Die Untersuchung des Gehörgangs und Trommelfells. Ihre Bedeutung: Kritik der bisherigen Untersuchungsmethoden und Angabe einer neuen. Ein Leitfaden zur Untersuchung des Ohres für praktische Aerzte 9783111644455, 9783111261461

161 42 2MB

German Pages 34 [36] Year 1860

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Die Untersuchung des Gehörgangs und Trommelfells. Ihre Bedeutung: Kritik der bisherigen Untersuchungsmethoden und Angabe einer neuen. Ein Leitfaden zur Untersuchung des Ohres für praktische Aerzte
 9783111644455, 9783111261461

Table of contents :
Die Untersuchung Des Gehörgangs und Trommelfells

Citation preview

Die Untersuchung des

Gelrörgangs und Trommelfells. Ihre Bedeutung. Kritik der bisherigen Untersuchungsmethoden und Angabe einer neuen.

Eia Leitfaden z u r U u t e r s u c h n u g d e s Olires für praktische Aerzte von

Dr. von Trceltsch, p r a k t i s c h e r Arzt in W ü r z b u r g , d e r physikalisch - medicinischen Gesellschaft daselbst o r d e n t l i c h e s , des Vereins hessischer Aerzte zu D a r m s t a d t , des ärztlichen Vereins zu München u n d der m e d i c i u i s c h e n Gesellschaft zu S t r a s s h u r g c o r r e s p o n d i r e n d e s Mitglied.

[Abdruck

aus

Gcisclien's

„Deutscher Klinik"

18C0.

N o . 1 2 u . ff.]

B e r l i n .

Druck und Verlag von Georg Reimer.

1 8 60.

Meinem alten treuen Freunde

Hofrath Alexander Pagenstecher in

Wiesbaden

in herzlicher L i e b e

gewidmet.

Ächon die anatomische Anordnung der Theile scheint es zu v e r b ü r g e n , dass unsere Kenntnisse von den Krankheiten des Gehörorgans nie j e n e Exactheit und lichtvolle Klarheit erringen w e r d e n , bis zu Welcher die Augenheilkunde, namentlich seit Erfindung des Augenspiegels und u n t e r den Händen eines A r l t und v. G r a e f e sich entwickelt hat. Müssen wir so der Ohrenheilkunde jenen hohen Grad d e r Entwicklungsfähigkeit absprechen, wie ihn wohl überhaupt kein a n d e r e r Zweig des medicinischen Wissens gleich der Augenheilkunde j e besitzen w i r d , so glaube ich mich doch ebenso g u t berechtigt, zu b e h a u p t e n , dass das geringe Quantum exaeter Kenntnisse, welches selbst die Ohrenärzte, die Specialislen, weit mehr aber noch die grosse Menge der Praktiker, von den Krankheiten des Gehörorgans und deren Behandlung inne haben, keineswegs als nothwendig in der Natur der Sache bedingt liegt, s o n dern n u r in Hindernissen, welche zu heben sind, und gewiss auch noch gehoben w e r d e n . Man hat schon viel hin und h e r gesprochen, worin die eigent ü m l i c h e Ausnahmsstellung dieses Faches begründet liege, und w a r u m gerade die Ohrenheilkunde in i h r e r wissenschaftlichen Ausbildung hinter anderen Disciplinen so sehr zurückgeblieben und beim ärztlichen wie beim Laien-Puhlicum in so geringem Grade Achtung und Zutrauen g e niesse. Man hat auch eine Menge Gründe aufgestellt, w a r u m diess gar nicht anders sein könne, und warum diess ewig und immer so bleiben werde. Meiner Meinung nach sind alle diese E r ö r t e r u n g e n sehr v e r f r ü h t und man hätte mit allen solchen absprechenden Urlheilen m i n destens so lange warten sollen, bis eine grössere Menge tüchtiger und wissenschaftlich gebildeter Männer das Studium dieses Faches und seine gründliche Bearbeitung zur Lebensaufgabe sich gestellt, und bis die Mehrzahl der Aerzte wenigstens mit den Anfangsgründen dieser Specialilät sich vertraut gemacht hat. Nirgends ist noch so wenig gearbeitet worden wie h i e r , und d a r a n , glaube ich, liegt es vor Allem, w a r u m

6 wir hier noch nicht weiter

fortgeschritten

m u s s hier vor Allem gearbeitet m e h r Geltung verschaffen soll. des

werden,

Einmal muss

Ohres m e h r cultivirt w e r d e n ,

kennt,

welche hier

und allgemein ken Platz

Ich h a b e f r ü h e r suchung

damit man

die E r k r a n k u n g e n

und

dann

Untersuchungsmethode

damit

Erkenntniss des Leidens

Nach zwei Richtungen die O h r e n h e i l k u n d e

man

auch

im

sich

die p a t h o l o g i s c h e A n a t o m i e

überhaupt vorkommen,

brauchbare

greifen,

sind.

wenn

muss

des Ohres

einzelnen

Falle

besser

eine

gute

am

zur

Kran-

richtigen

gelange.

schon,

des Gehörorgans

Eingangs

einer Arbeit

über

a n d e r L e i c h e " in V i r c h o w ' s

Bd. X I I I . H e f t 6 ) d a r a u f h i n g e w i e s e n ,

dass

uns

»die

Unter-

Archiv

in d e r

(1858.

Ohrenheilkunde

v o r A l l e m die r i c h t i g b e o b a c h t e t e T h a t s a c h e f e h l t , m i t a n d e r e n W o r t e n , die Genauigkeit

des objectiven Befunds, und dass slatt dessen hier

o d e r w e n i g e r die H y p o t h e s e ,

die A n n a h m e und

das Glauben

mehr

vorherrscht.

E s t h ä t e h i e r v o r A l l e m Noll), r u h i g u n d g r ü n d l i c h z u b e o b a c h t e n , mit allgemeinen Schlüssen lichkeit zu t r e t e n , Sicherheit

und

sachen

erreicht

hätten.

Wie

pathologisch-anatomischer

zu g e w i n n e n , stützen

und

vor die O e f f e n t -

als bis die B e o b a c h t u n g e n eine g e n ü g e n d e Breite d e r

der Reife

Notwendigkeit leiden

und Folgerungen nicht eher ich

Arbeiten

dann

weiter

betonte,

um

auf die m a n die N a t u r d e r v e r s c h i e d e n e n

und begründen

könnte,

u n d s p ä t e r in m e i n e n

die

ThatOhren-

»anatomi-

s c h e n B e i t r ü g e n z u r O h r e n h e i l k u n d e " ( V i r c h o w ' s A r c h i v 1 8 5 9 . Bd. X V I I . S. 1 — 8 0 ) so

will

selbst das S e c t i o n s e r g e h n i s s an

ich

hier

hinweisen

auf

Ohres am L e b e n d e n , m e i n e

16 Schwerhörigen

die B e d e u t u n g

Ansichten

über

mitlheilte,

der Untersuchung

den

wichtigsten

des

Theil

der-

s e l b e n , n ä m l i c h ü b e r die U n t e r s u c h u n g d e s ä u s s e r e n O h r e s 1 ) , h i e r n i e d e r legen,

und

meine

eigene

Methode

hierbei ausführlicher

Die a l l e r w e n i g s t e n A e r z t e v e r s t e h e n suchen

und

zu s e h e n ,

was dort

allgemein

ausgesprochen,

ist a b e r

in d e r T l i a t s o ,

und

besprechen.

das ä u s s e r e Ohr zu u n t e r -

ü b e r h a u p t zu sehen

m a g diess s e h r

b e s c h ä f t i g t e r O h r e n a r z t an reichlich überzeugen,

es,

hart

und

ist.

So kurz

k a n n g e r a d e ich in m e i n e r

einer

Universitätsstadt,

w i e es damit steht.

und

grob lauten, — Stellung

wie Würzburg,

E i n m a l k o m m e ich

es als

mich

dadurch

f o r t w ä h r e n d in V e r k e h r m i t e i n e r g r o s s e n M e n g e v o n ä l t e r e n u n d j ü n g e r e n Collegen

aller Bildungsgrade

andrerseits ken

mitbringen,

handlung, zu

ersehe

Grunde

und

aus

lag.

Indessen zu

eines b e d e u t e n d e n Namens gestanden, den

der

aus

den

verschiedensten

Regel aus den früher

ihnen

Diagnosen,

Gegenden,

die die

Kran-

zu Theil g e w o r d e n e n

Be-

wie w e n i g denselben eine gründliche U n t e r s u c h u n g des O h r e s

das Ohr u n t e r s u c h e n Praktiker

und

ich in d e r

wie als

die meisten können, und

und

Aerzte

beanspruchen

g a r Viele,

eines ausgedehnten

klinische L e h r e r

sich

erfreuen,

darunter

gar

nicht,

Männer,

die

Wirkungskreises

als

haben

es mir offen

d a s s sie h e i m i r z u m e r s t e n Mal d a s T r o m m e l f e l l a m L e b e n -

»ordentlich"

gesehen

haben.

Ich

stelle

es somit als eine

unbe-

' ) Unler „ ä u s s e r e m O h r e " vei slehe ich hier i m m e r den ä u s s e r e n Gehörgang und das T r o m m e l f e l l , w e l c h e s jn a u c h die meislen Anulomen n o c h zum ä u s s e r e n Ohre m i l r e c h n e n .

7 streitbare Thatsache h i n , dass die u n g e h e u r e Mehrzahl der Praktiker bis heute nicht im Stande isl, eine n u r einigermassen genügende Unters u c h u n g des Ohres v o r z u n e h m e n , und g l a u b e , dass auf dieses Factum im Wesentlichsten der jämmerliche Zustand zurückzubeziehen ist, in welchem im Ganzen die Ohrenheilkunde bis j e t z t noch sich befindet. Darauf b e r u h t es, dass in der Regel bei Ohrenkrankheiten keine richtigen Diagnosen gestellt w e r d e n , demzufolge auch selten ein Nutzen aus d e r Behandlung entspringt, deshalb blicken die Aerzte meist selbst mit einer gewissen Missachtung und L'nbehaglichkeit auf Alles, w a s Ohrenkrankheilen heisst, darum entschliesst sich der Ohrenkranke gewöhnlich erst spät oder gar nicht, einen Arzt um Hülfe anzugehen, und ist der t r a ditionelle Glaube des Publicums und der Aerzte, »bei Ohrenkrankheiten ist nichts zu m a c h e n , " ein so alter und fest b e g r ü n d e t e r , und darum endlich kommen in keinem Fache so viele Windbeuteleien vor, als gerade hier. — Es scheint sehr der Mühe w e r l h , die Sache genauer in's Auge zu fassen, einmal die Untersuchung des äusseren Ohres in i h r e r Bedeutung zu betrachten und dann weiter darauf einzugehen, w a r u m denn die Aerzte so selten g u t untersuchen k ö n n e n , und ob diess nicht am meisten an den bisher üblichen Methoden gelegen. Es bedarf gewiss keiner weiteren Auseinandersetzung, dass der Arzt n u r dort ein sicheres l'rlheil h a t , w o ihm ein objectiv n a c h weisbarer Thatbestand zu Gebote steht, und wo er sich einen bestimmten Begriff machen kann von dem Zustande und dem V e r a l t e n der leidenden Organtheile. W e n n Jemand zum Arzt kommt mit der Klage, er leide seit längerer Zeit viel an Husten und anderen Brustbeschwerden, so w i r d es keinem gewissenhaften Arzte einfallen, sich n u r auf die Aussagen des Kranken und etwa dessen Aussehen und sonstige Verhältnisse zu verlassen, sondern er wird sich milteist der der Diagnostik zu Gebote stehenden Mittel klar zu machen s u c h e n , welches Organ, ob Kehlkopf oder Bronchien, Lunge oder Herz primär e r k r a n k t , und in welcher Weise dasselbe afficirt i s t , um darnach seinen Rath und etwaigen Heilplan einzurichten. Der objeclive Thalbestand, die objeclive Untersuchung ist aber beim Gehörorgane mindestens gerade so nöthig, als bei anderen Theilen; ich meine eher noch nölhiger als w o anders. Denn gerade bei Ohrenkraukheilen stehen die subjectiven Erscheinungen durchaus nicht im Einklang mit der Bedeutung der E r k r a n k u n g , und nirgends können uns die Aussagen der Patienten so wenig nulzen f ü r die Diagnose als hier. Ein F u r u n k e l , ein Eczem im äusseren G e h ö r gange kann die stärkste Taubheit und die heftigsten S c h m e r z e n , ein einfacher Ohrenschmalzpfropf neben Taubheit noch das unerträglichste Ohrensausen und selbst den störendslen Schwindel hervorrufen, so dass man eher glaubt, mit einer organischen Gehirnkrauklieit es zu ihun zu haben, während man andrerseits nicht selten umfangreiche Perforationen des Trommelfells und entwickelte Veränderungen in der Paukenhöhle trilft, welche dem Kranken n u r durch eine mehr oder minder grosse Schwerhörigkeit sich bemerklich machten. All den verschiedenen Bes c h w e r d e n der Ohrenkranken, Ausflüsse, Schmerzen, Ohrensausen, und

8 das g e w ö h n l i c h s t e , Schwerhörigkeit, liegen, wie sich das von selbst verstellt, die mannigfachsten Ursachen und die verschiedenartigsten Structiirveränderungen im Gehörorgane zu Grunde, und können wir, f ü r die Diagnose derselben wenigstens, aus den Aussagen der Patienten fast gar nichts entnehmen. Nur der Befund, die Untersuchung kann uns hierüber Aufschluss g e b e n , und w e r nicht das Ohr untersuchen kann, der hat natürlich gar kein Urlheil über den vorliegenden Fall. Gerade die Besichtigung des äusseren Ohres a b e r , d. h. des äusseren Gehörgangs und des Trommelfells, ist der werlhvollslc Theil der ganzen Olirenuntersuchung und das wichtigste diagnostische Hülfsmittel, das w i r bei Ohrenkrankheilen besitzen. Die Untersuchung des Gehörgangs und des Trommelfells giebt uns nämlich nicht n u r Aufschluss ü b e r die eigenen selbständigen Erkrankungen dieser Theile, sondern liefert uns dieser Befund auch die hauptsächlichsten Anhaltspunkte über das Verhalten der übrigen das Gehörorgan zusammensetzenden Theile. Indem nämlich, wie b e k a n n t , das Trommelfell die Scheide zwischen Gehörgang und Paukenhöhle bildet, und innen einen Ueberzug von der Schleimhaut der Paukenhöhle e r h ä l t , nimmt es stets auch an allen diese Cavität betreffenden Veränderungen Theil, und ein genauer Unlersucher erkennt daher Erkrankungen der Paukenhöhle, besonders die so häufigen Katarrhe d e r s e l b e n , in den meisten Fällen bereits aus dem Aussehen des Trommelfells. Selbständige und isolirlc Erkrankungen d e r Tuba sind ferner, höchst wahrscheinlich, ebenso selten, wie solche des nervösen Apparates, und könnte jedenfalls die Diagnose «nervöse S c h w e r hörigkeit« n u r gemacht w e r d e n , wenn die übrigen Organe, also auch Trommelfell und Paukenhöhle, keine Veränderungen zeigen; somit w i r auch diese Diagnose nicht im Stande sind zu stellen, ohne genaue und kundige Unlersuchung des Trommelfells, so dass wir eigentlich nach vorgenommener Untersuchung des Gehörgangs und des Trommelfells bereils die wesentlichsten Aufschlüsse ü b e r das normale oder abnorme Verhalten der Hauptthcile des ganzen Gehörorganes g e w o n n e n haben. Es ist somit gewiss, dass gerade ohne Benutzung dieses diagnostischen Hülfsi\iittcls kein Arzt im Stande ist, zu sagen, woran der ihn c o n sultirende Ohrenkranke leidet, und welche Structurveränderungen diesem Leiden zu Grunde liegen. Wenn nun die meisten Aerzte nicht im Stande sind, bei vorkommenden Olirenkrankheiten Diagnosen zu stellen, so ist klar ersichtlich, w a r u m ihre therapeutischen Versuche auf diesem Felde in der Regel ohne allen Erfolg sind, u n d , wenn ein solcher eintritt, derselbe rein dem Zufalle oder der vis mcdicatrix naturae zu danken ist. W i r können häufig mit den besten und gründlichsten Diagnosen den Kranken sehr wenig helfen, um wie viel mehr muss diess der Fall sein, wenn wir nicht die geringste Idee haben von den Veränderungen, welche die Klagen der Kranken hervorrufen. So geht es aber den meisten Aerzten, wenn es sich um einen Ohrenkranken h a n d e l t ; und man sieht das der hier meist üblichen Behandlungsweise stark a n , welche ohne jede Auswahl gewöhnlich in Vesicatoren, Abführmitteln, Einspritzungen

9 Und öligen E i n t r ä u f e l u n g e n b e s l e h l . Sie bleibt g e w ö h n l i c h a u c h e r f o l g l o s , w e n n n i c h t die l e t z t a n g e g e b e n e n Mittel g l ü c k l i c h e r W e i s e auf e i n e n O h r e n s c h m a l z p f r o p f t r e f f e n , d e r in d e n W a h r s c h e i n l i c h k e i t s d i a g n o s e n d e r m e i s t e n P r a k t i k e r eine g r o s s e Rolle zu spielen s c h e i n t , o d e r d a s Leiden von s e l b s t v e r g e h t . Die a l l g e m e i n e K l a g e : « e s ist n i c h t s zu m a c h e n b e i O h r e n k r a n k h e i t e n " h a t s e h r viel B e r e c h t i g u n g bei d e m v o l l s t ä n d i g e n E r m a n g e l n e i n e r s i c h e r e n D i a g n o s e , u n d w i r d ihr I n h a l t a u c h w a h r b l e i b e n , so l a n g e e b e n die A e r z t e das O h r n i c h t u n t e r s u c h e n u n d s o m i t die v o r l i e g e n d e n S t ö r u n g e n n i c h t b e u r t h e i l e n k ö n n e n . Mit diesen U e b e l s t ä n d e n h ä n g t a u f s E n g s t e z u s a m m e n , w a r u m die Kollegen meist mit einem gewissen geringschätzenden und unbehaglichen W e s e n Alles b e t r a c h t e n , w a s O h r e n k r a n k h e i t e n heisst. Viele u n d g e r a d e von d e n t ü c h t i g s t e n u n d s t r e b s a m s t e n C o l l e g e n , h a b e n m i r offen e r k l ä r t , d a s s es i h n e n i m m e r im G r u n d d e r Seele z u w i d e r w a r , ' w e n n ein O h r e n k r a n k e r sich an sie w a n d t e , w e i l sie sich von v o r n h e r e i n b e w u s s t w a r e n , n i c h t zu w i s s e n , w a s ihm fehle u n d a u c h nicht h e l f e n zu k ö n n e n ; u n d w ä r e n s t e t s f r o h g e w e s e n , w e n n sie sich d e n a r m e n Menschen w i e d e r vom Halse g e s c h a f f t h ä t t e n . Es ist eine alte E r f a h r u n g s s a c h e : w a s man g u t v e r s t e h t , w o r i n man sich siclicr f ü h l t , das h ä l t m a n a u c h h o c h , u n d u m g e k e h r t , Niemand l i e b t d a s , w a s ihn an seine S c h w ä c h e , an s e i n e Mängel e r i n n e r t , n n d seihst d e r T ü c h t i g s t e w i r d d a s zu v e r m e i d e n s u c h e n , z u m a l w e n n e r keine Mittel sieht, w i e e r d i e s e r s e i n e r U n v o l l k o m m e n h e i t zu Hülfe k o m m e n soll. Diese U n s i c h e r h e i t d e r P r a k t i k e r b e i den g e n a n n t e n Leiden u n d die M a n g e l h a f t i g k e i t i h r e r t h e r a p e u t i s c h e n V e r s u c h e sind n a t ü r l i c h s c h o n l ä n g s t in's P u b l i c u m g e d r u n g e n , s o w i e es die L e u t e schon l ä n g s t d u r c h f ü h l t e n , w i e u n g e r n e u n d w e n i g e i f r i g i h r e H a u s ä r z t e an das B e h a n d e l n s o l c h e r Affectionen sich m a c h t e n . W i r d ü r f e n u n s d a h e r nicht w u n d e r n , w e n n die O h r e n k r a n k e n n i c h t s e h r eilig sind im H ü l f e s u c h e n b e i m Manne d e r W i s s e n s c h a f t , s o n d e r n l i e b e r v o r h e r alle m ö g l i c h e n H a u s m i t t e l u n d s c h l e c h t e B ü c h e r zu R a l h e ziehen, o d e r , auf die so u n w a h r s c h e i n l i c h e H ü l f e bald v e r z i c h t e n d , sich r u h i g in i h r Schicksal zu e r g e b e n s u c h c n . W a r u m a b e r g e r a d e in diesem F a c h e so viele m a r k t s c h r e i e r i s c h e B ü c h e r a n z e i g e n u n d A n p r e i s u n g e n von Univcrsalmilteln e r s c h e i n e n , so viel u n wissenschaftliche und wahrhaft dreiste Arbeiten veröffentlicht werdcii u n d d a s P u b l i c u m so h ä u f i g von h e r u m z i e h e n d e n ä r z t l i c h e n u n d n i c h t ä r z t l i c h e n S p e c u l a n t c n a u s g e b e u t e t w i r d , das liegt Alles b e r e i t s im V o r hergehenden beantwortet. Die K r a n k e n f ü h l e n sich h ü l f l o s von d e r S e i l e , w o sie s o n s t Hülfe f i n d e n , — d a r u m h a t die S p e c u l a t i o n in i h r e n v e r s c h i e d e n e n F o r m e n h i e r o f f e n e s F e l d . Die A e r z t e h a b e n s e l b s t kein g r ü n d l i c h e s Urtheil ü b e r O h r e n k r a n k h e i t e n , d a r u m kann m a n ihnen a u c h u n g r ü n d l i c h e u n d d u r c h a u s w i n d i g e M a c h w e r k e b i e t e n , u n d diess u m so l e i c h t e r , w e n n m a n es n u r v e r s t e h t , ein w i s s e n s c h a f t l i c h e s M ä n t e l c h e n u m z u h ä n g e n u n d r e c h t s i c h e r u n d originell a u f z u t r e t e n . Exempla s u n t odiosa, d o c h kann ich als k r i t i s c h e r S a c h k u n d i g e r v e r s i c h e r n , d a s s g e r a d e die a l l e r n e u e s t e n o t i a t r i s c h e n L e i s t u n g e n es zeigen, w e l c h e l e i c h t f e r t i g e A r b e i t e n voll a n a t o m i s c h e r S c h n i t z e r u n d o h n e j e d e n a n a l o m i -

10 sehen Halt man heut zu Tage noch wagen kann, f ü r wissenschaftliche W e r k e auf diesem Felde auszugeben. Alle diese bis in die g e g e n wärtige Zeit bestehenden Missstände, sie hängen sämmtlich a u f s Innigste zusammen und wir kommen immer im traurigen Zirkel zurück auf ihren Ursprung und ihren Ausgang: die meisten Aerzte sind nicht im Stande, das Ohr zu untersuchen. — Doch nicht um einen Vorwurf gegen meine Collegcn zu e r h e b e n , spreche ich so. Ich kenne Viele, die sich alle W e r k e über Ohrenheilkunde anschaffen und viele zur Untersuchung des Ohres empfohlene Instrumente besitzen und sich alle erdenkliche Mühe g a b e n , auch auf diesem Gebiete zur möglichst guten E r k e n n t n i s zu kommen, — sie sind trotzdem ebenso wenig, wie manche weniger Eifr i g e , im Stande, eine irgendwie genügende Untersuchung des Ohres vorzunehmen. Ich f r a g e : sind die bisher üblichen Methoden d e r Untersuchung des äusseren Ohres gut und brauchbar im vollen Sinne des W o r t e s ? Ich sage: Nein, und schon die einfache Erfahrung, dass eben noch heut zu Tage n u r Wenige das Ohr untersuchen k ö n n e n , lehrt und beweist diess. Eine wahrhaft gute und brauchbare Methode hätte sich schon längst allgemeine Bahn gebrochen und die Sachen stunden längst a n d e r s , als sie leider noch stehen. Die Aerzte sind hier im Allgemeinen nicht indolenter, als sie es in anderen Fächern sind, aber mit den bisher gelehrten und allgemein beschriebenen Untersuchungsweisen kann man, in der gewöhnlichen Praxis zumal, n u r sehr wenig leisten. W i r w e r d e n später prüfen, wie es mit dem Untersuchen Derer s t e h t , welche behaupten es zu können, und von denen als Specialisten und Autoritäten im Fache der Ohrenheilkunde man es auch allgemein annimmt; zuerst aber wollen wir ganz objecliv die Sache selbst, um die es sich hier handelt, ihr Terrain und die verschiedenen Methoden eingehender betrachten. — Ohne weitere Vorkehrungen sehen wir vom äusseren Gehörgang nur den Eingang. Wenn wir mit aufgelegtem Daumen den Tragus nach vorn drücken und mit den übrigen Fingern die Muschel nach hinten ziehen, e r w e i t e m wir diesen Eingang etwas und können auch den vordersten Theil des Gehörgangs überblicken. Weiter in die Tiefe sieht man in der Regel nicht, und benutzt man d a z u , besonders zur Untersuchung des knöchernen Gehörgangs und des Trommelfells, w e i tere instrumentelle Vorrichtungen. W a s sind nun, anatomisch g e n o m m e n , die Hindernisse, welche uns in dieser Weise die Untersuchung des Gehörgangs lind des Trommelfells e r s c h w e r e n , und u n s , in der Regel w e n i g s t e n s , nicht ohne weitere Apparate in die Tiefe blicken lassen? Es kommen hier in Betracht: einmal der nicht geradlinige, sondern winkelige Verlauf des Gehörgangs, die vielen Härchen, welche, von der Wand des knorpeligen Tlieiles ausgehend, in das Lumen d e s selben hineinragen, und endlich die Länge des Gehörgangs hei verhiiltnissmässig geringer Weite. Die beiden erstgenannten Hindernisse lassen das Auge des Beobachters nicht in die Tiefe d r i n g e n , alle drei aber tragen dazu bei, dass unter gewöhnlichen Verhältnisen die inneren Theile nicht genügend beleuchtet sind. Wollen wir also das T r o m m e l -

11 feil, als d e n liefstliegenden Theil, vollständig u n d g e n a u s e h e n , so m ü s s e n w i r einmal die w i n k e l i g e K r ü m m u n g d e s G e h ö r g a n g s a u s g l e i c h e n r e s p . ihn g e r a d e r i c h t e n , die kleinen H ä r c h e n bei Seite r ä u m e n u n d endlich den H i n t e r g r u n d g e n ü g e n d b e l e u c h t e n . Diese d r e i B e d i n g u n g e n m ü s s e n e n t s p r e c h e n d e r f ü l l t w e r d e n , w e n n w i r den h i n t e r e n Theil d e s G e h ö r g a n g s u n d das T r o m m e l f e l l g e n a u u n d gleich oberflächlich l i e g e n d e n O r g a n e n besichtigen u n d u n t e r s u c h e n w o l l e n . Um die im Bau d e s G e h ö r g a n g s selbst l i e g e n d e n H i n d e r n i s s e a u f z u h e b e n , g e b r a u c h t m a n seit lange z u r U n t e r s u c h u n g des O h r e s die s o g e n a n n t e n O h r s p i e g e l . Es g i e b t davon im W e s e n t l i c h e n z w e i H a u p t a r i e n , u n t e r w e l c h e sich die m a n n i g f a c h e n Varietäten d e r s e l b e n e i n r e i h e n lassen. Die Einen lassen eine v e r s c h i e d e n e r ä u m l i c h e A u s d e h n u n g z u , indem sie nicht a u s E i n e m S t ü c k e b e s t e h e n , sie sind m e i s t z a n g e n f ö r m i g g e s t a l t e t , heissen d a h e r z a n g e n l o r m i g c o d e r a l l g e m e i n e r e r w e i terungsfähige Ohrspiegel. Die A n d e r e n sind die n i c h t e r w e i t e r u n g s fähigen, aus Einem Stücke bestehenden, röhrenförmigen Ohrspiegel, w e l c h e meist h o h l e Cylindcr o d e r h o h l e Kegel v o r s t e l l e n . In D e u t s c h l a n d u n d F r a n k r e i c h sind die e r s t e r e n h a u p t s ä c h l i c h im G e b r a u c h , u n d z w a r am h ä u f i g s t e n d e r K r a m e r ' s e h e Ohrspiegel, w e l c h e r eine A b ä n d e r u n g d e s z u e r s t b e s c h r i e b e n e n I n s t r u m e n t e s z u r U n t e r s u c h u n g d e s ä u s s e r e n O h r e s von F a b r i c i u s H i l d a n u s a u s d e m 1 7 . J a h r h u n d e r t ist. W a s die B r a u c h b a r k e i t des K r a m e r ' s c h e n O h r spiegels b e t r i f f t , so ist kein Z w e i f e l , d a s s m a n d a m i t ganz g u t u n t e r s u c h e n k a n n ; es f r a g t sich n u r , o b e r dem g e f o r d e r t e n Z w e c k e auf die b e s t e u n d e i n f a c h s t e W e i s e n a c h k o m m t u n d ob seine B a u a r t d e n a n a t o m i s c h e n V e r h ä l t n i s s e n d e r b e t r e f f e n d e n Theile vollständig e n t s p r i c h t . Ich v e r n e i n e diess u n d ziehe die einfach r ö h r e n f ö r m i g e n I n s t r u m e n t e , u n d i n s b e s o n d e r e die W i l d e ' s c h e n o d e r G r u b e r ' s c h e n O h r t r i c h t e r in j e d e r B e z i e h u n g vor. Es ist d e r Unterschied in d e r Z w e c k m ä s s i g k e i t d e r beiden I n s t r u m e n t e ein s e h r w e s e n t l i c h e r , u n d die S a c h e s e l b s t , u m die es sich h i e r b e i h a n d e l t , f ü r die Praxis s e h r w i c h t i g , d a h e r w i r auf die h i e r in F r a g e k o m m e n d e n Verhältnisse n ä h e r e i n g e h e n m ü s s e n . W o r i n b e s t e h t d e r w i n k e l i g e o d e r g e k r ü m m t e Verlauf des G e h ö r g a n g s u n d w i e lässt sich d i e s e r am l e i c h t e s t e n a u s g l e i c h e n u n d in e i n e n g e r a d l i n i g e n v e r w a n d e l n ? Die h a u p t s ä c h l i c h s t e K r ü m m u n g d e s G e h ö r g a n g s , auf w e l c h e es im W e s e n t l i c h s t e n allein a n k o m m t , e n t s t e h t d a d u r c h , d a s s die L ä n g s axen d e s k n ö c h e r n e n u n d d e s k n o r p e l i g e n Kanals nicht in E i n e r G e r a d e n l i e g e n , nicht u n m i t t e l b a r e F o r t s e t z u n g e n von e i n a n d e r s i n d , s o n d e r n d i e s e l b e n in einem s t u m p f e n , n a c h u n t e n u n d v o r n o f f e n e n W i n k e l an e i n a n d e r s t o s s e n , d. h. d e r k n o r p e l i g e G e h ö r g a n g v e r l ä u f t nicht in d e r s e l b e n R i c h t u n g , w i e d e r k n ö c l i c r n e G e h ö r g a n g , s o n d e r n b i e g t von s e i n e m Beginn an e t w a s n a c h u n t e n u n d nach vorn u m , l i e g t somit tiefer u n d z u g l e i c h m e h r n a c h v o r w ä r t s . Diese b e i d e n T h e i l e , d e r k n ö c h e r n e u n d k n o r p e l i g e G e h ö r g a n g , sind n u n a b e r nicht u n m i t t e l b a r o d e r d u r c h eine s t a r r e u n b e w e g l i c h e Masse mit e i n a n d e r v e r w a c h s e n , s o n d e r n v e r b u n d e n d u r c h ein d e h n b a r e s u n d l o c k e r e s , ziemlich m ä c h t i g e s h ä u t i g e s

12 F a s e r g e w e b e , w e l c h e s d e m k n o r p e l i g e n G e h ö r g a n g e eine n i c h t u n b e t r ä c h t l i c h e passive B e w e g l i c h k e i t u n d . V e r s c h i e b b a r k e i t v e r l e i h t , u n d k a n n J e d e r m a n n an s e i n e m e i g e n e n O h r e sich davon ü b e r z e u g e n . Es l ä s s t sich somit die d u r c h d e n w i n k e l i g e n Z u s a m m e n s l o s s d e r b e i d e n T h e i l e d e s G e h ö r g a n g s b e d i n g t e K r ü m m u n g dieses Kanals a u s g l e i c h e n , w e n n m a n die O h r m u s c h e l u n d damit d e n k n o r p e l i g e n G e h ö r g a n g m i t d e r Hand n a c h o b e n u n d h i n t e n zieht. D a d u r c h k o m m t d e r k n o r p e l i g e K a n a l in d i e s e l b e R i c h t u n g m i t d e m k n ö c h e r n e n zu l i e g e n , u n d w i r d h i e r d u r c h allein b e r e i t s d e m G e h ö r g a n g e in toto ein g e r a d e r Verlauf g e g e b e n . H i e r z u b r a u c h t m a u eigentlich g a r kein I n s t r u m e n t i r g e n d w e l c h e r A r t , u n d h a t m a n auf d i e s e W e i s e , mit d e r Hand die Muschel n a c h o b e n u n d h i n t e n z i e h e n d , d e n O h r k a n a l g e r a d e gerichtet^ so k a n n m a n b e r e i t s in vielen Fällen die t i e f e r g e l e g e n e n Theile u n d das T r o m m e l f e l l b e l e u c h t e n . Es g e h t diess n a m e n t l i c h , vrenn d e r G e h ö r g a n g a u f f a l l e n d w e i t u n d die kleinen H ä r c h e n w e n i g e r e n t w i c k e l t s i n d , die ich vorhin e r w ä h n t e . G e w ö h n l i c h s t ö r e n a b e r die von d e r W a n d d e s G e h ö r g a n g s a u s g e h e n d e n H a a r e zu s t a r k , einmal d u r c h die u n m i t t e l b a r e L i c h t a b h a l t u n g , d a n n a b e r a u c h d u r c h die B e u g u n g s e r s c h e i n u n g e n , die sie n a m e n t l i c h bei i n t e n s i v e r B e l e u c h t u n g h e r v o r r u f e n . D e r Z w e c k d e s in d e n G e h ö r g a n g e i n z u f ü h r e n d e n I n s t r u m e n t e s ist n u n , diese k l e i n e n H i n d e r n i s s e , die H a a r e , zu b e s e i t i g e n u n d an die W a n d zu d r ä n g e n , a n d e r e r s e i t s u n s die a l l e r d i n g s s c h o n d u r c h den Z u g d e r Hand allein e r m ö g l i c h t e G e r a d e r i c h t u n g d e s G e h ö r g a n g s zu e r l e i c h t e r n u n d d e n k n o r p e l i g e n Kanal in d e r ihm g e g e b e n e n R i c h t u n g n a c h o b e n u n d h i n t e n zu e r h a l t e n . W a s n u n d e n e r s t g e n a n n t e n Z w e c k b e t r i f f t , so w i r d d e r s e l b e j e d e n f a l l s von e i n e m soliden, nicht g e s p a l t e n e n T r i c h t e r viel b e s s e r u n d v o l l s t ä n d i g e r e r f ü l l t , als von e i n e m g e s p a l t e n e n , d u r c h d e s s e n z w e i bei Druck i m m e r m e h r sich v e r g r n s s e r n d e Z w i s c h e n r ä u m e sich s t e t s die H a a r e , E p i d e r m i s p l i i l t c h e n u n d O h r e n s c h m a l z s t i i c k c h e n , die an d e r W a n d h a f t e n , in das L u m e n h i n e i n d r ä n g e n , u n d so d u r c h ihren s t ö r e n d e n E i n fluss d e n N u t z e n d e s I n s t r u m e n t e s tlieilweise w i e d e r illusorisch m a c h e n . Der z w e i t e Z w e c k a b e r d e s O h r s p i e g e l s , die E r h a l t u n g d e r b e r e i t s d u r c h die Hand v e r m i t t e l t e n G e r a d e r i c h t u n g d e s G e h ö r g a n g s , w i r d v e r m i t t e l s t e i n e s soliden T r i c h t e r s m i n d e s t e n s e b e n so g u t , w e n n n i c h t l e i c h t e r u n d mit w e n i g e r u n a n g e n e h m e n E m p f i n d u n g e n fiir d e n K r a n k e n e r r e i c h t , als mit e i n e m g e s p a l t e n e n T r i c h t e r , d e s s e n S e i t e n d r u c k k e i n e s falls so g l e i c h m ä s s i g v e r t h e i l t sein k a n n . Dagegen sind die e i n f a c h e n T r i c h t e r viel l e i c h t e r in d e r ihnen g e g e b e n e n S t e l l u n g zu e r h a l t e n , u n d z w a r d u r c h einen leisen Druck mit d e m Daumen d e r s e l b e n H a n d , w e l c h e a u c h die O h r m u s c h e l h ä l t . Man h a t s o m i t , w e n n einmal die T r i c h t e r c h e n e i n g e f ü h r t s i n d , die a n d e r e Hand ganz frei und k a n n dabei eine R e i h e von k l e i n e r e n o d e r g r ö s s e r e n O p e r a t i o n e n v e r r i c h t e n , w i e sie im G e h ö r g a n g e s e h r h ä u f i g n o l h w e n d i g w e r d e n , vom W e g n e h m e n e i n e s H a a r e s o d e r E p i d e r m i s p l ä t t c h e n s bis z u m Aelzcn o d e r A b b i n d e n eines P o l y p e n u n d E r ö f f n e n eines Ahscesses im G e h ö r g a n g . A n d e r s ist diess b e i m G e b r a u c h eines z a n g e n f ö r m i g e n K r a m e r ' s c h e n O h r s p i e g e l s , d e r m e i s t beide H ä n d e b e s c h ä f t i g t , die e i n e z u m Halten d e s I n s t r u m e n t e s ,

13 die andere zum Erheben der Ohrmuschel, wobei also alle die genannten Verrichtungen neben der Untersuchung sehr erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht sind. Häufig kann man den einfachen Trichter, wenn er gut und tief genug eingeführt ist, ganz sich selbst überlassen, indem er von selbst fest bleibt oder sich nur sehr wenig verschiebt, und man hat dann sogar beide Hände frei — ein Vorthe.il, der unter manchen Umständen sehr hoch angeschlagen werden muss. Was endlich die Erweiterungsfähigkeit des gespaltenen Ohrspiegels betrifft, so sind alle dafür hervorgehobeneu Vorlheile illusorisch. Die einzige Stelle, welche als die engste des ganzen Gehörgangs eine geringe Erweiterung bedarf, ist der Eingang dieses Kanals. Nun besteht aber bekanntlich der knorpelige Gehörgang nicht aus einer soliden Knorpelröhre, sondern ist dieselbe ähnlich wie die Trachea nach einer Richtung offen und nur durch häutige Zwischenmasse geschlossen, wie sie auch ferner mehrere kleinere durch Bindegewebe geschlossene Lücken, die Incisurae Santorini, besitzt. Es lässt sich somit diesem seinem Baue nach der knorpelige Gehörgang ungemein leicht ausdehnen und erweitern, und braucht man hierzu durchaus kein eigenes Dilatationsinstrument, indem jeder eingebrachte ungespaltene Trichter oder Kegel, welcher nach aussen zu etwas weiter wird, die Wände des Gehörgangs von selbst mehr als nöthig wäre auseinanderhält. Auf diese engste Stelle am Eingang des Gehörgangs allein muss sich jeder Erweiterungsversuch beschränken, indem der Kanal unmittelbar nachher viel geräumiger wird und bald aus unnachgiebigen Knochen besteht. Wer sich daher der Grenze des knöchernen und knorpeligen Gehörgangs nicht genau bewusst ist und den K r a m e r ' s c h e n Ohrspiegel etwas tiefer einführt, wird bei jeder einigermassen ergiebigen Ausdehnung seiner zwei Hälften die knöchernen Wände drücken und so dem Kranken heftige Schmerzen bereiten. Es kommt diess, meiner Erfahrung nach, sehr häufig in der Praxis vor, und erzählen mir Patienten sehr oft, dass ihnen frühere Untersuchungen mit dem zangenförmigen Instrumente sehr schmerzhaft gewesen seien. Diess kann natürlich nicht dem Instrumente selbst, sondern nur dessen ungeeigneter Anwendungsweise zugeschrieben werden. Es ist aber nicht zu bezweifeln, dass man mit dem K r a m e r ' s c h e n Ohrspiegel viel leichter riskirt, dem Kranken Schmerz zu verursachen, als mit den einfachen W i l d e ' s c h e n Trichtern, und bietet jedenfalls die Erweiterungsfähigkeit desselben für die Untersuchung des Trommelfells und der tieferen Theile des Gehörgangs durchaus keine Vortheile vor einfachen nicht gespaltenen und nicht erweiterungsfähigen Instrumenten. Nur in sehr seltenen Fällen, wo man gerade eine ergiebigere Ausdehnung des Eingangs des knorpeligen Gehörgangs wünscht, wie bei Entfernung von Polypen, die bis in die Nähe der äusseren Ohröirnung wuchern, oder bei Eröffnung von furunculösen Abscessen im vorderen Theile bediene ich mich lieber eines K r a m er'sehen Ohrspiegels, statt dessen man jedoch in den ebengenannten Fällen auch mit einer starkfedernden Pincette oder einer gewöhnlichen Kornzange die knorpeligen Wandungen auseinanderhalten kann. Für gewöhnlich benutze ich den

14 K r a m e r ' s c h e n Ohrspiegel n u r z u r U n t e r s u c h u n g d e r N a s e , u n d kann m a n damit in d e r That ziemlich w e i t die Nasenhöhle nach den v e r schiedenen R i c h t u n g e n z u r A n s c h a u u n g b r i n g e n , w e u n man seine b e i den Hälften m ö g l i c h s t w e i t a u s e i n a n d e r d r ü c k t , und so den d u r c h h ä u tige u n d k n o r p e l i g e Theile b e e n g t e n R a u m so viel als thunlich e r w e i t e r t . Von d e m K r a m e r ' s c h e n Ohrspiegel existiren eine Menge A r t e n u n d Varietäten im V e r k e h r , von w e l c h e n j e n e die w e n i g s t g u t e n sind, w e l c h e ganz spitz zulaufen o d e r g a r einen W u l s t an d e r k l e i n e r e n Oeirnung b e s i t z e n . Ebenso findet man in den Läden d e r I n s t r u m e n t e n m a c h e r viele h ö c h s t u n p a s s e n d g e b a u t e solide O h r l r i c h t e r , die theils z u eng, theils u n f ö r m l i c h w e i t u n d in d e r Regel im Material zu dick g e halten sind. Häufig besitzen a u c h sie einen r i n g f ö r m i g e n W u l s t am d ü n n e r e n Ende, dessen Zweck e i n z u s e h e n m i r s c h w e r w i r d , i n d e m m a n doch nicht v e r m u t h e n d a r f , dass d e r Arzt dem Patienten absichtlich S c h m e r z v e r u r s a c h e n will. — Nachdem w i r u n s n u n ü b e r z e u g t h a b e n , dass die e r w e i t e r u n g s fähigen u n d z a n g e n f ö r m i g e n Ohrspiegel keinerlei Vortheile v o r den u n g e s p a l t e n e n r ö h r e n f ö r m i g e n I n s t r u m e n t e n besitzen, im Gegentheil w e n i g e r b r a u c h b a r u n d b e q u e m sind, u n d noch d a z u den g r o s s e n N a c h theil mit sich b r i n g e n , dass sie meist beide Hände in A n s p r u c h n e h m e n , b r a u c h t es k e i n e r b e s o n d e r e n E m p f e h l u n g d e r l e t z t e r e n , die w i r hier nur näher beschreiben wollen. Am p a s s e n d s t e n finde ich die kegelförmigen R ö h r c h e n , w e l c h e W i l d e z u e r s t im Dublin medical J o u r nal 1 8 4 4 u n d s p ä t e r in seinen » p r a k t i s c h e n B e o b a c h t u n g e n ü b e r O h r e n h e i l k u n d e a u s f ü h r l i c h b e s c h r i e b e n u n d abgebildet h a t ' ) . W i l d e sagt d a s e l b s t , dass e r ein solches I n s t r u m e n t z u e r s t bei Dr. G r u b e r in W i e n g e s e h e n h a b e , d a h e r m a n diese O h r t r i c h t e r eigentlich nach G r u b e r n e n n e n sollte. Ob sie d e r s e l b e auch vor W i l d e öffentlich b e s c h r i e b e n hat, kann ich nicht a n g e b e n . Diese I n s l r u m e n t c h e n b e s t e h e n aus s i l b e r n e n R ö h r e n , w e l c h e a b g e s t u m p f t e n Kegeln g l e i c h e n ; man g e b r a u c h t g e w ö h n l i c h drei von v e r s c h i e d e n e m Kaliber, j e nach d e r W e i t e des zu u n t e r s u c h e n d e n G e h ö r g a n g s , w e l c h e d r e i T r i c h t e r c h e n sich in e i n a n d e r stecken lassen u n d in j e d e r W e s t e n t a s c h e b e q u e m U n t e r k u n f t finden. J e d e r T r i c h t e r ist e t w a 3 ' / ^ C e n t i m e t e r l a n g , die g r ö s s e r e mit einem schmalen Reifen u m g e b e n e O e f f n u n g h a t 1 5 Millimeter, die kleinere 4 , 5 und 6 Millim e t e r im D u r c h m e s s e r . Sie müssen s e h r d ü n n u n d leicht g e a r b e i t e t u n d die k l e i n e r e O e f l n u n g m u s s s e h r g u t a b g e r u n d e t s e i n , damit sie beim E i n f ü h r e n in den G e h ö r g a n g denselben nicht verletzt und exeoriirt. Ob sie i n n e n g l ä n z e n d p o l i r t o d e r leicht g e s c h w ä r z t sind, scheint m i r ziemlich g l e i c h g ü l t i g ; mich s t ö r t es bei m e i n e r B e l e u c h l u n g s a r t g a r n i c h t , w e n n die i n n e r e Fläche g l ä n z e n d ist. Ich n e n n e diese I n s t r u m e n t e O h r t r i c h t e r , weil ich den Namen « O h r s p i e g e l " a u f g e h o b e n w i s s e n m ö c h t e f ü r einen B e l e u c h t u n g s a p p a r a t des O h r e s , von dem ich später sprechen werde. ') „Praciical Observation on Aural Surgery" (London 18B3) p. 64 und in der deutschen üeberselzung von Dr. v. H a s e l b e r g (Götlingen 4 855) S. 68.

15 Da ich finde, dass diese höchst b r a u c h baren Instrumentchen

in Deutschland

zu-

mal, i h r e r eigentlichen

Heimath, am

we-

nigsten

so

eine

bekannt

sind,

füge

ich

Zeichnung des stärksten der drei T r i c h t e r und von sämmtlichen den Umfang der k l e i neren Oeffnung

bei.

E s sind die Maasse

genommen nach meinen eigenen T r i c h t e r n , die ich somit

selbst

in Dublin

nach W i l d e ' s

kaufte

Angaben

und

die

gearbeitet

sind. W e n n ich dieselben benutzen will, ziehe ich zuerst mit der einen Hand die Ohrmuschel e t w a s nach hinten oben, ist,

und

nachdem

führe

ich

so

die K r ü m m u n g

das R ö h r c h e n

unter

des

Gehörgangs

und

ausgeglichen

leichten D r e h b e w e g u n g e n

so

weit

ein, als es n o t h w e n d i g ist und o h n e j e d e Gewalt geschehen kann. das T r i c h t e r c h e n der Daumen

derselben Hand,

oberen Theil und

eingeführt, so w i r d die zweite Hand Uberflüssig,

der

zurückzieht,

Trichteröffnung.

w e l c h e mit Z e i g e -

Ohrmuschel rückt

zwischen

nun

unter

sich

den

und Mittelfinger den

fasst

unteren

und

leicht

Rand

der

und durch

Druck des Daumens kann man nun das I n s t r u m e n t nach einzelnen

drehen Theile

und

des

Solche Bewegungen

wenden,

knöchernen

um

des R ö h r c h e n s

selbst

des

grössten

sind

Trichters,

genau

jeden

bekommt.

des

Ohrkanals

und

Ohröffnung genau Revue passiren lassen. Einführen

man

des

Röhrchens

und

nachher

besichtigen. indem

als die kleine

daher

nie

so kann man

seiner W a n d u n g e n

hierbei bis

werden

nur

dann

irgendwie

hauchen, ständen

ich

vor

dem Einführen

um sie einigermassen zu des

Gehörgangs

und

gleichsam e r s c h r e c k t

nothwendig

stets etwas

erwärmen.

entzündlichen

Schwellung

noch ein I n s t r u m e n t ,

ist

Bei

seiner W ä n d e

bei

der

bediene

um Epidermisplättchen,

oder

beim B e w e g e n

des T r i c h t e r s

Zuman

des

Ohres

Ohrenschmalzklümpchen, leicht

die sich

beim

und oft vor seine

kleinere Oeffnung l e g e n , und so die Aussicht in die Tiefe b e e n g e n stören.

anzu-

behutsam.

Untersuchung

Haare und dergleichen kleine Hindernisse wegzuschaffen, Einführen

werden,

die T r i c h t e r c h e n

sich natürlich stets der engsten T r i c h t e r und sei doppelt Unumgänglich

Da der

sehr empfindlich ist g e g e n kaltes Metall,

und diese dadurch unangenehm b e r ü h r t , pflege

zur beim

Drehbewe-

gungen, sondern stürmisch und mit Gewalt ausgeführt w e r d e n .

so

ganze

Alle diese B e w e g u n g e n

s c h m e r z e n , w e n n sie nicht vorsichtig und u n t e r langsamen Gehörgang m a n c h e r P e r s o n e n

Oeff-

das

Zieht man endlich das

langsam aus dem Gehörgang h e r a u s ,

einzelnen Theil

zu

natürlich n o t h w e n d i g ,

und

Trommelfell auf einmal zur Ansicht Instrument

leisen

verschiedenen

das ganze T r o m m e l f e l l und die

Gehörgangs

das T r o m m e l f e l l um ein W e s e n t l i c h e s g r ö s s e r i s t , nung

hinaufäusseren

Auf diese W e i s e w i r d der T r i c h t e r und zugleich dejr

k n o r p e l i g e Gehörgang in gleicher Richtung e r h a l t e n , Richtungen

Ist und

und

Man benutze e n t w e d e r eine Knopfsonde oder b e s s e r eine Haken-

16 pincette mit dünnen und langen Branchen, die am besten knieförmig zu dem Körper der Pincette gebogen sind, damit man sich nicht mit der Hand im Lichte steht. Wenn man auf diese W e i s e die kleinen fremden Körper wegnimmt oder an die Wand des Gehörgangs a n drückt, damit sie nicht weiter geniren, so hüte man sich sehr vor j e d e r stärkeren Berührung der letzteren, welche ungemein empfindlich ist. Auch unterlasse ich nie, wenigstens bei empfindlicheren Personen oder Neulingen ein Ruhighallen des Kopfes dringend anzuempfehlen, sobald ich mit Pincette oder Sonde durch den Trichter eingehe, damit nicht eine Reflexbewegung des Kopfes entstehe, wenn die Gehörgangswand auch noch so leise berührt wird. — Ist etwas flüssiges Secret in der freien Ansicht der Theile hinderlich, so nimmt man dasselbe am besten mit einem feinen Tuschpinsel w e g , den man auf die Pincettbranchen aufsteckt und so durch den Ohrtrichter, natürlich unter fqrtwährender controllirender Beleuchtung des Ohres, einführt. Erst bei grösseren Mengen Secrets gehe icli zum Ausspritzen des Ohres über, indem selbst das gelindeste Ausspritzen stets eine gewisse Congestion der Theile, eine stärkere lnjection der Gelasse hervorbringt. Ganz brauchbar sind auch die ovalen und mehr cylindrischen R ö h r chen, welche man in Oesterreich vielfach in Gebrauch findet und, als von Professor A r 1t abstammend, die A r l t ' s c h e n Ohrtrichter genannt werden. Nur sind sie zu manchen Vornahmen zu enge und sind sie gewöhnlich zu dick im Material gearbeitet. — Passender sind die von T o y n b e e angegebenen Ohrtrichter (Lancet, October 5 , 1 8 5 0 ) , deren grössere Oeflnung weiter, und deren engerer Theil cylindrisch z u läuft und, der ovalen Bildung des Gehörgangs entsprechend, oval g e formt ist. — Nachdem wir nun gesehen haben, auf welfche Weise man am besten den Gehörgang gerade richtet und die weiteren Hindernisse beseitigt, welche unserem Auge und dem Lichte den Zutritt zu den tieferen Theilen des Gehörgangs für gewöhnlich erschweren oder unmöglich machen, kommen wir zur weit wichtigeren F r a g e : auf welche Weise leiten wir Licht in diese wegen ihrer Tiefe und Enge wenig beleuchtete Region? auf welche Weise beleuchten wir Gehörgang und Trommelfell? Ich sage »die weit wichtigere F r a g e . « Der am meisten in G e brauch stehende zangenförmige Ohrspiegel ist viel weniger praktisch und weniger bequem als der Ohrtrichter, mit Einem W o r t e e r e r schwert die Untersuchung, aber man k a n n doch wenigstens mit ihm untersuchen, er macht die Untersuchung nicht absolut unmöglich. W o l len w i r s e h e n , was wir in dieser Beziehung von den bisher üblichen Beleuchtungsmethoden des Ohres sagen müssen. Gewöhnlich benutzt man zur Beleuchtung des Gehörgangs und Trommelfells das Sonnenlicht, oder helles Tageslicht, das man unmittelbar durch den Ohrtrichter in den Gehörgang des am Fenster sitzenden Patienten hineinfallen lässt, während der zwischen Fenster und Kranken stehende Arzt die so beleuchteten Theile möglichst genau zu sehen trachtet. Diese allgemein gebräuchliche Methode, welche auch in allen

17 L e h r b ü c h e r n d e r O h r e n h e i l k u n d e als die b e s t e e m p f o h l e n w i r d , leidet n u n an s e h r grossen Mängeln, vor Allem sieht man damit häufig nicht g e n ü g e n d scharf und r i c h t i g ; sie ist f e r n e r s e h r u n b e q u e m , u n d e n d lich lässt sie sich u n t e r vielen Verhältnissen g a r nicht a n w e n d e n . Unter die günstigsten Verhältnisse f ü r die U n t e r s u c h u n g des T r o m melfells erklären sich die meisten O h r e n ä r z t e dann versetzt, w e n n sie d a s ' u n m i t t e l b a r e Sonnenlicht in den Gehörgang fallen l a s s e n , diesen u n d Trommelfell somit direct d u r c h die S o n n e n s t r a h l e n b e l e u c h t e n k ö n nen. Nun frage ich, b e n u t z e n w i r im g e w ö h n l i c h e n Leben das direct auffallende S o n n e n l i c h t , w e n n w i r einen kleinen Gegenstand mit s e h r zarten F a r b e n n ü a n c e n und feinen Formverschiedenheiten genau b e l e u c h ten u n d scharf in allen seinen Einzelheiten b e t r a c h t e n w o l l e n ? Gewiss n i c h t , d e n n es l e h r t uns die tägliche E r f a h r u n g , dass das Sonnenlicht viel zu grell, zu blendend ist, um kleinere Unterschiede z. B. an einem Gemälde in Schatten u n d Licht, in Ton u n d F a r b e noch z u r Geltung k o m m e n zu lassen; w i r vermeiden sogar zu solchen Z w e c k e n a l l e n t halben möglichst das Sonnenlicht. Wie uns diess von j e h e r die B e o b a c h t u n g im g e w ö h n l i c h e n Leben lehrt, so giebt es auch j e d e Schrift ü b e r a n g e w a n d t e Optik als a n g e n o m m e n e Thatsache an, dass directes S o n n e n licht sich w e n i g e r f ü r die B e l e u c h t u n g eignet, als das g e b r o c h e n e , das dilTundirte Licht. Das e r s t e r e , als Licht aus u n e n d l i c h e r F e r n e mit parallelen Einfallswinkeln auf den Gegenstand a u f f a l l e n d , h a t g f o s s e N e i g u n g , w i e d e r regelmässig zu reQectiren, u n d d a d u r c h Glanz u n d Schatten, F o r m - und Farbenverhältnisse zu verstecken, m a n m u s s d a h e r bei d i r e c l e r S o n n e n b e l e u c h t u n g eines Gegenstandes g e w ö h n l i c h e r s t b e stimmte Richtungen aufsuchen u n d a u s p r o b i r e n , in d e n e n man ihn scharf u n d g u t sehen k a n n , w ä h r e n d das diffuse Licht fast i m m e r bei j e d e r Stellung F a r b e und Gestaltung z u r richtigen Geltung k o m m e n lässt. Es darf u n s d a h e r nicht w u n d e r n , vvenn K r ä m e r das n o r m a l e T r o m m e l fell, w e l c h e s p e r l g r a u und leicht d u r c h s c h e i n e n d i s t , f ü r »völlig f a r b los u n d d u r c h s i c h t i g " (S. 3 1 6 seiner Ohrenkrankheiten), E r h a r d d a s selbe f ü r Kglashell" e r k l ä r t ; denn bei d i r e c l e r S o n n e n b e l e u c h t u n g w e r d e n w i r von allen feineren Verhältnissen in F a r b e u n d F o r m des T r o m m e l fells keine deutliche A n s c h a u u n g g e w i n n e n k ö n n e n , u n d s e h r richtig b e m e r k t V o l t o l i n i (Deutsche Klinik 1 8 5 9 S. 3 5 7 ) : »Betrachten w i r im hellsten Sonnenlichte ein g e s u n d e s T r o m m e l f e l l , so ist der Glanz so s t a r k , dass w i r nicht einmal eine g e n a u e Ansicht von d e r Concavität desselben e r l a n g e n . " W e l c h eigenthümliche und verwickelte Rücksichten diese w a n d e r n d e Lichtquelle, die S o n n e , u n s in d e r Haltung des zu u n t e r s u c h e n d e n Kopfes auferlegt, können w i r am besten sehen aus M. F r a n k ' s L e h r buch der Ohrenkrankheiten ( E r l a n g e n 1 8 4 5 ) , w o derselbe, S. 4 4 , eine Reihe von Vorschriften d a r ü b e r a n g i e b t , von d e n e n e r selbst s a g t : „ d i e s e Vorschriften sind w e s e n t l i c h , u n d o h n e sie zu k e n n e n , ist es nicht m ö g l i c h , ohne zu t a p p e n , das Ende des Gehörganges und das Trommelfell zu b e s i c h t i g e n . " Es w i r d nun weitläuftig a n g e f ü h r t , w i e viel und w i e wenig zu j e d e r einzelnen Tageszeit d e r Kopf d e r Patienten

2

18 geneigt

werden

müsse,

damit

die

zu

verschiedenen

Stunden

schiedenen R i c h t u n g e n a u f f a l l e n d e n S o n n e n s t r a h l e n g e n a u gang eindringen können.

so v e r s t e h t es sich von selbst,

Arzle

Sonnenseite

stehen,

ver-

W i l l man das S o n n e n l i c h t stets z u r B e l e u c h t u n g

des O h r e s v e r w e n d e n k ö n n e n , stets m e h r e r e

in

in den G e h ö r -

auf

der

liegende

dass

Zimmer

zu

dem

Gebote

damit e r z u den v e r s c h i e d e n e n T a g e s z e i t e n dem L a u f e d e r S o n n e

mit seinen I'at. f o l g e n kann. solle seine O h r e n k r a n k e n ,

Z u r V e r e i n f a c h u n g empfiehlt W i l d e ,

w o möglich,

eilf und drei Uhr u n t e r s u c h e n . die z u r

Bequemlichkeit

und

i m m e r in den S t u n d e n

man

zwischen

Dass diess siimmllich R ü c k s i c h t e n

allgemeinen

Brauchbarkeit

dieser

sind,

Beleuch-

tungsweise k e i n e s w e g s beitragen, erhellt w o h l ohne weitere Auseinandersetzung. W e i t l e i c h t e r und b e s s e r lässt sich Trommelfells

bei h e l l e m

d-urch den O h r t r i c h t e r

in den

Gehörgang

dieser Beleuchtungsart

sind —

natürlich

nenlichte —

kommen

erschweren,

soll,

Bettlägerige Kranke

Untersuchung häufig

Allein a u c h

mit

mit d e r beim S o n -

verbunden,

Kranke,

welche

ihre

d e r auf diese

werden

Ohrenleiden,

und

anderen A l l g e m e i n - E r k r a n k u n g c n ttas A l l g e m e i n l e i d e n

können,

allAus-

Weise

in den

können. gerade

zusammen

Folge der Ohraflectionen,

meningitische Processe, Thrombosen

wie

einer

aber,

gefährlichsten

vorkommen,

ge-

werden

w e n i g s t e n Fällen

Mjn bedenke

der

unter-

damit eine

in den G e h ö r g a n g h i n e i n g e l e i t e t

w e r d e n daher

unterworfen

gerade

mau

sie h ä u f i g g a r nicht z u r

an's F e n s t e r sich b e g e b e n

n ü g e n d e Menge von T a g e s l i c h t kann.

ja

des

das

lassen.

Einmal m u s s natürlich j e d e r sucht werden

Besichtigung

fallen lässt. geineinsam

eine Reihe von Misssländen

gemeine Anwendbarkeit übung

eine g e n a u e

a b e r diffusem T a g e s l i c h t e a u s f ü h r e n ,

sei

wie

Art,

mit

es,

dass

encephalitische

und

d e r Gefässe ' ) e t c . , nicht selten

auf

v e r n a c h l ä s s i g t e O t o r r h ö e n f o l g e n , sei es, dass das O h r s e c u n d ä r

in F o l g e

von

erkrankt

Scharlach

oder

Masern,

von

Typhus

oder

Tuberculose

ist2).

G e r a d e in s o l c h e n

Fällen ist es a b e r häufig s e h r w i c h t i g ,

exaete

auf

Untersuchung

vorhergehende

z u stellen,

und

wird

nach d e r b i s h e r Fenpter e t w a s vermag.

Wo

gestützte

man diess meist nicht im Stande sein,

ü b l i c h e n Methode

bei einem

entfernt gelagerten Kranken

im Bette

wird,

an

dem

eine

solche

inuss hell und g ü n s t i g ,

in allen i r g e n d w i e e n g e n Strassen,

man vom

beleuchten

B e l e u c h t u n g des O h r e s

in Z i m m e r n z u r ebenen E r d e ,

kommt

und

der K o p f des A r z t e s er

sich

so

leicht

sein.

ein G e b ä u d e ist,

also

möchte

w e n n nicht u n m ö g l i c h sein.

S e h r misslich ist hierbei immer die S t e l l u n g des A r z t e s , ster und P a l . , w o d u r c h

vorge-

d. h. m ö g l i c h s t frei g e l e g e n

eine s o l c h e U n t e r s u c h u n g doppelt s c h w i e r i g ,

')

weil

liegenden,

das Ohr nicht zu

das G e g e n ü b e r nicht o f f e n e r Himmel, s o n d e r n

und Ohr

eine

Diagnose



Das F e n s t e r , nommen

des O h r e s

zwischen Fen-

s e h r leicht z w i s c h e n Licht

Schatten

macht,

was

S. m e i n e „ a n a t o m i s c h e n B e i t r ä g e z u r O h r e n h e i l k u n d e " in V i r c h o w ' s

um

so

Archiv

X V I I . B d . , u n d z w a r S e c l i o n V. u . IX. m i t d e n d a r a n g e k n ü p f t e n B e m e r k u n g e n . S. e b e n d a s e l b s l , n a m e n l l i c h S e c l i o n I., X V . u n d X V I .

19 eher sich e r e i g n e t , wenn d e r Arzt nur e i n i g e r m a s s e n kurzsichtig ist. L e t z t e r e r Uebelstand wird sich w o h l bei g r o s s e r Uebung v e r m e i den l a s s e n , g e w i s s i s t , dass bei w e n i g e r G e ü b t e n , also den meisten P r a k t i k e r n , g e r a d e das S c h a l l e n m a c h e n mit dem eigenen K o p f e d a s Misslingen d e r Untersuchung des Ohres sehr häufig bedingt, auch w e n n s o n s t alle Umstände dieser Vornahme g ü n s t i g w ä r e n . Nicht zu v e r meiden ist d a g e g e n , dass d e r K o p f des Arztes nie a n d e r s als in einer g e w i s s e n E n t f e r n u n g von dem zu u n t e r s u c h e n d e n T r o m m e l f e l l sich halten d a r f , daher s e h r feine und kleine Veränderungen an dieser Membran auch dem Scharfsichtigsten entgehen m ü s s e n und er sich s t e t s n u r auf die g r ö b e r e n W a h r n e h m u n g e n b e s c h r ä n k t sieht. Unser A u g e kann eben Gesichtsobjecte von g e w i s s e r Kleinheit n u r in einer g e w i s s e n Nähe w a h r n e h m e n , weil diese sonst Netzhautbilder e r z e u g e n , w e l c h e j e n s e i t s d e r Grösse, r e s p . Kleinheit, derjenigen liegen, die f ü r u n s noch isolirte Eindrücke vermitteln. Vor Allem haben w i r a b e r nicht immer ü b e r helles Tageslicht zu g e b i e t e n , und es können somit in den W i n t e r m o n a t e n , b e s o n d e r s in dem an t r ü b e n , nebeligen und r e g n e r i s c h e n T a g e n so reichen Klima von Deutschland und England oft W o c h e n v e r g e h e n , bis ein T a g hell g e n u g i s t , für die Vornahme einer g e n a u e n U n t e r s u c h u n g des Ohres. Diess ist natürlich ein Uebelstand, d e r g a n z allein schon die E i n f ü h r u n g einer a n d e r e n , vom W e t t e r unabhängigen Methode verlangt und z u r dringenden Nothwendigkeit macht. Denn wie kann von einem u n g e h e m m t e n Beireiben von Ohrenpraxis, w i e von einer fortlaufenden g e nauen U e b e r w a c h u n g und Controllirung der einzelnen Krankheitsfälle die R e d e sein, wenn w i r nicht täglich und zu j e d e r S t u n d e die Mittel dieser U e b e r w a c h u n g in der Hand haben und nicht stets die Unters u c h u n g des Ohres vornehmen können, sondern u n s häufig g e z w u n g e n s e h e n , u n s e r e eigenen B e o b a c h t u n g e n w i e die Kranken auf b e s s e r e s W e t t e r zu v e r t r ö s t e n ? Der Specialist, d e r Ohrenarzt, den die Pat. im Hause aufsuchen, kann sich hierbei in manchen Fällen w e n i g s t e n s e t w a s behelfen. Einmal w i r d er die S t u n d e n für seine Kranken bestimmen, an w e l c h e n es noch am häufigsten hell i s t , dann können die Pat. im •Vorzimmer w a r t e n , bis die allerdunkelsten Wolken e t w a v o r ü b e r g e g a n g e n s i n d ; allein w i e geht es dem P r a k t i k e r , d e r in der Stadt von Haus zu H a u s , w e r g a r auf dem L a n d e von Dorf zu Dorf eilt'? Mit dem besten Willen, einen Kranken zu u n t e r s u c h e n , kann er diess nicht a u s f ü h r e n , weil die W o l k e n g e r a d e zu t r ü b o d e r weil es g e r a d e r e g n e t und er nicht w a r t e n und seine übrige Praxis vernachlässigen kann, bis es dem Himmel g e f ä l l t , w i e d e r freundlich auf ihn und sein Beginnen herabzublicken. W ä h r e n d ich diess s c h r e i b e , Anfang F e b r u a r 1 8 6 0 , haben wir in W ü r z b u r g kaum Einen T a g seit 4 W o c h e n g e h a b t , d e r u n u n t e r b r o c h e n hell g e n u g g e w e s e n w ä r e zum Untersuchen des Ohres mittelst Tageslicht, an den meisten T a g e n w a r a b e r keine halbe Stunde g ü n s t i g g e n u g , um in der einfachen natürlichen W e i s e , durch Tageslicht das Trommelfell g e n ü g e n d beleuchten zu können. W a s hätte ich nun mit den zahlreichen Kranken beginnen können, w e l c h e w ä h r e n d dieser 2*

20 Zeit,- tlieilweise aus grösserer Entfernung hierher kamen, um meinen Rath und meine Ansicht ü b e r ihr Ohrenleiden zu hören, nach welchen Anhaltspunkten hätte ich die Behandlung derer, welche täglich zu mir kommen, weiter leiten können, wenn mir nicht f o r t w ä h r e n d , trotz des ungünstigsten W e t t e r s , trotz Schnee und S t u r m , die Mittel zu Gebote stünden, das Ohr der Neuangekommenen wie der älteren Patienten stets gleich gut u n t e r s u c h e n und beleuchten zu können? Gerade j e t z t , in dieser katarrhalischen Jahreszeit, kommen am allerhäußgsten acute und bedenkliche Erkrankungen des Ohres v o r ; ich begreife nicht, wie ich seit mindestens 4 Wochen Einen Fall hätte diagnosticiren und somit erfolgreich behandeln können, w e n n ich mit meiner Untersuchungsmethode auf die Gunst des Himmels allein angewiesen w ä r e ? Dieser grosse Mangel, die Abhängigkeit der Beleuchtung des Ohres vom W e t t e r , w u r d e natürlich schon längst g e f ü h l t , und man suchte sich von den verschiedensten Seilen durch Construction von Vorrichtungen zu helfen, die bei Fehlen von günstigem Tageslicht eine künstliche Beleuchtung schaffen sollten. Ein englischer Militärchirurg, A r c h i b a l d C l e l a n d , derselbe, welcher zuerst die Einführung des Katheters durch die Nase lehrte ( 1 7 4 1 ) , neunzehn Jahre, nachdem der bekannte P o s t meister G u y o t von Versailles den ersten Vorschlag des Katheterismus der T u b a , indessen durch den Mund, g e m a c h t , gab auch den ersten künstlichen Beleuchtungsapparat f ü r die Untersuchung des Ohres an, und sind alle seitdem gefolgten keine sonderlichen Verbesserungen der ursprünglichen C l e l a n d ' s e h e n Erfindung. Er empfahl eine mit einem Handgriff versehene Convexlinse von 3 " Durchmesser, deren Mitte g e g e n über ein Wachslicht angebracht ist, und Iiess nun die durch die Sammellinse concentrirteu Strahlen des Lichtes in den Gehörgang fallen. J e d e n falls eine f ü r die damalige Zeit ganz geniale Idee! B o z z i n i , 6 6 J a h r e später, brachte statt der Linse einen Hohlspiegel hinter der Kerze an, und gleicht sein ISO7 bekannt gemachter « L i c h t l e i t e r " im W e s e n t lichen den noch heute von T o y n b e e in London, T r i q u e t in Paris und E r h a r d in Berlin gebrauchten Apparaten. Es sind diess sämmllich central d u r c h b o h r t e Hohlspiegel, vor welchem T r i q u e t eine, E r h a r d zwei W a c h s k e r z e n , letztere seitlich angebracht h a t , w ä h r e n d T o y n b e e ' s Vorrichtung in einem grossen Hohlspiegel mit Gasbrenner b e s t e h t , welcher Brenner durch einen langen Gummischlauch mit der Gasröhre des Zimmers verbunden ist. D e l e a u in Paris empfahl ( 1 8 2 3 ) eine zwischen zwei Hohlspiegel angebrachte Wachskerze, deren mittelst des ersten gesammelte Strahlen durch das Loch des zweiten Spiegels in das Ohr geleitet w e r d e n sollten. ( E i n e andere von D e l e a u a u s gebende Vorrichtung, eine Biconvexlinse in einem Gestelle, g e h ö r t zur Concenlrirung der Sonnenstrahlen.) Der wackere Schotte B u c h a n a n ( 1 8 2 5 ) setzte den B o z z i n i ' s c h e n „Lichtleiter," Hohlspiegel mit Kerze, in einen Kasten und brachte vor diesem eine Röhre mit zwei biconvexen Linsen, also ein vollständiges astronomisches oder K e p l e r ' s c h e s F e r n r o h r an, beleuchtete damit das Ohr der Menschen und nannte das Ganze »Inspector ¿ u r i s . " K r a m e r in Berlin ( 1 8 3 6 ) änderte diesen

21 I n s p e c t o r a u r i s daliin, dass e r statt d e r W a c h s k e r z e eine Argand'sche Lampe s e t z t e und das a s t r o n o m i s c h e F e r n r o h r g r ö s s e r m a c h t e , d. h. w e i t e r a u s z o g und n a n n t e ihn » E r l e u c h t u n g s a p p a r a t f ü r den G e h ö r g a n g . " W e i t e r e , o f t s e h r ingeniös a u s g e d a c h t e A p p a r a t e ( w i e d e r von J o r d a n in Manchester u n d von W a r d e n e t c . ) zu d e m s e l b e n Z w e c k e w o l l e n w i r hier d e r K ü r z e w e g e n ü h e r g e h i n . Diese A p p a r a t e z u r künstlichen B e l e u c h t u n g des Ohres, von d e n e n die ä l t e r e n fast sämmtlich a b g e b i l d e t u n d a u s f ü h r l i c h b e s c h r i e b e n , sind in d e m g r o s s e n H a n d b u c h e d e r O h r e n h e i l k u n d e von L i n k e ( L e i p z i g 1 8 4 5 ) u n d z w a r Taf. I. des z w e i t e n Bandes u n d e b e n s o in M. F r a n k ' s O h r e n h e i l k u n d e , S. 4 5 — 4 8 , sind natürlich alle m e h r o d e r w e n i g e r c o m p l i c i r t , theilweise schwerfällig u n d s c h w e r zu t r a n s p o r t i r e n . Manche davon w e r d e n w o h l k a u m von i h r e n eigenen E r f i n d e r n als praktisch e r k a n n t w o r d e n sein, und m ö c h t e man ihnen g e g e n ü b e r fast j e n e n alten von F a b r i c i u s a h A q u a p e n d e n t e vor fast 3 0 0 J a h r e n g e m a c h t e n V o r schlag b r a u c h b a r e r finden, nach w e l c h e m man h i n t e r eine mit W a s s e r g e f ü l l t e Flasche eine Kerze stellt u n d die so c o n c e n t r i r t e n S t r a h l e n d e r s e l b e n in's Ohr fallen lässt. (Man k ö n n t e h i e r z u solcher Glaskugeln sich bedienen, w i e sie die S c h u s t e r zu i h r e n nächtlichen Arbeiten b e nutzen.) Den wichtigsten E i n w a n d , den man a b e r g e g e n alle diese B e l e u c h t u n g s a p p a r a t e e r h e b e n m u s s , ist d e r , dass man es stets mit k ü n s t l i c h e m , nicht rein w e i s s e m Lichte zu thun h a t , w e l c h e s d e r n a t ü r l i c h e n F a r b e d e r Theile e t w a s F r e m d a r t i g e s b e i f ü g t u n d so u n s d e r e n w a h r e Beschaffenheit nicht r e c h t e r k e n n e n lässt. Manche d e r s e l b e n b l e n d e n f e r n e r den U n t e r s u c h e r selbst d u r c h die Nahe des Lichtes, w e l c h e s dem Auge des Arztes g e r a d e g e g e n ü b e r zu s t e h e n kommt, u n d trifft diess a u c h den e r w ä h n t e n Apparat T o y n b e e ' s ; mit a n d e r e n riskirt m a n stets die Haare d e r Kranken in Brand zu stecken, w e n n dieselben e t w a s w e i t e r vom Kopfe a b s t e h e n . Eine s e h r einfache und v e r h ä l t n i s m ä s s i g s e h r practische V o r r i c h t u n g z u r künstlichen E r l e u c h t u n g des G e h ö r g a n g s hat M e n i è r e ' ) b e s c h r i e b e n , ü b e r h a u p t e m e r i!er r u h i g s t e n und g r ü n d l i c h s t e n B e o b a c h t e r , die sich j e mit O h r e n h e i l k u n d e a b g e g e b e n , von dem ich b e d a u e r e , dass e r sich nicht m e h r intensiver mit dieser Specialität b e s c h ä f t i g t , d e r e r s c h o n als Arzt des g r o s s e n T a u b s t u m m e n - I n s t i t u t s in Paris a n g e h ö r t . E r hält eine W a c h s k e r z e vor einem silbernen Löffel so in d e r Hand, dass das von d e r A u s h ö h l u n g des Löffels z u r ü c k g e w o r f e n e Licht g e r a d e in den G e h ö r g a n g fällt. O d e r e r stellt die W a c h s k e r z e auf den Tisch und giebt n u n dem Kopfe des Kranken nach E i n f ü h r u n g eines innen stark g l ä n z e n d e n K r a m e r ' s c h e n Ohrspicgels eine solche Stellung, dass die l i c h t s t r a h l e n d e K e r z e von d e r polirten Innenfläche des I n s t r u m e n t e s auf das T r o m m e l f e l l reilectirt w i r d . «Un peu d'exercice a bientôt appris le d e g r é d'inclinaison qu'il faut d o n n e r l ' i n s t r u m e n t . Le p r o c é d é est utile, s u r t o u t en hiver et l o r s q u e le t e m p s est b r u m e u x . " In d e r a l l e r n e u e s t e n Zeit ( V i r c h o v v ' s Archiv 1 8 5 9 . Bd. XVII. ') Dessen französische Ueberselzung von K r a r o e r ' s Ohrenkrankheiten. Péris 4 848. p. 495.

22 S. 1 9 3 ) hat Kreisphysikus V o l t o l i n i in Falkenberg in Schlesien einen »Erleuchtungsapparat zur Untersuchung kranker O h r e n , aucli a n d e r e r Höhlen des menschlichen Körpers« a n g e g e b e n , welcher in Bezug auf die weisse Farbe des Lichtes hinter dem Sonnenlichte nicht z u r ü c k bleiben soll, daher der Erfinder ihn auch »eine Sonne en m i n i a t u r e " nennt. Diese sonnengicidhe Beleuchtung kommt dadurch zu Stande, dass man Sauerstoflgas in eine brennende M ' i t s c h e r l i c h ' s e h e Aetherlampe einströmen lässt, welche mit Photadyl gefüllt ist. Es w i r d dad u r c h »ein blendend weisses, dem Auge unerträglich helles Licht e r zeugt, das so intensiv ist, dass man des Abends auf fast 3 0 ' noch die feinste Schrift lesen k a n n . " Um die W i r k u n g dieses Lichtes noch zu e r h ö h e n , stellt V o l t o l i n i hinter der Lampe auf einem Stativ einen Hohlspiegel auf von übersilbertem K u p f e r , der das Licht dann gerade in den Gehörgang wirft. Der Apparat wird im Rücken des Arztes a u f gestellt in entsprechender Höhe und man untersucht nun vermittelst des Ohrspiegel *iwie beim Sonnenlicht." Diese Miniatursonne ist sehr ingenös ausgedacht, und hat V o l t o l i n i auch alle Angaben gemacht, wie man sich am einfachsten und wohlfeilsten Alles verschaffen kann. Nun habe ich einmal e i n z u w e n d e n , ob denn dieses «dem Auge u n e r träglich helle Licht« nicht wirklich zu grell ist und mindestens alle j e n e Nachtheile hat, die vorhin vom w a h r e n Sonnenlichte, theilweise nach V o l t o l i n i selbst, angegeben w u r d e n ? Das müsste die E r f a h r u n g g e b e n , aber Eines weiss ich jetzt schon. Diese Miniatursonne lässt sich gut herstellen, w e n n man hier und da einen Ohrenkranken u n t e r suchen m u s s , wenn ich a b e r , der ich manchmal an einem Vormittage 1 2 — 1 8 Kranke untersuche, und, wie ich pflege, jedes Ohr mindestens zweimal, einmal vor und einmal nach der Behandlung, dem Katheterismus, dem Einspritzen u. s. w . , so fürchte ich, w ä r e das Bereiten des nölhigen Sauerstoffes docli etwas zu zeitraubend, selbst wenn man in dergleichen chemischen Arbeiten von den Studentenjahren her ziemlich geübt ist. Uebrigens braucht man ja keineswegs so viele Umstände, uud rathe ich Hrn. V o l t o l i n i , einmal zu v e r s u c h e n , ob er nicht eine genügend helle Beleuchtung bekömmt, wenn er einfach mit seinem übersilberten K u p f e r - H o h l s p i e g e l das gewöhnliche, selbst trübe Tageslicht in den Gehörgang wirft. Ich möchte es fast vermuthen, und liesse sich ein genügender Beleuchtungsapparat jedenfalls schaffen, wenn er den Spiegel nach den späteren Angaben umarbeiten liesse oder statt seiner einen passenden Glasspiegel setzte. Es fiele dabei der ganze S a u e r s t o f f - P h o t a d y l - A p p a r a t w e g und diese Vereinfachung w ä r e doch sehr gross. Sehr brauchbar mag dieser Apparat bei laryngoskopischen Untersuchungen sein, wo man sehr intensives Licht nöthig h a t , und muss ich die Frage aufstellen, ob man dergleichen Beleuchtungsvorrichtungen nicht mit grossem Vortheile, z. B. bei Operationen von BlasenScheidenfisteln verwenden könnte, wo man mit ungenügender Ansicht der oft tief liegenden Fistelwunden so häufig zu kämpfen hat. — Die bisher übliche Methode der Beleuchtung des Ohres mit Sonnenoder Tageslicht erweist sich somit als eine durchaus unzulängliche. Ein-

23 m a l sielH man aber

ist

sie

mit

ihr nicht

höchst

und ein Z u s a m m e n t r e f f e n in A n w e n d u n g dürflig, inuss

günstig

führung

dürfen

denken,

Nein,

diese

gewiss

höchst

sie bis j e t z t

Arztes,

wundern

die

nothwendig

werden

besonders

nicht;

wird

sind,

Tag

finden,

und ü b e r

endlich,

n i c h t einmal bei den

verschaffen, Nun haben

mangelhafte wenig

gehabt.

wir

und

lichen

zu

sonders

nicht

ver-

des O h r e s so w e n i g

all-

erhebe,

sich irgend

oder

ältere Der

als die M ö g l i c h k e i t , Erkleckliches

Daran

Mehrzahl

nicht, das

mit

anzufangen.

ver-

allgemeinere Gelsie nie die

ge-

g e f u n d e n , dass die

haben,

gegen

die

die ich mich

die P r a k t i k e r

übent-

wären

beträfe.

Ich

befinde

d e r C o l l e g e n , m i t denen ich

Schriften

Mancher

Bildungstrieb

Instrumenten aber

ab-

die b i s h e r

zum

und

von

fehlt

Unter-

w i e viele

ihnen

somit

die sich

sein

seltener,

dem Gelesenen

die Collegen

es

überzeugen,

muss mich m a n c h m a l w u n d e r n ,

Wenn

die

sind a b e r k e i n e s w e g s

gesehen

und kann mich oft davon

der

wie

ärztlichen

dem Umstände

eine o d e r a n d e r e I n s t r u m e n t

und den

von

was Ohrenkrankheiten

ohrenärztliche Wille

selbst

in irgend g e n ü g e n d e r W e i s e

Verläumdung,

des Ohres b e s i t z e n , j a , nennt.

Die k ü n s t -

konnten,

als W i s s e n s c h a f t ,

wesentlich

w i r eben

Alles,

Aerzte

alle sich

die sie den G e g e n s t ä n d e n

man so häufig s a g t ,

durchaus

dass die meisten

eigen

beschäftigten

sie in d e r Meinung des

vermögen. wie

E s ist eine wenn

indolent g e g e n

zu thun h a b e ,

neuere

Man denke

e r in seinem e i g e n e n ,

dieser N o t h b e h e l f ,

welche

einnimmt,

sondern,

grossen



diess bei d e r ü b e r w i e g e n d e n

suchen

den

a u s s e r Haus

der Ohrenheilkunde,

untersuchen

Methoden.

schieden

hei

Untersuchungsweise

Eingangs dieser Betrachtungen

Entwicklung

Schuld,

Namen

günstigen

dass für ihn n u r selten

dass die w e n i g s t e n A e r z t e bis j e t z t

das Ohr

gewissen

für die g e w ö h n l i c h e n P r a k t i k e r haben

und des Laienpublictirns

Aerzte

den

w e l c h e s e l b s t d e r Specialist

Specialislen

achtungsvolle Stellung,

hängen,

kurzsichtig

Methode

g e w ä h l t e n und e i n g e r i c h t e t e n Z i m m e r u n t e r s u c h t .

ringste Bedeutung

trüb dieses

w e l c h e für A n w e n d u n g e i n e r s o l c h e n

a b g e s e h e n von d e r u n r i c h t i g e n F ä r b u n g , tung

können,

und es den A e r z t e n

Untersuchung

finden,

Belciichtungsapparate

leihen,

noth-

nicht

d a r f nicht

unter

häufig g e n u g n i c h t h i n w e g s e t z e n kann, auch w e n n lichen

überhaupt

selbst

so allgemein v e r n a c h l ä s s i g e n .

und man

j e n e Umstände sich v e r e i n i g t Methode

sie

auch

unvollkommene

in die L a g e e i n e s den ganzen

practischen

dann Reihe

das W e t t e r

Arzt

nur

und

um

wenn

verdient eine

welche

b e t r e i b e n , j a eigentlich

sich nun

der

gut,

eine g a n z e

und die d a h e r s e h r häufig g a r n i c h t z u r A u s -

kann? die

sein,

ich a b e r ,

w i r uns nicht

wenn

gemein

gelegen

anwendbar

kommen

Umstände d a z u ,

Fenster gebracht

und b r a u c h b a r e n ,

Schwierigkeiten, leitet,

frei

Nun frage

Verhältnissen

scharf immer

Vor Allem d a r f hierzu

d e r K r a n k e m u s s an's und

gehören

und den Z w e c k ,

sein,

sein u . s . w .

genügend

und

günstiger

7.11 b r i n g e n ,

zu e r r e i c h e n .

einer guten

cinm.il

unbequem

etwas

fortwäh-

rend w i d e r s p r e c h e n d e n und häufig nicht g e n ü g e n d b e g r ü n d e t e n Ansichten der

ohrenärztlichen

Autoren

mit Misstrauen

betrachten,

und sich von

dem s t r e i t s ü c h t i g e n Ho'chmulh und dem l ' i i f e h l b a r k e i l s g e f ü h l e

des

Einen

24 e b e n s o w e n i g a n g e z o g e n fühlen, als von d e m l e i c h t f e r t i g e n u n d s c h w i n d l e rischen

Gebahreu

überzeuge

die

Wissenschaft, habe,

bevor

zeige, man

wissenschaftliche wird selbst

sich

werden,

und

an

heben.

Ohne schritt wickelte

der

damit J e d e r

von in

der

ist

tritt,

muss

selbst

wird sich

bessere

a b e r eine

sich

dann

und

mit d e r

das V e r t r a u e n

verbessere

würdige

und

ihrer Vertreter

den

Weise, und

Aerzten

bilden

könne

die n u r

die A c h t u n g ,

im wie

die so von stets

gegeben

und

nicht

probirenden

Sicherheit

und

gestrebt

Be-

Beurtheilen der F o r t -

einstellen. Untersuchungsmethode

Ohrenheilkunde

sich in m i r

und

und r e d l i c h man

Man

Sache

gute allgemein

ein U r t h e i l auch

die

auf

des O h r e s

werden

verdenken.

um

kurz,

Ohrenheilkunde

verschwinden,

der

das K e i n e m Ernst

Untersuchung

tappe;

selbst

ich

Einem

Oeffentlichkeit

V o r Allem

im B e h a n d e l n

kann

es

Achtung dieser Specialität

Methode

im F i n s t e r e n

schritt,

die

Stellung

handlung? weisen

so

dass

dass man gründlich gearbeitet

die m o r a l i s c h e

brauchbare mehr

Anderer,

Aerzte,

immer

fester,

je

möglich1). mehr

ist

kein

Dieser

Fort-

Satz

ich n e b e n m e i n e n

ent-

augen-

ä r z t l i c h e n S t u d i e n I n t e r e s s e an d e n K r a n k h e i t e n des G e h ö r o r g a n s g e w a n n , und

gestaltete

sich

zum

Fundamenlalsatz

und

Ausgangspunkt

meines

' ) E s ist wohl b i s h e r n o c h Niemanden eingefallen, daran zu zweifeln, dass die e r s t e und nolhwendigsle Bedingung, um in Ohrenkrankheiten Uberhaupt eine Diagnose stellen zu k ö n n e n , die o b j e c l i v e Untersuchung des O h r e s , namentlich mit dem Ohrspiegel sei. Wenn daher E r h a r d (Prager Vierleljahrsschrift 1 8 5 8 . II. S. 7 9 ) erklärt: „Der Ohrenspiegel wird un9 nur wenig für die Diagnose der Schwerhörigkeit l i e f e r n , denn mit dem Trommelfell ist j a sein Reich zu Ende, während das Reich der T ö n e erst mit dem Sleigbügel beginnt; auch der Kalheler ist als Dingnoslicon äusserst unwichlig e t c . " — so hängt diess mit der ganz eigenthümlichen wissenschaftlichen Stellung d i e s e s Ohrenarztes zus a m m e n , w e l c h e r u n s e r e Specialität hauptsächlich mit Hülfe s e i n e r s c h ö p f e r i s c h e n und fruchtbaren Phantasie zu b e r e i c h e r n sucht. I c h e r i n n e r e h i e r nur an s e i n e Entdeckungen im Gebiete der Krankheiten des Labyriiilhs und desJV. aciislicus, Uber deren rein p o e l i s c h e n Charakler sich bereits Vi r c h o w in der Gesellschaft fUr wissenschaftliche Medicin zu Berlin s e h r e n t s c h i e d e n a u s s p r a c h (siehe D e u t s c h e Klinik 1 8 5 9 S. 113). Auf eine R e i h e a n a t o m i s c h e r und physiologischer Anschauungen durchaus origineller Art, w e l c h e d e r s e l b e in s e i n e r n e u e s t e n L e i s l u n g , der „rationellen Otiatrik" (Erlangen 1 8 3 9 J , zum Besten giebt, können wir hier nicht e i n g e h e n ; ich will nur e i n e anfuhren, die r e c h t deutlich zeigt, w i e E r h a r d die Untersuchungen mit dem Ohrspiegel vornimmt, und warum sie ihm, a b e r auch nur ihm, „ s o wenig für die Diagnose der Schwerhörigkeit l i e f e r n . " E r h a r d spricht nämlich an m e h r e r e n Stellen von der Lage des Hammergriffs im Trommelfell, dass d e r s e l b e s c h r ä g in d e m selben v o n h i n t e n n a c h v o r n verlaufe, und bildet diess auch S . , 2 0 7 und S. 2 2 5 ganz deutlich ab. Nun w e i s s j e d e r Mensch, der nur einmal eilt T r o m melfell am L e b e n d e n oder am Cadaver m e h r als oberflächlich a n g e s e h e n , dass die S a c h e sich gerade umgekehrt verhält, nämlich der Hammergriff s c h i e f v o n v o r n n a c h h i n t e n im Trommelfell verläuft. Diese S a c h e w ä r e an und für sich nicht s e h r bedeutend, allein wenn man d a s s e l b e m e h r mals in derselben W e i s e erwähnt und abbildet und daneben eine Reihe nicht minder grober a n a t o m i s c h e r Originalitäten zu Tage bringt, so giebt uns diess eben den richtigen Maassstab, um Uber die Gründlichkeit eines Autors und die wissenschaftliche Berechtigung s e i n e r B e o b a c h t u n g e n und Ansichten Uberhaupt ein Urtheil zu fällen.

25 Slrebens, j e mehr sich in mir der Vorsatz befestigte, der Bearbeitung dieser Specialität vor Allein meine Kräfte zu widmen und sie als meine vorzügliche Lebensaufgabe zu erkennen. In Deutschland fand ich n i r gends eine Gelegenheit, irgendwie N e n n e n s w e r t e s über die Erkrankungen des Gehörorgans zu sehen und zu hören. Aus den Schriften T o y n b e e ' s und W i l d e ' s schloss i c h , dass in England und Irland diess in höherem und reichlicherem Maasse möglich wäre. Ich habe reichlich Ursache, auch in dieser Beziehung mit einem längeren Aufenthalte in Grossbritannien zufrieden zu sein ' ) . Aber bereits in Dublin bei W i l d e wurde es mir klar, dass j e d e r weitere Fortschritt in der Ohrenheilkunde beginnen müsste mit einer Verbesserung und Aenderung der bisher üblichen Untersuchungsmethode des äusseren Ohres, indem dieselbe selbst bei dem südlichen Klima und dem h e i t e r e n , selten a n haltend trüben Himmel Irlands *) noch eine Reihe von Mängeln und eine gewisse beschränkte Brauchbarkeit zeigte. Dass künstliche B e leuchtung auf der andern Seite keineswegs dem geforderten Zwecke entspricht, musste ich mir in London sagen, wo T o y n b e e einmal des häufig trüben und nebeligen Himmels wegen, dann, weil er sowohl in St. Hary-Hospital als in seiner Privatwohnung zu ebener Erde u n t e r s u c h t e , in Zimmern, denen nicht genügend freier Himmel zu Gebote stand, sich j e n e s Hohlspiegels und des Gaslichtes bediente, deren ich schon oben erwähnte. W e l c h e Ansprüche sind nun an eine gute und allgemein brauchbare Untersuchungsmethode des Ohres zu machen? und auf welche W e i s e kommt man diesen Bedingungen am besten n a c h ? Das waren die Fragen, die ich mir selbst stellte, unbefriedigt von allen mir bisher bekannt gewordenen Untersuchungsweisen. Dass der einfache u n g e spaltene Ohrtrichter, und namentlich die Instrumentchen, die ich t ä g lich bei W i l d e anwandte und anwenden sah, grosse Vorzüge vor dem in Deutschland wie Frankreich noch allgemein gebräuchlichen zangenförmigen K r a m e r ' s c h e n oder I t a r d ' s c h e n Ohrspiegel h a l t e , darüber konnte ich {nit mir nicht im Zweifel sein. Doch, so wichtig auch diese F r a g e , weil wichtiger erschien es m i r , auf welche Weise man den Hintergrund des Gehörgangs, das Trommelfell, unter allen Verhältnissen genügend und richtig beleuchten könnte. Einmal musste ich mir sagen, dass eine Reihe von Nachlheilen der bisherigen Untersuchungsweise wegfiele, wenn man statt direct in den Gehörgang fallenden Lichtes ' ) W e r s i c h ü b e r d e n Z u s t a n d d e r A u g e n - und O h r e n h e i l k u n d e in G r o s s b r i t a n n i e n und Irland i m J a h r e 1 8 5 5 , und n a m e n t l i c h für W i l d e u n d T o y n b e e w e i t e r i n t e r e s s i r t , d e n v e r w e i s e i c h a u f m e i n e R e i s e b e r i c h t e , die i c h in F o r m v o n B r i e f e n an m e i n e n v e r e h r t e n F r e n n d und L e h r e r P r o f . A r l t i m B a y e r , ä r z t l i c h e n I n t e l l i g e n z - B l a t t e (März und April 1 8 5 6 ) v e r ö f f e n t l i c h t e . * ) D i e s e m U m s t ä n d e n e b e n d e r s c h a r f e n B e o b a c h t u n g s g a b e d e s a u c h als A u g e n a r z t b e d e u t e n d e n M a n n e s h a b e n w i r e s zu d a n k e n , d a s s W i l d e in s e i n e r t a b e l l a r i s c h e n U e b e r s i c h t v o n 2 0 0 O h r e u k r a n k e n (p. 4 1 4 — 4 3 3 in s e i n e m o b e n e r w ä h n t e n W e r k e , S . 1 3 0 — 4 6 3 in d e s s e n d e u t s c h e r ü e b e r s e t z u n g ) d e n B e fund d e s T r o m m e l f e l l s d e r s e l b e n in s o a u s f ü h r l i c h e r , b i s h e r e i n z i g e r W e i s e geben konnte.

26 r e f l e c t i r t e s b e n u t z e n w ü r d e , indem sich d a d u r c h die S t e l l u n g d e s A r z t e s z u m P a t i e n t e n z u m Vorlheile ä n d e r e u n d m a n das Licht m e h r n a c h Beliehen leiten, a u c h w e i t e r e n t f e r n t vom F e n s t e r u n t e r s u c h e n k ö n n t e . Mit e i n e m g e w ö h n l i c h e n kleinen W a n d s p i e g e l m a c h t e ich d e n e r s t e n Versuch. Ich w a r f auf diese W e i s e , m i t t e l s t d e s kleinen P l a n s p i e g e l s , d a s T a g e s l i c h t in den G e h ö r g a n g und k o n n t e d e n s e l b e n u n d das T r o m melfell ziemlich g u t e r l e u c h t e n , i n d e m das W e t t e r g e r a d e s e h r f r e u n d lich u n d m e i n e m F e n s t e r g e g e n ü b e r eine, helle w e i s s e W o l k e sich b e fand. Nicht u n z u f r i e d e n m i t diesem e r s t e n V e r s u c h e , m u s s t c ich e r k e n n e n , d a s s m a n w o h l bei g u t e m hellen W e t t e r d a d u r c h e t w a s g e w ö n n e , hei w e n i g e r g ü n s t i g e m , t r ü b e n H i m m e l a b e r damit e b e n s o w e n i g , w i e b i s h e r , b e l e u c h t e n k ö n n e und m a n s o m i t w i e d e r auf k ü n s t liches Licht f ü r s o l c h e Fälle a n g e w i e s e n sei. Wie aber, wenn man d a s v o r h a n d e n e Licht n i c h t n u r mit e i n e m Spiegel a u f f a n g e , s o n d e r n es d a b e i a u c h v e r s t ä r k t e , c o n c e n t r i r t e ? Diess k ö n n t e ein H o h l s p i e g e l allein b e w i r k e n , u n d z w a r m ü s s t e d e r s e l b e einmal s e h r s t a r k , von s e h r k u r z e r B r e n n w e i t e sein, und d a n n einen ziemlichen Umfang, einen g r o s s e n D u r c h m e s s e r b e s i t z e n . Da ich bei m e h r e r e n Optikern keinen e n t s p r e c h e n d e n Concavspiegel f a n d , d e r n a c h m e i n e r B e r e c h n u n g g r o s s u n d s t a r k g e n u g d a z u w a r — ich hielt m i c h damals in Paris auf — so w a n d t e ich mich an den O p t i k e r H a r t n a c k , den Neffen u n d N a c h f o l g e r O b e r h ä u s e r ' s und b e s t e l l t e mir einen H o h l s p i e g e l von 6 " B r e n n w e i t e u n d 4 " D u r c h m e s s e r ; m i t e i n e m c e n t r a l e n Loche von 2 ' / 3 " ' D u r c h m e s s e r . Der e r s t e V e r s u c h m i t diesem S p i e g e l , an e i n e m t r ü b e n B e g e n t a g e g e m a c h t , fiel e n t z ü c k e n d a u s . Ich sah damit das T r o m m e l f e l l e i n e s F r e u n d e s so d e u t l i c h u n d s c h ö n bis in seine f e i n s t e n E i n z e l h e i t e n , w i e ich w e d e r bei W i l d e n o c h T o y n b e e j e e i n e s g e s e h e n . Denselben S p i e g e l b e n ü t z e ich n o c h u n d k a n n damit an den t r ü b s t e n N o v e m b e r l a g e n das T r o m m e l f e l l vollständig g e n a u u n d d e u t l i c h s e h e n , e b e n s o g u t , wie einen oberflächlich liegenden Körpertheil. Durch Versuche mit v e r s c h i e d e n e n B l e n d u n g e n e r k a n n t e i c h , d a s s d e r S p i e g e l k e i n e s w e g s s o . g r o s s zu sein b r a u c h t , u n d 2 % — 3 " D u r c h m e s s e r g e n ü g e n , w a s n a t ü r l i c h von w e s e n t l i c h e m Einflüsse auf d e n Preis des I n s t r u m e n t e s ist. K l e i n e r darf e r n i c h t sein, i n d e m s o n s t die B e l e u c h t u n g s i n t e n s i t ä t bei t r ü b e m W e l t e r zu g e r i n g , u n d lliut m a n bei k l e i n e r e n S p i e g e l n g u t , das L o c h , d a s in m e i n e m g r ö s s e r e n Spiegel c e n t r a l i s t , p e r i p h e risch a n z u b r i n g e n , i n d e m ja d u r c h die Lage des O h r e s in d e r Mitte d e s K o p f e s i m m e r h i n n i c h t die g a n z e r e f l e c l i r e n d e F l ä c h e d e s S p i e g e l s zur Wirkung kommt. Die g e w ö h n l i c h e n M e t a l l h o h l s p i e g e l , w e l c h e als J ä g e r ' s c h e oder L i e b r e i c h ' s c h e Augenspiegel gebraucht werden, eign e n sich zu u n s e r e m Z w e c k e n i c h t , i n d e m i h r e B r e n n w e i t e zu grogs ( 7 — 9 " ) u n d ihr D u r c h m e s s e r zu klein (ca. l ' / 2 " ) > d a h e r i h r e L i c h t i n t e n s i t ä t h i e r , w o es sich nicht u m B e l e u c h t u n g m i t L a m p e n , s o n d e r n m i t d i f f u s e m T a g e s l i c h t h a n d e l t , ein zu u n b e d e u t e n d e r w i r d . Gröbere V e r h ä l t n i s s e , ob das T r o m m e l f e l l ganz o d e r d u r c h l ö c h e r t , g r a u o d e r r o l h , ob d e r G e h ö r g a n g f r e i , v e r s t o p f t o d e r g e s c h w o l l e n e t c . , kann m a n i n d e s s e n m i t diesen kleinen A u g e n s p i e g e l n g a n z g u t e r k e n n e n .

27 Metallspiegel sind, selbst w e n n sie gross und stark g e n u g w ä r e n , zur genaueren Beleuchtung des Trommelfells mit Tageslicht keineswegs so passend, wie Glasspiegel. Letztere haben weiter den Vortheil grösserer Wolilfeilheit und sind auch genügend haltbar, wenn sie mit einer kräftigen, gut schliessenden Metallfassung umgeben sind. Der Bequemlichkeit wegen lasse ich den Griff immer abschraubbar machen. — Bei der Benutzung eines solchen Reflectors zur Untersuchung des Ohres ändert sich natürlich die Stellung des Arztes und Kranken dahin, dass das zu untersuchende Ohr vom Fenster abgewendet und der Kranke zwischen Arzt und Fenster zu stehen kommt. Erwachsene untersuche ich gewöhnlich so, dass beide Theile stehen, bei Kindern setze ich mich e n t w e d e r oder stelle den kleinen Patienten auf den Stuhl, so dass w i r wieder in ziemlich gleiche Höhe kommen. Bei kleineren Spiegeln namentlich t h u t man gut, den Kopf der Patienten etwas schief zu richten, damit ein möglichst kleiner Theil des Reflectors von demselben b e schattet w i r d , und lernt man sehr bald, dem Kopfe des Kranken wie dem Spiegel eine solche Stellung zu geben, dass die Beleuchtung eine möglichst gute und die geeignetste Stelle des Horizonts als Lichtquelle benutzt wird. Ungeübte thun h i e r , wie beim Untersuchen mit dem Augenspiegel, gul, dem Instrumente leichte Wendungen nach verschiedenen Seiten zu geben, bis sie die relativ beste Beleuchtung des T r o m melfells gefunden haben. Weisse Wolken geben h i e r , wie beim Mikroskopiren, das schönste Licht, bei blauem, wolkenlosen Himmel oder bei Sonnenschein richtet man am besten den Spiegel gegen eine b e nachbarte hellbeleuchtete Wand, die man auch als Lichtquelle benutzen kann beim Untersuchen von bettlägerigen Kranken, wenn die Umstände nicht erlauben, deren Kopf oder Bett beliebig zu w e n d e n . Sonnenlicht direct mit dem Spiegel auf das' Trommelfell zu w e r f e n , eignet sich wegen des ungemein grellen Beleuchtungseffectes nicht. (Interessant sind die hierbei zu Stande kommenden Durchleuchtungs-Phänomene des an und f ü r sich durchscheinenden Trommelfells; bei längerer Dauer einer solchen Concentration der Sonnenstrahlen auf dem Trommelfell entwickelt sich meist erhöhtes W ä r m e g e f ü h l , wie bei Benutzung eines Brennglases.) Dass man vermeiden m u s s , gerade den Schatten oder das Bild der Fensterrahmen in den Gehörgang zu werfen, versteht sich von selbst. Bei Personen mit weitem Gehörgang, in den man den Ohrtrichter tief einführen k a n n , so dass derselbe ohne j e d e weitere Nachhülfe in seiner Lage bleibt, braucht man n u r die eine Hand zum Halten des Spiegels, bei vielen, namentlich bei j ü n g e r e n P e r s o n e n , ist ein Hinaufziehen der Ohrmuschel und Halten des Ohrtrichters mit der anderen Hand nöthig während der ganzen Untersuchung, indem der Ohrtrichter sich sonst leicht senkt und man den vordersten Theil des Trommelfells dann nicht mehr sieht. Bei verschiedenen Operationen im Gehörgange, die unter guter Beleuchtung desselben vorgenommen w e r d e n müssen, vom Wegnehmen eines Härchens, Epidermisstückchens, oder von Secrel mittelst Pincelte oder Pinsel bis zum Aetzen einer Granulation dicht am Trommelfelle oder Abbinden eines Polypen, helfe

28 ich mir d a d u r c h , dass ich mit einem Finger derselben Hand, welche das in den Gehörgang einzuführende Instrument h ä l t , den Ohrtrichter fixire und so die andere Hand f ü r den Spiegel übrig behalte. Für manche Fälle, w o man gern die zum Halten des Spiegels nölhige Hand frei zu behalten w ü n s c h t , könnte man sich eines etwa an einen Stuhl fixirten Gestelles mit Gelenken bedienen, in das man den SpiegelgrifT hineinsteckt, oder könnte den Beleuchtungsspiegel in einem Brillengestell befestigen, wie diess S e m e l e d e r f ü r die laryngoskopischen Untersuchungen vorgeschlagen h a t , oder ihn mit einem Mundstiel zwischen den Backenzähnen halten, wie diess C z e r m a c k zu demselben Zwecke thut. Solche Vorrichtungen w ä r e n indessen n u r für seltene Ausnahmsfallc nölhig. Dass das K r ä m e r ' s e h e zangenlörmige I n s t r u m e n t gerade bei dieser Beleuchtungsweise sich als weit unzweckmässiger als die einfachen Ohrtrichter e r w e i s t , genügt nach dem Obigen kurz zu e r wähnen. Die eben geschilderte Beleuchtungsart mittelst eines starken und mässig grossen Hohlspiegels entspricht nach meinen Erfahrungen allen zu stellenden Anforderungen vollständig, und sind ihre Vortheile g e g e n über den bisher üblichen Methoden, den Gehörgang und das T r o m m e l fell zu b e l e u c h t e n , sehr gross. Im Gegensatze zu allen künstlichen Beleuchtungsarten wird hier die Farbe der Theile durchaus nicht v e r ä n d e r t , sondern w a h r und scharf w i e d e r g e g e b e n , und ist die nöthige V o r r i c h t u n g , ein Concavspiegel, gewiss sehr einfach, nicht kostspielig und mit Leichtigkeit in j e d e r Tasche zu transportiren. Alle Nachtheile und Mängel, die w i r oben an d e r gewöhnlichen directen Benutzung des S o n n e n - oder Tageslichtes kennen gelernt h a b e n , sehen wir hier v e r mieden. Einmal können w i r diese Methode bei jedem W e t t e r , auch bei trübem Himmel, a n w e n d e n , und sehen wir damit stets genügend, wenn nicht gerade schwarze Gewitterwolken den ganzen Horizont e r füllen und den Tag überhaupt in Nacht verwandeln. (Muss man einmal in d e r Nacht untersuchen, wie das mir wenigstens in meiner grossen Ohrenpraxis n u r einige wenige Mal vorkam, so w i r f t man das Licht seiner Studierlampe mit dem Hohlspiegel in den Gehörgang und b e leuchtet sich so die Theile, deren Farbe natürlich hierbei etwas v e r ändert w i r d . ) Man kann auf diese Weise auch den Kranken im Bette, oder ü b e r h a u p t vom Fenster e n t f e r n t , u n t e r s u c h e n , wenn das Fenster n u r nicht zu weit w e g oder eine g u t beleuchtete W a n d in der Nähe ist. Vor Allem ist das Untersuchen des Ohres auf diese Weise sehr leicht und bequem, und, da man sich nicht Schatten machen und doch ganz nahe an das Gesichtsohject herankommen kann, so sieht man a u f s Deutlichste auch die kleinsten und feinsten Verschiedenheiten in Form und Farbe, welche selbst das schärfste Auge bei n u r einiger Entfernung nicht m e h r unterscheiden könnte. Wie bald auch bisher Ungeübte auf diese Weise das Trommelfell recht gut sehen und sogar feinere Veränderungen desselben genau beobachten und beschreiben können, davon habe ich reichlich Gelegenheit mich zu überzeugen. Einmal w e r d e n sehr häufig meine Sprechstunden von fremden und älteren Gollegen b e -

29 s u c h t , ausserdem halte ich f ü r j ü n g e r e Doctoren und ältere Studenten Vorlesungen über Ohrenkrankheiten mit klinischen und practischen Unterweisungen, wobei natürlich das Untersuchen des Ohres mit Spiegel eine wesentliche Rolle spielt. Ich erfahre hierbei, dass ältere wie j ü n g e r e Collegen, nachdem sie n u r einigemal u n t e r meiner Leitung u n t e r s u c h t haben, gewöhnlich mit Ohrtrichter und Ohrspiegel ganz gut umzugehen wissen, und hat sich auf diese Weise meine Untersuchungsmethode b e reits nach den verschiedensten Richtungen ausgebreitet und, als practiscli b e w ä h r t , eingebürgert. Es ist somit auch die E r l e r n u n g dieser Untersucluingsweise keineswegs s c h w e r und lässt sie sich z. B. gar nicht vergleichen mit den Schwierigkeiten, die dem Neuling das Ophthalm o s k o p i e n macht. Ich empfehle daher die beschriebene Untersuchungsmethode des Ohres als eine gute und allgemein brauchbare zur all gemeinen Einführung in die Praxis, indem sie allen Anforderungen vollständig entspricht, die man n u r an eine solche machen kann. Wenn ich oben die bisher üblichen Methoden der Untersuchung des Ohres in ihrer Mangelhaftigkeit und beschränkten Anwendbarkeit darzulegen suchte, so sprechen hierfür mehr als alles Uebrige, gewisse thatsächliche Beweise. Es steht fest als E r f a h r u n g s t h a l s a c h e , dass die überwiegende Mehrzahl der Praktiker bis heute nicht im Stande ist, Trommelfell und Gehörgang n u r einigermassen genügend zu u n t e r s u c h e n , und machen auch die Wenigsten ein Hehl daraus. Die bisherigen Methoden finden sich in allen Lehrbüchern der Ohrenheilkunde ausführlich beschrieben und trotzdem konnten sie sich noch nicht zur allgemeineren Geltung b r i n g e n , trolzdem halten es die meisten, selbst gebildetsten Praktiker f ü r unendlich schwierig, das Ohr richtig zu u n t e r suchen. W ä r e n die bisherigen Methoden, die j e d e r Praktiker dem I n halt nach kennt, gut im vollen Sinne des W o r t e s und allgemein b r a u c h b a r , sie w ü r d e n schon längst mehr in A n w e n d u n g kommen. Schon dieses Factum allein spricht mächtig gegen sie; noch mehr a b e r , dass eine nicht geringe Menge von feineren und gröberen Veränderungen und Vorgängen, wie sie sich nach meiner Methode am Trommelfelle häuOg beobachten und verfolgen lassen, selbst von den tüchtigsten und geübtesten Ohrenärzten nicht beschrieben oder kaum e r w ä h n t w e r d e n . Es ist hier nicht der Ort, um auf derartige bisher zu wenig oder gar nicht berücksichtigte Befunde am Trommelfell näher einzugehen, zumal ich in früheren anatomischen Veröffentlichungen auf solche m e h r fach hingewiesen habe. Nur eine Gruppe von pathologischen Zuständen des Trommelfells will ich hier kurz berühren, indem ich dieselbe immer mehr als häufig vorkommend beobachte, je mehr Ohrenkranke ich u n t e r suche und j e mehr Gehörorgane ich sccire, und deren geringe Berücksichtigung am meisten zeigt, wie seihst von Seiten der berühmten » A u t o r i t ä t e n " und der ohrenärztlichen Specialisten die Untersuchung des Trommelfells in einer sehr ungenügenden Weise ausgeführt wird. Es sind diess die Verwachsungen der Innenfläche des Trommelfells mit d e r gegenüberliegenden Wand der Paukenhöhle und den Gehörknöchelchen. T o y n b e e hat wohl zuerst das Vorkommen solcher Adhäsiv-

30 processe in der Paukenhöhle durch seine pathologisch-anatomischen Untersuchungen des Gehörorgans nachgewiesen und überzeugt uns namentlich die Zusammenstellung der Ergebnisse all' seiner Sectionen, welche er vor Kurzem herausgegeben ' ) , wie ungemein häufig Adliäsivprocesse und Verwachsungen der verschiedenen Theile der Paukenhöhle unter einander und namentlich mit dem Trommelfell vorkommen. Einen sehr ausgesprochenen Fall dieser Art beschrieb ich im XVII. Band von V i r c h o w ' s Archiv unter Section X V . , und werde ich demnächst in einer Fortsetzung meiner »anatomischen Beiträge zur Ohrenheilkunde« ebendaselbst mehrere solcher Fälle mittheilen. Solche Zustände, welche somit in ziemlicher Anzahl bereits an der Leiche nachgewiesen und aufgefunden wurden, treten uns auch gar nicht selten am Lebenden entgegen und lässt sich die Häufigkeit ihres Zustandekommens sehr leicht aus der anatomischen Anordnung der Theile erklären. Der Tiefendurchmesser der Paukenhöhle, also die Entfernung des Trommelfells von der gegenüberliegenden Wand der Paukenhöhle, welche man am besten die Labyrinthwand derselben nennt, ist der kleinste unter allen Durchmessern dieser Cavität. Wechselnd nach den verschiedenen Orten, wo man misst, ist er am allergeringsten vom Ende des Hammergriffes, dem nach innen convexesten Theile des Trommelfells, zur Labyrinthwand, und von der unteren vorderen Partie des Trommelfells zur g e wölbtesten Stelle des Promontorium. Nach von mir angestellten Messungen beträgt der erstgenannte Durchmesser 2 , der zweite 2 ' / 2 Mm. E r w ä g t man nun, wie leicht dieser kleine Raum bei Auflockerung und Schwellung der gegenüber liegenden Schleimhautschichten ausgeglichen wird, so dass sich diese vollständig berühren müssen, so begreift man, warum bei entzündlichen Zuständen der Paukenhöhle Verlöthungen oder Adhäsionsbänder so oft sich entwickeln und warum solche Zustände besonders häufig an den erwähnten engsten Stellen sich finden. Erleichtert wird die Annäherung der äusseren Wand der Paukenhöhle, i. e. des Trommelfells, zur Labyrinthwand noch dadurch, dass von einer zur andern sich zwei Verbindungsglieder hinüberziehen, die Kette der Gehörknöchelchen einerseits und die Sehne des Musculus tensor tympani andrerseits, welche beide quer über die Paukenhöhle verlaufen und somit den Verlöthungen und Vereinigungen der gegenüberliegenden Wände gleichsam zur Vermittlung dienen. Noch näher am Trommelfell, resp. seinem hinteren oberen Theile, und der hinteren Tasche desselben, liegt der lange Schenkel des Ambosses, und dürfen wir uns nach einer Berücksichtigung dieser anatomischen Verhältnisse nicht w u n dern, wenn uns in der Leiche so häufig abnorme Verbindungen und Verwachsungen dieser Theile entgegentreten. Immer häufiger finde und erkenne ich nun solche Zustände auch am Lebenden, an Ohrenkranken. Das Trommelfell ist dann entweder im Ganzen abnorm concav und zeigt sich der Hammergriff auffallend stark nach innen gezogen, selbst in starker perspectivischer Verkürzung, oder wir sehen nur einzelne ' ) A d e s c r i p t i v e Catalogue of Preparations illustrative of Ihe D i s e a s e s of the E a r in the Museum of J o s e p h T o y n b e e . L o n d o n 1 8 5 7 .

31 Stellen des T r o m m e l f e l l s , am h ä u f i g s t e n die v o r d e r e Hälfte o d e r h i n t e n o b e n j e n e Partie, w o d e r l a n g e A m b o s s c h e n k e l liegt, m e h r o d e r w e n i g e r nach i n n e n g e z o g e n , w o b e i sich h ä u f i g eine V e r ä n d e r u n g d e r F a r b e u n d Dichtigkeit, S t r a n g - u n d F a l t e n h i h l u n g e n z u r A b w e i c h u n g von d e r normalen Ebene oder K r ü m m u n g gesellen. W e r sich einmal m i t d e m W e s e n s o l c h e r Z u s t ä n d e v e r t r a u t g e m a c h t hat, w e i s s in d e r R e g e l bei v o r k o m m e n d e n Fällen o h n e W e i t e r e s das A u s s e h e n d e s T r o m m e l f e l l s r i c h t i g zu d e u t e n ; will m a n die A u s d e h n u n g s o l c h e r V e r w a c h s u n g e n g e n a u e r k e n n e n l e r n e n o d e r d i e s e l b e n A n d e r e n k l a r m a c h e n , so lasse m a n d e n K r a n k e n bei g e s c h l o s s e n e m Munde u n d Nase L u f t in die P a u k e n h ö h l e p r e s s e n , das T r o m m e l f e l l w i r d dann » a u f g e b l a s e n " , w i e d a s W i l d e s e h r p a s s e n d n e n n t , b e w e g t sich n a c h a u s s e n u n d h i e r b e i s i e h t »nan die fixirlen, v e r w a c h s e n e n Stellen s e h r d e u t l i c h sich m a r k i r e n , i n d e m sie sich nicht m i t d e m ü b r i g e n T r o m m e l f e l l h e r a u s g e g e n den G e h ö r g a n g zu b e w e g e n , s o n d e r n u n v e r ä n d e r t b l e i b e n , im G e g e n theile sieh d u r c h die B e w e g u n g d e r N a c h b a r l h e i l e h ä u f i g m e h r a n g e spannt darstellen. Manche K r a n k e sind zu e i n e m s o l c h e n » A u f b l a s e n " des T r o m m e l f e l l s nicht g e e i g n e t , a u c h ist die b e w e g e n d e K r a f t o f t z u u n b e d e u t e n d , ich lasse dann c o m p r i m i r t e L u f t a u s e i n e r v o r h e r g e f ä l l t e n C o t n p r e s s i o n s p u m p e d u r c h d e n K a t h e t e r s t o s s w e i s e in die P a u k e n h ö h l e e i n s t r ö m e n , w ä h r e n d ich dabei das T r o m m e l f e l l b e l e u c h t e u n d b e o b a c h t e . Es zeichnen sich h i e r b e i alle e r w ä h n t e n V o r g ä n g e u n d B e w e g u n g s v e r s c h i e d e n h e i t e n des T r o m m e l f e l l s u m so d e u t l i c h e r a u s . Auf diese W e i s e , o d e r i n d e m ich d u r c h d e n K a t h e t e r k r ä f t i g einblase, w ä h r e n d das T r o m m e l f e l l u n t e r s u c h t w i r d , h a b e ich s e h r h ä u f i g Collegen u n d m e i n e n Z u h ö r e r n s o l c h e Z u s t ä n d e klar g e m a c h t u n d ad o c u l o s demonstrirt. Sie lassen sich in j e d e r B e z i e h u n g m i t d e n h i n t e r e n S y n e c h i e n am A u g e , d e n V e r l ö t h u n g e n z w i s c h e n L i n s e n k a p s e l und Iris v e r g l e i c h e n , w i e sie so h ä u f i g n a c h u n p a s s e n d , nicht m y d r i a t i s c h b e h a n d e l t e n I r i s e n t z ü n d u n g e n z u r ü c k b l e i b e n u n d d a n n s t e t s Anlass zu e r neuten entzündlichen Reizungen und weiteren Verwachsungen geben. W i e d o r t allmälig das Leiden zu e i n e m vollständigen P u p i l l a r - A b s c h l u s s sich e n t w i c k e l n k a n n , so dass v o r d e r e r u n d h i n t e r e r A b s c h n i t t d e s A u g e s in k e i n e r C o m m u n i c a t i o n m e h r s t e h e n , so k o m m t a u c h am O h r e als ä u s s e r s t e r Grad eine vollständige Obliteration d e r P a u k e n h ö h l e v o r , w o z w i s c h e n ä u s s e r e m G e h ö r g a n g e u n d L a b y r i n t h kein l u f t g e f ü l l t e r Raum mehr vorhanden ist, sondern äussere und innere Paukenhöhlenw a n d , T r o m m e l f e l l u n d L a b y r i n t h w a n d sich in i h r e r g a n z e n A u s d e h n u n g b e r ü h r e n u n d j e d e r e t w a ü b r i g e R a u m m i t Exsudat u n d B i n d e g e w e b s m a s s e n a u s g e f ü l l t ist. Eine n a h e z u vollständige Obliteration d e r P a u k e n h ö h l e stellte d e r b e r e i t s oben e r w ä h n t e , in m e i n e n » a n a t . B e i t r ä g e n z u r O h r e n h e i l k u n d e . I . « b e s c h r i e b e n e Fall vor ( S e c t i o n XV. linkes O h r ) . Doch w i r w e r d e n b e s s e r bei e i n e r a n d e r e n G e l e g e n h e i t die g r o s s e praktische Bedeutung solcher Zustände weiter verfolgen, und genüge d e r N a c h w e i s , dass sie n i c h t s e l t e n v o r k o m m e n u n d sich auch am L e b e n d e n diagnosticaren l a s s e n ; f ü r u n s ist h i e r n a m e n t l i c h von B e d e u t u n g , weil b e z e i c h n e n d f ü r die L e i s t u n g e n d e r b i s h e r i g e n U n t e r -

32 suchungsmethoden des Ohres, dass diese durchaus nicht seltenen und leicht zu erkennenden Abnormitäten des Trommelfells von den Ohrenärzten bisher kaum gewürdigt und berücksichtigt, j a von Vielen vollständig übersehen wurden. Von allen deutschen Ohrenärzten erwähnt nur H a u dieselben und zwar ganz vorübergehend ( S . 3 4 6 seines L e h r buches der Ohrenheilkunde), ohne ihnen besondere Bedeutung beizulegen oder von eignen Beobachtungen dieser Art zu berichten. Wilde ist der Einzige, der auf solche Befunde am Trommelfell etwas weiter eingeht ' ) . Wenn er mehrmals von einem Zustande der vermehrten Concavität des Trommelfells spricht, den er «Collapse» oder »falling inwards of the memhrana tympani" nennt, so begreift diess indessen nur einen Theil der oben erwähnten Adhäsivprocesse, bezieht sich häufig gar nicht auf solche und hat er sich auch durch die seltene Anwendung des Katheters der Mittel beraubt, um in diagnostischer wie therapeutischer Beziehung dieselben vollständig würdigen zu können. Dass W i l d e allein einen Theil dieser Befunde gesehen und beschrieben hat, kommt daher, weil er nicht nur ein sehr genauer und gründlicher Beobachter ist, sonderii auch, wie wir schon gesehen haben, in Dublin unter weit günstigeren klimatischen Verhältnissen untersucht, als unsere deutschen Ohrenärzte; dass aber dem letzteren, wie auch den französischen Coll e g e n , alle solche Zustände nahezu vollständig entgangen sind, kann allein auf ihre Untersuchungsmethode bezogen w e r d e n , für deren Mangelhaftigkeit und Ungenügendheit dieses Factum einen weiteren sehr sprechenden Beleg abgiebt; wie umgekehrt die entschiedenen Vorzüge der von mir angegebenen Untersuchungs- und Beleuchtungsweise des Ohres auch auf diese Weise dargethan wird. Zum Schlüsse noch einige geschichtliche Bemerkungen. Meinen Spiegel und die Untersuchung damit zeigte ich zuerst im Winter 1 8 5 5 bis 1 8 5 6 meinen Freunden im Verein deutscher Aerzte zu Paris, und wandle ihn bald darauf in Würzburg zu praktischen Zwecken fortwährend, sehr häufig in Gegenwart von Gollegen, an. Im Februar 1 8 5 8 setzte ich zuerst die Vorlheile meiner Untersuchungsmethode des Ohres vor der physikalisch-medicinischen Gesellschaft in Würzburg weitläufiger auseinander (s. deren Verhandlungen IX. Bd. p. XXXV). Wie oben schon erwähnt, erdachte ich mir dieselbe ganz s e l b s t ä n d i g , ohne zu wissen, dass schon ein ähnlicher Vorschlag früher gemacht worden. In M. F r a n k ' s Ohrenkrankheiten (Erlangen 1 8 4 5 . S. 4 9 ) ist angegeben, dass ein Arzt H o f f m a n n in Burgsteinfurt einen central durchbohrten Basirspiegel zur Untersuchung des Ohres empfohlen h a t , indem man oder schönes Tageslicht", auch künstliches Licht damit in nSonnenden Gehörgang wirft und durch das im Spiegel befindliche Loch die Theile betrachtet. F r a n k fügt hei, dass nach seiner Erfahrung dieser Spiegel nicht im Staude sei, den Gehörgang genügend zu erleuchten. Ich habe nie einen solchen Basirspiegel versucht, möchte aber glauben, ' ) S i e h e d e s s e n P r a c l i c a l O b s e r v a l i o n s on Aural S u r g e r y (London < 8 5 3 ) p. 1 3 8 und 2 8 8 , o d e r deren d e u t s c h e von Medicinalrath v. H a s e l b e r g b e s o r g l e U e b e i s e t z u u g (Göltingen < 8 5 5 ) S . < 7 0 und 3 3 4 .

33 dass er bei hellem W e t t e r die gröberen Verhältnisse g u t erkennen lasse; ob er dasselbe auch bei w e n i g e r günstigem Himmel und f ü r die feineren Zustände des Trommelfells leistet, bezweifle ich, indem die Brennweite dieser zu Toilettezwecken verwendeten Hohlspiegel einmal s e h r gross, dann dieselben natürlich, schon ihres Preises w e g e n , keineswegs genau u n d regelmässig gearbeitet sind. Aus R a u ' s Ohrenheilkunde (Berlin 1 8 5 6 . S. 2 2 ) entnehme ich, dass die betreffende Mittheilung H o f f m a n n ' s in C a s p e r ' s Wochenschrift 1 8 4 1 (No. 1) enthalten ist, und dass man mit einem solchen Rasirspiegel das Ohr » t a g e s h e l l " erleuchten könne. H a u giebt dann f e r n e r an, dass Dr. A l f h e r in St. Gallen einen » w e i t kleineren mit einem Handgriff versehenen perforirten Metall-Hohlspiegel« a n w e n d e und er selbst f r ü h e r einen kleinen Metall-Hohlspiegel in V e r b i n d u n g mit einer schwachen Convexlinse, als L o u p e , zu demselben Zwecke gebraucht habe. Er erklärt indessen f ü r » w e i t zweckmässiger«, z u r Untersuchung des Ohres den Gebrauch mancher Augenspiegel, so namentlich des K l a u n i g ' s c h e n , bekanntlich einer biconvexen, einseitig foliirten Glaslinse, die in der Mitte perforirt oder von ihrem Beleg b e f r e i t ist. — W e i t e r sagt E d u a r d J ä g e r in seinem W e r k c h e n » ü b e r S t a a r - und Staaroperationen etc.« (Wien 1 8 5 4 . S. 8 9 ) , dass sein A u g e n spiegel, wenn man den Concavspiegel von 4 " Brennweite e i n f ü g e , z u r B e l e u c h t u n g bei Untersuchungen des äusseren Gehörgangs a n g e w e n d e t w e r d e n könne. Bei J ä g e r bleibt es zweifelhaft, ob er nicht bloss Benutzung von künstlichem Licht, von Lampenlicht damit m e i n t , wie w i r es bei A u g e n s p i e g e l - U n t e r s u c h u n g e n allein a n w e n d e n , und somit sein Vorschlag nicht mit dem Verfahren B o z z i n i ' s , T o y n b e e ' s etc. zusammentrifft, die schon längst Hohlspiegel mit künstlichem Lichte g e brauchten. Indessen gleichviel, jedenfalls ist die oben von mir e m pfohlene und seit J a h r e n f o r t w ä h r e n d a n g e w a n d t e Methode der Bel e u c h t u n g des Ohres schon lange vor mir in A n r e g u n g gebracht u n d auch ausgeübt w o r d e n , und g e h ö r t die Priorität f ü r die I d e e , einen central d u r c h b o h r t e n Hohlspiegel zur Untersuchung des Ohres mit Tageslicht zu benutzen, jedenfalls Dr. H o f f m a n n in Burgsteinfurt. W e n n ich trotzdem von dieser Untersuchungsweise w i e d e r h o l t als von » m e i n e r " Methode s p r e c h e , so geschieht dicss w e n i g e r , weil ich mir dieselbe selbständig und ohne von Vorgängern etwas zu wissen, e r d a c h t , w e n i g e r auch d a r u m , weil mein Hohlspiegel sich wesentlich von H o f f m a n n ' s Rasirspiegel unterscheidet, als weil ich eben diese Art zu untersuchen trotz der vorausgehenden Vorschläge gar nirgends in A n w e n d u n g finde — auch Professor R a u in Bern übt sie f ü r g e wöhnlich nicht a u s , wie ich aus eigener Anschauung weiss — , der Vorschlag H o f f m a n n ' s auch nirgends einen tiefen und nachhaltigen Eindruck zurückgelassen h a t , und so wenig Aufmerksamkeit e r r e g t zu haben scheint, dass die nachfolgenden Specialisten, mit Ausnahme F r a n k ' s und R a u ' s , also der ungemein fleissige Zusammensteller L i n k e ( 1 8 4 5 ) , K r ä m e r ( 1 8 4 9 ) und W i l d e ( 1 8 5 3 ) in ihren Schriften diese neue Methode mit keinem W o r t e e r w ä h n e n — w ä h r e n d ich mit aller Entschiedenheit diese Methode f ü r die einzige erkläre, welche 3

34 immer und unter allen Verhältnissen anwendbar, nach welcher allein feinere und genauere Beobachtungen gemacht werden können, und mit deren allgemeinen Einführung in die Praxis nothwendig eine gedeihliche Entwicklung der ganzen Ohrenheilkunde angebahnt wäre. Es wird nicht mehr sehr lange dauern, SQ ist jeder nur einigermassen gebildete Arzt im Besitze eines Augenspiegels und der Kenntnisse, denselben zu gebrauchen. Den Augenspiegel haben wir indessen nur für eine verhältnissmässig geringe Anzahl von Augenkranken nötbig — um Missverständnissen zu begegnen, bemerke ich für Diejenigen, welche mich und meine Thäligkeit nicht weiter kennen, dass ich selbst Augenarzt aus der Schule A r l t ' s und G r a e f e ' s bin — , den Ohrspiegel aber für j e d e n Ohrenkranken, dessen Leiden nicht etwa auf die äussere OhröfTnung beschränkt ist. Und somit stelle ich es als ganz bestimmt in Aussicht, dass jeder strebsame und gewissenhafte Arzt schliesslich auch mit jenen Instrumenten versehen sein wird, die allein ihn b e fähigen, Uber die wichtigen und nicht selten das Leben selbst bedrohenden Erkrankungen des Gehörorgans eine richtige Ansicht zu gewinnen und zur Diagnose zu gelangen. Die Ohrenheilkunde steht vorläufig noch unter dem Banne des Vorurlheils, und es wird darum dieser Zeitpunkt, von dem ich sprcche, noch lange nicht kommen, indem Vorurtheile, namentlich so fest gewurzelle und veraltete, stets nur sehr langsam und allmälig schwinden. Je mehr aber tüchtige und wissenschaftliche Männer sich dieses verwahrlosten Faches annehmen, desto mehr werden die oberflächlichen Schwätzer und die speculativen Geschäftsleute sich davon zurückziehen; je mehr Aerzte allmälig das Ohr gründlich untersuchen können, desto mehr wird die l'eberzeugung sich feststellen, dass bei den AiTectionen des Gehörorgans mindestens ebenso wirksam eingegriffen werden kann, als bei den meisten übrigen E r krankungen des Organismus; je mehr endlich hier genau und voru r t e i l s f r e i beobachtet wird, desto deutlicher wird man sehen, dass durch unpassende oder versäumte Behandlung nicht leicht bei einem andern Organe die Lebensstellung, ja selbst das Leben der Kranken so häufig in Frage gestellt w i r d , als es gerade bei den Ohrenkrankheiten der Fall ist.

D r u c k v o n G e o r g R e i m e r in B e r l i n .