Die Veste Coburg

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Die Veste Coburg

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Terasse . östlichen Festungshofes Ansicht des Innere

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Die

Veste

Coburg.

Bearbeitet

von

Benno v. Zehmen, Hauptmann im Herzoglichen Regiment.

Mit einem Plan der Festung and einer Ansicht des inneren Festangshofes.

gotha. Verlag von Hugo 1856.

173372

Scheube.

B

1

Inhalt.

Einleitung. Beschreibung der Festung Coburg. Geschichte der Veste Coburg. I. Abschnitt. Von Gründung der Veste bis zur Belagerung • derselben im Jahre 1632.

Seite 1

23 44 76 92 99 103 . 105

II. Abschnitt. Die Zeit des dreißigjährigen Krieges. III. Abschnitt. Der Verfall der Festung. IV. Abschnitt. Die Restauration. Schluß. Anhang. • I. Armirung der Veste Coburg II. Schreiben des Kurfürsten Johann Friedrich an seinen Bruder 114 • Johann Ernst zu Coburg , de Anno 1543. III. Aeltester Artikelsbrief, gegeben vom Herzog Johann Wil • 117 helm 1569. • 124 IV. Schreiben des Obersten von Zehmen, 1634. V. Accord, die Uebergabe der Veste Coburg betreffend, abgeſchloſſen am 27. März 1635 zwischen dem Kaiſerl. General-Wacht meister v. Lamboy und den Hrn. Festungs- Commandanten Georg Philipp von Zehm und Georg Sittig von Schliß • • genannt von Görß. VI. Landesherrliches Patent über die Bestellung des Obristen Veit Dietrich Wagner zum Commandanten der Festung Coburg , 1660. VII. Schreiben des Obersten Wagner, 1663. VIII. Commandanten der Veste Coburg.

IX. Sammlungen auf der Festung.

126

132 139 144 148

Einleitung.

Wenn der Wanderer aus dem Thüringer Walde tritt, um sich nach Franken zu begeben , so erblickt er fast von allen Höhepunkten herab eine Reihe von Bergschlössern, welche in annähernd gerader Linie die Grenze zwischen Thüringen und Franken bilden. Fast alle diese Schlösser liegen in Trümmern ; die Veſte Coburg aber ragt unter ihnen mit wohlerhaltenen Mauern und Zinnen hervor, um noch den kommenden Jahr hunderten Troß zu bieten . Nicht allein dem festen Mörtel ihres Gequaders ver dankt die Beste ihre Erhaltung, sondern vor Allem der Pie tät und dem Kunstsinn des jetzt regierenden Herzogs und seines unvergeßlichen Vaters. Beide Fürsten haben mit sorgsamer Hand das Alte erhalten und mit schaffendem Genius Neubauten in edlem Style ausgeführt und hierdurch , sowie durch Anhäufung werthvoller Sammlungen der Veste einen Glanz verliehen, den sie in früheren Zeiten nie gekannt hat. Vermag aber auch die Veſte Coburg bis zum sech zehnten Jahrhundert hinauf keine so reiche Geschichte auf zuweisen , wie die am nördlichen Abhange des Thüringer 1

2

Waldes gelegene Wartburg mit ihren ritterlichen Landgra fen von Thüringen, mit den Wettkämpfen edler Minnesänger und den frommen Thaten der heiligen Elisabeth ; von der Zeit der Reformation an bietet

ihre Geschichte gleiches

und in neuester Zeit erhöhtes Interesse dar, denn schon als Wiege des Hauses Coburg, welches auf den Thronen dreier Königreiche glänzt , hat sie welthistorische Bedeutung ge wonnen, und daher dürfte eine ausführliche Geschichte die fer alten Stammburg keine ganz unwillkommene Gabe sein. Die Quellen zu der älteren Geschichte der Festung fließen nur spärlich. Denn da die ehemalige Pflege Coburg früher ein meißnisches , späterhin ein sächsisches Nebenland war und erst im Jahre 1572 die Eigenschaft eines selbststän digen Fürstenthums erhielt , auch die Burg oftmals durch Feuersbrünste heimgesucht wurde, welche die alten Urkunden verzehrten und die Archive außerdem durch die häufigen Theilungen der sächsischen Fürſtenlinien vielfach zerstreut wurden, so beginnen die im Herzoglichen Archiv zu Coburg aufbewahrten Acten , welche die Festung betreffen , erſt mit dem siebzehnten Jahrhundert und so ist nur wenig Mate rial für die Geschichtschreibung der alten Epoche vorhan den ; vom Anfange des siebzehnten Jahrhunderts an ge ben dagegen die Acten des Herzoglichen Archives hinreichen den Stoff, weshalb sie hier auch vielfach benugt wurden. Außerdem

dienten bei

dieser Arbeit

als Quellen :

Theatrum europaeum ; Gotha diplomatica, 1716 ; Mül ler , sächsische Annalen, 1700 ; von Schultes, Sachsen Coburg - Saalfeldiſche Landesgeschichte

mit Urkundenbuche,

1818 ; desselben Coburgische Landesgeschichte des Mittel

3 alters mit Urkundenbuche , 1814 ; Gruner , historisch- sta tistische Beschreibung

des Herzogthums

Coburg ,

1783 ;

Georg Paul Hönn, Sachsen - Coburgiſche Hiſtoria , 1700 ; Dr. G. P. Hönn , Sachsen-Coburgische Chronik , fortge sezt von Dozauer ,

1792 ; Karche ,

Jahrbücher der

Herzoglichen Residenzstädt Coburg 1825, fortgesezt 1853 ; Ludwig , Geschichte von Würzburg, 1720 ; Herzog , Ge schichte

des Thüringer Volkes ;

buch , 1636 ;

Conrad Rüger , Tage

Treiber , Jubelposaune , 1680 ;

Mathias

Großer, Burg- und Markgräflich Brandenburgische Kriegs historie der löblichen Fürstenthümer Kulmbach und Ans pach ;

Dr. M. Luther ,

Pfeilschmidt ,

Coburgische Schriften ,

Luther in Coburg , 1853 ;

1542 ;

Kirchenbuch

der Beste Coburg. 1

1*

Beschreibung der

Festung

Coburg.

Auf der Spige eines östlich von der Stadt Coburg gelegenen, durch eine Fülle von Obstbäumen bedeckten Kalk felsens liegt die. Festung Coburg , 1496 pariſer Fuß über dem Meeresspiegel und, von der hohen Bastei gerechnet, 524 pariser Fuß über dem Wasserrand der am Fuße des Berges sich hinschlängelnden It. Der 30 bis 40 Fuß tiefe Festungsgraben mit seinen starken Futtermauern , welcher die Festung umgab , sowie die Pallisadirung , welche die Annäherung an den Graben hinderte , wurden , da sie morsch und verfallen waren , zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts zugeschüttet und weg geriſſen , um Graben und Wall in einen schönen geebneten Spaziergang zu verwandeln. Wohl mag zur damaligen Zeit die Finanznoth des Landes eine gründliche Reſtauration der verfallenen Werke nicht erlaubt haben, wohl mochte auch der damalige Regent bei dem Herannahen des preußisch-französischen Krieges in voller Weisheit erkennen , daß die Festung , zu schwach, um ernſten Widerſtand zu leiſten , dennoch geeignet erschei nen konnte, feindliche Truppen anzuziehen, als er den Be fehl zur Desarmirung der Festung und zur Einebnung der schüßenden Wälle gab ; aber immerhin bleibt es zu be

5

dauern , daß die Veste diesen Schutz verloren hat , so daß jezt die Mauern , welche früher bis an ihre Zinnen von dem ſtarken Erdwalle gedeckt wurden, dem Auge, wie einem etwaigen feindlichen Feuer blosgestellt sind.

Zwei schön chauſſirte Straßen führen zur Festung ; die eine von Südwest , steigt ziemlich steil von der Stadt Coburg hinauf und theilt sich an dem Fuße des ehemaligen Walles der Bärenbastei , indem der Fahrweg links um die Festung herum zu dem südlichen Thore derselben führt, während ein Fußweg rechts herum in der Nähe des ge= nannten Thores an einer Treppe von 134 steinernen Stu fen ausmündet , vermittelst welcher man durch eine Pforte zu dem oben beschriebenen Fahrwege und auf demselben in das Innere der Festung gelangt. Die zweite Straße kommt östlich von dem herrlich gelegenen Luftschloß Rosenau her, führt in allmäliger Stei gung über den Baußenberg durch einen dicht belaubten Bu chenwald und , an der östlichen Spize der Festung in der Nähe des Deconomiegebäudes mit der erstgenannten Straße vereinigt, in das Festungsthor. Um zu demselben auch fernerhin gelangen zu können, war man bei Einebnung von Wall und Graben genöthigt, ein Stück des alten Festungs- Grabens stehen zu laſſen , sø daß man am Eingang der Festung das vollendetste Bild ihrer frühern Beschaffenheit erhält. Stück

Ein isolirt stehendes

crenelirter Mauer deckt den Zugang zur Brücke.

Dasselbe beginnt nach der Stadt zu an der Contre-Escarpe, woselbst sich die schon erwähnte Eingangspforte befindet, während es sich nach dem Baußenberg zu an das äußere

6

Thor der Festung anschließt und über dasselbe hinaus den Fahrweg noch auf etwa 30 Schritt bis zu dem Punkt be gleitet , wo ehemals das erste Vorthor ſtand , deſſen Säu len jedoch in neuester Zeit abgetragen wurden. Zwei steinerne , in Form von kleinen Thürmchen er baute Schilderhäuser

zieren dieſe Mauern ;

das an der

Contre-Escarpe gelegene stand früher an der Stadtmauer und wurde erſt unter Herzog Ernst I. an seinen jeßigen Ort gesezt.

Es geht die Sage , daß Tezel von dieſem

Thürmchen herab seine Ablaßpredigten gehalten habe. Wenige Schritte von dem

äußeren Festungsthore

führt der Weg über eine hölzerne Brücke , welche früher Zugbrücke war , zum zweiten Thore der Festung und mit ihm zur ersten Umwallung , welche aus einer crenelirten Mauer besteht , die durch vier Bastione und vier halb runde Thürme verstärkt ist ; zwei dieser Bastione sind zur Vertheidigung der Brücke bestimmt. Nachdem man das zweite Thor und den dahinter lie genden Wallgang durchschritten hat, gelangt man zur zwei ten Umfassungsmauer

und gleichzeitig

durch ein

drittes

Thor in das Innere der Festung. Dieses leztgenannte Thor ist für die Veste das be deutendste , denn es hat eine Tiefe von 25 Schritt , kann durch Thorflügel und Fallgatter geschlossen werden und iſt von einem viereckigen Thurme überbaut ; auch befindet sich in diesem Thore der Eingang zu dem Rondengang oder Zwinger, sowie auch der Eingang zu der größten und wohl erhaltensten Casematte der Veste ; dagegen ist das zweite Thor als ein schönes Denkmal früherer Baukunſt anzusehen.

7 In erhabener Steinhauerarbeit prangt das sächsische Wap pen * ) mit lateiniſcher Unterschrift **) und unter derselben

*) Das sächsische Wappen anbelangend, erlauben wir uns hier die Sage mitzutheilen , auf welche Weise der Rautenkranz in dasselbe gekom men sein soll. Als nämlich Bernhard , Bruder Otto's von Brandenburg, der bei der Zertrümmerung der Welfenmacht durch Friedrich Barbarossa das Herzogthum Sachsen erhalten hatte, den Kaiser einſt nach Italien begleitete , warf Friedrich Barbarossa bei einer Nast den Nautenkranz, den er der Hize wegen auf dem Kopfe getragen , zufällig auf das Schild Bernhard's , auf dem die Querbalken des Ballenstädter Wappens gemalt waren, und gewährte dem jungen Herzoge die dadurch veranlaßte Bitte , die Rautenkrone fünftig in seinem Wappen führen zu dürfen. **) Diese Unterschrift lautet : Gloria in excelsis Deo. Q. D. B. V. Ingressum arcis nova structura firmandum ornandumque sus ceperat optimus et felicissimus Princeps Friedericus Guilielmus Dux Saxoniae Juliae Cliviae et Montium etc. sed morte prae ventus executionem transmisit ad Tutores filii quem non ma gis auspicati Nominis et Principalis fortunae , quam virtutis et pietatis paternae et avitae haeredem reliquit unicum. Stat ita que opus anno Christiano MDCLXXI. Jesu et autoritate Jo hann Georgii II. S. R. I. Electoris et Mauritii fratrum Du cum Saxoniae Juliae Cliviae et Montium. His Heroibus Tutoribus et Principi Juveni prospera ct fe licia omnia viator precare. Ehre sei Gott in der Höhe Jn. Gottes. Namen ! Der beste und durchlauchtigſte Fürst Friedrich Wilhelm , Her zog zu Sachsen , Jülich , Cleve und Berg , hatte es unternommen, den Eingang zur Veste durch einen neuen Bau zu verstärken , aber durch den Tod gehindert, übertrug er die Ausführung den Vormün dern seines Sohnes , des Einzigen , den er zum Erben seines erha

8

ist , da bei den Meisterwerken voriger Jahrhunderte der Humor nie fehlen durfte, ein Kopf angebracht, welcher den Belagerern höhnend die Zunge herausstreckt, während am dritten Thore zwei Jammergesichter mit Ring durch Nase und Mund zu sehen sind , welche andeuten mögen, daß dem verwegenen Feind , wenn er bis auf den Wallgang ge= drungen sein sollte, sichere Gefangenschaft drohe. Unternehmen wir längs der erwähnten Mauer einen Um

gang um die Beste und wenden uns, nachdem wir die Brücke und das zweite Thor passirt haben , links , so gelangen wir zuerst auf die Neuebastei , in deren 8½ Fuß starke Mauern 7 Schießscharten für schweres Geſchüß eingeschnit ten sind ; auf der Spiße dieſer Baſtei befindet sich, in zier licher Steinhauerarbeit , ein Schilderhaus und auf einer Face derselben ein verrosteter, eiserner Kasten , welcher als der alte Briefkasten der Festung gezeigt wird , der bei Belagerungen vermittelst eines Drahtes in den

Graben

herabgelassen und dann nach dem oben erwähnten Thürm chen wieder herauf gezogen werden konnte. Von der Neuenbaſtei führt eine crenelirte Mauer nach der Bärenbastei , wird aber zuvor durch zwei halbrunde,

benen Namens und ſeines fürstlichen Glückes sowohl als auch der väterlichen und großväterlichen Tugenden und ihrer Pietät hinterließ. Es steht daher dieß Bauwerk seit dem Jahre Christi 1671 auf Befehl und unter der Autorität der Gebrüder Johann Georg II. des heiligen R. R. Churfürst und Morißen's , beide Herzoge zu Sachsen , Jülich , Cleve und Berg. Wanderer, bitte zu Gott , daß ſowohl diesen heldenmüthigen Vormündern, als auch dem fürftlichen Jüngling Alles zum Heil und Segen gereichen möge .

9

zur Grabenvertheidigung bestimmte Thürme unterbrochen. Beide Thürme dienen jezt zur Aufbewahrung von Pulver und Munition , und sind nur mit Schießscharten für In fanterie versehen , während man an dem Mauerwerk der oberst gelegenen Scharten noch deutlich erkennt , daß sie früher für leichtes Geſchüß beſtimmt waren , deren Schar ten durch Blenden geschlossen wurden , wie die auf der Mauer hervorstehenden Kranzsteine noch deutlich kund geben. Nachdem wir an dem legten der beiden Thürme 30 Schritte vorüber sind, stoßen wir auf eine Thüre, welche zu einer Treppe und vermittelst derselben durch einen Gang hinter der Kehlseite der Bärenbaſtei hinweg zu einer eiſer nen Thür nach dem ehemaligen Graben führt , Ausfallpforte zu dienen. Die Bärenbastei

ist wie alle Baſteien

um als

der Festung

aufgetragen , sie beherrscht die Stadt , hat Schießscharten für 10 Geſchüße und ist die einzige , welche noch armirt ist.

Das Junere dieſer Baſtei ist mit schönen Caſematten

versehen, zu denen man sowohl von der Bastei selbst , als auch von dem Innern der Festung

aus gelangen kann.

Ehedem befand sich in der Mitte der Bastei ein Zwinger, dessen Mauern in schön gewölbten Bögen erbaut waren. Dieser Raum diente in frühern Zeiten zu einer Bärengrube, von welcher die Bastei den Namen erhielt , wurde aber unter der Regierung Herzogs Ernst I. ausgefüllt und die Bärengrube nach einem andern Ort verlegt.

Die südlichen

Mauern der Bärenbastei werden durch Infanterie- Schieß scharten flankirt ,

welche zugleich dem früher erwähnten

Treppengang Licht geben.

10

Bevor wir diese Baſtei verlaſſen, müſſen wir noch_ei nen Blick auf die dort aufgestellten Geschüße werfen, welche gegenwärtig die friedliche Bestimmung haben, die Feuersig nale für das Land zu geben. Es sind dies 6 ältere Geſchüße von verschiedenem Caliber und 2 neuere, in Mainz eroberte franzöſiſche 16-Pfünder : „ le sauvage” und „le sans pareil”. Wenn sich auch alle 6 ältern Geschütze durch schönen Guß auszeichnen, so verdienen doch 2 ganz besonders näher beschrieben zu werden, nämlich : 1 ) die sogenannte Flaccianer- oder Luther - Kanoné, welche, wie die auf dem Rohre über dem sächsischen Wap pen angebrachte Aufschrift uns belehrt , unter der Regie rung des Kurfürsten August von Sachſen in Freiberg von Wolf Hilger 1570 gegossen worden ist. gorische Figuren dienen dem Geſchüß

Mehrere alle

zur Zierde.

Die

eine dieser Figuren, am Bodenstück des Geſchüßes befind lich, geht einem Geistlichen voran , welcher ein · Puffſpiel trägt.

Zu ihren Füßen liegen 2 Säcke mit Geid , nach

welchem eine Kröte kriecht.

Mit der einen Hand trägt die

Figur eine Bischofsmüße , mit der andern führt sie eine Trompete zum Munde, um ihren Ruhm der Welt zu ver fünden. Dem vorangehenden Geistlichen bläst aber der Teufel, mit der Unterschrift „Wirbelgeist", vermittelst eines Blasebalgs seine bösen Lehren in die Ohren. Diese Allegorie trägt die Aufschrift : Die Flaccianer und Zeloten Seint des Teufels Vorboten. Die Henkel oder Delphine werden von je 2 mit ein ander ringenden und sich bei den Haaren faſſenden Fi

11

guren

gebildet ,

die man gewöhnlich

ther und den Papst bezeichnet.

als

den Dr. Lu

Die Traube schließlich

stellt eine Figur in geistlichem Ornate dar , welche ein Buch mit der Aufschrift "Flaccianer 1571 " in den Hän den hält. 2 ) Eine alte Feldschlange.

Auf dem Rohr dieses Ge

6 schüßes befindet sich auf einer schön gegossenen Schlange Dieses Geschütz ist allein übrig von den ein Krebs. zwölf - Geſchüßen, welche noch zu Anfang dieses Jahrhun derts unter dem Namen die 12 Himmelszeichen“ auf der Beste waren.

Die nördliche Seite der Festung ist weniger durch Kunſt, als durch die Natur vertheidigungsfähig. Der Berg fällt hier steil zu dem Thal der It herab , und nur zwei halbrunde Thürme , ähnlich denen auf der Südseite , ver stärken die crenelirte Mauer und dienen zur Grabenver theidigung.

Einer dieser Thürme

wird gegenwärtig zur

Aufbewahrung von Garten-Geräthschaften , der andere zum Laboratorium der Garnison benußt. Nicht weit von dem östlich gelegenen Thurme befindet sich im ehemaligen Festungsgraben ein Ziehbrunnen , der sogenannte „blaue Brunnen" , welcher früher durch ein bombenfestes Gewölbe gedeckt war , später aber , als der Graben ausgefüllt wurde , mit einem zierlichen Holzdache versehen worden ist. Den östlichen Theil der Veste bildet die Schindelbaſtei, an deren Spiße sich der in neuerer Zeit mit Crenaux verſe hene Eselsthurm befindet, welcher mittelst eines unterirdischen Ganges mit dem östlichen Flügel des Fürstenbaues verbunden

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war. Durch diesen Thurm führte eine Wendeltreppe zu einer Ausfallpforte in den Graben , welche in friedlichen Zeiten dazu benutzt wurde, der Veste durch Esel Wasser zubringen zu lassen, wodurch dem Thurm der wenig zierende Name ge worden ist.

Die Ausfallpforte wurde bei der neueſten Re

ſtauration zugemauert , der Thurm bis zur Höhe der Um fassungsmauer abgetragen und mit Erde ausgefüllt. Der Schindelbastei gegenüber liegt das zur Veste ge= hörende Vorwerk am Fuße eines 300 Schritt von den Fe stungswerken entfernten Hügels, welcher den Namen „Für Von diesem Hügel aus sollen bei einer Be Lagerung einzelne Verwegene die Besatzung der Veſte ver wig" trägt.

höhnt, dabei aber ihren Tod gefunden haben , wonach der Hügel „Fürwit“ getauft worden wäre. Die Schindelbastei wird von

dem genannten Hügel

überhöht, und dies mag Veranlaſſung zu dem Bau eines Cavaliers gegeben haben , welcher den Namen „hohe Ba ſtei“ führt, zu deſſen näherer Beſchreibung wir später kom men werden. Sezen wir unsern Umgang von

der Schindelbaſtei

weiter fort , so kommen wir zu der am Eingange bereits erwähnten Sternbastei , welche Schießscharten für 7 Ge ſchüße enthält, und gelangen dann wieder zum Festungsthore. Sowohl die Neuebaſtei wie die Sternbaſtei wird an ihren spizen Winkeln durch sächsische Wappenschilder ge ziert , das Wappenschild an der Sternbaſtei aber, in wel chem der Thüringer Löwe angebracht ist , wird noch durch zwei Greifen , die Schildhalter des schwediſchen Wappens, getragen.

13*

Die äußere Umfassungsmauer

beträgt

im

Ganzen

1200 Schritt und die Höhe derselben gegen 40 Fuß.

Die

Stärke dieser Mauer ist sehr verschieden , da sie an den Kalkfelsen angebaut worden ist und zum Theil nur zu. deſſen Bekleidung dient. Von den ehemaligen Außenwerken der Veste sind we nig oder gar keine Spuren mehr vorhanden.

Zwischen den

beiden nach Süden gelegenen , halbrunden Thürmen lag ein Ravelin oder Halbmond ;

am Fuß der Bärenbaſtei,

da wo sich jezt Fuß- und Fahrweg vereinigen , war der allgemeinen Sage nach eine Flesche und

auf dem Für

wig eine Redoute mit gemauerten Grabenböschungen er baut, zu welcher ein auf beiden Seiten durch Wälle ge schüßter Weg nach der Schindelbaſtei geführt haben soll. Von diesen Werken ist nur noch der Wallgraben am Für with dem aufmerksamen Beobachter erkennbar. Allen Nachrichten zufolge ward das leztgenannte Werk theilweiſe schon während des dreißigjährigen Krieges abgetragen. Die zweite Umfaſſung , an welche wir nun bei Be sichtigung der alten Veste treten , besteht aus

einer fast

durchgängig 20 Fuß hohen Mauer , welche mit Schieß scharten und kleinen halbrunden Thürmen versehen iſt, je doch die nördliche Seite der Beste nicht mehr umſchließt, indem sie hier Ende des siebzehnten Jahrhunderts abge tragen wurde. Hinter dieser Mauer befindet sich der Zwinger oder

Rondengang

in

einer Breite

von

etwa

vier Schritt , welcher zum Theil mit einem Ziegeldach_ge deckt ist. Diese zweite Umfassungsmauer ist ihrer Bauart nach

14

unstreitig die alte Burgmauer und bestand schon vor der Vergrößerung der Burg durch die Anlegung von Baſtionen. Von ihr aus dachte sich, vor der spätern Anblendung der äuße ren Wallmauern, der Festungsberg nach allen Seiten steil ab. Auf der Westseite dieser Mauer finden wir in einer wohlerhaltenen Caſematte noch die Spuren des 1663 abge= tragenen alten Burgthores, welches vor Errichtung der Bä renbastei und deren Wälle nach der Stadt führte und auf welchem der gegenwärtig Thurm stand.

nicht

mehr vorhandene

rothe

Hinter dem Rondengang erheben sich nun die Gebäude der Veste, welche durch crenelirte Mauern und nach Osten durch die hohe Bastei , deren wir schon als Cavalier der Schindelbastei Erwähnung gethan haben , verbunden ſind. An der innern Seite dieser Mauern lief ein Gang um die Beste herum und zwar durch das Zeughaus, von da längs der Mauer zum blauen Thurm , von hier, ebenfalls längs der Mauer , zur jetzigen Caserne , durch diese und den Fürstenbau zur hohen Bastei und von da bis wieder in's Zeughaus. Da, wo dieser Gang längs den Mauern weg ging, war er bedeckt, und jedenfalls war dieß auf der jezi gen hohen Bastei ebenso.

Der innere Raum der Festung wird durch den alten Fürstenbau und die am Festungsthore gelegene Caſtellans wohnung in zwei Höfe getheilt , wovon der westlich gele gene der größere ist. Die Castellanswohnung und der alte Fürstenbau sind mittelst einer mit einem Thor versehenen Mauer verbunden ; ersteres Gebäude war früher die Pfarr wohnung und Schule ,

besteht aus

altem Fachwerk und

1

15

wird wohl binnen kurzem einem neuen Gebäude Play ma chen müssen ; das zweite Gebäude ,

der alte Fürſtenbau" ,

hingegen ist massiv von Bruchsteinen erbaut und enthält in seinen oberen Räumen reiche Sammlungen von Waffen und Trinkgefäßen. Ein ehemaliger Thorweg, welcher durch das Gebäude hindurch beide Höfe verband , ist zu

einer Halle umge

wandelt worden, über welcher der heilige Georg mit dem Lindwurm, als Schußheiliger der alten Burg , in Fresco malerei abgebildet ist.

In der Halle selbst ist das Gal

lionbild des dänischen Kriegsschiffes Chriſtian VIII. , wel ches am 5. April

1849 durch des regierenden Herzogs

Hoheit bei Eckernförde erobert wurde , nebst der Danne brogsflagge und dem Säbel des dänischen Commandeurs Paludan aufgestellt ; auch sollen die Kriegstrophäen des Feldmarschalls Prinzen Friedrich Josias von Coburg, welche derselbe aus dem Türkenkriege ( 1788) heimbrachte , hier ebenfalls aufbewahrt werden. Die Südseite des westlichen Hofes bildet das große • Dieses Gebäude . lehnte sich an die älteste

Zeughaus.

Umfassungsmauer der Burg an , und der alte Umgang, welcher ehedem innen um diese Mauer führte, blieb beim Neubau jenes Gebäudes stehen.

Das Zeughaus bestand aus

drei großen übereinanderliegenden

Sälen ,

welche

durch

Fenster nach der Hofseite erhellt wurden, während an der nach dem Wall zu gelegenen Seite sich jener vorerwähnte Gang befand, durch dessen kleine Fensteröffnungen spärli ches Licht zugeführt wurde.

Seit dem Jahre 1782 iſt das

Zeughaus in ein Zucht- und Arbeitshaus verwandelt worden,

16

neben welchem sich in einem Seitengebäude eine Landeskran ken- und Irrenanſtalt befindet. in verschiedene Zimmer

Die großen Säle wurden

abgetheilt ,

und

die

ehemaligen

kleinen Fensteröffnungen vermauert und neue Fenſter durch beide Mauern des Umfassungsganges gebrochen, so daß die dadurch entstandenen Fensternischen, welche jenen Gang mit umfaſſen, trügeriſcherweise eine unendlich starke Umfaſſungs mauer vermuthen lassen. An das Zeughaus schloß sich nach Weſten ein ande res Gebäude an , welches mit dem blauen Thurm durch den- Umgang in Verbindung ſtand und ebenfalls nur an die alte Umfaſſungs-Mauer angelehnt war.

Dieses Ge

bäude brannte jedoch im Jahre 1822 ab , und der blaue Thurm ist gegenwärtig nur durch die hohe crenelirte Um faſſungsmauer mit dem Zeughaus verbunden. An der Westseite der Veste standen früher zwei Thürme, der schon mehrfach erwähnte blaue Thurm und der rothe Thurm, welche durch Wall und Mauern verbunden waren. Von den beiden Thürmen steht jedoch nur noch der erstere, während der rothe Thurm seit langer Zeit in Trümmern liegt, auf denen durch die neueſte Restauration ein schöner Altan entstanden ist. An der innern Seite des die beiden Thürme verbin denden Walles befindet sich ein Gebäude , welches ehedem den Namen „das kleine Zeughaus" führte, später als De conomiegebäude zur Schäferei benutzt wurde , und in wel chem gegenwärtig verschiedene Geräthschaften, unter ande ren auch die Militairfahrzeuge des Herzogl. Füsilier - Ba taillons, aufbewahrt werden.

17 Nach Norden zu und mit dem vorerwähnten Gebäude durch eine Mauer mit Pforte, welche zu dem auf den Trüm mern des rothen Thurmes entstandenen Altan führt, verbun den , steht die Caserne , an welche sich der Bärenzwinger anschließt, in welchem jetzt noch Bären gehalten werden. Die Caserne ist ziemlich verfallen , wird aber noch zu In validen -Wohnungen benut. Das Alter der hier erwähnten Gebäude läßt sich nicht genau beſtimmen , die Caſerne und das große Zeughaus scheinen jedoch zu einer Zeit entstanden zu sein. Leßteres trägt die Inschrift : Anno dei 1482 Jan ist verneuth dies Haus zu der Zeuth Phleger Graf zu Honstein Herr zu Lar. Ueber der Inschrift iſt das gräflich Hohenstein'sche und über diesem das sächsische Wappen in schöner Stein hauerarbeit angebracht. Eine andere Gedenktafel an der Mauer zwischen dem erwähnten großen Zeughause und dem blauen Thurm be lehrt uns, daß dieſe Mauer im Jahre 1712

von neuem

zu bauen angefangen und im Jahre 1716 beendet worden ist.

Die Inschrift lautet :

" Das Stück Mauer zwischen

„ dem blauen Thurm und dem großen Zeughauſe iſt 1712 „von Neuem zu bauen angefangen und 1716 geendet wor "den, als dermaken der Hochwohlgeborne Herr Herr Jo hann Maximilian von König , Obrister und Comman "dant, auf der Vestung Coburg sich allhier anwesend be "funden." Von dem westlichen Festungshofe haben wir noch die

Cisterne zu erwähnen ,

welche das Regenwasser sammelt

und so geräumig ist , daß der Erbauer , Herzog Johann 2

18 Cafimir, in derselben mit seinen sämmtlichen Cavalieren ein Frühstück einnehmen konnte. Aus der Mitte des Hofes gelangen wir

durch ein

Fallthor in einen großen , geräumigen Keller , welcher nach der noch jezt vorhandenen Tradition vermittels des alten Burgthores den Eingang zur Festung gebildet ha ben soll. Nachdem wir so den größern Hof kennen gelernt ha ben, kehren wir zu dem kleineren, dem östlichen Hofe zurück, in welchen wir unmittelbar durch das Festungsthor ein traten. Die alte Pfarrwohnung , sowie den alten Fürſtenbau haben wir bereits kennen gelernt.

Mit dem letteren ver

bunden und die Nordseite des Hofes bildend, steht der neue Fürstenbau , oder die Reſidenz ,

in dem auch das Zim

mer gelegen ist, welches Luther bei seinem Aufenthalte auf der Beste bewohnte. Nachdem die Herzogliche Residenz im Jahre 1547 von der Veste nach der Ehrenburg verlegt wurde ,

verlor der

neue Fürstenbau an seinem frühern Glanze und wurde zum Theil den Commandanten als Wohnung angewiesen .

Un

ter der Regierung Herzogs Ernst I. begann im Jahre 1839 die Wiederherstellung

dieses Gebäudes , welche je

doch erst in diesem Jahre beendet worden ist.

Der Erker

des Herzogszimmers gehört zu den Neubauten und gewährt eine der lieblichsten Aussichten in das Thal der Ih, nach dem Callenberg, der Rosenau und den Höhen des Thü ringer Waldes. Die Zimmer des Fürstenbaues stehen zum Theil leer,

19 zum Theil sind sie zur Aufbewahrung verschiedener Samm lungen bestimmt , deren nähere Angabe in einem Anhange erfolgen wird.

An dem Fürstenbaue läuft nach der innern Hofseite ein offener Gang mit Frescomalerei, welche den Hochzeits zug des Herzogs Johann Casimir darstellt. Die Ma lerei ist neu und dadurch interessant, daß ſehr viele Per sönlichkeiten aus der Umgebung Herzogs Ernst I. hier por traitirt sind. Unter diesem Gange , in den gewölbten Räumen der frühern Hoflüche , befindet sich die Wache, welche abwech selnd von der Mannschaft des in Coburg stehenden Fü filier - Bataillons und von der theilweise in der Beste ein quartierten Invaliden-Compagnie bezogen wird, da die Veſte eine eigentliche Besatzung nicht mehr beſißt. Den östlichen Theil des Fürſtenbaues bildet die Ca pelle *), welche mit den Grabsteinen früherer Commandanten geziert ist.

Sie ist im Jahre 1851 auf der Stelle der al

ten baufälligen Capelle fast ganz neu erbaut , jedoch im Innern noch nicht vollendet.

*) Diefer Capelle wird schon in den ältesten Urkunden, und zwar un ter dem Namen Petri-Pauls- Capelle Erwähnung gethan. So über gab u. A. Bischof Ising zu Würzburg im Jahre 1265 die Ca pelle zu Lauter än die Propftei zu Coburg mit der Bestimmung, daß der jedesmalige Propst auch in der Capelle in castro Coburg viermal in der Woche Messe halten müsse ; doch finden sich von ih ren ferneren Schicksalen keine Nachrichten weiter , als daß sie im 15. Jahrhundert den Namen einer Pfarrkirche auf dem Schloffe Coburg erhielt, zu welcher Zeit sie auch mehrere Güter , Ges 2*

20

Aus dem ersten Stocke des Fürstenbaues treten wir auf die hohe Bastei , deren Mauern 44 Fuß über den Rondengang (Zwinger) und 64 Fuß über die Schindelba Aus dreizehn Geschützscharten wird das

stei hervorragen.

vorliegende Terrain nach Osten , Süden und Norden be strichen, und namentlich liegt der östlich gelegene Fürwit unter dem Feuer dieser Bastei. Eine herrliche Rundsicht erfreut hier das Auge nach leidet nur nach Westen zu

allen Himmelsgegenden und

durch den Fürstenbau und das Zeughaus einige Beschrän kung.

Nach Nordwesten zu erblicken wir das Rhöngebirge

mit dem Kreuzberg bei Kissingen , Schloß Heldburg und Callenberg , die Ruine Strauf, die beiden Gleichberge, die Geba und den Dolmar bei Meiningen ; nach Norden und Nordosten den Thüringer Wald mit dem Beerberg, Schnee kopf und dem Bleßberg, und im Vordergrunde die Ruine Lauterburg, das Luftschloß Rosenau, die Städte Sonneberg. und Neuſtadt ; nach Osten gewendet, das Fichtelgebirge mit dem großen Waldstein , Schneeberg , Ochsenkopf , rauher Kulm ; nach Süden endlich die Königsheide und Cortegas bei Culmbach, die Kirche von Vierzehnheiligen , den Staf felberg , Kloster Banz u. s. w. Dem neuen Fürstenbau gegenüber und an die hohe Bastei anstoßend liegt das Wirthshaus, welches 1853 aus behauenen Sandsteinen in schönem Styl erbaut wurde.

Aus

hölze und Erbzinsen an sich brachte, z . B. im Jahre 1457 zwei Güter in dem Dorfe Droffenhausen und das Gehölz , der Buchberg genannt.

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der ersten Etage desselben tritt man

auf eine Terrasse,

welche an den Thurm des Festungsthores stößt. Mit der Schindelbaſtei ſteht die hohe Baſtei durch ei nen mit Fallgitter versehenen Treppengang in Verbindung, welcher über den Zwinger hinweg nach dem untersten Wall gang führt. Ob früher eine unmittelbarere Verbindung stattgefunden hat, kann nicht mehr ermittelt werden. Von der hohen Beste herab gelangt man jetzt durch zwei steinerne Treppen auf eine neu angelegte Terrasse und ſodann von dieſer in den Festungshof , welcher nach der Bastei zu einen Halbmond bildet.

Die Anlage dieser Terrassen und der dazu gehörigen Mauern fällt in die neueste Zeit und hat zur Verschöne rung des Innern der Veſte wesentlich beigetragen. Früher ſtand hier ein unanſehnliches Gebäude, die Festungsschmiede, in dessen oberer Etage die alte Schenke war. Als Zierde des Hofes ist noch der über 250 Fuß tiefe, mit einem im mittelalterlichen Style erbauten Brunnen hause versehene Brunnen zu erwähnen , der jedoch jezt nicht mehr benuht wird, da das Heraufholen des Wassers , was früher durch ein Tretrad , welches jezt abgebrochen ist, bewirkt wurde , mit zu großen Schwierigkeiten verbun den war und nur selten Leute aufzufinden waren , welche bei vorkommenden Reparaturen in denselben zu steigen wagten. Eine derartige Einfahrt in den Brunnen wurde. dann stets mit großer Feierlichkeit begangen , indem der Festungsgeistliche , sowie der Schullehrer mit der Schulju gend zugegen waren. Nachdem am Rande des Brunnens ein geistliches Lied gesungen worden war, wurde der kühne

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Beſteiger vom Geistlichen eingesegnet und der Gnade des Höchsten empfohlen , worauf er seine unterirdische Wande rung antrat. Bis zu seiner Rückkunft blieb Alles verſam melt. War diese erfolgt, so wurde ein Dankgebet gespro chen und die Feierlichkeit schloß, indem abermals ein geiſt liches Lied abgesungen wurde. Nachdem wir unsern Rundgang beendigt haben ,

um die alte Veste

müssen wir noch der Eigenthümlichkeit

erwähnen, daß fast alle Behörden des Landes auf derselben vertreten sind , wozu die Veranlassung in den vielen An ſtalten und Sammlungen , welche dieselbe zu suchen ist.

in sich birgt,

So finden wir für die Veſte folgende Behörden : 1 ) das Herzogliche Festungs- Commando ; 2) das Herzogliche Bataillons - Commando ; 3) die Herzogliche Schloßhauptmannſchaft ; 4) die Herzogliche Regierung ; 5) das Herzogliche Consistorium; 6) das Herzogliche Justizamt.

Geschichte der Vefte Coburg.

I. Abschnitt. Von Gründung der Veste bis zur Belagerung derselben im Jahre 1632. Der Ursprung der Veste Coburg fällt , wie dies fast bei allen älteren Burgen der Fall ist, in die Zeit der Sa gen zurück und kann daher nicht mit Gewißheit angegeben werden. Viel Wahrscheinlichkeit hat allerdings wohl die Ansicht unseres

Chronisten Hönn , der die Gründung

dieses alten Bergſchloſſes dem Kaiser Karl dem Großen zuschreibt , welcher sich im Jahre 756 in Königshofen in Franken aufhielt und von dort aus mehrere feste Burgen, wie Königsberg und Heldburg , als Gränzveſten von Fran ken anlegen ließ . Vielleicht auch sollte dieſes Schloß als Bollwerk des unter Bonifacius im Jahre 740 hier einge führten Christenthums dienen. Jedenfalls ist die Beste Coburg die Mutter der am

Fuße des Berges gelegenen Stadt gleichen Namens , ſie wird wenigstens früher als diese in den Chroniken und Urkunden erwähnt *) .

*) Hönn sagt darüber : „Nach dem Jahre 800 siedelten sich Be wohner an dem Fuße an, jedoch in einem offenen Orte" ; und wei ter : 1125 bestätigte Adalbertus , Erzbischoff zu Mainz und päbstlicher Legatus , das seiner geistlichen Inspection anvertraute

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Was den Namen Coburg anbelangt , so ist er fränki schen Ursprungs , denn Choburg (wie Coburg früher ge schrieben wurde) bedeutet hohe Burg.

Die alten Franken

haben nämlich den Buchstaben H sehr guttural ausgespro chen und setzten ihm gern ein C voraus ; es war dies auch der Fall bei Coburg ; sie nannten die auf dem Berge er baute Burg nicht Hoheburg , sondern nach ihrem Dialecte Choeburg , woraus zulett Coburg wurde. Nach Karl's des Großen Zeit gehörte diese Burg veste den fränkischen Königen und stand deshalb unter der allgemeinen Aufsicht königlicher Statthalter , die meiſtens den pfalzgräflichen Titel führten , Verwaltung

und denen neben der

der Reichsdomainen zugleich und vorzüglich

die Vertheidigung

der oſtfränkischen Gränzen

gegen die

böhmischen Slaven und deren häufige Einfälle oblag . Im Jahre 990 wurde Ehrenfried , Pfalzgraf zu

Aachen, nach Andern Ezzo von Lothringen, wegen ausge zeichneter Dienste vom Kaiser Otto III. mit den beiden Fürstenthümern Coburg und Saalfeld , als ehemaligen Reichsdomainen, belehnt. Dieser vererbte das Gebiet 1035 an seine Tochter Richza , nach Andern Rixa , welche 1057 alle ihre Güter dem Bischofe Anno von Cöln und dem dortigen Sanct Petersstift unter der Bedingung über trug , daß ihr der Nießbrauch derselben zeitlebens überlas sen bliebe. Die darüber ausgestellte Urkunde ist der allgemeinen

Sanct Peterskloster zu Saalfeld in dem Besiz aller ſeiner Güter, absonderlich des Berges, welcher Coburg genannt wird.“

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Annahme nach die älteste , in welcher der Name Coburg genannt wird. Nach dem am 21. Mai 1063 zu Saalfeld erfolgten Tode Richza's stattete Bischof Anno von Cöln 1074 die Abtei Saalfeld mit jenen hinterlassenen Gütern aus , und ließ Coburg durch Vögte und Pfleger, Vizethuembs, Vice domini, welche auf der Veste residirten, verwalten. Im zwölften und dreizehnten Jahrhunderte wurden die coburgischen Lande unter

mehrere Familien

des hohen

Adels zersplittert, die, als potentes, nobiles, seniores be zeichnet, das Gaugrafenamt verwalteten. Dieses war damals noch nicht erblich, und so kam Co burg nach einander an die Familien Stärker , Wild berg, Schauenberg , Andechs , Meran und Kal benberg und endlich im Jahre 1232 an die Grafen von Henneberg , welche abwechselnd auf Coburg und auf der nahe gelegenen Veste Strauf residirten. Nach dem Tode des Grafen Popo XIV. von Henne berg ( 1291) fiel Stadt und . Veſte Coburg an seine Schwe ster Jutta , welche an den Markgrafen Otto von Bran denburg vermählt war , und nach dem Hinscheiden ihres Gemahls ( 1298) ihre Lebenszeit auf der Beste Coburg be schloß , woselbst seit 1294 Graf Walther von Barby als Statthalter eingeſeht war. Otto's einziger Sohn , Hermann der Lange von hinterließ seine Lande seinen

Brandenburg und Lausitz ,

drei Töchtern , von denen die jüngste , 3utta , wiederum Beste und Pflege Coburg dem Grafen Poppo XV. von Henneberg als Heirathsgut zubrachte.`

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Nach Jutta's Tode fielen nun diese Laude an ihre Tochter Catharina, welche sich mit dem Markgrafen von Meißen, Friedrich den Strengen vermählte ( 1347 ), wo durch Land und Beste Coburg für immer von der Grafschaft Henneberg losgeriſſen wurden und von jener Zeit bis auf den heutigen Tag dem Hause Sachsen verblieben. Nach dem Tode Friedrich des Strengen ( 1374) lebte dessen Witwe mit ihren drei Söhnen , Friedrich (dem Streitbaren) , Wilhelm und Georg , auf der Veste Co burg , hinter deren Mauern ſie oftmals Schuß vor dem fie befehdenden Adel fand . So belagerten 1387 die von Thüngen , von Fuchs , die Gebrüder Bartebos und Antonius von Bibra die Beste , ohne sie jedoch ein nehmen zu können. Hieraus erkannte die kluge Fürstin den großen Werth der Veste und verwendete nach her gestelltem Frieden die Herstellung

ihr zuerkannte Entschädigung zur

und Vergrößerung der Burg ,

welche

ihr

auch in dem Kriege gegen den Bischof von Würzburg, Gerhardt, und andere Edelleute 1395 vortreffliche Dienſte leistete. Ueber den Zustand der damaligen Befestigung iſt je= doch nichts zu ermitteln gewesen , und auch aus der Zeit, als die Hussiten Stadt und Veste bedrohten ,

erfahren

wir hierüber nur, daß Mauern, Zwinger und Graben von Stadt und Schloß in großer Eile und mit vielen Kosten hergestellt wurden.

Wie wir gesehen haben , war Coburg Allodium und durch Heirath an das Haus Sachsen gekommen ; damit es jedoch nicht auf dieselbe Weise wieder aus dem Besiz die

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ses Hauses heraustrete , ließen sich die Söhne Friedrich des Streitbaren, Friedrich der Sanftmüthige und Wil helm der Tapfere, 1441 vom Kaiser förmlich mit Coburg beleihen, wodurch das Allodium in ein Reichslehen ver wandelt wurde.

Beide Brüder regierten bis 1445 gemeinschaftlich ; in dem gedachten Jahre kamen sie überein, ihr Erbe zu theilen. Wilhelm, als der Jüngere, machte die Theile, Friedrich, als der Aeltere, wählte.

Seine Wahl fiel, wie voraus zu

ſehen war, auf das seinen Kurlanden zunächst liegende Mei Ben nebst einem Theile des Osterlandes, Wilhelm dagegen erhielt das Fürstenthum Thüringen, das übrige Oſterland, die Pflege Coburg, sowie alle in Franken liegende Beſigungen. Obgleich Herzog Wilhelm die Theile gemacht hatte, hielt er sich doch für übervortheilt und trat mit aller lei Beschwerden

über unrichtige Abfaffung der Ertrags

anschläge von Seiten seines Bruders

hervor.

In seiner

Ansicht, übervortheilt zu sein , wurde er durch zwei Män ner , die ihm als Räthe zur Seite standen und denen er unbegränztes Vertrauen schenkte, Apel und Busso Viz thum , bestärkt.

Leicht gelang es besonders Apel Viß

thum, einem von der Geschichte als kaltherzig , herrisch, listig, treulos, aber auch als sehr reich bezeichneten Manne, durch allerlei Verläumdungen ſeinen fürstlichen Herrn gegen Kurfürst Friedrich . aufzureizen , wobei er die Hoffnung hegte ,

aus jener Zwietracht Nutzen für sich ziehen zu.

können.

Nach manchen vergeblichen Sühneversuchen brach

im Frühjahr 1447 wirklich der Krieg zwischen beiden Brü dern aus , und eine im September 1447 zu Mühlhausen

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glücklich erlangte Einigung derselben war nur von kurzer Dauer , da die Triebfedern jener Zwietracht, Apel und Busso Bißthum, so großen Einfluß auf den Herzog Wilhelm ausübten , daß derselbe darauf einging , den Bißthums für

die Summe von 42,000

sächsischen Besitzungen in Franken, als

Gulden

die

Coburg , Königs

berg, Hildburghausen , Neustadt a. H., Heldburg , Sonne berg , wiedererkäuflich abzulassen.

Hierzu mochte er wohl

besonders durch den Umstand genöthigt worden sein , daß Apel Bigthum zur Führung des Krieges mit mehreren böhmischen Magnaten einen Hülfs - Vertrag abgeschlossen hatte , wonach diese versprachen , dem Herzog Wilhelm gegen Bezahlung eines beträchtlichen Soldes mit einem Heere von 9000 Mann gegen seinen Bruder Beistand zu leisten. Die Böhmen blieben zwar der angeknüpften Friedensunterhandlungen wegen unthätig , verlangten aber den versprochenen Sold , was Herzog Wilhelm in die größte Verlegenheit brachte, aus welcher er sich durch obige Kaufsumme zu befreien suchte. Der Kaiser Friedrich III. erklärte zwar

den mit

Bißthum abgeschlossenen Vertrag für ungültig , nichts destoweniger blieb derselbe im Besit dieser Aemter und residirte auf der Beste Coburg ; ja es wurde sogar der Vertrag, wonach Coburg und die übrigen Aemter an Biz thum verpfändet worden waren , 1448 erneuert und mit dem Zusage versehen, daß Apel Vißthum, ſo lange nicht der Wiedererkauf um 42,000 Gulden erfolgt sei , auch nach dem Ableben des erlauchten Fürstenpaares in ungestörtem Besit dieser Lande bleiben sollte.

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Unter solchen Umständen konnte der Krieg nicht aus bleiben , welcher unter dem Namen des Bruderkrieges in der Geschichte bekannt ist.

Nach langen Kämpfen folgte

endlich im Jahre 1451 eine dauerhafte Aussöhnung zwi schen den beiden fürstlichen Brüdern ,

und bald darauf

wurden dem Herzog Wilhelm so überzeugende Beweise der Vißthum'ſchen Untreue in die Hände gegeben , daß er sich nicht nur bewogen fand, Vigthum sein Vertrauen ganz zu entziehen und Rechenschaft von ihm zu fordern, sondern auch die unentgeltliche Wiederherausgabe der 1447 verpfändeten Ländereien zu verlangen , worin er vom Kai ſer unterſtügt wurde. Apel Bißthum verweigerte jedoch die Herausgabe, indem er sich auf die in Händen habenden Urkunden ſtüßte ; er sette die Veste Coburg in Vertheidigungszustand

und

suchte sich mit Hülfe von Böhmen und der Städte Coburg, Königsberg und Hildburghausen, die ihm und seinem Bru der Busso treu geblieben waren , in dem Besitz seiner Pfandschaft mit Gewalt zu behaupten. Dies bewog Her zog Wilhelm, die Gebrüder Bißthum für Landesver räther zu erklären und, vereint mit Kurfürst Friedrich, sich der Veste Coburg und der dem Bißthum treu geblie Stadt und Beste Coburg benen Städte zu bemächtigen. wurden von dem vereinigten Heere der fürstlichen Brüder 1451 belagert und durch Hunger die Uebergabe auf Gnade und Ungnade erzwungen.

Groß mag wohl auf keiner Seite

der Verlust bei

dieser Belagerung gewesen sein, da Hönn in seiner Chro mit folgenden Worten angibt :

nik den der Belagerten

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,,Und ward Niemand daselbst als ein gemein Weib und ein armer Mann umbkommen.“ Als Gnadengeschenk gab nun Herzog Wilhelm der Gattin und den Kindern des flüchtig gewordenen Apel Visthum für Veste Coburg und Ländereien die Summe von 6000 Gulden, für deren Bezahlung Graf Georg von Henneberg als Bürge eintrat.

Hiermit waren aber die

1 Gebrüder Vißthum nicht zufrieden gestellt ; sie kannten zu wohl die Wichtigkeit der Veſte Coburg, um nicht wenig ſtens einen Verſuch zu wagen, dieselbe wieder in ihre Ge walt zu bekommen. Zu dem Ende warb Buſſo Vißthum 52 Traban ten in Böhmen an , und beschloß in Gemeinschaft mit ſei nem Bruder die Festung am heiligen Pfingstabend 1452 zu überfallen.

Dieses Unternehmen scheiterte jedoch, da das

Versteck ausgekundschaftet ward und sämmtliche Trabanten noch an jenem Abend gefangen genommen wurden. Erst die Nachkommen Apel und Busse Bißthu m's entsagten im Jahre 1479 ihren Ansprüchen an Coburg , in welchem Jahre sie auch alle von Herzog Wilhelm aus gestellten Schuldverschreibungen zurückgaben. Herzog Wilhelm starb kinderlos und seine Besitzun gen fielen an die Söhne seines Bruders , Ernst und Al bert , welche sich mit Ausnahme von Kursachsen in die übrigen Besitzungen der Art theilten ,

daß der Kurfürst

Ernst die Thüringiſchen Lande in Beſiz nahm. Kurfürst Ernst starb schon 1486 und seine Erben und Nachkommen ,

Kurfürst

Friedrich der Weise und

deffen Bruder Johann der Beständige , übertrugen die

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Verwaltung Coburg's , wie schon früher geschehen , soge nannten Pflegern , welche auf

der Veste wohnten ,

de

ren Wirkungskreis sich aber nur auf die oberste Leitung der Justizpflege und des Finanzwesens beschränkte , und zwar zuerst dem Grafen Ernst von Hohenstein , Herrn zu Lahr. Im Jahre 1500 äscherte eine Feuersbrunſt einen Theil der Veste ein, namentlich brannte das obere Stockwerk des sogenannten Fürſtenbaues (die eigentliche Reſidenz) ab ; auch mag in jener Zeit die berühmte Petri - Paul - Wallfahrts Capelle mit zu Grunde gegangen sein.

Ein und zwanzig Jahre später wurde im vorgenann= ten Fürstenbau des Herzogs Johann Gemahlin , Mar garetha von Anhalt, von einem Prinzen , dem nachmali gen Herzog Johann Ernst, entbunden. Es war der erste Fürst, der auf der Veste geboren war, und der Lezte, der dort residirte. Wichtige Dienste leistete die Beste Coburg dem Lande zur Zeit des 1525 unter Thomas Münzer in Franken und Thüringen ausgebrochenen Bauernkrieges , indem sie den Hülfesuchenden Schuß gewährte , als gegen 14,000 Bauern in das Land einfielen , raubten und sengten und endlich versuchten , die Burg mit ihren Schäßen in ihre Gewalt zu bekommen. Kurfürst Johann eilte jedoch mit Entsaz =- Heere

der

hart

bedrängten

einem

Veste

zu

starken Hülfe,

zerstreute die Bauernhaufen und befreite die coburger Ritterschaft , welche Schuß hinter den Festungsmauern ge sucht und gefunden hatte.

32 Eben so muthig wie in der Schlacht trat Kurfürst Johann 1529 auf dem Reichstage zu Speyer auf , wo er die Lehre Luther's kühn vertheidigte, und brachte im nächsten Jahre, als er zum Reichstag nach Augsburg zog, Luther zuvor in Sicherheit, indem er ihm die Festung Coburg als Wohnsiz anwies. Hier lebte Luther mit seinem Famulus Dietrich und seinem treuen Diener Cyriacus sechs Monate lang, vom April bis October 1530 , und bewohnte den obern Stock des Fürstenbaues.

Von Coburg aus war er den Verhandlungen in Augs burg nahe genug, um auf dieselben Einfluß üben zu können. Durch seine kräftigen Trostbriefe erhielt er die Streiter des Glaubens in Augsburg aufrecht und nächſtdem fand er hier Muße zu vielen werthvollen Arbeiten. Außer 119 Briefen , welche er von der Festung aus schrieb, überseßte er hier unter Anderm die Propheten Je remias und Ezechiel, ferner die sogenannten kleinen Pro pheten ; er erläuterte und überſeßte eine große Anzahl Pfal men , unter denen wir auch das schöne Confitemini , wie Luther selbst seine Auslegung des 118. Psalms nannte, und welches er dem Kurfürsten Johann nach Augsburg sendete, um ihn im Glauben zu stärken , nicht unerwähnt laſſen dürfen.

Zu jener Zeit dichtete er auch das bekannte

Lied: ,,Eine feste Burg ist unser Gott", welches er häufig sang, indem er sich mit der Laute begleitete. Um seinen Aufenthaltsort durch seine Correſpondenzen mit Freunden und Anhängern nicht zu verrathen , datirte er damals seine Briefe ,,aus der Wüste “, oder schrieb den

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Ort rückwärts ,, Gruboc", auch nannte er die Burg „den Berg Sinai " und scherzweise, der Menge Vögel wegen, die seine Wohnung umschwärmten ,,,das Reich der Vögel und Dohlen“, und verglich diese dann wieder mit dem Reichstage zu Augsburg. Leider ward Luther's große Thätigkeit auf der Veſte häufig durch körperliche Leiden unterbrochen ; denn er litt nicht nur an einer Verlegung des Fußes , welche er sich auf seiner Herreise von Torgau zugezogen hatte, sondern hauptsächlich an Ohrenſauſen und Halsbeschwerden, welche Leiden , verbunden mit dem stets auf der Veste herrschen den starken Winde , so heftig auf seine schon aufgeregte Phantasie einwirkten , daß er häufig mit dem Teufel zu ringen glaubte, von dem er in einem Briefe an Melanch thon schreibt, er laſſe ihn auch hier nicht in Ruhe, treibe ihn aus seiner Schlafkammer , daß er gezwungen werde, unter die Leute zu gehen, und als jene Leiden, anstatt_ab zunehmen , sich immer mehr steigerten, dachte er so ernst lich an seinen Tod , daß er an Justus Jonas schrieb : Satis vixi et feci.

Veniat hora mea, quando illi visum

fuerit , quem et ego videre gestio , prodigum vitae et sanguinis pro peccatore Luthero (zu deutsch : Ich habe genug gelebt und gewirkt.

Möge jezt meine lezte Stunde

kommen, wenn es Dem gefällig ist, den auch ich zu schauen verlange, und der sein Blut und Leben auch für den fün digen Luther dahingegeben hat) .

Endlich

von seinen

Leiden wieder hergestellt , empfing er theils auf der Veſte Besuche seiner Vertrauten und Freunde, z. B. des Herzogs Franz

von Lüneburg

und des Kurprinzen

Johann 3

34 Friedrich ), theils besuchte er von da aus neue Bekannt ſchaften, u. A. den Ritter von Sternberg , bei welchem er sich durch Bogenschießen zerstreute. Seinem Feuergeiſte währte aber diese Verborgenheit, in welcher er leben mußte , da der Reichstag in Augsburg kein Ende nehmen wollte, zu lange ; innig wünschte er aus ſeiner Verborgenheit hervortreten zu dürfen , obgleich Kur fürst Johann Alles that , Luther seinen Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen, und ihn an nichts Man gel leiden ließ, wie schon der Befehl zeigt, „ dem Dr. Lu ther 24 Simmern Malz zu einem Gebräude Bier, wenn er deſſen bedürftig, zu geben“. Endlich schlug für Luther die so lange erwünſchte Stunde der Erlösung, als sein fürstlicher Freund und Be schüßer mit seinem Reisegefolge, Melanchthon, Jonas, Spalatin , Agricola u. A., am 3. October wieder in Coburg eintraf, worauf Luther am 6. October die Beste verließ , um sich zu den Seinigen nach Wittenberg zu be geben.

Noch in späteren Jahren erinnerte er sich gern an

seinen Aufenthalt in Coburg und verglich dann scherzweise die Veste mit einem guten Stück Rindfleisch in Peterſilien brühe. Im Jahre 1532 folgte dem Kurfürsten Johann dem

*). Vom Kurprinzen Johann Friedrich erhielt Luther damals ei nen Ring , welchen sein Großenkel , der wurzener Stiftsrath Jo hann Melchior Luther, dem Kurfürsten Johann Georg I. 1652 zum Geschenk machte , welcher ihn 1656 mit in den Sarg nahm. Der Dom zu Freiberg umschließt seit 200 Jahren diese Erinnerung an Luther's Aufenthalt in Coburg.

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Beständigen sein Sohn, Johann der Großmüthige , in der Kurwürde, und dieser trat im Jahre 1541 seinem Bru der Johann Ernst das Coburger Land ab . Der Herzog Johann Ernst wählte anfänglich die Veste zu seiner Residenz und

verwandte die

im Thei

lungsvertrage erhalteneu 14000 Gulden zur baulichen In ſtandſeßung derselben. Die Beschwerlichkeiten, welche das Wohnen auf der Beſte mit sich führte , veranlaßten den Herzog sehr bald zu dem Entschluß , sich einen andern, bequemern Wohnsig zu bauen und ſeine Resibenz von der Veste nach der Stadt zu verlegen.

Zwar billigte sein Bruder , Kurfürst Jo

hann , jenen Entschluß durchaus nicht *) , indem er die Besorgniß aussprach, „dieser Bau werde später Veranlas= fung zu Ausgaben sein , welche die Kräfte seines Bruders überſtiegen“ ;

nichtsdestoweniger

begann

dieser doch den

Bau eines neuen Schlosses in Coburg im Jahre 1543, voll endete diesen im Jahre 1549 und verlegte seine Residenz

*) Wir erlauben uns hier, einen Auszug aus dem Briefe des Kurfür ten Johann Friedrich an seinen Bruder , den Herzog I o haun Trust , vom Jahre 1543 mitzutheilen , worin dieser die Gründe , warum er jenen Bau nicht wünſchte , anführt. Sie lauten : „Die Veste Coburg werde ihre Achtung verlieren, die Grafen von Henneberg und nach ihnen die Herzöge von Sachsen hätten jederzeit ihr fürstlich Wesen und Hofhaltung daſelbſt gehabt, die neue Residenz würde viel Geld kosten , und wenn fremde Fürsten und , Grafen nach Coburg kämen und daselbst über nachteten, würde der erzog sie bei sich zu Gaste behalten oder we nigstens das Geschnack in die Herberge bringen lassen, was aber nicht nöthig wäre, wenn der Herzog auf der Veste wohnte." 3*

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von der Festung in das neu erbaute Schloß, welches durch Kaiser Karl V. den Namen „ Ehrenburg " erhielt *). Der Religionszwist, welcher im Jahre 1546 zum of fenen Kriege führte, ganz besonders aber die gefährliche Nachbarschaft des Markgrafen Albrecht von Bayreuth, der damals mit dem Kaiser einen Subſidienvertrag gegen die Protestanten abgeschlossen hatte , in der Hoffnung, da durch Veste und Pflege Coburg zu erwerben **) , veran laßte Herzog Johann Ernſt im Jahre 1547 , die Beſa hung der Festung durch zwei vom Grimmenſtein bei Gotha geschickte Fähnlein zu verstärken und die Aufsicht über die Veste Georg von Heßberg ,

Dietrich von

mannsdorf, von Marschalk , den

Erd

Gebrüdern von

Matthäus von Wallenrod anzu vertrauen, wobei er zugleich verordnete , daß ſowohl die

Heldritt und

Festungswerke als auch die Befestigung um die Stadt_aus Um dieſes auszuführen, gebessert und verstärkt würden. wurden aus Stadt und Gericht Neustadt 350 Mann, aus Sonneberg und Rodach 650 Mann, aus Heldburg, Hild burghausen und Ummerstadt 1196 Mann und aus Eisfeld, Schalkau, Neuhaus und Lauter einige hundert Mann auf geboten, ſo daß Markgraf Albrecht durch diese ernſten Vertheidigungsanstalten bewogen wurde, von seinem Vor haben abzustehen. *) Das Geld zu diesem Baue wurde im Jahre 1543 von den Lands ftänden durch Verwilligung einer Tranksteuer, des zehnten Pfennigs. vom Getränke, verwilligt. **) Stadt und Schloß Königsberg in Franken hatte er bereits er: obert.

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Nach dem Tode des Herzogs Johann Ernst im I. 1553 und dessen Brüders Johann Friedrich des Groß müthigen im 3. 1554 fielen die sächsischen Lande , da er sterer kinderlos gestorben war, an die drei Söhne des lez teren, an Johann Friedrich den Mittleren , Johann. Wilhelm und Johann Friedrich den Jüngeren, welche nach dem Testamente ihres Vaters gemeinschaftlich regie ren und

in gleicher Weise wie auf dem Grimmenſtein

auch auf der Festung Coburg einen gemeinschaftlichen Com mandanten ernennen sollten , deſſen Inſtruction dahin lau tete, zwar allen von den drei fürstlichen Brüdern gegebe nen Befehlen auf das Strengste nachzukommen , um jedoch Argwohn zu vermeiden, keinem seiner Söhne allein, ohne Begleitung der anderen , den Eintritt in die Festung wie wie von jezt an die Veste genannt wurde, zu gestatten. Die fürstlichen Brüder überzeugten sich bald von der großen Schwierigkeit, welche eine gemeinschaftliche Regie rung mit sich führen mußte ; sie faßten deshalb im Jahre 1557 den Entschluß , daß der älteste die Regierung allein übernehmen und sich mit den anderen abfinden sollte ; je doch schon im I. 1564 kündigten die jüngeren Brüder, da sie mit der Regierung Johann Friedrich's unzufrieden waren, demselben die alleinige Regierung auf.

Mittler

weile starb der jüngste Bruder, Johann Friedrich der Jüngere, und Coburg und Veste kamen durch die soge nannte Mutſchirung an Herzog Wilhelm. Leicht hätte unter seiner Regierung im Jahre " 1567 die Festung zerstört werden können , indem in kurzer Zeit

zweimal der Blig in die Nähe der Zeugkammer, in wel

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cher das Pulver aufbewahrt wurde , Mal sogar den

Deckel

einschlug , das eine

einer Pulvertonne zertrümmerte,

ohne jedoch zu zünden * ). Da Herzog Johann Wilhelm keine Leibeserben

hatte, so wurde die Nachfolge ** ) in seine Lande noch bei seinen Lebzeiten, im Jahre 1570, durch den Reichstagsab schied von Speyer den beiden unmündigen Kindern, Jo hann Casimir und Johann Ernst , seines in Gefan genschaft

des

Kaisers

befindlichen

Bruders , Johann

Friedrich des Mittleren ***) zugesichert, über welche sich Kurfürst August

von Sachsen gegen den Willen ihres

unglücklichen Vaters die Vormundschaft anmaßte. Diese Vormundschaft war höchst unvortheilhaft für die Ernestinische Linie, da unter derselben nicht nur meh rere Besizungen dieser Linie an die Albertinische Linie ka 1 men †) , sondern auch bewegliches Eigenthum entführt wurde, wie denn z. B. im Jahre 1582 auf Befehl des Kurfürsten 60 Stück grobes Geschüß mit Munition nebst 448 Pechkränzen, von 400 Pferden gezogen, von der Co

*) Im J. 1851 wurden auf allen Gebäuden der Festung Blizableiter angebracht, nachdem abermals der Bliz eingeschlagen hatte , und zwar diesmal in den Fürſtenbau, jedoch ebenfalls ohne zu zünden. **) Erst im Jahre 1572 erhielt die Pflege Coburg die Eigenſchaft eines selbstständigen Fürstenthums mit eigenem Reichsvoto, als die herzog lich Ernestinischen Lande zwischen Herzog Johann Wilhelm und den unmündigen Kindern seines geächteten Bruders in die Weimarische und Coburgische Portion getheilt wurden. ***) Herzog Johann Friedrich der Mittlere starb den 9. Mai 1595 nach 28jähriger Gefangenschaft in Wieneriſch-Neustadt. Die Grafschaft Henneberg.

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burger Festung nach Leipzig abgeführt wurden, um niemals wieder zurückzukommen . Nachdem die beiden Herzöge nach dem Tode des Kur fürsten August endlich im Jahre 1586 zur Regierung ge langt waren und im Jahre 1596 eine Theilung ihrer Erb schaft vorgenommen hatten, übernahm Herzog Johann Ca fimir die Regierung von Coburg. Durch weise Einrichtungen war dieser Fürst besorgt, den gesunkenen Zuſtand ſeines Landes * zu heben, auch er kannte er sehr bald die Wichtigkeit, welche die Festung für die Sicherheit seines Landes hatte.

Mit großen Opfern

stellte er daher die verfallenen Mauern her und verstärkte die Festung durch gut angelegte Neubauten, so daß dieſelbe ihr Fortbestehen bis auf den heutigen Tag seiner Fürsorge verdankt. Von seiner Regierung an finden wir geregelte In ventarien und streng abgehaltene Inventuren ; er erließ am 25. Mai 1603 einen Articulsbrief (Kriegsartikel), welcher 32 Paragraphen nebst einer Instruction über das Verhal ten der Festungswache, bestehend in 8 Paragraphen , um faßte, worauf er die Garnison auf drei Jahre verpflichtete. Schon früher war zwar unter seinem Oheim, Jo hann Wilhelm dem Jüngeren, im Jahre 1569 ein Ar ticulsbrief erschienen, auf welchem dieser seinem Hauptmann Jobst von Wizleben die Coburger Festungsgarnison zu verpflichten ,

und den er ihr

allvierteljährlich vorzulesen

und einzuschärfen befahl; doch mochte dieser Articulsbrief in Vergessenheit gerathen sein oder ungenügend erscheinen,' so daß ein neuer nothwendig ward.

40

Der Eintritt in die Festung wurde nur auf gedruckte Einlaßkarten ,

welche

eigenhändig vom Herzog Johann

Casimir oder bei seiner Abwesenheit vom Hofmarschall oder Kanzler unterschrieben sein mußten , gestattet *) und der Dienst in der Festung, dem harten Articulsbriefe ge= mäß, mit einer früher nie gekannten Strenge aufrecht er halten, wozu wohl die Bewachung der Herzogin Anna, geschiedenen Gemahlin des Herzogs, die nächste Veranlaſ sung gegeben haben mag. Diese unglückliche Fürstin , eine geborene Prinzeſſin aus dem Hauſe Kursachsen , wurde im Jahre 1593 von dem Herzoge Johann Casimir wegen der ihr zur Laſt gelegten Untreue geschieden, zu lebenslänglicher Gefangen schaft verurtheilt und in Folge des ergangenen Urtheils spruches gefesselt von Coburg nach Eisenach gebracht.

Da

aber dieses Verfahren große Mißſtimmung an den fürſtli chen Höfen erregte und Eisenach den Blicken der Welt zu sehr ausgesezt war, so zog man vor, die Fürstin auf das in der Nähe von Coburg gelegene befestigte Schloß Callen berg und später, im Jahre 1596 , in das Kloster Sonne feld in sichere Verwahrung zu bringen.

Hier blieb die

*) Bis zum Tode des Obersten von Brandenstein , im Jahre 1804, wurde die Sitte , nur gegen einen schriftlichen Erlaubniß schein des Commandanten die Festung betreten zu dürfen , bei behalten. Mit Brandenstein's Tode hörte auch die Einrich tung auf, daß vor Dunkelwerden ein Tambour um die Festung das Spiel rühren mußte, um ihren Bewohnern ein Zeichen zu geben, sich wieder auf der Veste einzustellen. Wer eine Viertelſtunde nach be endigtem Schlagen sich nicht eingefunden hatte, blieb ausgeschloffen.

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Herzogin, bis die Befreiungsversuche , von

welche

ein Herr

Rußwurm auf Anregung des Kurfürsten Chri

stian II. von Sachsen unternahm, den Herzog Casimir veranlaßten , die Herzogin im Jahre 1603 von Sonnefeld nach der Coburger Beste abzuführen und sie dort unter strenge Aufsicht zu stellen.

Trotz aller Strenge gelang es

ihr aber doch, durch Vermittelung des Festungswachmeisters Nicolaus Zoller die Bekanntschaft des coburger Kam merrathes Zech zu machen, welcher wegen Verlegung ſei ner Dienstpflicht und ehrenrühriger Aeußerungen über fürst liche Personen gleichzeitig in der Beste gefangen gehalten wurde, und diesen zu bewegen, im Einverständniß mit dem Erzherzog Maximilian von Oesterreich an ihrer Be freiung zu arbeiten. Die dahin zielenden Verhandlungen wurden dem Her zoge verrathen, und dieſer ließ, nachdem, die Sache gründ lich untersucht worden war , die Herzogin in noch engeren Gewahrsam bringen *) , Zech mit lebenslänglicher Gefan genschaft bedrohen, den Festungswachtmeister Zoller aber am 8. September 1603 mit dem Schwerte hinrichten und seinen Kopf an einem langen Spieß auf einer Baſtei der Festung nach der Stadt zu aufspießen . Ein Blech mit den Worten : „ Claus Zöller hat seinen Ahd und Articulsbrief gebrochen" , welches 'am Kopfe befestigt wurde , zeigte die Ursache der Hinrichtung an. Ebenso

wenig

wie

die Herzogin Anna in

ihren.

Fluchtversuchen glücklich gewesen war , hatten ihre späteren

*) Man nennt den blauen Thurm als den Ort ihres Gefängnisses.

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Bitten Erfolg , ja sogar das Gnadengeſuch ,

welches sie

unter vielen Thränen mit eigenen Haaren in ihr Taſchen tuch eingestickt und ihrem geschiedenen Gemahl in den Wagen geworfen hatte , als er mit seiner zweiten Gemahlin, einer Prinzessin von Braunschweig und Lüneburg , die Veste be suchte, war fruchtlos . Der Herzog blieb ungerührt und ließ vielmehr eine Spottmünze prägen, welche auf der einen Seite ihn in den Armen seiner zweiten Gemahlin , auf der anderen Seite die Herzogin

Anna

im

klöſterlichen Gewande

darstellt

und die Unterschriften trägt :

,,Wie küssen sich die Zwei so fein !" ,,Wer küßt Mich, armes Nönnelein ?" Nach zwanzigjähriger harter Gefangenschaft ſtarb end lich die unglückliche Herzogin im Jahre 1613 auf der Veſte und wurde in der Kirche zu Sonnefeld beigefeßt , woselbst ein denkwürdiger Grabstein ihre Asche bedeckt. Auch Zech starb im Gefängniß. Abgesehen von der Härte , mit welcher Herzog Cafi mir gegen seine eigene Gemahlin , sowie gegen Diener verfuhr , hatten ,

welche nach seiner Ansicht . ihre Pflicht verletzt war die Regierung dieses Fürsten segensreich für

sein Land und auch wichtig für die Festung.

Er erkannte,

wie er in einem Briefe an den Obersten von Sellwig selbst sagt, daß die Festung bei dem herannahenden Ge witterſturme (dem dreißigjährigen Kriege) zur allgemeinen Landesvertheidigung und zur Wohlfahrt seiner Unterthanen

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dienen könne, und war daher, wie schon erwähnt worden iſt, auf eine Verstärkung der Werke wohl bedacht. Im Jahre 1614 ließ er durch Gideon Bachers, fürstlich bayerischen, coburgischen, auch culmbachischen Bau meiſter, die neue Baſtei unter Aufsicht des Obristen von Fuchs erbauen und wahrscheinlich auch gleichzeitig einen Theil der äußeren Ringmauer aufführen und übertrug im folgenden Jahre dem Obristen von Luccan die Oberlei tung des ferneren Baues , welcher die Hohe-, die Bären und Sternbastei mit inbegriff.

Um die Kosten des Baues

zu decken, berief der fürstliche Bauherr im Jahre 1625 sämmtliche coburgische´und thüringische Landstände und er hielt von ihnen die Verwilligung von 60000 Gulden, von welchen 20000 Gulden sofort zur Reparatur der Festung verwendet, die übrigen 40000 Gulden als Vorrath bei der Landkasse aufbewahrt werden sollten.

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II. Abschnitt. Die Zeit des dreißigjährigen Krieges. Wie weise diese Maßregeln Johann Casimir's in Betreff der Festung waren, wie richtig er alle Verhältniſſe erwogen hatte, sollte sich in kurzer Zeit kund geben. Zwar blieb Coburg von den Drangſalen des im Jahre 1618 be gonnenen dreißigjährigen Krieges längere Zeit verschont, da Herzog Johann Casimir und sein Bruder , Herzog Johann Ernst von Eisenach, sich troz wiederholter Auf forderung nicht entschließen konnten, der evangelischen Union beizutreten ; als jedoch Kurfürst Iohann Georg von Sach fen im Jahre 1631 in Leipzig einen allgemeinen Fürſten congreß abhielt ,

um die

noch neutralen proteſtantiſchen

Fürſten zum Anschluß an Schweden zu veranlaſſen, erſchien Herzog Casimir

auch daselbſt mit einem Gefolge von

94 Personen und 49 Pferden und schloß sich den verein ten Fürsten an. Von diesem Augenblicke an wurde Coburg ,

dessen

Neutralität von den Kaiserlichen in Folge eines vom Kaiser Ferdinand ertheilten Schußbriefes geachtet worden war, als Feindesland behandelt , und als Wallenstein nach seiner vergeblichen Belagerung von Nürnberg am 13. Sep tember' 1632 von dort aufbrach, um sich nach Sachsen zu wenden und dadurch den Kurfürsten Johann

Georg

zum Abfall vom schwedischen Bündnisse zu bewegen ,

be

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schloß er, zuvor den sächsischen Herzögen eine Lection zu geben, indem er sich im Vorbeigehen der Stadt und Fe ſtung Coburg zu bemeistern suchte. Herzog Bernhard von Weimar hatte jedoch die Ge fahr, welche Coburg drohte , rechtzeitig erkannt und war, da in die Coburger Veste der fürstliche Schaß, das Sil ber, sowie die werthvollsten Habfeligkeiten der Einwohner geflüchtet worden waren, um so eher bewogen worden, die schwache Besatzung

durch sieben Compagnien Dragoner, à 50 Mann, und 200 Musketiere unter dem schwedischen

Oberst Taubadel zu verstärken. Diese Verstärkung traf am 23. September in Coburg ein und erhöhte die Festungsgarniſon auf 800 Mann.

Wie zeitgerecht diese Maßregel gewesen war , zeigte schon der folgende Tag ,

an welchem der Kurfürst von

Bayern und Wallenstein von Forchheim nach Bamberg rückten, von wo aus fie 8000 Mann nach Coburg entfen deten, welche dort am 27. September eintrafen und bei Ketschendorf *) lagerten. Sobald man von der Festung aus die Annäherung des Feindes bemerkte ,

sette Oberst Taubadel die Stadt

durch zwei Kanonenschüsse ( die schwedische Losung) davon in Kenntniß , ließ

eine

Compagnie Dragoner und zwei

Bürgercompagnien unter Befehl eines Capitains zur Be sehung der vier Hauptthore in der Stadt und zog sich mit

*) 1500 Schritte südlich von Coburg, auf der Straße nach Lichtenfels, gelegen.

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dem Ueberrest feiner Truppen und dem Ausschuß (Miliz) von Sonnefeld und Neustadt nach der Veste zurück. Wallenstein schlug sein Hauptquartier in Ketschen dorf auf, von wo aus er am 28. September Stadt und Veste durch

einen Trompeter zur Uebergabe

auffordern

ließ. Da dieser Trompeter jedoch zugleich mit einem Trupp Croaten vor der Stadt erschien, so wurde von der Thor besatzung Feuer auf ihn gegeben , ter Sache wieder

weshalb er unverrichte

abziehen mußte.

Nun ließ Wallen

stein Stadt und Ehrenburg vom Galgenberge, jedoch ohne Erfolg, beschießen, endlich aber nochmals durch einen Trom peter zur Uebergabe auffordern , der diesmal mit verbun denen Augen in die Stadt gelaſſen und vor den verſam melten Rath geführt wurde. Hier verlangte er im Namen des Herzogs von Friedland nichts Geringeres , als Ueber gabe der Stadt und Veste , sowie Zahlung einer anſehn lichen Contribution, wogegen der Besaßung, mit Ausnahme der Dragoner, freies Geleite zugesichert ward . Der auf diese Weise hart bedrängte Rath der Stadt bat um 24 Stunden Bedenkzeit , um einen Abgeordneten an den abwesenden Landesfürsten

abschicken zu können.

Wallenstein bestand indeß auf sofortige Uebergabe und beauftragte zu diesem Zwecke den Obristen Becker , den desfallsigen Accord mit dem Rathe der Stadt zum Ab= schluß zu bringen. Städtischer Seits beschloß man, abermals eine Depu tation mit neuen Vermittelungsvorschlägen an den gefürch teten Gegner zu entfenden ; aber bevor dies bewerkstelligt

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war, hatten die Kaiserlichen durch List oder Verrath be reits Beſit vom Spitalthore genommen und dadurch wei tere Unterhandlungen unnöthig gemacht. Taubadel versuchte zwar , durch mehrere Ausfälle von der Festung aus den Feind aus der Stadt wieder zu vertreiben, aber er erreichte nur ,

daß seine noch in der

Stadt befindlichen Truppen sich nach der Festung mit gerin gem Verluste zurückziehen konnten , und ließ hierauf die Brücken abbrechen, so daß man nur mittelst Leitern in die Festung gelangen konnte. Inzwischen wurde die Stadt von den Kaiserlichen völ lig in Besitz

genommen und

alle daselbst

nen Vorräthe mit Beschlag belegt.

aufgefunde

Der geängstigte Ma

gistrat entsandte jezt eine Deputation von zehn . Perſo nen nach Ketschendorf , um Wallenstein zur Milde zu bewegen. Die Deputirten mußten vorerst im Quartier des Feld marschalls Grafen Aldringer mehrere Stunden warten, währenddem , wahrscheinlich um zu imponiren , die ganze Armee zu Fuß und zu Pferd bei ihnen vorübermarschirte, wobei die Herren entdeckt haben wollen, daß einzelne Com pagnien wohl viermal bei ihnen vorüberzogen.

Endlich

wurden sie zu dem gefürchteten Herzog von Friedland ge-. rufen, welcher ſie, auf einem Feldbette liegend, mit harten Worten empfing.

Zuvörderſt nannte er sie Rebellen, weil

aus der Stadt nach seinem Trompeter geschossen worden wäre , dann verlangte er , sie sollten sich sofort auf die Veſte verfügen und Veranſtaltung treffen , verzüglich übergeben werde.

daß diese un

Drohend fügte

er hinzu :

48

"wenn solches nicht geschähe, so sollten sie vor der Beste niedergeschossen , auch die Bürgerschaft in der Stadt nie dergehauen und , da er die Veste durch Sturm erobern werde, der Kerl (mit diesem Ausdrucke bezeichnete er den Festungscommandanten) , so da oben läge, nebst den Sol daten gehenkt werden. "

Als hierauf der Deputirte, Kanz

ler Drach , bat , Gnade ergehen zu lassen ,

unterbrach

ihn Wallenstein mit der Drohung, daß, wenn die Ab geordneten nicht sofort weggingen , er sie hier aufhängen lassen würde. Die Deputirten traten nun den Weg nach der Fe stung an und wurden dabei nochmals vom General Al dringer ermahnt, dem Befehle des Herzogs von Fried land pünktlich nachzukommen ; „ denn“ , seßte er wohlwollend hinzu,

wenn die Festung nicht am folgenden Tage über

geben ist, so wird nicht allein die Stadt, sondern auch das ganze Land mit Feuer und Schwert verwüstet werden und" - indem er mit einem Stock einen Zirkel beschrieb --„hier sollt Ihr Alle hängen." Es half den geängstigten Rathsherren nichts , daß ſie anführten , sie hätten mit der Veste nichts zu schaffen ; ſie wurden mit einem Tambour, welcher sie beim Festungs commandanten anmelden sollte ,

den Festungsberg

hinan

geschickt. Taubadel äußerte, als ihm die Ankunft der Depu tirten gemeldet wurde : "er habe zwar mit Stadt- und Landräthen nichts zu thun, doch möchten sie kommen und sich ihres Auftrages entledigen. " Nachdem dies geschehen, antwortete er ihnen : "Se. Majestät der König von Schwe

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„den habe ihm die Festung anbefohlen , und er würde sie „nicht übergeben, so lange er eine Ader im Leibe habe. "Die Deputirten ,

die ihm so etwas zumuthen könnten,

„müſſe er für verdächtig halten ; sie möchten deshalb_ma chen, daß sie fortkämen, sonst werde er Feuer auf sie ge "ben lassen." Dieſen blieb nun keine andere Wahl , als den Rück weg nach der Stadt anzutreten ; sobald dies aber von feind licher Seite aus bemerkt wurde, wollte man sie daran vér hindern, indem man gegen sie Musketenfeuer eröffnete. Die friedliebenden Rathsherren befanden sich so in einer nicht wenig lebensgefährlichen Lage.

Taubadel

drohte , auf

fie schießen zu lassen , wenn sie sich nicht von der Festung entfernten , und als sie dies thaten , wurden sie durch die kaiserlichen Musketenkugeln, die ihre Köpfe umflogen, nicht wenig geängstigt. Ein Entschluß mußte gefaßt werden.

Sie wandten

sich von Neuem nach der Festung und flehten hier um Aufnahme , welche ihnen endlich gewährt wurde.

Auf ei

ner Leiter von 40 Sprossen mußten sie in den Festungs graben steigen , um dann durch ein Ausfallspförtchen in die Festung selbst zu gelangen. Aus Rache über diesen mißglückten Versuch, die Veste zur Uebergabe zu bewegen , zündeten die Kaiserlichen auf des Generals Aldringer Befehl Dörfer

und

Städte

der Umgegend an. Am 29. September begann Wallenstein den An griff auf die Festung , indem er sich des derselben nahe gelegenen Hügels , des "Fürwißes" , bemächtigte , daselbst

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eine Mörserbatterie anlegte und sodann mit Laufgräben und Minen gegen die Schindelbastei vorging . Das Feuer that jedoch der Festung keinen erheblichen Schaden, und Minen wie Approchen wurden durch Ausfälle zerstört. Ebenso wenig konnte eine auf dem Rögnersberge (1500 Schritt füdöstlich von der Festung ) errichtete Redoute nachtheilig auf die Vertheidigung einwirken. Das Feuer der Festung war den Belagerern überlegen und man schoß so sicher, daß u. A. der Constabler Conrad Rüger Wallenstein , als derselbe am 30. vom Glocken berge (südlich der Festung) aus die Festung recognoscirte, fast durch einen Schuß mit einer Feldschlange tödtete ; denn er hatte dabei so gut gezielt , daß die Kugel unmittelbar vor dem Pferde des Herzogs von Friedland in den Boden ſchlug und Roß und Reiter mit Erde beschüttete. Rüger erzählt in seinem Tagebuche , welchem meh rere Details dieser Erzählung entnommen sind , Wallen stein habe bei dieſer Gelegenheit gesagt : „Wart', Beſtie, wenn ich dich kriege, lass' ich dich hängen" ; und fügt dann weiter hinzu :

"Das war aber das Beste ,

daß

er sie

nicht hatte. "

An demselben Tage, am 30., forderte Wallenstein die Festung abermals zur Uebergabe auf , indem er im Verweigerungsfalle Alles mit Feuer und Schwert vernich ten wolle. Doch auch diese Drohung machte auf Taub a del keinen Eindruck; er antwortete wie früher : „ Der Her zog von Friedland solle thun, was er nicht lassen könne, er habe für denselben nichts als Kraut und Loth und die

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Spitze seines Degens und, wenn er die haben wolle, ſolle er nur kommen. “ In der Nacht vom 30. September zum 1. October suchten die Belagerer unter dem Schuße der Dunkelheit an die Mauer der neuen Bastei zu kommen ; ihr Vorhaben wurde jedoch rechtzeitig bemerkt und sie mit Handgranaten und Sturmtöpfen vertrieben. Wallenstein , der wohl seinerseits die Beste nicht mit allzu großem Verluste er kaufen wollte , wiederholte täglich seine Aufforderung zur Uebergabe , indem er Deputationen

der Bürger an den

Commandanten schickte, welcher sich jedoch in keine weitern Unterhandlungen einließ und auf die Deputationen zu schie Ben drohte. Die Garnison befand sich jedoch keineswegs in einer günstigen Lage.

Die Festung war schlecht verproviantirt und

beſonders empfindlich war der Mangel an Waſſer, da das im

großen Ziehbrunnen durch den unglücklichen Umstand, daß ein Hund hineingefallen , fast ungenießbar geworden. war. An Fourage fehlte es ebenfalls und Taubadel sah sich schon am 29. September genöthigt, 26 Pferde er ſchießen zu laſſen , die er , damit der Feind keine Kenntniß von diesem Umstande erlange , in einen Schwibbogen der Bärenbastei schleppen und mit Dünger zudecken ließ. Um sich aus der Verlegenheit , worin ihn die schlechte Berproviantirung gesetzt hatte , zu ziehen, machte Tauba del mehrere Ausfälle, die er jedesmal von der Festung ge hörig unterstützte und bei denen er , vom Glück begünstigt, zugleich den Belagerern empfindlichen Verlust beibrachte. Bei einem solchen Ausfalle von 200 Pferden nach 4*

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Ketschendorf zu gelang es ihm , 200 Stück Hammel weg zunehmen , welche in den trockenen Festungsgraben getrie ben wurden und wenigstens vor der Hand dem Mangel an Fleisch abhalfen. Bei diesen Ausfällen wurden jedes mal, nach damaliger Sitte, die Standarten der Dragoner auf den Wällen geschwungen und das Spiel gerührt. Sehr beschwerlich für die Festungs - Garnison

waren

die am nordwestlichen Walle gelegenen Scheuern , da von da aus die auf dem Walle befindlichen Schüßen verwun det und getödtet wurden ; doch wollte es weder gelingen, sie zu nehmen , noch sie in Brand zu stecken.

Bei einem

Ausfalle , der die Zerstörung dieser Scheuern zum Zweck hatte, gelang es dagegen, zwei Gefangene zu machen , von denen der eine aussagte , daß am folgenden Tage ein gro ßer Sturm auf die Festung beabsichtigt ſei.

Dieser traf

daher die Belagerten nicht unvorbereitet , denn nach Con rad Rüger's Tagebuch ließ Taubadel „streckige Weh ren" im Graben verfertigen , Abschnitte machen , und er wartete so getrost den feindlichen Sturm.

Am 3. October hatten die Kaiserlichen die Schanzen auf dem bereits

erwähnten Rögnersberge

vollendet und

beschoffen von dort aus die Festung , desgleichen waren die Laufgräben vom Fürwih aus fertig geworden und 500 Mann , mit Sturmleitern versehen , versuchten von dem trockenen Festungsgraben aus die Baſteien zu erſteigen. Dochwurden die angelegten Leitern umgeworfen, der Sturm durch das wohlgezielte Feuer aus der Veste mit großem AD Verluste der Belagerer abgeschlagen und auch die Batterie auf dem Rögnersberge zum Schweigen gebracht.

Als in

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der darauf folgenden Nacht eine starke Feuersbrunſt in der Stadt ausbrach, glaubte Taubadel fälschlich , daß Wal lenstein seine Drohung , die Stadt in Brand zu stecken, wahr mache und ließ die Brandstätte, bei welcher er feind liche Truppen vermuthete , heftig von der Veste aus be schießen. Die Haltung der Besaßung und ihres tapferen Com mandanten, sowie der ſo eben abgeschlagene Angriff machten es Wallenstein klar, daß ihm die Eroberung der Berg veste nicht so leicht gelingen werde , als er anfänglich ge glaubt hatte ,

und da der Verlust

an Zeit durch

die

zweifelhafte Wegnahme eines an sich unbedeutenden Plazes nicht ausgeglichen werden konnte , einliefen , Herzog

Bernhard

außerdem Nachrichten

rücke mit

einem Erſaß

heere von Schweinfurt herbei , so sah sich Wallenstein bewogen , von ferneren Angriffen abzustehen. Er brach am 5. October von Coburg auf und wandte sich nach Sachsen , während Maximilian von Baiern *) sich von ihm trennte , um sein von allen Truppen ent blößtes Land zu vertheidigen. Mancherlei Beute

folgte

dem Kaiserlichen Heere ;

Graf Terzth entführte alle Rüstungen und Kriegsgeräthe aus dem städtischen Zeughause , um sie auf seine Güter nach Böhmen zu schaffen ,

wogegen Pappenheim sich

die Kunstkammer zugeeignet hatte. Kaum hatte Taubadel sichere Nachricht von dem

*) Er hatte seine Wohnung auf dem Steinwege, in dem jeßigen From mann'schen Hauſe neben dem goldenen Löwen, aufgeſchlagen.

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Abzuge der Kaiserlichen eingezogen, als er vier Compagnien Bei Dragoner zur Verfolgung des Feindes bestimmte. dem Dorfe Füllbach ( ½ Meile südlich von Coburg ) er reichten die Dragoner die Croaten unter Isolani, hieben zwei Compagnien derselben nieder und nahmen ihnen zwei Standarten und sämmtliche Bagage ab. In der Stadt wurden außerdem mehrere Nachzügler

des Kaiserlichen Heeres und namentlich auch der Beicht vater Wallenstein's von Taubad el's Leuten ergriffen. Ein Liebesabenteuer mochte ihn zurückgehalten haben, wofür der Unglückliche mit dem Tode büßen mußte , denn ohne Weiteres ward er vor dem Burgthore erschossen. Nach den vorhandenen Angaben wird der Verlust der Kaiserlichen auf 1000 Mann geschäßt , was wohl zu hoch gegriffen erscheinen möchte ,

wenn man damit vergleicht,

daß die Belagerten nur neun Mann verloren hatten . Wie sich aber auch die Zahlen der Verluste in Wahr heit stellen mögen , es bleibt immer ein Glanzpunkt in der Geschichte unserer Festung ,

daß

dieselbe

ten Kaiserlichen Heerführer siegreich Troß

dem

berühm

geboten

hat,

wenn auch zu diesem Lorbeerkranze die Bürger Coburg's weniger beigetragen haben , als die schwedischen Dragoner und ihr tapferer Oberst Taubadel. Nach Wallenstein's Abzug wurde der schwedische Commandant mit dem größten Theil seiner Truppen von Coburg abberufen ;

er zog nach Frankfurt am Main und

ließ nur eine Compagnie Dragoner unter dem Befehle Mi chael's von Griesheim in der Festung zurück , welche mit dem Ausschuß von jezt an deren Besaßung ausmachte.

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Die

lettgenannte Miliz mag jedoch sehr unzuver

lässig und von geringem Werthe gewesen sein ; denn ein Bericht des Obersten Philipp von Zehmen , welcher auf Befehl Herzog Bernhard's von Mainz aus im Früh jahr 1633 die Beste inspicirte, sagt unter Anderm, daß aller Ausschuß aus Hofstätten bis auf den Feldwebel entlaufen ſei , und daß es nothwendig werde , die Ausschüsse durch geworbene Musketiere zu ersehen.. Troß dieses Berichts blieb es jedoch, was die Garnison anbetraf, beim Alten ;

dagegen übertrug Herzog Bern

hard im Monat Mai 1633 den Ausbau und die Repa raturen der Festungswerke dem schwedischen Ingenieur Cornelius von Aß, welcher dafür monatlich 30 Thaler und außerdem 2 Eimer Bier, 1 Eimer Wein und 52 Pfd. Fleisch, etliche Simmern Korn und Fourage für zwei Pferde erhielt. Dieser ließ nun den Fürwig theilweise abtragen und die Sternbastei, welche durch das Geſchüß der Kaiserlichen am meiſten gelitten hatte , wieder herstellen , auch die in der Beschreibung

der Veste erwähnten Wappen an der Stern- und neuen Bastei anbringen.

Im Monat Mai besichtigte Herzog Bernhard die Festung und nahm die Gelegenheit wahr , die Stadt Co burg zu veranlaſſen , bei dem Feſtungsbaue auch hülfreiche Hand zu leisten.

Sobald jedoch Herzog Bernhard ab

gereist war , entzog sich diese schleunigſt jeder eingegange nen Verbindlichkeit. Herzog Bernhard verlor dagegen auch in den føl genden Feldzügen die Festung Coburg nicht aus den Au

56 1

gen und

entsandte im Juli 1634 abermals

den Oberst

von Zehmen nach der Festung , um ihm über dieselbe zu berichten. Oberst Zehmen fand die Beſagung in um so schlech=' terer Verfassung, als der Vice-Commandant Michael von Griesheim einen notorisch übeln Lebenswandel führte, weshalb sich Zehmen veranlaßt sah , denselben auf die Geheime - Rathsstube kommen zu lassen und ihn im Bei sein des Kanzlers und Rentmeisters ernstlich zu verwar Hierdurch zog er sich natürlich die Feindschaft nen. Griesheim's und des demselben befreundeten Majors von Görk , Sittig genannt von Schlik, welcher ebenfalls in der Beste stationirt war , zu und beide wendeten alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel an , Zehmen sowohl beim Herzog Bernhard, als beim Herzog Iohann Ernſt, dem Nachfolger des Herzogs Johann Casimir, welcher am 16. Juli 1633 gestorben war, zu verleumden. Dies

gelang ihnen jedoch so

wenig ,

daß Herzog

Bernhard sich vielmehr veranlaßt sah , an Zehmen das Obercommando der Veste Coburg zu übertragen und dies in einem Patente besonders auszusprechen . Während

diese Commando - Angelegenheiten geordnet

wurden und Zehmen im Begriffe stand , aus dem Lager des Herzogs Bernhard nach Coburg zurückzukehren, wurde dieses Land von Neuem durch einen Einfall der Kaiserlichen heimgesucht.

Zehmen reiste auf die Nachricht hiervon zuvörderst nach Weimar , um dort Verſtärkung für die bedrohte Fe ſtung zu erwirken , erhielt jedoch nur leere Versprechungen

T

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und den Befehl, schleunigst nach Coburg zu gehen und den Befehl daselbst zu übernehmen . Unterdeß durchzog der General-Wachtmeister L amboy nach der für die protestantischen Waffen so unheilvollen Schlacht bei Nördlingen Thüringen und' Franken und brand schatte diese Lande auf so unerhörte Weise , daß er sich darin nur durch den Marchese de la Grana übertrof fen sah.

Der Volkswiz nannte deshalb auch den Herzog von Friedland den „großen Feind " , den General Lamboy den kleinen Feind " , den Marchefe de la Grana den "Kehraus“. Im October 1634 ließ Lamboh von seinem Haupt quartier, dem Dorfe Heirath im Ihgrunde, aus Stadt und Veſte Coburg zur Uebergabe auffordern.

Die Stadt schloß,

da sie zu schwach war, Widerstand zu leisten, am 20. Octo ber einen Accord mit ihm ab, nach welchem sie , um von Einquartierungen und sonstigen Laſten frei zu sein , eine Summe von 5000 Thalern zahlte , während sie ihrem Fürſten zur Herstellung einer tüchtigen Vertheidigung nicht den zehnten Theil bewilligt haben würde. Nachdem die vertragsmäßige Summe

an Lamboy

gezahlt worden war , begab sich dieser mit seinen Truppen nach Schweinfurt, von wo aus er jedoch unerwartet schon am 26. October mit 2500 Mann und 2 Geschützen (nach andern Angaben mit 7 Regimentern) nach Coburg zurück kehrte und mit diesen, troß aller Berufung der Bürger auf den erst vor wenig Tagen mit ihm abgeschlossenen Ver trag ,

in Stadt und Umgegend

Winterquartiere

bezog.

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Lamboh selbst schlug sein Hauptquartier in der Ehren burg auf und forderte von der Stadt außer verschiedenen Lebensmitteln für die erste Woche 1000 Thaler , für die folgenden jedoch nur 450 Thaler Tractament. Wie leicht es Lamboh geworden war, sich zum Herrn der Stadt zu machen , so schwer sollte es ihm werden, in den Besitz der Festung zu gelangen. Da seine Aufforderungen zur Uebergabe unberückſich tigt blieben und es ihm, um denselben den gehörigen Nach druck zu geben, an Belagerungsgeschütz fehlte , so versuchte er, die Garnison durch Hunger zur Capitulation zu zwingen. Er schloß zu diesem Ende die Festung ein , ohne aber bei seinen schwachen Streitkräften verhindern zu können, daß die Dragoner oftmals glückliche Ausfälle machten, welche

die

Verproviantirung

der Festung

begünstigten,

soviel dies die ausgesogene und ausgeplünderte Umgegend erlaubte. Troß der erwähnten Blokade war auch Oberst von Zehmen durch Hülfe eines Jägers glücklich in der Veſte angelangt und hatte gleich nach seiner Ankunft dem Major Gört das ihm vom Herzog Bernhard mitgegebene Schreiben an denselben übergeben. Nachdem er sich mit den getroffenen Vertheidigungs- und ſonſtigen Anſtalten *)

*) Dieſe Anstalten mögen in einer sehr schlechten Verfassung gewesen ſein, denn Zehmen- schildert dieſe in einem Schreiben an den Her zog Wilhelm von Weimar mit den Worten : „ Es herrschte eine große Confuſion , z . B. daß nur ein Sergeant auf der Hauptwache stand und viel Gefindel mit in die Festung gekommen ist.“

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bekannt gemacht, zeigte er dem Major von Görß das ihm von Herzog Bernhard ertheiltes Anstellungspatent vor, indem er zugleich die Herausgabe der Festungsschlüſſel und Uebergabe des Festungscommando's verlangte. Dies ver weigerte aber Gört , da es schimpflich für ihn sei , jezt gerade, während der Belagerung, des Obercommando's ent sezt zu werden.

Als nun Zehmen mit Gewalt das Obercommando an sich nehmen wollte , fand er nirgends Unterſtüßung ; denn Capitain Michael von Griesheim , unter deſſen Commando die Dragoner , der größte und beſte Theil der Besagung, standen, benutte diese Gelegenheit, seinem alten Groll gegen Zehmen Luft zu machen , indem er erklärte, er sei durch Oberst Taubadel an den Major von Görk gewiesen und werde nur diesem Gehorsam leiſten. Zehmen berichtete über die Lage Herzog Bernhard nach Mainz , Ernst nach Eisenach und

der Dinge

an

an Herzog Johann

an Herzog . Wilhelm nach

Weimar und bat dabei zugleich um Verstärkung der Fe= stungsbesaßung .

Allein diese Schreiben, wie auch viele spä

tere, in welchen Zehmen den Fürſten nachwies , daß mit 500 Pferden und 200 Mann tüchtigen Fußvolkes die Fe stung leicht entsetzt werden könnte , da die Lamboy'schen . Truppen im ganzen Lande zerstreut wären , blieben ohne Erfolg.

Zwar wurde Zehmen im Commando bestätigt,

aber ſtatt Entsag oder Verstärkung schickte man Ermah nungen, mit dem gewohnten Eifer auszuharren. Lamboy seinerseits hatte zu einer regelmäßigen Be lagerung keine hinreichenden Streitmittel , er versuchte da

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her, sich der Festung durch Handstreich zu bemeiſtern und namentlich die Palliſaden und Thore derselben in Brand zu stecken ; allein die Garnison wies die Angreifenden durch Handgranaten, Pechkränze und Sturmtöpfe zurück und rächte sich durch glückliche Ausfälle , wobei sie einmal bis zum Thore der Ehrenburg vordrang und einige Gefangene machte. Lamboh hatte, wie schon früher erwähnt ward, sein Quartier in der Ehrenburg und zwar in der sogenannten. Geheime-Rathsstube aufgeschlagen, wovon man in der Fe Am 21. November saß der stung wohlunterrichtet war. Kaiserliche General in seinem Zimmer und spielte mit dem Obersten Forgatsch und einem andern Offizier auf dem Puffbret , als der Constabler Conrad Rüger , wie er ſelbſt erzählt , „mit einer Feldschlange von der Neuenbaſtei auf die Geheime-Rathsſtube in der Ehrenburg spielte und von gedachter Stube eine Säule vom Fenster sammt dem Gebäu vom Stuhl, auf welchem Lamboy gesessen , nebst Leuchtern und Pokalen von der Tafel wegschoß , daß Herr und Diener aus dem Gemach gesprungen und diesen frem den Gast , weil er ganz seltsam und ihnen übel gefallen, nicht mitspielen lassen wollten." In

den letzten Tagen des December 1634 erhielt

Lamboh von Schweinfurt aus, wo Piccolomini stand, die längst erbetene Verstärkung aus dem Thüngen'schen und Haßfeldischen Regiment bestehend und forderte nun , durch diese Vermehrung seiner Streitkräfte ermuthigt, unter vielfa chen Drohungen die Festung zur Uebergabe auf (Jan. 1635). Zehmen , an welchen das dahin zielende Schreiben gerichtet war , antwortete: "Lamboh möge ihn mit der

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gleichen Schreiben verschonen ,

was er nicht unterlassen

könne , das müsse man erwarten." pfindlich ,

Görg dagegen, em

daß die Aufforderung zur Uebergabe nicht an

ihn adressirt sei, schrieb seinerseits an Lamboy : „ Er sei der alleinige Commandant und seiner Fürsorge allein ſei die Festung anvertraut ; wenn Lamboh unterhandeln wolle, so habe er sich nur an ihn zu wenden" , was allerdings auf den Belagerer einen eigenen Eindruck machen mußte. Troß des inneren Zwiespaltes im Commando wurde die Vertheidigung dennoch rühmlich fortgesetzt. Ausfälle

Es wurden

unternommen , bei welchen es den Dragonern

mehrmals gelang , die feindliche Reiterei auf die in der Umgegend der Festung breter

(Fußangeln

Breter , welche

und

gelegten mit

dazu dienten ,

Lähmeisen

starken

und Lähm versehene

Nägeln

die Pferde zu lähmen),

fowie in den Bereich der Geschütze zu locken , wodurch dieser mancher Verlust , besonders an Pferden , zugefügt wurde. Durch die oben erwähnte, von Piccolomini erhal tene Unterstützung wurde es aber auch Lamboh möglich, die Belagerung ernsthafter zu betreiben , sobald der Win ter in seiner Strenge nachgelassen hatte.

Schon im ver

flossenen Herbste hatte er Laufgräben eröffnet , an welchen jezt , sobald der Erdboden nicht mehr so hart gefroren war, täglich 500 Mann arbeiteten ; desgleichen schritt auch der Minenbau vor, wozu Mineurs und Berghauer, welche mit an der Belagerung von Würzburg gearbeitet hatten, verwendet wurden. Eine dieser Minen wurde in der Richtung nach dem blauen Thurme zu, von Weſt nach Ost,

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die andere nach dem gegenüberstehenden, jezt abgebrochenen rothen Thurme, von Nord nach Süd getrieben. Ungestört ließen aber die Belagerten diese Arbeiten nicht vorschreiten , sie suchten vielmehr die Belagerer durch Ausfälle nach Kräften zu belästigen, und es gelang ihnen unter Anderm, bei einem Ausfalle den Mineur-Hauptmann nebst 11 Minirern gefangen zu nehmen, 25 Mann nieder zumachen und sämmtliches

vorgefundenes Handwerkszeug

zu erbeuten ( 12. März ). Bei alledem stieg aber die Noth in der Festung.

Der

Mangel an Lebensmitteln wurde durch den Mangel an Brennmaterial erhöht ; Letterer war so groß , daß man, um nur das nöthige Brod backen zu können , die Dachbal ken aus dem Fürſtenbau heraussägen mußte. Der Geſund heitszustand der Garnison verschlechterte sich und über 60 Mann lagen krank darnieder, ſo daß die Wachen nur müh sam besetzt werden konnten. Griesheim zog deshalb mehrere Posten , nament lich im kleinen Ravelin und vor dem Brückenthor , ` ein ; in Folge dessen näherte sich jedoch in der darauf folgen den Nacht eine feindliche Abtheilung unbemerkt dem Fe stungsthore und suchte dasselbe durch Pechkränze und an dere Brennstoffe

in Brand zu stecken.

Zufällig

wurde

dies zwar von der Beste aus bemerkt und der Feind durch Granaten u. s. w . vertrieben ; jedoch zeigte dieser nächtliche Ueberfall nur zu deutlich , daß eine fernere Verminderung der Wachen unzuläſſig ſei. Die Zwietracht der Führer und der sich in der Fe stung täglich steigernde Mangel an Lebensmitteln waren

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den Belagerern schon längst kein Geheimniß mehr und feuerten Lamboy um so mehr an , sich der Festung zu bemächtigen, als er vom Kurfürsten von Sachsen benachrich tigt ward , daß mit dem Kaiser ein Waffenstillstand abge schlossen sei , dem jedenfalls auch die sächsischen Herzöge beitreten würden. Fiel die Festung vor Abschluß dieses Waffenstillstan des in seine Hände , so war ihm , abgesehen von allem Anderen, eine reiche Beute gewiß ; Grund genug , um kein Mittel unversucht zu lassen , sich der Veste schleunigst zu bemächtigen. Das Feuer gegen dieselbe wurde daher mit erneuer ter Heftigkeit begonnen, ohne jedoch wesentlichen Erfolg zu haben, da es an Belagerungsgeschüßen mangelte. Conrad Rüger erzählt hierüber : "Den 7. März pflanzte der Feind 24 - pfündige Stücklein in einem Gar ten unter der Festung und ich ward beordert, die Neubaſtei zu defendiren.

Die Leute gaben nach mir Feuer , fehlten

aber die ganze Veste nicht mehr als 26 Mal , welches die darin Liegenden wohl belachten und folgendes Blendwerk brauchten.

So

oft sie schoffen , warf Casper Roth

schmidt mit einem Sturmhäflein , so mit Kalk und Asche gefüllt war , an die Mauer , daß es stäubte , wodurch sie vermeinten, ſie haben getroffen.

Wie sie aber den Betrug

merkten , trafen sie besser und schossen in die Schießaugen und durch die Blendung der Neuenbaſtei , daß ich damit übel zufrieden war und gedachte , sie wieder zu bezahlen, richtete deshalb eine halbe Karthaune auf sie und gab Feuer. auf ihre Schanzgräben und Batterien und lähmte ihre Stücke

64

gänzlich, welche sie aber bald wieder reparirten und Feuer auf die Baſteien gaben , welches noch zu ersehen ; aber ſie konnten nichts Schadhaftes effectuiren. " Nachdem Lamboy durch sein Feuer mindestens auf die Gemüther der Festung hinlänglich gewirkt zu haben glaubte, forderte er abermals zur Uebergabe auf und fügte feiner Aufforderung noch die Erlaubniß für die Belagerten bei , die Minen , zu besichtigen und sich durch den Augen ſchein zu überzeugen, daß , wenn dieſe ſprängen , die Veſte unhaltbar würde und daß dem hierauf folgenden Sturme und Blutbade nur durch Uebergabe vorgebeugt werden könne. Der letztere Vorschlag wurde angenommen und die Minen durch drei Personen der Besaßung und durch den Commandanten von Heldburg , einen Herrn von Secken dorf, welcher sich nach Verlust jenes Plages auf die Veſte geflüchtet hatte, besichtigt. Man fand, daß die Hauptmine nach dem blauen Thurme 92 Schritte, die andere, nach dem rothen Thurm gerichtete , nur halb so lang sei , beide also bis jezt wohl schwerlich die Festung erreicht haben konnten. Zur Capitulation konnte man daher bis jezt in den Minen noch keinen hinlänglichen Grund finden , dagegen entschloß man sich , an Herzog Wilhelm nach Weimar zu berichten und denselben um Hülfe zu bitten. Die Furcht vor Sprengung der Minen gab Veran laffung, die ohnehin sehr baufällige Roßmühle , welche in der Nähe des blauen Thurmes lag , abzubrechen , und führte zu dem Entschluß , im Fall eines Sturmes nur den nach Osten gelegenen Hof zu vertheidigen, welcher deshalb auch durch Balken verrammelt wurde.

:

65

Von Neuem drängte Lamboy ; er biete, schrieb er, vortheilhafte und ehrenvolle Bedingungen , müsse aber zu gleich bemerken , daß er durch das Pulver in den Minen beſtimmen könne , ob die Veste später in einen etwaigen Waffenstillstand mit den Mitgliedern des Hauses Sachsen inbegriffen werden könne oder nicht. In Folge dieser Aufforderungen trat ein Kriegsrath in der Festung zusammen , welcher die Uebergabe durch Stimmenmehrheit beschloß ,

da die Gefahr von Tag zu

Tag zunehme, die Noth in der Veſte ſich vergrößere, indem die Beſaßung täglich sich verringere , auch fast aller Vor rath an Mehl und Getreide ausgegangen und auf Entſag nicht zu rechnen sei , und die Festung und der darin auf bewahrte fürstliche Schaß nur durch Capitulation dem Hauſe Sachsen erhalten werden könne.

Nach diesem Beschlusse traten die Commandanten mit Lamboy in Unterhandlung , und in fünfzehn Punkten *) wurden die Bedingungen, unter welchen die Veſte übergeben werden sollte, festgestellt. Bevor jedoch der Abzug aus der Veste erfolgte , er bat sich Zehmen von Lamboh die Erlaubniß zu einem Ritt nach der Stadt und gleichzeitig zur Besichtigung der Minen.

Hierbei fand er den Gang der Hauptmine 100 und einige Schritt lang , das Ende derselben aber mit Bretern verblendet , woraus er sehr richtig schloß , daß die Mine noch nicht fertig und namentlich nicht bis in den Festungs

*) Siehe die Beilagen.

66

hof, wie man bisher gefürchtet hatte , gelangt sei , mit hin von dieser Seite augenblicklich keine Gefahr der Beste drohe. Zehmen war daher auch entschlossen , die Festung nicht zu übergeben ; er ritt nach derselben zurück , schickte die dort bereits angekommenen 40 Pferde fort , welche als Vorspann für die abziehende Garnison und für die in die Beste geflüchteten Habseligkeiten dienen sollten , brach alle Unterhandlungen ab, indem er Befehl gab, die Feindselig keit sofort durch 2 Geſchüße von der Neuenbaſtei wieder zu eröffnen, nachdem durch einen aus der Festung geschickten Tambour der Accord aufgekündigt worden war. Von Neuem begannen Feindseligkeiten ,

nun von beiden Seiten die

indem von der einen Seite das Feuer

wieder eröffnet, von der andern aber mit den Belagerungs arbeiten fortgefahren wurde. Von dem Erfolge der letzteren mochte Lamboy je doch selbst sich

nicht zuviel versprechen ,

zum wenigsten

verschmähte er es nicht, die Festung vermittelst einer plum pen List in seine Gewalt zu bringen. Am 18. März schrieb er an den Commandanten : „ ſein Oberstlieutenant sei mit einer Partei ausgewesen und hätte einen Boten des Herzogs Johann Ernst erschossen. Bei diesem Boten hätten sie den beifolgenden, an den Com mandanten der Festung gerichteten Brief besagten Herzogs gefunden , worin der Befehl ausgesprochen sei, die Festung zu übergeben, da es dem Herzoge nicht möglich sei, Unter stüßung zu schicken, und er nicht wünsche, daß durch Spren gung der Minen die Beste gänzlich zerstört werde ; der

67 Commandant möge deshalb den angebotenen Accord an nehmen". Hierauf trat der Kriegsrath zuſammen , beſtehend aus Zehmen ,

Görg ,

Seckendorf

und

Griesheim.

Einstimmig wurden Siegel und Unterschrift des Herzogs Johann Ernst für richtig anerkannt.

Was den Text

anbelangte, so kam er wegen eines darin gebrauchten öster reichischen Ausdrucks dem Obersten von Zehmen ver dächtig

vor , weshalb , er sein Bedenken hierüber

dem

Kriegsrathe mit der Bemerkung mittheilte , daß , wenn ſie sonst keine Ursache hätten , die Festung zu übergeben , dies auf vorliegendes Schreiben

nicht

geschehen

dürfe.

Die

Zweifel über die Aechtheit des fürstlichen Schreibens ſuchte Seckendorf aufzuheben , indem er versicherte , er kenne genau die Schreibart des Kanzlers in Eisenach , und wenn er dies Schreiben vorlesen höre , käme es ihm vor , als höre er den Kanzler ſelbſt ſprechen. Die Handſchrift ſei die des Kanzlisten in Eisenach , die er ebenso genau kenne, wie die Unterschrift des Herzogs Johann Ernst. Deſſen ungeachtet wollte Zehmen die Uebergabe durchaus nicht zugeben, worauf die Anwesenden mit den trogigen Worten das Zimmer verließen : "Wenn Zehmen die Festung hal ten könne, so möge er es thun. “ Am folgenden Morgen schickte Lamboh einen Trom peter auf die Festung und forderte endliche Entscheidung ; wiederum trat der Kriegsrath , wie am vorigen Tage, zu ſammen und prüfte vor allen Dingen die Frage , welches die Vertheidigungs- und Subsistenzmittel wären , über die man noch zu verfügen habe.

Es stellte sich heraus , daß 5

68 Capitain von Griesheim noch 10 Rotten, Capitain Eucha rius von Birkig noch 11 Rotten, desgleichen der Stadt wachtmeister , wenn er Bäcker , Müller , Zimmerleute und die von der Bürgerschaft in die Veste Geflüchteten unter das Gewehr stelle , 38 Mann habe, und daß unter diesen Allen kaum 50 waffenfähig befunden würden. Was die • Subsistenzmittel anbelangte , so waren zwar noch große Vorräthe an Getreide vorhanden, doch war das Michl ganz ausgegangen und konnte auch wegen des Mangels an Müh len nicht ersetzt werden ; in gleicher Weise mangelten die übrigen Lebensmittel. In Folge dieses abgehaltenen Kriegsrathes wurde nun beschlossen, die Festung zu übergeben, und dem Feldmarschall Lamboh mitgetheilt, die Capitulation folle auf Grund des Lamboy ver frühern Vertrags abgeschlossen werden. bürgte sich dagegen auf Ehrenwort ( da cavalliero), dieſen Vertrag unverbrüchlich aufrecht zu erhalten , der von bei den Theilen unterzeichnet und vom 27. März datirt wurde. Ganz besonders war in dieſem Accord bemerkt, daß, sobald der Friede zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten von Sachsen zu Stande gekommen und die Herzöge von Sach sen ſen mit in den Waffenstillstand begriffen werden sollten, die Festung dem regierenden Landesfürſten wieder einge räumt werden müßte , daß alles fürstliche , sowie Anderer Eigenthum

durch gelieferte

Vorspannpferde

unangetastet

weggeführt werden, die Garniſon aber mit fliegenden Fah nen , zwei sechspfündigen Stücken mit 6 Centner Pulver und 20 Kugeln, brennenden Lunten , Ober- und Unter gewehr , Kugeln im Munde , klingendem Spiel , Sack und

69

Back , an welchen Ort sie wollten , über den Thüringer Wald den bequemsten Weg nach Thüringen, convoyirt von einer Compagnie zu Pferde, gebracht werden ,

unterwegs

auch mit dem nöthigen Quartier und Proviant versehen werden sollte * ). Am 27. März 1635 wurde die Festung den Kaiſerli chen übergeben.

Griesheim verließ dieselbe mit 100

Personen, Männern, Frauen und Kindern ungehindert ; aber außerdem wurde von dem abgeschlossenen Accord nur das gehalten, was Lamboh gerade zusagte, indem er äußerte, alle ſeine Verſprechungen und Zuſagen bezögen sich nur auf den ersten Accord, der nicht zu Stande gekommen sei . Es wurden daher die Abziehenden von den Croaten geplündert, der fürstliche Schaz und das Silbergeschirr (im Werth von 21,000 Thlr.) von Lamboh an sich genommen , die beiden Commandanten Zehmen und Görg

gefänglich

eingezogen und von jedem derselben 1000 Thlr. Lösegeld gefordert. Daß der Brief des Herzogs Ernst unächt war , lag am Tage und die Liſt Lamboy's konnte nur Leichtgläu bige oder Leute täuschen , die sich täuschen laſſen wollten. Das Siegel des Briefes war zwar ächt , es war von ei nem alten Briefe künstlich auf den neuen aufgeklebt_wor aber die Erzählung von dem erschlagenen Boten,

den ,

nach dessen Leichnam man nicht gefragt zu haben scheint, war zu abgeschmackt , als daß sie hätte geglaubt werden dürfen.

*) Siehe die Beilagen.

70

Mit Recht verhängte daher Herzog Ernst die Unter suchung gegen Zehmen und gegen Seckendorf, der nicht allein die ihm anvertraute Veste Heldburg aufgegeben, sondern nun auch zur Uebergabe der Festung Coburg eif rigst mitgewirkt hatte. Zehmen blieb

drei

$ Jahre in Haft und wurde

dann wegen mangelnden Beweises freigesprochen ; die Un tersuchung gegen Seckendorf führte zu demselben Re ſultate. Die Festung, welche den Kanonen und, was fast noch höher anzuschlagen ist , dem Kriegsruhm Wallenstein's glorreich Widerstand geleistet hatte , war so durch plumpe List oder, was wahrscheinlicher ist, durch Muthlosigkeit und Zwietracht der Commandanten in die Gewalt der Kaiser lichen gefallen, nachdem sie fünf Monate eingeſchloſſen ge wesen war.

Es hätte nur noch eines kurzen Widerſtands

bedurft und die Festung hätte ihre Jungfräulichkeit bewahrt ; denn der Uebergabe folgte unmittelbar der Waffenſtillſtand und am 30. Mai 1635 der Separatfriede von Prag. Während

im Kaiserlichen Lager Jedermann bemüht

war, sich den glücklichen Erfolg soviel wie möglich zuzu schreiben, um so ein Anrecht an der reichen Beute zu er halten , war man dagegen im jenseitigen bestrebt , von sich jede Schuld der Uebergabe auf Andere zu wälzen. In der Stadt Coburg , welche für die Erhaltung der

Festung

gerade keine besonderen Anstrengungen gemacht

hatte, schmähte man die Beſaßung und verbreitete mit gro Bem Eifer ein Spottgedicht , welches namentlich die Offi ciere auf das Bitterste verfolgte .

.

71

Bon Wilhelm Ludwig von Seckendorf heißt

es in demselben : „Er ließ sich schelten „ groß ! mannhafft ! “ War aber nichts denn Hafenfafft, Denn sobald er vernommen hat, Daß ein Mina angefangen wardt Rieth er, daß man solt accordiren Und sich nicht laffen todt miniren So ward er dem Land der größte Schadt Wär besser er läge auf dem Rath Alsdann man ihn noch immer hoch hält Den ärgsten Schelmen in der Weldt. Ach lieben Bürger ſchlagt ihn todt , Er hat uns bracht in große Noth.” Nicht viel besser geht es Zehmen; es wird über ihn unter Anderm gesagt : ,,Der Oberst Georg Philipp von Zehm Dieser ist worden gar zu dehm. Ach wie ertödet undt wie erblaßt War allezeit dieser Schlimme gaſt. Er hat nicht eines Troffen verstandt, Mit was ehren führt er des Obersten Ambt ? "

Major von Görg

erfährt folgende Charakterzeich

nung :

,,Georg Sittig von Schliß genannt von Görg , Durchs Frauenzimmer gemacht verſtürzt, War ein Major von neuem Orden Von Marte nicht gezeuget worden .“ Schlimmer geht es Veit Ulrich von König : ,,Ach Bank du edles Klostergut Dich hat beraubet dieser Hundsfut. Die gar schöne Bibliothek Er diebisch abgeführet weg. Er giebt den vorigen gesellen Ein treuer Beistand in der Hellen."

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Dagegen wird von dem Dragoner-Capitain gesagt : ,,Michael Griesheim der Capitain Muß auch nicht vergessen sein, Welcher als ein guter Soldat Die Sach gar wohl verstanden hat , Aber fich bald verführen. ließ, Weile er nicht mehr Commandant hies." Dergleichen Schmähungen hatten die Genannten kei

neswegs und am wenigsten von der Seite verdient , von welcher sie kamen , und es fehlte daher auch nicht an hef So schrieb unter Anderm Secken tigen Erwiderungen. dorf de dato Heyliche Statt den 26. Juli 1635, an einen Coburger Bürger ,

der ihn

"Ich werde ihn bezahlen ,

an

eine Schuld

erinnerte :

obgleich ich genugsam ursach

hätte, keinen Coburger , so ichs ihm auch mit allem recht schuldig were , etwas zu geben , in Betrachtung , sie mir meinen ehrlichen nahmen und reputation bei hohen Stan despersonen so ganz schelmiſcher und ehrendiebischer weiß abgeschnitten und mich in dieses unverschuldete Unglück *) gestürzt , Ja über dieses alles sich unterstehen , von mir und andern ehrlichen Leuten in Pasquillen schimpfflichen zu reden , daß es doch billiger wäre , man beschriebe ihr löbliche Heldenthaten , so sie bey conservirung der Ve stung begangen. Rühmlich war es zwar gewesen , es hät ten ein 300 junger Mannschaft in Coburgk die resolution gefaßt, und sich auf die Vestung, dem Feindt zu resistiren, begeben , aber da ist niemandt daheimb geweſen , ſondern sie haben alte verlebte Krämer und dergleichen Gesellen,

*) Die gegen ihn eingeleitete Untersuchung.

73 so weder Gott noch den Menschen nüz gewesen , hinauf geschickt , die andern in der Stadt haben gleichsam dem Lamboy

als Kundschafter

gedient und doch wollen der

gleichen leichtfertige Gesellen mich und andere ehrliche Leute schänden und schmähen." Lamboy ernannte den Hauptmann Ammonn zum Commandanten und bestimmte 360 Mann des Adelhoff' schen Regiments zur Besazung ; diese wurde am 3. Juli 1635 auf Befehl Piccolomini's beim Durchmarsch des Marchese de la Grana durch den Hauptmann Ott von Otten und 460 Mann Haßfeld'sche

Truppen

abgelöst. Im Besitze der Festung waren nun die Kaiserlichen völlig Herren des Landes und konnten ungehindert jede Forderung erheben. So verlangten sie wöchentlich 450 Thaler Tractamentsgelder für die Besaßung der Festung und außerdem monatlich 1000 Gulden für etwa durchmar schirende Truppen , ferner 630 Gulden monatlich für den Kaiserlichen Commiſſarius, und endlich wurden 10 wohl bespannte Wagen , 500 Artillerie-Geschirre und allerhand eigenmächtige Contributionen ausgeschrieben. Dies veranlaßte Herzog Johann Ernst, unter dem 6. August 1635 seinen Unterthanen zu untersagen , jenen eigenmächtigen Contributionen nachzukommen , ohne aber die Mittel anzugeben , der Gewalt Widerstand zu leisten. Die einzige Folge, welche der fürstliche Befehl hatte, war, daß sich dadurch der damalige Festungscommandant Ott von Otten , um allen Weiterungen aus dem Wege zu gehen, veranlaßt sah, im September desselben Jahres alles

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Getreide , welches sich noch auf den Feldern befand, weg nehmen und auf die Veſte führen zu laſſen. In Folge des

Prager Friedensschlusses (30. Mai)

wurde die Festung im December 1635 dem Hauſe Sachsen wieder zurückgegeben.

Es verließ in Folge dessen der Kai

serliche Hauptmann Pressel , welcher nach dem Abzuge des Capitains Ott von Otten das Commando nur we nige Tage geführt hatte , dieselbe und am 9. März 1636 zog der kurfürstlich Sächsische Hauptmann Hans Hart mann von Erffa mit seiner Compagnie , 150 Mann stark , in die Festung ein, welche er im Namen des Kur fürsten von Sachsen und des Herzogs Johann Ernſt in Besitz nahm . Der Hauptmann Pressel erhielt von der Stadt für seine Person einen silbernen Pokal , 30 Thlr. an Werth, und für seine Compagnie (etwa 230 Mann) 200 Gul den, außerdem zahlte noch jeder einzelne Hausvater (Wirth) seiner Einquartirung ein Wochengeld , um Pressel zu bewegen, bald nach dem Abzuge aus der Festung auch die Stadt zu verlassen. Nachdem die Stadt ſich ſo der Kaiserlichen Truppen entledigt hatte , sollte sie wiederum für die neue Festungs besaßung Sorge tragen, was ihr schwer fallen mochte und der Hauptmann von Erffa sah sich 1637 genöthigt , da ihm von Seiten des Landes und der Stadt die ihm bei seiner Ankunft wöchentlich zur Verpflegung seiner Mann schaft ausgesetzten 318 Gulden 14 Bazen vorenthalten wur den , der Stadt selbst wöchentlich eine Contribution von 200 Thalern aufzulegen.

Da sich die Bürgerschaft aber

75

weigerte, diese zu zahlen, so legte er den Rathsherren und Viertelsmeistern so lange Soldaten als Execution in die Häuser, bis er zu seiner Forderung gelangte . Von den ferneren Drangfalen des dreißigjährigen Krie ges blieb die Festung unberührt ; Stadt und Festung Co burg hatten aber in demselben genug gelitten * ) , als daß man nicht fromm gestimmte , dankbare Herzen vermuthen sollte , als am 10. August 1650 in Folge des lange er sehnten Friedens

(abgeschlossen 1648 zu Osnabrück und

Münster und ratificirt 1650 zu Regensburg) ein feier licher Gottesdienst auf der Festung angeordnet war.

*) Man schäßt im Allgemeinen den Schaden, der durch den Druck der Kriegsvölker in Land und Stadt Coburg verursacht worden ist, auf 15 Tonnen Goldes. ·

III. Abschnitt. Der Verfall der feftung. Herzog Johann Casimir war , wie sein Bruder und Nachfolger Johann Ernst von Eisenach , kinderlos gestorben, und so kam Coburg , bestehenden Verträgen ge mäß , 1638 an den Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen- Altenburg. Dieser Fürst fand die Kaſſen leer , das Land durch den Krieg verheert , das Volk verwildert und alle Verhält nisse ungeregelt ,

so daß es

für ihn

eine schwere Auf

gabe war, zuerst Grund und Boden zu neuer Ordnung zu finden.

Um der Festung eine gesicherte Besatzung zu geben, befahl er 1643, daß alle Förster, Jagdläufer, Fiſcher u. s. w. sich sofort auf der Festung einzufinden hätten , wenn die selbe von einem Angriff bedroht werde ; später ordnete er an ,

daß diese Pflichtigen alle Jahre eine Zeitlang zu

sammengezogen und einexercirt würden. Demungeachtet blieb die beabsichtigte Festungsbesatzung eine wenig zuverlässige, denn im Falle der Noth entzog sich Jeder, wenn er nur irgend konnte, ſeiner Dienſtpflicht, und die Wenigen , welche sich stellten , waren nicht immer die Brauchbarsten.

Warum übrigens die Fischer - Innung be

77

sonders zur Vertheidigung der Festung auserkoren wurde, iſt nicht ersichtlich , da man doch nicht hoffen konnte , daß dieselbe den Feind in ihren Neßen fangen würde. Zur Instandhaltung

der Baulichkeiten

wurde 1649

eine Hellersteuer ausgeschrieben , deren Ertrag aber so ge= ring ausfiel , daß nicht einmal die nothwendigen Repara turen davon bestritten werden konnten. In ruhigen Zeitläufen hielten die damaligen Stände, die meiſt, ohne allen Gemeinſinn, nur vom Sonderintereſſe beherrscht wurden , jede Ausgabe für die Festung, wie für die Vertheidigungsfähigkeit des Landes überhaupt für un nöthig und unzeitgemäß ;

die Fürsten ihrerseits glaubten

sich, seitdem die Festung leider nicht mehr ihre Residenz war , noch weniger

verpflichtet ,

für dieselbe

aus ihren

Privatmitteln zu sorgen, und so gab die zweite Hälfte des siebzehnten und

das

ganze

achtzehnte Jahrhundert das

klägliche Bild, wie Mangel an Gemeinſinn, Beschränktheit des Blickes und falsche Sparsamkeit die Festung nach und nach verfallen ließen.. Wenn auch im Laufe der Zeit die Herzöge von Co burg nicht mehr zu befürchten hatten , in unmittelbare Kriege oder Fehden verwickelt zu werden, und wenn auch die Bergveste in ihrer damaligen Beschaffenheit , bei der veränderten Kriegskunst und namentlich bei der Vervoll kommnung der Artillerie, nicht mehr allen Anforderungen genügen mochte , welche man an einen festen Plaß machte, so blieb sie doch immer das Kleinod des Landes , welches die Herzogliche Familie , die Archive und alles Werthvolle gegen feindliche Streifcorps und Marodeurs zu schüßen und

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in Zeiten der

Anarchie der Regierung

einen gesicherten

Sit zu gewähren vermochte. Troß der Erfahrungen aus

dem Bauernkriege und

aus dem soeben beendigten dreißigjährigen Kampfe dachte man nicht daran, sich das sichere Aſyl zu erhalten, ſondern nur, sich jeder gemeinsamen Ausgabe zu entziehen, und wir sehen im Laufe des siebzehnten und achtzehnten Jahrhun derts Fürsten und Stände nur noch zweimal über die Er haltung der Festung ernstliche Berathungen pflegen ;

im

siebzehnten Jahrhundert , als die Furcht vor den Türken, die im Rhein ihre Roſſe tränken wollten und in mächtigem Heereszuge gegen die Kaiserliche Hauptstadt

anstürmten,

ganz Deutschland durchbebte, und dann im achtzehnten Jahr hundert, als die Franzosen über den Rhein vordrangen und mit der Brandfackel in der Hand wehrlose Städte plün derten und einäscherten. Kaum jedoch war die Gefahr vorüber , als auch die egoistischer Kurzsichtigkeit vor jeder Ausgabe

Stände in

zurückschreckten , die dem allgemeinen Wohl und vielleicht erst dem morgenden Tage von Nußen war. In Folge der zuerst angedeuteten Verhältnisse befahl Herzog Friedrich Wilhelm seinem

Commandanten,

dem Oberst Beit Dietrich Wagner *) , die nöthigen

*) Derselbe war 1661 aus kurſächſiſchen Dienſten in die des Herzogs getreten und erhielt als Commandant der Festung (er war außer dem noch Ober- Steuereinnehmer) an baarem Gelde jährlich 800 Meißnische Gulden, ferner für 4 Pferde Fourage , 1 Centner Kar pfen, ½ Centner Hechte, 1 Stück Roth-, 1 Stück Schwarzwildpret, 24 Klaftern Holz , freie Wohnung für sich und seinen Haushalt,

79

Pläne und Vorlagen zur Restauration der Festung auszu arbeiten, und beantragte sodann bei den Landſtänden die Diese indeß verwilligten nöthigen Geldmittel.

hierzu

nicht mehr als 600 Meißnische Gulden und die Frohnlei stungen zu den beabsichtigten baulichen Ausführungen, und so sah sichHerzog Friedrich Wilhelm genöthigt, 2322 Meißnische Gulden und freies Bauholz aus seiner Rentei zuzuschießen, um nur den dringendsten Bedürfnissen Genüge zu leisten. Da aber im Lauf der Zeit auch diese Summe das Bedürfniß bei Weitem nicht deckte , so verordnete der Her zog 1667, daß diejenigen Bewohner , welche , troßdem sie zur

Landesfolge

verpflichtet ,

nicht zum Defenſionswerk

gehen würden , nach ihrem Vermögen eine Abgabe zu ent richten hätten , welche zu baulichen Zwecken auf der Fe ſtung und namentlich zur Anschaffung von Gewehren und Munition verwendet werden sollte. Wagner's Plan umfaßte nicht nur die Wiederher ſtellung der unter dem Commandanten Erffa theils ein gefallenen , bastei ,

theils vermauerten Caſematten der Schindel

sowie des

ebenfalls

unter Erffa zugemauerten

Brunnens im Festungsgraben , sondern er bezweckte auch den Bau einer Fausse-Braie um den halben Mond vor der großen Ausfallspforte zwischen der Bären und Neuen die Benutzung des Rögenerberges als Feld , sowie den Wolfsgarten (den nördlichen Abhang der Veſte) und die um den Rögenerberg ge legenen Schaftriften , die Ausübung der niederen Jagd im Umkreise von fast 2 Stunden um die Veste und alles Getränk für seinen Haushalt, und was auf der Beste verzapft wurde, ſteuerfrei.

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bastei , sowie eines Erdwerkes zur Verstärkung der Nord seite.

Der Bau von Blockhäusern auf den Baſtionen und

die Errichtung von Traversen an den nöthigen Punkten längs des Hauptwalles sollte vorgenommen und zur Er haltung der Lafetten Bedachungen über die Geſchüße ge macht und Voll- und Hohlkugeln aus Hüttenſteinach herbei geschafft werden.

Der Fürwit (jener nach Osten gelegene Hügel), wel cher , obgleich ihn schon Cornelius von Aß vor der legten Belagerung durch Lamboy bedeutend hatte abtra gen lassen , dem angreifenden Feinde immer noch große Vortheile gewährte, ſollte durch eine Mine hinweggeräumt werden ; da dies aber später für unausführbar befunden wurde und eine Abtragung zuviel Arbeitskräfte erforderte, so unterblieb das Unternehmen. Die Mannschaften der Besaßung , welche wegen för perlicher Gebrechen oder durch hohes Alter zum Dienst unbrauchbar geworden waren , wurden durch junge, rüſtige Leute ersezt und der Stand der Garniſon auf 1 Haupt mann, 1 Lieutenant , 3 Corporale, 3 Gefreite, 1. Muster schreiber, 1 Thorwart, 1 Brunnentreter und 33 Mann erhöht. Wagner unterwarf ferner die Constabler vor ihrer Anstellung einer Prüfung , worin ſie Proben ihrer Fertig keit im Zielschießen und in Anfertigung der Munitions und Feuerwerks -Gegenstände ablegen mußten , was um so nothwendiger war ,

als man auch auf der Festung das

Pulver selbst bereitete. Wenn auch der thätige Commandant bei den ihm ge währten Mitteln von einem großen Theil seiner projectir

81

ten Neubauten abstehen mußte , so wurde boch durch seine Fürsorge die Festung vor einem schnellen Verfall bewahrt, und es war ein großer Verlust , daß dieser treue Diener plöglich 1663 zu Altenburg im Zimmer ſeines fürstlichen Herrn ſtarb, als er ſein tiefes Beileid wegen deſſen dahin geschiedener Gemahlin bezeigte. Ein Jahr später verschied auch Herzog Friedrich Wilhelm ; ſein unmündiger Sohn und Nachfolger über lebte ihn nur drei Jahre , da er 1673 im dreizehnten Le-. bensjahre zu Altenburg an den Blattern ſtarb. Herzog Friedrich Wilhelm hatte mit seinem Bru der Herzog Ernst dem Frommen von Gotha einen Erb vertrag abgeschlossen , nach welchem bei vorkommenden Even tualitäten Coburg an diesen fallen sollte.

Deshalb sah sich

Herzog Ernst , als er das schwere Erkranken des * jungen Herzogs in Erfahrung

gebracht hatte ,

bewogen , ſeinen

Sohn Heinrich und einige vertraute Räthe insgeheim nach der Veste Coburg zu schicken, welche, sobald die Todes nachricht an sie gelangt war, von Land und Feſtung Beſik nahmen und so den Abgeordneten von Weimar zuvorka men, von wo aus ebenfalls Ansprüche auf Coburg gemacht wurden. Die Regierung Herzogs Ernst des Frommen über Coburg währte nur 2½ Jahr ; er starb 1675 und hinter ließ sieben Söhne , Herzog Friedrich, Albrecht, Bern hard , Heinrich , Christian , Ernst.

Ernst und Johann

Testamentarisch hatte er verordnet, daß seine gesamm ten Lande als ein Seniorat betrachtet ,

unter dem Vor 6

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siz des Aeltesten eine

gemeinschaftliche Regierung einge führt werden und die Anstellung I des Commandanten und der Officiere auf der Festung Coburg stets allseitig erfol gen sollte. Sehr bald erkannten die fürstlichen Brüder , welche große Schwierigkeiten eine gemeinschaftliche Regierung mit sich führe und beschlossen deshalb , die sämmtlichen Lande zu 脂 theilen, und zwar in der Art, daß ein jeder die Aemter erhielt , die ihm seither zu seinem Unterhalt angewieſen waren ; hierdurch kam Coburg 1679 an Herzog Albrecht. J. In dem die Theilung betreffenden Punctationsreceſſe d. d. 13. November 1679 wurde bestimmt : "Die Festung Coburg solle ein Zufluchtsort für alle Angehörigen des Herzoglichen Hauſes Sachsen- Gothaischer Linie und deren Unterthanen im Kriege und in andern un ruhigen Zeiten sein, soweit, es des jedesmaligen Landesfürsten und seiner Nachkommen

eigenes Bedürfniß ,

Gelegenheit des Ortes zulaſſe.

Raum und

Der Landesfürst dürfe die

Festung unter keiner Bedingung in die Hände eines An dern gelangen lassen und dadurch sowohl auf das Wohl des Landes als des ganzen Hauses Sachsen nachtheilig einwirken. Deshalb müſſe Herzog Friedrich in Gotha von jeder Gefahr frühzeitig benachrichtigt werden, um nöthigen falls stärkere Beſazung dahin zu verlegen und Bertheidi gungsmaßregeln ergreifen zu können." Ferner war in dem Recesse festgestellt : " Daß Herzog Albrecht zwar die völlige Admini stration von Coburg antreten, aber alle Angestellten bis zum 2. März 1680 in gemeinschaftlichen Pflichten bleiben soll

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ten , wo dann der Hauptvertrag zu Stande gebracht sein müſſe. “ } Als diese hier festgesette Zeit verstrichen war , ohne

daß Herzog Friedrich, aller Erinnerungen ungeachtet, den Receß" zu Stande gebracht hatte, entließ Herzog Albrecht Hot fofort alle Angestellten und beseßte deren Posten mit ihm treu ergebenen Dienern. Hierüber erzürnt entsendete Herzog Friedrich , sich auf den Punctationsreceß stüßend , von Gotha aus einen Lieutenant und 80 Mann nach der Festung , um dieselbe in Besitz zu nehmen .

Herzog Albrecht versuchte zwar, mit seiner Leibgarde und der 首 Coburgischen Bürgerschaft

die ungebetenen Gäſte zu vertreiben, konnte jedoch, da der damalige Commandant von Stang, welcher sich noch in gemeinsamer Pflicht hielt , ihm den Eingang verweigerte, nichts ausrichten und mußte unverrichteter Sache abziehen. Hierauf erklärte Herzog Albrecht die Handlungs weise seines Bruders für Landfriedensbruch und verwei gerte, sich in irgend welche Unterhandlung einzulaſſen , be vor nicht die Gothaischen Truppen wieder aus der Festung abgezogen, und Oberſt von Stang seines Dienstes ent laſſen ſei. 寄 Durch Vermittelung

des Herzogs Bernhard von

Meiningen wurden endlich die beiden Brüder wieder aus- geföhnt; die Gothaer zogen am 21. Juli 1680 wieder ab, und Oberſt von Stang , von deſſen Dienſtentlaſſung Her zog Albrecht abgestanden hatte, mußte dagegen den Her zog Albrecht seines Benehmens wegen um Verzeihung 1 1: bitten. 6

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Nach dem 1699 erfolgten Tode dieses Herzogs , ivel cher, obgleich zweimal verheirathet , keine Leibeserben hin terließ , entstand um den Besiz des Coburger Landes ein langjähriger Erbstreit unter den überlebenden

Brüdern,

wobei namentlich die beiden jüngsten , die Herzöge Ernſt von Hildburghausen und Johann Ernst von Saalfeld, welche sich schon bei der ersten Theilung für verkürzt hiel ten , mit Meiningen , das den alleinigen Besitz Coburgs prätendirte, in Streit geriethen. Um größeren Einfluß auf die Unterhandlungen aus zuüben , ließ der Herzog von Meiningen seinerseits nichts unversucht , sich in den Besiß der Festung zu sehen, und beantragte zu diesem Zweck, an Stelle des augenblicklich erkrankten Commandanten, des Obersten von Mildau, wel cher dem Meiningiſchen Intereſſe nicht ergeben war, den ihm ergebeneren Oberst von Damm zu sehen, was jedoch die betheiligten Regierungen

aus leicht ermeßlichen Ursachen

nicht genehmigten.

Da es auf diese Weise nicht geglückt war, Einfluß auf die Festungsbesaßung zu gewinnen , so versuchte der Herzog , die Festung selbst durch Ueberrumpelung in ſeine Gewalt zu bekommen. Zu diesem Zwecke ließ sich 1710 ein Meiningiſcher Fähnrich *) , Namens

Lesca , unter dem Vorgeben , ein

Schreiben an den Commandanten abgeben zu müſſen, bei diesem anmelden und erklärte dann an Oberst Mildau, daß er das Schreiben zwar augenblicklich nicht habe , es

*) Die jüngsten Officiere führten damals den Titel „ Fähnrich“.

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aber in Kurzem erhalten werde.

An demselben Abend,

als das Festungsthor bereits geschlossen war , langte der Meiningische Hauptmann Böhm vor der Festung an und begehrte unter dem Vorwande , das besagte Schreiben übergeben zu wollen , ebenfalls Einlaß , um sodann wahr scheinlich mit seinen in Bereitschaft gehaltenen Mannschaf ten zugleich in das geöffnete Thor einzudringen. Die List gelang nicht , der Einlaß wurde nicht ge= währt und Lesca am andern Tage mit Gewalt aus der Festung entfernt.

Damit sich ähnliche Versuche nicht wiederholten, machte Mildau bekannt ,

daß er von jest an keinen Meiningi

schen Mann , es möge dieser klein oder groß sein, auf die Veſte einlassen würde ; unterſtände sich jedoch einer, auf den Wall zu treten , so werde er ihn ohne Gnade herunter schießen lassen. “ Um den unerquicklichen Erbstreit zu schlichten, ernannte endlich der Kaiser eine besondere Commiſſion, und diese ent schied

1734 zu Gunsten

der hinterlaffenen Söhne

des

Herzogs Johann Ernst von Saalfeld , der Herzöge Christian Ernst und Franz Josias , welche die Regierung der Coburger Lande antraten , die dazu gehö renden Aemter Schalckau und Sonneberg jedoch an Mei ningen überließen. Die Regulirung der Erbstreitigkeiten dauerte indeß noch längere Zeit fort, und unter Anderm machte Meiningen Entschädigungsansprüche, da ſeit dem Jahre 1699 bis 1734 auf die Beste 125,250 Thaler verwendet

worden seien,

von denen Meiningen auch seinen Theil beigetragen habe,

86

indem es während des Mitbesizes die Festungs- Garnison auch mit besoldet habe. Um diese Ansprüche zu verwirklichen, ließ der Herzog von Meiningen am 19. Januar 1737 dem Festungscom mandanten Adam von Hanstein durch den Regierungs rath von Wollzogen den Befehl zufertigen, die Gebäu lichkeiten der Festung tariren zu lassen , die Munition und die Geschütze zu vertheilen und sodann die Garnison zu entlassen. Hanstein war über eine solche wohl wenig gebräuch

liche Aufforderung entrüstet und erhielt von seinem Herrn, wie sich voraussehen ließ , den Befehl , dieſen anmaßlichen M RE Førderungen nicht Folge zu leisten. Während sich so die Agnaten gegenseitig den Besitz der Festung streitig machten , geschah nichts , dieselbe in wehrhafter Verfassung zu erhalten,

und der Verfall von

Mauern und Wällen war vorauszusehen, obgleich die Com mandanten es nicht an Anträgen fehlen ließen

und 'na

mentlich Adam von Hanstein , Geheimer Kriegsrath und Landschaftsdirector , welcher 31 Jahre , von 1717 bis 1748 , die Stelle eines , Festungscommandanten bekleidete, seinen fürstlichen Herrn ununterbrochen und manchmal in sehr derber Weise darauf aufmerksam machte, wie die Beste ihrem Untergange entgegengehe , wenn nicht zu der gehö rigen Zeit die nöthigen Reparaturen vorgenommen würden. Unter Anderm bat er , ihm zur Besichtigung der schadhaf ten Stellen doch lieber Sachverständige, als fürstliche Räthe und Schreiber zu schicken , wie

welche die Sache anschauten f

die Kate das neue Ther" .

87

Troz aller seiner Bemühungen erlangte Hanſtein nur ,

daß 1724 ein Büchsenmacher zur Reinigung und Instandhaltung 2 der Geschüße angestellt wurde und daß, als im Mai 1727: ein Stück Mauer eingefallen war , die nothwendigsten Reparaturen daran im September vor genommen und der Aufwand hierzu aus Herzoglicher Kam Quant?" 219 mer entnommen werden durfte.visille ni almanna Unter feiner Commandantur.wurde auch der große Ziehbrunnen, welcher erst im Anfange, dieses Jahrhunderts verschüttet wurde , 1723 gereinigt.

Hierbei stieß man auf

zwei eiserne Kasten , auf deren Inhalt man sehr gespannt war ; als dieselben jedoch nach tagelanger Arbeit, während weicher die Spannung ſtündlich stieg , endlich ans Tages licht gebracht wurden ,

waren sie erbrochen und geleert,

ohne daß man über die Schäße , welche sie enthalten ha ben mögen ,

etwas in Erfahrung hätte bringen können.

Wahrscheinlich haben einige Arbeiter die Kaſten in gewinn süchtiger Absicht eröffnet , aber ein heimtückisches Schicksal hat den Inhalt von Neuem dem Abgrund zugeführt. Was bisher dem Commandanten zu erreichen gelun gen war, die Anstellung eines Büchsenmachers , und die Reis nigung des Ziehbrunnens , war jedoch nicht im Stande, die Festung vor dem allmäligen Verfall zu schüßen, und nur noch einmal schöpfte Adam von Hanſtein Hoffnung, zu einer gründlichen Wiederherstellung die nöthigen Mittel zu erhalten , als die Franzosen 1733 über den Rhein vor Die Flammen des Schlosses von Heidelberg leuch in das achtzehnte Jahrhundert hinein ; wer tief bis teten konnte wissen , wie weit sich dieser neue Krieg erstrecken

drangen.

88

würde ?

Es war daher nur anerkennungswerth , daß die

Herzoglich Sächsischen Häuser darauf bedacht waren , für sich und ihre Familien sichere Zufluchtsstätten zu errichten, in denen sie mindestens Schuß gegen feindliche Partei gänger finden konnten. Die Wahl fiel auf die Festung Coburg und auf das Schloß Rauenstein in Meiningen , welche beide in beſſern Zustand versetzt und mit den nöthigen Requisiten versehen werden sollten , ohne daß jedoch Wesentliches geschah, da man bald die Furcht als unbegründet befand. Zur Wahl der Veste Coburg führte außer dem Ver trauen auf ihre feste Lage noch der Glaube , daß von der Ehrenburg nach der Festung ein verborgener Gang führe, durch welchen die fürstliche Familie bei

einem allzu ra

schen Eindringen der Feinde sicher nach der Festung ge langen könne. Obgleich man

allgemein

das

Vorhandensein

dieses

Ganges für wirklich annahm, so war derselbe doch nicht auf zufinden, was dadurch erklärt wurde, daß durch den Brand der Ehrenburg

und

deren Wiederaufbau unter Herzog

Albrecht große Veränderungen in

den Gebäulichkeiten

vorgenommen worden waren. Der Oberst und Landschaftsdirector Adam von Han stein auf Einberg wollte jedoch

in seiner Jugend

den

Gang persönlich gekannt haben und wurde deshalb von dem Regierungsrath Johann Sebastian Kopp (Ahnherrn der Familie von Koppenfels) zu Protokoll dahin ver nommen :

" Daß er als Page bei Anwesenheit des Her

zogs Albrecht von Saalfeld mit seinem fürstlichen Herrn,

89

welchem er mit der Fackel vorgeleuchtet habe , durch jenen Gang nach der Festung gegangen sei.

Der Eingang zu

diesem Gange sei in der Schloßkapelle gewesen , die vor dem großen Brande des Schloffes 1689 sich in dem nach der Steingasse zu gelegenen Flügel (dem jezigen gehei men Archiv) befand ; auf der Bärenbastei seien sie heraus gekommen.

Er selbst sei damals noch sehr jung geweſen

und habe deshalb nicht mit der nöthigen Aufmerksamkeit den Gang betrachtet, könne deshalb etwas Näheres darüber nicht angeben." Die Nachforschungen nach jenem Gange waren jedoch damals ebenso vergeblich, wie die , welche bei Reſtauration der Festung unter Herzog Ernst 1. im Jahre 1839 vor genommen worden sind. Nach dem 1745 erfolgten Ableben des Herzogs Chri ſtian Ernst kam sein Bruder, Herzog Franz Josias *), zur alleinigen Regierung. Unter ihm wurden 1756 auf Antrag des damaligen Commandanten von Gersdorf sämmtliche Constabler der Festung (1 Corporal , 12 Constabler und 5 Exspectanten) beſonders in Pflicht genommen und dabei auf 39 Artikel vereidet , von denen wir , um ein Beiſpiel der Strenge damaliger Zeit anzugeben , nur den Artikel 6 anführen.

In demselben heißt es:

"Im Falle sich eine Feuersbrunst ereignen sollte so göttliche Vorsehung in Gnaden verhüten wolle — sollen die zur Artillerie gehörigen Constabler beim Zeughause sich einfinden und allda die nöthig seienden Ordres erwarten,

*) Starb 1764.

90

da

aber der

eine

oder der andere nachlässig

erfunden

würde, soll er mit Eisen und Banden belegt, an ein Stück geschlossen und mit Wasser und Brod unter freiem Him mel gespeiset werden." Wer aber in diesen Verordnungen noch ein Interesse für die Festung erblicken wollte , würde " sich sehr irren ; denn wie wenig Werth man schon Ende des achtzehnten Jahrhunderts auf die Festung als solche legte , beweist der Umstand, daß unter der Regierung des Herzogs Frieds rich Ernst * ) 1782 das große und schöne Zeughaus in ein Zucht- und Arbeitshaus **) umgebaut wurde , in wel chem bis zum Jahre 1813 auch Meiningische Verbrecher aufgenommen wurden. Die großen Waffenſäle wurden in Gefängniſſe um gewandelt und die Feldschlangen ** und Carthaunen, die Pan zer, die Hellebarden, die Sturmtöpfe, Pechkränze und Fah nen mußten Verbrechern Plaß machen. Hiermit war dem militairischen Dasein der Festung der Todesstoß gegeben, und als Herzog Franz Fried rich Anton ***) den Preußischen Kammerdirector von Kretschmann in seine Dienste nahm , um durch ihn die Regulirung seiner zerrütteten Finanzen zu bewirken, und dieser zur Deckung der dringendsten Kammerschulden die auf der Festung befindlichen Geschüße

im Jahre 1802

*) Sohn des Herzogs Franz Jostas. **) Wurde 1783 noch zu einem Kranken- und Irrenhauſe erweitert. ***) Sohn des Herzogs Friedrich Ernst.

91

veräußerte, die Festungsbesaßung auflöſte *) , die morschen Pallisaden verbrennen und die Steine

der

eingeſtürzten

Contre-Escarpe 1805 zu einem Dekonomiegebäude. verwen den ließ, hatte die Festung Coburg aufgehört, ein Waffen plaz zu sein. Wie auch die Zeitumstände dieses Verfahren gebieten mochten , nur mit Wehmuth konnte die alte Veste auf die Entweihung ihrer Räume und auf die prosaische Verwer thung ihrer Trümmer schauen, und es mag ihr ein Troſt gewesen sein , als die aus ihren Quadern erbaute Bier brauerei 1850 zu einer stattlichen Kaserne umgewandelt wurde. Wenn die alten , narbenreichen Invaliden von den Basteien der Festung herab auf das jugendfrische Leben des Kasernenplates blicken , so mögen sie gleiche Gefühle haben, wie die Veste, wenn sie auf dén militairischen Neu bau am Fuße ihres Berges herabschaut, und doch ist dieser aus dem ihr zugehörenden Gemäuer entstanden , wogegen aus dem einſt jungen , lebensfrohen Soldaten der ergrautę Invalide geworden ist.

*) Statt derfelben wurde eine noch jezt bestehende Invalidencompagnlé errichtet , welche einen Theil der vorhandenen Kasernen-Räume zur Wohnung angewiesen erhielt.. Eine eigentliche Festungsbesaßung hat Coburg nie wieder gehabt, jedoch wurde in dem Jahre 1848 zeitweis ein Detachement Jäger, 45 Mann stark, und vom 1. October 1850 bis 3. März 1851 eine 100 Mann starke Musketier-Compagnie auf die Festung verlegt. Zur • Zeit wohnen , wie schon erwähnt ist , einzelne Invaliden auf der Festung , das Festungs- Commando jedoch befindet sich in der Stadt.

IV. Abschnitt. Die Restauration. Die Festung, welche ein Jahrtausend der Schirm und Schuß des Landes gewesen , war entwaffnet und lief Ge fahr, brockenweise veräußert zu werden ; die einſt ſchüßen den Wälle füllten den Graben , und nur wenige Alarm kanonen waren von der reichen Armirung übrig, um Feuer signale zu geben. Die Pracht und Herrlichkeit fürstlicher Hofhaltung war längst schon erloschen ; die Fürsten hatten ja den festen Siz ihrer Ahnen mit einer bequemeren Residenz in der Stadt vertauscht und ihre Wohnung dem Commandanten über lassen ; jezt war auch dieser entbehrlich geworden, die Fe stung war nur noch Zucht- und Irrenhaus , kein Waffen plaz mehr * ) und wurde, als die Franzosen 1806 nach der Schlacht von Jena Besitz

von dem Lande nahmen,

nicht einmal einer Capitulation gewürdigt. Von seinem Hauptquartier Naumburg aus decretirte Napoleon (7. Novbr. 1806) dem Lande eine Contribu tion von 885,000 Gulden , welche so schnell wie nie ein Postulat der eigenen Regierung herbeigeschafft wurde und

*) Die Züchtlinge auf der Festung wurden durch Landmiliz bewacht.

93 schon verladen war , als durch außerordentliche Vermitte lung der Erlaß der Steuer bewirkt wurde. Der Kammerdirector Kretschmann, erfreut, in sei

ner Finanznoth so unverhofft zu einer verfügbaren Summe gelangt zu sein, verweigerte die Herausgabe derselben und ließ , als die Stände die Rückgabe der Contribution mit Nachdruck verlangten, am 9. Januar 1807 den Wortführer derselben, einen Herrn von Imhoff, auf Hohenſtein, ſei nem Wohnsize, aufheben und unter einer militairischen Es corte nach der Festung abführen. Kaum war dies ruchbar geworden , als am 10. Ja nuar ein großer Haufen Bauern aus dem Izgrunde unter Voraustritt der Schulzen nach der Stadt vor das Haus des allgemein verhaßten Kretschmann zoġ , um dort mit großem Ungeſtüm die Loslassung Imhoff's zu fordern. Kretschmann hatte sich jedoch in die Ehrenburg geflüch tet und überließ es dem gerade dort anwesenden Bruder des regierenden Herzogs Ernst I. , dem Herzoge Ferdi nand, und dem Grafen Mensdorf, die aufgeregten Ge müther zu beruhigen, was ihnen jedoch nicht gelang ; denn die Bauern sprengten das Steinthor ( Thor der Stadt, damals zunächst der Ehrenburg gelegen) und zogen durch dasselbe nach der Beste, um den Herrn von Imhoff aus derselben zu befreien. Der wüthende Volkshaufen drohte, das morsche Fe stungsthor zu stürmen. Da erschien Imhoff, veran= laßt durch den damaligen Commandanten Kurnatowski, auf der

neuen Bastei ,

ermahnte

von

hier

aus

zur

Ruhe und erklärte mannhaft , die Festung nicht zu ver

94

lassen , selbst wenn es ihnen gelingen sollte , in dieselbe einzudringen. Der Sturm in den Gemüthern war jedoch dadurch

noch keineswegs beruhigt , und es bedurfte noch der ein dringlichen Worte des greiſen , allbeliebten Feldmarschalls, Prinz Franz Josias von Sachsen, welcher sich zu Pferde nach der Veste begeben hatte, um die aufständischen Bauern zum Abzuge zu bewegen.

.512

Imhoff wurde am 31. Januar 1807 seines Arreſtes entlaſſen. Herzog Franz überlebte die Beſchlagnahme ſeines Landes nur kurze Zeit ; er starb am 6. December 1806 * und hinterließ nicht viel mehr als sein gutes Recht an Land und Gut seinem Sohn Ernst I. , welcher zur + Zeit General in Kaiserlich Russischen Diensten war. J Durch die Vermittelung des Kaisers Alexander erhielt er jedoch im Tilsiter Frieden sein rechtmäßiges Erbe wieder zurück und trat am 28. Juli 1807 die Regierung seines Herzog thums an. Daß Herzog Ernst in den ersten Jahren seiner Re gierung nicht daran denken konnte , die Festung aus ihrem Schutte zu heben , lag in den damaligen Verhältnissen zu tief begründet.

Fürst und Land hatten genug zu tras

gen , um die Contingente Spanien

und

für

den Krieg in Tyrol , in

in Rußland auszurüften, denn in jedem

dieser Felbzüge wurde das Contingent fast völlig aufge 1 rieben *). tify ***25 *) Die Coburger verloren gegen 2000 鼹 Mann in diesen Feldzügen.

95

Als jedoch der Herzog im Jahre 1813 der Sache der Verbündeten 3 beigetreten war und am 4. Mai 1814 von der Festung Mainz , welche er mit dem fünften Deut schen Bundescorps seit, Mitte Februar blokirt hatte , Be ſiz nahm , da gedachte er durch die ihm zufallende Kriegsbeute seine Coburger Festung wieder zu armiren. Aber ein Unstern schien über diesem Plan zu schwe ben. Die aus Mainz entnommenen Geschüße waren Baie rische und wurden bei dem Transport nach Coburg in Hanau, ebenso wie die Munitionswagen später in Aſchaffen burg, von Baierischen Truppen in Beschlag genommen und troz aller erhobenen Reclamationen nicht wieder , heraus gegeben. Ein schwacher Erſaß für den Verlust wurde dem Her zog , indem ihm in Mainz sechs Kurfürstlich Sächsische alte Geschüße übergeben würden , welche glücklich am 3. April 1815 in Coburg anlangten und zu den vier Französischen 16-pfündigen *) gestellt wurden ,

welche das Herzogliche

Contingent aus der eroberten Rheinschanze bei Manheim nach Coburg gebracht hatte. War so auch die Armirung der Festung nicht bewerk stelligt, so lag doch dem Herzog die Wiederherstellung ders

*) Zwei derselben wurden 1848 auf Befehl des jezt reglerenden Her zogs zum Standbild des Herzogs Ernst verwendet, welches den Schloßplaß zu Coburg ziert. Außer den dazu bestimmten Ge schüßen wurde aber noch ein drittes nothwendig , und hierzu nahm man unglücklicher Weise ein wahres Cabinetsstück , die sogenannte Pabst-Kanone, welche aus dem Schmalkaldiſchen Kriege stammte und 1546 gegoffen war.

96

selben nicht weniger am Herzen , aber immer noch dräng ten sich wichtigere Unternehmungen vor , unter denen wir nur den ſegensreichen Bau der Chauffee von Gotha nach Coburg erwähnen, bis er endlich im Jahre 1838 den Zeit punkt erkannte , wo er seinen Lieblingsplan ins Leben ru fen konnte.

Unter dem treuen Beistand des jeßigen Festungscom mandanten, des Generals von Schauroth, hatte zwar der Herzog schon seit dem Jahre 1827 begonnen, den in Trüm mern liegenden Wall und Graben einzuebnen und diese durch Steinbrüche unterbrochene Wüstenei in einen schönen Spaziergang zu verwandeln. Mit eigener Hand pflanzte der für die Schönheiten der Natur so empfängliche Fürst edle Obstbäume an oder beſtimmte wenigstens die Pläge, wo sie gepflanzt werden sollten, und bald glich der sonst öde Festungsberg einem blühenden Garten. Die eigentliche Restauration ,

die Wiederherstellung

der Gebäulichkeiten , begann jedoch erst 1838 , in welchem Jahre

er dieselbe

der Leitung des bekannten Profeſſors

Heideloff und eines Schülers desselben, des Baumeisters Georgel aus Nürnberg , übergab , von welchem zunächſt die Wiederherstellung

des Fürstenbaues

(der ehemaligen

Residenz) im mittelalterlichen Style ausgeführt wurde *) . Die Fresco - Malereien der Außenseite des Fürsten baues, sowie die Malereien im Innern wurden dem Herrn

*) Die Kosten wurden aus der Privatkaſſe des Herzogs bezahlt , jedoch bewilligten die Stände bei Gelegenheit der Feier der 25jährigen Regierungsdauer einen Beitrag von 2000 Gulden.

'97

Professor Schneider, Herrn Beck aus Gotha und Herrn Rothbart aus Nürnberg übertragen und nach Heide loff's Entwürfen

ausgeführt.

Von Rothbart (gegen=

wärtig als Inspector der Veste angestellt) sind die schönen, auf Goldgrund gemalten , faſt lebensgroßen Portraits in den Lutherzimmern , nämlich Luther's und Katharina's von Bora , sowie die Portraits der Reformatoren Beit Dietrich, Caspar Aquila, Chriſtian Bayer, Georg Brück , Justus Jonas , Philipp Melanchthon, Johannes Bugenhagen , Georg Burkhardt. Was Herzog Ernst begonnen, sette sein Sohn , Her zog Ernst II., nachdem er im Jahre 1844 die Regierung angetreten hatte , mit gleicher Liebe fort. Auf seinen Befehl wurde im Jahre 1851 die Kirche, welche einzustürzen drohte , neu erbaut , das schöne Brun nenhaus errichtet und im Jahre 1852 der Bau des statt lichen , maſſiven Wirthshauses *) auf der südöstlich gele genen Festungsmauer unter Leitung des Hofmalers Roth bart begonnen und 1854 beendet.

In demselben Jahre

wurde die Terrasse , welche von der hohen Baſtei nach dem Festungshofe führt , sowie der noch nicht restaurirte Theil des Fürstenbaues wieder hergestellt, wodurch es mög lich wurde, den auf der Festung befindlichen Sammlungen eine größere Ausdehnung zu geben.

*) Hierzu wurden von den Ständen 20,000 Gulden verwilligt ; außer dem werden jährlich 2000 Gulden zur Erhaltung der Festung ver wendet und zwar 1000 Gulden aus der Staats- und 1000 Gulden aus der Domainen - Kaſſe. 77

98

Wie viel aber auch geschehen ist , immer bleibt der schaffenden Hand noch viel zu thun , um das Ziel zu er reichen, welches sich der fürstliche Bauherr gesteckt hat ; in deſſen dürfte schon jetzt die nächſte Umgebung der Festung und der östliche Hof derselben mit seinen alterthümlichen Gebäuden und seinen Terrassen , gehoben durch eine ent zückende Fernsicht ,

wohl schwerlich

in Deutschland

an

Schönheit und Denkwürdigkeit zugleich übertroffen werden und als daher im Sommer 1855 die Fränkischen und Thü ringischen Sänger Wettkämpfe hielten ,

in tausendstimmigem

Chor

hier ihre

verhallten die Töne des Liedes in

Bewunderung der neuerstandenen Coburg.

Schluss.

Hier schließt die Geschichte.

Von Karl dem Gro

ßen erbaut, war die Veste ein Bollwerk des Christenthums. Von frommer Hand gepflegt und von ritterlichem Arm ver theidigt, bot sie in dem fehdereichen Mittelalter Schuß und Schirm dem Hülfsbedürftigen und Vedrängten.

In ihren

Hallen dichtete Luther " Eine feste Burg ist unser Gott" , und als ob das kraftgebende Lied des großen Reformators Mauern und Zinnen durchdrungen habe , so kräftig wider ſtanden Mauern und Zinnen dem ſtolzen Herzog von Fried land. Aber die Thore , welche die Gewalt nicht zu spren gen vermochte , wußte einige Jahre später niedrige Liſt zu öffnen. Im achtzehnten Jahrhundert vernachlässigt von Fürst und Land, verfielen Wall und Graben, und die einst so prächtige Hofburg

der Grafen von Henneberg und der

Herzöge von Sachsen würde heute nur noch eine Ruine sein, wenn nicht zwei hochherzige Fürsten dem Verfall mit kräftiger Hülfe Einhalt gethan hätten. Die Wiederherstellung der Burg hat zwar nur einen friedlichen Charakter angenommen ; die hohen Baſteien schei nen nur noch vorhanden zu sein , um von ihnen herab das 7*

100

Auge durch den Blick auf das Wundervolle der umgeben den Natur , auf die hohen Gebirgsmassen , verfallene und bewohnte Schlösser, auf blühende Gärten und liebliche Thä ler zu entzücken ; reiche

die schönen Räume

Sammlungen

nommen

für Kunst und

der Burg

haben

Wiſſenſchaft aufge=

und doch hat die Festung ihren militairiſchen

Werth noch nicht verloren , sie beherrscht nach wie vor die ſchöne Kunſtſtraße, welche als Bandſtreifen über den Berg rücken des Thüringer Waldes gelegt -Nord-

und Süd

deutschland verbindet, und sie wird dereinst auch die Herrin der Eisenbahn sein, welche, als überflügelnde Nebenbuhlerin jener Straße, in den Thälern der Ih und der Werra dahin laufend , durch die auf ihren Schienen wirkende Dampf fraft den weiten Raum zwischen dem nördlichen und dem südlichen Bergabhange in enger Spanne.zuſammenfaſſen wird , wie das stärkere Gewicht die elastische Spirale zu ſammenpreßt. Und wenn nun auch die Restauration der Festung kei nen militairischen Zweck im Auge hatte , wer vermag in die Zukunft zu ſehen , ob sie nicht doch für den Soldaten gearbeitet hat ? Denn wie man im siebzehnten Jahrhundert und später nicht ahnen mochte , daß der Waffenplay, an welchem Wallenstein's Stürme abprallten, im neun zehnten in einen Plaz verwandelt werden würde, in wel chem die vorhandenen Waffen nur für das beschauende Auge und nicht für den wehrhaften Arm aufbewahrt wer den ,

wer kann wissen , ob nicht die aus Kunſtſinn und

Pietät erhaltenen Mauern früher oder später von_Neyem vom Waffengeklirr durchdröhnt werden ?

101

Wie es aber auch kommen mag: die heutigen, wie die künftigen Geschlechter werden von Dank für die Fürsten erfüllt sein ,

welche die Coburg ihrem Verfall

entriſſen

haben , auf daß die Wiege Ihres Stammes noch ferneren. Jahrhunderten Kunde bringe von der Festigkeit und Dauer Ihres erhabenen Hauſes.

Anhang.

{

I.

Armiqung der Vefte Coburg.

Die Ausrüstung der Veste Coburg mit allem erforderli chen Kriegsmaterial ergibt sich aus den nachstehenden Inven tarien-Auszügen , welche , wie ein großer Theil der geschicht lichen Notizen, aus dem Herzoglichen Staatsarchive zu Coburg entnommen sind. Beilage B Das Inventarium vom Jahre 1604 erscheint als das älteste , das aufzufinden gewesen. Das vom - Beilage C ―――― vor der Lamboy'schen Bela Jahre 1634 gerung aufgenommen, zeigt sich, obgleich es die geringste Zahl an Geſchüßen (nur 44) angibt , in den anderen Gegenständen als das reichhaltigste. Das vom Jahre 1735 - Beilage D ganz gleichlautend bezüglich der Armaturen mit dem vom Jahre 1711 , war das neueste, das aufzufinden gewesen . Vergleicht man nun das Inventarium vom Jahre 1604

mit der sub Lit. A beigefügten Zusammenstellung derjenigen Gegenstände , welche am 19. Mai 1581 von der Beste Co burg nach Leipzig geschafft worden , so ergibt sich , daß bei dem Tode Herzogs Johann Wilhelm 1573 die Beste an grobem Geschüß und den dazu gehörigen Bespannungs- und Ausrüstungs - Gegenständen am wohlversehenſten gewesen sein dürfte , indem nicht wohl angenommen werden kann, daß alle ver Regierungs - Antritt Herzog Johann Casimir's gegoſſe=

106

nen und im Inventarium 1604 angeführten Stücke vom vor genannten Fürsten wirklich angeschafft worden seien *).

A. Zusammenstellung derjenigen geschütze, Munitions , ſowie Beſpannungs- und Ausrüftungs-Gegenstände, welche am 19. Mai 1581 von der Vefte Coburg nach Leipzig abgefahren worden. (Extrahirt aus einem im Herzogl. Geheimen Archive zu Coburg sich hier über vorfindenden Inventarien-Verzeichniß.)

1 große Steinbuchse, 1 mittel Steinbuchse, 3 halbe Cartaunen , 2 Quartierschlangen, 3 Eleine Quartierschlangen, 7 Innsbrucker Schlangen , 2 Steinbuchsen (Schildkröten genannt) , 4 Keilstücke, 3 kleine Straubuchsen mit ihrer Zugehörung , 1 Braunschweiger Straubuchse, 1 Nürnberger halbe Cartaune, 1 Nürnberger Schlange,

3 halbe Schlangen , 1 Quartierschlange, 1 großer Feuer-Mörser (Mörsell), * ) Als Curioſum mag erwähnt werden , daß sich in einem Inventar vom Jahre 1700 unter den Vorräthen auf der Veste auch 3 Cent ner Tabak nebst 200 Tabakspfeifen für die Mannschaften verzeich net finden.

107

1 Scherpendienlein , 3 Hafenbüchsen auf Böcken (uf Bäckenn) , 2 gegossene Böllerlein mit Rädern ſammt Ladung , 3 Scherpendienlein auf Böcken, 1 Cammerstücklein mit Rädern sammt der Ladung , 1 2 2 11

Cammerscherpendienlein mit Rädern, Scherpendienlein, Cammerscherpendienlein , Mörser (Mörfell).

In Summa 60 Geschüße.

8,573-3-, 4-, 5-, 6-, 11-, 18-,

23- pfündige Kugeln. Zubehör.

8 Schrotfäßlein und verschiedenes

Die zur Transportirung dieser Effecten nöthig geweſenen Spanndienste wurden geleistet durch Amtsangehörige von Cap pelndorf, Ichtershausen , Weimar , Wachsenburg , Reinhards brunn, Cahla, Saalfeld.

B.

Auszug aus dem im Herzogl. Geheimen Archive zu Coburg depo= nirten, im Jahre 1604 auf Befehl Sr. Durchlaucht des Her= zogs Johann Cafimir

zu Sachſen aufgenommenen

Inventarien- Verzeichniß der Veste Coburg. 1 neue Schlange, gegoff. zu Nürnberg 1587, schießt 10 Pf., 1 Braunschweigerin , Anno 1526 gegossen, schießt 7 Pfd., 2 landgräfliche Schlangen, 1 neues Halb -Schlänglein, Anno 1600 gegossen, 1 Cammer-Falconet, Anno 1589 gegossen, 1 Feuer-Mörser,

108

2 1 3 2

neue Falconets, zu Nürnberg gegossen, messingner Stoß-Mörser, zu Nürnberg gegoſſen, Birsch-Falconets, Anno 1508 gegossen, Falconets von Eisenach, 1539 gegossen,

3 dergleichen, 1505 gegossen , 1 dergleichen kleines, 1 Eisenstücklein, 5 kleine Musterstücklein, 2 Serpentine, 2 Feuermörser, 2 Strauße mit dem Sächsischen Wappen ,

1513 ge

gossen , 21 Pfd., 1 Dorntreterin mit dem Churfürstlichen Wappen , Anno 1501, schießt 15 Pfd., 1 das Hornnest mit Zugehörung, 3 Steinbuchsen, 5 Pfd. , 1 Sternberger Stücklein, 1 Römhilder Stücklein, 7 Scherplin, 1 Falconet.

46 Geschüße in Summa.. 76 Doppelhaken, 677 lange Röhre mit Schwammschloß, 13,234 Geschützkugeln für die verschiedenen Caliber , 5,957 Musketen- und Büchsenkugeln , 130 Racketen und Feuerkugeln mit Widerhaken , 218 Sturmtöpfe mit ungelöschtem Kalk und Eisen, 4 Faß Salpeter , 1 Faß Schwefel,

362 Tonne Pulver , 1 Faß Zündpulver, 40 Harnische mit Sturmhauben,

109

23 1095 133 33

schwarze Rüstungen mit Sturmhauben, Hellebarten und Spieße , Morgensterne, Sturmangeln , 16 Steinwaffen , 7 Patrontaschen, 3 Fahnen , 4 Schweizer - Trommeln .

C. Auszug nus

em im Herzogl. Geheimen Archiv zu Coburg deponir=

ten, im Jahre 1634 auf Befehl des Durchlauchtigsten fürsten Johann Ernst, Herzogs zu Sachſen, aufgenommenen Inven= tarien-Verzeichniß der Veste Coburg. 2 halbe Cartaunen ,

1 verjüngte dergleichen halbe, schießt 24 Pfd. Eisen, 1 dergleichen , 24-Pfünder, 3 Viertel- Cartaunen, 12-Pfünder, 6 Quartierschlangen, 10- Pfünder, 8 Falcaunen, 6-Pfünder, 1 halbgewundene Falcaune, 4-Pfünder , 1 gedeckter Feuermörser, wirft 60 Pfd . Steine ,. 1 gegossener eiserner Feuer = Mörser , 20 Pft . Steine werfend, 2 gefaßte Orgelwerke (Sturmgeſchofſe) mit eiſernen Roh ren, das eine mit 49 , das andere mit 22 Schüſſen . Hierzu sind vorhanden : alle Ladschaufeln, 6 Kol ben und Wischer und 2 Zündruthen.

110

3- Serpentinlein , 12 dergleichen,

auf Laffeten.

3 dergleichen, 44 Geschüße in Summa. 223 Streif- und Doppelhaken , 59 lange Hakenrohre , 246 Schußbüchsen und Musketen , 659 gemeine Luntrohre oder 1,187 Handschußzwaffen in Summa.

5,299 Geschützkugeln , 4- , 6- , 7- , 10- , 12 , 15-, 18 -, 21 - pfündige, 41,291 Kugeln zu Doppelhaken und Musketen , zu 3, 2, Pfd., und 8 Kugelformen , und 514 Granaten, 108 Sturmtöpfe, gefüllt, 100 Sturmtöpfe, ungefüllt, 10 Kartätschen mit Zubehör , 882 Centner Lunten , " 358 Blei, 169 "1 Pulver, " / 7 Salpeter,

3 8

"1

Schwefel, Bech ,

207 vollständige Harnische, 75 Bürgerrüstungen, 113 24 140 136

Landsknechtsrüstungen , Soldatenrüstungen, Bruststücke , Rückstücke,

549 Visirhauben und Helme, 243 Hellebarten , Partisanen , Piten , 19 Morgensterne,

111

1 Fangeisen , 120 Turnier = 100 Schlachtschwerter. Außerdem fand sich vor :

ein nicht unbedeutender Vor

rath an Schanzzeug, sowie ein großer Vorrath an Bespannungs gegenständen , auch 3 alte Taffet-Fahnen gelb und schwarz und 3 Schweizer-Trommeln.

D.

Auszug aus dem im Herzogl. Geheimen Archiv zu Coburg deponir ten, im Jahr 1735 aufgenommenen Inventarien-Verzeichniß der Veste Coburg.

1 halbe Cartaune, schießt 24 Pfd. Eisen, 2 Quartierschlangen, 12 Pfd. , 1 dergleichen, 12 Pfd., 1 Viertels -Cartaune, 12 Pfd. Eisen, 2 Feldschlangen, 10 Pfd . Eiſen, 2 dergleichen, 2 Pfd. Eisent, 3 Falcaunen, à 6 Pfd. Eisen, 3 dergleichen, à 6 Pfd. , 2 metallne Mörser, wirft jeder 58 Pfd . Steine , 1 eisernes Stück, schießt 1 Pfd. Eisen, 2 kurze metallne Stücken , 6 Pfd . Eisen , 1 gewundene Schlange , à 6 Pfd., 3 Feldschlangen, à 2 Pfd ., 1 Falcaune, à 6 Pfð . , 3 Feldschlangen, à 2 Pfd. , "

112

2 kleine Mörser, à 4 Pfd. Steine , 1 1 1 1 6

Haubize von geringer Gattung , eisernes Stückchen auf Laffeten , eisernes Sturmgeschoß von 49. Läufen , dergleichen mit 22 dergleichen , Serpentinlein,

6 dergleichen, 3 dergleichen. 49 Geschüße in Summa. 4 Musletons auf Laffeten, 116 211 23 310

einfache und Doppelhaken, Grabenrohre ,

Luntrohre , Musketen,

14,846 Geschützkugeln, worunter 324 steinerne, 5 Fässer Musketenkugeln , 3 Centner geringer Hagelschrot, 1,853 Granaten zu 3 Pfd ., 1,293 andere Granaten, 28 Sturmtöpfe mit Granaten , 20 Bomben, 11 Kartätschen, 112 Centner Blei , 2 Cürasse mit Casquets , 65 Schlachtschwerter, 256 Stilets ,

68 Piken, 115 Patrontaschen , 19 Morgensterne,., 1 Fangeisen. Außerdem waren vorhanden : 6 alte Compagnie - Fahnen, ein nicht unbedeutender Vorrath an Sturmtöpfen, Pechkränzen,

113

an Schanzzeug und Bespannungs-, ſowie Ausrüstungs-Gegen ständen , die einzeln hier aufzuführen nicht von erheblichem Interesse sein dürfte. Vergleicht man den geringen Bestand an Waffen und Rüstungen Anno 1735 mit dem im Jahr 1634 , so scheint es , daß die im Fürstenbaue der Festung aufbewahrten Nü stungen 2c. zur Zeit nicht mehr als Inventarien - Stücke der Festung , sondern ausschließlich als Gegenstände von historischem Werthe angesehen worden sind.

8

II.

Schreiben des Kurfürsten Johann Friedrich an seinen Bruder Herzog Johann Ernst zu Coburg , de Anno 1543. Adolph von Schultes , Urkundenbuch , 1814 , pag. 120. .

Nachdem auch gedachter vnser lieber Bruder (Johann Ernst) weiter bei uns freundliche Ansuchen getan , S. Lieb freuntlichen vnd brüderlichen rath mitzuteilen, ob S. L. Fürst lich wesen und Hofhaltung vom Schloß in die Stadt Coburg verendern vnd dieselbige also in der Stadt anrichten vnd an stellen mochten , aus diesen dreyen Ursachen , das den armen Leuten ganz beschwerlich auch mit der Zeit nit wol zuertauern sein wolt , die schuldige Frohnn rff das Schlos zu thun und zu leisten , und zum andern das S. L. nach aller Gelegenheit ir Fürstlich Wesen in der Stadt zu haben bequemer seyn wolt auch mit weniger Vnkosten vmb egliche tausent Gulden dann vf dem Schlos beschehen kunte , zum dritten das auch S. L. merkliche Fahr vnd Schadens Brandes vnd Feuersnot sich be sorgen musten ; Vnd wie wol Wir S. L. hirinne nichts funderlichs zu

raten wißen, aus deme das Wir eine lange Zeit vnser Wesen zu Coburg nit gehabt , vnd die Gelegenheit dieser Zeit nit genugsam wißen; So wollen wir doch S. L. darauf folgende

115 Anzeige freuntlicher und brüderlicher Meinung zu thun nit unterlassen ; Bnd nehmlich so besorgen Wir , wie von vnsern Bruder zum Theil angezogen , Solten S. L. ir Hofhaltung und Fürstlich Wesen vom Schlos in die Stadt Coburg ver ändern, so würde alsdann gemelt Schlos nit mer in der Ach tung seyn , Wie es alwegen gewesen vnd noch ist , sondern So wolt auch S. L. das Haus dieselbige dadurch fallen. oder Schlos , so sie in der Stadt zu bauen vf solchen vals Willens wären , solt es anders als ein fürstlich Haus vnd sunderlich mit solchen Wesen, wie S. L. albereit vf den Schlos haben, zugericht nit ein geringes kosten und stehen ; Wolt auch S. L. alsdann solch Haus oder Schlos gegen der Stadt sun derlich befrieden , wie denn S. L. freilich nit würden vnder laßen wollen , so wolt darzu auch ein ſtatlich Geld gehoren. Vnd wenn gleich S. L. solch Haus nach allen iren Willen erbauet, so würde doch S. L. vf den Schlos einen Hausvoit, Wechter , Torwerter , Haußleute vnd andere, wie Herkommen, vnd also vff dem Schlos vnd in der Stadt zwo Kuchen hal ten müßen. Zudem würde es schwerlich abgehen, S. L. würde ezliche ire Diener, welche in der Stadt ire Weiber vnd Kin der hetten vnd jezt vf dem Schlos die Hofkost hetten , vom Hofe speißen laßen. Ob nun solchergestalt die Unkosten ge ringert oder gemehret vürde , ist leichtlich zu bedenken. Dar über würde S. L. nit wenig vffgehen , do sie Ir Wesen in der Stadt anstellten mit deme do ihn bisweilen Fürsten Graven vnd Herrn in der Stadt benachtenn , daß dieselben zu S. L. kommen dieselbige ansprechen , die würden S. L. bei sich zu gast behalten oder laden oder aber zum wenigsten das Geschenke in die Herbrige bringen laßen , welches aber nit geschehe do sein Lieb vffen schlos were. Das aber auch den Frohnleuten die fron of das Schlos beschwerlich fürfelt, solchs ist an ime selbst, aber dieselben Fronleute haben vnsers 8*

116

Erinnerns gute vnd stadtliche Gutern , davon ſie ſunſten, außerhalb solcher verpflichten Fron , wenig thun vnd geben dorffen. So haben auch die von Henneberg , ehe das Ortland zu Franken an das Haus zu Sachßen gekommen ist , jhe vnd al wege Ir fürstlich Wesen vnd Hofhaltung vf den Schloße Co burg gehabt vnd die Leute die schuldige Fronen geleistet. Desgleichen ist bei Herzog Friedrich vnd Herzog Johannsen seligen auch bei Uns als Ir Libden vnd Wir jhe bisweilen ein Zeitlang zu Coburg gelegen auch beschehen vnd sich die Leute solcher Frohn nit beschwert. Aber es will zu gedenken seyn , nachdem nun eine lange Zeit kein regierender Fürst zu Coburg wesentlich gewest vnd blieben ist, die Leut werden der pflichtigen Fronen vngewohnt sein ; gleichwolen sein sie dieselbige zu thun vnd zu leisten ſchuldigk, so haben dieselbigen den Pflegern , die dennoch auch zum teil ein ziemlich Kosten vnd Feuer gehalten , auch thun müßen. So müßte sein Liebden in der Stadt , so sie Ir Hoflager alda halten würden nit weniger dan auf dem Schloße die Fahr des Feuers gewärtig sein, So dann S. L. auf dem Schloße wo aldo vbel zugesehenn der Fahr an zweien Orten gewertig seyn müſten vnd alſo , doch Gott für sei , do ein Schaden erfolgen solte, er an zweien Orten zugewarten, nach theiliger sein , den so er an einen Orte allein beschehe. Solches haben Wir S. L. freuntlicher Meinung anzeigen wollen wie es um S. L. mit Veränderung irer Hofhaltung vnd Wesen darüber wollen gehalten haben , solchs stellen wir S. L. zu bedenken anheim.

III .

Aeltesten Artikelsbrief, gegeben vom Herzog Johann Wilhelm 1569.

Artikels Brief, unnſer -

Von Gottes gnaden Johannes

Wilhelm Herzogen zu Sachsen Landgraven in Duringen Und Marggraven zu Meißen, Besoldeten Lands Knechten uf unser Vestung Coburg, dorauf sy sollen vereydet werden. Erstlichen Wollen wir , daß sie sollen schweren und geloben uns und unsern Erben treulichen zu dynen, unfern Schaden zu wenden, und Frommen zu fördern, und unsern Haubtmann Jobsten von Wigleben odr seines Abwesens , Wehme wir solches uferlegen und bevelen werden , an seyner stadt gehorsam zu seyn , Alle dasjenige so er , oder dieselben Inn schaffen und verbiedten werden, dasselbe ohne Alle Widerrede , und Ausflucht zu thun und keine Meuterey , obr Unwillens under einander zu machen. Wo aber Einer oder mehr darwieder ungehorsam erſchiene, odr des befunden würde , der odr dieselben sollen vermöge des Artikels Briefes und nach erkenntniß des Haubtmanns ernstlich gestrafft werden. Und sollenn alle Knechte welche in Besagung aufgenom men nicht anders als uf drey Jar zu dienen angenommen und verpflichtet werden , so sich abr einer oder mehr unterſtündte, ungehorsamlich gegen den Haubtmann und andren Bevelhabern

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oder sonsten zu erzeigen. So soll dem Haubtmann frei stehen, den oder dieselben Innhalts des Artikels Briefes zu straffen oder mit unfren Wissen zu enturlauben.

Würde sich auch nach

gestallt und Gelegenheit der Sachen zutragen , das wir be dacht währen dr Knecht einen oder mehr für Ausgangs dr . Dreyer Jahre, darauf sy angenommen , Inwendig eines hal ben oder ganzen Jars , Kurz oder länger zu enturlauben, ſo soll solches in unsern Gefallen stehen , und der Besoldung halber nach Anzahl dr Zeit , die er oor sy gedient gehalten werden. Item , es sollen einem Jeden knecht Virzig Gulden uff die vir Quatember Zeit gegeben werden. Ob man Gold, oder Gulden, Groschen geben würde, dy sollen sy nehmen Jeder Zeit , Wie sye gängich und genehm sünd Jedoch da sich das Geld verzög , und Inn eßlichen Tagenn und Zeit , gleich nicht da were , so sollen sie gedult tragen und nichts desto weniger Ir Sach versehen , und ſonſt nichts abschlagen, Wie den Kriegsleuten gebürt. Es soll auch keiner ohne Erlaubnis des Haubtmanns in die Statt oder sonsten von der Festung , Inn Zeit seines verwendeten Dienstes gehen , sich auch in keinerley Wege ohne des Haubtmanns Willen und Paßbore (passeport) aus sei nem Dienst wenden, bei Leibstraff. Item, ob auch einer oder mehr Verrätherey, oder Andere böße stück treiben , der oder dieselben sollen am Leib gestrafft werden. Item , Ob einer Altenn Neid und Haß zum Andern hätte , so soll er demselben nicht Rechnen , weder mit Wor ten oder Werken , wo aber einer oder mehr das übertreten würden , der oder dieselben sollen an Leib und Leben gestrafft werden. Es soll sich auch keiner understehen, einige meuterey und

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Zweifaltigkeit under den bestellten Dienern, Vöchtern und An dern unserer Dienern machen. Welcher aber das übertreten würde , die sollen an Iren Leibern ernstlich gestrafft werden . Und wo sich dann Zweie oder mehr Außerhalb der Festung schlügen. So sollen die nächsten dabei treulichen , und die Partey ihnen Frieden feiren Zum Ersten , Andern und Zum dritten mal und welcher dann nicht Fried geben , und darüber zu Todt geschlagen würde , so soll der drum den Tod frei gebüßet haben , und dr einen überbotenen Feinde schlächt am Leib und Leben gestrafft werden. Würde aber darüber einer den Andern auf der Vestung schlagen oder verwunden , und also den Burgfrieden brechen , drselbe ſoll sein Leib ohne Alle Gnad verwirkt haben. Es soll auch keiner den Andern nicht ausfordern , da es aber vom Einen oder mehreren beschehe , So soll der Ausge forderte Jenen zu volgen nicht schuldig sein, sondern der Ver brecher auf erkenntnis des Haubtmanns gestrafft werden . €8 soll auch keiner und sonderlich wenn die Wach besezt ist, bei Nacht nicht

abschießen , dadurch kein Verath geschehen

möge oder sich mit einander schlagen bei Vermeidung der Leibesstraff. Ob auch einer auf die Wach beschieden wäre , und nicht käme , der soll gestrafft werden, Und ob einer von der Wach were und darob ohne erlaubnis Wegging, der soll ohne Gnad gestrafft werden , gleicher Weis , Welcher von Knechten oder Wächteren auch schlaffend an der Wach befunden wirdt , und derselbe darüber der Pasteien oder mauern hinabgestoßen wird. So soll sein Leben damit gebüßet , und der so es thut nichts verbrochen haben. Es soll auch keiner nach Besetzung der Wach sich aufm Wall , dr nicht zur Wacht beschieden , finden lassen , bei ern ster Straff.

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Es soll auch ein Jeder sich des Zutrinkens und Trunken heit enthalten bei ernster Straff. Es soll auch ohne merk liche Ursachen keiner keinen Lärm machen bei ernster Straff. Es soll auch kein Spielen höher denn umb ein ... oder ei nes Gulden aufs Höchste, zum Kurzweilen nachgelassen werden. Wo aber einer dem andern Wenig oder viel auf Borg abge wönne , so soll Im der Andere zu zahlen nicht schuldig sein, sich auch uff den Spiel und Play friedlich haben ; Darzu soll alles Spiel nach beseßter Wach verboten sein. Des Burgfriedens halber soll es dermaßen gehalten wer den , daß derselbe für Jedermänniglich . Es sei hohes oder niedriges Standes Es sey auch ein bestelltr Dyner ufm Haus, oder were darauf mit Wiſſen des Haubtmanns gelaſſen. Odr so wir auf der Vestung sein würden , und Keme Jeman des mit uns Als ein Hofdyner, oder sonstenn auf die Vestung, statt und vestgehalten werden. Und ob Jemand mit dr That darwider handelt , und besonders seine Wehr zöge , oder auf schlüge , das er ohne Gnad am Leben soll gestrafet.

So er

Aber so gar gröblich darzu verursacht, Soll ihm doch zum We nigsten die Rechte Hand abgehauen werden . So aber Jemand mit Worten wider den Burgfrieden handelt , dr soll nach er kenntnis des Haubtmanns gestrafft werden. Es sollen auch Alle Gotteslästerung , schwur und Fluchen verbotten sein , bei eruster Straff nach erkenntniß des Haubt manns , welche aber solche Gotteslästerung üben und treiben. werden, die sollen so oft es geschieht, darumb ernstlich gestrafft werden. Und die Jenigen So solche Gotteslästerung hören, dem Haubtmann nichts verschweigen bei ernster Straff. Es soll auch ein Jeder seine Loßung fleißig merken und behalten. Welcher aber die vergißt und dieselbe nicht berich ten kann, dr odr dieselben sollen so oft es geschieht nach An maßung des Haubtmanns ernstlich gestrafft werden.

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Es soll auch keiner einem Andern Fremden, So auff die Wacht nicht beschieden, die Loßung offenbaren oder vermelden, bei Vermeidung ernstlicher Leibes- Straff. NB. Es soll auch ein Jeder sich des Zutrinkens und Trinken in maßen enthalten, denn wo einer Inn Völlerei schon was verhandelte , der soll so ernstlich als wenn er nüchtern gewesen währe am Leibe gestrafft werden. Ob sich auch ein Auflauf zutragen würde , so sollen sy Alle uf dn Wall zum Geschüß laufen und wohin einer verordnet wird , bleiben, und nichts vornehmen ohne Bevehl des Haubtmanns . Wir wollen das Je Keiner kein überflüssig getränk An Wein oder Bier aus der Stadt zu Zechen holen lassen , Sondern sich dessen allein zu teglicher Nodurfft erholen , bei Vermeidung ernſter Straffe. Nachdem auch noch zur Zeit kein Profoß , uf diß Haus verordnet , so sollen sy ob einige Mißhandlung von wem es auch were geschehen , dem Landknecht , oder Anderen , So sy denn odr die Uebertreter gefänglichen annehmen , daran · nicht verhindern, sondern vielmehr, ob sie angelangen , dazu förder lichen sein. Und ob einer odr mehr sich darüber gegen den Lands-Knechten vergreiffen würden, das der Mißhandler dadur chen Abhanden käme , So soll derselbe , Jun Aller maßen, Wiedrichenfalls am Leib gestrafft werden . Es soll auch keiner niemand Fremds ohne Wiſſen des Haubtmanns ufs Schloß führen , bei Vermeidung ernſter Straff. Sie sollen auch verpflichtet seyn wie ehrlichen Kriegs leutenn Zusteht , sich zu der Zeit nach Gelegenheit der No durfft uff erfordern des Haubtmanns uf den Posten oder An derst einzeln, halb, und paar gebrauchen zu lassen. Bei Ver meidung ernster Straff. Sie sollen sich auch alles Geschrey und Jauchzen so

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man in Schenkhäusern Zuweilen Pflegtt bei ernster Straff enhalden. Es soll auch keiner den Andern mit Schmeeworten an greiffen bey ernster Straff. Wo sich aber under Inen ein Widerwill begeben , dye sollen es bei dem Haubtmann führen, der wird dr Sachen woll nachzuschaffen wissen. Da auch einem oder mehr Urlaub gegeben würde , der oder dyselben solln dye Zeit Ires Lebens, dieser Bestung oder Hauses Gelegenheit niemandem offenbaren, Sondern bei einem Jeglichen bis In ſein gräbern Verschwiegenheit laſſen. Ob aber des Jemandes vorkäme , der oder dyeselben Sollen als meineidige Peinlichen gestrafft werden. Item , wo einer oder mehr währen , die vorgeschriebenen Artikel nicht halten , so soll der oder dyeselben , Als eidesbrü chige Peinlichen gestrafft werden , und ob etwas in den vor geschriebenen vergessen, und nicht gemelt wäre, das den Kriegs leuten zu halten Zusteht, Dieselben sollen gewährt und geändert werden. Es sollen Auch Alle bestellten Diener hohes und niedri ges Standes, Zeug- und Büchsenmeiſter ſambt andern Artillerye Dienern, Landsknechten , Knechten und Andern , oder was she ollen niemandes ausgeschlossen , So uff unsr Bhestung Co burg zur Nodurfft gebraucht , In dißen eyd und Artikel mit begriffen seyen. Da aber einer oder mehr darwider handeln würde, dye sollen ernstlicher Straffe gewärtig sein. Und welcher Also wieder einen oder den andern Artikel auch das Jenige sonsten verbrechen würde , so Kriegsleuten nicht zustehet , oder sich crafft des Burgfriedens oder sonst nicht gebüret , Dr oder dieselben sollen unsers Haubtmanns und andern Kriegsverständigen uf unserm Hauß Coburg Er kenntniß und Straff Unweigerlich gewärtig sein , Auch dieſel ben Dulden und leiden.

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Es soll auch dieser Artikels = Brief und Burgfriede uf ein Jedes viertel Jahr einmal gelesen werden , sich darnach Das zu Wissen zu richten , und vor Schaden zu hütten. Urkund und vhester Haltung mit unserm Schwert besiegelt Und gegeben zu Weimar den 26. Marty Anno 1569.

(L. S.)

Johann Wilhelm , Herzog von Sachsen.

(Das Original befindet sich im Herzoglichen Archive zu Coburg. )

IV.

Schreiben des

Obersten von Zehmen , 1634.

Durchlauchtigster Hochgebohrner Fürst, Euer fürstliche gna den meine unterthänige , gehorsame , willige Dienst jederzeit getreues Fleißes zuvor. Gnädigster Fürst und Herr. Ich bitte zum allerhöchsten, E. F. G. wollen mein vielfältig ahnmahnungs vnd errinnerungs schreiben zur vngnade nicht bemerken , weile es gleichwohle die hohe notturft erfordert , vndt meines gnädigen Fürsten vndt Herrn , vndt dehro Hrn. Brüdern, so wohle auch meiner vndt ander ehrlichen Cavalier , ſo sich alhier bey mihr befinden , ehr vndt reputation daran gelegen. Alß verhoffe ich unterthänig , E. F. G. werden es mihr desto weniger verdencken, Denn , wie gestern auch unter thänig errinnert, seindt die Soldaten bishero durch die große Kälte sehr erkranket, der Play aber zimblich groß zu besetzen vndt hingegen die Guarnison hierzu zu wenig vnd zu gering, jedoch E. F. G. deshalb nicht gedencken sollen, daß wir vnsern feindt fürchten vnd zaghaft werden wollen , sondern als ehr liche Leute thun werden , soviel in vnsern vermögen stehet. Dieweile man nun gewisse nachricht hatt , daß der Obriste Becker vnd Adelshofen von Königshoven, alda sie wenig ver richtet, wieder abgezogen vnd zurück Kommen, vndt nicht alleine gestriges Tages ein vornehmer Offizierer das Haus sehr wohl

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recognosciret , Sondern auch heint Nachts ahn etlichen ohrten approchiren lassen wollen , die aber mit Canonen und Mus queten schüßen wieder abgetrieben worden , das man heute noch nichts weiteres vernommen, so ist zu vermuthen, daß sie auch noch ein verſuch auf dieses Haus thun mögten. Weile wir nun mit dieſen völdkern gegen gewaldt einen solchen play zu defentiren nicht bastand (genügend) , so ist nochmahls ahn E. F. G. mein vnterthäniges , hochfleißiges bitten , dieselbe wolle ihr gnädig belieben laßen und uns mit 200 od. 150 guten Musquetiren, durch eine starke Cavalcade zu souteniren und wen es hierdurch nicht schicklich sein mögte, hielte ich der vor , daß dieselben nur bis Steyrheyd gebracht würden, und von da in der still durch vertraute personen und beh nachts wohl herein Kommen könnten. Also bitte E. F. G. ich vmb Gotteswillen, dieselbe wollen mich in dieſem nicht laßen, dar mit ich neben andern cavaliren , so sich bey mihr befinden, nicht in schimpf vnd schandt Kommen möge, Denn obwohle wir noch ander sachen zur beßern Proviantirung vonnöthen hetten, So findt das doch die begehrten Musquetirer aus ahngezoge= nen vhrsachen sehr höchst nötig , vnd dieselben auch je eher je beßer, Damit inmittelst nicht irgendt geschehen möge , so man hernach mit großen schaden nicht repariren Könte , Welches E. F. G. ich nochmahls nicht verhalten sollen , Vnd bey der endtlichen resolution unterthänig erwarten , Fbrs. Ann. 1634.

Coburgk d. 29,

E. F. G. unterth . Knecht georg Phillip von Zehmen.

V.

Accord, die Uebergabe der Veste Coburg betreffend , abgeſchloſſen am 27. März 1635 zwischen dem Kaiſerl. General - Wacht meiſter v. Lamboy und den Hrn. Festungs - Commandanten Georg Philipp v. Zehm und Georg Sittig v . Schlik genannt von Görk.

I. Dafern die zwischen Ihro Kaiserlichen Majestät und Chur Fürstlichen Durchl. zu Sachſen vorhabende Friedens - Tractaten zu Ende gelangen würden , und Ihr Fürstliche Gnaden oder die Vestung mit im Armistitio begriffen , oder noch begriffen werden mögte, ist man zu Frieden , alles dasjenige , was bei solchem Schluß vereinigt werden möchte , dießseits zu vollzie hen, und die Vestung dem regierenden Landes-Fürsten wieder umb einzuräumen , zu dessen Beförderung der Herr General Wachtmeister sich seines Theils bemühen wird. II. Die beede Herren Commandanten sollen Macht haben, alle dem regierenden Landes -Fürsten , Fürstlichen Frau Wittib und dero Fürstlichen Erben zugehörende Sachen und Mobilien, wie sie Namen haben mögen, mit sich abzuführen, und zu dem Ende ihnen auch nothwendige Fuhr und Vorspann verschaffet werden follte, jedoch daß die Commendanten und ganze Guar

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nison außer diesem und ihre eigenen Bagage weiter nichts, so in diesem Accord nicht begriffen, mit sich nehmen. III . Die Fürstliche Cantzley = Sachen , briefliche Documenten was das auch sey, soll man denen Herrn Cantzlar und Räthen zu ihren Henden und Verwahrung überantvorten .. IV. Beide hierher abgeordnete Commendanten ſambt allen ho hen und niedrigen Officirern Soldaten , sie feyn beritt- odr unberitten und ganze Guarnison , sollen Mittwochs den 18 obr 28 Martii früh umb 8 Uhr mit fliegenden Fähnlein, brennenden Lunden, Kugeln im Munde, ober und unter- Gewehr, gefüllten Bandeliren , flingendem Spiel , Sack und Pack und aller Bagage , wie die auch Namen haben mögen , abziehen, die Bestung Ihrer Kayserlichen Majestät einräumen , und an einen Ort über dem Wald den bequemsten Weg gegen Thürin= gen, den sie begehren werden, mit einer Compagnie zu Pferde convoyret, und unter Wegs mit nothwendigen Nacht-Quartie ren und Proviant, so viel die ganze Guarnison bedürftig , ver sehen werden. V. Bey währenden Abzug soll niemand von der abziehenden Guarnison angetastet, oder auff einigerley Weise angesprochen, viel weniger einiger Knecht Dienste zu nehmen, bezwungen oder beredet verden, sondern da einer oder der ander vorbemeldeter Officirer folds im geringsten verspüren, sollten sie ihn am Le ben gleich zu straffen Macht haben. VI.

Die Herren Commendanten mögen bei dem Abzug 2 Stücklein von 6 Pfund treibend, neben 6 Centner Pulver und 20 Kugeln mit sich nehmen, die übrigen Stück, Munition und Proviant, so vorhanden , sollen auff der Vestung verbleiben,

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und soll man den Abziehenden zur Fortbringung der beyden Stücken, wie auch ihrer Kranken, nothwendige Fuhr und Pferd verschaffen , jedoch daß die sämtliche Vorspann von dem Ort, vo sie hin convoyrt werden , wiederumb sicherlich ohn alles Vorwenden zurückgelassen werden, deßwegen die Abziehende die beyde im Land geſeſſene und zurückbleibende von Adel , den von König und Hanſtein, dahin vermöcht , daß sie davor gut gesagt haben. VII. Dem Obristen Zehm , welcher zu vorderst an des regie renden Landes- Fürsten Pflicht und Diensten ist , sollen alle seine Mobilien, so er mit seiner Bagage nicht fortbringen kann, unverrückt verbleiben , und ihm so weit vergönnet und zuge lassen seyn , daß er solche in seine Behausung in der Stadt oder auf das Haus die Rosenau genannt , oder sonsten an verwahrliche Orte , nach seiner Gelegenheit sicherlich abführen lassen solle und möge , wie er denn hierzu dabei einen Diener hinterlassen und anbefohlen worden , nichts , als vas ihme zu ſtändig, dabey abzuführen, welcher dann mit genugsamer Salve Guardia versehen werden kann. VIII. Die von Adel und das Adeliche Frauenzimmer , wie auch alle des regierenden Landes- Fürsten Beamten und Die ner, so sich auff der Veste befunden, sie haben Namen, wie sie wollen , sollen Macht haben , ihres Gefallens , ſambt Weib, Kinder und Bagage , entweder mit der Guarnison abzuziehen, oder aber ihre Güter im Lande , denen es gefällig , wieder zu bewohnen, deßwegen sie auch auff ihr Anmelden mit Paß und re-Paß versehen, und bey den übrigen wider männiglichen, so viel in General - Wachtmeisters Händen stehet manuteniret und geschützet werden, auch soll der an und abwesenden, und dero hier im Lande verbleibenden von Adel und Fürstlichen

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Diener Mobilien , welche sie alsobald von der Vestung abfüh ren, pder auff andern Wege an sich bringen können, in einem verschlossenen Gemache auff der Vestung von den Kaiserlichen Guarnisonen nicht angesprochen, viel weniger das allergeringste davon entwendet , sondern bis auf ihr abholen sicherlich ver vahret , und nach ihrem Gefallen gefolget verden. Hierinnen ist auch in specie begriffen des Herren Obrist Taupadels Jungfer Schwester, welcher mit aller bey sich habender Bagage, Mobilien , so ihren Herren Bruder und ihr zuständig , es habe Namen wie es wolle , neben sein des Taupadels Kind. und dero bei sich habenden Angehörigen , mit der Guarnison frey sicher abzuziehen, erlaubt seyn solle, wozu ihr denn mit noth wendigem Vorspann zu ihrer Kutſchen fortgeholfen werden wird. IX. Die beyde hier oben sich befindende Geistlichen sollen mit Weib und Kind , allen ihnen zugehörigen Mobilien in die Stadt ruhig und ohne alle Ansprach zu verbleiben gelaſſen werden, oder da einer und der andere weiter seines Beruffes halben sich zu begeben hätte, soll er mit genugsamen Paß und Sicherheit versehen werden. X.

Der alte Schloß-Hauptmann , wie auch andre anwesende Fürstliche Diener , Zeug , Proviant - Meister , Zeug - Diener, Constabel, und alle der Vestung Bediente, oder wie sie Namen haben mögen , welche nicht mit abzuziehen Lust haben , sollen beneben Weib und Kind auch Gesind und allen ihnen zu gehö rigen Mobilien zu ihren Häußlichen Wesen in die Stadt ge laſſen, oder anders , wo ihnen gefällig , zu begeben und allda ruhig zu verbleiben Macht haben. XI. Alle Coburgische Bürger und Einwohner des Landes, sie haben Namen wie sie wollen , so sich neben andern auff der 9

130 Bestung befinden , mögen sambt Weib und Kind , allem ihren Haußrath , und was ihnen angehörig, sich wiederumb sicher lich in ihre Häußer und Wohnungen begeben, auch gegen ih nen, was sie in währender Zeit mit Gegenwehr gethan, keinen Entgelt noch Straff erwarten , noch viel weniger sich von der Soltatesca eingiger Feindseligkeit zu befürchten haben. XII. Herr Obrist . Freiherr von Hasslang und Herr Obrist Lieutnant Klepping , wie auch andre gefangene Officirer sollen ohne einiges Entgeld ihres Arrests loßgelassen werden. XIII. Alles waß hie oben von eingeflehten Sachen und Mobi lien in währender Bloquir- und Belagerung zu Conservirung der Soltatesca und andrer Nothwendigkeit ist angewendet und angegriffen worden , soll weder an die Herrn Commendanten, oder einigen hohen und niedrigen Officirer , gemeine Soldaten oder andre, wie es Namen haben mag, deßwegen angefordert, viel weniger ihnen einiger Anspruch zugemüthet werden. XIV. Was bey und noch währenden Accord in einem und den andern, auff was Weiß und Wege es immer sey, einiger Ex cess vorgegangen desselben soll im Geringsten gegen keinen von der abziehenden Guarnison nicht geeifert noch geredet werden , sondern allerdings aufgehalten und cassiret seyn und also dieser Accord in allen seinen Puncten de Cavalliero ge halten und vollzogen werden. XV. Der Kaiserliche General -Wachtmeister Frey = Herr von Lamboh thut hiermit der ganzen abziehenden Guarnison , auch allen die dadrinnen begriffen , da cavalliero versprechen , daßz er dieselbe sammt allen den ihrigen in die nächste Guarnison, wo ihres Volkes liegt, es sey zu Ilmenau, Arnstadt oder wo

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es wolle, mit genugsamer Convoy sicher und auch ohne einige Verhinderung convoyren ; auch dieselbe vor Kaiserliche und Chur- Bayerisch

sämbtlich

anstoßende Truppen

sicherlichen

bringen und ohne einigen Anstoß und Gefahr durch einen qualificirten Officirer und Cavallier bis an gemeldeten Ort begleiten lassen wolle , dergestalt , daß so lieb zugeordneten Officirer und Cavallier seines Herrn Dienst und Reputation seyn mögte, er von den abziehenden, beneben bey sich haben der Convoy eher nicht abweichen solle, biß er sie an den ge nannten Ort , da der getroffene Accord hin lautet, sicherlichen und ohne einige Gefahr geliefert habe , hiegegen wird ver sprochen , diesen Plaz beneben außen und innen Werken, auch allen Gebäuden , wie es sich anjezo befindet, ohne einige be fürchtende Gefahr und Abwendung. deß daneben sich annoch befindenden Getreid und Munition abzutretten. Daß nun dieser Accord bey cavallirischen Paro len , Treu und Glauben , in allen Clausuln und Punkten

treu , redlich und aufrichtig , auch so lieb jeden Theil ſeines Herren Hoheit und Gnade seyn möchte , unverbrüchlich und ohne einige Exception wie es Namen haben mag , steiff und fest gehalten werden solle. 3ft zu mehrer Versicherung von beyden Theilen solcher Accord eigenhändig unterschrieben, mit ihren angebohrnen Ring-Pietſchaft bekräftiget worden. So ge schehen in der Stadt und Vestung Coburg den 27 Martii 1635. (L. S.)

W. v. Lamboy .

(L. S. )

Georg Philipp von Zehm.

(L. S.)

Georg Sittig von Schlitz genannt von görk.

9*

VI.

Landesherrliches über

Patent

die Bestellung des Obristen Veit Dietrich Wagner zum Commandanten der Veste Coburg , 1660.

Von Gottes gnaden Wier Friederich Wilhelm Herzogt zu Sachßen- Jülich Cleve und Bergt (tot. titl. ) Vor Uns Unsere Erben und Erbnehmer , hiermit thun Kund und bekennen : Daß W Wier dem Vesten , Unserm Lieben getreuen, Veit Dieterich Wagnern Obrist Lieutenant p. ümb der von Gott Ihm

verliehenen guten qualitäten ,

erlangter Kriegs

erfahrung und geschicklichkeit, auch sonderlich der Chur- Sachßen, viel lange jahr nacheinander nüzlich geleisteten treuen Dienſts willen , die jüngst durch erfolgten Todesfall , vacant wordene, und erledigte . Commendanten und Landeshauptmanns , auch SteuerOberEinnehmerstelle , Unserer respective Beste und Fürstenthumbs Coburgt gnädigst offeriren und antragen laſen ; Dieweil Er dann nach Vorgehender deliberation und über legung des wergks Gottes des Allerhöchsten , und Unserer di rection sich gehorsambst zu unterwerffen, erclaret ; Alß bestel len Wier Ihn nunmehr hierdurch und in Crafft dieses Brieffes zu einem Commendanten obgedachter Veste , wie nicht weniger zum Landeshauptmann und SteuerOberEinnehmer Unsers Coburgischen Fürstenthumbs , und demselben neu incorporir ten Hennenbergischer Ämbter, und Städte auch Directorn der

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Vestung Maßfeldt , und zwar benahmentlich folgender gestalt und alſo, daß Er zuförderst eines Gottſeeligen Christlichen le bens sich befleißigen beydes den Seinigen , alß denen seinen Commando unterworffenen officirern und Knechten , mit guten exempeln fürgehen, sie zu fleißigen gebeth , gehör Göttlichen wortts und öfftern des heyligen Abentmahls ermahnen , und anhalten, Nechst Gott dem Allerhöchsten sein absehen uf Uns alleine haben, und sich nach Uns richten, in wehrenden Dienſte weiter niemand verpflichten, Uns holdt , treu , gehorsamb, und dienstwerttig seyn , Unsere hoheit , reputation , Nuzsfrommen und bestes in gute acht nehmen, schaffen und fördern, Schaden und nachtheil aber Verhüten , und Vorkommen , warnen und Uns offenbahren , Vornehmlich Unsere Vestung in treuer Ver wahrung behalten , Sie mit auf und Zusperrung der Thore ordentlicher vorführung der Tag und Nachtwache, und andern, was die nothdurfft erfordert , vorsichtigk und pflichtig beobach ten , ohne sonderbahre erhebliche ursache niemand , bevorab frembden den auß- und eingang verstatten , auch so Er gleich auß discretion bekandten Leuthen die Vestung zu sehen vergön=" nen würde (welches doch in seiner verantworttung beruhet) sie nicht alles eigentlich und genau beschauen lasen, sondern sie und andere so darinnen zu verrichten , zu rechter Zeit wieder dimittiren und abferttigen, und damit die Wächter nicht irre gemacht , noch andere gefahr fürgehen und zubesorgen seyn möge , die Vestung , wann sie einmahl gesperret , sonderlichen bey Nachtszeit , ohne euſerſte nothfäll niemandt öffnen , noch über die gewöhnliche Zeit unverschloßen behalten , Die Ihm untergebene Gvarnison , an officirern und Knechten , so tags alß nachts uf der Vestung behalten , Keinen unter ihnen ohne erhebliche versicherliche ursache daraus zu gehen , viel weniger des nachts zu verbleiben, erlauben ; Er auch selbsten von der Bestung nicht bleiben, noch über Landt Reysen , oder doch,

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wann Er, daß es ohne bedencken und gefahr geschehen könne, versichert, inzwischen gute ordre stellen , seine Reise über drey tage nicht erstrecken , oder wann sie nach gelegenheit der Ver richtungen mehr Zeit erfordern würde , Unsern Consens und erlaubnus darüber einhohlen ; Do die Soldaten denen Er ümb genugsamb befundener ursachen willen , in die Stadt zu gehen, Vergünstiget, sich unterwegens entweder an den Gartten- Wein bergs und feldfrüchten zu vergreiffen, oder in gehölzen schaden zuthun, auch sonsten muthwillen zu verüben unternehmen wür den, es werbe gleich Clage darüber geführet , oder sonsten von ihm in erfahrung gebracht , denselben schleunig abhelffen , die Verbrecher zu verdienten straffe ziehen , und Vns zu ernſtern einsehen , und Selbsteigener Bestraffung nicht`urfach geben ; Denen Officirern und Knechten , soviel derselben nach gelegen heit der Zeiten und bedürffe gehalten werden , ihren foldt , so viel ieden Versprochen zu rechter Zeit zu entrichten , erinnern wie denen derselbe nach der dießfalls vorhandenen Rolle und ordonance, aus Unserer Rentherey , von denen dazu deputir ten mitteln beſoldet werden soll ;

Darmit aber über die or

dentlich Guarnison Unsere Beste Coburgk uf begebende noth fälle eylents verstercket werden könne , So soll Unsern dahin bestalten Commendanten obliegen, nicht alleine diejenige Mann schafft , so hiebevor bey Städten und Ämbtern zur Vestung verpflichtet worden , sondern auch noch darüber eine anzahl aus dem Defensions-Ausschuße, Seinem ermeßen nach nebenst den Einſpennigern, Forst-Knechten und Fischern, uf dergleichen begebenheiten an sich zu ziehen, und auf daß ſie desto füglicher zu gebrauchen seyn mögen , öffters in gewehr üben und ab richten , auch das Exercitium der waffen bekandt machen zu lassen, und sie so lange in würcklichen Diensten zu behalten, biß Wier sie mit andern geworbenen Knechten abzulösen , ver fügen werden ; Inzwischen Er mehrerwehnte Unsere Vestung

135

mit der ordentlichen Guarnison und an sich gezogenen Land vold und Dienern ufs beste zu verwahren, und wie einen ge= treuen Commendanten gebühret , solche biß uf den euſerſten Bluthstropfen zu defendiren und in keine frembde , viel weni ger Feinde-Hände zu übergeben , auch durch treue wachſamkeit alle conspiration , meutination , und collusion zu verhüthen ; Bestalt dann sämbtliche officirer und Knechte , beydes die izo doselbst vorhanden, alß welche künftig zu verstärkung der Guar nison angenommen oder hieneingeleget werden möchten, seinem Commando , inhalts des articuls brieffs , untergeben , und zu erhaltung dieser Vestung , auch sonsten Leib und leben , ehre, gut und Bludt , alß Ehrlichen Soldaten geziehmet , bey ihme zuzusehen, verbunden seyn sollen , darzu Er sie öffters zu vers mahnen , auch sonsten guts Zucht , disciplin , Furcht , liebe, respect , erbarkeit unter ihnen zu erhalten , und so Er beym Leutenant , Wachtmeister , oder andern , einigen Mangel , un fleiß, gottlosigkeit, verwahrlosung , untreu oder sonsten gefehrde und gebrechen vermercken würde , daßzelbe nach seinem ermeſſen und bedencken iedesmahls zu ändern und zu verbeßern , anch nach gelegenheit ernstlichen zu bestraffen , falls aber bey ein und dem andern keine folge und gehorsamb zu verspüren ſeyn würde, daßelbe Uns unterthänigst zu berichten , da Wier dann gebührlichen ernst und einsehen fürwenden wollen ; Damit auch Unser Commendant und Landeshauptmann alle begebende fälle desto beßer beobachten möge , so soll Er mit denen Benachbarten sich in gute correspondents zu setzen, gefließen seyn, und so Er was gefehrliches vermercken würde, Uns solches nicht alleine bey tagk und nacht, unterthänigst be richten , sondern auch Unsern Canzlar , wanns zumahl keinen Verzugt leiden wolte, Vertraulich communiciren , dargegen Er Ihm , was Er erfahren und dem Commendanten zu wißen von nöthen , ebenermasen eröffnen , und beiderseits sowohl zu

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Coburgt alß zu Maßfeldt uff bedürffen die nothwendigkeit mit einander zu betrachten und anzuschaffen haben ; Was Er künf tig an beyden Vestungen , deroselben gebäuden , und andern Zugehörungen vor mangelt spüren und sehen würde , so zur gefahr und schaden gereichen wolte, Uns dabey unterthänigsten bericht thun, doch beym fortschicken gute Vorsichtigkeit gebrau chen , sonsten aber dergleichen niemandt offenbahren, noch we niger die gelegen - oder beschaffenheit solcher Unserer Vestung sowohl was ihm dießfalls und sonsten befohlen oder anver traut worden oder noch vertraut werden möchte , andern be= richten, sondern alles biß in seine gruben verschwiegen halten solle, Inmaßen Unser gnädigstes vertrauen hierunter zu ihme gerichtet ist ; Unter der Guarnison soll Er an handtwergern zum wenigsten jederzeit Tachdecker und Mauerer haben und erhalten, auch bey ereigneten Abgange dergleichen wieder an nehmen und verschaffen , ſie die Tachung ganz- und in beße rung erhalten , auch sonsten , was wandelbahr , zeitlichen refi ciren , die dazu behuffte materialia , an Brettern , Pohlen, Schindelln , Eisen, Nageln , mit rath anſchaffen , recht anwen den , und keine vergebliche uncosten verursachen lasen ; Wie dann durch den Musterschreiber richtige Rechnung über das Bauwesen geführet , alle der Handtwerger Zettel was , wo, und wie viel tage Sie gearbeitet von Ihme den Commendan ten unterschrieben , und gegen einlieferung dergleichen specifi cirten Rechnung und Belegen, aus Unserer Rentherey bezah let werden sollen ; Was von Neuen gemacht oder geferttiget wird, soll dem dießfalls vorhandenen Inventario beygebracht, auch solches in seinem esse erhalten werden. Wie dann Un ser Commendant vor daßelbe , sonderlich den

an geſchüß,

gewehrgeräth und dergleichen Vorrath hafften, das Getreydich, getränck, Salzs und andere Victualia aber , dann die muni tion an allerhandt Pulver, geleuterten und ungeleuterten Sal

137

peter, item Bau materialien , dem Muſterschreiber zu getreuer Rechnung übergeben, vnd Er dießfalls mit gemeßener Instruc tion versehen werden , Unterdessen Unser Commendant die oberaufsicht darüber behalten , den Musterschreiber das ihm anbefohlene wohl zu beobachten, sonderlich in auß- und abgabe des Pullvers behutsamb umbgehen , und daran allen schaden vorzukommen , öffters erinnern, auch sich selbsten in allen, was der Vestung nothdurfft erfordert, alß einen ufrichtigen getreuen Commendanten und Diener von Gott, Rechts- und Pflichten wegen eignet und gebühret bezeigen und erweisen soll ; Ob Wier auch bemelten Unsern Commendanten in Zeiten einzige Commissiones auftragen , oder In sonsten zu andern Verrich tungen ziehen würden , soll und will Er sich willigst und unterthänigst gebrauchen lasen , und dasjenige , was ihme de mandiret wird, nach seinen besten Verstande, verrichten helffen ; Dargegen aber , und zur ergezligkeit solcher seiner Dinſtwart- · tung und unterschiedtlichen Verrichtungen , wollen Wier ihm iährlichen Achthundert Gülden an Coburgischer Landesweh rung, uf Vier Pferde Hafer, Einen Centner Carpffen, Einen halben Centner Hechte, Ein stück Roth und Ein stück schwarz Wildtbreth aus Unserer Rentherey bezahlen und liefern, ferner Vier und Vierzig Clfr. holzs, die helffte von Unserer Flöße, und die andere helffte aus Unsern der Vestung nahe angelege= 4 nen gehölzen (davon Er den halben theil vor sich anführen zu laſen ſchuldig), folg und noch dorüber den Regnersbergk zu sambt den Wolffsgarten , und denen zugedachten Berge gehö rigen Schaafftrifften , wie solche bey Unsern CaſtenAmbte be schrieben, zu seinem besten einreumen , auch die Jagdten , wie sie seinen Vorfahrer an Ambt eingethan gewesen , nußen und gebrauchen lasen, Ferner soll Er und die Seinige auf Unſerer Vestung ihre Wohnung und Haußhaltung haben , doch daß Er diese also anstelle , daß solche gedachter Unserer Vestung keinen

138

ſchaden oder gefahr bringe, und Ihr an getrend so viel Steuer frey paßiren , alß Er zu angeregter Haußhaltung von nöthen hat , und in dem Schloße verzapfft wird , Was Er aber an getrände aus der Vestung herauß verkaufft soll hierunter nicht verstanden werden , sondern Er die ordentliche Tranck- Steuer, iedoch nur zur helffte darvon zu entrichten schuldig seyn ; Welches alles Er mit unterthänigsten dand angenommen , und darnebst zugesagt , in allen seinen Im hierinnen anbefohlenen Verrichtungen sich also , wie zum Eingang bemeldet , gegen Gott und Uns , seinen LandesFürsten , zu bezeigen , und mit dem, was ihm hierinnen zu seinen unterhalt verschrieben, wohl content und zufrieden zu seyn ; Deßwegen Uns Er auch ei nen Leiblichen Eydt schweren, und einen Revers außstellen solle ; Wann auch Unser Commendant und Landeshauptmann auch SteuerOberEinnehmer dieser Bestallung über kurz oder lang wieder erlediget , oder Unsere gelegenheit ihn lenger darinnen zu behalten nicht seyn wolte , So soll ieder theil die Loßkün digung ein Viertel - Jahr zuvor beschehen , Er aber inzwischen in seinen pflichten verbleiben , Ohne gefehrde. Uhrkundlichen haben Wier diese Bestallung mit eigener hand unterſchrieben, und Unser Fürstl. Secret vordrücken laßen , So geschehen und geben zur Altenburg! am tage Luciae des 1660 Jahrs.

(L. S.)

friederich Wilhelm , H. z. Sachßen 2c.

VII. Schreiben

des

Oberften

dölagner.

1663.

Durchlauchtigster hochgeborner Furst Gnedigster Herr.

Euer Hochfürstl. Durchl. meine vnterthänigste gehorſambst vndt Pflichtſchuldigste treue Dienste bevor. Demnach durch Gottes sonderbare Gnade , das alte Jahr zurückgeleget , vnd E. Hochfürstl. Durchl. sambt Dero Durchlauchtigsten Frauen, Frauen Gemahlinn , Hochfürstl. Durchl. Meine auch gnedigste Fürstin vndt Princessin benebst Dero hochlöbl. Prinzen vndt Fräulein , Durchl. Durchl. , Gott gebe , zu allem hochfürstl. Wohlergehen, glückliches Jahr hinwiederumb eingetretten , alß habe ich meine Schuldigkeit seyn lassen wollen , mich einer de mütigen Congratulation zu bedienen , der Vnterthänigsten Zu versicht Lebend , es werden E. hochfürstl. Durchl. sambt Dero hohen fürstl. Angehörigen aus angeborener hoher fürstl. Gnade vndt milde Dero getreuen Knechts Christliches votum nicht allein stattfinden laßen ; sondern es auch in gnaden vermercken. Wünsche daher E. Hochfürstl. Durchl. vndt allen hohen Fürstl. Anverwanden , Von dem Allgewaltigen Gott aus treuem auff richtigem Herzen vndt Gemüthe , ein glückseeliges , gesegnetes vndt friedliches freudenreiches Neues Jahr mit noch vielen folgenden.

Die hohe Göttliche Allmacht wolle E. Hochfürstl. Durchl. sambt der Durchlauchtigsten Gemahlin , Hochf. Junge Herrn vndt Fräulein, Dero zustehenden Hochfürstl. Fürstenthü

140 mer und darinnen befindlichen Getreuen Vasallen und Unter thanen zum schutz, Deren Gehorsamen Dienern zum Trost, bey beständiger Geſundtheit , Langewierigen Leben , Friedferti ger vndt glücklicher Regierung , auch hochfürstl. Wohlstand er halten, das löbl. Chur vndt Churf. Haus zu Sachsen ferner grünen zu mehrer erweiterung Bndt fortpflanzung Dero Land Bndt Leuten erwachsen undt zu gedeylichen aufnehmen kom men laßen. Daß bishero bey E. Hochf. Durchlaucht

ein vndt die

andere vnterthänigste relation hinderzogen , haben mich billig erhebliche Vrsachen abgehalten , Indem ich einestheils dieselbe bey Denen nunmehro Berwichenen H. Feiertagen nicht beun ruhigen wollen , anderntheils aber wenig von der importanz Borgelauffen, Zum Bberfluß mann auch bey diesem noch Con tinuirlichen harten Winther in fortificatione nicht verfahren können , Dahero ich der Vnterthänigsten Hoffnung lebe , es werden E. Hochfürstl. Durchl. den Verzug , umb eben ange führter motiven Willen , Vngnädigst nicht vermerken. Die weile dann, gnedigster Fürst vndt Herr, der Bau bißher in suspenso Verbleiben mußte , hat mich das desiderium getrun gen, den von E. Hochfürstl. Durchl. selbsten recognoscirten Bergk , der Vorwiez genand , worauf vndt darhinter sich der Gegentheil in denen Belagerungen mit großer avantage be dient , Budt der sich an der distanz 182 schritt von der SchindelPastei oder angehengten Wall erstrecket , mit einem wenigen Stollen von Zweien Ruthen zu durchsuchen, um mich nach der gewießheit zu versichern, was doch der Bergk in sei nem fundament vor material , Stein und andere bedienliche requisitis , auch ob solcher mit einem Steinfels bewachsen, vndt künftig nach E. hochf. Durchl. Gefallen, durch eine mine. Zersprenget , vudt über den Bergk hinein geworffen werden Könde, führen mögte , So befinde ich , Gnedigster Fürst vndt

141 Herr, daß , nachdeme die obberürten Zwey Ruthen gewonnen, der Bergk , der Vorwiez also genandt , Lauter Sandt , Lettig, Kies vndt Thon , Rother Sandstein , welcher sich mit Hän den leichtlich zermalmen Vndt Zerrühren läßt , enthielt , Be sorge mich also , daß die von E. Hochf. Durchl. geschloffene mina einen schlechten effect erreichen , auch wohl gar Ver muthlichen die Straßen vom Rögener Bergt mit dergleichen schutt bedecken , hernachmals aber solche wieder zu Räumen, große Bnkosten veranlassen mögde. + Meine ration ist diese, Weile der Vorwiez, mit den zermalmten SandtSteinen , Kies , Thon oder Wacken Verſorget, Kan mann Solchen gahr schwer lich untergraben, in erwegung solches alles einfället , Vndt ob mann schon Vnterbauen wollet, hat es keinen Bestand , Vber dis , ob auch solches vnterbauet Vndt Vollendet würde , vndt mann durch die mina sprengen wollt , se schlegt es ehr den Kieß und das Tücke Erdreich nebenzu hinaus , Denn daß es einer solchen schweren Last Vber sich heben , denn alles Wie E. Hochfürstl. Durchl. Von mir wißen , was man sprengen will, mus neben zu Biel stärker seyn , als das , so es heben soll , Würde also bey diesem Bergk die Vnkosten vndt das Pulver verlohren gehen, auch nunmehro Kein ander expediens zu ergreiffen seyn , denn daß solcher Bergk Jerlich vndt suc cessive durch die handarbeiter abgeführet werde. Dieweile dann, gnedigster Fürst und Herr, die Zeiten in stantis anni dahin fliehen , Bndt mann im herbey Rückenden früling gnedigst anbefohlenermaßen den in der Circumferenz angehengten Wall in seine völlige defension zu bringen, sich zu bemühen, und die nothwendigkeit zu beschleunigen hat, Alß werde ich verpflichter schuldigkeit nach mit Verleihung Gött licher Gnade meine große sorge seyn laſſen, wie dieſem längst $ gehabten Anliegen auch abgeholffen werde. Bey dieser inten tion Befümmere Ich mich nicht Wenig , wo die requisiten an

142

Rasen zu der angelegten redouten vndt halben Mondt her zunehmen seyn wird . Wann nun der Wall oder fuseprä, nebst denen beiden Werken in perfection , werden hier wiederumb eine ziembliche quantität Babionichen , oder Kleine Schanz körbe Vonnöthen seyn , Als hatte ich vnterthänigst zu bitten, es wolten E. Hochf. Durchl. gnedigst geruhen , Dero Forst meisterei zu Mönchröden anzubefehlen , daß die Knechte zur verfertigung derselben in benachtheiligen orts angewiesen wer den mögen, Sonsten seindt auf E. Hochf. Durchl. gnedigste Verordnung nunmehro fast 2 Schock Reiser oder Holz , zu Bedachung der Pasteien und vorgeschlagenen Blochhäusern an geführet, nach Vfbrechung des Winters , soll von dem Zim mermann jedoch mit einem sonderlichen Geding und Lohn , es beschlagen vndt gehörigen orts zur nugbarlichen Flanquen zu E. Hochf. Durchl. gnedigsten Gefallen , angewendet werden. Vbrigen haben sich nach E. Hochf. Durchl. gnädigst ertheilter ordinanz die längst in Pflicht gezogene Constabel bey gehal tener parata der Wachten fleißig eingefunden , Vndt so Tags als nachts, Ihre schuldigligkeit gehorsamblich erwiesen.

Wann

ſie nun ſämmbtlich, vndt zwar nach abgelegter Prob bey mir vndt iezig bestallten Zeugwartern , Conrad Rügern , umb ex tradition ihrer Lehrbegriffe vndt attestation der gelernten Kunſt, angehalten, so habe ich Sie doch aller seit bis zu E. Hochf. Durchl. gnedigsten Consens zur gedult verwiesen vndt wil nicht zweifeln , es werden E. Hochf. Durchl. bey Schießung der Prob auch praeparirung der Luft- und Ernst-Feuer sie also gnedigst Befunden haben , daß sie nunmehr genugsamb, quali ficiret seien, bey der Artiglerie E. Hochf. Durchl. in begeben den Occasionen, treue Dienste zu leisten , Lasse es dahero in Dero gnedigsten Willen, ob Sie geschehen lassen Können, daß berürten Constabeln Ihr Zeugnis , gewöhnlichen Brauch nach, ausgestellet , worüber ich auch gnedigsten Bescheid erwartte,

143

Vndt weil Sie jüngsthin bey gehaltenen vndt gezündeten Luft feuer , in verfertigung desselben in ihrem Laboratorio ziemb liche Zeit zubringen, mußten, auch bey theils Bürgern ein we niges zu bezahlen in residuo blieben , Alß bitten sie vnter= thänigst, die gnedigste Verfügung zu treffen, daß die restanten folgends mögten vergütet werden. Unter andern habe ich auch noch dieses vnterthänigst bey zutragen, vndt wissen E. Hochf. Durchl. , wie Bnscheinbar das Thor bei der Bärenpastei , da man von hier sich der Einfarth oder Eingangs bedienet, nunmehro , alß eine verfallene rudera darstellet, vndt gleichsamb der Vestung ein übles Ansehen ver ursachet, Alß bin ich entschlossen, iedoch mit E. Hochf. Durchl. gnedigsten Willen solches durch die Maurer abtragen, vndt zu verwahrung legen zu lassen , die Linien aber der Mauer hin wiederumb zu ergenßen, worüber ich dann auch durch E. Hochf. Durchl. gnedigsten bevelch , was bey der Sachen zu thun oder zu lassen mich versichern will. 7 Befehle E. Hochf. Durchl. in Gottes gnedigen Schuß, mich aber zu Dero immerwährender beharrlicher Gnaden, vndt Gewogenheit, vndt verbleibe 7

Sr. Hochf. Durchl. Datum Veste Coburgk am 29. Jan. 1663.

A

Vnterthänigster gehorsambster getreuer Diener und Knecht

Veit Dietrich Wagner.

VIII.

. Commandanten der

Vefte Coburg.

Claus von Hesperg , Hauptmann zu Coburg , 1521 . Matthäus von Walkenrod, Hauptmann zu Coburg und Sonnefeld , 1543. Hanns Werner ward 1565 zu einem Befehlshaber auf das Schloß Coburg verordnet. Hanns Poß , Hauptmann auf dem Schloß Coburg , 1567. Jobst von Wigleben , Obrist - Lieutenant, Hauptmann auf der Vestung Coburg , 1569. Martin Schieferdecker, Hauptmann auf der Veſtung, 1572. Jobst Gabriel Marschald , Greif genannt, zu Erlebach, Hauptmann auf der Beste , 1605.. Christoph Ziegler , Hauptmann`auf der Vestung Coburg, 1609. Georg Friedrich von Erffa , daselbst und zu Helmers hausen Vestungs-Hauptmann, 1611 . Jobst Marschall von Brücken ward 1613 zum Haupt mann auf hiesige Bestung angenommen. Johann Georg von Lichtenstein zum Geiersberg wurde 1615 als Obrist-Lieutenant von Haus aus in Pflicht ge nommen. Georg Christoph Taupadel , Ihr. Königl. Majeſtät in Schweden Oberster, ward von Deroselben zu einem Com mandanten auf die Vestung geordnet 1631 .

145

Georg Philipp von Zehm , der Cron Schweden und Evangelischen Bundes Obrister, ward 1634 Commandant und Kriegsrath . Ammon, Hauptmann vom Adelschoffischen Regiment , 1635. Otto Otto, Hauptmann unter dem Kaiserl. Hazfeldischen Regiment, wurde vom General Lamboy zu einem Com mandanten der Vestung bei deren Uebergabe an die Kaiser lichen 1635 verordnet. Johann Preffel , Kayserl. Hauptmann, überkam 1636 das Commando der Vestung auf eine geringe Zeit. Hanns

Hartmann

von

Erffa ,

des

Churfürstlich

Sächsischen Leib- Regiments bestellter Hauptmann , ward Landes = Hauptmann und Commandant der Vestung Co burg 1636. Beit Dietrich Wagner auf Sachßenfeld, Obriſt , Fürſtl. Sächs. Landes - Hauptmann , Commandant der Vestung Coburg und Maßfeld 1661 . Adam Sigmund von und zu Rosenau, Landes -Major und Kriegs-Commiſſarius , † 1664. Johann Casimir ven Hanstein auf Einberg ist Landes Major, Kriegs-Commiſſarius und der altfränkischen Aemp ter Landes -Hauptmann worden 1664. Caspar

Heinrich Stang auf Ober- Lödla , Obrist, Land- und Stadt - Hauptmann , Commandant der Vestung Coburg und Maßfeld bis 1680. Andreas Muth , als Kriegsrath und Commandant der Be

stung 1680 bestellt. Otto Rudolph von Mildau ward zu einem Obrist-Lieu tenant und Kriegsrath 1687 angenommen. Johann Adam von Wizleben zu Libenstein ward Kriegsrath 1687. Johann Peter von Bonnier wurde 1688 als Kriegs 10

146

rath allhier bestätiget , später aber zum Kriegsrath und Commiſſarius zu Hannover ernannt. Heinrich Ernst von Volgstatt ward 1689 als Veſtungs-, Stadt- und Land- Major und Commiſſarius in die Pflicht genommen. Freiherr Otto Rudolph von Milkau, Obrist und Land hauptmann *), † 1710. Leonhardt Fellhorn , Stück- und Artillerie =- Hauptmann, Vice-Commandant. Adam von König auf Siemau , Obrist und Commandant, † 1717 **). Adam von Hanstein auf Einberg , Hänfstädt 2c. , Kriegs rath , Obrist und Commandant , auch Landschaftsdirector, + 1748. Hans Ludwig von Muffel , Hochfürstlich Meiningiſcher Cammerprocurator , Sachsen - Coburg - Salfeldischer Obrist Lieutenant und Commandant, † 1750. Christian Friedrich von Gersdorff, Obrist, Comman dant, auch Geheimer Rath und Hofmarschall , † 1776. Gottlieb von Heldritt, H. C.-S. Geheimer Rath, Obrist und Commandant , † 1788.

*) Während deffen mehrjähriger Krankheit wurde der Hauptmann Carpzow mit dem Commando betraut und derselbe am 1. Juni 1710 als interimiſtiſcher Commandant angestellt. **) Als von Köniß nach überstandener schwerer Krankheit, 1717 am 18. April, die Festung zum ersten Male wieder besuchte , ließ die Festungsgarnison ihm zu Ehren ein Paar Kerzen auf den Altar der Festungskirche stellen, ohne den Festungsgeistlichen um Erlaubniß gebeten zu haben , worüber dieser sich bitter beschwerte. Dies hatte zur Folge, daß die Garnison die Kirche nicht mehr besuchte , wor über große Streitigkeiten entstanden. Diese Streitigkeiten dauerten noch bis in die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts fort und es muß ten die Soldaten zum Theil durch harte Strafen gezwungen werden, die kirchlichen Handlungen vom Festungsgeistlichen vollziehen zu laſſen.

147

Bei seiner Beerdigung paradirte die Lauterer Compagnie mit ihrer Fahne , nebst der Stadtgarnison. Beim Heraustra gen der Leiche aus der Wohnung , beim Einsenken in die Gruft in der Kirche und zum Beschluß wurden jedesmal ſechs Kanonenschüsse abgefeuert. Nach dem Einsenken in die Gruft marschirte sämmtliches Militair auf die Basteien , von wo aus noch drei Salven gegeben wurden . von Heldritt war der Leyte, der auf diese Weise beerdigt wurde. von Brandenſtein auf Lüßelbuch, Hofmarschall und Obriſt, † 1804. Franz von Boxberg , Obrist und Vice - Commandant , als solcher ernannt 1791 ; er zog 1797 in den sogenannten Reichskrieg mit dem Coburger Contingent. von Kurnatowsky , Hauptmann und Vice - Commandant 1807 (nur zeitweilig). Friedrich Joseph

Carl

Gottlieb

von

Heldritt,

Hauptmann und Commandant ; es war dies der letzte Com mandant , welcher auf der Festung wohnte ; er blieb nur Commandant bis zum Jahre 1810 , nach welcher Zeit Obrist von Boxberg das Commando wieder übernahm und zwar bis 1829. Wilhelm von Schauroth, General und Festungscomman dant, seit 1829 *).

*) In Bezug auf die Commandanten muß noch erwähnt werden , daß ſie das Kirchen - Patronat bei Beſehung der Pfarrſtelle auf der Fe ftung ausübten und den Geistlichen beriefen , welcher dann nur durch das Herzogl. Consistorium bestätigt wurde.

10 *

IX.

Sammlungen auf der Festung.

Das Sehenswerthe auf der Festung besteht : 1 ) in einer Waffen-Sammlung , 2) in alten Wagen und Schlitten, 3) in einer bedeutenden Kupferstich - Sammlung , 4) in einer Münz - Sammlung , 5) in einer Sammlung von Trinkgefäßen , 6) in einer Autographen Sammlung.

L.

Die Waffen - Sammlung.

Diese Sammlung befindet sich in dem alten Fürstenbau und ist daselbst in verschiedenen Waffen - Sälen , von denen der größte 86 Fuß lang und 41 Fuß breit ist , auf das Sorgfältigste und Geschmackvollſte aufgestellt. Die Sammlung zählt an mittelalterlichen Schuß- und Truß-Waffen über 7000 Stück und besteht in vollständigen , wohlerhaltenen Ritter-, Knappen- und Pferde - Rüstungen , Panzerhemden , Helmen, Schwertern und Dolchen. Wir finden hier : eine schön gravirte , mit Gold ausgelegte Rüstung Her zog Bernhard's von Weimar ; ein Panzerhemd (angeblich von Thomas Münzer) ; einen byzantinischen Helm nebst Ringkragen ; das Schwert Jacob's von Artevelde, Brauers von Gent, 1345 ;

149

ein Schweizerschwert von Arnold von Winkelried ; ein Dogenschwert ; ein Kurschwert . Der Säbel des Commandeurs Paludan ist Seite 13 erwähnt worden. Zwar nicht zur Waffen-Sammlung gehörig , doch in dem großen Waffen- Saal aufgestellt , sind hier die Hochzeitswagen Johann Friedrich's des Großmüthigen und Iohann Ca simir's zu erwähnen , welche durch reiche Vergoldung und schöne Bildhauerarbeit , vor Allem aber durch ihre eigenthüm liche Bauart unsere Aufmerksamkeit erregen. In einem anderen Saale finden wir die Sammlung der Handfeuerwaffen , welche dadurch von hohem Werthe ist, daß wir in ihr die Vervollkommnung der Fabrikation von den er ſten Anfängen bis auf die neueste Zeit verfolgen können. Wir sehen hier den schweren Schießprügel , den plum pen Kuhfuß , den gekrümmten Geisfuß , die einfache Muskete aus der Zeit des 30jährigen Krieges , in ziemlich grober Schmiedearbeit, dagegen aber auch kostbare orientalische Waffen, reich ausgelegt mit Gold , Silber und theilweis in Elfenbein geſchaftet. Wir sehen alle Arten von Schlössern, die je ein Gewehr entzündet haben, von dem einfachen Luntenschloß bis zum kunſt vollen Nadschloß und dem heutigen Percuſſionsschloß herab. Als historische Merkwürdigkeit ist hier die Büchse An dreas Hofer's hervorzuheben. Von den Geschützen, welche auf der Bärenbastei stehen, haben wir bereits Seite 10 gesprochen ; außerdem befinden sich aber in einem der unteren Räume des Fürstenbaues meh rere für die Geschichte der Geſchüßkunde interessante Geschüße Wir finden hier Orgelgeschüße , zwei und Geschützrohre. Musketons mit drei Läufen , zwei Falconets , welche von

150

hinten geladen werden Calibers aufgestellt.

II.

und

elf Feldschlangen verschiedenen

Alte Wagen und Schlitten.

Die kostbaren Hochzeitswagen im großen Waffen Saal haben bereits Erwähnung gefunden ; nicht minder sehens werth und originell find die in einem unteren Raume des Für stenbaues aufbewahrten Schlitten aus dem siebzehnten Jahr Sie zeichnen sich durch hundert , vierzehn an der Zahl. merkwürdige Bildhauerarbeit aus , in welcher sich der Humor und die Derbheit der damaligen Zeit treu wiederspiegeln . Einige Pferdegeschirre aus dieser Zeit von rothem Juch ten sind durch Kostbarkeit der Beschläge und Schönheit der Arbeit merkwürdig .

III.

Die Kupferstich- und Holzschnitt - Sammlung.

Diese von Herzog Franz von Sachsen - Coburg - Saal feld gegründete Sammlung enthält neben einer großen Anzahl von Holzschnittwerken circa 200,000 Kupferstiche aus allen Schulen, von der Erfindung der Kupferstech- und Holzschneide kunst an bis zum ersten Viertel dieses Jahrhunderts, während die Kunstwerke der neueren Zeit sich noch in der Privatbiblio thek Sr. Hoheit des regierenden Herzogs Ernst im Zeug hause befinden , von wo aus sie später , dem Vernehmen nach, wenn jene ältere Sammlung aufgestellt sein wird , mit dieſer vereinigt werden soll. Die Sammlung ist nach Schulen und Meistern geordnet , der Katalog alphabetisch angelegt und die Ordnung in den Schränken chronologisch. Die Sammlung enthält die Kunstwerke aller bekann ten Kupferstecher und Holzschneider ; namentlich ist_die_alt= deutsche Schule in sehr guten Abdrücken am reichsten vertreten,

#

151

und hierbei vorzüglich der Altmeister deutscher Kupferstecher kunst: Martin Schön, dessen Werke sich zahlreich vorfinden. Auch Dürer's Werke sind hier sehr vollständig und in den besten Abdrücken vorhanden und von Israel von Mecke nen, Lucas Cranach, Burgkmaier, Aldorfer, Alde grever , Martin und Hanns Sebald Beham, Bencz 2c. finden wir reichgefüllte Mappen. Von neueren Meistern ist Wenzel Hollar am reichsten und zwar außer der in Windsor befindlichen Hollar - Sammlung , wie in keiner andern Sammlung vertreten. Auch die italienische und die niederländische Schule, leztere besonders durch Rembrandt's Werke , nehmen durch werth volle ,

reichhaltige

und seltene Abdrücke eine ihrer Meister

würdige Stelle in dieser Sammlung ein. IV.

Münz - Cabinet.

Das Münz -Cabinet enthält circa 500 größere und klei nere Goldmünzen , 3000 Silbermünzen , ferner eine große Anzahl goldener und silberner Medaillen und 400 große und mehrere Hundert kleinere Bracteaten.

V.

Sammlung von Trinkgefäßen.

Die Sammlung von Trinkgefäßen besteht aus einer gro ßen Anzahl schöner, darunter sehr seltener Apostel-Krüge, Birken maier 2c., geschliffener und gemalter Gläser und Pocale, meist aus dem Herzogl. Hause mit Wappen und Abbildungen von Herzoglichen Schlössern, allegorischen und mythologischen Dar stellungen , ferner aus einem beinahe vollständigen Spiele ge malter deutscher Kartengläser , sowie mehreren Humpen und Berirgläsern, Pocalen und venetianischen Gläsern . Als histori rische Merkwürdigkeit dürfte aber besonders ein sogenannter

152

Stumpfschwanz mit dem geschliffenen Portrait Gustav Adolph's von Schweden, und mit einem mit Perlen verzier ten Knopfe , um deswillen hier zu bemerken sein , weil dieſes Glas ein Geschenk des Schwedenkönigs an Herzog Johann Ernst (Bruder Herzog Johann Casimir's) von Eisenach und Gotha war.

VL.

Handschriften - Sammlung.

Die legte der auf der Veste befindlichen Sammlungen, welche wir jezt kennen lernen, ist die Handſchriften- und Auto graphen - Sammlung . Sie wurde im Jahre 1837 von dem jezt regierenden Herzoge Ernst und deſſen jüngerem Bruder, dem Prinzen Albert , Gemahl der Königin von Großbritan nien, gegründet und ist demnach noch ganz in ihrem Entſtehen. Wenn daher diese Sammlung auch gegenwärtig noch nicht zu den umfangreichsten derartigen Sammlungen Deutschlands gezählt werden kann , so bietet sie doch große Seltenheiten dar , und erhält besonders noch dadurch größeren Werth , daß sie fast ausschließlich aus eigenhändigen Briefen oder Werken der be zeichneten Notabilitäten besteht und nur wenig Schriftſtücke mit bloßer Namensunterſchrift beſißt. Die Sammlung ist alphabetisch geordnet und umfaßt mehr als 1000 Handschriften hervorragender Männer. Von berühm ten Kriegshelden finden wir eigenhändige Briefe vom Ritter Bahard , Göz von Berlichingen , Ulrich von Hut ten, Heinrich IV. von Frankreich , Coligny , Henri de Lorraine, duc de Guise, dit le Balafré, Louis de Bourbon, Prince de Condé, Herzog Alba, Wallen stein, Tilly , Marschall Moriz von Sachsen , Prinz Eu gen, Vauban (vom Lesteren die eigenhändige Zeichnung einer Schiffbrücke mit erläuternden Bemerkungen) , Karl XII. von Schweden ,

Friedrich II.

von Preußen ,

Kosciuszko,

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Buonaparte, erstem Conſul von Frankreich, Marschall Kle ber, Murat, Blücher, Wellington c. Suchen wir nach den Reformatoren , so finden wir Lu ther, Justus Jonas , Ph. Melanchthon , Calvin c. reichhaltig vertreten. Von Staatsmännern , Gelehrten , Schriftstellern und Künstlern finden wir Mazarin , Fox , Franklin , Wil liam Pitt , Washington , Mirabeau , Lafayette, Lavater , Herschel , Lichtenberg , Linné , Leibniz, Goethe, Gellert , Lord Byron , Bulwer , Walter Scott, Rubens. Von bekannten Frauen finden wir Briefe von Elisabeth, Königin von England, Christine von Schweden, der Main tenon , Pompadour , von Josephine , Kaiſerin von Frankreich, Eugenie , Kaiſerin der Franzosen 2c. Auch malahische und türkische Schreiben befinden sich in dieser Sammlung , und zwar unter Anderem von ersteren das Glückwünschungsschreiben von Mooda Hassein, Sultan und Rajah von Borneo, an die Königin Victoria von England, von letteren ein Schreiben des Abdul Medschid Khan, türkischen Großſultans, ebenfalls die Königin von England zu ihrer Thronbesteigung beglückwünschend. Beide Schreiben be finden sich in kostbaren , mit Gold 2c. gestickten , ſeidenen Couverts.

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Druck der Engelhard - Reyher'ſchen Hofbuchdruckerei in Gotha.

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