Die Wirkung potentieller Konkurrenz auf das Preissetzungsverhalten etablierter Firmen bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien [1 ed.] 9783428482016, 9783428082018

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Die Wirkung potentieller Konkurrenz auf das Preissetzungsverhalten etablierter Firmen bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien [1 ed.]
 9783428482016, 9783428082018

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NIKO PAECH Die Wirkung potentieller Konkurrenz auf das Preissetzungsverhalten etablierter Firmen bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien

Volkswirtschaftliche Schriften Begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. J. Broermann t

Heft 443

Die Wirkung potentieller Konkurrenz auf das Preissetzungsverhalten etablierter Firmen bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien Von

Niko Paech

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Paech, Niko: Die Wirkung potentieller Konkurrenz auf das Preissetzungsverhalten etablierter Firmen bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien I von Niko Paech. Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Volkswirtschaftliche Schriften ; H. 443) Zugl.: Osnabrück, Univ., Diss., 1993 ISBN 3-428-08201-X NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0505-9372 ISBN 3-428-08201-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier gemäß der ANSI-Norm für Bibliotheken

Meinen Eltern

Vorwort Von einem Mangel an Lobeshymnen über die positiven Effizienzeigenschaften marktwirtschaftlicher Allokationssysteme konnte wohl noch nie die Rede sein. Doch spätestens seit dem Zusammenbruch der sozialistisch geprägten Ökonomien Osteuropas scheint der Marktmechanismus, nunmehr ohne real existierende Alternative, auch in theoretischer Hinsicht konkurrenzlos(er) geworden zu sein. Ein kurzer Blick auf das politische Tagesgeschehen vermittelt den Eindruck, daß der Glaube an die Selbstheilungskräfte marktwirtschaftlicher Systeme nicht nur an Unbeirrbarkeit gewonnen hat, sondern mittlerweile als unangefochtener Konsens rangiert. Wer jedoch die theoretische Fundierung dieser Sichtweise hinterfragt, stößt in erster Linie auf Begründungen, die nach wie vor auf den Annahmen des Modells der vollkommenen Konkurrenz beruhen, obwohl nicht in Abrede zu stellen ist, daß die Praxis moderner Ökonomien systematisch von dieser neoklassischen Idealvorstellung abweicht. So impliziert insbesondere die Ausschöpfung zunehmender Skalenerträge oligopolistische oder gar monopolistische Marktstrukturen, deren Analyse eine Anwendung des Preisnehmerverhaltens verbietet. Diese Problematik hat schon sehr früh Eingang in die ökonomische Theorie gefunden und die Suche nach einem Selektionsmechanismus motiviert, der auch oligopolistische und monopolistische Firmen zu einer effizienten Preissetzung zwingen könnte. Hierbei hat sich der disziplinierende Effekt potentieller Konkurrenz als jenes Phänomen herausgestellt, das im Falle zunehmender Skalenerträge als Korrektiv in Betracht kommt. Wenngleich die Vielzahl der in diesem Bereich vorliegenden Beiträge die Tatsache untermauert, daß der aus drohendem Markteintritt resultierende Anpassungsdruck eine entscheidende Determinante des Marktverhaltens darstellt, steht die Beantwortung einer aus normativer Perspektive wichtigen Frage noch aus: Kann potentielle Konkurrenz im Falle zunehmender Skalenerträge unter hinreichend optimalen Bedingungen ein perfektes Substitut für fehlendes Preisnehmerverhalten bilden? Genau diese Fragestellung steht im Zentrum der vorliegenden Arbeit, die 1993 als Dissertation im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Universität Osnabrück angenommen wurde. Bei der Zähmung all jener potentiellen Konkurrenten, die sich als widerspenstig erwiesen, wenn ihr

8

Vorwort

Verhalten einer mikroökonomischen oder spieltheoretischen Analyse unterzogen werden sollte, war ich glücklicherweise nicht ohne Hilfe. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Michael Braulke. In ihm sehe ich meinen wichtigsten Lehrer, dessen breites Fachwissen und brillante Methodik mir stets ein Vorbild sein werden. Kraft seiner Erfahrung konnte er mich mit jenen Bereichen der Industrieökonomik vertraut machen, die später zu meinem Tätigkeitsfeld wurden. Seine Geduld und verständnisvolle Betreuung schufen optimale Voraussetzungen für die Entstehung dieser Arbeit. Wann immer mich die Hit-ancl-run-Attacken von Newcomern, die sich besonders vehement gegen die Einbindung in eine verallgemeinerte Markteintrittstheorie zur Wehr setzten, fast zur Weißglut trieben, war er es, der mich durch seine moralische Unterstützung zum Weitermachen ermutigte. Bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Prof. Dr. Wulf Gaertner. Er fungierte als Zweitgutachter und stand mir mit fachlicher Kompetenz zur Seite. Darüber hinaus hat er es vermocht, mich bereits während des Studiums - unter anderem durch seine Lehrveranstaltungen- für die Volkswirtschaftslehre im allgemeinen und die mikroökonomische Theorie im speziellen zu begeistern. Dank schulde ich ebenfalls Herrn Dr. habil. Jörg Schimmelpfennig, der mich nicht nur durch viele konstruktive Feedbacks unterstützte, sondern mir oftmals auch erheiternde Motivationsschübe verabreichte. Bei Stefanie Farwig möchte ich mich für die gewissenhafte Durchsicht des Manuskripts und so manche Aufmunterung bedanken.

Osnabrück, im November 1994

Niko Paech

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung................. . ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

B. Erste Ansätze zur Berücksichtigung potentieller Konkurrenz und des Markteintritts neuer Wettbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

I.

Zur Bedeutung potentieller Konkurrenz innerhalb der Industrieökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

II.

Die Vorläufer Bains: Von der effektiven zur potentiellen Konkurrenz

25

III. Der Harrod-Ansatz..... . .............. . .... . ............ . . . . . . . .

27

IV. Das Limit-Preis-Modell .. ................. . .................... . .

30

C. Die Analyse potentieller Konkurrenz im Rahmen von Postentry-Modellen........... . ................... . ... . .......... . . .. . .

35

I.

Glaubwürdige Drohungen und teilspielperfekte Gleichgewichte . . .

35

II.

Strategische Instrumente zur Verhinderung von Markteintritten: Sunk costs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

1. Sunk costs als technologisches Charakteristikum . . . . . . . . . . . . . .

39

2. First-mover-Effekte und strategische Asymmetrien . . . . . . . . . . . .

41

III. Exkurs: Das Andrews-Edwards-Modell.... . ... ........... . . . ... . .

47

IV. Sunk costs als hinreichendes Charakteristikum wirksamer Markteintrittsbarrieren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

V.

Ein verallgemeinertes Konzept zur Erfassung strategischen Marktverhaltens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

1. Exogene versus endogene Determination von Marktstrukturen.

62

2. Zur Abgrenzung strategischen Marktverhaltens . . . . . . . . . . . . . . .

64

3. Differenzierte Wirkungsrichtungen potentieller Konkurrenz. . . .

65

a) Verhinderung weiterer Eintritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

b) Optimale Anpassung an einen Newcomer............ . .....

69

VI. Grenzen der Post-entry-Analyse: Potentielle Konkurrenz bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

D. Das Contestable-market-Modell............. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

I.

Annahmen und Charakteristika.................... . . . .. ...... . ..

75

10

Inhaltsverzeichnis II.

Eigenschaften von perfectly contestable markets . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

1. Tragfähige Industriekonfigurationen unter dem Aspekt der Effizienz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

2. Gleichgewichtige Marktstrukturen: Charakteristika und Existenz 80 III. Die Rolle der sunk costs innerhalb des Contestable-market-Modells 82 IV. Zur Relevanz von Verzögerungseffekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

1. Die Reaktionsverzögerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

2. Das Eintrittslag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

3. Die Austrittsverzögerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

Ein statischer Ansatz als adäquates Instrument zur Analyse eines immanent dynamischen Phänomens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

VI. Läßt sich die Modeliierung des Markteintritts als Hit-and-runVerhalten begründen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

V.

VII. Positive versus normative Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

E. Eine verallgemeinerte Darstellung des Contestable-marketAnsatzes unter besonderer Berücksichtigung von Lagstrukturen: Das natürliche Monopol......... . .. . ........... . .. . .. . . . . 105 I.

Der Fall tRi

II.

Der Fall t1

= ti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

~ t Ei ~ t Ri

115

mit t1 < t Ri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

III. Der Fall t1 < t Ri < tEi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 IV. Folgerungen aus der statischen Analyse....................... . .. V.

120

Die langfristige Preisentwicklung: Potentielle versus tatsächliche Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags . ... 130 I.

Ineffiziente Konfigurationen: n < n• . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

II.

Der Fall P' 1 (n)

=0 ... ........ .......... ..... ............. .. ....

144

III. Steady-state-Gleichgewichte und Marktaustrittskosten . . . . . . . . . . . 164 IV. Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse. .. . ... . .... . . ..

167

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags (tj ~ tE. ~ ta. mit tj < ta.) . . ................. .. . . ............... . .. . . 172 J J J I. Strategien der etablierten Firmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 li.

Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses . 181 1. Optimale P reisstrategien unter Vernachlässigung von Eintrittsund Austrittslags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Inhaltsverzeichnis

11

a) Der Fall U(n) = 0.. . ...... .. ..... . .. . . . ....... . . . .. . ... . .. 189 b) Der Fall O(n) :f. 0 . . .............. . .. . .. . ....... . .. .. ...... 195 2. Die Einbeziehung eines Eintritts- und Austrittstags . . . . . . . . . . . 201 a) Die Wirkung einer Eintrittsverzögerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Die Wirkung einer Austrittsverzögerung . . . ........ . . . .. . . . 202 III. Strategien der potentiellen Konkurrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung . . .. ............. .. .. . 208 1. Wiederholte Spiele und nicht kooperative Kollusion . . . . . . . . . . . 212

2. Das Snatcher-Phänomen als Ursache für ineffiziente Konfigurationen................ . ................ . .. .. ............. . . .. . 220 3. Die Wirkung prohibitiv hoher Marktaustrittskosten . . . . . . . . . . . 224 V.

Kritische Würdigung der Ergebnisse...... . ... . ........ . .... . . .. . 228 1. Die Willkür des Modellierers, oder: Wie dynamisch darf (muß) eine adäquate Markteintrittstheorie sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

2. Ein Novum: Implizite Kollusion bei permanenter Anwesenheit potentieller Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3. Kann potentielle Konkurrenz unter der Hit-ancl-run-Hypothese kontraproduktiv sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 H. Ausblick.... . .. . . .. ........ .. ......... . ..... . .. . . . . . . ....... .... . .. . 242 I.

Auf der Suche nach einem wettbewerbspolitischen Leitbild . . . . . . . 242

II.

Zum Nutzen der Gontestability-Diskussion für die lndustrieökonomik: Wo bleibt das Positive? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

111. Anmerkungen zur Zukunftsperspektive der Industrieökonomik . . . 251 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Strategisches Marktverhalten bei potentieller Konkurrenz . .

71

Tabelle 2: Optimale Strategien in Abhängigkeit von alternativen Verzögerungseffekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Tabelle 3: Zahlenbeispiel auf der Basis eines Cournot-Oligopols . . . . . . . 188 Tabelle 4: Zahlenbeispiel auf der Basis einer Kollusionslösung. . . . . . . . . 189 Tabelle 5: Intervallgrenzen auf der Basis des obigen Zahlenbeispiels . . . 192

Ab bild ungsverzeichnis Abb. 1: Graphische Darstellung des Limit-Preis-Modells . . . . . . . . . . . . . .

31

Abb. 2: Die Limit-P reis-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

Abb. 3: Ein extensives Markteintrittsspiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

Abb. 4: Glaubwürdige Abschreckung durch sunk costs . . . . . . . . . . . . . . . .

43

Abb. 5: Sunk costs als Abwehrmaßnahme gegen Markteintritte . . . . . . .

44

Abb. 6: First-mover-Effekt durch irreversible Kapazitätskosten . . . . . . .

46

Abb. 7: Das Andrews-Edwards-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

Abb. 8: Das Ware-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

Abb. 9: Das Struktur-Verhalten-Ergebnis-Paradigma . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

Abb. 10: Hit-and-run-Verhalten als extensives Markteintrittsspiel. . . . . 111 Abb. 11: Beispiel zur Erläuterung des "Trembling-hand"-Kriteriums . . 117 Abb. 12: Ein separater Eint rittsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Abb. 13: Die Entscheidungsstruktur einer Periode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Abb. 14: Residualnachfragefunktionen in Abhängigkeit von n". . ...... 190 Abb. 15: Struktur der Profitfunktion 1rR(p, n").. . .............. . . . . . . 193 Abb. 16: Zusammenfassung aller möglichen Konstellationen für 0

::f: 0

198

A. Einleitung Kaum ein anderes Thema hat die Industrieökomik und neuere Ansätze der Preistheorie so oft beschäftigt wie das Phänomen potentieller Konkurrenz. Die Modeliierung des Markteintrittsprozesses neuer Wettbewerber stellt einen unverzichtbaren Bestandteil jeder Theorie dar, mit der Marktentwicklungen oder gleichgewichtige Marktstrukturen erklärt werden sollen. Darüber hinaus manifestiert sich die herausragende Stellung potentieller Wettbewerber vor allem darin, daß sie auf Märkten, die nicht den Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz entsprechen, als Korrektiv fungieren und - zumindest insoweit, als keine vollständige Regulierung durch die Wettbewerbspolitik in Erwägung gezogen wird - den einzigen Selektionsmechanismus verkörpern, der eine effiziente Preissetzung erzwingen könnte. Die Frage, welchen Effekt die pure Möglichkeit weiterer Markteintritte auf das Preissetzungsverhalten etablierter Firmen hat und ob potentielle Konkurrenz unter hinreichend idealen Voraussetzungen einen adäquaten Ersatz für fehlendes Preisnehmerverhalten bilden kann, wird bereits seit geraumer Zeit diskutiert und ist nach wie vor Gegenstand heftiger Kontroversen. Insoweit Abweichungen von den Grundannahmen der vollkommenen Konkurrenz ein allgegenwärtiges Charakteristikum moderner Ökonomien darstellen, etwa infolge zunehmender Skalenerträge, sind Aussagen über die theoretischen Effizienzeigenschaften des Marktmechanismus nicht ohne eine Analyse jenes Anpassungsdrucks möglich, der von drohendem Markteintritt ausgeht. Im Zentrum dieser Arbeit steht deshalb die Frage, • ob und unter welchen Bedingungen der disziplinierende Effekt potentieller Konkurrenz hinreichend ist, um auf oligopolistischen Märkten eine Pareto-optimale und im Fall des natürlichen Monopols eine Ramsey-optimale Preissetzung zu erzwingen 1 . Im Hinblick auf diese Problematik vermittelt die Vielzahl bislang vorliegender Ansätze keine generellen Antworten, sondern ein Sammelsurium 1 Oligopolistische Märkte korrespondieren hier mit U-förmigen und natürliche Monopole mit überall fallenden Durchschnittskosten. Das sog. " RamseyOptimum" kennzeichnet im Fall des natürlichen Monopols den Schnittpunkt zwischen der Preis-Absatz-Funktion und den Durchschnittskosten (Vgl. Baumol/Bradford, 1970).

16

A. Einleitung

unterschiedlichster Theorien mit divergierenden und sich zum Teil widersprechenden Resultaten. Es erscheint deshalb zweckmäßig, • das breite Spektrum unterschiedlicher Modelle der potentiellen Konkurrenz systematisch und kritisch darzustellen. Zu diesem Zweck erfolgt im Kapitel B zunächst eine chronologische Bestandsaufnahme der bedeutendsten Theorien, in denen erste Ansätze einer Modeliierung des Eintrittsprozesses neuer Konkurrenten zu finden sind. Obwohl hier der Limit-Preis-Ansatz im Vordergrund steht, stellt sich heraus, daß sowohl bereits vor als auch parallel zu den Arbeiten Bains (und Sy/os-Labinis) eine intensive Auseinandersetzung mit dem Phänomen potentieller Konkurrenz stattfand . Als wichtigste Vertreter sind Clark (1902), Kaldor (1935), Andrews (1949), Harrod (1952), Hicks (1954) und Edwards (1955) zu nennen. Ausgehend von der Kritik am ursprünglichen LimitPreis-Modell lassen sich grob vereinfachend zwei Hauptströmungen unterscheiden, denen alle späteren Eintrittstheorien zugeordnet werden können: 1. Die Post-entry-Analyse

2. Das Contestable-market-Modell Ansätze der erstgenannten Kategorie folgen unmittelbar der Tradition des Limit-Preis-Modells, zumindest insofern, als die Annahme beibehalten wird, daß Newcomer die Profitabilität eines Markteintritts auf der Basis jener Auszahlung berechnen, die nach einer oligopolistischen Interaktion mit den etablierten Firmen erzielt werden kann 2 . Modifikationen und Weiterentwicklungen beruhen in erster Linie auf der Erkenntnis, daß das sog. "Bain-Sylos-Postulat" eine unglaubwürdige Drohung darstellt. Gemäß dieser Verhaltensannahme würden etablierte Firmen eine Outputmenge realisieren, die den Preis im Falle eines Eintritts unter die Durchschnittskosten drückt, d. h. es käme zu einem für alle beteiligten Marktteilnehmer ruinösen Preiskampf. Eine Eliminierung derartiger Gleichgewichte, die nach vorherrschender spieltheoretischer Auffassung als "nicht plausibel" gelten, bedarf einer Verfeinerung des Nash-Konzepts. Innerhalb neuerer Ansätze der Post-entry-Analyse, die Gegenstand des Kapitels C sind, werden deshalb lediglich sog. "teilspielperfekte" NashGleichgewichte zugelassen. Die auf diese Weise ermittelten Ergebnisse widersprechen der Auffassung Bains, wonach fixe Kosten eine hinreichende Bedingung für wirksame Markteintrittsbarrieren darstellen. Zwingend erforderlich sind ebenfalls Maßnahmen zur strategischen Selbstbindung wie 2 Das Oligopolmodell, mit dem die Konkurrenzbeziehungen zwischen den Etablierten und dem Newcomer nach dessen Eintritt charakterisiert werden, trägt die Bezeichnung "Post-entry-Spiel" .

A. Einleitung

17

beispielsweise sunk costs, mittels derer etablierte Firmen den Ausgang des Post-entry-Spiels glaubwürdig beeinflussen können. Im Hinblick auf die Problematik unglaubwürdiger Drohungen bietet sich eine interessante (Neu-) Interpretation des zeitgleich mit dem Limit-PreisAnsatz entstandenen Andrews-Edwards-Modells (1949, 1955) an. Es stellt sich heraus, daß dieser Ansatz bereits bestimmte Elemente enthält, die zu Beginn der achtziger Jahre ausschlaggebend für eine neue Generation von Markteintrittstheorien waren. Die Analyse des vielfältigen Spektrums möglicher Selbstbindungsoptionen im Rahmenneuerer Post-entry-Modelle führte zu einer Abkehr vom "Struktur-Verhalten-Ergebnis"-Paradigma, welches über Jahrzehnte die Industrieökonomik dominierte und im Kern aussagt, Marktstrukturen seien das Resultat exogener Rahmenbedingungen, an die sich Firmen optimal anpassen. Der entgegengesetzte Standpunkt, wonach Anbieter kraft ihres strategischen Potentials selbst maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung und Struktur eines Marktes nehmen, ist jedoch ebenfalls nicht frei von Kritik. Strategische Asymmetrien, durch die sich etablierte Firmen gegen Newcomer schützen können, setzen nämlich nicht nur sunk costs bzw. irreversible Investitionen voraus, sondern gleichzeitig zunehmende Skalenerträge und ein bestimmtes Timing, d. h. die Marktinhaber müssen sich in einer First-mover-Position befinden. Zumindest die beiden letztgenannten Faktoren können aber durchaus exogenen Ursprungs sein. Die besondere Stärke der Post-entry-Analyse liegt in einer Modeliierung von Situationen, in denen strategische First-mover-Vorteile relevant sind. Zunehmend kritisch wird demgegenüber der Umstand betrachtet, daß die Ergebnisse derartiger Modelle, die grundsätzlich eine zwei- oder mehrstufige Entscheidungsstruktur aufweisen, von den oligopolistischen Interaktionen auf der zweiten (oder auf einer höheren) Stufe abhängig sind. Letztere sind jedoch durch Ad-hoc-Annahmen zu spezifizieren. Insbesondere bei der Suche nach einem Analogon zur vollkommenen Konkurrenz, d. h. einem theoretischen Referenzzustand, an dem sich die Wettbewerbspolitik im Fall zunehmender Skalenerträge orientieren könnte, um potentieller Konkurrenz ein Maximum an Wirksamkeit zu verleihen, erweisen sich Post-entry-Ansätze als ungeeignet. Normative Fragestellungen dieser Art erfordern vielmehr eine Konzeption, mit der Situationen bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien untersucht werden können. Gerrau dies ist die Grundidee des von Baumol/Panzar/Willig (1982) stammenden Contestable-market-Ansatzes, der im Kapitel D dargestellt wird. Hierbei handelt es sich um den Versuch, Bedingungen aufzuzeigen, unter denen die Effizienzeigenschaften der vollkommenen Konkurrenz auf Märkte mit zunehmenden Skalenerträgen übertragen werden können, wobei an die Stelle des Preisnehmerverhaltens der disziplinierende Effekt po2 Pacch

18

A. Einleitung

tentieller Konkurrenz tritt. Im Mittelpunkt steht die Hypothese, daß Newcomer die Profitabilität eines Markteintritts - im Gegensatz zu Bain und allen sonstigen Post-entry-Modellen - auf der Grundlage jener Auszahlung kalkulieren, die vor einer oligopolistischen Interaktion mit den Marktinhabern erzielt werden kann. Wann immer sich der Marktpreis für ein homogenes Gut oberhalb der (minimalen) Durchschnittskosten befindet oder eine ineffiziente Konfiguration vorliegt, existiert unter zwei Voraussetzungen ein profitabler Eintrittsplan:

a) Die etablierten Firmen reagieren erst mit einer Verzögerung auf das Eindringen eines Newcomers.

b) Markteintritts- oder -austrittskosten sind geringer als der während des Reaktionstags erzielbare Profit.

Unter diesen Bedingungen kann ein Newcomer den aktuellen Preis knapp unterbieten, um die gesamte Nachfrage auf sich zu vereinigen, und den Markt vor einer Reaktion der Etablierten wieder verlassen. Die Profitabilität des Eintritts hängt nicht vom Ausgang eines Post-entry-Spiels und den diesbezüglich zu treffenden Ad-hoc-Annahmen ab. Ein derartiger Eintrittsprozeß weist deutliche Parallelen zum Bertrand-Oligopol auf und trägt die Bezeichnung "Hit-and-run-Verhalten". Die GontestabilityAnalyse führt ebenfalls zu der Erkenntnis, daß nicht fixe, sondern nur irreversible Kosten (sunk costs) eine Markteintrittsbarriere darstellen können. Im Gegensatz zu Post-entry-Ansätzen besteht die Wirkung irreversibler Ausgaben oder Investitionen jedoch nicht darin, Selbstbindungen zu ermöglichen, mit deren Hilfe der Ausgang eines Post-entry-Spiels beeinflußt werden kann, sondern in einer direkten Verringerung des Bertrand-Profits, der während des Reaktionstags erzielbar ist. Der von Baumol/Panzar/Willig anvisierte Referenzzustand "perfectly contestable" umschreibt eine Situation, in der keinerlei sunk costs vorliegen. In diesem Fall impliziert jede auch noch so geringe Abweichung von einer effizienten Preissetzung die Existenz einer profitablen Hit-andrun-Option. Der disziplinierende Effekt potentieller Konkurrenz erzwingt deshalb auf einem Markt, der das Kriterium perfectly contestable erfüllt so die zentrale These - , einen Preis in Höhe der minimalen Durchschnittskosten bzw. entsprechend dem Ramsey-Optimum. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Contestable-market-Ansatz zeigt, daß er Inkonsistenzen beinhaltet und Fragen aufwirft, die mit Hilfe der originalen Modellversion nicht beantwortet werden können. So werden dynamische Aspekte einer Marktentwicklung, deren Einbeziehung unabdingbar ist, um den Effekt drohenden Markteintritts untersuchen zu können, per Annahme ausgeklammert. In den Kapiteln E, F und G dieser

A. Einleitung

19

Arbeit erfolgt deshalb eine modifizierte Analyse des von Baumol/Panzar/ Willig angesprochenen Sachverhalts, d. h. es wird untersucht, welche Wirkungen potentielle Konkurrenz auf das Preissetzungsverhalten etablierter Firmen und die Marktentwicklung hat, wenn unterstellt wird, daß Newcomer als Bertrand-Konkurrenten agieren und keine strategischen Asymmetrien existieren. Den Schwerpunkt bilden die Einbeziehung unterschiedlicher Lagstrukturen sowie eine spieltheoretische Fundierung des Markteintrittsprozesses. 1

Die Abwesenheit strategischer Asymmetrien bedeutet hier, daß etablierte Firmen nicht über die Option verfügen, strategische Selbstbindungen einzugehen, um die Profitabilität eines Markteintritts durch die Schaffung "vollendeter Tatsachen" (z. B. irreversible Investitionen) zu beeinflussen. Diese Annahme schließt nicht das Vorhandensein von Markteintrittsader -austrittskosten aus, sondern impliziert, daß diese sich direkt auf die Höhe des während der Reaktionsverzögerung erzielbaren Profits auswirken. Im Kapitel E wird die Situation des natürlichen Monopols behandelt. Die Aussage Baumol/Panzar/Willigs, wonach potentielle Konkurrenz bei Abwesenheit jeglicher Ein- und Austrittskosten Nullgewinne erzwingt, kann widerlegt werden. Erstaunlicherweise erfordert die Realisierung des Ramsey-Optimums eine geradezu eklatante Abweichung vom Zustand perfectly contestable: Der disziplinierende Effekt drohenden Markteintritts erreicht sein Maximum, wenn Marktaustrittskosten existieren, die zudem eine Mindesthöhe aufweisen müssen; allerdings dürfen sie nur für den Monopolisten relevant sein. Gegenstand des Kapitels F sind Märkte, auf denen die Realisierung einer effizienten Konfiguration mehrere Anbieter erfordert (natürliche Oligopole) . Untersucht werden Lagstrukturen, die keine Reaktionsverzögerung enthalten und damit eine Anwendung der Hit-ancl-run-Strategie ausschließen; die Annahme Bertrandschen Verhaltens wird allerdings beibehalten. Diese Konstellation erscheint insofern interessant, als dem Contestable-market-Ansatz sehr oft zur Last gelegt wurde, daß die Abwesenheit eines Reaktionstags hinreichend sei, um das Eindringen von HertranclKonkurrenten zu verhindern, und zwar selbst dann, wenn keinesunk costs existieren. Anstelle einer Bestätigung dieser Kritik ergeben sich äußerst instabile Marktstrukturen, d. h. es finden so lange Eintritte statt, bis die Anzahl etablierter Firmen ein bestimmtes Niveau erreicht hat. Durch den nächsten Eintritt wird ein Preiskampf ausgelöst, der mit Marktaustritten einhergeht. Danach beginnt dieser Zyklus von neuem. Auch im Kapitel G werden natürliche Oligopole analysiert, allerdings auf der Basis von Lagstrukturen, die eine Ausübung der Hit-ancl-runOption zulassen. Die Aussagen Baumol/Panzar/Willigs werden anhand

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A. Einleitung

unterschiedlicher Modellvarianten überprüft. Des weiteren wird die Realisierbarkeit impliziter Kollusionen bei permanenter Anwesenheit potentieller Konkurrenz untersucht. Die Ausführungen dieses Kapitellaufen schließlich auf eine Synthese der beiden anfangs genannten Modelltypen hinaus: Der Eintrittsprozeß wird dahingehend endogenisiert, daß sowohl die Hit-ancl-run-Strategie als auch Verhaltensmuster im Sinne des Post-entryAnsatzes möglich sind. Das letzte Kapitel enthält neben einer kritischen Würdigung der Ergebnisse einige Reflexionen zur Zukunftsperspektive der lnd ustrieökonomik. Mit dieser Arbeit wird nicht der Anspruch einer realitätsgetreuen Wiedergabe strategischen Marktverhaltens erhoben -obwohl sich aus den Kapiteln E, Fund G neue Zusammenhänge und Entwicklungsszenarien ergeben, die zur Erklärung beobachtbarer Phänomene durchaus einen wichtigen Beitrag leisten könnten. Im Vordergrund steht vielmehr eine normative Fragestellung, die bislang zumindest aus mikroökonomischer Perspektive eine befriedigende Antwort vermissen ließ. Gemeint ist die Konstruktion eines (theoretischen) Idealzustandes, der im Fall zunehmender Skalenerträge - analog zum Modell der vollkommenen Konkurrenz - als Riebtmarke für wettbewerbs- oder wohlfahrtstheoretische Bewertungen fungieren könnte. Die Resultate der vorliegenden Arbeit verneinen die Existenz einer theoretisch konsistenten Optimalsituation, in der potentielle Konkurrenz bei zunehmenden Skalenerträgen effiziente Allokationen in Verbindung mit Nullgewinnen erzwingen kann.

B. Erste Ansätze zur Berücksichtigung potentieller Konkurrenz und des Markteintritts neuer Wettbewerber I. Zur Bedeutung potentieller Konkurrenz innerhalb der Industrieökonomik

Der Prozeß des Markteintritts neuer Konkurrenten ist für die Industrieökonomik von vielschichtiger Bedeutung. Sowohl die Entstehung als auch die Entwicklung von Marktstrukturen läßt sich als Resultat einer zeitlichen Abfolge von Markteintritts- und Marktaustrittsvorgängen interpretieren. Deshalb kommt weder eine Beschreibung noch eine theoretische Erklärung der Existenz bestimmter Marktzustände ohne hinreichende Kenntnisse über die jeweils zutreffenden Markteintrittsbedingungen aus. Weitaus wichtiger noch erscheint die Rolle neuer , in einen Markt eindringender Firmen für die Analyse des Verhaltens bereits etablierter Akteure sowie die hieraus folgenden Marktergebnisse. Insbesondere die Effizienzeigenschaften gleichgewichtiger Marktstrukturen werfen die Frage auf, welcher Stellenwert dem Phänomen der potentiellen Konkurrenz als Korrektiv oder Selektionsmechanismus neben den Wettbewerbsbeziehungen aktueller Konkurrenten beizumessen ist. Die Überlegung, daß Gleichgewichtswerte für Preise und Mengen wenigstens langfristig nicht allein als Resultat der Konkurrenzbeziehungen einer fixen Anzahl von Marktteilnehmern aufzufassen sind, also innerhalb eines abgeschlossenen Systems ermittelt werden können, ist so alt wie die ökonomische Theorie selbst- zumindest dann, wenn man den Beginn der Letzteren mit dem Erscheinen des Werkes "The Wealth of Nations" von Adam Smith (1776) gleichsetzt. "When by an increase in the effectual demand, the market price of some particular commodity happens to rise a good deal above the natural price, those who employ their stocks in supplying that market are generally careful to conceal this change. If it was commonly known, their great profit would tempt so many new rivals to employ their stocks in the same way, that, the effectual demand being fully supplied, the market price would soon be reduced to the natural price" (Smith, 1776, S. 77).

Ein ebenfalls sehr früher und nicht minder erwähnenswerter Hinweis darauf, daß allein die Konkurrenzbeziehungen zwischen bereits etablier-

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B. Erste Ansätze

ten Anbietern nicht hinreichend zur Realisierung effizienter Allokationen sein müssen, stammt von Chadwick (1859). Das von ihm vorgeschlagene "Economic Principle of regulated Competition for a Field" beruht auf der Überzeugung, daß "instead of the freedom, which unregulated competition is generally supposed to produce", oftmals "multiform monopolies, extortions, and corruption of the mostfoul description" (S. 390) zu beobachten seien. Sein favorisiertes Verfahren sieht im Gegensatz zur "competition in the field" vor, "that the whole field of service should be put up on behalf of the public for competition,- on the only condition on which efficiency, as well as the utmost cheapness, was practicable" (S . 385). Hier findet sich ein Vorläufer der vielzitierten "Demsetz-Auktion". Mit Hilfe dieser gedanklichen Konstruktion hat Demsetz (1968) Bedingungen formuliert, unter denen eine maximale Entfaltung potentieller Konkurrenz verhindert, daß es auf Märkten, die durch zunehmende Skalenerträge charakterisiert sind, zu einer monopolistischen oder oligopolistischen Preissetzung kommt. Das Vorhandensein von Märkten, die nicht den Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz entsprechen, wirft grundsätzlich die Frage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen potentielle Konkurrenz einen gleichwertigen Ersatz für fehlendes Preisnehmerverhalten darstellen kann. Diese Problematik steht in enger Beziehung zu dem Schwierigkeitsgrad, mit dem neue Wettbewerber in einen Markt eindringen können. Die seit längerer Zeit andauernde Diskussion darüber, wann von sog. "Markteintrittsbarrieren" oder "freiem Markteintritt" gesprochen werden kann, beruht auf dem Umstand, daß eine Definition beider Begriffe nicht ohne exakte Annahmen über die strategischen Interaktionen zwischen aktuellen und neuen Konkurrenten möglich ist. Die Ursprünge jenes Teilbereichs der Industrieökonomik, der sich mit dem Prozeß des Markteintritts beschäftigt und daher nicht selten die Bezeichnung "Eintrittstheorie" trägt, werden häufig auf das Erscheinen des Klassikers "Barriers to New Competition" von Bain (1956) datiert. Bain versuchte im Rahmen eines umfassenden Theoriekomplexes den Zusammenhang zwischen dem Preissetzungsverhalten bereits im Markt ansässiger Firmen und dem drohenden Markteintritt neuer Konkurrenten zu analysieren. Das resultierende Limit-Preis-Modell rangierte für geraume Zeit als dominierende Eintrittstheorie und stellt trotz seiner mittlerweile vielfach dargelegten Schwächen auch gegenwärtig noch den Bezugspunkt für neuere Beiträge auf dem Gebiet der Industrieökonomik dar. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, daß die mit dem Markteintritt zusammenhängenden Fragestellungen nicht schon wesentlich früher Eingang in die ökonomische Theorie, speziell in die Preistheorie gefunden hätten. Bereits die Verfeinerungen des Modells der vollkommenen Konkurrenz , die hauptsächlich auf Marshall (1890) zurückgehen, basieren nicht zuletzt auf

I. Potentielle Konkurrenz und Industrieökonomik

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der Erkenntnis, daß die für das langfristige Gleichgewicht Geltung beanspruchende Nullgewinnhypothese schließlich als Resultat eines stetigen Zustroms neuer Wettbewerber aufzufassen ist, welcher bei freiem Marktzutritt erst dann endet, wenn der Marktpreis auf das Niveau der minimalen Durchschnittskosten "herunterkonkurriert" worden ist. Spätestens die Analyse monopolistischer und oligopolistischer Strukturen mußte zwangsläufig die Frage aufwerfen, ob es sich bei derartigen Abweichungen vom neoklassischen Idealbild der vollkommenen Konkurrenz um langfristige Gleichgewichtszustände oder um vorübergehende Stadien einer typischen Marktentwicklung handelt 1 . Im Falle einer Bejahung der erstgenannten Alternative blieb immerhin zu klären , aufgrundwelcher Faktoren solche Marktformen dauerhaft sein können. Die aus preistheoretischer Perspektive einfachste und vielleicht nächstliegende Vorgehensweise bestand zunächst darin , das Verhalten bzw. Interagieren einer konstanten Anzahl von Markteilnehmern zu analysieren. Dies geschah unter der Annahme, daß diese sich erstens optimal an bestimmte, als rein exogen betrachtete Restriktionen anpassen, und daß zweitens keinerlei Rückkoppelung zwischen kurzfristig optimalem Verhalten und der Attraktion neuer Wettbewerber, deren Markteintrittsprozeß wiederum zukünftige Profite beeinflußt, einbeziehen. Diese Vorgehensweise deckt sich weitgehend mit der traditionellen Theorie der Unternehmung. Im Gegensatz zu derartigen Verhaltensmodellen, die eine vollkommen "passive" Firma unterstellten, wurde allmählich die Einsicht gewonnen, daß rational handelnde Anbieter durchaus einen Trade-off zwischen kurzund langfristigen Profiten berücksichtigen, d. h. drohendem Markteintritt Rechnung tragen. Hierbei wurde jedoch zunächst an dem rein exogenen Charakter wesentlicher struktureller Merkmale eines Marktes - insbesondere Kosten- und Nachfragebedingungen - festgehalten, an die sich Firmen unter Einbeziehung potentieller Konkurrenz optimal anpassen. Dieser statische Ansatz ist eng mit jener dogmenhistorischen Phase der Industrieökonomik verbunden, die als "herkömmliche Industrieökonomik" ( Jacquemin, 1986) oder "first wave" ( Tirole, 1989) bezeichnet wird. Sie fußt auf dem altbekannten Paradigma "Struktur-Verhalten-Ergebnis" . Trotz aller Kritik an dieser einfachen Systematik offenbarte sie bereits die Möglichkeit eines - wenn auch äußerst monokausalen - Zusammenhangs zwischen Markteintrittsbedingungen auf der einen und Marktverhalten sowie -ergebnissen auf der anderen Seite. Bei der Prägung und Definition des in diesem Zusammenhang relevanten Begriffs der "Markteintrittsbarriere" war es in der Tat Bain, der Pionierarbeit leistete, indem er die erste in 1 Als wichtigster Vertreter der zuletzt genannten Sichtweise, die Clarke (1986, S. 4) als neue Östereichische Schule bezeichnet, kann Schumpeter genannt werden.

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B. Erste Ansätze

sich geschlossene Theorie zur Beantwortung der Frage vorlegte, aus welchen exogenen Ausgangsbedingungen Zugangsbeschränkungen für potentielle Konkurrenten abzuleiten sind und welches Verhalten für etablierte Anbieter hieraus folgt. Das Erreichen einer weiteren Entwicklungsstufe wird oft in dem Fallenlassen der für das Hainsehe Paradigma zentralen Hypothese gesehen, nämlich dem rein exogenen Charakter von Markteintrittsbarrieren. Die innerhalb der "neuen" oder "modernen" Industrieökonomik vorherrschenden Verhaltensannahmen gestehen Anbietern die Option zu, selbst Einfluß auf jene strukturellen Parameter zu nehmen, durch die Zugangsbedingungen und andere Aspekte einer zukünftigen Marktentwicklung determiniert werden. Die Rivalität zwischen aktuellen und potentiellen Akteuren beschränkt sich hier nicht mehr allein auf Preis- und Mengenentscheidungen, sondern umfaßt daneben weitere Aktionsfelder, auf denen intertemporale und strategische Beziehungen bestehen. Die Analyse des Marktverhaltens wird auf diese Weise um viele neue Erklärungsansätze bereichert, erhält jedoch auch einen weitaus höheren Grad an Komplexität. Letzteres äußert sich in dem zunehmenden Einsatz spieltheoretischer Verfahren und Instrumente. Von einem Paradigmenwechsel kann deshalb allerdings keine Rede sein. Die theoretische Ergänzung des Handlungsspielraumes vor allem oligopolistischer und monopolistischer Firmen um strategische Verhaltensweisen mußte zwangsläufig die Position derer schwächen, die im Marktmechanismus ein prinzipiell hinreichend wirksames Korrektiv zur Unterbindung dessen sehen, was beispielsweise Hay/Morris (1979) als "discretion" bezeichnen oder generell mit dem Begriff "Marktmacht" verbunden wird. Dieser Standpunkt gipfelt unter anderem in der Aussage, daß auch "große" Firmen durch den Selektionsdruck marktwirtschaftlicher Allokationssysteme zu einer effizienten Anpassung an die jeweiligen ökonomischen Rahmenbedingungen gezwungen werden. Das Phänomen der potentiellen Konkurrenz übernimmt hierbei die Rolle eines quasi verlängerten Armes der "invisible band". Im Zentrum des damit heraufbeschworenen Paradigmenstreits steht die nicht ganz unphilosophische und wertfrei zu beantwortende Frage nach einer Abgrenzung zwischen der Freiheit, unter Ausnutzung aller Entscheidungspotentiale und Optionen eine individuelle Zielfunktion zu maximieren einerseits, und dem aus wohlfahrtstheoretischer Perspektive negativ zu beurteilenden diskretionären Machtgebrauch andererseits. Ein Kennzeichen dieser "endemischen Debatte" ( Jacquemin, 1986) ist das häufige Auftreten von Begriffspaaren wie "strategisches" versus "nicht strategisches" Verhalten, "unschuldiges" versus "schuldiges" Verhalten oder "active firms" versus "passive firms" .

II. Die Vorläufer Bains

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II. Die Vorläufer Bains: Von der effektiven zur potentiellen Konkurrenz Obwohl die Arbeit Bains innerhalb späterer Publikationen oftmals als die am weitesten zurückliegende Quelle Erwähnung findet, stellt sie genaugenommen nur die theoretische Zwischenbilanz einer Diskussion dar, die wesentlich früher einsetzte und viele Überlegungen, die später als elementarer Bestandteil (nicht nur) in das Limit-Preis-Modell einflossen, vorwegnahm. Eine erste intensive Auseinandersetzung mit der Abgrenzung zwischen tatsächlichem (effektivem) und potentiellem Wettbewerb führte Clark (1902) im Rahmen seines Werkes "The Control of Trusts" 2 . Im Gegensatz zu Smith (1776) und Marshall (1890) , die das tatsächliche Eindringen neuer Konkurrenten als bedeutsames Regulativ marktwirtschaftlieber Systeme ansahen, maß Clark bereits der puren Möglichkeit weiterer Markteintritte einen disziplinierenden Effekt auf das Preissetzungsverhalten aktueller Konkurrenten bei. " ( ... ) so called potential competition had shown its power to control prices. Whenever mills in a combination had raised their prices greatly, they had caused new mills to be built, and the fear of further cases of this kind was holding prices within bounds" ( Clark, 1912, S. vi).

Schon vorher, im Rahmen seines Werkes "The Distribution of Wealth" (1899), hatte Clark darauf hingewiesen, daß nicht allein die statischen, einen separaten Markt betreffenden Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz hinreichend für eine effiziente Allokation seien, sondern darüber hinaus die absolute Mobilität der Faktoren Arbeit und Kapital erforderlich sei. Mit dieser Erkenntnis bereitete er jene Weiterentwicklungen des Konzepts der vollkommenen Konkurrenz vor, die hauptsächlich mit dem Namen Knight (1921) verbunden wurden, nämlich die Annahme freien Marktein- und -austritts. Für das langfristige Gleichgewicht folgt aus dieser Annahme, daß erstens für keinen weiteren Konkurrenten ein profitabler Eintrittsplan existieren darf und zweitens, daß keine etablierte Firma eine Veranlassung zum Verlassen des Marktes hat. Diese Schlußfolgerung beruht wegen des zugrundeliegenden Preisnehmerverhaltens darauf, daß effektive, also tatsächlich stattfindende Markteintritte den Preis auf das langfristige Gleichgewichtsniveau drücken. Im Gegensatz zu den Überlegungen Clarks zur Wirkung potentieller Konkurrenz geht die Wahrnehmung bzw. Konfrontation mit dem drohenden Markteintritt neuer Wettbewerber auf keine Weise in das Optimierungskalkül der etablierten Firmen ein. Eine preispolitische Reaktion auf die Gefahr des gewinnschmälernden Eindringens neuer Konkurrenten wird somit per se a,usgeschlossen. 2 Die Begriffe Wettbewerb und Konkurrenz werden innerhalb dieser Arbeit synonym verwendet.

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B. Erste Ansätze

Als Chamberlin (1933) und Robinson (1933) bei der (voneinander unabhängigen) Formulierung des Modells der unvollkommenen Konkurrenz genau diese Hypothese vollständig übernahmen und ebenfalls zu dem Resultat gelangten, daß ein langfristiges Gleichgewicht durch Nullgewinneallerdings in Form der ineffizienten "Tangentenlösung" - charakterisiert sei, löste dies eine lebhafte Diskussion aus, an der sich unter anderem K aldar (1935), Andrews (1949a,b), Bain (1949), Harrod (1952), Hicks (1954) und Edwards (1955) beteiligten. Die von K aldor geäußerte Kritik zielt im wesentlichen auf die Annahmen, mittels derer Chamberlin und Robinson jedwede oligopolistische Interaktion zwischen aktuellen und potentiellen Wettbewerbern ausschließen. Kennzeichnend für das Modell der monopolistischen Konkurrenz ist eine Situation, in der eine Vielzahl von Firmen ähnliche Produkte anbietet, die allerdings keine perfekten Substitute darstellen. Die Nachfrage nach einer bestimmten Produktvariante weist einen Grad an Reagibilität bezüglich des Preises anderer Varianten auf, der zwar spürbar, aber nicht so hoch ist, daß es einem Anbieter gelänge, durch eine Preissenkung die gesamte Marktnachfrage auf sich zu vereinigen. Entscheidend ist, daß für die Kreuzpreiselastizität, mit der sich Preisänderungen eines Produzenten auf die jeweilige Nachfrage aller übrigen Akteure auswirken, dieselbe Höhe angenommen wird. Die Konsequenz lautet: "( ... ) any adjustment of price or of 'product' by a single producer spreads its influence over so many of his competitors that the impact feit by anyone is negligible and does not Iead him to any readjustment of his own situation" ( Chamberlin, 1933, S. 83).

Dementsprechend hat der Eintritt neuer Firmen, der solange anhält, wie der Preis sich oberhalb der Durchschnittskosten befindet, keine Wirkung auf das Verhalten der etablierten Anbieter. "The Producers, as a body, could of course prevent this from occurring by reducing their prices in anticipation of the entry of new competitors. But since the appearance of any single new producer will only effect the demand of a single existing producer very slightly, while similarly the reduction of price of a single existing producer will only slightly affect the profits which a potential producer can expect, no producer could take these indirect affects on his own price policy into consideration" (Kaldor, 1935, S. 36f.).

Dieser Vorstellung hält K aldor die Auffassung entgegen, daß Kreuzpreiselastizitäten im Hinblick auf eine bestimmte Variante nicht für sämtliche Anbieter eines Marktes dieselbe Höhe aufweisen können. Vielmehr sei für jede Produktvariante eine eindeutige Lokalisierung innerhalb des Charakteristikaraumes möglich, woraus sich zwangsläufig eine Zuordnung jener konkurrierenden Varianten ergibt, die sich in unmittelbarer "Nach-

III. Der Harrod-Ansatz

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barschaft" zueinander befinden. Unter dieser Bedingung kann sich der Effekt eines weiteren Markteintrittes (oder einer unilateralen Preisbewegung) nicht gleichmäßig auf alle Akteure verteilen, sondern konzentriert sich auf den (die) Anbieter der ähnlichsten Variante( n). "Thus a producer, if far-sighted, will take the effect of his own actions not merely on his existing competitors into consideration but also on his potential competitors. But if he takes potential competition into account, this will probably induce him to charge a price lower than otherwise ( ... )" (Kaldor, 1935, s. 40).

Darüber hinaus versucht K aldor die These zu begründen, daß zunehmende Skalenerträge den Eintritt weiterer Newcomer verhindern können, bevor der Marktpreis das Niveau der Durchschnittskosten erreicht hat. Der für einen profitablen Eintritt mindestens erforderliche Output " ( ... ) may reduce demand, both to his nearest neighbours and to him, to such an extent that the demand curves willlie below the cost curves ( ... )" (S. 42). Eine andere Quelle für die Beschränkung weiterer Markteintritte sieht Kaldor in der Existenz eines "institutional monopoly" (S. 44f.), welches darauf beruht, daß die betreffende Firma über einen exklusiven Zugriff auf produktionsspezifische Ressourcen verfügt und sich in absoluten Kostendifferenzen zuungunsten potentieller Konkurrenten äußert. Trotz des bereits frühen Hinweises auf eine Trade-off-Beziehung zwischen der kurzfristig möglichen Profithöhe und dem unter Berücksichtigung potentieller Konkurrenz erzielbaren Zukunftsprofit läßt K aldor die Frage unbeantwortet, mit welcher Preispolitik "far sighted" etablierte Firmen auf den drohenden Eintritt weiterer Wettbewerber reagieren. Dieser Aspekt wurde zum Ende der vierziger Jahre von Andrews (1949a,b), Bain (1949), Harrod (1952) und Hicks (1954) aufgegriffen. III. Der Harrod-Ansatz

Die Ausführungen Harrods (1952) messen dem disziplinierenden Effekt potentieller Konkurrenz auf das Preissetzungsverhalten etablierter Firmen den denkbar höchsten Stellenwert bei. Vor dem Hintergrund drohenden Markteintritts, so seine Auffassung, könne nur ein Preis in Höhe der Durchschnittskosten Bestand haben3 . Die zu diesem Schluß führende Argumentation unterscheidet zwischen langfristigem und kurzfristigem Optimierungskalkül. Es wird angenommen, daß mit jedem Output eine andere (langfristig) optimale Betriebsgröße korrespondiert 4 . Angenommen, 3 Letztere enthalten jedoch per definitionem "normale" oder "durchschnittliche" Profite. 4 Diese Annahme impliziert U-förmige Durchschnittskosten.

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B. Erste Ansätze

ein Anbieter verfügt über eine Produktionsanlage, deren Größe optimal im Hinblick auf eine bestimmte langfristige Grenzerlösfunktion ist; dann stehen diesem Akteur zwei Optionen offen: Er kann den unter Vernachlässigung potentieller Konkurrenz optimalen Preis setzen, d. h. den Gewinn auf der Basis der kurzfristigen Grenzerlösfunktion maximieren und bis zum Eintritt eines neuen Wettbewerbers übernormale Profite erzielen. Durch diese Vorgehensweise wird bewußt das Eindringen neuer Rivalen in Kauf genommen. Die alternative Strategie besteht darin, jenen Preis zu setzen, der nach Maßgabe des langfristigen Grenzerlöses gewinnmaximal ist und den Eintritt weiterer Konkurrenten verhindert. "Long-period marginal revenue, relating to any given price, is the revenue which will continue to accrue in response to that price. If a price is charged that new competitors can undercut, the lass of potential revenue due to the consequent lass of market must be subtracted from the immediate revenue yielded by the price charged" ( Harrod, 1952, S. 150f. ).

Die langfristige Nachfragefunktion ist somit elastischer als die kurzfristige, was zur Folge hat, daß die Gleichheit zwischen Grenzkosten und langfristigem Grenzerlös mit einem höheren Outputniveau korrespondiert als das Gewinnmaximum auf der Grundlage des kurzfristigen Kalküls suggeriert. Wenn nun, wie Harrod annimmt, eine verzögerungsfreie Anpassung der Produktionskapazität an das Outputniveau, welches nach einem Markteintritt optimal ist, nicht möglich ist - "Once the plant is contructed, ( ... ) the decision to have the plant is irreversible" (S. 150) - , sind vorübergehende Verluste, mindestens aber "subnormal profits", nicht auszuschließen. Dieser Fallliegt gerrau dann vor, wenn die zur Anpassung der Kapazität erforderliche Zeitspanne länger als jene Verzögerungsphase ist, die zwischen der Wahrnehmung einer profitablen Eintrittsoption und der Produktionsaufnahme des Newcomers liegt. Dieser Sachverhalt offenbart einige bemerkenswerte Konsequenzen, die vieles von dem vorwegnehmen, was genau 30 Jahre später als "an uprising in the theory of industry structure" (Baumol, 1982) glorifiziert werden sollte - übrigens ohne daß die Namen Harrods oder derjenigen, die sich kritisch mit seinem Ansatz auseinandersetzten, auch nur einer winzigen Fußnote für Wert gehalten geworden wären. H arrod unterstellt offensichtlich, daß Newcomer als Bertrand-Konkurrenten in den Markt eindringen 5 . Nur auf diese Weise läßt sich seine Schlußfolgerung begründen, daß der von etablierten Firmen gesetzte Preis nicht nur den Durchschnittskosten, sondern deren langfristigen Minimum entsprechen muß6 . 5 Dies ist nicht nur implizit in seinen Ausführungen enthalten, sondern geht aus einem der obigen Zitate ausdrücklich hervor. 6 Harrod {1952, S. 151} betont diese Effizienzeigenschaft eines Marktes bei freiem Eintritt, weil er die "Tangentenlösung" widerlegen will.

Ill. Der Harrod-Ansatz

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In der obigen Formulierung des Rarrad-Ansatzes ist dennoch die Möglichkeit inbegriffen, daß der kurzfristige Profit im Falle der erstgenannten Strategie den Verlust infolge des Eindringens einer neuer Firma überkompensiert. Bei dem Versuch, das Rarrad-Modell zu verallgemeinern, unterscheidet Hicks (1954) zwischen "snatchers" und "stickers". Bei "snatchers" handelt es sich um Firmen, die aufgrundeiner hohen Diskontierung zukünftiger Profite und/oder wegen polypolistischer Erwartungen - d. h. Markteintritte haben keinen spürbaren Effekt auf die Nachfrage eines etablierten Anbieters - zur Ausübung der kurzfristigen Preisstrategie tendieren. Der Begriff "sticker" kennzeichnet demgegenüber Firmen, die mittels einer entsprechenden Preispolitik den dauerhaften Verbleib im Markt anstreben und sich somit im Sinne Harrods verhalten. Eine sehr späte, jedoch erwähnenswerte Kritik an der Aussage Harrods, wonach die Preissetzung eines "stickers" den minimalen Durchschnittskosten entsprechen müsse, stammt von Pyatt (1971) : Die Optimalität einer derartigen Preispolitik erfordert, daß der "sticker" im Falle des MarkteiDtritts die gesammte Nachfrage an den Newcomer verliert. Des weiteren stellen Hay/Morris (1979, S. 183) als Manko des Rarrad-Ansatzes heraus, "( ... ) that potential entrants focus an whether existing profits were normal or not rather than an what profits might be after entry". Bhagwati (1970, S. 301) hat in genau demselben Zusammenhang darauf hingewiesen, daß der Zeitbedarf einer Anpassung der Produktionskapazität an die Situation nach einem Eintritt schlimmstenfalls die Amortisation der alten und den Kauf einerneuen Anlage umfaßt. Dieser "warst case" enthält implizite Bedingungen, die das Auftreten eines "snatchers" begünstigen: Je schneller eine Investition amortisiert ist oder je früher ein kostenloses Ausscheiden aus dem Markt möglich ist, desto leichter lassen sich temporäre Profitoptionen abschöpfen. Diesen Sachverhalt hat möglicherweise auch schon Hicks (1954) andeuten wollen, wenn er das Snatching-Phänomen als " ( .. .) a very common characteristic of an industry with genuinely free entry" und "a rapid turnover" bezeichnete. "On that basis it is just worth while to come in; but it will be more tempting to come in on that basis if one is a snatcher, being specially interested in short-period profit" (Hicks, 1954, S. 48).

Die Formulierung "to come in" läßt eine exakte Trennlinie zwischen Marktinhabern und potentiellen Wettbewerbern verschwimmen. Handelt es sich bei "snatchers" um etablierte Firmen oder Newcomer? Sollte letzteres zutreffen, so erschiene abermals eine interessante Parallele zum erwähnten "Aufstand"; schließlich wurde dieser nicht zuletzt durch die Betonung des sog. "hit-and-run entry" ausgelöst.

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B. Erste Ansätze

IV. Das Limit-Preis-Modell Bain (1956) sieht Markteintrittsbarrieren, die hauptsächlich technisch und damit exogen begründet sind, als Determinante des Preissetzungsverhaltens etablierter Firmen, die mit potentieller Konkurrenz konfrontiert sind. Sie lassen sich den Kategorien absolute Kostenvorteile, Produktdifferenzierung und zunehmende Skalenerträge zuordnen. Ihr Ausmaß steht nach Bains Auffassung in direkt proportionalem Verhältnis zu dem Abstand, um den der Marktpreis von den Durchschnittskosten abweichen kann, ohne weitere Eintritte zu induzieren. In diesem Zusammenhang ist auf das Problem hinzuweisen, daß eine Identifizierung von Eintrittsbarrieren nicht ohne explizite Verhaltensannahmen - insbesondere was die Newcomer angeht - auskommt. D. h. Zugangsbeschränkungen für neue Firmen lassen sich nur auf der Basis einer Theorie begründen, die den Eintrittsprozeß erklärt.

Die für das Limit-Preis-Modell entscheidende Hypothese lautet: Potentielle Konkurrenten kalkulieren die Profitabilität eines Markteintritts in der Erwartung, daß die Etablierten ihre bisherige Outputmenge beibehalten. Sie ist unter der Bezeichnung "Bain-Sylos-Postulat" in die Industrieökonomik eingegangen 7 . Den sogenannten "Limit-Output" (X 1) bildet die geringst mögliche Angebotsmenge der Etablierten mit der Eigenschaft, daß der auf dieser Grundlage ermittelte maximale Profit eines Neuankömmlings gerade den Wert Null ergibt. Der entsprechend dem Verlauf der Nachfragefunktion mit X 1 korrespondierende Preis heißt "Limit-Preis"

(pl). Das Bain-Sylos-Postulat läßt sich aus spieltheoretischer Perspektive als Stackelberg-Nash-Spiel interpretieren, wobei sich Newcomer in der Position des abhängigen Anbietcrs befinden und sich somit gemäß der CournotAnnahme verhalten8 . Vor diesem Hintergrund entspricht die Verhinderung weiterer Eintritte der folgenden Logik: Würde man zum Limit-Output jene zusätzliche Menge addieren, die nach Maßgabe des Durchschnittskastenverlaufs aus der Sicht eines Newcomers mindestens erforderlich ist, um bei dem Preis p 1 eine Kostendeckung zu erzielen, so würde der mit dem Gesamtoutput korrespondierende Marktpreis unter die Durchschnittskosten

7 Obwohl der von Sylos-Labini zeitgleich mit Ba ins "Barriers... " erschienene Beitrag zum Limit-Preis-Modell, "Oligopolio e progresso technico" (1957), nicht zu unterschätzen ist, wird er hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht näher ausgeführt. Außerdem zielen beide Arbeiten, wie Modigliani (1958) in seiner vielzitierten Würdigung ausführlich darlegt, im wesentlichen auf denselben Grundgedanken. Eine Beschränkung auf Bain als Repräsentanten des Limit-Preis-Modells erscheint auch deshalb angemessen, weil er die Grundzüge dieses Ansatzes bereits 1949 in einem Artikel eingehend beschrieb. Vgl. Osborne (1973); Gilbert (1989a, S. 108).

IV. Das Limit-Preis-Modell

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(AC) sinken. Bereits hier wird die herausragende Rolle von zunehmenden Skalenerträgen deutlich. " ( ... ) no significant economies to the large scale firm means of course that an entrant firm, even if it enters at an optimal or lowest-cost scale, will add so little to industry output that its entry will have no perceptible effect on going prices in the industry" (Bain, 1968, S. 13).

Die für Newcomer geltende Cournot-Annahme läßt sich graphisch als Profitmaximierung auf der Basis einer residualen Nachfrage interpretieren, wobei letztere als Marktnachfrage X(p) abzüglich der von den etablierten Firmen angebotenen Menge X 1 aufzufassen ist. Die für einen potentiellen Konkurrenten relevante Ordinate verschiebt sich deshalb (bei einer unveränderten Lage der Nachfragefunktion) um die Strecke X 1 nach rechts.

p(X)

AC (Newcomer)

X'

X

Abb. 1: Graphische Darstellung des Limit-Preis-Modells

Für die optimale Preispolitik etablierter Firmen sind im Rahmen des Limit-Preis-Modells drei charakteristische Situationen zu unterscheiden 9 . Blockaded entry: Die Abwehr von Newcomern ist automatisch dadurch gewährleistet, daß der unter Vernachlässigung potentieller Konkurrenz optimale Monopol- oder Oligopoloutput den Wert X 1 übertrifft. Effectively impeded entry: Der Limit-Output ist zwar höher als der ohne Berücksichtigung drohenden Eintritts optimale Output, impliziert jedoch einen höheren Profit als die unter Beteiligung eines weiteren Konkurrenten zustande kommende Oligopollösung. Ineffectively impeded entry: Die Verhinderung eines weiteren Markteintritts ist für die etablierten Anbieter unprofitabler als der unter Mitwirkung eines Newcomers erzielbare Oligopolgewinn. 9 Vgl.

Bain (1949, S. 463).

ß . Erste Ansätze

32

Modigliani (1958) hat das Limit-Preis-Modell unter stark vereinfachenden Annahmen formalisiert (siehe Abb. 2). Sie lauten:

1. Es existiert eine Mindesthöhe für den Output, mit dem die minimalen Durchschnittskosten erreicht werden; sie wird als xe bezeichnet. 2. Der Eintritt erfordert einen Output der Höhe xe, weil die Durchschnittskosten für x < xe prohibitiv hoch sind 10 .

p(X)

X'

X

Abb. 2: Die Limit-Preis-Strategie

Unter den genannten Voraussetzungen gilt für den Limit-Output (1)

wobei xc den aggregierten Output im Gleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz darstellt 11 . Mit Hilfe dieser Gleichung läßt sich der LimitPreis als

(2) 10 Neuere Analysen der Limit-Preis-Strategie schließen - auch unter Berücksichtigung von zunehmenden Skalenerträgen - die Möglichkeit des Eintritts mittels einer geringeren ("nicht effizienten") Outputmenge ein (Vgl. z. B. Milde, 1982; Clarke, 1986, S. 84f.). 11 Groß geschriebene X-Symbole charakterisieren im Rahmen dieser Arbeit stets Werte für den aggregierten Marktoutput und klein geschriebene x-Werte den individuellen Output einer Firma.

IV. Das Limit-Preis-Modell

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approximieren. Hierbei bezeichnen p 0 den Gleichgewichtspreis bei vollkommener Konkurrenz und 1J die Preiselastizität der Nachfrage an der Stelle p 0 • Die Genauigkeit dieser Annäherung steigt mit zunehmender Linearität der Nachfragefunktion 12 . Sie erlaubt die Schlußfolgerung, daß der mit einer Verhinderung weiterer Eintritte konsistente Aufschlag auf den Konkurrenzpreis abnehmend in der Preiselastizität der Nachfrage an der Stelle p 0 und zunehmend in dem Quotienten xe / xc ist. Dieser Quotient setzt die Mindestmenge, mit der ein neuer Anbieter in den Markt eintritt, ins Verhältnis zur Marktgröße und kann daher als Gradmesser für die Relevanz zunehmender Skalenerträgen angesehen werden. Economies of scale (vor allem Fixkosten) stellen somit nach Maßgabe des Bain-Sylos-Postulates eine Markteintrittsbarriere dar. Die Schlußfolgerung, daß etablierte Firmen aufgrund drohenden Markteintritts einer permanenten Restriktion unterliegen, nämlich "nur" den Limit-Preis setzen zu können, wirft eine bereits von Harrod (1952, S. 147) formulierte Frage auf: Warum sollen die Marktinhaber nicht prinzipiell den bei Abwesenheit potentieller Konkurrenz optimalen Preis setzen und immer nur genau im Eintrittszeitpunkt eines neuen Rivalen von der LimitPreis-Strategie Gebrauch machen? Im Hinblick auf diese Problematik hat Pashigian (1968) die Annahme zugrunde gelegt, daß eine sofortige Outputausdehnung auf das Niveau X 1 möglicherweise zu hohe Kosten verursachen würde. Außerdem bleibt zu berücksichtigen, daß bereits die Antizipation hoher Anpassungskosten durch einen Newcomer zur Folge hat, daß dieser die Durchführung der Limit-Preis-Strategie im Falle seines Eindringens für unwahrscheinlich hält. Zusammenfassend sind zwei Merkmale hervorzuheben, die den LimitPreis-Ansatz von anderen Eintrittstheorien abgrenzen: 1. Das Bain-Sylos-Postulat impliziert die Drohung der etablierten Fir-

men, im Falle eines Eintritts einen ruinösen, d. h. für alle beteiligten Akteure Verlust bringenden Preiswettbewerb zu führen.

2. Potentielle Konkurrenten bewerten die Profitabilität eines Markteintritts auf der Basis des Preises nach dem eigentlichen Eintrittsprozeß. 12 In

Anlehnung an Abb. 2 gilt

oder P!

= Pc +(Xe- X!)

:;

+ e,

wobeiedem Fehler entspricht, der aus einer Nichtlinearität resultiert. Unterstellt man hingegen eine lineare Nachfragefunktion, so gilt = o.

e

3 Paech

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B. Erste Ansätze

Fast alle späteren Entwicklungen der Eintrittstheorie bis hin zur Gegenwart lassen sich als kritische Auseinandersetzung mit genau diesen beiden Hypothesen auffassen. Grob vereinfachend sind hierbei zwei Hauptstömungen zu unterscheiden, die entsprechend ihrer Beziehung zu den beiden Kriterien charakterisiert werden können. Ansätze, denen weiterhin die Annahme zugrunde liegt, daß Newcomer die Profitabilität eines Markteintritts auf der Grundlage des Preises nach einer oligopolistischen Interaktion mit den etablierten Firmen kalkulieren, werden im folgenden als sog. Post-entry-Modelle bezeichnet. Ausgangspunkt der Post-entry-Analyse ist die Fragestellung, unter welchen Umständen die Verhinderung weiteren Eintritts durch die Androhung eines ruinösen Preiskampfes erfolgreich sein kann. Im Zentrum der Kritik steht hier das Bain-Sylos-Postulat. Im Gegensatz hierzu resultiert der von Baumol/Panzar/Willig (1982) stammende sog. Contestable-market-Ansatz aus einer Kritik an der zweiten Hypothese. Die Wirkung potentieller Konkurrenz wird unter der Annahme untersucht, daß Newcomer den Preis vor einer oligopolistischen Interaktion als Signal für die Profitabilität eines Eindringens werten. D. h. potentielle Konkurrenten unterbieten den aktuellen Marktpreis und ziehen damit die gesamte Nachfrage auf sich. Bevor jedoch die etablierten Anbieter, denen aggressives Verhalten unterstellt wird, reagieren können, verläßt der Newcomer den Markt. Diese Sichtweise ist eng verwandt mit dem Bertrand-Modell und wird als "hit-and-run"-Strategie bezeichnet. Die Notwendigkeit einer Post-entry-Analyse entfällt somit per Annahme. Gegenstand des folgenden Kapitels sind Entwicklungstendenzen der Industrieökonomik, die aus einer Kritik an der ersten Hypothese resultieren.

C. Die Analyse potentieller Konkurrenz 1m Rahmen von Post-entry-Modellen I. Glaubwürdige Drohungen und teilspielperfekte Gleichgewichte Aus der vielschichtigen Kritik am Limit-Preis-Ansatz auf der Basis des Bain-Sylos-Postulates sollen hier lediglich zwei Aspekte herausgegriffen werden. Bhagwati (1970) hat darauf hingewiesen, daß die Erwartung, etablierte Firmen würden im Falle seines Eintritts am Limit-Output festhalten, einen potentiellen Konkurrenten nicht zwangsläufig abschrecken muß. Unterstellt man für alle Firmen eine identische Technologie, so würde sich der ruinöse Preiskampffür die Marktinhaber gleichermaßen verlustträchtig gestalten. Damit besteht keine Garantie, daß ausgerechnet der Newcomer den Markt (wieder) verlassen muß. Ein potentieller Konkurrent, der sich dessen bewußt ist, könnte für die Wahrscheinlichkeit eines Verbleibs im Markt einen Wert veranschlagen, der den Markteintritt insgesamt profitabel erscheinen läßt. Darüber hinaus leiden Preisstrategien auf der Basis des Bain-Sylos-Postulates unter einem Glaubwürdigkeitsproblem. Die Abwehr eines Newcomers kann nur dann erfolgreich sein, wenn dieser erwartet, daß die etablierten Firmen den Output X 1 nach einem dennoch erfolgten Eintritt tatsächlich beibehalten. Aber warum sollten potentielle Konkurrenten an die Vollstreckung einer Drohung glauben, wenn der hierdurch ausgelöste (ruinöse) Preiswettbewerb die Marktinhaber schlechter stellt als eine optimale Anpassung an den Output eines neuen Konkurrenten? Angenommen, es befände sich lediglich eine etablierte Firma im Markt und ein potentieller Konkurrent antizipierte, daß diese sich im Falle eines Markteintritts entsprechend der Cournot-Annahme verhielte. Im Hinblick auf die Profitabilität eines Markteintritts ginge dann von der Outputmenge X 1 keine Signalwirkung aus, denn sie hätte für den Ausgang des Post-entry-Spiels keine Relevanz. Ihre Beibehaltung wäre nur mit einem Stackelberg-Nash-Gleichgewicht vereinbar. Der potentielle Konkurrent würdejedoch von der Realisierungeines Cournot-Nash-Gleichgewichts ausgehen, womit die Limit-Preis-Strategie ohne Erfolg bliebe. Zur Verdeutlichung dieses Zusammenhangs bietet sich ein Rückgriff auf die Unterscheidung zwischen glaubwürdigen ("commitments") und un-

36

C. Post-entry-Analyse

glaubwürdigen Drohungen ("threats") an, die auf Schelling (1956, 1960) zurückgeht. Demgemäß ist die durch p 1 bzw. X 1 signalisierte Drohung genau dann glaubwürdig, wenn es für die Etablierten im Fall eines Markteintritts - also unter Berücksichtigung der oligopolistischen Interaktionen mit dem Neuankömmling- optimal ist, den Output X 1 aufrechtzuerhalten oder ein irgendwie gearteter Zwang besteht, die bisherige Outputmenge X 1 beizubehalten. Andernfalls hat ein rational handelnder potentieller Konkurrent keinen Grund, die in der Limit-Preis-Strategie artikulierte Drohung als glaubwürdig einzustufen. Entscheidend für diese Argumentation ist die Tatsache, daß eine spieltheoretische Modeliierung des hier zugrundeliegenden Rationalitätsbegriffs mit Hilfe des Konzepts der (nicht kooperativen) Nash-Lösung nicht möglich ist. Schließlich entspricht die Verhinderung weiterer Markteintritte auf der Basis des Bain-Sylos-Postulates - wenngleich auf einer unglaubwürdigen Drohung und damit aus spieltheoretischer Perspektive auf irrationalem Verhalten beruhend - ebenfalls einem Nash-Gleichgewicht. Die sich hieraus ergebende Notwendigkeit einer Verfeinerung des NashKonzepts wurde zuerst von Selten (1965, 1975) erkannt, der den Begriff des "(teilspiel-) perfekten" Gleichgewichts einführte. Dieser Zusammenhang läßt sich durch das folgende, in extensiver Form dargestellte nicht kooperative Markteintrittsspiel illustrieren.

(

'IT; ~ 'ITj ~

0 ) 0

Abb. 3: Ein extensives Markteintrittsspiel1

Der potentielle Konkurrent trägt den Index j und verfügt über die beiden Strategien "kein Eintritt" (s}) und "Eintritt" (sJ). Für die mit i bezeichnete etablierte Firma ergibt sich nur dann ein Entscheidungsproblem, 1 Ein fettgedruckter Buchstabe innerhalb des Spielbaumes kennzeichnet den Spieler, der an dem betreffenden Knoten eine Entscheidung zu treffen hat.

I. Glaubwürdige Drohungen und teilspielperfekte Gleichgewichte

37

wenn zuvor die Strategie sJ gewählt wurde, d. h. wenn der potentielle Konkurrent in den Markt eingedrungen ist. Andernfalls genießt Firma i weiterhin eine Monopolstellung. Falls es zum Markteintritt kommt, muß i sich zwischen den Strategien "ruinöser Preiswettbewerb" (sf) und "optimale Anpassung an den Newcomer" (s[) entscheiden. Die Strategie s} kann z. B. als Beibehaltung des Limit-Outputs oder einer anderen aggressiven Verhaltensweise und s? als optimale Anpassung im Rahmen einer Cournot-Nash-Lösung aufgefaßt werden. An den Endpunkten des Spielbaumes befinden sich die jeweiligen Auszahlungsvektoren . Dieses Spiel weist zwei Nash-Gleichgewichte auf, nämlich s* = (sJ, s[) und s** = (sJ, s[), von denen jedoch nur s** plausibel erscheint. Die Strategiekombination s* beruht auf der unglaubwürdigen Drohung der etablierten Firma, im Falle eines Markteintritts einen ruinösen Preiskampf zu führen. Aber angenommen, es käme zur Ausübung der Strategie sJ, womit das im Entscheidungsknoten x beginnende Teilspiel erreicht würde. Welche Motivation bestünde dann noch für den etablierten Anbieter, die sich als wirkungslos erwiesene Drohung umzusetzen, zumal dies einer Maximierung seiner Auszahlung widerspräche? Selbst wenn zunächst von einem Newcomer ausgegangen würde, der sich durch die Drohung abschrecken läßt, käme einer möglichen Wahl der Strategie sJ als "irrtümliche Abweichung vom Gleichgewichtspfad s*" eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Ein derartiger Irrtum wäre für Spieler j äußerst lukrativ, denn mit dem Erreichen des in x beginnenden Teilspiels stünde Spieler i vor der vollendeten Tatsache eines nunmehr doch erfolgten Markteintritts. Für ihn verbliebe als einzig rationale Option die Wahl der Strategie s?.

Das Nash-Gleichgewicht s* erweist sich damit als äußerst instabil, denn eine "versehentliche" Abweichung erzeugt keinen Anreiz zur Korrektur des "Fehlers", sondern führt unmittelbar zur Realisierung der Alternative s**. Die mittlerweile zahlreichen Verfeinerungen des Nash-Konzepts werden daher nicht nur mit der Forderung nach einer Auslese "unplausibler" oder auf irrationalem Verhalten beruhender Nash-Gleichgewichte begründet, sondern oftmals auch als Ergänzung des Nash-Konzepts um geeignete Stabilitätskriterien interpretiert 2 • Der Grundgedanke des teilspielperfekten Gleichgewichtskonzepts besteht darin, daß die Entscheidungen innerhalb eines Teilspiels nur von der Struktur des Teilspiels selbst abhängen dürfen, sofern die Spieler über keine Selbstbindungskraft verfügen 3 . Es sei s eine für das extensive Spiel r gelz. B. Kohlberg/Mertens {1986} oder van Damme {1987). Teilspiel r z eines extensiven Spieles r ist der im Entscheidungsknoten z beginnende Verlauf des Spielbaumes definiert, wobei jede Informationsmenge des gesamten Spieles entweder vollständig in r z enthalten oder disjunkt mit r z sein muß (Vgl. van Damme, 1987, S. 104). 2 Vgl.

3 Als

38

C. Post-entry-Analyse

tende Strategiekombination, d. h. s ordnet jedem Knoten des Spielbaums eine Entscheidung seitens des dort lokalisierten Spielers zu. Selten (1965, s. 308) bezeichnet diejenige Strategie S 1 ' die für ein Teilspiel r z dieselbe Entscheidung vorschreibt wie s als "von s auf r z induzierte" Strategie.

Definition 1 Eine Strategiekombination s für das Spiel r heißt teilspie/perfekt, wenn s auf allen Teilspielen r z Strategiekombinationen s 1 znduziert, die ein Nash-Gleichgewicht des betreffenden Teilspiels sintf. Das obige Markteintrittsspiel weist zwei Teilspiele auf, nämlich r X und das komplette Spiel r selbst. Da vollkommene Information vorliegt (jede Informationsmenge enthält nur ein Element bzw. einen Entscheidungsknoten), entspricht eine Lösung des Spiels durch rückwärtige Induktion gemäß dem Kuhn-Algorithmus der Ermittlung aller teilspielperfekten Gleichgewichte5 . Unterstellt man nun, daß die beteiligten Spieler keine Bindungen eingehen können, so verbleibt s"* als einziges teilspielperfektes Gleichgewicht. Hier stellt sich die Frage, ob aus der Perspektive etablierter Firmen Vorkehrungen getroffen werden können, durch die die Limit-Preis-Strategie ein hinreichendes Maß an Glaubwürdigkeit erlangt, d. h. ob teilspielperfekte Gleichgewichte realisierbar sind, in denen potentielle Konkurrenten die Strategie sJ wählen, also dem Markt fern bleiben. Eine Lösung des "Glaubwürdigkeitsproblems" setzt im Fall vollkommener Informationen voraus, daß eine zeitliche Unterteilung des Markteintrittsprozesses in (mindestens) zwei aufeinanderfolgende Perioden, nämlich in die Phase vor (Periode 0) und die Phase nach (Periode 1) dem eigentlichen Eintritt, möglich ist 6 . Etablierte Akteure könnten dann in Periode 0 Umstände oder "vollendete Tatsachen" schaffen, die den Ausgang des in Periode 1 stattfindenden sog. "Post-entry-Spiels", also die oligopolistische Interaktion mit dem Newcomer zu ihren Gunsten beeinflussen. Strategische Maßnahmen dieser Art zielen darauf ab, etablierten Firmen während der Post-entry-Phase die -für potentielle Wettbewerber glaubhafte- Positition eines aggressiveren Konkurrenten zu verleihen. Hierbei ist von entscheidender Bedeutung, daß 4 V gl.

Selten (1965, S. 308). z. B. Fudenberg/Tirole (1989, S. 278). 6 Ein anderer, von Milgrom/Roberts (1982) und Kreps/Wilson (1982) vorgeschlagener Lösungsweg besteht darin, daß etablierte Firmen sich mittels einer Durchführung von Preiskämpfen die Reputation eines "starken" Anbieters aneignen, für den es aufgrund einer vorteilhaften Kostenstruktur jederzeit rational ist, aggressiv im Sinne der Strategie s~ zu reagieren. Dies setzt allerdings eine asymmetrische Informationsverteilung dergestalt voraus, daß potentielle Konkurrenten die Auszahlungsfunktion einer etablierten Firma nicht kennen. 5 V gl.

II. Sunk costs als strategisches Instrument

39

die getroffenen Maßnahmen irreversibel sind, d. h. sie müssen in Periode 1 ein Datum darstellen und zwar sowohl für den Newcomer als auch für die etablierte Firma. Schelling (1960) umschreibt die Logik einer derartigen Selbstbindung wie folgt: "The essence of these tactics is some voluntary but irreversible sacrifice of freedom of choice. They rest on the paradox that the power to constrain an adversary may depend on the power to bind oneself' (Schelling, 1960, S. 22).

Strategien auf der Basis des Bain-Sylos-Postulates erfüllen dieses Kriterium nicht, weil der Output etablierter Firmen reversibel ist und damit aus der Perspektive rationaler Newcomer keine glaubwürdige Drohung darstellen kann 7 . Durch eine strategische Selbstbindung in Periode 0 kann ein Akteur sein in Periode 1 relevantes Optimierungskalkül beeinflussen. Unter der Vorraussetzung, daß ein "commitment" extern wahrnehmbar ist, kann hierdurch auf potentielle Konkurrenten eine glaubhafte Signalwirkung ausgeübt werden. II. Strategische Instrumente zur Verhinderung von Markteintritten: Sunk costs 1. Sunk costs als technologisches Charakteristikum

Sunk costs entstehen durch Investitionen oder Aufwendungen, die nicht liquidiert werden können. Im Gegensatz zu Fixkosten, die sich vermeiden lassen, indem die Produktion gänzlich eingestellt wird, lassen sich sunk costs, wenn die zugehörigen Aufwendungen erst einmal getätigt worden sind, nicht mehr zurückgewinnen. Eine Eliminierung von sunk costs ist auch dann nicht möglich, wenn die Produktion gänzlich eingestellt wird bzw. das Ausscheiden aus dem Markt erfolgt. Nach dem "Versenken" derartiger Kosten stellen diese deshalb keine Opportunitätskosten der Produktion mehr dar. Angenommen, eine Firma der Stahlbranche benötigt zur Aufnahme der Produktion einen bestimmten Hochofen. Nachdem die entsprechende Investition getätigt ist, scheide die Firma aus dem Markt. Wenn nun keine Möglichkeit besteht, den Hochofen zu veräußern oder anderweitig zu nutzen, handelt es sich bei der Investition in vollem Umfang um sunk costs, d. h. diese Ausgaben stellen für den Anbieter im Falle der Produktionsniederlegung einen unvermeidbaren Verlust dar. Eine Identifikation von sunk costs ist jedoch keine Frage des Alles oder Nichts, sondern muß vielmehr als graduelle Ausprägung verstanden werden8. Immerhin könnte in dem dargestellten Beispiel die Option bestehen, 7 Eine Betrachtung des Limit-Preis-Ansatzes unter diesem Aspekt findet sich erstmals bei Spence (1977). 8 Vgl. z. B. Baumol/Panzar/Willig (1983, S. 494); Tirole (1990, S. 308).

40

C. Post-entry-Analyse

die Anlage zu einem Restwert (Schrottwert) zu veräußern. In diesem Fall wäre die Differenz aus den ursprünglichen Anschaffungskosten und dem Resterlös als sunk costs aufzufassen. Ein wesentlicher Bestimmungsgrund für den Sunk-cost-Anteil von Produktionskapital ist dessen Mobilität 9 . Denkbar ist beispielsweise eine Situation, in der potentielle Käufer einer stillgelegten Anlage an (weit) entfernte Standorte gebunden sind, das betreffende Objekt jedoch vollkommen immobil ist (z. B. Bauwerke, Atomkraftwerke, etc.). Hier würde selbst eine Zahlungsbereitschaft in Höhe der ursprünglichen Anschaffungskosten nichts an dem hohen Sunk-cost-Anteil ändern. Als mittlerweile klassisches Gegenbeispiel führen Baumol/Panzar/Willig (1982) Passagierflugzeuge an. Falls eine Fluggesellschaft den Markt für eine bestimmte Flugroute verläßt, lassen sich deren Flugzeuge unter Umständen problemlos auf andere Märkte, d. h. auf andere Flugrouten verlagern. Unter dieser Voraussetzung verursacht die Investition in ein Passagierflugzeug keine sunk costs, sondern lediglich Fixkosten. Eine weitere Ursache für sunk costs ist in einem hohen Grad an Produktspezifität von Kapitalgütern zu sehen 10 . Mit geringerem Umfang an alternativen Verwendungsmöglichkeiten für eine Anlage steigen die Liquidationsverluste bei einem Ausscheiden aus dem Markt zwangsläufig an. Darüber hinaus haben Eaton/Lipsey (1980) auf die Bedeutung der Dauerhaftigkeit von Produktionskapital hingewiesen. Mit zunehmender Abnutzung und steigender Frequenz an Erneuerungsinvestitionen sinken die Liquidationsverluste einer Anlage. In dem Extremfall, daß eine Anlage zum Zeitpunkt der Produktionsstillegung vollständig abgeschrieben ist, liegen überhaupt keine sunk costs vor. Sunk costs haben keine eindeutige Beziehung zu "fixen" oder "variabelen" Kosten. Das Beispiel des Passagierflugzeugs verdeutlichte bereits, daß Fixkosten unter Umständen keinerlei sunk costs implizieren. Eine Anlage dagegen, die im Falle des Marktaustritts keinen Verkaufserlös erzielt, verursacht sunk costs, die ebenfalls in voller Höhe Fixkosten darstellen. Als realistisch gelten ebenfalls Konstellationen, unter denen sunk costs variabel sind. Diese Variante kommt beispielsweise in den Modellen von Dixit (1979, 1980), Eaton/Lipsey (1981) und Ware (1984) vor. Ausgangspunkt ist hierbei die Überlegung, daß die variablen Kosten einer zusätzlichen Outputeinheit aus der Perspektive einer Firma, die noch über keine Produktionskapazität verfügt, neben den "reinen" Produktionskosten dieser Einheit auch die Kosten der hierzu erforderlichen Kapazitätserweiterung umfaßt. Es gelten die Annahmen: 9 Hay (1976) hat die Wirkung immobilen Kapitals bei der Verhinderung weiteren Markteintritts im Zusammenhang mit räumlicher Konkurrenz untersucht. 10 V gl. Eaton/Lipsey (1981, S. 594 ff. ).

II. Sunk costs als strategisches Instrument

41

1. Die Produktionskapazität (gemessen in Outputeinheiten) ist beliebig

teilbar.

2. Für die Produktionsanlage existiert keine alternative Verwendung. 3. Die Anlage ist unveräußerbar und hat außerdem keinen Schrottwert. Unter diesen Annahmen läßt sich jeder zusätzlichen Outputeinheit, die sich jenseits der Kapazitätsgrenze eines Anbieters befindet, ein bestimmter Sunk-cost-Anteil zuordnen. Für den einfachen Fall konstanter Grenzkosten lautet die entsprechende Kostenfunktion

(3)

mx+sx+F C(x,k)= { mx+sk+F

falls falls

x>k k,

X~

wobei k die Kapazität, F die Fixkosten, m die Grenzkosten unterhalb der Kapazitätsgrenze und s die Kosten pro zusätzlicher Kapazitätseinheit bezeichnen. Sunk costs können auch durch irreversible Ausgaben verursacht werden, die in keinem direkten Zusammenhang mit dem eigentlichen Produktionsprozeß stehen. Hier sind insbesondere Werbemaßnahmen zu nennen. Diese lassen sich als Investition in immaterielle Kapitalgüter wie etwa "Goodwill" oder eine überdurchschnittliche Reputation auffassen. Derartige Ausgaben sind als strategische Maßnahme zur Selbstbindung von besonderer Bedeutung. Caves/Porter (1977, S. 256) haben darauf hingewiesen, daß der Sunk-cost-Anteil einer Investition mit dem Ausmaß seiner intangiblen Charakteristika steigt. Während materielle Kapitalobjekte im Falle einer Betriebsschließung in aller Regel noch einen Schrottwert aufweisen, fallen die bisher getätigten Werbeausgaben komplett als Liquidationsverlust an. 2. First-mover-Effekte und strategische Asymmetrien

Die Schaffung von First-mover-Vorteilen mittels einer strategischen Selbstbindung erfordert nicht nur die Möglichkeit irreversibler Investitionen. Es muß daneben gewährleistet sein, daß die hierzu notwendige "Versenkung" von Ressourcen in dem betreffenden Markt vor der Eintrittsentscheidung eines potentiellen Konkurrenten stattfindet 11 . Dies wiederum setzt eine sequentielle zeitliche Struktur des Markteintrittsprozesses voraus. Das in Abb. 3 dargestellte Markteintrittsspiel läßt sich um die Option der etablierten Firma erweitern, in einer vorgelagerten Stufe- sie wird im folgenden als Periode 0 bezeichnet -eine Selbstbindung einzugehen. 11 Vgl.

Salop (1979, S. 335); Dixit (1982, S. 13).

42

C. Post-entry-Analyse

Die Wirkung irreversibler Kosten als Markteintrittsbarriere kann mittels zweier unterschiedlicher Modellvarianten illustriert werden, denen jedoch dasselbe Wirkungsprinzip zugrunde liegt. Beide Varianten sind als starke Vereinfachung eines möglicherweise wesentlich komplizierteren Spieles zu verstehen, das den Markteintrittsprozeß realitätsnäher beschreibt. Das grundlegende Wirkungsprinzip von sunk costs ändert sich hierdurch indes nicht. Variante I: In enger Anlehnung an das ursprüngliche Limit-Preis-Modell behandelt Dixit (1982) im Rahmen eines extensiv formulierten Markteintrittsspiels Strategien, die der Androhung eines ruinösen Preiskampfes Glaubwürdigkeit verleihen. Zu diesem Zweck kann der Marktinhaber eine Investition tätigen, die erstens irreversibel ist und zweitens zur Durchführung eines Preiskampfes unabdingbar ist. Als naheliegendes Beispiel kann der Aufbau einer Produktionskapazität genannt werden, deren Umfang dem im Zuge eines Preiskampfes aufrecht zu erhaltenden Outputniveaus entspricht. Die entsprechenden sunk costs (in Höhe von S Geldeinheiten) mindern den Oligopolprofit des etablierten Akteurs im Falle eines Eintritts, nicht dagegen den infolge eines Preiskampfes für ihn entstehenden Verlust 12 .

Die Strategiemenge der etablierten Firma erhöht sich um die Optionen und sfb (keine Selbstbindung), zwischen denen sie sich in Periode 0 entscheiden muß. Die Wahl sf entspricht einer irreversiblen Investition, diesunk costs in Höhe von S Geldeinheiten verursacht. In der darauffolgenden Periode 1 entscheidet der Newcomer j, ob er in den Markt eintritt oder ihm fern bleibt. Solange die etablierte Firma eine Monopolstellung innehat, erzielt sie die Auszahlung 1rM. Sollte es zum Eintritt eines weiteren Anbieters kommen, der per Annahme über dieselbe Technologie verfügt, entscheidet sich der Marktinhaber in Periode 2 zwischen den Strategien s! ( PreiskampI) und s~ (optimale Anpassung an den Neu-

sf (Selbstbindung)

ankömmling) .

Im Falle eines Preiskampfes erhalten beide Konkurrenten die Auszahlung 1rK, ansonsten 7r 0 • Das für die Ermittlung der Auszahlung 7r 0 maßgebliche Post-entry-Spiel muß nicht notwendigerweise der CournotVerhaltensannahme entsprechen. Eine rekursive Lösung des extensiven Spieles liefert die Bedingung für eine Optimalität der Selbstbindung und die zur Abwehr des Newcomers j mindestens erforderliche Höhe der sunk costs S. Die Drohung, im Falle des Markteintritts von der Strategie sJ Gebrauch zu machen, ist aus der Perspektive eines rationalen Newcomers glaubwürdig, wenn die Ungleichung 7r 0 - S < 1rK erfüllt ist. Die Selbstbindung ist optimal, wenn 1rM - S > 1r 0 gilt. 12 Der mit einem Preiskampf korrespondierende Profit (Verlust) enthält die irreversiblen Kapazitätskosten in jedem Fall.

II. Sunk costs als strategisches Instrument

( ;: ) (

43

) ( )(

Abb. 4: Glaubwürdige Abschreckung durchsunk costs 13

Variante II: Ein von Salop (1979) dargestelltes Eintrittsszenarium beruht ebenfalls darauf, daß der etablierte Akteur in Periode 0 eine irreversible Investition realisieren kann. Im Unterschied zur ersten Variante muß ein potentieller Konkurrent, um neben dem Marktinhaber bestehen zu können, dieselbe Ausgabe tätigen 14 . Salops Modeliierung sieht nicht die explizite Androhung eines aggressiven Preiskampfes durch den Marktinhaber vor, sondern ersetzt dessen Entscheidung zwischen sl und s[ durch ein Post-entry-Spiel, dessen Regeln beiden Akteuren bekannt sind und von diesen akzeptiert werden 15 . Mit der in Periode 1 stattfindenden Eintrittsentscheidung des potentiellen Konkurrenten werden somit gleichsam die 13 Aus Gründen der Vereinfachung tragen die Auszahlungswerte keinen Firmenindex. Die jeweils obere Position in den Auszahlungsvektoren am Ende des Spielbaumes erhält der etablierte Anbieter. 14 Als Beispiel eignet sich eine umfassende Werbekampagne, mittels derer sich ein Marktinhaber eine bestimmte Reputation verschaffen kann. Situationen, in denen ein Newcomer denselben Werbeetat "versenken" muß, um mit dem etablierten Akteur gleichzuziehen, sind durchaus realistisch. 15 Diese Vorkehrung stellt gegenüber der Variante I eine Verallgemeinerung dar, durch die unterschiedliche Annahmen bezüglich des Post-entry-Verhaltens integriert werden können.

44

C. Post-entry-Analyse

Auszahlungen der Spieler festgelegt. Im Falle eines Markteintritts erhalten beide Konkurrenten die Oligopolauszahlung 7r 0 • Die Strategiemenge der etablierten Firma reduziert sich auf die Optionen s~ und 6 , zwischen denen sie sich in Periode 0 zu entscheiden hat. Im Vergleich zur Variante I entfällt damit die letzte Stufe (Periode 2), womit das Spiel insgesamt zwei Perioden umfaßt.

sf

11"011"0-

s)

s

Abb. 5: Sunk costs als Abwehrmaßnahme gegen Markteintritte

Um den potentiellen Konkurrenten durch die Wahl s~ vom Eintritt abzuhalten, muß 7r 0 - S ~ 0 gelten. Die Optimalität von s~ setzt wiederum 1rM - S > 7r 0 voraus. Berücksichtigt man S = 1r 0 als minimale Höhe der sunk costs zur Verhinderung eines Eintritts, so ergibt sich als Bedingung für das teilspielperfekte Gleichgewicht s = ( st, s]) die Ungleichung 1rM > 27r 0 • Dieses Resultat erfordert zwingend, daß die Investition S für die etablierte Firma irreversiblen Charakter hat. Andernfalls würde ein rationaler Newcomer antizipieren, daß Firma i im Falle des Markteintritts das für beide Spieler ruinöse Niveau der sunk costs reduziert. Obwohl einem Newcomer durch die "Versenkung" des Betrages S eine Investition desselben Umfanges auferlegt wird, die seinen Post-entry-Profit überkompensiert, beruht der Abschreckungseffekt nicht darauf, daß der Newcomer ebenfalls mit irreversiblen Kosten konfrontiert wird 16 . Angenommen, das Investitionsvolumen S würde für Firma i in voller Höhe sunk costs verursachen, jedoch aus der Perspektive eines potentiellen Konkurrenten absolut reversibel sein, dann ergäbe sich dasselbe Resultat. 16 Dieses Modell kann prinzipiell als Vorläufer der sog. "cost raising strategies" (Salop/Scheffman, 1983, 1987) aufgefaßt werden.

II. Sunk costs als strategisches Instrument

45

Gilbert (1989b, S. 491) begründet diesen Sachverhalt folgendermaßen: Der Newcomer kann in dem vorliegenden Modell aufgrundvollkommener Information den gerrauen Ausgang des Spiel antizipieren und begeht daher "keinen Fehler". Angenommen, 71' 0 übertrifft S, dann tritt Firma j ein. Da die Kosten S in diesem Fall gedeckt sind, ist es unerheblich, bis zu welchem Grad es sich hierbei um sunk costs handelt. Andernfalls bleibt der potentielle Konkurrent dem Markt fern und die Kosten S fallen gar nicht erst an. Vor diesem Hintergrund sind sunk costs weniger als Markteintrittskosten für potentielle Konkurrenten, sondern als Austrittskosten für etablierte Firmen zu interpretieren. Die Selbstbindung mittels irreversibler Investitionen führt dazu, daß ein Ausscheiden für den etablierten Akteur einen höheren Verlust verursachen würde als ein (ruinöser) Preiskampf

Besonders deutlich wird der Zusammenhang zwischen sunk costs und First-mover-Effekten in einem von Dixit (1980) stammenden zweistufigen Modell. Für den etablierten Akteur i besteht die Option, in Periode 0 eine in Outputeinheiten gemessene Produktionskapazität k aufzubauen, die gänzlich irreversibel ist und somit sunk costs verursacht. Es kann die Kostenfunktion (3) zugrundegelegt werden. Die von Firma i "versenkten" Kosten belaufen sich somit auf sk. Die Eintritts- bzw. Investitionsentscheidung des Newcomers j und das Post-entry-Spiel sind Gegenstand der darauffolgenden (und letzten) Periode 1. Heide Kontrahenten verfügen über vollkommene Informationen und kennen insbesondere die Konsequenzen einer in Periode 0 getroffenen Maßnahme auf den Ausgang des Post-entry-Spiels. Eine Beschränkung der Resultate des Dixit-Modells auf teilspielperfekte Gleichgewichte ist dadurch gewährleistet, daß zuerst im Rahmen des Post-entry-Spiels die optimale Reaktion des Newcomers ermittelt wird, und zwar auf der Grundlage einer zuvor vom Marktinhaber eingegangenen Selbstbindung. Im Hinblick auf das Post-entry-Spiel wird Cournot-Verhalten unterstellt, wobei die Reaktionsfunktionen auf der Basis der vermeidbaren Produktionskosten zu ermitteln sind. Dies gründet sich darauf, daß über die bereits versenkten Kosten nicht mehr entschieden werden kann. Für den Newcomer, der noch über keine Kapazität verfügt, lautet die Kostenfunktion

(4) Unterstellt man eine lineare Nachfragefunktion, so entspricht die Reaktionsfunktion des Newcomers Rj(x;, m+s)- ihre Lage wird durch die Höhe der relevanten Grenzkosten bestimmt - der in Abb. 6 dargestellten Form. Die Reaktionsfunktion des Marktinhabers würde, sofern dieser ebenfalls noch keine Kapazität aufgebaut hätte, den analogen Verlauf R;(xi, m + s) aufweisen. Der Schnittpunkt C repräsentiert das (symmetrische) CournotGleichgewicht bei Abwesenheit jeglicher sunk costs.

46

C. Post-entry-Ana.lyse

Xj

k

X;

Abb. 6: First-mover-Effekt durch irreversible Kapazitätskosten

Sollte Firma i jedoch bereits in einen Kapitalstock der Höhe sk investiert haben, so reduzieren sich die für sie in der Post-entry-Phase relevanten Kosten auf

(5)

C;(x;) = mx;

+F

falls

x;

~

k.

Die zugehörige Reaktionsfunktion R;(Xj, m) erhält man durch Verschiebung der ursprünglichen Reaktionsfunktion R;(xi, m + s), wobei das Ausmaß dieser Verlagerung von dem Verhältnis zwischen den Größen m und s abhängt. Allerdings beschränkt sich der neue Verlauf auf den Bereich x; ~ k, also auf x-Werte, die sich nicht jenseits der Kapazitätsgrenze k befinden. Im Punkt x; = k bricht die Reaktionsfunktion R;(xi, m) ab und wird durch eine vertikale Verbindungslinie fortgesetzt, die entweder bis zur Funktion R; ( x i, m + s) oder bis zur Abszisse reicht. In der obigen Abbildung entspricht die x;-Komponente des Schnittpunktes zwischen Rj ( x;, m + s) und R;( x i , m), der durch den Punkt C' = (C~, C2) gekennzeichnet ist, der höchsten Outputmenge, die der Marktinhaber im Rahmen eines Cournot-Gleichgewichts aufrechterhalten kann und somit aus der Perspektive eines rationalen Newcomers noch eine

III. Das Andrews-Edwards-Modell

47

glaubwürdige Drohung darstellt. Der Aufbau einer höheren Kapazität als Cl ist somit zwecklos, da der Neuling jederzeit das Gleichgewicht C' erzwingen kann. Der geringste Output des etablierten Anbieters, der im Rahmen des zugrundeliegenden Gleichgewichtskonzeptes Bestand haben kann, beträgt C 1 . Dies gilt auch für Kapazitäten k < C 1 , denn der Übergang von R;(Xj, m) zu R;(Xj, m + s) erfolgt dann links von C. Damit muß es jedoch - ungeachtet einer geringeren Kapazität auf seiten der etablierten Firma - zur Realisierung des Gleichgewichtes C kommen, weil sich hier die Reaktionsfunktionen R;(Xj, m + s) und R;(x;, m + s) schneiden 17 . Für die Investition des Marktinhabers, von der das Resultat des Postentry-Spiels abhängt, gilt daher C 1 ~ k ~ 0{. Für derartige k- Werte entspricht das Cournot-Gleichgewicht in Abb. 6 dem Schnittpunkt zwischen dem senkrechten Verlauf der Reaktionsfunktion des etablierten Anbieters und Rj(X;, m + s). Der etablierte Akteur kann somit mittels einer entsprechenden Investition jeden Punkt auf der Reaktionsfunktion des Newcomers zwischen C 1 und Cf als Post-entry-Gleichgewicht festlegen. Falls der von den Fixkosten F abhängige Limit-Output X 1 nicht höher als Cl ist, kann der Markteintritt des potentiellen Konkurrenten abgewehrt werden. Irreversible Investitionen erweisen sich somit als Möglichkeit, einer Aufrechterhaltung des Limit-Outputs hinreichende Glaubwürdigkeit zu verleihen. 111. Exkurs: Das Andrews-Edwards-Modell

Eine interessante Alternative zum Limit-Preis-Modell geht auf zwei Arbeiten von Andrews (1949a,b) zurück, die- obwohl auf dasselbe Erscheinungsjahr datierend - vollkommen unabhängig von Bains AER-Artikel (1949) entstanden sind und in Verbindung mit Markteintrittstheorien vergleichsweise wenig Beachtung fanden 18 . Darin befaßt sich A ndrews ausführlich mit dem Preissetzungsverhalten industrieller Unternehmen, deren Nachfrager ihrerseits gewinnmaximierende Firmen einer nachgelagerten Produktionsstufe sind. Obwohl potentielle Konkurrenz als wesent17 Diesen Umstand scheinen Eaton/Lipsey (1981, S. 596) im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Dixit-Modell übersehen zu haben, denn sie charakterisieren die Gleichgewichtsmenge des Marktinhabers als x; = min(k, C;}. 18 Zur Wahrung der chronologischen Konsistenz des Kapitels B hätte dieser Abschnitt eigentlich direkt vor oder hinter die Darstellung des Limit-Preis-Modells gehört. Hierauf wurde aber verzichtet, weil diejenigen Aspekte des Ansatzes, die im Rahmen dieser Arbeit besonders deutlich hervorgehoben werden sollen, nur vor dem Hintergrund der Sunk-cost- bzw. Commitment-Diskussion verständlich werden.

48

C. Post-entry-Analyse

licher Bestimmungsfaktor der Preispolitik erkannt und analysiert wird, fehlt eine detaillierte Beschreibung des eigentlichen Markteintrittsprozesses. Eine präzisere Formulierung findet sich bei Edwards (1955), der die in diesem Zusammenhang relevanten Annahmen und Überlegungen Andrews' aufgegriffen hat. Im folgenden wird deshalb vom Andrews-Edwards-Modell gesprochen 19 . Ein wichtiger Bestandteil dieses Ansatzes ist ein ausgeprägter GoodwillMechanismus, der zugunsten aktueller Konkurrenten wirkt. In diesem Modell erfordert eine Abwanderung von Nachfragern etablierter Firmen zu einem neu in den Markt eingetretenen Anbieter eine Preisreduzierung, die den Reputationseffekt überkompensiert 20 . Da die etablierten Akteure jeder Preisreduzierung eines Newcomers sofort folgen, entfällt die Option, den Markt als Bertrand-Unternehmer zu betreten und die Profitabilität anhand des Preises vor einer oligopolistischen Interaktion zu beurteilen. Das unterstellte Post-entry-Verhalten entspricht somit im wesentlichen einem Kinked-demand-Modell im Sinne von Hiteh/Hall (1939) 21 . Unter dieser Annahme beschränkt sich das Nachfragevolumen eines Newcomers, der über kein Goodwill verfügt, auf den Anteil 1/(n + 1) jener zusätzlichen Nachfrage, die durch eine Preissenkung geweckt wird, wobein der Anzahl etablierter Firmen entspricht 22 . Diese, für potentielle Konkurrenten zunächst pessimistische Perspektive unterliegt einer wichtigen Einschränkung, die ebenfalls in engem Zusammenhang mit der von Andrews angenommenen Funktionsweise des Goodwill-Mechanismus steht. Die Reputation einer etablierten Firma manifestiert sich nicht zuletzt in dem Vertrauen bisheriger Kunden, stets einen Preis entrichtet zu haben, der eine nach Maßgabe der vorhandenen Kostenstruktur marktübliche oder durchschnittliche Profitmarge reflektiert. Sollte es jedoch zu einer signifikanten Preisreduzierung durch einen neuen Anbieter kommen, so stellt sich diese Erwartung als Täuschung heraus. 19 Das bietet sich auch schon deswegen an, weil Andrews die Auslegungen seiner Theorie durch Edwards nie als korrekte Interpretation akzeptiert haben soll (Vgl. Bhagwati, 1970, S. 302). 20 V gl. Andrews (1949b, S. 150). 21 Andrews (1949a,b) bezieht sich im Rahmen seiner preistheoretischen Ausführungen an vielen Stellen auf das Hitch/Hall-Modell. 22 Dies hängt damit zusammen, daß Andrews die Wirkung des GoodwillMechanismus vorwiegend darin sieht, Nachfrage an den bisherigen Lieferanten zu binden. Die Entstehung von Reputation beruht auf Erfahrungen und Gewöhnungserscheinungen. Neuen (und auch rationierten) Nachfragern werden deshalb keine personellen oder räumlichen Präferenzen zugunsten bestimmter Marktinhaber unterstellt. Dementsprechend verteilen sie sich gleichmäßig auf alle momentan anzutreffenden Firmen einschließlich des Newcomers (Vgl. Andrews, 1949b, S. 180).

III. Das Andrews-Edwards-Modell

49

"( ... ) the resentment ofthe buyer-firms at the high price now revealed to have been not warranted by costs, provides a reservoir of illwill which, properly exploited, will ensure the new entrant access to the market" ( Edwards, 1955, S. 97).

Bhagwati (1970) hat versucht, diesen Zusammenhang innerhalb eines Kontextes zu konkretisieren, der einen direkten Vergleich mit dem LimitPreis-Ansatz erlaubt. Hierbei bedient er sich derselben stark vereinfachenden Annahmen wie Modigliani (1958) 23 • Bezeichne X(p) die Marktnachfragefunktion , so läßt sich die auf einen Newcomer j entfallende Residualnachfrage als

(6) darstellen, wobei xT (p) den Verlust etablierter Firmen an bisherigen Nachfragern zugunsten des Neuankömmlings bezeichnet. Für den vereinfachenden Spezialfall einer linearen Nachfragefunktion lautet der höchste, einen Markteintritt gerade noch verhindernde Preis dann

(7) wobei 'TJT die Elastizität des Nachfragetransfers von den Etablierten zum Newcomer an der Stelle pc angibt 24 . Genau wie der Limit-Preis ist pA zunehmend in dem Quotienten xe / xc und abnehmend in "'· Darüber hinaus treten jedoch zwei weitere Effekte auf: Der Preis pA ist im Unterschied zu p 1 zunehmend in n und abnehmend in 'TJT. Da beide Wirkungen gegenläufig sind, erweist sich ein Vergleich beider Ansätze hinsichtlich ihrer jeweiligen lmplikationen für die disziplinierende Wirkung potentieller Konkurrenz als sehr schwierig. Abstrahiert man von dem Umstand, daß die obige Ermittlung beider Preise aufgrund der extrem vereinfachenden Annahmen ohnehin nur eine vage Approximation darstellt, so ist in beiden Modellen die Steigung der auf einen Newcomer entfallenden Residualnachfrage von entscheidender Bedeutung. 23 Siehe

S. 32 Annahme 1 und 2. der Annahme einer linearen Nachfragefunktion läßt sich der Preis pc durch die Gleichung 2 "'Unter

ermitteln. Durch Auflösen nach pA , Ausklammern von pc und Erweitern mit X e erhält man das obige Resultat. 4 Paech

50

C. Post-entry-Analyse

p(X)

X Abb. 7: Das Andrews-Edwards-Modell

Wählt man die Steigung der unter dem Bain-Sylos-Postulat geltenden Residualnachfrage-sie ist identisch mit oX(p)fop- als Referenzwert, so bedeutet die Division der Nachfrageelastizität durch n + 1 eine tendenzielle Erhöhung des Eintritt verhindernden Preises. Andererseits könnte ein hinreichend hoher Nachfragetransfer den von drohendem Markteintritt ausgehenden Druck auf die Preissetzung der Marktinaber wiederum verstärken. Konstellationen, unter denen eine (annähernde) Übereinstimmung zwischen p1 und pA vorliegt, erscheinen ebenfalls im Bereich des Möglichen. Die Beschränkung auf eine rein qualitative Aussage könnte somit zunächst die Schlußfolgerung nahelegen, daß beide Ansätze prinzipiell dieselbe Tendenz bestätigen 25 . Potentielle Konkurrenz diszipliniert die Preispolitik etablierter Firmen. Die Verhinderung weiteren Markteintritts hängt von bestimmten exogenen Faktoren, insbesondere von der Relation zwischen economies of scale (repräsentiert durch xe) und der Marktgröße (gemessen in xc) ab. 25 Einen derartigen Standpunkt nehmen z. B. Modigliani {1958, S. 216) und Scherer/Ross {1990, S. 377f.) ein. Der erstaunliche Umstand, daß die Arbeiten Andrews' innerhalb der zahlreichen Publikationen zum Phänomen der potentiellen Konkurrenz im Gegensatz zu Bain kaum Erwähnung fanden {und finden), läßt sich ebenfalls als Indiz für einen breiten Konsens hinsichtlich einer Übereinstimmung beider Theorien werten.

III. Das Andrews-Edwards-Modell

51

Im Falle des Andrews-Edwards-Modells kommt jedoch als weiterer Bestimmungsfaktor der Goodwill-Mechanismus hinzu, weil dieser den Nachfragetransfer von etablierten zu neuen Konkurrenten determiniert. Während die zugunsten etablierter Akteure wirkende Asymmetrie bei Bain als Stackelberg-Verhalten modelliert wird, bemühen Andrews und Edwards das um einen Reputationseffekt modifizierte Modell der geknickten Nachfragefunktion. Im Gegensatz zu Bhagwatis (1970) Darstellung läßt der von Andrewsund (vor allem) Edwards formulierte Kontext auch eine andere Interpretation zu, durch die ein wesentlich bedeutsamerer Unterschied zum Limit-PreisAnsatz offensichtlich wird. Angenommen, ein Neuankömmling würde auf das gleiche Goodwill-Potential zurückgreifen können wie die etablierten Firmen, so würde er nach seinem Markteintritt den Status eines ebenbürtigen Konkurrenten innehaben. Die in der Post-entry-Phase auf alle Marktteilnehmer inklusive des Newcomers entfallende Nachfrage würde dann

(8)

Xj

X(pi) = --, n+l

Pi ~p;,

lauten, wobei p; dem aktuellen Marktpreis vor einem Eintritt entspricht. Die strategische Benachteiligung potentieller Konkurrenten beruht somit im Gegensatz zum Bain-Sylos-Postulat- nicht auf einem per se als asymmetrisch angenommenen Oligopolmodell, sondern auf Differenzen hinsichtlich des Goodwill-Effektes. Die Entstehung von Goodwill wird hierbei von Edwards keineswegs als exogen betrachtet, sondern stellt das Resultat umfangreicher Werbeausgaben dar, denen Edwards durchaus eine strategische Bedeutung beimißt. " (... ) the advertising expenditure of each of the established firms is normally very large, and to a considerable degree independent of any one firm 's actual volume of sales ( ... ). ( ... ) for the new entrant, striving to gain a foothold in the market, its incidence is severe - and more so, to the extent that the existing firms may step up their own advertising expenditures to counter this new threat to their markets" ( Edwards, 1955, S. 96). Wenngleich die Bedeutung irreversibler Ausgaben als strategisches Instrument nicht explizit genannt wird, sind bereits verblüffende Parallelen zu jenen Sunk-cost-Modellen erkennbar, die 25 Jahre später als wichtige Neuerung in die Industrieökonomik eingehen sollten. Schließlich stellen Werbeausgaben sunk costs par excellence dar. Auch vor der eigentlichen Sunk-cost-Debatte, die gegen Ende der siebziger Jahre einsetzte, können keine Zweifel daran bestanden haben, daß Investitionen in immaterielles Kapital wie etwa Goodwill im Falle des Marktaustritts keinen Liquidationserlös mehr erzielen. Den Investitionscharakter von Werbemaßnahmen stellt Edwards innerhalb einer Fußnote deutlich heraus:

C. Post-entry-Ana.lyse

52

"( ... ) the new entrant's expenditure on advertising ( ... ) is properly acharge on capita.l - being an investment in establishing a market" ( Edwards, 1955, S. 96).

Um mit den etablierten Firmen gleichzuziehen, muß ein Newcomer über dasselbe Goodwill-Potential verfügen und zu diesem Zweck ein entsprechendes Werbebudget veranschlagen. Marktinhaber können somit die aus der Perspektive eines potentiellen Konkurrenten erforderlichen Werbeausgaben Si beeinflussen. Auf diese Weise werden die vor einem Eintritt getätigten Werbemaßnahmen der etablierten Akteure Si zu einer strategischen Investition. Der Einfachheit halber wird im folgenden angenommen, daß für die Nachfrage eines Neuankömmlings zwei unterschiedliche Ausprägungen der Werbeaktivität Si von Bedeutung sind, nämlich ein mindestens genauso hohes oder geringeres Niveau als Si. Im Fall Si 2: S; kann der Newcomer in der Post-entry-Periode als ebenbürtiger Konkurrent agieren. Legt man außerdem die Annahme Edwards zugrunde, wonach der Werbeumfang zum Aufbau einer bestimmten Reputation im Hinblick auf das Ausbringungsniveau fix ist, so läßt sich die Profitfunktion eines Newcomers für Pi ::; Pi als (9) schreiben. Die mit einem geringeren Werbevolumen als S; korrespondierende Profitfunktion lautet

wobei die Residualnachfrage xi(Pi,Pi) davon abhängt, ob im Falle des Markteintritts ein Nachfragetransfer von den Etablierten zum Newcomer stattfindet. Dies ist gemäß den Ausführungen von Andrews und Edwards nur bei einer hinreichenden Preissenkung zu bejahen, andernfalls kann der Neuankömmling lediglich die Nachfrage (11)

( ) Xi Pi, Pi

=

X(pi)- X(Pi) n+1 ,

Pi :S Pi,

auf sich vereinigen. Eine hinreichende Preisreduzierung löst den von Edwards als "illwill" bezeichneten Effekt aus. Es werden deshalb die Annahmen . ( ) X(Pi)- X(p;) IliD (12) . Xi Pi , Pi = 1 Pi-P• n+

(13)

III. Das Andrews-Edwards-Modell

53

gesetzt 26 . Für den Newcomer reduziert sich unter diesen (vereinfachenden) Umständen die Optimierung des Werbeumfangs auf eine Entscheidung zwischen den Aktivitätslevels Si 0 und Si Si.

=

=

Aus der Perspektive etablierter Firmen erfordert die Abwehr potentieller Konkurrenten zunächst ein Werbevolumen Si mit der Eigenschaft

(14)

1r· 1

= PiX(pi) _ C (X(pi)) _ s- < O n+1

n+1

'-'

d. h. ein Newcomer, der kraft einer entsprechenden Reputation als ebenbürtiger Akteur in den Markt eintritt, würde aufgrund des hierzu erforderlichen Werbebudgets keine positive Auszahlung erzielen. Die strategische Wirkung der Werbemaßnahmen beruht analog zum Salop-Beispiel auf dem irreversiblen Charakter der hiermit verbundenen Ausgaben. Da aus der Perspektive eines Newcomers die Alternative Sj = 0 verbleibt, müssen die etablierten Firmen darüber hinaus einen Preis Pi setzen, der die folgende Bedingung erfüllt:

(15) Unter den getroffenen Annahmen für die Residualnachfrage x i (Pi, Pi) entspricht dieser Preis genau der bereits erläuterten Strategie pA. Somit läßt sich pA als höchster Markteintritt verhindernder Preis durchaus im Rahmen eines teilspielperfekten Gleichgewichts realisieren. Eine derartige Vorgehensweise leidet im Gegensatz zum Limit-Preis-Ansatz nicht unter einem Mangel an Glaubwürdigkeit. Dieses Resultat setzt allerdings die hier zugrundeliegende Interpretation des Andrews-Edwards-Modells voraus. Die Frage, inwieweit sich insbesondere Edwards der strategischen Wirkung irreversibler Investitionen bewußt war, läßt sich aus heutiger Perspektive nicht sicher beantworten . Es erscheint jedenfalls nicht angemessen, die 26 Der "illwill-Effekt" bedeutet zweierlei. Erstens muß die Steigung der Residualnachfrage mit abnehmendem Preis Pi zunehmen, d. h. unabhängig vom Krümmungsverhalten der Marktnachfragefunktion gilt

&2 x;(Pj,Pi) &p;

>O

.

Zweitens muß die Steigung von Xj(pj,pi) umso mehr vom Anstieg jener Nachfragefunktion abweichen, die sich für den pessimistischen Fall einer Abwesenheit jeglichen Nachfragetransfers ergibt, je stärker die Preisreduzierung des Newcomers ist, d . h. die Differenz

nimmt mit kleiner werdem Pi zu.

54

C. Post-entry-Analyse

erstaunliche Nähe seiner Ausführungen zu dem Aspekt der strategischen Selbstbindung als rein zufällig abzutun. IV. Sunk costs als hinreichendes Charakteristikum wirksamer Markteintrittsbarrieren? Die Ausführungen der vorangegangenen Abschnitte legen es nahe, die erstmals von K aldor (1935) formulierte und durch Ba in (1949) präzisierte Einstufung fixer Kosten als Eintrittsbarriere nochmals aufzugreifen. Diese Aussage scheint durch jene Eintrittsmodelle, die das Problem unglaubwürdiger Drohungen berücksichtigen, indem nur teilspielperfekte Gleichgewichte zugelassen werden, widerlegt zu sein - es sei denn, sie würde um den Zusatz erweitert, daß die fraglichen Fixkosten zu einem ausreichenden Anteil gleichermaßen sunk costs darstellen müssen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Richtigkeit des Umkehrschlusses, daß sunk costs per se die strategische Errichtung von Markteintrittsbarrieren ermöglichen. Gemäß einer viel zitierten Definition von Stigler (1968) sind Markteintrittsbarrieren "a cost of production ( at some or every rate of output) which must be borne by a firm which seeks to enter an industry but is not borne by firms already in the industry" (S. 67). Eine Anwendung dieser Definition auf die ex ante Kostenstruktur hätte im Rahmen der oben dargestellten Eintrittsmodelle zum Resultat, daß sunk costs nicht als Eintrittsbarriere einzuordnen sind, da etablierte und potentielle Konkurrenten ex ante über dieselbe Technologie verfügen. Auch eine Auslegung dieses Konzepts im Sinne einer Beschränkung auf den irreversiblen Teil der entscheidungsrelevanten Kosten würde keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Umfang der sunk costs und der Höhe einer Eintrittsbarriere implizieren27 . Bei einer genaueren Betrachtung des Dixit-Modells unter diesem Aspekt entpuppt sich der First-mover-Vorteil des Marktinhabers als Beschränkung jener Nachfrage, die einem Neuling im Rahmen des Post-entryGleichgewichts zufällt. Analog zum Limit-Preis-Modell hängt die Verhinderung weiterer Eintritte davon ab, die Residualnachfrage eines potentiellen Konkurrenten unter das zur Kostendeckung erforderliche Niveau zu drücken. Letzteres steht jedoch in direkt proportionalem Verhältnis zur Fixkostenhöhe. Schmalensee (1981) hat gezeigt, daß der Marktinhaber im Dixit-Modell unter der Annahme einer konkaven Nachfragefunktion bei Abwesenheit von zunehmenden Skalenerträgen den Eintritt eines potentiellen Konkurrenten nur um den Preis, keinen Profit mehr zu erzielen, 27 Als "Höhe" einer Markteintrittsbarriere kann der Kostenvorteil eines potentiellen Konkurrenten angesehen werden, den ein erfolgreicher Eintritt erfordert (Vgl. z. B. Gilbert, 1989b, S. 491) .

IV. Sunk costs als Markteintrittsbarriere

55

verhindern könnte. Genauer: Der zur Selbstbindung erforderliche Sunkcost-Anteil müßte hinreichend sein, um im Post-entry-Spiel den bei vollkommener Konkurrenz gleichgewichtigen Output aufrechtzuerhalten. Abstrahiert man von diesem Extremfall, so wird bereits unter Zuhilfenahme von Abb. 6 deutlich, daß die Verhinderung weiteren Markteintritts versagt, falls sich der Limit-Output links von C' befindet. Die Möglichkeit, den Eintritt neuer Konkurrenten mittels selbstbindender Maßnahmen zu verhindern, ist somit das Resultat eines Zusammenwirkens von sunk costs und Fixkosten bzw. zunehmenden Skalenerträgen. Obwohl die Bedeutung zunehmender Skalenerträge bei der Erklärung von Eintrittsbarrieren durch diesen Sachverhalt wieder etwas aufgewertet wird, kann von einer Bestätigung des mit dem Namen Bain assoziierten "Struktur-Verhalten-Ergebnis"-Paradigmas, demzufolge MarkteiDtrittsschranken rein exogenen Charakter haben, keine Rede sein. Die Abwehr potentieller Konkurrenz folgt nicht automatisch aus dem Vorhandensein bestimmter Strukturmerkmale, sondern stellt das Resultat strategischen Handeins dar: Selbstbindende Maßnahmen unter Zuhilfenahme irreversibler Investitionen erlauben etablierten Firmen (unter bestimmten Bedingungen), Einfluß auf die Marktstruktur zu nehmen. Hierbei nehmen steigende Skalenerträge die Rolle einer notwendigen, jedoch keiner hinreichenden Bedingung ein. Ware (1984) hat auf eine weitere Einschränkung des First-mover-Effektes hingewiesen, der durch sunk costs erzielbar ist. In einer kritischen Auseinandersetzung mit Dixits Ansatz bemängelt er die Modeliierung des Markteintritts als zweistufigen Prozeß. Auf diese Weise werde versucht, so Ware, zwei sequentiell zu behandelnde Probleme, nämlich die Kapazitätsentscheidung des Newcomers und die Ermittlung des gleichgewichtigen Post-entry-Outputs, simultan in der zweiten Periode zu lösen. "Sunk costs, by definiton, are committed before the production period takes place. If installed capacity is a sunk cost, which it must be for the incumbent to acquire any strategic advantage at all, then the entrant's installed capacity is equally sunk, a.nd must also be committed before the production takes place. ( ... ) the (post-entry) final period equilibrium should not be modelled as if the entrant were simultaneously incurring both variable and sunk costs, but the incumbent only incurs variable costs" (Ware, 1984, S. 370).

Als adäquate Darstellung schlägt Ware statt dessen ein dreistufiges Spiel vor. Der etablierte Anbieter agiert weiterhin als "first mover" und baut seine Produktionskapazität in der ersten Periode auf. In der zweiten Stufe trifft der potentielle Konkurrent seine Kapazitätsentscheidung. In der letzten Periode kommt es im Rahmen des Post-entry-Spiels zur Outputentscheidung, allerdings auf der Grundlage, daß für den Newcomer ebenfalls nur noch die variablen Kosten - den irreversiblen Kostenanteil versenkte

C. Post-entry-Analyse

56

er ja bereits in der Vorperiode! - relevant sind. In der graphischen Veranschaulichung dieser Spielformulierung (Abb. 8) ist für den Newcomer ebenfalls eine Reaktionsfunktion auf der Basis der Kostenfunktion, die keinen irreversiblen Anteil enthält, zu berücksichtigen28 • Der exakte Verlauf der für den Newcomer relevanten ex post Reaktionsfunktion wird - analog zur etablierten Firma - durch den in der zweiten Periode aufgebauten Kapitalstock ( ki) determiniert. Für x-Werte unterhalb der Kapazitätsgrenze ki gilt für den Neuling die Reaktionsfunktion Rj(x;, m). Sie wird im Punkt Xj = ki durch eine nach links verlaufende Waagerechte fortgesetzt, die wiederum im Schnittpunkt (D) mit Rj(x;, m + s) endet. Die Letztere gilt für Outputmengen Xj > ki. Der Newcomer kann durch seine Kapazitätsentscheidung in der zweiten Periode die Lage (Höhe) der waagerechten Verbindungslinie und damit den Schnittpunkt zwischen den Post-entry-Reaktionsfunktionen beider Kontrahenten festlegen.

Abb. 8: Das Ware-Modell 28 Diese

wird als Rj(x;, m) bezeichnet.

IV. Sunk costs als Markteintrittsbarriere

57

Zu beachten ist allerdings, daß er auf diese Weise nicht jeden beliebigen Punkt auf der ex post Reaktionsfunktion des Marktinhabers als Post-entry-Gleichgewicht realisieren kann. Der hierbei zulässige Bereich erstreckt sich lediglich auf den Linienzug ABD. Schnittpunkte unterhalb von D würden dem Marktinhaber weiterhin die Aufrechterhaltung eines Outputniveaus in Höhe der x;-Komponente des Punktes D ermöglichen, weil er seine Kapazitätsgrenze hierbei nicht überschreiten würde. Ein Schnittpunkt jenseits des Punktes A würde einen links von A befindlichen Kapazitätswert des etablierten Akteurs voraussetzen. Aus der Perspektive von Firma i kann hierzu jedoch niemals eine Veranlassung bestehen, weil sie dann eine ungünstigere Position einnähme als innerhalb eines symmetrischen Cournot-Gleichgewichts auf der Basis der Reaktionsfunktionen R;(xj, m) und Rj(x;, m) 29 . Die aus Sicht des Newcomers optimale Kapazitätsentscheidung wird durch den Umstand geprägt, daß die für ihn relevanten Isoprofitlinien entlang der Funktion Rj (x;, m + s) einen vertikalen Anstieg aufweisen. Sieht man zunächst von einer bestimmten Einschränkung ab, so erreicht Firma j - gegeben die Kapazitätsentscheidung des Marktinhabers - im Punkt D die höchstmögliche Isoprofitlinie. Dementsprechend wählt sie die xrKomponente des Punktes D als Kapazität. Graphisch äußert sich dies darin, daß die waagerechte Verbindungslinie genau im Punkt D auf die Funktion Rj(x;, m + s) trifft. Diese Vergehensweise ist jedoch nur optimal, solange sich auf der Funktion R;(xj, m) entlang des Abschnitts AB kein profitablerer Punkt befindet; denn Firma j könnte das Post-entryGleichgewicht mittels einer entsprechenden Kapazitätsentscheidung auch auf diesem Streckenabschnitt plazieren30 . Angenommen, es käme ausgehend von dem in der Abb . 8 beispielhaft gewählten Wert für k; (dargestellt durch die senkrechte Verbindungslinie zwischen R;(xj, m) und R;(Xj , m + s)) zu einer sukzessiven Erhöhung des k;-Wertes, so würde dies infolge der Rechtsverschiebung des Punktes D zu einer Abnahme des Profitniveaus von Firma j führen. Der typische Verlauf von Isoprofitlinien stellt sicher, daß auf diese Weise irgendwann eine Isoprofitlinie erreicht wird, die einerseits durch den Punkt D verläuft und andererseits die Funktion R; ( x i , m) tangiert. Der zugehörige Tangentialpunkt wird als T bezeichnet. Bis zum Erreichen dieser Position (Punkt S in Abb. 8) entspricht die optimale Kapazitätsentscheidung des Neulings Dieses entspricht gerade dem Punkt A. der Schnittpunkt zwischen der waagerechten Verbindungslinie und R;(Xj, m) aufgrund eines hinreichend hohen Kapitalstocks kj zwischen A und B liegen würde, so hätte dies die Festlegung des Post-entry-Gleichgewichts in diesem Schnittpunkt zur Folge - ungeachtet des Umstandes, daß Firma i über ein höheres Kapazitätsniveau verfügt. 29

30 Wenn

58

C. Post-entry-Analyse

weiterhin der x;-Komponente des Punktes D. Im Punkt S ist Firma j hinsichtlich des Profitniveaus gerade indifferent zwischen S und T. Für k;- Werte rechts von S würde sich aus der Perspektive des Newcomers allerdings eine Festlegung des Post-entry-Gleichgewichts im Punkt T als dominant gegenüber D erweisen. Dies wiederum kann nicht im Interesse von Firma i liegen, da sie in Tein geringeres Profitniveau verzeichnet als in D. Um eine Realisierung des Post-entry-Gleichgewichts im Punkt T zu verhindern, muß sie deshalb die Restriktion beachten, keine höhere als die mit S korrespondierende Kapazität aufzubauen31 . Die etablierte Firma kann somit - im Gegensatz zum zweistufigen DixitModell - nicht jeden Punkt der Strecke CC' als Gleichgewicht festlegen, sondern nur entlang der Strecke CS. Andernfalls besteht für den Neuankömmling die Option, mittels einer entsprechenden Kapazitätsentscheidung T als Gleichgewicht zu "erzwingen", wodurch Firma i schlechter gestellt würde. Wenngleich die qualitative Aussage des Dixit-Modells, wonach sunk costs eine strategische Asymmetrie zugunsten des etablierten Akteurs implizieren, erhalten bleibt, führt die Ware-Variante zu einer Abschwächung des First-mover-Vorteils. Die Verhinderung weiterer Markteintritte erfordert unter dieser Spielformulierung einen noch höheren Sunkcost-Anteil und/oder einen geringeren Limit-Output32 . Es stellt sich heraus, daß die quantitative Ausprägung des First-mover-Effektes irreversibler Investitionen äußerst sensibel im Hinblick auf die spieltheoretische ModelIierung des Eintrittsprozesses ist. Die strategische Wirkung irreversibler Investitionen sowohl im Dixit- als auch im Ware-Modell beruht grundsätzlich darauf, daß der spieltheoretische Rahmen ein bestimmtes Timing vorsieht. Angenommen, die Kontrahenten würden nicht sequentiell, sondern simultan agieren, dann ergäbe sich trotz einer Kombination aus sunk costs und zunehmenden Skalenerträgen, die innerhalb der ursprünglichen sequentiellen Entscheidungsstruktur hinreichend zur Abschottung des Marktes wäre, das Gleichgewicht C und damit keine strategische Asymmetrie zugunsten des Marktinhabers. Unt~r dem Kriterium der Realitätsnähe lassen sich allerdings kaum Einwände gegen eine sequentielle Spielforumlierung finden. Während die Annahme simultanen Handeins bei der Modeliierung wichtiger Teilaspekte des ökonomischen Geschehens oftmals angemessen erscheint, läßt sich die Entstehung ganzer Marktstrukturen nur in einem evolutorisch31 Genaugenommen betrifft dies die Post-entry-Outputmenge des Marktinhabers. Da Überkapazitäten in diesem Modell vollkommen sinnlos sind, d. h. es gilt x; = k;, trifft diese Aussage gleichermaßen auf die Kapazität zu. 32 Innerhalb der graphischen Präsentation sowohl des Dixit- als auch des WareModells schlägt sich eine Erhöhung des Sunk-cost-Anteils der ges&mten variablen Produktionskosten als Rechtsverschiebung der ex post Reaktionsfunktion nieder.

IV. Sunk costs als Markteintrittsbarriere

59

dynamischen und damit sequentiellen Kontext erklären. Die alternative Hypothese, wonach alle im zeitlichen Verlauf einer Marktentwicklung als Anbieter jemals in Frage kommenden Akteure im seihen Zeitpunkt ihre jeweilige Investitions- bzw. Eintrittsentscheidung treffen, ließe sich kaum begründen, denn hiermit würde implizitjede Form eines dynamischen Entstehungsprozesses ad hoc negiert. Aus der Annahme sequentiellen Handeins resultiert jedoch nicht notwendigerweise die im Dixit-Ansatz unterstellte zeitliche Struktur, derzufolge die Kapazitätsentscheidung des Newcomers erst getroffen wird, nachdem der Marktinhaber das gleichgewichtige Kapazitätsniveau vollständig implementiert hat. Dies würde zusätzlich voraussetzen, daß 1. entweder der Aufbau von Produktionskapital keine Zeit beansprucht,

so daß jeder noch so kleine Vorsprung des Marktinhabers ausreicht, um einen potentiellen Konkurrenten vor dem eigenen Kapazitätsaufbau vor vollendete Tatsachen zu stellen, oder

2. die zeitliche Verzögerung, mit der ein Newcomer auf eine profitable Markteintrittsoption reagiert, hinreichend lang ist, um dem etablierten Anbieter den Aufbau des gewünschten Kapazitätsvolumens zu ermöglichen. Während sich die erste Auffassung nur schwerlich mit dem irreversiblen Charakter von Kapazitätsinvestitionen vereinbaren ließe, muß die zweite unter dem Aspekt der Realitätsnähe als zu restriktive Annahme eingestuft werden. Eine hieraus folgende Kritik an der Vorgehensweise vieler Eintrittsmodelle haben bereits Caves/Porter (1977) sehr treffend formuliert: "The theory of entry barriers has been limited unnecessarily by confining itself to the movement of firms from zero outputs to positive outputs. It becomes much richer - yet remains determinate - when set forth as a general theory of the mobility of firms among segments of an industry, thus encompassing exit and intergroup shifts as weil as entry" (Caves/Porter, 1977, S. 241).

Basierend auf diesem Gedankengang haben Spence (1979) sowie Fudenberg/Tirole (1983) die Akkumulation irreversiblen Produktionskapitals als zeitlich stetigen Prozeß modelliert und die als Entscheidungsvariable fungierende Wachstumsrate des Kapitalstocks mit einer endlichen Obergrenze versehen. Die strategischen Interaktionen legen die Definition von "steadystate reaction curves" ( Tirole, 1989, S. 344) nahe, die das angestrebte Kapitalniveau eines Anbieters als Funktion des Kapitalstocks der konkurrierenden Firma darstellen. Für beide Kontrahenten besteht eine Motivation zur Ausschöpfung des maximal möglichen Investitionsvolumens (pro Zeiteinheit). Der resultierende Investitionszeitpfad wird durch unterschiedliche Akkumulationsgeschwindigkeiten und Anfangszeitpunkte determiniert.

60

C. Post-entry-Analyse

Auf diese Weise läßt sich der First-mover-Vorteil eines Akteurs exakt jener Zeitspanne zuordnen, um die sich der Beginn seines Investitionsprozesses im Vorsprung befindet. Der Extremfall eines gleichzeitigen Starts ermöglicht beispielsweise das Erreichen des Cournot-Nash-Gleichgewichts (in Kapazitäten). Eine Realisierung des Stackelberg-Gleichgewichts setzt dagegen eine hinreichende zeitliche Asymmetrie voraus. Auf die "steadystate reaction curves" läßt sich das Konzept des Limit-Outputs ebenfalls anwenden33 . Damit kann auf der Grundlage irreversibler Kapazitätskosten ein direkter Zusammenhang zwischen dem Grad an zunehmenden Skalenerträgen und dem Zeitvorsprung ermittelt werden, den ein "first mover" zum Erreichen jenes Kapitalniveaus benötigt, das dem Limit-Output entspricht. Dieser Ansatz läßt eine wesentlich breitere Palette möglicher Gleichgewichte zu als eine Modeliierung in diskreter Zeit34 • Die Verhinderung weiteren Markteintritts ist lediglich als Spezialfall enthalten, dessen Durchführbarkeit trotz vollkommen irreversibler Kapitalkosten die Erfüllung einer weiteren notwendigen Bedingung bedarf, nämlich eines hinreichend asymmetrischen Timings. Die Relevanz von sunk costs als Quelle für Markteintrittsbarrieren erfährt hierdurch eine weitere Relativierung. Die herausragende Bedeutung des Faktors "Timing" rückt den Paradigmenstreit hinsichtlich der Frage, ob Marktstrukturen als Resultat exogener Determinanten oder strategischen Verhaltens zu erklären sind, erneut ins Blickfeld. Schließlich unterliegt die zeitliche Abfolge, in der potentielle Anbieter eines bestimmten Marktes auftreten bzw. vor einer Investitionsentscheidung stehen, in erster Linie dem Zufall. Der Eindruck, daß die Annahme sequentiellen Handeins per se bereits elementare Wesenszüge einer Marktentwicklung vorwegnimmt, wird durch zwei Ansätze unterstrichen, die einen Firstmover-Effekt allein auf der Basis, daß eine Firma zuerst agiert, jedoch keine strategische Selbstbindung eingeht, erklären. Schmalensee (1982) hat die Entstehung von Markteintrittsbarrieren durch Produktdifferenzierung untersucht und dabei den Standpunkt Bains (1956), "advertising per se is not necessarily the main or even the most important key to the product differentiation problem" (S. 143), verifiziert. Unterstellt wird ein Markt, auf dem ein hinsichtlich seiner Charakteristika identisches Produkt angeboten wird, das allerdings unterschiedliche Qualitäten aufweisen kann. Diese beschränken sich der Einfachheit halber auf die Ausprägungen "funktionstüchtig" und "nicht funktionstüchtig", Spence (1979, S. 12). Fudenberg/Tirole (1983) gelangen bei dem Versuch, die Vielzahl möglicher Lösungen mittels geeigneter spieltheoretischer Konzeptionen einzugrenzen, zur Überzeugung, daß ein sog. "early-stopping"-Gleichgewicht, welches der Kollusionslösung entspricht, besonders plausibel ist. 33 Vgl. 34

IV. Sunk costs als Markteintrittsbarriere

61

wobei eine Kategorisierung als sog. "experience good" (Nelson, 1970) zugrunde liegt. Die Konsumenten sind somit über die Qualität einer neuen Produktmarke ex ante unvollständig informiert und veranschlagen für die Möglichkeit, ein nicht funktionierendes Gut zu erhalten, eine positive Wahrscheinlichkeit. Das Erscheinen einerneuen Marke bzw. seines Anbieters erfolgt sequentiell. Schmalensee modelliert den Markteintrittsprozeß als zweistufiges Spiel. Auf der ersten Stufe tritt eine Firma ein, deren Produkt im weiteren Verlauf der Marktentwicklung den Status einer Referenzmarke genießt. D. h. die Nachfrager orientieren sich bei der Bewertung einer neuen Produktalternative an dem bisherigen Qualitätsstandard. In der zweiten Periode gelangt ein weiteres Produkt auf den Markt, das aus der Perspektive der Konsumenten mit derselben ex ante Wahrscheinlichkeit für ein geringes Qualitätsniveau zu bewerten ist. Für das Post-entry-Spiel wird unterstellt, daß sich der Preis des ersten Produkts nicht ändert.

Falls sich das Pioniergut hinsichtlich seiner Funktionstüchtigkeit als akzeptabel erwiesen hat, erzielt der erste Anbieter gegenüber einem nachfolgenden Konkurrenten einen First-mover-Vorteil, der bei hinreichend zunehmenden Skalenerträgen weitere Markteintritte verhindern kann. Die Markentreue beruht darauf, daß jedes Wechseln zu einem Alternativprodukt einen Erfahrungs- bzw. Lernprozeß bezüglich dessen Qualität erfordert, derangesichtsder positiven ex ante Wahrscheinlichkeit für mangelnde Funktionstüchtigkeit nicht kostenlos sein kann. Dieses Ergebnis erstaunt insofern, als für beide Güter dieselbe ex ante Wahrscheinlichkeit gilt, keine Kostenasymmetrien vorliegen, der Preis des etablierten Anbieters aus der Perspektive des Newcomers rigide ist und außerdem keinerlei irreversible Werbeausgaben zur Erlangung eines Reputationseffektes getätigt werden. Der von Klemperer (1987a,b) stammende Switching-cost-Ansatz erklärt ebenfalls die Entstehung von First-mover-Effekten bei Abwesenheit selbstbindender Investitionen (keine sunk costs) und absoluter Kostenvorteile (identische Firmen). Sog. "switching costs" können auftreten, wenn Nachfrager von ihrem bisherigen Lieferanten zu einer anderen Firma wechseln, die ein identisches Produkt anbietet. Als Ursache für derartige Phänomene, aus denen eine gewisse Markentreue resultiert, führt Klemperer (1987b, S. 375) in erster Linie Transaktions- und Informationskosten an. Eine glaubwürdige Abschreckung potentieller Konkurrenten unter Ausnutzung von switching costs läßt sich im Rahmen eines zweistufigen Spiels darstellen. Es wird der Einfachheit halber das Vorhandensein nur einer etablierten Firma (i) unterstellt, die während der ersten Periode als Monopolist agiert. Sofern auf der zweiten Stufe ein Newcomer (j) in den Markt

62

C. Post-entry-Ana.lyse

eintritt, kommt es zu einem Cournot-Nash-Gleichgewicht. Eine Preisdiskriminierung zwischen bisherigen und neuen Nachfragern ist für den Marktinhaber in der zweiten Periodeper Annahme ausgeschlossen. Die während des Post-entry-Spiels auf ihn entfallende Nachfrage lautet

(16)

p(x? + x]) p(x? + x])- p

für für

2

1

X;> X;

1

wobei p die switching costs und der hochgestellte Index die jeweilige Periode kennzeichnet. Der Newcomer kann die Nachfrage

(17)

Pj2 =p ( x,2

+xi2) -p

auf sich vereinigen. Die strategische Asymmetrie zugunsten der etablierten Firma läßt sich graphisch analog zum Dixit-Modell darstellen. Für Outputmengen unterhalb des Levels ist für Firma i eine nach außen verschobene Reaktionsfunktion relevant, die im Punkt xj durch eine Senkrechte nach unten fortgesetzt wird. Der Neuankömmling ist aufgrund des Umstandes, daß seine Nachfrager stets mit switching costs belastet sind, an eine "ungünstigere", d. h. näher zum Ursprung lokalisierte Reaktionsfunktion gebunden. Ihr Schnittpunkt mit dem senkrechten Abschnitt der Reaktionsfunktion des Marktinhabers entspricht dem Cournot-Nash-Gleichgewicht der zweiten Periode und wird deshalb durch die Menge xj determiniert.

xt

Aufgrund der Option des Anbieters i, über die Outputmenge der ersten Periode Einfluß auf den Ausgang des Post-entry-Spiels nehmen zu können, ist für ihn möglicherweise eine höhere xt-Menge optimal als bei Vernachlässigung potentieller Konkurrenz. Im Falle hinreichend hoher Fixkosten kann die etablierte Firma den Limit-Output realisieren und damit weitere Markteintritte vereiteln. Die strategische Asymmetrie zugunsten eines Akteurs beruht nicht auf der Versenkung irreversibler Kosten, sondern auf einem bestimmten Timing in Verbindung mit switching costs.

V. Ein verallgemeinertes Konzept zur Erfassung strategischen Marktverhaltens 1. Exogene versus endogene Determination von Marktstrukturen

Die zahlreichen Ansätze zur Untersuchung strategischer Selbstbindungen kritisieren an den Aussagen des Limit-Preis-Modells nicht nur, daß sich die Abwehr potentieller Konkurrenten auf der Basis des Bain-SylosPostulates als unvereinbar mit rationalem Verhalten erweist. Sie bilden darüber hinaus die Ursache für einen Paradigmenstreit in der Frage, ob Marktzustände allein durch exogene Faktoren determiniert werden, an

V. Strategisches Marktverhalten

63

die sich die Marktteilnehmer optimal anpassen, oder ob Firmen mittels strategischer Maßnahmen selbst Einfluß auf entscheidende Strukturmerkmale eines Marktes nehmen können. Im "Struktur-Verhalten-Ergebnis"Paradigma Hainscher Prägung gelten Verhaltensweisen und Marktergebnisse als strukturell determiniert. Wenn Z den Vektor der für einen Markt relevanten exogenen Parameter (z. B. Technologie- und Kostenbedingungen, Präferenzen etc.), V die zur Verfügung stehenden Verhaltensoptionen und E die Marktergebnisse symbolisiert, dann läßt sich der "strukturalistische" Ansatz grob vereinfacht durch die Gleichungen

V= V(Z)

E

= E(V, Z) = f(Z)

wiedergeben 35 . Demgegenüber legt die Möglichkeit, Markteintrittsbarrieren mit Hilfe irreversibler Investitionen zu schaffen, die Einbeziehung einer Rückkoppelung nahe, die sich von den Marktergebnissen über das Marktverhalten auf die strukturellen Elemente vollzieht. Dieser Sachverhalt läßt sich durch das folgende Schema illustrieren:

Struktur

r--

I

Verhalten

r--

Marktergebnisse

l

l

Abb. 9: Da.s Struktur-Verhalten-Ergebnis-Paradigma

Die Berücksichtigung strategischen Verhaltens führt somit zu einer Endogenisierung der Marktstruktur. Der vorangegangene Abschnitt hat allerdings verdeutlicht, daß die grundsätzlich vorhandene Option irreversibler Investitionen nicht per se auf ein strategisches Potential schließen läßt. Umgekehrt muß die Existenz von First-mover-Vorteilen nicht notwendigerweise das Ergebnis selbstbindender Maßnahmen sein, sondern kann aus einem Timing resultieren, das mehr oder weniger zufällig und damit als exogen interpretierbar ist. Die hierbei untersuchte Ausprägung strategischen Agierens konzentrierte sich allerdings allein auf das Ziel einer Verhinderung von Markteintritten und die Maßnahme eines- im Vergleich zu "innocent" (Demsetz, 1982), also nicht strategischem Verhalten -übermäßigen lnvestitionsvolumens. Diese Selbstbeschränkung vernachlässigt den Umstand, daß 35 Vgl.

Jacquemin (1986, S. 11).

64

C. Post-entry-Analyse

1. strategisches Handeln auch dann relevant sein kann, wenn die Verhinderung weiteren Eintritts nicht möglich oder gegenüber der Alternative einer Duldung neuer Konkurrenten nicht optimal ist und 2. die Abwehr potentieller Konkurrenten unter bestimmten Umständen ein (im Vergleich zu nicht strategischem Vorgehen) geringeres Maß an irreversiblen Ausgaben erfordern kann. 2. Zur Abgrenzung strategischen Marktverhaltens

Um die qualitative Auswirkung strategischen Handeins auf die jeweilige Entscheidungsvariable (z. B. die Investition in irreversibles Kapital) abschätzen zu können, muß zunächst eine Trennlinie zwischen strategischem und nicht strategischem Verhalten gezogen werden. Eine generelle Definition oder Beschreibung strategischen Handeins erweist sich dabei als wenig hilfreich, solange die Frage unbeantwortet bleibt, welches Verhalten als nicht strategisch anzusehen ist36 . Zu dieser Problematik bemerkt Salop (1979): "An innocent entry ba.rrier is unintentionally erected a.s a. side effect of innocent profit maxima.za.tion. In contra.st, a. stra.tegic entry ba.rrier is purposely erectet to reduce the possibility of entry" (Salop, 1979, S. 335).

Diese verbale Umschreibung läßt ihrerseits eine exakte Konkretisierung des Terminus "innocent profit maximazation" vermissen. Fudenberg/Tirole (1984) haben eine wesentlich eindeutigere Konzeption vorgeschlagen, auf deren Grundlage eine Identifikation und Kategorisierung verschiedener Erscheinungsformen strategischen Agierens möglich ist. Demnach impliziert die Ausprägung einer Entscheidungsvariablen gerrau dann strategisches Verhalten, wenn diese von jenem Wert abweicht, den sie im Rahmen eines "open-loop"-Gleichgewichts aufweisen würde. Die hierbei als Referenzmarke fungierenden Open-loop-Strategien kennzeichnen- bezogen auf den vorliegenden Kontext -eine (hypothetische) Situation, in welcher der potentielle Konkurrent die Selbstbindung des Marktinhabers nicht wahrnimmt. Die Entscheidung des Newcomers kann somit nicht durch die zuvor erfolgte "Versenkung" irreversiblen Kapitals beeinflußt werden. Zur Verdeutlichung dieses Zusammenhanges bietet sich (in Anlehnung an bisher dargestellte Ansätze) die Betrachtung eines zweistufigen Spiels mit zwei Akteuren an. In der ersten Periode tätigt die etablierte Firma i eine irreversible Investition in Höhe von k. Auf der zweiten Stufe trifft der potentielle Konkurrent j eine Markteintrittsentscheidung. 36 Schellings (1960) Definition lautet: "( ... ) 'stra.tegic beha.vior' is concerned with infiuencing a.nother's choice by worlting on his expecta.tion of how one's own beha.vior is related to his" (S. 15).

V. Strategisches Marktverhalten

65

Die im Post-entry-Spiel realisierten Angebotsmengen bilden ein NashGleichgewicht und werden mit x; bzw. Xj bezeichnet. Die Profite lauten 7T; (k, x;(k), Xj(k)) und 7Tj (k, x;(k), Xj(k)). Eine Lösung dieses Spiels auf der Basis von Open-loop-Strategien entspricht einer simultanen Entscheidung bezüglich der Variablen k, x;(k) und Xj(k), weil Firma i das Verhalten des Newcomers über die Investition k nicht beeinflussen kann. Die Bedingung erster Ordnung für den etablierten Akteur lautet (18)

d1r; _ 07T;

07T; dx; _ 0

dk - 8k + ox; dk - .

Der zweite Summand auf der rechten Seite nimmt gemäß dem EnvelopeTheorem den Wert Null an. Der gleichgewichtige Kapitalstock wird mit k 0 bezeichnet. Somit gilt (19)

07T; (k 0 , x;(k 0 ), Xj(k 0 )) = O

ak

·

Der Wert k 0 repräsentiert das mit nicht strategischem Verhalten korrespondierende Kapitalniveau. Kommt dagegen das Konzept des "closedloop"-Gleichgewichts zur Anwendung, so optimieren beide Spieler in der zweiten Periode die Mengen x; und Xj für ein gegebenes k. Der Effekt einer k- Variation auf die Profite beider Akteure erweist sich im Gegensatz zum Open-loop-Gleichgewicht als umfangreicher. In diesem Falllautet die Bedingung erster Ordnung für den Marktinhaber

(20) Aus den bereits genannten Gründen kann der zweite Summand wiederum vernachlässigt werden. Den ersten Term o1r;/ ok bezeichnen Fudenberg/Tirole (1984) dann als direkten und den zweiten Term

07T; dxi OXj dk als strategischen Effekt. Der für dieses Optimierungproblem gleichgewichtige Kapitalstock ke impliziert strategisches Verhalten, sofern er vom Wert k 0 abweicht. Hierbei wird der Fall ke > ( 1 voraus, daß X[AC(x")] ein ganzzahliges Vielfaches von x" ist. Um dieser enorm restriktiven, fast einen Zufall erfordernden Bedingung zu entgehen, bemühen Baumol/Panzar/Willig diverse empirische Studien, die belegen sollen, daß Durchschnittskosten in der Praxis eher zum "ßat-bottom"-Typ tendieren 6 . Unter der Annahme, daß die Existenz einer tragfähigen Konfiguration gegeben ist, läßt sich die Struktur eines perfectly contestable market auf der Grundlage rein exogener Gegebenheiten - Technologie und Nachfrage - bestimmen. Die Theorie der contestable markets ist insofern als Untermauerung der "strukturalistischen" Position zu werten, d. h . der durch potentielle Konkurrenz verkörperte Selektionsmechanismus zwingt die Anbieter eines Marktes zur Anpassung an eine durch exogene Parameter fest vorgegebene Struktur. Es bleibt kein Raum für strategische Aktionen, mittels derer eine Beeinflussung struktureller Elemente möglich ist. Baumol/Panzar/Willig wollen ihren Ansatz in der Tat, wie aus bestimmten, regelmäßig auftretenden Formulierungen hervorgeht, als theoretische Wiederbelebung der "invisible band" verstanden wissen 7 . Andererseits wird jedoch darauf hingewiesen, daß der Extremfall des perfectly contestable market als "benchmark" aufzufassen ist, an dem die in der Realität beobachtbaren Marktzustände gemessen werden können. Die extrem restriktiven Bedingungen, unter denen die mit dieser Referenzsituation korrespondierenden Eigenschaften abgeleitet werden, werfen die Frage auf, wie robust die Resultate gegenüber kleinen Abweichungen von der zentralen Annahme sind, daß keinerleisunk costs und andere Ursachen für strategische Asymmetrien bzw. Eintrittsbarrieren vorliegen. 5 Der Beweis dieser Aussage findet sich bei Baumol/Panzar/Willig (1982, S. 146ff.). Vgl. auch Panzar (1989, S. 38). 6 Vgl. z. B. Baumol/Panzar/Willig (1982, S. 33), Baumol (1982, S. 9). 7 Vgl. z. B. Baumol (1982, S. 29), Baumol/Panzar/Willig (1986, S. 339f.).

6 Paech

82

D. Das Contestable-market-Modell

111. Die Rolle der sunk costs innerhalb des Contestable-market-Modells Irreversible Kosten sind für die Contestability-Analyse in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Die Annahme ihres Nichtvorhandenseins impliziert, daß etablierte Firmen über keine Möglichkeit zur Selbstbindung oder andere strategische Maßnahmen verfügen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Abschnitts C.VI erscheint die Modeliierung des Markteintritts als Hit-and-run-Verhalten bzw. Bertrandsche Preiskonkurrenz für diesen Extremfall gerechtfertigt. Die für Post-entry-Modelle unabdingbare Unterteilung des Eintrittsprozesses in (mindestens) zwei Perioden und die daraus folgende Dynamisierung entfällt somit. Unabhängig von strategischen Erwägungen nimmt die Höhe der sunk costs außerdem direkt Einfluß auf die Profitabilität der Hit-and-run-Strategie. Unter der im Rahmen des Contestable-market-Modells getroffenen Annahme, daß es zu keinem Post-entry-Spiel kommt, d. h . die Etablierten "vertreiben" einen im Zeitpunkt 0 eingetretenen Anbieter mittels einer aggressiven Preispolitik im Zeitpunkt R, lautet die Auszahlungsfunktion eines Newcomers unter Berücksichtigung der Reaktionsverzögerung R

{33)

Vj

=

j [(p-

E}Xj - C(xj )]e-rtdt- S

0

[(p- E)xi - C(xi )]

1- e-rR r

- S,

wobei p den bisherigen Marktpreis, C{ x i) die Kosten und r die Diskontrate darstellen. Der Term (p- E}Xj- C{xj) wird im folgenden als HertranclProfit bezeichnet und mit 1r8 (p) abgekürzt. S entspricht der Höhe irreversibler Kosten, die im Falle eines Marktaustritts in vollem Umfang als Verlust anfallen. Die Anwendung der Hit-ancl-run-Strategie kommt darin zum Ausdruck, daß der Newcomer den Preis der Etablierten um f unterbietet, und damit die gesamte Marktnachfrage für die Dauer der Reaktionsverzögerung auf sich zieht8 . Der hierzu erforderliche Betrag f, um den der Preis unterboten werden muß, läßt sich als Grad der Produktdifferenzierung oder Marktunvollkommenheit interpretieren. Unter der Annahme eines vollkommen homogenen Gutes konvergiert f gegen Null. Nach Maßgabe dieser einfachen Modellformulierung können die etablierten Anbieter das Eindringen eines potentiellen Konkurrenten lediglich mittels eines Preises vereiteln, der die Bedingung Vj = 0 erfüllt. Dieser Preis 8 Dies impliziert jedoch nicht, daß es für den Newcomer optimal ist, diese auch vollständig zu befriedigen.

IV. Verzögerungseffekte

83

entspricht im Extremfall S = 0 genau den Durchschnittskosten. Für positive S- Werte konvergiert der Eintritt verhindernde Preis mit abnehmendem S gegen die Durchschnittskosten. Aus diesem Sachverhalt ziehen Baumol/Panzar/Willig (1983, S. 494) den Schluß, daß "where there are almost no sunk costs, markets are almost perfectly contestable". Diese Folgerung erscheint selbst dann, wenn man die überaus einfache Modellstruktur zunächst akzeptiert, etwas übereilt. Sie beruht, wie Braulke (1983, S. 949) und Schwarz/Reyno/ds (1983) betonen, ebenfalls auf dem Vorhandensein einer hinreichend langen Reaktionsverzögerung. Farrell (1986, S. 69) hat darauf hingewiesen, daß zu jeden auch noch so geringen, aber positiven sunk costs ein entsprechend kurzes Reaktionslag mit der Eigenschaft konstruiert werden kann, eine beliebig hohe Abweichung zwischen Eintritt verhinderndem Preis und Durchschnittskosten zu erzeugen. Nimmt man der Vereinfachung halber t = 0 an und formt die Gleichung (33), nachdem Vj gleich Null gesetzt wurde, zu (34)

p=

rS Xj(1- e-rR)

C(xj)

+-Xj

um, so wird dieser Sachverhalt deutlich. Somit kommt dem Reaktionslag bei der Beurteilung eines Marktes unter dem Contestability-Kriterium eine ebenso bedeutende Rolle zu wie den sunk costs. Die Wirksamkeit potentieller Konkurrenz, gemessen in der Differenz zwischen Marktpreis und Durchschnittskosten, weist deshalb an der Stelle S = R = 0 ein hohes Maß an Unstetigkeit auf. Darüber hinaus vernachlässigen Baumol/Panzar/Willig die strategische Bedeutung irreversiblen Kapitals. Wenngleich der Extremfall S = 0 die Modeliierung des Eintrittsprozesses auf der Basis Bertrandscher Preiskonkurrenz zu rechtfertigen scheint, muß dies für beliebig geringe, jedoch positive S- Werte nicht mehr gelten. Wie sich im Zusammenhang mit Postentry-Modellen bereits herausstellte, kann die Verursachung und Wirkung von sunk costs unterschiedlichste Ausprägungen annehmen. So kann beispielsweise das Versenken werbewirksamer Ausgaben zwecks Aufbau einer Reputation einen vormals homogenen in einen nunmehr inhomogenen Markt verwandeln. Ausgehend von einem Zustand ohne Werbung (S = 0) führt selbst die Versenkung eines möglicherweise geringen Werbeetats zu einer drastischen Veränderung des adäquaten Eintrittsspiels.

IV. Zur Relevanz von Verzögerungseffekten Obwohl die im vorigen Abschnitt formulierte Auszahlungsfunktion eines potentiellen Konkurrenten zur Ermittlung des Eintritt verhindernden Preises in Abhängigkeit von S und R herangezogen werden kann, erlaubt

84

D. Das Contestable-market-Modell

sie keine Aussage darüber, ob eine Abwehr aus der Sicht etablierter Firmen überhaupt optimal ist, d. h. ein Nash-Gleichgewicht darstellt. Zu diesem Zweck sind ebenfalls Kenntnisse über die Auszahlungsfunktion der etablierten Firmen erforderlich. Unterstellt man den Extremfall S = 0, so bedeutet bereits eine minimale Reaktionsverzögerung R > 0, daß die Verhinderung weiteren Markteintritts nur mittels einer den Durchschnittskosten entsprechenden Preissetzung möglich ist. Die Strategiekombination (si: p = AC, kein Eintritt) läßt sich allerdings angesichts des Umstandes, daß die Marktinhaber hierbei keinen Profit erzielen, nur unter bestimmten, möglicherweise äußerst stringenten Bedingungen als (eindeutiges) Nash-Gleichgewicht identifizieren.

sr

Eine dieser Voraussetzungen besteht darin, daß etablierte Firmen durch die Ausübung von Hit-ancl-run-Aktionen einen Schaden erleiden müssen, der den aus einer (vorübergehenden) Freisanhebung resultierenden Profit übertrifft. Unter der Annahme, daß der Markt absolut kostenlos verlassen werden kann, bedeutet bereits die geringste Verzögerung, mit der ein potentieller Konkurrent von einer profitablen Eintrittsoption Gebrauch macht, eine Verletzung dieser Bedingung9 . Falls Baumol/Panzar/Willig- obwohl dies nicht explizit genannt wird - unterstellen, daß diese Bedingung erfüllt ist, würde hierdurch ein Widerspruch zu der Annahme eines vollkommen kostenlosen Marktaustritts entstehen. Schwartz/Reynolds (1983) haben in diesem Zusammenhang die mögliche Existenz eines Austrittstags in Erwägung gezogen, d. h . Firmen können den Markt erst mit einer gewissen Verzögerung verlassen. Ein derartiges Lag würde zeitweilig ungedeckte Fixkosten und damit quasi Austrittskosten verursachen. Allerdings würde diese Hypothese das angesprochene Problem nur in Verbindung mit einer kaum zu begründenden Asymmetrie lösen können: Die Austrittsverzögerung dürfte lediglich für etablierte, jedoch nicht für potentielle Konkurrenten relevant sein. Die Bedeutung der genannten drei Verzögerungseffekte soll im folgenden näher untersucht werden. 1. Die Reaktionsverzögerung

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Ergebnisse, zu denen BaumoljPanzar/Willig im Rahmen der Contestable-market-Analyse gelangen, nicht nur die Abwesenheit irreversibler Kosten, sondern ebenfalls das Vorhandensein einer Reaktionsverzögerung oder- wie Braulke (1983, S. 949f.) 9 Etablierte Firmen könnten bis zum Markteintritt den bei Abwesenheit potentieller Konkurrenz optimalen Preis verlangen und den Markt für die Dauer der Hit-and-run-Aktion verlassen (V gl. Schwartz/Reynolds, 1983, S. 498).

IV. Verzögerungseffekte

85

diesen Aspekt umschreibt - hinreichend "träge Preise" voraussetzt. Aus der Perspektive eines Newcomers liegt die Bedeutung einer derartigen Preisrigidität in der Fähigkeit, unter Ausübung der Hit-ancl-run-Option die gesamte Marktnachfrage auf sich zu vereinigen, bevor die etablierten Firmen den Markt durch eine entsprechende (aggressive) Preisreaktion zurückerobern. Hier läßt sich einwenden, daß eine erfolgreiche Hit-anclrun-Aktion nicht allein träge Preise, sondern vielmehr eine "fundamentale und unverständliche Asymmetrie" zugunsten eines Newcomers erfordert: "( ... ) beim Eindringen in den Markt und auch dann, wenn es wegen drohender Verluste um das Ausscheiden geht, handelt (der potentielle Konkurrent] schnell; wenn er jedoch erst einmal im Markt ist und nun seinerseits von neuen Konkurrenten unterboten wird, schaut er träge zu" (Braulke, 1983, S. 949).

Diese Kritik kann in zweierlei Hinsicht abgeschwächt werden. Erstens läßt die Modeliierung des Eintrittsprozesses als Hit-and-run-Verhalten in der Tat eine präzise Trennung zwischen potentiellen und etablierten Konkurrenten zu, d. h. Newcomer werden, sofern sie an der Hit-ancl-runStrategie festhalten, niemals zu etablierten Firmen. Da sie den Markt rechtzeitig vor einer oligopolistischen Interaktion verlassen, vermeiden sie die Situation, ihrerseits Preisreaktionen tätigen zu müssen. Zweitens kann ein Unterschied darin bestehen , ob sich das schnelle bzw. blitzartige Agieren eines Anbieters auf Freisanpassungen oder auf das Verlassen des Marktes bzw. die Produktionsniederlegung bezieht. Preis- und Kapitalbewegungen müssen nicht notwendigerweise dieselbe Geschwindigkeit aufweisen. Dies ändert jedoch nichts am eigentlichen Kern der Kritik, nämlich der im folgenden zu erörternden Frage, unter welchen Bedingungen die Annahme einer Reaktionsverzögerung realistisch und konsistent sein kann. Genaugenammen entspricht diese Phase nicht unbedingt der Differenz zwischen dem Eintrittszeitpunkt und der Preisreaktion, sondern hängt ebenfalls davon ab, mit welcher Geschwindigkeit die Nachfrager auf das Preissignal eines Newcomers reagieren. Marktunvollkommenheiten, z. B. vertragliche Bindungen, könnten hierbei Nachfrageträgheiten verursachen, die den für Neuankömmlinge relevanten Aktionszeitraum auf die Differenz zwischen den Reaktionszeitpunkten der Nachfrager und der etablierten Firmen reduzieren würde. In diesem Zusammenhang erscheint es bemerkenswert, daß Baumol/Panzar/Willig (1983, 1986) die Reaktionsverzögerung der Marktinhaber als Geltungsdauer von Lieferverträgen begründet haben. Dies wirft zwei elementare Fragen auf. Erstens: Auf welchen Märkten spielen derartige Verträge oder adäquate Instrumente, derer sich Newcomer zur Bindung von Nachfrage bedienen können, eine nennenswerte Rolle? Zweitens: Begünstigen Lieferverträge überhaupt eine erfolgreiche Anwendung der Hit-ancl-run-Option?

86

D. Das Contestable-market-Modell

Obwohl eine erschöpfende Beantwortung der ersten Frage sicherlich nur auf empirischer Ebene möglich ist, sollen einige theoretische Voraussetzungen für die Existenz solcher Verträge genannt werden. Zunächst ist zu klären, ob aus der Sicht von Konsumenten ein Grund bestehen kann, sich vertraglich an einen bestimmten Anbieter zu binden. Schließlich würden Nachfrager während der Gültigkeitsdauer eines Vertrages ihre Wahlmöglichkeiten einschränken. Mit zunehmender Vertragsdauer steigt die Wahrscheinlichkeit, daß zwischenzeitlich ein günstigerer Konkurrent auf dem Markt erscheint, dessen Angebot die Nachfrager aufgrund der zuvor eingegangenen Bindung nicht nutzen können. Es lassen sich dennoch Beispiele für Produktkategorien anführen, die Lieferverträge begünstigen. Hier sind prinzipiell Situationen zu nennen, in denen eine zeitliche Abweichung zwischen der Kaufentscheidung und der Leistungserfüllung durch den Anbieter vorliegt. Der Kauf schwer transportabler oder einem Investitionsobjekt entsprechender Produkte erfordert oft eine Anlieferung und Installation durch den Anbieter. Einschränkend ist jedoch darauf hinzuweisen, daß Lieferverträge in derartigen Fällen oft nur den einmaligen Erwerb des Gutes (oder der Leistung) umfassen. Andererseits sind Situationen denkbar, in denen bereits der Vertrag über die Erstellung nur eines einzigen, jedoch langwierigen und voluminösen Projektes die Grundlage für einen profitablen Markteintritt bietet. Als Beispiel lassen sich der Bau einer Brücke oder ähnlich umfangreiche Leistungscrsteilungen nennen. Ein anderer Umstand, der vertragliche Bindungen zwischen Nachfragern und Anbietern motivieren kann, betrifft Güter, die als Inputfaktoren oder Zwischenprodukte in andere Produktionsprozesse eingehen. Hier liegt oft ein permanenter und vor allem stetiger Bedarf an großen Quantitäten vor. Langfristige Lieferverträge stellen unter diesen Bedingungen gerade aus der Sicht eines Nachfragers ein geeignetes Instrument dar, eine verläßliche Versorgung mit Inputs zu sichern. Es können darüber hinaus Transaktionskosten vermieden werden, die daraus resultieren, mit einem Lieferanten in regelmäßigen Zeitabständen eine neue Order aushandeln zu müssen. Hierbei wäre zudem die Gefahr zu berücksichtigen, daß die Kapazitäten bisheriger oder anderer Lieferanten im Bedarfsfall ausgelastet sind. Ein Lagerbestand, der eine lang andauernde Versorgung mit Inputs ermöglicht, kommt oft nicht in Betracht, weil die betreffenden Ressourcen verderblich sein können, die Lagerung vergleichsweise zu kostspielig ist oder weil die momentane Kapazität der verfügbaren Lieferanten nicht ausreicht. Wenn Verträge erstens keine Wiederholungskäufe implizieren, d. h. von kurzer Gültigkeit sind, und zweitens (pro Exemplar) kein hohes Umsatzvolumen aufweisen, besteht eine dritte Möglichkeit, auf die Baumol/Panzar/

IV. Verzögerungseffekte

87

Willig (1983) in Zusammenhang mit ihrem mittlerweile strapazierten Standardbeispiel hingewiesen haben: "In terms of an airline scenario, 'hit-and-run' entry may be possible because the entra.nt ca.n sell tickets conditionally, and before he flies his plane into the market ( ... )" (Baumol/Panzar/Willig, 1983, S. 493).

Die überwiegende Mehrzahl an Konsumgütermärkten weist allerdings keine Diskrepanz zwischen Kauf- und Leistungszeitpunkt auf. Im Gegenteil: Märkte, für die ehemals eine Anlieferung und Installation durch den Anbieter typisch war, tendieren zum sog. "Selbstabholermarkt" 10 . Eine ähnliche Entwicklung ist auf Märkten für Lebensmittel und andere Produkte des Grundbedarfs zu beobachten. Liefervereinbarungen, die eine regelmäßige Folge an Wiederholungskäufen implizieren, z. B. die morgendliche Anlieferung von Milch oder Brötchen, sind kaum noch anzutreffen. Beschränkt man sich nun auf die wenigen speziellen Märkte, auf denen vertragliche Bindungen zwischen Kunden und Anbietern realistisch sind, verbleibt die Frage, inwieweit diese eine erfolgreiche Ausübung der Hitancl-run-Strategie überhaupt begünstigen. Unter dem Aspekt, Nachfrager an einen Newcomer zu binden, um diesen für einen hinreichenden Zeitraum vor der Reaktion etablierter Firmen zu schützen, ist die Option des Vertragsschlusses möglicherweise von ambivalenter Wirkung. Schließlich können sich auch die Marktinhaber dieses Instrumentes bedienen, um ein gewisses Maß an Nachfrageträgheit zu ihren Gunsten zu erzeugen. Profitable Hit-ancl-run-Aktionen unterlägen in diesem Fall der Restriktion, nur zum Zeitpunkt des Auslaufens alter Verträge getätigt werden zu können. Erschwerend könnte sich zusätzlich auswirken, daß sich der aktuelle Marktoutput aufmehrere Verträge verteilt, deren Gültigkeit nicht simultan endet. Dies würde die Option eines potentiellen Konkurrenten, die gesamte Nachfrage als Bertrand-Unternehmer aufsich zu vereinigen, vereiteln. Das momentane Volumen auslaufender Verträge würde bei zunehmenden Skalenerträgen möglicherweise keine Deckung der Kosten gewährleisten. Im folgenden wird die vollständige Abwesenheit irreversibler Kosten unterstellt (S = 0). Es sei xv die Outputmenge, die dem Volumen der im Eintrittszeitpunkt endenden Lieferverträge entspricht 11 .

Definition 7 x bezeichnet die Outputmenge, bei der die Durchschnittskosten die Preis-Absatz-Funktion von unten schneiden, d. h. es gilt AC(x) = p(x) und AC'(x) > p'(x). 10 Als Beispiel sind hier vor allem Möbel, größere Haushaltsgeräte, Fernsehgeräte oder Hifi-Anlagen zu nennen. 11 xv kann auch als durchschnittliches Volumen auslaufender Verträge interpretiert werden.

D. Das Contestable-ma.rket-Modell

88

Satz 1 Angenommen, es liegen keinerleisunk costs vor und es gilt x" < min( Xe x), dann kann derMarkteintritt eines Bertrand-Konkurrenten mittels eines Preises verhindert werden, der höher als min(AC(xe), AC(i)] ist. I

Beweis. Ein potentieller Konkurrent, der die Hit-ancl-run-Strategie anwendet, kann nicht mehr Nachfrage als x" aufsich vereinigen. Seine absetzbare Angebotsmenge befindet sich unter der Bedingung x" < min(xe, i) im Bereich fallender Durchschnittskosten. Die Verhinderung weiterer Markteintritte erfordert daher einen Preis p ~ AC(x"). Der höchste Preis mit dieser Eigenschaft lautet p = AC(x"). Aus x" < min(xe x) folgt, daß p = AC(x") > min(AC(xe), AC(x)] gelten muß. II I

Gegen dieses Resultat könnte zunächst eingewandt werden, daß sich die auf einen Newcomer entfallende Nachfrage, die im Eintrittszeitpunkt nicht höher als x" sein kann, zusehends vergrößert, weil während seiner Anwesenheit im Markt weitere Verträge zwischen etablierten Firmen und Nachfragern auslaufen. Dies würde allerdings einer Modeliierung des MarkteiDtrittsprozesses als Hit-and-run-Verhalten widersprechen. Eine Erklärung der Reaktionsverzögerung als Geltungsdauer von Lieferverträgen besagt lediglich, daß die Nachfrage, die der Newcomer im Eintrittszeitpunkt auf sich vereinigen kann, durch vertragliche Bindungen vor einer Preisreaktion der etablierten Firmen geschützt ist. Falls der Newcomer, nach dem er den Markt betreten hat, weitere Nachfrager auf sich ziehen will, käme dies einem Post-entry-Spiel gleich, denn schließlich könnten die etablierten Firmen ebenfalls um die frei werdende Nachfrage konkurrieren. Darüber hinaus ist die Dauer der eingangs abgeschlossenen Verträge des Newcomers zu berücksichtigen, zumal diese ebenfalls von unterschiedlicher Länge sein können, d. h. die Option, als aktiver Marktteilnehmer weitere Nachfrage zu binden, um das monentan erzielbare Nachfragevolumen und/oder die Dauer des Verbleibs im Markt auszudehnen, erfordert detaillierte Annahmen bezüglich des Post-entry-Verhaltens bzw. der zugrundeliegenden Vertragsstruktur. Dies dürfte sich allerdings kaum mit dem von Baumol (1983, S. 2) erhobenen Anspruch vereinbaren lassen, daß der Contestable-market-Ansatz keinerlei Post-entry-Annahmen bedarf. Außerdem verwahren sich Baumoi/Panzar/Willig (1983, S. 495) gegenjede Form einer Dynamisierung ihres Ansatzes. Neben der problematischen, wenn nicht sogar kontraproduktiven Wirkung vertraglicher Bindungen unter dem Aspekt der Angreifbarkeit von Märkten ist auf die Möglichkeit hinzuweisen, daß etablierte Firmen sich mittels bestimmter Vereinbarungen gegen Hit-and-run-Angriffe schützen. Auf eine vertragliche Vorkehrung dieser Art hat Grassman (1981) hingewiesen: Etablierte Firmen könnten den Nachfragern Verträge anbieten, in denen sie sich verpflichten, mit jedem geringeren Konkurrenzpreis gleichzuziehen. Auf diese Weise würden Konsumenten, die sich an einen Marktinha-

IV. Verzögerungseffekte

89

ber binden, sicherstellen, stets den geringsten Preis entrichten zu müssen. Unter diesem Regime würden potentielle und aktuelle Konkurrenten über dieselben Möglichkeiten der vertraglichen Bindung von Nachfragern verfügen, obwohl an der Bertrand-Annahme für Newcomer festgehalten wird. Die Strategien der Spieler bestünden in diesem Fall nicht aus einfachen Preis-Mengen-Kombinationen, sondern aus Angebotsfunktionen, diejedem Preis eine optimale Outputmenge zuordnen. Ein Newcomer würde die Profitabilität des Eintritts unter Berücksichtigung der Angebotsfunktionen etablierter Firmen kalkulieren, d. h . er würde als Bertrand-Konkurrent die Differenz zwischen der mit seinem Einstandspreis korrespondierenden Marktnachfrage und der optimalen Angebotsmenge der Etablierten auf sich vereinigen können. Grassman (1981) hat gezeigt, daß eine Anwendung dieses Vertragstyps auch dann Gleichgewichte zuläßt, wenn für den betreffenden Markt keine tragfähige Konfigurationen existiert. Derartige Gleichgewichte wären allerdings nur im Extremfall durch Nullgewinne charakterisiert 12 . 2.

Das Eintrittslag

Auch die extreme Annahme einer vollständigen Abwesenheit irreversibler Kosten in Verbindung mit einer Reaktionsverzögerung stellt nicht sicher, daß eine Preissetzung entsprechend den Durchschnittskosten innerhalb des Contestable-market-Modells ein (eindeutiges) Nash-Gleichgewicht bildet. Es wurde bereits auf die Bedeutung möglicher Verzögerungseffekte hingewiesen, mit denen potentielle Konkurrenten von einer profitablen Eintrittsoption Gebrauch machen. Die Hypothese, daß zu jedem beliebigen Zeitpunkt ein Neuling vorhanden ist, der willens und fähig ist, in einen Markt einzudringen, erscheint unrealistisch. Dies würde ein unerschöpfbares Reservoir an potentiellen Konkurrenten oder einen bestimmten Newcomer-Typ voraussetzen, der in einer Art "Lauerposition" verharrt, um dem Phänomen drohenden Markteintritts ein hinreichendes Maß an Glaubwürdigkeit zu verleihen. Andererseits ist diese Bedingung ausschlaggebend dafür, ob der korrigierende Effekt potentieller Konkurrenz einen ausreichenden Ersatz für mangelndes Preisnehmerverhalten darstellt. Die von den Verfechtern des Contestable-market-Modells stammenden Angaben zu dieser Problematik beschränken sich auf Äußerungen wie"( ... ) the heroes are the (unidentified) potential entrants who exercise discipline over the incumbent, and who do so most effectively when entry is free" (Baumol, 1982, S. 14). Eine hiermit aufgeworfene, aber von fast allen Eintrittstheorien, insbesondere dem Contestable-market-Ansatz unbeant12Vgl. auch Grassman (1986, S. 366f.).

D. Das Contestable-market-Modell

90

wortete Frage lautet: Wer sind eigentlich die Newcomer, und wodurch ist gewährleistet, daß sie jederzeit in hinreichender Zahl vorhanden sind? Zunächst erscheint eine Identifizierung potentieller Konkurrenten mit bereits aktiven Anbietern naheliegend, die aufgrund fungiblen Kapitals jederzeit in andere Märkte eindringen können. Der hierzu erforderliche Abzug von Kapital würde allerdings in dem bisherigen Markt ein Ungleichgewicht verursachen, dessen Beseitigung eine Preissteigerung und damit den Eintritt eines anderen Newcomers provozieren würde. Der erstgenannte Newcomer würde somit das Risiko eingehen, zum Reaktionszeitpunkt der Etablierten nicht mehr in sein bisheriges Aktionsfeld zurückkehren zu können 13 . Denkbar wäre ebenfalls der Aufbau von Überkapazitäten, mittels derer bereits aktiv operierende Firmen unter Anwendung der Hit-anclrun-Strategie in andere Märkten eindringen können. Auch diese Variante führt im Rahmen des Contestable-market-Ansatzes zu einer Inkonsistenz, da die hierdurch bedingte ineffiziente Produktionsstruktur auf dem Ausgangsmarkt ihrerseits profitable Eintrittspläne induziert und daher kein Gleichgewicht darstellt. Gegen diese Argumentation könnte eingewandt werden, daß sie auf einer unangemessen engen Auslegung des Contestable-market-Modells beruht; schließlich setzt die Analyse eines Marktes mit dem Attribut perfectly contestable nicht notwendigerweise voraus, daß die restliche Ökonomie denselben Charakteristika entspricht 14 . Ginge man jedoch davon aus, daß potentielle Wettbewerber von Märkten stammen, die nicht den Status perfectly contestable innehaben, so könnte das zeitweilige Ausscheiden einer Firma, die kurzfristig auf einem anderen Markt als Hertrancl-Unternehmer in Erscheinung tritt, wiederum nicht kostenlos sein. Im Falle der alternativen Hypothese, wonach potentielle Konkurrenz durch Firmen verkörpert wird, die noch auf keinem Markt als aktiver Produzent vertreten sind, bliebe zu klären, auf welches Kapital diese bei der Realisierung einer Hit-anclrun-Attacke zurückgreifen können. Ein eigens zu diesem Zweck bereitgehaltener, jedoch unbeschäftigter Kapitalstock würde das Problem ungedeckter Opportunitätskosten aufwerfen. Baumoi/Panzar/Willig (1983, S. 492) berufen sich diesbezüglich auf die Möglichkeit eines hinreichend funktionsfähigen Kapitalmarktes. Die Fragwürdigkeit dieser Annahme bringen Cairns/Mahabir (1988) besonders pointiert zum Ausdruck: "Why do the renters of capital have uncornrnitted aeroplanes (or what ever) sitting waiting for sorneone in the wing whose only function is to rnake sure that the capital does not ever have to be rented because the incumbents price to deter entry?" ( Cairns/Mahabir, 1988, S. 270).

Cairns/Mahabir (1988, S. 270). (1986, S. 11) betonen durchaus die Existenz solcher Märkte, die "highly uncontestable" sind. 13 V gl.

14 Baumol/Willig

IV. Verzögerungseffekte

91

Akzeptiert man trotz aller Ungereimtheiten die Annahme, "potential entrants are sufficiently numerous, the incumbent faces a (similar) entry threat at every instant" (Baumol/Panzar/Willig, 1986, S. 349), so verbliebe weiterhin die Möglichkeit einer zeitlichen Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung profitabler Eintrittsoptionen und der eigentlichen Produktionsaufnahme eines Neuankömmlings. Der Eintritt in einen Markt geht notgedrungen mit dem Aufbau oder Transfer irgendwelchen Produktionskapitals einher. Die Annahme, dies sei ohne Inanspruchnahme eines meßbaren Zeitaufwandes durchführbar , dürfte auch fernjedes empirischen Seitenblicks sein. Eine mit Markteintritten verbundene lnvestitionsphase, die der eigentlichen Betriebsaufnahme vorgelagert ist, läßt sich außerdem durchaus mit einer vollständigen Abwesenheit irreversibler Kosten vereinbaren; denn sie schließt die Möglichkeit nicht aus, Gebäude oder Produktionsanlagen zu einem Preis in Höhe der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten verkaufen, kostendeckend vermieten oder einer alternativen Nutzung zuführen zu können. Faßt man die Inkonsistenzen, die sich aus der Annahme einer ständigen Bereitschaft potentieller Konkurrenten ergeben, sowie das Erfordernis einer Investitions- oder mindestens Transaktionsphase zusammen, so erweist sich die Berücksichtigung einer zeitlichen Verzögerung, mit der Markteintritte erfolgen, als unumgänglich 15 . Eine derartige Eintrittsverzögerung hat für die Contestable-market-Analyse erhebliche Konsequenzen, da sie etablierten Firmen die Option eröffnet, während dieser Phase eine von potentieller Konkurrenz unbeeinflußte Preispolitik zu gestalten. Selbst unter der restriktiven Annahme, daß die Marktinhaber den Markt (im Gegensatz zum Newcomer) nicht jederzeit kostenlos verlassen können, also einer extremen Asymmetrie zuungunsten etablierter Akteure, kann ein hinreichend langes Eintrittslag den disziplinierenden Effekt potentieller Konkurrenz aufheben 16 . Unter der Annahme sequentiellen Handeins entspricht die Eintrittsverzögerung der Länge des Zeitraums zwischen dem Ausscheiden des Newcomers j - 1 und dem Eintrittszeitpunkt eines Newcomers j. Modelliert man den Zeitraum zwischen der jeweiligen Beendigung zweier aufeinanderfolgender Hit-ancl-run-Aktionen als Markteintrittsprozeß, so lautet die mit diesem Eintrittsspiel korrespondierende Auszahlung eines Marktinhabers (35)

V;

=

j

lj

lRj-l

j

lRj

1r'/e-rtdt-

Fe-r 1 dt,

lj

15 V gl. Schwartz/Reynolds (1983). 16 Die Plausibilität und Konsistenz dieser Annahme wird 1m nächsten Abschnitt diskutiert.

92

D. Das Contestable-market-Modell

wobei ti den Eintrittszeitpunkt des Newcomers j und tR; den Reaktionszeitpunkt der Etablierten bezeichnet17 . 7r 0 entspricht dem Profit der (des) Marktinhaber(s) unter Vernachlässigung drohenden Markteintritts. Es ist unmittelbar ersichtlich, daß der erste Summand den Wert des zweiten Integrals übertreffen kann. Dies entspräche einer Situation, in der eine profitable Ausschöpfung des Eintrittslags dominant gegenüber der Verhinderung von Hit-ancl-run-Aktionen mittels einer Preissetzung im Sinne tragfähiger Konfigurationen ist. 3. Die Austrittsverzögerung

Im Rahmen ihrer Kritik am Contestable-market-Ansatz haben Schwartz/Reynolds (1983) auf die Möglichkeit hingewiesen, daß der Marktaustritt eines Akteurs nicht unmittelbar, sondern nur mit einer Zeitverzögerung erfolgen kann. Die Existenz eines derartigen Austrittslags kann erhebliche Konsequenzen für die Realisierbarkeit der Hit-ancl-runStrategie haben. "Once we assume, the exit lag exceeds the price-adjustment lag, the entrant will be unable to escape price reactions by the incumbent and therefore may choose not to enter" (Schwartz/Reynolds, 1983, S. 489).

Die Wirkung einer Austrittsverzögerung besteht in der Verursachung von Marktaustrittskosten infolge zeitweilig nicht gedeckter Fixkosten auch wenn diese keinerleisunk costs enthalten. Es sei tE; der frühestmögliche Marktaustrittszeitpunkt eines potentiellen Konkurrenten. Die mit einem Hit-and-run-Eintritt korrespondierende Auszahlung lautet dann

j

tRj

(36)

Vj =

J tEj

1r8

(p)e-rtdt-

Fe-rtdt.

Unter der Annahme, daß der Newcomer im Zeitpunkt tRi aufgrundeiner aggressiven Preisreaktion die gesamte Nachfrage wieder an die Marktinhaber verliert, jedoch erst im Zeitpunkt tE; den Markt verlassen kann, entstehen für ihn Marktaustrittskosten in Höhe des zweiten Integrals. Dieses nimmt einen positiven Wert an, falls tR; < tE; gilt. Für die etablierten Firmen ergibt sich hieraus die Möglichkeit, weitere Eintritte mittels eines Preises oberhalb der Durchschnittskosten abzuwehren. Dieser Preis braucht lediglich die Bedingung 17 Gemäß der Logik des Hit-and-run-Verhaltens hat der Neuankömmling j - 1 den Markt spätestens im Reaktionszeitpunkt tR1 _, verlassen. Dies erklärt die Untergrenze des ersten Integrals.

IV. Verzögerungseffekte fRj

(37)

j lj

93

tEj

trB(p)e-r 1 dt

~

j

Fe-r 1 dt

tRj

zu erfüllen. Unter der Voraussetzung tR1 < tE1 und F > 0 liegt damit der höchste, einen Eintritt verhindernde Preis oberhalb der Durchschnittskosten. Exakt derselbe Sachverhalt läßt sich mit Hilfe einer Situation konstruieren, in der zwar kein Austrittslag, dafür jedoch sunk costs in Höhe des zweiten Integrals vorliegen 18 . Angenommen, ein neuer Konkurrent investiert in eine Produktionsanlage, die fixe Kosten in Höhe von F Geldeinheiten verursacht. Im Zeitpunkt tR1 > ti ist der Newcomer irrfolge einer Preisreaktion zum Verlassen des Marktes gezwungen. Es finden sich nun zwei potentielle Käufer für die Anlage, von denen der erste bereit ist, im Zeitpunkt tR1 einen Preis in Höhe von (1- s)F, 0 ~ s ~ 1, zu zahlen. Der andere Interessent bietet einen Preis in Höhe der ursprünglichen Anschaffungskosten F, tritt allerdings erst im Zeitpunkt tE, > tR, in Erscheinung. Die aus der Perspektive des Newcomers in jedem Fall entstehenden Marktaustrittskasten werfen die Frage auf, ob diese nun als Resultat irreversibler Kosten (sF) oder als Resultat einer Austrittsverzögerung aufzufassen sind. Offensichtlich korrespondiert zu jeder Austrittsverzögerung ein äquivalenter Sunk-cost-Anteil, der dieselbe Wirkung hat 19 . Austrittslags lassen sich deshalb als eine von mehreren Ursachen für das Sunk-cost-Phänomen interpretieren. Die Annahme einer Austrittsverzögerung führt somit zu einem Konsistenzproblem, wenn gleichzeitig der Extremfall einer vollständigen Abwesenheit irreversibler Kosten, d. h. ein perfectly contestable market unterstellt wird: Einerseits symbolisiert die Nichtexistenz von sunk costs im Rahmen der Contestable-market-Analyse die Irrelevanz jeglicher Marktaustrittsbarrieren, andererseits würden diese über die Hintertür vorübergehend ungedeckter Fixkosten wieder zugelassen. Vor diesem Hintergrund scheint die eingangs zitierte Schwartz/Reynolds-Kritik auf einem Mißverständnis zu beruhen, zumal sie sich auf den Fall perfectly contestable bezieht. Dies impliziert jedoch keine Untermauerung der Resultate, zu denen Baumol/Panzar/Willig gelangen, insbesondere der Kernaussage, wonach tragfähige Gleichgewichte bei Abwesenheit irreversibler Kosten durch eine Übereinstimmung zwischen Preis und Durchschnittskosten gekennzeichnet sind. Das Vorhandensein eines Austrittslags beeinflußt nicht nur die Profitabilität der Hit-and-run-Strategie, sondern auch die Auszahlungen der Etablierten. 18 Spence (1983) assozüert mit irreversiblen Kosten "the period for which a new entrant's costs are sunk, after the investment is costlessly" (S. 986). 19 Auf diese Entsprechung hat auch Schwartz (1986) aufmerksam gemacht.

94

D. Das Contestable-market-Modell

Abstrahiert man von einer Austrittsverzögerung, so erhöht dies die Angreifbarkeit eines Marktes, da potentielle Konkurrenten jederzeit kostenlos ausscheiden können; andererseits können etablierte Firmen ebenfalls von der Option Gebrauch machen, den Markt für die Dauer einer Hit-anclrun-Attacke kostenlos zu verlassen 20 . Der disziplinierende Effekt drohenden Markteintritts wird auf diese Weise geschmälert, weil Marktinhaber hierdurch keinen Schaden erleiden und die Motivation zu einer Eintritt verhindernden Preissetzung sinkt. Es bleibt allerdings zu prüfen, ob sich ein derartiges Vorgehen etablierter Firmen mit der Annahme einer Reaktionsverzögerung vereinbaren läßt. Schließlich wäre der Reaktionszeitpunkt tR1 in diesem Zusammenhang als Wiedereintrittszeitpunkt der Marktinhaber zu werten, nachdem diese den Markt zeitweilig verlassen haben, um Verluste infolge ungedeckter Fixkosten zu vermeiden. Da der Eintritt in einen perfectly contestable market per definitionem vollkommen kostenlos ist, muß dies ebenfalls für etablierte Akteure gelten, die vorübergehend ausscheiden . Andererseits stellt sich die Frage, ob es sinnvoll sein kann, Marktinhabern einerseits die Option eines blitzschnellen Ausscheidens einzuräumen, ihnen aber andererseits die Fähigkeit einer ebenso schnellen Preisreaktion abzusprechen. Interpretiert man das Reaktionslag unter Bezugnahme auf BaumoljPanzar/Willig (1986) als Vertrag, so lassen sich die zunächst widersprüchlich anmutenden Annahmen durchaus miteinander vereinbaren. Die Preisrigidität beruht in diesem Kontext nicht auf einer mangelnden Reaktionsgeschwindigkeit, sondern vielmehr darauf, daß Preissenkungen vor Ablauf der vertraglichen Bindung zwischen Nachfragern und dem Newcomer wirkungslos sind. V. Ein statischer Ansatz als adäquates Instrument zur Analyse eines immanent dynamischen Phänomens? Die Entstehung von Marktstrukturen läßt sich als Resultat einer Serie aufeinanderfolgender Ein- und Austrittsprozesse auffassen. Um der realistischen Situation einer dynamischen, über längere Zeiträume ablaufenden Marktentwicklung gerecht zu werden, erscheint die Annahme sequentiellen Handeins unumgänglich. Die Modeliierung fast aller Markteintrittstheorien erfolgt deshalb in Form nicht kooperativer, extensiver Spiele. Im Gegensatz dazu beschränkt sich der Contestable-market-Ansatz aufgrund seines statischen Charakters auf die Analyse einer bestimmten 20 Bisher genutztes Kapital könnte aufgrundseines vollkommen fungiblen bzw. reversiblen Charakters jederzeit vermietet, verkauft oder auf einem anderen Markt eingesetzt werden.

V. Zur Eignung eines statischen Ansatzes

95

Klasse von Gleichgewichten. Die Einbeziehung verschiedener Verzögerungseffekte im Rahmen des vorigen Abschnittes verdeutlichte bereits die Fragwürdigkeit der Resultate Baumol/Panzar/Willigs, obwohl zunächst die wichtigste Modellannahme, wonach der Eintrittsprozeß als Hit-andrun-Verhalten dargestellt werden kann, beibehalten wurde. Dadurch wird die Möglichkeit eines Post-entry-Spiels und damit jede Dynamisierung einfach per Annahme ausgeschlossen. Die Reduktion des Markteintritts auf reine Hit-and-run-Aktionen, insbesondere die vorweggenommene Entscheidung, den Markt vor einer oligopolistischen Interaktion mit den Etablierten wieder zu verlassen, entbehrt einer rationalen Begründung. Es bleibt ungeklärt, ob und unter welchen Bedingungen eine aggressive Preisreaktion der etablierten Firmen zur Vertreibung des Eindringlings optimal ist. Diese Fragestellung weist eine gewisse Parallelität zum Glaubwürdigkeitsproblem des Limit-Preis-Modells auf. Die besonderen Effizienzeigenschaften des Extremfalls perfectly contestable fußen auf den Annahmen: • Es sind keine Markteintritts- oder Marktaustrittskosten (sunk costs) vorhanden. • Die Existenz einer tragfähigen Konfiguration ist gesichert. • Preisreaktionen seitens etablierter Firmen erfolgen mit einer Verzögerung. • Es kann von einem permanenten Vorhandensein potentieller Konkurrenz ausgegangen werden. • Newcomer treten als Bertrand-Unternehmer in den Markt ein, d . h. sie kalkulieren die Profitabiltät auf der Basis des Preises vor dem Eintritt. Die Kausalkette, mit der Baumol/Panzar/Willig den disziplinierenden Effekt drohenden Markteintritts zu begründen versuchen, folgt hierbei immer demselben Schema: Wenn der Marktpreis einen Wert oberhalb der Durchschnittskosten annimmt oder Ineffizienzen vorliegen, kann sich der betreffende Markt nicht in einem tragfähigen Zustand befinden und provoziert folglich das Eindringen eines Newcomers. Vollkommen unbeantwortet bleibt hierbei jedoch die Frage, was nach einem Markteintritt geschieht 21 . Das Ausbleiben eines Post-entry-Spiels aufgrund des rechtzeitigen Ausscheidens potentieller Konkurrenten stellt keineswegs ein Ergebnis des 21 V gl.

auch Sharkey (1982, S . 165).

96

D. Das Contestable-market-Modell

von Baumoi/Panzar/Willig formulierten Modellrahmens dar, sondern kann nur als willkürliche Ad-hoc-Annahme gewertet werden, die in der Contestability-Literatur einer logischen Begründung entbehrt. Vor dem Hintergrund effizienter Konfigurationen, die mehr als eine Firma enthalten (ne > 1), dürfte die Modeliierung einer typischen Marktentwicklung auf der Basis des Contestable-market-Ansatzes kaum möglich sein. Angenommen, es befindet sich bereits eine Firma im Markt; wie könnte dann jemals ein tragfähiges Gleichgewicht erreicht werden, wenn jeder weitere Newcomer als Hit-ancl-run-Akteur in Erscheinung tritt und den Markt somit vor einer Reaktion des ersten Anbieters wieder verläßt? Der Fall ne > 1 ist durch U-förmige Durchschnittskosten und somit auch - wenigstens ab einer bestimmten Outputmenge - durch steigende Grenzkosten gekennzeichnet. Damit ist nicht auszuschließen, daß eine aggressive Preisreaktion der (des) etablierten Anbieter(s) ein gewisses Quantum an unbefriedigter Nachfrage hinterläßt, die einen verlustfreien Verbleib des Newcomers ermöglichen würde- es sei denn, die Marktinhaber beabsichtigen, den Eindringling auch unter Inkaufnahme von (temporären) Verlusten zu vertreiben. Diese Vorgehensweise käme allerdings einer unglaubwürdigen Drohung gleich. Die Untersuchung des Markteintrittsprozesses auf der Basis des Contestable-market-Ansatzes bricht genau dort ab, wo die Post-entry-Analyse ansetzt. Letztere abstrahiert allerdings von der Möglichkeit zeitweiligen, bis zum Reaktionszeitpunkt andauernden Bertrand-Verhaltens. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, den Eintrittsprozeß in zwei zeitliche Abschnitte zu unterteilen, nämlich in die Verzögerungsphase und das darauffolgende Post-entry-Spiel. Schwartz (1986) hat versucht, den Contestable-market-Ansatz in diesem Sinne zu verallgemeinern, indem er die Strategiemenge potentieller Konkurrenten um die Option "hit-and-stay" ergänzt. Gemäß dieser Strategie betritt ein Newcomer den Markt als Bertrand-Unternehmer, verbleibt jedoch auch nach einer Reaktion der etablierten Firmen im Markt, um an der sich neu formierenden Oligopollösung zu partizipieren. Bezeichne Vf die auf den Zeitpunkt tRi abgezinste Summe zukünfiger Oligopolprofite im Rahmen des in tRi einsetzenden Post-entry-Spiels, so lautet die mit der Hit-and-stay-Strategie korrespondierende Auszahlung eines Neuankömmlings22

J fRj

(38)

Vj :::::

1rB(p)e-rtdt + V/e-rtRi.

tj 22 Die Möglichkeit einer Austrittsverzögerung ist in diesem Fall nicht zu berücksichtigen, da der potentielle Konkurrent den Markt nicht verläßt.

V. Zur Eignung eines statischen Ansatzes

97

Mit Hilfe dieser Schreibweise lassen sich die bislang behandelten zwei Spezialfälle ebenfalls darstellen. Falls keine Reaktionsverzögerung vorliegt, d. h . ti = tR;, reduziert sich der Eintrittsvorgang auf die Lösung des Post-entry-Spiels. Die Auszahlungsfunktion enthält dann lediglich den Gegenwartswert des Termes Vj0 • Liegt dagegen die vom Contestable-marketModell untersuchte Situation vor, d. h. existiert erstens ein Reaktionslag und ist es zweitens für die Marktinhaber optimal und durchführbar (also glaubwürdig), den Newcomer im Zeitpunkt tR; zu vertreiben, so reduziert sich die Auszahlungsfunktion auf die erste Komponente, also den diskontierten Bertrand-Profit. In diesem Zusammenhang weisen die Protagonisten des Contestablemarket-Ansatzes beharrlich auf die Vorzüge des statischen Charakters ihrer Analyse hin. Dies wird besonders durch die Kritik deutlich, mit der Baumol/Panzar/Willig (1982, S. 446) die Vorgehensweise der gängigen Post-entry-Ansätze abwerten. Nun läßt sich in der Tat nicht bestreiten, daß die Resultate der Post-entry-Ansätze hochgradig von der spieltheoretischen Formulierung und dem angenommenen Oligopolverhalten abhängen. Der Contestable-market-Ansatz nimmt für sich in Anspruch, gerade die "pitfalls of extrapolation to the behavior of potential entrants, without clear justification, of even rather reasonable assumptions about the strategic interactions of incumbents" (S. 43) zu vermeiden. Diese Sichtweise sollte indes nicht darüber hinwegtäuschen, daß eine Beschränkung des Eintrittsprozesses auf einperiodige Hit-ancl-run-Aktionen und dem damit einhergehenden Verzicht auf jegliche Dynamisierung nicht minder einer bestimmten spieltheoretischen Struktur entspricht, die einer Begründung bedarf23 . Sowohl von den Verfechtern als auch den Kritikern des Contestablemarket-Modells wird oft übersehen, daß die Hit-ancl-run-Hypothese keinesfalls ausreicht, um von strategischem Verhalten und einer Dynamisierung des Eintrittsprozesses abstrahieren zu können. Die Vernachlässigung eines Post-entry-Spiels stellt lediglich sicher, daß ein separater Markteintrittsprozeß keinen Raum für strategische Interaktionen (z. B. Selbstbindungen) bietet, weil die Profitabilität des Eintritts auf der Grundlage des Preises vor einer Reaktion der Etablierten bewertet wird. Außerdem sind die einzelnen Perioden einer Sequenz von Markteintrittsvorgängen strukturell 23 Brock (1983, S. 1059ff.) hat diesen Aspekt aufgegriffen und versucht, den Contestable-market-Ansatz als Spiel zu formulieren. Gemäß seinen Ausführungen beruhen die Ergebnisse BaumoljPanzar/Wllligs auf einer Akzentverschiebung dergestalt, daß nicht die etablierten Firmen, sondern die potentiellen Konkurrenten über einen First-mover-Vorteil verfügen. Schwartz/Reynolds (1983, S. 488) gehen mit der Feststellung "There is a post-entry game in Baumol's model but it is degenerate ( ... )" noch einen Schritt weiter.

7 Paech

98

D. Das Contestable-market-Modell

unabhängig voneinander, da der Newcomer den Markt- falls er eingedrungen ist - vor dem Beginn des nächsten Eintrittsprozesses verläßt. Dies bedeutet, daß die innerhalb einer bestimmten Periode gewählten Strategien keinen Einfluß auf die Auszahlungsfunktionen zukünftiger Perioden bzw. Eintrittsprozesse haben . Strukturelle Unabhängigkeit zwischen den Entscheidungsstufen eines mehrere Perioden umfassenden Spieles impliziert jedoch keine strategische Unabhängigkeit 24 . Strategische Unabhängigkeit umschreibt eine spieltheoretische Situation, in der die Entscheidungen einer Periode bzw. eines Teilspiels nicht durch die in der Vergangenheit gewählten Strategien beeinflußt werden. Es findet somit kein Informationstransfer oder Lernprozeß statt. Der mit einem derartigen Regime korrespondierende Strategietyp trägt den Terminus "open-loop"-Strategie 25 .

Wenn die permanente Gefahr drohenden Markteintritts durch nur einen Akteur "in the wing" repräsentiert wird, läßt sich das Phänomen potentieller Konkurrenz im Rahmen der Gontestability-Analyse als sog. "repeated game" ( wiederholtes Spiel) oder "supergame" charakterisieren 26 . Ein derartiger Kontext, in dem jede Periode als Wiederholung eines Basisspiels aufzufassen ist, eröffnet die Möglichkeit quasi-kooperativer Lösungen, weil dann stets dieselben Spieler miteinander konfrontiert sind. Die Relevanz von Gleichgewichten in Closed-loop-Strategien erfordert hier lediglich, daß die Entscheidungen einer Periode nicht unabhängig von den beobachtbaren Strategien der Vorperiode sind. Lösungen dieser Art werden erstens durch einen hohen Diskontfaktor und zweitens durch die Verfügbarkeit hinreichend aggressiver Vergeltungsmaßnahmen für den Fall, daß eine Firma von dem kooperativen Gleichgewichtspfad abweicht, begünstigt. Ein von Shapiro (1989a, S. 357) in diesem Zusammenhang als " topsyturvy principle" apostrophiertes Phänomen besagt, daß jene Faktoren, die in einem statischen Umfeld zu einer Erhöhung des Wettbewerbs beitragen, innerhalb eines wiederholten Spiels einen höheren Grad an Kollusion begünstigen, weil die andernfalls in Betracht kommenden Vergeltungsmaßnahmen entsprechend hart sind. Die Bedeutung dieses Sachverhaltes wird gerade durch die Modellannahmen eines perfectly contestable market heraufbeschworen, denn in dieser Extremsituation haben die Spieler nur die Wahl zwischen einer Kollusionslösung und einem- falls die Resultate Baumoi/Panzar/Willigs zutreffen - durch Nullgewinne charakterisierten tragfähigen Gleichgewicht. Um 24 Vgl.

Friedman (1986, S. 72). auch Abschnitt C .V.2 dieser Arbeit. 26 Shapiro (1989a, S. 357) bezeichnet die endliche (unendliche) Wiederholung eines Spiels als "repeated game" ("supergame" ). 25 Vgl.

VI. Begründung des Hit-and-run-Verhaltens

99

diese Form einer Dynamisierung ebenfalls ausschließen zu können, muß potentielle Konkurrenz durch hinreichend viele verschiedene Newcomer verkörpert werden. VI. Läßt sich die Modeliierung des Markteintritts als Hit-and-run-Verhalten begründen?

Ein weiterer Aspekt, der von den Kritikern des Contestable-marketAnsatzes hervorgehoben wird, betrifft das von Baumol/Panzar/Willig unterstellte Newcomer-Verhalten. Warum sollte ein Newcomer während der Reaktionsverzögerung- sofern diese existiert (tRi > ti)- ausgerechnet als Hertrancl-Unternehmer auftreten, anstatt sich gemäß der Cournot- oder irgendeiner anderen Mengenoligopollösung optimal an den Output der Marktinhaber anzupassen? Diese von Braulke (1983, S. 950) und Brack (1983, S. 1061) erstmals aufgeworfene Frage läßt sich unter der Voraussetzung, daß die Reaktionsverzögerung strategisch unabhängig von der Phase nach dem Eintritt, d. h. dem Post-entry-Spiel ist, eindeutig beantworten. Unabhängigkeit heißt hier, daß die während der Reaktionsverzögerung gewählte Entscheidungsvariable des Newcomers keinen Einfluß auf das Oligopolverhalten der Etablierten während der Post-entry-Phase hat. Der Vektor (p 0 ; x~, ... , x~) kennzeichne eine beliebige Oligopollösung bei Mengenkonkurrenz. Die entsprechenden Auszahlungen der beteiligten Spieler lauten 1r;'(p0 ; xl, ... , x~) . Mit dieser Lösung wird kein spezifisches Oligopolmodell assoziiert; somit sind auch asymmetrische Lösungen zugelassen, d. h. der Fall xf # x% und 1r;'(-) # 1r%(-) ist inbegriffen. Es wird lediglich angenommen, daß der Oligopolpreis p 0 als Funktion der Anzahl aktiver Firmen darstellbar ist und p 0 (n) > p 0 (n + 1) gilt. Wenn der potentielle Konkurrent j als Hertrancl-Unternehmer in den Markt eindringt, erzielt er während der Verzögerungsphase den Profit

1TB[po(n)] = xf[po(n)- t:]- C(xf). Wählt er statt dessen während der Verzögerungsphase den Output als Entscheidungsvariable, so erzielt er den Profit

1rj(p0 (n + 1); xl, ... , x~+l]

= xjp

0

(n + 1)- C(xj).

Satz 2 Unter der Annahme p0 (n) > p0 (n + 1) und X'(p) < 0 ist es für einen Newcomer stets optimal, während der Verzögerungsphase als Bertrand- Unternehmer zu agieren, d. h. 1TB 0 > 1rj(-). Beweis. Angenommen, Firma j realisiert den Eintrittsplan xf = xj und setzt c derart, daß p 0 (n)- c > p 0 (n + 1). Dann gilt

1rB(-) = xJ(p 0 (n)- c]- C(xj) > xjp0 (n + 1)- C(xj) = 1rj{·).

100

D. Das Contestable-market-Modell

Als nächstes ist zu prüfen, ob der Output xJ für einen Newcomer im Rahmen der Hit-ancl-run-Strategie realisierbar ist. Zunehmende Skalenerträge implizieren, daß jede an der Oligopoll&ung [p 0 (n + 1); x~, ... , x~+ 1 ] beteiligte Firma einen (streng) positiven Output anbietet. Somit kann keine Firma - auch im Falle einer extrem asymmetrischen Lösung - die gesamte Nachfrage zum Preis p 0 (n+1) aufsich ziehen, d. h. es gilt xJ < X[p 0 (n+1)]. Unter der Annahme X'(p) < 0 befähigt dies den Newcomer zur Wahl eines Wertes f. mit der Eigenschaft xJ ~ X[p 0 (n)- f.] < X[p 0 (n + 1)], ohne hierbei die Bedingung p 0 (n)- f. > p 0 (n + 1) zu verletzen. II Diese Aussage kann selbstverständlich keine Geltung beanspruchen, wenn die Wettbewerbsintensität bzw. die Aggressivität des Post-entryVerhaltens etablierter Firmen davon abhängt, ob der Newcomer als Bertrand-Unternehmer oder Mengenkonkurrent in den Markt eintritt. In diesem Fall könnte sich ein potentieller Konkurrent trotz des obigen Resultats zu einem weniger aggressiven Eintritt entschließen, um keine "schlafenden Hunde" zu wecken. VII. Positive versus normative Analyse Ein beträchtlicher Teil der Kritik an den Schlußfolgerungen Baumoi/Panzar/Willigs konzentriert sich auf einen mangelnden Realitätsbezug, denn der Extremfall einer Abwesenheit jedweder sunk costs, so der immer wieder erhobene Einwand, sei unbedeutend, wenn nicht gar unmöglich 27 . Dieses Argument weicht allerdings der theoretischen Herausforderung des Contestable-market-Ansatzes aus, weil es das Augenmerk auf die rein empirische Ebene verlagert. Abgesehen davon, daß Baumoi/Panzar/Willig den Extremfall-Charakter des Attributs "perfectly contestable" gar nicht in Abrede stellen- "perfect contestability, then, serves not primarily as a description of reality, but as a benchmark for desirable industrial organization" (Baumol, 1983, S. 2) - ,tangiert eine derartige Kritik grundsätzlich nicht den normativen Gehalt dieser Theorie. Schließlich können ihre Protagonisten auf eindeutige wettbewerbspolitische Implikationen verweisen, deren wichtigste in der Assoziation zwischen sunk costs und Wohlfahrt schmälernden Eintrittsbarrieren besteht. Die auf der Basis des traditionellen Limit-Preis-Modells parallel weiterentwickelte Post-entry-Analyse gelangt zwar gleichermaßen zu dem Resultat, daß nicht fixe, sondern irreversible Kosten ausschlaggebend für die Abwehr potentieller Konkurrenz sind, jedoch sind die wettbewerbspolitischen 27 Vgl. z. B . Clarke (1985, S. 95) , Dixit (1982, S. 16), Schwartz/Reynolds (1983, S. 490) und Shepherd (1984, S. 577ff.). Weitzman (1983) hat darüber hinaus sogar versucht, die grundsätzliche Unvereinbarkeit zwischen zunehmenden Skalenerträgen und der Nichtexistenz irreversibler Kosten (theoretisch) zu belegen.

VII. Positive versus normative Analyse

101

Konsequenzen hier weniger klar. Insbesondere von Weizsäcker (1981) hat auf die mögliche Unvereinbarkeit zwischen der Stabilität effizienter Konfigurationen und freiem Marktzutritt aufmerksam gemacht. Im Falle zunehmender Skalenerträge treten unter bestimmten Post-entry-Annahmen mehr Firmen in einen Markt ein als einer Minimierung der Gesamtkosten zuträglich wären. Von Weizsäcker fordert deshalb eine Definition von Markteintrittsbarrieren, die nur auf Situationen zutrifft, in denen weitere Eintritte effizient sind. Aus wettbewerbspolitischer Perspektive bedarf die (strategische) Abwehr potentieller Konkurrenten somit einer Evaluierung unter möglicherweise vagen, zumindest aber praktisch schwer handhabbaren Wohlfahrts- bzw. Effizienzkriterien. Beide Ansätze - die Post-entry-Analyse auf der einen und das Contestable-market-Modell auf der anderen Seite - nähern sich der Kernfrage, nämlich dem Effekt potentieller Konkurrenz, grundsätzlich aus entgegengesetzten Richtungen. Während im Contestable-market-Ansatz die vollkommene Abwesenheit irreversibler Kosten den Ausgangs- bzw. Referenzzustand der Analyse beschreibt, untersuchen Post-entry-Modelle stets die strategischen Optionen, die sich aus einer Anwesenheit von sunk costs bzw. Eintrittsbarrieren ergeben. Letztere lassen deshalb- wie bereits zum Schluß des vorigen Kapitels erwähnt - die Frage nach den Charakteristika einer Situation ohne strategische Asymmetrien und damit nach einem wettbewerbspolitisch anzustrebenden Optimalzustand unbeantwortet. Eine Eignung des Contestable-market-Modells als wettbewerbspolitisches Leitbild läßt sich aus diesem Sachverhalt indes nicht schließen. Allein der Umstand, daß die Aussagen in Bezug auf Abweichungen von der Referenzsituation perfectly contestable keineswegs robust sind, läßt eine Anwendung dieser Konzeption nur unter der Voraussetzung einer hinreichenden Annäherung an diesen Zustand sinnvoll erscheinen. Außerdem folgt bereits aus der Modeliierung des Eintrittsprozesses als Hit-and-runVerhalten die Forderung nach einer Wettbewerbspolitik, die auf eine generelle Verhinderung oder Minimierung irreversibler Kosten zielt. Während in der Logik der Post-entry-Analyse lediglich solche Sunk-costNiveaus wettbewerbspolitisch relevant sind, die auf strategisches Verhalten schließen lassen, wird die disziplinierende Wirkung potentieller Konkurrenz innerhalb der Contestable-market-Theorie durch jedes von Null verschiedene Sunk-cost-Niveau gemindert. Andererseits dürften auch jenseits strategischer Erwägungen keine Zweifel daran bestehen, daß sunk costs auf den meisten Märkten bis zu einem gewissen Grad ein unvermeidbares technisches Charakteristikum darstellen. Hier offenbart das Contestablemarket-Modell einen Widerspruch zwischen positivem und normativem Anspruch, der hinsichtlich seiner qualitativen Ausprägung weit über eine bloße Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis oder einen mangelnden

102

D. Das Contestable-market-Modell

Realitätsbezug hinausgeht: Die theoretische Unvereinbarkeit zwischen dem als wünschenswert deklarierten Zustand und der Wirklichkeit entwickelter Ökonomien steht von vornherein fest 28 . Dies hat jedoch die Verfechter des Contestable-market-Ansatzes keineswegs davon abgehalten, praktische Ratschläge zur Erhöhung der Bestreitbarkeit eines Marktes zu formulieren. "One way to avoid the exercise of monopoly power is to have the sunk costs borne by a government ( ... ) or by mandating that sunk costs be shared by a consortium ( ... )" (Bailey, 1981, S. 179).

Weitere Maßnahmen zum Abbau von Eintrittsbarrieren "( ... ) may include encouraging technical changes that replace technologies involving !arge sunk costs" (S. 182). Darüber hinaus ziehen Baumoi/Panzar/Willig (1982, S. 361, 367ff.) legislative Vorkehrungen in Betracht, durch die etablierte Firmen zur Beibehaltung eines einmal gesetzten Preises gezwungen werden. Auf diese Weise sollen Hit-and-run-Aktionen, deren Profitabilität vom Vorhandensein einer Reaktionsverzögerung bzw. träger Preise abhängt, erleichtert werden. Die Befürwortung derartig harter, prozeßpolitischer Eingriffe in die Produktionsstruktur und das individuelle Entscheidungskalkül erstaunt umso mehr, als in der Contestable-market-Literatur fortwährend der Anspruch unterstrichen wird, gerade die Wirksamkeit der "invisible hand" unter Beweis zu stellen und diese vor allem auf bislang ungeahnte Anwendungsbereiche auszudehnen 29 . Ein anderes Problem ergibt sich aus der (durchaus wahrscheinlichen) Nichtexistenz tragfähiger Konfigurationen. Während tragfähige Konfigurationen oft als Verallgemeinerung des Bertrand-Gleichgewichts betrachtet werden, läßt sich eine analoge Beziehung zwischen dem Fehlen einer tragfähigen Marktkonfiguration und dem Edgeworth-Oligopol herstellen. Im Edgeworth-Modell existiert aufgrund (partiell) steigender Grenzkosten oder bindender Kapazitätsrestriktionen kein Preis, zu dem ein einzelner Anbieter die gesamte Marktnachfrage bedienen kann. Wann immer der 28 Anscheinend sehen sich Baumol/Panzar/Willig (1982) mit dieser Tatsache durchaus konfrontiert. Immerhin zitieren sie Salop (1981)- wenn auch auf einer der letzten Seiten ihres Buches (S. 479) - mit dem Ausspruch: "( ... ) we cannot legislate away sunk costs". 29 BaumoljPanzarjWillig (1982, S. 476) verhehlen nicht, daß"( ... ) contestable analysis leans on the side of those who advocate extension of the domain of laissez-faire". Ähnliche Äußerungen, mit denen vor allem die Vorzüge der unsichtbaren Hand mit einem ungewöhnlichen Pathos betont werden, tauchen in regelmäßigen Abständen auf. Die Tatsache, daß der Contestable-market-Ansatz fast durchweg in unmittelbarer Verwandtschaft zur "Chicago School" gesehen wird, ist daher wenig verwunderlich.

VII. Positive versus normative Analyse

103

Preis ein bestimmtes Niveau überschritten hat, besteht für Firmen, die sich gemäß der Bertrand-Annahme verhalten, ein Anreiz, diesen zu unterbieten, um die gesamte Nachfrage auf sich zu vereinigen. Hierbei verbleibt eine nicht befriedigte Residualnachfrage, die unter der Annahme X'(p) < 0 mit abnehmendem Preis steigt. Der Zyklus des gegenseitigen Unterbietens setzt sich solange fort, bis es aus der Sicht eines Preiskonkurrenten möglich ist, auf der Basis jener Nachfrage, die von den übrigen Anbietern zum aktuellen Preis nicht befriedigt werden kann, einen höheren Profit zu erzielen. Dies geht mit einer individuellen Preiserhöhung einher. Deshalb wird eine erneute Aufwärtsbewegung des Preises ausgelöst, die jedoch nur bis zum Erreichen eines bestimmten Niveaus andauert30 . Das Edgeworth-Oligopol umschreibt typischerweise eine Situation, in der ein gleichgewichtiger Preis, bei dem kein Akteur eine Motivation zur unilateralen Abweichung hat, nicht existiert. Statt dessen oszilliert der Marktpreis ständig innerhalb eines bestimmten Intervalls. In einer derartigen Situation ist von einem hohen Maß an Instabilität auszugehen, weil jeder Preisvektor - auch wenn eine effiziente Konfiguration vorliegt und die etablierten Firmen keine Gewinne erzielen - weiterhin profitable Hitancl-run-Aktionen zuläßt. Hier kehrt sich der Effekt freien, insbesondere kostenlosen Markteintritts (und Austritts) unter wohlfahrtstheoretischen Gesichtspunkten in sein Gegenteil. Instabile Zustände in Form ständiger Ein- und Austritte werden selbst von den Verfechtern des Contestablemarket-Ansatzes als "wasteful competition" (Panzar/Willig, 1977, S. 17) bezeichnet. Für diesen Fall räumen Baumol/Panzar/Willig (1982, S. 472) ein, "it may be considered appropriate to adopt programs that inhibit or prevent entry into the affected market." Die Frage, wie bedeutsam die Nichtexistenz tragfähiger Konfigurationen und damit die Hinfälligkeit der Implikationen des Contestable-market-Ansatzes in der Praxis ist, läßt sich bestenfalls mit Hilfe umfangreicher empirischer Analysen beantworten. Weitaus wichtiger erscheint die Möglichkeit, daß in Märkten der Kategorie perfectly contestable unabhängig vom Phänomen "unsustainability" noch andere Ursachen wirken, die systematisch eine instabile, d. h. durch ineffiziente Eintritte gekennzeichnete Konstellation heraufbeschwören. Insbesondere die Konsequenzen, die sich aus einer Eintrittsverzögerung ergeben, lassen diesen Verdacht aufkommen. Plausible Lagstrukturen, bei denen aus der Sicht etablierter Firmen eine Preissetzung oberhalb der Durchschnittskosten optimal sein kann, obwohl hierdurch Hit-ancl-run-Eintritte induziert werden, wurden bereits angesprochen. Dies trifft immer dann zu, wenn der mittels einer Ausschöpfung 30 Vgl.

z. B. Krelle (1976, S. 219ff.), Shapiro (1989a., S. 345).

104

D. Das Contestable-market-Modell

des Eintrittstags erzielbare Profit den Verlust überkompensiert, der aus Hit-ancl-run-Attacken resultiert. Für Marktinhaber besteht unter diesen Umständen keine Motivation zu einer Preispolitik, die mit einer tragfähigen Konfiguration vereinbar ist, auch wenn eine solche existiert. In einer derartigen Situation wären gleichermaßen ständige Preisoszillationen und Fluktuationen der Marktstruktur zu beobachten. Die Existenz der für diesen Sachverhalt in erster Linie ausschlaggebenden Eintrittsverzögerung wird selbst von Baumol/Panzar/Willig (1982) keineswegs in Abrede gestellt - im Gegenteil: "When entry opportunities arise, they are not recognized and used at once. Rather, imperfect information, some degree of timidity, and other frictions ( ... ) introduce substantial lags into the process. ( .. . ) typically the lag will be sufficient to permit many incumbents not only to recoup their investments, but to earn handsome profit ( .. . )" (BaumoljPanzar/Willig, 1982, S. 428-429).

Gegenstand des folgenden Kapitels ist deshalb eine alternative Formulierung des Contestable-market-Ansatzes, mit deren Hilfe unterschiedliche Lagstrukturen berücksichtigt werden können und eine spieltheoretische Einbindung möglich ist.

E. Eine verallgemeinerte Darstellung des Contestable-market-Ansatzes unter besonderer Berücksichtigung von Lagstrukturen: Das natürliche Monopol Die bislang im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Contestable-market-Modell vorliegenden Beiträge konzentrieren sich im wesentlichen auf zwei Aspekte. Erstens wird fast ausschließlich der Extremfall des natürlichen Monopols analysiert, obwohl effiziente Konfigurationen, die mehr als nur eine Firma umfassen, weitaus realistischer sind. Zweitens begnügt sich die überwiegende Mehrzahl der Kritiker damit, Bedingungen aufzuzeigen, unter denen eine Preissetzung in Höhe der Durchschnittskosten kein Gleichgewicht bildet, weil Hit-ancl-run-Eintritte auch im Contestable-market-Modell unter bestimmten Bedingungen nicht profitabel sind oder abgewehrt werden können. Eine mindestens ebenso relevante Einschränkung, nämlich Konstellationen, in denen eine Preissetzung oberhalb der Durchschnittskosten optimal ist, obwohl hierdurch ständig neue Markteintritte provoziert werden, findet kaum Berücksichtigung1 . Dieser Fall, dessen Bedeutung sich im folgenden herausstellen wird, wirft ein besonderes Problem auf: BaumoljPanzar/Willigs unterstellen grundsätzlich, daß es für etablierte Firmen immer optimal ist, Eintritte zu verhindern 2 . Die Möglichkeit eines dennoch stattfindenden Markteintritts bleibt nicht nur unberücksichtigt, sondern wird durch eine einseitige Ausrichtung der Modellstruktur per se ausgeschlossen. Mit Hilfe des ursprünglichen Contestable-market-Ansatzes kann die Frage, welche Konsequenzen ein tatsächlich erfolgter Eintritt auf die weitere Entwicklung hat, nicht beantwortet werden, weil dieses Modell kein "danach" kennt. "Unsustainable monopoly invites entry, but there is nothing in the theory to determine what happens after entry occurs" (Sharkey, 1982, S. 165). Um bestimmte Aspekte einer Marktentwicklung nicht bereits per Annahme auszuschließen, soll im folgenden ein Modellrahmen konstruiert 1 Lediglich bei Schwartz/Reynolds (1983) und Schwartz (1986) findet sich ein Hinweis auf diese Möglichkeit. 2 Situationen, in denen dies mit einer Preissetzung oberhalb der Durchschnittskosten vereinbar sein kann, weil aufgrund der Existenz von sunk costs Abweichungen vom Referenzzustand perfectly Contestahle vorliegen, werden hierbei durchaus berücksichtigt (Vgl. Baumol/Panzar/Willig, 1983, S. 493ff.).

106

E. Das natürliche Monopol

werden, der das Eindringen potentieller Konkurrenten genauso zuläßt wie deren erfolgreiche Abwehr. Die Ausführungen dieses Kapitels basieren aber dennoch auf den Annahmen des Contestable-market-Modells. Es wird ausserdem die Existenz einer tragfähigen Konfiguration für den Fall des natürlichen Monopols ( n° = 1) unterstellt3 . Die zentrale Verhaltensannahme des Contestable-market-Ansatzes, nämlich die Hit-and-run-Hypothese, wird beibehalten und unter dem Aspekt analysiert, welche spieltheoretischen Konsequenzen aus ihr folgen . Im Vordergrund steht die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Aussage Baumol/Panzar/Willigs, der zufolge potentielle Konkurrenz eine effiziente, den Durchschnittskosten entsprechende Preissetzung erzwingt, innerhalb eines nicht kooperativen Markteintrittsspiels verifiziert werden kann. Die Überlegungen des vorangegangenen Kapitels legen die Berücksichtigung alternativer Lagstrukturen nahe. Um auch Abweichungen vom Spezialfall eines "perfectly contestable market" untersuchen zu können, soll die Möglichkeit einer Austrittsverzögerung zugelassen werden. Die zeitliche Struktur eines einzelnen Markteintrittsprozesses soll mit Hilfe der folgenden Notation präzisiert werden. Der frühestmögliche EiDtrittszeitpunkt eines Newcomers j wird als ti und der frühestmögliche Austrittszeitpunkt wird als tE, bezeichnet. Eine Reaktion auf den Markteintritt erfolgt frühestens im Zeitpunkt tR,. Die Existenz einer Reaktionsverzögerung kommt hierbei durch tR, > ti zum Ausdruck, während eine Austrittsverzögerung durch die Bedingung tE1 > ti gekennzeichnet ist. Die Letztere kann aus der Perspektive eines potentiellen Konkurrenten die folgenden Ausprägungen annehmen: 1.

tE, > tR,. In diesem Fall verliert der Newcomer im Zeitpunkt tR, seine Nachfrage an den Monopolisten, kann den Markt jedoch erst im Zeitpunkt tE, verlassen. Somit fallen für ihn Marktaustrittskosten aufgrund temporär, d. h. während des Zeitintervalls [tR1, tE,], nicht gedeckter Fixkosten an . Sie belaufen sich auf

J tEj

Fe-r 1dt.

tRj

2. tE, ~ tR,. Unter dieser Bedingung kann der Neuling den Markt verlassen, bevor es zu einer (aggressiven) Reaktion von seiten des Marktinhabers kommt. Verluste infolge zeitweilig ungedeckter Fixkosten entstehen daher nicht. 3 Die Konstellation n• > 1 (U-förmiger Durchschnittskostenverlauf), die auch als "natürliches Oligopol" im Sinne Baumol/Panzar/Willigs bezeichnet werden kann, ist Gegenstand der nächsten Kapitel.

E. Das natürliche Monopol

107

Es wird unterstellt, daß Marktaustrittsverzögerungen auf technologische oder institutionelle Bedingungen zurückzuführen, also rein exogenen Ursprungs sind. Berücksichtigt man außerdem die Annahme identischer Firmen, so würden diesbezügliche Asymmetrien zwischen etablierten und potentiellen Konkurrenten einer plausiblen Begründung entbehren. Konkret bedeutet dies, daß die für alle beteiligten Spieler relevante Austrittsverzögerung im Zeitpunkt tj beginnt. Bezogen auf den Markteintritt des Newcomers j ist tE; somit gleichermaßen als frühestmöglicher Austrittsterminfür die etablierte Firma maßgeblich 4 . Aus der Perspektive des Marktinhabers weist das Austrittslag die Obergrenze tn; auf, denn bis zu spätestens diesem Zeitpunkt hat ein Newcomer (unter der Annahme, daß dieser von der Hit-ancl-run-Strategie Gebrauch macht) den Markt verlassen, so daß die gesamte Nachfrage wieder dem Monopolisten zufällt. Verluste infolge temporär nicht gedeckter Fixkosten können für die etablierte Firma somit nur entstehen, wenn eine Reaktionsverzögerung existiert. Die Einbeziehung der genannten drei Verzögerungseffekte (siehe Abschnitt IV im vorangegangenen Kapitel) und die daraus resultierenden unterschiedlichen Entscheidungszeitpunkte schließen simultanes Handeln weitgehend aus 5 . Als adäquates Analyseinstrument bietet sich daher ein sequentielles Markteintrittsspiel an. Um dem Ablauf einer typischen Marktentwicklung, insbesondere dem permanenten Vorhandensein potentieller Konkurrenz gerecht zu werden, ist von einer Sequenz aufeinanderfolgender Markteintrittsprozesse bzw. -entscheidungen auszugehen. Jeder einzelne Eintrittsprozeß kann als Teilspiel eines mehrstufigen Spiels interpretiert werden. Ob dieses anband der isolierten Betrachtung eines einzelnen Teilspiels, d. h. Markteintrittsprozesses gelöst werden kann, hängt davon ab, ob die einzelnen Stufen strukturell und strategisch unabhängig voneinander sind6 . Es werden zunächst einige Annahmen getroffen, die nicht auf eine Vereinfachung der Analyse zielen, sondern verhindern sollen, daß das ursprünglich rein statisch konzipierte Contestable-market-Modell einer "willkürlichen" Dynamisierung unterworden wird. Es sollen lediglich sol4 Als realistisches Beispiel für diese Auffassung läßt sich eine Kündigungsfrist für gemietetes Kapital oder die durchschnittliche Zeitspanne, nach der Kapitalgüter veräußert werden können, anführen. Derartige Rahmenbedingungen haben aus der Perspektive potentieller und aktueller Konkurrenten grundsätzlich denselben Effekt. Außerdem ist der Zeitpunkt, in dem eine "Austrittsentscheidung" oder eine (vorsorgliche) Maßnahme zum schnellstmöglichen Verlassen des Marktes in Betracht kommt, für beide Akteure identisch, nämlich tj. 5 Von dem Extremfall, daß keines der drei relevanten time lags existiert, wird hier zunächst abstrahiert. 6 Vgl. Friedman (1986, S. 74ff.).

108

E. Das natürliche Monopol

ehe spieltheoretischen Aspekte zur Geltung kommen, die eine unmittelbare Konsequenz der Annahmen Baumoi/Panzar/Willigs darstellen. Annahme 1 Das Phänomen permanenter potentieller Konkurrenz wird dadurch repräsentiert, daß in jedem beliebigen Zeitpunkt mehrere Newcomer vorhanden sind. Annahme 2 Jeder Spieler kennt die Auszahlungsfunktionen aller anderen Spieler (vollständige Information). Annahme 3 Die Existenz eines tragfähigen Gleichgewichts für n° ist gesichert.

=1

Die erste Annahme schließt Kollusionslösungen zwischen etablierten Firmen und einem Newcomer aus. Angenommen, die Gefahr drohenden Markteintritts ginge von der Anwesenheit nur eines einzigen potentiellen Konkurrenten aus, dann wären in jeder "Runde" des Spiels stets dieselben Akteure miteinander konfrontiert. Unter dieser Voraussetzung könnten strategische Interdependenzen (zwischen den Perioden des Spiels) mit dem Ergebnis stillschweigender Übereinkünfte nicht ausgeschlossen werden 7 . Annahme 2 läßt sich damit begründen, daß alle Firmen über die gleiche Technologie verfügen; es erschiene unter dieser Voraussetzung unplausibel, wenn die Spieler nicht die Auszahlungsfunktionen ihrer Kontrahenten kennen würden. Im Fall subadditiver Kosten, die eine hinreichende Bedingung für ein natürliches Monopol darstellen, kann eine einzelne Firma zu jedem Preis oberhalb der Durchschnittskosten die gesamte Marktnachfrage bedienen. Die zusätzlich angenommene Existenz einer tragfähigen Konfiguration stellt sicher, daß hierbei keine unbefriedigte Residualnachfrage zurückbleibt8. Für Preise oberhalb der Durchschnittskosten hat Annahme 3 zur Folge, daß der Eintritt eines Bertrand-Konkurrenten zur Verdrängung des bisherigen Monopolisten führt, weil keine unbefriedigte Residualnachfrage verbleibt, auf deren Grundlage die etablierte Firma eine Kostendeckung erzielen und damit als aktiver Konkurrent im Markt bleiben könnte. Für Kollusives Verhalten zwischen (mehreren) aktuellen Konkurrenten wird hierdurch allerdings nicht ausgeschlossen; dies ist hier jedoch irrelevant, weil auf dem betrachteten Markt stets nur ein etablierter Anbieter operiert. 8 Mit der Existenz eines tragfähigen Gleichgewichts für ne = 1 ist insbesondere die Irrelevanz des vielzitierten "Faulhaber-Beispiels" angesprochen. Zur Problematik tragfähiger Preise im Monopolfall siehe z. B. Faulhaber (1975), Knieps/Vogelsang (1982), Sharkey (1981) sowie Spulper (1984). 7

E. Das natürliche Monopol

109

die Preisreaktion des Marktinhabers gilt jedoch genau dasselbe; sie kann deshalb auch als Wiedereintritt interpretiert werden und zwingt ihrerseits den Newcomer zum Ausscheiden. Unter dieser Voraussetzung erscheint die Modeliierung des Eintrittsvorganges als Hit-and-run-Verhalten gerechtfertigt, d. h. der Newcomer verläßt den Markt vor einer oligopolistischen Interaktion mit der etablierten Firma. Im Zeitpunkt tR1 endet damit der Markteintrittsprozeß. Der Monopolist kann nun erneut entscheiden, mit welcher Preispolitik er dem drohenden Eintritt des Konkurrenten j + 1 begegnet. Es sind zwei Varianten einer Eintrittsverzögerung zu unterscheiden, deren jeweilige Anwendbarkeit von den Modalitäten des Eintrittsprozesses abhängt. Ein wesentliches Charakteristikum des Contestable-marketAnsatzes besteht darin, daß Markteintrittsentscheidungen auf der Basis des Preises vor dem Eintritt getroffen werden. Dies setzt nicht nur die Existenz einer Reaktionsverzögerung voraus, die gewährleistet, daß ein Newcomer j während seiner Präsenz im Markt vor oligopolistischen Reaktionen der Etablierten geschützt ist, sondern darüber hinaus, daß eine eventuell vorher begonnene Hit-and-run-Aktion abgeschlossen ist. Andernfalls wären strategische Interaktionen mit dem Vorgänger j - 1 nicht ausgeschlossen, was wiederum zur Folge hätte, daß die Profitabilität eines Markteintritts auf der Basis des Preises vor dem Eintritt trotz einer Reaktionsverzögerung nicht kalkulierbar wäre. Eine Abweichung von dieser Bedingung würde innerhalb des Contestable-market-Modells zu einem Konsistenzproblem führen. Aus der Perspektive des Newcomers j - 1 besteht grundsätzlich kein Unterschied zwischen einer aggressiven Reaktion seitens des Monopolisten, durch die er zum Verlassen des Marktes gezwungen wird, und einem weiteren Newcomer j, an den er im Zeitpunkt ti seine Nachfrage verliert. Wenn tR1_, also den frühestmöglichen Zeitpunkt symbolisieren soll, in dem Firma j - 1 eine oligopolistische Interaktion zu befürchten hat, dann muß sichergestellt sein, daß vorher ebenfalls kein weiterer Eintritt stattfindet. Die Zerlegung einer typischen Marktentwicklung in separate, aufeinanderfolgende Eintrittsprozesse basiert nicht zuletzt auf dem Grundgedanken, daß ein Newcomer den Markt erst nach Beendigung des vorherigen Eintrittsvorganges betritt. Letzterer umfaßt jedoch nicht nur die Entrittsentscheidung des Vorgängers j - 1, sondern auch die zugehörige Reaktion des Etablierten hierauf. Der Marktinhaber entscheidet mit dieser Reaktion gleichsam über die Preispolitik, mit der er dem nächsten Newcomer begegnet. Erst auf der Grundlage des resultierenden Marktpreises ergibt sich gegebenenfalls eine weitere profitable Eintrittsoption, die von Firma j wahrgenommen werden kann. Im Rahmen des Contestable-market-Ansatzes kann deshalb nur dann von einer Eintrittsverzögerung die Rede sein, wenn die Bedingung tj > tR1 _, gilt. Der Extremfall, daß kein Eintrittslag exi-

E. Das natürliche Monopol

110

stiert, kommt durch die Gleichung ti = iR;_ 1 zum Ausdruck. Eintrittsverzögerungen dieses Typs (ti > tR;- 1 ) werden im folgenden als Variante I bezeichnet. Auch die folgende Überlegung weist in diese Richtung. Als Anwort auf jene Kritik, die insbesondere Reaktionstags auf seiten etablierter Anbieter in Zweifel zieht, haben Baumol/Panzar/Willig (1983) auf die mögliche Existenz von Kauf- oder Lieferverträgen hingewiesen. Angenommen, ein Newcomer entreißt der etablierten Firma die gesamte Marktnachfrage, indem er den aktuellen Preis minimal unterbietet, und sichert sich gegen Preisreaktionen dadurch ab, daß er mit den Konsumenten einen Vertrag der Länge tR; - ti abschließt. Dann stellt iR; nicht nur den frühestmöglichen Reaktionszeitpunkt der Etablierten, sondern auch den frühestmöglichen Eintrittszeitpunkt nachfolgender Newcomer dar. Wenn Markteintrittsentscheidungen dagegen nicht allein von der Profitabilität der Hit-and-run-Strategie, sondern darüber hinaus von der Möglichkeit einer profitablen Teilnahme am Post-entry-Spiel abhängen, ist auch der Preis relevant, der sich unter Berücksichtigung oligopolistischer Interdependenzen einstellt. In diesem Fall unterliegen Markteintritte nicht der zeitlichen Restriktion tj > iR;- 1 • Es sind sowohl Konstellationen der Form tR;- 1 > ti > ti-1 möglich, als auch solche, die der Ungleichung ti ~ iR;- 1 entsprechen. Diese Definition (Variante II) einer Eintrittsverzögerung läßt sich als Verallgemeinerung der zuvor dargestellten Variante I auffassen. Sie ist unter anderem dann relevant, wenn Kapazitätsgrenzen oder (lokal) abnehmende Skalenerträge dazu führen, daß eine oder mehrere Firmen außerstande sind, zu jedem Preis oberhalb der Durchschnittskosten die gesamte Marktnachfrage zu befriedigen. Somit ist diese Variante durchaus mit der Existenz von vertraglichen Bindungen zwischen Konsumenten und Anbietern vereinbar. Vor dem Hintergrund, daß für die nachfolgende Betrachtung nur Variante I in Betracht kommt, entspricht die Existenz einer Eintrittsverzögerung der Bedingung ti > iR;-•. tR;-• stellt damit den Beginn des für Firma j relevanten Teilspiels aus einer Sequenz aufeinanderfolgender Markteintrittsprozesse dar. In diesem Zeitpunkt entscheidet der Monopolist zwischen den folgenden Strategien:

sl sl

p; = AC(x;), Pi > AC(xi)

Xi

= X(pi)

Die Wahl der Strategie sJ ist hinreichend zur Verhinderung weiterer Markteintritte, da das hierdurch ausgelöste tragfähige Gleichgewicht per definitionem die Existenz eines profitablen Marktzutrittsplans ausschließt.

111

E. Das natürliche Monopol

Eine Entscheidung zugunsten der zweiten Strategie eröffnet demgegenüber einem potentiellen Konkurrenten j die Option zur Ausübung der Hit-andrun-Strategie. Der Newcomer wählt zwischen den Strategien:

Eintritt

s~J

s]

kein Eintritt

Unter den getroffenen Annahmen läßt sich ein separater Markteintrittsprozeß durch das folgende extensive Spiel charakterisieren:

( V;(s~,s}) ) Vj(s~,s})

Abb. 10: Hit-and-run-Verhalten als extensives Markteintrittsspiel 9

Die mit einem Teilspiel bzw. einer Periode korrespondierenden Auszahlungen lauten: (39)

V.(s}.sj)

< 0

(40)

Vj(si,sj)

< 0

( 41)

V.(sL s])

(42)

Vj(sJ, sJ)

l

V.(s~, sJ)

=0

7r;(p;)e-rtdt-

lRj-l

J tRj

(43)

Vj (s~, s})

7rB(p;)e-rtdt-

tj

J

min(ts; ,tR;)

Fe-rtdt

tj

J

max(ts; ,tR;)

Fe-rtdt

tRj

9 Die Strategiekombination ( s~, s}) wurde nicht berücksichtigt, da sie aufgrund der angenommenen Existenz einer tragfähigen Konfiguration irrelevant ist, d . h. von (s~, s;) dominiert wird.

112

E. Das natürliche Monopol

j

IRj

(44)

7r;(p;)e-r 1 dt

tRj-l

(45)

0

Die Existenz eines Austrittslags kann auf seiten des etablierten Akteurs nur dann zu Verlusten infolge zeitweilig ungedeckter Fixkosten führen, wenn gleichzeitig eine Reaktionsverzögerung vorliegt. Andernfalls besteht keine Notwendigkeit zum zeitweiligen Verlassen des Marktes. Dies erklärt die Obergrenze des zweiten Integrals in V;(sl, sJ ). Die Obergrenze des zweiten Integrals in Vj ( s[, sJ) trägt dem Umstand Rechnung, daß eine Austrittsverzögerung für potentielle Konkurrenten nur dann von Bedeutung ist, wenn sie die Länge der Reaktionsverzögerung übertrifft. Wiederholungen dieses Teilspiels tragen einem permanenten Vorhandensein potentieller Konkurrenz Rechnung. Diese Annahme setzt nicht notwendigerweise ein unerschöpfbares Reservoir potentieller Konkurrenten voraus. Denkbar ist ebenfalls, daß ein bestimmter Newcomer mehrmals die Hit-ancl-run-Strategie ausübt 10 . Die Modeliierung des Eintrittsprozesses als Hit-and-run-Verhalten läßt in Verbindung mit der Konstellation ne = 1 eine entscheidende spieltheoretische Deutung zu: 1. Die Hit-ancl-run-Annahme impliziert, daß zwischen den Perioden des Spiels keine strukturellen Interdependenzen bestehen, weil der Newcomer den Markt vor einer oligopolistischen Interaktion mit dem Marktinhaber wieder verläßt. Das System befindet sich somit zu Beginn einesjeden Teilspiels wieder im ursprünglichen Zustand, d . h. die im Zuge eines bestimmten Markteintrittsprozesses gewählten Strategien haben keinen Einfluß auf die Struktur und den Ausgang zukünftiger Teilspieleu . 2. Mit dem Ausbleiben eines Post-entry-Spiels entfällt für den Monopolisten ein Entscheidungsproblem hinsichtlich der Alternativen "aggressives Verhalten" versus "kooperatives Verhalten", wie etwa beim 10 Dies steht nicht im Widerspruch zu Annahme 1, solange gewährleistet bleibt, daß in jedem Eintrittszeitpunkt mehrere potentielle Konkurrenten anwesend sind. Unter dieser Bedingung wäre der Umstand, daß "zufällig" immer derselbe Newcomer zum Zuge kommt, nicht hinreichend zur Bildung impliziter Kollusionen, weil dann sofort einer der anderen potentiellen Konkurrenten die Hit-anclrun-Strategie ausüben könnte. 11 Die strukturelle Unabhängigkeit zwischen den Perioden wäre nicht gegeben, wenn der Eintrittsprozeß als Hit-and-stay-Verhalten formuliert würde. In diesem Fall würde die Marktstruktur des nächsten Teilspiels mehr Anbieter und damit andere Auszahlungsfunktionen aufweisen.

E. Das natürliche Monopol

113

"chain-store-game" (Selten, 1978). Auf diese Weise kommt es zwischen den einzelnen Stufen nicht zu Informationstransfers. Aus der Perspektive des Monopolisten erübrigt sich eine Differenzierung zwischen kurzfristigen und langfristigen Erwägungen (z. B. der Aufbau einer Reputation). Die Perioden sind somit ebenfalls strategisch unabhängig voneinander 12 . Die im Zusammenhang mit dem "chain-store-paradox" relevanten Vorbehalte gegen das Induktionsargument, demzufolge die Lösung eines Teilspiels identisch mit den Lösungen aller anderen Teilspiele ist, treffen hier somit nicht zu 13 . Die folgende Analyse des Falles ne = 1 beschränkt sich deshalb auf einen separaten Markteintrittsprozeß, d. h. es kommen nur Strategien des Typs "open loop" zu Geltung.

Die Strategiekombination s• = (sl, sJ) entspräche einem Gleichgewicht im Sinne von Baumol/Panzar/Willig. Diese Situation läge genau dann vor, wenn die Hit-ancl-run-Strategie für den Newcomer in dem Fall, daß der Monopolist sl spielt, profitabel ist und dem Monopolisten hierdurch ein Verlust zugefügt würde, der seine temporären, aus einer Anwendung der Strategie s[ resultierenden Gewinne überkompensiert. Somit wäre es für ihn optimal, ein tragfähiges Gleichgewicht auszulösen, um den drohenden Marktzutritt abzuwenden. Damit s• unter diesen Umständen ein eindeutiges Gleichgewicht des oben formulierten Spiels darstellt, müssen simultan die Bedingungen und

\tj ( s~, sJ)

>0

erfüllt sein. Die erste Ungleichung erfordert gemäß (42) ein Austrittslag, das hinreichend lang ist, um der Bedingung min(tE; ,tR;)

(46)

] tRj-l

1ri(Pi)e-rtdt
0

1f'B(p;)e-r 1 dt

t;

lautet. Eine Abwehr weiteren Markteintritts ist deshalb nur durch eine Entscheidung zugunsten der Strategie st möglich. Die Optimalität dieser Strategie hängt vom Vorzeichen der Auszahlung V;(st, sJ) ab, für die unter der obigen Annahme tE; ::; tR;

j

ti

(51)

V;(st,s})=

j

!s1

1f'Me-r1

dt-

Fe-r 1 dt

gilt. Unter Berücksichtigung einer möglichen Eintrittsverzögerung ergeben sich vier unterschiedliche Konstellationen: Tabelle 2

Optimale Strategien in Abhängigkeit von alternativen Verzögerungseffekten

tE;

> tj

tE;

= tj

tj > tRj-t s• abhängig von sign V;(s?,sJ) V;(sf , s}) > 0 :::} s• = (st, sJ)

tj

= tR ._,

V;(sf,s}) p M op;

1 Marktkonstellationen der Art n• > 1 werden im folgenden als natürliche Oligopole im Sinne Baumol/Panzar/Willigs bezeichnet.

I. Ineffiziente Konfigurationen

131

Unter der Annahme, daß der aktuelle Marktpreis nicht höher als pM sein kann, ist Restriktion (1) immer bindend, d. h. der optimale Preis lautet

Pj = p- L

Als nächstes ist die gewinnmaximale Outputmenge des Newcomers zu ermitteln. Hierbei gilt es erstens zu beachten, daß die zum Preis p- fangebotene Menge nicht das tatsächliche Nachfragevolumen X(p-E) übertrifft, und zweitens, daß es für einen eindringenden Bertrand-Konkurrenten, der die gesamte Nachfrage auf sich zieht, nicht notwendigerweise optimal sein muß, diese auch restlos zu befriedigen. Hieraus ergibt sich als Bedingung erster Ordnung in Bezug auf Xj (59)

(p- E)- MG- A = 0,

wobei A dem Lagrangemultiplikator entspricht . Die Restriktion ist bindend (A > 0), falls die Ungleichung m(p- !) ~ X(p- !) erfüllt ist. Dies tritt genau dann ein, wenn sich der Schnittpunkt zwischen den Grenzkosten und der Preis-Absatz-Funktion unterhalb des Preises p- f befindet, d. h. es gilt p - f > pMC. In diesem Fall bedient der Newcomer die gesamte Nachfrage, weil xj = X(p- E) das Optimierungsproblem löst.

Die Nebenbedingung ist dagegen nicht bindend (A = 0), wenn die Grenzkosten die Preis-Absatz-Funktion oberhalb des Preises p - f schneiden (p-! < pMc) . Da der Newcomer nun xj = m(p-E) anbietet, hinterläßt er eine unbefriedigte Residualnachfrage in Höhe von X(p-!)-m(p-E). Dieses Optimierungsproblem läßt sich auch unter Zuhilfenahme des Konzepts einer geknickten Nachfragefunktion umschreiben, denn die firmenspezifische Preis-Absatz-Funktion entspricht auf dem Outputintervall [0, X(p)] einer waagerechten Verbindungslinie zwischen der Ordinate (im Punkt p) und der Marktnachfragefunktion. Rechts von X(p) ist sie identisch mit der eigentlichen Marktnachfragefunktion. Die Grenzerlösfunktion deckt sich auf dem Intervall [0, X(p)] mit der firmenspezifischen Preis-Absatz-Funktion, d. h. sie weist dort ebenfalls einen horizontalen Verlauf auf und ist deshalb an der Stelle X(p) unstetig. Der sich im Fall p- f < pMC bildende Schnittpunkt zwischen den Grenzkosten und dem horizontalen Nachfragebzw. Grenzerlösabschnitt kennzeichnet folglich das Gewinnmaximum des Bertr and-Konkurrenten. I. Ineffiziente Konfigurationen: n < ne

Sofern sich weniger Anbieter im Markt befinden als zur Bildung einer effizienten Konfiguration erforderlich wären, ist davon auszugehen, daß die etablierten Firmen nicht in der Lage sind, die Marktnachfrage zu jedem Preis restlos zu befriedigen. Aus einer derartigen Situation folgt für die Analyse des Eintrittsprozesses ein höherer Grad an Komplexität,

132

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

weil das Optimierungskalkül eines Newcomers unter Berücksichtigung der Bertrand-Verhaltensannahme neben der Möglichkeit, den Etablierten die Marktnachfrage (vorübergehend) zu entreißen, eine zusätzliche Option enthält: Unter bestimmten Bedingungen kann ein Markteintritt auf der Basis einer von den etablierten Anbietern unbefriedigten Residualnachfrage erfolgreich sein. Es werden zunächst folgende Annahmen getroffen: Annahme 6 Es werden positive Fixkosten unterstellt, d. h. F > 0. Die Durchschnittskosten AC(x) sind U-förmig und weisen an der Stelle xe em eindeutiges Minimum auf. Annahme 7 Es existiert ein tragfähiges Gleichgewicht für ne > 1, d. h. p(nexe) = AC(xe). Die erste Annahme impliziert, daß die Grenzkosten zumindest für Outputmengen x 2:: xe steigend sind. Vor diesem Hintergrund bedarf die Strategie sJ einer Konkretisierung. Da diese Strategie ein Verhalten der etablierten Firmen reflektieren soll, welches mit einem effizienten Gleichgewicht im Sinne von Baumoi/PanzarjWillig vereinbar ist, gilt für eine Firma i, die sich im Fall ne > 1 für sJ entscheidet, Xi xe und Pi AC(xe).

=

=

Definition 10 Die Funktionen ACI : [0, xe] - R+ und AC8 [xe, oo] -+ R+ bezeichnen den fallenden bzw. steigenden Ast der Durchschnittskostenfunktion. Es werden die folgenden Umkehrfunktionen definiert:

X(p) g(AC) h(AC)

=

p-l(p) ACI - 1 (AC) AC 8 - 1 (AC)

Annahme 8 Die Funktionen X, g, h und m sind stetig differenzierbar. Gegenstand der folgenden Ausführungen ist eine Konstellation, die aus der Perspektive eines Newcomers, der als Bertrand-Konkurrent agiert, zwei entgegengesetzte Effekte beinhaltet. Einerseits können Hit-ancl-runAktionen durch unverzögerte Preisreaktionen erschwert (oder gar vereitelt) werden. Andererseits erleichtern lokal abnehmende Skalenerträge in Verbindung mit einer (noch) nicht effizienten Marktkonfiguration grundsätzlich das Eindringen eines potentiellen Konkurrenten, weil die Marktinhaber unter bestimmten Bedingungen nicht in der Lage sind, zu jedem beliebigen Preis aus dem Intervall (AC(xe), pM] die gesamte Marktnachfrage zu befriedigen. Im Rahmen einer sequentiellen Marktentwicklung ist die Frage von Interesse, ob und unter welchen Voraussetzungen die etablierten Firmen bei Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung in der Lage sind, weitere

I. Ineffiziente Konfigurationen

133

Markteintritte zu verhindern, bevor der Markt eine effiziente Konfiguration ( n = n°) erreicht hat. Der Preis, mit dem die etablierten Firmen auf einen Markteintritt reagieren, wird als pr bezeichnet. Die Abwesenheit jeglicher Selbstbindungsfähigkeit führt dazu, daß die "aggressivste" oder "härteste" Reaktion etablierter Anbieter nur darin bestehen kann, einem Newcomer gleichermaßen als Preiskonkurrent entgegenzutreten, d. h. seinen Einstandspreis zu unterbieten oder mit diesem gleichzuziehen. Die resultierende Situation entspricht unter den getroffenen Annahmen einer Interaktion im Sinne des BertrandEdgeworth-Modells. Unter diesen Umständen impliziert die Nicht-Existenz eines Gleichgewichts in puren Strategien, daß der Preis vorübergehend jeden Wert innerhalb einer bestimmten Bandbreite annehmen kann. Über die Grenzen dieses Preisintervalls läßt sich dennoch eine - wenn auch triviale- Aussage treffen, die unabhängig von den Kosten, der Nachfrage und der Rationierungsregel ist: Keine Firma bietet zu einem Preis unterhalb der Grenzkosten an. Hieraus ergibt sich für den Output einer etablierten Firma die folgende Restriktion:

(60) Diese Restriktion ist erforderlich, weil andernfalls Strategien möglich wären, die auf einer unglaubwürdigen Drohung der Etablierten basieren könnten. Die Residualnachfrage 1/Ji (Pi) eines Newcomers wird durch den Preis bestimmt, mit dem die Etablierten den Markteintritt beantworten (pr). Sofern für die Preisreaktion der Etablierten pr ~ Pi gilt, hängt f/Jj (Pi) davon ab, wieviele Nachfrager mit der Zahlungsbereitschaft Pi bereits durch das Angebot der etablierten Firmen befriedigt wurden. Die in diesem Zusammenhang von Shapley/Shubik (1969, S. 30) vorgeschlagene "pessimistische Hypothese" besagt, daß die Nachfrager mit der höchsten Zahlungsbereitschaft als erste bedient werden 2 . Jede alternative Rationierungsregel würde eine strategische Verbesserung der Position des Neuankömmlings bedeuten, denn mit Hilfe der "pessimistischen Hypothese" wird die Untergrenze für die Residualnachfrage eines Newcomers ermittelt. Die folgenden Ergebnisse sind deshalb invariant im Hinblick auf die Wahl einer anderen Rationierungshypothese. Da eine etablierte Firma höchstens m(pr) anbietet, muß für die Residualnachfrage 1/Ji(Pi) 2: X(Pi)- n m(pr) gelten, wobein die Anzahl der sich im Markt befindenden Firmen ist. Angesichts des Umstandes, daß m(p) eine 2 Die wichtigsten neueren Ansätze der Preiskonkurrenz bedienen sich ebenfalls dieser Rationierungshypothese (V gl. z. B. K reps/Scheinkman, 1983; Osborne/Pitschik, 1986; Benoit/Krishna, 1987, 1990). Sie ist a.uch oft unter der Bezeichnung "efficient ra.tioning rule" zu finden.

134

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionsla.gs

steigende Funktion des Preises ist, lautet die Preisreaktion, welche 4Ji (Pi) unter der obigen Restriktion minimiert, pr = Pi. Die für einen potentiellen Konkurrenten relevante Residualnachfrage genügt deshalb der Bedingung (61)

Die rechte Seite dieser Ungleichung resultiert daraus, daß keine etablierte Firma einen geringeren als den zur Kostendeckung mindestens erforderlichen Output g(pi) anbietet. Die Abwehr eines Newcomers erfordert, daß für keinen Preis Pi > AC(xe) die Ungleichung (62)

X(pj)- n m(pi) 2: g(pi)

erfüllt ist, da g(pi) der minimalen Nachfrage entspricht, die ein Newcomer beim Preis Pi zur Kostendeckung benötigt. Für einen potentiellen Konkurrenten ergibt sich hieraus die Restriktion Pi < pMC, weil die von den Marktinhabern unbefriedigte Residualnachfrage sonst nicht größer als Null sein kann. Satz 3 Unter den Annahmen 6, 7 und 8 sind bei Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung weniger als ne - 1 Firmen nicht in der Lage, einen Newcomer abzuwehren, der die Hit-and-run-Strategie anwendet. Beweis. Wenn der Zutrittspreis eines potentiellen Konkurrenten die

Höhe Pi

= AC(xe) aufweist, dann gilt gemäß Annahme 7

und Für die Residualnachfrage des Newcomers nach Abzug der zur Kostendeckung mindestens erforderlichen Outputmenge ergibt sich im Fall n < ne- 1 die Beziehung

Dies ermöglicht dem Newcomer die Wahl eines höheren Entrittspreises unter Beibehaltung des Outputniveaus xe, denn an der Stelle Pi = AC(xe) gilt 4Ji(Pi)- xe > 0. Für den Preis Pi= pMC gilt dagegen 4Ji(Pi)- xe < 0. Folglich existiert entsprechend dem Nullstellensatz unter Verwendung von Annahme 8 ein Preis Pi, AC(xe) < Pi < pMC, mit der Eigenschaft 4Ji(Pi)- x" = 0. II Gegen dieses Resultat ließe sich einwenden, daß die Outputmengen der etablierten Firmen einer zu stringenten Restriktion, nämlich x; ~ m(p) unterliegen. Es stellt sich die Frage, ob die Eliminierung unglaubwürdiger

135

I. Ineffiziente Konfigurationen

Drohungen eine Einhaltung dieser Nebenbedingung erfordert. Schließlich kann die Reaktion der Marktinhaber in dem vorliegenden Kontext nicht unbedingt als Gleichgewicht eingestuft werden, weil das mit einem Markteintritt beginnende Teilspiel aufgrund der Bertrand-Edgeworth-Struktur möglicherweise gar kein Nash-Gleichgewicht aufweist. Würde man eine höhere Outputmenge als m(p) in Erwägung ziehen, so verbliebe jedoch zumindest die Restriktion x; ~ h(p), weil sonst die Drohung, Eindringlinge auch unter Hinnahme von Verlusten abzuwehren, nicht auszuschließen wäre. Unter dieser Bedingung würde das in Satz 3 enthaltene Resultat jedoch weiterhin gelten. Definition 11 Als P 11 (n) wird die Menge aller Preise bezeichnet, die im Reaktionszeitpunkt einen profitablen Verbleib des Newcomers gewährleisten, d. h. Aufgrund der angenommenen Kostenstruktur C(x) = F + c(x), F > 0, ist g(p) für jeden auch noch so hohen Preis positiv. Die Funktion ifJ(p) = X(p)- m(p) nimmt in p ab und erreicht an der Stelle pMC den Wert 0. Somit existiert für Preise, die der obigen Definition genügen, eine Obergrenze; es gilt insbesondere max{P1 t(n)} < pMC. Der Umkehrschluß des Satzes 3, nämlich daß n ~ n" - 1 Firmen durch eine unverzögerte Preisreaktion einen Hit-and-run-Eintritt vereiteln können, trifft nicht zu. Befinden sich gerade n• - 1 Firmen im Markt, so erhält ein Newcomer zwar lediglich die zur Kostendeckung notwendige Residualnachfrage, sofern er mittels des Preises Pi = AC(x") eintritt: (63)

X[AC(x")]- (n"- 1)m[AC(x")] = x"

Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, daß ein Preis Pi >

AC(x•) existiert, der - nach Abzug der zur Kostendeckung erforderlichen

Outputmenge - eine positive Residualnachfrage und damit einen profitablen Markteintritt ermöglicht3 . Dies kann mit Hilfe des folgenden Beispiels verdeutlicht werden, wobei für die Reaktion der Marktinhaber sogar die weniger restriktive Bedingung x; ~ h(p) zugrundegelegt wird. Die Kostenfunktion sei von der Form 1 + x + 4x 2 für C(x)= { 1.25+5x2 für

X~

0.5

X> 0.5.

Die Preis-Absatz-Funktion laute p(X) = 15 - 10X, dann gilt für die effiziente Firmenkonfiguration n• = 2. Die Durchschnittskosten erreichen 3 Ausschlaggebend ist da.s Krümmungsverhalten der Funktionen g, X und (bzw. h).

m

136

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

ihr Minimum an der Stelle x 0 = 0.5 und weisen den Wert AC(x 0 ) = 5 auf. Wählt nun ein potentieller Konkurrent einen Eintrittspreis von z. B. Pi = 5.01, so ergibt sich für die Residualnachfrage

X(5.01)- (n°- 1)h(5.01) = 0.4664 > g(5.01) = 0.4658 . Satz 3 stellt lediglich eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für einen profitablen Markteintritt dar, weil der Newcomer j nicht nur den Preisreaktionen der etablierten Akteure, sondern auch den Angriffen nachfolgender Eindringlinge ausgesetzt ist. Dies soll der Einfachheit halber am Fall n = ne - 2 demonstriert werden. Aus der Sicht des potentiellen Konkurrenten j stellt das unverzögerte Reaktionsvermögen der n°- 2 Etablierten zwar nicht die Existenz eines profitablen Markteintrittsplans in Frage, es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß für einen weiteren Newcomer (j + 1) ebenfalls ein profitabler Eintritt möglich ist (siehe das obige Beispiel für n = ne - 1). Dieser Markteintritt könnte für Firma j dieselbe Wirkung wie eine aggressive Preisreaktion seitens der etablierten Anbieter haben. Angenommen, der Eintritt des Newcomers j + 1 hätte die Verdrängung einer oder mehrerer der sich im Markt befindenden Anbieter zur Folge, dann wäre die zuvor eingetretene Firma j von dieser Gefahr ebenfalls betroffen. Der Eintrittszeitpunkt ti+l würde dann für den j-ten Newcomer die Bedeutung eines Reaktionszeitpunktes erlangen. Die Möglichkeit, daß der j-te Neuankömmling durch den Eintritt seines Nachfolgers verdrängt wird, kann also zunächst nicht ausgeschlossen werden. Sollte letzteres der Fall sein, so beläuft sich die mindestens erzielbare Auszahlung des potentiellen Konkurrenten nur noch auf

(64)\tj(s~,s])=

j

ti

j

max(tE1 ,ti+•)

ti+l

1Tj(Pj)e-r1 dt-

Fe-r 1 dt,

lj+l

Hierbei entspricht 7Tj (Pi) nicht dem in Abschnitt D.III definierten Bertrand-Profit 1TB, da Firma j aufgrund der Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung nicht die gesamte Nachfrage auf sich vereinigen kann. Satz 3 stellt aber sicher, daß 1Tj(Pj) dennoch positiv ist. Die Profitabilität des j-ten Markteintritts ist somit nur unter der Voraussetzung einer hinreichend langen Eintrittsverzögerung gewährleistet. Anderfalls kehrt sich "the power offrictionless and unimpeded entry to discipline an industry" (Baumol/Panzar/Willig, 1982, S. 314) in ihr Gegenteil um. Diese Schlußfolgerung deckt sich mit einem Phänomen, auf das bereits Sherman/Willett (1967) im Zusammenhang mit dem Limit-Preis-Modell hingewiesen haben:

I. Ineffiziente Konfigurationen

137

"Each potential entrant's profit depends not only on the response of ex.isting firms but also on whether other firms enter as well. Multiple entry could impose lasses on all" (Sherman/Willett, 1967, S. 400) 4 .

Faßt man den Neuankömmling j nach dessen Eintritt ebenfalls als etablierte Firma auf, so stellt sich die Frage, ob aus der Existenz einer weiteren profitablen Markteintrittsoption für einen der nunmehr n + 1 etablierten Anbieter eine Notwendigkeit zum Verlassen des Marktes folgt. In diesem Fall wäre die Länge des Austrittstags für die Profitabiltät des j-ten Eintritts von entscheidender Bedeutung, zumindest wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß Firma j von einer Verdrängung betroffen wäre. Sofern die etablierten Akteure trotz einer unverzögerten Preisreaktion außerstande sind, einen weiteren Newcomer abzuwehren, führt dies zu einer Situation, die gewisse Parallelen zum Begriff des Post-entry-Spiels aufweist. Aufgrund der Voraussetzung, daß alle Firmen über dieselbe Technologie verfügen und außerdem keinesunk costs vorliegen, lassen sich strategische Asymmetrien nicht begründen. D. h . unabhängig von einer näheren Spezifikation des Oligopolmodells ist davon auszugehen, daß alle n + 1 Firmen mit derselben Wahrscheinlichkeit von einer Verdrängung- falls es hierzu kommt- betroffen wären. Selbst wenn trotz des Umstandes, daß keine selbstbindenden Maßnahmen möglich sind, asymmetrische Oligopollösungen bzw. Marktanteile zugelassen würden, könnte die Angebotsmenge keines Akteurs (inklusive des Newcomers) den Wert m(p) übersteigen. Angenommen, ein potentieller Konkurrent würde mit dem Output xi(Pi) ~ m(pj), Pi E P' 1 (n), eintreten und mindestens eine der etablierten Firmen würde sich im Zuge eines hierdurch ausgelösten Preiswettbewerbs in eine "defensive" Position gedrängt sehen, also aufgrund der Bedingung X (Pi) < (n + 1)m(pj) eine Verringerung ihrer Outputmenge hinnehmen, dann schließt die Erfüllung der für einen profitablen Markteintritt notwendigen Bedingung

die Verdrängung einer etablierten Firma, die mit dem Preis des Newcomers gleichzieht, d. h. Pi =Pi, aus. Bezeichne d die Anzahl der "defensiv" eingestellten Akteure, so gilt die Beziehung 4 Zu demselben Resultat gelangt auch Bernheim (1984a, S. 1): "The profitability of potential entrants is in turn determined in part by the ease with which further entrants can be deterred". Unter den von ihm untersuchten Konstellationen kann die disziplinierende Wirkung drohenden Markteintritts entweder dadurch gesteigert werden, daß die Anzahl potentieller Konkurrenten verringert wird oder aber Marktzugangsbeschränkungen existieren, die gerade noch den Eintritt eines einzigen Newcomers ermöglichen, jedoch alle nachfolgenden Rivalen erfolgreich abwehren.

138

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

X (Pi ) - d g(pj) - ( n - d)m(pi) - x i (Pi)

(65)

X(p;)- nm(pi)- g(p;)

>0

2::

für Pi E p•t(n) und d 2:: 1. Sie besagt, daß im Falle eines aggressiven Preiskampfes jede Firma die zur Kostendeckung mindestens erforderliche Nachfrage auf sich vereinigen kann. Darüber hinaus ist die Möglichkeit zu berücksichtigen, daß eine defensive Firma im Eintrittszeitpunkt von der Strategie sl Gebrauch macht, um sich gegen eine Verdrängung zu schützen. Es läßt sich allerdings zeigen, daß ein derartiges Verhalten unter den vorliegenden Bedingungen nicht optimal sein kann. Satz 4 Unter den Annahmen 7 und 8 sowie tR; = ti folgt aus der Existenz eines Markteintrittsplans, der gemäß der Bedingung P" 1(n) "# 0 profitabel ist, daß für keine etablierte Firma i, i E { 1, ... , n}, die Strategie s} optimal ist. Beweis. Ein profitabler Markteintritt setzt das Vorhandensein eines Preises Pi > AC(xe) voraus, für den X(pi) - n m(pi) - g(p;) > 0 gilt. Es sei I= {1, ... , d}, d ~ n, eine Teilmenge der Menge aller etablierten Firmen. I beinhaltet jene Anbieter, die sf spielen. Für die nach einem Marktzugang unbefriedigte Residualnachfrage nach Abzug der Angebotsmenge des Newcomers, x i (P;), sind zwei Fälle zu unterscheiden.

i) X(pi)- dxe-

n

L

Xk- x;(P;)

k=d+l

>0

Aus einer unbefriedigten Residualnachfrage folgt für eine Firma i, i E I, gemäß Annahme 8 die Option, mittels einer Preisanhebung den Profit zu erhöhen (Vgl. Satz 3). n

ii)X(pi)-dxe-

L

x~o-xi(Pi)=O

k=d+l

In diesem Fall setzt mindestens ein Anbieter (gegebenenfalls nur der Newcomer) einen Preis, der höher als AC(xe) ist. Für eine Firma i, i E I, ergibt sich deshalb die Möglichkeit, unter Einhaltung der Nebenbedingung Pi

< P= min {Pi, min{pk : Pk > AC(xe)}}

die Residualnachfrage auf sich zu vereinigen. Die Profitfunktion lautet 11';(p;, x;) = p;x;- C(x;)

u. d. NB:

(1) (2)

p; ~

p- f

X;~

X(p;)- (d- l}xe.

I. Ineffiziente Konfigurationen

139

An der Stelle Pi = AC(xe) gilt für die Residualnachfrage gemäß Annahme 7 sowie der Bedingung5 d Sn S ne- 1

Wenn Firma i die Outputmenge Xi anbietet, könnte sie durch einen Preis, der höher als AC(xe), jedoch geringer als p ist, eine Profitsteigerung realisieren - vorausgesetzt, eine vom Wert AC(xe) ausgehende Freisanhebung senkt die verbleibende Nachfragemenge nicht unter das Niveau xe. Unter der Bedingung, daß X(p) an der Stelle AC(xe) nicht vollkommen elastisch ist, d. h. X'(p) > -oo, gilt jedoch für hinreichend kleine Preisänderungen dp

st

Da dies für alle Akteure gilt, kann für keine etablierte Firma optimal sein. II Sofern die Verhinderung eines weiteren Markteintritts nicht möglich ist, besteht aus der Perspektive etablierter Firmen kein Anlaß, von jenem Oligopolverhalten abzuweichen, das bei Abwesenheit potentieller Konkurrenz, d. h. allein unter Berücksichtigung der strategischen Interaktionen zwischen aktuellen Marktteilnehmern, optimal ist. Aggressivere Preisreaktionen als solche, die mit einer optimalen Anpassung an den Neuling nach Maßgabe des effektiven Wettbewerbs vereinbar sind, kämen einer unglaubwürdigen Drohung gleich. Strategien, die auf eine Minimierung der Residualnachfrage des Newcomers zielen, ließen sich infolgedessen nur dann begründen, wenn die Konkurrenzbeziehungen zwischen den etablierten Firmen des betreffenden Marktes generell als Bertrand-Edgeworth-Oligopol einzustufen sind. Abgesehen davon, daß diese Annahme nur eine von vielen möglichen Alternativen darstellt, läßt sie sich mit der vorliegenden Modeliierung nur schwer in Einklang bringen. Würde man an dieser Annahme festhalten , so käme aus der Sicht etablierter Anbieter kein einheitliches Reaktionsmuster in Betracht. Je nach Höhe des Zutrittspreises, des Grenzkostenverlaufs, der Nachfragefunktion und vor allem der geltenden Rationierungshypothese kann entweder die Option, den Profit auf der Basis einer vom Newcomer (und von anderen etablierten Anbietern) nicht befriedigten Nachfrage zu maximieren, oder 5 Die Bedingung n :::=; ne - 1 folgt aus dem Umsta.nd, daß für n ~ ne kein profitabler Eintrittsplan mehr existieren würde.

140

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionstags

ein Gleichziehen bzw. Unterbieten des Einstandspreises optimal sein 6 . Die Frage, anband welchem der möglicherweise unterschiedlich hohen Preise ein weiterer potentieller Konkurrent die Profitabilität eines Markteintritts kalkulieren soll, wäre kaum zu beantworten. Außerdem könnte, sofern das Verhalten der Etablierten eine Charakterisierung gemäß der Bertrand-Edgeworth-Annahme zulassen würde, nicht die Existenz eines Gleichgewichts unterstellt werden 7 . Die mit einer derartig instabilen Situation einhergehenden Preisfluktuationen würden in Verbindung mit der Annahme verzögerungsfreier Preisreaktionen ein kaum lösbares Konsistenzproblem heraufbeschwören: Es wäre davon auszugehen, daß der Marktpreis mit einer (unendlich) hohen Geschwindigkeit oszilliert und aus der Sicht potentieller Konkurrenten keinerlei Informationen über die Profitabilität eines Eintritts offenbaren würde. Ein sich permanent im Ungleichgewicht befindender Markt entbehrt zwangsläufig einer Grundlage, auf der die Profitabilität eines Eintritts bemessen werden kann. Diesem Konsistenzproblem, das sowohl die Hit-ancl-run-Option als auch Postentry-Modelle betrifft, soll mit Hilfe der folgenden Definition Rechnung getragen werden. Definition 12 Der Vektor (p 0 , x 0 , n) mit x 0 = (x\', ... , x~) umschreibt eine M arktkonfiguration, die sich unter Beteiligung aller aktuellen Marktteilnehmer bei Vernachlässigung drohenden Eintritts als nicht kooperatives N ash- Gleichgewicht ergäbe und die Bedingung 1r; (p 0 , x 0 , n) > 0, Vi E { 1, ... , n}, erfüllt. Mit dieser Definition kann grundsätzlich das weite Spektrum aller Oligopolmodelle abgedeckt werden, die der Minimalanforderung entsprechen, daß alle beteiligten Akteure einen positiven Profit erzielen. Eine Einschrän6 Alternativ zur "pessimistischen Hypothese" könnte beispielsweise die "Gleichverteilungshypothese" als Rationierungsregel zugrundegelegt werden. Sie basiert auf der Vermutung, daß die Nachfrager mit einer höheren Zahlungsbereitschaft entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtnachfrage durch das Angebot eines billigeren Konkurrenten befriedigt werden (Vgl. z. B. Krelle, 1976, S. 202; Tirole, 1989, S. 213f. ). Hieraus ergibt sich als Residualnachfrage

für

p ~ pj

7 Diese Aussage bezieht sich auf die Existenz eines Gleichgewichts in puren Strategien (Vgl. z. B. Krelle, 1976, S. 219 - 226; Shapiro, 1989a, S. 345; Tirole, 1989, S. 211 - 215). Existenzbedingungen für statische Gleichgewichte in gemischten Strategien wurden beispielsweise von Levitan/Shubik (1972) und Maskin (1986} untersucht.

I. Ineffiziente Konfigurationen

141

kung, die darin zum Ausdruck kommt, daß lediglich x 0 , jedoch nicht p 0 als Vektor dargestellt wird, soll auf eine Priorität von Oligopollösungen bei Mengenkonkurrenz hindeuten. Damit sollen die bereits angesprochenen Probleme vermieden werden, mit denen Gleichgewichte bei Preiskonkurrenz in einem rein statischen Kontext behaftet sind8 . Die Möglichkeit eines dynamischen Preiswettbewerbs kann im Rahmen der vorliegenden Betrachtung ausgeklammert werden, da die Lösung (p 0 , x 0 , n) nur als kurzfristige Phase zwischen verschiedenen Markteintrittsprozessen auftritt . Die Anzahl und Kombination der Spieler kann somit erheblichen Fluktuationen unterworfen sein. Die in Modellen der dynamischen (Preis-) Konkurrenz zur Anwendung kommenden wiederholten Spiele scheiden deshalb aus, denn sie beruhen auf einer permanent wiederholten Begegnung derselben Spieler. Sofern das Marktverhalten der etablierten Firmen durch die Abwesenheit jeglicher Kooperation gekennzeichnet ist, bedeutet die Lösung (p 0 , x 0 , n), daß die Anbieter sich im Rahmen des zugrundeliegenden nicht kooperativen Oligopolmodells optimal an den Newcomer anpassen. Dieser Aspekt verdient insofern Beachtung, als viele bisherige Markteintrittstheorien nur Fälle analysieren, in denen die etablierten Firmen ihre Reaktionen auf einen Newcomer koordinieren können. Die folgende Annahme trägt dem Umstand Rechnung, daß die unter Zugrundelegung eines bestimmten Oligopolmodells erzielbaren Firmengewinne - unabhängig von der Art und Intensität der strategischen Interaktionen, die das jeweilige Modell kennzeichnen - nicht invariant im Hinblick auf die Anzahl der sich im Markt befindenden Akteure sein können.

Annahme 9 /m Rahmen des unter Definition 12 charakterisierten Oligopolmodells stellen die Firmenprofite eine fallende Funktion der Anzahl sich im Markt befindender Firmen dar. Es gilt 7rf(p0 , x 0 , n) > 7rf(p0 , X 0 , n+ l) , 'r:/iE{l, ... ,n}. Die mit Definition 12 verbundene Minimalforderung 7rf(p 0 ,x 0 ,n) > 0 läßt durchaus die Möglichkeit individuell unterschiedlich hoher Profitniveaus zu 9 • Andererseits lassen sich unterschiedliche Auszahlungshöhen vor dem Hintergrund identischer Firmen und der Abwesenheit strategischer Asymmetrien kaum begründen. Deshalb wird von dieser Möglichkeit im späteren Verlauf dieses Kapitels abstrahiert. Die vorangegangene Analyse hat gezeigt, daß Eintrittsprozesse unter der Bedingung tR, = ti kaum als Hit-and-run-Verhalten interpretierbar 8 Theoretisch ließe sich die Definition verallgemeinern, indem auch p 0 als Vektor (pf, ... , p~) aufgefaßt würde. Auf diese Weise könnten Oligopolmodelle bei Preiskonkurrenz mit einbezogen werden. 9 Als ein naheliegendes Beispiel für asymmetrische Auszahlungen im Rahmen eines Oligopolmodells kann die Stackelberg-Lösung anführt werden.

142

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionstags

sind, weil ein Newcomer selbst im Falle eines erfolgreichen Bestehens nicht als Bertrand-Unternehmer in Erscheinung tritt, sondern die Reaktion der Marktinhaber aufgrund einer von diesen nicht befriedigten Residualnachfrage überdauert 10 . Da es unter diesen Bedingungen zu einer oligopolistischen Interaktion zwischen den etablierten Firmen und dem Neuankömmling kommt, erscheint die Bezeichnung "Post-entry-Spiel" für den vorliegenden Sachverhalt naheliegender. Vor diesem Hintergrund erweist sich die bisherige Modeliierung eines separaten Teilspiels, dessen Länge sich auf das Zeitintervall [tRj- 1 , tRi] erstreckt, als nicht adäquat. Ein derartiges Timing ist nur mit der Hit-anclrun-Hypothese vereinbar, denn es unterstellt implizit, daß ein Newcomer den Markt im Reaktionszeitpunkt wieder verläßt. Damit würde auch im Stadium n, P" 1 (n) -:j:. 0, jeder weitere Markteintritt bereits per Annahme ausgeschlossen, weil er unter Berücksichtigung von ti = tR; nie profitabel sein könnte. Dies widerspräche jedoch dem Inhalt des Satzes 3, wonach eine Vertreibung des Neulings nicht möglich ist. Aus der Perspektive eines potentiellen Konkurrenten hängt die Profitabilität eines Eintritts daher von dem Oligopolgewinn während des sich anschließenden Eintrittstags ab. Im folgenden muß die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses somit um die Eintrittsverzögerung des nächsten Newcomers (j + 1) verlängert werden, d. h. sie umfaßt das Zeitintervall [tj, ti+t]. Im übrigen reflektiert diese Modifikation den Umstand, daß ein Newcorner nach seinem (erfolgreichen) Eindringen selbst als etablierte Firma einzustufen ist. Faßt man die vorangegangenen Überlegungen zusammen, so besteht die optimale Strategie der Etablierten während des Marktstadiums n, P" 1(n) -:j:. 0, darin, sich im Zeitpunkt ti optimal an den Neuling anzupassen, um für die Dauer des darauffolgenden Eintrittstags - sofern von der Existenz eines solchen auszugehen ist - an der Oligopollösung (p 0 , X 0 , n+l) zu partizipieren. Die Auszahlung einer etablierten Firma lautet lj+1

(66)

V;(sl,sj) =

j

7ri'(p0 ,X 0 ,n+ l)e-r 1dt,

tj

wobei der während des Eintrittstags zwischen tR;_ 1 und ti erzielbare Profit

J tj

7ri'(p0 , x 0 , n)e-r 1 dt

1Rj_ 1

10 Auf diesen Sachverhalt lä.ßt sich genaugenommen nicht einmal der von Schwartz (1986) eingeführte Terminus "hit-and-stay" anwenden, weil auch dieser eine reaktionsfreie Zeitspanne unterstellt, während der ein Newcomer die gesamte Marktnachfrage auf sich vereinigt.

I. Ineffiziente Konfigurationen

143

nicht berücksichtigt wird 11 . Die Abwesenheit einer Eintrittsverzögerung führt dazu, daß die während eines Teilspieles erzielbaren Oligopolprofite den Wert Null annehmen. Von dieser Extremsituation, die mit einer sequentiellen Spielstruktur nicht zu vereinbaren ist, sondern vielmehr als simultanes Handeln interpretiert werden muß, soll hier zunächst abstrahiert werden. Somit kann ein Neuankömmling bis zum nächsten Markteintritt an der Oligopollösung (p 0 , x 0 , n + 1) partizipieren. Der während dieser Phase für den neuen Konkurrenten erzielbare Pro7rj (Pi) unterscheidet sich von dem eingangs definierten Bertrand-Profit 1r8 (p), weil Markteintritte unter den vorliegenden Bedingungen nicht als Hit-and-run-Verhalten einzuordnen sind. 7rj (Pi) stellt vielmehr das Resultat oligopolistischer Interaktionen mit den etablierten Firmen dar und wird deshalb durch 1rj(p0 , x 0 , n+ 1) ersetzt. Die Auszahlung am Ende eines Teilspiels lautet

fit

J

lj+l

(67)

Vj(s;, s]) =

1rj(p0 , X 0 , n + 1)e-r1dt.

t;

Obwohl ein potentieller Konkurrent die Profitabilität eines Markteintritts unter der Bedingung tRi = ti nicht auf der Grundlage des Preises vor dem Eintritt kalkulieren kann, lautet die optimale Strategie im Falle der Existenz einer Eintrittsverzögerung sj, weil der Newcomer im Rahmen des Post-entry-Spiels an einer profitablen Oligopollösung partizipieren kann. Die Notwendigkeit zum alsbaldigen Verlassen des Marktes wird damit hinfallig. Die für eine Markteintrittsentscheidung relevante Auszahlung korrespondiert deshalb nicht nur mit dem Profit während der Phase bis zum nächstmöglichen Markteintritt (67), sondern umfaßt insgesamt die Summe aller späteren Oligopolprofite. Unter der Annahme, daß ne - 2 das letzte Stadium repräsentiert, in dem eine profitable Partizipation am Post-entry-Spiel gesichert ist, d. h . ne- 2 = max{n: P' 1(n) # 0}, lautet die Auszahlung eines Neuankömmlings

J

n•-2-n lj+t+k

(68)

Vj(s;, s})

L

k=O

1rj(p

0

,

X0

1

n + 1 + k)e-r 1 dt

t;+k

+V·1 e-rt;+ dt ' 11 Andernfalls entstünde das folgende Konsistenzproblem: Die periodenbezogene Auszahlung des Newcomers j - 1 würde genau den zwischen t1-1 ( tn;_ 1 ) und ti erzielbaren Profit umfassen. Nachdem er den Markt betreten hat, zählt er jedoch selbst zu den etablierten Firmen, die sich im Zeitpunkt ti an den Newcomer j anpassen. Folglich käme es zu einer Doppelzählung der obigen Auszahlungskomponente.

=

144

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

wobei "Cj die Summe zukünftiger, diskontierter Auszahlungen nach dem letzten Markteintritt des Stadiums P' 1(n) # 0 bezeichnet 12 . Wenn kein Eintrittslag vorliegt, verschwindet die Summe der jeweils zwischen zwei aufeinanderfolgenden Markteintritten realisierbaren Oligopolprofite. Die Profitabilität wird in diesem Fall nur durch "Cj determiniert. Sofern für einen Neuankömmling jederzeit die Option zum kostenlosen Marktaustritt besteht, kann von der Bedingung "Cj ~ 0 ausgegangen werden. Da jedoch die Sätze 3 und 4 sowie die Feststellung, daß die Verdrängung eines Newcomers im Rahmen der oligopolistischen Interaktionen nicht möglich ist, nur für Marktstadien n, P' 1 (n) # 0, gelten, kann über die Höhe des Wertes "Cj mit Hilfe der bisherigen Analyse keine Aussage getroffen werden. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß ineffiziente Konfigurationen unter der Annahme einer Eintrittsverzögerung auch dann keine Abwehr potentieller Konkurrenten zulassen, wenn die Marktinhaber verzögerungsfrei reagieren können. Andererseits besteht für die Etablierten während des Stadiums P 91 (n) # 0 keine Motivation zu einer Preissetzung, die Nullgewinne impliziert. Unter den vorliegenden Bedingungen sind Markteintritte nicht als Hit-and-run-Verhalten modeHierbar, sondern involvieren ein Post-entry-Spiel. Die Existenz einer profitablen Markteintrittsoption beruht einerseits darauf, daß die etablierten Firmen nicht zu jedem Preis in der Lage sind, die gesamte Nachfrage zu bedienen und das zur Kostendeckung eines Newcomers erforderliche Outputniveau andererseits geringer als die nicht befriedigte Residualnachfrage ist. Genau dieser Sachverhalt impliziert jedoch auch, daß es während des Stadiums n, P' 1 (n) # 0, zu keiner Verdrängung bereits im Markt befindlicher Firmen durch Neulinge kommt. Somit hat die Flee-and-repulse-Strategie keine Relevanz . Die mit einem Markteintrittsprozeß korrespondierende Auszahlung kann durch nachfolgende Firmen selbst in dem Extremfall einer Abwesenheit jeglicher Eintrittstags lediglich den Wert Null annehmen , jedoch nicht negativ werden. Etwaige Austrittstags verursachen keine Verluste in Form temporär ungedeckter Fixkosten und bedürfen daher keiner Berücksichtigung.

II. Der Fall P' 1(n)

=0

Wenn sich mehr als max{n : P' 1 (n) # 0} Firmen im Markt befinden, besteht für einen Newcomer nicht mehr die Option, allein auf der Basis einer von den Marktinhabern unbefriedigten Nachfrage einen profitablen 12 Falls nicht n• - 2, sondern n•- 1 das letzte Marktstadium ist, in dem eine profitable Teilnahme am Post-entry-Spiel möglich ist, ändert sich die obige Auszahlung dahingehend, daß die Obergrenze des Summenzeichens durch n• -1- n und der Exponent des zweiten Summanden durch rti+(n• - n) zu substituieren ist. Für die nachfolgende Argumentation hä.tte dies jedoch keine Konsequenzen.

II. Der Fall p• 1 (n)

=0

145

Verbleib im Markt zu sichern. Gegenstand des vorliegenden Abschnitts ist erstens die Frage, ob diese Bedingung hinreichend zur Verhinderung weiterer Eintritte ist, und zweitens, mit welchen Abläufen einer Marktentwicklung sie sich vereinbaren läßt. Besondere Beachtung verdient hierbei das Kriterium, inwieweit eine Preisreaktion, die hinreichend "aggressiv" ist, um einen Marktneuling zu vertrieben, aus der Perspektive etablierter Akteure überhaupt rational ist. BaumoljPanzar/Willig umgehen dieses Problem, indem sie die Strategiemenge eines Newcomers auf die Hitancl-run-Option beschränken, d. h. der Neuankömmling verläßt den Markt rechtzeitig vor einer möglichen oligopolistischen Interaktion. Diese Verhaltensannahme läßt sich jedoch kaum aufrecht erhalten, wenn sie auf einer unglaubwürdigen Drohung seitens der etablierten Firmen beruht. Angenommen, eine Firma, die im Zeitpunkt ti in den Markt eintritt, verläßt diesen nicht rechtzeitig vor einer Reaktion der Etablierten. Für die Marktinhaber ergibt sich dann das Entscheidungsproblem, den Newcomer an einer Oligopollösung partizipieren zu lassen oder ihn mittels einer entsprechend aggressiven Preispolitik zu vertreiben. Im Hinblick auf die letztgenannte Alternative ist jedoch zu berücksichtigen, daß 1. die vorliegende Betrachtung keine sunk costs involviert, wodurch

commitments oder strategische Asymmetrien möglich wären und

2. die Annahme vollständiger Information den Aufbau von Reputation im Sinne der Modelle von Milgrom/Roberts (1982) sowie Kreps/Wilson ( 1982) ausschließt. Somit besteht die Möglichkeit, daß die Verdrängung eines Neuankömmlings- sofern sie überhaupt möglich ist- weniger profitabel als eine Oligopollösung unter Beteiligung des neuen Konkurrenten ist 13 . Im Gegensatz zum natürlichen Monopol ist die vorliegende Situation durch U-förmige Durchschnittskosten charakterisiert, wodurch zwei Effekte auftreten. Erstens führt ein Hit-and-run-Markteintritt nicht notwendigerweise zum Austritt aller etablierten Firmen, da der Newcomer nicht die gesamte Marktnachfrage befriedigen kann. Im vorangegangenen Abschnitt wurde gezeigt, 13 Der in Kapitel E behandelte Fall n = n• = 1 involviert dieses Glaubwürdigkeitsproblern nicht, da ein Hit-and-run-Markteintritt hier automatisch zu einer Verdrängung des etablierten Anbieters führen muß. Dies wiederum hat zur Konsequenz, daß die im Zeitpunkt tR; erfolgende Preisreaktion ihrerseits einem Eintritt gleichkommt, durch den der Newcomer zwangsläufig verdrängt wird. Da der Markteintritt eines Newcomer nur mittels eines Preises oberhalb der Durchschnittskosten erfolgt, gilt dies bei einem hinreichend kleinen f- Wert ebenfalls für den Wiedereintrittspreis des Monopolisten. Die Preisreaktion beruht deshalb nicht auf einer unglaubwürdigen Drohung, sondern stellt aus der Sicht des Marktinhabers die einzige Alternative zu der unprofitablen Option dar, dem Markt nach seiner Verdrängung für immer fern zu bleiben.

10 Paech

146

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

daß sich wenigstens n e- 2 Firmen mit Hilfe einer entsprechend restriktiven Preissetzung davor schützen können, von einem Newcomer verdrängt zu werden. Sofern diese Strategie für alle Etablierten optimal ist, kommt es lediglich zu n- (ne- 2) (vorübergehenden) Marktaustritten 14 . Zweitens könnte eine aggressive Preispolitik mit dem Ziel Vj ~ 0 zur Folge haben, daß zumindest einige der etablierten Firmen ebenfalls mit einem negativen Auszahlungswert konfrontiert sind. Wenn ein potentieller Konkurrent den Markt unter diesen Bedingungen dennoch betritt, ist aufgrund der Abwesenheit strategischer Asymmetrien per se keine Aussage darüber möglich, wer letzteneodes zum Verlassen des Marktes gezwungen ist. Ein profitabler Markteintritt ist bei Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung von den direkt einsetzenden oligopolistischen Interaktionen zwischen dem potentiellen und den aktuellen Konkurrenten abhängig, da der durch eine Ausübung der Hit-ancl-run-Strategie erzielbare HertranclProfit die Höhe Null aufweist. Würde man die dem Contestable-marketAnsatz zugrundeliegende Beschränkung der Strategiemenge eines potentiellen Konkurrenten auf die Elemente "nicht eintreten" und "hit-and-run" aufrechterhalten, so ergäben sich -unter Vernachlässigung möglicher Koordinierungsprobleme zwischen den Etablierten - dieselben Ergebnisse wie im Kapitel E . Die Marktinhaber könnten jede preispolitische Attacke eines Bertrand-Unternehmers verzögerungsfrei parieren, wodurch ein neuer Konkurrent keine Nachfrage auf sich vereinigen könnte. Da die Möglichkeit, im Rahmen eines anschließenden Post-entry-Spiels bestehen zu können, von der Logik des Hit-and-run-Verhaltens nicht erfaßt wird, sind Markteintritte schon per Annahme ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund, daß die Vertreibung eines Newcomers mittels einer aggressiven Preispolitik ein Glaubwürdigkeitsproblem involviert, bedarf der eingangs formulierte Modellrahmen einer Ergänzung um das Entscheidungsproblem der etablierten Anbieter hinsichtlich einer optimalen Reaktion. Als Handlungsalternativen kommen die Vertreibung eines Newcomers ("aggressives" Vorgehen: s:') sowie seine Einbeziehung in eine profitable Oligopollösung ("kooperatives" Vorgehen: sf) in Betracht. Angenommen, die Etablierten spielen s[, dann hängt die Profitabilität eines Markteintritts von der Reaktion hierauf ab. Die im vorigen Abschnitt formulierte Struktur eines Teilspiels, dessen Länge sich auf das Zeitintervall [ti, ti+IJ erstreckt, stellt eine direkte Beziehung zwischen der Reaktion etablierter Firmen und dem Resultat des hierdurch ausgelösten Post-entry-Spiels her. Im Gegensatz zum statischen Contestable-marketAnsatz, der lediglich eine Ausübung der Hit-ancl-run-Option vorsieht, finden auf diese Weise ebenfalls oligopolistische Interaktionen Berücksichti14 Hier

wird der Einfachheit halber ne - 2

= max{n: P" 1(n) -1= 0}

unterstellt.

II. Der Fall P"(n) = 0

147

gung, die dadurch ausgelöst werden, daß der Neuankömmling den Markt nicht im Reaktionszeitpunkt verläßt. Die einer separaten Periode zugeordnete Auszahlung enthält deshalb den während der Verzögerungsphase bis zum nächsten Eintritt - also während des Zeitintervalls [tRi, ti+ll erreichbaren Profit.

Abb. 12: Ein sepa.ra.ter Eintrittsprozeß

Diese Erweiterung des ursprünglich statischen Modellrahmens führt dazu, daß die einzelnen Perioden des Markteintrittsspiels strukturell interdependent sind. Aus der Perspektive eines potentiellen Konkurrenten hängt die Profitabilität eines Eintritts nicht nur von der Auszahlung des aktuellen Teilspiels, sondern auch von den (erwarteten) zukünftigen Auszahlungen ab. Schließlich ist der Verbleib eines Newcomers für die Dauer mehrerer Perioden nicht auszuschließen. Die Realisierbarkeit und Wirkung einer Verdrängungsstrategie wird zunächst anhand der isolierten Betrachtung eines einzelnen Markteintrittsprozesses untersucht. In einem Marktstadium n, n > max{n : P' 1(n) #0}, können die etablierten Anbieter auf einen Neuankömmling nicht nur unverzögert reagieren, sondern darüber hinaus zu jedem Preis p ~ AC(xe) die gesamte Marktnachfrage befriedigen. Ob diese Vorgehensweise für die Marktinhaber optimal ist, hängt von den näheren Umständen des Postentry-Spieles ab. Faßt man die Abwesenheit eines Reaktionstags nicht nur als Abwesenheit von vertraglichen Bindungen, sondern insbesondere als Fähigkeit zu einer unverzögerten Variation des Entscheidungsparameters - in diesem Fall der Preis - auf, so ergibt sich für die isolierte Betrachtung eines einzelnen Eintrittsprozesses im Falle einer "aggressiven" Reaktion das folgende Szenarium.

148

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

Sofern es im Zeitpunkt ti zum Markteintritt kommt, gleichen die Etablierten ihre Preise ohne Verzögerung dem Niveau Pi an. Unter der Annahme identischer Firmen sowie der Abwesenheit strategischer Asymmetrien ist davon auszugehen, daß der Neuankömmling ebenso verzögerungsfrei agieren kann wie die etablierten Anbieter, da er während der Teilnahme am Post-entry-Spiel eine gleichwertige Position einnimmt. Der Newcomer könnte den Zutrittspreis somit erneut um f. unterbieten, was wiederum eine entsprechende Reaktion der Marktinhaber hervorrufen würde. Dieser Prozeß des gegenseitigen Unterbietens kann sich nur solange fortsetzen, bis das Preisniveau AC(xe) erreicht ist. Eine frühere Beendigung dieses Preiskampfes, etwa weil zwischenzeitlich genug Firmen ausgeschieden sind, so daß ein Überleben der verbleibenden Akteure gesichert ist, läßt sich nicht begründen. Solange das Preisniveau p = AC(xe) noch nicht erreicht ist, kann es für einen rational handelnden Akteur, der gegenüber seinen Kontrahenten keinerlei strategische Nachteile aufweist, nicht optimal sein, den Markt zu verlassen, weil immer noch die Option besteht, den Preis ein weiteres Mal zu unterbieten, und damit die Chance gewahrt wird, schließlich doch zu überleben. Damit ist insbesondere die Möglichkeit ausgeschlossen, daß der Preiswettbewerb bereits beendet ist, wenn sich nur noch max:{n: p•t(n) 'f: 0} Firmen im Markt befinden, die zu einem Preis oberhalb der minimalen Durchschnittskosten anbieten . Sollte dieselbe Anzahl an Akteuren einen Preis der Höhe AC(xe) setzen, so bleibt zu klären, ob sich der Markt am Ende des Verdrängungsprozesses im Zustand n < ne befinden kann 15 . Auch wenn der Preis das Niveau AC(xe) erreicht hat, besteht die Aussicht, als eine der ne Firmen, die maximal überleben, spätere Profite erzielen zu können. Außerdem würde bereits jede positive Austrittsverzögerung einen Anreiz schaffen, auch unter Hinnahme von Nullgewinnen im Markt zu bleiben. Anzunehmen ist deshalb, daß lediglich max:{O, n- ne} Marktaustritte stattfinden, wenn der Zustand p = AC(xe) erreicht ist. Eine derartige Vorgehensweise, die durch ein sukzessives Unterbieten des Preises bis auf die Höhe AC(xe) gekennzeichnet ist, erscheint jedoch aus mindestens zwei Gründen fragwürdig. Erstens: Da der Marktneuling im Rahmen der oligopolistischen Interaktionen als strategisch gleichrangiger Konkurrent neben den etablierten Firmen auftritt, kann nicht ausgeschlossen werden, daß zu den ausscheidenden Akteuren auch etablierte Firmen zählen. Bei nicht kooperativem Handeln ist darüber hinaus zu berücksichtigen, daß die Marktinhaber den Eindringling aufgrund des FehJens einer koordinierten Preispolitik nicht notwendigerweise durch einen einheitlichen Preis unterbieten, womit die zusätzliche Gefahr einer gegenseitigen Verdrängung heraufbeschworen wird. Zweitens: Die Bedingung tR; = ti 15 Diese

Frage ist im Fall ne > max{n: P' 1 (n) f:. 0} relevant.

Il. Der Fall p• 1 (n)

=0

149

rechtfertigt sicherlich nicht die realitätsferne Schlußfolgerung, daß dieser Bertrandsche Anpassungsprozeß insgesamt - also bis zum Erreichen der Situation p = AC(xe)- keinerlei Zeit beansprucht, wohl aber, daß die zwischenzeitlich erzielbaren Profite als verschwindend gering und damit vernachlässigbar anzusehen sind. Andernfalls entstünde ein Widerspruch zu dem Sachverhalt, daß der bei einer Ausübung der Hit-ancl-run-Strategie erzielbare Bertrand-Profit bei Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung den Wert Null annimmt. Aus der Perspektive etablierter Akteure muß es deshalb nicht unbedingt optimal sein, sich an einer Phase sukzessiver Preisreduktionen zu beteiligen. Als naheliegende Alternative zu einem Anpassungsprozeß nach dem oben skizzierten Schema bietet sich eine direkte Preissenkung auf das Niveau AC(xe) an. Beide Varianten haben jedoch dieselbe Konsequenz: Eine "aggressive" Reaktion auf den Eintritt eines neuen Konkurrenten kommt der Strategie gleich. Inwieweit diese Strategie dennoch profitabel sein kann, hängt davon ab, ob die hierdurch ausgelöste tragfähige Marktkonfiguration dauerhaft ist - in diesem Fall wäre das Eintrittsspiel und damit die Marktentwicklung beendet -oder ob die Etablierten den Preis während der Zeitspanne zwischen der aggressiven Reaktion und dem nächstmöglichen Markteintritt wieder anheben können. Letzteres könnte bejaht werden, wenn eine Eintrittsverzögerung vorliegt und das maßgebliche Oligopolverhalten außerdem hinreichend kooperativ ist, um Absprachen oder eine gemeinsame Preispolitik zu ermöglichen 16 .

st

Liegt demgegenüber ein nicht kooperatives Oligopolmodell zugrunde, so kann auch aus der vorherigen Realisierung einer für jeden Akteur profitablen Lösung (p 0 , X 0 , n) nicht notwendigerweise geschlossen werden, daß dieser Zustand nach einer zeitweiligen Preissenkung auf das Niveau p = AC(xe) direkt wieder erreicht werden kann. Wenn letzteres nicht möglich ist und außerdem 1rf(p0 , x 0 , n + 1) > 0, V i E {1, ... , n + 1}, gilt, kann eine Ausübung der Strategie sf nicht optimal und damit aus der Sicht eines potentiellen Konkurrenten auch nicht glaubwürdig sein. Ob in einem gänzlich nicht kooperativen Rahmen eine bis zum nächsten (potentiellen) Markteintritt andauernde Preiserhöhung möglich ist, hängt davon ab, inwieweit aus der Perspektive eines einzelnen etablierten Anbieters, der eine unilaterale Preisanhebung vornimmt, die Gefahr besteht, seine gesamte Nachfrage an jene Firmen zu verlieren, die diese Preissteigerung nicht nachvollziehen. Ein U-förmiger Verlauf der Durchschnittskosten impliziert allerdings, daß die restlichen ne - 1 Akteure bei einem Preis der Höhe AC(xe) nicht die gesamte Marktnachfrage befriedigen können. Die hiermit aufgeworfene Fragestellung bezieht sich auf den effektiven Wett16 Dieser Extremfall würde eine gewisse Analogie zu der im Kapitel E untersuchten Situation des natürlichen Monopols aufweisen.

150

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

bewerb innerhalb eines statischen Oligopolmodells bei Preiskonkurrenz. Diesem Umstand trägt die folgende Definition Rechnung. Definition 13 Es sei f( 1r, p, n•) ein nicht kooperatives Oligopolspiel mit den folgenden Eigenschaften: 1. Die Anzahl der Firmen beträgt n•. 2. Die Spieler verhalten sich entsprechend der Bertrand-Annahme.

3. Das Spiel umfaßt lediglich eine Periode; d. h. Entscheidungen werden simultan und unter Vernachlässigung des Effekts potentieller K onkurrenz getroffen.

Der folgende Satz zeigt, daß eine Freisanhebung- ausgehend von dem im Zuge eines Verdrängungsprozesses (sf) erreichten Preisniveaus p = AC(x•) - auch mit einem nicht kooperativen Oligopolmodell vereinbar ist.

Satz 5 Angenommen, es gelten die Annahmen 6, 7 und 8, dann bildet s[, i E {1, ... , n•}, weder unter der pessimistischen noch unter der proportionalen Rationierungshypothese ein Gleichgewicht des Spiels r( 1r, p, n•). Beweis. Angenommen, alle sich im Markt befindenden Spieler würden die Strategie s[ wählen, dann wäre dieser Zustand nur mit n• anwesenden Firmen vereinbar. Es ist nun zu zeigen, daß der Grenzgewinn in Bezug auf den Preis an der Stelle p = AC(x•) bei jedem Akteur positiv ist.

i} Unter der pessimistischen Hypothese lautet der Grenzgewinn einer Firma i, die sich n• - 1 Kontrahenten gegenübersieht, die s[ spielen fh; op;

p;X'(p;) + X(p;)- (n"- 1)x•- MC[X(p;)- (n•- 1)x•]X'(p;) {p;- MC[X(p;)- (n•- 1)x•]} X'(p;)

+ X(p;)- (n•- 1)x•.

Setzt man für p; den Wert AC(x•) ein, so gilt o1r;jop;

= x• > 0.

ii) Unter der proportionalen Rationierungsregellautet der Grenzgewinn 01r; op;

p;X'(p;) + X(p;)- MC[X(p;)jn•]X'(p;) n•

An der Stelle p; = AC(x•) gilt ebenfalls o1r;jop; = x• > 0.

II

Dieses Resultat schließt eine Optimalität der Option s[ nicht aus, denn r( 1r, p, n•) repräsentiert statt des eigentlich vorliegenden, weitaus komplexeren Markteintrittsspiels lediglich die Phase zwischen zwei Eintrittszeitpunkten. Satz 5 besagt, daß die Marktentwicklung mit dem Erreichen einer tragfähigen Konfiguration - ganz gleich, ob dies im Verlauf einer aggressiven Preisreaktion (sf) oder mittels sf geschieht - nicht zwangsläufig

II. Der Fall P' 1 ( n) = 0

151

beendet sein muß. Faßt man sl im Unterschied zu s't als permanente Beibehaltung des Preislevels p = AC(x 0 ) auf, so würde diese Strategie unter der Voraussetzung n = n° implizieren, daß keine weiteren Eintritte stattfinden. Die Summe zukünftiger Auszahlungen würde dann jedoch Null betragen. Inwieweit diese Strategie als Gleichgewicht des gesamten Markteintrittsspiels in Betracht kommt, hängt von den (erwarteten) Auszahlungen ab, die mittels s[ und der Reaktion auf einen hierdurch motivierten Eintritt erzielbar sind. Aus diesem Grund bedürfen die Konsequenzen der beiden Alternativen sf und sf einer näheren Spezifikation.

Eine Entscheidung zugunsten der Abwehrstrategie sf hat zur Folge, daß sich in der darauffolgenden Periode des Spiels nur noch n° Firmen im Markt befinden. Da aufgrund der strategischen Ebenbürtigkeit des Newcomers nicht sicher ist, daß dieser zu den verdrängten Firmen gehört, muß eine positive Wahrscheinlichkeit existieren, mit der er zu den n° im Markt verbleibenden Oligopolisten zählt. Die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Firma i im Rahmen der Strategie sf zu den im Markt verbleibenden Akteuren gehört, wird als q; bezeichnet. Da alle Firmen mit derselben Kostenfunktion produzieren und außerdem keinerlei strategische Asymmetrien vorliegen, erscheint die folgende Annahme gerechtfertigt. Annahme 10 Der Umstand, daß alle Firmen dieselbe strategische Position einnehmen, kommt durch die Bedingungen

= q2 = ···= qn '~~"i{n) = 1r~(n) = ···= 1r~(n)

1. ql 2.

zum Ausdruck.

Hierbei ist zu beachten, daß der Newcomer, sobald er den Markt betreten hat, als etablierte Firma aufzufassen ist und somit in {1, . .. , n} enthalten ist. Entsprechend dieser Symmetrie-Eigenschaft läßt sich die einheitliche "Überlebenswahrscheinlichkeit" als q = n° f(n + 1) schreiben 17 . Der Gegenwartswert zukünftiger Auszahlungen im Zeitpunkt tRi ( = ti) lautet ~a bzw. "Cja, sofern es zur Ausübung der Strategie sf kommt und ~k bzw. "Cjk, falls sf gespielt wird. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird von einer genauen Bestimmung dieser Werte vorerst noch abgesehen, denn das nächste Resultat (Satz 6) zielt lediglich auf eine Auslese dominierter Strategien. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei der folgende Sachverhalt: Nachdem ein Newcomer den Markt betreten hat, agiert er als strategisch gleichrangiger Konkurrent neben den übrigen etablierten Firmen, d. h. im Zeitpunkt tRi besitzen alle im Markt anwesenden Akteure - inklusive 17 n

entspricht der aktuellen Anzahl etablierter Firmen vor dem Eintritt.

152

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

des Neulings j - dieselbe Auszahlungsfunktion. Dies folgt unmittelbar aus Annahme 10. Satz 6 Unter den Annahmen 10 sowie tj-l Strategie sj in keinem Teilspiel optimal sein.

= tRi_

1

< ti kann die

Beweis. Die Ausübung der Strategie sj mit dem Ziel, den Markteintritt des Newcomers j von vornherein zu vereiteln, bedeutet in dem vorliegenden Kontext, daß die Etablierten nach dem Eintritt des Newcomers j - 1, d. h. im Zeitpunkt tRi_ 1 , eine tragfähige Konfiguration realisieren. Die Optimalität von sj, i E { 1, ... , n}, im Zeitpunkt tRi_ 1 setzt voraus, daß maxfC?, 'V;k} :::; 0, V i E { 1, . . . , n}, gilt. Dies impliziert gemäß der in Annahme 10 enthaltenen Symmetrieeigenschaft max{'C'ja, 'C'jk} :::; 0. Es findet somit kein Markteintritt statt. Deshalb können die Marktinhaber durch die Wahl der Strategie s[ (mindestens) die Auszahlung

J

1ri'(n)e-rtdt

1Rj_ 1

erzielen. Gilt dagegen max{V;a, 'V;k} > 0, so kann s{ ebenfalls nicht optimal sein, wenngleich s[ einen weiteren Markteintritt impliziert. II Die Logik dieser Aussage kann auch folgendermaßen formuliert werden: Da ein Neuling infolge seiner strategischen Ebenbürtigkeit nie einen höheren (erwarteten) Verlust erleiden oder einen geringeren (erwarteten) Gewinn erzielen kann als die Marktinhaber, besteht für die Letzteren keinerlei Veranlassung, weitere Zugänge mit Hilfe der Strategie sf zu verhindern. Die Darstellung einer einzelnen Stufe des Spiels vereinfacht sich nun dahingehend, daß sie mit der Entscheidung des Newcomers zwischen den Alternativen sJ und sJ beginnt.

Abb. 13: Die Entscheidungsstruktur einer Periode

II. Der Fall P' 1 (n) = 0

153

Die periodenbezogene Auszahlung eines Neuankömmlings lautet in dem Fall, daß die Etablierten aggressiv reagieren,

j

lj+l

(69) 1-j"(n, s't, s}) = q(n)

j

lEj

1rj(ne)e-rtdt- [1- q(n)]

Fe-r 1 dt.

Sie wird nachfolgend mit 1-j"(n) abgekürzt. Aus der Symmetriebedingung für die Oligopollösung (p 0 ,x 0 ,n) und q; folgt 1-j"(n) V;"(n) V"(n). Kommt es demgegenüber zur Ausübung der Strategie sf, so befinden sich in der darauffolgenden Stufe n + 1 Anbieter im Markt. Die für alle Spieler identische Auszahlung am Ende einer Periode wird als v;k(n) bzw. 1-jk(n) bezeichnet. Für den j-ten Newcomer gilt

=

(70)

1-jk(n)

=

j 1rj(n +

=

lj+l

l)e-r 1dt.

lj

Eine wichtige Folgerung aus der vorangegangenen Analyse besteht in dem Unvermögen, potentielle Konkurrenten mittels s't abzuwehren, weil jeder etablierte Akteur im Zuge des hiermit ausgelösten Verdrängungswettbewerbs mit genau derselben Wahrscheinlichkeit ausscheidet. Allerdings läßt sich weder aus diesem Sachverhalt, noch aus der Dominanz von s] gegenüber st schließen, daß eine weitere Berücksichtigung der Strategie s't damit gleichsam hinfällig wird. Es wurde zwar (weiter oben) darauf hingewiesen, daß sJ und s't zum seihen Resultat führen, nämlich p = AC(xe), aber es verbleibt ein wichtiger Unterschied: Während st als Beibehaltung einer tragfähigen Konfiguration für die Dauer des gesamten Eintrittsprozesses definiert ist, kann s't auch als optimale Anpassung an einen Newcomer auf der Basis Bertrandschen Verhaltens aufgefaßt werden, ohne damit unmittelbar folgende Preiserhöhungen auszuschließen. Das Entscheidungsproblem zwischen s't und sf erlaubt somit eine -wenn auch sehr begrenzte - Endogenisierung des Oligopolverhaltens als Reaktion auf einen Markteintritt. Bei einem endlichen Nachfragevolumen hat das Vorhandensein (lokal) zunehmender Skalenerträge zur Folge, daß zulässige Marktkonfigurationen nur eine endliche Anzahl an Firmen umfassen können. Die folgende Definition umschreibt die maximale Anzahl profitabel agierender Firmen, die in einem Markt Platz finden.

Definition 14 n* bezeichnet die größte ganze Zahl n mit der Eigenschaft 7rf(p0 , X 0 , n) > 0, für alle i E {1, ... , n}.

154

F. Na.türliche Oligopole bei Abwesenheit eines Rea.ktionsla.gs

Die weitere Analyse beschränkt sich zunächst auf den Fall n• > n•. Das Erreichen der Grenze n• erfordert, daß die Etablierten für eine Dauer von n• - max:{n : P 8 t(n) # 0} Perioden die Strategie s: spielen. In diesem Zusammenhang ist die Frage von Interesse, ob in einem Zustand n = n• ein weiterer Markteintritt möglich ist und - sofern dies zu bejahen ist welcher Anpassungsprozeß hierdurch ausgelöst wird.

Diese Annahme zielt nicht etwa auf eine Vereinfachung der weiteren Analyse, sondern soll vielmehr einen kaum begründbaren Spezialfall ausschließen, nämlich 1ri(p0 ,x0 ,n• + 1) = 0 18 . Einerseits gilt nun per definitionem, daß n• aktuelle Konkurrenten einen positiven Profit erzielen, was einen Marktpreis p > AC(x•) und damit eine Markteintrittsoption impliziert. Andererseits bewirkt die Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung in Verbindung mit der Tatsache, daß n• + 1 Firmen nicht verlustfrei agieren können, einen Preiswettbewerb, der mit Marktaustritten einhergeht. Wenn lediglich eine Firma den Markt verlassen würde, wäre der Bedingung Genüge geleistet, daß sich die verbleibenden n• Akteure wieder zu einer zulässigen Marktkonfiguration formieren können. Angesichts identischer Firmen, zwischen denen keinerlei strategische Asymmetrien bestehen, kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß nur ein einziger Anbieter ausscheidet. Jede Firma, die während einer Phase des gegenseitigen Unterbietens zunächst ins Hintertreffen geriete, könnte den Preis der Kontrahenten ihrerseits ohne Verzögerung unterbieten. Solange sich der Marktpreis oberhalb der minimalen Durchschnittskosten befindet, kann es für keinen Akteur rational sein, den Markt freiwillig zu verlassen. Ein weiteres Engagement als Bertrand-Konkurrent würde die Chance wahren, als eine der n• Firmen, die mit einem zulässigen Gleichgewicht bei einem Preisniveau der Höhe AC(x•) vereinbar sind, zunächst im Markt zu bleiben und während des anschließenden Eintrittstags an einer profitablen Oligopollösung zu partizipieren.

Ein Markteintritt im Stadium n = n• hat somit dieselbe Wirkung wie eine Ausübung der Abwehrstrategie (sf), d. h. in der darauffolgenden Stufe befinden sich - unabhängig von der Reaktion der etablierten Akteure nur noch n• Firmen im Markt. Hieraus folgt V/(n*) = v~t(n•) = V;a(n*). Diese Auszahlung wird als V(n*) bezeichnet. Da sowohl va(n) als auch V k ( n) fallende Funktionen von n sind und sich nicht mehr als n • Firmen im Markt befinden können, lautet die von einem neu eintretenden Konkurren18 Gera.de vor dem Hintergrund zunehmender Ska.lenerträ.ge (bzw. dem Vorha.ndensein von Fixkosten) würde da.s Eintreten dieser Situa.tion eines extremen Zufa.lls bedürfen.

II. Der Fall P' 1 (n)

=0

155

ten mindestens erzielbare Auszahlung min{V(n*), Vk(n•- 1)} 19 . Gemäß Definition 14 ist Vk (n* -1) positiv. Wenn dies ebenfalls für V(n*) gilt, was zumindest dann zutrifft, wenn keine Austrittsverzögerung vorliegt, kommt es permanent zu weiteren Eintritten, weil das Eindringen in den Markt kein Risiko birgt, auch wenn das Stadium n• erreicht ist oder die etablierten Firmen sf spielen. Es besteht stets eine positive Wahrscheinlichkeit, mit der ein Newcomer zu den ne Firmen gehört, die den Bertrandschen Preiswettbewerb überdauern. Deshalb liegt die Vermutung nahe, daß für Marktstrukturen unter derartigen Bedingungen kein Steady-state-Gleichgewicht existiert, und somit die Anzahl der sich im Markt befindenden Akteure fluktuiert. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Verhaltensmuster etablierter Firmen. Es stellt sich die Frage, ob aggressive Preisreaktionen für den Fall, daß weitere Eintritte ohnehin nicht zu verhindern sind, hinfällig werden. Diese Problematik weist eine gewisse Parallelität zum Chain-storeParadox von Selten (1978) auf und kann nur auf der Grundlage eines mehrstufigen sequentiellen Spiels gelöst werden. Das vorliegende supergameist dadurch charakterisiert, daß die mit einer einzelnen Periode assoziierte Auszahlung nicht nur von den aktuellen Strategien, sondern ebenfalls von der Anzahl im Markt vorhandener Firmen n abhängt. Da n als Resultat der Entscheidungen der Vorperiode aufzufassen ist, sind die einzelnen Stufen des Markteintrittsspiels strukturell abhängig voneinander 20 . Die nachfolgende Betrachtung basiert zunächst auf der Annahme eines hinreichend geringen Austrittslags (und/oder hinreichend geringer Fixkosten), um die Bedingung V(n*) > 0 zu erfüllen, d. h. weitere Markteintritte können in keinem Stadium verhindert werden 21 . In diesem Fall vereinfacht sich die Spielstruktur: Es verbleibt lediglich die Entscheidung der Marktinhaber zwischen s't und sf. Unter der Bedingung V(n*) > 0 sowie den bereits erläuterten Symmetrie-Eigenschaften erübrigt sich eine Differenzierung zwischen po-

19 Dies ist damit zu begründen, daß zwar in jedem Fall V 11 (n"- 1) > V(n") gelten muß, nicht aber Vk(n• -1) > V(n"). Bei Abwesenheit eines Austrittstags kann der Fall

Vk(n"- 1}

=

j

ti+•

lj+l

!j

7r

0

(n*)e-r dt < q(n°) 1

j

7r 0

(ne)e-r 1 dt = V(n")

!j

generell nicht ausgeschlossen werden. 20 V gl. Friedman (1986, S. 72). 21 Später wird diese Annahme aufgegeben, um die Konsequenzen aus der Existenz eines Wertes n' :5 n• mit der Eigenschaft V 11 (n') < 0 zu untersuchen.

156

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

tentiellen und aktuellen Konkurrenten: Auf jeder Stufe betritt ein weiterer Newcomer den Markt, der damit sofort die Position eines etablierten Akteurs einnimmt. Des weiteren wird angenommen, daß sich der Markt zu Beginn des Spiels im Zustand n = ne befindet. Die Anzahl der Perioden wird als T bezeichnet. Eine Strategiekombination u = [s(l), ... , s(t), ... , s(T)] ordnet jeder Stufe des Spiels die Entscheidung aller jeweils beteiligten Akteure zu. Hierbei bezeichnet s(t) = {s;(t), ... , sn(t)} die in Periode t gewählten Strategien. Die Menge der Handlungsalternativen umfaßt auf jeder Stufe zwei Elemente: S; = { sf I sn I i E { 1 I .. . In}. Von besonderer Bedeutung für das Optimalverhalten etablierter Akteure ist die Länge des betrachteten Zeithorizonts. Würde man die Anzahl der Stufen mit einer Obergrenze versehen, also einen endlichen Horizont zugrundelegen, so käme dies unter Umständen einer künstlichen Beschränkung der Marktentwicklung gleich. Wenn das Spiel ausgehend vom Zustand ne weniger als n•-ne Perioden umfassen würde, wäre damit nicht nur ein Erreichen des Stadiums n*, sondern außerdem die Realisierung bestimmter Strategiekombinationenper se ausgeschlossen. Angenommen, es gilt für allen, n E {ne, ... In*- 1}, die Beziehung Vk(n) > va(n), dann könnte die Frage, ob die Etablierten jeden weiteren Markteintritt bis zum Erreichen des Stadiums n* zulassen, nicht beantwortet werden. Als ebenso problematisch erweist sich eine Periodenanzahl, die zwar n* - ne übertrifft, jedoch kein ganzzahliges Vielfaches von n* - ne darstellt. Neben der Tatsache, daß mit der Festlegung einer Obergrenze für die Anzahl der Spielstufen eine willkürliche Einflußnahme auf die Lösung bzw. den Verlauf des supergames verbunden sein kann, läßt sich gegen einen endlichen Zeithorizont einwenden, daß dieser mit einem permanenten Vorhandensein potentieller Konkurrenz nicht vereinbar ist. Das plötzliche Ausbleiben weiterer Eindringlinge ab einem bestimmten Zeitpunkt ließe sich nur schwer begründen. Selbst wenn für die Periodenanzahl eine bestimmte Obergrenze existiert, bedeutet dies keineswegs, so argumentiert van Damme (1987, S. 163), daß die Spieler den entsprechenden Wert T auch kennen. Folglich können die aktuellen Konkurrenten zu keinem Zeitpunkt das Vorhandensein eines weiteren Newcomers (mit Sicherheit) ausschließen. Unter diesen Umständen läßt sich das Verhalten der Akteure besser durch einen unendlichen Horizont approximieren. Annahme 12 T = oo

=

=

Das Spiel beginnt im Zeitpunkt t 1 und im Zustand n ne . Sobald die Strategie sf(t) zur Anwendung kommt, befindet sich das System in der darauffolgenden Periode t + 1 wieder im Ausgangszustand n = ne. Letzterer wird jedoch auch im Falle einer permanent kooperativen Reak-

II. Der Fall P' 1 (n)

=0

157

tion spätestens nach n• - ne Perioden wieder erreicht, weil ein Markteintritt im Stadium n• den oben erläuterten Verdrängungsprozeß auslöst. Das hieraus resultierende intertemporale Entscheidungsproblem ist dadurch gekennzeichnet, daß alle Informationen, die zur Wahl einer Strategie s(t) erforderlich sind, in der Zustandsvariablen n enthalten sind. Die Entwicklung des Systems vor Erreichen der Stufe t beeinflußt das Optimierungsproblem nur über n. Der Gegenwartswert zukünftiger Auszahlungen im Ausganszustand ne wird als G(ne, u) bezeichnet. Nach Maßgabe der vorliegenden Spielstruktur sowie der Annahme V(n*) > 0 reduziert sich die Beschreibung einer Strategiekombination u auf die Anzahl der Perioden, in denen ein Markteintritt kooperativ beantwortet wird. Der vorliegende Sachverhalt legt eine Anwendung des Bellmanschen Optimalitätsprinzips nahe. Eine optimale Strategie besitzt demnach die Eigenschaft, in jedem Zeitpunkt optimal zu sein, und außerdem, daß alle nachfolgenden Entscheidungen unabhängig vom jeweiligen Anfangszustand und der Anfangsentscheidung wiederum eine optimale Strategie bilden. Eine im Ausgangszustand ne beginnende Sequenz aufeinanderfolgender Stufen, auf denen die etablierten Firmen s~ spielen und die bis zum Auslösen des Verdrängungsprozesses anhält, wird als Eintrittsphase bezeichnet. Unter der Voraussetzung, daß alle Eintrittsphasen identisch sind und sich die Funktionen Vk(n) und va(n) im Zeitablauf nicht ändern, kann die Auszahlung der etablierten Anbieter durch die folgende rekursive Gleichung ausgedrückt werden: (71)

G(ne, d)

L al-lVk(ne + l- 1) d

1=1

+adVa(ne + d) + q(ne + d)ad+ 1 G(ne, d) Hierbei entspricht a dem Diskontfaktor 1/(1 + r) und d der Anzahl an Perioden, in denen die Etablierten einen Eindringling gewähren lassen, also s~ spielen. Hieraus ergibt sich (72)

Trotz des unendlichen Zeithorizonts weist diese Zielfunktion eine Struktur auf, die einem typischen "optimal stopping"-Problem ähnelt. Dies ist darauf zurückzuführen, daß immer wieder der Ausgangszustand neerreicht wird und außerdem die Struktur des Entscheidungsprozesses, der sich mit jeder weiteren Eintrittsphase wiederholt, keiner zeitlichen Verände-

158

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

rung unterliegt 22 . Unter den vorliegenden Bedingungen besteht für keinen Akteur ein Anlaß zur unilateralen Abweichung von der Strategie d* = argmax{G(ne, d)}. In Modellen der dynamischen Preiskonkurrenz bieten sich einem einzelnen Spieler üblicherweise zwei Optionen. Zum einen kann er sich an eine stillschweigende Vereinbarung halten, um langfristig einen Profit zu erzielen, der den mit einer statischen Nash-Lösung korrespondierenden Wert übertrifft. Alternativ hierzu kann er einseitig von der quasi-kooperativen Lösung abweichen, um auf der Basis unveränderter Strategien auf seiten seiner Kontrahenten kurzfristig (für die Dauer einer Periode) eine noch höhere Auszahlung zu erhalten -allerdings um den Preis späterer Vergeltungsmaßnahmen. Dieses Koordinationsproblem scheidet hier aus, weil die Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung per definitionem die Möglichkeit ausschließt, durch eine unilaterale Preissenkung, gegeben den Preis aller übrigen Spieler, kurzfristig ein höheres Profitniveau zu erreichen. Falls es zu einer einseitigen Preisreduktion käme, könnten die anderen Akteure diese Abweichung annahmegemäß unverzögert nachvollziehen, mit der Konsequenz, daß der Verdrängungsprozeß früher ausgelöst würde, d. h. es käme zur Realisierung eines geringeren d- Wertes, d' < d*. Dies stünde jedoch im Widerspruch zur Optimalität von d*, denn diese Lösung basiert gemäß Annahme 10 auf einem für alle Spieler identischen OptimierungskalküL Der Aktionsparameter d weist die Obergrenze max{ d} = n* - ne auf. Sie wird mit z abgekürzt. Da durch ein Erreichen der Stufe z in jedem Fall ein Bertrandscher Verdrängungswettbewerb ausgelöst wird, beginnt die rückwärtige Lösung des supergames in der vorletzten Periode. Eine aggressive Reaktion auf der vorletzten Stufe, also die Wahl der Strategie sf(z- 1), ist optimal, wenn die Ungleichung r:,:~ll al-lVk(ne

+ 1- 1) + az-lva(n*- 1)

==~~----~----~--~~------~--~>

1- q(n*- 1)o:z

L::-1 al-tvk(ne + 1- 1) + azV(n*) 1- q(n*)az+l

22 Feichtinger/Hartl (1986, S. 47f.) behandeln eine ähnliche Problemstellung, die mit "Optimaler Endzeitpunkt bei lnvestitionsketten" betitelt ist. Sie läßt sich jedoch nicht übertragen, da sie eine einfachere Struktur aufweist und außerdem alle Variablen stetig sind. Eine interessante Parallele besteht in der Betrachtung einer zeitlich ebenfalls nicht beschränkten Sequenz von Investitionen, die nach einer zu optimierenden Nutzungsdauer verkauft werden. Der Restwert hängt von der Nutzungsdauer ab, an die sich die nächste Investition anschließt. Aufgrund des Umstandes, daß die Investitionsobjekte vollkommen identisch sind, gilt für jedes Projekt analog zur obigen Eintrittsphase dieselbe optimale Nutzungsdauer. Dementsprechend resultiert eine ähnliche Zielfunktion.

II. Der Fall P 81 (n) = 0

159

erfüllt ist. Durch einige Umformungen läßt sich die folgende Bedingung herleiten: (74)

Vk(n*- 1) + aV(n*) + a 2 q(n*)G(n•, z- 1) < va(n*- 1) + aq(n*- 1)G(n•, z- 1)

bzw. Vk(n* - 1)- va(n*- 1) + aV(n*)

(75)


Vk(n* - 1) allerdings weder hinreichend noch notwendig für eine Dominanz der Strategie sf(z - 1) gegenüber sf(z- 1). Besondere Beachtung verdient hierbei die Möglichkeit, daß eine aggressive Reaktion auf Stufe z- 1 selbst dann optimal sein kann, wenn der mit dieser Stufe assoziierte Profit im Falle des Kooperierens höher wäre, d. h. es gilt va(n* - 1) < Vk(n* - 1). Dies setzt ein positives Vorzeichen für die rechte Seite der Ungleichung Vk(n*- 1)- va(n*- 1)
G(n", z)

Die Dominanz der Strategie sf(z- 2) gegenüber sf(z- 1) erfordert in diesem Fall die Erfüllung der Ungleichung G(n", z- 2) > G(ne, z -1). Mit Hilfe einiger Umformungen läßt sich hieraus die Bedingung Vk(n*- 2)- Va(n*- 2) + aVa(n*- 1)
0

SOWle

+ 1), . .. , G(ne, z)} = G(ne, z- w + 1) 24 ,

dann büßen die Etablierten durch die Wahl der Strategie sf(z- w) neben der in 2. enthaltenen Differenz lediglich die Auszahlung va(z- w+ 1) ein. In diesem Fall ist die Summe zukünftiger Auszahlungen unabhängig von der gewählten Strategie unsicher. Gilt demgegenüber

max{G(ne,z-w+1), .. . ,G(ne,z)}=G(ne,z-w+ß),

ß> 1,

so beträgt die Einbuße im Vergleich zur Strategie sf ( z - w) neben der in 2. enthaltenen Differenz

ß-1

L a Vk(n*- w +I)+ aßva(n*- w + ß) . 1

1=1

Die Konstellation ß > 1 bedeutet, daß in der nächsten Periode, sofern diese durch die Wahl der Strategie sf(z- w) erreicht wird, ebenfalls die Strategie sf(z - w + 1) optimal ist. Daraus folgt, daß die Summe zukünftiger Auszahlungen im Falle des Kooperierens mindestens eine Periodenauszahlung enthält, die mit Sicherheit erzielt wird 25 . Eine verallgemeinerte 24 Diese Bedingung besagt, daß auf der unmittelbar folgenden Stufe, sofern diese erreicht würde, s:'(z- w + 1) optimal wäre. Dies gilt für w = 1, also die vorletzte Stufe, immer. 25 Der im Zusammenhang mit der zuvor behandelten Stufe z- 2 erwähnte Fall (b) würde für ß den Wert 2 implizieren. Die mit einer Ausübung der aggressiven Strategie verbundene Einbuße an zukünftigen Auszahlungen würde hier ebenfalls die sichere Komponente aVk(n•- 1) enthalten.

II Paech

162

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

Optimalitätsbedingung dafür, daß auf Stufe z - w gekämpft wird, lautet somit

Vk(n* - w)- va(n* - w)
va(z- w) und b = 1 11"

0 (

e)-

n r
w, Gebrauch machen. Eine Optimalität dieses Vorgehens bedeutet, daß es profitabler ist, erst später zu kämpfen, weil die bis zur Stufe n• - w + b erzielbare Summe an diskontierten Periodenauszahlungen im Rahmen der Option sf den (negativen) Wert abVa(n" - w + b) überkompensiert. Formallautet diese Bedingung

III. Steady-state-Gleichgewichte und Marktaustrittskosten

165

Vk(n*- w)- va(n*- w) > { a[q(n*- w)- q(n*- w + b)a 6]G(ne, z- w)b-1

(85)

2: a Vk(n•- w +I)- a Va(n*- w + b) }. 1

6

1=1

Wenn sich also das Erreichen eines Stadiums n ~ n als optimal herausstellt, d. h. es gilt G(ne,z- w) < G(ne,z- w + b) für w > w, so erhöht sich hierdurch infolge der Abwesenheit strategischer Asymmetrien gleichermaßen die erwartete Supergame-Auszahlung eines Newcomers. Deshalb erweist sich eine negative erwartete Periodenauszahlung als nicht hinreichend zur Abwehr weiteren Markteintritts. Was aber geschieht, wenn die Marktaustrittskosten aufgrund entsprechender Fixkosten und/oder einer langen Austrittsverzögerung so hoch sind, daß jede Supergame-Auszahlung, in der sie - gewichtet mit der Austrittswahrscheinlichkeit- enthalten sind, negativ ist? Angenommen, es befinden sich mehr als ne, jedoch weniger als n• Firmen im Markt, dann wäre ein Markteintritt, der mit sf beantwortet wird, unprofitabel. In der vorliegenden Situation ist eine aggressive Reaktion allerdings für die Marktinhaber gleichermaßen verlustträchtig. Sie kann daher niemals glaubwürdig sein, wenn für die Etablierten eine profitable(re) Alternative besteht. Solange das Stadium n• noch nicht erreicht ist, können die etablierten Akteure weiterhin sf spielen und damit einen ruinösen Verdrängungswettbewerb zumindest bis zum nächsten Eintritt abwenden. Diese Vorgehensweise kann aber nur dominant sein, wenn 1. eine Eintrittsverzögerung existiert und 2. entweder ein späterer Preiskampf gänzlich ausbleibt oder - falls sf lediglich eine aufschiebende Wirkung hat - ein späterer Verdrängungswettbewerb mit einer höheren erwarteten Auszahlung korrespondiert28.

Satz 7 Angenommen, es liegt eine Eintrittsverzögerung vor und es gilt G( ne, d) < 0, Vd E { 1, ... , z}, dann existiert ein Steady-state-Gleichgewicht mit der Eigenschaft n = n•.

Beweis. Angenommen, der Markt befindet sich im Zustand n*, dann würde ein weiterer Eintritt unabhängig von den Entscheidungen der etablierten Akteure einen für alle beteiligten Anbieter inklusive des N ewcomers ruinösen Preiswettbewerb auslösen. Dieser Sachverhalt basiert somit 28 Ein in die Zukunft verschobener Preiskampf kann theoretisch "weniger ruinös" sein, wenn der Diskonteffekt die Wirkung einer höheren Austrittswahrscheinlichkeit überkompensiert.

166

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

auf keiner unglaubwürdigen Drohung; deshalb kommt es auf der letzten Stufe (z) zu keinem Markteintritt und infolgedessen ebenfalls zu keinem Preiskampf. Dies impliziert wiederum, daß auf der vorletzten Stufe unter der Annahme eines Eintrittslagsein profitabler Markteintrittsplan existiert, weil die Strategie sf(z -1) eine unglaubwürdige Drohung darstellen würde. Schließlich könnten die Etablierten durch s~(z-1) das Stadium n• erreichen und damit den für sie ebenfalls ruinösen Preiskampf verhindern. Gemäß der Logik des "Induktionsarguments" läßt sich dieses Resultat auf alle anderen vorgelagerten Stufen übertragen. II Der unter dieser Konstellation erzielbare Profit beträgt 7r 0 (n*) und ist damit positiv. Außerdem entspricht das Gleichgewicht keiner effizienten Konfiguration 29 . Dieses Resultat erlaubt verschiedene Schlußfolgerungen, von denen einige keinesfalls der Intuition entsprechen: • Wenn die Marktaustrittskosten ein bestimmtes Ausmaß erreichen, sind weitere Eintritte auf der Basis eines Preises oberhalb der Durchschnittskosten verhinderbar, jedoch nur im Stadium n•. • Mit einem zunehmenden Umfang an Austrittskosten geht keineswegs eine geringere Anzahl an Firmen, die sich im Markt befinden, einher. Im Gegenteil: Bei extrem hohen Austrittskosten erreicht die Anzahl aktueller Konkurrenten einen Wert, der andernfalls (möglicherweise) infolge vorheriger Preiskämpfe verhindert würde. • Einerseits sind in dem oben dargestellten Modell hinreichend hohe Austrittskosten eine Voraussetzung für die Stabilität des Marktes; andererseits geht eine gleichgewichtige Marktstruktur mit der ineffizientesten Konfiguration einher, die gerade noch zulässig ist. Vor diesem Hintergrund gestaltet sich eine Aussage über die wohlfahrtstheoretischen Wirkungen von Marktaustrittskosten äußerst schwierig. Angenommen, es liegen nur (vernachlässigbar) geringe Austrittskosten vor und die etablierten Firmen machen von der Strategie sj bereits in einem frühen Stadium Gebrauch, dann ist der betreffende Markt durch eine hohe Frequenz an Preiskämpfen und Fluktuationen im Hinblick auf die Anzahl aktueller Konkurrenten gekennzeichnet. Außerdem befindet sich der phasenweise realisierte Oligopolpreis p 0 ( n) auf einem durchschnittlich höheren Niveau als unter Bedingungen, die zu einer späteren Ausübung der Strategie sj führen. Andererseits kommt es zu einer weniger ineffizienten Marktstruktur30 • Eine stabile Struktur würde demgegenüber mit keinem 29 Von dem Extremfall einer Übereinstimmung der Werte n• und n* wird hier abstrahiert. 30 1m Extremfall könnte sogar die Strategie sr(t) optimal sein. Dann würde das Niveau n• nie überschritten.

IV. Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse

167

geringerenn-Wert als n• einhergehen. Dafür befände sich der Oligopolpreis dann nur auf der Höhe p0 (n*). Als nicht weniger problematisch erweist sich eine Beantwortung der Frage, inwieweit Austrittskosten den disziplinierenden Effekt potentieller Konkurrenz schmälern, solange nicht eindeutig spezifiziert werden kann, woran dieser Effekt schließlich zu messen ist. Es müßte zuvor festgelegt werden, ob (a) einer möglichst geringen Abweichung des Marktpreises von AC(xe), (b) einer möglichst guten Annäherung der Marktstruktur an ne oder (c) der Abwesenheit systematisch auftretender (ruinöser) Preiskämpfe der höchste Stellenwert beizumessen ist. IV. Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse Bislang im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Contestable-market-Ansatz erschienene Publikationen behandelten fast ausschließlich den (Spezial-) Fall des natürlichen Monopols und gelangten durchweg zu dem Ergebnis, daß bereits die Nichtexistenz eines Reaktionslags zur Verhinderung von Markteintritten führen müsse. Im Vordergrund des vorliegenden Kapitels stand die Frage, ob sich diese Aussage auf den weitaus realistischeren Fall des natürlichen Oligopols übertragen läßt. Hierbei zeigte sich, daß die Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung in einem perfectly contestable market unter der Konstellation ne > 1 keine hinreichende Bedingung zur Abwehr potentieller Konkurrenten darstellt. Dieses Resultat beruht auf dem Umstand, daß ein Newcomer den Markt -auch wenn er diesen zunächst als Bertrand-Unternehmer betritt- nicht im Reaktionszeitpunkt verläßt, sondern die oligopolistischen Interaktionen mit den etablierten Akteuren überdauert. Solange der Markt noch keine effiziente Konfiguration aufweist, löst der Eintritt eines neuen Konkurrenten keinen Verdrängungsprozeß aus, auch wenn die Etablierten von der "aggressivsten" Reaktionsmaßnahme Gebrauch machen, die im Rahmen glaubwürdiger Drohungen zulässig erscheint. Die zumindest ab einem bestimmten Outputniveau ansteigenden Grenzkosten stellen eine hinreichende Residualnachfrage sicher, die der Newcomer profitabel bedienen kann. Genau dieser Sachverhalt gewährleistet außerdem, daß etablierte Akteure im Stadium p•t(n) "I 0 ebenfalls keine Verdrängung zu befürchten haben. Deshalb kommt die Strategie nicht als Gleichgewicht in Betracht.

st

Befindet sich der Markt demgegenüber in einem Zustand, der effizient

(n == ne) ist oder keine weiteren Eintritte allein auf der Grundlage einer von den Etablierten nicht bedienten Nachfrage zuläßt (P't(n) = 0), so fragt

sich, ob eine aggressive Preisreaktion erstens tatsächlich zur Verdrängung

168

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

eines Newcomers führen und zweitens glaubwürdig sein kann. Hält man mit Ausnahme der Nichtexistenz einer Reaktionsverzögerung an allen anderen Annahmen fest, die einen perfectly contestable market kennzeichnen, so bestehen zwischen potentiellen und aktuellen Konkurrenten keinerlei strategische Asymmetrien. Daraus folgt, daß die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Akteur den Markt infolge eines ("aggressiven") Bertrandschen Preiswettbewerbs verlassen muß, für den Newcomer dieselbe Höhe aufweist wie für einen Marktinhaber. Eine Abwehr potentieller Konkurrenz ist deshalb nicht möglich. Es stellt sich allerdings heraus, daß der Eintritt eines neuen Konkurrenten dennoch einen Verdrängungsprozeß Bertrandscher Prägung auslösen kann. Diese Möglichkeit besteht sogar dann, wenn der im Zuge einer optimalen Anpassung an den Newcomer erzielbare Profit - bezogen auf einen separaten Eintrittsprozeß - höher als die mit einem Preiskampf assoziierte (erwartete) Auszahlung ist. Dies gründet sich zum einen darauf, daß für die Anzahl profitabel agierender Firmen infolge (partiell) abnehmender Skalenerträge eine Obergrenze besteht. Andererseits sind Markteintritte unter der Annahme hinreichend geringer Austrittskosten (V(n*) > 0) selbst in einem Stadium, das auf der Basis "kooperativen" Verhaltens keinen positiven Profit mehr erlaubt (n = n*), nicht zu verhindern. Aus der Perspektive eines potentiellen Konkurrenten existiert eine positive Wahrscheinlichkeit, mit der er zu den Überlebenden eines "ruinösen" Preiskampfes zählt. Somit kann der erwartete Profit die erwarteten Austrittskosten überkompensieren. Wenn der betreffende Markt gemäß der Idealvorstellung perfectly contestable überhaupt keine Austrittskosten involviert, ist diese Bedingung sogar immer erfüllt. Besonders interessant sind Konstellationen, in denen Preiskämpfe bereits ausbrechen, bevor sie ohnehin unvermeidbar werden (n = n*) . Mit dieser Option können etablierte Firmen den Wert der Zahlungsreihe, die mit einer Sequenz "kooperativ" beantworteter Eintritte korrespondiert, erhöhen, weil erstens die Periodenauszahlung Vk(n) fallend in n ist und zweitens ein früherer Beginn dieser Zahlungsreihe mit einer entsprechend geringeren Diskontierung einhergeht. Außerdem bedeutet ein Hinauszögern des ohnehin nicht abwendbaren Preiskampfes, daß die Wahrscheinlichkeit des Ausscheidens mit jedem weiteren kooperativ beantworteten Eintritt steigt. Sofern diese Effekte den auf die aktuelle Periode bezogenen (erwarteten) Verlust, resultierend aus einer "aggressiven" Reaktion, überkompensieren, kommt es zu "vorzeitigen" Preiskämpfen31 . Kreps/Wilson (1982) und Milgrom/Roberts (1982) sind bei dem Versuch, das "chain store paradox" (Selten, 1978) zu lösen, auf einen ähn31Diese Aussage könnte auch (vielleicht ebenso treffend) lauten: Es kommt zu einer höheren Frequenz an Preiskämpfen.

IV. Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse

169

liehen Zusammenhang gestoßen. Ausschlaggebend ist dort allerdings eine asymmetrische Informationsverteilung zuungunsten potentieller Konkurrenten. Für einen Monopolisten kann es deshalb optimal sein, zu Beginn einer Sequenz von Eintrittsprozessen aggressiv zu reagieren, um sich die Reputation einer "starken", d. h. günstigeren Firma zu verschaffen, um so die erwartete Profitabilität eines Markteintritts zu senken. Die Bedeutung dieses Ansatzes ist darin zu sehen, daß er eine rationale Erklärung für sog. "predatory pricing" liefert32 . Im vorliegenden Modellrahmen lassen sich "vorzeitige" oder "häufigere" Preiskämpfe demgegenüber nicht mit dem Versuch begründen, Newcomer abzuwehren, denn aus der strategischen Ebenbürtigkeit und der symmetrischen Informationsverteilung folgt, daß die Etablierten sich denselben erwarteten Verlust zufügen und außerdem kein Reputationsaufbau möglich ist. Der Grund ist vielmehr, einen zu eng gewordenen Markt durch ein "reinigendes Gewitter" für alle beteiligten Akteure profitabler zu machen. Der in traditionellen Eintrittsmodellen enthaltene Interessenskonflikt zwischen potentiellen und aktuellen Konkurrenten läßt sich infolge der strategischen Symmetrie in Verbindung mit der Unabänderlichkeit weiterer Eintritte nicht übertragen. Weitere Abgrenzungen zum Kreps/Wilson-Ansatz lassen sich wie folgt zusammenfassen: • Der Preiskampf wird von mehreren nicht kooperativ handelnden Akteuren ausgelöst. • Preiskämpfe finden am Ende einer Sequenz zunächst kooperativ beantworteter Eintritte statt. • Es wird ein unendlicher Zeithorizont betrachtet. • Beide Modelle basieren auf einer strategischen Verbindung zwischen aufeinanderfolgenden Eintrittsprozessen bzw. Entscheidungsstufen des Spiels. Dieser Umstand kann zu Situationen führen, in denen kurzfristige Verluste einer bestimmten Maßnahme durch langfristige Gewinne überkompensiert werden. Kreps/Wilson konstruieren die strategische Verknüpfung der einzelnen Perioden -bei Selten (1978) sind diese sowohl strategisch als auch strukturell vollkommen unabhängig voneinander - durch die Annahme unvollkommener Informationen auf seiten der Newcomer. Auf dieser Grundlage läßt sich ein Lernprozeß Bayesianischer Prägung begründen, der sich über den gesamten Spielverlauf erstreckt. D. h . die Wahrscheinlichkeit, mit 32 Zwei weitere, ebenfalls viel beachtete Ansätze, die eine mögliche Erklärung für das Auftreten von Preiskämpfen liefern, sind bei RotembergjSaloner (1986) und Maskin/Tirole (1988) zu finden.

170

F. Natürliche Oligopole bei Abwesenheit eines Reaktionslags

der die Newcomer den Monopolisten als "stark" einschätzen, unterliegt mit jeder weiteren Periode einem "updating". Dieser Lernprozeß führt zu einer strategischen Interdependenz zwischen den Teilspielen. In dem vorliegenden Ansatz besteht das strategische Bindeglied zwischen den Eintrittsprozessen darin, daß die im Rahmen einer profitablen Oligopollösung erzielbare Periodenauszahlung mit jedem weiteren Marktzugang sinkt, weil sich in der darauffolgenden Periode mehr Firmen im Markt befinden. Mittels eines Preiskampfes, durch den die Anzahl der im folgenden Teilspiel agierendenAnbieterauf das Niveau ne reduziert wird, kann die nächste Periodenauszahlung erhöht werden. Im Gegensatz zu Kreps/Wilson besteht hier eine strukturelle Interdependenz zwischen den Stufen des Spiels. • Die Wahrscheinlichkeiten, mit denen unsichere Auszahlungen in dem hier vorgestellten Modell bewertet werden, sind vollkommen endogen. Der Bayesianische Lernprozeß des Kreps/Wilson-Ansatzes setzt demgegenüber die Vorgabe einer exogenen Startwahrscheinlichkeit voraus, die den Spielverlauf maßgeblich beeinflußt. Zu dem letztgenannten Aspekt bemerkt Tirole (1990): " ( ... ) 'anything' (in technical terms, any individually rational payoff) can be sustained in a long (yet finite) repeated game when the discount factor is close to 1 and the modeler chooses what form of craziness will occur with at least a small probability" ( Tirole, 1990, S. 162).

Stabile Marktstrukturen sind in dem oben dargestellten Modell nur mit prohibitiv hohen Austrittskosten vereinbar, die jeden Preiskampf zu einem für alle Akteure verhinderungswürdigen Ereignis werden lassen. Einerseits kommt es unter dieser Voraussetzung genau zu jener Situation, die von Weizsäcker (1980, S. 401) mit der Aussage "( ... ) from a social welfare viewpoint there are in equilibrium too many suppliers in the industry" umschreibt. Andererseits befindet sich der Marktpreis infolge tatsächlicher Konkurrenz auf einem geringeren Niveau als dies (durchschnittlich) der Fall wäre, wenn vor Erreichen des Stadiums n• ein Verdrängungswettbewerb stattfände. In dem vorliegenden Kontext bedürfen Schlußfolgerungen über die wohlfahrtstheoretischen Effekte potentieller Konkurrenz daher einer Abwägung zwischen den statischen Effizienzeigenschaften eines Marktgleichgewichts und den Folgen einer instabilen Marktstruktur. Fast alle Ergebnisse dieses Kapitels beruhen auf dem Vorhandensein einer Eintrittsverzögerung. Es erscheint daher geboten, diese Annahme kritisch zu überprüfen. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die disziplinierende Wirkung potentieller Konkurrenz. Unabdingbar für eine Modellstruktur, die dieses Phänomen überhaupt zu erfassen vermag, ist die

IV. Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse

171

Voraussetzung, daß etablierte Firmen vor dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Eintritts eines Newcomers eine preispolitische Entscheidung treffen. Andernfalls ließe sich das Verhalten etablierter Akteure nicht als Folge potentiellen, sondern nur im Rahmen eines tatsächlich stattfindenden Wettbewerbs erklären. Eine disziplinierende Wirkung, die allein aus der puren Möglichkeit weiterer Eintritte resultiert, kann nur auf der Basis eines sequentiellen Timings existieren. Die Abwesenheit einer Eintrittsverzögerung entspräche simultanem Handeln und hätte zur Konsequenz, daß potentielle nicht von aktuellen Konkurrenten unterschieden werden könnten. Alle Akteure entscheiden im seihen Zeitpunkt. Das Resultat wäre ein statisches Oligopolmodell im Sinne der traditionellen Preistheorie vor Bain.

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags (tj :5 tEj :5 tRj mit tj < tR) Die Existenz einer Reaktionsverzögerung befähigt potentielle Konkurrenten zur Ausübung der Hit-and-run-Strategie, falls sich der Marktpreis vor dem Eintritt oberhalb der minimalen Durchschnittskosten befindet. Darüber hinaus besteht die Aussicht, zumindest in Marktstadien p•t(n) # 0 an einem profitablen Post-entry-Spiel teilzunehmen. Inwieweit es unter dieser Konstellation zu Markteintritten des Typs hit-and-run oder hit-and-stay kommt, hängt von Umständen ab, die im folgenden zu untersuchen sein werden. Für die etablierten Anbieter ergibt sich aus der vorliegenden Lagstruktur ein Abwägungsproblem zwischen einer profitablen Ausschöpfung des Eintrittstags und der Gefahr eines anschließenden Ausscheidens aus dem Markt. Letztere hängt sowohl von der aktuellen Firmenkonfiguration n als auch von der Möglichkeit eines unmittelbaren Wiedereintritts im Sinne der Flee-and-repulse-Strategie ab. Unter bestimmten Bedingungen induziert eine Preissetzung oberhalb der Durchschnittskosten während der Eintrittsverzögerung nicht notwendigerweise das Ausscheiden aller Marktinhaber. Darüber hinaus ist eine Verdrängung etablierter Akteure möglicherweise nur von begrenzter Dauer. Beschränkt man sich zunächst auf die statische Analyse eines separaten Eintrittsvorganges, so fragt sich, ob die Aussage Baumol/Panzar/Willigs zutrifft, daß potentielle Konkurrenz bereits dann einen disziplinierenden Effekt auf die Preispolitik etablierter Anbieter ausübt, wenn sie sich in einer möglichen Ausübung der Hit-ancl-run-Option äußert. Sollen demgegenüber mögliche Entwicklungsszenarien eines Marktes im Rahmen der vorliegenden Lagstruktur modelliert werden, so müssen sowohl strategische als auch strukturelle Interdependenzen zwischen einzelnen Eintrittsprozessen berücksichtigt werden. Schließlich bedeutet die Ausübung der Hit-andstay-Option - sie ist zumindest für Stadien p•t(n) # 0 relevant - eine Veränderung der Marktdaten, die in zukünftige Entscheidungskalküle eingehen. Die optimale Wahl eines Neulings zwischen den Varianten hit-and-stay und hit-and-run hängt unter anderem von der Höhe des Marktpreises ab, den die Etablierten zuvor gesetzt haben. Für die Letzteren ergibt sich auf diese Weise unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, Einfluß auf die

I. Strategien der etablierten Firmen

173

Anzahl der im nächsten Teilspiel anwesenden Konkurrenten zu nehmen. Strukturelle Interdependenzen zwischen den einzelnen Entscheidungsstufen des Spiels sind somit nicht auszuschließen. Falls nach Erreichen der effizienten Marktkonfiguration nur noch Hitancl-run-Aktionen in Betracht zu ziehen sind und somit von einer fixen, nicht mehr fluktuierenden Besetzung aktueller Konkurrenten auszugehen ist, muß ebenfalls die Möglichkeit strategischer Interdependenzen berücksichtigt werden, die sich in Form stillschweigender Übereinkünfte äußern können. In diesem Zusammenhang wird zu erörtern sein, wie sich drohender Markteintritt auf die Tendenz zu quasi kollusivem Verhalten im Rahmen nicht kooperativer Supergame-Gleichgewichte auswirkt, wenn der betreffende Markt als perfectly contestable einzustufen ist. I. Strategien der etablierten Firmen Gegenstand dieses Abschnitts ist die isolierte Betrachtung eines einzelnen Markteintrittsprozesses. Von strukturellen oder strategischen Interdependenzen zwischen verschiedenen Eintrittsvorgängen und dem hieraus resultierenden supergame wird zunächst noch abstrahiert. Der Übergang von Open-loop- zu Closed-loop-Strategien steht im Vordergrund des Abschnittes G.IV. Für das Optimalverhalten etablierter Firmen ergeben sich aus dem Vorhandensein einer Reaktionsverzögerung verschiedene Alternativen. Sie können die Oligopollösung (p0 , x 0 , n) realisieren, um während einer Eintrittsverzögerung bzw. Vertragsdauer den unter Vernachlässigung drohenden Eintritts maximalen Profit zu erzielen. Daraus folgt unter der Bedingung p 0 2: pMC, daß die Marktinhaber im Zeitpunkt ti ihre gesamte Nachfrage an den Neuankömmling verlieren und - sofern eine Austrittsverzögerung vorliegt - Verluste aufgrundzeitweilig nicht gedeckter Fixkosten hinnehmen müssen. Wird demgegenüber ein Preis p 0 < pMC gewählt, so gilt für den Eindringling die Restriktion x i (p 0 - f) ~ m(p0 - f) < X (p 0 - f). D. h. aufgrund einer vom Newcomer nicht befriedigten Nachfrage müssen möglicherweise nicht alle Etablierten mit einer Verdrängung während der Reaktionsverzögerung rechnen. Die Auszahlung einer etablierten Firma am Ende eines Markteintrittsprozesses lautet dann 1

J

\li(sf,s])

J

min(tRj,tE)

ti

11'i{n)e-rtdt-

~

tRj-l

Fe-rtdt

lj

1 s:' bezeichnet die optimale Reaktion einer etablierten Firma i im Rahmen des nicht kooperativen Nash-Gleichgewichts (p X n ). 0

,

0

,

174

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

J tRj

(86)

+(1- ~)

tr 0 (*)e-rtdt.

lj

~ bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, durch einen Neuling vorübergehend verdrängt zu werden. tr 0 (*) entspricht dem Profit, den ein etablierter Anbieter, der nicht verdrängt wird, während der Reaktionsverzögerung bei Anwesenheit des Newcomers erzielen kann. Als Alternative hierzu böte sich eine Preispolitik an, die allen etablierten Firmen ein verlustfreies Überdauern der Reaktionsphase auf der Basis einer vom Newcomer nicht befriedigten Residualnachfrage erlaubt. In diesem Zusammenhang ist eine nähere Spezifikation der Reaktionsverzögerung aus der Perspektive etablierter Firmen erforderlich. Grundsätzlich ist an zwei Alternativen zu denken:

1. Für die Dauer des Reaktionslags sind keine Preisänderungen, wohl aber unverzügliche Mengenänderungen möglich. 2. Während der Reaktionsverzögerung sind für etablierte Akteure weder Preis- noch Mengenvariationen möglich. Im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehen die Konsequenzen, die sich aus Variante 1 ergeben. Dieses Regime dürfte der Idealvorstellung eines perfectly contestable market am nächsten kommen, zumal Newcomer aufgrund der unterstellten (temporären) Preisrigidität einerseits vor Reaktionen geschützt sind; andererseits impliziert das Vorhandensein vollkommen reversiblen bzw. mobilen Kapitals die Fähigkeit zu Outputanpassungen, gegebenenfalls der Realisierung des Outputniveaus Null, was im vorliegenden Kontext dem Marktaustritt entspricht. Annahme 13 Es gilt die Reaktionslagvariante 1.

Aussagen über das Optimalverhalten der Akteure erfordern eine Präzisierung des Typs und der Intensität der strategischen Interdependenzen. Da die optimale Angebotsmenge eines Newcomers, der unter Anwendung der Hit-ancl-run-Strategie in den Markt eindringt, nicht höher als m(p- f) ist, gilt für die Residualnachfrage eines etablierten Akteurs

(87)

4J;(p) ~ X(p)-

n

L Xk(Pk)- m(p- f),

pk ~ p.

k~i

Vor dem Hintergrund nicht kooperativen Verhaltens muß ein einzelner Akteur, um der Gefahr einer Verdrängung im Reaktionszeitpunkt zu begegnen, nicht nur die maximale Ausbringungsmenge eines potentiellen Konkurrenten, sondern darüber hinaus die oligopolistischen Interaktionen

I. Strategien der etablierten Firmen

175

mit aktuellen Konkurrenten einbeziehen. Diese schließen unter Berücksichtigung von Annahme 13 zwar keine Preis-, wohl aber Mengenanpassungen ein. Die Möglichkeit, daß einige der etablierten Firmen den Versuch einer Beibehaltung oder sogar Ausdehnung ihres bisherigen Outputniveaus zum (vorübergehend) fixierten Preis vornehmen, bedarf besonderer Beachtung. Da gemäß Definition 12 das maßgebliche Oligopolmodell nicht näher spezifiziert wurde und außerdem die Existenz eines Gleichgewichts in bestimmten Fällen nicht gesichert ist, läßt sich lediglich die Aussage xk ~ m(p), k E {1, ... , n}, treffen. Der maximale, mit dem jeweils vorherrschenden Preis korrespondierende Output eines aktuellen Konkurrenten beläuft sich somit ebenfalls auf m(p). Eine etablierte Firma, die ein derartiges Verhalten ihrer Mitbewerber sowie die für den Neuankömmling maßgebliche Nebenbedingung Pi ~ p-f ins Kalkül zieht, kann durch eine entsprechende Preissetzung im Zeitpunkt tn1 _ 1 Einfluß auf die während der Reaktionsverzögerung erzielbare Residualnachfrage nehmen. Letztere ist unter der Annahme eines hinreichend homogenen Marktes von der Rationierungsregel unabhängig. Annahme 14 Der betrachtete Markt ist hinreichend homogen, um der Bedingung f -> 0 zu genügen2 •

Unter dieser Annahme gilt sowohl für die "pessimistische" als auch die "G leichverteilungshypothese" (88)

lim ti, 13 und 14 existiert für n ~ max{ n : P$ 1 ( n) "# 0} ein Preis, der im Fall eines Hit-and-run-Eintritts jeder etablierten Firma einen profitablen Verbleib im Markt sichert.

Beweis. Unter der Bedingung n ~ max{n: P' 1(n) "# 0} existiert gemäß Satz 3 eine nicht leere Menge P' 1(n) mit der Eigenschaft X(p)- n m(p)2 BaumoljPanzar/Willig {1986) und Schwartz (1986, S. 40) lassen bei der Analyse desselben Sachverhalts sogar die Bedingung f = 0 zu.

176

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

> 0 für p E p•t(n). Auf einen etablierten Anbieter, der einen Preis aus der Menge p•t(n) setzt, entfällt unter Berücksichtigung von Annahme 14 die Residualnachfrage

g(p)

1/J; ~

n

X(p)-

L xk(pk)- m(p- t) ~ X(p)- n m(p) > g(p) . II k~i

Diesem Resultat liegt analog zur Definition 12 kein näher spezifiziertes Oligopolmodell zugrunde, d. h. die Möglichkeit asymmetrischer Lösungen ist inbegriffen. Der im vorherigen Kapitel behandelte Fall ti = tR; läßt diese äußerst generelle Formulierung der in Betracht zu ziehenden Interaktionen durchaus plausibel erscheinen, zumal unter diesen Umständen nicht auszuschließen ist, daß der Eintritt eines neuen Konkurrenten einen Preiskampf auslöst, in dessen Verlauf auch etablierte Firmen Outputmengen der Höhe m(p) anbieten. Dieser Vorstellung läßt sich jedoch in Bezug auf den vorliegenden Fall > ti entgegenhalten, daß es für die Dauer der Reaktionsverzögerung (per definitionem) zu keiner direkten oligopolistischen Interaktion zwischen dem Neuling und den etablierten Firmen kommt. Anders als in der Situation ti = tR; können die Etablierten hier nicht wie Bertrand-Konkurrenten agieren. Gemäß Annahme 13 können sie sich lediglich optimal an die vom Newcomer gegebenenfalls nicht befriedigte Nachfrage anpassen. Unterstellt man außerdem einen homogenen Markt sowie die Abwesenheit strategischer Asymmetrien, so lassen sich unterschiedliche Höhen an nicht befriedigter Nachfrage, die die Marktinhaber auf sich vereinigen können, kaum rechtfertigen. Diese Überlegung motiviert eine Präzisierung der in Definition 12 nicht näher spezifizierten Oligopollösung. Für die Outputmenge einer einzelnen Firma (während der Reaktionsverzögerung) gilt x; ~ a;I/J(p), wobei a; den Anteil an der vom Newcomer nicht befriedigten Nachfrage bezeichnet, den Firma i auf sich vereinigen kann. Die Funktion 1/J(p) (jetzt ohne den Index) entspricht dabei der insgesamt vom Newcomer unbefriedigten Nachfrage, d. h. 1/J(p) = X(p)- m(p). tR;

Annahme 15 Auf jede etablierte Firma i Anteil an unbefriedigter Nachfrage a; = 1/n.

= 1, ... , n

entfällt der gleiche

Definition 15 Als (p'; xJ., .. . , x~) wird eine Oligopollösung bezeichnet, die folgende Anforderungen erfüllt: 1. (p'; xJ., . .. , x~) entspricht einem nicht kooperativen Nash-Gleichgewicht unter Beteiligung aller etablierten Firmen auf der Basis der von einem Newcomer während der Reaktionsverzögerung nicht befriedigten Nachfrage.

I. Strategien der etablierten Firmen

177

2. Auf alle Marktinhaber entfällt dieselbe Höhe an unbefriedigter Nachfrage. 3. (p'; x~, . .. , x~) sichert allen etablierten Firmen während der Reaktionsverzögerung einen profitablen Verbleib im Markt. Mit dieser ebenfalls noch sehr allgemeinen Definition und insbesondere Teil 1 soll ein Konsistenzproblem vermieden werden, das manchen Markteintrittsmodellen anhaftet. Viele Ansätze unterstellen, daß etablierte Firmen in der Lage sind, ihr Verhalten anläßlich eines drohenden Markteintritts zu koordinieren. Abgesehen von dem Spezialfallcharakter dieser Annahme, dessen Relevanz einer näheren Begründung bedarf, droht hierbei ein unvermeidbarer Widerspruch, wenn nicht davon ausgegangen werden kann, daß die bereits ansässigen Anbieter auch sonst, also bei Abwesenheit potentieller Konkurrenz, kooperieren. Warum sollten rational handelnde Akteure, die zur Abwehr weiteren Markteintritts koordiniert handeln, ansonsten ein weniger kooperatives und damit weniger profitables Gleichgewicht realisieren? Um dieses Konsistenzproblem zu vermeiden, wäre es erforderlich, derartige Eintrittstheorien nur auf Märkte anzuwenden, auf denen es auch bei Abwesenheit potentieller Konkurrenz zur Realisierung einer Kartell- oder Kollusionslösung kommt. Andernfalls würden zwei hochgradig verschiedene Verhaltensmodelle auf ein und denselben Typ von Entscheidungsträger angewandt. Teil 2 der obigen Definition hat erhebliche Auswirkungen auf die maximale Anzahl jener Firmen, die das Reaktionslag überleben. Die zum Überleben einer bestimmten Anzahl an etablierten Akteuren mindestens erforderliche Residualnachfrage beträgt unter Berücksichtigung der Symmetrieeigenschaft 2 (89)

f/J(p)

= X(p)- m(p) > ng(p) .

Im allgemeineren, d. h. "pessimistischeren" Fall (siehe Satz 8) muß demgegenüber eine strengere Restriktion eingehalten werden. Dies ergibt sich aus der Beziehung n

X(p)- m(p)-

L x;(p;) ~ X(p)- m(p)- n g(p) i

in Verbindung mit

g(p)

~ x; ~

m(p).

Da f/J(p) fallend in p ist, muß der höchstmögliche Preis, der das Überleben einer bestimmten Anzahl etablierter Firmen auf der Grundlage von Annahme 15 gewährleistet, höher als max{P•t(n)} sein. 12 Paech

178

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Definition 16 Als p•t' (n) wird die Menge aller Preise bezeichnet, die unter Berücksichtigung von Annahme 15 eine Verdrängung etablierter Firmen im Eintrittszeitpunkt verhindert, d. h.

p•t' (n)

= {p; : p; > AC(xe)

1\

X(pi)- m(p;)

> n g(p;)}.

Diese Definition bezieht sich auf gänzlich nicht kooperatives Verhalten, d. h. es sind keine bindenden Vereinbarungen möglich und es findet keine Kommunikation zwischen den Kontrahenten statt. Im Rahmen der Lösung (p', x', n) maximieren die beteiligten Akteure ihren Profit individuell im Rahmen des zutreffenden Oligopolspiels auf der Basis der von einem Newcomer unbefriedigten Nachfrage. Die Einhaltung einer Preisobergrenze, die ein verlustfreies Uberdauern bis zum Reaktionszeitpunkt sichert, erfordert prinzipiell keinerlei Kooperation. Falls der einheitliche Marktpreis, der sich im Rahmen eines Mengenoligopols einstellen würde, diese Grenze zu überschreiten droht, besteht für eine einzelne Firma jederzeit die Option, sich als Bertrand-Konkurrent zu betätigen und im Zeitpunkt tR;_ 1 unabhängig von den anderen Etablierten einen Preis zu setzen, der während der Reaktionsverzögerung einen Verbleib im Markt erlaubt. Die Frage, ob von der Bedingung max{n : p•t(n) =/; 0} < max{n: p•t' (n) =/; 0} auszugehen ist, entzieht sich aufgrund der Ganzzahligkeit von n einer allgemeingültigen Beantwortung. Sofern von einer Eintrittsverzögerung auszugehen ist, sind bezüglich der mit (p', x', n) korrespondierenden Auszahlung zwei Ausprägungen zu unterscheiden. Die während eines Eintrittslags erzielbare Auszahlung wird im folgenden als 1rH n) und der entsprechende Wert während des Reaktionslags, also bei Anwesenheit eines Newcomers, als 7rH*/n) bezeichnet. Wenn die Etablierten von der Alternative (p', x', n) Gebrauch machen, ergibt sich am Ende eines Teilspieles die Auszahlung3

J t;

(90)

V;(s;, s]) =

1Rj_ 1

J tRj

1r;{n)e-rtdt +

1r;{*jn)e-rtdt.

lj

Hält man weiterhin an der Betrachtung eines separaten Markteinoder trittsprozesses fest, so hängt die optimale Entscheidung zwischen sf unter anderem davon ab,

s:

1. ob die oligopolistischen Konkurrenzbeziehungen bei Abwesenheit po-

tentieller Konkurrenz einen Marktpreis p0 ermöglichen, dessen Beibehaltung angesichts drohenden Markteintritts die Verdrängung ei-

3 s: bezeichnet hier die optimale Reaktion einer etablierten Firma im Rahmen der nicht kooperativen Nash-Lösung (p', x', n).

I. Strategien der etablierten Firmen

179

ner oder mehrerer etablierter Firmen zur Folge haben könnte, d. h.

Po> p',

2. ob eine Ausübung der Flee-and-repulse-Option möglich ist und, sofern dies zu bejahen ist, 3. von der Länge der Austrittsverzögerung, 4. von der Wahrscheinlichkeit~. zu den gegebenenfalls verdrängten Akteuren zu zählen, 5. sowie von der Länge des Eintrittslags. Hinsichtlich des erstgenannten Aspekts sind Situationen denkbar, in denen eine hinreichende Intensität der Konkurrenzbeziehungen dafür sorgt, daß die Lösung (p 0 , x 0 , n) der in Definition 15 geforderten Eigenschaft 3 genügt. Die Berücksichtigung einer eventuell vorhandenen Austrittsverzögerung würde sich dann erübrigen, weil keine Firma zum temporären Ausscheiden aus dem Markt gezwungen wäre. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist die Frage von Bedeutung, inwieweit eine Ausübung der Flee-andrepulse-Option möglich ist. Deren Durchführbarkeit setzt voraus, daß alle verdrängten Firmen nach der Reaktionsphase sofort in den Markt zurückkehren können, und zwar bevor die Eintrittsentscheidung des nächsten Newcomers ansteht. Wenn dies nicht der Fall ist, würde eine Ausübung der Strategie sf unter Umständen zur Folge haben, daß alle oder einige Marktinhaber durch einen Newcomer nicht nur vorübergehend, sondern für einen längeren Zeitraum verdrängt werden. Hiervon betroffene Firmen würden dann selbst wieder den Status eines Newcomers einnehmen, d. h . sie hätten sich in die Sequenz der potentiellen Konkurrenten einzureihen, wobei nicht geklärt ist, in welcher Position sie sich dann befinden würden.

Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob sich die Flee-and-repulse-Hypothese für den Fall n > 1 generell mit einer sequentiellen Spielstruktur vereinbaren läßt. Einerseits würden unter dieser Annahme im Zeitpunkt tR1 mehrere etablierte Firmen simultan in den Markt zurückkehren oder (wieder) eintreten, während andererseits im Hinblick auf potentielle Konkurrenz bislang sequentieller Eintritt unterstellt wurde. Diese zunächst widersprüchlich anmutenden Annahmen müssen jedoch nicht notwendigerweise inkonsistent sein. Die sequentielle Struktur einer typischen Marktentwicklung, d. h. deren Zerlegung in separate, aufeinanderfolgende Eintrittsvorgänge schließt jedenfalls grundsätzlich nicht aus, daß innerhalb eines einzelnen Teilspiels simultane Entscheidungen bzw. Handlungen auftreten.

180

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionsla.gs

Außerdem setzt eine Ausübung der Flee-and-repulse-Option nicht voraus, daß eine etablierte Firma den Markt im buchstäblichen Sinne" verläßt" und somit auf die strategische Ebene eines potentiellen Konkurrenten zurückfällt. Wenn eine Austrittsverzögerung existiert, die das Reaktionslag übertrifft, wäre dies sogar per Annahme ausgeschlossen. Während das Phänomen potentieller Konkurrenz auch bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien bestimmten Verzögerungen unterliegt, die beispielsweise aus Investitionen, Kapitaltransfers oder der Notwendigkeit, eine profitable Eintrittsoption erst einmal wahrzunehmen, resultiert, lassen sich derartige Aspekte in Bezug auf etablierte Firmen, die vorübergehend ihre Nachfrage an einen Newcomer verlieren, kaum begründen. Genau diesem Sachverhalt sollte durch die Berücksichtigung einer Eintrittsverzögerung Rechnung getragen werden, die der Bedingung ti > tn;_ 1 entspricht. Diese, im Kapitel E als Typ I bezeichnete Eintrittslagvariante impliziert, daß der frühestmögliche Eintritt eines potentiellen Konkurrenten erst nach einer Reaktion bzw. dem Wiedereintritt der etablierten Firma(en) erfolgen kann. Selbst wenn technische oder organisatorische Umstände prinzipiell einen früheren Eintrittstermin erlaubten, erschiene dies innerhalb des vorliegenden Kontextes kaum plausibel. Zum einen sind die gegenwärtig im Markt operierenden Akteure durch Verträge bis zum Zeitpunkt tn;_ 1 gegen vorzeitige Preisunterbietungen geschützt - ganz gleich ob diese von etablierten oder potentiellen Konkurrenten ausgehen 4 • Zum anderen ließe sich ein direkt im Zeitpunkt tn;_ 1 stattfindender Markteintritt (durch den Newcomer j) ebenfalls nicht begründen, denn dieser würde genau mit der Reaktion auf den Newcomer j - 1 zusammenfallen. Oligopolistische Interaktionen wären dann unvermeidbar. Die Profitabilität der Hit-ancl-run-Strategie kann per definitionem nur auf der Basis jenes Preises kalkuliert werden, der sich vor dem eigentlichen Markteintritt gebildet hat. Dies setzt jedoch nicht nur voraus, daß ein vorangegangener Eintrittsprozeß, insbesondere die Reaktion der etablierten Akteure hierauf, abgeschlossen ist, sondern darüber hinaus, daß die etablierten Akteure eine preispolitische Entscheidung getroffen haben, mit der sie dem nächsten potentiellen Konkurrenten oder drohenden Eintritt begegnen wollen 5 . Faßt man diese Überlegungen zusammen, so kann der Eintritt eines Neuankömmlings, der die Hit-ancl-run-Option anwendet, erst nach Beendigung des vorangegangenen Eintrittsvorgangs stattfinden. Letzterer umfaßt jedoch auch die Reaktionen bzw. den Wiedereintritt temporär verdrängter 4 Vorzeitige Eintritte auf der Grundlage einer nicht befriedigten Nachfrage würden dem Umstand widersprechen, daß es überhaupt zur Verdrängung etablierter Firmen kommen konnte. 5 Es ist nicht auszuschließen, daß die Reaktion und die für den nächsten Eintrittsprozeß maßgebliche Preissetzung simultan erfolgen.

li. Optimale Preise für die Da.uer eines sepa.ra.ten Eintrittsprozesses 181

Marktinhaber. Die Flee-and-repulse-Variante muß somit nicht als simultanes Wiedereintreten interpretiert werden, solange sichergestellt ist, daß die Eintrittsentscheidung eines Newcomers j erst getroffen wird, nachdem alle Etablierten auf den Vorgänger j - 1 reagiert haben bzw. in den Markt zurückgekehrt sind. Annahme 16 Die Flee-and-repulse-Option ist für n men durchführbar.

>

1 etablierte Fir-

Wenn eine hinreichend geringe Eintrittsverzögerung und/oder eine hohe Austrittsverzögerung zu einem negativen Wert V;(sf, sJ) führt, scheidet die Strategie sf aus. Hinsichtlich der verbleibenden Alternative, sich im Rahmen von si optimal an den Newcomer anzupassen, sind verschiedene Variationen möglich, die im folgenden Abschnitt dargestellt werden sollen. II. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses Die in Abschnitt G.l definierte Strategie si ist nur durchführbar, wenn die tatsächliche Anzahl an aktuellen Konkurrenten nicht den Wert max{ n : pst' (n) :f. 0} übertrifft. Andernfalls kommt es infolge weiterer Markteintritte unweigerlich zur Verdrängung mindestens eines Marktinhabers. Außerdem läßt eine Beschränkung der Strategiemenge auf die beiden Extreme sf und si die Möglichkeit außer acht, daß die Maximierung der erwarteten Auszahlung einen Preis p, p 0 < p < p', implizieren kann. In diesem Fall würden die Etablierten einen positiven Wert für die Wahrscheinlichkeit in Kauf nehmen, durch einen Newcomer verdrängt zu werden, dafür jedoch im Falle eines Verbleibs einen höheren Profit erzielen. Die Strategie si bedarf daher einer Konkretisierung. 1. Optimale Preisstrategien unter Vernachlässigung

von Eintritts- und Austrittslags

Gegenstand der folgenden Ausführungen ist eine hypothetische Situation, in der die Marktinhaber Preisstrategien wählen, deren Optimalität sich auf eine vollkommen isolierte Betrachtung der Reaktionsverzögerung gründet . Hierbei wird die Berücksichtigung sowohl einer Eintritts- als auch einer Austrittsverzögerung zunächst bewußt ausgeklammert. Das besondere Augenmerk liegt auf Marktkonfigurationen, die ineffizient sind, weil sich mehr als ne Firmen im Markt befinden. In diesem Fall können Abweichungen von der Strategie sj zur Verdrängung etablierter Anbieter führen 6 . 6 Hiervon müssen jedoch nicht notwendigerweise alle etablierten Firmen betroffen sein.

182

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Auf diese Weise soll ein Extremzustand modelliert werden, in dem die disziplinierende Wirkung potentieller Konkurrenz im Sinne des Contestablemarket-Ansatzes ein Maximum erreichen müßte. Sofern die Marktinhaber einen Preis unterhalb des Wertes pMC setzen, ist die optimale Outputmenge des Newcomers nicht größer als m(p). Hieraus ergibt sich eine unbefriedigte Residualnachfrage t/J(p). Aufgrund der Möglichkeit einer Mengenreaktion (Annahme 13) können sich die etablierten Firmen notfalls auf das zur Kostendeckung erforderliche Outputniveau g(p) begeben. Deshalb führen Hit-ancl-run-Aktionen nur dann zu Marktaustritten, wenn die Ungleichung ng(p) > t/J(p) erfüllt ist. Da sowohl die vom Neuankömmling nicht befriedigte Nachfrage als auch die zum Überleben minimale Outputmenge eine Funktion des Preises darstellen , können die Etablierten die Anzahl der während eines Reaktionslags im Markt verbleibenden Firmen mit einer entsprechenden Preispolitik beeinflußen. Für die Anzahl der während einer Reaktionsverzögerung überlebenden etablierten Firmen n 1 gilt I - . t { t/J(p)} (91) n - m g(p) . Zu jedem fest vorgegebenen p, p E [AC(xe), pMC], korrespondiert ein bestimmter Wert n 1, d . h . n 1 ergibt sich als Lösung, wenn tjJ(p)fg(p) für ein festes p bezüglich n maximiert wird 7 . Der Preis, welcher die Anzahl der überlebenden Anbieter maximiert, wird als pü bezeichnet, d. h.

(92)

pü =

argma~ { t/J(p)}. g(p)

Die zugehörige Bedingung erster Ordnung lautet

(93)

t/J'

g'

tP

g

Für die entsprechende Firmenanzahl, sie wird als nü,m bezeichnet, gilt8

(94)

.. { t/J(pü)} nu,m=int g(pü) .

Es ist unmittelbar ersichtlich, daß pü höher als die minimalen Durchschnittskosten sein muß, denn für die Bedingung erster Ordnung an der Stelle p = AC(xe) gilt

(95) 7n1 8 Sie

t/J' g- g' t/Jip=AC(x•) > 0, kann somit als Funktion von p aufgefaßt werden: n 1 = n 1(p). ist identisch mit dem Ausdruck max{n: p•t' (n) f. 0}.

II. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 183

da g' gegen -oo strebt. Die Bestimmung einer Untergrenze für die Anzahl der während einer Reaktionsverzögerung überlebenden Firmen ist aufgrund der Ganzzahligkeit von n 1 schwierig. Bei einem Preis der Höhe AC(x") entspräche die von einem Newcomer unbefriedigte Nachfrage dem Wert X (AC(x"))- m (AC(x")) = (n• -1)x•. Diese Überlegung ist jedoch hypothetisch, weil ein Preis in Höhe der minimalen Durchschnittskosten gerade keinen weiteren Markteintritt mehr zuläßt. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob eine vom Niveau p = AC(x") ausgehende Erhöhung des Preises gleichermaßen zu einer Erhöhung des Quotienten MG, ohne die eine Erfüllung der notwendigen Bedingung für die Optimalität von pR nicht gewährleistet sein kann. Es läßt sich außerdem mit Hilfe der komparativ statischen Analyse zeigen, daß pR abnehmend in ist. Eine Differentiation der Bedingung erster Ordnung nach ergibt

n"

9

n"

Zum Zwecke der Vereinfachung wird ab jetzt der Firmenindex weggelassen.

Il. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 185

(101) Hieraus folgt

apR anü (102)

8 21rRjapanü ß27rRjßp2 MG) MC' AC(xe). Beweis. Angenommen, pR entspräche den minimalen Durchschnittskosten, so hätte dies pR = AC(xe) = MC(xe) zur Folge. Der Grenzgewinn

(1rR)' = 4J(p) + (p ~ MC)4J' nu 10 Diese

Umformung beruht auf dem Zusammenhang

g

, = _1_ = AC'

(aC(x;)fx;) - l ax;

Für die Ableitung der Durchschnittskosten gilt

aC(x;)fx; _ x; MG- C _ MG- AC ax; (x;) 2 X; -

li. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 187

würde demgemäß an der Stelle p men:

=AC = M C den folgenden Wert anneh-

Befände sich pR demgegenüber unterhalb der minimalen Durchschnittskosten, so wäre dies mit einer zulässigen Konfiguration unvereinbar. II Dieser Sachverhalt bietet eine interessante Perspektive: Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Oligopolpreis, welcher den Konkurrenzbeziehungen bzw. dem Grad an preispolitischer Kooperation zwischen den etablierten Firmen bei Abwesenheit drohenden Markteintritts entspricht, nämlich p 0 (n), geringer als pR ist. Eine derartige Konstellation ist umso wahrscheinlicher, je unkooperativer (oder wettbewerbsintensiver) das zugrundeliegende Marktverhalten ist. Dieser Fall eröffnet die Möglichkeit, daß potentielle Konkurrenz, sofern diese wie bei Baumol/Panzar/Willig (1982) lediglich als mögliche Ausübung der Hit-ancl-run-Strategie aufgefaßt wird, trotz des Vorhandenseins einer Reaktionsverzögerung bei gleichzeitiger Abwesenheit jeglicher sunk costs keinen disziplinierenden Effekt auf die Preispolitik etablierter Anbieter ausübt. Faßt man (p 0 , x 0 , n) als Referenzlösung für eine Preissetzung bei vollkommener Vernachlässigung potentieller Konkurrenz auf, dann muß sogar die keinesfalls abwegige Möglichkeit des gegenteiligen Effektes, nämlich daß potentielle Konkurrenz sogar eine preiserhöhende Wirkung ausüben könnte, in Betracht gezogen werden. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß es innerhalb der vorliegenden, rein statischen Spielformulierung einer nur schwer zu rechtfertigenden Ad-hoc-Annahme gleichkäme, wenn anläßlich drohenden Markteintritts höhere Preisniveaus als p 0 zugelassen würden. Der entsprechende Bedarf an Koordination oder stillschweigenden Übereinkünften ließe sich mit dem hier gewählten Modellrahmen kaum vereinbaren 11 . Im weiteren Verlauf dieses Abschnitts unterliegt die Preispolitik der Etablierten deshalb der Obergrenze p 0 • Ein einfaches Beispiel unterstreicht die Möglichkeit einer Situation, in der p 0 (n) < pR(n) gilt. Die für alle Firmen identische Kostenfunktion sei von der Form C(x) = 9 + x 2 und die Preis-Absatz-Funktion laute p(X) = 30- 2X. Hieraus ergeben sich unter anderem folgende Werte für die relevanten Variablen des Systems: ne 4, xe 3, AC(xe) = 6, pMC = 15, pü = 8, 7 und nü,m = 5.

=

=

Unterstellt man der Einfachheit halber, daß sich die Firmen wie Cournot-Anbieter verhalten, so impliziert dies für n• den Wert sechs. Weitere 11 Dies würde im übrigen auch der Argumentation widersprechen, mit der die erste Bedingung in Definition 15 begründet wurde.

188

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionstags

Ergebnisse sind in Tabelle 3 zusammengefaßt. Hierbei bezeichnet p 0 (n) den Cournotpreis und 1rR den Profit der während des Reaktionslags im Markt verbleibenden Firmen in Abhängigkeit des vor dem Eintritt gesetzten Preises. Tabelle 3

Zahlenbeispiel auf der Basis eines Cournot-Oligopols 12

I n bzw. nu I 6 (=n*) I po(n) pn(nu) 1rn(po, nu) 1rn(nu)

7,500 8,571 -1,188 -0,964

5 8,571 8,750 0,367 0,375

I 4 (=ne) I 10 9 1,938 2,250

3 12 9,375 2 5,063

2

15 10 -9 9,75

1 20 11,25 -134 19,13

Bis auf den Wert für p0 (n) hat die Spalte n = 6 keine Relevanz, da ein profitabler Verbleib von sechs Firmen während des Reaktionslags nicht gewährleistet ist. Angenommen, die Anzahl der sich im Markt befindenden etablierten Firmen beträgt fünf, dann ist der (unter Vernachlässigung potentieller Konkurrenz optimale) Oligopolpreis p 0 (n) geringer als jener Preis, der den Profit eines etablierten Akteurs in Erwartung einer Hit-andrun-Attacke für nü = 5 maximiert, d. h. p0 (5) = 8, 571 < 8, 750 = pR(5). Da p 0 (n) die Cournot-Nash-Lösung des vorliegenden Oligopolspiels darstellt und somit per definitionem als Referenzpreis für einen Zustand bei Abwesenheit drohenden Markteintritts fungiert, stellt sich die Frage, ob - und falls ja, unter welchen Bedingungen - in einer derartigen Situation potentielle Konkurrenz im Sinne Baumol/Panzar/Willigs ohne disziplinierende Wirkung auf die Preispolitik der Marktinhaber bleiben kann. Sie ist Gegenstand der sich anschließenden Analyse. Wählt man hierbei den Preis p 0 (n) als Referenzpunkt, so ergeben sich zwei qualitativ unterschiedliche Ausprägungen einer Abschwächung des Effekts potentieller Konkurrenz: 1. Drohender Eintritt übt keine Wirkung auf den Marktpreis aus 13 . 2. Es wird zwar eine Preissenkung ausgelöst, der Preis erreicht jedoch nie das Minimum der Durchschnittskosten. 12 Genaugenommen handelt es sich bei 11'R um den Profitstrom pro Zeiteinheit, weil aus Vereinfachungsgründen sowohl der Diskontfaktor als auch die eigentliche Länge der Reaktionsverzögerung unberücksichtigt bleiben. Dies beeinträchtigt allerdings nicht die Vergleichbarkeit der in dem Zahlenbeispiel enthaltenen Profithöhen. 13 Dieser Fall beinhaltet aus den oben genannten Gründen ebenfalls die Konstellation p0 (n) < pR(nü).

II. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 189

Wenn in dem obigen Zahlenbeispiel die Firmenkonfiguration n = 5 vorliegt, haben die Etablierten aufgrund der Bedingung p 0 (n) < pR(nü), n ~ nü, nicht die Möglichkeit, von der Strategie pR(nü) Gebrauch zu machen. Läge dagegen eine Konstellation n mit der Eigenschaft

vor, so würde dies im Hinblick auf das Reaktionslag ein breiteres Spektrum an Preisoptionen eröffnen 14 . In dieser Situation könnten die Etablierten nicht nur generell zwischen den Strategien p0 (n) und pR(nü) wählen, sondern unter bestimmten Bedingungen darüber hinaus festlegen, welcher Preis pR(nü), 1 ~ nü ~ min{n, nü,m}, gegebenenfalls zur Anwendung käme. Das zuletzt genannte Entscheidungsproblem tritt genau dann auf, wenn die Menge

mehr als ein Element enthält. Falls die oligopolistischen Interaktionen durch einen höheren Grad an Kooperation charakterisiert sind, was sich in einem entsprechend höheren Wert für p 0 (n) äußert, ist tendenziell von einer größeren Anzahl an Elementen der Menge fl(n) auszugehen. Der Extremfall einer Kollusionslösung wird - bezogen auf das vorherige Zahlenbeispiel - in Tabelle 4 dargestellt. Tabelle 4

Zahlenbeispiel auf der Basis einer Kollusionslösung

po(n) pn(nu) 1rfl(po) 1rll(nu)

15,652 ... 8,125 ... -9,931 ... -4,312 ...

2

16,154 8,571 -12,144 -0,964

1

16,364 16,7 17,143 18 20 8,750 9,375 10 11,25 9 -13,538 -16,278 -21,756 -38,25 -134 0,375 2,250 5,063 9,75 19,125

a) Der Fall fl(n) = 0 Die optimale Preispolitik der etablierten Akteure hängt unter anderem davon ab, ob die durch das zugrundeliegende Oligopolverhalten determinierte Preisobergrenze p 0 (n) eine bindende Restriktion darstellt. Angenommen, im Rahmen des in Tabelle 3 dargestellten Cournot-Spielsliegt die Firmenkonfiguration n = 5 vor, dann gilt für alle nü ~ n : p0 (n) < pR(nü) . 14 Dies

Fall.

ist beispielsweise für die

n- Werte

zwei, drei und vier in Tabelle 3 der

190

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Somit ist die Menge fl(n) für diese Konfiguration leer, d. h. die Strategie pR(nü) ist nicht anwendbar. Die unter diesen Umständen optimale Preissetzung für die Dauer der Reaktionsverzögerung hängt von den Eigenschaften der (beschränkten) Profitfunktion 1rR(p, nü) ab. Jeder Firmenanzahl nü ~ nü,m läßt sich ein Preisintervall

.. I(nu)

p+(nü + 1). 15 Dies

folgt aus

192

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Der durch p- ( n") repräsentierte Schnittpunkt befindet sich für n"- Werte mit der Eigenschaft p4>(n") ~ AC(xe) im steigenden Bereich der Durchschnittskosten. Für Preise p, AC(xe) ~ p < p4>(n"), erzielt jede der n" Firmen ein zur Kostendeckung hinreichendes Quantum an Nachfrage und bietet entlang des aufsteigenden Astes der Grenzkosten an. Die untere Grenze befindet sich daher im Minimum der Durchschnittskosten. Folglich nimmt der Zähler und damit der gesamte Quotient den Wert Null an. Gilt demgegenüber p4>(n") < AC(xe), so schneidet l/J(p)fn" zweimal den fallenden Ast der Durchschnittskosten. Entsprechend gilt dann auch im "unteren" Schnittpunkt p > M C, was zu einem negativen Vorzeichen für den Zähler führt. Für den Nenner läßt sich- analog zu p+(n")- ein positives Vorzeichen begründen. Faßt man beide Fälle zusammen, so ergibt sich der Zusammenhang p-(nü) ~ p-(n" + 1). Tabelle 5 Intervallgrenzen auf der Basis des obigen Zahlenbeispiels

I nu

pq>(n) p't'(nu) p-(nu)

5

4

3

2

1

4,3 10 7,19

5 11,68 6,32

6 12,75 6

7,5 13,6 6

10 14,34 6

Der höchste Preis, bei dem mindestens eine Firma das Reaktionslag überdauert, lautet max {p+(n")}. Der optimale Preis für die Dauer des Reaktionslags kann deshalb nicht höher als min{max (p+(n")) ,p0 (n)} sein. Unter der Konstellation O(n) = 0 ist p 0 (n) jedoch kleiner als max{p+(n")}. Dies folgt daraus, daß pR(n") für n" ~ nü,m nicht höher als p+(n") sein kann, was wiederum zur folgenden Ungleichungskette führt:

p0 (n) < pR(n") ~ p+(n"),

V n" ~ nü,m

Die maximale Anzahl an Firmen, die das nächste Reaktionslag überleben, ist unter bestimmten Umständen nicht nur durch das Minimum der beiden Werte n und nü,m beschränkt, sondern darüber hinaus durch den Preis p 0 (n). Es ist zu berücksichtigen, daß der Oligopolpreis nicht im Intervall I( n) enthalten sein muß. Dies gilt auf jeden Fall, wenn n größer als nü,m ist, da 1rR(p, n) dann für jeden beliebigen Preis negativ ist und es somit unweigerlich zu Marktaustritten kommen muß. Der während des Reaktionslags erzielbare Profit wird auf diese Weise zu einer unsicheren Auszahlung. Für die folgende Analyse symbolisiert der Wert nüo die höchste Anzahl an etablierten Firmen, die das Reaktionslag überdauern, wenn am Preis

II. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 193

21 20

19 18

17 16

15 14 13 12 11

10 9

8 7

6

5 4

3 2

1

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 p

Abb. 15: Struktur der Profitfunktion 11'R(p, nü) unter Zugrundelegung des obigen Zahlenbeispiels

p 0 (n) festgehalten wird. Die hier zugrundeliegende Bedingung f2(n) = 0 stellt sicher, daß p0 (n) sich im Bereich der Schnittpunkte zwischen den aufsteigenden Parabelästen und der p-Achse befindet, d. h. mittels einer Preissenkung ist keine Erhöhung des n"- Wertes möglich. Folglich gilt (110)

.. = int { ,P(p0 (n)] } nuo g(po(n)]

.. < min{n nu,m}. -

,

Auf der Grundlage, daß die Marktinhaber sich für n" = nüo entscheiden, kann kein geringerer Preis als p 0 (n) optimal sein. Dies läßt sich damit begründen, daß erstens faktisch nicht mehr als nüo Etablierte vorhanden sind, die das Reaktionslag überdauern könnten, und zweitens der Gewinn 11'R(p0 (n), n" 0 ) an der Stelle p0 (n) < pR(n" 0 ) zunehmend in p ist 16 . Die entsprechende Auszahlung lautet nüo 11'R (po(n), nüo) - , n 16 Daß

13 Paech

p 0 (n) kleiner als pR(nü 0 ) ist, folgt direkt aus O(n)

= 0.

194

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

wobei nüo fn der Wahrscheinlichkeit entspricht, mit der eine Firma zu den Überlebenden der Reaktionsverzögerung zählt, wenn der Preis p 0 (n) gesetzt wird 17 . Wenn sich nicht mehr als nü,m Akteure im Markt befinden, besteht durchaus die Möglichkeit, daß im Falle eines Beharrens auf p 0 (n) alle n Firmen das Reaktionslag überdauern, d. h. es gilt n = nüo. Dies setzt p0 (n) E I(n) voraus. Der auf die Reaktionsverzögerung bezogene (sichere) Profit eines Anbieters lautet dann 11'R(p0 (n), n). Der Umstand, daß O(n) leer ist, muß jedoch nicht zwangsläufig die Optimalität von p 0 (n) für die Dauer des Reaktionslags implizieren. Zu prüfen ist vielmehr, ob ein Preis p < p 0 (n) existiert, der die Eigenschaften

r/J(p)} .. int { - = nu.. < nuo g(p)

und

aufweist. Die erste Bedingung bringt den Sachverhalt zum Ausdruck, daß bei einer unveränderten Firmenanzahl nüo ein geringerer Preis als p0 (n) aufgrund p0 (n) < pR(nü 0 ) nicht optimal sein kann, denn f)1J'Rjßp ist unter dieser Bedingung positiv 18 . Andererseits ist 11'R(p, nü) ceteris paribus abnehmend in nü. Ausgehend vom Niveau p 0 (n) kann eine Preisreduzierung somit prinzipiell drei verschiedene Effekte haben. Erstens: Die Preisverringerung würde zunächst ceteris paribus, d. h. bei unverändertem nü tendenziell eine Senkung von 11'R(p, nü) hervorrufen. Zweitens: Wenn es gelänge, mittels einer Preissenkung auf ein geringeres nü-Niveau zu gelangen, hätte dies eine Steigerung des Profitniveaus 11'R(p, nü) zur Folge. Drittens: Wenn nicht alle nüo Firmen das Reaktionslag überdauern, sinkt die individuelle Wahrscheinlichkeit des Überlebens und damit der Erwartungswert der korrespondierenden Auszahlung 19 . Angenommen, die Menge

A(n)

{ nü : (nü < nüo)

1\

3p{(p < p0 (n))

(p E I(nü))

(p

ft I(nü') 'V nü' > nü)}}

1\

1\

17 Es wird weiterhin unterstellt, daß die Austrittswahrscheinlichkeit für a.lle Akteure identisch ist (Vgl. Annahme 10). 18 Fa.lls die erste Bedingung nicht erfüllt ist, a.lso 4J(p)fg(p) 2:': 0 gilt , kommt es aufgrund der Annahme, daß a.lle Akteure denselben Anteil an unbefriedigter Nachfrage auf sich vereinigen können, zu keinen Marktaustritten. 19 1m Fa.lle n = n üo bedeutet dieser Effekt, daß die ansonsten sichere Auszahlung nun grundsätzlich zu einem unsicheren Ereignis wird.

n"

li. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 195

ist nicht leer, d. h. die etablierten Akteure können mittels einer Preissenkung Einfluß auf die Anzahl der während einer Reaktionsverzögerung im Markt verbleibenden Firmen nehmen, dann stellt sich die Frage nach dem Preis, der auf der Basis einer geringeren Firmenanzahl als ni.io optimal ist. Die Bedingung O(n) = 0 impliziert, daß für alle ni.i ~ ni.i,m die Ungleichung po(n) < PR(ni.i) gilt20. Hieraus folgt, daß auf der Grundlage einer Konfiguration ni.i E A(n) der höchste Preis optimal sein muß, der gerade noch das Überleben einer zahlreicheren Konfiguration als nü verhindert, denn die Preissetzung pR(ni.i) ist nicht durchführbar. Nimmt man aus Gründen der Vereinfachung an, daß ein Preis der Höhe p-(ni.i) gerade hinreichend ist, um das Überleben von nü Firmen für die Dauer des nächsten Reaktionslags zu verhindern, und berücksichtigt man außerdem die Beziehung p-(nü) ~ p-(nü + 1), so lautet der gesuchte Preis p-(nü + 1), nü E A(n) 21 . Er trägt im folgenden die Bezeichnung p(ni.i). Die mit dieser Vorgehensweise korrespondierende Auszahlung einer etablierten Firma, bezogen auf das Reaktionslag, lautet 1rR

i.i (.P(nii), nü) !!:...._, n

nü E A(n).

Somit ergibt sich für die Situation 0( n) = 0 und A( n) :f. 0 das Maximierungsproblern

(111)

max

P€{p0 {n),Jl(nÜ)) nÜEA(n)

Wenn die Menge A(n) leer ist, besteht aus Sicht der Etablierten keine Veranlassung, von p 0 (n) abzuweichen. b) Der Fall O(n) :f. 0

Falls O(n) :f. 0 gilt, können die etablierten Firmen von der Strategie pR(nü) Gebrauch machen und - sofern O(n) mehr als nur ein Element enthält - gegebenenfalls eine Entscheidung über den ni.i-Wert treffen, auf 20 Interpretiert man diesen Sachverhalt graphisch, so bedeutet die Konstellation O(n) = 0 und A(n) f:. 0, daß sich die als Lösung in Frage kommenden Preise auf die Bereiche zwischen den Schnittpunkten der aufsteigenden Parabeläste mit der p-Achse erstrecken (Vgl. Abb. 15). 21 Gegen die hier zugrundeliegende Annahme ließe sich einwenden, daß Firmen bei dem Preis p-(n") unter Deckung aller Kosten im Markt bleiben könnten. In diesem Fall wäre dann p-(n")- f der höchste Preis, mit dem gerade noch das Überleben von n ü Firmen verhindert würde. Auf die nachfolgende Analyse hätte dies allerdings keinen Einfluß.

n"

196

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

dessen Basis pR(nü) zur Anwendung kommt. Die Optimalität dieser Strategie hängt jedoch davon ab, ob die Wahl eines Preises pR(nü), nü E O(n), gewährleistet, daß nicht mehr als nü Firmen das Reaktionslag überdauern. Wenn sich nicht mehr als nü,m Akteure im Markt befinden, impliziert O(n) # 0 in Verbindung mit dem Sachverhalt pR(nü) > pR(nü + 1), daß n ein Element der Menge O(n) ist. Auf der Basis von n muß pR(n) optimal sein, da sich während der nächsten Reaktionsverzögerung faktisch nicht mehr als n etablierte Firmen im Markt befinden können. Mit dieser Option korrespondiert die sichere Auszahlung 7TR(n), da es zu keinen Marktaustritten kommt. Gilt für die aktuelle Firmenkonfiguration demgegenüber n > nü,m, so muß nü,m ein Element von O(n) sein. Auf der Basis von nü,m überlebenden Anbietern ist pR(nü,m) optimal, weil per definitionem die Existenz einer zahlreicheren Firmenkonfiguration, die das Reaktionslag überdauern kann, ausgeschlossen ist. Da es in diesem Fall zwangsläufig zu Marktaustritten kommt, lautet die entsprechende Auszahlung einer etablierten Firma, bezogen auf das Reaktionslag, 7TR(nü,m)nü,m fn. Falls O(n) mehr als ein Element enthält, ist darüber hinaus die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, mit einer entsprechenden Preispolitik einen geringeren nü-Wert als min{nü,m,n} zu wählen. Inwieweit pR(nü), mit nü < min{nü,m,n}, optimal sein kann, hängt davon ab, ob dieser Preis gewährleistet, daß nicht mehr als nü Firmen das nächste Reaktionslag überdauern. Dies ist genau dann der Fall, wenn die Menge

llt(n)

{ nü E O(n): (nü < min{nü,m, n}) I\

(pR(nü)

f/: I(nü') V nü' > nü)}

nicht leer ist . Die entsprechende Firmenauszahlung, bezogen auf die Dauer der Reaktionsverzögerung lautet nun ü

7TR(nü)~, n

nü E llt(n).

Falls die Menge llt(n) leer ist, verbleiben für nü < min{nü,m,n} zwei Optionen, die mit pR(min{ nü,m, n}) zu vergleichen sind. Zum einen besteht die Möglichkeit, den Preis p(nü) zu setzen, sofern A(n) # 0 gilt. Außerdem ist unter bestimmten Voraussetzungen als weitere Option der kleinste Preis in Betracht zu ziehen, der gerade noch das Überleben von mehr als nü Firmen verhindert, jedoch höher als pR(nü) ist. Diese Überlegung bezieht sich auf die Intervalle zwischen den Schnittpunkten der fallenden Parabelstränge mit der p-Achse (siehe Abb. 15). Eine notwendige Bedingung für die Realisierbarkeit dieser Preisstrategie besteht darin, daß die im folgenden definierte Menge e(n) nicht leer ist.

II. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 197

6(n)

{ nü E O(n): (n" 1\

(p E I(nü))

1\

< min{nü,m, n}) (p

1\

3p{(pR(nü) < p ~ p0 (n))

rt I(nü') 't/ nü' > nü)}}

Unter Berücksichtigung des Sachverhaltes, daß 1rR(p, nü) für p > pR(nü) fallend in p ist, muß auf der Basis eines nü-Wertes, nü E 6(n), der geringste Preis optimal sein, der gerade noch das Überleben einer zahlreicheren vereitelt. Unterstellt man zudem - analog zur InKonfiguration als tervallgrenze p-(nü) - der Vereinfachung halber, daß ein Preis der Höhe p+(nü) noch gerade hinreichend ist, um ein Überleben der Firmenanzahl nü (für die Dauer der Reaktionsverzögerung) zu verhindern, so entspricht dieser Preis unter Berücksichtigung von p+(nü) > p+(nü + 1) dem Wert p~'(nü) = p+(nü + 1), nü E 6(n).

n"

Die folgende Übersicht ordnet den unterschiedlichen Konstellationen, die im Rahmen des Falles O(n) =f. 0 möglich sind, jeweilige Lösungsmengen zu, in denen sich der für die Dauer des Reaktionslags optimale Preis befindet. Es ist zu berücksichtigen, daß unter solchen Konstellationen, in denen \lf(n) nicht leer ist, die Strategie pR(nü), nü E \ll'(n), gegenüber p(nü) und p~'(nü) dominant ist. Somit sind die beiden letztgenannten Optionen nur relevant, wenn A(n) \ w(n) bzw. 6(n) \ w(n) nicht leer sind.

w

0 A W=0

n =f. 0 A 0 w=0

A=0

e

0 Fall1

e

w = 0 Fall 2

e

0 Fall 3

e

w = 0 Fall4

e

0

Fall 5

6=0

Fall 6

e

0

Fall 7

0= 0

Fall 8

Abb. 16: Zusammenfassung aller möglichen Konstellationen für O:f; 0

198

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Der für die Dauer der Reaktionsverzögerung optimale Preis wird als pRV (n) bezeichnet. Falll. w(n) # 0, A(n) \ w(n) # 0, 8(n) \ w(n) # 0 pRV(n) E {PR (min{nü,m,n}) ,pR(nü'),p(nü),pJ.1(nü)} Fall2. w(n) # 0, A(n) \ w(n) # 0, 8(n) \ w(n) = 0 PRV (n) E {PR (min{nü,m, n}), pR(nü'),p(nü)}

Fall 3. w(n) # 0, A(n) \ 'll(n) = 0, 8(n) \ w(n) # 0 PRV (n) E {PR (min{ nü,m, n}) , pR(nü'), pJ.I(nü)} Fall4. w(n) # 0, A(n) \ w(n) = 0, 8(n) \ w(n) = 0 PRV (n) E {PR (min{nü,m, n}), pR(nü')}

Fall 5. w(n) = 0, A(n) # 0, 8(n) # 0 PRV(n) E {PR (min{nü,m,n}) ,p(nü),pJ.!(nü)} Fall 6. 'll(n) = 0, A(n) # 0, 8(n) = 0 PRV(n) E {PR (min{nü,m,n}) ,p(nü)} Fall 7. 'll(n) = 0, A(n) = 0, 8(n) # 0 PRV(n) E {PR (min{nü,m,n}) ,pJ.I(nü)} Fall 8. 'll(n) = 0, A(n) = 0, 8(n) = 0 PRV (n) =PR (min{nü,m, n }) 1\

nu, nu < min{nu,m, n} ••

•• I

••

Die Konstellationen 3 und 7 muten zunächst unrealistisch oder sogar widersprüchlich an, weil e (bzw. e \ w) # 0 impliziert, daß sich der Preis p 0 (n) rechts von dem Bereich der aufsteigenden Äste der Profitfunktion befindet. Die Möglichkeit, daß die Menge A bzw. A \ W unter diesen Umständen leer ist, kann trotzdem nicht gänzlich ausgeschlossen werden, denn die Bedingung p-(nü) ~ p-(nü + 1) läßt grundsätzlich den Extremfall zu, daß zwischen den aufsteigenden Ästen der Funktionen 1rR(p, nü) entlang der Abzisse keine Intervalle existieren, weil sich ihr Ursprung im seibern Punkt auf der Abzisse befindet. Im Gegensatz zur Situation O(n) = 0 taucht der Preis p 0 (n) hier nicht als Lösung auf. Er ist allerdings insofern als Option im Rahmen der Strategie pJ.I(nü) enthalten, als der Extremfall pJ.I(nü) = p0 (n) möglich ist. Vor dem Hintergrund der bisherigen Analyse erhebt sich die Frage, ob eine Situation, in welcher die etablierten Firmen einen Preis in Höhe der minimalen Durchschnittskosten setzen, im Rahmen der vorliegenden Modellannahmen überhaupt eintreten kann und, wenn ja, unter welchen Bedingungen. Faßt man die Fälle n( n) = 0 und n( n) # 0 zusammen, so ist der als optimale Strategie für die Dauer einer Reaktionsverzögerung in Betracht

li. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 199

kommende Preis nicht geringer als p(nü). Im folgenden soll untersucht werden, ob p(nü) den Wert AC(x") annehmen kann 22 . Satz 10 p(nü) befindet sich oberhalb der minimalen Durchschnittskosten. Beweis.

i) O(n) = 0. Hier kann p(nü) nur optimal sein, wenn

gilt. Da 1rR (p 0 (n), nü 0 ) nüo fn entsprechend der Definition von nüo nicht negativ ist, kann diese Ungleichung nur erfüllt sein, wenn die linke Seite größer als Null ist 23 . Dies impliziert jedoch p(nü) > AC(x"). ii) O(n) ::j; 0. Die Preispolitik p(nü) kommt in dieser Situation nur unter den Konstellationen 1, 2, 5 und 6 in Betracht. Die Optimalität von p(nü) erfordert, daß die folgende Ungleichung erfüllt ist:

max

- I

n" E'~ pRV ( n) hängt der für die Dauer beider Lags optimale Preis von den Charakteristika der Lösung pRV (n) ab. Die marginale Auszahlung av;Ev (p)jap ist für Preise unterhalb des Niveaus p0 (n) positiv. Aufgrund des Umstandes, daß für pRV (n) auch die Randlämngen ß sowie p~-' in Betracht zu ziehen sind, muß die Funktion 'II'R(p, n") und damit auch v;Rv (p) an der Stelle pRV (n) nicht notwendigerweise stetig differenzierbar sein. 27 pRV bezeichnet den für die Dauer der (isoliert betrachteten) Reaktionsverzögerung optimalen Preis.

202

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Angenommen, es gilt pRV (n) = p(nü) < p0 (n), nü E A(n), dann führt - ausgehend vom Niveau p(nü) - bereits eine minimale Preiserhöhung dazu, daß eine höhere Anzahl an Etablierten als nü das Reaktionslag überdauert 28 . Dies kann zu einer sprunghaften Verringerung des Wertes V;RV (p) führen, so daß der marginale Zuwachs des Wertes V;EV (p) überkompensiert wird. Konstellationen, unter denen der für die Dauer beider Lags optimale Preis dem Wert pRV (n) entspricht, können deshalb nicht ausgeschlossen werden. Das Auftreten dieser Problematik ist für den Fall pRV (n) = pR(nü) weniger wahrscheinlich, zumal 1rR(nü) an der Stelle pR(nü) stetig differenzierbar ist. Dennoch ist nicht auszuschließen, daß kein Preis existiert, der die marginalen Veränderungen beider Teilauszahlungen zum Ausgleich bringt, weil Abweichungen vom Wert pR(nü) ab einem bestimmten Ausmaß die Überschreitung der Grenze eines Preisintervalls I(nü'), nü' # nü, nicht ausschließen. Sollte die Lösung pRV (n) vom Typ p~'(nü) sein, so ist 1rR(p, nü) und damit auch V;RV (p) an der Stelle p = p~'(nü) rechtsseitig differenzierbar. Die Existenz eines Preises, der beide Grenzauszahlungen zur Übereinstimmung bringt, ist damit keineswegs gesichert, zumal sich der entsprechende Wert jenseits der Grenze p+(nü'), nü' # nü, befinden kann. An dieser Stelle weist V;RV (p) eine Sprungstelle auf, weil nicht mehr 1rR(p, nü), sondern die Funktion 1rR(p, nü') maßgeblich ist. Andererseits verdeutlicht die Gleichung

(112) Vi(sf,sj)

=

t;

j

tRj-l

1ri(n)e-rtdt +

.. tR; n:o 1rR(p0 (n),nü 0 )e-rtdt,

j

t;

daß für jede Differenz zwischen V;RV (pRV (n)) und V;RV (p 0 (n)) eine hinreichend lange Eintrittsverzögerung existiert, die zur Übereinstimmung von pE(n) und p0 (n) führt. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß der für die Dauer beider Lags optimale Preis pE dem Intervall [pRV(n),p 0 (n)] entstammen muß. Ausgehend von einer separaten Betrachtung des Reaktionslags kann die Berücksichtigung einer Eintrittsverzögerung also lediglich eine Abschwächung des disziplinierenden Effekts potentieller Konkurrenz zur Folge haben.

b) Die Wirkung einer Austrittsverzögerung Sofern ein Austrittslag existiert (ti < tE;), ist das Optimierungskalkül etablierter Firmen dahingehend zu ergänzen, daß gegebenenfalls Verluste 28 Dies folgt zwingend aus dem Umstand, daß p( n;.) der maximale Preis ist, der das Überleben einer höheren Anzahl als n;. gerade noch verhindert.

II. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 203

infolge zeitweilig nicht gedeckter Fixkosten auftreten können. Um den Effekt einer Austrittsverzögerung auf die Höhe des Preises pE ( n) abschätzen zu können, sind die drei nachfolgend zu behandelnden Konstellationen zu unterscheiden: I. n

> nü,m

II. n > nü,m

~

ne

und

nü,m

< ne

III. n < nü,m ad I. In dieser Situation sind Marktaustritte unvermeidlich, da nicht mehr als maximal nü,m Firmen überleben können. Für die individuelle Wahrscheinlichkeit eines Verbleibs im Markt gilt nü fn < 1 und für die des Ausscheidens 1- (nü fn) > 0. Die mit einem separaten Eintrittsprozeß korrespondierende Auszahlung eines Marktinhabers lautet

V;(sl,sJ)

]

•o(p", n ),-•• dt + •:

l•R(p", n"),-'' dt lj

..

(113)

(1- nnu)

J lEj

Fe-rtdt.

lj

Offensichtlich existiert für jede beliebige Parameterkombination ein Fixkostenniveaumit der Eigenschaft, daß die erwarteten Marktaustrittskosten den durch eine Preissetzung oberhalb der Durchschnittskosten erzielbaren (erwarteten) Profit überkompensieren 29 . Hohe Fixkosten in Verbindung mit einer Austrittsverzögerung führen deshalb jedoch nicht notwendigerweise zu einer Erhöhung des disziplinierenden Effekts potentieller Konkurrenz. Dies läßt sich der Einfachheit halber anhand einer Extremsituation erläutern, in der es für die Marktinhaber infolge entsprechend hoher Fixkosten optimal ist, die Austrittswahrscheinlichkeit zu minimieren (bzw. den Wert nü fn zu maximieren). Das Reaktionslag kann im günstigsten Fall von nü,m Marktinhabern überdauert werden. Inwieweit das Überleben einer Firmenanzahl von nü,m erreicht werden kann, hängt davon ab, ob die Restriktion p; ~ p 0 (n) 29 Die

im Hinblick auf Marktaustrittskosten zunächst äquivalent erscheinende Betrachtung, wonach derselbe Effekt auch ceteris paribus mit Hilfe einer hinreichend langen Austrittsverzögerung erzielt werden kann, ist hier aufgrund der Annahme t 1 ::=; tE1 ::=; tR1 mit tj < tR1 nicht anwendbar. Selbst die unter dieser Bedingung maximale Länge eines Austrittstags tE1 = tR1 schließt nicht aus, daß die Austrittskosten infolge eines zu geringen F-Wertes von den ersten beiden Integralen übertroffen werden.

204

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

strikt bindend ist. Angenommen, es gilt die Bedingung max{nü : pE(n) E I(nü)} < nü,m, dann ist erstens keineswegs sichergestellt, daß die Etablierten mittels einer alternativen Preispolitik (bezogen auf pE(n)) Einfluß auf die Größe nü fn nehmen können, und zweitens nicht auszuschließen, daß eine gegebenenfalls mögliche Erhöhung von nü mit einer Preissteigerung einhergeht. Der letztgenannte Aspekt wird gerade dadurch untermauert, daß für die Intervalluntergrenzen die Beziehung p-(nü) ~ p-(nü + 1) gilt. Es können folgende Situationen auftreten: 1. pE(n) E I(nü,m). In diesem Fall ist es für die Marktinhaber optimal,

pE (n) beizubehalten, denn mittels einer Preisänderung kann die Anzahl der überlebenden Firmen nicht erhöht werden.

2. pE(n) > p+(nü,m). Diese Bedingung kennzeichnet eine Situation, in der die Erhöhung von nü eine Preissenkung erfordert. Aus einer Maximierung der "Überlebenswahrscheinlichkeit" folgt indes nicht die Realisierung einer tragfähigen Marktkonfiguration. Da das Intervall I(nü,m) durch eine Preisreduzierung erreichbar ist, muß nü,m ein Element der Menge O(n) sein. Auf der Grundlage nü,m überlebender Akteure kann aber kein geringerer Preis als pR( nü,m) optimal sein30 • Es besteht jedoch durchaus die Möglichkeit, daß ein höherer Preis als pR(nü,m) optimal ist31 . Der optimale Preis entstammt somit - entsprechend den Eigenschaften der Funktionen v;Ev (p) und v;nv (p) - dem Intervall [pR(nü,m), p+(nü,m)]. 3. pE(n) < p-(nü,m). Eine Erhöhung des nü-Wertes würde unter dieser Voraussetzung eine Preissteigerung erfordern. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, daß die mit dem nächsthöheren nü- Wert korrespondierende Intervalluntergrenze p- ( n + 1) den Wert p 0 ( n) ü hertrifft. (1) p0 (n) < p-(nü,m). In einer derartigen Extremsituation würde die Realisierung einer tragfähigen Konfiguration immerhin n' Firmen ein verlustfreies Überdauern der Reaktionsverzögerung erlauben. Wenn nüo größer als n' ist, kann eine Preissenkung bis auf die minimalen Durchschnittskosten keine Erhöhung der 30 Die

Bedingung O(n) -:f. 0 impliziert aufgrunddes Zusammenhangs pR(nü) Element von n(n) sein muß. 31 Die entsprechende Bedingung dafür lautet

pR(nü

+ 1), daß pR(nü,m) ein

>

Il. Optimale Preise für die Dauer eines separaten Eintrittsprozesses 205

Anzahl überlebender Firmen bewirken. Gilt dagegen nüo so ist die Strategie sl optimal32 .

< ne,

(2) pR(nü,m) > p0 (n) 2: p-(nü,m). Hier bewirken die Marktaustrittskosten eine Preiserhöhung bis auf das Niveau p 0 (n). (3) p0 (n) 2: pR(nü,m). In diesem Fall ist eine Preiserhöhung bis zum Wert pR(nü,m) optimal. ad II. Wenn sich einerseits mehr als nü,m Firmen im Markt befinden und andererseits nü,m < ne gilt, erzwingt der Effekt potentieller Konkurrenz im Zusammenspiel mit hinreichend hohen Austrittskosten eine tragfähige Konfiguration, d. h. es kommt zur Anwendung der Strategie sl. ad 111. Unterstellt man weiterhin, daß aufgrundeines prohibitiv hohen Fixkostenniveaus die Minimierung der Austrittswahrscheinlichkeit dominant ist, so lassen sich die folgenden drei Fälle unterscheiden: 1. pE(n) E I(n). Hier erweist sich ein Festhalten an pE(n) als optimal, da dieser Preis im Intervall I(n) enthalten ist. Das Risiko des (zeitweiligen) Ausscheidens entsteht folglich nicht. 2. pE(n) > p+(n). Das Überleben aller n Firmen macht eine Preissenkung bis mindestens auf das Niveau p+(n) notwendig. Abhängig vom Verhalten der Funktionen V;RV (p) und V;EV (p) ist ein Preis aus dem Intervall [pR(n),p+(n)] optimal. 3. pE(n) < p-(n). In diesem Fall bedürfte es einer Preiserhöhung, um den Verbleib aller n Akteure während des Reaktionslags zu sichern. Das Erreichen der Basis nü :::: n hängt allerdings davon ab, ob p0 (n) im Intervall I(n) enthalten ist. (1) p0 (n) < p-(n). Falls nüo 2: ne gilt, ist es nicht möglich, durch eine Preisreduzierung ein höheres nü-Niveau zu erreichen. Aus der Perspektive etablierter Akteure besteht dann kein Anlaß, von 32 Andererseits erhebt sich die Frage, ob der Markt unter diesen Umständen jemals ein Stadium erreichen kann, in dem die Etablierten infolge potentieller Konkurrenz in Verbindung mit prohibitiv hohen Austrittskosten zu einer Preissetzung entsprechend den Durchschnittskosten gezwungen sind. Dies würde eine hinreichende Anzahl an Markteintritten des Typs hit-and-stay voraussetzen. Aber warum sollte ein Newcomer längerfristig im Markt bleiben, wenn er danach als etablierte Firma lediglich eine Auszahlung der Höhe Null erzielen könnte? Die statische Betrachtungsweise des vorliegenden Abschnitts ermöglicht keine Beantwortung dieser Fragestellung, weil sie sich analog zum Contestable-marketAnsatz auf die Analyse eines separaten Eintrittsprozesses stützt. Eine zu diesem Zweck erforderliche Dynamisierung der Marktentwicklung bildet jedoch den Kern des Abschnitts IV.

206

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

pE(n) abzuweichen. Sollte nüo demgegenüber kleiner als ne sein, so ist nicht nur eine Preissenkung, sondern sogar die Strategie optimal.

st

(2) pR(n) > p 0 (n) 2: p-(n). Hier erfolgt analog zur Konstellation I eine Freisanhebung bis auf das Niveau p 0 (n). (3) p 0 (n) 2: pR(n). In dieser Situation kann kein geringerer Preis als pR(n) optimal sein. Dies geht ebenfalls mit einer Preissteigerung einher. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Marktaustrittskosten, die nur für etablierte Firmen relevant sind, innerhalb des hier dargestellten, statischen Ansatzes eine höchst ambivalente Wirkung zeitigen. In Verbindung mit prohibitiv hohen Fixkosten kann eine Austrittsverzögerung den disziplinierenden Effekt potentieller Konkurrenz sowohl bis zum Extremfall sf, d. h . p; = AC(xe), verstärken als auch bis zum umgekehrten Extrem p; = p 0 ( n) abschwächen. Die obigen Resultate sind jedoch in verschiedener Hinsicht zu relativieren. • Konstellationen, unter denen prohibitiv hohe Austrittskosten (für die Marktinhaber) eine Preissenkung begünstigen, sind vorwiegend dadurch gekennzeichnet, daß der andernfalls optimale Preis pE ( n) bzw. p 0 (n) eine bestimmte Grenze überschreiten würde. Hierbei erweist sich der Referenzpreis, d. h. jener Wert, von dem aus betrachtet eine bestimmte Preisvariation feststellbar ist, als bedeutsam. Aussagekräftiger als die bloße Wirkungsrichtung könnte daher in manchen Fällen das absolute Preisniveau sein, das sich unter Einbeziehung des Effekts potentieller Konkurrenz ergibt. • Die Realisierung eines tragfähigen Gleichgewichts erfordert entweder den nicht gerade realistischen Extremfall n > nü,m in Verbindung mit ne > nü,m oder eine simultane Erfüllung der Bedingungen p 0 (n) < p-(n) und ne > nüo. • Der überaus statische Charakter des vorliegenden Ansatzes läßt Zweifel daran aufkommen, daß der Markt im Rahmen einer dynamischen Modeliierung jemals ein Stadium erreicht könnte, in welchem die etablierten Anbieter zu einer Preispolitik gezwungen sind, die lediglich Nullgewinne erlaubt. Die Ausführungen dieses Abschnitts unterstreichen abermals, daß ein disziplinierender Effekt drohenden Markteintritts auch unter Vernachlässigung dynamischer Aspekte und strategischer Asymmetrien eine eklatante Abweichung von jener Idealvorstellung erfordert, die Baumal/Panzar/Willig als perfectly contestable definiert haben: Erst das Vorhandensein hin-

111. Strategien der potentiellen Konkurrenten

207

reichend hoher Marktaustrittskosten, die allerdings lediglich in das Optimierungskalkül der Etablierten eingehen dürfen (tE, :5 tR1), verhilft dem Phänomen potentieller Konkurrenz zu einem spürbaren Grad an Wirksamkeit. Die unter Einbeziehung aller drei in Betracht kommenden Lags optimale Preisstrategie trägt im folgenden die Bezeichnung pN (n). Der hochgestellte Index "N" symbolisiert, daß diese Preisstrategie mit der statischen oder One-shot- N ash-Lösung eines separaten Eintrittsprozesses korrespondiert. III. Strategien der potentiellen Konkurrenten Das Vorhandensein einer Reaktionsverzögerung, die auch als Geltungsdauer eines Liefervertrages interpretiert werden kann, legt zunächst die Optimalität eines Markteintritts als Bertrand-Konkurrent nahe. Wenn darüber hinaus das Stadium n :5 max{n : P't(n) 'I 0} vorliegt, läßt der mittels Satz 3 dargestellte Sachverhalt eine Ausübung der Hit-andstay-Strategie plausibel erscheinen. Dies setzt allerdings voraus, daß der Neuankömmling im Reaktionszeitpunkt nicht vertrieben wird, sondern an einer profitablen Post-entry-Lösung partizipieren kann. Angenommen, der Zutrittspreis eines potentiellen Wettbewerbers Pi $ p 0 - i befindet sich oberhalb des Niveaus pMC, dann kommt es infolge seines Markteintritts unweigerlich zur Verdrängung der aktuellen Konkurrenten, weil dann keinerlei unbefriedigte Residualnachfrage verbleibt. Wenn nun der Reaktionszeitpunkt tRi als Wiedereintrittszeitpunkt der (einer) etablierten Firmen (Firma) - etwa im Sinne der Flee-and-repulse-Option - aufzufassen ist, könnte dies wiederum mit einer Verdrängung des Newcomers einhergehen. In diesem Fall wäre lediglich die Hit-ancl-run-Strategie durchführbar, auch wenn n kleiner als max{n : P't(n) 'I 0} ist. Die Hit-ancl-run-Strategie trägt im folgenden die Bezeichnung sj&r. Die gegenteilige Sichtweise, wonach der Newcomer im Reaktionszeitpunkt eine sofortige Preisanpassung zwecks weiteren Verbleibs im Markt vornehmen kann, läßt sich nicht mit der Existenz einer Reaktionsverzögerung vereinbaren. Hierzu bedürfte die Handlungsfähigkeit der Akteure einer Asymmetrie (zugunsten des potentiellen Konkurrenten), die jeder argumentativen Grundlage entbehren würde. Schließlich resultieren Reaktionslags nicht notwendigerweise aus Anpassungsverzögerungen, sondern lassen sich auch durch das Vorhandensein von Lieferverträgen begründen. Das bedeutet aber, daß sich die Etablierten im Zeitpunkt tR1 ebenfalls durch Vertragsabschlüsse gegen Preisunterbietungen von seiten des Eindringlings absichern können. Das im Kapitel F (tj = tR1 ) dargestellte Szenarium eines Preiskampfes, den ein Newcomeraufgrund seiner strategischen Ebenbürtigkeit mit derselben Wahrscheinlichkeit durchsteht wie eine

208

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

etablierte Firma, scheidet hiermit aus. Eine Ausübung der Hit-and-stayStrategie - sie wird im folgenden als sj&• bezeichnet - würde deshalb die Einhaltung der Restriktion Pi E p•t(n) erfordern33 . Hält sich der Newcomer an diese Bedingung, so ist seine Verdrängung im Zeitpunkt tR; nicht möglich; folglich kann er an einer sich neu formierenden Oligopollösung partizipieren. Wenn ein Marktstudium n mit der Eigenschaft p•t(n) = 0 erreicht ist, kann dagegen nur noch die Hit-ancl-run-Option angewandt werden.

IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung Kennzeichnend für den bisherigen Verlauf dieses Kapitels war eine weitgehende Vernachlässigung der dynamischen Aspekte, die aus einer adäquaten spieltheoretischen Modelli~rung der vorliegenden Lagstruktur resultieren. Sie stehen daher im Vordergrund dieses Abschnittes. Es soll neben der Wirkung drohenden Markteintritts auf die Preispolitik etablierter Akteure die Frage behandelt werden, ob Konstellationen möglich sind, unter denen das Erreichen einer effizienten Marktkonfiguration trotz der Modellannahmen eines perfectly contestable market ausbleiben kann. Die sich aus dem vorliegenden Kontext ergebende dynamische Struktur einer Marktentwicklung läßt sich anhand des Entscheidungsproblems der ersten Firma, die in den Markt eintritt, verdeutlichen. Die Entstehung eines Marktes kann aus Gründen der Vereinfachung mit jenem Zeitpunkt gleichgesetzt werden, in dem ein Akteur i - er gelangt damit in die Position des (eines) Marktinhabers- erstmals eine preispolitische Entscheidung über ein Produkt trifft, für das in dem betreffenden Aktionsfeld bislang noch kein Angebot bestand. Hierbei determiniert die Wahl einer (Preis-) Strategie s; nicht nur die Auszahlung des gegenwärtigen Teilspiels, sondern kann darüber hinaus die Struktur des nächsten Eintrittsprozesses beeinflussen. Ein potentieller Konkurrent j muß sich auf der Basis der vom Marktinhaber i gewählten Strategie zwischen sJ&r und sj&• entscheiden. Die letztgenannte Strategie hätte die Präsenz zweier etablierter Firmen während des nächsten Teilspiels zur Konsequenz . Der für die Dauer einer Eintrittsverzögerung erzielbare Oligopolprofit würde sich dann für den ersten Anbieter aufgrund Annahme 9 von 7rf(l) auf 7rf(2) verringern. Die erste Firma könnte deshalb ein Interesse daran haben, den Newcomer zur Ausübung der Hit-ancl-run-Strategie zu bewegen. Eine Einflußnahme auf 33 Diese Überlegung wäre im übrigen auch dann von Bedeutung, wenn die Fleeand-repulse-Strategie nicht durchführbar ist, denn es bleibt der Markteintritt des nächsten Newcomers (j+l) zu berücksichtigen, an den Firma j unter Umständen die Nachfrage verlieren könnte.

IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung

209

die Strategie si von seiten des Marktinhabers setzt voraus, daß der Zutrittspreis Pi einem trade offzwischen den Optionen sj&r und sj&• unterliegt.

Angenommen, der vom Marktinhaber im Rahmen der Strategie s[ gesetzte Preis p; genügt der BedingungPi-fE p•t(n), dann besteht für einen Newcomer, der als Bertrand-Konkurrent in den Markt eindringt, nicht die Gefahr, im Reaktionszeitpunkt durch eine aggressive Reaktion verdrängt zu werden. Ein (knappes) Unterbieten des Preises Pi hätte zur Folge, daß der Marktinhaber ein Quantum an Nachfrage unbefriedigt ließe, auf dessen Grundlage ein weiterer Verbleib des Newcomers im Markt möglich ist. Wählt Firma i dagegen die Strategie s[ : Pi > pMc, so muß sich der potentielle Konkurrent zwischen den folgenden zwei Alternativen entscheiden: Er kann den kurzfristig möglicherweise höheren Profit Vj(s[, sj&r) erhalten, jedoch aufgrundder Bedingung Pi =Pi- i rf. p•'(n) im Zeitpunkt tRi wieder verdrängt werden, weil Firma i von der Flee-and-repulse-Option Gebrauch machen kann. Demgegenüber besteht die Option, mittels eines geringeren, in p•'(n) enthaltenen Preises den (kurzfristig möglicherweise geringeren) Wert Vj (sl, sj&•) zu erzielen, dafür jedoch zukünfig als etablierte Firma agieren zu können. Die auf den Zeitpunkt tRi abgezinste Summe zukünfiger Auszahlungen in Abhängigkeit von der Anzahl aktueller Marktinhaber trägt im folgenden die Bezeichnung 'Cj(n). Diese Größe hängt vom weiteren Verlauf des Spiels ab. Zwischen den einzelnen Perioden des vorliegenden Eintrittsspiels bestehen somit Interdependenzen, die bis zum Erreichen des Zustandes p•'(n) = 0 nicht allein strategisch - wie z. B. bei wiederholten Spielen - sondern strukturell bedingt sind. D. h. die mit einer bestimmten Spielperiode korrespondierenden Auszahlungsfunktionen können direkt von den Aktionen vorheriger Stufen abhängen, weil potentielle Konkurrenten über die Entscheidung zwischen den Alternativen hit-and-run und hit-and-stay den für das nächste Teilspiel maßgeblichen n- Wert bestimmen können. Die mit einem separaten Teilspiel korrespondierenden Auszahlungsfunktionen Vj(n;s 1 , ... ,sn;si) und \,'i(n;s 1 , ... ,sn;si) enthalten deshalb im folgenden ebenfalls das Argument n . Der Strategievektor etablierter Firmen ( s1, ... , sn) wird im folgenden mit s (ohne tiefgestellten Index) abgekürzt. Ein hochgesteHer Index, z. B. die Ziffer 2, würde den Strategies~) kennzeichnen vektor s 2 = (sr' Die optimale Wahl zwischen sj&r und sj&• hängt wiederum von der Höhe des zuvor gesetzten Marktpreises ab und kann somit von den etablierten Akteuren beeinfiußt werden. Dies hat eine wichtige Konsequenz: Solange die Menge p•t(n) nicht leer ist, hängt die optimale Preisstrategie etablierter Firmen nicht allein von der Auszahlung des jeweiligen Teilspiels V;(n, s, si) ab, sondern von den Auswirkungen auf den weiteren Spiel ver0

14 Paech

0

0

'

0

210

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionstags

lauf. Für eine rekursive Lösung dieses dynamischen Spiels ist deshalb die letzte Stufe, auf der die Strategie sJ& 8 noch angewendet werden kann, von Bedeutung. Definition 17 ii = max{n: P 8 t(n)

# 0}

Wenn dieses Stadium erreicht wird, ergibt sich aus der Perspektive eines potentiellen Konkurrenten das Optimierungsproblem (114)

"!? { Vj(ii, s, sj&r ), Vj(ii, s, sj& + a\i;(ii + 1)}. 8 )

Hierbei entspricht a dem Diskontfaktor, von dem aus Gründen der Vereinfachung angenommen wird, daß er für alle Spieler die gleiche Höhe aufweist 34 . Gemäß Satz 8 und unter Berücksichtigung von Definition 17 existiert für ii etablierte Firmen ein Preis oberhalb der minimalen Durchschnittskosten, der einen profitablen Verbleib während der Reaktionsverzögerung sichert35 . Dennoch ist die - wenn auch extrem abwegige - Möglichkeit, daß die Marktinhaber im Stadium n = ii zur Ausübung der Strategie s} gezwungen sein könnten, nicht gänzlich ausgeschlossen. Entsprechend den Ausführungen in G.II.2 könnte dieser Fall dann auftreten, wenn szmultan die nachstehenden drei Bedingungen gelten:

2. Es existiert eine Austrittsverzögerung, die allerdings nur für die Etablierten relevant ist. 3. Die aus fixen Kosten in Zusammenhang mit einem Austrittslag resultierenden Marktaustrittskosten übertreffen die Summe V;EV (pE) +

V;RV (pE).

Eine Erfüllung dieser Voraussetzungen ist hier jedoch (im Unterschied zur statischen Analyse des Abschnitts G.II) keineswegs hinreichend, weil ein dynamischer Kontext zwangsläufig die Frage aufwirft, ob die Marktinhaber überhaupt an die Restriktion p; ~ p 0 (n) gebunden sind. Sollte es trotz alledem zur Realisierung der Strategie kommen, so würde dies nicht unbedingt eine Abwehr weiterer Markteintritte ermöglichen, denn es verbliebe eine nicht befriedigte Residualnachfrage, weil die resultierende Konfiguration nicht effizient wäre (ii < ne). Außerdem ist der Zutrittspreis

si

3 •Die Variable V(n + 1) trägt den tiefgestellten Index i, weil der Newcomer, sofern er sich für sJ&s entscheidet, in der darauffolgenden Periode ebenfalls als etablierter Akteur aufzufassen ist. 35 Dies folgt im übrigen auch aus dem Sachverhalt, daß nü,m nicht kleiner als n sein kann (siehe Abschnitt G .II.I).

IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung

211

eines potentiellen Konkurrenten nicht an die Obergrenze p 0 (n) gebunden, sondern muß lediglich ein Element der Menge p•t(n) sein, die für n = ii annahmegemäß nicht leer ist. Wenn es zur Ausübung der Strategie sj8u kommt, wird das Marktstadium ii+ 1 erreicht. Hieraus folgt unter Berücksichtigung von Definition 17, daß eine Ausübung der Hit-and-stay-Option in den darauffolgenden Stufen des Spiels nicht mehr möglich ist. Wenn das Stadium ii erreicht wird, verändert sich der Aufbau des Spiels: Die einzelnen Stufen sind nun strukturell unabhängig voneinander, d. h. die Firmenkonfiguration nunterliegt keinen weiteren Fluktuationen mehr. Für die etablierten Firmen stellt sich deshalb zu Beginn einer jeden Periode stets dasselbe Entscheidungsproblem. Wenn der Zustand p•t(n) = 0 erreicht ist, können die Marktinhaber nicht mehr Einfluß auf die optimale Wahl des Newcomers zwischen sj&r und sj&• nehmen, denn dieser kann nur noch die Hit-ancl-run-Option anwenden (oder dem Markt ganz fern bleiben). Entscheiden sich die Etablierten im Stadium ii + 1 für s{, so erhalten sie die Auszahlung Null. Wird demgegenüber die Strategie s[ angewandt, so sind Hit-ancl-run-Aktionen aufgrundder Bedingung tR1 ~ tE1 nicht zu verhindern. Andererseits wird der Newcomer im Reaktionszeitpunkt wieder verdrängt, da die Marktinhaber annahmegemäß über die Flee-and-repulseOption verfügen. Der "Wert", zukünftig als etablierte Firma zu agieren, beläuft sich somit aus der Perspektive eines potentiellen Konkurrenten auf (115) Für einen gegebenen Marktpreis, den die ii Marktinhaber im Zeitpunkt setzen, hängt die optimale Strategie des Neulings gemäß (114) von drei Faktoren ab, nämlich dem Austrittslag, dem Eintrittslag und dem Diskontfaktor a.

tR1_,

Aufgrund der Konstellation tR1 ~ tE1 begünstigt eine Austrittsverzögerung tendenziell die Optimalität der Strategie sj&r, denn sie verringert \ii(ii + 1), während Vj (ii, s, sj&r) nicht tangiert wird. Die Eintrittsverzögerung hat genau den umgekehrten Effekt: Mit zunehmender Länge steigt der Wert \%(ii+1), während Vj(ii, s, sj&r) unverändert bleibt. Die Wirkung des Diskontfaktors a legt eine Anwendung der Hicks'schen "stickerjsnatcher"Terminologie nahe. Hinreichend geringe a- Werte begünstigen eine Dominanz des eher kurzfristig orientierten Hit-and-run- oder SnatcherVerhaltens, denn es gilt lim a\ii(ii + 1) = 0.

a.-0

212

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Berücksichtigt man die Beziehung lrj(n,s,sj&r) ~ lrj(n,s,sj&•), die darauf zurückzuführen ist, daß sj&• der Restriktion Pi E p•t(n) unterliegt, während sj&r auf einem "unbeschränkten" Bertrand-Verhalten beruht, so erscheinen Situationen, in denen das Snatching-Phänomen ein Erreichen der effizienten Konfiguration verhindert, durchaus im Bereich des Möglichen. Dieser Fall kann jedoch auch unabhängig von einer hohen Diskontierung zukünftiger Profite eintreten, wenn ein hinreichend geringes Eintrittslag und/oder ein Austrittslag-allerdings unter Berücksichtigung der Ausgangsbedingung tR; ~ te; - in Verbindung mit hinreichend hohen Fixkosten die Ungleichung V;( Ti+ 1, s 2 , sj&r) ~ 0 und damit zugleich aV;(n + 1) ~ 0 erfüllt. In einer derartigen Situation ist der Wert, im Stadium Ti+ 1 als etablierte Firma zu agieren, nicht positiv. Der Newcomer verläßt den Markt deshalb im Zeitpunkt tR; - unabhängig davon, welchen Preis die Marktinhaber im Rahmen der Strategie s 2 wählen. Andernfalls wäre er aufgrund nachfolgender potentieller Konkurrenten zur (permanenten) Anwendung der Strategie s} gezwungen36 . Dieser Sachverhalt weist abermals eine deutliche Parallele zu dem von Sherman/Willett (1967) umschriebenen Effekt "vieler" potentieller Konkurrenten auf. 1. Wiederholte Spiele und nicht kooperative Kollusion

Setzt man die optimale Strategie des potentiellen Konkurrenten als gegeben voraus, so läßt sich die Entscheidung der Marktinhaber im Stadium n = Ti mit Hilfe der rückwärtigen Induktion ermitteln. Es können drei Konstellationen unterschieden werden 37 :

[AC(x•), pM] : argmax,i {- · ·} = sj&r

falls V i : s;

= p;

A) Vp;

E

B) Vp;

E

[AC(x•) , pM] : argmax,; { · · ·} = sj&•

C) 3p•

E

[AC(x•),pM] : argmax,;{· · ·} = s7&r(•) fallsVi : Si=

falls V i 1\

Pi

~

: Si =Pi Pi

( VjK (n)

zu erzielen40 . Für die mit sf bezeichnete Strategie eines "Abweichlers" gilt

sf = argmax., VjA(n).

(117)

Dieser Sachverhalt erweist sich im Unterschied zur Bedingung VjA(n) > Vjx:(n), die in traditionellen Ansätzen der dynamischen Preiskonkurrenz

stets gilt, nicht als selbstverständlich und bedarf daher einer näheren Erläuterung. Die mit Hilfe der Strategie sf erzielbare Besserstellung eines Abweichlers erstreckt sich nicht nur auf die Dauer des Eintrittslags, sondern gilt gleichermaßen für die Reaktionsverzögerung. Dies läßt sich wie folgt begründen. Angenommen, pK (n) ist nicht höher als p+(1), dann vereinigt ein unilateral abweichender Akteur durch einen Preis pK ( n) - f während des Reaktionstags die gesamte Residualnachfrage auf sich und erzielt den Profit 1rR ( 1, pK ( n) - f). Dieser Wert kann nicht geringer sein als 1rR ( n ü, pK ( n)) , n ü > 1, da die Profitfunktionen 1rR( n ü) sich nicht schneiden, was wiederum darauf zurückzuführen ist, daß pR(nü), p+(nü) und p-(nü) steigend (bzw. nicht fallend) in nü sind 41 . Sollte pK ( n) den Wert p+ ( 1) übertreffen, so kann dies nur darauf zurückzuführen sein, daß sich eine profitable Ausschöpfung der Eintrittsverzögerung - auch um den Preis des für alle Etablierten sicheren Ausscheidens - als optimal erweist. Dieser Sachverhalt würde allerdings auf einen Abweichler gleichermaßen zutreffen, zumal dieser während des Eintrittstags einen (noch) höheren Profit erzielt. 39 sN

= (sf', ... , s~) entspricht der in Abschnitt G.II als pN ( n) bezeichneten

Lösung.

bezeichnet die Strategiekombination (sf, . . . , sf-_ 1 , s;, s~ 1 , .•• , s~). Die Existenz eines Intervalls, auf dem die Profitfunktionen für verschiedene nü-Werte identisch sind, kann genaugenommen nicht ausgeschlossen werden. In dem oben angeführten Zahlenbeispiel (siehe Abb. 15) sind die Funktionen 1rR(l) und 7rR(2) auf dem Intervall [AC(x•),p(2)] identisch. Wenn pK(n) in diesem Bereich läge, würde der Abweichler durch einen Preis pK ( n) - f auf ein geringeres Profitniveau gelangen. Die entsprechende Differenz würde jedoch mit abnehmendem f gegen Null konvergieren. Berücksichtigt man, daß f für einen hinreichend homogenen Markt gegen Null strebt, so wird die für die Dauer der Reaktionsverzögerung (möglicherweise) auftretende Einbuße durch die während des Eintrittslags erzielbare Profiterhöhung überkompensiert. 40 sK\s; 41

216

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Das mit dem Erreichen des Stadiums n = ii einsetzende Markteintrittsspiel wird als r(M, V, S) bezeichnet. Es repräsentiert die mit einem einzelnen Eintrittsprozeß verbundene Entscheidungssituation42 . Hierbei ist M die Menge der Spieler: M = {1, ... , ii} U {j}. V kennzeichnet den Vektor der Auszahlungen, S den Strategieraum. Für den Letzteren gilt S = ®tEM St, wobei St als Strategiemenge des Spielers I zu verstehen ist. Sowohl für V als auch S liegt die aus den vorangegangenen Ausführungen dieses Abschnitts resultierende Spezifizierung zugrunde. Es ist offensichtlich, daß die einperiodige oder One-shot-Version des Markteintrittsspiels, also f(M, V, S), keine Basis für ein Zustandekommen der Lösung sK bilden kann. Für jeden Spieler bestünde einerseits stets ein Anreiz zur Ausübung der Strategie sf, jedoch andererseits kein Sanktionsmechanismus, der das Erreichen der Pareta-superioren Lösung sK erzwingen könnte. Für das statische Spiel f(M, V, S) kommt somit lediglich die in Abschnitt G .II dargestellte Lösung pN in Frage. Die mit dieser Strategie korrespondierende Auszahlung Vi(ii, sN, sj&r) trägt die Abkürzung V;N (ii). Wenn jedoch von einer permanenten Wiederholung des Basisspiels r(M, V, S) im Rahmen einer zeitlichen Sequenz t = 0, ... , T auszugehen ist, bietet auch ein nicht kooperativer Kontext die Möglichkeit, potentielle "Abweichler" mittels eines wirksamen Vergeltungsmechanismus zur Beibehaltung der Strategie sK zu bewegen . Angenommen, alle n etablierten Spieler verhalten sich bis zur Periode t, in der es erstmals zur Ausübung der Strategie sf durch einen Akteur kommt, kooperativ. Dann kann der Abweichler in der darauffolgenden Periode t + 1 dadurch bestraft werden, daß sich die anderen Firmen ebenfalls unkooperativ verhalten, um ihm damit einen Schaden zuzufügen. Derartige Vergeltungsmaßnahmen , die sich zumeist nur in Form von Preisreduzierungen äußern, verringern allerdings gleichermaßen die Profite ihrer Verursacher und können somit ein Glaubwürdigkeitsproblem heraufbeschwören. Eine Einbeziehung stillschweigender Vereinbarungen, die als nicht kooperative Gleichgewichte wiederholter Spiele in Betracht kommen , erfordert zwei Modifikationen des bisherigen Modellrahmens. Zunächst sind die Strategien mit einem Zeitindex zu versehen 43 . u; = (s;o, . .. , s;T ) bezeichnet die Supergame-Strategie eines einzelnen Spielers i. Der zweite t iefgestellte Index markiert die jeweilige Periode des Spiels. Es gilt Sit E S;t, 42 Eine in der spieltheoretischen Literatur häufig zu findende Bezeichnung lautet "stage game" . 43 Die nachfolgende Umschreibung eines wiederholten Spiels umfaßt nur die etablierten Firmen, da der Newcomer j gemäß Annahme 1 nicht permanent durch dasselbe Individuum verkörpert wird und hier außerdem die Konstellation A) untersucht wird, d . h. es gilt s j = sJ&r.

IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung

217

wobei S;t als Menge jener Strategien zu verstehen ist, die dem Akteur i in Periode t zur Verfügung stehen. Der Vektor St = (slt, ... , Snt) enthält die während der Periode t gewählten Strategien aller Spieler und u = (so, ... , sr) eine Strategiekombination, die sich auf den gesamten Verlauf des Spiels erstreckt. Die Supergame-Auszahlung eines Akteurs lautet (118)

G;

T

=L

atv;(st).

t=O

Die Möglichkeit, stillschweigende Vereinbarungen innerhalb wiederbalter Spiele aufrechterhalten zu können, beruht auf dem Umstand, daß sich potentielle Abweichler einer anschließenden Konfrontation mit den "betrogenen" oder "geschädigten" Akteuren nicht entziehen können und somit zwangsläufig etwaigen Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt sind. "In a sense, the repetition itself, with its possibilities for retaliation, becomes the enforcement mechanism" (Aumann, 1985, S. 211).

Dieser Sachverhalt läßt sich durch eine dynamische Spielstruktur darstellen, die sich in der Anwendung von Closed-loop-Strategien äußert. D. h. die Strategie des Akteurs i in der Periode t ist von den realisierten Entscheidungen der Vorperiode(n) abhängig: Sit = sit(ht)

mit

ht =(so , ... , St-1)

ht kann als" Vergangenheit" des Spiels in Periode t aufgefaßt werden und ist ein Element der Menge st , die wiederum das t-fache Kartesische Produkt von S ist. Die Closed-loop-Strategiemenge eines Spielers ~~ , I E M, ist die Menge aller Supergame-Strategien s; = (s; 0 , ... , SiT) mit der Eigenschaft S;t : st --+ S;. Der Supergame-Strategieraum wird im folgenden mit ~ = ®IEM ~~ und der Vektor der Auszahlungsfunktionen mit G gekennzeichnet. Das resultierende wiederholte Spiellautet f(M, G , ~).

Ein erster Ansatz zur spieltheoretischen Formalisierung stillschweigender Vereinbarungen zwischen Oligopolisten stammt von Friedman (1971) 44 . Die von ihm eingeführten sog. "trigger"-Strategien vermitteln eine intuitiv einleuchtende Verhaltensweise45 . In der Periode 0 spielen alle 44 Genaugenommen hat sich bereits Aumann (1959, 1961) mit der Modeliierung des Gefangenendilemmas als wiederhoHes Spiel beschäftigt. Er analysierte jedoch lediglich den Spezialfall, daß keinerlei Diskontierung zukünftiger Auszahlungen vorliegt. Außerdem beruht das von ihm erstmals bewiesene Folk Theorem auf Nash-Gleichgewichten. Obwohl Friedman (1971) seinem Ansatz ebenfalls nur das " unverfeinerte" N ash-Konzept zugrundelegte, sind die von ihm ermittelten Gleichgewichte tatsächlich teilspielperfekt. 45 Die Bezeichnung "trigger"-Strategie stammt eigentlich von Radner (1980) . Sie wird jedoch mittlerweile von Friedman selbst verwendet (V gl. auch Friedman, 1986, s. 85ff.).

218

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Akteure kooperativ und behalten die Strategie sf solange bei, bis es zu einer Abweichung kommt. In der darauffolgenden Periode reagieren sie durch eine Realisierung der nicht kooperativen und Pareto-inferioren NashLösung des statischen One-shot-Spiels. Dieser Zustand wird bis zum Ende des Entscheidungshorizonts T beibehalten. Ein Vorteil dieser Vorgehensweise liegt nicht zuletzt darin, daß eine permanente Wiederholung der N ash-Lösung des einperiodigen Spiels f(M, V, S) selbst ein teilspielperfektes Gleichgewicht des Spiels f(M, G, K) ist und somit - ganz gleich, in welcher Periode es ausgelöst wird - keine unglaubwürdige Drohung impliziert 46 .

Definition 19 Eine Supergame-Strategie u;

genschaften

(a)

s;o =

(b)

Sit

sf

= { s,N s.[(

falls ht sonst

= (s; 0, ... , s;T) mit den Ei-

= (s{!, .. . , s[ 1 )

für t ~ 1 wird als Trigger-Strategie uTr des Spielers i bezeichnet. uTr (u[r, ... , u?;r) heißt Trigger-Strategiekombination.

Satz 11 Die Strategiekombination ( uTr, sJ&r) bildet unter der K onstellation A) und den Annahmen 13, 16, 17 sowie T = oo ein teilspielperfektes Gleichgewicht des Spiels r(M, G, K), wenn die folgende Bedingung gilt:

Beweis. i) (uTr, sJ&r) ist ein Nash-Gleichgewicht des Spiels f(M, G, K) .

Die annahmegemäß vorliegende Konstellation A) stellt sicher, daß es für keinen Newcomer j möglich ist, eine höhere Auszahlung als Vj (n, sN, sJ&r) zu erzielen, falls die Etablierten die statische Nash-Lösung sN realisieren. Da der Bertrand-Profit steigend in p ist und sK mit einem höheren Preis korrespondiert als sN, d. h . pK > p 0 , muß sJ&r auch für sK optimal sein. Angenommen, alle Spieler der Menge M \ {i} halten sich an die Strategie (uTr, sJ&r), dann bestehen aus der Perspektive eines Akteurs i zwei Optionen. Er kann sich ebenfalls an (uTr, sJ&r) halten und die Supergame-Auszahlung v;K (n)/(1- a) erzielen. Alternativ hierzu kann er in der Periode t ~ 1 von Sit = sf Gebrauch machen. Dann erhält er 46 Vgl.

z. B. Friedman (1986, S. 74ff.) und Fudenberg/Tirole (1989, S. 280).

IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung t-1

00

r:::O

r:::t+1

L arV;K (ii) + atV;A(ii) + L

219

ar V;N (ii) =

1 - at K t A at+1 N --V: (n) + a V:I (n) +--V: (n) • 1-Q I 1-Q I Wenn dieser Ausdruck kleiner als V;K (ii)/(1- a) ist, existiert für keinen etablierten Spieler die Möglichkeit, mittels einer unilateralen Abweichung von sf auf ein höheres Auszahlungsniveau zu gelangen. Eine Umformung dieser Bedingung liefert die obige Ungleichung.

ii) (uTr, sj&r) ist teilspiel perfekt. Jedes Element aus der Sequenz (0, ... , T) läßt sich als Beginn eines neuen Spiels definieren. Auf diese Weise läßt sich f(M, G, x:) in unendlich (T = oo) viele Teilspiele aufspalten. Es sei J.t E Nu{O} die Anfangsperiode des Teilspiels r ,_.(M, G, x:), wobei N die Menge der natürlichen Zahlen symbolisiert. Im Hinblick auf die Vergangenheit h,_. sind zwei Alternativen möglich:

1. h,_.

=f (s{f, ... , s:_ 1 )

Wenn alle Akteure der Menge M \ {i} die Strategie ( l7Tr, sj&r) beibehalten, also während des restlichen Spielverlaufs sN spielen, kann die optimale Reaktion des Spielers i ebenfalls nur sf" sein.

2. h,_.

= (s{f, ... , s:_ 1 )

In diesem Fall ergibt sich dasselbe Entscheidungsproblem wie unter i - jedoch um den Faktor J.t auf der Zeitachse verschoben. Wenn Spieler i niemals von sf abweicht, erzielt er unter der Voraussetzung, daß alle übrigen Akteure (uT'",sJ&r) spielen, die Auszahlung a"V;K(ii)/(1- a). Ansonsten kann er in der Periode t + J.t abweichen, um

L

t+~J-1

r=iJ

arV;K(ii) + at+"V;A(ii) +

L 00

arV;N(ii)

r=t+~J+1

zu erhalten. Die Optimalität kooperativen Verhaltens erfordert somit, daß die Ungleichung

erfüllt ist. Eine Division durch a" sowie einige Umformungen ergeben die unter i) ermittelte Bedingung. II Sofern die Ungleichung V;A(ii) ~ V;K (ii) > V;N (ii) erfüllt ist, kann von der Existenz eines a- Wertes, der in dem Intervall [0, 1) enthalten ist und

220

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

die obige Bedingung erfüllt, ausgegangen werden. Dieses Resultat bedarf einer wichtigen Einschränkung. Es erscheint zumindest fragwürdig, ob ein Diskontfaktor, der die in Satz 11 geforderte Eigenschaft erfüllt und somit nach unten beschränkt ist, überhaupt mit der Konstellation A) vereinbart werden kann. Aus der Perspektive eines potentiellen Konkurrenten spricht nichts dagegen, daß auch ii + 1 etablierte Firmen die Strategiekombination (uTr, sJ&r) realisieren würden. Dies führt zu einer Erhöhung des Wertes "Ci(n + 1). Damit ein potentieller Konkurrent dennoch der Hit-ancl-runOption gegenüber sj& 3 den Vorzug erteilt, ist ein hinreichend geringer Diskontfaktor vonnöten47 . Die Nichtexistenz eines cx-Wertes, der simultan beide Bedingungen erfüllt, läßt zwei mögliche Alternativen zu dem oben dargestellten Szenarium plausibel erscheinen. Ein hinreichend geringer Wert für a erlaubt möglicherweise auch unter der Konstellation A) nur die Lösung sN auf der Basis von ii Firmen. Für hohe ex-Werte wäre demgegenüber die Konstellation B) in Betracht zu ziehen. Falls die Situation B) vorliegt, erreicht der Markt erst nach einem weiteren Eintritt des Typs hit-and-stay, also auf der Basis n = ii + 1, einen Zustand, in dem die Anzahl aktueller Konkurrenten stabil ist. Da die Menge P 3 t(n) jetzt leer ist, sind nur noch Hit-ancl-run-Eintritte möglich, denn dem Entscheidungsproblem (114) kommt keinerlei Bedeutung mehr zu. Da sich der Beginn des wiederholten Spiels - nunmehr unter Beteiligung von ii + 1 etablierten Akteuren - lediglich um eine Periode verschiebt, verliert der in Satz 11 dargestellte Sachverhalt grundsätzlich nicht an Gültigkeit, sondern läßt sich auch auf diesen Fall anwenden, sofern Annahme 17 gilt. 2. Das Snatcher-Phänomen als Ursache für ineffiziente Konfigurationen

Von besonderem Interesse ist die Konstellation C), weil sie etablierten Firmen unter Umständen die Möglichkeit eröffnet, Einfluß auf n zu nehmen. Die Marktinhaber müßten zu diesem Zweck einen Preis setzen, der kein Element von P 3 t(n) ist, weil das Optimierungskalkül eines potentiellen Konkurrenten dann die folgende Trade-off-Beziehung aufweisen würde: Durch ein nur knappes Unterbieten des Marktpreises (um f) könnte der Newcomer den kurzfristig maximalen Bertrand-Profit erzielen, müßte jedoch im Reaktionszeitpunkt mit seiner Verdrängung rechnen. Würde er statt dessen mit einem (geringeren) Preis Pi E P 3 t(n) in den Markt eintreten, so erhielte er kurzfristig, d. h . während des Reaktionslags, zwar eine geringere Auszahlung, könnte aber anschließend im Markt bleiben. 47 Siehe

Gleichung (114).

IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung

221

Angenommen, der Wert für o:Vs(ii + 1) wäre extrem gering, beispielsweise Null, dann müßte aufgrund des Umstandes, daß p•t(n) nach oben beschränkt ist, ein Preis existieren, der die Ungleichung

Vj(ii, s, sJ&r) > Vj(ii, s, sJ&•) + o:Vs(ii + 1) erfüllt 48 . Die Realisierung einer entsprechenden Preisstrategie müßte nicht -das hat gerade Satz 11 gezeigt- an der Restriktion p; ~ p 0 (n) scheitern. Zu prüfen bleibt allerdings, unter welchen Bedingungen eine derartige Vorgehensweise für die Marktinhaber optimal ist. Es sei s"' = (s'f, ... , s~) die optimale Strategiekombination unter der Nebenbedingung, daß der zugehörige Preis ein Element der Menge p•t ( n) ist 49 . sr = (si:, ... , s~) kennzeichnet einen Strategievektor, auf dessen Grundlage für den Newcomer sj&r optimal ist. Die Wahl einer Strategie des Typs sr setzt somit voraus, daß die beiden folgenden Ungleichungen erfüllt sind: T

(119)

Lo:tV;(ii,sr,sJ&r) t=O

(120)

Vj (ii, Sr, sJ&r)

> V;(ii,s"',sJ&•)+o:Vs(ii+ 1) > Vj (ii, Sr , sJ&•) + 0: Vs ( ii + 1)

Es stellt sich die Frage, wie hoch ein Preis im Rahmen der Strategie sr sein muß, damit Vj(ii, sr, sj&r) größer als Vj(ii, sr, sj&•) ist. Angenommen, die zu diesem Zweck mindestens erforderliche Preishöhe übersteigt p+(n), dann würde diese Option im Fall prohibitiv hoher Marktaustrittskosten ausscheiden. Es läßt sich jedoch zeigen, daß Preise existieren, die zwar im Intervall I(n), dagegen aber nicht in der Menge p•t(n) enthalten sind. Wenn die Etablierten den Preis p+(n) setzen, gilt definitionsgemäß

Damit p+(n) ebenfalls ein Element von p•t(n) ist, müßte außerdem die Bedingung x[p+(n)]- n m[p+(n)] ~ g[p+(n)] gelten, was allerdings nicht zutrifft5°. Eine Preissetzung, die zu der oben skizzierten Trade-off-Beziehung zwischen sJ&r und sJ&• führt, ist auch 48 Jeder Preis oberhalb von pMC erfüllt die Bedingung, wenn a Vo( ii. + 1) hinreichend klein ist. 49 Hier wird unterstellt, daß dies ebenfalls für den Preis des Newcomers gilt, sofern er p; knapp unterbietet. 50 Dies wird deutlich, wenn die obere Gleichung nach X[p+(n)] aufgelöst und in die untere Ungleichung eingesetzt wird. Die resultierende Bedingung

m[p+(n)](1- n) ~ g(p+(n)](1- n) ist für p+ ( n) > AC( x") und n

> 1 nicht

erfüllbar.

222

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

unabhängig von strategischen Erwägungen in Betracht zu ziehen - vorausgesetzt, a'Ci(ii + 1) weist einen hinreichend geringen Wert auf. Wann immer eine profitable Ausschöpfung des Eintrittslags zur Optimalität eines Preises führt, der höher als pR(n) oder sogar p+(n) ist, kann eine derartige Situation entstehen. Selbst unter Vernachlässigung eines Eintrittslags, also unter extrem statischen Bedingungen, wäre im Rahmen der Preisstrategie pRV immerhin eine Lösung vom Typ pll- möglich, die per definitionem nicht in I(n) und damit ebenfalls nicht in P' 1(n) enthalten ist. Zu fragen bleibt allerdings, unter welchen Voraussetzungen a'V;(ii + 1) einen entsprechend geringen Wert annimmt. Auf die Möglichkeit eines hinreichend kleinen Diskontfaktors oder - um abermals die Hicks'sche Terminologie anzuwenden - Snatcher-Verhaltens wurde bereits oben hingewiesen. Die hierbei ebenfalls angesprochene Inkonsistenz zwischen einer Erfüllung der in Satz 11 geforderten Bedingung für eine Kollusionslösung einerseits und der Plausibilität von Konstellationen des Typs A) andererseits erweist sich vor dem Hintergrund der vorangegangenen Ausführungen als relativ unbedeutend; zumindest gilt dies im Hinblick auf die Problematik, ob innerhalb eines dynamischen Markteintrittsmodells gleichgewichtige Konfigurationen entstehen können, in denen weniger als ii + 1 oder sogar weniger als ne aktuelle Konkurrenten enthalten sind. Wenn a'V;(ii + 1) infolge einer extremen Diskontierung zukünftiger Auszahlungen von geringer Höhe ist, erfordert eine Preissetzung auf seiten etablierter Firmen, die zur Optimalität von sJ&r führt, nicht notwendigerweise das Zustandekommen einer Kollusionslösung im Sinne der Definition 18, sondern kann durchaus innerhalb der Strategie sN gewährleistet sein. Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, daß ein abnehmender Diskontfaktor nicht nur das Snatcher-Phänomen begünstigt, sondern auf seiten etablierter Firmen ebenfalls mit der Optimalität einer Strategie des Typs sr vereinbar ist. Wenn a gegen Null strebt , reduziert sich deren Optimierungskalkül auf eine Maximierung der mit einem separaten Eintrittsprozeß korrespondierenden Auszahlung 51 . Es liegt dann die in Abschnitt G.II.2 analysierte Situation vor. Bedingungen, unter denen die Etablierten einen Preis wählen, der kein Element von P' 1(n) darstellt, sind umso realistischer, je weniger aktuelle Konkurrenten sich im Markt befinden, weil p 0 (n) fallend in n ist. Betrachtet man beispielsweise das Anfangsstadium einer sequentiellen Marktentwicklung, n = 1, so dürfte die Optimalität eines Preises, der nicht in P' 1 (1) enthalten ist, gerade deshalb wahrscheinlich sein, weil für die Dauer des Eintrittslags der Monopolprofit erzielt werden kann. Es gilt nämlich die Beziehung p 0 (1) = pM > pM C > p+(I). Eine Situation, in 51 Dies läßt die Ungleichung (119) für beliebigen-Werte, 1 ~ n ~ ii , und a--+ 0 erkennen .

IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung

223

der die Anzahl aktueller Konkurrenten auf einem sehr geringen Niveau stagniert, weil keine weiteren Hit-and-stay-Eintritte mehr stattfinden, erweist sich somit als äußerst plausibel.

Der Extremfall, daß Newcomer sich bereits auf dem Niveau n = 1 für die Hit-ancl-run-Strategie entscheiden, ist hierbei gerade in der von Baumol/Panzar/Willig als perfectly contestable bezeichneten Referenzsituation nicht auszuschließen, denn es dürften dann auch für den Monopolisten keine Austrittskosten existieren. Statt eines Preises aus dem Intervall /(1) wäre unter der zusätzlichen Bedingung einer hinreichenden Eintrittsverzögerung die Flee-and-repulse-Strategie optimal: Der Marktinhaber würde zu Beginn des Eintrittslags den Monopolpreis setzen, sich im Zeitpunkt tj aufgrund des Sachverhalts pM > p+(l) verdrängen lassen und im Reaktionszeitpunkt bzw. nach seinem Wiedereintritt abermals zum Preis pM anbieten. Interessanterweise wären hierbei nicht einmal die Annahmen 16 und 17 erforderlich. Der resultierende Marktzustand müßte in dreifacher Hinsicht als ineffizient bezeichnet werden: 1. Trotz der Konstellation ne

im Markt.

> 1 befände sich nie mehr als eine Firma

2. Der Markt wäre extrem instabil, weil ein fortwährender Prozeß des gegenseitigen Verdrängens stattfände. 3. Unter der Annahme, daß der Monopolist stets mit dem Preis pM wieder eintreten kann, erreicht das Preisniveau nie die Grenz- und Durchschnittskosten. Hierbei wirft der letztgenannte Aspekt die Frage auf, inwieweit der Monopolist tatsächlich mit dem Preis pM in den Markt zurückkehren kann oder ob zu diesem Zweck nicht vielmehr eine Preissenkung (um f) erforderlich ist, um dem Newcomer die Nachfrage wieder zu entreißen. Diese Problematik wurde bereits ausführlich im Abschnitt E.V behandelt und soll deshalb an dieser Stelle kein weiteres Mal vertieft werden 5 2 . Selbst im Fall (extrem) hoher Marktaustrittskosten, die den Monopolisten zu einer Minimierung der Austrittswahrscheinlichkeit veranlassen könnten, wäre weiterhin eine profitable Ausschöpfung der Eintrittsverzögerung bis zum Preisniveau p+(1) möglich und deshalb mit der Strategie sr vereinbar, denn dieser Preis ist nicht in p•t(1) enthalten. Es ist außerdem darauf hinzuweisen, daß die Bedeutung des SnatcherPhänomens nicht notwendigerweise mit einem zunehmenden Diskontfaktor sinkt. Höhere a- Werte lösen in diesem Zusammenhang zwei gegenläufige Wirkungen aus: Einerseits steigt zwar aii;(n + 1) und damit der Wert, 52 Sie

wird allerdings im Schlußteil dieses Kapitels nochmals aufgegriffen.

224

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

nach dem Eintritt als etablierte Firma zu agieren; aber andererseits kann ein steigender Diskontfaktor implizite Kollusionen ermöglichen, die eine Erhöhung des Preises der Marktinhaber und damit wiederum einen höheren Hit-ancl-run-Profit Vj(n, sr, sJ&r) zur Folge haben. 3. Die Wirkung prohibitiv hoher Marktaustrittskosten

Das Vorhandensein prohibitv hoher Marktaustrittskosten könnte eine alternative Ursache für hinreichend geringe Werte von a'li;(ii + 1) darstellen 5 3 . Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, eine in G .11.2 aufgeworfene Fragestellung, nämlich ob es jemals zur Ausübung der Strategie sf kommen kann, nochmals aufzugreifen. Im Rahmen einer vollkommen statischen Analyse wurden Bedingungen hergeleitet, die zwar notwendig, allerdings nicht hinreichend für die Optimalität von sf sind. Eine Ausübung dieser Strategie setzt nämlich voraus, daß ein Stadium - genauer: ein nWert - mit der Eigenschaft Vi: argmax,, V;(n,s,s;) = sf

mit

s·} E {s~&r } , s~&'} }

überhaupt erreicht wird. Deshalb soll untersucht werden, ob Marktaustrittskosten analog zu einem geringen Diskontfaktor ein frühzeitiges Stagnieren der Anzahl aktueller Konkurrenten und damit möglicherweise ineffiziente Konfigurationen bewirken können. Die maximale Anzahl an etablierten Firmen, die sich im Markt befinden können, beträgt Ti + 1. Obwohl der Zusammenhang Ti~ max{n: p•t'(n) -:f 0} = nü,m gilt, ist die Möglichkeit, daß sich mehr als nü,m Firmen im Markt befinden, nämlich Ti+ 1 > nü,m, nicht auszuschließen 5 4 . Entsprechend den Ausführungen des Abschnitts G.II.2 sind dann drei Fälle zu unterscheiden, die einen Anlaß zur Ausübung der Strategie sf bilden könnten.

= n + 1 > nü,m ~ ne, po(n) < p-(n"·m), nüo < ne n = n + 1 > nü,m, ne > nü ,m

I. n

II.

Diese drei Konstellationen sind nun dahingehend zu überprüfen, inwieweit ihr Auftreten erstens überhaupt mit einem dynamischen Kontext vereinbar ist und zweitens, ob sie eine hinreichende Bedingung für die Optimalität der Strategie sf darstellen. 53 Es wird abermals unterstellt, daß unter prohibitiv hohen Marktaustrittskosten eine Situation zu verstehen ist, in der für etablierte Firmen die Minimierung der Austrittswahrscheinlichkeit optimal ist. 54 Dies ist auf die Ganzzahligkeit der Variablen ii bzw. nü,m zurückzuführen.

IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung

225

ad I. Wenn sich ii + 1 aktuelle Konkurrenten im Markt befinden, sind weitere Hit-and-stay-Aktionen ausgeschlossen. Unter der Voraussetzung eines hinreichend hohen Diskontfaktors gilt die Restriktion p 0 (n) < p-(nü,m) somit nicht mehr, denn die etablierten Firmen können nun im Rahmen eines wiederholten Spiels einen Preis aus dem Intervall I(nü,m) setzen. Diese Strategie ist irrfolge der Beziehung nü,m ~ n• dominant gegenüber sf. Andererseits kann das nächste Reaktionslag nicht von ii + 1 Firmen überdauert werden. Dies hat unter der Annahme prohibitiv hoher Austrittskosten zur Konsequenz, daß ein potentieller Konkurrent auf der Stufe ii mit einem negativen Wert für a V; (ii + 1) konfrontiert ist und deshalb sJ&r wählt 5 5 . Die Anzahl aktueller Konkurrenten erreicht folglich höchstens den Wert nü,m. ad II. Im Unterschied zum vorigen Fall wäre jetzt auf dem Niveau

n = ii + 1 die Strategie s[ optimal, weil dies aufgrund der Bedingung ne > nü,m mit einer geringeren Austrittswahrscheinlichkeit einherginge als

ein Preis aus dem Intervall I(nü,m). Allerdings könnte diese Stufe aus den im vorangegangenen Absatz genannten Gründen ebenfalls nicht erreicht werden. Es können sich deshalb nicht mehr als nü,m etablierte Anbieter im Markt befinden, die- ebenfalls unter der Voraussetzung eines entsprechenden Wertes für a - einen Preis aus dem Intervall I( nü,m) aufrechterhalten könnten.

ad 111. Sofern n nicht höher als nü,m ist und p0 (n) < p-(n) gilt, existiert ein Preis, der erstens das Überleben aller Marktinhaber gewährleistet - damit wäre Annahme 17 erfüllt - und zweitens die Bedingung Vj(n,s,sJ&r) > Vj(n,s,sJ&•) erfüllt 56 . Die zu diesem Zweck erforderliche Realisierung einer (impliziten) Kollusionsl~ung würde jedoch außerdem einen hinreichend geringen Wert für aV;(n + 1) voraussetzen, weil sonst ein weiterer Hit-and-stay-Eintritt nicht auszuschließen ist. Wenn ein potentieller Konkurrent, der sich n etablierten Anbietern gegenüber sieht, sicher sein könnte, daß nach ihm kein weiterer Hit-and-stay-Eintritt stattfindet, bestünde für ihn die Aussicht, an einer Kollusionslösung unter Beteiligung von insgesamt n + 1 etablierten Akteuren zu partizipieren. Falls die resultierende Auszahlung irrfolge eines hinreichend hohen Wertes für a die Differenz zwischen Vj(n,s,sJ&r) und Vj(n,s,sJ&•) überkompensieren würde, käme es zur Wahl der Strategie sJ&• . Dies hätte aber zur Folge, daß n etablierte Firmen keine stillschweigende Übereinkunft bezüglich eines Preises treffen können, der alle Beteiligten besser stellt, insbesondere deren Überleben sichert. Die hiermit zwangsläufig aufkommende Fragestellung, nämlich ob die Anzahl aktuelmuß nicht einmal die Bedingung Vj(ii, s, sj&r) gilt beispielsweise für den Preis p+(n) .

55 Hierzu 56 Da.s

IS Paech

> Vj(ii, s, sj&•) gelten.

226

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionstags

ler Konkurrenten dann überhaupt jemals das Niveau n erreicht, kann nur auf der Basis einer rückwärtigen Lösung des gesamten Eintrittsspiels beantwortet werden. Zu diesem Zweck wird der kleinste n- Wert, für den die Bedingung p0 (n) < p-(n) gilt, als n bezeichnet 57 . Definition 20 n = min{n: p0 (n) < p-(n)} Unter der Voraussetzung eines hinreichend hohen Diskontfaktors wird das Niveau n - 1 erreicht. Um die Wirkung prohibitiv hoher Marktaustrittskosten von dem bereits beschriebenen Snatcher-Phänomen trennen zu können, wird im folgenden von a-Werten ausgegangen, deren Höhe grundsätzlich das Sticker-Verhalten begünstigt. Annahme 18 Es gilt Vj (n, sr, sJ&r) < Vj (n, sr, sJ&•) + a'Ci( n + 1) 1. V n, n
n gilt, kann n höchstens den Wert n + 1 erreichen. Es wird zunächst der erstgenannte Fall untersucht. Die hierbei gewählte Vorgehensweise entspricht der Logik einer rückwärtigen Lösung extensiver Spiele. Zuerst wird jene Situation untersucht, die mit dem höchsten Wert korrespondiert, denn unter der Bedingung nü,m = n aufweisen kann. Darauffolgend wird n sukzessive um den Wert Eins verringert. Diese Lösungsprozedur wird hier aus Gründen der Vereinfachung lediglich für drei Stufen durchgeführt. Ein Erreichen der Stufe n- 1 ist durch den ersten Teil der Annahme 18 sichergestellt 58 . Das resultierende Markteintrittsspiel, welches mit Hilfe der bisherigen Ergebnisse und Annahmen gelöst werden kann, geht wiederum als Teilspiel in die Analyse des nächstgeringeren n- Wertes em. Fall lila:

i)

n = n.

n = nü,m ==>

max{n}

=n

In dieser Situation hängt die Entscheidung eines potentiellen Konkurrenten auf der Stufe n - 1 ( = n ü,m - 1) unter Berücksichtigung 57 Aufgrund des Sachverhalts p 0 (n)::; p 0 (n + 1) gilt diese Bedingung ebenfalls für n, n < n::; n"·m. 58 Der Begriff "Stufe" bezieht sich hier auf die Anzahl an aktuellen Konkurrenten, d. h. den Zustand des Systems, und nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt.

IV. Mögliche Szenarien einer Marktentwicklung

227

von Annahme 18 lediglich davon ab, ob auf dem Niveau n noch ein weiterer Hit-and-stay-Eintritt stattfinden würde. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil n + 1 = nü,m + 1 Firmen nicht das nächste Reaktionslag überdauern können, was wiederum zu einem negativen Wert für aV;(n + 1) führen würde. Folglich kommt es auf der Stufe n - 1 zu einem (letzten) Hitand-stay-Eintritt. Es befinden sich dann nü,m aktuelle Konkurrenten im Markt, die im Rahmen eines wiederholten Spiels einen Preis aus dem Intervall I(nü,m) aufrechterhalten können, falls der Diskontfaktor hinreichend hoch ist, um die in Satz 11 geforderte Bedingung zu erfüllen59 . Andernfalls würde bereits auf der Stufe n - 1 keine Hit-and-stay-Aktion mehr erfolgen.

ii) n = n- 1. Wenn ein Newcomer auf der Stufe n- 1 (= nü ,m 2) die Hit-and-stay-Option anwenden würde, befänden sich anschließend nü,m- 1 etablierte Firmen im Markt. Es würde dann gerrau das unter i} beschriebene (Teil-) Spiel einsetzen, d. h. es käme auf der Stufe nü,m -1 zur Ausübung der Strategie sj&•, weil der betreffende potentielle Konkurrent keinen Nachfolger zu befürchten hätte, der dieselbe Strategie wählt. Dies hat wiederum zur Konsequenz, daß aufStufen noch kein wiederholtes Spiel beginnt und deshalb kein Preis aus dem Intervall I(n) aufrechterhalten werden kann. Folglich findet auf dem Niveau n - 1 kein Hit-and-stayEintritt statt und der Marktzustand n = n wird nicht erreicht.

iii) n = n- 2. Sollte sich ein potentieller Konkurrent in dieser Situation auf der Stufe n- 1 ( = nü,m - 3) für sj&• entscheiden, so würde das unter ii) dargestellte Teilspiel beginnen. Die Konsequenz: Da es im Stadium n = nü,m- 2 zu keiner Ausübung der Hit-and-stay-Strategie kommt, geschieht dies auf der Stufe nü,m - 3. Offensichtlich wird das Niveau n unter der Konstellation nü,m = n nur dann erreicht, wenn die Differenz zwischen n und n gerade ist und der Diskontfaktor auf dieser Stufe ein wiederholtes Spiel zuläßt. Fall Illb: nü,m > n ~ max{n} = n + 1

i) n = n+l. Wenn sich n Firmen im Markt befinden, ist per definitionem kein weiterer Hit-and-stay-Eintritt mehr möglich. Außerdem ist n+ 1 nicht größer als nü,m, d. h. für einen hinreichenden a- Wert kann ein Preis realisiert werden, der das Überleben aller n Etablierten gewährleisten würde. Somit kommt es auf der Stufe n - 1 = n zu einem Hit-and-stay-Eintritt, und n erreicht den Wert n + 1.

ii} n = n. Ein potentieller Konkurrent würde auf der Stufe n-1 ( = n-1) die Strategie sj&r wählen, weil sich andernfalls in der nächsten Periode n Firmen im Markt befinden würden und somit das unter i) dargestellte Teilspiel einsetzen würde. Folglich könnten n aktuelle Firmen keinen Preis setzen, der das Überleben aller Anbieter sichert. 59 Genau

dies wird jedoch durch Annahme 18 unterstellt.

228

G. N a.türliche Oligopole bei Existenz eines Rea.ktionsla.gs

iii) ii = ii - 1. Wenn sich der Newcomer im Stadium ii - 1 für sj&• entscheidet, befinden sich anschließend ii - 1 Konkurrenten im Markt. Gemäß ii) kommt es dann zu keiner weiteren Hit-and-stay-Aktion. Dies führt zur Optimalität von sj&•. Das Niveau ii kann unter der Konstellation nü,m > ii offenbar nur dann erreicht werden, wenn die Differenz zwischen ii und ii ungerade ist und die etablierten Firmen einen Preis aus dem Intervall J(ii) wählen können. Letzteres erfordert einen a- Wert, der die in Satz 11 formulierte Bedingung erfüllt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Anzahl aktueller Konkurrenten im Fall prohibitiv hoher Austrittskosten nie den Wert min{ nü,m, ii+ 1, ii} übertrifft. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, daß lediglich der Wert ii -1 erreicht wird, wenn die Differenz zwischen ii und ii im Fall lila ungerade bzw. im Fall Illb gerade ist. Die Ausübung der Strategie sf erfolgt unter keiner der insgesamt möglichen Konstellationen: Ein Marktstadium, in welchem die in Abschnitt G.II.2 dargelegten Bedingungen für eine Optimalität von sf gelten, wird entweder nie erreicht, oder aber die innerhalb eines statischen Modellrahmens relevante Restriktion p 0 ( n) < p- ( n) verliert dadurch ihre Bedeutung, daß auf der Basis eines wiederholten Spiels die zum profitablen Verbleib aller etablierten Akteure erforderliche Preisanhebung realisierbar ist. Die Möglichkeit ineffizienter Konfigurationen des Typs n < n e kann hierbei nicht ausgeschlossen werden, zumal n bzw. ii- 1 kleiner als n" sein kann. Konfigurationen n > n" erweisen sich allerdings im Gegensatz zum Kapitel F als vernachlässigbar, weil ii den Wert ne - 1 nicht übersteigen kann. V. Kritische Würdigung der Ergebnisse 1. Die Willkür des Modellierers, oder: Wie dynamisch

darf (muß) eine adäquate Markteintrittstheorie sein?

In diesem Kapitel wurde der Fall des natürlichen Oligopols unter der Lagkonstellation ti ~ tE1 ~ tR1 (mit ti < tR;) anband dreier Modellvarianten analysiert, die durch einen unterschiedlichen Grad an Dynamik gekennzeichnet sind: a. Betrachtung eines separaten Eintrittsprozesses unter alleiniger Berücksichtigung der Reaktionsverzögerung; Strategietyp: open loop (Abschnitt G.II.1) b. Betrachtung eines separaten Eintrittsprozesses unter Einbeziehung

aller Verzögerungseffekte; Strategietyp: open loop (Abschnitt G.II.2)

V. Kritische Würdigung der Ergebnisse

229

c. Vollständige Analyse einer Marktentwicklung unter Einbeziehung sowohl der Hit-and-run- als auch Hit-and-stay-Option sowie aller Lags; Strategietyp: closed loop (Abschnitt G.IV)

Diese Vorgehensweise entspricht keiner willkürlichen Auswahl unter verschiedenen denkbaren Alternativen einer adäquaten Modellierung, sondern ergibt sich unmittelbar aus den Grundannahmen des Contestable-marketAnsatzes in Verbindung mit der vorliegenden Lagstruktur. Den Ausgangspunkt bildete zunächst eine Marktsituation, die (noch) exakt den von Baumol/Panzar/Willig angenommenen Beschränkungen für eine dynamische Entwicklung unterlag und sich deshalb weitgehend mit der statischen Originalversion deckt (Variante a). Diese Beschränkungen wurden nun stufenweise aufgehoben, wodurch das zu untersuchende System immer "offener" oder "dynamischer" wurde. Im Mittelpunkt der dritten Modellvariante stand schließlich die Erklärung einer sequentiellen Marktentwicklung unter Einbeziehung der Hit-ancl-run-Option (Variante c). Wenn man bedenkt, daß Baumol/Panzar/Willig (1983, S. 491) bereits die zweite Variante (Einbeziehung eines Eintritts- und Austrittslags) als "( ... ) an attempt to impose a dynamic mechanism upon a static equilibrium analysis ( ... ) and ( ... ) darnage to contestability analysis" bezeichnet haben, dann dürfte diese Empörung dem in Abschnitt G.IV behandelten Szenarium erst recht gelten. Die folgenden drei Anmerkungen sollen jedoch zeigen, daß dieser Einwand ohne nachvollziehbare Grundlage ist. Erstens: Mit welcher Rechtfertigung lassen sich aus einem - wenn auch hypothetischen - Marktzustand Folgerungen über das zu erwartende Verhalten der Akteure ableiten, wenn die Annahmen, unter denen dieser Zustand analysiert wird, ein Erreichen desselben bzw. dessen Existenz und Stabilität nicht zu erklären vermögen (oder sogar ausschließen)? Auf diese Frage sind die Protagonisten des Gontestability-Ansatzes bis heute eine Antwort schuldig geblieben. Der Aspekt wurde bereits im Abschnitt D.V angesprochen und ist insbesondere für natürliche Oligopole ( ne > 1) von Bedeutung. Das Erreichen einer effizienten Konfiguration setzt hier voraus, daß in einem gewissen Umfang Hit-and-stay-Eintritte stattfinden. Zu diesem Zweck erweist sich eine Endogenisierung des Eintrittsprozesses, d. h . eine Ergänzung der Strategiemenge potentieller Konkurrenten um das Element sj&• auch (oder gerade) im Contestable-market-Modell als unvermeidlich. Diese Modifikation, dessen Notwendigkeit letztlich aus einer unzureichenden Spezifikation des ursprünglichen Contestable-marketAnsatzes resultiert, bildet den Kern der in G.IV analysierten dynamischen Marktentwicklung. Zweitens: Wenngleich Baumol/Panzar/Willig jede Kritik an ihrem Modell als unangemessene oder verfälschende Dynamisierung zurückweisen, so kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß die entscheidende Schwäche

230

G . Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

des Contestable-market-Ansatzes in dem aussichtslosen Unterfangen besteht, ein immanent dynamisches Phänomen in einen statischen Kontext zu pressen. Die Modellvarianten b und c verfolgen deshalb auch keineswegs den Zweck, einen statischen Ansatz zu dynamisieren, sondern zielen darauf, die ursprüngliche Version des Contestable-market-Modells bestimmter (künstlicher) Beschränkungen zu entledigen, für die entweder eine nachvollziehbare Begründung fehlt oder weil sie sogar schon innerhalb des originalen Modellrahmens Inkonsistenzen verursachen. Die durchaus interessante Grundidee Baumoi/Panzar/Willigs gewinnt sicherlich nicht an Überzeugungskraft, wenn die Form ihrer Umsetzung in ein theoretisches Modell mehr Fragen aufwirft als sie zu beantworten vermag. Die abweichenden Resultate dieser Arbeit beruhen in keinem Fall darauf, daß entscheidende Verhaltensannahmen des statischen Contestablemarket-Ansatzes einfach verworfen und durch andere, vielleicht besser fundierte Ad-hoc-Annahmen ersetzt wurden. Statt willkürlich bestimmte Verhaltens- und Entwicklungsmuster vorwegzunehmen wurde lediglich versucht, das Verhalten sowohl etablierter als auch potentieller Akteure soweit wie möglich zu endogenisieren. Auf diese Weise sollte ein verallgemeinertes Eintrittsmodell konstruiert werden, in welchem die von Baumoi/Panzar/Willig unterstellte Konstellation als eine von vielen möglichen Alternativen enthalten bleibt. Der Grundgedanke des Contestable-market-Modells, nämlich ein Extremzustand, in welchem potentielle Konkurrenz aufgrund einer Abwesenheit strategischer Asymmetrien und der Durchführbarkeit des Hit-ancl-runVerhaltens ein Maximum an Wirksamkeit entfaltet, wurde nicht nur beibehalten, sondern konsequent weiterentwickelt. Dies spiegelt sich unter anderem darin wider, daß Abweichungen von der Referenzsituation perfectly contestable nicht als Existenz von sunk costs, sondern mit Hilfe einer Austrittsverzögerung modelliert wurden. Insbesondere die Lagstruktur ti ~ tE1 ~ tR1 (mit ti < tRJ läßt sich als strategische Asymmetrie zugunsten potentieller Konkurrenten interpretieren. Schließlich können für Newcomer unter diesem Regime niemals Austrittskosten entstehen, wohl aber für etablierte Firmen. Drittens: Die Ausführungen dieses Kapitels haben gerade gezeigt, daß es absolut keiner Dynamisierung oder Modifikation des originalen Contestable-market-Ansatzes bedarf, um die Ergebnisse Baumoi/Panzar/Willigs zu widerlegen. Die zu Beginn behandelte Modellvariante a entspricht genau der Idealvorstellung eines perfectly contestable market, denn es liegen keinerlei Ein- oder Austrittskosten vor, weil von der Möglichkeit eines Austrittstags abstrahiert wird; gleiches gilt für die Eintrittsverzögerung. Außerdem wird eine durchweg statische Struktur zugrunde gelegt, d. h. die Anzahl der etablierten Firmen ist exogen vorgegeben. Die Anwendung

V. Kritische Würdigung der Ergebnisse

231

des Open-loop-Konzepts reflektiert den Umstand, daß im Optimierungskalkül der Spieler weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft existiert; strategische Interdependenzen sind damit ausgeschlossen. Umso erstaunlicher ist daher das Ergebnis, daß die Strategie s[ nicht einmal in dieser Konstellation anwendet wird. Erst der Übergang zur "dynamische(re)n" Version b führt zu Situationen, in denen s[ unter äußerst extremen Bedingungen optimal sein kann 60 . Zu diesen Voraussetzungen zählen nicht nur hinreichend hohe Austrittskosten (für die Marktinhaber), sondern vor allem, daß sich mehr als nü,m etablierte Firmen im Markt befinden. Gerade dieser Umstand läßt Zweifel am Aussagegehalt der Resultate des Abschnitts G.II.2 aufkommen, denn auch die hier vorliegende Modeliierung erweist sich zumindest unter dem Aspekt, daß die Anzahl etablierter Firmen nicht endogenisiert ist, noch weitgehend als statisch. Warum sollte ein Newcomer nach seinem Eintritt längerfristig im Markt verweilen, d. h. die Position einer etablierten Firma einnehmen, wenn er dadurch zu einer Preissetzung gezwungen ist, die Nullgewinne impliziert? Diese Frage - und nicht etwa der willkürliche Versuch einer Dynamisierung um seiner selbst willen oder eine Widerlegung der Aussagen Baumol/Panzar/Willigs um jeden Preis - bildete schließlich den Anlaß, im Rahmen der Variante c die Variable n und damit zugleich die Marktstruktur zu endogenisieren. Im Gegensatz zum Fall n• = 1 stellte sich heraus, daß auch prohibitiv hohe Austrittskosten (für etablierte Firmen) nie Situationen zulassen, in denen s[ gespielt wird. 2. Ein Novum: Implizite Kollusion bei permanenter Anwesenheit potentieller Konkurrenz

Im Vordergrund der aktuellen Industrieökonomik stehen insbesondere zwei Entwicklungen, die sich beide neuerer Methoden der Spieltheorie bedienen und gleichermaßen für sich in Anspruch nehmen, der Komplexität des Marktgeschehens mit Hilfe dynamischer Modelle eher gerecht zu werden, als die zumeist statischen Ansätze der traditionellen Oligopoltheorie. Hierbei handelt es sich zum einen um Modelle der dynamischen (Preis-) Konkurrenz, die als wiederholtes Spiel formuliert werden. Im Zentrum der anderen Hauptströmung steht das Phänomen der potentiellen Konkurrenz, dem bei der Erklärung oligopolistischen Marktverhaltens eine hohe Bedeutung beigemessen wird. Es fällt auf, daß diese 60 1nwieweit diese Modellstruktur tatsächlich da.s Attribut "dynamisch" verdient, sei dahingestellt. Baumol/Panzar/Willig sehen dies jedenfa.lls so, denn da.s oben angeführte Zitat entstammt einer Erwiderung auf Schwartz/Reynolds (1983). Letztere bedienen sich einer Modellvariante des Typs b.

232

G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

beiden, weitgehend isoliert nebeneinander existierenden Tendenzen nicht nur theoretische Querverbindungen vermissen lassen, sondern jeweils auf Prämissen beruhen, die in gewisser Hinsicht nur schwer miteinander zu vereinbaren sind. Gegenstand der Supergame-Literatur ist in erster Linie die Erklärung stillschweigender Übereinkünfte mit Hilfe wiederbalter Spiele unter der Annahme eines unendlichen Zeithorizonts61 . Deshalb basiert die Aussagefähigkeit derartiger Modelle auf einer impliziten Annahme: Die Anzahl aktueller Konkurrenten unterliegt für die Dauer eines unendlichen (oder zumindest gegen unendlich strebenden) Zeitabschnitts keinen weiteren Veränderungen. Wenn es nach einer endlichen Anzahl von Perioden zu einem (Hit-and-stay-) Eintritt käme, läge eine veränderte spieltheoretische Situation vor, nämlich ein wiederbaltes Spiel mit endlichem Zeithorizont. Unter diesen Umständen lassen sich implizite Kollusionenaufgrund der Relevanz des "Induktionsarguments" nur noch unter weitaus stringenteren Bedingungen begründen (z. B. "bounded rationality" oder unvollkommene lnformation) 62 . Dieser Sachverhalt offenbart einen Widerspruch, denn auf der einen Seite sind die immer häufiger Anwendung findenden Supergame-Ansätze von der Prämisse geleitet, daß eine adäquate Darstellung des Marktgeschehens einer (möglichst) dynamischen Modeliierung bedarf, weil sonst bestimmte strategische Verhaltensmuster a priori ausgeschlossen würden; andererseits postuliert die ebenfalls viel beachtete neuere Markteintrittstheorie gleichzeitig die permanente Anwesenheit potentieller Konkurrenz und beruft sich nicht minder darauf, gerade die dynamischen Aspekte einer Marktentwicklung erfassen zu wollen. Bei einer Beurteilung neuerer Supergame-Varianten gelangen Fudenberg/Tirole (1989, S. 285) zu der Feststellung: " ( ... ) by focusing on stationary environments, the model sidesteps the question of entry and entry deterrence"(Fudenberg/Tirole, 1989, S. 285). 61 Vgl. z. B. Friedman (1971, 1986), Green/Porter (1984), BrockjScheinkman (1985), RotembergjSaloner (1986), Benoit/Krishna (1987) oder StaigerjWolak (1992). 62 Vgl. z. B. Radner (1980), Fudenberg/Maskin (1986) oder Fudenberg/Tirole (1989). Benoit/Krishna (1985) haben Bedingungen formuliert, unter denen ein "Limit Folk Theorem" gilt, d . h. für T---+ oo konvergiert die Gleichgewichtsmenge eines wiederholten Spiels mit endlichem Horizont gegen die Gleichgewichte des entsprechenden Spiels mit einem unendlichen Zeithorizont. Wenn jedoch im Zusammenhang mit der Problematik, inwieweit sich eine konstante Anzahl etablierter Akteure mit der Annahme permanent drohenden Markteintritts vereinbaren läßt, lediglich der. Begriff "unendlich" durch "hinreichend lang", "gegen unendlich strebend" oder "fast unendlich" ersetzt wird, tangiert dies die obige Argumentation nicht.

V. Kritische Würdigung der Ergebnisse

233

Erste Versuche, den Eintrittsprozeß neuer Konkurrenten in ein Modell der dynamischen Preiskonkurrenz zu integrieren, finden sich bei Friedman (1979), Brock/Scheinkman (1985) und Benoit/Krishna (1991). Inwieweit diese Ansätze als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet werden können, sei hier dahin gestellt - den oben angesprochenen Widerspruch vermögen sie jedenfalls nicht zu lösen. In allen drei Fällen wird lediglich die strategische Interaktion zwischen jeweils einem einzigen aktuellen und potentiellen Konkurrenten analysiert. Auf der ersten Stufe trifft der Marktinhaber (first mover) eine irreversible Kapazitätsentscheidung. In der nächsten Periode entscheidet der Newcomer, ob er in den Markt eintritt und mit welcher (ebenfalls irreversiblen) Kapazität dies gegebenenfalls geschieht. Das darauffolgende Postentry-Spiel wird als wiederbaltes Spiel mit unendlichem Zeithorizont formuliert, wobei der Preis die Entscheidungsvariable darstellt 63 . Weitere, zu einem späteren Zeitpunkt in Erscheinung tretende Newcomer sind annahmegemäß nicht vorhanden. Die Supergame-Strategien des Post-entry-Spiels reflektieren lediglich die Interaktionen zwischen den beiden aktuellen Konkurrenten. Folglich wird der Effekt potentieller Konkurrenz für die Dauer des gesamten wiederholten Spiels - also für einen Zeitabschnitt von unendlicher Länge - eliminiert. Eine Rechtfertigung dieser extremen Hypothese erfordert nicht nur, daß sie sich auf Märkte beschränkt, die durch absolut immobiles und produktspezifisches Kapital mit rigiden Kapazitätsgrenzen gekennzeichnet sind; das eingesetzte Kapital muß eine vollkommen unbegrenzte Lebensdauer aufweisen 64 . Der letztgenannte Aspekt ließe auf eine Situation schließen, in der kein technischer Fortschritt stattfindet und darüber hinaus Materialien existieren, die niemals verschleißen. Vor diesem Hintergrund erwecken Äußerungen wie"( ... ) we believe that any understanding of oligopoly behaviour without explicit dynamic considerations is incomplete" (Benoit/Krishna, 1987, S. 24) den Eindruck, daß der hohe Grad an Dynamik, auf den die Vertreter derartiger Ansätze verweisen, damit erkauft wird, anderen Determinanten des Marktgeschehens - insbesondere der Wirkung potentieller Konkurrenz - nicht nur jedwede Dynamik abzusprechen, sondern auf ein statisches Niveau zurückzustufen, dessen Realitätsferne bereits von Kaldor (1935) kritisiert wurde. Wollte man die genannten Supergame-Modelle lediglich auf den Extremfall eines Marktes anwenden, dessen etablierte Firmen sich ab einem bestimmten 63 Prinzipiell deckt sich die Struktur dieses Ansatzes mit dem Dixit-Modell (1980). Der einzige Unterschied besteht in einem Post-entry-supergame mit unendlichem Zeithorizont. 64 Zur Problematik der Dauerhaftigkeit irreversiblen Kapitals im Zusammenhang mit potentieller Konkurrenz siehe Eaton/Lipsey (1980).

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G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

Zeitpunkt (kraft irreversibler Investitionen) für immer gegenjede weiteren Eintritte abschotten können, so ergäbe sich hieraus nur ein neues Beispiel für den in letzter Zeit immer häufiger zu findenden Vorwurf, die Industrieökonomik habe zusehends den Charakter einer "exemplifying theory" (Fisher, 1991, S. 208) angenommen. Weitaus wahrscheinlichere Situationen, in denen das Selbstbindungsvermägen nie ausreicht, um neue Konkurrenten für die Dauer eines gegen unendlich strebenden Zeithorizonts erfolgreich abzuwehren, können auf diese Weise nicht berücksichtigt werden. Ein anderer Widerspruch äußert sich darin, daß einerseits Preiskonkurrenz unterstellt wird, während andererseits die Profitabilität eines Markteintritts allein auf der Grundlage einer Post-entry-Analyse kalkuliert wird. Gerade die Annahme eines homogenen Marktes in Verbindung mit Preiskonkurrenz legt die Möglichkeit eines Verhaltens im Sinne der Hit-ancl-run-Strategie nahe. Selbst wenn von sunk costs ausgegangen wird, deren Höhe weitere Eintritte im Rahmen eines Post-entry-Modells vereiteln, so impliziert dies nicht, daß damit auch Hit-ancl-run-Eintritte unprofitabel sein müsssen. Um das ausschließen zu können, sind nähere Informationen (oder wenigstens Annahmen) über die betreffende Lagstruktur vonnöten. Demgegenüber bilden die im Abschnitt G.IV dieser Arbeit analysierten wiederholten Spiele trotz des Umstandes, daß in jeder Periode des Spiels ein weiterer Markteintritt stattfindet, eine Basis für implizite Kollusionen. Dies ergibt sich aus einer Ergänzung der Strategiemenge potentieller Konkurrenten um die Hit-and-run-Option, denn hierdurch können das Markteintrittsverhalten und damit zugleich wichtige Aspekte einer Marktentwicklung endogenisiert werden. Die Modeliierung strategischer Interdependenzen als wiederholtes Spiel beruht unter dieser Bedingung nicht auf einer Ad-hoc-Annahme, sondern darauf, daß der Markt entweder einen Zustand erreicht hat, in dem nur noch Hit-ancl-run-Attacken möglich sind, oder die Newcomer aufgrund eines entsprechend geringen Diskontfaktors als Snatcher agieren. Es gilt zwar weiterhin, daß ein zunehmender Diskontfaktor die Realisierbarkeit impliziter Kollusionslösungen für eine gegebene Anzahl an aktuellen Konkurrenten steigert ; aber die Anzahl etablierter Firmen kann wiederum selbst vom Diskontfaktor abhängig sein. Insbesondere wenn Preiskonkurrenz angenommen wird, nimmt mit steigendem a die Relevanz des Snatcher-Phänomens zu. Es erweist sich daher als nicht adäquat, in einem Modell der dynamischen Preiskonkurrenz von einer beliebigen exogenen Spieleranzahl auszugehen und die Durchführbarkeit quasi-kooperativen Verhaltens in Abhängigkeit vom Diskontfaktor zu untersuchen. Dieser Einwand trifft auch auf den Ansatz von Benoit/Krishna (1991) zu, denn die Marktstruktur wird hier zwar endogenisiert, jedoch nur auf

V. Kritische Würdigung der Ergebnisse

235

der Basis einer Post-entry-Analyse. Zu prüfen wäre vielmehr, ob aus der Perspektive potentieller Konkurrenten für bestimmte Werte des Diskontfaktors ein trade offzwischen der Hit-and-run- und Hit-and-stay-Strategie existieren könnte. Ist dies der Fall, so lassen sich unter Umständen nicht mehr alle Marktstrukturen n ~ n* mit einem Diskontfaktor vereinbaren, der eine bestimmte Grenze unterschritten hat. Auf eine (theoretische) Extremsituation, in der das Snatcher-Phänomen keine umfangreichere Marktstruktur als n = 1 zuläßt, wurde im Abschnitt G.IV.2 hingewiesen. Dieser Sachverhalt hat, auch wenn man ihn als Extremfall ansehen muß, eine wichtige Konsequenz. Traditionelle Ansätze der dynamischen Preiskonkurrenz führen zu der einhelligen Schlußfolgerung, daß ein zunehmender Diskontfaktor, d. h. "geduldige Spieler", implizite Kollusionen und somit höhere Marktpreise begünstigen. Der Umkehrschluß dieser Aussage ist allerdings vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen mit äußerster Skepsis zu behandeln. Abnehmende a- Werte gehen zwar weiterhin mit einer sinkenden Kollusionsbereitschaft einher, müssen deshalb aber keine Tendenz zu geringeren Marktpreisen implizieren, weil hierdurch andererseits das Snatcher-Phänomen relevant werden kann. Wie im Abschnitt G.IV.2 näher ausgeführt wurde, schließt der letztgenannte Effekt nicht aus, daß der Preis auf einem höheren Niveau als p 0 (n*) oder p 0 (ne) verharrt. 3. Kann potentielle Konkurrenz unter der Hit-and-run-Hypothese kontraproduktiv sein?

Ein wesentlicher Grundgedanke der Contestable-market-Theorie fußt auf einer Philosophie, die so alt wie die Oligopol- bzw. Preistheorie selbst ist: Auf einem homogenen Markt impliziert die Modeliierung der strategischen Interdependenzen als statische Preiskonkurrenz (oder Bertrandschen Verhaltens) immer ein Maximum an Wettbewerbsintensität, gemessen an der Höhe des resultierenden Gleichgewichtspreises. Die durch das Bertrand-Modell beschriebene Extremsituation konstanter Grenz- und Durchschnittskosten bei Abwesenheit einer (jemals bindenden) Kapazitätsrestriktion führt sogar zur First-best-Lösung im Sinne der vollkommenen Konkurrenz. "In the Bertrand model, firms have a Iot of market power. ( ... ) this market power is completely neutralized by the particular strategic interactions among firms" (Allen/Hellwig, 1986, S. 387).

Was also konnte bei dem Versuch Baumol/Panzar/Willigs, einen Referenzfall zu konstruieren, in dem die disziplinierende Wirkung potentieller Konkurrenz maximal ist, näher liegen, als eine Modeliierung des Eintrittsprozesses eben auf der Basis Bertrandschen Verhaltens? Wenn darüber hinaus per Annahme das Vorhandensein hinreichend vieler Ak-

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G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

teure sichergestellt ist, die das Phänomen potentieller Konkurrenz repräsentieren, so lassen sich außerdem die Effekte einer dynamischen Preiskonkurrenz, insbesondere implizite Kollusionslösungen, weitgehend ausklammern65. Unter diesen Voraussetzungen sowie der zusätzlichen Bedingung, daß Hit-ancl-run-Attacken keinerlei Austrittskosten verursachen, dürfte die folgende Feststellung intuitiv nicht unmittelbar einleuchtend sein: In bestimmten, keineswegs abwegigen oder unrealistischen Situationen läßt der Effekt potentieller Konkurrenz unter der Bertrand-Hypothese höhere Preise zu als eine Post-entry-Analyse, die auf dieselbe Situation angewendet würde.

Diese Aussage bedarf einer näheren Begründung. Sie soll zunächst anhand eines einfachen Beispiels erläutert werden . Unterstellt wird folgende Situation: Der Markt ist perfectly contestable, d. h. es liegen infolge des Umstandes tj = tE1 auch für etablierte Firmen keinerlei Marktaustrittskasten vor. Außerdem wird ein Eintrittslag unterstellt, dessen Länge zur Optimalität der Preisstrategie p 0 ( n) führt 66 . Es bietet sich für den folgenden Zusammenhang an, nochmals auf die Ausführungen des Abschnitts G.IV.2 zu verweisen. Diese legten die Schlußfolgerung nahe, daß der Zustand n = ne innerhalb einer dynamischen Marktentwicklung unter Einbeziehung sowohl der Hit-and-run- als auch der Hit-and-stay-Strategie nur für einen hinreichend hohen Diskontfaktor erreichbar ist. Für den Diskontfaktor gelte nun die Beziehung

In diesem Fall würde der betreffende Markt aufgrund einer Dominanz der Strategie sJ&r gegenüber sJ&• im Zustand n = 1 verharren. Den ersten Bruch in der geschweiften Klammer erhält man durch eine Umformung der Ungleichung (120) für n = 167 . Der zweite Term wird weiter unten erläutert. 65 Die

Aussage bezieht sich auf mögliche Kollusionen zwischen etablierten und potentiellen Anbietern. Agliardi (1990) hat in diesem Zusammenhang die Situation jeweils eines einzigen etablierten und potentiellen Konkurrenten untersucht . Sie gelangt hierbei -mit Ausnahme des Falles, in dem die etablierte Firma über einen strategischen First-mover-Vorteil verfügt - zu dem wenig überraschenden Ergebnis, daß es zur Kollusion zwischen beiden Akteuren kommt. 66 Sofern sich nur eine Firma im Markt befindet, impliziert dies den Monopolpreis pM . 67 Im Gegensatz zur originalen Modellversion von Baumol/Panzar/Willig wird hier ein längerfristiger Verbleib des Newcomers nicht per Annahme ausgeschlossen, sondern beruht infolge eines entsprechend geringen Diskontfaktors auf einem rational begründbaren Snatcher-Verhalten.

V. Kritische Würdigung der Ergebnisse

237

Diesem Marktgeschehen wird nun eine hypothetische Situation gegenübergestellt, in welcher der Eintrittsprozeß nicht als Bertrand- Verhalten modelliert wird, d. h . die Strategiemenge eines Newcomers enthält nicht die Option, den Markt als Bertrand-Konkurrent zu betreten. Dasselbe soll für etablierte Firmen gelten, weil diesbezügliche Asymmetrien kaum zu begründen wären 68 . Dadurch entfallenjetzt für einen Newcomer die beiden Auszahlungskomponenten V;(n , s,sj&r) und V;(n ,s,sj&•). Die Letztere korrepondiert zwar nicht mit einer Hit-and-run-Aktion, jedoch mit einer Vorgehensweise, die zumindest als "eingeschränktes Bertrand-Verhalten" interpretiert werden muß, weil sie erstens ebenfalls darauf beruht, den Preis der Marktinhaber zu unterbieten, und zweitens die Reaktionsverzögerung abdeckt. In diesem Fall verbliebe für potentielle Konkurrenten lediglich die Möglichkeit, den Markt unter der Voraussetzung eines positiven Post-entryProfits, d. h . a"V;(n + 1) > 0, zu betreten. Aufgrund der Abwesenheit strategischer Asymmetrien sowie der Bedingung a > 0 ist dies bis zum Erreichen der Stufe n• gewährleistet. Sofern sich zunächst nur eine Firma im Markt befindet, bedeutet bereits der erste Eintritt eine Preissenkung von pM auf p 0 (2). Wenn der Markt den Zustand n = n• erreicht, lautet der Preis p0 (n*) < pM. Höhere Preise, etwa im Rahmen wiederholter Spiele, würden eine Erfüllung der Bedingung a > [V;A(n*)- V;K(n*)]/[V;A(n*)V;N (n*)] erfordern, was hier jedoch perAnnahmeausgeschlossen wurde. Gegen dieses erstaunliche Resultat ließe sich zunächst einwenden, daß die beiden Szenarien, die einander zum Zweck eines Vergleichs gegenübergestellt wurden, auf (zu) stark vereinfachenden Annahmen beruhen: 1. In dem vergleichsweise betrachteten Post-entry-Gleichgewicht findet keine Kollusion statt . 2. Der Monopolist kann im Rahmen der Flee-and-repulse-Strategie stets mit demselben Preis in den Markt zurückkehren. 3. Wenn potentielle Konkurrenten nicht als Bertrand-Anbieter agieren können, gilt dies auch für den (die) etablierten Akteur(e). Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß die zentrale Aussage ihren qualitativen Gehalt auch unter alternativen Annahmen beibehält. Auf diesen Aspekt soll nun näher eingegangen werden. 58 Interpretiert man die Bertrand- Hypothese (wie beispielsweise Grossman, 1981) als Fähigkeit der Firmen, Verträge mit den Konsumenten abzuschließen , so wäre der Umstand, daß nur etablierte, aber nicht potentielle Konkurrenten von dieser Option Gebrauch machen können, kaum zu rechtfertigen. Eine derartig unrealistische Asymmetrie wird dennoch weiter unten aufgegriffen.

238

G . Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

ad 1. Würde man beispielsweise stillschweigende Übereinkünfte auf dem Niveau n• zulassen, so wäre der resultierende Preis pK. trotzdem geringer als der Monopolpreis69 . Außerdem würde eine nicht kooperative Kollusionslösung mit einem höheren Wert für n• einhergehen und folglich weitere, aus der Perspektive etablierter Firmen Profit schmälernde Eintritte provozieren 70 . Selten (1984) hat darauf hingewiesen, daß dieser Effekt die Wirkung kooperativen Verhaltens sogar überkompensieren kann 71 . Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß Selten eine konventionelle (explizite) Kartellösung unterstellt, die somit nicht einer Erfüllung der obigen Bedingung für a bedarf. Außerdem wird sie durch den Zugang neuer Teilnehmer nicht in Frage gestellt, da sie nicht als Resultat eines wiederholten Spiels begründet wird.

In dem vorliegenden Kontext gestaltet sich eine Aufrechterhaltung (quasi) kooperativen Preissetzungsverhaltens schwieriger, eben weil auf die Ad-hoc-Annahme eines in jedem Fall bestehenden Kartells verzichtet wird. Angenommen, die Höhe des Diskontfaktors würde implizite Kollusionen prinzipiell zulassen, dann wäre nicht auszuschließen, daß sich ein entsprechender Versuch von seiten n• etablierter Firmen wegen der damit einhergehenden weiteren Eintritte automatisch seiner Grundlage beraubt. Einerseits erfordern wiederholte Spiele eine konstante Anzahl an Spielern, die in jeder Runde erneut miteinander konfrontiert sind. Andererseits würde der Versuch, im Stadium n• eine stillschweigende Vereinbarung über eine Preiserhöhung zu treffen, den Wechsel zu einem kooperativeren Oligopolmodell bedeuten, mit dem wiederum ein höherer n•-Wert korrespondiert. Folglich sind weitere Markteintritte des Typs hit-and-stay unvermeidlich. Als ebenso problematisch erweist sich die Frage nach der Konsistenz eines a- Wertes, der einerseits das extrem kurzfristig orientierte SnatcherPhänomen impliziert, aber andererseits hinreichend hoch ist, um die von einem extrem langfristig ausgerichteten Optimierungskalkül abhängigen Kollusionsgleichgewichte zu ermöglichen. ad 2. Ein weiterer kritischer Aspekt, der bereits an anderer Stelle (Abschnitt E.V) ausführlich behandelt wurde, betrifft die Vermutung, daß der Monopolist immer wieder mit demselben Preis pM in den Markt zurückkehren kann. Im Zusammenhang mit der Konstellation ne = 1 wurde die Möglichkeit untersucht, ob erstens nicht auch für den Marktinhaber ein 69 Der mit einer gemeinsamen Profitmaximierung korrespondierende Preis entspricht nur im Spezialfall konstanter Grenzkosten dem Monopolpreis. Dieser Fall ist hier aber durch die Bedingung n• > 1 ausgeschlossen. 70 Siehe hierzu das in Tabelle 4 enthaltene Beispiel. 71 Er zeigt dies anhand eines Modells, daß aufgrund seiner speziellen Annahmen fast den Charakter eines Beispiels hat und deshalb nicht unbedingt aussagekräftig erscheint (Vgl. auch Jacqemin/Slade, 1989, S. 428f.).

V. Kritische Würdigung der Ergebnisse

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knappes Unterbieten des Preises um f notwendig sein könnte, um den Newcomer zu vertreiben, und zweitens, ob auf diese Weise ein sukzessives "Herunterkonkurrieren" des Preises bis auf die Durchschnittskosten in Aussicht stünde. Zu Beginn dieses Kapitels wurde darauf hingewiesen, daß die Existenz einer Reaktionsverzögerung Preiskämpfe jenes Typs, der im Zentrum des Kapitels F (ti = tn;) stand, auschließt. Deshalb stellt sich die Frage, welchen Anlaß ein Newcomer (snatcher) haben könnte, die Reaktion des Monopolisten erst abzuwarten, bevor er den Markt verläßt. Eine Ausübung der Hit-ancl-run-Strategie impliziert, daß der Newcomer mit dem Preis pM - f < pMC in den Markt eintritt und so seine Verdrängung im Zeitpunkt tn; in Kauf nimmt. Der Marktinhaber kann sich im Wiedereintrittszeitpunkt (tn;) für die Dauer einer Vertragslaufzeit gegen Reaktionen von seiten des zuvor eingetretenen Newcomers schützen. Ein Verbleib bis zum Zeitpunkt tn; könnte daher für den Newcomer mit Verlusten infolge ungedeckter Fixkosten einhergehen, denn der Monopolist wäre dann zu einer aggressiven Reaktion gezwungen, gegen die sich der Neuling nicht schützen oder unmittelbar zur Wehr setzen könnte. Es liegt daher nahe, daß der Newcomer die Reaktion des Monopolisten gar nicht abwartet, sondern den Markt unmittelbar vorher verläßt. Im Gegensatz hierzu läßt die im Kapitel F behandelte Situation tatsächlich einen Verbleib bis zum Reaktionszeitpunkt plausibel erscheinen, denn der hiermit ausgelöste Preiskampf kann unter der Bedingung tj = tn; schon per Annahme keine Phasen zeitweilig ungedeckter Fixkosten enthalten, weil vertragliche Bindungen ausscheiden 72 . Doch selbst wenn für den Marktinhaber die Notwendigkeit bestünde, den Preis des Newcomers im Rahmen der Flee-and-repulse-Option um f zu unterbieten, eröffnet ein vollkommen homogener Markt (Annahme 14) wohl kaum die Aussicht auf signifikante Preissenkungen innerhalb eines absehbaren Zeithorizonts. Unter der Hit-ancl-run-Hypothese wird der Marktpreis mit jedem weiteren Eintrittsprozeß lediglich um einen Betrag vermindert, der gegen Null strebt 73 . Außerdem weist der vorliegende Kontext einen bedeutenden Unterschied zu der in Abschnitt E.V analysierten Konstellation auf. Die Kostenfunktion ist nur bis zum Outputniveau x• subadditiv, danach sind die Durchschnittskosten ansteigend. Würde man alsotrotzder obigen Argumente die unrealistische Voraussetzung treffen, daß der Preis- ganz gleich, wie hoch der hierzu erforderliche Zeitbedarf auch immer sein mag - sukzessive "herunterkonkurriert" werden kann, so wären die minimalen Durchschnittsko72 Diese Aussage bezieht sich nur auf die Dauer eines Preiskampfes und nicht auf ein sich eventuell anschließendes Austrittslag. 73 Jeder Eintrittsvorgang würde mit einer zweimaligen Preissenkung um f einhergehen, aber wenn f gegen Null strebt, gilt dies auch für 2L

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G. Natürliche Oligopole bei Existenz eines Reaktionslags

sten aufgrund der Bertrand-Edgeworth-Struktur des entsprechenden Oligopolspiels nie erreichbar. Ein Preisniveau, mit dem eine unbefriedigte Residualnachfrage korrespondiert, auf dessen Grundlage es für eine Firma erstmals wieder optimal ist, zu einem darüber liegenden Preis anzubieten, wird umso eher erreicht bzw. ist umso höher, je geringer n relativ zu ne ist. Selbst wenn man den nur unter abwegigen Bedingungen begründbaren Extremfall, daß AC(xe) je erreicht wird, in die Betrachtung mit einbezieht, so entspräche dies keinem G Ieichgewicht 74 . ad 3. Eine weitere, aus Konsistenzgründen getroffene Annahme, nämlich daß die etablierte Firma im Rahmen einer Post-entry-Analyse gleichermaßen nicht als Bertrand-Konkurrent agiert, soll nun ebenfalls aufgehoben werden. Wenn dem Marktinhaber die Option zugestanden würde, Eintritten mit einer aggressiven Preisreaktion zu begegnen, während potentielle Konkurrenten nicht über diese Handlungsalternative verfügen, käme dies dem in Abschnitt C.l dargestellten (Standard-) Eintrittsspiel gleich 75 : Ein potentieller und ein aktueller Konkurrent stehen sich gegenüber, wobei der Letztere zwischen den Strategien "(ruinöser) Preiswettbewerb" und "optimale Anpassung an den Newcomer" entscheiden muß. Hierbei enthält die erstgenannte Strategie bekanntlich ein Glaubwürdigkeitsproblem, dessen Lösung einen hinreichenden Grad an strategischer Asymmetrie zugunsten der etablierten Firma voraussetzt. Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind aber Markteintrittsprozesse bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien. Hebt man diese Abgrenzung für einen Moment auf und nimmt an, es läge tatsächlich ein First-mover-Vorteil auf seiten des Marktinhabers vor, so wäre eine glaubwürdige, d. h. teilspielperfekte Realisierung der " aggressiven" Reaktion immerhin solange nicht "ruinös", wie n < ii + 1 gilt 76 . Der mit dem Stadium ii + 1 korrespondierende Preis p 0 (ii + 1) wäre ebenfalls geringer als pM . Fazit: Potentielle Konkurrenz unter der Bertrand-Annahm e hat eine ambivalente Wirkung. Geringe Diskontfaktoren können dazu führen, daß die Marktentwicklung infolge des Snatcher-Phänomens bzw. einer Dominanz der Hit-ancl-run-Strategie in einer Phase stagniert, die durch einen hohen Konzentrationsgrad gekennzeichnet ist. Ein "Herunterkonkurrieren" des mit dieser Konfiguration korrespondierenden Oligopol- oder Monopolpreises ist, wie gezeigt wurde, nicht sehr wahrscheinlich und wäre ohnehin nicht als Resultat potentieller Konkurrenz zu werten. Nähme man statt dessen hinreichend hohe Werte für a an, die insbesondere eine Optimalität der Vgl. hierzu auch die Sätze 4 und 5. hierzu Abb. 3. 16 ii = max { n : p•t :f. 0} ist ja gerade als höchste Anzahl etablierter Firmen definiert, die einen Newcomer auch im Falle der aggressivsten, noch glaubwürdigen Reaktion nicht abwehren können. 74

75 Vgl.

V. Kritische Würdigung der Ergebnisse

241

Hit-and-stay-Strategie bis zum Erreichen des Stadiums n ii + 1 (und vielleicht sogar n°) implizieren, so erhöht dies wiederum die Wahrscheinlichkeit stillschweigender Übereinkünfte auf der Stufe ii + 1. Der letztgenannte Aspekt wird umso bedeutsamer, als die Realisierbarkeit impliziter Kollusionen nicht davon abhängt, daß der Diskontfaktor eine bestimmte kritische Grenze überschreitet. Gerade die Abwesenheit strikter Kapazitätsgrenzen sowie irreversiblen Kapitals führt zu einer Fülle möglicher (teilspielperfekter) Kollusionsgleichgewichte, die mit einem bestimmten Modellrahmen vereinbar sind. Dieser Umstand äußert sich innerhalb der vorliegenden Arbeit darin, daß die Strategien sK und sK, vor allem aber die Höhe der Auszahlungen V;K (n) und V;K nicht näher spezifiziert wurden, sondern lediglich als Pareto-superior im Hinblick auf die One-shot-Nash-Lösung sN definiert wurden 77 . Das Zustandekommen eines quasi-kooperativen Preissetzungsverhaltens ist deshalb keine Frage des Entweder-Oder, sondern läßt unterschiedliche Ausprägungen zu, die wiederum verschiedenen Untergrenzen für den hierzu erforderlichen Diskontfaktor entsprechen können. Die Bereicherung eines Eintrittsmodells um die Durchführbarkeit der Hit-ancl-run-Strategie kann gerade bei Abwesenheit strategischer Asymmetrien zugunsten etablierter Firmen zwei wohlfahrtstheoretisch nachteilige Konsequenzen nach sich ziehen. Sowohl höhere Preise als auch ineffizientere Konfigurationen im Vergleich zu einer Post- entry-Analyse, mit der dieselbe Situation untersucht wird, sind nicht auszuschließen.

77 Hier offenbart sich gerade das viel kritisierte Dilemma wiederholter Spiele, vor allem des Folk Theorems (Vgl. z. B. Kreps/Spence, 1984, S. 358; Fudenberg/Tirole, 1986, S. 3; Shapiro, 1989a, S. 379; Sutton, 1990, S. 506; Fisher, 1991, S. 207ff.).

16 Paoch

H. Ausblick I. Auf der Suche nach einem wettbewerbspolitischen Leitbild

Diese Arbeit widmete sich der Frage, ob und unter welchen Bedingungen das Phänomen potentieller Konkurrenz einen disziplinierenden Effekt auf das Preissetzungsverhalten etablierter Firmen ausüben kann. Im Vordergrund der Kapitel B und C stand eine chronologische und kritische Bestandsaufnahme jener Bereiche der Preistheorie bzw. Industrieökonomik, in denen erste Ansätze einer Modeliierung des Markteintrittsprozesses neuer Konkurrenten zu finden sind. Hierbei stellte sich heraus, daß Modelle der sog. "Post-entry-Analyse" mit zwei Unzulänglichkeiten behaftet sind: 1. Die mit Hilfe von Post-entry-Ansätzen ermittelten Aussagen hängen

hochgradig von Ad-hoc-Annahmen über die oligopolistischen Interaktionen nach einem Eintritt ab. Von ebenso großem Einfluß ist die spieltheoretische Struktur des Eintrittsmodells (z. B. Anzahl der Entscheidungsstufen, Anzahl der Spieler, Timing, Informationsverteilung etc.). Gerade die damit verbundene Willkür hat der Industrieökonomik in jüngster Zeit den Vorwurf eingetragen, sie werde zusehends zu einer Ansammlung "exemplifizierender Theorien" 1 . Fisher (1991, S. 207) resümiert beispielsweise in leicht überspitzter Form: "The principal result of theory is to show that nearly anything can happen."

2. Im Vordergrund der Post-entry-Analyse steht grundsätzlich eine Erklärung von Markteintrittsbarrieren, First-mover-Effekten oder sonstigen strategischen Asymmetrien. Normative Fragestellungen, insbesondere die Suche nach einer brauchbaren Konzeption, aus der wettbewerbspolitische Ziele oder Leitlinien abgeleitet werden könnten, finden innerhalb dieser Modellkategorie kaum Berücksichtigung. Dies ist weder zufällig noch mit einer von der Forschung favorisierten Tendenz zu begründen, sondern systemimmanent. Die Annahme unterschiedlicher Entscheidungszeitpunkte, d. h. die Zugrundelegung einer mehrstufigen Struktur, ist das wesentliche Charakteristikum aller Post-entry-Ansätze und begründet zugleich strategische Asymmetrien. Würde man von dieser Vorgehensweise abrücken, so verbliebe 1 Vgl.

etwa Peltzman (1991), Porter (1991) oder Sutton (1990).

I. Suche nach einem wettbewerbspolitischen Leitbild

243

ein Oligopolmodell, in dem alle beteiligten Akteure simultan entscheiden, und zwar nach Maßgabe bestimmter Ad-hoc-Annahmen, auf deren Basis sowohl die Entscheidungsvariable als auch die Intensität oligopolistischer Interaktionen festzulegen wären. Das Ergebnis wäre irgendein traditionelles Modell der Preistheorie, in dem kein Raum für potentielle Konkurrenz verbliebe, weil hier eine Differenzierung zwischen Marktinhabern und Newcomern per se ausgeschlossen ist. Eine Modeliierung des Markteintrittsprozesses nach Maßgabe der Postentry-Analyse präjudiziert somit, daß Newcomer eine schwächere strategische Position einnehmen als etablierte Firmen, nämlich die eines second movers. Abgesehen davon, daß der Anspruch, jedwedes Oligopolverhalten allein auf der Basis von First-mover-Effekten erklären zu können, offensichtlich überzogen ist, leidet dieser Ansatz insbesondere aus wohlfahrtstheoretischer und wettbewerbspolitischer Perspektive an einem weiteren Mangel: Die Konstruktion eines Referenzzustandes, in dem potentielle Konkurrenz von maximaler Wirkung ist oder sogar ein gleichwertiges Substitut für (fehlendes) Preisnehmerverhalten bilden kann, liegt nicht in den Möglichkeiten des Post-entry-Ansatzes. Die durch diesen Mangel motivierte Suche nach einem Alternativkonzept mußte sich zwangsläufig auf das Contestable-market-Modell konzentrieren, denn im Mittelpunkt dieser Theorie steht die Formulierung von Bedingungen, unter denen der Effekt drohenden Markteintritts auch im Falle zunehmender Skalenerträge Pareto-effiziente Marktergebnisse erzwingt 2 . Die Modeliierung des Eintrittsprozesses als Hit-and-run-Verhalten charakterisiert hierbei einen Referenzzustand, in dem keine strategischen Asymmetrien zugunsten etablierter Firmen vorliegen . Baumol/Panzar/ Willig wollen insbesondere sicherstellen, daß die Profitabilität eines Markteintritts nicht vom Ausgang eines Post-entry-Spiels und damit der Willkür diesbezüglich zu treffender Ad-hoc-Annahmen abhängt. Es sei allerdings darauf hingewiesen, daß die Hit-ancl-run-Hypothese keineswegs ausreicht, um von strategischem Verhalten, insbesondere selbstbindenden Maßnahmen, abstrahieren zu können. Schließlich lassen sich Hit-ancl-run-Attacken ebenfalls um eine vorherige Entscheidungsstufe ergänzen, auf der etablierte Firmen durch das Versenken irreversiblen Kapitals vollendete Tatsachen schaffen und damit die Profitabilität des darauffolgenden (Hit-and-run-) Eintritts beeinflussen könnten. In diesem Fall wäre die strategische Errichtung wirksamer Markteintrittsbarrieren unter Zuhilfenahme von First-mover-Vorteilen genauso relevant wie innerhalb der Post-entry-Analyse. Die Folgen einer derartigen Modellerweite2 Für die Situation eines natürlichen Monopols kommt selbstverständlich nur eine Second-best-Lösung (Ramsey-Optimum) in Betracht.

244

H. Ausblick

rung sind jedoch bewußt ausgeklammert worden, weil der Contestablemarket-Ansatz im Rahmen dieser Arbeit eben nicht als Versuch interpretiert wurde, der mittlerweile unüberschaubaren Flut an unterschiedlichen Eintrittstheorien eine weitere Variante hinzuzufügen. Dies würde im übrigen die bereits oben kritisierte Sichtweise voraussetzen, daß eine Bereicherung der Industrieökonomik um neue (Extrem-) Beispiele für denkbare Eintrittsszenarien per se schon dazu beiträgt, die Realität strategischen Marktverhaltens besser verstehen und erklären zu können. Im Vordergrund stand vielmehr die Frage, ob die von Baumoi/Panzar/ Willig formulierten (und von ihnen selbst als extrem eingestuften) Bedingungen tatsächlich hinreichend für die behaupteten Effizienzeigenschaften eines Marktes sind, der permanent potentieller Konkurrenz ausgesetzt ist. Hierbei stellte sich heraus, daß die Originalversion des Contestablemarket-Ansatzes ebenfalls auf Ad-hoc-Annahmen beruht, die nicht nur einer plausiblen Begründung entbehren, sondern teilweise zu lnkonsistenzen führen 3 . Die von Baumoi/Panzar/Willig ermittelten Resultate wurden daher innerhalb eines Modellrahmens untersucht, der eine Berücksichtigung verschiedener Lagkonstellationen zuläßt. Abweichungen vom Referenzzustand perfectly contestable wurden hierbei ausschließlich als Existenz eines Austrittstags dargestellt, obwohl zwischen irreversiblen Kosten und Austrittsverzögerungen insofern eine Äquivalenz besteht, als beide Marktaustrittskosten verursachen. Sunk costs stellen grundsätzlich ein Instrument strategischen Handeins dar; deshalb läßt sich eine exogene Festlegung ihrer Höhe kaum plausibel begründen. Eine Endogenisierung irreversibler Kosten würde jedoch auch unter der Hit-ancl-run-Annahme eine zweistufige Modellstruktur nahelegen und damit wiederum strategische First-mover-Effekte erzeugen 4 . Im Gegensatz dazu lassen sich Austrittsverzögerungen sehr wohl als exogengegeben auffassen, weil sich sowohl deren Existenz als auch Länge einer Manipulation durch etablierte Firmen zwecks strategischer Selbstbindungen entzieht 5 . Auf diese Weise können - im Gegensatz zu sunk costs Abweichungen vom Zustand perfectly contestable dargestellt werden, die sich lediglich direkt auf die Höhe des Bertrand-Profits auswirken, jedoch keine Modifikation der Spielstruktur erfordern. Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit, Situationen zu modellieren, in denen etablierte Fir3 V gl.

Kapitel D. der ersten Periode tätigen die Marktinhaber eine irreversible Investition. Auf der zweiten Stufe entscheidet ein Newcomer a.uf der Basis des zuvor versenkten Kapitals, ob er eine Hit-ancl-run-Aktion durchführt. 5 Als Beispiel können gesetzliche Kündigungsfristen, marktspezifische Verzögerungseffekte beim Verkauf von Kapitalgütern, marktübliche oder gesetzlich geregelte Vertragslaufzeiten etc. angeführt werden. 4 ln

I. Suche nach einem wettbewerbspolitischen Leitbild

245

men infolge einer Austrittsverzögerung, die kürzer als das Reaktionslag ist, gegenüber potentiellen Konkurrenten strategisch benachteiligt sind . Gerade dieser Aspekt erwies sich bei der Analyse des natürlichen Monopols als sehr bedeutsam, denn die Realisierung eines Ramsey-Optimums kommt entsprechend den Ausführungen des Kapitels E nur unter der Lagkonstellation ti < tE1 ~ tR1 in Betracht. Dieses Resultat stellt die - auch von Kritikern des Contestable-market-Ansatzes akzeptierte- Aussage, daß Austrittskosten den Effekt potentieller Konkurrenz nur schmälern können, geradezu auf den Kopf. Darüber hinaus läßt sich auf seiner Basis selbst dann, wenn man davon absieht, daß der Sachverhalt auf natürliche Oligopole nicht zutrifft (siehe Kapitel G), keine alternative "Richtmarke" für wettbewerbspolitische Maßnahmen ableiten. Mit Hilfe welcher praktikablen Vorkehrungen könnte jemals eine Situation realisiert werden , in der signifikante Marktaustrittskosten vorliegen, die einerseits für etablierte Firmen relevant sind, jedoch andererseits den Bertrand-Profit der potentiellen Konkurrenten nicht verringern und außerdem keinerlei strategische Selbstbindungen ermöglichen dürfen? Auf die augenscheinliche Abwegigkeit einer Politik, die den Anbietern eines Marktes bestimmte Technologien verordnet, und zwar nach Maßgabe eines wettbewerbspolitisch erwünschten Sunk-cost-Anteils, der jedoch nur bei etablierten, dagegen nicht bei neuen Konkurrenten anfallen darf, soll nicht näher eingegangen werden 6 . Ebensowenig dürfte sich die in dieser Arbeit analysierte Lagkonstellation ti < tE1 ~ tR1 praktisch umsetzen lassen. Sie diente lediglich der Modeliierung eines fiktiven Zustandes, der durch eine strategische Asymmetrie zugunsten potentieller Konkurrenten gekennzeichnet ist. Ihre Implementierung würde gerade unter einem marktwirtschaftliehen Regime Probleme aufwerfen, die sowohl den Aspekt der politischen Durchsetzbarkeit als auch die Frage nach der Systemkonformität des prozeßpolitischen Handlungsbedarfs, insbesondere der Eingriffe in das Entscheidungskalkül der betroffenen Firmen tangieren würden. Schließlich müßte etablierten Anbietern nicht nur eine unverzögerte Preisreaktion, sondern darüber hinaus ein zu hoher Grad an Kapital- bzw. Ressourcenmobilität untersagt sein. Für Newcomer gilt das Letztere selbstverständlich nicht, denn die Wirksamkeit potentieller Konkurrenz erfordert eine möglichst hohe Kapitalmobilität. Dieser Sachverhalt würde aus wettbewerbspolitischer Perspektive eine strenge Diskriminierung zwischen etablierten und potentiellen Konkurrenten nahelegen. Aber abgesehen von einem erheblichen Kontroll- und lnformationsbedarf, der sich hieraus ergäbe, dürfte sich eine strikte Trennung zwischen Marktinhabern und Newcomern in der Praxis noch aus ei6

V gl. zu dieser Problematik den Abschnitt D. VII dieser Arbeit.

246

H. Ausblick

nem anderen Grund als äußerst schwierig gestalten. Bereits Caves/Porter {1977) und -insbesondere im Zusammenhang mit dem Contestable-market-Ansatz - Cairns/Mahabir (1988) haben die Frage behandelt, ob der Newcomer als solcher, d. h. ein spezieller Typ von Wirtschaftssubjekt, dessen Existenz als Produzent oder Anbieter erst mit der Wahrnehmung einer profitablen Eintrittsoption beginnt, überhaupt mit der Realität marktwirtschaftlicher Allokationssysteme zu vereinbaren ist. Mittlerweile hat sich weitgehend die Überzeugung durchgesetzt, daß potentielle Konkurrenz in der Praxis hauptsächlich, wenn nicht gar ausschließlich durch Firmen verkörpert wird, die bereits auf anderen Märkten etabliert sind. Dieser Aspekt erweist sich für den vorliegenden Kontext als sehr bedeutsam. Ein Kapitaltransfer, dessen Ursache darin besteht, daß eine etablierte Firma den Folgen eines Hit-ancl-run-Angriffs zu entgehen versucht (flee and repulse), bedürfte einer (künstlichen) Verzögerung, denn sonst hätte der betreffende Anbieter keinen Verlust zu befürchten, der ihn zu einer effizienten Preissetzung zwingt. Wenn dagegen derselbe Anbieter den Markt aus einem anderen Grund verläßt, nämlich um seinerseits als HertranclKonkurrent eine profitable Eintrittsoption auf einem benachbarten Markt wahrzunehmen, ergäbe sich genau die umgekehrte Konsequenz. Jetzt wäre ein möglichst hoher Grad an Kapitalmobilität zu fordern, denn andernfalls entstünde eine Eintrittsverzögerung, die den disziplinierenden Effekt potentieller Konkurrenz abschwächen könnte. Hieraus ergibt sich für die Wettbewerbspolitik das folgende Dilemma: Maßnahmen zur Erhöhung der Kapitalmobilität, die einen Markt angreifbar für Hit-ancl-run-Aktionen machen, schmälern gleichzeitig die disziplinierende Wirkung drohender Eintritte, weil etablierten Firmen hierdurch die Flee-and-repulse-Strategie erleichtert wird. Würde dagegen versucht, die "Verletzlichkeit" etablierter Firmen durch Hit-ancl-run-Eintritte zu erhöhen, indem der Kapitalmobilität künstliche (Zeit-) Schranken auferlegt werden, so hätte dies gleichzeitig eine Behinderung oder zumindest Verzögerung von Markteintritten und damit wiederum eine Abschwächung ihres Effektes zur Folge. Es bleibt zu untersuchen, inwieweit eine wettbewerbspolitische Feinsteuerung praktikabel wäre, die dieses Problem dadurch zu lösen vermag, daß jede Investition oder Kapitalbewegung unter dem Aspekt kontrolliert wird, ob es sich dabei um die Ausübung potentieller Konkurrenz oder aber eine Schutzmaßnahme gegen den disziplinierenden Effekt derselben (flee and repulse) handelt. Ein derartiges Unterfangen stellt jedoch selbst unter der Voraussetzung, daß es nicht bereits an seiner Durchführung, insbesondere den kontraproduktiven Effekten des entsprechenden Bedarfs an Bürokratisierung, scheitert, keinen Aus-

Il. Zum Nutzen der Contestability-Diskussion

247

weg dar 7 . Angenommen, ein bestimmter Markt provoziert infolge des Umstandes, daß er nicht tragfähig ist, einen Hit-and-run-Eintritt und es kommt zur Verdrängung einer etablierten Firma. Nun könnte dieser Anbieter unter der Bedingung, daß aufgrund hinreichend mobilen und fungiblen Kapitals keine oder nur eine geringe Austrittsverzögerung existiert, für die Dauer der Reaktionsverzögerung in einen anderen Markt eintreten. In diesem Fall ist eine Trennung zwischen den beiden genannten, wettbewerbspolitisch relevanten Tatbeständen nicht möglich, weil sich der Kapitaltransfer gleichzeitig zwei unterschiedlichen Ursachen zuordnen ließe: Einerseits versucht der betreffende Akteur, dem disziplinierenden Effekt potentieller Konkurrenz auszuweichen, andererseits agiert er aber gleichzeitig selbst als Newcomer und verhilft der Wirkung drohenden Markteintritts damit - wenn auch auf einem anderen Markt - zu einer höheren Wirksamkeit. II. Zum Nutzen der Gontestability-Diskussion für die lndustrieökonomik: Wo bleibt das Positive?

Wenngleich diese Arbeit darauf abzielte, der Illusion entgegenzuwirken, daß potentielle Konkurrenz zumindest in einem- wenn auch fiktiven - Idealfall (Abwesenheit strategischer Asymmetrien, Bertrand-Hypothese) die aus wohlfahrtstheoretischer Sicht "beste aller Welten" ermöglicht, so sollen dennoch zwei Aspekte genannt werden, die einen Teil der anfänglichen Kritik am Contestable-market-Ansatz abschwächen oder wenigstens als zu undifferenziert erscheinen lassen. Erstens: Der von vielen Kritikern monierte Umstand, die Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung sei bereits hinreichend, um Markteintritte mittels eines Preises oberhalb der Durchschnittskosten verhindern zu können, konnte lediglich für den Fall des natürlichen Monopols verifiziert werden. Unter der im Kapitel F analysierten Konstellation n° > 1 (natürliche Oligopole) können Markteintritte unter der Bedingung, daß Newcomer keiner strategischen Benachteiligung ausgesetzt sind, auch dann nicht verhindert werden, wenn von seiten etablierter Firmen unverzögerte Preisreaktionen möglich sind. Dieses Ergebnis impliziert allerdings für einen Markt, der permanenter potentieller Konkurrenz (unter der Bertrand-Hypothese) ausgesetzt ist, 7 In diesem Zusammenhang mag sogar die Frage gerechtfertigt erscheinen, ob das hierzu erforderliche - möglicherweise gigantische - Ausmaß an regulierenden Eingriffen in den Marktmechanismus nicht einer Abschaffung desselben zugungsten einer gelenkten oder gar planwirtschaftlich organisierten Ökonomie gleichkäme. Ihre Beantwortung würde allerdings den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

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H. Ausblick

keinerlei statische Effizienzeigenschaften. Weder der Preis noch die Anzahl der im Markt operierenden Firmen streben gegen einen Pareto-optimalen Zustand. Darüber hinaus ist von einer extremen Instabilität sowie systematisch auftretenden Preiskämpfen auszugehen. Hinreichend hohe Marktaustrittskasten könnten zwar im Hinblick auf den letztgenannten Aspekt Abhilfe schaffen, würden jedoch- sofern eine wettbewerbspolitische Auslegung dieses Sachverhalts überhaupt sinnvoll erscheint -ein kaum lösbares Abwägungsproblem zwischen statischen Effizienzkriterien und den schwer zu quantifizierenden Wohlfahrtseffekten einer ständigen Oszillation sowohl des Preises als auch der Anzahl etablierter Anbieter heraufbeschwören. Zweitens: Der von vielen Kritikern erhobene Einwand, die Modeliierung des Markteintrittsprozesses als Bertrand-Verhalten entspreche einer Ad-hoc-Annahme und unterliege damit derselben Willkür wie Modelle der Post-entry-Analyse, fand innerhalb dieser Arbeit keine Bestätigung. Auf homogenen Märkten kann der Eintritt als Bertrand-Konkurrent unter bestimmten Bedingungen (Existenz einer Reaktionsverzögerung, Abwesenheit strategischer Asymmetrien) durchaus eine optimale Strategie darstellen8 . Nicht plausibel erscheint dagegen eine explizite Vorwegnahme des Umstandes, daß ein als Bertrand-Konkurrent eingedrungener Newcomer den Markt bereits im Reaktionszeitpunkt wieder verläßt . Abgesehen davon, daß die willkürliche Beschränkung auf Hit-ancl-run-Aktionen tatsächlich einer Ad-hoc-Annahme gleichkommt, führt sie keineswegs zur Untermauerung der Aussagen Baumol/Panzar/Willigs - im Gegenteil: Das bereits angesprochene Resultat des Kapitels F, wonach die Abwesenheit einer Reaktionsverzögerung im Fall ne > 1 nicht hinreichend zur Abwehr potentieller (Bertrand-) Konkurrenten ist, beruht gerade darauf, daß Newcomer sich im Reaktionszeitpunkt nicht verdrängen lassen, sondern die Profitabilität des Markteintritts allein auf der Basis jener Auszahlung bemessen, die nach einer Interaktion mit den Etablierten erreichbar ist. Existiert dagegen ein Reaktionslag, so ist die Hit-ancl-run-Strategie unter der Konstellation ne > 1 zwar relevant, aber nicht per se optimal. Die Höhe des Marktzutrittspreises kann in bezug auf die Optionen hit-andrun und hit-and-stay einer Trade-off-Beziehung unterliegen. Ein Newcomer, der den Marktpreis zum Zweck einer Maximierung des (kurzfristigen) Bertrand-Profits nur um f. unterbietet, macht sich dadurch unter bestimmten Bedingungen selbst angreifbar, weil dies gleichsam seine Verdrängung im Reaktionszeitpunkt impliziert. Aus diesem Grund wurde das Markteintrittsverhalten im Kapitel G endogenisiert, d. h. sowohl die Hit-andrun- als auch Hit-and-stay-Option waren zugelassen. Hierbei konnte eine 8 Vgl.

Abschnitt D. VI, insbesondere Satz 2.

II. Zum Nutzen der Gontestability-Diskussion

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Optimalität der erstgenannten Alternative unter der Voraussetzung eines hinreichend geringen Diskontfaktors keineswegs ausgeschlossen werden. Die von Baumoi/Panzar/Willig hervorgehobenen, aus wohlfahrtstheoretischer Perspektive wünschenswerten Eigenschaften des Hit-ancl-runVerhaltens erfahren durch diesen Sachverhalt allerdings keine Bestätigung. Ein Markt, auf dem das Hit-and-run- oder Snatcher-Phänomen dominiert, verharrt möglicherweise in einem ineffizienten Entwicklungsstadium (n < n°) 9 . Hier offenbart sich ein wichtiges Konsistenzproblem des Contestable-market-Ansatzes: Die Realisierung effizienter Marktkonfigurationen setzt im Fall (n• > 1) voraus, daß zumindest n• Newcomer die Profitabilität eines Eintritts auf der Basis des Post-entry-Profits bemessen. Sieht man von den beiden oben genannten Einschränkungen ab, so sind die Aussagen Baumoi/Panzar/Willigs im Rahmen dieser Arbeit weitgehend widerlegt worden. Dieser Umstand sollte jedoch keineswegs einer voreiligen oder unangemessenen Herabwürdigung des Contestable-marketModells Vorschub leisten. Trotz vieler Mängel und einem normativen Anspruch, der sich mittlerweile als maßlos entpuppt haben dürfte, ist die durch diesen Ansatz ausgelöste Diskussion sicherlich nicht ohne Nutzen für die Industrieökonomik geblieben. Dies sollen die folgenden Aspekte unterstreichen: (a) Eine von Baumoi/Panzar/Willig aufgeworfene Fragestellung, insbesondere die Suche nach einem Referenzzustand, in dem potentielle Konkurrenz ein vollkommenes Substitut für fehlendes Preisnehmerverhalten darstellt, füllt eine Lücke, die innerhalb der ansonsten von Post-entryAnsätzen dominierten Industrieökonomik übersehen zu werden drohte 10 . Shepherds (1984) - als vernichtende Kritik gemeinte - Feststellung, der Contestable-market-Ansatz sei lediglich ein "Gedankenexperiment" (S. 585), mag ja durchaus zutreffen, verrät allerdings auch ein eklatantes Mißverständnis. Baumoi/Panzar/Willig stellen den extremen Charakter der Annahmen, durch die ein perfectly contestable market gekennzeichnet ist, keineswegs in Abrede und beanspruchen auch nicht, hiermit die Realität oligopolistischer oder monopolistischer Märkte generell erklären zu wollen:"( .. .) perfect contestability, then, serves not primarily as a description of reality, but as a benchmark for desirable industrial organization" (Baumol, 1983, S. 2). Wie sonst, wenn nicht durch ein "Gedankenexperiment" , sollte denn die Formulierung oder Ermittlung eines aus wohlfahrtstheoretischer Sicht 9 Darüber hinaus muß die Möglichkeit eines sukzessiven Herunterkonkurrierens des Preises mit äußerster Skepsis betrachtet werden. 10 Statt "übersehen" könnte es vielleicht ebenso treffend "vergessen" heißen, denn immerhin hat sich bereits Clark (1902) mit dieser für die Wettbewerbspolitik bedeutsamen Problemstellung beschäftigt.

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H. Ausblick

optimalen Zustandes erfolgen? Welche Modelle der theoretischen Ökonomie kommen eigentlich ohne "Gedankenexperiment" aus? (b) Wenngleich die Suche nach einem wettbewerbspolitischen Leitbild auf der Basis Bertrandschen Verhaltens als gescheitert angesehen werden muß, sollte nicht übersehen werden, daß die bislang vorliegenden Alternativen ebenfalls weder theoretisch noch praktisch auf einhellige Zustimmung trafen. Während das neoklassische Idealbild der vollkommenen Konkurrenz im Falle zunehmender Skalenerträge ausscheidet, mangelt es Ansätzen, die sich in der Tradition von Clarks (1940) "workable competition" befinden, an einer mikroökonomischen Fundierung 11 . Dasselbe gilt für neoklassische Wettbewerbstheorien im Sinne Hoppmanns (1968). Vor diesem Hintergrund boten die preistheoretisch orientierten Modelle der neueren Industrieökonomik zunächst einen vielversprechenden Ausweg. Die Hoffnung auf ein universell anwendbares Wettbewerbsmodell wurde jedoch durch eine mittlerweile immer stärker hervortretende Zersplitterung der Industrieökonomik in unterschiedliche Ansätze mit divergierenden Aussagen gedämpft. Der hierdurch begründete Unmut gipfelt in Feststellungen wie z. B.: "The main reason for my skepticism is the seeming inability of the recent theory to Iead to any powerful generalization" (Peltzman, 1991, S. 206).

Wenn man bedenkt, daß dieser Mißstand in erster Linie den Charakteristika der Post-entry-Analyse zuzuschreiben ist, kommt Baumoi/Panzar/ Willig immerhin das Verdienst zu, eine der (Haupt-) Ursachen für die derzeitige Kritik an der Industrieökonomik fast zehn Jahre zuvor erkannt zu haben 12 . In diesem Zusammenhang kann zumindest der Versuch, eine verallgemeinerte Theorie zu konstruieren, deren Aussagen nicht von Adhoc-Annahmen bezüglich der strategischen Interaktionen abhängen, als logische Konsequenz aus den (vorweggenommenen) Unzulänglichkeiten traditioneller Post-entry-Ansätze gewertet werden. (c) Abstrahiert man von dem überzogenen normativen Anspruch des Contestable-market-Modells, so läßt sich nicht leugnen, daß die Ergänzung des Spektrums möglicher Markteintrittsszenarien um die Hit-ancl-runStrategie eine wichtige Neuerung innerhalb der Industrieökonomik darstellt. Wenn auf einem homogen Markt vertragliche Bindungen möglich sind, bedarf die Feststellung, daß ein rationaler Newcomer von dieser Option auch tatsächlich Gebrauch macht, d. h. als Bertrand-Konkurrent ein11 V gl. auch /{ antzenbachs ( 1967) Konzept der "optimalen Wettbewerbsintensität". 12 Die zu Beginn der neunziger Jahre einsetzende Ernüchterung innerhalb der Industrieökonomik fußt auf Argumenten, die bei Baumol/Panzar/Willig {1982), insbesondere an zwei Stellen ihres Buches (S. 4 und S. 40-43), tatsächlich schon zu finden sind.

III. Die Zukunftsperspektive der Industrieökonomik

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tritt, keiner Ad-hoc-Annahme, sondern kann durchaus einer dominanten Strategie entsprechen. Falls sich der betrachtete Markt darüber hinaus in einem Stadium befindet, das keinen positiven Post-entry-Profit mehr erlaubt oder aufgrund eines hinreichend geringen Diskontfaktors in Verbindung mit einem Trade-off zwischen der Hit-and-stay- und Hit-ancl-runOption das Snatcher-Phänomen relevant ist, sind Hit-ancl-run-Aktionen nicht nur plausibel, sondern aus der Perspektive potentieller Konkurrenten geradezu ohne Alternative. Genau dieser, auch im Hinblick auf die Realität oligopolistischer Märkte bedeutende Aspekt drohte von der modernen Industrieökonomik vernachlässigt oder- um die Beiträge von Harrod (1952) und Hicks (1954) nicht zu unterschlagen -vergessen zu werden .

III. Anmerkungen zur Zukunftsperspektive der Industrieökonomik Für die in den Kapiteln E, F und G behandelte Problemstellung erwies sich eine gerrauere Analyse der Konsequenzen, die sich aus einem permanenten Vorhandensein potentieller Konkurrenz unter der HertranclAnnahme für die Entwicklung eines homogenen Marktes ergeben, als unabdingbar. Hierbei wurde von zwei Faktoren, die innerhalb der Industrieökonomik (zu Recht) den Ruf genießen, daß sich durch ihre Anwendung beinahe jedes beliebige Verhalten oder jede Marktentwicklung als Resultat eines rationalen Entscheidungskalküls begründen läßt, bewußt Abstand genommen: • Strategische Asymmetrien zugunsten etablierter Akteure, die entweder exogenen Ursprungs sind (z. B. unterschiedliche Kostenstrukturen, "switching costs" , etc.) oder aus selbstbindenden Maßnahmen resultieren • Spiele mit unvollkommener Information bzw. asymmetrischer Informationsverteilung Es ergaben sich dennoch Resultate, die nicht nur bislang einhellig akzeptierten Standpunkten zu widersprechen scheinen, sondern auch solche, aus denen sich völlig neue Perspektiven zur Erklärung von Marktentwicklungen und -Strukturen ableiten lassen. Da aber gerade die Abwesenheit jeglicher strategischer Asymmetrien in Verbindung mit vollkommener Information einen Fall markiert, der sicherlich nicht als repräsentativ einzustufen ist, könnte diese Arbeit dem exemplifizierenden Charakter der Industrieökonomik - wenn auch unbeabsichtigt - schließlich doch weiteren Auftrieb verleihen. Es erscheint daher geboten , diese Problematik abschließend nochmals aufzugreifen. Im folgenden soll kurz auf vier Aspekte

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H. Ausblick

eingegangen werden, die als Ursache für das Fehlen einer generellen Theorie zur Erklärung strategischen Marktverhaltens in Betracht kommen: 1. Viele Resultate hängen von Variablen ab, die sich objektiven Bewer-

tungsmaßstäben weitgehend entziehen (z. B. individuelle Diskontraten und Erwartungen).

2. Das Problem multipler Gleichgewichte schmälert die Aussagekraft vieler spieltheoretischer Ansätze. 3. Spieltheoretische Modeliierungen sind oft willkürlich. 4. Die Komplexität strategischen Marktverhaltens läßt sich nicht mit einer generellen Theorie vereinbaren, sondern muß als Herausforderung des vorherrschenden Realitätsverständnisses innerhalb der Ökonomie begriffen werden. ad 1. Bei aller Ernüchterung darüber, daß sich in Marktsystemen, die durch strategische Interaktionen gekennzeichnet sind, fast jedes Verhalten mit Hilfe irgendeiner spieltheoretischen Modeliierung rational begründen läßt, sollte die Beliebigkeit, mit der anscheinend "alles" gezeigt werden kann, nicht überschätzt werden. Betrachtet man beispielsweise wiederholte Spiele so läßt sich ein bestimmtes Kollusionsgleichgewicht nicht mit jedem beliebigen Diskontfaktor vereinbaren. Das eigentliche Manko vieler Modelle besteht möglicherweise weniger darin, daß "alles möglich" ist, als in einer Abhängigkeit aussagekräftiger Ergebnisse von Faktoren, die weder meß- noch sichtbar sind und sich außerdem einer empirischen Überprüfung weitgehend entziehen. Gemeint sind Diskontfaktoren (supergames) und subjektive a priori Wahrscheinlichkeiten (Spiele mit unvollkommener oder asymmetrischer Information) . Einerseits dürfte dieser Umstand kaum verwundern, stellt er doch eine unvermeidbare Konsequenz des Einsatzes spieltheoretischer Modelle dar, die schon per Konstruktion keine anderen Resultate liefern können als solche, die von derartig intangiblen Größen abhängen. Andererseits mag der Unmut hierüber insofern verständlich erscheinen, als es innerhalb der Ökonomie einer langen Tradition entspricht, generelle Aussagen allein auf der Basis exogener Kosten- und Nachfragebedingungen zu treffen. Dies könnte die Forderung nach neuen oder verbesserten Theorien nahelegen, mit denen intangible Größen wie z. B. Diskontfaktoren oder subjektive Erwartungen erklärt werden, anstatt diese exogen vorzugeben. Allerdings bleibt zu bedenken, daß eine Erklärung derartig subjektiver Merkmale wie etwa der "Geduld" oder des individuellen Erwartungsbiidungsprozesses eines Akteurs an die Grenzen ökonomischer Analysemethoden stoßen dürfte.

III. Die Zukunftsperspektive der Industrieökonomik

253

ad 2. Vor dem Hintergrund dieses Aspekts mutet es fast paradox an, daß die innerhalb der Industrieökonomik augewandten Verfeinerungen des (nicht kooperativen) Nash-Konzepts gerade aus der Motivation heraus entstanden sind, die Lösungsmenge zu verringern. Der Versuch, weitere Eingrenzungen mit Hilfe zusätzlicher, noch restriktiverer Kriterien zu erzielen, wirft zwei Probleme auf. Zum einen stellt die Vielzahl neuerer, nicht kooperativer Lösungskonzepte Anforderungen an das Denk- und Rechenvermögen der Spieler, die zusehends als realitätsfern kritisiert werden . Mithin erscheint die Frage berechtigt, ob hier wandelnde Computer oder menschliche Individuen analysiert werden sollen. Schließt man sich der Auffassung Rubinsteins (1991) an, wonach die realistische Wiedergabe menschlichen Verhaltens eine Spielstruktur erfordert, die sich weniger an den physischen Bedingungen als an den Wahrnehmungen der Spieler orientiert, so wäre es inkonsequent, wenn diese Forderung nicht auch an das Lösungskonzept gestellt würde.

Das zweite Problem besteht darin, daß weitere Verfeinerungen des NashKonzepts durch zusätzliche, stringentere Ad-hoc- Verhaltensannahmen erkauft werden müssen. Sowohl die Konstruktion als auch Auswahl eines bestimmten Gleichgewichtskonzepts ist stets mit einem Werturteil verbunden. Dies trifft nicht nur auf die Vielzahl der mittlerweile vorliegenden Verfeinerungen, sondern bereits auf die Nash-Lösung selbst zu . Bernheim (1984b) und Pearce (1984) haben darauf hingewiesen, daß die Anwendung von N ash-Gleichgewichtsstrategien keineswegs als direkte Implikation der Annahme rationalen Verhaltens gerechtfertigt werden kann. Die in der nicht kooperativen Spieltheorie vorherrschende Debatte über "das" richtige Gleichgewichtskonzept konzentrierte sich bislang fast ausschließlich auf den Sachverhalt, daß Nash-Strategien nicht hinreichend für "vernünftiges" Verhalten sind. Die Frage, ob das innerhalb der Ökonomie dominierende und kaum zur Diskussion stehende Nash-Kriterium eine notwendige Bedingung für "plausibles" Verhalten darstellt, wurde indes weitgehend vernachlässigt. In dem von Bernheim (1984b) und Pearce (1984) vorgeschlagenen Konzept "rationalizable strategies" bilden Nash-Gieichgewichte lediglich eine Teilmenge jener Strategien, die mit rationalem Verhalten vereinbar sind. ad 3. Die Auswahl einer spieltheoretischen Struktur, mit der ein bestimmter Sachverhalt modelliert werden soll, unterliegt einer unvermeidlichen Willkür. Allein die Beantwortung grundsätzlicher Fragestellungen, z. B. welche Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden, wie lang ein realistischer Planungshorizont ist, wieviele Stufen ein Entscheidungsprozeß umfaßt usw. beruht zwangsläufig bis zu einem gewissen Grad auf Ad-hoc-Annahmen. Außerdem sind die Aussagen spieltheoretischer Ansätze äußerst sensibel im Hinblick auf den Umfang und die Art der Strate17 Pacch

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H. Ausblick

gien, die den jeweiligen Akteuren zur Verfügung stehen. Aber genau hier sind der Phantasie des Modellierers keine Grenzen gesetzt, denn für (fast) jede Option, die innerhalb marktwirtschaftlicher Systeme einen Sinn ergeben könnte, läßt sich in der Realität irgendein Beispiel finden. Umgekehrt läßt sich eine Verringerung der Strategiemenge auf nur wenige Elemente immer leicht mit einer Konzentration auf das Wesentliche oder mit einer größeren Übersichtlichkeit der Analyse begründen. ad 4. Die Eindeutigkeit und Allgemeingültigkeit vieler Resultate, auf die von seiten der ökonomischen Theorie bisher verwiesen werden konnte, beruht nicht zuletzt darauf, daß die Modeliierung jenes zentralen Komplexes, der sich hinter dem unscharfen Terminus "Rationalverhalten" verbirgt, oftmals sehr einfach strukturiert war. Von keinem Ökonomen ist jemals ernsthaft bestritten worden, daß die eindeutigen Aussagen bestimmter klassischer Oligopoltheorien letztlich damit erkauft wurden, die alles entscheidenden strategischen Interaktionen durch wenig fundierte Ad-hocAnnahmen zu vereinfachen 13 . Viele Aspekte, die gerade in der Realität oligopolistischer Märkte von Bedeutung sind, konnten ohne die Anwendung neuerer spieltheoretischer Konzeptionen nie rational erklärt werden, obwohl sie beobachtbar waren: Reputation, kollusives Verhalten innerhalb eines nicht kooperativen Kontextes, Optimierungskalküle mit einem langfristigen Zeithorizont, mehrstufige Entscheidungsstrukturen, intertemporale strategische Interdependenzen, Einsatz strategischer Variablen wie z. B. (Über-) Kapazitäten, Werbung, F & E etc. Der Zweck eines vermehrten Einsatzes spieltheoretischer Analyseverfahren sollte deshalb nicht allein in der Erforschung komplizierterer und dynamischerer Entscheidungskalküle um ihrer selbst willen gesehen werden. Das Unbehagen, mit dem auf die Vielfalt und Komplexität der aufgedeckten Zusammenhänge bislang reagiert wurde, läßt auf ein bestimmtes Wissenschaftsverständnis schließen, das innerhalb der ökonomischen Theorie vorherrschend ist. Insbesondere das monierte Fehlen einer generellen Theorie zur Erklärung strategischen Marktverhaltens deutet darauf hin, daß die Existenz einer solchen und vor allem deren Vereinbarkeit mit der Realität offensichtlich nicht in Frage gestellt wird. Tatsächlich hat aber die neuere Entwicklung der Industrieökonomik eine Verallgemeinerung in immer weitere Ferne rücken lassen. Statt dessen scheint sich die folgende Einsicht zu bestätigen: Einerseits setzt eine adäquate Modeliierung strategischen Marktverhaltens voraus, die Akteure in ein dynamisches Aktionsfeld einzubinden, um einem permanenten Rückkoppelungsprozeß zwischen den Strategien eines Spielers und den für ihn relevanten Informationen sowie Feedbacks Rechnung zu tragen. Andererseits steigt mit einer zuneh13 Als Beispiel können hier die ursprünglichen Versionen des Cournot-, Bertrand- oder Stackelbergmodells genannt werden.

III. Die Zukunftsperspektive der Industrieökonomik

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menden Menge an Informationen und Rückkoppelungsschleifen, die in das Optimierungskalkül eines Akteurs eingehen, d. h. mit einem zunehmenden Grad an Dynamik und Offenheit des zu analysierenden Systems, die Unvorhersagbarkeit der Resultate. Insoweit, als die hiermit gewonnenen Erkenntnisse weder ignoriert noch falsifiziert werden können, bilden sie möglicherweise ein Indiz dafür, daß sich die Suche nach einer generellen Theorie für strategisches Marktverhalten am Ende als Jagd nach einem Phantom entpuppt. Vielleicht steht der ökonomischen Theorie eine Grundsatzdiskussion bevor, die bereits in der Physik und anderen wissenschaftlichen Disziplinen deutliche Spuren hinterlassen hat. In diesem Zusammenhang sei auf eine von dem Physiker Peat (1992) stammende Schematisierung jener Sichtweise verwiesen, die bislang bestimmend für das "Weltbild" fast aller Wissenschaften war, jedoch mittlerweile zunehmender Kritik ausgesetzt ist. Peat vergleicht den logischen Aufbau des traditionellen Wissenschaftsbildes mit einem "Theorienstapel" (S. 56), der die Form einer auf dem Kopf stehenden Pyramide aufweist. Mit jeder Schicht korrespondiert ein bestimmter Grad an Allgemeingültigkeit, der zur Spitze hin (nach unten) abnimmt, d. h. jede Theorie läßt sich auf eine darunterliegende, allgemeinere reduzieren. Dahinter verbirgt sich die Anschauung, daß alle in der Realität wahrnehmbaren Erscheinungen, so komplex und vielfältig sie auch sein mögen, stets auf einfachere Bausteine und Grundprinzipien zurückgeführt werden können. Speziell die Geschichte der Physik ist von dem Versuch geprägt, durch das Vordringen in immer tiefere Ebenen der Materie eine Verallgemeinerung bisher vorliegender Naturgesetze zu finden. Wenngleich die Suche nach der "letzten Gleichung", aus der sich vom Elementarteilchen bis zum Ursprung des Universums sämtliche Naturgesetze ableiten lassen- sie entspräche in dem obigen Schema der Pyramidenspitze -,oftmals mit Metaphern wie "Stein der Weisen" oder "Weltformel" in Verbindung gebracht wird, bekennen sich viele Wissenschaftler weiterhin zu einer derartigen Sichtweise 14 . Erste grundsätzliche Zweifel an dieser reduktionistischen Anschauung riefen die Erkenntnisse der Quantenphysik hervor. Unter der scheinbaren Einfachheit der Atome kamen äußerst bizarre, kaum vorhersagbare Wechselswirkungen auf subatomarer Ebene zum Vorschein. Aussagen über die durch Quantensysteme generierten Vorgänge waren nur noch auf der Basis von Wahrscheinlichkeiten möglich. Die in den zwanzigerJahrenentwickelte Quantenmechanik wird nicht selten als eine Theorie interpretiert, "nach der die Welt eine Ansammlung der Resultate von im Grunde willkürli14 Vor allem der Physiker Stephan Hawking wird häufig mit dem Ausspruch zitiert, er glaube, daß diese "letzte Gleichung" noch in den nächsten zehn Jahren gefunden werden könne.

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H. Ausblick

chen ,Entscheidungen' auf der Quantenebene ist" ( Gribbin, 1991, S. 17). Folgt man Peat, so findet sich eine Erklärung für die noch immer ungelösten Rätsel der Quantenphysik und vieler anderer naturwissenschaftlicher Phänomene nicht im Blick auf Teile, sondern nur im Blick auf das Ganze. Statt an der Fiktion in sich abgeschlossener Systeme festzuhalten, deren Wirkungsweise durch eine Zerlegung in separable Einzelteile erklärbar ist, versucht Peat zu begründen, daß die meisten naturwissenschaftlichen, aber auch sozialwissenschaftliehen Analyseobjekte als interaktive Subsysteme eines ganzheitlichen Prozesses aufzufassen sind. Peat plädiert für eine alternative Realitätsauffassung, in der unter anderem zwei Aspekte verstärkt zur Geltung kommen. Zum einen ist die Entstehung vieler Systeme durch einen hohen Grad an Authentizität gekennzeichnet, d. h. Struktur und Form bilden sich spontan. Die Existenz stabiler Systeme ist nicht aus den Informationen seiner Einzelteile, sondern nur mit der aktiven Intelligenz des Ganzen zu erklären. Dies trifft nicht nur auf den subatomaren Bereich zu, wo sich aus zuvor mehrdeutigen, fließenden Formen eine eindeutige Gestalt kristallisiert, sondern gilt auch für höhere Systemebenen im biologischen und soziologischen Bereich. Peat (1992, S. 9lf.) erläutert dies anhand menschlicher Gesellschaften und Kollektive. Wenngleich die innerhalb einer Gruppe interagierenden Subjekte niemals ihre individuelle Besonderheit und Souveränität verlieren, kann die Gruppe als solche über eine Identität verfügen, die nicht auf der Basis separater Individuen erfaßt werden kann. In gewisser Weise ist jedes Individuum auch das Produkt der Gruppe, weil es seine Werte und Einstellungen weitgehend von der Gruppe bezieht. Beispielsweise ist die Art, wie ein Mensch die Welt wahrnimmt und mit ihr interagiert, bis zu einem gewissen Maße durch die Sprache vorgegeben, die er spricht. Letztere ist aber wiederum ein gesellschaftliches Phänomen .

Das zweite wichtige Charakteristikum besteht darin, daß die zahllosen Rückkoppelungen und Verästelungen zwischen verschiedenen Strukturen in ein Gesamtsystem von unendlicher Komplexität münden können. Eine Erfassung aller relevanten Wechselwirkungen, die zumeist dynamisch und nicht linear sind, wäre deshalb ohnehin eine kaum lösbare Aufgabe. Das Einfache, strikter Determinismus sowie geradlinige Kausalketten sind nach Meinung Peats Phänomene der Oberfläche - darunter herrscht ein schwer zu kalkulierendes Wechselspiel zwischen Chaos und Ordnung. Dieses wissenschaftliche Weltbild, das mittlerweile auch durch die Chaosforschung, Kybernetik und Systemtheorie weiteren Auftrieb erhalten hat, korrespondiert im Gegensatz zum alten Paradigma mit einer auf dem Boden stehenden Pyramide. Eine eingehende Behandlung der Frage, inwieweit sich derartige Gedankengänge auf marktwirtschaftliche Allokationssysteme übertragen lassen,

III. Die Zukunftsperspektive der Industrieökonomik

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würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Gewisse Parallelen sind jedoch auffallend. Durch eine zunehmende Verfeinerung des Analyseinstrumentariums hat die Industrieökonomik eine Ebene erreicht, auf der - analog zur Quantenmechanik- weder generelle noch objektive Aussagen möglich sind. So würde z. B. eine Erklärung unterschiedlicher Diskontfaktoren oder subjektiver Erwartungen nähere Kenntnisse über die Präferenzstruktur oder gar Psyche eines Entscheidungsträgers voraussetzen. Darüber hinaus ließen sich Faktoren dieser Art nicht für alle Akteure vereinheitlichen, es sei denn, man wollte die Authentizität menschlicher Individuen in Abrede stellen. Die Modellvielfalt innerhalb der Industrieökonomik und der Preistheorie reflektiert ebenfalls den Versuch, tiefere Einblicke in das strategische Marktgeschehen dadurch zu erlangen, daß der Komplex "Rationalverhalten" in immer speziellere Komponenten zerlegt wird, die dann isoliert betrachtet werden. Vielleicht signalisiert der hiermit einhergehende Verlust an Allgemeingültigkeit das Erreichen einer kritischen Grenze bzw. Ebene, unterhalb der eine weitere Separation von Teileffekten bestenfalls die Bandbreite denkbarer Resultate erhöht, jedoch zwangsläufig zulasten einer generellen Aussagefähigkeit gehen muß, weil der Systemcharakter des Analyseobjekts auf diese Weise allzusehr vernachlässigt wird. Ausgerechnet Fisher (1989), ein besonders erbitterter Kritiker der modernen Industrieökonomik, räumt immerhin folgendes ein: "After all, to a. very !arge extent , the problern lies in the underlying phenomena themselves rather than in the methods used to investigate them" (Fisher, 1989, s. 120).

Shapiro (1989b), der sich mit den kritischen Äußerungen Fishers auseinandersetzt, geht noch weiter: " ( .. . ) a very general theory ma.y be of quite limited usefulness if it fa.ils to match real-world conditions. ( ... ) a search for a single generalizing theory of oligopoly denies the very richness of business behavior" ( Shapiro, 1989b, S. 132).

Auch die vorliegende Arbeit deckte einige mögliche Marktszenarien auf, die keine Allgemeingültigkeit beanspruchen können , weil sie - gemessen an der komplexen Realität oligopolistischer Märkte - auf zu rest rikt iven Annahmen beruhen (vollkommene Information, keine strategischen Asymmetrien). Dies resultiert jedoch keineswegs aus der Motivation, die ohnehin schon unüberschaubare Palette unterschiedlicher Markteintrittstheorien um neue, unerwartete oder gar spektakuläre Extremfälle zu erweitern, sondern stellt eine unvermeidbare Konsequenz der Ausgangsfragestellung dar. Insbesondere die Ergebnisse der Kapitel E, F und G sollten vielmehr dahingehend interpretiert werden, daß eben nicht alles möglich ist. Wenngleich es vermessen wäre, die Frage, ob für Märkte mit zuneh-

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H. Ausblick

menden Skalenerträgen Bedingungen existieren, unter denen potentielle Konkurrenz einen adäquaten Ersatz für fehlendes Preisnehmerverhalten darstellt, resümierend in Form eines "Unmöglichkeitstheorems" beantworten zu wollen, so erlaubt die vorliegende Analyse immerhin eine wichtige Eingrenzung jener Ergebnisse, die bislang innerhalb der Industrieökonomik zumindest theoretisch für denkbar gehalten wurden. Schließlich mündete die bisherige Kritik an den Thesen Baumoi/Panzar/Willigs vorwiegend in der Feststellung, daß ein hinreichendes Reaktionslag für die Praxis illusorisch, sunk costs dagegen unvermeidbar seien. Auf diese Weise wurde eine theoretische Fragestellung auf die empirische Ebene verlagert, ohne ihren normativen Aussagegehalt zu tangieren. Hier bietet es sich an, nochmals auf die im Kapitel B angesprochene "endemische Debatte" zurückzukommen, in deren Zentrum die Frage steht, ob Marktstrukturen eine effiziente Anpassung an exogene Rahmenbedingungen oder das Resultat diskretionären Machtgebrauchs darstellen . Während die Anhänger des erstgenannten Standpunktes auf die Selektionseigenschaften des Marktmechanismus vertrauen, verweisen die Verfechter der zweiten Sichtweise auf die schier unerschöpfliche Vielfalt an strategischen Optionen in Verbindung mit Marktunvollkommenheiten, die aus der Realität nicht wegzudenken sind. Obwohl der vorliegende Beitrag von allen Faktoren abstrahierte, aus denen strategische Vorteile für etablierte Firmen folgen, konnte die These, wonach potentielle Konkurrenz den Wirkungsbereich der "invisible band" unter hinreichend idealen Bedingungen auf oligopolistische und monopolistische Märkte auszudehnen vermag, nicht bestätigt werden. Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses wäre eine Wettbewerbspolitik, die sich im Fall zunehmender Skalenerträge allein auf die positiven Auslesefunktionen und Selbstheilungskräfte des Marktes verläßt, schlecht beraten - selbst in einer hypothetischen Welt ohne strategische Asymmetrien.

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