch zu Denkmälern des Ruhms der Hohenzollern, der sich in der Tatsache manifestierte, dass so viele angesehene Mitglieder des fränkischen Adels dem Orden beigetreten waren, in der St. Gumbertuskirche ihr Grabmal suchten und an dieser Stelle zusätzliche Stiftungen tätigten, die wiederum auch den übrigen Kirchenbesuchern zugutekamen. Bedeutendstes Ausstattungsstück der Ritterkapelle der St. Gumbertuskirche stellte sicherlich das sogenannte Schwanenritterretabel (Abb. 1) dar. Das über vier auf zwei Meter große und heute nur noch fragmentarisch erhaltene Altarwerk wurde von der Forschung lange Zeit als alleinige Stiftung Kurfürst Albrechts aus dem Jahr 1484 gesehen.2948 In der Mitte der Altarvorderseite ist die geschnitzte Gottesmutter platziert, flankiert von der Darstellung der Verkündigung Mariens auf der linken Altartafel sowie der Darstellung der Anbetung durch die Heiligen Drei Könige auf der rechten Seite. Auf der Predella des Altars – unterhalb des heiligen Christophorus und des auferstandenen Jesus Christus – befinden sich Kurfürst Albrecht und seine zweite Ehefrau Anna von Sachsen. Der ausgesprochen repräsentative Charakter des Altars ist nicht nur durch die hohe Qualität in der Ausführung bzw. in der Wahl des Bildprogramms zu sehen – insbesondere die Darstellung der Heiligen Drei Könige stellte ein beliebtes Herrschersujet des Mittelalters dar –, sondern er zeigt sich besonders eindrucksvoll an der Ausgestaltung der Predella selbst. Der brandenburgische Kurfürst, angetan mit einer goldenen Ritterrüstung, umgegürtet mit einer goldenen Schwertscheide, kniet, die Hände gefaltet, unterhalb des heiligen Christophorus und der Muttergottes. Der kurfürstliche Rang des Dargestellten ist für den Betrachter sofort ersichtlich, da er einen roten, hermelingefütterten Kurfürstenmantel trägt (Abb. 2). Seine Gemahlin, die Herzogin von Sachsen, ist, ebenfalls kniend, mit kostbarer, golddurchwirkter Kleidung und mit der Ordensinsignie dargestellt. Ihr beigegeben ist ein kleiner, weißer Hund, desgleichen Ausweis von Reichtum und Vornehmheit, aber vor allem von Frömmigkeit, Glauben und Güte (Abb. 22).2949 Dem Kurfürsten zur Seite gestellt sind zwei Würdenträger, die durch ihre Wappen ausgewiesen sind und dem Fürsten Ehrendienste erweisen: Johannes III. Graf von Lindau, Herr zu Ruppin, trägt als Erbschatzmeister der Kurmark den Kurhut, Busso Gans zu Putlitz, der Erbmarschall, das Schwert des Fürsten 2948 So zum Beispiel ebd., S. 22. Ausführlich zu diesem Kunstwerk aus neuester Zeit GĄSIOR, Eine Jagiellonin als Reichsfürstin, insbesondere S. 39–88. 2949 KRETSCHMER, Lexikon, S. 196.

6.2 Mitgliedschaften in Orden und Bruderschaften

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(Abb. 2). Schließlich verweisen zwei Spruchbänder eindeutig auf die Identität der beiden Hauptpersonen der Predella, die es ermöglichen, den Markgrafen und die Herzogin zweifelsfrei zu identifizieren.2950 Die rückseitige Inschrift jedoch, die darauf verweist, dass die Stiftung im Jahre 1484 von Markgraf Albrecht angefangen worden sei,2951 ist lange von der historischen und kunsthistorischen Forschung fehlinterpretiert worden. Agnieszka Gąsior konnte zeigen, dass es sich bei dem Altar um eine Gemeinschaftsstiftung der Hohenzollern handelte und die Inschrift sich auf die Stiftung des Jahrtages und die Neuausrichtung durch die geänderten Statuten bezog, nicht auf die Anfertigung des Retabels.2952 Durch die neuen Statuten von 1484 ergaben sich einige grundlegende Änderungen in der Organisation des Ordens. Der neue Ordenssitz in der Ritterkapelle in St. Gumbertus war dem Dechanten des Stifts unterstellt, dieser trat nun neben den Propst im märkischen Marienstift. Auch die Einnahmen wurden nun getrennt verwaltet und mussten an die jeweilige Ordensniederlassung entrichtet werden. Neben der Umdeutung der Ordensinsignie finden sich nur sehr geringe Abweichungen der neuen Statuten gegenüber den Ursprungsstatuten von 1443: Die neuen Richtlinien sahen beispielsweise eine weitere Geldstrafe für den Fall vor, dass ein Mitglied dabei ertappt würde, das Ordensabzeichen zu tragen, während es irgendein Spiel spielte. Interessanterweise fehlte nun der Paragraf über die selbstständigen weiblichen Mitglieder im Orden, aber vor allem die Bestimmung, die vorsah, dass verarmte Ordensangehörige am Hof des Markgrafen versorgt werden sollten. Angesichts des enormen Mitgliederanstiegs seit der Ordensgründung – vor allem im Süden des Reiches –, scheint die Streichung fast schon lebensnotwendig gewesen zu sein. Möglich ist auch, dass der Paragraf, der die Fürsorgepflicht des Ordenssouveräns und in vielen Fällen auch des Landesherrn demonstrierte, in der Mark Brandenburg die Attraktivität der Gesellschaft steigern sollte; in Franken war dies nicht mehr notwendig. Einen Hinweis auf den Zeitpunkt der Stiftung gibt die Rückseite des Altars, die eine Schutzmantelmadonna zeigt, welche ihren Mantel über Markgraf Friedrich den Älteren und dessen Gemahlin Sophie von Polen 2950 „Albertus Marchio Elector princeps Brandenburgensis“ und „Anna Duxissa Saxonie“ sind hier laut Julius Meyer zu lesen, siehe MEYER, Schwanenordens-Ritterkapelle, S. 23. 2951 Ebd., S. 22. 2952 Der Text der Inschrift würde weder die im Kunstbetrieb üblichen Termini ‚Tafel‘ bzw. ‚Retabulum‘ verwenden, so Gąsior, noch das Datum der Fertigstellung nennen, mit dem die Künstler in der Regel den Abschluss der Vertragsabwicklung angegeben hätten. Das Retabel sollte vielmehr auf die Einrichtung des süddeutschen Ordenszweiges verweisen und dieses Ereignis dokumentieren. Die Retabelstiftung selbst sei ohnehin durch das Bildnis und Wappen Kurfürst Albrechts ausgewiesen gewesen, siehe GĄSIOR, Eine Jagiellonin als Reichsfürstin, S. 40–43.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

und je vier weitere Männer und Frauen hält (Abb. 3).2953 Alle dargestellten Personen werden als Mitglieder der Gesellschaft Unserer Lieben Frau in Szene gesetzt, da sie die Ordensinsignie um den Hals tragen. Das hochwertig gearbeitete Bild präsentiert das Ehepaar in sehr prestigeträchtiger Weise: Die kostbare Kleidung des Markgrafen wird nur von der der polnischen Königstochter überboten, die ein mit Gold besticktes Kleid und eine mit Edelsteinen geschmückte Krone trägt. Ihr herausragender Rang zeigt sich nicht nur darin, dass sie ihren Ehemann überragt und am nächsten zur Heiligen Jungfrau kniet. Vielmehr wird Prinzessin Sophies Nähe zur Himmelskönigin auch dadurch veranschaulicht, dass das Muster und die Farbigkeit ihres Kleides einen direkten Bezug zu Maria herstellen.2954 Das Motiv der Schutzmantelmadonna2955 war nicht nur ein beliebtes Motiv in der Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts, sondern konnte in besonders geeigneter Weise den Kerngedanken der Gesellschaft Unserer Lieben Frau versinnbildlichen.2956 Zudem lassen das Bildmotiv und vor allem die Inschrift auf der Predella Rückschlüsse auf die Nutzung des Altarwerkes durch die Gesellschaftsmitglieder zu, denn sowohl die weiblichen als auch die männlichen Mitglieder wurden direkt aufgefordert, sich am Abend des Palmsonntages von den vom Dechanten des Gumbertusstifts abgeordneten Priestern die Beichte abnehmen zu lassen.2957 Dies sollte hinter dem Altar unter der Schutzmantelmadonna geschehen, sodass die Retabelstiftung nicht nur dem Seelenheil der Gesellschaftsmitglieder und des Stifters bzw. der Stifter diente, sondern dem adeligen Publikum der „Herrschaftsanspruch des Hauses Hohenzollern und die Bedeutung der Allianz mit Polen bildhaft vor Augen“2958 geführt wurde. Schließlich wurden für den Betrachter und die Nachwelt im Allgemeinen zumindest zwei wichtige Momente in der Geschichte der Dynastie durch das Altarwerk explizit festgehalten: die prestigeträchtige Hochzeit Markgraf Friedrichs des Älteren mit der polnischen Königstochter im Jahr 1479 durch das Schutzmantelmadonnen-Retabel sowie die Gründung eines eigenen Zweiges des hohenzollerischen Hofordens in Süddeutschland fünf Jahre später durch die Inschrift auf der Predella. Obgleich ein inschriftlicher Hinweis fehlt, wird 2953 Günther Schuhmann ging zum Beispiel davon aus, dass es sich bei den übrigen Personen um die späteren Kinder des Markgrafenpaares gehandelt habe, siehe SCHUHMANN, Die Markgrafen, S. 60. 2954 GĄSIOR, Eine Jagiellonin als Reichsfürstin, S. 43. 2955 KRETZENBACHER, Schutz- und Bittgebärden. Allgemein zur Mariendarstellung in der Kunst siehe STRÖTER-BENDER, Die Muttergottes; zur Ikonographie der Schutzmantelmadonna, insbesondere S. 169–180. 2956 GĄSIOR, Eine Jagiellonin als Reichsfürstin, S. 44. 2957 Der gesamte Text der Inschrift ist abgedruckt ebd., S. 41–42. 2958 Ebd., S. 44.

6.2 Mitgliedschaften in Orden und Bruderschaften

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der Zusammenhang zur Hochzeit durch das goldene und perlenbesetzte Brautkleid Prinzessin Sophias sowie durch die Blumensymbolik der Bildkomposition sichtbar. Hierbei werden einerseits mariologische und christologische Bezüge hergestellt, andererseits fungieren die Blumen aber auch als Symbole der ritterlichen bzw. ‚wahren‘ Liebe.2959 Durch die Entschlüsselung der Identität der mit dem markgräflichen Ehepaar dargestellten Personen könnte der gestiftete Altar jedoch zudem eine weitere Funktion erfüllen. Wenn man mit Wilhelm Lotz annimmt, dass mit dem knienden Jüngling, der dieselbe Kleidung wie Markgraf Friedrich trägt, sein 1468 geborener Bruder Sigismund abgebildet ist2960 und es sich bei den anderen männlichen Personen um Verwandte aus anderen Dynastien handelt,2961 dann könnte die Altarstiftung auch bündnisstärkende Funktionen gehabt haben: Die gemeinsame memoria für zwei miteinander verbündete Dynastien wäre in diesem Sinne auch als Teil der kulturellen Vernetzungsstrategien der Hohenzollern aufzufassen.2962 Gegen die These Lotzens wurden zwar neuerdings Einwände erhoben,2963 aber auch vorgeschlagen, in den zusätzlich abgebildeten Personen fremde Fürstensöhne zu sehen, die sich am Hof der Markgrafen aufgehalten hätten.2964 In diesem Fall könnte auch der Wunsch nach Vernetzung Einfluss auf die Personenauswahl des Retabels gehabt haben. Unabhängig davon, ob die Identifizierung der Personen sicher geklärt werden kann, werden in beiden Bildprogrammen des Altarwerks die Selbststilisierung Markgraf Albrechts zu Lebzeiten und das Bild, das dieser von sich und seiner Dynastie prägen wollte, überaus deutlich. Das Retabel ist aber vor allem eine Familienstiftung, die an prominenter Stelle in künstlerisch hochwertiger Weise die Dynastie thematisierte und dabei zugleich in mehrfacher Weise die Gesellschaft Unserer Lieben Frau als eine der bedeutendsten Stiftungen der Hohenzollern inszeniert.

2959 Ebd., S. 46. 2960 LOTZ, Statistik, S. 15. 2961 Wilhelm Lotz schlägt beispielsweise Wilhelm von Jülich-Berg vor, der 1481 Markgräfin Sibille von Hohenzollern heiratete, siehe ebd. 2962 Siehe zu diesem Thema das Kapitel 3.2. 2963 Agnieszka Gąsior kritisiert zu Recht an Lotzens Interpretation, dass die Kleidung der von ihm als Wilhelm von Jülich-Berg identifizierten Person stark von denen der anderen dargestellten Adeligen abweicht und der perspektivisch kleinere Maßstab ihr einen niedrigeren Rang als den anderen zuweist, siehe GĄSIOR, Eine Jagiellonin als Reichsfürstin, S. 45. Die Autorin hält es für möglich, dass hier der gelehrte Rat der Hohenzollern, Ludwig von Eyb, dargestellt wurde, der bei der Stiftung des süddeutschen Ordenszweiges Hauptmann der Gesellschaft wurde, siehe ebd., Fußnote 319. Diese Annahme Gąsiors überzeugt nicht ganz, zumal die ganz außen kniende Person mit schwarzer, pelzverbrämter Samtschaube ein ausgesprochen junges Gesicht besitzt. 2964 Ebd., S. 45.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Wie der Ruhm der Gesellschaft Unserer Lieben Frau und damit auch die Verherrlichung Friedrichs II. und Albrechts im Reich systematisch durch die Hohenzollern vorangetrieben wurde, zeigt schließlich auch das Beispiel des Klosters Himmelkron. Im Kreuzgang des oberfränkischen Zisterzienserkonvents, welches sich in der Diözese des Bamberger Bischofs befand und zum Besitz der Hohenzollern gehörte, fanden sich seit dem 15. Jahrhundert Deckenausmalungen mit den Insignien verschiedener höfischer Orden, unter anderem des Drachenordens Kaiser Sigismunds und des Ordens des zypriotischen Königs. Im Ersteren waren die Markgrafen Friedrich I. und Albrecht Mitglieder;2965 das Abzeichen des Letzteren hatte Friedrich II. auf seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land erhalten.2966 Vor allem war aber auch die Insignie der Gesellschaft „des mar. graff albrecht“ abgebildet – gemeint ist die Gesellschaft Unserer Lieben Frau –, und zwar exakt in der Weise, wie es die Ordensstatuten vorschrieben.2967

6.3 Herkunft und Ruhm 6.3 Herkunft und Ruhm In welch vielfältiger Weise die hohenzollerischen Kurfürsten und Markgrafen dafür Sorge trugen, die Erinnerung an sich und ihr Geschlecht durch Stiftungen und andere memoriale Praktiken aufrechtzuerhalten, haben die vorangegangenen Ausführungen deutlich gemacht. Die Sorge um die Zeit im Jenseits, der tief sitzende Wunsch, die jenseitigen Sündenstrafen durch diesseitige Läuterung in Form frommer Taten zu verkürzen und durch die Aktivierung sozialer Bindungen über den Tod hinaus ein Gedächtnis zu stiften, um auf diese Weise die Mithilfe der Familienangehörigen, aber auch anderer Zeitgenossen anzuregen, ließen sie um die Aufnahme in Gebetsgemeinschaften angesehener Klöster bitten, neue Konvente oder Stifte in ihren Territorien gründen oder Jahrtage für sich und die Vor- und Nachfahren einrichten. Die Institutionalisierung und die andauernde Aufmerksamkeit für die Familiengrablege im Zisterzienserkloster Heilsbronn erklären sich dadurch, dass in der mittelalterlichen Vorstellung Grabmäler Erinnerungszeichen darstellten, die das Bild des Stifters sicherten, sodass sein

2965 MINUTOLI, Das kaiserliche Buch, S. 136, bzw. AHLBORN/KAMENZ/KRUSE, Art. ‚Unsere liebe Frau/Schwan‘, S. 243. 2966 KRAACK, Jesusalem, S. 57. 2967 STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 29–30.

6.3 Herkunft und Ruhm

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Andenken als eine Form des Gedächtnisses aufgefasst wurde.2968 Die dynastische Grablege bot darüber hinaus die Möglichkeit der Bewahrung oder Gründung einer familiären Gedenktradition, die der Familie auf diese Weise zur Selbstvergewisserung dienen konnte. Die Stiftungen, aber auch schlicht die Mitgliedschaft in verschiedenen fränkischen und märkischen Bruderschaften zielten ebenfalls auf die Bewahrung des Gedächtnisses ab. Die Vervielfältigung der Gebetsleistungen durch die anderen Mitglieder der genossenschaftlichen Verbindungen bedeutete eine enorme Potenzierung der Sühneleistungen, die Gründung jeder neuen Bruderschaft zusätzlich ein frommes Werk. Gleiches galt in dieser Hinsicht für jene neuartigen Formen adeliger Zusammenschlüsse, die abhängig von ihren Organisationsformen und der Art des Eides entweder als Adelsgesellschaften oder als höfische Orden klassifiziert werden können. Auch hier treten Jenseitsvorsorge in Form von Gedächtniswahrung und das Bedürfnis nach tätiger Reue als Motive sichtbar in Erscheinung. Am Beispiel Markgraf Friedrichs I. und seiner beiden Söhne Albrecht und Friedrich II. hat sich aber gezeigt, dass alle Bemühungen um das Seelenheil und die memoria der Familie für die vormodernen Adeligen zugleich immer auch eine zweite Funktion erfüllten, die vor dem Hintergrund mittelalterlicher Adelsvorstellungen zu sehen ist. Für den ‚Adel‘ einer Person und einer Familie war die Aufrechterhaltung der Erinnerung nach dem Tod ebenso konstitutiv wie die Bekanntheit bei den Zeitgenossen zu Lebzeiten. Die Stiftungen in den Konventen und Stiften ihrer Territorien, die Mitgliedschaften in den exklusiven wie den sozial offenen genossenschaftlichen Verbindungen, aber auch die exponierte Lage ihrer Grablege im angesehenen und insbesondere vom fränkischen Adel viel besuchten Kloster Heilsbronn halfen dabei, ihren Namen bei den Zeitgenossen bekannt zu machen und in deren Bewusstsein präsent zu halten. Alle diese Bemühungen galten auch als Ausweis der standesgemäßen Lebensführung, die für die soziale Schätzung ihrer Ehre einen entscheidenden Beitrag leistete. Indem die ersten drei hohenzollerischen Kurfürsten sich um das Ansehen ihrer Person bemühten, prägten sie zugleich bestimmte materielle und immaterielle ‚Bilder‘ bzw. Repräsentationen ihrer Dynastie, die wiederum erheblichen Einfluss auf das Selbstverständnis der Familie hatten – eine wichtige Tatsache, denn auch bei den Hohenzollern galt, dass sie sich als Adelige dadurch auszeichneten, dass sie sich der Qualität ihres Adels bewusst waren.2969 Aber auch die Wahrnehmung der Zeitgenossen war 2968 KAMP, Memoria, S. 320. Zu den politischen Implikationen des Grabmals in verschiedenen Epochen der europäischen Geschichte siehe RADER, Legitimationsgenerator. 2969 KAMP, Adeligsein, S. 100.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

entscheidend, denn die symbolischen Praktiken und die Repräsentationen, die im Zusammenhang mit der Sorge um das Seelenheil der Markgrafen und Kurfürsten zum Ausdruck kamen, wurden immer auch von einer mehr oder weniger großen Öffentlichkeit wahrgenommen und bewertet. Welchen Rang diese Öffentlichkeit in der gesellschaftlichen Ordnung den Hohenzollern zuwies, hing ursächlich auch damit zusammen, ob insbesondere die Mitglieder des Hochadels, zu deren Gruppe die Hohenzollern gezählt werden wollten, ihren Repräsentationsentwürfen Anerkennung zollten. Neben den bereits genannten Kriterien war es im Selbstverständnis der mittelalterlichen Gesellschaft ebenfalls tief verwurzelt, dass in erster Linie Herkunft und Geburt über den Adel einer Person und dessen Qualität entschieden. Das genealogische Geschlechterbewusstsein, die Erinnerung an eine ununterbrochene Abfolge von Generationen fußte auf dem Bewusstsein vom Wert der langen Dauer: Je weiter in die Geschichte ein Geschlecht zurückverfolgt werden konnte, desto höher musste sein Ansehen steigen. Dies war durch eine Analogiebildung zum ‚alten Herkommen’ begründet, einem Begriff, der Rechtsgewohnheiten meint, die bestimmte Personen oder Korporationen seit alters her praktizieren.2970 ‚Herkommen‘ behauptet immer auch Kontinuität und kann so dazu beitragen, die Lücke zwischen Ursprung und Gegenwart zu überbrücken. Auf diese Weise wird in letzter Konsequenz schließlich Legitimation erzeugt.2971 Ferner hatte bereits Aegidius Romanus seinen Lesern vor Augen geführt, inwiefern sich der Adel einer Familie von Generation zu Generation steigerte. Denn die Natur des Adels mache es möglich, so seine Argumentation, adelige Qualitäten fortwährend anzuhäufen, und zwar aufgrund der langen zeitlichen Dauer, aber vor allem auch, da die Eltern und die anderen Vorfahren in ihrem Verhalten nachgeahmt würden.2972

2970 DILCHER, Mythischer Ursprung, S. 93. 2971 GRAF, Ursprung, S. 31. 2972 OEXLE, Aspekte, S. 22. Georg Simmel greift in gewisser Weise die Idee des Aegidius Romanus auf, geht aber noch über sie hinaus, wenn er sagt: „Jede Persönlichkeit einer Adelsgruppe (sei dies im engeren Sinne die adelige Familie, sei es im weiteren der Adel eines Landes oder einer Epoche) hat in ihrem Werte teil an dem Glanze, den gerade die hervorragendsten Mitglieder dieser Gruppe erworben haben, sie tritt gleichsam die Standeserbschaft sub beneficio inventarii an, gerade die hier angehäuften positiven Werte an Verdiensten, Vorzügen, Ehren strahlen in einer unabgelenkten Weise, als dies sonst in irgend welchen Gruppen statthat, auf den Einzelnen über.“ Siehe SIMMEL, Soziologie, S. 824.

6.3 Herkunft und Ruhm

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Genealogie als Legitimationsinstrument der Hohenzollern Die Genealogie2973 als politische und kulturelle Ordnungsform hat sich im Mittelalter immer weiter ausdifferenziert und reichte in ihrer textlichen und grafischen Umsetzung von kargen Sukzessionslisten des Frühmittelalters über illustrierte historiografische Kompendien mit genealogischen Stemmata im 11. Jahrhundert2974 bis zu den Memorialbildern und Skulpturen auf Grabmälern und in Ahnengalerien des späten Mittelalters. Mit dem Bewusstsein, einer Generationenabfolge ranghoher Personen anzugehören, verband sich der Anspruch, zur Herrschaft berechtigt zu sein; das genealogische Denken demonstrierte nicht nur Anciennität, sondern auch die Qualifikation einer Gruppe.2975 Zum Beitrag der Genealogie als Herrschaftsargument gegenüber anderen trat die Bedeutung für das familiäre Selbstverständnis hinzu, denn die Dynastie entstand erst durch die Abfolge der Generationen. Zuerst hat Erwin Herrmann,2976 später dann in einigen Aufsätzen auch sehr ausführlich Jean-Marie Moeglin2977 dargelegt, dass die Hohenzollern ernsthafte genealogische Versuche erst im Laufe des 15. Jahrhunderts unternommen haben, und es ist auffällig, dass die Beschäftigung mit ihrer Genealogie jedes Mal dann einsetzte, wenn sie sich gegen Angriffe von außen verteidigen mussten, ihr Rang also zur Debatte stand.2978 Im ersten Konflikt, in dem die Abstammung der Hohenzollern zu einem Argument wurde, war es sogar ein Außenstehender, Papst Martin V., der den Markgrafen durch den Hinweis auf eine Verwandtschaft ihrer beiden Häuser zur Seite sprang. Ausgangspunkt war eine Auseinandersetzung zwischen König Sigismund und Kurfürst Friedrich I. aufgrund von Hochzeitsplänen der Hohenzollern mit dem polnischen Königshaus zu Beginn der 1420er

2973 Allgemein zur Bedeutung von Genealogie für die Legitimation von Herrschaft: OEXLE, Soziale Gruppen, S. 21–22; MELVILLE, Vorfahren und Vorgänger; ALTHOFF, Genealogische Fiktionen; und der Sammelband WUNDERLI, Herkunft. Michael Hecht hat diesen Sachverhalt am Beispiel der Askanier für das spätmittelalterliche Reich untersucht, siehe HECHT, Die Erfindung. Zudem ist das Phänomen der Legitimationsstiftung durch Genealogien und Ursprungsmythen auch im europäischen Mittelalter insgesamt eingehend erforscht. Für den französischen Sprachraum beispielsweise durch BRÜCKLE, Noblesse oblige; für Großbritannien zum Beispiel durch DENTON, Genealogy, oder POWELL, Genealogical narratives. 2974 FREISE, Art. ‚Genealogie‘, Sp. 1216. 2975 HECK, Genealogie, S. 265. 2976 HERRMANN, Genealogie und Phantasie. 2977 MOEGLIN, Toi burgrave; DERS., L’utilisation; DERS., Le personnage; und DERS., Dynastisches Bewusstsein, insbesondere S. 43–46. 2978 HERRMANN, Genealogie und Phantasie, S. 57.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Jahre.2979 Das angestrebte Eheprojekt zwischen einem Sohn Friedrichs I. und der polnischen Prinzessin Hedwig aus dem Haus der Jagiellonen betrachtete Sigismund zunächst mit großer Sorge, später fasste er es als regelrechten Affront gegen seine Person auf. Das Verhältnis des Luxemburgers zu Polen war unter anderem aufgrund der Unterstützung, die die Hussiten dort erfuhren, mehr als angespannt. Eine dynastische Verbindung zwischen seinem Kontrahenten und seinem engsten Vertrauten im Kurkolleg sowie der damit verbundene enorme Machtzuwachs der Hohenzollern im Osten – Hedwig galt zu diesem Zeitpunkt als mutmaßliche Erbin des polnischen Throns2980 – empfand der Luxemburger als schwere Bedrohung. Die große Enttäuschung über das eigenmächtige Vorgehen des brandenburgischen Kurfürsten stand bei der Entfremdung im Vordergrund. Sigismund hatte für die Rangerhöhung ein gehorsameres Verhalten seitens Friedrichs I. erwartet. Aus diesem Grund fragte er in einem Brief vom 28. Februar 1421 rhetorisch, ob die Durchsetzung des Heiratsplans gegen seinen erklärten Willen „[…] deinen eren vnd eyden, die du vns oft getan hast, czymlich vnd bequemlich were, vnd ob wir vnser woltat an dich wol angelegt hetten […].“2981 Nachdem deutlich wurde, dass Friedrich I. trotz der Kritik des Luxemburgers nicht gewillt war, das Eheprojekt aufzugeben, schlug der Unmut des Königs in offene Feindschaft um. Sigismund versuchte die Eheschließung nun mit allen Mitteln zu verhindern. In verschiedenen Briefen an den Vater der Braut und die Fürsten des Reiches begann er die Ehre der Hohenzollern systematisch zu schädigen. In dieser Situation schaltete sich Papst Martin V. in die Auseinandersetzung ein. Dieser stammte aus der Familie der Colonna und stellte 1421 in einem Brief an König Władysław II. fest,2982 dass das Eheprojekt zwischen den Hohenzollern und den Jagiellonen als besonders nützlich einzuschätzen sei, weil das Geschlecht der Hohenzollern großes Ansehen und Würde besäße. Zudem klärte er den polnischen König darüber auf, dass die Familie der Hohenzollern und seine eigene eng verwandt sein müssten, denn beide Wappen wiesen eine erhebliche Ähnlichkeit auf.2983 Dies „ab antiquo accepimus“, so Martin V.2984 Die Colonna nannten ein redendes Wappen ihr Eigen, das eine Säule im Feld zeigte,2985 und die Ironie dieser Geschichte wird deut-

2979 2980 2981 2982

Dieses Eheprojekt ist bereits in Kapitel 2.3 kurz angesprochen worden. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 20–21. CDB II, 3, Nr. 1391, S. 393–394, hier S. 394. Der Brief Martins V. ist abgedruckt in den Reliqviae manvscriptorvm omnis aevi, hg. von JOHANN PETER VON LUDEWIG, S. 408–410. 2983 Ebd., S. 409. 2984 Ebd. 2985 HERRMANN, Genealogie und Phantasie, S. 57.

6.3 Herkunft und Ruhm

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lich, wenn man sich vor Augen führt, dass die vermeintliche Ähnlichkeit mit dem Wappen der Colonna, von der der Papst ein gemeinsames Herkommen der Familien ableitete, sich auf das Wappen des Erzkämmereramtes bezog, das die Hohenzollern überhaupt erst durch die Rangerhöhung durch König Sigismund erhalten hatten. Dieses zeigte nämlich das goldene Reichszepter in einem blauen Feld. Martin V. reichte der ‚Beweis‛ der gemeinsamen genealogischen Wurzeln aus, um dem polnischen König die Eheschließung dringend ans Herz zu legen, für die Hohenzollern ergab sich durch die päpstliche ‚Abstammungshilfestellung‘ zudem die Möglichkeit, ein sehr altes Herkommen zu konstruieren. Von der altrömischen Familie der Colonna war es nur ein kurzer Weg zu den gleichfalls altrömischen Camillern, und damit war gleichzeitig die Verbindung zu den nach Italien geflüchteten Trojanern gegeben.2986 Nachdem Markgraf Albrecht angeblich von Graf Viciguera I. von Collato und Treviso, einem Rat Kaiser Friedrichs III., im Jahr 1452 auf seine Anwesen eingeladen worden war, da er in ihm einen Stammesverwandten sah,2987 kam es einige Jahre später zu einem zweiten, ebenfalls in einem anderen Zusammenhang bereits geschilderten, massiven Konflikt.2988 In der Auseinandersetzung mit Ludwig von Bayern-Landshut um das Kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg wurde um die Gerichtsrechte der beiden Dynastien gerungen. In dem heftigen Briefwechsel zwischen Markgraf Albrecht und Herzog Ludwig sprach der Wittelsbacher der Familie Markgraf Albrechts in letzter Konsequenz die Gleichrangigkeit ab, da sie kein Land besitze und der Markgraf deswegen auch kein Reichsfürst sei.2989 Mit diesem Befund konfrontiert, versuchte Albrecht zwei verschiedene Strategien, um die Ranggleichheit der beiden Dynastien zu beweisen: Zum einen erinnerte er den bayerischen Herzog an die gemeinsamen Ahnen. Die Hohenzollern seien durch Heirat mit den Wittelsbachern verbunden und hätten zudem ranghohe Verwandtschaftsverbindungen mit anderen Fürsten.2990 Zum anderen griff er auf die im 15. Jahrhundert sehr populäre Quaternionentheorie2991 zurück und wandelte diese für seine Zwe2986 Ebd., S. 58. Zu Troja als Argument der Legitimation siehe GRAUS, Troja, und MELVILLE, Troja. 2987 Dies behaupten jedenfalls Julius Großmann, Ernst Berner, Georg Schuster und Karl Theodor Zingeler in ihrer eindeutig proborussisch gefärbten Genealogie des Hauses Hohenzollern; leider ohne Quellenbelege, siehe GROßMANN u. a., Genealogie, S. VIII. 2988 Siehe Kapitel 5.1. 2989 HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 32, S. 161–165, hier S. 163. Siehe zu diesem Konflikt das Kapitel 5.1. 2990 Ebd., Nr. 31, S. 157–160, hier S. 158. 2991 Allgemein zu der Theorie die Darlegung von Ernst Schubert, siehe SCHUBERT, Die Quaternionen, und mit reichsstädtischer Perspektive: MÜLLER, Quaternionenlehre.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

cke entsprechend ab.2992 Die Quaternionenlehre, die auch durch Bildprogramme, Handschriften und Drucke im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit sehr präsent war,2993 ging davon aus, dass bei der Translatio Imperii auf die Deutschen das Reich auf eine Hierarchie der vier Säulen gegründet worden wäre. Diese seien vertreten durch jeweils vier Herzöge, Markgrafen, Landgrafen, Burggrafen, Grafen, Edelfreie, Ritter, Städte, Dörfer und Bauern. Die Theorie wurde im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts immer wieder aufgegriffen und modifiziert und war auch sehr gut dazu geeignet, das Selbstbewusstsein eines Reichsfürsten zu verstärken. Peter von Andlau zum Beispiel betonte bei seiner Ausdeutung der Theorie, dass das Reich nicht auf königliche Herrschaft, sondern auf vierzig Stände gegründet worden sei. Ludwig der Reiche nutzte die Quaternionenlehre in diesem Sinne dann auch für sich, als er 1459 schrieb, dass Bayern eines der vier Häuser sei, auf denen das Heilige Römische Reich beruhe.2994 Markgraf Albrecht parierte die Angriffe des Wittelsbachers ein Jahr später auf der gleichen Ebene und deutete die Quaternionenlehre in seiner Weise. Bei ihm war der Beweis seines Fürstenranges dadurch gegeben, dass das Reich seine Basis durch sechzehn Fürstentümer habe, von denen eines das Burggrafentum Nürnberg sei, das im Rang vollkommen gleichberechtigt mit den anderen Fürstentümern wäre. Die vier Herzogtümer, namentlich die Pfalzgrafschaft, Braunschweig, Schwaben und Lothringen besaßen für Markgraf Albrecht also denselben Rang wie die Burggrafschaften Nürnberg, Magdeburg, Rieneck und Stromberg.2995 An dieser Variante der Quaternionenlehre sollte der brandenburgische Kurfürst in der Folgezeit festhalten, denn noch im Jahr 1480 schrieb er ausdrücklich: „[…] das uns kunt und wissen ist durch redlich urkundt, daß vor etwo vil hundert Jaren das hailig Rhomisch Reych urspringlich gesetze ist unter anderem uff sechzehen fürstenthumb, nemlich vier hertzogthumb, vier marggrafschafft, vier landtgraffschafft und vier Burggrafthumb.“2996

Parallel zu der eigenwilligen Auslegung der Quaternionentheorie hielt er auch weiterhin genealogische Verweise für geeignete Argumente, um den Rang und die Herrschaftsberechtigung der Hohenzollern zu unterstreichen. Am 28. April 1466 schrieb er in diesem Sinne an seinen Bruder Friedrich II.: 2992 2993 2994 2995 2996

MOEGLIN, L’utilisation, S. 227–228. SCHUBERT, Die Quaternionen, S. 2. Ebd., S. 54. HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 32, S. 161–165, hier S. 162. Landesbibliothek Hannover, Ms CIII 838a II, Mappe 6. 1480 X.

6.3 Herkunft und Ruhm

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„Wir sind zu Troya In Turckischem wesen vertriben worden bey vnnsern Hern vnnd sind gen Rom komen, die dritten Fursten, die dort warn, mit Romischen keysern vnd konigen, Aber von Rom vertriben vnd in das Reich komen vnd von den gnaden Gots umb vnnser guttat vnd fromkeit Im reych durch Romisch keyser vnd konig hoher vnnd grosser worden, dann wir ye gewesen sein […].“2997

Die Strategien der Hohenzollern im 15. Jahrhundert, das alte Herkommen ihrer Familie zu beweisen und damit die Gleichrangigkeit mit den anderen Kur- und Reichsfürsten, wiesen noch keine einheitliche Linie auf, sondern wurden von Situation zu Situation modifiziert. Es ist darauf hingewiesen worden,2998 dass die Dynastie erst am Ausgang des 15. Jahrhunderts aus eigener Initiative systematische Versuche unternahm, das Herkommen der Familie zu inszenieren, und nicht nur defensiv auf Anfeindungen mit kurzen Erwiderungen reagierte. Bezeichnenderweise geschah das erst, nachdem Markgraf Albrecht gestorben war. Denn nun trat eine faktische Trennung der brandenburgischen und der fränkischen Linie des Hauses ein, und es erscheint denkbar, dass die Verteidigung des Ursprungs der Burggrafen dringender denn je geraten war, schien doch ihr Rang bislang einzig an der Verleihung der Kurwürde zu hängen.2999 Noch im Jahr 1484 hatte der Benediktinermönch Sigismund Meisterlin im Auftrag Nürnbergs eine Chronik verfasst,3000 in der er den – gewünschten – Beweis erbrachte, dass die Fürsten, die den Titel der Burggrafen trugen, nie eine legitime Autorität über die Stadt ausgeübt hatten. In einer erneut vom Rat der Stadt in Auftrag gegebenen lateinischen Version der Chronik, die Meisterlin 1487 beendete, verschärfte er das Argument gegen die legitime Herrschaft der Burggrafen sogar noch einmal, da Meisterlin jetzt klar herausarbeitete, dass der Titel der Burggrafen ursprünglich überhaupt kein Prestige besessen habe.3001 Es habe sich schlicht um einen königlichen Dienst gehandelt, jederzeit widerrufbar. Die Inhaber des Burggrafenamts hätten häufig gewechselt, manchmal seien es Adelige, manchmal auch Mitglieder der führenden Familien der Stadt gewesen.3002 Somit sei das Burggrafentum auch kein Fürstentum, eine Schlussfolgerung, die die Quaternionenlehre in der Auslegung Markgraf Albrechts ad absurdum führte. Die Texte, die durch den markgräflichen Hof nun in kurzer Folge in Auftrag gegeben wurden, 2997 2998 2999 3000

CDB III, 3, Nr. 63, S. 74–77, hier S. 76. MOEGLIN, Toi burgrave, S. 110. Ebd., S. 111. Ausführlich aus neuester Zeit zu Sigismund Meisterlin, seiner Chronica Nieronbergensis und dem Konflikt der Stadt Nürnberg mit den Hohenzollern: MEYER, Die Stadt, S. 149–178. 3001 MOEGLIN, Toi burgrave, S. 108–109. 3002 Ebd., S. 109.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

sollten auf verschiedene Arten eine präzise Legitimation ermöglichen: Das sogenannte Stamm- und Ankunftsbuch,3003 das Ende der 1480er Jahre zusammengestellt wurde, ist als erster systematischer Versuch zur Inszenierung des Herkommens der Dynastie zu sehen. Auf den ersten Blick scheint es zwar lediglich eine Zusammenstellung der wichtigsten Urkunden der Dynastie zu sein. Aber das auf ein älteres Kopialbuch zurückgehende Stammund Ankunftsbuch, das die Urkunden noch nach der Wichtigkeit der Aussteller klassifiziert hatte,3004 nahm eine Umsortierung der Schriftstücke vor und listete alle dazugewonnenen Gebiete und Rechte der Hohenzollern seit der Belehnung mit der Burggrafschaft Nürnberg durch Rudolf von Habsburg auf.3005 In dieser strikten genealogischen Perspektive, die jedoch die Geschichte der Dynastie erst mit Friedrich III. beginnen ließ, diesen so zum Stammvater der Dynastie stilisierte,3006 obgleich sich die Burggrafschaft bereits länger im Besitz der Hohenzollern befand, werden neben den Gebietszugewinnen auch die vorteilhaften Eheverbindungen mit anderen Hochadelshäusern aufgeführt. Durch zwei Urkunden, die die einzigen sind, die nicht als Auszüge präsentiert werden, sondern im gesamten Wortlaut wiedergegeben sind, stellt das Buch jedoch vor allem die Dienste für den römisch-deutschen König bzw. Kaiser und für das Reich in den Mittelpunkt seiner Darstellung: Deutlich hervorgehoben ist zunächst die Übertragungsurkunde von Hof auf die Hohenzollern durch Kaiser Ludwig aus dem Jahr 1322. Durch die Schlacht bei Mühldorf konnte sich Ludwig der Bayer als König gegen Friedrich von Österreich durchsetzen. Burggraf Friedrich IV. hatte an dieser Schlacht mit einem großen Aufgebot teilgenommen und einer seiner Diener, Albert von Masbach, den Gegenkönig und weitere Große gefangen genommen.3007 Zum Dank für diese Tat übertrug der spätere Kaiser dem Burggrafen Hof, was in der Urkunde deutlich betont wird.3008 Außerdem ist die Übertragung fürstlicher Rechte rund vierzig Jahre später durch die Urkunde Kaiser Karls IV. in ihrem gesamten Wortlaut wiedergegeben. Mit diesem Privileg waren die Hohenzollern den anderen Reichsfürsten rechtlich nun beinahe gleichgestellt. Die Belehnung mit der Burggrafschaft durch Rudolf von Habsburg, der Dienst für den Kaiser in der Schlacht bei Mühldorf und die Verleihung fürstlicher Rechte durch Kaiser Karl IV. 3003 MÄRCKER, Das Stamm- und Ankunftsbuch. 3004 Ebd., S. 7–8. 3005 „In dem register vnd buch findt man, wenn vnd welcher zeit vnd Jahre Graue fridrich von Zoler zu dem Burggrauenthum zu Nurmberg komen ist vnd sein nachkomenn, vnd was also ein iglicher darzu bracht hat vnd Jn welchem Jar das bescheen ist.“ Siehe ebd., S. 19. 3006 MOEGLIN, Toi burgrave, S. 113. 3007 Ebd., S. 116. 3008 Ebd.

6.3 Herkunft und Ruhm

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bilden damit die zentralen Säulen des dynastischen Verständnisses der Hohenzollern, das im Stamm- und Ankunftsbuch zum Ausdruck kommt. Die Denkwürdigkeiten Ludwigs von Eyb, eine um 1500 beendete historiografische Schrift, bereicherte die systematischen Legitimationsversuche der Hohenzollern ebenfalls durch den Verweis auf die besonderen Verdienste der Dynastie: Die Schilderung von Eybs arbeitet dabei mit einem Kunstgriff, der es möglich macht, den späten, dafür aber verdächtig schnellen Aufstieg der Dynastie zu kaschieren.3009 Die Anfangszeit der Dynastie wird vom markgräflichen Rat nur äußerst spärlich behandelt. Ausdrücklich verwiesen wird lediglich auf den maßgeblichen Beitrag, den Burggraf Friedrich III. bei der Wahl Rudolfs von Habsburg im Jahr 1273 geleistet hatte: „Bey den zeiten ist das Reich waißloss gestanden on aim konig. Da hat einer von Zollr angezaigt ain grafen von Habspurg, Rudolff genant, der sey dem Reich tuglich aufzunemenn zu einem Romischen konig. Das ist also geschehen durch das anzaigen und arbait des von Zollrs.“3010

Die Ausführungen von Eybs stellt Burggraf Friedrich III. somit gleichzeitig als ersten Nürnberger Burggrafen, Reichsfürsten und Königsmacher dar.3011 Zudem unterstrich der langjährige markgräfliche Rat und Vertraute Markgraf Albrechts auch die Parallelität des Aufstiegs der drei wichtigen Dynastien der Habsburger, Wittelsbacher und Hohenzollern und relativierte so die bescheidene Abstammung der Hohenzollern: „[...] Also das das fürstenthumb Osterreich angeheft ist und stet in seinem herkomen uff der grafschaft Habspurg, als auch stet das fürstenthumb Bairn in seinem herkomen auff der grafschaft Scheirn, unnd nun das fürstenthumb des burggraffthumbs zu Nürnberg stet in seinem herkomen uff der grafschaft Zolr.“3012

Ein gewichtiges Argument, das den Zeitgenossen durchaus einleuchten konnte. Den größten Teil der Chronik machen jedoch die Erzählungen über das 15. Jahrhundert aus, und von Eyb thematisiert hier nicht mehr das Herkommen, sondern unterstreicht den Verdienstadel der Hohenzollern: Fast jede wichtige Leistung für den König oder in der Reichspolitik schlägt sich für die Dynastie in einer Erhöhung ihres Ranges nieder. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht zum einen Burggraf Friedrich VI., der 3009 3010 3011 3012

THUMSER, Chronist, S. 160. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 59. So sieht es auch Jean-Marie Moeglin: MOEGLIN, Toi burgrave, S. 117–118. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 59–61.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

als wirklicher „anherr“3013 der Dynastie gelten müsse, hatten es die Hohenzollern doch seinen Verdiensten zu verdanken, dass sie in den Kreis der Kurfürsten aufgestiegen waren. Auf Bitten König Sigismunds sei der Burggraf zunächst in dessen Dienst an den ungarischen Hof gekommen, so Ludwig von Eyb. Friedrich VI. habe aufgrund seiner bedrückenden finanziellen Situation erst erwogen, seine Hofhaltung zu verkleinern und nach Colmberg zu verlegen. Der ungarische König habe daraufhin Ernfried von Seckendorff zum Nürnberger Burggrafen geschickt, der die Bedenken des Königs gegen einen solchen Schritt vorgetragen habe, denn dieser war der Auffassung, dass ein so ehrenvoller Fürst dort nicht untätig sein dürfe.3014 Außerdem sei der König „auch der dinst notturftig, dann er mit etlichen seinen landtleuten zu Hungern in kriegen stund“,3015 so der markgräfliche Rat weiter, weswegen Friedrich VI. schließlich für einen guten Sold in seinen Dienst getreten wäre. Wieder sind es die Leistungen des Burggrafen, die den König schließlich dazu bewegen, ihm die Mark Brandenburg zu verleihen. Von Eyb berichtet auch etwas ausführlicher von der Regierungszeit Markgraf Albrechts, wobei die Schilderung nach den Ausführungen zu verschiedenen Kriegen, die dieser immer wieder gegen die Wittelsbacher, die Reichsstadt Nürnberg und den Bischof von Würzburg geführt hatte, abrupt bei den Ereignissen des Jahres 1461 endet, hier also ein regelrechter Bruch in der Chronik vorliegt.3016 Trotzdem unterlässt es von Eyb auch hier nicht, die besonderen Leistungen des Markgrafen hervorzuheben. Die weitaus größte Anstrengung, die seitens der Hohenzollern schließlich unternommen werden sollte, um ihr Herkommen und die Legitimität ihres fürstlichen Ranges zu beweisen, nachdem zwischenzeitlich aber noch weitere Texte zu diesem Zweck verfasst worden waren,3017 war die Gestaltung des sogenannten Schönen Hofes der Plassenburg. Eine schwere politische Krise in der Mitte des 16. Jahrhunderts hatte eine erneute Betonung des gesellschaftlichen Ranges gegenüber den anderen Standesgenossen notwendig gemacht. Infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen Markgraf Albrechts Alcibiades mit seinen fränkischen Nachbarn im sogenannten Bundesständischen Krieg war die Plassenburg völlig zerstört worden. Markgraf Georg Friedrich ließ die Residenz der Hohenzollern wieder völlig neu aufbauen. Der berühmte Baumeister Caspar Vischer erhielt im 3013 3014 3015 3016 3017

Ebd., S. 61. Ebd., S. 63–64. Ebd., S. 64. THUMSER, Chronist, S. 163. So zum Beispiel die Panegyrik des Bamberger Domdekans und Humanisten Leonard von Egloffstein, die dieser gegen Ende des 15. Jahrhunderts verfasste, siehe MOEGLIN, Toi burgrave, S. 110.

6.3 Herkunft und Ruhm

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Zuge dieser Aufbauarbeiten den Auftrag, im Schönen Hof einen Hohenzollern-Stammbaum anzubringen, der die legendäre Abstammung und das ehrwürdige Alter des Geschlechts verherrlichen sollte. Deutlich wurde die über hundert Jahre alte genealogische Argumentation Papst Martins V. wieder aufgegriffen: So ist rechts vom Eingang als Allererstes ein römischer Colonna als Ahnherr abgebildet. Ihm folgt aus der Karolingerzeit ein Graf Tassilo, der durch die Heidenbekämpfung Ruhm erlangt hatte, und schließlich Burggraf Konrad I. von Nürnberg als Begründer der fränkischen Hohenzollernlinie.3018 Inszenierung militärischer Siege zur Festigung dynastischer Identität Dass die Vorfahren bzw. das Herkommen ganz allgemein von zentraler Bedeutung für das Ansehen einer Person oder einer Dynastie war, wurde durch die vorangegangenen Ausführungen anschaulich gemacht. Aber neben der Möglichkeit, möglichst viele Generationen vornehmer Ahnen vorweisen zu können, waren weitere Kriterien für den Ruhm einer Person ausschlaggebend: persönliche Leistungen und Fähigkeiten, die Aufsehen erregten.3019 Im Zusammenhang mit den memorialen Praktiken der ersten drei hohenzollerischen Kurfürsten hat sich gezeigt, dass schon das Erinnern verschiedene Dimensionen aufweist, die liturgische memoria in vielen Fällen also dazu angetan war, von der fama desjenigen zu zeugen, dem das Gedenken galt.3020 Die enge Verklammerung von Vergangenheit und Zukunft, von Erinnerung und Ruhm, zeigt sich im zeitgenössischen Begriff ‚gedechtnus‘. Denn wie Jan-Dirk Müller prononciert festgestellt hat, meint gedechtnus genauso die liturgische memoria für eine Person wie die überhöhende Darstellung in Text und Bild für die Nachwelt, die Sicherung und Erneuerung dieser Überlieferung und schließlich die Fixierung dieser Wis-

3018 HERRMANN, Genealogie und Phantasie, S. 53. 3019 ALTHOFF, Gloria, S. 5. 3020 Otto Gerhard Oexle hat darauf hingewiesen, dass die auf die Person bezogene liturgische, aber auch profane memoria immer auch etwas mit Ruhm zu tun habe: „Memoria erzeugt Fama“, so Oexle. Siehe OEXLE, Adel, S. 340. Kritisch zu dieser Sichtweise mahnt Klaus Graf, die Verschränkung der retrospektiven und prospektiven Dimensionen des Erinnerns im jeweiligen historischen Kontext zu beachten, und wirft Oexle eine „essentialistische Verklammerung von Adel und Erinnerung und Adel und Ruhm“ vor, siehe GRAF, Nachruhm, S. 328–329. Graf übt auch insgesamt starke Kritik an vielen historischen und kunsthistorischen Arbeiten der letzten Jahre, die sich dem Thema des Ruhms in Bezug auf gelehrte Diskurse, Literatur, Architektur oder zum Zweck der Herrschaftslegitimation genähert haben, und wirft ihnen vor, zu wenig zu kontextualisieren und spekulative Behauptungen aufzustellen, siehe ebd., S. 328–331.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

sensbestände im Umkreis des Hofes bzw. des fürstlichen Hauses.3021 Bezüglich der Bewahrung des Gedächtnisses und der demonstrativen Inszenierung des Ruhms stellte Kaiser Maximilian sicherlich eine unerreichte Ausnahme im ausgehenden Mittelalter dar.3022 Ähnliches findet sich höchstens am burgundischen Hof Karls des Kühnen oder ansatzweise bei Pfalzgraf Friedrich dem Siegreichen.3023 Wenn auch diese systematischen ‚gedechtnus-Programme‘ im Mittelalter also die absolute Ausnahme blieben, hat die historische Forschung in den letzten Jahren dennoch verschiedene Felder ausgemacht, auf denen der Adelige seinen persönlichen Ruhm erweisen konnte und musste. In erster Linie ist hier sicherlich das Kriegshandwerk zu nennen, kein überraschender Befund, hatte man es bei den Adeligen doch mit einer Gruppe zu tun, die ihre Hauptaufgabe im Kriegsdienst sah.3024 Zumeist hatten bereits die Vorfahren sich durch den Kriegsdienst für den König oder andere Große Privilegien und Ansehen erworben; und auch wenn im Laufe des Mittelalters diese ureigene Aufgabe des Adels zunehmend durch Söldnerheere übernommen wurde, definierte sich auch der spätmittelalterliche Adel noch zum überwiegenden Maße über eine kriegerische Bestimmung.3025 Herausragende Taten im Schlachtengeschehen und besonderer Mut verewigten somit den ritterlichen Ruhm, dienten allgemein der adeligen Selbstdarstellung,3026 aber konnten auch insofern herrschaftsstabilisierend wirken, als in Siegen und im Kriegsglück immer auch das Eingreifen Gottes für eine gerechte Sache gesehen wurde. Zudem verlangt ‚Ehre‘ als wesentliches Kriterium für Ruhm und Ansehen allgemein nach Erinnerung.3027 Um beispielsweise den Schlachtenerfolg im Rahmen der fürstlichen Erinnerungskultur zu verherrlichen, konnte man sich verschiedener Erinnerungsmedien bedienen. Sie reichten von der rituellen Begehung des 3021 MÜLLER, Art. ‚Kaiser Maximilian‘, Sp. 208–209. Siehe ausführlich zu dem Phänomen auch Jan-Dirk Müllers Habilitationsschrift: MÜLLER, Gedechtnus. 3022 Zu den umfassenden Anstrengungen des Habsburgers zur Wahrung seines Gedächtnisses siehe MÜLLER, Gedechtnus, aber auch LASCHITZER, Die Heiligen, POLLHEIMER, Wie der jung weiß kunig, oder SCHAUERTE, Die Ehrenpforte. 3023 Zur fürstlichen Erinnerungskultur des Pfälzers siehe GRAF, Nachruhm. 3024 KAMP, Adeligsein, S. 103. 3025 Siehe dazu BUMKE, Höfische Kultur, S. 64–71 bzw. S. 381–451, aber auch PARAVICINI, Die ritterlich-höfische Kultur, S. 3–19. 3026 BRACHMANN, Memoria, insbesondere S. 336–337. 3027 GRAF, Fürstliche Erinnerungskultur, S. 7. Wie konstitutiv Ruhm und Ehre allgemein für ‚Adel‘ noch bzw. gerade auch in der Zeit des Ancien Régime war, zeigt das Beispiel Montesquieus: „Ruhm und Ehre sind die Belohnung desjenigen Adels, der nichts anderes kennt, nichts anderes sieht, nichts anderes fühlt als Ruhm und Ehre. Respekt und Achtung sind die Belohnung der hohen Gerichts- und Verwaltungsbeamten, die nichts anderes auf ihrem Weg finden, als Arbeit nach der Arbeit und die Tag und Nacht über die Wohlfahrt des Reiches wachen.“ Zitiert nach ELIAS, Höfische Gesellschaft, S. 119–120.

6.3 Herkunft und Ruhm

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Schlachtenjahrtages mit feierlichen Prozessionen und Gottesdiensten über Beutefahnen, Inschriften, Siegesdenkmäler, Tapisserien, Gemälde,3028 Prosa, Dichtung und Architektur3029 bis hin zu besonderem Gebäck.3030 Als Kurfürst Friedrich I. zu Beginn seiner Herrschaft immer wieder mit Feinden innerhalb seines Kurlandes, aber auch mit Bedrohungen durch die benachbarten Mächte zu kämpfen hatte, schien seine Herrschaft alles andere als stabil zu sein. Umso mehr Gewicht mussten in dieser Anfangsphase erfolgreiche Schlachten und militärische Siege als Zeichen der eigenen Selbstvergewisserung und als Ausweis der politischen Legitimation im neuen Herrschaftsbereich haben. Als es zum wiederholten Male zu Angriffen der verbündeten Herzöge von Pommern, Mecklenburg, BraunschweigLüneburg und Sachsen-Lauenburg in der Uckermack und Prignitz kam, begab sich der Kurfürst zunächst an die Nordgrenze der Mark Brandenburg, wo er am 20. März 1420 die Burgen Gorlosen und Dömitz von den Mecklenburgern zurückeroberte. Fünf Tage später besetzte er schließlich Angermünde und trug in einer spektakulären Schlacht gegen pommersche und polnische Truppen den Sieg davon. Denn als die Truppen der Herzöge von Pommern-Stettin und der verbündeten Polen schon dachten, sie hätten Angermünde zurückerobert, und laut „Stettin“ riefen, da „[…] ist der herr marggraff mit seinem volcke, das er bey sich hatte, von solchem geschrey erwachet, bald der Marcke banyr aufgericht und zu streichen komen, haben sich hart geschlagen […]. Mit Gottes hulfe aber und beystand hat der herr marggraff hertzog Casemarum zu der selbigen pforten, dadurch er eingezoge, widder trieben und von Polen und volcke des hertzogen zu Stettin uber 300 man gefangen und 500 pferde bekomen […]. Zu ehren und gedächtnis dieser uberwindung hat der löbliche fürste herr Friderich, marggraff und churfürst zu Brandenburg an derselbigen städt durch den herrn Guntzel von Bartensleben zu ritter geschlagen: Hanßen von Bredow, Matthias von Uchtenhagen, Bernhart von Schulenburg, Joachim von Bredow, Ludolff von Alvensleben und etliche andere aus seinem hofe.“3031

Die Ritterschläge der märkischen Adeligen in dieser Situation waren nicht nur Auszeichnung von Vasallen im neuen Territorium und damit eine gängige Art der Belohnung bzw. Stabilisierung der Beziehung zwischen 3028 GRAF, Nachruhm, S. 317. 3029 Am Beispiel des lothringischen Hofes zeigt Christoph Brachmann anschaulich, wie Literatur, Kunst und Architektur zu einem Erinnerungs- und Ruhmesprogramm zusammengestellt werden konnten, siehe BRACHMANN, Memoria. 3030 Klaus Graf weist darauf hin, dass in Amöneburg am Gedächtnistag einer wichtigen Schlacht an die Kinder ‚Steigerwecken‘ verteilt und in Crailsheim aus Anlass der Aufhebung der Belagerung der Stadt durch die Reichsstädte 1380 ein Bildergebäck, die sogenannten Horaffen ausgegeben wurden, siehe GRAF, Schlachtengedenken, S. 67. 3031 RIBBE, Die Aufzeichungen des Engelbert Wusterwitz, Nr. 67, S. 161.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Lehnsherr und Lehnsmann, wobei besonders bemerkenswert ist, dass Joachim von Bredow sich noch 1412 mit den Quitzows und anderen Adeligen der Mark Brandenburg gegen Friedrich I. verbündet hatte.3032 Der märkische Chronist Engelbert Wusterwitz identifizierte sie eindeutig als ‚Erinnerungszeichen‘ der „uberwindung“ der feindlichen Truppen. Dazu sollten auch die eroberten Banner dienen, die in zwei zentralen Kirchen des neuen Territoriums aufgehängt wurden: in der Marienkirche in Berlin und in der viel besuchten Wallfahrtskirche Wilsnack.3033 Die Erinnerung an den siegreichen Kampf gegen die zahlenmäßig übermächtigen Feinde wurde zudem innerhalb der Dynastie aufrechterhalten und fand beinahe 70 Jahre später Aufnahme in die Denkwürdigkeiten Ludwigs von Eyb. Von Eyb schildert detailreich den Kampf mit den pommerschen Herzögen und vergisst dabei nicht, das Kampfgeschick des Markgrafen sogar im Nahkampf in besonderer Weise hervorzuheben. Ein feindlicher Trossknecht habe sich auf Friedrich gestürzt, so von Eyb an dieser Stelle, diesen niedergerungen und versucht, mit einem Messer dessen englische Haube zu öffnen. „Indes schickt sich marggraf Fridrich, das er den vom droß seitlich vonn im warff und im mit ihens aigen bock den halls abstach.“3034 Als eine Schlacht, die für das Selbstverständnis der Hohenzollern als Landesherrn in der Mark Brandenburg von herausragender Bedeutung war, muss das frühere Gefecht am Kremmer Damm gesehen werden, einem Knüppeldamm, durch den das Luch nördlich von Kremmen passierbar wurde. Bei dieser Schlacht am 24. Oktober 1412 hatte Friedrich als damaliger Verweser der Mark einen Angriff der Herzöge von PommernStettin erfolgreich abgewehrt. Die militärische Konfrontation war ausgelöst worden, da diese ihren uckermärkischen Pfandbesitz in Gefahr gesehen hatten und ein Teil des märkischen Adels ihren Vater, Herzog Swantibor, für den rechtmäßigen Landeshauptmann in dem Kurland hielt. Mit dem Sieg konnte Friedrich I. den Widerstand der aufständischen Ritterschaft in der Mark schließlich brechen.3035 In der Schlacht waren jedoch Graf Johann von Hohenlohe sowie die Ritter Kraft von Leutersheim und Philipp von Uttenhofen getötet worden, worüber „[…] herr Friderich mit seinem gantzen hoffe nicht wenig bekümmert und betrübt ist worden.“3036 Zur Erinnerung 3032 Ebd., Nr. 42, S. 131. 3033 So der Bericht des Peter Hafftiz in seinem Microchronicon Marchicum, in: CDB IV, 1, S. 46– 167, hier S. 58, und auch die Schöppenchronik gibt den Ruhm des Markgrafen wider, siehe HEGEL, Magdeburger Schöppenchronik, S. 352. Sogar die gegnerische Seite berichtete ausführlich über die verheerende Niederlage gegen Markgraf Friedrich, siehe BÖHMER, Thomas Kantzow’s Chronik, S. 101–103. 3034 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 66. 3035 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 2, S. 232. 3036 RIBBE, Die Aufzeichungen des Engelbert Wusterwitz, Nr. 43, S. 132.

6.3 Herkunft und Ruhm

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an die ranghohen Toten stiftete Friedrich drei Epitaphe in der Kirche des Franziskanerklosters in Berlin.3037 Schlachtengedenken war zunächst immer erst einmal liturgische memoria für die Gefallenen, eine spirituelle Fürsorge für diejenigen, die sich im Kampf geopfert hatten.3038 Häufig wurden Jahrtagstiftungen für die Toten eingerichtet, Mess- und Kirchenstiftungen zum Dank für den glücklichen Ausgang vorgenommen und auf dem Schlachtfeld Steinkreuze oder kleine Kapellen errichtet.3039 Auch im Zusammenhang mit der Schlacht am Kremmer Damm ist sehr wahrscheinlich anzunehmen, dass der Markgraf entsprechende Jahrtagstiftungen im Franziskanerkloster vorgenommen hat.3040 Für die Hohenzollern war mit dem Datum der Schlacht vor allem die endgültige Niederschlagung der märkischen Opposition in der Zeit als Verweser der Kurmark verbunden und damit der Beginn der Befriedung des märkischen Gebiets. Die großen Verdienste um die Mark Brandenburg einschließlich der persönlichen Opfer, für die als Paradebeispiel das Gefecht mit den Herzögen von Pommern-Stettin aus dem Jahr 1412 gelten muss, hatten laut der Urkunde König Sigismunds aus dem Jahr 1415 zur Belehnung mit dem Kurland beigetragen und damit letzten Endes auch zum Aufstieg der Dynastie in die höchste Reichselite. Insbesondere für das Bild der Zeitgenossen von Markgraf Albrecht, aber auch für die Sichtweise der modernen Forschung ist das Feld des Krieges von herausragender Bedeutung. Der dritte brandenburgische Kurfürst aus dem Haus Hohenzollern galt bereits zu Lebzeiten als Inbegriff des fürstlichen Kriegsherrn, als ein „deutscher Achill“.3041 Eneas Silvius 3037 HEIDMANN, Engelbert Wusterwitz, S. 101. Abbildungen der Epitaphien für Johann von Hohenlohe und Kraft von Leutersheim finden sich bei FIDICIN, Berlinische Chronik, S. 158–160, wobei sie den Zustand nach der Renovierung der Klosterkirche zwischen 1842 und 1845 zeigen. Vor allem die Darstellung auf der Gedenktafel Johanns von Hohenlohe scheint auch eher dem 19. Jahrhundert zu entstammen als einen mittelalterlichen Zustand wiederzugeben. Zur Schlacht am Kremmer Damm allgemein: VOIGT, Die Schlacht. 3038 So Klaus Graf, wobei er den städtischen Kontext beschreibt und unterstreicht, dass sich die Stadt durch das Schlachtengedenken als Erinnerungsgemeinschaft konstituierte, siehe GRAF, Schlachtengedenken, S. 65. Graf sieht einen großen Unterschied zwischen dem adeligen Schlachtengedenken und dem der mittelalterlichen Stadt: „Verkürzt könnte man formulieren: dynastisch-aristokratisches Schlachtengedenken ist exklusive ‚Privatfrömmigkeit‘, genossenschaftlich-gemeindliches Schlachtengedenken ist öffentliche Demonstration einer Sakralgemeinschaft“, siehe ebd., S. 64. 3039 GRAF, Nachruhm, S. 324–325. 3040 VOIGT, Die Schlacht, S. 226. 3041 Der Beiname wurde bis in die heutige Zeit weitertradiert, beispielsweise durch die chronikalischen Aufzeichnungen des Frankfurter Stadtschreibers Jacob Staius, siehe Memorabilia der Stadt Frankfurt a. d. O. vom Stadtschreiber Staius, in: CDB IV, 1, S. 321–370, hier S. 337. Der Humanist Jakob Wimpfeling trug ebenfalls zu dem Albrecht-Bild der Folgezeit bei, schreibt er doch über Markgraf Albrecht Folgendes: „Tuum in primis avum, Albertum Brandenburgium

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Piccolomini schrieb in dieser Hinsicht stilbildend am 23. Juli 1450 an den Bischof von Eichstätt: „[…] accepi, que magnifico fortissimoque pectore Albertum, marchionem Brandeburgensem, illustri sanguine ortum nuper egisse scripsisti. congratulor virtuti sue lectorque nostrum seculum tanto viro ornari, qui vel Achillis vel Hectoris prestantie par sit. ego illi inter viros illustres nostri temporis, de quibus modo tractatum cudo, non infimum locum servavi atque idcirco silendum inpresentiarum decrevi.”3042

Ähnlich auch das Urteil Georg Podiebrads, der in einem Brief an den französischen König formulierte, dass „[…] maggrave Albrechten von Brandenburg aller geordneter heervart meister und der fursichtigsten manlichster furst in teuczschen landen verumbt ist […].“3043 Die gleiche Bewunderung für die kriegerischen Leistungen im Feld und auch auf der Turnierbahn zeigte der bayerische Chronist Ritter Hans Ebran von Wildenberg: „Marggraf Albrecht was meyster im ratt, er was meyster auff der pan, er was meyster im veldt, er was auch albeg bey den ersten und vördristen in sturmen und streitten.“3044 In den ersten zwei Jahrzehnten seiner Regierungszeit war Albrecht immer wieder in Kriege involviert, entweder als Hauptmann oder Reichsheer(quem Theutonicum Achillem vovat) summis de prudentia et re militari laudibus afficit.“ Siehe SCHMIDT, Eneas Silvius, Germania, S. 125. 3042 WOLKAN, Der Briefwechsel, 2, Nr. 43, S. 162–163, hier S. 163. In seinem Brieftraktat an Martin Mair, den Kanzler des Mainzer Erzbischofs Dietrich Schenk von Erbach, kommt der kriegerische Ruhm sogar noch deutlicher zutage, hier formuliert Eneas folgendermaßen: „Quot apud vos clarent militie ductores! Quanta est Alberti, machionis Brandeburgensis, gloria, sive fortitudinem hominis sive providentiam exigis! Is ab ipsa pueritia in armis educatus pluribus interfuit bellis, quam alii fortasse legerint. Militavit in Polonia, sclesia, Pruscia, in Bohemia, in Austria, in Hungaria. In omni ferme Germania nullus est angulus, quem non calcavit armatus. Duxit exercitus copiosos prostravit, ferocissimos hostes. Cum Norimbergensibus novem bella gessit, in octo victor, in uno victus, in quo proditione deceptus, quamvis pene captus videretur, fortuitum tamen periculum subita superavit industria. In congressibus iniit pugnam, victor ultimus excessit de prelio.“ Siehe SCHMIDT, Eneas Silvius Piccolomini, Germania, S. 63. In der deutschen Übersetzung von Schmidt liest sich das folgendermaßen: „Wie viele berühmte Heerführer gibt es bei euch! Wie groß ist der Ruhm des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, mag man seine Tapferkeit oder seine Voraussicht in Betracht ziehen! Von Kindheit an in den Waffen geübt, hat er an mehr Kriegen teilgenommen, als andere wohl gelesen haben mögen. Er hat Krieg geführt in Polen, Schlesien und Preußen, in Böhmen, Österreich und Ungarn. In ganz Deutschland ist wohl kaum ein Winkel, den er nicht an der Spitze seiner Truppen betreten hat. Er hat große Heere geführt und die tapfersten Feinde bezwungen. Mit Nürnberg hat er neun Kriege geführt, in acht als Sieger, nur in einem besiegt, und in diesem wurde er durch Verrat hintergangen; aber obgleich es nahe daran schien, daß er gefangengenommen würde, entging er doch der von ungefähr drohenden Gefahr durch einen raschen Entschluß. In Schlachten eröffnet er den Kampf, und als letzter verließ er siegreich das Schlachtfeld“, siehe SCHMIDT, Der Brieftraktat, S. 113. 3043 Zitiert nach SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 130–131. Dabei ist zu bedenken, dass der böhmische König zu diesem Zeitpunkt ein Bündnis mit dem Brandenburger suchte. 3044 KLUCKHOHN, Ludwig der Reiche, S. 58, in der Fußnote.

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führer im Dienste des Königs, für die eigenen Interessen oder die seines Hauses. Dabei kämpfte er Mitte der 1450er Jahre beispielsweise als Reichsheerführer Kaiser Friedrichs III. gegen die Truppen Andreas Baumkirchers und Ulrichs von Grafenegg, die zu diesem Zeitpunkt in Diensten von König Ladislaus Postumus standen. Bei der Belagerung von Baumgarten im Burgenland wurde „sein gnad durch sein maull und halls gechossen“, erhielt aber aus Dank für seine Tapferkeit vom Kaiser den Federsee bei Buchau geschenkt, so jedenfalls die Darstellung des markgräflichen Chronisten.3045 Die Kriegslust und Tapferkeit Albrechts stieß aber durchaus auch auf harsche Kritik: Niemand habe das Land Bayern so verheert und in so großes Unglück gestürzt wie der Hohenzoller, lautet das Urteil Herzog Ludwigs von Bayern-Landshut,3046 und im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen beiden Reichsfürsten in den Jahren von 1459 bis 1463 ließ sich ein Eichstätter Domherr zu der Äußerung hinreißen, dass alle im Reich erst wieder Frieden hätten, wenn Markgraf Albrecht erstochen sei.3047 Wie der Vater bediente sich Albrecht ebenfalls verschiedener Instrumente, um das Gedenken an seine siegreichen Schlachten hochzuhalten: Im Konflikt zwischen Hans von Absberg, einem seiner Vasallen, und Ritter Horneck von Hornberg um das Schloss, die Stadt und das Amt Jagstberg im Jahr 1445 hatte Albrecht militärisch eingegriffen. Nachdem von Hornberg Hans von Absberg überfallen und dabei das Schloss und die Stadt eingenommen hatte, „[…] macht sich itzgenanter marggraue Albrecht […] fuderlich vff vnd zoge am Samstag nach sant Gilgen tag zu rosz vnd fues fur Jagsberg, gewane das mit gewalte wider, finge auch darinne den iüngen Hornecken vnd mit ime bei sibentzigk knechten, vast eitel schnaphane […]“,3048

so der Würzburger bischöfliche Rat und Chronist Lorenz Fries. Nach der ‚spontanen Heldentat‘ Markgraf Albrechts ließ dieser die Schilde der besiegten Ritter in der Pfarrkirche St. Johannis in seinem Ansbacher Residenzort als Erinnerungszeichen des militärischen Triumphes aufhängen,3049 und der markgräfliche Chronist Ludwig von Eyb schmückte in

3045 3046 3047 3048 3049

THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 89. HASSELHOLDT-STOCKHEIM, Urkunden, Beilage Nr. 33, S. 123–125, hier S. 124. SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 133. FRIES, Chronik der Bischöfe, S. 87. So der Hinweis von Ludwig von Eyb, siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 75.

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seinen Denkwürdigkeiten diese Ruhmestat in anschaulicher Weise aus.3050 Somit diente der Schlachtenruhm einerseits der Selbstvergewisserung der Hohenzollern. Andererseits konnte jeder Besucher der Johanniskirche nun die Glorie des siegreichen Markgrafen in Form der eroberten Schilde betrachten und sie auch als Ausweis seines fürsorglichen Verhaltens als Lehnsherr gegenüber seinem in Not geratenen Vasallen lesen. Die Eroberung von Jagstberg, die im Medium des Erinnerungszeichens und im Medium der Chronik vom Ruhm Albrechts Kunde geben sollte, sei hier nur als ein Beispiel genannt. Die Heldentaten und der Ruhm fanden aber auch durch die mit Markgraf Albrecht verbundenen Niederadeligen Frankens Verbreitung. Von Wilwolt von Schaumberg, der kurzzeitig in den Diensten Markgraf Johanns von Brandenburg stand und dessen Lebensbeschreibung von seinem Schwager Ludwig von Eyb dem Jüngeren verfasst worden ist, wird ebenfalls berichtet, dass er voller Bewunderung für die militärischen Großtaten seiner Dienstherren Markgraf Albrecht und Markgraf Johann gewesen sei. Verschiedene militärische Auseinandersetzungen im Rahmen des Konflikts mit Herzog Bogislaw X. von Pommern, an denen von Schaumberg im Jahr 1478 Jahre persönlich teilgenommen hatte, schilderte er in seiner Lebensbeschreibung immer wieder. An diesen Stellen bringt Wilwolt besonders die Bewunderung zum Ausdruck, mit welcher Kraft der Markgraf den Feind stets niedergeworfen habe.3051 Von der List im weiten Sinne in Form der militärischen Taktik,3052 aber auch in Form des gewitzten politischen Agierens bis hin zur der mit der List verwandten Schlagfertigkeit3053 ist im Zusammenhang mit Markgraf Albrecht ebenfalls immer wieder die Rede. Auch Wilwolt von Schaumberg fand für die listenreiche Art der Kriegsführung tiefe Bewunderung, wenn er beispielsweise schilderte, wie der Markgraf mitten in der gewaltsamen Auseinandersetzung mit Bogislaw von Pommern das Gerücht verbreiten ließ, er würde mit seinen Truppen abziehen, um dann innerhalb kürzester Zeit umzukehren und zu einem Überraschungsangriff überzugehen.3054 Bei

3050 Siehe ebd., S. 74–75. Die Denkwürdigkeiten von Eybs sind – wenig überraschend – durch und durch gespickt mit Schilderungen von herausragenden militärischen Taten Markgraf Albrechts. 3051 „[…] und zoch mit aller macht über den von Bomern, legt sich für ein stat, haist zum Pan, gewan die mit stirmes craft, vieng in dem schlos ob 60 edln und raisigen und zerrais das schloss, schlaift die stat und ließ all ir mauer niderbrechen, brach da auf, in willen für Biritz zu ziehen“, siehe VON KELLER, Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg, S. 42. Die gesamte Schilderung der Auseinandersetzung mit dem Herzog von Pommern-Stettin ebd., S. 41–48. 3052 Siehe die Beispiele bei ALTHOFF, Gloria, S. 9–16. 3053 Althoff liefert für eine herausragende Schlagfertigkeit verschiedene Beispiele aus der Zeit des Früh- und Hochmittelalters, siehe ebd., S. 16–22. 3054 VON KELLER, Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg, S. 46.

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der Eroberung von Angermünde, gut 50 Jahre zuvor, hatte Albrechts Vater Friedrich I. ein Loch in die Stadtmauer beim Franziskanerkloster brechen lassen und die feindlichen Truppen auf diese Weise im Schlaf überrascht.3055 Auch der päpstliche Legat Johannes Antonius Campanus zielte auf diese Art von listigen Fertigkeiten ab, wenn er über Markgraf Albrecht schreibt, dass die Zeitgenossen diesen einen „vir acer, eloquens, vafer, quem vulpem Germaniae“3056 zu nennen pflegten; eine Einschätzung, die ähnlich wie bei der Schilderung seiner Kriegstaten auch ins Negative abrutschen konnte. Bei Unterhandlungen zwischen König Władysław von Böhmen und Räten Markgraf Albrechts klang weniger Bewunderung als die Unterstellung von Durchtriebenheit an, als dieser betonte: „Ewr marggraf ist weis, aber er soll sein weysheyt nit an mir versuchen, in dingen, die mir wider ere weren.“3057 Trotzdem waren das Verhandlungsgeschick und die Schlagfertigkeit des Markgrafen bei politischen Diskussionen im Reich und in den angrenzenden Fürstentümern bekannt und hoch geschätzt. Nicht nur Kaiser Friedrich III. drängte Albrecht immer wieder, bei seinem Treffen mit Karl dem Kühnen in Trier im Jahr 1473 zu erscheinen, bei dem es um das Projekt einer burgundischen Standeserhöhung in Form eines territorialen Königtums oder sogar um eine Übertragung der Regentschaft über das Reich ging.3058 Auch die in Trier anwesenden Fürsten und sogar Karl der Kühne selbst wünschten die Anwesenheit des Markgrafen bei den nur schleppend vorangehenden Verhandlungen, wie Ludwig von Eyb der Ältere und Hertnid vom Stein, die Räte des Markgrafen, diesem aus Trier brieflich mitteilen ließen: „[…] Und ist des hertzogen, auch ander fursten und keyserlicher rette ma:nung gantz gestanden, wo e. g. personlich entgegegen gewest were, die sachen, so bißher gehandelt sein, hetten sich zu vil kürtzerm außtrag gefüget, dann gescheen ist […].“3059

Turniererfolge als Inszenierungen des fürstlichen Ruhmes Ein anderes Feld, auf dem gloria und fama des mittelalterlichen Adels vermehrt werden konnten und das zugleich in einem engen Zusammenhang 3055 3056 3057 3058

THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 66. Zitiert nach SCHUBERT, Albrecht Achilles, S. 130. Das Zitat ebd., S. 131. Ausführlich zu diesem Plan und dem Verlauf des Trierer Tages von 1473, insbesondere unter der Perspektive der symbolischen Kommunikation, siehe EHM, Burgund, S. 115–197. 3059 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 212.

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mit dem mittelalterlichen Kriegswesen stand, war das Turnier in seinen beiden grundlegenden Varianten: dem Mêlée und der Tjost. Das Erstere war ein Massenkampf zu Pferd oder zu Fuß, anfangs auf einem offenen Gelände über große Distanzen hin ausgefochten, bei dem nur vage Grenzen festgelegt waren. Die teilnehmenden Gruppen von Rittern unterstanden der Leitung eines Gefolgsherrn, Regeln waren nur rudimentär vorhanden – sie verboten lediglich die Tötung des Gegners und erklärten bestimmte Orte zu Ruheräumen.3060 Später entwickelte sich die zweite Variante der berittenen oder unberittenen Einzelkämpfe, jeweils ausgefochten mit Schwertern, Lanzen oder anderen Schlagwaffen, die insbesondere in der deutschen Überlieferung häufig auftreten3061 und den Massenkämpfen an Beliebtheit den Rang abliefen. Zudem wurde im Laufe der Zeit auch zwischen dem ‚Rennen‘ mit scharfen Waffen und dem ‚Stechen‘ mit stumpfen unterschieden, wobei sich im zunehmenden Gebrauch von stumpfen Waffen auch das Ende der alten, besonders gefährlichen Massenturniere spiegelte.3062 Seit dem 13. Jahrhundert kam es zur Einfriedung des Turnierplatzes mit Zäunen, ab 1400 wurden die Zweikämpfe mit einer trennenden Mittelbarriere ausgefochten,3063 und im Laufe der Zeit wurde das Regelwerk für die in ganz Europa stattfindenden Turnierveranstaltungen immer detaillierter. Zu den wichtigsten Bestimmungen gehörte die förmliche Einladung, die Einhaltung und Überwachung zuvor festgelegter Kampfbestimmungen, außerdem die Ausrufung des Siegers durch den Schiedsrichter des Turniers. Der ‚Turnierdank‘ wurde dem Sieger durch eine Dame überreicht und symbolisierte das förmliche Ende des Turniers. Hierin erschöpfte sich die Rolle der Damen im Rahmen des Turniers nicht, seit dem 13. Jahrhundert waren sie als Zuschauerinnen von großer Bedeu-

3060 BARBER/BARKER, Die Geschichte, S. 22–23. Aus der reichhaltigen Auswahl allgemeiner Literatur zum Thema des Turniers siehe vor allem die umfassende Überblicksdarstellung von David James Frederick Crouch aus dem Jahr 2005: CROUCH, Tournament, und den Sammelband von Josef Fleckenstein: FLECKENSTEIN, Das ritterliche Turnier, außerdem auch LEHMANN, Der Beginn, und NICKEL, The tournament. Die ausführliche Schilderung des gesamten Ablaufes eines Massenturniers gibt BUMKE, Höfische Kultur, S. 348–356. 3061 Im heutigen deutschen Teil des Reiches traten Turniere spätestens um die Mitte des 12. Jahrhunderts häufiger auf, um 1175 auch in den österreichischen Reichsteilen, siehe BARBER/BARKER, Die Geschichte, S. 67. Als einer der ältesten Turnierberichte im Reich gilt die Darstellung des Turniers der Stauferherzöge Konrad und Friedrich von Schwaben im Jahr 1127 in Würzburg von Otto von Freising, siehe BUMKE, Höfische Kultur, S. 344. Dort findet sich auch eine Beschreibung der Einzeltjost und der Sonderform des sogenannten Tafelrundenturniers, siehe ebd., S. 360–365. 3062 BUMKE, Höfische Kultur, S. 356. 3063 BARBER/BARKER, Die Geschichte, S. 12.

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tung, seit dem 15. Jahrhundert entschieden sie zusammen mit den Turnierrichtern und Herolden über die Zulassung zum Turnier.3064 „Die einen beteiligten sich am Stechen aus hohem Sinn; den anderen ging es nur um den Gewinn; da tjostierten auch viele Ritter aus keinem anderen Grund, als um der Frauen willen; andere nahmen teil, um zu lernen; wieder andere, um Ruhm zu gewinnen“,3065

so erklärte der Dichter Ulrich von Liechtenstein in seinem Frauendienst die unterschiedlichen Motivationen der mittelalterlichen Adeligen, am Turnierwesen ihrer Zeit teilzunehmen, obwohl nicht nur große Gefahren für Leib und Leben bestanden, sondern mit der Teilnahme auch hohe Kosten verbunden waren. Der Auszug aus der fiktiven Autobiografie Ulrichs von Liechtenstein spricht einige zentrale Funktionen an, die das Turnier für den Adel des Mittelalters übernahm. Die Ritterspiele waren zunächst einmal Übung für den Ernstfall der Schlacht. Insbesondere die Massenkämpfe stellten hier ein gutes Training dar, denn hier erprobten sich die Teilnehmer im Formationsreiten und in der Technik des geschlossenen Angriffs, der für die Kriegstaktik der Zeit in hohem Maße bestimmend war.3066 Die Turnierpreise konnten zwar durchaus wertvoll sein, aber die letzten drei der von Liechtenstein genannten Gründe scheinen vor allem die zentrale Motivation für die Teilnahme gewesen zu sein. Denn Turniere hatten bald einen festen Platz in der ritterlich-höfischen Kultur und fanden in der Regel eingebettet in ein größeres Fest statt: Gottesdienst, Festmahle und Tanzveranstaltungen waren begleitende Veranstaltungen; Anlass für die Abhaltung von Turnieren war zumeist ein Bündnis, ein Friedensschluss oder eine Hochzeit.3067 Als wichtige gesellschaftliche Anlässe waren Turniere damit Orte, an denen man sich mit seinen Standesgenossen traf, in einer besonders eindeutigen Weise in Wettbewerb zueinander trat – ein sehr entscheidendes Kriterium, denn auch hierbei galt, dass die Qualität des eigenen Adels sich vor allem im Vergleich mit den anderen offen-

3064 PARAVICINI, Die ritterlich-höfische Kultur, S. 12. Zum Thema der Herolde und ihrer Funktionen in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft verfasste Nils Bock eine Dissertation an der Universität Münster, die noch nicht veröffentlicht ist. Erste Ergebnisse hat er bereits in einem Aufsatz zur Diskussion gestellt, siehe BOCK, Herolde. Allgemein zum Heroldsthema siehe auch: HILTMANN, Herolde, und DERS., Spätmittelalterliche Heroldskompendien. 3065 Ulrich von Liechtenstein, Frauendienst 210, 3–8, übertragen ins Neuhochdeutsche von Joachim Bumke, siehe BUMKE, Höfische Kultur, S. 365–366. 3066 VERBRUGGEN, The Art of Warfare, S. 178. 3067 PARAVICINI, Die ritterlich-höfische Kultur, S. 13.

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barte3068 – und an denen auch politische Entscheidungen verhandelt wurden.3069 Während des Turniers konnten sich die Teilnehmer also vor den Standesgenossen und vor allem auch vor den anwesenden Damen auszeichnen,3070 Mut und Geschicklichkeit beweisen und insbesondere Ruhm und Anerkennung in der adeligen Gesellschaft gewinnen. Hier konnten die Ritter höfische Gesinnung in vielerlei Hinsicht demonstrieren, denn bereits durch die Teilnahme zeigten sie, dass sie auch finanziell in der Lage waren, dieser standesgemäßen Betätigung nachzukommen.3071 Durch die strengen Zulassungsbestimmungen zu den Turnieren – kämpfen durfte nur, wer eine bestimmte Anzahl adeliger Ahnen vorweisen konnte und ehelich geboren war3072 –, das Ausrufen der Wappen durch die Knappen oder Herolde und die sogenannte Helmschau, einer strengen Prüfung der Zugangskriterien vor den Standesgenossen mit entsprechend entehrenden Auswirkungen bei Nicht-Zulassung, war die Bedeutung der Turnierteilnahme für das adelige Selbstverständnis enorm. Die Turniere gehörten zu den wichtigen Anlässen, bei denen Ruhm und Ehre für die eigene Person und die Familie erlangt werden konnten und somit die Zugehörigkeit zu einer exklusiven sozialen Schicht besonders deutlich vor Augen trat. Im 15. Jahrhundert erreichte das Turnierwesen schließlich seinen Gipfelpunkt, wofür vor allem die Höfe Karls des Kühnen und Renés von Anjou verantwortlich waren, an denen die bekanntesten Turnierfeste der Zeit ausgerichtet wurden.3073 Das Streben nach persönlicher Tapferkeit nahm nun großen Raum ein, wobei der Einfluss der Versromane nicht zu unterschätzen ist.3074 Obwohl die Ritterwürde im 15. Jahrhundert selten wurde und der Ritterschlag nun nicht mehr zu einem standesbegründenden Titel gehörte, war der Erwerb für den hohen Adel nicht nur aus materiellen Gründen attraktiv, da die Vasallen und Hintersassen in diesem Fall zu einer Abgabe verpflichtet waren,3075 sondern auch in repräsentativer Weise reiz-

3068 KAMP, Adeligsein, S. 101. Die ‚aemulatio‘ als Konkurrenz der Adeligen um den eigenen Rang im Vergleich zu anderen machte es notwendig, sich vor allen anderen Standesgenossen einen Namen zu machen, siehe GÖRICH, Die „Ehre des Reiches“. 3069 PARAVICINI, Die ritterlich-höfische Kultur, S. 14. 3070 Die Damen verliehen Turnieren ihr Gewicht. Der Kampf auf der Bahn wurde zum Minnedienst, wobei die ranghöchste Dame den Siegerpreis überreichte und dem so Ausgezeichneten einen Tanz gestattete, selbst wenn sie rangmäßig über diesem stand, siehe RANFT, Feste, S. 247. 3071 Zu dem komplexen Verhältnis zwischen dem Turnierwesen und den finanziellen Ressourcen des Adels siehe KEUPP, Verschwendung. 3072 RANFT, Die Turniere der vier Lande, S. 85–86. 3073 BARBER/BARKER, Die Geschichte, S. 145. 3074 Ebd., S. 147. 3075 PARAVICINI, Die ritterlich-höfische Kultur, S. 41.

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voll, denn die höfische Kultur erfuhr im 15. Jahrhundert eine wahre Renaissance. Ganz im Sinne ihrer adeligen Standesgenossen zeigten auch die Hohenzollern großes Interesse an den wichtigen Turnieren ihrer Zeit: Im Mai 1434 besuchte Friedrich I. als Zuschauer zusammen mit seiner Ehefrau Elisabeth und ihren Kindern ein großes Turnier in Nürnberg.3076 Am 31. August dieses Jahres fand erneut in Nürnberg „der groeste Turney, so er in vil jaren ye gewest ist“, statt, an dem die markgräflichen Söhne Johann, Friedrich II. und Albrecht zusammen teilnahmen. Von den vier Turnierpreisen, die am Ende des Nürnberger Turniers vor den Augen der anwesenden markgräflichen Familie, aber vor allem vor den versammelten Fürsten und Herrn vergeben wurden, ging einer „[…] gen der Newenstat an der Aysch dem marggraven Albrecht von Brandenburg.“3077 Allein unter den 352 Teilnehmern waren vier Fürsten und 60 Ritter.3078 Zusammen mit der noch weitaus größeren Anzahl der adeligen und städtischen Zuschauer in Nürnberg bildete dies eine repräsentative Öffentlichkeit, vor der der zwanzigjährige Albrecht ehrenvoll ausgezeichnet wurde. Seiner Mutter und der Pfalzgräfin Katharina von Pommern-Stolp kam die Aufgabe zu, den Siegern den Turnierdank zu überreichen.3079 Neben dem Ruhm des Sohnes war somit ein weiteres Mitglied der markgräflichen Familie feierlich aus dem Turniergeschehen hervorgehoben. Vier Jahre später, als königlicher Kriegshauptmann in Schlesien, konnte Markgraf Albrecht erneut seine besonderen Turnierfähigkeiten unter Beweis stellen, als er kurz vor der zweiten Hochzeit seiner Schwester, Herzogin Elisabeth von Brieg, und auch während der eigentlichen Hochzeitsfeier an zwei Turnieren in Breslau teilnahm. So besiegte er vor den Augen des in Breslau versammelten königlichen Hofes auf einem Turnier am 9. Dezember 1438 Herzog Nikolaus von Oppeln. Um ihren besonderen Heldenmut zu beweisen und den Kampf für die Zuschauer noch aufregender zu gestalten, hatten beide Fürsten ohne schützende Rüstung im Seidenhemd gekämpft.3080 Auch wenn sich immer wieder Nachrichten über die Teilnahme der anderen männlichen Mitglieder der Markgrafenfamilie an verschiedenen Tur3076 KANTER, Markgraf Albrecht, S. 112. 3077 VON KERN, Chronik aus Kaiser Sigmunds Zeit, S. 395. Auch die Chronik von Andreas Tucher wusste von dem Turnier zu berichten und ergänzte zudem: „[…] den 4. danck gab man margraffen Albrecht dem jungen, wann er gar wol gestochen het, was nit riter, auf hern fasnacht gen der Neuenstat.“ Siehe VON KERN, Endres Tucher’s Memorial, S. 25. Markgraf Albrecht war zu diesem Zeitpunkt erst 20 Jahre alt und wurde erst ein Jahr später, am Heiligen Grab, zum Ritter geschlagen. 3078 KANTER, Markgraf Albrecht, S. 113. 3079 GEMEINER, Regensburgische Chronik, Bd. 3, S. 62. 3080 KANTER, Markgraf Albrecht, S. 150.

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nieren des 15. Jahrhunderts finden lassen, haben doch weder sein Vater Friedrich I. noch seine Brüder in diesem Maße das Turnierwesen im Reich mitgeprägt und in der Außenwahrnehmung ihr Bild so sehr mit dem eines ruhmreichen Turnierkämpfers verbunden wie Albrecht. Seine spektakulären Kämpfe gingen immer wieder auch in die Stadtchronistik ein – das Stechen in Donauwörth am 13. Januar 1440 gegen einen Graf von Helfenstein3081 oder der Kampf mit Graf Hans von Fraunberg zu Haag im Jahr 1442 in Augsburg, den Burkhard Zink ausführlich beschreibt,3082 sind nur wenige Beispiele unter vielen. Sie zeigen den Markgrafen vor den Augen der Standesgenossen, vor denen anderer Adeliger und vor der städtischen Öffentlichkeit als Inbegriff eines ‚wahren‘ Ritters. In dem berühmten Brieftraktat an Martin Mair hatte Eneas Silvius Piccolomini diesem Bild ein Denkmal gesetzt, formulierte er doch folgendermaßen: „In ludo, quo solo tecti clipeo acutis sese lanceis impetunt, septies et decies cuncurrit semper victor. In oppugnationibus urbium sepe primus murum ascendit. Quibus ex rebus non iniuria Theutonicus appelatur Achilles, nec profecto quenquam novimus, quem nostra sibi preferat etas, ne dicamus equet. Neque enim in hoc homine tantum militares artes et imperatorie virtutes singulari quodam modo relucent, sed nobilitas generis, proceritas corporis, venustas faciei, facundia lingue et virium robur admirabilem eum efficit.“3083

Das Bild des ritterlichen Turnierhelden entsprach aber auch dem eigenen Selbstverständnis des Markgrafen und wurde im Rahmen seiner fürstlichen Selbstdarstellung immer wieder von ihm bemüht. Solange es seine körperliche Konstitution zuließ, nahm er an den wichtigen Turnieren im Reich teil. Am eigenen Hof in Franken richtete er zudem wiederholt Turniere für

3081 SCHUSTER/WAGNER, Die Jugend, S. 155–156. 3082 HEGEL, Chronik des Burkard Zink. „Marggraff Albrecht ritt gar herlich und ritterlich und traf den Frawenberger gleich oberhalb des gesichts, datz er schwaifen warde, und hett man in nit aufgericht, er wer gefallen […]“, ebd., S. 97. Nach dem Städtekrieg und dem Friedensschluss mit Nürnberg wurde im Jahr 1454 zu Ehren Albrechts ein großes Stechen mit seinen Hofleuten und den Geschlechtern Nürnbergs veranstaltet, siehe STILLFRIED/HAENLE, Das Buch vom Schwanenorden, S. 161. 3083 SCHMIDT, Eneas Silvius Piccolomini, Germania, S. 63. Die deutsche Übersetzung bei SCHMIDT, Der Brieftraktat an Martin Mayer, S. 113–114: „Im Turnier, bei dem die Gegner, nur durch den Schild gedeckt, mit scharfen Lanzen gegeneinander rennen, ist er siebzehnmal mitgeritten und immer als Sieger. Beim Sturm auf Städte hat er mehrfach als erster die Mauer erstiegen. Deshalb nennt man ihn mit vollem Recht den deutschen Achilles; und wir kennen wahrlich sonst keinen, den unsere Zeit ihm gleichsetzen, geschweige denn über ihn stellen könnte. Denn dieser Mann zeichnet sich nicht nur durch militärische Fähigkeiten und Feldherrentugenden in einzigartigem Maße aus; sondern auch Adel des Geschlechts, Rankheit des Leibes, Schönheit des Anlitzes, Redegewalt und Körperkraft erregen an ihm Bewunderung.“

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die fränkische Ritterschaft aus3084 oder veranstaltete Armbrustwettschießen mit seinen fürstlichen Gästen.3085 Sehr bezeichnend für die Selbstinszenierung seines Rittertums auch im Rahmen der Kommunikation mit den anderen Fürsten des Reiches war sein Verhalten bei der Auseinandersetzung mit den Wettinern Ende des Jahres 1441. Nachdem es zu größeren Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit den beiden sächsischen Herzögen gekommen war, ließ Albrecht eine Denkschrift an einen erweiterten Kreis von Fürsten schicken, in der er einen Zweikampf mit ihnen anbot. Besonders provozierend war diese Geste auch, weil er den beiden Angeschriebenen anheimstellte, gegen ihn einzeln oder gemeinsam anzutreten.3086 Die Denkwürdigkeiten des Ludwig von Eyb, die dieser für den Markgrafen Friedrich den Älteren geschrieben hatte und die sich auch an die Ansbacher Hofgesellschaft richteten, welche von Eyb in dem Werk mehrfach direkt anspricht,3087 nutzten das Bild des siegreichen Turnierhelden gewinnbringend für die innerdynastische Selbstvergewisserung und für die Darstellung gegenüber den eigenen Hofleuten. Unmissverständlich leitete von Eyb seine Ausführungen über die besonderen Turniertriumphe seines ehemaligen Lehnsherrn ein, indem er knapp resümierte, dass dem Markgrafen „[…] ist nachzuschreiben, das er in seinen jungen tagen ritterlich ubung vor andern fursten geübt hat mit rennen, stechen, besuchen der thurnier und der ritterschaft hofe.“3088 Im Anschluss folgt eine Aufzählung von Neuerungen des Turnierwesens, die Albrecht angeblich eingeführt hat. Dazu gehörte das Rennen mit dem Spieß, das vorher selten ausgeübt worden wäre, zudem „das rennen hinter dem punt […], das rennen hinter der angeschwaiften dartschen“, die es vorher auch nicht gegeben habe, und schließlich eine Reihe von Verbesserungen der Turnierausrüstung, für die von Eyb ebenfalls den Markgrafen als Verantwortlichen nennt.3089 Zusätzlich entwickelte von Eyb als Einleitung zu der Schilderung des spektakulären Zweikampfes mit Hans von Fraunberg zu Haag, der bereits durch die Augsburger Chronistik vorlag, ein sehr plastisches Bild Markgraf Albrechts, das noch einmal in besonders eindrücklicher Weise den Mut, aber vor allem auch seinen großen Ruhm auf den Punkt brachte:

3084 3085 3086 3087

TRESP, Die Kurzweil, S. 292–294. Ebd., S. 296. QUIRIN, Markgraf Albrecht, S. 301. So Matthias Thumser in seiner Einleitung der Neuedition, siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 18. 3088 Ebd., S. 75. 3089 Ebd., S. 76.

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„Der gemelt mein gnediger herr het auß ritterlicher ubung mit stechen und rennen an den vierzig oder fünfzig ringen an einer schnur bracht, die trug er an seinem halls ethwa lang. Die gab zu versteen, das er darumb hinter der dartschen auff dem bunt mit dem sper rennen wolt in ainem seyden hembd on alle ander beklaydung.“3090

Für die besondere Verbundenheit Albrechts mit dem Turnierwesen seiner Zeit, vor allem für den Stellenwert, den es in seiner Selbstdarstellung, aber auch in seiner Außenwahrnehmung einnahm, ist schließlich sehr bezeichnend, dass der Markgraf mit seiner Familie nicht nur selbstverständlich zu den sogenannten Vier-Lande-Turnieren eingeladen wurde und an der Mehrzahl auch teilnahm.3091 Er war zudem der einzige Fürst, der als Veranstalter bei diesen genossenschaftlich organisierten Turnieren des Ritteradels überhaupt in Erscheinung getreten ist: Das Turnier in Ansbach ein Jahr vor seinem Tod richtete er mit den Fürsprängern zusammen aus.3092 Neben der vordringlichen Intention, den süddeutschen Adel fest an sich zu binden, inszenierte der Markgraf so auch seine außerordentliche Vorliebe für das Turnierwesen und die ritterliche Kultur im Allgemeinen. Jerusalemfahrten zur Vermehrung des fürstlichen Ruhms Abschließend muss noch kurz auf zwei weitere Felder hingewiesen werden, die zum Ruhm eines Fürsten und seiner Dynastie beitragen konnten: eine Fahrt nach Jerusalem zum Heiligen Grab und fürstliche Begräbnisfeiern, die auf besonders anschauliche Weise den Zusammenhang von fama und gloria zeigten, von der prospektiven Dimension des Erinnerns und der retrospektiven,3093 die für das Selbstverständnis des Adels und für die Wahrnehmung durch die Zeitgenossen von großer Bedeutung waren. Es wurde bereits erwähnt, dass Markgraf Albrecht zusammen mit seinem älteren Bruder, dem Markgrafen Johann, im Jahr 1435 eine Reise ins Heilige Land unternahm. Möglicherweise als Antwort auf die Unterstellung gegenüber Friedrich I., er würde in ungebührlicher Weise Partei für die ketzerischen Hussiten nehmen,3094 auf jeden Fall auf Geheiß des Vaters3095

3090 Ebd. 3091 Zum Würzburger Turnier luden die ‚Fürspränger‘ Markgraf Albrecht und seine Familie in einem Schreiben vom 24. April 1478 ein, auch in Heidelberg 1481, in Stuttgart 1484, in Ansbach 1485 und sogar an dem von den ‚Einhörnern‘ ausgerichteten Turnier in Bamberg im Jahr 1486 hat Markgraf Albrecht teilgenommen, siehe Kapitel 3.2. 3092 Siehe THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 76. 3093 GRAF, Fürstliche Erinnerungskultur, S. 9. 3094 KRAACK, Jerusalem, S. 51.

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begaben sich die markgräflichen Brüder auf die Reise nach Jerusalem. Nicht nur dass sie auf ihrem Weg an vielen fürstlichen Höfen Halt machten, so zum Beispiel am Hof des Königs von Zypern,3096 an denen ihnen große Ehre erwiesen wurde und sie ebenfalls einen guten Eindruck hinterließen, sie am Heiligen Grab zu Rittern geschlagen wurden und selbst ihren Reiseteilnehmern den Ritterschlag erteilten,3097 sondern auch die Rückreise ins eigene Territorium war dazu angetan, ihren Ruhm zu verbreiten. Von diesem zeugten die mitgebrachten Andenken und Reliquien, die am heimischen Hof oder in den Kirchen des eigenen Herrschaftsbereichs ausgestellt wurden. Aber selbstverständlich auch die Berichte der heimgekehrten Gefolgsleute, die allein schon aus eigenem Interesse die Fahrt als ruhmreiche Abenteuerfahrt und fromme Pilgerreise schilderten, waren weitere Medien, um ihre fama zu vermehren. Zudem machten die ruhmreichen Erlebnisse ebenfalls im Kreis des Hochadels schnell die Runde, da man die Briefe der Ausgezogenen an befreundete oder verwandte Fürsten weiterschickte, um sie über den Fortgang der gefahrenvollen Reise auf dem Laufenden zu halten.3098 Besonders großes Aufsehen und außerordentlicher Ruhm muss sich mit der Pilgerfahrt Friedrichs II. verbunden haben, brachte er doch auf seiner Rückreise die Goldene Rose vom päpstlichen Hof mit.3099 Inszenierungsstrategien bei fürstlichen Leichenfeiern Schließlich zeigt noch einmal das Beispiel der fürstlichen Leichenfeier sehr deutlich die verschiedenen Dimensionen des Erinnerns und das Bedürfnis nach memoria und Nachruhm der adeligen Herrschaftsträger des späten Mittelalters. Zur Erinnerung und gleichzeitig zur Darstellung des Rangs des Verstorbenen und seiner Familie war die Anwesenheit der fürstlichen Standesgenossen und der Vertreter der Stände seines Territoriums notwendig.3100 Sowohl Anzahl als auch Rang der Gäste stellten auch hier einen Gradmesser der gesellschaftlichen Anerkennung des Verstorbenen dar. Zugleich bildeten sie die Adressaten der Repräsentationsbemühungen im Rahmen der Totenfeier, auch sie sollten den Nachruhm gewährleisten.

3095 Am 24. Februar 1435 gab er seinen Räten bekannt: „Wir lassen euch wissen, das wir nach willen vnsers lieben herren vnd vaters zurate wurden sein, mit Hielf des almechtigen gotes über mehr ein Rittervard zu czihen […]“, siehe CDB III, 1, Nr. 132, S. 196. 3096 Ebd., Nr. 133, S. 197–217, hier S. 200. 3097 Ebd., S. 210. 3098 KRAACK, Jerusalem, S. 42. 3099 Siehe Kapitel 5.2. 3100 BABENDERERDE, Uns zu Gedechtnus, S. 615.

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Fürstliche Trauerfeiern bestanden grundsätzlich aus zwei zeitlich getrennten Etappen: Zum einen aus der Bestattung der sterblichen Überreste, der eigentlichen Beerdigung, kurze Zeit nachdem der Tod eingetreten war. Zum anderen aus dem sogenannten Dreißigsten, also der zumeist mit deutlich größerem Aufwand betriebenen Trauerfeier, die dreißig Tage nach dem Tod oder der Beerdigung des Betroffenen stattfand, auch Begängnis genannt. Der größere Aufwand des Begängnisses lag darin begründet, dass hier neben den liturgischen Funktionen insbesondere die Repräsentation in den Vordergrund trat und die Feier vor allem für eine erweiterte Öffentlichkeit gedacht war.3101 Welche Dimensionen die Öffentlichkeit während der Totenfeier eines Reichsfürsten annehmen konnte, zeigt das Begängnis Kurfürst Friedrichs II., das noch nicht einmal eine außergewöhnlich große Anzahl von Beteiligten aufwies. Am 17. März 1471 fand im Kloster Heilsbronn seine Totenfeier statt, an der 3500 Personen teilnahmen.3102 Die Aufzeichnungen, die unbekannte markgräfliche Schreiber im Rahmen der Vorbereitung der Feier anfertigten,3103 zeigen den enormen organisatorischen, aber auch finanziellen Aufwand, der für ein fürstliches Begängnis betrieben wurde. Die durch den Schreiber veranschlagten Kosten für Essen, Getränke, Kohlen, Küchengeräte, Wachs und Kerzen, Tisch- und Handtücher, für die Ausstattung des markgräflichen Stalls mit dem Notwendigsten und das zusätzliche Geld für die Messe und Almosen beliefen sich bereits auf 884 Gulden.3104 Die Unterbringung der hochrangigen Gäste stellte ein besonders großes Problem dar, häufig fielen für diesen Posten ebenfalls noch erhebliche Kosten an. Der Hof Markgraf Albrechts wurde durch die Unterbringung der Gäste während der Totenfeier Friedrichs II. vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt, weshalb sich die markgräflichen Schreiber nicht nur zu der lakonischen Äußerung hinreißen ließen: „[i]tem die gemein pristerschafft, die muß sich behellffen, wie sie mag. Domini est terra“,3105 sondern auch den warnenden Hinweis gaben: „Dan solten vill herrn, fursten und prelaten her mühen und nit ratt geschehen, sonder ungemach, wer der herschafft schimpfflich.“3106 Die seitens der markgräflichen Hofverwaltung erhaltenen Gästelisten, die Aufstellungen der benötigten Lebensmittel und der Dinge des täglichen Bedarfs für diese Anlässe, vor allem aber auch die Aufzeichnungen und Hinweise zum zeremoniellen Ablauf der Totenfeiern geben ein sehr deutli3101 3102 3103 3104 3105 3106

Ebd., S. 616. THUMSER, Organisierte Trauer, S. 384. Ebd., S. 388–398. Ebd., S. 393–397. Ebd., S. 392. Ebd., S. 393.

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ches Bild von dem Stellenwert, der diesen für die Erinnerung, das Gedächtnis und den Nachruhm zugewiesen wurden. Selbstverständlich wurde genau verzeichnet, welche Personen während des Leichenzuges, aber auch in der Kirche die Banner des Kurfürstentums Brandenburg, der Burggrafschaft Nürnberg und der Dynastie zu tragen hatten: Im Falle Friedrichs I. im Jahre 1440 waren dies die Grafen Wilhelm von Oettingen und Wilhelm von Castell bzw. Ulrich von Rehberg und Hans von Wallenrod.3107 Die knappen Ausführungen zum Zeremoniell während des Leichenzuges wiesen zudem aus, wer die Speere, das Kurschwert, den brandenburgischen, den burggräflichen und den hohenzollerischen Schild tragen sollte; vorgesehen waren ausschließlich ehrenvolle Mitglieder des fränkischen Adels.3108 Schließlich war ein weiterer wichtiger Punkt des Leichenzeremoniells das sogenannte Pferdeziehen, also das Mitführen von Pferden im Leichenzug, die am Ende der Trauerfeierlichkeiten der Kirche geschenkt wurden.3109 Acht Pferde begleiteten aus Anlass des Todes Friedrichs I. die fränkischen Adeligen im Leichenzug, wobei das erste Pferd von den beiden Truchsessen des markgräflichen Hofes geführt wurde.3110 Der Aufwand bei den Leichenfeiern seiner Söhne und Nachfolger im Kuramt, Friedrich II. und Albrecht, hatte sich gegenüber dem Zeremoniell für den Vater noch einmal erheblich gesteigert. Durch den Hof wurde genauestens festgehalten, wer vor dem brandenburgischen Banner gehen und wer dieses tragen sollte. Bei Friedrich II. waren dies beispielsweise der Marschall und der Kanzler des markgräflichen Hofes. Die Ehre, das Banner zu tragen, überließ man hingegen dem schlesischen Herzog von Troppau.3111 Nicht nur die Anzahl der getragenen Banner und der Insignien der Macht hatten sich vervielfältigt, denn beispielsweise waren nun die pommerischen und stettinischen Fahnen und außerdem ein Helm – möglicherweise einer Rüstung, vielleicht aber auch ein Hinweis auf den Kurhut – hinzugekommen.3112 Vielmehr waren es jetzt auch nicht mehr nur die Adeligen des eigenen Territoriums, die in das Zeremoniell eingebunden waren, sondern die Repräsentanten der anderen Kur- und Reichsfürsten: „Den schilt sol tragen Conrat von Helmstatt, des pfaltzengraven rat und diener, Her Heinrich von Brandenstein, herzog Wilhalm von Sachßen ratt und diener.“3113 Ausdrücklich wird auf die Stellvertretung im Zeremoniell bei der Beschreibung 3107 3108 3109 3110 3111 3112 3113

THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 354. Ebd. BABENDERERDE, Uns zu Gedechtnus, S. 619. THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 355. Ebd., S. 372. Ebd., S. 372–373. Ebd., S. 372.

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der Leichenfeier für Markgraf Albrecht hingewiesen: So ist beispielsweise bei der Sitzordnung während des Mahls die Rede von einem Fürstentisch, an dem „grave Ott von Hennenberg von des bischoffs von Mentz wegen“3114 gesessen habe. Der markgräfliche Bericht von der Leichenfeier aus Anlass des Todes Albrechts im Jahr 1486 zeigt hingegen noch einmal einen deutlichen Anstieg der Repräsentationsformen gegenüber dem Begängnis des Jahres 1471. Wieder waren neue Titel hinzugekommen, die durch Banner und Schilde symbolisiert werden mussten,3115 und auch die Ausführungen im Allgemeinen waren viel detaillierter als noch im Jahr 1471 bzw. 1440. So wurde genau geregelt, welche Vertreter des Adels während des Festmahls die Ehrendienste an den einzelnen Tischen zu übernehmen hatten: Am ersten Fürstentisch sollten die Marschalldienste zum Beispiel von Michael von Schwarzenberg und Georg von Zedwitz ausgeübt werden.3116 Die Reihenfolge der Gäste für den Kirchgang und die personelle Ordnung innerhalb der Kirche hielt der Bericht ebenfalls fest; beim Zug zur Kirche waren „[…] alweg vor eynem banir zwenn ritter gangen und ir yeder [hatte] ein prynnete kertzen getragen.“3117 Sowohl bei Margraf Friedrich II. als auch bei Albrecht waren zehn Pferde im Leichenzug mitgegangen, und der Schreiber des Berichts von 1486 vermerkte in diesem Zusammenhang genau: „Item die obgeschriben pferd seind alle mit schwartzem zendel verdeckt gewest und darauff die wappen und cleynnet under sich stend gemalt.“3118 Neben der Repräsentation des Standes des Verstorbenen durch die die einzelnen Titel symbolisierenden Pferde wurden diese und mitgeführte Kleinodien bzw. kostbare Tuche der Kirche überlassen und galten als Seelgerät für den Toten.3119 Die Herrschaftsinsignien, die während des Leichenzuges mitgeführt wurden, verblieben am Altar der Kirche, in der das Trauergerüst aufgebaut war; „[…] ihre feierliche Darbringung stand für die Rückgabe des Herrschaftsauftrages in die Hand Gottes.“3120 In der Praxis verblieben die Insignien, der Schmuck und die Pferde nicht im Besitz der Kirche, sondern wurden später gegen eine Geldzahlung wieder ausgelöst.3121

3114 Ebd., S. 408. 3115 Trotz der Auseinandersetzung mit den pommerschen Herzögen wurden die Fahnen von Pommern und Stettin im Leichenzug mitgeführt, außerdem die der Herzogtümer Kaschuben und Wenden und des Fürstentums Rügen. 3116 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 408. 3117 Ebd., S. 414. 3118 Ebd., S. 419. 3119 BABENDERERDE, Uns zu Gedechtnus, S. 621. 3120 Ebd. 3121 Ebd., S. 622.

6.3 Herkunft und Ruhm

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Auch hinsichtlich des rituellen Gedenkens während der Leichenfeier stellte Markgraf Albrecht wieder einmal eine Ausnahme unter den ersten drei brandenburgischen Kurfürsten aus dem Haus Hohenzollern dar. Dies hing zum einen mit dem gestiegenen Repräsentationsaufwand gegen Ende des 15. Jahrhunderts zusammen, zum anderen aber auch mit den Umständen seines Todes, da er während des Frankfurter Reichstages im März 1486 verstorben war. Dies war der Reichstag, auf dem fast einen Monat zuvor die von Kaiser Friedrich III. forcierte Wahl seines Sohnes Maximilian I. zum römisch-deutschen König durchgeführt worden war. Aus diesem Grund waren bis auf den König von Böhmen sämtliche Kurfürsten, eine große Anzahl weltlicher und geistlicher Reichsfürsten sowie Vertreter der Städte und Mitglieder des niederen Adels und selbstverständlich auch der Kaiser selbst in Frankfurt zugegen. Da der Kurfürst fernab von seiner Heimat gestorben war, war es notwendig, ein vorgezogenes Begängnis abzuhalten, da die sterblichen Überreste vor der Beerdigung noch nach Franken überführt werden mussten. An der Schilderung dieses Tages fällt zunächst einmal auf, dass den Markgraf der Tod in einer sehr ‚löblichen‘ Weise ereilte, da er sich – wie an jedem Tag, so der ausdrückliche Hinweis des Schreibers – in das Franziskanerkloster von Frankfurt hatte tragen lassen. Am 12. März 1486 „[…] vm die vierdte Vhr nach Mittage starb er seliglichen in demselben Closter […].“3122 Aufgrund seines Ranges und seiner Verdienste wurde dem Kurfürsten ein Tag später ein besonders eindrucksvolles Begängnis zuteil, bei dem der Leichnam auf einem Totengerüst in der Kirche aufgebahrt worden war, bedeckt von einer schwarzen Fahne aus Seide mit einem weißen Seidenkreuz und umgeben von 36 großen brennenden Kerzen. Am Trauergottesdienst nahmen neben dem Kaiser und dem römisch-deutschen König Maximilian I. sämtliche in Frankfurt noch anwesenden Kur- und Reichsfürsten teil, die der Bericht einzeln vermerkt und selbstverständlich die genaue Reihenfolge in der Sitzordnung wiedergibt.3123 Nach der Messe wurde der Leichnam Albrechts „[…] durch etlich Grauen vnd Edeln getragen vfz der Kirche bisz in dasz Schiff, darin man yen heim in syn Land füren solt.“3124 Vor der Leichenbahre gingen als Erstes die Frankfurter Franziskanerinnen und Franziskaner sowie die Dominikaner mit Wachskerzen in ihren Händen. Auch die markgräflichen Diener hätten mindestens 40 Kerzen und Fackeln in ihren Händen gehalten, so hält es der Bericht weiter fest. Dem Prozessionszug seien außerdem der Kaiser, König Maximilian und sämtliche 3122 CDB III, 2, Nr. 251, S. 315–316. 3123 Ebd., S. 316. 3124 Ebd.

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6. Ansehen – Gedächtnis – Dynastie

Kurfürsten, Fürsten, Bischöfe, Grafen und Herren, die auch beim Begängnis anwesend gewesen waren, zu Fuß gefolgt und nach Erreichen des Schiffes zurück zur kaiserlichen Herberge gelaufen.3125 Dieser eindrucksvolle Zug durch die Reichsstadt Frankfurt zum Main muss einen enormen Eindruck auf die spätmittelalterliche Öffentlichkeit gemacht haben, da die komplette politische und soziale Führungsschicht des Reiches zu Ehren Albrechts den Leichnam begleitete und sogar Friedrich III. sowie König Maximilian I. dabei zu Fuß gingen. Während die Eingeweide Albrechts im Franziskanerkloster in Frankfurt verblieben, wurde der Leichnam zunächst per Schiff von Frankfurt nach Franken gebracht und dort am 18. März begraben.3126 Eine zweite feierliche Totenfeier im eigenen Territorium wurde schließlich am 19. Juni in Heilsbronn abgehalten.3127 Die Beispiele der drei Leichenfeiern für Friedrich I., Friedrich II. und Markgraf Albrecht haben gezeigt, in welch hohem Maße diese als Ausweis des Ruhms und des hervorragenden Standes der Dynastie aufgefasst wurden. Dass das auch in der Wahrnehmung des markgräflichen Hofes der Fall war, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass Ludwig von Eyb die Gästelisten, die Kosten und zeremoniellen Anweisungen für die Totenfeiern der hohenzollerischen Markgrafen in einen Sammelband aufnahm,3128 den er selbst als Mein Buch bezeichnete.3129 Selbstverständlich ging es bei der schriftlichen Fixierung der Begängnisse auch darum, die Abläufe am Hof zu organisieren und die gelungene Durchführung der Leichenfeiern zu gewährleisten, aber die repräsentative Ausstrahlung des Hohenzollernhofes war gleichfalls von Interesse, wie Matthias Thumser in diesem Zusammenhang betont.3130 Insgesamt kann man sagen, dass die Bedeutung bestimmter materieller und immaterieller ‚Bilder‘ bzw. Repräsentationen der Dynastie für das Selbstverständnis der Familie einen großen Stellenwert einnahmen. Die Erzeugung von Legitimation auf Grundlage des Herkommens, die auch auf der Vorstellung beruhte, dass adelige Eigenschaften von Generation zu 3125 Ebd. 3126 SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 159. 3127 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 406–421. Sogar zwei Nürnberger Bürger erschienen beim Begängnis in Heilsbronn, dazu hatten Markgraf Friedrich und Sigmund aufgefordert. Zuvor hatte der Nürnberger Rat ein eigenes Begängnis für den 19. März, Palmsonntag, angesetzt. An diesem Tag wurde ein Seelamt im Neuen Spital gehalten, wie man es bereits bei Markgraf Johann getan hatte. Zudem stiftete die Stadt ein neues Tuch für das Tabernakel und 100 Kerzen. Der Chronist vermerkt, dass alle ehrbaren Frauen und Männer vom Rat eingeladen worden seien, siehe von KERN, Jahrbücher des 15. Jahrhunderts, S. 277, Fußnote 6. 3128 THUMSER, Ludwig von Eyb, Schriften, S. 354–383 und S. 406–420. 3129 THUMSER, Organisierte Trauer, S. 384–385. 3130 Ebd., S. 385.

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Generation akkumuliert werden konnten, zeigten sich deutlich in den genealogischen Entwürfen der gelehrten markgräflichen Räte wie auf den Feldern des Kriegs- und Turnierwesens, der Pilgerfahrten ins Heilige Land und den fürstlichen Begängnissen. Sie zeugten von der fama desjenigen, dem jeweils das Gedenken galt. Die enge Verklammerung von Vergangenheit und Zukunft, von Erinnerung und Ruhm war konstitutiv für die Zugehörigkeit zur Gruppe des Adels, und der Erfolg dieser Bilder hatte enormen Einfluss auf den gesellschaftlichen Rang, den man zugewiesen bekam. Hinzuweisen bleibt schließlich noch auf die Tatsache, dass insbesondere die Rahmenbedingungen der mittelalterlichen Gesellschaft, das von Oralität geprägte soziale Miteinander, die Bedeutung der mündlich tradierten Bilder einer Person oder Dynastie für das Gesellschaftsgefüge3131 um ein Vielfaches potenzierten.

3131 ALTHOFF, Genealogische Fiktionen, S. 72.

7. Schlussbetrachtung 7. Schlussbetrachtung

„Und wie hätte man vollends erwarten sollen, daß ein fremder Fürst aus oberdeutschem Stamme, dem kein Erbrecht zustand, dennoch in [der Mark Brandenburg] daselbst einheimisch werden, und ein Geschlecht nach sich lassen würde, welches dereinst dieses große Werk vollbringen sollte; nicht sowohl durch Handlungen der Gewalt, als indem es seine besonderen Interessen allezeit mit den allgemeinen des religiösen und politischen Lebens verband.“3132

Im Jahr 1878 hatte Leopold von Ranke den Lesern des zweiten Buches seiner Preußischen Geschichte diese rhetorische Frage gestellt und ihnen mit dieser vermeintlich zugleich die Antwort gegeben. Ranke zufolge, der die gesamte Entwicklung Preußens und der Dynastie bis zur Entstehung des Königreichs Preußen im Sinn hatte, konnten die Hohenzollern ihre Herrschaft in der Mark Brandenburg etablieren und stetig ausweiten, indem sie die Interessen ihrer Dynastie fortwährend mit ‚allgemein‘ bestehenden Interessen religiöser und politischer Art verbanden. Offen ließ der Historiograf des preußischen Staates allerdings, was sich hinter diesen ‚allgemeinen‘ Interessen verbarg. Mögliche Erkenntnisse zur Identität der allgemeinen Interessen bietet die vorliegende Untersuchung. Sie konnte die Art und Weise näher bestimmen, in der die Hohenzollern nach ihrem Aufstieg in die höchste reichsfürstliche Elite auf unterschiedlichen Feldern fürstlicher Existenz die eigenen Interessen mit denen anderer Herrschaftsträger – das Reichsoberhaupt eingeschlossen – abstimmten. Zuweilen mussten sie diese nicht nur abstimmen, sondern ganz im Gegenteil gegen Widerstand durchsetzen. Dies betraf nicht nur die Herrschaft im neu erworbenen Kurfürstentum, wie Rankes Ausführungen nahelegen, sondern zugleich das Handeln in ihren Stammlanden. Die Dynastie als Ganzes war gefordert, ging es doch nicht nur um eine persönliche Standeserhöhung Friedrichs I. Die rasche Übernahme des Markgrafentitels durch sämtliche Mitglieder der Familie und die Bezeichnung der fränkischen Fürstentümer als Markgrafschaften – in Analogie zum Begriffsgebrauch in der Kurmark – just mit dem Eintritt ins Kurkollegium waren erste deutliche Versuche, die Rangerhöhung der gesamten Dynastie nach außen klar zum Ausdruck zu bringen und in der Wahrnehmung der Standesgenossen zu verankern. Die spezifischen Bedingungen der vormodernen Gesellschaft machten es trotz ihrer strikten 3132 RANKE, Zwölf Bücher preußischer Geschichte, Bd. 1, S. 61.

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ständischen Gliederung notwendig, soziale Positionen und damit verbundene Herrschaftsrechte und Einflussmöglichkeiten stets neu durchzusetzen. Die öffentliche Anerkennung der Geltungsansprüche einer Gruppe und die Glaubwürdigkeit, die ihren Repräsentanten entgegengebracht wurde, entschieden über Rang und Status innerhalb der mittelalterlichen Ordnung. Auf diese elementaren Zwecke zielten die umfassenden Bemühungen der Hohenzollern, sie entwickelten sich zu einer gesamtdynastischen Anstrengung fürstlicher Selbstbehauptung und Selbstdarstellung nach der Rangerhöhung. Der Umstand, dass die Dynastie innerhalb weniger Jahrzehnte zwei Stufen der gesellschaftlichen Hierarchie übersprungen hatte, machte ihre Mitglieder zu ‚klassischen‘ Aufsteigern, die aus diesem Grund in besonderem Maße darauf angewiesen waren, allen Anforderungen einer fürstlichen Existenz gerecht zu werden. Wie sich gezeigt hat, richteten sich ihre Inszenierungen als Kur- und Reichsfürsten gleichermaßen an drei verschiedene Adressaten: die neuen Standesgenossen, den König als zentrale Instanz im Reich und zugleich Vorbild des Adels sowie an die Untertanen im fränkischen wie im märkischen Territorium. Denn auf je unterschiedliche Weise war es für die Dynastie zur Durchsetzung ihres Herrschaftsanspruches notwendig, sich überzeugend als gleichberechtigte Reichsfürsten, mitherrschende Kurfürsten und unangefochtene Landesherren zu präsentieren. Die persönliche Anwesenheit der Herrschaftsträger, die die mittelalterliche Präsenzkultur allgemein erforderte, erhielt eine gesteigerte Dringlichkeit dadurch, dass die Ehrerweisungen und die Achtung der anderen Reichsfürsten, des Königs, aber auch die Anerkennung der Untertanen im neuen märkischen Territorium nur erreicht werden konnten, indem man diese persönlich erwarb. Unter den Praktiken, die die Hohenzollern hierbei als angemessen und zielführend erachteten, besaßen die Ämter und Ehrendienste, die die Mitglieder der Dynastie im Laufe des 15. Jahrhunderts übernahmen bzw. ausführten, einen zentralen Stellenwert. Wie im zweiten Kapitel der Untersuchung dargelegt, erfüllten sie unterschiedliche Funktionen, denn sie waren sowohl soziales Distinktionsmittel, Medium zur Festigung der Beziehung zum König, diskursive Legitimationsstrategie in Konflikten mit den Standesgenossen als auch eine Möglichkeit zur Selbstversicherung innerhalb des eigenen Geschlechts. Den zentralen Bezugspunkt stellte in erster Linie der König dar, der Ämter vergab oder dem man zumeist diente. Auf horizontaler Ebene fungierten die Standesgenossen als Publikum und erfüllten in dieser Hinsicht eine elementare Funktion. Aus dem großen Spektrum symbolischer Botschaften, die durch Ehrendienste und durch die Vergabe von Reichsämtern transportiert werden konnten, waren es in den ersten Jahren vor und kurz nach der Belehnung mit der Mark Brandenburg Eh-

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rung und Loyalität, die im Zentrum der Interaktion zwischen König Sigismund und Friedrich I. standen. Durch die Ereignisse im Umfeld der Wahl Sigismunds und bei seiner anschließenden Krönung in Aachen konnte sich der Hohenzoller als einer der wichtigsten Vertrauten des neuen Reichsoberhauptes präsentieren, denn er war es, der in der kritischen Phase der Königserhebung konsequent den Anspruch des Luxemburgers im Reich in Szene setzte. Die königliche Nähe wurde in den Aufgaben und Ehrendiensten, die der Burggraf seit der Königswahl Sigismunds übernommen hatte, immer wieder angedeutet, der finale Aufstieg war in ihnen praktisch vorweggenommen worden, da Friedrich bei der Ausübung häufig bereits wie ein Kurfürst agierte. Während des Konstanzer Konzils inszenierte sich Friedrich I. mithilfe von Ehrendiensten besonders häufig als Reichs- und Kurfürst. Im Rahmen dieses europäischen Großereignisses bildete die dauerhafte Präsenz des zukünftigen Königswählers im zeremoniellen Geschehen ähnlich wie bei anderen Ereignissen, die dazu dienten, den Rang der Beteiligten zu unterstreichen, einen auffälligen Gegensatz zur Abwesenheit der meisten anderen Kurfürsten, die sich häufig vertreten ließen. War es jenen möglich, ihre Position im öffentlichen Geschehen durch Stellvertreter einnehmen zu lassen, ohne ihre Stellung zu gefährden, oder konnten sie durch ihre Abwesenheit möglicherweise sogar Distanz zum Ausdruck bringen, war es für den Hohenzoller auch nach seiner Aufnahme ins Kurkolleg ganz im Gegenteil dringend geboten, alle übertragenen Aufgaben in eigener Person wahrzunehmen. Der neue Kurfürst trat den Konzilsteilnehmern als einflussreicher Partner und Vertrauter des Reichsoberhaupts entgegen. Dem König hingegen präsentierte er sich durch seine Dienste als loyal, bestätigte den Luxemburger auf diese Weise in seinem Bewusstsein, im Kollegium der Kurfürsten eine ihm ergebene Vertrauensperson zu haben. In der Vorbereitungsphase des Aufstiegs und in den ersten Jahren nach der Rangerhöhung waren dies die beiden zentralen Botschaften, die für die Etablierung der Dynastie innerhalb der reichsfürstlichen Elite entscheidend waren. Dienste und Ämter zeigten zugleich ein erhebliches Maß des Angewiesenseins der Hohenzollern auf die Nähe zum Reichsoberhaupt und die Akzeptanz der neuen Standesgenossen. Die sich bereits in der Art der Ausübung des Reichsvikariats andeutende Emanzipation des brandenburgischen Kurfürsten, die zum kompletten Bruch mit dem König führte, fand ihren adäquaten Ausdruck in der erzwungenen Übertragung des Reichsheerführeramtes in den Jahren der kurfürstlichen Opposition zu Beginn der 1420er Jahre. Das gestörte Verhältnis dieser Jahre sollte aber gleichfalls durch das Instrument der Ämter und Dienste bereinigt werden: Während der Kurfürst seinen guten Willen durch die ‚Auslieferung‘ des eigenen Sohnes als Edelknaben an den Hof des erzürnten

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Königs demonstrierte, brachte dieser seinen guten Willen durch die Einsetzung des anderen markgräflichen Sohnes zu seinem Stellvertreter auf dem Basler Konzil zum Ausdruck. Die erneute – diesmal freiwillige – Übertragung des Reichsheerführeramtes weist in dieselbe Richtung. Nach dem Tod des Vaters offenbarte sich nicht nur die Arbeitsteilung der Söhne Friedrich II. und Albrecht im Medium der Dienste und Ämter – lediglich im Zuge der Belehnung mit dem Kurfürstentum tritt Friedrich II. in dieser Hinsicht überhaupt in Erscheinung –, sondern es zeigt sich auch, wie deutlich dieses Mittel von der Dynastie weiterhin genutzt wurde. Das sofortige Eintreten in den Dienst des anfangs noch umstrittenen römischdeutschen Königs, vor allem aber die Tatsache, dass Markgraf Albrecht seine Hofmeistertätigkeit eine gewisse Zeit lang persönlich am habsburgischen Hof ausübte, obgleich dies nicht mehr üblich war, waren deutliche Zeichen, um dem späteren Kaiser Friedrich III. Loyalität, Vertrauen und Dienstbereitschaft zu signalisieren. Die Übertragung zweier weiterer zentraler Ämter am kaiserlichen Hof muss als Antwort des Habsburgers gesehen werden und stellte nicht nur eine klare Botschaft an die anderen Reichsfürsten dar, sondern ermöglichte es dem Hohenzoller, beispielsweise als Kammerrichter Einfluss auf wichtige Prozesse vor dem höchsten Reichsgericht zu nehmen. Dass mit der Übernahme von Diensten auch ungewollte Botschaften transportiert werden konnten, zeigte hingegen die Tatsache, dass Markgraf Albrecht den Titel des königlichen Rates ebenso wie einige Jahre später den Hofmeistertitel nicht führte. Der Hohenzoller hatte zwar großes Interesse daran, weiterhin im politischen System des Kaisers eine einflussreiche Position einzunehmen, wollte jedoch um keinen Preis den Anschein erwecken, als benötige er den Lohn eines hauptberuflichen Rates oder königlichen Dieners, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Diese Intention brachte Albrecht kurz vor seinem Tod sehr anschaulich in einem Brief an seinen Sohn Friedrich den Älteren auf den Punkt. Für Albrecht konnte es nur zwei ehrenhafte Arten geben, ein Amt auszuüben: entweder üppig bezahlt und versehen mit einem entsprechend großen Gefolge am ‚Dienstort‘ oder als unbezahlter, aber dadurch auch unabhängiger Ratgeber des Königs. Wie viel zusätzliches Gewicht diese Überlegungen gewinnen mussten, wird deutlich, wenn man sich den spezifischen Hintergrund der Hohenzollern verdeutlicht. Gerade als Mitglied einer Aufsteigerdynastie galt es zu vermeiden, als Parvenü zu erscheinen, der dem Geld nachläuft. Die Übernahme von Diensten und Ämtern als zentrale Strategie der Herrschaftsetablierung der Dynastie bildete zugleich die wesentliche Basis ihrer diskursiven Legitimationsstrategien. Hatten die Hohenzollern es zunächst in ihrer öffentlichen Inszenierungspraxis verstanden, sich als füh-

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rende Dynastie des Reiches und enge Vertraute des Königs zu präsentieren, so lernten sie in den diskursiven Auseinandersetzungen, die Ämter und Dienste zur Legitimation ihrer neuen Position argumentativ einzusetzen. So wurden die Wertvorstellungen eines Verdienstadels gegen die Geburtsadelsvorstellung mächtiger Konkurrenten wie der Wittelsbacher in Stellung gebracht. Als auffälliger Befund muss schließlich konstatiert werden, dass seit dem Bruch mit König Sigismund und der Kontroverse mit Ludwig von Bayern-Ingolstadt die Dienste gegenüber den Standesgenossen nicht mehr thematisiert wurden, sondern nur noch bei in der Interaktion mit dem Reichsoberhaupt zur Sprache kamen. Erst nach dem Tod Albrechts Achilles und der faktischen Spaltung der Dynastie in zwei getrennte Zweige wird das Thema der Dienste wieder zur Grundlage neuer Legitimationsentwürfe. Der jahrelange Briefwechsel mit Ludwig von Bayern-Ingolstadt, der das ganze Reich in Atem hielt, stellte ein einschneidendes Erlebnis für die Dynastie dar; zusätzlich wurde die Inszenierung als loyale Diener des Königs fragwürdig, als dieser sie wie Diener behandelte. Die lang anhaltende Debatte um die Standeserhöhung der Hohenzollern muss auch vor dem Hintergrund der immer strikter werdenden Abgrenzungstendenzen im deutschen Adel gegen Ende des Mittelalters gesehen werden, sie offenbart die typischen Argumente, die die alteingesessenen Hochadelsfamilien gegen die Angehörigen des neuen ‚Briefadels‘ ins Feld führten. Nach der Legitimationskrise zu Beginn der 1420er Jahre begannen die Hohenzollern mit verschiedenen Strategien zu experimentieren: Genealogische Entwürfe, die Abwandlung der bekannten Quaternionentheorie, aber auch die Verdienstthematik und der Rekurs auf bestimmte Tugendvorstellungen wurden zu unterschiedlichen Konzepten in der Interaktion mit anderen, aber auch zum Zwecke der innerdynastischen Selbstvergewisserung zusammengestellt. Wie im dritten Kapitel der Studie darlegt werden konnte, dienten die unterschiedlichen Formen von Bündnisbildung ganz wesentlich der fürstlichen Selbstbehauptung der Hohenzollern. Sie waren dazu geeignet, für die Dynastie Akzeptanz auf der Ebene der Standesgleichen zu erzeugen, während sie zugleich eine Vernetzung mit dem märkischen und fränkischen Niederadel und mit weiteren, standesungleichen sozialen Gruppen ermöglichten und damit eine wichtige Voraussetzung für die Herrschaftsetablierung in den beiden Territorien der Dynastie darstellten. Insbesondere in der Mark Brandenburg hatte die erfolgreiche Bündnispolitik einen hohen Stellenwert, mussten die Hohenzollern hier doch einen vollkommen neuen Herrschaftsanspruch durchsetzen. Die vertraglichen Formen der Vernetzung – Erbeinungen, Bündnisverträge und Eheschließungen – wurden häufig im Zusammenspiel eingesetzt; verwandtschaftliche Verbindungen

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zu einer anderen Dynastie auch mehrfach geknüpft, um bestehende Beziehungen weiter zu verstärken. Die Hauptsäulen des Netzwerkes, Sachsen und Hessen nebst wechselnden osteuropäischen Herrschaftsträgern, ermöglichten es der Dynastie, Einfluss auf wichtige politische Entscheidungen auszuüben, sich gegen mächtige Konkurrenten durchzusetzen und existenzbedrohende Situationen zu entschärfen. Die Eheschließung Friedrichs II. mit Katharina von Sachsen im Anschluss an die Auseinandersetzung zwischen den Wettinern und den Hohenzollern um die Lausitz mag hier als Beispiel genügen. Die verschiedenen Formen der Bündnisbildung waren aber nicht nur Mittel der Dynastie, sondern auch Indikator ihrer Anerkennung, da eine erfolgreiche Vernetzung das gesellschaftliche Ansehen steigerte und gleichzeitig deutlich machte, dass die anderen Großen geneigt waren, die betreffende Person als gleichwertigen Partner zu akzeptieren; sowohl ihr Konnubium mit anderen Hochadelsfamilien als auch der erfolgreiche Abschluss von Bündnisverträgen mit mächtigen Herrschaftsträgern legen Zeugnis davon ab. Im Gegensatz zu den vertraglichen Formen, mit denen die Hohenzollern in erster Linie auf die Vernetzung mit den Standesgenossen abzielten, erweiterte sich der Kreis der potenziellen Partner im Rahmen von kulturellen Formen der Bündnisbildung um weitere Gruppen der vormodernen Gesellschaft: Insbesondere die Einbindung des Niederadels, vor allem der Ritterschaft, aber auch nicht-adeliger Bevölkerungskreise in dem von Herrschaftskonkurrenten durchsetzten süddeutschen Territorium und in der fremden Kurmark waren Voraussetzung der Herrschaftsetablierung. Nicht Verwandtschaft bildete hierbei den ‚Kitt‘ der Beziehungen, sondern die gemeinsame Teilhabe an der vorherrschenden ritterlich-höfischen Kultur sowie der wechselseitige Austausch von Geschenken. Schließlich sorgten grundlegende Aspekte bzw. Werte der christlichen Adelskultur des Mittelalters für Verbindlichkeit auf Grundlage emotionaler Mittel. Im Rahmen ihrer eindrucksvollen Hof- und Festkultur konnte die Dynastie largesse und courtoisie demonstrativ in Szene setzen, und bot zugleich dem Niederadel die Möglichkeit, den Anforderungen der adeligen Lebenswelt gerecht zu werden. Während Turniergesellschaften und insbesondere der Hoforden der Dynastie durch verschiedene Mechanismen wie Eidesleistungen oder gemeinsame memoriale Verpflichtungen eine Verbindlichkeit der Beziehungen zwischen der Hochadelsfamilie und dem territorialen Niederadel herstellten, wurden diese durch weitere Maßnahmen wie den Schutz vor sozialem Abstieg oder vor mächtigen Feinden zusätzlich gefestigt. In Bezug auf die horizontale Netzwerkbildung und Beziehungspflege waren es die persönlichen Einladungen von Standesgenossen an die Höfe der Hohenzollern, die gemeinsam gepflegte Jagdkultur mit all ihren standesspezifi-

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schen Implikationen und der Geschenk- und Gabenaustausch, die zum Ausbau und zur Pflege von existenzsichernden Verbindungen beitrugen. Für den letztgenannten Aspekt besaßen Gegenstände, die eigenhändig für den Beschenkten hergestellt oder persönlich gebraucht worden waren, einen hohen Wert. Sie stellten eine besonders große Nähe zwischen den Personen her bzw. vergegenwärtigten die Abwesenden. Das Geschenk der ‚Familienreliquie‘ an Ursula von Münsterberg im Jahr 1480 sei an dieser Stelle genannt. Durch ihre Praktiken der fürstlichen Selbstbehauptung und Herrschaftsetablierung musste die Dynastie das rechte Maß an Nähe, aber auch an Distanz im Verhältnis zum Reichsoberhaupt erreichen. Wie der König die Fürsten zum Nachweis seiner herrscherlichen Existenz benötigte, förderte die Nähe zu jenem wiederum das Ansehen der Fürsten, da sie als eine Auszeichnung aufgefasst wurde. Königsnähe fand ihren Ausdruck in der Übertragung von Lehnsbesitz oder in der Verleihung von Sonderrechten, die sich nicht nur finanziell nutzen ließen, sondern zugleich Prestige für die eigene Person und Dynastie versprachen. Denn die Qualität des eigenen Adels offenbarte sich erst im Vergleich mit den anderen. Das richtige Maß an Distanz zum Reichsoberhaupt war wiederum für den Aufstieg ins Kurkollegium des 15. Jahrhunderts besonders geboten, da sich die Kurfürsten nicht als dem König in deutlicher Weise untergeordnet, sondern nun vielmehr als Säulen des Reiches, als Mitherrscher neben dem Reichsoberhaupt verstanden. Besonders für denjenigen, der erst durch königliche Gunst eine Erhöhung seiner sozialen Stellung erfahren hatte, war es als neues Mitglied der Hocharistokratie wichtig, ein Bild allzu devoter Unterordnung zu vermeiden; häufig widersprachen die eigenen politischen Interessen aber auch schlicht denen des Königs. Wie die Ausführungen im vierten Kapitel der Untersuchung deutlich zeigen konnten, stellten sich die Etablierungsstrategien der Hohenzollern in diesem Sinne auch als permanente Versuche dar, das Verhältnis zum Reichsoberhaupt entlang der Pole von Nähe und Distanz auszutarieren, um den gewünschten Platz in der gesellschaftlichen Ordnung einzunehmen. Die ‚treuen‘ Dienste der Dynastie im Verlauf des 15. Jahrhunderts führten einerseits dazu, dass ihre Mitglieder als Gegenleistungen Privilegien und andere königliche Gunstbezeugungen erhielten, die für ihre soziale und politische Stellung von entscheidender Bedeutung waren. Neben der Belehnung mit der Mark Brandenburg sind Zollprivilegien oder andere Regalien, aber auch verschiedene Geldzuweisungen und Reichslehen zu nennen. Die Sonderrechte, die sich auf die Durchsetzung und Ausweitung der Kompetenzen des sogenannten Kaiserlichen Landgerichts bezogen, besaßen für die Dynastie sicherlich den höchsten Stellenwert. Das Beispiel der Lehnsstreitigkeiten mit Pommern hat andererseits

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deutlich gezeigt, wie sehr das Verhalten des Reichsoberhaupts zudem von eigenen Interessen geleitet wurde und die Hohenzollern auch selbst den König bzw. Kaiser brüskierten oder provokativ Distanz demonstrierten, wenn es ihnen geboten schien. Dieser Aspekt ist von der Forschung zumeist unterbewertet worden, erklärt sich aber aus den spezifischen Anforderungen an eine Aufsteigerdynastie. Es konnte gezeigt werden, dass das Schwanken zwischen den beiden Polen von Nähe und Distanz, das auch in der diskursiven Kommunikation der Hohenzollern zum Ausdruck kam, in gewisser Hinsicht auch dem Selbstbild der Dynastie geschuldet war, das sich im Verlauf des 15. Jahrhunderts immer deutlicher herauskristallisierte und für die dynastische Selbstbehauptung wichtige Funktionen übernahm: Die ‚Meistererzählung‘ von den loyalen Gefolgsleuten des Königs diente der Verteidigung gegen auswärtige Angriffe, aber auch der innerdynastischen Selbstvergewisserung. Störungen dieses Bildes lösten aus diesem Grund schwere Krisen innerhalb des Geschlechts aus. Dass instrumentelle Maßnahmen wie das Steuer-, Gerichts- und Lehnswesen, die die Forschung als wirksame Instrumente des landesherrlichen Machtausbaus identifiziert hat, auch zentrale symbolische Funktionen für die Herrschaftsetablierung und Selbstdarstellung von Dynastien in der mittelalterlichen Gesellschaft erfüllten, konnte das fünfte Kapitel der Studie anhand der markgräflichen Residenzen, ihrer Hofordnungen sowie der Städtepolitik der Hohenzollern verdeutlichen. Als wichtiger Befund der Analyse der Landesherrschaft in Franken und der Mark Brandenburg muss dabei unterstrichen werden, dass die Dynastie in beiden Territorien mit vollkommen unterschiedlichen politischen Voraussetzungen und Herausforderungen konfrontiert war. Aus diesem Grund lassen sich jeweils andere Schwerpunkte der landesherrlichen Politik ausmachen und wurden abweichende Strategien und Instrumente der Herrschaftsdurchsetzung und fürstlichen Selbstdarstellung erprobt. Die Zerstückelung des Herrschaftsgebietes in einem von mächtigen Herrschaftskonkurrenten durchsetzten Franken, die den Fürstenstatus der Hohenzollern fundamental infrage stellten, auf der einen Seite und die Notwendigkeit der landesfremden Dynastie, eine Landesherrschaft gegen autonome Städte und einen autarken märkischen Adel durchzusetzen, determinierten auf der anderen Seite die analysierten Strategien und Praktiken. Der unterschiedliche Charakter der drei ersten brandenburgischen Kurfürsten, der gemeinhin als Ursache für die Unterschiede in ihrer Herrschaftspraxis ausgemacht worden ist, scheint vor dem Hintergrund dieser Überlegungen eher eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben.

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Die wechselseitige Durchdringung symbolischer und instrumenteller Dimensionen der landesherrlichen Herrschaft konnte am Beispiel des Kaiserlichen Landgerichts des Burggrafentums Nürnbergs belegt werden, das vor dem Hintergrund der spezifischen Gegebenheiten des fränkischen Territoriums einen zentralen Beitrag zur Herrschaftsetablierung der Hohenzollern im 15. Jahrhundert leisten konnte: Dadurch, dass Prozesse von konkurrierenden Gerichten in benachbarten Territorien erfolgreich vor das eigene Gericht gezogen wurden, konnte die Dynastie in die Territorien der Konkurrenten hineinwirken und den eigenen Einflussbereich stückweise ausdehnen. Außerdem zeigte man durch regelmäßige Vorladungen von Untertanen vor das Landgericht als Landesherr Präsenz, und durch die Gewährleistung eines effektiv arbeitenden Gerichts konnten sich die Hohenzollern zugleich gegenüber den häufig langsamer agierenden Reichsgerichten profilieren. Steigende Gerichtseinahmen und die besondere Attraktivität des Nürnberger Landgerichts insbesondere für den süddeutschen Adel erweiterten den politischen Spielraum der Dynastie und gaben ihr einen strategischen Vorteil gegenüber den fürstlichen Konkurrenten in Franken an die Hand. Die wichtigste Funktion, die das Landgericht aber für die Etablierung und Stabilisierung der neu Aufgestiegenen erfüllte, war die symbolische Konstruktion eines zusammenhängenden Herrschaftsgebietes in Franken, wodurch eines der drängendsten Probleme für die Legitimation des neu erworbenen Fürstenstandes behoben werden sollte. Das beinahe völlig geschlossene, wenn auch durch erhebliche Gebietsverluste gekennzeichnete märkische Territorium begünstigte den landesherrlichen Zugriff durch die Tatsache, dass gleich drei Bistümer innerhalb des hohenzollerischen Herrschaftsgebietes lagen. Das Bedürfnis, den Herrschaftsanspruch gegenüber den geistlichen Herrschaftsträgern auszuweiten und zugleich fremde Einflüsse vor allem in den Grenzbereichen des märkischen Territoriums zurückzudrängen, ließ es den Hohenzollern zweckmäßig erscheinen, sich durch die Kurie Nominations- und Kollationsrechte in den Bistümern und Kollegiatstiften zugestehen zu lassen, das Mittel der Observanz und Visitation zielgerichtet zum Einsatz zu bringen und die eigene Rechtsprechung gegenüber den geistlichen Gerichten auszuweiten. Dem jeweiligen Markgrafen waren auf diese Weise auf verschiedenen kirchlichen Hierarchiestufen angesiedelte Personengruppen verbunden, die Zugriff auf unterschiedliche Kreise der märkischen Bevölkerung hatten und dementsprechend für die landesherrlichen Interessen einsetzbar waren. Das persönliche Eingreifen Kurfürst Friedrichs II. in die Kontroverse um den bedeutenden Wallfahrtsort Wilsnack und in den Kampf gegen die ‚ketzerischen‘ Umtriebe in der Mark Brandenburg erwuchs Ende der 1450er Jahre nicht nur aus dem Selbstverständnis eines christlichen Lan-

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desherrn, sondern trug dazu bei, gegenüber zuständigen auswärtigen geistlichen Autoritäten an Einfluss zu gewinnen sowie die Beziehung der märkischen Bevölkerung zur neuen Herrscherdynastie zu festigen. Die Pilgerfahrt ins Heilige Land und die Heimführung der päpstlichen Rose in das neu gegründete Residenzstift vermehrten Prestige und Ansehen des brandenburgischen Kurfürsten unter den Standesgenossen und Untertanen und konnte durch einen entsprechenden Ablass auch die Attraktivität seines ‚Domstiftes‘ steigern. Es konnte schließlich im letzten Teil der Untersuchung herausgearbeitet werden, dass die Dynastie denjenigen Praktiken der fürstlichen Selbstbehauptung großes Gewicht beimaß, die explizit auf die Steigerung ihres Ansehens und Ruhmes abzielten: Die Belehnung mit der Kurmark erhöhte den Status der gesamten Dynastie, deshalb zielten die wiederholten Angriffe der Herrschaftskonkurrenten während des 15. Jahrhunderts auch konsequenterweise auf die Herabsetzung der Familie und nicht auf den Rang einzelner Personen. Die Hohenzollern mussten infolgedessen den ‚Beweis‘ erbringen, dass sie als Dynastie allen reichsfürstlichen Anforderungen und Kriterien gerecht wurden. Ihre diskursiven und praktischen Bemühungen zielten deshalb darauf ab, die Qualität ihres Adels, die im Zentrum der Angriffe stand, zu untermauern. Zu diesem Zweck galt es, Bekanntheit und Ruhm des Geschlechts zu betonen und die Erinnerung an dessen Mitglieder aufrechtzuerhalten, denn erst durch die Bewahrung des familiären Gedächtnisses über lange Zeiträume hinweg entstand in der Vorstellung der Zeitgenossen überhaupt eine Dynastie – als genealogisches Geschlechterbewusstsein. Die Aufrechterhaltung der Erinnerung, die memoria, war elementar für die Selbstvergewisserung der Familie, durch sie wurde im Umkehrschluss aber auch deren Ansehen und Rang bekräftigt und erhöht. Die Hohenzollern suchten dies durch Stiftungen zu erreichen, die die Mitglieder der Dynastie zu Lebzeiten und in ihren Testamenten tätigten. In ihnen kam neben der Sorge um das eigene Seelenheil ein familiäres Zusammengehörigkeitsgefühl zum Ausdruck; das Erbbegräbnis der Dynastie im Kloster Heilsbronn macht dies besonders anschaulich. Der Wunsch, eine bruchlose Kontinuität mit ihren Amtsvorgängern als Nürnberger Burggrafen zu erzeugen, hatte die Dynastie bereits dazu veranlasst, im 13. Jahrhundert die eigenen Familienmitglieder in der Grabkapelle der Abenberger Grafen zu bestatten. Auch die Rangerhöhung des 15. Jahrhunderts führte nicht zur Begründung einer neuen Begräbnisstätte. Die ersten drei brandenburgischen Kurfürsten wurden ausnahmslos in Heilsbronn begraben, obgleich es der ursprüngliche Plan Friedrichs II. gewesen war, in seinem Berliner Residenzstift ein neues Erbbegräbnis einzurichten. Die bestehende dynastische Tradition wog jedoch schwerer als der Wunsch, dem Auf-

7. Schlussbetrachtung

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stieg ins Kurkollegium ein augenfälliges Denkmal zu setzen. Zwei weitere Aspekte konnten schließlich darüber hinaus herausgearbeitet werden: Durch die Stiftungen, die die Hohenzollern in ihren beiden Territorien tätigten, nahmen sie ihren Herrschaftsraum symbolisch in Besitz; sie zeigten gleichermaßen Präsenz in den geistlichen Institutionen der verschiedenen Herrschaftsgebiete, ohne einen bestimmten Orden oder eine andere Einrichtung zu bevorzugen. Lediglich in den Hauptresidenzen Ansbach und Berlin werden intensivere Bemühungen der Hohenzollern deutlich. Schließlich haben nicht nur die Stiftungen, sondern auch weitere Praktiken wie die Mitgliedschaften in Adelsgesellschaften und Bruderschaften, die Gründung eines eigenen Hofordens oder die vielfältigen Bemühungen, durch Turnier- und Schlachtenerfolge das Ansehen der Dynastie zu vermehren, noch einmal deutlich unterstrichen, dass es sich bei den Hohenzollern um eine Aufsteigerdynastie handelte: Die Übererfüllung der repräsentativen Anforderungen des spätmittelalterlichen Hochadels in diesen verschiedenen Bereichen der Ruhm- und Gedächtnisstiftung legt davon ein beredtes Zeugnis ab.

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Abbildungsnachweis Abbildungsnachweis Schwanenritterordensretabel, Vorderseite. Ansbach, St. Gumbertus. Abgebildet in: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980, S. 410. Abb. 2: Schwanenritterordensretabel, Vorderseite; Ausschnitt Predella des Altarschreins. Kurfürst Albrecht kniend im Kurfürstenornat. Ansbach, St. Gumbertus. Abgebildet in: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980, S. 50. Abb. 3: Schwanenritterordensretabel, Rückseite, Schutzmantelbild mit Markgraf Friedrich d. Ä. und Sophie von Polen. Ansbach, St. Gumbertus. Abgebildet in: Gąsior, Agnieszka: Eine Jagiellonin als Reichsfürstin in Franken: zu den Stiftungen des Markgrafen Friedrich d. Ä. von Brandenburg-Ansbach und der Sophie von Polen (Studia Jagellonica Lipsiensia 10), Ostfildern 2012, S. 257. Abb. 4: Siegel des Kaiserlichen Landgerichts des Burggrafentums Nürnberg von 1414. Abbildet in: Stillfried, Rudolf von/Märcker, Traugott (Hgg.): Monumenta Zollerana, Bd. 7: Urkunden der fränkischen Linie 1411–1417, Berlin 1861, Nr. 326, S. 246. Original im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Abb. 5: Berliner Stadtsiegel von 1448. Abgebildet in: Schneider, Wolfgang: Berlin – eine Kulturgeschichte in Bildern und Dokumenten, Leipzig 1980, S. 59. Abb. 6: Glasfensterstiftung Friedrichs II. Der Kurfürst, bekleidet mit Kurmantel und Kurhut, kniet vor dem gekreuzigten Christus neben der Jungfrau Maria. Wilsnack, St. Nikolai. Abgebildet in: Schuchard, Christiane: Die Goldene Rose Papst Nikolaus’ V. von 1453 in der Berlin-Cöllner Schlosskapelle, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin (2000), S. 7–26, S. 8. Abb. 7: Sogenannte Schwanenordenkasel, Rückansicht. Gestickte Ordensinsigie mit Wappenschilden und Titulatur Kurfürst Friedrichs II. Abgebildet in: Liturgische Gewänder und andere Paramente im Dom zu Brandenburg, hg. von Helmut Reihlen, Regensburg 2005, S. 308. Abb. 1:

624 Abb. 8:

Abb. 9:

Abb. 10:

Abb. 11:

Abb. 12:

Abb. 13:

Abb. 14:

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Cadolzburger Altar (um 1430). Darstellung des gekreuzigten Christus mit der Muttergottes und dem heiligen Johannes. Unterhalb der beiden Heiligen: Stifterportraits Kurfürst Friedrichs I. und seiner Ehefrau Markgräfin Elisabeths; Seitentafel links: Die heilige Cäcilie; Seitentafel rechts: Der heilige Valerian. Berlin, Jagdschloss Grunewald. Abgebildet in: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980, S. 33. Cadolzburger Altar, Ausschnitt, Stifterbild. Kurfürst Friedrich I. mit Wappen der Mark Brandenburg. Berlin, Jagdschloss Grunewald. Abgebildet in: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980, S. 34. Romanisches Kirchenschiff. Die drei hohenzollerischen Hochgräber und das gotische Mortuarium (südliches erweitertes Seitenschiff). Heilsbronn, St. Marien und Jakobus. Abgebildet in: Schumann, Günther: Die Hohenzollern-Grablegen in Heilsbronn und Ansbach (Große Kunstführer. Monographien über Kunstwerke, Städte und Landschaften 159), München / Zürich 1989, S. 7. Wappenplatten vom einstigen Hochgrab des Burggrafen Friedrich V. Errichtet 1366–1368. Heilsbronn, St. Marien und Jakobus. Abgebildet in: Schumann, Günther: Die Hohenzollern-Grablegen in Heilsbronn und Ansbach (Große Kunstführer. Monographien über Kunstwerke, Städte und Landschaften 159), München / Zürich 1989, S. 9. Cadolzburger Altar, Ausschnitt. Stifterbild Markgräfin Elisabeths mit Wappen des Herzogtums Bayern. Berlin, Jagdschloss Grunewald. Abgebildet in: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980, S. 35. Die Marienkirche von Brandenburg an der Havel nach einem Bild des Stadtschreibers Zacharias Garcaeus aus dem Jahre 1588. Abgebildet in: Tschirch, Otto: Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg, Bd. 1, Brandenburg/Havel 1928, S. 35. Zeichnung der sogenannten Schwanenordenkasel (1845), Rückenansicht. Darstellung der gestickten Ordensinsignie, Titulatur und Wappen Kurfürst Friedrichs II. Abgebildet in: Stillfried, Rudolph Maria Bernhard: Der Schwanenorden. Sein Ursprung und Zweck, seine Geschichte und seine Alterthümer, Halle 1845, S. 44.

Abbildungsnachweis

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Abb. 15: Zeichnung einer Ordenskette der Gesellschaft Unserer Lieben Frau von 1845, Ausschnitt der zwischen „Premtzen“ eingeklemmten Herzen. Abgebildet in: Stillfried, Rudolph Maria Bernhard: Der Schwanenorden. Sein Ursprung und Zweck, seine Geschichte und seine Alterthümer, Halle 1845, S. 27. Abb. 16: Totenschild für Eberhard von Aurbach, Mitglied der Gesellschaft Unserer Lieben Frau, gestorben 1482. Ansbach, St. Gumbertus. Abgebildet in: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980, S. 413. Abb. 17: Sogenannte Schwanenordenkasel, Rückansicht. Gestickte Ordensinsigie mit ausgefallener Inschrift. Brandenburg an der Havel, Dom St. Peter und Paul. Abgebildet in: Liturgische Gewänder und andere Paramente im Dom zu Brandenburg, hg. von Helmut Reihlen, Regensburg 2005, S. 310. Abb. 18: Glasfensterstiftung aus dem Jahr 1467 mit den drei von der Ordensinsignie umschlungenen Vollwappen Kurfürst Friedrichs II. Werben, St. Johannis. Abgebildet in: Böning, Monik: Die mittelalterlichen Glasmalereien in der Werbener Johanniskirche (Corpus vitrearum medii aevi: Deutschland; Bd. 19. Sachsen-Anhalt Nord, Teil 1), Berlin 2007, S. 243. Abb. 19: Gedenktafel für Kurfürst Friedrich II. (nach 1471), Heilsbronn, St. Marien und Jakobus. Abgebildet in: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980, S. 406. Abb. 20: Epitaph Hans von Haldermannstettens mit der Ordenskette der Gesellschaft Unserer Lieben Frau von 1502. Ansbach, St. Gumbertus. Abgebildet in: Dahlhammer, Hermann: Die Ritter mit dem Schwanenorden, Ansbach 1987, S. 25. Abb. 21: Bildnis einer Dame mit dem Schwanenorden (um 1480). Sammlung Thyssen-Bornemisza, Lugano-Castagnola. Abgebildet in: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980, S. 409. Abb. 22: Schwanenritterordensretabel, Vorderseite; Ausschnitt Predella des Altarschreins. Darstellung der Markgräfin von Brandenburg, Anna von Sachsen. Ansbach, St. Gumbertus. Abgebildet in: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken (Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 90), Ansbach 1980, S. 51.

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Quellen Quellen Ungedruckte Quellen Bamberg, Staatsarchiv (StABa) Geheimes Archiv Bayreuth (GAB) A 20, Lade 10, Nr. 317 Geheimes Hausarchiv Plassenburg (GHAP) Markgraftum Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth, Nr. 697 Markgraftum Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth Nr. 6055 Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAB) Brandenburg-Preußisches Hausarchiv (BPH) Rep. 25 Rep. 26 Ia, Nr. 37 Rep. 26 VIa 8 Rep. 27 W 13 Hannover, Landesbibliothek Ms CIII 838a II, Mappe 6. 1480 X. 27 Lilienfeld Stiftsbibliothek, cod. 151 München, Hauptstaatsarchiv (HStA) Abt. I., Fürstensachen, Nr. 173 Neuburger Kopialbücher 26 Nürnberg, Staatsarchiv (StANü) Fürstentum Ansbach, Ansbacher Oberamtsakten (Repertorium 165a) Nr. 68b Nr. 3821 Nr. 747 (Necrologium Heilsbronnense) Fürstentum Ansbach, Generalrepertorium, Akten Nr. 147, o. Fol. Fürstentum Ansbach, Herrschaftliche Bücher Nr. 18 Fürstentum Ansbach, Stift St. Gumbertus Nr. 555

Quellen

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Kaiserliches Landgericht Nürnberg, Urkunden Nr. 52, 63, 65, 66, 94, 98, 104, 106, 107, 109, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 129, 149, 155, 158, 159, 173, 198 Würzburger Bücher Nr. 5 Potsdam, Landeshauptarchiv (BLHA) Pr. Br., Rep. 10B Vatikanisches Geheimarchiv Archivio Segreto Vaticano, REG. VAT. 459 Wien, Hauptstaatsarchiv (HHStA) Mainzer Erzkanzlerarchiv, 1486–1806 (MEA) Reichstagsakten Fasz. 1a fol. 150r–154v. Wil, Klosterarchiv St. Katharina ‚Schwesternbuch‘

Gedruckte Quellen und Übersetzungen Abkürzungen CDB = Codex Diplomaticus Brandenburgensis PC = Politische Correspondenz RTA = Deutsche Reichstagsakten UBC = Urkundenbuch zur Berlinischen Chronik (hg. von VOIGT/FIDICIN) RI = Regesta Imperii Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte. Magistri Adam Bremensis Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum, hg. von BERNHARD SCHMEIDLER (SS. rer. Germ. 2), Hannover 1917. Aegidius Romanus, De regimine principum libri tres, Ausgabe Rom 1607, Nachdruck Aalen 1967. Albert Krantz, Wandalia. Die Geschichte der Wenden. Nach- und Neudruck im Kopierverfahren 1982/83 der Originalausgabe von 1600, Berlin 1983. Andreas von Regensburg, Chronica pontificum et imperatorum Romanum, in: Andreas von Regensburg. Sämtliche Werke, hg. von GEORG LEIDINGER (Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte, NF 1), Neudruck der Ausgabe München 1903, Aalen 1969, S. 1–158. Andreas von Regensburg, Chronica Husitarum, in: Andreas von Regensburg. Sämtliche Werke, hg. von GEORG LEIDINGER (Quellen und Erörterungen

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Anhang

zur bayerischen und deutschen Geschichte, NF 1), Neudruck der Ausgabe München 1903, Aalen 1969, S. 343–459. BAADER, JOSEPH (Hg.): Beilager des Markgrafen Albrecht von Brandenburg mit der Prinzessin Anna von Sachsen, in: Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 37 (1869/1870), S. 107–110. BACHMANN, ADOLF (Hg.): Urkunden und Actenstücke zur österreichischen Geschichte im Zeitalter Kaiser Friedrichs III. und König Georgs von Böhmen (1440–1471) (Fontes rerum Austriacarum 2: Diplomataria et acta 42), Wien 1879. BACHMANN, ADOLF (Hg.): Urkundliche Nachträge zur österreichisch-deutschen Geschichte im Zeitalter Kaiser Friedrichs III. (Fontes rerum Austriacarum 2: Diplomataria et acta 46), Wien 1892. BACHMANN, ADOLF (Hg.): Briefe und Acten zur österreichisch-deutschen Geschichte im Zeitalter Kaiser Friedrichs III. (Fontes rerum Austriacarum 2: Diplomataria et acta 44), Wien 1885. BADER, JOSEPH (Hg.): Erhard Schürstab’s Beschreibung des Ersten Markgräflichen Krieges gegen Nürnberg (Quellen zur Bayerischen und Deutschen Geschichte 8), München 1860. BERNOULLI, ARNOLD: Hans und Peter Rot’s Pilgerreisen 1440 und 1453, in: Beiträge zur vaterländischen Geschichte NF 1 (1882), S. 392–408. BEAUNE, HENRI/MAULBON D’ARBAUMONT, JULES (Hgg.): Mémoires d’Olivier de la Marche, maître d’hôtel et capitaine des gardes de Charles le Téméraire, Bd. 4, Paris 1884. BÖHMER, WILHELM (Hg.): Thomas Kantzow’s Chronik von Pommern in niederdeutscher Mundart. Sammt einer Auswahl aus den übrigen ungedruckten Schriften desselben, Stettin 1835. BUCK, MICHAEL RICHARD (Hg.): Ulrichs von Richental Chronik des Constanzer Concils 1414–1418, Hildesheim 1962. CAEMMERER, HERMANN VON (Hg.): Die Testamente der Kurfürsten von Brandenburg und der beiden ersten Könige von Preußen (Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg 21), München/ Leipzig 1915. CHMEL, JOSEPH (Hg.): Materialien zur österreichischen Geschichte. Aus Archiven und Bibliotheken, Bd. 1, 2, Linz/Wien 1837. CHMEL, JOSEPH (Bearb.): Regesta chronologico-diplomatica Friderici III. Romanorum Imperatoris (Regis IV). Auszug aus den im k. k. geheimen Haus-, Hof- und Staatsarchive zu Wien befindenden Reichsregistraturbüchern vom Jahre 1440–1493. Nebst Auszügen aus Original-Urkunden, Manuscripten und Büchern, Abteilung 1: Vom Jahre 1440 bis März 1452, Wien 1838. CHMEL, JOSEPH (Bearb.): Regesta chronologico-diplomatica Friderici III. Romanorum Imperatoris (Regis IV). Auszug aus den im k. k. geheimen Haus-, Hof- und Staatsarchive zu Wien befindenden Reichsregistraturbüchern vom Jahre 1440–1493. Nebst Auszügen aus Original-Urkunden, Manuscripten und Büchern, Abteilung 2: Vom Jahre 1452 (März) bis 1493, Wien 1840.

Quellen

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FIDICIN, ERNST (Hg.): Historisch-diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin, Bd. 3: Berlinische Regesten von 949 bis 1550, Berlin 1837. FINKE, HEINRICH/HOLLNSTEINER, JOHANNES/HEIMPEL, HERMANN: Acta Concilii Constanciensis, Bd. 4, Münster 1928. FREYBERG, MAXIMILIAN VON (Hg.): Regesta sive Rerum Boicarum Autographa e Regni Scriniis rideliter in Summa contracta. Begonnen von Carl Heinrich von Lang, Bd. 12, München 1849. FRITZ, WOLFGANG D. (Bearb.): Die Goldene Bulle vom 10. Januar und 25. Dezember 1356, in: Constitutiones et acta publica imperatorum et regnum, bearb. von Wolfgang D. Fritz (MGH Const. 11), Weimar 1988, S. 535– 633. Lorenz Fries: Chronik der Bischöfe von Würzburg 742–1495, Bd. 4: Von Sigmund von Sachsen bis Rudolf II. von Scherenberg, hg. von ULRICH WAGNER/WALTER ZIEGLER (Fontes Herbipolensis), Würzburg 2002. Das Funfft Merckisch Buech des Churfuersten Albrecht Achilles, hg. von KARL AUGUST HUGO BURKHARDT (Quellensammlung zur Geschichte des Hauses Hohenzollern 1), Jena 1857. GEMEINER, CARL THEODOR: Regensburgische Chronik, Bd. 3, mit einer Einleitung, einem Quellenverzeichnis und einem Register, neu hg. von Heinz Angermeier, München 1971. GERCKEN, PHILIPP WILHELM: Ausführliche Stifts-Historie von Brandenburg nebst einem Codice diplomatico aus dem Brandenburgischen Stifts-Archiv, Braunschweig 1766. GERSTINGER, HANS (Hg.): Das Statutenbuch des Ordens vom Goldenen Vlies. Hs. 2606, Textband, Wien 1934. Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium, hg. von WILHELM SCHUM (MGH SS 14), Hannover 1883, S. 376–484. GRUBE, KARL (Bearb.): Des Augustinerpropstes Johannes Busch Chronicon Windeshemense und Liber de reformatione monasteriorum (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 19), Halle 1886. HALLER, JOHANNES (Hg.): Concilium Basiliense. Studien und Quellen zur Geschichte des Concils von Basel, Bd. 4: Protokolle des Concils von 1436: Aus dem Manuale des Notars Bruneti und einer zweiten Pariser Handschrift, Basel 1903. HARPPRECHT, JOHANN HEINRICH VON (Hg.): Staats-Archiv des Kayserlich und des H. Röm. Reichs Kammer-Gerichts Oder Sammlung von gedruckten und mehrentheils ungedruckten Actis Publicis, Archival-Urkunden, kayserl. Rescripten, Verordnungen, Preaesentations und Visitations-Handlungen, Erster Theil, Ulm 1757. HASSELHOLDT-STOCKHEIM, GUSTAV (Hg.): Urkunden und Beilagen zur Geschichte Herzogs Albrecht des Vierten von Bayern und seiner Zeit. Bd. 1, 1. Abteilung: Urkunden und Beilagen zum Kampfe der wittelsbachischen und brandenburgischen Politik in den Jahren 1439 bis 1463, Leipzig 1865. HEGEL, KARL (Hg.): Chronik des Burkard Zink 1368–1468, in: Die Chroniken der schwäbischen Städte: Augsburg, Bd. 2 (Die Chroniken der deutschen Städte 5), Leipzig 1866.

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632

Anhang

KELLER, ADALBERT VON (Hg.): Die Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart 50), Stuttgart 1859. KERN, THEODOR VON (Hg.): Chronik aus Kaiser Sigmunds Zeit bis 1434, mit Fortsetzung bis 1441, in: Die Chroniken fränkischer Städte: Nürnberg, Bd. 1, hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Chroniken der deutschen Städte 1), Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1862, Stuttgart 1961, S. 344–470. KERN, THEODOR VON (Hg.): Endres Tucher’s Memorial 1421 bis 1440, in: Die Chroniken fränkischer Städte: Nürnberg, Bd. 1 (Chroniken der deutschen Städte 1), Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1862, Stuttgart 1961. KERN, THEODOR VON (Hg.): Jahrbücher des 15. Jahrhunderts, in: Die Chroniken der fränkischen Städte: Nürnberg, Bd. 4 (Die Chroniken der deutschen Städte 10), Leipzig 1871, Nachdruck Göttingen 1961, S. 118–386. KERN, THEODOR VON (Hg.): Tucher’sche Fortsetzung der Jahrbücher bis 1469, in: Die Chroniken der fränkischen Städte: Nürnberg, Bd. 5 (Die Chroniken der deutschen Städte 11), Leipzig 1864, Nachdruck Göttingen 1961, S. 456–507. KERN, THEODOR VON (HG.): Urkundliche Beilagen, in: Die Chroniken der fränkischen Städte: Nürnberg, Bd. 2, hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Chroniken der deutschen Städte 2), Leipzig 1864, S. 514–530. KLUGE, REINHOLD (Hg.): Prosalancelot I–V. Nach der Heidelberger Handschrift Cod. Pal. Germ. 147, ergänzt durch die Handschrift Ms. Allem. 8017–8020 der Bibliothèque de l’Arsenal Paris. Übersetzt, kommentiert und herausgegeben von Hans-Hugo Steinhoff (Bibliothek des Mittelalters 14–18), Bd. 1, Frankfurt am Main 1995. KREMER, CHRISTOPH JACOB (Hg.): Urkunden zur Geschichte des Kurfürsten Friedrichs des Ersten von der Pfalz, Mannheim 1766. KURZE, DIETRICH (Hg.): Quellen zur Ketzergeschichte Brandenburgs und Pommerns (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin 45), Berlin 1975. LEIDINGER, GEORG (Hg.): Veit Arnpeck, Sämtliche Chroniken (Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte NF 3), Aalen 1915. LEISERING, ECKHART: Die Belehnungsurkunde von 1423 – der Originaltext, in: Mit Schwert und Kreuz zur Kurfürstenmacht: Friedrich der Streitbare, Markgraf von Meißen und Kurfürst von Sachsen (1370–1428), hg. von Jutta Charlotte von Bloh/Dirk Syndram/Brigitte Streich, München u. a. 2007, S. 139–143. LILIENCRON, ROCHUS VON (Bearb.): Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert, gesammelt und erläutert von Rochus von Liliencron. Auf Veranlassung und mit Unterstützung seiner Majestät des Königs von Bayern Maximilian II., Bd. 1, Leipzig 1865.

Quellen

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LINDSAY, WALLACE MARTIN (Hg.): Isidori Hispalensis episcopi etymologiarum sive originum libri 20, Bd. 1 (Scriptorum classicorum Bibliotheca Oxoniensis), Oxford 1911. Reliqviae manvscriptorvm omnis aevi Diplomatvm ac monvmentorvm ineditorvm adhuc, hg. von JOHANN PETER VON LUDEWIG, Frankfurt am Main 1723. MÄRCKER, TRAUGOTT (Hg.): Das Stamm- und Ankunfts-Buch des Burggrafthums Nürnberg, Berlin 1861. MEYER, CHRISTIAN: Aus einem markgräflichen Haushaltungsbuch des 15. Jahrhunderts. Beilager des Markgrafen Albrecht Achilles mit Anna von Sachsen 1458, Leichenbegängnis Kurfürst Friedrichs I. 1440, Markgraf Johanns des Alchymisten 1464 und Kurfürst Friedrichs II., in: Quellen und Forschungen zur deutschen, insbesondere hohenzollerischen Geschichte 3 (1906), S. 152–234. MINUTOLI, JULIUS VON (Hg.): Friedrich I. Kurfürst von Brandenburg und Memorabilia aus dem Leben der Markgrafen von Brandenburg aus den Quellen des Plassenburger Archivs, Berlin 1850. MINUTOLI, JULIUS VON (Hg.): Das kaiserliche Buch des Markgrafen Albrecht Achilles. Kurfürstliche Periode von 1470 bis 1486. Mit einem aus Archivalien des Plassenburger Haus- und Staats-Archivs bearbeiteten Commentare, als Beitrag zur Charakteristik dieses Fürsten (Quellensammlung für fränkische Geschichte 2, 2), Berlin 1850. MÜLLER, JOHANNES JOACHIM: Des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation Reichs Tags Theatrum, wie selbiges unter Keyser Friedrichs V. allerhöchsten Regierung von anno 1440 bis 1493 gestanden und was auf selbigem in Geist und weltlichen Reichs-Händeln berahtschlaget, tractiret und geschlossen worden. Bd. 1., Jena 1717. PALACKY, FRANZ (Hg.) Urkundliche Beiträge zur Geschichte Böhmens und seiner Nachbarländer im Zeitalter Georg Podiebrads (1450 bis 1471), Wien 1860. PRIEBATSCH, FELIX: Politische Correspondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles. 3 Bde., Leipzig 1894–1898. PROCHASKA, ANTONI (Hg.): Codex epistolaris vitoldi magni ducis lithuaniae 1376–1430, Krakau 1882, Nachdruck New York/London 1965. Regesta Imperii, Bd. 11, 1: Die Urkunden Kaiser Sigmunds 1410–1424, hg. von WILHELM ALTMANN, Innsbruck 1896–1897. Regesta Imperii, Bd. 11, 2: Die Urkunden Kaiser Sigmunds 1424–1437, hg. von WILHELM ALTMANN, Innsbruck 1897–1900. RIBBE, WOLFGANG (Hg.): Die Aufzeichungen des Engelbert Wusterwitz. Überlieferung, Edition und Interpretation einer spätmittelaterlichen Quelle zur Geschichte der Mark Brandenburg (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin 12), Berlin 1973. RUDHART, GEORG THOMAS (Hg.): Regesta sive Rerum Boicarum Autographa e Regni Scriniis rideliter in Summa contracta. Begonnen von Carl Heinrich von Lang, Bd. 13, München 1854.

634

Anhang

SCHIRRMACHER, FRIEDRICH WILHELM (Hg.): Urkundenbuch der Stadt Liegnitz und ihres Weichbildes bis zum Jahre 1455, Liegnitz 1866. SCHMIDT, ADOLF (Bearb.): Der Brieftraktat an Martin Mayer und Jakob Wimpfelings Antworten und Einwendungen gegen Enea Silvio (Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 104), Köln 1962. SCHMIDT, ADOLF (Hg.): Eneas Silvius Piccolomini „Germania“ und Jakob Wimpfeling, „Responsa et replicae ad Eneam Silvium“, Köln/Graz 1962. SCHNITZLEIN, KARL WILHELM (Bearb.): Selecta Norimbergensia oder Sammlung verschiedener kleiner Ausführungen und Urkunden, welche größtenteils bisher noch nicht gedruckt gewesen sind, doch aber vor dienlich angesehen worden die Geschichte des Burggrafthums und der Stadt Nürnberg in einigen Stücken zu erläutern, Bd. 4, Ansbach 1776. SCHÖßLER, WOLFGANG (Hg.): Regesten der Urkunden und Aufzeichnungen im Domstiftsarchiv Brandenburg 948–1487 (Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam 36), Weimar 1998. SCHUHMANN, GÜNTHER: Das Statutenbüchlein des Schwanenritterordens, Neustadt an der Aisch 1983. Speierische Chronik, in: Quellensammlung der badischen Landegeschichte, Bd. 1, hg. von FRANZ JOSEPH MONE, Karlsruhe 1848, S. 367–520. STAMM, HEIDE (Hg.): Das Turnierbuch des Ludwig von Eyb (cgm 961). Edition und Untersuchung, (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 166), Stuttgart 1986. STEINHAUSEN, GEORG (Hg.): Deutsche Privatbriefe des Mittelalters, Bd. 1: Fürsten und Magnaten, Edle und Ritter (Denkmäler der deutschen Kulturgeschichte; 1. Abteilung: Briefe), Berlin 1899. STILLFRIED, RUDOLF VON/MÄRCKER, TRAUGOTT (Hgg.): Monumenta Zollerana. Urkundenbuch des Hauses Hohenzollern, Bd. 2: Urkunden der fränkischen Linie 1235–1332, Berlin 1856. STILLFRIED, RUDOLF VON/MÄRCKER, TRAUGOTT (Hgg.): Monumenta Zollerana. Urkundenbuch des Hauses Hohenzollern, Bd. 3: Urkunden der fränkischen Linie 1332–1363, Berlin 1857. STILLFRIED, RUDOLF VON/MÄRCKER, TRAUGOTT (Hgg.): Monumenta Zollerana. Urkundenbuch des Hauses Hohenzollern, Bd. 4: Urkunden der fränkischen Linie 1363–1378, Berlin 1858. STILLFRIED, RUDOLF VON/MÄRCKER, TRAUGOTT (Hgg.): Monumenta Zollerana. Urkundenbuch des Hauses Hohenzollern, Bd. 5: Urkunden der fränkischen Linie 1378–1398, Berlin 1859. STILLFRIED, RUDOLF VON/MÄRCKER, TRAUGOTT (Hgg.): Monumenta Zollerana. Urkundenbuch des Hauses Hohenzollern, Bd. 6: Urkunden der fränkischen Linie 1398–1411, Berlin 1860. STILLFRIED, RUDOLF VON/MÄRCKER, TRAUGOTT (Hgg.): Monumenta Zollerana, Bd. 7: Urkunden der fränkischen Linie 1411–1417, Berlin 1861. STILLFRIED, RUDOLF VON/MÄRCKER, TRAUGOTT (Hgg.): Monumenta Zollerana, Bd. 8: Ergänzungen und Berichtigungen zu Band I–VII: 1085–1417, Berlin 1890.

Literatur

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STILLFRIED, RUDOLPH VON/HAENLE, SIEGFRIED: Das Buch vom Schwanenorden. Ein Beitrag zu den Hohenzollerischen Forschungen, Berlin 1881. STILLFRIED, RUDOLF VON: Der Schwanenorden. Sein Ursprung und Zweck, seine Geschichte und seine Alterthümer, Berlin/Halle an der Saale 1845. THUMSER, MATTHIAS (Hg.): Ludwig von Eyb der Ältere (1417–1502). Schriften. Denkwürdigkeiten, Gültbuch, Briefe an Kurfürst Albrecht Achilles 1473/74, mein Buch, Neustadt an der Aisch 2002. Urkundenbuch zur Berlinischen Chronik, 1232 bis 1550, begonnen durch FERDINAND VOIGT, fortgesetzt durch ERNST FIDICIN (Berlinische Chronik 2), Berlin 1880. Publius Vergilius Maro: Aeneis, hg. von GIAN BIAGIO CONTE, Berlin 2009. VOGEL, WILHELM (Hg.): Des Ritters Ludwig von Eyb des Älteren Aufzeichnung über das kaiserliche Landgericht des Burggrafenthums Nürnberg. Mit Einleitung und Erläuterungen. I. Abtheilung, Erlangen 1867. WEINRICH, LORENZ (Hg.): De reformando regni teutonici statu in medioaevo posteriore fontes selectae. Quellen zur Reichsreform im Spätmittelalter (FSGA 39), Darmstadt 2001. WESTENRIEDER, LORENZ (Hg.): Hans Seybolt. Gleichzeitige und vollständige Beschreibung der berühmten Hochzeit H. Georg des Reichen zu Landshut 1475, in: Beiträge zur vaterländischen Historie, Geographie, Statistik und Landwirthschaft 2 (1789), S. 105–221. Widukindi monarchi Corbeiensis Rerum gestarum Saxonicarum libri tres, hg. von GEORG WAITZ/KARL ANDREAS KEHR (MGH SSrG 60), Nachdruck der Ausgabe Hannover 1935, Hannover 1977. WOLKAN, RUDOLF (Hg.): Der Briefwechsel des Eneas Silvius Piccolomini, II. Abteilung: Briefe als Priester und als Bischof von Triest (1447–1450) (Fontes Rerum Austriacarum 2: Diplomataria et Acta 67), Wien 1912.

Literatur

Literatur ABB, GUSTAV: Das Domstift zu Cölln an der Spree, in: Das Bistum Brandenburg. Erster Teil (Germania Sacra 1, 1), Berlin 1929, S. 211–232. ADLER, FRIEDRICH: Mittelalterliche Backstein-Bauwerke des Preussischen Staates, Bd. 1: Die Mark Brandenburg, Berlin 1862. AHLBORN, HEIKE/RANFT, ANDREAS/ZIELKE-DÜNNEBEIL, SONJA: Art. ‚St. Georg‘, in: Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland. Ein systematisches Verzeichnis, hg. von HOLGER KRUSE/ WERNER PARAVICINI/ANDREAS RANFT (Kieler Werkstücke: Reihe D, 1), Frankfurt am Main u. a. 1991, S. 115–120. AHLBORN, HEIKE/KAMENZ, KIRSTIN/KRUSE, HOLGER: Art. ‚Unsere liebe Frau/Schwan‘, in: Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland. Ein systematisches Verzeichnis, hg. von HOLGER KRUSE/WERNER PARAVICINI/ANDREAS RANFT (Kieler Werkstücke: Reihe D, 1), Frankfurt am Main u. a. 1991, S. 324–346.

Literatur

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STILLFRIED, RUDOLPH VON/HAENLE, SIEGFRIED: Das Buch vom Schwanenorden. Ein Beitrag zu den Hohenzollerischen Forschungen, Berlin 1881. STILLFRIED, RUDOLF VON: Der Schwanenorden. Sein Ursprung und Zweck, seine Geschichte und seine Alterthümer, Berlin/Halle an der Saale 1845. THUMSER, MATTHIAS (Hg.): Ludwig von Eyb der Ältere (1417–1502). Schriften. Denkwürdigkeiten, Gültbuch, Briefe an Kurfürst Albrecht Achilles 1473/74, mein Buch, Neustadt an der Aisch 2002. Urkundenbuch zur Berlinischen Chronik, 1232 bis 1550, begonnen durch FERDINAND VOIGT, fortgesetzt durch ERNST FIDICIN (Berlinische Chronik 2), Berlin 1880. Publius Vergilius Maro: Aeneis, hg. von GIAN BIAGIO CONTE, Berlin 2009. VOGEL, WILHELM (Hg.): Des Ritters Ludwig von Eyb des Älteren Aufzeichnung über das kaiserliche Landgericht des Burggrafenthums Nürnberg. Mit Einleitung und Erläuterungen. I. Abtheilung, Erlangen 1867. WEINRICH, LORENZ (Hg.): De reformando regni teutonici statu in medioaevo posteriore fontes selectae. Quellen zur Reichsreform im Spätmittelalter (FSGA 39), Darmstadt 2001. WESTENRIEDER, LORENZ (Hg.): Hans Seybolt. Gleichzeitige und vollständige Beschreibung der berühmten Hochzeit H. Georg des Reichen zu Landshut 1475, in: Beiträge zur vaterländischen Historie, Geographie, Statistik und Landwirthschaft 2 (1789), S. 105–221. Widukindi monarchi Corbeiensis Rerum gestarum Saxonicarum libri tres, hg. von GEORG WAITZ/KARL ANDREAS KEHR (MGH SSrG 60), Nachdruck der Ausgabe Hannover 1935, Hannover 1977. WOLKAN, RUDOLF (Hg.): Der Briefwechsel des Eneas Silvius Piccolomini, II. Abteilung: Briefe als Priester und als Bischof von Triest (1447–1450) (Fontes Rerum Austriacarum 2: Diplomataria et Acta 67), Wien 1912.

Literatur

Literatur ABB, GUSTAV: Das Domstift zu Cölln an der Spree, in: Das Bistum Brandenburg. Erster Teil (Germania Sacra 1, 1), Berlin 1929, S. 211–232. ADLER, FRIEDRICH: Mittelalterliche Backstein-Bauwerke des Preussischen Staates, Bd. 1: Die Mark Brandenburg, Berlin 1862. AHLBORN, HEIKE/RANFT, ANDREAS/ZIELKE-DÜNNEBEIL, SONJA: Art. ‚St. Georg‘, in: Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland. Ein systematisches Verzeichnis, hg. von HOLGER KRUSE/ WERNER PARAVICINI/ANDREAS RANFT (Kieler Werkstücke: Reihe D, 1), Frankfurt am Main u. a. 1991, S. 115–120. AHLBORN, HEIKE/KAMENZ, KIRSTIN/KRUSE, HOLGER: Art. ‚Unsere liebe Frau/Schwan‘, in: Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland. Ein systematisches Verzeichnis, hg. von HOLGER KRUSE/WERNER PARAVICINI/ANDREAS RANFT (Kieler Werkstücke: Reihe D, 1), Frankfurt am Main u. a. 1991, S. 324–346.

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Anhang

AHRENS, KARL-HEINZ: Bemerkungen zur Mittelpunktsfunktion Berlins und Tangermündes im 14. und 15. Jahrhundert, in: Vorträge und Forschungen zur Residenzenfrage, hg. von PETER JOHANEK, Sigmaringen 1990, S. 147– 184. AHRENS, KARL-HEINZ: Die verfassungsrechtliche Stellung und politische Bedeutung der märkischen Bistümer im späten Mittelalter. Ein Beitrag zur Diskussion, in: Mitteldeutsche Bistümer im Spätmittelalter, hg. von RODERICH SCHMIDT, Lüneburg 1988, S. 19–52. AHRENS, KARL-HEINZ: Residenz und Herrschaft. Studien zu Herrschaftsorganisation, Herrschaftspraxis und Residenzbildung der Markgrafen von Brandenburg im späten Mittelalter, Frankfurt am Main 1990. ALTHOFF, GERD: Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einigung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert, Hannover 1992. ALTHOFF, GERD: Christliche Ethik und adeliges Rangbewußtsein – Auswirkungen eines Wertekonflikts auf symbolische Handlungen, in: Wertekonflikte – Deutungskonflikte, hg. von BARBARA STOLLBERG-RILINGER/ THOMAS WELLER (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 16), Münster 2007, S. 37–49. ALTHOFF, GERD: Colloquium familiare – Colloquium secretum – Colloquium publicum. Beratung im politischen Leben des früheren Mittelalters, in: Frühmittelalterliche Studien 24 (1990), S. 145–167. ALTHOFF, GERD: Compositio. Wiederherstellung verletzter Ehre im Rahmen gütlicher Konfliktbeendigung, in: Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der frühen Neuzeit, hg. von KLAUS SCHREINER/GERD SCHWERHOFF (Norm und Struktur 5), Köln/Weimar/Wien 1995, S 263–276. ALTHOFF, GERD: Der frieden-, bündnis- und gemeinschaftstiftende Charakter des Mahles im früheren Mittelalter, in: Essen und Trinken in Mittelalter und Neuzeit. Vorträge eines interdisziplinären Symposions vom 10. bis 13. Juni 1987 an der Justus- Liebig-Universität Gießen, hg. von IRMGARD BITSCH/TRUDE EHLERT/XENJA VON ERTZDORF, Sigmaringen 1987, S. 13–25. ALTHOFF, GERD: Die Erhebung Heinrichs des Kindes in den Reichsfürstenstand, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 43 (1993), S. 1–17. ALTHOFF, GERD: Die Kultur der Zeichen und Symbole, in: Frühmittelalterliche Studien 36 (2002), S. 1–17. ALTHOFF, GERD: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt 2003. ALTHOFF, GERD: Die Veränderbarkeit von Ritualen im Mittelalter, in: Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelalter, hg. von DEMS. (Vorträge und Forschungen 51), Stuttgart 2001. ALTHOFF, GERD: Fest und Bündnis, in: Feste und Feiern im Mittelalter. Paderborner Symposion des Mediävistenverbandes, hg. von DETLEF ALTENBURG/JÖRG JARNUT/HANS-HUGO STEINHOFF, Sigmaringen 1991, S. 29– 38.

Literatur

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ALTHOFF, GERD: Freiwilligkeit und Konsensfassaden: Emotionale Ausdrucksformen in der Politik des Mittelalters, in: Pathos, Affekt, Gefühl: Die Emotionen in den Künsten, hg. von KLAUS HERDING/BERNHARD STUMPFHAUS, Berlin/New York 2004, S. 145–161. ALTHOFF, GERD: Genealogische Fiktionen und die historiographische Gattung der Genealogie im hohen Mittelalter, in: Staaten, Wappen, Dynastien. XVIII. Internationaler Kongreß für Genealogie und Heraldik in Innsbruck vom 5. bis 9. September 1988 (Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs NF 18), Innsbruck 1988, S. 67–79. ALTHOFF, GERD: Genugtuung (satisfactio). Zur Eigenart gütlicher Konfliktbeilegung im Mittelalter, in: Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche, hg. von JOACHIM HEINZLE, Frankfurt am Main 1994, S. 247–265. ALTHOFF, GERD: „Gloria et nomen perpetuum“. Wodurch wurde man im Mittelalter berühmt? In: Person und Gemeinschaft im Mittelalter. Festschrift für Karl Schmid zum fünfundsechzigsten Geburtstag, hg. von DEMS./DIETER GEUENICH/OTTO GERHARD OEXLE/JOACHIM WOLLASCH, Sigmaringen 1988, S. 297–314. ALTHOFF, GERD: Heinrich IV. (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance), Darmstadt 2006. ALTHOFF, GERD: Huld. Überlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung, in: Frühmittelalterliche Studien 25 (1991), S. 259–282. ALTHOFF, GERD: Inszenierung verpflichtet. Welche Erinnerungen fixieren politische Rituale des Mittelalters? In: Inszenierungen des Erinnerns, hg. von ERIKA FISCHER-LICHTE/GERTRUD LEHNERT (Paragrana. Internationale Zeitschrift für historische Anthropologie 9/2), Berlin 2000, S. 45–60. ALTHOFF, GERD: Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. und 11. Jahrhundert, in: Frühmittelalterliche Studien 23 (1989), S. 265–290. ALTHOFF, GERD: Rituale – symbolische Kommunikation. Zu einem neuen Feld der historischen Mittelalterforschung, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 50/3 (1999), S. 140–154. ALTHOFF, GERD: Rituale und ihre Spielregeln im Mittelalter, in: Audiovisualität vor und nach Gutenberg. Zur Kulturgeschichte der medialen Umbrüche. Tagung vom 25. bis 28. November 1998 in Wien, hg. von HORST WENZEL/WILFRIED SEIPEL/GOTTHART WUNBERG (Schriften des Kunsthistorischen Museums 6), Wien 2001, S. 51–61. ALTHOFF, GERD: Rituelle Verhaltensmuster an der Tafel. Vom frühmittelalterlichen Gelage zum höfischen Fest, in: Die öffentliche Tafel. Tafelzeremoniell in Europa 1300–1900 [Kronprinzenpalais, 29. November 2002 bis 11. März 2003], hg. von HANS OTTOMEYER/EVELYN PETERS/MICHAELA VÖLKEL, Wolfratshausen 2002, S. 32–37. ALTHOFF, GERD: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997. ALTHOFF, GERD: Unerforschte Quellen aus quellenarmer Zeit 4: Zur Verflechtung der Führungsschichten in den Gedenkquellen des frühen zehn-

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Anhang

ten Jahrhunderts, in: Medieval Lives and the Historian. Studies in Medieval Prosopography, hg. von NEITHARD BULST/JEAN-PHILIPPE GENET, Kalamazoo/Michigan 1986, S. 37–71. ALTHOFF, GERD: Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter, Darmstadt 1990. ALTHOFF, GERD (Hg.): Zeichen – Rituale – Werte. Internationales Kolloquium des Sonderforschungsbereichs 496 an der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme 3), Münster 2004. ALTHOFF, GERD: Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters, in: Frühmittelalterliche Studien 31 (1997), S. 370– 389. ALTHOFF, GERD/SIEP, LUDWIG: Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution. Der neue Münsteraner Sonderforschungsbereich 496, in: Frühmittelalterliche Studien 34 (2000), S. 393–412. ALTHOFF, Gerd/STOLLBERG-RILINGER, BARBARA: Spektakel der Macht? Einleitung, in: Spektakel der Macht. Rituale im Alten Europa 800–1800. Katalog zur Ausstellung vom 21.09.2008 bis zum 05.01.2009 im Kulturhistorischen Museum Magdeburg, hg. von BARBARA STOLLBERG-RILINGER u. a., Darmstadt 2008, S. 15–19. ALTHOFF, GERD/WITTHÖFT, CHRISTIANE: Les services symboliques entre dignité et contrainte, in: Annales. Histoire, Sciences sociales 58 (2003), S. 1293–1318. AMRHEIN, AUGUST: Gotfrid IV. Schenk von Limpurg, Bischof von Würzburg und Herzog zu Franken 1442–1455, in: Archiv des Historischen Vereins für Unterfranken und Aschaffenburg 50 (1908), S. 1–150. AMRHEIN, AUGUST: Gotfrid IV. Schenk von Limpurg, Bischof von Würzburg und Herzog zu Franken 1442–1455, in: Archiv des Historischen Vereins für Unterfranken und Aschaffenburg 53 (1911), S. 1–154. ANDERMANN, KURT: Kirche und Grablege. Zur sakralen Dimension von Residenzen, in: Residenzen: Aspekte hauptstädtischer Zentralität von der frühen Neuzeit bis zum Ende der Monarchie, hg. von DEMS. (Oberrheinische Studien 10), Sigmaringen 1992, S. 159–188. ANDRIAN-WERBURG, KLAUS FRHR. VON: Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach und das Kaiserliche Landgericht Burggraftums Nürnberg, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 60 (2000), S. 56– 66. ANGENENDT, ARNOLD: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, Darmstadt 1997. ANGENENDT, ARNOLD: Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart, 2. überab. Aufl., München 1997. ANGENENDT, ARNOLD: Le Goff, Jacques, Die Geburt des Fegefeuers, in: Theologische Revue 82 (1986), S. 38–42.

Literatur

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ANGENENDT, ARNOLD: Missa specialis. Zugleich ein Beitrag zur Entstehung der Privatmessen, in: Frühmittelalterliche Studien 17 (1983), S. 153–221. ANGENENDT, ARNOLD/BRAUCKS, THOMAS/BUSCH, ROLF/LENTES, THOMAS/LUTTERBACH, HUBERTUS: Gezählte Frömmigkeit, in: Frühmittelalterliche Studien 29 (1995), S. 1–71. ANGERMEIER, HEINZ: Die Reichsreform 1410–1555. Die Staatsproblematik Deutschlands zwischen Mittelalter und Gegenwart, München 1984. ANNAS, GABRIELE: Hoftag – Gemeiner Tag – Reichstag. Studien zur strukturellen Entwicklung deutscher Reichsversammlungen des späten Mittelalters (1349–1471), Bd. 2: Verzeichnis deutscher Reichsversammlungen des späten Mittelalters (1349 bis 1471) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 68), Göttingen 2004. ASCHBACH, JOSEPH VON: Geschichte Kaiser Sigmunds, Bd. 1: Sigmunds frühere Geschichte bis auf die Eröffnung des Konstanzer Konzils, Hamburg 1838, S. 282–310. AUGE, OLIVER: Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter. Der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit (Mittelalter-Forschungen 28), Ostfildern 2009. AUGE, OLIVER: Identifikation durch Konflikt. Das Beispiel der pommerschen Greifendynastie, in: Bereit zum Konflikt. Strategien und Medien der Konflikterzeugung und Konfliktbewältigung im Mittelalter, hg. von DEMS. u. a., Stuttgart 2008, S. 173-193. AUGE, OLIVER: Zur Geschichte der Herzöge von Pommern-Stettin (1295– 1465), in: Baltische Studien. Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte NF 97 (2011), S. 13–27. AUGE, OLIVER/SPIEß, KARL-HEINZ: Hof und Herrscher, in: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Bilder und Begriffe, Teilband 1: Begriffe, hg. von WERNER PARAVICINI (Residenzenforschung 15, II), Stuttgart 2005, S. 3–15. BAADER, JOSEPH: Krieg der fränkischen Einungsverwandten gegen Markgraf Albrecht von Brandenburg, in: Bericht über das Wirken und den Stand des Historischen Vereines zu Bamberg 33 (1870), S. 81–206. BABENDERERDE, CORNELL: Die fürstliche Leichenfeier als höfisches Fest im späten Mittelalter, in: Höfische Feste im Spätmittelalter, hg. von GERHARD FOUQUET/HARM VON SEGGERN/GABRIEL ZEILINGER (Mitteilungen der Residenzen-Kommission. Sonderheft 6), Kiel 2003, S. 113–123. BABENDERERDE, CORNELL: Uns zu Gedechtnus – Vergegenwärtigung des toten Fürsten bei Begräbnis und Begängnis, in: Sépulture, mort et représentation du pouvoir au moyen âge. Grabmal und Herrschaftsrepräsentation im Mittelalter. Actes des 11es Journées Lotharingiennes, 26-29 septembre 2000, hg. von MICHEL MARGUE (Publications du CLUDEM 18), Luxemburg 2006, S. 615–636. BACHMANN, ADOLF: Die deutschen Könige und die kurfürstliche Neutralität (1438–1447). Ein Beitrag zur Reichs- und Kirchengeschichte Deutschlands, in: Archiv für österreichische Geschichte 75 (1898), S. 1–237.

640

Anhang

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Literatur

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Anhang

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Literatur

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Anhang

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Anhang

Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen veranstaltet gemeinsam mit dem Deutschen Historischen Institut Paris und dem Staatsarchiv Sigmaringen, hg. von HOLGER KRUSE/WERNER PARAVICINI (Residenzenforschung 10), Sigmaringen 1999, S. 175–220. DE NÈVE, MICHAEL/CANTE, MARCUS/WITTKOPP, BLANDINE: (Berlin-) Tempelhof. Kommende des Templer- bzw. Johanniterordens, in: Brandenburgisches Klosterbuch. Handbuch der Klöster, Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, Bd. 2, hg. von HEINZ-DIETER HEIMANN/KLAUS NEITMANN/WINFRIED SCHICH u. a. (Brandenburgische Historische Studien 14), Berlin 2007, S. 1275–1288. DENTON, JOHN: Genealogy and Gentility: social status in provincial England, in: Broken lines: genealogical literature in late-medieval Britain and France, hg. von RALUCA LURIA RADULESCU/EDWARD DONALD KENNEDY (Medieval texts and cultures of Northern Europe 16), Turnhout 2008, S. 143– 158. DIENER-STAECKLING, ANTJE: Der Himmel über dem Rat: zur Symbolik der Ratswahl in mitteldeutschen Städten (Studien zur Landesgeschichte 19), Halle/Saale 2008. DILCHER, GEHARD: Genossenschaftliche Gruppen und Verbände (Bruderschaft, Gilde, Zunft, Gesellschaft), in: Alles was Recht war. Rechtsliteratur und literarisches Recht. Festschrift für Ruth Schmidt-Wiegand zum 70. Geburtstag, hg. von HANS HÖFINGHOFF/WERNER PETERS/WOLFGANG SCHILD/TIMOTHY SODMANN (Item mediävistische Studien 3), Essen 1996, S. 247–250. DILCHER, GERHARD: Mythischer Ursprung und historische Herkunft als Legitimation mittelalterlicher Rechtsaufzeichnungen zwischen Leges und Sachsenspiegel, in: DERS. Normen zwischen Oralität und Schriftkultur: Studien zum mittelalterlichen Rechtsbegriff und zum langobardischen Recht, hg. von BERND KANNOWSKI/SUSANNE LEPSIUS/REINER SCHULZE, Köln 2008, S. 85–104. DILCHER, GERHARD: Vom Königlichen Hofgericht zum Reichskammergericht. Betrachtungen zu Kontinuität und Wandel der höchsten Gerichtsbarkeit am Übergang zur Frühen Neuzeit, in: Recht, Gericht, Genossenschaft und Policey. Studien zu Grundbegriffen der germanistischen Rechtshistorie. Symposion für Adalbert Erler, hg. von GERHARD DILCHER/BERNHARD DISTELKAMP, Berlin 1986, S. 44–64. DINGES, MARTIN: Von der „Lesbarkeit der Welt“ zum universalisierten Wandel durch individuelle Strategien. Die soziale Funktion der Kleidung in der höfischen Gesellschaft, in: Saeculum 44 (1993) S. 90–112. DINZELBACHER, PETER: Klassen und Hierarchien im Jenseits, in: Soziale Ordnungen im Selbstverständnis des Mittelalters, Bd. 1, hg. von ALBERT ZIMMERMANN (Miscellanea mediaevalia 12, 1), Berlin/New York 1979, S. 20–40. DÖRRER, ANTON: Art. ‚Michael‘, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 7, 2. völlig neu bearb. Aufl., Freiburg 1962, S. 394–395.

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Friedrich, in: Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 37 (1869/70), S. 66–76. ENDRES, RUDOLF: Adelige Lebensformen in Franken im Spätmittelalter, in: Adelige Sachkultur des Spätmittelalters. Internationaler Kongreß Krems an der Donau 22. bis 25. Sept. 1980 (Veröffentlichungen des Instituts für Mittelalterliche Realienkunde Österreichs 5), Wien 1982, S. 73–104. ENDRES, RUDOLF: Die soziale Problematik in den kleineren Reichsstädten, in: Reichsstädte in Franken. Aufsätze, Bd. 2, hg. von RAINER ALBERT MÜLLER (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 15-2), München 1987, S. 70–83. ERICHSEN, JOHANNES: Zwei Epitaphien für die Großmeister des Schwanenordens, in: Bayern und Preußen und Bayerns Preußen. Schlaglichter auf eine historische Beziehung. Katalog zur Ausstellung in der Bayerischen Vertretung, Berlin, 13. Mai bis 20. Juni 1999, und zur Bayerischen Landesausstellung auf der Plassenburg, Kulmbach, 8. Juli bis 10. Oktober 1999, hg. von JOHANNES ERICHSEN/EVAMARIA BROCKHOFF (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 41), München 1999, S. 224– 225. ERLER, ADALBERT: Die Mainzer Stiftsfehde 1459–1463 im Spiegel mittelalterlicher Rechtsgutachten (Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main 1, 5), Wiesbaden 1963. ERLER, ADALBERT: Art. ‚Inquisition‘, in: Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte, hg. von DEMS./EKKEHARD KAUFMANN, Bd. 2, Berlin 1978, Sp. 370–375. ERLER, ADALBERT: Neue Funde zur Mainzer Stiftsfehde, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Kanonistische Abteilung 58 (1972), S. 370–386. ERLER, ADALBERT: Art. ‚Reichsverweser‘, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. von DEMS./EKKEHARD KAUFMANN, Bd. 4, Sp. 806– 807. ESCHER, FELIX: Brandenburgische Wallfahrten und Wallfahrtsorte im Mittelalter. Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 27 (1978), S. 116–137. ESCHER-APSNER, MONIKA (Hg.): Mittelalterliche Bruderschaften in europäischen Städten, Medieval Confraternities in European Towns (Inklusion – Exklusion – Studien zu Fremdheit und Armut von der Antike bis zur Gegenwart 12), Frankfurt am Main 2009. ESPIG, HORST: Das Bauerngericht von Nürnberg, eine Darstellung seiner Geschichte und seiner Organisation, Würzburg 1937. EWERT, ULF CHRISTIAN/HILSENITZ, SVEN E.: Lediglich ein Finanzdokument? Eine organisationstheoretische Betrachtung der burgundischen Hofordnung des Jahres 1433, in: Ordnungsformen des Hofes, hg. von ULF CHRISTIAN EWERT/STEPHAN SELZER (Mitteilungen der Residenzen-Kommission. Sonderheft 2), Kiel 1998, S. 20–33.

Literatur

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Anhang

in Greifswald in Verbindung mit der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen vom 15.–18. Juni 2000, hg. von CORDULA NOLTE/KARL-HEINZ SPIEß/RALF-GUNNAR WERLICH (Residenzenforschung 14), Stuttgart 2002, S. 199–234. HERRMANN, ERWIN: Genealogie und Phantasie. Zu den Abstammungsfabeln der Hohenzollern seit dem 15. Jahrhundert, in: Archiv für die Geschichte von Oberfranken 62 (1982), S. 53–61. HERRMANN, ERWIN: Geschichte der Stadt Kulmbach (Die Plassenburg 45), Kulmbach 1985. HIERETH, SEBASTIAN: Die Landshuter Hochzeit als Organisationsproblem, in: Österreichische Osthefte 18 (1976), S. 229–235. HIERETH, SEBASTIAN: Herzog Georgs Hochzeit zu Landshut im Jahre 1475. Eine Darstellung aus zeitgenössischen Quellen (Landshut in Wort und Bild 2), Landshut 1965. HILTMANN, TORSTEN: Herolde und die Kommunikation zwischen den Höfen in Europa (14. bis 16. Jahrhundert), in: Vorbild, Austausch, Konkurrenz. Höfe und Residenzen in der gegenseitigen Wahrnehmung, hg. von WERNER PARAVICINI/JÖRG WETTLAUFER (Residenzenforschung 23), Ostfildern 2010, S. 37–63. HILTMANN, TORSTEN: Spätmittelalterliche Heroldskompendien. Referenzen adeliger Wissenskultur in Zeiten gesellschaftlichen Wandels (Frankreich und Burgund, 15. Jahrhundert) (Pariser historische Studien 92), München 2011. HINTZE, OTTO: Die Hohenzollern und ihr Werk. Fünfhundert Jahre vaterländischer Geschichte, Berlin 1915. HIRSCHBIEGEL, JAN (Bearb.): Dynastie – Hof – Residenz. Fürstliche Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Allgemeine Auswahlbibliographie zu einem Projekt der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen (Mitteilungen der Residenzen-Kommission. Sonderheft 4), Kiel 2000. HIRSCHBIEGEL, JAN: Étrennes. Untersuchungen zum höfischen Geschenkverkehr im spätmittelalterlichen Frankreich der Zeit König Karls VI. (1380– 1422) am Beispiel der Neujahrsgeschenke, München 2002. HLAVÁCEK, IVAN/PATSCHOVSKY, ALEXANDER (Hgg.): Reform von Kirche und Reich zur Zeit der Konzilien von Konstanz (1414–1418) und Basel (1431–1449). Historisches Kolloquium 1993, Konstanz; Praha 11.–17. Oktober 1993, Konstanz 1996. HOFFMANN, HARTMUT: Zur mittelalterlichen Brieftechnik, in: Spiegel der Geschichte. Festschrift für Max Braubach zum 10. April 1964, hg. von KONRAD REPGEN/STEPHAN SKALWEIT, Münster 1964, S. 141–170. HOFMANN, HANNS HUBERT: Territorienbildung in Franken im 14. Jahrhundert, in: Der deutsche Territorialstaat im 14. Jahrhundert, Bd. 2, hg. von HANS PATZE (Vorträge und Forschungen 13–14), Sigmaringen 1970, S. 255–300.

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Anhang

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Anhang

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Literatur

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Anhang

WILLOWEIT, DIETMAR: Art. ‚Erbämter‘, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 3, München/Zürich 1986, Sp. 2101. WILLOWEIT, DIETMAR: Die Entwicklung und Verwaltung der spätmittelalterlichen Landesherrschaft, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 1: Vom Spätmittelalter bis zum Ende des Reiches, hg. von KURT JESERICH/HANS POHL/GEORG-CHRISTOPH VON UNRUH, Stuttgart 1983, S. 66–142. WILLOWEIT, DIETMAR: Fürstentum und Landesherrschaft im Konflikt. Die Schriftsätze der Hochstifte Würzburg und Bamberg 1462/63, in: Wirkungen europäischer Rechtskultur. Festschrift für Karl Kroeschell zum 70. Geburtstag, hg. von GERHARD KÖBLER, München 1997, S. 1389–1402. WILLOWEIT, DIETMAR: Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt. Landesobrigkeit, Herrschaftsrechte und Territorium in der Rechtswissenschaft der Neuzeit (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 11), Köln/Wien 1975. WIMMER, OTTO: Handbuch der Namen und Heiligen. 1500 Namen und Heilige, ihre Feste, Attribute und Patronate – Der christliche Kalender und das Kirchenjahr, 3., verb. u. erw. Aufl., Innsbruck 1966. WITTHÖFT, CHRISTIANE: Ritual und Text. Formen symbolischer Kommunikation in der Historiographie und Literatur des Spätmittelalters (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), Darmstadt 2004. WOLFINGER, LUKAS: Die Herrschaftsinszenierung Rudolfs IV. von Österreich (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), Wien/Köln/Weimar 2014. WOLTER-VON DEM KNESEBECK, HARALD: Aspekte der höfischen Jagd und ihrer Kritik in Bildzeugnissen des Hochmittelalters, in: Jagd und höfische Kultur im Mittelalter, hg. von WERNER RÖSENER (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 135), Göttingen 1997, S. 493–572. WUNDER, HEIDE (Hg.): Dynastie und Herrschaftssicherung in der Frühen Neuzeit. Geschlechter und Geschlecht (Zeitschrift für historische Forschung. Beiheft 28), Berlin 2002. WUNDERLI, PETER (Hg.): Herkunft und Ursprung. Historische und mythische Formen der Legitimation. Akten des Gerda-Henkel-Kolloquiums, veranstaltet vom Forschungsinstitut für Mittelalter und Renaissance der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf vom 13. bis 15. Oktober 1991, Sigmaringen 1994. ZALLINGER, OTTO VON: Die Ringgaben bei der Heirat und das Zusammengeben im mittelalterlich-deutschen Recht (Sitzungsberichte. Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse 212, 4), Wien 1931. ZEILINGER, GABRIEL: Lebensformen im Krieg. Eine Alltags- und Erfahrungsgeschichte des süddeutschen Städtekrieges 1449/50 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte 196), Stuttgart 2007. ZEUMER, KARL: Die Goldene Bulle Karls IV., Teil 1: Entstehung und Bedeutung der Goldenen Bulle (Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit 2, 1), Weimar 1908.

Literatur

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ZIESAK, ANNE-KATRIN: Eine Bestandsaufnahme zur publizistischen Auseinandersetzung um das Heilige Blut von Wilsnack. „Multa habeo vobis dicere“ ..., in: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 59 (1993), S. 208–248. ZIESAK, ANNE-KATRIN: Wilsnacks Widersacher, in: Wunder, Wallfahrt, Widersacher: Die Wilsnackfahrt, hg. von HARTMUT KÜHNE/DERS., Regensburg 2005, S. 133–162. ZOTZ, THOMAS: Der Reichstag als Fest: Feiern, Spiele, Kurzweil, in: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498, hg. von HANS SCHADEK, Freiburg/Breisgau 1998, S. 146–170. ZOTZ, THOMAS: Ritterliche Welt und höfische Lebensformen, in: Rittertum und ritterliche Welt, hg. von JOSEF FLECKENSTEIN, Berlin 2002, S. 201– 219.

Personen- und Ortsregister Personen- und Ortsregister In das Register wurden die im Text vorkommenden Orts- und Personennamen mit Ausnahme von Literaturangaben und modernen Autoren aufgenommen. Kursiv gesetzte Seitenangaben beziehen sich auf Anmerkungen in den Fußnoten. Die im Register verzeichneten Personen sind entweder nach ihrem Nachnamen, dem Namen ihrer Dynastie oder ihrem Herrschaftsgebiet aufgeführt. Wo möglich wurden zur leichteren Identifizierung Stand oder Tätigkeit mit angegeben. Namensvarianten wurden im Falle starker Abweichungen in Klammern gesetzt. Die Mitglieder der Familie Hohenzollern wurden bewusst nicht in erster Linie als Brandenburger Markgrafen und Kurfürsten verzeichnet, sondern unter dem Dynastienamen. Dies erschien sinnvoll, da sich im Rahmen dieser Untersuchung vielfach gezeigt hat, dass die Hohenzollern unabhängig von den Zeiten, in denen sie in ihren beiden Herrschaftsgebieten teils in Personalunion regierten, insbesondere in den ersten Jahrzehnten nach ihrer Rangerhöhung ihre politischen Strategien eng aufeinander abstimmten und das fränkische Gebiet sogar für wichtiger als die Kurmark erachteten; sie werden daher in erster Linie als Familie betrachtet. Die Familienmitglieder, die vor der Verleihung der Kurmark lebten, erscheinen in diesem Verzeichnis in einer Unterrubrik als ‚Burggrafen von Nürnberg‘. Alle übrigen wurden als ‚Markgrafen von Brandenburg-Ansbach‘ und ‚Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach‘ verzeichnet. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass es nach dem Tod Markgraf Albrechts im Jahr 1486 zur endgültigen Trennung der beiden fränkischen Territorien kam, obgleich diese Herrschaftsgebiete auch dann sporadisch in Personalunion regiert wurden. Die schwäbische Grafschaft Zollern bzw. die jeweiligen Grafen sind trotz ihrer Verwandtschaft separat aufgeführt. Grundlegend für die Angaben zu den Hohenzollern sind allgemein die von Julius Grossmann verfasste Genealogie des Gesamthauses und die Stammtafel von Wilhelm Karl Prinz von Isenburg. Abkürzungen Bf. = Bischof, Bgf. = Burggraf, Cbf. = Chorbischof, Dyn. = Dynastie, Ebf. = Erzbischof, Gf. = Graf, Hz. = Herzog, Kg. = König, Ks. = Kaiser, Lgf. = Landgraf, Mgf. = Markgraf, Pfgf. = Pfalzgraf A Aachen 43, 52, 62, 82, 83, 85, 85, 272, 613 Aalen 410 Abenberg, Grafen von 502, 503, 620 Hildegard, verh. mit dem Nürnberger Bgf. Konrad II. von Raabs (s. → Raabs, Grafen von) 503 Abenberg, Burg 502–504 Absberg, Herren von Georg, Rat des Mgf. Albrecht Achilles 186, 301, 307, 308 Hans, Ritter 593

Heinrich 376 Stefan, Landrichter des Mgf. Friedrich I. von Brandenburg 378 Achelfingen, Konrad von, Ritter 234 Adam von Bremen, Domherr, Chronist 414 Adlergesellschaft (Hoforden) 529 Aegidius Romanus, Philosoph, Augustiner-Eremit, Ebf. von Bourges 481, 482, 578, 578 Affingen, Herren von Wolfgang, Marschall 408

700 Albertus Magnus, Philosoph, Kirchenlehrer, Bf. von Regensburg 554 Albich, Siegmund, Ebf. von Prag, Leibarzt Kg. Sigismunds 150 Alexander von Roes, Gelehrter und Kanoniker 402 Allershausen (Bayern) 384, 403 Altenschwand (Oberpfalz) 383 Altmark 100, 155, 217, 323, 324, 335, 421, 435, 436, 441, 470, 505, 530, 542 Alvensleben, Ludolf von 589 Amberg (Oberpfalz) 101 Amöneburg (Hessen) 589 Andlau, Peter von, Rechtsgelehrter 582 Andreas von Regensburg, Chronist 54, 148 Angermünde 449, 476, 478, 483, 589, 595 Anhalt, Grafen von 100 Anhalt, Grafschaft 217 Anhalt-Köthen, Graf Albrecht V. 234, 456 Anjou, Dyn. René I. von, Kg. von Neapel, Hz. von Anjou und Lothringen 538, 598 Ansbach, Markgraftum 11, 30, 37, 282 Ansbach, Stadt 74, 180, 187, 192, 193, 199, 202, 202, 203, 203, 205, 206, 209, 212, 215, 218, 222, 226, 238, 245, 250, 288, 290, 320, 327, 328, 330, 331, 331, 332, 383, 386, 392, 392, 405, 444, 491, 494, 498, 503, 510, 511, 520, 542, 542, 544, 561, 567, 568, 569, 571, 593, 601, 602, 621 Arelat (Burgund) 77 Arendsee (Altmark), Kloster 445, 508, 509 Arensdorf (Brandenburg) 500 Arkel, Grafen von (Holland) 555 Armagnac, Bernard VII. de, Graf 85 Armin, Herren von 221, 538 Arneburg 510 Arnpeck, Veit, Chronist 97, 98, 102 Askanier, Dyn. 180, 297, 322, 340, 443, 505, 579 Auerbach (Bayern) 394

Anhang

Aufseß, Herren von Friedrich III., Bf. von Bamberg 211, 524 Heinrich 214, 214 Augsburg, Bischöfe 284 Augsburg, Stadt, Diözese 291, 407, 407, 408, 408, 410 Aurbach, Eberhard von, Ritter 561 Autun 502 B Baden, Markgrafen von 193 Bernhard I. 57, 113, 114 Jakob I. 424, 534 Johann II., Ebf. von Trier 305, 311 Karl I. 87 Margarethe, verh. mit Mgf. Albrecht Achilles von Brandenburg (s. → Hohenzollern) 185, 193, 202, 218, 424, 457, 498, 511, 520, 566 Baiersdorf, Residenz 243, 498 Baldus de Ubaldis, Rechtsgelehrter 370, 370 Bamberg, Bischöfe 200, 283, 284, 371, 372, 375, 407, 576, Otto I. (Otto von Mistelbach) 502 Bamberg, Stadt, Diözese 140, 209, 214, 226, 228, 283, 309, 388, 394, 400, 403, 407, 408, 412, 602 Barby, Grafen von Albrecht 100 Barnewitz (Mark Brandenburg) 511 Barnim (Mark Brandenburg) 323, 335 Bartensleben, Güntzel von, Ritter 589 Bartolus de Saxoferrato, italienischer Rechtsgelehrter, Assesor der Podestá von Todi 370, 370 Basel, Stadt, Konzil 117, 147, 158– 160, 232–234, 262, 266, 266, 392, 424, 429, 432, 437, 462, 463, 469, 471, 493, 495, 533, 614 Bauersdorf (Mark Brandenburg) 508 Baumgarten (Österreich) 593 Baumkircher, Andreas, Freiherr von Schlaining, zeitweise Heerführer in Diensten Ks. Friedrichs III. 92, 271, 593

Personen- und Ortsregister

Bautzen 223 Bawerungk, Heinrich, Lebuser Kleriker 476, 477 Bayern, Herzöge von 2, 126, 141, 288, 292, 361, 378, 389, 414, 415, 417, 481 Ludwig II. der Strenge, Teilherzogtum Oberbayern, ebenso Pfalzgraf bei Rhein 166 Herzöge von Bayern-Ingolstadt Elisabeth, verh. mit Kg. Karl VI. von Frankreich (s. → Frankreich, Könige von) 125 Ludwig VII. 61, 73, 77, 86, 112, 117, 120–138, 150, 151, 155, 156, 184, 198, 278, 293, 365, 380–383, 411, 615 Ludwig VIII. 227 Stephan III. 58, 122, 132, 135, 173 Herzöge von Bayern-Landshut 96, 99, 242, 248, 284, 407 Elisabeth, verh. mit Mgf. Friedrich I. von Brandenburg (s. → Hohenzollern) 112, 122, 138, 139, 184, 198, 208, 283, 457, 481, 493, 493, 498, 504, 512, 512, 513, 520, 560, 570, 599 Elisabeth, verheiratet mit Gf. Ulrich V. von Württemberg (s. → Württemberg, Grafen und Herzöge von) 237 Georg 2, 98, 99, 102–105, 107, 192, 199, 243, 247, 274 Heinrich XVI. 72, 112, 117, 122, 139, 228, 293, 481 Ludwig IX. 92, 93, 95, 97–99, 101, 103, 104, 109, 120, 139, 139, 140, 140–142, 145, 180, 181, 182, 183, 184, 186, 188, 192, 193, 193, 208, 226, 227, 229, 241, 242, 248, 249, 260, 268, 271, 275, 281, 288, 289, 290, 290, 292, 296, 304, 309, 373, 386, 407, 408, 409, 411– 414, 481, 581, 582, 593 Margarethe v. Bayern-Landshut, verh. mit Philipp von der Pfalz

701 (s. → Pfalzgrafen bei Rhein, Kurfürsten) 101 Herzöge von Bayern-München Albrecht III. 414 Albrecht IV. der Weise 2, 103, 169, 193, 193, 248 Elisabeth, verh. mit Hz. Ernst von Sachsen (s. → Sachsen-Wittenberg, Herzöge von) 248 Ernst 382 Sigmund 103, 169, 219, 248 Wilhelm III. 382 Bayern, Herzogtum 130, 136, 139, 209, 215, 217, 227, 283, 289, 291, 382, 384, 394, 405, 409, 412, 414–417, 481, 513, 525, 582, 585, 593 Bayreuth, Markgraftum 30 Bayreuth, Stadt 510 Beichlingen, Friedrich III. von, Ebf. v. Magdeburg 450, 464, 468, 472–475, 516 Benedikt XIII. (Pedro de Luna), Papst 113 Benno II., Ebf. von Osnabrück 95 Berbom, Johann, Domdechant von Lebus 440 Berlin, Berlin-Cölln, Cölln 100, 191, 203, 235, 235, 236, 236, 250, 251, 299, 320, 323–328, 332, 333, 335, 337–342, 359, 359, 366, 367, 433, 446, 447, 448, 453–457, 459, 460, 461, 464, 476, 477, 491, 496, 502, 504, 504, 505, 505, 510, 515, 515, 517, 518, 521, 531, 590, 591, 620, 621 Beuthen, Burg und Festung 446 Bibra, Hans von, würzburgischer Amtmann 230, 230 Bieberstein, Herren von, Adelsgeschlecht aus der Markgrafschaft Meißen Friedrich 224 Johann 224 Wenzel 224 Bingen 149, 256, 257, 260, 263, 263, 265 Birkenfeld, Zisterzienserinnenkloster (Neustadt a.d. Aisch) 281, 508

702 Bodeker, (Bodecker), Stephan, Bf. von Brandenburg 235, 342, 454, 461, 476, 477 Boddeker (Böddeker, Bodecker), Nikolaus I., Bf. von Schwerin 543 Böhmen, Könige von 141, 168, 183, 269, 279, 295, 421 Georg Podiebrad 37, 99, 182–185, 187, 189, 229, 233, 261, 261, 268, 269, 282, 303, 308, 310, 592, 592 Ladislaus Postumus, ebenso Kg. von Ungarn 84, 90, 114, 114, 115, 183, 219, 219, 295 Ottokar II. 45, 51 Wenzel II., als Wenzel I. ebenso Kg. von Polen (s. → Polen, Könige von) Władysław II., ebenso Kg. von Ungarn (s. → Ungarn, Könige von) Böhmen, Königreich 81, 98, 98, 123, 147, 148, 150, 150, 158, 182, 183, 185, 187, 189, 191, 192, 214, 222, 223, 263, 265, 273, 278, 295, 311, 379, 412, 443, 481, 592 Bonifaz IX. (Pietro Tomacelli), Papst 471 Bopfingen 184, 198, 403, 410 Boppard 172, 263 Bouillon, Gottfried von, Hz. von Niederlothringen 555, 555 Boulogne, Grafen von 555 Mathilde, verh. mit Kg. Stephan von England (s. → England, Könige von) 555 Boytin, Balthasar 236 Brabant, Herzöge von 555 Gottfried 555 Brandenburg, Markgrafen von, Askanier Albrecht I. der Bär 545, 545, 546 Otto I. 546, 546 Brandenburg, Markgrafen von, Wittelsbacher Ludwig I. der Brandenburger 297 Ludwig II. der Römer 325 Otto V. der Faule 297, 325 Brandenburg, Kurfürstentum 2, 10, 13, 14, 25, 27, 28, 30, 31, 33, 34, 36, 36, 37, 42, 42, 43, 43, 51, 52,

Anhang

52, 66, 66, 69, 70, 74, 81, 83, 87, 100, 121, 123, 126, 129, 130–132, 135, 138, 141, 143, 155, 155, 162, 163, 168, 171, 171, 178, 178, 182, 183, 183, 187, 191, 195, 195, 197, 203, 203–205, 212, 213, 216–218, 220–224, 227, 229, 232–235, 238, 241, 247, 248, 250, 272, 272, 280, 294, 294, 297–299, 306, 312, 314, 320–326, 328, 333–338, 341, 342, 359, 360, 366, 367, 368, 373, 379, 380, 419, 420, 420, 421, 423, 423, 425–427, 430–433, 435–439, 441– 448, 450, 451, 453, 455, 456, 467, 467, 468, 470, 475, 476, 478, 481, 483, 491, 492, 502, 504, 508, 509, 509, 510, 513, 514, 515, 517, 519, 529, 530, 530, 538, 545, 545, 547, 561, 564, 566, 569, 570–572, 573, 586, 589, 591, 612, 614, 615, 616, 617, 618, 619, 620 Brandenburg, Bischöfe 425, 426, 434, 451, 453, 468, 469, 522 Brandenburg, Stadt, Diözese 114, 323, 421, 426, 429–432, 434, 435, 447, 449, 449, 451, 452, 452, 453, 461, 474, 477, 496, 497, 508, 508, 516, 527, 544–547, 561, 563, 567, 590, 611 Brandenstein, Heinrich von, Pfleger zu Coburg, Rat Wilhelms III. von Sachsen 605 Bratislava (Preßburg) 148, 157 Braunschweig-Lüneburg, Herzöge von 169, 195, 198, 218, 241, 338, 359, 589 Bernhard II., Bf. von Hildesheim 389 Elisabeth von Stolberg, verh. mit Wilhelm dem Jüngeren von Braunschweig-Lüneburg 543 Friedrich der Fromme 338 Braunschweig-Lüneburg, Herzogtum 217, 542, 582 Braunschweig, Stadt 337 Bredow, Herren von 221, 542 Hans 222, 589 Henning, Bf. von Brandenburg 427

703

Personen- und Ortsregister

Joachim, Ritter 589, 590 Matthias 541 Breslau, Stadt, Diözese 82, 148, 188, 190, 190, 204, 421, 529, 599 Brogny, Jean-Allarmet de, Kardinalbischof von Ostia 64 Bruckberg, Thomas Jud von, Vogt von Neuburg 99 Bruderschaft Unserer Lieben Frauen von der Kapelle bei St. Nikolai Pforten 234, 235, 236, 466, 521 Brunn, Johann II. von, Bf. von Würzburg 152, 226, 228, 369, 378, 390, 391 Bucca, Johann XII. von, Bf. von Olmütz 156 Buchau (Oberschwaben) 229, 273, 287, 289, 301, 378, 384, 403, 408, 408, 414–416, 593 Buda (Ofen, Ungarn) 54, 55, 293, 298 Bülow, Herren von Heinrich, Ritter 468 Vicke 542 Burg (bei Magdeburg) 473 Burgenland (Österreich) 593 Burgsdorff (Borchstorp), Herren von 221, 538 Arnold, Bf. von Brandenburg 100, 431, 431 Nikolaus, Pfarrer in St. Katharinen (Stadt Brandenburg) 427 Peter, Bf. von Lebus 429 Burgund, Herzöge von 501 Philipp III. der Gute 14, 267, 488, 530, 534, 534 Karl I. der Kühne 37, 92, 93, 187, 206, 269, 271, 273, 274, 311, 506, 550, 588, 595, 598 Burgund, Herzogtum 311, 423, 562 Busch, Johannes, Augustinermönch, Klosterreformer 448, 451 Butzow 547 Byzanz 550 C Cabbuez, Johannes, Pfarrer in Wilsnack 468, 469

Cadolzburg 212, 238, 241, 242, 310, 320, 328, 329, 329, 486, 491, 500, 500, 503, 512, 513 Camiller, stadtrömisches Adelsgeschlecht 581 Campanus, Johannes Antonius (Giovanni Antonio Campani), Humanist und päpstlicher Legat am Hof Pius’ II. 595 Castell, Grafen von 371 Wilhelm 605 Champmol, Kloster (Burgund) 502 Chorin, Kloster 446, 447, 450 Tobias, Abt 455 Cilli, Barbara von, verh. mit Sigismund von Luxemburg 96, 133, 147, 151, 151, 157, 157, 160 Coburg 192, 229, 229 Cölln (s. → Berlin) Collato und Treviso, Grafen Viciguera I. von, Gf. 581 Colmberg, Burg und Residenz 487, 491, 498, 586 Colonna, stadtrömisches Adelsgeschlecht 145, 580, 581, 587 Comburg, Kloster 371 Crailsheim 498, 589 Cranach, Lucas, Maler und Graphiker 554 Crossen 421 D Dänemark, Könige von 168, 193 Christian I., ebenso Kg. v. Norwegen und Schweden 115, 193, 198, 219, 219, 526 Christoph III., ebenso Kg. v. Norwegen und Schweden 193, 359, 526, 526 Waldemar II. 297 Dänemark, Königreich 219 Dalmar, Martin, Notar Herzog Bogislaws X. von Pommern 462, 463 Deetz (Havel) 508 Deher (Dehr, Dyhrn), Johann VII. von, Bf. von Lebus 413, 436, 452, 461, 473

704 Deichsler, Hans 105 Deutscher Orden, geistlicher Ritterorden 56, 78, 78, 79, 88, 147–149, 151, 155, 156, 179, 179, 257, 265, 294, 295, 359, 366, 371, 403, 443, 465, 475 Dhaun, Konrad III. von, Ebf. von Mainz 149, 150, 152, 157, 271 Dinkelsbühl 198, 313, 407, 411, 411, 491 Długosz, Jan, Chronist 97, 102 Dobeneck, Heinz von 491 Döbberitz, Familie 114 Dömitz (Mecklenburg), Burg 589 Döring, Matthias, Franziskaner, Ordensprovinzial in Sachsen 450, 472 Donauwörth (Werde) 75, 139, 140, 183, 260, 307, 410, 411, 411, 600 Drachengesellschaft (Hoforden) 525, 525, 528, 529, 557, 563, 576 Dresden 203 Dürer, Albrecht, Maler 566 Dylis, Hans 236 E Eberswalde 87 Ebe, Konrad, markgräflicher Küchenmeister in Ansbach 492 Ebo (Ebbo), Ebf. von Reims 137 Ederheim (Schwaben) 387 Eger (Ungarn) 117, 183, 268, 278, 279, 290, 379, 407, 412 Egloffstein, Herren von Johann I., Bf. von Würzburg 277, 277, 377, 390, 391 Leonard, Bamberger Domdekan 586 Ehenheim, Herren von 213 Jörg, Rat der Markgrafen in Ansbach 386 Ehningen 289 Eichstätt, Bischöfe von 371 Eichstätt, Stadt, Diözese 226, 290, 408, 412, 593 Eifelden 272 Eike von Repgow, Verfasser des Sachsenspiegels 46 Elsass, Landschaftsraum 77, 85, 528

Anhang

England, Könige von Eduard I. 555 Eduard III. 556 Stephan 555 Erbach, Schenken von 371 Dietrich, Ebf. von Mainz 267, 282, 359, 389, 424, 534, 592 Erfurt 71, 469, 471 Erlangen 372, 405 Erlichshausen, Herren von Konrad, Hochmeister des Deutschen Ordens 359, 475 Ludwig, Hochmeister des Deutschen Ordens 295, 465 Eugen IV. (Gabriele Condulmer), Papst 84, 85, 88, 93, 158, 266, 266, 267, 392, 424, 425, 429, 430, 432, 437, 442–445, 447, 448, 452, 454, 457, 457, 464, 473, 494, 515, 533, 534, 567 Eyb, Herren von Albrecht, Frühhumanist 2, 392 Ludwig der Ältere, markgräflicher Rat und Chronist 1, 2, 36, 37, 37, 87, 199, 200, 202, 212, 248, 274, 288, 334, 361, 398, 398, 402, 403, 542, 575, 585, 586, 590, 593, 594, 595, 601, 608 Ludwig der Jüngere, fränkischer Niederadliger, Hauptman der Markgrafen in Ansbach 192, 205, 594 Eyberg, Anselm von, Pfleger in Rain an der Donau 385 Eych, Johann III. von, Bf. von Eichstätt 592 Eyck, Jan van, Maler 562 F Falkenstein, Werner von, Ebf. von Trier 54, 55, 57, 59, 60, 74, 75, 113, 114, 172 Falkmauer, Eberhard von 273 Federsee (Oberschwaben) 229, 273, 287, 289, 378, 384, 403, 404, 404, 408, 414, 415, 416, 593 Felix V. (Amadeus VIII. von Savoyen), Gegenpapst 84, 85, 424, 533

705

Personen- und Ortsregister

Ferrara, Stadt, Diözese 204, 265, 533 Feuchtwangen 383, 444 Fischbeck (Havelberger Diözese) 474 Flandern, Landschaftsraum 2 Florenz 112, 265, 266 Folieto, Hugo von, Prior von St-Laurent-aux-Bois 554 Forchheim 243 Foscari, Francesco, Doge von Venedig 463 Franken, Landschaftsraum 13, 14, 14, 15, 25, 33, 34, 38, 77, 130, 134, 152, 160, 176, 181, 184, 196, 198, 200, 209, 212, 213, 215, 217, 220, 225–227, 229, 233, 241, 264, 271, 276, 277, 283, 287, 290, 315, 320– 322, 329–331, 359, 360–362, 367, 368, 369, 371, 373, 375, 377, 378, 384, 386, 387, 388–391, 393, 394, 397, 401, 402, 402, 409, 412, 415, 418, 419, 421, 434, 441, 444, 479, 486, 492, 494, 495, 499, 504, 505, 509, 524, 566, 571, 573, 594, 600, 607, 608, 618, 619 Frankfurt am Main 2, 55, 57, 58, 59, 61, 85, 87, 148, 154, 173, 259, 265, 267, 268, 271, 273, 301, 313, 313, 334, 390, 424, 424, 607, 608 Frankfurt an der Oder 192, 203, 207, 323, 336, 337, 461, 500, 508, 508, 591 Frankreich, Könige von 136 Karl VI. 125 Karl VII. 85, 87, 125, 133, 136, 273, 424 Ludwig XI. 85, 87, 538, 556, 592 Frankreich, Königreich 534, 555 Frauenberg zu Haag, Grafen von Hans 600, 600, 601 Sigmund 99 Freidank, Singspruchdichter, Kleriker 138 Fridingen, Rudolf von 384 Fries, Lorenz, Chronist 231, 389, 593 Friesack 224 Fuchs, fränkisches Adelsgeschlecht 213 Fuchs zu Wallburg, Heinrich 231

Fulda, Abtei 371 Kranlucken, Heinrich VII. von, Abt des Reichsklosters Fulda 48 Füetrer, Ulrich, Maler, Dichter, Chronist 554 Fürspränger (Adelsgesellschaft) 209, 210, 213, 537, 602, 602 Fürth 287, 405 G Gefrees (Bayern), Amt (→ Stein, Stadt, Burg) 272 Geilsheim (Franken) 412 Geldern, Herzöge von 529 Adolf von Egmond 529 Gelnhausen, Heinrich von, Frankfurter Ratsherr 78 Gesellschaft der Templaise (Adelsgesellschaft) 528, 529 Gesellschaft des Einhorns (Adelsgesellschaft) 209, 213, 213, 214, 602 Gesellschaft im Bären (Bärengesellschaft; Adelsgesellschaft) 208, 210, 210, 212, 212, 213, 213, 215, 215, 525 Gesellschaft mit dem Rüdenband (Adelsgesellschaft) 525, 528, 529 Gesellschaft mit St. Georgs- und St. Wilhelmsschild (Adelsgesellschaft) 529 Gesellschaft mit St. Jörgenschild (Adelsgesellschaft) 284, 407, 525, 525 Gesellschaft Unserer Lieben Frau (Hoforden) 216–232, 234, 234, 235, 248, 367, 408, 426, 430, 431, 456, 496, 497, 499, 517, 521, 526, 527, 527, 530, 531, 535, 536, 538, 539, 541, 542, 542, 543, 547, 548–552, 556, 560, 563, 564–569, 571, 573, 574, 576, 616, 621 Geyern, Schenken von 386 Wilhelm, Ritter 99, 228 Giengen (Schwaben) 410 Glogau (Böhmen) 167 Görlitz 149, 265, 387 Göttingen 337 Goldberg (Schlesien) 296 Gonzaga, Dyn. Gianfrancesco, Gf. von Sabbioneta

706 und Rodigo 250 Ludovico III., Mgf. von Mantua 158, 250 Goreß, Johannes, Schulze von KleinZiethen 477, 477 Gorlosen (Mecklenburg), Burg 589 Goslar 337 Gottlieben (Schweiz) 73 Grafenegg, Ulrich von, kaiserlicher Pfleger des Schlosses Steyer 271, 593 Graisbach, Grafschaft 126, 193, 248, 292, 293, 378, 383 Grassis, Paris de, päpstlicher Zeremonienmeister 465 Gregor XII. (Angelo Correr), Papst 56 Greiffenberg 299 Greifswald 440 Groß Lüben (Prignitz) 468 Grumbach, Herren von 213 Johann III., Bf. von Würzburg 140, 230, 231, 249, 290, 290, 481 Gundelfingen, Herren von 495 Grunewald, Jagdschloss 500 Gunzenhausen 290 H Habsberg, Diebold von, Ritter 408 Habsburg-Neukyburg, Margarethe von, verh. mit Gf. Dietrich VI. von Kleve 555 Habsburger, Dyn. (s. auch → Österreich, Herzöge von) 12, 172, 185, 192, 194, 260, 273, 373, 501, 528, 529, 530, 585 Hafftiz, Peter, Chronist 41, 340, 590 Hagen, Matthäus, Schneider 476, 477 Hake, Balthasar, markgräflicher Richter in Berlin-Cölln 342 Halberstadt, Bischöfe 197, 435–437, 440, 441 Halberstadt, Stadt, Diözese 421, 435, 436 Halbmondorden (Hoforden) 538 Halle 337, 387 Hannover 337 Hanse 182, 183, 338, 340, 342, 421

Anhang

Hargasser, Eberhard, Karmeliter, Provinzial, Prior 493 Harlunger Berg (Brandenburg an der Havel) 114, 216, 217, 233, 449, 452, 470, 496, 497, 510, 516, 527, 536, 536, 540, 541, 544–548, 560, 561, 566, 568, 571 Hasenburg, Zbynko Zajíc von, Ebf. von Prag 469 Hasselmann, Andreas, Domherr in Magdeburg 456 Haßberg, Diebold von 385 Havelberg, Bischöfe 425–427, 434, 451, 453, 468, 469, 469, 471 Havelberg, Stadt, Diözese 421, 426– 431, 435, 451, 452, 452, 468, 471, 472, 474 Havelland 323, 335 Haysen, Johann, Dechant des Prämonstratenserstifts St. Marien auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg an der Havel 546 Heideck, Herren von 408 Kuntz Wolflin 408 Heidelberg 71, 209, 362, 420, 456, 456, 602 Heilsbronn Kloster 240, 241, 242, 330, 330, 331, 331, 456, 486, 487, 491, 493, 495, 495, 498, 501–505, 509, 509, 518, 519, 563, 565, 565, 568, 571, 576, 577, 604, 608, 608, 620 Bamberger, Sebald, Abt 240 Kölzer, Ulrich, Abt 504 Stromaier, Berthold, Abt 495 Waibler, Arnold, Abt 495 Stadt 77, 77 Heimburg, Gregor, Jurist 80, 261, 288, 414–417 Heinrich von Antwerpen, Historiograf, Domherr von Brandenburg 545 Helfenstein, Grafen von 411, 600 Ludwig 326 Ulrich der Ältere 408 Helmstatt, Herren von Conrad, Amtmann zu Oppenheim und Rat Friedrichs I. von der Pfalz 605

Personen- und Ortsregister

Raban, Bf. von Speyer 135 Henneberg, Grafen von 195, 198 Grafen von Henneberg-Römhild 371 Berthold, Ebf. von Mainz 169, 196, 249, 529 Hermann VIII. 196 Otto 196, 606 Philipp, Bf. von Bamberg 169, 196, 243 Grafen von Henneberg-Schleusingen 229, 371 Heinrich XII. 212 Herrenberg (Herrschaftsgebiet der Grafen von Württemberger) 554 Herzogenaurach 193, 403 Hessen, Landgrafen von 171, 176–178, 180–182, 509 Ludwig I. der Friedfertige 177 Ludwig II. 509 Hessen, Landgrafschaft 616 Hiddestorf, Christian von, Franziskaner, Theologe an der Universität Erfurt 469 Hildesheim, Stadt, Diözese 177, 337 Himmelkron (Oberfranken), Kloster 526, 576 Himmelpfort (Brandenburg, Oberhavel), Kloster Heinrich, Abt 455 Hirschberg 126, 281, 293, 378, 381, 382, 394 Höchheim, Herold von, Bf. von Würzburg 413 Höchstädt 126, 380–382 Hölzel, Hieronymus, Buchdrucker 570 Hof 584 Hogenstein, Jodocus, Prokurator des Deutschen Ordens 465 Hoheneck 498 Hohenlohe, Grafen von, fränkisches Adelsgeschlecht 233, 371 Gottfried 233 Johann 590, 591 Hohenreichen, Mang von, Ritter 230 Hohentrüding (Mittelfranken) 491 Hohenzollern, Dyn. 1–3, 9, 10, 12– 15, 24, 25, 27, 27, 28, 28, 30, 31–

707 36, 41, 42, 42, 44, 50, 51, 66, 79, 86, 87, 94, 105, 109, 117–120, 127, 133, 134, 136, 137, 138, 141, 146, 149, 153, 160–163, 167, 167, 168, 170, 170, 174, 176, 176, 177, 178, 179, 181–186, 188–190, 192–196, 198, 200, 201, 203, 203, 205, 212, 213, 215–217, 221–229, 231, 232, 234, 237, 239, 239, 242, 243, 244, 247, 248, 249, 250, 258, 259, 259, 260, 263, 267–273, 275–280, 283– 285, 288, 288, 290–293, 297, 299, 299, 303, 304, 306, 307, 308, 312, 314, 315, 316, 320–324, 327–333, 337, 341, 360, 360–362, 366–369, 371–379, 385, 387–389, 391–395, 400, 404, 406, 407, 409, 410, 410, 411, 412, 413, 414, 417–422, 424– 428, 430, 431, 433, 435, 440, 442– 445, 448, 448, 449, 455, 457, 458, 469, 475, 478, 479, 481, 482, 485, 486, 490, 492, 494, 495, 498, 499, 502–510, 512, 516, 518, 520, 525, 526, 527, 528, 540, 542, 544, 546, 546, 547, 556, 560, 564, 564, 566, 567, 568, 570, 571–581, 584, 585, 587, 591, 594, 607, 608, 611–621 Burggrafen von Nürnberg 28, 38, 41, 51, 141, 144, 145, 154, 173, 211, 230, 259, 276, 277–279, 281, 283, 285, 286, 328, 360, 376, 376, 377, 379, 384, 385, 387, 387, 388, 392, 393, 398, 401, 476, 481, 503, 583, 620 Berthold, Bf. von Eichstätt 51, 51 Elisabeth, verh. mit Kg. Ruprecht (s. → Reich) 76, 141, 174, 481 Friedrich III. 281, 502, 503, 585 Friedrich IV. 494, 584, 584 Friedrich V. 129, 135, 135, 213, 215, 283, 366, 494, 495, 502, 510, 511 Johann II. 215, 494 Johann III. 42, 61, 63, 141, 172, 172, 212, 235, 235, 250, 378, 379, 380, 487, 492, 493, 495,

708 496, 525 Konrad I. 172, 587 Margarete, verh. mit Lgf. Hermann II. von Hessen 177 Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Kulmbach 1, 2, 3, 10, 14 Albrecht Achilles 2, 9, 13, 15, 29, 30, 35–37, 44, 52, 80–82, 84, 86, 87–90, 92, 92, 93–97, 99, 100–110, 114, 115, 117, 120, 139, 139, 140, 140, 141, 145–147, 157, 157, 159, 160, 168, 177, 177, 180, 181–189, 191–193, 196, 197–199, 202, 203–216, 218, 218, 219, 221, 225–234, 237, 238, 240, 241– 243, 245, 246–251, 258, 260– 262, 267, 268–276, 280, 282– 292, 294, 296, 299, 300, 301– 313, 324, 325, 327, 327, 330– 334, 359, 359–369, 372–374, 379, 384–386, 388–406, 409– 417, 420, 420, 422, 424, 431, 431, 432, 434, 438, 438, 440, 440, 441, 444, 444, 445, 451, 451, 457, 458, 458, 470, 471, 478, 481, 486, 494, 496–501, 503–506, 508, 509–511, 513, 515, 516, 519, 520, 522, 525, 526, 526, 529, 529, 531, 534, 538, 542, 543, 546, 562, 565– 573, 575–577, 581, 582, 583, 585, 586, 591–594, 599, 599– 608, 613–615, 620 Albrecht II. Alcibiades 586 Barbara, verh. mit Mgf. Ludovico III. Gonzaga (s. → Gonzaga, Dyn.) 158, 250 Barbara, verh. 1. mit Heinrich XI. von Crossen-Glogau, 2. mit Kg. Władysław II. von Böhmen (s. → Böhmen, Könige von) 193 Dorothea, verh. mit Hz. Heinrich IV. von Mecklenburg (s. → Mecklenburg, Herzöge von) 178, 247, 543

Anhang

Dorothea, verh. mit Hz. Johann IV. von Sachsen-Lauenburg (s. → Sachsen-Lauenburg, Herzöge von) 184, 566 Dorothea, verh. 1. mit Kg. Christoph III. von Dänemark, 2. mit Kg. Christian I. von Dänemark ( beide s. → Dänemark, Könige von) 193, 219, 219 Elisabeth, verh. mit Hz. Eberhard II. von Württemberg (s. → Württemberg, Grafen und Herzöge von) 182, 184, 237, 238, 245 Elisabeth, verh. mit Gf. Hermann VIII. v. HennebergRömhild (s. → Henneberg, Grafen von) 196 Elisabeth, verh. 1. mit Hz. Joachim von Pommern-Stettin, 2. mit Hz. Wartislaw X. von Pommern-Wolgast (s. → Pommern, Herzöge von) 142 Elisabeth, verh. 1. mit Hz. Ludwig II. von Liegnitz-Brieg (s. → Liegnitz-Brieg, Herzöge von), 2. mit Hz. Wenzel von Teschen 296, 599 Erasmus, Sohn des Mgf. Friedrich II. von Brandenburg 515 Friedrich I. 9, 13, 13, 14, 25, 29, 30, 38, 41–43, 51, 53, 58, 59, 60–67, 69–82, 109, 111–118, 120, 121, 121, 123, 124, 126– 138, 142–144, 146–151, 153– 160, 171–175, 178–180, 184, 184, 197, 198, 199, 200, 202, 204, 208, 210, 212, 213, 216, 221–224, 226, 227–229, 235, 238, 242, 246, 247, 250, 256, 259, 259, 260, 262–264, 270– 273, 276–281, 283, 283, 293, 294, 294, 298, 298, 306, 310, 320, 325, 328, 330, 336, 336, 337, 337, 364, 365, 369, 369, 372, 373, 374, 376, 377, 378, 380–385, 387, 389, 391, 402,

Personen- und Ortsregister

407, 407, 410, 411, 413, 419, 419, 420, 422, 426, 427, 428, 429, 432, 433, 435–438, 442, 443, 444, 446, 446, 447, 447, 449, 453, 457, 457, 460, 465, 471, 476, 478, 481, 483, 486, 487, 490–496, 498, 499–504, 506, 508–515, 520, 524–527, 529, 530, 530, 536, 546, 546, 547, 548, 549, 549, 560, 567, 568, 570, 576, 577, 579, 580, 585, 586, 589, 590, 590, 591, 593, 599, 600, 602, 605, 608, 611, 613, 614, 620 Friedrich II. 9, 13, 13, 14, 29, 35, 37, 44, 52, 54–58, 80, 81– 85, 87, 93, 110, 114–117, 120, 142–148, 158–160, 176, 177– 180, 182, 183, 184, 186, 187– 190, 198, 199, 202–204, 208, 212, 213, 216–225, 231–236, 238, 242, 248, 248, 251, 251, 259, 261, 262, 266, 267, 270, 272, 289, 290, 294, 296, 298– 305, 307–311, 320, 323–328, 331, 332–334, 337–342, 359, 359, 360, 367, 367, 368, 373, 374, 419–426, 429–432, 434– 445, 447, 447–449, 451, 452– 463, 464–480, 486, 491, 496– 500, 504, 504, 505, 508–511, 514–519, 521, 525, 52–544, 546–549, 551, 552, 556, 557, 559, 560, 562–571, 576, 577, 580, 582, 599, 603, 604, 605, 606, 608, 614, 616, 619, 620 Friedrich der Jüngere 221, 222, 294, 295, 303, 323, 324, 373, 374, 435, 457, 458, 470, 486, 509, 514, 526, 530, 564 Friedrich V. der Ältere 1–3, 37, 95, 96, 99, 101, 102, 105, 106, 191, 192, 193, 203, 206, 209, 213, 230, 237, 240, 243, 247– 251, 313, 330, 498, 573, 574, 574, 575, 608, 614 Georg Friedrich I. 586 Joachim I. 453, 505

709 Joachim II. 220, 505, 561 Johann Cicero 2, 9, 100, 190, 191, 202, 203, 203, 205, 208, 212, 213, 248, 250, 250, 251, 251, 312, 327, 327, 332–334, 420, 420, 432, 451, 505, 516, 522, 522, 594 Johann der Alchimist 153, 178, 178, 179, 193, 197, 204, 218, 228, 232, 241, 250, 256, 273, 277–280, 290, 294, 322, 324, 324, 337, 337, 340, 341, 372– 374, 394, 395–397, 421, 427– 429, 457, 458, 486, 509, 525, 526, 546, 599, 602, 603, 608 Johann, Sohn des Mgf. Friedrich II. von Brandenburg 461, 466 Kasimir 220 Margarete, verh. mit Hz. Bogislaw X. von Pommern (s. → Pommern, Herzöge von) 177, 248, Sibylle, verh. mit Hz. Wilhelm IV. von Jülich-Berg (s. → JülichBerg, Herzöge von) 1, 575 Sigmund 2, 3, 209, 212, 213, 240, 251, 498, 520, 575 Sophie, verh. mit Hz. Friedrich II. von Liegnitz 520 Ursula, verh. mit Hz. Heinrich I. v. Münsterberg-Oels (s. → Münsterberg-Oels, Herzöge von) 168, 184, 185, 185, 246, 247, 250, 261, 291, 500, 617 Wolfgang, Sohn des Mgf. Johann Cicero von Brandenburg 522 Hollenburg und Finkenstein, Freiherren von 529 Holnstein (Bayern) 380, 382, 423 Hoppenrade, Benedikt, Berliner Bürger 455 Hornberg, Horneck von, Ritter 593 Hosenbandorden (Hoforden) 221, 528, 537, 538, 538, 556, 556, 557 Hoyerswerda 223 Hoym, Johannes von, Bf. von Halberstadt 436

710 Hus, Jan, Theologe und Reformator in Böhmen 70, 469 Hürnheim, Walter von, Reichsritter 385 I Iglau (Tschechien) 223 Ingolstadt 122, 213 Innozenz III. (Lotario dei Conti di Segni), Papst 399 Innsbruck 463 Isenburg-Büdingen, Ludwig II. von, Gf. 100, 101 Isidor von Sevilla, Kirchenlehrer, Bf. von Sevilla 481, 482 Italien 77, 462 Iwen, Henning, Bf. von Kammin 475, 477 J Jagiellonen Dyn. 98, 109, 149, 179, 191, 192, 265, 580 Jagstberg 593, 594 Jean de Stavelot, Chronist 83 Jerusalem 229, 232, 234, 458, 602, 603 Johannes XXIII. (Baldassare Cossa), Gegenpapst 54, 56, 65, 70, 111, 441 Johanniterorden, geistlicher Ritterorden 338, 338, 340, 341, 564, 564, 565 Jülich, Herzöge von 48 Jülich-Berg, Herzöge von Wilhelm IV. 1, 169, 575 Gerhard VII. 85, 529 Jüterbog 475 K Kaisheim, Zisterzienserkloster 126 Kalandsbruderschaften 447, 448, 448, 454, 454 Kalixt III. (Alfonso de Borja), Papst 509 Kammin, Bischöfe 442 Kammin, Stadt, Diözese 421, 423, 435, 440, 476, 477 Kannemann, Johannes, Franziskaner, Theologe und Prediger 450, 450,

Anhang

473, 476, 477, 478 Kantzow, Thomas, Chronist 41 Kapellen (Cappell), Herren von Konrad 378 Kunz 387 Karlstein (Tschechien), Burg 324 Kaschuben, Herzogtum 145, 301, 305, 306, 606 Kastilien, Alfons XI. von, Kg. 538 Katzenelnbogen, Grafen von 334 Katzenelnbogen, Grafschaft 1 Kempten 278, 288 Kerkow (Mark Brandenburg) 477, 478 Kirchheim, Kloster 387 Kitzingen 290, 389, 392, 511 Klein-Ziethen (Mark Brandenburg) 476, 477, 477 Kleve, Herzöge und Grafen von der Mark 555 Adolf (I.) 70, 529 Klitzing, Herren von Albert, Rat des Mgf. Albrecht Achilles von Brandenburg 177, 178 Peter, Dompropst von Brandenburg 472, 546 Knorr, Peter, Rat des Mgf. Albrecht Achilles von Brandenburg 168, 283, 283, 284, 311, 363, 388, 389, 400, 402 Koblenz 173, 334 Konrad von Megenberg, Domherr in Regensburg, Naturforscher, Schriftsteller 48, 554 Konrad von Würzburg, Dichter 554, 555, 555 Konstantinopel 267 Konstanz, Stadt, Konzil 41–43, 51, 62–66, 68, 69, 70–76, 111, 113, 117, 118, 121, 122, 136, 143, 148, 198, 202, 202, 223, 246, 270, 292, 297, 305, 402, 427, 428, 441, 465, 471, 495, 613 Kostka, Albrecht von 229 Kottbus, Herren von, 224 Luther 224, 225 Reinhard, böhmischer Landvogt 224, 225 Kottbus, Stadt, Schloss 225

711

Personen- und Ortsregister

Köln, Stadt, Erzdiözese, Kurfürstentum 71, 113, 284, 378, 387, 410, 410, 451 Königsberg 304, 450 Königsfelden, Franziskanerkloster 501 Krakau 102, 179, 249 Krantz, Albert, Chronist 342, 342 Kremmen 590, 591 Krone, Johannes, Dominikaner, Theologieprofessor 473 Küchmeister, Michael, Hochmeister des Deutschen Ordens 179 Kulmbach, Markgraftum 11 Kulmbach, Stadt, Kloster der Augustiner-Eremiten 12, 235, 487, 491, 492, 493, 494, 508, 510 Kyritz (Prignitz) 447, 447, 508, 508 L Laiminger, Christoph, Pfleger von Lauf 328 Landshut 96, 98, 100–105, 108, 192, 192, 203, 203, 247, 274 Langenzenn 509, 511 Langheim, Kloster (Franken) 375 Lansee, Ludwig von, Deutschordenskomtur zu Brandenburg 152 Lauf (Franken) 328 Lausitz 176, 176, 189, 217, 222–224, 233, 260, 294, 295, 302, 616 Lebus, Bischöfe 425, 426, 431, 432, 434, 468, 469 Lebus, Stadt, Diözese 335, 421, 426, 429, 429, 431, 431, 432, 435, 440, 443,443, 444, 444, 476, 477 Lechfeld (Augsburg), Schlacht 2, 550 Lehnin, Kloster 446, 446, 447, 447, 450, 451, 476, 502, 504, 505, 505, 508, 508 Monnickendam, Arnold von, Abt 451, 451, 455, 476 Papen, Bartholomäus, Zellerar 451 Stich, Heinrich, Abt 446, 446 Leiningen, Ermicho von, Gf. 57 Leipzig 471, 473 Lentersheim, Kraft zu, Ritter 230 Leonrod, Herren von Hans, Ritter 385

Wilhelm 378 Leutersheim, Kraft, Ritter 590, 591 Lichtenberger, Johannes, Astrologe 258 Liebenau (Bayern), Amt und Burg 272, 376 Liegnitz, Herzogtum 188, 296 Liegnitz-Brieg, Herzöge von Ludwig II. 72, 525 Wenzel II., nur Hz. von Liegnitz, Bf. von Breslau 529 Lietzow 114 Limpurg, Schenken von 371 Friedrich, kurpfälzischer Rat 277, 377 Gottfried IV., Bf. von Würzburg 359, 361, 362, 389–393, 397, 397, 402, 402, 404, 444 Konrad 385, 385 Lindow-Ruppin (Lindau-Ruppin), Grafen von 100 Albrecht 221, 538, 541 Johannes III. 572 Lintorff, Konrad von, Bf. von Havelberg 427, 428, 464, 472–475 Litauen, Großfürsten von Witold 150, 150, 155, 265 Lothringen, Herzogtum 582 Lothringen, Herzöge von 589 Löcknitz 483 Löwengesellschaft (Adelsgesellschaft) 211 Lübeck 182 Lüneburg, Stadt 90, 301 Luxemburger, Dyn. 141, 194, 325, 335, 530 Elisabeth, verh. mit Kg. Albrecht II. (s. → Reich) 61, 133, 135 Margarete, verh. mit Bgf. Johann III. von Nürnberg (s. → Hohenzollern) 42, 234, 235, 250 M Magdeburg, Burggrafschaft 582 Magdeburg, Erzbischöfe 197, 241, 421, 427, 435, 447, 450, 469, 469 Magdeburg, Stadt, Erzdiözese 217, 337, 427, 447, 448, 469, 471, 471, 472

712 Mailand 111 Mainz, Erzbischöfe 391, 407 Mainz, Stadt, Erzdiözese, Kurfürstentum 78, 85, 91, 115, 174, 181, 182, 268, 362, 371, 381 Mair, Martin, Jurist und Humanist 188, 268, 269, 269, 592, 600 Man, Dietrich II. von, Bf. von Havelberg 468 Mangersreuth 235 Mansfeld, Gebhard VI. von, Gf. 100 Mantua, Herzogtum 250, 445 Marche, Olivier de la, Chronist und Gesandter am burgundischen Hof 506, 532 Mariendorf (Berlin) 338 Marienfelde (Berlin) 338 Marstein, Arnold von 378, 385 Martin V. (Oddo Colonna), Papst 65, 71, 73, 78, 132, 150, 156, 159, 263, 449, 579, 580, 580, 581, 587 Masbach, Albert von, Diener Bgf. Friedrichs IV. von Nürnberg 584 Mauroux, Jean, Titularpatriarch von Antiochia 64 Mecklenburg, Herzöge von 16, 26, 169, 178, 195, 195, 197, 198, 218, 241, 335, 338, 359, 423, 589 Balthasar 177 Heinrich IV. 178 Johann VI. 177 Magnus II. 177 Herzöge von Mecklenburg-Schwerin Albrecht V. 96 Herzöge von Mecklenburg-Stargard 169 Meiental, Wilhelm von 376 Meisterlin, Sigismund, Benediktiner, Chronist 258, 583, 583 Meißen, Markgrafen von 48 Elisabeth, verh. mit Burggraf Friedrich V. von Nürnberg (s. → Hohenzollern) 283, 494 Friedrich IV. 65 Meißen, Markgrafschaft 217, 224, 227 Meißen, Stadt, Diözese 421 Memmingen 410 Mergentheim 181, 182

Anhang

Metz, Stadt 48 Mies (Tschechien), Schlacht 156 Mindelheim (Bayern) 289 Mittelmark 100, 222, 434 Moers, Dietrich II. von, Ebf. von Köln 113, 149, 150, 266, 267, 271, 424, 534 Monheim, Anton von 273 Montesquieu, Charles-Louis de Secondat Baron de, Staatstheoretiker, Philosoph 588 Mortain, Grafschaft 125 Mühldorf 584 Mühlhausen 263 München, Stadt 203 Münsterberg-Oels, Herzöge von Albrecht I. 251 Georg I. 251 Heinrich I. 184, 185, 247, 251, 261 Münsterberg und Troppau, Viktorin von, Hz. 605 Muri, Benediktinerkloster 501 N Nassau, Grafen von 334 Adolf II., Ebf. von Mainz 117, 305, 311, 334 Johann II., Ebf. von Mainz 53, 54, 54–56, 58, 59–61, 76, 111, 113, 172, 174 Nauen 546 Naumburg 223 Neuenried (Allgäu) 387 Neukammer (Nykammer; Brandenburg) 546 Neumark 87, 148, 155, 156, 159, 217, 294, 421, 435, 443, 530, 541 Neuss 93 Neußlingen (Franken) 289 Neustadt an der Aisch 272, 372, 405, 498, 510, 599, 599 Niederlausitz 222–225, 294, 295 Nikolaus von Kues, Theologe, Philosoph, Bf. von Brixen 258, 464, 474 Nikolaus V. (Tommaso Parentucelli), Papst 232, 232, 425, 426, 426, 429, 432, 437, 438, 441, 442, 444, 445, 449, 450, 452–455, 457, 458,

713

Personen- und Ortsregister

463, 464–467, 475, 504, 514, 517, 518, 536 Nikosia 526 Nördlingen 78, 184, 198, 199, 385, 407, 410 Nordheim 337 Nordlinger, Linhardt, Kammerschreiber des Mgf. Albrecht Achilles von Brandenburg 542 Normandie, Landschaftsraum 125 Nothafft, Werner von, württembergischer Hofrichter 230 Nußdorf, Ulrich von, Bf. von Passau 114, 114 Nürnberg, Burggrafentum 35, 37, 69, 139, 144, 146, 181, 275–278, 280, 281, 285, 286, 288, 291, 299, 304, 310, 368, 373, 377, 412, 415, 416, 418, 419, 425, 433, 503, 504, 564, 570, 581, 582, 584, 584, 585, 605, 619 Nürnberg, Stadt 37, 43, 54, 61, 74, 78, 80, 82, 117, 124, 140, 149, 151, 153, 153, 157–159, 173, 174, 177, 184, 198, 199, 208, 226, 233, 260, 263, 265, 271, 272, 273, 276, 277, 278–284, 286, 286–290, 294, 296, 302, 302, 310–312, 328, 329, 330, 338, 360, 361, 361–363, 365, 367, 368, 371, 373–380, 383–385, 387– 390, 392, 393, 394, 394, 397, 398– 413, 416–420, 459, 472, 491, 493, 508, 508, 570, 583, 583, 586, 592, 600, 608, 619 O Oberlahnstein 128, 173, 174 Oberlausitz 222, 223, 294, 295 Oppenheim 172 Osmanen (Türken) 308, 312 Osmanisches Reich (Türkisches Reich) 267, 583 Österreich, Herzöge von 284, 407, 529 Albrecht VI. 84, 86, 92 Elisabeth, verh. mit Kg. Kasimir II. von Polen (s. → Polen, Könige von) 191

Friedrich III. der Schöne 584 Friedrich IV. 65, 66, 73, 111, 112, 117, 219 Katharina, verh. mit Mgf. Karl I. von Baden (s. → Baden, Markgrafen von) 87 Rudolf IV. der Stifter 426, 550, 555 Sigmund der Münzreiche 84, 103, 104, 105 Österreich, Herzogtum 217, 227, 301, 528, 585, 592 Oettingen, Grafschaft 230 Oettingen, Wilhelm von, Graf 605 Oggelshausen (Oberschwaben) 384, 403 Oppeln, Nikolaus I. von, Hz. 599 Orden vom Goldenen Vlies (Hoforden) 528, 530, 537, 538, 556, 557, 562, 563 Oring, Hanns, sogenannter Markgrafenschreiber 97, 101, 101, 103, 104, 105, 107, 108 Orsini, römische Adelsfamilie Bartoldo, Graf, päpstlicher Kustos auf dem Konstanzer Konzil 72 Giordanus, Kardinal 158, 158, 159 Otto von Freising, Chronist 596 Ovid, Dichter 553 P Pakulent, Familie 145 Palästina (Heiliges Land) 228, 232, 458, 461–463, 466, 467, 475, 526, 546, 576, 602, 609, 620 Pappenheim, Herren von, fränkischschwäbisches Adelsgeschlecht 229 Georg, Reichserbmarschall 233, 233 Haupt II., Reichserbmarschall 288 Heinrich, Reichserbmarschall 218, 229, 404 Konrad, Reichserbmarschall 229 Paris 71 Pasewalk 299, 440 Patzow, Ulrich von, Kanzler des Ks. Friedrichs III. 300 Paul II. (Pietro Barbo), Papst 185, 187, 261 Paulsdorfer, Herren von, bayerisches

714 Adelsgeschlecht Wilhelm, Rat der wittelsbachischen Herzöge 227 Pelikanorden (Hoforden) 529, 537 Petrissa, Fstn. im Havelland mit Stammsitz auf der Brandenburg, verh. mit → Pribislaw-Heinrich 545 Pfab, Hans, Ansbacher Bürger 386 Pfalzgrafen bei Rhein, Kurfürsten 77, 284, 361, 407, 408, 412, 456 Friedrich I. der Siegreiche 101, 102, 117, 140, 181–183, 226, 249, 268, 282, 308, 311, 373, 411, 414, 588, 588 Ludwig II. der Strenge, ebenso Herzog von Bayern 77 Ludwig III. 53–55, 57–60, 63, 64, 66, 66, 70–72, 74–77, 80, 81, 112– 114, 122, 139, 149, 149, 150, 271, 280, 380 Ludwig IV. 83, 85, 86, 262, 529, 530, 534, 534, 537 Philipp der Aufrichtige 2, 101, 106, 463, 605 Ruprecht, Ebf. von Köln 102 Ruprecht II. der Harte 172 Pfalz-Mosbach-Neumarkt, Herzöge von Otto II. 205 Pfalzgrafschaft bei Rhein (Kurpfalz) 71, 271, 582 Pius II. (Enea Silvio Piccolomini), Papst 38, 185, 207, 267, 268, 288, 341, 363, 364, 440, 442, 445, 445, 542, 567, 568, 591, 592, 600 Plassenburg 12, 185, 231, 250, 332, 332, 333, 444, 492, 494, 504, 586 Plinius der Ältere, Geschichtsschreiber 558 Polen, Könige von 149, 168, 192, 193, 194, 203, 231, 289, 388, 579 Hedwig, Tochter Kasimirs II., verh. mit Hz. Georg von BayernLandshut (s. → Bayern, Herzöge von) 97, 98, 100–107, 192, 274 Hedwig, Tochter Władysławs II. 147, 155, 179, 203, 249, 249, 259, 422, 460, 580 Johann Albrecht 1

Anhang

Kasimir II. 98, 191, 240, 305 Sophia, Tochter Kasimirs II., verh. mit Mgf. Friedrich V. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach (s. → Hohenzollern) 191–194, 206, 240, 330, 573–575 Wenzel I., als Wenzel II. ebenso Kg. von Böhmen 45, 166 Władysław II. 67, 78, 82, 147, 148, 148, 149, 155, 155, 156, 179, 259, 265, 294, 580, 581 Władysław III. 98 Polen, Königreich 78, 79, 82, 147, 149, 304, 443, 574, 589, 592 Polenz, Nikolaus von, Ritter, Vogt der Niederlausitz 224 Pommern, Herzöge von 16, 26, 178, 195, 198, 229, 233, 296, 297, 305, 335, 336, 359, 421, 421, 435, 446, 562, 589, 590, 606, 618 Bogislaw X. 177, 462, 463,463, 477, 594, 594 Herzöge von Pommern-Stettin 100, 142, 142, 145, 169, 233, 297, 298, 304, 589, 590, 591 Barnim VII. 303 Joachim 142 Kasimir V. 298, 589 Otto II. 298 Otto III. 142, 144, 299, 300 Swantibor III. 590 Herzöge von Pommern-Stolp Katharina, verh. mit Hz. Johann von Pfalz-Neumarkt 599 Herzöge von Pommern-Wolgast 120, 142, 144, 144, 145, 169, 195, 299–306, 562 Agnes, verh. mit Mgf. Friedrich dem Jüngeren von Brandenburg (s. → Hohenzollern) 303, 457 Bogislaw IX. 477 Sophie, verh. mit Hz. Magnus II. von Mecklenburg (s. → Mecklenburg, Herzöge von) 177 Pommern, Herzogtum 143–145, 171, 195, 296, 297, 297, 298, 299–301,

Personen- und Ortsregister

305, 306, 306, 423 Pommern-Stettin, Herzogtum 100, 142–145, 301, 302, 305, 306 Pommern-Wolgast, Herzogtum 142, 303 Pommersfelden, Konrad Truchseß von, Nürnberger Landrichter 380 Posen, Stadt, Diözese 421 Prag, Stadt, Burg 57, 140, 185, 186, 268, 290, 291, 296, 324, 469 Prenzlau 232, 440, 441, 459, 461 Preußen, Könige von Friedrich Wilhelm II. von, Kg. 30 Friedrich (III.) Wilhelm Nikolaus Karl 500 Preußen, Königreich 611 Preußen, Landschaftsraum, Deutschordensgebiet 257, 304, 528, 592, 611 Prichsenstadt (Franken) 290 Pribislaw-Heinrich, Fst. im Havelland mit Stammsitz auf der Brandenburg 545, 546, 547 Prignitz, Landschaftsraum 221, 335, 430, 434, 508, 509, 530, 589 Kloster Heiligengrabe 508, 509 Prischuch, Thomas, Chronist 41, 42 Pritzwalk 508 Putlitz, Gans Edle Herren zu 221, 222, 430, 538 Busso 221, 222, 430, 456, 572 Hans 222 Kaspar 221, 221, 430 Wedigo, Bf. von Havelberg 430, 431, 456 Puttkammer, Familie 145, 145 Q Querfurt, Albrecht IV. von, Ebf. von Magdeburg 469 Quitzow, Herren von 221, 224, 419, 446, 538, 590 R Raabs, Grafen von 503 Konrad II., Bgf. v. Nürnberg 503 Sophia, verh. mit Gf. Friedrich III.

715 von. Zollern (s. → Hohenzollern) 503 Ragaz (Schweiz) 366 Ragusa 463 Rammung, Matthias von, Bf. von Speyer 237 Ratgeb, Jörg, Maler 554 Ratzenberger, Heinrich, Komtur des Johanniterordens 341 Rechberg, Herren von Hans, Ritter 387 Wilhelm, Ritter 231, 387 Regensburg, Stadt, Diözese 150, 151, 159, 227, 277, 278, 309, 375, 380 Regenstein, Volrat von, Gf. 100 Rehberg, Ulrich von 605 Reich, Könige und Kaiser Albrecht I. 276 Albrecht II. 80–82, 84, 86, 89, 91, 92, 150, 228, 266, 270, 288, 289, 295, 388 Friedrich I. 413 Friedrich II. 91, 172, 297 Friedrich III. 2, 3, 13, 37, 48, 50, 82–96, 98, 101–108, 114–117, 140, 143, 143, 144, 144, 183, 186–188, 192, 193, 197, 218, 219, 219, 222, 223, 228, 229, 238, 242, 242, 248, 256, 260, 261, 267, 268, 271–274, 276, 282, 283, 286, 287–290, 292– 295, 297, 299, 303–309, 311– 314, 334, 363–367, 369, 388, 404, 406, 406, 409, 410, 411, 411, 424, 440, 513, 529, 529, 534, 534, 556, 581, 584, 593, 595, 607, 608, 614 Heinrich III. 71 Heinrich VII. 51 Heinrich Raspe, Gegenkönig 172 Jobst 53, 56–61, 76 Karl der Große 131 Karl IV. 28, 48, 48, 51, 58, 71, 72, 77, 78, 131, 143, 152, 173, 173, 176, 235, 276, 278, 279, 281, 297, 323–325, 366, 375, 376, 379, 379, 441, 480, 481, 584 Konrad III. 596

716 Ludwig der Fromme 137 Ludwig IV. der Bayer 51, 77, 173, 174, 276, 276, 297, 304, 375, 584 Maximilian I. 2, 3, 50, 95, 96, 101, 102, 106, 192, 271, 313, 463, 463, 529, 588, 588, 607, 608 Rudolf I. 51, 77, 276, 281, 285, 285, 379, 401, 503, 584, 585 Ruprecht 53, 70, 71, 91, 111, 128– 130, 135, 141, 143, 172, 172, 174, 175, 276, 377, 407, 481 Sigismund 28, 41–43, 51, 53, 53–62, 64–80, 84, 89, 91, 96, 111–114, 116, 117, 117, 123, 125–132, 135, 136, 137, 139, 141, 142, 143, 147, 148, 148, 150–160, 178–180, 195, 198, 202, 202, 221, 228, 229, 242, 250, 256, 256, 257, 259, 259, 260, 263–266, 270–273, 277–280, 283, 284, 286–289, 293, 293, 294, 294, 297, 298, 298, 300, 305, 306, 311, 336, 336, 369, 376, 380, 381, 388, 391, 405, 427, 427, 443, 465, 510, 525, 529, 533, 557, 579, 580, 586, 591, 613, 615 Wenzel IV. 51–53, 56, 111, 128, 129, 135, 148, 148, 149, 149, 171– 175, 256, 258, 272, 273, 273, 276, 278, 300, 366, 369, 376, 379, 380, 381, 381 Reichenau, Wilhelm von, Bf. von Eichstätt 101, 102, 103, 205, 240 Reiser, Friedrich, hussitischer ‚Bischof‘ 475, 476 Reuter, Hans, Landrichter 378 Reutersbrunn 214 Reutlingen 385 Richental, Ulrich von, Chronist 63–66, 68–73, 112, 264 Riederer, Ulrich, Rat des Ks. Friedrich III. 363, 363 Rieneck, Burggrafschaft 582 Rieneck, Grafen von 371 Rietfeld (Franken) 509 Rietheim, Wilhelm von, Ritter 385 Riemann, Wenzel, Rat des Mgf. Albrecht Achilles 301 Rixdorf (bei Berlin) 338, 341

Anhang

Rochow, Herren von 221 Roggenburg 408 Rohr, Bernhard von, Ebf. v. Salzburg 103 Rohrbach, Hans von, Kämmerer Kaiser Friedrichs III. 93 Roland, Mgf. der Bretagne 131 Rolin, Familie 503 Nicolas, Kanzler Philipps des Guten von Burgund 502, 562 Rom, Stadt 89, 93, 232, 424, 433, 464, 465, 473, 475, 499, 534, 583 Rorbach, Hans von, Rat des Ks. Friedrichs III. 300 Rot, Johann, Pronotar des Ks. Friedrichs III. 300 Rot, Peter, Bürgermeister von Basel 232– 234, 462, 463, 526 Rotenhan, Herren von Anton, Bf. von Bamberg 226, 249, 283, 389, 389 Hans, Unterkämmerer des Stiftes Bamberg 228 Veit 214 Roth 140, 140, 290– 292, 307, 308, 413, 417 Rothenburg 78, 169, 198, 226, 274, 277, 277, 371, 375, 377, 401, 407, 407 Rottweil 230, 277, 278, 374, 385, 406 Rügen, Herren von 16, 26, 335 Rügen, Herzogtum 303, 606 Ruppin, Herrschaft 538 Rusdorf, Paul von, Hochmeister des Deutschen Ordens 151, 152, 155, 159 S Saarwerden, Friedrich III. von, Ebf. von Köln 53–57, 59–61, 111, 172 Sachsen, Hans, Ritter 500 Sachsen, (Stamm-)Herzogtum 153, 153, 154, 154, 179, 180–183, 222, 223, 260, 260, 293, 294, 384, 409, 415, 435, 448, 481, 616 Sachsen-Lauenburg, Herzöge von 256, 256, 257, 463, 589 Erich V. 256, 256

Personen- und Ortsregister

Johann IV. 184, 566 Sachsen-Wittenberg, Herzöge von 180, 257, 359, 463, 572 Albrecht III. 149, 153, 178, 179 Albrecht der Beherzte 238, 246, 246, 312 Amalia, verh. mit Hz. Ludwig IX. von Bayern-Landshut (s. → Bayern, Herzöge von) 106 Anna, verh. mit Lgf. Ludwig I. von Hessen (s. → Hessen, Landgrafen von) 177 Anna, verh. mit Mgf. Albrecht Achilles von Brandenburg (s. → Hohenzollern) 99, 105, 106, 108, 109, 109, 180, 181, 185, 202, 204, 237, 241, 242, 245, 246, 246, 498, 505, 516, 520, 568, 572, 573 Barbara, verh. mit Mgf. Johann dem Alchimisten von Brandenburg (s. → Hohenzollern) 153, 178, 178, 197, 250, 256, 273, 457 Ernst 238, 309, 311, 313 Friedrich I. 153, 154, 156, 180, 256, 256, 265 Friedrich II. der Sanftmütige 82, 83, 176, 223, 224, 233, 261, 267, 295, 473, 534 Katharina, verh. mit Mgf. Friedrich II. von Brandenburg (s. → Hohenzollern) 176, 177, 180, 203, 217, 327, 457, 516, 517, 616 Margarethe, verh. mit Mgf. Johann Cicero von Brandenburg (s. → Hohenzollern) 190, 191, 327, 516, 522, 522 Rudolf III. 53, 153, 178, 179 Sigmund, Bf. von Würzburg 176, 389 Wilhelm III. der Tapfere 176, 183, 190, 191, 219, 224, 229, 233, 260, 461, 605 Salamandergesellschaft (Adelsgesellschaft) 529 Salzwedel, Stadt, 420, 450 Salzwedel, Franziskanerkloster, Augustinerstift 450, 451

717 Savoyen, Margarethe von, verh. 1. mit Hz. Ludwig III. von Anjou, 2. mit Pfgf. Ludwig IV. von der Pfalz (s. → Pfalz), 3. mit Gf. Ulrich V. von Württemberg (s. → Württemberg, Grafen und Herzöge von) 534 Sayn, Grafen von 149 Schaffhausen 74 Schaumberg (Schaumburg), Herren von Georg I., Bf. von Bamberg 168 Peter, Bf. von Augsburg 228 Wilwolt, fränkischer Niederadliger, Ritter und Söldnerunternehmer 192, 205–207, 594 Schaumburg, Burg (Schalkau) 192 Schärpenorden (Hoforden) 538 Schelckingen 289 Scherenberg, Rudolf II. von, Bf. von Würzburg 214, 241, 513 Scheyern, Benediktinerkloster 502 Schleinitz, Hugolt von, Rat des Hz. Ernst von Sachsen 309 Schlesien, Landschaftsraum 82, 82, 92, 189, 528, 592, 599 Schleswig, Stadt, Diözese 423 Schlieben, Herren von 234 Otto, Landvogt der Lausitz, Vogt zu Cottbus 233, 234 Georg 234 Liborius, Bf. von Lebus, Herrenmeister des Johanniterordens 431, 456 Schlieffen, Herren von Friedrich 153 Otto 153 Schneider, Hans, Knecht des Mgf. Friedrich I. von Brandenburg 490 Schneider, Jeckel, Knecht des Mgf. Friedrich I. von Brandenburg 490 Schönau, Zisterzienserkloster 493 Schönberg 510 Schonberg, Michael, Stadtrichter in Berlin-Cölln 342 Schoneich, Hans, Sattler 522 Schonhusen, Arnd, Handwerker in Berlin 236 Schürstab, Erhard, Chronist 362 Schulenburg, Herren von der 542

718 Bernd (Bernhard) 542, 589 Busso, Ritter 451, 451 Schwabach 240, 290, 383, 510 Schwaben, Landschaftsraum, Stammesherzogtum 3, 77, 215, 217, 227, 283, 287, 301, 371, 384, 385, 409, 412, 414, 415, 416, 417, 525, 582 Schwäbisch Gmünd 2, 410 Schwäbisch Hall 226, 376, 378, 385, 410, 412 Schwanberg, Schloss 392 Schwanenorden, Schwanenritterorden (→ Gesellschaft Unserer Lieben Frau) Schwarzburg, Günther II. von, Ebf. von Magdeburg 156, 471 Schwarzenberg, Schenken von 371 Michael III. von, brandenburgischkurfürstlicher Rat, Hauptmann zu 606 Schweinfurt 282, 289, 366–368, 371, 401 Schweiz (Eidgenossenschaft) 2, 85, 86, 271, 366, 387, 528 Schwerin, Stadt, Diözese 177, 423 Seckendorff, Herren von 212, 213, 495 Ernfried, Hofmeister und Rat Mgf. Friedrichs I. von Brandenburg 378, 586 Georg 400 Heinrich 212 Konrad 212 Seekirch (Oberschwaben) 384, 403 Seereuter, Hans, Nürnberger Landschreiber 377, 378, 380, 382 Seinsheim, Herren von 213 Erkinger, kaiserlicher Rat, Feldhauptmann 367 Friedrich 367 Hermann, Reichsvogt 367 Selchow (Mark Brandenburg) 476 Senftenberg 223 Sesselmann, Friedrich, Bf. von Lebus 100, 429, 429, 444, 455, 456 Seybolt, Hans, Chronist 97, 101, 101, 102, 104, 105, 106 Sforza, Bianca Maria, verh. mit Ks. Maximilian I. 463

Anhang

Sierck, Jakob I. von, Ebf. von Trier 88, 262, 266, 267, 268, 424, 534 Sittich, Bernhard, genannt Romreich, Reichsherold zur Zeit Friedrichs III. 50 Sittichgesellschaft (Adelsgesellschaft) 122, 528 Sixtus IV. (Francesco della Rovere), Papst 431, 440, 441 Soldin 303, 442, 453, 562 Sonnenberger, Ulrich, Bf. von Gurk 300 Soran 224 Spandau, Burg, Stadt 322–324, 449 Sparneck, Herren von Fritz 214 Hans 214 Sparre, Klaus von 233, 234 Speyer 289 Sponheim, Grafen von 149 St. Antoniusorden (Hoforden) 529 St. Christoph (Hoforden) 529 St. Gallen 459, 525 St. Georgsbruderschaft (Hoforden) 529 St. Georgsgesellschaft (in Franken, Adelsgesellschaft) 211, 524 St. Georgsritterorden (Hoforden) 529 St. Hubertusorden (Hoforden) 528, 529 St. Jakob an der Birs, Schlacht 85 St. Martin (Hoforden) 529 St. Michaelsorden (Hoforden) 538, 556 Staius, Jacob, Frankfurter Stadtschreiber 591 Stambach 272 Stauf (Bayern) 272 Staufer, Dyn. Friedrich II., der Einäugige, Hz. von Schwaben 596 Stechow, Dietrich IV. von, Bf. von Brandenburg 328, 430, 455 Steger, Franz, Rat des Mgf. Friedrich II. von Brandenburg 454 Stein (Bayern), Stadt, Burg 214, 380, 382, 405 Stein, Herren vom Buppelin 233 Hans, Ritter 387, 408, 408 Hertnid, Domdekan in Bamberg 143, 143, 248, 298–300, 595

719

Personen- und Ortsregister

Steinbach (Comburg), Benediktinerkloster 492 Stendal 432, 438, 442–444, 448, 449, 453, 474, 509, 514, 514, 515, 530 Stephansbruderschaft 520, 521 Sternberg (Mecklenburg), Herrschaft 225, 335, 434 Stettin, Stadt 142, 142, 195, 440 Stoffel, Heinrich von 289 Stolpe 299 Stornschatz, Hans, Ritter und burggräflicher Landrichter 500 Straßburg 151, 263, 288, 386, 405, 476 Stromberg, Burggrafschaft 582 Stuhlweißenburg 186 Stuttgart 209, 213, 602 Sulmetingen, Schloss, Dorf 408 Sulmetingen, Hans von 408 Sulz, Grafen von Rudolf II. 384 Rudolf IV. 205 Sulzbach 394 T Tachenhausen, Wolfgang von, württembergischer Hofmeister 230 Tangermünde, Residenz, Kollegiatstift, Stadt 323, 325, 441, 442, 449, 453, 509, 509, 510, 515 Tann 383 Taus (Böhmen), Schlacht 158 Teck, Ulrich von, Hz. 289 Teltow (Mark Brandenburg) 323, 335, 448, 454 Tengen (Hegau), Grafen von 384 Tempelhof (Berlin) 338, 338, 340 Thegan, Cbf. von Trier 137 Thierbach, Nicolaus von, Hochmeister des Johanniterordens 461 Thomas von Aquin, Kirchenlehrer, Philosoph 511 Thüngen, Karl von 228 Thüringen, Landgrafschaft 215 Tiefenbach (Oberschwaben) 384, 403 Tirol, Grafen von 145 Tirol, Grafschaft 84 Tocke, Heinrich, Domherr in Magde-

burg 91, 471–474 Torgau, Hans von, Edler 223, 224, 234 Torgelow 299 Treuenbrietzen 178, 197, 336 Trier, Erzbischöfe 407 Trier, Stadt, Erzdiözese, Kurfürstentum 273, 306, 311, 595, 595 Tucher, Andreas, Chronist 599 Tzolner (Zöllner), Hans, Ritter 212 U Uchtenhagen, Mathias von, Ritter 589 Uckermark 222, 297, 299, 335, 421, 435, 483, 589 Uffenheim 290 Ulm 385, 410 Ulrich von Liechtenstein, Dichter, Minnesänger 45, 597 Ungarn, Könige von 168, 185, 186, 195 Władysław II., ebenso Kg. von Böhmen 1, 191, 193, 595 Matthias I. Corvinus 37, 98, 100, 185–190, 194, 197, 204, 219, 219, 230, 305, 308, 312, 334 Ladislaus V., ebenso Kg. von Böhmen (s. → Böhmen, Könige von) Ungarn, Königreich 43, 43, 75, 98, 98, 114, 130, 143, 147, 159, 185, 186, 186, 190, 592 Unsere Liebe Frau/St. Maria, Hoforden Adolfs von Egmond (s. → Geldern, Herzöge von) 529 Unstrut, Schlacht 550 Urban VI. (Bartolomeo Prignano), Papst 469 Uttenhofen (Uthenhofen), Philipp von, Ritter 590 V Valois Dyn. 501 Jean, Hz. von Berry 555 Veldenz, Grafen von 149 Venedig 111, 462, 463, 526 Vener, Job, Jurist, Kleriker 54, 57, 59, 61

720 Verden, Bischöfe 440 Verden, Stadt, Diözese 421, 435 Vergil (Publius Vergilius Maro), Dichter 553 Vestenberg, Herren von Veit, Landrichter des Burggrafentums Nürnberg 571 Magdalena, verh. mit Veit von Vestenberg 571 Vischer, Caspar, Baumeister 586 Visegrád (Ungarn) 54, 55 Volker, Johann, Kanzler des Mgf. Albrechts v. Brandenburg 90, 95, 526 W Walle, Johann von der 387 Wallenrod, Hans von, Ritter, Amtmann in Schwabach 605 Waldenfels, Georg von, Rat der Mg. Friedrich II. und Albrecht v. Brandenburg 233, 325, 461 Waldow, Johannes von, Bf. von Brandenburg 427 Waldsassen, Kloster (Oberpfalz) 278 Warberg, Burchard von, Bf. von Halberstadt 438, 439 Wassertrüdingen (Franken) 383 Wedel, Dr. Matthias von, Rechtsgelehrter 144 Wehingen, Herren von 385 Berthold von, Bf. von Freising 112, 122 Weikersheim an der Tauber 387 Weinsberg, von Philipp, Reichserbkämmerer 99 Konrad, Reichserbkämmerer 218, 228, 228 Konrad II., Ebf. von Mainz 172 Weißenburg 198, 248, 371, 403 Wenden, Herzogtum 178, 301, 306, 606 Wenigheim, Hans von, Ritter 212 Werben 470, 470, 508, 514, 514, 515, 563, 564, 564, 565 Werdenberg, Grafen von Haug XI., Rat und Truchsess des Ks. Friedrich III. 108

Anhang

Johann II., Bf. von Augsburg 103 Werder (Havel) 447 Werle, Herren von 16, 26, 335 Wernau, Heinrich von 230 Wertheim, Grafen von 371 Albrecht, Bf. von Bamberg 377, 378 Wesel 263 Wetterau 77 Wettiner, Dyn. 149, 176, 176, 180, 181, 183, 190, 204, 222, 229, 256, 256, 269, 293, 421, 421, 601, 616 Widdergesellschaft (Adelsgesellschaft) 212, 525 Widukind von Corvey, Historiograph 550 Wien 71, 114, 156, 157, 157, 271 Wiener Neustadt 84, 92, 114, 185, 186, 203, 268, 299, 363, 365 Wildenberg, Ebran von, Ritter, herzoglicher Rat Ludwigs und Georgs von Bayern-Landshut 592 Wildenstein, Andreas von 207 Wilhelmsgesellschaft (Adelsgesellschaft) 211 Wilsnack 198, 359, 426, 450–452, 464, 468, 469–476, 479, 491, 499, 514– 516, 546, 590, 619 Wimpfeling, Jakob, Humanist 591 Wimpfen 376 Windecke, Eberhard, Chronist 42, 43, 62, 65, 73, 73, 113, 113, 114, 149, 151, 151, 154, 157, 158, 178, 260, 264, 271, 293 Windsheim 371, 401, 450 Wins, Thomas 236 Winterstetten, Schenken von Heinrich 230 Wittelsbacher, Dyn. 10, 12, 132, 133, 141, 181, 183, 185, 189, 194, 247, 248, 248, 260, 268, 269, 293, 301, 308, 310, 333, 335, 365, 367, 373, 412, 414, 415, 417, 481, 501, 502, 530, 581, 585, 586, 615 Wittenberg 153, 153, 179 Wittenberge 468 Wöpelitz, Johann II. von, Bf. von Havelberg 471 Wolfgangsbruderschaft 521, 522

Personen- und Ortsregister

Wolfram von Eschenbach, Dichter 554, 555 Worms 493 Württemberg, Grafen und Herzöge von 174, 181, 182, 195, 210 Eberhard I., Hz. 161 Eberhard II., Hz. 106, 169, 182, 184, 203, 234, 237, 245 Eberhard III., der Milde, Gf. 174 Heinrich 169 Ulrich V., Gf. 169, 181, 237, 245 Württemberg, Grafschaft und Herzogtum 174 Würzburg, Bischöfe von 196, 198, 200, 222, 277, 366, 371, 372, 375, 378, 390, 392, 393, 401, 403, 414, 414, 444, 567, 586 Würzburg, Stadt, Diözese 140, 152, 176, 209, 213, 226, 230, 231, 243, 282, 288, 290, 368, 371, 374, 378, 389, 391, 392, 394, 397, 408, 412, 593, 596, 602 Wusterwitz, Engelbert, Chronist 590 Z Zauche (Brandenburg), Landschaftsraum 335 Zedwitz, Georg von, Marschall am markgräflich-ansbachischen Hof 542, 606 Zehdenick 446 Zerbst 224 Zeuschel, Ulrich, Berliner Hausvogt 235, 235 Ziegenhain, Otto von, Ebf. von Trier 149, 150, 271 Zink, Burkard, Augsburger Chronist 600 Zinna (Sachsen), Stadt 472 Zinna, Kloster 432, 446, 447, 450, 492, 499, 500 Balthasar, Abt 432 Moritz, Abt 455 Zollern, Grafen von Eitel Friedrich I. (Eitelfritz) 384 Zopforden (Hoforden) 529

721 Zorges, Johann, Dompropst von Soldin 442 Zürich 85, 86, 277, 366 Zweter (Zweten, Zwetel), Reinmar (Reimar, Reymar) von, Sangspruchdichter 138 Zypern, Kg. Johann II. von 526, 526, 576, 603

SYMBOLISCHE KOMMUNIK ATION IN DER VORMODERNE STUDIEN ZUR GESCHICHTE, LITERATUR UND KUNST HERAUSGEGEBEN VON GERD ALTHOFF, BARBARA STOLLBERG-RILINGER UND HORST WENZEL

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Wer Audienzen transkulturell in den Blick nimmt, hat es mit Begegnungskonstellationen von großer symbolischer Dichte – und Spannung – zu tun, die noch zu entdecken sind. Es geht um komplexe Prozesse der Grenzziehung und der Grenzverletzung, um Konzepte der Repräsentation, um wechselseitige Übersetzungsleistungen, um Praktiken der Hierarchisierung und des Aushandelns sowie um kulturelle Selbstthematisierung. Am Beispiel ritualisierter Kulturkontakte in der Frühen Neuzeit betrachten die hier versammelten Beiträge Audienzen als Räume transkulturellen Wahrnehmens, Deutens und Handelns. 2014. 337 S. 12 S/W-ABB. GB. 155 X 230 MM | ISBN 978-3-412-21084-7

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Der letzte GeGenpapst: Felix V. stUDien zU HerrsCHaFtspraxis UnD leGitiMatiOnsstrateGien (1434–1451) (P�P�TT�������TT����T����CH��� ��OP�,�B��D�3)

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