Die Unternehmensbestattung – strafrechtliche Probleme in Deutschland und Russland: Eine rechtsvergleichende Bewertung am Beispiel der GmbH [1 ed.] 9783428555802, 9783428155804

Die sich in den letzten Jahren etablierende Praxis professioneller Unternehmensbestattung erfreut sich in Deutschland un

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Die Unternehmensbestattung – strafrechtliche Probleme in Deutschland und Russland: Eine rechtsvergleichende Bewertung am Beispiel der GmbH [1 ed.]
 9783428555802, 9783428155804

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Schriften zum Strafrechtsvergleich Band 6

Die Unternehmensbestattung – strafrechtliche Probleme in Deutschland und Russland Eine rechtsvergleichende Bewertung am Beispiel der GmbH

Von

Maria Bozhenova

Duncker & Humblot · Berlin

MARIA BOZHENOVA

Die Unternehmensbestattung – strafrechtliche Probleme in Deutschland und Russland

Schriften zum Strafrechtsvergleich Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Würzburg und Prof. Dr. Brian Valerius, Bayreuth

Band 6

Die Unternehmensbestattung – strafrechtliche Probleme in Deutschland und Russland Eine rechtsvergleichende Bewertung am Beispiel der GmbH

Von

Maria Bozhenova

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2019 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 2364-8155 ISBN 978-3-428-15580-4 (Print) ISBN 978-3-428-55580-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-85580-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Diese Arbeit wurde im Oktober 2017 von der Juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommen. Die in der Arbeit zitierte Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung konnten bis Anfang Januar 2018 Berücksichtigung finden. Mein herzlicher Dank gebührt an erster Stelle meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Werner Beulke. Er hat alle Schritte der Entstehung der Arbeit durch seine wertvollen Ratschläge und Hinweise gefördert und unterstützt sowie mir bei der inhaltlichen Umsetzung eigener Gedanken und Ideen freie Hand gelassen. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Herrn Professor Dr. Martin Fincke für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie bei Herrn Professor Dr. Urs Kramer für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission. Mein Dank gilt des Weiteren Herrn Professor Dr. Gennady Esakov, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Kriminalistik an der Higher School of Economics in Moskau, und Frau Dr. Tatjana Sˇ isˇmareva, Dozentin am Lehrstuhl für Unternehmensund Gesellschaftsrecht an der Moskauer Staatlichen Juristischen O.E. KutafinUniversität (MGJuA). Während meines Forschungsaufenthalts haben sie mir in zahlreichen Diskussionen die Möglichkeit gegeben, das in Russland kaum ausgearbeitete Thema zu behandeln und eigene Lösungswege herauszuarbeiten. Ohne den Forschungsaufenthalt an den Moskauer Universitäten sowie der Russischen Staatlichen Bibliothek wäre die Literaturrecherche für diese Arbeit ein hoffnungsloses Unterfangen gewesen. Großer Dank gilt deswegen der Studienstiftung des deutschen Volkes, die mich im Laufe der Promotionsphase und bei meinem Forschungsaufenthalt großzügig finanziell gefördert hat. Den Herausgebern der Reihe „Schriften zum Strafrechtsvergleich“ möchte ich für die Aufnahme in ihre Schriftenreihe danken. Großer Dank gebührt überdies jenen Freundinnen und Freunden, von denen ich während des Schreibens vielfältige Unterstützung erfahren habe. Von ganzem Herzen danken möchte ich meinen Eltern, Irina Bozhenova und Vladimir Bozhenov. Ihre bedingungslose Unterstützung und ihr Rückhalt haben mich nicht nur dazu ermutigt, das Promotionsprojekt zu wagen, sondern auch ermöglicht, reibungslos meine Doktorarbeit anzufertigen. Ihnen ist die vorliegende Arbeit gewidmet. Passau, im August 2018

Maria Bozhenova

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 II. Gang der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 III. Beispiele aus dem Unternehmensbestattungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. AG Memmingen, Beschluss vom 02. 12. 2003 – HRB 8361 . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. LG Potsdam, Beschluss vom 17. 09. 2004 – 25 Qs 11/04 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. BGH, Beschluss vom 24. 03. 2009 – 5 StR 353/08 (LG Rostock) . . . . . . . . . . . 26 4. BGH, Beschluss vom 15. 11. 2012 – 3 StR 199/12 (LG Rostock) . . . . . . . . . . . 27

Teil 1 Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

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A. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Arten der Unternehmensbestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 C. Die Beteiligten einer Unternehmensbestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Altgeschäftsführer und Altgesellschafter einer insolventen Gesellschaft . . . . . . . . 34 II. Unternehmensbestatter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 III. Neugesellschafter und Neugeschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 D. Ziele der Unternehmensbestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 E. Schutz der Wirtschaft und Gläubigerinteressen als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . 40 F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Einzelne Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. In Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 a) Kontaktaufnahme zwischen der in der Krise befindlichen Gesellschaft und dem Bestatter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 b) Anteilsveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 c) Abberufung und Entlastung des Altgeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 d) Bestellung des Neugeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 e) Sitzverlegung, Umfirmierung und Änderung des Unternehmensgegenstands 49 f) Vernichtung von Gesellschaftsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

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Inhaltsverzeichnis g) Stellung eines Insolvenzantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 h) Erschwerung des Zugriffs auf die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 i) Verwendung des Gesellschaftsmantels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 j) Unternehmensfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. In Russland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Kontaktaufnahme zwischen der in der Krise befindlichen Gesellschaft und dem Bestatter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Wechsel des Geschäftsführers, Buchhalters, Gesellschafters (Anteilsveräußerung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 c) Sitzverlegung und Umfirmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 d) Entziehung von Gesellschaftsvermögen, Vernichtung der Gesellschaftsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 e) Weiteres Schicksal der zu bestattenden Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 f) Reorganisation der Gesellschaft mittels Integration oder Inkorporation . . . . 61 g) Reorganisation der Gesellschaft mittels Aufteilung und Abtrennung . . . . . . 63 h) Unternehmensfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 II. Die zivilrechtliche Wertung der umschriebenen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Zulässigkeit der einzelnen bei der Unternehmensbestattung vorgenommenen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 b) Nichtigkeit der Bestattungsmaßnahmen als Gesamtvorgang . . . . . . . . . . . . . 69 aa) Ansichten der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 bb) Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 cc) Zusammenfassung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Nach russischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Nichtigkeit der Anteilsveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Unwirksamkeit der Reorganisation der zu bestattenden Gesellschaft . . . . . . 84 c) Unwirksamkeit der Eintragung der Firmen- und Sitzänderungen . . . . . . . . . 88 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 III. Probleme der gerichtlichen Verweisungsbeschlüsse im Rahmen des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

Inhaltsverzeichnis

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Teil 2 Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung in Deutschland und Russland

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A. Zivilrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 I. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Durchgriffshaftung und Existenzvernichtungshaftung im Recht der Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 a) Haftung wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Haftung wegen Vermögensvermischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 c) Abgrenzung der Existenzvernichtungshaftung zur Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Gesellschafterhaftung in Unternehmensbestattungsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) Anwendung der Existenzvernichtungshaftung bei der Unternehmensbestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung bei der Unternehmensbestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 II. Im russischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Die subsidiäre Haftung der Gesellschafter und Geschäftsführer im russischen Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Die Durchbrechung der beschränkten Haftung und die subsidiäre Haftung 111 b) Subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung als Existenzvernichtungshaftung 114 aa) Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (1) Subjekt der subsidiären Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (2) Insolvenz der juristischen Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (3) Insolvenzverursachende Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (4) Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der Gesellschafter der juristischen Person und deren Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (5) Verschulden der Personen, die den Schuldner kontrollieren . . . . . . . 122 (6) Unzulänglichkeit des Vermögens der juristischen Person . . . . . . . . . 123 bb) Anwendungsprobleme der subsidiären Insolvenzverursachungshaftung 124 c) Subsidiäre Haftung der Gesellschafter wegen Vermögensvermischung . . . . 126 d) Subsidiäre Haftung bei einer Insolvenzverschleppung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Die subsidiäre Haftung im Falle der „alternativen Liquidation“ der GmbH . . . 129 a) Subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Subsidiäre Insolvenzverschleppungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

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B. Strafrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 I. Strafbarkeit des Altgesellschafters und des Altgeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . 137 1. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Insolvenzverschleppung (§ 15a IV, I InsO und § 15a IV, I, III InsO) . . . . . . 137 aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (1) Als Täter taugliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (a) Der Altgeschäftsführer als tauglicher Täter gemäß § 15a IV, I InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (b) Der Altgesellschafter als tauglicher Täter gemäß § 15a IV, I, III InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (2) Insolvenzreife der GmbH und Eröffnungsantragspflicht . . . . . . . . . . 141 (a) Insolvenzgründe als Anlässe zur Eröffnungsantragspflicht . . . . . 141 (b) Eröffnungsantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 (c) Unterlassene Insolvenzantragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (1) Vorsatz des Altgeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (2) Fahrlässigkeit bei der Insolvenzverschleppung (§ 15a V InsO) . . . . 149 cc) Rechtswidrigkeit und Schuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 b) Insolvenzstraftaten nach § 283 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (1) Als Täter taugliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (2) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . 157 (a) Verwirklichung des Tatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (b) Die Zurechnung der Manipulationen im Rahmen der Unternehmensbestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (3) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 5 StGB . . . . . . . . . . . . . . 160 (4) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 6 StGB . . . . . . . . . . . . . . 160 (5) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 7 StGB . . . . . . . . . . . . . . 161 (6) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 8 StGB . . . . . . . . . . . . . . 163 (a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (b) Einordnung der Unternehmensbestattung nach § 283 I Nr. 8 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Subjektiver Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I StGB . . . . . . . . . . . . 171 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Untreue nach § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Inhaltsverzeichnis

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d) Hehlerei nach § 259 I StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 e) Betrug nach § 263 f. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 f) Urkundenfälschung nach § 267 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 g) Täterschaft/Mittäterschaft/Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Im russischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott (Art. 195 StGB RF) . . . . . . . . . . . 181 aa) Objektiver Tatbestand nach Art. 195 P. 1 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (1) Als Täter taugliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (a) Bestimmung des Sondersubjekts bei Straftaten Art. 195 P. 1 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (b) Altgesellschafter und Altgeschäftsführer als Sondersubjekte . . . 186 (2) Haftungsbegründende Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (a) Tathandlungen nach Art. 195 P. 1 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (b) Tatverwirklichung im Falle einer „alternativen Liquidation“ . . . 194 (3) Vorliegen der Bankrottmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (4) Großer Schaden als Folge der Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 bb) Der subjektive Tatbestand nach Art. 195 P. 1 StGB RF . . . . . . . . . . . . . 198 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 b) Absichtlicher Bankrott nach Art. 196 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 c) Steuerhinterziehung nach Art. 199 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 d) Verheimlichung von Geldmitteln oder Vermögen einer juristischen Person oder eines Einzelunternehmers, durch die Steuern und Einlagen zu decken sind (Art. 199.2 StGB RF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 e) Untreue nach Art. 201 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 f) Betrug im Bereich unternehmerischer Tätigkeit (Art. 159.4 StGB RF) . . . . 206 g) Böswilliges Entziehen vor der Tilgung einer Kreditschuld nach Art. 177 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 h) Teilnahme des Altgeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 II. Strafbarkeit des Neugeschäftsführers, Neugesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 a) Insolvenzverschleppung (§ 15a IV, I InsO und § 15a IV, I, III InsO) . . . . . . 210 aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (1) Der Neugeschäftsführer als tauglicher Täter gemäß § 15a IV, I InsO 210 (2) Der vom Strohmann gestellte Insolvenzantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 b) Insolvenzstraftaten nach §§ 283 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (1) Zurechnung der Schuldnereigenschaft gegenüber dem Neugeschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

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Inhaltsverzeichnis (2) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . 218 (3) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 5 StGB . . . . . . . . . . . . . . 218 (4) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 6 StGB . . . . . . . . . . . . . . 218 (5) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 7 StGB . . . . . . . . . . . . . . 219 (6) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 8 StGB . . . . . . . . . . . . . . 219 bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 c) Untreue nach § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 d) Unterschlagung nach § 246 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 e) Strafvereitelung nach § 258 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 f) Begünstigung nach § 257 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 2. Im russischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 a) Unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott nach Art. 195 P. 1 StGB RF . . . . 224 aa) Verwirklichung des objektiven Tatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 bb) Verwirklichung des subjektiven Tatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 b) Ungesetzliche Ausnutzung von Unterlagen für die Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person nach Art. 173.2 P. 1 StGB RF . . . . 225 c) Weitere Straftatbestände, die zumeist mangels Vorsatzes scheitern . . . . . . . 227 III. Strafbarkeit des Hintermanns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 1. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Insolvenzverschleppung (§ 15a IV, I InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 aa) Der Hintermann als faktischer Geschäftsführer und Vertretungsorgan der bestattenden Gesellschaft i.S.d. § 15a I InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 b) Insolvenzstraftaten nach §§ 283 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 aa) Zurechnung der Schuldnereigenschaft des Hintermanns als dem faktischen Organ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 c) Betrug nach § 263 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 d) Unterschlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 e) Urkundenunterdrückung/-vernichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 f) Strafbarkeit als mittelbarer Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 g) Strafbarkeit als Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 aa) Anstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 bb) Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

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2. Im russischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 a) Unrechtmäßige Handlungen nach Art. 195 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 aa) Hintermann als tauglicher Täter nach Art. 195 P. 1 StGB RF . . . . . . . . . 242 bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 b) Verheimlichung von Geldmitteln und Vermögen einer juristischen Person oder eines Einzelunternehmers, durch die Steuern und Einlagen zu decken sind (Art. 199.2 StGB RF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 aa) Verwirklichung des objektiven Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 bb) Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 c) Betrug (Art. 159 P. 1 – 4 StGB RF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 e) Ungesetzliche Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person nach Art. 173.1 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 aa) Objektiver Tatbestand nach Art. 173.1 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 bb) Subjektiver Tatbestand des Art. 173.1 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 f) Ungesetzliche Ausnutzung von Unterlagen für die Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person (Art. 173.2 P. 2 StGB RF) . . . . . . . 256 g) Strafbarkeit des Hintermanns als mittelbarer Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 h) Strafbarkeit als Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 aa) Hintermann als Organisator i.S.v. Art. 33 P. 3 StGB RF . . . . . . . . . . . . . 260 bb) Hintermann als Anstifter i.S.v. Art. 33 P. 4 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . 261 cc) Hintermann als Gehilfe i.S.v. Art. 33 P. 5 StGB RF . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I. Einzelne zivil- und strafrechtliche Tatbestände als Reaktion auf die „Unternehmensbestattung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 II. Gesamtfazit der rechtsvergleichenden Betrachtung der Unternehmensbestattung in Deutschland und Russland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

Anhang Ausgewählte Vorschriften des russischen Rechts

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

Abkürzungsverzeichnis Abs. Abschn. a.F. AG AktG Alt. Anm. ArbGB Art. AT Aufl. BayOLG BB BGB BGH BGHSt BGHZ bspw. BVerfG BVerfGE bzw. ders. d. h. DNotZ DÖV DZWiR EGRJuL etc. f. (ff.) FNS RF FS FZ gem. GmbH GmbHG GmbHR HGB

Absatz Abschnitt alte Fassung Aktiengesellschaft; Amtsgericht Aktiengesetz Alternative Anmerkung Arbeitsgesetzbuch der RF vom 30. 12. 2001 Nr. 197-FZ, Bundesgesetzblatt von 07. 01. 2002, Nr. 1 (Teil 1), Art. 3, mit späteren Änderungen Artikel Allgemeiner Teil Auflage Bayerisches Oberlandesgericht Betriebsberater (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen beispielsweise Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise derselbe das heißt Deutsche Notar-Zeitschrift Zeitschrift für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften Deutsche Zeischrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Edinyj gosudarstvennyj reestr juridicˇ eskih lic, Einheitliches Staatsregister juristischer Personen et cetera folgende, fortfolgende Federal’naja nalogovaja sluzˇ ba Rossiskoj Federacii, Föderales Steueramt der RF Festschrift Federaljnij Zakon, Föderales Gesetz gemäß Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Handelsgesetzbuch

Abkürzungsverzeichnis InsbürO InsG

17

Zeitschrift für das Insolvenzbüro Föderales Gesetz „Über die Insolvenz (Bankrott)“ von 26. 10. 2002 Nr. 127-FZ, Bundesgesetzblatt von 28. 10. 2002, Nr. 43, Art. 4190, mit späteren Änderungen InsO Insolvenzordnung i.S.v. im Sinne von i.V.m. in Verbindung mit JZ Juristenzeitung Komm. Kommentar LG Landgericht MoMiG Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen MüKo Münchener Kommentar n.F. neue Fassung NJ Neue Justiz (Zeitschrift) NJW Neue JuristischeWochenschrift Nr. Nummer NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZI Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht OHG Offene Handelsgesellschaft OLG Oberlandesgericht P. Punkt RF Russische Föderation RIS „ConsultantPlus“, Rechtsinformationssystem „ConsultantPlus“, „Garant“ (es handelt „Garant“ sich um ein elektronisches Informationssystem) Rn. Randnummer Rpfleger Rechtspfleger (Zeitschrift) russ. AktG Föderales Gesetz „Über Aktiengesellschaften“ vom 26. 12. 1995 Nr. 208-FZ, Bundesgesetzblatt vom 01. 01. 1996, Nr. 1, Art. 1, mit späteren Änderungen russ. GmbHG Föderales Gesetz „Über Gesellschaften mit beschränkter Haftung“ vom 08. 02. 1998 Nr. 14-FZ, Bundesgesetzblatt von 16. 02. 1998, Nr. 7, Art. 785, mit späteren Änderungen s. siehe S. Seite s. o. siehe oben sog. sogenannt SteuerGB Steuergesetzbuch der RF – Erster Teil des SteuerGB: Föderales Gesetz vom 31. 07. 1998 Nr. 146-FZ, Bundesgesetzblatt von 03. 08. 1998, Nr. 31, Art. 3824, mit späteren Änderungen; Zweiter Teil des SteuerGB: Föderales Gesetz vom 05. 08. 2000 Nr. 117-FZ, Bundesgesetzblatt von 07. 08. 2000, Nr. 32, Art. 3340, mit späteren Änderungen StGB Strafgesetzbuch StGB RF Strafgesetzbuch der RF vom 13. 06. 1996 Nr. 63-FZ, Bundesgesetzblatt von 17. 06. 1996, Nr. 25, Art. 2954 StV Strafverteidiger (Zeitschrift) u. a. unter anderem

18 usw. v. vgl. WiPO WiRO wistra WM z. B. ZGB

ZGR ZInsO ZIP ZPGB ZPO

Abkürzungsverzeichnis und so weiter vom vergleiche Wirtschaftsprozessordnung der RF vom 24. 07. 2002 Nr. 95-FZ, Bundesgesetzblatt von 29. 07. 2002, Nr. 30, Art. 3012, mit späteren Änderungen Wirtschaft und Recht in Osteuropa (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zivilgesetzbuch der RF – Erster Teil des ZGB: Föderales Gesetz vom 30. 11. 1994 Nr. 51-FZ, Bundesgesetzblatt von 05. 12. 1994, Nr. 32, Art. 3301, mit späteren Änderungen; Zweiter Teil des ZGB: Föderales Gesetz vom 26. 01. 1996 Nr. 14-FZ, Bundesgesetzblatt von 29. 01. 1996, Nr. 5, Art. 410, mit stäteren Änderungen; Dritter Teil des ZGB: Föderales Gesetz vom 26. 11. 2001 Nr. 146-FZ, Bundesgesetzblatt von 03. 12. 2001, Nr. 49, Art. 4552, mit späteren Änderungen; Vierter Teil des ZGB: Föderales Gesetz vom 18. 12. 2006 Nr. 230-FZ, Bundesgesetzblatt von 25. 12. 2006, Nr. 52 (Teil 1), Art. 5496. Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessgesetzbuch der RF vom 14. 11. 2002 Nr. 138-FZ, Bundesgesetzblatt von 18. 11. 2002, Nr. 46, Art. 4532, mit späteren Änderungen Zivilprozessordnung

Einleitung I. Problemstellung Schon seit Anfang der 1990er Jahre ist das Phänomen der sog. Unternehmensbestattung oder Firmenbestattung in Praxis und Rechtsprechung bekannt.1 Vor einiger Zeit konnte man in vielen überregionalen und regionalen deutschen Zeitungen sowie im Internet Anzeigen folgenden Inhalts finden: „Firma in Schwierigkeiten? Wir kaufen Ihre GmbH mit allen Verbindlichkeiten.“, „GmbH-Probleme – Auch in schwierigen Fällen übernimmt ein Unternehmer Ihre von der Insolvenz bedrohte GmbH.“, „Ich entlaste Sie aus der Geschäftsführung mit allen Rechten und Pflichten und saniere somit die Gesellschaft.“2, „GmbH in Not? Raus aus der persönlichen Haftung!“3, „Wer Pech hat in eine Insolvenz zu geraten, hat im Grunde nur zwei Möglichkeiten: entweder stellt der Geschäftsführer der Gesellschaft selbst einen Insolvenzantrag, dann allerdings erübrigt sich jede Alternative, oder er bedient sich eines Unternehmens, welches legal und optimal das Unternehmen mit allen Konsequenzen abwickelt“4. Daneben haben sich zahlreiche Zeitungsartikel mit Titeln wie „Kampf gegen das Millionen-Geschäft mit der Pleite“5, „Außer Pleite nichts gewesen“6, „Mutmacher der Nation“7, „Die Staatsanwaltschaft und die Phantome“8, „Die Plattmacher“9 mit der Problematik der professionellen Liquidierung von Gesellschaften zum Zwecke der Gläubigerbenachteiligung beschäftigt. Die Praktiken reichen von einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen „an eine Person, die in der

1 Spiegel Nr. 50/98 „Unbekannt Verzogen“; Hey/Regel, Firmenbestatter – strafrechtliche Würdigung eines neuen Phänomens, GmbHR 2000, 115; Ogiermann, Die Strafbarkeit des systematischen Aufkaufs konkursreifer Unternehmen, wistra 2000, 250. 2 Anzeigen der VARIO-Gruppe und eines „Unternehmers“, FAZ vom 24. 03. 2005, S. 54; zitiert von Kilper, Unternehmensabwicklung außerhalb des gesetzlichen Insolvenz- und Liquidationsverfahrens in der GmbH, S. 1. 3 Beispiel des Anzeigentextes im Artikel „Vorsicht vor dubiosen „Firmenbestattern“, Bild, URL: http://www.bild.de/ratgeber/recht/insolvenz/firmenbestattung-angebot-notarkammerwarnt-26563938.bild.html (Veröffentlichung vom 08. 10. 2012). 4 Einleitung auf der Internetseite eines Bestattungsunternehmens: LG Berlin (08. 03. 2006), ZInsO 2006, 722. 5 Kuhr, Süddeutsche Zeitung vom 31. 08. 2007, S. 20. 6 Kuhr, Süddeutsche Zeitung vom 07. 05. 2005, S. 28. 7 Berliner Zeitung vom 13. 01. 2011, S. 26. 8 Schrep, Der Spiegel Nr. 1/2009, S. 32. 9 Nordhausen, Berliner Zeitung vom 26. 11. 2002, S. 3.

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Regel unauffindbar irgendwo im Ausland sitzt“10, über eine Verlegung des Gesellschaftssitzes, bis hin zum Wechsel der Geschäftsführung, einer Umbenennung der Gesellschaft und der Beseitigung von Unterlagen, „um den Vorgang zu verschleiern“11. Für Gläubiger und staatliche Stellen, die das Unternehmen belangen wollen, ist es so als wäre das Unternehmen wie vom Erdboden verschluckt. Wie die zitierten Anzeigen und Artikel belegen, erfreut sich die geschilderte Vorgehensweise in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit. Weder die wachsende Sensibilisierung der Justiz für dieses Thema noch der Versuch des Gesetzgebers, mit der Reform des GmbH-Rechts die GmbH-Bestattung zu bekämpfen, haben dieser Entwicklung nachhaltig Einhalt gebieten können. Entsprechende Angebote sind leicht verfügbar: Googelt man „Unternehmen bei drohender Insolvenz“, erscheinen sogleich Kontaktdaten von Wirtschaftsberatern, Sanierungs- sowie Abwicklungsgesellschaften, die etwa mit Slogans wie „GmbH-Probleme? Insolvenzgefahr? Wir helfen sofort!“12 oder „Wenn Insolvenz droht“13 werben. Ganz ähnlich stellt sich die Situation in Russland dar. „Wir kaufen Ihr Unternehmen mit allen Verbindlichkeiten“14, „Nötig, das Unternehmen zu liquidieren? Die Liquidation durch Verkauf – die einzig richtige Lösung“15, „Die alternative Liquidation – schnellste und preiswerteste Weise der Unternehmensauflösung“16, „Die Liquidation einer GmbH – unser Beruf. Wir schlagen viele Möglichkeiten vor!“17 – dies sind nur einige Beispiele der gängigen Werbeslogans russischer Unternehmensbestatter. Ebenso wie in Deutschland erliegen zumeist Geschäftsführer kleiner Unternehmen der Versuchung, diese „Alternative“ zum Insolvenzverfahren zu wählen. Vor allem Personen, die Alleingesellschafter und gleichzeitig Geschäftsführer18 einer Ein-Mann-GmbH sind, können sich oft nicht dazu durchringen, 10

Kuhr, Süddeutsche Zeitung vom 07. 05. 2005, S. 28. Kuhr, Süddeutsche Zeitung vom 07. 05. 2005, S. 28. 12 URL: www.wirtschaftsberatung-winter.de (Stand 16. 12. 2013). 13 URL: www.insocare.de (Stand 05. 03. 2014). 14 Anzeigen eines Unternehmens: URL: http://dmir.ru/obyavleniya/srochnaya-likvidaciyafirm-s-dolgami-2682039.html#keywords=`a_UQ]%20eYa]d%20b%20U_\TQ]Y&pagesize= 20&sort=Rank&rc=169&position=1 (erschienen in der Onlinezeitung am 14. 01. 2014). 15 Internetauftritt der Gesellschaft „Mulenna“, URL: www.mulenna-lex.ru (Stand 14. 03. 2016). 16 Internetauftritt des Zentrums der Rechtsunterstützung, „Alter“, URL: www.epp-alter.ru (Stand 14. 01. 2014). 17 Internetauftritt der Beratungsgesellschaft „OPG“, URL: http://opg.ru/articles/likvi datsiya-ooo-net-problem (Stand vom 14. 03. 2017). 18 Kleindiek, Ordnungswidrige Liquidation durch organisierte Firmenbestattung, ZGR 2007, 278; Pananis/Börner, Strafbarkeit des Vermittlers der ordentlichen Abwicklung einer GmbH wegen Teilnahme an einer Insolvenzverschleppung? GmbHR 2006, 513; Goltz/Klose, Strafrechtliche Folgen des gezielten Ankaufs von Anteilen insolventer Gesellschaften mit beschränkter Haftung, NZI 2000, 108; das bestätigt auch die Praxis: BGH (22. 12. 2005) NJW 2006, 908; LG Potsdam (17. 09. 2004) wistra 2005, 193; AG Memmingen (02. 12. 2003) GmbHR 2004, 952. 11

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den langen, schwierigen Weg eines rechtskonformen Insolvenzverfahrens zu gehen, indem sie den notwendigen Insolvenzantrag stellen und die anschließend von ihnen verlangten Maßnahmen durchführen. Während die von Rechts wegen vorgesehene Liquidation, das Insolvenzverfahren, viel Zeit und Kraft fordert, versprechen Unternehmensbestatter in ihren Anzeigen schnelle (in zwei bis drei Tagen) und unkomplizierte Lösungen, um sich von der lästigen Gesellschaft zu befreien. Wohlweislich werden dabei die negativen Folgen der Unternehmensbestattung ebenso wenig erwähnt wie die drohende zivilund strafrechtliche Verantwortung des Unternehmensinhabers. Die Schäden, die infolge der Praxis der sog. Unternehmensbestattung entstehen, sind beträchtlich. Nach Einschätzung der Regierung der Russischen Föderation gehen die Schäden, die von der Tätigkeit der Unternehmensbestatter ausgehen, in die Billionen Rubel.19 Was Deutschland angeht, handelt es sich um „viele Millionen Euro Schaden, um Tausende gelackmeierte Gläubiger und Dutzende Profiteure“20. Es wird in den Tageszeitungen von Einzelfällen berichtet, in denen „die Forderungen von Gläubigern […] 1,3 Millionen Euro“ betrug.21 Die Summen der Schäden durch Maßnahmen eines einzelnen Bestatters beliefen sich in einem vom AG Memmingen behandelten Fall sogar auf fünf Milliarden Euro.22 In Russland wie in Deutschland nahm die Beschäftigung mit dem Thema der Unternehmensbestattung ihren Ausgangspunkt in der Praxis. Das Problem der Unternehmensbestattung beschäftigte zunächst in erster Linie die anwaltlichen Vertreter geschädigter Gläubiger, Insolvenzverwalter und die Staatsanwaltschaften. Die Unternehmensbestattung ist kein „Ausnahmefall, sondern sie ist zu einem alltäglichen Problem“23 geworden. Die Aktualität des Problems ist dann schlussendlich im deutschen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 (MoMiG) aufgegriffen worden. Dieses Gesetz hat auch die Aufmerksamkeit der Wissenschaft auf das vorher stiefmütterlich behandelte Thema gelenkt. Die rechtswissenschaftliche Literatur beschäftigt sich hauptsächlich mit den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Firmenbestattung, der Nichtigkeit der durchgeführten Maßnahmen sowie der Gesetzwidrigkeit der Umgehung des Insolvenzverfahrens bei der Unternehmensbestattung.24 Außerdem wird das Thema 19

on“. 20

RBK daily Nr. 33/2013 „Eintägiges Scheinunternehmen kostet dem Budget über Billi-

Schrep, Der Spiegel Nr. 1/2009, S. 32. Berliner Zeitung vom 13. 01. 2011, S. 26. 22 Kuhr, Süddeutsche Zeitung vom 07. 05. 2005, S. 28. 23 Pape, Gesetzwidrigkeit der Verweisung des Insolvenzverfahrens bei gesetzmäßiger Firmenbestattung, ZIP 2006, 878. 24 Vgl. Kilper, Unternehmensabwicklung außerhalb des gesetzlichen Insolvenz- und Liquidationsverfahrens in der GmbH, 2009; Pape, ZIP 2006, 877 – 883; Tüting, Die gewerbsmäßige Firmenbestattung, 2012; Petersen, Die Firmenbestattung. Eine rechtliche Beurteilung und Maßnahmen zur Bekämpfung, 2015. 21

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„Unternehmensbestattung“ in der Literatur im Zusammenhang mit einzelnen Gerichtsentscheidungen diskutiert, die meistens an zivilrechtliche Fragestellungen anknüpfen. Besonderes Interesse ist insoweit Entscheidungen des AG Memmingen25, des LG Potsdam26, des OLG Karlsruhe27 und des Bundesgerichtshofes28 zuteil geworden. Die durch das MoMiG eingeführten Regelungen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung haben sich jedoch bisher offensichtlich nicht bewährt, wie die fortdauernde Werbung und Tätigkeit der Bestattungsunternehmen beweisen. Obwohl sich in Russland eine vergleichbare Praxis der „alternativen Liquidation“ etabliert hat, ist der Forschungsstand dort noch sehr viel geringer. Bei entsprechenden Recherchen fällt auf, dass eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema weitgehend fehlt. Die wenigen Aufsätze, die die Unternehmensbestattung betreffen, geben eigentlich nur einen Überblick über die allgemeinen zivil- und strafrechtlichen Risiken, die die Beteiligten treffen können.29 Die in puncto Unternehmensbestattung weiterhin bestehende Gesetzeslücke in Deutschland und die zurückhaltende Behandlung des Themas in der rechtswissenschaftlichen Forschung in Russland sind Anlass genug, das Phänomen der Unternehmensbestattung vertieft zu untersuchen. In der nachfolgenden Arbeit sollen die höchst umstrittenen zivil- und insbesondere strafrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Unternehmensbestattung in Deutschland und Russland am Beispiel der GmbH dargestellt werden. Auch sollen Exkurse auf das Recht der AG gewagt werden, sofern dort vergleichbare Entwicklungen zu verzeichnen sind.

II. Gang der Arbeit Inhaltlich gliedert sich die vorliegende Arbeit in zwei Teile: Die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Unternehmensbestattung und die rechtlichen Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung in Deutschland und Russland. Die Untersuchung folgt im Wesentlichen der rechtsvergleichenden Methode der Analyse der Rechtsprechung und der bestehenden Auffassungen in beiden Staaten. 25

AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 952 ff. = Rpfleger 2004, 223 ff. LG Postdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 193. 27 OLG Karlsruhe (30. 05. 2005), ZIP 2005, 1475; OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), wistra 2013, 359 = NZI 2013, 653. 28 BGH (13. 12. 2005), ZIP 2006, 442; BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 273 = NStZ 2009, 635, ZIP 2010, 471; BGH (15. 11. 2012), NZI 2013, 365 = NJW 2013, 1892. 29 Moskalev, Über die alternative Liquidation der juristischen Personen, Buhgalter i Zakon, Nr. 12, 2010, S. 20 ff.; Kondratkova, Die Verantwortlichkeit des bösgläubigen Schuldners bei der alternativen Liquidation der juristischen Person, Istoricˇ eskie, filosofskie, politicˇ eskie i juridicˇ eskie nauki, kul’turologija i iskusstvovedenie. Voprosy teorii i praktiki, 2013, Nr. 4-1 (30), S. 102 ff.; Igumnov, Die Regeln der Gesellschaftsliquidation, Konsultant, Nr. 21, 2010, S. 48 ff.; Krosˇkin, Befreiung von einer Problemgesellschaft. Welche Risiken hat „die alternative Liquidation“, Jurist kompanii, Nr. 11, 2012, S. 78 ff. 26

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Zunächst stellt der erste Teil der Arbeit die Wesensmerkmale einer Unternehmensbestattung dar. Da eine genaue Bestimmung des Rechtsbegriffs der Unternehmensbestattung fehlt und das wissenschaftliche Interesse an diesem Phänomen von der Praxis initiiert worden ist, ist es besonders wichtig, für beide Rechtssysteme eine Definition herauszuarbeiten. Dies wird Gegenstand des Abschnitts A. sein. Dazu werden ferner die möglichen Arten (Abschn. B.), die beteiligten Personen (Abschn. C.) und voraussichtlichen Ziele (Abschn. D.) der Unternehmensbestattung beleuchtet. Die von Unternehmensbestattern durchgeführten Maßnahmen bewirken erhebliche wirtschaftliche Schäden, denen der Staat entgegenwirken sollte. Schutz der Wirtschaft und Gläubigerinteressen durch rechtliche Mittel sind Gegenstand des Unterteils E und nachfolgend der ganzen Arbeit. Im Mittelpunkt des Abschnitts F.I. stehen die grundlegenden Maßnahmen, die typischerweise von an einer Unternehmensbestattung mitwirkenden Personen vorgenommen werden und welche den gesamten Vorgang der gewerbsmäßigen Abwicklung charakterisieren. Die Darstellung dieser Alternative der gesetzlichen Abwicklung bedingt eine Untersuchung der Frage, ob Maßnahmen bei einer Unternehmensbestattung rechtlichen Vorschriften nach dem deutschen und russischen Recht entsprechen und damit wirksam sind. Der Beurteilung der „gewerbsmäßigen Liquidation“ als einer Gesamtheit der dabei vorgenommen Maßnahmen und jeder einzelnen Maßnahme ist der Abschnitt F.II. gewidmet. Hier wird der Gesamtvorgang einer Unternehmensbestattung unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit und des Verstoßes gegen allgemeine gesetzliche Abwicklungsregeln untersucht. Die daraus folgenden Ergebnisse stellen eine Grundlage der folgenden Untersuchung zivilsowie strafrechtlicher Verantwortung der Beteiligten dar. Die Haftung der Hauptakteure einer Unternehmensbestattung nach deutschem und russischem Recht steht im zweiten Teil der Arbeit im Vordergrund. Dabei werden vor allem im Abschnitt A. zivilrechtliche Konsequenzen für die Gesellschafter untersucht. Von großer Bedeutung ist hierbei die Existenzvernichtungshaftung nach deutschem Recht, die Altgesellschafter für den missbräuchlichen Entzug von Gesellschaftsvermögen trifft, sowie die subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung nach russischem Recht, die Altgesellschafter wegen Gefährdung der Gesellschaftsexistenz und Insolvenzherbeiführung trifft. Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchung liegt im deutschen Recht bei der Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung. Zum Abschluss des Abschnitts werden die Handlungen der Altverantwortlichen in Bezug auf die subsidiäre Insolvenzverschleppungshaftung bewertet. Das Gedeihen des Geschäfts der Unternehmensbestattung und die Ineffizienz zivilrechtlicher Mittel bilden den Ausgangspunkt für den Abschnitt B. des zweiten Teils der Erörterung, in der der Frage nachgegangen wird, wie die Vorgänge strafrechtlich zu bewerten sind. Dazu werden die an gewerbsmäßiger Abwicklung beteiligten Personen isoliert unter Berücksichtigung der strafrechtlichen Normen betrachtet. Zunächst wird die Strafbarkeit des Altgesellschafters und des Altge-

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schäftsführers im B.I. vor dem Hintergrund der bereits praktizierten bestattungsspezifischen Ansätze nach deutschem Strafrecht, § 15a IV, I InsO und § 283 I StGB, sowie im Anschluss daran nach russischem Strafrecht, Art. 195, 196, 199, 201, 159, 177 StGB RF, bewertet. Sodann werden die Handlungen des als Neugeschäftsführer agierenden Strohmanns beurteilt (B.II.). Dabei werden auch andere, außerhalb des Insolvenzstrafrechts liegende Straftatbestände in die Betrachtung mit einbezogen. Im B.III. wird die Strafbarkeit des wahren Organisators einer Unternehmensbestattung – also des Bestatters – nach den Rechtsordnungen Deutschlands und Russlands behandelt. Es wird vertieft erörtert, ob der Bestatter bei den vorliegenden Sonderdelikten sowie anderen Straftatbeständen als Täter oder lediglich als Teilnehmer einzustufen ist. Am Ende werden die sämtlichen im Rahmen der vorliegenden Arbeit erhaltenen Ergebnisse resümiert und in einer Zusammenfassung dargestellt.

III. Beispiele aus dem Unternehmensbestattungswesen Wie hochaktuell das Thema der „Unternehmensbestattung“ ist und welche Schwierigkeiten es mit sich bringt, die richtigen Beteiligten in Anspruch zu nehmen, zeigt die Rechtswirklichkeit. Um die Probleme herauszuarbeiten, bietet es sich an, für die Untersuchung der Unternehmensbestattung beider Länder konkrete Fälle aus der Praxis zu analysieren. Im Folgenden werden die wichtigsten Gerichtsentscheidungen im Bereich der Unternehmensbestattung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung dargestellt. 1. AG Memmingen, Beschluss vom 02. 12. 2003 – HRB 8361 Gegenstand der Entscheidung ist ein Familienunternehmen. In den Jahren 2000 und 2001 hatte die GmbH mehrfach Bilanzengpässe, die zu Zahlungsschwierigkeiten und zum Insolvenzantrag führten. Mit Beschluss vom 05. 02. 2003 wies das AG Memmingen den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ab. Wie sich später herausstellte, wurde die Gesellschaft von der S. Gesellschaft beraten. Diese Gesellschaft umschrieb ihr geschäftliches Tätigkeitsfeld „Betreuung von Firmen, die in eine wirtschaftliche Notlage geraten [sind], durch Übernahme der Gesellschaftsanteile […]“. Nach Anweisungen der S. Gesellschaft wurden die Geschäftsanteile der GmbH auf den in Berlin lebenden LJ übertragen, der Altgeschäftsführer RF (sen.) abberufen, der LJ als Neugeschäftsführer bestellt sowie der Firmenname geändert. Sämtliche rechtsgeschäftlichen Erklärungen wurden von dem mit der S. Gesellschaft zusammenarbeitenden Notar G in Berlin beurkundet. Nunmehr waren die Altgesellschafter der GmbH RF (jun.) und RF (sen.) von der sich auflösenden Gesellschaft befreit und konnten das Familienunternehmen weiter betreiben. Dazu erwarben sie von der S. Gesellschaft die Vorratsgesellschaft PR, die gleichzeitig umfirmiert wurde und einen neuen Sitz erhielt, beriefen den bisherigen

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Geschäftsführer K ab und bestellten den RF (jun.) zum neuen Geschäftsführer. Zugleich führten sie diese Nachfolgegesellschaft in den ehemaligen Betriebsräumen mit Hilfe ihrer früheren Arbeitsnehmer und unter Nutzung des Anlagevermögens der Altgesellschaft fort. Angesichts dieser Sachlage wurde der Eintragungsantrag von dem AG Memmingen zurückgewiesen, weil sämtliche Gesellschafterbeschlüsse gegen die guten Sitten verstießen und deshalb nichtig seien. 2. LG Potsdam, Beschluss vom 17. 09. 2004 – 25 Qs 11/04 In diesem Fall wurden Ermittlungen gegen die Beschuldigten Dr. R., K.R. und J. wegen des Tatverdachts des Subventionsbetrugs, der Insolvenzverschleppung, des Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen, der Unterschlagung sowie der Verletzung der Buchführungspflicht eingeleitet. Die Beschuldigten K. R., Dr. R. und H. Sch. waren eingetragene Geschäftsführer und Gesellschafter der im Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam eingetragenen „Hesco Kunststofferzeugnisse H. Sch. & Co GmbH“, die seit 1990 in den von Mitgesellschafter K. R. gemieteten Büroräumen werbend tätig war, sich ab April 2001 in einer wirtschaftlichen Krise befand und darüber hinaus spätestens im Jahr 2003 zahlungsunfähig und überschuldet war. Statt der Insolvenzantragstellung wurden alle Geschäftsanteile am 13. 06. 2003 an die Beschuldigte Dr. R. übertragen, gleichzeitig wurden die bis dahin eingetragenen Geschäftsführer (Dr. R., K.R. und H. Sch.) abberufen, die „Hesco Kunststofferzeugnisse H. Sch. & Co GmbH“ in „HC Kunststofferzeugnisse GmbH“ umfirmiert und der Beschuldigte J. zum neuen Geschäftsführer bestellt. Diesem erteilte der Beschuldigte Dr. R. eine rechtsgeschäftliche Vollmacht. Zwischenzeitlich wurden die Geschäftsanteile weiter an den Beschuldigten J. veräußert, der Geschäftssitz der Gesellschaft durch seinen Beschluss nach Sachsen-Anhalt verlegt. Der Kaufpreis wurde vom Beschuldigten J. nicht bezahlt. Die „HC Kunststofferzeugnisse GmbH“ war nicht die einzige von dem Beschuldigten J. übernommene Gesellschaft. Gegen den Beschuldigten J. ermittelte die Staatsanwaltschaft damals auch in anderen Verfahren, in denen J. ebenfalls insolvenzreife Gesellschaften übernommen und zeitnah dazu Insolvenzanträge gestellt hatte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass über das Vermögen des arbeitslosen Beschuldigten J. ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden war. Als die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der „HC Kunststofferzeugnisse GmbH“ zu Tage trat, haben die verantwortlichen Beschuldigten keinen Insolvenzantrag beim zuständigen Gericht gestellt. Überdies entschlossen sie sich, die Gesellschaft an den Beschuldigten J. zu veräußern und die unternehmerische Tätigkeit mit einem neuen Rechtsträger am alten Betriebssitz fortzuführen. So gründeten die Beschuldigten Dr. R. und K. R. in Brandenburg das neue Unternehmen unter der ähnlichen Bezeichnung „Hesco Kunststoffverarbeitung GmbH“. Es wurde durch den zum Geschäftsführer bestellten Beschuldigten K. R. vertreten. Die für den Betrieb notwendige Ausstattung wurde von der „HC Kunststofferzeugnisse GmbH“, vertreten durch den Beschuldigten J., dieser wiederum vertreten durch die Beschul-

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digten Dr. R. auf Grundlage einer ihr von J. erteilten rechtsgeschäftlichen Vollmacht, an die „Hesco Kunststoffverarbeitung GmbH“, vertreten durch den Beschuldigten K. R., verkauft. Der Kaufpreis sollte im Wesentlichen durch die Übernahme von Verbindlichkeiten der Verkäuferin erbracht werden. Außerdem war die Käuferin als Nachfolgerin im Kaufvertrag sowie im Nachtrag bezeichnet, weil die Kundschaft der Verkäuferin an die Käuferin überging und die Geschäftsfähigkeit der „HC Kunststofferzeugnisse GmbH“ zum 31. 07. 2003 endgültig eingestellt werden sollte. Die „Hesco Kunststoffverarbeitung GmbH“ sollte aber am 1. 09. 2003 in den ehemaligen Geschäftsräumen der alten Gesellschaft den Geschäftsbetrieb aufnehmen. Zudem hat der Beschuldigte J. am 28. 08. 2003 beim Amtsgericht Halle-Saalekreis in Sachsen-Anhalt den Insolvenzantrag gestellt. Das Amtsgericht Halle hat sich für örtlich unzuständig erklärt und den Antrag an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Potsdam verwiesen. Letzteres hat durch Beschluss vom 15. 12. 2003 über das Vermögen der „HC Kunststofferzegnisse GmbH“ das Insolvenzverfahren eröffnet. Die für das Insolvenzverfahren relevanten Geschäftsunterlagen wurden von den Beschuldigten dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter nicht zur Verfügung gestellt, tatsächlich wurden sie aber nach einer Durchsuchung im Archiv des vom Beschuldigten K. R. betriebenen Ingenieurbüros aufgefunden. Das LG Potsdam hat die Qualifizierung des Sachverhalts durch das Amtsgericht Potsdam als vorsätzliche Insolvenzverschleppung nach §§ 64 I 1, 84 I GmbHG a.F. und Subventionsbetrug nach § 264 I StGB bestätigt. Die Anteilsveräußerung der „Hesco Kunststofferzeugnisse H. Sch. & Co GmbH“ bei ihrer Insolvenz sowie sämtliche im Zusammenhang mit der Veräußerung stehenden Abberufungs- und Bestellungsbeschlüsse seien als Insolvenzverschleppung, Untreue und Bankrott zu werten. Demgemäß war es möglich, die Beschuldigten Dr. R., K. R. und J. nach den §§ 84 I Ziffer 2, 64 I S. 1 GmbHG und den §§ 264, 266, 266a, 283 I Ziffer 6, 283b, 246 II StGB zu verurteilen. 3. BGH, Beschluss vom 24. 03. 2009 – 5 StR 353/08 (LG Rostock) Der Angeklagte veräußerte als geschäftsführender Gesellschafter sämtliche Geschäftsanteile an der A.K.G. (AIG), einer GmbH deutschen Rechts, die seit Dezember 1998 die Lohnzahlung eingestellt hatte, auf einen Dritten. Die AIG wurde zeitgleich nach Abtretung der Geschäftsanteile umfirmiert und an einen neuen Geschäftssitz verlegt, der agierende Geschäftsführer bzw. Gesellschafter war zuvor abberufen worden; dennoch war der Angeklagte aufgrund einer Vollmacht weiterhin zur umfassenden Vertretung der veräußerten Gesellschaft befugt. Von diesem Zeitpunkt an erbrachten weder der Neugeschäftsführer noch der Angeklagte Leistungen. Die Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses sowie zur Insolvenzantragstellung wurde nicht erfüllt. Das Urteil des LG Rostock wegen Betrugs und wegen Verstoßes gegen die Insolvenzantragspflicht wurde vom Senat des BGH revidiert, wobei der BGH auf die

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Umstände der etwaigen Firmenbestattung einging. Der BGH hob dabei den Freispruch des LG Rostock auf und kam zu dem Ergebnis, dass die obengenannten Rechtsgeschäfte im Rahmen der „Firmenbestattung“ vorgenommen wurden und auf die einzige Rechtfolge ausgerichtet waren, die tatsächlichen geschäftlichen Verhältnisse der Gesellschaft vor den Gläubigern zu verschleiern. Demgemäß sei der Angeklagte gem. § 283 I Nr. 8 Alt. 2 StGB zu verurteilen. 4. BGH, Beschluss vom 15. 11. 2012 – 3 StR 199/12 (LG Rostock) Das Landgericht Rostock stellte in einem Urteil vom 15. 11. 2012 fest, dass der Angeklagte M. – der faktische Geschäftsführer eines als GmbH geführten Speditionsinternehmens – 2002 plante, dieses Unternehmen unter Einschaltung eines Firmenbestatters versteckt abzuwickeln, die Forderungen der Gläubiger nicht zu erfüllen und des Weiteren die unternehmerische Tätigkeit mit einer Nachfolgegesellschaft fortzuführen. Dazu bediente er sich eines in Berlin ansässigen Dienstleistungsunternehmens – des Firmenbestatters –, das gegen ein Entgelt die Liquidation übernahm. Der Firmenbestatter sollte eine Person (einen Strohgeschäftsführer) finden, auf die die Geschäftsanteile zum Preis von nur 1 Euro übertragen und die als Neugeschäftsführer bestellt werden sollte. Der Strohmann sollte nach wenigen Wochen die Geschäftsanteile weiter an eine im europäischen Ausland lebende Person übertragen, die wiederum zwecks Verschleierung die Gesellschaft umfirmieren sollte. Die als Neugeschäftsführer agierende Person hatte kein Interesse und keine Fähigkeiten, die erworbene Gesellschaft weiter fortzuführen und erhielt für die durchgeführten Leistungen eine sehr geringe Entlohnung. Zwischenzeitlich vernichteten oder versteckten die Angeklagten die Geschäftsunterlagen. Weitere Geschäftsunterlagen wurden an den Firmenbestatter übergeben oder ungeordnet an den Strohgeschäftsführer versandt. Die unternehmerische Tätigkeit der bestatteten Gesellschaft wurde von einer vom Angeklagten M. beherrschten Nachfolgegesellschaft weitergeführt, wobei diese die Fahrzeuge, das Personal und teilweise die Büroausstattung sowie die Räumlichkeiten der bisherigen Gesellschaft übernahm. Ebenso verwendete der Angeklagte M. die in betrügerischer Absicht eingesetzten Tankkarten, um Benzinvorräte für das Nachfolgeunternehmen anzulegen. Nach diesem Muster ging der Angeklagte M. auch bei den anderen, von seinem Vater oder seiner Lebensgefährtin geleiteten Gesellschaften vor. In gleicher Weise agierte der Angeklagte B, der mit dem Angeklagten M arbeitsteilig zusammenarbeitete, bei „seiner“ GmbH, deren Geschäfte die andere GmbH weiterführte. Der BGH urteilte, dass die beiden Angeklagten als faktische und eingetragene Geschäftsführer über § 14 I Nr. 1 StGB das Merkmal der Schuldnereigenschaft aufwiesen, so dass sie taugliche Mittäter des Bankrotts nach § 283 I StGB waren und ihnen ihre täterschaftlich begangenen Beiträge zur Tatbestandverwirklichung nach § 25 II StGB zugerechnet werden können. Zudem bestätigte der BGH, dass von den

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Angeklagten der Tatbestand des § 283 I Nr. 8 StGB erfüllt worden sei. Dies folge daraus, dass der Wechsel des Gesellschafters/Geschäftsführers vorliegend eine Gläubigertäuschung darstelle, da keine Fortführung der Gesellschaft geplant gewesen sei.

Teil 1

Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung A. Begriffsbestimmung Der Begriff der Unternehmensbestattung (organisierte Bestattung, missbräuchliche Liquidation etc.) wird oft in Zeitungen, in der juristischen Literatur und in der Rechtsprechung verwendet. Es mangelt jedoch an einer Legaldefinition. Für die folgende Untersuchung ist daher eine Begriffsbestimmung vorzunehmen. In dieser Arbeit wird zunächst auf allgemeingültige Definitionen zurückgegriffen und sodann eine eigene Definition vorgeschlagen. In Deutschland ist der Begriff der Unternehmensbestattung oder Firmenbestattung in der Praxis entwickelt worden. Infolgedessen ist eine terminologische Unklarheit entstanden: In der Öffentlichkeit werden die Begriffe Firma und Unternehmen gleichgesetzt, oft nennt man das Phänomen „Firmenbestattung“1, obwohl es bei Licht betrachtet gar nicht um die Bestattung einer Firma geht. Unter Firma versteht man gemäß § 17 I HGB den Namen, unter dem ein Kaufmann „seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt“. Als Unternehmen wird im Sinne von § 14 I BGB, § 1 I HGB eine organisatorisch-rechtliche Einheit bezeichnet, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.2 Der Name der Gesellschaft verschwindet aber in den beschriebenen Fällen überhaupt nicht, die zu bestattende Gesellschaft wird nur umfirmiert; die ursprüngliche Firma existiert weiter und wird häufig als Name der anderen Gesellschaft mit einem neuen Geschäftsführer und einem anderen Sitz verwendet. Das Ziel der Gesellschafter und Geschäftsführer ist es, überschüssige Schulden und „unnötige“ Gläubiger abzuschütteln, um im Geschäftsleben weiter agieren zu können. So kann der Neugesellschafter alles außer der Firma erhalten, und eine neue vom ehemaligen Gesellschafter gegründete Gesellschaft unter bewährtem Namen, der im Geschäftsleben sehr wichtig ist, weiterhandeln.3 Bestattet wird in allen Fällen nur das Unternehmen. Deshalb ist korrekterweise der Begriff der Unternehmensbestattung zu verwenden.

1 Kuhr, Süddeutsche Zeitung vom 07. 05. 2005, S. 28; Schrep, Der Spiegel Nr. 1/2009, S. 32. 2 Kindler, Grundkurs Handels- und Gesellschaftsrecht, § 1 Rn. 5, § 4 Rn. 6. 3 Vgl. Kilper, S. 25; Kuhn, S. 38 – 39.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

Neben dem in der Literatur übereinstimmenden Begriff „Firmen- oder Unternehmensbestattung“ werden solche Konstellationen ab und zu im Schrifttum auch als „kalte Liquidation“4 bezeichnet. Zwar geht es bei der „kalten Liquidation“ im Ergebnis um den Versuch, eine GmbH außerhalb der gesetzlichen Regeln zu beseitigen. Doch handelt es sich bei diesem Fall „um ein Spielfeld, das bislang noch nicht von den professionellen Bestattern beherrscht wird“5. Daneben werden in der Literatur Firmenbestattung und Firmenabwicklung verglichen. Kilper definiert die Firmenbestattung in Gegenüberstellung zu der im Gesetz vorgeschriebenen Abwicklung (§§ 60 ff. GmbHG) als planmäßigen Vermögensentzug, für den eine strafrechtliche Verantwortlichkeit vorgesehen ist.6 Da sich die Vorgehensweisen der Beteiligten von Fall zu Fall unterscheiden, ist es nach einer Ansicht7 weder möglich noch sinnvoll, eine juristische Definition der Unternehmensbestattung zu entwickeln. Nur offensichtliche Fälle könnten als Unternehmensbestattung bezeichnet werden.8 Anderer Meinung9 nach kann man den Begriff aber durch konkrete Maßnahmen bestimmen, weil die Vorgehensweise der Beteiligten sich in jedem Fall wiederholt: Verheimlichung des Vermögens, Verschleierung vor Gläubigern und Strafverfolgungsbehörden, Fortführung unternehmerischer Tätigkeit. Dass eine solche Generalisierung auch möglich sei, bewiesen die Definitionen in der Fachliteratur: Unter einer Unternehmensbestattung verstehe man danach den Marktaustritt einer insolventen oder insolvenzgefährdeten GmbH zum Vorteil der Altgesellschafter und Altgeschäftsführer zum Zwecke der Benachteiligung der Gesellschaftsgläubiger10 unter Ausnutzung der rechtlichen Möglichkeiten der Anteilsübertragungen und Sitzverlegungen.11 Der Regierungsentwurf 2007 des MoMiG definiert in seiner Begründung die „Bestattungsfälle“ dahingehend, dass Unternehmen „zum Schaden ihrer Gläubiger einer ordentlichen Liquidation oder Insolvenz entzogen“ werden und „die Gesellschafter und Geschäftsführer sich ihrer Verantwortung entziehen“12. In Übereinstimmung mit diesen Definitionsansätzen ist die Unternehmensbestattung also eine Form der Wirtschaftskriminalität, bei der durch Einschaltung von 4

Kleindiek, ZGR 2007, S. 296. Tüting, S. 63. 6 Kilper, S. 25. 7 Ders., S. 24. 8 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 39 Rn. 21. 9 So OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), wistra 2013, 370; Kleindiek, ZGR 2007, 276, 277; ebenso beschreibt die Unternehmensbestattung Kuhn, S. 60, Kilper, S. 407; Petersen, S. 150. 10 Ehricke, Haftungsprobleme bei der Unternehmensbestattung, in: FS für Klaus J. Hopt zum 70. Geburtstag am 24. August 2010, S. 592. 11 ABC des Insolvenzrechts, InsbürO 2008, 38; Weller, GmbH-Bestattung im Ausland, ZIP 2009, 2029; Weng, Anm. zum OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), NZI 2013, 654; vgl. Tüting, S. 66 – 67, die die Begriffsdefinition nur durch die allgemeinen Zwecke bestimmt. 12 Regierungsentwurf vom 25. 07. 2007, BT Drs. 16/6140. 5

A. Begriffsbestimmung

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spezialisierten, professionell handelnden Dritten und unter Umgehung gesetzlicher Liquidationsregeln sowie durch Ausnutzung der rechtlichen Möglichkeiten der Anteilsveräußerung und Sitzverlegung das Unternehmen beseitigt und die Verantwortlichkeit verhindert werden soll. In Russland lassen sich Liquidationsdienstleistungen von Wirtschaftsberatern in zwei Gruppen aufteilen, nämlich in die offizielle (gesetzliche) Liquidation einerseits und in die alternative Liquidation andererseits. Laut Art. 61 ZGB zieht die Liquidation der juristischen Person13 ihre Auflösung ohne Rechts- und Pflichtenübergabe an Dritte als Rechtsnachfolger nach sich. Die offizielle oder „weiße“ Liquidation entspricht den gesetzlichen Regeln und wird deshalb in dieser Arbeit nicht näher behandelt. Die allgemeine nichtjuristische Öffentlichkeit versteht unter der Liquidation einer juristischen Person meistens Handlungen, die auf die Einstellung der Verbindung des Altgesellschafters14 mit der juristischen Person gerichtet sind. Dank derartiger Vorstellungen und entsprechender rechtlicher Möglichkeiten in der russischen Insolvenz- und Abwicklungspraxis entstand neben dem Begriff der „offiziellen Liquidation“ der Begriff der „alternativen Liquidation einer juristischen Person“. Die „alternative Liquidation“, die dank dem Fehlen einer Legaldefinition auch Bezeichnungen wie „graue Liquidation“ oder „Quasiliquidation“15 erhalten hat, ist in der Praxis allgemein verbreitet, hat allerdings keine Beziehung zur „normalen“ oder gesetzlichen Liquidation. Mit dem Begriff der „alternativen Liquidation“ wird der quasi-gesetzliche „Rücktritt“ des Unternehmens von den Verbindlichkeiten umschrieben.16 Es handelt sich um Rechtsgeschäftsketten, die das wirkliche Ziel verschleiern sollen, nämlich das Abschütteln des Unternehmens durch den Gesellschafter aus verschiedenen Gründen. Die „alternative Liquidation“ wird zwar entsprechend den Normen des ZGB durchgeführt, allerdings hat sie keine legale Auflösung der Gesellschaft zur Folge, sondern die Rechts- und Pflichtenübergabe erfolgt anhand der Rechtsnachfolge.17 Das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern wird aufgehoben, die zivil- und strafrechtliche Verantwortung 13

Nach russischem Recht ist eine juristische Person eine Organisation, die gesondertes Vermögen hat und mit diesem Vermögen für ihre Verbindlichkeiten haftet, in eigenem Namen Vermögensrechte und persönliche nicht vermögenswerte Rechte erwerben und ausüben, Pflichten übernehmen und Klägerin und Beklagte vor Gericht sein kann (Art. 48 ZGB). 14 Wörtlich „ucˇ astnik“ = „Teilhaber“. Hier in einem weiteren Sinne vom russischen Gesetz verstanden als Gründer, Gesellschafter, Mitglied. Im Gesellschaftsrecht mit Gesellschafter übersetzt. Weiterhin werden der oder die Gründer als Gesellschafter bezeichnet. 15 Nacˇ alov/Egorov, Juristische Person und Einzelunternehmen: Gestaltung, Reorganisation, Liquidation, 2007, S. 111; Jagudin, Vorsicht: Aktion „Liquidation“!, Audit, Nr. 10 (166), 2009, S. 8. 16 Aparysˇev, Wenn der Gerichtsvollzieher nicht hilft, helfe dir selbst, ÈZˇ -Jurist, Nr. 44, 2012, S. 13; Nacˇ alov/Egorov, S. 111 tendiert dazu, dass diese Weise der Abwicklung richtigerweise nicht als „Liquidation“, sondern „Abwicklung juristischer Person wegen der Reorganisation“ oder „Wechsel des Anteilseigners“ genannt werden soll. 17 Moskalev, Buhgalter i Zakon, Nr. 12, 2010, S. 20.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

für die laufende Tätigkeit geht auf andere natürliche oder juristische Personen über.18 Auf diese Weise umgehen die russischen Bestatter – parallel zur Situation in Deutschland – durch die rechtlichen Möglichkeiten der Anteilsübertragung und Sitzverlegung die gesetzlich festgesetzten Liquidationsregeln. Zusammenfassend sind also unter „alternativer Liquidation“ Konstellationen zu verstehen, in denen Gesellschafter einer GmbH unter Mitwirkung spezialisierter Bestattungsgesellschaften und „mittels der Umgehung eines langwierigen und wegen Gläubigeransprüchen gefährlichen gesetzlichen Liquidationsverfahrens die juristische Person beseitigen wollen“19.

B. Arten der Unternehmensbestattung Bei der Unternehmensbestattung können entsprechend den Zielen und Rechtsfolgen zwei verschiedenen Arten unterschieden werden.20 Als Ausgangskriterium kann das Ausmaß der Fortführung der unternehmerischen Tätigkeit herangezogen werden. Mit dem gleichen Kriterium lässt sich die „alternative Liquidation“ nach russischem Recht systematisieren. Wenn das Vertrauen in eine erfolgreiche selbständige unternehmerische Tätigkeit einer GmbH in Gefahr gerät, weil das Unternehmen vor einem völligen finanziellen Kollaps steht, wollen die Gesellschafter, die meistens gleichzeitig die einzigen Geschäftsführer sind, mit dieser Tätigkeit aufhören und die „misslungene“ Gesellschaft bestatten, um „nicht als Versager abgestempelt zu werden“21. Nach der Anteilsveräußerung und Niederlegung vereinnahmen die bisherigen Gesellschafter das für den Bestatter uninteressante restliche Betriebsvermögen und beginnen ein ganz neues Leben. In solchen Fällen geht es also um die Variante der sog. „völligen“ Unternehmensbestattung. Im anderen – häufiger vorkommenden – Fall verfolgen die Gesellschafter der GmbH nicht das Ziel, mit der unternehmerischen Tätigkeit gänzlich aufzuhören, sondern sie wollen sich von einigen Gläubigeransprüchen befreien, im Übrigen aber weiter unternehmerisch tätig sein.22 Das Unternehmen soll durch neue Gesellschafter und Geschäftsführer fortgeführt werden. Sowohl unternehmensnotwendige Verträge 18

Moskalev, Die Liquidation der juristischen Personen nach dem Zivilgesetzbuch der Russischen Föderation und ihre Alternativen, Buhgalter i Zakon, Nr. 8, 2010, S. 30; Igumnov, Konsultant, Nr. 21, 2010, S. 49. 19 Krosˇkin, Jurist kompanii, Nr. 11, 2012, S. 78. 20 Kilper, S. 17. 21 Kuhn, S. 44. 22 Beschluss vom Präsidium des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 27. 05. 1997 Nr. 2237/96, Informationsblatt des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation, Nr. 9, 1997; ebenso BGH (vom 24. 03. 2009) wistra 2009, 274; BGH (vom 15. 11. 2012) NJW 2013, 1892.

C. Die Beteiligten einer Unternehmensbestattung

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und Kundenbeziehungen als auch Arbeitnehmer der zu bestattenden Gesellschaft werden in die neue Gesellschaft überführt.23 Häufig werden Gegenstände aus dem Betriebsvermögen, an denen die Bestatter regelmäßig kein Interesse haben, von bisherigen Gesellschaftern/Geschäftsführern zu Lasten des Gesellschaftsvermögens für ihre weitere Geschäftstätigkeit verwendet.24 Ein weiteres Abgrenzungskriterium kann die Stellung oder Nichtstellung des Insolvenzantrags für die GmbH sein. Häufig wird zum Geschäftsführer eine von dem Unternehmensbestatter vermittelte Person bestellt, die keine kaufmännische Erfahrung und ebenso kein Interesse hat, weiter tätig zu sein. Das Verfahren der Geschäftsführerbestellung wird viele Male wiederholt, bis die Gesellschaft nicht mehr erreichbar ist. Zumeist beabsichtigen die Bestatter und Neugeschäftsführer nicht, das Insolvenzverfahren durchzuführen, sondern untersuchen die insolvenzreifen Gesellschaften daraufhin, „ob sie ausgeschlachtet oder gegebenenfalls zumindest der Firmenmantel möglicherweise für strafbare Zwecke verwendet werden kann“25. In einer seltener gewählten Variante wird nach Bestellung eines neuen Geschäftsführers durch diesen ein Insolvenzantrag gestellt. Letztere Art der Unternehmensbestattung wird nach den Untersuchungen der Verfasserin in Russland selten genutzt. Auch bei der nach russischem Recht durchgeführten „alternativen Liquidation“ können verschiedene Varianten unterschieden werden: Anteilsveräußerung hinsichtlich der GmbH sowie Wechsel des Geschäftsführers und Buchhalters. Beide Maßnahmen werden manchmal von einer Sitzverlegung begleitet; Integration der liquidierten Gesellschaft in eine andere, durch den Unternehmensbestatter geführte Gesellschaft sowie Inkorporation der liquidierten Gesellschaft in eine speziell dazu gegründete Gesellschaft; Aufteilung sowie Abtrennung des krisenbefangenen Unternehmens. Sämtliche Rechte und Pflichten gehen in diesen Fällen auf den Nachfolger über, mit dem der bisherige Gesellschafter/Geschäftsführer keine Beziehungen hat.26

C. Die Beteiligten einer Unternehmensbestattung Die beteiligten Personen einer Unternehmensbestattung sind bereits mehrmals erwähnt worden. Im Folgenden werden alle Akteure der Unternehmensbestattung 23

Hirte, Die organisierte „Bestattung“ von Kapitalgesellschaften: Gesetzgeberischer Handlungsbedarf im Gesellschafts- und Insolvenzrecht, ZInsO 2003, 833; ebenso BGH (17. 09. 2004), wistra 2005, 194; BGH (15. 11. 2012), NZI 2013, 366. 24 Goltz/Klose, NZI 2000, 108 – 109. 25 Goltz/Klose, NZI 2000, 108 zeichnet drei Arten von Firmenbestattung: „Typ A“, „Typ B“, „Typ C“ aus; vgl. im Sachverhalt des OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), NZI 2013, 654; ebenso Hey/Regel, Kriminalistik 1999, 260 f. 26 Nacˇ alov/Egorov, S. 111; Kondratkova, Istoricˇ eskie, filosofskie, politicˇ eskie i juridicˇ eskie nauki, kul’turologija i iskusstvovedenie. Voprosy teorii i praktiki, 2013. No. 4-1 (30), S. 102.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

nochmals einzeln dargestellt. Regelmäßig treten drei beteiligte Personen auf,27 nämlich die Gesellschafter und Geschäftsführer der zu bestattenden GmbH, der gewerbsmäßige Bestatter, der meist als Wirtschafts- oder Krisenberater bezeichnet wird, und die Person die als neuer Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH fungieren soll. Darüber hinaus bedarf die Anteilsveräußerung (bspw. § 15 III GmbHG) oder die Neugründung der Auffanggesellschaft (§ 2 I 1 GmbHG) notarieller Beurkundung. Daher treffen sich die Beteiligten oft bei einem Notar. Aus diesem Grunde kann auch der Notar zu den mitwirkenden Personen gehören.

I. Altgeschäftsführer und Altgesellschafter einer insolventen Gesellschaft Als vorrangig Beteiligte sind zunächst die aktuellen Gesellschafter und/oder Geschäftsführer der insolventen und zu bestattenden GmbH hervorzuheben. Diese Personen wenden sich aus vielen Gründen an professionelle Unternehmensbestatter. Ein Geschäftsführer, der zugleich auch Gesellschafter einer kleinen GmbH ist, kann sich manchmal nur schwer dazu entschließen, den langen und erschöpfenden gesetzlich vorgeschriebenen Weg der Gesellschaftsliquidation zu wählen. Dann wird er sich mangels juristischer Bildung und fehlender Kenntnisse auf alle Versprechungen der Bestatter verlassen28 und die Unternehmensbestattung nicht nur für einen legalen, sondern für den gesellschaftlich anerkannten Typ der Liquidation halten. Getrieben von Ängsten vor künftigen Buchhaltungs- und Steuerprüfungen,29 dem eigenen schändlichen Versagen,30 dem Verlust des Unternehmens und des eigenen Vermögens suchen Gesellschafter/Geschäftsführer die Hilfe bei Unternehmensbestattern. Ferner betrifft das Unternehmensbestattungsverfahren auch diejenigen Gesellschafter, die absichtlich diesen Weg gehen, um sich nicht mit der Insolvenz in 27

Die Besetzung der typischen Unternehmensbestattung ist zumeist in Russland und in Deutschland identisch, das ergibt sich aus den Darstellungen bei Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 12 ff.; Pananis/Börner, GmbHR 2006, S. 513; Kilper, S. 19; Kuhn, S. 44; Moskalev, Buhgalter i Zakon, Nr. 8, 2010, S. 32 – 33; Prokazin, Die Problemlösung des „eintägigen Scheinunternehmens“ wird durch das Strafgesetzbuch vorgeschlagen, Èkonomika i Zˇ izn’, Nr. 6, 2011. 28 Goltz/Klose, NZI 2000, 109 sehen weniger die Opferrolle des Altgesellschafters, da ihm bei der ersten Kontaktaufnahme mit dem Bestatter klar wird, dass der Bestatter und der von ihm vermittelte Aufkäufer an der Gesellschaft als solcher kein Interesse haben. 29 Krosˇkin, Jurist Kompanii, Nr. 11, 2012, S. 78. Sowie der Unternehmer die Liquidation seiner Gesellschaft erklärt, darf eine Steueraußenprüfung gemäß Art. 89 Punkt. 11 Steuergesetzbuch der Russischen Föderation durchgeführt werden. Die unangenehme Perspektive der dauernden Steueraußenprüfung, die durch die feindlichen Interessen der Finanzbeamten verschärft wird, veranlasst den Gesellschafter und Geschäftsführer, eine andere Liquidationsweise zu suchen. 30 Kuhn, S. 44.

C. Die Beteiligten einer Unternehmensbestattung

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Verbindung bringen zu lassen und um keine Zeit für das Insolvenzverfahren zu vergeuden. Wenn wir einen Blick auf die Gesellschafter und die Geschäftsführer der zu bestattenden Gesellschaften als unterschiedliche Personen werfen, fällt auf, dass bis 2008 überwiegend die Geschäftsführer verantwortlich waren. Das MoMiG hat zur Bekämpfung von Unternehmensbestattungen die Aufmerksamkeit auf die Gesellschafter gelenkt und im Fall der Führungslosigkeit der Gesellschaft (§ 35 I 2 GmbHG) oder bei unbekanntem Aufenthalt des Geschäftsführers die Gesellschafter dieser Gesellschaft in die Verantwortlichkeit für die Stellung des Insolvenzantrags einbezogen. In führungslosen Aktiengesellschaften und Genossenschaften trifft die Pflicht der Insolvenzantragstellung ebenso die Mitglieder des Aufsichtsrats (§ 15a III InsO).31 Genauso wird in § 6 V GmbHG im Grundsatz eine Auswahl- und Überwachungspflicht der Gesellschafter in Bezug auf einen bestellten Geschäftsführer vorausgesetzt. Der Gesellschafter soll sich bei Überlassung der Geschäftsführung davon überzeugen, dass der – sowohl förmlich bestellte als auch faktische – Geschäftsführer keinem geltenden Bestellungsverbot (§ 6 II GmbHG) unterliegt, sonst haftet der Gesellschafter „solidarisch für den Schaden, der daraus entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt“32.

II. Unternehmensbestatter Der Hauptakteur, sozusagen der Organisator des Unternehmensbestattungsverfahrens, ist der Unternehmensbestatter, der sich bei der Bewerbung seiner Dienste in Tageszeitungen und im Internet großspurig als Wirtschafts-, Krisen-, Unternehmensberater oder als Sanierer bezeichnet. Eben an diese Person wenden sich Gesellschafter und Geschäftsführer, die leichte Liquidationswege suchen. Teilweise ist diese Person auch Rechtsberater der zu bestattenden Gesellschaft,33 oder sie schreibt insolvente Gesellschaften direkt mit dem Angebot an, für diese schnell und effektiv tätig werden zu können.34 Als Unternehmensbestatter handelt zumeist nicht ein Täter, sondern eine Gruppe von Tätern, die aufgrund einer formellen bzw. informellen Organisationsstruktur tätig ist. Dabei lassen sich Spitzen der Organisation, die die Führung und Koordinierung der Aufkäufertätigkeiten vornehmen, und lokale Kontaktvermittler unterscheiden.35 Es handelt sich überwiegend um eine ganz nor31

Grigoleit/Rieder, GmbH-Recht nach dem MoMiG, 2009, S. 107 – 108. Grigoleit/Rieder, GmbH-Recht nach dem MoMiG, S. 100 – 102. 33 Uhlenbruck, in: Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 4. Aufl. 2009, Rn. 11.67. 34 Kuhn, S. 45. 35 Hey/Regel, GmbHR 2000, 117 sind der Meinung, dass man am ehesten die Struktur dieser Bestattungsorganisationen mit einer Art Franchisesystem vergleichen kann. In diesem Fall kann der lokale Kontaktvermittler mit dem Handelsvertreter verglichen werden, der die Haupttätigkeit ausübt und dafür einen Anteil von dem Entsorgungsentgelt erhält. 32

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

male Gesellschaft, nämlich die Abwicklungsgesellschaft, die neben anderen juristischen Dienstleistungen die Leistungen einer Unternehmensbestattung ausübt.36 Überdies haben die Sanierungs- und Abwicklungsgesellschaften, die die Unternehmensbestattung durchführen, eine Gemeinsamkeit: Die Firmenbezeichnungen fehlen oft. In Anzeigen werden nur die Beschreibung der Leistung und eine Telefonnummer angegeben37 oder eine Kontaktaufnahme ist nur per E-Mail38 möglich. Der Unternehmensbestatter, der als Drahtzieher das ganze Verfahren einfädelt, organisiert zumeist dieses Unternehmensbestattungsverfahren selbst. Er vermittelt beim Anteilsverkauf, gewährt aus seinem „Personalvorrat“39 die Person, die als neuer Geschäftsführer bestellt werden soll, kümmert sich um die Auswahl des Notars und veranlasst oftmals, dass die Geschäftsunterlagen beseitigt werden. Nur in seltenen Fällen tritt er selbst als Aufkäufer auf. Er bestimmt, wo und wann ein Insolvenzantrag von dem neuen Geschäftsführer gestellt werden soll, und er hilft dem Altgesellschafter/Altgeschäftsführer, die weitere unternehmerische Tätigkeit „korrekt“ zu gestalten. Er erledigt also den wichtigsten Teil der Unternehmensbestattung, bekommt ein „Riesenhonorar“40 für seine Tätigkeit, bleibt aber außerhalb des offiziellen Abwicklungsvorgangs, so dass er im Schrifttum und auch hier als „Hintermann“ bezeichnet wird.

36 Z.B. Angebote auf der Internetseite von der Gesellschaft „Mulenna“, URL: www.mulenna-lex.ru (Stand 09. 10. 2017). 37 Vgl. Anzeige eines Unternehmensbestatters im Internetauftritt, URL: http://dmir.ru/ob yavleniya/srochnaya-likvidaciya-firm-s-dolgami2682039.html (Stand 05. 03. 2014); URL: www.wirtschaftsberatung-winter.de. 38 Vgl. Kontaktdaten der Beratungsgesellschaft „Business Konsalt“, URL: http://www.bskonsalt.ru/ (Stand 05. 03. 2014) und der Abwicklungsgesellschaft „InsoCare GmbH“, URL: www.insocare.de (Stand 05. 03. 2014). 39 Kleindiek, ZGR 2007, 277; Petersen, S. 25 f. 40 Die konkrete Höhe des Bestattungshonorars ist oft nicht bekannt. Meist beläuft sie sich in Deutschland auf mehrere tausend Euro. Die verschiedenen Honorarzahlen werden angegeben: Hey/Regel, GmbHR 2000, 116 bezeichnet, dass das „Entsorgungsentgelt“ ca. 10 % der Verbindlichkeiten, i. d. R. mindestens aber mehrere tausend DM, bzw. Euro beträgt; Schröder, Die strafrechtliche Haftung des Notars als Gehilfe bei der Entsorgung einer insolvenzreifen GmbH außerhalb des Insolvenzverfahrens, DNotZ 2005, 596, 597 nennt 7.500 – 30.000 Euro; Pape, ZIP 2006, 879 und Mackenroth, Die GmbH-Reform: Kampf den Firmenbestattern, NJ 2009, 2 nennen 2.000 – 20.000 Euro; Kümmel, wistra 2012, 166 weist auf den konkreten Fall mit dem Honorar von 20.000 Euro hin; die russischen Bestatter verheimlichen ihre Preise nicht, wie aus den Werbungen z. B. der Gesellschaft „Mulenna“, URL: www.mulenna-lex.ru, oder der Gesellschaft „Business Konsalt“, URL: http://www.bs-konsalt.ru/category/alternativnaya_likvida ciya_ooo (Stand 09. 10. 2017) folgt: Der Preis hängt von der Art der Bestattung ab: beim Anteilsverkauf und Geschäftsführerwechsel beträgt das Honorar von 15.000 bis 40.000 Rubel, was ca. 200 – 600 Euro entspricht, Bei Integration und Inkorporation muss man 70.000 – 90.000 Rubel (ca. 1000 – 1300 Euro) zahlen.

C. Die Beteiligten einer Unternehmensbestattung

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III. Neugesellschafter und Neugeschäftsführer Häufig handelt es sich bei der Person, die als Anteilskäufer und Neugeschäftsführer auftritt, um eine natürliche Person. Diese Person wird vom Hintermann als Strohmann eingestellt; oft kennt selbst sie die echten Anteilseigner und Geschäftsführer nicht. Deshalb bezeichnet man in der Praxis der russischen Unternehmensbestattung diese Person als nominellen Geschäftsführer („Nominal“). Was die berufliche Qualifikation dieser Person angeht, fehlt es sowohl an beruflichen Kenntnissen über die Sanierung und Liquidation von Gesellschaften als auch an unternehmerischen Erfahrungen.41 Zumeist sind die Neugeschäftsführer/Neugesellschafter vermögenslose42 Arbeitslose, Sozialhilfe- und Rentenempfänger43, arbeitslose Ausländer oder Drogenabhängige. Wie „Handlanger“ sind sie im Regelfall dazu bereit, jede Arbeit für ein geringes Honorar auszuüben. Auf spezialisierten russischen Internetseiten, die der Arbeitssuche gewidmet sind, kann man nicht nur die Anzeige von nach Strohmännern suchenden Hintermännern, sondern auch Anzeigen von Menschen finden, die auf diese Weise Geld verdienen möchten. Für seine Tätigkeit, die sich in Russland und auch in Deutschland in der Regel darin erschöpft, dass diese Person ihren Namen und Angaben des Personalausweises zur Verfügung stellt, bei den von dem Hintermann festgelegten Notarterminen anwesend ist, um den Anteilskauf zu beglaubigen und die notwendigen Unterschriften zu leisten, erhält ein Strohmann im Regelfall ein Honorar in Höhe von einhundert bis eintausend Euro.44 Bis zum Inkrafttreten der Änderungen des Föderalen Gesetzes der Russischen Föderation „Über die staatliche Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmern“45 am 1. Juli 2009, wonach die Anteilsübertragung notariell zu beglaubigen ist, wurden auch Verstorbene als Strohmänner eingetragen. Heutzutage locken die Unternehmensbestatter Kunden mit dem Slogan „der von uns vermittelte

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Kleindiek, ZGR 2007, 278; Kuhn, S. 46. So im Sacherhalt des LG Potsdam (17. 09. 2004) wistra 2005, 193, wo der gelernte Maurer, der zur Zeit arbeitslos und über dessen Vermögen ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden war, die Gesellschaft leiten sollte; Hirte, ZInsO 2003, 834; Kleindiek, ZGR 2007, 278; in der russischen Rechtsprechung vgl. Beschluss des Friedensgerichts im Gerichtsbezirk Nr. 5 in Tsentral’nyj Rajon der Stadt Barnaul vom 15. 01. 2016 Nr. 5-597/15, Internetportal sudact.ru. 43 BGH (15. 11. 2012), NZI 2013, 365 = NJW 2013, 1862. 44 Kuhn, S. 47; ebenso Hey/Regel, Kriminalistik 1999, 258, 259, Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht § 29 Rn. 20 schätzen 500 – 1000 Euro; in der Rechtsprechung handelt es sich um gleiche Zahlungen, in BGH (15. 11. 2012) NJW 2013, 1893; Zinov’ev, Eingesetzte Fachkräfte, Kommersant. Dengi, Nr. 31 vom 07. 08. 2006, S. 14 nennt den Betrag von einigen hundert Dollar. Wenn es um Drogenabhängige und Alkoholsüchtige geht, kann das Honorar etwa 100 Euro betragen. 45 Wörtlich „Federal’nyj Zakon ot 08. 08. 2001 Nr. 129-FZ „o gosudarstvennoj registracii juridicˇ eskih lic i individual’nyh predprinimatelej“ = „Föderales Gesetz vom 08. 08. 2001 Nr. 129-FZ „Über die staatliche Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmern“. 42

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

Geschäftsführer ist real und adäquat“46. Auch in Deutschland finden sich Sachverhalte, in denen nichtexistente Personen eingesetzt werden.47 In einigen Fällen werden absichtlich ausländische natürliche Personen sowie im Ausland lebende Inländer als Neugesellschafter/Neugeschäftsführer bestimmt. Häufig leiten die neu eingesetzten Geschäftsführer nicht etwa zwei oder drei Gesellschaften, sondern eine Vielzahl von Unternehmen.48 In diesen Konstellationen spricht man von Massengeschäftsführern.49 Diese Person ist als „Werkzeug des Hintermanns gleichsam der Sargträger bei der Unternehmensbestattung“50. Teilweise können auch andere Gesellschaften als Anteilskäufer eingesetzt werden. Vielfach handelt es sich um veräußerte Unternehmen, die nur zum Zwecke des Aufkaufens verwendet werden und deren Geschäftsführer vom Hintermann aus seinen Mitarbeitern ausgewählt werden. Regelmäßig wird eine solche Gesellschaft mit einem Strohmann eingesetzt, um illegale Geschäfte in konkreten Situationen zu verheimlichen und die Unübersichtlichkeit zu verstärken.51 Man bezeichnet die andere Gesellschaft in Russland als Anteilskäufer, da es sich eher um eine Inkorporation als um eine Form der „Liquidation“ handelt: Dafür wird extra eine neue Gesellschaft (ein sog. „eintägiges Scheinunternehmen“) in einer anderen Region gegründet, um die insolvenzreife Gesellschaft aufzukaufen. Die insolvenzreife Gesellschaft beendet ihre Tätigkeit aufgrund der Reorganisation, und zwar durch Inkorporation mit der neuen Gesellschaft.

D. Ziele der Unternehmensbestattung Wenn das Geschäft prosperiert und keine wirtschaftlichen Probleme bestehen, würde kein Unternehmer beabsichtigen, sich heimlich seines Unternehmens zu entledigen. Nur wenn die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Schieflage gerät, sich die Verbindlichkeiten vermehren und keine Perspektive für eine Sanierung gegeben ist, kommt der Unternehmer auf den Einfall, mittels der sog. Wirtschaftsberater die Gesellschaft zu „entsorgen“. In derartigen Fällen verfolgen die Beteiligten der Unternehmensbestattung in Deutschland sowie in Russland konkrete Ziele, die im Folgenden dargestellt werden. 46

Angebot von der Beratungsgesellschaft, URL: www.barrit.ru (Stand 09. 10. 2017). Schäfer, Firmenbestatter und Strafrecht, NJW-Spezial, 2007, 457. 48 Schrep, Der Spiegel Nr. 1/2009, S. 32; von gleichen Fällen sprechen Hey/Regel, Kriminalistik 1999, S. 259; dies., GmbHR 2000, 116; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 16; Tüting, S. 74; Krosˇkin, Jurist kompanii, Nr. 11, 2012, S. 78. 49 Wörtlich „massovyj Direktor“ = „Massengeschäftsführer“: der Begriff wird in der Praxis der russischen Unternehmensbestatter verwendet. Bestätigt in der Rechtsprechung: Entscheidung des Rudninskij Rajongerichts in Stadt Kemerovo vom 05. 11. 2015 Nr. 2-2238/2015, Internetportal: sudact.ru. 50 Kuhn, S. 47. 51 Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29, Rn. 16. 47

D. Ziele der Unternehmensbestattung

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Die echten Interessen bei der Unternehmensbestattung sind nur den Beteiligten bekannt. Allerdings geht die Fachliteratur52 davon aus, dass sich die Ziele der Unternehmensbestattung anhand der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und der eigenen Interessen der Beteiligten (pro domo), sowie anhand des Ablaufs der Unternehmensbestattungsmaßnahmen bestimmen lassen. Die Altgesellschafter und damit vielfach auch der Altgeschäftsführer der GmbH verfolgen das Ziel, sich geräuschlos von ihren verschuldeten Unternehmen zu trennen. Des Weiteren möchten sie dem langwierigen (die gesetzliche Liquidation in Russland dauert normalerweise mindestens 2,5 Monate), unangenehmen und wegen der Geltendmachung von Gläubiger- und/oder Steuerbehördenansprüchen gefährlichen Weg des Insolvenzverfahrens entgehen,53 den „guten Namen“ bewahren (viele Gesellschafter befürchten, dass ein Insolvenzverfahren und eine Eintragung bei der Schufa negative Folgen für ihre wirtschaftliche Zukunft hat), und sich der möglichen zivil- und strafrechtlichen Verantwortung entledigen. Zu den Zielen der Hintermänner zählen also die Liquidation der Gesellschaft auf „kaltem Wege“ zu ihren Gunsten und die Verschleierung ihrer persönlichen Verantwortung. Das MoMiG, dessen Ziel die Bekämpfung solcher Art von Wirtschaftskriminalität wie der Unternehmensbestattung ist, gibt in seiner Begründung die Entziehung der ordentlichen Liquidation oder Insolvenz zum Schaden der Gläubiger und die Vermeidung der Verantwortung von Gesellschafter und Geschäftsführer als gemeinsame Ziele der Unternehmensbestattung an.54 Kleindiek fasst die Ziele entsprechend der durchgeführten Maßnahmen sehr plastisch zusammen: Verschleierung der tatsächlichen Gegebenheiten, Verzögerung gerichtlicher Entscheidungen, Verschiebung des noch vorhandenen Vermögens, Zermürbung der Gläubiger.55 Zunächst zielen die Beteiligten mit der Sitzverlegung, Bestellung des neuen Geschäftsführers und Umfirmierung darauf ab, dass eine Auskunft über das Unternehmen für die Gläubiger, für die Insolvenzverwalter und für die Staatsanwälte nicht nur erschwert, sondern bestenfalls sogar gänzlich vereitelt wird. So soll die Verlegung des Sitzes aufgrund der Zuständigkeitskonflikte zur Verzögerung im Rahmen eines Insolvenzantragsverfahrens führen. Die weiteren in konkreten Fällen durchgeführten Maßnahmen, wie die Verheimlichung oder Vernichtung von Unternehmensunterlagen und die Verschleierung des Unternehmensvermögens, bezwecken, die Gläubiger der Gesellschaft „hakenschlagend abzuschütteln und durch 52 Goltz/Klose, NZI 2000, 108; Kleindiek, ZRG 2007, 276 f.; Grigoleit/Rieder, S. 99; Kilper, S. 20 – 21. 53 Romanov, Strafrechtliche Haftung für die rechtwidrige Gestaltung der juristischen Person und rechtswidrige Benutzung der Unterlagen für die Gestaltung der juristischen Person (Art. 173.1 und 173.2 UK RF), Hozjajstvo i pravo Nr. 9, 2012, S. 120; Kondratkova, Istoricˇ eskie, filosofskie, politicˇ eskie i juridicˇ eskie nauki, kul’turologija i iskusstvovedenie. Voprosy teorii i praktiki, 2013. No. 4-1 (30), S. 102. 54 Tiedermann, Wirtschaftstrafrecht BT, 3. Aufl., Rn. 597. 55 Kleindiek, ZGR 2007, 276, 277; ebenso ders., in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 2009, S. 256.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

Ermüdung dazu zu bewegen, die Verfolgung ihrer Ansprüche aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus aufzugeben“56. Auch geht es darum nach dem Verschwinden des Unternehmens den „guten Ruf“ zu behalten.57 In der Öffentlichkeit ist die Vorstellung verbreitet, dass ein Insolvenzverfahren stets mit der Liquidation des Unternehmens verbunden ist.58 Die Gesellschafter, die gleichzeitig auch Geschäftsführer der GmbH sind, möchten sich aber oft lediglich von den lästigen Schulden befreien und die unternehmerische Tätigkeit weiterführen. Daher bevorzugen sie es, sich an die Beratungs- und gleichzeitig Bestattungsfirmen zu wenden, aus deren Anzeigen59 sich alternative Lösungen ergeben. Gerade die Gründung einer Vorratsgesellschaft mit altem oder ähnlichem Namen sowie die Übertragung von Vermögen auf eine neu gegründete Gesellschaft zielen darauf ab, die unternehmerische Tätigkeit mit einer Nachfolgegesellschaft fortzuführen.60 Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass die wichtigsten Ziele der Unternehmensbestattungsakteure sowohl in Deutschland als auch in Russland darin liegen, die Forderungen von Gesellschaftsgläubigern leer laufen zu lassen, die Heranziehung zur zivil- und strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu vermeiden und gegebenenfalls die unternehmerische Tätigkeit ohne die Belastung mit den aufgelaufenen Schulden weiterzuführen.

E. Schutz der Wirtschaft und Gläubigerinteressen als Ausgangspunkt Für die Unternehmensliquidation sind nach dem geltenden deutschen und russischen Recht zwei Alternativen vorgesehen, nämlich das Abwicklungsverfahren nach den §§ 60 ff. GmbHG und Art. 61 ff. ZGB oder die Liquidation im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nach § 11 ff. InsO und Art. 65 ZGB, Art. 3 ff. des russischen InsG61. In beiden Fällen werden die Interessen der Gläubiger, bzw. die all56 LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 194; auch so im Fall des BGH (30. 07. 2003), NJW 2003, 3787 ff.; auch so Goltz/Klose, NZI 2000, 109; Hirte, ZInsO 2003, 834; Oelschlegel, Die transnationale GmbH-Bestattung, 2009, S. 33 f. 57 AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 954; Oelschlegel, S. 36. 58 Kilper, S. 22 – 23. 59 Z.B. Anzeige auf dem Internetauftritt des Wirtschaftsberaters Winter: URL: www.wirt schaftsberatung-winter.de (Stand 16. 12. 2013). 60 Das Ziel, die Unternehmenstätigkeit fortzuführen, wird in der Rechtspraxis bestätigt: BGH (15. 11. 2012), NZI 2013, 366 = NJW 2013, 1893; AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 954; so auch im Präsidiumsbeschluss des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 27. 05. 1997 Nr. 2237/96, Informationsblatt des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation, Nr. 9, 1997; siehe auch Kolb, Ziele des kriminellen Bankrotts, Zakonnost’, 2003, Nr. 9, S. 25; Volzˇenkin, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit nach Russlands Strafrecht, 2007, S. 367. 61 Wörtlich „Zakon o nesostojatel’nosti (bankrotstve)“ = „Insolvenzgesetz“.

E. Schutz der Wirtschaft und Gläubigerinteressen als Ausgangspunkt

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gemeinen Interessen, in besonderer Weise berücksichtigt. Im Liquidationsverfahren wird dies durch die Vorschriften der §§ 65 II, 70, 73 GmbHG und § 149 HGB und Art. 60, 63, 64 ZGB, Art. 51 P. 5 des russ. GmbHG62 sowie Art. 15 P. 6 des russ. AktG63 gewährleistet.64 Im Insolvenzverfahren ergibt sich der Schutz der Gläubigerinteressen vor allem aus den allgemeinen Regeln, nach denen der Insolvenzverwalter im Interesse der Gläubiger tätig ist und letztere ihre Interessen im Insolvenzverfahren geltend machen können. Die Praxis der Unternehmensbestattung entspricht hingegen keiner dieser beiden Alternativen. Im Gegenteil: mit den Maßnahmen der Unternehmensbestattung wird versucht, noch vorhandenes Vermögen der Gesellschaft dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen und „den Gläubigern nur noch die vermögenslose gesellschaftsrechtliche Hülle des Unternehmens zu hinterlassen“65. Wer also ohne geordnetes Verfahren versucht, sich seiner Verbindlichkeiten und einem Zugriff auf das Vermögen zu entziehen, zeigt, dass er die Benachteiligung der Gläubiger beabsichtigt.66 Obwohl bei bestattungsorientierten gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen – bei der Anteilsübertragung und der Veräußerung des Gesellschaftsvermögens – bestimmte rechtliche Anforderungen eingehalten werden, führt dies nicht automatisch dazu, dass die Interessen der Gläubiger und Allgemeinheit nicht verletzt werden. Durch die erfolgreichen Bestattungsmaßnahmen wird die Gesellschaft zahlungsunfähig und überschuldet (oder sie war es schon davor, oftmals ist dies wegen des Verlustes der Unterlagen nicht feststellbar); eine Klage von Gläubigern gegen die GmbH und ihre Geschäftsführer sowie Gesellschafter führt zu erheblichen Problemen. Instabilität in der Wirtschaft und Rechtsunsicherheit sind die Folgen. So ist der vielfach zitierte Ausspruch Kilgers weiterhin aktuell: „Das funktionslose Insolvenzrecht ist die Einladung zu wirtschaftskriminellem Handeln […]“67. Daher steht der Wirtschafts- und Gläubigerschutz bei der Durchführung von Maßnahmen der Unternehmensliquidation im Mittelpunkt. Die Interessen der Gläubiger äußern sich meistens in Forderungen gegenüber dem Unternehmen. In der deutschen und weitgehend auch in der europäischen Grundrechtsdogmatik ist die Schutzpflichtenfunktion der Grundrechte anerkannt. Nach dieser Funktion wirken Grundrechte nicht nur als subjektive Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat, sondern begründen im Rahmen der objektiven Werteordnung staatliche Schutzpflichten. Es geht um das berühmte „Rechts-Dreieck“ 62 Wörtlich „Zakon ob obsˇcˇ estvah s ogranicˇ ennoj otvetstvennost’ju“ = „Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung“. 63 Wörtlich „Zakon ob akcionernyh obsˇcˇ estvah“ = „Gesetz betreffend die Aktiengesellschaften“. 64 s. Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 73 Rn. 1; Suhanov, Russisches Zivilrecht, Teil 1, Abschn. II, Kapitel 5, § 3, 3, S. 110. 65 Ehricke, in: FS für Klaus J. Hopt zum 70. Geburtstag am 24. August 2010, 2010, S. 590. 66 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht: Anfechtung und verwandte Regelungsinstrumente in der Unternehmensinsolvenz, 2010, S. 661. 67 44. Dt. Anwaltstag in Hamburg 1986, zitiert bei Tüting, S. 84.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

Grundrechtsgeschützter – Grundrechtsbeeinträchtigter – Grundrechtsschützer. Der Staat ist hierbei nicht mehr derjenige, der wegen eines Grundrechtseingriffs abgewehrt werden muss, sondern derjenige, der zu Hilfe gerufen wird, weil ein Dritter in die Grundrechtssphäre eingreift. Das BVerfG stellt dazu fest „der Staat habe im Privatrecht die Grundrechte des Einzelnen zu schützen und vor Verletzungen zu bewahren“.68 Dementsprechend kommt bei der Nichtbefriedigung der Gläubigerforderungen auch die Verletzung des Grundrechts der Eigentumsgarantie in Betracht: Diese wird gemäß Art. 14 I GG und auch gemäß Art. 35 P. 1, 2 der Verfassung der Russischen Föderation allen natürlichen Personen ohne Rücksicht auf ihre Nationalität, inländischen sowie nach neuer Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch ausländischen juristischen Personen69 garantiert. In einigen russischen gerichtlichen Entscheidungen ist die Gewährleistung der Grundrechte für ausländische juristische Personen ebenfalls anerkannt,70 und entsprechende Stellungnahmen finden sich auch im juristischen russischen Schrifttum.71 Der Eigentumsbegriff, der durch die Verfassung geschützt wird, ist ungleich weiter als der des BGB und umfasst „alle vermögenswerten Rechte […], die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf“72. Die vermögenswerten Rechte sind subjektive (private) Rechte, die einen materiellen Wert haben, neben dinglichen Rechten auch Forderungen73, Kaufpreisansprüche74, die im Rahmen dieser Arbeit besonders wichtig sind, sowie Nutzungsrechte, Mitgliedschaftsrechte, „geistiges Eigentum“, Aktien und Patentrechte75. Die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie enthält Elemente der allgemeinen Handlungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.76 Daraus folgt, dass die Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH über ihr Vermögen nur insoweit verfügen dürfen, als damit das Eigentum der Gläubiger nicht beeinträchtigt und gegen ihre Interessen verstoßen wird. Wo die Interessen der Gläubiger beginnen, endet die Handlungsfreiheit der Gesellschafter und Geschäftsführer. Um einen 68 BVerfGE 103, 89 (100); dann auch Windmann, Privatrechtliche Kontrollmechanismen im Rahmen staatlicher Gewährleistungsverantwortung, DÖV 2008, 949 – 950; Stern, Die Schutzpflichtenfunktion der Grundrechte: Eine juristische Entdeckung, DÖV 2010, 241 ff. 69 BVerfG, NJW 2011, 3428 (3430 f.). 70 Bspw. Entscheidung des Föderalen Verfassungsgerichts der Russischen Föderation vom 24. 02. 2004 Nr. 3-P. 71 Ryvkin, Juristische Personen als Grundrechtsträger: Russische und europäische Praxis, Zˇ urnal rossijskogo prava, 2007, Nr. 11, S. 37. (S. 30 – 39). 72 BVerfGE 83, 201 (209). 73 BVerfGE 28, 109 (141); 68, 193 (222); Umbach/Clemens, Grundgesetz. Mitarbeiterkommentar und Handbuch, Art. 14, Rn. 135. 74 BVerfGE 45, 142 (179). 75 Ipsen, Staatsrecht II. Grundrechte, 15. Aufl. 2012, Rn. 723. 76 BVerfGE 79, 292 (304); 88, 366 (377); Umbach/Clemens, Art. 14, Rn. 43.

E. Schutz der Wirtschaft und Gläubigerinteressen als Ausgangspunkt

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Verstoß gegen Gläubigerinteressen durch die Handlungsfreiheit der Gesellschafter und Geschäftsführer zu vermeiden, schützt das Recht die Gläubiger hauptsächlich durch Gesetzesnormen, die funktional als Ermessensschranken der Gesellschafter und Geschäftsführer eingeordnet werden können, die die Handlungsfreiheit der Gesellschafter und Geschäftsführer begrenzen. Ermessensschranken lösen Prinzipal-Agenten-Konflikte. Ein Prinzipal-Agenten-Konflikt liegt dann vor, wenn das Verhalten des Agenten den Interessen des Prinzipals nicht entspricht. Wenn das Verhalten der Gesellschafter und Geschäftsführer das Befriedigungsinteresse der Gläubiger beeinträchtigt, handelt es sich im Verhältnis der Gesellschafter und Geschäftsführer und der Gläubiger um problematische Prinzipal-Agenten-Verhältnisse, wobei die Gesellschafter und Geschäftsführer jeweils die Agenten und die Gläubiger der Prinzipal sind.77 Die Konfliktlösung besteht darin, dass die Verhaltensspielräume der Agenten auf diejenigen Handlungen und Unterlassungen beschränkt werden, welche den Prinzipalen nicht schaden. Die Ermessensschranken können aber selbstverständlich die Prinzipal-AgentenProblematik nicht flächendeckend lösen. Es bleiben Spielräume, die dann von den Akteuren entgegen des angestrebten gerechten Interessenausgleiches genutzt werden. Beispielsweise sollen die § 65 GmbHG, § 267 AktG und Art. 60 ZGB, gemäß derer die Auflösung der Gesellschaft durch die Liquidatoren bekanntzumachen ist, Prinzipal-Agenten-Konflikte verhindern. Durch die Bekanntmachung werden die Gläubiger über die Auflösung der Gesellschaft benachrichtigt und aufgefordert, sich bei derselben zu melden. Dadurch sollen die Informationsrechte als Ausprägung der von Art. 3 I GG und Art. 19 P. 1 Verfassung der Russischen Föderation geforderten Gleichbehandlung im Verfahrensrecht sichergestellt werden. Art. 3 I GG und Art. 19 P. 1 Verfassung der Russischen Föderation verbieten die sachgrundlose unterschiedliche Behandlung im Wesentlichen vergleichbarer Sachverhalte. Im Rahmen einer Unternehmensbestattung werden jedoch die gesetzlichen Vorschriften umgangen und die Gläubiger an ihrer Anspruchsdurchsetzung gehindert, indem man Zustellungen bewusst erschwert. Der später von Neugeschäftsführern gestellte Insolvenzantrag wird mangels kostendeckender Masse abgewiesen, und die nachfolgende Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckender Masse führt zu einer informatorischen Verschlechterung der Lage der potenziellen Insolvenzgläubiger78 und zur Verletzung der Gläubigerinteressen. Der Staat will und soll mit seinen Regeln solche Missbräuche aber gerade verhindern. Sowohl vor den Verfassungsrichtlinien als auch vor dem Hintergrund des Gesellschafts- und Insolvenzrechts stellt sich also die Frage, ob und inwieweit Gläubiger gegen negative Folgen der Unternehmensbestattung vorgehen können, um ihre Interessen zu schützen, sowie welche Maßnahmen vom Staat durchgeführt werden sollen, damit die Attraktivität der Unternehmensbestattung für die Beteiligten ge77 Steffek, Gläubigerschutz in der Kapitalgesellschaft. Grundlagen und Strukturen nach MoMiG und Trihotel in 10 Thesen, in: Beiträge für Hopt, 2008, S. 293 – 294. 78 Heese, Gläubigerinformation in der Insolvenz, 2008, S. 66 – 67.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

senkt und der Schutz der Gläubigerinteressen und der Wirtschaft im Ganzen garantiert wird. Die Beantwortung dieser Fragen ist das Hauptziel der vorliegenden Arbeit.

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung Um die krisenbefangene Gesellschaft ohne große Probleme zu liquidieren, bedienen sich die Bestatter verschiedener Verschleierungstaktiken. Nachfolgend werden die Maßnahmen chronologisch dargestellt. Dabei soll auf die Parallelen bzw. Unterschiede der Maßnahmen, die in Russland und in Deutschland von den Beteiligten durchgeführt werden, eingegangen werden.

I. Einzelne Maßnahmen 1. In Deutschland a) Kontaktaufnahme zwischen der in der Krise befindlichen Gesellschaft und dem Bestatter Ausgangspunkt jeder Unternehmensbestattung ist, wie oben erwähnt, das Begehren der Gesellschafter/Geschäftsführer der GmbH, die krisenbefangene Gesellschaft beiseitezuschaffen und die Existenz von Angeboten von Personen, die bereit sind, die Unternehmensbestattung zu vermitteln. Die Bestatter lenken die Aufmerksamkeit der daran interessierten Gesellschafter/Geschäftsführer auf sich, indem sie in Zeitungen oder im Internet für ihren Dienst werben.79 Von derartigen Anzeigen angelockte Gesellschafter/Geschäftsführer melden sich regelmäßig per Telefon oder Telefax bei den Unternehmensbestattern. Letztere lassen oftmals einen Fragebogen mit Angaben über die Gesellschaft ausfüllen und übermitteln.80 Die Anzeigen und das danach folgende Gespräch sind dazu bestimmt, den Gesellschaftern/Geschäftsführern zu suggerieren, dass das Bestattungsverfahren gesellschaftliche Anerkennung finde, und dass der Kunde, während die insolvenzreife Gesellschaft saniert werde, schon durch die neue gegründete Gesellschaft „an seiner nächsten Million basteln“ könne.

79

Zur Ankündigung von Unternehmensbestattern bereits in der Einleitung, Abschn. I. Hey/Regel, Kriminalistik, 1999, 258, ders., GmbHR 2000, 116; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 1. 80

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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b) Anteilsveräußerung Sobald der Kontakt zwischen dem Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der insolvenzreifen Gesellschaft und dem Unternehmensbestatter aufgenommen ist, folgt der erste richtige Schritt einer Unternehmensbestattung, nämlich die Veräußerung sämtlicher Gesellschaftsanteile an eine vom Bestatter vermittelte Person,81 die z. T. im Ausland wohnt, in seltenen Fällen an die Bestattungsgesellschaft selbst.82 Häufig wiederholt sich die Anteilsübertragung mehrmals,83 um die Vertreter von Gläubigern, Staatsanwaltschaft und Strafverfolgungsbehörden abzuschütteln. Nachdem die Vermittler Informationen bezüglich der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft erhalten haben, bereiten sie auf Basis dieser Information die Abtretungsverträge vor und setzen den Notartermin fest. Häufig arbeiten die Vermittler mit mittlerweile amtsbekannten Notaren zusammen, die keine überflüssigen Fragen stellen.84 Beim Notar kommt dann das erste Treffen aller drei Beteiligten zustande. Der Notar soll nach § 15 GmbHG den Abtretungsvertrag beurkunden, damit dieser wirksam wird. Gemäß § 15 GmbHG ist die Veräußerung von Geschäftsanteilen auch

81 Aus der Rechtsprechung vgl. BayObLG (13. 08. 2003), NZI 2004, 90 – 91 beinhaltet den Sachverhalt, wonach der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer sämtliche Geschäftsanteile an einen Dritten veräußerte, der sofort als Geschäftsführer bestellt wird und andere Unternehmensbestattungsmaßnahmen einleitet; der gleiche Fall bei OLG Schleswig (04. 02. 2004), NZI 2004, 264; LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 193 ff.; LG Berlin (08. 03. 2006), ZInsO 2006, 722; der Fall des BGH (22. 12. 2005), GmbHR 2006, 316 ff. entspricht den hier genannten Maßnahmen, dort wurden die GmbH-Anteile mit dem Zweck der Gläubigerbenachteiligung und Gesellschaftsbeseitigung an einen Dritten in Spanien veräußert; von der Abtretung sämtlicher Gesellschaftsanteile spricht BGH in BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 274; im Fall des BGH (15. 11. 2012), NZI 2013, 365 = NJW 2013, 1892 wurden die Gesellschaftsanteile an eine in Griechenland lebenden Person veräußert; auch Hirte, ZInsO 2003, 834 stellt eine besondere Spielart der Unternehmensbestattung wie Anteilsübertragung auf Ausländer oder auf Inländer mit Wohnsitz im Ausland fest; s. ferner Hey/Regel, GmbHR 2000, 116; Seibert, FS Röhricht, S. 589; Goltz/Klose, NZI 2000, 109 bezeichnen diese als „AufkäuferVerfahren“; auch über von dem Bestatter vermittelte Personen als Aufkäufer Haas, Der Entwurf des „MoMiG“ und Vorschläge zur Bekämpfung des Missbrauchs, GmbHR 2006, 735; Pananis/ Börner, GmbHR 2006, 513 – 514; Kleindiek, ZGR 2007, 278; Kuhn, S. 40 ff.; Kilper, S. 113 ff.; Tüting, S. 73 ff. 82 Vgl. OLG Karlsruhe (30. 05. 2005) NZI 2005, 505; OLG Celle (05. 09. 2006) ZInsO 2006, 1106. 83 BayOLG (13. 08. 2003), NZI 2004, 91; BGH (15. 12. 2012), NZI 2013, 366 = NJW 2013, 1893; Hey/Regel, GmbHR 2000, 118; Seibert, FS Röhricht, S. 590; Hirte, ZInsO 2003, 834; Kleindiek, ZGR 2007, 279; Tüting, S. 73 ff. bezeichnet diese Fälle als „Kettenfälle“; Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 518; Schubert, Anm. zu BGH v. 15. 11. 2012 – 3 StR 199/12, wistra 2013, 429. 84 Aus dem Sachverhalt des LG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 953 folgt, dass die Beratungsgesellschaft mit einem bestimmten Berliner Notar zusammenarbeitet; Hey/Regel, GmbHR 2000, 117: „die Notare machen kurzfristig und auf Zuruf der Aufkäufer Termine zur Übertragung der Geschäftsanteile“; Oelschlegel, S. 37: „schwarze Schafe“; ebenso Tüting, S. 76 auch.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

dann zulässig, wenn die Gesellschaft insolvent ist oder sich im Verfahren der Liquidation befindet; gesellschaftsrechtliche Regelungen stehen dem nicht entgegen.85 Der Kaufpreis dieses Geschäfts beträgt in den meisten Fällen den bloß symbolischen Betrag von einem Euro oder es wird in Verträgen kein Kaufpreis vereinbart, sondern allein der Hinweis verankert, dass dieser einer besonderen Abrede vorbehalten bleibt.86 Die wichtigste Rolle bei diesem Geschäft spielt nicht der Kaufpreis, sondern die viel bedeutsamere und höhere Zahlung für das offerierte Dienstleistungspaket, das auch als Sanierungsmaßnahme etc. bezeichnet wird. Es handelt sich um eine Provision oder ein Entsorgungsentgelt – sogenanntes „Beraterhonorar“ oder „Firmenberatungspauschale“87 – auf das in dem notariellen Vertrag als nicht beurkundete „schuldrechtliche Vereinbarung“ Bezug genommen wird. Diese kann teilweise sogar mündlich vollzogen werden. Kilper führt aus eigener praktischer Erfahrung ein Beispiel an, in dem Aufkäufer und Altgesellschafter sich in einem Schnellimbissrestaurant getroffen haben und dort mündlich die Dienstleistungen besprochen und das Honorar bezahlt haben.88 Außer dem „Beraterhonorar“ wird weiterhin in der schuldrechtlichen Vereinbarung ausgeführt, welche Unterlagen und Gegenstände übergeben werden und welcher Aktenaufbewahrungsort ausgewählt wird. Bemerkenswert ist dabei die Verschwiegenheitsklausel, in der sich die Vertragsparteien zur Verschwiegenheit gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber den Strafverfolgungsorganen, verpflichten. Das Entsorgungsentgelt richtet sich nicht nach dem tatsächlichen Aufwand, der für die Gesellschaftsbeseitigung zu betreiben wäre, sondern nach der Höhe der Schulden.89 Häufig wartet der Notar die Zahlung des Entsorgungsentgelts in bar90 an den Vermittler ab, bevor er den Abtretungsvertrag beurkundet. Wenn der Altgesellschafter nicht in der Lage ist, das Honorar in bar zu entrichten, wird ein notarielles Schuldanerkenntnis angefertigt, das eine Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Vermögens des Altgesellschafters zulässt. Teils können die Parteien sich entsprechend den §§ 158 ff. BGB auf eine aufschiebende Bedingung einigen, dass die Anteilsabtretung erst mit Zahlung des Entsorgungsentgeltes wirksam wird. Hierbei taucht die Frage auf, aus welchem Vermögen die Honorarzahlungen stammen. In85 Weidenkaff, in: Palandt, § 453, Rn. 23; so auch Tüting, S. 78; ausführlich dazu Kilper, S. 114 f. 86 Die Sachverhalte des BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1892 und OLG Zweibrücken (03. 06. 2013), NZI 2013, 909, in dem der Kaufpreis 1 Euro beträgt; und vgl. die Sachverhalte des OLG Schleswig (04. 02. 2004), NZI 2004, 264 und des LG Berlin (08. 03. 2006), ZInsO 2006, 722, wo „ein eventueller Kaufpreis Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung sein sollte“; s. ferner Seibert, FS Röhricht, 590; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 22; Pananis/Börner, GmbHR 2006, 513; Tüting, S. 76; Petersen, S. 35. 87 Darauf wurde in Teil 1, C.II. der Arbeit eingegangen. 88 Kilper, S. 13. 89 Goltz/Klose, NZI 2000, 109. 90 Hey/Regel, GmbHR 2000, 117; vgl. LG Berlin (08. 03. 2006), ZInsO 2006, 722, wo die Zahlung des Honorars in bar bestätigt wurde.

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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soweit verbietet sich eine eindeutige Antwort, weil sich das von Fall zu Fall unterscheidet. Aus den Auswertungen von Seiberts ergibt sich, dass das Entsorgungsentgelt zumeist aus dem Privatvermögen der Veräußerer bzw. Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH gezahlt wird.91 In anderen Fällen ist festgestellt worden, dass die Zahlungen auch unmittelbar aus dem Gesellschaftsvermögen getätigt werden, was als Missbrauch durch die Altgesellschafter zu werten ist.92 Auf die Strafbarkeit eines solchen Verhaltens wird an spätere Stelle zurückzukommen sein. c) Abberufung und Entlastung des Altgeschäftsführers Sobald die Gesellschaftsanteile übertragen worden sind, legt der ehemalige Geschäftsführer sein Amt nieder oder es wird eine Gesellschafterversammlung einberufen, in der der Geschäftsführer der GmbH abberufen wird. Grundsätzlich kann der Geschäftsführer selbst jederzeit sein Amt durch Amtsniederlegung beenden. Diese Vorgehensweise ist gesetzlich nicht geregelt, aber allgemein anerkannt. Nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung93 bedarf der Geschäftsführer keines wichtigen Grundes und keiner Frist, um sein Amt niederzulegen. Solange der Gesellschaftsvertrag keine besonderen Regelungen enthält, ist die Bestellung auch gem. § 38 I GmbHG zu jeder Zeit frei widerruflich. Mit der Amtsniederlegung oder Abberufung enden für den Geschäftsführer grundsätzlich die mit der Gesellschaft verbundenen Pflichten, die strafrechtliche Verantwortung sowie die Mitwirkungspflicht im Insolvenzverfahren. Von Bedeutung ist dabei die Insolvenzantragspflicht, die grundsätzlich mit der Niederlegung endet. d) Bestellung des Neugeschäftsführers Zeitgleich mit der Anteilsübertragung und Abberufung des bisherigen Geschäftsführers wird der nunmehr alleinige Gesellschafter oder eine aus dem „Personalvorrat“ des Bestatters gewählte Person zum Geschäftsführer der GmbH bestellt,94 falls nicht entschieden wurde, die Gesellschaft geschäftsführer- und ver91

Seibert, FS Röhricht, S. 590; auch Tüting, S. 77. Hey/Regel, GmbHR, 2000, 116; dies., Kriminalistik 1999, S. 261; Smok, in: Dannecker/ Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 518; Tüting, S. 77; und bestätigt wird diese Praxis im Sachverhalt des LG Berlin (08. 03. 2006), ZInsO 2006, 722. 93 BGHZ 121, 257; Kilper, S. 127. 94 BayObLG (13. 08. 2003), NZI 2004, 90; LG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2003, 953; LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 193; OLG Celle (05. 09. 2006), ZInsO 2006, 1106; AG Duisburg (02. 01. 2007), NZI 2007, 355; BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1892; OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), NZI 2013, 654; Hey/Regel, Kriminalistik, 1999, S. 259; dies., 92

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

treterlos zu lassen. Ebenso wie bei der Anteilsübertragung wechselt der Vermittler die Geschäftsführer mehrmals bis zum Ablauf der Dreiwochenfrist, die für die Insolvenzantragstellung nach § 15a I 1 InsO bestimmt ist, in der Absicht, die Insolvenzantragstellungspflicht der Neugeschäftsführer künstlich zu verlängern. Eine Anmeldung der Neugeschäftsführer zum Handelsregister erfolgt dabei nicht immer oder kann auch durch falsche Angaben herbeigeführt werden. Soweit der Aufkäufer bzw. Neugesellschafter selbst eine juristische Person ist, setzt der Bestatter einen Mitarbeiter des Aufkäufers als Neugeschäftsführer der zu bestattenden Gesellschaft ein. Damit die Bestatter nach dem Gesellschafterwechsel problemlos die Bestattungstätigkeit fortführen können, werden oft auch Beratungs- sowie Sanierungsverträge zwischen dem Bestattungsunternehmen und dem neuen Geschäftsführer abgeschlossen.95 Der Neugeschäftsführer entfaltet keine Aktivitäten bei der in der Krise befindlichen Gesellschaft. Meist tritt er selbst nicht in Erscheinung, sondern lässt sich – häufig von den ausgeschiedenen Beteiligten oder dem Bestatter – vertreten.96 Wie bereits erläutert, zeichnet sich der Neugeschäftsführer durch fehlende kaufmännische Fähigkeiten und fehlende unternehmerische Erfahrung und Vermögenslosigkeit aus. Zumeist wissen die Neugeschäftsführer tatsächlich nichts über die Geschäftsvorfälle der Vergangenheit und Gegenwart. Bemerkenswert ist, dass im Gegensatz zu der früheren Rechtslage, nach der das Gesetz wenige Anforderungen an die Eignung des berufenden Geschäftsführers stellte (eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person ohne Betreuung gem. § 1903 BGB sowie Abwesenheit von Verurteilungen in den letzten fünf Jahren vor der Bestellung wegen einer Insolvenzstraftat nach den §§ 283 bis 283d StGB, als auch der Untersagung der Berufs- und Gewerbeausübung im Zusammenhang mit dem Unternehmensgegenstand), die Reform des GmbH-Rechts die für die Geschäftsführerbestellung geltenden Tätigkeitsverbote erheblich erweitert hat. Der Gesetzeswortlaut des geltenden § 6 II 2 Nr. 3 GmbHG verweist auf die Straftaten wegen der Insolvenzverschleppung (Nr. 3a) – was ohne Zweifel auch den Straftatbestand des § 15a IV InsO beinhaltet –, andere Insolvenzstraftaten, sowie auf eine Liste weiterer Straftatbestände. Nach dem klaren Wortlaut des § 6 II 3 GmbHG gelten die Ausschlussgründe auch bei Verurteilungen wegen vergleichbarer Straf-

GmbHR 2000, 116; Goltz/Klose, NZI 2000, 109; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 27; Pananis/Börner, GmbHR 2006, 513; Haas, GmbHR 2006, 735; Kleindiek, ZGR 2007, 278. 95 Vgl. LG Berlin (08. 03. 2006), ZInsO 2006, 722. 96 OLG Celle (05. 09. 2006), ZInsO 2006, 1106: „der neue Geschäftsführer ist permanent in Urlaub“ und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darf keine Auskunft erteilen; s. ferner LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 194; LG Berlin (08. 03. 2006) ZInsO 2006, 722; AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2003, 953; auch so Petersen, S. 45 f.

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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taten im Ausland.97 Während es bis zum Inkrafttreten des MoMiG für den Bestatter einfach war, Personen mehrmals und für wenig Geld als Geschäftsführer einzusetzen, da Verurteilungen wegen Insolvenzstraftaten infolge der schwierigen Beweislage kaum zu erwarten waren, ist der Bestatter nun gezwungen, einen großen Fundus „geeigneter“ Personen vorrätig zu halten oder immer neue Strohmänner zu suchen. e) Sitzverlegung, Umfirmierung und Änderung des Unternehmensgegenstands Sobald der Neugeschäftsführer der GmbH sein Amt antritt, beantragt er häufig die Änderung des Gesellschaftssitzes. Das bisherige Geschäftslokal wird geschlossen und geräumt und als neue Adresse des Unternehmens eine Scheinadresse oder eine Briefkastenadresse angegeben, an die sich die Gläubiger (zumeist ohne Reaktion) wenden können.98 Zudem kommt es vor, dass die Sitzverlegung an einen kleinen Ort in den neuen Bundesländern99 oder an einen ausländischen Ort (insbesondere ist Spanien beliebt)100 erfolgt, wo sich der Wohnsitz des neuen Geschäftsführers befindet. Nach der Feststellung von Kilper und nach Feststellung einiger Gerichte wird der Sitz der insolvenzreifen Gesellschaft bevorzugt in die Bezirke großer Städte, bzw. großer Insolvenzgerichte verlegt.101 Letztlich hängt die Sitzverlegung aber nicht so sehr von der Größe der Städte oder der Überlastung der Insolvenzgerichte ab, sondern davon, wie das Insolvenzverfahren der zu bestattenden Gesellschaft am besten vom „Tatort der Insolvenzverschleppung“ ferngehalten werden kann, um so zu verhindern, dass etwaige Ansprüche gegen die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer erhoben werden.102 Nach der Beobachtung von Pape wird inzwischen sogar häufig auf die Sitzverlegung verzichtet, „um durch den engen zeitlichen Zusammenhang 97

Grigoleit/Rieder, GmbH-Recht nach dem MoMiG, Rn. 264 ff. Vgl. AG Duisburg (02. 01. 2007), NZI 2007, 354: „die Gesellschaft war unter keiner angegebenen Anschrift ansässig“; im Fall des OLG Zweibrücken (03. 06. 2013), NZI 2013 909 hat es „weder ein Firmenschild, noch ein Klingelschild oder einen Briefkasten“ gegeben; Hey/ Regel, Kriminalistik 1999, 259, 260; dies., GmbHR 2000, 118; Ogiermann, wistra 2000, 250; Goltz/Klose, NZI 2000, 109; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 32. 99 OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), NZI 2013, 654; ebenso Hirte, ZInsO 2003, 834; Knierim/ Smok, in: Dannecker/Krierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 573. 100 BayObLG (13. 08. 2003), NZI 2004, 91 und BGH (22. 12. 2005), NJW 2006, 908 bestätigen die Beliebtheit der Verlegung nach Spanien; hinsichtlich der Sitzverlegung ins Ausland siehe auch Pananis/Börner, GmbHR 2006, 513; Haas, GmbHR 2006, 735; Oelschlegel, S. 27; bei der Bestatterpraxis wird auch England angeboten, wie z. B. auf dem Internetauftritt der deutschen Steuerkanzlei „St.Matthew“: http://www.steuerkanzlei.co.uk/gmbh-loeschung (Stand 09. 10. 2017). 101 Kilper, S. 14; auch so in BayObLG (13. 08. 2003), NZI 2004, 90 – 91; OLG Celle (09. 10. 2003), NZI 2004, 258; OLG Schleswig (04. 02. 2004), NZI 2004, 264; Schmittmann, Firmenbestattungen und Insolvenz, InsBüro 2004, 289: der Sitz wird zu großen Insolvenzgerichten in der Hoffnung verlegt, dass dort leichter als bei kleinen eine Abweisung mangels Masse zu erreichen sei. 102 Kleindiek, ZGR 2007, 278: wichtiges „Etappenziel“; ähnlich Pape, ZIP 2006, 878, 880. 98

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zwischen Sitzverlegung und Insolvenzantragstellung kein Misstrauen zu schaffen“103. Darüber hinaus werden die Firma sowie der Gegenstand der Gesellschaft geändert.104 Diese Maßnahmen erschweren nicht nur die Anspruchsdurchsetzung für die Gläubiger, sondern ermöglichen den Gesellschaftern auch, unter dem bisherigen Namen an demselben Ort ihre Tätigkeit fortzuführen. Aufgrund der Eilbedürftigkeit werden die Abberufung des Altgeschäftsführers, Bestellung des Neugeschäftsführers sowie Sitzverlegung, Umfirmierung und Änderung des Gegenstands oft in ein und derselben Gesellschafterversammlung beschlossen und notariell beurkundet. f) Vernichtung von Gesellschaftsunterlagen Im Rahmen des Unternehmensbestattungsverfahrens bzw. bei der Anteilsveräußerung ist es nicht selten, dass Geschäftsunterlagen „verloren“ gehen. Nach den aufgenommenen „Übergabeprotokollen“ werden die Gesellschaftsunterlagen von dem bisherigen Gesellschafter/Geschäftsführer an den Neugesellschafter/Neugeschäftsführer übergeben, wobei Letzterer die ordnungsgemäße Übergabe quittiert. Meist sind die Übergabeprotokolle offen formuliert, so dass nicht nachvollziehbar ist, welche der Gesellschaftsunterlagen übergegeben wurden. Der ehemalige Gesellschafter/Geschäftsführer versendet die Unterlagen an den neuen Gesellschafter/ Geschäftsführer per Post. Jedoch erklärt der neue Gesellschafter/Geschäftsführer, dass er die Unterlagen nicht erhalten habe. In diesen Fällen erteilt der Neugeschäftsführer gegenüber den Ansprüche erhebenden Gläubigern und dem Insolvenzgericht die Auskunft, betreffend der Gesellschaft keinerlei Information zur Verfügung stellen zu können, weil er die Gesellschaftsunterlagen nicht besitze. Auch der Altgeschäftsführer kann ohne „verlorene“ Unterlagen keinerlei Information geben.105 In Wirklichkeit gehen die Geschäftsunterlagen nicht aus Versehen verloren. In einigen Fällen nimmt der Bestatter die Unterlagen in Besitz und lagert sie bei ihm in großen Lagern.106 In anderen Fällen bleibt der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer in Besitz, wobei die Unterlagen dabei in Kellerräumen den Blicken der anderen entzogen und aufbewahrt werden. Bei der Unmenge von Geschäftsunterlagen wird

103 Pape, ZIP 2006, 879; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 3 Rn 12 weist auf die Vermutung hin, dass möglicherweise bei der Gesellschaft schon zum Zeitpunkt der Sitzverlegung ein Insolvenzgrund vorgelegen hat, wenn der Insolvenzantrag innerhalb der Dreiwochenfrist nach der notariellen Beurkundung des Beschlusses über die Sitzverlegung gestellt wird. 104 Kilper, S. 14; Kuhn, S. 40; Tüting, S. 82 – 83; beispielhaft ist der Sachverhalt des AG Duisburg (02. 01. 2007), NZI 2007, 355. 105 Hirte, ZInsO 2003, 834; Kilper, S. 15 – 16. 106 Hey/Regel, Kriminalistik 1999, 260; Kuhr, Süddeutsche Zeitung vom 07. 05. 2005, S. 28.

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auch oftmals eine Aktenvernichtungsfirma beauftragt, die Unterlagen zu beseitigen.107 Hinzu kommt, dass neben dem „Verlust“ von Unterlagen das bewegliche Anlagevermögen „verschwindet“. In den Ermittlungsverfahren wird dann angegeben, dass eine Vereinbarung hinsichtlich der Vermögensverteilung zwischen dem Neugesellschafter und dem Altgesellschafter vorhanden ist. In einigen Fällen schaffen die Beteiligten kurz vor der Anteilsübertragung verbliebene Vermögensgegenstände der Gesellschaft beiseite und ziehen Forderungen der Gesellschaft ein.108 Teilweise werden die Gegenstände an Sicherungseigentümer zurückgegeben oder veräußert, die wertlosen Gegenstände werden entsorgt. Häufig übernehmen die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer die Betriebsanlagen, an denen weder die Bestatter noch die Neugesellschafter ein Interesse haben, und nutzen sie im Rahmen ihrer weiteren Geschäftstätigkeit.109 Nicht selten sind Konstellationen gegeben, in denen verbliebene Vermögenswerte auf Rechnung des Bestatters veräußert und Forderungen der Gesellschaft persönlich eingezogen werden.110 g) Stellung eines Insolvenzantrags Keine zahlungsunfähige Gesellschaft darf ohne Insolvenzverfahren abgewickelt werden. Im Einklang mit bestehenden Normen stellt der neu bestellte Geschäftsführer häufig in dem vom Bestatter bestimmten Zeitpunkt einen Insolvenzantrag für die insolvenzreife Gesellschaft.111 Der für die Insolvenzantragstellung günstigste Zeitpunkt ist erreicht, wenn sämtliche Vorbereitungsmaßnahmen wie Sitzverlegung, Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstands sowie der Unterlagenverlust abgeschlossen sind. Der Bestatter bestimmt nicht nur den Moment der Antragstellung, sondern unterstützt den neuen Geschäftsführer durch Anweisungen. Wenn der Sitz der Gesellschaft verlegt wurde, wird der Insolvenzantrag in manchen Fällen am neuen Sitz der Gesellschaft gestellt.112 Wenn auf die Sitzver107

Hey/Regel, Kriminalistik 1999, 260; dies., GmbHR 2000, 118; Pananis/Börner, GmbHR 2006, 513; Kilper, S. 16. 108 Seibert, FS Röhricht, S. 590; Tüting, S. 94. 109 Fälle des BGH (24. 06. 2002), ZIP 2002, 1578 ff. und des OLG Brandenburg (25. 11. 2004), ZInsO 2005, 42; Hey/Regel, Kriminalistik 1999, 259; Goltz/Klose, NZI 2000, 109; ähnlich Kleindiek, ZGR 2007, 277, 281. 110 Entspricht den „Ausschlachtungsfällen“ von Goltz/Klose, NZI 2000, 109; ebenso Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 40; Kleindiek, ZGR 2007, 280. 111 Diese Fälle sind eine von drei Arten der Unternehmensbestattung. Detailliert darüber Kapital B. Auf die Stellung des Insolvenzantrags von einem Neugeschäftsführer weisen auch hin: Hey/Regel, GmbHR 2000, 118; Hirte, ZInsO 2003, 834; Kleindiek, ZGR 2007, 279; Kilper, S. 15; Tüting, S. 83 ff.; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 520 sind der Meinung, dass ein Insolvenzantrag in einigen Fällen von dem Neugeschäftsführer gestellt wird, regelmäßig wird jedoch ein Insolvenzantrag über das Vermögen der Gesellschaft von Krankenkassen oder Finanzämtern gestellt. 112 So im Sachverhalt des AG Duisburg (02. 01. 2007), NZI 2007, 354 – 355; Kilper, S. 15.

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legung verzichtet worden ist, um zu verhindern, dass den Ermittlungsorganen Merkmale der Unternehmensbestattung bekannt werden, wird der Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht am ursprünglichen Sitz der Gesellschaft gestellt. Zeitgleich beantragt der Neugeschäftsführer, das Verfahren an das für seinen Wohnsitz zuständige Insolvenzgericht zu verweisen. Typischerweise erfolgt dies mit der Begründung, dass am Sitz der Gesellschaft keine Geschäftstätigkeit mehr entfaltet wird, die Geschäftsräume dort aufgegeben sind, Mitarbeitern gekündigt wurde, die Geschäftsunterlagen in seinen Zugriffbereich verbracht wurden, „um dort unter Einschaltung einer Wirtschaftsberatungsgesellschaft prüfen zu lassen, ob durch Umstrukturierungsmaßnahmen ein Fortbestand möglich ist und falls dies nicht der Fall sein sollte, die Abwicklung, unter Einbeziehung eines Insolvenzverfahrens, vorzunehmen“113. Um die Spuren der Unternehmensbestattung zu verwischen, bedienen die Beteiligten sich dann also der Taktik der doppelten Entfernung der insolvenzreifen Gesellschaft von ihrem ursprünglichen Sitz: Der Gesellschaftssitz wird von einem Neugeschäftsführer verlegt, sodann wird von einem anderen Neugeschäftsführer die Verweisung an seinen Wohnsitz beantragt.114 Um nicht den Anschein der Unternehmensbestattung aufkommen zu lassen, wird es inzwischen vermieden, den Wechsel des Geschäftsführers im Insolvenzantrag zu erwähnen.115 Der letztendliche Zweck der Stellung des Insolvenzantrags liegt darin, dass die zuständigen Gerichte aufgrund der von dem Neugeschäftsführer teilweise zur Verfügung gestellten Geschäftsunterlagen und der gänzlichen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 26 I 1 InsO mangels Masse ablehnen.116 Dadurch wird die Gesellschaft auf (vermeintlich) legalem Wege beseitigt. Vor allem wird durch diese Taktik vermieden, dass ein Insolvenzverwalter die Gesellschaft nach den gesetzlich vorgeschriebenen Normen abwickelt und ggf. Ansprüche gegen Altgesellschafter und Altgeschäftsführer geltend macht. h) Erschwerung des Zugriffs auf die Gesellschaft Die oben beschriebenen Maßnahmen – wie Lokalschließung, Angabe von Scheinadressen, Tätigkeitsniederlegung des Altgeschäftsführers und Verzicht auf Bestellung des Neugeschäftsführers oder Verschwinden des aktuellen Geschäftsführers – führen dazu, dass ein wirksamer Zugang von Willenserklärungen ebenso wie eine Zustellung von Schriftstücken an die Gesellschaft nicht, oder zumindest nur mit erheblicher Verzögerung möglich ist. Das gesetzlich vorgesehene Sanktions113 BGH (13. 12. 2005) NJW 2006, 847; BayOLG (13. 08. 2003) NZI 2004, 90; OLG Celle (09. 10. 2003) NZI 2004, 258; OLG Schleswig-Holstein (21. 01. 2004), Der Betrieb 2004, 753; OLG Schleswig (04. 02. 2004), NZI 2004, 264; OLG Karlsruhe (30. 05. 2005) NZI 2005, 505; LG Berlin (08. 03. 2006) ZInsO 2006, 722 – 723; im Schrifttum: Pape, ZIP 2006, 879; Kleindiek, ZGR 2007, 279; auch so Kilper, S. 15; Tüting, S. 86 ff. 114 Vgl. den Sachverhalt des OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), NZI 2013, 654. 115 Pape, ZIP 2006, 879 – 880. 116 Hirte, ZInsO 2003, 834; ebenso Tüting, S. 84.

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system funktioniert bei solchen Konstellationen nicht, und die Interessen von Dritten werden nicht geschützt. Die zivilprozessualen Klagen sowie Insolvenzanträge bedürfen nach §§ 166 ff. ZPO der förmlichen Zustellung und der Prozessfähigkeit der Beteiligten, was wegen der Verschleierungsmaßnahmen der Unternehmensbestattung nicht erfüllt werden kann. Gemäß § 35 GmbHG vertritt der Geschäftsführer und gemäß § 78 I AktG bei Aktiengesellschaften der Vorstand, der aus natürlichen Personen besteht, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Nach § 132 BGB gehen Willenserklärungen für die Gesellschaft diesen natürlichen Personen zu.117 Bislang war es bei den Konstellationen der sog. Führungslosigkeit kaum möglich, den Zugang von Willenserklärungen an die Gesellschaft zu bewirken. Von Führungslosigkeit der Gesellschaft spricht man vor allem, wenn der Altgeschäftsführer abberufen und der Nachfolger noch nicht bestellt worden ist. Die Reform aus dem Jahre 2008 (MoMiG)118 versuchte, die Probleme der Führungslosigkeit zu verringern: Im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft wird den Gesellschaftern durch § 35 I 2, II 3 GmbHG Passivvertretungsmacht zugewiesen. Entsprechendes gilt auch für die AG, bei der die Passivvertretungsmacht allerdings den Mitgliedern des Aufsichtsrats zuerkannt wird (§ 78 I 2, II AktG).119 Umstritten ist, ob es für diesen Übergang der Vertretungsmacht ausreicht, dass der Aufenthalt des bestellten Neugeschäftsführers unbekannt ist, und darüber hinaus an wen eine Willenserklärung abgegeben wird, wenn ein Neugesellschafter gleichzeitig Neugeschäftsführer ist, was nach wie vor bei vielen Unternehmensbestattungen der Fall ist. Wenn der aktuelle Geschäftsführer oder hilfsweise der Gesellschafter nicht aufzufinden ist, greifen die anderen Ersatzvorschriften der §§ 178 ff. ZPO. Diese setzen jedoch voraus, dass tatsächlich noch ein Geschäftslokal existiert oder dafür zumindest eine aktuelle Anschrift angegeben worden ist. Aufgrund der auf Anweisung von Bestattern durchgeführten Maßnahmen ist das Geschäftslokal aber häufig geschlossen, und es sind keine Briefkästen mehr an der ursprünglichen Adresse vorhanden. Von Ersatzmöglichkeiten der Zustellung kann kein Gebrauch gemacht werden. Nach dem durch das MoMiG neu gefassten § 185 ZPO bleibt den Gläubigern nur die öffentliche Zustellung, d. h. ausschließlich die Fiktion der Bekanntgabe. Jedoch werden die Voraussetzungen dieser Fiktion sehr eng ausgelegt, so dass eine öffentliche Zustellung nur dann zulässig ist, wenn „der Aufenthaltsort nicht nur dem Gegner und dem Gericht, sondern allgemein unbekannt ist“120. Infolge dessen sind Gläubiger oft gezwungen, nach zeitraubenden und teuren Recherchen ihre Ansprüche gegen die bestattete Gesellschaft aufzugeben. 117

Zur Vertretung der Gesellschaft durch Geschäftsführer z. B. Altmeppen, in: Altmeppen/ Roth, GmbHG, § 35 Rn. 7. 118 s. oben in der Einleitung. 119 Grigoleit/Rieder, Rn. 281. 120 Schultzky, in: Zöller, ZPO, § 185 Rn. 4; Wittschier, in: Musielak/Voit, ZPO, § 185, Rn. 2; so auch Tüting, S. 90 ff.

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i) Verwendung des Gesellschaftsmantels Teils wird die für den Altgesellschafter unnötige Gesellschaft von vornherein nicht mit dem Ziel erworben, sie abzuwickeln, sondern sie i.S. einer Weiterveräußerung zu verwenden.121 Es handelt sich um die Gruppe der „Alt-Mäntel“, die Bestatter ihren Kunden weiterveräußern. Der „Mantelmarkt“ hat aktuell aufgrund von zwei Ursachen Erfolg: Erstens spart der Erwerber die für die Gründung der Gesellschaft notwendige Zeit und die Einzahlung des Stammkapitals, weil der Preis der Alt-Mäntel gering ist, damit übernimmt der Erwerber aber das Risiko für die mögliche Haftung. Zweitens kann der Alt-Mantel u. U. für illegale Geschäfte genutzt werden, weshalb hier auch vom „grauem Mantel-Markt“ die Rede ist. In einigen Fällen werden die Alt-Mäntel selbst zum Aufkauf insolventer Gesellschaften benutzt.122 Auch in den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen wird von Altgesellschaftern berichtet, die „einen vom Bestatter angebotenen Mantel aktivieren“, um das Unternehmen mit einem neuen Rechtsträger fortzuführen.123 j) Unternehmensfortführung Nachdem die Altgesellschafter ihre vorherige insolvenzreife Gesellschaft haben bestatten lassen, beabsichtigen sie häufig, weiterhin am Markt unter einem neuen, schuldenfreien Rechtsträger zu agieren.124 Die Altgesellschafter gründen zeitgleich mit den Bestattungsmaßnahmen eine neue Gesellschaft oder erwerben alternativ zur Neugründung, wie oben erwähnt, von den Bestattern einen Mantel der Gesellschaft. Das Amtsgericht Memmingen125 führte hierzu in seiner Entscheidung aus: „[…] zugleich wollten die Eheleute F. ihre am 04. 07. 2002 durch Erwerb einer Vorratsgesellschaft gegründete Nachfolgegesellschaft in den bisherigen Betriebsräumen mit Hilfe ihrer früheren Arbeitsnehmer und unter Nutzung des Anlagevermögens der Altgesellschaft im Zusammenwirken mit L.J. betreiben.“

121

Zu dem zweiten Fall in Abschn. B. Tüting, S. 97. 123 AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 954: die Altgesellschafter wollten nach der Bestattung ihrer GmbH das Unternehmen unter der erworbenen Vorratsgesellschaft fortführen; siehe auch AG Duisburg (02. 01. 2007), NZI 2007, 355; hierzu auch Kleindiek, ZGR 2007, 280; Wachter, Anm. zum AmtG Memmingen (02. 12. 2013), GmbHR 2004, 955; Kuhn, S. 42. 124 Die Praktik der Unternehmensfortführung bestätigt die Rechtsprechung: AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 953; LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 193 und BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1893; Seibert, FS Röhricht, 591; Kleindiek, ZGR 2007, 280 bezeichnet diese Fälle „nahtlose Fortführung“; Hirte, ZInsO 2003, 834; Wachter, GmbHR 2004, 955; Kilper, S. 18; Kuhn, S. 42 f.; Tüting, S. 97. 125 AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 954. 122

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In dem Fall des LG Potsdam126 heißt es zur sog. Auffanggesellschaft: „Das in der Folgezeit durch die Beschuldigten Dr. R. und K.R. in Brandenburg neu gegründete Unternehmen firmiert unter der ähnlich klingenden Bezeichnung „H. neu GmbH“. Es wird vertreten durch den zum Geschäftsführer bestellten Beschuldigten K.R. […]. In engem zeitlichen Zusammenhang zur Firmenveräußerung hat die Firma H. alt GmbH […] das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen der H. alt GmbH der zwischenzeitlich neu gegründeten „H. neu GmbH“ […] verkauft. Zum Gegenstand der Übereignung zählten namentlich die gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung, einschließlich der Maschinen […]“.

Wie die Gerichtsentscheidungen darlegen, erfolgt die Fortführung der Unternehmenstätigkeit nach folgendem Plan: Dank der Umfirmierung bei Unternehmensbestattungsmaßnahmen wählen die Gesellschafter den ursprünglichen Namen der zu bestattenden Gesellschaft oder einen ähnlichen. Daneben verwenden sie das der bestatteten Gesellschaft zugehörige Vermögen, beschäftigen dieselben Mitarbeiter, führen die bisherigen Kundenbeziehungen fort und nutzen die bisherigen Betriebsräume. Solange die Gläubiger der zu bestattenden Gesellschaft unbefriedigte Ansprüche haben und versuchen, eine Auskunft über den verschwundenen Schuldner zu erhalten, „dürfen“ die Täter weiterhin tätig sein und an neuen Geschäften verdienen. 2. In Russland Wie bereits oben dargelegt,127 sind auch die Maßnahmen der russischen Unternehmensbestatter sehr vielfältig. Im Folgenden werden die im Rahmen einer „alternativen Liquidation“ regelmäßig ergriffenen Maßnahmen Schritt für Schritt dargestellt. a) Kontaktaufnahme zwischen der in der Krise befindlichen Gesellschaft und dem Bestatter Die Werbung für Dienstleistungen in der „alternativen Liquidation“ juristischer Personen erfolgt häufig über das Internet. Nach den von der Verfasserin analysierten Werbungen verzichten die Bestatter allerdings derzeit eher auf eigene Internetauftritte, um nicht die Aufmerksamkeit der Ermittlungsorgane zu erregen, und benutzen für die Bekanntmachung ihrer Dienstleistungen die sozialen Netzwerke.128 In den elektronischen Medien bieten sich Sanierungs- und Abwicklungsgesellschaften, die darauf zugeschnitten sind, die Wünsche anspruchsvoller Kunden zu befriedigen und ihnen die für ihre Situation passendsten Maßnahmen anzubieten. Hierbei wird 126

LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 193. s. oben Abschn. B. 128 Bspw. „Zentrum der Unternehmensunterstützung „Aktiv“, Account auf dem russischen sozialen Netzwerk „VKontakte“, URL: http://vk.com/biz_activ (Stand 18. 02. 2017). 127

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vielmals auf legale Möglichkeiten eines „Marktaustritts“ einer problematischen Gesellschaft verzichtet. Die Bestattungsgesellschaften bemühen sich sehr, ihre Verbindungen mit den zu liquidierenden Gesellschaften geheim zu halten. Die Kontakte zwischen dem potenziellen Interessenten und den werbenden Bestattungsunternehmen werden oftmals per Telefon aufgenommen, indem die wichtigsten Eckdaten wie Schieflage der Gesellschaft, Fristen und Preis der Liquidation sowie weitere Maßnahmen besprochen und ein Termin festgesetzt werden. Zusätzlich dazu melden sich die maßgeblichen Gesellschafter wohl aus Sicherheitsgründen über ein spezielles Kontaktformular.129 Dies findet sich auf dem Internetauftritt der Abwicklungsgesellschaft und stellt meist das einzige Kontaktmittel zwischen Anbieter und Anzeigeadressaten dar. Nach der ersten Kontaktaufnahme vermeiden die Unternehmensbestatter, via E-Mail zu kommunizieren. Sie schließen keinen schriftlichen Dienstleistungsvertrag mit ihren Kunden ab, geben keine Quittungen heraus, und schlagen stets vor, die Provision in bar zu bezahlen. Manche stellen jedoch Quittungen mit der Bezeichnung „für rechtliche Beratungsleistungen“130 aus. b) Wechsel des Geschäftsführers, Buchhalters, Gesellschafters (Anteilsveräußerung) Eine der beliebtesten Vorgehensweisen bei der „alternativen Liquidation“, die in etwa 70 % der Fälle angewendet wird, ist der Wechsel des Geschäftsführers und Gesellschafters. In nahezu allen solchen Konstellationen erfolgt die Veräußerung sämtlicher Anteile der krisenbefangenen Gesellschaft an einen Dritten, der vom Bestattungsorganisator vermittelt wird. Der Unternehmensbestatter fungiert nie als Aufkäufer. Bei Letzterem handelt es sich zumeist um eine natürliche Person, die – wie oben dargestellt – ein geringes Entgelt dafür erhält, dass sie die notwendigen Unterlagen unterschreibt, Termine bei der Steuerbehörde wahrnimmt und sodann als Geschäftsführer eingetragen wird. Nach der vollendeten Abtretung der Gesellschaftsanteile wird eine Gesellschafterversammlung einberufen, die jeweils den früheren Geschäftsführer und Buchhalter austauscht, wobei sich die Personen des Neugeschäftsführers und des Buchhalters zumeist in der Person des neuen Anteilseigners vereinigen.131 Auch sind 129

Vgl. Internetauftritte der Abwicklungsgesellschaften „Business Konsalt“, URL: http:// www.bs-konsalt.ru (Stand 11. 10. 2017), „Just Group“, URL: http://www.j-group.ru/ (Stand 06. 03. 2014) und „Zentrum der rechtlichen Unterstützung Ihres Unternehmens“, URL: http:// www.moslegalconsult.ru/likvidacija-ooo/ (Stand 18. 02. 2015). 130 Moskalev, Buhgalter i Zakon, Nr. 8, 2010, S. 33. 131 s. den Fall des Wirtschaftsgerichts der Stadt Moskau von 01. 10. 2009 Nr. A40-61317/ 09-74-256, wo die Gesellschaft den Steuerbehörden eine große Summe schuldete. Statt einen Insolvenzantrag beim Wirtschaftsgericht zu stellen, veräußerte der Gesellschafter, zugleich Geschäftsführer, sämtliche Gesellschaftsanteile an einen Dritten (nominellen Geschäftsführer), und „verließ die Gesellschaft ohne Leitung“; Jagudin, Audit, Nr. 10 (166), 2009, S. 8.

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Sachverhalte zu beobachten, in denen die Anteilsübertragung und der nachfolgende Geschäftsführerwechsel mehrfach geschehen.132 Bei der Anteilsveräußerung einer Gesellschaft wird nicht selten das Schema „Eingang – Ausgang“ verwendet. Dies wird dadurch in die Tat umgesetzt, dass ein neuer Gesellschafter, der aus dem „Personalvorrat“ des Unternehmensbestatters gewählt wird, in die Gesellschaft aufgenommen wird. Sodann treten die alten Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Der neu aufgenommene Strohgesellschafter verbleibt somit als Einzelgesellschafter. Diese Vorgehensweise wird genutzt, um die hohen Notarkosten bei notariell zu beurkundenden Veräußerungsgeschäften zu vermeiden. Als Folge bleibt der Einzelgesellschafter zugleich der Geschäftsführer, der nicht nur keinerlei Aktivitäten in der Führung der Gesellschaft ausübt, sondern oft selbst gar nicht in Erscheinung tritt. Nicht selten werden in der Praxis weitere aggressive Vorgehensweisen beim Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel beobachtet. Den Kunden wird angeboten, sämtliche Gesellschaftsanteile an eine Holdingsgesellschaft, die nicht selten als Offshore-Gesellschaft operiert, zu übertragen. Diese Gesellschaft ist regelmäßig in einem Staat ansässig, zu dem die Russische Föderation wenig diplomatischen Kontakt unterhält, und als Gesellschafter fungieren internationale Rechtsanwaltskanzleien. Die Anteilsübertragung wird durch den Vertreter der internationalen Gesellschaft durchgeführt, der keine Auskunft bezüglich des Aufkäufers erteilen darf. Gleich nach der Anteilsveräußerung entlastet die Offshore-Gesellschaft den Altgeschäftsführer und stellt einen ausländischen Neugeschäftsführer ein.133 Jeder Wechsel des Gesellschafters oder des Geschäftsführers ist unverzüglich ins EGRJuL einzutragen. Dabei handelt es sich um ein „Einheitliches Staatsregister juristischer Personen“, das dem Handelsregister im deutschen Recht entspricht. Das EGRJuL ist ein einheitliches öffentliches Verzeichnis, das allgemeine systematische Information über die angemeldeten, Unternehmenstätigkeit ausübenden Gesellschaften enthält und über die dort hinterlegten Dokumente Auskunft erteilt. Es wird vom Föderalen Steuerlichen Dienst geführt und durch das föderale Gesetz vom 08. 08. 2001 Nr. 129-FZ „Über die staatliche Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmern“ geregelt. Um die Eintragung eines Strohmanns zu verhindern und mit rechtlichen Mitteln gegen „eintägige Scheinunternehmen“ vorzugehen, wurden zusätzliche Eintragungsvoraussetzungen durch das FNS RF festgesetzt: Der Antrag über die Bestellung eines neuen Geschäftsführers soll in der gesetzlich bestimmten Form mit der 132 So im Fall des Gerichts von Traktorozavodskij Rayon in Cˇ eljabinsk von 02. 08. 2011 Nr. 1-103/2011, Internetportal: sudact.ru. 133 Angebot der Abwicklungsgesellschaft „OPG“, URL: www.opg.ru (Stand 18. 03. 2016); Werbung der Abwicklungsgesellschaft „FAS-group“, URL: www.fas-group.ru (Stand 18. 03. 2016); so auch Tumaeva, Einführung der strafrechtlichen Verantwortung für „eintägige Scheinunternehmen“ diktiert neue Regeln der Unternehmensliquidation (erschienen in der Onlinezeitung www.klerk.ru am 12. 05. 2012).

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Unterschrift des Altgeschäftsführers gestellt werden.134 Falls der Antrag von einer anderen Person unterschrieben worden ist, soll die Antragstellung des verhinderten Altgeschäftsführers mit dessen Unterschrift vorgelegt werden.135 Die Bestatter wollen hingegen möglichst erreichen, dass der Wechsel des Geschäftsführers unverdächtig erscheint, um möglichst eine Steuerprüfung zu vermeiden. Der Geschäftsführerwechsel wird nach Ablauf von 5 Tagen eingetragen und zur Bestätigung wird eine Urkunde erteilt. Hiermit hält man das Verfahren der „Liquidation“ in den betroffenen Fällen für abgeschlossen, obwohl die Gesellschaft nach Angaben des EGRJuL nach wie vor existiert. Juristisch gesehen ergibt diese Vorgehensweise eigentlich keinen Sinn, denn alle rechtlichen Fragen von Steuer- und Ermittlungsorganen werden an diejenige Führungskraft gerichtet, die im Zeitraum eines Vergehens die Gesellschaft leitet. c) Sitzverlegung und Umfirmierung Um sämtliche Gläubiger sowie die Steuer- und Ermittlungsbehörden von der Gesellschaft abzuschütteln, genügt der Wechsel des Gesellschafters und des Geschäftsführers normalerweise nicht. Zusammen mit der Abtretung der Gesellschaftsanteile werden in einigen Fällen die Änderungen des Gesellschaftssitzes und/ oder der Firma beurkundet. Dabei erfolgt die Sitzverlegung nicht immer nur einmalig. Der neue Anteilseigner gibt als neuen effektiven Sitz entweder einen Ort an, an dem er gemeldet ist, oder einen vom Vermittler ausgewählten Ort, der nicht selten im Ausland liegt. Die neu angegebene Anschrift ist typischerweise nur eine Scheinadresse, die für „Masseneintragungen“ verwendet wird. Dort findet sich weder ein Firmenschild, noch sind Briefkasten oder Betriebsräume vorhanden. So im Fall des 11. Berufungswirtschaftsgerichtes136, in dem nach dem Anteilsverkauf ein neuer Geschäftsführer, nämlich ein Einwohner der Stadt Samara, bestellt und der neue Gesellschaftssitz in Samara ins EGRJuL eingetragen wurde. Jedoch wurde die in Samara verlegte Gesellschaft am eingetragenen Ort nicht gefunden. Im russischen Schrifttum wird inzwischen auch von einer „fiktiven“ Adresse gesprochen.137 Das Ziel der Änderungen der Firma und des Gesellschaftssitzes liegt nicht nur darin, lästige Gläubiger fern zu halten, sondern auch darin, dass die ehemaligen 134

Brief des FNS RF vom 26. 12. 2004 Nr. 09010/4223, RIS „ConsultantPlus“. Brief vom Finanzministerium der Russischen Föderation vom 07. 07. 2006 Nr. 03-01-11/ 3-64, RIS „ConsultantPlus“. 136 Entscheidung des 11. Berufungswirtschaftsgerichtes vom 05. 06. 2012 Nr. A55-22742/ 2011, RIS „ConsultantPlus“; Ähnlich in Fälle des Föderalen Wirtschaftsgerichts von Povolzˇ skij Gebiet vom 16. 10. 2012 Nr. A55-25289/2011 und vom 09. 11. 2012 Nr. A55-27163/2011; darauf wird hingewiesen in der Entscheidung des Rudnicˇ nyj Rajongerichtes in der Stadt Kemerovo vom 05. 11. 2015 Nr. 2-2238/2015, Internetportal: sudact.ru; Beschluss des Velikoustjugskij Rajongerichtes vom 09. 07. 2015 Nr. 2-584/2015, Internetportal: sudact.ru. 137 Jagudin, Audit, Nr. 10 (166), 2009, S. 9 und Sokov, in: Anmerkung zum Beitrag von Dolotova, Konsultant, Nr. 23, 2009, S. 46. 135

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Gesellschafter ihr Unternehmen unter dem bisherigen Namen an demselben Ort fortführen können. d) Entziehung von Gesellschaftsvermögen, Vernichtung der Gesellschaftsunterlagen Im Zuge der „alternativen Liquidation“ wird oftmals noch vorhandenes Gesellschaftsvermögen zulasten der Gesellschaft verschoben. Dies erfolgt in verschiedenen Zeiträumen und auf verschiedene Weise138 : In einigen Fällen sorgen die bisherigen Beteiligten kurz vor der Anteilsübertragung für das Verschwinden wertvollen Vermögens der Gesellschaft, verschieben verbliebene Vermögensgegenstände und schließen Scheingeschäfte ab, durch die das Vermögen ausgeliehen oder unter einer aufschiebenden Bedingung verkauft wird. Dabei kann die Vermögensverschiebung auch nach dem Inhaberwechsel und der Bestellung des Neugeschäftsführers geschehen.139 Überdies geschieht die Vermögensverschiebung meist in Kombination mit dem „Verlust“ von Gesellschaftsunterlagen. Die Unterlagen werden an die angegebene neue Adresse geschickt, ohne dort jemals anzukommen, was allerdings in Anbetracht der geringen Leistungsfähigkeit der russischen Post niemanden überrascht. e) Weiteres Schicksal der zu bestattenden Gesellschaft Die umbeschriebene Praxis führt zu einem rechtlichen Problem: De jure existiert die Gesellschaft weiter, und es gibt auch noch einen Geschäftsführer, de facto kommt aber die Gesellschaft ohne einen echten Geschäftsführer zum Erliegen. Zwar verfolgen die Maßnahmen langfristig das Ziel, dass die „die Tätigkeit eingestellt habende“ Gesellschaft gemäß Art. 21.1 Nr. 129-FZ „Über staatliche Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmern“140 automatisch aus dem EGRJuL 138 Vgl. Aparysˇev, ÈZˇ -Jurist, Nr. 44, 2012, S. 13, der auf die Vermögensentziehung durch Altgesellschafter und -geschäftsführer anhand fiktiver Rechtsgeschäfte ohne Spezifizierung hinweist; ähnlich Cˇ ernova, Unternehmensauflösung: freiwillige Liquidation oder Insolvenz, Bezopasnost’ Biznesa, Nr. 2, 2010, S. 28, die von Vermögensverkauf als „Rücksetzen“ der Gesellschaftskonten spricht. 139 Ein gutes Beispiel dazu ist der Fall des Gerichts in der Traktorozavodskij Rajon in ˇCeljabinsk vom 02. 08. 2011 Nr. 1-103/2011, Internetportal: sudact.ru, in dem der faktische Geschäftsführer bereits unmittelbar nach der Anteilsübertragung in der Bilanz Auskünfte über Lieferungen, Berechnungen mit anderen Vertragspartnern berücksichtigte, um die Geldflüsse aus dem Gesellschaftsvermögen zu verschleiern. 140 Gemäß Art.21.1 des 129-FZ „Über die staatliche Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmern“ sind Gesellschaften, die im Laufe von 12 Monaten keine unternehmerische Tätigkeit ausüben, keine Rechnungslegung geben und keine Geschäfte durch Konten abwickeln, als unwirksam anzuerkennen und von Eintragungsbehörde aus dem EGRJuL auszutragen; darüber hinaus siehe Plenarbeschluss des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 20. 12. 2006 Nr. 67 „Über einige Fragen der Anwendungspraxis

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ausgetragen wird, in der Praxis steht diese Gesellschaft jedoch noch zwei oder drei Jahre nach der durchgeführten „Liquidation“ im Register. Das hat für die Bestatter den Nachteil, dass sie so das Interesse von Steuer- und Ermittlungsorganen weckt. Jedenfalls erregt es bei den Eintragungsbehörden Verdacht, wenn die erfolgreiche Gesellschaft plötzlich aufhört, ihre Rechnungslegung abzugeben und Geschäfte abzuwickeln. Die „klugen“ Bestattungsorganisatoren wählen deshalb einen anderen Weg. Ausgehend vom Wechsel des Gesellschafters und des Geschäftsführers, der Änderung des Gesellschaftssitzes und der Firma beschießt die Gesellschafterversammlung in der Person der einzelnen Gesellschafter, freiwillig die Gesellschaft aufzulösen. Durch diese Methode soll die Gesellschaft auf legalem Weg beseitigt werden und möglichst ohne schädigende Wirkungen für die Beteiligten verschwinden. Berufen wird eine Liquidationskommission, die als Verwaltungsorgan fungiert, der Eintragungsbehörde Meldung erstattet und die Anzeige über die Liquidation veröffentlicht. Nach der Anmeldung bei der Eintragungsbehörde übt die Gesellschaft keine unternehmerische Tätigkeit mehr aus, gibt keine buchhalterische und steuerrechtliche Rechnungslegung ab und befindet sich somit im Liquidationsverfahren. Die Steueraußenprüfung ist bei solchen Konstellationen nicht bindend und wird nur aus freiem Antrieb der liquidierenden Gesellschaft durchgeführt. Das Gesetz schreibt keine Fristen für die freiwillige Liquidation vor, weshalb sich das Liquidationsverfahren „vorteilhaft“ für die Liquidationsbeteiligten auf unbestimmte Dauer verzögern kann.141 Auch sind Sachverhalte zu beobachten, in denen das Verfahren der freiwilligen Liquidation mit dem Insolvenzverfahren ausgetauscht wird, wenn die Gesellschaft mit der Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen deutlich in Rückstand gerät.142 Dann erfolgt die Entscheidung der Gesellschafterversammlung zugunsten des Liquidationsverfahrens; es wird jeweils die Liquidationskommission berufen und die Liquidationsentscheidung wird bekanntgemacht. Hiernach führt die Liquidationskommission die Vermögensermittlung durch und stellt mangels Masse und wegen unmöglicher Leistungsgewährungen gemäß Art. 3 P. 2 InsG einen Insolvenzantrag beim Wirtschaftsgericht. Vor allem wird auf diesem Wege angestrebt, die nachfolgende Steueraußenprüfung zu vermeiden. Der Insolvenzverwalter, der seinerseits nicht selten aus dem „Personalvorrat“ des Bestatters eingesetzt wird, erledigt dafür die nötige Arbeit: Im Laufe des Insolvenzverfahrens inventarisiert er, zieht Fordevon gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Insolvenz anwesender Schuldner und unwirksamer juristischer Perosnen“; Dolotova, Wie kann man schnell eine überschuldete Gesellschaft liquidieren, Konsultant, Nr. 23, 2009, S. 44; Tusˇnov, Die Ordnung der Unternehmensliquidation, Informationsblatt „Ékspress-Buhgalterija“, Nr. 20, 2011, S. 25. 141 Dolotova, Konsultant, Nr. 23, 2009, S. 42 – 43; hierzu Moskalev, Buhgalter i Zakon, Nr. 8, 2010, S. 32; darüber hinaus Erklärung der Liquidationsmaßnahmen auf der Internetseite der Abwicklungsgesellschaft www.barrit.ru (Stand 10. 03. 2014). 142 So im Fall des Wirtschaftsgerichts im Jamalo-Neneckij autonomien Bezirk vom 15. 04. 2010 Nr. A81-6369/2009, RIS „ConsultantPlus“.

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rungen der Gesellschaft ein, schließt Konten der Gesellschaft, bereitet die Rechnungslegung vor, legt zuletzt Unterlagen der Gesellschaft zu den Akten und verzichtet ggf. auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegen (frühere) Organmitglieder. f) Reorganisation der Gesellschaft mittels Integration oder Inkorporation Statt der Liquidation der Gesellschaft wird häufig aber auch eine andere Methode der Unternehmensauflösung angewandt, nämlich die Reorganisation einer juristischen Person. Eine Legaldefinition für „Reorganisation einer juristischen Person“ existiert im ZGB nicht, doch werden die möglichen Vorgehensweisen – Integration, Inkorporation, Aufteilung, Abtrennung und Umwandlung – in Art. 57 ZGB sowie in Art. 51 russ. GmbHG aufgezählt. Der Sinn der Reorganisation liegt – außer bei der Abtrennung – darin, dass alle Rechte und Pflichten der zu reorganisierenden Gesellschaft an einen Nachfolger übergehen, d. h., „de facto geschieht hierbei die Liquidation der alten Gesellschaft, die aus dem EGRJuL ausgetragen wird“143. „Vorteilhaft“ sind die Reorganisationsmaßnahmen für die Bestattungsbeteiligten, weil die Steueraußenprüfung mit der kameralen Prüfung144 ausgetauscht wird und die zu „liquidierende“ Gesellschaft ab dem Moment der Reorganisationseintragung nicht mehr existiert. Laut den Art. 57 – 59, 92 ZGB und Art. 52 russ. GmbHG bedeutet „Integration“, dass sich mehrere juristische Personen vereinigen und als Folge daraus ein neuer Rechtsträger entsteht. Oftmals beteiligen sich neben der „zu liquidierenden“ Gesellschaft an der Integration ähnliche zu liquidierende Gesellschaften, manchmal sogar mehr als fünf.145 Hierdurch werden den Gesellschaftern derartiger Gesellschaften meist die Gesellschafter der neu entstandenen Gesellschaft angegliedert. Diese Tatsache wird den Kunden des Bestattungsunternehmens nicht mitgeteilt. Eine derartige Strategie, bei der der Altgesellschafter unter einem neuen, schuldenfreien Rechtsträger agiert, bringt jedoch erhebliche Risiken, weil der Mitgesellschafter in die Haftung für die Tätigkeit der durch die Integration gegründeten Gesellschaft einbezogen werden kann.146 Unter diesem Aspekt erscheint der Einsatz eines Be143 Berg, Unternehmensreorganisation, Rossijskij Buhgalter, Nr. 10, 2012, S. 92; über Folgen der Reorganisation ausführlich in Lermontov, Besonderheiten der Reorganisation und Liquidation der GmbH unter Berücksichtigung der Neuregelungen ab 01. 07. 2009, Nalogovyj vestnik, Nr. 8, 2009, S. 12 ff. 144 „Kameral’naja proverka“ = kamerale Prüfung. Im Sinne der geltenden Vorschrift versteht man darunter die Kontrolle der Befolgung von steuerrechtlichen Gesetzen mittels der Prüfung der von dem Steuerpflichtigen übergebenen Steuerklärung und anderer bei der Steuerbehörde vorhandener Dokumente. 145 Vgl. Fälle des Föderalen Wirtschaftsgerichts von Severo-Zapadnyj Gebiet von 16. 01. 2012 Nr. A56-55410/2010 und des Wirtschaftsgerichts in Sankt-Petersburg von 01. 08. 2011 Nr. A56-27840/2011, RIS „ConsultantPlus“. 146 Jagudin, Audit, Nr. 10 (166), 2009, S. 9.

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statters als ein Bärendienst, der nicht nur von der problembehafteten Gesellschaft erlöst, sondern auch neue Haftungsrisiken für die Altgesellschafter verursacht. Um die Regeln der Integration einzuhalten, aber gleichzeitig den Altgesellschafter von der Verbindung mit der Gesellschaft zu befreien, bedienen sich die Bestatter der beliebten Taktik des Wechsels von Gesellschafter und Geschäftsführer vor der Integration. Zunächst geht der Geschäftsführer- und Buchhalterstatus an Strohmänner über, dann lässt der Neugesellschafter auf Anweisung des Vermittlers147 die Integration in eine andere Gesellschaft beschließen. Im Vordergrund steht nicht nur das Ziel, die Altgesellschafter und die Altgeschäftsführer aus dem Auflösungsverfahren weitgehend herauszuhalten, sondern es wird auch bezweckt, illegale Handlungen zu vertuschen.148 Das Wesen der Inkorporation liegt darin, dass die in der Krise befindliche Gesellschaft (A) der anderen existierenden Gesellschaft (B) beitritt, in Folge dessen die erste Gesellschaft (A) aus dem EGRJuL ausgetragen wird und die zweite Gesellschaft (B) der Nachfolger der ersten wird. Bei der Unternehmensbestattung erfolgt die Kette derartiger Inkorporationen, indem die zweite Gesellschaft (B) in die dritte Gesellschaft (C) eintritt etc. Üblicherweise bezweckt diese Methode zugleich die Entfernung der Gesellschaft aus der Region, damit ihre Spuren für die Steuerinspektion möglichst stark verwischt werden. Die inkorporierende Gesellschaft kann in einigen Fällen die gleiche, in einer anderen Region befindliche zu liquidierende Gesellschaft, oder eine speziell dazu gegründete Gesellschaft sein. Teilweise nehmen die Bestattungsorganisatoren Hilfe von sog. „eintägigen Scheinunternehmen“ in Anspruch, deren Gesellschafter sowie Geschäftsführer Strohmänner des Bestatters sind. Der in der Praxis entstandene Begriff „eintägiges Scheinunternehmen“ findet in der Gesetzgebung keine Definition. Einer Ansicht nach handelt es sich hierbei um eine juristische Person, die für die Begehung wirtschaftlicher Verbrechen, namentlich Steuerhinterziehung und Ausfuhr von finanziellen Mitteln, gegründet wird.149 Das föderale Steueramt definiert dieses Phänomen auf folgende Weise: „Unter einem „eintägigen Scheinunternehmen“ versteht man im allgemeinen Sinne 147 Was und wann genau zu tun ist, erklären die Vermittler und noch mehr helfen sie mit Unterlagen, Anzeigen und Eintragung, so versprochen von „Business Konsalt“ in www.bs-kon salt.ru (Stand 12. 03. 2014). 148 So bspw., um potentielle Kunden der Unternehmensbestatter vor der „alternativen Liquidation“ zu warnen, erläutert eine aktive Gruppe von Insolvenzverwaltern die Bestattungstaktiken im Beitrag „Risiken von der grauen Liquidation“ auf ihren Internetauftritt www.stop dolg.ru (Stand 11. 03. 2014); ebenso Aparysˇev, ÈZˇ -Jurist, Nr. 44, 2012, S. 13; so auch im Fall des Beschlusses von Ustinovskij Rajonsgericht in IZˇ evsk von 07. 07. 2008 Nr. 1-385/08. 149 Beklemisˇev, Wie kann man die „eintägigen Scheinunternehmen“ bekämpfen? „Wen trifft die Schuld?“ und „Was ist zu tun?“, Finansovaja gazeta, Nr. 30, 2012, S. 10; Gajdaj, „Eintägige Scheinunternehmen“, Herzenovskie cˇ tenija -2014. Aktual’nije problemy prava i graZˇ danskopravovogo obrazovanija: Materialien der russlandsweiten wissenschaftpraktischen Konferenz 2014, S. 42 f.

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eine juristische Person, die keine tatsächliche Selbstständigkeit hat, keine Steuerabrechnung vorlegt, an eine Adresse mit Masseneintragung angemeldet und ohne Ziel, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben, gegründet ist etc.“150 Die nahezu unbegrenzte Freiheit, Gesellschaften zu gründen und Inhaber derselben zu sein, und die niedrigen Anforderungen an die Person des Geschäftsführers ermöglichen den Bestattungsunternehmen, mit Hilfe von Personen, die gesellschaftlichen Randgruppen angehören, massenweise „eintägige Scheinunternehmen“151 zu gründen und dabei von einem minimalen zivil- oder strafrechtlichen Haftungsrisiko zu profitieren. Sobald das „eintägige Scheinunternehmen“ seine Rolle in der „Unternehmensliquidation“ gespielt hat, haben die Beteiligten kein Interesse mehr an seinem Schicksal. „Liquidiert“ wird dieses wie eine „die Tätigkeit eingestellt habende“ Gesellschaft auf eine der drei möglichen Weisen. g) Reorganisation der Gesellschaft mittels Aufteilung und Abtrennung Zusammen mit der Integration und Inkorporation ist in Kreisen von Unternehmensbestattern auch die Reorganisation der zu bestattenden Gesellschaften in Gestalt der Aufteilung und Abtrennung sehr beliebt. Für den Inhalt der Bestattungsmaßnahmen ist es irrelevant, ob die Aufteilung der Gesellschaft angestrebt wird, bei der sich eine Gesellschaft durch Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung in zwei oder mehrere neue selbständige Gesellschaften teilt, oder aber die Abtrennung vorgenommen wird, bei der neben der alten Gesellschaft eine oder mehrere neue getrennte Gesellschaften gegründet werden. Aufgeteilt oder abgetrennt wird die Gesellschaft im Zuge der Unternehmensbestattung mit der Absicht, große Teile der Schulden oder sogar sämtliche Passiva an einen neuen Rechtsträger zu übertragen.152 Der anderen Gesellschaft kommen nur Aktiva zugute. Ferner kann das alte Unternehmen, das von der Verschuldung befreit ist, problemlos auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise abgewickelt werden, während die schuldenbelastete juristische Person ihrerseits durch „alternative“ Methoden aufgelöst wird. Dabei empfehlen Abwicklungsgesellschaften neuerdings, auf folgende Weise zu verfahren: An die neue juristische Person werden bei der Abtrennung nicht Passiva, sondern nur Aktiva

150

Brief des FNS RF vom 11. 02. 2010 Nr. 3-7-07/84, RIS „ConsultantPlus“. Nach dem Ansicht von Aparysˇev, Eintägige Scheinunternehmen. Wie nicht in die Risikozone gelangen? ÈZˇ -Jurist, Nr. 29, 2012, S. 10 kann ein „eintägiges Scheinunternehmen“ schon mithilfe folgender Indizien ausgemacht werden: minimales Stammkapital, vor kurzem eingetragen, die angegebene Anschrift wird mit vielen juristischen Personen geteilt, es ist kein Vermögen vorhanden, Mitarbeiter treten nicht in Erscheinung, es wird keine Steuererklärung abgegeben. 152 Auf dieses Ziel der Reorganisation in dieser Gestalt bei der Unternehmensbestattung weisen Dolotova, Konsultant, Nr. 23, 2009, S. 45 sowie Novicˇ ihin, Anm. zum Beitrag von Dolotova, Konsultant, Nr. 23, 2009, S. 46 hin; Ausführlich zur Reorganisation juristischer Personen Lermontov, Nalogovyj Vestnik, Nr. 8, 2009, S. 12 ff.; Agrba, Die Liquidation und Reorganisation juristischer Personen, Nalogovyj Vestnik, Nr. 8, 2012, S. 65 ff. 151

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überlassen. Die neue Gesellschaft ist dabei weiter tätig, die schuldenbelastete alte Gesellschaft ist ggf. „alternativ“ liquidierbar. h) Unternehmensfortführung Mit der Vollendung der geschilderten „Liquidationsmaßnahmen“ nehmen die früheren Inhaber an, dass sie in keiner Beziehung zur liquidierten Gesellschaft mehr stehen und deswegen das Unternehmen unter einem neuen, schuldenfreien Rechtsträger weiterführen können. Dafür gründen sie eine neue Gesellschaft und verwenden meist von der alten Gesellschaft überlassene Mittel, setzen dieselben Angestellten ein, führen Kundenbeziehungen fort und halten sich an derselben Adresse auf.153 Ansonsten erwerben sie eine bereits gegründete Gesellschaft bei den Vermittlern, wodurch sie von dem langwierigen Verfahren zur Gründung einer Gesellschaft und der Beantragung notwendiger Lizenzen zur Dienstleistungsausführung befreit werden.154 In der Gesamtthematik der „alternativen Liquidation“ hinterlässt die Unternehmensfortführung natürlich einen besonders bitteren Beigeschmack. Der Schuldner existiert, schließt weiterhin Geschäfte ab, verdient persönlich daran, während Gläubiger ihre berechtigten Ansprüche nicht durchsetzen können. Es besteht also ganz offensichtlich ein staatlicher Handlungsbedarf, die Täter zur Verantwortung zu ziehen.

II. Die zivilrechtliche Wertung der umschriebenen Maßnahmen Die geschilderten Ziele und Methoden der an der Unternehmensbestattung beteiligten Personen lassen Bedenken bezüglich der (zivil-)rechtlichen Wirksamkeit derartiger Transaktionen aufkommen. 1. Nach deutschem Recht a) Zulässigkeit der einzelnen bei der Unternehmensbestattung vorgenommenen Maßnahmen Die Unternehmensbestattung einer in Schieflage geratenen GmbH erfolgt regelmäßig nach dem gleichen Schema und mit diesem geht in der Regel eine Reihe 153 Ein Beispielfall ist der des 11. Berufungswirtschaftsgerichtes vom 05. 06. 2012 Nr. A5522742/2011, in dem der Altgesellschafter seine Tätigkeit unter dem neuen Rechtsträger trotz derselbe Adresse, der alten Betriebsmittel und der bisherigen Kundenbeziehungen fortführte. Dabei wurden sogar die Angestellten beschäftigt, die aus dem alten Unternehmen entlassen und im neuen angestellt wurden. 154 Angebot mit dem Titel: „Fertige Firmen mit einem Geschäftsführer und Geschäftskonto“ in URL: http://www.mulenna-lex.ru/ready.htm (Stand 16. 10. 2017).

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von Maßnahmen einher. Allerdings ist es auch möglich, dass von den Beteiligten nur einzelne Maßnahmen vorgenommen werden. Diese sollen im Folgenden isoliert untersucht werden. Die vordringlichste Maßnahme ist die Anteilsveräußerung an einen von der Beratungsgesellschaft vermittelten Dritten. Der Geschäftsanteil einer GmbH kann nach den Regeln des § 15 GmbHG selbst nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens veräußert werden.155 § 15 III GmbHG schreibt jedoch die notarielle Form für die Anteilsveräußerung vor. § 15 IV S. 1 GmbHG fordert die notarielle Form auch für das Verpflichtungsgeschäft, jedoch kann der Formmangel des Verpflichtungsgeschäfts durch Beachtung des § 15 III GmbHG beim Verfügungsgeschäft geheilt werden (§ 15 IV S. 2 GmbHG). Das Verschweigen des Kaufpreises oder die Festlegung des Kaufpreises auf 1,00 Euro im Kaufvertrag bei gleichzeitiger Vereinbarung eines höheren Geldbetrages für die vom Unternehmensbestatter erbrachten Leistungen verstößt gegen die Formvorschriften des § 15 IV GmbHG, folglich ist das Geschäft unwirksam. Damit wird das Rechtsgeschäft nur zum Schein vollzogen, weil in Wahrheit der Verkäufer dem Käufer einen Betrag für die Übernahme der Anteile zahlen muss. Das notariell beurkundete Geschäft ist dann als Scheingeschäft gem. § 117 BGB nichtig. Hier kommt es aber zu einer Heilung gem. § 15 IV S. 2 GmbHG, § 117 II BGB.156 Fraglich ist allerdings, ob solche Veräußerungen unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes zulässig sind. Auch bei der Anteilsveräußerung in einer Krise oder bei Vorliegen von Insolvenzgründen bleibt die Insolvenzantragstellungspflicht des Gesellschafters bestehen. Die Abtretung der Geschäftsanteile per se verursacht jedoch noch keine Verschleierung des Gesellschaftsvermögens und erschwert auch nicht den Anspruchszugang für Gläubiger. Somit werden die gläubigerschützenden Insolvenzvorschriften durch die Anteilsveräußerung noch nicht umgangen. Demgemäß ist der zwischen dem Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH und einem Bestatter oder einem vom Bestatter vermittelten Dritten abgeschlossene schuldrechtliche Vertrag und die nachfolgende Anteilsabtretung als solche für die Gläubiger nicht schädlich und daher per se noch nicht als nichtig anzusehen. Als nächstes folgt der Wechsel des Geschäftsführers. Obwohl der Geschäftsführer berechtigt ist, jederzeit sein Amt durch Amtsniederlegung zu beenden, kann die dadurch eingetretene Führungslosigkeit zur Erschwerung der Forderungsgeltendmachung der Gläubiger und Prozessunfähigkeit der Gesellschaft gem. § 51 ZPO, § 35 GmbHG führen. Umstritten ist jedoch, ob eine freiwillige Amtsniederlegung mit der Folge der Führungslosigkeit rechtsmissbräuchlich und unwirksam ist. Für eine Wirksamkeit der Niederlegung der Geschäftsführung könnte der Grundsatz sprechen, dass jeder Geschäftsführer einer GmbH jederzeit sein Amt niederlegen darf. Zur Wirksamkeit einer Amtsniederlegung bedarf es weder eines 155 156

s.o. F.I.1.b). Kilper, S. 115 f.

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wichtigen Grundes noch der Berufung auf einen solchen Grund.157 Wenn also in der GmbH ein Geschäftsführer bestellt ist und dieser sein Amt niederlegt, so kann man dieser einzelnen Maßnahmen nicht ansehen, zu welchem Zweck sie an den Tag gelegt wird. Sie ist deshalb auch dann wirksam, wenn die Niederlegung der Geschäftsführung letztlich eine Unternehmensbestattung bezweckt. Dies wird zutreffend sowohl in der Rechtsprechung158, als auch im Schrifttum159 hervorgehoben. Fraglich erscheint allerdings, ob dies auch bei einer Ein-Personen-Gesellschaft gilt. Zwar gilt der Grundsatz der freien Amtsniederlegung im Prinzip auch bei der Ein-Personen-Gesellschaft, jetzt ist aber zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft durch die Niederlegung der Geschäftsführung führungslos wird, jedenfalls sofern nicht zugleich ein neuer Geschäftsführer bestellt wird. Noch vor dem Inkrafttreten des MoMiG hatte sich das BayObLG160 im Falle der Niederlegung der Geschäftsführung einer Ein-Personen-Gesellschaft, die sich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befand, für die Unwirksamkeit dieser einzelnen Maßnahme ausgesprochen. Die Niederlegung sei wegen Rechtsmissbrauches unwirksam, wenn der einzige Geschäftsführer, der zugleich der Alleingesellschafter ist, nach dem Erwerb der Geschäftsanteile sein Amt niederlege und keinen neuen Geschäftsführer bestelle. Auch das OLG Düsseldorf hat sich auf diesen Standpunkt gestellt.161 Zu dem gleichen Ergebnis gelangt Kuhn. Er meint sogar, die Annahme eines Rechtsmissbrauches sei unabhängig davon, ob es sich um eine Ein-Personen- oder eine Mehrpersonen-Gesellschaft handele. Entscheidend sei nicht die Zahl der Gesellschafter, sondern die Verfolgung eines gemeinsamen Ziels,162 nämlich die rechtswidrige Unternehmensbestattung. Insoweit sei die Amtsniederlegung als rechtsmissbräuchlich zu bewerten und verstoße damit gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).163 Diese Lösung kann jedoch nach Inkrafttreten des MoMiG nicht mehr überzeugen. Sie übersieht, dass nach neuer Gesetzeslage wegen der Einführung der Gesellschafterhaftung im Falle der Führungslosigkeit trotz des Ausscheidens des Geschäftsführers die Gläubiger der Gesellschaft nicht schutzlos sind. Darauf wird zutreffend von Altmeppen164 sowie von Biehl165 hingewiesen. Betrachtet man nicht den Gesamtvorgang, sondern nur den Rücktritt des Geschäftsführers per se, so wird 157

BGHZ (08. 02. 1993), 121, 257. Vgl. OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), wistra 2013, 360. 159 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, 5. Aufl., § 38 Rn. 78; Jakoby, in: Bork/ Schäfer, GmbHG § 38 Rn. 5. 160 BayObLG (15. 06. 1999), GmbHR 1999, 980. 161 OLG Düsseldorf (06. 12. 2000), GmbHR 2001, 144. 162 Kuhn, S. 88 f.; vgl. Wachter, Amtsniederlegung von GmbH-Geschäftsführern, GmbHR 2001, 1132. 163 Kilper, S. 128 – 137; Kuhn, S. 86 ff. 164 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 38 Rn. 82. 165 Biehl, Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung wegen Insolvenzverschleppung bei der GmbH, S. 24. 158

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auch im Falle der Ein-Personen-GmbH die haftende Person lediglich ausgetauscht. Darin ist allein noch nichts Rechtsmissbräuchliches zu erkennen. Diese Lösung steht in Übereinstimmung mit der von Oelschlegel166, der zu Recht darauf hinweist, dass es wenig überzeugend wäre, die Amtsniederlegung bei der Ein-Personen-Gesellschaft anders zu behandeln, als bei sonstigen Gesellschaften. Gleichermaßen ist die Wirksamkeit der Abberufung des Altgeschäftsführers ohne Bestellung des Neugeschäftsführers anzunehmen.167 Damit ist eigentlich auch schon entschieden, wie die Amtsniederlegung oder Abberufung eines Geschäftsführers bei gleichzeitiger Bestellung eines Neugeschäftsführers zu beurteilen ist. Auch hier kann kein Rechtsmissbrauch der Amtsniederlegung und Abberufung des Altgeschäftsführers angenommen werden. Auch in der Krise ist der Geschäftsführerwechsel grundsätzlich zulässig. Zwar tangiert die Bestellung eines neuen Geschäftsführers auch die Interessen der Gläubiger, denn der Neugeschäftsführer tritt nicht in Erscheinung und erteilt keine Auskünfte – der Altgeschäftsführer gilt für die Gläubiger als abberufen, Zustellungen an die Gesellschaft werden nunmehr erschwert oder gar nicht möglich und Pflichten nach der InsO werden nicht erfüllt. Allein diese Umstände stellen jedoch keine rechtlichen Gründe dar, die zur Unwirksamkeit der Bestellung führen könnten, denn auch im Falle einer GmbH-Bestattung bleibt es für die Gläubiger vorteilhaft, dass jetzt eine neue Person verantwortlich ist. Dies wird u. a. von Kilper168 und Pananis/Börner169 zutreffend dargelegt. Wenn Kuhn von einer „Quasi-Führungslosigkeit“ spricht, die für die Verantwortung des Gesellschafters bedeutsam sei,170 so trifft dies im Lichte des MoMiG nicht mehr den Kern des Problems. Die Führungslosigkeit wird auf die Konstellation begrenzt, dass die GmbH keinen Geschäftsführer hat (§ 35 I GmbHG). Zum weiteren Vorgang bei der Unternehmensbestattung gehört zumeist eine Sitzverlegung. Der Sitz hat für die Gesellschaft existenzielle Bedeutung. Neben der Firma dient er der Individualisierung der Gesellschaft. Er begründet den Gerichtsstand und die Zuständigkeit des Registergerichts. Grundsätzlich sind Gesellschaften bei der Verlegung ihres Sitzes frei, die Wahlfreiheit wird nur durch § 4a GmbHG, § 5 AktG beschränkt. Die Wahl eines neuen Sitzes ist ins Belieben der Gesellschafter gestellt. Sie ist also nicht von einer Änderung der Umstände abhängig.171 Die Freiheit der Gesellschafter endet erst dort, wo ein bewusster Rechtsmissbrauch vorliegt. So ist die Sitzverlegung als täuschend anzuerkennen, wenn vom neuen Ort weder werbende noch abwickelnde Tätigkeiten entfaltet werden und auch sonst kein Grund für die

166 167 168 169 170 171

Oelschlegel, S. 41 ff. Vgl. Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 39 Rn. 21. Kilper, S. 151 – 153. Pananis/Börner, GmbHR 2006, 517. Vgl. Kuhn, S. 144. Roth, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 4a Rn. 8.

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Sitzverlegung erkennbar ist,172 sondern dabei nur das Ziel verfolgt wird, sich dem zuständigen gesetzlichen (Insolvenz-)Richter zum Nachteil der Gläubiger zu entziehen. In der Krise kann die Firma der Gesellschaft geändert werden. Hierbei muss untersucht werden, ob solche Umfirmierungen gegen gläubigerschützende Vorschriften verstoßen. Die Firma ist eine Kennzeichnung der Gesellschaft, durch die Publizität der Gesellschaft hergestellt wird. Zur Wahrung der Gläubigerinteressen ist es erforderlich, dass die Firma unverändert bleibt und die Gläubiger hinsichtlich der Verwendung des Firmennamens seitens anderer Personen sowie über die Insolvenz ihres Geschäftspartners in Kenntnis gesetzt werden. Grundsätzlich ist die Änderung der Firma für die Gesellschafter zwar jederzeit möglich173 und nur durch die §§ 18 ff. HGB, § 4 GmbHG sowie § 4 AktG beschränkt. Die Firmenänderung ist somit nicht zwingend nachteilig für die Gläubiger. In der Krise und bei vorliegenden Insolvenzgründen, sowie wenn die Firmenänderung allein der Gläubigerbenachteiligung dient, muss aber von einer sittenwidrigen Handlung (§ 138 BGB) ausgegangen werden, weil hier die wahren Umstände unmittelbar vertuscht werden, sodass der Gläubiger allein schon durch die neue Firmenbezeichnung auf eine falsche Fährte gelockt wird. Die Vernichtung oder der Verlust der Geschäftsunterlagen sind für die Gesellschaft und deren Gläubiger unzweifelhaft nachteilig, aber diese Handlungen sind keine Rechtsgeschäfte und damit nicht nach § 138 BGB und anderen Vorschriften nichtig. Rechtsgeschäfte zur Übertragung von Vermögensgegenständen, die oft nach der Anteilsübertragung wieder zum Altgesellschafter zurückgelangen, sind grundsätzlich jederzeit gesetzlich zulässig und fügen den Gläubigern der Gesellschaft keinen Schaden zu, wenn ein angemessener Kaufpreis bezahlt wird. Sie sind aber dann gläubigerschädigend, wenn „die den Gläubigern zustehende Vermögenswerte der Gesellschaft ohne angemessene Gegenleistung entzogen werden“174. Die Übereignung als dingliches Rechtsgeschäft, aber auch die schuldrechtliche Vereinbarung können der Insolvenzanfechtung unterliegen. Soweit die Übereignung des Gesellschaftsvermögens in den letzten zehn Jahren vor der Insolvenzantragstellung oder nach diesem Antrag erfolgt, kommt eine Anfechtung gem. § 133 InsO in Betracht. Voraussetzung für die Anfechtung gem. § 133 InsO ist der Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen und die Kenntnis des Vertragspartners bezüglich 172 Vgl. BGH (02. 06. 2008), NZI 2008, 636, wo das Gericht davon ausgeht, dass die faktische, gegen § 4a GmbHG a.F. verstoßende Verlagerung des Sitzes der Gesellschaft zu einem nachträglichen Satzungsmangel führt, der mit dem gleichartigen anfänglichen Nichtigkeitsgrund gem. § 134 BGB, § 241 Nr. 3 Alt. 3 AktG vergleichbar ist. Daher ist die Satzungsänderung nicht im Handelsregister einzutragen; so auch Kleindiek, ZGR 2007, 286; Tüting, S. 105, 109 ff.; Kögel, Was bedeutet „ordnungsmäßige“ Sitzverlegung bei der GmbH?, Rpfleger 2014, Heft 1, 8. 173 Roth, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 4 Rn. 52. 174 Kilper, S. 353.

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dieses Vorsatzes. Ansonsten sieht das Gesetz keine Nichtigkeitsvorschriften für die Übertragung des Gesellschaftsvermögens vor. Insoweit werden die Gläubiger durch § 30 GmbHG (Pflicht zur Erhaltung des Stammkapitals) sowie die Existenzvernichtungs- und Durchgriffhaftung geschützt. b) Nichtigkeit der Bestattungsmaßnahmen als Gesamtvorgang Die Taktiken der Unternehmensbestatter in Form der Anteilsveräußerung, Abberufung und Bestellung des Geschäftsführers, Umfirmierung und Sitzverlegung erzeugen als Gesamtmaßnahmen eine wesentlich andere Wirkung als jeder einzelne Akte für sich allein betrachtet. Deshalb bedarf der gesamte „Bestattungsakt“ vor dem Hintergrund der Regelungen des Gesellschafts- und Insolvenzrechts sowie allgemeiner Rechtsprinzipien einer besonderen Bewertung. Es fragt sich, ob es sich um von vornherein rechtsunwirksame Verhaltensweisen handelt. aa) Ansichten der Rechtsprechung Die erste rechtliche Würdigung der Maßnahmen bei einer Unternehmensbestattung einer GmbH findet sich bereits in einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2003175. Dort hat der BGH zwar auf die Unwirksamkeit der Geschäftsanteilsveräußerung und sämtlicher darauf aufbauender Folgegeschäfte hingewiesen, die Frage der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen jedoch letzlich offen gelassen, weil es im zu entscheidenden Fall um eine Strafbarkeit des Altgeschäftsführers wegen Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen ging und die Unwirksamkeit der Anteilsabtretung und Abberufung dabei nicht entscheidungserheblich war. Einschlägig ist ferner der Beschluss des AG Memmingen, in dem ein Registergericht erstmals den Antrag auf Eintragung auf Satzungsänderungen gem. § 54 GmbHG wegen Sittenwidrigkeit der Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der organisierten „Bestattung“ zurückgewiesen hat.176 Das Gericht geht davon aus, dass die Anteilsübertragung, die Änderung der Firma, die Abberufung bzw. Neubestellung des Geschäftsführers bei der Insolvenzreife nur dem einzigen Zweck diene, sich von dem verschuldeten Unternehmen zu trennen, die Insolvenzantragspflicht nicht zu erfüllen und nicht in ein Insolvenzverfahren eingebunden zu sein. Die Altgesellschafter und Altgeschäftsführer seien einverstanden, dass der Neugeschäftsführer keine unternehmerische Aktivität entfalte. Solange der Neugeschäftsführer versuche, eine Antragsabweisung mangels Masse zu erreichen, könnte das zur Folge haben, dass die Altgesellschafter und Altgeschäftsführer aus dem Geschäftsverkehr verschwinden und mit einem neuen Rechtsträger und ohne Altschulden das Unternehmen fortführen. Wenn das bezweckt wäre – so stellte das AG Memmingen fest –

175 176

BGH (30. 07. 2003), NJW 2003, 3787 ff. AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 953.

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wären die „beurkundeten Erklärungen“ insgesamt nichtig, weil sie gegen die guten Sitten verstießen (§ 138 I BGB). In einem strafrechtlichen Gerichtsbeschluss des LG Potsdam aus dem Jahr 2004 bezüglich einer Insolvenzverschleppung mittels einer „Firmenbestattung“ wird ebenfalls von der Nichtigkeit aller im Zusammenhang mit der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an einen professionellen Firmenbestatter stehenden Gesellschafterbeschlüsse wegen Sittenwidrigkeit gem. § 241 Nr. 4 AktG analog ausgegangen.177 Der Beschluss der Gesellschafter über die Abberufung und Neubestellung eines Geschäftsführers schädige die Gesellschaftsinteressen und die Interessen nichtanfechtungsberechtigter Dritter, so dass eine Sittenwidrigkeit wegen Gläubigerbenachteiligung anzunehmen sei, die zur Nichtigkeit führe. Im Einklang mit dieser Auffassung steht die Entscheidung des BGH vom 15. 11. 2012, nach der sowohl die Anteilsübertragung als auch sämtliche folgende Gesellschafterbeschlüsse wegen der damit verbundenen und intendierten Gläubigerbenachteiligung sittenwidrig i.S.v. § 138 I BGB und deshalb – hinsichtlich der Gesellschafterbeschlüsse in entsprechender Anwendung von § 241 Nr. 4 AktG – nichtig seien.178 Das LG Frankfurt a.M.179 hat im Einklang mit dieser Ansicht festgestellt, dass „die formale Übertragung der Gesellschaftsanteile […] auf D. wegen der damit bezweckten Vereitelung eines geordneten Insolvenzverfahrens und der einhergehenden Benachteiligung der Gläubiger zivilrechtlich sittenwidrig und somit unwirksam ist. Damit war auch […] die Abberufung des Altgeschäftsführers durch den nicht Gesellschafter gewordenen Angeklagten D. unwirksam […]“.

Auch das LG Berlin hat sich in einem Beschluss aus dem Jahr 2006 für eine Sittenwidrigkeit und damit eine Nichtigkeit des Vertrags über die Anteilsabtretung im Rahmen der Unternehmensbestattung ausgesprochen.180 Die vorgenommenen Maßnahmen hätten allein dem Ziel gedient, das Gesellschaftsvermögen dem Zugriff der Gläubiger bewusst zu entziehen. Einschlägig ist ferner ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2009.181 Der BGH ging davon aus, dass der Angeklagte aufgrund einer umfassenden Vollmacht auch weiterhin die Vertretungsmacht der umbenannten GmbH besaß. Dies lege eine faktische Geschäftsführung mit der Folge einer Scheinübertragung (§ 117 BGB) nahe. 177

LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 196. BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1894. 179 LG Frankfurt a.M., 2. Große Strafkammer als Wirtschaftskammer, Urteil vom 2. 7. 2010 (Az.: 5/2 KLs – 7620 Js 235977/06) – unter dieser Bezeichnung nicht veröffentlicht. Überdies ist davon auszugehen, dass der BGH mit seinem Beschluss vom 16. 02. 2011 (Az.: 2 StR 596/10) – auch nicht veröffentlicht – die Schlussfolgerungen des LG Frankfurt a.M. bestätigt hat, soweit er die Revision der Angeklagten unbegründet zurückgewiesen hat. 180 LG Berlin (08. 03. 2006), ZInsO 2006, 724. 181 BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 274. 178

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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Eine andere Auffassung vertritt das OLG Karlsruhe in einer Entscheidung aus dem Jahr 2005. Der Senat hat nicht nur die Sittenwidrigkeit der einzelnen Bestattermaßnahmen abgelehnt, sondern anerkannt, dass „das Grundprinzip der „gewerblichen Firmenbestattung“ (Übernahme der Gesellschaftsanteile einer GmbH durch einen Dritten und Geschäftsführerwechsel kurz vor dem Insolvenzantrag) nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstößt“182. Bei der Unternehmensbestattung handele es sich um eine Dienstleistung für Altgesellschafter und Altgeschäftsführer, die nicht von vornherein wegen der Motive, eine persönliche Haftung zu vermindern, eine Rufschädigung zu verhindern oder mit einer neuen Gesellschaft am Markt auftreten zu können, als rechtswidrig qualifiziert werden könne. Altgesellschafter und Altgeschäftsführer einer GmbH hätten ein legitimes Recht, sich in derartigen Fragen beraten zu lassen.183 Zwar hat der BGH184 diese Entscheidung später aufgehoben. Gleichwohl vertritt der Senat des OLG Karlsruhe in einer weiteren Entscheidung vom 19. 04. 2013 die Auffassung, dass der Wechsel des Geschäftsführers im Rahmen einer „Firmenbestattung“ nicht als nichtig bewertet werden könne, weil die Verfolgung des rechtsmissbräuchlichen Zwecks sich nicht bereits aus dem inneren Gehalt des die Abberufung des alten und die Bestellung des neuen Geschäftsführers beinhaltenden Beschlusses selbst ergebe.185 Außerdem gibt das Gericht den lapidaren Hinweis, dass der Neugesellschafter/Neugeschäftsführer unabhängig von der Wirksamkeit der Anteilsübertragung jedenfalls im Verhältnis zur Gesellschaft in die mit der Gesellschafterstellung verbundenen Rechte und Pflichten eingerückt sei, so dass er sich selbst wirksam zum neuen Gesellschafter bestellen könne. Demgegenüber geht das OLG Zweibrücken in einer Entscheidung vom 03. 06. 2013 davon aus, der Anteilskaufvertrag sei im Rahmen der Unternehmensbestattung ein Umgehungsgeschäft und deshalb gem. § 134 BGB nichtig, was auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung durchschlage und zu der Unwirksamkeit der Beschlüsse führe.186 Umgangen werden sollten die Gläubigerschutzvorschriften, insbesondere die durch das MoMiG eingeführte Vorschrift des § 15a I InsO. Die Geschäftsführerin versuche, die Antragstellungspflicht bzw. das Weiterführungsverbot der zahlungsunfähigen oder überschuldeten Gesellschaft durch den Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile sowie durch die postalische Unerreichbarkeit des vorgeblichen neuen Gesellschafters/Geschäftsführers zu umgehen.

182 183 184 185 186

OLG Karlsruhe (30. 05. 2005), ZIP 2005, 1475 = NZI 2005, 508. OLG Karlsruhe (30. 05. 2005), ZIP 2005, 1475 = NZI 2005, 508. BGH (13. 12. 2005), ZIP 2006, 442. OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), NZI 2013, 655. OLG Zweibrücken (03. 06. 2013), NZI 2013, 909.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

bb) Ansichten in der Literatur Die Gerichtsentscheidungen, insbesondere die erste Entscheidung des AG Memmingen, mit der das Amtsgericht Neuland betreten und den gesetzlich nicht geregelten Fall der Unternehmensbestattung als Verstoß gegen die guten Sitten angesehen hat, haben in der Literatur große Beachtung gefunden. In mehreren Anmerkungen zu dieser Entscheidung ist die Nichtigkeitslösung befürwortet worden.187 Ries macht sich indes Gedanken, dass diese Entscheidung dem Problem der Unternehmensbestattung nicht Einhalt geboten hat: Für Gläubiger bleibe die Gesellschaft trotzdem „verschwunden“. Einziges ersichtliches Mittel dagegen sei die strafrechtliche Verfolgung.188 Wachter stimmt in seinen Anmerkungen der Nichtigkeit der Geschäftsanteilsabtretungen und Gesellschafterbeschlüsse zu, wobei er von einer Nichtigkeit der Beschlüsse gem. § 241 Nr. 3 AktG analog ausgeht. Die Sitzverlegung einer GmbH sei laut § 241 Nr. 3 AktG analog i.V.m. § 4a GmbHG nichtig, die Firmenänderung ebenfalls gem. § 241 Nr. 3 AktG analog i.V.m. § 4 GmbHG und der Wechsel des Geschäftsführers verstoße gegen § 64 GmbHG a.F. und sei als Folge gem. § 241 Nr. 3 AktG analog nichtig. Mit der schuldrechtlichen Vereinbarung über die Abtretung der Geschäftsanteile versuchten die Beteiligten, die gesetzlichen Vorschriften über das Insolvenzverfahren zu umgehen, daher sei die Anteilsabtretung gem. § 134 BGB nichtig.189 Auch Kilper geht davon aus, dass sämtliche Maßnahmen der GmbH-Bestattung so eng miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt sind, dass sie nicht einzeln bewertet werden sollten; die Sittenwidrigkeit von Maßnahmen der Firmenbestattung komme nur aus dem Inhalt, Beweggrund und Zweck aller Rechtsgeschäfte in Betracht.190 Durch die vorgenommenen Rechtsgeschäfte, wie Anteilsübertragung, Geschäftsführerwechsel, Sitzverlegung und Firmenänderung trete eine erhebliche Verzögerung eines Insolvenzverfahrens und Verschleierung der Vermögensverhältnisse ein, was gezielt zur objektiven Gläubigerbeeinträchtigung führe. Könne dieses Ziel festgestellt werden, läge ohne weiteres Sittenwidrigkeit für alle in diesem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen vor. Soweit die Sittenwidrigkeit vorliege, sei gem. § 138 I BGB die gesamte Anteilsveräußerung, mithin sowohl die schuldrechtliche Vereinbarung als auch die dingliche Abtretung der Anteile nichtig. Die der Anteilsveräußerung nachfolgende Bestellung des Erwerbers zum Geschäftsführer sei nicht deshalb unwirksam, weil der Erwerber bei der Beschlussfassung nicht Gesellschafter sei. Die Gesellschafterbeschlüsse zur Abberufung des Altgeschäftsführers und zur Bestellung eines Neugeschäftsführers seien gem. § 241 Nr. 4 AktG 187 Ries, Rpfleger, 2004, 226; Wachter, GmbHR 2004, 955; hierzu noch Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 108, S. 116; Hellmann/Beckemper, Wirtschafsstrafrecht, Rn. 307a. 188 Ries, Rpfleger, 2004, 226. 189 Wachter, Anm. zu AG Memmingen, GmbHR 2004, 956. 190 Kilper, S. 333 – 383; insbesondere S. 351 f., 370.

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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(analog) hinsichtlich aller Kapitalgesellschaften zwar nicht aus dem Wortlaut des Beschlusses selbst, jedoch infolge ihrer Wirkungen nichtig. Auf diese Weise sei der Neugeschäftsführer nicht tatsächlicher Geschäftsführer, seine Eintragung im Handelsregister habe nur deklaratorische Bedeutung. In Bezug auf die Beschlüsse zur Sitzverlegung und Umfirmierung sei ihr Wortlaut unbedeutend. Ihre Wirkung sei gläubigerschädigend und damit ebenfalls sittenwidrig und gem. § 241 Nr. 4 AktG (analog) nichtig. Übereinstimmend sind also Kilper und Wachter der Ansicht, dass die zwischen dem Altgesellschafter der GmbH und dem Unternehmensbestatter abgeschlossene schuldrechtliche und dingliche Vereinbarung zur Anteilsabtretung wegen Umgehung der Vorschriften der Insolvenzordnung gem. § 134 BGB nichtig sind. Die Vorschriften der Insolvenzordnung seien aber andererseits nicht so umfassend, dass sämtliche insolvenzverschleppenden Maßnahmen nach Eintritt der Insolvenzreife erfasst seien. Die Maßnahmen aus dem vom Vermittler gewährten Paket stellten einen Verstoß gegen unterschiedlich zu gewichtende gesetzliche Wertentscheidungen dar.191 Beispielsweise könne die Übertragung von Gesellschaftsvermögen als eine gegen § 30 GmbHG verstoßende Auszahlung betrachtet werden. Dabei griffen die Rechtsfolgen des § 31 GmbHG, welcher als spezielle Norm gelte, dem gegenüber für § 134 BGB kein Raum bleibe. Hingegen sei der planmäßige Entzug von Vermögensgegenständen durch einen gezielten, betriebsfremden Zwecken dienenden Eingriff in das zur Gläubigerbefriedigung benötigte Vermögen sittenwidrig, weil er gegen den Grundsatz der Vermögensbindung verstoße. Kuhn spricht sich für die Unrichtigkeit der pauschalen Bewertung der Maßnahmen aus, weil es sich bei der Unternehmensbestattung nur um ein Schlagwort handle, unter das eine typische Abfolge organisierter Einzelmaßnahmen gefasst werde, die die Liquidation ohne Beachtung der gesetzlich vorgesehenen Normen entfalte. Im Falle des unrechtlichen Verknüpfens verschiedener Geschäfte sei aber von einer Nichtigkeit auszugehen.192 Altmeppen ist hingegen der Meinung, die Folgen des AG Memmingen seien irrig, es sei nicht Sache des Registergerichts, die Motive der Gesellschaft für die Abberufung des Geschäftsführers zu erforschen und einen etwaigen „Missbrauch“ aufzuspüren. Die Behauptung bezüglich der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses stelle sich als petitio principii dar.193 Zur Bestätigung seiner Ansicht verweist er auf die Verfasser des MoMiG, also auf dem Gesetzgeber, der bei der Einführung der Regeln zur Führungslosigkeit der GmbH von der Gültigkeit des Abberufungsbeschlusses ausgegangen sei.

191 192 193

Kilper, S. 382 f. Kuhn, S. 59 f. Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 39 Rn. 20 – 21.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

Im Schrifttum hat sich allerdings diese Ansicht von Altmeppen bisher nicht durchgesetzt. Vielmehr wird von der überwiegenden Literatur194 die analoge Anwendung des § 241 Nr. 4 AktG und somit die Nichtigkeit der im Rahmen der Unternehmensbestattung gefassten Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH bejaht. Entgegen der überwiegenden Ansicht, aber im Einklang mit dem OLG Karlsruhe lehnen hingegen auch Pananis/Börner195 die Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit der Gesellschafterbeschlüsse sowie Anteilsabtretung ab. Quelle einer etwaigen Sittenwidrigkeit seien die grundlegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen des Veräußerers mit dem Vermittler. Ob aber nun eine Sittenwidrigkeit dieser Abreden auch auf die Ebene der Gesellschafterbeschlüsse durchschlage, sei nicht ohne weiteres pauschal zu beantworten. Was die Sittenwidrigkeit der schuldrechtlichen Verträge angehe, lägen die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB in Zielen eines solchen Geschehens – Gläubigerbenachteiligung – vor, doch könne der deutliche Nachweis in dem jeweiligen konkreten Einzelfall bisweilen schwer fallen. Schließlich reiche die Verletzung der Mitwirkungspflichten am Insolvenzverfahren für die Annahme der Sittenwidrigkeit nicht aus, denn die Insolvenzordnung sehe zu deren Durchsetzung spezielle Regeln vor. Die übrigen wichtigen Aufsätze196, die dem Unternehmensbestattungsphänomen gewidmet sind, gehen mit Stillschweigen über das Problem der Wirksamkeit der bei der Unternehmensbestattung ergriffenen Maßnahmen hinweg. cc) Zusammenfassung und Stellungnahme Rechtsprechung und Literatur vertreten zwei entgegenstehende Positionen: Die einen sehen die Unternehmensbestattung als zulässige Dienstleistung an, die allein wegen der Motive der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer nicht als rechtswidrig bewertet werden dürfte.197 Für die anderen sind die bei der Unternehmensbestattung ergriffenen Maßnahmen wegen Sittenwidrigkeit nichtig und können infolgedessen keine Rechtswirkungen herbeiführen.198 Um dem komplexen Phänomen „Unter194

Ogiermann, wistra 2000, 251; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Ahn. § 47 Rn. 55; MüKo-GmbHG/Wißmann, § 84 Rn. 64 f.; Wachter, Anm. zu AG Memmingen, GmbHR 2004, 956. 195 Pananis/Börner, GmbHR 2006, 516 – 517. 196 Goltz/Klose, NZI 2000, 108; Hey/Regel, GmbHR, 2000, 115; Hirte, ZInsO 2003, 833; Seibert, FS Röhricht, 585; nur Kleindiek, ZGR 2007, 291 erwähnt die vielmals in der Rechtsprechung angenommene Sittenwidrigkeit des Verfügungsgeschäfts bei der Anteilsveräußerung, ohne Rechtsfolgen hinsichtlich der Anwendung des § 138 BGB für Unternehmensbestattungsfälle zu erkennen. 197 OLG Karlsruhe (30. 05. 2005), ZIP 2005, 1475; OLG Karlsruhe (19. 04. 2013), NZI 2013, 655; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 39 Rn. 21; Pananis/Börner, GmbHR 2006, 516. 198 AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 953; LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 196; BGH (15. 12. 2012), NJW 2013, 1894; vgl. Ogiermann, wistra 2000, 251; Wachter, GmbHR 2004, 956; Kilper, S. 353 f.

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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nehmensbestattung“ Rechnung zu tragen, ist es notwendig, beide Auffassungen zu beleuchten. Werden bei den Beschlüssen der Gesellschafter/Geschäftsführer im Rahmen einer Unternehmensbestattung i.S.v. der Sondermeinung des OLG Karlsruhe und einiger Autoren die Gesamtziele ausgeklammert, so sind sie als wirksam einzustufen, da sämtliche materiellrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind und dem Registergericht dafür keine Indizien vorliegen, die Eintragung als rechtsmissbräuchlich zu verweigern. Gegen diese Mindermeinung des OLG Karlsruhe sowie von Altmeppen spricht jedoch, dass im Falle der Unternehmensbestattung Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH äußerlich wirksame Rechtsgeschäfte lediglich zum eigenen Vorteil und zum Zwecke der Gläubigerbenachteiligung tätigen. Um diese missliche Situation für den Rechtsverkehr sowie die Gerichte und Behörden zu vermeiden, steht derzeit nur eine Lösung zur Verfügung: Bei solchen Konstellationen sind die Rechtsgeschäfte der Beteiligten unter Berücksichtigung der Verletzungen der Rechte Dritter und etwaiger Sittenwidrigkeit als einheitlicher Vorgang zu bewerten. Der Hauptzweck der in § 138 BGB normierten Sittenwidrigkeit liegt darin, auch in einer vom Grundsatz der Privatautonomie beherrschten Rechtsordnung die Geltung von Rechtsgeschäften zu verhindern, die für eine Rechtsgemeinschaft unerträglich sind, weil sie von ihren ethischen Grundlagen abweichen.199 Nach der in Literatur und Rechtsprechung herrschenden Meinung ist ein Rechtsgeschäft sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.200 Diese Anstandsformel, die sich in der Motivation der Beteiligten findet, wird unterschiedlich verstanden. Welche Kriterien nach dieser Formel für die Sittenwidrigkeit herangezogen werden, bleibt in Literatur und Rechtsprechung ungeklärt. Unstreitig ist nur, dass es weder auf das Anstandsgefühl der Mehrheit – Unsitten und besonders lockere Vorstellungen können auch nicht den Maßstab verändern, wenn sie verbreitet sind – noch auf das Anstandsgefühl der einzelnen Person ankommt. Vielmehr ist auf die in der Gemeinschaft oder in der beteiligten Gruppe anerkannte moralische Anschauung abzustellen. Dabei wird ein durchschnittlicher, nicht besonders strenger Maßstab der Anschauung angelegt.201 Unter dieser Prämisse sind die Maßnahmen der Unternehmensbestattung weiter zu untersuchen. Die Unternehmensbestatter benutzen die Privatautonomie für ihre Zwecke, ohne Rücksicht auf ethische Voraussetzungen und etwaige Interessen von Dritten, die Ansprüche der Gläubiger zu hintertreiben. Sie führen die reibungslose „Bestattung“ der Gesellschaft durch, vermeiden Verantwortlichkeit, befreien den Altgesell199

MüKo-BGB/Armbrüster, § 138 Rn. 1. Ellenberger, in: Palandt, § 138 Rn. 2; zu dieser Voraussetzung das AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 954, welches § 138 BGB (genauer) als die nichtgesetzliche zwingende Norm bezeichnet. Daneben müssen zwei weitere Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit vom Gesellschafterbeschluss erfüllt sein: der Verstoß gegen das Anstandsgefühl müsse sich aus dem Inhalt des Beschlusses ergeben und der Verstoß müsse so schwerwiegend sein, dass er eine bloße Anfechtbarkeit nicht ausreichen lasse. 201 Ellenberger, in: Palandt, § 138 Rn. 2; auch so MüKo-BGB/Armbrüster, § 138 Rn. 14. 200

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

schafter von Schulden, verheimlichen das Gesellschaftsvermögen und führen zugleich das wirtschaftliche Unternehmen fort. Durch die Planung und Durchführung der Unternehmensbestattung verstoßen die Beteiligten gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Das dem Anstandsgefühl entsprechende Verhalten bestünde hier darin, die Schieflage der Gesellschaft schnell und vollständig aufzuklären, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen und einen Insolvenzverwalter zu bestellen. Es müsste die notwendige Sorgfalt hinsichtlich der zur Gläubigerbefriedigung benötigten Vermögenswerte an den Tag gelegt und selbstverständlich keine Verheimlichung der entstandenen Krise vor der Öffentlichkeit vorgenommen werden. Nur ein solches Verhalten stimmt mit den Interessen der Gläubiger überein. Andernfalls liegt eine objektive Gläubigerbeeinträchtigung im Hinblick auf Klarheit der Vermögensverhältnisse und Einleitung sowie Durchführung eines Insolvenzverfahrens vor. Durch die Anteilsübertragung, den Geschäftsführerwechsel, die Sitzverlegung und die Firmenänderung tritt eine erhebliche Verzögerung eines Insolvenzverfahrens, eine Verschleierung der Vermögensverhältnisse und eine Gefährdung der Ansprüche der Gläubiger ein. Die konkreten Maßnahmen wie Anteilsveräußerung, Abberufung des Altgeschäftsführers, Bestellung des Neugeschäftsführers, Sitzverlegung, Firmenänderung sowie Vermögensverschiebung zielen eben in ihrer Gesamtheit darauf ab, die Gläubiger der insolvenzreifen Gesellschaft und Ermittlungsorgane „abzuschütteln“, die Heranziehung zur zivil- und strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu vermeiden und maximal von der Auflösung der GmbH zu profitieren.202 Falls keine solchen Ziele oder Motive vorhanden sind, würde keine derartige Maßnahme durchgeführt werden. Unterzieht man die Maßnahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände, die zum Abschluss der Geschäfte geführt haben, unter Einbeziehung der bereits darlegten Motive der Parteien und auch der Wirkungen, Zwecke und Beweggründe der Rechtsgeschäfte203 in ihrer Gesamtheit, ist die Sittenwidrigkeit hinsichtlich aller im Zuge der „Unternehmensbestattung“ ergriffenen Maßnahmen zu bejahen. Soweit die zur Gläubigerbenachteiligung führenden Maßnahmen sittenwidrig sind, weil damit gegen gesetzliche und außergesetzliche Wertmaßstäbe verstoßen wird, sind sie gem. § 138 BGB nichtig. Dies gilt jedoch nur hinsichtlich der Anteilsveräußerung und Übertragung der Vermögensgegenstände. Erfasst werden dabei sowohl die schuldrechtlichen Geschäfte als auch die Verfügungsgeschäfte, da die Unsittlichkeit gerade im Vollzug der Anteilsabtretung liegt.204 Bei den Gesellschafterbeschlüssen, durch die der Altgeschäftsführer abberufen, der Neugeschäftsführer bestellt sowie der Gesellschaftssitz verlegt und die Firma geändert wird, kommt jedoch nicht § 138 BGB, sondern § 241 Nr. 4 AktG (analog) zum Zuge, weil diese Norm bei Gesellschafterbeschlüssen lex specialis ist. Abweichend von 202 203 204

Eingehend dazu im Abschn. D. Ellenberger, in: Palandt, § 138 Rn. 8; auch so Kilper, S. 334. Vgl. Wachter, GmbHR 2004, 956; Ellenberger, in: Palandt, § 138 Rn. 20.

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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§ 138 BGB ist die Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit für solche Beschlüsse eingeschränkt und tritt nur dann ein, wenn der Beschluss „durch seinen Inhalt“ gegen die guten Sitten verstößt. Über die Nichtigkeitsgründe hinaus ist für die Gesellschafter die Möglichkeit der Anfechtung vorgesehen. Umstritten ist besonders die Ansicht des OLG Zweibrücken205 und von Wachter, die sich bezüglich der Maßnahmen der Unternehmensbestattung für eine Nichtigkeit wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB ausgesprochen haben. Hierbei soll § 134 BGB die Nichtigkeit der Anteilsveräußerung und der Verlagerung von Vermögensgegenständen bewirken, während eine Analogie zu § 241 Nr. 3 AktG als lex specialis die Nichtigkeit der Gesellschafterbeschlüsse bewirke. Als gesetzliches Verbot sollen dann die Gläubigerschutzvorschriften des Insolvenzrechts und dabei insbesondere § 15a I InsO herangezogen werden. Dabei geht es darum, dass die einzelnen Handlungen der beteiligten Personen, nämlich die Abtretung der Geschäftsanteile, der Wechsel des Geschäftsführers, die Sitzverlegung sowie Unerreichbarkeit des Neugesellschafters/Neugeschäftsführers an der angegebenen Adresse gegen die gesetzliche Wertentscheidung verstoßen, dass bei Vorliegen der Insolvenzgründe eine Insolvenzverfahren durchzuführen ist. Ergebe sich aus diesen Maßnahmen die Umgehung der Insolvenzantragsstellungspflicht, seien die Maßnahmen wegen eines gesetzlichen Verbots nichtig. Nach den oben dargestellten Ausführungen wird jedoch nicht nur gegen die Insolvenzantragsstellungspflicht verstoßen. Vielmehr versuchen die Beteiligten darüber hinaus, die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft zu verschleiern, wenn über die Gesellschaft keine Auskünfte gegeben und keine Unterlagen vorgelegt werden. Die ordnungsmäßige Sanierung sowie Abwicklung der Gesellschaft wird erheblich verzögert, wenn der Neugeschäftsführer nicht erreichbar ist. Den Schaden erleiden die Gläubiger bei der Durchsetzung ihrer Forderungen, wobei die Beteiligten die Heranziehung zur zivilund strafrechtlichen Verantwortlichkeit vermeiden und von der „Bestattung“ der Gesellschaft profitieren. Diese Umgehung der Verbotsnorm geht wesentlich über dasjenige hinaus, was durch § 15a InsO sanktioniert wird. Damit sind verschiedene, wesentliche gesetzliche Wertungen gefährdet und zwar der Grundsatz der Transparenz der Vermögensverhältnisse, der Grundsatz der Vermögenstrennung und die Insolvenzantragspflicht. Somit liegen mehrere Umstände vor, die die Sittenwidrigkeit begründen.206 Es geht also nicht um eine einzelne Verhaltensweise, die gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB), vielmehr um ein „Gesamtpaket“, das umfassend gegen die guten Sitten verstößt. Gleichermaßen betrifft dies die Nichtigkeit der Gesellschafterbeschlüsse nach § 241 Nr. 3 AktG (analog). Nach § 241 Nr. 3 AktG werden Beschlüsse erfasst, die durch ihren Inhalt Vorschriften verletzen, die überwiegend zum Schutze der Gläubiger gegeben sind. Als solche gläubigerschützende Normen können voran die 205 206

OLG Zweibrücken (03. 06. 2013), NZI 2013, 910. MüKo-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 4.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

Regelungen zur Beschaffung und Erhaltung des Stammkapitals eingestuft werden, §§ 30 GmbHG und § 225 AktG. Diese Regelungen werden aber durch die Abberufungs-, Bestellungs-, Sitzverlegungs- sowie Firmenänderungsbeschlüsse nicht berührt. Ferner kommt als gesetzliches Verbot die Insolvenzantragspflicht gem. § 15a I InsO in Betracht. Hier ist die Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit (§ 241 Nr. 4 AktG analog) zutreffend, denn die Gefährdung nicht anfechtungsberechtigter Dritter – hier insbesondere der Gläubiger – ist als ein mögliches Merkmal der Sittenwidrigkeit anzusehen.207 Zudem erstreckt sich die Sittenwidrigkeit wegen Gläubigerschädigung weiter auch auf die gesetzlich nicht geregelten Fälle, in denen die Gesellschafterbeschlüsse wegen ihrer Anstößigkeit nicht hinnehmbar sind.208 Demzufolge sind Beschlüsse im Rahmen einer Unternehmensbestattung nach § 241 Nr. 4 AktG analog sittenwidrig. Ferner ist zu erwägen, ob für die Sittenwidrigkeit der Unternehmensbestattungsmaßnahmen die Beteiligung eines „Unternehmensbestatters“ überhaupt essentiell ist. Der Unternehmensbestatter koordiniert alle einzelnen Maßnahmen und deswegen ist ein Vertragsverhältnis zwischen ihm und dem Gesellschafter ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensbestattung. Aber wenn der Altgesellschafter ausnahmsweise selbst einen Dritten sucht, an den er die Geschäftsanteile verkauft und den er dazu veranlasst, sich zum Geschäftsführer bestellen zu lassen, werden die zur Gläubigerbefriedigung nötigen Vermögenswerte genauso entzogen und ein Insolvenzverfahren wird genauso verzögert oder unterlaufen. Daher ist Kilper209 darin zuzustimmen, dass in diesem Fall die gleichen Wirkungen eintreten, sodass letztlich die Teilnahme des „Bestattungsunternehmens“ für die Sittenwidrigkeit doch nicht relevant ist. c) Ergebnis Es ist allgemein anerkannt, dass Maßnahmen, die Gläubigerinteressen schädigen, wegen Sittenwidrigkeit nichtig sind. Von großer Bedeutung ist aber der Nachweis der Schädigung in einem konkreten Fall. Während jede einzelne Handlung der Unternehmensbestatter als zulässige Dienstleistung angesehen werden kann, solange eine Schädigung im konkreten Fall nicht nachgewiesen wird, kann das gesamte Vorgehen bei der Unternehmensbestattung generell als sittenwidrig eingestuft werden (§ 138 BGB). Grund dafür ist, dass die Maßnahmen zusammengenommen eine rechtserhebliche andere Wirkung erzeugen als die Vorgegebene und dass stets die Gefahr der Gläubigerschädigung besteht. Demzufolge bleiben die Altgesellschafter in ihrer Gesellschafterposition. Der Altgeschäftsführer bleibt verantwortliches Leitungsorgan der Gesellschaft. Der Neugeschäftsführer kann nur als faktisches Gesellschaftsorgan und nicht als eingetragener Geschäftsführer betrachtet werden. 207 208 209

MüKo-AktG/Hüffer/Schäfer, § 241 Rn. 70. Vgl. MüKo-AktG/Hüffer/Schäfer, § 241 Rn. 68; Kilper, S. 339; Kuhn, S. 66 – 73. Vgl. Kilper, S. 369.

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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2. Nach russischem Recht Das erst in jüngerer Zeit im russischen Recht aufgetauchte Unternehmensbestattungsphänomen hat bis jetzt keine belastbare Rechtsprechung bezüglich der Zulässigkeit dabei durchgeführter Maßnahmen hervorgebracht. Hinzu kommen die Lückenhaftigkeit und Widersprüchlichkeit der gesetzlichen Normen, die das Reorganisations- und Liquidationsverfahren regeln. Die entstandene Situation führt zu Unklarheiten darüber, ob das Anteilsveräußerungsgeschäft, die Reorganisation, die Auseinandersetzungsbilanz, die Eintragung der Sitzverlegung der bei der Reorganisation gegründeten Gesellschaften, der Gesellschafterbeschluss zur Auflösung oder Reorganisation und die Übertragung der Vermögensgegenstände als wirksam oder unwirksam einzustufen sind. Dem soll im Folgenden nachgegangen werden. a) Nichtigkeit der Anteilsveräußerung Ausgangspunkt jeder „alternativen Liquidation“ einer GmbH ist, wie oben bereits erläutert,210 der zumindest faktische Wechsel von Geschäftsführer und Gesellschafter des krisenbefangenen Unternehmens. Durch die Anteilsveräußerung an die vom Bestatter vermittelte Person werden die Gesellschafter ausgetauscht. Der Anteilsübertragung liegt ein Rechtsgeschäft zugrunde, was aus Art. 21 P. 1, 2 russ. GmbHG folgt. Die Übertragung erfolgt nach Art. 21 P. 2 durch Abtretung: Hierbei ist die notarielle Form zu wahren. Die freie Veräußerbarkeit an Dritte ist gesetzlich nur durch das Vorkaufsrecht anderer Gesellschafter und gegebenenfalls durch die erforderliche Zustimmung anderer Gesellschafter eingeschränkt. Im Übrigen ist die Abtretung an keine erhöhten Voraussetzungen geknüpft. Im überwiegenden Schrifttum211 sowie in ersten gerichtlichen Entscheidungen212, die sich mit der Anteilsveräußerung bei einer „alternativen Liquidation“ auseinandersetzen, wird das Anteilsveräußerungsgeschäft als Scheingeschäft gem. Art. 170 ZGB und deswegen als nichtig eingestuft. Gem. Art. 170 P. 1 ZGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das nur zum Schein vorgenommen wird, ohne die Absicht, entsprechende Rechtsfolgen zu schaffen. Bei einem solchen Rechtsgeschäft entspricht die Willenserklärung nicht dem wirklichen Willen der Beteiligten, denn der Wille jeder Partei ist im Zeitpunkt der Vornahme nicht auf die Entstehung, Änderung oder Auflösung von Rechten und Pflichten gerichtet.213 Von Gesetzes wegen sind nichtige 210

Hierzu der oben beschriebene Ablauf der „alternativen Liquidation“ in Abschn. I.2.b). Vgl. Moskalev, Buhgalter i Zakon, Nr. 12 (144), 2010, S. 22; Krosˇkin, Jurist kompanii, Nr. 11, 2012, S. 78 f.; Aparysˇev, ÈZˇ -Jurist, Nr. 44, 2012, S. 13; Kondratkova, Istoricˇ eskie, filosofskie, politicˇ eskie i juridicˇ eskie nauki, kul’turologija i iskusstvovedenie. Voprosy teorii i praktiki, 2013, Nr. 4-1 (30), S. 102 ff. 212 Vgl. Entscheidung des Wirtschaftsgerichts in Sankt-Petersburg und des Föderalen Wirtschaftsgerichts in Leningradskij Gebiet von 29. 10. 2013 Nr. A56-41166/2010, RIS „ConsultantPlus“. 213 Vgl. Beschluss des Präsidiums des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 08. 02. 2005 Nr. 10505/04, RIS „ConsultantPlus“. 211

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Rechtsgeschäfte unwirksam und führen keine Rechtsfolge herbei, vgl. Art. 166 und 167 ZGB. Moskalev hebt hervor, dass die dem Anteilserwerb nachfolgenden Handlungen (Unterlassungen) des Neugesellschafters/Neugeschäftsführers für das Fehlen eines Interesses an der wirtschaftlichen Tätigkeit der erworbenen Gesellschaft (kein Interesse an der Entstehung und Vorteilsannahme der Anteilseigentumsrechte) und dementsprechend für ein Scheingeschäft sprechen. Die Anteilsübertragung werde nur täuschungshalber vollzogen, um die wahren Ziele zu verschleiern und die Altverantwortlichen verschwinden zu lassen, während die Altgeschäftsführer faktisch das weitere Auflösungsverfahren leiten.214 Das wichtigste Merkmal, das ein Scheingeschäft von einem wirksamen Rechtsgeschäft unterscheidet, ist, dass es nicht auf die Entstehung, Änderung oder Auflösung von Rechten und Pflichten gerichtet ist. Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung, dass die Beteiligten der „alternativen Liquidation“ mit der Anteilsveräußerung keine Rechte und Pflichten schaffen, ändern oder auflösen wollen, als fehlerhaft anzusehen. Die Rechte und Pflichten der Altgesellschafter sowie Altgeschäftsführer bezüglich der insolvenzreifen Gesellschaft werden nämlich mit der Vollendung des Rechtsgeschäfts tatsächlich aufgehoben und zugleich werden die Neugesellschafter und Neugeschäftsführer in die Gesellschaftsführung eingesetzt. Insoweit liegt ein Rechtsgeschäft vor, dessen Willenserklärung auf die Auflösung der einzelnen Rechte und Pflichten und gleichzeitig auf die Entstehung neuer Rechte ausgerichtet ist. Es werden durch diese Willenserklärung lediglich die echten Ziele der „stillen Liquidation“ versteckt, aber die Willenserklärung an sich soll ihrerseits eindeutige Rechtsänderungen bewirken, die auch tatsächlich eintreten. Deshalb kann die Anteilsübertragung nicht als Scheingeschäft i.S.v. Art. 170 P. 1 ZGB eingestuft werden. Auch Povarov spricht sich gegen die Einstufung als Scheingeschäft aus, plädiert aber im Ergebnis dennoch für die Unwirksamkeit der Anteilsveräußerung unter Hinweis auf P. 32 des Beschlusses des Plenums des Obersten Gerichts und Obersten Wirtschaftsgerichts vom 01. 07. 1996 Nr. 6/8 und auf den Beschluss des Präsidiums des Obersten Wirtschaftsgerichts vom 27. 05. 1997 Nr. 2237/96. Aus der gesetzlich vorgeschriebenen Garantie für die Forderungsbefriedigung von Gläubigern ergebe sich die Anfechtbarkeit des Veräußerungsgeschäfts (vgl. Pflicht der Bekanntmachung nach Art. 562 ZGB).215 Ein Rechtsgeschäft zur Anteilsübertragung gefährde zwar per se keine Interessen von Personen, die nicht an diesem Geschäft beteiligt 214 Zustimmend in der Rechtsprechung: Entscheidung des 9. Berufungswirtschaftsgerichts vom 07. 09. 2015 Nr. 091@-32189/2015; auch so Moskalev, Buhgalter i Zakon, Nr. 12 (144), 2010, S. 22; Krasˇeninnikov, Zivilgesetzbuch der Russischen Fo¨deration. Rechtgescha¨fte. Versammlungsbeschlu¨sse. Vertretung und Vollmacht. Fristen. Verja¨hrung. Kommentar zu Kapiteln 9 – 12, 2013, S. 41 deutet darauf hin, dass eine derartige Vera¨ußerung beim faktischen Besitz des alten Eigentu¨mers das verbreitete Muster des Scheingescha¨fts ist. 215 Povarov, Der Schutz der Rechte von Gläubigern bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Unternehmen, Grazˇ danin i pravo, 2001, Nr. 3, S. 31 f.

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seien; würden deren Rechte aber durch Verschleierung der wahren Tatsachen nachteilig eingeschränkt, dann sei die Unwirksamkeit eines solchen Geschäfts doch anerkannt. Zu Unrecht geht aber Povarov davon aus, dass die Gläubiger durch diese Garantie für die Forderungsbefriedigung ausreichend geschützt sind. Eine Analyse der einschlägigen (leider nur zivilrechtlichen) Rechtsprechung zeigt, dass diese Garantie häufig nur auf dem Papier steht. De facto bleiben die Gläubiger ohne Befriedigung ihrer Ansprüche. Die Klagen der geschädigten Gläubiger werden zumeist abgewiesen. So stellt sich das 11. Berufungswirtschaftsgericht sowie das Föderale Wirtschaftsgericht im Uraljskij Gebiet auf den Standpunkt,216 dass die formalen Indizien der Erfüllung des Vertrags zwischen der Schuldnerin-Gesellschaft und den geschädigten Gläubigern (Übergabeprotokoll, Quittungen etc.) zur Wirksamkeit des Anteilsveräußerungsgeschäfts führen. Allein der Gesichtspunkt der garantierten Forderungsbefriedigung führt also zu keiner Lösung des Problems der Unternehmensbestattung. Andere Wege müssen beschritten werden. Bei der Suche nach einer Problemlösung ist vorrangig an Art. 170 P. 2 ZGB zu denken. Das Rechtsgeschäft, das zwischen dem Altgesellschafter und der vom Bestatter ausgesuchten Person oder dem Bestatter selbst abgeschlossen wird, kann möglicherweise als verdecktes Rechtsgeschäft i.S.v. Art. 170 P. 2 ZGB nichtig sein. Ein verdecktes Rechtsgeschäft, d. h. ein Rechtsgeschäft, das mit dem Ziel, ein anderes Rechtsgeschäft zu verdecken, vorgenommen wird, ist grundsätzlich nichtig. Im Gegensatz zu dem Scheingeschäft i.S.v. Art. 170 P. 1 ZGB entspricht der Wille der Beteiligten beim verdeckten Rechtsgeschäft nicht der tatsächlich abgegebenen Willenserklärung. Verdeckte Rechtsgeschäfte sind in der Praxis genauso verbreitet wie Scheingeschäfte. Beide bezwecken die Umgehung der Hindernisse und der für die Beteiligten ungünstigen Auswirkungen. Zutreffend heben sowohl Sergeev als auch Sklovskij hervor, verdeckte Rechtsgeschäfte würden meistens mit rechtswidrigen Zielen vorgenommen, nämlich um vom Gesetz aufgestellte Verbote und Einschränkungen zu umgehen, Interessen Dritter zu beeinträchtigen oder ungerechtfertigte Vorteile zu erhalten.217 So können z. B. das konventionelle Auflösungsverfahren einer Gesellschaft sowie die dabei vorhandenen Gläubigerschutzvorschriften umgangen werden. Laut den gesetzlichen Normen hat die Abwicklung einer Gesellschaft in jedem Fall in einem geordneten Verfahren zu erfolgen, was durch die von den Beteiligten bei der „alternativen Liquidation“ gewählte Vorgehensweise gerade verhindert oder zumindest erschwert wird. Die Altgesellschafter und Altgeschäftsführer versuchen, das 216

Vgl. Beschluss des 11. Berufungswirtschaftsgerichtes vom 05. 06. 2012 Nr. A55-22742/ 2011; Beschluss des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Ural Gebiet vom 28. 12. 2011 Nr. F098823/11, RIS „ConsultantPlus“. 217 Vgl. Sergeev, Einige Fragen der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften. Grundrisse im Handelsrecht, in: Krasheninnikov, Sammlung wissenschaftlicher Arbeiten, 11. Aufl., 2004, S. 24; Sklovskij, Das Rechtsgeschäft und seine Wirkung, 2015, S. 131 f.

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geordnete Abwicklungsverfahren und zwar insbesondere die Antragstellungspflicht der zahlungsunfähigen oder überschuldeten Gesellschaft durch den Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile an den Dritten zu umgehen. Darüber hinaus dient die Abtretung auch dazu, Dritte der Möglichkeit zu berauben, ihre Erstattungsansprüche zu verwirklichen. Wie oben bereits erläutert, stellt der vom Bestatter vermittelte Strohmann nur pro forma seine persönlichen Daten für die Vornahme des Anteilserwerbs zur Verfügung, während er an der wirtschaftlichen Tätigkeit der erworbenen Gesellschaft nicht teilnimmt. Die nachfolgende Liquidation der erworbenen Gesellschaft führt regelmäßig das Bestattungsunternehmen durch. Da bei verdeckten Rechtsgeschäften sehr häufig die wahren Beteiligungsverhältnisse verschleiert werden sollen,218 spricht vieles dafür, die Anteilsveräußerung im Rahmen der Unternehmensbestattung als ein derartiges verdecktes Rechtsgeschäft einzustufen. Deshalb sympathisiert auch Moskalev mit dem Gedanken, dass das Schema „Eingang – Ausgang“219 bei der „alternativen Liquidation“ als verdecktes Rechtsgeschäft qualifiziert werden muss, weil dieses Vorgehen auch bezweckt, der notariellen Beurkundung bei der Anteilsveräußerung zu entgehen. Falls die Verschleierung der Gesellschafter bei dem Ausscheiden aus der Gesellschaft und dem Eintritt in die Gesellschaft nachgewiesen werden könne, seien diese Rechtsgeschäfte als „verdeckte Rechtsgeschäfte“ nichtig, und auf sie müssen die Regelungen der Anteilsveräußerung angewendet werden.220 Diese Ansicht überzeugt; sie löst die Problematik aber noch immer nicht flächendeckend. Jenseits des „verdeckten Rechtsgeschäfts“ ist auch die Unwirksamkeit der Anteilsveräußerung nach den Grundsätzen der Sittenwidrigkeit zu erwägen. Nach Art. 169 ZGB ist ein Rechtsgeschäft, das mit einem der Rechtsordnung oder Sittlichkeit widersprechenden Ziel vorgenommen wird, nichtig und hat keine Rechtswirkungen. In der gesetzlichen Formulierung fehlt also der Begriff „Sittenwidrigkeit“. Es findet sich dazu eine Entscheidung des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation, nach der „[…] dieser Begriff, wie andere einzuschätzende Begriffe, durch Auslegung inhaltsreich wird; und um das einheitliche Verstehen dieses Begriffs zu sichern, wird darauf hingewiesen, dass ein sittenwidriges Rechtsgeschäft dann vorliegt, wenn dessen Ziel nicht nur dem Gesetz und den moralischen Prinzipien widerspricht, sondern gegen die Grundlagen der Rechtsordnung und Sittlichkeit verstößt“221.

218

Krasˇeninnikov, ZGB, S. 43; Sklovskij, Das Rechtsgeschäft und seine Wirkung, 2015, S. 133. 219 s.o. im Abschn. I.2.b). 220 Vgl. Moskalev, Buhgalter i Zakon, Nr. 12 (144), 2010, S. 22. 221 Entscheidung des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation vom 08. 06. 2004 Nr. 226-O, RIS „ConsultantPlus“.

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Das Plenum des Obersten Gerichts der Russischen Föderation fügt hinzu: „als [solche] Rechtsgeschäfte können diejenigen Rechtsgeschäfte eingestuft werden, die gegen die Grundlagen der russischen Rechtsordnung, gegen die […] politische und wirtschaftliche Gesellschaftsordnung und deren Moralprinzipien verstoßen“222.

Anknüpfungspunkt ist die bestehende Sozialmoral, wobei auf die ganz normale durchschnittliche Ansicht einzelner Gruppen abzustellen ist. Die Bewertungsgrundlage für die Frage, ob etwas gegen die Sittlichkeit verstößt, ändert sich ständig. Das folgt schon aus den sich immer wandelnden gesellschaftlichen Ansichten und dem Umfeld. Die Sittlichkeit beeinflusst auch die Rechtssetzung. Die Auslegung der Grundlagen der Sittlichkeit wird häufig mit dem deutschen Begriff „gute Sitte“ gleichgesetzt. Die Sittlichkeit drückt sich also in dem Anstandsgefühl entsprechenden Verhalten aus, das durch die ständige gesellschaftliche Entwicklung bedingt wird.223 Wie aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation sowie des Obersten Gerichts224 und der herrschenden Meinung im Schrifttum225 folgt, ist ein wichtiges Merkmal eines gegen die Rechtsordnung und Sittlichkeit verstoßenden Rechtsgeschäfts also sein Ziel. Das Ziel jeder Anteilsveräußerung bei der Unternehmensbestattung besteht darin, die gesellschaftliche Vermögenslage zu verschleiern und Gläubiger abzuschütteln. Werden Rechte Dritter durch ein solches Rechtsgeschäft eingeschränkt, ergibt sich hieraus auch ein Verstoß gegen die guten Sitten. Im Rahmen einer „alternativen Liquidation“ werden die wertvollen Vermögensstücke häufig durch Umgehungsgeschäfte für einen sehr geringen Preis oder ohne Gegenleistung mit dem Ziel übertragen, den Altgesellschafter auch weiterhin die Vermögenswerte und Betriebsanlagen in dem neu gegründeten Unternehmen nutzen zu lassen und die Vollstreckung in das Vermögen des Altgesellschafters zu vermeiden. Ist der Vertragspartner dabei der Altgesellschafter, handelt es sich um ein sog. „Geschäft mit Interessiertheit“ im Sinne einer persönlichen Vorteilsverknüpfung (vgl. Art. 45 russ. GmbHG, Art. 81 ff. russ. AktG). Diese Rechtsfigur ähnelt sehr dem deutschen „Insichgeschäft“. Danach gelten für Rechtsgeschäfte, bei deren Erfüllung sich das Interesse von einem Mitglied der Geschäftsführung, einem Geschäftsführer als einem Einzelgeschäftsführungsorgan oder einem 20 % oder mehr Stimmen be222

P. 85 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 23. 06. 2015 Nr. 25 „Über die gerichtliche Anwendung einiger Vorschriften des Abschnitts I des Teils 1 des ZGB“, RIS „ConsultantPlus“. 223 Auf die großen Erfahrungen bei der Praxis der Verwendung der „Sittenwidrigkeit“ weist Ignatov, Kommentar zu Abschnitt 4 „Rechtsgeschäfte. Hauptversammlungsbeschlüsse. Vertretung“ des Kapitals I „Grundlage“ des Teils 1 des ZGB, 2013, RIS „ConsultantPlus“ hin. 224 P. 85 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 23. 06. 2015 Nr. 25 „Über die gerichtliche Anwendung einiger Vorschriften des Abschnitts I des Teils 1 des ZGB“, RIS „ConsultantPlus“. 225 Sklovskij, Rechtsgeschäft und seine Wirkung, 2015, S. 128; Trofimov, Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften: Sammlung der Rechtsprechung mit Kommentar, S. 94, 96.

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sitzenden Gesellschafter ergibt, besondere Voraussetzungen. „Interessierte Personen“ sind hierbei solche, die selbst oder deren Ehegatte, Eltern, Kinder, Geschwister oder Adoptivkinder Geschäftspartei sind. Werden die Voraussetzungen derartiger Rechtsgeschäfte verletzt, können solche „Geschäfte mit Interessiertheit“ vom Gericht für unwirksam erklärt werden. Damit wird dann die Übertragung des Gesellschaftsvermögens an den ehemaligen Gesellschafter/Geschäftsführer unwirksam. All dies zeigt, dass im Falle der „alternativen Liquidation“ die gewollte Verschleierung der Vermögensverhältnisse und die erstrebte Benachteiligung der Gläubiger sowie die Übertragung der Geschäftsanteile als ein Rechtsgeschäft einzustufen ist, das gegen die guten Sitten verstößt und deshalb nichtig ist. b) Unwirksamkeit der Reorganisation der zu bestattenden Gesellschaft Einige Stimmen in der Literatur halten die Reorganisation als Handlung der zu bestattenden Gesellschaft, die darauf abzielt, die Haftung zu vermeiden und Aktiva von der etwaigen Zwangsvollstreckung wegen Forderungen von Gläubigern zu befreien, nicht für „zulässig“, sondern für „unredlich“.226 Nach Meinung von Stepanov muss die unredliche Reorganisation mit dem Ziel der Vermögensübergabe an die andere Gesellschaft, die für die Ansprüche der bisherigen Gesellschaft keine Haftung trägt, durch die beeinträchtigten Dritten als unwirksam angefochten werden. Diese Sichtweise wird auch durch eine höchstrichterliche Entscheidung bestätigt. In ihr wurde die Reorganisation in Form einer Abtrennung der Aktiengesellschaft als unwirksam eingestuft, weil die Handlungen der Gesellschafter bei der Reorganisation auf die Nichterfüllung der Forderungen gerichtet waren. Dabei wurden ein kleiner Teil der Aktiva und die Mehrheit der Passiva auf die abgetrennte Gesellschaft übertragen, was seitens des Gerichts als rechtsmissbräuchliches Verhalten qualifiziert wird.227 Zur Begründung wird auf den rechtsgeschäftlichen Charakter der Reorganisation verwiesen. Bei einer Einstufung der Reorganisation als Rechtsgeschäft im Sinne von Art. 153 ZGB folge die Unwirksamkeit der Reorganisation aus Art. 167 ZGB. Dies bewirke wiederum, dass die nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Reorganisation laut Art. 168 ZGB nichtig sei. Die Nichteinhaltung der Pflicht der Bekanntmachung könne ebenfalls zur Unwirksamkeit der Reorganisation gem. Art. 168 ZGB führen.228 Es ist jedoch Bakulina229 darin zuzustimmen, dass die Reorganisation als solche nicht als ein einheitliches Rechtsgeschäft zu betrachten ist. Es fehlen die dafür er226 Stepanov, Rechtsnachfolge bei der Reorganisation in Form der Abtrennung, Vestnik Vyssˇego arbitrazˇ nogo suda Rossijskoj Federacii, Nr. 8, 2002, S. 103. 227 Präsidiumsbeschluss des Obersten Wirtschaftsgerichts vom 31. 10. 2000 Nr. 796/00, RIS „ConsultantPlus“. 228 Dazu Naumov, Über den Schutz der Gläubigerrechte bei der Reorganisation des Schuldners, Arbitrazˇ naja praktika, Nr. 7, 2001, S. 23. 229 Bakulina, Zur Frage nach der gerichtlichen Anfechtung der Reorganisation von wirtschaftlichen Gesellschaften, Hozjajstvo i pravo, Nr. 3, 2004, S. 130.

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forderlichen rechtlichen Voraussetzungen. Die Reorganisation als zusammengesetzter Tatbestand umfasst zwar verschiedene Rechtsgeschäfte – insbesondere einen Inkorporations- sowie Integrationsvertrag –, damit ist aber zunächst nur das Verfahren der Reorganisation umschrieben, das nicht mit den einzelnen Rechtsgeschäften gleichzusetzen ist. Vor diesem Hintergrund müssen die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften nicht auf die Reorganisation als solche, sondern auf die ihr unterliegenden Rechtsgeschäfte bezogen werden.230 Es sind also die jeweiligen Bestandteile des Verfahrens der Reorganisation einzeln zu bewerten. Ausgangspunkt ist hierbei der Gesellschafter- oder Hauptversammlungsbeschluss. Im Unterschied zum deutschen Recht ist der Gesellschafterbeschluss einer GmbH nach russischem Gesellschaftsrecht kein Rechtsgeschäft und daher können die Unwirksamkeitsregeln von Rechtsgeschäften auf Gesellschafterbeschlüsse keine Anwendung finden.231 Ein unter Verstoß gegen gesetzliche Regelungen gefasster Beschluss kann jedoch vom Gericht auf Verlangen des Gesellschafters der an der Abstimmung nicht teilgenommen oder gegen diesen Beschluss gestimmt hat und dadurch in seinen Interessen verletzt worden ist, gem. Art. 43 P. 1 russ. GmbHG als unwirksam gewertet werden (s. auch Art. 181.4 ZGB, Art. 49 P. 7 russ. AktG für die AG). Handelt es sich um einen Reorganisationsbeschluss einer GmbH, kann dieser nach Art. 60.1 ZGB auf Verlangen von Teilhabern der reorganisierten Gesellschaft sowie anderer nicht als Teilhaber auftretender Personen als unwirksam anerkannt werden. Es existieren aber keine ausdrücklich gesetzlich fixierten Anfechtungsgründe. Deshalb greift für solche Konstellationen die allgemeine Regel des Art. 181.4 ZGB hinsichtlich der Anfechtung von Versammlungsbeschlüssen ein. Zweifelhaft ist allerdings, ob die Regeln des Art. 181.4 ZGB auch dann anwendbar sind, wenn es sich um einen vom Einzelgesellschafter getroffenen Beschluss handelt. Entsprechend der Grundtendenz des Gesetzgebers, die infolge der Reorganisation entstandenen juristischen Personen sowie abgeschlossene Rechtsgeschäfte möglichst wirksam bleiben zu lassen,232 sollen alle anderen Kontrollmöglichkeiten ausgeschöpft werden, ehe es zur Anwendung des Art. 181.4 ZGB kommt. Denkbar ist z. B. eine Erweiterung des Kreises der anfechtungsberechtigten Personen nach Art. 60.1 ZGB. Dieser Weg scheint allerdings ebenfalls verbaut, denn

230

Beschluss des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Volgo-Vjatskij Gebiet vom 18. 11. 2013 Nr. A31-10265/2011, RIS „ConsultantPlus“. 231 So auch Makovskaja, Rechtsfolgen der Unwirksamkeit von Hauptversammlungs- sowie Gesellschafterbeschlüssen, in Festschrift „Die Unwirksamkeit im Bürgerlichen Recht“ von Rozˇ kova, 2006, S. 351 – 385; Rodionova, Über die Rechtsnatur von Gesellschafterbeschlüssen und ihre Unwirksamkeit im deutschen und russischen Bürgerlichen Recht, Vestnik grazˇ danskogo prava, Nr. 5, 2012, S. 76 f. 232 Reformierung der Zivilgesetzgebung betreffend juristische Personen (vergleichende Analyse der seit dem 1. September 2014 eingeführten Änderungen im Kapitel 4 ZGB), RIS „Garant“.

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insoweit ist Sabirova233 zuzustimmen, dass die Gläubiger nicht zu „anderen Personen“ i.S.v. Art. 60.1 Abs. 1 ZGB gehören, weil ihre Interessen im Verlauf der Reorganisation durch andere gesetzlichen Normen geschützt werden (vgl. Art. 60 ZGB). Die Unwirksamkeit des Reorganisationsbeschlusses der GmbH nach Art. 60.1 ZGB hat nicht zur Folge, dass die nun gegründeten Gesellschaften nicht bestünden. Einzige Folge ist die Möglichkeit, die beschlussfassenden Personen nach dem Prinzip der solidarischen Haftung heranzuziehen. Allerdings kann die Reorganisation der Gesellschaften gemäß Art. 60.2 ZGB als nicht erfolgt anerkannt werden, wenn keine Beschlussfähigkeit vorlag, die Beschlussfassung ohne die erforderliche Stimmenmehrheit erfolgte oder der Beschluss von einem nicht zuständigen Organ getroffen wurde sowie die für die Eintragung notwendigen Unterlagen falsche Angaben enthielten. Im Gegensatz zu Art. 60.1 ZGB konstituiert die Norm des Art. 60.2 ZGB die Folgen dieser Reorganisation: Die Gesellschaften, die vor der Reorganisation bestanden, werden wiederhergestellt, die infolge der Reorganisation neu gegründeten Gesellschaften werden hingegen ausgetragen; die Übertragung von Rechten und Pflichten entfällt rückwirkend, die Anteile der Gesellschafter leben wieder auf. Bei einer „alternativen Liquidation“ handelt es sich jedoch regelmäßig weder um einen Verstoß gegen die gesetzlichen Normen der Beschlussfassung noch um die etwaige Anfechtung nach den Gründen des Art. 60.2 ZGB; darüber hinaus stimmen alle Gesellschafter für die Reorganisation der Gesellschaft, um eine Anfechtung möglichst zu verhindern. Die Gesellschafter legen dem Gesellschafterbeschluss zwar den Zweck zugrunde, die sich abzeichnende Zahlungsunfähigkeit zu umgehen und der Verantwortung auszuweichen, dies wird jedoch nicht offen angesprochen. Nur wenn dabei falsche Angaben betreffs der Reorganisation gemacht werden – bspw. indem ein bei professionellen Liquidatoren sehr beliebtes „eintägiges Scheinunternehmen“ im Rahmen der Reorganisation benutzt wird –, kann das Reorganisationsverfahren als „nicht erfolgt“ i.S.v. Art. 60.2 ZGB eingestuft werden. Nach russischer Rechtslage ist der Inkorporations- sowie Integrationsvertrag ein unabdingbarer Teil des Beschlusses zur Reorganisation. Im Unterschied zum deutschen Recht, nach dem ein einfacher Gesellschafterbeschluss zur Reorganisation ausreicht, stellt der Inkorporations- sowie Integrationsvertrag ein selbstständiges Rechtsgeschäft dar. Was für einen Vertragstyp dieser Vertrag darstellt, bleibt in der Literatur allerdings umstritten. Einer Meinung nach ist dies eine Art Gründungsvertrag;234 andere sehen in ihm einen Personengesellschaftsvertrag.235 Archipov hält 233 Sabirova, Einzelne Aspekte des Vorhabens von der Entwicklung der inländischen Gesetzgebung betreffend juristische Personen, Zakonnost’ i pravoporjadok v sovremennom obsˇcˇ estve, 2012, Nr. 8, S. 59. 234 Em/Koslova, Gründungsvertrag: Begriff, Inhalt, Wesen und Rechtscharakter, Zakonodatel’stvo, Nr. 3, 2000, RIS „ConsultantPlus“. 235 ˇ Zdanov, Reorganisation der Aktiengesellschaften in der Russischen Föderation, 2002, S. 51; Korovaiko, Inkorporations- sowie Integrationsverträge, Hozjajstvo i pravo, Nr. 2, 2001, S. 55.

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diesen Vertrag, der unter keine der bekannten Vertragstypen passt, für ein Rechtsgeschäft sui generis.236 Jedenfalls ist der Inkorporations- und Integrationsvertrag in genereller Hinsicht ein Vertrag in Sinne von Art. 420 P. 1 ZGB, durch den Rechte und Pflichten begründet, geändert oder aufgelöst werden und dessen Wirksamkeit vom Gesellschafterbeschluss unabhängig ist. Gem. Art. 166 ZGB darf jedoch der Gläubiger, dessen Interessen bei der „alternativen Liquidation“ beeinträchtigt werden, den Reorganisationsvertrag gerichtlich anfechten, und mit dem Urteilsspruch wird das Rechtsgeschäft wegen Verstoßes gegen die gesetzlichen Anforderungen oder wegen der Verschleierung unwirksam. Eines besonderen Hinweises bedarf noch das rechtliche Schicksal der sog. „Auseinandersetzungsbilanz“. Der Begriff ist nicht gesetzlich definiert. Gem. Art. 58, 59 ZGB handelt es sich um eine Bilanzierung der Rechte und Pflichten bei der Rechtsnachfolge. Die Auseinandersetzungsbilanz wird durch die Gesellschafterversammlung erlassen. Sie ist kein selbständiger Rechtsakt, sondern nur eines der Bestandteile einer Reorganisation. Da es sich um keinen selbständigen Rechtsakt handelt, ist eine Unwirksamkeit der Auseinandersetzungsbilanz unmöglich und damit nur der sie erlassende Gesellschafterbeschluss zur Reorganisation anzufechten. Zweifelhaft erscheint auch die rechtliche Kategorisierung der eigentlichen Übergabe des Gesellschaftsvermögens an die reorganisierte Gesellschaft, die nach der Auseinandersetzungsbilanz durchgeführt wird. Da dem russischen Zivilrecht das Abstraktions- sowie Trennungsprinzip unbekannt sind, ist in der zivilrechtlichen Literatur umstritten, ob die Übergabe als ein getrenntes Rechtsgeschäft einzustufen ist. Grundsätzlich ist die Übergabe ein Realakt. Es wird allerdings in Teilen des Schrifttums zwischen der Ebene der Verpflichtung und der der Verfügung unterschieden.237Auch das russ. GmbHG unterscheidet zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft, indem es die notarielle Form für ein Rechtsgeschäft vorsieht, das auf die Verfügung gerichtet ist (Art. 21 P. 11 russ. GmbHG). Deshalb geht Stepanov davon aus, dass bei dem Nachweis des Rechtsmissbrauchs der Reorganisation die Übergabe von Gesellschaftsvermögen als Rechtsgeschäft qualifiziert werden kann, mit der Konsequenz, dass die Normen über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften anzuwenden sind.238 Danach ist also die Übergabe des Gesellschaftsvermögens bei der Reorganisation als ein Rechtsgeschäft zu betrachten. Diese Ansicht wird auch von einigen Wirtschaftsgerichten befürwortet. So hat das Föderale Wirtschaftsgericht im Ural Gebiet im Jahre 2002 die Übergabe des Gesellschaftsvermögens bei der Reorganisation in Form der Abtrennung als verdecktes Rechtsgeschäft bewertet, weil nicht einzelne Vermögensgegenstände der Gesellschaft, 236

Arhipov, Reorganisationsverträge hinsichtlich der Integration und Inkorporation von Aktiengesellschaften, Zakonodatel’stvo, Nr. 10, 2002, S. 35. 237 s. dazu Suhanov, Zivilrecht, Teil 1, Abschn. II, Kapitel 8, § 3, 1, S. 347 f.; Belov, Praxis der Anwendung des Zivilgesetzbuches der Russischen Föderation, Teil 1, S. 733. 238 Stepanov, Vestnik Vyssˇego arbitrazˇ nogo suda Rossijskoj Federacii, Nr. 8, 2002, S. 104 f.

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sondern sämtliche wertvollen Aktiva an die durch die Abtrennung gegründete Gesellschaft überlassen wurden und die Reorganisation im Allgemeinen die Verschleierung des Vermögens vor der Zwangsvollstreckung bezweckte.239 Andere Wirtschaftsgerichte haben sich gegen diese „Einheitslösung“ ausgesprochen. So ist nach einer Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Moskauer Gebiet aus dem Jahr 2002 die Vermögensübergabe im Rahmen der Auseinandersetzungsbilanz nicht ein Rechtsgeschäft i.S.v. Art. 153 ZGB, sondern die Erfüllung des Gesellschafterbeschlusses. Daher werde die durch die Reorganisation gegründete Gesellschaft Eigentümerin des überlassenen Vermögens infolge der Rechtsnachfolge.240 Die letzte Ansicht erscheint gerechtfertigt, weil bei der Reorganisation eine Kette aufeinanderfolgender Handlungen durchgeführt wird, die auf einheitliche Auswirkungen – Liquidation der zu bestattenden Gesellschaft durch die Reorganisation – gerichtet ist, ohne dass jeder einzelne Teilakt selbständige Rechte und Pflichten begründen müsste. Bei der Übergabe von Vermögensgegenständen der reorganisierten Gesellschaft von der „alten“ an die „neue“ Gesellschaft handelt es sich nur um den Realakt, der an sich keine weiteren Rechte und Pflichten begründet. Somit sind keine rechtlichen Gründe vorhanden, die Übergabe als ein Rechtsgeschäft zu qualifizieren. c) Unwirksamkeit der Eintragung der Firmen- und Sitzänderungen Grundsätzlich sind die Gesellschafter bei ihren Entscheidungen hinsichtlich der Umfirmierung und Sitzverlegung sowie der Reorganisation frei. Es sind also keine speziellen Einschränkungen gesetzlich vorgesehen. Nach Art. 52 P. 3 ZGB, Art. 12 P. 4 russ. GmbHG sowie Art. 14 russ. AktG sind solche Satzungsänderungen innerhalb von drei Tagen ins EGRJuL einzutragen, bzw. staatlich zu registrieren. Erst ab der Eintragung sind die Änderungen für Dritte gültig. Das Gleiche gilt für die Reorganisation: Die Gesellschaft wird erst ab dem Zeitpunkt der staatlichen Registrierung der umgewandelten Gesellschaften „reorganisiert“ oder – entsprechend der Versprechungen der Unternehmensbestatter – „liquidiert“. Der Beschluss der Registerbehörden (Steuerbehörden), die die Eintragung ins EGRJuL tätigten, sowie die Eintragung stellen Akte des dazu berechtigten Organs dar, die lediglich wegen des Verstoßes gegen die gesetzlichen Vorschriften angefochten werden können, mit der Folge, dass sie dann gegebenenfalls für unwirksam erklärt werden. Das folgt bereits aus dem Wortlaut des Art. 61 P. 3 Nr. 1 ZGB, nach dem die juristische Person durch die Gerichtsentscheidung über die Unwirksamkeit der Eintragung zu liquidieren ist, wenn bei ihrer Gründung eine Verletzung des 239 Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Ural Gebiet vom 25. 07. 2002 Nr. F09-171/02-GK, RIS „ConsultantPlus“. 240 Vgl. Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Moskauer Gebiet vom 09. 08. 2002 Nr. KG-141/5085-02; s. auch Entscheidung des Fo¨deralen Wirtschaftsgerichts im Westsibirischen Gebiet vom 02. 04. 2002 Nr. F04/1112-180/127-2002, RIS „ConsultantPlus“.

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Gesetzes und anderer Rechtsakte eingetreten ist, die nachträglich nicht mehr beseitigt werden kann. Wie oben dargelegt, ist die bei der Sitzverlegung angegebene Adresse der Gesellschaft meist nur eine Scheinadresse, die für die „Masseneintragung“ verwendet wird, zudem sind dort weder Firmenschild noch Briefkasten oder Betriebsräume vorhanden. In solchen Konstellationen besteht in jüngster Zeit in der Rechtsprechung Unklarheit darüber, ob die so vorgenommene Sitzverlegung als wirksam einzustufen ist. Teilweise sind die Wirtschaftsgerichte davon ausgegangen, dass die Eintragung der falschen Angaben hinsichtlich der Adresse einer juristischen Person unwirksam ist.241 Obwohl das Gesetz „Über die staatliche Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmern“ den Registerbehörden keine Pflicht auferlege, die einzutragenden Änderungen zu ermitteln, sei bei der Anfechtung der Eintragung der Sitzverlegung gem. Abschn. 24 ZPGB die Eintragung nur dann wirksam, wenn alle notwendigen Unterlagen vorgelegt worden und die einzutragenden Angaben richtig seien. Da es sich bei dem EGRJuL um ein öffentliches Register handele und für die vom EGRJuL gewährte Auskunft die Vermutung der Glaubwürdigkeit und Richtigkeit eingreife, seien die unrichtigen Angaben hinsichtlich der Adresse der juristischen Person als wesentliche Verstöße gegen die geltenden gesetzlichen Vorschriften der staatlichen Registrierung anzusehen. Diese Sichtweise liegt z. B. einem Plenarbeschluss des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation aus dem Jahr 2013 zugrunde.242 Eine ähnliche Rechtsprechung finden wir bei dem Föderalen Wirtschaftsgericht im Nordwestlichen Gebiet243. Sowohl das erstinstanzliche Gericht, als auch das Berufungswirtschaftsgericht sowie das Kassationsgericht weisen darauf hin, dass die einzutragenden Angaben die wissentlich falschen Angaben hinsichtlich der Gesellschaftsadresse enthalten, was zur Eintragung einer unrichtigen Angabe ins EGRJuL geführt habe. Darüber hinaus sei die tatsächliche Adresse der in Folge der Reorganisation umgewandelten Gesellschaft unbekannt, die Gesellschaft somit für Steuerprüfungen unerreichbar. Mithin würden die Interessen der Gläubiger und Dritter wesentlich verletzt. Dem stehen jedoch auch Gerichtsentscheidungen im gegenteiligen Sinne gegenüber. In ihnen wird – ähnlich wie im deutschen Schrifttum244 – vertreten, dass die 241

Vgl. Entscheidung des 11. Berufungswirtschaftsgerichts vom 15. 06. 2012 Nr. A5525289/2011; Entscheidung des 11. Berufungswirtschaftsgerichtes vom 03. 08. 2012 Nr. A5531647/2011; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Nordwestlichen Gebiet vom 17. 03. 2014 Nr. A66-4661/2013; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Ural Gebiet vom 23. 04. 2014 Nr. F09-1641/14, RIS „ConsultantPlus“. 242 s. P. 6 des Plenarbeschlusses des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 30. 07. 2013 Nr. 61 „Über einige Fragen der Rechtsprechung in Sachen, die mit der Richtigkeit der Adresse der juristischen Person verbunden sind“, RIS „ConsultantPlus“. 243 Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Nordwestlichen Gebiet vom 11. 10. 2013 Nr. A56-72644/2012, RIS „ConsultantPlus“. 244 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 38 Rn. 78.

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Ermittlung der einzutragenden Angaben nicht zu den Pflichten der Registerbehörde gehört. Demgemäß dürfe die Behörde von den Beteiligten nicht mehr als die vom Gesetz vorgesehenen Unterlagen fordern. Somit seien die Eintragungen wirksam.245 Die zuletzt genannte Ansicht überzeugt insofern, als sie von der Wirksamkeit der Eintragung ausgeht, soweit die Registerbehörde keine Zweifel an die Richtigkeit der Angaben hegt. Allerdings hat sich insoweit in Russland in jüngster Zeit eine neue Rechtslage ergeben, als der Prüfungsumfang jetzt ausgeweitet wurde, sodass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Registerbehörde Nachforschungen anstellt und zu einem i.S.d. Bestattungsgesellschaft negativen Ergebnis gelangt. Ist das nicht der Fall, steht nach dem Inkrafttreten des Föderalen Gesetzes Nr. 67-FZ vom 30. 03. 2015 „Über die Einbringung von Änderungen in einzelne Gesetzgebungsakte der Russischen Föderation in Bezug auf die Gewährleistung der Richtigkeit der Angaben, die bei der staatlichen Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmern vorzulegen sind“ die Wirksamkeit der Eintragung nicht mehr in Frage. Es sind also ab 1. 1. 2016 der Registerbehörde neue, weitreichendere Befugnisse eingeräumt worden, die Richtigkeit der zur Eintragung vorgelegten oder bereits ins EGRJuL eingetragenen Angaben zu überprüfen. Eine Überprüfung soll erfolgen, wenn der Registerbehörde Zweifel an der Richtigkeit der Angaben kommen, insbesondere im Fall der Erhebung von Einwänden dritter Personen in Bezug auf die staatliche Registrierung von Änderungen in der Satzung der juristischen Person oder in Bezug auf die bevorstehende Aufnahme der Angaben ins EGRJuL. Falls Indizien für eine Inkorrektheit der Angaben vorliegen, ist die Registerbehörde berechtigt, die staatliche Registrierung bis zum Ende der Überprüfung der Richtigkeit der Angaben auszusetzen, und zwar maximal für die Dauer eines Monats. Die Überprüfung der Richtigkeit der Angaben wird anhand der Analyse der der Registerbehörde vorliegenden Dokumente und Angaben sowie mittels von Anfragen bei den Beteiligten und bei Behörden sowie durch Inspektionen von Immobilienobjekten und durch Hinzuziehung von Sachverständigen vorgenommen. Wird die Unrichtigkeit der einzutragenden Angaben festgestellt und werden keine Unterlagen von Beteiligten vorgelegt, die doch die Richtigkeit der Angaben bestätigen, kann die Registerbehörde einen Vermerk über die Unrichtigkeit der Angaben ins EGRJuL eintragen. Diese gesetzliche Lösung erscheint als sinnvoll. Dadurch wird die Tätigkeit der unredlichen juristischen Personen sowie der Bestatter wesentlich erschwert oder sogar unmöglich gemacht. Es ist kaum vorstellbar, dass im Falle der „alternativen Liquidation“ trotz eines solchen Vermerks die normale wirtschaftliche Bestätigung fortgesetzt werden kann.

245 Vgl. Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Povolzˇ skij Gebiet vom 16. 10. 2012 Nr. A55-25289/2011, RIS „ConsultantPlus“, durch diese wurde die Entscheidung des 11. Berufungswirtschaftsgerichtes vom 15. 06. 2012 Nr. A55-25289/2011, RIS „ConsultantPlus“, aufgehoben.

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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d) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Veräußerung der Geschäftsanteile wegen des verdeckten Zwecks und der Umgehung der gesetzlichen Regelungen nichtig ist und die Altgesellschafter folglich in ihrer Stellung verbleiben. Ferner ist das Rechtsgeschäft zur Anteilsabtretung wegen Sittlichkeitsverstoßes nichtig. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens der Veräußerung der Geschäftsanteile behalten hingegen die einzelnen Teilschritte der „alternativen Liquidation“ ihre Gültigkeit. Die Gesellschafterbeschlüsse sind nach russischem Recht jeweils keine Rechtsgeschäfte, sodass die Unwirksamkeitsregeln der Art. 167 ff. ZGB auf sie nicht anwendbar sind. Sie können jedoch wegen des Verstoßes gegen die gesetzlichen Normen der Beschlussfassung von den Interessenten angefochten werden. Deshalb bleiben die Abberufung des Altgeschäftsführers sowie des Buchhalters und die Bestellung des Neugeschäftsführers zunächst wirksam. Jedoch ist der Inkorporations- sowie Integrationsvertrag, der nicht auf die Reorganisation, sondern auf die Verschleierung der etwaigen Krise der Gesellschaft abzielt, entsprechend den Regeln über die Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften anfechtbar. Die Übergabe des Gesellschaftsvermögens ist hingegen als bloße Erfüllung der Auseinandersetzungsbilanz sowie des Gesellschafterbeschlusses als Realakt ohne eigene Rechtsfolgen zu werten. Die Eintragung der Änderungen ins EGRJuL wie z. B. die Sitzänderung oder die Reorganisation der juristischen Person steht seit dem 1. Januar 2016 unter strenger Kontrolle der Registerbehörde. Wird die Unrichtigkeit der ins EGRJuL einzutragenden Angaben von der Registerbehörde festgestellt, macht sie ins EGRJuL einen Vermerk über die Unrichtigkeit der Angaben, der die etwaigen rechtswidrigen Ziele der beteiligten Personen offenlegt. Solange der Vermerk unterbleibt, ist die Eintragung wirksam.

III. Probleme der gerichtlichen Verweisungsbeschlüsse im Rahmen des Insolvenzverfahrens Im Zuge von Unternehmensbestattungen ist es in jüngster Zeit in Deutschland vielfach zu negativen Kompetenzkonflikten innerhalb der Insolvenzgerichte gekommen. Es geht um die Frage der örtlichen Zuständigkeit für die Durchführung der Insolvenz der GmbH gem. § 3 InsO, § 281 I ZPO i.V.m. § 4 InsO durch die zuständigen Gerichte. Wie oben dargestellt,246 stellen die Strohmänner beim Gericht des ursprünglichen Gesellschaftssitzes neben dem Insolvenzantrag häufig einen Verweisungsantrag, mit dem das Insolvenzverfahren an das für den Wohnsitz des Neugeschäftsführers örtlich 246

Auf die Vorgehensweise wurde im Abschn. I.1.g) eingegangen.

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

zuständige Insolvenzgericht verlagert werden soll. Unter Hinweis auf § 281 ZPO erklärt sich dann das angerufene Gericht für sachlich und örtlich unzuständig und macht ohne weitere Sachaufklärung (und häufig auch ohne Begründung) das Verfahren bei dem (zunächst) zuständigen Gericht anhängig. Häufig lehnte früher das Gericht, an das verwiesen wurde, auch die Annahme des Rechtsstreits ab und es kam dann auf dieser Basis zu einem negativen Kompetenzkonflikt. Inzwischen sind derartige Verweisungsbeschlüsse allerdings nach § 281 II 4 ZPO für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend, was nun wiederum den Bestattern zugute kommt. Noch im Jahr 1996 hatte der BGH vor dem Hintergrund von typischen Merkmalen gewerbsmäßiger Unternehmensbestattung die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses an den neuen Gesellschaftssitz bestätigt, weil „nicht offensichtlich“ sei, dass die Schuldnerin ihren Sitz erst nach Eintritt der Konkursreife verlegt habe; eine missbräuchliche Gerichtsstandserschleichung des neuen Gesellschaftssitzes sei deshalb im Eilverfahren nicht festzustellen.247 Diese Entscheidung hat die Bekämpfung der Bestattungspraxis in der Folge keineswegs erleichtert, sondern zu weiterer Akzeptanz der Verweisung an den neuen Sitz geführt. So hat auch das OLG Karlsruhe im Jahre 2003 nichts Anstößiges daran gefunden, dass das Insolvenzverfahren verwiesen und die Entscheidung über die Abweisung mangels Masse weit von dem ursprünglichen Sitz entfernt getroffen worden ist.248 Diese Ansicht hat das OLG Karlsruhe249auch im Jahr 2005 nochmals bestätigt. In seinen Ausführungen weist das Gericht auf Folgendes hin: „Aufgrund der Umstände des Insolvenzantrags geht der Senat von einem Sachverhalt aus, der vielfach als „gewerbliche Firmenbestattung“ bezeichnet wird. […] Die geschilderten Umstände erfüllen nicht die Voraussetzungen einer Zuständigkeitserschleichung. […] Es handelt sich bei der „gewerblichen Firmenbestattung“ um eine Dienstleistung für Altgesellschafter und Altgeschäftsführer, die nach Auffassung des Senats nicht von vorherein als rechtswidrig qualifiziert werden kann. […] Wenn Altgesellschafter und Altgeschäftsführer mit der „gewerblichen Firmenbestattung“ einen rechtlich zulässigen Weg für die Abwicklung einer insolventen GmbH einschlagen, kann ein sich dabei ergebender Nebeneffekt – die Veränderung der örtlichen Zuständigkeit des Insolvenzgerichts […] – nicht als missbräuchliche Manipulation angesehen werden. […] Selbst dann, wenn man […] bei einer „gewerblichen Firmenbestattung“ generell die Voraussetzungen einer Zuständigkeitserschleichung annehmen würde, wäre der Verweisungsbeschluss des AG Heidelberg bindend.“

Das OLG Karlsruhe meint also, es sei nicht ersichtlich, dass gerade durch die Verlagerung des Gesellschaftssitzes Vermögensverschiebungen gegenüber den Gläubigern, dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter verschleiert werden. Entscheidend für eine vollständige Aufklärung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft sei dann eben das Vorhandensein der vollständigen Geschäftsunterlagen und die Auskunftsbereitschaft des Geschäftsführers – gegebenenfalls unter Mit247 248 249

BGH (20. 03. 1996), ZIP 1996, 847. OLG Karlsruhe (16. 03. 2003), ZInsO 2004, 511. OLG Karlsruhe (30. 05. 2005), NZI 2005, 505.

F. Maßnahmen der Unternehmensbestattung

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wirkung der Beratungsgesellschaft. Die Angaben des Schuldners im Insolvenzantrag enthielten keine Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich des Verbringens der Geschäftsunterlagen an den neuen Ort. Daher sei die Möglichkeit einer Aufklärung der Vermögensverhältnisse dort „sogar günstiger als in vielen anderen Fällen, in denen kein gewerbliche Unternehmensbestattung bestehe“250. Diese Ansicht ist im Schrifttum251 sowie bei der Mehrheit der Gerichte252 auf vehementen Widerstand gestoßen. Die herrschende Ansicht geht davon aus, dass die Zuständigkeitsregel des § 3 I 2 InsO unanwendbar ist, soweit die Gesellschaft ihre wirtschaftliche Tätigkeit vor Insolvenzantragstellung beendet hat. Wenn das verweisende Gericht diesen Umstand ignoriert, sei der Verweisungsbeschluss objektiv willkürlich und es entfalle die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses für das angerufene Insolvenzgericht. Es bleibe also bei der Zuständigkeitsbestimmung des § 3 I 1 InsO, wonach das Insolvenzgericht örtlich zuständig sei, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand habe. Diese Regel gelte insbesondere auch dann, wenn der Neugeschäftsführer beantrage, das Verfahren an das Gericht seines Wohnsitzes zu verweisen, zu dem er angeblich die Geschäftsunterlagen mitgenommen habe. § 3 I 2 InsO stelle auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft ab, unter der man jede auf Gewinnerzielung gerichtete (werbende) Tätigkeit versteht, die nicht in abhängiger Stellung erfolge, so dass allein die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen nicht ausreiche, um eine örtliche Zuständigkeit zu begründen.253 Zwar wird in der Literatur eine Zuständigkeit des Gerichts am Wohnsitz des Geschäftsführers dann angenommen, wenn letzterer tatsächlich noch Abwicklungstätigkeiten entfaltet; hingegen soll die örtliche Zuständigkeit des Wohnortsgerichts zu verneinen sein, wenn es sich um einen Fall der Zuständigkeitserschleichung handelt.254 Von letztem sei auszugehen, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehe zwischen der gerade vollzogenen Sitzverlegung der Gesellschaft, der Übertragung der Geschäftsanteile und der Abberufung des Altgeschäftsführers mit gleichzeitiger Ernennung eines Neugeschäftsführers, der weit entfernt vom neuen Sitz der Gesellschaft ansässig ist und dieses Verfahren damit das Gepräge der Unternehmensbestattung habe. Erfreulicherweise hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einer Entscheidung vom 13. Dezember 2005 diesem Zuständigkeitsgerangel Einhalt geboten. 250

OLG Karlsruhe (30. 05. 2005), NZI 2005, 507 – 508. Vgl. MüKo-InsO/Ganter, § 3 Rn. 42. 252 Vgl. BayObLG (13. 08. 2003), NZI 2004, 90; OLG Celle (09. 10. 2003), NZI 2004, 258; OLG Schleswig (04. 02. 2004), NZI 2004, 264; OLG Celle (05. 09. 2006), ZInsO 2006, 1106. 253 OLG Hamm (25. 03. 1999), ZInsO 1999, 533; OLG Celle (09. 10. 2003), NZI 2004, 259; OLG Schleswig-Holstein (21. 01. 2004), Der Betrieb 2004, 754; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 3 Rn. 11; auch so Pape, ZIP 2006, 881. 254 Dies wird durch die Rechtsprechung des OLG Celle (09. 10. 2003), NZI 2004, 259; OLG Celle (16. 12. 2003), NZI 2004, 260; OLG Schleswig-Holstein (21. 01. 2004), Der Betrieb 2004, 754 bestätigt. 251

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Teil 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unternehmensbestattung

Er hat das zitierte Urteil des OLG Karlsruhe aufgehoben und die Zuständigkeit dem Insolvenzgericht zugewiesen, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren allgemeinen Gerichtsstand hat. Der BGH legt dem angerufenen Gericht entsprechend § 5 I 1 InsO die Pflicht auf, die Zuständigkeitsfrage umfassend aufzuklären und keine Verweisung vorzunehmen, bevor es die zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit eines anderen Insolvenzgerichts vorgetragenen Umstände gewürdigt und gegebenenfalls aufgeklärt hat. Erst wenn auf dieser Basis ein Gerichtsstand bei dem angerufenen Gericht nicht eröffnet sei, könne es seine örtliche Unzuständigkeit aussprechen. Geschehe dies ohne eine solche Prüfung, so entbehre der Verweisungsbeschluss jeder gesetzlichen Grundlage, müsse als willkürlich betrachtet werden und sei folglich nicht bindend.255 Bedauerlicherweise hat der BGH offengelassen, ab wann bei solchen Konstellationen von einer Zuständigkeitserschleichung auszugehen ist. Offengelassen hat der Senat auch, ob und inwieweit die Verbringung von Gesellschaftsunterlagen bei nicht mehr werbender Tätigkeit der Gesellschaft überhaupt eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts an diesem Ort zu begründen vermag. Hinzu kommt, dass die Ermittlungen des angerufenen Gerichts zu gläubigerbenachteiligenden Zeitverzögerungen führen, denn es bleibt auch nach diesem Machtspruch des BGH offen, in welchem Ausmaß das Gericht notwendige Umstände zu erforschen hat.256 In Übereinstimmung mit Pape257 muss man diese Entscheidung aber letztlich doch begrüßen. Sie erschwert den Unternehmensbestattern das Leben und schiebt zumindest groben Missbräuchen einen Riegel vor. Verweisungen innerhalb der Gerichte im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ohne Prüfung der tatsächlichen Sachlage und der daraus resultierenden Zuständigkeiten gehören nunmehr der Vergangenheit an. Liegen Indizien der Unternehmensbestattung vor, sollte überhaupt keine Verweisung erfolgen. Das Insolvenzverfahren wird dann am Ort des Geschehens eröffnet, wo die wahren Vermögensverhältnisse der insolvenzreifen Gesellschaft durch Unterlagen oder Zeugenaussagen leichter aufgeklärt werden können.

255 256 257

BGH (13. 12. 2005), ZIP 2006, 442. Kritisch zu der Entscheidung des BGH auch Kleindiek, ZGR 2007, 285; Tüting, S. 113 f. Pape, ZIP 2006, 882.

Teil 2

Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung in Deutschland und Russland Als Zwischenergebnis der vorliegenden Arbeit lässt sich feststellen, dass die im Zuge der Unternehmensbestattung vorgenommenen Rechtsgeschäfte weitgehend unwirksam sind. Zwar erschwert die Unwirksamkeit der Maßnahmen das Geschäft der Unternehmensbestatter erheblich, gleichwohl konnte damit in der Vergangenheit dieses Phänomen allein noch nicht in ausreichendem Maße bekämpft werden. Im zweiten Teil dieser Arbeit soll daher diskutiert werden, ob und inwieweit gegen die Geschäftsführer oder Gesellschafter zivilrechtlich vorgegangen werden kann und in welchem Ausmaß strafrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der „Bestattungskriminalität“ zur Verfügung stehen.

A. Zivilrechtliche Folgen Es stellt sich also die im Schrifttum1 schon mehrfach diskutierte Frage, inwieweit die an der „Bestattung“ einer GmbH Beteiligten zivilrechtlich in Anspruch genommen werden können. Hierbei ist die Haftung des Alt- sowie Neugesellschafters, des Alt- sowie Neugeschäftsführers und des Hintermanns zu untersuchen. Oft werden Geschäftslokale geschlossen, der Sitz des Unternehmens verlegt und die relevanten Geschäftsunterlagen vernichtet. Den Hintermännern wird man in diesen Konstellationen nur schwer habhaft und auch die Geschäftsführer, deren Haftung sich unzweifelhaft aus § 43 GmbHG ergibt, sind weitgehend vermögenslos. Damit steht das Problem im Vordergrund, ob und inwieweit die Gläubiger bei einer solchen Unternehmensbestattung gegen die Gesellschafter vorgehen können. Zutreffend wird von Kleindiek hervorgehoben, dass eine effektive Bekämpfung der aus einer Unternehmensbestattung resultierenden Schäden nur gelingen kann, wenn schon die Veräußerung der Geschäftsanteile zum Zwecke der Unternehmensbestattung eine Schadenersatzhaftung gerade der Altgesellschafter zur Folge hat.2 Zentrales Thema des folgenden haftungsrechtlichen Teiles der Arbeit muss 1 Vgl. z. B. Pape, 2007, ZInsO, 1080 ff.; Kilper, S. 197 ff., 215 ff., 227 ff., 260 ff.; Kuhn, S. 239 ff.; Tüting, S. 102 ff.; Petersen, S. 130 ff. 2 Kleindiek, in: Goette/Habersack, S. 279.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

deshalb das Problem der Gesellschafterhaftung, der sog. „Durchgriffshaftung“, sein. Zunächst werden die Durchgriffshaftung sowie die Existenzvernichtungshaftung und die Fragen ihrer Anwendung in den Fällen der Unternehmensbestattung in Deutschland betrachtet. In einem zweiten Schritt wird das Konzept subsidiärer Haftung im russischen Recht erläutert und dessen Anwendung auf die Fälle „alternativer Liquidation“ diskutiert.

I. Im deutschen Recht 1. Durchgriffshaftung und Existenzvernichtungshaftung im Recht der Kapitalgesellschaften In Kapitalgesellschaften gilt das Trennungsprinzip,3 obwohl die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter nicht denknotwendig aus der Rechtsfigur der „juristische[n] Person“ abzuleiten4 und kein Naturgesetz5 ist. Das Trennungsprinzip ergibt sich aus § 13 II GmbHG und § 1 I 2 AktG. Beide Normen statuieren, dass das Privatvermögen der Gesellschafter von der Haftung der Gesellschaft befreit ist und sie den Gesellschaftsgläubigern nur mit dem Gesellschaftsvermögen haften. Die Haftungsmasse für die Gesellschaftsgläubiger ist also dem Grundsatz nach allein das Gesellschaftsvermögen, das bVi der Gru¨ndung durch die SummV der EinlQgen gebildet wird und sibh spa¨ter ggf. durch den Gescha¨ftsgang vera¨ndert. DiVse gesetzlich vorgesehene Haftungsbeschra¨nkung wird rechtspolitisch und o¨konomisch gerechtfertigt. Durch die Mo¨glichkeit des Ausschlusses der perso¨nlichen Haftung der Gesellschafter einer GmbH gegenu¨ber den Gla¨ubigern des Unternehmens kann das Risiko planma¨ßig verteilt bzw. reduziert und ausgeschaltet werden, mit der Folge, dass so ein Anreiz zu unternehmerischer Initiative geschaffen und die Investitionsbereitschaft begu¨nstigt wird.6 Die begrenzte Haftung ermo¨glicht Gesellschaftern, mit einem u¨berschaubaren wirtschaftlichen Risiko und einer hohen Kostenersparnis diejenigen Unternehmensprojekte zu finanzieren, die sie bei unbeschra¨nkter Haftung nicht geta¨tigt ha¨tten, weil sie bei einem Fehlschlag des Unternehmens mo¨glicherweise den Verlust ihres gesamten Vermo¨gens riskieren.7 Das soeben beschriebene Trennungsprinzip gilt allerdings in einzelnen Fällen nicht. Die sog. Durchgriffshaftung hebt das Trennungsprinzip zum Schutz der 3

Marc-Philippe-Weller, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 13 Rn. 22. Vgl. Grundlagen der juristischen Personen und der Haftungsbeschränkung, Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 186 f., 233, 540; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, S 202, 250. 5 Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 540. 6 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, 2000, S. 169. 7 Marc-Philippe-Weller, in: Bork/Schäfer, GmbHG, § 13 Rn. 22; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S. 161 ff.; Rabensdorf, Die Durchgriffshaftung im deutschen und russischen Recht der Kapitalgesellschaften, 2009, S. 6 f. 4

A. Zivilrechtliche Folgen

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Gläubiger auf und stellt damit eine unbeschränkte Haftung dar, die gegen den Gesellschafter (bzw. Aktionär) gerichtet ist. Die bisher noch nicht gesetzlich fixierte Durchgriffshaftung ist eine Rechtsfigur, die erst in diesem Jahrhundert durch die höchstrichterliche Rechtsprechung und das Schrifttum entwickelt worden ist. Begründet hat der BGH das Institut der Durchgriffshaftung durch die Formel, dass „über die Rechtsfigur einer juristischen Person nicht leichtfertig und schrankenlos hinweggegangen werden darf“8. Die Rechtsprechung enthält jedoch kein umfassendes Durchgriffshaftungskonzept und zieht einen „Durchgriff“ auf die „hinter der Gesellschaft stehenden“ Gesellschafter nur in zwei Fällen in Erwägung: Der Haftung wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs9 sowie der Haftung wegen Vermögensvermischung10, die als erster Durchgriffsfall anerkannt wurde. Die anderen Fallgruppen der Durchgriffshaftung wie die Sphärenvermischung und die Unterkapitalisierung der Gesellschaft werden in der Rechtsprechung11 und in der Literatur12 uneinheitlich behandelt. Bei den anerkannten Alternativen der Durchgriffshaftung handelt sich um Fallgruppen, die der Unternehmensbestattung strukturmäßig ähneln und die deshalb im Folgenden untersucht werden sollen. a) Haftung wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs Der heutigen Existenzvernichtungshaftung liegt die Durchgriffshaftung im sogenannten „qualifizierten faktischen“ Konzern zugrunde, die vom höchsten deut-

8 BGH (13. 11. 1973), NJW 1974, 134; BGH (13. 07. 1977), DB 1978, 1269; BGH (16. 09. 1985), NJW 1986, 188; s. auch Neher, Innergesellschaftliche Haftung für die Verletzung von Sorgfaltspflichten und Durchgriffshaftung bei Kapitalgesellschaften, 2011, S. 107, 176. 9 BGH (24. 06. 2002), ZIP 2002, 1579. 10 Vgl. BGH (29. 11. 1956), NJW 1957, 181; BGH (22. 10. 1984), NJW 1985, 637; BGH (13. 04. 1994), NJW 1994, 1801. 11 Befürwortung des Durchgriffs wegen materieller Unterkapitalisierungin BGH (08. 07. 1970), NJW 1970, 2015; zur Haftung wegen Sphärenvermischung z. B. BGH (20. 03. 2001), NJW 2001, 2716. 12 Befürwortung der Durchgriffshaftung wegen Sphärenvermischung in Gehrlein, Die Haftung wegen Bestandsvernichtung als Bestandteil der allgemeinen Durchgriffshaftung, in Bayer/Heidinger, Das neue GmbH-Recht, 2008, S. 109; Neher, S. 180, S. 42; Lieder, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 404 f.; kein Unterschied zwischen Sphären- und Vermögensvermischung in: Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 133; die Sphärenvermischung stellt keine Fallgruppe der echten Durchgriffshaftung dar: Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S. 108 f.; ebenso Aukhatov, Durchgriffs- und Existenzvernichtungshaftung im deutschen und russischen Sach- und Kollisionsrecht, 2009; Unterstützung der Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung, z. B. Marc-Philippe-Weller, in: Bork/Schäfer, GmbHG, § 13 Rn. 34 ff.; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S. 125 ff., 136; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, S. 224 ff., 570 ff.; Gehrlein, in: Bayer/Heidinger, Das neue GmbH-Recht, S. 109; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 139 ff.; Rabensdorf, S. 71 f. Verneinen die Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung: MüKo-BGB/Reuter, 5. Aufl., § 21 Rn. 39; Scholz/Westermann, GmbHG, 10. Aufl., Einl. Rn. 12, 17.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

schen Zivilgericht in seiner „Autokran“-Entscheidung aus dem Jahre 198513 entwickelt wurde. In der Leitentscheidung bejahte der BGH eine Ausfallhaftung des beherrschenden Gesellschafters gegenüber den Gläubigern der abhängigen und vermögenslosen GmbH analog §§ 302, 303 AktG. Allerdings wurde das Haftungskonzept des „qualifiziert faktischen“ Konzerns 2001 im Urteil „Bremer Vulkan“14 durch die Haftung des Gesellschafters wegen „existenzvernichtenden Eingriffs“ ersetzt. Mit der Haftung wegen eines sog. „existenzvernichtenden Eingriffs“ gewährt der BGH den Gläubigern einen unmittelbaren Anspruch gegen die Gesellschafter, wenn letztere den Haftungsfond der Gesellschaft, der zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten benötigt wird, verschoben haben, mit der Folge des Ruins der Gesellschaft und damit auch der Folge, dass Forderungen der Gesellschaftsgläubiger nicht mehr befriedigt werden können. Daneben hat die „Bremer Vulkan“-Entscheidung das Subsidiaritätsprinzip der Existenzvernichtungshaftung und der Innenhaftung nach den geltenden Kapitalerhaltungsregeln bestimmt. Nach dieser Entscheidung ist die Existenzvernichtungshaftung nur dann anzuwenden, wenn die Schädigung des Gesellschaftsvermögens nicht durch die Kapitalerstattungsregeln der §§ 30, 31 GmbHG ausgeglichen wird.15 Diese Existenzvernichtungshaftung wurde durch die beiden folgenden Entscheidungen „KBV“16 und „BMW-Vertragshändler“17 bestätigt. Nach Ansicht des II. Zivilsenats des BGH „beruht das System der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung auf der unausgesprochenen, jedoch grundlegenden Voraussetzung“18, dass das zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zweckbezogene Gesellschaftsvermögen in der Gesellschaft reserviert zu bleiben habe und nicht zum Vorteil der Gesellschafter entzogen werden dürfe. Anknüpfungspunkt für die Existenzvernichtungshaftung ist nach der Rechtsprechung also die Zweckbindung des Sondervermögens der Kapitalgesellschaft – hier der GmbH. Greifen die Gesellschafter über ihre Befugnisse hinaus ohne Rücksichtnahme auf diese Voraussetzung durch offene oder verdeckte Entnahmen in die Vermögensstruktur ein und stellen sie dadurch die Lebensfähigkeit der Gesellschaft in Frage, stellt dies einen Missbrauch der Rechtsform der Kapitalgesellschaft dar, der zum Verlust der Haftungsprivilegierung gem. § 13 II GmbHG führt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass der Gesellschafter nicht verpflichtet ist, sein Gesellschaftsunternehmen fortzuführen. Vielmehr stehe es ihm grundsätzlich frei, die Existenz der Gesellschaft jederzeit zu beenden und zwar im Rahmen eines vom Gesetz vorgeschriebenen Liquidations- oder Insolvenzver13 14 15 16 17 18

BGH (16. 09. 1985), NJW 1986, 188. BGH (17. 09. 2001), NJW 2001, 3622 ff. BGH (17. 09. 2001), NJW 2001, 3623. BGH (24. 06. 2002), ZIP 2002, 1578 f. BGH (13. 12. 2004), ZIP 2005, 117 ff. BGH (24. 06. 2002), ZIP 2002, 1579.

A. Zivilrechtliche Folgen

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fahrens.19 Nach diesen klaren Worten des BGH ist also die „Liquidation auf kaltem Wege“ als Haftungsvermeidungsstrategie untauglich. In einer weiteren Entscheidung20 stellt der BGH klar, dass die Existenzvernichtungshaftung „einen gezielten, betriebsfremden Zwecken dienenden Eingriff“ des Gesellschafters voraussetzt und dass somit bloße Managementfehler im Rahmen des Betriebs des Unternehmens nicht ausreichen. In der „BMW-Vertragshändler“-Entscheidung wird ausgeführt, dass die Existenzvernichtungshaftung nicht nur wegen des Entzugs von Vermögenswerten, sondern auch wegen des Entzugs immateriellen Vermögens oder von Geschäftschancen entstehen kann.21 Ein Entzug von Geschäftschancen, also der Chancen, die Ertragskraft des Gesellschaftsunternehmens zu erhalten und so weiter zu existieren, könne in der Anteilsveräußerung, der Aufhebung eines Vertragshändlervertrags sowie in der Übergabe von Kundendaten liegen. Zur Begründung einer Existenzvernichtungshaftung gegen den Gesellschafter reiche der Umstand der massenlosen Insolvenz nicht aus, vielmehr seien alle Tatumstände zu beachten.22 Wer Vermögenswerte der Gesellschaft auf sich selbst oder auf eine andere Gesellschaft, an der er beteiligt sei, übertrage, ohne dafür eine angemessene Gegenleistung zu erbringen, verhalte sich unredlich und könne sich nicht auf die Haftungsbeschränkung aus § 13 II GmbHG berufen. Dies gelte auch für eine Person, die nur als Strohmann, also bloß mittelbar, an der Gesellschaft beteiligt sei.23 Die unbegrenzte Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs setze weiter voraus, dass die der Gesellschaft zugefügten Nachteile nicht nach den Regeln der §§ 30, 31 GmbHG ausgeglichen werden können und der Gesellschafter nicht nachweisen kann, dass der Gesellschaft im Vergleich zur Vermögenslage bei redlichen Verhalten nur ein begrenzter Nachteil entstanden ist.24 Die normative Verortung dieser Haftung wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs war allerdings zweifelhaft. So hat das Schrifttum25 in Einklang mit der „KBV“-Entscheidung diese Haftung als Durchgriffshaftung wegen Existenzvernichtung bezeichnet und die analoge Anwendung von § 128 HGB gefordert. Teilweise wird im Schrifttum26 die Haftung aus einem Verstoß gegen die Treuepflicht 19

BGH (24. 06. 2002), ZIP 2002, 1580. BGH (13. 12. 2004), ZIP 2005, 250 ff. 21 BGH (13. 12. 2004), ZIP 2005, 118. 22 BGH (13. 12. 2004), ZIP 2005, 118. 23 BGH (13. 12. 2004), ZIP 2005, 117, 118. 24 BGH (13. 12. 2004), ZIP 2005, 117, 118. 25 Z.B. Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rn. 15 ff.; Röhricht, FS 50 Jahre BGH, S. 83, 108 ff.; kritisch Altmeppen, Zur Entwicklung eines neuen Gläubigerschutzkonzeptes in der GmbH, ZIP 2002, 1560, 1562; Eisner, Existenzvernichtungshaftung im Insolvenzverfahren der GmbH und der GmbH & Co. KG, 2004, S. 152, 265 f. 26 Röhricht, FS 50 Jahre BGH, S. 97 ff.; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Ahn. § 13 Rn. 16. 20

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

abgeleitet, die auch den Einmann-Gesellschafter verpflichten soll, die Existenz der Gesellschaft nicht zu gefährden oder gar die Gesellschaft nicht „auf kaltem Wege“ zu liquidieren. Eine andere Ansicht27 bewertet das durch die „KBV“-Entscheidung begründete Haftungskonzept als „dogmatisch unscharf“ und meint, dass hier ein ganz neues Haftungskonzept, nämlich eine Deliktshaftung gemäß § 826 BGB, erforderlich ist. Daneben ist im Schrifttum28 die unverzichtbare Gesellschafterhaftung für gröblich sorgfaltswidriges Verhalten analog § 93 V 2 und 3 AktG entwickelt worden. Seit der „herausragenden“29 „Trihotel“-Entscheidung30 des BGH ist das Rechtsinstitut des existenzvernichtenden Eingriffs nun auch dogmatisch sicherer verankert. Der II. Zivilsenat des BGH hat das vorherige Haftungskonzept des existenzvernichtenden Eingriffs, das auf den Missbrauch der Rechtsform gestützt war, aufgegeben und die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters „an die missbräuchliche Schädigung des in Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens“ angeknüpft und sie als eine besondere Fallgruppe der Deliktshaftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB eingeordnet. Das alte Haftungskonzept beruhte auf der Innenhaftung nach den Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG und verwehrte es dem Gesellschafter, sich auf § 13 II GmbHG zu berufen, wenn die eingriffsbedingte Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch Primäransprüche nicht kompensiert werden konnte. Dies führte zu einer unbeschränkten Außenhaftung, was auf eine „Überreaktion der Rechtsordnung“ hinauslief und erhebliche Rechtsunsicherheit für die Praxis schaffte.31 Im neuen Haftungskonzept bleibt das Haftungsprivileg deshalb auch bei Missbrauch des Gesellschaftsvermögens bestehen. Nunmehr wird die Haftung des Gesellschafters wegen „existenzvernichtenden Eingriffs“ nicht mehr als Durchgriffs(außen)haftung bezeichnet, sondern als Innenhaftung des Gesellschafters wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung eingeordnet. Eine solche sittenwidrige Schädigung als existenzvernichtender Eingriff liege bei „missbräuchlichen, zur Insolvenz der GmbH führenden oder diese vertiefenden kompensationslosen 27 Rabensdorf, S. 89 f.; Kleindiek, ZGR 2007, 303; Gehrlein, in: Bayer/Heidinger, Das neue GmbH-Recht, S. 118 f. 28 Altmeppen, ZIP 2002, 1560 ff.; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, § 13 Rn. 74. 29 Altmeppen, Abschied vom „Durchgriff“ im Kapitalgesellschaftsrecht, NJW 2007, 2657 hebt die „herausragende Bedeutung“ des Urteils hervor; Dauner-Lieb, Die Existenzvernichtungshaftung als deliktische Innenhaftung gemäß § 826 BGB, ZGR 2008, 36 nimmt an, dass der BGH Neuland betreten hat… und die Entscheidung freilich einen tiefen Einschnitt bedeutet; Habersack, Trihotel – Das Ende der Debatte?, ZGR 2008, 534 bezeichnet die Entscheidung als „Schlusspunkt einer Entwicklung“; Kuhn, S. 244 bezeichnet die Entscheidung als „aufsehenerregend“. 30 BGH (16. 07. 2007), NJW 2007, 2689 ff. 31 BGH (16. 07. 2007), NJW 2007, 2691; Altmeppen, NJW 2007, 2658; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 76.

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Eingriffen in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen“32 vor. Es handelt sich um eine rein deliktsrechtliche Innenhaftung, bei der die Gesellschaft allein anspruchsberechtigt ist. Haftungsgrund ist hier nicht das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gläubiger, sondern die Missachtung der Vermögensselbstständigkeit der Gesellschaft und der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens durch den Gesellschafter. Deliktsrechtlich sanktioniert wird also die Schädigung der GmbH. Die Haftung wegen sittenwidriger Schädigung wird auf die allgemeine Generalklausel des Deliktsrechts gestützt. Die deliktsrechtliche Generalklausel bietet die Rechtsgrundlage für den Ersatz reiner Vermögensschäden, wobei die Sittenwidrigkeit dasjenige Tatbestandsmerkmal ist, das die nicht verbotenen, sondern „extremen“, missbräuchlichen Handlungen umfasst, die den Rechtsvorstellungen aller billig und gerecht Denkenden widersprechen.33 Die Gesellschaft selbst ist unmittelbares Opfer von missbräuchlichen insolvenzverursachenden bzw. -vertiefenden Eingriffen. Die Gesellschaftsgläubiger erleiden nur mittelbar einen Reflexschaden, der keine direkten Ansprüche gegen den schädigenden Gesellschafter begründet. Demgemäß handelt es sich um einen Innenhaftungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter aus § 826 BGB, wobei es sich gegenüber dem Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG nicht um einen subsidiären, sondern einen „konkurrierenden“ Anspruch handelt.34 Die Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs flankiert gewissermaßen die Vorschriften der §§ 30, 31 GmbHG in Fällen, in denen die genannten Vorschriften keine Anwendung finden oder keinen ausreichenden Gläubigerschutz bieten.35 Nach einer anderen Ansicht36 ist es keineswegs „selbstverständlich“, sondern „überraschend“, dass der BGH angesichts der Verortung der Existenzvernichtungshaftung bei § 826 BGB, die ohne Zweifel eine Außenhaftung der Gesellschafter bedeutet, eine rein deliktrechtliche Innenhaftung angenommen hat. Die Orientierung des existenzvernichtenden Eingriffs am Verstoß gegen die Pflicht zum Respektieren der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zur vorrangigen Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten führe dazu, dass die „neue“ Existenzvernichtungshaftung wieder dem Modell einer gesellschaftsrechtlichen Innenhaftung untergeordnet 32

BGH (16. 07. 2007), NJW 2007, 2690. Altmeppen, Zur vorsätzlichen Gläubigerschädigung, Existenzvernichtung und materiellen Unterkapitalisierung in der GmbH, ZIP 2008, 1203 f.; ebenso Ehricke, in: FS für Klaus J. Hopt zum 70. Geburtstag am 24. August 2010, 2010, S. 617 ff., der die Gesellschafterhaftung gemäß § 826 BGB akzeptiert, den Begriff der „Existenzvernichtungshaftung“ für irreführend und eine inhaltlich falsche Bezeichnung hält und diese als „Insolvenzverursachungshaftung“ bezeichnet; Rabensdorf, S. 103. 34 Habersack, ZGR 2008, 534, 544; Neher, S. 109. 35 Bitter/Heim, Gesellschaftsrecht, 2011, § 4 Rn. 257. 36 Dauner-Lieb, ZGR 2008, 41 ff.; ebenso Schwab, Die Neuauflage der Existenzvernichtungshaftung: Kein Ende der Debatte!, ZIP 2008, 344 ff.; auch Steffek, in: Beiträge für Hopt, 2008, S. 308 hält den Wechsel des Haftungskonzepts für eine Haftungslockerung. 33

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sei. Darüber hinaus spräche gegen die ausschließliche Anwendung des § 826 BGB, dass die spezifisch gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen – die GmbH selbst, die Sonderverbindung des Gesellschaftsvermögens, die Sorgfaltspflicht des Gesellschafters – durch gesellschaftsrechtliche Institute zu schützen seien. Schließlich würden die Gesellschaftsgläubiger durch die Verdrängung der Gläubiger als Anspruchsinhaber aus § 826 BGB schlechter gestellt: Bisher standen dem Gesellschaftsgläubiger zwei Anspruchsgrundlagen zur Verfügung, nun können sie nur auf eine Kompensation ihrer Schäden durch die Schadenersatzhaftung gemäß § 826 BGB gegenüber der Gesellschaft hoffen.37 Trotz der Angreifbarkeit des entwickelten Konzepts der Existenzvernichtungshaftung soll hier die Diskussion um die Vor- und Nachteile dieser Konstruktion nicht weiter vertieft werden. Als Ausgangspunkt für die spätere Behandlung der Haftung im Falle der Unternehmensbestattung kann jedenfalls festgehalten werden, dass nach heutigem Stand der Rechtsprechung und ganz herrschenden Lehre bei Schädigung der Kapitalgesellschaft selbst, „namentlich durch Eingriffe in die gebundene Vermögensmasse“ der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft nach § 826 BGB haftet. Nur wenn die Gläubiger bei Vorleistungen hinsichtlich ihres Forderungsausfalls die Geschädigten sind, ist unter den Voraussetzungen des § 826 BGB eine Direkthaftung des Gesellschafters gegenüber diesen Gläubigern möglich.38 Diese letztere Konstellation weist allerdings zu der der Unternehmensbestattung keine Parallelen auf, sodass sie im Rahmen der vorliegenden Arbeit vernachlässigt werden kann. In seinen späteren Entscheidungen zur Existenzvernichtungshaftung39 hat der BGH das in seiner „Trihotel“-Entscheidung erstellte Haftungskonzept bestätigt. In der „Gamma“-Entscheidung40 wurde eine weitere Differenzierung vorgenommen, wonach es sich bei der Existenzvernichtungshaftung um eine sittenwidrige „Selbstbedienung“ des Gesellschafters handeln müsse. In der „Sanitary“-Entscheidung hat der BGH hervorgehoben, dass die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters für missbräuchliche, in die Insolvenz führende oder diese vertiefende kompensationslose Eingriffe auch in der Phase der Liquidation in Betracht kommt. In der Liquidation gehe das durch den Eingriff verletze Kapitalerhaltungsgebot vor allem aus § 73 I, II GmbHG hervor.41 37 Dauner-Lieb, ZGR 2008, 41 – 43; Bitter, Haftung von Gesellschaftern und Geschäftsführern in der Insolvenz ihrer GmbH – Teil 1, ZInsO 2010, 1521; Bitter/Heim, Gesellschaftsrecht, § 4 Rn. 258; MüKo-BGB/Wagner, § 826 Rn. 150; Wazlawik, Existenzvernichtung und kein Ende. Ein Nachruf auf die Konzernhaftung und andere offengebliebene Fragen, NZI 2009, 296. 38 BGH (28. 04. 2008), NJW 2008, 2437 ff.; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 78. 39 BGH (07. 01. 2008), ZIP 2008, 308 ff.; BGH (28. 04. 2008), NJW 2008, 2437 ff.; BGH (09. 02. 2009), ZIP 2009, 802. 40 BGH (28. 04. 2008), NJW 2008, 2437 ff. 41 BGH (09. 02. 2009), ZIP 2009, 802.

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Die oben dargestellten Ausführungen betreffen im Prinzip nur das GmbH-Recht. Das Trennungsprinzip und seine Durchbrechung gelten aber auch im Aktienrecht. Allerdings kommt der Haftung des Aktionärs wegen vermögensschädigender Eingriffe im Aktienrecht im Vergleich zum GmbH-Recht weniger Bedeutung zu. Grund dafür sind die Organisationsverfassung der AG, die strengeren Grundsätze über die Vermögensbindung und der obligatorische Aufsichtsrat. In der Literatur wird zwar angenommen, dass die vom BGH angestellten Überlegungen im GmbH-Recht auf das Aktienrecht entsprechend anwendbar seien.42 Allerdings ist jede Privatentnahme des Gesellschaftsvermögens schon gem. §§ 57, 62 AktG verboten. Das Aktienrecht bietet in §§ 317, 311 AktG hinsichtlich schädigender Einflüsse einen wirksameren Schutz als das GmbH-Recht. Deshalb ist in diesem Bereich die Existenzvernichtungshaftung gegenüber den §§ 317, 311 AktG subsidiär.43 Im Gegensatz zum GmbH-Recht, wo die Existenzvernichtungshaftung als Innenhaftung nach § 826 BGB höchst kontrovers diskutiert wird, verfügt das Aktienrecht mit § 117 AktG über einen besonderen Tatbestand des Deliktsrechts mit innenhaftungsrechtlicher Ausgestaltung. Die §§ 117 I 2, 317 I 2 AktG enthalten keine Außenhaftung hinsichtlich der einzelnen Gesellschaftsgläubiger, da das wichtigste Insolvenzrechtsprinzip par condicio creditorum auch bei den Fällen des kompensationslosen, zur Insolvenz führenden oder diese vertiefenden Eingriffs in das Gesellschaftsvermögen eingehalten werden soll. Vielmehr ist § 117 AktG als lex specialis vorrangig anwendbar, womit eine Anwendung des § 826 BGB entfällt. b) Haftung wegen Vermögensvermischung Im Gegensatz zur Existenzvernichtungshaftung ist die Vermögensvermischung eine der allgemein anerkannten Fallgruppen, in denen die persönliche Gesellschafterhaftung eine echte Durchgriffshaftung darstellt.44 Bei dieser Durchgriffshaftung geht es erneut um die Fälle, in denen das Trennungsprinzip des § 13 II GmbHG, § 1 I 2 AktG nicht mehr dem Gesellschafter zugutekommt und in denen „die auf ein Zweckbindungsvermögen beschränkte Haftung in eine unbeschränkte Haftung umschlägt“45. In dieser Hinsicht ähnelt sie der Existenzvernichtungshaftung, die vor der „Trihotel“-Entscheidung des BGH als Fallgruppe der Durchgriffshaftung eingeordnet wurde.

42

Habersack, ZGR 2008, 549 f.; Neher, S. 132 f. Neher, S. 133. 44 Vgl. aus der Rechtsprechung BGH (24. 06. 2002), NJW 2002, 1578 ff.; BGH (14. 11. 2005), ZIP 2006, 467 ff.; BGH (16. 07. 2007), NJW 2007, 2689; ebenso aus der Literatur: Bitter, S. 103 f.; dies. ZinsO 2010, 1578 f.; Altmeppen, ZIP 2002, 1557; dies., in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 133; Gehrlein, in: Bayer/Heidinger, Das neue GmbH-Recht, S. 108; Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 234; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rn. 13; Marc-Philippe-Weller, in: Bork/Schäfer, GmbHG, § 13 Rn. 32; Kuhn, S. 270. 45 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 134. 43

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Mit der Rechtsprechung46 und der herrschenden Ansicht47 in der Literatur kommt eine persönliche Haftung des Gesellschafters einer GmbH wegen Vermögensvermischung in Betracht, wenn die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist. Durch diese undurchsichtige Buchführung muss die Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften, deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen ist, unkontrollierbar werden. In einem solchen eng begrenzten Ausnahmefall kann sich der Gesellschafter auf keine Haftungsbeschränkung berufen, sondern haftet nach teleologischer Reduktion des § 13 II GmbHG gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft gemäß §§ 105, 128 HGB analog.48 Die Haftung wegen Vermögensvermischung setzt eine „generelle“ ununterscheidbare Vermögensvermischung voraus.49 Das bedeutet, dass die Buchführung über das vorhandene und erworbene Vermögen der Gesellschaft fehlen oder sehr mangelhaft sein muss. Dabei reichen bloße Zuordnungsschwierigkeiten einzelner Vermögensgegenstände nicht aus. Demgemäß genügen bloße Vermögensbewegungen, das Fehlen einer „doppelten“ Buchführung sowie die Benutzung von Privatkonten des Gesellschafters für Geschäfte der Gesellschaft für die Durchgriffshaftung nicht, „solange sich die Vermögenszuflüsse und -abflüsse sowie die Trennung von Gesellschafts- und Privatvermögen der Gesellschafter noch auf Grund sonstiger vorhandener Unterlagen nachvollziehen lassen“50. Der BGH hebt hervor, dass der Haftungsgrund der Vermögensvermischung nicht die mangelhafte Buchführung, sondern der Tatbestand der von dem Gesellschafter missachteten spezifisch gesellschaftsrechtlichen Pflichten der Kapitalerhaltung ist. Nur im Falle einer Unkontrollierbarkeit der Zahlungsvorgänge sowie der Unmöglichkeit einer Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen komme die Haftung des Gesellschafters in Frage.51 Zu beachten sei, dass die Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung keine Zustands-, sondern eine Verhaltenshaftung wegen Rechtsformmissbrauchs ist.52 In Anspruch genommen werden könne daher nur ein Gesellschafter, der die 46 BGH (13. 04. 1994), NJW 1994, 1801; BGH (14. 11. 2005), ZIP 2006, 469; BGH (16. 07. 2007), NJW 2007, 2691; BGH (07. 01. 2008), GmbHR 2008, 257. 47 Bitter, S. 105; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 133; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbH, § 13 Rn 45; MüKo-AktG/Heider, § 1Rn. 71; Fock, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 1 Rn. 54. 48 BGH (14. 11. 2005), ZIP 2006, 467; Zustimmung in der Literatur u. a. Bitter, S. 98 ff.; Kuhn, S. 271 ff. 49 Vgl. zur Abgrenzung des Tatbestands der generellen Vermögensvermischung von der gegenständlichen Vermögensvermischung und Vermischung von Haftungssubjekten Bitter, S. 108 ff. 50 BGH (14. 11. 2005), ZIP 2006, 469. 51 BGH (14. 11. 2005), ZIP 2006, 469. 52 BGH (14. 11. 2005), ZIP 2006, 469; Altmeppen, ZIP 2002, 1557; Hirte, NJW 2007, 820.

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Tatbestände der Vermögensvermischung veranlasst habe. Der Gesellschafter müsse für die Vermögensvermischung verantwortlich sein, bzw. einen gewissen Einfluss auf das Verfahren der Vermögensvermischung haben53 und „selbst durch verdeckte Entnahme von der Vermögensvermischung profitieren“54. Umstritten ist jedoch, ob ein Verschuldenselement für die Haftung wegen Vermögensvermischung erforderlich ist. In der Literatur sind die Ansichten geteilt: K. Schmidt fordert eine Verschuldenshaftung55 dahingehend, dass der Gesellschafter den Tatbestand der Vermögensvermischung kenne oder er für ihn evident sei. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass der Haftung eine Pflichtverletzung der Kontrolle über die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften zugrundeliegt. In diesem Sinne hat auch Altmeppen Stellung bezogen, und die Anerkennung der verschuldensunabhängigen Haftung als „zumindest missverständlich, wenn nicht gar falsch“56 klassifiziert. Nach überwiegender Ansicht57 ist hingegen ein Verschulden für das Bestehen einer Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung nicht erforderlich. § 276 I BGB regele den Verschuldensmaßstab des Schuldners im Hinblick auf seine Verantwortlichkeit. Die die Verantwortlichkeit bestimmenden Kriterien des § 276 I BGB passten hier aber nicht, was auch durch die dogmatische Auslegung der analog angewendeten §§ 105, 128 HGB unterstrichen werde. Voraussetzungen der unbegrenzten Haftung wegen Vermögensvermischung sei – neben den dargestellten besonderen Voraussetzungen – das Vorhandensein der Gesellschaft und der Gesellschaftsverbindlichkeiten, die Eigenschaft des Gesellschafters sowie das Fehlen einer anderweitigen Vereinbarung.58 Zusätzliche subjektive Schranken kämen hier nicht in Betracht. Für eine alleinige Verortung der Vermischungshaftung im objektiven Tatbestand hat sich auch der BGH ausgesprochen. Er beschränkt sich auf die Auflistung rein objektiver Kriterien und verweist insoweit auf den vom Gesellschafter wahrgenommenen Einflusses als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter.59 Nur eine als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter tätige Person könne einen so erheblichen Einfluss ausüben, der die Verschleierung der Abgrenzung zwischen dem Gesellschafts- und Privatvermögen zur Folge habe. Nach ganz herrschender Ansicht bedarf es also für das Eingreifen einer Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung keines zusätzlichen subjektiven Kriteriums. Es handelt sich um eine verschuldensunabhängige Haftung des Gesellschafters. 53

Lieder, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 398; Marc-Philippe-Weller, in: Bork/Schäfer, GmbHG, § 13 Rn. 32; Römermann, Münchener Anwaltshandbuch. GmbH-Recht, 3. Aufl. 2014, Rn. 196. 54 Kilper, S. 238; Altmeppen, ZIP 2002, 1557. 55 Schmidt, Zur Durchgriffsfestigkeit der GmbH, ZIP 1994, 837, 843. 56 Altmeppen, ZIP 2002, 1557. 57 Marc-Philippe-Weller, in: Bork/Schäfer, GmbHG, § 13 Rn. 32; Raiser, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, § 13 Rn. 129; ebenso Kuhn, S. 272 f.; Kilper, S. 239. 58 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 128 Rn. 1 ff.; MüKo-HGB/Schmidt, § 128 Rn. 7 ff. 59 BGH (14. 11. 2005), ZIP 2006, 469.

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c) Abgrenzung der Existenzvernichtungshaftung zur Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung Ungeachtet der Ähnlichkeit von Existenzvernichtung und Vermögensvermischung lassen sich dennoch zwei getrennte Fallgruppen der unechten und echten Durchgriffshaftung erkennen. Beide Haftungen können – wie der BGH in seiner „Trihotel“-Entscheidung ausführt – nebeneinander eingreifen. Bei der Vermögensvermischung geht es um eine unbegrenzte Außenhaftung der Gesellschafter einer GmbH gegenüber den geschädigten Gläubigern nach §§ 105, 128 HGB analog. Hierbei haftet der Gesellschafter unbegrenzt mit seinem Privatvermögen, wenn er Einfluss auf die Verschleierung der sichtbaren Grenze zwischen seinem und dem Gesellschaftsvermögen gehabt hat. Im Gegensatz zur Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung stellt die Existenzvernichtungshaftung gemäß der Rechtsprechung eine innere Schadenersatzhaftung nach § 826 BGB dar, bei der die Haftung der Gesellschafter auf den durch den Eingriff verursachten Schaden beschränkt ist. Zu ersetzen ist nach § 826 BGB als Schadenersatz nur die Differenz zwischen der Quote, die den Gläubigern bei der Insolvenz der Gesellschaft ohne existenzvernichtenden Eingriff erstattet worden wäre, und der weiteren Verschlechterung.60 2. Gesellschafterhaftung in Unternehmensbestattungsfällen a) Anwendung der Existenzvernichtungshaftung bei der Unternehmensbestattung Schon vor der „Trihotel“-Wendeentscheidung des BGH hat Kleindiek61 vor dem Hintergrund des deliktsrechtlichen Haftungskonzepts der Existenzvernichtungshaftung vorgeschlagen, auch im Falle der Unternehmensbestattung einer GmbH auf die in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen des missbräuchlichen Entzugs des Gesellschaftsvermögens zurückzugreifen und den geschädigten Gläubigern einen Schadenersatzanspruch gegen die Altgesellschafter zu gewähren. Der Vorschlag scheint im Hinblick darauf sachgerecht, dass der Altgesellschafter bei der Unternehmensbestattung darauf abzielt, sämtliche Vermögenswerte zu entziehen, auf einen anderen Rechtsträger zwecks der Unternehmensfortführung zu übertragen und das alte Unternehmen als leere Hülle zurückzulassen.62 Es wäre nicht angemessen, wenn bei solchen Konstellationen allenfalls die Insolvenz der Gesellschaft droht. Die organisierte Unternehmensbestattung verstoße gegen alle gesetzlich vorgesehenen Regeln ordnungsgemäßer Liquidation. In jeder Phase der werbenden Tätigkeit müssten Gesellschafter die Regeln der Abwicklung einhalten. Täten sie das 60

Kuhn, S. 247. Kleindiek, ZGR 2007, 293 ff. 62 Ausführlich zur Vermögensübertragung und anderen Maßnahmen bei der Unternehmensbestattung Teil 1, F.I.1. 61

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nicht, müsse von einer Verletzung der den Gesellschafter treffenden Verhaltenspflicht zur ordnungsgemäßen Liquidation gesprochen werden. Aus der Verletzung einer solchen Verhaltenspflicht sei eine Ausfallhaftung zugunsten der Gläubiger abzuleiten und zwar selbst dann, wenn der vom Gesellschafter durchgeführte und für den existenzvernichtenden Eingriff erforderliche „gezielte, betriebsfremden Zwecken dienende Entzug von Vermögenswerten“ nicht nachgewiesen werden könne. Die Anerkennung bestimmter Verhaltensstandards und die Haftung für deren Verletzung könne aus dem deliktsrechtlichen Kontext abgeleitet werden.63 Diese Stellungnahme von Kleindiek ist in Teilen des Schrifttums zu Recht auf Zustimmung gestoßen.64Auch im Falle der Unternehmensbestattung ist der Altgesellschafter einer GmbH Auslöser der bestattungsorientierten Maßnahmen. Auch wenn er selbst keine Vermögenswerte aus der Gesellschaft herauszieht, wird der Vermögensentzug doch nach seinen Anweisungen oder zumindest mit seinem Einverständnis vorgenommen. „Plündert“ nicht er, sondern eine andere Person, beispielsweise der Neugeschäftsführer der GmbH, das Gesellschaftsvermögen, so bleibt der Altgesellschafter dennoch der Veranlasser und kommt deshalb als Anspruchsgegner in Betracht. Diese Sichtweise steht in Übereinstimmung mit den Ausführungen des BGH in der „Trihotel“-Entscheidung, die für das Eingreifen einer Existenzvernichtungshaftung vorrangig darauf abstellt, von wem ein beherrschender Einfluss auf die geschädigte Gesellschaft ausgeht und zu wessen Gunsten sich der Eingriff auswirkt.65 Die Heranziehung des Gesellschafters zur Verantwortung wegen existenzvernichtenden Eingriffs wird überdies dadurch bestätigt, dass der Gesellschafter aufgrund der Nichtigkeit66 der Anteilsveräußerung wegen Sittenwidrigkeit die für das Schicksal der Gesellschaft verantwortliche Person bleibt. Nach den obigen Ausführungen greift die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters einer GmbH als Fallgruppe der sittenwidrigen Schädigung aus § 826 BGB bei Vorliegen folgender objektiver Tatbestandsvoraussetzungen ein: (1) Die Verschiebung von Gesellschaftsvermögen – regelmäßig auf den Gesellschafter selbst oder auf dessen Auffanggesellschaft; (2) eine fehlende oder ungleichwertige Kompensation sowie schließlich (3) die durch diesen Entzug hervorgerufene oder vertiefte Insolvenz der Gesellschaft. Damit die Existenzvernichtungshaftung wirksam wird, muss die konkrete Vermögensverschiebung des Gesellschaftsvermögens durchgeführt worden sein; das bloße Vorhaben und der Plan, die Gesellschaft „auf kaltem Weg“ zu liquidieren, reichen mithin nicht aus. Bei der Unternehmensbestattung werden Anlage- und Umlaufvermögen der zu bestattenden GmbH häufig vom neuen Unternehmen übernommen. Die anderen überlebensnotwendigen Vermögenswerte werden zwischen dem Gesellschafter der GmbH und dem Bestatter 63

Kleindiek, ZGR 2007, 304 f.; ders., in: Goette/Habersack, S. 281. Vgl. Ehricke, in: FS für Klaus J. Hopt zum 70. Geburtstag am 24. August 2010, 2010, S. 626; Kuhn, S. 247 ff.; Tüting, S. 129 ff.; Petersen, S. 166 – 167. 65 BGH (16. 07. 2007), NJW 2007, 2693. 66 s.o. in Teil 1, F.II.; zu analoger Ansicht kommt Kuhn, S. 247. 64

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aufgeteilt. Es erfolgt dabei eine Scheinkompensation, die nicht dem richtigen Wert entspricht oder es findet gar keine Kompensation statt, weil das Vermögen, wie oben erörtert, einfach „verschwindet“. Die Verursachung oder Vertiefung der Insolvenz ist gerade eine Voraussetzung der Unternehmensbestattung. Wegen des Verschwindens der Gesellschaftsunterlagen und der gründlich durchdachten Organisation der Bestattung ist es aber häufig kompliziert und manchmal sogar gänzlich unmöglich nachzuweisen, dass die Zahlungsunfähigkeit vor dem Vermögensentzug vorlag oder durch den Vermögensentzug verursacht wurde. Auf derartige Nachweisprobleme darf es aber nicht ankommen. Deshalb ist der BGH zutreffend der Ansicht, dass: „der Tatbestand des § 826 BGB auch in sonstiger Weise erfüllt [sein kann]“67, und zwar unabhängig von den besonderen Voraussetzungen der Existenzvernichtungshaftung. Es wäre nicht sachgerecht, trotz des erkennbaren Ergebnisses des Vorgangs in Form des Verschwindens der Vermögenswerte der GmbH nur wegen der Nachweisprobleme hinsichtlich des „Wie“ des Verschwindens der Werte, den Gläubigern den Schutz ihrer Interessen zu versagen, zumal es gerade das Ziel der Unternehmensbestattung ist, die Spuren der abgeschlossenen Maßnahmen zu verwischen. Das vor Eingriffen geschützte Vermögen beschränkt sich nicht auf das bilanzielle Vermögen der GmbH, sondern erfasst ebenso betriebsnotwendige Ressourcen wie Maschinen, Knowhow usw., deren Entzug einen sog. Kollateralschaden – beispielsweise einen insolvenzverursachenden Produktionsausfall – nach sich ziehen kann. Auf diese Weise können die bilanziell nicht erfassten Vermögenswerte entzogen werden. Zu solchen Werten gehören der Abzug des Personals68 oder der Verlust des Kundenstamms bzw. der Vertriebsmöglichkeiten69, die oftmals an die Auffanggesellschaft übertragen werden. Solche Maßnahmen werden vom Gläubigerschutz durch das Kapitalerhaltungssystem gem. §§ 30, 31 GmbHG nicht erfasst, sodass ein Eingreifen der Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB sinnvoll erscheint. Damit Sittenwidrigkeit gemäß § 826 BGB vorliegt, muss ein „Entzug von Gesellschaftsvermögen im Sinne der Verringerung der Zugriffsmasse zu Lasten der Gläubiger und zum eigenen Vorteil des Gesellschafters“70 vorliegen. Die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung entsprechend den Regeln wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs gemäß § 826 BGB setzt Vorsatz des schädigenden Gesellschafters voraus, wobei der Vorsatz in Form des dolus eventualis71 – das Bewusstsein des Gesellschafters, dass der von ihm durchgeführte oder geduldete Eingriff zur Existenzvernichtung der Gesellschaft führt – genügt. Die Sittenwid67

BGH (07. 01. 2008), ZIP 2008, 310. Vgl. den Fall des AG Memmingen (02. 12. 2003), GmbHR 2004, 952. 69 Vgl. BGH (13. 12. 2004), ZIP 2005, 117. 70 BGH (16. 07. 2007), NJW 2007, 2691; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 88. 71 MüKo-BGB/Wagner, § 826 Rn. 27; ebenso Marc-Philippe-Weller, in: Bork/Schäfer, GmbHG, § 13 Rn. 47; Neher, S. 110; Kuhn, S. 246. 68

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rigkeit muss dem Gesellschafter nicht bewusst sein. Es reicht, wenn dem Gesellschafter die Umstände bewusst sind, die zur Sittenwidrigkeit des Eingriffs führen.72 Der Gesellschafter, der das Gesellschaftsvermögen der alten GmbH im Rahmen einer Unternehmensbestattung in ein neues Unternehmen verlagert, handelt stets vorsätzlich. Er zielt nur darauf ab, das alte Unternehmen still beiseite zu schaffen und mit dem neuen Unternehmen wieder tätig zu werden, missachtet dabei die ordentliche kaufmännische Sorgfalt und nimmt billigend in Kauf, dass solche Verschiebungen insolvenzverursachende oder -vertiefende Folgen haben. Dementsprechend ist sich der Gesellschafter der Umstände der Sittenwidrigkeit bewusst und billigt sie. Der Tatbestand der Existenzvernichtungshaftung ist damit in Fällen der Unternehmensbestattung erfüllt. Für den Schadensersatz gelten hier die allgemeinen Regeln der Schadensermittlung. Ebenso wie der Wert des entzogenen Vermögens sind auch die sogenannten Kollateralschäden – entgangener Gewinn sowie Kosten des Insolvenzverfahrens, falls der Eingriff die Insolvenz ausgelöst hat – erstattungsfähig.73 b) Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung bei der Unternehmensbestattung Betrachtet man die Maßnahmen der Alt- sowie Neugesellschafter im Falle der Unternehmensbestattung,74 stellt sich die Frage, ob diese Handlungen auch den Tatbestand der Gesellschafterhaftung wegen Vermögensvermischung erfüllen. Anknüpfungspunkt der Vermögensvermischung ist das Fehlen der ordnungsgemäßen Buchführung über einen langen Zeitraum, sodass Einkünfte und Ausgaben der Gesellschaft nicht nachvollziehbar sind, die Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen nicht getrennt werden können und die Kapitalerhaltungsregeln letztlich nicht kontrollierbar sind. Auch in Fällen der Unternehmensbestattung ist meistens nicht deutlich, ob eine ordnungsgemäße Buchführung durchgeführt wurde, da in der Zwischenzeit sämtliche wichtigen Geschäftsunterlagen verlorengegangen sind. Die Folgen sind identisch: Zum einen kann der Umfang der Vermögen von Gesellschaft und Gesellschafter nicht mehr ermittelt werden, zum anderen können Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht festgestellt werden. Vor diesem Hintergrund wird offensichtlich, dass im Falle des Verlustes sämtlicher Geschäftsunterlagen bei der Unternehmensbestattung einer GmbH eine Durchgriffshaftung des Gesellschafters wegen Vermögensvermischung eingreift.75 Werden also die Unterlagen der Gesellschaft vollständig vernichtet oder verschwinden sie auf sonstige Weise, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen der Ver72 BGH (16. 07. 2007), NJW 2007, 2692; ebenso Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 89. 73 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 91; Kuhn, S. 246. 74 Vgl. oben Teil 1, F.I. 75 Auch so Kilper, S. 227 f.; Kuhn, S. 274 ff.; Oelschlegel, S. 53.

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mögensvermischung vor. Die Transparenz der Vermögensflüsse und die Kontrolle der Kapitalerhaltungsvorschriften sind nicht mehr gewährleistet, wenn Altgeschäftsführer sowie Gesellschafter erklären, dass sie wegen des Verlustes der Buchführungsunterlagen keinerlei Informationen bezüglich des zur Befriedigung der Gläubigerforderungen zweckgebundenen Vermögens haben. Verursacht werden solche Verschleierungsmaßnahmen üblicherweise durch den erheblichen Einfluss des Altgeschäftsführers sowie des Gesellschafters auf sämtliche Vorgänge in der Gesellschaft. Es erscheint sachgerecht, dass diese Personen, die von der Vermögensvermischung profitieren oder zumindest die Vermögensvermischung gefördert und veranlasst haben, nun auch zur Haftung herangezogen werden.76 Dabei muss es sich um Gesellschafter der GmbH handeln, zugunsten derer das ganze Verfahren der Unternehmensbestattung durchgeführt und durch deren Entscheidungen das Schicksal der Gesellschaft besiegelt wird. Die Durchgriffshaftung betrifft vorrangig Allein- oder Mehrheitsgesellschafter der GmbH, die für die Vermögensvermischung verantwortlich sind. An den zu bestattenden Gesellschaften sind zumeist nur wenige Gesellschafter beteiligt, die regelmäßig einstimmig für die „kalte Liquidation“ stimmen, oder es ist sogar nur ein Gesellschafter vorhanden. Beteiligt sich ein Gesellschafter mit einem geringen Anteil an der Gesellschaft, haftet er im Regelfall nicht, weil die Minderheitsbeteiligung nicht ausreicht, um eine für die Vermögensvermischung entscheidende Stellung einzunehmen.77 Bei Unternehmensbestattungsfällen sollte die Verantwortlichkeit eines Minderheitsgesellschafters im Rahmen der Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Auch wenn er formalrechtlich keinen bestimmten Einfluss auf die Entscheidung der anderen Gesellschafter hat, sollte seine Haftung dennoch eingreifen, sofern er mit den Mehrheitsgesellschaftern „gemeinsame Sache“ macht.78 Der Ansicht,79 dass die Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung nur gegen den Neugesellschafter greife (sämtliche Geschäftsunterlagen sind durch die Übergabeprotokolle an den Neugesellschafter zu übergeben) und sich so keine Haftung des Altgesellschafters ergäbe, ist nicht zuzustimmen. Der Altgesellschafter bleibt für alle Rechtsverletzungen verantwortlich, die aus der Nichtigkeit der Anteilsveräußerung als eine der Unternehmensbestattungsmaßnahmen folgen. Die einschlägigen Fälle zeigen, dass im Regelfall der Altgesellschafter selbst oder zumindest mittelbar durch imaginäre Neugesellschafter und Geschäftsführer einen wesentlichen Einfluss auf das Verschwinden der Unterlagen mit der Folge der Vermögensvermischung ausübt; hierbei profitiert nur der Altgesellschafter durch die Verschleierung der klaren Abgrenzung zwischen seinem eigenen und dem Gesell76

Vgl. BGH (14. 11. 2005), ZIP 2006, 467. Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 135. 78 Vgl. hierzu BGH (14. 11. 2005), ZIP 2006, 467; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, § 13 Rn. 135; Kuhn, S. 275. 79 Oelschlegel, S. 54, 55. 77

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schaftsvermögen. Daraus folgt, dass für die Vermögensvermischung derjenige Gesellschafter haften soll, der für den Verlust der Unterlagen verantwortlich ist. Da es keines subjektiven Elements für die Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung bedarf, ist es nicht erforderlich, bei einer Unternehmensbestattung das Verschulden der Altgesellschafter nachzuweisen. Eine solche Obliegenheit würde wegen des Fehlens von sachlichen Beweismitteln einen großen Zeit- und Kraftaufwand bedeuten und daher eine Haftung oft unmöglich machen. c) Ergebnis Es hat sich gezeigt, dass im Falle der Unternehmensbestattung einer GmbH, bei der die Gesellschafter bestrebt sind, im Rahmen der „stillen Liquidation“ ihre Verantwortlichkeit zu vertuschen, die Gesellschafterhaftung wegen Existenzvernichtungshaftung eingreift. Es kann dann haftungsmäßig gegen die Gesellschafter vorgegangen werden, sofern sämtliche wertvollen Vermögensgegenstände sowie immateriellen Güter der Gesellschaft auf die Auffanggesellschaft ohne gleichwertige Kompensation übertragen worden sind. Zu erstatten sind die verursachten Schäden, wenn diese Schäden nicht durch das Schutzsystem der §§ 30, 31 GmbHG erfasst werden. Typisch ist bei der Unternehmensbestattung auch die Verwirklichung einer Vermögensvermischung i.S. der Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung der Gesellschafter einer GmbH. Anknüpfungspunkt ist hierbei das Fehlen einer ordnungsgemäßen Buchführung und infolgedessen die Unmöglichkeit der Abgrenzung von Gesellschafter- und Gesellschaftsvermögen. Der Gesellschafter haftet bei solchen Konstellationen unbeschränkt mit seinem Vermögen.

II. Im russischen Recht 1. Die subsidiäre Haftung der Gesellschafter und Geschäftsführer im russischen Gesellschaftsrecht a) Die Durchbrechung der beschränkten Haftung und die subsidiäre Haftung Im russischen Recht gilt für alle juristischen Personen die Grundregel des Trennungsprinzips, nach dem die Haftung der Gesellschafter und die Haftung der Gesellschaft voneinander abzugrenzen sind:80 Eine juristische Person haftet für ihre 80 Zur Grundregel der Gesellschaftshaftung Suhanov, Zivilrecht, Teil 1, Abschn. I, Kapitel 5, § 1, 1, S. 92, RIS „ConsultantPlus“; ders., in: FS zur Erinnerung an Prof. Dr. S.M. Korneev „Probleme der modernen Zivilistik, Haftung der Teilhaber der juristischen Person für ihre Verbindlichkeiten im modernen Gesellschaftsrecht, RIS „ConsultantPlus“; Molotnikov, in: Sˇ itkina, Gesellschaftsrecht, S. 450, 453; Mereminskaja, Durchbrechung der Haftungsbeschränkung eines GmbH-Gesellschafters, S. 25; Heidemann, Die GmbH in der Russischen Föderation, GmbHR 2002, 735; Aukhatov, S. 93 f.

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Verbindlichkeiten mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen (Art. 56 P. 1 ZGB, Art. 3 P. 1 russ. GmbHG und Art. 3 P. 1 russ. AktG) – mit Ausnahme der von Gesetzes wegen vorgesehenen Einrichtungen. Die Gesellschafter haften dagegen grundsätzlich nicht für die Verbindlichkeiten der juristischen Person, es sei denn im ZGB oder in den Gründungsdokumenten ist etwas anderes bestimmt (Art. 56 P. 2 ZGB, Art 87 P. 1 ZGB, Art. 96 P. 1 ZGB, Art. 2 P. 1 Abs. 2 russ. AktG und Art. 2 P. 1 Abs. 1 russ. GmbHG). Demnach umfasst die Haftungsmasse der Gesellschaft das bei der Gründung von den Gesellschaftern eingelegte und ferner das im weiteren Geschäftsgang erworbene Vermögen; die Gesellschafter tragen hierbei bloß das Verlustrisiko im Rahmen ihrer Anteile. Das persönliche Risiko wird durch diese beschränkte Haftung reduziert. So kann das Gesellschaftskapital effizient genutzt werden und die Unternehmer können riskante Projekte fördern und durchführen, ohne einen Totalverlust zu erleiden.81 Diese Haftungsbeschränkung wird aber ausnahmsweise im Fall einer Insolvenz (Art. 61.11 InsG, Art. 3 P. 3 russ. GmbHG, Art. 3 P. 3 russ. AktG) durchbrochen. Wurde die Zahlungsunfähigkeit (Bankrott) einer juristischen Person durch Tun oder Unterlassen der Gesellschafter oder anderer Personen, die berechtigt sind, dieser juristischen Person verbindliche Anweisungen zu geben oder auf andere Weise die Möglichkeit haben, deren Handlungen zu bestimmen, verursacht, haften die Gesellschafter subsidiär mit ihrem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der juristischen Person, wenn das Vermögen der juristischen Person nicht ausreicht. Diese Regelung war in Art. 56 P. 3 Abs. 2 ZGB a.F., der Grundlagennorm der subsidiären Haftung der Gesellschafter, statuiert und wurde dann durch die gesellschaftsrechtlichen Normen Art. 3 P. 3 russ. GmbHG, Art. 3 P. 3 russ. AktG sowie Art. 10 P. 4 InsG a.F. und durch die neue Norm Art. 61.11 InsG82 konkret ausgestaltet.83 In der Praxis galt die Grundnorm des Art. 56 P. 3 Abs. 2 ZGB a.F. als selbständige Haftungsnorm. Nach Einführung der inhaltlich vergleichbaren Normen in das russische GmbHG, AktG und InsG kam sie jedoch praktisch kaum noch zur Anwendung. In Anbetracht dessen wurde die Norm des Art. 56 P. 3 Abs. 2 ZGB a.F. nach dem Inkrafttreten der Änderungen durch die Reformierung der zivilrechtlichen

81

Suhanov, Zivilrecht, Teil 1, Abschn. I, Kapitel 5, § 1, 1, S. 91, RIS „ConsultantPlus“; Rabensdorf, S. 23; Sˇ makova, Vestnik arbitrazˇ noj praktiki, 2017, Nr. 5, S. 72 f. 82 Eingeführt wurden Art. 61.10 – 61.22 InsG im Rahmen des Kapitels III.2 durch das Föderale Gesetz vom 29. 07. 2017 Nr. 266-FZ „Über Einführung der Änderungen in das Föderale Gesetz „Über die Insolvenz (Bankrott)“ und in das Gesetzbuch der Russischen Föderation über Ordnungswidrigkeiten“, Rossijskaja Gazeta vom 4. 08. 2017 Nr. 7338 (172). 83 Pestrikov, Subsidiäre Haftung der Gründer (Teilhaber) und Geschäftsführer des Schuldners bei der Insolvenz, Korporativnyj jurist, Nr. 4, 2009, S. 50; Asoskov, Kollisionsregelung des Haftungsdurchgriffes, Vestnik grazˇ danskogo prava, 2013, Nr. 5, S. 126; Korobkova, Straflos beschlagnehmen, ÈZˇ -Jurist, 2013, Nr. 36, S. 11; auch so Rabensdorf, S. 104.

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Gesetzgebung betreffend juristische Personen84 aufgehoben. Stattdessen wurde die Verweisungsnorm des Art. 56 P. 2 ZGB eingeführt, nach der die subsidiäre Haftung auch durch andere Gesetze auferlegt werden kann. Die spezielle gesellschaftsformneutrale Norm des Art. 10 P. 4 InsG a.F. wurde durch diese Verweisungstechnik modernisiert. Mit dem Ziel der weiteren Bekämpfung „eintägiger Scheinunternehmen“, „faktischer Geschäftsführung“ sowie der „alternativen“ oder „grauen“ Liquidation wurden 2017 Änderungen in das Föderale Gesetz „Über die Insolvenz (Bankrott)“ eingefügt. So tritt der Kapitel III.2 InsG „Haftung des Schuldnerleiters und anderer Personen im Bankrottsverfahren“ an die Stelle des Art. 10 InsG, insbesondere Art. 61.11 InsG an die Stelle des Art. 10 P. 4 InsG. Das geltende russische Recht sieht also die Möglichkeit vor, die subsidiäre Haftung auf die den Schuldner kontrollierenden Personen zu übertragen, wenn aufgrund ihres Tuns oder Unterlassens die Tilgung von Verbindlichkeiten des Schuldners in vollem Umfang unmöglich ist und der Schuldner für zahlungsunfähig erklärt wird. Eine solche Übertragung der Haftung der juristischen Person auf Dritte wird in der deutschen Literatur über das russische Zivilrecht meist unter den Begriff „Durchgriffshaftung“ erörtert,85 obwohl dem russischen Recht das deutsche Institut der Durchgriffshaftung der Gesellschafter nicht bekannt ist. Ein Teil der russischen Literatur86 vertritt die Ansicht, dass die subsidiäre Haftung der Gesellschafter bei der Insolvenz einer juristischen Person eine analoge Regelung zur angloamerikanischen Lehre des „piercing the corporate veil“ darstellt. Dieser Ansicht ist aber nicht zuzustimmen, da der russische Haftungsdurchgriff im Gegensatz zur angloamerikanischen Konzeption nicht von der Selbstständigkeit der juristischen Person ausgeht. Mittlerweile ist die subsidiäre Haftung nach russischem Recht ein selbstständiges Institut zivilrechtlicher Haftung, die einer Person zusätzlich zur Haftung des Hauptschuldners für die gehörige Erfüllung einer Verbindlichkeit aus Gesetz oder Vertrag mit dem Ziel der Verstärkung des Gläubigerschutzes obliegt.87 Nach den Grundsätzen der subsidiären Haftung (Art. 399 ZGB) muss der Gläubiger erst seine Forderungen gegen den Hauptschuldner geltend machen, bevor er Forderungen gegen eine Person, die aus Gesetz, anderen Rechtsakten oder Forderungsvoraus84

Reformierung der zivilrechtlichen Gesetzgebung betreffend juristische Personen (vergleichende Analyse der Änderungen, die seit dem 1. September 2014 im Kapitel 4 ZGB vorgenommen wurde), RIS „Garant“. 85 Heidemann, GmbHR 2002, 735; Mereminskaja, S. 104; dies., Durchgriffshaftung im System des Gläubigerschutzes nach dem russischen GmbH-Recht, WiRO 2001, 369; Aukhatov, S. 94. 86 Molotnikov, in: Sˇ itkina, Gesellschaftsrecht, S. 459; Popova/Popov, Gesellschaftlicher Schleier, Hozjajstvo i pravo, 2002, Nr. 12, S. 62. 87 Suhanov, Zivilrecht, Teil 1, Abschn. III, Kapitel 11, § 1, 4, S. 259, RIS „ConsultantPlus“; Krasˇeninnikov, Haftung für die Pflichtverletzung, Kommentar zum Kapitel 25 des ZGB, Art. 399, RIS „ConsultantPlus“; ebenso Kurbatov, Subsidiäre Haftung der Geschäftsführer bei der Zahlungsunfähigkeit (Bankrott) der von ihr geleiteten Krediteinrichtungen, RIS „ConsultantPlus“; Gutnikov, Juristische Haftung bei gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen, Vestnik grazˇ danskogo prava, 2014, Nr. 6, RIS „ConsultantPlus“.

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setzungen zusätzlich haftet, geltend machen kann. Demzufolge müssen die Gläubiger der insolventen Gesellschaft vor der Geltendmachung ihrer Forderungen gegen Gesellschafter der juristischen Person zunächst von der juristischen Person die Begleichung der bestehenden Verbindlichkeiten fordern. Wird die subsidiäre Haftung der Gesellschafter bejaht, fällt die beigetriebene Summe aber in die Konkursmasse. Darin liegt die Besonderheit der subsidiären Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der juristischen Person im Falle ihrer Insolvenz, wodurch sie sich von anderen Arten der subsidiären Haftung unterscheidet. Wegen der Bedeutung der subsidiären Haftung der Gesellschafter für das im Rahmen der vorliegenden Arbeit behandelte Thema der Unternehmensbestattung werden deren Besonderheiten im Folgenden genauer untersucht. b) Subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung als Existenzvernichtungshaftung In jüngster Zeit ist das Institut der subsidiären Haftung der Gesellschafter einer GmbH bei der Herbeiführung der Insolvenz der juristischen Person immer bedeutsamer geworden. Offen bleibt dabei allerdings die Einordnung des Instituts der subsidiären Haftung der Gesellschafter nach der Aufhebung der allgemeinen Norm des Art. 56 P. 3 Abs. 2 ZGB und der Modernisierung der Vorschriften des InsG. Die bislang in der russischen Literatur übliche Bezeichnung der subsidiären Haftung der Gesellschafter als „Durchgriffshaftung“ hat dazu geführt, dass die subsidiäre Haftung der Gesellschafter der im deutschen Recht entwickelten Durchgriffshaftung ähnelt. Ein Grund dieser Auffassung liegt wohl in der wechselhaften Natur der deutschen Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung: Einen existenzvernichtenden Eingriff hat die Rechtsprechung seit der Entscheidung „Bremer Vulkan“ aus dem Jahre 2001 der „echten“ Durchgriffshaftung zugerechnet; nach der bekannten „Trihotel“-Entscheidung wurde aber die dogmatische Behandlung radikal zugunsten der „unechten“ Durchgriffshaftung verändert und nunmehr handelt es sich bei der Existenzvernichtungshaftung um eine selbstständige Deliktshaftung der Gesellschafter.88 Die zuvor in Art. 10 P. 4 InsG a.F. und nun in Art. 66.11 InsG vorgesehene subsidiäre Haftung der den Schuldner kontrollierenden Personen ist eine Insolvenzverursachungshaftung, die sich von dem allgemeinen Modell der subsidiären Haftung unterscheidet und damit wohl eher der Haftung für den existenzvernichtenden Eingriff als einer echten Durchgriffshaftung ähnelt.89

88

Ausführlicher dazu oben in Teil 2, A.I. So auch die Aussage von Rabensdorf, S. 103 ff.; Suhanov, in: FS zur Erinnerung an Prof. Dr. S.M. Korneev „Probleme der modernen Zivilistik“, RIS „ConsultantPlus“; Asoskov, Vestnik grazˇ danskogo prava, 2013, Nr. 5, S. 126. 89

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aa) Haftungsvoraussetzungen (1) Subjekt der subsidiären Haftung Zunächst setzt die subsidiäre Haftung ein dazugehöriges Haftungssubjekt voraus. In der jüngsten Vergangenheit hat die Grundnorm des Art. 56 P. 3 Abs. 2 ZGB im Fall der Insolvenz der Gesellschaft eine Haftung für die Gesellschafter, Eigentümer des Gesellschaftsvermögens (es geht um staatliche und kommunale unitarische Unternehmen) und „andere Personen“ begründet, die berechtigt sind, dieser juristischen Person verbindliche Anweisungen zu geben oder auf andere Weise die Möglichkeit haben, die Gesellschaft zu beeinflussen. Der gleiche Kreis der Haftenden ist in den gesellschaftsrechtlichen Gesetzen – russ. GmbHG und russ. AktG – verankert worden. Wie die „Möglichkeit, die Gesellschaft zu beeinflussen“ zu verstehen ist, wurde vom Gesetz leider nicht festgeschrieben. Nach der Rechtsprechung der höchsten Zivilgerichte90 können als „andere beeinflussende Personen“ auch die Personen angesehen werden, die ein erhebliches Paket von Aktien einer Aktiengesellschaft im Eigentum oder in treuhänderischer Verwaltung haben, sowie Eigentümer des Vermögens des unitarischen Unternehmens, das verbindliche Anweisungen gibt. Im Schrifttum wird der Begriff der „anderen Personen“ sogar nach weiter ausgelegt. Danach werden alle Personen erfasst, die in irgendeiner beliebigen Weise – durch einen Darlehensvertrag oder in faktischer Weise durch Drohung oder Druck – auf die Gesellschaft Einfluss haben91 sowie die Leitungsorgane der Gesellschaft92. Nach früherer Gesetzlage konnten nur diejenigen Gesellschafter in Anspruch genommen werden, die zum Zeitpunkt der Insolvenz diese Stellung innehaben. Dadurch wurde Altgesellschaftern die Gelegenheit geboten, durch einen Gesellschafterwechsel der Haftung auszuweichen, da Neugesellschafter nicht für die Altgesellschafter haften. Dem soll die modernisierte Norm des Art. 61.11 i.V.m. 61.10 P. 1 InsG durch die Bestimmung Einhalt gebieten, dass die den Schuldner kontrollierenden Personen subsidiär haften, wenn das Vermögen der juristischen Person nicht ausreicht. Nach Art. 61.10 P. 1 InsG ist „eine den Schuldner kontrollierende Person“ eine natürliche oder juristische Person, die mindestens in den drei Jahren vor dem Eintritt der Insolvenzmerkmale sowie nach ihrem Eintritt, aber vor der Annahme des In90

Gemeinsamer Plenarbeschluss des Obersten Gerichts und Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 01. 07. 1996 Nr. 6/8 „Über einige Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung des Teil 1 des ZGB“, RIS „ConsultantPlus“. 91 Gabov, Rechtliche Regelung bezüglich der Aktiengesellschaft und der Person, die befugt ist, der Gesellschaft verbindliche Anweisungen zu geben, Vestnik Federal’nogo Arbitrazˇ nogo Suda Zapadno-Sibirskogo okruga, 2003, URL: http://www.halbien-info.ru/stati/pravov_regulir. htm (Stand 09. 12. 2016). 92 ˇ Sapkina, in: Sˇ apkina, Kommentar zum Aktiengesetz, Art. 3, S. 17; Rabensdorf, S. 106; Pestrikov, Korporativnyj Jurist, Nr. 4, 2009, S. 50; vgl. Bogdanova, Subsidiäre Haftung im Zivilrecht der Russischen Föderation, 2000, S. 92.

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solvenzantrags durch das Wirtschaftsgericht das Recht hatte, den Schuldner verbindliche Anweisungen zu geben, oder über die Möglichkeit verfügte, auf eine andere Weise dessen Handlungen zu bestimmen, u. a. in Erfüllung von Rechtsgeschäften und Bestimmung ihrer Bedingungen. Grundsätzlich gilt eine Person als den Schuldner kontrollierende Person, erst wenn sie eine faktische Möglichkeit hat, den Schuldner verbindliche Anweisungen zu geben oder auf eine andere Weise dessen Handlungen zu bestimmen.93 Wie diese Möglichkeit erfüllt werden kann, wird in Art. 61.10 P. 2 InsG aufgelistet, und zwar: aufgrund der Verwandtschaft oder der Dispositionsmacht gegenüber dem Schuldner (dem Leiter oder Mitgliedern des Leitungsorgans des Schuldners); aufgrund einer Vollmacht, eines normativen Rechtsaktes oder einer besonderen Befugnis, im Namen des Schuldners Rechtsgeschäfte abzuschließen; aufgrund der Dispositionsmacht im Betrieb (u. a. zuständig für die Stellenbesetzung des Hauptbuchhalters, des Finanzdirektors etc.); auf andere Weise, u. a. durch Druck auf den Geschäftsführer oder die Mitglieder der Leitungsorgane oder durch Einflussnahme auf den Geschäftsführer oder die Mitglieder des Leitungsorgans des Schuldners. Der Gesetzgeber zählt demzufolge zu den „den Schuldner kontrollierenden Personen“ gem. Art. 61.10 P. 4 InsG Geschäftsführer des Schuldners, Mitglieder des Exekutivorgans, Liquidator des Schuldners, Mitglieder der Liquidationskommission, Personen, die berechtigt sind, eigenständig oder gemeinsam mit interessierten Personen 50 % oder mehr der stimmberechtigten Aktien einer Aktiengesellschaft oder über mehr als die Hälfte der Anteile des Stammkapitals einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder über mehr der Stimmen in der gemeinsamen Teilhabersammlung einer juristischen Person zu verfügen oder den Geschäftsführer des Schuldners zu bestellen, sowie Personen, die aus dem gesetzwidrigen oder bösgläubigen Verhalten der in Art. 53.1 P. 1 ZGB angegebenen Personen Vorteil erlangt haben. Diese Regelung schafft einen außerordentlich großen Kreis von Haftenden, der sogar die Personen einschließt, die mit der juristischen Person nicht rechtlich, sondern bloß tatsächlich verbunden sind.94 In der wirtschaftsgerichtlichen Praxis treten aber zumeist Geschäftsführer oder Gesellschafter als typische Subjekte der subsidiären Haftung für die Verbindlichkeiten der insolvenzleidenden Gesellschaft auf.

93

P. 3 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 2. 12. 2017 Nr. 53 „Über einige Fragen, die die Heranziehung der den Schuldner kontrollierenden Personen zur Haftung beim Bankrott betreffen“, Rossijskaja Gazeta vom 29. 12. 2017 Nr. 7463 (297). 94 Vgl. P. 3, 6 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 2. 12. 2017 Nr. 53 „Über einige Fragen, die die Heranziehung der den Schuldner kontrollierenden Personen zur Haftung beim Bankrott betreffen“, Rossijskaja Gazeta vom 29. 12. 2017 Nr. 7463 (297); s. auch Igumnov, Subsidiäre Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, Konsultant, Nr. 5, 2012, S. 39; Egorov/Usacˇ eva, Subsidiäre Haftung für die Herbeiführung der Insolvenz – misslungenes Äquivalent der westlichen Doktrin der Durchgriffshaftung, Vestnik Vyssˇego arbitraz´nogo suda Rossijskoj Federacii, Nr. 12, 2013, S. 30.

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(2) Insolvenz der juristischen Person Maßgeblicher Zeitpunkt für die subsidiäre Haftung ist der Eintritt der Insolvenz des Schuldners. Gemäß Art. 65 P. 3 ZGB sind sämtliche Insolvenzfragen, nämlich die Gründe der Insolvenzerklärung einer juristischen Person, das Insolvenzverfahren sowie die Folgen der Forderungsbegleichung, durch das spezielle Gesetz über die Insolvenz, also inzwischen durch das InsG, geregelt. Die relativ junge einschlägige russische Gesetzgebung hat in den letzten 20 Jahren drei aufeinanderfolgende Insolvenzgesetze95 hervorgebracht, deren erhebliche Nachteile und Anwendungsprobleme die Aufhebung der ersten beiden und vielfache Änderungen des dritten Gesetzes auslösten. Das aktuelle InsG verwendet die Begriffe „Insolvenz“, „Zahlungsunfähigkeit“, „Bankrott“ sowie „Unzulänglichkeit des Vermögens“. Im Folgenden sollen diese Begriffe genauer definiert und voneinander abgegrenzt werden. Art. 2 InsG versteht unter der „Insolvenz (Bankrott) der juristischen Person die vom Wirtschaftsgericht erklärte Unfähigkeit des Schuldners, in vollem Umfang Gläubigerforderungen aus Geldverbindlichkeiten, Forderungen aus Abfindungszahlungen und/oder Arbeitsentlohnungen von Personen, die bei der juristischen Person auf der Basis eines Arbeitsvertrags beschäftigt waren oder sind, zu befriedigen und/oder der Verpflichtung zur Tilgung öffentlicher Pflichtzahlungen nachzukommen“. Die Zahlungsunfähigkeit ist nach Art. 2 InsG die Einstellung der Erfüllung eines Teils von Geldverbindlichkeiten oder der Verpflichtung zur Tilgung von öffentlichen Pflichtzahlungen, die durch das Fehlen von Geldmitteln ausgelöst worden ist. Zudem wird die „Unzulänglichkeit des Vermögens“ in Art. 2 InsG als das Übersteigen der Geldverbindlichkeiten und Verpflichtungen zur Tilgung von öffentlichen Pflichtzahlungen über den Vermögenswert (Aktiva) des Schuldners definiert. Aus diesen Legaldefinitionen wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Zahlungsunfähigkeit und die „Unzulänglichkeit“ des Vermögens als Indikator für eine Insolvenz einstuft (vgl. Art. 2 Abs. 36, 37; Art. 9 P. 1 Abs. 6 InsG). Im Schrifttum wird überwiegend zwischen „praktischer“ und „absoluter“ Zahlungsunfähigkeit unterschieden.96 Bei der ersten Variante handelt es sich um den Verzug des Schuldners. Seine finanzielle Lage muss nicht völlig aussichtslos sein, so z. B. wenn im Zeitpunkt der Fälligkeit zwar das Fehlen von Geldmitteln bemerkt wird, die Verbindlichkeiten gleichwohl noch auf anderen rechtmäßigen Wege beglichen werden können, so z. B. durch Kreditaufnahme. Bei der „absoluten Zahlungsunfähigkeit“ übersteigen die Passiva die Aktiva. Zur Eröffnung eines Insolvenzverfah95

Hier handelt es sich um das InsG vom 19. 11. 1992 Nr. 3929-1, Rossijskaja Gazeta vom 30. 12. 1992, Nr. 279; um das InsG vom 08. 01. 1998 Nr. 6-FZ, Rossijskaja Gazeta vom 20. 01. 1998 Nr. 10, vom 21. 01. 1998, Nr. 11; und um das geltende InsG vom 26. 10. 2002 Nr. 127-FZ, Rossijskaja Gazeta vom 02. 11. 2002, Nr. 209 – 210. 96 Vasil’ev, Rechtliche Regelung der Insolvenz und des Bankrotts im Zivil- und Handelsrecht der kapitalistischen Staaten, 1983, S. 6.

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rens, zu dem nach Art. 27 InsG neben dem Konkursverfahren auch Beobachtung, Sanierung, Außenverwaltungsverfahren und Vergleichsverfahren gehören, bedarf es stets dieser „absoluten Zahlungsunfähigkeit“, denn die bloße Zahlungseinstellung muss nicht immer eine irreversible Zahlungskrise des Schuldners bedeuten. Die Zahlungsunfähigkeit stellt sich vielmehr als eine Phase der wirtschaftlichen Krise des Schuldners dar, die von dem Verzug durch das Merkmal des Eintritts des Vermögensdefizits zu differenzieren ist. Demgemäß ist die Zahlungsunfähigkeit als ein Eröffnungsgrund vom Verzug der Verbindlichkeitserfüllung zu unterscheiden. Abgrenzungskriterium ist hierbei die Frist und die Unzulänglichkeit des Vermögens der juristischen Person.97 Eine juristische Person kann nach Art. 3 P. 2 InsG nur dann für insolvent erklärt werden, wenn sie die Geldforderungen aus Schuldverhältnissen oder Pflichtzahlungen nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit erfüllen kann. Außerdem wird in Art. 6 P. 2 InsG die Vermutung der Unzulänglichkeit des Vermögens genannt, die zur Insolvenzantragstellung erforderlich ist: Die fälligen Forderungen gegen die juristische Person dürfen in ihrer Gesamtheit nicht weniger als 300.000 Rubel betragen. Die Zahlungsunfähigkeit ist also eine Eröffnungsvoraussetzung des Insolvenzverfahrens und die Zahlungseinstellung ist ihrerseits ein Merkmal für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit. Die Zahlungsstockung wird hingegen nicht als Eröffnungsvoraussetzung des Insolvenzverfahrens betrachtet. Mittlerweile werden im russischen Recht der Begriff „Bankrott“ und seine Merkmale (vgl. Art. 3 InsG) definiert durch die Zahlungsunfähigkeit und Unzulänglichkeit des Vermögens. Im Unterschied zum deutschen Rechtsraum, in dem der Bankrottbegriff ausschließlich im strafrechtlichen Sinne verwendet wird, sind die Begriffe „Bankrott“ und „Insolvenz“ im russischen Insolvenzrecht gleichbedeutend. Allerdings erscheint es doch sachgerechter, die Begriffe nach ihrem Anwendungsbereich abzugrenzen. Im Schrifttum wird deshalb zutreffend vorgeschlagen, den Begriff der „Insolvenz“ nur im Rahmen des Privat- und Öffentlichen Rechts zu benutzen und den Begriff des „Bankrotts“ nur zu gebrauchen, wenn es um Straftaten des zahlungsunfähigen Schuldners geht.98 Sofern die Indizien für das Vorliegen einer Insolvenz ermittelt worden sind, trifft das Wirtschaftsgericht die Entscheidung über die Insolvenzerklärung unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des Art. 4 P. 2 InsG. Erst mit der gerichtlichen Insolvenzerklärung wird das Konkursverfahren gem. Art. 124 P. 1 InsG eröffnet.

97 ˇ Sisˇmareva, Institut der Insolvenz in Russland und Deutschland, 2015, S. 169 ff., insbesondere S. 175. 98 ˇ Sisˇmareva, S. 169; Sˇ ateljuk, Sanierungskredite in der Krise und in der Insolvenz von Unternehmen, 2012, S. 17 – 18; Vasil’ev, Zivil- und Handelsrecht der kapitalistischen Staaten, 3. Aufl., 1993, S. 441.

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(3) Insolvenzverursachende Handlungen Für die Begründung der subsidiären Haftung muss die Insolvenz auf die Handlungen (oder das Unterlassen) der den Schuldner kontrollierenden Person zurückgeführt werden können. Nach der Rechtsprechung99 liegen unrechtmäßige Handlungen (Unterlassen) der den Schuldner kontrollierenden Person im Falle vor, wenn wesentliche Geschäftsentscheidungen unter Verstoß gegen das Gutgläubigkeits- und Besonnenheitsprinzip getroffen werden, bzw. wenn wesentliche Verträge unter wissentlich ungünstigen Bedingungen oder mit Person, abgeschlossen werden, die von vornherein nicht vorhaben, ihre Verpflichtungen zu erfüllen („eintägiges Scheinunternehmen“). Nach der in der Literatur herrschenden Ansicht können sowohl unrechtmäßige als auch rechtmäßige Handlungen haftungsbegründend sein, weil „die Pflicht, subsidiär zu haften, auch bei rechtmäßigen, mit keinerlei Gesetzverstößen verbundenen Handlungen entsteht“.100 Vor diesem Hintergrund und wegen der weitreichenden Bedeutung der Insolvenzhaftung fallen also auch folgende Handlungen darunter: Der Beschluss über die Kapitalerhöhung bzw. -herabsetzung, der Beschluss über die Emission von Schuldverschreibungen, der Beschluss über die Durchführung der Reorganisation sowie über den Abschluss bzw. die Verweigerung des Abschlusses bedeutender Verträge.101 Es sind alle Handlungen einschlägig, bei denen die den Schuldner kontrollierenden Personen existenzvernichtende Verhaltensweisen an den Tag legen, die die Insolvenz zur Folge haben.102 Dabei wird die Insolvenz zumeist nicht durch eine einzelne Anweisung der Gesellschafter verursacht, sondern durch einen gesamten Handlungskomplex.103 Früher sind die höchsten Zivilgerichte davon ausgegangen, dass die Gesellschafter nur dann zur subsidiären Haftung herangezogen werden können, wenn die Insolvenz der juristischen Person durch ihre Anweisungen oder ihre sonstigen

99 s. P. 16 Abs. 1 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 2. 12. 2017 Nr. 53 „Über einige Fragen, die die Heranziehung der den Schuldner kontrollierenden Personen zur Haftung beim Bankrott betreffen“, Rossijskaja Gazeta vom 29. 12. 2017 Nr. 7463 (297). 100 Braginskij, in: Braginskij, Kommentar zum 1. Teil des ZGB, 1999, S. 141; Bogdanova, S. 86; Mereminskaja, S. 105. 101 Aukhatov, S. 103; Radensdorf, S. 107. 102 Vgl. Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Povolzˇ skij Gebiet vom 31. 07. 2003, Nr. A12-9367/02-S48; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Moskauer Gebiet vom 12. 07. 2004, Nr. KG-140/5689-04; Entscheidung des Fo¨deralen Wirtschaftsgerichts im Wolgo-Vjatskij Gebiet vom 14. 05. 2004, Nr. A79-1095/2003-SK2-1226; Entscheidung des Fo¨deralen Wirtschaftsgerichts im Westsibirischen Gebiet vom 08. 06. 2012, Nr. A4515544/2009; Entscheidung des Fo¨deralen Wirtschaftsgerichts im Nordwestlichen Gebiet vom 06. 02. 2013, Nr. A13-1582/2010; Entscheidung des Fo¨deralen Wirtschaftsgerichts vom 03. 02. 2014, Nr. A13-6927/2010; Entscheidung des Fo¨deralen Wirtschaftsgerichts im Fernostlichen Gebiet vom 04. 02. 2014, Nr. A04-5353/2010. 103 Kurbatov, Hozjajstvo i pravo, Nr. 2, 2006, S. 30.

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Handlungen verursacht wurde.104 Dieser Auffassung stehen heute die ausdrücklichen Regelungen der Art. 3 P. 3 russ. AktG und Art. 61.11 P. 1 InsG entgegen, nach denen die Insolvenzfolgen auch durch ein Unterlassen der Aktionäre (Art. 3 P. 3 russ. AktG) und der den Schuldner kontrollierenden Personen (Art. 61.11 P. 1 InsG) zugefügt werden können. Hierdurch wird deutlich, dass auch die Nichterfüllung der Handlungspflichten, eine drohende Insolvenz zu vermeiden, – Anknüpfungspunkt für eine subsidiäre Haftung derjenigen Personen sein kann, die den Schuldner kontrollieren.105 (4) Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der Gesellschafter der juristischen Person und deren Insolvenz Zwischen der Insolvenz der juristischen Person und den Handlungen der Gesellschafter muss ein Kausalzusammenhang bestehen;106 das heißt, dass die Insolvenz der Gesellschaft auf bestimmte Weisungen oder andere Handlungen der Gesellschafter oder anderer Personen, die das Recht haben, der Gesellschaft verbindliche Anweisungen zu erteilen oder die auf andere Weise deren Handlungen bestimmen können, kausal zurückzuführen sein muss. Das russische Zivilrecht kennt im Prinzip keine Kausalitätsvermutung (vgl. Art. 65 des russischen WiPO); die Beweislast für den kausalen Zusammenhang zwischen den Handlungen der Gesellschafter und der Insolvenz obliegt normalerweise dem Gläubiger.107 Diese Beweislastregel vereitelt in den meisten vom Wirtschaftsgericht verhandelten Fällen108 die Auferlegung der subsidiären Haftung. Dem 104 Gemeinsamer Plenarbeschluss des Obersten Gerichts und Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 01. 07. 1996 Nr. 6/8 „Über einige Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von Teil 1 des ZGB“, RIS „ConsultantPlus“. 105 Zustimmend Prus, Subsidiäre Haftung der Gründer (Teilhaber) der kommerziellen Gesellschaft im Fall ihrer Insolvenz, Korporativnyj jurist, Nr. 3, 2006, S. 38. 106 Vgl. Normen der Art. 61.11 P. 1 InsG; Art. 3 P. 3 russ. AktG; Art. 3 P. 3 russ. GmbHG; P. 16 Abs. 1 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 2. 12. 2017 Nr. 53 „Über einige Fragen, die die Heranziehung der den Schuldner kontrollierenden Personen zur Haftung beim Bankrott betreffen“, Rossijskaja Gazeta vom 29. 12. 2017 Nr. 7463 (297); P. 22 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts und Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 01. 07. 1996 Nr. 6/8 „Über einige Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von Teil 1 des ZGB“, RIS „ConsultantPlus“. 107 Bogdanova, S. 81; Prus, Korporativnyj jurist, Nr. 3, 2004, S. 38; Pestrikov, Korporativnyj jurist, Nr. 4, 2009, S. 52. 108 s. bspw. Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Ostsibirischen Gebiet vom 11. 01. 2012 Nr. A69-1276/2009; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Westsibirischen Gebiet vom 26. 01. 2012 Nr. A46-5786/2010; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Ostsibirischen Gebiet vom 12. 07. 2012 Nr. A78-3037/2008; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Ostsibirischen Gebiet vom 05. 04. 2013 Nr. A58-6378/ 2011; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Fernostlichen Gebiet vom 10. 04. 2013 Nr. A24-2657/2011; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Moskauer Gebiet vom 03. 09. 2013 Nr. A40-6665/11-86-3; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Ostsibirischen Gebiet vom 12. 09. 2013 Nr. A58-2032/09; Entscheidung des Föderalen

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Gläubiger ist der Beweis der Kausalität zwischen den Handlungen der Kontrollierenden und der Insolvenz kaum möglich. Dieser Umstand wurde als unbefriedigend empfunden, weil er die Gläubigerinteressen nicht ausreichend schützt und dadurch den Handelsverkehr destabilisiert. Im Zuge der zivilrechtlichen Neuregelungen betreffend juristische Personen wurde daher in Art. 10 P. 4 Abs. 2 InsG a.F. doch eine Beschädigungsvermutung109 aufgenommen, die durch die neue Norm des Art. 61.11 P. 2 InsG erweitert worden ist. Nach dieser Vorschrift wird die Kausalität zwischen Handlungen des Kontrollierenden und der Insolvenz vermutet, wenn Gläubigervermögensrechte durch den Abschluss eines oder mehrerer Rechtsgeschäfte von dieser Person, zugunsten dieser Person oder mit der Zustimmung dieser Person beeinträchtigt werden; wenn Buchhaltungsunterlagen, deren Führungs- und Aufbewahrungspflicht von der Gesetzgebung der Russischen Föderation vorgesehen ist, zum Zeitpunkt der Beschlusserklärung über die Beaufsichtigungseinführung (oder zum Zeitpunkt der Bestellung vorübergehender Führung der finanziellen Organisation) oder der Beschlusserklärung über die Insolvenz des Schuldners fehlen oder keine von Gesetz wegen vorgesehene Information betreffend Vermögensgegenstände enthalten sind oder die angegebene Information so verfälscht ist, dass das weitere Bankrottverfahren sowie die Bildung der Konkursmasse erheblich erschwert werden. Ebenso wird die Kausalität zwischen Handlungen des Kontrollierenden und der Insolvenz vermutet, wenn die primären Verbindlichkeiten dritter Ordnung, die durch Verletzung entstanden sind, für deren Begehung die Gerichtsentscheidung über die Heranziehung des Schuldners oder seiner als Exekutivorgan geltenden Angestellten zur strafrechtlichen, administrativen oder steuerrechtlichen Haftung in Kraft getreten ist, einschließlich die Verbindlichkeiten, die infolge des solchen Verfahrens herausgestellt wurden, 50 % der gesamten in der Insolvenztabelle eingetragenen Verbindlichkeiten dritter Ordnung überschreiten; wenn Unterlagen, deren Aufbewahrung nach der Gesetzgebung der Russischen Föderation über Aktiengesellschaften, über Wertpapiermarkt, über Beteiligungsfonds, über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, über staatliche und kommunale unitarische Unternehmen und nach damit übereinstimmenden normativen Rechtsakten verbindlich ist, zum Zeitpunkt der Beschlusserklärung über die Beaufsichtigungseinführung (oder zum Zeitpunkt der Bestellung vorübergehender Führung der finanziellen Organisation) oder der Beschlusserklärung über die Insolvenz des Schuldners fehlen oder verfälscht sind. Dasselbe gilt, wenn zum Zeitpunkt der Einleitung des Insolvenzverfahrens die vom föderalen Gesetz wegen einzutragenden Angaben ins EGRJuL oder in das Einheitliche Föderale Informationsregister über die Tätigkeit Wirtschaftsgerichts im Westsibirischen Gebiet vom 19. 11. 2013 Nr. A45-8396/2010; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Fernostlichen Gebiet vom 24. 01. 2014 Nr. A73-2753/2013; Entscheidung des 10. Berufungswirtschaftsgerichts vom 14. 02. 2013 Nr. A41-7729/12, RIS „ConsultantPlus“; Mereminskaja, WiRO 2001, 371; Rabensdorf, S. 108. 109 Bakulin/Vopilovskij/Remesova, Über die Heranziehung der den Schuldner kontrollierenden Personen zur subsidiären Haftung, Arbitrazˇ nyj upravljajusˇcˇ ij, Nr. 5, 2013, S. 28; vgl. hinsichtlich der Tendenzwechsel auf die Beschädigungsvermutung Sˇ itkina/Dedov, in: Sˇ itkina, Gesellschaftsrecht, S. 367.

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juristischer Personen in Bezug auf Angaben, deren Eintragungspflicht der juristischen Person obliegt, nicht eingetragen oder unrichtige Angaben über juristische Person eingetragen sind. Diese Regelung verbessert die Beweislage für die Gläubiger dadurch, dass sie nicht mehr das interne Geschehen in der Gesellschaft, sondern nur noch die sie betreffenden Indizien beweisen müssen. Allerdings hat diese Regelung das Problem der Gläubigerbeweislast selbstverständlich nur teilweise gelöst. Liegen die oben genannten Indizien nicht vor, müssen die Insolvenzverwalter oder Gläubiger nach wie vor den Kausalzusammenhang beweisen. (5) Verschulden der Personen, die den Schuldner kontrollieren Eine der wesentlichen Voraussetzungen der subsidiären Haftung ist ein Verschulden seitens desjenigen, der die insolvenzverursachende Handlung vornimmt. Dies ergibt sich heute aus dem Wortlaut der Art. 61.11 P. 1 InsG, Art. 3 P. 3 russ. AktG und Art. 3 P. 3 russ. GmbHG. Die Aufhebung der Grundnorm des Art. 56 P. 3 Abs. 2 ZGB hat der im Schrifttum lebhaft geführten Kontroverse,110 ob ein Verschulden für die subsidiäre Haftung vorzuliegen habe, ein Ende bereitet. Heute bestehen also keine Zweifel mehr, dass es sich bei der subsidiären Haftung um eine reine Verschuldenshaftung handelt. Von einem Verschulden ist auch auszugehen, wenn die Pflicht, Rechte Dritter und das geforderte Maß an Angemessenheit, Sorgfalt und Umsicht zu beachten, nicht erfüllt worden ist.111 Einzelheiten sind hier jedoch sehr unklar. Bemerkenswert ist vor allem eine Divergenz zwischen dem russ. AktG, dem GmbHG und dem InsG. So verlangt Art. 3 P. 3 Abs. 2 russ. AktG für die Auferlegung der subsidiären Haftung für die Verbindlichkeiten der AG „wissentlich[es]“112 Verhalten, d. h., dass die Aktionäre der AG oder die anderen für die subsidiäre Haftung in Betracht kommenden Personen gezielt, also direkt vorsätzlich gehandelt haben müssen. Da es problematisch ist, eine solche Absicht nachzuweisen, besteht die Gefahr, dass die subsidiäre Haftung der Aktionäre de facto leer läuft. Im russ. GmbHG sowie im russischen InsG wird hingegen die Verschuldensanforderung nicht so eng definiert. Aus dem in den Normen festgesetzten Wortlaut „beim Verschulden“ folgt, dass die allgemeine Regelung des Art. 401 ZGB angewendet werden muss, in der ganz generell die Kriterien zur Bestimmung des Verschuldens aufgelistet sind. Danach hat der Gesellschafter oder die andere befugte 110

Gegen eine Verschuldenshaftung Braginskij, in: Braginskij, Kommentar zum 1. Teil des ZGB, 1999, S. 141; Ivanova/Sˇ evcˇ enko, Subsidiäre Haftung, Pravovedenie, Nr. 2, 1998, S. 150; Gromov, Rechtliche Probleme bei der Inanspruchnahme der Organe zur subsidiären Haftung, RIS „ConsultantPlus“. Für ein Verschuldenserfordernis: Molotnikov, in: Sˇ itkina, Gesellschaftsrecht, S. 463; Bogdanova, S. 88 ff.; Bakulin/Vopilovskij/Remesova, Arbitrazˇ nyj upravljajusˇcˇ ij, Nr. 5, 2013, S. 27; Rabensdorf, S. 110, Aukhatov, S. 111 f. 111 Pestrikov, Korporativnyj jurist, Nr. 4, 2009, S. 52 – 53; siehe hierzu auch Braginskij, Kommentar zum Teil 1 des Zivilgesetzbuches der Russischen Föderation, 1995, S. 105; Rubeko, Rechtslage der Verwaltungsorgane einer Aktiengesellschaft, 2007, S. 158, 161. 112 Wörtlich „zavedomo znaja“ = „wohl wissend“.

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Person Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Somit setzt die subsidiäre Haftung hier nur voraus, dass die Gesellschafter und die anderen den Schuldner kontrollierenden Personen durch ihre Handlungen (durch ihr Unterlassen) die Insolvenz vorsätzlich oder fahrlässig verursachen. Allerdings soll das Verschulden der Gesellschafter widerlegbar vermutet werden.113 Zu beachten ist, dass die in Art. 401 P. 3 ZGB vorgesehene verschuldensunabhängige unternehmerische114 Haftung bei solchen Konstellation ausgeschlossen ist. Die subsidiäre Haftung greift mangels Verschuldens nicht ein, wenn die Person beweisen kann, dass sie das Maß an Sorgfalt und Umsicht, das von ihr nach Art der Verpflichtung und den Bedingungen des Verkehrs gefordert wird, eingehalten, also alle Maßnahmen für die ordnungsgemäße Erfüllung der Verpflichtung ergriffen hat (vgl. Art. 53.1 P. 3, 401 P. 2 ZGB, Art. 61.11 P. 10 InsG). Maßstab für die Sorgfalt und Umsicht bei der Pflichterfüllung ist im russischen Zivilrecht ein Vergleich des Verhaltens des Verursachers mit dem eines gutgläubigen Verkehrssubjekts. So werden auch die notwendigen und gleichzeitig ausreichenden Maßnahmen zugunsten einer juristischen Person bestimmt. Dies dient dem präventiven Gläubigerschutz. Verhindert werden soll der Missbrauch des Prinzips der beschränkten Haftung der Teilhaber. (6) Unzulänglichkeit des Vermögens der juristischen Person Aus Art. 61.11 P. 1 InsG folgt, dass die Gesellschafter der juristischen Person erst dann subsidiär mit ihrem Vermögen für die Verbindlichkeiten der juristischen Person haften, wenn bei der juristischen Person eine „Unzulänglichkeit des Vermögens“ besteht und die juristische Person so mit ihrem verbleibenden Vermögen ihre Schulden nicht in vollem Umfang begleichen kann. Die Verbindlichkeiten müssen zuerst gegen die juristische Person geltend gemacht werden. Eine Unmöglichkeit der Tilgung von Verbindlichkeiten in vollem Umfang i.S.v. Art. 61.11 P. 1 InsG bzw. eine Unzulänglichkeit des Vermögens liegt vor, wenn die Geldverbindlichkeiten und Pflichtzahlungen die Aktiva der juristischen Person übersteigen. Ob das Vermögen der juristischen Person für die Erfüllung aller Verbindlichkeiten ausreicht, wird im Laufe des Insolvenzverfahrens festgestellt. Wird die Unzulänglichkeit des Vermögens vom Wirtschaftsgericht festgestellt, kann die subsidiäre Haftung bestimmten Personen gerichtlich auferlegt werden. Die Gesellschafter und die anderen Personen, die den Schuldner kontrollieren, haften subsidiär allerdings nur in dem Umfang, in dem das Vermögen der juristischen Person nicht ausreicht. Fehlt jegliches Vermögen, haften die obengenannten Personen in vollem Umfang für die Verbindlichkeiten der juristischen Person. 113

Mereminskaja, S. 162. Nach Art. 401 P. 3 ZGB haftet ein Unternehmer für die Nichterfüllung oder ungehörige Erfüllung der Verbindlichkeiten, es sei denn, dass er nachweist, dass gehörige Erfüllung infolge höherer Gewalt unmöglich geworden ist. 114

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bb) Anwendungsprobleme der subsidiären Insolvenzverursachungshaftung Sind die Voraussetzungen des Art. 61.11 P. 1 InsG, Art. 3 P. 3 russ. AktG, Art. 3 P. 3 russ. GmbHG erfüllt, greift die subsidiäre Haftung der den Schuldner kontrollierenden Person für die Schulden der Gesellschaft ein. Es handelt sich um eine reine Innenhaftung. Dies wird daraus ersichtlich, dass die beigetriebene Summe in die Konkursmasse fließt, aus der die Gläubiger befriedigt werden. Die von der kontrollierenden Person beizutreibende Summe ist die Differenz zwischen den Gläubigerforderungen und der Konkursmasse. Fehlt es an Konkursmasse, ist die Summe in vollem Umfang zu begleichen. Die subsidiäre Haftung der den Schuldner kontrollierenden Person stellt eine Ausnahme des Grundsatzes dar, nach dem juristische Personen selbstständig für ihre Verbindlichkeiten haften. Es handelt sich um eigene Haftungsgründe, die sich von der Haftung des Schuldners gegenüber Dritten unterscheiden. Eine den Schuldner kontrollierende Person haftet aufgrund ihrer Handlungen, die zur Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geführt haben.115 Haftungsbegründend ist also ihr Verhalten und nicht die unerfüllte Verbindlichkeit zwischen Schuldner und Gläubiger. Aus dem Wortlaut des Art. 61.11 P. 2 InsG ergibt sich zumindest mittelbar, dass hier eine Haftung vorliegt, die zur deliktrechtlichen Haftung im weiteren Sinne zählt und auf die auch die Grundregel des Art. 1064 ZGB anwendbar ist.116 Die Forderungen der juristischen Person gegenüber dem schädigenden Altgesellschafter stellen dann gemäß der deliktischen Generalklausel des Art. 1064 ZGB Aktiva der juristischen Person dar. Diese Forderungen werden Teil der Konkursmasse, wenn ein Konkursverfahren eingeleitet wird,117 es sei denn, dass das Insolvenzverfahren mangels der für die Durchführung des Insolvenzverfahrens erforderlichen Geldmittel eingestellt oder der Antrag eines berechtigten Organs über die Insolvenzerklärung abgewiesen ist. In diesem Fall haften Gesellschafter nach Art. 61.11 P. 12 InsG subsidiär vor Gläubigern in Umfang vom unzulänglichen Vermögen. Da die Summe dieser Forderungen meist nicht genau bestimmbar ist, muss sie vom Insolvenzverwalter im Konkursverfahren dem Ermessen des Gerichts überlassen werden. Das Gericht wägt alle Umstände gegeneinander ab und legt fest, 115 s. auch P. 16 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 2. 12. 2017 Nr. 53 „Über einige Fragen, die die Heranziehung der den Schuldner kontrollierenden Personen zur Haftung beim Bankrott betreffen“, Rossijskaja Gazeta vom 29. 12. 2017 Nr. 7463 (297); P. 22 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts und Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 01. 07. 1996 Nr. 6/8 „Über einige Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung des Teil 1 des ZGB“, RIS „ConsultantPlus“; Egorov/ Usacˇ eva, Vestnik Vyssˇego arbitrazˇ nogo suda Rossijskoj Federacii, 2013, Nr. 12, S. 46. 116 Egorov/Esacˇ eva, Vestnik Vyssˇego arbitrazˇ nogo suda Rossijskoj Federacii, 2013, Nr. 12, S. 34 ff.; ders., Doktrin „piercing the corporate veil“ als ein Instrument der Risikoaufteilung zwischen Teilhaber der Gesellschaft und anderen Verkehrssubjekten, Vestnik grazˇ danskogo prava, 2014, Nr. 1, RIS „ConsultantPlus“. 117 Egorov/Esacˇ eva, Vestnik Vyssˇego arbitrazˇ nogo suda Rossijskoj Federacii, 2013, Nr. 12, S. 38 – 39.

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ob und in welchem Umfang die subsidiäre Haftung der Person auferlegt werden kann, die den Schuldner kontrolliert. Die Haftungshöhe der den Schuldner kontrollierenden Person wird verringert, wenn er beweist, dass die Summe der von ihm verursachten Schäden maßgeblich geringer ist als die Summe der zu begleichenden Forderungen. Diese Tatsache deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber die neu ausgearbeitete subsidiäre Haftung der Deliktshaftung doch nicht völlig gleichstellen wollte. Die subsidiäre Haftung der Kontrollierenden stellt im russischen Recht also einen besonderen Typ der Haftung118 dar, der die traditionelle Deliktshaftung ergänzt. Aus den dargestellten Besonderheiten der subsidiären Haftung wird deutlich, dass die subsidiäre Haftung nach Art. 61.11 P. 1 InsG, Art. 3 P. 3 russ. GmbHG, Art. 3 P. 3 russ. AktG sehr viel weiter reicht als die analoge deutsche Existenzvernichtungshaftung. Die russische subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung weitet den Kreis der Anspruchsgegner aus und beschränkt sie überdies nicht auf existenzvernichtende Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen. Andererseits ist die subsidiäre Haftung nach russischem Recht im Vergleich zur deutschen Durchgriffs- und Existenzvernichtungshaftung doch wiederum nur ein relativ schwaches Rechtsinstitut.119 Eine Heranziehung der den Schuldner kontrollierenden Personen im Wege der Durchgriffshaftung scheitert nämlich in der Praxis zumeist an Nachweisproblemen. So ist insbesondere der Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der den Schuldner kontrollierenden Personen und der Schadensherbeiführung nur schwer nachweisbar. Eine Vermutungshaftung greift – wie dargelegt – nur im Ausnahmefall120 ein. Im Ergebnis zeigt jedenfalls die russische Praxis, dass die Regeln der subsidiären Haftung nicht der Funktion des effizienten Gläubigerschutzes gerecht werden. Hierdurch wird es Gesellschaftern und anderen Personen, die die Möglichkeit haben, die Handlungen der juristischen Person zu bestimmen, nach wie vor ermöglicht, unternehmerische Risiken auf die Gläubiger abzuwälzen und ihre Verantwortung für die Schadensherbeiführung zu leugnen.

118 Darauf wird im Beschluss des Präsidiums des Föderalen Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 06. 11. 21012 Nr. 9127/12 hingewiesen; bestätigt durch die Entscheidung des 9. Berufungswirtschaftsgerichts vom 22. 09. 2013 Nr. 091@-22678/2013. 119 Sapiga, Subsidiäre Haftung und Anfechtung von Rechtsgeschäften. Über die Änderungen in der Gesetzgebung betreffend Bankrott, Finansovaja gazeta, 2017, Nr. 1, S. 7; Egorov/ Esacˇ eva, Vestnik Vyssˇego arbitrazˇ nogo suda Rossijskoj Federacii, 2013, Nr. 12, S. 34 ff.; ders., Vestnik grazˇ danskogo prava, 2014, Nr. 1, RIS „ConsultantPlus“; Bykanov, Piercing the corporate veil nach dem Recht der USA, der Niderlande und Russlands, Zakon, 2014, Nr. 7, S. 80; Spirina, Piercing the corporate veil durch die Auferlegung der subsidiären Haftung im Rahmen des Insolvenzverfahrens, Vestnik Permskogo Universiteta. Juridicˇ eskie nauki, 2014, Nr. 1, S. 215. 120 s.o. Teil 2, A.II.1.b)aa)(4).

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c) Subsidiäre Haftung der Gesellschafter wegen Vermögensvermischung Im Gegensatz zur deutschen Rechtsordnung kennt das russische Recht keine ausdrückliche Haftung des Gesellschafters wegen Vermögensvermischung. Eine Haftung kann daher nicht wie im deutschen Recht im Wege eines allgemeinen Durchgriffsgedankens begründet werden und ist dementsprechend weder in der zivilrechtlichen Rechtsprechung noch im Schrifttum erwogen worden.121 Wie gerade dargelegt, existiert im russischen Recht eine subsidiäre Haftung für die Herbeiführung der Insolvenz durch schuldhafte Handlungen (schuldhaftes Unterlassen) des Gesellschafters; die insolvenzverursachenden Gründe sind hierbei nicht relevant. Insofern kann die Vermögensvermischung als ein Unterfall der generellen Haftung eingestuft werden, wenn die unkontrollierbare Vermögensvermischung die Insolvenz der juristischen Person verursacht hat. Der in Art. 61.11 P. 2 Nr. 2 InsG statuierte Fall der Verfälschung der Gesellschaftsvermögensinformation dürfte diesen Fall der Vermögensvermischung mit umfassen. Das Gesetz spricht jedoch nicht ausdrücklich von Vermögensvermischung. d) Subsidiäre Haftung bei einer Insolvenzverschleppung Das Ziel der subsidiären Haftung nach russischem Recht, im Falle nicht erfüllter Forderungen des Hauptschuldners eine andere Person zur Verantwortung zu ziehen, wird auch in der Insolvenzverschleppungshaftung deutlich. Die subsidiäre Insolvenzverschleppungshaftung von Personen, die nach dem Gesetz verpflichtet sind, die Entscheidung bezüglich der Insolvenzantragstellung zu treffen, ist in Art. 61.12 P. 1 InsG vorgesehen (subsidiäre Haftung für Nichtstellung (nicht rechtzeitige Stellung) des Insolvenzantrags). Wird demnach kein Insolvenzantrag gem. Art. 9 InsG in der vom Gesetz festgestellten Frist gestellt, zieht dies die subsidiäre Haftung für die nach dem Fristablauf entstandenen Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber dem Geschäftsführer nach sich, der nach Art. 9 P. 1 InsG eine zur Antragstellung verpflichtete Person ist. Hauptschuldner bleibt also die juristische Person und der Geschäftsführer tritt nur dann als weiterer Schuldner hinzu, wenn nach dem Ablauf der Antragstellungspflicht bei der juristischen Person neue Verbindlichkeiten entstanden sind und das Vermögen der juristischen Person für ihre Begleichung nicht ausreicht. An dieser Stelle ist es angebracht, nochmals im Zusammenhang auf die Schutznormen des russischen InsG einzugehen, die dazu dienen, den Gläubigern einer juristischen Person Schutz vor Verletzung ihrer Rechte oder Interessen zu gewähren. Eine solche Norm stellt Art. 9 InsG dar, der die Insolvenzantragspflicht regelt. Nach Art. 9 P. 2 InsG ist der Geschäftsführer des Schuldners verpflichtet, in möglichst kurzer Zeit, spätestens aber einen Monat nach Eintritt der jeweiligen Umstände, den Insolvenzantrag zu stellen. Nach Art. 9 P. 1 InsG lösen folgende 121

s. Rabensdorf, S. 114.

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Umstände die Antragspflicht aus: Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens zur Begleichung sämtlicher Forderungen; Vollstreckung gegen das wesentliche Vermögen der juristischen Person, die die weitere gewerbliche Tätigkeit erschwert oder unmöglich macht; Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft; mehr als drei Monate ausstehende Verbindlichkeiten in der Abfindungs- und Lohnzahlung. Sind die Merkmale der Zahlungsunfähigkeit und/oder Unzulänglichkeit des Vermögens beim Liquidationsverfahren erfüllt, muss die Liquidationskommission nach Art. 9 P. 3 InsG auch im Laufe von 10 Tagen nach Feststellung eines der Merkmale beim Wirtschaftsgericht die Insolvenz beantragen. Hierdurch hat der Gesetzgeber in der Bezugsnorm lediglich zwei Adressaten der Insolvenzantragspflicht – Geschäftsführer und Mitglieder der Liquidationskommission – definiert. Nach Art. 61.12 P. 1 InsG ist Subjekt der subsidiären Haftung derjenige, der nach dem InsG verpflichtet ist, die Versammlung für Beschlussfassung über die Antragstellung zum Wirtschaftsgericht einzuberufen und (oder) eine solche Entscheidung hinsichtlich der Insolvenzantragstellung zu treffen und (oder) solch einen Antrag beim Wirtschaftsgericht zu stellen. Aus dem Wortlaut der Rechtsnorm folgt demnach, dass der Kreis der Verantwortlichen weit ist und Gesellschafter sowie Eigentümer des Gesellschaftsvermögens zur Verantwortung gezogen werden können. Davon geht die Rechtsprechung122 auch bei Heranziehung der Gesellschafter (Gründer) der juristischen Person als Anspruchsgegner neben dem Geschäftsführer aus. Diese Auffassung vergrößert aber den in der Bezugsnorm festgelegten Subjektkreis und ist daher nicht zu akzeptieren. Da die Gesellschafter allerdings auf die Handlungen der juristischen Person, bzw. auf Handlungen des Geschäftsführers einwirken können, ist hier der Auslegung zuzustimmen, nach der ein Gesellschafter solange nicht Anspruchsgegner i.S.v. Art. 61.12 P. 1 InsG sein kann, bis seine dem Schuldner gegenüber verbindlichen Anweisungen hinsichtlich des Unterlassens bei der Antragstellung bewiesen worden sind.123 Zu den gleichgearteten Schlussfolgerungen kommt auch der Plenar des Obersten Gerichts,124 nach dem eine Person, die nicht als Geschäftsführer, Liquidator, Mitglied der Liquidationskommission gilt, i.S.v. Art. 9 P. 3.1, 61.10 P. 1, 61.12 P. 1 InsG nur beim Vorliegen der bestimmten Umstände zur subsidiären Haftung für Nichtstellung (nicht rechtzeitige Stellung) des Insolvenzantrags herangezogen werden kann. Nach P. 13 Abs. 3 – 6 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts vom 2. 12. 2017 Nr. 53 ist eine solche Person lediglich dann Subjekt der subsidiären Haftung, wenn sie eine Person ist, die den Schuldner kontrolliert (i.S.v. Art. 61.10 P. 1 InsG), und wenn sie den Zustand des Schuldners, bei dem eigentlich die Geschäftsführer sowie die Mitglieder der Liquidationskommis122 So z. B. Entscheidung des 10. Berufungswirtschaftsgerichts vom 16. 02. 2015 Nr. A4113320/13, RIS „ConsultantPlus“. 123 Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Ural Gebiet vom 28. 08. 2013 Nr. F09-8147/13, RIS „ConsultantPlus“. 124 P. 13 Abs. 2 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 2. 12. 2017 Nr. 53 „Über einige Fragen, die die Heranziehung der den Schuldner kontrollierenden Personen zur Haftung beim Bankrott betreffen“, Rossijskaja Gazeta vom 29. 12. 2017 Nr. 7463 (297).

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sion den Insolvenzantrag zu stellen haben, sowie die Verletzung dieser Pflicht nicht kennen kann und wenn diese Person berechtigt ist, die Versammlung des für die Beschlussfassung über Liquidation zuständigen Kollegialorgans einzuberufen oder einen entsprechenden Beschluss zu fassen, und wenn sie letzteres gerade nicht getan hat. Die in Art. 9 InsG aufgelisteten Umstände, die die Insolvenzantragspflicht nach sich ziehen, sind äußere Indizienmerkmale der möglichen Zahlungsunfähigkeit. So wird ein und dasselbe Merkmal in der Rechtsprechung ganz unterschiedlich qualifiziert. Im Fall der Heranziehung des Geschäftsführers zur subsidiären Haftung wird die Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens beispielsweise vom Gericht nicht als ein die Antragstellungspflicht auslösendes Merkmal anerkannt,125 im anderen Fall wird das Bestehen dieses Merkmals vom Gericht als ein Umstand, der den Schuldner berechtigt, beim Wirtschaftsgericht die Insolvenz zu beantragen, gewertet.126 Unter solchen Konstellationen wird es für den Geschäftsführer eines Schuldners enorm kompliziert, den Zeitpunkt des Eintritts der Beantragungspflicht festzustellen und dementsprechend ist es auch für die zur Klage berechtigten Personen schwierig, die Entstehung eines Umstandes des Art. 9 P. 1 InsG und eine fehlende Antragstellung in der vom Gesetz bestimmten Frist zu beweisen.127 Neben dem objektiven Tatbestand des Art. 9 InsG setzt die subsidiäre Haftung wegen einer Insolvenzverschleppung auch den Kausalzusammenhang zwischen dem Unterlassen der Antragstellung und der Unmöglichkeit der Forderungsbegleichung128 sowie das Verschulden des Geschäftsführers voraus. In der Praxis führen solche Tatbestandvoraussetzungen, wie auch bei der subsidiären Insolvenzverursachungshaftung, zu Anwendungsproblemen. Erstens besteht die Schwierigkeit, den Kausalzusammenhang zwischen dem fehlenden Insolvenzantrag und der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu beweisen, zweitens wird die Auferlegung der subsidiären Haftung durch den Beweis des Verschuldens der in Anspruch genommenen Personen erschwert.129 Im Großteil der Fälle gelingt es den Klägern deshalb nicht, alle erforderlichen Umstände zu beweisen und die Geschäftsführer zu überführen. So hat z. B. das Berufungswirtschaftsgericht130 im Jahre 2015 in einer Verhandlung zur Heranziehung des Altgeschäftsführers einer GmbH und der Gesell125 Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Nordwestlichen Gebiet vom 07. 02. 2012 Nr. A52-242/2010, RIS „ConsultantPlus“. 126 Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Povolzˇ skij Gebiet vom 02. 03. 2010 Nr. A72-8294/2009, RIS „ConsultantPlus“. 127 Auch so Rykov, Auferlegung der subsidiären Haftung, Arbitrazˇ nyj upravljausˇcˇ ij, 2013, Nr. 6, S. 36; Spirina, Vestnik Permskogo Universiteta. Juridicˇ eskie nauki, 2014, Nr. 1, S. 213. 128 Entscheidung des 4. Berufungswirtschaftsgerichts vom 29. 08. 2013 Nr. A78-6795/ 2012, RIS „ConsultantPlus“. 129 Bspw. Entscheidung der Föderalen Wirtschaftsgerichts im Moskauer Gebiet vom 4. 03. 2015 Nr. A40-4777/13, RIS „ConsultantPlus“. 130 Entscheidung des 10. Berufungswirtschaftsgerichts vom 16. 02. 2015 Nr. A41-13320/ 13, RIS „ConsultantPlus“.

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schafter zur subsidiären Haftung wegen Insolvenzverschleppung den Schlussfolgerungen des erstinstanzlichen Wirtschaftsgerichts zugestimmt, dass im Gerichtsverfahren vom Insolvenzverwalter keine ausreichenden Nachweise für die Auferlegung der subsidiären Haftung erbracht worden seien, sodass die Berufung zurückgewiesen werden müsse. Ähnliche Stellungsnahmen finden sich in der Rechtsprechung der Wirtschaftsgerichte in anderen föderalen Gebieten und in anderen Instanzen.131 Die subsidiäre Insolvenzverschleppungshaftung wird häufig in Zusammenhang mit der subsidiären Insolvenzverursachungshaftung angewendet. Aufgrund der Schwierigkeiten beim Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen Handeln der Verantwortlichen und der Unmöglichkeit der Forderungsbegleichung wird im für den Gläubiger besten Fall eine von beiden subsidiären Haftungsgrundlagen herangezogen.132 Angesichts der vielen Unklarheiten und Schwierigkeiten bei der Anwendung der verschiedenen Haftungsnormen lässt sich aber insgesamt nicht leugnen, dass der Schutz der Gläubiger einer Gesellschaft durch die subsidiäre Haftung auf Grund einer Insolvenzverschleppung in Russland doch noch höchst unzulänglich ist. 2. Die subsidiäre Haftung im Falle der „alternativen Liquidation“ der GmbH a) Subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung Auf den ersten Blick erscheint es sachgerecht, Gesellschafter oder Geschäftsführer einer GmbH, die gleichzeitig Gesellschafter sind, in Haftung zu nehmen, wenn sie unter dem Deckmantel der juristischen Person letztlich nur in eigenem Interesse gehandelt und dadurch die Insolvenz der Gesellschaft herbeigeführt haben. Die Handlungen, durch die die Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, können ganz unterschiedlich sein – Beschluss über die Kapitalerhöhung oder -herabsetzung, Abschluss oder Verweigerung des Abschlusses wichtiger Verträge usw. Von insolvenzverursachenden Handlungen kann sogar schon dann die Rede sein, wenn der Schuldner im Moment der Kontaktaufnahme zwischen dem Altgesellschafter und dem Bestatter noch nicht insolvent ist, da die Insolvenz üblicherweise erst durch weitere, vom Bestatter vorgeschlagene Handlungen verursacht wird. Die Durchführung der Reorganisation oder Kooperation133 sowie der Entzug des gesamten Gesellschaftsvermögens zugunsten des Altgesellschafters mit der Absicht, es bei einem neu gegründeten Unternehmen weiter auszunutzen, sind klassische Vorbilder der bei einer „alternativen Liquidation“ durchgeführten Maßnahmen, die oft die 131 Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Moskauer Gebiet vom 12. 09. 2013 Nr. A40-121853/2009; Entscheidung des Föderalen Wirtschaftsgerichts in Westsibirischen Gebiet vom 29. 01. 2014 Nr. A45-22106/2012, RIS „ConsultantPlus“. 132 Bspw. Entscheidung des 9. Berufungswirtschaftsgerichts vom 07. 09. 2015 Nr. 09AP32189/2015, RIS „ConsultantPlus“. 133 Entscheidung des Obersten Wirtschaftsgerichts im Ural Gebiet vom 21. 03. 2003 Nr. F09-708/06-K4, RIS „ConsultantPlus“.

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Vermögenslosigkeit und Zahlungsunfähigkeit der zu bestattenden Gesellschaft zur Folge haben. Somit ist es zu bejahen, dass das Abziehen des vollständigen Kapitals aus der Gesellschaft, das typischerweise nach den Anweisungen der Bestatter oder Altgesellschafter vorgenommen wird, und die damit kausal verbundene Insolvenz die subsidiäre Haftung auslösen. Leider führt diese, theoretisch kaum Schwierigkeiten aufwerfende Lösung in der Praxis selten zu durchsetzbaren Ansprüchen. Die Wirtschaftsgerichte stellen sich nämlich vielfach auf den Standpunkt, dass nicht der Entzug des Gesellschaftsvermögens, sondern die zuvor entstandenen finanziellen Schwierigkeiten die Insolvenz ausgelöst hätten.134 Demzufolge sei der das Vermögen entziehende Teilhaber nicht für die Insolvenz verantwortlich und könne dementsprechend auch nicht im Rahmen der subsidiären Haftung zur Verantwortung gezogen werden.135 Ferner scheitert eine subsidiäre Haftung häufig an der gesetzlichen statuierten Pflicht, den Kausalzusammenhang zwischen dem Handeln der Gesellschafter oder Geschäftsführer der GmbH und der Insolvenz zu beweisen. Diese Beweispflicht hinsichtlich der Insolvenzverursachung seitens des Altgesellschafters stellt im Falle der „alternativen Liquidation“ für den Insolvenzverwalter oder den Gläubiger häufig eine unüberwindbare Hürde dar. Würde bei der Insolvenzverursachungshaftung auf den Nachweis der Kausalität verzichtet, könnten die Gläubigerinteressen ein höheres Schutzniveau erhalten. Bei der deutschen Ausfallhaftung handelt es sich hingegen um eine Haftung für die Überschreitung von Verhaltensstandards. Wird auf den Verhaltensstandard der Kaufleute abgestellt, ist jede Maßnahme im Rahmen der „alternativen Liquidation“ 134 Egorov, Kommentar zum Beschluss des Präsidiums des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 18. 11. 2008 Nr. 10984/08, Rechtspositionen des Präsidiums des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation: ausgewählte Beschlüsse für 2008 mit Kommentar, RIS „ConsultantPlus“. 135 Vgl. Entscheidung des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 10. 12. 2012 Nr. VAS-16349/12; Entscheidung des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 19. 04. 2013 Nr. VAS-5058/13; Entscheidung des Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 22. 07. 2013 Nr.VAS-9147/13, Entscheidung des Wirtschaftsgerichts im Moskauer Gebiet vom 30. 04. 2015 Nr. A40-37849/2012, RIS „ConsultantPlus“. Vgl. Entscheidungen des Wirtschaftsgerichts der ersten Instanz im Povolzˇ skij Gebiet, des Berufungswirtschaftsgerichts und Kassationswirtschaftsgerichts im Sachverhalt Nr. A72-19103/2009, nach denen ursprünglich die Auferlegung der subsidiären Haftung nach Art. 10 P. 4 InsG a.F. des Altgeschäftsführers abgewiesen worden ist. Mit seiner Entscheidung hat das Kassationswirtschaftsgericht den Streit zur neuen Verhandlung an das Wirtschaftsgericht der ersten Instanz verwiesen, weil die insolvenzverursachenden Handlungen des Altgeschäftsführers nicht ordnungsgemäß eingeschätzt wurden. Das Wirtschaftsgericht der ersten Instanz kam in seiner Entscheidung zu dem Schluss, dass die Handlungen des Altgeschäftsführers auf die Abwicklung der Gesellschaft gerichtet waren und demzufolge haftungsbegründend sind. Durch die Entscheidung des Berufungswirtschaftsgerichts wurde die Heranziehung des Altgeschäftsführers zur subsidiären Haftung wieder abgewiesen. Das Kassationswirtschaftsgericht ist bei der Abweisung der Entscheidung des Berufungswirtschaftsgerichts und der Auferlegung der subsidiären Haftung des Altgeschäftsführers davon ausgegangen, dass das Berufungswirtschaftsgericht keine rechtlichen Gründe zur Einschätzung hatte.

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eine haftungsbegründende Kompetenzüberschreitung. Im russischen Recht gibt es jedoch keinen Existenzschutz und die Altgesellschafter können demzufolge jederzeit ihre Gesellschaft nach den gesetzlichen Regeln auflösen, reorganisieren und liquidieren. Erst wenn sie durch ihre Handlungen die Gesellschaft in die Insolvenz treiben, kommt die subsidiäre Haftung in Betracht. Die subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung ist aber eben keine richtige Ausfallhaftung, sondern ein besonderer Fall der subsidiären Haftung, zu deren wesentlichen Voraussetzungen eine insolvenzverursachende Handlung und ihre Kausalität gehören. Demgemäß können die den Schuldner kontrollierenden Personen, Altgesellschafter oder Geschäftsführer wegen der Herbeiführung der Insolvenz der GmbH nur dann zur Verantwortung gezogen werden, wenn auch die Kausalität zwischen ihren Handlungen und der Insolvenz nachgewiesen wird. Zwar wird im Schrifttum teilweise hervorgehoben, dass die subsidiäre Haftung nach Art. 10 P. 4 InsG a.F. und nun nach Art. 61.11 InsG auch im Kampf gegen die „alternative Liquidation“ mittels „eintägiges Scheinunternehmen“ Wirkung zeige136 – insbesondere sofern die einschlägigen Handlungen noch nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des absichtlichen Bankrotts (Art. 196 des StGB RF) erfüllten137 –, das kann jedoch angesichts der vielfältigen Fallstricke des subsidiären Haftungsrechts nicht überzeugen. Nach dem Inkrafttreten der neuen Normen des Kapitels III.2 InsG wird ein effektiver Zivilrechtsschutz also auch in Zukunft kaum erreichbar sein. Somit sollte ein weiterer verstärkter Gläubigerschutz in die Gesetzgebung Eingang finden. b) Subsidiäre Insolvenzverschleppungshaftung Auch eine subsidiäre Insolvenzverschleppungshaftung kommt bei einer „alternativen Liquidation“ der GmbH in Betracht. Wird eine Gesellschaft durch die Vermittlung der Bestatter abgewickelt, planen die Beteiligten zuletzt die Insolvenzantragstellung. Das Verfahren der „Liquidation“ in den betroffenen Fällen wird meistens nach dem Wechsel der Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH als abgeschlossen betrachtet. Es werden keinerlei Handlungen durchgeführt, um die Konkursmassen zu erhalten und verbleibende Gläubiger zu befriedigen. Ursprünglicher Adressat der Insolvenzantragspflicht ist gem. Art. 9 P. 1 InsG der Geschäftsführer der juristischen Person. Daneben trifft auch den Gesellschafter die Insolvenzantragspflicht, sofern er gegenüber der juristischen Person verbindliche Anweisungen getroffen hat, die Antragstellung zu unterlassen. In Bestattungsfällen stellen die Altgeschäftsführer trotz Eintritts der Voraussetzungen des Art. 9 P. 1 InsG keinen Insolvenzantrag, vielmehr legen sie das Amt nieder und werden von den Gesellschaftern abberufen. Mit diesem „Trick“ soll die Haftung für die Verletzung 136

Vgl. Rykov, Arbitrazˇ nyj upravljausˇcˇ ij, 2013, Nr. 6, S. 40. Speranskij, Bekämpfung mit rechtswidrigen Finanztransaktionen: alle und alles sind unter Kontrolle, Buhgalterija i banki, 2013, Nr. 10, S. 49. 137

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der Antragspflicht vermieden werden. Die Beteiligten wollen erreichen, dass nur der (häufig vermögenslose) Neugeschäftsführer nach seiner Bestellung die Abwicklung der Gesellschaft fortführt und allein verantwortlich ist.138 Dieses Ziel kann jedoch nicht erreicht werden. Für die Pflichtverletzung bleibt – wie bereits oben dargelegt – derjenige verantwortlich, der die Gesellschaft im Zeitpunkt der Pflichtverletzung leitet. Zur Veranschaulichung sei ausführlich ein Fall aus der Praxis dargestellt. Es handelt sich um eine Entscheidung des 9. Berufungswirtschaftsgerichts aus dem Jahre 2015,139 die zeigt, wie schwer sich die Gerichte mit der subsidiären Haftung tun und welch langer Instanzenzug erforderlich sein kann, um für die Gläubiger eine insoweit günstige Entscheidung zu bekommen. Durch Beschluss des Wirtschaftsgerichts der Stadt Moskau vom 24. 12. 2012 wurde die geschlossene AG140 „Casa International Service“ für zahlungsunfähig erklärt. Der vom Wirtschaftsgericht eingesetzte Insolvenzverwalter verklagte im Rahmen des Konkursverfahrens die die Schuldnerin (also die „Casa International Service“) kontrollierenden Personen (Art. 10 P. 1 ff. InsG) R.A. Gamov, V.O. Sokolov und T.A. Kano wegen Insolvenzverschleppung. Das zuständige Wirtschaftsgericht der Stadt Moskau stellte in seiner daraufhin ergehenden Entscheidung vom 30. 12. 2014 folgenden Sachverhalt fest: Zunächst war im Zeitraum vom 14. 03. 1995 bis 01. 09. 2006 (20. 10. 2006 – Eintragungsdatum ins EGRJuL) Herr Gamov der Geschäftsführer der „Casa International Service“. Gleichzeitig war er zu 10 % Anteilseigner der „Casa International Service“. Am 23. 10. 2006, also nachdem er bereits seine Geschäftsführungseigenschaft aufgegeben hatte, hat Herr Gamov seinen 10 % -igen Geschäftsanteil an der „Casa International Service“ an eine „Casa International Limited“ (mit dem Sitz in Großbritannien), vertreten durch Herrn Sokolov, verkauft. Nunmehr wurde bei der „Casa International Service“ (also der Schuldnerin) Herr Sokolov als neuer Geschäftsführer eingestellt. Als solcher fungierte er vom 01. 10. 2006 bis 01. 01. 2009. Danach wurde Frau Kano am 01. 01. 2009 bis zur gerichtlichen Insolvenzerklärung am 24. 12. 2012 als Geschäftsführerin der „Casa International Service“ bestellt. Im Jahr 2005, also während der Zeit des Geschäftsführers Gamov, schloss die „Casa International Service“, vertreten durch Herrn Gamov, einen Werkvertrag über von ihr zu erbringende Bauarbeiten ab. Im Rahmen dieses Werkvertrags erfolgte eine Vorschusszahlung in Höhe von 9 187 805, 45 US-Dollar vom Vertragspartner an die Schuldnerin („Casa International Service“). Am 13. 10. 2006 teilte die Schuldnerin dem Vertragspartner mit, dass sie den Vertrag nicht erfüllen könne. Die Vor138

Vgl. Igumnov, Konsultant, 2010, Nr. 21, S. 52. Beschluss des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Moskauer Gebiet vom 08. 07. 2015 in Sachen Nr. A40-20920/12; Beschluss des 9. Berufungswirtschaftsgerichts vom 07. 09. 2015 Nr. 09AP-32189/2015, RIS „ConsultantPlus“. 140 Wörtlich „Zakrytoe akcionernoe obsˇcˇ estvo“ = „geschlossene Aktiengesellschaft“. Im weiteren Verlauf mit geschl. AG abgekürzt. 139

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schusszahlung wurde jedoch nicht erstattet. Auf Grund der Nichterfüllung des Werkvertrags erhob der Vertragspartner vor dem Wirtschaftsgericht der Stadt Moskau gegen die „Casa International Service“ eine Klage auf Rückzahlung des vorgeleisteten Betrages. Durch den Beschluss des Wirtschaftsgerichts der Stadt Moskau vom 26. 11. 2010 wurde entschieden, dass die Schuldnerin ungerechtfertigt bereichert ist und dass sie die Summe der ungerechtfertigten Bereicherung erstatten muss. Diese Erstattung fand jedoch nicht statt. Diese Forderung des Vertragspartners gegen die „Casa International Service“ ist also während der Geschäftsführung von Herrn Gamov entstanden und während der Geschäftsführung von Herrn Sokolov und Frau Kano bestehen geblieben. Zudem wurden bereits nach der Amtsniederlegung von Herrn Gamov am 01. 09. 2006, und zwar genau am 23. 10. 2006, durch die Steuerbehörde von Moskau die vor Oktober 2006 entstandenen Forderungen der Steuerbehörde in Höhe von 116 989 991, 90 Rubel mittels eines Steuerbescheids geltend gemacht. Diese Verbindlichkeit (also die Steuerschuld) konnte die „Casa International Service“ mehr als drei Monate nach ihrer Fälligkeit nicht erfüllen. Demzufolge wies die Schuldnerin bereits im Oktober 2006 Merkmale der Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit) und der Unzulänglichkeit des Vermögens i.S.v. Art. 3 P. 2 InsG (Überschuldung) auf. Herr Gamov hatte aber kurz vor der Geltendmachung der Forderungen sein Amt niedergelegt, statt die Sanierungsmaßnahmen durchzuführen und die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners beim Wirtschaftsgericht zu beantragen. Mit den neuen Geschäftsführern führte die „Casa International Service“ ihre wirtschaftliche Tätigkeit fort. Die Antragstellungspflicht wurde somit von keinem Geschäftsführer erfüllt. Nach Ansicht des Wirtschaftsgerichts der Stadt Moskau treffen die die Schuldnerin kontrollierenden Personen R.A. Gamov, V.O. Sokolov und T.A. Kano gem. Art. 10 P. 2 InsG i.V.m. Art. 9 P. 2, 3 InsG eine gemeinschaftliche Haftung für beide Forderungen (ungerechtfertigte Bereicherung, Steuer). Gegen die Entscheidung des Wirtschaftsgerichts Moskau vom 30. 12. 2014, in der der bisher geschilderte Sachverhalt dargestellt worden ist, legten Herr Gamov und Herr Sokolov Berufung ein. Das 9. Berufungswirtschaftsgericht hob in seinem Beschluss vom 30. 04. 2015 gem. Art. 270 P. 4 Nr. 2 WiPO die Entscheidung des Wirtschaftsgerichts der Stadt Moskau vom 30. 12. 2014 auf und nahm den Streit zur Verhandlung als erste Instanz an, weil die Verklagten Herren Gamov und Sokolov nicht ordnungsgemäß über den Prozessverlauf in Kenntnis gesetzt worden waren und die Entscheidung ohne ihre Anwesenheit getroffen wurde. In der erneuten Verhandlung wurde ermittelt, dass Frau Kano zwar als nominelle Geschäftsführerin eingesetzt war, dass sie jedoch keine Buchführungs- bzw. sonstigen erforderlichen Unterlagen erhielt. Die tatsächliche Geschäftsführung übten die Herren Gamov und Sokolov aus. Die Anteilsübertragung von der „Casa International Service“ an die „Casa International Limited“ sei im Prozess nicht nachgewiesen worden. Das Gericht ging insoweit davon aus, dass die Anteilsübertragung gegen die allgemeinen Regeln der Anteilsveräußerung verstieß und aus seiner Natur heraus ein Scheingeschäft darstellte, das lediglich die Vermeidung der zivilrechtlichen Haftung von

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Herrn Gamov bezweckte. Nach Ansicht des Gerichts blieb Herr Gamov Anteilseigner und eine den Schuldner kontrollierende Person gemäß Art. 10 P. 2 InsG i.V.m. Art. 2 InsG. Im Zeitraum der Geschäftsführung habe Herr Sokolov neben der Antragstellungspflicht gegen die Pflicht der Übergabe sämtlicher Unterlagen an einen neuen Geschäftsführer verstoßen und damit die Voraussetzungen gem. Art. 10 P. 5 InsG erfüllt. Das 9. Berufungswirtschaftsgericht gab deshalb der Klage des Insolvenzverwalters statt und sprach sich zugunsten einer subsidiären Haftung aller drei Geschäftsführer aus. Gegen diesen Beschluss legte Herr Gamov eine Kassationsbeschwerde beim Föderalen Wirtschaftsgericht im Moskauer Gebiet ein, weil dadurch seiner Ansicht nach die Normen des materiellen und prozessualen Rechts verletzt worden seien. Das Kassationsgericht (Föderale Wirtschaftsgericht im Moskauer Gebiet) legte in seinem Beschluss vom 08. 07. 2015 dar, dass das Berufungswirtschaftsgericht (also das 9. Berufungswirtschaftsgericht) bei der Beschlussfassung die Besonderheiten der Auferlegung der zivilrechtlichen Haftung nicht ausreichend berücksichtigt habe. Die Voraussetzungen des rechtswidrigen Verhaltens der Verursacher, der Kausalzusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Verhalten des Verursachers und dem eingetretenen Schaden sowie das Verschulden der Verursacher seien nicht geprüft worden und es sei auch nicht überzeugend dargelegt worden, dass Herr Gamov nach seiner Amtsniederlegung über die verbleibende 10 %-ige Teilhabe an der Gesellschaft als eine den Schuldner kontrollierende Person einzustufen sei. Somit wies das Föderale Wirtschaftsgericht im Moskauer Gebiet die früher erlassenen Gerichtsentscheidungen in Bezug auf die Heranziehung der subsidiären Haftung von Herrn Gamov zurück und verwies den abgesonderten Streit zu neuer Verhandlung an das 9. Berufungswirtschafsgericht. Bei der neuen Verhandlung hat das 9. Berufungswirtschaftsgericht bestätigt, dass die Verbindlichkeiten des Schuldners bereits während der Geschäftsführung von Herrn Gamov und durch die Handlungen von Herrn Gamov entstanden sind. Die nachfolgende Amtsniederlegung und Anteilsveräußerung offenbare die Kenntnisse des bisherigen Geschäftsführers hinsichtlich der weiteren Unmöglichkeit der Verbindlichkeitserfüllung und der finanziellen Krise der Gesellschaft. Außerdem seien nach Herrn Gamovs Amtsniederlegung gegen die Schuldnerin vor Oktober 2006 entstandene Forderungen geltend gemacht worden, denen die Schuldnerin nicht mehr nachkommen konnte. Mithin seien in diesem Zeitraum die Merkmale der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens eingetreten. In seinem Beschluss vom 07. 09. 2015 legte das 9. Berufungswirtschaftsgericht dar: Gem. P. 22 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts und Obersten Wirtschaftsgerichts141 können Gesellschafter einer juristischen Person sowie andere 141 Gemeinsamer Plenarbeschluss des Obersten Gerichts und Obersten Wirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 01. 07. 1996 Nr. 6/8 „Über einige Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung des Teil 1 des ZGB“, RIS „ConsultantPlus“.

A. Zivilrechtliche Folgen

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Personen, die berechtigt sind, der juristischen Person verbindliche Anweisungen zu geben oder auf andere Weise die Möglichkeit haben, die juristische Person zu beeinflussen, in dem Fall in Anspruch genommen werden, dass die Zahlungsunfähigkeit der juristischen Person durch ihre Anweisungen oder anderen Handlungen verursacht worden ist. Diese Voraussetzungen seien bei Herrn Gamov und Herrn Sokolov sowie Frau Kano erfüllt. Da Gesellschaftsvermögensangaben fehlten bzw. da sie verheimlicht und der letzten Geschäftsführerin und dem Insolvenzverwalter nicht übergeben worden seien, sei es sachgerecht, dass die den Schuldner kontrollierenden Personen – Herr Gamov, Herr Sokolov, Frau Kano – nach Art. 10 P. 2 InsG mitverantwortlich sind. Ein nachfolgender Beschluss des Föderalen Wirtschaftsgerichts im Moskauer Gebiet vom 18. 11. 2015 hat die Heranziehung der Geschäftsführer zur subsidiären Haftung unverändert gelassen, und auch das Oberste Gericht der Russischen Föderation hat in einem Beschluss vom 24. 02. 2016 die Kassationsbeschwerde von Herrn Gamov abgewiesen. Damit wurde endgültig eine subsidiäre Haftung nach den Grundsätzen der „alternativen Liquidation“ anerkannt. c) Ergebnis Bei der typischen „alternativen Liquidation“ werden von den Gesellschaftern und Geschäftsführern der zu liquidierenden GmbH (bzw. AG) regelmäßig die Tatbestände der subsidiären Haftung erfüllt: Zum einen kann durch die, die Existenz der juristischen Person schädigenden Handlungen bzw. durch die verbindlichen Anweisungen der den Schuldner kontrollierenden Personen (zu denen neben den Gesellschaftern und Geschäftsführern auch andere Personen i.S.v. Art. 61.10 P. 1 InsG gehören) die Insolvenz verursacht werden. Wenn es in diesem Fall gelingt, den Kausalzusammenhang zwischen den Handlungen dieser Personen und der Insolvenz der Gesellschaft und ferner ein Verschulden zu beweisen, so greift die subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung des Altgesellschafters und/oder des Altgeschäftsführers nach Art. 61.11 P. 1 InsG. Zum anderen können der Altgeschäftsführer sowie der Neugeschäftsführer innerhalb eines Monats nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und Unzulänglichkeit (Überschuldung) des Gesellschaftsvermögens die Insolvenzantragstellung unterlassen. Diese Personen sind dann wegen Insolvenzverschleppung i.S.v. Art. 61.12 P. 1 InsG für die nach Fristablauf entstandenen Verbindlichkeiten der juristischen Person subsidiär verantwortlich. Das „alternative“ Liquidationsverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass meistens die Tatbestände beider Arten der subsidiären Haftung (also Insolvenzverursachungsund Insolvenzverschleppungshaftung) verwirklicht werden. Aufgrund der Schwierigkeit des Nachweises, dass die vom Gesellschafter oder Geschäftsführer durchgeführten Maßnahmen die insolvenzrechtlichen Folgen verursacht haben, scheitert jedoch häufig diese subsidiäre Haftung. Wenn es aber dem Insolvenzverwalter/ Gläubiger gelingt, alle Haftungsvoraussetzungen nachzuweisen, so können die Verantwortlichen selbstverständlich nur ein Mal zur Haftung herangezogen werden.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Der Insolvenzverursachungshaftung kommt dann aus logischen Gründen der Vorrang vor der Insolvenzverschleppungshaftung zu.

B. Strafrechtliche Folgen Die Struktur der Kriminalität hat sich durch den Wandel der deutschen und der russischen postsowjetischen Gesellschaft verändert. Durch die Krise der Finanzmärkte Anfang des 21. Jahrhunderts ist in Deutschland die Anzahl insolvenzverursachender Verbrechen gestiegen. Immer mehr Gesellschafter wollen sich mittels professioneller Unternehmensbestatter von belastenden Gesellschaften befreien. In Russland hat insbesondere der Wechsel von der Plan- zur Marktwirtschaft, in der juristische Personen überwiegen, in den letzten 20 Jahren eine große Rolle gespielt. Zusammen mit der Entwicklung von juristischen Personen sind neue Formen der Wirtschaftskriminalität entstanden. Finanz-, Kredit- und Bankrotttatbestände sowie Steuerhinterziehung sind nur einige Beispiele hierfür. Das Phänomen der „alternativen Liquidation“ als ein neuer Typ wirtschaftlicher Verbrechen kann viele solche Straftatbestände beinhalten und bedarf deswegen einer genauen Untersuchung. Die Gesetzgeber sowohl der Bundesrepublik Deutschland als auch der Russischen Föderation haben versucht, durch Reformen des Zivilrechts den Machenschaften der Wirtschaftsberater bzw. Unternehmensbestatter entgegenzutreten. Wie die Praxis der Unternehmensbestattung, bzw. „alternativen Liquidation“ aber belegt, sind zivilrechtliche Maßnahmen nicht ausreichend, um dem Phänomen der Unternehmensbestattung Einhalt zu gebieten. Insolvenzgerichte versuchen, geschädigte Gläubiger der zu bestattenden Gesellschaft zu ihrem Recht zu verhelfen und Mittel und Wege zu finden, die Unternehmensbestattung nachzuweisen und die Beteiligten zur Verantwortung zu ziehen. Ihre Erfolge sind jedoch begrenzt. Angesichts der momentanen Situation ist der Aussage zuzustimmen, dass im Kampf gegen die Unternehmensbestattung „nur noch der Staatsanwalt“142, bzw. das Wirtschaftsstrafrecht helfen können. Dies wiederum setzt eine konsequente Anwendung der zur Verfügung stehenden Straftatbestände voraus. Betrachtet man die Maßnahmen der Unternehmensbestattung einer GmbH vor dem Hintergrund des Strafrechts, kommt vor allem das Prinzip indubio pro reo den beteiligten Personen zugute: Die wichtigsten Geschäftsunterlagen sind verloren, die Altgesellschafter sowie Neugesellschafter besitzen keine Informationen, Zeugen fehlen, und es sind keine Beweismittel vorhanden. Die Zielsetzung des folgenden Abschnittes ist es, durch genaue Strukturierung der einzelnen Tatbestände sowie 142 Das Schrifttum ist wohl darin einig: Ries, RPfleger 2004, 226; Kuhr, Süddeutsche Zeitung von 7./8. 05. 2005, S. 28; Kleindiek, ZGR 2007, 280; Mackenroth, NJ 2009, 2; Kuhn, S. 152, Schütz, wistra 2016, S. 53.

B. Strafrechtliche Folgen

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Durchleuchtung der wichtigsten Anwendungsschwierigkeiten dieser Straftatbestände bei ihrer Umsetzung in die Praxis, möglichst klare Tatbestandsmerkmale herauszuarbeiten, um auf diese Weise die Strafverfolgung zu verbessern. Im Einzelnen sollen die Handlungen der Altgesellschafter, Altgeschäftsführer sowie der Neugesellschafter und Neugeschäftsführer im Hinblick auf den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung (§ 15a IV, V, I, III InsO) betrachtet werden. Von großer Bedeutung sind ferner die Bankrotttatbestände der §§ 283 ff. StGB, insbesondere der Auffangtatbestand des § 283 I Nr. 8 StGB, der in jüngster Zeit in der Fachliteratur sowie in der Rechtsprechung besondere Aufmerksamkeit erfahren hat. Darüber hinaus werden weitere Straftatbestände dargestellt, sofern sie für die Bekämpfung der Unternehmensbestattung relevant sind. Schließlich wird die Strafbarkeit des Hintermanns, des Drahtziehers, zu untersuchen sein. Für den russischen Rechtsraum rücken bezüglich des Phänomens der Unternehmensbestattung – Stichwort „alternative Liquidation“ – die folgenden strafrechtlichen Tatbestände ins Blickfeld: Anknüpfungspunkt muss der Straftatbestand der unrechtmäßigen Handlungen bei Bankrott sein (Art. 195 StGB RF), da die Grundlage jeder „alternativen Liquidation“ die Insolvenz der Gesellschaft oder zumindest die der Insolvenz vorangehende Schieflage ist; hinsichtlich der Insolvenz kommt gleichfalls der Straftatbestand des absichtlichen Bankrotts (Art. 196 StGB RF) in Betracht. Daneben werden die neuen Straftatbestände der Art. 159.4, 173.1, 173.2 StGB RF bewertet, die zur Bekämpfung sog. „eintägiger Scheinunternehmen“ und professioneller Unternehmensbestatter ins Strafgesetzbuch Einzug gefunden haben. Auf weitere Straftaten wird eingegangen, soweit es erforderlich ist. Stets geht es um das Zusammenwirken des Gesellschafters und des Geschäftsführers einer GmbH, des Bestatters, des Notars und des Neugesellschafters/Neugeschäftsführers als Protagonisten einer neuen Form der organisierten Wirtschaftskriminalität.

I. Strafbarkeit des Altgesellschafters und des Altgeschäftsführers 1. Im deutschen Recht a) Insolvenzverschleppung (§ 15a IV, I InsO und § 15a IV, I, III InsO) Das erste zentrale Delikt, auf das sich die Aufmerksamkeit bei Versuchen richtete, die „Bestattung“ von Unternehmen, die am Markt unter der Flagge der GmbH aktiv waren, strafrechtlich in den Griff zu bekommen, waren die Straftatbestände der Insolvenzverschleppung gem. §§ 84, 64 GmbHG.143 Das Landgericht Potsdam hat 143 Siehe Hey/Regel, Kriminalistik 1999, 261 und Goltz/Klose, NZI 2000, 110 f.; ferner Ogiermann, wistra 2000, 251; Gerloff, in: Bittmann, Insolenzstrafrecht, § 29 Rn. 45 ff.; Haas,

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

bereits 2004 bejaht, dass „die Veräußerung einer insolventen bzw. insolvenzreifen GmbH an einen professionellen Firmenbestatter nach der allgemeinen wirtschaftskriminalistischen Lebenserfahrung den Anfangsverdacht der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung nach §§ 64 I 1, 84 I Nr. 2 GmbHG begründet“144. Bis zum Inkrafttreten des MoMiG war die Strafbarkeit eines Verstoßes gegen die Insolvenzantragspflicht für juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit in den gesellschaftsrechtlichen Gesetzen, §§ 84 I Nr. 2, 64 I GmbHG, § 401 I Nr. 2 AktG, § 148 I Nr. 2 GenG, § 130b HGB, § 15 EWIV-AG, geregelt. Durch das MoMiG wurden seit dem 1. November 2008 eine rechtsformneutrale Norm der Insolvenzantragspflicht (§ 15a I, III InsO) und ebenfalls rechtsformneutrale strafrechtliche Sanktionen (§ 15a IV, V InsO) eingeführt, die alle bisherigen im Gesellschaftsrecht vorhandenen Vorschriften aufhoben. Spezialgesetzliche Antragspflichten bestehen aber weiterhin bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts in §§ 89 II, 42 II BGB, bei den Stiftungen in §§ 86, 42 II BGB und bei den Vereinen in §§ 48 II, 42 II BGB. Der geltende § 15a InsO, nach dem „die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen haben“, dient dem Zweck, sowohl im Interesse der vorhandenen Gläubiger die Haftungsmasse zu erhalten als auch den Geschäftsverkehr in Form von potenziellen Neugläubigern vor Risikogeschäften mit einer zahlungsunfähigen Gesellschaft zu schützen.145 Wer gegen die vom Gesetz vorgeschrieben Zwecke verstößt, wird gem. § 15a IV InsO „mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe […] bestraft“. aa) Objektiver Tatbestand (1) Als Täter taugliche Personen (a) Der Altgeschäftsführer als tauglicher Täter gemäß § 15a IV, I InsO Der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung gem. § 15a IV InsO ist ein Sonderdelikt, aufgrund dessen nur bestimmte Personen belangt werden dürfen, die nach § 15a I InsO Adressaten der Insolvenzantragspflicht sind. Dies sind die „Mitglieder des Vertretungsorgans“ bei juristischen Personen (§ 15a I 1 InsO), die „organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter“ bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (§ 15a I 2 InsO) und die „Abwickler“ der Gesellschaft. GmbHR 2006, 514 ff.; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Rn. 526; Kuhn, S. 153 ff. 144 LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 193 ff. 145 KPB/Steffek, InsO, § 15a Rn. 3; HambKomm/Linker, § 15a Rn. 1; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, Vor § 64, Rn. 6; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1134; Brettner, Die Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 15a InsO, S. 14.

B. Strafrechtliche Folgen

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Mitglieder des Vertretungsorgans sind in der GmbH die wirksam bestellten Geschäftsführer (§ 35 I GmbHG), in der AG die Vorstandsmitglieder und in der Genossenschaft ebenfalls die Vorstandsmitglieder (§ 78 I AktG, § 24 I GenG). Als organschaftliche Vertreter agieren die Gesellschafter in der OHG und GbR (§ 125 HGB) sowie die Komplementäre in der KG (§ 170 HGB, § 161 II HGB i.V.m. § 125 HGB). In der Ein-Mann-GmbH – und zumeist auch in der Genossenschaft – steht ein Einzelgeschäftsführer im Vordergrund. Scheidet der Geschäftsführer vor Entstehen der Insolvenzgründe aus, wird er nicht wegen Insolvenzverschleppung bestraft. Legt er jedoch sein Amt während des Laufs der Antragsfrist nieder oder wird er in diesem Zeitraum abberufen, kommt eine Strafbarkeit infrage. Nach der herrschenden Meinung macht sich ein innerhalb der Antragsfrist ausscheidender Geschäftsführer strafbar, wenn er Kenntnis von der Insolvenzlage der Gesellschaft hat und er den Eröffnungsantrag weder selbst stellt, noch an der Antragstellung durch seinen Nachfolger mitwirkt.146 Insoweit sind aber zwei Situationen zu unterscheiden: Ist dem ehemaligen Geschäftsführer bekannt, dass der Nachfolger sowohl keine Sanierung versucht als auch keinen Antrag stellt, dann ist der Altgeschäftsführer zur Antragstellung verpflichtet; ist hingegen der Nachfolger nach dem Kenntnisstand des Altgeschäftsführers um eine Sanierung der Gesellschaft bemüht, wäre es überzogen, „den ausscheidenden Geschäftsführer zur Antragstellung zu verpflichten“147. Nach einer anderen Ansicht entfällt die Strafbarkeit des Geschäftsführers mit seinem Ausscheiden sogar gänzlich, falls die 3-Wochen-Frist noch nicht abgelaufen ist.148 Bei mehreren bestellten Organmitgliedern in der Gesellschaft ist jeder zur Antragstellung verpflichtet.149 Akzeptieren alle Organmitglieder den Entschluss, die Antragstellung zu vermeiden, kommt eine Mittäterschaft nach § 25 II StGB in Betracht.150 Entscheidet jeder selbst, den Antrag nicht zu stellen, liegt eine Nebentäterschaft vor.151 Bei Unternehmensbestattungsfällen im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Betätigung einer GmbH handelt es sich üblicherweise um kleine Unternehmen, die entweder von vornherein nur einen Einzelgeschäftsführer haben oder in denen die Leitung der Gesellschaft kurz vor der Anteilsveräußerung auf einen Geschäftsführer, 146 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, Vor § 64 Rn. 91; KPB/Steffek, InsO, § 15a Rn. 67; Brettner, S. 82. 147 Brettner, S. 82. 148 Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn. 37; Pananis/Börner, GmbHR 2006, 517. 149 BGH (01. 03. 1994), NJW 1994, 2150; Smok, in: Dannecker/Krierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 506, 508; auch so Poertzgen, Organhaftung wegen Insolvenzverschleppung, 2006, S. 159. 150 Brettner, S. 84. 151 Brettner, S. 84.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

bzw. auf Organmitglieder übertragen wird. Trotz der Abberufung des Geschäftsführers oder seiner Amtsniederlegung bleibt aber der Altgeschäftsführer wegen der Nichtigkeit sämtlicher Unternehmensbestattungsmaßnahmen und unter anderem wegen Sittenwidrigkeit gem. § 241 Nr. 4 AktG (analog) verantwortlich. Daher kann sich der Altgeschäftsführer als tauglicher Täter einer Insolvenzverschleppung schuldig machen. (b) Der Altgesellschafter als tauglicher Täter gemäß § 15a IV, I, III InsO In den Fällen der Unternehmensbestattung kleiner Unternehmen ist der Einzelgeschäftsführer oftmals zugleich Allein-Gesellschafter der GmbH. Bei solchen Konstellationen macht sich der Gesellschafter als gleichzeitig fungierender Geschäftsführer strafbar. Handelt es sich aber bei einer Unternehmensbestattung nicht um eine Gesellschaft mit einem einzigen Gesellschafter/Geschäftsführer, fallen die Gesellschafter der zu bestattenden Gesellschaft nicht unter § 15a I InsO. Gemäß § 15a III InsO ist jedoch im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft auch der Gesellschafter der GmbH (ebenso wie jedes Mitglied des Aufsichtsrats einer AG) zur Insolvenzantragstellung verpflichtet, es sei denn, er hat keine Kenntnis vom Insolvenzgrund oder von der Führungslosigkeit. § 10 II 2 InsO definiert, was unter „Führungslosigkeit“ zu verstehen ist: Hat die juristische Person keinen organschaftlichen Vertreter, so können die an ihr beteiligten Personen verantwortlich gemacht werden. Nach § 35 I 2 GmbHG, § 78 I 2 AktG ist eine führungslose Gesellschaft eine solche, die keinen zur Vertretung erforderlichen Geschäftsführer bzw. keinen Vorstand besitzt. Zu welchem Zeitpunkt eine Gesellschaft führungslos im Sinne des § 15a III InsO wird, ist gesetzlich nicht bestimmt. Wie sich aus der Normbegründung ergibt, kommt es für die Führungslosigkeit auf die objektive Rechtslage an. Umstritten ist zudem, was unter Abwesenheit des Geschäftsführers einer GmbH zu verstehen ist. Eine Mindermeinung steht auf dem Standpunkt, dass bereits eine längere Unerreichbarkeit des Geschäftsführers (z. B. in Fällen der Flucht des Geschäftsführers) mit der Führungslosigkeit gleichzusetzen ist.152 Nach der überwiegenden Ansicht153 ist aber erst dann von Führungslosigkeit zu sprechen, wenn der organschaftliche Vertreter rechtlich oder tatsächlich nicht mehr existiert, er also nicht mehr lebt oder sein Amt niedergelegt hat. Hierzu zählen auch die Fälle, in denen ein organschaftlicher Vertreter zwar bestellt worden ist, aber die Bestellung nichtig ist.154 Es genügt für die Führungslosigkeit nicht, dass der Aufenthaltsort des Geschäftsführers lediglich unbekannt ist.

152 Hk-GmbHG/Lücke/Simon, GmbHG, § 35 Rn. 42; nicht zustimmend Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG § 35, Rn. 10, der bei solchen Fällen über keine Führungslosigkeit, sondern über die Pflichtverletzung des Geschäftsführers spricht. 153 AG Hamburg (27. 11. 2008), ZInsO 2008, 1331 ff.; Mackenroth, NJ 2009, 4; Bittmann, Strafrechtliche Folgen des MoMiG, NStZ 2009, 115. 154 Haas, GmbHR 2006, 732 ff.; Biehl, S. 32.

B. Strafrechtliche Folgen

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In diesem Zusammenhang wird die Ansicht vertreten, dass die Unerreichbarkeit des organschaftlichen Vertreters eine konkludente Amtsniederlegung darstellt und damit eine Führungslosigkeit vorliegt.155 Das erscheint jedoch zweifelhaft. Obwohl die Amtsniederlegung keine wichtigen Gründe voraussetzt, ist sie eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die gegenüber einem vertretungsberechtigten Gesellschafter bzw. der Gesellschafterversammlung abzugeben ist. Wenn der Geschäftsführer einer GmbH nicht erreichbar ist, fehlt seine Kontaktaufnahme zur Gesellschafterversammlung sowie die dabei mögliche konkludente Amtsniederlegungserklärung. Aus Gründen der Rechtssicherheit darf eine konkludente Erklärung nur dann als Amtsniederlegung ausgelegt werden, wenn das vertretungsberechtigte Organ aufgrund dieser Erklärung sicher davon ausgehen kann, dass der Geschäftsführer sein Amt niedergelegt hat. Davon kann bei bloßer Unerreichbarkeit des Geschäftsführers keine Rede sein. Man sollte auch nicht von einer „Quasi-Führungslosigkeit“ sprechen, die der echten Führungslosigkeit gleichgestellt werden müsse.156 Die von der Gegenansicht befürwortete Gleichsetzung der „Unerreichbarkeit“ und der „Führungslosigkeit“ stellt eine unzulässige Analogie dar. Nach dem Gesetzlichkeitsgrundsatz des § 103 II GG und § 1 StGB – nullum crimen sine lege, nulla poena sine lege – gilt im Strafrecht jedoch ein Analogieverbot, das strafbegründende und strafverschärfende Analogien umfasst. Das Analogieverbot greift bei allen Straftatbeständen und auch bei Straftatbeständen des Nebenstrafrechts, beispielsweise solchen des Insolvenzstrafrechts.157 Im Gegensatz zur Analogie ist dagegen bloße Auslegung im Strafrecht nicht verboten. Jede Auslegung findet jedoch am Wortlaut ihre Grenzen, „Unerreichbarkeit“ und „Führungslosigkeit“ sind zwei völlig unterschiedliche Begriffe. Ihre Gleichsetzung würde die Grenze des Wortes „Führungslosigkeit“ überschreiten.158 Richtiger Ansicht nach ist deshalb der Altgesellschafter einer GmbH im Fall der bloßen Unerreichbarkeit des Geschäftsführers nicht gem. § 15a IV, III, I InsO verantwortlich.159 (2) Insolvenzreife der GmbH und Eröffnungsantragspflicht (a) Insolvenzgründe als Anlässe zur Eröffnungsantragspflicht Die Strafnorm des § 15a IV, I InsO ist grundsätzlich zivilrechtsakzessorisch und knüpft daher an deren Voraussetzungen für die Antragspflicht an. Zwar sind die Insolvenzgründe bislang gesetzlich nicht definiert, zu ihnen gehören jedoch jedenfalls die Zahlungsunfähigkeit sowie die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung der juristischen Person. Gemäß § 17 I InsO ist die Zahlungsunfä155

848. 156

Gehrlein, Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG, BB 2008,

Kuhn, S. 191; auch so Tüting, S. 150, 192 ff. Lenckner/Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, § 1 Rn. 27. 158 Hierzu Kuhn, S. 191 f. 159 AG Hamburg (27. 11. 2008), ZInsO 2008, 1331; HambKomm/Rüther/Linker, § 10 Rn. 11; Biehl, S. 30 – 32. 157

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

higkeit allgemeiner Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren. Der gesetzliche Begriff der Zahlungsunfähigkeit ergibt sich aus § 17 II 1 InsO, nach dem der Schuldner zahlungsunfähig ist, wenn er nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu begleichen. Diese Definition hat seit dem 1. 1. 1999 die bisherige Definition abgelöst, nach der für die Zahlungsunfähigkeit „der dauernde Mangel an Zahlungsmitteln, der den Schuldner außerstande setzt, seine fälligen und ernsthaft eingeforderten Geldschulden ganz oder teilweise zu erfüllen“, maßgeblich war. Da sämtliche Merkmale dieser Definition umstritten waren, führte ihre Umsetzung in der Praxis zu Schwierigkeiten.160 Nach derzeitiger Rechtslage ist nur der Fälligkeitszeitpunkt entscheidend, und es ist unerheblich, ob die Gläubiger die Verbindlichkeiten schon geltend machen. Für die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit kommt es darauf an, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat; bloße „Zahlungsstockungen“ sind hierfür nicht ausreichend.161 Der Gesetzgeber hat in der Legaldefinition auf das Merkmal der notwendigen Menge der nicht erfüllten Verbindlichkeiten verzichtet, was aber nicht bedeutet, dass die Zahlungsunfähigkeit nur dann angenommen wird, wenn der Schuldner einen bestimmten Teil der Gesamtsumme seiner Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs162 liegt eine Liquiditätslücke dann vor, wenn mindestens 10 % der fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlt sind, sofern nicht mit größerer Wahrscheinlichkeit die Begleichung dieser Verbindlichkeiten zu erwarten ist. Daneben ist die allgemeine finanzielle und wirtschaftliche Situation der GmbH für die Zahlungsunfähigkeit nicht von Bedeutung. Es ist nicht relevant, ob Lieferverpflichtungen noch eingehalten werden können. Für die Zahlungsunfähigkeit spielt die allgemeine Vermögensbilanzierung keine Rolle, so dass unerheblich ist, ob die Gesellschaft Vermögen besitzt, wenn sie ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllen kann.163 Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist gem. § 18 I InsO ein noch im Jahr 1999 geschaffener insolvenzrechtlicher Eröffnungsgrund. Laut § 18 II InsO droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Nach der überwiegenden Ansicht bedeutet das Merkmal des Drohens die naheliegende Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit.164 Die Normierung dieses Merkmals hat zur Folge, dass bei diesem Insolvenzauslösungstatbestand nur 160

Vgl. KPB/Pape, InsO, § 17 Rn. 2. Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 256; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, § 283 Rn. 52. 162 BGH (24. 05. 2005), NJW 2005, 3062; hierzu Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1118. 163 Vgl. Pernice, Die Insolvenzverschleppung durch das Geschäftsführungsorgan der kleinen Kapitalgesellschaft im deutschen, französischen und englischen Recht, 2002, S. 33 f. 164 KPB/Pape, InsO, § 18 Rn. 2; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 18 Rn. 2; Dannecker/ Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 79; Hellmann/ Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 258. 161

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der Schuldner selbst antragsberechtigt ist, damit dieser Insolvenzgrund nicht als Druckmittel benutzt werden kann. Daneben löst die drohende Zahlungsunfähigkeit keine Antragspflicht aus, also werden die antragspflichtigen Organe einer juristischen Person wegen unterlassener Antragstellung nicht belangt. Eine solche frühzeitige Verfahrenseröffnung soll nach Ansicht des Gesetzgebers die Chancen verbessern, Unternehmen rechtzeitig zu sanieren und Gläubiger zu befriedigen.165 Im Zusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit ist auch die Überschuldung ein Eröffnungsgrund (§ 19 I InsO). Trotz der bereits 1986 normierten Definition der Überschuldung – eine GmbH ist überschuldet, wenn ihr Vermögen durch die Schulden nicht mehr gedeckt ist – war der Begriff bis dato umstritten.166 Während der Geltungsdauer der Konkursordnung wurde der von Karsten Schmidt entwickelte modifizierte „zweistufige“ Überschuldungsbegriff167 von der Rechtsprechung verwendet. Danach ist eine Gesellschaft überschuldet, wenn ihr Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt (rechnerische Überschuldung) und ihre Finanzkraft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht (Fortführungsprognose). Bei diesem zweistufigen Überschuldungsbegriff war zunächst festzustellen, ob eine rechnerische Überschuldung vorlag und in einem zweiten Schritt wurde eine Fortführungsprognose erstellt. Nur eine positive Fortführungsprognose war für die Verneinung der Überschuldung einer Gesellschaft ausreichend.168 Der Überschuldungsbegriff der Insolvenzordnung wurde vom Gesetzgeber im Jahre 1986 neu definiert. Dem modifizierten zweistufigen Überschuldungsmodell hat der Gesetzgeber eine deutliche Absage erteilt und stattdessen das herkömmliche zweistufige Überschuldungsmodell eingeführt, bei der die Fortführungsprognose nur eine andere Bewertung darstellt und die positive Fortführungsprognose lediglich dazu führen sollte, dass die Gesellschaft neu bewertet wird. Die am 1. 1. 1999 in Kraft getretene Norm des § 19 II InsO169 lautete: „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist“. Diese Definition wurde durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG)170 vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise modifiziert. Hiernach definiert § 19 II InsO, dass Überschuldung vorliegt, „wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die 165

PKB/Pape, InsO, § 18 Rn. 1; HambKomm/Schröder, § 18 Rn. 1; Poertzgen, S. 156. Goltz/Klose, NZI 2000, 110; vgl. KPB/Pape, InsO, § 19 Rn. 1. 167 Vgl. Schmidt, Konkursgründe und präventiver Gläubigerschutz, AG 1978, 334 ff. 168 Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 58; KPB/Pape, InsO, § 19 Rn. 6; vgl. Wachter, GmbHR 2008, 1301; Kuhn, S. 156. 169 Zur Geschichte des Überschuldungsbegriffs: Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 19 Rn. 4; KPB/Pape, InsO, § 19 Rn. 6, 7; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 34 ff., S. 46 ff.; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 255 ff. 170 Bundesgesetzblatt, Teil I 2008, Nr. 46 vom 17. 10. 2008, S. 1982 – 1989. 166

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich“. Diese Norm war eine vollkommen überraschende Kehrtwende zur Fortführungsprognose. So ist nunmehr eine Überschuldung gem. § 19 II InsO bei positiver Fortführungsprognose ausgeschlossen. Die am 18. 10. 2008 durch FMStG eingeführte Definition war zeitlich nur begrenzt gültig und sollte bis zum 31. 12. 2010 gelten, wurde aber durch das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 24. 09. 2009171 bis zum 31. 12. 2013 verlängert. Diese Rückkehr zum modifizierten zweistufigen Überschuldungsmodell wurde durch die Finanzmarktkrise und den damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Unternehmen veranlasst. Die Rechtslage sollte den Unternehmen helfen, eine Überschuldung zu vermeiden, wenn es wahrscheinlich ist, dass sie weiter am Markt tätig sein können.172 Seit dem 1. 1. 2014173 lautet die alte und jetzt wieder aktuelle Definition der Überschuldung wie folgt: „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist“. (b) Eröffnungsantragspflicht Das objektive Vorliegen des Insolvenzgrundes, (drohende) Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung, weist auf die Insolvenzreife der Gesellschaft hin und knüpft an die Insolvenzantragspflicht an. Nach der überwiegenden Ansicht sind Geschäftsführung und Vorstand normalerweise dazu verpflichtet, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und die Vermögenssituation der Gesellschaft beständig zu beobachten und bei Krisenanzeichen entsprechend zu reagieren,174 indem sie einen Eröffnungsantrag stellen. Nach dem Wortlaut des § 15a I 1 InsO hat das Leitungsorgan ohne schuldhaftes Zögern innerhalb einer Frist von drei Wochen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Eröffnungsantrag zu stellen. Demnach beginnt die Insolvenzantragpflicht bereits mit dem Eintritt eines Antragsgrundes, wenn die Geschäftsführung die drei-Wochen-Frist nicht dafür nutzt, die Krise zu beseitigen und das Unternehmen zu sanieren.

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Bundesgesetzblatt, Teil I 2009, Nr. 63 vom 29. 09. 2009, S. 3151. Biehl, S. 20 f.; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 61; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1117; Altmeppen, in: Altmeppen/ Roth, GmbHG, Vor § 64 Rn. 32; vgl. Bitter, ZInsO 2008, 1097; Stracke, Zur Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Überschuldungsbegriffs in das Strafrecht, 2007, S. 433 ff. 173 s. Art. 18 des Gesetzes zur Einführung der Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 05. 12. 2012, Bundesgesetzblatt, Teil I 2012, Nr. 57 vom 11. 12. 2012, S. 2418. 174 MüKo-InsO/Schmahl, § 15 Rn. 106; KPB/Preuß, InsO, § 15a Rn. 47; Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 481 f.; vgl. Selbstüberwachungspflicht Goette, InsO 2001, 529. 172

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Umstritten ist, inwieweit der Geschäftsführer die Zahlungsunfähigkeit bzw. die Überschuldung erkannt haben muss. Eine Mindermeinung im Schrifttum spricht sich dafür aus, dass die Antragsfrist von höchstens drei Wochen mit dem objektiven Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung beginnt.175 Dies kann jedoch nicht überzeugen, weil sonst von vornherein alle Sanierungsversuche erschwert würden und weil der objektive Eintritt z. B. des Insolvenzgrundes der Überschuldung kaum eindeutig bestimmbar ist. Jedenfalls kann der Geschäftsführer in der Krise seine Aufmerksamkeit nicht auf die Klärung dieses Punktes lenken. Er hat in der Regel „Besseres zu tun“176. Deshalb vertritt die Rechtsprechung177 und die ganz überwiegende Ansicht im Schrifttum178 zu Recht, dass für die Antragspflichtauslösung neben dem objektiven Eintritt eines Insolvenzgrundes auch positive Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung vorliegen muss. Auch die Verpflichtung, „ohne schuldhaftes Zögern“ die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, geht offensichtlich von einer positiven Kenntnis aus.179 Auch diese Ansicht ist jedoch nicht richtig, denn sie privilegiert wiederum denjenigen Geschäftsführer, der sich pflichtwidrig nicht um die Insolvenzgründe kümmert, sie also bewusst nicht zur Kenntnis nimmt. Die absichtliche und nicht mehr vertretbare Verletzung kaufmännischer Grundsätze ist gerade der klassische Grund, warum das Insolvenzrecht eingreift und auch Regeln mit Strafe bewehrt. Es überzeugt deshalb, wenn Altmeppen die Insolvenzantragspflicht i.S. eines strafrechtlichen Handlungsgebots bereits dann entstehen lässt, wenn der Täter die Überschuldung jedenfalls „spätestens hätte erkennen müssen“.180 Es reicht also aus, dass Merkmale, bzw. Bewertungen, Prognosen usw. vorhanden sind, die eindeutig auf die Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschulung hindeuten. Entsteht die Antragspflicht nach § 15a InsO, ist sie entweder zu erfüllen oder sie entfällt auf andere Weise. Erfüllt werden kann die Antragspflicht durch das Stellen eines „richtigen“ Eröffnungsantrags durch den Einzelgeschäftsführer oder Mitgeschäftsführer. Die Antragstellungspflicht entfällt mit dem Wegfall von Insolvenzgründen.181 Hingegen lässt der Insolvenzantrag eines Gläubigers nach überwiegender Ansicht die den Mitgliedern des Vertretungsorgans obliegende Antragspflicht 175

Vgl. Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1153. OLG Koblenz (05. 11. 2004), NZG 2005, 81. 177 BGH (30. 07. 2003), BGHSt 48, 309; OLG Brandenburg (17. 01. 2002), NJW-RR 2003, 633; OLG Koblenz (05. 11. 2004), NZG 2005, 81. 178 Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 84 Rn. 24, 28; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO § 15a Rn. 14; Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz, Rn. 178. 179 OLG Koblenz (05. 11. 2004), NZG 2005, 81. 180 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, Vor § 64 Rn. 95 ff.; ebenso Lutter/Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 28; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 15a InsO Rn. 14; HambKomm/Linker, § 15a Rn. 16; Brettner, S. 140 ff.; vgl. hierzu Kuhn, S. 169 f.; Steinbeck, Die vorsätzliche Insolvenzverschleppung, 2013, S. 240 ff.; Tüting, S. 200 ff. 181 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, Vor § 64 Rn. 99; KPB/Steffek, InsO, § 15a Rn. 70; Brettner, S. 144. 176

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

nicht entfallen, es sei denn, dass der Gläubigerantrag innerhalb der Antragsfrist zur Insolvenzverfahrenseröffnung führt oder er mangels Masse rechtskräftig abgewiesen wird.182 (c) Unterlassene Insolvenzantragstellung Damit der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung erfüllt ist, muss der zur Antragstellung verpflichtete Altgeschäftsführer bzw. das Vorstandsmitglied nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung die fristgerechte Antragstellung versäumen. Typischerweise stellt der Altgeschäftsführer im Falle der Unternehmensbestattung einer GmbH keine Eröffnungsanträge, da das Ziel der Einleitung der Unternehmensbestattung gerade in der Befreiung des Altgesellschafters aus seiner Pflichtenstellung liegt. Der Anfangsverdacht der Insolvenzverschleppung liegt bereits vor, wenn beim Vorhandensein von Merkmalen einer wirtschaftlichen Krise der Altgeschäftsführer als Alleingesellschafter oder im Auftrag der Gesellschafter die Gesellschaftsanteile veräußert.183 Als Indizien können dazu sowohl eine Reaktion auf eine einschlägige Anzeige der Bestatter als auch die Bestellung eines Neugeschäftsführers, mit der Absicht, der Insolvenzantragspflicht zu entgehen, in Betracht kommen. Obwohl wegen der nicht auffindbaren Geschäftsunterlagen der Stichtag oft nicht bestimmt werden kann, kann hingegen der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit nach betriebswirtschaftlichen oder wirtschaftskriminalistischen Methoden ermittelt werden. bb) Subjektiver Tatbestand Die Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a IV, I InsO setzt neben dem objektiven Tatbestand auch den subjektiven Tatbestand voraus; mit anderen Worten müssen sich alle objektiven Tatbestandsmerkmale im subjektiven Tatbestand wiederspiegeln. Nach § 15a IV InsO macht sich derjenige strafbar, der vorsätzlich handelt. § 15a V InsO sieht ferner die Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung bei fahrlässigem Handeln vor. (1) Vorsatz des Altgeschäftsführers Tätervorsatz bedeutet Wissen und Wollen der Verwirklichung eines Straftatbestandes. Der Vorsatz bei einer Insolvenzverschleppung muss sich auf alle Tatbestandsmerkmale beziehen, der Täter muss also den Insolvenzgrund, die Antragstellungspflicht sowie die Frist nach § 15a I InsO in seinen Vorsatz aufnehmen.184 Der Tatbestand einer Insolvenzverschleppung nach § 15a IV, I InsO erfordert mindestens 182

Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, Vor § 64 Rn. 100; Brettner, S. 158 ff. So LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 194; Hey/Regel, GmbHR 2000, 120; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 46. 184 Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, Vor § 64 Rn. 104; KPB/Steffek, InsO, § 15a Rn. 88; Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 501. 183

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Vorsatz in der Form von dolus eventualis. Dieser liegt nach der in der Rechtsprechung vertretenen Einwilligungs- oder Billigungstheorie vor, wenn der Täter „den für möglich gehaltenen Erfolg billigend in Kauf genommen hat“185. Bei den Unternehmensbestattungsfällen bereitet die Feststellung des Vorsatzes beim Geschäftsführer je nach dem konkreten Ablauf höchst unterschiedliche Schwierigkeiten. Man kann drei Konstellationen unterscheiden: In der ersten Fallgruppe wird der Altgeschäftsführer vor Eintritt der Insolvenzreife von seinem Amt entbunden.186 Da die Amtsniederlegung den früheren Geschäftsführer von der Verantwortlichkeit, u. a. von der Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung befreit, ist auf diese Fälle nicht einzugehen. In Fällen der zweiten Gruppe ist die Insolvenzreife schon lange gegeben und darüber hinaus ist die Drei-Wochen-Frist zur Antragstellung abgelaufen. Zur dritten Gruppe gehören Konstellationen, bei denen ein Insolvenzgrund zwar vorliegt, die Höchstfrist zur Antragstellung allerdings noch nicht abgelaufen ist und der Geschäftsführerwechsel während dieser Frist durchgeführt wird. Die Feststellung des Vorsatzes wirft in der zweiten Fallgruppe angesichts der klaren Schieflage des Unternehmens und des Fristablaufs keine großen Fragen auf.187 Der Altgeschäftsführer ist hier bei Eintritt der Insolvenzreife ein Leitungsorgan, er kennt seine Antragstellungspflicht, unterlässt die Antragstellung jedoch innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitraums wider besseres Wissen. Der Vorsatz ist bei solchen Konstellationen dann relativ leicht nachweisbar, wenn sich bereits aus den Werbeslogans der Bestatter einschlägige Hinweise auf Missachtung der Regeln der InsO ergeben. In den Fällen der dritten Gruppe stellt sich die Frage, ob der Altgeschäftsführer den Vorsatz überhaupt haben kann, wenn er vor Fristablauf sein Amt niedergelegt hat oder abberufen wird. Denn damit geht er davon aus, dass ihn die Pflichten eines Geschäftsführers aufgrund seiner Befreiung vom Amt nicht mehr betreffen. Daraus folgernd würde hier der Vorsatz mangels Kenntnis der Geschäftsführerstellung i.S.v. Strafbarkeit nach § 15a IV, I InsO fehlen188 und somit käme dann nur eine fahrlässige Insolvenzverschleppung nach § 15a V, I InsO in Betracht. Vor dem Hintergrund der Ziele des Altgeschäftsführers erscheint dies aber wenig sachgerecht – sind doch Abberufung und Amtsniederlegung sittenwidrig und nichtig. Der Altgeschäftsführer bleibt somit in seinem Amt und obliegt der fortdauernden Antragspflicht. Die Strafbarkeit gem. § 15a IV InsO könnte aber dann ausgeschlossen sein, wenn die betroffene Person Handlungen unterlässt, weil ihr die Handlungspflicht – hier: Antragstellungspflicht – unbekannt ist. Insoweit könnte der Altgeschäftsführer der GmbH vielleicht darauf verweisen, ihm fehle die Kenntnis von der Nichtigkeit der Abberufung und Amtsniederlegung sowie von der fortdauernden Pflichtenstellung, weil er z. B. den Versicherungen des Bestatters geglaubt habe, alles sei in Ordnung. Es ist jedoch zu beachten, dass sich der Altgeschäftsführer 185 BGH (04. 11. 1988), NJW 1989, 781; BGH (28. 07. 2005), NZV 2005, 538; BGH (28. 05. 2013), ZIP 2013, 1382; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 333. 186 Ausführlicher dazu Kuhn, S. 161. 187 Zustimmend Schütz, wistra 2016, 55. 188 Vgl. OLG Karlsruhe (30. 05. 2005), ZIP 2005, 1475.

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gerade durch den Geschäftsführerwechsel der zivil- und strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen versucht. Ihm sind also die Umstände bekannt, auf denen die Sittenwidrigkeit und als Folge die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts begründet sind. Deshalb ist Kuhn189 nicht zuzustimmen, dass der Vorsatz des Altgeschäftsführers allein dann angenommen werden könne, wenn aus den tatsächlichen Umständen deutlich werde, dass der Altgeschäftsführer eine konkrete rechtliche Bewertung hinsichtlich der Nichtigkeit der Abberufung und Amtsniederlegung sowie der fortdauernden Pflichtenstellung vorgenommen habe. Es muss die Kenntnis der „Bestattungssituation“ genügen. Die genaue rechtliche Wertung ist nicht Teil des Vorsatzes. Der Altgeschäftsführer ist eine Person, die kaufmännische Fähigkeiten hat und daher weiß, dass beim Eintritt der Zahlungsunfähigkeit lediglich die unverzügliche Insolvenzantragstellung oder Sanierungsbemühungen vor Strafbarkeit schützen können. Innerhalb der „Parallelwertung in der Laiensphäre“190 hat er das Unrecht seines Tuns erkannt. Es gehört zu den zentralen Pflichten des Altgeschäftsführers, der Kenntnis von der Insolvenzreife hat, seinen Nachfolger bei Antragstellung zu unterstützen, auch wenn er selbst keinen Antrag gestellt hat. Wirkt der Altgeschäftsführer also bei der Antragstellung nicht mit, so kommt er vorsätzlich der Erfüllung seiner Antragstellungspflicht nicht nach. Darüber hinaus ist es bei solchen Fallkonstellationen fraglich, ob dem Geschäftsführer der GmbH die zur Deutung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft erforderlichen Fähigkeiten oder das Fachwissen fehlen, wenn er diese Überprüfung durch einen erfahrenen Berater (Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) vornehmen lässt. Nach verbreiteter Meinung in der Praxis bedeutet dies, dass bei solchen Konstellationen entscheidend ist, wie der Berater die Situation der Gesellschaft einschätzt. Kommt der Berater zu dem Schluss, dass keine Insolvenzreife eingetreten ist, handelt der Geschäftsführer nicht vorsätzlich und macht sich dementsprechend auch nicht nach § 15a IV InsO strafbar. Falls das Gutachten des Beraters fehlerhaft ist, kann dies dem Geschäftsführer nicht zugerechnet werden; es sei denn, es wird nachgewiesen, dass der Berater bewusst falsch oder bewusst lückenhaft informiert worden ist.191 Häufig versuchen Altgeschäftsführer bei Bestattungsfällen Ermittlungsorgane und ihre Gläubiger dadurch zu täuschen, dass sie die Wirtschaftsberatungsgesellschaften mit der Überprüfung beauftragen, ob „ein Fortbestand möglich sei“ und ob man anderenfalls die Abwicklung der Gesellschaft vornehmen müsse.192 Diese Beauftragung ist nicht als ein rechtfertigender Grund zu bewerten. Das wird auch dadurch deutlich, dass die Unternehmensberater in diesen Fällen regelmäßig überhaupt keine Prüfung vornehmen. Der Geschäftsführer ver189

Vgl. Kuhn, S. 164 ff. Dazu Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 353. 191 Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 504. 192 Offensichtlich in den Fällen: OLG Celle (16. 12. 2003) NZI 2004, 260; OLG Schleswig (04. 02. 2004), NZI 2004, 264; OLG Schleswig-Holstein (21. 01. 2004), Der Betrieb, 2004, 753; OLG Karlsruhe (30. 05. 2005), NZI 2005, 505; OLG Celle (05. 09. 2006), ZInsO 2006, 1106; LG Berlin (08. 03. 2006), ZInsO 2006, 722; AG Duisburg (02. 01. 2007), NZI 2007, 354. 190

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folgt also gar nicht das Ziel einer echten Prüfung, vielmehr soll der Hinweis auf die Überprüfung lediglich den Anteilsankauf, die Sitzverlegung sowie die Abwicklung rechtfertigen. Der Altgeschäftsführer beabsichtigt also schon beim Eingehen auf das Angebot des Bestatters, keine ernsthafte Prüfung der Lage der Gesellschaft. Dieses Täuschungsmanöver hat dementsprechend keine legitimierende Bedeutung. Der Nachweis des Vorsatzes in Form des dolus eventualis ist in Unternehmensbestattungsfällen zumeist unproblematisch. Die Annahme des Angebots des Bestatters hat insoweit Indizwirkung. Sie signalisiert im Regelfall, dass die Altgeschäftsführer/Altgesellschafter sich unrechtmäßig ihrer Gesellschaft entledigen wollen.193 (2) Fahrlässigkeit bei der Insolvenzverschleppung (§ 15a V InsO) Die Fahrlässigkeit ist ein besonderer Typ strafbaren Verhaltens, der wie der Vorsatz sowohl Verhaltens- als auch Schuldelemente enthält.194 Bei einer Insolvenzverschleppung kommt Fahrlässigkeit dann in Betracht, wenn der Täter keinen Insolvenzantrag stellt, weil er die tatsächlichen Voraussetzungen der Antragspflicht verkennt oder irrtümlich von Umständen ausgeht, welche die Insolvenzantragspflicht wieder entfallen lassen.195 Wie oben dargestellt, lässt das Unterlassen der Antragstellung mangels Kenntnis der Geschäftsführerstellung bei dem Wechsel des Altgeschäftsführers an den Neugeschäftsführer den Vorsatz nicht entfallen. Insoweit kommt nur ein Verbotsirrtum in Betracht (§ 17 StGB). Dasselbe gilt, wenn der Altgesellschafter irrtümlich davon ausgeht, der vom Neugeschäftsführer gestellte Antrag lasse seine Antragspflicht entfallen, denn die Umstände, auf denen die Sittenwidrigkeit der Unternehmensbestattungsmaßnahmen fußen, sind dem Altgeschäftsführer bekannt. Er weiß, dass der vom Neugeschäftsführer gestellte Antrag falsche Angaben enthält und auf die Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse zielt. cc) Rechtswidrigkeit und Schuld Hier existieren keine besonderen Gründe, die die Rechtswidrigkeit oder Schuld des Täters ausschließen könnten. Ein Irrtum über die aus der Stellung als Geschäftsführer folgende Antragspflicht ist – wie dargelegt – nicht als Tatbestands-, sondern als Verbotsirrtum zu werten.196 Da im Regelfall von einer Vermeidbarkeit des Irrtums auszugehen ist, ist allenfalls an eine Strafmilderung zu denken (§ 17 S. 2 StGB). 193

Kuhn, S. 161. Ausführlich hierzu Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 657 ff. 195 KPB/Steffek, InsO, § 15a Rn. 90; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, Vor § 64 Rn. 105; Scholz/Tiedemann, GmbHG, Vor § 82 Rn. 58, 59; HamKomm/Borchardt, InsO, § 15a Rn. 20, 21; Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 503. 196 Auch so Kuhn, S. 171. 194

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dd) Ergebnis Der Altgeschäftsführer einer GmbH kann bei einer Unternehmensbestattung wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a IV, I InsO bestraft werden. Ungeachtet des Versuchs, die Verantwortung auf den Neugeschäftsführer zu übertragen, kommt eine Strafbarkeit nach den Regeln des Vorsatzdelikts in Betracht. Wenn der Altgeschäftsführer hingegen nicht gleichzeitig Gesellschafter ist, ist eine Strafbarkeit des Altgesellschafters wegen einer Insolvenzverschleppung nach § 15a IV, III, I InsO zu verneinen. Der Grund, weshalb der Altgesellschafter strafbar ist – die Führungslosigkeit der Gesellschaft – fehlt in den Unternehmensbestattungsfällen. Die „Quasi-Führungslosigkeit“ darf wegen des Analogieverbots (§ 103 II GG und § 1 StGB) nicht der Führungslosigkeit gleichgestellt werden. b) Insolvenzstraftaten nach § 283 ff. StGB Obwohl die Handlungen vom Altgeschäftsführer/Altgesellschafter der GmbH die Tatbestände einer Insolvenzverschleppung erfüllen können, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass bei einer Unternehmensbestattung eine Subsumtion allein unter § 15a InsO nicht befriedigend ist, da der Strafrahmen einer Insolvenzverschleppung deutlich unter dem des Bankrotts gem. § 283 I StGB liegt.197 In jüngster Zeit haben sich deshalb sowohl die Rechtsprechung198 als auch das Schrifttum199 zur Problematik der Bankrott- oder Insolvenzdelikte im Zusammenhang mit der Unternehmensbestattung geäußert. Eine gefestigte Ansicht, unter welche konkrete Ziffer des § 283 I StGB die Unternehmensbestattungsfälle gefasst werden könnten, ist aber noch nicht entstanden. Die Strafbarkeit des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers der GmbH nach § 283 I StGB festzustellen, ist also Gegenstand nachfolgender Untersuchung. aa) Objektiver Tatbestand Gemäß § 283 I StGB macht sich strafbar, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eintretender Zahlungsunfähigkeit eine der im Gesetz enumerativ aufgelisteten Handlungen (Nr. 1 – 8) an den Tag legt. Gemäß § 283 II StGB wird ebenso bestraft, wer durch eine dieser Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt. Auch im Falle der Unternehmensbestattung geht es um 197 So auch Bittmann, Die „limitierte“ GmbH aus strafrechtlicher Sicht, GmbHR 2007, 70, 71; Brand/Reschke, ZIP 2010, 2134; Kümmel, wistra 2012, 165. 198 BGH (24. 03. 2009), ZIP 2010, 471; BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1892 sowie LG Frankfurt a.M., 2. Große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer, Urteil von 02. 07. 2010 (Az.: 5/2 KLs – 7620 Js 235977/06) – nicht veröffentlicht. 199 Vgl. Goltz/Klose, NZI 2000, 113; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 53 ff.; Brand/Reschke, ZIP 2010, 2134 ff.; Kuhn, S. 172 ff., 187 ff., 194 ff.; Kümmel, wistra 2012, 165 ff.

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Handlungen im Zusammenhang einer wirtschaftlichen Krise der juristischen Person.200 Bei einer Unternehmensbestattung ist es allerdings oft schwierig und teilweise unmöglich, den Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu ermitteln. Die Zahlungsunfähigkeit muss aber natürlich bereits im Tatzeitpunkt vorgelegen haben – „zumindest eine juristische Sekunde vor der Übertragung“201 der zu bestattenden Gesellschaft. Bevor die jeweiligen Tatbestände dargestellt werden können, muss zunächst der Kreis der möglichen Täter bestimmt werden. (1) Als Täter taugliche Personen Die Insolvenzdelikte nach § 283 ff. StGB sind Sonderdelikte, die ungeachtet des Wortlauts des Gesetzes „wer […]“ nur von einem „Schuldner“ begangen werden können. Wer Schuldner ist, wird durch das Zivilrecht bestimmt, ist also eine natürliche oder juristische Person. Im Falle der Unternehmensbestattung ist der Schuldner eine juristische Person. Das Unternehmen kann aber nach derzeitiger Rechtslage in Deutschland mangels Handlungs- und Schuldfähigkeit nicht zur strafrechtlichen Verantwortung herangezogen werden. Vor diesem Hintergrund rechnet § 14 StGB unter bestimmten Voraussetzungen die Schuldnereigenschaft, die ein besonderes persönliches Merkmal in Sinne dieser Vorschrift darstellt, den als organschaftlichen Vertretern oder aufgrund eines Auftrages für die juristische Person handelnden natürlichen Personen zu. Lange Zeit hat der Bundesgerichtshof202 – unter teilweiser Zustimmung im Schrifttum203 – eine Haftung nach § 14 StGB von einem weiteren subjektiven Merkmal abhängig gemacht: Der Vertreter muss zumindest im Interesse des Schuldners tätig werden (sog. Interessentheorie). Das Interesse des Schuldners sei hier nicht notwendigerweise derart auszulegen, dass die juristische Person einen objektiven Vorteil erlangt haben müsse, vielmehr könne die Handlung die Gesellschaft durchaus geschädigt haben.204 Habe der Vertreter jedoch ausschließlich aus 200

s.o. in Abschn. B.I.1.a)aa)(2)(a); zum Begriff „Krise“ Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 54 ff.; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 253; Tiedemann, GmbH – Strafrecht, Rn. 27; Heine, in: Schönke/ Schröder, § 283 Rn. 50. 201 Vgl. Kümmel, wistra 2012, 169. 202 Dazu schon BGH (05. 10. 1954), NJW 1954, 1856; BGH (21. 05. 1969), NJW 1969, 1494; BGH (20. 05. 1981), NStZ 1981, 437; BGH (17. 03. 1987), NStZ 1987, 279 ff.; BGH (01. 02. 1989), wistra 1989, 264; BGH (20. 07. 1999), NJW 2000, 156; BGH (14. 12. 1999), wistra 2000, 136. 203 Müller-Gugenberger/Bieneck/Schmid, Wirtschaftsstrafrecht, § 30 Rn. 99; Köhler, in: Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, Kap. 7, Rn. 96 ff.; Büning, Die strafrechtliche Verantwortung faktischer Geschäftsführer einer GmbH, 2004, S. 60. 204 BGH (04. 04. 1979), NJW 1980, 406; auch darüber Nestler, Abschied von der Interessentheorie: Vom Regen in die Traufe? in: Steinberg/Valerius/Popp, Das Wirtschaftstrafrecht des StGB, S. 143; Kuhn, S. 173.

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Eigennutz oder im Interesse einer anderen juristischen Person, bspw. einer neu gegründeten GmbH gehandelt, so komme eine Strafbarkeit wegen eines Bankrottdeliktes nicht in Betracht, weil er eben nicht als vertretungsberechtigtes Organ und somit auch nicht für den Schuldner tätig geworden sei. Denkbar sei dann allein eine Strafbarkeit wegen Untreue, § 266 StGB.205 Das Handeln im Eigen- oder im Drittinteresse war also Trennlinie zwischen den Bankrottdelikten der § 283 ff. StGB einerseits und der Untreue nach § 266 StGB, aber auch den Eigentumsdelikten nach §§ 242, 246 StGB andererseits. Diese von der Rechtsprechung entwickelte Interessentheorie ist in der Literatur206 auf vielfältige Kritik gestoßen. Zum einen führe die Interessentheorie dazu, dass Einzelkaufleute und Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft trotz gleichen Verhaltens nicht gleich behandelt würden. Nach der Interessenformel sei ein Geschäftsführer-Gesellschafter einer Ein-Mann-GmbH gegenüber einem mit Zustimmung der Gesellschafter handelnden Geschäftsführer privilegiert und absurderweise nicht strafbar, wenn er Mittel der Gesellschaft für seinen Unterhalt verwendet habe. Solche Ungleichbehandlungen von Einzelkaufleuten und Organen von Kapitalgesellschaften konterkarierten den Schutzzweck der § 283 ff. StGB. Teilweise wird im Schrifttum deshalb eine „modifizierte“ Interessentheorie vertreten. Die Interessentheorie soll danach dann nicht einschlägig sein, wenn es sich um Organe von EinPersonen-Gesellschaften handele, die sämtliche Geschäftsanteile besitzen.207 Ferner greife § 283 I Nr. 1 StGB trotz genereller Anerkennung der Interessentheorie ein, wenn ein eigennützig handelnder Geschäftsführer einer Kommanditgesellschaft das Einverständnis des Komplementärs für sein Verhalten erhalte.208 Diese Differenzierungen erscheinen aber ziemlich willkürlich und sprechen eindeutig gegen die Interessentheorie. Ganz generell erscheinen die von der Interessentheorie bedun205 Ausführlicher dazu Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 217 ff.; ders., Abschied von der Interessentheorie – und was nun? NStZ 2010, 9 f.; DehneNiemann, Ein Absang auf die Interessentheorie bei der Abgrenzung von Untreue und Bankrott, wistra 2009, 417 ff.; Nestler, in: Steinberg/Valerius/Popp, Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 139; Bittmann, Das Ende der Interessentheorie – Folgen auch für § 266 StGB? wistra 2010, 8 ff. 206 Vgl. Labsch, wistra 1985, 59; Ogiermann, wistra 2000, 250 f.; Kasiske, Existenzgefährdende Eingriffe in das GmbH-Vermögen mit Zustimmung der Gesellschafter als Untreue, wistra 2005, 85; Hager, Der Bankrott durch Organe juristischer Personen, 2007, S. 166 ff.; Radtke, Anm. zu BGH, wistra 2009, 275, GmbHR 2009, 875 ff.; Hagemeier, Anm. zu BGH (24. 03. 2009), StV 2010, 28; Köhler, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 7, Rn. 154 ff.; MüKo-StGB/ Radtke, § 14 Rn. 59 ff.; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 44; Tiedemann, Insolvenzstrafrecht, Vor § 283 Rn. 81 ff.; auch hierzu Kuhn, S. 175 f.; Reichelt, Untreue und Bankrott. Zum Problem einer strafrechtlichen „Doppelhaftung“ des Geschäftsführers der GmbH in der Insolvenz, 2011, S. 154 ff.; Nickmann, Krise, Insolvenz und Strafrecht – ein Beitrag zur Abgrenzung von Bankrott und Untreue bei der GmbH, 2012, S. 202 ff. 207 Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 4a. 208 Vgl. BGH (17. 03. 1987), NStZ 1987, 279 ff.; BGH (12. 05. 1989), wistra 1989, 264; BGH (10. 02. 2009), wistra 2009, 277; BGH (15. 05. 2012), NStZ 2012, 631; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 70, S. 82; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 4a.

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genen Strafbarkeitslücken bei Verletzungen der Buchführungs- und Bilanzierungspflichten höchst problematisch. Verletzungen der in §§ 283 I Nr. 5 – 7 StGB209 sanktionierten Pflichten können nie im Interesse der Gesellschaft liegen, weshalb auf dem Boden der Interessentheorie eine Strafbarkeit der vertretungsberechtigten Person wegen § 283 I StGB eigentlich immer ausscheiden müsste. Der Untreuetatbestand kann diese Lücke nicht füllen, denn er verlangt einen kausal aus der Handlung resultierenden Schaden, während die Verletzung der Buchführungs- und Bilanzierungspflichten allenfalls eine abstrakte Gefährdung bewirkt, die es noch nicht erlaubt, von einer konkreten Vermögensgefährdung i.S.d. § 266 StGB zu sprechen. Zudem versagt die Interessentheorie beim Versuch (§ 283 III StGB), bei den fahrlässigen Tatbegehungen (§ 283 IV, V StGB) sowie bei den bankrottähnlichen Delikten der §§ 283b, 283c StGB. Ferner ist anzumerken, dass eine unbewusste fahrlässige Bankrotthandlung, die vom Täter (zumindest auch) im Interesse der Gesellschaft vorgenommen wird, kaum denkbar erscheint.210 Inzwischen haben diese Widersprüche zu einem Meinungsumschwung im Schrifttum geführt. Die heute herrschende Auffassung211 setzt ein Handeln „als“ Vertreter in Abhängigkeit zum „Aufgaben- und Pflichtenkreis“ voraus (sog. Funktionstheorie). Für diese Theorie spreche, dass der Wortlaut des § 14 I Nr. 1 StGB keine Basis für die Interessentheorie biete. Voraussetzung für die Zurechnung nach § 14 I Nr. 1 StGB sei allein, dass zwischen dem Handeln des Geschäftsführers und seiner besonderen Organstellung ein funktionaler Zusammenhang bestehe. Von einem solchen Zusammenhang sei auszugehen, wenn der Geschäftsführer in dieser seiner Rolle agiere und sein Handeln bereits objektiv einen eindeutigen Bezug zum übertragenen Aufgabenkreis (Vertretungsbezug) aufweise und somit von Dritten 209 Aus der Vorschrift des § 283 I Nr. 6 StGB ergibt sich aber eine Besonderheit: Zur Aufbewahrung der Handelsbücher und sonstiger Unterlagen ist nicht ein Schuldner, sondern ein Kaufmann verpflichtet. Dies veranlasst manche dazu, § 283 I Nr. 6 StGB für kein Sonderdelikt zu halten (Täter können alle Schuldner sein, die nicht buchführungspflichtig sind): so Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 39; Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 123; MüKo-StGB/ Radtke/Petermann, § 283 Rn. 52. Diese Ansicht erscheint aber nur auf den ersten Blick begründet. Auf dem Gesamtgefüge des § 283 StGB ergibt sich hingegen, dass die Täterschaft nach § 283 I Nr. 6 StGB, wie bei anderen Bankrotttatbeständen, die besonderen Eigenschaften des Kaufmanns sowie die Verbindung mit dem Vermögen verlangt. Strafbar wird also nach § 14 I StGB nur derjenige, dem die Pflicht zur Betreuung der Vermögensinteressen der Gesellschaft obliegt; so auch Ogiermann, wistra 2000, 251; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 193 ff. 210 Insbesondere kritisch BGH (15. 05. 2012), NStZ 2012, 632; MüKo-StGB/Radtke, § 14 Rn. 59 ff.; Dehne-Niemann, wistra 2009, 419; Nestler, in: Steinberg/Valerius/Popp, Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 146 ff.; Stockburger, Unternehmenskrise und Organstrafbarkeit wegen Insolvenzstraftaten, S. 290 ff.; Hager, S. 168; Nickmann, S. 212 f.; vgl. Bittmann in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 46 ff., 56. 211 Labsch, wistra 1985, 59 ff.; Schäfer, wistra 1990, 80, 84; Grub, Die insolvenzstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften, S. 152 ff.; Kasiske, wistra 2005, 86; Perron, in: Schönke/Schröder, § 14 Rn. 26; Tiedemann, Insolvenzstrafrecht, Vor § 283 Rn. 80, 84 ff.; Hager, S. 210 – 213.

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nicht lediglich „bei Gelegenheit“ begangen werde. Seien diese Kriterien erfüllt, komme es nicht mehr darauf an, in wessen Interesse der Vertreter handele.212 Gegen die beiden dargestellten Theorien vertritt seit 1998 Radtke ein „Zurechnungsmodell“,213 vom dem er meint, dass es die Schwächen der Interessen- und Funktionstheorie vermeidet. Nach dem Zurechnungsmodell soll ein bloßes Handeln im Geschäftskreis des Vertretenen nicht genügen, vielmehr hänge die Anwendbarkeit des § 14 I Nr. 1 StGB davon ab, ob das Vertreterverhalten im Zusammenhang mit der übernommenen Pflichterfüllung stehe. Ausgangspunkt des sich am Vertretungsbezug orientierenden Modells sei eine Trennung in rechtsgeschäftliches Vertreterverhalten einerseits und rein faktisches Verhalten andererseits. Im Falle rechtsgeschäftlichen Handelns gelte § 14 StGB bei einem Handeln im Namen des Vertretenen oder bei einem Eintritt der Rechtswirkungen aufgrund der bestehenden Vertretungsmacht unmittelbar bei dem Vertretenen. Gehe es um ein Unterlassen (z. B. Verletzung der Buchführungs- sowie Bilanzierungspflichten), beruhe die Anwendbarkeit von § 14 StGB schon darauf, dass der Vertreter die Erfüllung der Pflichten übernommen habe. Bei tatsächlichem Handeln (z. B. in § 283 I Nr. 1 StGB) liege der Vertretungsbezug in der Zustimmung des Vertretenen.214 Sei der Vertretene die Gesellschaft selbst, trete an die Stelle des Vertreters dessen Hauptwillensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten. Die Zurechnung nach § 14 I Nr. 1 StGB setze aber immer voraus, dass die Zustimmung des Vertretenen innerhalb der gesellschaftlich festgeschriebenen Dispositionsgrenzen liege. Somit scheide ein wirksames Einverständnis sowie die Zurechnung der Schuldnereigenschaft aus, wenn „unter Verstoß gegen das Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, etwa durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität“215. Inzwischen hat der 3. Strafsenat des BGH in einem Beschluss vom 10. 02. 2009216 die im Schrifttum an der Interessentheorie geäußerte Kritik aufgegriffen und ist in einem obiter dictum von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Strafbarkeit des Gesellschaftsvertreters nach der Interessenformel dahingehend abgewichen, dass er die Zurechnung der Schuldnereigenschaft im Sinne der §§ 283 ff. StGB nunmehr maßgeblich nur noch daran anknüpft, ob der Täter im Geschäftskreis des Vertretenen tätig geworden ist. Ein subjektives Element werde also nicht mehr gefordert und der Geschäftsführer handele bereits „als“ Organ, wenn er auf rechtsgeschäftlicher Ebene 212 Perron, in: Schönke/Schröder, § 14 Rn. 26; Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 226 f.; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 365; Reichelt, S. 196 f.; BGH (15. 05. 2012), NStZ 2012, 632. 213 MüKo-StGB/Radtke, § 14 Rn. 66 ff.; vgl. den organisationsbezogenen Ansatz von Brand, S. 234 f. 214 MüKo-StGB/Radtke, § 14 Rn. 67, 68; Radtke, Anm. zu BGH (15. 09. 2011), NStZ 2012, 92. 215 Radtke, Anm. zu BGH (15. 09. 2011), NStZ 2012, 93. 216 BGH (10. 02. 2009), wistra 2009, 275 = NJW 2009, 2225.

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entweder im Namen des vertretenen Gemeinschuldners agiere oder letzteren die Rechtswirkungen des Geschäfts unmittelbar treffen; bei faktischen Handlungen des Geschäftsführers führe die Zustimmung des Schuldners zur Zurechnung der Schuldnereigenschaft an den Geschäftsführer.217 Im Gegensatz zu dieser totalen Kehrtwende des 3. Strafsenats hat sich der 5. Strafsenat218 zunächst noch nicht für eine grundsätzliche Abkehr von der Interessentheorie ausgesprochen, sondern nur angemerkt, dass jedenfalls bei der Unternehmensbestattung ausnahmsweise „die so genannte Interessentheorie auf § 283 I Nr. 8 Alt. 2 StGB keine Anwendung finden“ dürfe. Der 1. Strafsenat tendierte in einem Beschluss vom 01. 09. 2009219 dazu, die Interessentheorie sogar endgültig aufzugeben. Er hat deshalb bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob sie an der früheren Rechtsprechung, also an der Interessentheorie, festhalten oder sich der neuen Rechtsprechung des 3. Strafsenats anschließen wollen. Alle Senate haben ihre Zustimmung zur Auffassung des 3. Strafsenats erklärt.220 Bis heute ist letztlich nicht geklärt, ob sich der BGH nach Abkehr von der Interessentheorie nun zur Funktionstheorie oder zum Zurechnungsmodell bekennt. Zum Teil wird im Schrifttum behauptet, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung heute der Funktionstheorie folgt,221 andere halten sie hingegen für Befürworter des Zurechnungsmodells.222 Da der BGH im Bereich des „faktischen Verhaltens“ für die Zurechnung der Schuldnereigenschaft auf die „Zustimmung“ durch den Vertretenen abstellt,223 kann er nur dahingehend interpretiert werden, dass er sich ein für alle Mal von der Interessenformel verabschiedet und zugunsten eines (modifizierten) Zurechnungsmodells ausgesprochen hat.224 217

BGH (10. 02. 2009), wistra 2009, 277; Brand, NStZ 2010, 10. BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 274; hierzu noch Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 890. 219 BGH (01. 09. 2009), wistra 2009, 475; auch so in Anfrage-Beschl. vom 3. Strafsenat, BGH (15. 09. 2011), NStZ 2012, 89. 220 BGH (18. 10. 2011), wistra 2012, 346; BGH (29. 11. 2011), wistra 2012, 113; BGH (10. 01. 2012), wistra 2012, 191; BGH (15. 09. 2011), NStZ 2012, 89; BGH (15. 05. 2012), NStZ 2012, 632. 221 Stockburger, S. 294; Kuhn, S. 174; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 71, S. 83; Perron, in: Schönke/Schröder, § 14 Rn. 26; Kümmel, wistra 2012, 166; vgl. Brand/Reschke, ZIP 2010, 2138; Anders, Zur Bestimmung der Grenze des Gesellschafterseinverständnisses bei der GmbH-Untreue, NZWiSt 2017, 19 f. 222 Ähnlich „Gleichstellungsmodell“ von Nickmann, S. 236 ff. 223 BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1894. 224 Vgl. BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1894; Brand, NStZ 2010, 10 f.; Nestler, in: Steinberg/Valerius/Popp, Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 153 f.; Brand, Anm. zu BGH (15. 11. 2102), NZG 2013, 400; Bittmann, wistra 2010, 10; Leipold/Schaefer, Vermögensverschiebung des GmbH-Geschäftsführers in der Krise – Bankrott oder Untreue?, NZG 2009, 939; Dehne-Niemann, wistra 2009, 424; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 4b f.; Radtke, GmbHR 2009, 875 ff.; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 595, 890; Nickmann, S. 235, 256; Hagemeier, Anm. zu BGH (24. 03. 2009), StV 2010, 28. Kritisch: Lindemann, Voraussetzungen und Grenzen legitimen Wirtschafts218

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Würde eine Unternehmensbestattung einer GmbH nach der Interessentheorie beurteilt, wäre eine Anwendbarkeit der Bankrottstraftatbestände ausgeschlossen, denn die Vermögensverschiebung aus dem Gesellschaftsvermögen ins Privatvermögen oder ins Vermögen der Auffanggesellschaft, also die Verheimlichung, Zerstörung, Beschädigung und Unbrauchbarmachung der Vermögenswerte können niemals Handlungen im Interesse der Gesellschaft sein. Demgemäß wäre nur eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB möglich. Nach Meinung von Hey/ Regel soll allerdings auch auf der Basis der Interessentheorie eine Strafbarkeit gemäß § 283 I Nr. 1 StGB in Betracht kommen, wenn das Vermögen auf eine Auffanggesellschaft übertragen wird, da sich dabei nur das Rechtskleid des Unternehmens verändere, die Verschiebung des Vermögens zwar nicht im Interesse der krisenbefangenen Gesellschaft, sondern im Interesse der Auffanggesellschaft erfolge, dies aber im Rahmen eines Unternehmens keinen Unterschied mache.225 Dieser Ansicht ist nicht zuzustimmen, weil jeweils verschiedene Rechtsträger bzw. Rechtssubjekte – die zu bestattende Gesellschaft einerseits und die Auffanggesellschaft andererseits –, die verschiedene Interessen haben, berücksichtigt werden müssen. Bei dieser Betrachtungsweise entstünden vor allem dann unerträgliche Strafbarkeitslücken, wenn die Tathandlung nur im Unterlassen der Bilanzierungs- und Buchführungspflichten bestünde. Auf der Grundlage der Interessentheorie müsste nunmehr eine Strafbarkeit nach § 283 I Nr. 6, 7 StGB aufgrund nicht vorhandener Interessen der Gesellschaft abgelehnt werden und eine Strafbarkeit nach § 266 StGB scheiterte mangels Vermögensschadens. Somit wäre eine Strafbarkeit wegen Insolvenzstraftaten nicht gegeben und die Taten der Altgeschäftsführer einer zu bestattenden Gesellschaft blieben ungeahndet. Überzeugender ist deshalb die Funktionstheorie sowie das Zurechnungsmodell, die es gestatten, denjenigen gem. § 25 I Alt. 1 StGB i.V.m. § 14 I Nr. 1 StGB strafrechtlich haften zu lassen, der „die Triebfeder“ der Tat ist.226 Den Weg zu dieser Lösung hat der BGH durch die Entscheidung des 5. Strafsenats vom 24. 03. 2009227 und die Entscheidung des 3. Strafsenats vom 15. 11. 2012228 geebnet und zu Recht hat sich inzwischen die herrschende Rechtsprechung229 und Lehre230 dem angeschlossen: Der Altgeschäftsführer wird im Namen der GmbH tätig; sein Handeln wirkt hierbei nach dem objektiv-funktionalen Zusammenhang sowie dem Zurechnungsstrafrechts, S. 155 f.; insbesondere Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 366, wonach „die Interessentheorie – trotz ihrer Schwächen – nach wie vor Zustimmung verdient“, weil sie am ehesten dem Zweck des § 14 I StGB entspricht; auch so Büning, S. 61. 225 Hey/Regel, GmbHR 2000, 121. 226 Kümmel, wistra 2012, 168. 227 BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 273. 228 BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1892. 229 LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 195 f.; LG Frankfurt a.M., Urteil vom 2. 7. 2010 (Az.: 5/2 KLs – 7620 Js 235977/06). 230 Kleindiek, ZGR 2007, 291; Kilper, 371 ff.; Hellmann/Beckemper, Wirtschafsstrafrecht, Rn. 307a; anderer Ansicht aber Brand/Reschke, ZIP 2010, 2136.

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modell auf die Rechts- sowie Vermögenslage der Gesellschaft ein. Unterlässt der Altgeschäftsführer bei der Unternehmensbestattung die Erfüllung seiner Pflichten, kann dies seine Strafbarkeit begründen, da die Erfüllung der relevanten Pflicht, z. B. der Buchführungspflicht, ihm zuzuordnen ist. Bei tatsächlichen Verhaltensweisen handelt der Altgeschäftsführer immer mit der Zustimmung des Vertretenen, bzw. der Gesellschafter. Auch wenn er gleichzeitig selbst Gesellschafter ist, liegt denknotwendig eine Zustimmung zu der Handlung des Geschäftsführers durch den personenidentischen Alleingesellschafter vor.231 Auf diese Weise kann dem Altgeschäftsführer die Schuldnereigenschaft im Sinne von § 14 I Nr. 1 StGB und dementsprechend die Täterschaft gem. § 283 I StGB zugerechnet werden. (2) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 1 StGB (a) Verwirklichung des Tatbestands Nach § 283 I Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseiteschafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht. Erfasst werden Handlungen, die die Insolvenzmasse der Gesellschaft vermindern oder jedenfalls vermindern können. Der Gesetzgeber hat im StGB auf eine eigenständige Definition der Insolvenzmasse verzichtet, weshalb bei deren Bestimmung die Vorschriften der §§ 35 InsO maßgeblich sind. Nach § 35 I InsO wird die Insolvenzmasse als das gesamte Vermögen definiert, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Somit zählen zur Insolvenzmasse alle geldwerten beweglichen und unbeweglichen Sachen, Forderungen, wenn diese nicht gänzlich wertlos sind, sowie sonstige Rechte.232 Darüber hinaus fallen hierunter vom Schuldner unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Sachen sowie verpfändete oder sicherungsübereignete Gegenstände, ebenso Patente und sonstige gewerbliche Schutzrechte einschließlich des einschlägigen Know-how.233 Zu den Vermögensbestandteilen gehören auch die Geschäftsbücher, die Kundendatei, sichere Gewinnerwartungen und die Arbeitsergebnisse, die von den beim Schuldner beschäftigten Arbeitsnehmern erlangt werden.234 Die oben aufgezählten Vermögensgegenstände werden beiseite geschafft, wenn durch deren räumliche Verschiebung oder eine Veränderung der rechtlichen Lage der Zugriff der Gläubiger erschwert oder unmöglich gemacht wird.235 Im Sinne dieses 231

Vgl. Hager, S. 211. Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 17; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 12; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 3. 233 Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 891; Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 19. 234 Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 96. 235 Vgl. BGH (17. 03. 2015), StV 2017, 79, 80; auch so Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 4; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 13; Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 25; 232

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

weiten Wortlauts können auch Handlungen in Betracht kommen, die bei einer ordnungsgemäßen unternehmerischen Tätigkeit an den Tag gelegt werden. Jedoch wird das Vermögen des Schuldners durch den Abschluss eines wirtschaftlich ausgeglichenen Rechtsgeschäfts nicht verringert, denn der Vermögensgegenstand wird durch einen anderen Gegenstand, eine andere Forderung oder ein anderes Recht ersetzt. Nach herrschender Meinung236 setzt das Beiseiteschaffen voraus, dass der Rahmen der ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung bei der Vermögensverschiebung überschritten sowie die hierfür erlangte, dem Wert entsprechende Gegenleistung nicht ausgeglichen wird. Einschlägig sind Tathandlungen wie die Veräußerung ohne einen entsprechenden Gegenwert, die Scheinveräußerung, die Übertragung auf Ehepartner im Wege des unrichtigen Darlehens- oder Kaufvertrags oder die Belastung mit Grundpfandrechten ohne einen alsbald greifbaren Gegenwert sowie das Transferieren von Geldern auf fremde Konten.237 Somit ist das Beiseiteschaffen erst mit dem Verfügungsgeschäft vollendet, beim Verkauf einer Sache also mit der Übergabe, beim Verkauf einer unbeweglichen Sache erst mit der Eintragung im Grundbuch. Vom Beiseiteschaffen, das auch ein körperliches Verstecken von Vermögensgegenständen umfasst, ist das Verheimlichen abzugrenzen, das jedes Verhalten umfasst, durch das ein Vermögensbestandteil oder dessen Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse der Kenntnis der Gläubiger oder des Insolvenzverwalters entzogen wird.238 Die Tathandlung kann sowohl durch ein aktives Tun begangen werden, wie Leugnen des Besitzes, falsche Angaben bezüglich des Umfangs des Vermögensbestands sowie falsche Auskünfte gegenüber dem Insolvenzverwalter hinsichtlich der Aussonderungsrechte, als auch durch ein Unterlassen,239 z. B. in Form des Verschweigens bei bestehender Auskunftspflicht. Die Tat ist bereits vollendet, wenn die Zugehörigkeit eines Gegenstands zum Schuldnervermögen verheimlicht wird. Ob die Tatvollendung entfällt, wenn die Gläubiger oder der Insolvenzverwalter

Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 101; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 895. 236 MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 14; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 4; Tiedemann, in: LK- StGB, § 283 Rn. 28; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 66, S. 78; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 266; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 896, 898. 237 Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 66, S. 79; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 104. 238 MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 17; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 5; Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 38; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/ Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 903; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 267; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 110. 239 Vgl. Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 111 nimmt an, dass das Verheimlichen im Gegensatz zum „Beiseiteschaffen“ meistens durch Unterlassen geschieht.

B. Strafrechtliche Folgen

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später vom Schuldner von den richtigen Angaben Kenntnis erhalten, ist in der Literatur umstritten.240 Im Gegensatz zum naheliegenden Beiseiteschaffen, unter welchem die Handlungen subsumiert werden, „nach deren Vornahme der Täter weiterhin Zugriff auf den beiseite geschafften Gegenstand oder dessen Wert behält“241, ist das Verheimlichen ein engerer Begriff, der nur ein Verbergen des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens umfasst. Als Indiz für das Beiseiteschaffen und Verheimlichen des Vermögens dient bei Verträgen auch der niedrige Kaufpreis wie auch das Fehlen eines greifbaren Gegenwerts, der meistens durch die Übernahme von Verbindlichkeiten der notleidenden Gesellschaft ersetzt wird. Die drei Unterfälle des Beiseiteschaffens – Zerstören, Beschädigen und Unbrauchbarmachen – sind analog dem § 303 StGB (Sachbeschädigung) zu verstehen. Hierbei handelt es sich aber nicht um die Beschädigung eines körperlichen Gegenstands, sondern um die Beschädigung eines nutzbaren Gutes. Zerstören und Beschädigen bedeutet gleichermaßen die Einwirkung auf die Sachsubstanz. Infolge des Beschädigens wird die Sache für ihren Verwendungszweck nur beschränkt brauchbar, beim Zerstören ist die Einwirkung hingegen so groß, dass eine völlige Unbrauchbarkeit für ihren ursprünglichen Verwendungszweck vorliegt.242 Auch zum Unbrauchbarmachen einer Sache gehört es, dass ihre Funktion komplett beseitigt wird.243 Damit der Widerspruch zu den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft deutlich wird, ist auf die entsprechenden Anforderungen ordentlichen kaufmännischen Verhaltens zu verweisen; sind diese überschritten worden, kommt Zerstören, Beschädigen und Unbrauchbarmachen in Betracht. Durch diese Manipulationen wird der Zugriff der Gläubiger sowie Insolvenzverwalter und Ermittlungsorgane erheblich erschwert oder unmöglich gemacht. (b) Die Zurechnung der Manipulationen im Rahmen der Unternehmensbestattung Wie aus den Beispielsfällen zur Unternehmensbestattung folgt,244 ist die Vermögensverschiebung die beliebteste Tathandlung der „kalten Liquidation“ einer GmbH. Oft werden die Vermögensbestandteile verkauft oder ins Privatvermögen der Beteiligten überführt und die notwendige Betriebs- sowie Büroausstattung und die Forderungen sowie die Kundschaft etc. der Auffanggesellschaft übergeben. Die alten 240 Zustimmend hierzu Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 5; eingehend auf ein subjektiv-finales Element beim Täter Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 38. 241 So Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 102. 242 MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 20; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 6; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 906. 243 Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 118; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 6. 244 LG Potsdam (17. 09. 2004), wistra 2005, 193 ff.; BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1892 ff.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Gesellschafter/Geschäftsführer erhalten hierbei Vermögenswerte für ihre weitere unternehmerische Tätigkeit, während die zu bestattende Gesellschaft mangels finanzieller Mittel nicht weiter existieren kann. Wie oben dargelegt, wird hier – in Übereinstimmung mit der heute herrschenden Meinung – nicht der Interessentheorie, sondern dem Zurechnungsmodell gefolgt. Deshalb kann im Rahmen der Strafbarkeit nach § 283 I Nr. 1 StGB die Tätigkeit des Altgeschäftsführers, der ungeachtet der Amtsniederlegung oder Abberufung im Amt bleibt, dem Schuldner zugerechnet werden. Bei der Übertragung des Vermögens auf den Altgeschäftsführer oder den Altgesellschafter oder auf die Auffanggesellschaft fungiert er als das vertretungsberechtigte Organ der Gesellschaft – unabhängig davon, ob diese Handlungen zivilrechtlich wirksam sind oder nicht. (3) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 5 StGB § 283 I Nr. 5 StGB dient dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger, wenn der Kaufmann rechtzeitig die in der Gesellschaft vorkommende wirtschaftliche Krise deshalb nicht erkennen kann, weil er Handelsbücher, zu deren Führung er grundsätzlich nach § 238 HGB verpflichtet ist, unterlässt zu führen oder so führt bzw. verändert, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird. In der Unternehmensbestattungspraxis wird häufig bereits im Vorfeld der konkreten Maßnahmen der Bestatter der Tatbestand des § 283 I Nr. 5 StGB verwirklicht.245 Täter ist dann in der Regel der Altgeschäftsführer, denn er ist derjenige, der innerhalb der GmbH zur Buchführung verpflichtet ist, diese jedoch unterlässt oder so führt, dass der richtige Vermögensstand unklar wird. (4) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 6 StGB Nach § 283 I Nr. 6 StGB wird das Beiseiteschaffen, Verheimlichen, Zerstören und Beschädigen von Handelsbüchern und sonstigen Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, sanktioniert. Zu sonstigen Unterlagen nach § 257 I HGB gehören Inventare, Bilanzen, Jahresabschlüsse, Handelsbriefe und Buchungsbelege. Überdies wird in der Literatur die Auffassung246 vertreten, dass nach dem Wortlaut von § 283b I Nr. 2 StGB sowie der Erstreckung der Strafbarkeit des § 283 I Nr. 6 StGB auf zwar buchführende, aber nicht zur Buchführung verpflichtete Täter, als taugliche Tatobjekte auch andere Bücher einbezogen werden können, die lediglich freiwillig geführt werden. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Nach dem Sinn und Zweck der Norm des § 283 I Nr. 6 StGB sollen die Gläubiger speziell vor der Übermacht der Kaufleute geschützt werden, die ein 245

So Hey/Regel, GmbHR 2000, 122; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 60. 246 Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 39; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 93, S. 104; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 943; einschränkend MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 51, 53; ablehnend Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 194.

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einschlägiges Herrschaftswissen besitzen. Dieser erhöhte Schutz wird aber nur insoweit gefordert, als es sich um gesetzlich vorgesehene Pflichten handelt. Es wird eine enge Verzahnung vom Handelsrecht und Strafrecht angestrebt. Deshalb sind im Rahmen des § 283 I Nr. 6 StGB als „sonstige Unterlagen“ nur solche Unterlagen zu verstehen, die von einem Kaufmann in Erfüllung seiner kaufmännischen Pflichten geführt werden müssen. Die im Gesetz beschriebenen Tathandlungen stimmen mit den oben erläuterten Begriffen des § 283 I Nr. 1 StGB überein. Geschützt ist hier aber nicht die Substanz der Bücher als solche, sondern nur ihr Inhalt.247 Daraus folgt, dass durch die Handlungen die Übersicht über den Vermögensstand des Schuldners erschwert werden muss. So reicht es für die Strafbarkeit nach § 283 I Nr. 6 StGB nicht aus, wenn ein Handelsbuch zwar erheblich beschädigt worden ist, der Inhalt und die Übersichtlichkeit über den Vermögensstand jedoch nicht betroffen sind. Handelt es sich um Unternehmensbestattungsfälle, ist die Vernichtung der relevanten Geschäftsunterlagen der jeweiligen GmbH von großer Bedeutung,248 da durch diese Maßnahmen die Übersicht über die wirkliche wirtschaftliche Lage der Gesellschaft erschwert oder komplett unmöglich gemacht wird und somit auch eine Strafverfolgung gegen die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer teilweise oder gänzlich verhindert wird. Die Strafbarkeit nach § 283 I Nr. 6 StGB kommt aber nur dann für den Altgeschäftsführer in Betracht, wenn er im Besitz der Handelsbücher und/oder anderen Geschäftsunterlagen ist, für deren Aufbewahrung er zu sorgen hat, oder wenn er die Herrschaft über die Räumlichkeit ausübt, in der die Unterlagen gelagert werden und er nunmehr diese selbst beiseiteschafft, verheimlicht oder zerstört und damit den Überblick über die Vermögenslage der Gesellschaft erschwert.249 Häufig werden diese Maßnahmen aber nicht vom Altgeschäftsführer selbst, sondern vom speziell für solche Handlungen bestellten Neugeschäftsführer durchgeführt, da sich die Altgeschäftsführer sowie Hintermänner aus den Handlungen heraushalten wollen. (5) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 7 StGB Parallel zu § 283 I Nr. 5 StGB, der die Verletzung der Buchführungspflicht sanktioniert, stellt § 283 I Nr. 7 StGB die Verletzung der Bilanzierungs- sowie Inventarisierungspflicht unter Strafe. § 283 I Nr. 7 StGB beinhaltet zwei alternative Tathandlungen – mangelhafte Aufstellung einer Bilanz in Nr. 7a und Unterlassung einer rechtzeitigen Bilanz- und Inventaraufstellung in Nr. 7b. Obwohl die Bilan247 Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 203; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 40. 248 Hierzu ausführlich s. o. in Teil 1, F.I.1.f). 249 Vgl.BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1892, 1893; Goltz/Klose, NZI 2000, 113; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 62; Kuhn, S. 177; Schütz, wistra 2016, 56; anlehnend zur Möglichkeit der Verantwortung des Alt- sowie Neugeschäftsführers wegen der Auffindbarkeit von Geschäftsunterlagen Brand/Reschke, ZIP 2010, 2134.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

zierungspflicht zu den allgemeinen Buchführungspflichten gehört, ist sie in Kombination mit der Inventarisierungspflicht für das ordnungsgemäße Wirtschaftsleben von herausragender Bedeutung und erfährt deshalb neben dem Verstoß gegen die allgemeine Buchführungspflicht (Nr. 5) als lex specialis einen gesonderten strafrechtlichen Schutz. Unter einer Bilanz ist nach § 242 I 1 HGB die Darstellung des Vermögens und der Schulden eines Kaufmanns zu einem bestimmten Stichtag zu verstehen, wobei die Aufstellung der Bilanz die kontenmäßige Gegenüberstellung der beiden Posten bedeutet.250 Die in § 242 II HGB bestimmten Begriffe der Gewinnund Verlustrechnung sowie der Lagebericht aus § 242 III HGB sind nicht mit dem Bilanzbegriff gleichzusetzen. Bei dem Inventar, dessen Nichterstellung gem. § 283 I Nr. 7b 2. Alt StGB unter Strafe steht, handelt es sich um ein Verzeichnis, in dem die Vermögensbestandteile der Gesellschaft aufgelistet sind. Die Bilanz sowie das Inventar müssen von gutgläubigen Kaufmännern bei ordnungsgemäßer Buchführung jeweils zu Beginn eines Handelsgewerbes und am Ende eines Geschäftsjahres erstellt werden, um die vollständige Information bezüglich des Vermögensstands des Schuldners zu sichern. Da bei einer Unternehmensbestattung einer GmbH der Altgeschäftsführer üblicherweise auf die weitere Aufstellung von Bilanzen und Inventaren verzichtet, ist im Regelfall auf das Unterlassungsdelikt nach § 283 I Nr. 7b StGB abzustellen. Wird also die Bilanz oder das Inventar spätestens bis zur Zahlungseinstellung (Insolvenzeröffnung) von einem Kaufmann nicht erstellt, greift § 283 I Nr. 7b StGB ein. Dem Unterlassen der Bilanzaufstellung wird auch eine Scheinbilanz mit willkürlichen Vermögensbestandteilen gleichgestellt.251 Es handelt sich um ein echtes Unterlassungsdelikt, das nach ganz überwiegender Ansicht entfällt, wenn sich der Kaufmann zur Erfüllung dieser Pflichten eines Steuerberaters bedienen muss, dies aber mangels finanzieller Ressourcen scheitert.252 Ist der Kaufmann jedoch selbst in der Lage, die Bilanz zu erstellen, kann die Einschaltung eines Steuerberaters ihn nicht von der Strafbarkeit befreien. Wie die Buchführungspflicht kann auch die Bilanzierungspflicht schon vor der Durchführung der Unternehmensbestattung vom Altgeschäftsführer verletzt werden; so z. B. in dem typischen Fall, dass die GmbH in eine schwierige Lage gerät und sich der Altgeschäftsführer entscheidet, der Bilanzierungs- sowie Inventarisierungs250 MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 56; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/ Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 948; ausführlich hierzu Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 215 ff. 251 Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 46; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 62; Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 152; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 105, S. 113; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knieriem/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 1089. 252 Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 47a; Köhler, in: Wabnitz/Janovsky, Rn. 148; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 248; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 956; vgl. Doster, Verspätete beziehungsweise unterlassene Bilanzierung im Insolvenzstrafrecht, wistra 1998, 328.

B. Strafrechtliche Folgen

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pflicht nicht nachzukommen und sich an gewerbsmäßige Abwickler zu wenden. Der Altgeschäftsführer kann ebenfalls zur Verantwortung gezogen werden, wenn er vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit pflichtwidrig nicht die notwendigen Vorkehrungen für die Bilanzerstellung trifft.253 (6) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 8 StGB Schließlich ist nach § 283 I Nr. 8 StGB wegen Bankrotts strafbar, wer in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise, seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert. Diese Norm bildet einen generalklauselartigen Auffangtatbestand254 und soll alle Handlungen erfassen, die in der kasuistischen Aufzählung der übrigen möglichen Bankrotthandlungen in den § 283 I Nr. 1 – 7 StGB nicht beschrieben sind, die aber in gleichem Maße sozialschädlich sind und ebenfalls Gläubigerinteressen verletzen. Bislang hat der Tatbestand des § 283 I Nr. 8 StGB im Rahmen der Strafverfolgung von Insolvenzdelikten keine bedeutende Rolle gespielt. Die Situation hat sich jedoch wesentlich geändert, seitdem sich die Rechtsprechung vermehrt mit der Unternehmensbestattung beschäftigen musste.255 Es stellte sich dabei heraus, dass es häufig nicht möglich erscheint, die in der Praxis bei der Unternehmensbestattung gewählten Varianten unter die speziellen Straftatbestände der § 283 I Nr. 1 bis 7 StGB zu subsumieren.256 Insbesondere gilt dies für die bei Unternehmensbestattungen traditionellen Handlungen wie eine Umfirmierung, Sitzverlegung sowie Bestellung eines Strohmanns, die über die tatbestandlichen Varianten des § 283 I Nr. 1 – 7 StGB hinausgehen. So erwies sich § 283 INr. 8 StGB als ein für die Bewältigung der Unternehmensbestattungskriminalität unverzichtbarer Auffangtatbestand. (a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen § 283 I Nr. 8 StGB enthält zwei Alternativen von Bankrotthandlungen und zwar Verringerung des Vermögensstandes (1. Alt) und Verheimlichen oder Verschleiern der wirtschaftlichen Verhältnisse (2. Alt). Unter Verringerung des Vermögensstandes sind eine Verminderung der Aktiva und/oder eine Erhöhung der Passiva zu verste-

253

Vgl. Gerloff, in: Bittmann, Isolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 65. s. insbesondere BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 274; Kindhäuser, in: NK, StGB, § 283 Rn. 6; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 65; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 49; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 250; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 957; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 306. 255 BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 273; BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1892; hierzu Hagemeier, Anm. zu BGH (24. 03. 2009), StV, 2010, 26 ff.; ders., Zur Auslegung des Tatbestandes des Bankrotts gemäß § 283 I StGB im Kontext von Firmenbestattungen in: Steinberg/ Valerius/Popp, Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 131 ff. 256 Ausführlich hierzu Abschn. b)aa)(2)(b), (3), (4), (5). 254

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hen.257 Im Gegensatz zum Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen nach § 283 I Nr. 1 StGB liegt die Verringerung nicht erst mit dem Erfüllungsgeschäft vor, sondern bereits bei Abschluss eines ungünstigen Verpflichtungsgeschäfts.258 Der Begriff des Vermögensstands im § 283 I Nr. 8 StGB wird weiter als im § 283 I Nr. 1 StGB verstanden, wo nur Bestandteile des Vermögens erfasst werden. Die Generalklausel erstreckt sich auch auf „nicht selbstständig fassbare oder pfändbare Aussichten und Chancen sowie Hoffnungen eines Unternehmens“, falls sie vermögenswert sind.259 Besondere praktische Bedeutung erhält die zweite Alternative des § 283 I Nr. 8 StGB – das Verheimlichen oder Verschleiern der geschäftlichen Verhältnisse. Zentrales Merkmal sind hier die wirtschaftlichen oder – wie es im Gesetz heißt – „geschäftlichen Verhältnisse“, die enger als der Begriff des Vermögens zu verstehen sind. Dazu zählen in Anlehnung an § 400 I Nr. 1 AktG sämtliche Umstände, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit (Bonität) des in der Krise befindlichen Schuldners erheblich sind.260 Neben gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnissen umfasst der Begriff „geschäftliche Verhältnisse“ auch Prognosen und Werturteile sowie Äußerungen des in der Krise befindlichen Kaufmannes.261 Hierunter fallen außerdem noch Angaben über die Lage und die Rendite des Anlageobjekts, die Verschachtelung von beteiligten Gesellschaften262 sowie die personelle Zusammensetzung263, die Eigentumsverhältnisse an den Geschäftsanteilen, der Sitz des Unternehmens, die Firma sowie die Person des Geschäftsführers.264 Darüber hinaus gehören zu den „geschäftlichen Verhältnissen“ auch grundlegende unternehmerische Gesichtspunkte, und zwar Investitionsvorhaben, Planungsmaßnahmen und die zukünftige Entwicklung des Unternehmens.265 257 Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 107, S. 115; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 255; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 959; auch so Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 156; MüKo-StGB/ Radtke/Petermann, § 283 Rn. 66. 258 Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 160; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 66; vgl. Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 255. 259 Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 256. 260 Erstmals ausgelegt von BGH (24. 03. 2009), NStZ 2009, 636 = wistra 2009, 274; zugestimmt von BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1893; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 67; Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 172; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 108, S. 116. 261 Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 261. 262 Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 173; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 261; Hagemeier, in: Steinberg/Valerius/Popp, Das Wirtschaftsstrafrecht des StGB, S. 132; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 961. 263 Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 173; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/ Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 961. 264 Hagemeier, Anm. zu BGH (24. 03. 2009), StV 2010, 27; Hagemeier, in: Steinberg/ Valerius/Popp, S. 129, 132. 265 BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1893.

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Tathandlung ist das Verheimlichen oder Verschleiern. Die beiden Merkmale sind nicht exakt voneinander abzugrenzen. Sie sind ihrem Sinn nach jedoch eng miteinander verbunden. Der Begriff des Verheimlichens wird ebenso wie das gleiche Tatbestandsmerkmal des § 283 I Nr. 1 StGB definiert; und zwar umfasst dies jedes Verhalten, durch das tatsächliche oder rechtliche Zugriffsmöglichkeiten auf das Vermögen der Gesellschaft der Kenntnis der Gläubiger oder des Insolvenzverwalters entzogen werden.266 Die geschäftlichen Umstände werden auch verheimlicht, wenn einige wichtige Informationen weggelassen werden und ein falscher Eindruck über die Zugriffsmöglichkeiten auf das Vermögen der GmbH entsteht. Im Gegensatz zum Verheimlichen sind die geschäftlichen Verhältnisse „verschleiert“, wenn sie inhaltlich unrichtig, unübersichtlich und irreführend dargestellt werden.267 Somit ist die unrichtige Wiedergabe der Verhältnisse des Unternehmens in geschäftlichen Mitteilungen ebenso wie beschönigende Prospektwerbung durch § 283 I Nr. 8 StGB sanktioniert.268 Außerdem setzt § 283 I Nr. 8 StGB voraus, dass die Handlungen des Täters den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechen. Grobe Wirtschaftswidrigkeit liegt vor, wenn das Handeln des Täters im Rahmen der Betriebswirtschaft eindeutig unvertretbar erscheint. Die Unvertretbarkeit muss dabei einem objektiven Dritten geradezu auffallen.269 Beispiel für einen solchen Fall ist die Veräußerung von Vermögensbestandteilen unter dem gezahlten Einkaufspreis. Nach ganz überwiegender Meinung in der Literatur ist dieses Erfordernis sowohl auf die Verringerung des Vermögensstandes wie auch auf das Verheimlichen sowie Verschleiern gleichermaßen anzuwenden.270 (b) Einordnung der Unternehmensbestattung nach § 283 I Nr. 8 StGB Bereits seit dem Aufkommen der Praxis der Unternehmensbestattung mit ihren zahllosen einzelnen Maßnahmen ist deutlich geworden, dass ein Mittel gegen Unternehmensbestattungen nur effektiv sein kann, wenn es das ganze Verfahren der 266

Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, § 283 Rn. 5; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 17, 67; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 108, S. 116. 267 BGH (24. 03. 2009), NStZ 2009, 636 = wistra 2009, 274; Hagemeier, Anm. zu BGH (24. 03. 2009), StV 2010, 27; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 67; Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 174 f.; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 108, S. 116; Dannecker/ Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 963; auch so Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 263. 268 Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 176; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 67. Vgl. Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 49; Kindhäuser, in: NK, StGB, § 283 Rn. 95; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 263. 269 SK-StGB/Hoyer, § 283 Rn. 93; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 68. 270 Tiedemann, in: LK-StGB, § 283 Rn. 177; Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 49; SK-StGB/Hoyer, § 283 Rn. 91; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 68; Dannecker/ Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 958; auch so Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 268.

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„grauen Liquidation“ erfasst. Um dies zu ermöglichen, hat Ogiermann271 schon im Jahr 2000 darauf hingewiesen, dass die Unternehmensbestattung unter den Auffangtatbestand des § 283 I Nr. 8 StGB zu subsumieren ist. Sie bezog sich insoweit auf eine Entscheidung des LG Hamburg vom 01. 09. 1999, die allerdings ihrerseits noch die Interessentheorie befürwortete und deshalb im Ergebnis eine Strafbarkeit gem. § 283 I Nr. 8 StGB ablehnte. Letztendlich verneinte auch Ogiermann eine Strafbarkeit gem. § 283 I Nr. 8 StGB, da die verschleiernden Maßnahmen – Anteilsveräußerung, Sitzverlegung, Firmenänderung, Bestellung des Strohmanns – nicht zu den regelmäßigen kaufmännischen Maßnahmen gehörten; diese Beschlüsse überstiegen die Entscheidungsbefugnis des Geschäftsführers, sodass eine Zurechnung gem. § 14 StGB ausscheide.272 Teilweise wurde eine Einordnung nach § 283 I Nr. 8 StGB auch von Gerloff erwogen, der dann aber die Verantwortlichkeit des Altgeschäftsführers deshalb ablehnte, weil sämtliche Maßnahmen von den neu bestellten Personen veranlasst und durchgeführt würden.273 Nachhaltig hat erst der 5. Strafsenat des BGH auf die Straftatbestände des § 283 I Nr. 8 StGB bei einer „Firmenbestattung“ aufmerksam gemacht. Er hat es für „durchaus erwägenswert“ gehalten, die Anteilsveräußerung, die Umfirmierung, das Abberufen des Altgeschäftsführers und die Sitzverlegung der GmbH unter § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB zu subsumieren. In diesem Zusammenhang weist der BGH darauf hin, dass der Auffangtatbestand jedenfalls mit Blick auf die Gläubigerinteressen auszulegen ist. Bei einer Verheimlichung müsse der Täter die Gläubiger oder den Insolvenzverwalter über Zugriffsmöglichkeiten auf das Schuldnervermögen in Unkenntnis setzen oder halten; bei einer Verschleierung müsse der Täter Vermögensverhältnisse unrichtig darstellen.274 Die Abtretung von Geschäftsanteilen, der Wechsel des Geschäftsführers sowie eine weitere Einflussnahme des bisherigen Geschäftsführers als bevollmächtigter Vertreter bewirkten die Verfälschung der Vermögensverhältnisse und führten zur Verschlechterung der Gläubigerposition. Durch weitere verschleiernde Maßnahmen könnten die Gläubiger von einer Vollstreckung abgehalten werden. Die Unternehmensbestattung unterfiele deshalb dem § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB. Dem hat sich das LG Frankfurt am Main275 angeschlossen, das die formale Übertragung der Anteile zwecks der Vereitelung eines geordneten Insolvenzverfahrens und den unwirksamen Wechsel des Geschäftsführers als die Irreführung der Gläubiger in den tatsächlichen geschäftlichen Verhältnissen einstuft. Seien die im Rahmen der Unternehmensbestattung vorgenommenen Rechtsgeschäfte, bei denen die Rechtsfolgen von den Beteiligten tatsächlich gewollt seien, zivilrechtlich unwirksam, deckten sie die Verschleierung wirtschaftlicher Verhältnisse auf und unterfielen deshalb dem § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB. 271

Ogiermann, wistra 2000, 250, 251. Ogiermann, wistra 2000, 251. 273 Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 66. 274 BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 274. 275 Vgl. LG Frankfurt a.M:, 2. Große Strafkammer, Urteil vom 02. 07. 2010 (Az.: 5/2 KLs – 7620 Js 235977/06). 272

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Im Schrifttum haben Hagemeier und Brand/Reschke zwar die Tendenz nach Zustimmung signalisiert, aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Entscheidung inhaltlich mehr Fragen als Antworten aufwerfe.276 Vor allem bleibe offen, ob die Umwandlung eines notleidenden Unternehmens in eine „Auffanggesellschaft“ durch die Anteilsveräußerung schon § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB unterfiele oder ob es zusätzlich der Bestellung eines tatsächlich unerreichbaren Strohmanns zum Geschäftsführer bedürfe bei gleichzeitiger Sicherung der Zugriffsmöglichkeiten des Altgeschäftsführers/Altgesellschafters. Ferner bleibe unklar, ob jede einzelne Handlung für sich selbst oder nur die Gesamtheit der im Rahmen einer Unternehmensbestattung durchgeführten Handlungen den Tatbestand des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB erfüllen könne.277 Die Anteilsveräußerung per se sei ein neutrales dingliches Geschäft, welches ohne weitere Handlungen zu keiner Verheimlichung oder Verschleierung und folglich zu keiner Strafbarkeit führen könne. Bedenklich sei ferner, dass der BGH die subjektive Zielsetzung der Unternehmensbestattung der Anteilsveräußerung als eine Komponente des Merkmals „Verschleiern“ einstufe,278 was zu einer Vermengung des objektiven und des subjektiven Tatbestandes führe. Darüber hinaus fordere das „Verheimlichen“ und „Verschleiern“ gem. § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB die Erschwerung oder gänzliche Verhinderung des Zugriffs der Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen und die unrichtige Darstellung der Vermögensverhältnisse, die nur durch die weiteren Handlungen wie Umfirmierung, Sitzverlegung, Verschwinden von Geschäftsunterlagen etc. erfolgen könnten. Die Schwächen der BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2000 hat der BGH selbst erkannt und teilweise ausgeglichen. In einer Entscheidung vom 15. 11. 2012279 bestätigt der 3. Strafsenat zwar die Anwendbarkeit des § 283 I Nr. 8 StGB im Falle der Unternehmensbestattung, betont aber ausdrücklich, dass „der formelle Akt der Anteilsübertragung kein vollendetes Verschleiern der geschäftlichen Verhältnisse darstellt“ und der Straftatbestand des § 283 I Nr. 8 StGB erst mit den weiteren Handlungen des Strohmanns verwirklicht wird – was allerdings nicht die Verant276 Hagemeier, Anm. zu BGH (24. 03. 2009), StV 2010, 27; ders. in: Steinberg/Valerius/ Popp, S. 133 – 134, insbesondere 138; Brand/Resche, ZIP 2010, 2135. 277 Vgl. BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 274: „Von § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB könnten sogar auch […] im Rahmen der Firmenbestattung vorgenommene Rechtsgeschäfte erfasst sein“, anders „[…] die Veräußerung der Geschäftsanteile, die Umfirmierung, die Sitzverlegung und das Abberufen des Angeklagten vom Amt als Geschäftsführer unter die Vorschrift des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB […] zu subsumieren“; zustimmend zu einzelnen Handlungen als Tathandlungen Brand/Reschke, ZIP 2010, 2135; andere Meinung nach BGH, 2. Strafsenat, Beschluss vom 16. 02. 2011 (Az.: 2 StR 596/10) – soweit ersichtlich nicht veröffentlicht – der es offen lässt, ob die Verschleierung der wirklichen geschäftlichen Verhältnisse nur in der faktischen Geschäftsführung oder aber in den Gesamtumständen der „Firmenbestattung“ zu sehen ist; dazu zustimmend Kümmel, wistra 2012, 168; Hagemeier, Anm. zu BGH (24. 03. 2009), StV 2010, 27: Verkauf der Geschäftsanteile in Verbindung mit der Umfirmierung, Neubestellung eines Strohmanns und die Sicherung der fortbestehenden Zugriffsmöglichkeiten des Altverantwortlichen seien Tathandlungen des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB. 278 Brand/Reschke, ZIP 2010, 2136; Kümmel, wistra 2012, 168. 279 BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1893.

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wortung des Altgeschäftsführers für das gesamte Geschehen ausschließe. Zum anderen zählt der BGH zu den geschäftlichen Verhältnissen auch die zukünftige Entwicklung des Unternehmens – also die Absicht, das Unternehmen weiter fortzuführen. Über diese Planung seien die Gläubiger bei einer Unternehmensbestattung getäuscht worden, „weil durch den Wechsel des Gesellschafters/Geschäftsführers [sowie durch die durchgeführten weiteren Veräußerungen und die damit verbundene] Sitzverlegung“ verschleiert werde, dass das Unternehmen eigentlich liquidiert werden solle, und „Gläubiger davon abgehalten werden [sollen], in Vermögensgegenstände der Gesellschaften zu vollstrecken“280. Das Ziel, lautlos die notleidende GmbH zu liquidieren, lasse die grobe Wirtschaftswidrigkeit erkennen. Mit dieser höchstrichterlichen Entscheidung wird also klargestellt, dass der Altgeschäftsführer auch nach Anteilsveräußerung für das Unternehmen weiterhin strafrechtlich verantwortlich handeln kann und die Umfirmierung und Sitzverlegung mit zu verantworten hat.281 Als Befürworter des am Zurechnungsmodell orientierten organisationsbezogenen Ansatzes hält Brand282 hingegen das vom 3. Strafsenat vorgeschlagene Ergebnis für nicht überzeugend. Im Gegenteil: Eigentlich müsse der Altgeschäftsführer straflos sein, denn wegen der gesellschaftsrechtlichen Nichtigkeit der Sitzverlegung sowie der Firmenänderung scheitere eine Zurechnung i.S.v. § 14 StGB. Das Handeln des Vertreters könne nur dann dem Handeln des Vertretenen gleichgestellt werden, wenn der Vertretene durch das entsprechende Geschäft des Vertreters rechtlich wirksam gebunden sei; wenn schon die Abberufung des Altgeschäftsführers gem. § 241 Nr. 4 AktG analog nichtig sei und der Altgeschäftsführer sein Amt behalte, müsse dies erst recht für die späteren Handlungen gelten.283 Nach richtiger Ansicht werde aber die Desinformation der Gläubiger bezüglich der Vermögensverhältnisse bereits aus der Anbahnung der Unternehmensbestattung, den Handlungen wie Einschaltung eines Bestatters und der Herbeiführung eines Gesellschafterbeschlusses zur Anteilsveräußerung deutlich. Die damit verbundene Pflichtverletzung des Altgeschäftsführers sei offensichtlich, da aus Sicht der Gläubiger dessen Entscheidungsspielraum überschritten werde.284 Somit seien die Voraussetzungen des Bankrottdelikts des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB schon vom Altgeschäftsführer erfüllt. Eine Zurechnung der Gesellschafterbeschlüsse im Rahmen des § 14 StGB auf den Altgeschäftsführer sei unproblematisch.

280 BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1893; vgl. Schubert, Zur Strafbarkeit wegen Bankrotts in Fällen der sog. Firmenbestattung, wistra 2013, 430; auch so Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 963; Schütz, wistra 2016, 56. 281 Schubert, wistra 2013, 429; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 307a. 282 Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co KG, S. 262. 283 Brand, Anm. zu BGH (15. 11. 2012), NJW 2012, 2370; ders., Anm. zu BGH (15. 11. 2012), NZG 2013, 400; auch hierzu Brand/Reschke, ZIP 2010, 2138. 284 Schubert, wistra 2013, 430.

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Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass im Schrifttum auch erwogen wird, die auf die Umwandlung eines in der Krise befangenen Unternehmens sowie auf den Entzug des Gläubigerzugriffs gerichteten Handlungen als eine natürliche Handlungseinheit und somit als eine Tat des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB zu betrachten. So hebt Hagemeier hervor, dass alle Handlungen nicht nur in der engen zeitlichen Verbindung stehen, sondern auch nach dem Zweck und Plan verbunden sind und deshalb als Einheit eingestuft werden können, die insgesamt die Erfüllung des Tatbestands des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB bedingt.285 (c) Stellungnahme Für die Beantwortung der Frage, ob der Altgeschäftsführer bzw. Gesellschafter einer GmbH im Falle der Unternehmensbestattung gem. § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB bestraft werden kann, ist vorrangig entscheidend, was man unter einer „Unternehmensbestattung“ versteht. Wie oben beschrieben, ist sie eine Form der Wirtschaftskriminalität, bei welcher die beteiligten Personen anhand der per se auch ordnungsgemäß durchführbaren Maßnahmen die illegalen Ziele des Beiseiteschaffens von Unternehmen und der Haftungsverhinderung erreichen wollen. Prüft man, wann der Verlauf einer Unternehmensbestattung beginnt, drängt sich die Erwägung auf, dass es genau der Zeitpunkt ist, an dem der Altgeschäftsführer/Altgesellschafter die Entscheidung trifft, das Unternehmen nicht ordnungsgemäß zu liquidieren und den professionellen Firmenbestatter anzusprechen. Jetzt ist er entschlossen, die Gläubiger bereits über die zukünftige Entwicklung im Sinne der geschäftlichen Verhältnisse in die Irre zu führen. Vieles spricht also dafür, die der Anteilsveräußerung vorausgehenden Handlungen bei einer strafrechtlichen Bewertung mit einzubeziehen. Würde man aber so vorgehen und schon die Entscheidungen der Altverantwortlichen als „Verschleiern geschäftlicher Verhältnisse“ einstufen,286 liefe das auf eine Strafbarkeit bloßer Gedanken hinaus, was gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstößt; niemand darf allein wegen seiner Gedanken bestraft werden. Erst wenn die für die weitere Entwicklung der GmbH bedeutsamen Entscheidungen in konkrete Handlungsdelikte umgesetzt werden mit dem Ziel, sich vom notleidenden Unternehmen zu befreien, beginnt die Strafbarkeit des Altverantwortlichen wegen der Unternehmensbestattung. Die obigen Erörterungen zur zivilrechtlichen Bewertung des Geschehens haben gezeigt, dass eine Gesamtbewertung der Unternehmensbestattungsmaßnahmen die Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit jeder einzelnen Handlung im gemeinsamen Verfahren der Unternehmensbestattung ergibt.287 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob auch im Strafrecht parallel vorgegangene und sämtliche Handlungen bei der Unternehmensbestattung als eine Gesamtheit bewertet werden können. Dies ist möglich, wenn

285 286 287

Hagemeier, Anm. zu BGH (24. 03. 2009), StV 2010, 27 – 28. So aber Schubert, wistra 2013, 430. Vgl. Teil 1, F.II.1.b).

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man von einer tatbestandlichen Handlungseinheit ausgeht.288 Das Tatbestandsmerkmal des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB, das erfüllt ist, wenn die wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert werden, wird im Falle der Unternehmensbestattung Schritt für Schritt verwirklicht. Der Gesetzgeber hat eine pauschale Umschreibung gewählt, die hier den gesamten Vorgang der Umwandlung eines notleidenden Unternehmens im Verbund mit den die Veräußerung anbahnenden Maßnahmen sowie mit der Umfirmierung, Sitzverlegung und der Neubestellung eines Strohmanns zum Geschäftsführer umfasst. Die gesamte „Unternehmensbestattung“ ist also eine einheitliche Handlung i.S.v. § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB.289 Fraglich ist, wann dieser Straftatbestand vollendet ist. Da es für die Tathandlung des Verheimlichens sowie Verschleierns erforderlich ist, dass der Täter die Gläubiger über Zugriffsmöglichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen in Unkenntnis setzen oder halten will und dies auch vermag, erfüllt der Altgeschäftsführer der GmbH diese Voraussetzungen erst in dem Zeitpunkt, in dem er in der Absicht, das Unternehmen nicht fortzuführen, die Geschäftsanteile an einen Bestatter oder einen Strohmann überträgt. Erst hierdurch wird die Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen erschwert, sogar unmöglich gemacht, weil es für sie ohne Zweifel schwieriger wird, die beteiligten Personen zu ermitteln und in Anspruch zu nehmen, worauf es die Altgeschäftsführer/Altgesellschafter von Anfang an abgesehen haben.290 Als Täter kommt der Altgeschäftsführer jedenfalls dann in Betracht, wenn er auch nach der Übertragung und Amtsniederlegung etc. als Geschäftsführer fungiert. Er ist jetzt zumindest als „faktischer Geschäftsführer“ verantwortlich, wie das auch der BGH291 und das LG Frankfurt a.M.292 zutreffend hervorheben. Aber auch wenn der Altgeschäftsführer nicht weiter tätig bleibt, kann er für die späteren Transfermaßnahmen strafrechtlich verantwortlich gemacht werden, weil die Amtsniederlegung/ Abberufung zivilrechtlich nichtig ist und er somit weiterhin „am Steuer“ bleibt. Er behält als vertretungsberechtigtes Organ die Tatherrschaft bzw. den Willen zur Tatherrschaft.293 Dem steht nicht entgegen, dass daneben auch der Neugeschäftsführer ins Spiel eintritt und sich u. U. als Mittäter oder Nebentäter ebenfalls strafbar macht.

288

Näher dazu Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 1064. BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1894. 290 So auch Hagemeier, in: Steinberg/Valerius/Popp, S. 133; Kümmel, wistra 2012, 168 f. 291 BGH (24. 03. 2009), wistra 2009, 274; BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1892, 1894; Schubert, wistra 2013, 429. 292 LG Frankfurt a.M., 2. Große Strafkammer, Urteil vom 02. 07. 2010 (Az.: 5/2 KLs – 7620 Js 235977/06). 293 Zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme s. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 743 ff. 289

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Bevor endgültig eine Strafbarkeit des Altgeschäftsführers gem. § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB bejaht wird, soll allerdings ein Aspekt besonders beleuchtet werden. Scheitert eine Strafbarkeit nicht deshalb, weil die mit der Unternehmensbestattung verbundenen Maßnahmen wegen Sittenwidrigkeit nichtig sind? Nach dem Zurechnungsmodell ist es erforderlich, dass das Verhalten des Täters im Zusammenhang mit der übernommenen Pflichterfüllung steht, demnach muss sich das Verhalten als ein Verhalten des Vertretenen selbst darstellen.294 Die herrschende Meinung – wie oben erwähnt – setzt hierfür sogar eine zivilrechtliche Wirksamkeit der Handlungen voraus. Das kann jedoch nicht überzeugen. Betrachtet man die Maßnahmen wie Sitzverlegung, Umfirmierung etc. abstrakt, stellen sie zwar rechtmäßige Maßnahmen dar, die regelmäßig durch den Geschäftsführer als vertretungsberechtigte Person verwirklicht werden können, falls der Altgeschäftsführer diese Maßnahmen im eigennützigen rechtswidrigen Interesse erfüllt und damit Gesellschaftssowie Gläubigerinteressen verletzt, werden sie jedoch nichtig und unwirksam. Dies darf aber für die strafrechtliche Zurechnung dieser Handlungen im Geschäftskreis des Vertretenen keine Rolle spielen, denn die Herbeiführung des sittenwidrigen Ziels der Unternehmensbestattung ist schließlich gerade das, was der Bankrotttatbestand nach seinem Sinn und Zweck verhindern möchte. Es wäre ein Widerspruch in sich, für die Zurechnung der strafrechtlichen Verantwortung die Vornahme einer zivilrechtlich rechtmäßigen und wirksamen Handlung zu fordern. Es kann allein darum gehen, ob derartige Maßnahmen generell in der Zuständigkeit des Handelnden liegen oder ob es um Kompetenzüberschreitungen geht, die sowieso nicht zugerechnet werden. Handelt also der Altgeschäftsführer im Rahmen seiner „Kompetenz“ im weiteren Sinn, so können ihm alle damit zusammenhängenden Akte zugerechnet werden, auch wenn sie zivilrechtlich nichtig sind. bb) Subjektiver Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I StGB Der subjektive Tatbestand des Bankrotts setzt nach § 283 I StGB Vorsatz hinsichtlich sämtlicher Tatbestandsmerkmale voraus, wobei dolus eventualis ausreicht.295 Neben den in § 283 I Nr. 1 – 8 StGB umschriebenen Handlungen müssen auch die Überschuldung und/oder die (drohende) Zahlungsunfähigkeit vom Vorsatz umfasst sein. Die Indizien, dass der Altgeschäftsführer sowie Mitglieder des Vorstands in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und/oder der Überschuldung handeln und dass sie die schädigenden Wirkungen ihrer Handlungen zumindest billigend in Kauf nehmen, sind im Falle der „stillen Liquidation“ zumeist so eindeutig, dass es keine Beweisschwierigkeiten geben dürfte.

294

MüKo-StGB/Radtke, § 14 Rn. 66. Heine, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 56; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 72. 295

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

cc) Ergebnis Der Altgeschäftsführer einer GmbH kann sich im Falle einer Unternehmensbestattung wegen vorsätzlicher Bankrottdelikte gem. §§ 283 I StGB strafbar machen. § 283 I Nr. 1 StGB ist erfüllt, wenn die Vermögensgegenstände ins Privatvermögen des Altgeschäftsführers/Altgesellschafters oder ins Vermögen einer Auffanggesellschaft übergehen. Ferner werden die Buchführungs- sowie Bilanzierungsdelikte nach § 283 I Nr. 5, 7 StGB verwirklicht, wenn es der Altgeschäftsführer bis zum Stichtag unterlässt, die Bücher zu führen und die Bilanz aufzustellen. Von einer Vernichtung der Geschäftsunterlagen i.S.d. Tatalternativen des § 283 I Nr. 6 StGB kann aber seitens des Altgeschäftsführers nur ausgegangen werden, wenn er im Besitz der Handelsbücher und/oder anderer Geschäftsunterlagen oder im Besitz des Lagers ist, in dem die Unterlagen aufbewahrt werden. Neben diesen je nach Einzelfallgestaltung verwirklichten einzelnen Alternativen des § 283 I Nr. 1 – 8 1. Alt. StGB kann sich der Altgeschäftsführer auch nach dem Auffangtatbestand des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB strafbar machen. Das gemeinsame Zusammenwirken der einzelnen Maßnahmen ist auf die illegale Folge ausgerichtet, die Gläubiger von der zu bestattenden Gesellschaft abzuschütteln. Deshalb können sämtliche Maßnahmen als „Verschleierung der wirtschaftlichen Verhältnisse“ i.S. einer tatbestandlichen Handlungseinheit betrachtet werden. b) Untreue nach § 266 StGB Auf der Basis der früher von der Rechtsprechung vertretenen Interessentheorie schied im Falle der Unternehmensbestattung eine Strafbarkeit gem. § 283 StGB zumeist aus, sodass dann dem Untreuestraftatbestand des § 266 StGB eine große Bedeutung zukam. Dies hat sich inzwischen geändert. Nachdem nunmehr im Rahmen des § 283 StGB von einer Funktionstheorie oder sogar von einem Zurechnungsmodell ausgegangen wird, bedarf es des Auffangtatbestandes der Untreue eigentlich nicht mehr. Gleichwohl bleibt § 266 StGB aber auch im Bereich der Unternehmensbestattung ein wichtiger Straftatbestand, der nun in Tateinheit mit Bankrott in Betracht kommt, weil er das spezielle Unrecht der Verletzung einer Vertrauensbeziehung, also einer Vermögensbetreuungspflicht seitens des Täters gegenüber dem Opfer pönalisiert.296 Vor allem bedarf es speziell des Straftatbestandes der Untreue, um die Bezahlung des „Entsorgungshonorars“ an den Unternehmensbestatter zu erfassen, denn dieses Verhalten wird zumeist durch die bisher abgelehnten Delikte noch nicht abgedeckt.297

296

Zur Idealkonkurrenz des § 266 StGB mit § 283 StGB: BGH (10. 02. 2009), wistra 2009, 277 f.; Anders, NZWiSt, 2017, 18; Fischer, StGB, § 283 Rn. 43; Heine/Schuster, in: Schönke/ Schröder, § 283 Rn. 67; MüKo-StGB/Radtke/Petermann, § 283 Rn. 89. 297 Auch so Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 68; Kuhn, S. 178.

B. Strafrechtliche Folgen

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aa) Objektiver Tatbestand Der objektive Tatbestand des § 266 StGB enthält zwei Alternativen: den Missbrauchs- und den Treubruchtatbestand. Beim Missbrauchstatbestand (§ 266 I 1. Alt. StGB) missbraucht der Täter seine nach außen wirkende Vertretungsmacht. Der Täter tut etwas, was er „nach außen kann, nach innen aber nicht darf“298. Beim Missbrauchstatbestand kommen nur rechtsgeschäftliche und hoheitsrechtliche Tathandlungen mit Außenwirkung in Betracht. Die bloße Geldentnahme hat keine solche Außenwirkung. Deshalb scheidet der Missbrauchstatbestand insoweit aus. Der Treubruchtatbestand des § 266 I 2. Alt. StGB ist erfüllt, wenn der Täter die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft oder aufgrund eines sonstigen Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt. Von dieser Tatbestandsalternative werden auch rein tatsächliche Handlungen ohne Außenwirkung erfasst. Die Geldentnahme aus dem Gesellschaftsvermögen kommt deshalb als Tathandlung in Betracht. Den Altgeschäftsführer und den Altgesellschafter einer GmbH treffen unstreitig Vermögensbetreuungspflichten bezüglich des Gesellschaftsvermögens – entweder bereits aus dem Gesetz (i.S.d. § 43 GmbHG) oder zumindest aus dem Anstellungsvertrag des Geschäftsführers bzw. aus dem Gesellschaftsvertrag selbst hinsichtlich des Gesellschafters. Gegen diese Vermögensbetreuungspflicht müssten der Altgeschäftsführer bzw. der Gesellschafter verstoßen haben. Zu den Pflichten des Geschäftsführers/Gesellschafters einer GmbH gehört der sorgsame Umgang mit dem Gesellschaftsvermögen unter Einhaltung der anerkannten kaufmännischen Grundsätze. Es ist unstreitig, dass eine willkürliche Geldentnahme aus dem Vermögen einer GmbH, die keine Sanierungsberatung der Gesellschaft, sondern eine Bestattungsberatung der Gesellschafter/Geschäftsführer bezweckt, gegen kaufmännische Gepflogenheiten verstößt,299 sodass ein Treubruch naheliegt. Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Ansicht können jedoch sowohl der Missbrauchs- als auch der Treubruchtatbestand durch „Einverständnis“ (im Gegensatz zur rechtfertigenden Einwilligung) des Vermögensinhabers ausgeschlossen sein.300 Ein derartiges Einverständnis kommt hier in Betracht, wenn bei einer Ein-Mann-GmbH der Geschäftsführer/Gesellschafter (beide Funktionen in Personalunion innehabend) mit dem Vorgehen einverstanden ist – bzw. im Regelfall sogar selbst diese Handlung vornimmt.

298

MüKo-StGB/Dierlamm, § 266 Rn. 23. So Hey/Regel, GmbHR 2000, 122; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 67; vgl. Kuhn, S. 179 unter Verweis auf BGH (29. 05. 1987), NJW 1987, 464. 300 BGHSt (17. 06. 1952), 3, 23, 25; BGHSt 35, 333 = (24. 08. 1988), NJW 1989, 112; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 21; Fischer, § 266 Rn. 90; MüKo-StGB/Dierlamm, § 266 Rn. 143. 299

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Im Schrifttum wird ein solch tatbestandausschließendes Einverständnis zum Teil von vornherein ausgeschlossen, so z. B. von Hey/Regel301 und Gerloff302. Das überzeugt jedoch nicht, denn dem Grundsatz nach kann jeder über sein Vermögen frei disponieren – und so eben auch der Vermögensinhaber einer Ein-Mann-GmbH. Das ist zu Recht auch die Ausgangsposition einer gefestigten Rechtsprechung des BGH. Allerdings gibt es inzwischen Ausnahmen von diesem Grundsatz.303 Ein Einverständnis der Gesellschafter einer GmbH scheidet dann aus, wenn durch die betreffende Handlung unter Verstoß gegen das Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird. Trotz der „Zustimmung“ seitens des EinMann-Gesellschafters kann also der Geschäftsführer bei Gefährdung der Existenz der Gesellschaft wegen Untreue bestraft werden. Zwei Varianten sind insoweit denkbar. Unzulässig ist zunächst einmal eine Beeinträchtigung des Stammkapitals und ferner die Herbeiführung oder Vertiefung der Überschuldungssituation sowie die Gefährdung der Liquidität der Gesellschaft. Das gilt gleichermaßen auch hinsichtlich der Zustimmung der Aktionäre einer AG.304 Diese Rechtsprechung hat sich auch im Schrifttum inzwischen so durchgesetzt,305 dass sie hier der weiteren Erörterung zugrundegelegt werden kann. Sie findet ihre Legitimation in § 43 I GmbHG, wonach sämtliche Handlungen des Geschäftsführers „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ ausgeübt werden müssen. Eine Mindermeinung im Schrifttum tendiert dahin, den in § 43 I GmbHG festgelegten Sorgfaltsmaßstab nur für den Geschäftsführer, nicht hingegen für den Gesellschafter einer GmbH gelten zu lassen.306 Der Gesellschafter als echter Vermögensinhaber sei berechtigt, der Gesellschaft formlos Vermögenswerte zu entnehmen und jederzeit die Gesellschaft aufzulösen und zu liquidieren. Durch sein Einverständnis stelle er eben den Geschäftsführer von der Verantwortung frei, die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns an den Tag zu legen. Schutzgut des § 266 StGB sei ausschließlich das Vermögen des Treugebers, hingegen würden nicht die Interessen der Gläubiger geschützt. Dementsprechend könne es keine Untreue i.S.v. § 266 StGB darstellen, wenn das oberste Willensorgan für die Regelung der inneren

301

Hey/Regel, GmbHR 2000, 122; vgl. teilweise zustimmend Kuhn, S. 179. Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 67. 303 BGHSt (29. 05. 1987), 34, 386 ff.; BGH (17. 03. 2015), StV 2017, 79. 304 BGHSt 35, 337 = BGH (24. 08. 1988), NJW 1989, 112; BGH (03. 02. 1993), NJW 1993, 1287; BGH (20. 07. 1999), NJW 2000, 155; MüKo-StGB/Dierlamm, § 266 Rn. 148, 159. 305 Wodicka, Die Untreue zum Nachteil der GmbH bei vorheriger Zustimmung aller Gesellschafter, 1993, S. 251; Goltz/Klose, NZI 2000, 112; Tiedemann, Anm. zu BGH (13. 05. 2004), JZ 2005, 45; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 371; Perron, in: Schönke/ Schröder, § 266 Rn. 21a; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 621; Kuhn, S. 180. 306 MüKo-StGB/Diermann, § 266 Rn. 155 ff. 302

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Gesellschaftsangelegenheiten einverständlich ihr eigenes Vermögen schmälern lasse.307 Dieser Argumentation kann jedoch im Bereich der Existenzgefährdung der Gesellschaft nicht gefolgt werden. Die Dispositionsfreiheit der Gesellschafter, die Gesellschaft weiter existieren zu lassen oder zu beenden, findet ihre Schranken in einer „ordnungsgemäßen“ Abwicklung der Gesellschaft. Insoweit ist die Ausstrahlungswirkung des Insolvenzrechts zu beachten. Wird durch das Verhalten des Gesellschafters oder des Geschäftsführers der GmbH das Stammkapital der Gesellschaft beeinträchtigt oder die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet, so tritt die Dispositionsfreiheit der Gesellschafter in den Hintergrund. Dann entsteht nicht nur eine zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter und/oder Geschäftsführer308, sondern auch eine strafrechtliche Verantwortung im Rahmen des § 266 StGB. Das Strafrecht ist insoweit zum Zivilrecht „akzessorisch“. Seit der sog. TrihotelEntscheidung309 ist auf die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens abzustellen. Zutreffend weisen Radtke/Hoffmann310 darauf hin, dass mit dieser zivilrechtlichen Rechtsprechung auch die strafrechtlichen Grenzen der Dispositionsfreiheit der Gesellschafter über das Gesellschaftsvermögen festgelegt worden sind, deren Überschreitung eine Strafbarkeit gem. § 266 StGB nach sich ziehen kann. Der Zustimmung der Gesellschafter kommt somit keine tatbestandsausschließende Wirkung zu. Da im Falle der Geldentnahme das Gesellschaftsvermögen immer geschmälert wird, ist auch von einem Vermögensnachteil, also von einem Vermögensschaden i.S.v. § 266 StGB auszugehen. Der objektive Tatbestand des § 266 I 2. Alt. StGB ist somit im Falle der Geldentnahme zwecks Zahlung des Bestattungshonorars im Rahmen einer Unternehmensbestattung erfüllt. bb) Subjektiver Tatbestand Die Strafbarkeit der Untreue setzt Vorsatz hinsichtlich sämtlicher Tatbestandsmerkmale voraus. Da der Altgeschäftsführer zumeist geheim gehaltenen Kontakt zum Bestatter aufnimmt und die Geldentnahme im Regelfall vertuscht wird, dürfte dann auch von einer vorsätzlichen Begehungsweise auszugehen sein. Nachweisschwierigkeiten bestehen aber natürlich gleichwohl, und zwar eben auch hinsichtlich des Vorsatzes. 307

Reiß, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Entnahmen als strafbare Untreue des Geschäftsführers?, wistra 1989, 81; Beulke, Wirtschaftslenkung im Zeichen des Untreuetatbestandes, FS Eisenberg, 2009, S. 245, 257 f.; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 21b; Fischer, § 266 Rn. 52, 95; MüKo-StGB/Diermann, § 266 Rn. 154. 308 s.o. hierzu zur Existenzvernichtungshaftung in Teil 2, A.I.1.a). 309 BGH (16. 07. 2007), NJW 2007, 2689. 310 Radtke/Hoffmann, Gesellschaftsrechtsakzessorietät bei der strafrechtlichen Untreue zu Lasten von Kapitalgesellschaften? – oder – „Trihotel“ und die Folgen, GA 2008, 535; auch MüKo-StGB/Diermann, § 266 Rn. 151.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

cc) Ergebnis Sowohl der Altgeschäftsführer einer GmbH als auch der Gesellschafter können sich wegen Untreue nach § 266 I 2. Alt. StGB (Treubruchtatbestand) strafbar machen, wenn das Bestattungshonorar aus dem Gesellschaftsvermögen entnommen und das Stammkapital dabei angegriffen oder die weitere Existenz der Gesellschaft dadurch gefährdet wird. d) Hehlerei nach § 259 I StGB Die oben dargestellte Vermögensverschiebung311 ist ganz typisch für jedes Unternehmensbestattungsverfahren und kann wie folgt dargestellt werden: Auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen mit dem Altgesellschafter/Altgeschäftsführer überträgt zunächst der Altgesellschafter seinen Anteil auf einen vom Bestatter vermittelten Strohmann, der also jetzt Neugesellschafter wird. Zumeist ist der Neugesellschafter in Personalunion auch der Neugeschäftsführer. Nunmehr überträgt der Neugeschäftsführer die noch vorhandenen wertvollen Vermögensgegenstände, also auch die der GmbH gehörenden Sachen an eine neue Auffanggesellschaft, die der Unternehmensbestatter zur Verfügung gestellt und der Altgesellschafter vom ihm erworben hatte. De facto hat also der Altgesellschafter (der häufig in Personalunion auch Altgeschäftsführer ist) Sachen von der Gesellschaft erworben, die früher ihm „gehörten“, an denen er aber Eigentum und Besitz im Wege des Bankrottdeliktes gem. § 283 I Nr. 1, 8 StGB durch Übertragung seiner Geschäftsanteile an den Strohmann verloren hat. Fraglich ist, ob angesichts der Personalunion zwischen dem Gesellschafter der zu bestattenden Gesellschaft und dem Gesellschafter der neuen Auffanggesellschaft eine Hehlerei in Betracht kommt, die dem objektiven Tatbestand nach stets voraussetzt, dass zunächst ein „Ersterwerber“ die Sache „erlangt“ hat und dann ein „anderer“ sich oder einem Dritten die Sache „verschafft“. Im Falle der Unternehmensbestattung nach dem Muster, das gerade nochmals dargestellt wurde, stammt also das Anlagevermögen (konkret: die wertvolle Sache, an der Hehlerei begangen worden sein könnte) zunächst aus einer Straftat gem. § 283 I Nr. 1 (oder Nr. 8) StGB durch Übertragung der Geschäftsanteile an den Strohmann und durch nachfolgende Vermögensverschiebung seitens des Strohmanns. Wenn dieser die Sache nunmehr an die neue Auffanggesellschaft (mit dem Altgesellschafter als Neugesellschafter) überträgt, erwirbt die neue Auffanggesellschaft die Sache. Angesichts der Personalunion zwischen Altgesellschafter und Neugesellschafter der Auffanggesellschaft spricht vieles dafür, dass der Neugesellschafter kein „anderer“ i.S. des § 259 StGB ist und er somit im Verlauf der Unternehmensbestattung auch keine Hehlerei begehen kann. 311

aa)(2).

Ausführlicher dazu in Teil 1, F.I.1.f) sowie Teil 2, B.I.1.b)aa)(2)(b), Teil 2, B.II.1.b)

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Gleichwohl wird im Schrifttum vertreten, dass sich der Altgesellschafter im Verlaufe einer Unternehmensbestattung auch wegen Hehlerei (§ 259 StGB) strafbar machen kann.312 Der Fall wird offensichtlich dem gleichgesetzt, in dem der (Mittäter) des Diebstahls eine Sache erwirbt, die er vorher an einen Hehler veräußert hat, der seinerseits die Sache an einen Dritten verkauft hat, von dem der Vortäter nunmehr die Sache „zurückerlangt“. In jener Konstellation haben sich der BGH313 sowie die herrschende Ansicht im Schrifttum314 für eine Strafbarkeit des ursprünglichen Diebes gem. § 259 StGB ausgesprochen, wobei wiederum diskutiert wird, ob es sich bei § 242 StGB einerseits und § 259 StGB andererseits um real-315 oder idealkonkurrierende Delikte handelt oder ob § 259 StGB sogar im Wege der Gesetzeskonkurrenz letztlich doch entfällt.316 Dieser Streit kann aber hier dahinstehen, weil im Falle der Unternehmensbestattung zu Unrecht von einem derartigen Rückerwerb der Sache durch den Vortäter ausgegangen wird. Tatsächlich ist nämlich der Altgesellschafter (ebenso wie der Altgeschäftsführer) Mittäter des Bankrottdeliktes (§ 283 I Nr. 1, 8 StGB), das die unmittelbare Vortat für den späteren Übertragungsakt auf die neue Auffanggesellschaft darstellt. Es handelt sich also nicht um einen Erwerb des „Eigentums“ an der Sache durch einen Dritten und Rückerwerb durch den Vortäter, sondern um einen unmittelbaren Erwerb der durch die Vortat erlangten Sache. Da der Mittäter der Vortat gem. § 283 I Nr. 1, 8 StGB (der Altgesellschafter und/oder der Altgeschäftsführer) und der Täter des Erwerbs durch die neue Auffanggesellschaft (vertreten durch den Neugesellschafter o. u. U. auch den Neugeschäftsführer) personenidentisch sind, scheidet eine Strafbarkeit gem. § 259 StGB aus. aa) Ergebnis Erwirbt der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer das wertvolle Anlagevermögen der zu bestattenden Gesellschaft zurück, das er im Zusammenwirken mit dem Neugeschäftsführer der Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger entzogen hat, verwirklicht er nicht den Straftatbestand der Hehlerei gem. § 259 StGB. Dies betrifft allerdings nur diejenigen Altgesellschafter/Altgeschäftsführer, die den § 283 I Nr. 1 StGB als Mittäter begangen haben.

312 So Hey/Regel, GmbHR 2000, 121; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 71; Kuhn, S. 183. 313 BGH (02. 10. 1952), BGHSt 3,191, 194. 314 So Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, Rn. 880; Stree/Hecker, in: Schönke/Schröder, § 259 Rn. 50; Krey/Hellmann/Heinrich, Strafrecht. Besonderer Teil. Band 2 Vermögensdelikte, Rn. 863. 315 Altenhain, in: NK, StGB, § 259 Rn. 5. 316 Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, Rn. 880; Stree/Hecker, in: Schönke/Schröder, § 259 Rn. 50.

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e) Betrug nach § 263 f. StGB Da sich alle kaufmännischen Geschäfte, Dienstleistungen sowie andere vertragliche Austauschverhältnisse des Wirtschaftslebens bei der Solvenz und Leistungsfähigkeit der jeweiligen Vertragspartner auf eine wesentliche Vertrauensgrundlage im Sinne von § 241 II, 242 BGB (Treu und Glauben) stützen, ist hier der Vollständigkeit halber auf eine mögliche Betrugsstrafbarkeit hinzuweisen.317 Bei einer Unternehmensbestattung handelt es sich oftmals um einen Lieferantenbetrug und/oder Subventionsbetrug, indem der Altgeschäftsführer den Lieferanten und/oder Subventionsgebern die schlechte wirtschaftliche Lage verschweigt. Obwohl die ausdrücklichen Erklärungen hinsichtlich der Leistungswilligkeit und -fähigkeit des Unternehmens atypisch für den Geschäftsverkehr sind, gehen die Lieferanten grundsätzlich von der Leistungswillig- und Leistungsfähigkeit des Unternehmens aus. Im Regelfall enthalten die Vertragsverhandlungen auch die konkludente Erklärung des Unternehmens, dass die Gegenleistung erbracht werden kann.318 Ist dem Altgeschäftsführer die hoffnungslose wirtschaftliche Lage seines Unternehmens bekannt und erteilt er dem Vertragspartner falsche Auskünfte über das gegenwärtige Vermögen der Gesellschaft, werden die Lieferanten oder Dienstleister getäuscht. Wenn später die Gesellschaft nicht leisten kann, tritt im Regelfall ein Schaden beim Vertragspartner ein. Der Lieferanten- und Subventionsbetrug in Form des Eingehungsbetrugs ist bereits mit Vertragsabschluss vollendet. Noch vor der Unternehmensbestattung liegt bereits ein Gläubigerschaden vor. Also kann der Altgeschäftsführer wegen des Betrugs nach § 263 f. StGB unabhängig von weiteren Bestattungsmaßnahmen bestraft werden. f) Urkundenfälschung nach § 267 ff. StGB Die §§ 267 ff. StGB regeln die Verantwortlichkeit für die Herstellung unechter Urkunden und/oder die Verfälschung echter Urkunden sowie die Verwendung dieser unechten oder verfälschten Urkunden. Auch in Fällen einer Unternehmensbestattung können diese Straftatbestände erfüllt sein. Handelt es sich bei einer Unternehmensbestattung um eine Mehr-Personen-Gesellschaft, kann die Urkundenfälschung nach § 267 StGB z. B. dadurch verwirklicht werden, dass zum Notartermin die Vollmachten der Mitgesellschafter gefälscht werden, um die Abtretung der Geschäftsanteile rechtmäßig notariell zu beurkunden.319

317 Hey/Regel, GmbHR 2000, 121; Goltz/Klose, NZI 2000, 112; Smok, in: Dannecker/ Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 530; Kuhn, S. 184. 318 Tiedemann, in: LK-StGB, § 263 Rn. 38; Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 736. 319 Hey/Regel, GmbHR 2000, 121; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 72; auch so Kuhn, S. 184.

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Der Altgeschäftsführer kann sich ferner wegen Urkundenunterdrückung nach § 274 StGB strafbar machen, indem er die Geschäftsunterlagen entsorgt. Eine Urkunde ist eine verkörperte Gedankenerklärung, die ihren Aussteller erkennen lässt und dazu geeignet und bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen.320 Demgemäß werden sämtliche Geschäftsunterlagen, die offen die wirtschaftliche Lage und Vermögenslage der Gesellschaft darstellen, dem § 274 StGB zugerechnet. In den Bestattungsfällen wird dieser Straftatbestand häufig verwirklicht. Es ergeben sich insofern jedoch vielfach auch Nachweisprobleme, da es später sehr schwer feststellbar ist, welche Unterlagen oder Urkunden vernichtet worden sind und ob der Altgeschäftsführer bzw. der Gesellschafter sie selbst entsorgt hat. g) Täterschaft/Mittäterschaft/Teilnahme Die bisherigen Ausführungen haben ergeben, dass bei der Unternehmensbestattung der Altgesellschafter einer zu bestattenden Gesellschaft sowie deren Altgeschäftsführer – die häufig in Personalunion fungieren – Täter des Bankrotts gem. § 283 I StGB sein können und dass sie sich ferner auch gem. § 266 StGB (Untreue) oder gem. § 267 ff. StGB (Urkundenfälschung) strafbar gemacht haben können. Handeln mehrere Personen (z. B. mehrere Gesellschafter oder ein bzw. mehrere Gesellschafter gemeinsam mit einem oder mehreren Geschäftsführer der GmbH) zusammen, so liegt im Regelfall eine gemeinsame Tatherrschaft vor – zumindest ein gemeinsamer Wille zur Tatherrschaft und auch ein gemeinsames Interesse am Taterfolg. Nach den Abgrenzungskriterien zwischen Täterschaft und Teilnahme, so wie sie von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herangezogen werden, liegt damit bezüglich der jeweiligen Delikte eine Mittäterschaft i.S.v. § 25 II StGB vor. Auch bei Zugrundelegung der Tatherrschaftstheorie ist im Regelfall zwischen den Gesellschaftern der GmbH und den Geschäftsführern der GmbH von einer mittäterschaftlichen Begehungsweise (§ 25 II StGB) der §§ 283, 266, 267 StGB auszugehen. Erörterungsbedürftig erscheint des Weiteren, ob der Altgesellschafter bzw. der Geschäftsführer, der im Falle der Unternehmensbestattung als (Mit-)Täter der §§ 283, 267, (subsidiär auch § 266), 25 II StGB bestraft wird, zu den Straftaten des Neugesellschafters/Neugeschäftsführers der zu bestattenden Gesellschaft zusätzlich auch noch eine Beihilfe begangen haben könnte, sofern keine Personalunion besteht. Es geht also um eine mögliche Beihilfe der „Vortäter“ zu den Delikten, die der „Strohmann“ begeht. Insbesondere geht es um das Beiseiteschaffen, das Verheimlichen, Zerstören oder Beschädigen der Unterlagen gem. § 283 I Nr. 6 StGB. Sofern der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer durch eine oder dieselbe Handlung sowohl selbst Täter der §§ 283, 267 (266) StGB wäre, kann eine Beihilfe320 Fischer, § 267 Rn. 2; Cramer/Heine, in: Schönke/Schröder, § 267 Rn. 2; Kindhäuser, Strafrecht Besonderer Teil I, § 55 Rn. 8 f.; Krey/Heinrich, Strafrecht. Besonderer Teil. Band 1, Rn. 679; Wessels/Hettinger, Strafrecht Besonderer Teil 1, Rn. 790. Vgl. MüKo-StGB/Erb, § 267 Rn. 25, 30 ff.

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handlung zu den Delikten des Strohmanns dahingestellt bleiben, denn sie wäre sowieso gegenüber der täterschaftlichen Begehungsweise subsidiär.321 Wenn hingegen der Strohmann später selbständig diese Delikte begeht, so könnte theoretisch eine Beihilfe des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers der GmbH zu diesen Delikten in Betracht kommen. Es dürfte sich jedoch bezüglich derjenigen, die sich zuvor bereits wegen der Einleitung der Unternehmensbestattung strafbar gemacht haben, lediglich um einen weiteren Teilakt der früheren Strafbarkeit handeln. Alle Teilakte ergeben zusammen eine Handlungseinheit. Vertretbar erscheint es auch, die späteren weiteren Teilakte, die im Wege der Umsetzung des Gesamtprogramms der Unternehmensbestattung vorgenommen werden, als mitbestrafte Nachtat einzuordnen. Dasselbe gilt auch bezüglich der Untreue und der Urkundendelikte. Haben hingegen Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH bei den früheren Unternehmensbestattungsvorgängen nicht vorsätzlich mitgewirkt und „steigen sie erst in dem Moment ein“, in dem der Strohmann seinerseits tätig wird, und Urkunden vernichtet etc., dann können sie dafür zumeist noch als sukzessive Mittäter322 oder als Unterlassungstäter, die eine Pflicht zum Einschreiten haben (§ 13 StGB), strafrechtlich haftbar gemacht werden. Sollte das in Ausnahmefällen nicht in Betracht kommen, so ist eine Beihilfehandlung zu prüfen. Die Übergabe der Geschäftsunterlagen an den „Strohmann“ stellt dann eine Hilfeleistung i.S.v. § 27 StGB zu dem von diesem begangenen Bankrottdelikt i.S.v. § 283 StGB (oder der von diesem begangenen Urkundenfälschung/Urkundenunterdrückung i.S.v. §§ 267, 274 StGB bzw. der von diesem begangenen Untreue i.S.v. § 266 StGB) dar. Es handelt sich auch nicht um „neutrale“ Handlungen, bei denen eine Einschränkung der Beihilfestrafbarkeit im Prinzip anerkannt ist – bei anhaltendem Streit über die Einzelheiten.323 Die deutsche Rechtsprechung stellt – im Anschluss an Roxin324– bei „alltäglichen“ Verhaltensweisen bestimmter Berufsgruppen, die durch ihr Tun die Strafbarkeit eines anderen fördern (z. B. Taxifahrer fährt einen Dieb zum Tatort), auf die subjektive Vorstellung des Beteiligten ab. Wenn das Ziel der Handlung ausschließlich darin besteht, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so verliert seine Handlung, die ansonsten berufstypisch sein mag, den Charakter der Straflosigkeit. Er solidarisiert sich mit dem Täter und muss deshalb seinerseits als Gehilfe zu dessen strafbarem Verhalten behandelt werden.325

321

Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 1101. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 762. 323 MüKo-StGB/Joecks, § 27 Rn. 6; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 581 f. 324 Roxin, Strafrecht AT II, § 26 Rn. 218 ff. 325 BGH (01. 08. 2000), BGHSt 46, 107, 112; BGH (22. 01. 2014), wistra 2014, 176; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 830. 322

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Diese Grundsätze sind jedoch für den Bereich der Unternehmensbestattung irrelevant. Zwar wird die Übergabe der Unterlagen in Erfüllung des Anteilsverkaufsvertrags durchgeführt und der Altgeschäftsführer ist verpflichtet, dem Nachfolger sämtliche Unterlagen sowie Handelsbücher zu übergeben, diese Handlungen können jedoch nicht als neutral qualifiziert werden, weil das gesamte Verfahren der Anteilsübertragung und des Geschäftsführerwechsels auf die illegale Unternehmensabwicklung abzielt und die Übergabe von Handelsbüchern und Unterlagen ein Bestandteil der zur Tatbegehung führenden Maßnahmen ist. Somit ist die Beihilfestrafbarkeit des Altgeschäftsführers nach §§ 283 I Nr. 6, 27 StGB zu bejahen, wenn der Beihilfevorsatz nachgewiesen werden kann. Entsprechendes gilt für die anderen Straftatbestände, die der Strohmann begangen haben könnte. 2. Im russischen Recht a) Unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott (Art. 195 StGB RF) Ist von der Bestrafung der Beteiligten einer „alternativen Liquidation“ die Rede, ist zunächst an die Strafbarkeit des Altgeschäftsführers/Altgesellschafters einer GmbH wegen unrechtmäßiger Handlungen bei Bankrott nach Art. 195 StGB RF zu denken. Wie die deutschen §§ 283 ff. StGB schützen die Tatbestände des russischen Art. 195 StGB RF in erster Linie die berechtigten Interessen der Gesellschaftsgläubiger an der Befriedigung ihrer Forderungen gegen die Gesellschaft.326 Art. 195 StGB RF enthält unter dem gemeinsamen Titel „unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott“ drei selbständige Straftatbestände, die dadurch vereinigt sind, dass sie bei Vorliegen der objektiv entstandenen Bankrottmerkmale verwirklicht werden.327 Dies ist in der Regel auch die Ausgangssituation bei der „alternativen Liquidation“, bei der sich die zu bestattende Gesellschaft bereits vor Beginn der Bestattungsmaßnahmen in wirtschaftlicher Not befindet. Beim typischen Bestattungsverfahren kommt vor allem die Verwirklichung des Straftatbestands nach Art. 195 P. 1 StGB RF in Betracht. Strafbar ist danach die Verheimlichung von Vermögen, von Vermögensrechten oder Vermögensverbindlichkeiten, von Angaben über das Vermögen, seinen Umfang, seine Belegenheit oder von sonstigen Informationen über das Vermögen, über Vermögensrechte oder Vermögensverbindlichkeiten, die Übergabe von Vermögen in den Besitz anderer Personen, die Veräußerung oder die Zerstörung des dem Schuldner – d. h. einer juris326 Mihalev, Krimineller Bankrott, Sankt-Petersburg, 2001, S. 47 ff.; Talan, Unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott: historisch-vergleichende Analyse, Materialien des II. gemeinsamen russisch-deutschen Runden Tisches „Wirtschaftsstraftaten: russische und europäische Praxis“, 2009, S. 295. 327 Radcˇ enko/Mihlin, Kommentar zum StGB RF, 2007, zitiert von Ivanova, Strafrechtliche Einordnung der mit dem Insolvenzverfahren verbundenen Straftaten, 2013, S. 18; Sˇ arkov, Illegale Handlungen mit dem Vermögen bei Kriminalbankrott: Kommentar und Praxis zum Art. 195 StGB RF, Sledovatel’, 2007, Nr. 5, S. 10.

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tischen Person oder natürlichen Person, u. a. einem Einzelunternehmer – zugehörigen Vermögens, sowie die Verheimlichung, Zerstörung oder Fälschung von Bilanzierungsunterlagen oder von anderen Dokumenten der Rechnungslegung, die die wirtschaftliche Tätigkeit der betreffenden juristischen Person oder des Einzelunternehmers wiedergeben, wenn diese Handlungen bei Vorliegen der Bankrottmerkmale vorgenommen werden und einen großen Schaden verursachen. aa) Objektiver Tatbestand nach Art. 195 P. 1 StGB RF (1) Als Täter taugliche Personen (a) Bestimmung des Sondersubjekts bei Straftaten Art. 195 P. 1 StGB RF Bis zum Inkrafttreten der Neufassung des Art. 195 P. 1 StGB RF am 2. Januar 2006 stellte sich noch nicht die Frage nach dem Adressaten dieser Norm, denn die Sondersubjekte der Straftaten wie „Geschäftsführer“ oder „Eigentümer der Schuldnerorganisation“328 und „Einzelunternehmer“ waren ausdrücklich im Normtext festgelegt. Die im Jahre 2006 eingeführten Änderungen des Art. 195 StGB RF haben aber nicht nur die ausdrückliche Benennung der Sondersubjekte in den Voraussetzungen des Art. 195 StGB RF, sondern darüber hinaus auch jegliche Hinweise bezüglich der Subjekte dieser Straftat entfernt. Dies führte zu einer Ausweitung des Adressatenkreises des Art. 195 P. 1 StGB RF. Neben Einzelunternehmern und Geschäftsführern werden auch Mitglieder eines kollegialen Leitungsorgans der juristischen Person, Gesellschafter, Vorstandsmitglieder sowie Insolvenzverwalter erfasst. Wegen dieser „Grenzöffnung“ wird die Auffassung329 vertreten, dass als tauglicher Täter des Art. 195 P. 1 StGB RF jede Person in Betracht kommt, die das 16. 328 Der Begriff „Eigentümer der Schuldnerorganisation“ hatte in der Literatur Anstoß erregt. Es wurde darauf hingewiesen, dass dieser Begriff dem Gesellschaftsrecht nicht bekannt ist. Nach Art. 48 II ZGB wird klargestellt, dass die Gründer von Gesellschaften – Gesellschafter – nicht Eigentümer derselben sind, sondern zu ihnen in einem schuldrechtlichen Verhältnis stehen. Mithin konnten die Gesellschafter nicht strafbar gemacht werden, weil sie mitnichten unter den Begriff „Eigentümer der Schuldnerorganisation“ fielen. Ausführlicher dazu Volzˇenkin, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit nach Russlands Strafrecht, S. 285; Klepibkij, System der Wirtschaftsstraftaten, Moskau, 2005, S. 332; Mihalev, S. 151 – 153; Sˇ isˇko, Wirtschaftliche Delikte: Fragen der juristischen Bewertung und Verantwortung, Sankt-Petersburg, 2004, S. 196; vgl. auch Rusanov, Straftaten im Bereich der wirtschaftlichen Ta¨tigkeit, Moskau, 2011; S. 240. 329 Vgl. Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 195, S. 364; Krymov, Probleme bei der Bestimmung des Subjekts eines absichtlichen Bankrotts, Rossijaskij Sud’ja, 2007, Nr. 4, S. 38 – 40; Ivanova, S. 37; Homjakov, Objektive und subjektive Merkmale der kriminellen Bankrotte in Krediteinrichtungen, Rossijskij sledovatel’, 2010, Nr. 2, S. 20; Sˇ matenko, Subjekte des kriminellen Bankrotts, Ugolovnoe pravo, 2014, Nr. 1, S. 82; nicht zustimmend Albegov, Feststellung des Subjekts unrechtmäßiger Handlugen bei Bankrott: ein Abbild der Besonderheiten juristischer Personen im Strafgesetz, „Wirtschaftsstraftaten: russische und europäische Praxis“. Beitragssammlung des zweiten gemeinsamen russisch-deutschen Runden Tisches, 2011, S. 196.

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Lebensjahr vollendet hat. Jeder könne die tatsächliche Verheimlichung des Vermögens sowie der Unterlagen oder der Angaben über das Vermögen vornehmen, der einen Zugriff auf Vermögensgegenstände oder Unterlagen habe und tatsächlich zu handeln vermöge. Diese Auffassung ist aber nicht richtig, denn die Straftatbestände des Art. 195 StGB RF erfassen – wie auch eine Reihe anderer Artikel des Kapitels 22 StGB RF – nur kriminelle Handlungen im Rahmen der Aktivität eines Unternehmens, so dass als Subjekte hier lediglich juristische Personen bzw. deren organschaftliche Repräsentanten erfasst werden können. Die Tatbestände sind also als reine Sonderdelikte ausgestaltet. Darüber hinaus müssen die juristischen Personen Bankrottmerkmale aufweisen. Dieses Kriterium können nur diejenigen juristischen Personen erfüllen, die nach Art. 65 P. 1 InsG durch das Gericht für Bankrott erklärt werden dürfen. Da das russische Strafrecht weder die Strafbarkeit der juristischen Person noch das Prinzip der individuellen Verantwortlichkeit kennt, muss allerdings ein natürliches Subjekt vorhanden sein, dem die Sondereigenschaften zugerechnet werden. Häufig werden die Voraussetzungen der Sondersubjekte ausdrücklich in dem in Betracht kommenden Straftatbestand genannt (vgl. Art. 176, 177, 199.2 StGB RF sowie 195 StGB RF a. F.). Anderenfalls kann der Kreis der möglichen Subjekte einer Straftat durch die in der Rechtsprechung vorherrschenden – trotzdem strittigen – dogmatischen Konstruktionen bestimmt werden. Die Rechtsprechung wendet traditionell im Rahmen der Zurechnung die sog. „Mitarbeitertheorie“ an. Danach ist der natürlichen Person, die in einer verantwortlichen Stellung im hierarchischen Leitungssystem eines Unternehmens steht, bzw. berechtigt ist, im Namen und zugunsten der juristischen Person rechtserhebliche Handlungen vorzunehmen, die strafrechtliche Verantwortlichkeit aufzuerlegen, und zwar für unrechtmäßige Handlungen im Namen und zugunsten oder zulasten der juristischen Person, die den objektiven Tatbestand der Straftat verwirklicht.330 Von einer derartigen Nähebeziehung könne erst ausgegangen werden, wenn eine Rechtsverbindung zwischen der juristischen Person und der natürlichen Person vorhanden sei, die aus den zwischen ihnen bestehenden zivilrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Beziehungen resultiere und die dem Betroffenen Rechtsbefugnisse zuweise, im Namen und zugunsten der juristischen Person zu handeln. Die sogenannte „Mitarbeitertheorie“ rechnet zu den Sondersubjekten nur einen engen Kreis331 (Gesellschafter, Geschäftsführer und Einzelunternehmer) und führt damit zur Unanwendbarkeit insbesondere in dem Fall, dass im Namen und zugunsten der juristischen Person das Subjekt handelt, das die Rechtsverbindung zur juristischen Person durch sonstige Weise – nämlich durch Entscheidung eines Staatsorgans oder Gerichtsentscheidung – erhalten hat. Hierbei handelt es sich vor allem um den 330

Esakov, Über Merkmale der Sondersubjekte in den Wirtschaftsstraftaten, „Strafrecht: Entwicklungsstrategie im XXI. Jahrhundert“: Beiträge der Siebten internationalen Wirtschaftskonferenz am 28 – 29. Januar 2010, Moskau, 2010, S. 370. 331 Rusanov, RIS „ConsultantPlus“.

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Insolvenzverwalter, der die Stellung im Unternehmen ohne Einwilligung der juristischen Person einnimmt und der die Geschäfte der juristischen Person als „Fremder“ wahrnimmt. Schon bald stellte sich heraus, dass eine strenge Handhabung der „Mitarbeitertheorie“ den Täterkreis zu eng definiert. Deshalb wurden Erweiterungsmöglichkeiten gesucht. So ist z. B. Sˇ isˇko der Ansicht, dass zwar ausschließlich „Mitarbeiter“ der juristischen Person als Täter in Betracht kommen, betont aber gleichzeitig, dass „die planmäßigen Arbeitsbeziehungen mit der juristischen Person keine unabdingbaren Voraussetzungen […] des Sondersubjekts darstellen. Die für die Vornahme rechtserheblicher Handlungen erforderlichen Befugnisse könnten auch aus einem (befristeten) Arbeitsvertrag hergeleitet werden“332. Auch Klepickij spricht sich für eine weite Auslegung aus und meint, dass „jeder Mitarbeiter des Unternehmens im weitesten Sinn dieses Begriffs, der dem Zivilrecht bekannt ist“333, als Adressat des Art. 195 P. 1 StGB RF in Betracht komme. Allerdings werden auch dadurch noch nicht alle Schwächen der „Mitarbeitertheorie“ aufgefangen. In der Praxis werden Befugnisse zur Vornahme rechtserheblicher Handlungen übertragen, ohne dass zivil- oder arbeitsrechtliche Rechtsbeziehungen mit der juristischen Person bestehen. Um Umgehungsmöglichkeiten abzuschneiden, müssen weitere dogmatische Begründungen zur Bestimmung der Sondersubjekteigenschaft gefunden werden. In diesem Sinne hebt auch Sˇ isˇko hervor, dass „[…] das Strafgesetz seinerseits zusätzliche Gründe für die Auferlegung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit vorsehen muss“334. Zu denken ist an eine Regelung in Parallelität zum deutschen Recht (§ 14 StGB), die die Strafbarkeit des Täters allein schon wegen der Vornahme der Handlungen „für einen anderen“ begründen würde.335 Diesbezüglich hat Klepickij eine neue Theorie – die sog. „Theorie des funktionalen Zusammenhangs“336 – entwickelt, wonach derjenige strafbar ist, der funktionell (und dabei nicht unbedingt rechtlich) mit der juristischen Person verbunden ist. Teilweise neigt auch Albegov zu dieser Theorie, indem er bei unrechtmäßigen Handlungen zwischen rechtsgeschäftlichen Handlungen und bloß tatsächlichen Handlungen differenziert und hierbei darauf hinweist, dass die tatsächlichen Handlungen – Verheimlichung von Vermögen, von Vermögensrechten und Vermögensverbindlichkeiten, von Angaben über das Vermögen, seinen Umfang, Sˇ isˇko, S. 293 – 299, insbesondere S. 296. Klepickij, Das System der Wirtschaftstraftaten, S. 82. 334 ˇ Sisˇko, S. 299. 335 So auch Esakov/Hellmann/Golovnenkov, Bestimmung des Subjekts bei Wirtschaftstraftaten im russischen und deutschen Strafrecht, Zˇ urnal zarubezˇ nogo zakonodatel’stva i sravnitel’nogo pravovedenija, 2010, Nr. 4, S. 125; Esakov/Hellmann/Golovnenkov, Bestimmung des Sondersubjekts bei Wirtschaftstraftaten im russischen und deutschen Strafrecht, 2010, S. 25; Esakov, in: Rarog/Ponjatovskaja/Esakov, Strafrechtliche Einwirkung, Moskau, 2012, RIS „ConsultantPlus“, wo vorgeschlagen wird, Art. 191 StGB RF als Bestimmung des Sondersubjekts bei Wirtschaftsstraftaten zu modernisieren. 336 Klepickij, Das System der Wirtschaftstraftaten, S. 83. 332

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seine Belegenheit oder von sonstigen Information über das Vermögen, Vermögensrechte oder Vermögensverbindlichkeiten, die Vermögensübergabe in Besitz anderer Personen, Veräußerung oder Vernichtung des Vermögens, Verheimlichung und Vernichtung der Bilanzierungsunterlagen – von jeder Person vorgenommen werden können, die mit der juristischen Person verbunden ist, einen Zugriff auf entsprechende Gegenstände hat und tatsächlich handeln kann.337 Diese Ausdehnung der Zurechnungsmöglichkeiten steht auch in Übereinstimmung mit der jüngsten Rechtsprechung. So vertritt das Oberste Gericht der Russischen Föderation die Ansicht, dass „zu den Subjekten der Straftat i.S.d. Art. 199 StGB RF der Geschäftsführer, der leitende Buchhalter (oder Buchhalter, wenn die Stelle des leitenden Buchhalters nicht vorgesehen ist), […] sowie andere Personen gehören, wenn sie zur Vornahme dieser Handlungen vom Leitungsorgan ausdrücklich beauftragt wurden […]“338. Mithin werden alle Personen zu Sondersubjekten bei Wirtschaftsstraftaten gezählt, die die Befugnis haben, für die Gesellschaft rechtlich erhebliche Handlungen tatsächlich vorzunehmen. Hier ist nicht die Rechtsverbindung des Täters mit der juristischen Person wesentlich, sondern die Fähigkeit des Täters, tatsächlich die Handlungen vorzunehmen, die im Straftatbestand aufgelistet sind. Auch wenn die Beauftragung des Handelnden rechtlich unwirksam ist, bleibt er wegen der Taten strafbar, die er im Namen der juristischen Person begeht. Diese Lösung wird als „Theorie der Rechte und Pflichten“ bezeichnet. Sie ist auch im Schrifttum im Vordringen befindlich339 und verdrängt insoweit die „Mitarbeitertheorie“. Der Vergleich der geschilderten Meinungen hat gezeigt, dass nur die „Theorie der Rechte und Pflichten“ in der Lage ist, das Anliegen des Gesetzes (Art. 195 P. 1 StGB RF) umzusetzen, die Schmälerung des Gesellschaftsvermögens durch die genannten Aktionen zu verhindern. Insoweit ist es gleichgültig, wer der unmittelbar Ausführende ist. Da das russische Recht keine generelle „Transfernorm“ i.S.d. § 14 deutschen StGB kennt, bleibt nur der Ausweg, dieses Ergebnis i.S. einer Interpretation des einschlägigen Straftatbestandes zu erzielen. Nach russischem Rechtsverständnis ist es deshalb zulässig, im Rahmen der Unternehmensbestattung bei der Anwendung 337 Albegov, Beitragssammlung des zweiten gemeinsamen russisch-deutschen Runden Tisches, 2011, S. 198 – 199. 338 P. 7 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation „Über die gerichtliche Anwendungspraxis der Steuerstrafgesetzgebung“ vom 28. 12. 2006 Nr. 64, RIS „ConsultantPlus“. 339 Klepickij, Das System der Wirtschaftsstraftaten, S. 83; Esakov/Hellmann/Golovnenkov, Bestimmung des Sondersubjekts bei Wirtschaftsstraftaten im russischen und deutschen Strafrecht, 2010, S. 26; Esakov, in: Rarog/Ponjatovskaja/Esakov, Strafrechtliche Einwirkung, RIS „ConsultantPlus“; ähnlich dazu Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Analyse, Teil 2, Moskau, 2015, S. 399; Egorova, Rechtliche Gründe der Erfüllung der Führungsfunktionen von Sondersubjekten, Ugolovnoe pravo, 2005, Nr. 5, S. 18; Vitvickaja, Strafrechtliche Verantwortlichkeit für Wirtschaftsstraftaten der Sonderund nicht Sondersubjekte (Problem des „tatsächlichen“ Täters), Rossijskij Sledovatel’, 2007, Nr. 20, S. 18.

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des Art. 195 P. 1 StGB RF von der „Theorie der Rechte und Pflichten“ auszugehen. Dies ist die Basis der folgenden Erörterungen. (b) Altgesellschafter und Altgeschäftsführer als Sondersubjekte Auf der Basis der „Theorie der Rechte und Pflichten“ wird die von Art. 195 P. 1 StGB RF geforderte Sondereigenschaft (Schuldnereigenschaft) im Falle der „alternativen Liquidation“ insbesondere vom Gesellschafter der zu bestattenden GmbH sowie von deren Geschäftsführern erfüllt. Im Falle der „alternativen Liquidation“ werden die entscheidenden Schritte häufig schon vor der Übertragung der Geschäftsanteile der GmbH sowie vor der Reorganisation sowie vor dem Wechsel des Geschäftsführers eingeleitet. Altgesellschafter und Altgeschäftsführer verkaufen mittels fiktiver und ganz normaler Verträge die Vermögensgegenstände oder schließen Miet- und Leasingverträge ab. In diesem Zeitraum kommen sowohl Altgesellschafter als auch Altgeschäftsführer als Täter des Art. 195 P. 1 StGB RF in Betracht, ohne dass sich hier besondere Probleme ergäben. Das betrifft auch die Konstellation, dass sich die Rechtsstellung des Altgesellschafters und die des Altgeschäftsführers in einer Person vereinen. Differenzierter stellt sich die Rechtslage dar, wenn die Akte der „alternativen Liquidation“ – also z. B. die Verschiebung des Vermögens, Vernichtung der Unterlagen – erst nach der Übertragung der Anteile an der Gesellschaft oder erst nach der Reorganisation der Gesellschaft sowie nach dem Wechsel des Geschäftsführers der Gesellschaft verwirklicht werden. Auf Grund der Nichtigkeit der durchgeführten Maßnahmen der Anteilsübergabe bleibt der Altgesellschafter nach wie vor Gesellschafter der GmbH. Für ihn kommt dementsprechend auch eine Strafbarkeit gem. Art. 195 P. 1 StGB RF in Betracht, wenn die eigentlichen „Liquidationsakte“ erst später erfolgen. Gleiches gilt für den Geschäftsführer, der zugleich ein Gesellschafter der „zu liquidierenden“ Gesellschaft ist. Da die Altgesellschafter weiterhin ihre bisherige rechtliche Stellung behalten, können sie auch den Geschäftsführer der GmbH abberufen. Nach seiner Abberufung scheidet er im Prinzip aus dem Kreis der tauglichen Täter des Art. 195 P. 1 StGB RF aus. Wenn der abberufene Geschäftsführer der GmbH gleichwohl weiterhin für die Gesellschaft tätig bleibt und nunmehr Verhaltensweisen an den Tag legt, die im Tatbestand des Art. 195 P. 1 StGB RF umschrieben sind, stellt sich die Frage, ob er nach den Regeln des „faktischen“ Geschäftsführers weiterhin strafrechtlich verantwortlich bleibt. Dazu bedarf es zunächst einer terminologischen Klarstellung, was überhaupt unter einem „Geschäftsführer“ zu verstehen ist. Da in den strafrechtlichen Vorschriften des Kapitels 22 StGB RF keine Kriterien für die Rechtsfigur des Geschäftsführers festgelegt worden sind, muss insoweit auf andere Kapitel des Straf-

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gesetzbuches oder auf außerstrafrechtliche Normen zurückgegriffen werden. In Frage kommt insoweit zunächst Art. 201 Anm. 1 StGB RF, der den Geschäftsführer als eine Person definiert, die in einer kommerziellen oder sonstigen nicht staatlichen Organisation die Leitungsfunktionen ausübt. Danach werden alle Personen erfasst, die Funktionen eines Einzelexekutivorgans, eines Mitglieds des Direktorenrates oder eines sonstigen kollegialen Exekutivorgans ausüben, ebenso wie Personen, die ständig, vorübergehend oder durch besondere Vollmacht organisatorisch-verfügende und verwaltend-wirtschaftliche Funktionen ausüben. Der Geschäftsführer einer GmbH erfüllt diese Kriterien, denn er übt die Funktionen eines Einzelexekutivorgans aus. Auch Definitionen jenseits des StGB RF definieren den Geschäftsführer einer Gesellschaft. So umschreibt ihn Art. 273 P. 1 ArbGB340 als eine natürliche Person, die nach dem Gesetz oder den Gründungsunterlagen der Organisation die Geschäftsführung, unter anderem die Funktion des Einzelexekutivorgans erfüllt. Daraus kann man aber nicht herleiten, was genau von der „Geschäftsführung“ umfasst wird. Aussagekräftiger ist das InsG, dessen Art. 2 unter anderen auch den Geschäftsführer definiert. Danach wird der Geschäftsführer des Schuldners als ein Einzelexekutivorgan oder ein Leiter des kollegialen Exekutivorgans sowie eine andere Person definiert, die nach einem föderalen Gesetz im Namen der juristischen Person und ohne Vertretungsmacht agiert. In der Literatur wird die Geschäftsführung unterschiedlich verstanden. Häufig wird sie als Vertretung juristischer Personen vor Dritten oder als Vertretung im Geschäftsverkehr umschrieben.341 Im weiteren Sinne versteht man unter einer Geschäftsführung eine maßgebliche Einwirkung auf die Bestimmung der Geschicke der juristischen Person – und zwar auf die Richtung der unternehmerischen Tätigkeit, die Zweckmäßigkeit der Vertragsabschlüsse mit Vertragspartnern, die Gewinnverteilung sowie die Personalfragen. Darüber hinaus umfasst die Geschäftsführung neben der Führung der entsprechenden juristischen Person auch die Führung der Handelsvertretung und der Niederlassungen (Art. 55 ZGB).342 Vor diesem Hintergrund werden von der „faktischen“ Geschäftsführung zwei Fallgruppen erfasst:343 In der ersten Fallgruppe existiert de jure noch der Ge340

Wörtlich „Trudovoj kodeks Rossijskoj Federacii“ = „Arbeitsgesetzbuch der Russischen Föderation“, abgekürzt ArbGB. 341 Sadikov, Kommentar zu ZGB. Teil 1, 1997, S. 179; Lopasˇenko, S. 399. 342 Ausführlich dazu Pylèva, Sondersubjekte der Bankrottstraftaten, „Verbesserungsfragen der Rechtsschutztätigkeit“: Interuniversitärer Sammelband der wirtschaftlichen Arbeiten von Doktoranden, Teil 1, Moskau, 2002, S. 82 ff., insbesondere S. 83 – 84; Muradov, Der Geschäftsführer als Sondersubjekt bei Wirtschaftsstraftaten, Ugolovnoe pravo, 2009, Nr. 2, S. 46 ff.; Isakova, Der Geschäftsführer als Sondersubjekt bei Wirtschaftsstraftaten, Zakon i pravo, 2012, Nr. 1, S. 55. 343 Hier ist wohl der einzelnen in der Literatur vertretenen Ansicht zuzustimmen: Albegov, Die strafrechtliche Verantwortung der „faktischen Geschäftsführer“ einer juristischen Person, „Strafrecht: Entwicklungsstrategie im XXI. Jahrhundert“: Beiträge der Neunten internationalen Wirtschaftskonferenz vom 26 – 27. Januar 2012, Moskau, 2012, S. 222 ff.; Esakov, in: Rarog/ Ponjatovskaja/Esakov, Strafrechtliche Einwirkung, RIS „ConsultantPlus“.

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schäftsführer, de facto wird aber die Geschäftsführung durch eine andere Person oder durch mehrere Personen ausgeübt, nämlich durch einen „Hintermann“. In dieser Konstellation kann es nur um die erst später zu behandelnde Strafbarkeit des Hintermanns gehen. In der zweiten Gruppe ist der Gesellschafter der juristischen Person eine andere juristische Person, deren Gesellschafter eine dritte juristische Person ist usw. Tatsächlich werden die Führungsentscheidungen aber an der Spitze dieser Kette getroffen. Auch diese Konstellation kommt – wie oben dargelegt – im Falle der „alternativen Liquidation“ häufig vor. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Fallgruppe hat der Altgeschäftsführer nach der Amtsniederlegung oder der Abberufung seine überragende Position verloren. Er übt keinen entscheidenden Einfluss mehr auf die Geschäfte der Gesellschaft aus344 und scheidet deshalb auch insoweit als Täter des Art. 195 P. 1 StGB RF aus. So bleibt also nur noch eine Konstellation strafrechtlich zu würdigen, in der sich der Geschäftsführer der Gesellschaft nach seiner Abberufung unter Umständen doch noch gem. Art. 195 P. 1 StGB RF strafbar gemacht haben könnte, wenn er nämlich wertvolle Gegenstände aus dem Gesellschaftsvermögen herauszieht. Da im Gegensatz zum deutschen Recht die Abberufung des Altgeschäftsführers auch im Falle der „alternativen Liquidation“ wirksam ist, kann auch nach der „Theorie der Rechte und Pflichten“ selbst in ihrer weitesten Handhabung hier keine Zurechnung seines Verhaltens i.S.v. Art. 195 P. 1 StGB RF stattfinden. Jetzt kommen nur andere Straftatbestände in Betracht, die erst an späterer Stelle erörtert werden. (2) Haftungsbegründende Handlungen (a) Tathandlungen nach Art. 195 P. 1 StGB RF Art. 195 StGB RF trägt die Überschrift „unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott“. Der Begriff der „unrechtmäßigen Handlungen“ wird im eigentlichen Gesetzestext nicht aufgegriffen, vielmehr werden die gemeinten „unrechtmäßigen Handlungen“ nur umschrieben. Hierbei stützt er sich insbesondere auf die Vorschriften des im Jahre 1992 in Kraft getretenen InsG, in dem zum ersten Mal der Begriff der „unrechtmäßigen Handlungen“ gebraucht und durch einzelne Fallvarianten spezifiziert wurde. Dieser Verzicht des Strafgesetzgebers auf eine eigene umfassende Beschreibung der „unrechtmäßigen Handlungen“ hat jedoch zu nicht unerheblichen Auslegungsproblemen geführt. Im Schrifttum werden die unrechtmäßigen Handlungen ganz unterschiedlich betrachtet. So fassen einige Autoren345 strafbewehrte Handlungen in drei oder sogar 344 Auch so Albegov, „Strafrecht: Entwicklungsstrategie im XXI. Jahrhundert“: Beiträge der Neunten internationalen Wirtschaftskonferenz vom 26 – 27. Januar 2012, Moskau, 2012, S. 222 ff. 345 s. dazu Novoselov/Pogosjan/Zˇ alinskij, in: Kozacˇ enko/Novoselov, Strafrecht. Besonderer Teil, S. 335; Lopasˇenko, in: Rarog, Strafrecht. Besonderer Teil, S. 325; Rusanov, RIS „ConsultantPlus“; Golovnenkov, Das transnationale Insolvenzstrafrecht im Verhältnis zu Russland, 2012, S .207; vgl. Ivanova, S. 19 teilt unrechtmäßige Handlungen in zwei Gruppen:

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in vier Gruppen zusammen: 1) Verheimlichen von Vermögen, von Vermögensrechten und Vermögensverbindlichkeiten oder von Information über das Vermögen bzw. seinen Belegenheitsort oder von jeder anderen Information über das Vermögen; 2) Übergabe von Vermögensbestandteilen an Dritte; 3) Veräußerung oder Zerstörung von Vermögen; 4) Verheimlichung, Zerstörung, Fälschung von Bilanzierungsunterlagen oder von anderen Dokumenten der Rechnungslegung, die die wirtschaftliche Tätigkeit der juristischen Person wiedergeben. Andere Autoren propagieren sogar eine noch weitergehende Differenzierung. Bezogen auf das jeweilige Einwirkungsobjekt nimmt Mihalev346 an, dass der Tatbestand 12 verschiedene Tathandlungen erfasst: (1) Verheimlichung von Vermögen; (2) Verheimlichung von Vermögensrechten und -verbindlichkeiten; (3) Verheimlichung von Information über das Vermögen; (4) Übergabe von Vermögen an Dritte; (5) Veräußerung von Vermögen; (6) Zerstörung von Vermögen; (7) Verheimlichung von Bilanzierungsunterlagen; (8) Zerstörung von Bilanzierungsunterlagen; (9) Fälschung von Bilanzierungsunterlagen; (10) Verheimlichung von anderen Dokumenten der Rechnungslegung; (11) Zerstörung von anderen Dokumenten der Rechnungslegung; (12) Fälschung von anderen Dokumenten der Rechnungslegung. Darüber hinaus kommt Mihalev zu der Ansicht, dass Einzelne dieser 12 Varianten auch gleichzeitig erfüllt sein können.347 Auf weitere, im Schrifttum vertretene Differenzierungen soll hier nicht weiter eingegangen werden, denn sie ergeben keine zusätzlichen Erkenntnisse über den Anwendungsbereich der Norm. Sämtlichen ist jedoch gemein, dass im Text des Art. 195 P. 1 StGB RF alternative Varianten unrechtmäßiger Handlungen aufgelistet sind, von denen jede als selbständige Straftat anzusehen ist.348 Die häufigste Begehungsweise des Bankrottdeliktes ist die des Verheimlichens von Vermögen. Nach allgemeinem Sprachverständnis wird unter Verheimlichen das Verbergen oder Verschleiern der wahren Vermögensverhältnisse verstanden, mit der Folge, dass niemand etwas finden kann.349An diese Definition kann im Strafrecht angeknüpft werden. Somit sind unter Verheimlichen von Vermögen, von Vermögensrechten und -verbindlichkeiten und von Information über sie jene nicht mit der Vermögensübergabe verbundenen verschleiernden Handlungen zu verstehen, die auf die Verringerung der Konkursmasse abzielen und durch Vermögensverschiebung, Vermögensverbergung, Überweisung von Geldern auf andere Konten, Verschweigen von Vermögensbestandteilen, von Vermögensrechten und -verbindlichkeiten, Vernichtung von den Vermögensbestand beweisenden Bilanzierungsunterlagen und von Verheimlichung des Vermögens im weiteren Sinn und Veräußerung und Zerstörung des Vermögens. 346 Mihalev, S. 78. 347 Mihalev, S. 79 f. 348 ˇ Sarkov, Sledovatel’, 2007, Nr. 5, S. 11; Gorelik/Sˇ isˇko/Hlupina, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit, Krasnojarsk, 1998, S. 126; Novoselov/Pogosjan/Spirin, in: Kosacˇ enko/ Novoselov, Strafrecht. Besonderer Teil, S. 335. 349 Ozˇegov/Sˇ vedova, Bedeutungswörterbuch der russischen Sprache, 1999, S. 726, 745.

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anderen Rechnungsdokumenten etc. zum Ausdruck kommen.350 Das Tatbestandsmerkmal des Verheimlichens von Vermögen und Information über das Vermögen, seinen Umfang und Belegenheitsort ist erfüllt, wenn der Vermögensbestandteil vorübergehend verborgen wird. Obwohl der Begriff „Verheimlichen von Vermögen und Information über das Vermögen“ auf aktive Handlungen hinweist, geht die überwiegende Ansicht351 im Schrifttum davon aus, dass das Verheimlichen auch durch Unterlassen geschehen kann. Zwar trifft den Schuldner keine Offenbarungspflicht gegenüber seinen Gläubigern, in Insolvenzverfahren ist er aber verpflichtet, dem Insolvenzverwalter sämtliche Bilanzierungs- und andere Rechnungsunterlagen, Stempel, Siegel und andere Vermögenswerte zu übergeben (Art. 126 InsG). Überdies muss der Schuldner gemäß Art. 38 P. 2 InsG mit dem Insolvenzeröffnungsantrag dem Insolvenzgericht gleichfalls einen Bericht über aktuelle Vermögenswerte erstellen, falls solche vorhanden sind. Ein Verschweigen von Vermögenswerten, auf die der Schuldner unmittelbaren Zugriff hat, ist somit als „Verheimlichen des Vermögensbestandes“ einzustufen. Das Verheimlichen von Vermögensverbindlichkeiten stellt ein Verbergen von Information über die Vermögensverbindlichkeiten sowie Verbergen der sie bestätigenden Unterlagen dar. In dieser Tatvariante werden Gläubiger geschädigt, deren Forderungen verschwiegen werden. Strafbar ist auch die „Übergabe von Vermögen in fremden Besitz“. Eine entsprechende Formulierung existiert im deutschen Strafrecht nicht. Erfasst wird jede Handlung, mittels derer der Besitz an dem Vermögen von einer Person auf eine andere Person übergeht, ohne dass Eigentum auf die andere Person übertragen werden soll. Eine Übergabe liegt bspw. vor, wenn der Vermögensbestandteil in Erfüllung eines Miet-, Verpfändungs-, Leih-, oder Dienstvertrags übergeben wird. Die Übergabe von Vermögen in fremden Besitz ist jedoch erst dann schädigend und strafbar, wenn sie an das Verheimlichen und andere Handlungen anknüpft, die die Geltendmachung von Gläubigerrechten verhindern. Damit stellt die Übergabe von

350 Weiterführend dazu Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, 2011, Art. 195, P. 1, RIS „ConsultantPlus“; Mihalev, S. 83 f.; Klepickij, S. 326; Ivanova, S. 19 f. 351 s. dazu P. 4 des Entwurfs des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation „Über einige Fragen der Rechtsprechung bei Bankrottstraftaten“, veröffentlicht in: Pravovye Tehnologii (elektronische juristische Zeitschrift), 2013, Nr. 1, URL: http://www.law tech.ru/document/proekt-postanovleniya-plenuma-verhovnogo-suda-rossijskoj-federatsii-«o-ne kotoryh-voprosah-s (Stand am 16. 02. 2016); Gorelik/Sˇ isˇko/Hlupina, S. 126; Sˇ isˇko, Unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott (Art. 195 StGB RF), Zakony Rossii: opyt, analiz, praktika, 2011, Nr. 7, RIS „ConsultantPlus“; Klepickij, S. 326; Ivanova, S. 20; Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 195, P. 1, RIS „ConsultantPlus“; Rusanov, RIS „ConsultantPlus“; vgl. kritisch dazu Mihalev, S. 84 – 86, der auf die materielle Existenz des Vermögens hinweist. Daraus folge, dass das Verheimlichen lediglich durch die materielle Vermögensverschiebung Verschleierung darstellen könne.

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Schuldnervermögen zur Aufbewahrung keine unrechtmäßige Handlung dar, sofern der „Belegenheitsort“ bekannt ist.352 Der im StGB RF verwendete Begriff „Besitz“ ist vom Gesetzgeber aus dem Zivilrecht entnommen worden, weshalb er in der Strafnorm selbst nicht näher umschrieben wird. Das zivilrechtliche Schrifttum definiert den Besitz als tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache.353 Im Regelfall handelt es sich um einen rechtmäßigen Besitz (im russischen Recht: um „aus einem Titel berechtigter Besitz“), aber auch unrechtmäßiger Besitz kommt in Betracht. Der Vermögensgegenstand kann also auch ohne einen rechtlichen Grund oder durch ein unwirksames Rechtsgeschäft oder durch Diebstahl erlangt worden sein. Soweit in Art. 195 P. 1 StGB RF keine Beschränkung auf eine Besitzart vorgenommen wird, erfasst der Tatbestand also die Übergabe von Vermögenswerten in Form des „aus einem Titel berechtigten sowie nicht aus einem Titel berechtigten Besitzes“. Im Hinblick darauf, dass trotz des Besitzverlustes der Schuldner Eigentümer der Sache bleibt, erscheint fraglich, ob es sich bei der Besitzverschaffung tatsächlich um eine eigenständige Tatvariante handelt. Da die in fremden Besitz übergegangene Sache doch Teil der Konkursmasse bleibt, wird im russischen Schrifttum zu Recht angenommen, dass die Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen durch den bloßen Besitzverlust mangels Gemeingefährlichkeit doch keine die Strafbarkeit begründende Kraft entfaltet.354 Geht die Information über den „Belegenheitsort“ der Sache für die Gläubiger oder den Insolvenzverwalter allerdings durch den Übergang in den Besitz eines Dritten verloren, so erfüllt diese Verletzung der Gläubigerinteressen das Tatbestandsmerkmal des „Verheimlichens“.355 Im Gegensatz zur Übergabe von Vermögen in fremden Besitz ist die „Veräußerung von Vermögen“ eine auch anderen Rechtsordnungen bekannte Tathandlung (vgl. § 283 StGB). Die strafrechtlichen Vorschriften beinhalten keine Legaldefinition der Veräußerung, weshalb hierfür wiederum auf das Zivilrecht zurückgegriffen werden muss. Unter Berücksichtigung des Art. 235 ZGB wird die Veräußerung von Vermögen als eine nicht mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten verknüpfte unentgeltliche, ungleichwertige, freiwillige Übertragung des Vermögens auf eine andere Person verstanden, die beim Veräußerer das Erlöschen des Eigentumsrechts 352

Klepickij, S. 327; Ivanova, S. 21. Ausführlich dazu Krasavcˇ ikov, Sowjetisches Bürgerliches Recht, Bd. I, 1985, S. 300; Sergeev/Tolstoj, Zivilrecht, Teil 1, S. 326; Suhanov, Zivilrecht, Teil 1, Abschn. IV, Kapitel 13, § 1, 2. S. 494, RIS „ConsultantPlus“. 354 Mihalev, S. 90. 355 So Kudrjavcev, Aktuelle Probleme der strafrechtlichen Verantwortung der Bankrottstraftaten in der Gegenwart, Autoreferat der Dissertation, 2004, S. 8; Morozova, Unrechtmäßige Handlungen beim Bankrott, absichtlicher und fiktiver Bankrott nach dem Strafrecht der Russischen Föderation, Autoreferat der Dissertation, 2010, S. 20 – 21; Vakutin, Strafrechtliche Bewertung der unrechtmäßigen Handlungen beim Bankrott, Autoreferat der Dissertation, 2013, S. 16; kritisch dazu Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Bewertung, Teil II, S. 395 – 396. 353

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nach sich zieht.356 Bemerkenswert ist hier die Ansicht von Lopasˇenko357, die davon ausgeht, dass die Veräußerung von Vermögen als objektiver Tatbestand unrechtmäßiger Handlungen nach Art. 195 P. 1 StGB RF sowohl unentgeltliche als auch entgeltliche Übertragungen von Vermögen umfasst. Jedoch ist der überwiegenden Auffassung358 zuzustimmen, dass die entgeltliche, gleichwertige Veräußerung von Vermögen keine Verringerung der Konkursmasse und damit keine Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen zur Folge hat. Im Hinblick darauf liegt die entgeltliche, gleichwertige Veräußerung außerhalb des Straftatbestandes des Art. 195 P. 1 StGB RF. Lediglich unentgeltliche und ungleichwertige Veräußerungen werden von Art. 195 P. 1 StGB RF erfasst. Unter „Veräußerung von Vermögenswerten“ i.S.v. Art. 195 P. 1 StGB RF ist auch der Erwerb eines Vermögenswertes zu verstehen, wenn für ihn ein Preis bezahlt wird, der den Marktpreis wesentlich übersteigt.359 In diesem Fall werden Vermögensbestandteile in Form des den Marktpreis übersteigenden Wertes quasi verschenkt. Tatbestandsmäßig (also als unrechtmäßige Handlung einzustufen) ist des Weiteren die Übertragung von Vermögensbestandteilen auf eine andere juristische Person, sofern es sich um deren (rechtlich besonders geschütztes) Grundkapital handelt.360 Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Zerstörung von Vermögen“ orientiert sich herkömmlicherweise an der „absichtlichen Zerstörung und Beschädigung von Vermögen“ i.S. des Art. 167 P. 1 StGB RF. Es kommen allerdings nicht nur bewegliche körperliche Gegenstände als Tatobjekte in Betracht, sondern auch unbewegliche Gegenstände. Erfasst wird zunächst die gänzliche (physische) Zerstörung des Vermögensgegenstandes.361 Die bloße „Beschädigung“ des Vermögensgegenstandes reicht hingegen nicht, weil Art. 195 P. 1 StGB RF – im Gegensatz zu Art. 167 StGB RF – nur die „Zerstörung von Vermögen“, nicht hingegen die „Beschädigung“ pönalisiert. Die herrschende Ansicht legt aber nach dem Sinn und Zweck der Norm den Art. 195 P. 1 StGB RF zutreffend sehr extensiv aus und subsumiert unter „Zerstörung von Vermögenswerten“ auch die „Beschädigung“, die in ihren Aus-

356 s. dazu noch Suhanov, Zivilrecht, Teil 1, Abschn. IV, Kapitel 14, § 3, 1, S. 530; Stepanov, in: Stepanov, Zivilrecht, Bd. I, Abschn. V, Kapitel 17, § 4, RIS „ConsultantPlus“; Mihalev, S. 90; Klepickij, S. 327; Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 195, P. 1, RIS „ConsultantPlus“. 357 Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit. Kommentar zum Kapitel 22 StGB RF, S. 299; wohl ähnlich Rusanov, RIS „ConsultantPlus“. 358 Mihalev, S. 91; auch so Klepickij, S. 327; Ivanova, S. 23; Sˇ arkov, Sledovatel’, 2007, Nr. 5, S. 11. 359 Gorelik/Sˇ isˇko/Hlupina, S. 127. 360 Gorelik/Sˇ isˇko/Hlupina, S. 127. 361 Gorelik/Sˇ isˇko/Hlupina, S. 126; Mihalev, S. 93; Ivanova, S. 23; Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Bewertung, S. 396.

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wirkungen letztlich einer „Zerstörung“ gleichkommt, weil der Gegenstand nicht mehr entsprechend seiner Funktion benutzt werden kann.362 Das „Verheimlichen sowie die Zerstörung und Fälschung von Bilanzierungsunterlagen und von anderen Dokumenten der Rechnungslegung, die die wirtschaftliche Tätigkeit der juristischen Person wiedergeben“, sind als Anwendungsfälle des „Verheimlichens von Vermögen und von Vermögensverbindlichkeiten“ anzusehen. Hierbei verdient die Fälschung von Bilanzierungsunterlagen und von anderen Dokumenten der Rechnungslegung besondere Aufmerksamkeit. Diese Tathandlung ist im Sinne des deutschen § 283 I Nr. 5, 7a) StGB als eine Irreführung durch Inhaltsveränderung eines Dokuments zu verstehen. Bei einer „Fälschung von Unterlagen“ kommt zum einen eine Veränderung der äußeren Dokumentmerkmale, zum anderen eine Veränderung des Dokumentinhalts in Betracht. Daraus folgen zwei Varianten: (1) die materielle und (2) die intellektuelle Fälschung. Die materielle Fälschung umfasst sowohl die partielle Veränderung des authentischen Dokuments mittels einer schriftlichen Hinzufügung oder Korrektur etc. oder der äußeren Angaben des Dokuments als auch eine Anfertigung eines ganzen falschen Dokuments. Bei der intellektuellen Fälschung wird das Dokument lediglich inhaltlich abgewandelt. Teilweise wird im Schrifttum die Ansicht363 vertreten, dass vom Straftatbestand „unrechtmäßiger Handlungen“ nur die „materielle Fälschung“ (also die Manipulation an der Substanz der Urkunde) erfasst wird. Der Grund dafür ist die Ähnlichkeit mit dem Tatbestand des Art. 327 P. 1 StGB RF, bei dem die Fälschung oder Herstellung von Dokumenten unter Strafe steht, die über bestimmte Rechte Auskunft geben, sowie die Fälschung oder Herstellung von staatlichen Auszeichnungen der Russischen Föderation, RSFSR, UdSSR, Stempeln, Siegeln etc., wenn diese Dokumente oder Gegenstände gebraucht oder verkauft werden sollen. Mihalev364 steht dieser Auffassung kritisch gegenüber: Als Täter i.S.v. Art. 195 P. 1 StGB RF trete ein Geschäftsführer oder Einzelunternehmer in Erscheinung, der durch Gesetz berechtigt ist, Bilanzierungsunterlagen sowie andere Dokumente der Rechnungslegung zu führen. Daher seien sämtliche von dieser Person angefertigten Unterlagen authentisch. Verändere der Geschäftsführer willkürlich den Inhalt der authentischen Bilanzierungsunterlagen, um die echte wirtschaftliche Lage zu verschleiern, handele es sich bei solchen Konstellationen um eine intellektuelle Fälschung. Diese intellektuelle Fälschung sei etwas anderes als die Fälschung i.S.v. Art. 327 P. 1 StGB RF. Deshalb seien die Tatbestände nicht miteinander vergleichbar. Art. 195 P. 1 StGB RF erfasse also bei richtiger Betrachtungsweise die „intellektuelle“ Fälschung, die im deutschen Recht üblicherweise als schriftliche Lüge bezeichnet und gerade nicht als Urkundenfälschung i.S.v. § 267 StGB eingestuft 362

Zustimmend Klepickij, S. 327 – 328; Ivanova, S. 24; kritisch hierzu Mihalev, S. 93, Rusanov, RIS „ConsultantPlus“. 363 Gorelik/Sˇ isˇko/Hlupina, S. 126; Kudrjavcev/Luneev/Naumov, Russisches Strafrecht. Besonderer Teil, Moskau, 2005, S. 435. 364 s. dazu Mihalev, S. 95 f.

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wird.365 Diese Auffassung von Mihalev kann jedoch nicht überzeugen. Das zeigt allein schon der in der Praxis häufige Fall, dass der Geschäftsführer einer zu beerdigenden GmbH teils Urkunden „materiell“, teils „intellektuell“ fälscht und sie so miteinander vermischt, dass man später gar nicht mehr feststellen kann, welche Dokumente welche Mängel enthalten. Der Art. 195 P. 1 StGB RF will jedoch die Gläubiger der Gesellschaft möglichst umfassend schützen. Deshalb sollten beide Varianten unter den Straftatbestand subsumiert werden.366 (b) Tatverwirklichung im Falle einer „alternativen Liquidation“ Kommt ein Fall der „alternativen Liquidation“ in Betracht, ist die Vermögensverschiebung eine der am häufigsten durchgeführten Maßnahmen. Teilweise können wertvolle Vermögensgegenstände vor dem Einsatz eines gewerbsmäßigen Liquidators verkauft oder in fremden Besitz übergeben werden. Die weiteren Vermögenswerte, Betriebsanlagen, Forderungen sowie Kundschaft etc. werden typischerweise auf eine Auffanggesellschaft übertragen. Dies erfolgt meistens mit Hilfe von Schein- und Umgehungsgeschäften, die neben dem Eigentumsübergang zu den niedrigsten Preisen die Verschleierung der wirklichen Ziele der Beteiligten verfolgen. So können Vermögensbestandteile beispielsweise durch Pachtverträge ins Gründungskapital der neu gegründeten Gesellschaft übergeben werden. Die Altgesellschafter erhalten hierbei die für ihre weitere unternehmerische Tätigkeit notwendigen Vermögenswerte, ohne einen adäquaten Gegenwert zu erstatten. Zudem werden auch die Buchführungs- sowie Bilanzierungsunterlagen verheimlicht, zerstört oder gefälscht, damit die Übersicht über die finanziellen Verhältnisse und den Vermögensbestand erschwert wird. Die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer fürchten für den Fall des Auffindens der Unterlagen durch die Ermittlungsorgane, dass ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet wird. Um dieses für sie nachteilige Ergebnis zu verhindern, verwirklichen sie die Straftatbestände des Art. 195 P. 1 StGB RF bereits vor den konkreten Maßnahmen zur Unternehmensbestattung. (3) Vorliegen der Bankrottmerkmale Der Straftatbestand des Art. 195 P. 1 StGB RF wird nur dann verwirklicht, wenn der Täter bei Vorliegen der Bankrottmerkmale die obengenannten haftungsbegründenden Handlungen begeht. Das Tatbestandsmerkmal „bei Vorliegen der Bankrottmerkmale“ wird unter Heranziehung der zivilrechtlichen Vorschriften über die Insolvenz ausgelegt.367 So sind die Insolvenz-(Bankrott)merkmale in Art. 3 II InsG formuliert; nach Art. 6 II InsG ist Voraussetzung des Bankrottverfahrens, das 365

Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, § 267 Rn. 54. Dies folgt auch aus den Ausführungen von Rusanov, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit, RIS „ConsultantPlus“; Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 195, P. 1, RIS „ConsultantPlus“. 367 Ausführlicher zu dem Begriff „Bankrott“ und „Insolvenz“ in Teil 2, A.II.1.b)aa)(2). 366

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gegen die juristische Person eingeleitet werden kann, dass die Summe der Forderungen gegenüber ihr (der Schuldnerin) bei mindestens 300.000 Rubel liegt. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist von höchster Bedeutung für eine etwaige Strafbarkeit. Das Merkmal „bei Vorliegen der Bankrottmerkmale“ vermittelt zwar einen ersten Hinweis auf den Zeitraum, in dem die Tat begangen werden kann. Sie gibt aber letztlich doch keinen exakten Aufschluss darüber, ab und bis zu welchem Zeitpunkt die Tat „bei Bankrottmerkmalen“ begangen werden kann. Nach einer in der Rechtsprechung368 und in der Literatur vertretenen Ansicht369 knüpfen die Bankrottmerkmale an die Bankrotterklärung seitens des Gerichts an. Werde die Insolvenz der juristischen Person ungeachtet des Vorliegens der Insolvenzmerkmale vom Gericht nicht erklärt, sei der Straftatbestand des Art. 195 P. 1 StGB RF nicht erfüllt. Die andere Auffassung geht davon aus, dass „Bankrottmerkmale von dem Gericht bereits bei der Einleitung des Bankrottverfahrens – und zwar auch während des Beobachtungsverfahrens und der Sanierungsmaßnahmen – zu bestätigen sind“370. Ab diesem Moment beginne nach Art. 41 II InsG das Insolvenzverfahren. Die juristische Person werde unter Aufsicht gestellt und die im Antrag behauptete Zahlungsunfähigkeit werde überprüft. Die Bankrottmerkmale sind jedoch noch erheblich früher und zwar ab dem Zeitpunkt ihrer Entstehung vorhanden. Für diese Auffassung, dass Bankrottmerkmale lange vor der Insolvenzantragstellung vorliegen,371 spricht der Wortlaut des Art. 30 I, II InsG. Hiernach ist der Geschäftsführer des Schuldners beim Vorliegen der Bankrottmerkmale verpflichtet, Gesellschafter, Vermögenseigentümer des Schuldners – Einheitsunternehmen oder Personen, die berechtigt sind, eine außerordentliche Aktionärsversammlung einzuberufen – über das Vorliegen der Bankrottmerkmale in Kenntnis zu setzen, damit diese Personen die erforderlichen Maßnahmen ergreifen können. Die vom InsG vorgesehenen Maßnahmen werden 368 s. dazu Entwurf des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation „Über einige Fragen der Rechtsprechung bei Bankrottstraftaten“, veröffentlicht in: Pravovye Tehnologii (elektronische juristische Zeitschrift), 2013, Nr. 1, URL: http://www.lawtech.ru/ document/proekt-postanovleniya-plenuma-verhovnogo-suda-rossijskoj-federatsii-«o-nekoto ryh-voprosah-s (Stand am 16. 02. 2016), wo in P. 1 festgestellt wird, dass für das Vorliegen der Bankrottmerkmale die Einleitung des Bankrottverfahrens von dem Wirtschaftsgericht nicht verbindlich ist. 369 Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 195, P. 1, RIS „ConsultantPlus“; Inogamova-Hegaj/Rarog/Cˇ ucˇ aev, Strafrecht der Russischen Föderation, 2. Aufl., 2009, S. 284, RIS „ConsultantPlus“. 370 Inogamova-Hegaj/Rarog/Cˇ ucˇ aev, Strafrecht der Russischen Föderation, S. 286, RIS „ConsultantPlus“. Zu gleicher Ansicht hat wohl Mihalev, S. 99 – 109, insbesondere 109 tendiert. 371 Zustimmend Volzˇenkin, S. 384, 390; Klepickij, S. 330 – 331; Sˇ isˇko, Zakony Rossii: opyt, analiz, praktika, 2011, Nr. 7, RIS „ConsultantPlus“; ähnlich Gracˇ eva, in: Esakov, Kommentar zum StGB RF, 2012, Art. 195, P. 3, RIS „ConsultantPlus“; Morozova, Lage der Tatbegehung als wesentlicher objektiver Tatbestand des Art. 195 P. 1 StGB RF, Rossijskij Sledovatel’, 2013, Nr. 11, S. 12.

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vom Gericht bei Vorliegen der Bankrottmerkmale lediglich für die Sicherung des Schuldnervermögens, die Überprüfung der finanziellen Lage (Beobachtungsmaßnahmen), die Sanierung des Schuldners sowie die Begleichung der Gläubigerforderungen (Fremdverwaltung) angewandt. Demgemäß liegt der Tatbestand „beim Vorliegen der Bankrottmerkmale“ in dem Zeitraum vor, der mit der Entstehung der Bankrottmerkmale, also dem Ablauf der dreimonatigen Frist nach der Fälligkeit der Gläubigerforderungen, beginnt und mit dem endgültigen Abschluss des Bankrottverfahrens zu Ende geht.372 Diese Ausführung wird durch Art. 27 I InsG bestätigt, nach dem Fremdverwaltung, Konkursverfahren und Vergleich ausdrücklich zum Bankrottverfahren gezählt werden. Dementsprechend kann die Tat auch bis zum Ende des jeweiligen Verfahrens begangen werden. Solange das Bankrottverfahren nicht beendet ist, können unrechtmäßige Handlungen, die nicht auf die Sanierung, sondern auf die Verheimlichung von Vermögen sowie Verringerungen der Konkursmasse gerichtet sind, den Tatbestand des Art. 195 P. 1 StGB RF erfüllen. Abzulehnen ist dagegen die im Schrifttum vertretene Mindermeinung373, wonach die Bankrottmerkmale mit der Entscheidung des Gerichts auf Bankrotterklärung und Eröffnung des Konkursverfahrens oder davor durch Vergleich beendet sind. Gemäß dieser Auffassung könnte das nach der Gerichtsentscheidung durchgeführte Konkursverfahren nicht als Teil des Bankrottverfahrens betrachtet werden und konsequenterweise auch nicht den Tatbestand des Art. 195 P. 1 StGB RF erfüllen. Würde auch im Laufe des Konkursverfahrens das Vermögen des Schuldners verheimlicht oder zerstört, könnte der Täter gleichwohl nicht nach Art. 195 P. 1 StGB RF strafbar sein. Es erscheint jedoch unsinnig, das eigentliche Kerngeschehen des Insolvenzverfahrens dem Anwendungsbereich des Insolvenzstrafrechts zu entziehen. Deshalb ist es vorzugswürdig, das Vorliegen der Bankrottmerkmale in dem weiteren Sinn zu verstehen und alle damit in Zusammenhang stehenden Zeiträume mit einzubeziehen. Für die Fälle „alternativer Liquidation“ einer GmbH gilt also: Die zu bestattende Gesellschaft befindet sich in einer wirtschaftlichen Schieflage. In einer Phase, in der keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten auftreten, würde sich kein Unternehmer dazu entschließen, die Gesellschaft heimlich und still mittels „alternativer“ gewerbsmäßiger Helfer verschwinden zu lassen. Die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer kontaktieren daher Unternehmensbestatter immer in einer Situation, in der die GmbH bereits Insolvenzmerkmale aufweist. Trotz der genannten wirtschaftlichen Schieflage wird beim typischen Verfahren der „alternativen Liquidation“ der Insolvenzantrag beim Wirtschaftsgericht gerade nicht eingereicht. Dies spielt aber für die Strafbarkeit nach Art. 195 P. 1 StGB RF keine Rolle, weil das Vorliegen der Bankrottmerkmale nicht obligatorisch mit der in Kraft getretenen Gerichtsentscheidung auf Bankrotterklärung bestätigt werden muss. Es reicht aus, dass die 372 So Volzˇenkin, S. 384; Sˇ isˇko, Zakony Rossii: opyt, analiz, praktika, 2011, Nr. 7, RIS „ConsultantPlus“; Uhr, Straftaten im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung in Russland, 2001, S. 258. 373 Brilliantov, Russlands Strafrecht. Allgemeiner und Besonderer Teil, 2009, S. 622; Morozova, Rossijskij Sledovatel’, 2013, Nr. 11, S. 12.

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Bankrottmerkmale im Zeitraum der Verwirklichung des objektiven Straftatbestands vorgelegen haben. (4) Großer Schaden als Folge der Tat Die Tat ist bei Zufügung „eines großen Schadens“ vollendet. Der große Schaden als Folge unrechtmäßiger Handlungen stellt gemäß der Anmerkung zu Art. 169 StGB RF374 eine Schadenssumme dar, die 1,5 Millionen Rubel übersteigt. Liegt die Schadenssumme demzufolge unter 1,5 Millionen Rubel, kommt eine strafrechtliche Verantwortung nicht in Betracht. Da Art. 195 P. 1 StGB RF jede Verringerung des zur Konkursmasse gehörenden Vermögens erfasst, kann es sich zuerst um den Schaden handeln, der Gesellschaftsgläubigern zugefügt wurde. Geschädigter können aber auch der Staat sein, an den Pflichtzahlungen nicht entrichtet werden, sowie die Schuldnergesellschaft, deren Zahlungsfähigkeit nach einer legalen Sanierung wieder hergestellt worden wäre,375 sodass z. B. die Geschäftsanteile der Gesellschafter wieder ihren ursprünglichen Wert erhalten hätten. Als Anhaltspunkt für die Bestimmung der Schadenssumme kann die Legaldefinition des Art. 2 InsG herangezogen werden. Danach kann der den Vermögensrechten der Gläubiger zugefügte Schaden in einer Verringerung von Schuldnervermögenswert oder -umfang und/oder einer Vergrößerung von Forderungen gegen den Schuldner bestehen, sowie in anderen Folgen der vom Schuldner abgeschlossenen Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen oder Unterlassungen, die zur Unmöglichkeit der Begleichung der Gläubigerforderungen durch das Schuldnervermögen führen. Durch die typischen Maßnahmen der „alternativen Liquidation“ wird es meistens erschwert oder unmöglich gemacht, den wahren Schaden zu ermitteln. Die Verheimlichung von Vermögen, von Vermögensrechten und -verbindlichkeiten sowie die Verheimlichung und Fälschung von Bilanzierungsunterlagen sind nicht nur auf die Bereicherung der Beteiligten, sondern auch auf das Verbergen des den Gläubigerinteressen zugefügten Schadens vor den Ermittlungsorganen gerichtet. Kann somit die Schadenssumme infolge unrechtmäßiger Handlungen überhaupt nicht nachgewiesen werden oder bleibt zweifelhaft, ob die Grenze von 1,5 Millionen Rubel überschritten worden ist, kann nicht von einem „großen Schaden“ als Folge der Tat gesprochen werden. Im Schrifttum wird das zwar zum Teil anders gesehen und auch in Zweifelsfällen der große Schaden bejaht,376 dem kann jedoch nicht

374 Dabei handelt es sich um eine Legaldefinition. Der Gesetzgeber hat diese Summe selbst festgelegt, die für die gesamte Wirtschaftskriminalität gilt. 375 Volzˇenkin, S. 131, 386. 376 Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 195, P. 5, RIS „ConsultantPlus“.

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zugestimmt werden. Damit würden die Grenzen der Auslegung gesprengt und einer Analogie zuungunsten des Täters das Wort geredet.377 bb) Der subjektive Tatbestand nach Art. 195 P. 1 StGB RF Nach herrschender Meinung378 setzt Art. 195 P. 1 StGB RF Vorsatz voraus. Direkter Vorsatz liegt seitens des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers vor, wenn dieser die Rechtswidrigkeit seiner Handlungen (seines Unterlassens) begreift sowie den möglichen und unvermeidbaren Taterfolg vorhersieht und will. Notwendig ist auch der Vorsatz des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers bezüglich der Verursachung eines großen Schadens. Eine Person ist nur für jenen Schaden verantwortlich, den sie vorhergesehen hat. Dabei muss sie auch erkannt haben, wem der Schaden zugefügt wird, worin er besteht und ob er größer als 1,5 Millionen Rubel ist.379 Andernfalls scheitert die Strafbarkeit nach Art. 195 P. 1 StGB RF. Die Tat kann nach herrschender Ansicht auch mit Vorsatz in der Form des dolus eventualis begangen werden. Dafür reicht es aus, dass der Täter den für möglich gehaltenen großen Schaden zwar nicht anstrebt, ihn aber billigend in Kauf nimmt.380 Im Schrifttum wird hingegen im Rahmen des Art. 195 P. 1 StGB RF die Vorsatzform des dolus eventualis von einigen Autoren in Frage gestellt; so z. B. von Klepickij mit dem Argument, dass „jeder Unternehmer bei seiner Tätigkeit den möglichen Misserfolg vorhersieht und sich daher [zwangsläufig] mit dem Vorsatz dolus eventualis zur Zahlungsunfähigkeit verhält“381. Ebenso sieht es Mihalev, der zudem darauf hinweist, dass die Verwirklichung des Straftatbestandes des Art. 195 P. 1 StGB RF in der Form des dolus eventualis gegen die Natur des Unternehmertums verstößt.382 Dies kann jedoch nicht überzeugen. Zwar kann ein Unternehmer im Regelfall ein Scheitern seiner Geschäfte nie ausschließen, darum geht es im Falle der Insolvenzdelikte jedoch nicht. Die Strafbarkeit setzt erst ein, wenn das Unternehmen tatsächlich insolvenzreif ist und der Schuldner jetzt auch noch von einem großen Schaden ausgeht, den sein Verhalten bedingen wird. Alles spricht deshalb dafür, dass auch der vom Gesetz bei Umschreibung des tatbestandsmäßigen Verhaltens gerade 377 Ebenso Kolb, Objektive Seite krimineller Bankrotte, S. 15; Klepickij, S. 329, 368. Cˇ ebon’jan, Strafrechtliche Einordnung unrechtmäßiger Handlungen bei Bankrott, Autoreferat der Dissertation, 2005, S. 11 schlägt vor, den Straftatbestand „Verursachung des großen Schadens“ als Qualifikationsmerkmal umzugestalten. 378 Volzˇenkin, S. 389; Mihalev, S 171; Klepickij, S. 331 – 332; Inogamova-Hegaj/Rarog/ ˇCucˇ aev, Strafrecht der Russischen Föderation, S. 285, RIS „ConsultantPlus“; Kudrjavcev, S. 9 – 10; Morozova, Unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott, absichtlicher und fiktiver Bankrott nach der russischen Gesetzgebung der Russischen Föderation, Autoreferat der Dissertation, 2010, S. 24. 379 Lopasˇenko, S. 398. 380 Zustimmend Volzˇenkin, S. 389; Klepickij, S. 331 f.; Rarog, in: Rarog, Strafrecht. Besonderer Teil, S. 249; Lopasˇenko, S. 398. 381 Klepickij, Bankrott als eine Straftat im modernen Strafrecht, S. 59. 382 Mihalev, S. 171.

B. Strafrechtliche Folgen

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nicht ausgeklammerte dolus eventualis zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes genügt. Im Falle einer „alternativen Liquidation“ sprechen zumeist eindeutige Indizien mindestens für das Vorliegen des Vorsatzes in der Form des dolus eventualis. Dies geht aus dem Verhalten der Altverantwortlichen hervor: In Kenntnis der wirtschaftlichen Schieflage möchten sie sich mittels professioneller Bestatter ihrer Gesellschaft gesetzeswidrig entledigen; ansonsten hätten sie sich nicht an die Unternehmensbestatter, sondern an das Wirtschaftsgericht gewandt. Bei einer Bestattung liegt es auf der Hand, dass Altgesellschafter/Altgeschäftsführer den Erfolg zumindest billigend in Kauf nehmen, ja ihn zumeist sogar anstreben. Anders kann es hingegen bezüglich des Tatbestandsmerkmals der Verursachung „großen Schadens“ aussehen. Insoweit wird es nur schwer möglich sein, „gerichtsfeste“ Beweise zu erbringen. cc) Ergebnis Die Altgesellschafter sowie die Altgeschäftsführer einer GmbH können, sofern sie vor ihrer Abberufung oder Amtsniederlegung gehandelt haben, im Falle der „alternativen Liquidation“ wegen unrechtmäßiger Handlungen bei Bankrott nach Art. 195 P. 1 StGB RF bestraft werden. Dieser Straftatbestand ist einschlägig, wenn die Bankrottmerkmale im Zeitpunkt der Tathandlung vorgelegen haben und ein großer Schaden verursacht worden ist. Der Altverantwortliche muss zudem mit dolus directus oder dolus eventualis zu dem Schluss gekommen sein, dass durch eben seine Handlungen ein großer Schaden eingetreten ist. Andernfalls scheidet eine Strafbarkeit nach Art. 195 P. 1 StGB RF aus. b) Absichtlicher Bankrott nach Art. 196 StGB RF Neben der Strafbarkeit des Altgeschäftsführers/Altgesellschafters der GmbH wegen unrechtmäßiger Handlungen ist bei einer „alternativen Liquidation“ an die Verwirklichung der Straftat des absichtlichen Bankrotts nach Art. 196 StGB RF zu denken. Ein solcher Tatbestand kann in den seltenen Fällen erfüllt sein, in denen die zu bestattende juristische Person noch zahlungsfähig ist, jedoch zum Vorteil des Altbeteiligten abgewickelt werden soll. Der den vorsätzlichen Bankrott regelnde Art. 196 StGB RF entspricht bezüglich Rechtsgut und Tatbestandsstruktur dem deutschen § 283 II StGB. Er stellt die von einem Geschäftsführer, Gesellschafter (Teilhaber) der juristischen Person oder Einzelunternehmer wissentlich durch Tun oder Unterlassen herbeiführte Unfähigkeit der juristischen Person oder des Einzelunternehmers, Gläubigerforderungen in vollem Umfang zu befriedigen und der Verpflichtung zur Begleichung öffentlich-rechtlicher Pflichtforderungen nachzukommen, unter Strafe, sofern diese Handlungen (bzw. Unterlassungen) einen großen Schaden verursachen.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Tatbestandsmäßig sind die Handlungen, die in Art. 195 StGB RF aufgelistet sind. Im Gegensatz zu Art. 195 StGB RF, der das Verheimlichen von Vermögen vor Ermittlungsorganen zugunsten eigener Verwendung unter Strafe stellt, geht es bei Art. 196 StGB RF darum, dass sich die Verantwortlichen des Vermögens der juristischen Person mit dem Ziel entledigen, die juristische Person in die Insolvenz zu treiben.383 Umstritten ist auch hier der Zeitraum, in dem der Bankrott begangen werden kann – und zwar genau genommen, wann eine Tatbegehung beginnen kann. Eine Mindermeinung des Schrifttums steht auf dem Standpunkt, dass eine Strafbarkeit gem. Art. 196 StGB RF erst einsetzt, wenn die Insolvenz der juristischen Person festgestellt und das Konkursverfahren eröffnet worden ist.384 Solange das Gericht keine diesbezügliche Entscheidung treffe, komme insoweit lediglich eine Strafbarkeit wegen Untreue nach Art. 201 StGB RF in Betracht. Damit wird aber der Entscheidung des Wirtschaftsgerichts eine strafbegründende Funktion beigemessen, die sich nicht aus dem Straftatbestand des Art. 196 StGB RF ergibt und die auch nicht sachgerecht erscheint. Das von Art. 196 StGB RF geschützte Rechtsgut ist auch bereits vor der Entscheidung des Wirtschaftsgerichts gefährdet, sofern andere objektiv feststellbare Indikatoren erkennbar sind, dass das Konkursverfahren unausweichlich ist und der Täter absichtlich auf die unmittelbare Erreichung dieses Ziels zusteuert. Mit der im Schrifttum wohl schon herrschenden Ansicht ist deshalb beim absichtlichen Bankrott nicht die Gerichtsentscheidung der Insolvenzfeststellung konstitutiv, sondern diejenige Handlung, die in der Absicht der Bankrottherbeiführung den großen Schaden verursacht.385 Insofern erscheint die Ansicht von Dvoreckij sachgerecht, der bei der Feststellung der Tatbegehung von einer Analogie zu § 283 VI StGB ausgeht:386 Die Handlungen sind dann strafbar, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat oder wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

383 Ausführlicher dazu Morozova, Zur Frage der Verhältnisse zwischen von Art. 195 – 197 StGB RF vorgesehenen Straftaten, Kriminalist, 2014, Nr. 2, S. 26 – 27. 384 Gorelik/Sˇ isˇko/Hlupina, S. 135 – 136; Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 196, P. 1, RIS „ConsultantPlus“; Inogamova-Hegaj/Rarog/Cˇ ucˇ aev, Strafrecht der Russischen Föderation, S. 286, RIS „ConsultantPlus“; Golovnenkov, S. 209. 385 s. heirzu P. 2.1 der Bescheinigung „Über die Rechtsprechung der Gerichte des Kemerovskij Gebiets im Bereich unrechtmäßiger Handlungen bei Bankrott (Art. 195 – 197 StGB RF)“ vom 14. 02. 2012 Nr. 01-08/26-153, veröffentlicht am Internet-Portal GAS „Pravosudie“, URL: http://oblsud.kmr.sudrf.ru/modules.php?name=docum_sud&id=145 (Stand am 11. 10. 2017); das Schrifttum kommt zur gleichen Ansicht: Gracˇ eva, in: Esakov, Kommentar zum StGB RF, Art. 196, P. 4, RIS „ConsultantPlus“; Volzˇenkin, S. 406; Lopasˇenko, S. 304; Ivanova, S. 33; Svercˇ kov/Voronov, Absichtlicher Bankrott einer juristischen Person oder eines Einzelunternehmers: Mechanismus des kriminellen Verhaltens und Besonderheiten der Einordnung, Vestnik Nizˇ egorodskoj akademii MVD Rossii, 2013, Nr. 21, S. 157. 386 Dvoreckij, Krimineller Bankrott in der Russischen Föderation, 2012, S. 126.

B. Strafrechtliche Folgen

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Für diese Lösung spricht auch die gesamte Struktur des russischen Insolvenzverfahrens. Zunächst muss der Schuldner beim Wirtschaftsgericht seine finanziellen Schwierigkeiten offenbaren. Sodann hat das Wirtschaftsgericht – zumeist unter Mitwirkung eines vom Gericht eingesetzten Insolvenzverwalters – zu prüfen, ob Merkmale des absichtlichen (oder fiktiven387) Bankrotts erkennbar sind. Ausdrücklich wird dem Insolvenzverwalter die Pflicht auferlegt, für den Zeitraum von zwei Jahren vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens das Vorliegen der absichtlichen oder fiktiven Bankrottmerkmale zu prüfen.388 Es wäre unsinnig, dem Insolvenzverwalter diese Prüfungspflicht aufzuerlegen, wenn der Tatbestand des Art. 196 StGB RF erst dann verwirklicht werden könnte, wenn das Gericht bereits das Konkursverfahren eröffnet hätte. Offensichtlich soll es doch um die vorangegangene Tätigkeit der Herbeiführung der Insolvenzreife gehen, die das Wirtschaftsgericht – unter Mitwirkung des Insolvenzverwalters – nur noch festzustellen hat. Es bleibt also dabei: Der absichtliche Bankrott kann bereits in der Phase vor Antragstellung beim Wirtschaftsgericht begangen werden, sofern es sich um ein absichtliches Herbeiführen der Insolvenz handelt. Aus dem Wortlaut des Art. 20.3 P. 2 Abs. 8 InsG und der Verordnung der Regierung ist allerdings abzuleiten, dass maximal nur ein Zeitraum von bis zu zwei Jahren vor der Antragstellung erfasst wird. Für den Fall der „alternativen Liquidation“ bedeutet das, dass im Regelfall eine Strafbarkeit wegen absichtlichen Bankrotts gem. Art. 196 StGB RF ausscheidet. Das liegt bereits daran, dass zumeist zwar eine Anteilsübertragung, eine Sitzverlegung und eine Änderung des Geschäftsbetriebs vorgenommen werden, um die Gesellschaft nach Art. 21.1 FZ-129 (als „die Tätigkeit eingestellt habende juristische Person“) abzuwickeln, aber nicht geplant ist, einen Insolvenzantrag zu stellen. Da also im Regelfall überhaupt kein Insolvenzverfahren stattfinden soll und demgemäß auch nicht stattfindet, das zu den Tatbestandsmerkmalen des Art. 196 StGB RF zählt, kann dieser Straftatbestand im Regelfall auch nicht eingreifen. Wie oben dargelegt, gibt es aber ausnahmsweise doch die Variante der „alternativen Liquidation“, in der der Neugeschäftsführer einen Insolvenzantrag stellt. Dann eröffnet sich für die Altbeteiligten die Möglichkeit einer Strafbarkeit gem. Art. 196 StGB RF, sofern sie im Rahmen der „alternativen Liquidation“ absichtlich die Insolvenzlage herbeigeführt und dabei einen großen Schaden in Kauf genommen haben.

387 s. Art. 197 StGB RF, nach dem das Leitungsorgan oder der Gründer (Teilhaber) der juristischen Person für eine falsche öffentliche Bekanntmachung der Zahlungsunfähigkeit der juristischen Person bestraft wird, wenn diese Bekanntmachung zu einem großen Schaden geführt hat. 388 Vgl. Art. 20.3 P. 2 Abs. 8 InsG sowie Verordnung der Regierung der Russischen Föderation vom 27. 12. 2004 Nr. 855 „Über die Feststellung der zeitlichen Prüfungsregeln des Insolvenzverwalters an das Vorliegen der Merkmale des absichtlichen und fiktiven Bankrotts“, RIS „ConsultantPlus“.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

c) Steuerhinterziehung nach Art. 199 StGB RF Häufig ist schon vor der finanziellen Krise der juristischen Person und der Einleitung konkreter Maßnahmen zur „alternativen Liquidation“ derselben vom Altgeschäftsführer der Tatbestand des Art. 199 StGB RF verwirklicht. Danach wird bestraft, wer sich der Zahlung von Steuern oder Einlagen dadurch entzieht, dass die Steuererklärung oder sonstige Buchführungsunterlagen, die nach der Gesetzgebung über Steuern und Einlagen vorzulegen sind, nicht vorgelegt werden oder in der Steuererklärung oder sonstigen Buchführungsunterlagen wissentlich falsche Angaben eingetragen werden.389 Die Eintragung von wissentlich falschen Angaben kann auf verschiedene Weise zum Ausdruck kommen: Verschweigen einiger Einkünfte oder Steuerbelastungsobjekte, Verringerung der tatsächlichen Einkunftshöhe, Verfälschung der Aufwandshöhe etc.390 Von vielen juristischen Personen, die sich in einer Krisensituation befinden, werden die tatsächlichen Einkünfte verschwiegen oder künstlich herabgesetzt, um die Summe der zur Zahlung kommenden Steuern und Einlagen zu verringern. Voraussetzung für die Strafbarkeit nach Art. 199 StGB RF ist, dass die Tat in großem Umfang begangen wurde. Nach der Anmerkung 1 zu Art. 199 StGB RF liegt dann ein großer Umfang vor, wenn die Summe unbezahlter Steuern und Einlagen im Laufe der drei aufeinanderfolgenden Abrechnungsjahre fünf Millionen Rubel übersteigt und die Summe unbezahlter Steuern und Einlagen 25 % der zu zahlenden Steuern und Einlagen übersteigt oder wenn diese Summe 15 Millionen Rubel übersteigt. Im Gegensatz zu den Straftatbeständen der Art. 195 – 196 StGB RF ist im Rahmen des Art. 199 StGB RF nur Vorsatz hinsichtlich des Entziehens von gesetzlich vorgesehenen Steuern und Einlagen notwendig.391 d) Verheimlichung von Geldmitteln oder Vermögen einer juristischen Person oder eines Einzelunternehmers, durch die Steuern und Einlagen zu decken sind (Art. 199.2 StGB RF) Eine Strafbarkeit nach Art. 199.2 StGB RF kommt in Betracht, wenn der Eigentümer der steuerpflichtigen Organisation oder der Geschäftsführer sowie eine andere Person, die in der juristischen Person die Leitungsfunktionen erfüllt, Geldmittel oder Vermögen der Organisation verheimlicht, durch welche die von Gesetz wegen vorgeschriebenen Steuer- sowie Einlagerückstände gedeckt werden müssen. Als Täter kommen folgende Personen in Betracht: Eigentümer der Organisation (Eigentümer des Organisationsvermögens), Geschäftsführer der Organisation, an389

Wenn zum Ziel der Steuerhinterziehung andere Unterlagen, Siegel und Stempel verfälscht werden, sind die Handlungen als Einheitstat nach Art. 199 und 327 StGB RF einzuordnen. 390 Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 198, P. 4, RIS „ConsultantPlus“. 391 Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 198, P. 7, RIS „ConsultantPlus“.

B. Strafrechtliche Folgen

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dere Personen, die Leitungsfunktionen erfüllen, sowie Einzelunternehmer. Die drei letzten Begriffe wurden bereits erläutert. Klärungsbedürftig ist hingegen noch der Begriff „Eigentümer der Organisation“. Das ZGB sowie andere zivilrechtliche Vorschriften kennen den im StGB RF gebrauchten Begriff „Eigentümer der Organisation“ nicht, vielmehr sind üblicherweise die juristischen Personen – mit Ausnahme der gesetzlich geregelten öffentlichen Einrichtungen – selbst Eigentümer ihres Vermögens (vgl. Art. 48 P. 3, 113, 123.1 P. 4 ZGB). Vor diesem Hintergrund ist der Begriff „Eigentümer der Organisation“ auf diejenigen Personen zu beschränken, die eine vom Eigentümer finanzierte Einrichtung gründen. Daneben können Leiter der staatlichen oder kommunalen Organe und andere juristische oder natürliche Personen, die zur Ausübung der Eigentümerrechte berechtigt sind, nach Art. 199.2 StGB RF strafbar sein.392 Nach dieser Begriffsbestimmung der Sondersubjekte des Art. 199.2 StGB RF gehören Gesellschafter und Aktionäre nicht zum möglichen Täterkreis, was zwar zur Ungleichheit bei der strafrechtlichen Verantwortung in Gesellschaften verschiedener Rechtsformen führt; jedoch wäre eine noch extensivere Auslegung nicht mehr vertretbar.393 Nach dem Wortlaut des Gesetzes („Eigentümer der Organisation“) tragen nur die Eigentümer des Vermögens der juristischen Person die Verantwortung, zu denen Gesellschafter und Aktionäre eben gerade nicht zählen. Ihre Einbeziehung in dem potentiellen Täterkreis bedeutete einen Verstoß gegen das Analogieverbot (Art. 3 II StGB RF). Die bei einer „alternativen Liquidation“ auftretenden Gesellschafter einer GmbH können also nicht Täter des Art. 199.2 StGB RF sein, weil sie keine Eigentumsrechte an dem der juristischen Person gehörenden Vermögen haben. Die Altgeschäftsführer scheiden in der Regel ebenfalls als Täter des Art. 199.2 StGB RF aus, weil der Straftatbestand erst nach seiner Abberufung typischerweise verwirklicht wird. e) Untreue nach Art. 201 StGB RF Der Tatbestand der Untreue (Art. 201 StGB RF) ist erfüllt, wenn das leitende Personal in kommerziellen oder sonstigen nichtstaatlichen Organisationen durch eine Handlung oder Unterlassung im Widerspruch zu den gesetzmäßigen Interessen 392

P. 19 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 28. 12. 2006 Nr. 64 „Über die gerichtliche Anwendungspraxis der Steuerstrafgesetzgebung“, Rossijskaja Gazeta vom 31. 12. 2006, Nr. 297; Beschluss des Präsidiums des Oberen Gerichts im Respublik Komi vom 23. 10. 2013 Nr. 44-u-176 – die Entscheidung ist unveröffentlicht – RIS „ConsultantPlus“; auch so Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 199.2 P. 7, RIS „ConsultantPlus“; Talan, in: Sundurov/Talan, Strafrecht Russlands. Besonderer Teil, Kapitel 8, § 8, RIS „ConsultantPlus“. 393 Vgl. hierzu Iskaliev, Strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Verheimlichung von Geldern und Vermögen, durch die Steuer und Einlagen zu decken sind, Moskau, 2015, S. 96 – 97, der den Begriff des Eigentümers der Organisation weit versteht und Gesellschafter, Aktionäre und andere dazu zählt.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

der Organisation und zum Zweck der Erzielung von Gewinn und Vorteilen für sich selbst oder für einen Dritten oder zum Zweck der Schadenszufügung bei anderen Personen seine Befugnisse missbraucht. Gesetzmäßige Interessen werden aus der Satzung, den Zielen und dem Gegenstand der Organisation abgeleitet. Die Vermögensverschiebung bei einer „alternativen Liquidation“ in das Privatvermögen des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers einer GmbH oder die ungleichwertige Veräußerung von Gesellschaftsvermögen widerspricht den Interessen der zu bestattenden juristischen Person. Gerät die Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten, die ein Insolvenzverfahren zwingend bedingen, kann ihr Vermögen nur „gerettet“ werden (zumindest teilweise), wenn die Regeln des Insolvenzrechts eingehalten werden. Bei der „alternativen Liquidation“ ist hingegen eine ordnungsgemäße Weiterführung der Geschäfte der GmbH nicht mehr möglich. Die Beteiligten schaffen sich unrechtmäßige Vorteile auf Kosten der Gesellschaft. Der Straftatbestand der Untreue kann deshalb im Falle der „alternativen Liquidation“ erfüllt sein, sofern eine wesentliche Beeinträchtigung (ein wesentlicher Schaden) vorliegt und auch ein entsprechender Vorsatz gegeben ist. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit gem. Art. 201 StGB RF kommt insbesondere in Betracht, soweit es um die Honorarzahlung an den „Bestatter“ geht. Im Regelfall entnimmt der Altgeschäftsführer einer GmbH das Honorar dem Vermögen der juristischen Person und zahlt es dem Bestatter für angeblich „rechtliche Beratungsleistungen“. Tatsächlich haben honorarbare Beratungsleistungen gar nicht stattgefunden. Dem Geschäftsführer sind Befugnisse und Pflichten durch Gesetz – bspw. in Art. 40 P. 3 russ. GmbHG, die Satzung, den Anstellungsvertrag, dienstliche Anweisungen und interne Verwaltungsvorschriften zugewiesen,394 sodass ihm unter anderem eine Vermögensfürsorgepflicht zukommt. Verstößt der Altgeschäftsführer durch den Geldentzug gegen die Vermögensfürsorgepflicht, missbraucht er seine Befugnisse. Eine Strafbarkeit wegen Untreue verlangt neben dem Missbrauch der Vermögensfürsorgepflicht einen „wesentlichen Schaden für die Rechte und die gesetzmäßigen Interessen von Bürgern oder Organisationen oder für gesetzlich geschützte Interessen der Gesellschaft oder des Staates“. Beim wesentlichen Schaden handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nicht im Gesetz definiert ist und über den daher lebhafter Streit herrscht. Nach einer Ansicht kann sich dieser Schaden nur in reinen Vermögensschäden und sonstigen wirtschaftlichen Schäden niederschlagen.395 Im Vordringen befindlich ist hingegen eine extensivere Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals, die den durch den Missbrauch der Befugnisse herbeigeführten 394 Gracˇ eva, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 201, P. 5, RIS „ConsultantPlus“; Dalgatova, Einige Besonderheiten des objektiven Tatbestandes der Untreue in kommerzieller oder nichtstaatlicher Organisation, Sovremennoe pravo, 2012, Nr. 3, S. 120. 395 Esakov, in: Inogamova-Hegaj/Rarog/Cˇ ucˇ aev, Strafrecht der Russischen Föderation. Allgemeiner Teil, S. 322, RIS „ConsultantPlus“.

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Schaden im weiteren Sinn betrachtet: Dazu gehören Vermögensschäden, Organisationsschäden, immaterielle Schäden sowie physische Schäden.396 Zu beachten ist ferner, dass der „wesentliche Schaden“ gem. P. 18 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts vom 16. 10. 2009 Nr. 19 in jedem konkreten Einzelfall mit Rücksicht auf den Grad der negativen Einwirkung auf die tägliche Organisationsarbeit, den Schadensbetrag usw. bestimmt werden muss. Dementsprechend kann der „wesentliche Schaden“ bei der Verletzung der durch Gesetze garantierten Rechte von juristischen und natürlichen Personen vorliegen, wie z. B. bei Schädigung der Bonität der Organisation, (drohender) Insolvenz, Vereitelung der vertraglichen Erfüllungen, Störung des Betriebs, die zum Stellenabbau führt, Rufschädigung, entgangenem Gewinn etc. Viele genannte Folgen sind typisch für die „alternative Liquidation“. Das Problem liegt hierbei aber darin, dass sowohl die Geldentnahme aus dem Gesellschaftsvermögen als auch der kausale Zusammenhang zwischen der Geldentnahme und dem wesentlichen Schaden bei diesen Fallkonstellationen nur schwer nachweisbar sind. Letztlich kommt es jedoch im Falle der „alternativen Liquidation“ auch aus einem anderen Grund zumeist zu keiner Verurteilung wegen Untreue. Das liegt am Konkurrenzverhältnis zwischen Art. 195 P. 1 StGB RF einerseits und Art. 201 StGB RF andererseits. In Betracht kommt insoweit das Vorliegen einer Tateinheit, sodass wegen beider Straftatbestände verurteilt werden müsste oder das Vorliegen von Gesetzeskonkurrenz mit Vorrang eines der beiden Tatbestände. Die russische Rechtsprechung hat insoweit bisher noch keine klare Linie erarbeitet. Teilweise wird von Tateinheit zwischen Art. 195 P. 1 StGB RF und Art. 201 StGB RF ausgegangen,397 teilweise wird Art. 195 P. 1 StGB RF (i.V.m. Art. 17 P. 3 StGB RF) als lex specialis gegenüber der Untreue (Art. 201 StGB RF) – die dann also als lex generalis angesehen wird – eingestuft.398 Nur diese zweite Lösung vermag zu überzeugen. Entscheidend ist, dass beide Normen sich auf gleiche Rechtsgüter beziehen, die lediglich unterschiedlich zugeordnet werden.399 So ist die Leistungsordnung in kommerziellen und sonstigen nichtstaatlichen Organisationen ein durch Art. 201 396 Bejaht durch P. 18 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 16. 10. 2009 Nr. 19 „Über die Rechtsprechung in Sachen der Untreue und Überschreitung der Befugnisse“, RIS „ConsultantPlus“; in der Literatur so Volzˇenkin, Beamtendelikte, Sankt-Petersburg, 2005, S. 159; Dalgatova, Gesellschaftsgefährliche Folgen als erforderliche Voraussetzung des objektiven Tatbestandes der Untreue, Sovremennoe pravo, 2012, Nr. 4, S. 127. 397 s. z.B. Urteil Kotlasskij Rayongericht im Arhangel’sker Gebiet vom 26. 08. 2011 Nr. 1146/2011, SAS RF „Pravosudie“. 398 Hierzu siehe Urteil von Mucˇ kapskij Rayongericht im Tambover Gebiet vom 03. 11. 2011 Nr. 1-25/2011, SAS RF „Pravosudie“. 399 Ausführlicher dazu Inogamova-Hegaj, Konkurrenz der strafrechtlichen Norm bei Straftateinordnung, Moskau, 2002, S. 89; Ljaskalo, Konkurrenz der strafrechtlichen Normen und Verbrechensmehrheit bei der Einordnung krimineller Bankrotte (Art. 195, 196 StGB RF), Ugolovnoe pravo, 2013, Nr. 1, S. 50; Ukolova, Untreue in der Theorie und im Leben, ÈZˇ -Jurist, 2013, Nr. 42, S. 15.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

StGB RF zentral geschütztes Rechtsgut und ein sekundär geschütztes Rechtsgut des Art. 195 P. 1 StGB RF. Hingegen ist die Möglichkeit der Begleichung der Gläubigerforderungen das zentrale Rechtsgut des Art. 195 P. 1 StGB RF und ein sekundäres Rechtsgut des Untreuetatbestandes. Da der Täterkreis des Art. 195 P. 1 StGB RF enger umgrenzt ist als der des Art. 201 StGB RF, ist davon auszugehen, dass Art. 201 StGB RF die lex generalis darstellt, der gegenüber die Art. 201 und 195 P. 1 StGB RF als leges speciales einzustufen sind. Als Folge hieraus scheitert die Strafbarkeit nach Art. 201 StGB RF zumeist, weil der Straftatbestand wegen Subsidiarität gegenüber Art. 195 P. 1 StGB RF zurückweicht. f) Betrug im Bereich unternehmerischer Tätigkeit (Art. 159.4 StGB RF) Im Hinblick auf typische Vorgehensweisen im Falle einer „alternativen Liquidation“ kommt auch eine Strafbarkeit wegen Betruges in Betracht. Die absichtliche Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit steht vorrangig gem. Art. 159.4 StGB RF unter Strafe. Der Betrugstatbestand des Art. 159 StGB RF wurde durch das Föderale Gesetz vom 29. 11. 2012 Nr. 207-FZ „Über Änderungseinführung im Strafgesetzbuch der Russischen Föderation und einzelnen gesetzlichen Akten der Russischen Föderation“ in unterschiedliche Fallgruppen aufgespaltet (Art. 159.1 – 159.6 StGB RF). Neben der Liberalisierung des Strafrechts, insbesondere zugunsten von Unternehmern, wurde durch die Differenzierung erstrebt, „den Schutz des Eigentumsrechts vor verbrecherischen Angriffen zu verstärken“400. Unter unternehmerischer Tätigkeit ist hier gemäß Art. 2 P. 1 Abs. 3 ZGB eine selbständige, auf eigene Gefahr verwirklichte Tätigkeit zu verstehen, die auf die systematische Erzielung von Gewinn durch Vermögenseinsatz, Warenverkauf und Dienstleistung von Personen, die für diese Tätigkeit in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingetragen sind, gerichtet ist. Von dieser Definition werden sowohl der Altgesellschafter als auch der Altgeschäftsführer einer GmbH erfasst. Die absichtliche Nichterfüllung der Vertragsverpflichtungen besteht darin, dass der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH bereits im Vorhinein beabsichtigt, die Gegenleistung nicht zu erbringen oder Vermögensgegenstände nicht zurückzugeben, und er sich dadurch Vorteile verspricht.401 Im Grunde wird bei diesem 400

Erläuternde Bemerkung zum Entwurf des Föderalen Gesetzes „Über Änderungseinführung im Strafgesetzbuch der Russischen Föderation und einzelnen gesetzlichen Akten der Russischen Föderation“, RIS „ConsultantPlus“; Tjunin, Die „Restrukturierung“ der strafrechtlichen Gesetzgebung betreffs der Verantwortlichkeit für den Betrug, Ugolovnoe pravo, 2013, Nr. 2, S. 35; auch so Lepina, Betrug ohne Ablaßbriefe, Internet-Zeitung „Lenta“, veröffentlicht am 12. 12. 2014, URL: https://lenta.ru/articles/2014/12/11/court/; Aptekar’/Sinicyn, Zum Tod des Art. 159.4 StGB RF: abgefeimter Betrug im Bereich unternehmerischer Tätigkeit, Vedomosti vom 15. 06. 2015, Nr. 3849. 401 Plotnikov, in: Cˇ ucˇ aev, Kommentar zum StGB RF, Art. 159.4 P. 3, RIS „ConsultantPlus“.

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Straftatbestand über die Bonität der juristischen Person vorsätzlich getäuscht, um Gläubiger irrezuführen und von einer angeblich geplanten Erfüllung der Vertragsverpflichtungen zu überzeugen.402 In unseren Bestattungsfällen sind die zu bestattenden Gesellschaften häufig bereits zum Zeitpunkt der Vertragsschließung in einer Schieflage und die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer versuchen mit allen verfügbaren Mitteln, durch die eigentliche „alternative Liquidation“, dies vor den Gläubigern zu verheimlichen. Ein solches Verhalten der Altverantwortlichen, das sich an den Ratschlägen der gewerblichen Bestatter orientiert, spricht im Regelfall für das Vorliegen des Vorsatzes nach Art. 159.4 StGB RF. Allerdings kann derzeit in den Fällen „alternativer Liquidation“ letztlich doch nicht nach den Regeln des Art. 159.4 StGB RF bestraft werden. Das liegt daran, dass das Verfassungsgericht der Russischen Föderation den Straftatbestand bis zum Zeitpunkt einer Neufassung außer Kraft gesetzt hat,403 diese neue Regelung aber bis heute nicht geschaffen worden ist. In dieser wichtigen Entscheidung hat das Verfassungsgericht der Russischen Föderation zwar festgestellt, dass die strafrechtliche Verantwortung der Organe einer GmbH für den Betrug seitens des Unternehmens gem. Art. 159.4 StGB RF dem Grundsatz nach mit den Vorschriften der Verfassung der Russischen Föderation vereinbar ist, die derzeitige Regelung verstoße jedoch gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Gleichheit, weil Art. 159.4 StGB RF im Vergleich zu Art. 159 StGB RF eine geringere Strafe vorsehe, obgleich es sich um gleichartige Verhaltensweisen handele. Der Gesetzgeber habe diese Divergenz innerhalb von sechs Monaten zu beseitigen, andernfalls werde Art. 159.4 StGB RF außer Kraft treten. Da innerhalb der vorgegebenen Frist kein entsprechendes Gesetz geschaffen wurde und dieser Zustand bis heute anhält, hat die Norm des Art. 159.4 StGB RF ihre Gültigkeit verloren, obwohl der Gesetzgeber mehrfach die Notwendigkeit der Existenz eines Betrugstatbestandes im Bereich unternehmerischer Tätigkeit hervorgehoben hat.404 Es ist zu hoffen, dass eine verfassungskonforme Fassung des Art. 159.4 StGB RF alsbald geschaffen wird. Bis dahin bleibt es also bei einer Strafbarkeit der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer nach dem allgemeinen Betrugstatbestand, der in Art. 159 P. 1 StGB RF geregelt ist, wenn sie die Leistungswilligkeit und -fähigkeit ihres Unternehmens verdunkeln.

402 Hierzu siehe auch Minskaja, Moderne gesetzgebende Regelung der strafrechtlichen Verantwortung für den Betrug und Einordnungsfragen, Zakony Rossii: opyt, analiz, praktika, 2013, Nr. 10, S. 37. 403 Vgl. Entscheidung des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation vom 11. 12. 2014 Nr. 32-P „in Sachen betreffs der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Vorschriften des Art. 159.4 StGB RF aufgrund der Anfrage von Saleharder Stadtgericht“, in Jamalo-Neneckij avtonomnyj okrug, Rossijskaja gazeta vom 24. 12. 2014. 404 Hierzu in Lepina, Internet-Zeitung „Lenta“, veröffentlicht am 12. 12. 2014, URL: https:// lenta.ru/articles/2014/12/11/court/.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

g) Böswilliges Entziehen vor der Tilgung einer Kreditschuld nach Art. 177 StGB RF Zu den Folgen rechtmäßig eingegangener Verbindlichkeiten gehört eine ordnungsgemäße Erfüllung gemäß Vertrag oder Gesetz, Rechtsakt oder im ordentlichen Geschäftsgang (vgl. Art. 309 ZGB). Setzen die Parteien die ordnungsmäßige Erfüllung aus, verstoßen sie gegen rechtliche Grundlagen und müssen damit typischerweise zivilrechtliche Konsequenzen tragen. Die Interessen der Gläubiger werden aber nicht nur durch das Zivilrecht, sondern auch durch das Strafrecht geschützt: Art. 177 StGB RF sieht eine strafrechtliche Verantwortung für die Fälle vor, in denen sich der Geschäftsführer einer Organisation oder ein Einzelunternehmer böswillig der Tilgung einer Verbindlichkeit in großem Umfang oder der Einlösung von Wertpapieren entzieht, solange die Tilgungspflicht bereits durch eine Gerichtsentscheidung festgestellt worden ist. Auch im Falle der „alternativen Liquidation“ versuchen die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer häufig, der Tilgung von Verbindlichkeiten zu entgehen. So kann nach der Anteilsübertragung und Sitzverlegung die Zwangsvollstreckung nicht mehr betrieben werden, weil der Schuldner an der neuen Scheinadresse nicht erreichbar, seine alte juristische Adresse nicht aktuell oder sogar Sitz eines neuen Rechtsträgers ist.405 Das zu vollstreckende Vermögen wird zudem verschleiert, an Dritte übergeben und ist somit dem Zugang der Beitreibungsbeamten entzogen. Angesichts dieser nachteiligen Folgen für Gläubiger und Dritte kommt eine Strafbarkeit des Altgeschäftsführers wegen böswilligen Entziehens vor der Tilgung einer Kreditschuld gem. Art. 177 StGB RF in Betracht. Der objektive Tatbestand ist erfüllt, wenn eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung die Forderung bestätigt hat, der Schuldner in der Lage ist, seine Schuld zu tilgen, er aber dennoch der Tilgung ausweicht.406 Werden diese Voraussetzungen vom Altgeschäftsführer einer GmbH verwirklicht, wird ihm die administrative Verantwortung auferlegt. Eine strafrechtliche Verantwortung besteht nur, wenn die Verbindlichkeiten einen großen Schaden (nach den Kriterien der Anmerkung zu Art. 169 StGB RF) bewirken. Wie schon bei den anderen Straftaten mehrfach hervorgehoben, ist allerdings auch eine Strafbarkeit nach Art. 177 StGB RF bei einer „alternativen Liquidation“ nur schwer nachweisbar. Die Unterlagen werden häufig vernichtet, die Altverantwortlichen schieben die weitere Verantwortung aus Verbindlichkeiten auf den oder die Neugeschäftsführer und letzterer ist seinerseits oft unbekannt. Zudem scheint die Rechtsprechung den Maßnahmen der Bestatter oft eher konziliant gegenüberzustehen, indem sie ausführt, dass „die Anteilsübertragung und nachfolgende Sitzverlegung nicht als Benachteiligung der Gläubigerinteressen berücksichtigt werden 405 So z. B. im Fall der Entscheidung des 11. Berufungswirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 05. 06. 2012 Nr. A55-22742/2011, RIS „ConsultantPlus“. 406 Gracˇ eva, in: Esakov, Kommentar zum StGB RF, Art. 177, P. 2, RIS „ConsultantPlus“; Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Analyse, S. 285.

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[können]“407 und folglich nicht als Tilgungsunterlassen i.S.v. Art. 177 StGB RF gewertet werden können. h) Teilnahme des Altgeschäftsführers Zuletzt soll nochmals auf die Konstellation eingegangen werden, in der der Altgeschäftsführer der GmbH nicht zugleich ein Gesellschafter ist und nach seiner Abberufung wertvolle Gegenstände aus dem Gesellschaftsvermögen herauszieht. Oben wurde dargelegt,408 dass eine Bestrafung des Altgeschäftsführers nach seiner Abberufung als Täter ausscheidet, da keine Zurechnung seines Verhaltens i.S.v. Art. 195 P. 1 StGB RF und Art. 199.2 StGB RF stattfinden könne. Das bedeutet allerdings noch nicht, dass er sich bezüglich solcher Handlungen überhaupt nicht strafbar macht. Es geht um die Verschiebung von Vermögensgegenständen, die im Eigentum der Gesellschaft stehen. Sie werden zumeist kurz nach der Abberufung vorgenommen. Täter des Art. 195 P. 1 StGB RF ist dann typischerweise der Altgesellschafter. Ob der Neugesellschafter/Neugeschäftsführer Täter des Art. 199.2 StGB RF sein kann, soll erst an späterer Stelle (im Anschluss an diese Erörterungen) geprüft werden. Wenn nun der Altgeschäftsführer im Interesse des Altgesellschafters bzw. in dessen Auftrag die Gegenstände an einen anderen Ort transferiert, so unterstützt er damit die Handlungen des Altgesellschafters. Nach Art. 33 P. 5 StGB RF wird eine Handlung als Beihilfe eingestuft, wenn der Tatbeteiligte bei der Tatbegehung eines anderen vorsätzlich Hilfe leistet, und zwar durch Ratschläge, Anweisungen, Überlassung von Information, von Mitteln oder Tatwerkzeugen für die Tatbegehung oder durch die Beseitigung von Hindernissen. Wenn der Altgeschäftsführer die Gegenstände vorsätzlich „versteckt“ bzw. „transferiert“, liegt im Regelfall eine solche Unterstützungshandlung vor, sodass er wegen Beihilfe zu den unrechtmäßigen Handlungen bei Bankrott (Art. 195 P. 1, 33 P. 5 StGB RF,) bestraft werden kann.

407 Entscheidung des 11. Berufungswirtschaftsgerichts der Russischen Föderation vom 05. 06. 2012 Nr. A55-22742/2011, RIS „ConsultantPlus“. 408 s. im Teil 2, B.I.2.a)aa)(1)(b).

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II. Strafbarkeit des Neugeschäftsführers, Neugesellschafters 1. Im deutschen Recht a) Insolvenzverschleppung (§ 15a IV, I InsO und § 15a IV, I, III InsO) aa) Objektiver Tatbestand (1) Der Neugeschäftsführer als tauglicher Täter gemäß § 15a IV, I InsO Ob im Falle der „alternativen Liquidation“ einer GmbH auch der Neugeschäftsführer nach deutschem Recht wegen Insolvenzverschleppung zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden kann, ist umstritten. Der im Schrifttum ausgetragene Streit resultiert aus der Uneinigkeit über die Frage der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses hinsichtlich der Bestellung des Neugeschäftsführers.409 Nach der oben ausführlich begründeten Ansicht ist die Bestellung einer aus dem „Personalvorrat“ des Hintermanns stammenden Person zum Geschäftsführer einer GmbH (bzw. zum Vorstand einer AG) wegen Sittenwidrigkeit gem. § 241 Nr. 4 AktG (analog) unwirksam, ebenso wie sämtliche im Rahmen einer Unternehmensbestattung durchgeführten Maßnahmen. Infolgedessen ist diese Person kein vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft im Sinne von § 15a I InsO und deshalb kann sie – jedenfalls dem ersten Anschein nach – den Tatbestand der Insolvenzverschleppung nicht erfüllen. Nach überwiegender Ansicht sind aber auch faktische Organe, und zwar die „faktischen Geschäftsführer“ einer GmbH bzw. der „faktische Vorstand“410 einer AG und die formell bestellten Geschäftsführer (Strohmänner)411, im Sinne der Insolvenzordnung antragspflichtig. 409 Beispielsweise hält Kuhn, S. 185 ff. die Bestellung des Neugeschäftsführers beim Unternehmensbestattungsvorgang für wirksam und tendiert diesbezüglich zur Strafbarkeit des Neugeschäftsführers wegen einer Insolvenzverschleppung nach § 15a IV, I InsO; Pananis/ Börner, GmbHR 2006, 517 nehmen die Wirksamkeit des Bestellungsaktes zum Geschäftsführer an, aber der Tatbestand der Insolvenzverschleppung wird dem Neugeschäftsführer zur Schuld nicht zugerechnet, die Höchstfrist der Antragstellung beginnt nicht erneut zu laufen, weil die Übernahme der Geschäftsanteile „zwecks Abwicklung“ durchgeführt wird. 410 BGH (18. 12. 2014), BeckRS 2015, 01168; KPB/Steffek, InsO, § 15a Rn. 75; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Ahn. zu § 64 Rn. 89; HambKomm/Linker, § 15 Rn. 15 f.; MüKo-InsO/Klöhn, § 15a Rn. 75; Ransiek, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, Vor § 82 Rn. 60; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 27 ff., S. 38 ff.; Müller-Gugenberger/Bieneck/ Schmid, Wirtschaftsstrafrecht, § 30 Rn. 57 ff.; Rönnau, Rechtsprechungsüberblick zum Insolvenzstrafrecht, NStZ 2003, 526; Brettner, S. 84 ff.; Schäfer, Firmenbestatter und Strafrecht, NJW Spezial, 2007, 456; Biehl, S. 44 ff.; Poertzgen, S. 160; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1149; Lindemann, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des „faktischen Geschäftsführers“. Jura 2005, 305 ff.; kritisch Tzouma, Die Strafbarkeit des „faktischen Organs“ im Unternehmensstrafrecht de lege lata et ferenda, S. 90 ff., 147, 195. 411 Vgl. Ogiermann, wistra 2000, 251; auch hierzu Maurer, Strafbewehrte Handlungspflichten des GmbH-Geschäftsführers in der Krise, wistra 2003, 175; Rönnau, NStZ 2003, 526; Rudolph, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 5 Rn. 130; § 11 Rn. 35; MüKo-InsO/Klöhn, § 15a Rn. 71; auch so Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 483; a.A. KG (13. 03. 2002), wistra 2002, 313, 314; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1151;

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Entsprechend kommt für sie auch eine Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung in Betracht, wenn sie nicht die gebotenen Anträge stellen. Die Rechtsfigur des faktischen Geschäftsführers wurde erstmals in der Entscheidung BGHSt 3, 32 entwickelt, in der der Senat für die Annahme faktischer Geschäftsführung bei der faktischen Bestellung durch das Einverständnis der Gesellschafter einer GmbH auf der tatsächlichen (faktischen) Erfüllung der Geschäftsführeraufgaben aufgebaut hat.412 Die Rechtsprechung zur „faktischen Geschäftsführung“ wurde vom BGH in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts umfassend herausgearbeitet.413 Nach Inkrafttreten des MoMiG, das die Regelung der Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung in § 15a IV InsO eingeführt hat, ist Streit darüber entstanden, ob der „faktische Geschäftsführer“ einer GmbH weiterhin wegen Insolvenzverschleppung strafbar sein kann, denn im Gegensatz zur früheren Gesetzesfassung, die eine rein tatsächliche Auslegung begünstigte (§§ 84 I Nr. 2, 64 I 1 GmbHG a.F.: „wer als Geschäftsführer […] unterläßt“), ist im neugefassten § 15a I InsO von einem „Mitglied des Vertretungsorgans“ die Rede. Schröder entnimmt dieser Formulierung, dass die Strafbarkeit eine wirksame Mitgliedschaft voraussetze. Eine Bestrafung des faktischen Geschäftsführers auf der Basis des § 15a IV InsO verstoße deshalb gegen das Gesetzlichkeitsprinzip.414 Die herrschende Ansicht befürwortet hingegen die Möglichkeit der Strafbarkeit des faktischen Geschäftsführers nach den Regeln der Insolvenzverschleppung. Als faktischer Geschäftsführer wird eine Person bezeichnet, die zwar formell keine Stellung als Geschäftsführer inne hat, die aber tatsächlich mit dem Einverständnis der Gesellschafter die Geschäftsleitung wahrnimmt und ausübt.415 § 15a InsO umschreibt die Verantwortlichen verschiedener Gesellschaftsformen, ohne den bloß faktischen Geschäftsführer aus dem Verantwortungskreis auszuschließen. Er zählt zu den „Mitgliedern des Vertretungsorgans“.416 Dies ergibt sich auch aus der Regelung der führungslosen Gesellschaften

Müller-Gugenberger/Bieneck/Schmid, Wirtschaftsstrafrecht, § 30 Rn. 63 ff.; aber vgl. Tzouma, S. 195. 412 BGHSt (24. 06. 1952), 3, 38 f.; Kritisch zur Beurteilung des bloßen Einverständnisses der Gesellschafter Schmidt, FS Rebmann, S. 425. 413 BGH (22. 09. 1982), ZIP 1983, 173; BGH (20. 09. 1999), wistra 1999, 462; dazu Schmidt, FS Rebmann, S. 419; Maurer, wistra 2003, 175; Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 568 ff. 414 Schröder, Zur Straflosigkeit der Insolvenzverschleppung durch den faktischen Geschäftsführer gemäß § 15a Abs. 4 InsO, FS Beulke, S. 538 – 539; Kreft/Kleindiek, InsO, § 15a Rn. 40. 415 BGHSt (24. 06. 1952), 3, 32, 37; BGHSt (22. 09. 1982), 31, 118, 122; KPB/Steffek, InsO, § 15a Rn. 75; Maurer, wistra 2003, 175; Büning, S. 37 f., 40 f.; Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 27, S. 39 – 40; Dannecker/Hagemeier, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 52; Brettner, S. 84 – 85; Schröder, FS Beulke, S. 537; vgl. auch Schäfer, NJW Spezial 2007, 456; Schütz, wistra 2016, 57. 416 BGH (18. 12. 2014), wistra 2015, 152.

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(§ 15a III InsO), die die Fallgruppe des faktischen Geschäftsführers gerade nicht umfasst. Daneben bleibt in der Literatur umstritten, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit eine Person als „faktischer Geschäftsführer“ anerkannt werden kann. Rechtsprechung und Schrifttum gehen davon aus, dass die Geschäftsführungsfunktion „in maßgeblichem Umfang“417, „mit deutlichem Übergewicht“418 übernommen werden muss. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn die Person mindestens sechs der acht klassischen Merkmale der Geschäftsführung erfüllt.419 Dabei handelt es sich um folgende Merkmale: Bestimmung der Unternehmenspolitik, Unternehmensorganisation, Einstellung von Mitarbeitern, Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Vertragspartnern, Verhandlung mit Kreditgebern, Gehaltshöhe, Entscheidungen in Steuerangelegenheiten, Steuerung der Buchhaltung. Es muss erkennbar sein, dass der „faktische Geschäftsführer“„durch eigenes Handeln im Innen- wie auch Außenverhältnis […] die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich in die Hand nimmt“420. Im Gegensatz zum „faktischen Geschäftsführer“ kann man von einem „Strohmann“, oder einer „Strohfrau“ sprechen, wenn es sich um einen formell rechtmäßig bestellten Geschäftsführer handelt, der nur keine Geschäftsführung ausübt. Er vertritt zwar die juristische Person nach außen, hat aber „in Innenverhältnis nichts zu sagen“421. Obwohl ihm die Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Entwicklung der Gesellschaft fehlen, ist er dennoch ein rechtlich bestelltes Vertretungsorgan. Er hat sich mit seiner Bestellung einverstanden erklärt und sein Amt auch tatsächlich ausgeübt, daher handelt er im eigenen Namen und ist kraft Bestellung und Eintragung als Geschäftsführer imstande, sich notfalls durch die Beantragung eines Insolvenzantrags erheblichen Einfluss zu verschaffen.422 Die Ausübung der Geschäftsführung ist ihm zumutbar. Hält der Strohmann sich aber absprachegemäß von der tatsächlichen Führung der Gesellschaft fern, tut er das auf eigene Gefahr. Somit ist der „Strohmann“ juristisch gesehen ein vollgültiger Geschäftsführer, und dementsprechend kann er auch wegen Insolvenzverschleppung zur Verantwortung gezogen werden. In Fällen der Unternehmensbestattung wird ein „Strohmann“ formell zum Neugeschäftsführer bestellt, um den Altgeschäftsführer von der Antragstellungs417 BGH (21. 03. 1988), BGHZ 104, 48; Brettner, S. 87; Poertzgen, S. 160; Meyer, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 5 Rn. 71, 90; Tzouma, S. 42. 418 Weyand/Diversy, Insolvenzdelikte, Rn. 27, S. 40. 419 BGH (23. 01. 2013), ZWH 2013, 315 ff.; BayObLG (20. 02. 1997), NJW 1997, 1936; hierzu auch Biehl, S. 48 f.; Stockburger, S. 276. 420 BGH (11. 07. 2005), NZG 2005, 816; auch so Biehl, S. 49 f.; Kuhn, S. 208; Stockburger, S. 270. 421 Maurer, wistra 2003, 175; Brettner, S. 85 f.; Rudolph, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 5 Rn. 119, 123: „die Kehrseite des faktischen Geschäftsführers“. 422 Vgl. BGH (13. 10. 2016), StV 2017, 81.

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pflicht und der Verantwortung zu entlasten. Der Bestellungsakt ist jedoch – wie die gesamte Kette der gefassten Gesellschafterbeschlüsse – sittenwidrig und unwirksam (§ 241 Nr. 4 AktG direkt oder analog). Hinzu kommt, dass der Neugeschäftsführer in vielen Fällen gar keine Tätigkeit ausübt und überhaupt nicht mehr in Erscheinung tritt. Wenn er – angewiesen vom Hintermann – die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt, übt er damit auch nicht geradezu eine typische Geschäftsführerfunktion aus. Gleichwohl kommt auch der „Strohmann“ als tauglicher Täter der Insolvenzverschleppung in Betracht. Auf den ersten Blick könnte man an eine Zurechnung nach den Grundsätzen des § 14 StGB denken, denn nach § 14 III StGB sind die organschaftlichen Zurechnungsmechanismen des § 14 I, II StGB auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, denn gem. § 15a InsO ist nicht die juristische Person, sondern das Mitglied des Vertretungsorgans unmittelbarer Normadressat. So bedarf es keiner Zurechnungsvorschrift, um die Strafbarkeit des handelnden Organs zu begründen.423 Die Strafbarkeit des „Strohmanns“ muss also direkt dem § 15a InsO entnommen werden, in dem leider – trotz eines entsprechenden Bedarfs in der Praxis – die ausdrückliche Gleichstellung der wirksam und der unwirksam bestellten Mitglieder des Vertretungsorgans nach dem Muster des § 14 III StGB fehlt. Trotz des Fehlens einer solchen Norm steht die ganz herrschende Ansicht auf dem Standpunkt, dass auch der „Strohmann“ ebenso wie der „faktische Geschäftsführer“ Täter einer Insolvenzverschleppung sein kann. Obwohl der Bestellungsakt unwirksam ist, erklärt sich der „Strohmann“ mit der Bestellung zum Geschäftsführer einverstanden, nimmt sein Amt tatsächlich wahr und tritt eventuell nach außen durch die von ihm unterschriebenen Unterlagen auf.424 Unabhängig von seinem internen Einfluss auf die Aktivitäten einer Gesellschaft treffen jeden Kaufmann bzw. Geschäftsführer einer Gesellschaft die gesetzlich festgelegten Pflichten. Das betrifft auch seine Handlungspflichten – wenn er also entgegen dem gesetzlichen Gebot etwas unterlässt. Deshalb haften im Falle der Unterlassung der Einleitung eines Insolvenzverfahrens der Altgeschäftsführer und der Neugeschäftsführer gleichermaßen. Es ist im Regelfall von einer in Mittäterschaft begangenen Insolvenzverschleppung auszugehen, §§ 15a InsO, 25 II StGB. (2) Der vom Strohmann gestellte Insolvenzantrag Der objektive Tatbestand des § 15a IV InsO unterscheidet drei Varianten der Insolvenzverschleppung. Strafbar macht sich zunächst, wer den Insolvenzantrag gar nicht stellt, ferner wer ihn nicht rechtzeitig stellt und schließlich, wer ihn nicht richtig 423

BGHSt (22. 09. 1982), NJW 1983, 240; MüKo-StGB/Radtke, § 14 Rn. 115; Kuhn, S. 199; so auch Büning, S. 64. 424 Vgl. Löffler, Strafrechtliche Konsequenzen faktischer Geschäftsführung, wistra 1989, 123; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 77.

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stellt. Da die Variante des völligen Unterlassens des Stellens eines Insolvenzantrags keine weiteren Auslegungsprobleme bereitet, soll im Folgenden nur der Frage nachgegangen werden, was unter einer rechtzeitigen Antragstellung zu verstehen ist und was eine richtige Antragstellung voraussetzt.425 Der Insolvenzantrag wird rechtzeitig gestellt, wenn der Verpflichtete unverzüglich nach Eintritt der Insolvenzreife, bei zunächst erfolgversprechenden Sanierungsbemühungen spätestens bis zum Ablauf der 3-Wochen-Frist, die Insolvenz beantragt. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Insolvenzantrag „unrichtig“ ist, ist nicht entscheidend, ob das Insolvenzgericht überhaupt irgendwelche Amtsermittlungen zur Insolvenzreife anstellen kann,426 sondern ob der gestellte Antrag den Anforderungen des § 15a InsO und dem Zweck der Antragspflicht entspricht. Nach § 15a InsO soll der Antrag die erforderlichen Mindestangaben enthalten, damit man sich dem Stadium des Eröffnungsverfahrens zuwenden kann, ansonsten ist ein solcher Antrag als unrichtig einzustufen. Weiterhin muss der Zweck der Antragspflicht in Betracht gezogen werden: Durch die Insolvenz sollen die Interessen der Alt- und Neugläubiger geschützt werden. Wird mit dem Antrag hingegen ein verfahrensfremder Zweck verfolgt – insbesondere die Abweisung mangels Masse (§ 26 InsO), obwohl noch Vermögenswerte vorhanden sind – so liegt kein „richtiger“ Antrag vor. Insgesamt ist ein Antrag also dann als „unrichtig“ einzustufen, wenn der Antragsteller falsche Angaben macht, um dem Gericht die inhaltliche Prüfung und Aufnahme der Amtsermittlung unmöglich zu machen oder eine Abweisung mangels Masse zu erreichen.427 In Fällen der Unternehmensbestattung stellt in der Regel der vom Hintermann und vom Altgesellschafter/Altgeschäftsführer angewiesene Neugeschäftsführer, bzw. Strohmann, binnen drei Wochen nach seiner Bestellung den Insolvenzantrag. Aus der gesetzlichen Formulierung, dass der Insolvenzantrag „ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung“ gestellt werden muss, ergibt sich jedoch, dass es sich um eine einschränkende Höchstfrist handelt, die nicht ausgeschöpft werden darf, wenn die Insolvenzreife schon vorher unrettbar eingetreten ist. In den Bestattungsfällen liegt zumeist eine derartige Konstellation vor: Zur Antragstellung war ursprünglich der Altgeschäftsführer verpflichtet, der jedoch nicht mit dem Insolvenzverfahren in Verbindung gebracht werden wollte. Die bestattete Gesellschaft war schon lange insolvent, also die dreiwöchige Frist bereits 425 Auf die Insolvenzreife und Insolvenzantragspflicht wurde bereits oben in Abschn. I.1.a) aa)(2) eingegangen. 426 So aber Bittmann, Strafrechtliche Folgen des MoMiG, NStZ 2009, 115 f.; Hk-GmbHG/ Kolmann, GmbHG, Vor § 64 Rn. 171. 427 HambKomm/Borchardt, InsO, § 15a Rn. 7; KPB/Steffek, InsO, § 15a Rn. 86; Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, Vor § 64 Rn. 103.

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abgelaufen. Mithin hätte der Neugeschäftsführer keinesfalls abwarten dürfen. War die 3-Wochen-Frist bereits abgelaufen, so wäre ein Insolvenzantrag seitens des Neugeschäftsführers sowieso verspätet, also „nicht rechtzeitig“. Die Insolvenzverschleppung kann niemals durch einen später gestellten Insolvenzantrag rückwirkend beseitigt werden. War die Frist im Moment der Bestellung des Neugeschäftsführers noch nicht abgelaufen, darf die gesetzlich bestimmte Dreiwochenfrist zur Antragstellung dennoch von dem Neugeschäftsführer nicht erneut ausgeschöpft werden. Dies ergibt sich aus dem Zweck dieser Frist, eine leidende Gesellschaft vom Geschäftsverkehr auszuschließen. Bereits für den Altgeschäftsführer ist daher die Insolvenzantragsfrist eine Höchstfrist, die es ihm gestattet, die Gesellschaft zu retten oder abzuwickeln. Die gesetzliche Höchstfrist „darf nur dann ausgeschöpft werden, wenn der Geschäftsführer die Zeit mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns dazu nutzt, sich um die Sanierung zu bemühen, und dies bei realistischer Betrachtung auch nicht hoffnungslos ist“428. Diese Frist wird nur einmal gewährt. Sie gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer innerhalb dieser Frist ausgewechselt wird. Auch inhaltlich gelten an den Neugeschäftsführer dieselben Anforderungen wie für den Altgeschäftsführer. Der Neugeschäftsführer der GmbH hat aber im Falle der Unternehmensbestattung weder die unternehmerischen Fähigkeiten, die Gesellschaft zu sanieren, noch beabsichtigt er dies. Die vom Gesetz gewährleistete Frist wird nur dafür benutzt, „um die Zeit für die weiteren typischen Maßnahmen im Rahmen einer Bestattung zu gewinnen“429 : Während der dreiwöchigen Frist werden die Unterlagen vernichtet und Gesellschaftsvermögen übertragen. Daher kommt für den Neugeschäftsführer von vornherein keine „Fristausschöpfung“ in Betracht. Selbst wenn im Zeitpunkt seiner faktischen Übernahme der Geschäftsführung noch eine „Restfrist“ zu den vom Gesetz vorgesehenen 3 Wochen verbleibt, muss er ohne schuldhaftes Zögern sofort den Insolvenzantrag stellen. Tut er dies nicht, kann eine Strafbarkeit gem. § 15a IV InsO eingreifen. Jenseits dieser zeitlichen Komponente kommt aber auch eine inhaltlich „unrichtige“ Insolvenzantragstellung seitens des Neugeschäftsführers der GmbH (oder des neuen Vorstandes der AG) in Betracht. Zum einen wird im Falle der Unternehmensbestattung zumeist die wirtschaftliche Lage des Unternehmens falsch dargestellt. Angeblich seien die notwendigen Unterlagen verloren gegangen und könnten deshalb nicht mehr vorgelegt werden. Zum anderen zielt dieser Antrag sowieso generell darauf ab, verfahrensfremde Ziele zu erreichen. Es geht den Leitungsorganen nicht um den Schutz der Gesellschaftsinteressen und der Gläubiger, vielmehr soll der Zugriff Dritter auf das Gesellschaftsvermögen gerade vermieden 428 BGH (09. 07. 1979), NJW 1979, 1823; vgl. BayObLG (31. 01. 1990), wistra 1990, 201; ebenso Goltz/Klose, NZI 2000, 111; Knierim/Smok, in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 523; Kuhn, S. 186; Poertzgen, S. 162 bezeichnet die dreiwöchige Frist als „Sanierungsfrist“. 429 Kuhn, S. 157 f., 186.

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werden, um selbst einen möglich großen Gewinn zu erzielen.430 Der vom „Strohmann“ im Falle der Unternehmensbestattung gestellte Insolvenzantrag ist also i. d. R. nicht nur verspätet, sondern auch inhaltlich falsch. Auch wenn somit vom Neugeschäftsführer ein Insolvenzantrag gestellt wird, handelt es sich um einen „unrichtigen“ Antrag, sodass eine Strafbarkeit gem. § 15a IV, I InsO in Betracht kommt. bb) Subjektiver Tatbestand Der Neugeschäftsführer wird aus dem Personalvorrat des Bestatters nicht mit dem Ziel bestellt, die notleidende Gesellschaft zu sanieren. Er hat weder allgemeine unternehmerische Fähigkeiten noch die notwendige Kenntnis zur Sanierung einer Gesellschaft. Er soll allein die Unternehmensbestattung ermöglichen. Im Regelfall sind dem „Strohmann“ die Insolvenzreife der Gesellschaft sowie der gesamte Bestattungsplan bekannt. Durch seine bloße Untätigkeit und sein Untertauchen soll er die gesetzlich bestimmte Höchstfrist von drei Wochen vorsätzlich dazu ausnutzen, Zeit für die Beseitigung von Unterlagen und die Vermögensübertragung zu gewinnen. Angesichts der verschiedenen „formalen“ Akte der Bestellung des Neugeschäftsführers einer GmbH (z. B. Eintragung ins Handelsregister gem. § 39 GmbHG) ist es kaum vorstellbar, dass er glaubwürdig vortragen kann, ihm seien seine Antragspflichten i.S.d. Insolvenzordnung nicht bekannt. Das gilt auch für den Fall, dass bereits der Altgeschäftsführer falsche Angaben gemacht hat, die der Neugeschäftsführer jetzt eigentlich korrigieren müsste. Zumeist wird der Neugeschäftsführer alle Fakten kennen. Ein Irrtum über die rechtlichen Konsequenzen seiner Beauftragung wäre als bloßer Verbotsirrtum (§ 17 StGB) einzustufen. Aufgrund der regelmäßig vorliegenden Vermeidbarkeit eines solchen Irrtums kommt trotz seiner Fehlvorstellungen eine Strafbarkeit gem. § 15a IV, I InsO in Betracht. Es kann lediglich die Strafe gemildert werden, § 17 S. 2 StGB. Sollte der Vorsatz nicht nachweisbar sein, kommt eine fahrlässige Begehungsweise in Betracht, § 15a V, I InsO. cc) Ergebnis Der Neugeschäftsführer kann bei einer Unternehmensbestattung wegen einer Insolvenzverschleppung nach § 15a IV, I InsO als faktisches Organ strafbar sein, wenn er nicht unverzüglich nach seiner Bestellung einen korrekten Insolvenzantrag i.S.v. § 15a I InsO stellt. Ein später vom Neugeschäftsführer gestellter Antrag, der die wahren Verhältnisse verschleiert, um auf dem Wege der Unternehmensbestattung eigene Vorteile zu erlangen, unterfällt der Strafbarkeit gem. § 15a IV, I InsO. Altgeschäftsführer und Neugeschäftsführer sind in der Regel Mittäter, §§ 15a IV, I InsO, 25 II StGB. 430

Zur gleichen Auffassung kommt Kuhn, S. 157 ff.

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b) Insolvenzstraftaten nach §§ 283 ff. StGB aa) Objektiver Tatbestand (1) Zurechnung der Schuldnereigenschaft gegenüber dem Neugeschäftsführer Die Bejahung einer Strafbarkeit des Neugeschäftsführers einer GmbH (bzw. des neuen Vorstands einer AG) gem. §§ 283 StGB gestaltet sich allein schon deshalb als besonders problematisch, weil der Bestellungsakt nicht wirksam ist. In der Regel wird die Gemeinschuldnerstellung nur einem rechtlich bestellten und tätigen vertretungsberechtigten Organ, bzw. Geschäftsführer unmittelbar zugerechnet. Wäre der Bestellungsakt des Neugeschäftsführers wirksam, könnte eine Abwälzung der Schuldnereigenschaft gem. § 14 I Nr. 1 StGB auf den Neugeschäftsführer eintreten, da einzelne Handlungen sowohl nach der Funktionstheorie als auch nach dem Zurechnungsmodell bei der Ausübung der Geschäftsführertätigkeit erfolgen. Schwieriger gestaltet sich die Lage bei Fehlen der Geschäftsführerposition. Allerdings ist der Neugeschäftsführer nach der bereits oben ausführlich begründeten Ansicht ein „Strohmann“, der formell zur Geschäftsführung bestellt ist. Regelmäßig treffen den „Strohmann“ die gleichen Pflichten bzw. die gleiche Haftung bei der Nichterfüllung seiner Pflichten wie die ordnungsgemäß bestellten Vertretungsorgane.431 Fraglich ist allein, ob dies auch im Lichte einer Strafbarkeit gem. §§ 283 ff. StGB gilt. Nach herrschender Meinung432 wird die Schuldnereigenschaft nach Maßgabe des § 14 I, II StGB i.S.v. § 14 III StGB von der Gesellschaft auf die natürliche Person übertragen, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist. Die Unwirksamkeit der Rechtshandlung kommt in Betracht, wenn die von § 14 I, II StGB vorausgesetzte rechtswirksame Begründung tatsächlich von dem Vertretenen beabsichtigt gewesen ist, aber wegen rechtlicher Gründe – wie Formmangel, Unterbleiben rechtlich geforderter Eintragungen in Register oder Geschäftsunfähigkeit des Vertretenen – tatsächlich nicht eingetreten ist.433 Bei einer Unternehmensbestattung einer GmbH erfolgt üblicherweise nach der tatsächlichen Amtsniederlegung oder Abberufung des Altgeschäftsführers die Bestellung des Neugeschäftsführers, die allen gesetzlichen Anforderungen entspricht. Es fehlt dabei lediglich an der Wirksamkeit, weil diese Bestellung des Neugeschäftsführers – wie die anderen vortäuschenden Maßnahmen – gem. § 241 Nr. 4 AktG analog sittenwidrig ist. Aus der Regelung des § 14 III StGB lässt sich ganz 431

Vgl. BGH (13. 10. 2016), StV 2017, 81. Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 14 Rn. 42/43; Müko-StGB/Radtke, § 14 Rn. 116, 118; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 921; Stockburger, S. 268 ff.; s. auch Tzouma, S. 182. 433 Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 14 Rn. 42/43; Müko-StGB/Radtke, § 14 Rn. 118. 432

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generell ableiten, dass eine „Vertretungsstellung“ nicht daran scheitern soll, dass der Bestellungsakt unwirksam ist.434 Deshalb kann die Schuldnereigenschaft auch einer Person, die faktisch zur Geschäftsführung bestellt wurde und deren Bestellungsakt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist, zugerechnet werden. Führt der Neugeschäftsführer in dieser Position einige strafbewehrte Handlungen durch oder hält er sich anweisungsgemäß von der tatsächlichen Einflussnahme auf das Schicksal des Unternehmens fern, obwohl ihn eigentlich eine Handlungspflicht trifft, so handelt er auf sein eigenes strafrechtliches Risiko. (2) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 1 StGB Neben der Insolvenzverschleppung werden vom Neugeschäftsführer noch einige andere Insolvenztatbestände verwirklicht. Ebenso wie der Altgeschäftsführer kann sich auch der Neugeschäftsführer gem. § 283 I Nr. 1 StGB strafbar machen. Das ist zunächst der Fall, wenn er selbst Bestandteile des Vermögens der Gesellschaft beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht. Er kann diesen Strafbestand aber auch dadurch als (Mit-)Täter erfüllen, indem er dem Altgeschäftsführer oder einem weiteren „Hintermann“ die Vollmacht erteilt, in dieser Weise tätig zu werden – u. U. sogar in Form eines dahingehenden gezielten Auftrags. (3) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 5 StGB Im Falle des Einsatzes eines Unternehmensbestatters sind im Regelfall die Handelsbücher der GmbH, zu deren Führung der Geschäftsführer der Gesellschaft gesetzlich verpflichtet ist, schon vor der Bestellung des Neugeschäftsführers nicht mehr fortgeführt worden. Auch die Zahlungen wurden bereits während der Tätigkeit des Altgeschäftsführers eingestellt. Die objektive Bedingung der Strafbarkeit in Form der Zahlungseinstellung (§ 283 VI StGB) ist bereits zur Zeit des Altgeschäftsführers eingetreten. Das hat nach zutreffender, wenn auch sehr umstrittener Ansicht zur Folge, dass die vom Gesetz vorgesehene Pflicht zur Buchführung entfällt.435 Folglich scheidet dann eine Strafbarkeit des erst danach beauftragten Neugeschäftsführers gem. § 283 I Nr. 5 StGB aus. (4) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 6 StGB Wenn der Neugeschäftsführer einer GmbH Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite 434

1894.

Strafbarkeit des Strohgeschäftsführers unproblematisch BGH (15. 11. 2012), NJW 2013,

435 Vgl. nicht zustimmend Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 157; hingegen zustimmend Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 84; Kuhn, S. 187 – 188.

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schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über das Vermögen der Gesellschaft erschwert, kommt eine Strafbarkeit gem. § 283 I Nr. 6 StGB in Betracht. Entweder handelt er allein, oder – was dem Regelfall entspricht – in Mittäterschaft (§ 25 II StGB) mit dem Altgeschäftsführer/Altgesellschafter sowie dem Neugesellschafter. Auch hier müsste allerdings auf der Basis der Interessentheorie eine Zurechnung der Schuldnereigenschaft auf den Neugeschäftsführer angesichts seines eigenen Interesses am Taterfolg ausscheiden.436 Die Interessentheorie wurde jedoch bereits abgelehnt – sie entspricht nicht mehr der heute ganz herrschenden und der Sache nach begründeten Ansicht. Unter Heranziehung der oben dargestellten Zurechnungskriterien kann hingegen eine Strafbarkeit des Neugeschäftsführers auch gem. § 283 I Nr. 6 StGB bejaht werden. Bei solchen Konstellationen ist auch an den Fall des besonders schweren Falls des Bankrotts nach § 283a StGB zu denken. (5) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 7 StGB Eine Strafbarkeit des Neugeschäftsführers einer GmbH gem. § 283 I Nr. 7b StGB scheidet hingegen aus denselben Gründen aus, die bereits zur Ablehnung des § 283 I Nr. 5 StGB herangezogen wurden: Da die objektive Bedingung der Strafbarkeit gem. § 283 VI StGB in Gestalt der Zahlungseinstellung im Regelfall schon vor Bestellung des „Strohmanns“ eingetreten ist, entfällt für letzteren auch die strafrechtlich abgesicherte Bilanzierungspflicht. Das Unterlassen der Aufstellung einer Bilanz bzw. des Inventars unterfällt dann also nicht mehr dem § 283 I Nr. 7b StGB. (6) Tatbestand des Bankrotts nach § 283 I Nr. 8 StGB Eine Strafbarkeit gem. § 283 I Nr. 8 StGB setzt voraus, dass der Neugeschäftsführer in einer „anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen [den der GmbH] Vermögensstand verringert oder seine wirtschaftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert“. Es gilt insoweit dasselbe, was oben zur einschlägigen Strafbarkeit des Altgesellschafters der GmbH dargelegt wurde. Der (Auffang-)Tatbestand ist insbesondere erfüllt, wenn der Neugeschäftsführer Beschlüsse zur Sitzverlegung, Firmenänderung oder Übertragung der Geschäftsführung an den nächsten „Strohmann“ trifft. In Kombination mit den früheren Beschlüssen und der Übertragung der Geschäftsanteile dienen all diese Maßnahmen der Irreführung der Gläubiger bezüglich der geschäftlichen Verhältnisse der Gesellschaft im Sinne eines „Verheimlichens“ oder „Verschleierns“ der wirklichen geschäftlichen Verhältnisse (§ 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB). Der Altgeschäftsführer/Altgesellschafter und der Neugeschäftsführer handeln hier im Regelfall Hand in Hand, sodass von einer mittäterschaftlichen Begehungsweise auszugehen ist (§§ 283 I Nr. 8, 25 II StGB). Somit können auch die Handlungen des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers im Regelfall dem Neugeschäftsführer zugerechnet 436 Vgl. Ogiermann, wistra 2000, 251; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 85; Kuhn, S. 188.

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werden.437 Wie dargelegt, steht der Zurechnung auch der Umstand nicht entgegen, dass die Bestellung des „Strohmanns“ als Geschäftsführer unwirksam ist (§ 14 I Nr. 1 i.V.m. § 14 III StGB). Dieser Lösung der ganz herrschenden Ansicht widerspricht Gerloff438 mit dem Argument, bei den vom Neugeschäftsführer durchgeführten Transaktionen handele es sich nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung. Der Neugeschäftsführer übersteige seine Kompetenzen, deshalb könne es insoweit auch keine Zurechnung geben. Das ist jedoch ein Zirkelschluss. Selbstverständlich widersprechen die von den Beteiligten durchgeführten Maßnahmen in grober Weise der ordnungsgemäßen kaufmännischen Tätigkeit, dies ist aber gerade eine der zwingenden Voraussetzungen des Bankrotttatbestandes nach § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB. Nur weil sie im Widerspruch zum Verhalten eines ordentlichen Kaufmanns stehen, sind sie nicht als grobe Kompetenzüberschreitungen einzustufen. Handlungen wie Firmenänderung, Sitzverlegung, Anteilsübertragung lösen per se noch keine Nachteile aus. Dazu sind die Gesellschafter/Geschäftsführer berechtigt. Die daraus resultierende Gläubigerbenachteiligung ist die typische Konsequenz, vor der § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB gerade schützen will. Eine Strafbarkeit gem. § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB des Neugeschäftsführers erscheint also sachgerecht. bb) Subjektiver Tatbestand Angesichts des zumeist offensichtlichen Verschleierungscharakters der einzelnen Maßnahmen der Unternehmensbestattung wird es den Strafverfolgungsorganen im Regelfall nicht schwerfallen, ein vorsätzliches Verhalten des Neugeschäftsführers der GmbH nachzuweisen, das bei einer Strafbarkeit gem. § 283 I StGB vorausgesetzt wird. Eine fahrlässige Begehungsweise nach Maßgabe der § 283 IVund V StGB wird in der Regel keine Rolle spielen. Der Tatnachweis erfolgt zumeist bereits, indem die an den „Strohmann“ geleisteten Zahlungen nachgewiesen werden. Aus dem Erhalt des „Bestatterhonorars“ kann auf das Ziel geschlossen werden, an der Unternehmensbestattung der Gesellschaft mittäterschaftlich mitzuwirken. cc) Ergebnis Vor allem stützt sich eine Bestrafung des Neugeschäftsführers gem. § 283 I StGB auf die Zurechnung der Schuldnereigenschaft der in der Krise befangenen GmbH, die mangels wirksamer Geschäftsführerbestellung nicht direkt über § 14 I StGB in 437 s. auch dazu BGH (15. 11. 2012), NJW 2013, 1893; zum ähnlichen Ergebnis kommt Kümmel, wistra 2012, 169, der aber Tatbeiträge von Altgeschäftsführer und Neugeschäftsführer als Mittäterschaft dadurch qualifiziert, dass dem Neugeschäftsführer als dem faktischen Liquidator die Schuldnereigenschaft nach § 14 I Nr. 1 StGB zugerechnet werden kann; vgl. Beihilfestrafbarkeit des Neugeschäftsführers nach Schütz, wistra 2016, 57. 438 Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 86; hierzu auch Brand/Reschke, ZIP 2010, 2138.

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Betracht kommt. Nach § 14 I StGB i.V.m. § 14 III StGB erscheint aber der als Neugeschäftsführer der GmbH agierende Strohmann als tauglicher Täter der Bankrottdelikte. Somit kann der Strohmann in den Fällen der Vermögensverschiebung nach § 283 I Nr. 1 StGB strafbar sein. Im Gegensatz dazu ist die Strafbarkeit des Strohmanns wegen der Buchführungs- sowie Bilanzierungsdelikte nach § 283 I Nr. 5, 7 StGB ausgeschlossen, weil die Pflicht zur Buchführung sowie Bilanz- und Inventaraufstellungen zum Zeitpunkt der Bestellung des Strohmanns schon weggefallen ist. Vernichtet der Strohmann die Geschäftsunterlagen der GmbH selbst oder unterlässt es, die Vernichtung der Geschäftsunterlagen zu verhindern, ist er dafür gem. § 283 I Nr. 6 StGB strafbar. In Betracht kommt auch eine Strafbarkeit gem. § 283 I Nr. 8 StGB, nach dem die zur Vereitelung des Vermögenszugriffs durchgeführten Maßnahmen des Neugeschäftsführers im Zusammenwirken mit den Maßnahmen des Altgeschäftsführers nach § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB bewertet werden und eine wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge im Sinne von § 25 II StGB möglich ist. Nur in Ausnahmefällen dürfte sich der Tatbeitrag des Neugeschäftsführers auf eine Beihilfe „zu den von den anderen an der Unternehmensbestattung Beteiligten begangenen Bankrottdelikten“ beschränken. c) Untreue nach § 266 StGB Dem Neugeschäftsführer obliegt trotz der Unwirksamkeit des Bestellungsaktes die Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Dasselbe gilt bezüglich des Neuvorstandes bei der AG. Gegen diese Vermögensbetreuungspflicht könnte verstoßen werden, wenn er nun seinerseits Verschleierungsmaßnahmen vornimmt. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt seines Handels zumeist schon Überschuldung und Zahlungseinstellung eingetreten sind. Sollte der Schaden für die Gesellschaft durch die weiteren Maßnahmen gar nicht mehr intensiviert werden können, scheidet eine Strafbarkeit für den Neugeschäftsführer gem. § 266 StGB aus. Sein Tatbeitrag beschränkt sich dann auf das Beiseiteschaffen und Verheimlichen der Geschäftsunterlagen, was zwar die Gläubiger schädigt (und deshalb gem. den Regeln der Insolvenzordnung und des Bankrottdelikts unter Strafe steht, s. o.), nicht aber die Gesellschaft. Insofern ist Ogiermann439 jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen, dass die Verheimlichung und Vernichtung der Geschäftsunterlagen seitens des Neugeschäftsführers nicht unter § 266 StGB subsumiert werden kann – falsch ist nur die von ihr gewählte Begründung, dass die Tat nicht mithilfe der besonderen Befugnisse des Geschäftsführers begangen werde, weil jeder Beteiligte sie vornehmen könne. Darauf kommt es nicht an. Erfasst werden von § 266 StGB nicht nur Handlungen, die lediglich der Treupflichtige vornehmen kann, vielmehr genügt es, dass er irgendwelche Verhaltensweisen an den Tag legt, zu denen er in der Lage ist und damit seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt – wie z. B. der Fall der vorsätzlichen schlechten Buch439 Ogiermann, wistra 2000, 251; auch zustimmend Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 88.

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führung zeigt.440 Im Ergebnis ist jedoch die Ablehnung der Untreuestrafbarkeit für den Regelfall sachgerecht. Kann dagegen durch die Handlungen des Neugeschäftsführers der Schaden bei der Gesellschaft noch vertieft werden, kommt auch eine Bestrafung wegen Untreue in Betracht.441 Allerdings muss dann der Neugeschäftsführer wirklichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH gehabt haben. Ist dies nicht der Fall, liegt keine Vermögensbetreuungspflicht seitens des Neugeschäftsführers vor. Sein Beitrag zur Unternehmensbestattung beschränkt sich dann zumeist auf das Beiseiteschaffen der Unterlagen, womit er (wie oben dargelegt) Insolvenz- und Bankrottdelikte verwirklicht, u. U. auch noch den noch zu prüfenden Tatbestand der Unterschlagung gem. § 246 II StGB und gegebenenfalls eine Beihilfe zu den vom professionellen Bestatter begangenen Straftaten, die ebenfalls erst später angesprochen werden sollen. Sofern die Strafbarkeit wegen Untreue eingreift, steht sie in Idealkonkurrenz (§ 52 StGB) zu den anderen verwirklichten Delikten. d) Unterschlagung nach § 246 StGB Eine Unterschlagung gem. § 246 StGB – u. U. qualifiziert durch die veruntreuende Unterschlagung gem. § 246 II StGB – kommt vor allem in Betracht, wenn der Neugeschäftsführer der GmbH Betriebsvermögen beiseite schafft, das im Sicherungseigentum eines Dritten steht.442 Im Einzelfall kann es auch um andere Gegenstände gehen, die bisher im Eigentum der Gesellschaft standen oder um sonstige Geschäftsunterlagen.443 Allerdings muss stets der Vorsatz bestehen, die Sache sich oder einem Dritten zu zueignen. Geht es nur um die Vernichtung von Unterlagen, kommt wegen der fehlenden „Zueignungsabsicht“ allein eine Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder eine Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB) in Betracht. Eine Unterschlagung i.S.v. § 246 StGB seitens des Neugeschäftsführers mit dem Ziel, bestimmte Sachen sich oder einem Dritten zu zueignen, kommt also höchst selten vor – ist aber auch nicht ausgeschlossen. Wenn der Neugeschäftsführer auch weitere Straftatbestände erfüllt, ist die Subsidiaritätsklausel des § 246 I StGB zu berücksichtigen, die trotz ihres Standorts in § 246 I StGB auch für Taten nach § 246 II StGB gilt.444

440 So auch MüKo-StGB/Dierlamm, § 266, Rn. 191; Knierim, in: Dannecker/Knierim/ Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 1207 – 1210. 441 Hey/Regel, Kriminalistik 1999, 261. 442 Goltz/Klose, NZI 2000, 113. 443 Ogiermann, wistra 2000, 251. 444 Fischer, StGB, § 246 Rn. 23.

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e) Strafvereitelung nach § 258 StGB Wird durch das Beiseiteschaffen von Geschäftsunterlagen durch den Neugeschäftsführer vorsätzlich auch eine seitens der Strafverfolgungsorgane bereits eingeleitete Strafverfolgung gegen den Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH wegen früherer Delikte erschwert, so kann darin eine Strafvereitelung i.S.v. § 258 StGB liegen.445 Allerdings darf es sich bei den Straftaten, bezüglich derer die Strafverfolgung vereitelt werden soll, nicht um Straftaten handeln, an die der Neugesellschafter selbst als Täter oder Teilnehmer beteiligt ist, § 258 V StGB. Wenn es also um frühere Straftaten des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers im Zusammenhang mit der Unternehmensbestattung geht, die oben ausführlich gewürdigt wurden, an denen der Neugeschäftsführer als (sukzessiver) Mittäter oder (sukzessiver) Gehilfe beteiligt ist (Beihilfe ist nach deutscher Rechtsprechung und herrschender Lehre auch noch nach Vollendung und vor Beendung der Tat möglich)446, scheidet eine Strafbarkeit gem. § 258 StGB aus. Das dürfte dem Regelfall entsprechen. f) Begünstigung nach § 257 StGB Begünstigung setzt voraus, dass der Täter einem Vortäter (der nicht mit ihm identisch sein darf), der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern. Als Vortat kommen hier insbesondere die Insolvenzdelikte und der Bankrott in Betracht (s. o.), wenn der Neugeschäftsführer der GmbH Vermögenswerte der Altgesellschaft auf eine Neugesellschaft überträgt, an der der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer nunmehr Anteile besitzt bzw. deren Geschäfte er führt. Vorteile der Vortat können auf unterschiedliche Weise gesichert werden, so z. B. durch Verstecken von Gegenständen, die der Altgesellschaft gehören. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass häufig die Straftaten der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer erst vollendet sind, nachdem der Neugeschäftsführer tätig wird. Dann scheidet eine Strafbarkeit gem. § 257 StGB von vornherein aus, denn die Vortat muss immer zumindest vollendet sein, vielmehr kommt nur eine Beteiligung (Mittäterschaft oder Teilnahme) an den Vordelikten in Betracht. Wird der Neugeschäftsführer erst nach Vollendung, aber vor Beendung der Vortaten tätig, kommt es auf seine innere Willensrichtung an, ob er wegen Begünstigung strafbar ist.447 Da er im Regelfall dem Vortäter bei der Beendung des Delikts helfen will, scheidet eine Begünstigungsstrafbarkeit dann ebenfalls aus. Wenn ausnahmeweise eine Strafbarkeit wegen Begünstigung in Betracht kommen sollte, ist ferner zu berücksichtigen, dass wegen Begünstigung nicht bestraft wird, 445

Auch so Goltz/Klose, NZI 2000, 113; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 97; Kuhn, S. 189; zum Strafvereitelungstatbestand Wessels/Hettinger, Strafrecht. Besonderer Teil 1, Rn. 718 ff. 446 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 831. 447 Stree/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 257 Rn. 4.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist – es sei denn, er habe ein anderen, der an der Vortat nicht beteiligt ist, zur Begünstigung angestiftet, § 257 III 2 StGB. 2. Im russischen Recht Wie schon oben gezeigt, wird der Neugeschäftsführer der zu liquidierenden GmbH durch einen professionellen Bestatter vermittelt; Letzterer sucht in der Regel die Kandidaten aus einem infrage kommenden Personenkreis aus oder setzt seine Mitarbeiter ein, die meistens keine Kenntnis von den bevorstehenden Maßnahmen erlangen. Aus diesem Grund stellt sich hier die Frage, ob diese Person als Täter oder zumindest als Teilnehmer bestraft werden kann oder möglicherweise überhaupt keiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit unterliegt. Nach der obigen Untersuchung bleibt die Bestellung des Strohmanns zum Geschäftsführer der GmbH nach russischem Gesellschaftsrecht wirksam.448 Dementsprechend ergeben sich keine Probleme bei der Zurechnung der Sondereigenschaften. Der als Neugeschäftsführer eingesetzte Strohmann kann als Täter von Sonderdelikten betraft werden. a) Unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott nach Art. 195 P. 1 StGB RF aa) Verwirklichung des objektiven Tatbestands Nach Art. 195 P. 1 StGB RF wird u. a. derjenige bestraft, der Vermögen, Vermögensrechte, Vermögensverbindlichkeiten, Angaben über die Art des Vermögens etc., der juristischen Person verheimlicht sowie derjenige, der Vermögen an andere übergibt, veräußert oder zerstört sowie derjenige, der Bilanzierungsunterlagen oder Rechnungsdokumente verheimlicht, zerstört oder fälscht, wenn diese Handlungen bei Vorliegen der Bankrottmerkmale vorgenommen werden und einen großen Schaden verursachen. Der Straftatbestand der unrechtmäßigen Handlungen bei Bankrott nach Art. 195 P. 1 StGB RF wird regelmäßig von demjenigen Neugeschäftsführer verwirklicht, der nach Amtsübernahme – angewiesen von den Hintermännern – die „Liquidierung“ der zu bestattenden GmbH fortführt. Seine Handlungen können hierbei ganz unterschiedlich sein. So veranlasst er oft die Übertragung von Vermögen der notleidenden juristischen Person auf die Alteigner oder die neue Auffanggesellschaft, verheimlicht Informationen über das Vermögen und über Vermögensrechte und -verbindlichkeiten und verbirgt oder entsorgt die Geschäftsunterlagen. Verwirklicht der Neugeschäftsführer diese Handlungen, erfüllt er den Tatbestand des Art. 195 P. 1 StGB RF. Handelt der Neugeschäftsführer bei dem Gesellschaftsverfall nicht allein, sondern – was häufig vorkommt – zusammen mit dem Bestatter, und macht sich auch 448

Hierzu Teil 1, F.II.2.b).

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dieser gem. Art. 195 P. 1 StGB RF strafbar, was erst an späterer Stelle geprüft werden soll, verwirklichen beide die Straftatbestände in Mittäterschaft. bb) Verwirklichung des subjektiven Tatbestands Die Tatbegehung gem. Art. 195 P. 1 StGB RF setzt – wie bereits oben festgestellt – mindestens Vorsatz in Form des dolus eventualis voraus.449 Der Neugeschäftsführer der GmbH muss also den Taterfolg zumindest billigend in Kauf genommen haben oder er muss ihm jedenfalls gleichgültig sein. Wenn ihm bewusst ist, was er tut, liegt das Hauptproblem darin, ob er auch den Taterfolg in Form des großen Schadens für möglich gehalten hat. Sehr häufig ist das Vorliegen des Vorsatzes zweifelhaft. Die vom Bestatter vermittelten Neugeschäftsführer sind oftmals keine ausgebildeten Kaufleute, sondern irgendwelche Personen, die ihre Ausweise für die Eintragung als Gesellschafter und Neugeschäftsführer dem Bestatter übergeben und danach die notwendigen Unterlagen unterschreiben. Sie werden vielfach über die Hintergründe im Dunkeln gelassen und können dann auch die Rechtswidrigkeit der durchgeführten Maßnahmen nicht erkennen. Dann fehlt ihnen der Vorsatz bezüglich des Taterfolges und sie können somit nicht wegen vorsätzlichen Bankrotts bestraft werden. cc) Ergebnis Der vom Bestatter vermittelte Strohmann unterliegt typischerweise mangels Vorsatzes nicht der strafrechtlichen Verantwortung nach Art. 195 P. 1 StGB RF. Werden jedoch die um die Rechtswidrigkeit wissenden Mitarbeiter des Bestatters tätig, so machen sie sich nach Art. 195 P. 1 StGB RF strafbar, wenn sie auch die Verursachung des großen Schadens bei den Gesellschaftsgläubigern in Kauf genommen haben. b) Ungesetzliche Ausnutzung von Unterlagen für die Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person nach Art. 173.2 P. 1 StGB RF Ziel einer „alternativen Liquidation“ ist neben unrechtmäßigen Handlungen beim Bankrott der zu bestattenden GmbH, die Gründung der dazu dienenden „eintägigen Scheinunternehmen“450 sowie die Ausnutzung von Personen, die von den Hintermännern als „nominelle Geschäftsführer“ eingesetzt werden. Eben diese Praktik der Gründung der juristischen Person mithilfe von Strohmännern hat zur Einführung der Straftatbestände des Art. 173.2 StGB RF geführt, der gleichzeitig mit der Norm des Art. 173.1 StGB RF in das Kapitel 22 StGB RF eingeführt wurde und nach dem Wortlaut des Gesetzes eng mit ihr verknüpft ist. Nach Art. 173.2 StGB RF sind 449 450

Ausführlicher dazu Teil 2, B.I.2.a)bb). Was man unter einem „eintägigen Scheinunternehmen“ versteht, s. o. Teil 1, F.I.2.f).

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Personen strafbar, die Unterlagen überlassen (P. 1) oder erwerben bzw. ausnutzen (P. 2), wenn dies geschieht, um eine Eintragung von Angaben über einen Strohmann ins EGRJuL zu erreichen. Der Begriff des „Strohmanns“ ist in der Anmerkung zu Art. 173.1 StGB RF legal definiert:451 Strohmänner sind danach neben Gründern, Gesellschaftern und Geschäftsführern der juristischen Person, deren Angaben durch ihre Irreführung oder ohne ihre Kenntnisse ins EGRJuL eingetragen sind, Personen, die zwar als Leitungsorgan eingetragen sind, die jedoch tatsächlich die juristische Person nicht leiten sollen. Die vom Bestatter vermittelten Neugeschäftsführer entsprechen regelmäßig diesen Voraussetzungen. Im Falle der Unternehmensbestattung einer GmbH überlässt der Neugeschäftsführer in der Regel dem Bestatter die Ausweispapiere, damit der Unternehmensbestatter alle weiteren Schritte durchführen kann. Um welche Schritte es sich im Einzelnen handelt, weiß der Neugeschäftsführer zumeist nicht. Wann es sich um „Ausweispapiere“ im Sinne von Art. 173.2 StGB RF handelt, kann Art. 9 P. 1.2 Gesetzes Nr. 129-FZ entnommen werden. Erfasst werden vor allem Pässe russischer Staatsangehöriger, Pässe ausländischer Staatangehöriger sowie beglaubigte und als Ausweispapiere anerkannte Unterlagen anderer Persönlichkeiten – unter anderen auch Dienstausweise, Führerscheine etc.452 Bei der Eintragung einer juristischen Person ins EGRJuL sollen Antragsteller, die im Art. 9 P. 1.3 Gesetzes Nr. 129-FZ aufgeführt sind, die Ausweispapiere vorlegen. Fallweise ist eine Vollmachtvorlage erforderlich, nach der die Person die Interessen der juristischen Person vertreten darf (Vgl. Art. 12 P. „v“, Art. 14 P. „b“ Gesetzes Nr. 129-FZ). Die Überlassung der Ausweispapiere im Sinne des Gesetzes ist die Übergabe der dem Strohmann gehörenden Ausweispapiere an einen Dritten zur Herbeiführung der Eintragung der für die Gläubiger verschleiernden Angaben über den Strohmann ins EGRJuL. Die Überlassung der Ausweispapiere ist auch durch Übergabe einer Kopie möglich.453 Der Straftatbestand des Art. 173.2 P. 1 StGB RF ist vom Neugeschäftsführer der GmbH verwirklicht, wenn er die Ausweispapiere für die weitere Nutzung Dritten überlässt und darüber Bescheid weiß oder zumindest billigend in Kauf nimmt,454 dass sie bei Eintragung seiner Angaben ins EGRJuL verwendet werden. Art. 173.2 P. 1 StGB RF verlangt auf der Seite des Täters keinen Vermögensvorteil. Dementsprechend ist es gleichgültig, ob der Neugeschäftsführer/Neuge451

Ausführlicher dazu in Rahmen des Straftatbestandes des Art. 173.1 StGB RF in Teil 2, B.III.2.e)aa). 452 s. auch Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Analyse, Teil II, S. 503. 453 Tjunin, Ungesetzliche Ausnutzung von Unterlagen für die Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person (Art. 173.2 StGB RF), in: Tjunin, „Strafgesetzbuch der Russischen Föderation ist 15 Jahre“: Leistungen, Probleme, Tendenzen: Beitragssammlung, Sankt-Petersburg, 2012, S. 110. 454 Romanov, Hozjajstvo i pravo, 2012, Nr. 9, S. 126 f.: Art. 173.2 P. 1 StGB RF; vgl. in diesem Sinn Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Analyse, Teil II, S. 505.

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sellschafter der GmbH (bzw. der Neuvorstand einer AG) ein „Handgeld“ erhält oder nicht. Er macht sich bereits dann strafbar, wenn er das Ziel der Ausweispapiernutzung kennt. c) Weitere Straftatbestände, die zumeist mangels Vorsatzes scheitern Für den Neugeschäftsführer/Neugesellschafter der GmbH ist insbesondere auch noch an den Straftatbestand des absichtlichen Bankrotts gem. Art. 196 StGB RF zu denken (neben Art. 195 StGB RF, den sog. unrechtmäßigen Handlungen bei Bankrott). Zu Unrecht wird in Teilen des russischen Schrifttums behauptet, der Neugeschäftsführer könne nicht als tauglicher Täter des Art. 196 StGB RF eingestuft werden, weil bei der „alternativen Liquidation“ die Entscheidung zugunsten des Bankrotts schon seitens der Altgesellschafter gefallen sei.455 Dies ist kein Grund, den Art. 196 StGB RF von vornherein auszuschließen, sofern die neue Gesellschaft es überhaupt erst ermöglicht, dass nunmehr die Gläubigerforderungen nicht mehr erfüllt werden können. Der Grund, warum Art. 196 StGB RF im Regelfall der „alternativen Liquidation“ nicht eingreift, liegt allein im subjektiven Tatbestand. Dem Neugeschäftsführer/Neugesellschafter fehlen zumeist die entsprechenden Kenntnisse. Sein Verhalten zielt nicht auf einen Bankrott, vielmehr kann er allenfalls erahnen, worum es geht. Ebenso ist die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf den Straftatbestand der Steuerhinterziehung (Art. 199 StGB RF) einzustufen. Schon vor der Bestellung des Neugeschäftsführers wurden zumeist die Zahlungen von Steuern und Einlagen eingestellt. Ordnungsgemäße Steuererklärungen gegenüber den zuständigen Organen wurden im Regelfall schon lange vor der alternativen Bestattung nicht mehr vorgelegt. Der Vorsatz des Neugeschäftsführers bezieht sich nicht auf diese früheren Steuerhinterziehungen. Neue Steuern fallen überwiegend nicht an, da die Gesellschaft oder das gesamte Gesellschaftsvermögen sogleich weiter transferiert werden. Aus denselben Gründen scheidet eine Strafbarkeit gem. Art. 199.2 StGB RF aus, die zur Voraussetzung hat, dass Vermögen der juristischen Person oder eines Einzelunternehmers, das für die Steuern und Einlagen zur Verfügung stehen muss, gegenüber der Steuerbehörde verheimlicht wird. Eine solche Strafbarkeit setzt ebenfalls detaillierte Kenntnisse über den Vermögensstand sowie die Steuerschulden voraus. Der „Strohmann“ soll darüber eben im Regelfall gerade im Unklaren bleiben. Wegen Unterschlagung oder Veruntreuung wird nach Art. 160 StGB RF bestraft, wer ihm anvertrautes Fremdgut „entzieht“. Darunter ist bei Sachen eine Eigen- oder Fremdzueignung i.S. des deutschen Unterschlagungstatbestandes (§ 246 StGB) bzw. bei Forderungen eine Eigen- oder Fremdbereicherung i.S. des deutschen Betrugstatbestandes zu verstehen. Dieser Straftatbestand kann bei Aktivitäten des Neugeschäftsführers immer dann erfüllt sein, wenn er Gesellschaftsvermögen (Wertge455

Svercˇ kov/Voronov, Vestnik Nizˇ egorodskoj Akademii MVD, 2013, Nr. 21, S. 157.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

genstände oder Unterlagen über der Gesellschaft zustehende Rechte) an die Altverantwortlichen ohne entsprechenden Wertausgleich zurückgibt oder an einem geheimen Ort verbirgt. Allerdings muss er dies aus Gewinnsucht tun.

III. Strafbarkeit des Hintermanns Der Bestatter (Hintermann, Drahtzieher) hat für den gesamten Ablauf der Unternehmensbestattung die größte Bedeutung: Er hält sämtliche Fäden in der Hand: Er organisiert das gesamte Verfahren der Bestattung und bietet die Akteure aus seinem Personalpool an, die weithin seinen Anweisungen folgen. Er selbst tritt hierbei nie in Erscheinung. In Bezug auf diese Vorgehensweise lässt sich die Hypothese aufstellen, dass die Bekämpfung der Unternehmensbestattung gelingt, sofern es möglich wird, effektiv gegen die Hintermänner vorzugehen. Dies kann auch und wahrscheinlich sogar am effektivsten durch eine strafrechtliche Haftung erreicht werden. 1. Im deutschen Recht a) Insolvenzverschleppung (§ 15a IV, I InsO) aa) Der Hintermann als faktischer Geschäftsführer und Vertretungsorgan der bestattenden Gesellschaft i.S.d. § 15a I InsO Es wurde bereits oben erörtert, dass die Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a IV, I InsO im Falle, dass es sich beim Schuldner um eine juristische Person handelt, an die Stellung als Mitglied eines Vertretungsorgans dieser juristischen Person anknüpft. Ferner wurde bereits deutlich, dass der Hintermann niemals selbst als Geschäftsführer oder vertretungsberechtigtes Organ der zu liquidierenden GmbH bestellt wird. Deshalb kommt seine strafrechtliche Verantwortung nach den Regeln des § 15a IV und V, I InsO (vorsätzliches oder fahrlässiges Unterlassen der Stellung eines Insolvenzeröffnungsantrags spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) nur auf der Basis der Rechtsfigur des „faktischen Geschäftsführers“ in Betracht. Die umfangreiche einschlägige Rechtsprechung zum faktischen Geschäftsführer, der intern mit erheblicher Macht ausgestattet die Geschicke der Gesellschaft bestimmt und in dieser Weise auch nach außen auftritt, ist bereits oben ausführlich referiert und gewürdigt worden.456 Ob die Kriterien einer „faktischen Geschäftsführung“ allerdings auch im Fall der Unternehmensbestattung seitens des Hintermanns erfüllt sind, ist lebhaft umstritten. Bei der Bestattung einer GmbH kontrolliert der Hintermann zwar den ganzen Vorgang, überlässt jedoch die Insolvenzantragstellung sowie sonstige auf das Schicksal 456

s. dazu Abschn. II.1.a)aa)(1).

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der Gesellschaft einwirkende und nach außen gerichtete Handlungen dem von ihm gewählten und bestellten Geschäftsführer (Strohmann). Es fehlt also eine echte Außenwirkung. Deshalb wird der Streit relevant, ob für die strafrechtliche Verantwortung eines faktischen Geschäftsführers das Auftreten nach außen eine notwendige Voraussetzung für die Einordnung einer Person als faktischer Geschäftsführer ist. Im Schrifttum gibt es durchaus Stimmen, die für den „faktischen Geschäftsführer“ ein Auftreten im Außenverhältnis nicht zwingend fordern. Beispielsweise geht Fleischer davon aus, dass bei der Heranziehung von Verantwortlichen einer AG ein Auftreten nach außen zwar meist vorliegt, aber für die Verantwortung auch nicht erheblich ist.457 Auch nach Redeker kommt es nicht so sehr darauf an, wer letztendlich nach außen auftritt. Es bleibe für das Ausmaß der Einflussnahme des Hintermanns gleich egal, ob er selbst nach außen auftrete oder im Außenverhältnis die bestellten Organe in seinem Interesse nutze.458 Dem wird aber von Kuhn entgegengehalten, dass auf das Merkmal des Auftretens nach außen nicht allein schon deshalb verzichtet werden kann, weil der Hintermann diesen Außenauftritt gerade zu gezielt vermeidet, um nicht als Täter einer Insolvenzverschleppung haftbar gemacht zu werden.459 Das Auftreten im Außenverhältnis sei ein notwendiges Merkmal der Rechtsfigur des faktischen Geschäftsführers, auf das nicht verzichtet werden könne.460 In diesem Sinne verlangen auch Schröder461 sowie Gerloff und Ogiermann462, dass der Hintermann, der das Geschehen innerhalb des Unternehmens vollständig beherrscht, doch in der einen oder anderen Weise nach außen erkennbar für die Gesellschaft tätig geworden sein muss. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Hintermann nicht gem. § 15a InsO bestraft werden kann. Zwar mag der Begriff des „faktischen Geschäftsführers“ eine Außenbeziehung verlangen, denn er soll ein „Vertretungsorgan“ i.S.v. § 15a I InsO sein und eine Vertretung wird immer als das Auftreten einer Person nach außen in ihrem Namen gegenüber Dritten bezeichnet, sodass eine Verletzung des Analogieverbots (Art. 103 II GG, § 1 StGB) naheliegt, wenn auf diese Außenbeziehung verzichtet wird.463 Andererseits werden jedoch als Verpflichtete in § 15a I InsO neben den Vertretungsorganen auch die „Abwickler“ aufgelistet (§ 15a I 1 InsO). Es kommt deshalb für die strafrechtliche Verantwortung nicht auf rein formale Kriterien der Tätigkeit nach außen an, sondern auf die Funktionen der handelnden Personen. Ziel des Unternehmensbestatters ist – im Zusammenwirken mit dem Neugeschäftsführer 457

Fleischer, Zur aktienrechtlichen Verantwortung faktischer Organe, AG 2004, 525. Redeker, Die Insolvenzverschleppungshaftung des faktischen Geschäftsführers, DZWiR 2005, 500. 459 Kuhn, S. 226. 460 Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 99; Ogiermann, wistra 2000, 252; Schröder, DNotZ 2005, 601; Kuhn, S. 225 f. 461 Schröder, DNotZ 2005, 601. 462 Ogiermann, wistra 2000, 252; vgl. Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 99. 463 Zustimmend Kuhn, S. 222 ff. 458

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

– die Auflösung der durch die Krise leidenden Gesellschaft zu bewerkstelligen. Dies wird durch all die oben ausführlich dargestellten Maßnahmen des Unternehmensbestatters umgesetzt. Stets ist dabei der Bestatter die Figur, die das Geschehen in der Hand hält. Alle der Anteilsübertragung folgenden Maßnahmen werden nach den Anweisungen des Bestatters vorgenommen, um der Einleitung der ordnungsgemäßen Liquidation zu entgehen. Der vom Hintermann eingesetzte Neugeschäftsführer ist lediglich Strohmann, der keine eigenständigen Entscheidungen trifft und hierzu auch gar nicht befähigt ist. Angesichts dieses Befundes wäre es nicht sachgerecht, den Hintermann nur deshalb dem Insolvenzstrafrecht zu entziehen, weil er andere nach seinen Anweisungen handeln lässt. Das widerspräche allen anerkannten Grundsätzen der „mittelbaren Täterschaft“, die gerade durch die Bildung der Rechtsfigur des „faktischen Geschäftsführers“ auf die Verantwortung desjenigen transponiert werden soll, der zwar nicht die Sondereigenschaft des Tatbestandes besitzt und auch nicht bestelltes Organ i.S.d. §15a I InsO ist, aber gleichwohl wie ein solches Organ agiert. Als Ausweg bietet sich eine vom „faktischen Geschäftsführer“ zu unterscheidende Rechtsfigur des „faktischen Liquidators“464 an, der wie ein „Abwickler“ i.S.v. § 15a I InsO behandelt wird. Der BGH hat zu Recht die Begriffe „faktischer Geschäftsführer“ und „faktischer Liquidator“ gleichgesetzt.465 Der § 15a IV, I InsO kann also wie folgt interpretiert werden: Die Mitglieder des Vertretungsorgans, Abwickler und diesen gleichgestellten Personen werden bestraft, wenn sie es unterlassen, die Antragspflicht zu erfüllen. bb) Ergebnis Zwar bestehen Bedenken, den Hintermann als „faktischen Geschäftsführer“ einzustufen, der als Täter einer Insolvenzverschleppung gem. § 15a IV i.V.m. § 15a I InsO einzustufen ist, obwohl er nicht offen nach außen auftritt. Da er jedoch alle Fäden in der Hand hält, kann er als „faktischer Liquidator“ bezeichnet werden, da er mit dem alleinigen Ziel der Gesellschaftsabwicklung tätig wird. Der Hintermann kann dementsprechend wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a IV, I InsO) bestraft werden.

464

Vgl. Bestatter als „faktischer Liquidator“ in Schütz, wistra 2016, 58; vgl. Neugeschäftsführer als „faktischer Liquidator“ MüKo-StGB/Kiethe/Hohmann, Nebenstrafrecht II, § 15a InsO Rn. 22 f.; auch so Kümmel, wistra 2012, 169. 465 Vgl. BGH (15. 11. 2012), wistra 2013, 192, 195.

B. Strafrechtliche Folgen

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b) Insolvenzstraftaten nach §§ 283 ff. StGB aa) Zurechnung der Schuldnereigenschaft des Hintermanns als dem faktischen Organ Bei den Insolvenzstraftaten nach § 283 ff. StGB handelt es sich um Sonderdelikte. Vorrangig geht es um eine Strafbarkeit wegen Bankrotts in der Variante der Verschleierung oder Verheimlichung der wirklichen geschäftlichen Verhältnisse der konkursreifen Gesellschaft (§ 283 I Nr. 8 2. Alt StGB). Wie bereits dargestellt, leitet sich die Strafbarkeit aus der Schuldnereigenschaft ab. Schuldner ist eigentlich die Gesellschaft (z. B. GmbH oder AG). Nach der Zurechnungsgrundlage des § 14 I StGB wird die Schuldnereigenschaft auf das Vertretungsorgan ausgedehnt. Gemäß § 14 III StGB ist die Zurechnung nach § 14 I StGB auch anwendbar, wenn die Rechtshandlung, durch welche die Vertretungsbefugnis begründet werden sollte, unwirksam ist. Der Hintermann bei einer Unternehmensbestattung rückt nie in die Rechtsverhältnisse der zu bestattenden GmbH ein, bzw. wurde nie als Geschäftsführer bestellt, deshalb ist auf den ersten Blick keine Zurechnung der Geschäftsführerposition möglich und dementsprechend keine Strafbarkeit wegen §§ 283 i.V.m. § 14 I Nr. 1 StGB für den Hintermann gegeben. Es kommt jedoch – wie bei den bereits behandelten Insolvenzdelikten – eine Zurechnung nach den Grundsätzen des „faktischen Geschäftsführers“ in Betracht. Allerdings spricht § 14 III StGB von einer „Rechtshandlung“, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, die dann jedoch unwirksam ist. Ob ein bloß „faktischer Geschäftsführer“ dieses Kriterium erfüllt ist umstritten. Die Rechtsprechung sieht insoweit kein Problem. Normadressat für § 283 StGB ist ihrer Ansicht nach bei einer GmbH nicht nur der eingetragene Geschäftsführer (§ 14 I Nr. 1 StGB, § 35 GmbHG), sondern auch der faktische Geschäftsführer.466 Zur Begründung wird angeführt, dass derjenige, der ohne dazu berufen zu sein, wie ein Geschäftsführer handelt, auch „die Verantwortung eines Geschäftsführers tragen und wie ein solcher haften muss, wenn nicht der Schutzzweck des Gesetzes gefährdet werden soll“.467 Auch das Schrifttum hat sich dem ganz überwiegend angeschlossen.468 Andererseits wird im Schrifttum auch darauf hingewiesen, dass zwar nach § 14 III StGB die „Rechtshandlung“, die die Vertretung begründen soll, „unwirksam“ sein kann, dass aber eben doch eine „Rechtshandlung“ vorliegen müsse. Daraus wird geschlossen, dass eine in § 14 I und II geregelte rechtswirksame Begründung von den

466 BGH (28. 06. 1966), NJW 1966, 2225; BGH (22. 09. 1982), NJW 1983, 240; BGH (10. 05. 2000), NJW 2000, 2285; KG (13. 03. 2002), wistra 2002, 315. 467 KG (13. 03. 2002), wistra 2002, 313, 314. 468 Rönnau, NStZ 2003, 526 f.; Meyer, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 5 Rn. 66 ff.; Stockburger, S. 271 ff.; Habetha, Bankrott und strafrechtliche Organhaftung, 2014, Rn. 213 ff., 224; vgl. kritisch: MüKo-StGB/Radtke, § 14 Rn. 124; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 14 Rn. 42/43; Büning, S. 70 f., insbesondere S. 72; Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 921.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Beteiligten bezweckt gewesen sein muss.469 § 14 III StGB helfe eben nur darüber hinweg, dass der Bestellungsakt unbeabsichtigt zivilrechtlich unwirksam erfolge.470 Werde hingegen – wie im Falle der Unternehmensbestattung – die Geschäftsführung durch einen Akt übertragen, der von vornherein unwirksam ist, und würden auch alle Beteiligten diese Unwirksamkeit kennen, so liege gar keine Geschäftsführerbestellung vor. Jedoch könne dann u. U. eine „Beauftragung“ i.S.v. § 14 II StGB vorliegen. Dieses Beharren auf einen eigentlich gewollten Bestellungsakt erscheint richtig. Zutreffend hebt Tiedemann hervor, dass für die Ausweitung der Zurechnung auf einen faktischen Geschäftsführer ein faktischer Bestellungsakt erforderlich ist, der sich in dem ausdrücklichen oder konkludenten Einverständnis der Gesellschafter und dem tatsächlichen Handeln als Geschäftsführer niederschlage.471 Auch Marxen geht davon aus, dass die bloße Duldung der Erfüllung der Geschäftsführung durch den Gesellschafter für einen Bestellungsakt nicht ausreichend sei, aber ein durch schlüssiges Verhalten erklärtes Einverständnis der Vertretenen, der als ein rudimentärer Bestellungsakt qualifiziert werden könne, genüge.472 Nur ein ausdrücklicher und förmlicher Bestellungsakt könne als die geforderte „Rechtshandlung“ eingestuft werden.473 Dieser Position ist zuzustimmen, weil die nach § 14 III StGB für die Begründung der Vertretungsbefugnisse geforderte Rechtshandlung auf zivilrechtliche Wirksamkeit gerichtet sein und mithin den gesellschaftlichen Anforderungen für die Geschäftsführerbestellung gerecht werden muss. Im Hinblick darauf ergibt sich eine Erstreckung der Organ- und Vertreterhaftung des § 14 StGB auf die faktischen Organe unter folgenden Voraussetzungen: 1) Die Vertretenen müssen eine Rechtshandlung, die Vertretungsverhältnisse begründen sollte, mit der Absicht vornehmen, das Organ oder den Vertreter gem. § 14 I oder II StGB rechtswirksam zu bestellen; 2) die Wirksamkeit der Rechtshandlung fehlt; 3) das Organ übt die übertragene Position mit einem bestimmten Einfluss aus.474 Beim Unternehmensbestatter fehlt die Absicht, ein Organ rechtswirksam zu bestellen. Deshalb liegt kein faktischer Geschäftsführer im eigentlichen Sinne vor. Andererseits ist aber doch der Rechtsprechung und herrschenden Lehre zu zustimmen, dass eine gänzliche Herausnahme des Unternehmensbestatters aus dem Anwendungsbereich der §§ 283 ff. StGB nicht sachgerecht erscheint. Dies ergibt sich aus dem von ihm gemeinsam mit dem Altverantwortlichen verfolgten Ziel, die notleidende Gesellschaft unter Umgehung eines ordnungsgemäßen Liquidations469

Satzger/Schluckebier/Wiedmaier, StGB, § 14 Rn. 20; Tzouma, S. 169 f. Lindenmann, Jura 2005, 312; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 14 Rn. 42 f. 471 Tiedemann, in: LK-StGB, vor § 283, Rn. 69. 472 Marxen, in: NK, StGB, § 14, Rn. 43. 473 Büning, S. 77; Bittmann, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 41, 43; Tzouma, S. 169. 474 MüKo-StGB/Radtke, § 14 Rn. 124; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 14 Rn. 42/ 43; Büning, S. 81 f.; Stockburger, S. 267 ff. 470

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verfahrens abzuwickeln und von Forderungen der Gläubiger zu befreien. Das im Handelsregister eingetragene Organ kann – wie bereits hervorgehoben – einen Dritten beauftragen, Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen (§ 14 II Nr. 2 StGB). Diese „Beauftragung“ kann auch rechtlich unwirksam sein (§ 14 III StGB). Daraus ergibt sich das Recht, letztlich doch ohne Verstoß gegen das Analogieverbot (Art. 103 II GG, § 1 StGB) – wie bei § 15a InsO – neben dem „faktischen Geschäftsführer“ auch den „faktischen Liquidator“ als Verpflichteten i.S.v. §§ 283, 14 StGB einzustufen. Der Unternehmensbestatter ist somit zwar kein „faktischer Geschäftsführer“, wohl aber ein „faktischer Liquidator“.475 Allerdings sei hinzugefügt, dass dies nur ein terminologischer Unterschied ist. Letztendlich wird hier also doch der Rechtsprechung zugestimmt, dass der Unternehmensbestatter wie der vollgültig bestellte Geschäftsführer „faktisch“ haftet. bb) Ergebnis Eine direkte strafrechtliche Haftung des Hintermanns gem. §§ 283 ff. StGB scheitert, weil der Schuldner nur die GmbH ist. Eine Zurechnung der Schuldnereigenschaft gem. § 14 I StGB ist nun wiederum nicht möglich, weil der Hintermann kein ordnungsgemäß bestellter Geschäftsführer ist. Jedoch kommt eine Zurechnung der Schuldnereigenschaft nach den Regeln des § 14 II StGB (i.V.m. § 14 III StGB) in Betracht. Zwar genügt der Hintermann nicht den Anforderungen, die an den „faktischen Geschäftsführer“ im engeren Sinne gem. § 14 III StGB zu stellen sind, weil bei ihm von vornherein keine rechtswirksame Bestellung geplant ist, so dass eine „Rechtshandlung“ nicht vorzuliegen scheint, er kann aber als Beauftragter i.S.v. § 14 II StGB eingestuft werden. In Anlehnung an den Begriff des „faktischen Geschäftsführers“ kann man ihn als „faktischen Liquidator“ bezeichnen. Im Ergebnis wird er jedenfalls wie ein „faktischer Geschäftsführer“ i.S. der Rechtsprechung und herrschenden Lehre behandelt, sodass er sich auch gem. § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB strafbar macht, sofern er in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise wirkliche geschäftliche Verhältnisse der Gesellschaft verheimlicht oder verschleiert. c) Betrug nach § 263 StGB Der Ausgangspunkt vieler Unternehmensbestattungen ist, neben der schnellen Liquidation der notleidenden GmbH auch das Versprechen des Bestatters gegenüber den Altgesellschaftern/Altgeschäftsführern, nach der Anteilsveräußerung ein sorgenfreies Leben führen zu können.476 In Erfüllung dieser Absprache wird vertraglich zwischen den Altverantwortlichen und Bestattern vereinbart, dass die krisenge475 So Schütz, wistra 2016, 57; hinsichtlich der Strafbarkeit des „faktischen Organs“ als Beauftragter i.S. von § 14 II StGB Tzouma, S. 175 f. 476 Zu den Versprechungen des Bestatters in Anzeigen s. o. Teil 1, F.I.1.a).

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schüttelte Gesellschaft saniert und/oder rechtmäßig liquidiert wird.477 Halten die Altverantwortlichen dieses Versprechen für realistisch, – was wegen ihrer kaufmännischen Vorkenntnisse selten passieren dürfte –, so ergibt sich daraus zumindest ein Anfangsverdacht hinsichtlich eines Betrugs – jedenfalls wenn jegliche legalen Sanierungs- sowie Liquidationsmaßnahmen unterbleiben.478 aa) Objektiver Tatbestand Erste Voraussetzung des § 263 StGB ist das Vorliegen einer Täuschungshandlung. Darunter ist ein Verhalten zu verstehen ist, das auf das intellektuelle Vorstellungsbild eines anderen einwirkt, um einen Irrtum zu begründen oder bei bestehender Rechtspflicht einen schon vorhandenen Irrtum oder eine gebildete Fehlvorstellung zu erhalten.479 Die Täuschung muss sich auf Tatsachen beziehen, d. h. auf konkrete vergangene oder gegenwärtige Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Innenlebens.480 Tatsachen stehen Schlussfolgerungen, Vermutungen, Urteile und Meinungsäußerungen gegenüber, die üblicherweise auf Grund der subjektiven persönlichen Wertungen einem Wahrheitsbeweis nicht zugänglich sind. Die Darlegung einer bestimmten Rechtsansicht ist im Regelfall keine Tatsachenbehauptung. Andererseits können Rechtsauffassungen doch den Charakter einer Tatsachenbehauptung erhalten, wenn sie „mit dem Anspruch auf Maßgeblichkeit und Verbindlichkeit“ verbunden sind.481 In diesem Sinne werden Rechtsausführungen als Tatsachenbehauptungen eingestuft, wenn sie ihren Inhalt „als etwas objektiv Feststehendes […], also „durch den Hinweis auf eine (tatsächlich nicht existierende) ständige Rechtsprechung, die Rechtsprechung des BGH oder die herrschende Auffassung in der Lehre“482 darstellen und gegenüber anderen Personen als alternativlos präsentieren. Bei einer Unternehmensbestattung sind das Vorliegen einer Täuschungshandlung und das Hervorrufen eines entsprechenden Irrtums nach diesen Kriterien eher zweifelhaft. Bei den pauschalen Behauptungen, die Unternehmensbestattung ermögliche in Zukunft ein sorgenfreies Leben, handelt es sich um reine Werturteile. Auch die juristische Wertung, alles sei rechtmäßig, ist in dieser pauschalen Form

477

Zu vertraglichen Vereinbarungen und Verträgen zwischen Bestatter und Altverantwortlichen s. o. im Teil 1, F.I.1.b) und c). 478 Vgl. Hey/Regel, GmbH 2000, 124; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 94; Kuhn, S. 188 f.; 226. 479 Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 11; Fischer, StGB, § 263 Rn. 6. 480 Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 8. 481 s. dazu Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 9; MüKo-StGB/Hefendehl, § 263 Rn. 85; Tiedemann, in: LK-StGB, § 263 Rn. 18; Krey/Hellmann/Heinrich, Strafrecht. Besonderer Teil, Band 2, Rn. 503. 482 Krey/Hellmann/Heinrich, Strafrecht. Besonderer Teil, Band 2, Rn. 504; MüKo-StGB/ Hefendehl, § 263 Rn. 86; vgl. Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 9.

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keine Täuschung über Tatsachen, sondern eine (falsche) juristische Wertung.483 Anders sieht es hingegen aus, wenn der Bestatter als Autorität auftritt und quasi wie ein überparteilicher Wirtschafts- oder Sanierungsberater die Legalität der von ihm in Aussicht gestellten Schritte zusichert. In solchen Konstellationen wird das Versprechen einer etwaigen Sanierung sowie Liquidation gegenüber dem Altverantwortlichen als „Rechtsgutachten“ der professionellen Bestatter und damit als eine „tatsächliche Erfolgszusage“ gewertet.484 Da der Bestatter mitnichten beabsichtigt, die in der Vereinbarung genannten Sanierungs- und Liquidationsmaßnahmen zu erfüllen, sondern einen Strohmann im Verfahren einsetzen und rechtlich überwiegend unwirksame Bestattungsmaßnahmen durchführen will, liegt hier eine taugliche Täuschungshandlung vor. Wenn der Altverantwortliche diesen Zusicherungen Glauben schenkt, ist auch ein entsprechender Irrtum gegeben. Die von § 263 StGB geforderte Vermögensverfügung liegt in der Zahlung des Bestattungshonorars seitens des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers an den Bestatter, die in der Hoffnung geleistet wird, legale Dienstleistungen zu erhalten. Mit der Zahlung tritt beim Altgesellschafter/Altgeschäftsführer oder bei der Gesellschaft, die zum Vermögen des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers in einer Nähebeziehung steht, ein entsprechender Schaden ein. bb) Subjektiver Tatbestand § 263 StGB setzt Vorsatz bezüglich der objektiven Tatbestandsmerkmale und die Absicht, „sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen“ voraus. Der Vermögensvorteil stellt das Pendant zum Vermögensschaden dar. Demgemäß wird als Vermögensvorteil betrachtet, was dem Opfer einen Schaden in Form der Vermögensminderung zufügt und „stoffgleich“ vorteilhaft auf das Vermögen des Täters übergeht.485 Der Nachweis eines vorsätzlichen Verhaltens seitens des Bestatters bereitet im Regelfall keine Probleme. Die Anzeigen und das danach folgende Gespräch sind darauf gerichtet, von dem Altgesellschafter/Altgeschäftsführer und der krisenbefangenen Gesellschaft zu profitieren; das Honorar, das der Bestatter für seine Dienstleistungen erhält, ist ein Vermögensvorteil, der gleichzeitig eine „Minderung“ des Gesellschaftsvermögens herbeiführt, da die damit bezahlte Dienstleistung nicht geeignet ist, wirtschaftliche Schäden von Altverantwortlichen und von der notleidenden Gesellschaft abzuwenden. Stoffgleichheit ist also gegeben. 483

Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 96; Kuhn, S. 188. Vgl. auch so Hey/Regel, GmbHR 2000, 124; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 96; Kuhn, S. 189, 226. 485 MüKo-StGB/Hefendehl, § 263 Rn. 761; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 167; Fischer, StGB, § 263 Rn. 186; Krey/Hellmann/Heinrich, Strafrecht. Besonderer Teil. Band 2, Rn. 685. 484

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

cc) Ergebnis Sofern der Altverantwortliche gutgläubig hinsichtlich der vom Bestatter durchgeführten Sanierung der Gesellschaft ist, können diese Versprechungen als Betrug nach § 263 StGB gewertet werden und damit zur Strafbarkeit des Hintermanns führen. d) Unterschlagung Wie die Ermittlungspraxis ebenfalls belegt, werden die Geschäftsunterlagen der zu bestattenden Gesellschaften oft dem Bestatter übergeben und unsortiert in seinen zentralen Lagern abgelegt. Insoweit ist an eine Strafbarkeit wegen Unterschlagung nach § 246 StGB zu denken. Die bloße Inverwahrungsnahme ist jedoch noch keine Zueignung. Erst wenn die Unterlagen weitergegeben werden und zwar nicht nur zwecks Vernichtung, sondern zwecks Zueignung, kommt eine rechtswidrige Zueignung an den Bestatter oder einen Dritten i.S.v. § 246 StGB in Betracht. Diese Zueignung müsste rechtswidrig sein. Bei der Rechtswidrigkeit der Zueignung handelt es sich nach herrschender Meinung um ein normatives Tatbestandsmerkmal.486 Die Rechtswidrigkeit entfällt bei einer wirksamen Einwilligung des Eigentümers. Eigentümer der Unterlagen ist die Gesellschaft. Sie hat dem Eigentumsübergang nicht zugestimmt, denn die entsprechenden Erklärungen des Altgeschäftsführers sind wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn er in die Interna der „Firmenbestattung“ eingeweiht ist. Bei entsprechendem Vorsatz des Hintermanns kommt also im Einzelfall auch eine Strafbarkeit wegen Unterschlagung in Betracht. Da § 246 StGB kein Sonderdelikt ist, kann die Unterschlagung von ihm als Täter begangen werden. Gleichwohl dürfte jedoch die Strafbarkeit gem. § 246 StGB einen seltenen Ausnahmefall darstellen, denn im Regelfall erstrebt der Hintermann nur die Aufbewahrung (die nicht unter § 246 StGB fällt) oder die Vernichtung der Akten (Unterlagen), die mangels Zueignung ebenfalls nicht unter § 246 StGB fällt. e) Urkundenunterdrückung/-vernichtung Wenn es dem Hintermann nur um das Verschwinden der Unterlagen geht, eignet er sich diese nicht zu. Die heimliche Aufbewahrung kann jedoch eine Urkundenunterdrückung i.S.v. § 274 I Nr. 1 StGB darstellen. Sollen die Unterlagen nicht nur versteckt, sondern sogleich vernichtet werden, so ist ebenfalls § 274 I Nr. 1 StGB einschlägig – und zwar in der Variante der „Urkundenvernichtung“. Meist besteht aber ein Nachweisproblem, welche Unterlagen ursprünglich vorlagen und welche entsorgt wurden.487

486 487

Fischer, StGB, § 246 Rn. 13. Vgl. hierzu schon oben Teil 2, B.II.1.d).

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f) Strafbarkeit als mittelbarer Täter Bisher wurde die Strafbarkeit des Hintermanns im Hinblick auf die Insolvenzdelikte (§ 15a InsO), die Bankrotttatbestände sowie die §§ 246, 263, 274 StGB jeweils unter dem Aspekt der unmittelbaren Täterschaft geprüft. Im Einzelfall ist es aber auch denkbar, dass der Hintermann nicht immer selbst handelt, sondern dass andere für ihn die entscheidenden Akte der Unternehmensbestattung durchführen. Dann scheidet die Beteiligungsform der unmittelbaren Täterschaft aus und es kommt noch entweder eine mittelbare Täterschaft oder eine Teilnahme hinsichtlich der aufgelisteten Straftatbestände in Betracht. Da es keine „abstrakte“ mittelbare Täterschaft gibt, wird also nur die mittelbare Täterschaft zu § 15a InsO bzw. zu den einzelnen anderen Straftatbeständen, insbesondere zu §§ 283, 263 StGB geprüft. Nach dem Wortlaut des § 25 I 2. Alt StGB ist mittelbarer Täter, wer die Straftat „durch einen anderen“ begeht, also den Tatbestand eines vorsätzlichen Begehungsdelikts derart verwirklicht, dass bei der Tatausführung ein „Tatmittler“ in Gestalt eines menschlichen „Werkzeugs“ für ihn handelt.488 Das Erkennungsmerkmal des Täters hinter dem Täter ist die unterlegene Stellung des Tatmittlers und die beherrschende Rolle des Hintermanns, der die gesamte Taterfüllung kraft seiner planvollen Steuerung „in der Hand“ hält. Ein solches „in der Hand halten“ der Taterfüllung, also die Inhaberschaft der Tatherrschaft, ist im Verhältnis des Hintermanns zum Strohmann erkennbar, jedenfalls sofern der Strohmann (hier das Werkzeug) objektiv tatbestandslos oder ohne Vorsatz oder gerechtfertigt oder ohne Schuld handelt. Das wäre z. B. denkbar, wenn der als Neugeschäftsführer eingesetzte Strohmann vom Hintermann so irregeführt wird, dass er das gesamte Geschehen und den strafrechtlich relevanten Hintergrund nicht einmal laienmäßig erkennt. Dann wäre der Neugeschäftsführer nicht strafbar, der Hintermann müsste sich jedoch dessen gesamtes Verhalten zurechnen lassen. Der Hintermann wäre dann der mittelbare Täter – jedenfalls sofern es sich nicht um Sonderdelikte handelt, bei denen der Täter selbst die strafbegründenden Merkmale aufweisen muss. In der Rechtswirklichkeit dürfte allerdings eine derartige Konstellation unter Einschaltung eines völlig arglosen Strohmanns höchst selten sein. Allein die Umstände machen jedem auch nur gering Vorinformierten deutlich, dass hier manipuliert wird. Der „Strohmann“ übernimmt so gut wie immer bewusst seinen Part und steht für die einzelnen Schritte (zumeist nur für einige Unterschriften) zur Verfügung. Wenn er das Unrecht der Tat dabei „in etwa“ erkennt, handelt er nach der Lehre von der „Parallelwertung in der Laiensphäre“489 vorsätzlich und kann deshalb als Täter bestraft werden.490 Dann entfällt im Regelfall eine strafrechtliche Verantwortung des Hintermanns im Wege der mittelbaren Täterschaft.

488 489 490

Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 773. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 353. Vgl. i.S.d. Unternehmensbestattung Kuhn, S. 227.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Damit ist allerdings die Annahme einer mittelbaren Täterschaft noch nicht gänzlich ausgeschlossen. Nach überwiegender Auffassung491 kommt in eng begrenzten Fällen eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns kraft organisatorischen Machtapparats auch dann in Frage, wenn das „Werkzeug“ vollverantwortlich handelt. In dieser Fallgruppe liegt also eine so ausgeprägte Organisationsherrschaft beim Hintermann, dass ihm auch das Verhalten eines seinerseits strafbar handelnden Tatmittlers zugerechnet wird. Davon ist aber nur auszugehen, wenn seine Anordnungsgewalt so stark ist, dass die Tat nach Belieben des Hintermanns abläuft und das Werkzeug, auf das eingewirkt wird, beliebig austauschbar erscheint („Fungibilität“ des unmittelbar Ausführenden), und das „Werkzeug“ eine wesentlich erhöhte, organisationsspezifische Tatgeneigtheit aufweist.492 Inzwischen existiert eine gefestigte Rechtsprechung, die diese Rechtsfigur der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft auch auf Wirtschaftsunternehmen ausweitet. Dann wird vorausgesetzt, dass der Vorgesetzte regelhafte Abläufe im Rahmen einer hierarchischen Organisationsstruktur ausnutzt, um durch Einbindung nachgeordneter Mitarbeiter Straftaten zu begehen.493 Die Konstellation der Unternehmensbestattung passt nicht direkt in dieses Schema, weist aber andererseits so starke Parallelen auf, dass auch insoweit von einer „Organisationsherrschaft“ gesprochen werden kann. Zum Teil dürfte es sich um mafiöse Strukturen handeln. Jedenfalls befehligt der Hintermann einen ganzen Stab von Akteuren, die sich strikt an seine Anordnungen zu halten haben. Wie im Falle der Machtstrukturen in großen Wirtschaftsunternehmen hat der Hintermann im Falle der Unternehmensbestattung einen so großen Einfluss auf den „Strohmann“, dass alles so gemacht wird, wie es der Hintermann anordnet. Er hält die Fäden in der Hand. Die Strohmänner gehören häufig zu dem Personalvorrat, den er hier einbringt. Sie sind unmittelbar in die hierarchische Macht des Hintermanns eingebunden. Infolge Überlegenheit und der von ihm installierten Organisationstruktur steuert er den gesamten Vorgang und leitet den Neugeschäftsführer bei der Verwirklichung der einzelnen Schritte im Rahmen der Unternehmensbestattung. Es zeigt sich, dass im Regelfall der Unternehmensbestattung sämtliche vom Strohmann begangene Taten dem Unternehmensbestatter im Wege der mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischen Machtapparats gem. § 25 I StGB zugerechnet werden können.

491

Entwickelt von Roxin, Krey-FS, S. 458; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 782. BGH (26. 07. 1994), BGHSt 40, 218, 236; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 782. 493 BGH (26. 08. 2003), BGHSt 48, 331; BGH (13. 05. 2004), BGHSt 49, 163 (Bremer Vulkan); zustimmend: Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 935; Wessels/Beulke/ Satzger, Strafrecht AT, Rn. 782; Kuhn, S. 227; kritisch z. B. Tiedemann/Walter, Jura 2002, 713. 492

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g) Strafbarkeit als Teilnehmer Wie dargelegt, ist der Hintermann im Regelfall unmittelbarer oder mittelbarer Täter. Im Einzelfall mag es aber auch vorkommen, dass sein Tatbeitrag geringer ist, sodass nur eine Teilnahme an der vom Altgeschäftsführer/Altgesellschafter der GmbH bzw. vom Neugesellschafter/Neugeschäftsführer begangenen Tat in Betracht kommt. Zur Teilnahmestrafbarkeit gelangen natürlich auch diejenigen, die trotz intensiven Tatbeitrags eine Zurechung für den Hintermann im Wege des § 14 I StGB ausschließen und ihn deshalb nicht nach den Sonderdelikten der § 15a IV, I InsO sowie § 283 StGB bestrafen können (anders bei den allgemeinen Delikten wie §§ 246, 263, 274 StGB). aa) Anstiftung Vor allem kann der Hintermann als Anstifter zu den oben aufgelisteten Delikten auftreten.494 Er stellt bei einer Unternehmensbestattung „den primären Urheber der Haupttat“495 dar, denn sämtliche hierbei durchgeführten Maßnahmen werden von ihm erdacht und geplant und er gibt anderen Beteiligten den Anstoß, die Tat zu begehen. Anstiftung ist gem. § 26 StGB die Bestimmung eines anderen zu einer vorsätzlich begangenen, tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Tat.496 Der Täter muss durch kommunikative Beeinflussung zu einem Tatentschluss gebracht werden. Ist der Täter bereits zur Tat entschlossen, scheidet Anstiftung aus. Nimmt der Altgesellschafter/ Altgeschäftsführer mit dem Bestatter Kontakt auf, nachdem die Entscheidung über die alternative Abwicklungsweise schon getroffen worden ist, kann der Unternehmensbestatter zumindest auf den ersten Blick kein Anstifter mehr sein. Eine Anstiftung kommt hingegen immer noch in Betracht, wenn der Haupttäter (der Altgesellschafter oder Altgeschäftsführer) noch unschlüssig ist und schwankt, ob er die Tat begehen soll oder nicht.497 Ferner ist eine Anstiftung denkbar, wenn der Haupttäter u. U. von der weiteren Tatbegehung Abstand nehmen würde. Bei § 15a IV InsO handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt. Unterlassen wird die Stellung des Eröffnungsantrags. Auch bestimmte Varianten des Bankrotts i.S.v. § 283 StGB sind als Unterlassungsdelikt konzipiert, so z. B. das Unterlassen der Führung von Handelsbüchern gem. § 283 I 494 Hierzu Ogiermann, wistra 2000, 252; Pananis/Börner, GmbHR 2006, 514; Kuhn, S. 228; vgl. Hey/Regel, GmbHR 2000, 122. 495 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 987; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, § 26 Rn. 1. 496 Ausführliche hierzu Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 813 ff.; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 984. 497 Heine/Weißer, in: Schönke/Schöder, StGB, § 26 Rn. 6; MüKo-StGB/Joecks, § 26 Rn. 29; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 815.

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Nr. 5 StGB oder das Unterlassen, die Bilanz des Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen i.S.v. § 283 I Nr. 7b StGB. Bei diesen Delikten ist erwägenswert, eine Anstiftung zu bejahen, wenn der Vermittler den Täter fortwährend davon überzeugt, das Unterlassen nicht zu beenden. Dem könnte aber andererseits entgegenstehen, dass der Täter schon vorher tatentschlossen war und der Vermittler nunmehr quasi nur für einen späteren Teil des Unterlassens mitverantwortlich ist. Dazu ist zu sagen: Wenn der Vermittler sofort zu Beginn der Tat auf den unmittelbar Handelnden einwirken würde, die Tat, zu der er entschlossen ist, wirklich zu begehen, und verstärkt dies den Tatentschluss beim Handelnden, nicht aufzuhören, sondern tatsächlich die erforderlichen Schritte zu unterlassen, so würde der Vermittler beim Täter den weiteren für die Vollendung notwendigen Tatentschluss hervorrufen und wäre für dieses Geschehen (mit)verantwortlich. Nichts anderes kann gelten, wenn er erst nach Ablauf eines beträchtlichen Teils der Zeit, in dem hätte gehandelt werden müssen, oder ob er sogar erst gegen Ende der Frist hinzukommt und den Unterlassenden in seinem Nichthandlungsentschluss bestärkt.498 Stets muss aber für die Anstiftung zum Unterlassen hinzukommen, dass der Unterlassende durch den Anstifter zur Tat bestimmt wird. Er muss also noch Bedenken gehabt haben, die geforderte Buchführung bzw. den geforderten Insolvenzantrag zu unterlassen. Dann kann man von einer „sukzessiven Anstiftung“ sprechen.499 Ist er hingegen felsenfest zu diesem Unterlassen entschlossen, bevor er mit dem Hintermann Kontakt aufnimmt, kann es keine Anstiftung mehr geben.500 Es kommt dann nur eine Beihilfe in Betracht. Als Anstiftungshandlung kommt schon die Werbung des Bestatters für das Verschwindenlassen der GmbH in Betracht. Später wird diese Anstiftungshandlung (nach herrschender Ansicht durch Hervorrufen des Tatentschlusses in Form der Willensbeeinflussung im Wege des offenen geistigen Kontakts)501 im Wege der Beratung noch intensiviert. Wie dargelegt ist auch in der Beseitigung von Zweifeln eine Anstiftungshandlung zu sehen. Angestiftet wird der Altgesellschafter oder der Altgeschäftsführer, die geforderten Handlungen zu unterlassen oder die Vermögensbestandsteile auf eine neu zu gründende GmbH zu verschieben. Sofern der Vermittler einen Strohmann einsetzt, wird auch dieser zumeist von ihm veranlasst, die zulässigen Anträge nicht zu stellen oder unzulässige Anträge einzubringen bzw. die anderen Vertuschungsmaßnahmen durchzuführen. Sollte ausnahmsweise insoweit keine Allein- oder Mit- oder mittelbare Täterschaft in Betracht kommen, so läge insoweit eine Anstiftung zu § 15a IV, I InsO, §§ 283, 246, 263, 274 StGB vor. Einzelheiten (also welche Straftatbestände der Täter konkret begeht) hängen von der 498

So Pananis/Börner, GmbHR 2006, 518. MüKo-StGB/Joecks, § 26 Rn. 52; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, § 26 Rn. 11. 500 Vgl. nur Schünemann, in: LK-StGB, § 26 Rn. 19. 501 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 814. 499

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jeweiligen Fallgestaltung ab. Am häufigsten dürfte eine Anstiftung zu § 283 I StGB vorliegen, indem der Bestatter in der Rolle des Vermittlers Anweisungen gibt bzw. Entscheidungen fällt, auf welchem Wege die Beteiligten Vermögenswerte und Betriebsanlagen beiseite schaffen sollen, wie die Verheimlichungen konkret durchzuführen sind und ob bzw. wie wichtige Unterlagen sowie die Handelsbücher verschleiert oder vernichtet werden sollen. Eine Strafbarkeit des Anstifters setzt im subjektiven Bereich den doppelten Anstiftervorsatz voraus. Der Anstifter muss die konkrete Haupttat kennen und deren Vollendung anstreben und er muss wissen, dass er beim Täter den Tatentschluss bezüglich dieser konkreten Tat hervorgerufen hat.502 Beim Hintermann dürften insoweit kaum Nachweisprobleme bestehen. bb) Beihilfe Sollte ausnahmsweise seitens des Hintermanns mangels Tatherrschaft keine Täterschaft und mangels Hervorrufen des Tatentschlusses keine Anstiftungshandlung in Betracht kommen, so ist schließlich noch eine Beihilfe zu § 15a IV, I InsO bzw. zu den §§ 246, 274, 283 StGB in Betracht zu ziehen.503 Auch bei dieser Form der Beteiligung ist die Mitwirkung für jeden Straftatbestand gesondert zu prüfen. Im Vordergrund steht insoweit die Beihilfe zur Insolvenzverschleppung, die vom Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH gem. § 15a IV InsO als Täter begangen wird. Wegen Beihilfe wird bestraft, wer einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat vorsätzlich Hilfe leistet (§ 27 StGB). Beihilfe kommt seitens des Hintermanns in Betracht, wenn keine Tatherrschaft vorliegt (was – wie dargelegt – kaum vorkommen dürfte) und auch Anstiftung ausscheidet, weil der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer bereits zu den hier in Frage kommenden Straftaten gem. § 15a IV, I InsO, §§ 283, 246, 263, 274 StGB entschlossen ist.504 Dann ist immer noch eine Beihilfe denkbar – teils in Form der physischen Beihilfe, z. B. durch Wegschaffen der Sachen, die im Eigentum der Gesellschaft stehen, überwiegend aber in Form der psychischen Beilhilfe durch Stärkung des Tatentschlusses beim Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH. Die Insolvenzverschleppung gem. § 15a InsO ist ein Dauerdelikt, das erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustands beendet ist. Nach ganz herrschender Ansicht muss die Beihilfehandlung nicht kausal für den Erfolg geworden sein und sie braucht auch nicht zur Tatausführung selbst geleistet zu werden. Deshalb kann eine 502

Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 819. Hey/Regel, GmbHR 2000, 122; Dannecker, in: Michalski, GmbHG, 2002, § 84 Rn. 34; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 102; Pananis/Börner, GmbHR 2006, 519 f.; Kuhn, S. 228. 504 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 828; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht AT, Rn. 1070; MüKo-StGB/Joecks, § 27, Rn. 5 ff.; Lackner/Kühl, StGB, § 27, Rn. 4. 503

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Beihilfe auch in der Phase zwischen Vollendung und Beendung der Haupttat erbracht werden. Man spricht dann von der „sukzessiven Beihilfe“.505 Deshalb können irgendwie geartete Handlungen des Vermittlers, die dazu beitragen, dass der Zustand der Insolvenzverschleppung andauert, als Beihilfe eingestuft werden. Vor allem geht es um die psychische Einflussnahme auf den Altgesellschafter/Altgeschäftsführer, den eigentlich von der Rechtsordnung geforderten Insolvenzantrag nicht zu stellen, vielmehr die Gesellschaft auf eine andere Vorratsgesellschaft zu übertragen.506 Sofern der Altgesellschafter de facto noch die entsprechenden Anträge stellen kann, kommt eine (psychische) Beihilfe zu § 15a IV, I InsO ihm gegenüber in Betracht. Hat der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH durch die Übertragung an den Strohmann auch faktisch jeden Einfluss verloren (was nur selten der Fall sein dürfte), so kann ihm gegenüber keine Beihilfe mehr geleistet werden. Dann dürfte aber zumindest eine Beihilfe vorliegen, die dem Neugesellschafter/Neugeschäftsführer der GmbH geleistet wird. Entscheidend sind jeweils die Konstellationen des Einzelfalls. Insoweit sei aber nochmals hervorgehoben, dass diese Überlegungen zur Beihilfe hier nur subsidiär angestellt werden. Im Regelfall liegt die Tatherrschaft in den Händen des Hintermanns. Ihm obliegen als „faktischen Liquidator“ gem. § 14 StGB alle Pflichten des Insolvenzschuldners. Er kann deshalb zumeist nicht nur als Teilnehmer, sondern als Täter (z. T. in Form der mittelbaren Täterschaft) gem. § 15a InsO sowie §§ 283, 246, 263, 274 StGB bestraft werden. Welche Straftatbestände konkret verwirklicht werden, hängt davon ab, wie die Unternehmensbestattung im Detail abläuft. 2. Im russischen Recht a) Unrechtmäßige Handlungen nach Art. 195 StGB RF aa) Hintermann als tauglicher Täter nach Art. 195 P. 1 StGB RF Der im Hintergrund wirkende Bestatter zählt niemals zur Geschäftsführung der zu bestattenden GmbH. Selbstverständlich möchte er, falls er selbst ins Visier der Ermittlungsorgane gerät, unter Verweis auf die fehlende Bestellung zum Geschäftsführer einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit für sämtliche im Rahmen der „alternativen Liquidation“ begangenen Delikte entgehen. Gleichwohl könnte er sich nach Art. 195 P. 1 StGB RF (unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott) strafbar gemacht haben. Zwar ist Art. 195 StGB RF eigentlich ein Sonderdelikt, das nur derjenige begehen kann, der im Zeitpunkt der Straftat mit der juristischen Person in Verbindung steht und die Befugnis hat, Handlungen im Namen der juristischen Person auszuführen. Andererseits leitet der Hintermann im Regelfall die Vermögensverschiebung, verbirgt in seinen Lagern oder Büros die Bilanzierungs- und 505 BGH (30. 06. 1964), BGHSt 19, 323; BGH (11. 04. 2013), NStZ 2013, 583; Wessels/ Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 831. 506 Hey/Regel, GmbHR 2000, 122; Gerloff, in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 102.

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Buchführungsunterlagen oder zerstört sogar diese Unterlagen über den wirklichen wirtschaftlichen Stand der juristischen Person und über die strafrechtlich relevanten Akte, die bereits begangen worden sind. Auf Grund dieses beherrschenden Einflusses ist an eine Täterschaft des Hintermanns wegen unrechtmäßiger Handlungen bei Bankrott nach den Regeln des „faktischen Geschäftsführers“ zu denken. In Russland ist es relativ üblich, Geschäfte durch einen Vertrauten, „Affilianten“, „Nominale“ oder eben durch „Strohmänner“ zu führen.507 In diesen Fällen werden im Namen der juristischen Person Willenserklärungen durch Subjekte vorgenommen, die zwar nicht zu den eigentlichen Organen der juristischen Person zählen, die aber auf sonstige Weise – z. B. wegen eines überwiegenden Anteils am Gründungskapital – das Schicksal der juristischen Person beeinflussen. Es ist erwägenswert, bezüglich dieses Personenkreises von einem „faktischen Geschäftsführer“ zu sprechen, der einem „echten Geschäftsführer“ gleichgestellt wird. Der Begriff des „faktischen Geschäftsführers“508 ist zwar dem Strafgesetz unbekannt, jedoch in der russischen Rechtsprechung509 und russischen juristischen Literatur510 gebräuchlich. Andererseits ist er aber nicht völlig unumstritten. So deuten die Rechtsanwälte Asnis und Reznik darauf hin, dass die Anwendung der in keinerlei Gesetzen festgesetzten Begriffe „faktischer Geschäftsführer“, „faktischer Besitzer“ etc. als eine willkürliche Auslegung des Strafgesetzbuches bei Ermittlungsvorgängen anzusehen sei, die damit gegen die in der Verfassung liegenden Grundprinzipien, wie das Legalitätsprinzip nach Art. 15 P. 2 der Verfassung der Russischen Föderation, Art. 3 P. 1 StGB RF und das Analogieverbot im Strafrecht nach Art. 3 P. 2 StGB RF, verstoßen.511 Derartige Bedenken finden sich in dem inzwischen als Leitentscheidung anerkannten Plenarbeschluss des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 18. 11. 2004 Nr. 23 nicht. Das Gericht führt in P. 10 des Beschlusses aus: „Bei der Begehung der illegalen Unternehmerschaft unterliegt der strafrechtlichen Verantwortung gemäß Art. 171 StGB RF auch eine Person, die tatsächlich Pflichten oder

507 Sycˇ ev, Das Institut „piercing corporative veil“: Anwendungsmöglichkeit in russischen Gerichtsverhandlungen, Predprinimatel’skoe pravo, 2013, Nr. 3, S. 23. 508 Was unter dem „faktischen“ Geschäftsführer zu verstehen ist, s. o. in Teil 2, B.I.2.a) aa)(1)(b). 509 Beispielsweise Beschluss des Zamoskvoreckij Rayongerichts vom 22. 03. 2013 – unveröffentlicht; Sycˇ ev, Predprinimatel’skoe pravo, 2013, Nr. 3, S. 24. 510 Klepickij, S. 463; Volzˇenkin, S. 214 ff.; Esakov/Hellmann/Golovnenkov, Zˇ urnal zarubezˇ nogo zakonodatel’stva i sravnitel’nogo pravovedenija, 2010, Nr. 4, S. 126; Albegov, „Strafrecht: Entwicklungsstrategie im XXI. Jahrhundert“: Beiträge der Neunten internationalen Wirtschaftskonferenz am 26. – 27. Januar 2012, Moskau, 2012, S. 222 ff. 511 Asnis/Reznik, Verfassungsrechtliche Probleme, die bei der ausdehnenden Auslegung der Begriffe des Strafgesetzes bei Wirtschaftsstraftaten entstehen, Moskau, 2012, URL: http:// www.asnis.ru (Stand 11. 10. 2017).

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Aufgaben des Geschäftsführers erfüllt“.512 Dieselbe Ansicht wird im späteren Beschluss des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vertreten: „Zu Subjekten der Straftat nach Art. 199 StGB RF werden auch Personen gezählt, die tatsächlich (faktisch) Aufgaben des Geschäftsführers oder Hauptbuchhalters erfüllen“513. Trotz dieses „Machtworts“ des Obersten Gerichts ist allerdings die Kritik an der Rechtsfigur des „faktischen Geschäftsführers“ bis heute nicht gänzlich verstummt. So erfüllt nach der Ansicht von Vitvickaja514 die lediglich faktische Ausführung der Geschäftsführerfunktionen einer Person nicht die Sondersubjektmerkmale. Volzˇ enkin ist der Ansicht, dass die „faktischen“ Geschäftsführer für illegale Unternehmerschaft entweder als Mitglieder einer organisierten kriminellen Vereinigung, falls eine solche vorhanden ist, oder als Teilnehmer (Organisator, Anstifter, Gehilfe), aber nicht als unmittelbare Täter strafbar sein können.515 In Bezug auf Art. 174 – 174.1 StGB RF fügt Volzˇ enkin hinzu: „Den Ausnahmefall bildet bloß die mittelbare Täterschaft, wenn der Strohmann – formal eingerückter Geschäftsführer – getäuscht wird oder im Allgemeinen unzurechnungsfähig ist“516 (Art. 33 P. 2 Alt. 3 StGB RF). Diese Auffassung wird auch von Klepickij517 und Esakov518 geteilt. Nach Albegov519 sind in diesen Konstellationen drei Fallgruppen zu unterscheiden: (1) Der „faktische Geschäftsführer“ der GmbH handelt mit dem „nominellen“ Geschäftsführer in der Weise zusammen, dass beide zu einer organisierten kriminellen Vereinigung gehören. Jetzt sind beide Mittäter der begangenen Straftaten. (2) Der „faktische Geschäftsführer“ organisiert den gesamten Tatablauf, ohne dass der „nominelle“ Geschäftsführer der GmbH die Transaktion durchschaut oder ohne dass er dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann, weil er unzurechnungsfähig ist. Hier macht sich der Hintermann wegen Art. 33 P. 2 Alt. 3 StGB RF in mittelbarer Täterschaft strafbar. 512 Plenarbeschluss des Obersten Gerichts der Russischen Föderation „Über die Rechtsprechungspraxis in Sachen der illegalen Unternehmerschaft und Geldwäsche“ vom 18. 11. 2004 Nr. 23, Rossijskaja Gazeta vom 07. 12. 2004, Nr. 3648. 513 P. 7 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation „Über die gerichtliche Anwendungspraxis der Steuerstrafgesetzgebung“ vom 28. 12. 2006 Nr. 64, Rossijskaja Gazeta vom 31. 12. 2006, Nr. 297. 514 Vitvickaja, Rossijskij Sledovatel’, 2007, Nr. 20, S. 18. 515 Volzˇenkin, S. 214 – 215. 516 Volzˇenkin, S. 708. 517 Klepickij, S. 463. 518 Esakov, in: Rarog/Ponjatovskaja/Esakov, Strafrechtliche Einwirkung, RIS „ConsultantPlus“. 519 Albegov, „Strafrecht: Entwicklungsstrategie im XXI. Jahrhundert“: Beiträge der Neunten internationalen Wirtschaftskonferenz am 26. – 27. Januar 2012, Moskau, 2012, S. 223 – 224.

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(3) Der „nominelle Geschäftsführer“ der GmbH verwirklicht bewusst und vollverantwortlich alle Straftatbestände. Nunmehr ist er der Täter, wohingegen der „faktische Geschäftsführer“ nach den Regeln des Art. 34 P. 4 StGB RF als Teilnehmer (Organisator, Anstifter oder Gehilfe) einzustufen ist. Besonders häufig dürfte die von Albegov gebildete dritte Gruppe den tatsächlichen Abläufen der „alternativen Liquidation“ der GmbH entsprechen. Gerade insoweit vertritt aber die höchstrichterliche Rechtsprechung eine konträre Position, indem sie den „nominellen“ Geschäftsführer nur als Teilnehmer, den „faktischen Geschäftsführer“ hingegen als unmittelbaren Täter qualifiziert. Wörtlich heißt es dazu in einer Entscheidung des Obersten Gerichts der Russischen Föderation aus dem Jahr 2006: „Wenn eine Person, die tatsächlich ihre unternehmerische Tätigkeit durch einen Strohmann (z. B. durch einen Arbeitslosen, der formal als Einzelunternehmer eingetragen ist) ausübt, Steuern (Gebühren) hinterzogen hat, sind ihre Handlungen gemäß Art. 198 StGB RF als unmittelbare Täterschaft einzuordnen, und die Handlungen anderer Person werden gemäß Art. 34 P. 4 StGB RF nur dann als Beihilfe bewertet, wenn dieser Person bewusst war, dass sie an der Steuerhinterziehung teilgenommen hat und einen Vorsatz dazu hatte“.520 Natürlich ist diese Rechtsprechung im Hinblick auf den nulla poena sine legeGrundsatz (vgl. Art. 3 P. 1 StGB RF) nicht unproblematisch. Insoweit wird in Russland die gleiche Diskussion geführt wie in Deutschland. Wie in Deutschland gilt aber auch in Russland, dass die Rechtsprechung bei der Auslegung von Rechtsbegriffen Spielräume ausfüllen darf. Da die Gerichte Gesetze im Lichte moderner Wirtschaftsentwicklungen auslegen müssen, muss es ihnen auch gestattet sein, sachgerechte Lösungswege zu erarbeiten. Es erscheint daher legitim, den „faktischen Geschäftsführer“ nach russischem Recht dem „juristischen“ Geschäftsführer gleichzustellen.521 Die Lösung entspricht insoweit der deutschen Rechtslage, weil

520

P. 6 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 28. 12. 2006 Nr. 64 „Über die gerichtliche Anwendungspraxis der Steuerstrafgesetzgebung“, Rossijskaja Gazeta vom 31. 12. 2006, Nr. 297. 521 So Albegov, „Strafrecht: Entwicklungsstrategie im XXI. Jahrhundert“: Die Beiträge der Neunten internationalen Wirtschaftskonferenz am 26. – 27. Januar 2012, Moskau, 2012, S. 225 schlagen vor, den Art. 169 StGB RF mit dem Folgenden zu ergänzen: „Als Geschäftsführer und eine Person, die die Führungsfunktion in gewerblicher oder anderer Organisation ausführt, ist im Rahmen des vorliegenden Gesetzbuches auch eine Person zu erkennen, die nicht als Geschäftsführer oder Mitarbeiter der Organisation sowie eine andere die Führungsfunktionen ausübende Person ist, aber tatsächlich wegen der überwiegenden Teilnahme am Gründungskapital, Eigentümervertretung bei dieser juristischen Person (wenn es sich um staatliche und kommunale Einheitsunternehmen handelt) auf die organisatorischen, administrativen und wirtschaftlichen Entscheidungen der Organe der juristischen Person einwirkt.“; den Ergänzungsvorschlag des Art. 169 StGB RF vertritt Vitvickaja, Rossijskij Sledovatel’, 2007, Nr. 20, S. 19; auch ähnlich Esakov, Wirtschaftsstrafrecht: Definition, Inhalt und Aussichten, Lex Russica, 2013, Nr. 9 (Band LXXXII), S. 966.

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dort der Hintermann als „faktischer Liquidator“ ebenfalls wie ein „echter“ Geschäftsführer behandelt wird.522 Es bleibt also festzuhalten, dass eine Strafbarkeit wegen unrechtmäßiger Handlungen bei Bankrott gem. Art. 195 StGB RF seitens des Hintermanns in Betracht kommt. Das ist besonders unproblematisch, wenn der „faktische Geschäftsführer“ und der „nominale Geschäftsführer“ eine organisierte kriminelle Vereinigung bilden. Dann sind beide – wie Volzˇ enkin zutreffend ausführt – Mittäter.523 Aber auch ohne diese kriminelle Organisationsstruktur ist der Hintermann Täter des Art. 195 StGB RF, wenn er einen maßgeblichen Einfluss auf die zu bestattende GmbH ausübt. Tatbestandsmäßig sind rein tatsächliche Handlungen, bzw. das Verheimlichen von Vermögen, von Vermögensrechten und -verbindlichkeiten, von Angaben über das Vermögen, seinen Umfang oder das Verheimlichen sonstiger Information über das Vermögen, die Vermögensrechte oder Vermögensverbindlichkeiten; ferner geht es um die Vermögensübergabe in Besitz anderer Personen sowie um das Verheimlichen, die Vernichtung und Fälschung von Bilanzierungsunterlagen. bb) Subjektiver Tatbestand Ebenso wie beim Altgesellschafter/Altgeschäftsführer dürfte auch beim Hintermann der Nachweis des Vorsatzes hinsichtlich der unrechtmäßigen Handlungen beim Bankrott der GmbH im Regelfall keine großen Probleme bereiten. Dass er diese Rechtsfolgen zumindest billigend in Kauf genommen hat, dürfte beim Hintermann sogar noch eher auf der Hand liegen, ist er doch im Bereich der Gesellschaftsabwicklungen sogar gewerbsmäßig tätig. Gerade für diese Dienstleistung erhält er seine Entlohnung. Es ist kaum vorstellbar, dass er eine fehlende subjektive Einstellung plausibel darstellen könnte. Sein Vorsatz bezieht sich zumeist auch auf die Verursachung eines großen Schadens i.S.v. Art. 195 StGB RF. cc) Ergebnis Der als faktischer Geschäftsführer tätigte Hintermann macht sich wegen unrechtmäßiger Handlungen beim Bankrott nach Art. 195 P. 1 StGB RF strafbar, wenn er ohne Mitwirkung des von ihm vermittelten, aber über die Rechtswidrigkeit der Handlung nicht informierten Neugeschäftsführers der GmbH die tatsächlichen Handlungen verwirklicht, die im objektiven Tatbestand der Norm umschrieben sind. Daneben liegt die unmittelbare Täterschaft des Hintermanns vor, wenn er mit dem aus seinem Personalbestand gewählten Neugeschäftsführer eine organisierte kriminelle Vereinigung gründet. 522

s.o. Teil 2, B.III.1.a), b). Volzˇenkin, S. 214 f.; ob die Tätigkeit des nominellen Geschäftsführers und Hintermanns der Merkmale einer kriminellen Vereinigung entspricht, ist in jedem konkreten Fall nachzuweisen. 523

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b) Verheimlichung von Geldmitteln und Vermögen einer juristischen Person oder eines Einzelunternehmers, durch die Steuern und Einlagen zu decken sind (Art. 199.2 StGB RF) aa) Verwirklichung des objektiven Tatbestandes Werden Geldmittel oder Vermögen der zu bestattenden GmbH, durch die Steueroder Einlagenrückstände zu decken sind, verheimlicht, dann kann eine Strafbarkeit nach Art. 199.2 StGB RF vorliegen. Hierbei wird diejenige Summe der Steuern und Einlagen als Zahlungsrückstände nach Art. 11 P. 2 SteuerGB524 in Betracht gezogen, die bei ihrer Fälligkeit nicht ausgeglichen worden sind. Die Steuerbehörde ist dann durch Gesetz berechtigt, Steuer- und Einlagenrückstände einzuziehen, weshalb der juristischen Person gehörende Geldmittel in der Währung der Russischen Föderation und in ausländischer Währung, die sich auf Bankkonten der juristischen Person befinden, sowie anderes Vermögen der juristischen Person, das zur Deckung des Zahlungsrückstandes bei mangelnder Deckung der Bankkonten verwendet werden kann, zu beschlagnahmen.525 Der objektive Tatbestand des Art. 199.2 StGB RF erfasst eine Verheimlichung der oben erwähnten Wertgegenstände. Die Verheimlichung ist hier – wie auch beim Straftatbestand des Art. 195 P. 1 StGB RF – als ein tatsächliches Verbergen von Geldern und Vermögen zu verstehen, das auf Verhinderung der zwangsweisen Einziehung von Zahlungsrückständen gerichtet ist.526 Der Tatbestand kann durch Handlungen oder durch Unterlassen erfüllt werden.527 Die durchgeführten Handlungen oder das Unterlassen sind erst dann strafbar, wenn sie nach der Fälligkeit der Steuern und Einlagen vorgenommen werden und die Steuerbehörde hierbei sämtliche Maßnahmen hinsichtlich der Einziehung des Zahlungsrückstandes ergriffen hat.528 Daneben muss das Zufügen eines großen Schadens als Folge der Tat vorliegen. Als Anhaltspunkt für die Höhe des Schadens wird hier – analog zu Art. 195 StGB RF – die Anmerkung zum Art. 169 StGB RF herangezogen, wonach ein großer Schaden den Wert der verheimlichten Gelder und Vermögen darstellt, der für die 1,5 Mil524

Wörtlich „Nalogovyj Kodeks Rossijskoj Federacii“ = „Steuergesetzbuch der Russischen Föderation“. Im Weiteren mit SteuerGB abgekürzt. 525 Vgl. Art. 46, 47 SteuerGB; P. 20 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 28. 12. 2006 Nr. 64 „Über die gerichtliche Anwendungspraxis der Steuerstrafgesetzgebung“, Rossijskaja Gazeta vom 31. 12. 2006, Nr. 297. 526 So Gracˇ eva, in: Esakov, Kommentar zum StGB RF, Art. 199.2, P. 2; Ermakova, in: Inagamova-Hegai/Rarog/Cˇ ucˇ aev, Strafrecht der Russischen Föderation. Besonderer Teil, Kapitel VIII, § 5, RIS „ConsultantPlus“; Talan, in: Sundurov/Talan, Strafrecht Russlands. Besonderer Teil, Kapitel 8, § 8, RIS „ConsultantPlus“. 527 Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 199.2. P. 2, RIS „ConsultantPlus“; Klepickij, S. 464; Talan, in: Sundurov/Talan, Strafrecht Russlands. Besonderer Teil, Kapitel 8, § 8, RIS „ConsultantPlus“. Iskaliev, S. 73 ff. spricht von „vermischtem Unterlassen“. 528 In der Rechtsprechung umstritten: s. dazu Kassationsbescheid des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 22. 02. 2005 Nr. 55-o05-1 – unveröffentlicht, RIS „ConsultantPlus“; auch hierzu Iskaliev, S. 79 – 81.

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

lionen Rubel übersteigende Schuldbegleichung erforderlich ist.529 Somit liegt der Tatbestand des Art. 199.2 StGB RF auch dann vor, wenn die Summe des Zahlungsrückstandes den Wert des Vermögens übersteigt, das zwecks der Verhinderung der Steuereinziehung verheimlicht wird. Bei der „alternativen Liquidation“ wird der Straftatbestand der Verheimlichung von Geldern und Vermögen, durch die Steuer- und Einlagenrückstände gedeckt werden müssen, meistens nach dem Ausscheiden der Altverantwortlichen aus der zu bestattenden GmbH verwirklicht, wenn die Liquidationsmaßnahmen bereits durch den Hintermann geleitet werden. Der Straftatbestand des Art. 199.2 StGB RF knüpft an die Stellung des Geschäftsführers an, oder an die anderen Personen, die Leitungsfunktionen erfüllen. Wie eben bereits erörtert, fehlt bei der „alternativen Liquidation“ allerdings jeglicher Akt der Berechtigung des Hintermanns zum Geschäftsführer oder zu einer Person mit anderen Leitungsfunktionen. In der strafrechtlichen Literatur530 wurde jedoch schon seit langem diesen eigentlich nicht autorisierten Personen eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nach den Regeln des „faktischen Geschäftsführers“ zuerkannt. Diese Lehre ist später in den Anmerkungen zum Art. 201 StGB RF festgeschrieben worden. Dort wird klargestellt, dass „Personen, die Leitungspositionen erfüllen“ all diejenigen Personen sind, die Funktionen des Einzelexekutivorgans, Mitglied des Direktorenrates oder eines anderen Exekutivorgans ausführen. Ihnen gleichgestellt sind Personen, die ständig, vorübergehend oder durch besondere Vollmacht organisatorisch-verfügende oder verwaltend-wirtschaftliche Funktionen dieser Organisation ausüben. Der Hintermann einer „alternativen Liquidation“ ist ein geradezu klassischer Fall dieser Art von „faktischem Geschäftsführer“. Ab dem Zeitpunkt seiner Beauftragung erfüllt er sämtliche organisatorische, wirtschaftliche sowie verwaltungstechnische Funktionen. Wenn er nun beim Vorliegen der Bankrottmerkmale Gelder und Vermögen der juristischen Person verheimlicht, die zur Deckung der Steuer- und Einlagenrückstände zu verwenden wären und er hierdurch einen großen Schaden verursacht, so ist § 199.2 StGB RF verwirklicht. Wie bereits dargelegt, ist daneben im Falle der „alternativen Liquidation“ typischerweise auch Art. 195 StGB RF verwirklicht (sog. unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott). Der Verstoß gegen Gläubigerinteressen – hier der Steuerbehörden – ist somit in zwei verschiedenen Artikeln des StGB RF strafbewehrt (Art. 195 P. 1 StGB RF einerseits und Art. 199.2 StGB RF andererseits), sodass ein Normenkonkurrenzproblem entsteht. Die Lösung könnte hier im Art. 17 P. 3 StGB RF liegen, der – wie im deutschen Recht – den Grundsatz des Vorrangs der lex specialis vor der lex generalis statuiert. Hier ergeben sich aber Schwierigkeiten bei der Festlegung, welche Norm lex specialis ist. Das wird deutlich, wenn man nur die Tathandlungen 529 P. 20 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 28. 12. 2006 Nr. 64 „Über die gerichtliche Anwendungspraxis der Steuerstrafgesetzgebung“, Rossijskaja Gazeta vom 31. 12. 2006, Nr. 297; Iskaliev, S. 83 – 84; Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 199.2, P. 3, RIS „ConsultantPlus“. 530 Ausführlich dazu Teil 2, B.III.2.a)aa); s. auch Iskaliev, S. 99.

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betrachtet, denn in Art. 195 StGB RF werden bestimmte Tätigkeiten pönalisiert, die den Bankrott herbeiführen, während in Art. 199.2 StGB RF derartige Merkmale fehlen. Hingegen ist die Norm des Art. 195 P. 1 StGB RF lex generalis zu Art. 199.2 StGB RF im Kreis der gewahrten Interessen; Art. 199.2 StGB RF umfasst lediglich den Staat, bzw. die Steuerbehörden als die zu schützenden Gläubiger, Art. 195 P. 1 StGB RF schützt demgegenüber sämtliche Gläubiger. Es überrascht deshalb, dass bei der Verheimlichung von Geldern und Vermögen zulasten der Forderungen der Steuer- oder Einlageneinziehung, die beim Vorliegen der Bankrottmerkmale vollzogen wird, Uneinigkeit über die Normkonkurrenz besteht.531 Nach richtiger Ansicht muss diese jeweilige „Teilüberschneidung“ zur Annahme von „Idealkonkurrenz“ führen. Beide Straftatbestände können also von dem Täter gleichzeitig erfüllt sein und er kann sowohl nach Art. 195 P. 1 StGB RF als auch nach Art. 199.2 StGB RF idealiter konkurrierend bestraft werden. bb) Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes Art. 199.2 StGB RF setzt in subjektiver Hinsicht Vorsatz voraus. Notwendig ist daher Vorsatz des Täters bezüglich der Verhinderung der Steuer- oder Einlageneinziehung, dem Bewusstsein der gesellschaftlichen Gefahr seines Verhaltens sowie der Wille zum Folgeneintritt in Form der Steuerhinterziehung.532 Auch auf den besonders hohen Schaden muss sich der Vorsatz beziehen. cc) Ergebnis Der Hintermann kann wegen der Verheimlichung von Geldern und Vermögen, durch die Steuer- oder Einlagenrückstände gedeckt werden müssen, nach Art. 199.2 StGB RF strafbar sein. Der Straftatbestand wird neben dem Straftatbestand des Art. 195 P. 1 StGB RF gleichermaßen erfüllt (Idealkonkurrenz). c) Betrug (Art. 159 P. 1 – 4 StGB RF) Ebenso wie im deutschen kommt auch im russischen Strafrecht eine Strafbarkeit des Hintermanns wegen Betruges in Betracht. Der Betrug könnte begangen werden gegenüber den Altverantwortlichen (Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH), denen seitens des Bestatters vorgespiegelt wird, dass die insolvente Ge531 Hierzu auch Kunicyn, Einige Aspekte von Mangelhaftigkeit des strafrechtlichen Schutzes bei Steuerstraftaten, in: Probleme des modernen russischen Rechts, Teil 1, Moskau, 2007, S. 485; vgl. Ljaskalo, Ugolovnoe pravo, 2013, Nr. 1, S. 51: hier gelte die Konkurrenz des Teils und Ganzes, bei der Art. 195 StGB RF als Ganzes zu sehen sei. Verwendet sei lediglich Art. 195 P. 1 StGB RF. 532 Esakov, in: Rarog, Kommentar zum StGB RF, Art. 199.2 P. 6, RIS „ConsultantPlus“; Ermakova, in: Inogamova-Hegaj/Rarog/Cˇ ucˇ aev, Strafrecht der Russischen Föderation. Besonderer Teil, Kapitel VIII, § 5; Iskaliev, S. 88 f.

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sellschaft in Einklang mit den Normen des Zivil-, Straf- und öffentlichen Rechts saniert oder abgewickelt werden kann, ohne dass strafrechtliche Sanktionen zu befürchten wären. Insofern sind aber fundamentale Unterschiede in der Struktur des russischen Betrugstatbestands im Vergleich zu seinem deutschen Pendant zu beachten. Während es in Deutschland um eine Täuschung über Tatsachen geht, die beim Opfer zu einem entsprechenden Irrtum führt, der wiederum kausal wird für eine Vermögensverfügung und eine Schädigung, erfasst der russische Betrugstatbestand die Entwendung des Fremdgutes oder den Erwerb eines Rechts auf Fremdgut durch Täuschung oder Missbrauch von Vertrauen. Die Entwendung definiert Abs. 1 der Anmerkung zum Art. 158 StGB RF, die für alle Entwendungstatbestände wie Diebstahl, Unterschlagung, Raub etc. gilt, als die mit Gewinnabsicht begangene, rechtswidrige, unentgeltliche Enteignung und/oder die Aneignung fremden Vermögens zu Gunsten des Täters oder einer sonstigen Person, die dem Eigentümer oder einem sonstigen Besitzer dieses Vermögens einen Schaden zufügen. Im Betrugsfall übergibt also der Eigentümer oder ein anderer rechtmäßiger Besitzer das Eigentum oder das Recht auf das Vermögen eines Dritten an den Täter, bzw. er verhindert den Entzug durch Dritte nicht oder verzichtet auf einen Anspruch. Dieses Täterverhalten entspricht im Wesentlichen dem, was im deutschen Strafrecht als „Vermögensverfügung“ – dem umgeschriebenen Tatbestandsmerkmal des § 263 StGB – bezeichnet wird.533 Die Täuschung wird in der Rechtsprechung534 als die bewusste Mitteilung von falschen Angaben, die der Realität nicht entsprechen, oder das Verschweigen wahrer Tatsachen oder als vorsätzliche Handlung (z. B. Bereitstellung von gefälschten Waren, Verwendung von betrügerischen Praktiken bei der Abrechnung usw.) definiert, die auf die Irreführung des Eigentümers oder anderer Besitzer des Vermögens gerichtet ist. Die falschen Angaben (oder verschwiegenen Angaben) können alle Umstände betreffen, insbesondere juristische Fakten und Ereignisse, die Qualität und den Wert von Vermögen, die Identität, Befugnisse und Vorhaben des Täters. Der Vertrauensmissbrauch stellt nach P. 3 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 27. 12. 2007 Nr. 51 die Ausnutzung des Vertrauensverhältnisses mit dem Eigentümer des Vermögens oder einer sonstigen Person, die berechtigt ist, über das Vermögen zu verfügen, aus Gewinnsucht dar. Das Vertrauensverhältnis kann auf verschiedene Umstände, bspw. auf ein Dienstverhältnis, eine Verwandtschaft oder eine Bekanntschaft zurückzuführen sein. Der Vertrauensmissbrauch liegt auch vor, wenn der Täter aus Gewinnsucht Verpflichtungen annimmt, aber offenkundig beabsichtigt, diese nicht zu erfüllen.

533

Olejnik, Wirtschaftsstrafrecht in Russland – Teil 1 in: Wissenschaftliche Beiträge des Ostinstituts Wismar, URL: http://www.ostinstitut.de/documents/publikationen/Wirtschaftsstraf recht_in_Russland_1.pdf (Stand am 11. 03. 2016), S. 5 – 6. 534 P. 2 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 27. 12. 2007 Nr. 51 „Über Rechtsprechung in Sachen betreffs des Betruges, Aneignung und Unterschlagung“, Rossijskaja Gazeta vom 12. 01. 2008, Nr. 4.

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Ausgangspunkt einer „alternativen Liquidation“ ist üblicherweise, dass gegenüber den Altverantwortlichen von professionalen Bestattern ein sorgenfreies Leben versprochen wird: Gemäß den „Rechtsausführungen“ (den falschen Darstellungen) des Hintermanns trifft die Altverantwortlichen angeblich keine zivil- und strafrechtliche Verantwortung. Des Weiteren wird den Letztgenannten suggeriert, dass die juristische Person rechtmäßig abgewickelt wird, was in der Realität keineswegs der Fall ist. Hierin liegt eine Täuschung seitens des Hintermanns, der aus Gewinnsucht die Rechtswidrigkeit der durchgeführten Maßnahmen verschweigt und den Altverantwortlichen das Versprechen einer erfolgreichen Abwicklung gibt, ohne vorzuhaben, sie tatsächlich zu realisieren. Durch diese Täuschungshandlungen entwendet der Hintermann das den Altverantwortlichen oder sogar der zu liquidierenden Gesellschaft gehörende Vermögen, indem ihm das Bestattungshonorar zur Erfüllung der Abwicklungsdienstleistungen gezahlt wird. Wenn der Hintermann entsprechend vorgeht, ist der objektive Tatbestand des Art. 159 StGB erfüllt. Zu beachten ist insoweit noch, dass der Betrug gem. Art. 159 P. 3, 4 StGB RF qualifiziert sein kann, wenn es sich um einen erheblichen Schaden handelt – er muss nach Abs. 4 der Anmerkung zum Art. 158 StGB RF 250 000 Rubel übersteigen – oder wenn in einer organisierten kriminellen Gruppe vorgegangen wird – bzw. in einer feststehenden Gruppe der Personen, die sich auf Dauer zusammengetan haben, um gewerbsmäßig ein oder mehrere Delikte zu begehen. Die neben dem Vorsatz zum subjektiven Tatbestand gehörende Gewinnsucht als Motiv des Täters folgt aus der gewerbsmäßigen Tätigkeit des Hintermanns, Gesellschaften „alternativ“ zu liquidieren und wirft damit keine Nachweisprobleme auf. e) Ungesetzliche Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person nach Art. 173.1 StGB RF Die Bekämpfung „eintägiger Scheinunternehmen“535 ist ein „Dauerbrenner“ im russischen Recht; nicht vorhandene effektive Abwehrmittel ließen bislang die illegalen Geschäfte florieren. Aufgrund der immensen Schäden, die diese „unternehmerischen“ Tätigkeiten verursachen, war unter anderem die Praxis der „eintägigen Scheinunternehmen“ ein Ausgangspunkt der Reformdebatte im Wirtschaftsstrafrecht. Sanktioniert werden sollte die Gründung und Reorganisation einer juristischen Person durch Strohmänner sowie die Eingabe von Daten in die entsprechenden Register, die Angaben über Strohmänner zur Folge haben. Es geht darum, ein Durchgreifen gegen „eintägige Scheinunternehmen“ zu ermöglichen, die den Staat und einzelne Unternehmen durch ihre nur „fiktive“ Tätigkeit schädigen.536 Mit dem 535

„Eintägige Scheinunternehmen“ sind von Unternehmensbestattern bei dem Vorgang der „alternativen Liquidation“ sehr beliebt; s. hierzu ausführlicher in Teil 1, F.I.2.f). 536 Tjunin/Badsgaradze, Ungesetzliche Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person (Art. 173.1 StGB RF), Rossijskaja Justicja, 2012, Nr. 2, S. 24; Emlevskaja, Ungesetzliche Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person in: „Rechtliche und sozial-wirtschaftliche Probleme des gegenwärtigen Russlands: Theorie und Praxis“ Bei-

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Föderalen Gesetz vom 7. 12. 2011 Nr. 419-FZ „Über Einführung der Änderungen in das Strafgesetzbuch der Russischen Föderation und in Art. 151 des Strafprozessgesetzbuches der Russischen Föderation“, wurden die Art. 173.1 und 173.2 StGB RF eingeführt, die zum 1. 01. 2012 in Kraft traten. Die eben genannten Ziele des Gesetzgebers wurden jedoch mit den neuen Artikeln des StGB RF nicht erreicht, vielmehr haben sie kritische Debatten in der Literatur537, den Medien538 sowie unter Ermittlungsbeamten539 hervorgerufen. So wurden unter anderem das langsame Voranschreiten bei der Erarbeitung der Norm und offensichtliche Mängel bei der Formulierung des objektiven und subjektiven Straftatbestandes bemängelt. Eingeführt wurde lediglich eine strafrechtliche Verantwortung für die Gründung und Reorganisation der juristischen Person, wohingegen der Anteilsverkauf an einen anderen Gesellschafter und der Wechsel der Leitungsorgane – sehr beliebt bei professionellen Bestattern – von der Strafbarkeit des Art. 173.1 StGB RF weiterhin nicht erfasst wurden. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Schwächen wurden die Normen der Art. 173.1 und 173.2 StGB RF im Jahre 2015 durch den Gesetzgeber nochmals überarbeitet und durch das Föderale Gesetz vom 30. 03. 2015 Nr. 67-FZ „Über die Einführung der Änderungen in einzelnen gesetzgeberischen Akten der Russischen Föderation betreffs der Sicherstellung von Wahrheitsgemäßheit der Angaben, die bei der staatlichen Eintragung der juristischen Person und Einzelunternehmen vorzulegen sind“ neu gefasst. aa) Objektiver Tatbestand nach Art. 173.1 StGB RF Wie aus dem Wortlaut des heute geltenden Art. 173.1 P. 1 StGB RF folgt, erfasst der objektive Tatbestand die Gründung oder die Reorganisation einer juristischen Person durch einen Strohmann sowie die Eintragung der Angaben des Strohmanns tragssammlung der III. Internationalen wissenschaftlich-praktischen Konferenz, Pensa, 2014, S. 12; Egorova/Liholetov, Ungesetzliche Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person: Probleme der Einordnung und rechtlichen Begründung der Verantwortung, Aktual’nye problemy èkonomiki i prava, 2015, Nr. 2, S. 234. 537 Vgl. Romanov, Hozjajstvo i pravo, 2012, Nr. 9, S. 119 – 120; Sencov/Volkolupova, Neue strafrechtliche Gegenmaßnahmen der ungesetzlichen Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person: Probleme und Perspektive ihrer Anwendung, in: „Neues in Straf-, Strafprozess- und Strafvollzugsgesetzgebung: wesentliche Tendenz und Perspektive der Entwicklung“: Beitragssammlung der Allrussischen wissenschaftlich-praktischen Konferenz zur 45. Gründung von Volgogradskaja Akademija MVD Rossii, Volgograd, 2013, S. 343 f.; Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Analyse, 2015, Teil II, S. 100; Egorova/Liholetov, Aktual’nye problemy èkonomiki i prava, 2015, Nr. 2, S. 234 ff. 538 s. z.B. Il’in, „Eintägige Scheinunternehmen“. Zwei Jahre sind vorbei, die Fuhre ist aber da, veröffentlicht am 10. 02. 2014 auf Internetportal „Sejcˇ as.ru. Bizness i vlast’“, URL: https:// www.lawmix.ru/state/723. 539 Wurde der Verfasserin bei einem persönlichen Gespräch mit dem Ermittler des Ermittlungskomitees im Innenministerium, Herrn Olejnik, mitgeteilt.

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bzw. der Strohmänner durch die registrierende Behörde. Es geht dem Straftatbestand des Art. 173.1 P. 1 StGB RF n.F. also nicht darum, irgendwelche Aktivitäten der gegründeten Scheinfirmen zu pönalisieren, vielmehr wird – im Gegensatz zum deutschen Strafrecht – allein schon die Gründung oder Reorganisation der juristischen Person durch „Strohmänner“ unter Strafe gestellt, die den staatlichen Registrierungsbehörden als „ordentliche Organe“ der juristischen Person benannt werden, sodass die „Strohmänner“ in das EGRJuL eingetragen werden. Die Angaben werden im Regelfall vom Hintermann eingereicht, der allerdings nur als Bevollmächtigter des Altgeschäftsführers und des Neugeschäftsführers auftritt – und sich mittels entsprechenden Vollmachtsurkunden legitimiert. Es geht also bei diesem Straftatbestand um den Eintragungsvorgang in das EGRJuL. Insoweit sind die zur Gründung/Reorganisation einer juristischen Person einschlägigen Vorschriften zu beachten. Die juristische Person kann aufgrund des Gesellschafterbeschlusses gegründet werden, durch den die Satzung, Anteilsteilnahme sowie Bestellung der Leitungsorgane festgesetzt werden. Jegliche juristische Person ist im nach dem Gesetz Nr. 129-FZ540 festgesetzten Verfahren beim hierzu berechtigten Organ – der Registerbehörde – staatlich zu registrieren. Die staatliche Registrierung einer juristischen Person ist hierbei ein Akt des dazu berechtigten exekutiven Organs, das nach dem Gesetz durch eine Eintragung ins EGRJuL Angaben über Gründung, Reorganisation oder Liquidation einer juristischen Person sowie anderer Auskünfte über der juristischen Person übernimmt. Der Antrag auf Eintragung ist von einem Leitungsorgan der juristischen Person, Gesellschaftern, Gründern oder von dem Geschäftsführer der juristischen Person, der ein Gründer der einzutragenden juristischen Person ist, sowie von anderen durch Vollmacht oder einen anderen Akt des staatlichen oder kommunalen Organs berechtigten Personen, mit deren Unterschrift und unter Vorlage des Personalausweises zu stellen. Nach Art. 51 ZGB gilt die juristische Person erst zum Zeitpunkt der Eintragung ins EGRJuL durch die Registerbehörde als gegründet, reorganisiert oder liquidiert. Demzufolge wird der Straftatbestand des Art. 173.1 StGB RF zu dem Zeitpunkt erfüllt, in dem die Angaben über Strohmänner ins EGRJuL eingetragen werden. Ein Strohmann wurde zunächst gemäß der Anmerkung des Art. 173.1 StGB RF a.F. als eine Person – Gründer oder Gesellschafter einer juristischen Person – definiert, die zum Zweck der Gründung dieser juristischen Person in die Irre geführt wurde. Dabei blieb unklar, hinsichtlich welcher Tatsachen die Person in die Irre geführt worden sein musste. Häufig wissen diese Personen nämlich nichts von der Gründung der juristischen Person mit ihrer Beteiligung oder über die wirkliche Tätigkeit der juristischen Person. Es werden hierbei gestohlene Unterlagen sowie Pässe von Verstorbenen benutzt. Den Strohmännern wird eine Entlohnung für die kurzfristige Benutzung ihrer Unterlagen geboten, ohne sie über die Ziele dieser 540 Föderales Gesetz vom 08. 08. 2001 Nr. 129-FZ „Über die staatliche Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmern“, Rossijskaja Gazeta vom 10. 08. 2001, Nr. 153 – 154.

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weiteren Ausnutzung zu informieren:541 All diese Voraussetzungen werden bei der „alternativen Liquidation“ – wie oben beschrieben – verwirklicht. Es handelt sich insbesondere um die Gründung der „eintägigen Scheinunternehmen“, die für Aufkauf oder Reorganisation der notleidenden Gesellschaften gegründet werden. Als Beispiel aus der Praxis bezüglich der ungesetzlichen Gründung einer juristischen Person diene das Strafverfahren gegen Glinberg aus Tjumener Gebiet:542 „Von den Ermittlungsorganen des Ermittlungskomitees der Russischen Föderation im Tjumener Gebiet wurde ein Strafverfahren gegen den Juristen einer privaten juristischen Kanzlei eröffnet. […] Der Angeklagte wurde wegen der ungesetzlichen Gründung einer juristischen Person durch einen Strohmann nach Art. 173.1 P. 1 StGB RF verdächtigt. Ausweislich der Ermittlung hatte der Angeklagte die Ausweisangaben eines Moskauers, dem das Vorhaben des Angeklagten nicht bewusst war, für die Gründung der juristischen Person OOO ,Impul’s‘ verwendet. Nach der Gründung der juristischen Person hatte der Angeklagte die ,Liquidations‘-Dienstleistung erbracht, indem die notleidenden Gesellschaften durch die Inkorporation mit der von ihm gegründeten OOO ,Impul’s‘ tatsächlich abgewickelt wurden. Für den ermittelten Zeitraum wurden 34 Firmen auf diese Weise der OOO ,Impul’s‘ angeschlossen“.

Da die Person des Strohmanns in die Irre geführt oder hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der erfüllten Maßnahmen nicht in Kenntnis gesetzt wurde, handelte sie ohne Vorsatz und kann nach den strafrechtlichen Grundsätzen nicht als Täter oder Mittäter543 betrachtet werden. Sollte die Strafnorm des Art. 173.1 StGB RF a. F. überhaupt einen Sinn ergeben, kann sie nur so auszulegen sein, dass „Strohmann“ eine vom Hintermann eingesetzte Person ist, die subjektiv die Zusammenhänge nicht durchschaut. War der Strohmann hingegen über die Hintergründe eingeweiht und stimmte nunmehr – zumeist wegen eines materiellen Vorteils – seiner Eintragung als Geschäftsführer zu, so verlor er das Merkmal „Strohmann“ und konnte deshalb als Mittäter oder Teilnehmer der Delikte strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, die der Hintermann (u. U. auch der Altgesellschafter/Altgeschäftsführer) begeht. Im russischen Schrifttum wird insoweit auch von einem „Pseudostrohmann“ gesprochen.544 Da es sich dann um keinen „Strohmann“ i.S.v. Art. 173.1 StGB RF handelte, schied für den Hintermann aber eben eine Strafbarkeit nach den Regeln der 541 Bspw. Urteil des Gorodisˇcˇ ensker Rayongerichts im Penzaer Gebiet vom 18. 04. 2013 Nr. 1-45-2013 – unveröffentlicht, RIS „ConsultantPlus“; Beschluss des Friedensgerichts im Gerichtsbezirk Nr. 5 in Zentralen Rayon der Stadt Barnaul vom 15. 01. 2016 Nr. 5-597/15, Internetportal sudact.ru. Auch so Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Analyse, Teil II, S. 104. 542 Strafverfahren gegen Glinberg A. wegen der ungesetzlichen Gründung der juristischen Person nach Art. 173.1 P. 1 StGB RF, Angaben der Staatanwaltshaft in Tjumener Gebiet, URL: www.proctmo.ru/press-center/news/6921 (Stand 25. 03. 2016). 543 Vgl. hier P. 6 des Plenarbeschlusses der Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 28. 12. 2006 Nr. 64 „Über die gerichtliche Anwendungspraxis der Steuerstrafgesetzgebung“, Rossijskaja Gazeta vom 31. 12. 2006, Nr. 297. 544 Romanov, Hozjajstvo i pravo, 2012, Nr. 9, S. 125.

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ungesetzlichen Gestaltung der juristischen Person nach Art. 173.1 StGB RF aus.545 Wegen dieser Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber mit der neu gefassten Definition des Strohmanns in der Anmerkung zum Art. 173.1 StGB RF n. F. den Anwendungsbereich des vorherigen Tatbestandes erweitert. Anhaltspunkt für die Erweiterung ist die Nichterfüllung der Leitungsfunktion. Nunmehr versteht man unter Strohmännern neben Gründern, Gesellschaftern und Geschäftsführern der juristischen Person, deren Angaben durch ihre Irreführung oder gar ohne ihre Kenntnis ins EGRJuL eingetragen worden sind, auch Personen, die zwar als Leitungsorgan eingetragen sind, aber keine Absicht haben, die juristische Person zu leiten. Letztere Voraussetzung ist durch das Verhalten des potenziellen Strohmanns nachweisbar. Im Falle der „alternativen Liquidation“ sind diese Voraussetzungen in klassischer Weise erfüllt. Hier treten die Neugeschäftsführer-Strohmänner gerade nicht in Erscheinung, bzw. erfüllen ihre Leitungsfunktionen im Regelfall gerade nicht. Der Bestatter bedient sich typischerweise eines „Strohmanns“ nur deshalb, weil er sich selbst durch die Organisation der alternativen Abwicklung nicht des Risikos einer Strafbarkeit aussetzen möchte. Zumeist ist der Neugeschäftsführer der vom Hintermann eingesetzte „Strohmann“. Wenn gegen den Strohmann ermittelt wird, pflegt er zur Beteuerung seiner Unschuld zu sagen, dass er doch gar kein echter Geschäftsführer sei, sondern nur „formal“ für die Eintragung in das Register zur Verfügung gestanden habe.546 Damit hat er bestätigt, dass er ein „Strohmann“ im klassischen Sinne ist. Der Hintermann unterfällt dann der Strafbarkeit gem. Art. 173.1 StGB RF, während der „Strohmann“ (Neugeschäftsführer) – wie oben erörtert – sich gem. Art. 173.2 P. 1 StGB RF strafbar macht. Unter Art. 173.1 StGB RF n.F. fallen somit nicht nur die klassische Gründung eines „eintägigen Scheinunternehmens“, sondern auch die Veränderungen an bestehenden Gesellschaften nach dem Schema „Eingang – Ausgang“ der Gesellschafter sowie die Reorganisation und sogar die Beteiligung an „Offshore-Gesellschaften“. Zu beachten ist insofern noch, dass das Verhalten unter einen qualifizierten Straftatbestand fallen kann. Das ist einerseits der Fall, wenn eine Dienststellung ausgenutzt wird (z. B. Hintermann als Registerbeamter hat Angaben über Strohmänner eingetragen) und andererseits wenn die Straftat von einer Personengruppe nach vorheriger Verabredung begangen wird (dies ist der Fall, wenn Mitarbeiter des Bestatters regelmäßig als „Strohmänner“ auftreten, dann ist auch insoweit von Mittäterschaft auszugehen).

545 s. hierzu Sencov/Volkolupova, in: „Neues in Straf-, Strafprozess- und Strafvollzugsgesetzgebung: wesentliche Tendenz und Perspektive der Entwicklung“: Beitragssammlung der Allrussischen wissenschaftlich-praktischen Konferenz zur 45. Gründung von Volgogradskaja Akademija MVD Rossii, Volgograd, 2013, S. 344; Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Analyse, Teil II, S. 105. 546 Vgl. Beschluss des Friedensgerichts im Gerichtsbezirk Nr. 5 in Zentralen Rayon der Stadt Barnaul vom 15. 01. 2016 Nr. 5-597/15, Internetportal sudact.ru.

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bb) Subjektiver Tatbestand des Art. 173.1 StGB RF Art. 173.1 StGB RF setzt in subjektiver Hinsicht direkten Vorsatz voraus. Der Vorsatz muss sich auf der Basis des heutigen Art. 173.1 StGB RF nur auf die Gründung oder die Reorganisation einer juristischen Person durch einen „Strohmann“ sowie die Eintragung der Angaben bezüglich des „Strohmanns“ durch die Registerbehörde beziehen. Bei Gründung eines „eintägigen Scheinunternehmens“ nach Muster der üblichen „alternativen Liquidation“ dürfte der Nachweis eines derartigen Vorsatzes in der Regel keine Schwierigkeiten bereiten. Nicht mehr gefordert wird heute eine zusätzliche Absicht, eine juristische Person speziell zu dem Zweck zu gründen, Finanz- und Vermögensstraftaten zu begehen. Dies wurde früher der alten Fassung des Art. 173.1 StGB RF entnommen,547 und zwar aus dem Zusammenhang mit Art. 173.2 StGB RF. Die Neufassung der Art. 173.1 und Art. 173.2 StGB RF verbietet nach inzwischen unstreitiger Auslegung die Aufrechterhaltung dieser Forderung. Es bleibt also dabei, dass der Täter des Art. 173.1 StGB RF nur bezüglich der eigentlichen Gründungsdaten sowie der „Strohmanneigenschaft“ des Neugeschäftsführers vorsätzlich gehandelt haben muss. cc) Ergebnis Die neue Norm des Art. 173.1 StGB RF wurde dafür geschaffen, im Interesse einer geordneten wirtschaftlichen Tätigkeit den Markt von „eintägigen Scheinunternehmen“ zu befreien. Im ersten Schritt konnte sie die gestellte Aufgabe nicht bewältigen, nach der am 30. 05. 2015 in Kraft getretenen Änderungen ergibt sich aber ein anderes Bild: Für den im Rahmen der vorliegenden Arbeit thematisierten Bereich haben diese Änderungen zur Folge, dass sämtlichen Vorgehensweisen der Bestatter, die notleidenden Gesellschaften durch „Strohmänner“ abzuwickeln, eine Strafbarkeit nach Art. 173.1 StGB RF nach sich ziehen können. f) Ungesetzliche Ausnutzung von Unterlagen für die Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person (Art. 173.2 P. 2 StGB RF) Für die Phase, die der Strafbarkeit gem. Art. 173.1 StGB RF wegen ungesetzlicher Gestaltung einer juristischen Person vorausgeht – also sozusagen die Vorbereitungsphase – steht ihrerseits eine gesonderte Strafnorm zur Verfügung. Nach 547 Gracˇ eva, in: Esakov, Kommentar zum StGB RF, Art. 173.1 P. 4, RIS „ConsultantPlus“; Tjunin/Badsgaradze, Rossijskaja Justitsija, 2012, Nr. 2, S. 25; Emlevskaja, in: „Rechtliche und sozial-wirtschaftliche Probleme des gegenwärtigen Russlands: Theorie und Praxis“ Beitragssammlung der III. Internationalen wissenschaftlich-praktischen Konferenz, Pensa, 2014, S. 15 f.; hier vgl. Lopasˇenko, Straftaten bei wirtschaftlicher Tätigkeit: theoretische und angewandte Analyse, Teil II, S. 106.

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Art. 173.2 P. 2 StGB RF steht nämlich der Erwerb von Ausweispapieren oder die Ausnutzung der Personaldaten, die illegal erlangt werden, unter Strafe, wenn diese Handlungen dem Zweck der Eintragung der Angaben über einen Strohmann in das EGRJuL dienen. Die Strafbarkeit wegen ungesetzlicher Ausnutzung von Unterlagen für die Gestaltung der juristischen Person (Art. 173.2 P. 2 StGB RF) liegt regelmäßig vor, wenn der Täter die Ausweispapiere erwirbt oder illegal erhaltene Personendaten dafür ausnutzt, um Angaben über einen Strohmann ins EGRJuL einzutragen. Unter dem Erwerb von Ausweispapieren wird gemäß Anmerkung zum Art. 173.2 StGB RF ein entgeltliches oder unentgeltliches Erlangen von Papieren, eine Aneignung gefundener oder gestohlener Ausweispapiere sowie eine Aneignung der Papiere durch Betrug oder Vertrauensmissbrauch verstanden. Auch die Entwendung des Ausweispapiers zwecks seiner weiteren Ausnutzung bei der Eintragung ins EGRJuL unterfällt dieser Strafnorm – in Tateinheit mit Art. 325 P. 2 StGB RF. Nachdem der Begriff der Ausweispapiere bereits oben erläutert wurde,548 ist nun derjenige der Personendaten zu klären. Zu den Personendaten gehören nach Art. 3 des Föderalen Gesetzes Nr. 152-FZ549 jegliche Informationen, die unmittelbar oder mittelbar eine konkrete natürliche Person betreffen. Darunter fallen Angaben, die in Ausweispapieren und Versicherungsausweisen enthalten sind, persönliche Steueridentifikationsnummern etc. Mittlerweile zieht allein der illegale Besitz der Personendaten die Strafbarkeit nach Art. 137 StGB RF nach sich. Mit Ausnutzung dieser Daten – z. B. Eintragung in Gründungsunterlagen oder Vollmacht, Vorlage beim entsprechenden Organ550 – ist dann auch der Tatbestand des Art. 173.2 P. 2 StGB RF erfüllt. Die Hintermänner wenden bei einer „alternativen Liquidation“ verschiedene Methoden an, um erforderliche Ausweispapiere und Personendaten der zukünftigen Neugeschäftsführer zu erhalten. So wurde in einem Fall ermittelt, dass der Angeklagte Personendaten von einem „Moskauer“ im Internet gefunden und für seine Ziele ausgenutzt hat;551 in einem anderen Fall wurde über ohne Einverständnis erhaltene Passkopien verfügt.552 Die beliebteste Methode ist allerdings das Gewähren 548

s.o. Teil 2, B.II.2.b). Wörtlich „O personal’nyh dannyh“ = „Über Personendaten“: Föderales Gesetz vom 27. 07. 2006 Nr. 152-FZ „Über Personendaten“, Rossijskaja Gazeta vom 29. 07. 2006, Nr. 165. 550 So z. B. im Fall des Kassationsbeschlusses des Obersten Gerichts in Republik Severnaja Osetija vom 20. 07. 2015 Nr. 44U-20/2015 4U-138/2015, Internetportal sudact.ru; Urteil des Reutovs Stadtgerichtes in Moskauer Gebiet vom 10. 11. 2015 Nr. 1-261/2015, Internetportal sudact.ru; in der Literatur Tjunin, in: Tjunin, „Strafgesetzbuch der Russischen Föderation ist 15 Jahre“: Leistungen, Probleme, Tendenzen: Beitragssammlung, Sankt-Petersburg, 2012, S. 111. 551 Strafverfahren gegen Glinberg A. wegen der ungesetzlichen Gründung der juristischen Person nach Art. 173.1 P. 1 StGB RF, Angaben der Staatanwaltshaft in Tjumener Gebiet, URL: www.proctmo.ru/press-center/news/6921 (Stand vom 25. 03. 2016). 552 So im Kassationsbeschluss des Obersten Gerichts in Republik Severnaja Osetija vom 20. 07. 2015 Nr. 44U-20/2015 4U-138/2015, Internetportal sudact.ru hat der Angeklagte die Passkopie seines Bekannten der Steuerbehörde zur Eintragung vorgelegt; im Fall des Urteils des 549

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

einer symbolischen Belohnung, z. B. in Form eines Handgeldes, um von vermögenslosen Personen aus einer sozialen Randgruppe deren Ausweispapiere zur Verfügung gestellt zu bekommen.553 Legt der Hintermann derartig erlangte Papiere der Behörde vor, die die Eintragung in das EGRJuL zum Zwecke der Eintragung dieser Person als Gesellschafter/Geschäftsführer der zu bestattenden Gesellschaft vornehmen soll, so macht er sich nach Art. 173.2 P. 2 StGB RF strafbar. g) Strafbarkeit des Hintermanns als mittelbarer Täter Zur allgemeinen Begründung der Strafbarkeit des Hintermanns soll hier ferner auf die Rechtsfigur des mittelbaren Täters hingewiesen werden, wobei die Strafbarkeit als mittelbarer Täter für jeden einzelnen Tatbestand gesondert zu prüfen wäre. Eine mittelbare Täterschaft kann nach Art. 33 P. 2 Alt. 3 StGB RF vorliegen, wenn eine Person durch eine andere Person, die aufgrund der im Gesetz aufgelisteten Gründe, der strafrechtlichen Verantwortung nicht unterliegt, die Straftat vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Verwirklicht indessen der Tatmittler selbst vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft einen Tatbestand, so liegt eine unmittelbare Täterschaft nach Art. 33 P. 2 Alt. 1 StGB RF vor. Nach dem Gesetzeswortlaut liegt mittelbare Täterschaft vor, wenn das Werkzeug „wegen seines Alters, wegen Unzurechnungsfähigkeit oder wegen sonstiger, in dem vorliegenden Gesetzbuches vorgesehener Umstände der strafrechtlichen Verantwortung nicht unterliegt“ (Art. 33 P. 2 Alt. 3 StGB RF). Zu diesen „sonstigen Umständen“ zählen nach herrschender Ansicht554 unschuldige Beschädigung (Art. 28 StGB RF), psychischer oder physischer Druck (Art. 40 StGB RF), Befehlsausführung (Art. 42 StGB RF) sowie Ausnutzung der fahrlässig handelnden Person. Oben ist ausführlich dargelegt worden,555 dass der faktische Geschäftsführer, der die gesamte Tat organisiert und durch einen „nominellen“ Geschäftsführer, dem dabei die Rechtswidrigkeit der Handlungen nicht bekannt ist oder der aufgrund von Unzurechnungsfähigkeit der strafrechtlichen Verantwortung nicht unterliegt, begangen hat, nach den Grundsätzen der mittelbaren Täterschaft gem. Art. 33 P. 2 Alt. 3 StGB RF bestraft werden kann. Nach den oben erörterten Grundsätzen kommt dementsprechend auch für den Hintermann die Begehung folgender Straftaten in mittelbarer Täterschaft in Betracht: Bankrottstraftaten (Art. 195, 196 StGB RF), Betrugsstraftaten (Art. 159 P. 1 – 4 StGB RF), Unterschlagung gem. Art. 160 StGB RF sowie Art. 173.1, 199.2 StGB RF. Reutovs Stadtgerichtes im Moskauer Gebiet vom 10. 11. 2015 Nr. 1-262/2015 wurden die Kopien der Pässe von nicht benachrichtigten Personen durch sonstige betrügerische Handlungen erhalten. 553 Beispielsweise Fall des Beschlusses des Friedensgerichtes im Gerichtsbezirk Nr. 5 in Zentralen Rayon der Stadt Barnaul vom 15. 01. 2016 Nr. 5-597/15, Internetportal sudact.ru. 554 Kommissarov, in: Kommissarov/Krylova/Tjazˇ kova, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 2012, S. 265; Sundurov/Tarhanov, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 2009, S. 180, RIS „ConsultantPlus“. 555 Vgl. hierzu s. o. in Teil 2, B.III.2.a)aa).

B. Strafrechtliche Folgen

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Bezüglich der Delikte, bei denen der Täter eine besondere persönliche Eigenschaft aufweisen muss – nämlich im Falle der „alternativen Liquidation“ die „Schuldnereigenschaft“ – ist erneut daran zu erinnern, dass eine Täterstrafbarkeit (und somit auch eine mittelbare Täterschaft) auf den ersten Blick daran scheitert, dass nur die Gesellschaft Schuldner ist. Eine strafrechtliche Verantwortung ihrer Organe ist zwar nach der „Theorie der Rechte und Pflichten“ möglich, der Hintermann ist jedoch kein wirksam bestelltes Organ. Da er andererseits auch nicht Organisator oder Anstifter oder Gehilfe ist, erscheint seine Strafbarkeit insgesamt problematisch.556 Insoweit greift aber die „Theorie der Rechte und Pflichten“ ein, wonach auch der „faktische Geschäftsführer“ (mittelbarer) Täter sein kann, wenn er tatsächlich die Geschäftsführung ausführt und die Durchsetzung seiner Ziele durch Einsetzung eines „Strohmanns“ erstrebt. De lege ferenda sollte der „faktischer Geschäftsführer“ ausdrücklich als Adressat der strafrechtlichen Verantwortung der Gesellschaftsorgane anerkannt werden. Der Allgemeine Teil des russischen Strafgesetzbuches sollte durch eine entsprechende Norm ergänzt werden. Zu Recht wird deshalb im Schrifttum gefordert,557 den Art. 34 P. 4 StGB RF dahingehend zu ergänzen, dass die Personen, die nicht über Sondereigenschaften verfügen, gleichwohl nach denselben Grundsätzen bestraft werden können, sofern sie de facto als Organisator, Anstifter, Gehilfe oder eben auch als Täter (Mittäter oder mittelbarer Täter) in Erscheinung treten. Zusammenfassend kann insoweit festgehalten werden: Im Falle der „alternativen Liquidation“ ist der Hintermann häufig nicht Allein- oder Mittäter der oben im Einzelnen erörterten Delikte, sondern u. U. mittelbarer Täter, weil er als „faktischer Geschäftsführer“ aus seiner kenntnisreichen Position den Fortgang des Verfahrens – insbesondere den rechtswidrigen Vermögenstransport – unter Ausnutzung der Einflussmöglichkeiten eines unvorsätzlich handelnden „nominellen“ Geschäftsführers steuert. h) Strafbarkeit als Teilnehmer Ist der Neugeschäftsführer nicht gutgläubig, d. h., handelt er selbst ebenfalls vorsätzlich, so scheidet im Falle der „alternativen Liquidation“ die Begehung der oben aufgelisteten Delikte in mittelbarer Täterschaft aus. Nunmehr kommt – wie auch von Volzˇ enkin558 und Albegov559 herausgearbeitet – eine Strafbarkeit des

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s. auch Rarog, Straftateinordnung durch subjektive Merkmale, 2003, S. 274. Zustimmend Miljukov, Probleme der kriminologischen Begründung von der russischen strafrechtlichen Gesetzgebung, Sankt-Peterburg, 2000, S. 130 f.; Vitvickaja, Rossijskij Sledovatel’, 2007, Nr. 20, S. 18; Esakov/Hellmann/Golovnenkov, Bestimmung des Subjekts bei Wirtschaftsstraftaten im russischen und deutschen Strafrecht, Zˇ urnal zarubezˇ nogo zakonodatel’stva i sravnitel’nogo pravovedenija, 2010, Nr. 4, S. 126. 558 s. Volzˇenkin, S. 214 f. 557

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Teil 2: Rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Unternehmensbestattung

Hintermanns als Organisator, Anstifter oder Gehilfe nach Art. 34 P. 4 StGB RF zu den oben erörterten Straftatbeständen in Betracht. aa) Hintermann als Organisator i.S.v. Art. 33 P. 3 StGB RF Die Tatsache, dass der Hintermann das gesamte Verfahren der „alternativen Liquidation“ sorgfältig erarbeitet und organisiert, Kandidaten für die Stelle des Neugeschäftsführers aussucht und den Alt- sowie Neuverantwortlichen notwendige Anweisungen erteilt, spricht für seine Beteiligung in Form der Organisation i.S.v. Art. 33 StGB RF. Als Organisator handelt nach dem Wortlaut des Art. 33 P. 3 StGB RF, wer die Begehung einer Straftat organisiert und bei der Verwirklichung der Tatbestände leitet sowie derjenige, der eine organisierte kriminelle Gruppe oder eine kriminelle Vereinigung gegründet hat und sie leitet. Der Organisator ist demnach die mächtigste und gefährlichste Person unter den Beteiligten: Sein Vorsatz liegt nicht nur in der Taterfüllung, sondern auch in der Einbeziehung von Dritten und Befolgung des ausgearbeiteten Plans.560 Plant er den Tatverlauf und koordiniert die weiteren Handlungen, wird er als Organisator nach den allgemeinen Vorschriften unter Verweis auf Art. 33 P. 3 StGB RF und dem entsprechenden Artikel des Besonderen Teils des StGB RF eingestuft. Ist sein Tatbeitrag allerdings so stark, dass er selbst als Täter einzustufen ist, so greift Art. 33 P. 3 StGB RF nicht ein (vgl. Art. 34 P. 3 StGB RF). Er ist dann mit Rücksicht auf die Konkurrenzregeln aus den jeweiligen Straftatbeständen als Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter zu bestrafen.561 Die Abgrenzung zwischen der Mitwirkung an der Tat als „Organisator“ oder als (Mit-)Täter (bzw. mittelbarer Täter) erfolgt nach folgenden Kriterien:562 (1) Der Organisator erfüllt selbst eigenhändig keine Tatbestandsmerkmale, vielmehr hat er nur „organisatorische“ Funktionen (wie z. B. der nicht am Tatort anwesende Bandenchef – der nach deutschen Recht eher als Mittäter/mittelbarer Täter einzustufen wäre). (2) Der Organisator nimmt eine der ausdrücklich für diese Beteiligungsform im russischen Recht aufgelisteten Handlungen vor. Nach Art. 33 P. 3 StGB RF gilt als Organisator, wer die Begehung einer Straftat organisiert und ihre Ausführung geleitet hat, sowie wer eine organisierte kriminelle Gruppe oder eine kriminelle Vereinbarung (kriminelle Organisation) gegründet oder sie geleitet hat. 559 Albegov, „Strafrecht: Entwicklungsstrategie im XXI. Jahrhundert“: Beiträge der Neunten internationalen Wirtschaftskonferenz am 26. – 27. Januar 2012, Moskau, 2012, S. 223 – 224. 560 Esakov, in: Esakov, Kommentar zum StGB RF, Art. 33 P. 2, RIS „ConsultantPlus“. 561 Ausführlicher dazu Komissarov, in: Komissarov/Krylova/Tjazˇ kova, Strafrecht der Russischen Föderation. Allgemeiner Teil, 2012, Kapitel XIV, § 3, RIS „ConsultantPlus“; Krasikov, in: Zˇ alinskij/Ignatov, Strafrecht Russlands. Allgemeiner Teil, 1997, RIS „ConsultantPlus“; Baleev, in: Sundurov/Tarhanov, Strafrecht Russlands. Allgemeiner Teil, Kapitel 13, § 3, RIS „ConsultantPlus“. 562 s. auch Bezborodov, Arten von Beteiligten einer Straftat, S. 16 ff., 29 ff.

B. Strafrechtliche Folgen

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(3) Der Organisator muss immer mit direktem Vorsatz handeln (während der Mittäter u. U. nur dolus eventualis aufweist) und dieser Vorsatz muss sich neben der Taterfüllung auch darauf beziehen, dass ein anderer diese Straftat begeht. Im Falle der „alternativen Liquidation“ kommt sowohl eine Täterschaft, als auch eine „Organisation“ i.S.v. Art. 33 P. 3 StGB RF zu den hier einschlägigen Delikten in Betracht. Es handelt sich um folgende Straftatbestände: Art. 195 P. 1, 196, 159, 160, 173.1 und 199.2 StGB RF. Die Täterschaft – auch unter Heranziehung der Grundsätze des „faktischen Geschäftsführers“ – geht vor, weil die Einordnung der Täterschaft in vollem Umfang das Verhalten des Hintermanns umfasst. Dasselbe gilt bezüglich der auch denkbaren Anstiftung oder Beihilfe.563 bb) Hintermann als Anstifter i.S.v. Art. 33 P. 4 StGB RF Jenseits der „Organisation“ der Straftaten, die von den Altverantwortlichen und dem Neugeschäftsführer begangen werden, kann auch eine Anstiftung zu diesen Delikten vorliegen. Als Anstifter handelt nach dem Wortlaut des Art. 33 P. 4 StGB RF, wer einen anderen durch Überredung, Bestechung, Drohung oder auf sonstige Weise zur Begehung einer Straftat bestimmt hat. Die Abgrenzung zwischen „Organisation“ und „Anstiftung“ liegt darin, dass die Anstiftung gem. Art. 33 P. 4 StGB RF die Bestimmung einer konkreten Person oder einer bestimmten personalisierten Gruppe (im Gegensatz zur Organisation, bei der der Organisator nicht alle Mitglieder der Gruppe persönlich kennen kann) zu einer vorsätzlich begangenen, rechtswidrigen Tat darstellt. Bei der Anstiftung werden keinerlei Handlungen vorgenommen, die an die Vorbereitung zu einer Straftat oder ihre Leitung anknüpfen.564 Ist der Täter bereits zur Tat entschlossen, scheidet – wie im deutschen Recht – eine Anstiftung aus. Als Delikte der Altverantwortlichen bzw. des Neugeschäftsführers, zu denen der Hintermann angestiftet haben könnte, kommen in Betracht: Art. 195, 196, 199, 199.2, 201, 160, 173.2 P. 1 StGB RF. Die Art und Weise, wie angestiftet wird, ist so vielfältig, dass sie im Gesetz in einer offenen Liste formuliert ist und hier nicht im Einzelnen erörtert werden kann. Es geht immer darum, dass der Bestatter die Beteiligten dazu anhält, auf den Erfolg der „alternativen Liquidation“ hinzuarbeiten. Beispielsweise kann der Hintermann seine eigenen Mitarbeiter überreden, ihre Personalausweise zur Verfügung zu stellen, um sie der Behörde zwecks Eintragung in das EGRJuL vorzulegen, um zum Schein als Geschäftsführer der notleidenden GmbH eingetragen zu werden. Dies stellt eine Anstiftung zur ungesetzlichen Ausnutzung der Unterlagen für die Gründung einer juristischen Person i.S.v. Art. 173.2 P. 1 StGB RF dar. Ein besonderes Indiz für das Vorliegen einer derartigen Anstif563 Beschluss des Präsidiums des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 31. 01. 2007 Nr. 596p06 – unveröffentlicht, RIS „ConsultantPlus“. 564 Ausführlich s. Bezborodov, S. 37 ff.

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tungshandlung sind die typischerweise vorgenommenen Vergütungen an die Mitarbeiter. Das trifft eigentlich auf alle Anstiftungssituationen im Zusammenhang mit der „alternativen Liquidation“ zu. Vorrangig wird durch das Versprechen eines „Entsorgungshonorars“ bei dem Strohmann bzw. dem Neugeschäftsführer,565 der keinerlei kaufmännische Erfahrung besitzt und nur durch die in Aussicht gestellte Bereicherung zur Tatbegehung motiviert wird, die Bereitschaft zur Mitwirkung geweckt. cc) Hintermann als Gehilfe i.S.v. Art. 33 P. 5 StGB RF Im Einzelfall kommt natürlich statt einer Anstiftung auch nur eine Beihilfe zu den erörterten Delikten in Frage. Dies ist z. B. für einzelne Taten des Altgesellschafters/ Altgeschäftsführers denkbar, der seinerseits schon vorher zur Tatbegehung, und zwar zur illegalen Abwicklung einer insolvenzreifen Gesellschaft, entschlossen war. Stets verdrängt – wie im Ergebnis auch im deutschen Strafrecht – die stärkere Beteiligungsform nach den Konkurrenzregeln die schwächere.

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s. hierzu Teil 1, C.III.

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse I. Einzelne zivil- und strafrechtliche Tatbestände als Reaktion auf die „Unternehmensbestattung“ Die vorliegende Arbeit stellt das in der Praxis verhältnismäßig junge Phänomen der „Unternehmensbestattung“ oder „alternativen Liquidation“ in rechtsvergleichender Sicht dar. Die sich in den letzten Jahren in Deutschland etablierende „Beratungsbranche“ professioneller Liquidatoren erfreut sich bei Gesellschaftern, die beabsichtigen, die notleidende Gesellschaft still und problemlos loszuwerden, vermehrt großer Beliebtheit. Dies bemerkt man ebenso in der Russischen Föderation: Die Abwicklungsgesellschaften schießen wie Pilze aus dem Boden und werben für ihre Tätigkeit in Zeitungen und im Internet. In der vorliegenden Arbeit werden die erbrachten Dienstleistungen unter Berücksichtigung zivil- sowie strafrechtlicher Vorschriften im Hinblick darauf bewertet, die Strafbarkeit der Handlungen der Bestatter und der bisherigen Geschäftsinhaber darzustellen und dabei auch zu prüfen, ob gesetzliche Lücken existieren. Dargestellt wird die Problematik am Beispiel der „Bestattung“ speziell der GmbH und der Strafbarkeit ihrer Altgesellschafter sowie Altgeschäftsführer, des Neugesellschafters bzw. Neugeschäftsführers (des „Strohmanns“) und des Bestatters (des „Hintermanns“). Auch auf parallele Probleme der Aktiengesellschaft wird punktuell hingewiesen. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden: 1. Die typischerweise im Rahmen einer deutschen oder russischen „Unternehmensbestattung“ oder „alternativen Liquidation“ vorgenommenen Maßnahmen sind zwar vielfältig, zeigen aber eine konstante Abfolge: Anhaltspunkt jeder Unternehmensbestattung ist die Anteilsveräußerung an den vom Bestatter vermittelten Strohmann, der für ein geringes Honorar ohne irgendwelche kaufmännischen Erfahrungen bereit ist, die notleidende Gesellschaft (GmbH) zu „führen“. Danach werden die Altgeschäftsführer abberufen bzw. durch einen Strohmann ersetzt, der Sitz wird an eine Scheinadresse verlegt und die Firma sowie der Unternehmensgegenstand geändert. Um die Schieflage der GmbH weiterhin zu verschleiern, gehen darüber hinaus sämtliche Geschäftsunterlagen „verloren“, die tatsächlich entsorgt oder vom „Bestatter“ ausgelagert werden. Sobald alle notwendigen Maßnahmen vollendet sind, erfolgt der vom „Bestatter“ vorgegebene Insolvenzeröffnungsantrag, der bei einem normalen Vollzug des „Bestattungsvorgehens“ aufgrund des Fehlens von Gesellschaftsvermögen abgelehnt wird. Im Gegensatz zu den deutschen „Kollegen“ verzichten die russischen Unternehmensbestatter üblicherweise auf die Insolvenzantragstellung und lassen die bestattete juristische Person im Stich. Hiermit

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gilt die Unternehmensbestattung als vollendet, sämtliche Beteiligte ziehen daraus ihren Profit und die Altgesellschafter können von nun an mit einer neu gegründeten oder vom Bestatter erworbenen (Mantel-)Gesellschaft weiterhin ihren Geschäften nachgehen. Die in Russland entwickelte Praxis der „alternativen Liquidation“ greift die von deutschen Unternehmensbestattern ausgearbeiteten grundsätzlichen Maßnahmen auf. Sie sind inzwischen vor dem Hintergrund des russischen Insolvenz- und Gesellschaftsrechts im Hinblick auf die Besonderheiten der hiesigen Geschäftspraxis durch weitere Vorgehensweisen ausgebaut worden. So treten teilweise OffshoreGesellschaften als Aufkäufer der zu bestattenden Gesellschaften auf, die im fernen Ausland sitzen und keine Auskünfte bezüglich ihrer Tätigkeit erteilen. Überdies tauscht man häufig die Anteilsveräußerung gegen Reorganisation der sich in der Krise befindlichen Gesellschaft in Form der Integration, Inkorporation, Aufteilung sowie Abtrennung aus. Die sog. „eintägigen Scheinunternehmen“ helfen hierbei unter der Leitung von „Strohmännern“, die Spuren der Tat für die Steuer- und Ermittlungsorganen zu verwischen und der Anspruchserhebung gegen die alten Beteiligten zu entgehen. 2. Die der Unternehmensbestattung zugrundeliegenden Maßnahmen sind abstrakt gesehen rechtmäßig und können eigentlich jederzeit durchgeführt werden: Nach deutschem Recht können Geschäftsanteile auch in der wirtschaftlichen Krise der GmbH oder in der Insolvenz veräußert werden. Durch eine bloße Übertragung von Geschäftsanteilen werden Gläubigerinteressen nicht verletzt. Auch die Amtsniederlegung sowie die Abberufung des Altgeschäftsführers sind jederzeit und ohne wichtigen Grund möglich. Nach dem Inkrafttreten des MoMiG im Jahr 2008 kann die Amtsniederlegung des Geschäftsführers bzw. des Alleingesellschafters nicht mehr als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden, wenn sie die Führungslosigkeit der Gesellschaft verursacht, weil der Altgesellschafter der GmbH bzw. der Neugesellschafter weiterhin in der Haftung verbleiben (§ 35 I S. 2 GmbHG). Die Sitzverlegung sowie Umfirmierung ist stets möglich. Solange der Hintergrund der Transaktion unberücksichtigt bleibt, handelt es sich also um zulässige Rechtsakte. Die Sittenwidrigkeit der Umfirmierung ist aber vor dem Hintergrund eines Täuschungs- oder Schädigungsvorsatzes dann doch in Betracht zu ziehen. Zulässig ist die Übertragung von Gesellschaftsgegenständen bei angemessener Gegenleistung, ansonsten unterliegen Rechtsgeschäfte der Insolvenzanfechtung. Da diese einzelnen Maßnahmen im Ganzen einen bestimmten Zweck verfolgen und eine wesentlich andere Wirkung erzeugen als jede für sich allein, wird der Gesamtvorgang der Unternehmensbestattung betrachtet. Während die einzelnen Akte teilweise als rechtswirksam und teilweise als rechtsunwirksam einzustufen sind, ist die Gesamtheit der die Gesellschaft vorsätzlich ruinierenden Handlungen als sittenwidrig zu qualifizieren, da alle Handlungen zusammen dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden nicht entsprechen und im Gegensatz zum normalen Verhalten auf die Gläubigerbenachteiligung sowie die Vermeidung der zivil- sowie strafrechtlichen Verantwortung abzielen. Ein solcher Verstoß gegen die guten Sitten macht alle Rechts-

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geschäfte – die Abtretung der Gesellschaftsanteile sowie Vermögensübertragung nach § 138 BGB, die Gesellschafterbeschlüsse nach § 241 Nr. 4 AktG (analog) – nichtig und stellt die ursprüngliche Rechtslage wieder her: Die Altverantwortlichen bleiben in ihren Rechtspositionen, die „Neuen“ sind nicht wirksam bestellt und haben deshalb nicht die Befugnisse, die ihnen angeblich zustehen. Im russischen Recht wird die Gesamtwürdigung des Dienstleistungspakets durch die Lückenhaftigkeit und Widersprüchlichkeit der gesetzlichen Abwicklungs- und Reorganisationsnormen sowie das Fehlen einer entwickelten Rechtsprechung erschwert. Die hiesige Analyse hat ergeben, dass auch nach russischem Recht die Anteilsabtretung im Zuge der „alternativen Liquidation“ gemäß Art. 170 P. 2 ZGB als ein verdecktes Rechtsgeschäft nichtig und sogar gemäß Art. 169 ZGB sittenwidrig sein kann, wenn die Gesamtumstände der Rechtsordnung und Sittlichkeit widersprechen. Die Reorganisation der zu bestattenden Gesellschaft als eine Alternative zur Anteilsveräußerung stellt jedoch ein zulässiges Verfahren der Rechtsund Pflichtübertragung dar, das für sich nicht als unwirksam bewertet werden kann. Nach Art. 60.1 ZGB ist der Reorganisationsbeschluss zwar zunächst wirksam, jedoch anfechtbar. Erst wenn das Gericht die Entscheidung trifft, dass der Reorganisationsbeschluss nicht die erforderlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt, wird er durch das Gericht für nichtig erklärt. Gemäß Art. 60.2 ZGB können die Rechtsträger zudem in die bisherige Lage zurückversetzt werden, weil die durchgeführte Reorganisation als nicht erfolgt angesehen wird. Der in der Reorganisation verankerte Inkorporations- sowie Integrationsvertrag ist bei einer „alternativen Liquidation“ als unwirksam anzusehen. Die Bewertung des Vertrags erfolgt nach den allgemeinen Unwirksamkeitsregeln des Art. 167 ff. ZGB. Allerdings ist hier ein weiterer bedeutsamer Unterschied zur Rechtslage in Deutschland zu verzeichnen: Beschlüsse, die zur Abberufung des Altgeschäftsführers und Bestellung des Neugeschäftsführers führen sollen, haben keine rechtsgeschäftliche Wirkung und deshalb können sie auch nicht als Rechtsgeschäfte angefochten werden. Das heißt, die Abberufung des Altgeschäftsführers und die Berufung des Neugeschäftsführers bleiben auch im Falle der „alternativen Liquidation“ wirksam. Der Altgeschäftsführer haftet also „normal“ für die während seiner Bestellung getätigten Rechtsgeschäfte sowie tatsächliche Handlungen, und für den Neugeschäftsführer gilt das gleichermaßen ab seiner Bestellung. Bei einem Vergleich der zivilrechtlichen Bewertung im Falle der Unternehmensbestattung im deutschen Recht einerseits und im russischen Recht andererseits, sticht vor allem hervor, dass die Unwirksamkeitsfolgen differieren. Die deutsche Lösung, die trotz zunächst anerkannter Rechtswirksamkeit der Einzelakte schließlich doch im Wege einer „Gesamtbetrachtung“ die „Unternehmensbestattung“ als unwirksam einstuft, birgt für Gläubiger große Vorteile. Da alle Handlungen insgesamt als nichtig eingestuft werden, sodass die „alternative Liquidation“ keine Rechtsfolgen entfaltet, entfalten auch die einzelnen „Bestattungsmaßnahmen“ keine Wirkung, d. h. der Gläubiger wird so gestellt, als habe es überhaupt keinen Rechtstransfer gegeben. Die Gläubiger können ihre alten Ansprüche gegen die noch

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auf der Schuldnerseite stehenden Altverantwortlichen in vollem Umfange geltend machen. Im russischen Recht hingegen werden die Maßnahmen nicht als Glied einer Gesamtkette, sondern einzeln betrachtet. Das heißt, einzelne Akte können trotz des Gesamtziels der „alternativen Liquidation“ wirksam sein. Dies ist z. B. der Fall bei der Abberufung des Altgeschäftsführers der GmbH und der Bestellung des Neugeschäftsführers. Wenn der de jure nicht mehr amtierende Altgeschäftsführer nun aber dennoch die Geschäfte unverändert weiterführt, die rechtlich zwar dem Neugeschäftsführer zugerechnet werden, der jedoch zumeist gar nicht greifbar ist, so erleiden die Gläubiger einen erheblichen Nachteil, weil sie für die Geltendmachung ihrer Ansprüche keinen greifbaren „Ansprechpartner“ mehr haben. Zwar bleibt auch nach russischem Recht die Altgesellschaft in diesem Kontext wirksam, aber die Abberufung der Altgeschäftsführer und die Bestellung des Neugeschäftsführers ebenfalls. Wenn jetzt der Sitz der Gesellschaft auch noch mehrfach wirksam verlegt wird, so wird der Schuldner für den Gläubiger immer weniger greifbar. Einer effektiven Durchsetzung ihrer Forderung stehen auf der Basis der Wirksamkeit einzelner Abwicklungsakte große Schwierigkeiten entgegen. Es wäre deshalb vorzugswürdig, entsprechend dem deutschen Modell, alle Einzelakte zusammenzufassen und sie wegen des verwerflichen Ziels der „alternativen Liquidation“ unter Umgehung der Möglichkeit der Gläubiger, ihre Forderungen in einem geordneten Insolvenzverfahren durchzusetzen, für rechtsunwirksam zu erklären. Dann besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, die Altverantwortlichen auch zivilrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen. 3. Angesichts der Schäden großen Ausmaßes, die durch die „Unternehmensbestattung“ verursacht werden, spricht vieles dafür, die professionellen Liquidatoren für die von ihnen durchgeführten Maßnahmen zivilrechtlich haften zu lassen. Selbstverständlich sollte eine solche Haftung nur ergänzend zu der der Altverantwortlichen eingreifen, die bestrebt sind, insolvenz- sowie strafrechtlichen Konsequenzen zu entgehen. In Deutschland können die Altgesellschafter der zu bestattenden Gesellschaft nach den Regeln der inneren Delikthaftung wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs zur Schadenersatzleistung herangezogen werden (§ 826 BGB). Die vorsätzliche Schädigung in Form der Existenzvernichtung liegt im Entzug des Gesellschaftsvermögens, das zur vorrangigen Bedienung der Gläubiger der Gesellschaft dient, durch den Gesellschafter oder die Auffanggesellschaft, deren Gesellschafter wiederum die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der zu „liquidierenden“ juristischen Person sind. In der Praxis stößt allerdings der Nachweis eines existenzvernichtenden Eingriffs nicht selten auf Schwierigkeiten, weil ein erhebliches Informationsdefizit seitens der Anspruchsberechtigten besteht. Neben der Haftung aus § 826 BGB existiert in Deutschland ferner eine Vermögensvermischungshaftung analog zu den §§ 105, 128 HGB, wenn die ordnungsmäßige Buchführung der zu bestattenden Gesellschaft infolge des Verschwindens sämtlicher Unterlagen nicht nachvollziehbar und die Abgrenzung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen des Altgesellschafters nicht mehr möglich ist. Da diese Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung an objektive Kri-

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terien anknüpft, sind die Nachweisprobleme insoweit sehr viel geringer, sodass eine zivilrechtliche Inpflichtnahme der handelnden Personen eher gelingt. Auch im russischen Recht kommt im Falle der „alternativen Liquidation“ zum Schutz der Gläubigerinteressen eine Haftung der Teilhaber (Gesellschafter) in Betracht. Der Altgesellschafter der juristischen Person, die sich in der Krise befindet, unterliegt im russischen Recht einer subsidiären Insolvenzverursachungshaftung, die in vielen Punkten der deutschen Existenzvernichtungshaftung entspricht. Angeknüpft wird an den Abzug des kompletten werthaltigen Kapitals der Gesellschaft zugunsten des Altgesellschafters, wodurch die Insolvenz herbeigeführt oder zumindest vertieft wird. Diese Haftung hat die russische Rechtsprechung jedoch an Voraussetzungen geknüpft, die eine Realisierung der Forderung stark erschweren. Es genügt nämlich noch nicht allein der Umstand, dass das haftende Gesellschaftsvermögen abgezogen worden ist, vielmehr muss ein kausaler Zusammenhang zwischen den Handlungen des Altgesellschafters und den schädlichen Folgen bestehen, den nachzuweisen dem Gläubiger häufig besonders schwer fällt. Hier hilft es wohl nur, de lege ferenda auf dieses Kausalitätserfordernis ausdrücklich zu verzichten. Ob allerdings insoweit eine Realisierungschance besteht, ist derzeit kaum abschätzbar. Eine zivilrechtliche Haftung aufgrund von Vermögensvermischung kennt das russische Recht – im Gegensatz zur Rechtslage in Deutschland – überhaupt nicht. Es bleibt also auch im Falle der unkontrollierten Vermischung des Gesellschaftsvermögens bei der auf den konkreten Fall nicht begrenzten Insolvenzverursachungshaftung, sofern durch die Vermischung die Insolvenz der notleidenden Gesellschaft zumindest beschleunigt wird. Schließlich sind nach russischem Recht der Alt- und der Neugeschäftsführer sowie der Alt- und der Neugesellschafter nach Art. 61.12 P. 1 InsG wegen Insolvenzverschleppung subsidiär haftbar, sofern sie es unterlassen haben, beim Wirtschaftsgericht den Insolvenzantrag zu stellen. Für den Gesellschafter greift die zivilrechtliche Haftung nur ein, wenn er der juristischen Person verbindliche Anweisungen erteilt hat, die Antragstellung zu unterlassen. Der Geschäftsführer haftet als für die Antragstellung zuständige Instanz selbstverständlich umfassend. Auch wenn man die einzelnen zivilrechtlichen Ansprüche im Detail betrachtet, ergeben sich erhebliche Besserstellungen des Gläubigers im deutschen gegenüber dem russischen Recht. Zwar gewähren beide Rechtsordnungen im Prinzip gegenüber den Initiatoren der „Unternehmensbestattung“ – und zwar den Altgesellschaftern – Schadenersatzansprüche, deren Voraussetzungen unterscheiden sich jedoch elementar. Das deutsche Gesellschaftsrecht gewährt einen relativ detailliert ausgearbeiteten Schadenersatz gegen die Altgesellschafter, der bei existenzvernichtenden Eingriffen in das Gesellschaftsvermögen oder bei Gefährdung des Stammkapitals erwächst (ohne dass es des weiteren Nachweises der Kausalität oder der Schuld bedürfte). Der Nachweis dieser Anspruchsvoraussetzung ist im Zivilprozess zumindest mittels Einschaltung von Sachverständigen relativ einfach zu erbringen. Im

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russischen Recht ist die Durchsetzungsmöglichkeit der Gläubigeransprüche sehr viel schwieriger, sodass die Verantwortlichen der „alternativen Liquidation“ nicht selten jeder Inanspruchnahme entgehen. Die subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung greift deshalb nicht, weil die Handlungen des Gesellschafters beim Vermögenstransfer im Wege der „alternativen Liquidation“ als solche allein noch nicht als haftungsbegründende Umstände eingestuft werden. Es muss vielmehr nach russischem Recht zusätzlich der Nachweis erbracht werden, dass zwischen den Handlungen der Gesellschafter und den schädlichen Folgen ein kausaler Zusammenhang besteht. So ergeben sich im Vergleich der deutschen und der russischen Rechtslage zwei völlig unterschiedliche Rechtskonstruktionen. Während es sich im russischen Recht um reguläre „Schadenersatzansprüche“ handelt, die nur die tatsächlich eingetretenen und bewiesenen Schäden der Gesellschaft und Gesellschaftsgläubiger kompensieren sollen, hat die deutsche Existenzvernichtungs- und Vermögensvermischungshaftung einen pönalen und „erziehenden“ Charakter. Auch ist die wirtschaftslenkende Funktion der deutschen Lösung nicht zu verkennen. Im Interesse einer effektiven Bekämpfung des Unwesens der „alternativen Liquidation“ erscheint es durchaus erwägenswert, ähnliche Elemente wie im deutschen Recht auch im russischen Recht zu verankern. 4. Die negativen Folgen der „Unternehmensbestattung“ sind erheblich. Entsprechend dringend ist die Notwendigkeit, die Gläubiger zu schützen. Es bedarf deshalb einer angemessenen zivilrechtlichen Haftung gegenüber den Gesellschaftern, den Organen der Gesellschaft sowie den Gläubigern. Die bisherigen zivilrechtlichen Haftungsmechanismen greifen nicht weit genug – und nicht nur im russischen, sondern auch im darüber schon jetzt hinausragenden deutschen Recht. Beide Rechtsordnungen können dem Missbrauch nicht ausreichend Einhalt gebieten. Es muss also der zivilrechtliche Schutz de lege ferenda weiter ausgeweitet werden. Sämtliche bei einer Unternehmensbestattung involvierten Personen müssen verstärkt haften. Aber auch das allein genügt nicht. Angesichts der großen wirtschaftlichen Gefahren, die die Liquidation im Vorfeld der Insolvenz für die Gläubiger, die Arbeitnehmer, die Gesellschaft und den gesamten Staat zur Folge hat, kann es mit ausschließlich zivilrechtlichen Konsequenzen nicht sein Bewenden haben. Es bedarf daher im Sinne einer ultima ratio auch des schneidigeren Strafrechts. 5. Das deutsche Strafrecht hat sich – im Vergleich zum russischen – schon sehr viel früher des Phänomens der „Unternehmensbestattung“ angenommen. Es kann auf unterschiedlichste Strafnormen zurückgegriffen werden und es besteht inzwischen auch bereits eine relativ gefestigte Rechtsprechung hinsichtlich einer Strafbarkeit des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers, des Neugesellschafters/Neugeschäftsführers sowie des Hintermanns: a) Vorrangig greift im Falle der Unternehmensbestattung eine Strafbarkeit des Altgeschäftsführers gem. § 15a IV, I InsO ein. Im Regelfall ist die Insolvenzreife spätestens im Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zwischen den Altverantwortlichen und dem Bestatter eingetreten. Täter der Insolvenzverschleppung ist zunächst der

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Altgeschäftsführer der GmbH. Später macht sich auch der Neugeschäftsführer (in der Regel als „Strohmann“) einschlägig strafbar. Eine Verlagerung der Gesamtverantwortung vom Altgeschäftsführer auf den Neugeschäftsführer während der Dreiwochenfrist scheitert bereits daran, dass der Altgeschäftsführer der GmbH (bzw. der Altvorstand bei der AG) wegen der Nichtigkeit seiner Abberufung oder Amtsniederlegung im Amt bleibt, sofern ihm bekannt ist, dass die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß saniert bzw. abgewickelt wird. Die Strafbarkeit des Altgeschäftsführers entfällt auch nicht, wenn der Neugeschäftsführer einen Insolvenzantrag gestellt hat, denn dieser entfaltet keine Wirkung, weil er aufgrund der täuschenden Angaben „unrichtig“ ist. Ebenso wenig wirkt der Einsatz des Unternehmensbestatters selbst für den Altgeschäftsführer strafbefreiend, weil der Altgeschäftsführer von vornherein keinen legalen Transfer der Verantwortlichkeit erstrebt hat, vielmehr den Unternehmensbestatter nur deshalb hinzugezogen hat, um eigenen Pflichten zu entgehen. Die rechtswidrigen Aktivitäten des Hintermanns muss er sich zurechnen lassen. Sie haben für den Altgeschäftsführer keinerlei Entlastungsfunktion. Der Altgesellschafter haftet hingegen (im Unterschied zum Altgeschäftsführer) nicht nach § 15a IV, I InsO, denn nach § 15a III InsO haftet er nur, wenn die Gesellschaft führungslos ist. Davon ist aber im Falle der Unternehmensbestattung nicht auszugehen, da der Altgeschäftsführer weiterhin in seinen Rechten verbleibt und deshalb den Insolvenzantrag stellen muss und kann. Auch der Neugeschäftsführer ist – je nach Einzelfallgestaltung – u. U. vorhanden und kann dann den Insolvenzantrag stellen. Jedenfalls wegen der Existenz des Altgeschäftsführers kann also von keiner Führungslosigkeit i.S.v. § 15a III InsO ausgegangen werden. Für die Strafbarkeit des Hintermanns (des Organisators, Drahtziehers der Unternehmensbestattung) ergeben sich besondere Probleme hinsichtlich der Zurechnung der Schuldnereigenschaft gem. § 15a IV, I InsO. Er fungiert nämlich im Regelfall nur im Hintergrund, ohne Auftreten als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft nach außen zu Gläubigern sowie zu den Behörden (insbesondere den Registerbehörden) und den Gerichten. Es ist deshalb kein echter „faktischer Geschäftsführer“. Dennoch greift letztlich eine strafrechtliche Haftung gem. § 15a IV, I InsO ein, weil der Hintermann als „faktischer Liquidator“ eingestuft wird mit Rechtsfolgen, die der Rechtsfigur des „faktischen Geschäftsführers“ entsprechen. Wenn die Altverantwortlichen alles durchschauen, liegt im Regelfall eine Mittäterschaft zwischen ihnen und dem Hintermann vor. Nur ausnahmsweise dürfte dem Hintermann die (Mit-)Tatherrschaft fehlen, sodass er nur wegen Anstiftung oder Beihilfe zu den Straftaten der Altverantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen ist (§§ 15a IV, I InsO, 283, 26/27 StGB). Ist er sowohl Täter als auch Teilnehmer, geht die Teilnahme in der Täterschaft auf. Durchschauen die Neuverantwortlichen die rechtlichen Implikationen der Unternehmensbestattung nicht, so kann eine Strafbarkeit gem. § 15a IV, I InsO und § 283 StGB nach den Regeln der mittelbaren Täterschaft vorliegen. In solchen Fällen, in denen quasi die gesamte Organisati-

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onsmacht ausschließlich beim Hintermann liegt, kommt auch in der Konstellation, dass der Neugesellschafter/Neugeschäftsführer „eingeweiht“ ist, eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns nach den Regeln der „mittelbaren Täterschaft kraft organisatorischen Machtapparates“ in Betracht. b) Ferner kommt eine Strafbarkeit gem. §§ 283 f. StGB in Frage. Die Schuldnereigenschaft i.S.v. § 283 StGB liegt zunächst bei der Gesellschaft, trifft jedoch gem. § 14 I Nr. 1 StGB auch den Gesellschafter einer GmbH sowie deren Geschäftsführer. Die Handlungen im Zusammenhang mit der Unternehmensbestattung liegen allerdings nicht im Interesse der Gesellschaft. Deshalb konnte auf Basis der früher vom BGH sowie der herrschenden Lehre vertretenen Interessentheorie keine Zurechnung des Verhaltens der Gesellschafter/Geschäftsführer als „Schuldner“ i.S.v. § 283 StGB erfolgen. Nach dem heute herrschenden Zurechnungsmodell kommt es jedoch nicht darauf an, ob die handelnden Personen im Interesse der Gesellschaft tätig werden, sondern ob sie sich im Rahmen der von ihr übernommenen Erfüllung der Pflichten bewegen. Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH können also auch bei Akten, die der GmbH schaden, gem. § 283 StGB strafbar sein. Die Rechtslage ist bei beiden gleich – sehr häufig besteht auch eine Personalunion zwischen Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Die Zurechnung gegenüber dem Strohmann erfolgt hingegen gemäß § 14 I i.V.m. § 14 III StGB aufgrund seiner unwirksamen Bestellung zum Geschäftsführer. Bei der Unternehmensbestattung kann zunächst § 283 I Nr. 1 StGB eingreifen. Durch die Vermögensverschiebung von der zu bestattenden Gesellschaft an eine Auffanggesellschaft werden Bestandteile des Schuldnervermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, „beiseite“ geschafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar gemacht. Zumeist geht es um die Alternative des „Beiseiteschaffens“ und des „Verheimlichens“ des Schuldnervermögens. Mit ihrer Unterschrift unter die erforderlichen Urkunden haben sowohl der Altgeschäftsführer/Altgesellschafter als auch der Neugeschäftsführer/Neugesellschafter häufig bereits ihren alleinigen Tatbeitrag geleistet. Der Nachweis des für die Strafbarkeit gem. § 283 I Nr. 1 StGB erforderlichen Vorsatzes bereitet angesichts der Gesamtumstände zumeist keine Probleme. Bereits im Vorfeld der Unternehmensbestattung – nach Entstehen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten – werden im Zusammenhang mit der später durchgeführten Umsetzung des Gesamtplanes Handelsbücher, zu deren Führung der Altgeschäftsführer verpflichtet ist, unrichtig geführt bzw. verändert, sodass die Übersicht über das Schuldnervermögen erschwert wird (§ 283 I Nr. 5 StGB) bzw. es werden Bilanzen so aufgestellt, dass die Übersicht über das Vermögen erschwert wird oder es werden überhaupt keine Bilanzen erstellt (§ 283 I Nr. 7 StGB). In der Pflicht steht insoweit vorrangig der Altgeschäftsführer, aber die Pflicht trifft auch den Altgesellschafter, sofern ihm diese Probleme bekannt sind (vgl. § 46 GmbHG).

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Nach § 283 I Nr. 6 StGB wird das Beiseiteschaffen, Verheimlichen, Zerstören oder Beschädigung der Handelsbücher oder sonstiger Unterlagen unter besonderen Konstellationen unter Strafe gestellt. Auch diese Alternative des § 283 I StGB kann im Falle der Unternehmensbestattung erfüllt sein. Zumeist werden die Handelsbücher bzw. die sonstigen Unterlagen zunächst vom Altgeschäftsführer auf den Bestatter und Neugeschäftsführer übergeben. Letzterer ist deshalb, sofern er sie später „verschwinden“ lässt, Täter des § 283 I Nr. 6 StGB, wohingegen der Altgeschäftsführer (u. U. auch der Altgesellschafter) nur als Gehilfe einzustufen ist (§§ 283 I Nr. 6, 27 StGB). Bezüglich einer Strafbarkeit wegen Bankrotts (§ 283 StGB) durch Vornahme einer Unternehmensbestattung ist der Auffangtatbestand des § 283 I Nr. 8 StGB besonders wichtig und zwar hier in seiner 2. Alternative, die eine Bestrafung des Schuldners, der in die Insolvenz gerät, vorsieht, der „seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert“. Viele typische Maßnahmen einer Unternehmensbestattung fallen zwar nicht unter die Ziffern 1 – 7 von § 283 I StGB, wie z. B. die Anteilsveräußerung, die Umfirmierung, die Sitzverlegung sowie die Abberufung und Neubestellung des Geschäftsführers. Wenn diese Maßnahmen mit dem Ziel einer Unternehmensbestattung durchgeführt werden, dann werden aber die gesamten geschäftlichen Verhältnisse bereits hierdurch „verheimlicht“ oder „verschleiert“, sodass sich der Anwendungsbereich des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB eröffnet. All diese Akte der Unternehmensbestattung sind als eine Einheit einzustufen, mit dem Ziel, dadurch die geschäftlichen Verhältnisse der notleidenden Gesellschaft in einer der ordnungsgemäßen wirtschaftlichen Art grob widersprechenden Weise zu verschleiern. Das spätere „Verschwinden“ der Gesellschaft ist nur das letzte Glied einer Kette, die zumeist mit einer Anteilsveräußerung der Gesellschaft an einen Neugesellschafter und der Abberufung des Altgeschäftsführers beginnt. Nach dem hier vertretenen Zurechnungsmodell ist es auch nicht von Bedeutung, dass die einzelnen Maßnahmen bei einer Gesamtbetrachtung nach dem deutschen Zivilrecht nichtig sind. Da diese Maßnahmen (wie Anteilsveräußerung, Sitzverlegung etc.) im Berechtigungskreis eines Geschäftsführers liegen, muss er sich auch bei Verfolgung des unrechtlichen Ziels der Unternehmensbestattung all diese Akte zurechnen lassen. Altgesellschafter/Altgeschäftsführer sowie Neugesellschafter/Neugeschäftsführer haben bezüglich dieser Maßnahmen im Regelfall eine gemeinsame Tatherrschaft inne. Sie sind dann als Mittäter zu bestrafen (§§ 283 I Nr. 8, 25 II StGB). Die Strafbarkeit des Hintermanns stellt hier auch wie im Straftatbestand der Insolvenzverschleppung besondere Probleme hinsichtlich der Zurechnung der Schuldnereigenschaft gem. § 283 StGB dar. Der Hintermann bei einer Unternehmensbestattung rückt nie in die Rechtsverhältnisse der GmbH ein; er ist kein Geschäftsführer; die Zurechnung nach den Grundsätzen des „faktischen Geschäftsführers“ scheitert mangels des Außentretens des Hintermanns. Dennoch macht sich der Hintermann wie bei § 15a InsO als „faktischer Liquidator“ i.S.v. § 283, 14 StGB strafbar.

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c) Die früher vornehmlich als Auffangtatbestand geltende Norm des § 266 StGB kommt in Betracht, wenn aus dem Gesellschaftsvermögen ein Bestattungshonorar gezahlt wird. Da die Beauftragung des Bestatters sittenwidrig ist, stellt die Zahlung des Honorars eine Pflichtverletzung dar, die zu einem entsprechenden Schaden bei der GmbH führt. Auch die Zustimmung seitens der Altgesellschafter stellt unter bestimmten Bedingungen kein tatbestandsausschließendes Einverständnis dar. Eine Bestrafung wegen Untreue ist deshalb möglich, sofern durch die Zahlung das Stammkapital angegriffen wird oder sogar die Existenz der Gesellschaft in Frage gestellt wird. Auch der Neugeschäftsführer kann sich denselben Voraussetzungen wegen Untreue strafbar machen, allerdings nur, sofern er tatsächlich Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft hat. d) Eine Bestrafung wegen Betruges (§ 263 f. StGB) kommt nur in den Ausnahmenfällen des Lieferanten- und Subventionsbetruges in Betracht, wenn gegenüber den Vertragspartnern die schlechte wirtschaftliche Lage der GmbH und die u. U. bereits unmittelbar bevorstehenden Unternehmensbestattung durch Täuschungshandlungen verheimlicht wird. Auch bezüglich des Hintermanns ist an eine Betrugsstrafbarkeit (§ 263 StGB) zu denken. Sie greift ein, wenn er als angeblicher „Fachmann“ die Altverantwortlichen über die Unzulässigkeit des gesamten Vorgangs täuscht und ihnen vorgaukelt, die Gesellschaft könne „de lege artis“ „bestattet“ werden. Sofern die Altverantwortlichen auf der Basis eines entsprechenden Irrtums dem Bestatter ein Honorar zahlen, ist damit die Gesellschaft geschädigt und der Bestatter entsprechend rechtswidrig bereichert. e) Ergänzend ist auch auf den Straftatbestand der Urkundenunterdrückung nach § 274 ff. StGB hinzuweisen, der insbesondere seitens des Neugeschäftsführers erfüllt ist, wenn er Unterlagen der Gesellschaft entsorgt. Insoweit bestehen allerdings sehr häufig Nachweisprobleme, weil das Vorliegen und die Vernichtung der konkreten Unterlagen kaum nachweisbar sind. f) Auch an den Straftatbestand der Strafvereitelung nach § 258 StGB ist zu denken, wenn konkrete Strafverfolgungsmaßnahmen gegen die Altverantwortlichen bereits eingeleitet sind – z. B. wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung gem. § 15a IV, I InsO – der Neugeschäftsführer aber falsche Auskünfte gegenüber Polizei oder Staatsanwaltschaft abgibt oder durch „Verschwindenlassen“ von Beweisstücken die Bestrafung (des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers) wesentlich verzögert oder verhindert – allerdings nur soweit der Neugeschäftsführer nicht an den Straftaten, hinsichtlich derer ermittelt wird, selbst beteiligt ist (§ 258 V StGB). 6. Entgegen dem deutschen Recht lässt die russische Rechtsordnung heute noch der Praxis der gewerbsmäßigen Liquidation verhältnismäßig freie Hand. Nicht nur durch die die Bestatter begünstigenden gesetzlichen Lücken, sondern ebenso mangels Interesse von wissenschaftlicher Seite, ist die „alternative Liquidation“ eher als

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ein Randphänomen der Wirtschaftskriminalität zu analysieren und strafrechtlich einzuordnen. Auch die Rechtsprechung scheint sich noch nicht recht für dieses Thema erwärmen zu können. Die einschlägige Recherche hat nur wenige einschlägige Entscheidungen zu Tage gefördert. Es muss also auf diesem Gebiet noch erhebliche Pionierarbeit geleistet werden. Die vorliegende Untersuchung versteht sich als erster Schritt in diese Richtung in der Hoffnung, dass die Erfahrungen in Deutschland auch für die Bekämpfung der russischen Wirtschaftskriminalität im Spezialfall der „alternativen Liquidation“ genutzt werden können. Andererseits hat die Auswertung ergeben, dass die Bekämpfung unredlicher professioneller Liquidatoren auch in Russland nicht auf der Stunde Null steht, dass vielmehr erste gerichtliche Aktivitäten zu verzeichnen sind und dass durchaus auch Strafgesetze existieren, die bei konsequenter Anwendung wirksame Gegenmaßnahmen legitimieren könnten. a) Vorrangig wird bei der Bekämpfung der „alternativen Liquidation“ auf den Straftatbestand der „unrechtmäßigen Handlungen bei Bankrott“ (Art. 195 P. 1 StGB RF) zurückgegriffen. Die Zurechnung der bei der Täterschaft vorausgesetzten Schuldnereigenschaft gegenüber dem Altgeschäftsführer und Altgesellschafter der GmbH erfolgt auf der Basis der von der russischen Rechtsordnung entwickelten „Theorie der Rechte und Pflichten“, nach der es genügt, dass die jeweilige Person es vermag, für die Gesellschaft so zu handeln, wie es im Falle eines rechtmäßigen Vorgehens der Fall wäre. Das ähnelt der deutschen Rechtsprechung zum „faktischen Geschäftsführer“. Der klassische Fall, dass eine nicht zur Geschäftsführung berechtigte Person über das Vermögen der Gesellschaft verfügt oder dieses Vermögen verschiebt oder verheimlicht, wird übertragen auf die hiesige Konstellation, dass ein Gesellschafter oder Geschäftsführer nichtige „Rechtsakte“ vornimmt, wenn sie de facto Wirksamkeit entfalten. Deswegen werden auch „nichtige“ Handlungen (hier die Vermögensverschiebung bzw. Vernichtung der Unterlagen), dem Täter zugerechnet. Der Altgesellschafter bleibt wegen der Nichtigkeit der Anteilsveräußerung im Amt. Er kann uneingeschränkt für Art. 195 P. 1 StGB RF bestraft werden. Der Altgeschäftsführer verliert hingegen durch die auch im Falle der „alternativen Liquidation“ wirksame Abberufung seine Befugnisse. Wenn er nicht gleichzeitig Gesellschafter ist, kann die Zurechnung nur über die „Theorie der Rechte und Pflichten“ erfolgen. Hinsichtlich einer Strafbarkeit gem. Art. 195 P. 1 StGB RF ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Zurechnung über die „Theorie der Rechte und Pflichten“ hier doch an ihre Grenzen stößt, weil der Altgeschäftsführer im Regelfall keinen genügend starken Einfluss auf die vorgenommenen Transaktionen hat. Deshalb bleibt es für den Altgeschäftsführer zumeist nur bei einer Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Bankrott (Art. 195 P. 1, Art. 33 P. 5 StGB RF). Aber auch bei der Teilnahme – ebenso wie bei der Täterschaft – gibt es sowohl beim Altgesellschafter und Altgeschäftsführer erhebliche Nachweisprobleme, denn zum Tatbestand des Bankrotts gehört die Herbeiführung eines großen Schadens und ohne die einschlägigen Unterlagen (die zumeist vernichtet werden sind) ist es kaum möglich, den

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Beweis zu erbringen, dass die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer auch insoweit zumindest mit dolus eventualis gehandelt haben. Hinsichtlich der Strafbarkeit des Neugesellschafters gem. Art. 195 P. 1 StGB RF ist festzustellen, dass die Bestellung dieser Personen zwar wirksam ist, sodass sie sich bei Kenntnis aller Umstände wegen Bankrotts strafbar macht, dass aber zumeist der entsprechende Vorsatz fehlt. Der Hintermann pflegt Personen zu nehmen, die von nichts wissen und nur ihre Personalien gegen Zahlung eines kleinen Entgeltes zur Verfügung stellen. Sie leisten Unterschriften (zumeist Vollmachten an den Hintermann), ohne zu wissen, welche Rechtsfolgen das hat. Damit entfällt ihr Vorsatz. Sehr viel geringere Nachweisprobleme gibt es natürlich dann, wenn sich der Neugesellschafter/Neugeschäftsführer aus den Reihen der Mitarbeiter des Unternehmensbestatters rekrutiert. Nunmehr wird er kaum vortragen können, die Zusammenhänge nicht durchschaut zu haben. Dann greift auch die Strafbarkeit gem. Art. 195 P. 1 StGB RF. Im Regelfall sind dann Altgesellschafter und Neugesellschafter Mittäter (Art. 33 P. 2 StGB RF). Im Regelfall ist der Neugesellschafter auch zugleich Neugeschäftsführer. Er kann dann wie dieser bestraft werden. Sollte insoweit keine Personalunion bestehen, ändert sich dem Ergebnis nichts, denn seine Bestellung ist wirksam. Bei entsprechendem Vorsatz greifen die Strafnormen ein – er wird insoweit strenger bestraft als der Altgeschäftsführer, aber eben nur im Falle der Bösgläubigkeit. Bei der Strafbarkeit des Hintermanns entstehen besondere Probleme dadurch, dass er sich bei der typischen „alternativen Liquidation“ gerade nicht zum Geschäftsführer der zu liquidierenden Gesellschaft bestellen lässt. Ihm fehlt damit in der Regel die Eigenschaft, die die Sonderdelikte des Art. 195 StGB RF für eine Täterschaft voraussetzen. Dennoch kann auch nach der „Theorie der Rechte und Pflichten“ der Hintermann im Ergebnis insoweit als „faktischer Geschäftsführer“ strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Es kommt auf den bestimmenden Einfluss des Externen für das Schicksal der Gesellschaft an. Er ist im Falle der „alternativen Liquidation“ hinsichtlich des Hintermanns in geradezu klassischer Weise gegeben. Entweder kann der Hintermann hier als unmittelbarer Täter eingestuft werden, wenn er die Handlungen selbst vornimmt, oder als „Täter hinter dem Täter“, also als mittelbarer Täter (Art. 33 P. 2 Alt. 3 StGB RF), wenn der mitwirkende Strohmann die Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Handlungen nicht begriffen hat. b) Weniger bedeutsam ist für die „alternative Liquidation“ der Straftatbestand des absichtlichen Bankrotts (Art. 196 StGB RF), weil sich hier aufgrund der vom Gesetz geforderten speziellen Anforderungen an das Täterverhalten die Nachweisprobleme noch weiter potenzieren. Bei Art. 196 StGB RF wird im Gegensatz zu Art. 195 StGB RF nicht an eine auf welchem Grund auch immer entstandene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung angeknüpft, vielmehr muss der Täter beim absichtlichen Bankrott die Insolvenz „wissentlich“ herbeigeführt und dadurch mittels Handlungen, die auch in Art. 195 StGB RF erfasst werden, großen Schaden bewirkt haben. Die

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wissentliche Herbeiführung kann schwer vom Insolvenzverwalter festgestellt und nachgewiesen werden. Sollte das aber im Einzelfall gelingen, so könnte eine Strafbarkeit eingreifen. Es dürfte allerdings symptomatisch sein, dass sich in der bisherigen russischen Rechtsprechung – soweit ersichtlich – keine einzige Verurteilung eines Altgesellschafters/Altgeschäftsführers, Neugesellschafters/Neugeschäftsführers sowie des Hintermanns gem. Art. 196 StGB RF finden lässt. c) Dasselbe gilt bezüglich der theoretisch sonst in Frage kommenden Straftatbestände. Zu denken wäre insbesondere an den hier naheliegenden Straftatbestand der Steuerhinterziehung gem. Art. 199 StGB RF. Eine Steuerhinterziehung kommt noch in Betracht, sofern überhaupt noch eine Gesellschaft existiert. Deshalb ist insoweit nur eine Strafbarkeit des Altgesellschafters/Altgeschäftsführers der GmbH in Erwägung zu ziehen. Wenn sie im Zusammenhang mit der „alternativen Liquidation“ gegenüber den Steuerbehörden falsche Angaben machen und deshalb steuerlich nicht so herangezogen werden, wie es ihrer eigentlichen Steuerpflicht entspricht, begehen die Altverantwortlichen eine Steuerhinterziehung. d) Wie im deutschen Recht muss auch eine Strafbarkeit der Altverantwortlichen wegen Untreue (Art. 201 StGB RF) in Erwägung gezogen werden. Allerdings ist nach russischem Recht letztlich doch insoweit keine Bestrafung zu erwarten, denn Art. 201 StGB RF ist gegenüber Art. 195 StGB RF (und gegenüber Art. 196 StGB RF) die lex generalis, die durch die Spezialstraftatbestände verdrängt wird. Einen besonderen Anwendungsbereich der Untreue gibt es allerdings auch im Rahmen der „alternativen Liquidation“, wenn nämlich das Bestattungshonorar für die Abwicklungsdienstleistungen aus dem Gesellschaftsvermögen bezahlt wird. e) In einer Vielzahl von Fällen einer „alternativen Liquidation“ wäre ferner der Straftatbestand des „Betruges im Bereich unternehmerischer Tätigkeit“ (Art. 159.4 StGB RF) einschlägig. Erfasst werden nämlich die Fälle, dass im Rahmen unternehmerischer Tätigkeit Verträge abgeschlossen werden, bei denen von vornherein keine Erfüllung geplant ist. Dies entspricht zumeist den Konstellationen der „alternativen Liquidation“. Dieser Straftatbestand ist jedoch vom russischen Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden. Deshalb bleibt die Strafbarkeit nach den allgemeinen Betrugsregeln (Art. 159 StGB RF). Pönalisiert wird danach die Entziehung des Fremdgutes (bzw. des Erwerbs eines Rechts auf Fremdgut) durch Täuschung oder Missbrauch des Vertrauens. Wenn im Falle der „alternativen Liquidation“ einschlägige Täuschungshandlungen vorgenommen werden oder das Vertrauen anderer (z. B. nicht eingeweihter Gesellschafter) missbraucht wird, könnte eine entsprechende Strafbarkeit gegeben sein. Auch hier gibt es natürlich die bereits vielfach umschriebenen Nachweisprobleme. In Betracht kommt vor allem eine Strafbarkeit des Hintermanns wegen Betruges (Art. 159 P. 1 – 4 StGB RF) hinsichtlich des „Bestatterhonorars“. Wenn der Bestatter – was häufig der Fall ist – nicht „mit offenen Karten spielt“, sondern dem Altge-

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sellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH vorgaukelt, die Abwicklung der notleidenden Gesellschaft sowie die Befreiung von allen zivil- und strafrechtlichen Verantwortlichkeiten erfolge in Übereinstimmung mit dem geltenden russischen Recht, so ist das eine Täuschungshandlung und ein Missbrauch von Vertrauen, die dem Betrugstatbestand unterfällt, sofern dadurch dem Opfer Fremdgut entzogen wird. Diese Voraussetzung ist im Falle der Bezahlung des „Bestatterhonorars“ durch einen gutgläubigen Altgesellschafter/Altgeschäftsführer der GmbH erfüllt. f) Von den restlichen in Frage kommenden Straftatbeständen, die für die Altgesellschafter/Altgeschäftsführer relevant werden können, sei schließlich noch auf das Delikt des bösswilligen Aussetzens der Tilgung einer Kreditschuld (Art. 177 StGB RF) hingewiesen, der zur Voraussetzung hat, dass der Unternehmer oder Geschäftsführer die aus einer Gerichtsentscheidung festgestellten Verbindlichkeiten großen Ausmaßes nicht tilgt. g) Die wichtigste Neuerung im russischen Strafrecht beim Kampf gegen moderne Formen der Wirtschaftskriminalität mittels Gründung und Ausnutzung von „eintägigen Scheinunternehmen“ stellen jedoch die im Jahre 2011 geschaffenen Straftatbestände der ungesetzlichen Gestaltung (Gründung, Reorganisation) einer juristischen Person (173.1 StGB RF) und der ungesetzlichen Ausnutzung von Unterlagen für die Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person (173.2 StGB RF) dar. Sie sind vor allem bezüglich der Tätigkeit des Hintermanns einschlägig. Mit diesen Straftatbeständen soll gerade der beliebten Praxis der Gründung „eintägiger Scheinunternehmen“ mit Hilfe von Strohmännern zwecks Abwicklung der Gesellschaft entgegengewirkt werden. Die Ausnutzung der Strohmänner, die keine leitenden Positionen in der Gesellschaft bekleiden, sowie die Eintragung der Angaben über Strohmänner ins EGRJuL, werden als eine ungesetzliche Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person nach Art. 173.1 StGB RF angesehen. Daneben kann der Hintermann wegen der missbräuchlichen Nutzung von Unterlagen für die Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person nach Art. 173.2 P. 2 StGB RF strafbar sein; dies ist der Fall, wenn der Hintermann die Unterlagen bei Strohmännern erwirbt, diesen oftmals arbeitslosen und sozial nicht versorgten Personen eine symbolische Entlohnung verspricht oder sich die für die Eintragung ins EGRJuL erforderlichen Ausweispapiere durch Betrug oder Vertrauensmissbrauch aneignet. Die Normen der Art. 173.1 und 173.2 StGB RF sind momentan die einzigen Strafnormen, die als echter Hebel gegen eine „alternative Liquidation“ eingesetzt werden könnten. Realistischerweise muss eingestanden werden, dass die Möglichkeit der Anwendung der im Übrigen aufgelisteten Delikte bisher kaum genutzt wird. Die Art. 173.1 und 173.2 StGB RF bereiten in der Praxis weniger Nachweisprobleme. Ihre Anwendung kann somit als erster sinnvoller Schritt in Richtung auf eine angestrebte effektive Bekämpfung der „alternativen Liquidation“ gewertet werden. h) Bei der Strafbarkeit des Neugeschäftsführers kommt insbesondere der Straftatbestand des 173.2 P. 1 StGB RF in Betracht, da die zum Neugeschäftsführer be-

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stellte Person, ohne Absicht, die Geschäftsführung zu übernehmen, ihre Ausweisunterlagen dem Bestatter übergibt, damit Letzterer sie zum Eintragen der verschleiernden Angaben mittels eines Strohmanns ins EGRJuL verwenden kann. In Ausnahmefällen ist beim vorsätzlich handelnden Neugeschäftsführer nicht von Mittäterschaft zu den aufgelisteten Delikten, sondern von Beihilfe auszugehen, sofern der Tatbeitrag minimal ist und die Tatherrschaft allein beim Altbeteiligten oder Hintermann liegt. i) Hinsichtlich der Beteiligungsform, die seitens des Hintermanns erfüllt ist, ist festzustellen, dass er im Falle der „alternativen Liquidation“ zumeist Täter oder Mittäter der Straftaten gem. 159 P. 1 – 4, 160, 173.1, 195, 196, 199.2 StGB RF ist. Hilfsweise kann er „Organisator“ sein, also eine Person, die die Begehung einer Straftat organisiert und ihre Ausführung leitet oder als eine Person, die eine organisierte kriminelle Gruppe oder eine kriminelle Vereinigung (kriminelle Organisation) gegründet hat oder sie leitet (Art. 33 P. 3 StGB RF). Die unmittelbare Täterschaft ist gegenüber dieser „Organisationstrafbarkeit“ vorrangig. Im Einzelfall kann er auch wegen Anstiftung zur Rechenschaft gezogen werden (Art. 33 P. 4 StGB RF), sofern er bei den Altverantwortlichen erst den Tatentschluss zur Begehung strafbarer Handlungen hervorruft, wobei es entweder darum gehen kann, überhaupt den Weg der „alternativen Liquidation“ zu beschreiten, der zumeist für Neugesellschafter/Neugeschäftsführer mit der Erfüllung des Tatbestandes des Art. 173.2 P. 1 StGB RF beginnt, oder um die Durchführung der einzelnen Schritte, also insbesondere des Vermögenstransfers auf die Scheinfirmen und die Vernichtung der Unterlagen. Sofern der Hintermann bei den jeweiligen Straftatbeständen selbst Täter ist, entfällt eine zusätzliche Anstifterstrafbarkeit. Dasselbe gilt bezüglich Anstiftungshandlungen gegenüber dem Strohmann, sofern dieser vorsätzlich handelt. Hier liegt die Anstiftungshandlung im Regelfall im Versprechen einer Entlohnung für das Überlassen der Ausweispapiere, die dann gem. Art. 173.2 P. 2 StGB RF in strafbarer Weise genutzt werden. Auch insoweit wird aber eine Anstiftungsstrafbarkeit letztlich nur relevant, sofern der Hintermann nicht bereits wegen einer gravierenderen Beteiligungsform bestraft werden kann.

II. Gesamtfazit der rechtsvergleichenden Betrachtung der Unternehmensbestattung in Deutschland und Russland Ein rechtsvergleichender Blick auf die Bekämpfung der Praxis der Unternehmensbestattung im deutschen und russischen Recht offenbart, dass das deutsche Strafrecht mit einer relativ gefestigten einschlägigen Rechtsprechung über wirksame Mechanismen im Kampf gegen den Missbrauch der gewerbsmäßigen Abwickler verfügt. So sieht das deutsche Recht die strafrechtliche Verantwortung neben dem StGB auch in anderen Gesetzen vor, wie z. B. im Falle einer Insolvenzverschleppung

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– in der InsO. Die Gefahr der strafrechtlichen Folgen hat eine vorbeugende Funktion gegen das Unterlassen der Insolvenzantragstellung. Das russische Strafrecht besteht hingegen nur aus dem StGB RF, dem eine Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung unbekannt ist, und hat zudem gem. Art. 1 P. 1 StGB RF ein gesetzliches Verbot auf Feststellung einer Strafbarkeit durch anderen Gesetze. Der Gesetzgeber ist der Meinung, dass ein Schaden großen Ausmaßes, dessen Herbeiführung eine strafrechtliche Verantwortung zur Folge hat, kaum zu finden ist, wenn die Gesellschaft schon insolvenzreif ist und keine Aktiva aufweist. Als eine Alternative wird im InsG eine subsidiäre zivilrechtliche Insolvenzverschleppungshaftung vorgesehen, die leider in ihrer Durchsetzung bei den russischen Gerichten mehr Nach- als Vorteile hat. De facto ist die zivilrechtliche subsidiäre Haftung im Insolvenzfall in Russland illusorisch. Das dürfte mit ein Grund dafür sein, dass in der Praxis die „alternative Liquidation“ weiter gedeiht. Das Problem der Strafbarkeit wegen Bankrotts durch „Unternehmensbestattung“ liegt in den beiden Rechtssystemen darin, dass eine juristische Person Schuldner und Täter i.S.v. § 283 StGB und Art. 195, 196 StGB RF ist. Die Schuldnereigenschaft muss durch eine juristische Transformation auf die natürlichen Personen übertragen werden. Vergleicht man, wie dieses Problem im deutschen und im russischen Recht gelöst wird, so darf man nicht nur die ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen in die Betrachtung einbeziehen. Insoweit ist die deutsche Gesetzgebung progressiver, da § 14 I StGB dafür ausdrücklich eine Zurechnung des Verhaltens der GmbH auf natürliche Personen vorsieht, wogegen im russischen Recht nur die von der Rechtsprechung und Lehre ausgearbeiteten Theorien verwendet werden können. Die Verankerung der „Theorie der Rechte und Pflichten“, die weitgehend dem § 14 I StGB nachempfunden worden ist, kommt zu derselben Zurechnungslösung wie in Deutschland. Hier zeigt sich, welche positiven Impulse eine in der Vergangenheit auf der russischen Seite durchgeführte rechtsvergleichende Strafrechtswissenschaft entfalten kann. Bei der Suche nach einer passenden Lösung hat sich die russische Strafrechtswissenschaft, der inzwischen erfreulicherweise auch die russische Rechtsprechung gefolgt ist, am ausländischen und zwar deutschen Rechtsmodell des § 14 StGB orientiert. Vor diesem Hintergrund ist auch die Rechtsfigur des professionellen Bestatters (eines Hintermanns) zu sehen. Seine gewerbsmäßige Tätigkeit ist so „besonders geartet“, dass sie – jedenfalls auf den ersten Blick – den klassischen Straftatbeständen nur mit Mühe zugeordnet werden kann. Das deutsche Recht ist einen langen und schweren Weg gegangen, bevor es sich bezüglich der Hintermänner durchgesetzt hat, dass sie nach dem Auffangtatbestand des § 283 I Nr. 8 2. Alt. StGB zur Rechenschaft gezogen werden können. Entgegen dem deutschen Weg greift die russische Rechtsordung bei Bekämpfung der wirtschaftlichen Kriminalität in Form einer „alternativen Liquidation“ nicht so sehr auf die Bankrotttatbestände, sondern vordringlich die Straftatbestände des Art. 173.1 und 173.2 P. 2 StGB RF zurück, also auf die Missachtung der eher technischen Gründungsformalien. Die Umsetzung der russischen Erfahrung, die ungesetzliche Gründung oder die Reorganisation der

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Gesellschaft durch einen Strohmann sowie die Ausnutzung von Unterlagen des Strohmanns für die Durchführung einer Unternehmensbestattung unter Strafe zu stellen, stellt eine gute Lösung dar. Sie wäre auch für das deutsche Strafrecht eine attraktive Alternative, weil sie ein neues effektives Mittel gegen die Praxis der gewerbsmäßigen Unternehmensbestatter offeriert, die mit viel geringeren Nachweisschwierigkeiten verbunden ist. Die mühsamen kriminalistischen Recherchen hinsichtlich einer strafrechtlichen Verstrickung der Hintermänner werden auf diese Wege überflüssig. Es reicht aus, dass der Hintermann die Ausweisdaten eines Strohmanns für seine ruinierenden Ziele ausnutzt und hierbei die Gesellschaft auf ungesetzliche Weise abwickelt. Wenn diese Strafnorm sowohl in Russland, als auch nach ihrer Einführung in Deutschland konsequent angewandt werden würde, könnte dem Übel der „alternativen Liquidation“ kräftig entgegengewirkt werden. Des Weiteren spielt das Institut der „faktischen Geschäftsführung“ für die Strafbarkeit des Hintermanns sowohl im deutschen als auch im russischen Recht eine immer größere Rolle. Obwohl dieses Institut inzwischen in der Rechtsprechung und Lehre in beiden Ländern fest verankert ist, wird im Rahmen dieser Arbeit eine weitere Entwicklung dieses Rechtsinstituts vorgeschlagen. Insbesondere betrifft dies den russischen „faktischen Geschäftsführer“, der ungeachtet seiner weitgehenden Anerkennung im Schrifttum in der Rechtsprechung noch nicht die Anerkennung gefunden hat, die er verdient. Vorgeschlagen wird deshalb de lege ferenda die Aufnahme folgender Vorschrift in das russische Strafgesetzbuch: „Als Geschäftsführer und eine Person, die die Führungsfunktion in kommerzieller oder anderer Organisation ausführt, ist im Rahmen des vorliegenden Gesetzbuches auch eine Person zu erkennen, die nicht als Geschäftsführer oder Mitarbeiter der Organisation sowie eine andere die Führungsfunktion ausübende Person ist, aber tatsächlich auf die organisatorischen, administrativen und wirtschaftlichen Entscheidungen der Organe der juristischen Person einwirkt“.

Nach russischem Recht nimmt das Merkmal der „wesentlichen Einwirkung auf die juristische Person“ eine zentrale Rolle ein. Nach russischer Rechtsauffassung handelt es sich um die wichtigsten Weichenstellungen innerhalb der Gesellschaft. Es sind nach russischem Recht also keine von außen erkennbaren Aktivitäten notwendig. Nach deutschem Recht braucht man hingegen für die Bejahung der „faktischen Geschäftsführung“ neben der internen Machtausübung auch das Auftreten nach außen als Vertretungsorgan. Die deutsche Rechtslage hat jedoch den Nachteil, dass gerade im Fall der Unternehmensbestattung der Hintermann nur selten als „offizielles“ Organ der GmbH in Erscheinung tritt. Deshalb gibt es insoweit erhebliche Strafbarkeitslücken. Da die russische „Theorie der Rechte und Pflichten“ insoweit einen umfassenderen Schuldnerschutz gewährleistet, erscheint sie in diesem Sinne vorzugswürdig. Im deutschen Recht sollte der Verzicht auf das Kriterium der „Außenwirkung“ erwogen werden. So gesehen hat also der Vergleich zwischen der deutschen und der rusisschen Rechtslage beim Kampf gegen das neue Phänomen der Unternehmensbestattung

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ergeben, dass beide Systeme Vor- und Nachteile aufweisen. Gerade dies ist eine wichtige Basis für die Herausarbeitung einer zukunftsträchtigen Strategie im Kampf gegen diese neue Form der Wirtschaftskriminalität. Es ist zu hoffen, dass beide Rechtsordnungen im Dienste der Sache von einander lernen!

Anhang

Ausgewählte Vorschriften des russischen Rechts1 Art. 56 ZGB: Haftung einer juristischen Person (1) Juristische Personen haften für ihre Verbindlichkeiten mit ihrem gesamten Vermögen. Besonderheiten der Haftung eines staatlichen Unternehmens und einer Einrichtung für ihre Verbindlichkeiten werden nach den Regeln der Art. 113 P. 6 Abs. 3, Art. 123.21 P. 3, Art.123.22 P. 3 – 6 und Art. 123.23 P. 2 des vorliegenden Gesetzbuches bestimmt. Besonderheiten der Haftung einer religiösen Organisation werden nach den Regeln des Art. 123.28 P. 2 des vorliegenden Gesetzbuches bestimmt. (2) Der Gründer (Teilhaber) einer juristischen Person oder der Eigentümer ihres Vermögens haftet nicht für die Verbindlichkeiten der juristischen Person, und eine juristische Person haftet nicht für die Verbindlichkeiten ihres Gründers (Teilhabers) oder Eigentümers, mit Ausnahme der Fälle, die im vorliegenden Gesetzbuch oder in den Gründungsdokumenten einer juristischen Person vorgesehen sind. Auszug aus Art. 167 ZGB: Allgemeine Bestimmungen über Rechtsfolgen eines unwirksamen Rechtsgeschäfts (1) Ein unwirksames Rechtsgeschäft zieht keine Rechtsfolgen nach sich, mit Ausnahme derjenigen Rechtsfolgen, die mit seiner Unwirksamkeit verbunden sind, und ist seit seiner Vornahme unwirksam. Der Person, die von den Unwirksamkeitsgründen eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts Kenntnis gehabt hat oder gehabt haben sollte, wird nach der Anerkennung der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts keine Gutgläubigkeit zugegeben. (2) Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam, ist jede Partei verpflichtet, der anderen alles aus diesem Rechtsgeschäft Erlangte zurückzugewähren und, falls die Rückgewähr in natura nicht möglich ist (zum Beispiel wenn das Erlangte in der Nutzung von Vermögen oder in geleisteten Diensten besteht), den Wert des Erlangten in Geld zu ersetzen, soweit durch das Gesetz nichts anderes vorgesehen ist. (3) […] (4) […]

1 Unter Berücksichtigung der Übersetzung von Solotych, Das Zivilgesetzbuch der Russischen Föderation, Erster Teil, S. 100, 150; Roggemann/Bergmann, Zivilgesetzbuch der Russischen Föderation (Erster Teil) von 1994, S. 90, 167 – 168; Schröder, Strafgesetzbuch der Russischen Föderation, S. 61 – 62, 129 – 130, 142 – 143, 153 – 158.

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Anhang: Ausgewählte Vorschriften des russischen Rechts

Art. 169 ZGB: Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäftes, das zu einem der Rechtsordnung oder Sittlichkeit widersprechenden Ziel vorgenommen wird Ein Rechtsgeschäft, das wissentlich zu einem der Rechtordnung oder Sittlichkeit widersprechenden Ziel vorgenommen wird, ist nichtig und zieht die Rechtsfolgen nach sich, die nach Art. 167 des vorliegenden Gesetzbuches vorgesehen sind. In Fällen, die vom Gesetz vorgesehen sind, ist das Gericht berechtigt, zugunsten der Russischen Föderation alles aus diesem Rechtsgeschäft Erlangte einzuziehen, wenn die Parteien vorsätzlich gehandelt haben, oder andere durch das Gesetz vorgesehene Rechtsfolgen anzuwenden. Art. 170 ZGB: Unwirksamkeit eines Scheingeschäfts und eines verdeckten Rechtsgeschäfts (1) Ein Scheingeschäft, das heißt ein Rechtsgeschäft, das lediglich zum Schein und ohne die Absicht, die diesem entsprechenden Rechtsfolgen herbeizuführen, vorgenommen wird, ist nichtig. (2) Ein verdecktes Rechtsgeschäft, das heißt ein Rechtsgeschäft, das mit dem Ziel, ein anderes Rechtsgeschäft zu verdecken, vorgenommen wird, sowie ein Rechtsgeschäft, dass unter anderen Bedingungen vorgenommen wird, sind nichtig. Auf das von den Parteien tatsächlich gewollte Rechtsgeschäft finden unter Berücksichtigung des Wesens und Inhalts des Rechtsgeschäfts die dieses betreffenden Regeln Anwendung. Auszug aus Art. 3 russ. AktG: Haftung der Gesellschaft (1) Eine Gesellschaft haftet für ihre Verbindlichkeiten mit dem gesamten ihr gehörenden Vermögen. (2) Eine Gesellschaft haftet nicht für Verbindlichkeiten ihrer Aktionäre. (3) Wird die Insolvenz (der Bankrott) einer Gesellschaft durch Handlungen (eine Unterlassung) ihrer Aktionäre oder anderer Personen, die berechtigt sind, für die Gesellschaft verbindliche Anweisungen zu erteilen, oder die auf andere Weise die Möglichkeit haben, deren Handlungen zu bestimmen, verursacht, kann den angeführten Aktionären oder den anderen Personen, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht ausreicht, die subsidiäre Haftung für deren Verbindlichkeiten auferlegt werden. Die Insolvenz (der Bankrott) einer Gesellschaft gilt nur in dem Fall als durch Handlungen (eine Unterlassung) ihrer Aktionäre oder anderer Personen, die berechtigt sind, für die Gesellschaft verbindliche Anweisungen zu erteilen, oder die auf andere Weise die Möglichkeit haben, deren Handlungen zu bestimmen, verursacht, wenn diese das angeführte Recht und die Möglichkeit dazu genutzt haben, von der Gesellschaft Handlungen auszuführen zu lassen, wohl wissend, dass infolge der genannten Handlungen die Insolvenz (der Bankrott) der Gesellschaft eintritt. (4) […] Auszug aus Art. 3 russ. GmbHG: Haftung der Gesellschaft (1) Eine Gesellschaft haftet für ihre Verbindlichkeiten mit dem gesamten ihr gehörenden Vermögen. (2) Eine Gesellschaft haftet nicht für Verbindlichkeiten ihrer Gesellschafter.

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(3) Im Falle der Insolvenz (des Bankrotts) der Gesellschaft, die durch ihre Gesellschafter oder andere Personen, die berechtigt sind, der Gesellschaft verbindliche Anweisungen zu geben oder auf andere Weise die Möglichkeit haben, deren Handlungen zu bestimmen, verschuldet wurde, kann den genannten Gesellschaftern oder anderen Personen, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht ausreicht, eine subsidiäre Haftung für deren Verbindlichkeiten auferlegt werden. (4) […] Auszug aus Art. 10 InsG a.F.: Haftung des Schuldners sowie anderer Personen im Insolvenzverfahren (1) […] (2) Die Verletzung der Insolvenzantragstellungspflicht in Fällen und innerhalb der Frist, die durch Art. 9 des vorliegenden föderalen Gesetzes vorgesehen sind, verursacht eine subsidiäre Haftung von Personen, die nach dem vorliegenden föderalen Gesetz verpflichtet sind, eine Entscheidung bezüglich der Antragstellung zum Wirtschaftsgericht zu treffen und solchen Antrag zu stellen, für Verbindlichkeiten des Schuldners, die nach dem Ablauf der von Art. 9 P. 2 und 3 des vorliegenden föderalen Gesetzes vorgesehenen Frist zustande gekommen sind. (3) […] (4) Wird der Schuldner durch Handlungen (Unterlassung) seiner kontrollierenden Personen für insolvent (bankrott) erklärt, haften diese Personen, wenn das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, subsidiär für seine Verbindlichkeiten. (5) Bis zum Beweis des Gegenteils wird angenommen, dass der Schuldner durch Handlungen (Unterlassung) seiner kontrollierenden Personen bei Vorliegen eines der folgenden Umstände für insolvent (bankrott) erklärt wird: Gläubigervermögensrechte werden durch den Abschluss eines oder mehrerer Rechtsgeschäfte von dieser Person, zugunsten dieser Person oder mit der Zustimmung dieser Person beeinträchtigt; Buchhaltungsunterlagen, deren Führungs- und Aufbewahrungspflicht von der Gesetzgebung der Russischen Föderation vorgesehen ist, fehlen zum Zeitpunkt der Beschlusserklärung über die Beaufsichtigungseinführung (oder zum Zeitpunkt der Bestellung vorübergehender Führung der finanziellen Organisation) oder der Beschlusserklärung über die Insolvenz des Schuldners oder enthalten keine von Gesetz wegen vorgesehene Information betreffend Vermögensgegenstände oder die angegebene Information ist so verfälscht, dass das weitere Bankrottverfahren sowie die Bildung der Konkursmasse erheblich erschwert werden; Die primäre Verbindlichkeiten dritter Ordnung, die durch Verletzung entstanden sind, für deren Begehung die Gerichtsentscheidung über die Heranziehung des Schuldners oder seiner als Exekutivorgan geltenden Angestellten zur strafrechtlichen, administrativen oder steuerrechtlichen Haftung in Kraft getreten ist, einschließlich die Verbindlichkeiten, die infolge des solchen Verfahrens herausgestellt wurden, überschreiten 50 % der gesamten in der Insolvenztabelle eingetragenen Verbindlichkeiten dritter Ordnung.

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Anhang: Ausgewählte Vorschriften des russischen Rechts

Auszug aus Art. 61.10 InsG: eine den Schuldner kontrollierende Person (1) Soweit nicht anderes vom vorliegenden föderalen Gesetz vorgeschrieben ist, zum Zweck des vorliegenden föderalen Gesetzes ist unter einer den Schuldner kontrollierenden Person eine natürliche oder juristische Person zu verstehen, die mindestens drei Jahre vor dem Eintritt der Insolvenzmerkmale sowie nach ihrem Eintritt, aber vor der Annahme des Insolvenzantrags durch das Wirtschaftsgericht das Recht hatte, den Schuldner verbindliche Anweisungen zu geben, oder über die Möglichkeit verfügte, auf eine andere Weise dessen Handlungen zu bestimmen, u. a. in Erfüllung von Rechtsgeschäften und Bestimmung ihrer Bedingungen. (2) Die Möglichkeit, Handlungen des Schuldners zu bestimmen, wird im Folgenden erfüllt: a) aufgrund der Verwandtschaft oder der Dispositionsmacht gegenüber dem Schuldner (dem Leiter oder Mitgliedern des Leitungsorgans des Schuldners); b) aufgrund einer Vollmacht, eines normativen Rechtsaktes oder einer besonderer Befugnis, im Namen des Schuldners Rechtsgeschäfte abzuschließen; c) aufgrund der Dispositionsmacht im Betrieb (u. a. zuständig für die Stellenbesetzung des Hauptbuchhalters, des Finanzdirektors oder der Personen, die im Unterpunkt b des Punkts 4 des vorliegenden Artikels angegeben sind, sowie Besetzung einer anderen Stelle, die die Entscheidungsmacht über Handlungen des Schuldners innehat); d) auf andere Weise, u. a. durch Druck auf den Geschäftsführer oder die Mitglieder der Leitungsorgane oder durch Einflussnahme auf den Geschäftsführer oder die Mitglieder der Leitungsorgane des Schuldners. (3) […] (4) Bis zum Beweis des Gegenteils wird angenommen, dass die Person als eine den Schuldner kontrollierende Person gehandelt hat, wenn diese Person: a) Geschäftsführer des Schuldners oder einer Verwaltungsorganisation des Schuldners, Mitglied eines Exekutivorgans des Schuldners, Liquidator des Schuldners, Mitglied des Liquidationskommission war; b) berechtigt war, eigenständig oder gemeinsam mit interessierten Personen 50 % oder mehr der stimmberechtigten Aktien einer Aktiengesellschaft oder über mehr als die Hälfte der Anteile des Stammkapitals einer Gesellschaft mit beschränkter (zusätzlicher) Haftung oder über mehr der Stimmen in der gemeinsamen Teilhabersammlung einer juristischen Person zu verfügen oder den Geschäftsführer des Schuldners zu bestellen; c) aus dem gesetzwidrigen oder bösgläubigen Verhalten der Personen Vorteil erlangt hat, die im Punkt 1 des Artikels 53.1 des Zivilgesetzbuches der Russischen Föderation angegeben sind. (5) Das Wirtschaftsgericht kann aus weiteren Gründen eine Person als eine den Schuldner kontrollierende Person erklären. (6) Zu den den Schuldner kontrollierenden Personen gehören nicht solche Personen, die weniger als 10 % des Stammkapitals der juristischen Person in ihrem unmittelbaren Besitz haben und die aus dieser Beteiligung nur einen normalen Gewinn erzielen.

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Auszug aus Art. 61.11 InsG: Subsidiäre Haftung wegen Unmöglichkeit der Tilgung von Verbindlichkeiten in vollem Umfang (1) Wenn die Tilgung von Verbindlichkeiten in vollem Umfang durch Handlungen und (oder) Unterlassung einer den Schuldner kontrollierenden Person unmöglich ist, haftet diese Person für Verbindlichkeiten des Schuldners subsidiär. (2) Bis zum Beweis des Gegenteils wird angenommen, dass die Tilgung von Verbindlichkeiten in vollem Umfang durch Handlungen und (oder) Unterlassung einer den Schuldner kontrollierenden Person bei Vorliegen einer der folgenden Umstände unmöglich ist: a) Gläubigervermögensrechte werden durch den Abschluss eines oder mehrerer Rechtsgeschäfte des Schuldners, einschließlich in Art. 61.2 und 61.3 des vorliegenden föderalen Gesetztes angegebenen Rechtsgeschäfte, von dieser Person, zugunsten dieser Person oder mit der Zustimmung dieser Person beeinträchtigt; b) Buchhaltungsunterlagen, deren Führungs- und Aufbewahrungspflicht von der Gesetzgebung der Russischen Föderation vorgesehen ist, fehlen zum Zeitpunkt der Beschlusserklärung über die Beaufsichtigungseinführung (oder zum Zeitpunkt der Bestellung vorübergehender Führung der finanziellen Organisation) oder der Beschlusserklärung über die Insolvenz des Schuldners oder enthalten keine von Gesetz wegen vorgesehene Pflichtinformation betreffend Vermögensgegenstände oder die angegebene Information ist so verfälscht, dass das weitere Bankrottverfahren sowie die Bildung der Konkursmasse erheblich erschwert werden; c) Die primäre Verbindlichkeiten dritter Ordnung, die durch Verletzung entstanden sind, für deren Begehung die Gerichtsentscheidung über die Heranziehung des Schuldners oder seiner als Exekutivorgan geltenden Angestellten zur strafrechtlichen, administrativen oder steuerrechtlichen Haftung in Kraft getreten ist, einschließlich die Verbindlichkeiten, die infolge des solchen Verfahrens herausgestellt wurden, überschreiten 50 % der gesamten in der Insolvenztabelle eingetragenen Verbindlichkeiten dritter Ordnung; d) Unterlagen, deren Aufbewahrung nach der Gesetzgebung der Russischen Föderation über Aktiengesellschaften, über Wertpapiermarkt, über Beteiligungsfonds, über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, über staatlichen und kommunalen unitarischen Unternehmen und nach damit übereinstimmenden normativen Rechtsakten verbindlich ist, fehlen zum Zeitpunkt der Beschlusserklärung über die Beaufsichtigungseinführung (oder zum Zeitpunkt der Bestellung vorübergehender Führung der finanziellen Organisation) oder der Beschlusserklärung über die Insolvenz des Schuldners oder sie sind verfälscht; e) Zum Zeitpunkt der Einleitung des Insolvenzverfahrens sind die vom föderalen Gesetz wegen einzutragenden Angaben nicht eingetragen oder unrichtige Angaben über juristische Person eingetragen: - in das Einheitliche Staatsregister juristischer Personen aufgrund der von dieser juristischen Person vorgelegten Unterlagen; - in das Einheitliche Föderale Informationsregister über die Tätigkeit juristischer Personen in Bezug auf Angaben, deren Eintragungspflicht der juristischen Person obliegt. (3) […]

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Anhang: Ausgewählte Vorschriften des russischen Rechts

(4) […] (5) […] (6) […] (7) […] (8) Wenn die Tilgung von Verbindlichkeiten in vollem Umfang durch Handlungen und (oder) Unterlassung mehrerer den Schuldner kontrollierenden Personen unmöglich ist, haften diese Personen subsidiär mit. Auszug aus Art. 61.12 InsG: Subsidiäre Haftung für Nichtstellung (nicht rechtzeitige Stellung) des Eröffnungsantrags (1) Die Nichterfüllung der Pflicht zur Antragstellung zum Wirtschaftsgericht (zur Einberufung der Versammlung für Beschlussfassung über die Antragstellung zum Wirtschaftsgericht oder zur solchen Beschlussfassung) in Fällen und innerhalb der Frist, die durch Art. 9 des vorliegenden föderalen Gesetzes vorgesehen ist, verursacht eine subsidiäre Haftung von Personen, die nach dem vorliegenden föderalen Gesetz verpflichtet sind, die Versammlung für die Beschlussfassung über die Antragstellung zum Wirtschaftsgericht einzuberufen und (oder) einen solchen Beschluss zu fassen und (oder) einen jeweiligen Antrag zum Wirtschaftsgericht zu stellen. Erfüllen mehrere Personen die angegebene Pflicht nicht, haften diese Personen solidarisch. (2) […] (3) […] Art. 33 StGB RF: Arten der an einer Straftat Mitbeteiligten (1) Als Mitbeteiligte an einer Tat gelten neben dem Täter auch der Organisator, der Anstifter und der Gehilfe. (2) Als Täter gilt eine Person, die unmittelbar eine Straftat begangen hat oder unmittelbar an der Tatbegehung gemeinschaftlich mit anderen Personen (Mittäter) beteiligt war, sowie eine Person, die eine Straftat durch einen anderen begangen hat, der wegen seines Alters, wegen Unzurechnungsfähigkeit oder wegen sonstiger in dem vorliegenden Gesetzbuch vorgesehener Umstände der strafrechtlichen Verantwortung nicht unterliegt. (3) Als Organisator gilt eine Person, die die Begehung einer Straftat organisiert und ihre Ausführung geleitet hat, sowie eine Person, die eine organisierte kriminelle Gruppe oder eine kriminelle Vereinigung (kriminelle Organisation) gegründet oder sie geleitet hat. (4) Als Anstifter gilt eine Person, die einen anderen durch Überredung, Bestechung, Drohung oder auf sonstige Weise zur Begehung einer Straftat bestimmt hat. (5) Als Gehilfe gilt eine Person, die bei der Tatbegehung einem anderen Hilfe, und zwar durch Ratschläge, Anweisungen, Überlassung einer Information, von Mitteln oder Tatwerkzeugen für die Begehung einer Straftat oder durch Beseitigung von Hindernissen geleistet hat, sowie eine Person, die im Voraus versprochen hat, den Täter, Mittel oder Tatwerkzeuge für die Begehung der Straftat, Spuren der Straftat oder illegal erlangten Gegenstände zu verbergen, wie auch eine Person, die im Voraus versprochen hat, solche Gegenstände zu erwerben oder abzusetzen.

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Auszug aus Art. 34 StGB RF: Verantwortung der an einer Straftat Mitbeteiligten (3) Die strafrechtliche Verantwortung eines Organisators, Anstifters und Gehilfen tritt nach dem Artikel ein, der die Strafe für die begangene Straftat unter Verweis auf Artikel 33 des vorliegenden Gesetzbuches vorsieht, mit Ausnahme der Fälle, in denen diese Personen zugleich Mittäter der begangenen Straftat waren. (4) Eine Person, die nicht Subjekt einer Straftat ist, das speziell in dem entsprechenden Artikel des Besonderen Teils des vorliegenden Gesetzbuches angegeben ist, die an der Begehung einer Straftat, die in dem vorliegenden Artikel vorgesehen ist, beteiligt war, wird für die betreffende Straftat als ihr Organisator, Anstifter oder Gehilfe bestraft. Auszug aus Art. 159 StGBRF: Betrug (1) Betrug, das heißt die Entziehung des Fremdgutes oder der Erwerb eines Rechts auf Fremdgut durch Täuschung oder Mißbrauch von Vertrauen, wird mit Geldstrafe in Höhe bis zu 120.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum bis zu einem Jahr, oder mit Pflichtarbeit bis zu 360 Stunden, oder Besserungsarbeit bis zu einem Jahr, oder mit Sicherungsverwahrung bis zu zwei Jahren, oder mit Zwangsarbeit bis zu zwei Jahren, oder mit Zwangshaft bis zu vier Monaten, oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft. Auszug aus Art. 160 StGB RF: Unterschlagung oder Veruntreuung (1) Unterschlagung oder Veruntreuung, und zwar die Entziehung des Fremdgutes, das dem Täter anvertraut wurde, wird mit Geldstrafe in Höhe bis zu 120.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum bis zu einem Jahr, oder mit Pflichtarbeit bis zu 240 Stunden, oder mit Besserungsarbeit bis zu sechs Monaten, oder mit Sicherungsverwahrung bis zu zwei Jahren, oder mit Zwangsarbeit bis zu zwei Jahren, oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft. Auszug aus Art. 173.1 StGB RF: Ungesetzliche Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person (1) Gestaltung (Gründung, Reorganisation) einer juristischen Person durch Strohmänner sowie Eingabe der Daten, die die Eintragung ins EGRJuL die Angaben über Strohmänner zur Folge haben, ins Organ, das die staatliche Registration der juristischen Personen und Einzelunternehmer ausübt, Auskünften, werden mit Geldstrafe in Höhe von 100.000 bis 300.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum von sieben Monaten bis einem Jahr, oder mit Zwangsarbeit bis zu drei Jahren, oder mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. (2) Die gleiche Tat wird, wenn sie a) von einer Person unter Ausnutzung ihrer Dienststellung, b) von einer Personengruppe nach vorheriger Verabredung,

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Anhang: Ausgewählte Vorschriften des russischen Rechts mit Geldstrafe in Höhe von 300.000 bis 500.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum von einem bis drei Jahren, oder mit Pflichtarbeit für die Zeit von 180 bis 240 Stunden, oder mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Anmerkung: Als Strohmann gilt in dem vorliegenden Artikel und in dem Artikel 173.2 des vorliegenden Gesetzbuches neben Gründern, Gesellschaftern und Geschäftsführern der juristischen Person, deren Angaben durch ihre Irreführung oder ohne ihre Kenntnisse ins EGRJuL eingetragen sind, auch eine Person, die zwar als Leitungsorgan eingetragen ist, die jedoch tatsächlich die juristische Person nicht leiten soll.

Art. 173.2 StGB RF: Ungesetzliche Ausnutzung von Unterlagen für die Gestaltung (Gründung, Reorganisation) der juristischen Person (1) Die Überlassung von Ausweispapieren oder Vollmachterteilungen wird, wenn diese Handlungen zum Zweck der Eintragung ins EGRJuL der Angaben über einem Strohmann vorgenommen werden, mit Geldstrafe in Höhe von 100.000 bis 300.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum von sieben Monaten bis einem Jahr, oder mit Pflichtarbeit von 180 bis 240 Stunden, oder mit Besserungsarbeit bis zu zwei Jahren bestraft. (2) Der Erwerb eines Ausweispapiers oder die Ausnutzung der Personaldaten, die illegal erhalten wurden, wird, wenn diese Handlungen zum Zweck der Eintragung ins EGRJuL der Angaben über einem Strohmann vorgenommen werden, mit Geldstrafe in Höhe von 300.000 bis 500.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum von einem Jahr bis drei Jahren, oder mit Zwangsarbeit bis zu drei Jahren, oder mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Anmerkung: Unter dem Erwerb eines Ausweispapiers wird in dem vorliegenden Artikel ein entgeltlicher oder unentgeltlicher Erhalt von Papieren, Aneignung gefundener oder gestohlener Ausweispapiere sowie eine Aneignung von Papiere durch Betrug oder Vertrauensmissbrauch verstanden. Art. 177 StGB RF: Böswilliges Entziehen vor der Tilgung einer Kreditschuld Das böswillige Entziehen einer Organisation durch das Leitungsorgan oder das bösswilige Sichentziehen eines Bürgers vor der Tilgung einer Verbindlichkeit in großem Umfang oder vor der Einlösung von Wertpapieren nach dem Inkrafttreten einer entsprechenden Gerichtsentscheidung wird mit Geldstrafe in Höhe bis zu 200.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum bis zu 18 Monaten, oder mit Pflichtarbeit bis zu 480 Stunden, oder mit Zwangsarbeit bis zu zwei Jahren, oder mit Zwangshaft bis zu sechs Monaten, oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft. Auszug aus Art. 195 StGB RF: unrechtmäßige Handlungen bei Bankrott (1) Die Verheimlichung von Vermögen, von Vermögensrechten oder Vermögensverbindlichkeiten, von Angaben über das Vermögen, seinen Umfang, seine Belegenheit oder von

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sonstigen Informationen über das Vermögen, über Vermögensrechte oder Vermögensverbindlichkeiten, die Übergabe von Vermögen in den Besitz anderer Personen, die Veräußerung oder die Zerstörung des dem Schuldner – d. h. einer juristischen Person oder natürlichen Person, u. a. einem Einzelunternehmer – zugehörigen Vermögens, sowie die Verheimlichung, Zerstörung oder Fälschung von Bilanzierungsunterlagen oder von sonstigen Dokumenten der Rechnungslegung, die die wirtschaftliche Tätigkeit der betreffenden juristischen Person oder des Einzelunternehmers wiedergeben, wenn diese Handlungen bei Vorliegen der Bankrottmerkmale vorgenommen wurden und einen großen Schaden verursacht haben, werden mit Geldstrafe in Höhe von 100.000 bis 500.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum von eins bis drei Jahren, oder mit Sicherungsverwahrung bis zu zwei Jahren, oder mit Zwangsarbeit bis zu drei Jahren, oder mit Zwangshaft bis zu sechs Monaten, oder mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren in Verbindung mit Geldstrafe in Höhe bis zu 200.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum bis zu 18 Monaten oder ohne eine solche Verbindung bestraft. (2) […] (3) […] Art. 196 StGB RF: absichtlicher Bankrott Absichtlicher Bankrott, das heißt die Vornahme von Handlungen (Unterlassung) durch das Leitungsorgan, Gründer (Teilhaber) der juristischen Person oder durch Einzelunternehmer, die wissentlich die Unfähigkeit einer juristischen Person oder eines Einzelunternehmers herbeigeführt haben, in vollen Umfang Gläubigerforderungen in Geldverhältnissen zu befriedigen und/oder der Verpflichtung zur Tätigung von öffentlichen Pflichtzahlungen nachzukommen, werden, wenn diese Handlungen (Unterlassung) einen großen Schaden verursacht haben, mit Geldstrafe in Höhe von 200.000 bis 500.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum von eins bis drei Jahren, oder mit Zwangsarbeit bis zu fünf Jahren, oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Jahren in Verbindung mit Geldstrafe in Höhe bis zu 200.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum bis zu 18 Monaten oder ohne eine solche Verbindung bestraft. Auszug aus Art. 199 StGB RF: Steuerhinterziehung von einer Organisation (1) Die Entziehung von der Zahlung von Steuern und/oder Einlagen durch Nichtabgabe der Steuererklärung oder sonstiger Buchführungsunterlagen, deren Vorlage gemäß der Gesetzgebung der Russischen Föderation über Steuern und Einlagen erforderlich ist, oder durch Eintragung von wissentlich falschen Angaben in die Steuererklärung oder sonstige Buchführungsunterlagen, wenn dies in großem Umfang begangen wurde, wird mit Geldstrafe in Höhe von 100.000 bis 300.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum von eins bis zwei Jahren, oder mit Zwangsarbeit bis zu zwei Jahren in Verbindung mit Entzug des Rechts zur Ausübung bestimmter Ämter oder einer bestimmten Tätigkeit bis zu drei Jahren oder ohne solche, oder mit Zwangshaft bis zu sechs Monaten, oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei

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Anhang: Ausgewählte Vorschriften des russischen Rechts Jahren in Verbindung mit Entzug des Rechts zur Ausübung bestimmter Ämter oder einer bestimmten Tätigkeit bis zu drei Jahren oder ohne eine solche Verbindung bestraft.

(2) […] Art. 199.2 StGB RF: Verheimlichung von Geldmitteln oder Vermögen der juristischen Person oder eines Einzelunternehmers, durch die Steuern und Einlagen zu decken sind Die Verheimlichung von Geldmitteln oder von Vermögen einer juristischen Person oder eines Einzelunternehmers in großem Umfang durch den Eingentümer oder das Leitungsorgan der Organisation oder durch eine andere Person, welche eine Leitungsfunktion in dieser Organisation inne hat, oder durch den Einzelunternehmern, durch welche gemäß dem in der Gesetzgebung der Russischen Föderation über Steuern und Einlagen vorgesehenen Verfahren ausständige Steuern und Einlagen zu decken sind, wird mit Geldstrafe in Höhe von 200.000 bis 500.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum von 18 Monaten bis drei Jahren, oder mit Zwangsarbeit bis zu fünf Jahren in Verbindung mit Entzug des Rechts zur Ausübung bestimmter Ämter oder einer bestimmten Tätigkeit bis zu drei Jahren oder ohne solche, oder mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren in Verbindung mit Entzug des Rechts zur Ausübung bestimmter Ämter oder einer bestimmten Tätigkeit oder ohne eine solche Verbindung bestraft. Auszug aus Art. 201 StGB RF: Untreue (1) Der Gebrauch von Befugnissen durch eine Person, die in einer kommerziellen oder sonstigen nichtstaatlichen Organisation Leitungsfunktionen ausübt, in Widerspruch zu den gesetzmäßigen Interessen dieser Organisation und zum Zweck der Erzielung von Gewinnen und Vorteilen für sich oder andere Personen oder zur Herbeiführung eines Schadens bei anderen Personen, wird, wenn diese Handlungen die Verursachung eines wesentlichen Schadens für die Rechte und die gesetzlichen Interessen von Bürgern oder Organisationen oder für die gesetzlich geschützten Interessen der Gesellschaft oder des Staats nach sich gezogen haben, mit Geldstrafe in Höhe bis zu 200.000 Rubel oder in Höhe des Arbeitsentgelts oder eines sonstigen Einkommens des Verurteilten für den Zeitraum bis zu 18 Monaten, oder mit Pflichtarbeit bis zu 480 Stunden, oder mit Besserungsarbeit bis zu zwei Jahren, oder mit Zwangsarbeit bis zu vier Jahren, oder mit Zwangshaft bis zu sechs Monaten, oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren bestraft. (2) […]

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Stichwortverzeichnis Abberufung des Geschäftsführers 47, 50, 67, 69 – 73, 76, 91, 93, 140, 147 f., 160, 168, 170, 186, 188, 199, 203, 209, 217, 264 – 266, 269, 271, 273 absichtlicher Bankrott 131, 137, 182, 199 f., 201, 227, 274 Abtrennung 33, 61, 63, 84, 87, 264 Abtretung der Geschäftsanteile 65, 72, 77, 178 Abtretung der Gesellschaftsanteile siehe Anteilsveräußerung Abtretungsvertrag 45 f. Abwickler 138, 163, 229 f., 277 Abwicklungsgesellschaft 36, 56 f., 60 Allein-Gesellschafter 140 alternative Liquidation 20, 22, 31 – 33, 55 f., 59, 62, 64, 79 – 84, 86 f., 90 f., 129 – 131, 135 – 137, 181, 186, 188, 194, 196 f., 199, 201, 203 – 208, 210, 225, 227, 242, 245, 248, 251, 254 – 257, 259 – 268, 272 – 279 Alt-Mantel 54 Amtsniederlegung 47, 65 – 67, 133 f., 140 f., 147, 160, 170, 188, 199, 217, 264, 269 Anstiftung 239 – 241, 261 f., 269, 277 Anteilseigner 37, 58, 132, 134 Anteilsveräußerung 26, 31 – 34, 45, 50, 56 f., 65, 69, 72, 74, 76 f., 79 f., 82 f., 99, 107, 110, 133 f., 139, 166 – 169, 233, 263 – 265, 271, 273 Antragsabweisung mangels Masse 69 Auffanggesellschaft 34, 55, 107 f., 111, 156, 159, 167, 172, 176 f., 194, 224, 266, 270 Auffangtatbestand 137, 163, 166, 172, 271 f., 278 Aufteilung 33, 61, 63, 264 Bankrott 26, 112 f., 116 – 120, 124 f., 127, 137, 150, 152, 154 f., 168, 172, 181 – 183,

188, 190 f., 194, 198 – 201, 209, 223 – 225, 227, 231, 242, 246, 248, 273 f. Begünstigung 223 Beihilfe 179 f., 209, 221 – 223, 240 f., 245, 261 f., 269, 273, 277 Beschädigungsvermutung 121 Beseitigung von Unterlagen 216 Bestatter 21, 24, 47, 51, 60, 62, 137, 147, 149, 168, 216, 225, 230, 233, 235, 240, 249, 255, 263, 272, 278 siehe auch Unternehmensbestatter Bestattungsunternehmen 22, 48, 56, 63, 82 Bestellung des Neugeschäftsführers 47, 50, 52, 59, 67, 76, 91, 210, 215 – 218, 227, 265 f. Betrug 178, 206 f., 233, 236, 249, 251, 257, 276 Deliktshaftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung 100 den Schuldner kontrollierende Person 115, 124, 134 die Tätigkeit eingestellt habende juristische Person 59, 201 Dienstleistungspaket 46 Durchgriffshaftung 23, 96 f., 99, 103 – 106, 109 – 111, 113 f., 116, 125, 266 Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung 23, 104 – 106, 109 – 111, 266 Ein-Mann-GmbH 20, 139, 152, 173 f. Ein-Personen-Gesellschaft siehe Ein-MannGmbH eintägiges Scheinunternehmen 38, 57, 62, 63, 86, 113, 119, 131, 137, 251, 264, 276 Eintragung ins EGRJuL 88, 253, 257, 276 Entsorgungsentgelt 35 f., 46 Existenzvernichtungshaftung 23, 96 – 103, 106 – 109, 111, 114, 125, 175, 267

Stichwortverzeichnis faktischer Geschäftsführer 27, 59, 151, 170, 211 – 213, 228 – 233, 243 – 246, 258 f., 269, 274 faktischer Liquidator 230, 233, 246, 269, 271 Firmenbestatter siehe Unternehmensbestatter Firmenbestattung siehe Unternehmensbestattung Führungslosigkeit der Gesellschaft 35, 53, 140, 150, 264 Funktionstheorie 153 – 156, 172, 217 Geschäft mit Interessiertheit 83 Gesellschafterbeschlüsse 69, 76, 85 Gesetzeskonkurrenz 177, 205 gewerbsmäßige Abwicklung siehe Unternehmensbestattung Gläubigerbenachteiligung 45, 68, 70, 74 – 76, 220, 264 GmbH-Bestattung siehe Unternehmensbestattung Handlungseinheit 169 f., 172, 180 Hehlerei 176 f. Hintermann 36 – 38, 188, 213 f., 218, 228 – 231, 233, 236 – 242, 244, 246, 248 f., 251, 253 – 255, 258 – 262, 269, 271, 274, 276 f., 279 Inkorporation 33, 36, 38, 61 – 63, 87, 254, 264 Insolvenzantragspflicht 26, 47, 69, 77 f., 126, 128, 131, 138, 144 – 146, 149, 214 Insolvenzantragstellung 50 f., 93, 118, 126 f., 131, 135, 140, 148, 195, 215, 228, 263, 278 Insolvenzerklärung 117 f., 124, 132 Insolvenzverschleppung 20, 25 f., 48 f., 66, 70, 126, 128 f., 132, 135, 137 – 140, 142, 145 – 147, 149 f., 210 – 216, 218, 228 – 230, 241, 267 f., 271 f., 277 Insolvenzverursachungshaftung siehe subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung Insolvenzverwalter 21, 26, 39, 41, 52, 60, 76, 92, 122, 124, 129 f., 132, 135, 158 f., 166, 182, 184, 190 f., 201, 275 Integration 33, 36, 61 – 63, 87, 264

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intellektuelle Fälschung 193 Interessentheorie 151 – 156, 160, 166, 172, 219, 270 Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der Gesellschafter der juristischen Person und deren Insolvenz 120 materielle Fälschung 193 missbräuchliche Liquidation siehe Unternehmensbestattung Mitarbeitertheorie 183 – 185 Mitglieder des Vertretungsorgans 138 f., 213, 230 Mittäter 27, 170, 177, 216, 223, 244, 246, 254, 259 – 261, 271, 274, 277 Mittäterschaft siehe Mittäter mittelbarer Täter 237, 239, 258 – 260, 274 Nebentäter 170 Nichtigkeit der durchgeführten Maßnahmen 21, 186 Nominal siehe nomineller Geschäftsführer nomineller Geschäftsführer 37, 56, 225, 245, 259 Organisator

35, 244 f., 259 – 261, 277

Parallelwertung in der Laiensphäre 148, 237 Personalunion 173, 176, 179, 270, 274 Personalvorrat 36, 47, 57, 60, 210 Prinzipal-Agenten-Konflikt 43 Quasi-Führungslosigkeit

67, 141, 150

Reorganisation 31, 38, 61, 63, 79, 84 – 89, 91, 119, 129, 186, 225 f., 251 f., 254 – 256, 264 f., 276, 278 Scheinadresse 49, 58, 89, 208, 263 Scheingeschäft 65, 79 – 81, 133 Schema Eingang–Ausgang 57, 82, 255 Schuldnereigenschaft 27, 151, 154 f., 157, 186, 217 – 220, 231, 233, 259, 269 – 271, 273, 278 schuldrechtliche Vereinbarung 46

316

Stichwortverzeichnis

Sittenwidrigkeit 23, 69 – 72, 74 – 78, 82 f., 101, 107 – 109, 140, 148 f., 169, 171, 210, 218, 236, 264 Sitzverlegung 31 – 33, 39, 49 – 52, 58, 67 – 69, 72, 76 f., 79, 88 f., 93, 149, 163, 166 – 168, 170 f., 201, 208, 219 f., 264, 271 Sonderdelikt 138, 153, 236, 242 Strafvereitelung 223, 272 Strohgeschäftsführer siehe Strohmann Strohmann 24, 27, 37 f., 57, 82, 99, 163, 166 f., 170, 176, 179 – 181, 212 – 214, 216 f., 219 – 221, 224 – 227, 229 f., 235, 237 f., 240, 242, 244 f., 252 – 257, 262 f., 269 f., 274, 277, 279 subsidiäre Insolvenzverschleppungshaftung 23, 126, 129, 131 subsidiäre Insolvenzverursachungshaftung 23, 125, 131, 135, 268 Subventionsbetrug 25, 178 sukzessive Anstiftung 240 sukzessive Beihilfe 242 sukzessive Mittäter 180 Tateinheit 172, 205, 257 Teilnahme 20, 78, 170, 179, 209, 223, 237, 239, 245, 269, 273 Theorie der Rechte und Pflichten 185 f., 188, 259, 273 f., 279 Theorie des funktionalen Zusammenhangs 184 Übergabeprotokoll 50 Überschuldung 25, 127, 133, 135, 138, 141, 143 – 146, 150, 154, 171, 214, 221, 228, 274 Umfirmierung 39, 49 f., 55, 58, 69, 73, 88, 163, 166 – 168, 170 f., 264, 271 Umgehungsgeschäft 71 unbeschränkte Haftung siehe Durchgriffshaftung Unternehmensberater 35, 148 Unternehmensbestatter 20 f., 33 – 38, 45, 55 f., 62, 65, 69, 73, 75, 78, 88, 95, 136 f.,

172, 176, 196, 199, 226, 232 f., 238 f., 263, 269, 279 Unternehmensbestattung 19, 21 – 24, 29 f., 32 – 34, 36 – 39, 41, 43 – 45, 51 – 53, 62 – 64, 66 f., 69 – 78, 81 – 83, 92 – 95, 97, 102, 106 f., 109 – 111, 114, 136 f., 140, 146, 150 f., 155 – 157, 159, 162 f., 165 – 169, 171 f., 175 – 181, 185, 194, 210, 212, 214 – 217, 220 – 223, 226, 228, 231 f., 234, 237 – 239, 242, 263 – 272, 277 – 279 Unterschlagung 25, 222, 227, 236, 250, 258 Untreue 26, 152, 156, 168, 172, 174 – 176, 179 f., 200, 203 – 205, 221 f., 272, 275 Unzulänglichkeit des Vermögens 117 f., 123, 127, 133 Urkundenfälschung 178 – 180, 193 verdecktes Rechtsgeschäft 81 f., 87, 265 Verheimlichung des Vermögens 30, 183, 189 Verletzung der Buchführungspflicht 25, 161 Vermögensverschiebung 59, 76, 107, 155 f., 158 f., 176, 189 f., 194, 203, 221, 242, 270, 273 Vernichtung von Gesellschaftsunterlagen 50 Verringerung des Vermögensstandes 163, 165 Verschleiern der geschäftlichen Verhältnisse 164, 167 Vorliegen der Bankrottmerkmale 182, 194 – 196, 224, 248 f. Vorratsgesellschaft 24, 40, 54, 242 Wirtschafts- oder Krisenberater siehe Unternehmensberater Zahlungsunfähigkeit 25, 86, 108, 112 f., 117 f., 124, 127 f., 130, 133 – 135, 138, 141 – 146, 148, 150, 163, 171, 195, 198, 201, 214, 228, 274 Zurechnungsmodell 154 – 156, 160, 168, 171 f., 217, 270 f.