Die Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht [1 ed.] 9783428485826, 9783428085828

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Die Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht [1 ed.]
 9783428485826, 9783428085828

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WALTER FRENZ Die Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp

Band 101

Die Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht Von

Dr. Walter Frenz

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Frenz, Walter: Die Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht / von Walter Frenz. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft ; Bd. 101) ISBN 3-428-08582-5 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-08582-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Vorwort "Gelber Sack", "Grüner Punkt", Duales System, Kreislaufwirtschaft, Produktverantwortung, Empfehlungen für Mehrwegverpackungen, Müllgebühren mit Vermeidungsanreiz, Ökosteuern auf Einwegverpackungen, kommunale Verpakkungssteuer und Sondermüllabgabe - all dies sind Begriffe aus der aktuellen Diskussion im Abfallrecht, die sich auf das Verursacherprinzip zurückführen lassen. Dieses erscheint deshalb als zentrales Element dieses Rechtsgebietes. Daher soll das Verursacherprinzip im Abfallrecht systematisch in seinen einzelnen Umsetzungen untersucht werden. Für das derzeit noch geltende Abfallrecht, die auf seiner Grundlage ergangene Verpackungsverordnung und das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz stehen die verschiedenen Verhaltensgebote an die Haushalte und die Wirtschaft sowie deren Substitutionsmöglichkeiten im Hinblick auf die Abfallvermeidung und -entsorgung in Deutschland im Vordergrund; sie erweisen die vielfältigen Umsetzungsformen des Verursacherprinzips. Den zweiten Schwerpunkt bildet eine nähere Darstellung der im Abfallrecht in Betracht kommenden Verhaltensanreize durch Abgabenlösungen. Sie ist zugleich ein Beitrag zu Abgrenzung und Zulässigkeitsvoraussetzungen von (lenkenden) Gebühren, Beiträgen, Steuern und Sonderabgaben sowie zur Auslotung der Möglichkeiten einer ökologischen Steuerreform. Sowohl für die Verhaltensgebote als auch für Abgabenlösungen werden die grundrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Grenzen aufgezeigt. Herrn Professor Dr. H.-U. Erichsen, Geschäftsführender Direktor des Kommunal wissenschaftlichen Instituts der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, danke ich dafür, daß er mich als seinen Assistenten diese Studie neben der Institutsarbeit schreiben ließ. Den studentischen Hilfskräften des Instituts danke ich für das Ausleihen der Literatur und das Korrekturlesen. Frau Isabell Kersten danke ich für die engagierte und sachkundige Betreuung des Manuskripts am

pe.

Den Herausgebern der "Münsterischen Beiträge zur Rechtswissenschaft", den Herren Professoren Dres. H.-U. Erichsen, H. Kollhosser und J. Welp, danke ich sehr für die Aufnahme der Studie in ihre Schriftenreihe. Münster, im August 1995

Walter Frenz

Inhaltsverzeichnis Erster Teil

Grundlagen § 1 Das Verursacherprinzip als rechtspolitisches Prinzip des Umwelt-

rechts

..................

A. Die Bedeutung des Verursacherprinzips für den Umweltschutz B. Grundsätzliche Fragen der Umsetzung . . . . . . . I. Instrumentalistische Konzeption . . . . . . . . 11. Folgen für die Unterteilung der Verwirklichungsformen des Verursacherprinzips . . . . . . . . . 111. Die wichtigsten Verwirklichungstypen .... C. Ausscheidung des Zertifikatmodells für das Abfallrecht I. Verwirklichungsalternativen . . . . . . . . 11. Abfallspezifische Hindernisse ....... D. Vergleich von ordnungsrechtlichen und Abgabenlösungen I. Ökologische Wirksamkeit . . . . . . . . . . 11. Ökonomische EffIzienz .......... III. Praktikabilität, Akzeptanz und politische Durchsetzbarkeit IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . ................ E. Kombination F. Folgen für die Untersuchung der Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht . . . . . . . . . . . . . . . § 2 Von einem Recht der AbfaUbeseitigung zu einem Recht der Kreislauf-

wirtschaft: die gewandelte Umsetzung des Verursacherprinzips

Das Abfallbeseitigungsgesetz von 1972 und seine Novellen Das Abfallgesetz von 1986 . . . . . . . . . Die Verpackungsverordnung . . . . . . . . Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz von 1994 I. Grundsätzliche Zielsetzung . . . . . . . 11. Verstärkung der Intensität der Verursacherverantwortung III. Ausweitung der Reichweite der Verursacherverantwortung IV. Offene Ausgestaltung . . . . . . . E. Die Herausbildung weiterer Handlungsformen . . . . . A. B. C. D.

13 13 15 15 19 20 21 21 22 24 25 28 30 30 31 32 32 33 35 37 39 39 41 42 43 43

Zweiter Teil

Ordnungsrechtliche Lösungen § 3 Verhaltensgebote nach dem Abfallgesetz

46

A. Bloße Überlassungsptlicht

46

8

Inhaltsverzeichnis

I. Inhalt und Funktion . . . . . . . . . 11. Rechtfertigung von Grundrechtsbeeinträchtigungen B. Private Entsorgungsverantwortung als Ausnahme I. Entsorgungsverantwortung der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Ansätze zur privaten Entsorgungsverantwortung im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsregimes . . . . 111. Sammlungen gern. § lAbs. 3 Nr. 6, 7 AbfG IV. Hauptanwendungsfall: Verordnungen gern. § 14 AbfG C. Verhaltenspflichten von Abfallentsorgern ............... D. Bußgelder

49 50 52 54 54

§ 4 VerhaltenspOichten nach der Verpackungsverordnung

55

A. Vermeidungspflichten B. Rücknahmepflichten I. Mit Verwertungspflicht 11. Mit zusätzlicher Pfanderhebungspflicht 111. Durchführung und Kostenlast bezüglich des Transports zur Rück........ nahmestelle I. Verkaufs- und Umverpackungen . . . . . 2. Transportverpackungen . . . . . 3. Geänderte Auslegung wegen § 24 Krw-/AbfG? IV. Ersatzsystem - die Rolle des Dualen Systems V. Vereinbarkeit mit den Grundrechten . . . . . I. Grundrechte der Hersteller und Vertreiber von Verpackungen sowie des deren Pflichten substituierenden Ersatzunternehmens 2. Grundrechte anderer Entsorgungsunternehmer . 3. Grundrechte der Endbesitzer von Verpackungen

56 57 58 59

§ 5 Verhaltens- und VermeidungspOichten nach dem Kreislaufwirtschafts-

und Abfallgesetz

46 48 49 49

60 60 60 61 62 64 64 67 68

. . . . . . . . . . .

70

A. Grundsätzliche private Entsorgungsverantwortung I. Die Parallelität der prinzipiellen privaten Entsorgungsverantwortung und der Erweiterung des Abfallbegriffs 11. Herausnahme privater Haushaltungen . . . . . . . . . . . I. Grundsätzliche Überlassungspflicht als Ansatz . . . . . . . 2. Weitestgehende Erhaltung privater Verantwortung: Subsidiarität der Überlassungspflicht aufgrund der bestehenden Einschränkungen 3. Rückwirkungen auf den Inhalt der Überlassungspflicht . . . 111. Ausnahmen für private Unternehmen . . . . . . . . . . IV. Übertragungsmöglichkeiten öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger auf Private als Ausdruck des Verursacherprinzips? V. Fazit . . . . . B. Vermeidungspflichten C. Verwertungspflichten . D. Beseitigungspflichten . E. Substitutionsmöglichkeiten I. Einschaltung Dritter .

70 70 73 73 73 75 76 77 80 80 82 84 85 85

Inhaltsverzeichnis

9

1. Beauftragung . . . . . . . . . . 2. Pflichtenübertragung an Dritte . . . . 11. Wahrnehmung von Aufgaben durch Verbände 1. Bildung . . . . . . . . . . 2. Beauftragung zur Pflichtenerfüllung 3. Pflichtenübertragung . . . . . III. Wahrnehmung von Aufgaben durch Einrichtungen der Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft. . 1. Beauftragung zur Pflichtenerfüllung 2. Pflichtenübertragung F. Produktverantwortung G. Überlassungspflichten H. Duldungspflichten J. Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen K. Einzelanordnungen gern. § 21 Krw-IAbfG L. Untersuchungspflichten . . . . . . . M. Pflichten im Rahmen der Überwachung N. Verfassungsmäßigkeit der Vermeidungs-, Entsorgungs- und ihrer Hilfspflichten . . . . . . . . . . . . . . I. Vermeidungspflichten . . . . . . . . 11. Entsorgungspflichten und ihre Hilfspflichten III. Rückwirkende Anknüpfung? . . . . . . O. Pflichten der Betreiber von Abfallbeseitigungsanlagen P. Bußgelder .......

85 85 87 87 87 88

100 103 104 105

§ 6 Warnungen und Empfehlungen

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§ 7 Gemeinschaftsrechtliche Grenzen ordnungsrechtlicher Lösungen

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A. Art. 30 EGV ...... I. Abfall als Ware . . . . 11. Maßnahme gleicher Wirkung 1. Teilweise Ausklammerung vertriebsbezogener Regelungen 2. Folgen für abfallrechtliche Regelungen . . . . . . 3. Ausklammerung aufgrund zwingender Erfordernisse des Umweltschutzes . . . . . . . . . ............ B. Art. 59 EGV C. Abfallrichtlinie und Abfallverbringungsverordnung ......... D. Verpackungsrichtlinie

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Dritter Teil Abgabenlösungen § 8 Die Rechtfertigungsbedürftigkeit von Abgaben und die Funktion des

Verursacherprinzips

........

115

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

116

A. Kosten für Untersuchungsrnaßnahmen

117

10

Inhaltsverzeichnis

118 118 119

B. Abfallgebühren I. Kostenmäßige Ausprägung des Verursacherprinzips 11. Erhebungsberechtigte . . . . . . . . . . III. Einwirkungen des Abfallrechts auf die Erhebung von Abfallgebühren 1. Abfallgesetz von 1986 . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verpackungsverordnung und Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz IV. Abgabemechtliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . 1. Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip als verfassungsrechtlich fundierte Grundsätze . . . . . . . . . . . . . 2. Ansatzfähigkeit nur der leistungsbezogenen Kosten 3. Bemessung im Abfallrecht nach Wahrscheinlichkeitsmaßstab 4. Gleichheit der Gebührenschuldner V. Lenkende Gebühren ............ . 1. Kompetentielle Grenzen . . . . . . . . . . . 2. Finanzverfassungsrechtliche und grundrechtliche Grenzen a) Die Möglichkeit einer Durchbrechung des Kostendeckungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtfertigungsbedürftigkeit durch den Lenkungszweck c) Prüfung des Übermaßverbotes d) Sozialstaatsprinzip C. Verleihungsgebühren . . . . . . D. Umweltnutzungsgebühren . . . . E. Beiträge, insbesondere Verbandsbeitrag

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§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

146

A. "Ökosteuern" B. Steuern I. Konsum- statt Kapitalorientierung des Steuersystems 11. Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen 1. Numerus clausus der Steuerarten? . . . . a) Folgen eines Typenzwangs . . . . . aa) Gemeinschaftsrechtliche Bedenken bb) Erhebungstechnische Grenzen . . cc) Begrenzte ökologische Effektivität dd) Vorteile . . . . . . . . . b) Beschränkung des Steuerzugriffs auf eigentumsrelevante Vorgänge aus Art. 14 Abs. 1,3 Abs. 1 GG? c) Gebot der Konzeption des Steuerstaates? d) Die Vorgabe des Art. 20 a GG e) Entstehungsgeschichte .... t) Wortlaut und systematische Stellung g) Folgen für .. Abfallsteuern " . . . 2. Notwendigkeit einer Sachregelungskompetenz bei sämtlichen außerfiskalischen Zwecken . . . . . . . . . . a) Das Verhältnis von Art. 70 ff. GG und Art. 105 GG b) Erweiterter Steuerbegriff c) Abgrenzung im einzelnen d) Folgen für umweltbezogene Steuern 3. Steuerverteilungsrechtliche Grenzen

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Inhaltsverzeichnis

11

4. Rechtsstaatliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . 5. Vereinbarkeit mit den Grundrechten, insbesondere Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . 6. Sozialstaatliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . III. Die Verpackungssteuer als Beispiel für die Zulässigkeit verschiedener Anreize in einem Bereich und für die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarkeit mit Art. 105 Abs. 2 a GG . . . a) Örtlichkeit . . . . . . . . . . . b) Gleichartigkeit mit bundesgesetzlicher Steuer 2. Beeinträchtigung der Wirkung der Verpackungsverordnung C. Sonderabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mögliche Bedeutung für die Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht ............. 1. Folgen der Zubilligung eines Steuererfindungsrechts 2. Mögliche Sonderabgabetypen im Abfallsektor 11. Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen . . . . 1. Sachkompetenz . . . . . . . . . 2. Finanzverfassungsrechtliche Anforderungen a) Notwendige Abgrenzbarkeit zur Steuer b) Schranken für Sonderabgaben der Länder und Kommunen 3. Grundrechtliche Schranken . . . . . . . . . . III. Folgen für den Einsatz von Sonderabgaben im Abfallbereich

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§ 11 Gemeinschaftsrechtliche Grenzen für Abgaben

194

A. Art. 99 EGV B. Art. 95 EGV C. Art. 92 EGV

194 195 196

Thesen . . . .

197

Literaturverzeichnis .

209

Sachregister

229

169 171 172 173 173 175 178 181

Abkürzungen BayAbfAIG BayKostenG bbg. bbg. LAbtVG DStJG DV EGV EUV F.A.Z. GA GemH hmb. AbfG hess. AbfG Krw-/AbfG LAbfG BW LAbfG NW LAbfG Sachs.-Anh. LAbfWAG Rh.-Pf. LAbfWG S.-H. nds. AbfG M.-V. PI.Prot. saarl. AbfG Sachs.-Anh. sächs. EGAB thür. AbfAG StGR StT UPI VR

Bayerisches Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz Bayerisches Kostengesetz brandenburgisch Brandenburgisches Landesabfallvorschaltgesetz Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft Die Verwaltung Vertrag über die Europäische Gemeinschaft Vertrag über die Europäische Union Frankfurter Allgemeine Zeitung Generalanwalt (beim EuGH) Der Gemeindehaushalt Hamburgisches Abfallwirtschaftsgesetz Hessisches Abfallwirtschaftsgesetz Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Landesabfallgesetz Baden-Württemberg Abfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen Abfallgesetz des Landes Sachsen-Anhalt Landesabfallwirtschafts- und Abgabengesetz RheinlandPfalz Landesabfallwirtschaftsgesetz Schieswig-Hoistein Niedersächsisches Abfallgesetz Mecklenburg -Vorpommern Plenarprotokoll Saarländisches Abfallgesetz Sachsen-Anhalt Erstes Gesetz zur Abfallwirtschaft und zum Bodenschutz im Freistaat Sachsen Thüringer Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz Städte- und Gemeinderat Der Städtetag Umwelt- und Prognose institut Verwaltungsrundschau

Die übrigen Abkürzungen sind aus dem Zusammenhang ersichtlich bzw. erklärt in Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Autl. 1993.

Erster Teil

Grundlagen § 1 Das Verursacherprinzip als rechtspolitisches Prinzip des Umweltrechts A. Die Bedeutung des Verursacherprinzips für den Umweltschutz Umwelteinwirkungen können zu großen Schäden führen. Gelangen aus einer Abfalldeponie Chemikalienreste in einen Fluß oder See, sterben dort Fische. Kommen sie in das Oberflächenwasser, werden Felder verseucht und damit landwirtschaftliche Betriebe in ihrer Produktion beeinträchtigt. Entstehen Bodenkontaminationen, müssen diese aufwendig festgestellt und wieder beseitigt werden. Gelangen Schadstoffe in das Grundwasser, wird die Trinkwasserversorgung tangiert!. Bei der Verbrennung von Abfall entstehen Abgase, die die Luft verschmutzen und dadurch Krankheiten hervorrufen können, deren Heilung das öffentliche Krankenversicherungswesen belastet. Möglicherweise tragen diese Schadstoffe zum Waldsterben bei mit all seinen negativen Auswirkungen auf die Forstwirtschaft und die Erholungsmöglichkeiten der Bewohner einer Region2 • In der freien Marktwirtschaft wird der Wirtschaftsprozeß maßgeblich über den Preis gesteuert. Werden Schäden und damit Kosten, die bestimmte Wirtschaftseinheiten verursachen, diesen nicht angelastet, werden sie diese in ihrer Kalkulation nicht berücksichtigen. Diese Auswirkungen von Umweltverschmutzungen bleiben im Kostenkalkül der verursachenden Wirtschaftssubjekte außer Betracht, obwohl sie das Produktions- und Komsumverhalten Dritter und Güter der Allgemeinheit nachteilig beeinflussen. Es sind mithin externe Effekte 3 • Die daraus resultierenden Kostenbelastungen Dritter und der Allgemeinheit sind externe Kosten. Das sind mithin die Kosten, die der Gesellschaft entstehen, ohne daß sie

Zu den negativen Effekten der Abfallwirtschaft Eben, Abfallwirtschaft, S. 20 ff. Dazu ausführlich Ewers/Brabänder/Brechtel/Both/Hayessen/Jahn/Möhring/Moog/Nohl/Richler, Methodische Probleme der monetären Bewertung eines komplexen Umweltschadens - das Beispiel des Waldsterbens in der Bundesrepublik Deutschland, passim. 3 Näher etwa Weimann, Umweltökonomik, S. 19 f. 1

2

14

Erster Teil: Grundlagen

im betrieblichen Rechnungswesen bzw. in der Wirtschaftsrechnung der privaten und öffentlichen Haushalte als Kosten auftauchen4 • Dazu gehören etwa die Kosten, die zur Behebung der Schäden aufgewendet werden müssen, die eine Versenkung von Ölbohrinseln der Meeresfauna zufügt, wenn diese dem versenkenden Ölunternehmen nicht in Rechnung gestellt werdens. In einer marktwirtschaftlichen Ordnung beeinflußt nur das, was in die Kostenkalkulation eingeht und damit im Preis berücksichtigt wird, das Verhalten der beteiligten Wirtschaftssubjekte. Damit die externen Kosten in der Kalkulation der einzelnen Wirtschaftssubjekte berücksichtigt werden und diese dadurch ihr Verhalten ändern, müssen sie internalisiert werden6 • Sie dürfen daher nicht nur bezogen auf die Gesamtwirtschaft, also auf volkswirtschaftlicher Ebene anfallen, sondern müssen zu individuellen, mithin betriebswirtschaftlichen Kosten werden. Diese volkswirtschaftlichen Kosten oder sozialen Zusatzkosten müssen folglich den (potentiellen) Verursachern von Umweltschäden angelastet werden. Das Verursacherprinzip besteht also darin, "die Kosten zur Vermeidung, Beseitigung oder zum Ausgleich von Umweltbelastungen dem Verursacher" zuzurechnen7 • Eine solche Zurechnung kann sowohl durch eine direkte Kostenbelastung mit Abgaben als auch indirekt durch die Auferlegung von Verhaltenspflichten erfolgen, für deren durch die Erfüllung entstehenden Kosten dann die Belasteten selbst aufkommen müssen8 • Die ursprüngliche Interpretation als reines Kostenzurechnungsprinzip unter Ausschluß ordnungsrechtlicher Lösungen9 erscheint daher nicht sinnvoll 10. Entscheidend ist mithin, daß der Verursacher

• Wicke, Umweltökonomie, S. 43. , Vgl. zur geplanten Versenkung der "Brent Spar" F.A.Z. vom 21.6.1995, S. 3, aber auch F.A.Z. vom 3.7.1995, S. 13. 6 Etwa Hansmeyer/Schneider, Umweltpolitik, S. 16. 7 BMI, Umweltbrief Nr. I, S. 2; ähnlich bereits Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971, BT-Drucks. 6/2710, S. 6 (These 2), 10: "Jeder, der die Umwelt belastet oder sie schädigt, soll für die Kosten dieser Belastung oder Schädigung aufkommen. " Ähnlich auch Umweltbericht der Bundesregierung von 1976, BT-Drucks. 7/5684, S. 8; Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/1938, Tz. 1692; aus der Lit. etwa BaßelerlHeinrich/Koch, Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, S. 685 ff. • Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 87. 9 BMI, Umweltbrief Nr. I, S. 2; Umweltbericht der Bundesregierung von 1976, BT-Drucks. 7/5684, S. 8 (Tz. 6); auch noch Umweltbericht 1990, BT-Drucks. 11/7168, S. 127. - Das steht allerdings im Widerspruch zu den zahlreichen auf das Verursacherprinzip gestützten Normwerken, die Handlungs- und Vermeidungsgebote enthalten, so auch die VerpackV und das Krw-/AbfG. - Aus der früheren Lit. insbes. Bullinger, Verursacherprinzip, S. 71 f. sowie weiterhin Sendler, JuS 1983, 255 (257); Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 84. 10 Auch in der umweltökonomischen Literatur werden Auflagenlösungen selbstverständlich einbezogen (etwa Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 26 ff.; Weimann, Umweltökonomik, S. 185 ff.; Wicke, Umweltökonomie, S. 129).

§ 1 Verursacherprinzip

15

einer (potentiellen) Umweltbeeinträchtigung die Verantwortung für deren Vermeidung bzw. Beseitigung trägt\l. In dieser sowohl Auflagen- als auch Abgabenlösungen umschließenden Gestalt ist das Verursacherprinzip mittlerweile wegen der aufgezeigten bedeutsamen Funktion für den Umweltschutz neben dem Vorsorge- und dem Kooperationsprinzip als eines der drei rechtspolitischen Prinzipien des Umweltrechts fest anerkannt l2 • Im Entwurf für ein Umweltgesetzbuch - Allgemeiner Teil 13 - ist es als Grundsatz des Umweltschutzes in § 5 Abs. 1 aufgenommen: "Wer eine Umweltbeeinträchtigung, eine Umweltgefahr oder ein Umweltrisiko verursacht, ist dafür verantwortlich." Nur wenn "ein Verursacher oder ein sonstiger Verantwortlicher nicht vorhanden, nicht oder nicht rechtzeitig feststellbar oder seine Inanspruchnahme unbillig" ist, "so ist die Allgemeinheit verantwortlich" (§ 5 Abs. 2). Neben die Begründung des Verursacherprinzips aus wirtschaftswissenschaftlichen Zusammenhängen tritt die Verbindung zu Gerechtigkeitsvorstellungen: Diese können erfordern, für Schädigungen an Gemeinschaftsgütern die Kosten den Verursachern anzulasten, damit nicht die Allgemeinheit der Steuerzahler dafür aufkommen muß l4 • Im Vordergrund steht aber der (umwelt-)ökonomische Hintergrund, wie neue Vorstöße zu seiner Umsetzung etwa im Rahmen einer ökologischen Steuerreform erweisen: Es soll die Umweltverschmutzung verringert werden, und die Frage der gerechten Verteilung der Steuerlast stellt sich als Grenze verursachergerechter Anlastung dar ls , nicht als deren Grund.

B. Grundsätzliche Fragen der Umsetzung I. InstrumentaIistische Konzeption

Die Vorgänge, die zu Umweltschäden führen, sind jedoch vielfach schwer ermittelbar und immer noch nicht vollständig erforscht. So ist weiterhin unge-

Kloepjer, Umweltrecht, S. 84. Grundlegend Rehbinder, Probleme des Verursacherprinzips, bes. S. 36, 121; auch ders., in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, S. 81 (96); Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 1974, S. 157 (Tz. 571); I. Schmidt, AcP 175 (1975), 222 (224 f.); aus jüngerer Zeit etwa Breuer, in: Sehmidt-AJ1mann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 433 (442); Hoppe/Beekmann, Umweltrecht, S. 83 f.; zur Entwicklung Meßersehmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 86 ff.; für eine verfassungsrechtIiche Herleitbarkeit Wegmann, NuR 1988, 361 (368); krit. Ladeur, ZfU 1987, 1 (21); Adams, 1'/.1989, 787 ff.; vgl. aber Kirehgässner, 1Z 1990, 1042 ff. 13 Kloepjer/Rehbinder/Sehmidt-Aßmann/Kunig, Umweltgesetzbuch - Allgemeiner Teil, S. 40 mit Erläuterungen S. 145 ff. 14 Von Amim, in: Hansmeyer, Stalltsfinanzierung im Wandel, S. 725 (737); vgl. Spannowsky, DVBI. 1994, 560 (561 ff.). "Vgl. Kloepjer, Umweltrecht, S. 86 sowie bereits dens., DÖV 1975, 593 ff. 11

12

16

Erster Teil: Grundlagen

klärt, welche Einzelursachen zum Waldsterben führen. Sind derartige Kausalabläufe festgestellt, müßte für eine optimale Umsetzung des Verursacherprinzips zudem genau erfaßt werden, in welchem Ausmaße das Verhalten der Verursacher zu externen Kosten führt, die ihnen anzulasten sind; abzuziehen sind die negativen volkswirtschaftlichen Effekte, die eine umweltfreundlichere Wirtschaftsweise etwa im Hinblick auf eine erhöhte Arbeitslosigkeit und die damit verbundenen Kosten hat. Insoweit stellt sich zum einen das Problem der Ermittel- und Prognostizierbarkeit: Es ist vielfach unsicher, in welchem Ausmaße Umweltschäden bestehen. So bedarf es für zahlreiche Standorte, für die die Gefahr von Bodenkontaminationen insbesondere auch durch Abfalle besteht, der näheren Erforschung, ob tatsächlich Gefabrdungen durch Altlasten vorhanden sind 16 ; zugleich kann nur schwer prognostiziert werden, in welchem Ausmaße durch eine Änderung bestimmter Verhaltensweisen Verbesserungen eintreten werden. Das gilt auch für Rückwirkungen außerhalb des Umweltbereichs, etwa im Hinblick auf die Arbeitsmarktsituation 17 , deren Verschlechterung ebenfalls zu volkswirtschaftlichen Kosten führt. Zum anderen läß sich der Wert von Umweltschäden und dementsprechend der Betrag der volkswirtschaftlichen Kosten, die in den einzelwirtschaftlichen Rechnungen unberücksichtigt bleiben und daher durch Kostentragungspflichten internalisiert werden müssen, schwerlich eindeutig beziffern 18 • So ist der Wert eines nicht geschädigten Waldes oder eines nicht verschmutzten Sees für den einzelnen unterschiedlich. Aufgrund all dieser Unwägbarkeiten kann ein Optimalpunkt nicht exakt ermittelt werden, bei dem die (Grenz-)Kosten der Vermeidung dem (Grenz-)Nutzen solcher Vermeidung, berechnet nach dem Wert der zusätzlichen Vermeidung der Umweltbelastung pro Einheit, entsprechen 19 • Nur bei der Ermittlung eines solchen Optimalpunktes könnten bei geringstmöglichen Kosten für die Gesamtwirtschaft Verhaltensänderungen erreicht werden (Pareto-Effizienz). Es existieren indes noch nicht einmal einheitliche, allgemein akzeptierte For-

Eine nähere Erhebung machte Franzius, in: Kosten der Umweltverschmutzung, S. 295 ff. Zu den diesbezüglichen Auswirkungen etwa Sprenger, Beschäftigungseffekte in der Umweltpolitik. 18 Eine umfassende, aber stark mit Annahmen und Wertungen befrachtete Kostenrechnung nimmt allerdings Wicke, Umweltökonomie, S. 59 - 99 m.w.N. vor. 19 Zum aktuellen Diskussionsstand und den Konsequenzen in neueren ökonomischen Modellansätzen Cansier, in: K. Schmidt, Öffentliche Finanzen und Umweltpolitik I, S. 11 (22 ff.). 16 17

§ 1 Verursacherprinzip

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schungsraster zur Analyse der Umweltqualität20 • Daher geht es um eine umfassende Abwägung und Bewertung auf unsicherer Tatsachengrundlage21 • Die Umweltpolitik ist deshalb auf einen subjektiven Wertmaßstab und damit auf die politische Fixierung von Umweltqualitätszielen und diese konkretisierende Standards angewiesen22 • Wegen der schwierigen Bemessung der Auswirkungen quantifizierender Ziele, die etwa eine bestimmte zu erreichende Abfallhöchstmenge vorgeben, und im Interesse einer langfristigen Konzeption sollten "Qualitätsziele und Qualitätsstandards entwickelt werden, die dem Leitbild einer dauerhaft-umweltgerechten Entwicklung entsprechend "23. Diese Vorgaben beeinflussen die Umsetzung des Verursacherprinzips. An die Stelle einer strikten, aber praktisch undurchführbaren Internalisierung sämtlicher durch Umweltbelastungen Dritten oder der Allgemeinheit angelasteter Kosten tritt eine instrumentalistische Konzeption. Diese hat ihren Niederschlag in den Verwirklichungsformen des Verursacherprinzips gefunden. Man ist nicht mehr auf bestimmte Instrumente fixiert24 und hält die verschiedenen Verwirklichungsformen auch nicht mehr in Reinkultur durch, sondern paßt sie den festgelegten Zielen sowie praktischen Gegebenheiten an2S und mischt sie bzw. setzt sie parallel ein26 • So wurde die im Jahre 1920 vorgestellte Pigou-Steuer, nach der der Staat die bis dahin nicht bezahlte Inanspruchnahme von Umweltgütern entsprechend ihrer Bewertung durch die Gesellschaft besteuern sollte21 , zunächst durch den Standard-Preis-Ansatz von Baumol und Dates aus dem Jahre 1971 28 abgelöst: Danach wird ein bestimmter Umweltstandard festgelegt, der durch die Erhebung einer Abgabe erreicht werden soll, deren Höhe vorläufig festgelegt und dann nach dem trial-and-error-Verfahren angepaßt wird, bis der eine Verhaltensände-

20 Wicke, Umweltökonomie, S. 76 betont, daß es die Kosten der Umweltverschmutzung grundsätzlich nicht gibt. 2\ Hansmeyer/Schneider, Umweltpolitik, S. 30 f. 22 Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/1938, S. 541 f. (Tz. 1778); Umweltgutachten 1987, S. 56 (Tz. 88), näher S. 54 ff. (Tz. 75 ff.); Buttgereit, Ökologische und ökonomische Funktionsbedingungen umweltökonomischer Instrumente, S. 115. 23 Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, S. 141 (Tz. 303). 24 Zu der breiten Palette Wicke, Umweltökonomie, S. 129, 165 - 311,344 - 402. 25 Hansmeyer/Schneider, Umweltpolitik, S. 34,41 ff., 57. 26 Zu dem letzten Punkt ausführlich Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz. Ein Beispiel ist die Kombination der Abwasserabgabe mit ordnungsrechtiichen Anforderungen gern. § 7 a WHG. 27 Pigou, The Economics of Welfare, bes. S. 172 ff; z.T. übersetzt bei Sieben, Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung, S. 23 ff. 28 Baumol/Oates, in: The Swedish Journal ofEconomics 73 (1971), 42 ff., übersetzt bei Sieben, Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung, S. 169 ff.

2 Frenz

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Erster Teil: Grundlagen

rung herbeiführende Preis erreicht ist29 • Damit entfällt zwar die Notwendigkeit, den Wert der externen Effekte zu ennitteln. Dafür muß aber festgestellt werden, welche Kosten den Belasteten für die Venneidung etwa von Abfall entstehen, um die Abgabenhöhe nicht zu niedrig festzusetzen30 • An die Stelle einer solchen, auf einem hohen Infonnationsstand beruhenden, mühevollen Ermittlung der richtigen Abgabenhöhe ist eine stark politisch bestimmte, wertende Festsetzung bestimmter Abgabensätze getreten. Nur der Kerngedanke, durch finanzielle Belastungen den einzelnen zu einem veränderten Verhalten anzuregen, ist geblieben3l • Die Erstreckung des Verursacherprinzips auf Verhaltens- und Venneidungsgebote 32 schließlich eröffnet Lösungen, die weitgehend unabhängig von Kostenfaktoren die angestrebten ökologischen Ziele erreichen können und insoweit die dargelegten Berechnungsschwierigkeiten venneiden33 • Auch sie vennögen allerdings nicht die vor allem bei multikausalen Abläufen bestehende Schwierigkeit zu überwinden, den Verursacher zu bestimmen. Um die weiteren konstatierten Defizite wie mangelnde Flexibilität und eine fehlende Anreizwirkung zur Verringerung der nicht von den Verhaltens- und Venneidungsgeboten erfaßten Restquoten zu überwinden, wird eine Flexibilisierung der Auflagenpolitik durch eine Kombination mit dem Handel von Verschmutzungsrechten vorgeschlagen34 • Insgesamt führen die mit der Umsetzung des Verursacherprinzips verbundenen Schwierigkeiten dazu, daß die theoretischen Ansätze zweitrangig sind und die Wirksamkeit der in der Praxis eingesetzten Instrumente dominiert 3s • Im Vordergrund aber stehen die Umweltziele36 • Die Anwendung von Instrumenten des Verursacherprinzips erscheint als Mittel zum Zweck.

VgJ. auch Rehbinder, in: Salzwedel Grundzüge des Umweltrechts, S. 81 (96). Näher am Beispiel des Abfallsektors Ebert, Abfallwirtschaft, S. 92 ff. 31 Dickertmann, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 33 (39 f.). 32 Siehe oben § 1 A. 33 Für die Frage der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen bleiben die Kostenfaktoren weiterhin relevant, ebenso im Hinblick auf die grundrechtlichen Grenzen aus Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG. Siehe insbesondere § 5 N.II. 34 Wicke, Umweltökonomie, S. 191 ff. unter Verweis auf solche in den USA praktizierte Modelle. 35 Siehe nur Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, S. 154 (Tz. 354), 155 (Tz. 362); Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 68 ff.; Wicke, Umweltökonomie, 1991, S. 129 ff., 165 ff. 3. Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, S. 154 (Tz. 354); Wicke, Umweltökonomie, S. 565 f.; Buttgereit, Ökologische und ökonomische Funktionsbedingungen umweltökologischer Instrumente, S. 120 f. 29

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§ 1 Verursacherprinzip

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11. Folgen für die Unterteilung der Verwirklichungsformen des Verursacherprinzips

In der rechtswissenschaftlichen Literatur findet sich demgegenüber eine ansatzorientierte Unterteilung der Verwirklichungsfonnen des Verursacherprinzips: Es wird unterschieden zwischen der Anlastung der Venneidungskosten, also der zur Venneidung, Verminderung und Beseitigung eines konkreten Umweltschadens anfallenden Kosten, der sozialen Zusatzkosten, mithin der im weiteren Umfeld dieses Schadens der Allgemeinheit und Dritten entstehenden Kosten (z.B. durch das Waldsterben), und der Theorie der Umweltnutzung gegen Entgelt, die Festsetzung eines Knappheitspreises für die Nutzung eines bestimmten Umweltgutes (Wasser, Luft ... )37. Diese Aufspaltung nach den theoretischen Ansätze ist indes angesichts eines mittlerweile instrumentalistisch konzipierten Verursacherprinzips akademischer Natur. Vielfach fließen diese Ansätze ineinander: So ist der Entwurf der "Grünen" zur Erhebung einer Primärenergiesteuer sowohl auf die umweltschädlichen Auswirkungen des Energieverbrauchs als auch auf den sparsamen Umgang mit Ressourcen gestützt; sie soll daher zu 50 % nach den bei der Verbrennung entstehenden Emissionen an Kohlendioxid und zu 50 % nach dem Energiegehalt von fossilen Brennstoffen und Atomenergie erhoben werden38 • Somit kommt sowohl der Ansatz der Anlastung der sozialen Zusatzkosten und als auch die Theorie der Umweltnutzung gegen Entgelt zum Zuge. Von erheblicher praktischer Relevanz ist hingegen die Effektivität der einzel nen oder zusammen mit anderen Handlungsfonnen eingesetzten Mittel. Eine Unterscheidung nicht mehr nach dem Ansatz, sondern nach der gewählten Handlungsfonn hat zudem aus rechtswissenschaftlicher Perspektive den Vorteil, daß sich daraus je nach Wirkungsweise dieses Instruments Unterschiede in der Beurteilung der Auswirkungen auf die Grundrechte ergeben. Verhaltensbeeinflussung durch direkte Gebote oder durch "weichere" Abgabenlösungen beeinträchtigt die Grundrechte in unterschiedlicher Weise und bedarf daher auch jeweils besonderer rechtlicher Beurteilung.

37 Siehe Breuer, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 433 (443); Kloepfer, in: ders.lRehbinder/Schmidt-Aßmann/Kunig, Umweltgesetzbuch - Allgemeiner Teil, S. 146, aber unter Betonung der Flexibilität der Handhabung. 3. Siehe die von Steenblock/Fischer/Heyne/Hustedt/Scheel/Schmidt aufgestellten Eckpunkte für den Einstieg in eine ökologisch-soziale Steuerrefonn vom 18.5.1995, A. (1) und (2).

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Erster Teil: Grundlagen

III. Die wichtigsten Verwirklichungstypen

Die wirtschaftswissenschaftliche Literatur unterscheidet regelmäßig zwischen Auflagen-, Abgaben- und Zertifikatlösungen39 • Auflagen verwirklichen das Verursacherprinzip dadurch, daß an den, der die Umwelt schädigt oder belastet, Verhaltens- bzw. Vermeidungsgebote ergehen40 • Diese ordnungsrechtliche Verwirklichung des Verursacherprinzips deckt den Bereich der Anlastung der Vermeidungskosten insoweit ab, als diese dadurch angelastet werden, daß der Normadressat selbst die Kosten für die Befolgung bzw. Erreichung der Verhaltens- bzw. Vermeidungskosten zu tragen hat. Bei Abgabenlösungen belastet der Staat bestimmte Vorgänge wie den Kauf oder Verbrauch eines Produkts, die Ablieferung von Abfallen41 oder die Hervorrufung von Emissionen finanziell, damit die Adressaten diesen Vorgang infolge der Verteuerung vermindern. Die Abgabenlösung kann sich sowohl als Ausprägung der Anlastung der Vermeidungskosten (etwa bei Gebühren und Beiträgen) für die (Möglichkeit der) Nutzung einer öffentlichen Einrichtung als auch der sozialen Zusatzkosten42 sowie als Umsetzung der Theorie einer Umweltnutzung gegen Entgelt43 darstellen44 •

3. Z.B. Kemper, Das Umweltproblem in der Marktwirtschaft, S. 33 ff.; Weimann, Umweltökonomik, S. 104, 109 ff.; im Ausgangspunkt auch Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 26 ff. 40 Der insoweit in den Wirtschaftswissenschaften verwendete Auflagenbegriff geht also über den des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG weit hinaus. Die synonyme Bezeichnung "ordnungsrechtliche lösung" vermeidet Verwechslungen. 41 Eine solche Abgabe war 1991 bundesweit geplant (BMU-Referat WA 11, Entwurf eines Abfallabgabengesetzes (AbfAG) vorn 11.9.1991; inhaltlich dargestellt und ökonomisch bewertet bei Sprenger u.a., Das deutsche Steuer- und Abgabensystem aus umweltpolitischer Sicht, S. 159 ff.) und wird mit Wirkung vorn 1.10.1995 erhoben in Schleswig-Holstein nach den Landesabfallabgabengesetz (LAbfAG) vorn 22.7.1994 (GVBI. S. 395). Für Sonderabfälle wird eine solche Abgabe auch in Baden- Württemberg, Bremen, Hessen und Niedersachsen erhoben; näher unter § 10 . • 2 So die Abwasserabgabe, die gern. § 3 Abs. 1 S. 1 AbwAG nach der Schädlichkeit des Abwassers bemessen wird. '3 Als solche ist der Wasserpfennig in Baden-Württemberg, der gern. § 17 a ff. WG i.d.F. vorn 1.7.1988 (GBI. S. 269) die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser zur Wasserversorgung mit einern Entgelt belastet, anzusehen, unabhängig von der Einstufung als Benutzungsgebühr (Hendler, NuR 1989, 22 (24 ff.» oder Verbrauchsteuer (F. Kirchhof, NVwZ 1987, 1031 (1035); Pietzcker, DVBI. 1987, 774 (780 f.); Sander, DVBI. 1990, 18 (20 ff.». Auch für das Lizenzentgelt für die Behandlung oder die Ablagerung von Abfällen in Nordrhein-Westfalen gern. § 10 Abs. 1 LAbfG NW (v. 21.6.1988, GVBI. S. 250) kommt eine solche Einordnung in Betracht; näher unter § 9 C., D. Beispiel für eine Kombination ist der vorstehend erwähnte Vorschlag der "Grünen" zur Erhebung einer Primärenergiesteuer . 44 Siehe Breuer, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 433 (444).

§ 1 VerursacherprDlzip

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Beim Zertifikatmodell45 legt der Staat durch politische Entscheidung fest, inwieweit ein Umweltmedium (ggf. in einer bestimmten Region) belastet werden darf. In Höhe dieser Gesamtbelastungsmenge schafft er Zertifikate bzw. Lizenzen, die er kostenlos oder kostenpflichtig an interessierte Emittenten von Umweltbelastungen abgibt. Diese Verschmutzungsrechte verleihen den Inhabern das Recht, in der dadurch zugewiesenen Höhe die Umwelt zu belasten. Zugleich können sie diese Zertifikate verkaufen. Dadurch entsteht ein Anreiz, Belastungen zu vermindern. Hingegen werden diejenigen, für die die Kosten der Verminderung über dem Handelspreis für die Zertifikate liegen, solche Lizenzen kaufen. Damit soll erreicht werden, daß die Umweltbelastungen dort reduziert werden, wo es am kostengünstigsten ist46 • Daher wird dem Zertifikatmodell die höchste ökonomische Effizienz zugesprochen47 • Es weist auch den Vorteil auf, daß die Umweltbehörde aufgrund der Preisbildung auf dem Markt im wesentlichen nur die handelbare Menge festzulegen braucht und sich ihre Informationsbeschaffung darauf beschränken kann48 •

c. Ausscheidung des Zertifikatmodells für das Abfallrecht I. Verwirklichungsalternativen

Die Verwirklichung des Zertifikatmodells im Abfallrecht kommt in verschiedenen Varianten in Betracht49 : Lizenzen können vergeben werden für die Ablieferung von Abfallen an Entsorgungsanlagen; dann wird die Brutto-Schadstoffmenge einbezogen. Oder aber die Emissionen, die bei der Entsorgung von Abfällen in den entsprechenden Anlagen entstehen, sind zertifikatpflichtig; diese Möglichkeit knüpft an die Netto-Schadstoffmenge an. Dadurch werden die angelieferten Abfälle indes nur indirekt gesteuert. Zudem läßt sich etwa die Abfallmenge leichter in Zertifikate umsetzen als die einzelnen bei der Entsorgung entstehenden Schadstoffe. Eine solche Zertifikatlösung knüpft zudem in erster Linie an eine umweltverträgliche Entsorgung an; die Vermeidung als das

., Grundlegend Crocker, in: Wolozin, The Economics of Air Pollution, S. 61 ff.; Dales, in: Canadian Journal of Economics 1 (1968), Vol. 1, 791 ff.; ders., Pollution, Property and Prices, passim; auch Mishan, Technology and Growth: The Price We Pay, S. 36 ff.; Bonus, Umwelt 7 (1977),252 ff.; bereits ders., Jahrbuch für Sozialwissenschaft 23 (1972), 342 ff. (auch) am Beispiel von Abfällen. 46 Näher Kemper, Das Umweltproblem in der Marktwirtschaft, S. 42 ff. •, Bes. deutlich Weimann, Umweltökonomik, S. 169 ff.; für die Abfallwirtschaft Knüppel, Umweltpolitische Instrumente, S. 153 ff., allerdings ausgehend von einem ordnungsrechtlichen Rahmen. 48 Eben, Abfallwirtschaft, S. 120 ff., 162 . • 9 Im einzelnen Ebert, Abfallwirtschaft, S. 121 ff.

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Erster Teil: Grundlagen

am wichtigsten angesehene und in § 4 Krw-/AbfG an erster Stelle festgeschriebene Ziel träte in den Hintergrund. Die entstehenden Schadstoffe lassen sich zudem etwa bei Grundwasserverschmutzungen in landwirtschaftlich stark genutzten Regionen nicht immer eindeutig Entsorgungsanlagen zuordnen. Dann bliebe nur eine auf alle möglichen Verursacher bezogene Zertifikatlösung, womit die abfallpolitischen Ziele gänzlich in den Hintergrund träten. Ein Zertifikatmodell, das an die Abfallmenge anknüpft, ist daher als spezifisch auf den Abfall bezogenes Steuerungsinstrument vorzuziehenSO. 11. AbfaUspezulSche Hindernisse

Zertifikate weisen indes den Nachteil auf, daß durch die Kräfte des Marktes bei hoher Nachfrage Preise entstehen, die einzelne Wirtschaftsteilnehmer nicht mehr bezahlen könnensI. Werden Zertifikate vom Staat bei der Ausgabe versteigertS2 , besteht diese Gefahr mit ihrer Einführung. Bei einer anfangs kostenlosen VergabeS3 stellt sich das Problem dann, wenn bei bestimmten Einheiten im Laufe der Zeit mehr Abfälle anfallen: etwa bei einem Ehepaar, das Kinder bekommt. Abfall ist zwar zu vermeiden. Der trotzdem entstehende soll aber zur Verhinderung von Umwelt- und Gesundheitsgefahren geordnet entsorgt und insbesondere nicht wild abgelagert werden. Daher ist es notwendig, daß jeder, bei dem Abfall anfallt, für die entsprechende Menge Entsorgungsmöglichkeiten vorfindet. Damit muß sich nahezu jeder um Zertifikate bemühen. Davon drohten bei einem Zertifikathandel mit der Gefahr exorbitanter Kosten insbesondere private Haushalte und kleinere Betriebe ausgeschlossen zu sein, die die geringsten Möglichkeiten zur. Reduzierung der Abfallmenge habenS4 • Somit kommt das Zertifikatmodell von vornherein nur für eine abgegrenzte Personengruppe in Betracht und kann daher nicht die insgesamt anfallende Abfallmenge steuern. Eingesetzt etwa für den Bereich bestimmter Sonderabfälle erwüchse dann, wenn die Zertifikatspreise sehr hoch würden, aber die Gefahr von illegalen Abfall-

'" Ebenso Ebert, Abfallwirtschaft, S. 122 f. SI Im einzelnen Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 45. S2 Dafür Ebert, Abfallwirtschaft, S. 127 f. s, Nur eine solche Zertifikatlösung für akzeptabel haltend der Bericht der Enquete-Kommission "Schutz der Menschen und der Umwelt - Bewertungskriterien und Perspektiven für umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft" , BT-Drucks. 12/8260, S. 308. S4 Private Haushaltungen wurden denn auch von der 1991 geplanten Abfallabgabe des Bundes (BMU -Referat WAll 2, Entwurf eines Abfallabgabengesetzes (AbfAG) vom 11.9.1991) ausgenommen. Sie werden von der Abfallabgabe des Landes Schleswig-Holstein nach dem Landesabfallabgabengesetz vom 22.7.1994 (GVBI. S. 395) nicht erfaßt.

§ 1 Verursacherprinzip

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exporten, die man wegen des negativen Bildes im Ausland und der hohen Rückholkosten gerade vermeiden Will 55 , und auch der wilden Entsorgung, um Kosten zu sparen. Diesen Gefahren entgehen könnte man dadurch, daß die Zertifikatmenge entsprechend hoch bemessen wird. Dann aber tritt keine große Nachfrage nach frei werdenden Zertifikaten ein. Damit bildet sich kein entsprechend hoher Marktpreis, der eine Vermeidung durch die potentiellen Anbieter von Zertifikaten lohnt56 • Das Zertifikatmodell vermag zur Reduzierung der Abfallmenge nur dann sicher beizutragen, wenn entweder die ausgegebenen Zertifikate entsprechend knapp bemessen werden, was aber die vorstehend beschriebenen Gefahren in starkem Maße heraufbeschwört, oder die Zertifikatmenge etwa durch Entzug der nicht mehr benötigten zurückgefahren wird57 • Dann aber wird der Markteffekt ohnehin durch staatliche Lenkung überlagert und treten die für die nach dem trial-and-error-Verfahren festgelegten Abgabenlösungen beklagten Reibungsverluste aufS. Unerfaßt durch ein Zertifikatmodell, das an die Ablagerung und Behandlung von Abfällen anknüpft, bleibt die Art und Weise der Entsorgung, es sei denn, für die verschiedenen Entsorgungsarten werden Zertifikate in unterschiedlicher Größenordnung oder - bei staatlichem Verkauf - zu einem unterschiedlichen Preis ausgegeben. Dann aber besteht zumal bei einer regionalen Differenzierung die Gefahr, daß sich kleine Märkte bilden, so daß die Anbieter von Zertifikaten möglicherweise keine Abnehmer finden. Damit fehlt der Vermeidungspreis, oder aber es bilden sich dadurch, daß einige Firmen in einem bestimmten Produktbereich alle (frei werdenden) Zertifikate aufkaufen, Monopole. Bei einem Zertiftkatmodell, das an die Entsorgungsmenge bzw. -art anknüpft, bleibt zudem die Zusammensetzung der Produkte, die für die umweltverträgliche Entsorgung von Bedeutung ist, unberührt. Über diese Lücke hülfe im Rahmen des Zertifikatmodells nur die Vergabe von Lizenzen auch für die Verwendung bestimmter Ausgangsstoffe hinweg, die bei der Entsorgung umweltschädliche Wirkungen hervorrufen. Insoweit besteht aber die Gefahr, daß sich die verschiedenen Märkte überlagern und damit die Anreizfunktion des Zertifikathandels erheblich gestört wird. Zudem stellt sich hier das Problem der Kontrolle, zumal vor dem Hintergrund eines Europas der offenen Grenzen.

55 Im Falle von Abfallexporten nach Rumänien waren es ca. 10 Mio. DM (F.A.Z. vom 17.5.1993, S. 1). 56 Eben, Abfallwirtschaft, S. 133; allgemein WeiTTUlM, Umweltökonornik, S. 169 f. 57 Siehe Endres, Umwelt- und Ressourcenökonornie, S. 70. 58 Schüller, in: Wegehenkel, Marktwirtschaft und Umwelt, S. 78 (82).

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Erster Teil: Grundlagen

Insgesamt ergibt sich: Infolge der Bedeutung einer geordneten und möglichst umweltschonenden Entsorgung aller anfallenden Abfälle kommt eine reine Zertifikatlösung nicht in Betracht. Aber auch in Verbindung mit einem ordnungsrechtlichen Rahmen59 , der etwa bestimmte Produktzusammensetzungen oder wie § 5 Abs. 2 S. 2 Krw-/AbfG einen Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung vorgibt, bleibt die Gefahr, daß Abfälle wegen zu hoher Zertifikatpreise ungeordnet entsorgt werden. Die sich daraus ergebenden Umweltschäden wären gerade bei den Sonderabfällen, die wegen ihrer meist industriellen Herkunft und damit der regelmäßig ausreichenden Zahlungskraft der Verursacher noch am ehesten für eine Zertifikatlösung in Betracht kämen, ökologisch besonders gravierend. Somit scheidet eine Zertifikatlösung aus ökologischen Gründen aus 60 • Was die Praktikabilität anbelangt, ergibt sich das Problem, daß bislang das Zertifikatmodell - im Gegensatz zu den USA61 - in der Bundesrepublik Deutschland noch keine praktische Bedeutung erlangt hat. Der mögliche Einstieg durch § 7 Abs. 3 BImSchG i.V.m. Nr. 4.2.10. der TA Luft wurde faktisch wegen der zu komplizierten Regelung nicht genutzt62 • Die Gewöhnung der Behörden an dieses Instrument sollte daher in einem Bereich erfolgen, der zu keinen so schwerwiegenden Störungen führen kann wie der Abfallbereich. So findet sich denn auch weder im Abfallgesetz von 1986 noch im neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht ein Ansatzpunkt für eine Verwirklichung des Zertifikatmodells. Das in § 11 Abs. 1 LAbfG NW vorgesehene Lizenzentgelt verlangt demjenigen, der Sonderabfälle im Sinne von § 3 Abs. 3 AbfG behandelt oder ablagert, ein Entgelt ab, ist mithin personenbezogen und nicht als Gegenstand eines Lizenzhandels vorgesehen.

D. Vergleich von ordnungsrechtIichen und Abgabenlösungen Über die Vorzüge einer ordnungsrechtlichen oder einer abgabenmäßigen Umsetzung des Verursacherprinzips wird heftig diskutiert. Zumeist wird eine

59 Zur Bewertung einer solchen Kombination allgemein Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 136 ff. 00 Zuriickhaltend auch Buttgereit, Ökologische und ökonomische Funktionsbedingungen umweltökonomischer Instrumente. S. 119 f. 6\ Zu den dortigen Ansätzen und Erfahrungen Weimann, Umweltökonomik, S. 175 ff. 62 Wicke, Umweltökonomie, S. 204.

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Abgabenlösung als überlegen angesehen63 • Das soll aufgrund der Hauptkriterien der ökologischen Wirksamkeit, der ökonomischen Effizienz und der Praktikabilität, der Akzeptanz sowie der politischen Durchsetzbarkeit näher beleuchtet werden64 •

I. Ökologische Wirksamkeit

Ist eine Abgabe nicht hoch genug, werden die Adressaten ihr Verhalten nicht ändern. Daher muß die Abgabenhöhe im Hinblick auf die erstrebte Anreizwirkung zur Erreichung etwa eines bestimmten Emissionsniveaus oder einer bestimmten Abfallmenge so bemessen sein, daß die Adressaten entsprechend darauf reagieren. Die Leistungsfähigkeit einer Abgabe steht und fällt mit der richtigen Bemessung65 • Das aber ist sowohl bei einer Orientierung an den emissionsbedingten Sozialkosten als auch an einem voraussichtlich verhaltenswirksamen Beitrag kaum möglich66 • Man kann sich dann nur in einem mühsamen trial-and-error-Verfahren an den richtigen Wert herantasten67 • Das wird um so unwahrscheinlicher, je mehr Zielkomponenten wie Abfallvermeidung, umweltverträgliche Entsorgung von der Entsorgungsart und den zu entsorgenden Stoffen her68 den Vermeidungspreis bestimmen69 • Bis dahin können aber die angestrebten Umweltziele nicht erreicht werden. Die zeitlich verzögerte Wirksamkeit von Abgaben rührt auch daher, daß sie auf eine indirekte Wirkung zielen70 • Gebote vermögen dagegen ein Verhalten unmittelbar und sofort zu ändern. Über ihren Erfolg entscheiden dann, wenn ein Verhalten nicht völlig untersagt

63 Etwa Hendler, AöR 115 (1990), 577 (587 ff.); Übersicht bei Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 58 ff. mit zahlr. Nachw. 64 Zu den Kriterien Umweltgutachten 1974, S. 161 f. (Tz. 592 ff.); Buttgereit, Ökologische und ökonomische Funktionsbedingungen umweltökonomischer Instrumente, S. 15 f., 151 ff.; Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 19 ff.; Kemper, Das Umweltproblem in der Marktwirtschaft, S. 65 ff.; Knüppel, Umweltpolitische Instrumente, S. 74 ff.; Sandhövel, Marktorientierte Instrumente der Umweltpolitik; Wicke, Umweltökonomie, S. 399. 6' Etwa Förster, Öko steuern als Instrument der Umweltpolitik?, S. 36. Das räumt auch Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 62 im Anschluß an Buck; Lenkungsstrategien für die optimale Allokation von Umweltgütern, S. 279, ein . .. Siehe nur Schachei, NuR 1982, 206 (208). 67 Siehe oben § 1 B.1. sowie Sprenger u.a., Das deutsche Steuer- und Abgabensystem aus umweltpolitischer Sicht, S. 31, 32 ff. .. Zu deren Rolle im Zertifikatmodell oben § 1 C. 69 Ebert, Abfallwirtschaft, S. 96 ff.; vgl. auch Siebert, Analyse der Instrumente der Umweltpolitik, S. 36 ff. 70 Von Amim, in: Hansmeyer, Staatsfmanzierung im Wandel, S. 725 (731).

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Erster Teil: Grundlagen

wird, in erster Linie die zugrundegelegten Grenzwerte, bis zu denen etwa ein Schadstoffausstoß stattfinden darf. Deren Erreichen muß nicht erst noch in eine bestimmte Abgabenhöhe umgerechnet werden. Zwar ist bei der Festlegung von Grenzwerten wegen der notwendigen Einfügung des Umweltschutzes in das wirtschaftliche Gesamtsystem auch die Kostenbelastung für die Unternehmen zu berücksichtigen. Das bringt ebenfalls einen Informationsaufwand mit sich7!. Es bedarf jedoch keiner exakten Ermittlung, deren Genauigkeit über Erfolg oder Nichterfolg entscheidet: die Betroffenen haben die staatlichen Gebote unabhängig davon zu erfüllen, ob sie ausreichend stark mit Kosten belastet werden. Diese müssen daher nicht eine bestimmte Mindesthöhe erreichen, ab der eine Verhaltensänderung eintritt. Aus ihrer geringeren Abhängigkeit von einer genauen Tatsachenermittlung und -bewertung ergibt sich auch die größere Elastizität von ordnungsrechtlichen Lösungen bei veränderten wissenschaftlichen Erkenntnissen: sie wirken, wenn auch nicht optimal abgestimmt, stimulierend fort. Die unmittelbare Ausrichtung auf den gegenwärtigen Erkenntnisstand als "dynamische Komponente"72 erlaubt bei einer ausfüllungsbedürftigen Normierung durch einen Verweis auf den "Stand von Wissenschaft und Technik "73 bzw. die "allgemein anerkannten Regeln der Technik,,74 und gegebenenfalls eine Konkretisierung durch Verwaltungsvorschriften75 eine zügige Angleichung, ohne daß erst noch die Abgabenhöhe, die zur Erreichung der neuen erstrebenswerten Standards für erforderlich gehalten wird, ermittelt werden müßte. Die größere ökologische Wirksamkeit von Abgabenlösungen kann dann nicht darauf gestützt werden, daß bei ihnen kein bestimmter Stand der Technik und auch keine Belastungsgrenze statisch festgeschrieben ist76. Vielmehr wird die ökologische Effektivität von Abgabenlösungen durch die Möglichkeit in Frage gestellt, durch ein Bezahlen der geforderten Summe das

Siehe Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/1938, S. 544 (Tz. 1792). Wicke, Umweltökonomie, S. 176. 73 § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.d.F. der Bek. v. 15.7.1985 (BGB!. I S. 1565); vg!. BVerfGE 49,89 (133 f., 137). Auf den "Stand der Technik" verweist auch § 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 6 BImSchG, womit aber wegen der Begrenzung auf das technisch Machbare eine geringere Dynamik verbunden ist (Asbeck-Schröder, Grundfragen zur TA Sonderabfall - Zum "Stand der Technik" als Rechtsbegriff im Sinne des Abfallgesetzes und im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, S. 87 f., S. 75 ff. näher zur Abgrenzung der verschiedenen technischen Standards). 14 § 7 a Abs. 1 WHG i.d.F. der Bek. vom 23.9.1986 (BGB!. S. 1529). " Siehe § 7 a Abs. 1 WHG, § 48 Nr. 2 BImSchG. - Zu den verschiedenen Regelungstechniken Marburger, Atomrechtliche Schadensvorsorge, der selbst für eine Kombination aus Gesetz und Rechtsverordnung unter normativer Einbeziehung technische r Regelwerke eintritt (bes. S. 226 ff.). 16 Siehe Bonus, List Forum 12 (1983/84), 323 (336). 71

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Verhalten überhaupt nicht zu ändern77 • Die Produzenten von abgabenbelasteten Erzeugnissen können die zusätzlichen Kosten zudem an die Verbraucher weitergeben, und zwar nicht notwendigerweise durch eine Preiserhöhung bei den betroffenen Produkten, sondern auch durch eine Anhebung der Preise für Substitute oder eine Mischkalkulation, also eine willkürliche Verteilung der Abgabe auf eine Vielzahl von Produkten78 . Unter diesen Umständen wird das Verbraucherverhalten nicht beeinflußt. Dieses ändert sich selbst bei einer Preiserhöhung nicht notwendigerweise, wie der Benzinverbrauch und der Zigarettenkonsum belegen79. Bei ordnungsrechtlichen Lösungen wird, sofern sie ein Verhalten nicht gänzlich verbieten, ein bestimmter Grenzwert festgelegt, bis zu dem Umweltbelastungen hingenommen werden. Diese bleiben daher regelmäßig unbeeinflußt. Paßt der Staat die Grenzwerte an, werden die Betroffenen die technische Machbarkeit und wirtschaftliche Vertretbarkeit von Verschärfungen auch dann, wenn sie gegeben sind, vehement bestreiten, um Zusatzkosten zu verhindernso. Dieses "Schweigekartell der Oberingenieure"81 wird aber auch bei der Festsetzung von Abgaben insofern relevant, als es um die Ermittlung der Abgabenhöhe geht, ab der eine Verhaltensänderung eintritt: Diese richtet sich nach den Vermeidungskosten der Unternehmen für das belastete Verhalten, da für diese nur bei einer Vergleichbarkeit ein Anreiz zur Vermeidung besteht82 • Ist die Abgabenhöhe einmal festgesetzt, bringt hingegen das Zurückhalten bzw. die Nichtumsetzung von Informationen bei Abgabenlösungen insoweit keine Vorteile, als diese umweltrelevante Vorgänge unabhängig von einem bestimmten Grenzwert oder unterhalb eines solchen erfassen. Von daher ist die dynamische und damit eine umweltfreundliche Technik fördernde Wirkung größer. Da insoweit allerdings

77 P. Kirchhof, in: ders., Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 3 (6); auch F. Kirchhof, DÖV 1992,233 (234). 7ft Rehbinder, Probleme des Verursacherprinzips, S. 81. 79 Darauf verweist auch das Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/1938, S. 545 (Tz. 1793). Daß in diesen Fällen die Umweltverschmutzung toleriert wird (Tz. 1794), trifft nicht unbedingt auch auf die Leidtragenden der Belastung zu. Somit ist doch wieder eine staatliche Entscheidung gefordert, ob in den Marktmechanismus zugunsten der Opfer von Umweltbelastungen einzugreifen, auch wenn die Verschmutzer großen Widerstand entgegensetzen: Die hohen volkswirtschaftlichen Kosten, die eine Verhaltensänderung deshalb möglicherweise mit sich bringt, sind ins Verhältnis zu setzen zu den volkswirtschaftlichen Vorteilen etwa in Form von vermiedenen Behandlungskosten, die durch Rauchen bedingt sind, oder in politisch zu bewertenden Verbesserungen der Lebensqualität z.B. bei Verkehrsverboten in Innenstädten. '0 Etwa Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 31; Kemper, Das Umweltproblem in der Marktwirtschaft, S. 106, 162 f. m.w.N. Bonus, Umwelt und soziale Marktwirtschaft, S. 36. 82 Kemper, Das Umweltproblem in der Marktwirtschaft, S. 124 f.

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Erster Teil: Grundlagen

dem Staat die Einrichtung etwa von Entsorgungsanlagen überlassen wird, haben die Einzelunternehmen keinen Vorteil aus besonders kostengünstigen Entwicklungen zur Vermeidung von Umweltschäden83 • Insgesamt ergibt sich somit eine höhere ökologische Effizienz von ordnungsrechtlichen Mitteln jedenfalls dann, wenn die rasche Bekämpfung von Umweltgefahren ohne zeitliche Verzögerung das Ziel ist84 • Eine dauernde Anreizwirkung auch unterhalb von festgelegten Grenzwerten geht hingegen regelmäßig nicht von Geboten, aber von Abgaben aus.

11. Ökonomische EffIZienz

Für die Überlegenheit der Abgabenlösung in der wirtschaftswissenschaftlichen Bewertung wird ins Feld geführt: Muß jeder Emittent aufgrund staatlicher Gebote trotz der infolge ungleichmäßiger Anlagengrößen und Schadstoffmengen unterschiedlichen Kosten je verminderter Schadstoffeinheit die gleichen Reinigungsleistungen erbringen, werden große und kleine Unternehmen gleichermaßen belastet, obgleich letztere höhere Investitionen pro eingesparter Schadstoffeinheit vornehmen müssen. Daher entstehen gesamtwirtschaftlich gesehen höhere Kosten als notwendig, um einen bestimmten Umweltstandard zu erreichen85 • Jedoch auch einheitlich erhobene Abgaben treffen alle Unternehmen je Schadstoffeinheit gleichermaßen86 • Auch bei ihnen ist wegen der hohen Ermittlungskosten eine Abstimmung auf die Kosten in den einzelnen Betrieben kaum möglich. Zudem darf der staatliche Verwaltungs aufwand für die Eintreibung einer Abgabe 87 und für die Ermittlung ihrer Höhe88 nicht unterschätzt werden, womit der Kostenvorteil dahinschmilzt89 • Sind zur Ermittlung einer das Verhalten beeinflussende Abgabenhöhe mehrere Änderungen erforder-

83 Siehe Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/1938, S. 545 (Tz. 1794); Umweltgutachten 1987, S. 67 (Tz. 150); Rehbinder, Probleme des Verursacherprinzips, S. 82. M Weimann, Umweltökonomik, S. 187; Wicke, Umweltökonomie, S. 173 . ., Etwa Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 811938, S. 545 (Tz. 1796) unter Verweis auf das 2. Sondergutachten, Die Abwasserabgabe; Umweltgutachten 1987, S. 67 (Tz. 149); Umw~ltgu­ tachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, S. 149 (Tz. 338); Weimann, Umweltökonomik, S. 187 ff. A. Wicke, Umweltökonomie, S. 369 . ., Auch bei der Abgabenlösung drohen VollzugsdefIzite, da sich zahlreiche Wirtschaftseinheiten den auf sie zukommenden Zahlungen nach Möglichkeit zu entziehen suchen, wie allgemein die Steuermoral und speziell im Umweltbereich die Schwierigkeiten bei der Erhebung der - wenn auch privatrechtlichen (näher unter § 4 B.III.) - Zeichennutzungsgebühr für den "Grünen Punkt" (näher Frenz, DÖV 1994, 421 (422» belegen . •• Siehe Weimann, Umweltökonomik, S. 141. •• Näher Kemper, Das Umweltproblem in der Marktwirtschaft, S. 123 f.; 126 f.

§ 1 Verursacherprinzip

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lich, bedarf es der Anpassung der betrieblichen Vermeidungstechnologien, die sich nach der jeweiligen Abgabenhöhe ausrichten90 • Diese Kosten sind vermeidbar, wenn im Rahmen einer ordnungs rechtlichen Lösung die zu erreichenden Werte verbindlich festgeschrieben werden. Eine Abgabe belastet regelmäßig eine ganze Gruppe. Gebote können sich demgegenüber auch auf einzelne Personen beziehen und damit diejenigen herausgreifen, die ein umweltschädliches Verhalten an den Tag legen91 • Das ist allerdings dann nicht möglich, wenn die Personen nicht im einzelnen feststehen, von denen das unerwünschte Verhalten herrühren kann. Das ist der Fall etwa bei Geboten beim Bau von Produktionsanlagen, die umweItbelastende Wirkungen verhindern sollen. Aber auch dann, wenn derselbe Personenkreis durch Gebote oder Abgaben belastet werden muß, folgen aus der Wahl von Abgaben nicht notwendigerweise eine bessere Einfügung in den Wirtschaftsablauf2 und damit verbundene geringere Reibungsverluste: Auch Abgaben führen, sollen sie die beabsichtigte Wirksamkeit entfalten, zu einer durch staatliche Intervention veraniaßten Verhaltensänderung. Umgekehrt fallen bei Geboten wie bei Abgaben aufgrund der bei beiden Lösungen auftretenden Kostenbelastung die am wenigsten produktiven Unternehmen weg. Das sind diejenigen, die nicht in der Lage sind, die festgelegten Auflagen oder Grenzwerte zu erfüllen bzw. unter Beachtung staatlicher Anordnungen weiterhin kostengünstig zu produzieren oder die geforderten Abgaben zu bezahlen. Die Notwendigkeit von Folgeinterventionen entfällt auch bei Geboten, wenn gestufte Zielvorgaben wie etwa in der Verpackungsverordnung gemacht werden93 • Daß Abgaben den Adressaten die Möglichkeit einer Reaktion und damit eine gewisse Mitwirkungschance sowie einen eigenen Handlungsspielraum eröffnen94 , zeichnet sie nicht notwendigerweise vor den Geboten aus: Auch diese können durch die Festlegung bloßer Grenzwerte wie nach den Verordnungen nach dem BImSchG oder durch die Statuierung von Zielvorgaben wie in der Verpackungsverordnung den Betroffenen die Art und Weise der Erfüllung im wesentlichen offenhalten.

Ebert, Abfallwirtschaft, S. 95 f. Von Amim, in: Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 725 (737). 92 Pauschal von einer größeren Marktkonfonnität ausgehend Wicke, Umweltökonomie, S. 177; Hendler, AöR 115 (1990), 577 (589). 93 Siehe Anhang zu § 6 Abs. 3 der VerpackV vom 12.6.1991, BGBI. I, S. 1234. 94 Dazu Giersch, Konjunktur- und Wachstumspolitik, S. 145 f.; Ackermann/Geschka/Karsten, Anlage zur BT-Drucks. 6/2710, S. 602; von Lersner, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgabenund Steuerrecht, S. 103 (114); Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 103 ff., 110 m.w.N. 90

9\

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Erster Teil: Grundlagen

111. Praktikabilität, Akzeptanz und politische Durchsetzbarkeit

Verwaltungen sind bislang an ordnungsrechtliche Vorgaben gewöhnt95 • Sie sind nicht auf spezifisch ökonomische Zusammenhänge hin ausgerichtet96 • Liegen diese bei denen, die Abgabenlösungen in die Praxis umsetzen, nicht offen zutage, werden sie diese nicht so leicht annehmen wie neue oder zusätzliche Gebote. Es drohen Anwendungsfehler. Zudem werden sie schwerlich in der Lage sein, dem Bürger die Hintergründe von Abgaben sachgerecht zu erläutern. Auch unabhängig davon werden im Hinblick auf die bereits erreichte hohe Abgabenlast nicht nurordnungsrechtliche Verschärfungen auf Akzeptanzprobleme stoßen97 , sondern auch zusätzliche Umweltabgaben. Angesichts leerer Kassen in den öffentlichen Haushalten wird auch bei ausschließlich umweltbezogenen Motiven der Verdacht aufkommt, sie dienten der allgemeinen Refinanzierung98 • Damit steigt der Widerstand gegen sie erheblich, und der Anreiz zur Verhaltensänderung sinkt entsprechend99 • Die Anlastung von stark auf Wertungen beruhenden Beträgen ist wenig durchsichtig und stößt daher auf Abwehr. Ist ein Herantasten an die richtige Abgabenhöhe und damit eine mehrmalige Änderung der ursprünglich festgelegten Sätze erforderlich, wird sich die Vermittelbarkeit und damit auch die Durchsetzbarkeit weiter verringern 1oo •

IV. Fazit

Zumindest gleichwertig mit Abgabenlösungen erscheinen Vermeidungsgebote durch die Festlegung von bestimmten, branchen- bzw. produktgruppenbezogenen Zielen, die die Wahl der Mittel einem größeren Kreis von Betroffenen gänzlich überlassen oder höchstens Alternativen vorgeben 10l , so daß die Adressaten ein wirtschaftliches Konzept entwickeln können. Am schonendsten wirkt dabei ein Stufensystem, das mit der Statuierung von Zielfestlegungen beginnt, dann konkrete Pflichten normiert und schließlich in ein System von Verboten

95 Buttgereit, Ökologische und ökonomische Funktionsbedingungen umweltökonomischer Instrumente, S. 156. 96 Wicke, Umweltökonomie, S. 174 f., 370. '17 Darauf verweist das Umweltgutachten 1974, S. 161 (Tz. 591). 98 Das zeigen etwa die Reaktionen zu den geplanten kommunalen Verpackungssteuern; siehe F.A.Z vom 1.7.1995, S. 13. 99 Vgl. Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/1938, S. 546 (Tz. 1800). 100 Umweltgutachten 1987, S. 69 (Tz. 159). 101 So ist gern. § 6 Abs. 3 VerpackV den Herstellern und Vertreibern von Verkaufsverpackungen die Möglichkeit eröffnet, sich von ihren individuellen Pflichten zur Rücknahme und Sicherstellung der Verwertung durch Errichtung eines Ersatzsystems zu befreien.

§ 1 Verursacherprinzip

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mit Genehmigungsvorbehalt einmündet. Der Anreiz zur Verhaltensänderung wird hier zusätzlich durch das Damoklesschwert des Eingreifens der nächstschärferen Stufe ausgelöst. Bezogen aufVerkaufsverpackungen werden die Hersteller und Vertreiber deshalb zur Erfüllung der im Anhang zur Verpackungsverordnung aufgestellten Quoten durch das Duale System als Ersatzsystem gern. § 6 Abs. 3 VerpackV 102 beizutragen suchen, damit nicht gern. § 6 Abs. 4 Satz 3 VerpackV ihre individuellen Pflichten zur Rücknahme undSicherstellung der stofflichen Verwertung wiederaufleben . Unabdingbar sind ordnungsrechtliche Lösungen wegen ihrer sicheren ökologischen Wirksamkeit für die Abwehr ernster, irreversibler Schäden lO3 • Durch Abfälle drohen irreversible und gravierende Umweltschäden und Gesundheitsgefahren. Die Entsorgung kann daher nur ordnungsrechtlich bewältigt werden. Aufgrund der drohenden Entsorgungsengpässe ist die Vermeidung von Abfall ebenso dringend zur Verhinderung irreversibler Schäden durch Entsorgungsnotstände und daraus resultierender unsachgemäßer Abfallbehandlungen und illegaler Abfallexporte etc. geboten. Auch für sie ist daher eine ordnungsrechtliche Lösung angezeigt.

E. Kombination Ordnungsrechtliche Lösungen vermögen allerdings nicht allein das Verursacherprinzip in vollem Umfang zu verwirklichen. Die festgelegten Grenzwerte und Produktanforderungen lassen die außerhalb ihrer Reichweite auftretenden Umweltbelastungen unverändert lO4 • Sollen auch sie beeinflußt werden, bedarf es zusätzlicher Instrumente lO5 • Zertifikate wurden für den Abfallbereich ausgeschieden. Von daher bietet sich eine Kombination von Verhaltens- und Vermeidungsgeboten und Abgaben an lO6 •

Dazu Weidemann, DVBI. 1992, 1568 ff.; Frenz, GewArch. 1994, 145 ff. Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, S. 140 (Tz. 300); Bericht der EnqueteKommission "Schutz der Menschen und der Umwelt - Bewertungskriterien und Perspektiven für umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft"; BT-Drucks. 12/69954, S. 300 f.; Cansier, NVwZ 1994, 642 (643 ff.). 104 § 1 D.l.a).E. 10' HansmeyerlSchneider, Umweltpolitik, S. 22, 32, 48 f. 106 Dafür bereits Kloepjer, DÖV 1975,593 (596); spezifisch für den Abfallbereich Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995,. S. 156 (Tz. 363), 197 (Tz. 505), 201 (Tz. 521). Zur ökonomischen Bewertung einer solchen Kombination ausführlich Gawel, Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteneinsatz, S. 84 ff. 102

103

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Erster Teil: Grundlagen

F. Folgen für die Untersuchung der Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht Das Abfallgesetz von 1986, die Verpackungsverordnung sowie das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz von 1994 als maßgebliche Rechtsgrundlagen des Abfallrechts enthalten nur Verhaltensgebote. Sie schließen indes Abgabenlösungen nicht ausdrücklich aus. Im Gegenteil: Sehen sie die Entsorgung von Abfällen durch öffentlich-rechtliche Körperschaften vor, so überlassen sie mangels Aussage über die Gegenleistung, die der Bürger zu erbringen hat, die Gebührenerhebung dem Landesrecht; daß dazu in den Vorschriften der Ländern Vorgaben enthalten sind, wird vorausgesetzt. Allerdings können sich aus den Regelungen des Bundesabfallrechts Rückwirkungen auf die Möglichkeiten der Erhebung von Abgaben ergeben. Daher werden die im Abfallrecht denkbaren Abgabenlösungen zwar näher dargelegt, aber mit Blick auf die Verhaltensvorgaben des Abfallgesetzes, der Verpackungsverordnung und - wegen seines baldigen Wirksamwerdens am 7.10.1996 107 insbesondere - des Kreislaufwirtschafts- und und Abfallgesetzes behandelt. Daraus ergeben sich für ökonomisch vielleicht sinnvolle Abgaben rechtliche Grenzen.

§ 2 Von einem Recht der Abfallbeseitigung zu einem Recht der Kreislaufwirtschaft: die gewandelte Umsetzung des Verursacherprinzips Das Abfallrecht ist ein verhältnismäßiges junges eigenständiges Rechtsgebiet, das erst mit dem Abfallgesetz vom 7.6.1972\08 in einem eigenen Gesetz geregelt war. Seitdem hat sich ein tiefgreifender Wandel dieses Rechtsgebiets von einem Recht der Abfallbeseitigung hin zu einem Recht der Abfallwirtschaft lO9 und nunmehr mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vom 27.9. 1994 1\0 zu einem Recht der Kreislaufwirtschaft vollzogen, der nicht ohne Rückwirkungen auf den der Verwirklichung des Verursacherprinzips zugrundeliegenden Rahmen blieb.

107 Gern. Art. 13 des (Artikel-)Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (GVVB-AbO vom 27.9.1994, BGBI. 12705. Näher § 2 D.I. 108 BGBI. I, S. 873. 109 Lottermoser, Die Fortentwicklung des Abfallbeseitigungsrechts zu einem Recht der Abfallwirtschaft, passim. 110 BGBI. I, S. 2705.

§ 2 Entwicklung des Abfallrechts

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A. Das Abfallbeseitigungsgesetz von 1972 und seine Novellen Das Verursacherprinzip war Teil des erstmals von der Bundesregierung in der 6. Legislaturperiode erstellten Umweltprogrammsill. Dieses Programm war beherrscht von dem Gedanken, die Existenz und die Gesundheit des Menschen sowie Boden, Wasser, Luft sowie Pflanzen- und Tierwelt vor Umweltbeeinträchtigungen zu schützen. Ein Ansatzpunkt dafür war das Abfallrecht, in dem großer Regelungsbedarf bestand. Seine Entstehung als eigenes Rechtsgebiet wurde somit von Anfang an auch durch das Verursacherprinzip begleitet 112. Vor Inkrafttreten des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7.6.1972 am 11.6.1972 existierten lediglich verstreut einige Regelungen, die Teilaspekte der Abfallbeseitigung regelten. Besondere Erwähnung verdient § 12 Abs. 1 BSeuchG, der die Gemeinden verpflichtete, darauf hinzuwirken, daß die festen und flüssigen Abfallstoffe beseitigt wurden, ohne Gefahren für die menschliche Gesundheit durch Krankheitserreger zu verursachen 1l3 . Die Kommunen hatten auf der Grundlage der Gemeindeordnungen die Möglichkeit, einen Anschluß- und Benutzungszwang anzuordnen 1l4 . Indes blieb es den Gemeinden unbenommen, die eingesammelten Abfälle auf aus gedienten Kiesgruben, Steinbrüchen etc. ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen abzulagern. Auf diese Weise entstanden in der Bundesrepublik Deutschland ca. 50.000 sog. wilde Müllkippen 1l5 . Um diesem Mißstand abzuhelfen, wurde durch das Abfallgesetz vom 7.6.1972 die Abfallbeseitigung in geordnete und - kompetentiell abgesichert durch die Einfügung von Art. 74 Nr. 24 GG durch das 30. Änderungsgesetz zum Grundgesetz vom 12.4.1972 116 - bundesweit einheitliche Bahnen gelenkt 117: § 3 AbfG verpflichtete die öffentlich-rechtlichen Entsorgungskörperschaften und damit die Kommunen zur Abfallbeseitigung und machte diese damit zur öffentlichen Aufgabe der "Daseinsvorsorge"1l8. Zugleich statuierte diese Vorschrift eine Überlassungspflicht für die Besitzer von Abfällen. Oblag ihnen damit die Beseitigung nicht selbst, war im Hinblick darauf eine Verwirklichung des Ver-

BT-Drucks. VII2710, S. 6 (These 2), 10. Siehe auch Versteyl, in: Kunig/SchwermerfVersteyl, AbfG, Ein!. Rn. 6. 113 Zu weiteren Regelungen Baneis, Abfallrecht, S. 4. 114 Diese Möglichkeit bestand bereits seit 1935 auf der Grundlage von § 18 der Deutschen Gemeindeordnung bei Vorliegen eines drigenden öffentlichen Bedürfnisses, siehe Neumann, Die administrative Bewältigung der Abfallbeseitigung, S. 3 ff. 115 Dazu Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, Kz. 1020, S. 2. 116 BGBI. I, S. 593. 117 Zu den wesentlichen Zielvorstellungen etwa Kölble, in: Doedens/Kölble/Loschelder/Salzwedei, Die Zuständigkeit der Landkreise für die Abfallbeseitigung, 1982, S. 54. 118 BVerwG, DVBI. 1990,589. 111

112

3 Frenz

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Erster Teil: Grundlagen

ursacherprinzips nur durch eine Gebührenbelastung für diesen Vorgang und damit in der Form einer bloßen Kostenzurechnung möglich 119 , wie es allerdings seinem damaligen Verständnis als Kostenzurechnungsprinzip entsprach l20 • Eine eigene Beseitigungspflicht für Private konnte unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 gern. § 3 Abs. 4 begründet werden, nämlich dann, wenn deren Abfälle nach Art oder Menge nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden konnten. Die Abfallbeseitigung hatte die Anforderungen des § 4 einzuhalten, damit ihre Schadlosigkeit gewährleistet war; Abfallbeseitigungsanlagen bedurften gern. §§ 7 ff. der Zulassung und unterlagen gern. § 11 der Überwachung. Bereits § 14 dieses Abfallbeseitigungsgesetzes eröffnete die Möglichkeit von Rechtsverordnungen, die die Verwendung von Verpackungen und Behältnissen beschränken oder ganz verbieten konnten, deren Beseitigung einen hohen Aufwand erfordert. Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung allerdings keinen Gebrauch gemacht l21 • Darüber hinaus wurde die in den Debatten zum Abfallbeseitigungsgesetz von 1972 anerkannte Notwendigkeit der Vermeidung, Verringerung und Verwertung von Abfall 122 nicht normativ umgesetzt. Nach aufsehenerregenden Ablagerungen gesundheitsschädlicher Industrieabfälle l23 wurden auf Anregung von Hessen l24 in der ersten Novelle vom 21.6.1976 125 besonders problematische Abfälle gern. § 11 Abs. 3 einer besonderen Nachweis- und Anzeigepflicht unterworfen. § 4 Abs. 1 a betonte ausdrücklich, daß sie nur den zum Einsammeln und Befördern Befugten überlassen werden durften. Der Ausnahmecharakter des § 3 Abs. 3, der die Begründung einer privaten Entsorgungsverantwortung ermöglichte, wurde durch die Aufnahme der Worte "nur" und "soweit" stärker betont l26 • Das zweite Änderungsgesetz vom 4.3.1982 127 vervollständigte vor allem durch eine Erstreckung von § 15 Abs. 2 auch auf die Abgabe von Klärschlamm

119 Bälder, Recht der Abfallwirtschaft, S. 209. Zur Bedeutung der Überlassungspflicht unten § 3 A.1. 120 Siehe oben § 1 A. 121 Banels, Abfallrecht, S. 6. 122 Siehe Versteyl, in: Kunig/SchwermerlVersteyl, AbfG, Einl. Rn. 9. Später deutlich auch das Abfallwirtschaftsprogramm der Bundesregierung von 1975, BT-Drucks. 7/4826, bes. S. 3, 6, 17, 35. 123 Siehe BT-Drucks. 7/2593, S. 8. 124 BR-Drucks. 694/73. 12S BGBl. I, S. 1601. 126 Siehe Kunig, in: ders./SchwermerlVersteyl, AbfG, § 3 Rn. 9. 127 BGBl. I, S. 281.

§ 2 Entwicklung des Abfallrechts

35

den zulässigen Rahmen für Verordnungen zur Regelung der Verwertung dieses Produkts und beschränkte die Genehmigungspflicht für Abfalltransporte. Die dritte Novelle vom 31.1.1985 128 - angesichts ihres Hintergrundes auch "Seveso- oder "Schönberg-Novelle" genannt l29 - legte in § 2 Abs. 1 den Grundsatz der Abfallbeseitigung im eigenen Land fest und unterwarf die Ausfuhr von Abfällen und nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 auch Reststoffe gern. § 13 der Genehmigungspflicht und der Grenzüberwachung. tI

B. Das Abfallgesetz von 1986 Beschränkte sich der Gehalt der Novellen des Abfallbeseitigungsgesetzes von 1972 auf eine nähere Ausgestaltung und teilweise Verschärfung des Regimes der Abfallbeseitigung, beabsichtigte die Bundesregierung ursprünglich, bereits im 3. Änderungsgesetz eine Umgestaltung des Abfallbeseitigungsgesetzes zu einem Abfallwirtschaftsgesetz voranzutreiben. Da der auftretende Abfalltourismus eine rasche Lösung angezeigt erscheinen ließ, verzichtete die Bundesregierung auf einen solchen tiefgreifenden Umbau 130. Aus dem Entwurf einer 4. Novelle zum Abfallbeseitigungsgesetz, den die Bundesregierung am 21.2.1985 eingebracht hatte l31 , entstand nach eingehenden Beratungen das neue Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen vom 27.8.1986 132 • Dieses Abfallgesetz von 1986 ging über die bloße Beseitigung hinaus und bezog gern. § 1 Abs. 2 die Verwertung mit ein, regelt mithin die Entsorgung umfassend, allerdings zumindest in ihren Einzelheiten 133 nur bezogen auf die öffentlich-rechtlichen Entsorgungskörperschaften. Zum Ausdruck kommt das durch die durchgängige Ersetzung des Begriffs "Beseitigung" durch den der "Entsorgung". Entsprechend wird der Abfallbegriff gern. § 1 Abs. 1 S. 2 jedenfalls teilweise auch auf verwertbare Produkte ausgedehnt. In § 3 Abs. 2 S. 3 wird ein grundSätzlicher Vorrang der Verwertung festgelegt; diese umschließt aber gern. § 1 Abs. 2 AbfG - und zwar nach h.M. trotz des insoweit nicht

BOBI. I, S. 204. Siehe Berichterstatter des Innenausschusses, BT-PI. Prot. 10/6942 und Kunig, in: ders.l Schwermer/Versteyl, AbfO, § 13 Rn. 9 ff. 130 Siehe Versteyl, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfO, Ein!. Rn. 19. 131 BT-Drucks. 10/2885. 132 BOBI. I, S. 1410, ber. S. 1501. Ausführlich zur Entstehungsgeschichte Backes, DVBI. 1987, 333 ff. 133 Zur Einbeziehung privater Entsorgung in den Anwendungsbereich der allgemeinen Anforderungen des § 2 AbfO unten § 3 B.V. 12.

12.

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Erster Teil: Grundlagen

eindeutigen Wortlautes l34 gleichermaßen 13S - auch das Gewinnen von Energie. Die bloße Nennung der Vermeidung in § 1 a Abs. 1 AbfG vor der in § 1 a Abs. 2 AbfG aufgeführten Verwertung umfaßt keinen Vorrang der Vermeidung; das entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers l36 • Von daher liegt lediglich ein Einstieg in eine Abfallwirtschaft durch die öffentliche Hand vor, nicht hingegen in eine Kreislaufwirtschaft. Diese zielt darauf ab, Stoffkreisläufe möglichst zu erhalten und damit Abfall erst gar nicht entstehen zu lassen bzw. zu Sekundärrohstoffen zu verarbeiten und damit in den Wirtschaftskreislauf zurückzuführen; Verantwortung sollen die tragen, die ihn verursachen, grundSätzlich nicht hingegen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungskörperschaften 137 • Die Verwirklichung des Verursacherprinzips bleibt im Abfallgesetz selbst weiterhin grundSätzlich auf die Pflicht zur Überlassung anfallender Abfälle an den Entsorgungspflichtigen gern. § 3 Abs. 1 beschränkt und damit im wesentlichen auf eine kostenmäßige Verwirklichung im Rahmen der kommunalen Gebührenerhebung oder durch ergänzende landesrechtliche Regelungen angewiesen. Eine private Verantwortung für die Entsorgung gern. § 3 Abs. 3, 4 AbfG ist weiterhin die eng begrenzte Ausnahme, als die sie im Abfallbeseitigungsgesetz von 1972 begründet und in der Novelle von 1976 deutlich restriktiv gefaßt worden war. Im Hinblick auf die Verwirklichung des Verursacherprinzips bleibt somit § 3 ein von anderen Elementen mitgeprägter differenzierter "Kompromiß" 138. § 5 b AbfG, der eine für den Verbraucher kostenlose Annahmepflicht für Altöle festlegt, begründet für denjenigen, der Verbrennungsmotoren- oder Getriebeöle an den Verbraucher abgibt und damit gefährliche Produkte in den Verkehr bringt und als solcher Verursacher ist 139 , insbesondere eine kostenlose Annahmepflicht, § 14 Abs. 1 NT. 3, 4 AbfG LV.m. § 8 AltölV eine Rücknahmepflicht. Dadurch wird aber nur eine Erfassung dieser Produkte sichergestellt, nicht hingegen eine private Entsorgungsverantwortung begründet, sondern nur die öffentlich-rechtliche Entsorgung unterstützt. Das belegt auch der Ver-

BayVerfGH, DVBI. 1990,692 (694 f.) m.w.N. Etwa Hoppe, DVBI. 1990, 609 (612). 13. BT-Drucks. 10/5656, S. 58. 137 Siehe Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen, BT-Drucks. 12/5672, S. 33, 35 sowie nunmehr §§ 4, 5 Krw-/AbfG. 138 Kunig, in: ders.lSchwermerlVersteyl, AbfG, § 3 Rn. 1. 139 Vgl. BT-Drucks. 10/2885, S. 17; 10/5656, S. 70. 134

13S

§ 2 Entwicklung des Abfallrechts

37

weis in § 5 b S. 4 AbfG lediglich auf § 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3, nicht aber auf § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AbfG. Zur Festlegung weiterer derartiger Unterstützungsmaßnahmen ermächtigt § 14 Abs. 1 Nr. 1,2, 3,4 Fall 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 4 AbfG. Darüber hinaus ermöglicht § 14 AbfG insbesondere auf der Grundlage seines Abs. 2 S. 3 Nr. 3 die Statuierung einer privaten Entsorgungsverantwortung l40 • Solange aber das Abfallgesetz von 1986 fortgilt, bleibt die Verwirklichung privater Entsorgungsverantwortung die Ausnahme.

C. Die Verpackungsverordnung Die auf der Grundlage des § 14 AbfG zunächst gewählte ausschließliche Festlegung von Zielvorgaben ohne ordnungsrechtlichen Rahmen in Form der Zielfestlegungen zur Vermeidung, Verringerung oder Verwertung von Abfällen aus Verpackungen für Getränke vom 26.4.1989 141 , die hinsichtlich der wichtigsten Fristen am 30.6.1991 ausliefen, sowie der Zielfestlegungen zur Vermeidung, Verringerung oder Verwertung von Abfällen von Verkaufsverpackungen aus Kunststoff für Nahrungs- und Genußmittel sowie Konsumgüter vom 17.1.1990 142 mit Fristen zwischen 31.12.1990 und 30.9.1991 führte nur teilweise zum Erfolg. Daher setzte der Gesetzgeber in der Verpackungsverordnung neben Zielfestlegungen stärker ordnungsrechtliche Elemente ein l43 , wenngleich die Wahl der Mittel den Verursachem überlassen blieb. Die ausdrücklich auf das Verursacherprinzip gestützte l44 Verpackungsverordnung verfolgt ausweislich § 1 in erster Linie das Ziel der Abfallvermeidung. Dazu sollen gern. § 1 Abs. 2 die Beschränkung des Gewichts von Verpackungen, die Möglichkeit der Wiederbefüllung und die stoffliche Verwertung beitragen, die sich an die Rücknahme von Verpackungen gern. §§ 4, 5, 6 VerpackV durch die Hersteller und Vertreiber anschließt. Ziel war mithin der Einstieg in die Kreislaufwirtschaft, die der Erkenntnis entsprang, daß ohne Maßnahmen der Abfallvermeidung und -verwertung der Anstieg der Müllmenge und damit deren Entsorgung nicht bewältigt werden kann 145.

Dazu näher unten § 3 B.V. BAnz. vom 6.5.1989, S. 2237, 2733. \42 BAnz. vom 30.1.1990, S. 513. \43 Siehe BR-Drucks. 817/90, S. 21, 28; Versteyl, NVwZ 1991, 848 f. \44 Amtliche Begründung der Bundesregierung BR-Drucks. 817/90, S. 27, 32 f. \45 Siehe BR-Drucks. 817/90, S. 1 ff., 32 sowie aus derLit. etwa Bim, NVwZ 1992,419 (423). \40

\4\

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Erster Teil: Grundlagen

Indes schreibt das Abfallgesetz, wie bereits festgestellt l46 , einen Vorrang der Vermeidung in § 1 a nicht fest. Auch ist die Verwertung gern. § 3 Abs. 2 S. 3 AbfG nur grundsätzlich vorrangig und nicht auf die stoffliche beschränkt, sondern gern. § 1 a Abs. 1 AbfG jedenfalls nach h.M. gleichermaßen durch Energiegewinnung möglich. Daher stellt sich die Frage, ob die Verpackungsverordnung nicht über den Rahmen ihrer Ermächtigungsgrundlage, des § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 4, Abs. 2 S. 3 Nr. I, 2 und 3 AbfG, hinausgeht l47 • Die genannten allgemeinen Vorschriften des Abfallrechts zeigen, daß die Ziele der Vermeidung und Verwertung im Abfallgesetz angelegt sind. Sie schließen weiter von ihrem Wortlaut her Verschärfungen gegenüber diesen für alle Bereiche geltenden Grundsätzen in produktspezifischen Bereichen nicht aus. § 14 AbfG verweist denn auch nicht auf diese allgemeinen Vorschriften. Vielmehr sieht § 14 Abs. 2 AbfG bewußt als Ziel die Vermeidung und Verringerung von Abfallmengen vor l48 • Würde man diese Ermächtigung im Hinblick darauf relativieren, daß § 1 a Abs. 2 AbfG keinen Vorrang der Vermeidung festschreibt und somit ein solcher auch nicht durch Verordnung statuiert werden dürfe, verlöre diese Zielsetzung ihren Sinn. Können aber Verordnungen zur Vermeidung von Abfällen erlassen werden, gilt dies auch im Hinblick auf die diesem Ziel dienende stoffliche Verwertung in privater Hand, sofern man diese nicht als ein Minus zur Vermeidung ansieht 149 und dadurch zu einem Erstrecht-Schluß gelangt. § 1 a Abs. 2 AbfG eröffnet die Festschreibung einer Pflicht zur Verwertung nach Maßgabe von Rechtsverordnungen auch gern. § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 - 4 AbfG I50 • § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AbfG ermächtigt zum Erlaß von Verordnungen, die eine Rücknahmepflicht gebrauchter Produkte "zu umweltschonender ... Verwertung" vorsehen. Damit ist die Form der Verwertung, die angeordnet werden kann, näher bezeichnet. Wird auch die stoffliche Verwertung nicht ausdrücklich erwähnt, so zeigt doch der Begriff "umweltschonend" , daß der Verordnungsgeber eine bestimmte Verwertungsmodalität festlegen kann, die er als umweltschonend betracht, und damit auch die stoffliche Verwertung. Insoweit wird dann der durch § 1 a Abs. 2 AbfG eröffnete Rahmen näher ausgestal-

Oben § 2 B. Das nehmen Fluck, DB 1993,211 ff., Scholz/Aulehner, BB 1993,2250 (2258) und 1homeKozmiensky, Die Verpackungsverordnung, S. 29 ff. an. Verfassungsrechtliche Bedenken genc-rell gegen Rücknahmepflichten auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 AbfG hat FriauJ, in: Festschrift für Börner, S. 701 (711). 148 Siehe BT-Drucks. 10/2885, S. 17 sowie Hoschützky/Krejt, Recht der Abfallwirtschaft, § 14 Anm. 0.1.; Klages, NVwZ 1988,481 ff.; Jekewitz, DÖV 1990,51 ff. 149 Dazu näher § 4 A. ISO Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 14 AbfG Rn. 50; a.A. Baneis, Abfallrecht, S. 81. 146 147

§ 2 Entwicklung des Abfallrechts

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tet und gegenüber § 1 Abs. 2 AbfG auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AbfG speziell geregelt. Das erfolgte in der Verpackungsverordnung, die somit durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Die Verpackungsverordnung erwies sich bislang in ihrem Ziel, die anfallende Abfallmenge zu verringern, erfolgreich: Seit ihrer Einführung ist die Produktion von Verpackungen rückläufiglSI.

D. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz von 1994 I. Grundsätzliche Zielsetzung

Entsprechend diesem Einstieg in die Kreislaufwirtschaft dehnt das Kreislaufwirtschafts- und Abfaligesetz 1S2 das in der Verpackungsverordnung enthaltene Modell nach Maßgabe von § 3 Abs. 1 auf alle beweglichen Sachen aus, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen. Gem. Art. 13 GVVB-Abf. soll es zwei Jahre nach seiner Verkündung am 6.10.1994 in Kraft treten 1S3 . Lediglich die Vorschriften, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigen oder solche Ermächtigungen in anderen Gesetzen ändern, sollten am Tage nach der Verkündung in Kraft treten. §§ 23, 24 Krw-I AbfG, die wichtigsten Verordnungsermächtigungen, werden jedoch inhaltlich geprägt von § 22 Krw-I AbfG, der in Abs. 4 auf die Notwendigkeit von Verordnungen verweist, aber selbst nicht zu ihrem Erlaß ermächtigt und somit erst im 7.10 .1996 in Kraft tritt. Ansonsten ihres Unterbaus beraubt, können erst ab diesem Zeitpunkt Verordnungen auf §§ 23, 24 Krw-/LAbfG gestützt werden 1S4 . Ziel des Bundesgesetzgebers war primär die Vermeidung einer Ablagerung von Abfällen aufgrund der sich erschöpfenden Deponiekapazitäten und der bereits auftretenden EntsorgungsnotständeIss . Das wollte man dadurch erreichen, daß Abfall durch Vermeidung erst gar nicht entsteht oder als Sekundärrohstoff

J>I Sachverständigenrat für Umweltfragen, Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, 197 (Tz. 505), der allerdings eine dauerhafte, in der Menge bedeutende Verringerung von Verkaufsverpackungen nicht gesichert sieht. 152 Art. I des (Artikel-)Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (GVVB-Abf.) vom 27.9.1994, BGBI. 12705. 153 Zu den damit verbundenen Problemen insbesondere im Hinblick auf die fehlende Übereinstimmung mit dem gemeinschaftsrechtlichen Abfallbegriff und dem des AB-BÜ VersteyllWendenburg, NVwZ 1994, 833 (842); Kniep, GewArch. 1995, 19 (21). 1>4 Ebenso Beckmann, DVBI. 1995, 313 (315). '" Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen, BT-Drucks. 12/5672, S. 34 f.

Erster Teil: Grundlagen

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verwertet wird, mithin im Wirtschaftskreislauf bleibt und nicht den öffentlichrechtlichen Körperschaften zur Entsorgung überantwortet wird 156. Als geeignetstes Mittel wurde die Statuierung von Rücknahme- und Entsorgungs- mit vorrangigen Verwertungspflichten angesehen, um den "Entsorgungsdruck" auf Hersteller und Vertreiber zu übertragen und diese dadurch zu vermehrter Vermeidung und Verwertung, mithin zur vermehrten Wahrung von Stoffströmen anzuhalten. Die grundsätzliche Präferenz einer solchen indirekten Steuerung gründete in der Erkenntnis, daß eine umfassende ordnungsrechtliche Steuerung von Stoffströmen letztlich nicht beherrschbar ist l57 • Lediglich ergänzend sollten daher Vermeidungspflichten im Herrschaftsbereich derjenigen begründet werden, die über abfallarme Produktionsverfahren oder über eine Weiterverwendung von Rückständen entscheiden können l58 • Dadurch, daß auf diese Weise Herstellern und Vertreibern Rücknahme-, Entsorgungs- und Vermeidungspflichten obliegen würden, sollten bislang externalisierte Umweltkosten preiswirksam gemacht werden I59 • Dadurch erwartete man eine Erhöhung der Verbraucherpreise l60 • Insgesamt war man bestrebt, dem Verursacherprinzip möglichst weitgehend Rechnung zu tragen und spürbare Anreize insbesondere für die Entsorgungsträger in der Wirtschaft zu schaffen, um eine moderne, wenngleich zur Vermeidung von Umwelt- und Gesundheitsgefahren durch ungeordnete Entsorgung stark ordnungsrechtlich eingebundene 161 Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen 162 • Dieses Ziel konnte gleichwohl wegen der Befürwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsmodells durch die Länder 163 nicht durchgehend verwirklicht werden 164 • Insbesondere bleiben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger , also die nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Perso-

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/5672, S. 35. Begrundung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/5672, S. 31, 35 f. '" Begründung zum Regierungsentwurf, S. 37. 1>9 Begründung zum Regierungsentwurf, S. 34. 160 Begründung zum Regierungsentwurf, ebda. 161 Dazu krit. Mehrländer, in: Rengeling, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 13 ff. 162 Siehe Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen, BT-Drucks. 12/5672, 2 f., 31 f.; Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Sondergutachten "Abfallwirtschaft" , 1990, BT-Drucks. 1118493, Tz. 22, 83; Enquete-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt - Bewertungskriterien und Perspektiven für umweltverträgliche Stoffkreisläufe in der Industriegesellschaft" (Zwischenbericht), BT-Drucks. 12/5812, 27 ff.; Töpfer, Landkreis 1994, 349 (350). 163 Siehe BR-Drucks. 245193 (Beschluß); BR-Drucks. 24511193 Nr. 17. 164 Zum Verlauf der Beratungen VersteyllWendenburg, NVwZ 1994, 833 (838 f.). 156

1>7

§ 2 Entwicklung des Abfallrechts

41

nen 16S, grundsätzlich gern. § 15 Abs. 1 Krw-/AbfG für die Entsorgung der Abfälle aus privaten Haushaltungen verantwortlich.

11. Verstärkung der Intensität der Verursacherverantwortung

In Umkehrung zur Situation unter dem Abfallgesetz ist aber jetzt diese öffentlich-rechtliche Entsorgungsverantwortung ein Fremdkörper: Nach §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1 Krw-/ AbfG ist Regelfall die Entsorgungspflicht des Erzeugers und Besitzers von Abfallen. § 15 Krw-/AbfG fungiert von daher als herkunftsbezogene Ausnahmebestimmung. Dieser Ausnahmecharakter wird dadurch unterstützt, daß eine Entsorgungspflicht öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gern. § 15 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG für Abfälle, die nicht aus privaten Haushaltungen kommen, nur bei solchen zur - gern. § 10 Abs. 1 Krw-/ AbfG subsidiären Beseitigung und bei einer technischen Unmöglichkeit oder wirtschaftlichen Unzurnutbarkeit der Verwertung besteht. Darüber hinaus sind die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger gern. § 15 Abs. 2 Krw-/ AbfG bei einer Übertragung von Entsorgungspflichten auf Private befreit. Vor allem können sie gern. § 15 Abs. 3 Krw-/AbfG einer Rücknahmepflicht Privater unterliegende Produkte auch aus privaten Haushaltungen, soweit sie nicht zur Beseitigung bestimmt sind, von der Entsorgungspflicht ausschließen l66 • Die Rücknahmepflichten beruhen auf Verordnungen gern. § 24 Krw-/AbfG. Hieran erweist sich die Funktion der Produktverantwortung als Rückgrat des prinzipiellen Wechsels von der öffentlichen zur privaten Entsorgungsverantwortung. Daran wird die beabsichtigte Hauptrolle der Hersteller und Vertreiber deutlich, die als Verursacher am leistungsfähigsten sind und damit in erster Linie Zuordnungssubjekt von Entsorgungspflichten sind 167 • Somit fügt sich § 15 Krw-/AbfG insoweit in die Grundpflichten der §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1 Krw-/AbfG ein, als die private Entsorgungsverantwortung grundsätzlich vorrangig ist. Nur wenn diese nicht wahrgenommen werden kann, greift die öffentlich-rechtliche Entsorgungspflicht ein. Das Entsorgungsmonopol der öffentlichen Hand wurde also produktübergreifend durchbrochen und durch eine weitreichende Entsorgungsverantwortung Privater ersetzt. Öffentlich-rechtlichen

§ 13 Abs. 1 S. 1 Krw-/AbfG. Zu den parallelen Strukturen der Komplementärbestimrnung des § 13 Krw-/AbfG und damit dazu, inwieweit durch eine Überlassungspflicht die Verantwortung Privater ausgeschlossen ist, näher unten § 5 A.II. 167 Siehe Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärstoffen und Entsorgung von Abfällen BT-Drucks. 12/5672, S. 37. 165

166

Erster Teil: Grundlagen

42

Entsorgungsträgern kommt mithin nur noch eine Reservefunktion zu; ihre Verantwortung ist in Umkehrung der bisherigen abfallrechtlichen Regelungen subsidiär!68 .

III. Ausweitung der Reichweite der Verursacherverantwortung

Nicht nur die Intensität der Verursacherverantwortung wurde erheblich verstärkt, sondern auch ihre Reichweite durch eine Ausdehnung des Abfallbegriffs!69 und Vorverlagerung in den Produktionsbereich. Die Ausweitung des Abfallbegriffs in § 3 Krw-/AbfG war auch getragen von den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben!70 der Abfallrichtlinie!7! und der in Art. 2lit. a auf diese verweisenden, gern. Art. 44 ab 6.5.1995 in Deutschland unmittelbar anwendbaren Verordnung zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen 172 • Im Gegensatz zum Abfallgesetz von 1986 legt jetzt § 4 Abs. 1 Krw-/AbfG den Vorrang der Abfallvermeidung fest, der im Rahmen der Produktverantwortung auf der Basis von § 23 durch Rechtsverordnungen ausgestaltet werden kann. Zudem können in großem Stil und nicht mehr als Ausnahmefall, wie es § 14 AbfG mit sich bringt, Produktanforderungen festgelegt werden, die eine umweltverträgliche Entsorgung gewährleisten. Damit kann weitflächig bereits am Entstehungspunkt der durch Abfälle auftretenden Gefahren und damit "an der Quelle"!73 angesetzt werden. Die Entsorgungsverantwortung Privater und das Gebot der Abfallvermeidung, das bereits in den Produktionsprozeß vorgelagert ist, ermöglichen die Steuerung von Produktionsprozessen "von der Wiege bis zur Bahre". Sie sind damit die beiden Säulen des im Gesetzgebungsprozeß angestrebten Ziels, Stoffströme zu steuern, mithin weitestgehend eine Kreislaufwirtschaft zu verwirklichen. Sie sind

Petersen/Rid, NJW 1995, 7 (8). Siehe Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärstoffen und Entsorgung von Abfallen, BT-Drucks. 12/5672, S. 36. 170 Ob diese durch § 3 Krw-/AbfG trotz einer Aufgabe der Unterscheidung zwischen Abfall und Rückständen gewahrt sind, kann allerdings nicht ohne weiteres bejaht werden; näher Seibert, UPR 1994, 415 ff., bes. 418 ff.; Fluck, DVBI. 1995, 537 ff. 171 RL 911156/EWG v. 18.3.1991 zur Änderung derRL 75/442/EWG über Abfalle, ABlEG Nr. L 78, S. 32. 172 VO Nr. 259/93 EWG vom 1.2.1993, ABlEG Nr. L 30, S. 1. 173 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfallen, BT-Drucks. 12/5672, S. 1. 161

I"

§ 2 Entwicklung des Abfallrechts

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die Eckpfeiler dafür, daß einem reinen Abfallgesetz mit vereinzelten Öffnungsklauseln für die Herausnahme von Teilbereichen aus dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystem ein umfassendes Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz folgt.

IV. Offene Ausgestaltung

Indem dieses Regelungswerk aber im wesentlichen lediglich Grundpflichten statuiert und die nähere Ausgestaltung aufgrund zahlreicher Ermächtigungen dem Verordnungsgeber überläßt, um nähere Anforderungen für eine schadlose Verwertung 174, Beseitigung 175 sowie für Rücknahme- und Rückgabepflichten 176 festzulegen, handelt es sich in weiten Teilen lediglich um ein Rahmengesetz, das allerdings aufgrund "einer Vielzahl interpretationsnotwendiger Formulierungen und erheblichen Unklarheiten" lediglich für "einen Zwischenschritt zu einer späteren Gesamtlösung" gehalten wirdm. Da es sich aber um das für den Abfallbereich bestehende Gesetz handelt und dieses Gesetz gern. Art. 13 GVVB-Abf zwei Jahre nach der Verkündung am 6.10.1994 in Kraft treten so11 178 , ist es notwendig, die Grundstrukturen herauszuarbeiten und unter dem Blickwinkel des Verursacherprinzips zu einem einheitlichen Ganzen zu formen. Daran wird sich zeigen, ob das neue Gesetz "vom Elend des (Bundes-)Abfallrechts" 179 befreit hat.

E. Die Herausbildung weiterer Handlungsfonnen Neben die im Abfallgesetz sowie in der Verpackungsverordnung bzw. im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz festgeschriebenen und angelegten, an den Verursacher gerichteten Maßnahmen traten zahlreiche weitere Handlungsmöglichkeiten. Als Verhaltensgebote in Betracht kommen von den Kommunen angeordnete Bringpflichten, die die Überlassungspflicht in § 3 Abs. 1 AbfG bzw. in § 13 Abs. 1 Krw-/AbfG näher ausgestalteniBO. Verwaltungen handeln indes vermehrt in Handlungsformen, die in Abweichung von den klassischen Regelungen nicht final auf die Bewirkung bestimmter Rechtsfolgen gerichtet

174 17S

17. In 178

17. 180

§ 7 Krw-/AbfG. § 12 Krw-/AbfG. § 24 Krw-/AbfG. Von VersteyllWendenburg, NVwZ 1994, 833. Näher oben § 2 D.1. So der Titel des Beitrags von Franßen, in: Festschrift für Redeker, S. 457. Dazu § 3 A., § 5.

44

Erster Teil: Grundlagen

sind, sondern nur unmittelbar einen tatsächlichen Erfolg herbeiführen. Solche Verwaltungs realakte (schlichtes Verwaltungshandeln) 181 sind im Abfallbereich vor allem durch Empfehlungen denkbar, etwa in Gestalt eines Plakats, das zum Kauf von Mehrwegprodukten aufruft 182 • Die Erhebung von Abgaben ist im bundesweit geltenden Abfallrecht ebenfalls nicht geregelt. Denkbar ist aber im Zuge der diskutierten ökologischen Steuerreform 183 etwa eine bundesweite Steuer auf Abfalle oder Verpackungen oder die Belastung bestimmter Abfallgruppen mit Sonderabgaben l84 • Traditionell erheben die Kommunen Müllgebühren, um ihre Kosten für die Entsorgung den privaten Abfallbesitzern anzulasten. Damit kann das Verursacherprinzip auch unter dem Abfallgesetz von 1986 jedenfalls als Kostenzurechnungsprinzip verwirklicht werden l85 • Entsprechend dem ursprünglichen Hauptzweck des Abfall(beseitigungs)gesetzes, Abfälle möglichst vollständig geordnet zu entsorgen, dominierte bei der Gebührenbemessung lange Zeit der Aspekt der weitestgehenden Erfassung von Abfällen l86 • Mittlerweile spielt indes die Förderung der Vermeidung und Verwertung eine immer stärkere Rolle 187 • Daher stellt sich die Frage, inwieweit Gebühren durch eine verursachergerechte Ausgestaltung und Bemessung und damit über ihre Existenz als solche hinaus als Instrument der Verhaltenslenkung eingesetzt werden können l88 • Daneben traten landesgesetzliche Regelungen, die Abgaben auf Sondermüll erheben l89 • Kommunen führten Verpackungssteuern ein. Die Kasseler "Satzung über die Erhebung einer Verpackungssteuer" auf nicht wiederverwendbare Verpackungen und nicht wiederverwendbares Geschirr, die beim Verkauf von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle erhoben wird und einer Rücknahme- und Verwertungspflicht außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung unterliegende Gegenstände ausnimmt l90 , wurde vom BundesverwalErichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 30 Rn. 1. HessVGH, DÖV 1995,77. Näher § 7. 183 Siehe § 10. 1114 Eine Abgabe auf alle nicht von Haushaltungen stammenden Abfälle erarbeitete 1991 im Entwurf das BMU, Referat WA 11 2. Näher dargestellt bei Sprenger u.a., Das deutsche Steuer- und Abgabensystem aus umweltpolitischer Sicht, S. 155 ff. Näher unten § 10 C. ISS Siehe oben § 2 B. 1" Siehe etwa BayVGH, BayVBI. 1988,627 (628); HessVGH, KStZ 1987, 190 (194); OVG Koblenz, KStZ 1990, 97; OVG Lüneburg, NVwZ 1985,441. 137 Etwa BalslLahl, StT 1991, 608 ff.; Wiebe/Steenken, in: Lübbe-Wolff, S. 205 (206). 188 Aus der Rspr. BVerwG, BayVBI. 1994, 568 zu entsprechenden landesgesetzlichen Ermächtigungen sowie der nicht rechtskräftige Beschluß des VGH BW, DÖV 1995, 296 zu einer Zusatzgebühr für einen 240-Liter-Behälter. Im einzelnen § 9. 189 Siehe bereits oben § 1 B.III. Näher unten § 10 C. 190 Die wichtigsten Bestimmungen sind abgedruck bei Böhm, in: Lübbe/WoljJ, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 255 (257). 181

182

§ 2 Entwicklung des Abfallrechts

45

tungsgericht 191 im Grundsatz und vom VGH Kassel l92 , an den die Sache zurückverwiesen worden war, auch im Detail für rechtmäßig befunden 193. Insoweit stellt sich neben der Frage der Zulässigkeit insbesondere das Problem, inwieweit diese Abgaben mit den Zielsetzungen und dem Konzept des bundeseinheitlichen Abfallrechts vereinbar sind. Beide Aspekte sollen insbesondere für die genannten Möglichkeiten der Abgabeerhebung untersucht werden. Insgesamt stellt sich das Abfallrecht als ein vielfältiges Anwendungsfeld des Verursacherprinzips mit vielschichtigen Problemen dar. Daher eignet es sich als Referenzgebiet zu einer Untersuchung der Verwirklichung des Verursacherprinzips.

BVerwG, DVBI. 1995, 58. Urteil vom 29.6.1995, Az. 5 N 1202/92 und 5 N 378/95. 193 Vgl. aber § 10 B.III. Endgültige Klärung wird aber erst die Entscheidung über die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden (siehe F .A.Z. vom 1.7.1995, S. 13) bringen. Siehe auch OVG NW, Urteil vom 7.7.1995, Az. 15 A 295/91. 191

192

Zweiter Teil

Ordnungsrechtliche Lösungen Der Vergleich der verschiedenen Instrumente hat für das Abfallrecht ergeben, daß ein ordnungsrechtlicher Rahmen unabdingbar ist und sich Abgabenlösungen nur als Ergänzung eignen l . Die ordnungsrechtliche Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht ist daher zuerst zu untersuchen. Dem entspricht die gesetzliche Ausgangslage: Die bundesrechtlichen Regelungen enthalten Verhaltens- und Vermeidungsgebote, schreiben aber keine Abgaben vor. Nur in landesrechtlichen Bestimmungen ist die Erhebung von Abgaben vorgesehen2 bzw. finden sich spezifisch abfallbezogene Vorgaben für die Gebührenerhebung durch die Kommunen3 • Aufgrund dieser Stufenfolge hat die Abgabenerhebung durch Länder und Kommunen die bundesrechtlichen (ordnungsrechtlichen) Vorgaben zu berücksichtigen. Ausgangspunkt für die Darstellung der ordnungsrechtlichen Umsetzung des Verursacherprinzips im Abfallrecht ist die Rechtslage unter dem Abfallgesetz von 1986. Unter ihr ist das Verursacherprinzip insbesondere in der Verpackungsverordnung verwirklicht. Diese diente als Vorlage zum bereichsübergreifenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz.

§ 3 Verhaltensgebote nach dem Abfallgesetz A. Bloße Überlassungspflicht I. Inhalt und Funktion

Das Abfallgesetz legt in § 3 Abs. 1 AbfG den Besitzern von Abfällen die Pflicht auf, diese dem Entsorgungspflichtigen zu überlassen. Gern. § 3 Abs. 2 Satz 1 AbfG sind entsorgungspflichtig die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts. Daher obliegt Personen des Privatrechts regel-

lOben § 1 D., E. Siehe zu den Sonderabgaben auf (Sonder-)Abfalle bereits oben § 1 B.III. sowie näher unten § 10 C. 3 Im einzelnen § 9 B.III., IV. 2

§ 3 Verhaltensgebote nach dem Abfallgesetz

47

mäßig lediglich eine Pflicht zur Überlassung, nicht aber die Verantwortung für die Entsorgung. Vor diesem Hintergrund bedeutet Überlassen, die Abfälle einschließlich der allerdings entsprechend § 2 Abs. 2 AbfG in Einzelpunkten verschärften Anforderungen unterliegenden Sonderabfälle zur Verfügung zu stellen, mithin dort zugänglich zu machen, wo sie abgeholt werden müssen4 • Das entspricht auch der in der Überlassungspflicht des § 3 Abs. 1 AbfG deutlich werdenden Zielsetzung des Abfallgesetzes von 1986, anfallende Abfälle möglichst vollständig zu erfassens: Werden den Verbrauchern Bringpflichten auferlegt, kann nicht ausgeschlossen werden, daß sie sich diesen durch wilde Entsorgung entziehen. Bestätigt wird diese restriktive Auslegung der Überlassungspflicht durch § 3 Abs. 2 S. 3 AbfG, wonach die Abfallbeseitigung auch das Einsammeln umfaßt6 • Die Abfälle in verschiedenen Tonnen bereitzustellen, sie also zu sortieren, kann als Ausgestaltung der Überlassungspflicht angesehen werden7 • Die Pflicht, bestimmte Abfälle an einen Sammelort zu bringen, geht darüber hinaus und ist daher nicht von der Überlassungspflicht des § 3 Abs. 1 AbfG gedeckt8 • § 3 Abs. 2 S. 2 AbfG läßt die Einschaltung Dritter zur Erfüllung der den Entsorgungskörperschaften zugewiesenen Pflichten zu, aber keine Umgestaltung von dem Bürger obliegenden Pflichten: Diese sind nicht Dritte9• Ein Fall des § 3 Abs. 3 AbfG liegt nicht vor 10 • Kein aliud, sondern nur etwas Zusätzliches ist hingegen das Angebot, bestimmte Abfälle zu einer Sammelstelle zu bringen, wenn diese nicht von der Mitnahmepflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungskörperschaften ausgeschlossen sind. Beschränkt sich somit die Verhaltenspflicht der Besitzer von Abfällen grundsätzlich darauf, diese Stoffe zur Verfügung zu stellen, kann vor dem Hinter-

Hoppe, DVBI. 1990, 609 (613). Zur Vorgeschichte § 2 A., B. • Becker, NWVBI. 1989, 269 (270). 1 OVG NW, DÖV 1988,307; Becker, NWVBI. 1989,269 (276); Daubner, BayVBI. 1995,231 (233 f.); zu den Holsystemen etwa Banels, Al;!f,lIlrecht, S. 74 ff. sHoppe, DVBI. 1990,609 (613 f.) m.w.N.; a.A. BVerwG, DVBI. 1996,44 (45); VGH BW, DÖV 1995, 296 (297); Kunig, in: ders.lSchwermerfVersteyl, AbfG, § 3 Rn. 18; Lindemann/BreiholdtlWiebe, in: Lübbe-Woljf, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 103 (127): lediglich Bestimmung der Art der Überlassung bzw. Benutzung der kommunalen Einrichtung "AbfaUentsorgung". Hierzu bedarf es indes des Bestehens eines nicht durch das AbfaUgesetz begriindeten und damit ausschließlich von die~m beherrschten Benutzungsverhältnisses, wie es namentlich aus der Benutzung kommunaler Einrichtungen wie HaUen und Festplätzen erwächst (dazu Knemeyer/Deuben, DÖV 1992, 572 (576); Queitsch, StGR 1995, 28 (30 f.». 9 Hösel/von Lersner, AbfaUbeseitigung, § 3 AbfG Rn. 14. 10 Becker, NWVBI. 1989, 269 (271). 4

S

48

Zweiter Teil: OrdnungsrechtIiche Lösungen

grund des Verursacherprinzips, daß durch eine Kostenbelastung des Verursachers dessen Verhalten geändert werden soll, seine eigentliche Verwirklichung nur darin bestehen, daß die öffentlich-rechtlichen Körperschaften den die Abfälle Überlassenden mit Gebühren belasten II • Schon von daher kann sich auch das gegenwärtig geltende Abfallrecht zumindest in das Verursacherprinzip in seiner rein kostenmäßigen Ausprägung einfügen '2 . Weiter ist di~ Überlassungspflicht die Voraussetzung dafür, daß sich die angestrebte finanzielle Belastung und damit die Verwirklichung des Verursacherprinzips in seiner kostenmäßigen Form durch Zahlungspflichten dem Staat gegenüber auf alle Abfälle erstreckt. Nur bei fehlender Ausweichmöglichkeit werden die Vermeidungskosten auch tatsächlich dem Abfallverursacher auferlegt. Daher ist auch die Überlassungspflicht als - wenn auch untergeordneter - Bestandteil der Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht zu sehen. 11. Rechtfertigung von Grundrechtsbeeinträchtigungen

Die Pflicht zur Überlassung bringt eine Beschränkung der individuellen Freiheit insofern mit sich, als der Bürger mit den Abfallgegenständen nicht mehr nach Belieben verfahren kann und damit in seiner Eigentumsfreiheit beschränkt wird. Ist diese Beschränkung der Endverbraucher durch die von dem Gebrauch dieser Gegenständen ausgehenden Gefahren für das Allgemeinwohl als rechtmäßige Sozialbindung zu begreifen, wird eine gänzliche Verfügungsbeschränkung, die den Grad einer Enteignung erreichen könnte, durch die in § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG vorgesehene Möglichkeit der Übergabe an genehmigte gewerbliche und karitative Sammlungen vermieden 13. Soweit die Erwerbschancen bisheriger Sammler von Abfall beeinträchtigt werden, aktualisiert sich die mit dieser Tätigkeit verbundene besondere Prägung durch die bestehende Gesetzeslage, wodurch ein Vertrauenstatbestand ausgeschlossen oder zumindest reduziert ist '4 . Nimmt man gleichwohl eine Entwertung bestehender Unternehmenspositionen und eine daraus folgende Beeinträchtigung des Eigentumsrechts lS

Siehe bereits oben § 2 A. zum Abfallbeseitigungsgesetz von 1972. Dazu näher § 9 B. Siehe dagegen PetersenlRid, NJW 1995, 7 (13). 13 Begründung zum Entwurf einer 4. Novelle des Abfallbeseitigungsgesetzes, BT-Drucks. 1012885, S. 13; vgl. BT-Drucks. 10/5656, S. 51 f. 14 BVerwGE 62, 224, bes. 228 f.; Badura, in: Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, S. 1 (15 f.). 15 Badura, in: Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, S. 1 (21); siehe auch ScholziAulehner, BB 1993,2250 (2260); Frers, Die Klagebefugnis des Dritten im Gewerberecht, S. 247 ff.; ders., Die Konkurrentenklage im Gewerberecht, DÖV 1988, 670 (676 ff.). 11

12

§ 3 Verhaltensgebote nach dem Abfallgesetz

49

sowie eine praktische Unmöglichkeit an, den Beruf des Altstoffhändlers weiter auszuüben, so daß eine Berufswahlregelung vorliegt l6 , ergibt sich eine Rechtfertigung durch die herausragende Bedeutung der zu schützenden Gemeinschaftsgüter einer menschenwürdigen Umwelt und der Volksgesundheit 17 •

B. Private Entsorgungsverantwortung als Ausnahme Allerdings gibt es verschieden weite und unterschiedlich intensive Durchbrechungen der in § 3 Abs. 2 AbfG festgelegten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsverantwortung. I. Entsorgungsverantwortung der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen

Gern. § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG in der vor der Änderung durch das Gesetz zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen geltenden Fassung 18 dürfen im Rahmen des Betriebs genehmigungsbedürftiger Anlagen Abfälle nur insoweit anfallen, als eine Vermeidung und eine Verwertung von Reststoffen technisch nicht möglich oder unzumutbar sind. Erst wenn also Vermeidung und Verwertung nicht durchgesetzt werden können, kommt ein Eingreifen des öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungsregimes in Betracht. Diese Reststoffe unterliegen mithin primär privater Verantwortung und nur subsidiär den Anforderungen ordnungsgemäßer Entsorgung und damit der Überlassungspflicht des § 3 Abs. 1 AbfG 19 • Das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Abfallrechts ist insoweit umgekehrt.

11. Ansätze zur privaten Entsorgungsverantwortung im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsregimes

Während § 3 Abs. 2 S. 2 lediglich eine Form der Einschaltung Privater bei fortbestehender Verantwortung der sie heranziehenden öffentlich-rechtlichen

16Vgl. BVerfGE 11, 30. BVerwGE 62, 224 (230). Zur Diskussion näher Klages, Vermeidungs- und Verwertungsgebote als Prinzipien des Abfallrechts, S. 103 ff. IS Zu der damit verbundenen Neuerung unten § 5 A.I. 19 Banlsperger, VerwArch. 86 (1995), 32 (47); Rebentisch, Recht der Elektrizitätswirtschaft 1994,92 (94 ff.) m.w.N. auch zu abw. Konzeptionen. 17

4 Frenz

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

Körperschaft regelt2° und sich nicht spezifisch auf den Verursacher von Abfällen bezieht, sieht § 3 Abs. 4 AbfG eine Überwälzung der Entsorgungsverantwortung auf Private vor l . Diese unterliegt gleichwohl den für die öffentlichrechtliche Abfallentsorgung geltenden Anforderungen22 , deren Einhaltung die behördliche Überwachung gem. § 11 AbfG gewährleistet. Daraus ergeben sich Zweifel an einer Aufgabenprivatisierung23 • § 3 Abs. 6 AbfG sieht die Übertragung der Entsorgung von Abfällen an Stelle öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger vor. Gehen damit die an sich diesen gem. § 3 Abs. 2 S. 1 Krw-/AbfG obliegenden Pflichten über-', ohne daß sich das zugrundeliegende Regime verändert, liegt ebenfalls keine Aufgabenprivatisierung vors. Gem. § 5 b AbfG haben diejenigen, die gewerbsmäßg Verbrennungsmotoren- und Getriebeöle an Endverbraucher abgeben, über die Pflicht zur geordneten Entsorgung solcher gebrauchter Produkte hinzuweisen sowie für diese eine für den Verbraucher kostenlose Annahmestelle einzurichten oder nachzuweisen. Diese Vorschrift legt indes nicht eine eigene Entsorgungspflicht der Betroffenen fest, sondern lediglich vorbereitende Pflichten, die eine Entsorgung durch die öffentlieh-rechtlichen Körperschaften erleichtern26 • Die genannten Vorschriften stellen Berufsausübungsregelungen dar, die aus Gründen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt sind.

111. Sammlungen gern. § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG

Gem. § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG bleiben Stoffe von der öffentlich-rechtlichen Entsorgung ausgenommen, die durch gewerbliche Sammlung erwiesenermaßen einer ordnungsgemäßen Verwertung zugeführt werden, ohne daß überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. In diesen Vorschriften wird allerdings lediglich n eine Selbstverständlichkeit n gesehen27 • Diese deklaratorische Sicht kann aber nur Bestand haben, wenn es sich insoweit jedenfalls bei Übergabe an private Entsorgungssysteme überhaupt nicht um Abfall handelt2s. In diesem

Tettinger, GewArch. 1988,41 (46); Schink, VerwArch. 85 (1994), 251 (258). Siehe Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, S. 39. 22 Insbes. gern. § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 S. 3,4, Abs. 5, § 4, 4 a AbfG. 23 Für deren Vorliegen von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 144. ,. Kunig, in: ders./SchwermerlVerstyl, AbfG, § 3 Rn. 59. 2S Vgl. zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz § 5 A.IV. 26 Siehe oben § 2 B. 27 AmdtlKöhler, NIW 1993, 1945 (1947); ähnlich Schwermer, in: KuniglSchwermerlVersteyl, AbfG, § 1 Rn. 77. 2. So AmdtlKöhler, NIW 1993, 1945 (1946) m.w.N. für Verpackungen. 20 21

§ 3 Verhaltensgebote nach dem Abfallgesetz

51

Falle bestünde auch nicht die Zuweisung einer Verantwortung Privater für die Abfallentsorgung und insoweit keine Pflicht. Die Vorschrift stellte mithin keine Ausprägung des Verursacherprinzips in Gestalt eines Verhaltensgebotes im Hinblick auf die Abfallentsorgung dar. Allerdings stehen diese Vorschriften systematisch nach der Definition des Abfallbegriffs in § 1 Abs. 1 AbfG. § 1 Abs. 3 AbfG schließt nur die Geltung der "Vorschriften dieses Gesetzes" aus. Damit besteht die Möglichkeit, auch von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen erfaßte Güter als Abfall zu qualifizieren. Diese Interpretation wird unterstützt durch die weite Konzeption des Art. 1 Nr. 1 lit. a Abs. 1 EG-Abfallrichtlinie29 , die von der Bundesrepublik Deutschland bis zum 1. April 1993 hätte umgesetzt werden müssen30 • Nimmt man das Vorliegen von Abfall an, so erlangen § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG dadurch konstitutive Bedeutung, daß unter ihren Voraussetzungen eine Ausnahme von der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung besteht31 • Darüber hinaus deuten diese Vorschriften auf eine im Abfallgesetz angelegte Konzeption, die eine über die lediglich einzelpersonenbezogene Öffnungsklausel des § 3 Abs. 4 AbfG hinausgehende produktbezogene private Entsorgungsverantwortung ennöglicht: Werden gewerbliche oder gemeinnützige Sammlungen für bestimmte Stoffe durchgeführt, sind diese dann vom öffentlich-rechtlichen Abfallregime ausgenommen, wenn die sammelnden Privatpersonen diese Produkte einer ordnungsgemäßen Verwertung zuführen und damit ordnungsgemäß entsorgen. Sie unterliegen dann zwar nicht den auf das öffentlich-rechtliche Entsorgungsregime zugeschnittenen Anforderungen der §§ 3 ff. AbfG32 und von daher nicht den "Vorschriften dieses Gesetzes", aber den Grundsätzen des § 2 AbfG als Präzisierung des Begriffs der "ordnungsgemäßen Verwertung" in § 1 Abs.

29 RL 91/156/EWG vom 18.3.1991 zur Änderung der RL 75/442/EWG, ABlEG Nr. L 78, S. 32. Näher Dieckmann, NuR 1992, 407 ff.; Fluck, DVB\. 1993,590 ff.; Helmig/Allkemper, DÖV 1994, 229 ff.; Kersting, DVB\. 1992, 343 ff.; Seibert, DVB\. 1994, 229 ff. m.w.N. Zu der Richtlinie 75/442/EWG (ABlEG L 194, S. 39) vor der Änderung EuGH, EuZW 1991,253. 30 Eine unmittelbare Wirkung zu Lasten der Abfallbesitzer und -erzeuger vermag sie allerdings nicht zu begründen, da dann eine Verpflichtung des einzelnen entgegen Art. 189 Abs. 3 EGV erwachsen würde, der sich nur an die Staaten wendet (EuGH, Sig. 1986, 723 (749». Eine solche Wirkung würde auch bei einer umsetzungsunabhängigen Pflicht der nationalen Stellen, das innerstaatliche Recht entsprechend den Vorgaben der Richtlinie auszulegen, erzeugt (anders EuGH, Sig. 1987, 3982 (3986 f.». Das gilt indes nicht für ein Recht zu einer solchen richtlinienkonformen Interpretation, die auch aus dem nationalen Recht herleitbar ist: Dann sichert die Richtlinie nur eine bereits auf innerstaatliche Vorschriften stützbare Belastung ab (siehe GA Mischo, Sig. 1987,3976 (3979 f.». 31 Frenz, DÖV 1994, 421 (428). 32 Frenz, GewArch. 1994, 145 (148); für einen völligen Ausschluß der Anwendung des Abfallgesetzes hingegen HessVGH, DÖV 1995, 387 (388).

52

Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

3 Nr. 6, 7 AbfG33 • Diese müssen sie einhalten, damit die Überlassungspflicht des § 3 Abs. 1 AbfG und das öffentlich-rechtliche Entsorgungsmonopol gern. § 3 Abs. 2 AbfG nicht greifen. Die Herausnahme aus dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystem führt damit nicht zu einer Ausklammerung von abfallrechtlichen Entsorgungspflichten, sondern es wechselt deren Trägerschaft: Es bestehen dann Entsorgungspflichten Privater als denjenigen, die durch die Sammlung Abfälle an der öffentlichrechtlichen Entsorgung vorbeileiten und damit Umweltgefahren hervorrufen, mithin als Verursacher. Private Verantwortung und die Entsorgung von Abfällen stellen dann infolge der Durchbrechung einer ausschließlichen öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht auch unter dem Dach des Abfallgesetzes keinen Gegensatz mehr d~. Bei dieser Sicht sind auch § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG Ausprägungen des Verursacherprinzips im Rahmen der Abfallentsorgung. Sie sind als Berufsausübungsregelungen durch dieselben vernünftigen Aspekte des Gemeinwohls gerechtfertigt wie das grundsätzliche Entsorgungsmonopol der öffentlichen Hand35 • Der Unterschied besteht allerdings darin, daß einerseits die private Verantwortung erhalten bleibt, insofern also ein geringerer Eingriff vorliegt, andererseits aber regelmäßig die Entsorgungspflichten einen stärkeren Eingriff darstellen werden als bloße Zahlungs- und Überlassungspflichten.

IV. HauptanwendungsfaU: Verordnungen gem. § 14 AbfG

§ 1 Abs. 3 Nr. 7 AbfG findet Anwendung auf vorhandene gewerbliche Sammlungen. Daß diese Vorschrift auf begrenzte Altmaterialsammlungen hergebrachter Art beschränkt ist36 , legt zwar die Entstehungsgeschichte nahe, die die Übergabe an genehmigte gewerbliche und karitative Sammlungen erhalten wollte37 • Weiterer Hintergrund war indes, die Verfügungsmacht der Besitzer nicht gänzlich zu beschränken38 • Dem dienen auch neu entstandene, großflächige Zum ganzen näher Frenz, DÖV 1994,421 (425 f.). Siehe dagegen Banlsperger, VerwArch. 86 (1995), 32 (44); Franßen, in: Festschrift für Redeker, S. 457 (471 ff.). 35 Dazu § 3 A.II. So LindemannIBreiholdt/Wiebe, in: Lübbe-WoljJ, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 103 (115 f.). 37 Begründung zum Entwurf einer 4. Novelle des Abfallbeseitigungsgesetzes, BT-Drucks. 10/2885, S. 13; BT-Drucks. 1015656, S. 51 f. 3. Siehe oben § 3 A.II. 33 34

3.

§ 3 Verhaltensgebote nach dem Abfallgesetz

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gewerbliche Sammlungen. Der Wortlaut des § 1 Abs. 3 Nr. 7 AbfG schließt ihre Einbeziehung auch nicht aus. Entsprechend der Zielsetzung des Abfallgesetzes ist entscheidend die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwertung. Somit greift diese Regelung auch dann ein, wenn sich gewerbliche Sammlungen aufgrund von Verordnungen auf der Basis von § 14 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 3 Nr. 3,4 AbfG herausbilden: Dann formt sie die Grenze dafür, wann die Entsorgungsverantwortung öffentlich-rechtlicher Körperschaften entfallen kann. Für das Duale System oder die anderen aus der Rücknahmepflicht von Verpackungen entsprechend der auf § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 4 Abs. 2 S. 3 Nr. 1, 2 und 3 AbfG gestützten Verpackungsverordnung 39 erwachsenden gewerblichen Sammelsysteme sind die genannten Voraussetzungen erfüllt40 : Sie haben die eingesammelten Verpackungen einer erneuten Verwendung oder stofflichen Verwertung zuzuführen und unterliegen einer Nachweispflicht jedenfalls auf Anforderung41 • Daß überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen dürfen, kann nicht mit der ordnungsgemäßen Verwertung identisch sein und setzt im Hinblick darauf, daß § 1 Abs. 3 Nr. 7 AbfG eine Ausnahme vom öffentlichrechtlichen Entsorgungsmonopol ermöglicht, voraus, daß dadurch eine geordnete kommunale Abfallentsorgung nicht gefährdet werden darf2 • Die Ausklammerung von Verpackungen soll die Überlastung öffentlich-rechtlicher Müllabfuhrsysteme vermeiden43 und damit die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung gerade erhalten. Indem § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AbfG zum Erlaß von Verordnungen ermächtigt, nach denen Privatpersonen bestimmte Produkte zurücknehmen oder nach Gebrauch ggf. anderen Privatpersonen überlassen müssen, schafft er den Rahmen für die Ausformung des Verursacherprinzips auf untergesetzlicher Ebene und damit für eine Zurückdrängung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsverantwortung. Die mit dieser Öffnungsmöglichkeit zugunsten privater Regie verbundene Problematik sei an dem Hauptanwendungsfall der Ermächtigung des § 14 AbfG, der Verpackungsverordnung, dargestellt44 •

3. Zur Tragfähigkeit dieser Ermächtigungsgrundlage oben § 2 C. '" J. Müller, GemH 1993, 99 (100); näher Frenz, DÖV 1994,421 (428); a.A. Thome-KozmiensIcy, Die Verpackungsverordnung, S. 64 ff.; zweifelnd auch Seetiger, VR 1991, 387 (388). 41 Vgl. Hösel/von Lersner, § 1 AbfG Rn. 29. 42 Bane/s, Abfallrecht, S. 33 f. 43 Siehe BR-Drucks. 817/90, S. 1. 44 Sub § 4.

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

c. Verhaltenspflichten von Abfallentsorgem Hingewiesen sei schließlich noch auf Verhaltenspflichten zu Lasten von Abfallentsorgern. Diese rufen durch die Abfallentsorgung Umweltgefährdungen hervor und sind von daher wie die (bloßen) Besitzer und Erzeuger von Abfällen Verursacher, nur auf einer anderen bzw. - im Falle einer Inanspruchnahme gem. § 3 Abs. 4 AbfG und eigenständigen Durchführung45 - zusätzlichen Tätigkeitsebene. Sie sind gem. § 4 Abs. 1 S. 1 AbfG grundsätzlich auf Abfallentsorgungsanlagen verwiesen46 und unterliegen für deren Bau und Betrieb den Anforderungen der §§ 7 ff. AbfG47 , wozu gem. §§ 11 a ff. AbfG auch die Bestellung eines Betriebsbeauftragten für Abfall gehört. Nach der Stillegung bestehen insbesondere gem. § 10 Abs. 2 AbfG Sicherungs- und Rekultivierungspflichten48 • Das alles sind Berufsausübungsregelungen, die sachlich durch Gesichtspunkte des Umwelt- und Gesundheitsschutzes als vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls und in ihrer personellen Zielrichtung durch den Ausgang der Gefährdungen von den Anlagenbetreibern gerechtfertigt sind. Anhaltspunkte dafür, daß sie eine prohibitive Wirkung haben und den Betrieb von Abfallentsorgungsanlagen gänzlich unmöglich machen, mithin in die Berufswahlfreiheit und - im Hinblick auf die bestehenden Anlagen - durch Entwertung aufgebauter Unternehmenspositionen in die Eigentumsfreiheit eingreifen49 , sind nicht erkennbar.

D. Bußgelder Zur Sicherstellung der Einhaltung abfallrechtlicher Pflichten enthalten § 18 AbfG i.V.m. §§ 7, 10 Nr. 8 AltölVSO Bußgeldtatbestände. Bei deren Verletzung entstehen Geldleistungspflichten, so daß es sich um eine Form der kostenmäßigen Umsetzung des Verursacherprinzips handeln könnte. Indes stellen diese Bußgeldtatbestände die Einhaltung von Verhaltenspflichten sicher. Sie sollen

45 Gern. § 3 Abs. 4 LV.m. Abs. 2 S. 2 AbfG können sich allerdings auch zur Entsorgung verpflichtete Abfallbesitzer Dritter bedienen . • 6 Mit den Ausnahmen des § 4 Abs. I S. 2, Abs. 2, 4 sowie - speziell für Altöle - des § 5 a Abs. 2 AbfG. Daher kann die Behörde auch den selbst zur Entsorgung verpflichteten Abfallbesitzern gern. § 3 Abs. 5 AbfG die Mitbenutzung von Abfallentsorgungsanlagen durch eine entsprechende Verpflichtung der Inhaber ermöglichen . • 7 Dazu etwa Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, S. 488 ff. .. Näher Pohl, Abfallrechtliche Sicherungs- und Rekultivierungspflichten. Zur Frage der Altlasten, die vielfach in den Ländern spezialgesetzlich geregelt ist, Pohl, NIW 1995, 1645 ff. • 9 Vgl. oben § 3 A.II. so Vom 27.10.1987, BGBl. I, S. 2335.

§ 4 Verhaltenspflichten nach der Verpackungsverordnung

55

nicht nur Anreize bilden wie Abgaben und nicht nur als Ausgleich für die Nichteinhaltung einer Verhaltenspflicht erhoben werden wie eine Ausgleichssonderabgabe51 , sondern sie sanktionieren eine Pflichtverletzung und sind daher Teil der Verwirklichung des Verursacherprinzips durch Verhaltensgebote.

§ 4 Verhaltenspflichten nach der Verpackungverordnung Die Verpackungsverordnung nimmt die in § 3 näher defInierten Verpackungen aus dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystem heraus, sofern sie gern. § 2 VerpackV gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen oder öffentlicher Einrichtungen im Geltungsbereich des Abfallgesetzes hergestellt oder vertrieben werden. Diese Hersteller und Vertreiber tragen entsprechend dem Verursacherprinzip, auf das die Verpackungsverordnung ausdrücklich gestützt wurde52 , die Verantwortung für die Entsorgung. Diese Verantwortung wird nicht staatlich überwacht, sondern ihre Verletzung wird lediglich gern. § 18 Abs. 1 Nr. 11 AbfG LV.m. § 12 VerpackVals Ordnungswidrigkeit sanktioniert. Die Entsorgung wird durch diesen Wechsel der Verantwortung sektorieIl privatisiert53 , und zwar im Sinne einer aufgabenbezogenen und in diesem Sinne materiellen Privatisierung54 • Unter dem Regime des Abfallgesetzes von 1986, aufgrund dessen § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 4, Abs. 2 S. 3 Nr. 1, 2 und 3 die Verpackungsverordnung zulässigerweise55 erlassen wurde, ist eine solche private Verantwortung die Ausnahme. Im Hinblick auf das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, unter dessen Geltung die Verpackungsverordnung auf der Basis von § 23 Abs. 1 Nr. 1 und 3, 24 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4 ergehen könnte56 , stellt sie hingegen lediglich eine Konkretisierung der in § 5 Krw-/ AbfG statuierten Grundpflichten dar.

Zu ihr § 10 C.1.2. Amtliche Begründung der Bundesregierung, BR-Drucks. 817/90, S. 27, 32 f. " Näher auch zur Zulässigkeit Frenz, GewArch. 1994, 145 (147 ff.); ebenso HessVGH, DÖV 1995, 387 (388); J. Müller, GemH 1993, 99 (100). ,. Zur Unterscheidung Schoch, DVBI. 1994, 962 (962 f.). ss Siehe oben § 2 C. S6 Damit ist für die Fortgeltung der Verpackungsverordnung unerheblich, ob eine solche stets auf der Basis des ursprünglich ennächtigenden Gesetzes möglich ist (BVerfGE 31, 357 (362 f.) m. w. N.) oder ob es bei einer Gesetzesänderung auch in dem neuen Regelungswerk einer Ermächtigungsgrundlage bedarf (siehe Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 13 Rn. 5). 51

>2

Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

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A. Vermeidungspflichten

§ 1 Abs. 2 VerpackV sieht die Vermeidung von Abfällen durch Beschränkung des Volumens und Gewichts von Verpackungen, die Möglichkeit der WiederbefüllungS? und die stoffliche Verwertung vor. Sollen Abfälle dadurch vermieden werden, daß Privatpersonen Verpackungen stofflich verwerten, deutet dies auf die Vorstellung, daß sich Wertstoffe nicht unter den Abfallbegriff subsumieren lassens8 : die Rückkehr in den Wirtschaftskreislauf entziehe sie der Abfallwirtschafts9 • Eine wesentliche Form der Abfallvermeidung bestünde dann darin, Hersteller und Vertreiber von Produkten selbst zur Abfallentsorgung zu verpflichten60 • Indes - so Bartlsperger61 - "wird mit einem privaten Entsorgungsweg von Herstellern und Vertreibern nur ein zweites Entsorgungssystem außerhalb des öffentlichen Abfallregimes geschaffen ... , ohne daß hiermit ohne weiteres auch schon eine Verringerung der Menge von Rückständen erreicht zu sein braucht. Zudem ist bei einer privaten Verwertungsverantwortung keineswegs ohne weiteres gewährleistet, daß die Verwertungsmöglichkeiten voll ausgeschöpft werden und damit wirklich die Menge der zu beseitigenden Rückstände im Vergleich zur öffentlichen Abfallentsorgung verringert wird, also im vollen möglichen Umfang' Abfallvermeidung' stattfindet."

Ist bei einer privaten Verwertung eine umweltverträgliche Entsorgung nicht von vornherein gewährleistet, sondern tauchen vergleichbare Schwierigkeiten wie bei den der öffentlich-rechtlichen Entsorgung unterliegenden Produkten auf, so spricht dies für eine Gleichstellung entsprechend der Gefährlichkeit der betroffenen Güter und gegen eine Unterscheidung nach dem vorherrschenden Entsorgungsregime bereits unter der Geltung des Abfallgesetzes auf der Basis der zu § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG entwickelten Konzeption eines Nebeneinander von öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Entsorgung 62 • Der Charakter als Wirtschaftsgut läßt mithin jedenfalls dann wegen der Gefahr umweltgefährdender Beseitigung zwecks Kostenerspamis nicht die Abfalleigenschaft entfal-

Dazu näher Rummler/Schun, Verpackungsverordnung, § 1 Anm. 2 ff. Siehe VGH BW, GewArch. 1990, 425; Rat von Sachverständigen fiir Umweltfragen, Sondergutachten "Abfallwirtschaft", BT-Drucks. 11/8493, insbes. Tz. 109; Kersting, Die Abgrenzung zwischen Abfall und Wirtschaftsgut, S. 185 ff.; Schwermer, in: Kunig/SchwermerlVersteyl, AbfG, § 1 Rn. 28 m.w.N.; a.A. HessVGH, NJW 1987, 393. S9 Schmeken/Schwade, Verpackungsverordnung, S. 52. 60 Bartlsperger, VerwArch. 86 (1995), 32 (43); näher Franßen, in: Festschrift fiir Redeker, S. 457 (468 ff.). 61 Bartlsperger, VerwArch. 86 (1995), 32 (44). 62 Oben § 3 B. 111. S7 S8

§ 4 Verhaltenspflichten nach der Verpackungsverordnung

57

len63 , wenn ein Produkt nicht marktgängig ist, insbesondere, wenn der Besitzer ein Entgelt für die Abnahme auch durch Private bezahlen muß 64 • Bei Verpakkungen ist dies regelmäßig der Fall65 • Sie sind daher Abfall 66 • Somit stellen die Pflichten zur Rücknahme und Verwertung in der Verpackungsverordnung aufgrund des Systems des Abfallgesetzes, das wegen der Normenhierarchie nicht im Verordnungswege durchbrochen werden kann, keine Form der Vermeidung, sondern der Entsorgung von Abfall dar. Für das Regime des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ergibt sich dies aus § 24 Abs. 1 Nr. 4, wonach durch Verordnung Nachweispflichten "über Art, Menge, Verwertung und Beseitigung der zurückgenommenen Abfalle" festgelegt werden können67 • Die anderen in § 1 Abs. 2 VerpackV genannten Gebote im Hinblick auf die Beschaffenheit von Verpackungsprodukten sind in den folgenden Vorschriften der Verpackungsverordnung nicht näher ausgestaltet, für sich selbst aber nicht hinreichend genau, um konkrete Verpflichtungen begründen zu können. Somit handelt es sich entsprechend der Überschrift des § 1 lediglich um abfallwirtschaftliche Ziele, die aber keine durchsetzbare Verpflichtung für den einzelnen begründen. Im Ergebnis wird daher das Verursacherprinzip in Form von konkreten Verhaltensgeboten ausschließlich durch Rücknahmepflichten bzw. im Falle eines Ersatzsystems gern. § 6 Abs. 3 VerpackV Abholpflichten in Verbindung mit Verwertungs- oder Pfanderhebungspflichten verwirklicht, die auf der Stufe der Entsorgung von Abfällen erwachsen.

B. Rücknahmepflichten Die Verpackungsverordnung ordnet für verschiedene Gruppen von Verpackungen Rücknahmepflichten an und kombiniert diese gern. §§ 4 ff. mit der Pflicht, diese Produkte einer erneuten Verwendung oder einer stofflichen Verwertung außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung zuzuführen, also für eine solche Sorge zu tragen, nicht sie notwendig selbst vorzunehmen. Diese Vorgänge werden in der Überschrift zum Abschnitt 11. mit Verwertungspflichten " bezeichnet. 11

63 Für eine strikte Trennung hingegen etwa Billigmann, Landkreis 1991, 565 ff.; Fluck, OB 1992, 193 (197); Kersting, Die Abgrenzung zwischen Abfall und Wirtschaftsgut, passim; Klages, IUR 1992, 1 (2). 64 BVerwG, NVwZ 1993, 988 (989); 990. 6S Näher Frenz, DÖV 1994, 421 (424 f.) . .. Ebenso Thome-Kozmiensky, Die Verpackungsverordnung, S. 62 ff.; a.A. AmdtlKöhler, NJW 1993, 1945 (1946); siehe auch TettingerIAsbeck-SchröderIMann, Vorrang der Abfallverwertung, S. 15. 61 Zur Bedeutung dieser Bestimmung insbesondere im Verhältnis zur Verweisvorschrift des § 5 Abs. 1 Krw-/AbfG unten § 5 B.

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

Läßt dieser Begriff auch außer acht, daß die Leistung nicht notwendig in eigener Person zu erbringen ist, soll er doch als amtliche Bezeichnung und wegen seiner Kürze im folgenden verwendet werden. Zu diesen Rücknahme- und Verwertungspflichten kommen nach Maßgabe von §§ 7 ff. VerpackV Pfanderhebungspflichten hinzu. Alle diese Pflichten sind verbunden mit der bisher ausgeübten Wirtschaftstätigkeit, die verknüpft wird mit der Verantwortung für die Entsorgung der hergestellten bzw. in Verkehr gebrachten Produkte. Wird somit die Privatautonomie beibehalten und lediglich mit speziellen öffentlich-rechtlichen Pflichten belegt, sind sie als öffentlich-rechtliche Betriebspflichten zu qualifizieren68 • Insoweit wird die Wirtschaftstätigkeit in den Dienst eines öffentlichen Zwecks gestellt. Daher liegt auch ein Fall der "gesetzliche(n) Indienstnahme Privater"69 oder - umfassender ausgedrückt - der Indienstnahme Privater vor1°.

I. Mit Verwertungspflicht

§ 4 S. I 1. HS. VerpackV verpflichtet die Hersteller und Vertreiber von Transportverpackungen71 , diese nach Gebrauch zurückzunehmen und einer erneuten Verwendung oder stofflichen Verwertung in privater Regie zuzuführen. Entsprechend ihrer aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 VerpackVersiehtlichen Funktion, Waren zu transportieren, verlieren Transportverpackungen diese Eigenschaft, wenn die Waren vom Empfänger ausgepackt sind, dieser die Verpackungen aus dem Vertriebssystem herausnimmt und Kunden zur Verfügung stellt, wenn auch zu Transportzwecken72. Insoweit ist der Unternehmer auch nicht Vertreiber: Das ist er gern. § 2 Abs. 1 Nr. 2 VerpackV dann, wenn er Erzeugnisse, aus denen unmittelbar Verpackungen hergestellt werden, die also nicht schon Verpackungen sind, oder Waren in Verpackungen, also etwa Produkte seines Lebensmittelgeschäfts73 , in Verkehr bringt. Aus § 5 Abs. 1 S. 1 VerpackV, nach dem für die Vertreibereigenschaft bereits das "Anbieten" genügt, ergibt sich e contrario, daß Vertreiber nur ist, wer die Verpackungen nicht nur vorrätig hält, sondern sie aus seinem Gewahrsam bzw. aus seiner Verfügungsgewalt Näher dazu von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 98 ff. H.-P. Ipsen, in: Festgabe für E. Kaufmann, S. 141 ff. 70 Michaelis, Der Beliehene, S. 79 f., der mangels im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung bestehender Besonderheiten zu Recht die gesetzliche Indienstnahme mit der durch Verwaltungsakt unter eine Gruppe faßt (Frenz, Die Staatshaftung in den Beleihungstatbeständen, S. 50 mit Fn. 21). 71 Zur Unterscheidung der verschiedenen Verpackungstypen FlanderkalWinter, BB 1992, 149 (150); Strecker, BB 1991, 1499 ff. 72 VG Münster, DÖV 1995, 388 (389) für den Inhaber einer Lebensmittelkette. 73 Dann handelt es sich aber um Umverpackungen gern. § 5 Abs. 1 VerpackV. 68

69

§ 4 Verhaltenspflichten nach der Verpackungsverordnung

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in diejenige eines Erwerbers übergehen läßf4 und damit weggibfs. Darunter fallen etwa nicht der vorstehend genannte Inhaber von Lebensmiuelgeschäften76 oder die Beschicker von WochenmärktenT7. Verlangt der Endverbraucher die Übergabe der Transportverpackung, gilt gern. § 4 S. 1 2. HS. VerpackV das sogleich darzustellende Regime, das auf Verkaufsverpackungen Anwendung fmdet. Die vorstehend für Transportverpackungen dargelegten Pflichten gelten gern. § 5 Abs. 1 VerpackV für Umverpackungen zu Lasten der Vertreiber; diese Eigenschaft wird wegen der ausdrücklichen Erwähnung bereits mit dem Anbieten einer Ware begründefs. Für diese Verpackungsgruppe treten die Hinweispflicht des § 5 Abs. 2 VerpackV und insbesondere die Pflicht zur Bereitstellung eines gut sichtbaren und erreichbaren Sammelgefäßes gern. § 5 Abs. 3 VerpackV hinzu. Für Verkaufsverpackungen statuiert § 6 Abs. 1 VerpackV zu Lasten der Vertreiber mit näher festgelegten Einschränkungen die Pflicht zur Rücknahme; § 6 Abs. 1 a VerpackV spezifiziert diese Pflicht für den Versandhandel. Gern. § 6 Abs. 2 VerpackV sind Hersteller und Vertreiber dazu verpflichtet, ihrerseits die von den (End-)Vertreibem zurückgenommenen Verpackungen zurückzunehmen und einer stofflichen Verwertung außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung zuzuführen79.

11. Mit zusätzlicher Pfanderhebungspflicht

§ 7 VerpackV legt für Getränkeverpackungen, die keine Mehrwegverpackungen sind, Pfanderhebungspflichten auf allen Handelsstufen fest, die dann bei Rücknahme der Verpackungen gern. § 6 Abs. 1,2 VerpackV erstattet werden. Der Pfanderhebungspflicht unterliegen also ausschließlich Einwegverkaufsverpackungen im Getränkebereich.

Elsner/Rummler, NVwZ 1992, 243 (244). OVG NW, OÖV 1995, 334 (335). 76 VG Münster, OÖV 1995, 388 (389). TI OVG NW, OÖV 1995, 334. 78 OVG NW, OÖV 1995, 334 (335). 79 Zu den mit diesen Pflichten verbundenen Einzelproblemen Rummler/Schutt, Verpackungsverordnung, S. 100 ff. 74 75

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

III. Durchführung und Kostenlast bezüglich des Transports zur RücknahmesteUe

1. Verkaujs- und Umverpackungen

Während § 5 VerpackVals Regelfall die Möglichkeit der Entfernung von Umverpackungen an den Verkaufs stellen vorsieht, kann den Rücknahmepflichten in § 4 und 6 Abs. 1 (i.V.m. § 5 Abs. 1 2. HS.) VerpackV ein Transport der Verpackungen vorausgehen. Dann stellt sich die Frage, wer diesen vorzunehmen hat und wer die Kosten dafür trägt. Diese offene Frage ist zugleich ein Anwendungsfall der Auslegung von Vorschriften vor dem Hintergrund des Verursacherprinzips. Die Statuierung lediglich einer Rücknahmepflicht spricht dafür, daß der Verpflichtete die Verpackungen nur an seinem Geschäftsort in Empfang zu nehmen braucht. Bestätigt wird diese Auslegung durch das Erfordernis einer kostenlosen Rücknahme in oder in unmittelbarer Nähe der Verkaufsstelle in § 6 Abs. 1 VerpackV: Die Rücknahme braucht nicht beim Verbraucher zu erfolgen, und lediglich die Rücknahme hat kostenlos zu sein, nicht aber der Transport zur RücknahmesteIle. Für Verkaufsverpackungen trägt damit der Endverbraucher die Last des Transportes und der damit verbundenen Kosten. 2. Transportverpackungen

Für Transportverpackungen fehlen allerdings solche deutlichen Vorgaben. Auch § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AbfG als Ermächtigungsgrundlage spricht nur von der Sicherstellung der Rückgabe durch geeignete Rücknahmesysteme. Vor dem Hintergrund, daß es sich um die Kostenverteilung zwischen Privaten handelt, liegt eine ergänzende Heranziehung zumindest der Wertungen der zivilrechtlichen Regeln über den Erfüllungsort nahe. Sieht man in der Rücknahmepflicht die geschuldete Leistung, ist gern. § 269 BGB Leistungsort Wohnsitz bzw. Niederlassungsort des Schuldners, mithin des Rücknahmeverpflichteten. Somit müßte dort die Rücknahme erfolgenso. Allerdings ist das Verhältnis zwischen Privaten insoweit überlagert durch das öffentlich-rechtliche Pflichtenregime der Verpackungsverordnung, das vom Verursacherprinzip beherrscht ist. Dieses Regime sowie das seine Ausformung prägende Verursacherprinzip bestimmen daher die Auslegung8!. Daß § 4 VerpackV eine der drei Rücknahmepflichten regelt, deutet aus Gründen der Strukturgleichheit auf eine Rücknahme an der Abgabestelle hin. Ein Verstoß gegen das Verursacherprinzip liegt darin deshalb nicht, weil auch der Empfänger von Transportverpackungen als Besitzer (potenso So Flanderka, NVwZ 1992, 648 (649); ders., BB 1992, 1574 (1577); im Ergebnis auch Rummler/Schutt, Verpackungsverordnung, S. 103; a.A. Elsner/Rummler, NVwZ 1992, 243 (244). 8\ Diesen Ausgangspunkt wählen auch Rummler/Schutt, Verpackungsverordnung, S. 103.

§ 4 Verhaltenspflichten nach der Verpackungsverordnung

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tiell) Umweltgefahren hervorrufen kann und damit gleichfalls Verursacher ist. Somit ist es hinnehmbar, daß er auch die Kosten des Rücktransports trägt.

3. Geänderte Auslegung wegen § 24 Krw-/AbfG? Die Verpackungsverordnung wurde auf der Grundlage des Abfallgesetzes erlassen. Folgt man der herrschenden Auffassung, daß die spätere Änderung der Ermächtungsgrundlage die Fortgeltung der darauf gestützten Rechtsverordnung nicht mehr berührt82 , können aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz höchstens insofern zusätzliche Auslegungsgesichtspunkte gewonnen werden, als dieses Gesetz die in der Verpackungsverordnung verwirklichte Konzeption nur über diese eine Produktgruppe hinaus auf sämtliche Abfallarten erweitert und damit möglicherweise den Sinn mancher Begriffe deutlicher zum Ausdruck bringt. Verlangt man, daß die geänderte Ermächtigungsgrundlage die bisherige Rechtsverordnung noch deckt83 , ist die Verpackungsverordnung so auszulegen, daß sie auch durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz getragen wird. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz enthält in § 24 Abs. 1 Nr. 2 eine § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AbfG vergleichbare, gleichwohl nicht auf die Festlegung von Rücknahmesystemen und Pfanderhebung zur Sicherstellung der Rückgabepflichten begrenzte Ermächtigung, die ebenfalls die Rücknahmepflichten der Verpackungsverordnung deckt. Nach dieser Bestimmung kann der Hersteller und Vertreiber verpflichtet werden, "bestimmte Erzeugnisse zurückzunehmen und die Rückgabe durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Rücknahmesysteme ... , sicherzustellen". Die Rücknahme ist danach mit der Rückgabe und der Einrichtung bloßer Rücknahmesysteme gleichzusetzen. Wo diese Rücknahme stattzufinden hat, an der Abgabe- oder Anfallstelle, obliegt hingegen § 24 Abs. 1 Nr. 3 Krw-/AbfG der Festlegung durch den Verordnungsgeber. Somit bleibt nur der Rückgriff auf § 4 VerpackV. Das Problem der Kostentragung hat allerdings in § 24 Abs. 2 Nr. 1 Krw-/AbfG insofern eine Regelung erfahren, als durch Verordnung die Kostenlast auch für die Rücknahme festgelegt werden kann. Das spricht für die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Auferlegung der Kostenlast, die in § 4 VerpackV für die Rücknahme und den vorgeschalteten Transport der Transportverpackungen nicht erfolgt ist. Bei dieser Sicht aber wäre auch die Kostenlast für die in dieser Vorschrift ebenfalls genannte Verwertung fraglich. Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Auferlegung der Kostenlast widerspricht indes der

82

83

BVerfGE 9,3 (12); 31, 357 (362 f.); st. Rspr. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 13 Rn. 5.

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

Konzeption des Verursacherprinzips, durch die mit der Pflichtentragung verbundenen Kosten eine Verhaltensänderung zu bewirken84 • Eine Auferlegung von Pflichten trägt daher zu Lasten des Inanspruchgenommenen auch die Vermutung der Tragung der Kosten in sich. § 24 Abs. 2 Nr. 1 Krw-/AbfG ist daher als Ermächtigung zur abweichenden Bestimmung der Kostenlast anzusehen. Dafür sprechen auch die systematische Stellung dieser Vorschrift im Dritten Teil über die Produktverantwortung sowie die im Vorsatz angestrebte Abgrenzung der Pflichten zwischen Erzeugern und Besitzern von Abfällen sowie der Entsorgungsträger . Werden aber Herstellern oder Vertreibern von Produkten keine Transportpflichten etwa durch eine Rücknahmepflicht an der Anfallstelle auferlegt, haben sie dafür im Zweifel auch nicht die Kosten zu übernehmen. Aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz lassen sich daher keine Anhaltspunkte herleiten, die Hersteller und Vertreiber von Transportverpackungen zum Rücktransport ausgelieferter Verpackungen oder zur Tragung der dafür anfallenden Kosten verpflichten.

IV. Ersatzsystem - die RoUe des Dualen Systems

Gern. §§ 6 Abs. 3 S. 1,9 Abs. 1 VerpackV entfallen die genannten Pflichten für solche Hersteller und Vertreiber von Verkaufspackungen, die sich an einem System beteiligen, das flächendeckend eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim oder in der Nähe des Endverbrauchers in ausreichender Weise gewährleistet und die im Anhang zu dieser Verordnung genannten Anforderungen erfüllt. Diese Vorschriften bedeuten im wesentlichen folgendes: Mit der Anerkennung durch behördliche Erklärung gern. § 6 Abs. 3 S. 6 VerpackV ist ein solches Ersatzsystem in der Pflicht, die Entsorgung von Verpackungen zu gewährleisten. Dieser Pflichtenwechsel geht einher mit inhaltlichen Änderungen: An die Stelle von Rücknahme-, Wiederverwendungs- bzw. Verwertungs- 85 sowie Pfandpflichten86 treten Abholungs- und Verwertungspflichten87 , deren zu erreichende Ziele im Anhang zu § 6 Abs. 3 VerpackV detailliert festgelegt sind. Da es sich aber lediglich um Zielvorgaben handelt, bleibt die Art und Weise der Erreichung und damit die private Verantwortung erhalten; sie wird nur von

Siehe oben Teil I § l.A. § 6 Abs. 1 S. I, Abs. 1 a S. I, Abs. 2 VerpackV . •• § 9 Abs. 1 VerpackV. 87 Für Pfandpflichten allerdings nur, solange nicht die Mehrwegquote unter das in § 9 Abs. 2 VerpackV festgelegte Niveau absinkt. 84

8S

§ 4 Verhaltens pflichten nach der Verpackungsverordnung

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Herstellern und Vertreibern von Verpackungen auf das Duale System verlagert. Dieser Pflichtenwechsel ist abhängig von der behördlichen Feststellung gern. § 6 Abs. 3 S. 6 VerpackV88 und gern. § 6 Abs. 4 VerpackV widerruflich. In diesem Falle leben gern. § 6 Abs. 4 S. 4 VerpackV die Pflichten der Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen wieder auf. Das erweist die Bedeutung dieser staatlichen Feststellung als Sanktionierung des Austausches der Verantwortung für die Entsorgung von Verpackungen zwischen Privaten89 • Von daher bleibt die Entsorgungsverantwortung im privaten Bereich und damit der Gestaltung der Verursacher überlassen. Dagegen wird angeführt, die Regelung des § 6 Abs. 3 VerpackV sei spezifisch auf das Duale System zugeschnitten gewesen. Der Staat habe mithin ein System lanciert, dem sich Hersteller und Vertreiber von Verpackungen faktisch hätten anschließen müssen und das die bestehenden Entsorgungsunternehmen gänzlich verdrängt oder zumindest ihrer Selbständigkeit beraubt habe; es handele sich um ein "sukzessives staatliches Monopol "90. § 6 Abs. 3 VerpackV erwähnt indes das Duale System nicht. Diese Vorschrift ist auch von ihrem Gehalt her nicht auf ein spezifisches Unternehmen zugeschnitten. Ein flächendeckendes System im Sinne dieser Vorschrift könnte vielmehr auch durch mehrere Unternehmen zusammen errichtet werden; an die Stelle des Dualen System könnte ein anderes Unternehmen treten, das sich im Wege des freien wirtschaftlichen Wettbewerbs durchsetzt91 • Daß dies mit zunehmender Etablierung des Dualen Systems schwieriger wirdlJ2 , ist Folge der wirtschaftlichen Entwicklung. Somit stellt das Duale System eine Initiative der Wirtschaft dar, die aus einer gesetzlichen AlternativensteIlung erwuchs. Sein Tätigkeitsbereich wurde zwar staatlich sanktioniert, aber nur im Hinblick auf den Austausch der Verantwortung im bezug auf die Hersteller und Vertreiber von Verpackungen, nicht als Ausschluß gegen Konkurrenz. Eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfreiheit kleinerer Entsorgungsunternehmer erfolgte nicht durch die Existenz des Dualen Systems selbst, sondern höchstens durch die Vorgabe eines flächendeckenden Entsorgungssystems93 , die durch die Entscheidung der Wirtschaftsunternehmen, Verkaufsverpackungen nicht selbst zurücknehmen und einer Verwertung zuzuführen, ins Werk gesetzt wurde: Ihr vermochten kleinere Unternehmen aufgrund ihrer begrenzten Kapazitäten, aber auch ihrer Unfähigkeit, diese zu bündeln, nicht zu entsprechen, so daß die

SA 89 90 91

92 93

Dazu näher Weidemann, DYB\. 1992, 1568 ff. Näher Frenz, GewArch. 1994, 145 (146 f., 151 f.); auch HessYGH, DÖY 1995, 387 (388). So ScholzlAulehner, BB 1993, 2250 (2254 f.). Zu solchen Initiativen Frenz, GewArch. 1994, 145 (150). Tettinger, DYB\. 1995, 213 (218 f.). Siehe Tettinger, DYB\. 1995, 213 (218).

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Zweiter Teil: OrdnungsrechtIiche Lösungen

betroffenen Wirtschaftsunternehmen für ein von vornherein bundesweit einheitlich auftretendes System optierten. Diese Entscheidung ist aber nicht Ausdruck staatlicher Lenkung, sondern privater Gestaltung aufgrund der am Markt vorhandenen, dem freien Spiel der wirtschaftlichen Kräfte entspringenden Möglichkeiten. Das Duale System ist mithin kein staatlich veranlaßtes Gebilde, sondern entstammt privater Initiative. Die Möglichkeit der Substitution der Pflichten der Hersteller und Vertreiber von Verpackungen ist somit Bestandteil eines Systems, das die private Gestaltungsfreiheit weitestgehend wahrt. Die Marktkonformität der in der Verpackungsverordnung gewählten ordnungsrechtlichen Umsetzung des Verursacherprinzips bleibt daher weitestgehend gewahrt94 •

V. Vereinbarkeit mit den Grundrechten

1. Grundrechte der Hersteller und Vertreiber von Verpackungen sowie des deren Pflichten substituierenden Ersatzuntemehmens Das Duale System nimmt die Pflichten wahr, die gern. § 6 Abs. 1, 1 a, 2 VerpackV den Herstellern und Vertreibern von Verpackungen obliegen. Ihnen steht die Beteiligung an ihm gern. § 6 Abs. 3 S. 1 VerpackVals Möglichkeit zur Verfügung, ohne verpflichtend zu sein. Ein Anreiz ist sicherlich die Freistellung von eigenen Pflichten. Da aber auch die Tätigkeit des Dualen Systems und damit die Beteiligung an ihm nicht kostenfrei ist, handelt es sich um eine kalkulatorische Wirtschaftsentscheidung, die normativ in ihrer Alternativität erfaßt wird. Es geht daher nicht "um eine faktische Zwangsmitgliedschaft in der DSD"9S, sondern es gilt, die von den beiden Möglichkeiten ausgehenden Freiheitseinwirkungen zu erfassen. Bezugspunkt der Beteiligungsmöglichkeit am Dualen System bleiben indes aus Sicht der Unternehmer die Rücknahme-, Verwertungs- und Pfanderhebungspflichten. Auf deren Entfallen ist auch die Tätigkeit des Dualen Systems insofern bezogen, als diese bei einem Widerruf seiner Anerkennung als Ersatzsystem gern. § 6 Abs. 4 S. 4 VerpackV wieder aufleben. Demgemäß stellen zudem die an das Duale System zu zahlenden Lizenzgebühren für die Benutzung des Grünen Punktes aus Sicht der sich beteiligenden Unternehmen den Preis für die Befreiung von den eigenen Rücknahme-, Verwertungs- und Pfanderhebungs-

.. Vgl. oben § 1 0.11, IV. os So Di Fabio, NVwZ 1995, 1 (5).

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pflichten dar. Sie sind daher ebenfalls auf diese bezogen. Die von diesen Gebühren ausgehende Belastungswirkung hat also ihre Ursache in den nach der Verpackungsverordnung den Herstellern und Vertreibern auferlegten Pflichten, nicht aber in einer Zwangsmitgliedschaft im Dualen System96 • Die Beteiligung an ihm ist frei und die Folge der Belastung mit Rücknahme-, Verwertungs- und Pfanderhebungspflichten. Daß aus dieser Beteiligung Kosten erwachsen, ist als Austausch von Leistungen ein gewöhnlicher marktwirtschaftlicher Vorgang ohne grundrechtliche Implikation. Liegt somit in der Beteiligung am Dualen System kein grundrechtsrelevanter Eingriff, sind Ansatzpunkt für die Beurteilung der Vereinbarkeit mit den Grundrechten der Hersteller und Vertreiber auch von Verkaufsverpackungen die ihnen auferlegten Rücknahme-, Pfanderhebungs- und Verwertungspflichten unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Substitution durch ein flächendeckendes Ersatzsystem. Diese mildert somit eine Grundrechtsbeeinträchtigung ab, schafft indes keine eigenständige und zusätzliche. Die Rücknahme-, Pfanderhebungsund Verwertungspflichten beeinträchtigen als Verhaltensgebote, die einen erheblichen organisatorischen Aufwand und die Vorhaltung von Lagerflächen erfordern, die Berufsausübungsfreiheit97 • Bei kleinen Betrieben können sie existenzgefährdende Wirkungen entfalten, die eine weitere Ausübung des Berufs unmöglich machen - Beeinträchtigung der Berufswahlfreiheit - und aufgebaute Unternehmenspositionen entwerten - Beeinträchtigung der Eigentumsfreiheit98 • Für Verkaufsverpackungen werden diese Belastungen bei einer Beteiligung an einem Ersatzsystem durch bloße Geldzahlungspflichten aufgefangen, die vom Aufbau einer eigenen Logistik entbinden und regelmäßig an den Verbraucher weitergegeben werden. Dadurch werden existenzgefährdende Wirkungen vermieden, und es handelt sich im allgemeinen lediglich um Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit . Diese Beeinträchtigungen sind durch die Belange einer menschenwürdigen Umwelt und des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt: Angesichts der auftretenden Engpässe im Rahmen öffentlich-rechtlicher Entsorgungssysteme ist die Einschätzung des Verordnungsgebers vertretbar, daß sich die von Abfällen ausgehenden Gefahren nur durch eine Entsorgung von Verpackungen durch private Verwertung werden vermeiden lassen99 • Angesichts der hohen Bedeutung der genannten Schutzgüter , die sich in der verfassungsrechtlichen Absicherung in Art. 20 a, 2 Abs. 2 GG widerspiegelt, sind die Beeinträchtigungen der Herstel-

.. So aber Vi Fabio, NVwZ 1995, 1 (5). 07 BVerwGE 90, 359 (362); Beckmann, DVBI. 1995, 313 (316 f.). O. Näher und mit Nachw. oben § 3 A.II . .. Die Bundesregierung erhofft sich eine Halbierung der anfallenden reinen Hausmüllmenge von rund 14 Mio. Tonnen pro Jahr (amtI. Begründung der Bundesregierung, BR-Drucks. 817/90, S. 32). 5 Frenz

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

ler und Vertreiber von Verpackungen auch angemessen. Daß diese beiden Gruppen belastet werden, hat seinen Grund darin, daß diese durch die Produktion und das Inverkehrbringen die Gefährdungen durch Verpackungen verursachen und damit am sachnächsten sind: Bei ihnen kann die Rücknahme und die Sorge für die Verwertung mit der Abgabe der Produkte gekoppelt werden, so daß ihre Inanspruchnahme die wirksamste ist. Wegen des gefährdenden Vorverhaltens ist sie zugleich das am wenigsten eingreifende und damit insgesamt das mildeste Mittel. An die Stelle der Rücknahme-, Pfanderhebungs- und Verwertungspflichten der Hersteller und Vertreiber von Verpackungen treten gem. § 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV die Sammel-, Sortier- und Verwertungspflichten des Dualen Systems. Diese Pflichten sind einmal wirtschaftliche Basis, zugleich aber insbesondere im Hinblick auf die im Anhang zu § 6 Abs. 3 VerpackV festgelegten Sortier- und Verwertungsquoten eine Beeinträchtigung der Berufsausübung des als privatwirtschaftliches Unternehmen tätigen und damit ohne weiteres grundrechtsberechtigten Dualen SystemsI(X). Von daher ist das Duale System Betroffener und nicht Ausgangspunkt von Grundrechtsbeeinträchtigungen. Gerechtfertigt sind diese aus den für die Rücknahme-, Pfanderhebungs- und Verwertungspflichten der Hersteller und Vertreiber genannten Gründen.

Das Duale System gibt die ihm durch Reglementierungen seiner Berufsausübung entstehenden Belastungen weiter durch die Gebühren für den "Grünen Punkt". Diese beeinträchtigen die Beteiligungsunternehmen. Der grundrechtsrelevante Anknüpfungspunkt auch für Auswirkungen auf die Hersteller und Vertreiber von Verpackungen ist daher, daß diese Gebühren eine Reaktion des Dualen Systems auf die ihm nach der Verpackungsverordnung obliegenden Pflichten sind. Infolge der Weitergabe der daraus entstehenden Kosten wirken sich diese Pflichten mittelbar auf die Hersteller und Vertreiber von Verpakkungen aus, die sich am Dualen System beteiligen. Insoweit hat damit die von Di Fabio am Beispiel der Verpackungsverordnung problematisierte "Verfassungskontrolle indirekter Umweltpolitik"\01 stattzufinden. Diese indirekte Beeinträchtigung ist allerdings, wie bereits festgestellt, bezogen auf die eigenen Rücknahme-, Pfanderhebungs- und Verwertungspflichten und auf diese rückführbar: Die Unternehmen beteiligen sich am Dualen System und zahlen an dieses Gebühren, um sich von ihren eigenen Pflichten gem. § 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV freizustellen. Von daher handelt es sich um eine durch die Beteili-

100 Es wurde im September 1990 als "Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland Gesellschaft für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung mbh" gegründet. Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des Privatrechts aufgrund von Art. 19 Abs. 3 GG ist allgemein anerkannt, nur die Begründung ist streitig; näher Badura, DÖV 1990, 353 ff., bes. 359 ff. 101 Di Fabio, NVwZ 1995, 1.

§ 4 Verhaltenspflichten nach der Verpackungsverordnung

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gung am Dualen System abgeschwächte Ausprägung einer unmittelbaren Grundrechtsbeeinträchtigung, deren Rechtfertigung bereits dargelegt wurde. Sieht man dennoch infolge des Dazwischentretens des Dualen Systems in dem Vorgang der Gebührenerhebung als Weitergabe der Kosten für die Einsammlung und Entsorgung eine mittelbare, durch die Beeinträchtigung des Dualen Systems vermittelte Grundrechtsbeeinträchtigung, handelt es sich um ein Minus gegenüber den unmittelbar die Hersteller und Vertreiber treffenden Verpflichtungen, das daher aus denselben Gründen wie diese gerechtfertigt ist.

2. Grundrechte anderer Entsorgungsuntemehmer Anerkennt man nach dem vorstehend Ausgeführten, daß das Duale System kein staatliches Geschöpf ist, sondern der Reaktion der Wirtschaft auf die in der Verpackungsverordnung festgelegte Alternative entstammt, die zudem auch anderen Entsorgungsunternehmen den Marktzugang eröffnete 102 , ist Grund für eine Verdrängung kleinerer Entsorgungsunternehmen die durch die Kräfte des Marktes beherrschte Umsetzung einer staatlichen Regelung und damit der freie Wettbewerb. Vor diesem aber besteht als Grundlage der wirtschaftlichen Freiheit Privater weder aus Art. 12 Abs. 1 GG 103 noch aus Art. 14 Abs. 1 GG grundrechtlicher Schutz 104 • Entsorgungsunternehmen werden allerdings nicht mehr wie vor der Geltung der Verpackungsverordnung auf der Grundlage des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsregimes gem. § 3 Abs. 2 S. 2 AbfG Verpackungen zugeführt. Indes sieht auch die Verpackungsverordnung in § 11 die Möglichkeit vor, sich zur Erfüllung der in dieser Verordnung festgelegten Pflichten Dritter zu bedienen. Zwar erwähnt diese Vorschrift lediglich die Hersteller und Vertreiber von Verpackungen. Als an deren Stelle tretendes Ersatzsystem berechtigt diese Norm aber auch das Duale System; dieses darf nur nicht die Abstimmungspflicht mit den Kommunen gem. § 6 Abs. 3 S. 2 VerpackV verletzen. Insoweit bietet sich den bisher mit den öffentlich-rechtlichen Entsorgungskörperschaften zusammenarbeitenden Entsorgungsunternehmen ein Betätigungsfeld, das sie sich im freien und nicht grundrechtsgesteuerten, sondern lediglich durch die wettbewerbs-

§ 4 B.IV., V.1. BVerfGE 24,236 (251); BVerwGE 39, 329 (336 f.); BVerwG, NJW 1978, 1539 (1540). 104 BVerfGE 11, 192 (202 f.); 34,252 (257); 55, 261 (273); 68, 193 (223); 77,84 (118); 81, 208 (228); aus der Lit. Badura, in: Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, S. 1 (20 f.). 102 103

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

rechtlichen Vorschriften geschütztenlOS Wettbewerb erkämpfen müssen. Soweit sich durch die Änderung des Normzustandes ihre Ausgangslage verschlechtert hat, gehört dies zum wirtschaftlichen Risiko in dem stark normbestimmten Abfallbereich, so daß davor die Grundrechte ebenfalls nicht schützen 106.

3. Grundrechte der Endbesitzer von Verpackungen Die Verpackungsverordnung wendet sich nicht an die Endbesitzer von Verpackungen. Legt sie ihnen damit keine Pflichten auf, sind sie danach frei, ob sie ihre Verpackungen den rücknahmeverpflichteten Unternehmen bzw. einem flächendeckenden Ersatzsystem überantworten wollen. Die Entsorgungspflicht ist unter dem Regime des Abfallgesetzes von 1986 vielmehr in § 3 Abs. 2 AbfG abschließend geregelt. Danach kann der Verbraucher Verpackungen zumindest auf der Basis des subjektiven Abfallbegriffs den öffentlichrechtlichen Entsorgungskörperschaften überantworten 107 • Wegen dieser abschließenden Regelung ist es im Hinblick auf Art. 72 Abs. 1, 74 Nr. 24 GG ausgeschlossen, daß wie geschehen Kommunen auf landesgesetzlicher Grundlage durch Satzungen den Verbraucher zu einer Überlassung seiner Verkaufsverpackungen an das Duale System zwingen. Das gilt auch dann, wenn sie lediglich die Abfuhr von Verpackungen durch öffentlich-rechtliche Entsorgungssystem verweigern lO8 . Diese Möglichkeit des Verbrauchers kann erst auf der Basis von § 24 Abs. 2 Nr. 2 Krw-/AbfG durch Bundesverordnung verschlossen werden. Dann wird dem Endbesitzer von Verpackungen allerdings die Möglichkeit genommen, diese öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystemen zu überantworten. Diese Systeme stellen aber nicht den einzigen und einzig vertretbaren Weg der Bannung von Gefahren durch Abfall dar. Auch Gesundheitsgefahren können durch entsprechende Anforderungen an private Entsorgungssysteme vermieden werden, so daß nicht ein subjektiv-öffentliches Recht auf Nutzung öffentlich-rechtlicher Entsorgungssysteme etwa aufgrund einer staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 GG erwächst lO9 . Ansatzpunkt für eine Grundrechtsbeeinträchtigung ist daher nicht der Entzug des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems, sondern die lOS Zu den insoweit auftretenden Problemen Schultz und Cosson, in: Rengelmg, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 141 ff., bes. S. 148 ff., bzw. S. 157 ff.; 1home-Kozmiensky, Die Verpackungsverordnung, S. 98 ff.; zur geplanten Novelle der Verpackungsverordnung F.A.Z. vom 17.8.1995, S. 13; F.A.Z. vom 24.8.1995, S. 13. 106 Allgemein BVerfGE 45, 142 (172 f.); BGHZ 45,83 (87 f.); Leisner, in: HStR VI, § 149 Rn. 110 a.E.; näher zur Verpackungsverordnung Frenz, GewArch. 1994, 150 f. 101 Lottermoser, Die Fortentwicklung des Abfallbeseitigungsrechts zu einem Recht der Abfallwiruchaft, S. 201 f. 108 Amdt/Köhler, NIW 1993, 1945 (1947 ff.). 109 Allgemein BVerfGE 77, 177 (214 f.).

§ 4 Verhaltenspflichten nach der Verpackungsverordnung

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Pflicht, Verpackungen privaten Entsorgern zur Verfügung zu stellen, statt sie etwa selbst zu vermarkten. Diese Beeinträchtigung von Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG reicht aber nicht über die gern. § 3 Abs. 1 AbfG bestehende Überlassungspflicht an öffentlich-rechtliche Entsorgungskörperschaften hinaus und ist durch den Zweck der umwelt- und gesundheitsverträglichen Abfallentsorgung gedeckt llo • Die Inanspruchnahme des Endbesitzers wird durch seine Verfügungsgewalt gerechtfertigt. Wird die Benutzung eines ganz bestimmten privaten Entsorgungssystems vorgegeben, scheidet allerdings die Möglichkeit der Überlassung an karitative und andere gewerbliche Sammlungen aus, wie sie § 13 Abs. 3 Nr. 2, 3 Krw-/ AbfG als Ausnahme von der Überlassungspflicht an öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vorsehen. Das folgt daraus, daß für ein rentables privates Entsorgungssystem die Erfassung einer großen Produktmenge erforderlich ist. Die Überlassungspflicht Privater stellt damit die Wirtschaftlichkeit eines solchen Systems und damit auch dessen dauerhafte umweltverträgliche Arbeit sicher. Zugleich liegt mit einer Überlassung an ein Privatunternehmen insofern eine privatnützige Verwendung vor, als der Eigentümer von der Pflicht zur eigenen Entsorgung freigestellt wird. Damit handelt es sich um eine Sozialbindung, die im Interesse des Gemeinwohls liegt und daher gern. Art. 14 Abs. 2 GG als rechtmäßig angesehen werden kann. Eine Grundrechtsbeeinträchtigung für Verbraucher könnte zudem darin gesehen werden, daß die den Herstellern und Vertreibern abverlangten Kosten für die Beteiligung an einem flächendeckenden Ersatzsystem auf den Verbraucher weitergegeben werden. Darin liegt eine unmittelbare Beeinträchtigung, wenn der Staat eine solche Belastung beabsichtigt hat, um das Konsumentenverhalten zu steuern lll • Die Verpackungsverordnung wendet sich jedoch ausschließlich an die Hersteller und Vertreiber von Verpackungen. Jedenfalls direkt sollte also ausschließlich deren Verhalten geändert werden - etwa durch die Einsparung von Umverpackungen. Die Gewohnheiten der Verbraucher werden gleichwohl mittelbar beeinflußt, wenn diese Produkte mit Umverpackungen vermeiden, um sich das Auspacken und Zurücklassen im Laden als Korrelat zu der Vertreiberpflicht gern. § 4 Abs. 1 S. 1 VerpackV zu ersparen, oder wenn die Hersteller ihre Produktpalette hin zu verpackungsärmeren Erzeugnissen ändern. Darin liegt allerdings nur eine unwesentliche Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit, die sich, sofern man sie, zumal als mittelbare Einwirkung 1l2 , über-

Siehe oben § 3 A.II. So KloepferlWimmer, UPR 1993, 409 (412); Di Fabio, NVwZ 1995, 1 (7). 1\2 Siehe BVerwGE 70, 183 (191, 193 f.); P. Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 49 f. 1\0 11\

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

haupt als grundrechtsrelevant ansieht ll3 , aus Gründen des Gemeinwohls rechtfertigt. Die dem Endverbraucher weitergegebenen Kosten sind, wie dargelegt, nicht staatlich veranlaßt l1 \ sondern die Folge einer freien wirtschaftlichen Vereinbarung. Sie können höchstens insofern als mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigung angesehen werden, als sie vom Dualen System zum Ausgleich seiner Kosten für die ihm staatlich auferlegten Pflichten zunächst auf die an ihm beteiligten Unternehmer und von diesen dann auf den Endverbraucher weitergegeben werden. Indes ist der Unternehmer zu einer solchen Weitergabe nicht verpflichtet, ebensowenig wie das Duale System. Treten damit zwei wirtschaftlichen Gegebenheiten zugehörende und nicht staatlich gesteuerte Vorgänge zwischen die ursprünglich staatlich veranlaßte Beeinträchtigung, wird man die eine grundrechtliche Implikation hervorrufende Kausalkette als nicht ausreichend vorhanden ansehen müssen, will man nicht trotz einer notwendigen Begrenzung 115 ins Uferlose mittelbare Grundrechtseingriffe zu prüfen haben. Bejaht man aber deren Vorliegen auch im Hinblick auf den Verbraucher, ist die Belastung aus denselben Gründen wie die dem Dualen System obliegenden Pflichten gerechtfertigt. Personaler Anknüpfungspunkt ist der Verbrauch des Produkts durch den Endbesitzer .

§ 5 Verhaltens- und Venneidungspflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz A. Grundsätzliche private Entsorgungsverantwortung I. Die Parallelität der prinzipiellen privaten Entsorgungsverantwortung und der Erweiterung des Abfallbegriffs § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG und die Verpackungsverordnung setzten für bestimmte Bereiche die private Verantwortung an die Stelle staatlicher Regie und durchbrachen damit teilweise bundesweit den Grundsatz der öffentlichrechtlichen Entsorgung in § 3 Abs. 2 AbfG. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz dehnt die private Verantwortung auf sämtliche von ihm erfaßten Produkte aus,

113 Allgemein für das Erfassen auch geringfügiger - allerdings unmittelbar - Beeinträchtigungen BVerfGE 80, 137 (152 ff.); Pieroth, AöR 115 (1990), 33 ff.; a.A. SOlIdervotum Grimm, BVerfGE 80, 137 (164 ff.). 114 A.A. Scholz/Aulehner, BB 1993,2250 (2263 f.); insoweit wie hier Di Fabio, NVwZ 1995,

1 (6 f.). 11'

Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 34.

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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indem es Erzeuger oder Besitzer in § 5 Abs. 2 Krw-/AbfG verpflichtet, Abfälle zu verwerten; erfolgt eine Verwertung nicht, sind diese Personen gern. § 11 Krw-/AbfG verpflichtet, die Abfälle gemeinwohlverträglich zu beseitigen. Der bisherige Ausnahmefall wird damit zum Regelfall 116 • Zugleich werden damit die bisher außerhalb des Abfallgesetzes geregelten Entsorgungspflichten Privater in das für den gesamten und erweiterten l17 Abfallbereich geltende Gesetz integriert. Die Ausklammerung von "Wirtschaftsgütern" aus dem Anwendungsbereich des Abfallrechts, für deren Überwindung es bereits unter dem Abfallgesetz 1986 den Ansatzpunkt des § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 gibt 118 , ist damit endgültig aufgegeben 119 • Der latente Gegensatz zwischen "Wirtschaftsgut" und Abfall ist - entgegen ursprünglicher Planungen, nach denen zwischen verwertbaren Rückständen und nicht verwertbaren Rückständen (= Abfall) innerhalb des Anwendungsbereichs des Abfallrechts unterschieden werden sollte 120 - im Sinne eines einheitlichen, gleichwohl grundlegend anders ausgestalteten Abfallbegriffs gelöst. Dementsprechend wird gern. Art. 2 des Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen mit Wirkung vom 7.10.1996 an der Begriff "Reststoffe" in § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG durch den Begriff "Abfälle" ersetzt und durch einen neuen § 22 Abs. 1 S. 2 BImSchG die Möglichkeit geschaffen, das anlagenbezogene Abfallregime des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG im Verordnungswege auf nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu erstrecken. Parallel dazu unterliegen die Betreiber von genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz gern. § 9 S. 2 Krw-/AbfG hinsichtlich der stoffbezogenen Anforderungen an die Art und Weise der Verwertung und Beseitigung von Abfällen den Anforderungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. § 9 S. 3 Krw-/AbfG sieht eigens den Erlaß von Rechtsverordnungen auf der Basis von § 6 Abs. 1 und § 7 Krw-/AbfG vor, um stoffbezogene Anforderungen an die anlageninterne Verwertung festzulegen. Insoweit gilt das im folgenden darzulegende Entsorgungsregime des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes . Es wird hinsichtlich der Verwertung über den der Ausdrucksweise des

Näher oben § 2. Siehe oben § 2 0.111. 118 Siehe oben § 3 B.IV. 119 So deutlich die Begriindung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abflillen vom 15.9.1993, BT-Drucks. 12/5672, S. 39. 120 So noch in der Begriindung zum Regierungsentwurf eines eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen vom 15.9.1993, BT-Drucks. 12/5672. Dazu Kersting, DVBI. 1994,273 (275 ff.). 116 117

Zweiter Teil: Ordnungs rechtliche Lösungen

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§ 5 Abs. 3 S. 1 Krw-/AbfG entsprechenden Begriff "ordnungsgemäß und schadlos verwertet"121 und hinsichtlich der Beseitigung durch den der Regelung des § 11 Abs. 1 Krw-/AbfG "nach den Grundsätzen der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung " sinngleichen Ausdruck" ohne Beeinträchtigung des Wohls des Allgemeinheit" in § 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG implantiert. Die dort vorgesehene Verwertung kann somit auch nicht mehr als Vermeidung qualifiziert werden 122 • Nur die Errichtung und der Betrieb der Anlagen richtet sich gern. § 9 S. 1 Krw-/AbfG ausschließlich nach den Vorschriften des BundesImmissionsschutzgesetzes. Diese bleiben in dieser Darstellung außer Betracht. Durch die Hereinnahme der beim Betrieb von Anlagen entstehenden Stoffen in den Anwendungsbereich des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes werden Produkte einbezogen, die für die Wirtschaft noch verwendungsfähig sind. Hinzu kommt die Reintegration der bislang durch Verordnung vom Regelabfallregime des Abfallgesetzes von 1986 ausgeklammerten 123 Verpackungen. Jedenfalls dann, wenn diese Güter einen wirtschaftlichen Wert besitzen, stellte eine Überlassungspflicht an öffentlich-rechtliche Körperschaften eine Enteignung dar, die im Abfallgesetz von 1986 durch die Möglichkeit einer Überlassung an gewerbliche Sammlungen und damit einen Ausnahmetatbestand vermieden wurde. Will man aber ein einheitliches und grundrechtsverträgliches Gesamtsystem schaffen, bleibt nur zumindest die Möglichkeit einer privaten Entsorgung. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ging weiter und machte diese zum Regelfall. Diese Änderung kristallisiert sich damit als Rückgrat für die Erweiterung des Abfallbegriffs und des Abfallregimes auch aufWirtschaftsgüter heraus. Der erweiterte Abfallbegriff und die daraus folgende Ausdehnung der abfallrechtlichen Regulierung haben von daher als notwendiges Korrelat eine Auflockerung des Entsorgungsregimes in Gestalt einer zumindest teilweisen "Entstaatlichung" 124, mithin einer stärkeren privaten Verantwortung und einer Zurücknahme staatlicher Ingerenz: Die Entsorgung erfolgt grundsätzlich durch Private. Lediglich dann, wenn Private diese Entsorgung nicht wahrzunehmen in der Lage sind, zum Teil auch dann, wenn sie diese nicht beabsichtigen, obliegt gern. § 15 Abs. 1 Krw-I AbfG öffentlich-rechtlichen Körperschaften die Entsorgung l25 .

PetersenlRid, NJW 1995, 7 (12). PetersenlRid, NJW 1995, 7 (12); a.A. Rebentisch, NVwZ 1995,639 (643 f.); zur vorherigen Rechtslage Hansmann, NVwZ 1990,409 (411), aber auch Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 67. 123 Siehe oben § 3 B.IV., V. 124 Ansatzweise auch Bartlsperger, VerwArch. 86 (1995), 32 (61). m Siehe bereits oben § 2 0.11. 121

122

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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11. Herausnahme privater Haushaltungen

1. Grundsätzliche Überlassungspjlicht als Ansatz

Soweit private Haushalte zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen, sind sie gem. § 13 Abs. 1 S. 1 Krw-/ AbfG verpflichtet, diese Abfälle den dann gem. § 15 Abs. 1 Krw-/AbfG zur Entsorgung verpflichteten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgem zu überlassen. Insoweit setzt sich die Regelung des § 3 Abs. 1 AbfG von 1986 fort l26 • 2. Weitestgehende Erhaltung privater Verantwortung: Subsidiarität der Überlassungspjlicht au/grund der bestehenden Einschränkungen

Diese Überlassungspflicht wird aber einmal insoweit eingeschränkt, als sie nicht mehr den Regelfall darstellt. Es sind die Abfalle ausgenommen, die private Haushaltungen selbst verwerten können und wollen. Die Fähigkeit zur Verwertung richtet sich nach den Anforderungen des § 5 Abs. 3 Krw-/AbfG; es darf also vor allem keine Beeinträchtigung des Wohls des Allgemeinheit zu erwarten sein. Zu einer solchen ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung werden private Haushalte meist nicht über die notwendigen Kapazitäten verfügen. Indes ergeben sich im Bereich der Kompostabfälle, die bislang einem uneingeschränkten Anschluß- und Benutzungszwang mit Befreiungsvorbehalt in den Abfallentsorgungssatzungen unterworfen werden konnten 127, zahlreiche Verwertungsmöglichkeiten, wenngleich Auseinandersetzungen über die so verwertbaren Stoffe vorprogrammiert sind 128 • Das gilt auch für die Frage, ob - etwa bei Altautos - (noch) marktgängige und durch private Haushalte auch verkäufliche Produkte vorliegen, die nach dem bisherigen Abfallgesetz auch nach jüngster Rechtsprechung gar nicht unter den objektiven Abfallbegriff fallen würden l29 • Liegen von privaten Haushalte selbst verwertbare Produkte vor, hängt eine Pflicht zur Entsorgung durch Private indes immer noch von ihrem Willen dazu ab. Aus § 13 Abs. 1 Krw-/AbfG folgt somit in der Zusammenschau mit § 15 Abs. 1 Krw-/AbfG, wonach eine Entsorgungspflicht öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für angefallene und überlassene Abfälle aus privaten Haushalten besteht, eine Beschränkung der Entsorgungsverantwortung der öffentlichen Hand Dazu oben § 3 A.1. Im einzelnen Schink, in: Schachmer/Uszynski, Bio-Abfall-Management, 1994, S. 58 ff. 128 Näher Landsberg/Schink, StGR 1994, 67 (73); Schink, GemH 1994, 241 (243 f.). 120 Siehe BVerwG, NVwZ 1993,988; 990; näher oben § 2 B.I.

126 127

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

auf die Fälle, in denen Private nicht selbst entsorgen können oder wollen. Auch diese Regelung ist mithin Ausdruck der Reservefunktion der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung 130 • Ist somit schon die Überlassungspflicht des § 13 Abs. 1 S. 1 Krw-/ AbfG als solche nachrangig, folgt diese Subsidiarität insbesondere aus den Ausnahmeregelungen des § 13 Krw-/AbfG. Gem. § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HS. 1 Krw-/ AbfG besteht eine Überlassungspflicht und damit eine Entsorgungsverantwortung öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nicht, wenn Rücknahmeund Rückgabepflichten gegenüber Privaten durch Rechtsverordnung aufgrund von § 24 Krw-/AbfG statuiert wurden, wenn mithin eine private Verantwortung der Hersteller und Vertreiber von bestimmten Produkten besteht: Dann treten diese an Stelle der privaten Haushalte in die Pflicht zur Entsorgung. Daß diese private Verantwortung tatsächlich wahrgenommen wird, kann gem. § 15 Abs. 3 Krw-/AbfG durch einen Ausschluß der Entsorgung durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger sichergestellt werden; diese Vorschrift schließt das "Schlupfloch", das auf der Basis des Abfallgesetzes für die Verpackungsverordnung nicht geschlossen werden konnte l31 • In dieses System fügt sich auch § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HS. 2 Krw-/AbfG: Sind öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger aufgrund einer Bestimmung nach § 24 Abs. 2 Nr. 4 Krw-/AbfG tätig, stellen sie sicher, daß Abfälle den verpflichteten Privaten zugeführt werden und damit diese ihrer Entsorgungspflicht nachkommen. Dieses Regelungsgeflecht ist damit Ausdruck der grundsätzlich vorrangigen Entsorgungsverantwortung Privater. § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, 3 Krw-/AbfG entbinden von der Überlassungspflicht bei einer gemeinnützigen bzw. gewerblichen Sammlung, die eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung gewährleistet, und übernehmen damit die bereits in § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG enthaltene Ausnahme im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG 132 • § 13 Abs. 3 S. 2 Krw-/AbfG stellt als zusätzliche Voraussetzung auf, daß es sich nicht um besonders überwachungsbedürftige Abfälle 133 handelt. Zudem dürfen gem. § 13 Abs. 3 S. 3 Krw-/AbfG keine Überschneidungen mit Überlassungspflichten Privaten gegenüber auftreten. Das wäre dann der Fall, wenn nach einer aufgrund § 24 Abs. 2 Nr. 4 Krw-/AbfG erlassenen Rechtsverordnung öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger an der Erfassung von Abfällen mitwirken, die Private verwerten müssen, und insoweit eine Überlassungspflicht angeordnet wurde.

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§ 2 D.

Zu deren Einordnung in den Gesarntaufbau des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes oben

Siehe oben § 4 B. Siehe oben § 3 A.II., B.V. 133 Gern. § 3 Abs. 8 S. 1 Krw-/AbfG sind das die Abfälle, die durch eine Rechtsverordnung nach § 41 Abs. 1 oder § 41 Abs. 3 Nr. 1 als solche bestimmt worden sind. 131

132

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Für besonders überwachungsbedürftige Abfeille sieht § 13 Abs. 4 Krw-/AbfG allerdings in Durchbrechung vorrangiger privater Entsorgungspflichten die Möglichkeit von Andienungs- und Überlassungspflichten vor. Diese werden gegenüber öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgem festgelegt, wie die Herausnahme privater Entsorger in § 13 Abs. 4 S. 4 Krw-/AbfG erweist. Gem. § 13 Abs. 2 Krw-/AbfG besteht eine Überlassungspflicht privater Haushaltungen gegenüber öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgem nicht, wenn Dritten oder privaten Entsorgungsträgem gem. § 16, 17 oder 18 Krw-/AbfG Entsorgungspflichten übertragen wurden. Dann entspringt freilich die Entsorgungspflicht einem Rechtsakt einer öffentlich-rechtlichen Rechtsperson. Soweit aber die durch die Übertragung Begünstigten Privatpersonen sind, die Abfeille erzeugen oder besitzen oder von diesem Personenkreis gebildet werden, nehmen unmittelbar oder mittelbar doch die Erzeuger und Besitzer von Abfeilien und damit die Verursacher die Entsorgung wahr. Ob damit infolge der Überlagerung privaten Tätigwerdens durch einen staatlichen Rechtsakt und den sich daraus ergebenden Folgen eine Verwirklichung des Verursacherprinzips vorliegt, ist allerdings fraglich 134. Jedenfalls aber eröffnet § 13 Abs. 2 Krw-/AbfG eine weitere Möglichkeit, eine Überlassungspflicht gegenüber öffentlich-rechtlichen Körperschaften auszuschließen und Personen des Privatrechts an deren Stelle zu setzen, und sei es auch im Rahmen eines ausschließlich öffentlich-rechtlich geprägten Entsorgungsregimes . 3. Rückwirkungen auf den Inhalt der Überlassungspjlicht Soll somit private Verantwortung nach dem Aufbau des § Krw-/AbfG und entsprechend dem normativen Grundansatz, Verursacher im Rahmen der Möglichkeit und Zumutbarkeit weitestgehend heranzuziehen 135 , möglichst erhalten bleiben bzw. im Rahmen einer an sich öffentlich-rechtlichen Entsorgung begründet werden, könnte der Gehalt der Überlassungspflicht gem. § 13 Abs. 1 Krw-/ AbfG gegenüber der des ausschließlich von der vollständigen Abfallerfassung beherrschten § 3 Abs. 1 AbfG inhaltlich modifiziert sein. Folgte aus dessen private Verantwortung ausschließenden Konzeption, daß eine Bringpflicht an einen Sammelort außerhalb des Grundstücks des Abfallbesitzers nicht angeordnet werden konnte l36 , legt die weitestgehende Verwirklichung privater Verantwortung auch privater Haushaltungen eine solche Möglichkeit nahe, sofern .34 Dazu näher § 5 A.IV . •" Siehe BegIiindung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Venneidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen vom 15.9.1993, BT-Drucks. 12/5672, S. 37. 136 Siehe oben § 3 A.1.

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

sie von der Beschaffenheit der betroffenen Abfälle und der räumlichen Entfernung her zumutbar ist 137 • Einzubeziehen ist allerdings der fortbestehende Zweck des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, eine umweltverträgliche Entsorgung auch dann sicherzustellen, wenn eine Verwertung oder Vermeidung nicht möglich ist l38 • Das schließt ein, wilde Ablagerungen zu verhindern. Aus einer derartigen Gefahr können sich weitergehende Grenzen für die Ausgestaltung einer privaten Bringpflicht von bestimmten Abfällen ergeben, etwa, was die räumliche Entfernung anbelangt.

III. Ausnahmen für private Unternehmen

Während private Haushaltungen vom Ansatz her von eigenen Entsorgungspflichten im allgemeinen befreit sind, obliegen diese privaten Unternehmern gern. § 5 Abs. 2 Krw-/AbfG grundSätzlich selbst. Die Grenze bilden im Hinblick auf die Verwertung gern. § 5 Abs. 4 Krw-/AbfG die technische Möglichkeit und die wirtschaftliche Zurnutbarkeit. Dann besteht nach Maßgabe von § 11 Krw-/AbfG die Pflicht zur Beseitigung. Beseitigen die Erzeuger und Besitzer solche Abfälle, die sie nicht verwerten und die damit gern. § 3 Abs. 1 S. 2 2. HS. Krw-/AbfG Abfälle zur Beseitigung sind, nicht in eigenen Anlagen, haben sie diese gern. § 11 Abs. 1 LV.m. § 13 Abs. 1 S. 1 LV.rn. S. 2 Krw-/AbfG öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu überlassen. Das gilt auch dann, wenn überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern. Diese Überlassungspflicht und die damit verbundene Ausschaltung privater Entsorgungsverantwortung unterliegt jedoch den vorstehend für die von privaten Haushalten beschriebenen Ausschlüssen und Einschränkungen. § 15 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG sieht weitergehend die Möglichkeit der Überlassung vor, sofern diese nicht gern. § 15 Abs. 3 Krw-/AbfG ausgeschlossen ist. Werden auf dieser Grundlage Abfälle öffentlich-rechtlichen Entsorgungstägern überlassen, weicht die private Verantwortung gern. § 15 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG der Pflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, diese Stoffe zu verwerten, soweit bei ihnen die Gründe des § 5 Abs. 4 Krw-/ AbfG nicht vorliegen. Gern. § 15 Abs. 2 Krw-/AbfG sind öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger indes von der Pflicht zur Entsorgung befreit, soweit Dritten oder privaten

Dazu - noch zur alten Rechtslage - Kunig, in: ders.lSchwermerlVersteyl, AbfG, § 3 Rn. 18. m Siehe Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen vorn 15.9.1993, BT-Drucks. 12/5672, S. 35. 137

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Entsorgungsträgern Pflichten nach §§ 16, 17 oder 18 übertragen worden sind. Das belegt, daß die private Verantwortung auch nur insoweit durchbrochen werden soll, als die öffentliche Hand private Unzulänglichkeiten zu überspielen kann und andere, von Privatpersonen organisierte oder beherrschte Organisationen nicht einzuspringen vermögen.

IV. Übertragungsmöglichkeiten öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger auf Private als Ausdruck des Verursacherprinzips?

Nehmen öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in § 15 Abs. 1 Krw-/AbfG festgelegte Reservefunktion wahr, können sie, abgesehen von den keine Verantwortung Privater begründenden Fällen der bloßen Organisationsprivatisierung 139 , gern. § 16 Abs. 1 S. 1 Krw-/AbfG, wie bereits in § 3 Abs. 2 S. 2 AbfG vorgesehen l40 , Dritte, also im konkreten Fall nicht zur Verwertung und Beseitigung verpflichtete Personen, mit der Erfüllung der Entsorgungspflichten betrauen. Dadurch verlieren sie aber nicht ihre Verantwortung, wie § 16 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG ausdrücklich bestimmt. Somit handelt es sich, wenn man den Grad der Verflechtung mit dem Staat nach dem erreichten Privatisierungsmaß bestimmt, um einen Fall der bloßen Erfüllungsprivatisierung. Personell ist diese im Hinblick auf den unbestimmten Begriff "Dritte" in § 16 Abs. 1 Krw-/AbfG nicht daran gekoppelt, daß gerade diejenigen in Anspruch genommen werden, die diese Tätigkeit durch die Hervorbringung von Abfall verursacht haben. Werden trotzdem etwa wegen Engpässen bei öffentlichen Entsorgungseinrichtungen diese Verursacher beauftragt, denen im konkreten Fall etwa wegen §§ 5 Abs. 4, 13 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG keine eigenen Verwertungs- bzw. Beseitigungspflichten obliegen, handeln sie nicht aufgrund einer besonderen Beziehung zur Erfüllung der Entsorgungspflicht, sondern auf der Basis eines eigens für diesen Zweck vereinbarten Auftragsverhältnisses zum Staat. Thre Beanspruchung wegen der Verursachung von Abfall erfolgt über die Müllgebühren, die weiterhin den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zustehen. Insoweit liegt also keine ordnungsrechtliche Ausprägung des Verursacherprinzips vor. Gern. § 16 Abs. 2 S. 1 Krw-/AbfG können auf Antrag die Pflichten der Entsorgungsträger mit deren Zustimmung auf Dritte und damit auf Personen des Privatrechts übertragen werden 141 • Im Gegenschluß zu § 16 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG ergibt sich, daß dann diesen die Verantwortung für die Entsorgung

139

140 141

Dazu näher Schoch, DVB't. 1994, 962 (962). Siehe oben § 3 B.II. Praktisch relevante Situationen zeigt Schink, GemH 1994, 241 (242), auf.

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obliegt. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß eine Aufgabenprivatisierung vorliegt 142 • Es ist auch möglich, daß die Aufgabe staatlich bleibt, sie aber gleichwohl von Privaten selbständig wahrgenommen wird. Dafür spricht, daß Private an die Stelle der den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgem in § 15 Abs. 1 Krw-/AbfG zugewiesenen Reservefunktion treten, die gerade deshalb eingreift, weil private Initiative versagt hat. Handeln damit die so eingeschalteten Dritten im staatlichen Aufgabenbereich, liegt allerdings trotz einer Übertragung der Verantwortung keine Beleihung vor143 : Durch diese wird übertragen, was bisher dem Staat vorbehalten und damit dem Beliehenen vorenthalten war. Das ist die Rechtsrnacht zur Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt, so daß auf deren Übertragung die Beleihung beschränkt bleibt l44 • Eine Übertragung von Hoheitsgewalt ist indes in § 16 Krw-/ AbfG nicht vorgesehen. Das folgt auch aus einem Gegenschluß zu § 17 Abs. 5 (LV.m. § 18 Abs. 2) Krw-/AbfG, der eine solche Übertragung auf Verbände und - entsprechend - auf von den Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft gebildete Einrichtungen regelt. Infolge der Übertragung einer staatlichen Aufgabe ist aber ein Fall der "Verwaltungssubstitution im staatlichen Kompetenzbereich " gegeben. Diese ist dadurch gekennzeichnet, daß der Staat eine Aufgabe zur staatlichen macht und sie gleichzeitig oder später auf Private überträgt, ohne daß die Hoheitsbefugnisse mit übergehen 145 • Definiert man nach dem Maß der erreichten Privatisierung, liegt eine Erfüllungsprivatisierung vor: Die Aufgabe ist im staatlichen Aufgabenbereich geblieben, und nur das Wahrnehmungssubjekt hat sich verändert, wenngleich es selbständig und eigenverantwortlich tätig zu werden vermag. Von daher kann man als Untergruppe von einer Privatisierung zur selbständigen oder auch eigenverantwortlichen Erfüllung sprechen; diese steht im Gegensatz zur Privatisierung zur unselbständigen Erfüllung, bei der die ein Privatrechtssubjekt einschaltende öffentlich-rechtliche Rechtsperson wie in § 16 Abs. 1 Krw-/AbfG die Verantwortung behält.

Zur Unterscheidung oben § 3 B.ß. So aber Bleicher, Landkreis 1994, 552 (554); Schink, GemH 1994, 241 (242); Queitsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 171. 144 Ausführlich Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 77 ff.; von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 31 ff.; Frenz, Die Staatshaftung in den Beleihungstatbeständen, S. 27 ff. m.w.N.; a.A. insbes. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private; ders., DÖV 1970, 526 ff. 145 Näher Frenz, Die Staatshaftung in den Beleihungstatbeständen, S. 51; vgl. von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 139. 142 143

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Wie diese Privatisierung zur unselbständigen Erfüllung gern. § 16 Abs. 1 Krw-IAbfG ist die Privatisierung zur selbständigen Erfüllung in § 16 Abs. 2 Krw-/AbfG nicht auf die Verursacher beschränkt. Werden diese aber auf dieser Grundlage eingeschaltet, handeln sie in eigener Verantwortung wie in dem Fall, daß sie den ihnen obliegenden Entsorgungspflichten nachkommen. Indes ist ihre Tätigkeit nicht notwendig deckungsgleich, sondern diese bestimmt sich nach den aus der subsidiären Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungskörperschaften erwachsenden Aufgaben. Sie kann sich - und wird sich regelmäßig also auch auf Abfälle beziehen, die gar nicht von dem eingeschalteten Verursacher stammen. Daher ist auch in § 16 Abs. 2 Krw-/AbfG in seiner Spielart als Möglichkeit der Pflichtenübertragung von öffentlich-rechtlichen Entsorgern auf Private keine Verwirklichung des Verursacherprinzips zu sehen l46 • §§ 17, 18 Krw-/AbfG sehen in Abs. 1 eine Erfüllungsbeauftragung nur durch die Erzeuger und Besitzer von Abfällen vor und eröffnen in Abs. 3 bzw. Abs. 2 die Möglichkeit der ganzen oder teilweisen Übertragung der Erzeuger- und Besitzerpflichten auf Verbände bzw. Einrichtungen der Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft. Schon deshalb bestehen insoweit keine Privatisierungsmöglichkeiten zur Entlastung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Die Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft sind zudem juristische Personen des öffentlichen Rechts 147, so daß auch die von ihnen gebildeten Einrichtungen nicht Ausprägungen privater Verantwortung sind. Die beiden genannten Vorschriften könnten allenfalls in § 17 Abs. 4 Krw-/AbfGeine Privatisierungsmöglichkeit eröffnen: Danach können Verbände zur Beseitigung aller Abfälle verpflichtet werden, wenn dies zur Wahrung der Belange des Wohls der Allgemeinheit geboten ist und die Erzeuger und Besitzer ihre Pflichten nicht selbst wahrnehmen. Die kumulative Bedingung "nicht selbst wahrnehmen" spricht aber dafür, daß wie in § 17 Abs. 3 Krw-/AbfG die Pflichten der Erzeuger und Besitzer übertragen werden. Bei der Möglichkeit der Übertragung auch der Pflichten öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger wäre formuliert worden "wenn die Erzeuger und Besitzer ihre Pflichten nicht wahrnehmen." Dann wäre dies als ein Eingreifen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsverantwortung gern. § 15 Abs. 1 Krw-/AbfG interpretierbar, die dann auf Verbände übertragen würde. Daß diese Konstellation in § 17 Abs. 4 Krw-/AbfG nicht erfaßt wird, belegt auch der Verweis in § 18 Abs. 2 S. 2 Krw-/AbfG, der sich an die Bestimmung der Möglichkeit einer Übertragung der Pflichten der Erzeuger und Besitzer von Abfällen in § 18 Abs. 2 S. 1 Krw-/AbfG anschließt: Dieser pauschal auf § 17 Abs. 3 bis 6 Krw-/AbfG verweisenden Vorschrift liegt

146 147

Zur Pflichtenübertragung von privaten Entsorgungspflichten auf Dritte siehe hingegen § 5 E. Siehe Rudolf, in: Erichsen, Allgemeinlls Verwaltungsrecht, § 53 Rn. 11.

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offenbar die Vorstellung zugrunde, daß sich diese Bestimmungen ausschließlich auf die in § 18 Abs. 2 S. 1 Krw-/AbfG bezeichnete Konstellation und damit auf die Pflichten der Erzeuger und Besitzer von Abfällen beziehen.

V. Fazit Diese Regelungen zeigen: In möglichst weitem Maße werden die Verursacher für die Entsorgung in die Pflicht genommen. Treten beim Endverbraucher Schwierigkeiten für eine eigene Bewältigung der Entsorgung auf, sollen diese Lücke in erster Linie die Hersteller und Vertreiber von abfallträchtigen Produkten und erst dann die öffentliche Hand ausfüllen. Auf jeder einzelnen Stufe wird versucht, möglichst weitgehend die private Verantwortung für die Entsorgung zu etablieren. Auf diese Weise wird der Bereich der Abfallentsorgung weitgehend privatisiert. Ausprägungen des Verursacherprinzips sind allerdings nicht die Möglichkeiten der Einschaltung Privater in das öffentlich-rechtliche Entsorgungssystem.

B. Venneidungspflichten Während das Abfallgesetz von 1986 in § 1 a selbst keinen Vorrang der Vermeidung festschreibt l48 , sind gern. § 4 Abs. 1 Nr. 1 Krw-/AbfG Abfälle in erster Linie zu vermeiden, insbesondere durch Verminderung ihrer Menge und Schädlichkeit. Während § 1 Abs. 2 VerpackV - allerdings entgegen dem auch in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts deutlich werdenden System des Abfallgesetzes l49 - die stoffliche Verwertung unter die Vermeidung von Abfällen faßt, wird dieser Vorgang im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in § 4 Abs. 1 Nr. 2 auch nach dem Normtext eindeutig getrennt von der Vermeidung erfaßt l50 • Demgegenüber wird die Vorgabe der Vermeidung durch Verminderung der Abfallmenge, die auch bereits § 1 Abs. 2 Nr. 1 VerpackV enthält, auf alle vom Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz erfaßten Produktgruppen übertragen. Daß Produkte so gestaltet sein sollen, daß sie möglichst umweltfreundlich entsorgt werden können, zeigt deutlich die Vorverlagerung des Umweltschutzes im Abfallrecht bereits in die Produktion i51 •

148 Daß die Venneidung vor der Verwertung genannt wird, indiziert keine nonnative Rangfolge, siehe BT-Drucks. 10/5656, S. 58 und näher oben § 2 B. 149 Dazu näher oben § 3 B.IV. 150 Weidemann, NVwZ 1995, 631 (633). '" Siehe oben § 2 D.III.

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Die Auferlegungvon Verhaltenspflichten zu Lasten der Produzenten im Vorfeld der Abfallentsorgung dehnt parallel den Anwendungsbereich des Vorsorge-1 52 und des Verursacherprinzips aus. Allerdings formt § 4 Abs. 1 Krw-/AbfG einen keine konkreten Pflichten erzeugenden Grundsatz l53 . Gern. § 5 Abs. 1 Krw-/AbfG richten sich die Pflichten zur Abfallvermeidung nach § 9 Krw-/ AbfG sowie den auf Grund der §§ 23 und 24 Krw-/AbfG erlassenen Rechtsverordnungen. Daher erzeugt auch § 5 Abs. 1 Krw-/ AbfG selbst keine konkreten Pflichten. Bereichsspezifisch erwachsen diese aus § 9 S. 1 Krw-/AbfG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG. In gewisser Weise präzisiert wird die Vermeidung durch den im Rahmen der Produktverantwortung gern. § 22 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG bestehenden Grundsatz, Produkte so zu gestalten, daß bei der Herstellung und dem Gebrauch das Entstehen von Abfällen vermindert und eine umweltverträgliche Entsorgung gefördert wird, mithin bei diesem Vorgang das Entstehen von Emissionen möglichst vermieden wird. Näher ausgestaltet wird sie vor allem durch § 22 Abs. 2 Nr. 1 Krw-/AbfG, wonach auch Ausdruck der Produktverantwortung ist, mehrfach verwendbare und technisch langlebige Erzeugnisse zu entwickeln, herzustellen und in Verkehr zu bringen. Aber auch die Pflichten im Rahmen der Produktverantwortung bedürfen gern. § 22 Abs. 4 Krw-/AbfG der personellen und sachlichen Konkretisierung durch Rechtsverordnung aufgrund von §§ 23, 24 Krw-/ AbfG 154 . Somit ergeben sich auch aus der Produktverantwortung des § 22 Krw-/AbfG keine konkreten Vermeidungspflichten. § 5 Abs. 1 Krw-/ AbfG bezieht sich auf die auf Grund der § 23 und 24 erlassenen Rechtsverordnungen. Von daher scheinen auch die in solchen Verordnungen bestimmten Rücknahme- und Rückgabepflichten der Abfallvermeidung zu unterfalien. Wie bereits bei der Erörterung der Verpackungsverordnung festgestellt 155 , ergibt sich gern. § 24 Abs. 1 Nr. 4 Krw-/AbfG die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung Nachweispflichten über die weitere Verwendung "der zurückgenommenen Abfälle" anzuordnen. Weiter können durch Verordnung auf der Basis von § 24 Abs. 2 Nr. 2 Krw/AbfG "die Besitzer von Abfällen" in die Pflicht genommen werden, diese dem nach Abs. 1 verpflichteten Hersteller und Vertreiber zu überlassen.

m Siehe Wiebe/Steenken, in: Lübbe-Wolff, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 205 (208). '" Vgl. Tettinger, DVBI. 1995, 213 (216 f.). 1$4 Näher unten § 5 F. ISS Oben § 4 B.lII.3. 6 Frenz

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Diese Formulierungen entsprechen der Gesamtkonzeption des Gesetzes, den Abfallbegriff weit zu fassen 1S6. Gern. § 14 des Anhangs I zu § 3 Abs. 1 Krw-/ AbfG sind etwa auch Produkte einzubeziehen, die vom Besitzer nicht oder nicht mehr verwendet werden. Das trifft auf zurückzugebende Produkte wie Verpackungen oder Flaschen regelmäßig zu. Dieser Produkte entledigt sich der Verbraucher gern. § 3 Abs. 2 Krw-/AbfG auch, wenn er sie einer Verwertung zuführt157. Damit handelt es sich gern. § 3 Abs. 1 Krw-/AbfG um Abfall. Das Entstehen von Abfall kann also durch die Rückgabe bzw. Rücknahme von Produkten nicht mehr vermieden werden. Vielmehr geht es um deren Entsorgung, die nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz eindeutig auch und in erster Linie in privater Regie erfolgen kann. Die Rücknahme und die Rückgabe sind die notwendige Vorstufe, damit Hersteller und Vertreiber diese Produkte entsorgen können. Rücknahme- und Rückgabepflichten sind mithin Bestandteil eines Abfallentsorgungsvorgangs. Je nach der angeordneten Folgelast für die zurückgenommenen Abfälle sind sie dem Vorgang der Verwertung oder Beseitigung zuzuordnen. Für die Verwertung macht das der nach der Definition der Verwertungsarten plazierte § 4 Abs. 5 Krw-/AbfG deutlich, wonach die Kreislaufwirtschaft auch das Bereitstellen, Überlassen, Sammeln, Einsammeln durch Hol- und Bringsystem von Abfällen zur Verwertung umfaßt. § 5 Abs. 1 Krw-/AbfG ist demnach nicht in einem Rechtsverordnungen gern. §§ 23, 24 Krw-/AbfG gänzlich ergreifenden Sinne zu verstehen. Die Pflichten zur Abfallvermeidung ergeben sich zwar, soweit sie im Hinblick auf § 9 S. 1 Krw-/AbfG nicht die Errichtung und den Betrieb von Anlagen betreffen, stets aus den auf Grund der §§ 23 und 24 Krw-/AbfG erlassenen Rechtsverordnungen, aber diese enthalten nicht immer Vermeidungspflichten.

c. Verwertungspflichten Die Grundsatzbestimmung des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Krw-/AbfG gibt vor, daß Abfälle in zweiter Linie stofflich oder energetisch zu verwerten sind. Er behält die Regelung von §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 2 S. 3 AbfG in zweifacher Hinsicht bei: Die Verwertung hat Vorrang vor der Beseitigung, kann aber sowohl stofflich als auch zur Gewinnung von Energie erfolgen. Der in § 5 Abs. 2 S. 2 Krw-/AbfG im Rahmen der Grundpflichten nochmals ausdrücklich aufgegriffene Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung l58

156 157 158

Siehe oben § 5 A. Näher Bartlsperger, VeIWArch. 86 (1995), 32 (60). Zu den mit der Abgrenzung verbundenen Problemen Weidemann, NVwZ 1995, 631

(634 ff.).

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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wird in § 5 Abs. 4 Krw-I AbfG vergleichbar zu § 3 Abs. 2 S. 3 AbfG relativiert: Die Pflicht zur Verwertung steht unter dem Vorbehalt der technischen Möglichkeit und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit. § 5 Abs. 5 Krw-I AbfG durchbricht den Vorrang der Verwertung zusätzlich dann, wenn die Abfallbeseitigung die umweltverträglichere Lösung darstelIt i59 • § 5 Abs. 6 Krw-I AbfG nimmt Abfälle aus, die unmittelbar und üblicherweise durch Maßnahmen der Forschung und Entwicklung anfallen. Flankiert wird der grundsätzliche Vorrang der Verwertung vor allem durch § 22 Abs. 2 Nr. 2 Krw-/AbfG, der die vorrangige Verwendung verwertbarer Materialien vorgibt, allerdings gem. § 22 Abs. 4 Krw-/AbfG der Konkretisierung durch Verordnungen bedarf. Die Gleichstufigkeit von stofflicher und energetischer Verwertung wird gegenüber dem Abfallgesetz von 1986 im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz insoweit modifiziert, als gem. § 6 Abs. 1 S. 2 ein Vorrang der besser umweltverträglichen Verwertungsart besteht und gem. § 6 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 5 Abs. 4 keine technische Unmöglichkeit oder wirtschaftliche Unzumutbarkeit bestehen darf. Wird der Vorrang einer Verwertungsart nicht in einer Verordnung nach § 6 Abs. 1 festgelegt, ist nach § 6 Abs. 2 eine Energiebilanz anzustellen. Um die Erfüllung der Verwertungspflichten gem. §§ 5, 6 Krw/AbfG zu sichern, können auf der Basis von §§ 7, 8 Krw-I AbfG durch Rechtsverordnung zusätzliche Anforderungen festgelegt werden. Diesem Ziel dient auch die Statuierung von Rücknahme- und Rückgabepflichten durch Rechtsverordnungen auf der Grundlage von § 24 Krw-/AbfG, da die zurücknehmenden Hersteller und Vertreiber von Abfällen gem. § 26 Krw-I AbfG den Pflichten eines Besitzers von Abfällen und damit auch den Verwertungspflichten unterliegen. Einer effektiveren und umweltverträglicheren Verwertung dienen auch Rechtsverordnungen nach § 23 Krw-I AbfG I60 sowie die Anforderungen bei freiwilliger Rücknahme gem. § 25 Krw-/AbfG, die gem. § 26 Krw-AbfG ebenfalls zu den Verwertungspflichten des § 5 Krw-/AbfG führt. Die Produktverantwortung ist somit eine entscheidende Stütze für die Umsetzung der Abfallverwertung l61 • Eine vom Verursacherprinzip getragene Verwertungspflicht muß sich vom Ansatz her auf die Produkte beschränken, die der betroffene Erzeuger oder Vertreiber hergestellt bzw. verkauft und deren Entsorgungsbedürftigkeit er damit veranlaßt hat. Ist allerdings nicht mehr feststellbar, welcher Unternehmer das war, weil Gegenstände wild abgelagert wurden oder einfach über keine Kennzeichnung verfügen, so läßt sich dieses Produkt doch regelmäßig einer 159 Zu den sich für diese Beurteilung vor allem im Hinblick auf die Vorgabe des § 5 Abs. 2 S. 3 Krw-/AbfG ergebenden Schwierigkeiten Weidemann, NVwZ 1995, 631 (636 f.). I"" Insbes. § 23 Abs. 1 Nr. 1,5. Nr. 2 verbietet das Inverkehrbringen gänzlich. 161 Näher sub § 5 F.

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

bestimmten Hersteller- bzw. Vertreibergruppe zuordnen. Dann stellt sich das Problem einer Gruppenverantwortung. Eine Verursachereigenschaft und damit auch eine Heranziehung auf der Basis von Pflichten, die das Verursacherprinzip umsetzen, ist dann ausgeschlossen, wenn der Betroffene keine Ursache gesetzt haben kann, weil er etwa Produkte dieser Marke nicht herstellt oder in seinem Sortiment nicht führt l62 oder etwa erst nach der Herstellung eines Erzeugnisses seinen Betrieb aufgenommen hat. Läßt sich jedoch eine Ware nur nicht eindeutig etwa einem bestimmten Vertreiber zuordnen, wird man eine Verursachereigenschaft nicht für ausgeschlossen halten dürfen. Schließlich hat der Vertreiber durch den Verkauf gleichartiger Waren ein Gefährdungspotential gesetzt, das die nicht eindeutige Zuordenbarkeit des Aktualisierungsvorgangs bereits in sich trägt. Andernfalls wäre zudem eine Umsetzung einer Verwertungspflicht für Vertreiber, von denen es für ein Produkt regelmäßig viele gibt, kaum realisierbar. Jedenfalls der Verordnungsgeber kann daher die Verwertungspflichten für den Fall, daß eine Verursachereigenschaft nicht ausgeschlossen ist, auf eine Gruppe erstrecken. Thre Mitglieder haben unter diesem Vorbehalt dann gegenseitig einzuspringen 163.

D. Beseitigungspflichten Abfälle, die nicht verwertet werden, haben die Erzeuger und Besitzer von Abfällen gern. § 11 Krw-/AbfG nach Maßgabe von § 10 Krw-/AbfG zu beseitigen. Während § 10 Abs. 4 Krw-/AbfG - vergleichbar § 2 AbfG - grobe Mindestanforderungen bestimmt, folgen präzisere Vorgaben aus Rechtsverordnungen aufgrund von § 12 Abs. 1 und aus Verwaltungsvorschriften aufgrund von § 12 Abs. 2 Krw-/AbfG. Indem diese beiden Ermächtigungsgrundlagen auf den in § 12 Abs. 3 Krw-/ AbfG definierten Stand der Technik verweisen, eröffnen sie die Möglichkeit einer flexiblen, den jeweiligen Erkenntnissen angepaßten Ausgestaltung l64 der an die Beseitigung zu stellenden Anforderungen und damit eine möglichst effektive Ausrichtung auf die Erfordernisse des Umweltschutzes. Flankierend wirken wie bei der Verwertung Rücknahme- und Rückgabepflichten durch Verordnungen aufgrund von § 24 Krw-/AbfG und von § 23 Nr. 1, 4, 5 Krw-/AbfG. Konstitutiv für eine eigene Beseitigungspflicht ist gern. § 26 Krw-/ AbfG auch die freiwillige Übernahme der Abfallrücknahme durch Hersteller und Vertreiber. Für die Frage der Zulässigkeit einer gruppenbezogenen

'62 Diese werden dementsprechend ausgeschlossen im Entwurf einer Batterieverordnung mit Rücknahmepflicht für Hersteller und Vertreiber (siehe - auch zu anderen Verordnungsentwürfen Beckmann, DVBI. 1995, 313 (317)). '63 Vgl. zur Altlastenproblematik Pohl, NJW 1995, 1645 (1648). '64 Siehe oben § 1 B.

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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Heranziehung unabhängig von den Verursacherbeiträgen einzelner gilt das zu den Verwertungspflichten Ausgeführte l6S entsprechend. Die Ordnung der Beseitigung gern. § 27 Krw-/AbfG betrifft die Vermeidung der bei diesem Vorgang auftretenden Gefährdungen und wird daher gesondert erörtert 166 •

E. Substitutionsmöglichkeiten I. Einschaltung Dritter

1. Beauftragung

Entscheidend für die Wahrnehmung der Abfallentsorgung in privater Verantwortung und damit für eine am Subsidiaritätsprinzip orientierte Umsetzung des Verursacherprinzips ist, daß die Aufgabenbewältigung in privater Regie erfolgt, nicht notwendigerweise, daß die Erzeuger und Besitzer von Abfällen sie selbst wahrnehmen. Das Verursacherprinzip bleibt bei einer möglichen Beauftragung anderer Privater deshalb gewahrt, weil sich die Erzeuger und Besitzer selbst um eine Ersatzperson kümmern und diese auch bezahlen müssen, mithin selbst die Belastung tragen. Ist diese Ersatzperson nur der die Pflicht Erfüllende, ohne ihr Träger zu werden, bleibt die Verhaltensverantwortung dem Verursacher zugeordnet. Demgemäß bestimmt § 16 Abs. 1 Krw-/AbfG, daß die zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen Verpflichteten Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen können. "Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon unberührt." Entsprechend dieser Aussage von § 16 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG handelt es sich lediglich um eine Erfüllungssubstitution. 2. Pjlichtenübertragung an Dritte

Ein Austausch der Verantwortung 167 erfolgt hingegen gern. § 16 Abs. 2 Krw-/AbfG bei der Übertragung der Verwertungs- und Beseitigungspflichten privater Entsorgungsträger auf einen Dritten. Diese von der Übertragung nach § 16 Abs. 2 S. 1 Krw-/AbfG zu unterscheidende Möglichkeit folgt aus der Formulierung "Pflichtenübertragung der privaten Entsorgungsträger" in § 16 § 5 C. '66 § 5 O. '67 Zu den strafrechtlichen Implikationen Versteyl, NJW 1995, 1070 (1071).

'6S

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

Abs. 2 S. 2 Krw-/AbfG und berechtigt die Träger von Entsorgungspflichten, mithin die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten i.S.v. § 16 Abs. 1 Krw-/ AbfG 168 , zur Übertragung ihrer Pflichten. Diese Möglichkeit eröffnet die Nutzung des Potentials größerer privater Wirtschaftseinheiten, ohne daß ein Verband gern. § 17 Krw-/AbfG gebildet oder der Weg über die Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft gern. § 18 Krw-/AbfG gegangen werden müßte. Sie dehnt das Feld, das durch private Verantwortung wahrgenommen werden kann, entsprechend der Zielrichtung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes erheblich aus, und engt den Bereich, in dem gern. § 5 Abs. 4 Krw-/ AbfG der Vorrang der Verwertung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit nicht zum Zuge kommt, deutlich ein. Praktisches Beispiel ist das Duale System. Eine solche Verantwortungs substitution durch private Entsorgungsträger bedarf gern. § 16 Abs. 2 S. 2 Krw-/AbfG der Zustimmung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, so daß sich die Frage stellt, ob damit eine stärkere Verflechtung mit dem staatlichen Bereich verbunden ist. Diese Zustimmung ändert die Modalitäten der Erfüllung nicht. § 16 Abs. 2 S. 2 Krw-/AbfG nennt nicht die Bedingungen für ihre Erteilung, was ihren Charakter als bloßen Formalakt nahelegt. Allerdings verlangt § 16 Abs. 3 Krw-/AbfG die Darlegung der Voraussetzungen nach Abs. 2, ohne nach der Pflichtenübertragung durch private Entsorgungsträger oder durch staatliche Behörden zu unterscheiden. Daher sind die Bedingungen für die Pflichtübertragung durch letztere in § 16 Abs. 2 S. 1 Krw-/AbfG auch für Pflichtenübertragungen durch private Entsorgungsträger heranzuziehen. Diese Bedingungen sollen aber nur die Wahrung der den Erzeugern und Besitzern bei eigener Wahrnehmung obliegenden Pflichten sicherstellen. Das gern. § 16 Abs. 3 S. 1 Krw-/AbfG vorzulegende Abfallwirtschaftskonzept dient der Darlegung der Voraussetzungen der Übertragung. Die Möglichkeit von Nebenbestimmungen gern. § 16 Abs. 4 S. 2 Krw-/AbfG gestattet entsprechend ihrer bereits im Begriff zum Ausdruck kommenden, lediglich den zugehörigen Verwaltungsakt unterstützenden Funktion l69 nicht die Umgestaltung der Pflichten, sondern nur die Sicherung ihrer Einhaltung l70 • Damit stellt die Zustimmung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers - vergleichbar der Anerkennung eines Ersatzsystems gern. § 6 Abs. 3 VerpackV 171 - nur den

168 Die privaten Entsorgungsträger gern. §§ 17, 18 Krw-IAbfG werden demgegenüber mit Paragraphenzusatz und nicht als feststehender Begriff aufgeführt (siehe §§ 16 Abs. 2 S. 1, 24 Abs. 2,28 Abs. 1,2,30 Abs. 1 Krw-IAbfG; auch die BeisteIlung in §§ 13 Abs. 2, 4 S. 4, 15 Abs. 2, in der die genannten Vorschriften einschränkend wirken, sowie in § 15 Abs. 3 S. 3 den mit § 17 Abs. 3 S. 1 (i. V .m. § 18 Abs. 2 S. 2) korrespondierenden Zusatz "im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder"). 169 Erichsen, Verwaltungsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit I, S. 77 170 Vgl. VG Potsdam, NVwZ 1994, 925 (926 f.). 171 Siehe oben § 5 c.

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Austausch der Verantwortlichkeit zwischen Privaten sicher, verlagert diese aber nicht in den staatlichen Bereich zulÜck. Die Verantwortung für die Wahrnehmung der Entsorgung obliegt dann dem eingeschalteten Dritten. Dieser muß aber erst vom an sich Verpflichteten gewonnen werden. Für diese Aufgabe wird er sich regelmäßig bezahlen lassen. Nimmt er sie nicht mehr wahr und entzieht er damit der Übertragung die Grundlage, obliegt sie nach den Grundregeln der § 5 Abs. 2, § 11 Abs. 1 Krw-I AbfG wieder den Erzeugern oder Besitzern von Abfällen. Insoweit bleiben diese weiter als Verursacher belastet. Somit ist die Möglichkeit der Pflichtenübertragung gern. § 16 Abs. 2 Krw-IAbfG wie die Substitution in § 6 Abs. 3 VerpackV durch ein Ersatzsystem Ausprägung des Verursacherprinzips.

11. Wahrnehmung von Aufgaben durch Verbände

1. Bildung Gern. § 17 Abs. 1 Krw-I AbfG können die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus gewerblichen sowie sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen oder öffentliche Einrichtungen Verbände bilden und mit der Erfüllung ihrer Verwertungs- und Beseitigungspflichten beauftragen. Auch insoweit bleibt die Verantwortung der beauftragenden (privaten) Entsorgungsträger erhalten. Sie haben nur eine zusätzliche Möglichkeit zur Erfüllung ihrer Pflichten. Auf diese Weise soll die Eigeninitiative der Wirtschaft gefördert werden, um deren Innovationskräfte zum beschleunigten Aufbau der Kreislaufwirtschaft zu nutzen 172 • Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und die Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft haben als Personen des öffentlichen Rechts nur eine fördernde Funktion innne, indem sie gern. § 17 Abs. 2 Krw-IAbfG auf die Bildung der Verbände hinwirken und sich an ihnen beteiligen können.

2. Beauftragung zur Pflichtenerfüllung Beauftragen die Erzeuger und Besitzer von Abfällen die Verbände lediglich mit der Erfüllung ihrer Verwertungs- und Beseitigungspflichten, gelten gern. § 17

172 Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen vom 15.9.1993, BT-Drucks. 12/5672, S. 44.

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG die bei der Beauftragung Dritter maßgeblichen, vorstehend dargelegten 173 Vorschriften. Für Verbände ist allerdings in § 17 Abs. 5 S. 1 Krw-/AbfG die Befugnis vorgesehen, daß sie Gebühren erheben können, und zwar gern. Satz 2 dieser Vorschrift kraft eigener Gebührensatzung, also auf hoheitlicher Grundlage. Dieses Recht ist vom Wortlaut her für den Fall einer Erfüllungssubstitution nicht ausgeschlossen. Indes befindet sich diese Bestimmung im Geflecht der Regelungen, die bei einer Übertragung der Erzeuger- und Besitzerpflichten und damit bei einem Austausch der Verantwortung anwendbar sind. Ihre Heranziehung entspricht auch nicht der Konzeption der Erfüllungssubstitution: Nach dieser nimmt der Beauftragte die Pflichten wahr, die dem Verantwortlichen obliegen, ohne daß diese qualitativ verändert werden. Den Erzeugern und Besitzern von Abfällen stehen keine Hoheitsbefugnisse zu, so daß sie auch nicht dem an ihre Stelle tretenden Erfüllenden zufallen. Dieser Ausschluß des Rechts von Verbänden zur Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren im Falle der Erfüllungssubstitution wird belegt durch § 18 Krw-/AbfG, der die Verweisungen getrennt nach Erfüllungs- und Verantwortungssubstitution vornimmt und nur im letzteren Fall in Abs. 2 auf § 17 Abs. 5 Krw-/AbfG verweist. Somit handelt es sich auch bei der Beauftragung von Verbänden mit der Erfüllung der Verwertungs- und Beseitigungspflichten der Erzeuger und Besitzer von Abfällen um eine Verwirklichung des Verursacherprinzips durch Verhaltensgebote bei privatautonomer Gestaltung. 3. Pjlichtenübertragung

Gern. § 17 Abs. 3 Krw-/AbfG kann den Verbänden auf deren Antrag die zuständige Behörde die Pflichten der Erzeuger und Besitzer von Abfällen im wesentlichen unter den für die Übertragung auf sonstige Dritte gern. § 16 Abs. 2 Krw-/AbfG geltenden Bedingungen 174 ganz oder teilweise übertragen. Auch insoweit erfolgt lediglich ein Austausch der Verantwortlichkeit. Allerdings können die Verbände gern. § 17 Abs. 4 Krw-/AbfG im Rahmen des übertragenen Aufgabenbereichs und Verbandszwecks in einem ausgewiesenen Gebiet auch zur Beseitigung aller Abfälle, insbesondere von Abfällen zur Beseitigung, weiterer Erzeuger und Besitzer als der, die dem Verband angehören, verpflichtet werden. Dürfen bei der Übertragung auf Antrag gern. § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 Krw-/AbfG keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen, erfolgt die Verpflichtung gern. § 17 Abs. 4 Nr. 1 Krw-/AbfG, soweit dies zur Wah-

173

§ 5 E.l.

Hinzu kommt freilich gern. § 17 Abs. 3 NT. 1 Krw-/AbfG. daß auf andere Weise der Verbandszweck nicht erfüllt werden kann. 174

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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rung der Belange des Wohls der Allgemeinheit geboten ist und Erzeuger und Besitzer ihre Pflichten nicht selbst wahrnehmen. Insoweit fällt den Verbänden die ansonsten gem. § 15 Krw-/ AbfG der öffentlichen Hand zukommende Reservefunktion l75 zu. Vor allem aber beruht diese Verpflichtung nicht mehr auf privater Initiative, sondern auf staatlicher Veranlassung. Stets mit einer Übertragung der Entsorgungspflichten auf Verbände einher geht dementsprechend eine qualitative Veränderung ihrer Rechtsposition: Gem. § 17 Abs. 5 Krw-/AbfG sind sie berechtigt, aufgrund selbst erlassener Satzung Gebühren zu erheben. Gem. § 17 Abs. 6 S. 3 Krw-/AbfG können sie von den Erzeugern und Besitzern von Abfällen verlangen, diese getrennt zu halten und zu bestimmten Sammelstellen oder Behandlungsanlagen zu bringen. Die Verbände sind mithin Inhaber hoheitlicher Befugnisse, die den Verbänden die Stellung von kraft gesetzlicher Anordnung Beliehenen verleihen 176 • Beliehene bleiben zwar Personen des Privatrechts, gehören aber zum staatlichen Aufgabenbereich 177. Auf diese Zuordnung der Verbände im Falle der Verantwortungssubstitution deutet auch die Parallelität mit dem für öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger geltenden Entsorgungsregime durch den Verweis in § 17 Abs. 6 S. 1 Krw-/ AbfG. Entstammen diese Verbände auch privater Initiative, führt doch die staatliche Übertragung von Entsorgungspflichten zu ihrer Zugehörigkeit zum staatlichen Bereich und zur Herausnahme aus dem Feld privatautonomer Gestaltung 178 • Die Umsetzung des Verursacherprinzips durch private Verhaltenspflichten beschränkt sich dann auf Überlassungs- und Duldungspflichten gem. § 17 Abs. 6 S. 2 sowie zusätzlich angeordnete Getrennthaltungs- und Bringpflichten gem. § 17 Abs. 6 S. 3 Krw-/AbfG. Erheben diese Verbände Gebühren, handelt es sich um eine hoheitlich veranlaßte Umsetzung des Verursacherprinzips durch Zahlungspflichten. Andernfalls werden die die Verbände bildenden Erzeuger und Besitzer von Abfällen die Kosten des Verbandes tragen müssen. Diese beruhen aber auf der privatautonomen Bildung und Gestaltung des Verbandes, woraus diesem gegenüber Zahlungspflichten erwachsen. Damit wird das Verursacherprinzip durch die Auferlegung von Zahlungspflichten einer Privatperson gegenüber umgesetzt.

m Siehe oben §§ 2 D., 5 A.II., III. Eine Beleihung nimmt auch die Begründung zum RegierungsentwuIf eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen, BT-Drucks. 12/5672, S. 44 an. 177 Siehe etwa von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 146 f.; Frenz, Die Staatshaftung in den Beleihungstatbeständen, S. 51 f. m.w.N. 178 Siehe von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 112. 176

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

Allerdings steht die Entsorgung durch Verbände den Erzeugern und Besitzern von Abfällen lediglich als Möglichkeit zur Verfügung, ohne verpflichtend zu sein: Gern. § 17 Abs. 6 S. 4 Krw-/AbfG bleibt ihre Befugnis, die Abfälle selbst zu entsorgen, unberührt. Die Verwirklichung des Verursacherprinzips durch die Auferlegung von Verhaltenspflichten bleibt also daneben bestehen.

III. Wahrnehmung von Aufgaben durch Einrichtungen der Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft

1. Beauftragung zur Pflichtenerfüllung § 18 Abs. 1 S. 1 Krw-/AbfG sieht vor, daß die Erzeuger und Besitzer von Abfallen mit der Erfüllung ihrer Verwertungs- und Beseitigungspflichten Einrichtungen beauftragen können, die von den Industrie- und Handelskammern, den Handwerkskammern und den Landwirtschaftskammern gebildet wurden. Für diese sind gern. § 18 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG die für die Erfüllungssubstitution geltenden Regeln des § 16 Abs. 1 S. 2 und 3 Krw-/AbfG anwendbar. Daß diese Einrichtungen von Körperschaften des öffentlichen Rechts gebildet werden, ändert an der Einordnung in den Bereich privatautonomer Verwirklichung des Verursacherprinzips nichts, solange ein Fall der Erfüllungssubstituion vorliegt: Verantwortlich bleiben die Erzeuger und Besitzer von Abfällen, denen nur die Möglichkeit offensteht, auch Einrichtungen der Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft zu beauftragen.

2. Pflichtenübertragung § 18 Abs. 2 Krw-/AbfG sieht die Möglichkeit vor, diesen Einrichtungen auf Antrag der Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft die Pflichten der Erzeuger und Besitzer von Abfällen zu übertragen. In diesem Fall liegt wie bei der Übertragung auf die Verbände gern. § 17 Abs. 3 Krw-/AbfG keine Verwirklichung des Verursacherprinzips durch Entsorgungspflichten in privatautonomer Gestaltung mehr vor, sondern lediglich durch Verhaltenspflichten in Form von Überlassungs- und Duldungspflichten sowie Getrennthaltungs- und Bringpflichten gern. § 18 Abs. 2 S. 2 LV.rn. § 17 Abs. 6 S. 2, 3 Krw-/AbfG, im wesentlichen aber durch Gebührenzahlung und damit durch Zahlungspflichten, die zudem an öffentlich-rechtlich beherrschte Personen zu leisten sind. Daneben besteht aber gern. § 18 Abs. 2 S. 2 LV.rn. § 17 Abs. 6 S. 4 Krw-I

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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AbfG weiterhin die Befugnis des Erzeugers und Besitzers, die Abfälle selbst zu entsorgen.

F. Produktverantwortung Die in § 22 Krw-/AbfG als Grundsatz festgelegte und durch Rechtsverordnungen auf der Basis von § 23 ff. Krw-/AbfG ausgestaltbare Produktverantwortung erwies sich in mehrfacher Hinsicht als Rückgrat der privaten Verantwortung für die Abfallvermeidung und -entsorgung: In § 22 Abs. 1 Krw-/AbfG ist die Produktverantwortung auf die Erfüllung der Ziele der Kreislaufwirtschaft bezogen, deren Grundsätze gern. § 4 Krw-/AbfG den Vorrang der Vermeidung und in zweiter Linie der Verwertung umfassen. Der Grundsatz der Vermeidung wird spezifiert in § 22 Abs. 2 Nr. 1 Krw-/AbfG, wonach bei der Produktion auf mehrfache Verwendbarkeit und technische Langlebigkeit Wert zu legen ist. § 5 Abs. 1 Krw-/ AbfG verweist für die Ausgestaltung der Abfallvermeidung, soweit nicht der Betrieb von Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes betroffen ist, auf Verordnungen aufgrund von §§ 23, 24 Krw-/AbfG I79 • Voraussetzung für eine umweltfreundliche Entsorgung ist, daß die anfallenden Abfälle weniger Schadstoffe enthalten. Die Verwertung und Beseitigung wird daher flankiert durch Rechtsverordnungen, die etwa auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 Nr. 1, 5 Krw-/AbfG eine bestimmte Produktbeschaffenheit oder eine Kennzeichnung vorgeben 180. Soweit eine Rücknahme aufgrund einer Rechtsverordnung gern. § 24 Krw-/AbfG oder auf freiwilliger Basis erfolgt, werden gern. § 26 Krw-/AbfG Verwertungs- und Beseitigungspflichten für die zurücknehmenden Hersteller und Vertreiber begründet. Damit erweist sich die Produktverantwortung als Rückgrat für die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen durch Private. Die in § 22 Abs. 1 Krw-/AbfG vorgesehene Produktverantwortung stellt indes im Gegensatz zu § 5 Abs. 2 Krw-/AbfG, der eine private Entsorgungspflicht festlegt, keine unmittelbar wirkende Grundpflicht dar. Sie ist lediglich potentiell vorhanden und bedarf gern. §§ 5 Abs. 1, 22 Abs. 4 Krw-/AbfG der Aktualisierung und Konkretisierung durch Rechtsverordnungen l81 • Indem aber gern. § 22 Abs. 4 Krw-/AbfG diese Rechtsverordnungen festlegen, "welche Verpflichteten die Produktverantwortung nach den Absätzen 1 und 2 zu erfüllen haben", ist sie eine latent vorhandene Grundpflicht. Bedeutung erlangt dies bei 179 Aber nicht jede Rechtsverordnung auf der Basis von §§ 23, 24 Krw-/AbfG enthält Vermeidungsgebote; siehe oben § 5 B. I'" Siehe bereits § 5 B. 101 Beckmann, DVBI. 1995, 313 (315).

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Zweiter Teil: Ordnungs rechtliche Lösungen

der Auslegung von anderen Bestimmungen, die nicht aufgrund von §§ 23, 24

Krw-I AbfG ergingen.

Im Hinblick darauf, daß für Abfälle aus privaten Haushaltungen gern. § 15 Abs. 1 Krw-I AbfG und für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen eine Entsorgungspflicht öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger vorgesehen ist, diese aber gern. § 15 Abs. 3 Krw-I AbfG bei Bestehen einer Rücknahmepflicht aufgrund einer nach § 24 erlassenen Rechtsverordnung und dem tatsächlichen Vorhandensein entsprechender Rücknahmeeinrichtungen ausgeschlossen werden kann, verhindern diese privaten Rücknahmepflichten auf der Basis der Produktverantwortung, daß die in § 5 Abs. 2 und § 11 Krw-I AbfG als Grundpflichten festgelegte private Verwertung und Beseitigung durch eine öffentlich-rechtliche Entsorgungsverantwortung aufgrund von § 15 Abs. 1 Krw-I AbfG unterlaufen werden. Parallel dazu läßt eine Rücknahmepflicht von Herstellern und Vertreibern gern. § 13 Abs. 3 Nr. 1 Krw-/AbfG die Überlassungspflicht privater Haushaltungen und anderer Privater nach Maßgabe von § 13 Abs. 1 Krw-/AbfG entfallen l82 ; entsprechend kann gern. § 24 Abs. 2 Nr. 2 Krw-I AbfG bestimmt werden, daß Abfälle den zur Rücknahme verpflichteten Privaten überlassen werden müssen. Somit bildet die Produktverantwortung die Grundlage dafür, daß die Entsorgungsverantwortung von Privaten, die zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen nicht in der Lage oder willens sind, auf dazu fahige Private verlagert wird. Die Umsetzung der Produktverantwortung setzt indes nicht zwingend den Erlaß von Rechtsverordnungen voraus. Diese werden entbehrlich, wenn die entsprechenden Unternehmen zu gleichermaßen zielkonformen Absprachen und Selbstverpflichtungen bereit sind l83 und diese auch erfüllen l84 • Insgesamt erweist sich somit die Produktverantwortung vom Aufbau des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes entsprechend der ursprünglichen Konzeption l8S als die tragende Säule der privaten Vermeidungs- und Entsorgungsverantwortung. Seinen tieferen Grund hat das darin, daß die gern. § 22 Abs. 1 Krw-I AbfG erfaßten Entwickler, Hersteller, Be- und Verarbeiter sowie die Ver-

Näher oben § 5 A.II.2. So die freiwillige Selbstverpflichtung der Branchen der Automobilindustrie, in der diese zusagte, in Deutschland eine flächendeckende Infrastruktur zur Rücknahme und Verwertung von Personenwagen aufzubauen. Damit will sie eine Verwertungsverordnung für Altautos vermeiden (F.A.Z. Nr. 145 vom 26.6.1995, S. 11; Rummler, in: Rengeling, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 87 (90); zum ganzen näher Zimmermeyer, ebda., S. 97 Cf.). 184 Die Nichterfüllung lediglich unverbindlicher Ziel Verpflichtungen im Abfallbereich führte zum Erlaß der Verpackungsverordnung, siehe oben § 2 C. 18~ Siehe oben § 2 0.111. 182

183

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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treiber von Produkten am Ursprung der von diesen Erzeugnissen ausgehenden Gefahren sind, während der Verbraucher lediglich die in den ihm angebotenen Waren enthaltenen Gefährdungspotentiale aktualisiert. Vermeidungspflichten setzen daher am wirkungsvollsten bei den Produzenten an. Für die Gefahren, die noch nicht bei der Herstellung vermieden werden, sind in erster Linie die die Erzeugnisse in Verkehr bringenden Produzenten und Vertreiber die Verursaeher. Daher ist es nur konsequent, wenn sie zur Behebung der Folgen dieses Inverkehrbringens die Verwertungs- und Beseitigungspflichten tragen. Dafür schafft das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in §§ 23 ff. die Grundlage.

G. Überlassungspflichten Als Korrelat zur Entsorgungspflicht öffentlich-rechtlicher Körperschaften für Abfälle aus privaten Haushaltungen gern. § 15 Abs. 1 Krw-/AbfG ist dieser Personenkreis gern. § 13 Abs. 1 S. 1 Krw-/AbfG verpflichtet, diese Abfälle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgem zu überlassen l86 • Insoweit besteht die hauptsächliche Verwirklichung des Verursacherprinzips in der Belastung mit den Müllgebühren l87 • Die Überlassungspflicht stellt nur sicher, daß den erhobenen öffentlichen Abgaben tatsächlich alle unterliegen, die erfaßt werden sollen l88 •

H. Duldungspflichten Für Regelungen in Abfallsatzungen, die Betretungsrechte von Grundstücken zum Zwecke der Überprüfung des Anschluß- und Benutzungszwangs gern. § 3 Abs. 1, 2 AbfG enthalten 189, existiert keine Rechtsgrundlage im Abfallgesetz von 1986 190 • § 14 Abs. 1 Krw-/AbfG (LV.m. § 17 Abs. 6 S. 2 HS. 2 LV.m. § 18 Abs. 2 Krw-/AbfG) verpflichtet die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, auf denen überlassungspflichtige Abfälle anfallen, das Aufstellen zur Erfassung notwendiger Behältnisse sowie das Betreten des Grundstücks zum Zweck des Einsammeln:; und zur Überwachung der Getrennthaltung und Verwertung von Abfällen zu dulden. Eine entsprechende Duldungspflicht gilt gern. § 14 Abs. 2 Krw-/AbfG im Hinblick auf private Rücknahme- und Sammelsy-

Näher oben § 5 A.II.3. Dazu unter § 9 B. "8 Siehe oben § 3.A.1. zum Abfallgesetz. \8. Vgl. etwa § 17 Abs. 2 Musterabfallentsorgungssatzung NW StGB, Mitteilungen NW StGB 1993,28. 190 BVerwG, DVBI. 1994, 761 f.; VGH BW, UPR 1993, 157 f. 186 187

94

Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

sterne, die zur Durchführung von Rücknahmepflichten aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 24 Krw-/AbfG erforderlich sind. Insoweit ist sichergestellt, daß sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Entsorgungsträger Zugriff auf die Abfälle haben, die zu verwerten und zu beseitigen sie verpflichtet sind. Diese Vorschrift schafft die Basis für die Einsammlung von Abfällen. Zugleich kann kontrolliert werden, inwieweit Abfälle insbesondere nach den durch Rechtsverordnung aufgrund von § 7 Abs. 1 Nr. 2 Krw-/AbfG festgelegten Anforderungen getrennt gehalten werden. Sind Private selbst zur Verwertung gern. § 13 Abs. 1 Krw-/AbfG berechtigt, kann deren Durchführung und damit die Einhaltung der in § 5 Abs. 3 gesetzlich und aufgrund von § 7 Krw-/AbfG durch Verordnung festgelegten Anforderungen überwacht werden. Diese Duldungspflichten stellen mithin sicher, daß die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken die ihnen obliegenden Überlassungs-, Getrennthaltungs- und Verwertungspflichten erfüllen; daher sind auch sie Ausdruck des Verursacherprinzips. Nicht genannt sind in § 14 Krw-/AbfG allerdings Betretungsrechte zur SiehersteIlung eines Anschluß- und Benutzungszwangs selbst, der nach Maßgabe von § 13 Abs. 1 Krw-/AbfG zugunsten öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger fortbesteht, insoweit diesen die Entsorgungsverantwortung obliegt, aber gern. § 24 Abs. 2 Nr. 2 Krw-/AbfG auch zugunsten privater Entsorgungsträger statuiert werden kann. Insoweit bedürfte es eines Betretungsrechts zur Kontrolle, ob alle überlassungspflichtigen Abfälle auch überlassen wurden. Wegen der Aufzählung mehrerer Betretungszwecke kann nicht auf das Vorliegen eines zusätzlichen, nicht ausdrücklich erwähnten geschlossen werden. Diese Lücke auf landesabfallrechtlicher Grundlage wie in NordrheinWestfalen durch eine ErgäIlzung von § 9 Abs. 1 LAbfG NW 191 allgemein dahingehend zu schließen, daß Abfallsatzungen Betretungsrechte gegenüber den Eigentümern und Nutzungsberechtigten von Grundstücken enthalten können, begegnet Bedenken. Die Aufzählung mehrerer möglicher Betretungszwecke deutet daraufhin, daß § 14 Abs. 1 Krw-/AbfG - zusammen mit dem im Rahmen der Überwachung zu erörternden § 40 Abs. 2 Krw-/AbfG l92 - eine abschließende Regelung getroffen hat, die gern. Art. 72 Abs. 1 GG Landesgesetzgebungsmaßnahmen ausschließt l93 •

Gesetz vom 7.2.1995, GVBI. NW vom 13.3.1995, S. 134. Siehe unten § 5 M. 193 Vgl. BVerfE 7,342 (347); 49, 343 (358); 56 110 (119); 67, 299 (324); BVerwGE 85,332 (342). 191

192

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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J. Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen § 19 Abs. 1 S. 1 Krw-/AbfG verpflichtet Erzeuger, bei denen jährlich mehr als insgesamt 2000 Kilogramm besonders überwachungsbedürftige Abfälle l94 oder jährlich mehr als 2000 Tonnen überwachungsbedürftige Abfälle l9S je Abfallschlüssel anfallen, ein Abfallwirtschaftskonzept über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung der anfallenden Abfälle zu erstellen. Dieses Konzept dient gern. § 19 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG als internes Planungsinstrument und ist auf Verlangen der zuständigen Behörde zur Auswertung für die Abfallwirtschaftsplanung vorzulegen. Somit soll das Abfallwirtschaftskonzept die Betroffenen unterstützen, ihre Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zu erfüllen. Zugleich dient es dazu, wie auch § 19 Abs. 2 Krw-/AbfG erweist, der die Berücksichtigung der Vorgaben der Abfallwirtschaftsplanung verlangt, die Abfallwirtschaftsplanung gern. § 29 Krw-/AbfG zu unterstützen. Diese Regelung zielt aber nicht auf eine Veröffentlichung der Abfallwirtschaftskonzepte, um die Unternehmen durch den Druck der öffentlichen Meinung zur Verstärkung ihrer Entsorgungsbemühungen anzuhalten 196. § 20 Abs. 1 S. 1 Krw-/AbfG verpflichtet die in § 19 Abs. 1 Krw-/AbfG Genannten zur Erstellung von Abfallbilanzen, also einer Rechnungslegung über Art, Menge und Verbleib der verwerteten oder beseitigten Abfälle. Auf Verlangen sind diese der zuständigen Behörde vorzulegen. Der Zweck dieser Vorlegungspflicht wird nicht genannt. Daß die Nachweisungspflichten speziell in § 42 Krw-/AbfG geregelt sind, läßt diesen Zweck ausscheiden. Dafür, daß diese Daten Grundlage für Veröffentlichungen der Behörde sein sollen, hätte wegen der mit solchen Informationen für schlecht abschneidende Unternehmen regelmäßig verbundenen Umsatzeinbußen l97 und der daraus folgenden grundrechtsbeeinträchtigenden Wirkung einer eigenen Rechtsgrundlage bedurft. Somit ist davon auszugehen, daß diese Bilanzen der innerbetrieblichen Bilanzierung über das Erreichte dienen und damit - komplementär zu den Abfallwirtschaftskonzepten als Planung der Zukunft - durch den Blick in die Vergangenheit weitere Entsorgungsbemühungen fördern sollen. Die Behörden können aufgrund der Einsicht in die Bilanzen diese Anstrengungen beraten, begleiten und für den Erfolg über eigene Begleitmaßnahmen Schlüsse ziehen.

Siehe §§ 3 Abs. 8 S. 1,41 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1 Krw-/AbfG. Siehe §§ 3 Abs. 8 S. 2, 41 Abs. ~, Abs. 3 Nr. 2 Krw-/AbfG. 196 Zu den verschiedenen Zielrichtungcm von Abfallbilanzen und -wirtschaftskonzepten Rehbinder, in: Rengeling, Kreislaufwirtschafts-"und Abfallrecht, S. 109 (115 f.). 197 Man denke nur an den drastisCl1en Umsatzrückgang von Shell-Tankstellen, nachdem die geplante Versenkung der BOl1rinsel "Brent-Spar" in der Nordsee bekannt geworden war (vgl. bereits oben § 1 Fn. 5). 194

19S

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

Bei den beiden genannten Instrumenten handelt es sich somit entsprechend der ursprünglichen Konzeption um ein internes, nicht für die Öffentlichkeit bestimmtes Hilfsmittel hinsichtlich der Vermeidung und Entsorgung l98 • Auf diese Weise kann auch im ordnungsrechtlichen Rahmen ein Anreiz zu umweltverträglicherem Verhalten über die vorgegebenen Verhaltens- und Vermeidungsgebote hinaus erreicht werden 199. K. Einzelanordnungen gem. § 21 Krw-/AbfG

Gern. § 21 Abs. 1 Krw-/AbfG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen. Diese Vorschrift ist sehr unbestimmt. Eine Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgrundsatz kann dadurch sichergestellt werden, daß diese Vorschrift als Befugnisnorm lediglich für solche Anordnungen begriffen wird, die sich als notwendige Hilfsmittel zur Sicherstellung anderweitig im Bundesabfallrecht normierter Pflichten darstellen, mithin keinen zusätzlichen Regelunsgehalt aufweisen. L. Untersuchungspflichten Um die Schädlichkeit von Abfallen und Entsorgungsmaßnahmen abschätzen zu können, bedarf es der näheren Untersuchung. Sind diese Untersuchungen von Privaten vorzunehmen, handelt es sich um eine Verwirklichung des Verursacherprinzips durch Verhaltenspflichten. Das gilt auch, wenn der Staat aktiv wird und Private nur dessen Handeln zu dulden haben. Dieser Fall ist in § 14 Krw-/AbfG gegeben. Untersucht der Staat und verlangt er seine Kosten ersetzt, liegt hingegen eine kostenmäßige Umsetzung des Verursacherprinzips voroo . Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ermöglicht in § 8 Abs. 2 Nr. 2 die Statuierung von Untersuchungspflichten durch Rechtsverordnung im landwirtschaftlichen Bereich und damit die Auferlegung von Verhaltenspflichten, deren Kosten die Betroffenen selbst zu tragen haben, bleibt also auch im Hinblick auf Untersuchungspflichten im ordnungsrechtlichen Rahmen. Weitere Pflichten finden sich im Rahmen der Vorschriften zur Überwachung der Einhaltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes einschließlich der auf ihm beruhenden Verordnungen201 •

'9. Siehe Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. '99 Zur Problematik oben § 1 D. 200

20'

Vgl. oben § 1. Siehe sogleich § 5 M. und § 5 O.

12/5672, S. 32 (46 f.).

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

97

M. Pflichten im Rahmen der Überwachung Den Vorschriften zur Überwachung der Einhaltung der Vorgaben des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes liegt die Konzeption zugrunde, staatliche Kontrolle entsprechend der Überwachungsbedürftigkeit des jeweiligen Überwachungstatbestandes abzustufen und dadurch Flexibilität zu wahren sowie den Verwaltungs aufwand zu minimieren202 • § 40 Abs. 1 Krw-/AbfG ordnet eine allgemeine Überwachung der sich aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz einschließlich der auf seiner Basis ergangenen Verordnungen ergebenden Pflichten an. Damit wurde die Überwachung parallel zur Erweiterung des Anwendungsbereichs des Kreislaufwirt schafts- und Abfallgesetzes umfassend auf die Verwertung und auch auf die Vermeidung ausgedehnt2OJ • Die Vermeidung kann aber nur überwacht werden, wenn sie durch Rechtsverordnungen konkretisiert wurde204 • Diese allgemeine Überwachung wird regelmäßig nicht durch besondere Anforderungen oder kraft Gesetzes bestehende Nachweispflichten ausgestaltet, sondern beruht auf der Initiative der Behörde.

Gern. § 40 Abs. 2 S. 2 Krw-/AbfG haben unter anderem Erzeuger oder Besitzer von Abfällen sowie Entsorgungspflichtige Auskunft über Betrieb, Anlagen, Einrichtungen und sonstige der Überwachung unterliegende Gegenstände, also insbesondere auch über Abfälle, zu erteilen. Während die dabei durch Firmen zu offenbarenden Geschäftsgeheimnisse durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind205 , wird auf Seiten der privaten Haushalte das gern. Art. 2 Abs. 1 i. V .m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt, also die Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen206 • Persönliche Angaben können bei Auskünften im Hinblick auf Abfälle und ihre Entsorgung dadurch betroffen sein, daß die anfallenden Abfälle Rückschlüsse auf individuelle Lebensgewohnheiten zulassen. Das für die Erhebung und Auswertung solcher Daten erforderliche überwiegende Allgemeininteresse207 besteht nur insoweit, als diese benötigt werden, um von Abfällen und ihrer Entsorgung ausgehende Gefahren zu vermeiden. Zudem darf durch die Erhebung und Auswertung von Daten nicht ein

Siehe die BegIiindung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 10/5672, S. 51. Beckmann, NWVBI. 1995, 81 (82). 204 Siehe die BegIiindung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 10/5672, S. 50. 205 Jarass, in: ders.lPieroth, GG, Art. 2 Rn. 28. Zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Umweltrecht näher BVerfGE 67, 100 (142 f.); 65, 1 (42 f.) m.w.N.; näher Breuer, NVwZ 1986, 171 ff.; Gurlit, Die VerwaltungsöffentIichkeit im Umweltrecht, S. 119 ff. 206 BVerfGE 65, 1 (43); 78, 77 (84); 84, 192 (194). 207 BVerfGE 65, 1 (44). 202 203

7 Frenz

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

umfassendes Persönlichkeitsprofil des Bürgers erstellt werden208 • Daher ist § 40 Abs. 2 Krw-/AbfG restriktiv zu interpretieren: Daten über das Abfallaufkommen in privaten Haushalten dürfen nur insoweit erhoben werden, als sie nicht die privaten Lebensgewohnheiten umfassend preisgeben, mithin den "gläsernen Menschen" für die Umwelt209 entstehen lassen, sondern lediglich punktuelle Verhaltensweisen offenlegen. Die genannten Personen haben gern. § 40 Abs. 2 S. 2 Krw-/AbfG zur Prüfung der Einhaltung der Verpflichtungen aus §§ 5 und 11 Krw-/AbfG das Betreten der Grundstücke, Geschäfts- und Betriebsräume sowie die Einsicht in Unterlagen und die Vornahme von technischen Ermittlungen und Prüfungen sowie zu diesen Zwecken bei einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gern. § 40 Abs. 2 S. 2 Krw-/AbfG auch das Betreten von Wohnräumen zu gestatten. Das sind Duldungspflichten zur Ermöglichung staatlicher Untersuchungshandlungen. Was das Betreten von Grundstücken anbelangt, so schafft § 40 Abs. 2 S. 3 Krw-/AbfG eine über den in § 14 Krw-/AbfG erfaßten speziellen Personenkreis hinausreichende Duldungspflicht, die alle an der Vermeidung und Entsorgung von Abfällen Beteiligten erfaßt. Die genannten Duldungs- und Informationspflichten schaffen die Grundlage für die tatsächliche Ausfüllung der gern. §§ 40 ff. Krw-/AbfG den Behörden obliegenden Überwachung. Sie stellen die Erfüllung der Vermeidungs- und Entsorgungspflichten mit sicher und sind daher ebenfalls Ausdruck des Verursacherprinzips. Die Intensität der Überwachung der Abfallentsorgung richtet sich nach ihrer Gefährlichkeit. Dementsprechend sind gern. § 41 Abs. 1 S. 1 Krw-/AbfG für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung, gern. § 41 Abs. 3 für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Verwertung, die gern. § 41 Abs. 1 S. 2 bzw. Abs. 3. Krw-/AbfG im einzelnen durch Rechtsverordnung bestimmt werden, besondere Anforderungen zu stellen. Sie sind gern. § 3 Abs. 8 S. 1 Krw-/ AbfG besonders überwachungsbedürftig. Für diese Produktgruppe besteht zudem kraft Gesetzes gern. § 43 Krw-/AbfG ein obligatorisches Nachweisverfahren für die Beseitigung und gern. § 46 Krw-/AbfG für die Verwertung. Das bedeutet, daß die in diesen beiden Vorschriften jeweils in Abs. 1 S. 2 genannten Personen auch ohne Aufforderung durch die Behörde Nachweis zu erbringen haben, außer sie sind gern. §§ 44, 47 Krw-/AbfG davon befreit. Im Hinblick auf die Entsorgung der übrigen Abfälle besteht gern. §§ 42, 45 Krw-/ AbfG ein faktultatives Nachweisverfahren, d.h. die Behörde kann Nachweispflichten im Einzelfall anordnen. Besonders hervorgehoben ist indes die

208 209

BVerfGE27, 1 (6); 65,1 (53). Tettinger, DVBI. 1995, 213 (213).

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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Beseitigung: Gem. §§ 3 Abs. 8 S. 2,41 Abs. 2 Krw-/AbfG sind alle nicht bereits von § 41 Abs. 1 Krw-/AbfG erfaßten und damit besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung überwachungsbedürftig. Ein fakultatives Nachweisverfahren gem. § 42 Krw-/AbfG steht nicht wie bei der Verwertung von Abfällen gem. § 45 Abs. 2 Krw-/AbfG unter dem Soll-Vorbehalt, daß das Wohl der Allgemeinheit ein Nachweisverfahren erfordert.

N. Verfassungsmäßigkeit der Vermeidungs-, Entsorgungsund ihrer Hilfspflichten Die Grundsätze des § 4 Krw-/AbfG sind nicht konkret genug, um Grundrechte beeinträchtigen zu können. Die Pflichten zur Abfallvermeidung richten sich gem. § 5 Abs. 1 Krw-/AbfG nach konkretisierenden Vorschriften21O • Die in § 22 Krw-/AbfG festgelegten Grundsätze der Produktverantwortung sind nur Rahmenregelungen, die, wie die Verweise auf andere Vorschriften in § 22 Abs. 4 Krw-/AbfG zeigen, erst in Verbindung mit weiteren, näher ausgestaltenden Bestimmungen die Adressaten zu hinreichend bestimmten, konkreten Maßnahmen verpflichten211 und damit Grundrechte zu beeinträchtigen vermögen. Insoweit ist der Gehalt der diesen Rahmen ausfüllenden Vorschriften der an den Grundrechten zu messende Gegenstand. § 5 Abs. 2 ff. und § 11 Krw-/AbfG enthalten hingegen konkrete Pflichten, die in §§ 6 ff., 12 ff. Krw-/AbfG im einzelnen ausgestaltet sind. Aber auch insoweit kann durch Verordnungen auf der Grundlage von § 24 Krw-/ AbfG eine nähere Ausgestaltung erfolgen, wodurch einzelnen Gruppen insbesondere Rücknahme- und Nachweispflichten über die Verwertung auferlegt werden.

I. Vermeidungspflichten

Die Vermeidungspflichten, die aufgrund § 23 Krw-/AbfG in Verordnungen festgelegt werden, verlegen den Schutz gegen Gefahren durch Abfälle sehr weit in den präventiven Bereich vor. Sie sind mithin Ausdruck des Vorsorgeprinzips. Durch die Festlegung von Kennzeichnungspflichten auf der Basis von § 23 Nr. 4 - 7 Krw-/AbfG sowie durch eine Reglementierung des Inverkehrbringens und der Gestaltung von Produkten gem. § 23 Nr. 1 - 3 Krw-/AbfG wird jedenfalls die Berufsausübungsfreiheit beeinträchtige 12. Gehen von diesen Vorschriften

210 211

212

Siehe oben § 5 B. Siehe oben § 5 F. Siehe Z.B. BVerwGE 90, 359 (362).

100

Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

existenzgefährdende Wirkungen aus, was vor allem bei produktverbietenden Verordnungen auf der Basis von § 23 Nr. 2 Krw-/AbfG der Fall sein kann, sind die Berufswahlfreiheit sowie auch nach h.M. die Eigentumsfreiheit berühre 13 • Solchermaßen grundrechtsbeeinträchtigend können auch Selbstverpflichtungen und Absprachen von Wirtschaftsunternehmen wirken, die deshalb zustandekommen, weil ansonsten der Staat eine inhaltlich vergleichbare Reglementierung getroffen hätte: Dann weichen die Unternehmen staatlichen Druck, und ihr Verhalten ist staatlich bestimmt und daher unfreiwillig214 • Die genannten Vorschriften sind Bestandteil eines auf eine (möglichst) umweltverträgliche Kreislaufwirtschaft zielenden Gesamtkonzepts. Betreffen sie die Zusammensetzung und das Inverkehrbringen von Produkten, sind sie auch Voraussetzung für eine umweltschonende Verwertung und Beseitigung. Deutlich wird dies durch den ausdrücklichen Bezug auf diese beiden Vorgänge namentlich in § 23 Nr. 1 und 5 Krw-/AbfG. Ihre sachliche Rechtfertigung erfahren sie in erster Linie durch Art. 20 a GG, der den Schutz für künftige Generationen ausdrücklich einbezieht und damit den Vorsorgecharakter des Umweltschutzes deutlich macht, aber auch durch den Schutz der Gesundheit vor der Entsorgung schadstoffhaltiger Erzeugnisse. Ihre personelle Rechtfertigung folgt daraus, daß die Hersteller der abfallträchtigen Produkte die Zusammensetzung dieser Güter bestimmen. Sie sind mithin der allein in Betracht kommende Ansatzpunkt für die Statuierung und Ausgestaltung der Produktverantwortung.

11. Entsorgungspflichten und ihre HiIfspflichten

Verwertungs- und Beseitigungspflichten setzen eine Stufe später als die Vermeidungspflichten an: Sie betreffen nicht die Produktion, sondern die Bewältigung der Folgen der Herstellung von Erzeugnissen. Konkretisiert und zugleich flankiert werden sie insbesondere durch Verordnungen, die aufgrund von § 24 Krw-/AbfG Rücknahme- und Rückgabepflichten sowie Nachweispflichten über die Verwertung und Beseitigung statuieren21S • Die Entsorgungspflichten belasten wie die Vermeidungspflichten die betroffenen Unternehmen mit Verhaltenspflichten und daraus erwachsenden Kosten. Es ergeben sich Anforderungen an die Art und Weise, wie ein Gewerbe betrieben wird, und damit an die Berufsausübung, so daß diese beeinträchtigt wird.

Siehe oben § 3 A.II. Buttgereit, Ökologische und ökonomische Funktionsbedingungen umweltökonomischer Instrumente, S. 92. 21> Zu deren Einordung oben § 5 B. 213

214

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

101

Die Verwertungspflichten verhindern die Notwendigkeit einer Abfallbeseitigung und tragen damit zur Ressourcenschonung bei. Das gilt auch für die energetische Verwertung, venneidet diese doch die Inanspruchnahme von Energieträgern, aus denen ohne vorherigen anderweitigen Gebrauch Energie gewonnen wird. Von daher folgen auch diese Verwertungspflichten dem Vorsorgegrundsatz. Ihre sachliche Rechtfertigung erfahren sie wie die Venneidungspflichten aus dem vorsorgeorientierten Art. 20 a GG. Daneben dienen Verwertungs- wie auch die Beseitigungspflichten der Verhinderung von Gefahren für das Wohl der Allgemeinheit insbesondere in Gestalt der Volksgesundheit. Auf diese bewgen ist es allerdings gleichgültig, ob die Entsorgung durch Verwertung oder Beseitigung erfolgt, außer letztere ist im Einzelfall für die Gesundheit schädlicher. Ist die Verwertung umweltverträglicher, ist sie gegenüber der Beseitigung das wirksamere Mittel und damit erforderlich. Entscheidend ist daher die größere Umweltverträglichkeit im Einzelfall, wie § 5 Abs. 5 Krw-/AbfG ausdrücklich festgelegt. Eine Pflicht zur Verwertung könnte dann unangemessen sein, wenn Verwertungskapazitäten nicht vorhanden sind oder ein Markt für die bei der Verwertung entstehenden Produkte fehlt2 16 • Indes können Verwertungskapazitäten regelmäßig aufgebaut werden. Die dafür erforderlichen Kosten treffen die zur Verwertung Verpflichteten allerdings auch dann, wenn sie die Entsorgung nicht selbst durchführen, da sie dann Abnehmer für die zu verwertenden Produkte finden müssen. Diese Abnehmer werden dann die Kosten für den Aufbau entsprechender Verwertungskapazitäten berücksichtigen. Das gilt auch dann, wenn die bei der Verwertung gewonnenen Produkte zunächst nicht marktgängig sind. Jedoch trifft es eher selten zu, daß Produkte gänzlich unverkäuflich sind. Vielmehr können sich Märkte erst mit dem Angebot eines Produkts herausbilden. Seine Verkäuflichkeit ist regelmäßig eine Frage des Angebotspreises. Müssen die Verwertungsbetriebe zu Verlustpreisen verkaufen, werden sie dies für die Annahme von zu verwertenden Abfällen in Rechnung stellen. Die Angemessenheit einer Verwertungspflicht bestimmt sich daher auch nach den vorhandenen Verwertungskapazitäten und der bestehenden Marktgängigkeit der Endprodukte des Verwertungsvorgangs . Sie wird aber dadurch - entsprechend § 5 Abs. 4 S. 1 a.E. Krw-/AbfG - nicht stets ausgeschlossen. Sie hängt vielmehr von den Vorteilen und den notwendigen Aufwendungen einer Verwertung ab. Die Verwertungspflichten wenden sich gern. § 5 Abs. 2 Krw-/AbfG und die Beseitigungspflichten gern. § 11 Abs. 1 Krw-/AbfG an die Erzeuger und Besit-

216

Vgl. Beckmann, DVBI. 1995, 313 (322).

102

Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

zer von Abfällen. Wen sie im Einzelfall treffen, kann in Verordnungen auf der Grundlage von § 24 Krw-/AbfG festgelegt werden. Für Verpackungen treffen sie nach der Verpackungsverordnung die Hersteller und Vertreiber 17 • Der Verbraucher als Besitzer kann dann gem. § 24 Abs. 2 Nr. 2 Krw-/AbfG gleichsam als Minus zur eigenen Entsorgungspflicht zur Überlassung an die privaten Entsorgungsträger verpflichtet werden218 • Erfolgt keine nähere Festlegung, gilt das in § 13 Krw-/AbfG aufgestellte System. Danach sind private Haushalte grundsätzlich verpflichtet, sie öffentlich~rechtlichen Körperschaften zu überlassen; diese Verpflichtung ist, wie die Prüfung der Vorgängerbestimmung des § 3 Abs. 1 AbfG erwies, mit Art. 2 Abs. 1 GG ebenso wie mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar l9 . Die Verwertungspflicht von Unternehmen begrenzt § 5 Abs. 4 Krw-/AbfG auf Fälle technischer Möglichkeit und wirtschaftlicher Zumutbarkeit. Der zweite Aspekt vermeidet enteignende und berufsprohibitive Wirkungen und senkt dadurch die Eingriffsintensität, was sicherstellt, daß die Entsorgungspflichten zur Beeinträchtigung von Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG verhältnismäßig sind. Um die Entsorgungsverantwortung privater Unternehmen sicherzustellen, können durch Verordnungen aufgrund von § 24 Krw·/AbfG Rücknahme- und Rückgabepflichten statuiert werden. Im Hinblick auf den organisatorischen Aufwand und die Notwendigkeit, Sammelorte einzurichten oder bislang anderweitig verwendete Lagekapazitäten freizuhalten, beeinträchtigen solche Pflichten bereits für sich gesehen die Berufsausübungsfreiheit220 • Sie sind regelmäßig Vorstufe und damit Teil der Verwirklichung einer privaten Entsorgungsverantwortung und daher aus denselben Erwägungen heraus grundsätzlich gerechtfertigt221 • Die aufgezeigten Hilfspflichten sind zur Durchführung der aufgeführten und verfassungsmäßigen Entsorgungspflichten notwendig und damit aus denselben Gründen gerechtfertigt. Besonderheiten im Hinblick auf das Auskunftsrecht gem. § 40 Abs. 2 Krw-/AbfG und Einzelanordnungen gem. § 21 Krw-/AbfG wurden bereits genannt222 •

217

Näher oben § 4 B.

m Was auf der Grundlage des Abfallgesetzes von 1986 noch nicht möglich ist, siehe oben § 4

B.V.3.; vgl. auch § 3 A.I. 219 Siehe oben § 3 A.II. 220 BVerwGE 90, 359 (362); Beckmann, DVBI. 1995, 313 (316 f.). 221 So auch Beckmann, DVBI. 1995,313 (316, 317). Zur Verpackungsverordnung, die auch auf der Basis von § 24 Abs. 1 Nr. 2, 4 Krw-/AbfG ergehen könnte, oben § 4 B.V.1. 222 Oben § 5 K., M.

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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IH. Rückwirkende Anknüpfung?

Beziehen sich in Verordnungen aufgrund von § 23 Krw-/AbfG festgelegte Vermeidungspflichten auf die Herstellung von Produkten, greifen sie regelmäßig ab einem bestimmten Datum ein und erfassen die ab diesem Zeitpunkt hergestellten Produkte. Betreffen sie das Inverkehrbringen, ist es denkbar, daß zu dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens noch Produkte vorrätig sind, die von ihrer Zusammensetzung her nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürften. Geht es um die Rücknahme und Entsorgung von Produkten, die vor dem Ergehen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes von einem heute noch zu bestimmenden und heranziehbaren Unternehmen erzeugt bzw. vertrieben wurden223 , stellt sich gleichfalls das Problem der Zulässigkeit einer Rückwirkung. Die Entsorgungsbedürftigkeit ist bereits bei der Herstellung bzw. beim Verkauf gegeben. Zum Verkauf erzeugte Produkte sind noch nicht in Verkehr gebracht. Daher liegen noch nicht abgeschlossene Sachverhalte, für die auf die Zukunft eingewirkt wird, und damit Fälle der sog. unechten Rückwirkung vor24 • Diese ist zulässig, wenn die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, das Vertrauen des einzelnen auf die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage überwiegen225 • Vorliegend verfolgt der Gesetzgeber den Schutz der Volksgesundheit und der Umwelt und damit von überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern. Demgegenüber konnten schon auf der Grundlage von § 14 AbfG in weitgehendem Umfang Rechtsverordnungen ergehen, wie sie in §§ 23,24 Krw-/AbfG vorgesehen sind, wenngleich ihre konkrete Reichweite und Ausformung regelmäßig noch nicht ersichtlich war. Dennoch konnten die Betroffenen Vertrauen auf einen Fortbestand der gegebenen Rechtslage und damit auf das Fehlen von entsprechenden Rechtsverordnungen kaum entfalten. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot liegt mithin nicht vor, wenn der Verordnungsgeber Rücknahme- und Rückgabepflichten sowie Entsorgungspflichten auf bereits hergestellte bzw. verkaufte Produkte erstreckt. Zwingend ist eine Erstreckung in diese Richtung aber nicht, da auch die Käufer solcher Erzeugnisse Verursacher sind und damit zur Entsorgung herangezogen werden können. Für eine Pflichtentragung durch die Her-

223 Ist dieser nicht mehr feststellbar und läßt sich auch keine Gruppenverantwortung herleiten, sind Entsorgungspflichten nicht mehr durch das Verursacherprinzip gedeckt und scheiden daher nach dem auf diesem Prinzip basierenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz aus. Siehe oben § 5 C., D. 224 Vgl. zur Unterscheidung mit den Kategorien der echten und unechten Rückwirkung BVerfGE 72, 175 (196); 79, 29 (45 f.), aber auch BVerfGE 63, 343 (353); 72, 200 (241 ff.); 72, 302 f. (321 f.); zum ganzen Pieroth, Rückwirkung und Übergangsrecht. m BVerfGE 88, 384 (406 ff.).

104

Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

steIler und Vertreiber von Produkten spricht indes, daß dann die private Entsorgungsverantwortung weitgehend gewahrt bleibt. Während diese gern. §§ 13 Abs. 1 S. 2, 15 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG nur in Ausnahmefällen öffentlichrechtliche Entsorgungsträger einschalten können, ist eine öffentlich-rechtliche Entsorgungsverantwortung für Abfälle aus privaten Haushalten gern. §§ 13 Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 1 S. 1 Krw-/AbfG als Regelfall vorgesehen226 • Verbote, bestimmte Produkte in Verkehr zu bringen, auch auf vor ihrem Inkrafttreten bereits hergestellte Erzeugnisse zu erstrecken, ist indes infolge der enteignenden Wirkung nur dann durch überwiegende Gemeinwohlinteressen gedeckt, wenn es sich um Waren handelt, die bei der Entsorgung außerordentlich gefährliche Stoffe freisetzen, die nicht unschädlich gemacht werden können.

O. Pflichten der Betreiber von Abfallbeseitigungsanlagen Die Beseitigung von Abfällen schafft Umweltgefahren. Sind damit die von den Abfällen ausgehenden Gefährdungen gebannt, tauchen somit auf einer zweiten Stufe drohende Gefahren auf. Deren Verursacher sind die Anlagenbetreiber. Dementsprechend belegt das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz wie bereits das Abfallgesetz227 auch sie mit Pflichten. § 27 ff. Krw-/AbfG schaffen eine feste Ordnung für die Beseitigung, die weitgehend der bisherigen Ordnung der Entsorgung gern. §§ 4, 6 AbfG entspricht. Gern. § 28 Abs. 1 Krw-/AbfG kann der Betreiber einer Abfallbeseitigungsanlage - vergleichbar zu § 3 Abs. 5 AbfG - unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet werden, einem Beseitigungspflichtigen nach § 11 sowie den Entsorgungsträgem im Sinne der §§ 15, 17 und 18 Krw-/AbfG die Mitbenutzung der Abfallbeseitigungsanlage gegen angemessenes Entgelt zu gestatten. Insoweit handelt es sich allerdings um eine Vorschrift ausschließlich zur behördlichen Ordnung der Beseitigung und nicht um eine Ausprägung des Verursacherprinzips.

Die Zulassung von Abfallbeseitigungsanlagen ist in §§ 31 ff. Krw-/AbfG geregelt. Wie bereits im Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland - InvErlG228 - bestimmt229 , be-

226 V gl. aber zu den - allerdings insbesondere auf Rücknahme- und Rückgabepflichten aufgrund von Rechtsverordnungen nach § 24 Krw-I AbfG beruhenden - Durchbrechungen oben § 5 A.l1. 227 Siehe oben § 5 M. 228 Vom 22.4.1993, BGBI. I, S. 466 ff. 229 Dazu BeckTlUlnn, NWVBI. 1995, 81 (86 ff.).

§ 5 Pflichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

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dürfen die Errichtung und der Betrieb von ortsfesten Abfallbeseitigungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen zur Beseitigung sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebs gern. § 31 Abs. 1 Krw-/ AbfG nur der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Eine abfallrechtliche Planfeststellung ist hingegen gern. § 31 Abs. 2 Krw-/AbfG nach Maßgabe von §§ 31 Abs. 3, 32 ff. Krw-/AbfG für die Einrichtung und den Betrieb von Abfalldeponien erforderlich. Zur Erkundung geeigneter Standorte erlegt § 30 Krw-/AbfG den Eigentümern und Nutzungsberechtigten die Duldungspflicht auf, daß ihre Grundstücke betreten werden. § 54 Krw-/AbfG schreibt in Fortentwicklung von §§ 11 a ff. AbfG die Bestellung eines Betriebsbeauftragten für Abfall mit den Aufgaben des § 55 Krw-/AbfG vor30 • Diese Einrichtung ist Ausprägung sowohl des Verursacherals auch des Kooperationsprinzips231. Daneben unterliegen auch die Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen gern. § 40 Abs. 2 Krw-/AbfG den bereits dargelegten232 Auskunfts- und Duldungspflichten. Diese haben darüber hinaus gern. § 40 Abs. 3 Krw-/ AbfG ihre Anlagen zugänglich zu machen sowie die zur Überwachung erforderlichen Arbeitskräfte, Werkzeuge und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, insbesondere aber nach behördlicher Anordnung den Zustand und Betrieb der Anlage auf ihre Kosten überprüfen zu lassen. Insoweit werden den Verursachern an Stelle des Staates Überwachungsmaßnahmen auferlegt.

P. Bußgelder

Um die Einhaltung von zahlreichen der vorgenannten Verhaltens- und Verrneidungs geboten besser zu gewährleisten, enthält § 61 Krw-/ AbfG Ordnungswidrigkeitstatbestände, deren Verletzung gern. § 61 Abs. 3 Krw-/AbfG mit Geldbußen bis zu 100.000 DM bzw. 200.000 DM geahndet werden kann. Diese Bußgelder sind, weil sie akzessorisch die Einhaltung von Verhaltens- und Verrneidungspflichten absichern helfen und keine darüber hinausgehende Anreizfunktion entfalten, Teil der ordnungsrechtlichen Umsetzung des Verursacherprinzips233.

230 Näher - auch zur Fortentwicklung gegenüber dem Abfallgesetz von 1986 - VersteyllWendenburg, NVwZ 1994, 833 (841) sowie Kotulla, DÖV 1995,452 ff.; Rehbinder, in: Rengeling, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 109 (Ill, 119 f.). 23. Siehe HoppelBeckmann, Umweltrecht, § 5 Rn. 29. 232 Oben § 5 M. 233 Siehe bereits oben § 3 D.

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

§ 6 Warnungen und Empfehlungen Warnungen und Empfehlungen können sich auch an Erzeuger von Abfällen richten, wenden sich aber regelmäßig an den Verbraucher und damit an den Endbesitzer von Abfällen, der gleichwohl Verursacher ist, so daß es sich trotzdem um eine Ausprägung des Verursacherprinzips handelt. Das gilt auch deshalb, weil durch eine Veränderung der Verbrauchergewohnheiten regelmäßig auch die Produktions- und Absatzmethoden der Wirtschaft beeinflußt werden (sollen). Obwohl primär der Verbraucher angesprochen ist, versuchen Warnungen und Empfehlungen, auch das Verhalten der Erzeuger und Vertreiber von abfallträchtigen Produkten zu steuern und sind auch deshalb Verwirklichungen des Verursacherprinzips. Dem Verbraucher geben Warnungen und Empfehlungen kein bestimmtes Verhalten vor und beeinträchtigen ihn somit regelmäßig nicht, es sei denn, sie erreichen eine die Privatautonomie tangierende Intensität. Denkbar ist das etwa bei furchteinflößenden Plakaten, die stark psychische Nachwirkungen haben, so daß das gewünschte Verhalten im allgemeinen erreicht wird. Aber auch dann, wenn solche Warnungen und Empfehlungen allein durch ihren Informationsgehalt das Verhalten des Verbrauchers verändern, führt dies zu Absatzbehinderungen und letztlich zu Umsatzeinbußen auf Seiten der Erzeuger und Vertreiber von Verpackungen. Sie stellen daher für diese mittelbare tatSächliche, im Falle einer gezielten Einwirkung auf Unternehmen via Reaktion der Öffentlichkeit finale Grundrechtsbeeinträchtigungen dar, die regelmäßig einen Intensitätsgrad erreichen, daß es sich um Grundrechtseingriffe handelt234 • Werden die Absatzchancen erheblich tangiert, wird jedenfalls in die Berufsausübungsfreiheit eingegriffen, bei einer Ausdehnung des Schutzes von Art. 14 Abs. 1 GG auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb23s (auch) in die Eigentumsfreiheit236 , weil bestehende Marktpositionen angetastet werden237 • Treten existenzgefahrdende Wirkungen auf, handelt es sich um Eingriffe in die Berufswahlfreiheit und - auch nach h.M. - die Eigentumsfreiheit238 • Daher bedürfen Warnungen und Empfehlungen einer Ermächtigungsgrundlage. 234 Näher BVerwGE 71, 183 (191 f.); 82, 76 (79); 87, 37 (42); Heintzen, VerwArch. 81 (1990), 532 (541 ff.); Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 29 ff.; Schulte, DVBI. 1988, 512 (515 ff.); Philipp, Staatliche Verbraucherinfonnation im Umwelt- und Gesundheitsrecht, S. 17 ff., 148 ff. m.w.N.; enger Lübbe-Wolff, NJW 1987,2705 (2710 ff.). 235 AbI. BVerfGE 51, 193 (221 f.); 58, 300 (333); 66, 116 (145); 68, 193 (222 f.); 77, 84 (118). 236 So HessVGH, DÖV 1995, 77 (78). 237 Insoweit für einen Schutz aus Art. 14 Abs. 1 GG Engel, AöR 118 (1993), 169 (222). AbI. etwa BVerfGE 81, 208 (227 f.). 238 Vgl. oben § 3 A.II.

§ 6 Warnungen und Empfehlungen

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Gern. § 39 Abs. 1 Krw-/AbfG unterrichten die Länder die Öffentlichkeit über den erreichten Stand der Vermeidung und Verwertung von Abfällen sowie die Sicherung der Abfallbeseitigung. Diese Ermächtigung beinhaltet aber lediglich das Recht, über das Erreichte zu informieren, nicht aber, verhaltenslenkende Warnungen und Empfehlungen abzugeben. Bei fehlender ausdrücklicher Ermächtigungsgrundlage geht die Rechtsprechung von einer Befugnis zu Warnungen und Empfehlungen aufgrund der Aufgabe von Regierungsorganen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit aus239 • Diese Befugnis soll allerdings den Gemeinden nicht zustehen240 • Indes nehmen die geschäftsführenden Gemeindeorgane eine leitende Funktion nur auf einer anderen Ebene wahr, die durch Art. 28 Abs. 2 GG abgesichert ist, so daß sie in ihrem - wenn auch begrenzten - Wirkungskreis von der Anlage her vergleichbare Befugnisse haben müssen. Die Steuerung der Verwendung von Mehrweg- statt Einwegflaschen geht freilich aufgrund der bundesweiten Bedeutung und Tragweite dieser gern. Art. 74 Nr. 24 bzw. Nr. 11 GG dem Bundesgesetzgeber zur Entscheidung zugewiesenen Frage über den Bereich der örtlichen Angelegenheiten hinaus. Vom Ansatz her überzeugt freilich ein solcher Schluß von der Aufgabe auf die Befugnis nicht241 • Die grundrechtlichen Schutzpflichten vermögen nur dann eine Ermächtigungsgrundlage zu bilden, wenn unmittelbar auf sie auch ohne Zwischenschaltung eines Gesetzes Grundrechtseingriffe gestützt werden können. Von der ganz herrschenden Meinung wird das insbesondere unter Verweis auf eine in diesem Fall erfolgende Umkehrung des rechtssstaatlichen Freiheitsprinzips abgelehnt242 • Allerdings fragt sich, ob dann angesichts der langen Gesetzgebungsdauer und der damit verbundenen Verfestigung von Rechtslagen243 die Opfer geschützt zu werden vermögen. Das spricht für eine Handlungsmöglichkeit des Staates unmittelbar auf der Basis grundrechtlicher Schutzpflichten für den Fall, daß anders schwerwiegende Gefahrenlagen für Grundrechte nicht abgewehrt werden können. Allerdings kann diese Problem hier nicht ausführlich behandelt werden. Die Folgen für Warnungen und Empfehlungen im Abfallbereich seien kurz aufgezeigt.

239 BVerwGE 82, 77 (80 C.); 87, 37 (46 C.); BVerfG, NJW 1989, 3269 (3270); vgl. aber BVerwGE 71, 183 (198). 240 HessVGH, OÖV 1995. 77 (78). 241 Näher Heintzen, VerwArch. 81 (1990), 532 (551 C.); Leidinger, OÖV 1993, 925 (931). 242 Insbes. Gersdorj. OÖV 1990, 514 (514 C.); Preu, JZ 1991, 265 (269); Wahl/Masing, JZ 1990,553 (555 ff.); Kloepfer, in: Festschrift für Lerche, S. 755 (765 ff.) mit weiteren Argumenten und Nachw. 243 Siehe etwa Maurer, in: Festschrift für W. Weber, S. 354 (365 f.).

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

Durch die bloße Verwendung von abfallträchtigen Stoffen werden Grundrechte regelmäßig nicht in einer Weise gefährdet, daß ein sofortiges Handeln des Staates geboten wäre. So liegt der Fall etwa bei der Verwendung von Einwegflaschen statt von Mehrwegflaschen244 • Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn etwa bei einem Produkt die Verwendung asbesthaltiger Materialien bekannt wird, die bei der Entsorgung in höchstem Maße die Umwelt gefährden, so daß auch Gesundheitsgefahren der Anwohner bestehen. Die Warnung vor dem Verbrauch dieser Produkte vermeidet insoweit das Entstehen von asbesthaltigem Abfall, so daß eine gesundheitsgefährdende Entsorgung weitgehend vermieden wird. Diese Maßnahme ist geeignet und erforderlich, ohne daß aufgrund der Schwere der drohenden Gefahren die Berufsfreiheit der Produkthersteller und -vertreiber unangemessen beeinträchtigt würde245 •

§ 7 Gemeinschaftsrechtliche Grenzen ordnungsrechtlicher Lösungen A. Art. 30 EGV I. Abfall als Ware

Art. 30 EGV verbietet mengenrnäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung und bezieht sich damit auf den in Titel I geregelten Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, setzt also die Existenz einer Ware im Sinne von Art. 9 Abs. 2, 10 Abs. 1 EGV voraus. Darunter sind alle Erzeugnisse zu verstehen, die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften seinkönnen246 • Werden bestimmte Anforderungen für Produkte auch aus anderen Mitgliedstaaten festgelegt, um Abfall zu vermeiden oder umweltverträglicher entsorgen zu können, so sind davon Waren betroffen. Wird hingegen die Entsorgung von Abfall festgelegt, der etwa aus anderen Mitgliedstaaten in der Bundesrepublik entsorgt werden soll, müßte dieser selbst eine Ware darstellen. Dagegen spricht, daß Abfall regelmäßig einen negativen Wert hat, man also für seine Abnahme bezahlen muß. Seine Entsorgung erscheint daher als Dienstleistung, es sei denn, Abfall hat einen Absatzmarkt und stellt von daher ein handelbares Wirtschaftsgut dar247 •

Siehe den Fall HessVGH, DÖV 1995, 77. Allgemein zur Rechtfertigung einer Aufklärung der Öffentlichkeit Rehbinder, in: Rengeling, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 109 (130). 246 EuGH, Slg. 1968, 633 (642). 247 Von Wilmowsky, Abfallwirtschaft und Binnenmarkt, S. 87 ff. 244

245

§ 7 Gemeinschaftsrechtliche Grenzen

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Indes werden auch die Stoffe gehandelt, die keinen positiven Wert haben. Ist die Abnahme auch kostenpflichtig, so stellen diese Produkte doch einen Gegenstand des Handelsverkehrs dar248 , nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Für Art. 30 EGV ist mithin entscheidend, daß ein Erzeugnis einen Wert im Wirtschaftsverkehr besitzt, unabhängig davon, welcher Wirtschaftsteilnehmer sich dafür interessiert249 • Auch aus Gründen der schwierigen Abgrenzbarkeit und der Wandelbarkeit, ob Abfall einen positiven oder negativen Marktwert hat, sind auch nicht wieder verwertbare Abfälle Waren im Sinne von Art. 30 EGV2So. Reglementierungen der Entsorgung von Abfällen sind mithin an Art. 30 EGV zu messen.

11. Maßnahme gleicher Wirkung

Eine Maßnahme gleicher Wirkung ist nach der ursprünglich weiten Definition des Europäischen Gerichtshofs jede Handelsregelung eines Mitgliedstaats, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindem2S1 • Die auf eine Abfallvermeidung und umweltfreundlichere Abfallentsorgung gerichteten Vorschriften bezwecken indes regelmäßig keine Behinderung des Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten.

1. Teilweise Ausklammerung vertriebsbezogener Regelungen Derartige nationale Maßnahmen schied der Europäische Gerichtshof nunmehr, nachdem bereits frühere Entscheidungen die weite Ausdehnung von Art. 30 begrenzten2S2, explizit mit dem Keck-Urteil aus dem Anwendungsbereich von Art. 30 EGV aus, soweit sie unterschiedslos für einheimische und Waren aus anderen Mitgliedstaaten gelten und bestimmte Verkaufsmodalitäten, also etwa, wer ein Erzeugnis wie verkaufen kann, beschränken oder verbieten2S3 •

248 EuGH, DVBI. 1995, 232 (234); zust. Lueder, in: Rengeling, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 177 (184 0. 249 Grabitz, in: Festschrift für Sendler, S. 443 (450). 250 EuGH, DVBI. 1995,232 (234). 251 EuGH, Slg. 1974, 837 (852) - Dassonville - Fonnel. 252 EuGH, Slg. 1989,2851 ff. - Torfaen; Slg. 1990, 1-583 ff. - Krantz; Slg. 1990, 1-3059 ff. Quietlynn; Slg. 1991, 1-997 ff. - Conforama; Slg. 1991, 1-1027 ff. - Marchandise; Slg. 1992, 16457 ff. - Rochdale Bourough Council; Slg. 1992,1-6635 ff. - City of Stoke-on-Trent; siehe bereits EuGH, Slg. 1982, 1211 ff. - Blesgen. 2" EuGH, Slg. 1993,1 - 6097 (6130 f.).

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Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen

Damit wird dem auf die Ware und damit das gehandelte Produkt und nicht auf den Vertrieb nach Grenzübertritt bezogenen Art. 30 EGV Rechnung getragen2S4 • Maßnahmen, die den Vertrieb betreffen, können daher nicht regelmäßig unter das Verbot des Art. 30 EGV fallen, sondern nur bei einem entsprechend engen Bezug zum Warenverkehr selbst. Dieser Bezug besteht dann, wenn den Vertrieb betreffende Maßnahmen auf eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten zielen. Aufgrund der Kaschierung von Motiven sind aber auch solche Vertriebsvorschriften einzubeziehen, die den Warenverkehr tatsächlich und nicht nur potentiell ebenso stark wie produktbezogenene Vorschriften beeinträchtigen. Ansonsten besteht die Gefahr einer Aushöhlung von Art. 30 EGV, die die ursprünglich weite Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu verhindern suchte2Ss • 2. Folgen für abfaUrechtliche Regelungen

Die aufgezeigten Vorschriften, die der Vermeidung von Abfall dienen, zielen regelmäßig auf die Zusammensetzung und die Bezeichnung, die Verpackung und die Etikettierung des Produkts und sind daher produktbezogen2S6 , so daß sie auch bei fehlender Absicht, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu regeln, dem Schutzbereich von Art. 30 EGV unterfallen. Warnungen vor dem Kauf eines Produktes beziehen sich zwar vordergründig auf den Vertrieb, haben aber ihren Grund regelmäßig in der Zusammensetzung und den Eigenschaften der Ware und sind daher produktbezogen. Vorschriften für die Entsorgung knüpfen ebenfalls an die Eigenschaften der Produkte an und sind somit auch als produktbezogen zu qualifizieren. Daß die Rechtsprechung des EuGH, die vertriebsbezogenen Vorschriften aus dem Anwendungsbeeich von Art. 30 EGV herausnehmen will, ist daher für die dargestellten Regelungen zur Abfallvermeidung und umweltverträglichen Entsorgung unbeachtlich. 3. Ausklammerung aufgrund zwingender Erfordernisse des Umweltschutzes

Die positive Kehrseite des Verbots, den Warenverkehr jedenfalls durch produktbezogene Beschränkungen zu behindern, ist die Handelbarkeit aller Produkte, die zulässigerweise in den Mitgliedstaaten hergestellt werden. Diese positive

2S4 Zustimmend etwa Dubach, DVBI. 1995, 595 (620 f.); Petschke, EuGH, EuZW 1994, 107 (111). m Daher krit. zur Rspr. des EuGH Ress, Abschied von Cassis de Dijon und DassonviJIe?, EuZW 1993, 745. 2S6 Siehe EuGH, Sig. 1993, I - 6097 (6130 f.) - Keck.

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Seite der Zirkulationsfahigkeit schließt bei einer fehlenden Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene nationale Unterschiede und Besonderheiten ein und ist daher mit der negativen Seite, dem Behinderungsverbot des Art. 30 EGV, zu versöhnen. Daraus ergibt sich die apodiktisch getroffene Feststellung des CassisUrteils: Hemmnisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen über die Vermarktung dieser Erzeugnisse ergeben, müssen hingenommen werden, soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um bestimmten zwingenden Erfordernissen des Allgemeinwohls gerecht zu werden257 • Zu diesen Erfordernissen zählt mittlerweile auch der Umweltschutz als eines der wesentlichen Ziele der Gemeinschaft258 • In einem solchen Fall liegt keine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Art. 30 EGV vor, wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot gewahrt bleiben259 • Als in diesem Sinne erforderlich kann zwar die Verpflichtung zur Errichtung eines Pfand- und Rücknahmesystems für Leergut angesehen werden. Nicht verhältnismäßig ist hingegen ein Gebot, nur Verpackungen zu verwenden, die die nationalen Behörden genehmigt haben, sofern diese die Zulassung selbst dann versagen können, wenn die Hersteller bereit sind, für die Wiederverwendung der zurückgenommenen Verpackungen zu sorgen. 260

B. Art. 59 EGV Nicht Art. 30 EGV, sondern Art. 59 EGV ist indes beeinträchtigt, wenn die Unternehmer, die aus einem anderen Mitgliedstaat heraus in der Bundesrepublik Deutschland angefallene Abfälle ohne Grenzverbringung entsorgen wollen, besonderen Bedingungen unterworfen oder ganz vom deutschen Markt ausgeschlossen werden. Das erfolgt durch § 3 Abs. 2 AbfG bzw. § 15 Abs. 1 Krw-/ AbfG, soweit sie die Abfallentsorgung (inländischen) öffentlich-rechtlichen Körperschaften vorbehalten, obgleich die Abfallentsorgung nicht gern. Art. 66 i.V.m. 55 EGVeine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt aufweist261 • Indes besteht die Möglichkeit, private Unternehmen jedenfalls in die Erfüllung einzuschalten262 • Die öffentlich-rechtliche Entsorgungsverantwortung läßt sich - parallel zu Einschränkungen von Art. 30

EuGH, Slg. 1979, 649 (662). EuGH, Slg. 1988, 4607 (4630); Slg. 1985, 531 (549) - ADBHU. 2S9 EuGH, Slg. 1981, 1625 (1638); 1982,2349 (2360); 1982,3961. 2", EuGH, Slg. 1988, 4607 (4630 ff.). 26\ Im einzelnen Grabitz, in: Festschrift für Sendler, S. 442 (451 f., 454 ff.). Vgl. allgemein EuGll, SJg. 1974, 631 (654) - Reyners. 261 § 3 Abs. 2 S. 2 AbfG bzw. § 16 Abs. 1 und weitergehend Abs. 2 Krw-/AbfG. 2S7 2S8

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EGV263 - mit Gründen des in Art. 36 EGV ausdrücklich erwähnten Gesundheitsschutzes rechtfertigen, nicht hingegen aus Umweltschutzbelangen, die in dem auch diskriminierende Regelungen, sofern sie nur nicht willkürlich sind, stützenden Art. 36 EGV nicht erwähnt sind264 •

c. Abfallrichtlinie und Abfallverbringungsverordnung Die EG-Abfallrichtlinie gibt in ihrer am 18.3.1991 geänderten Fassung265 in Art. 3 Abs. 1 den in § 4 Krw-/AbfG enthaltenen Vorrang der Vermeidung vor und betrachtet energetische und stoffliche Verwertung offenbar als gleichwertig. Die Maßnahmen, die diese Mitglieder zur Förderung 266 der in Art. 3 Abs. 1 genannten Ziele zu ergreifen haben, sind der Konzeption des Art. 189 Abs. 3 EGVentsprechend nicht vorgegeben. Das gilt auch für die Umsetzung der durch Art. 4 festgelegten Anforderungen für die Abfallentsorgung, die die menschliche Gesundheit nicht gefährden sowie die Umwelt nicht schädigen darf und zudem kontrolliert zu erfolgen hat. Somit ist die Statuierung einer privaten Entsorgungsverantwortung nicht ausgeschlossen, solange sie den gestellten Anforderungen entspricht. Das wird man für das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, aber auch - jedenfalls im Hinblick auf die vermeidungsfördernde Maßnahmen ermöglichende Verordnungsermächtigung des § 14 Abs. 2 AbfG - für das Abfallgesetz von 1986 bejahen könne. Die EG-Abfallverbringungsverordnung vom 1.2.1993267 , die gern. Art. 44 S. 2 seit dem 6.5.1994 unmittelbar verbindlich ist, regelt im wesentlichen die Verbringung von Abfällen aus der und in die Europäische Union268 • Sie unterwirft die Verbringung von Abfällen zwischen den Mitgliedstaaten, gestuft nach zur Beseitigung und zur Verwertung bestimmten, einem ins einzelne geregelten Notifikations- und Genehmigungsverfahren. Für die Verbringung von Abfällen innerhalb der Mitgliedstaaten fordert sie in Art. 13 Abs. 2 eine geeignete Regelung für die Überwachung und Kontrolle. Eine solche besteht in §§ 12 f. AbfG bzw. in §§ 49 ff. Krw-/AbfG, die durch die Nachweispflichten über die

2.3 Zu dieser Parallelität der Begründung von Durchbrechungen EuGH, Slg. 1982, 3381 (3400 f.) - Coditel und ausführlich von Wilmowsky, Abfallwirtschaft im Binnenmarkt, S. 147 ff. 2.. Rengeling, in: Festschrift für Börner, S. 359 (366 f.). 2.S RL des Rates zur Änderung der RL 75/442/EWG über Abfälle, ABI. Nr. L 78, S. 32. 2" Dazu näher Dieckmann, Das Abfallrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 355 ff. 2.7 VO NT. 259/93 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft. 2.' Im einzelnen HoppelBeckmann, DVBI. 1995,817 ff.; Schreier, Auswirkungen, S. 273 ff.

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Entsorgung gern. §§ 42 ff. Krw-/AbfG flankiert bzw. durch die allgemeine Überwachung gern. § 40 Krw-/AbfG ergänzt wird.

D. Verpackungsrichtlinie Die Verpackungsrichtlinie269 vom 20.12.1994, gern. Art. 24 in Kraft seit 31.12.1994, umzusetzen gern. Art. 22 spätestens bis 30.6.1996, hält die Mitgliedstaaten zu Maßnahmen an, daß die Vermeidung bzw. Verwertung von Verpackungsabfällen und die Wiederverwendund von Verpackungen gefördert wird270 sowie entsprechende Rücknahme-, Sammel- und Verwertungssysteme eingerichtet werden271 , an denen sich gern. Art. 7 Abs. 1 VA. 1 auch alle Marktteilnehmer der betreffenden Wirtschaftszweige beteiligen können. Diese Vorgaben erfüllt die Verpackungsverordnung. Indes geht sie dadurch über die Richtlinie hinaus, daß sie eine energetische Verwertung nicht der stofflichen gleichstellt und für letztere im Falle der-Selbsterfüllung durch die Hersteller und Vertreiber von Verpackungen 100 % und bei einer Einrichtung eines Ersatzsystems gern. dem Anhang zu § 6 Abs. 3 VerpackV ab 1.7.1995 72 % bzw. 64 % vorgibt. Die Verpackungsrichtlinie sieht dagegen in Art. 6 Abs. 1 a) bis 1.7.2001 das Erreichen einer Verwertungsquote von mindestens 50 und höchstens 65 Gewichtsprozent der Verpackungsabfälle vor. Art. 6 Abs. 1 verweist jedoch ausdrücklich auf die Ziele dieser Richtlinie, ohne wie Art. 4 Abs. 1 nur die Ziele gern. Art. 1 Abs. 1 zu nennen, was für eine Inkorporierung auch der Zielsetzung in der Präambel spricht. Bereits in Art. 1 Abs. 1 ist indes - entsprechend dem Erfordernis des Art. 130 r Abs. 2 S. 1 EGV - ein hohes Vmweltschutzniveau vorgegeben. Weiter betont die Präambel, daß die stoffliche Verwertung vorzuziehen ist. Daß die an der Entstehung von Verpackungsabfall Beteiligten nach dem Verursacherprinzip Verantwortung dafür übernehmen, soll von größter Wichtigkeit sein. Das spricht dafür, daß sich die Verpackungsverordnung im Rahmen der Verpackungsrichtlinie hält272 • Lehnt man das ab, so ist zu bedenken, daß nach der Präambel der Richtlinie "den Mitgliedstaaten, die Programme aufgestellt haben oder aufstellen werden, die über die Zielvorgaben der Richtlinie hinausgehen, zu gestatten" ist, "diese

RL 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsmaterial, ABI. Nr. L 365, S. 10. Art. 4 ff. 27. Art. 7. 272 Gegen die Festschreibung bloßer Mindestanforderungen (siehe Schliessner, EuZW 1993, 52 (54» spricht freilich die ausdrückliche Festlegung einer Höchstgrenze. 2.9 270

8 Frenz

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Zielvorgaben im Interesse eines hohen Umweltschutzniveaus unter der Bedingung weiterzuverfolgen, daß die Maßnahmen nicht zu Verzerrungen des Binnenmarktes führen und die anderen Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ihren Verpflichtungen aus dieser Richtlinie nachzukommen. Die Kommission sollte solche Maßnahmen nach angemessener Prüfung billigen". Gemeinschaftsvertraglich ist ein solches Verfahren in Art. 100 a Abs. 4 EGV vorgesehen. Daß diese Vorschrift die Kompetenzgrundlage der Verpackungsrichtlinie darstellt, ergibt sich aus ihrem Bezug auf das Funktionieren des Binnenmarkes, durch den Art. 130 s EGV verdrängt wird273 • Die Bundesrepublik kann daher - unabhängig von ihrem Abstimmungsverhalten274 - die Vorschriften der Verpackungsverordnung gern. Art. 100 a Abs. 4 EGV der Kommission mitteilen. Diese Bestimmungen sind gerechtfertigt durch den Umweltschutz; sie diskriminieren Unternehmer aus anderen Mitgliedstaaten nicht und wirken auch nicht handelsbeeinträchtigend, zumal die Möglichkeit der Beteiligung an einem Ersatzsystem besteht. Daher erfüllt die Verpackungsverordnung die Voraussetzungen des Art. 100 a Abs. 4 EGV27S , auch wenn die Kommission in ihrer Prüfung gemeinschaftsvertraglich festgelegter Voraussetzungen nicht durch die Präambel einer Richtlinie festgelegt werden kann.

273 EuGH, EuR 1991, 175 - Titandioxid. An der Begründung für den Ansatz des EuGH schwächere Mitwirkung des Europaparlaments nach Art. 130 s als nach Art. 100 a EGV - hat sich mit der Änderung des Gemeinschaftsvertrages durch den Vertrag über die Europäische Union vom 7.2.1992 wegen des Verweises auf Art. 189 c in Art. 130 s Abs. I bzw. auf Art. 189 b in Art. 100 a Abs. I EGV nichts geändert. Krit. insbes. Schröer, EuR 1991, 356; ders., Die Kompetenzverteilung zwischen Europäischer Wirtschaftsgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Umweltschutzes, bes. S. 310. 274 Der Wortlaut von Art. 100 a Abs. 4 EGV besagt nicht, daß ein Mitgliedstaat der Harmonisierungsmaßnahme nicht zugestimmt haben darf, Geiger, EGV, Art. 100 a Rn. 11; a.A. Langeheine, in: GrabitziHilf, EUV, Art. 100 a EGV Rn. 62; Pipkom, in: GroebenfIhiesing/Ehlermann, EWGV Art. 100 a Rn. 99. 275 Zurückhaltend Thome-Kozmiensky, Die Verpackungsverordnung, S. 152 f., 154 f.

Dritter Teil

Abgabenlösungen § 8 Die Rechtfertigungsbedürftigkeit von Abgaben und die Funktion des Vemrsacherprinzips

Abgaben entziehen den Belasteten Geld und beeinträchtigen sie daher insofern, als sie die ihnen zur Verfügung stehende Geldmenge reduzieren, in Art. 14 Abs. 1 GG 1, jedenfalls aber im Hinblick darauf, daß dieser Entzug eine Verminderung der bestehenden Handlungsmöglichkeiten zur Folge hat, in Art. 2 Abs. I GG2 • Damit keine Grundrechtsverletzung vorliegt, bedürfen sie daher der Rechtfertigung. Für die Erhebung von Abgaben wird heftig diskutiert, ob das Verursacherprinzip als solches einen Rechtfertigungsgrund darstellen kann3 • Sieht man das Verursacherprinzip lediglich als rechtspolitisches Prinzip an4 , erscheint dies zweifelhaft. Etwas anderes dürfte indes bei einer verfassungsrechtlichen Fundierung geltens. Für die Frage der Abgaben im Abfallrecht kann diese Frage indes dahingestellt bleiben: Diese Abgaben dienen regelmäßig der Vermeidung bzw. der umweltverträglicheren Entsorgung von Abfällen6 und damit der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, deren Schutz gern. Art. 20 a GG allen Staatsorganen verfassungsrechtIich vorgegeben ist. Werden diese Abgaben von den Verursachern des Abfalls bzw. schadstoffträchtiger Zusammensetzungen von Abfallprodukten erhoben, treffen sie die Personen, deren Verhaltensänderung zur Erreichung der angestrebten Ziele führen kann.

I Erichsen, Staatsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit 11, S. 134 ff.; ders., Jura 1995, 47 (47); P. Kirchhof, Jura 1983, 505 (509); Bryde, in: von Münch/Kunig, GGK I, An. 14 Rn. 23 m.w.N. 2 So BVerfGE 4,7 (16); 75, 108 (154); anders BVerfG, NJW 1995, 2615 (2617). 3 Bejahend von Amim, in: Hansmeyer, StaatsfInanzierung im Wandel, S. 725 (737); Breuer, DVBI. 1992, 485 (493); Gosch, StuW 1990,201 (209); Kloep[erfIhull, DVBI. 1992, 195 (199); Köck, Sonderabgabe, S. 156 f.; Seimer, in: 1hieme, Umweltschutz im Recht, S. 25 (44); abI. Rodi, in: Becker-Schwarze/Köck/Kupka/von Schwanenflügel, Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 121 (130); Weyreuther, Umwelt- und Planungsrecht, S. 166 ff. • Siehe oben § 1 A. , Auf eine solche kann im Rahmen dieser spezifIsch auf das Abfallrecht ausgerichteten Studie nicht eingegangen werden. Sie bleibt einer eigenen Arbeit mit dem Titel "Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht" vorbehalten. 6 Siehe etwa Wiebe/Steenken, in: Lübbe-WoljJ, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 205 (208).

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen Bestehen Zahlungspflichten für staatliche Leistungen, so wird eine einem einzelnen oder einer Gruppe zugute kommende Leistung mit Kosten belegt. Dieser die staatliche Leistung Nachfragende und als Zahlungspflichtiger Festgelegte ist in diesen Fällen als der in Anspruch genommene Verursacher bestimmt. Im Abfallbereich ist es derjenige, der staatliche Leistungen für die Verhinderung von Gefahren durch Abfall in Anspruch nimmt, und damit derjenige, der Abfall oder als Abfall anfallende Produkte erzeugt. Indem die entsprechende Leistung bei dem, der sie nachfragt, zum Kostenfaktor und auf diesem Wege in die betriebswirtschaftliche Einzelrechnung einbezogen wird, soll er zur Vermeidung bzw. zu einem Beitrag für eine umweltverträglichere Entsorgung von Abfall angehalten werden7 • Solche Abgaben werden erhoben im Rahmen von Gebühren als Entgelt für eine individuell zurechenbare Staatsleistung8, im Rahmen von Beiträgen als Entgelt für die Möglichkeit, einen staatlich geschaffenen Vorteil zu nutzen9 • Die Sonderabgabe wird zum Teil im Hinblick auf das Erfordernis der gruppennützigen Verwendung bzw. der Anknüpfung ihrer Erhebung an ein wirtschaftliches Äquivalent ebenfalls in die Kategorie der gegenleistungsabhängigen Abgaben eingeordnet lO • Indes sind vom Begrifflichen her im weiteren Sinne sämtliche Staats ausgaben insofern individual- bzw. gruppennützig, als Bezugspunkt des Staatshandelns das Wohl seiner Bürger ist U und diesen daher mittelbar sämtliche Staatsausgaben zugute kommen. Im einzelnen faßbar und bezifferbar ist die Individual- bzw. Gruppenbezogenheit aber nur dann, wenn ein Austauschverhältnis derart besteht, daß der Staat für die Erbringung einer konkreten Leistung eine Abgabe erhebt l2 • Bezogen auf das Verursacherprinzip bedeutet das, daß dann der einzelne für vom Staat bereits verauslagte oder unmittelbar nach der Erhebung zu verauslagende Kosten heranzogen wird. Die Bemessung richtet sich also nach weitgehend feststehenden Größen. Solche Abgaben lassen zwar wenig Gestaltungsspielraum, ermöglichen aber die Internalisierung konkret bestimmten Personen oder Gruppen zuzuordnender externer Kosten 13 und Näher oben § 1 A. Etwa BVerfGE 50, 217 (226); BVerfG, NVwZ 1995, 368 (369); näher zur Problematik des GebührenbegriCfs Vogel, in: Festschrift für Geiger zum 80. Geburtstag, S. 518 ff. m.w.N. 9 Z.B. BVerfGE 14, 312 (317); 38, 281 (311). 10 Insbes. Heun, DVBI. 1990, 666 (673 Cf.); auch P. Kirchhof, Jura 1983, 505 (509). 11 Link, VVDStRL 48 (1990), 7 (23 Cf., 27 Cf., 42 Cf.); näher zu den grundgesetzlichen Vorgaben für die durch den Staat wahrgenommenen Aufgabenbereiche auch Ress, VVDStRL 48 (1990), 56 (67 ff.). 12 Insoweit näher abgrenzend Köck, Sonderabgabe, S. 64 f. IJ Daher für eine bessere Eignung der Vorzugslasten zu diesem Zweck Lang, in: Breuer/ Kloepjer/Marburger/Schröder, Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, S. 55 (59 f.). 7

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§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

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halten daher den Zusammenhang zwischen eigenem Verhalten und Kostenzurechnung deutlich vor Augen. Ist dagegen die Abgabe von einem solchen Austauschverhältnis und damit auch Bezugspunkt für die Bemessung unabhängig, geht eine auf eine konkrete Verhaltenssituation bezogene Verbindung verloren; eine solche Abgabe kann indes, da nicht an staatliche Aufwendungen geknüpft, als flexibleres und stärkeres Lenkungsinstrument dienen. Im Rahmen des Verursacherprinzips erweist sich somit der Bezug auf ein konkretes Austauschverhältnis als erhebliches Unterscheidungskriterium für die Wirkungen einer Abgabe. Die Sonderabgaben als nicht auf ein solches Verhältnis bezogene Instrumente werden daher hier als Zahlungspflichten ohne staatliche Leistung eingeordnet. Für die Zahlungspflichten für eine staatliche Leistung gilt es insbesondere zu untersuchen, für welche Leistungen der Staat Zahlungspflichten festsetzen und inwieweit er damit einen Lenkungseffekt im Sinne des Verursacherprinzips erzielen kann.

A. Kosten für Untersuchungsmaßnahmen In Betracht kommt, daß sich der Staat die Kosten für eigene Maßnahmen, die an sich dem Verursacher obliegen, erstatten läßt. Definiert man den Begriff der Gebühr als einseitig auferlegte Leistung, die an eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung anlülÜpft und die Kosten dieser Leistung ganz oder teilweise decken soll, fällt auch die Erhebung von Kosten darunter l4 • Im Abfallrecht ist das denkbar durch die Auferlegung von Kosten für Überwachungs- und Untersuchungsmaßnahmen bezüglich der Abfallentsorgung, die in privater Verantwortung erfolgen soll. Zieht der Staat gem. § 40 Abs. 2 Krw-/AbfG Auskünfte ein und untersuchen Beauftragte Grundstücke und Geschäftsräume, ist eine Kostenpflicht indes nicht festgelegt. Lediglich die Kosten selbst vorzunehmender Untersuchungshandlungen werden gem. § 40 Abs. 3 Krw-/ AbfG den Betreibem von Anlagen auferlegt, in denen Abfälle entsorgt werden. Diese Regelung ist mithin Folge einer Handlungspflicht der Verursacher und damit Teil der ordnungsrechtlichen Umsetzung des Verursacherprinzips 15 • Diese Gesetzessystematik spricht gegen eine Festlegung einer Kostentragungspflicht auch bei staatlichen Untersuchungshandlungen. Ohne gesetzliche Grundlage können indes Geldzahlungen nicht verlangt werden. Eine Ausnahme ist allenfalls für den Fall denkbar, daß diese Gelder zur Vermeidung unabwendbarer Schäden für ein

Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 100 f. " Siehe oben § 5.M.

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

grundrechtliches Schutzgut unabdingbar sind l6 • Eine solche Situation dürfte aber jedenfalls bei finanziellen Leistungen praktisch nie eintreten. Zudem werden Pflichten des Bürgers ohne gesetzliche Konkretisierung unmittelbar aus grundrechtlichen Schutzpflichten nach ganz herrschender Dogmatik abgelehnt 17. Das gilt grundsätzlich auch für Grundpflichten l8 einschließlich einer sich aus Art. 14 Abs. 2 GG ergebenden l9 •

B. Abfallgebühren I. Kostenmäßige Ausprägung des Verursacherprinzips

Obliegt Privaten nicht selbst die Entsorgung von Abfällen, sondern wird diese von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern vorgenommen, können diese zwar nicht im Wege der Kostenerstattung, aber durch eine Gebühr für die Nutzung der öffentlichen Abfalleinrichtungen herangezogen werden. Dann liegt die eigentliche Verwirklichung des Verursacherprinzips in der Auferlegung von Abfallgebühren20 • Die damit einhergehende Überlassungspflicht stellt sicher, daß jeder Betroffene den Abfallgebühren unterliegt. Die Abfallgebühren knüpfen an die Überlassung von Produkten an und belegen damit den Endbesitzer als denjenigen, der die Abfälle weggibt und dadurch Gefahren verursacht, mit Lasten. Bereits dann, wenn die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern entstehenden Kosten weitergegeben und damit beim Belasteten internalisiert werden, wird der Endbesitzer in seinen Gewohnheiten beeinflußt, wie es der Intention des Verursacherprinzips entspricht2 1• Diese Beeinflussung wird dann verstärkt, wenn die Abfallgebühren über die entstehenden Kosten hinaus bemessen werden, um einen zusätzlichen Lenkungseffekt zu erreichen22 •

VgJ. oben § 6. Siehe oben § 6. 18 Badura, DVBJ. 1982,861 (868); Gusy, JZ 1982, 657 (662); Hofmann, VVDStRL 41 (1983), 42 (77); Isensee, DÖV 1982, 609 (612 f.); MeTten, BayVBJ. 1978,554 (556). 19 Götz, VVDStRL 41 (1983),7 (32); Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 303 ff. m.w.N.; den Charakter als Grundpflicht abI. etwa Eh/ers, VVDStRL 51 (1992),211 (227); Gassner, NVwZ 1982, 165 (167); siehe dagegen Badura, in: Hdb. VertR, § 10 Rn. 24; Breuer, Die Bodenutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, S. 42; von Brünneck, Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, S. 393; Bryde, in: von Münch/Kunig, GGK I, Art. 14 Rn. 69; Kimminich, in: BK, Art. 14 Rn. 165 f. 20 Siehe oben § 3 A.1. 21 Siehe zu § 3 Abs. 1 AbfG oben § 3 A.I, zu § 13 Abs. 1 Krw-/AbfG oben § 5 G. 22 Zu deren Zulässigkeit § 9 B.V. 16 17

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11. Erhebungsberechtigte

Die Erhebung von Gebühren ist hoheitlich und wird bislang ausschließlich von Personen des öffentlichen Rechts vorgenommen. Berechtigt ist die Körperschaft, die die Entsorgung vornimmt. Im Hinblick darauf, daß die Gemeinden aufgrund der hohen Entsorgungsaufwendungen und -kosten leicht überfordert sind und damit die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung gefcihrdet ise3, bestimmen die landesrechtlichen Vorschriften regelmäßig die Kreise und kreisfreien Städte als entsorgungspflichtige Körperschaften24 • Teilweise verbleibt aber die Kompetenz zum Einsammeln der Abfälle bei den Gemeinden2S • Jedenfalls aber können die Kreise Entsorgungspflichten (teilweise) auf die Gemeinden oder einen zu bildenden Zweckverband übertragen26 • Erfolgt wie meist nur eine Übertragung des Einsammelns und Sortierens, bleibt der Kreis für die Entsorgung zuständig. An ihn haben die Gemeinden aufgrund dieser Kompetenzverteilung - und nicht aufgrund der Tatsache, daß sie nach dem Einsammeln selbst Besitzer im Sinne von § 3 Abs. 1 AbfG sind27 - die Abfälle abzuliefern, womit sie ihrer Entsorgungspflicht genügen, und für die Benutzung seiner Entsorgungsanlagen Gebühren zu bezahlen. Diese können sie aber etwa gern. § 9 Abs. 3 S. 2 LAbfG NW LV.m. § 7 Abs. 1 S. 1, 2 und 4 KAG NW in Form einer Umlage auf die Benutzer einer Gemeinde abwälzen oder als Kosten für Fremdleistungen nach § 6 Abs. 2 S. 2 KAG NW in die Müllgebühren einrechnen28 • Obliegt also das Einsammeln der Gemeinde, ist diese dem Bürger gegenüber zur Erhebung von Gebühren berechtigt. Bedienen sich öffentlich-rechtliche Entsorgungskörperschaften gern. § 3 Abs. 2 S. 2 AbfG bzw. § 16 Abs. 1 S. 1 Krw-/AbfG zur Erfüllung ihrer Pflichten Privater, bleiben nach außen ebenfalls sie verantwortlich und damit zugleich berechtigt zur Gebührenerhebung . Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz knüpft für das Rechtsverhältnis des Abfall erzeugenden Bürgers zu öffentlich-rechtlichen Entsorgungskörperschaften gern. § 13 Abs. 1 wie bereits § 3 Abs. 1 AbfG an die Überlassung an. Zur

BVerfGE 79, 127 (156 f.). § 6 LAbfG BW; Art. 3 BayAbfAlG; § 7 hmb. AbfG; § 1 hess. AbfG; § 6 nds. AbfG; § 5 LAbfG NW; § 3 LAbfWAG Rh.-Pf.; § 3 sächs. EGAB; § 1 LAbfWG S.-H.; § 2 Abs. 1 S. 1 thür. AbfAG. Im Saarland haben die an sich zuständigen Gemeinden ihre Entsorgungspflicht auf den Abfallbeseitigungsverbund Saar delegiert (§§ 2 ff. saar!. AbfG). 2' Siehe etwa § 1 Abs. 1 hess. AbfG; § 5 Abs. 6 LAbfG NW. 26 Siehe etwa § 6 Abs. 2 LAbfG BW; § 6 Abs. 1 S. 2 LAbfG NW; vgl. BVerfGE 79, 127 (156 f.). 27 So aber OVG NW, zit. nach SchmidI, StGR 1992, 119 (121). Insoweit handelt es sich aber um eine Verteilung der Entsorgungszuständigkeiten auf mehrere Körperschaften, die dann gemeinsam die durch den Anfall von Abfall entstehenden Gefahren abzuwehren haben, aber nicht selbst als Verursacher solcher Gefahren angesehen werden können. 2K OVG NW, zit. nach Schmidt, StGR 1992, 119 (128 f.). 23

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

Erhebung der Gebühren ist daher auch mit seiner Wirksamkeit entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen die Körperschaft berechtigt, die die Abfälle einsammelt, auch wenn sie sie nicht selbst entsorgt, sondern hierfür eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft eingeschaltet ist. Sammelt die Gemeinde ein, ist sie auf landesrechtlicher Grundlage der dem Bürger gegenübertretende Entsorgungsträger. Jedenfalls bei dieser Sicht bestehen im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 GG keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 13 Abs. 1 Krw-/AbfG. Mit der Wirksamkeit des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes können öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ebenso wie private ihre Entsorgungspflichten gem. § 16 Abs. 2 Krw-/AbfG Dritten übertragen. Das betrifft aber nicht ihre Rechte; für deren Übertragung besteht auch keine eigene Ermächtigungsgrundlage29 • Zur Gebührenerhebung bleiben insoweit weiterhin nur die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger berechtigt. Jedoch vermögen gem. § 17 Abs. 5 (LV.m. § 18 Abs. 2) Krw-/AbfG auch Verbände sowie Einrichtungen der Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft, die privatrechtlich organisiert sein können, als Beliehene Gebühren zu erheben. Diesen können von den Erzeugern und Besitzern von Abfällen, nicht aber von den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern, die diesen obliegenden Pflichten übertragen werden30 •

III. Einwirkungen des AbfaUrechts auf die Erhebung von AbfaUgebühren

Weder im Abfallgesetz von 1986 noch im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist ein Maßstab für die Bemessung der Abfallgebühren festgelegt. Die Regelungen von Landesabfallabgabengesetzen beziehen sich meist lediglich auf besonders überwachungsbedürftige Abfälle31 • Allerdings enthalten die meisten Landesabfallgesetze Vorgaben für die Bemessung der Gebühren. So sollen bzw. können die Gebühren in zahlreichen Bundesländern wirksame Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen schaffen32 • Die meisten Landes-

Siehe oben § 5 A.IV. Siehe oben § 5 E.II. und III. JI Siehe etwa § 1 Abs. 1 LAbfallabgabenG B.-W.; Hess. SonderabfallabgabenG; § 1 Abs. 1 nds. LAbfallabgabenG; zum Regelungsgehalt dieser Gesetze KloepjerlSchulte, UPR 1992, 201 (201 f.). 32 Art. 7 Abs. 5 Nr. 6 BayAbfAIG; § 8 Abs. 3 S. 1 bbg. LAbfVG; § 12 nds. AbfG; § 9 Abs. 2 S. 3 LAbfG NW; § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWAG Rh.-Pf.; § 3 Abs. 3 S. 2 saarl. AbfG; § 3 Abs. 2 S. 5 sächs. EGAB; § 4 Abs. 4 thür. AbfAG. 29 JO

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

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abfallgesetze enthalten Festschreibungen dafür, welche Kosten ansatzfähig sind33 • Sofern bzw. soweit keine landesrechtliehe Regelung existiert, bleibt diese den erhebenden Kommunen nach den auch in anderen Fällen für die Festsetzung von Gebühren maßgeblichen landesrechtlichen Regelungen überlassen34 • Für die Gebühren erhebenden Verbände und Einrichtungen der Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft gelten, soweit landesrechtliehe Regelungen fehlen, dieselben Grundsätze, soweit diese Vorschriften aus der Verfassung ableitbare Prinzipien wiedergeben. Die Erhebung von Gebühren erfolgt allerdings bei der Erledigung der Abfallentsorgung und unterliegt daher den bundesrechtlichen Vorgaben für diesen Bereich. Sie hat sich somit an die im Abfallrecht festgelegten Ziele und Rahmensetzungen zu halten3s •

1. Ab/al/gesetz von 1986 Nach dem Abfallgesetz von 1986 ist entscheidend die Entsorgung durch die öffentliche Hand, deutlich zum Ausdruck kommend durch die Überlassungspflicht des § 3 Abs. 1 AbfG36 • § 1 a AbfG nennt zwar die Vermeidung an erster Stelle, impliziert aber keine normative Rangfolge37 • Der Vorrang der Verwertung gern. § 3 Abs. 2 S. 3 AbfG bezieht sich auf die durch öffentlichrechtliche Entsorger eingesammelten Abfälle38 , impliziert also nicht eine Begünstigung oder Förderung selbst verwertender Haushalte durch die Gebührenbemessung. Dieser Vorrang steht zudem unter dem Vorbehalt des technisch Möglichen und wird zusätzlich dadurch relativiert, daß die Verwertung gern. § 1 Abs. 2 AbfG sowohl die stoffliche als auch die energetische umfaßt. Von daher ergibt sich keine Vorgabe, durch eine Gebührenermäßigung für stofflich wiederverwertbare Produkte zum Kauf entsprechender Waren anzuregen. Eine solche Maßnahme steht gleichwohl nicht im Widerspruch zum Abfallgesetz. Konkretisierungen zur Vermeidung und zur Verwertung sind allerdings durch Rechtsverordnungen aufgrund von § 14 AbfG möglich. Insbesondere aus der Verpackungsverordnung ergeben sich gegenüber dem Abfallgesetz verschärfte

33 Etwa § 8 Abs. 2 LAbfG BW; Art. 7 Abs. 5 S. 1 BayAbfAIG; 9 Abs. 2 LAbfG NW; § 3 a Abs. 3 nds. AbfG; § 5 Abs. 2 LAbfWAG Rh.-Pf.; § 6 Abs. 3 LAbfG Sachs.-Anb.; § 4 Abs. 2 S. 6 thür. AbfAG. 34 Deutlich etwa § 8 Abs. 2 LAbfG BW; § 5 Abs. 2 LAbfWAG Rh.-Pf. 3' Albers, StT 1990,447 (448, 450). 36 Siehe oben §§ 2 B., 3 A. 37 Siehe oben § 2 B. 38 Siehe auch § 1 a Abs. 2 AbfG.

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

Anforderungen für private Entsorger9 , deren Erreichung nicht durch die Gebührenbemessung konterkariert werden darf. Zudem wurde durch diese Verord nung der Einstieg in die private Entsorgungsverantwortung vollzogen40 , die ebenfalls nicht durch eine kommunale Gebührenbemessung zunichte gemacht werden kann.

2. Verpackungsverordnung und Kreislaufwirtschaftsund Abjallgesetz Diese für die Gebührenbemessung relevanten Ansätze in der Verpackungsverordnung werden verstärkt und gebietsübergreifend festgelegt durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Ab 7.10.1996 unterliegen die öffentlichrechtlichen Entsorgungskörperschaften den Pflichten des § 15 Krw-/AbfG. Für die Verbände und die Einrichtungen der Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft gilt das gern. § 17 Abs. 6 (i.V.m. § 18 Abs. 2) Krw-/AbfG im Hinblick auf §§ 15 Abs. 1 und 3 Krw-/AbfG. In § 15 Abs. 1 Krw-/AbfG wird auf die Grundsätze des § 4 Krw-/AbfG verwiesen. Bezieht sich diese Verweisung vorn Wortlaut her auch nur auf die Verwertung, so ist zu beachten, daß § 4 Krw-/AbfG über diesen Vorgang hinausgeht und allgemeine Grundsätze für die Kreislaufwirtschaft formuliert, während die Pflichten bei der Verwertung näher in §§ 5, 6 Krw-/AbfG festgelegt sind. Somit macht die Verweisung auf § 4 Krw-/ AbfG nur Sinn, wenn die an sie gebundenen Einheiten in ihrer gesamten mit der Entsorgung verbundenen Tätigkeit den dort genannten Grundsätzen unterliegen. Insbesondere bleiben damit konkurrierende Zielsetzungen ausgeschlossen. Gern. § 4 Abs. 1 Krw-/AbfG steht an erster Stelle die Vermeidung von Abfall, dann kommt die Verwertung, die allerdings wie bereits unter dem Abfallgesetz von 1986 unter dem Vorbehalt des Möglichen steht41 und sowohl die stoffliche als auch die energetische Form umfaßt, wenngleich gern. § 6 Krw / AbfG die umweltverträglichere Variante vorzuziehen ist42 • Die in § 23 Krw-/AbfG vorgesehenen Produktanforderungen bedürfen der Konkretisierung und enthalten daher jedenfalls als solche nicht die Vorgabe an die kommunale Gebührenbemessung, diese für umweltverträglich entsorgbare Produkte besonders günstig zu gestalten. Selbst wenn konkretisierende Rechtsverordnungen statuiert werden, sollen diese bestimmte Produktanforderungen ordnungsrechtlich verwirklichen. Daher sind Auswirkungen auf die Gebührenbe-

3. Näher oben § 4 B. 40 Siehen oben §§ 2 C., 4 B. 41 Insoweit sind die Anforderungen für öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger allerdings gern. § 15 Abs. 1 S. 2 Krw-/AbfG schärfer. 42 Im einzelnen oben § 5 C.

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messung fraglich. Außerdem erschiene ihre Ausrichtung auf Einzelprodukte kaum praktikabel 43 • Aus der Ausgestaltung der Verwertung im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz werden sich daher ebensowenig wie aus dem Abfallgesetz konkrete Vorgaben für die Gebührenbemessung ableiten lassen; Verwertungsanstrengungen dürfen allerdings nicht behindert werden. Eine Gebührenfestsetzung völlig unabhängig von der Menge und damit ungeachtet eigener Verwertung etwa durch Kompostierung oder der Verwertung durch Produkthersteller und -vertreiber wie im Rahmen des Dualen Systems verstößt daher jedenfalls gegen die Vorgaben des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts44 • Nähere Vorgaben lassen sich hingegen aus dem Vorrang der Vermeidung ableiten. Werden die Abfallgebühren extrem niedrig bemessen, so laden sie dazu ein, Abfall nicht zu vermeiden, sondern ihn zu produzieren und öffentlich-rechtlichen Entsorgern zu überantworten. Existieren besondere Sammelbehälter etwa für Glas, bestünde kein Anreiz mehr, diese zu benutzen, um Kosten bei der Müllabfuhr zu sparen. Aus § 15 Abs. 2 Krw-/AbfG ergibt sich die Subsidiarität der öffentlich-rechtlichen Entsorgung, aus Abs. 3 der Vorrang einer Entsorgung durch die Erzeuger und Vertreiber von Erzeugnissen, die mit Rücknahmepflichten belegt wurden45 • Die Gebühren werden somit für eine Tätigkeit erhoben, die nach dem Willen des Bundesgesetzgebers nachrangig sein soll. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit eines dieses Stufenverhältnis sicherstellenden Gebührenminimums. Ansonsten könnten die Gebühren erhebenden Einheiten durch eine entsprechende Gebührenfestlegung diese Entscheidung des Bundesgesetzgebers unterlaufen. Würden die Gebühren derart niedrig festgesetzt, daß sie privaten Haushaltungen keinen Anreiz mehr böten, die einer Rücknahmepflicht unterliegenden Produkte auszusortieren, und würde zugleich von der Ermächtigung des § 15 Abs. 3 Krw-/AbfG kein Gebrauch gemacht, diese Erzeugnisse von der öffentlich-rechtlichen Entsorgung auszuschließen, so würde leicht auch insoweit die öffentlich-rechtliche Entsorgung zum Regelfall. Sind privaten Entsorgern wie im Anhang zu § 6 Abs. 3 VerpackV Erfassungsquoten vorgegeben, könnten sie diese schwerlich erfüllen. Weil allerdings insbesondere aufgrund der Verpackungsverordnung die öffentlieh-rechtlichen Entsorgungssystemen überantwortete Abfallmenge zurückgegangen ist und bei der Einbeziehung weiterer Produkte in private Rücknahmesysteme weiter zurückgehen wird, die Unterhaltung der Anlagen und damit die Vgl. näher § 9 B.IV.3. Zur Umsetzung dieser Vorgabe vordem Hintergrund der notwendigen Typisierung unten § 9 B.IV.3. 4~ Näher oben § 2 0.11., 5 A. 43

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

Grundkosten aber konstant bleiben, ist weniger eine Gebührensenkung als vielmehr eine drastische Erhöhung zu erwarten46 • Eine äußerste Grenze besteht zwar darin, daß Leerkosten aufgrund echter Überkapazität als nicht mehr für die Erbringung der Entsorgungsleistung benötigte Aufwendungen nicht in die Gebühren eingerechnet werden dürfen47 • Das gilt aber nicht für Kapazitätsreserven für die Zukunft48 und für Aufwendungen, um wieder eine bedarfsadäquate Kapazität sicherzustellen. Hohe Gebühren haben vordergründig den Effekt einer Abfallvermeidung, so daß sie die mit der Anwendung des Verursacherprinzips verfolgte Verhaltensänderung lediglich zu fördern scheinen. Indes rufen sie die Gefahr hervor, daß private Haushaltungen auch nicht der Rücknahmepflicht der Hersteller und Vertreiber unterliegende Produkte diesen überantworten werden, um Gebühren für die öffentliche Müllabfuhr zu sparen. Damit werden zwar Abfälle in private Entsorgungsverantwortung gegeben, aber über den gesetzlich vorgesehenen Rahmen hinaus. Dieser wurde regelmäßig so gezogen, daß die Produkte erfaßt werden, die von der Wirtschaft selbst entsorgt werden können. Das gilt insbesondere im Hinblick auf vorrangige Verwertungspflichten. So sind etwa aufgrund der Verpackungsverordnung Verpackungen zur Rücknahme durch die Hersteller und Vertreiber bestimmt, nicht aber deren verdorbener Inhalt. Werden aufgrund gestiegener öffentlicher Müllgebühren derart fremde Stoffe den privaten Sammelsystemen übergeben, wird diesen bzw. dem von ihnen eingeschalteten Dualen System die Erfüllung der gern. §§ 4 S. 1, 5 Abs. 3 S. 3, 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV i.V.m. Ziff. IV des Anhangs zu § 6 Abs. 3 VerpackV bestehenden Verwertungspflichten erheblich erschwert, wenn nicht gar im Hinblick auf die schwierige Aussonderbarkeit unmöglich gemacht49 • Sind die Müllgebühren zu hoch, besteht außerdem die Gefahr der wilden Entsorgung, die Abfall gänzlich der Verwertung und auch der geordneten Beseitigung entzieht. Solche Entwicklungen provozierende Festsetzungen von Abfallgebühren widersprechen dem Vorrang der Verwertung in § 4 Abs. 1 Krw-/AbfG bzw. - bei wilder Entsorgung - der weiterhin gern. § 10 Krw-/AbfG geforderten geordneten Entsorgungso. Zudem stoßen hohe Gebühren an die abgabenrechtlichen Grenzen der Gebührenerhebung (IV.) und können bei deren Überschreiten höchstens

Im einzelnen Schink, GemH 1994, 241 (245). OVG S.-H., DÖV 1995,474. 48 OVG S.-H., ebda. 49 Näher Frenz, GewArch. 1994, 145 (153). 50 Dazu im Zusammenhang mit der wilden Entsorgung unter der Geltung des Abfallgesetzes OVG Koblenz, KStZ 1990,97; BayVGH, BayVBI. 1988,627 (628); HessVGH, KStZ 1987, 190 (194); OVG Lüneburg, NVwZ 1985,441; siehe auch WiebeiSteenken, in: Lübbe-WoljJ, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 205 (210). 46 47

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

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durch etwaige über die Tatsache der Gebührenerhebung hinausgehende Lenkungszwecke gerechtfertigt werden (V.).

IV. Abgabenrechtliche Grenzen

1. A'quivalenz- und Kostendeckungsprinzip als verfassungsrechtlich fundierte Grundsätze Gebühren werden in Art. 74 Nr. 22, 80 Abs. 2 GG erwähnt, aber nicht definiert. Um eine Überschneidung mit der Steuer zu vermeiden, bedarf es zu ihr einer Abgrenzung. Geht man, wie Art. 106 GG zeigt, davon aus, daß der Staat des Grundgesetzes seine allgemeinen Einnahmen durch Steuern deckt51 , muß vermieden werden, daß auch Gebühren zu diesem Zweck herangezogen werden können52 • Das erfordert aber, daß diese Abgabenart nur insoweit erhoben wird, als es zur Deckung der Kosten einer staatlichen Leistung erforderlich ist. Andernfalls könnte der Staat durch eine die Kosten übersteigende Gebührenbemessung Zusatzeinnahmen erzielen, die für allgemeine Zwecke einsetzbar wären. Daher ergibt sich das Kostendeckungsprinzip bereits aus der Finanzverfassung und bedarf somit - entgegen der herrschenden Meinung53 - keiner gesetzlichen Festlegung54 • Gebühren beeinträchtigen wie auch die Steuern die Grundrechte des Bürgers und unterliegen daher der staatlichen Rechtfertigungspflicht55 • Da sie an eine individuell zurechenbare Leistung gekoppelt sind, bestimmt ihre Rechtfertigung dem Grunde nach auch die Grenzen, innerhalb derer ihre Ausgestaltung und damit insbesondere ihre Bemessung gerechtfertigt sind56 • Wegen der Verknüp-

51 Zur Konzeption des Steuerstaats im einzelnen Friauj, in: Festschrift für JahrreijJ, S. 45 (54 f.); lsensee, in: Festschrift für lpsen, S. 409 ff. und unten § 10 B.II.l.c). 52 Ebenso Vogel, in: Festschrift für Geiger zum 80. Geburtstag, S. 518 (528). 53 Insbes. BVerwGE 12, 162 (164 ff.); Kloepjer, AöR 97 (1972), 232 (249); F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 100 f. m.w.N. auch zur Gegenauffassung. Sol Von daher haben §§ 8 Abs. 2,9 Abs. 2 S. 1 KAG BW; § 22 Abs. 2 i.V.m. § 11 BayKostG, Art. 8 Abs. 2 S. 1 BayKAG; §§ 5 Abs. 4, 6 Abs. 1 S. 3 bbg. KAG; §§ 9 Abs. 2 S. 2, 10 Abs. 2 S. 1 hess. KAG; §§ 5 Abs. 4, 6 Abs. 1 S. 2 KAG M.-V.; § 4 Abs. 4 S. 1 nds. KAG i.V.m. § 3 Abs. 2 S. 1 nds. VwKostG, § 5 Abs. 1 S. 2 nds. KAG; §§ 5 Abs. 4, 6 Abs. 1 S. 3 KAG NW; § 38 KAG Rh.-Pf. i.V.m. § 3 LGebG Rh.-Pf., § 6 Abs. 1 S. 2 KAG Rh.-Pf.; § 4 Abs. 4 Nr. 3 saarl. KAG i.V.m. § 6 Abs. 3 saarl. GebG, 6 Abs. 1 S. 3 saarl. KAG; § 10 Abs. 1 S. 1 sächs. KAG; § 3 Abs. 4 S. 1 KAG Sachs.Anh. i.V.m. § 3 Abs. 2 S. 1 VwKostG Sachs.Anh., § 5 Abs. 1 S. 2 KAG Sachs.-Anh.; § 5 Abs. 2 S. 3 KAG S.-H. i.V.m. § 224 Abs. 4 S. 2 LVwG S.-H.; § 6 Abs. 2 S. 1 KAG S.-H.; §§ 1 Abs. 2 S. 2, 12 Abs. 2 S. 1 thür. KAG nur deklaratorische Bedeutung. 55 Siehe oben § 8. 56 Vogel, in: HStR IV, § 87 Rn. 89, 96.

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

fung der Gebühr mit einer Leistung ist sie nur dann verhältnismäßig, wenn zwischen dieser Leistung und der Gebühr als Gegenleistung ein angemessenes Verhältnis besteht - Äquivalenzprinzips1. Zudem sind die Gebühren nur insoweit erforderlich, als sie die zur Erfüllung der gebührenpflichtigen Aufgaben notwendigen Ausgaben deckens8 • Das KostendeckungsprinzipS9 ergibt sich somit auch aus dem Übermaßverbot60 •

2. Ansatz,fähigkeit nur der leistungsbezogenen Kosten Als Entgelt für eine staatliche Leistung bestimmt sich die Gebühr in ihrer Höhe nach den leistungsbezogenen Kosten61 • Berücksichtigungsfähig sind daher nur solche Kosten, die zum Zwecke der Erbringung der staatlichen Leistung anfallen62 • Das ist unabhängig davon, ob die zur Erhebung der Gebühren berechtigte Entsorgungskörperschaft selbst tätig ist oder zulässigerweise einen Dritten eingeschaltet hat63 • Der Umfang der ansatzfähigen Kosten wird zum Teil landesgesetzlich konkretisiert64 • Diese Konkretisierung fmdet aber dort ihre Grenze, wo durch einen Aufwendungsbegriff auch abfallwirtschaftliche Leistungen der Kommunen einbezogen werden können, die nicht mehr in einem unmittelbaren Zusammen-

so BVerwGE 2, 246 (249); 5, 136 (141); 12, 162 (166 f.); 22, 299 (305); 79, 90 (91); st. Rspr. Gesetzlich festgelegt in § 8 Abs. 2 KAG BW; Art. 8 Abs. 4 1. Hs. BayKAG; § 6 Abs. 3 S. 1 bbg. KAG; § 10 Abs. 3 S. 1 hess. KAG; § 6 Abs. 3 S. 1 KAG M.-V.; § 5 Abs. 3 S. 1 nds. KAG; § 6 Abs. 3 S. 1 KAG NW; § 17 Abs. 2 KAG Rh.-Pf.; § 6 Abs. 3 S. 1 saarl. KAG; § 14 Abs. 1 S. 1 sächs. KAG; § 5 Abs. 3 S. 1 KAG Sachs.-Anh.; § 6 Abs. 4 S. 2 KAG S.-H.; § 12 Abs. 4 thür. KAG. Ist keine gesetzliche Verankerung vorltanden, gilt das Äquivalenzprinzip unmittelbar als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Überrnaßverbotes, Dahmen, in: Driehaus, KAG, § 4 Rn. 48 m.w.N. Unentschlossen BVerfGE 50, 217 (227); abI. F. Kirchhof, DVBI. 1987, 554 (559); Kloepfer, AöR 97 (1972), 232 (252 f., 255), der auf die Bezogenheit der Maßstäbe auf die fmanzielle Einbuße einerseits und den Wert bzw. den Nutzen der besonderen Inanspruchnahme der Verwaltung andererseits und ihre damit verbundene Isolierung verweist. Diese Bezogenheit ist aber die Folge der auch von ihm anerkannten Anwendung des Verltiltnismäßigkeitsprinzips auf die Gebühr. - Streitig ist, ob sich die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung nach den Kosten oder dem Nutzen der in Anspruch genommenen Leistung bemißt (näher dazu Dahmen, in: Driehaus, KAG, § 6 Rn. 217 Cf.). S8 Nicht erforderlich sind etwa überltöhte Zuwendungen an Vorstandsmitglieder von kommunalen Betreibergesellschaften, LG Krefeld, Urt. vom 7.7.1994, Az. 30366/93. S9 BVerwGE 12, 162 (167 Cf.); 13, 214 (222). 60 Erichsen, Kommunalrecht NW, S. 154; ders., Jura 1995, 47 (49); Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 119 Cf. 61 Näher z.B. Dahmen, StT 1989, 673 (674). 62 Vgl. etwa OVG NW, DVBI. 1988, 907. 63 Näher OVG NW, NWVBI. 1995, 173. Siehe jetzt explizit § 9 Abs. 2 S. 1 LAbfG NW. 64 Siehe oben § 9 B.rn. Allgemein Dahmen, KStZ 1992, 121 (122).

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

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hang mit der (häuslichen) Abfallentsorgung stehen. Entsprechende landesrechtliehe Vorschriften6S sind daher restriktiv auszulegen66 • Somit fallen jedenfalls bei fehlender Zuordnung zur Aufgabe der Abfallentsorgung die Kosten für das Aufstellen, Unterhalten und Entleeren von Straßenpapierkörben heraus67 • Hingegen werden die Kosten der Beratung der Abfallbesitzer oder der getrennten Erfassung von Abfällen außerhalb der regelmäßigen Grundsrucksentsorgung gern. § 9 Abs. 2 S. 1 LAbfG NW68 den ansatzfähigen Kosten zugeschlagen. Insoweit handelt es sich zwar nicht um Kosten für Leistungen, die jedem einzelnen Gebührenschuldner gegenüber erbracht werden. Indes ist die Beratung Teil der notwendigen Infrastruktur, damit eine geordnete Entsorgung gewährleistet ist; § 38 Krw-/AbfG legt eine solche Beratungspflicht ausdrücklich fest. Die dafür aufgewendeten Gelder sind daher auch ohne gesetzliche Festschreibung ansatzfähig 69 • Die Einbeziehung der getrennten Erfassung von Abfällen außerhalb der regelmäßigen Grundstücksentsorgung ist dann gerechtfertigt, wenn sie Bestandteil eines umfassenden Entsorgungssystems ist und nach einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung von den Gebührenschuldnem genutzt wird. Das ist im Hinblick auf Straßenpapierkörbe deshalb nicht der Fall, weil diese auch von Fremden benutzt werden. Die Kosten für ihre Aufstellung, Unterhaltung und Entleerung sind daher - entgegen § 9 Abs. 2 LAbfG NW - nicht ansatzfähig70 • Eine solche gesetzliche Regelung ist ausgeschlossen. Leistungsbezogen sind nur die konkret anfallenden und damit die betriebswirtschaftlichen Kosten71 , nicht aber die volkswirtschaftlichen und damit die sozialen Zusatzkosten etwa in Gestalt der Luftverschmutzung durch das Verbrennen von Abfällen72 : Sie fallen bei den Kommunen nicht als Kosten für die

6S § 8 Abs. 2 Nr. 2 AbfG BW; Art. 7 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 2. Alt. BayAbfGAIG; § 9 Abs. 2 LAbfG NW. 66 Dahmen, KStZ 1992, 143 (144 Cf.); Wiebe/Steenken, in: LübbelWolff, Umweltschutz durch kommunales Satzüngsrecht, S. 205 (215) . • 7 OVG NW, GemH 1994, 258 f. Abhilfe soll insoweit eine Erstreckung der Entsorgungspflicht auf das Aufstellen, Unterhalten und Entleeren von Straßenpapierkörben in § 5 Abs. 2 LAbfG NW und eine entsprechende Erweiterung dllr ansatzfähigen Kosten in § 9 Abs. 2 LAbfG NW bringen. Vgl. auch Queitsch, StGR 1994, 86 (97 f.) . .. Ebenso § 8 Abs. 2 Nr. 2 a LAbfG BW; Art. 7 Abs. 5 Nr. 5 i.V.m. Art. 3 Abs. 4 BayAbfAIG; § 5 Abs. 2 Nr. 3 LAbfWAG Rh.-Pf. • 9 Ebenso Tiemann, StGR 1991, 279 (281); Wiebe/Steenken, in: Lübbe-Wolff, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 2()5 (216). 70 Ebenso Dahmen, KStZ 1988, 132 (133). 71 Näher OVG NW, GemH 1994,233 (233). 72 Das beklagen Faber/Michaelis, in: NutzingerfZahrnt, Öko-Steuern, S. 103 (114).

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

Entsorgung an. Etwas anderes gälte nur dann, wenn sie ihnen in Rechnung gestellt und damit als dem Betrieb anzulastende Kosten zu betriebswirtschaftlichen Kosten würden. Dann wäre die als solche auf der Basis des auf ein konkretes Austauschverhältnis bezogenen Gebührenbegriffs nicht umsetzbare rechtspolitische Forderung, den betriebswirtschaftlichen Gebührenbegriff der Kommunalabgabengesetze durch einen volkswirtschaftlichen zu ersetzen73 , im Effekt auf dem Boden des geltenden Gebührenrechts und -systems erreicht. Die Gebühr ist eine Leistung für eine in einem konkreten Zeitpunkt erbrachte Gegenleistung. Somit sind Kosten durch Altlasten, die nicht auf ein Verhalten der gegenwärtig zu Gebührenzahlungen Herangezogenen zurückzuführen sind, entgegen ausdrücklicher Vorgabe in manchen Ländem74 für diese Personen nicht ansatzfähig75 • Das gilt auch für nicht vorhersehbare Kosten, die aus früher angelieferten Produkten herrühren. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn sich ein Bezug zu den gegenwärtig angelieferten Abfallen herstellen läßt, weil etwa eine Differenzierung der Verursachungsbeiträge von früher und gegenwärtig angelieferten Produkten nicht möglich ist und eine Verursachung der gegenwärtig angelieferten Produkte durch Tatsachen vertretbar belegt werden kann76 • Leistungsbezogen sind hingegen alle Kosten, die konkret zur Entsorgung der gegenwärtig angelieferten Abfälle notwendig sind. Dazu gehören die Kosten für die Anschaffung von Anlagen ebenso wie der Wertverlust angeschaffter Anlagen wie auch Aufwendungen für die Folgenüberwachung und -beseitigung etwa im Hinblick auf Sickerwasser und Gasbildung. Zu den ansatzfähigen Kosten zählt daher die Abschreibung von Abfallentsorgungsanlagen nach dem Wiederbeschaffungswert77 , ebenso eine Rücklage für die vorhersehbaren späteren Nachsorgekosten78 • Aufgrund der vielfach verborgenen Gefahren mancher Produkte sind allerdings die Entsorgungskosten nicht genau abschätzbar. Unvorgesehen auftretende Kosten im nachhinein auf die Gebühren umzulegen bereitet folgendes Dilemma:

Etwa Bals/N6Ike, KStZ 1990,201 (220 ff.); abI. bei MohllBackes, ZKF 1991,50 (52). Siehe § 8 Abs. 2 Nr. 1 LAbfG BW, Art. 7 Abs. 5 Nr. 5 1. Alt. BayAbfAIG; § 9 Abs. 2 S. 2 LAbfG NW; § 5 Abs. 2 LAbfWAG Rh.-Pf.; § 4 Abs. 2 S. 6 thür. AbfAG. " Ebenso OVG NW, Urteil vom 21.2.1990, zit. in: Tiemann, StGR 1991, 279 (283); Seimer, in: Thieme, Umweltschutz im Recht, S. 25 (37); Trzaskalik, StuW 1992, 135 (142 f.); vgl. auch lsensee, in: Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (450). 76 Vgl. BVerfGE 50, 290 (333 f.); 78, 214 (227 f.). 77 OVG NW, NWVBI. 1994, 99 (101 f.); BVerwG, KStZ 1985, 129; Dahmen, in: Driehaus, KAG, § 6 Rn. 734 a m.w.N.; abI. etwa von Zwehl, OB 1989, 1345 ff. 78 Siehe § 8 Abs. 2 Nr. 2 b LAbfG BW; § 3 a Abs. 3 Nr. 1 nds. AbfG; § 9 Abs. 2 LAbfG NW; § 5 Abs. 2 Nr. 1 LAbfWAG Rh.-Pf.; § 6 Abs. 3 Nr. 1 AbfG Sachs.-Anh. 7J

74

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

129

Mit den Personen, die früher Abfall zur Deponierung gegeben haben, ist bereits abgerechnet, so daß ein Vertrauenstatbestand existiert, der eine nachträgliche Inanspruchnahme regelmäßig ausschließf9• Die Personen, die jetzt Abfall zur Deponierung geben, haben insoweit keinen Verursachungsbeitrag geleistet und können aus diesem Grunde grundsätzlich nicht mit Kosten belastet werden80 • Damit aber die Entsorgungsträger nicht auf den unvorhergesehenen Kosten sitzen bleiben und damit die Kosten statt auf die Verursacher auf die Allgemeinheit der Steuerzahler abwälzen müssen81 , ist ihnen zuzubilligen, die Gebühr so zu bemessen, daß Rückstellungen für die Begleichung noch nicht absehbarer Kosten gebildet werden können82 • Können die mit der Entsorgung verbundenen Kosten auf die Gebührenschuldner umgelegt werden, richtet sich die Höhe der Kosten nach der Wahl der Entsorgungsart. Würden die Kommunen das Schwergewicht von der Deponierung auf die Wiederverwertung verlegen und die gesamten dafür notwendigen Investitions- und Erhaltungskosten in die Gebührenberechnung einbeziehen, ergäbe sich ein erhebliches Potential zur Gebührenerhöhung83 • Diese ließe sich bereits auf der Grundlage einer lediglich betriebsorientierten Kostenkalkulation erreichen. Vermeidungseffekte aus dem Bestreben der Bürger, Müllgebühren zu umgehen, ließen sich somit ohne die Verfolgung von spezifischen Lenkungszwecken erreichen. Das könnte insbesondere dann gelten, wenn das Kostendekkungsprinzip nicht nur als generelle Berechnungsmaxime verwendet würde, sondern auch in spezieller Zuordnung der konkreten Aufwendungen auf den individuellen Anlieferer, der dann mit den Kosten für die Entsorgung "seiner" Produkte belastet würde 84. Daraus ergeben sich jedoch erhebliche praktische Probleme.

Trzaskalik, StuW 1992, 135 (142). OVG NW, zit. in: Schmidt, StGR 1992, 119 (128); Böhm, NVwZ 1990, 340 (342). Daher bedenklich § 8 Abs. 2 Nr. 2 c LAbfG BW; Art. 7 Abs. 5 Nr. 5 Bay.AbfAlG; § 2 Abs. 2 S. 1 hess. AbfG; § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWAG Rh.-Pf.; § 4 Abs. 2 S. 6 thür. AbfAG. Diese Regelungen befürwortend hingegen Bals/Lahl, StT 1991, 608 (610); WiebelSteenken, in: Lübbe-Wolff, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 205 (218 f.). Rl Vgl. Spannowsky, DVBI. 1994, 560 (561 ff.). 82 OVG NW, zit. in: Schmidt, StGR 1992, 119 (127 f.); Trzaskalik, StuW 1992, 135 (143). 83 Näher Abel-LorenzlBrönneckeISchiller, Abfallvermeidung - Handlungspotentiale der Kommunen, S. 154, 160. 84 Dafür F. Kirchhof, DVBI. 1994, 1101 (1103); allgemein zu diesem speziellen Kostendekkungsprinzip in Abgrenzung zum generellen ders., Die Höhe der Gebühr, S. 95 ff. Isensee, in: Gedächtnisschrift für Geck, S. 355 (385) sieht diese Ausprägung des Kostendeckungsprinzips zum thematischen Bereich des Aquivalenzprinzips gehörig. Während es bei diesem jedoch um das Verhältnis der Gebühr zum Wert der Verwaltungsleistung für den einzelnen geht, steht hier die Relation der Gebühr zum behördlichen Kostenaufwand in Frage, der vom individuellen Wert durchaus abweichen kann. 79

80

9 Frenz

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

3. Bemessung im Abfallrecht nach Wahrscheinlichkeitsmaßstab Bei der Feststellung der für die Bemessung der Gebühr entscheidenden Daten ist grundsätzlich von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen. Somit bestimmt prinzipiell das Maß der tatsächlichen Inanspruchnahme8S die Höhe der Gebühr - Wirklichkeitsmaßstab86 • Vielfach ist allerdings die Bemessung der tatsächlichen Inanspruchnahme besonders schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar. Das dürfte etwa bei der gewöhnlichen Müllabfuhr zutreffen, bei der dann die von jedem Haushalt abgefahrene Müllmenge zu wiegen wäre87 • In solchen Fällen bedeutet es regelmäßig eine geringere Belastung für die Abgabenschuldner , wenn die Gebühr nach einem Wahrscheinlichkeitsrnaßstab bemessen wird, der einen geringeren Ermiulungsaufwand mit sich bringt. Seine Anwendung ist dann durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip geboten. Dieses steht daher der Anwendung des im vorhergehenden Abschnitt erwähnten Kostendeckungsprinzips in seiner individualbezogenen Form entgegen, wenn es sich auf Einzelhaushalte bezieht und nicht nur auf Großanlieferer beschränkt, die indes regelmäßig nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz selbst die Entsorgungsverantwortung tragen. Insoweit scheidet wegen eines noch größeren Aufwandes die Bemessung der Gebühr nach der Schädlichkeit des angefallenen Abfalles88 aus. Der Wahrscheinlichkeitsrnaßstab darf jedoch nicht zu einer Belastung führen, die in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen steht89 • Zudem sind Bemessungskriterien zu wählen, die der Wirklichkeit möglichst nahe kommen90 • Für die Müllabfuhr ist ein solches Kriterium etwa gegenüber einem Abstellen auf die in einem Haushalt lebenden Personen91 die Behältergröße92 , verbunden mit dem Abfuhrrhythmus93 • Da-

"' Zu diesem BegriffOVG NW, KStZ 1984, 12; Dahmen, in: Driehaus, KAG, § 4 Rn. 163 ff. m.w.N. aus der Rspr. 86 Art. 8 Abs. 4 1. Hs. BayKAG; § 6 Abs. 3 S. 1 bbg. KAG; § 10 Abs. 3 S. 1 hess. KAG; § 6 Abs. 3 S. 1 KAG M.-V.; § 5 Abs. 2 S. 1 nds. KAG; § 6 Abs. 3 S. 1 KAG NW; § 17 Abs. 2 KAG Rh.-Pf.; § 6 Abs. 3 S. 1 saarl. KAG; § 14 Abs. 1 S. 1 sächs. KAG; § 5 Abs. 3 S. 1 KAG Sachs.-Anh.; § 6 Abs. 4 S. 2 KAG S.-H.; § 12 Abs. 4 thür. KAG . ., Etwas anderes mag bei einfach handhabbaren Wiegesystemen gelten; vgl. zu Modellversuchen Wiebe/Steenken, in: Lübbe-Wolff, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 205 (226 f.). R& Dafür F. Kirchhof, DVBI. 1994, 1101 (1103). &9 Gesetzlich festgeschrieben ist diese Grenze in § 6 Abs. 3 S. 2 bbg. KAG; § 6 Abs. 3 S. 2 KAG M.-V.; § 5 Abs. 3 S. 2 nds. KAG; § 6 Abs. 3 S. 2 KAG NW; § 6 Abs. 3 S. 2 saarl. KAG; § 5 Abs. 3 S. 2 KAG Sach.-Anh.; vgl. auch § 17 Abs. 3 KAG Rh.-Pf. 90 Erichsen, Kommunalrecht NW, S. 148; vgl. Dahmen, in: Driehaus, KAG, § 6 Rn. 202 f.; a.A. Zimmermann, DVBI. 1989,901 (906); Seeger/Gössl, KAG BW, § 10 Anm. 4.2a) m.w.N. 91 Für die Zulässigkeit eines solchen Maßstabes hingegen OVG NW, KStZ 1986, 117.

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

131

durch wäre zugleich die abfallrechtliche Vorgabe gewahrt, die Verwertungsanstrengungen der Haushalte und damit die abgegebene Abfallmenge nicht außer acht zu lassen94 • 4. Gleichheit der Gebührenschuldner Der aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Grundsatz der Gleichheit der Gebührenschuldner9S verlangt im Hinblick auf die Ausrichtung der Gebühr an der erbrachten Leistung des Staates die Abstufung der Gebührenhöhe nach dem Maß der Inanspruchnahme dieser Leistung96 • Wegen der infolge der massenhaften Erhebung notwendigen Pauschalierung genügt eine Anknüpfung an typische Sachverhalte durch generell und abstrakt formulierte Abgabentatbestände, so daß der Grundsatz der Typengerechtigkeit gewahrt bleibt97 • Diese Abstufung nach Typen wird man um so eher zulassen müssen, je mehr Schwierigkeiten bei der Ermittlung des genauen Maßes der Inanspruchnahme auftreten. Im Abfallbereich ist der Spielraum somit aufgrund der bereits aufgezeigten Probleme relativ groß. Da sich die Gebührenhöhe nach der Leistung bemißt, erscheint eine Gebührenabstufung nach sozialen Kriterien fraglich 98 • Indes handelt es sich um staatliche Maßnahmen, die wie das gesamte Verwaltungshandeln den Regelungen des Grundgesetzes unterliegen und damit aufgrund des Sozialstaatsprinzips99 oder im Hinblick auf den Schutz der Familie 100 sozial Schwache oder kinderreiche VGH BW, DÖV 1995, 296 (298). Erichsen, Jura 1995, 47 (49). Zu den verschiedenen Gebührenmodellen LindemannlWiebe, NuR 1991, 171 (174 f.); Queitsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 860 ff.; zum "ökologisierten Bielefelder Gebührenkonzept" LindemannlWiebe, StT 1990, 451 ff. o. Siehe oben § 9 B.rn . •s Etwa Erichsen, Kommunalrecht NW, S. 148; vgl. BVerfGE 84, 239 (269); 35, 324 (335). 96 BVerfGE 50,217 (227); BVerwG, NVwZ 1982, 622 (623); 1983,289 (290); F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 44 f.; Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, S. 55; Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 209. 97 BVerfGE 9,3 (13); 14,76 (102); 21, 12 (27); 31, 119 (131); BVerwGE 25, 147 (148); 48, 1 (4); 49, 227 (231); BVerwG, DVBI. 1983, 46; NVwZ 1984, 380 . •• AbI. Vogel, in: HStR IV, § 87 Rn. 100; hess. VHG, NJW 1977, 452; OVG Lüneburg, NVwZ 1987,708 . .. Insbes. Kloepfer, AöR 97 (1972), 232 (256 ff.); auch OVG NW, KStZ 1984, 78; NWVBI. 1988, 377; VGH BW, NVwZ-RR 1989, 267; OVG Lüneburg, NVwZ 1990, 91. 100 BVerwG, DVBI. 1994, 818 (891). Art. 6 Abs. 1 GG und auch Art. 3 Abs. 1 GG sind nicht dadurch verletzt, daß gut verdienende kinderreiche Familien wegen der größeren Müllmenge gegenüber finanzstarken kinderlosen Paaren benachteiligt werden (vgl. aber Vogel, in: HStR IV, § 87 Rn. 100; ders., NJW 1977,454 f.), da letztere die durch die Gebühren abgegoltene Leistung nicht beanspruchen. Art. 6 Abs. 1 GG kommt daher insoweit nur als Direktive staatlichen Handeins etwa wegen einer Entlastung der betroffenen Familien in Frage. 92 93

132

Dritter Teil: Abgabenlösungen

Familien entlasten können. Für eine Überwälzung dieser Ausfälle auf die anderen Gebührenpflichtigen lO1 spricht zwar das Verursacherprinzip insofern, als nur dann der Allgemeinheit keine Kosten entstehen. Indes erfolgte die Gebührenermäßigung aus Motiven, die außerhalb des Verursacherprinzips liegen, so daß dieses insoweit eine zusätzliche Belastung der nicht privilegierten Gebührenschuldner nicht zu rechtfertigen vermag. Damit das Äquivalenzprinzip gewahrt bleibt, dürfen diese vielmehr nicht stärker belastet werden als ohne Gebührenausfall 102 •

V. Lenkende Gebühren

Bereits die Entscheidung darüber, welche Kostenpunkte in die Gebührenbemessung einbezogen werden, verschafft den Entsorgungsträgern einen großen Spielraum lO3 • Je mehr zulässige Kostenpunkte berücksichtigt werden, desto eher wird die Gebühr steigen und damit als solche - unabhängig von einer gezielt lenkenden Gestaltung - einen Anreiz zur Vermeidung von Abfall bilden. Eine solche Wirkung kann auch durch die Wahl des Berechnungsmaßstabs entstehen, so, wenn neben dem Abfuhrrhythmus auch die Behältergröße berücksichtigt oder Bio- und Restmüll getrennt abgefahren und berechnet werden. Vergleichbar zur Festsetzung von Steuern lO4 werden auch bei der Bemessung von Gebühren die von ihnen ausgehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen und damit letztlich die von ihnen ausgehenden verhaltens steuernden Effekte lO5 berücksichtigt. Das ist dem Vorgang der Gebührenfestlegung inhärent und läßt eine Gebühr noch nicht zur lenkenden werden, stellte diese doch sonst den Regelfall dar. Eine lenkende Gebühr liegt aber dann vor, wenn gezielt ein bestimmter Kostenpunkt in die ansatzfahigen Kosten einbezogen oder ein bestimmter Berechnungsmaßstab gewählt wird lO6 • Die entscheidende Frage ist aber, inwieweit darüber hinaus, also unter Überschreitung der ansatzfahigen betriebswirtschaftlichen Kosten sowie unter Durchbrechung der geltenden Gebührengrundsätze, Gebühren etwa durch eine überproportionale Steigerung bei größerer Abfall-

Dafür K/oepjer, AöR 97 (1972), 232 (258 f.). Erichsen, Kornmunalrecht NW, S. 149; vgl. Eh/ers, NWVBI. 1990, 80 (84). 103 Ebenso A/bers, StT 1990, 447 (450). \04 Dazu BVeIWG, DVBI. 1995, 58 (61) m.w.N. sowie unten § 10 B.II.2.b). 10' Siehe etwa Moh/IBackes, ZKF 1991,50 (51). \06 Etwa durch die Festsetzung einer Zusatzgebühr für einen 240-Liter-Behälter als Anreiz zur Vermeidung und VeIWertung von Abfällen, VGH BW, DÖV 1995, 296. 10\

\02

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

133

menge und damit zulässigerweise typisierend lO7 bei häufigerem Abfuhrrhythmus und/oder größeren Behältern lenkend gestaltet werden können. Lenkungszwecke bei der Erhebung von Gebühren als zweckneutraler Abgabenart sind mangels verfassungsrechtlichen Verbots zulässig 108. Im Umweltbereich kann man ihre Statthaftigkeit aus Art. 20 a GG als alles staatliche Handeln umfassende Zielbestimmung herleiten lO9 • Somit können mit Abfallgebühren ökologische Ziele verfolgt werden, insbesondere das .Ziel einer größtmöglichen Abfallvermeidung und -verwertung llO • Dafür schaffen zahlreiche Landesabfallgesetze eine ausdrückliche, wegen Zielkonformität 1l1 bundesrechtIich unbedenkliche 1l2 Grundlage 1\3 • Der Lenkungszweck darf allerdings wegen der grundSätzlichen Bemessung der Gebühr nach der erbrachten Leistung nicht im Vordergrund stehen, sondern lediglich als Zusatzfaktor und moderat in Erscheinung treten 1l4 • Für Abfallgebühren kommt damit ein beschränkter "Umweltzuschlag" in Betracht1l5 •

1. Kompetentielle Grenzen Da mit der Verfolgung eines Lenkungszwecks neben der Gebühren- eine Sachregelung vorliegt, bedarf es dafür einer Kompetenz. Um Übergriffe auf Sachregelungsbereiche zu vermeiden, die anderen Körperschaften zugewiesen sind, folgt die Kompetenz nicht aus der Summe der Kompetenzen und damit für die Kommunen bereits aus der in Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Organisationshoheit auch für ihre Einrichtungen 1l6 , sondern aus der Kompetenz für den

Siehe oben § 0

ISI

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

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sie für die hoheitliche Gewährung eines wirtschaftlich nutzbaren Rechts erhoben wirdISS. Beruhte nach § 3 Abs. 3 AbfG die private Entsorgungsverantwortung auf einem konstitutiven Ausschluß der entsprechenden Abfälle durch die an sich gern. § 3 Abs. 1 AbfG zuständige Entsorgungskörperschaft, ist nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die private Entsorgung auch für Sonderabfälle der RegelfalP56. Das Recht hierzu braucht Privaten somit nicht erst verliehen zu werden, sondern die Entsorgung obliegt ihnen als grundsätzliche Pflicht. Aber auch im Hinblick auf die Rechtslage nach dem Abfallgesetz von 1986 ergibt sich das Bedenken, daß bei einer Übertragung der Entsorgungsverantwortung auf Private diesen gern. § 3 Abs. 4 AbfG die Pflicht zur Entsorgung obliegt l57 . Zwar beinhaltet die Pflicht zur Entsorgung als Korrelat das Recht hierzu. Indes ist dieses Recht regelmäßig im Hinblick auf den (zumindest bislang) fehlenden Wert der meisten Abfälle wirtschaftlich nutzlos. Der Begriff "Pflicht" steht daher für eine Belastung, ohne daß ein wirtschaftlich nutzbares Recht vorliegt, das verliehen worden sein könnte. Das gilt zumal dann, wenn man die Verleihungsgebühr im Sinne einer "Abschöpfungsabgabe ,,158 zur Abschöpfung eines wirtschaftlichen Vorteils l59 ansieht l60 . Eine Verleihungsgebühr könnte freilich möglicherweise sowohl nach dem alten wie nach dem neuen Abfallrecht als Gegenleistung für das Recht festgelegt werden, die Entsorgungspflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger wahrzunehmen. Nach dem Abfallgesetz von 1986 erfolgt indes gern. § 3 Abs. 2 S. 2 keine Übertragung eines Rechts. Auch § 16 Abs. 1 Krw-/AbfG sieht die Möglichkeit einer bloßen Einschaltung Privater ohne Rechtsübertragung vor. Hingegen eröffnet § 16 Abs. 2 Krw-/AbfG die Übertragung der Entsorgungspflichten auch öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger . Dann sind die begünstigten Privaten auch berechtigt, die in § 15 Krw-/AbfG genannten Abfälle zu

I" Siehe etwa die Definition bei Hendler, AöR 115 (1990), 577 (602); näher F. Kirchhof, DVBI. 1987,554 ff.; für ihre Zulässigkeit auch Amdt, WiVerw. 1990, 1 (25 ff.); Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts I, S. 41; Meßerschmidt, DVBI. 1987, 925 (932); siehe bereits F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 29 f. 1S6 Siehe oben § 5 A., aber auch § 5 M. IS7 Trzaskalik, StuW 1992, 135 (144). IS8 Hendler, AöR 115 (1990), 577 (605). !S9 Pietzcker, DVBI. 1987,774 (777). 160 Allgemein für die Gebühr Vogel, in: Festschrift für Geiger zum 80. Geburtstag, S. 518 (536). Krit. Sander, DVBI. 1990, 18 (22 f.).

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

entsorgen l61 • Aber auch insoweit spricht gegen die Möglichkeit einer Verleihungsgebühr, daß damit regelmäßig kein wirtschaftlicher Vorteil verbunden ist, der abgeschöpft werden könnte. Ein solcher Vorteil könnte höchstens darin gesehen werden, daß der eingeschaltete Private von der öffentlich-rechtlichen Entsorgungskörperschaft ein Entgelt erhält. Insoweit liegt aber, von der Warte der Gebühr aus betracht, ein "seitenverkehrtes" wirtschaftliches Austauschverhältnis vor, bei dem der Private der Leistungserbringer ist. Um Verflechtungen mit der Ermöglichung der Leistungserbringung zu vermeiden, sollte dieses Austauschverhältnis ausschließlich etwa durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abgewickelt und nicht mit einer Gebühr verquickt werden. Ein wirtschaftlicher Vorteil ist allerdings mit dem Recht verbunden, eine Abfallentsorgungsanlage zu betreiben. Der Betreiber wird regelmäßig über seine Kosten hinausgehende Preise für die Entsorgung der angelieferten Abfälle verlangen, um einen wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen. Indes bestehen grundsätzliche Bedenken gegen die Möglichkeit einer Verleihungsgebühr l62 • Ein Recht stellt regelmäßig keinen konkret meßbaren wirtschaftlichen Vorteil und damit auch keine wertmäßig faßbare staatliche Leistung dar, die als Vergleichsgrundlage der Höhe der Gebühr gegenübergestellt werden könnte, um diese am Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip zu messen l63 • Die Folge wäre, bezogen auf den Belasteten, eine schwierige Überprütbarkeit, im Hinblick auf den Gebührenbegriff dessen Verwässerung und, was die Finanzverfassung anbelangt, eine unsichere Abgrenzung zur Steuer l64 • Vom Grundsätzlichen her stellt sich das Problem, daß Rechte nach gesetzlichen Maßstäben zu verleihen sind und nicht nach der Zahlungsfähigkeit von Anwärtern l65 • Das schließt nicht aus, die Nutzung bestimmter Rechte insbesondere auch zur Durchsetzung von Umweltschutzbelangen abgabenrechtlich zu lenken l66 • Es besteht die Möglichkeit, diese Erträge entsprechend hoch zu besteu-

161 Wenn sie auch nicht mit der Rechtsmacht ausgestattet sind, dem Bürger in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts gegenübertreten, siehe oben § 5 A.IV. 162 Ausführlich Friauf, in: Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 6OO-Jahr-Feier der Universität zu Köln, S. 679 (681 ff.). 163 Etwa Weyreuther, UPR 1988, 161 (164). 164 Pietzcker, DVBI. 1987,774 (777); Hofmann, VBlBW 1988, 426 (428); Jarass, DÖV 1989, 1013 (1016); Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 191 ff. 16S P. Kirchhof, in: HStR IV, § 88 Rn. 187 und bereits ders., Der Verfassungsauftrag zum Länderfmanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79 ff. 166 Die Verleihungsgebühr wird als Hoffnungsträger des Umweltrechts gesehen von Wieland, WuR 1991, 128 ff.; siehe auch F. Kirchhof, DVBI. 1987,554 (557 f.); ders., NVwZ 1987, 1031 (1035).

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

143

ern. Eine umweltbezogene Besteuerung ist jedenfalls dann möglich, wenn man ein Steuererfindungsrecht bejaht und damit das durch Art. 106 GG vorgegebene Typenkorsett verläßt l67 • Zudem können die Nutzer eines bestimmten Rechts zu Sonderabgaben herangezogen werden, die dazu verwendet werden, die Vermeidung und Beseitigung von Schäden aus der Nutzung dieses Rechts zu fmanzieren und zugleich ihre Entstehung zu verringern. Für ein eigenes Rechtsinstitut der Verleihungsgebühr besteht daher auch kein Bedürfnis 168 • Steuern und Sonderabgaben auf die Nutzung und nicht auf die Verleihung eines Rechts haben zudem den Vorteil, daß eine meßbare Tätigkeit mit Abgaben belegt und an bereits erzielte Einkünfte und nicht an noch zu erzielende und daher kaum wirtschaftlich bewertungsfahige angeknüpft wird. Die Verleihungsgebühr als eigenständiger Gebührentyp ist daher abzulehnen l69 •

D. Umweltnutzungsgebühren Denkbar ist die Festlegung von Gebühren für die Nutzung eines bestimmten Umweltgutes. Im Bereich des Abfallrechts kommt etwa die Erhebung einer Gebühr auf die Nutzung der Luft durch Abfallentsorgungsanlagen oder den Verbrauch von Boden durch Deponieanlagen in Betracht. Dadurch wird eine kostenlose Nutzung dieser Güter als Ursache einer Internalisierung volkswirtschaftlicher Kosten vermieden l70 • Eine Gebühr auf die Nutzung eines bestimmten Umweltgutes würde alle diejenigen erfassen, die dieses Gut belasten, und diente daher der Umsetzung des Verursacherprinzips 171 und - weitergehend der Erhaltung der Gewährleistungsfunktion etwa der Luft als Voraussetzung menschlichen Lebens 172. Eine solche Gebühr ist die praktische Umsetzung des Ansatzes einer Umweltnutzung gegen Entgelt 173 •

Näher unten § 10 B.lI.1. Friauf, in: Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-1ahr-Feier der Universität zu Köln, S. 679 (696) und Jarass, DÖV 1989, 1013 (1016) schlagen diesen Gebührentyp denn auch den Sonderabgaben zu. Das Lizenzentgelt auf der Grundlage von § 10 Abs. I, 11 Abs. 1 LAbfG NW ist dann schon mangels eines belasteten abgegrenzten Personenkreises verfassungswidrig; dazu im einzelnen Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 206 ff. \69 Mittlerweile h.M. Neb!ln den bereits Genannten Heun, DVBI. 1990, 666 (673 f.); Isensee, in: Ossenbühl, Eigentumsgarantie und Umweltschutz, S. 3 (17 Fn. 32); Sander, DVBI. 1990, 18 (22 f.). \70 Siehe oben § 1 A. \7\ F. Kirchhof, DVBI. 1987, 554 (558). 172 Näher dazu Lorenz. NVwZ 1989, 812 (814, 816). 173 Siehe oben § 1 B.I. \67

\68

144

Dritter Teil: Abgabenlösungen

Liegt der Schwerpunkt einer solchen Gebühr auf der Zubilligung des Rechts, ein Umweltgut zu nutzen, wird sie zum Teil unter das Institut der Verleihungsgebühr gefaßt 174 • Dann gelten die vorstehend gegen diesen Gebührentyp vorgebrachten Bedenken. Eine Umweltnutzungsgebühr ist indes jedenfalls dann keine Verleihungsgebühr, wenn sie von ihren Erhebungsvoraussetzungen und ihrer Bemessung her ausschließlich an die tatsächliche Nutzung anknüpft, die auch nicht zum Zeitpunkt der Nutzungserlaubnis oder -bewilligung vorhersehbar ist 175 : Dann kann nicht der Wert des verliehenen Rechts als solches als Grundlage dienen, sondern nur der sich nach der Verleihung aus der Nutzung ergebende. Das Anknüpfen an die Nutzung eines Gutes setzt indes voraus, daß dieses in staatlichem Eigentum steht 176 • Das aber ist bei der Luft ebensowenig wie beim Wasser oder beim Boden der Fall. Unabhängig davon bedeutete die Möglichkeit einer Gebühr, die im Zusammenhang mit der Nutzung von Umweltgütern steht, daß der Gebrauch existientieller Güter abgabenbelastet wäre, obgleich gerade ihre Nutzung als Voraussetzung menschlichen Lebens und persönlicher Entfaltung in besonderem Maße grundrechtsgeschützt sein muß 177. In Betracht kommt höchstens das Herausgreifen besonderer umweltschädigender Nutzungsformen. Dann aber geht es nicht mehr um die Anknüpfung an die Nutzung eines bestimmtes Gutes, sondern um seine Belastung durch eine bestimmte Nutzungsform 178 • Die Belastung ist aber schwerlich wirtschaftlich meßbar, so daß die Bemessung einer Gebühr und damit ihre Rechtfertigung regelmäßig aus den zur Verleihungs gebühr genannten Gründen ausscheidet. Eine bestimmte Nutzungsform rührt meist von einem bestimmten Personenkreis . Ansatzpunkt ist daher die Belastung eines bestimmten Personenkreises durch eine Sonderabgabe oder einer bestimmten Form der Schädigung durch eine Umweltsteuer.

174 F. Kirchhof, DVBJ. 1987, 554 (556). Dagegen FriauJ, in: Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 6OO-Jahr-Feier der Universität zu Köln, S. 679 (691) und auch Hendler, AöR 115 (1990), 577 (603 Fn. 74). 175 Siehe F. Kirchhof, DVBJ. 1987, 554 (556). Die jährliche Abrechnungsweise entsprechend der anfallenden Menge für das nordrhein-westfälische Lizenzentgelt aufgrund der Lizenzentgelt-VO vom 24.6.1992, GVBJ. S. 254, spricht daher gegen ihre Einstufung als Verleihungsgebühr. Dazu § 9 C. 176 F. Kirchhof, NVwZ 1987, 1031 (1034); Pietzcker, DVBJ. 1987,774 (775); a.A. Hendler, NuR 1989, 22 (25 f.). 177 Für eine Ausklammerung der schädigenden Nutzung von Umweltgütem aus dem grundrechtlichen Schutzbereich Murswiek, DVBJ. 1994,77 ff.; dagegen zu Recht KloepJer, DVBJ. 1994, 12 (14 f.). 17. Für das nordrhein-westfalische Lizenzentgelt zeigt sich dies an der Bemessung nach der bereits erwähnten Lizenzentgelt-VO vom 24.6.1992 je nach der abgelieferten Abfallart und der gewählten Entsorgungsart sowie danach, ob der Belastete selbst oder durch andere entsorgt.

§ 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

145

E. Beiträge, insbesondere Verbandsbeitrag Beiträge als Entgelt für die Möglichkeit, einen staatlich geschaffenen Vorteil zu nutzen, kommen im Abfallbereich einmal dadurch in Betracht, daß statt der Abfallgebühren für die Mitnahme und Entsorgung Beiträge für die Schaffung und private Nutzungsmöglichkeit von öffentlich-rechtlichen Abfalleinrichtungen erhoben werden. § 3 Abs. 1 AbfG sieht jedoch eine Pflicht zur Überlassung der Abfälle an öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vor. Von der Vornahme der Entsorgung durch öffentlich-rechtliche Rechtspersonen rückt § 15 Abs. 1 Krw-/ AbfG für private Haushaltungen und für Abfälle, deren Entsorgung Privaten unmöglich oder unzumutbar ist, nicht ab. Daher sind auch weiterhin vom gesetzlichen Rahmen her nur Abfallgebühren und keine Beiträge möglich 179 • Eine diese Rechtslage umkehrende Gesetzesänderung wäre nicht sinnvoll, weil Gebühren als Entgelt für eine individualisierbare Leistung in ihrer Höhe wesentlich stärker auf das konkrete Volumen und die Schädlichkeit des Abfalls abgestimmt werden können als Beiträge und damit eher geeignet sind, das Verhalten der Adressaten zu beeinflussen. Obliegt Privaten selbst die Entsorgung, dann haben sie auch die Verantwortung für deren Gewährleistung. Ergeben sich insoweit Schwierigkeiten, ist an einen Zusammenschluß etwa von Unternehmen, die in einer Region ein bestimmtes Produkt herstellen, zu einem öffentlich-rechtlichen Verband zu denken, der dann die Entsorgung übernimmt l80 • Beschränkt sich die Aufgabe dieses Verbandes auf diesen Zweck, liegt ein gruppennütziger Vorteil für die Unternehmen vor. Die Verbandslast ist dann vorteilsbezogen; der korporative Charakter tritt in den Hintergrund. Sie stellt daher einen sog. unechten korporativen Beitrag dar \8l. Dieser ist als Vorzugslast l82 abzugrenzen von dem sog. echten korporativen Beitrag 183 , der nicht mit einer konkreten Aufgabe gekoppelt, somit nicht auf einen konkreten Vorteil bezogen und daher als Sonderabgabe einzustufen ist l84 • Indes sieht § 17 Krw-/AbfG die privater Initiative entspringende Gründung von privatrechtlichen Verbänden vor, die kraft gesetzlicher Beleihung in § 17 Abs. 5 Krw-/ AbfG gebührenberechtigt sind. Daher wäre für die Schaffung öffentlich-rechtlicher Zwangsverbände eine Gesetzesänderung nötig. Wären an diese Beiträge zu entrichten, gestaltete sich deren Bemessung parallel zu der von Gebühren. Nur sind Bezugspunkt des Kostendeckungsprinzips nicht die

Vgl. Dahmen, KStZ 1988, 132 (133). Näher F. Kirchhof, DVBI. 1994, 1101 (1104). 1.1 lsensee, in: Gedächtnisschrift für Geck, S. 355 (377). 182 Jarass, DÖV 1989, 1013 (1016). 183 lsensee, in: Gedächtnisschrift für Geck, S. 355 (374 f.). 184 Differenzierend Jarass, DÖV 1989, 1013 (1017). 179

1.0

10 Frenz

146

Dritter Teil: Abgabenlösungen

notwendigen Kosten, sondern dies ist der erforderliche Investitionsaufwand l85 - Aufwandsdeckungsprinzip l86. Für das Äquivalenzprinzip tritt an die Stelle des Wertes der individuellen Nutzung der Wert der Nutzungsmöglichkeit l87 •

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung A. "Ökosteuern" In ihren Ursprüngen werden "Ökosteuern" bis auf den Waldzins und die Rodungstaxe im England des 12. Jahrhunderts und auf die Nachtigallensteuer der Stadt Potsdam anstelle eines polizeirechtlichen Fangverbots im Jahre 1844 188 zurückgeführt 189. Ökonomisch fundiert wurden sie in dem Ansatz von Pigou aus dem Jahre 1920, der abgelöst wurde von dem Standard-Preis-Ansatz. Heute steht eine instrumentalistische Konzeption im Vordergrund, die politisch-wertend die Abgabenhöhe so festsetzt, daß die angestrebte verhaltensändernde Wirkung erreicht werden kann l90 • Mittlerweile ist der Mechanismus einer ökologischen Anreizwirkung durch Steuern in zahlreichen Vorschriften verwirklicht l91 • Der Begriff der "Öko-Steuer" wurde Ende der Achtziger Jahre geprägt l92 • Er beherrscht seitdem die politische Diskussion im Hinblick auf die Notwendigkeit einer "ökologischen Modernisierung des Industriestaates "193. Als politischer

IO' Zu den ansatzfahigen Kosten etwa Kübler/FröhnerlFaiß, Das Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, § 10 KAG Rn. 5. 18. So ausdrücklich § 8 Abs. 4 S. 5 bbg. KAG; § 8 Abs. 4 S. 5 KAG NW; vg!. auch § 10 Abs. I KAG BW; Art. 5 Abs. 1 Bay KAG; § 11 Abs. 1 hess. KAG; § 8 Abs. 1 KAG M.-V.; § 6 Abs. 1 nds. KAG; § 8 saar!. KAG, § 27 sächs. KAG; § 6 Abs. 1 KAG Sachs.-Anh.; § 8 Abs. 1 KAG S.-H.; § 7 Abs. 1 thür. KAG. 187 Im einzelnen Erichsen, Kommunalrecht NW, S. 150 f. 188 Dazu mit Quellennachweisen Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 141 mit Fn. 228. 189 Gosch, StuW 1990, 201 (201 f.). 190 Im einzelnen oben § 1 B.I. m.N. 191 Im einzelnen Dickertmann, in: K. Schmidt, Öffentliche Finanzen und UmweltpOlitik I, S. 91 (100 ff.); von Lersner, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 103 (103 ff.). 192 Näher Franke, ZRP 1991, 24. 193 Der Begriff stammt vom damaligen Bundesumweltminister Töpfer mit näheren Ausführungen in: Jahrbuch zur Staats- und Verwaltungswissenschaft 2 (1988), S. 239 ff., insbes. 259 f., 264 ff. Zu verschiedenen Vorschlägen der Parteien Wilhelm, BB 1990,751 ff.; Jütmer, Umweltpolitik mit Umweltabgaben - Ein Gesamtkonzept, S. 25 ff. Aktuell zu einem Vorstoß der Grünen F.A.Z. vom 19.5.1995, S. 15; zur Diskussion in den verschiedenen Parteien Wirtschaftswoche vom 18.5.1995, S. 19 f.; F.A.Z. vom 30.5.1995, S. 15; Wirtschaftswoche vom 1.6.1995, S. 21 ff.; Handelsblatt vom 8.6.1995, S. 1; F.A.Z. vom 16.6.1995, S. 15.

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

147

Begriff ist er weit zu verstehen und auch auf andere staatliche Abgaben ohne Gegenleistung zu erstrecken 194.

B. Steuern I. Konsum- statt Kapitalorientierung des Steuersystems

Umweltbelastend ist nicht das Vorhandensein von Geld, sondern dessen Verwendung und damit der Konsum und die Produktion, die sich aber ihrerseits weitgehend an der Konsumnachfrage ausrichtet. Daher wird die rechtspolitische Forderung erhoben, weniger die Einkünfte und das angelegte Kapital als vielmehr den Konsum zu besteuernl9S • Ansatzpunkt dafür wären in erster Linie Produktsteuern. Soweit die nachgefragten Produkte auch umweltfreundlich hergestellt werden können, aber nicht müssen, könnte ergänzend die Verwendung bestimmter Grundstoffe in Form von Rohstoffabgaben besteuert werden. Wäre das auch für den Verbrauch von Wasser oder Luft möglich, belegte dies zusätzlich die Entbehrlichkeit der Verleihungs- bzw. Umweltnutzungsgebühr l96 • Die Besteuerung des Konsums bzw. der Verwendung bestimmter Ausgangsstoffe würde denjenigen fmanziell belasten, der dadurch die Umwelt schädigt. Würden der Konsum bzw. der Verbrauch von bestimmten Stoffen je nach dem Ausmaß, in dem sie die Umwelt in Mitleidenschaft ziehen, belastet, könnten Lenkungseffekte erreicht werden. Im Abfallwesen könnten sie verfolgt werden durch eine Belastung von Produkten entsprechend ihrem Schadstoffgehalt bei der Entsorgung. Erreichen solche Steuern, dem Verursacher die externen Kosten wenigstens teilweise aufzuerlegen, liegt eine Ausprägung des Verursacherprinzips vor. Als Ausfluß dieses Grundsatzes lassen sich inbesondere auch Steuern begreifen, die unmittelbar an Umweltbelastungen anknüpfen. Sie könnten sowohl privates Verhalten als auch industrielle Produktionsverfahren beeinflussen. Bezogen auf den Abfallbereich könnte etwa die Verbrennung bzw. die umwelt-

194 Etwa Gosch, StuW 1990, 201 (203). Anders Rodi, in: Becker-Schwarze/Köck/Kupka/von Schwanenjlügei, Wandel der Handlungsforrnen im Öffentlichen Recht, S. 121 (122). 19S Insbesondere Lang, in: Rose, Konsumorientierte Neuordnung des Steuersystems, S. 291 ff., bes. S. 303 ff.; Teufel, ZRP 1988, 373 ff; ders., Öko-Steuern als marktwirtschaftliches Instrument im Umweltschutz (UPI-Bericht). 196 Siehe im übrigen oben § 9 C., D.

148

Dritter Teil: Abgabenlösungen

schädliche Verwertung von Abfällen mit Emissionssteuern belegt werden. Diese werden aufgrund ihrer Breitenwirkung als die ökonomisch und ökologisch effizienteste Abgabenart angesehen l97 • Insoweit stellt sich allerdings das Problem einer abfall spezifischen Steuerung 198 • Würde an das Produktionsverfahren angeknüpft, läge eine Verfahrenssteuer vor l99 • Allerdings dienen Steuern der konstanten und planbaren Finanzierung des Staates, ohne die politische Gestaltung nicht möglich ist. Dieser Zweck ergibt sich aus dem Grundgesetz daraus, daß Art. 106, 107 GG eine genaue Regelung über die Verteilung von Steuererträgen treffen2OO • Daher darf Steuern keine erdrosselnde Wirkung zukommen, die diesen Finanzierungszweck vereitelt20l • Diese Grenze gilt etwa auch für Verpackungssteuern202 • Demgegenüber sollen Verursacherabgaben im Idealfall die Erfaßten dazu bringen, das belastete Verhalten ganz aufzugeben. Von daher laufen sie dem Ziel der Staatsfmanzierung zuwider03 • Allerdings ist das durch Umweltsteuern belastete Verhalten meist nicht völlig vermeidbar04 ; dann bleibt ein Restaufkommen auch bei Eintritt eines Vermeidungseffektes erhalten20S • Zudem treten Vermeidungseffekte vielfach erst nach einer gewissen, meist produktionstechnisch und wirtschaftlich bedingten Anlauf- und Umstellungsphase auf206 , während der eine Änderung des Steueraufkommens noch nicht eintritt. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, daß auch Umweltsteuern zur Staatsfmanzierung beitragen. Gern. Art. 110 GG sind alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes in den Haushaltsplan einzustellen und auszugleichen. Vollständig ist das nur dann

197

S.36.

Etwa Sprenger u.a., Das deutsche Steuer- und Abgabensystem aus umweltpolitischer Sicht,

Siehe oben § 1 C.I. Diese Abgabentypen als mögliche Ansatzstellen von Umweltabgaben werden näher definiert bei Dickertmann, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 33 (42). Siehe auch Benkert, in: ders./Bunde/Hansjürgens, Umweltpolitik mit Öko-Steuern?, S. 93. 200 Eine andere Frage ist, ob nur die dort genannten Steuern erhoben werden dürfen. Dazu § 10 B.II.l. 201 BVerwG, DVBI. 1995, 58 (61); Mußgnug, IZ 1991, 993; in bezug auf den Umweltschutz etwa Lang, in: Breuer/Kloepfer/Marburger/Schröder, Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, S. 55 (68 f.) 202 BVerwG, DYBI. 1995, 58 (62); Kober, BWVP 1991,73 (74). 203 F. Kirchhof, DÖV 1992, 233 (236); Rodi, Umweltsteuern, S. 58, 75; Seimer, in: Breuerl KloepferiMarburger/Schröder, Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, S. 15 (30 ff.). 204 So werden Autos aus heutiger Sicht immer einen gewissen Schadstoffausstoß aufweisen, die Verbrennung von Abfall zur Beseitigung oder Verwertung einen gewissen Grad an Luftverschmutzung verursachen. 20' Dickertmann, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 33 (58). 206 Dickertmann, S. 46; vgl. auch von Weizsäcker, Erdpolitik, S. 166. 198

199

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

149

möglich, wenn auch die Einnahmen prognostizierbar sind207 • Tritt die Erhebung von Umweltsteuern in die Phase, daß eine Vermeidung des besteuerten Verhaltens eintritt, sinkt das Steueraufkommen. Das Ausmaß dieser Absenkung des Steueraufkommens mag sich im Einzelfall prognostizieren lassen208 • Meist wird das aber wegen der unsicheren Lenkungsprognosen209 kaum möglich sein21O • Daher läßt sich eine Verringerung der eingenommenen Gelder auch nicht geplant durch eine Erhöhung der Steuersätze ausgleichen. Allerdings ist auch bei Steuern, die an die fmanzielle Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen anknüpfen, das Aufkommen nicht sicher vorhersehbar; man denke nur an die Kapitalertragssteuer. Bei dieser war allerdings eine eintretende Kapitalflucht maßgeblich, während Umweltsteuern ein Unsicherheitsfaktor bereits innewohnt. Aufgrund der tendenziell stärkeren Unsicherheiten und der Zielsetzung von Umweltsteuern, die eine Verringerung des aus ihnen fließenden Aufkommens bezwecken, scheidet ein vollständiger Umbau des Steuersystems hin zu Öko-Steuern zumindest derzeit aus211 • Man wird sie für eine einigermaßen verläßliche Finanzplanung zumindest vorläufig, bis konkrete Erfahrungswerte vorliegen, nur als Beimischung befürworten können. Dann bleibt ein stabiler Faktor durch die daneben bestehenden, an die finanzielle Leistungsfähigkeit anknüpfenden Steuern erhalten, und bei Fehlprognosen schlagen Ausfalle aus Umweltsteuern nicht so stark zu Buche, daß eine verläßliche Finanzplanung nicht mehr möglich ist. Aber auch die Beimischung von Umweltsteuern stößt auf weitere Bedenken, wie die nähere Untersuchung der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen von Steuern zeigt, die an ökologisch relevante Vorgänge anknüpfen.

207 Dem Grundsatz der "verläßlichen und kalkulierbaren Haushaltswirtschaft" wird Verfassungsrang beigemessen, BVerfGE 39, 96 (107); 67, 256 (287 ff.); 72, 330 (412, 422); F. Kirchhof, VVDStRL 52, 71 (79 f., 100). 208 Für alle Bereiche genaue Berechnungen vornehmend Teufel, Ökosteuern als marktwirtschaftliches Instrument im Umweltschutz (UPI-Bericht). 209 Siehe oben § 1 B. 210 Krit. auch Hansjürgens, in: BenkertlBundefHansjürgens, Umweltpolitik mit Öko-Steuern?, S. 118 ff. 211 Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht skeptisch Hansjürgens, a.a.O., S. 121 ff.

150

Dritter Teil: Abgabenlösungen 11. Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

1. Numerus clausus der Steuerarten? a) Folgen eines Typenzwangs Umweltsteuern im Sinne des der Finanzverfassung zugrundeliegenden, an die Definition der AO anknüpfenden Steuerbegriffs212 könnten nur in Gestalt der in Art. 106 GG aufgeführten und nicht in Form der eingangs genannten Steuerarten erhoben werden, wenn durch diese Aufzählung entsprechend der herrschenden Meinung213 ein Typenzwang festgelegt wäre. Das hätte zur Folge, daß lediglich die dort genannten, an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Besteuerten anknüpfenden und nicht spezifisch auf Umweltbelastungen oder den diese verursachenden Konsum bezogenen Steuern zulässig wären214 • Die Verursachung "externer Kosten" wäre mithin kein besteuerungsfähiger Sachverhalt2 15 • Angewandt auf den Abfallsektor könnten etwa auf der Grundlage von Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG zwar bundesweite Verpackungssteuern erhoben werden, die den Verbrauch von Verpackungen und damit vertretbarer Güter besteuern und bei dem Vertreiber der Waren ansetzen, wie es den anerkannten Merkmalen der Verbrauchsteuern entspricht2 16 • Ausgeschlossen wären hingegen Steuern, die sich nach dem Entsorgungsaufwand für ein bestimmtes Produkt bemessen. Insoweit wäre es nur möglich, den Verbrauch oder - aufgrund von Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG - den Verkauf dieses Produkts als Akt des Rechtsverkehrs217 zu besteuern. Auch ist es ausgeschlossen, die Nutzung von Kosten für Deponien

212 BVerfGE 67,256 (282) m.w.N. Zum Verhältnis des Steuerbegriffs des GG und der AO siehe vorerst VogellWalter, in: BK, Art. 105 Rn. 25. Näher unten § 10 B.II.2.b. 213 Grundlegend VogellWalter, in: BK, Art. 105 Rn. 63 ff.; Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, S. 9 ff. Ebenso etwa Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen Zur "Abgabenerfmdungskompetenz" des Bundesgesetzgebers, S. 59 f.; Birk, in: AK-GG, Art. 105 Rn. 22; Förster, Die Verbrauchsteuern, S. 31 ff.; Friauf, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts Bd. 2, S. 300 (300); Lerche, Fernsehabgabe und Bundeskompetenz, S. 31 f.; OssenbühllDi Fabio, StuW 1988, 349 (352); Stern, Staatsrecht 11, S. 1119 m.w.N. 214 Siehe nur Birk, in: Rose, Konsumorientierte Neuorientierung des Steuersystems, S. 351 (356 ff.); Höfling, StuW 1992, 242 (243); P. Kirchhof, in: Kimminich/von Lersner/Storm, Handwörterbuch des Umweltrechts Bd. 1 Sp. 34 f.; Rodi, Umweltsteuern, S. 72; Vogel, in: HStR IV, § 87 Rn. 32, 60. m Trzaskalik, StuW 1992, 135 (141). 216 Siehe BVerfGE 16, 64 (74). Im Bezug auf die kommunale Verpackungssteuer BVerwG, DVBI. 1995, 58 (59 f.). Dazu unten B 11.2. Vgl. aber Lang, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 115 (135 f.). 217 Siehe BVerfGE 16, 64 (73); BVerwG, DVBI. 1995, 58 (59).

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

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oder den Verbrauch von Luft durch Emissionen von Abfallentsorgungsanlagen zu besteuern. aa) Gemeinschaftsrechtliche Bedenken Die Besteuerung des Verbrauchs von Produkten wird zudem dadurch eingeschränkt, daß sie gem. Art. 3 Abs. 3 der EG-Richtlinie über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Ware2l8 auf andere Waren als Mineralöl, Alkohol und Tabakwaren nur zulässig ist, "sofern diese Steuern im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen'. Sieht man mit der Erhebung einer Verbrauchsteuer die Notwendigkeit von Grenzkontrollen einhergehen219 , so wäre sie gemeinschaftsrechtlich gesperrt220 • bb) Erhebungstechnische Grenzen Aber auch dann, wenn man auch nur einzelne Verbrauchsteuern durch die "Öffnungsklausel " des Art. 3 Abs. 3 der genannten Richtlinie ermöglicht siehel , ergeben sich Zweifel an der ökologischen Effektivität von Warenverbrauchsteuern gem. Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG. Das gilt auch für neu zu schaffende, über die herkömmlichen hinausgehenden Verkehrsteuern im Sinne von Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG. Ausgehend davon, daß der Verkehrsteuer wertbezogene Maßstäbe zugrundeliegen222 , wäre der Preis eines abfallträchtigen Produkts die entscheidende Bestimmungsgröße. Dadurch wäre aber etwa nicht sichergestellt, daß besonders volumenträchtige und damit große Abfallmengen verursachende Produkte stark belastet würden223 . Vielmehr wird der Preis für ein Produkt häufig um so höher liegen, je umweltverträglicher die Entsorgung erfolgen kann. Von daher würde durch eine Verkehrsteuer die Herstellung umweltverträglicherer und dadurch regelmäßig teurerer Produkte nicht gefördert, sondern behindert.

RL 92/12/EWG vom 25.2.1992, ABI. Nr. L 76, S. 1. So Breuer, OVBI. 1992, 485 (495). 220 So F. Kirchhof, OVBI. 1994, 1101 (1103); auch Gosch, StuW 1990, 201 (212 f.); näher unten § 11. 221 Kloepferflhull, OVBI. 1992, 195 (200) für eine nationale "CO 2-Input-Abgabe". 222 BVerwG, OVBI. 1995, 58 (59); vgl. aber Eschenbach, KStZ 1990, 121 (124); Köck/von Schwanenflügel, Abfallvermeidung durch kommunale Verpackungsabgaben, S. 40. 223 Holzkämper, Kommunale Umweltlenkungsabgaben, S. 52. 218

219

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

Etwas anderes gälte allerdings für eine Steuer, die an einen Entsorgungsvertrag anknüpft224 , dessen Kosten sich nach den Aufwendungen für die Entsorgung richten. Eine Verbrauchsteuer folgt demgegenüber regelmäßig mengenbezogenen Bemessungsmaßstäben225 • Damit würde eine Steuererhebung nach der Anzahl, dem Volumen oder dem Gewicht eines Produkts möglich. Indes bleiben auch bei der Verbrauchsteuer Abstufungen im Hinblick auf die Möglichkeit einer umweltverträglichen Entsorgung der Produkte lediglich einiger Hersteller ausgeschlossen. Anreizeffekte können aber dadurch erzielt werden, daß eine ganze Produktgruppe belastet wird. Diese Produktgruppe kann so klein gefaßt werden, daß etwa nur Erzeugnisse mit einer bestimmten, schwer entsorgbaren Konsistenz besteuert werden. Aber auch dann würde eine bestimmte Ware zurückgedrängt und nicht die Produktion durch die Belastung nur der entsorgungsaufwendig Erzeugenden zu größerer Umweltverträglichkeit gelenkt. Von daher eignet sich eine Verbrauchsteuer nur zur groben, auf die Reduzierung der Verwendung eines Produkts als solchem bezogenen Steuerung, nicht aber zur subtileren, auf die Herstellungsweise oder Zusammensetzung eines Erzeugnisses gerichteten Beeinflussung. Eine solche ist höchstens dadurch möglich, daß der Verbrauch eines bestimmten Produkts zwar insgesamt, aber gestuft besteuert wird: Die Steuer steigt, wenn ein bestimmter, schwer entsorgbarer Rohstoff verwendet wird. Durch eine solche Abstufung ginge ein Anreiz aus, diesen Rohstoff zu vermeiden. Folgt eine umweltbelastende Entsorgung eines Produkts aus der Verwendung bestimmter Rohstoffe, könnte eine nicht auf die Verwendung, sondern auf die Herstellungsweise eines Produktes einwirkende Besteuerung auch durch eine unmittelbare Belastung solcher Rohstoffe erreicht werden, die eine umweltverträgliche Entsorgung stören. Indes wird für das Vorliegen von Verbrauchsteuern nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG die Anknüpfung an ein zumindest verbrauchsfähiges Gut verlangt. Das bedeutet zwar entsprechend dem weiten Wortlaut und

224 Vgl. P. Kirchhof, in: Kimminich/von Lersner/Storm, Handwörterbuch des Umweltrechts, Bd. I, Sp. 35. m BVerwG, DVBI. 1995,58 (59); vgl. VG Minden, ZKF 1991, 111 (112). Allerdings existiert kein festes dogmatisches System, das bestimmten Steuern bestimmte Steuerrnaßstäbe zuordnet oder aus einem bestimmten Maßstab auf eine bestimmte Steuer schließt. Vielmehr werden einzelne Steuern nach mehreren Kriterien in Anknüpfung an das - indes selbst keine Abgrenzungsmerkmale, sondern nur Beispiele liefernde - "traditionelle deutsche Steuerrecht", auf das die Finanzverfassung mit der Verwendung herkömmlicher Begriffe verweist (BVerfGE 3, 407 (438); 31, 314 (331 f.», zugeordnet (siehe BVerfGE 14,76 (91): Steuertatbestand, Steuerrnaßstab und wirtschaftliche Auswirkung; BVerfGE 65, 325 (347): Leistunsgfähigkeit; auch BFHE 141, 369 (371»; zum ganzen Vogel, HStR IV, § 87 Rn. 55, 57. Zur vergleichbaren Problematik der Bestimmung der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2 a GG unten § 10 B.rn.

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den herkömmlich erhobenen Verbrauchsteuern nicht, daß sich die Steuer auf ein Gut des letzten und damit konsumtiven Verbrauchs beziehen muß 226 , sondern nur, daß der Erwerb eines Rohstoffs allenfalls dann belastet werden kann, wenn er "mit dem Fertigprodukt, zu dem er verarbeitet wurde, verbraucht wird"227. Weiter gilt als charakteristisch, daß die Erhebung an den Übergang einer Sache aus dem steuerlichen Nexus in den nichtgebundenen Verkehr anknüpft228 • Insoweit ist allerdings zu überlegen, den Begriff der Verbrauchsteuern entsprechend seiner an sich weiten Wortbedeutung an alle Verbrauchsvorgänge anknüpfen zu lassen229 , auch wenn damit nicht der Vertreiber einer in dem vorgenannten Sinne verbrauchsfahigen, steuerlich gebundenen Ware belastet wird. Dann könnte auch der Verbrauch von Rohstoffen in der verarbeitenden Produktion oder von Umweltgütern wie Luft und Wasser auf der Grundlage von Art. 106 Abs. I Nr. 2 GG steuerlich belastet werden. Unabhängig davon könnten lediglich verarbeitete schadstofthaltige Produkte durch eine Verkehrsteuer auf der Grundlage von Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG belastet werden, die den Einkauf als Akt des Rechtsverkehrs als zulässigen Anknüpfungspunkt230 wählt231 • Werden nur bestimmte schadstofthaltige Rohstoffe besteuert, wird der bei der Besteuerung des Endprodukts aufgezeigte Effekt vermieden, daß aus umweltverträglicheren und zugleich teureren Ausgangsstoffen zusammengesetzte Produkte höher belastet würden. Allerdings bliebe die Wirkung einer solchen Verkehrsteuer deshalb begrenzt, weil nicht das als Abfall anfallende Produkt besteuert würde; dadurch könnte bereits auf der Produktionsstufe eine Mischkalkulation stattfinden, die dem Verbraucher die Verwendung umweltschädlicher Ausgangsstoffe verschleiert. Sein Nachfrageverhalten, das die Produktion der Wirtschaft lenkt, bliebe dann unverändert. cc) Begrenzte ökologische Effektivität Bereits das Beispiel des Abfallrechts zeigt, daß bei einer Beschränkung der zulässigen Steuern auf die in Art. 106 GG genannten Steuerarten jedenfalls nach der herrschenden Konzeption das Verursacherprinzip durch Steuern nur sehr

Vgl. aber Birk/Förster, DB 1985, Beilage 17; Birk, in: AK-GG n, Art. 105 Rn. 17. BFHE 141, 369 (373); vgl. Peters, Das Verbrauchssteuerrecht, S. 24. 228 BVerfGE 16, 64 (74). In der Sache ebenso BFHE 57, 473 (489); Maunz, in: MaunzlDürig, Art. 105 Rn. 40. Der genannte Übergang erfolgt regelmäßig durch Verkauf. Speziell zum Beispiel der Verpackungssteuer BVerwG, DVBI. 1995,58 (59 f.); Küssner, Abgrenzung, S. 332; Osterlohl Brodersen, JuS 1986, 53 (56 f.). 229 Zu einem Ansatz auf der Grundlage von Art. 20 a GG unten § 10 B.II.1.d). 2JO Siehe BVerfGE 16, 64 (73). 231 Diese in Betracht ziehend ebenfalls Meßerschmidt, in: UTR Bd. 3, S. 83 (94). 226

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

begrenzt zum Einsatz kommen kann232 • Bei einer trotzdem angestrebten Erzielung möglichst großer ökologischer Effekte müßte zudem eine Vielzahl von Produkten und Substanzen besteuert werden, die die Unübersichtlichkeit des Steuersystems weiter verstärkte233 • In anderen umweltrelevanten Feldern wie bei der Bekämpfung von Schadstoffemissionen oder der angestrebten Reduzierung der Verwendung von nicht zu Verbrauchsgütern verarbeiteten Bodenschätzen oder der Nutzung sonstiger Umweltgüter wie etwa von Wasser ist kein zulässiger Steuergegenstand nach Maßgabe von Art. 106 GG ersichtlich234 • Existiert kein geeigneter Verbrauchsvorgang oder Akt des Rechtsverkehrs, hilft auch der dem Steuergesetzgeber bei der Ausgestaltung der Steuertypen des Art. 106 GG zuerkannte weite Gestaltungsspielraum nicht weite~s. Lediglich in bestimmten Bereichen, in denen in Art. 106 GG genannte Steuerarten wie die Straßengüterverkehrsteuer des Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG oder die Kraftfahrzeugsteuer gem. Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG ohnehin in umweltrelevanten Bereichen angesiedelt sind, können durch eine entsprechende Gestaltung dieses Steuertyps gezielt Anreizeffekte erreicht werden236 • Für die anderen Bereiche wie etwa auch den Abfallsektor ist das im wesentlichen nur dann möglich, wenn ein numerus clausus der Steuerarten nicht besteht. dd) Vorteile Ein solcher Typenzwang verhindert indes insbesondere Umgehungen der in Art. 106 GG detailliert festgelegten Ertragsverteilung237 und entspricht insoweit der bundesstaatliches Dimension der Finanzordnung238 • Allerdings darf nicht übersehen werden, daß die Kompetenz der Länder, durch eigene neue Steuern ihre Ertragskraft zu steigern, weitgehend ausgeschaltet und damit ihr Gewicht im Bundesstaat geschwächt wird239 • Das ist jedoch hinzunehmen, wenn die Finanzverfassung die Bundesstaatlichkeit in erster Linie durch Fi-

Insgesamt H6jling, StuW 1992,242 (250). Kober, BWVP 1991,73 (75). 134 Näher Breuer, OVBI. 1992,485 (490); K6ck, IZ 1991, 692 (697 f.); ders., Sonderabgabe, S. 62; Meßerschmült, in: UTR Bd. 3, S. 83 (94 ff.); SelTner, in: Thieme, Umweltschutz im Recht, S. 25 (41 ff.); Kloepfer/1hull, OVBI. 1992, 195 (202 f.) am Beispiel einer Abgabe auf Kohlendioxid-Emissionen. m Auf ihn verweist Rodi, in: Becker-Schwarze/K6ck/Kupka/lIon Schwanenjlügel, Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 121 (135). 236 Dazu Höjling, StuW 1992, 242 (245 f.); ausführlich mit umfassender Bewertung Rodi, Umweltsteuem, S. 89 ff. 231 Vogel, in: HStR IV, § 87 Rn. 32. 238 BVerfGE 55, 274 (300); 75, 108 (147); BVerfG, NIW 1995, 381 (382). 239 Hendler, AöR 115 (1990), 577 (606). 231 233

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nanzpartizipation gesichert wissen will, worauf die detaillierte Regelung der Steuerverteilung in Art. 106, 107 GG hindeutet. Aus Sicht des Bürgers, der "nur die kompetenzmäßige Auferlegung von Geldleistungspflichten hinzunehmen" braucht240 , hat eine Exklusivität der Steuerarten des Art. 106 GG die freiheitssichernde Wirkung, daß er nur den dort genannten, spezifisch an seine Wirtschaftskraft anknüpfenden Steuertypen ausgesetzt werden kann, nicht aber etwa nach der Schädlichkeit seines Verhaltens bemessenen. Das erscheint auch als Konsequenz einer Konzeption, die aus Art. 14 GG eine grundsätzliche Begrenzung der Steuergegenstände auf eigentumsrelevante Zugriffspunkte, nämlich Einkommen, Eigentumsbestand und Eigentumsverwendung, herleiten will24l : Nicht nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Pflichtigen bemessene und damit von der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit unabhängige Steuern sollen deshalb ausgeschlossen sein242 • Sie könnten nicht als Steuern, sondern lediglich als Sonderabgaben erhoben werden243 , die indes wesentlich strengeren Anforderungen unterliegen244 • b) Beschränkung des Steuerzugriffs auf eigentumsrelevante Vorgänge aus Art. 14 Abs. 1,3 Abs. 1 GG? Will man aus Art. 14 Abs. 1 GG die Beschränkung des Steuerzugriffs auf eigentumsrelevante Vorgänge ableiten, ist zu beachten, daß auch spezifisch an umweltrelevante Vorgänge anknüpfende Steuern jedenfalls mittelbar in den meisten Fällen an das Einkommen, den Eigentumsbestand oder die Eigentumsverwendung anknüpfen werden. So wird die Erhebung einer Steuer auf die Schädlichkeit eines Produkts wie eine Verbrauchsteuer nach der herrschenden Konzeption245 regelmäßig damit zusammenfallen, daß dieses Produkt gekauft und bei diesem Vorgang der Eigentumsverwendung als Ersatzanknüpfungspunkt die Steuer erhoben wird, auch wenn die Schädlichkeit dieses Erzeugnisses den Steuergegenstand darstellt.

240 BVerfGE 55,274 (302); 67, 256 (288 f.); näher zum Grundrechts-Kompetenz-Zusammenhang Friauf, in: Festschrift für Haubrichs, S. 103 (107 ff.); allgemein Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 320 ff. 241 P. Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), 213 (233 ff., 269 ff.); ders., in: Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33 (39 ff.); ders., Jura 1983, 505 (509 f.). 242 P. Kirchhof, Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 13. 243 P. Kirchhof, ebda., S. 13, 21 und auch 15 f. 244 Zuletzt ausführlich in BVerfGE 82, 159 (179 ff.) m.w.N. Näher unten § 10 C. 245 Siehe bereits die Defmition in BVerfGE 16,64 (74).

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

Bedenken bleiben freilich im Hinblick auf die fehlende Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit des Belasteten. Diese bildet aber, soweit durch Art. 14 GG geschützt, wie auch bei anderen staatlichen Eingriffen eine Grenze staatlichen HandeIns. Die Sozialbindung des Eigentums eröffnet zwar dem Staat erweiterte Zugriffsmöglichkeiten, legt ihn indes insoweit nicht auf bestimmte Zugriffsarten fest246 • Entscheidend ist aber insoweit die Sicht des Bürgers, dessen Grundrechte gewahrt werden sollen. Aus seiner Sicht entziehen ihm Steuern und Sonderabgaben gleichermaßen Finanzkraft. Sie sind für ihn gleichermaßen freiheitsbeeinträchtigend. Von daher zählt für ihn weniger, welcher Steuertyp ihm zur Verfügung stehende Mittel entzieht, sondern ihm kommt es darauf an, wo die Grenze einer möglichen Minderung seiner Finanzkraft liegt. Daher stellt sich als konsequentere, da eher auf die Freiheitssicherung bezogene Lösung eine parallele Verhältnismäßigkeitsprüfung dar47 • Als maßgebliches Differenzierungskriterium für die Wahrung der Belastungsgleichheit wird die finanzielle Leistungsfähigkeit angesehen248 • Art. 3 Abs. 1 GG gibt selbst allerdings kein Differenzierungskriterium vor. Vielmehr muß sich ein solches aus der Gesamtkonzeption und dem Gesamtzusarnmenhang einer Regelung ergeben249 • Ob anstelle oder neben dem Kriterium der finanziellen Leistungsfähigkeit auch die individuelle Umweltbelastung treten kann, hängt somit davon ab, ob steuerliche Regelungen (auch) daran anknüpfen (dürfen) und die nach diesem Kriterium getroffene Belastungsverteilung gleichmäßig ist. Für sich selbst ist Art. 3 Abs. 1 GG für die Frage des Steuergegenstandes neutral. c) Gebot der Konzeption des Steuerstaates? Der herrschenden Konzeption des Steuerstaates liegt allerdings die Vorstellung zugrunde, daß er seine Mittel durch die steuerliche Abschöpfung der Früchte individueller wirtschaftlicher Betätigung erzielt250 • Dieser Ansatz wäre in jedem Fall durch eine Festschreibung der Steuerarten in Art. 106 GG auf spezifisch an die Wirtschaftskraft anknüpfende Tatbestände gewahrt. 2.. Auch das Bundesverfassungsgericht trifft insoweit keine Festlegung, etwa BVerfGE 7,244 (254 ff.); 16, 147 (161 f.); 43, 108 (120); 55, 274 (299); 65, 325 (344) sowie Osterloh, NVwZ 1991,823 (826 f.) m.w.N. 241 Grundlegend \Ion Arnim, VVDStRL 39 (1981), 286 (311 ff.); abgeschwächt, da nicht auf konkrete Ausgaben bezogen, Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, bes. S. 49 ff., 190 f. m.w.N. auch zur abI. h.M. (v.a. BVerfGE 63,343 (367». Siehe auch § 10 B.II.5. 2•• BVerfGE 82, 60 (89); 84, 239 (269 f.); 21, 12 (27); Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, passim. 249 BVerfGE 35,324 (335) m.w.N. 2S0 Insoweit übereinstimmend Isensee, in: Festschrift für Ipsen, S. 409 ff., bes. S. 417; Preuß, in: Abendroth u.a., Ordnungsmacht?, S. 46 ff., bes. S. 48, 61; Vogel, Der Staat 25 (1986), 481 ff.

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Der Steuerstaat ist indes kein in seinen Konturen unverrückbares Dogma, sondern er ist eingebettet in eine konkrete rechtliche und gesellschaftliche Ordnung und daher wandlungsfähig, wie es auch die Zwecke und Effekte seiner Einzelbestandteile, die Steuern, sind251 • Der Belastungsgrund und die Bemessung der Steuer hängen somit ab von der Konzeption des Staates, in dem und für dessen Finanzierung sie erhoben werden252 • Beschränkt sich der Staat im wesentlichen auf den Schutz von Leben und Vermögen, ist der dazu korrelierende Steuergegenstand die geschützte Person und das geschützte Vermögen; dem entspricht eine Belastung durch Kopf- und Vermögensteuern253 • Heute tritt die Erhaltung des Bestehenden zurück. Im Vordergrund steht einmal die Schaffung und Angleichung der Voraussetzungen wirtschaftlicher Produktivität. Geht man davon aus, daß der Staat deshalb Steuern erheben kann, weil er die Produktion den Wirtschaftssubjekten überläßt, ist Anknüpfungspunkt für die Steuern der wirtschaftliche Ertrag254 • Aus den sich durch das freie Wirtschaften einstellenden Fehlentwicklungen ergibt sich als Hintergrund der Besteuerung deren Behebung255 bzw. spezifiziert die soziale Umverteilung, um die Konsumleistungsfähigkeit der unteren Schichten zu erhöhen256 • Auch dem entspricht die Anknüpfung an die finanzielle Leistungsfähigkeit. Allerdings ist an die Seite der ertragsorientierten und damit quantitativen Produktivitätssteigerung die qualitative Produktivitätsverbesserung getreten. Die Frage der Ermöglichung von Konsum wird nunmehr überlagert durch das Problem des Konsumverzichts, um die natürlichen Ressourcen zu bewahren257 • Der Lösung dieser Frage diente eine Steuerbemessung nach dem Ausmaß der Umweltbelastung. Wie dieses Problem bewältigt wird, ist allerdings, wie Art. 20 a GG durch seine bewußte258 Zuweisung der Ausgestaltung an den Gesetzgeber zeigt, in erster Linie eine politische Frage, die in Reinkultur im Hinblick auf die Eigentumsgarantie und das Sozialstaatsprinzip nicht ohne Kompromisse zu ver-

Isensee, in: Festschrift für Ipsen, S. 409 (417 ff.). P. Kirchhof, in: Festschrift für Sendler, S. 69 (71). m So Montesquieu, De I'esprit des Lois, L.XIII, eh. 1; Pufendorf, De jure naturae et gentium, liber VII cap. 4 § 7; liber VIII cap. 5 § 4. Weitere historische Ansätze bei P. Kirchhof, in: HStR IV, § 88 Rn. 65. 2S< Isensee, in: Festschrift für Ipsen, S. 409 (417); näher Vogel, Der Staat 25 (1986), 481 (516) in Fortentwicklung der Konzeption Lorenz von Steins. m Vogel, Der Staat 25 (1986),481 (517). 2" Näher Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 14 ff. m Lang, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 115 (150). 2S8 Siehe Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 68; zur Entstehungsgeschichte näher Uhle, DÖV 1993, 947 (951 ff.). 2>1

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

wirklichen ist259 • Indes geht bereits mit Bestehen dieses Problems eine Änderung der gesellschaftlichen Ordnung einher, in die der Steuerstaat eingebunden ist und auf die er daher zu reagieren hat. Augenfällig wird das durch Art. 20 a GG, der neben dem Sozial- und Rechtsstaat nunmehr auch den Umweltstaat260 begründete. Damit kann der in das Staatsganze eingebundene Steuerstaat nicht mehr nur für wirtschaftliche und soziale, sondern er muß auch für ökologische Zwecke nutzbar sein. Der Steuerstaat vermag diesen Wandel zu inkorporieren: So entwickelte sich die ursprünglich als Umverteilungsinstrument konzipierte Steuer von der "minimalen und neutralen" Abgabe zum sozialstaatlichen Lenkungs- und Umverteilungsinstrument, ohne die Identität des Steuerstaates zu berühren; dieser Prozeß erwies vielmehr seine Flexibilität261 • Hält man weiter insoweit an Lorenz von Stein fest, daß die Steuern aus den erzeugten wirtschaftlichen Werten dem Staat einen Teil dessen zurückgeben, was er seinerseits zur Erzeugung dieser Werte beigetragen hat262 , so differenziert eine Abschöpfung dieser Werte nach dem Ausmaß der mit ihrer Gewinnung verbundenen Umweltverschmutzung nach dem Maß notwendiger staatlicher Aufwendungen, um sie zu beheben. Sie bezieht also mit ein, inwieweit der besteuerte Gewinn mit staatlichen Ausgleichsmaßnahmen zur Erhaltung eines ökologischen Gleichgewichts als Grundlage wirtschaftlicher Produktivität gekoppelt ist. Erweitert man die Konzeption Lorenz von Steins mit Vogel darauf, daß der Staat auch Mittel erheben kann, um durch eine ausreichende Finanzkraft die Ergebnisse wirtschaftlicher Selbststeuerung zu korrigieren und auch insoweit reproduktiv zu wirken263 , so rechtfertigt dies auch die Steuererhebung zur Finanzierung des Umweltschutzes. Der Finanzaufwand für dieses Ziel sinkt indes, wenn bereits durch die Festsetzung der Steuern umweltschützende Effekte erreicht werden. Daher muß es erst recht möglich sein, die Korrektur der Ergebnisse der wirtschaftlichen Selbststeuerung durch die Mittelerhebung selbst herbeizuführen. Dann bleibt es dem Staat auch möglich, die Umwelt möglichst weitgehend der selbstgesteuerten Nutzung Privater zu überlassen. Somit bleibt der Steuerstaat nicht auf die Anknüpfung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beschränkt, sondern kann auf spezifisch umweltschützende Zielsetzungen erweitert werden.

Das räumt auch lAng, a.a.O., S. 158 ein. Kloepfer, DVBI. 1994, 12. 26' lsensee, in: Festschrift für Ipsen, S. 409 (417). 262 Vogel, Der Staat 25 (1986), 481 (516). 263 Vogel, Der Staat 25 (1986), 481 (517). 2S9

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Allerdings stellt sich die Frage, ob mit dieser geänderten Konzeption des Steuerstaates auch eine Wandlung der Sozialität des betroffenen Bürgers einhergeht oder ob sich diese auf die bloße Eigenschaft als Steuerzahler mit der dazu gehörigen Distanz zu anderen Zwecken und der alleinigen Maßgeblichkeit des Belastungsgegenstandes der abgeschöpften Finanzkraft beschränkt. Bereits Vogel verweist im Anschluß an Lorenz von Stein auf die Gemeinschaftsbezogenheit des Individiums264 und darauf, daß sich die Zweierbeziehung zwischen dem Staat und dem einzelnen auf das Dreiecks-Verhältnis Staat-Wirtschaft-Gesellschaft erweitert habe26S • Dieser Gedankengang zeigt die Verbindung der Steuer zur Stellung des einzelnen in der Gesellschaft und deren Wandlungsfähigkeit. Teil des grundgesetzlichen Menschenbildes ist die Gemeinschaftsbezogenheit des Individuums266, aus der die Bezogenheit des einzelnen auf die für das Überleben aller essentiellen Erhaltung einer menschengerechten Umwelt folgt. Somit ist die Einbindung des einzelnen in die Gemeinschaft auf seine Verflechtung mit der Umwelt auszudehnen. Bestätigt wird dies durch Art. 20 a GG, der durch seine Erstreckung auf die künftigen Generationen seinen personalen Bezug deutlich macht. Demgemäß hat sich die Sozialität erheblich erweitert. Sie bleibt nicht auf die Eigenschaft als Steuerzahler beschränkt267 • Sie kann - ebensowenig wie der einzelne gegenüber der Gesellschaft - nicht in zwei getrennte Teile geschieden werden. Die Umweltbezogenheit des einzelnen beeinflußt daher auch seine soziale Funktion als Staatsbürger und eröffnet eine Steuerbemessung auch nach ökologischen Gesichtspunkten. d) Die Vorgabe des Art. 20 a GG Art. 20 a GG schreibt das Staatsziel Umweltschutz ausdrücklich fest. Ein aus der Verfassung ableitbares Steuersystem, das durch seine ausschließliche Anknüpfung an die Leistungsfähigkeit und den damit verbundenen Anreiz zum

Vogel, Der Staat 25 (1986), 481 (503 f.). Vogel, Der Staat 25 (1986), 481 (509 ff.). Diesem ModeJl ist aJlerdings entgegenzuhalten, daß sowohl die "Wirtschaft", die auch in Form von "Großunternehmen" etwa in Gestalt von AktiengeseJlschaften letztlich auf" wenn auch viele" einzelne IÜckführbar und damit nur Ausdruck der Entfaltung des Menschen in Gruppenform als Teil seiner auch grundgesetzlieh integrierten gemeinschaftsbezogenen Seite (aVerfGE 4, 7 (15 f.» ist, als auch der einzelne zusammen die GeseJlschaft als Gegenbegriff zum Staat bilden (abI. Vogel, S. 506), sind sie doch beide staatlichen Einwirkungen ausgesetzt. Das erweist gerade der Steuerzugriff, der auch "Großunternehmen" erfaßt. Indes ist dieses ModeJl Ausdruck der historischen Bedingtheit (Vogel, S. 503), der Wandelbarkeit der grundSätzlichen Rechtfertigung der Steuer und damit auch des grundgesetzlich vorausgesetzten, aber der näheren AusfüJlung bedUrftigen "Steuerstaates" . 266 BVerfGE 4,7 (15 f.); 33, 3Q3 (334); 50, 166 (175); Dürig, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Rn. 46. 267 So aber Isensee, in: Festschrift für Ipsen, S. 409 (417). 264

2",

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

Konsum, um nicht auf den Ertrag von Ersparnissen Steuern zahlen zu müssen, dem Umweltschutz zuwiderläuft, stünde mit dieser Staatszielbestimmung in Widerspruch. Dasselbe gilt für eine ökologiefeindliche Handhabung von Steuerermächtigungen. Das trifft etwa auf die Bemessung der Mehrwert- und der Umsatzsteuer ausschließlich nach dem Preis zu, der für umweltfreundlich gestaltete Produkte vielfach höher liegt: Dann verstärkt die Steuer ihre Wettbewerbsnachteile und senkt dementsprechend den Anreiz zu umweltfreundlichem Kaufverhalten. Weitergehend nimmt Art. 20 a GG keinen staatlichen Bereich aus. Um Widersprüche in der Verfassung zu vermeiden268 , folgt daraus eine Auslegung der Finanzverfassung, die eine Instrumentalisierung von Steuern für Umweltschutzzwecke eröffnet. Eine Umformung der bestehenden Steuertypen kann indes wie dargelegt nur in Teilbereichen und begrenzt ökologische Effekte erzielen. Als Ansatz denkbar wäre eine Erstreckung der Verbrauchsteuer gern. Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG auf den Verbrauch von Umweltgütern. Diese Deutung entspricht zwar nicht dem "traditionellen deutschen Steuerrecht" als Auslegungshintergrund, das die Verbrauchsteuer mit einer Warensteuer gleichsetzt269 , fügt sich aber ohne weiteres in den Wortsinn. Allerdings betrifft dieser Ansatz nur eine Steuerart. Er eröffnet auch nur die Anknüpfung an den Verbrauch, nicht aber die Verschrnutzung von Umweltgütern etwa durch das Einleiten von Abwasser70 oder die Belastung von Luft oder Boden mit schädlichen Stoffen. Viele der in Art. 106 GG genannten Steuertypen wie die Verkehrsteuer, die Vermögensteuer und die Erbschaftsteuer sind einer Ökologisierung nicht zugänglich. Daher führt eine praktische Konkordanz27l zwischen Art. 20 a GG und den Vorschriften der Finanzverfassung dazu, daß diese auch die Kompetenz zur Erhebung von nicht in Art. 106 GG genannten, spezifisch ökologisch ausgerichteten Steuertypen geben. e) Entstehungsgeschichte Dieses Ergebnis läßt sich auch in den Entstehungshintergrund von Art. 105, 106 GG einfügen. Durch Art. 105 Abs. 2 GG sollte der Bund nicht mehr nur für bestimmte Steuerkategorien, sondern für alle denkbaren Steuern die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzen272 , während vor der Finanzrechtsreform von 1969 ein Steuererfindungsrecht der Länder aus Art. 70 GG

268 269 270 271

272

Vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 67 f. Osterloh, NVwZ 1991, 823 (827). Osterloh, NVwZ 1991, 823 (828). Hesse, Grundzüge, Rn. 71 f. BT-Drucks. 5/2861, S. 32 f., 52 f.

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

161

bejaht wurde273 • Ziel des Art. 106 GG war nach der Regierungsbegründung, "für die Aufteilung der Steuern ein möglichst dauerhaftes und überschaubar gestaltetes System zu schaffen, das eine Anpassung an den sich ändernden Mittelbedarf der einzelnen Ebenen gewährleistet und so angelegt ist, daß unnötige Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern vermieden werden. _274 Daraus folgt also nicht, daß die Steuerarten auf den Katalog des Art. 106 GG beschränkt werden sollten; vielmehr gingen die an der Verfassungsgesetzgebung Beteiligten von einem Steuererfindungsrecht des Gesetzgebers aus275 • t) Wortlaut und systematische Stellung

Dementsprechend regelt Art. 106 GG nur die Steuerverteilung. Allerdings setzt Art. 105 Abs. 2 GG mit der Formulierung "wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder teilweise zusteht" voraus, daß diese dem Bund nicht durch eigene gesetzliche Bestimmung, sondern an anderer Stelle durch höherrangiges Recht und damit durch die Verfassung zugewiesen ist, die diese Frage in Art. 106 GG regelt. Der Bund hat indes die konkurrierende Gesetzgebung über die Steuern außer den Zöllen und den Finanzmonopolen sowie den örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG276 entsprechend dem "oder" in dieser Vorschrift alternativ dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Dessen Erwähnung ist nicht deshalb überflüssig, weil er die Voraussetzungen der Betätigung der (anderweitig zugewiesenen) konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz regelt. Sie wäre nur entbehrlich, wenn neben Art. 105 GG stets auch seine Erfordernisse zu prüfen wären. Aus der Nennung von Art. 72 Abs. 2 GG folgt daher vielmehr, daß Art. 105 Abs. 2 1. Alt. GG eine gegenüber Art. 72 GG erweiternde und damit von den Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 GG unabhängige Regelung der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis trifft277 • Der in Art. 105 Abs. 2 2. Alt. GG enthaltene Verweis auf Art. 72 Abs. 2 GG hat dagegen wegen der kompetenzfundierenden Funktion des Art. 105 Abs. 2 GG konstitutive, also die

BVerfGE 16, 64 (77 ff.) m.w.N. BT-Drucks. V/2861, S. 12,33. m Birk, in: Rose, Konsumorientierte Neuordnung des Steuersystems, S. 351 (355). Deutlich amtliche Begründung der Bundesregierung BT-Drucks. V/2861, S. 32 (Tz. 127): "Die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz geht von der Auffassung aus, daß mit den in Art. 105 Abs. 2 GG angeführten Steuerarten alle denkbaren Steuern erfaßt sind, deren einheitliche Gestaltung für die Wahrnehmung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich sein könnte." Und weiter S. 33 (Tz. 131): "Außerhalb der bundesgesetzlich geregelten Steuern bleibt das Steuerfindungsrecht der Länder erhalten." In der Sache ebenso BT-Drucks. V/2861, S. 53 (Tz. 307 f.) und Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. V/2861, S. 94. 276 Zu ihnen § 10 B.III. 277 Vgl. insoweit VogellWalter, in: BK, Art. 105 Rn. 76 f. 273

274

1I Frenz

162

Dritter Teil: Abgabenlösungen

konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes begründende und nicht nur ihre Wahrnehmung ausgestaltende Bedeutung. Sind die Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 GG gegeben, setzt eine Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes mithin nicht voraus, daß ihm bereits anderweitig das Steueraufkommen zugewiesen ist; der Bund kann vielmehr selbst über dessen Verwendung entscheiden, wenn er sich außerhalb des Art. 106 GG bewegt. Das wird auch nicht durch Art. 106 Abs. 6 GG ausgeschlossen278 , der durch die Zuweisung aller "Gemeindesteuern unmittelbar durch die Verfassung" die Gemeinden bei der verfassungsrechtlichen Aufteilung der Steuerquellen nur "hinsichtlich der vorhandenen Steuern" - also ohne Berücksichtigung der noch zu erfindenden - Bund und Ländern gleichstellen wollte279 : "Das sogenannte Steuerfindungsrecht" sollte gerade "nicht eingeschränkt" werden280 • Die detaillierte Regelung in Art. 106 GG zur Einnahmeaufteilung zwischen Bund und Ländern281 bezieht sich auf bestimmte Steuerarten. Sie deckt daher die von Art. 105 Abs. 2 GG erfaßten "übrigen Steuern" nicht vollständig ab. Zudem verweist Art. 105 Abs. 2 GG nur in seiner 1. Alt. auf die Steuertypen des Art. 106 GG. Diese Vorschrift kann daher für Art. 105 Abs. 22. Alt. GG keine Beschränkungen entfalten. Die in Art. 106 GG genannten Steuertypen sind mithin nur insoweit herausgehoben, als für ihre Regelung gern. Art. 105 Abs. 1 1. Alt. GG nicht die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen müssen, aber um den Preis, daß die Steuerverwendung grundSätzlich vorgegeben ist, sie der Bund also auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nicht abweichend von den Vorgaben des Art. 106 GG regeln kann. Dem Bund steht mithin gern. Art. 105 Abs. 2 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die in Art. 106 GG genannten Arten stets und für andere Steuern unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG zu. Die übrigen Steuern sind also die in Art. 106 GG genannten und - entsprechend der Formulierung der Amtlichen Begründung282 - alle anderen denkbaren. Art. 105 Abs. 22. Alt. GG verleiht somit unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG ein Steuerfindungsrecht. Übt der Bund es nicht aus, steht es in dem entsprechenden Bereich den Ländern zu; in diesem Umfang bleibt entsprechend der bereits dargelegten Konzeption der Reform der Finanzverfassung "das Steuerfindungsrecht der Länder erhalten "283.

278 279

280 281

282

283

Insbesondere auf ihn berufen sich VogellWalter, in: BK, Art. 105 Rn. 66. Amtliche Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks. V12861, S. 55 (Tz. 341). Amtliche Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks. V/2861, S. 47 (Tz. 249). Siehe VogellWalter, in: BK, Art. 105 Rn. 66. BT-Drucks. V12861, S. 32 (Tz. 127). BT-Drucks. V/2861, S. 33 (Tz. 131).

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

163

Legt man zugrunde, daß die Ertragskompetenz dem erhebungsberechtigten Gemeinwesen zusteht, werden auch bei außerhalb des Katalogs des Art. 106 GG stehenden Steuern Auseinandersetzungen vermieden und geht es lediglich darum, die Aufteilung der Steuer in Art. 106 GG nicht zu stören284 • Dadurch bleibt der Regelungsgegenstand des Art. 106 GG entsprechend seinem Wortlaut auf die Verteilung der Einnnahmen aus den genannten Steuern begrenzt, und er schreibt keinen numerus c1ausus der Steuerarten fest28S • Er stellt nur eine Grenze für das grundsätzlich bestehende Steuererfindungsrecht dar: Durch dieses darf das in Art. 106 GG aufgestellte Verteilungssystem nicht gestört werden286 • g) Folgen für Abfallsteuern 11

11

Abfallsteuern können somit auch dann statuiert werden, wenn sie nicht einem der in Art. 106 GG genannten Typen entsprechen. Sie brauchen also nicht an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen und damit den Verbrauch oder Kauf eines bestimmten handelsgängigen Produkts anzuknüpfen. Es könnte auch der Verbrauch von Boden durch Deponien oder die Emissionsbelastung von Luft durch Abfallentsorgungsanlagen belastet werden287 • Eine (Sonder-) Abfallsteuer könnte unabhängig von vertraglichen Konstruktionen und Bedingungen ausschließlich nach der - typisiert festgelegten288 - Menge und Schädlichkeit erhoben werden, womit sich das Problem einer entsprechenden Sonderabgabe erledigte289 • Dadurch ist es möglich, Steuern spezifisch auf Umweltziele auszurichten.

2. Notwendigkeit einer Sachregelungskompetenz bei sämtlichen außerjiskalischen Zwecken a) Das Verhältnis von Art. 70 ff. GG und Art. 105 GG Art. 105 GG trifft, wie vorstehend ausgeführt, für die Steuergesetzgebung eine gegenüber Art. 70 ff. GG spezielle Kompetenzverteilung. Steuern haben indes

Osterloh, NVwZ 1991,823 (828). Ebenso Fischer-Menshausen, in: \Ion Münch, GGK III, Art. 105 Rn. 17, Art. 106 Rn. 14 a; Seimer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 144 f., 154 f.; Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 54 m.w.N. 286 P. Kirchhof, in: HStR IV, § 88 Rn. 68; ders., Jura 1983, 505 (508). 287 Aus EffektivitätsglÜnden ist indes eine an die Enstehung von Abfall anknüpfende Steuer vorzuziehen; vgl. oben § 1 C.I. 288 Vgl. oben § 9 B.IV.3. 289 Dazu unten § 10 C.I.2., III. 284

28'

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

aufgrund ihrer Eigenschaft als finanzielle Belastungen regelmäßig zumindest insofern Auswirkungen auf das Verhalten der Betroffenen, als diese versuchen werden, diesen Belastungen zu entgehen. Zudem wird eine Steuer meist nicht nur unter Einnahmegesichtspunkten festgesetzt, sondern auch im Hinblick auf ihre gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen und damit auch unter verhaltensbeeinflussenden Gesichtspunkten2CJO • Wäre aus diesem Grunde stets zusätzlich zur Steuergesetzgebungskompetenz eine Sachregelungsbefugnis notwendig, würde sich die Regelung des Art. 105 GG in allen Fällen als zusätzliche Kompetenzschranke und nicht als Spezialvorschrift darstellen. Die mit einer Steuer im allgemeinen verbundenen verhaltensmäßigen Auswirkungen müssen daher als durch die Steuergesetzgebungskompetenz abgedeckt angesehen werden291 • Indes erstreckt sich Art. 105 GG nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut auf die Verteilung der Gesetzgebungskompetenz für Steuern, nicht aber auf die für andere Maßnahmen. Für sonstige Gesetzgebungsmaßnahmen gelten Art. 70 ff. GG. Kann der Bundesgesetzgeber auf der Grundlage von Art. 105 GG verhaltenslenkende Maßnahmen durch Steuern treffen, vermag er durch die Nutzung dieser ihn erweiternd berechtigenden Kompetenznorm die Ordnung der Art. 70 ff. GG für den weiten Bereich der Verhaltenslenkung zu überspielen292 • Das gilt zumal dann, wenn man dem hier vertretenen Ansatz folgt, Art. 106 GG stelle keinen numerus clausus der Steuerarten dar293 • Die gegenüber Art. 70 ff. GG spezielle Vorschrift könnte damit zur Regel werden. Damit aber würde der Charakter des Art. 105 GG als Sondervorschrift aufgegeben. Als solche ist Art. 105 GG vielmehr eng auszulegen. Weitergehend gefährdete die Möglichkeit einer Aushebelung der Kompetenzverteilung der Art. 70 ff. GG für die Verhaltenslenkung nicht nur das Bundesstaatsprinzip, sondern auch und vor allem die freiheitsschützende Funktion der Gewaltenteilung, deren Ausfluß die detaillierte Kompetenzverteilung darstellt. Daher umfaßt der ebenfalls von diesem Hintergrund getragene294 Art. 105 GG kompetentiell nicht Lenkungssteuern. Von ihm können nur steuerspezifische außerfiskalische Gesichtspunkte gedeckt sein. Die Grenze liegt also dort, wo verhaltensmäßige Wirkungen nicht aus der Steuer selbst und den zu ihrer Entstehung führenden regelmäßigen Begleitumständen folgen.

Siehe BVerwG, DVBJ. 1995,58 (61) m.w.N. Insoweit ebenso BVerwG, DVBJ. 1995, 58 (61); Fischer-Menshausen, in: von Münch, GGK III, Art. 105 Rn. 8 f.; Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 105 Rn. 24. 292 VgJ. Starck, in: Festschrift für Wacke, S. 193 (206 ff.). 293 Siehe oben § 10 BILl. 294 Siehe BVerfGE 55,274 (300 f.) sowie oben § 10 B.II.1.a).dd). 290

2.1

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

165

b) Erweiterter Steuerbegriff Gern. § 3 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. AO kann allerdings die Erzielung von Einnahmen Nebenzweck einer Steuer sein. Schon von daher könnte Art. 105 GG ebenfalls erweiternd dahin zu verstehen sein, daß er auch für die Statuierung einer solchen Steuer die Kompetenz verleiht29S , wird doch der Steuerbegriff in Art. 105 GG regelmäßig unter Rückgriff auf die AO bestimmt296 • Der genannte § 3 AO stammt allerdings aus dem Jahre 1977297 , entstand also nach der Änderung der Finanzverfassung von 1969298 • Das wäre dann unschädlich, wenn der Steuerbegriff des Art. 105 GG stets mit dem der AO einherginge. Dieser wurde indes mit der Verabschiedung der Verfassungsbestimmung festgelegt und steht daher nicht zur Disposition des einfachen Gesetzgebers299 • Den Beratungen zum Grundgesetz als auch den Überlegungen zur Reform der Finanzverfassung 1969 lag hingegen der Steuerbegriff des § 1 AO zugrunde300 , der diesen Zusatz noch nicht enthielt. Danach sind Steuern lediglich als Geldleistungen definiert, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Allerdings hat die Rechtsprechung bereits vor 1969 die Finanzierung als Nebenzweck für das Vorliegen einer Steuer ausreichen lassen301 • Das spricht dafür, daß diese erweiterte Zweckbestimmung der dazu keine Aussage treffenden Amtlichen Begründung302 der Reform des Art. 105 GG zugrunde gelegt wurde. § 3 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. 2 AO hätte dann einfachgesetzlich nachvollzogen, daß die Steuer als Instrument "aktiver Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik "303 einen hauptsächlichen Lenkungszweck begrifflich einschließt304 •

2'S Vgl. Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 121 ff., 185 ff., 257 ff., 272 ff., 294 ff., der vor diesem Hintergrund die Dichotomie von fiskalischem und nichtfiskalischem Steuerzweck völlig ablehnt. 296 Siehe etwa BVerfGE 65, 324 (344), aber auch BVerfGE 55, 274 (299); 67 256 (282); BVerwG, DVBI. 1995, 58 (58). 297 BGBI. I S. 269. 2'S Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12.5.1969, BGBI. I S. 359. 299 Deutlich VogellWalter, in: BK, Art. 105 Rn. 25 ff. 300 Näher VogellWalter, in: BK, Art. 105 Rn. 24. 301 BVerfGE 3, 407 (436); 6, 55 (81); 13, 331 (345 f.); 16, 147 (161); 19, 101 (114). 302 Siehe BT-Drucks. V12861, S. 32 f., die dagegen zum "unklaren" Begriff der "Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis" deutlich Stellung bezieht. 303 BVerfGE 67,256 (282).

166

Dritter Teil: Abgabenlösungen

Das bedeutet, daß Art. 105 GG nicht die Statuierung von Steuern verbietet, die in erster Linie eine Verhaltenslenkung bezwecken. Solche Steuern können mithin auf Art. 105 GG gestützt werden. Die häufige tatsächliche Koppelung von Steuer und Verhaltenslenkung erweist aber umgekehrt die Gefahr, die dem Gewicht der Art. 70 ff. GG als Grundregeln im Hinblick auf Verhaltensvorschriften durch Art. 105 GG droht. Ein durch diese tatsächliche Koppelung hervorgerufener Funktionswandel der Steuer muß daher aufgrund der Stellung des Art. 105 GG im Kompetenzgefüge des Grundgesetzes mit einer rechtlichen Koppelung einhergehen: Art. 105 GG trägt auch verhaltenslenkende Steuern, aber nur hinsichtlich der steuerspezifischen Komponente. Für die verhaltenslenkende Komponente bedarf es dagegen zusätzlich einer Kompetenz aus Art. 70 ff. GG. § 3 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. AO stellt somit lediglich die Zulässigkeit auch verhaltenslenkender Steuern klar, ohne eine Aussage über die notwendigen Kompetenzen zu machen. c) Abgrenzung im einzelnen Ausgehend davon sind durch eine Kompetenz aus Art. 105 GG lediglich die Wirkungen von Steuern erfaßt, die sich als Ausfluß des ursprünglich vorausgesetzten Steuerzwecks, die Erzielung von Einkünften, darstellen. Nimmt man die regelmäßige Berücksichtigung gesellschaftspolitischer Auswirkungen bei der Festlegung von Steuern hinzu, sind immer noch die außerfiskalischen Effekte auszuscheiden, die sich nicht lediglich als Folge der Absicht der Einnahmeerzielung darstellen. Das ist dann der Fall, wenn die Steuer einen anderen Hauptzweck verfolgt305 • Die Abgrenzung zu einem Nebenzweck ist allerdings aufgrund der häufig vielschichtigen Begründung von Gesetzen oft schwer. Das bedeutet aber nicht, einen außerfiskalischen Zweck generell als Anknüpfungspunkt für die Festlegung einer notwendigen Sachgesetzgebungskompetenz abzulehnen und sowohl außerfiskalische Haupt- als auch solche Nebenzwecke unbeachtlich sein zu lassen, sondern nur auf die. Wirkung abzustellen306 • Auch 304 Z.B. BVerfGE 67,256 (282); von Amim, VVDStRL 39 (1981), 286 (324 ff.) m.w.N. Auch der herrschenden Steuerstaatsdoktrin kritisch gegenüberstehende Autoren wie Osterloh, NVwZ 1991, 823 (826) und solche, die den Steuerinterventionismus ablehnen wie FriauJ, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und SozialgestaItung durch Steuergesetze, S. 46 f., gehen davon selbstverständlich aus. 30' Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 142 ff.; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 164; Stern, Staatsrecht 11, S. 1105. 306 So BVerwG, DVBI. 1995, 58 (62); Maunz, in: Maunz!Dürig, Art. 105 Rn. 24; Starck, in: Festschrift für Wacke, S. 193 (207 f.), die nur auf den Effekt abstellen; siehe bereits BVerfGE 13, 181 (196 f.); 31, 8 (23).

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

167

wenn ein anderer Nebenzweck verfolgt wird, beschränkt sich der Gesetzgeber nicht darauf, lediglich die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer Steuer zu berücksichtigen, sondern nimmt zu dem Zweck der Einnahmeerzielung weitere hinzu und wirkt damit bewußt verhaltenslenkend. Daraus ergibt sich, daß sämtliche gezielten verhaltenslenkenden Maßnahmen einschließlich derer, die in Form einer Steuervorschrift mit außerfiskalischem Haupt- oder Nebenzweck ergehen, einer Sachregelungskompetenz bedürfen. Gestaltet sich die Abgrenzung zwischen noch nicht zur Notwendigkeit einer Sachregelungskompetenz führenden Erwägungen zu wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen von Steuern und einem verfolgten außerfiskalischen Nebenzweck als schwierig, können Aufschluß die tatsächlichen Wirkungen einer Steuer geben. Diese können allerdings ebenfalls schwer bestimmbar sein. Ihre ausschließliche Maßgeblichkeit könnte daher ebenfalls Abgrenzungsprobleme nicht ausschließen. Indes kann ihnen eine gewichtige Indizfunktion zugemessen werden, sofern der - eine außerfiskalische Zielrichtung möglicherweise verschleiernde - Wille des Gesetzgebers nicht klar erkennbar ist. Ein außerfiskalischer Zweck wird regelmäßig dann vorliegen, wenn ein Steuergesetz aufgrund der Höhe der Steuer in eine reine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter umschlägt307 , aber auch dann, wenn es "einem unmittelbaren, gezielten sachlichen Gebot oder Verbot nach Gewicht und Auswirkung gleichkommt "308. Das kann auch durch indirekte verhaltensbeeinflussende Effekte von Steuern als "weiche", weil disponible Belastungen309 und damit eine gleichgewichtige Intensität gegeben sein - parallel zur Gleichstellung von unmittelbaren und mittelbaren Verhaltenslenkung im Grundrechtsbereich31O • d) Folgen für umweltbezogene Steuern Durch das Erfordernis einer zusätzlichen Sachkompetenz für sämtliche Steuern, die auf eine Verhaltenslenkung zielen, wird der Bund indes nicht aus seiner dominierenden Rolle verdrängt. Dieser Effekt würde teilweise jedenfalls dann vermieden, wenn man eine Sachgesetzgebungskompetenz auch unmittelbar aus der Finanzverfassung ableiten könnte, womit dann ein lenkender Einsatz etwa

Dann ebenfalls für die Notwendigkeit einer Sachregelungskompetenz BVerfGE 36,61 (8l). BVetwG, DVBI. 1995, 58 (62). 309 Näher Lang, in: Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 115 (124). 310 Siehe BVetwGE 32, 173 (178 f.); 44, 244 (246 ff.); 50,282 (287 f.); 54, 211 (221 ff.); 71, 183 (191 ff.) m.w.N.; Erichsen, in: HStR VI, § 152 Rn. 80; ders., in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 33; Huber, Konkurrenzschutz im Vetwaltungsrecht, S. 114, 291 ff. 307 308

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

der Straßengüterverkehrssteuer gem. Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG gedeckt wäre311 • Jedoch wird, will man Finanzverfassung und Verhaltenslenkung gem. Art. 70 ff. GG sorgfältig trennen312 , auch durch diese Vorschriften nur über den aufgezeigten Zusammenhang mit Art. 105 Abs. 2 1. Alt. GG313 die Kompetenz für die Steuergesetzgebung als solche eröffnet, nicht aber für den Gebrauch dieser Steuern für verhaltenslenkende Zwecke. Allerdings weist das Grundgesetz dem Bund gem. Art. 73 Nr. 6 (Luftverkehr), Nr. 6 a (Eisenbahnverkehr), Art. 74 Nr. 11 (Recht der Wirtschaft), Nr. 11 a (Erzeugung und Nutzung der Kernenergie), Nr. 18 (Bodenrecht), Nr. 20 (Schutz beim Verkehr mit verschiedenen Gütern), Nr. 22 (Straßenverkehr und Kraftfahrwesen) und insbesondere Nr. 24 (Abfallbeseitigung, Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung) weite Bereiche der Verhaltenslenkung im Umweltbereich ausschließlich oder konkurrierend zur Gestaltung zu und ergänzt diese Sektoren durch eine Rahmengesetzgebungskompetenz gem. Art. 75 Nr. 3, 4 GG. Auf diese Weise ist zugleich ein Gebrauch des Steuererfindungsrechts der Länder zu verhaltenslenkenden Maßnahmen im Umweltbereich und damit auch im hier untersuchten Abfallsektor weitgehend ausgeschlossen. Dasselbe gilt für die Kommunen, sofern sie durch eine Delegation der Steuererhebungskompetenz der Länder in Art. 105 Abs. 2 a GG zur Statuierung von Steuern berechtigt sind314 : Gemeinden sind zwar gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG für grundSätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zuständig 315 • Infolge der weitreichenden Auswirkungen von Umweltbeeinträchtigungen wurzeln indes die wenigsten Umweltaufgaben in der örtlichen Gemeinschaft bzw. haben einen spezifischen Bezug zu ihr. Zudem haben Bund und

311 So Rodi, in: Becker-SchwarzelKöcklKupkalvon Schwanenflügel, Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 121 (137). 312 Zu den Gründen vorstehend § 10 B.II.2.a). 313 Siehe oben § 10 B.II.1.0. 314 Wegen der in dieser Vorschrift erfolgten vollständigen Verteilung der Steuerkompetenz ("übrige(n) Steuern"), die ausweislieh Art. 105 Abs. 2 a GG und des Verweises auf Art. 72 Abs. 2 GG in Art. 105 Abs. 2 GG nur den Bund und die Länder erfaßt, während die Gemeinden nur im Hinblick auf die Verteilung einbezogen werden, kann nicht Art. 28 Abs. 2 GG die Regelungsgrundlage sein (ebenso BVerwG, OVBI. 1995, 58 (59); a.A. BenkmannlGaulke, ZKF 1990, 98; Mohl, Die Einführung und Erhebung neuer Steuern aufgrund des kommunalen Steuererfmdungsrechts, S. 64 ff.; Tiedemann, OÖV 1990, 1 (6 f.), jeweils m.w.N.; vgl. auch Pieroth, in: JarasslPieroth, GG, Art. 28 Rn. 7a). Einer den Wortlaut des Art. 105 Abs. 2 a GG aufweichenden praktischen Konkordanz mit der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 (i.V.m. S. 3) GG garantierten Finanzhoheit bedarf es im Hinblick auf den durch die übrigen Abgabenarten eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht. 3IS BVerfGE 79, 127 (150).

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

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Länder den Gemeinden aufgrund überwiegender Gemeinwohlbelange noch verbliebene Umweltaufgaben entzogen316 •

3. Steuerverteilungsrechtliche Grenzen Die Einführung von Umweltsteuern darf die in Art. 106 GG beabsichtigte angemessene Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern nicht gefährden. Indes werden sich insbesondere im Hinblick auf die Korrekturmöglichkeiten gern. Art. 106 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 GG zur Verfassungswidrigkeit einzelner Steuern führende Abweichungen kaum ergeben3l7 •

4. Rechtsstaatliche Grenzen Soweit gegen den Einsatz von Steuern als Lenkungsmittel wegen ihrer "erheblichen Unschärfe" rechtsstaatliche Bedenken vorgebracht werden3l8 , ist dem entgegenzuhalten, daß nicht genau abschätzbare und schwer festzumachende Auswirkungen auch mit Verhaltensbefehlen verbunden sein können3l9 • Rechtsstaatlich geboten ist selbstverständlich wie bei jeder anderen normativen Regelung auch, daß die Steuertatbestände im Bezug auf den Belasteten klar gefaßt sind320 •

5. Vereinbarkeit mit den Grundrechten, insbesondere Verhältnismäßigkeitsprüfung Lenkungssteuern sind auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten sowohl hinsichtlich ihres geldentziehenden als auch hinsichtlich ihres lenkenden Effekts zu prüfen321 • Ihre Verhältnismäßigkeit ergibt sich nicht bereits daraus, daß sie, verglichen mit Verhaltensgeboten, das mildere Mittel sind; das ist jeweils im Einzelfall zu prüfen und entbindet nicht von der Rechtfertigung der in Frage

316 Für die Abfallentsorgung BVerfGE 79, 127 (156 ff.); zu anderen Bereichen HolVciimper, Kommunale Umweltlenkungsabgaben, S. 28 ff., 32 ff. 317 Rodi, in: Becker-Schwarze/Köck/Kupka/lIon Schwanenflügel, Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 121 (137); Wendt, in: HStR IV, § 104 Rn. 30. 3\8 Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, S. 32 ff. 3\9 Vgl. oben § 6. Zum ganzen auch Radi, in: Becker-Schwarze/Köck/Kupka/lIon Schwanenflügel, Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 121 (139). 320 BVerfGE 38, 61 (82). 321 Vogel, in: HStR IV, § 87 Rn. 86. Zu den Wechselwirkungen beider Zwecke Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 232 ff.

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

stehenden Steuer322 • Nach herrschender Doktrin fmdet eine Verhältnismäßigkeitskontrolle lediglich im Hinblick auf die verhaltenslenkende Wirkung statt, nicht aber wegen des Entzugs von Geld323 • Das aber steht in Widerspruch zu der auch insoweit freiheitsbeeinträchtigenden, da Geld entziehenden Wirkung der Steuer324 • Es ist möglich, daß die mit der Steuer verfolgten Verhaltensziele nur unter Durchbrechung der aufgrund der Finanzierungsfunktion der Steuer gebotenen Grenzen erreicht werden können. Das gilt insbesondere für den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der gleichen Lastenverteilung32S • Er wird beispielsweise angetastet, wenn bestimmte Konsumgüter mit umweltlenkenden Verbrauchsteuern belastet werden, andere hingegen trotz vergleichbarer Umweltschädlichkeit nicht. Birk sieht als Voraussetzungen für eine Durchbrechung des Grundsatzes der gleichen Lastenverteilung an, daß ohne eine solche ein Lenkungsziel von verfassungsrechtlicher Relevanz nicht erreicht werden kann, diese Durchbrechung nur so weit reicht, wie es im Hinblick auf die Erreichung des angestrebten Zwecks notwendig ist, und ein Vorrang der bezweckten Gestaltungswirkungen vor einer lastengleichen Besteuerung besteht326 • Die ersten beiden genannten Voraussetzungen entsprechen, eingebettet in das auch für Art. 3 Abs. 1 GG gültige Übermaßverbot327 , der Komponente der Erforderlichkeit, die letzte der der Angemessenheit. Daß der verfolgte Lenkungszweck nicht nur verfassungsmäßig, sondern aus dem Grundgesetz herleitbar sein muß, ist die Konsequenz daraus, daß Art. 3 Abs. 1 GG nicht unter Gesetzesvorbehalt steht. Auch bei bestehendem Lenkungszweck bleibt die Steuer das Instrument zur Finanzierung der Staatsausgaben zugunsten aller durch die Belastung aller. Der Lenkungszweck rechtfertigt daher nur eine maßvolle Ungleichbehandlung328 • Die selektive Auswahl von Konsumgütern für umweltlenkende Verbrauchsteuern ist jedenfalls durch Art. 20 a GG vom Grund her gedeckt329 • Sie ist zur Vermeidung von Umweltbelastungen geeignet. Eine stärkere Belastung als beim Verbrauch umweltfreundlicherer Güter ist zur Setzung von Lenkungssignalen erforderlich; ob Gebote das mildere Mittel sind, bedarf einer Unter-

m Höfling, StuW 1992, 242 (247); siehe auch von Amim, VVDStRL 39 (1981), 286 (331); Weyreuther, UPR 1988, 161 (166) sowie oben 1 B.m. 323 Kategorisch abI. Isensee, in: Festschrift für Ipsen, S. 409 (434); auch Breuer, VVDStRL 39 (1981), 383 (384). Anders Erichsen, 1ura 1995,47 (48); Kloepfer, AöR 97 (1972), 232 (254). 324 Dazu im einzelnen Radi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, S. 85 ff. m.w.N. m Zu ihm bereits § 10 B.II.l.b). 326 Im einzelnen Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 240 ff. 327 Siehe oben § 9 B.V.2. 32. Zur Gebühr oben § 9 B.V.2. 329 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, § 8 Rn. 63.

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

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suchung im Einzelfall, der die Einschätzung des Gesetzgebers zugrundezulegen ist. Eine Differenzierung unter umweItbelastenden Gütern beruht einmal darauf, daß nicht sämtliche Erzeugnisse gleichzeitig belastet werden können, will man eine Überflutung mit Lenkungsreizen sowie unübersehbare Wechselwirkungen vermeiden sowie die politische Durchsetzbarkeit sichern330 • Daher kann der Gesetzgeber nach seiner vertretbaren Einschätzung eine schrittweise Verwirklichung wählen33 ). Zudem ist eine lückenlose Erfassung bei an bestimmten Gütern anknüpfenden Steuern infolge der wechselnden Einschätzungen über eine Umweltschädlichkeit kaum möglich332 • Die Angemessenheit schließlich folgt aus der Gewichtigkeit der UmweItbelange und aus den tatsächlichen Umständen ihrer Verwirklichung. 6. Sozialstaatliehe Grenzen Das Sozialstaatsprinzip gern. Art. 20 Abs. 1 GG würde dann nicht gewahrt, wenn durch Umweltsteuern der existenznotwendige Lebensbedarf derart verteuert würde, daß finanziell schwache Bevölkerungsschichten Probleme hätten, diesen zu erwerben. Auch insoweit und damit wegen des vergleichbaren Effekts, daß Geld für den lebensnotwendigen Bedarf entzogen wird, über das Einkommensteuerrecht333 hinaus334 muß das Existenzminimum gewahrt bleiben. Das Sozialstaatsprinzip gibt weiter vor, daß eine Besteuerung nicht einseitig zu Lasten der sozial Schwachen erfolgt. Das wäre dann der Fall, wenn eine Besteuerung auf sämtliche Verbrauchsgüter ohne Rücksicht auf die fmanzielle Leistungsfähigkeit erfolgte: Durch einen vergleichbaren Bedarf an bestimmten Gütern würden absolut gesehen Reiche und Arme gleich stark belastet und damit die sozial Schwachen im Verhältnis zu ihrem Einkommen wesentlich schwerer 3S • Daher sind die lebensnotwendigen Produkte sowie die Güter des täglichen Bedarfs entweder von UmweItsteuern ganz auszunehmen oder nur minimal

330 Bunde bzw. Benkert, in: BenkertlBunde/Hansjürgens, Umweltpolitik mit Öko-Steuern?, S. 20 bZW.94. 331 BVerfGE 54, 11 (37); 62, 256 (286) für An. 3 Abs. 1 GG. Vgl. etwa BVerfGE 85, 80 (87, 90 ff.) für die Verwirklichung der Vorgabe des Art. 6 Abs. 5 GG; auch BVerfGE 54, 173 (202); 56, 54 (81 f.). Weil aber ein konkreter und zwingender Verfassungsaufttag zur Statuierung von Umweltsteuern fehlt, führt eine solche schrittweise Verwirklichung nicht zu einem verfassungswidrigen Zustand, so daß die gegen die vorgenannten Verfassungsgerichtsentscheidungen vorzubringenden Bedenken (Frenz, OÖV 1993, 847 ff.) nicht bestehen. 332 Lang, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 115 (140 f.). 333 Zu diesem BVerfGE 82,60 (85); mit anderer Begrundungjetzt BVerfGE 87, 153 (169, 172). 334 Lang, in: Rose, Konsumorientierte Neuordnung des Steuersystems, S. 291 (323 f.); Tipke, StuW 1992, 103 (114 ff.). 335 Siehe Bergmann/Ewringmann, in: NutzingerfZahmr, Öko-Steuern, S. 43 (54 f.); Birk, in: Rose, Konsumorientierte Neuordnung des Steuersystems, S. 351 (360).

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

zu belasten, es sei denn, die gegen das Sozialstaatsprinzip verstoßenden Effekte würden durch Sozialhilfe ausgeglichen336 • Von daher wäre etwa eine bundesweite Verpackungssteuer zulässig, bei der pro Verpackung lediglich Pfennigbeträge anfielen. Diese Einschränkung ändert aber nichts an der ökologischen Wirksamkeit: Diese ist umso größer, je stärker die Nachfrage auf Preiserhöhungen reagiert33?

111. Die Verpackungssteuer als Beispiel für die Zulässigkeit verschiedener Anreize in einem Bereich und für die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 19.8.1994338 grundsätzlich und der hessische Verwaltungsgerichtshof am 28.6.1995 339 im konkreten Fall die Einführung von Verpackungssteuern zur Vermeidung von Abfällen auf die Verwendung von Einwegverpackungen, in denen Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verkauft werden, für zulässig erklärt hatte340 , ist zu erwarten, daß die Kommunen in verstärktem Maße auf dieses Mittel als Instrument der Verhaltensbeeinflussung zurückgreifen werden34l • Indem diese Steuer342 vom Verkäufer als demjenigen, der die Einwegverpackungen in Verkehr bringt, erhoben und von diesem regelmäßig an den Endverbraucher weitergegeben wird, richtet sie sich gegen zwei Gruppen, die da Entstehen von Abfall aus Einwegverpackungen verursachen. Durch die Verpackungs steuer können mithin die Kommunen auf lokaler Ebene das Verursacherprinzip verwirklichen, sofern sie verfassungsrechtlich zulässig ist.

Lang, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 115 (158 f.). Dickertmann, in: P. Kirchhof, Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 33 (51 f.). 338 DVBI. 1995, 58. Dem Gericht folgend Queitsch, StGR 1995, 28 (33 ff.). 33. Az. 5 N 1202/92 und 5 N 378/95. 340 Endgültige Klärung wird aber erst eine auf die erhobenen Verfassungsbeschwerden ergehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bringen. Zum Streit siehe F.A.Z. vom 1.7.1995, S. 13. Vgl. auch OVG NW, Urteil vom 7.7.1995, Az. 15 A 295/91. 341 Siehe F.A.Z. vom 21.4. 1995, S. 15; nach F.A.Z. vom 24.8.1995, S. 1 planen dies mehr als 500 Städte. 342 Eine Sonderabgabe, von der etwa Tiedemann, DÖV 1990, 1 (5, 7) ausgeht, kommt regelmäßig wegen der Verwendung für den allgemeinen Finanzbedarf und der damit fehlenden Gruppennützigkeit nicht in Betracht (BVerwG, DVBI. 1995,58 (59) m.w.N.). Solange die Einnahmeerzielung objektiv Bestand hat, entfällt durch außerfiskalische Zwecke die Steuereigenschaft nicht (BVerwG, DVBI. 1995, 58 m.w.N.). Etwas anderes gilt nach der Konzeption der Rspr. nur bei einer ausschließlich beabsichtigten Verhaltenslenkung durch eine "erdrosselnde Wirkung", die die Einnahmeerzielung gänzlich unmöglich machte (BVerwG, a.a.O.; BVerfGE 14, 76 (99); 16, 147 (161». Zum Meinungsstand etwa Böhm, in: liibbe-Wolff, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 255 (263). 336

337

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173

Diese Frage der Grundgesetzkonformität der Verpackungssteuer ist ein Ausschnitt der Frage, inwieweit Kommunen das Verursacherprinzip zu verwirklichen vermögen und auf diese Weise zusammen mit anderen Verwaltungsebenen lenkend tätig werden können343 . Für die Verpackungssteuer stellt sich diese Frage konkret im Hinblick darauf, ob eine an die Kommunen durch die Kommunalabgabengesetze der Lände~ delegierte finanzverfassungsrechtliche Kompetenz aus Art. 105 Abs. 2 a GG besteht (1.) und ob eine solche wegen verhaltenslenkender Zwecke durch eine Konkurrenz mit Regelungen der Verpackungsverordnung gern. Art. 74 Nr. 24, 72 Abs. 1 GG gesperrt ist (2.). Nur dann kann die Verpackungssteuer "als kommunale Initiative auf dem Weg zu aktiver Umweltpolitik"34S fungieren.

1. Vereinbarkeit mit Art. 105 Abs. 2 a GG a) Örtlichkeit Eine Steuer ist örtlich LS.v. Art. 105 Abs. 2 a GG, wenn sie an einen örtlichen Vorgang anknüpft und sich ihre Auswirkungen auf das Gemeindegebiet beschränken, um ein die Wirtschaftseinheit berührendes Steuergeflille zu vermeiden346 • Dieses Merkmal ist für die Verpackungssteuer wegen Auswirkungen auf die Konkurrenzsituation und damit auch das Verbraucherverhalten jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn auch Produkte wie etwa verschlossene Flaschen oder Dosen erfaßt werden, deren Verbrauch nicht mit hoher Sicherheit im örtlichen Bereich der steuererhebenden Gemeinde erfolgt347 . Eine Vermutung für einen Verbrauch im Gemeindegebiet und auf das Gemeindegebiet beschränkte Wirkungen soll hingegen bei Waren bestehen, die zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden348 . Indes muß, wie etwa Verkaufsstellen in Bahnhofsnähe zeigen, ein Angebot zum Verzehr an Ort und Stelle nicht einen Verzehr an Ort und Stelle zur Folge

Für Gebühren bereits oben § 9 B.II.3. § 6 Abs. 1 KAG BW; An. 3 Abs. 1 S. 1 BayKAG; § 3 Abs. 3 S. 1 bbg. KAG; § 7 Abs. 2 hess. KAG; § 3 Abs. 3 S. 1 KAG M.-V.; § 3 Abs. 3 S. 1 nds. KAG; § 3 Abs. 1 S. 1 KAG NW; § 3 Abs. 2 S. 1 KAG Rh.-Pf.; § 3 Abs. 1 S. 1 saarl. KAG; § 7 Abs. 2 sächs. KAG; § 3 KAG Sachs.-Anh.; § 3 Abs. 1 S. 1 KAG S.-H.; § 5 Abs. 1 S. 1 thür. KAG. 345 Mohl, GemH 1992, 148. 3" BVerfGE 16, 306 (327); 65, 325 (349). 347 BVerwG, DVBl. 1995, 58 (60); ebenso für eine Speiseeissteuer bereits BVerfGE 16, 306 (327); krit. Dahmen, KStZ 1992, 1 (5 f.) m.w.N. 348 Rspr. (BVerwG, DVBl. -1.995, 58 (60); BVerfGE 16, 306 (327» und ganz h.M. (etwa Benkmann/Gaulke, ZKF 1990,98 (lOI); Küssner, Abgrenzung, S. 334, 338 m.w.N.). 343

344

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

haben349 • Daher soll der Verkäufer nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nachprüfbar festhalten, ob ein Verkauf zur Mitnahme oder zum Verzehr an Ort und Stelle erfolgeso. Das aber kann er meist nicht. Im Massenbetrieb der vom Bundesverwaltungsgericht besonders angeführten "Fast-Food-Restaurants " ist eine solche Überprüfung praktisch kaum durchführbar und zu aufwendig. Insbesondere aber fehlt die Nachprüfbarkeit, es sei denn, die zuständige Überwachungsbehörde betreibt einen unvertretbaren Verwaltungsaufwand. Damit aber ist eine gleichmäßige Durchsetzung der Steuererhebung als Bestandteil der Besteuerungsgieichheit3S1 nicht gewährleistet. Solche Konstellationen sind aufgrund der hohen Frequentierung von "Fast-Food-Restaurants· nicht unbedeutende Problemfälle, die im Rahmen einer typisierenden Betrachtung vernachlässigt werden könnten3s2 • Wegen fehlender Praktikabilität ist daher, jedenfalls bezogen auf die Verpackungssteuer, das Kriterium eines Verkaufs zum Verzehr an Ort und Stelle untauglich3S3 • Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zur Geeignetheit dieses Kriteriums im Rahmen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, worauf das Bundesverwaltungsgeriches4 verweist. Nach dieser Vorschrift bleibt es beim vollen Umsatzsteuersatz bei der Lieferung von Lebensmitteln "zum Verzehr an Ort und Stelle". Es genügt mithin, wenn der Empfanger der Ware den Verzehr der Speisen und Getränke an Ort und Stelle ermöglicht3Ss • Die Erfüllung dieses Kriteriums hängt von der Einrichtung und der Arbeitsweise des Unternehmers ab, nicht aber vom Willen des Kunden. Zudem: Genügte für die Findung von Kriterien einer verfassungsrechtlich gebotenen Abgrenzung deren Existenz im einfachen Recht, müßte der Gesetzgeber nur die von ihm gewünschten Abgrenzungsmerkmale in einer anderen Norm festlegen, um dem Vorwurf der fehlenden Tauglichkeit enthoben zu sein. Seine Geeignetheit im Bereich der Verpackungssteuer unterstellt, schließt auch das Kriterium des Verzehrs an Ort und Stelle überörtliche Auswirkungen nicht stets aus: Erhebt von zwei dicht beeinanderliegenden Kommunen namentlich in Ballungsräumen nur die eine von beiden eine Verpackungssteuer, werden viele Verbraucher die billigeren Würste, Pommes frites etc. der Anbieter in der

Eschenbach, ZKF 1992, 51 (56). BVerwG, DVBI. 1995, 58 (60). m BVerfGE 84, 239 (271); Rodi, NJW 1990, 3246 ff. m In diesem Sinne Kluth, DVBI. 1992, 1261 (1264). J>3 Ebenso Dahmen, KStZ 1992, 1 (5). 3$4 DVBI. 1995, 58 (60). m BFH, BStBl. 1983, 11, 349, 353, 354; BStBl. 1984, 11, 349. 349

3~

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

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Nachbargemeinde bevorzugen und dort dann mehr Einwegabfall verursachen3s6 • Überörtliche Auswirkungen von Verpackungssteuern werden sich also kaum vermeiden, geschweige denn durch den Ausschluß bestimmter Produkte praktikabel verringern lassen. Deshalb den Begriff "örtlich" zu lockern3s7 bedeutete indes die Inkaufnahme wirtschaftlicher Auswirkungen in anderen Gemeinden und damit eine Beeinträchtigung der Wirts~haftseinheit, die dieser Begriff vermeiden soll. b) Gleichartigkeit mit bundesgesetzlicher Steuer Die Verpackungssteuer darf zudem nicht mit der bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer gleichartig sein. Die Gleichartigkeit wird in Art. 105 Abs. 2 a GG nicht näher definiert. Indes hat die Rechtsprechung mittlerweile fest eingeschliffene Kriterien, nämlich die Unterscheidung nach Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebung und der besteuerten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit3 s8 , aufgestellt. Diese haben im Laufe der Entwicklung3S9 dadurch an Rigorosität und Abstraktheit trotz eines in Frage stehenden Vergleichs von Konkretem360 und damit an Fragwürdigkeit verloren, daß sie umfassend geprüft und damit einem Gesamtvergleich361 angenähert werden36Z • Von diesen Kriterien soll daher zunächst ausgegangen werden. Daß sich die Verpackungssteuer von der Umsatzsteuer nach den genannten Kriterien unterscheidet und damit nicht gleichartig ist, bejaht das Bundesverwaltungsgericht363 deshalb, weil die erste an den Verbrauch und die zweite als

3S6 Führt dies zu einer verstärkten Inanspruchnahme der Straßenpapierkörbe, erhöhen sich bei der Nachbarkommune die Entsorgungskosten. Insoweit ergeben sich Auswirkungen auf die abfallpolitische Gestaltungsfreiheit dieser Kommune, insbesondere aber auf ihre Finanzhoheit, die bei erheblichem Umfang auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 28 Abs. 2 S. 1 i.V.m. S. 3 GG zu überprüfen wären (vgl. näher Frfnz, DV 28 (1995), 33 (53». Sofern die Bereitstellung, Leerung und Unterhaltung von Straßenpapjerkörben wie in Nordrhein-Westfalen gern. § 5 Abs. 2 LAbfG (siehe § 9 B.IV.2) zur Abfallentgorgung geschlagen Illld gern. § 9 Abs. 2 LAbfG der Abfallgebührenbemessung zugrundegelegt wird, ergeben sich bei Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung (dazu aber § 9 B.1V.2) AuswirkungeIl auf die Gebührellbemessung. 3S7 Dahin gehend Dahmen, KStZ 1992, 1 (5 f. und 26 ff.). 3S8 Siehe nur BVerfGE 40, 56 (62 f.). 3S9 Näher Czisnik, DÖV 1989, 1065 (1066 f., 1071 f.). 360 Vogel, in: HStR IV, § 87 Rn. 58. 361 Für einen solchen VogellWaller, in: BK, Art. 105 Rn. 103; Vogel, in: HStR IV, § 87 Rn. 61. 362 Siehe BVerfGE 40,56 (62 f.); 49, 343 (355 ff.); 65, 325 (351 ff.); auch BVerwGE 45, ~64 (267 f.); 45, 277 (282) sowie jetzt BV'HwG, PVlII. 1995, 58 (61). 36J BVerwG, DVBI. 1995,58 (61): Clbenso glllij: h.M., etwa Corsten, ZKF 1989,2 (4); Eckert, DÖV 1990, 1006 (1009); Graf, ZKF 1988, 172 (175).

176

Dritter Teil: Abgabenlösungen

Verkehrsteuer oder zumindest im Schnittpunkt zwischen dieser und einer Veran den Vorgang des Verkaufs anknüpft. Ist auch die Verbrauchsteuer an den Verbrauch gebunden, so wird sie doch anläßlich des Verkaufsvorgangs erhoben. Das hat einmal steuererhebungstechnische Gründe36S • Das ist aber auch und vor allem Ausdruck der nahezu untrennbaren Zusammengehörigkeit des Verkaufsvorgangs und des Verbrauchs insbesondere von zum alsbaldigen Verzehr bestimmten Lebensmitteln366 : Man kauft zum Zwecke des Verbrauchs. Allerdings erfaßt die Verpackungs steuer nur einen Teilbereich der mit der Umsatzsteuer belasteten Gegenstände367 • Das hindert aber nicht eine Teilidentität des Steuergegenstandes. brauchsteue~

Der Steuermaßstab unterscheidet sich, indem die Umsatzsteuer gem. § 10 Abs. 1 UStG das Entgelt, die Verpackungssteuer hingegen die Menge als Bemessungsgrundlage nimmt. In der Erhebungstechnik stehen sich die beiden Abgaben als "Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug" und "Einphasen-Verbrauchsteuer" gegenüber, die ausschließlich und einmalig auf der Letztanbieterstufe einsetzt368 • Aber auch dies ist die Konsequenz der Erhebung der Verpackungssteuer lediglich in einem beschränkten Bereich. Insbesondere fallen beide Steuern anläßlich des Verkaufs an und werden vom Verkäufer abgeführt, der sie dem Verbraucher gegenüber im Preis berücksichtigt369 • Im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz von Steuern hält die Rechtsprechung zu Recht den Vergleich der ausgeschöpften Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für entscheidend370 • Deren Identität bei beiden Steuern - anerkannt auch durch das Bundesverwaltungsgericht371 - erwächst aus der Anknüpfung an die konsumtive Verwendung des Einkommens. Ausschlaggebend sein könnten jedoch die unterschiedlichen wirtschaftlichen Auswirkungen wegen der Substituierbarkeit von Einweg- und Mehrwegverpackungen durch den letztlich belasteten Endverbrauche~72, während die alle Erwerbsfalle erfassende Umsatzsteuer unentrinnbar ist. Dadurch ändert sich aber nicht die erfaßte wirt-

364

36~

(61).

BVerfGE 7,244 (260). Diese als ausschließlich ansehend Küssner, Abgrenzung, S. 332; BVerwG, DVBI. 1995,58

Vgl. auch Kluth, DVBI. 1992, 1261 (1264). BVerwG, DVBI. 1995, 58 (61). 368 BVerwG, DVBI. 1995,58 (63); ebenso Corsten, ZKF 1989,2 (4); Kluth, DVBI. 1992, 1261 (1264 f.). 369 Davon geht auch das BVerwG, DVBI. 1995, 58 (59, 61) aus. 370 BVerfGE 40, 56 (62 f.). 371 BVerwG, DVBI. 1995, 58 (61). 372 So BVerwG, DVBI. 1995, 58 (61); Köck/von SchwanenjlügeI, Abfallvermeidung durch konununale Verpackungsabgaben, S. 49. 366 367

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

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schaftliehe Leistungsfähigkeie73 • Zudem werden bestimmte Produkte fast ausschließlich in Einwegverpackungen angeboten. Der maßgebliche Unterschied könnte allerdings in dem durch die Verpackungsabgabe angestrebten Vermeidungseffekt liegen374 • Dieser ist allerdings insofern zweifelhaft, als angesichts leerer kommunaler Kassen nicht ausgeschlossen werden kann, daß er lediglich vorgeschoben ist. Nachweisbar wird das aber selten sein. Ist der Lenkungszweck für die Beurteilung der Gleichartigkeit entscheidend, wird die Behauptung eines solchen besonderen Zwecks mithin regelmäßig zur Ungleichartigkeit führen37S • Vom Grundsätzlichen her kann dieser Zweck indes wegen der Trennung von Sach- und Steuerkompetenz nicht auf der Ebene der Steuergesetzgebungskompetenz verwendet werden. Hebt man demgegenüber auf die Verflechtung von Verkauf und Verbrauch ab, ohne den Lenkungszweck oder die Substituierbarkeit in den Blick zu nehmen, wird sich allerdings regelmäßig eine Gleichartigkeit der Verbrauch- mit der Umsatzsteuer ergeben376 • Dann droht das Kriterium der Gleichartigkeit die Gesetzgebungskompetenz des Art. 105 Abs. 2 a GG insoweit gänzlich zu blockieren. Diese kann von daher tatsächlich gar nicht ausgeübt weden. Das widerspricht dem "konstitutiven Teilgehalt ", der Kompetenznormen zugemessen wird und der die berechtigte Körperschaft dazu in die Lage versetzen soll, die gewährte Regelungsbefugnis tatsächlich wahrzunehmenln. Ein Ausweg wird insbesondere im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte sowie den systematischen Zusammenhang mit Art. 105 Abs. 2, 106 Abs. 6 Satz 1 GG darin gesehen378 , daß sich das Gleichartigkeitsgebot lediglich auf neue, nicht aber auf herkömmliche, also bei der Einfügung des Art. 105 Abs. 2 a GG im Jahre 1969 bereits bestehende örtliche Verbrauchsteuern beziehe79 • Blieben diese nach 1969 neu gewollten Verbrauchsteuern durch das Kriterium der Gleichartigkeit weitestgehend ausgeschlossen, besäße diese Vorschrift entgegen anderen Kompetenznormen gerade auch im Steuerrecht und entgegen ihrem insoweit nicht begrenzenden Wortlaut lediglich die Festschreibung eines verVgl. auch Küssner, Abgrenzung, S. 337 f. So Holzkämper, Kommunale Umweltlenkungsabgaben, S. 49 f.; siehe auch Tipke/Kruse, AO, § 3 Tz. 49. m Ebenso Kluth, DVBI. 1992, 1261 (1265). 376 Im einzelnen Küssner, Abgrenzung, S. 193 ff., 274. 377 Näher PestalolZa, Der Staat 11 (1972), 161 (169 ff., bes. 183). 378 Insbes. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 150 f.; ders., DÖV 1974, 374 (376 ff.); Küssner, Abgrenzung, S. 286 ff., 278 ff. m.w.N. und Darstellung des Meinungsstandes. 379 BVerfGE 65, 325 (350 f.); 69, 174 (183). 373

374

12 Frenz

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Dritter Teil: Abgaben1ösungen

gangenheitsbezogenen Bestandes, eröffnete aber nicht die Möglichkeit zukunftsgerichteter Gestaltung. Deshalb ist nach einer Lösung zu suchen, die eine solche Neuerungen zulassende und damit tatsächliche Gestaltungsmacht einräumt380 • Auszugehen ist dabei vom Zweck des Art. 105 Abs. 2 a GG im Gefüge der Finanzverfassung . Die Kompetenzen zu Verhaltensregelungen und Steuern sind im Grundgesetz getrennt. Weiter steht die Finanzverfassung insbesondere ausweislieh Art. 106 GG unter dem Zeichen der Verteilung der Steuereinnahmen auf die verschiedenen Körperschaften. Das ist unabhängig von einem wie auch immer gearteten Lenkungszweck. Wesentlich ist daher, ob verschiedene Steuern derart aufeinanderprallen, daß sie die Einnahmensituation einer ausschließlich zur Erhebung einer konkurrierenden Steuer berechtigten Körperschaft verändern: Dann sind sie gleichartig. Allerdings werden auch bei einer Zugrundelegung dieses Maßstabes wegen der alle gewerblichen Verkaufsvorgänge umfassenden Umsatzsteuer in seltenen Fällen Länder oder von diesen ermächtigte Kommunen eine örtliche Verbrauchsteuer erheben können. Das aber ist die Konsequenz der ausgreifenden Steuergesetzgebung des Bundes. Deren Zurückdrängung ist eine politische Frage, die nicht durch die Verfassung mittels einer restriktiven Auslegung des Begriffs der "Gleichartigkeit" überspielt werden kann. Durch die zusätzliche Belastung mit der Verpackungssteuer werden nicht nur weniger Produkte in Einwegverpackungen gekauft werden, sondern insgesamt wird wegen der Preissteigerung der Verbrauch typischerweise in Einwegverpackungen zum Verzehr an Ort und Stelle verkaufter Lebensmittel zurückgehen. Dadurch dürften dem Bund insofern Umsatzsteuereinnahmen entgehen, als Bürger auf billigere Ersatzprodukte umsteigen werden. Damit wird die Einnahmesituation des Bundes beeinflußt. Die Verpackungssteuer ist daher entgegen Art. 105 Abs. 2 a GG als gleichartig mit der Umsatzsteuer anzusehen. Eine Kompetenz zu ihrem Erlaß besteht also nicht.

2. Beeinträchtigung der Wirkung der Verpackungsverordnung Ist Hauptzweck der Verpackungssteuer die Vermeidung von Abfällen, bedarf sie nach dem vorstehend Ausgeführten einer Sachregelungskompetenz. Da es sich um eine an die Kommunen delegierte Steuererhebungskompetenz handelt,

380 Allgemein BVerfGE 16, 64 (79); für die Finanzmonopole Pestalozza, Der Staat 11 (1972), 161 (186 f.).

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

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die auch verhaltenslenkende Maßnahmen einschließt, ist die Sachregelungskompetenz der Länder entscheidend. Damit ist die Verpackungssteuer gern. Art. 72 Abs. 1 GG ausgeschlossen, wenn sie eine verhaltenslenkende Wirkung wie abfallrechtliche Gebote und Verbote entfaltet und der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz gern. Art. 74 Nr. 24 GG Gebrauch gemacht hat. Die Verordnungsermächtigung in § 14 Abs. 2 AbfG, die im Gegensatz zu § 15 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 AbfGdie Möglichkeit landesrechtlicher Vorschriften nicht ausdrücklich vorsieht, ist die Grundlage von Regelungen des Inhalts, den die Verpackungsverordnung aufweist, und könnte daher bereits als "Gebrauchmachen" auch im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG a.F. anzusehen sein, so daß auch vor dem 15.11.1994 statuierte Verpackungssteuern unzulässig wären. Durch solche Ermächtigungen hat der Bundesgesetzgeber grundsätzlich seine Regelungsabsicht zu erkennen gegeben und damit Länderbefugnisse blockiert. § 14 Abs. 2 AbfG ermächtigt zu Regelungen mit dem Ziel der Abfallvermeidung und ist aufgrund der Fortentwicklung des Abfallrechts von der zur Zeit der Entstehung der Vorschrift nahezu ausschließlich gebräuchlichen Abfallbeseitigung zur Entsorgung und Vermeidung 381 von Art. 74 Nr. 24 GG gedeckt382 • Umgesetzt werden soll das Ziel der Abfallvermeidung durch Verordnungen mit den Regelungsgehalten, die in § 14 Abs. 2 AbfG genannt werden. Steuern sind in dieser Vorschrift trotz einer detaillierten Aufzählung nicht aufgeführt. Dieses Mittel sollte mithin nicht zur Abfallvermeidung verwendet werden. Steuern zur Abfallvermeidung sind daher bereits aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 14 Abs. 2 AbfG ausgeschlossen383 • Das gilt auch aufgrund von § 23 Krw-/AbfG, der gleichfalls gern. § 5 Abs. 1 Krw-/AbfG der Ausgestaltung der Vermeidung dient. Die meisten Verpackungssteuern wurden ausdrücklich mit dem Ziel der Abfallvermeidung erlassen und sind daher, weil die Länder nicht mehr an (Steuererhebungs-)Befugnis delegieren können als sie selbst haben, gern. Art. 72 Abs. 1 GG gesperrt. Fehlt diese ausdrückliche Zielsetzung, ergibt sich dieser Zweck aus der Höhe der Belastung: Selbst wenn ihr existenzgefährdende Wirkungen

Siehe oben § 2. Für eine solche Ausweitung Rengeling, in: HStR IV, § 100 Rn. 237 m.w.N. AbI. insbes. Bothe, NVwZ 1987, 938 (939). Folgt man dieser Auffassung, ist fiir die Abfallvermeidung Art. 74 Nr. 11 GG einschlägig, BayVerfGH, OVBI. 1990,692 (693 f.); Kügel, NVwZ 1994,535 (539 f.). 383 BayVerfGH, OVBI. 1990, 692 (694); Kügel, NVwZ 1994, 535 (539 f.), die aber auf der Basis von Art. 74 Nr. 11 GG die Länderkompetenz fiir Abfallvermeidungsmaßnahmen im Bereich der privaten Haushaltungen nicht gesperrt sehen (ebenso Böhm/Both/Führ, Müllvermeidung Müllverwertung, S. 30 ff. m.w.N.). Hieran zeigt sich die unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Rechtsgebietes, die hier durch eine Ausdehnung von Art. 74 Nr. 24 GG vermieden wird. Offen gelassen in BVerwG, UPR 1993, 66; a.A. Hösellvon Lersner, AbfG, § 6 Rn. 4; Mohl, Die Einfiihrung und Erhebung neuer Steuern aufgrund des kommunalen Steuererfindungsrechts, S. 162 f. m.w.N. 381

382

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

fehlen384 , führen sie zu einer Änderung der Angebotspaleue und der Verbrauchergewohnheiten wie direkt verhaltenslenkende Regelungen. Zudem hat der Bund durch die Verpackungsverordnung die Ermächtigung des § 14 Abs. 2 AbfG ausgenutzt und damit nähere inhaltliche Festlegungen getroffen, die ein Gebrauchmachen im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG a.F. darstellen. Einwegverpackungen werden zum Verbrauch der Ware verwendet und sind daher gern. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 2. Alt. VerpackV Verkaufsverpackungen, ebenso Einweggeschirr und Einwegbestecke entsprechend der Aufzählung in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 VerpackV. Diese Gegenstände unterliegen somit der Rücknahmepflicht des § 6 Abs. 1 VerpackV. Von dieser sind die Hersteller und Vertreiber gern. § 6 Abs. 3 VerpackV bei der Beteiligung an einem flächendeckenden Ersatzsystem befreit. Der Verpackungsverordnung liegt die Konzeption zugrunde, daß die Entsorgung privater Verantwortung überlassen bleiben und dadurch die öffentlich-rechtliche Müllabfuhr entlastet werden soll. Das private Verhalten soll im wesentlichen lediglich durch Zielfestlegungen mit Verwertungs quoten nach dem Anhang zu § 6 Abs. 3 VerpackV gesteuert werden385 • Dieses Konzept schließt es aus, daß dieses Minimum an staatlichen Vorgaben durch Regelungen anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften angereichert und damit diese Beschränkung unterlaufen wird. Allerdings zielt die Verpackungssteuer darauf, daß Abfall erst gar nicht entsteht, während die Verpackungsverordnung die Entsorgung von den als Abfall zu qualifizierenden Verpackungen regelt386 • Indes werden die Entsorgungspflichten ebenso wie Zahlungspflichten wegen der fmanziellen Aufwendungen zu einer Verringerung der Abfallmenge beitragen. Zudem ist das Abfallrecht inzwischen als einheitliches System gestaltet, wie das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz durch die gestufte Zielfestlegung in § 4 belegt, wie aber auch bereits das Abfallgesetz in Verbindung mit der Verpackungsverordnung erweist. Die Lenkungsinstrumente sind sorgfältig abgestuft und vielfach indirekt. Durch die mit ihnen verbundenen erhöhten Aufwendungen für die Entsorgung tragen auch sie entsprechend der Zielsetzung der Verpackungsverordnung zur Abfallvermeidung bei387 • Zusätzliche Einflüsse würden dieses System durcheinanderbringen. Die Verpackungssteuer belastet dann, wenn sie Produkte mit dem "Grünen Punkt" einbezieht388 , die Verpackungen, für die unter Privaten ein Entgelt für

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3BS 386 387 388

So BVerwG, DVBI. 1995, 58 (62). Im einzelnen § 4 B. Näher oben § 4 A. Siehe oben § 2 C.a).E. So etwa in Frankfurt am Main, F.A.Z. vom 21.4.1995, S. 15.

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

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die Entsorgung festgesetzt wird, zusätzlich mit einer staatlichen Steuer und stört damit den vom Bundesgesetzgeber der Wirtschaft überlassenen Preisbildungsprozeß; zudem schreckt dies möglicherweise Firmen ab, auch an das Duale System Gebühren zu entrichten. Damit erhöht sich die Gefahr von "Trittbrettfahrern", die ohne die Entrichtung von Gebühren allein durch die Existenz eines privaten Ersatzsystems im Sinne von § 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV jedenfalls faktisch durch die Überlassung aller Verpackungen an dieses von eigenen Rücknahmepflichten befreit werden389 • Sie enthalten damit einem solchen System dringend notwendige Mittel für trotzdem anfallende Entsorgungsmaßnahmen vor und geflihrden dadurch seine Existenz390 • Werden Verpackungen mit dem "Grünen Punkt" ausgenommen, wird die in der Verpackungsverordnung vorgesehene Gleichwertigkeit zwischen Eigenerfüllung der den Vertreibern gern. § 6 Abs. 1 VerpackV obliegenden Rücknahmepflichten und der Substitution durch § 6 Abs. 3 VerpackV durchbrochen und damit die gegebene Alternativität durch einen indirekten Zwang zum Anschluß an ein privates Entsorgungssystem ersetzt, da ansonsten neben die Entsorgungskosten die Verpackungssteuer tritt. In beiden Fällen wird also durch eine Verpackungssteuer das durch die Verpackungsverordnung aufgestellte System gestört. Kommunale Verpackungssteuern sind daher auch gern. Art. 72 Abs. 1 GG a.F. gesperrt391 •

c. Sonderabgaben I. Mögliche Bedeutung für die Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht

1. Folgen der Zubilligung eines Steuererfindungsrechts Die Einnahmeerzielung des Staates erfolgt nach der grundgesetzlichen Entscheidung der Art. 105 ff. GG grundsätzlich durch Steuem392 • Daher müssen Sonderabgaben, die ebenfalls Finanzierungseffekte haben, die Ausnahme bleiben393 • Vor diesem Hintergrund bleibt ihr Anwendungsbereich sehr beschränkt.

Näher Frenz, GewArch. 1994, 145 (152 f.). Im einzelnen Frenz, OÖV 1994, 421 (422); ders., GewArch. 1994, 145 (155). 39' Ebenso Deubert, Kommunale Kompetenzen im Bereich der Abfallwirtschaft, S. 76 ff., 188. 392 Näher zur Konzeption des Steuerstaates oben § 10 B.II.l.c). 393 Zuletzt BVerfG, NJW 1995, 381 (382). 3.9 390

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Dritter Teil: Abgabenlösungen

Daraus können sich Zweifel ergeben, ob durch Abgaben, die nicht an eine staatliche Gegenleistung anknüpfen, eine wirksame Verhaltenslenkung möglich ist394 • Während Sonderabgaben die Ausnahme bleiben müssen, scheitert nach der herrschenden Ansicht die Einführung neuer, spezifisch auf Umweltbelastungen bezogener Steuern am finanzverfassungsrechtlichen Typenzwang. Diese Begrenzung entfällt nach der hier vertretenen Konzeption wegen der Möglichkeit, neue Steuern zu erfinden395 • Daneben sind weiterhin Sonderabgaben denkbar. Indes besteht aufgrund des hier bejahten Steuererfindungsrechts nicht die Notwendigkeit, wegen eines finanzverfassungsrechtlichen Typenzwangs auf Sonderabgaben auszuweichen. Ein ökologischer Umbau des Abgabensystems kann daher auf dem Boden der Finanzverfassung erfolgen und muß nicht zwingend in den Sonderabgabenbereich mit seinen schon aufgrund der fehlenden verfassungsmäßigen Verankerung unsicheren Konturen verlagert werden, die ein hohes Risiko mit sich bringen, daß eine Sonderabgabe verfassungswidrig ise96 • Eigenständiges Gewicht haben die Sonderabgaben aber weiterhin dann, wenn es um die Belastung spezifischer Gruppen geht. Steuern steht insoweit der Grundsatz der Lastengleichheit entgegen. Demgegenüber ist die Sonderabgabe aufgrund ihrer notwendigen Abgrenzung von der Steuer gerade dadurch gekennzeichnet, daß sie zwar ohne Gegenleistung, aber für einen besonderen Sachzweck von einem abgegrenzten Personenkreis erhoben wird397 • Deshalb eignet sie sich freilich im Gegensatz zur Steuer nicht zum Umweltschutz "im Großen", sondern nur für den Umweltschutz "im Kleinen", also in einem eng begrenzten Bereich398 • 2. Mögliche Sonderabgabetypen im Ab/al/sektor

Auch Sonderabgaben lassen sich wie Steuern danach unterscheiden, ob sie einen Finanzierungs- und/oder einen Lenkungszweck verfolgen. Während Steuern, wie sich aus § 3 Abs. 1 AO ergibt, indes immer auch einen fiskali3 .. F. Kirchhof, OVBI. 1994, 1101 ff., bes. S. 1105, sieht denn auch den Schwerpunkt der "Umweitabgaben im Abfallwesen" im Bereich der Gebühren. 3'~ Näher oben § 10 B.II.1. 396 Osterloh, NVwZ 1991, 823 (823 f.). Symptomatisch ist die Entscheidung zum jahrzehntelang erhobenen Kohlepfennig, BVerfG, NJW 1995, 381. 397 BVerfGE 55, 274 (298); 67, 256 (275); 75, 108 (147 f.); 82, 159 (181); Birk, Steuerrecht I, § 4 Rn. 13 ff.; Tipke/Kruse, AO, § 3 Rn. 23 a ff.; krit. und z.T. abw. insbes. Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 27 ff.; Köck, Sonderabgabe, S. 53 ff.; Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 121 ff. 398 Ähnlich F. Kirchhof, OÖV 1992, 233 (236): "großer"l"kleiner" Umweltschutz.

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sehen Zweck verfolgen müssen, können Sonderabgaben auch ohne einen solchen erhoben werden399 • Sonderabgaben zur Finanzierung eines bestimmten Zwecks sind denkbar zur Schaffung eines Fonds, der für Schäden aufkommt, die aus zwar einer bestimmten Gruppe, nicht aber einzelnen Personen zurechenbaren illegalen Abfallablagerungen entstehen. Oder aber ein solcher Fonds leistet einer Gruppe von Unternehmern mit schwierig umrüstbaren Erzeugnissen technische oder logistische Hilfe bei Anpassungsschwierigkeiten an abfallrechtliche Produktionsanforderungen400 • Ein solcher Fonds kann auch abfangen, daß bestimmte Produktanforderungen die einen Unternehmer begünstigen und die anderen benachteiligen: so, wenn Automobilhersteller aufgrund von Produktbestimmungen die Teile bestimmter Zulieferer wegen ihrer Zusammensetzung nicht mehr benutzen können und auf die Erzeugnisse anderer Zulieferer zurückgreifen müssen: Ein aus den Geldleistungen der Begünstigten gespeister Fonds kann dann die ebenfalls zur Gruppe der Automobilzulieferer gehörigen Benachteiligten finanziell stützen40l ; solche Sonderabgaben werden egalisierende Ausgleichsabgaben genannt402 • Im Abfallsektor können Abfallsonderabgaben auch darauf gerichtet sein, durch die Belastung eines bestimmten, schwer entsorgbaren Produkts dessen Erzeugung bzw. - aufgrund der Überwälzung auf den Verbraucher - dessen Verwendung zu vermindern. Nach Breuers Terminologie liegt dann eine belastungsminimierende Umwelt-Lenkungsabgabe vor403. Ein Beispiel dafür sind die in verschiedenen Bundesländern auf die Erzeugung von besonders überwachungs-

BVerfGE 67,256 (277). Vgl. BVerfGE 4,7: Investitionshilfefonds; 37, 1: Stabilisierungsfonds für Wein. 401 Vgl. BVerfGE 18, 315 (328). Indem die Nutznießer einer Regelung zu einer Zahlung zugunsten der Benachteiligten herangezogen werden, könnte es sich allerdings um einen Anwendungsfall des Nutznießerprinzips als Unterfall des Gemeinlastprinzips handeln (dazu Wicke, Umweltökonomie, S. 137). Die Belasteten haben indes bislang umweltschädlich produziert. Sie sind einbezogen in ein Gesamtkonzept für eine Branche oder einen Wirtschaftssektor. Die Sonderabgabe soll für diese Gruppe umweltfreundliche Verhaltensweisen durchsetzen helfen, indem die von den neuen Produktionsanforderungen Benachteiligten unterstützt werden. Sie ist daher auf diese Gruppe bezogen und knüpft an ein ursprünglich umweltschädliches Verhalten an; Steuergelder werden nicht verwendet. Daher handelt es sich nicht um eine Umsetzung des Gemeinlast-, sondern des Verursacherprinzips. 402 Breuer, DVBI. 1992,485 (492), an dessen Typologie hier angeknüpft wird. 403 Breuer, DVBI. 1992, 485 (493). 399 400

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bedürftigen Abfällen, mithin von Sondermüll, erhobenen Abfallabgaben404 • In Schleswig-Holstein wird aufgrund des Landesabfallabgabengesetzes vom 22.7.1994 405 mit Wirkung ab 1.10.1994 auf industrielle Sonderabfälle und, wenn auch in geringerem Maße, auf industrielle Massenabfälle eine Erzeugerund eine Deponieabgabe erhoben; beim Verbrennen von Siedlungsabfällen hat der Betreiber von Abfallverbrennungsanlagen eine Verbrennungsabgabe zu entrichten406 • In allen diesen Fällen handelt es sich um eine Lenkungssonderabgabe. Denkbar ist es auch, daß näher zu bestimmende Produzenten, die ihnen obliegende Produktanpassungspflichten nicht erfüllen, eine Abgabe bezahlen müssen, die anstelle einer Verwaltungsvollstreckung zur Einhaltung dieser Verpflichtungen anhalten soll. Es handelt sich dann um eine Lenkungssonderabgabe in Gestalt einer handlungspflichtabhängigen Ausgleichsabgabe407 • Sind bestimmte Handlungen nach gesetzlich bestimmten Ausnahmetatbeständen hinzunehmen so etwa, wenn private Unternehmen bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit oder technischer Unmöglichkeit gem. § 5 Abs. 4 Krw-/AbfG nicht selbst verwerten-, kommt eine kompensatorische Ausgleichsabgabe in Betracht408 • Angesichts dieser Vielzahl von möglichen Sonderabgabenvarianten stellt sich die Frage, ob die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einheitlich beurteilt werden können oder verschiedene Anforderungen zu stellen sind409 •

404 So gern. § 1 Abs. 1 Landesabfallabgabengesetz BW (LAbfAG BW) vorn 11.3.1991 (GBI. S. 133); § 1 Abs. 1 hess. Sonderabfallabgabengesetz (SondAbfAbgG) vorn 26.6.1991 (GVBI. I S. 218); § 1 Abs. 1 nds. Abfallabgabengesetz (AbfAbgG) vorn 17.12.1991 (GVBl. S. 373). Eine Verordnungsermächtigung zur Erhebung einer Abfallabgabe enthält § 21 thür. Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz (AbfAG) vorn 31. 7 .1991 (GVBI. 1991, S. 273). Zur QualifIkation als Sonderabgabe Kloepjer/Schulte, UPR 1992, 201 (204) . .os GVBI. S. 395. 406 Näher dazu Schendel, in: Rengeling, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 65 (78 f.). Diese Abgabe lehnt sich stark an den Entwurf des BMU aus dem Jahre 1991 an (BMU-Referat WA ß 2, Entwurf eines Abfallabgabengesetzes (AbfAG) vorn 11.9.1991); dazu Sprenger u.a., Das deutsche Steuer- und Abgabensystem aus umweltpolitischer Sicht, S. 155 ff. Diesen Weg befürwortet auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen in seinem Umweltgutachten 1994, BT-Drucks. 12/6995, S. 201 (Tz. 521). 407 Vgl. BVerfGE 57, 139. 401 Dieser Abgabentyp ist auch gegeben im Falle des § 8 BNatSchG LV.m. landesgesetzlichen Ausfüllungsvorschriften. Näher Breuer, DVBl. 1992,485 (492). 409 So Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 25, 109 ff.; Heun, DVBl. 1990,666 (667 ff.); Jarass, DÖV 1989, 1013 (1018, 1020 f., 1022); Köck, Sonderabgabe, S. 97 ff.; auch Breuer, DVBl. 1992, 485 (492 ff.); siehe bereits [sensee, in: Hansm.eyer, StaatsfInanzierung im Wandel, S. 435 (443 ff.).

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11. Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

1. Sachkompetenz Da sich Art. 105 GG lediglich auf Steuern bezieht, können Sonderabgaben nur auf eine Sachregelungskompetenz gestützt werden41O • Bezogen auf den Umweltschutz kommen insbesondere Art. 74 Nr. 11, 18 und Art. 75 GG in Betracht, spezifisch für den Abfallbereich Art. 74 Nr. 24 GG411 • Damit ist in weiten Bereichen in erster Linie der Bund gesetzgebungsbefugt. Die Länder haben aufgrund dieser breiten Bundeskompetenz und deren Nutzung demgegenüber nur in Randbereichen eine Regelungskompetenz. Das gilt auch für die Kommunen, da auch sie bei der Erhebung von Sonderabgaben einer Sachregelungskompetenz bedürfen, die nur für die örtlichen Angelegenheiten aus Art. 28 Abs. 2 GG erwächst. Verlangt man zudem für Grundrechtseingriffe der Kommunen eine gesetzliche Grundlage, muß eine solche auch für die Erhebung von Sonderabgaben bestehen412 •

2. Finanzverjassungsrechtliche Anforderungen Durch die Notwendigkeit einer anderen Kompetenzgrundlage entfällt aber nicht die Konkurrenzsituation zur Steuer. Um eine Umgehung der durch Art. 105 ff. GG vorgegebenen grundsätzlichen Finanzierung des Staates aufgrund von Steuern durch eines umfassenden und dauerhaften Einsatzes von Sonderabgaben zu vermeiden, müssen Sonderabgaben die seltene Ausnahme bleiben413 und jederzeit rücknehrnbar sein414 • Damit diese grundsätzliche Gewichtung gewahrt bleibt, müssen Sonderabgaben von Steuern klar abgrenzbar sein. Zugleich dürfen Sonderabgaben mit Steuern nicht in Konflikt geraten. Diese Anforderungen ergeben sich unabhängig und ergänzend zu den aus den Grundrechten resultierenden Grenzen, die sich schon wegen ihrer stärkeren Einzelfallbezogenheit für die einzelnen Abgabentypen unterschiedlich gestalten und daher einer gesonderten Prüfung bedürfen41S • Vor allem aber haben die finanzverfassungsrechtlichen und die grundrechtliche Beschränkungen unterschiedliche Bezugspunkte: Wahrung des Steuerstaates einerseits, Schutz der Freiheit des Bürgers BVerfGE 55, 274 (297); 57, 139 (166); 67, 256 (274). Zu dessen Erstreckung auf die Abfallvermeidung oben § 10 B.IU.2. 412 Vgl. oben § 9 B.V. 413 BVerfG, NIW 1995, 381 (382); DVBI. 1995,613 (614). 414 BVerfGE 55, 274 (308); BVerfG, DVBI. 1990, 984 (986). m Nicht klar unterscheidend das Bundesverfassungsgericht etwa in BVerfGE 55, 274 (300 f.); 74,249 (266 f.); 82, 159 (179); BVerfG, NIW 1995, 381 (382); DVBI. 1995,613 (614) und auch meist die Literatur, etwa Breuer, DVBI. 1992, 485 (492). Krit. dazu Meßerschmidt, Umweitabgaben, S. 231; Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 202 f. 410 4\1

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andererseits. Daß auch die finanzverfassungsrechtlichen Regelungen eine freiheitsschützende Funktion entfalten416 , entbindet nicht von einer klaren Unterscheidung zu den grundrechtlichen Grenzen von Sonderabgaben417 , sondern erfordert diese gerade, damit aus den Vorschriften der Finanzverfassung eine zusätzliche freiheitsschützende Barriere erwächst. Soweit die sich daraus ergebenden Grenzen die Abgrenzung zur Steuer betreffen, sind sie konstitutiv für die Merkmale der Sonderabgabe und formen zugleich deren Schranken418 • a) Notwendige Abgrenzbarkeit zur Steuer Entsprechend der den verfassungsrechtlichen Steuerbegriff deklarierenden Definition in § 3 Abs. I A0419 ist die Steuer gekennzeichnet als Geldleistung des Bürgers ohne Gegenleistung des Staates, die zumindest auch zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt wird, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Diejenigen, von denen Steuern erhoben werden, sind von der Definition her nicht näher eingegrenzt. Im Hinblick darauf, daß der Staat nicht notwendig die Allgemeinheit, sondern auch bestimmte Gruppen mit einer Steuerpflicht belegen kann420 , ergibt sich ein Abgrenzungsmerkmal daraus, daß die Sonderabgabe lediglich eine vorgegebene, also nicht allein vom Gesetzgeber definierbare Gruppe belasten kann. Es muß sich also - in den Worten des Bundesverfassungsgerichts - um "eine gesellschaftliche Gruppe handeln", die "durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist", also "in diesem Sinne eine homogene Gruppe" darstellt421 • Die Verwendung von Steuern ist vom Ansatz her nicht festgelegt. Allerdings ist auch eine Zwecksteuer, also eine Steuer mit zweckgebundener Mittelverwendung, im Hinblick auf die häufig auftauchende praktische Notwendigkeit,

Siehe oben § 10 B.n.l.a).dd). Vgl. Ml{/Jgnug, in: Festschrift für Forsthoff, S. 259 (275). 413 Von daher bestimmt die Rechtfertigung als solche auch die Grenzen der Abgabenerhebung; so für alle Nichtsteuem Vogel, in: Festschrift für Geiger, S. 518 (529). Krit. zu einer Überschneidung von Begriffsebene und Zulässigkeit hingegen etwa Köck, Sonderabgabe, S. 29. 419 Näher oben § 10 B.n.2.b). 420 Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 225 f. 421 BVerfGE 55, 274 (305 f.); 67,256 (276); 82, 159 (180); BVerfG, DVBI. 1995,613 (616). 416 417

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für bestimmte Haushaltslöcher eine Finanzierung zu finden, für zulässig zu erachten422 • Allein die Verwendung der Sonderabgabe für einen bestimmten Zweck reicht daher zu ihrer Abgrenzung von der Steuer nicht aus. Erforderlich ist somit eine weitergehende Spezifizierung des Verwendungszwecks. Ansatz dafür ist im Hinblick auf die oben festgestellte Notwendigkeit der Inanspruchnahme einer homogenen Gruppe, daß der Verwendungszweck zu dieser einen spezifische Beziehung aufweist. Für ein solches Kriterium spricht auch die Entnahme der Kompetenz aus den Zuständigkeiten für eine Sachregelung: Wird auf ihrer Grundlage eine Abgabe erhoben, die keine Steuer darstellt, kann der Zweck einer Maßnahme auch kompetentiell nur aus den Sachregelungszuständigkeiten gerechtfertigt werden. Dasselbe gilt für die Verwendung als Konsequenz des normativen Zwecks. Die Zweckrichtung und die Verwendung des Ertrags als Bestandteile eines sachregelnden Gesetzes haben sich somit in diesem Bereich zu halten423 ; andernfalls wäre eine Kompetenz aus Art. 105 GG notwendig. Daher muß "die mit der Abgabe belastete Gruppe ... dem mit der Erhebung verfolgten Zweck evident näher stehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler", und zwar nach dem materiellen Gehalt und Effekt einer Maßnahme, unabhängig von deren Bezeichnung oder formulierter Zielrichtung424 • Insoweit nicht konstitutiv ist hingegen das Vorliegen einer besonderen Gruppenverantwortung425 : Dieses Kriterium hat die Beeinträchtigung der Belasteten

Daher zu Recht BVerfGE 7,244 (254); 49, 343 (353 f.); 65, 325 (344). Aufgrund dieser Kompetenzgrundlage ist es denkbar, statt auf den Verwendungszweck darauf abzustellen, ob das von einer Lenkungsabgabe bezweckte Verhalten zusätzlich gesetzlich festgeschrieben ist (dafür Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 78; Heun, DYBI. 1990, 666 (671); Koch, Bodensanierung nach dem Verursacherprinzip, S. 110; auch Kloepjerflhull, DVBI. 1992, 195 (198); Kloepjer/Schulte, UPR 1992, 201 (204» und sich von daher die Sonderabgabe als bloße Parallel regelung darstellt. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte der RAO, die mit der Formulierung "zur Erzielung von Einkünften" auch Kausalabgaben ohne Gegenleistung, nämlich die an die Verletzung einer Verhaltenspflicht anknüpfenden Strafen und Erzwingungsgelder, ausscheiden wollte (Köck, Sonderabgabe, S. 52 f. m.w.N.). Das Kriterium der Anknüpfung an eine gesetzlich bereits festschriebene Verhaltenspflicht würde indes Sonderabgaben trotz ihrer kompetentiellen Grundlage in den Sachregelungszuständigkeiten einer eigenständigen verhaltenslenkenden Bedeutung berauben und Lenkungssonderabgaben zu Ausgleichsabgaben machen, obwohl sie den Kompetenzvorschriften der Art. 70 ff. GG am nächsten kommen (Jarass, DÖV 1989, 1013 (1019 mit Fn. 77». 414 BVerfGE 67,256 (276). 415 Anders Friauf, in: Festschrift für Haubrichs, S. 103 (118). Indes kann die herausgehobene Nähe auch aus außergewöhnlichen Vorteilen herrühren, an die die egalisierende Ausgleichsabgabe anknüpft. Diese Vorteile brauchen für sich keine Verantwortung zu begründen. Vor einer gruppenspezifischen Umverteilung ohne Verantwortung aber schützt nicht die Finanzverfassung, sondern davor bewahren die Grundrechte. 422 423

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im Blick und dient daher deren Rechtfertigung, erweist sich also als grundrechtliche Grenze. Die Konsequenz der Erhebung der Sonderabgabe aus einem spezifischen, auf eine bestimmte Gruppe bezogenen Zweck ist hingegen die gruppennützige Verwendung in der Form, daß es überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe verwendet wird426 • Die genannten Grenzen hat das Bundesverfassungsgericht für Finanzierungssonderabgaben entwickelt. Demgegenüber sollen diese Grenzen für die Lenkungssonderabgaben nicht in vollem Umfange gelten421 • Ihre Festlegung im einzelnen ließ das Gericht jedoch ausdrücklich offen428 • Die Frage verliert allerdings dann erheblich an praktischer Relevanz, wenn man die für die Finanzierungssonderabgaben geltenden Anforderungen bereits dann zum Zuge kommen läßt, sobald eine Abgabe die Finanzierung auch nur als Nebenzweck verfolgt429 • Dafür spricht430 , daß auch Steuern Lenkungszwecke verfolgen und nur nebenbei der Finanzierung dienen können. Sie stehen damit in Konkurrenz auch zu entsprechende Zwecke verfolgenden Lenkungssonderabgaben, die daher ebenfalls der Abgrenzung bedürfen. Allerdings ist es denkbar, daß eine Sonderabgabe lediglich Lenkungs- und keine Finanzierungszwecke verfolgt43 ). Für diesen Fall wird unter Hinweis auf die dann eindeutige Unterscheidbarkeit von Steuern die Anwendung der für Finanzierungssonderabgaben geltenden Anforderungen abgelehnt432 • Abgesehen davon, daß diese Konstellation eher theoretischer Natur sein dürfte433 , gelangen auch durch Lenkungssonderabgaben ohne Finanzierungszweck Geldmittel in die öffentlichen Kassen434 • Um eine - wenn auch nicht beabsichtigte - Aushöhlung der staatlichen Finanzierung durch Steuern zu vermeiden und

BVerfGE 67,256 (276); vgl. auch BVerfGE 75, 108 (146 ff.); 78, 249 (268 ff.). Etwa Breuer, DVBI. 1992, 485 (494). 428 BVerfGE 57, 139 (167); 67, 256 (277 f.). 429 Dafür BVerfGE 67, 256 (278) - 2. Senat. Demgegenüber gelten nach der Auffassung des 1. Senats diese Anforderungen nur dann, wenn nicht die Finanzierungsfunktion hinter dem Lenkungscharakter zurücktritt, BVerfGE 57, 139 (167). Zu diesem Streit etwa Henseler, NVwZ 1985, 398 (400 f.). 430 Bejahend auch HolVcämper, Kommunale Umweltlenkungsabgaben, S. 66; RottllJnder, Haushaltspolitische Bedeutung und Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, S. 110 f.; a.A. lIedemann , DÖV 1990, 1 (6). 431 BVerfGE 67,256 (277). 432 Holzkämper, Kommunale Umweltlenkungsabgaben, S. 66; Rottländer, Haushaltspolitische Bedeutung und Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, S. 111. 433 Siehe Henseler, NVwZ 1985, 398 (401); Hofmann, DVBI. 1986,537 (544); Koch, Bodensanierung nach dem Verursacherprinzip, S. 111; Seimer, in: Thieme, Umweltschutz im Recht, S. 25 (39 f.); Stäbler, BayVBI. 1985, 165. 434 Das bedeutet aber nicht, daß damit ein Finanzierungszweck gegeben ist. Unscharf KloepferlSchulte, UPR 1992,201 (208). 426

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damit auch die Vollständigkeit des Haushaltsplans gem. Art. 110 Abs. 1 GG sowie das Budgetrecht des Parlaments zu wahren43S , müssen auch diese Lenkungssonderabgaben an den genannten finanzverfassungsrechtlichen Kriterien gemessen werden436 • Als anerkannt gilt indes, daß für Lenkungssonderabgaben eine gruppennützige Verwendung nicht erforderlich sei437 oder doch sehr großzügig verstanden werden müsse438 • Das wäre dann der Fall, wenn dieses Merkmal freiheitsbezogen wäre439 : Da sich die Lenkungssonderabgabe aus der Verantwortung der Pflichtigen für ein bestimmtes Verhalten rechtfertigt, bedarf es von daher keiner Verwendung der eingenommenen Mittel für die Begünstigten. Indes erwies sich das Merkmal der gruppennützigen Verwendung als fmanzverfassungsrechtliche Schranke. Dürften die aus Lenkungssonderabgaben erzielten Einkünfte für den allgemeinen Finanzbedarf oder zumindest nicht spezifisch zweckgebunden verwendet werden, teilten sie die Verwendung von Steuern und gefährdeten damit deren prinzipielle Ausschließlichkeit für die Staatsfinanzierung. Soll eine solche Verwendung ermöglicht werden, bedarf es statt einer Lenkungssonderabgabe einer Lenkungssteuer , die bei der Zuerkennung eines Steuererfindungsrechts440 auch zur Umweltlenkung ohne weiteres einsetzbar ist. b) Schranken für Sonderabgaben der Länder und Kommunen Die genannten Anforderungen stellen eine Abgrenzbarkeit der Sonderabgaben zur Steuer sicher und verhindern daher eine Vermengung beider Abgabenarten sowie eine Umgehung der Steuer. Sie finden auch auf Sonderabgaben der Länder und der Kommunen Anwendung441 , die ebenfalls gem. Art. 106 GG Beteiligte des finanzverfassungsrechtlichen Verteilungssystems sind, so daß entsprechend des sich schon daraus ergebenden wechselseitigen Schutzes aus der

Siehe BVerfG, NIW 1995, 381 (381 f.). Im Ergebnis für die genannten Anforderungen grundsätzlich ebenso Jarass, DÖV 1989, 1013 (1019 ff.). Vgl. auch Seimer, in: 1hieme, Umweltschutz im Recht, S. 25 (40). 437 So Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 178; Klages, NVwZ 1988, 484; Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, S. 172 f.; WemerfZacharias, DB 1984, 1284 (1285). 430 Jarass, DÖV 1989, 1013 (1021). 439 Das liegt der Überlegung von Jarass, ebda., zugrunde. 440 Siehe oben § 10 B.n.I. 441 Bejahend für die Länder auch BVerfG, DVBI. 1995,613 (615); Kloepfer/Schulte, UPR 1992, 201 (210 f.); von der Anwendung auf kommunale Sonderabgaben selbstverständlich ausgehend HolzJcämper, Kommunale Umweltlenkungsabgaben, S. 72; abI. Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 233 f. 435

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Finanzverfassung442 vor ihren Sonderabgaben der Bund geschützt werden muß. Diese Anforderungen verhindern indes nicht, daß dann, wenn Länder und Gemeinden Sonderabgaben erheben und dadurch nicht das Übergewicht der Steuern gefährden, im Einzelfall die Wirtschaftseinheit berührt wird443 bzw. Steuerquellen des Bundes abgeschöpft werden. Daher gelten für Sonderabgaben der Länder und Kommunen, die den Verbrauch von oder den Aufwand für bestimmte Güter betreffen, die Grenzen der Örtlichkeit und der Gleichartigkeit444 • 3. Grundrechtliche Schranken

Verfolgen Sonderabgaben einen Lenkungszweck, müssen sie insoweit verhältnismäßig sein. Die Beurteilung liegt hier parallel zu der von interventionistischen Steuern445 : Die Sonderabgabe muß so bemessen sein, wie es zur Erreichung des Lenkungszwecks erforderlich und im Verhältnis zu dem angestrebten Ziel angemessen ist. Im Hinblick darauf, daß Sonderabgaben dem einzelnen Geldmittel für einen besonderen Zweck entziehen und sich daher von der allgemeinen Finanzierungsfunktion von Steuern unterscheiden, kann nicht unter Berufung darauf eine Verhältnismäßigkeitskontrolle abgeschwächt oder gar ausgeschlossen sein446 • Vielmehr sind sie schon wegen ihrer Kompetenzgrundlage und im Hinblick darauf, daß sie eine sachgestaltende Tätigkeit vorbereiten, wie Gebühren zu behandeln447 • Daher müssen Sonderabgaben auch im Hinblick auf den Finanzierungszweck das Übermaß verbot wahren. Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht im Hinblick darauf zu prüfen, ob der Grundsatz der Belastungsgleichheit gewahrt bleibt: Die Sonderabgabe dient gerade nicht der allgemeinen Finanzierung staatlicher Aufgaben, sondern einem besonderen Zweck, der vor dem Hintergrund der Verursachereigenschaft vielmehr zur Her-

Näher dazu Pietzcker, DVBI. 1987, 774 (780); Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 201. Daher Sonderabgaben der Länder von vornherein für unzulässig haltend Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, S. 104 . ... HolVeämper, Kommunale Umweltlenkungsabgaben, S. 72 ff.; für das Kriterium der GleichartigkeitRichter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, S. 112 ff.; a.A. Tiedemann, DÖV 1990, 1 (5 f.). 445 Köck, Sonderabgabe, S. 88 . .... Vgl. für Steuern § 10 B.II.5. 447 Für eine parallele Beurteilung wie bei zweckgebundenen Steuern Mußgnug, in: Festschrift für Forsthoff, S. 259 (275). 442

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stellung der Belastungsgleichheit dient448 • Die Durchbrechung des Gleichheitssatzes im Verhältnis zu denen, die nicht mit einer Sonderabgabe belastet werden449 , ist nur gedeckt, wenn bei Finanzierungssonderabgaben für die Finanzierung des verfolgten Zwecks ein besonderer Bezug der belasteten Gruppe, mithin ein spezifisches Gruppeninteresse450 an oder eine "besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der ... zu fmanzierenden Aufgabe" besteht451 . Nur dann kann die besondere Heranziehung dieser Gruppe geeignet, erforderlich und angemessen sein. Entsprechend der Zielrichtung der Lenkungssonderabgabe ist für deren Rechtfertigung eine besondere Verantwortung für das Verhalten zu fordern, das mit der Abgabe gelenkt werden so1l452.

III. Folgen für den Einsatz von Sonderabgaben im AbfaUbereich

Sonderabgaben entspringen Sachregelungskompetenzen. Länder und Kommunen können sie daher nur insoweit einsetzen, als sie selbst kompetent sind oder der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz noch keinen Gebrauch gemacht hat. Wie bereits dargelegt, hat der Bund in § 14 AbfG aufgezeigt, auf welche Weise er durch Verordnungen Abfall vermeiden will. Für Verpackungen wurde diese Ermächtigung durch die Verpackungsverordnung präzisiert. Jedenfalls für diesen Bereich ist daher die Kompetenz der Länder für die Erhebung von Sonderabgaben zur Verhaltenslenkung gem. Art. 74 Nr. 24, 72 Abs. 1 GG gesperrt453 • Die eingangs erwähnten Landesgesetze zur Erhebung von Sonderabgaben auf Sonderabfälle entbehren daher der Kom petenzgrundlage454 . Erst recht gilt das mit dem Wirksamwerden des Kreislaufwirtschaits- und Abfallgesetzes zum 7.10 .1996: Dieses erstreckt sich produktübergreifend auf die Vermeidung und enthält Bestimmungen über die umweItverträgliche Entsorgung sowie Ermächtigungen zum Erlaß entsprechender Rechtsverordnungen. Für die Gemeinden bedeutet das, daß sie auf den Ver-

... Ebenso Köck, Sonderabgabe, S. 164 f.; anders Seimer, in: Thieme, Umweltschutz im Recht, S. 25 (45) für reine Finanzierungssonderabgaben. Aber auch diese gleichen dann, wenn sie auf das Verursacherprinzip gestützt sind, durch bestimmte Personen oder Gruppen veranlaßte Staatsaufwendungen aus, auch wenn sie keine interventionistische Zielsetzung verfolgen . ..9 Diesen Ansatz wählt auch BVerfG, DVBI. 1995, 613 (616). 4SO BVerfGE 74, 182 (200). 4S' BVerfGE 67,256 (276). 4S2 JaFass, DÖV 1989, 1013 (1021). 4S3 Vgl. oben § 10 B.III.2. 454 Im einzelnen Kloepjer/Schulte, UPR 1992, 201 (205 ff.) m.w.N. sowie Sehendei, in: Rengeling, Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 65 (77) mit Darstellung der gegenläufigen Argumentationslinien (S. 73 ff.).

192

Dritter Teil: Abgabenlösungen

brauch von Einwegverpackungen aus denselben Gründen wie im Hinblick auf eine Verpackungssteuer"55 keine Sonderabgabe erheben dürfen456 , abgesehen davon, daß eine solche auch nicht eine homogene Gruppe erfaßte und gegen die Anforderungen aus Art. 105 Abs. 2 a GG verstieße. Kompetentiell möglich ist hingegen die Statuierung einer Sonderabgabe auf Landes- oder Gemeindeebene zur Finanzierung etwa einer aufwendigen Entsorgung für bestimmte Abfallgruppen, deren Bewältigung im einzelnen ohnehin den Ländern bzw. - von diesen delegiert - den Kommunen obliegt. Das Abfallgesetz von 1986 sowie das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vom 6.10.1994 enthalten insoweit nur inhaltliche Anforderungen, ohne aber deren Finanzierung zu klären. Diese obliegt daher für ihren Zuständigkeitsbereich den öffentlichrechtlichen Entsorgungskörperschaften. Dann muß es ihnen bzw. den ihnen übergeordneten Ländern als die Abfallzuständigkeit delegierenden Körperschaften auch möglich sein, diese Finanzierung selbstverantwortlich zu gestalten. Ein Widerspruch zu den inhaltlichen Vorgaben des Bundesabfallrechts darf freilich nicht auftreten457 . Abfallerzeuger, die entgegen den Vorgaben des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ihre Abfälle nicht selbst entsorgen, sondern öffentlich-rechtlichen Entsorgern anvertrauen oder wild ablagern, mit einer Lenkungssonderabgabe in Gestalt einer handlungspflichtabhängigen Ausgleichsabgabe zu belegen statt durch Verwaltungsvollstreckung auf Einhaltung der Verpflichtungen zu bestehen4S8 kommmt daher etwa nicht in Betracht. Ausgehend davon, daß die staatliche Finanzierung durch Steuern der Regelfall bleiben muß, können Sonderabgaben nur gezielt und vorübergehend in Einzelbereichen und damit nicht etwa im gesamten Abfallsektor eingesetzt werden459 . Daß Sonderabgaben nur vorübergehend erhoben werden dürfen, kann bei Lenkungssonderabgaben dadurch gewahrt werden, daß das Vermeidungsziel mengenmäßig fixiert wird460 • Wird dieser Fixpunkt erreicht, entfällt die Sonderabgabe automatisch. Bei Finanzierungssonderabgaben kann ein Zeitraum festgelegt werden, in dem etwa ein Haftungsfonds als Übergangslösung für notwendig erachtet wird. Auch aufgrund des Erfordernisses einer abgrenzbaren homogenen Gruppe können nicht etwa sämtliche Verbraucher zu einer Sonderabgabe für Verpackun-

Siehe oben B.lII.2. A.A. Tiedemann, OÖV 1990, 1 (8). 4S7 Vgl. zur Gebühr oben § 9 B.III. 4S8 Siehe oben § 10 C.1.2 . • S9 F. Kirchhof, OVBI. 1994, 1101 (1105). - F. Kirchhof, OÖV 1992,233 (240).

'SS

4S6

§ 10 Abgaben ohne Gegenleistung

193

gen oder, wie in einigen Landesgesetzen vorgesehen461 , sämtliche (Sonder)Abfälle herangezogen werden462 • Eine Sonderabgabe kann sich auch nicht auf alle Unternehmer aus verschiedenen Branchen erstrecken, die von geänderten Produktbestimmungen, die eine umweltverträglichere Entsorgung sicherstellen sollen, betroffen sind. Vielmehr kann eine Sonderabgabe nur etwa die Hersteller eines bestimmten Produkts erfassen; gegebenenfalls ist dann für jeweils eine Branche eine eigene Sonderabgabe festzusetzen; diese Sonderabgaben dürfen aber in ihrer Gesamtheit nicht zum Regelfall werden. Eine andere Möglichkeit ist, die Vornahme einer umweltschädlichen Entsorgung mit einer Sonderabgabe zu belegen, etwa das Verbrennen von Gartenabfällen463 • In den genannten Fällen besteht auch eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabenpflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck. Die erforderliche "gruppennützige Verwendung" kann entsprechend dem bereits erwähnten Modell der "egalisierenden Ausgleichsabgabe" durch die Stützung nachteilig von Produktbestimmungen betroffener Unternehmen erfolgen. Mit den eingenommenen Geldern können auch ein Haftungsfonds finanziert oder Forschungsprojekte in der Industrie und in öffentlichen Einrichtungen wie Universitäten und Forschungsanstalten gefördert werden, die kostengünstige umweltverträgliche Entsorgungsmethoden konzipieren. Zudem könnte die Beratung auf dem Gebiet der Vermeidung und Verwertung solcher Abfälle finanziert werden464 • Die Sonderabgabe auf das Verbrennen von Gartenabfällen könnte für die Bereitstellung von Kleinkompostiergeräten in der Gemeinde verwendet werden. Die besondere Verantwortung ergibt sich aus einem Verhalten der Belasteten, dessen Folgen Umweltschäden sind. Daher können diese Personen entsprechend dem Verursacherprinzip in Anspruch genommen werden. Eine gruppennützige Verwendung liegt indes nicht vor, wenn mit den Sonderabgaben Altlasten beseitigt werden sollen, für die die mit der Abgabe Belasteten nicht sicher oder zumindest wahrscheinlich einen Verursachungsbeitrag geleistet haben46S : Diese Verwendung entlastet die Gruppe derer, die früher zu den Altlasten beigetragen haben, nicht hingegen die gegenwärtig mit Abgaben Belasteten. Die gruppennützige Verwendung muß mithin gegenwartsbezogen sein.

Siehe oben § 10 C.1.2. Das schlägt Bunde, in: Benkert/Bunde/Hansjürgens, Umweltpolitik mit Öko-Steuern?, S. 134 ff. vor. 46J Holzkämper, Kommunale Umwelt1enkungsabgaben, S. 76. 464 Vgl. § 10 Nr. 1 - 3 LAbfallabgabenG BW. 46' Kloepfer/Schulte, UPR 1992,201 (209 f.); F. Kirchhof, DÖV 1992, 233 (237); Gosch, StuW 1990, 201 (210 f.) m.w.N. in Fn. 111. Siehe dagegen Benkert, in: ders./Bunde/Hansjürgens, Umweltpolitik mit Öko-Steuern?, S. 151. 461

462

13 Frenz

194

Dritter Teil: Abgabenlösungen

Die Bemessung der Sonderabgabe darf nicht höher sein, als dies zur Finanzierung der gruppennützigen Angelegenheit oder zur Erreichung des angestrebten Lenkungszwecks erforderlich ist. Der Gleichheitssatz ist gewahrt, wenn die Höhe nach dem Zweck der Sonderabgabe gestuft ist. Insgesamt ergibt sich ein nur sehr begrenzter Anwendungsbereich von Sonderabgaben. Länder und Gemeinden sind aufgrund der weitreichenden Verhaltensvorschriften im Bundesabfallrecht aufgrund von Art. 72 Abs. 1, 74 Nr. 24 GG im wesentlichen auf Finanzierungssonderabgaben beschränkt. Der Bund kann namentlich einzelne Sonderabfälle mit einer Sonderabgabe zur Vermeidung oder zur Finanzierung von Haftungsfonds für Schäden aus der Entsorgung oder aus illegalen Abfallablagerungen und -exporten belasten. In Betracht kommen auch Sonderabgaben, die Anpassungsschwierigkeiten einzelner Hersteller einer bestimmten Gruppe an neue Produktvorschriften etwa aufgrund von §§ 23, 24 Krw-/AbfG abfangen.

§ 11 Gemeinschaftsrechtliche Grenzen für Abgaben A. Art. 99 EGV Insoweit gern. Art. 99 EGV Bestimmungen zur Harmonisierung von Abgaben zulässigerweise erlassen und wirksam sind, bleiben gegen diese Vorgaben verstoßende nationale Abgabenvorschriften unanwendbatM. Betroffen sind entsprechende Umsatzsteuern, Produktabgaben und sonstige indirekte Steuern einschließlich entsprechender Sonderabgaben467 , um nicht aus unterschiedlichen nationalen Klassifikationen heraus ein Unterlaufen dieser Vorschrift zu ermöglichen. Damit sind solche Abgaben ausgeschlossen, die an den Verbrauch von bestimmten Produkten anknüpfen, nicht aber solche, die an bestimmte Produktionsprozesse, Emissionen oder Umweltnutzungen anknüpfen468 • Die Harmonisierungsrichtlinie des Rats über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren469 läßt gern. Art. 3 Abs. 3 die Einführung oder Beibehaltung von Verbrauchsteuern auf andere Waren als Mineralöle, Alkohol und alkoholische Getränke sowie Tabakwaren zu, sofern diese Steuern im Handelsverkehr zwischen Mit466 Das Gemeinschaftsrecht besitzt einen bloßen Anwendungs- und keinen Geltungsvorrang, EuGH, Slg. 1991,1-297 (321) - Nimz; BVerfGE 85, 191 (204). 467 Siehe Breuer, DVBI. 1992,485 (494 f.); a.A. Kloepferflhull, DVBI. 1992, 195 (202). 468 Pemice, NVwZ 1990, 201 (203 f.). 469 RL 92/12/EWG vom 25.2.1992, ABI. Nr. L. 76, S. 1.

§ 11 Gemeinschaftsrechtliche Grenzen

195

gliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen470 • Damit bleiben jedenfalls derartige inländische Produkte belastbar. Aber auch Waren aus anderen EU-Mitgliedstaaten können mit Verbrauchsteuern belegt werden. Ausgeschlossen sind indes Grenzkontrollen zur Überprüfung der Steuerpflichtigkeit. Daraus mögen sich Schwierigkeiten ergeben, die tatsächliche Gleichheit der Besteuerung471 sicherzustellen. Indes sind auch Kontrollen am Verkaufsort etc. möglich, die nicht aus dem Grenzübertritt resultieren und daher zulässig bleiben. Das gilt auch für die Abgabe der Steuererklärung. Abgaben auf den Verbrauch bestimmter Produkte - etwa eine (bundesweite) Verpackungssteuer - sind von daher weiterhin möglich, sofern sie auf ein Kontrollsystem durch Überprüfungen beim Grenzübertritt verzichten.

B. Art. 95 EGV Soweit die Mitgliedstaaten trotz gemeinschaftsrechtlicher Harmonisierungen, die auch auf der Grundlage von Art. 100 a, 100 und 130 r - t EGV möglich sind472 , ihre Abgabenhoheit weiterhin besitzen, dürfen auf Waren erhobene inländische Abgaben für Waren aus anderen Mitgliedstaaten nicht höher sein als für inländische Produkte. Diese Vorschrift erfaßt - wie Art. 99 EGV - nur Produktabgaben, auch wenn sie umweltbezogen sind473 , nicht aber Abgaben auf bestimmte Produktionsprozesse, Emissionen oder Umweltnutzungen474 • Sie verlangt eine insgesamt einheitliche Belastung, so daß auch die bereits im Exportland gezahlten Steuern zu berücksichtigen sind475 • Ergeben sich höhere Abgaben auf Produkte aus anderen Mitgliedstaaten, weil bei diesen - etwa bei Verbrauchsteuern auf Massenprodukte aus Praktikabilitätsgründen - nicht hinreichend die bereits in anderen Staaten entrichteten Steuern berücksichtigt werden können, stellt sich die Frage, ob diese durch Belange des Umweltschutzes gedeckt sein können. Das ist dann der Fall, wenn die erlaubten Hindernisse, die zu Art. 30 EGV in Fortführung der Cassis-Rechtsprechung entwickelt wurden476 , auf Art. 95 EGV übertragen werden können. Dafür spricht, daß auch eine ungleiche steuerliche Behandlung von Waren aus anderen

Vgl. bereits oben § 10 B.II.l.a).aa). BVerfGE 84, 239 (271). 472 Dazu Hilf, NVwZ 1992, 105 (107 f.). 473 Grabitz, in: UTR Bd. 7, S. 85 (115). 474 Breuer, DVBI. 1992, 485 (495). 47$ EuGH, Slg. 1982, 1409 (1435) - Gaston Schul; vgl. Bleckmann, Europarecht, Rn. 1460 m.w.N. 476 Siehe oben § 7 A.II.3. 470 471

196

Dritter Teil: Abgabenlösungen

Mitgliedstaaten deren Einfuhr behindert und von daher eine (produktbezogene) Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 30 EGV darstellt. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, sind daher die im Rahmen von Art. 30 EGV grundsätzlich erlaubten Hindernisse auch auf Art. 95 EGV zu übertragen. Daher sind Abgaben, die die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen zum Ziel haben, mit Art. 95 EGV vereinbar, sofern sie verhältnismäßig sind.

C. Art. 92 EGV Die gruppennützige Verwendung von Sonderabgaben zugunsten bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige wäre gern. Art. 92 Abs. 1 EGV mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, wenn es sich um eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe handelte. Regelmäßig wird an die Belasteten das zurückgegeben, was von ihnen im Wege der Sonderabgabe erhoben wurde. Das gilt aber nur bezogen auf ihre Gesamtheit. Zum Teil erfolgt eine andere Verteilung. Eine solche tritt besonders deutlich zutage, wenn die durch bestimmte Produktvorschriften begünstigten Unternehmen belastet und die dadurch benachteiligten Firmen begünstigt werden. Dann handelt es sich um eine Subvention, da die einzelne begünstigende Verwendung nicht einer gleichermaßen bestehenden Belastung gegenübersteht. Das gilt unabhängig davon, ob diese direkt von einer staatlichen Behörde ausgezahlt oder aber über eine zwischengeschaltete, ggf. privatrechtlich organisierte Einrichtung abgewickelt wird: "Aus staatlichen Mitteln gewährt" bedeutet nur, daß die Mittel aus öffentlichen Kassen kommen müssen, wenn auch nach einer zweckgebundenen Erhebung von Privaten, und die verteilende Stelle vom Staat zur Durchführung der Beihilferegelung errichtet oder damit beauftragt worden ist477 • Werden Sonderabgaben zum Ausgleich verursachter Schäden verwendet, entlasten sie zwar die entsprechenden Firmen von eigenen Zahlungen und stellen insoweit einen finanziellen Vorteil, mithin eine "Beihilfe gleich welcher Art" im Sinne von Art. 92 EGV dar478 • Indes treten diese Fonds und die ihrer Finanzierung dienenden Sonderabgaben nur an die Stelle von Haftungsvorschriften.

EuGH, Slg. 1977,595 (612 f.); 1985,439 (449); 1988,2855 (2872) - Steinike & Weinlig. Zum weiten Beihilfebegriff etwa von Wallenberg, in: GrabitzlHilf, EUV, Art. 92 Rn. 5; Hoischen, Die Beihilferegelung in Artikel 92 EWGV S. 3 ff. jeweils m.w.N. Einzelbeispiele in der Erläuterung der Kommission, ABI. L 1963, S. 2235. on 478

Thesen Erster Teil: Grundlagen § 1 Das Verursacberprinzip als recbtspolitiscbes Prinzip des Umweltrecbts

1.

Das Verursacherprinzip dient der Internalisierung externer Kosten als Grundlage umweltgerechten Verhaltens und umfaßt neben Abgaben- und Lizenzlösungen auch Verhaltens- und Vermeidungsgebote.

2.

Wegen der Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Verursacherprinzips infolge tatsächlicher Ungewißheiten steht nicht mehr die theoretische Fundierung, sondern die Wirkungskraft der Instrumente für das jeweilige Sachgebiet im Vordergrund. Folge dieser instrumentalistischen Konzeption des Verursacherprinzips ist ihre Anpassung an die praktischen Gegebenheiten und ihre Mischung bzw. Kombination.

3.

Dementsprechend sind die Verwirklichungsformen des Verursacherprinzips nicht mehr ansatzbezogen nach der Anlastung der Vermeidungskosten, der sozialen Zusatzkosten und der Umweltnutzung gegen Entgelt zu unterscheiden, sondern handlungsformenbezogen nach ordnungsrechtlichen, Abgaben- und Zertiflkatlösungen.

4.

An die Abfallmenge anknüpfende Zertiflkatlösungen gewährleisten nicht, daß jeder für die bei ihm anfallenden Abfälle Zertifikate zu einem für ihn erschwinglichen Preis erlangt. Sie scheiden daher wegen der Gefahr wilder Entsorgung aus. Auf die Emissionen bei der Entsorgung bezogene Zertifikatlösungen ermöglichen keine abfallspezifIsche Steuerung.

5.

Ordnungsrechtliche Lösungen sind mit Abgabenlösungen grundsätzlich gleichwertig.

6.

Im Abfallrecht bedarf es wegen drohender irreversibler Umwelt- und Gesundheitsschäden durch unsachgemäße Entsorgung ordnungsrechtlicher Lösungen. Das gilt für die Beseitigung, die Verwertung und die Vermeidung, weil nur letztere Entsorgungsnotstände verhindern kann. Um Um-

198

Thesen weltbelastungen über die festgelegten Verhaltensanforderungen hinaus zu reduzieren, eignet sich eine Kombination mit Abgaben. § 2 Von einem Recht der AbfaUbeseitigung zu einem Recht der Kreislaufwirtschaft: die gewandelte Umsetzung des Verursacherprinzips

1.

Das Verursacherprinzip begleitete von Anfang an die Entwicklung des Abfallrechts als Sonderrecht.

2.

Das Abfallrecht begann 1972 als Recht der Abfallbeseitigung. Das Abfallgesetz von 1986 vollzog die Erstreckung auf die Verwertung und den Einstieg in die Abfallwirtschaft. Die Verpackungsverordnung von 1991 zielt auf Abfallvermeidung und eröffnet in einem Teilbereich die Kreislaufwirtschaft. Für deren produktübergreifende Verwirklichung schafft das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz von 1994 die Grundlage.

3.

§ 14 Abs. 2 AbfG trägt die Verpackungsverordnung, obwohl diese auf Abfallvermeidung und stoffliche Verwertung zielt. Das erweist seine Qualität als Einfallstor in die Kreislaufwirtschaft.

4.

Die öffentlich-rechtliche Entsorgungsverantwortung sollte eine unsachgemäße Abfallbehandlung verhindern und dominiert noch das Abfallgesetz von 1986. Auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 AbfG vollzog die Verpakkungsverordnung den Einstieg in die private Entsorgungsverantwortung. Mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz wird diese zur Regel.

Zweiter Teil: Ordnungsrechtliche Lösungen § 3 Verhaltensgebote nach dem Abfallgesetz

1.

Das einzige alle Besitzer von Abfällen treffende Verhaltensgebot ist die Überlassungspflicht des § 3 Abs. 1 AbfG, die eine Erfassung möglichst aller Abfälle gewährleisten soll. Daher verlangt sie nur, die Abfälle zur Verfügung zu stellen, und schließt die Ausgestaltung durch Bringpflichten aus, es sei denn, sie wird durch nicht abfallrechtlich begründete öffentlichrechtliche Benutzungsverhältnisse überlagert. Die eigentliche Verwirklichung des Verursacherprinzips ist somit die Auferlegung von Abfallgebühren. Hierfür ist aber die Überlassungspflicht die Grundlage.

Thesen

199

2.

Die mit der Überlassungspflicht einhergehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen sind gerechtfertigt. § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG verhindern eine gänzliche Verfügungsbeschränkung der Abfallbesitzer .

3.

Die private Entsorgungsverantwortung ist die Ausnahme.

4.

Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis ist in § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG umgekehrt.

5.

§ 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG erfassen entgegen der deklaratorischen Sicht der h.M. Abfalle. Sie statuieren eine Ausnahme von der öffentlich-rechtlichen Entsorgung.

6.

Ob erwiesenermaßen eine ordnungsgemäße Verwertung erfolgt, bestimmt sich nach den Grundsätzen des § 2 AbfG. Damit ist eine private Entsorgungsverantwortung in Einzelbereichen bereits unter der Geltung des Abfallgesetzes von 1986 möglich. § 1 Abs. 3 Nr. 6, 7 AbfG sind mithin Ausprägungen des Verursacherprinzips im Rahmen der Abfallentsorgung.

7.

Überwiegende Interessen i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 7 AbfG stehen nicht entgegen, wenn die Funktionsfähigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungssysteme gewahrt bleibt.

8.

Hauptanwendungsfall des § 1 Abs. 3 Nr. 7 AbfG, der sich nicht auf begrenzte Altmaterialsammlungen beschränkt, sind gewerbliche Sammlungen im Gefolge von Verordnungen aufgrund von § 14 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 3 Nr. 3,4 AbfG. Für das Duale System liegen seine Voraussetzungen vor.

9.

Verhaltenspflichten der Abfallentsorger sind Ausdruck der ordnungsrechtlichen Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht.

10. Bußgelder sanktionieren die Verletzung einer Verhaltenspflicht und sind daher Teil der ordnungsrechtlichen Umsetzung des Verursacherprinzips. § 4 Verhaltenspflichten nach der Verpackungsverordnung

1.

Die Verpackungsverordnung statuiert keine durchsetzbaren konkreten Vermeidungspflichten. Die stoffliche Verwertung von Verpackungen ist aufgrund ihrer Abfalleigenschaft auch unter der Geltung des Abfallgesetzes von 1986 keine Vermeidung, sondern Entsorgung.

200

Thesen

2.

Die Pflichten der Verpackungsverordnung sind als öffentlich-rechtliche Betriebspflichten im Rahmen einer Indienstnahme Privater zu qualiflzieren.

3.

Vertreiber von Transportverpackungen sind nur diejenigen, die Verpakkungen nicht lediglich vorrätig halten, sondern weggeben, ohne sie zuvor aus dem Vertriebssystem herausgenommen zu haben.

4.

Die zur Rücknahme Verpflichteten brauchen nicht die Last oder die Kosten des Transports zum Verkaufsort zu tragen.

5.

Das Duale System ist kein staatlich veranlaßtes Monopol, sondern Ausdruck privater Initiative. Es tritt an die Stelle der primär verpflichteten Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen und ist damit Verpflichteter im Rahmen der ordnungsrechtlichen Verwirklichung des Verursacherprinzips.

6.

Die Beteiligung am Dualen System ist daher kein grundrechtsrelevanter Eingriff. Ansatzpunkt für die Beurteilung der Grundrechtskonformität sind auch insoweit die den Herstellern und Vertreibern auferlegten Pflichten, deren Schwere durch die Möglichkeit der Substituierbarkeit via Ersatzsystem abgemildert wird. Diese Pflichten beeinträchtigen Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG; sie sind aber aufgrund der drohenden Engpässe in der Abfallentsorgung gerechtfertigt.

7.

Die Verdrängung anderer Entsorgungsunternehmen ist keine grundrechtliehe, sondern eine wettbewerbsrechtliche Frage.

8.

Der Endverbraucher ist nicht Adressat der Verpackungsverordnung. Die Belastung mit höheren Verkaufspreisen durch die Weitergabe der Gebühren für den "Grünen Punkt" ist nicht staatlich veranlaßt und daher kein Eingriff.

9.

Vom Dualen System gehen keine Grundrechtsbeeinträchtigungen aus, sondern es wird durch die ihm obliegenden Pflichten nach der Verpackungsverordnung selbst in seinen Grundrechten tangiert. § 5 Verhaltens- und VermeidungspDichten nach dem Kreislaufwirtschafts- und AbfaUgesetz

1.

Die grundSätzliche private Entsorgungsverantwortung ist das notwendige Korrelat einer Erweiterung des Abfallbegriffs auf (potentiell) marktgängige Wirtschaftsgüter .

Thesen

201

2.

Die für private Haushalte als Regel erscheinende Überlassungspflicht des § 13 Abs. 1 Krw-/AbfG ist auch für diese nachrangig. Sie fügt sich in ein aus § 13 Krw-/AbfG ersichtliches System, das private Verantwortung möglichst erhalten will. Daher können privaten Haushalten - im Gegensatz zur Rechtslage gern. § 3 Abs. 1 AbfG - Bringpflichten auferlegt werden.

3.

Übertragungsmöglichkeiten öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger auf Private gern. § 16 Krw-/AbfG sind wegen der fehlenden personellen und sachlichen Beschränkung nicht Ausdruck des Verursacherprinzips. § 16 Abs. 2 Krw-/AbfG eröffnet keine Aufgabenprivatisierung, aber die Einräumung privater Verantwortung im Rahmen einer Verwaltungssubstitution im staatlichen Kompetenzbereich, nicht einer Beleihung. §§ 17, 18 Krw-/ AbfG ermächtigen nicht zu einer Übertragung öffentlich-rechtlicher Entsorgungspflichten.

4.

Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz schreibt zwar in § 4 Abs. 1 einen Vorrang der Vermeidung erstmals produktübergreifend ausdrücklich fest, enthält aber selbst keine konkreten Vermeidungspflichten.

5.

§ 5 Abs. 1 Krw-/AbfG ist nicht so zu verstehen, daß Rechtsverordnungen gern. §§ 3, 4 Krw-/AbfG stets Vermeidungspflichten enthalten.

6.

Der Vorrang der Verwertung gern. §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 2 Krw-/ AbfG steht, vergleichbar zu § 3 Abs. 2 S. 3 AbfG, gern. § 5 Abs. 4 Krw-/ AbfG unter dem Vorbehalt des technisch Möglichen und des wirtschaftlich Zumutbaren.

7.

Das Verhältnis von stofflicher und energetischer Verwertung wird nunmehr in § 6 Abs. 1,2 Krw-/AbfG geregelt, aber im Sinne einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit.

8.

§ 11 Krw-/AbfG bestimmt die Nachrangigkeit der Beseitigung.

9.

Sowohl für die Verwertung als auch für die Beseitigung von Abfällen werden im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz nur Grundanforderungen festgelegt. In §§ 7, 8 bzw. 12 Krw-/AbfG ist eine nähere Ausgestaltung durch Rechtsverordnungen bzw. Verwaltungsvorschriften vorgesehen; die Orientierung an den Stand der Technik in § 12 Krw-/AbfG erlaubt eine flexible Anpassung der Anforderungen an die Beseitigung. Flankierend können Rechtsverordnungen auf der Grundlage von §§ 23,24 Krw-/AbfG hinzutreten.

202

Thesen

10. Die ordnungsrechtliche Umsetzung des Verursacherprinzips bleibt sowohl bei einer Beauftragung Dritter mit der Pflichtenerfüllung gern. § 16 Abs. 1 Krw-/AbfG als auch bei einer Pflichtenübertragung gern. § 16 Abs. 2 Krw-/AbfG gewahrt. 11. Das gilt auch für den Fall einer Erfüllungssubstitution durch Verbände gern. § 17 Abs. 1 Krw-/AbfG oder durch Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft gern. § 18 Abs. 1 Krw-/AbfG. Die Pflichtenübertragung an diese führt dagegen aufgrund der öffentlich-rechtlichen Überlagerung durch die auf diesen Fall beschränkten Hoheitsrechte aus § 17 Abs. 5, 6 (i.V.rn. § 18 Abs. 2 S. 2) Krw-/AbfG zu einer im wesentlichen kostenmäßigen Verwirklichung des Verursacherprinzips. Daneben bleibt aber die ordnungsrechtliche Umsetzung insoweit bestehen, als gern. § 17 Abs. 6 S. 4 (i.V.rn. § 18 Abs. 2 S. 2) Krw-/AbfG Erzeuger und Besitzer von Abfällen weiterhin selbst entsorgen dürfen. 12. Die Produktverantwortung stellt durch die Möglichkeit, bereits die Zusammensetzung und das Inverkehrbringen von Produkten zu steuern, das Rückgrat der Abfallvermeidung und -entsorgung sowie der privaten Verantwortung in diesem Bereich dar. Aus ihr folgen, wie sich aus §§ 5 Abs. 1, 22 Abs. 4 Krw-/AbfG ergibt, keine durchsetzbaren Pflichten. Sie ist eine latent vorhandene Grundpflicht, die der Aktualisierung und Konkretisierung durch Rechtsverordnungen oder Selbstverpflichtungen der Wirtschaft bedarf. 13. Die Duldungspflicht des § 14 Abs. 1 Krw-/AbfG ist abschließend geregelt und sperrt die Festlegung weiterer abfallrechtlicher Betretungszwecke durch Landesrecht oder kommunale Satzung. 14. Die Abfallwirtschaftskonzepte gern. § 19 Krw-/ AbfG und die Abfallbilanzen gern. § 20 Krw-/AbfG sind ein (unternehmens-)internes Hilfsmittel für die Förderung der Vermeidung und Entsorgung und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. 15. § 21 Krw-/AbfG ist mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar, wenn er nur Hilfsanordnungen zur Sicherstellung anderweitig im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie in seinen Durchführungsverordnungen festgelegter Pflichten abdeckt. 16. Die Überwachungsvorschriften der §§ 40 ff. Krw-/AbfG sind nach der Überwachungsbedürftigkeit des jeweiligen Überwachungstatbestandes abgestuft.

Thesen

203

17. Das Auskunftsrecht über Abfalle gem. § 40 Abs. 2 Krw-/AbfG ist im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 LV.m. Art. 1 Abs. 1 GG restriktiv auszulegen. 18. Die im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz festgelegten und in Rechtsverordnungen auf seiner Grundlage festlegbaren Vermeidungs-, Entsorgungs- und ihre Hilfspflichten beeinträchtigen Unternehmen in Art. 12 Abs. 1 GG bzw. in Art. 14 Abs. 1 GG, private Haushalte in Art. 2 Abs. 1 GG, bei Überlassungspflichten in Art. 14 Abs. 1 GG. Sie sind aber aus Gründen des Umweltschutzes gerechtfertigt. Das gilt aufgrund von Art. 20 a GG auch dann, wenn sie einen vorsorgenden Charakter aufweisen. 19. Die Anforderungen an die Abfallbeseitigung sind weitgehend parallel zu denen des Abfallgesetzes für die Entsorgung. § 6 Warnungen und Empfehlungen

1.

§ 39 Krw-/AbfG stellt keine Ermächtigungsgrundlage für Warnungen und Empfehlungen dar.

2.

Die Aufgabe, die Öffentlichkeit zu unterrichten, die auch den Kommunen zuzubilligen ist, vermag keine Eingriffe zu decken.

3.

Auch wenn man grundrechtliche Schutzpflichten bei nicht anders abwendbaren, schwerwiegenden Gefahrenlagen für Grundrechte unmittelbar als Ermächtigungsgrundlage für Grundrechtseingriffe anerkennt, können auf sie abfallrechtliche Warnungen und Empfehlungen nur selten gestützt werden. § 7 Gemeinschaftsrechtliche Grenzen ordnungsrechtlicher Lösungen

1.

Abfälle sind Waren LS.v. Art. 30 EGV auch bei negativem Wert.

2.

Wegen seiner Bezogenheit auf den Warenverkehr fallen vertriebsbezogene Regelungen aus dem Anwendungsbereich von Art. 30 EGV heraus, wenn sie nicht Auswirkungen wie produktbezogene Regelungen haben.

3.

Abfallrechtliche Regelungen sind regelmäßig produktbezogen.

204

Thesen

4.

Sie sind regelmäßig getragen von aus nationaler Sicht unabdingbaren Umweltzielen und beeinträchtigen daher nicht Art. 30 EGV, sofern sie verhältnismäßig und nicht diskriminierend sind.

5.

Die Verhaltens- und Vermeidungsgebote des Bundesabfallrechts verstoßen nicht gegen die EG-Abfallrichtlinie, die Abfallverbringungsverordnung oder die Verpackungsrichtlinie. Geht man davon aus, daß die Verpackungsverordnung über die Vorgaben der Verpackungsrichtlinie hinausgeht, hat die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 100 a Abs. 4 vorzugehen. Dritter Teil: Abgabenlösungen § 8 Die Rechtfertigungsbedürftigkeit von Abgaben und die Funktion des Verursacherprinzips

Die Erhebung von Abgaben stellt eine Grundrechtsbeeinträchtigung dar und bedarf daher der Rechtfertigung. Diese läßt sich für Abfallabgaben regelmäßig aus dem Gesichtspunkt der Abfallvermeidung zum Schutz der Umwelt gewinnen. Die Frage, ob das Verursacherprinzip selbst einen Rechtfertigungsgrund darstellt, kann daher offen bleiben. § 9 Zahlungspflichten für staatliche Leistungen

1.

Zur Erhebung von Abfallgebühren sind die Hoheitsträger berechtigt, denen die Einsammlung der Abfalle obliegt.

2.

Die Festsetzung von Abfallgebühren darf den Vorgaben des Abfallgesetzes bzw. des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes nicht zuwiderlaufen. Überhöhte Gebühren veranlassen zur Beigabe von Fremdstoffen zu privaten Entsorgungssystemen und gefährden deren Funktionsfähigkeit.

3.

Sowohl das Äquivalenzprinzip als auch das Kostendeckungsprinzip ergeben sich aus dem Übermaßverbot, letzteres folgt auch aus der grundgesetzlichen Konzeption des Steuerstaates.

4.

Zu den ansatzfähigen leistungsbezogenen Kosten zählen betriebswirtschaftliche Kosten, nicht die sozialen Zusatzkosten. Es können die Kosten für die Abfallberatung und für Rückstellungen zur Begleichung noch nicht absehbarer Kosten einbezogen werden, nicht hingegen die Kosten für Straßenpapierkörbe und die Sanierung von Altlasten. Das größte Potential

Thesen

205

zu Gebührenerhöhungen ergibt sich aus der Wahl einer regelmäßig teureren umweltverträglichen Entsorgung durch Verwertung. 5.

Der Wahrscheinlichkeitsrnaßstab ist möglichst wirklichkeitsnah zu gestalten und erlaubt etwa ein Anknüpfen an die Behältergröße, verbunden mit dem Abfuhrrhythmus. Damit ist auch das Gebot der Typengerechtigkeit gewahrt.

6.

Die Befugnis für die Verfolgung eines Lenkungszwecks folgt aus der Kompetenz für den Sachbereich, in dem die Gebühr erhoben wird, nicht aus Art. 28 Abs. 2 GG.

7.

Art. 20 a GG erlaubt, einfachgesetzlich verliehene Kompetenzen für die Gebührenerhebung zu Umweltzwecken durch einen beschränkten Gebührenzuschlag zu verwenden.

8.

Durchbrechungen der gebührenrechtlichen Grundsätze einschließlich allerdings als seltene Ausnahme - des Kostendeckungsprinzips müssen durch den Lenkungszweck gerechtfertigt und daher insbesondere verhältnismäßig sein. Die Geeignetheit setzt voraus, daß eine Verhaltensänderung möglich ist. Die Erforderlichkeit ist nicht gegeben, wenn feststeht, daß eine Verhaltensänderung auch ohne GebührenmodifIkation eintritt. Für den Abfallbereich bieten sich Abstufungen nach Abfallarten und eine moderate progressive Steigerung nach der Behältergröße in Verbindung mit dem Abfallrhythmus an.

9.

Es bestehen keine eigenständigen Gebührentypen der Verleihungs- oder Umweltbenutzungsgebühr .

10. Beiträge sind nicht auf die konkrete individuelle Inanspruchnahme von Leistungen zugeschnitten und daher weniger zur Verhaltensbeeinflussung geeignet als Gebühren. Die Einführung von Verbandsbeiträgen erfordert eine Gesetzesänderung, die in § 17 Krw-/ AbfG vorgesehene privatrechtliche Verbandsbildung ist indes vorzuziehen. § 10 Abgaben ohne Gegenleistung

1.

Der Begriff "Ökosteuem" ist als politischer Begriff weit zu verstehen und auch auf Sonderabgaben zu erstrecken.

206

Thesen Steuern

2.

Wegen ihrer Ausrichtung auf Vermeidung und der schwierigen Vorhersehbarkeit ihres Aufkommens eignen sich Umweltsteuern zur Finanzierung der allgemeinen Staatsausgaben nur als Beimischung.

3.

Beschränkt man die erhebbaren Steuern auf die in Art. 106 GG genannten Typen, können sie das Verursacherprinzip nur sehr begrenzt umsetzen und damit lediglich eingeschränkt ökologische Effekte erzielen.

4.

Ein numerus clausus der Steuerarten besteht indes nicht: a) Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG bilden keine Grenzen der Steuertypen, sondern der Belastung gleich durch welche Steuer. b) Der Steuerstaat des Grundgesetzes ist eingebunden in die sich wandelnden Verhältnisse in Staat und Gesellschaft und damit auch den Gegebenheiten des Umweltstaates anzugleichen. c) Eine praktische Konkordanz von Art. 20 a GG und Art. 105 f. GG führt dazu, daß spezifisch an ökologischen Zwecken ausgerichtete, über die in Art. 106 GG genannten hinausreichende Steuerarten erhoben werden dürfen. d) Die Träger der Reform des Art. 105 GG gingen von einem Steuererfindungsrecht des Gesetzgebers aus. e) Gem. Art. 105 Abs. 2 2. Alt. GG kann der Bund bei Vorliegen der insoweit kompetenzbegründenden und nicht nur -ausgestaltenden Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG Steuern erfinden, unabhängig davon, ob ihm das Aufkommen ganz oder teilweise zusteht. Macht der Bund davon in einem Bereich keinen Gebrauch, kommt den Ländern ein Steuererfmdungsrecht zu.

5.

Steuern im Abfallbereich können daher nicht nur namentlich an den Verbrauch schwer entsorgbarer Produkte anknüpfen, sondern unmittelbar an den Schadstoffgehalt, etwa durch eine dementsprechend abgestufte Produktsteuer oder eine Entsorgungssteuer .

6.

Art. 105 GG schließt zwar, wie § 3 Abs. 1 S. 1 2. HS. AO klarstellt, verhaltenslenkende Steuern nicht aus, entbindet aber nicht von der Notwendigkeit einer zusätzlichen Sachkompetenz für sämtliche außerfiskalischen Zwecke, um eine Aushöhlung der Regelzuständigkeit der Art. 70 ff. GG zu vermeiden. Von Art. 105 GG gedeckt sind nur die Wirkungen, die sich als Folge der Einnahmeerzielung einstellen. Ein gewichtiges Indiz ist die Höhe der Steuer.

Thesen

207

7.

In den meisten Bereichen hat der Bund die Kompetenz für verhaltenslenkende Umweltsteuern.

8.

Die Einführung von Umweltsteuern darf die in Art. 106 GG beabsichtigte angemessene Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern nicht gefährden. Das wird aber wegen der Korrekturmöglichkeiten gern. Art. 106 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 GG kaum zur Verfassungswidrigkeit einzelner Steuern führen.

9.

Sowohl die Finanzierungs- als auch die Verhaltenswirkung müssen verhältnismäßig sein. Das gilt auch für eine Durchbrechung des Grundsatzes der gleichen Lastenverteilung. Regelmäßig gerechtfertigt ist ein Herausgreifen lediglich einzelner umweltschädlicher Güter.

10. Umweltsteuern dürfen im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip nicht ohne Rücksicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit einseitig die sozial Schwachen belasten. Lebensnotwendige Produkte und Güter des täglichen Bedarfs sind daher regelmäßig nicht geeigneter Anknüpfungspunkt von Umweltsteuern. 11. Eine kommunale Verpackungssteuer ist nicht von Art. 105 Abs. 2 a GG gedeckt und verstößt gegen Art. 72 Abs. 1 (n./a.F.), 74 Nr. 24 GG. a) Sie ist nicht örtlich auch bei einer Beschränkung auf Produkte, die zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmt sind. b) Sie ist mit der bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer gleichartig. c) Sie beeinträchtigt die Wirkung der Verpackungsverordnung und bewegt sich außerhalb des durch § 14 Abs. 2 AbfG bzw. § 23 Krw-/AbfG vorgegebenen Rahmens. Sonderabgaben 12. Auch bei Zubilligung eines Steuererfindungsrecht behalten Sonderabgaben ihr eigenes Gewicht, wenn es um die Belastung spezifischer Gruppen geht. Der ökologische Umbau des Abgabensystems ist aber nicht mehr auf eine "Flucht aus der Steuer" angewiesen. 13. Wegen ihrer unterschiedlichen Bezugspunkte sind die finanzverfassungsrechtlichen und die grundrechtlichen Grenzen von Sonderabgaben auseinanderzuhalten. 14. Finanzverfassungsrechtlich bedingt ist, daß die Sonderabgabe nur eine vorgegebene, von der Allgemeinheit abgrenzbare Gruppe belasten darf und

208

Thesen gruppennützig verwendet werden muß. Das gilt in vollem Umfang auch für Lenkungssonderabgaben, da ansonsten deren Aufkommensverwendung in Konkurrenz zu der von Steuern geraten kann.

15. Für Sonderabgaben der Länder und Kommunen gelten zudem die Schranken aus Art. 105 Abs. 2, 2 a GG entsprechend. 16. Grundrechtlich bedingt ist das Erfordernis einer besonderen Gruppenverantwortung für den Abgabenzweck. Sowohl Finanzierungs- als auch Lenkungszwecke müssen das Überrnaßverbot wahren. 17. Sonderabgaben im Abfallbereich können nur einzelne Personenkreise und dementsprechend - einzelne Abfallarten erfassen. Eine Sonderabgabe auf alle (Sonder-)abfälle ist daher nicht zulässig. Die gruppennützige Verwendung kann etwa in der Finanzierung eines Haftungs- oder Forschungsfonds oder der Unterstützung von durch Produktvorschriften besonders nachteilig Betroffener bestehen. Länder und Gemeinden sind infolge der weitreichenden Verhaltensvorschriften im Bundesabfallrecht aufgrund von Art. 72 Abs. 1, 74 Nr. 24 GG im wesentlichen auf Finanzierungssonderabgaben beschränkt. § 11 Gemeinschaftsrechtliche Grenzen für Abgaben 1.

Art. 99, 95 EGV berühren vorn Steuertyp her auch Sonderabgaben. Sie erfassen nicht solche Abgaben, die an bestimmte Produktionsprozesse, Emissionen oder Umweltnutzungen anknüpfen.

2.

Die Verbrauchsteuerrichtlinie erlaubt weiterhin jedenfalls eine Steuerbelastung von Inländern.

3.

Die gruppennützige Verwendung von Sonderabgaben verstößt gegen das gemeinschaftsrechtliche Beihilfeverbot, wenn ihr nicht eine gleichermaßen bestehende Belastung gegenübersteht.

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14 Frenz

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Sachregister Abfallabgabe 22 Fn. 54 Abfallbegriff 35, 39, 42, 50 ff., 56 f., 71,73,82 Abfallberatung 127 Abfallbeseitigung 32 ff. Abfallbeseitigungsanlagen 54 - Betreiberpflichten 54, 104 f. - Zulassung 34, 54, 104 f. Abfallbilanzen 95 f. Abfallentsorgung 46 ff. Abfallgebühren 34, 44, 48, 118 ff. - abfallrechtliche Vorgaben 120 ff. - ansatzfähige Kosten 126 ff. - Bemessung 130 ff. - Erhebungsberechtigte 119 f. Abfallgesetz von 1972 32 ff. Abfallgesetz von 1986 35 ff., 46 ff., 119, 121 f., 140 f., 179 f. Abfallrichtlinie 42, 51, 112 Abfallsonderabgaben 44, 181 ff., 191 ff. Abfallsteuern 163 f. Abfallverbringungsverordnung 112 f. Abfallwirtschaft 32 Abfallwirtschaftskonzepte 94 ff. Abgabenlösungen 19, 20, 24 ff., 115 ff. Abholungspflichten 62, 66 Abschreibung 128 Altmaterialsammlungen 52 Anlagen, genehmigungsbedürftige 49, 70 ff. Anschluß- und Benutzungszwang 33, 73 Anzeigepflicht 34 Altlasten 16, 128, 193 Äquivalenzprinzip 126, 135, 136, 140 Altöle 36 f., 50, 54 Aufgabenprivatisierung 50, 78 Auflagenlösungen 18, 20, 24 ff, 46 ff. - Flexibilisierung 18 Ausgleichsabgaben - egalisierende 183, 193 - handlungspflichtabhängige 184, 192 - kompensatorische 184

Auskunftspflichten 97 f., 105 Beihilfeverbot 196 Beiträge 116, 153 f. Beleihung 78 Berufsausübungsfreiheit 54, 65, 99, 106 Berufsfreiheit 48 f., 65, 67, 100, 106 Berufswahlfreiheit 48 f., 54, 65, 100 Beseitigungspflichten 84 f., 100 ff. Betreiberpflichten 54, 104 f. Biomüll 73, 132, 137, 138, 193 Bringpflicht 43, 47, 75 f. Brutto-Schadstoffmenge 21 Bundesstaatsprinzip 154, 164 Bußgelder 54, 105

C02-Steuer: s. Emissionssteuern Daseinsvorsorge 34 Deponieabgabe 184, 192 f. Dienstleistungsfreiheit 111 f. Drittbeauftragung: s. Erfiillungssubstitution Duales System 62 ff. Duldungspflichten 93 f. Eigentumsfreiheit 48, 65, 67, 97, 100, 102, 106, 115, 155 f. Emissionssteuern 19, 148, 151, 195 Empfehlungen 44, 106 ff. Entsorgungspflicht, öffentlich-rechtliche 33 f., 40 f., 46, 49 f., 73 ff. Entsorgungssteuer 150 Entsorgungsverantwortung, private 36, 37,41 ff., 46,49 ff., 57 ff., 63 f., 73 ff. Erfassungsquoten 62, 124 Erfiillungsprivatisierung 77, 78, 79 Erfüllungssubstitution 77 f., 79, 85, 87 f., 90 Ersatzsystem 62 ff. Erzeugerabgabe 184

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Sachregister

Finanzierungssonderabgaben 183, 188 f., 192, 194 Finanzverfassung 125, 136, 148 ff., 185 ff. Gebührenbegriff 116, 117 Gebühr, lenkende 44, 132 ff. Gebührengleichheit 131 f, 135, 136, 138, 139 Gebührenmaßstäbe 130 f. "Gelber Sack": s. Duales System Gemeinschaftsbezogenheit Individuum 159 Gleichartigkeit (der Steuer) 175 ff. "Grüner Punkt" 66, 68 Grundpflichten, abfallrechtliche 43, 55, 82, 91 f. - grundrechtliche 118 Grundrechtsbeeinträchtigungen 48 f., 64 ff., 106, 115, 125 - mittelbare 67, 69 f. - unmittelbare 67, 69 Gruppe, homogene 186, 192 Gruppennützigkeit (der Verwendung) 116, 187 f., 193 f. Gruppenverantwortung 83 f., 187 f., 191 Handlungsfreiheit, allgemeine 69, 102, 115 Harmonisierung, Abgaben 194 f. Informationelle Selbstbestimmung 97 f. Internalisierung (von Kosten) 14, 116 Kennzeichnungspflichten 92, 99 Kombinationslösungen 31 Kommunale Selbstverwaltung 107, 120, 134, 137, 168 f., 185, 194 Kooperationsprinzip 15, 105 Kostendeclrungsprinzip 125 ff., 135 ff., 140, 146 Kosten, externe 13 f., 116, 147, 150 Kostenzurechnungsprinzip 14 f. Kraftfahrzeugsteuer 154 Kreislaufwirtschaft 37, 39 ff. Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz 39 ff., 55,57,61 f., 68 ff., 117 f., 120, 122 ff., 141 f., 179, 192, 194 - und Abfallgebühren 122 ff., 135

Lastengleichheit (steuerliche) 156, 170 - bei Sonderabgaben 191, 194 Lenkungssonderabgaben 184, 188 f., 192, 194 Lizenzen 140 f. Maßnahmen gleicher Wirkung 109 ff. Mischkalkulation 140 Monopol 63 Müllkippen, wilde 33, 124, 139 Nachfrageelastizität 138 Nachsorgekosten 128 Nachweispflicht 34, 97 ff. Nebenbestimmungen 86 Netto-Schadstoffmenge 21 Ökosteuern 146 ff. Örtlichkeit (der Steuer) 173 ff. Organisationsprivatisierung 77 Pfanderhebungspflichten 59, 64 f., 66 Pflichtenübertragung : s. Verantwortungssubstitution Pigou-Steuer 17, 146 Planfeststellung 105 Privatisierung 77 ff. Produktbezogene Regelungen 110 Produktsteuer 147, 151, 195 Produktverantwortung 30, 41, 91 ff. Rechtsangleichung im Binnenmarkt 114 Rechtsstaat 169 Restmüll 132, 137, 139 Reststoffe 71 Rohstoffabgaben 147 Rückgabepflichten 61, 82 Rücklagen 128 Rücknahmepflichten 43 - nach dem Krw-IAbtU 61, 82, 91 f. - nach der VerpackV 57 ff., 64 - und Kostenlast 60 ff. Rückwirkung 103 f. Sammelpflicht: s. Abholungspflicht Sammlungen - gemeinnützige 50 ff. - gewerbliche 50 ff. Schönberg-Novelle 35 Schutzpflichten 68, 107, 118

Sachregister Sekundärrohstoffe 36, 40 Selbstverpflichtungen 92, 100 Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft 79, 90 ff.,120 Seveso-Novelle 35 Sonderabgaben 155 - Abgrenzung zur Steuer 172 Fn. 342, 186 ff. - Einordnung 117 f. - und Gemeinschaftsrecht 194, 196 - kommunale 189 f., 191 f., 194 - der Länder 189 f., 191 f., 194 Sondermüllsonderabgaben 20 Fn. 41, 44, 183 f., 191,192 f. Sortierquoten 62, 66 Soziale Zusatzkosten 14 - Theorie der 19, 20 Sozialstaatsprinzip 132, 139, 158, 171 f. Staffelung der Gebühr 133, 135 Standard-Preis-Ansatz 17 f., 146 Steuerbegriff 150, 165 ff. Steuererfmdungsrecht 156 ff. - und Sonderabgaben 181 f. Steuererhebungskompetenzen - des Bundes 168 - der Kommunen 168 f. - der Länder 168 Steuerreform, ökologische 44, 147 ff. Steuerstaat 136, 157 ff., 185 Stoffkreisläufe 36, 40, 42 Straßengüterverkehrsteuer 154 f. Straßenpapierkörbe 127 Transportverpackungen 58 f., 60 ff. trial- and error-Verfahren 17 f., 23 Typenzwang, finanzverfassungsrechtlicher 143, 150 ff. Übergunstquote 139 Überlassungspflicht 34, 36, 46 ff., 69, 73 ff., 93 f., 118 Überwachung 34, 97 ff. Umsatzsteuer 174, 175 f., 194 Umverpackungen 59, 60 Umweltgesetzbuch(Entwurt) 15 Umweltnutzung gegen Entgelt 19, 20, 144 Umweltnutzungsgebühren 143 ff., 147 - Abgrenzung zu Verleihungsgebübren 144 f.

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Umweltstaat 158 f. Umweltstaatszielbestimmung 65, 100, 101, 115, 133 f. - und Gebühren 133, 134, 136 f. - und Steuern 157 f., 159 f. - und Verhaltensgebote 49, 65, 100, 101 Umweltsteuern: s. Ökosteuern Untersuchungspflichten 96 Untersuchungsmaßnahmen, Kosten für 117 f. Verantwortungssubstitution 63 f., 77 f., 79 f., 85 f., 88 ff., 90 f., 120, 142 Verbände 79, 87 ff., 120 Verbandsbeitrag 145 f. Verbrauchsteuern 150, 151 ff., 170 f. Verbrauchsteuerrichtlinie 151, 194 f. Verbrennungsabgabe 184 Verfahrenssteuer 148, 194 Verhältnismäßigkeit - und Äquivalenzprinzip 126 - der Gebühr 138 ff. - und Kostendeckungsprinzip 126 - von Sonderabgaben 190 f., 194 - von Steuern 169 ff. - von Verhaltensgeboten 49, 65 f., 101 f. Verkaufsverpackungen 59, 60 Verkehrssteuern 150, 151 f. Verleihungsgebühren 140 ff., 144, 147 Vermeidung 36, 37 f., 39 f., 44, 81, 96 - Vorrang der 36, 37 f., 42, 121 f. Vermeidungspflichten - nach dem Krw-/AbfG 40, 80 ff., 91 ff., 99 f. - nach der VerpackV 56 ff. Vermeidungskosten 19, 20 Verpackungsabgabe 192 Verpackungsrichtlinie 113 f. Verpackungssteuer 148, 195 - kommunale 44, 172 ff. Verpackungsverordnung 37 ff., 53, 55 ff., 74 - und Abfallgebühren 122 ff. - und Sonderabgaben 191 f. - und Verpackungssteuer 178 ff. Vertriebsbezogene Regelungen 109 f.

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Sachregister

Verursacherprinzip 13 ff., 36, 37, 40, 44, 54 f., 77 ff., 105, 115, 116 f., 118, 147 f., 172, 183 Fn 401, 193 - instrumentalistische Konzeption 15 ff. - Verwirklichungsformen 19 ff., 46 ff. Verwaltungsrealakte 44 Verwaltungssubstitution im staatlichen Kompetenzbereich 78 Verwendung, gruppennützige 187, 193 Verwertung 36, 43,51 f., 53,71,91 Verwertungspflichten 43 - nach dem Krw-IAbfG 82 ff., 100 - nach der VerpackV 57 ff., 64 ff., 126 Verwertungsquoten 62, 66 Verzehr an Ort und Stelle 44, 173 ff. Vorsorgeprinzip 15, 81 Wahrscheinlichkeitsmaßstab 130 f., 140 Waren (LS.v. Art. 30 EGV) 108 f.

Warensteuer 160 Warenverkehrsfreiheit 108 ff. Waldsterben 13, 16 Warnungen 106 ff. Wertstoffe 140 Wettbewerbsfreiheit 63 f., 67 Wiederbeschaffungswert 128 Willkürverbot 138 Wirklichkeitsmaßstab 130 Wirtschafts gut 71 Wirtschaftskreislauf 36 Zertiftkatlösungen 21 Zwangsmitgliedschaft 65 Zwecksteuer 186 f.