Die Staatsaufsicht über die Anstalten des Öffentlichen Rechts im deutsch-koreanischen Vergleich [1 ed.] 9783428529544, 9783428129546

Die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts sind gegenüber der unmittelbaren Staatsverwaltung als verselbständig

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Die Staatsaufsicht über die Anstalten des Öffentlichen Rechts im deutsch-koreanischen Vergleich [1 ed.]
 9783428529544, 9783428129546

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Schriften zum Internationalen Recht Band 186

Die Staatsaufsicht über die Anstalten des Öffentlichen Rechts im deutsch-koreanischen Vergleich

Von

Moon-Seok Chae

Duncker & Humblot · Berlin

MOON-SEOK CHAE

Die Staatsaufsicht über die Anstalten des Öffentlichen Rechts im deutsch-koreanischen Vergleich

Schriften zum Internationalen Recht Band 186

Die Staatsaufsicht über die Anstalten des Öffentlichen Rechts im deutsch-koreanischen Vergleich

Von

Moon-Seok Chae

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Process Media Consult GmbH, Darmstadt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-12954-6 (Print) ISBN 978-3-428-52954-4 (E-Book) ISBN 978-3-428-82954-5 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2008 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als Dissertation angenommen. Ganz besonders danken möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Thomas Würtenberger, der sowohl mein Magisterstudium als auch meine Promotion betreut hat. Dabei hat er mir eine bestmögliche Atmosphäre zur Konzentration auf meine Arbeit geschaffen. Ohne seine wertvolle wissenschaftliche Begleitung und aufmunternde Unterstützung wären diese Dissertation und mein sehr gewinnbringender Aufenthalt in Deutschland unmöglich gewesen. In jeder Hinsicht wird er mir für immer ein Vorbild bleiben. Bei Herrn Professor Dr. Gernot Sydow bedanke ich mich ganz herzlich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Dank gilt weiter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Institut für Öffentliches Recht. Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich dem Financial Supervisory Service in Korea für das mir gewährte Stipendium und die Freistellung für die Promotion. Schließlich möchte ich meinen Eltern, Schwiegereltern und Geschwistern für ihre liebevolle Unterstützung danken. Insbesondere meine Frau Mun-Hee hat mich durch Spenden hellen und warmen Hoffnungslichts viele schwierige Phasen überwinden lassen. Ihr und allen, die mich unterstützt haben, soll die Arbeit gewidmet sein. . Seoul/Korea, im Herbst 2010

Moon-Seok Chae

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 A. Ziel und Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Gang der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Erster Teil Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts

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A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. Einführung des Anstaltsbegriffs in die deutsche Verwaltungsrechtswissenschaft durch Otto Mayer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Kurze Vorbemerkung zur Begriffsgeschichte vor Otto Mayer . . . . . . . . . . . . 25 2. MayerÏscher Anstaltsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 II. Von der Handlungsform hin zu einer Organisationsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Fritz Fleiner und Werner Bühler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Arnold Köttgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3. Walter Jellinek und Werner Weber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4. Hans Jecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 5. Klaus Lange, Rüdiger Breuer sowie die Begleitaufsätze zu der Staatsrechtslehrertagung 1985 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 III. Zeitgemäßer Begriff der Anstalt des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. In der Rechtsprechung und in den gesetzlichen Regelungen . . . . . . . . . . . . . 37 2. In den heutigen führenden Werken zum Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 37 3. Abgrenzung zu benachbarten Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Abgrenzung zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . 40 b) Abgrenzung von Stiftungen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 c) Abgrenzung zur Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

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Inhaltsverzeichnis d) Abgrenzung zu öffentlichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 B. Stellung im Staatsgefüge und Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung . . . . . . . . 46 I. Stellung der anstaltlichen Verwaltung im Staatsgefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Die anstaltliche Verselbständigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 a) Motive und Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 b) Verfassungsrechtliche Garantie der anstaltlichen Verselbständigung? . . . . 48 2. Zuordnung zur mittelbaren Staatsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 II. Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2. Die Grundform der Staatsverwaltung; die unmittelbare und mittelbare Bundesverwaltung nach Art. 86 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 a) Bundeseigene Verwaltung, Art. 86 S. 1 1. Fall GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 b) Bundesmittelbare Verwaltung, Art. 86 S. 1 2. Fall GG . . . . . . . . . . . . . . . 53 3. Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Gegenstände der unmittelbaren Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 (1) Obligatorische unmittelbare Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 (a) Die vier wesentlichen Verwaltungsangelegenheiten des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 (b) Die übrigen Bereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (2) Fakultative unmittelbare Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (a) Die Gefahrenabwehr nach Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG und andere Bereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (b) Unmittelbare Bundesverwaltung durch Bundesoberbehörden (Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG) und bundeseigene Mittel- und Unterbehörden (Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Gegenstände der mittelbaren Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (1) Obligatorische mittelbare Bundesverwaltung des Art. 87 Abs. 2 GG . 56 (2) Fakultative mittelbare Bundesverwaltung des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG 56 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4. Überblick über die anstaltliche Verwaltung auf Landesebene . . . . . . . . . . . . 57 C. Die typische Organisationsstruktur der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts 60 I. Der Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 II. Der Verwaltungsrat (Aufsichtsrat) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 III. Die Gewährträgerversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Inhaltsverzeichnis

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IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 V. Exkurs: Überblick über die personelle Zusammensetzung der Verwaltungsbediensteten in der Anstalt mit Blick auf den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 I. Die Deutsche Bundesbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Rechtsform und Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Die Organe der Bundesbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Die Frage nach der Verfassungsorganqualität der Bundesbank . . . . . . . . . . . 72 4. Anstaltliche Staatsverwaltung und Selbstverwaltung bei der Bundesbank . . . 73 a) Bundesbank als Anstalt bei Lange und Schuppert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 b) Keine echte anstaltliche Selbstverwaltung bei der Bundesbank . . . . . . . . . 74 II. Neugründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht . . . . . . . . . . 74 1. Die Aufsichtsbehörden der deutschen Finanzaufsicht bis April 2002 . . . . . . 74 2. Die Gründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und deren Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3. Die Organe der BAFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 5. Exkurs: Überblick über die Zusammenarbeit mit der Bundesbank, deren verfassungsrechtliche Beurteilung, den Anlass für die Reform und die Diskussion verschiedener Modelle der Finanzdienstleistungsaufsicht . . . . . . 80 a) Die Zusammenarbeit mit der Bundesbank und deren verfassungsrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Der Anlass für die Reform und die Diskussion verschiedener Modelle der Finanzdienstleistungsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 III. Die Sparkassen und Landesbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Überblick über die deutsche Sparkassenorganisation und gesetzliche Grundlagen des Sparkassenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Die deutsche Sparkassenorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Gesetzliche Grundlagen des Sparkassenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. Die Organe der Sparkassen und Landesbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3. Der Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung und die Konsequenzen für Sparkassen und Landesbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Rechtliche Begründung und praktische Bedeutung von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

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Inhaltsverzeichnis b) Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 c) Konsequenzen des Wegfalls von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung . . 97 E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung der Anstalten des öffentlichen Rechts und ihre verfassungsrechtlichen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 I. Der Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts und die bemerkenswerte Renaissance des Anstaltsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 2. Das Holdingmodell und das Beleihungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Das Holdingmodell (das Berliner Modell) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Das Beleihungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für den Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Der Strukturwandel der Anstalten und die Grenzen der Landesgesetzgebungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Der Strukturwandel der Anstalten und das Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . 107 a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Die klassische Demokratiekonzeption und deren Modifikationen . . . . . . . 108 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Zweiter Teil Die Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in der Bundesrepublik Deutschland

113

A. Die Staatsaufsicht im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Kurze Einführung in die Staatsaufsichtslehre und in das Staatsaufsichtssystem . 113 1. Ausgangsbefund und Begrenzung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Begriff, Abgrenzung, Maßstab und Mittel der (Staats-)Aufsicht . . . . . . . . . . 115 a) Allgemeiner Begriff der Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Abgrenzung von Kontrolle, Leitung und Lenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (1) Aufsicht, Kontrolle und Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (2) Aufsicht und Lenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 c) Begriff der Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 d) Funktionen, Maßstab und Mittel der Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (1) Funktionen der Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (2) Rechts- und Fachaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

Inhaltsverzeichnis

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(3) Überblick über die Aufsichtsmittel und den Grundsatz ihrer Handhabung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (a) Die Klassifizierung der Aufsichtsmittel und der Grundsatz ihrer Handhabung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (aa) Die Klassifizierung der Aufsichtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (bb) Der Grundsatz der sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (b) Präventive Aufsichtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (c) Repressive Aufsichtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (aa) Informationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (bb) Beanstandung und Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (d) Informale Aufsichtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 II. Staatsaufsicht als Selbstverwaltungskorrelat und Anstaltsaufsicht als ein Abschnitt des staatlichen Aufsichtsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Staatsaufsicht als Selbstverwaltungskorrelat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Anstaltsaufsicht als Folge staatlicher Aufgabenübertragung und ihre Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien . . . . . . . . . 138 I. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 II. Erfordernis der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Erfordernis der Anstaltsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Verfassungsprinzipien und Anstaltsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 a) Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (1) Legitimationsbedürftiges Objekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (2) Verwirklichungsformen demokratischer Legitimation . . . . . . . . . . . . . 143 (3) Äquivalenter Ausgleich der Legitimationsformen und die Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (1) Überblick über die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . 147 (2) Staatsaufsicht und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung . . . . . . . . . . . 147 (a) Anwendung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf Anstalten . . 147 (b) Die Notwendigkeit der Einrichtung von Durchsetzungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (c) Verhältnis zwischen staatlicher Aufsicht und individuellem Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 c) Die Einheit der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (1) Der Begriff der Einheit der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

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Inhaltsverzeichnis (2) Einheit der Verwaltung und Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 C. Staatsaufsicht und Staatseinfluss bei einzelnen Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 I. Die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, die Staatsaufsicht und der Staatseinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 b) Erfordernis und Kriterien der Unabhängigkeit der Währungs- und Notenbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (1) Allgemeine Folgerung für die Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (2) Begründung der Zentralbankunabhängigkeit im Regierungsentwurf . . 157 (3) Definition der Zentralbankunabhängigkeit und deren Bewertungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 c) Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank im Grundgesetz und BBankG 159 (1) Unabhängigkeit im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (2) Unabhängigkeit im Gesetz über die Deutsche Bundesbank . . . . . . . . . 160 2. Staatseinfluss, Staatsaufsicht und die unabhängige Deutsche Bundesbank . . 161 a) Staatseinfluss auf die unabhängige Bundesbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (1) Gesetzlich normierter Staatseinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (2) Informeller Staatseinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 b) Staatsaufsicht über die unabhängige Bundesbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 II. Staatsaufsicht über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht . . . . . . 163 1. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Rechts- und Fachaufsicht über die BAFin nach § 2 FinDAG . . . . . . . . . . . . . 164 a) Überblick über die Aufsicht des Bundesministeriums der Finanzen . . . . . 164 b) Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht . . . . . . . . . . . 165 (1) „Informationspflichten der BAFin“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (a) „Schriftliche Berichte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (b) „Mitteilungen aus besonderem Anlass“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (c) „Bundesrechnungshof (BRH)“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (2) „Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (a) „Erlaubnisvorbehalte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (b) „Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Bedienste der BAFin“ . . . . . 166 (c) „Pressearbeit der BAFin“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (d) „Anfragen aus dem parlamentarischen Raum“ . . . . . . . . . . . . . . . . 167 3. Die Koordinierung der Zusammenarbeit zwischen der BAFin und der Deutschen Bundesbank durch das Bundesministerium der Finanzen . . . . . . . 167

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4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 III. Die doppelte Aufsicht über die Sparkassen und Landesbanken . . . . . . . . . . . . . 169 1. Die Grundstruktur der Aufsicht über die Sparkasse und Landesbanken . . . . . 169 2. Die landesrechtliche spezielle Sparkassenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Aufsichtsbehörde und Prinzip der Sparkassen-Rechtsaufsicht . . . . . . . . . . 171 b) Aufsichtsmittel und ihre Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3. Die Bankenaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Begründung der Unterwerfung der Sparkassen unter die Bankenaufsicht . 176 b) Hauptziel und Internationalisierung der Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . 178 c) Instrumentarium der Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 D. Der Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts und die Staatsaufsicht . . 183 I. Die Bedeutung der Staatsaufsicht angesichts des Strukturwandels der Anstalten 184 1. Staatsaufsicht als notwendiger Bestandteil im Strukturwandel der Anstalten. 184 2. Staatsaufsicht als Grenzziehungsfaktor in der Privatisierung der Anstalten . . 185 II. Die Entwicklung der Staatsaufsicht und der Strukturwandel der Anstalten . . . . 186 1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 2. Von der klassischen Staatsaufsicht zur Steuerungs- und Gewährleistungsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 E. Überblick über den Rechtsschutz gegen Akte der Anstaltsaufsichtsbehörde und Haftung für rechtswidrige Aufsichtsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 I. Rechtsschutz der rechtsfähigen Anstalten bei Aufsichtsmaßnahmen . . . . . . . . . 189 1. Die verfassungsrechtliche Rechtsweggarantie für Anstalten . . . . . . . . . . . . . 189 2. Ausgestaltung des Rechtsschutzes der Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 II. Haftung für rechtswidrige Aufsichtsmaßnahmen und Haftungsausschluss . . . . 194 1. Die Anwendung des Grundsatzes der Staatshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Zur Frage des Ausschlusses der Staatshaftung in der Bankenaufsicht . . . . . . 194

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Inhaltsverzeichnis Dritter Teil Die Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in Korea im Vergleich zu Deutschland

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A. Überblick über die Struktur des Verwaltungssystems und der Staatsaufsicht im koreanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Grundstrukturen des Verwaltungssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Das traditionelle zentralisierte Verwaltungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Die Grundform der Staatsverwaltung nach der heutigen gesetzlichen Regelung und in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Die unmittelbare Staatsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (1) Rechtliche Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (2) Der unmittelbare Staatsverwaltungstyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (3) Der Aufgabenbereich der unmittelbaren Staatsverwaltung . . . . . . . . . 201 b) Die mittelbare Staatsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 (1) Rechtliche Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 (2) Entstehen mittelbarer Verwaltungsträger, ihre Bezeichnung und Aufgabenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 II. Überblick über die Grundstrukturen der (Staats-)Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Ausgangsbefund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 a) Aufsicht durch die übergeordneten Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 b) Aufsicht durch den Rechnungshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Staatsaufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a) Abgrenzung zur Behördenaufsicht und Notwendigkeit der Staatsaufsicht . 212 b) Rechtliche Grundlage und die verschiedenen Arten der Staatsaufsicht . . . 213 B. Die Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in Korea 216 I. Erscheinungsweise und Organverfassung der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Erscheinungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 a) Bereich des Bankenwesens und der Finanzdienstleistungsaufsicht . . . . . . 216 (1) Die Korea Bank (die koreanische Zentralbank) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (2) Die Korea Industrial Bank und einige Förderbanken . . . . . . . . . . . . . . 217 (3) Financial Supervisory Service (Finanzdienstleistungsaufsichtsamt) . . 217 b) Bereiche des Rundfunks, der Forschung und umweltfreundlicher Politik usw. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

Inhaltsverzeichnis

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c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2. Die Organverfassung der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts . . 221 a) Das Geschäftsführungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 b) Das Kontrollorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 c) Exkurs: Überblick über die personelle Zusammensetzung der Verwaltungsbediensteten in der Anstalt mit Blick auf den Funktionsvorbehalt des Berufsbeamtentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 II. Die Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts . . . 225 1. Aufsichtsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 2. Gestaltung der Anstaltsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Staatsaufsicht über den Financial Supervisory Service . . . . . . . . . . . . . . . 226 (1) Staatsaufsicht durch den zuständigen Verwaltungsausschuss . . . . . . . . 226 (a) Umfassender aufsichtsrechtlicher Katalog bis Februar 2008 . . . . . 226 (aa) Gesetzlich geregelte fachaufsichtsrechtliche Arsenale . . . . . . 226 (bb) Aufsichtsbehördliches Personalnetzwerk als starke Aufsichtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (b) Die Verkürzung des aufsichtsrechtlichen Katalogs durch die aktuelle Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (2) Staatsaufsicht durch das Finanzministerium und den Rechnungshof . . 231 (a) Aufsicht zur effizienten Geschäftsführung durch das Finanzministerium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (b) Verwaltungsinspektion durch den Rechnungshof . . . . . . . . . . . . . . 232 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 b) Staatseinfluss, Staatsaufsicht und die Unabhängigkeit der Korea Bank . . 233 (1) Gesetzlich geregelte Phasen der Unabhängigkeit der Korea Bank . . . . 233 (2) Staatseinfluss auf die Korea Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (a) Gesetzlich normierter Staatseinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (b) Informeller Staatseinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (3) Staatsaufsicht über die Korea Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 c) Die Mehrfachaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Banken . . . . . . . . . . 238 (1) Die allgemeine Anstaltsaufsicht durch den Finanzausschuss . . . . . . . . 238 (2) Die Bankenaufsicht durch den Finanzausschuss und FSS . . . . . . . . . . 239 (3) Staatsaufsicht durch das Finanzministerium und den Rechnungshof . . 239 III. Der Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts und die Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 1. Einfache Umwandlung der Anstalten in die AG als bisherige Praxis . . . . . . . 240

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Inhaltsverzeichnis 2. Holdingmodelleinsatz und Öffnung der Umstrukturierungen der Anstalt . . . 241 IV. Überblick über den Rechtsschutz gegen Akte der Anstaltsaufsichtsbehörde, die Frage der Staatshaftung und deren Ausschluss in der Bankenaufsicht . . . . . . . . 243 1. Rechtsschutz der rechtsfähigen Anstalten bei Aufsichtsmaßnahmen . . . . . . . 243 2. Zur Frage der Staatshaftung und deren Ausschluss in der Bankenaufsicht . . 246

Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

Abkürzungsverzeichnis Abs. AEUV a.F. AG AöR Art. Aufl. BAFin BayVBl. BbankG Bd. BGBl. BMF BOK BT-Drs. BVerfGE bzw. ders. d. h. DöD DÖV DVBl. EGV f. ff. FinDAG Fn. FS FSC FSS GEFA GG GmbH h.M. Hrsg. hrsg. i.V.m. JA JuS JZ KDB

Absatz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Die Aktiengesellschaft Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Auflage Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bayerische Verwaltungsblätter Gesetz über die Deutsche Bundesbank Band Bundesgesetzblatt Bundesministerium der Finanzen Bank of Korea Bundestagsdrucksache Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise derselbe das heißt Der Öffentliche Dienst Die Öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft folgende fortfolgende Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Fußnote Festschrift Financial Supervisory Commission in Korea Financial Supervisory Service in Korea Gesetz über die Einrichtung etc. des Finanzausschusses in Korea Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung herrschende Meinung Herausgeber herausgegeben in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Schulung Juristenzeitung The Korea Development Bank

18 KKSG KROG KV KWG m.w.N. NJW NVwZ NVwZ-RR NWVBL RHG Rn. S. sog. u. a. VBlBW Verf. VerwArch vgl. VPG VVDStRL VwGO VwVfG WM z. B. ZBB ZBR ZGR ZHR Ziff. z. T.

Abkürzungsverzeichnis Koreanisches Kommunalselbstverwaltungsgesetz Regierungsorganisationsgesetz in Korea Koreanische Verfassung Gesetz über das Kreditwesen mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Gesetz über den Rechnungshof in Korea Randnummer(n) Seite sogenannte(r) und andere/unter anderem Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verfassung Verwaltungsarchiv vergleiche Koreanisches Verwaltungsprozessgesetz Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht) zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer zum Teil

Einleitung A. Ziel und Gegenstand der Arbeit In der Republik Korea (Südkorea) sind die (besonderen) juristischen Personen des öffentlichen Rechts als verselbständigte Verwaltungsträger bzw. die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts über die letzten 50 Jahre hinweg Teil der Verwaltungspraxis. Die Dezentralisation der staatlichen Verwaltung wird im Zuge der politischen Demokratisierung seit Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts immer wieder und immer kräftiger betont. Allerdings haben sich das Verfassungs- und Verwaltungsrecht, also das koreanische öffentliche Recht, auch während der vergangenen 50 Jahre, insbesondere durch die unmittelbare Rezeption1 des deutschen Rechts ohne dessen Umweg über Japan, rechtsdogmatisch und -praktisch schnell entwickelt. Dennoch bleibt es zweifelhaft, ob die koreanische Rechtswissenschaft und -praxis mit dem Wesen der Anstalten des öffentlichen Rechts und der Anstaltsaufsicht richtig vertraut ist. Der Grund dürfte wohl darin liegen, dass die koreanische Staats- und Verwaltungsrechtslehre, da der Begriff „Anstalt“ anders als im deutschen Recht im Gesetzesrecht nicht gebräuchlich ist2, nur ein geringes Interesse an diesem Bereich zeigt und sich zugleich wissenschaftlich mit diesem Thema kaum vertiefend beschäftigt hat3. Diese fehlende Forschung4 übt selbstverständlich einen negativen Einfluss auf die koreanische Verwaltungspraxis aus. Seit der Financial Supervisory Service, der organisatorisch und funktionell vergleichbar mit der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ist, als besondere juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. als staatliche Anstalt im Januar 1999 errichtet wurde, stellt sich oft vor allem seitens der Regierung die noch nicht völlig geklärte Frage, ob diese juristische Person bzw. diese Anstalt des öffentlichen Rechts eine im Wesentlichen ma1

Seok, Die Rezeption des deutschen Verwaltungsrechts in Korea, S. 23 und 35. In Korea ist „die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts“ nur ein Lehrbegriff; stattdessen findet sich der Begriff „Teussububin“ (besondere juristische Person) oder einfach „Bubin“ (juristische Person) häufig in der gesetzlichen Regelung. 3 In den koreanischen führenden verwaltungsrechtlichen Lehrbüchern (z. B. Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 77 und Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 133 f. sowie 182 ff.) finden sich nur einige wenige Zeilen über die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und die auszuübende staatliche Aufsicht. 4 Einige koreanische Autoren haben bereits die Meinung geäußert, dass die mit der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts zusammenhängenden bisherigen Untersuchungen ungenügend und daher weitere Behandlungen erforderlich seien. Hierzu Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 27; Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 310. 2

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Einleitung

teriell-polizeiliche Aufgabe wahrnimmt, so wie die der Finanzdienstleistungsaufsicht, und ob dies nach dem kontinentaleuropäischen Recht zulässig ist, auf welchem das koreanische Recht aufbaut5. Darüber hinaus sah der staatliche Rechnungshof die aus der unmittelbaren Bundesverwaltung ausgegliederte und neu gegründete Anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ohne Begründung nur als „Regierungsorgan“ oder „Staatsorgan“ an6. Diese mit der neuen deutschen Bundesanstalt bzw. Finanzaufsichtsbehörde zusammenhängende Erkenntnis der Regierungsseite änderte sich nicht bis in die jüngste Zeit7. Vor dem Hintergrund des traditionell zentralistisch orientierten Verwaltungssystems dürften insbesondere die fehlenden rechtsvergleichenden Untersuchungen der Anstalt bzw. Anstaltsverwaltung und deren Fehlinterpretation in der Verwaltungspraxis bislang nicht zur Schaffung einer staatlichen Aufsicht haben beitragen können, die der aus dem unmittelbaren staatlichen Verwaltungsbereich ausgegliederten Anstalt und der Anstaltsverwaltung angemessen ist. In diesem Zusammenhang und angesichts des „länderübergreifend[en]“ „Trend[s]“, „Verwaltungsaufgaben“ in verschiedenen Bereichen immer mehr durch „verselbständigte Verwaltungseinheiten“ inklusive Anstalten des öffentlichen Rechts erledigen zu lassen8, möchte die vorliegende Arbeit Licht in das Dunkel der anstaltlichen Verwaltung in Korea bringen und soll im Ergebnis die Diskussionsrichtung zur Einführung einer richtigen Anstaltsaufsicht zeigen. Das bedeutet zugleich die Bildung einer Grundlage für weitere, kreativere Untersuchungen in diesem Bereich. Der erste Schritt zur Erreichung dieses Ziels soll die Aufgabe sein, die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts, die Anstaltsaufsicht und deren Entwicklungen in Deutschland im Hinblick auf ihre verschiedenen verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Aspekte zu erörtern. Wie die Aussagen von Rüfner9, Berg10 und S. U. Pieper11 andeuten, muss die erfolgreiche Erledigung einer solchen Aufgabe über die koreanischen wissenschaftlichen und praktischen Interessen hinaus für 5 Vgl. Ministry of Finance and Economy, S. 127 ff., in: Gutachten und Presseberichte über die Veränderung des Systems der Finanzdienstleistungsaufsicht; Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 183 ff. 6 Dazu Bericht über den Aufsichtszustand der Kreditinstitute, der koreanische Rechnungshof, 07.2004, S. 72, 188 f. 7 Dazu Bericht vom 12. 02. 2008 in Seoul Tageszeitung (The Seoul Shinmun, www.seoul. co.kr) und denjenigen vom 11. 02. 2008 in Internet-Tageszeitung Edaily (www.edaily.co.kr). 8 Breuer, Rechtsvergleichender Generalbericht, in: Starck (Hrsg.), Erledigung von Verwaltungsaufgaben durch Personalkörperschaften und Anstalten des Öffentlichen Rechts, S. 15 ff. (24); Schuppert, DÖV 1981, 153 (154); Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 102; Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 8. 9 Rüfner, DÖV 1985, 605: „Wer einem Ausländer Begriff und Funktion der Anstalt erklären sollte, käme alsbald in große Verlegenheit“. 10 Berg, NJW 1985, 2294: „Der heutige Student der Rechtswissenschaft dürfte die öffentlichrechtliche Anstalt allenfalls als eine der drei juristischen Personen des öffentlichen Rechts kennenlernen – neben der Körperschaft und der Stiftung“. 11 S. U. Pieper, Aufsicht, im Vorwort: „Fern der Rechtswissenschaft ist Aufsicht in der Praxis von großer Bedeutung“.

A. Ziel und Gegenstand der Arbeit

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alle sich für dieses Thema Interessierenden, also sowohl die ausländischen und deutschen Juristen im akademischen Rahmen als auch die Experten in der Verwaltungspraxis, nützlich sein können. Aber die Arbeit, die sich mit der Anstalt und Anstaltsaufsicht wissenschaftlich beschäftigen möchte, wird mit einer hohen Hürde konfrontiert. In der Tat ist die Anstalt an sich ein sehr abstrakter Gegenstand, „eine feste Größe des deutschen Verwaltungsrechts“12 und die zur Staatsaufsicht als „ein[em] spezifisch deutsche[n] Rechtsinstitut“13 gehörende Anstaltsaufsicht ist ein weites Feld. Im Rahmen dieser rechtsvergleichenden Arbeit zwischen dem traditionell dezentralisierten Bundesstaat und dem zentralisierten Einheitsstaat bedarf es daher des folgenden methodischen Einstiegs und der gegenständlichen Begrenzung: Die voll rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts auf Bundesebene bzw. Zentralebene, die gegenüber der unmittelbaren Staatsverwaltung als verselbständigte Verwaltungseinheiten von praktischer und theoretischer Bedeutung sind, werden überwiegend unter einem organisatorischen Aspekt im Zusammenhang mit der staatlichen Aufsicht systematisch untersucht. Allerdings dürfen die Sparkassen und Landesbanken auf Landesebene, die seit langem innerhalb des deutschen Kreditgewerbes eine herausragende Rolle spielen und deren Organisationsstruktur als die typische Binnenverfassung der rechtsfähigen Anstalt anzusehen ist, dabei nicht ausgeschlossen werden. Die Anstaltsaufsicht wird als ein besonderer Abschnitt des staatlichen Aufsichtsrechts wegen ihres nicht einheitlichen sowie weiten Charakters und ihrer praktischen Relevanz im Zusammenhang mit der allgemeinen Staatsaufsichtslehre behandelt. Dabei bedarf es der harmonisierenden Betrachtung zwischen den theoretischen und praktischen Seiten der Anstaltsaufsicht bzw. der Staatsaufsicht. Zur anschaulichen und praktisch relevanteren Rechtsvergleichung zwischen den beiden Ländern sollen dabei zudem einige wirtschaftslenkende und wirtschaftlich tätige Anstalten, die sowohl auf der nationalen Verwaltungsebene als auch im Bereich der internationalen Zusammenarbeit eine wichtige Rolle spielen und miteinander rechtsvergleichende Untersuchung möglich machen, exemplarisch betrachtet werden. Dazu gehören die Deutsche Bundesbank (gegenüber der Korea Bank als koreanischer Zentralbank), die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Financial Supervisory Service als koreanische Anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) und die Sparkassen und Landesbanken (gegenüber den öffentlich-rechtlichen Förderbanken wie the Korea Development Bank)14. Die soeben genannte Untersuchungsmethode und die gegenständliche Begrenzung bedeuten, dass die nicht rechtsfähigen Bundesanstalten, die der bundeseigenen 12

Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 245. Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (284). 14 Erwähnenswert ist, dass die deutsch-koreanischen Finanzaufsichtsbehörden seit der Vereinbarung (Memorandum of Understanding) zum Austausch der Informationen, Personen und Aufsichtsmethoden vom 05. 06. 2001 und die Zentralbanken der beiden Länder schon seit Langem miteinander guten Kontakt zur Zusammenarbeit halten. Zudem bemühen sie alle sich unter dem Dach des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht um die effektive, intensive internationale Kooperation bzw. Zusammenarbeit. 13

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Einleitung

Verwaltung zuzuordnen sind, und die „nicht zum Verwaltungsorganisationsrecht gehören[den]“ „Rechtsverhältnisse der Benutzung von“ „öffentlich-rechtliche[n] Anstalten“15 nicht im Blickpunkt dieser Untersuchung stehen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bleiben auch außer Betracht, weil das Forschungsinteresse des Verfassers sich im sachgebiets-spezifischen Bereich schwerpunktmäßig auf die wirtschaftslenkenden und wirtschaftlich tätigen Anstalten richtet und die Rundfunkanstalten als Träger des Grundrechts auf Rundfunkfreiheit, die eine Sonderstellung im Bereich des Anstaltsrechts sowie der Anstaltsaufsicht besitzen, gesondert thematisiert werden müssen. Andererseits sind die Anstalten und Anstaltsaufsicht in Korea auf der Grundlage, die durch die hier vorzulegende Untersuchung zum deutschen Anstaltsrecht zu gewinnen sein wird, vergleichend zum deutschen System einzuführen, weil das Anstaltsrecht als Ganzes durch die wissenschaftlichen Bemühungen im deutschen öffentlichen Recht sowie die tatsächlichen Entwicklungen in Deutschland einen besonderen Stellenwert erlangt hat und bereits einigermaßen als Vorbild für dasjenige in Korea dient. Um dem besseren Verständnis für die Anstaltsverwaltung und die staatliche Aufsicht im modernen koreanischen Recht zu dienen, sollen sie unter Einbeziehung des Systems der unmittelbaren Staatsverwaltung und deren Aufsicht dargestellt werden, weil sie näher als in Deutschland bei den Letzteren stehen. Letztlich ist zu beachten, dass trotz des Titels der vorliegenden Arbeit „Die Staatsaufsicht über die Anstalten des Öffentlichen Rechts“ die Anstalten keine subordinative Stellung als nur allein ein Objekt der staatlichen Aufsicht haben. Vielmehr sind die Anstalten als solche im öffentlichen Recht von großer Bedeutung und deren Verselbständigung scheint die umgekehrte Seite oder einen wichtigen Ausgangspunkt der Staatsaufsicht zu bilden. Daher sollen diese beiden Gegenstände der Untersuchung so gleichgewichtig wie möglich behandelt werden.

B. Gang der Arbeit Die Arbeit gliedert sich wie folgt: Im ersten Teil sollen die wesentlichen verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Aspekte der Anstalten des öffentlichen Rechts in Deutschland im Zusammenhang mit der Frage nach deren Entwicklungstendenz sowohl im Rahmen der rechtswissenschaftlichen Diskussion als auch in der Praxis untersucht werden. Dabei werden zunächst vor allem der Anstaltsbegriff, die Frage nach der anstaltlichen Verselbständigung, die Stellung der anstaltlichen Verwaltung im Staatsgefüge sowie ihre Gegenstände und die interne Organisationsstruktur der rechtsfähigen Anstalt erläutert. Davon sind die letzten beiden Punkte, die zur Diskussion um Reformen der koreanischen zentralisierten Verwaltungsorganisation beitragen werden, aus rechtsvergleichender Sichtweise interessant. Zur Beantwortung der Frage nach den Gegenständen anstaltlicher Verwaltung soll der normative Gehalt der 15

Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, § 7 Rn. 13.

B. Gang der Arbeit

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die bundeseigene Verwaltung betreffenden grundgesetzlichen Normen (insbesondere Art. 86 GG und Art. 87 Abs. 3 GG) dargelegt werden. Dabei wird im Zusammenhang mit der Grundform der Staatsverwaltung untersucht, unter welchen Voraussetzungen neue bundesunmittelbare Anstalten des öffentlichen Rechts errichtet werden. Im Hinblick auf die interne Organisationsstruktur steht der Verwaltungsrat, der der Verselbständigung der rechtsfähigen Anstalt zu dienen scheint, im Mittelpunkt der Ausführungen. Am Ende des ersten Teils werden, wie angedeutet, einige wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht (z. B. die Bundesbank und Sparkassen) anhand der gewonnenen Erkenntnisse unter organisatorischen Aspekten betrachtet. Die organisatorische Darstellung dieser Institutionen soll – zusammen mit den Betrachtungen des zweiten Teils – „[d]ie Multifunktionalität“16, die vielfältigen aufsichtsrechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten und die unterschiedliche Verselbständigung der öffentlichrechtlichen Anstalten deutlich machen. Im Anschluss an den Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung für die Sparkassen soll die Frage nach dem Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts, die für die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung der Anstalten in Korea nützliche Hinweise geben dürfte, in verfassungsrechtlicher Hinsicht behandelt werden. Im zweiten Teil soll die Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in Deutschland behandelt werden. Wie angedeutet, ist zu beachten, dass die vom allgemeinen Staatsaufsichtssystem getrennte Betrachtung der Anstaltsaufsicht tatsächlich unmöglich erscheint. Daher werden zunächst der (Staats-)Aufsichtsbegriff, die Abgrenzung zu benachbarten Begriffen (Kontrolle, Leitung und Lenkung), Funktionen, Maßstab sowie Mittel der Staatsaufsicht und der Grundsatz der sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse geschildert werden. Hier wird zum einen auch untersucht, ob die Staatsaufsicht ein Element der Selbstverwaltung oder ihr Korrelat ist, zum anderen ob die Anstaltsaufsicht die Folge staatlicher Aufgabenübertragung ist und wie sie ausgestaltet wird. Danach sind rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und deren Erfordernis auszuführen. Dabei sollen das Demokratie- sowie das Rechtsstaatsprinzip als verfassungsrechtliche Grundlagen der Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts näher dargestellt werden. Daran anschließend ist, im Hinblick auf die fehlende Staatsaufsicht über die unabhängige Bundesbank, die weit reichende Staatsaufsicht über die neue Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie das doppelte staatliche Aufsichtssystem über die Sparkassen und Landesbanken, die Frage zu behandeln, wie die Staatsaufsicht bei einzelnen wichtigen Anstalten ausgestaltet ist. Dadurch wird ersichtlich, dass die Anstaltsaufsicht je nach der Eigenart der betreffenden Anstalt unterschiedlich organisiert werden kann. Am Ende des zweiten Teils ist die Frage, welche Bedeutung die Staatsaufsicht im Zuge der Umstrukturierungen der Anstalten hat, zu beantworten und soll das Rechtsschutzsystem gegen Akte der Anstaltsaufsichtsbehörde zusammenfassend skizziert werden. 16

Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (231).

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Einleitung

Mit Blick auf die koreanische Diskussion werden im dritten Teil die Anstalten und Anstaltsaufsicht in Korea vergleichend zum deutschen System erörtert. Dadurch können die Gemeinsamkeiten und Unterschiedlichkeiten zwischen den beiden Systemen deutlich werden. Sie sollen einen nützlichen Ausgangspunkt für die Verbesserung bzw. die Reform der Anstaltsverwaltung und des Anstaltsaufsichtssystems in Korea bilden. Allerdings wird diese in Korea durchzuführende Diskussionsrichtung erst in der Schlussbetrachtung kurz behandelt.

Erster Teil

Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs I. Einführung des Anstaltsbegriffs in die deutsche Verwaltungsrechtswissenschaft durch Otto Mayer 1. Kurze Vorbemerkung zur Begriffsgeschichte vor Otto Mayer Wenn man die Entwicklung des Anstaltsbegriffs rechtsgebietsübergreifend mit Blick auf seine „Ursprünge“ betrachten will, kann er unter anderem „im Kirchenrecht“ oder „im Zusammenhang mit“ der „Genossenschaftstheorie“ Otto von Gierkes erörtert werden1. Insbesondere Otto von Gierke definierte die Anstalt als „eine von außen für irgendeinen rechtlichen Verband konstituierte Einheit“2 und sah sie auch als „für sich bestehende und abgeschlossene Person“, die „rechts-, willens- und handlungsfähig“ sein muss3. Als weiteres formulierte er, „die Anstalt, die einem bestimmten Zweck dient, muss diesem Zweck unabhängig dienen können“4. Dies könne sie aber grundsätzlich nur, wenn sie eine eigene Rechtspersönlichkeit besitze5. Wie sich schon an dieser Begriffsbildung zeigt, wird die Anstalt hier „als organisatorisches Gebilde“ mit voller Rechtsfähigkeit angesehen6. Zwar hatte Otto von Gierke „organisatorische Bezugspunkte“7 ausgemacht und die Anstalt insbesondere unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen Selbständigkeit betrachtet. Insgesamt war sein Denken jedoch von „einer eher privatrechtlichen Sicht“ geprägt8. Erst Otto Mayer begann, die Anstalt unter öffentlich-rechtlichen Aspekten intensiv zu behandeln.9 1 Vgl. hierzu ausführlich Nobel, Anstalt und Unternehmen, S. 95 – 212; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 16 – 27. 2 O. v. Gierke, in: Holtzendorffs Rechtslexikon, Band 2, 1881, S. 418 (422). 3 Vgl. O. v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Band 2, 1873, S. 969. 4 Vgl. O. v. Gierke, Deutsches Privatrecht, § 77. 5 Vgl. O. v. Gierke, Deutsches Privatrecht, § 77. 6 So auch Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 91. 7 Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, S. 10. 8 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 25 – 27.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

2. MayerÏscher Anstaltsbegriff Otto Mayer, der als Begründer des Anstaltsbegriffs bezeichnet werden kann, bildete seinen Anstaltsbegriff ausgehend vom französischen Verwaltungsrecht10. Zuerst setzt er in seiner „Theorie des Französischen Verwaltungsrechts“ von 1886 die Anstalt dem „service public“ gleich und übersetzte den französischen Terminus wie folgt: „Staatliche Mittel, sächliche wie persönliche, welche der Erfüllung je eines gewissen öffentlichen Zweckes bestimmt und vereinigt sind, bilden je eine öffentliche Anstalt“11. Auf dieser Basis definierte er in seinem 1895/96 erschienenen „Deutschen Verwaltungsrecht“ die öffentliche Anstalt ganz allgemein als „Bestand von Mitteln, sachlichen wie persönlichen, welche in der Hand eines Subjektes der öffentlichen Verwaltung einem bestimmten öffentlichen Zwecke dauernd zu dienen bestimmt sind“12. Heute würde der Begriff des „service public“13 eher allgemeiner als „öffentliche Aufgabe“ der Daseinsvorsorge übersetzt. Die Anstalt dagegen ist als eine „organisatorische Einheit“ anzusehen. Warum Otto Mayer als Entsprechung des französischen Terminus „service public“ den Begriff der Anstalt verwendete, ist unklar14. Deswegen ist im Folgenden sein hauptsächliches Anliegen zu untersuchen, das entscheidend für das Verständnis des „MayerÏschen Anstaltsbegriff[s] ist“15. Otto Mayer gliedert die Staatstätigkeit in drei Gebiete16 – „das Recht der öffentlichen Anstalten“ neben „dem Recht des Staatsvermögens“ und „dem Polizeirecht“ – und bestimmt mit der Verwaltung als Anstalt „das Herrschaftsverhältnis der öffentlichen Verwaltung gegenüber dem Untertan“17. D. h. während „Polizei“ „eine besondere Art der Verwaltungstätigkeit“18 zur „Abwehr von Störungen für die gute Ordnung des Gemeinwesens aus dem Einzeldasein mit obrigkeitlicher Gewalt“19 sei, trete der Staat in der Verwaltung als Anstalt „nicht bloss als der Befehlende, Nehmen9

U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 27. Bezüglich der Arbeiten O. Mayers ist zu beachten, dass er etwa 20 Jahre (1882 – 1903) als „Professor für […] Zivilrecht, Staatsrecht und Verwaltungsrecht an der Kaiser Wilhelm Universität in Straßburg“ arbeitete. Seine Forschungen in dieser Zeit wurden durch das Verwaltungsrecht des benachbarten Frankreichs stark geprägt. Hierzu U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 28, Fn. 65. 11 O. Mayer, Theorie des französischen Verwaltungsrechts, S. 225. 12 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Band 2, 1. Auflage, 1896, S. 318. 13 Nach U. J. Bohn hat für diesen „französischen Begriff“ die rechtliche Verselbständigung „keine Rolle“ gespielt, ders., Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 28 ff.; zum Zwiespalt des service public in einem materiell-funktionalen und formell-institutionellen Sinne, siehe Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (216 f.). 14 Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 93. 15 Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 94. 16 O. Mayer, Theorie des Französischen Verwaltungsrechts, S. 160 f. 17 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (217). 18 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Band 1, 1. Auflage, 1895, S. 245. 19 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Band 1, 1. Auflage, 1895, S. 249. 10

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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de, Ausschliessende“20 auf. Der Anstaltszweck wird entweder „unmittelbar“ gefördert „oder dadurch, dass sie [die Anstalt] dem Publikum, den vielen Einzelnen jedem für sich, Vorteile gewährt und Dienste leistet“21. Allerdings bezog sich „[d]iese Funktion des ,öffentlichen ZweckÐ[s] nur einen“ gewissen „Teil der Staatstätigkeit“, nämlich auf den, „der sich mit Leistungs- und Nutzungsverhältnisse[n]“ auseinandersetzte22. Dabei gebe die Anstalt „den ihr zugeordneten Rechtsinstituten und Rechtsgrundsätzen ihre eigentümliche Prägung“23. Folglich werde „durch die Anstaltsgewalt“ ein „besonderes Gewaltverhältnis“ begründet24, das mit dem „Eintritt“ einer Person in die Anstalt entstehe25. In diesem besonderen Gewaltverhältnis findet der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes nur in abgeschwächter Form Anwendung26. Das besondere Gewaltverhältnis und die damit verbundene Befreiung vom Gesetzesvorbehalt werden heute in der Rechtsprechung und Lehre bekanntlich nicht mehr anerkannt27. Unter diesen Gesichtspunkten wurde der Anstaltsbegriff Otto Mayers in den Beiträgen zur der Anstalt gewidmeten Staatsrechtslehrertagung von 1985 fast übereinstimmend als „Modalität der handelnden Verwaltung“ verstanden28 und seine Anstaltslehre als Lehre von den Anstaltsnutzungsverhältnissen angesehen29. Diese Deutung geht davon aus, dass die Anstaltsgewalt das zentrale Thema der MayerÏschen Anstaltslehre ist und organisatorische Gesichtspunkte von Mayer nicht behandelt werden30. Diesbezüglich kann man mit Berg zu dem Ergebnis kommen, dass der MayerÏsche Anstaltsbegriff aufgrund der Tatsache, dass das besondere Gewaltver-

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O. Mayer, Theorie des Französischen Verwaltungsrechts, S. 226. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Band 2, 1. Auflage, 1896, S. 319; Krebs, NVwZ 1985, 609 (610). 22 So U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 34: „Genauer betrachtet lässt sich diese Funktion bei Otto Mayer nur negativ fassen, und zwar als die Staatstätigkeit, die weder polizeiliche Ordnungsgewalt noch fiskalische Staatsgewalt ist“. Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, S. 27 f.; der Anstaltsbegriff Otto Mayers sei recht weit gefasst, so sollen „bspw. auch das Heer, die Gerichte und sogar der Staat selbst“ darunter fallen; Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 94. 23 Krebs, NVwZ 1985, 609 (610). 24 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 32. 25 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (219). 26 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (219). 27 BVerfGE 33, 1 (10 f.); 34, 165 (192 f.); Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 54; Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (220). 28 Krebs, NVwZ 1985, 609 (610). 29 Berg, NJW 1985, 2294 (2295). 30 Dagegen betont Pohl den „organisatorisch[en]“ Aspekt der MayerÏschen Anstaltsdefinition. Nach ihm soll Mayer die Anstalt als „[d]as dem Bürger gegenüberstehende […] Rechtssubjekt kennzeichne[n]“. Dazu Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, S. 19. 21

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

hältnis nicht mehr anerkannt wird, zur Subsumtion nicht mehr tauglich ist31. Trotz dieser Sicht ist nicht zu leugnen, dass Otto Mayer den Anstaltsbegriff in die Wissenschaft des deutschen Verwaltungsrechts „eingeführt“ hat32 und sein Anstaltsbegriff heute fast allgemein den Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Diskussion der Rolle der Anstalt im öffentlichen Rechts darstellt. II. Von der Handlungsform hin zu einer Organisationsform 1. Fritz Fleiner und Werner Bühler Als im Jahre 1918 das Kaiserreich zusammenbrach und der Grundsatz der Volkssouveränität zur Grundlage der Weimarer Verfassung wurde, musste der Anstaltsbegriff Otto Mayers neu gefasst werden33. Er wurde nämlich in Zeiten der Monarchie entwickelt und verband sich mit deren Staatsauffassung34. Fritz Fleiner fand den Ausgangspunkt seiner Überlegungen in Art. 14, 18, 127 WRV und setzte die Anstalt in Verbindung mit den dort angesprochenen nichtstaatlichen Organisationen mittelbarer Staatsverwaltung. D. h., öffentliche Verwaltungsfunktionen können sowohl durch die Staatsverwaltung in Form der herkömmlichen Verwaltung als auch durch nichtstaatliche Organisationen ausgeübt werden35. Auf Grund „der eigengesetzlichen Organisationsbildung der Staatsverwaltung und der nichtstaatlichen Organisationen“ lassen sich „nach sachlichen Gesichtspunkten sachlich zusammengehörige Aufgaben zu organisatorischen Einheiten“, also zu einzelnen Verwaltungszweigen, „zusammenfassen“36. Dabei wird die öffentliche Anstalt als solche organisatorische Einheit folgendermaßen definiert: „Ein solcher Bestand von Personen und Mitteln, der technisch zu einer Einheit zusammengefasst und einem besonderen öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt ist“37. Aber anders als beim Begriffsverständnis Otto Mayers „[ist] nicht mehr ein bestimmter Teil der öffentlichen Verwaltung […] zur Begriffs-

31

Berg, NJW 1985, 2294 (2295); Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 96. 32 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 39. 33 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 39 f. 34 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 39 f.; Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, S. 26 f. 35 Vgl. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 99 f. 36 Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, S. 30; Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 122; Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 49 ff. 37 Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 322. Diese Definition der Anstalt von Fleiner übernahm die damals „h. M.“ und nannte „zur Verdeutlichung“ viele „Beispiele“ wie z. B. „Schulen“, „Universitäten“, „Gefängniss[e]“, „Gemeindeschlachthäuse[r]“, „Post- und Telegraphenverwaltung“ usw. Dazu siehe Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, S. 31, Fn. 2.

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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bildung erforderlich“38. Daraus folgt, dass „die Funktion der öffentlichen Anstalt, der öffentliche Zweck, nicht mehr entscheidend ist“, weil er „beliebig“ auswechselbar ist39. Damit geht es bei der Anstalt von Fleiner nicht um die Funktion der öffentlichen Anstalt, sondern schlechthin um die technisch-organisatorische Einheit bzw. die öffentlichrechtliche Verwaltungseinheit, die von der unmittelbaren Staatsverwaltung abzugrenzen ist40. Eine ähnliche Anstaltsdefinition wie die von Fritz Fleiner lässt sich auch bei Werner Bühler finden. In seiner Monographie (Begriff und Formen der öffentlichrechtlichen Anstalt als verwaltungsrechtliches Institut, 1928), die sich erstmals zentral dem Thema der Anstalt des öffentlichen Rechts widmet, sah er die Anstalt als technische Einheit des Staats wie folgt an: Öffentliche Anstalt ist „eine Gesamtheit von Mitteln persönlicher und sachlicher Natur in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung, vereinigt zu einer technischen Einheit und bestimmt dauernd einer speziellen Verwaltungsaufgabe zu dienen“41. Entscheidend sei „eine funktionelle Abspaltung einer Verwaltungsaufgabe aus dem großen allgemeinen Triebwerk der Verwaltung“42. Aber auch angesichts der „verschiedenen vorgegebenen und real existierenden Erscheinungsformen“ sowie der verschiedenartigen Funktionen der Anstalt erkannte er die Schwierigkeit an, letztlich eine generell gültige Regelung oder „ein[en] homogene[n] Inhalt des [Anstaltsbegriffs] zu finden“43. Und weiter erwähnenswert ist, dass er die Rechtsfähigkeit und rechtliche Selbständigkeit der Anstalt im Zusammenhang mit der Staatsaufsicht behandelte. Danach unterliege die selbständige juristische Person einer eigenen, vom „Muttergemeinwesen“ unabhängigen Staatsaufsicht, während „die unselbständige Anstalt“ der Aufsicht in derselben Weise unterliege, wie das Muttergemeinwesen selbst44. Insgesamt legten Fritz Fleiner und Werner Bühler in Abgrenzung von den funktionalen Gesichtspunkten Otto Mayers die Schwerpunkte ihrer Ausführungen auf den organisatorischen Aspekt der Anstalt. Insbesondere die Konzeption der Anstalt 38

S. 31.

Vgl. Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem,

39 Vgl. Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, S. 31 f.; Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 147. 40 Vgl. Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), 105 (111); U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 41 f.; insbesondere Imboden hielt diesen ausschließlich organisatorisch entwickelten Anstaltsbegriff für „die institutionelle Verkleidung einer behördlichen Verfügungsermächtigung“. Hierzu Imboden, Das Gesetz als Garantie rechtsstaatlicher Verwaltung, S. 14. 41 Bühler, Begriff und Formen der öffentlichrechtlichen Anstalt als verwaltungsrechtliches Institut, S. 9. 42 Bühler, Begriff und Formen der öffentlichrechtlichen Anstalt als verwaltungsrechtliches Institut, S. 2. 43 Bühler, Begriff und Formen der öffentlichrechtlichen Anstalt als verwaltungsrechtliches Institut, S. 8; vgl. U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 47 und 49. 44 Bühler, Begriff und Formen der öffentlichrechtlichen Anstalt als verwaltungsrechtliches Institut, S. 257 ff.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

als Verwaltungseinheit in der mittelbaren Staatsverwaltung durch Fleiner und die selbständige Anstalt unter der Staatsaufsicht sowie die mannigfaltige Ausgestaltungsmöglichkeit der Anstalt durch Bühler waren ein großer Schritt zum Verständnis des heutigen Anstaltsrechts. 2. Arnold Köttgen Die Deutsche Staatsrechtslehrertagung von 1929 befasste sich mit dem Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt bzw. der erweiterten wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand45. Im hierzu von ihm erstellten Referat46 behandelte Arnold Köttgen die öffentliche Anstalt entsprechend der vor ihm stehenden neuen Zeit. Angesichts der staatlichen Strukturveränderungen und der neu entstehenden „pluralistische[n] Verwaltungstätigkeit des Staates“ im Rahmen der Weimarer Verfassung47, in der über Wohlfahrtspflege und Polizeitätigkeit hinaus „wirtschaftliche Aufgaben“ „in den Bereich der allgemeinen Verwaltung“ einbezogen wurden, „erschien [ihm] sowohl die [Anstaltsd]efinition Otto Mayers als auch diejenige Fritz Fleiners als ein für die praktische Anwendung“ zu weit gefasster und ungenauer „Sammelbegriff“48. Es wurde kritisiert, dass so die öffentliche Anstalt in privatrechtlicher Form anerkannt würde49. Daher forderte er „eine der Verschiedenheit der Aufgaben entsprechende Differenzierung der Verwaltungsorganisation“50. Dafür sei die öffentliche Anstalt „nicht [mehr] schlechthin mit der öffentlich-rechtlichen Verwaltungseinheit [zu identifizieren]“51. Auf der Basis dieser Überlegung definierte Köttgen die öffentlichen Anstalten als „Verwaltungseinheiten innerhalb der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsorganisation, deren Aufgaben überwiegend durch den Realakt charakterisiert werden und die, soweit sie überhaupt in Erfüllung ihrer Aufgaben in unmittelbare rechtliche Beziehungen zu dem privaten Publikum treten, sich hierbei einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung bedienen“52. Bemerkenswert ist, dass Köttgen zu dieser Begriffsbildung die Begriffsmerkmale „Realakt“, „Nutzungsordnung“ und 45

Vgl. Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (218). Das andere Referat stammt von Lutz Richter; vgl. Richter, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 69 – 104. 47 Kaufmann, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 6 (1929), S. 151; Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, S. 36; Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105. 48 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 51; Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, S. 36; Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), 105 (111 und 143). 49 Vgl. Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (143). 50 Vgl. Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (111). 51 Vgl. Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (111). 52 Vgl. Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (125). 46

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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„Gemeinnützigkeit“ der Anstaltsverwaltung berücksichtigte. Insbesondere mit dem „Realakt“ zeige sich schon deutlich die Besonderheit der öffentlichen Anstalt, die überwiegend die „tatsächliche Staatstätigkeit ausüben soll[e]“53 und zwar innerhalb der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsorganisation. Wird die Anstalt auf Gebiete beschränkt, „innerhalb deren Geschäftsbereich der Realakt dominiert, so bedeutet dies nichts anderes, als dass das Anstaltsrecht nunmehr bereits durch die Formulierung des Anstaltsbegriffs ausschließlich auf jene Verwaltungsgebiete festgelegt wird“54. Damit wurde die Anstalt als gleichwertiges Institut neben der Behörde, die bislang die vorherrschende Art der Organisation darstellte, in der Verwaltungsorganisation anerkannt55. Insgesamt verwendete Köttgen den Anstaltsbegriff nur für öffentlich-rechtliche Verwaltungseinheiten56 und machte den Versuch, Unterscheidungskriterien und Wesensmerkmale der Anstalt von ihrer „konkreten Tätigkeit“ her abzuleiten57. Dabei ist die Anstalt für ihn derjenige „Organisationstypus“ innerhalb der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsorganisation, der „zur Erbringung wirtschaftlicher Leistungen“ eingesetzt wird58. 3. Walter Jellinek und Werner Weber Bezüglich des Anstaltsbegriffs und des Anstaltsrechts der 30er und 40er Jahre ist bemerkenswert, dass dort einige wichtige Ausführungen im Hinblick auf die moderne Entwicklung und das systematische Verständnis der Anstalten zu finden sind. In diesem Zusammenhang ist zunächst der Ansatz Walter Jellineks zur Trägerschaft der Anstalt zu beachten. Er sah die Anstalt als „Verbindung von sachlichen und persönlichen Mitteln, durch die der Staat oder ein sonstiger Träger öffentlicher Gewalt seine Zwecke öffentlichrechtlich erfüllt“59. Als solche Träger der öffentlichen Gewalt kommen „Reich, Länder, Kommunalverbände, sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts und öffentliche Unternehmer“60 in Betracht. Diese Darstellung von Jellinek führte zu der Interpretation, dass „Verflechtungen und Vernetzungen von verschiedenen juristischen Personen des öffentlichen Rechts bzw. öffentlichen Unternehmen“ möglich sein können61. 53

S. 48. 54

(114). 55

(114). 56

Vgl. Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt als dogmengeschichtliches Problem, Vgl. Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105 Vgl. Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105

Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (111). U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 53. 58 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 53. 59 Vgl. Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Auflage, S. 513. 60 Vgl. Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Auflage, S. 514; ders., Redebeitrag, in: VVDStRL 6 (1929), S. 105 (149). 61 Dazu U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 54 f. 57

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

Daneben stellte auch Werner Weber 1943 unter Berücksichtigung der seit 1933 herrschenden nationalsozialistischen Ordnung die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts umfassend dar. Dabei verwies er auf die oftmals ungenaue Bezeichnung der Rechtspraxis bei der Verwendung der Begriffe Körperschaften und Anstalten62. Und er versuchte, die Anstalt im Vergleich zur Körperschaft in der mittelbaren Staatsverwaltung und in Abgrenzung zum staatsunmittelbaren Behördensystem zu verstehen. Danach ist die Anstalt zum einen kurz als „eine rechtsfähige Verwaltungseinheit nicht verbandsmäßiger Struktur“ definiert63, die anders als bei den Körperschaften keine Mitglieder hat und „nach außen“ hin tätig wird64. Zum anderen sind die Anstalten von Bedeutung „im Bereich […] der mittelbaren Staatsverwaltung“, deren „organisatorisch[e] Träger“ sie sind65. Dadurch haben sie die „Fähigkeit, ihr Eigenleben in Selbstverwaltung zu entfalten“66. Trotzdem ist die Unterstellung der Anstalten unter die Staatsaufsicht notwendig, um sie in „das staatliche Verwaltungssystem“ einzubinden67. Aus heutiger Sicht ist noch erwähnenswert, dass Weber Überlegungen zum „Stammkapital“ und zur Kapitaleignerschaft bei der Anstalt anstellte. Hierzu führte er aus: „Das gleiche gilt für die Körperschaft Pommersche Landesbahn, die ebenfalls eine Anstalt mit der eigenartigen Konstruktion eines Stammkapitals und daran eingeräumter Anteile darstellt“68. Jedoch findet sich dafür keine nähere rechtsdogmatische Begründung. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Walter Jellinek und Werner Weber bemerkenswerte Anhaltspunkte für die Entwicklungstendenzen der Anstalten lieferten, z. B. Überlegungen zur Vernetzungs- und Verflechtungsentwicklung und Kapitaleignerschaft bei der Anstalt. Insbesondere durch die Darstellung von Weber zeigen sich deutlicher einige kennzeichnende Merkmale der Anstalten in Abgrenzung zu den Körperschaften und ihre Stellung in der gesamten Staatsverwaltung wird deutlicher herausgearbeitet. 4. Hans Jecht Hans Jecht versuchte in seiner 1963 erschienenen Arbeit „Die öffentliche Anstalt – Wandlungen und gegenwärtige Struktur“, wie der Titel schon zeigt, einen zeitgemä62

35 ff. 63

Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 16 und

Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 90. Auf Grundlage dieser Definition sah Weber später die Anstalt als „großen Komplex rechtsfähiger Verwaltungseinheiten oder selbständiger Verwaltungsträger, der im quantum dem unmittelbaren Behördenwesen wenig nachsteht, dieses ergänzt und in mancher Weise mit ihm konkurriert“. Dazu Weber, Der nicht staatsunmittelbare öffentliche Organisationsbereich, Juristisches Jahrbuch, 1967/68 (Band 8), S. 137 f. 64 Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 87 f. 65 Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 75. 66 Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 27. 67 Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 23 ff. 68 Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 36 f.

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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ßen Anstaltsbegriff im Zusammenhang mit der Rechtswirklichkeit zu formulieren. Anfang der 60er Jahre wurde in der Wissenschaft auf die Leistungsfunktion der öffentlichen Anstalten häufig hingewiesen und tatsächlich gab es damals viele Anstalten vorwiegend auf diesem Gebiet69. Jecht zählt zunächst zahlreiche Anstalten aus der Rechtswirklichkeit auf70 und definiert dann die Anstalt funktional als „Organisationstyp der leistenden Verwaltung“71. Dieser Punkt ist für ihn durch die „Unterscheidung zwischen staatlichen Ordnungs- und Leistungsfunktionen“ verdeutlicht worden72. Er führt aus: „legt man die üblich gewordene Gegenüberstellung von hoheitlicher und leistender Verwaltung auch hier zugrunde, so stellt sich die Anstalt heute als die typische Erscheinung der leistenden Verwaltung dar. Dagegen dient die Behörde der Erfüllung von Ordnungsfunktionen, sie stellt sich als die typische Erscheinung der Hoheitsverwaltung dar“73. Solche Leistungsaufgaben, die nicht Ordnungsfunktionen und nicht hoheitlichen Verwaltungsvollzug darstellen, können auch von privatrechtlich organisierten juristischen Personen erfüllt werden74. So erscheint es aus seiner funktionalen Sichtweise als konsequent, dass es für die Definition des Anstaltsbegriffs nicht darauf ankommt, in welcher Rechtsform die Anstalt betrieben wird. Irrelevant ist auch, ob sie rechtsfähig ist oder nicht75. Außerdem behandelte Jecht die Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen an der Anstalt ebenso wie die Mitwirkung der sog. „Interessengruppen“76. Insgesamt hat Jecht zwar das typische Tätigkeitsfeld der Anstalt und ihre Entwicklung gut dargestellt, jedoch nicht darauf hingewiesen, dass die Organisationsform der öffentlich-rechtlichen Anstalt auch „als variables Mehrzweckinstrument der öffentlichen Verwaltung im modernen Rechts- und Sozialstaat“77 von Bedeutung ist78. Auch heute immer wichtiger werdende „Probleme“, die „mit der Verselbständigung“ „und der organisatorischen Ausgestaltung“ von Verwaltungsträgern zusammenhängen, standen bei Jecht noch nicht im Vordergrund der Überlegungen79.

69

S. 61. 70

Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (219); U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts,

Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 41 ff. Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 49 ff. 72 Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 208; Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (219). 73 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 67. 74 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 80. 75 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 84 f. 76 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 118 ff. 77 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (231 f.). 78 Zur Kritik seiner Zeit siehe Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 208. 79 Vgl. U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 39 und 62. 71

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

5. Klaus Lange, Rüdiger Breuer sowie die Begleitaufsätze zu der Staatsrechtslehrertagung 1985 Die öffentlich-rechtliche Anstalt stand erneut im Mittelpunkt der Deutschen Staatsrechtslehrertagung im Jahre 1985. Berichterstatter waren hier Klaus Lange und Rüdiger Breuer. Neben den beiden Referaten gab es auch außerhalb der Staatsrechtslehrertagung eine Reihe von Begleitaufsätzen zu diesem Thema, z. B. von Walter Krebs, Wilfried Berg, Wolfgang Rüfner und Wolfgang Löwer80. Zunächst wendete sich Klaus Lange der nichtrechtsfähigen öffentlichrechtlichen Anstalt zu. Betrachtet man die anstaltliche Tätigkeit ihrem Inhalt nach, so zeigt sich, dass die Anstalt vor allem „betriebliche Leistungen“ erbringt, ebenso wie auch „private Betriebe“81. Diese „anstaltliche Betriebsverwaltung“ stehe „behördlicher Regelungsverwaltung“ gegenüber, „deren vorrangige Aufgabe im Erlass von Regelungsakten […] besteh[e]“82. Möglich sei diese Form anstaltlichen Handelns auch ohne die Verbindung von „persönliche[n] und sachliche[n] Mittel[n]“83. Als Beispiel nennt Lange die „gemeindlich[e] Wohnungsvermittlung“ und „Wirtschaftsförderungseinrichtung“84. Vor diesem Hintergrund sollte „der Begriff […] der nichtrechtsfähigen öffentlichrechtlichen Einrichtung“ eher als derjenige „der nichtrechtsfähigen öffentlichrechtlichen Anstalt“ verwendet werden85. Demgegenüber gehe es bei der rechtsfähigen öffentlichrechtlichen Anstalt nicht um den „Inhalt“ „ihrer Tätigkeit“, sondern um „die durch die Rechtsfähigkeit bewirkte und ermöglichte Verselbständigung“ der „Aufgabenwahrnehmung“86. Sie könne vor allem „zu einer autonomisierenden“, aber auch „zu einer spezialisierenden Abkopplung [führen]“87. Hierfür bedürfe es jedoch „rechtfertigender Gründe“88. „Unter Autonomisierung“ versteht Lange dabei die Verselbständigung durch das Loslösen von Einflüssen einmal aus „der Gesellschaft“ und sodann von der „Einflussnahme“ durch die unmittelbare Staatsverwaltung89. Unter „Spezialisierung“ wird von ihm die „Übertragung einer Aufgabe auf eine rechtsfähige Anstalt“ und die „Abkopplung der Wahrnehmung dieser Aufgabe von der Wahrnehmung anderer, mit ihr zusammenhängender Aufgaben“ verstanden90.

80

Vgl. Berg, NJW 1985, S. 2294 ff.; Krebs, NVwZ 1985, S. 609 ff.; Löwer, DVBI 1985, S. 928 ff.; Rüfner, DÖV 1985, 605 ff. 81 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (171 f. und 205). 82 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (172 f.). 83 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (185). 84 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (185). 85 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (187). 86 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (188 f. und 207). 87 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (189 f.). 88 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (189 f.). 89 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (189 f. und 207). 90 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (190 f. und 208).

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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Demgegenüber pointierte Rüdiger Breuer die „organisationsrechtliche Konturenlosigkeit“ des „klassische[n]“91, von Otto Mayer geprägten Begriffs der Anstalt und sah die „funktionalen“ Definitionsversuche der öffentlichen Anstalt, z. B. vom Hans Jecht, als fehlgeschlagen oder nur teilweise zutreffend an92. Mit der Frage nach den „maßgebenden Interessenten und Wirkungsträgern der anstaltlichen Selbstverwaltung“ kam er auf „das zweifelhafte Verhältnis“ der Anstalt zur echten Selbstverwaltung zu sprechen93. Danach versuchte er, „[d]ie allgemeinen Merkmale der Anstalt“ „aus dem positiven [öffentlichen] Recht [abzuleiten]“, „als Organisationsform des positiven öffentlichen Rechts“ zu begreifen94 und eine Typologisierung zu liefern: In diesem Rahmen sah er die öffentlichrechtliche Anstalt als „verselbständigte Verwaltungseinheit“, deren „Verselbständigung in vier verschiedenen Alternativen der organisationsrechtlichen Technik“ geschieht95 : Die öffentlichrechtliche Anstalt kann entweder „rechtlich“ voll „selbständig, d. h. rechtsfähig“, oder „teilrechtsfähig“ und „nichtrechtsfähig[…]“ sein. Außerdem können die Anstalten lediglich „in der Weise verselbständigt sein, dass sie zwar nicht nach außen selbständig auftreten können, jedoch eine spezifische Binnenstruktur von Organen haben, denen bestimmte Zuständigkeiten gesetzlich zugewiesen sind“96. Zudem nannte Breuer die „Motiv[e]“ des Gesetzgebers und den „objektiven“ sachlichen Grund „anstaltliche[r] Verselbständigung“97. Danach kann man fünf Gründe anführen: „[E]rstens die Bildung eines abgeschirmten Sondervermögens, zweitens die Befähigung zu möglichst freiem und flexiblem Handeln im Rechtsverkehr, drittens die Schaffung einer begrenzten technokratischen Eigenregie, viertens das partizipatorische Moment einer Mitverwaltung durch bestimmte Interessenten und fünftens die Schaffung eines grundrechtlichen Freiheitsraumes für eine binnenpluralistische Gesamtrepräsentation (Rundfunk)“98. Bei einer Gesamtbetrachtung lassen sich die unterschiedlichen öffentlich-rechtlichen Anstalten in Gruppierungen zusammenfassen99: „[D]ie Hilfsanstalt mit verwaltungsinternen Funktionen, die Eingriffsanstalt, die Leistungsanstalt, die Sorgeanstalt, die Versicherungsanstalt, die Lenkungsanstalt und die freiheitssichernde Anstalt“. Insgesamt zeigt sich dadurch deutlich, „dass die Organisationsform der öffentlichrechtlichen Anstalt“ „keineswegs ausschließlich“ auf den Bereich der „Leistungsverwaltung“ beschränkt ist100.

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Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 14. Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (216 f. und 218 f.). 93 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (222). 94 Dazu Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (223 f.). 95 Dazu Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (223 ff.). 96 Dazu Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (226). 97 Dazu Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (227 ff. und 245). 98 Dazu Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (227 ff. und 245). 99 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (232 und 246 ff.). 100 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (218 und 231 f.). 92

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

In den Begleitaufsätzen von Walter Krebs, Wilfried Berg, Wolfgang Rüfner und Wolfgang Löwer wurden ausgehend vom klassischen Anstaltsbegriff Otto Mayers die entwicklungsgeschichtliche Grundlage und der „zeitgemäße“ Sinn der öffentlichrechtlichen Anstalt zusammenfassend vertieft101. Was „die Beschäftigung der Staatsrechtslehrertagung 1985 mit“102 dem Anstaltsbegriff und deren Bedeutung für die aktuelle wissenschaftliche Diskussion betrifft, wurde zutreffend angemerkt: „Im Vergleich zur Zeit davor, als die Anstalt eher ein literarisches Schattendasein führte, kann insofern von einer wahren Aufsatzflut zu diesem Thema gesprochen werden. Letztlich ist den Ausführungen der damaligen Zeit jedoch allen eigen, dass sie lediglich den rechtlichen und tatsächlichen Zustand wiedergaben, ohne grundlegend auf neuere Entwicklungen, die bereits zum damaligen Zeitpunkt in der Praxis angelegt waren, einzugehen“103. 6. Zusammenfassung Der Anstaltsbegriff wurde ausgehend vom französischen Verwaltungsrecht durch Otto Mayer in die deutsche Verwaltungsrechtswissenschaft eingeführt. Der als „Modalität der handelnden Verwaltung“104 verstandene Anstaltsbegriff und die Lehre von den Anstaltsnutzungsverhältnissen Otto Mayers stellen heute fast allgemein den Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Diskussion für die mit den Anstalten zusammenhängenden Problemkreise im öffentlichen Recht dar. Nach Otto Mayers Zeit sind die Schwerpunkte der Ausführungen über die Anstalten immer weiter von der Diskussion ihrer Handlungsform hin zur Betrachtung ihrer Organisationsform verschoben worden. Auch die funktionale Sichtweise Hans Jechts konnte diese Entwicklung nicht aufhalten. Der organisatorische Gesichtspunkt ist von schlechthin „technisch-organisatorischer Einheit“ ausgehend, über den Begriff der „Verwaltungseinheiten innerhalb der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsorganisation“ zur Erbringung wirtschaftlicher Leistungen und „einer rechtsfähigen Verwaltungseinheit nicht verbandsmäßiger Struktur“ in der mittelbaren Staatsverwaltung, endlich zur verselbständigten Verwaltungseinheit als flexible Multifunktionalorganisation der modernen öffentlichen Verwaltung entwickelt worden. Dabei wurde manchmal die Notwendigkeit einer Staatsaufsicht über die Anstalten bzw. der Zusammenhang zwischen Anstalt und Staatsaufsicht erwähnt. Insgesamt entspricht die wissenschaftliche Diskussion der Praxis der anstaltlichen Verwaltung.

101 Vgl. Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 94 ff. 102 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 68. 103 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 68. 104 Krebs, NVwZ 1985, 609 (610).

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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III. Zeitgemäßer Begriff der Anstalt des öffentlichen Rechts 1. In der Rechtsprechung und in den gesetzlichen Regelungen In der Rechtsprechung und den gesetzlichen Regelungen ist ein entscheidender Hinweis auf eine einheitliche Anstaltsdefinition nicht zu finden. Die Anstalt im organisatorischen Sinn und das allgemeine Anstaltsrecht waren nicht Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen. Die Rechtsprechung hat sich allenfalls mit dem besonderen Gewaltverhältnis, zum Beispiel im „Beamten“- und „Schulrecht“ „und im Recht der Zwangsanstalten“, beschäftigt105. Was die gesetzlichen Regelungen angeht, so ist das Fehlen eines verfassungsrechtlich festgelegten Anstaltsbegriffs, ein Definitionsverzicht des Gesetzgebers und die Indifferenz der Gesetzessprache zu konstatieren. Zunächst existiert eine Anstaltsdefinition weder im Grundgesetz noch in einem anderen Bundesgesetz. Auf Bundesebene gab es nur den Versuch, durch ein Bundesorganisationsgesetz (BOG)106 die begriffliche Unbestimmtheit zu überwinden. In § 39 Abs. 1 BOG wurde die Anstalt definiert: „Anstalten dienen durch ihr Personal und ihre Sachmittel gesetzlich festgelegten Zwecken“. Eine Umsetzung dieses Gesetzesentwurfes, der auch in der „Nähe zur Anstaltsdefinition Mayers“ stand, ist aber nicht erfolgt107. Auf Landesebene finden sich zwar gesetzliche Definitionen. So definiert z. B. Art. 41 LVG (Landesverwaltungsgesetz-SchlH) rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts als „von einem oder mehreren Trägern der öffentlichen Verwaltung errichtete Verwaltungseinheiten mit eigener Rechtspersönlichkeit, die mit einem Bestand an sachlichen Mitteln und Dienstkräften Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllen“. Diese Legaldefinition der Anstalt weist aber keine hinreichende begriffliche Klarheit auf und „[geht] nicht über die von Mayer hinaus“108. Daneben wird die Legaldefinition in § 189 Abs. 1 AFG (Arbeitsförderungsgesetz) a.F. als ein Beispiel für die scheinbare Beliebigkeit der Terminologie häufig zitiert: „Die Bundesanstalt ist eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts“. (§ 189 Abs. 1 AFG a.F.). Richtigerweise ist diese jedoch nach wohl zutreffender h. M. als Anstalt zu qualifizieren. 2. In den heutigen führenden Werken zum Verwaltungsrecht Wie ausgeführt, tritt die Anstalt im organisatorischen Sinne mehr und mehr in den Vordergrund. Anders als bei dem MayerÏschen Anstaltsbegriff wird nun eine „Verwaltungseinheit“ erfasst, die aus der unmittelbaren Staatsverwaltung ausgegliedert 105

Rüfner, DÖV 1985, 605 (607 f.). Vgl. insbesondere BVerfGE, 33, 1, 12. Entwurf abgedruckt bei Loeser, Das Bundesorganisationsgesetz, S. 261 ff. 107 Gärtner, Finanzielle Beteiligung Privater an Anstalten des öffentlichen Rechts, S. 3 f.; Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 97 f. 108 Gärtner, Finanzielle Beteiligung Privater an Anstalten des öffentlichen Rechts, S. 3. 106

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

ist109. Wenn sich auch eine klare und anerkannte Definition in den heutigen führenden Werken zum Verwaltungsrecht noch nicht herausgebildet hat und unterschiedliche Definitionsansätze auf den MayerÏschen Anstaltsbegriff verweisen, wird die Anstalt doch übereinstimmend als Organisationsform des positiven öffentlichen Rechts bzw. als Verwaltungsträger in Abgrenzung zu anderen Verwaltungseinheiten wie folgt definiert: Rudolf definiert die Anstalt als einen „nicht verbandsmäßig organisierten, rechtsfähigen Verwaltungsträger zur dauerhaften Verfolgung eines bestimmten Verwaltungszwecks des Anstaltsträgers. Sie unterscheidet sich von der Körperschaft dadurch, dass sie nicht von Mitgliedern getragen wird, sondern nur Benutzer haben kann; doch gibt es auch nicht nutzbare Anstalten“110. Wolff/Bachof/Stober definieren die Anstalt als eine „von einer Hoheitsperson gemeinschaftlich getragene, i. d. R. mit Hoheitsgewalt ausgestattete, rechtlich subjektivierte und institutionalisierte, d. h. mit eigenen Personal- und Sachmitteln versehene, Organisation, durch die der Träger (Anstaltsherr) eigene oder ihm gesetzlich auferlegte fremde, sachlich zusammenhängende öffentliche Angelegenheiten wahrnimmt und auf die er daher – soweit dies nicht gesetzlich ausgeschlossen ist – dauernd maßgebenden Einfluss ausübt“111. Maurer charakterisiert die Anstalt anhand dreier Elemente112 : „a) Sie stellt eine organisatorische Zusammenfassung von Verwaltungsbediensteten und Sachmitteln (Gebäude, Anlagen, technische Geräte) zu einer verselbständigten Verwaltungseinheit dar“. „b) Sie hat – entsprechend ihrer Zwecksetzung – bestimmte Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen, insbesondere Leistungen zu erbringen. c)

Sie hat ferner i. d. R. Benutzer, die aufgrund eines einmaligen, wiederkehrenden oder länger dauernden Benutzungsverhältnisses Empfänger der durch die Anstalt dargebotenen Leistungen sind“.

Alle Definitionen sind sehr weitreichend. Dass der Anstaltsbegriff angesichts der verschiedenartigen „Verwendung dieser Rechtsform“ sowie der Existenz vieler „Mischformen“ mehr oder weniger zu einem „Sammelbegriff“ wird113, ist scheinbar als unvermeidlich anzusehen. Daher soll an dieser Stelle der Anstaltsträger, der im engen Zusammenhang mit dem Entstehen einer Anstalt und der Anstaltsaufsicht steht, für die weitere Untersuchung näher erläutert werden. Andere für die Anstalt kennzeichnende Elemente, z. B. die nicht verbandsmäßige Organisationsform und eine gewisse Selbständigkeit, 109 110 111 112 113

Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 15. Rudolf, Verwaltungsorganisation, § 56 Rn. 15. Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 6. Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 47. Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 6.

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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werden bei der Abgrenzung der Anstalt von den Körperschaften und Stiftungen erörtert. Anstaltsträger ist „diejenige Hoheitsperson, welche die Anstalt errichtet hat“114. Eine Anstalt des öffentlichen Rechts wird vor allem durch den Bund oder durch ein Land errichtet. Aber auch eine Kommune kann Anstaltsträger sein. Außerdem können Träger einer Anstalt „mehrere Hoheitspersonen“ sein115. Als Beispiel lässt sich die Länderanstalt „Zweites Deutsches Fernsehen“ (vgl. hierzu § 1 ZDFStV und BVerfGE 22, 299) anführen, bei der Träger die Länder sind116. Der Anstaltsträger legt „die Aufgaben“ und „die Organisation“ der Anstalt fest, es sei denn es besteht eine gesetzliche Bestimmung oder diese Materien sind „der Anstalt zur selbständigen Regelung“ übertragen worden117. Zudem übt der Anstaltsträger als das übergeordnete Verwaltungssubjekt ständigen Einfluss auf die Anstalt aus. Zu diesen „Einflussmöglichkeiten des Anstaltsträgers“ gehören unter anderem Aufsichts- und „Weisungsbefugnisse, Genehmigungsvorbehalte“, Organleihe und „Mitwirkung bei der Besetzung der Anstaltsorgane“, die allerdings je nach Art der Anstalt unterschiedlich sind118. Auf der anderen Seite ist der Anstaltsträger in der Regel „für den Finanzbedarf“ der Anstalt zuständig und übernimmt er die Pflicht, sich im Rahmen seiner „Anstaltslast“, die „Funktionsfähigkeit der Anstalt während ihres Bestehens zu erhalten und auftretende finanzielle Defizite auszugleichen“119. Darüber hinaus haftet er als „Gewährträger“ zwar nur nachrangig, dafür aber unmittelbar und „unbeschränk[t]“ (sog. „Gewährträgerhaftung“)120, falls die Gläubiger der Anstalt sich nicht aus dem Vermögen der Anstalt befriedigen können. Diese Gewährträgerhaftung muss allerdings gesetzlich vorgesehen sein. Im Bereich der „am Markt im Wettbewerb mit Privaten stehen[den]“ „öffentlichen Kreditinstitute“, d. h. Bank- oder Kreditanstalten, wurden diese zwei „Rechtsinstitute“ „jedoch gemeinschaftsrechtlich […] unter dem Aspekt des Beihilfeverbots ([Art. 107 AEUV, ex-]Art. 87 EGV)“, d. h. einer Unvereinbarkeit mit „europäische[m] Wettbewerbs[recht]“, „intensiv“ diskutiert, was am 17. Juli 2001 zur „Verständigung über ein Plattform-Modell“ „zwischen der EG-Kommissi114

Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 13. Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 13. 116 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 13; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 14; Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 113. 117 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 51. 118 Rudolf, Verwaltungsorganisation, § 56 Rn. 18; Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 51; Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 114. 119 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 14; die Anstaltlast verpflichtet den Anstaltsträger bzw. die Errichtungskörperschaft, „die Anstalt für die gesamte Dauer ihres Bestehens funktionsfähig zu erhalten und etwaige finanzielle Lücken (Unterbilanz) durch Zuschüsse oder auf andere geeignete Weise auszugleichen“. Dazu Bundesregierung, WettbewerbsenquÞte, BT-Drucks. V/3500, S. 47. 120 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 14. 115

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

on“, „der Bundesregierung“ und den Ländervertretern, unter Beteiligung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, geführt hat121. Danach wurde die deutsche Seite „verpflichtet“, bis zum 18. Juli 2005 „[d]ie Gewährträgerhaftung“ der Gemeinden vor allem für die Sparkassen komplett zu beseitigen und die Anstaltslast in eine „normale marktwirtschaftliche Eigentümerbeziehung (,normal commercial owner relationshipÐ)“ umzuändern122. Was die Konsequenzen des Wegfalls von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung für die öffentlichen Kreditanstalten sein können, wird im Zusammenhang mit dem Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts näher betrachtet werden.123 3. Abgrenzung zu benachbarten Organisationsformen a) Abgrenzung zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts Obwohl das Gefüge der drei juristischen Personen des öffentlichen Rechts weitgehend unklar ist, sind die Anstalt, die Körperschaft und die Stiftung des öffentlichen Rechts zu unterscheiden. Wie die überwiegende Definition der Körperschaft des öffentlichen Rechts zeigt, wonach sie „ein mitgliedschaftlich verfasster, unabhängig vom Wechsel der Mitglieder bestehender, mit Hoheitsgewalt ausgestatteter Verwaltungsträger“ ist, sind ihre Mitglieder und die „verbandsmäßige Struktur“ ihre wesentlichen Charakteristika124. Den Mitgliedern stehen weitgehende Rechte in der Körperschaft zu, welche deren Organisation und Betätigung beeinflussen. Dazu gehören zum Beispiel „Entscheidungen in den Verwaltungsräten oder […] die Wahl des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung“125. Natürlich besteht eine Personenmehrheit auch bei den meisten Anstalten. Es handelt sich dabei „entweder“ um „die Bediensteten“ „oder die Benutzer“ der Anstalt, die ohne Mitwirkungsrechte deren Leistungen als Dritte beanspruchen.126. Allerdings existieren „neben nutzbaren auch“ sog. „nicht nutzbare Anstal-

121 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 14 f.; Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 51; Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, § 7 Rn. 14. 122 Ausführlich zum Inhalt der Verständigung, Wiesel, ZBB 2002, 288 ff.; dazu auch Witte/ Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1887 ff.); Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 150 ff.; Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 70 ff.; Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 14, 15, 125 f.; Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 51; Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, § 7 Rn. 14. 123 Vgl. dazu die Ausführungen unten, unter E. 124 Rudolf, Verwaltungsorganisation, § 56 Rn. 11; Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 85; Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 40; Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (221). 125 Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 86. 126 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 52.

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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ten“ (z. B. „der Deutsche Wetterdienst, Forschungs- und Versuchsanstalten oder die Bundesanstalt für Straßenwesen“)127. Ob die Organisationsform eine Körperschaft oder eine Anstalt ist, hängt zunächst von ihrem Mitgliederbestand ab. Abgrenzungsschwierigkeiten treten oft bei sog. „Mischformen“128 und wegen der indifferenten Bezeichnung in der positiven Rechtsordnung auf. Deshalb sind zur Differenzierung von Körperschaft und Anstalt das Gesamtbild und die einzelnen Mitwirkungsbefugnisse der Mitglieder genauer zu behandeln129. Soweit den Mitgliedern echte Rechte zustehen, mit denen sie mitgliedschaftlich auf die Organisation innerhalb des Verwaltungsträgers einwirken können, liegt eine Körperschaft vor, ansonsten eine Anstalt130. Deshalb handelt es sich bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und den Landesversicherungsanstalten, in denen Mitgliedschaften bestehen, trotz ihrer Bezeichnung als Anstalt nicht um eine solche, sondern um Körperschaften. Umgekehrt gibt es auch Institute, die als Körperschaft verfasst sind, tatsächlich aber aufgrund fehlender Mitgliedschaften dogmatisch richtigerweise als Anstalt einzuordnen sind. So war z. B die Bundesanstalt für Arbeit131 nach § 189 Abs. 1 AFG a.F. eine „Körperschaft“, der es aber an Mitgliedern fehlt132. Beurteilt man die hauptsächlichen Aufgabenbereiche dieser Anstalt, namentlich die Arbeitsvermittlung und die Arbeitslosenhilfe sowie die Mitwirkungsbefugnisse des einzelnen Arbeitnehmers oder Arbeitgebers, so kommt man zu demselben Ergebnis133. b) Abgrenzung von Stiftungen des öffentlichen Rechts Obwohl es Stiftungen des öffentlichen Rechts gegenwärtig nicht sehr häufig gibt, sind sie dennoch als eigenständige Form einer juristischen Person des öffentlichen Rechts anerkannt134. Die Stiftung des öffentlichen Rechts wird überwiegend definiert als „rechtsfähige Organisation zur Verwaltung eines von einem Stifter [oder mehreren Stiftern] zweckgebunden übergebenen Bestands an Vermögenswerten“135. Bekanntes Beispiel für eine Stiftung des öffentlichen Rechts ist die oft zitierte „Stiftung Preu127 Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 99; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 14. 128 Rüfner, DÖV 1985, 605 (609); Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 19. 129 Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 86. 130 Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 86. 131 Die heutige Bundesagentur für Arbeit ist nach dem Gesetz wiederum eine Körperschaft. Dazu vgl. § 367 des am 01. April 2004 in Kraft getretenen neuen SGB III (BGBl. I S. 2954). 132 Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 86. 133 Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 20. 134 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 31. 135 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 55; Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, § 7 Rn. 16; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 17.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

ßischer Kulturbesitz“. Was eine exakte Abgrenzung der Anstalt von der Stiftung betrifft, ist sie ähnlich schwierig wie die von Körperschaften und Anstalten. „Aufgaben“, welche „heute“ von den Anstalten des öffentlichen Rechts wahrgenommen werden, wurden früher meist von Stiftungen erledigt136. Die Stiftung hat keine Mitglieder, ebenso wie die Anstalt, sondern hat höchstens „Nutznießer (Destinatäre)“137. Weil also eine begriffliche Ähnlichkeit zwischen Anstalt und Stiftung besteht, will ein Teil der Literatur „die Stiftung als Unterfall der Anstalt“ ansehen138. Im Allgemeinen unterscheiden sich die öffentliche Anstalt und die Stiftung in den „unterschiedlichen Zwecke[n], denen“ beide „zu dienen bestimmt sind“139. Während die Anstalt sich hauptsächlich mit der ständigen Erledigung öffentlicher Aufgaben beschäftigt, spielt „bei der Stiftung die Verwaltung des zweckgebundenen Stiftungsvermögen[s]“ die Hauptrolle140. Nach Ansicht eines Teils der Literatur sollte außerdem eine unterschiedlich starke Einflussnahme des Anstalts- oder Stiftungsträgers entscheidend für die Unterschiede der Organisationsformen sein. Bei der Stiftung kann ihr Träger nach dem Errichtungsakt am Zweck der Errichtung, an der Verwendung der Vermögensmittel, etc. nichts mehr ändern. Die Organisation, die Verwaltung und der Fortbestand der Anstalt können hingegen normalerweise dem fortdauernden Einfluss ihres Trägers nicht entzogen werden141. c) Abgrenzung zur Behörde Obwohl die „Behörde“ ein Zentralbegriff des Verwaltungsorganisationsrechts ist und sich diesbezüglich auch eine Legaldefinition findet142, ist der Behördenbegriff jedoch ähnlich wie der Anstaltsbegriff „umstritten“ und „mehrdeutig“143. In der Regel wird der Behördenbegriff sowohl „im organisatorischen Sinne“ als auch „funktionellen Sinne“ definiert; „Behörden im organisatorischen Sinne sind die in die staatliche Verwaltungshierarchie eingeordneten Organe sowie die Vollzugsorgane der 136

Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 31. Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 55. 138 Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 87. 139 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 17; vgl. Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 32. 140 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 32; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, S. 17; Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 21. 141 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 21. 142 § 1 Abs. 4 VwVfG: „Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.“ Nach Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 21 Rn. 33, erfolgt nach der Gesetzessystematik eine Einschränkung dieser „weite[n]“ Definition des Behördenbegriffs; „aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes (vgl. § 9 VwVfG) ergibt sich jedoch eine Beschränkung dieser Definition auf solche Stellen, die Verwaltungsakte erlassen oder Verwaltungsverträge abschließen können“. So P. Eichhorn (Hrsg.), Verwaltungslexikon, S. 104. 143 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 21 Rn. 31. 137

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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nichtstaatlichen [öffentlich-rechtlichen] Verwaltungsträger“144. „Behörden im funktionellen Sinne sind dagegen alle Organe, wenn und soweit sie zur hoheitlichen Durchführung konkreter Verwaltungsmaßnahmen im Außenverhältnis berufen sind“145. Die Bezeichnung „Behörde der rechtsfähigen bundesunmittelbaren Anstalten“ (so werden etwa die Deutsche Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bezeichnet) zeigt, dass viele rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts auch unter den soeben genannten beiden Behördenbegriffen, also unter dem Behördenbegriff im organisatorischen Sinne und im funktionellen Sinne, zu verstehen sind. Das bedeutet, dass man mit dem allgemeinen Behördenbegriff keine wirksame Abgrenzung zwischen Behörde und öffentlicher Anstalt erreichen kann. Andererseits gab es Versuche im Anstaltsrecht, Behörde und Anstalt nach deren typischen Funktionsbereich oder Verhaltensweisen zu unterscheiden und die Anstalt insofern von der Behörde abzugrenzen: danach erfüllt die Behörde typischerweise Ordnungsaufgaben im Bereich der „Hoheitsverwaltung“146 und ist mehr auf die „Willenserklärung“147 bzw. auf „Willensäußerungen mit bindender Kraft“148 festgelegt. Im Gegensatz dazu handelt „die Anstalt […] als Organisationstyp zur Erbringung von Leistungen“149 mehr in Form des „Realakt[es]“150. Aber wenn man „das geltende Anstaltsrecht“, „das auch ordnungsbehördliche Formationen kennt“, und diejenigen Anstalten (z. B. die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), denen der Verwaltungsakt als das typische Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung steht, kurz betrachtet, ist diese „empirisch[e]“ Vermutung als nur teilweise richtig anzusehen, weil dieses Kriterium der Abgrenzung von reinen Zufällen abhängt151. In diesem Zusammenhang ist die von der Rechtsfähigkeit der Anstalt ausgehende Unterscheidung152 noch entscheidender. Danach sind die Anstalten, die als verselbständigte Verwaltungsträger tätig sind, wegen dieser „juristischen Verselbständigung“ von der hierarchischen Behördenstruktur separiert und nehmen sie ihre Auf-

144 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 21 Rn. 32; P. Eichhorn (Hrsg.), Verwaltungslexikon, S. 104. 145 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 21 Rn. 32; P. Eichhorn (Hrsg.), Verwaltungslexikon, S. 104. 146 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 67. 147 Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (112 ff.). 148 O. Mayer, Theorie des französischen Verwaltungsrechts, S. 29. 149 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 67 und 126. 150 Köttgen, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (112 ff.). 151 Vgl. Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 208. 152 Vgl. Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 31; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 108 ff.

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gaben in eigener Verantwortung wahr153. Die Begründung einer Aufsicht bzw. eines Weisungsrechts darf in der Regel auf Grund eines Gesetzes erfolgen154. Dagegen ist die Behörde grundsätzlich als unmittelbarer Teil der staatlichen Verwaltung nicht rechtsfähig bzw. unselbständig, erfüllt „die Aufgabe[n] des Muttergemeinwesens“ und untersteht automatisch einer umfassenden „Weisungshierarchie“ „sowie der Aufsicht“155. Aus diesen heute allgemein anerkannten Gesichtspunkten heraus ist die nichtrechtsfähige Anstalt folglich der Behörde bzw. dem Bereich der unmittelbaren Staatsverwaltung zuzurechnen156. d) Abgrenzung zu öffentlichen Unternehmen Seit Otto Mayer die Anstalt als eine Form eines „öffentlichen Unternehmens“ angesehen hat157, ist die Anstalt des öffentlichen Rechts als ein „Unterfall“ des öffentlichen Unternehmens158 betrachtet oder häufig auch die Bezeichnung Anstalt gleichbedeutend mit dem „Wort [des] Unternehmen[s]“ verwendet worden159. Diese Aussage deutet schon darauf hin, dass der Abgrenzungsversuch zwischen Anstalt und Unternehmen sehr schwierig und erfolglos sein kann. Aber wenn einige wesentliche Merkmale beider Begriffe dargestellt werden, lässt sich der Anstaltsbegriff vom Unternehmensbegriff deutlich trennen und zu dessen richtiger Verwendung führen. Allerdings ist trotz des Abgrenzungsversuchs bzw. auch in Anbetracht der hier aufgezeigten Abgrenzungskriterien nicht zu leugnen, dass die Anstalt des öffentlichen Rechts „Unternehmen im Sinne des Konzernrechts“ sein kann160. Wie ausgeführt, wird die Anstalt öffentlich-rechtlich geregelt161 und die dauerhafte Verfolgung eines bestimmten Verwaltungszwecks bzw. die Verfolgung „öffentlicher Interessen“162 ist als ihr wichtigster Bezugspunkt anerkannt. 153 Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 205; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 108 ff. 154 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 108 ff. 155 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 108 ff.; vgl. Schlüter, Behörde und Anstalt, S. 26. 156 Vgl. U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 110; Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 35 und 62; Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 205; Schlüter, Behörde und Anstalt, S. 70; Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 31. 157 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Band 2, 3. Auflage, 1924, S. 268; vgl. Heymann, Wesen und Notwendigkeit der öffentlichen Anstalt, S. 25; Krebs, NVwZ 1985, 609 (610). 158 Vgl. Heymann, Wesen und Notwendigkeit der öffentlichen Anstalt, S. 31 ff. 159 Vgl. Heymann, Wesen und Notwendigkeit der öffentlichen Anstalt, S. 36. 160 Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, S. 32. 161 Vgl. Bühler, Begriff und Formen der öffentlichrechtlichen Anstalt als verwaltungsrechtliches Institut, S. 30; Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 56. 162 Vgl. Bühler, Begriff und Formen der öffentlichrechtlichen Anstalt als verwaltungsrechtliches Institut, S. 9 f.; Schlüter, Behörde und Anstalt, S. 66 f.

A. Wissenschaftliche Diskussion des Anstaltsbegriffs

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Bei den von der Beteiligung des Staates am Wirtschaftsleben ausgehenden Unternehmen der öffentlichen Hand geht es dagegen mehr um „produzierende, verteilende oder dienstleistende Tätigkeit in einem Wirtschaftszweig […] zur Befriedigung materieller Lebensbedürfnisse mit wirtschaftlicher Wertschöpfung“163. Obwohl es hierbei darauf ankommt, dass Inhaber die „öffentliche Hand“ ist, sind die Rechtsform und „die Verfolgung […] einer öffentlichen Aufgabe“ hierfür „irrelevan[t]“164. In diesem Zusammenhang sind die „[i]n der Praxis“ überwiegend existierenden165 privatrechtlich organisierte öffentliche Unternehmen jedenfalls keine Anstalten, z. B. kommunale oder staatliche Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften (KG) oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), da diese sich schon durch ihre Rechtsform von den Anstalten des öffentlichen Rechts unterscheiden166. Auch für „[d]ie gemischt-wirtschaftliche[n] Unternehm[en]“ („Kapitalbeteiligung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an einer Aktiengesellschaft oder mindestens […] die Teilnahme des Gemeinwesens an der Unternehmensleitung“167), die dem „gesellschaftlich-administrativen Kooperationsbereich“ zuzuordnen sind168, gilt das Gleiche169. Insofern ist in der Regel bei Unternehmen, die in Privatrechtsform organisiert sind, auch zu beachten, dass die Verwaltung Dritten gegenüber nicht mit den typischen „öffentlich-rechtlichen Handlungsformen“ (z. B. Verwaltungsakt oder Satzung) auftritt170. Als mit dem Gebrauch dieser Rechtsformen einhergehende Problematik werden deren „Entkoppelungstendenzen gegenüber den politischen Systemen“ und die „Gefahr demokratischer Steuerungs- und Kontrollverluste“ genannt171. Die öffentlichrechtlichen Anstalten, die Aufgaben im Bereich der Wirtschaft wahrnehmen oder Unternehmenscharakter haben, bereiten in diesem Zusammenhang vielfach Abgrenzungsschwierigkeiten172 : Dies gilt insbesondere, wenn die öffentlichen Unternehmen in der Form einer rechtsfähigen öffentlichen Anstalt organisiert sind oder die Anstalten gleichzeitig Unternehmenscharakter haben. Dabei sollte nach den Wesensmerkmalen der Anstalten oder Unternehmen im Einzelfall entschieden werden, welche Qualifikation jeweils gewählt werden sollte. Verfolgt eine Anstalt mit Unternehmenscharakter nur in geringem Umfang öffentliche Zwecke, hat sie also nur ein geringes „Verwaltungsinteress[e]“, und fehlt es an der aus Legitima163

von Mutius, Studentenwerke als öffentlich-rechtliche Anstalten und öffentliche Unternehmen, S. 44 f. 164 von Mutius, Studentenwerke als öffentlich-rechtlich Anstalten und öffentliche Unternehmen, S. 45. 165 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 266, Rn. 48. 166 Vgl. Schlüter, Behörde und Anstalt, S. 63; Lazzarini, Öffentlich-rechtliche Anstalten des Bundes im Vergleich, S. 26 f. 167 Lazzarini, Öffentlich-rechtliche Anstalten des Bundes im Vergleich, S. 28. 168 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 274, Rn. 63. 169 Lazzarini, Öffentlich-rechtliche Anstalten des Bundes im Vergleich, S. 28 f. 170 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 293, Rn. 27. 171 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 293 f., Rn. 27. 172 Vgl. Schlüter, Behörde und Anstalt, S. 66.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

tionsgründen notwendigen Steuerung durch die Träger, kann man im Einzelfall von einem als in eine anstaltsrechtliche Form „verkleideten“ Unternehmen sprechen173. Dadurch allerdings verliert die Organisation juristisch nicht ihre Rechtsform „Anstalt“174.

B. Stellung im Staatsgefüge und Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung I. Stellung der anstaltlichen Verwaltung im Staatsgefüge 1. Die anstaltliche Verselbständigung a) Motive und Gründe In der wissenschaftlichen Diskussion um den Anstaltsbegriff ist geklärt, dass die Anstalt sich „als aus dem Muttergemeinwesen ausgegliederte Organisationsform“175 bzw. als eine verselbständigte Verwaltungseinheit charakterisieren lässt. Wie angedeutet, handelt es sich bei der Ausprägung der Verselbständigung „organisationsrechtlich“ um die „Vollrechtsfähigkeit“ oder „zumindest“ um die „Teilrechtsfähigkeit“176. Vollrechtsfähige Anstalten sind als ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage geschaffene Träger öffentlicher Verwaltung „eine dem Anstaltsträger wie jedem Dritten gegenüber selbständige Zurechnungs-, Vermögens- und Haftungseinheit mit eigenem Namen“177. Dazu gehören beispielsweise die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die Deutsche Bundesbank und die Bundesanstalt für Landwirtschaft sowie der Weinfonds178. Für Art und Umfang der Selbstbestimmung bzw. der Unabhängigkeit vom Staat der Anstalt ist das materielle Recht bzw. der „materiale Verfassungsgrund“ maßgeblicher als die bloße Rechtsfähigkeit bzw. die Organisationsform179. Dieser Gesichtspunkt tritt besonders deutlich bei der Deutschen Bundesbank hervor, die von Weisun173

Vgl. Schlüter, Behörde und Anstalt, S. 66 f., 69; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 267, Rn. 50 und S. 275, Rn. 63. 174 Vgl. Schlüter, Behörde und Anstalt, S. 69. 175 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 67. 176 Vgl. Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 67. 177 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 24. 178 Berg, NJW 1985, 2294 (2296). 179 Berg, NJW 1985, 2294 (2296 f.). Dagegen formuliert Lange, dass „formale rechtliche Selbständigkeit“ „im allgemeinen“ „Voraussetzung“ für „reale Selbständigkeit [bilde]“ und „[d]ie Funktion der rechtsfähigen öffentlichrechtlichen Anstalt […] also Verselbständigung [sei]“, vgl. Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (188 f.); Schuppert stellt heraus, dass die öffentliche Anstalt „als Organisatio[n]“ „der Autonomie gewisser Sachbereiche“ dienen will (z. B. „die instrumentelle Funktion der organisatorischen Verselbständigung“ „besonders“ „bei der Organisation des Rundfunks und der Bundesbank“), vgl. Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 5 ff.

B. Stellung im Staatsgefüge und Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung

47

gen der Bundesregierung unabhängig ist. Im Gegensatz dazu unterstehen z. B. Studentenwerke der Fachaufsicht180. Allerdings ist „eine verfassungsunmittelbare Rechtfertigung“ bzw. „Vorgabe“ der „organisatorische[n] Verselbständigung von Anstalten“ „nur in“ wenigen „Ausnahmefällen“, z. B. für die Rundfunkanstalten (Art. 5 Abs. 1. S. 2 GG) und die Deutsche Bundesbank (Art. 88 GG), zu finden181. Deshalb erscheint es notwendig, weitere „Kriterien“ ausfindig zu machen, die sich zur Rechtfertigung der Verselbständigung von Anstalten anführen lassen182. „Diese Ausgliederung“ lässt sich unterschiedlich begründen183. Wenn der Gesetzgeber einzelne Anstalten errichtet, muss er sich, auch bei Berücksichtigung seines weiten organisatorischen Gestaltungsspielraums, den jeweiligen Hintergrund überlegen184. Als derartige „Motiv[e] und“ „Gründe“ für die Verselbständigung von Anstalten werden folgende Gesichtspunkte in der Literatur angeführt, die allerdings nicht als klare „Alternativen“ verstanden werden können185 : – „[D]ie Bildung eines abgeschirmten Sondervermögens“ (Beispiele „sind die Sparkass[e] und die öffentlichrechtlichen Versicherungsunternehmen“)186. – Die Eröffnung von Freiräumen für „möglichst freie[s] und flexible[s] Handeln im Rechtsverkehr“, insbesondere „zur Wahrnehmung einer Lenkungsaufgabe“ (zum Beispiel „bei Sparkassen und öffentlichen Versicherungsunternehmen“ ist dieser Gesichtspunkt von Bedeutung)187. – Die Partizipation „bestimmter Interessenten“ an Entscheidungen der Verwaltung; dabei ist das Organ „Verwaltungsrat“ notwendig für die Beteiligung der Vertreter betroffener Interessengruppen188. – Die „Vermeidung parteipolitischer Einflüsse“189 bzw. die Schaffung eines staatsfreien Raums (als „Beispiele sind die Deutsche Bundesbank und die Rundfunkanstalten“ zu nennen). 180 Berg, NJW 1985, 2294 (2296 f.); Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 112. 181 Einzelne Ausnahmefälle bedeuten nicht verfassungsrechtliche Garantie der anstaltlichen Verselbständigung. Dazu im folgenden b) Verfassungsrechtliche Frage nach der anstaltlichen Verselbständigung; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 121; vgl. Gärtner, Finanzielle Beteiligung Privater an Anstalten des öffentlichen Rechts, S. 14. 182 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 121 f. 183 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 68. 184 Berg, NJW 1985, S. 2294 (2298); Heymann, Wesen und Notwendigkeit der öffentlichen Anstalt, S. 128; Gärtner, Finanzielle Beteiligung Privater an Anstalten des öffentlichen Rechts, S. 11. 185 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (227 ff.). Vgl. auch Gärtner, Finanzielle Beteiligung Privater an Anstalten des öffentlichen Rechts, S. 11 ff. 186 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (227 ff., 245). 187 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (228). 188 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (228 f.). 189 Schuppert, DÖV 1981, 153 (157).

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

– Die „Dezentralisation“ bzw. eine „Entlastung“ der unmittelbaren Staatsverwaltung190. – Eine verbesserte Erfüllung der Aufgaben durch größere Sach- und Bürgernähe der anstaltlichen Verwaltung191. b) Verfassungsrechtliche Garantie der anstaltlichen Verselbständigung? Was die Frage nach der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der anstaltlichen Verselbständigung betrifft, bleibt es im Gegensatz zur Selbstverwaltung der Gemeinden grundsätzlich bei einer negativen Beurteilung192. Das Bundesverfassungsgericht193 hat klargestellt, dass der Rundfunk nicht nur durch Anstalten des öffentlichen Rechts, sondern auch durch rechtsfähige Gesellschaften des privaten Rechts betrieben werden kann. Für die Sozialversicherungsträger nach Art. 87 Abs. 2 GG gebietet die Verfassung entweder eine körperschaftliche oder eine anstaltliche Verselbständigung194. Es ist danach „verfassungsrechtlich nicht geboten, die [Deutsche] Bundesbank als rechtsfähige und ,autonomeÐ Anstalt des öffentlichen Rechts auszugestalten“195. Gegen eine verfassungsrechtliche Garantie anstaltlicher Verselbständigung im Rahmen selbständiger Verwaltungseinheiten steht zudem das so genannte „Verantwortlichkeits-Argument“: Danach „unterhöhle [die anstaltliche Verselbständigung] das verfassungsrechtliche Prinzip der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung bzw. des einzelnen Ministers“196. Angesichts der Tatsache, „dass verselbständigte Verwaltungseinheiten für das politische System essentielle Funktionen erbringen (Gewinnung von Sachverstand, Engagement, Mitarbeit, Akzeptanz und Konsens)“ und dass „die Kontrollfunktion des Parlaments“ gesichert werden kann197,

190

Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 50. Vgl. Schuppert, DÖV 1981, 153 (157); Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (191). 192 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (235); Starck (Hrsg.), Erledigung von Verwaltungsaufgaben durch Personalkörperschaften und Anstalten des Öffentlichen Rechts, S. 38; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 364 ff. 193 BVerfGE 12, 205 (262). 194 BVerfGE 39, 302 (314 f.). 195 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (237). 196 Schuppert, DÖV 1981, 153 (158). 197 Die parlamentarische „Steuerungskraft“ wird durch drei Maßnahmen gesichert: „Die Errichtung von verselbständigten Verwaltungseinheiten durch Gesetz, das zugleich“ die „Organisationsziele und“ die „Instrumente“ sowie „das Organisationsprogramm festlegt (Kontrollfunktion des Gesetzvorbehalts)“ – „Die Einrichtung von Hilfsorganen der parlamentarischen Kontrolle, etwa von ständigen Ausschüssen für bestimmte Sachgebiete oder Verwaltungseinheiten (Parliamentary Select Committees)“ – „Die Statuierung von Berichtspflichten gegenüber dem Parlament“. So Schuppert, DÖV 1981, 153 (159). 191

B. Stellung im Staatsgefüge und Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung

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dürfte aber wohl kein Grund für die Verfassungswidrigkeit gegeben sein und dürfte auch nichts für den Verzicht auf die anstaltliche Verwaltung sprechen198. 2. Zuordnung zur mittelbaren Staatsverwaltung Wie die von Breuer bzw. Schuppert entwickelten Motivgruppen199 und die Gruppierung nach dem Zweck der Anstalten durch Wolff/Bachof/Stober200 bezüglich des weiten Tätigkeitsfelds von Anstalten nachweisen, wird die Organisationsform der öffentlich-rechtlichen Anstalt nicht ausschließlich für den Bereich der Leistungsverwaltung eingesetzt, sondern dient vielmehr „als variables Mehrzweckinstrument der öffentlichen Verwaltung im modernen Rechts- und Sozialstaat“201. Als Beispiele hierfür sind vor allem die Deutsche Bundesbank „[a]ls rechtsfähige Lenkungsanstalt“ und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als „freiheitssichernde Anstalten“ zu nennen202. Außerdem ist die neu gegründete Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als das jüngste Beispiel einer Anstalt im Bereich der Eingriffsverwaltung zu beachten203. Zwar ist auf diese Weise der äußerst weite Anwendungsbereich der Anstalt des öffentlichen Rechts klar geworden, aber die Stellung der anstaltlichen Verwaltung im ganzen Staatsgefüge muss noch eingehender analysiert werden. Dafür ist nunmehr auf die Gegenüberstellung „von unmittelbarer und mittelbarer Staatsverwaltung“ und die Zuordnung der anstaltlichen Verwaltung zur mittelbaren Staatsverwaltung gesondert einzugehen204. „Der Begriff der mittelbaren Staatsverwaltung“ ist ein Produkt „wissenschaftlich[er]“ Überlegungen205. Diesem Lehrbegriff „liegt der Gedanke zugrunde, dass die rechtsfähigen Gebilde innerhalb der öffentlichen Verwaltung relativ selbständig sind und sich darin funktional von den Behörden der allgemeinen Verwaltung unterscheiden (unmittelbare Staatsverwaltung)“206. Daher sind beide Verwaltungsformen wie folgt zu verstehen: „[W]enn der Staat seine Verwaltungsaufgaben […] selbst, durch eigene“ staatliche Organe (Behörden) wahrnimmt, spricht man von unmittelbarer Staatsverwaltung207. „Mittelbare Staatsverwaltung“ bezeichnet demgegenüber 198

Schuppert, DÖV 1981, 153 (159). Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (227); Schuppert, DÖV 1981, 153 (156 f.). 200 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 29. 201 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (231 f.). 202 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (234 f.); Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 29. 203 Die Sonderstellung der Deutschen Bundesbank und die Gründung der neuen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht werden unten, unter D. eingehend untersucht. 204 So schon Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 21 ff.; Heymann, Wesen und Notwendigkeit der öffentlichen Anstalt, S. 103 ff. 205 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 86 Rn. 1. 206 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 38. 207 Vgl. Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 1. 199

50

1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

„Verwaltung durch vom Staat verschiedene, rechtsfähige Träger“208. Zu diesen Verwaltungsträgern gehören die juristischen Personen des öffentlichen Rechts und „die Beliehenen“209. Die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts zählen daher (wie auch die Körperschaften und die Stiftungen des öffentlichen Rechts) als juristische Personen zur mittelbaren Staatsverwaltung210. Im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung ist weiter zu differenzieren „zwischen Verwaltungsträgern mit Selbstverwaltungsbefugnissen“, wie z. B. den Gemeinden, und denjenigen „ohne Selbstverwaltungsbefugnisse“, beispielsweise den Beliehenen211. Eine verbreitete Kritik gegen einen solch weit verstandenen Begriff der mittelbaren Staatsverwaltung richtet sich vor allem gegen die Einbeziehung der Selbstverwaltung, da selbstverwaltete juristische Personen des öffentlichen Rechts allein aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Organisationsform der mittelbaren Staatsverwaltung zuzuordnen seien212. Die Verwendung dieses weiten Begriffs kann aber zum organisatorischen und systematischen Verständnis der anstaltlichen Verwaltung gegenüber der Ministerialverwaltung als unmittelbare Staatsverwaltung beitragen. In dieser Hinsicht ist jedoch entscheidend, dass das Grundgesetz in den Art. 86 ff. GG ausdrücklich die „Trennung von unmittelbarer und […] mittelbarer Staatsverwaltung“ vorsieht213. Zu beachten ist dabei allerdings, dass das Grundgesetz die unmittelbare Staatsverwaltung als „bundeseigene Verwaltung“ und die mittelbare Staatsverwaltung als Verwaltung „durch bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes“ bezeichnet. Die mittelbare Staatsverwaltung wird vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Grundgesetzes im Zusammenhang mit den Grundformen der Bundesverwaltung im Folgenden näher betrachtet.214

208

Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 102. Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, § 7 Rn. 11; Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 1; Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 103. 210 Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, § 7 Rn. 11; Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 1; Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 25. 211 Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, § 7 Rn. 11. 212 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 86 Rn. 1; Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, § 7 Rn. 11; Stern, Staatsrecht I, § 12 I 6; nach Kahl ist Selbstverwaltung schon begrifflich keine mittelbare Staatsverwaltung: Die mittelbare Staatsverwaltung sei „ein rein organisatorisch-technischer Begriff“ und „dogmengeschichtlich untrennbar mit dem Absolutismus, konkret mit der Unterscheidung von unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten in § 69 II und § 10 ALR 1794 und der Vorstellung der Korporationen als Staatsanstalten verbunden. […] Auch diese Aussage [der weite Begriff der mittelbaren Staatsverwaltung] ist jedoch zum einen von so geringem, ja beinahe banalem Gehalt, und birgt zum anderen ein so hohes Potential inhaltlicher Fehlleitung und Fehlgewichtung, dass es konsequenter erscheint, auf die Lehre der mittelbaren Staatsverwaltung vollständig zu verzichten“. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 453 f. 213 Stern, Staatsrecht II, § 41 IV 10. c, S. 791; S. U. Pieper, Aufsicht, S. 110. 214 Siehe dazu sogleich, unter II. 209

B. Stellung im Staatsgefüge und Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung

51

II. Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung 1. Ausgangspunkt Obwohl die öffentlich-rechtliche Anstalt gegenwärtig „eine feste Größe des deutschen Verwaltungsrechts“215 darstellt, lassen sich „keine“ eindeutigen „allgemeinen“ verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Normen für den „Zweck“ und den Zeitpunkt der Errichtung von Anstalten identifizieren216. Deswegen sind im Rahmen dieser Untersuchung zunächst die einer Anstaltserrichtung zugrunde liegenden Motive und deren verschiedene Erscheinungsformen dargestellt worden. Allerdings konnten dadurch die weiterführenden Fragen nach der Zulässigkeit einer Ausgliederung bestimmter Verwaltungsaufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung und deren Übertragung auf Anstalten des öffentlichen Rechts, also nach den Gegenständen und Grenzen anstaltlicher Verwaltung, insbesondere im Rahmen des Grundgesetzes, nicht systematisch beantwortet werden. Diese dogmatisch von der „Organisationsgewalt“217 ausgehende Frage steht praktisch im Zusammenhang mit dem „Begriff des Wirkungskreises (oder ,FunktionsbereichsÐ) der Anstalt“ und der Auslegung des „normative[n] Gehalt[s]“ der die bundeseigene Verwaltung betreffenden Art. 86 bis 90 GG. Ob dieser Wirkungskreis überschritten wird, ist insbesondere für die Frage der Staatsaufsicht relevant218. Für diese praktischen Gesichtspunkte müssen jedoch die einzelnen Gesetze oder Satzungen der Anstalten behandelt werden, die an dieser Stelle nicht im Einzelnen erörtert werden können. Demgegenüber ist der Überblick über „die Kompetenzverteilungsregelungen der Art. 86 ff. GG“219 auch aus rechtsvergleichender Sichtweise wichtig220. Erst vor deren Hintergrund lassen sich die allgemeine „organisatorische Struktur der Exekutive“221, „der Verwaltungstypus der Bundesverwaltung“ sowie die „Gegenstände und Aufgaben […], auf die der Verwaltungstyp der Bundesverwaltung Anwendung findet“222, sinnvoll darstellen. Darin sind „die Möglichkeit der an-

215

Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 245. U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 119 und 121. 217 Erichsen/Knoke, DÖV 1985, 53 (54): „Unter diesem Begriff, der soweit ersichtlich weder in der Verfassung noch gesetzlich näher definiert ist, wird allgemein die Kompetenz zur Bildung, Errichtung, Einrichtung, Änderung oder Aufhebung von Verwaltungsträgern oder ihren Untergliederungen (Organen, Behörden) durch die Bestimmung ihrer Aufgaben, Zuständigkeiten, Zusammenhänge, inneren Ordnung sowie persönlichen und sachlichen Ausstattung verstanden“. 218 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 57 ff. 219 Zu diesen Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 31. Auflage, S. 417. 220 Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 8, Art. 87 Rn. 14. 221 Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 15. 222 Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87 Rn. 15. 216

52

1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

staltlichen Organisation“ auf Bundesebene unmittelbar, die Gegenstände und die Grenzen anstaltlicher Verwaltung mittelbar zu sehen223. Im Hinblick auf Differenzierung und Organisationsform der bundeseigenen Verwaltung sind Art. 86 GG und Art. 87 Abs. 3 GG als die allgemeinen und ausschlaggebenden Regelungen anzusehen224. Die übrigen Bestimmungen des Grundgesetzes gelten für „[d]ie einzelnen Gegenstände der bundeseigenen Verwaltung“225. 2. Die Grundform der Staatsverwaltung; die unmittelbare und mittelbare Bundesverwaltung nach Art. 86 GG In Art. 86 GG wird der Verwaltungstyp der bundeseigenen Verwaltung im weiteren Sinne geregelt. Diese umfasst den Vollzug von Bundesgesetzen durch unmittelbare Bundesbehörden oder durch bundesunmittelbare juristische Personen226. Dabei wird entsprechend dem jeweiligen Träger der eine Verwaltungsangelegenheit wahrnehmenden Behörde zwischen der bundeseigenen Verwaltung im engeren Sinne und der mittelbaren Bundesverwaltung differenziert227. Bei dieser Unterscheidung spielt die „rechtlich[e] Verselbständigung“ (Rechtsfähigkeit) eine entscheidende Rolle228. a) Bundeseigene Verwaltung, Art. 86 S. 1 1. Fall GG Bei der bundeseigenen Verwaltung im engeren Sinne bzw. bei der unmittelbaren Verwaltung des Bundes nimmt der Bund die „der Bundesverwaltung zugewiesenen Angelegenheiten“ selbst wahr229. In Art. 86 Satz 1 1. Fall GG wird diese Verwaltung

223

S. 11. 224

Vgl. Gärtner, Finanzielle Beteiligung Privater an Anstalten des öffentlichen Rechts,

Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 67; Erichsen/Knoke, DÖV 1985, 53 (54). 225 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 67, 73. 226 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 1; Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 8: „In den Verfassungen anderer europäischer Staaten finden sich nur sehr knappe oder gar keine Regelungen zur Organisationsgewalt. In Frankreich ist nach Art. 34 Verf. die Schaffung neuer Arten von selbständigen Verwaltungsträgern durch Parlamentsgesetz zu regeln. Sonstige Organisationsregelungen bleiben nach Art. 37 S. 1 der Verfassung der Exekutive überlassen. Eine ausdrückliche Regelung der Organisationsgewalt erfolgt nicht“. Autexier, Landesbericht Frankreich in: Starck (Hrsg.), Erledigung von Verwaltungsaufgaben durch Personalkörperschaften und Anstalten des Öffentlichen Rechts, S. 129 ff. (146). 227 Erichsen/Knoke, DÖV 1985, 53 (57); Kirschenmann, JuS 1977, 565 (570). 228 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 74; vgl. Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 30. 229 Kirschenmann, JuS 1977, 565 (571).

B. Stellung im Staatsgefüge und Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung

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als „bundeseigene Verwaltung“ bezeichnet. Die Bundesverwaltung von nicht rechtsfähigen Bundesanstalten gehört somit zur bundeseigenen Verwaltung230. b) Bundesmittelbare Verwaltung, Art. 86 S. 1 2. Fall GG Im Gegensatz dazu wird die mittelbare Bundesverwaltung hauptsächlich durch rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts wahrgenommen, Art. 86 S. 1 Fall 2 GG231. Die Bezeichnung „bundesunmittelbar“ wird verwendet, „weil Träger (bei Anstalten) oder Aufsichtsperson (bei Körperschaften) der Bund (und nicht ein Land) ist“232. Art. 86 Satz 1, Art. 87 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 nennen nur beispielhaft diese beiden Formen als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung. Daher sind außerdem noch weitere selbständige Verwaltungsträger wie Stiftungen oder (private) Beliehene denkbar233. 3. Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung im Grundgesetz a) Gegenstände der unmittelbaren Bundesverwaltung (1) Obligatorische unmittelbare Bundesverwaltung (a) Die vier wesentlichen Verwaltungsangelegenheiten des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG In Art. 87 GG ist der Anwendungsbereich der beiden in Art. 86 GG genannten Verwaltungstypen aufgeführt234. In Abs. 1 Satz 1 werden Bereiche genannt, in denen dem Bund die Pflicht „zur Eigenverwaltung“ obliegt („sog. [o]bligatorische unmittelbare Bundesverwaltung“)235. Hier sind eine Kompetenz der Länder und die Organisationsformen der mittelbaren Verwaltung nicht zulässig236. Hinsichtlich des Aufbaus der Behörden handelt es sich um die „mehrstufige“ Bundesverwaltung (mit eigenem „Verwaltungsunterbau“)237. Als Gegenstände dieser obligatorischen 230 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 3; Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 74. 231 Erichsen/Knoke, DÖV 1985, 53 (57). 232 Kirschenmann, JuS 1977, 565 (570). 233 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 2, Art. 87 Rn. 64, 65; Kirschenmann, JuS 1977, 565 (570); Erichsen/Knoke, DÖV 1985, 53 (57). 234 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 1, 11. 235 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 5; Kirschenmann, JuS 1977, 565, (571); Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 70. 236 Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 87 Rn. 16 und 21. 237 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 6; Kirschenmann, JuS 1977, 565, (570); Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 70.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

unmittelbaren Bundesverwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden vier wesentliche Verwaltungsangelegenheiten, „an denen der Bürger ein besonderes Interesse hat“238, d. h. der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung und nach Maßgabe des Art. 89 GG die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schifffahrt, ausdrücklich aufgezählt. „Die Aufgabenerfüllung in diesen Verwaltungszweigen soll unter der politischen Verantwortlichkeit des zuständigen Ministers stehen, der sich nicht auf eine bloße Rechtsaufsicht zurückziehen darf“239. (b) Die übrigen Bereiche „[D]ie Bundeswehrverwaltung“ (Art. 87b Abs. 1 S. 1 GG), „die Eisenbahnverkehrsverwaltung“ (Art. 87e Abs. 1 S. 1 GG) „und die hoheitlichen Aufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation“ (Art. 87 f Abs. 2 S. 2 GG) werden in unmittelbarer Bundesverwaltung geführt240. (2) Fakultative unmittelbare Bundesverwaltung (a) Die Gefahrenabwehr nach Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG und andere Bereiche In Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG werden Felder genannt, wo der Bund mit eigenen Behörden tätig werden darf („fakultative unmittelbare Bundesverwaltung“)241. Dabei handelt es sich um das Gebiet der Gefahrenabwehr. Nach Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG können durch ein einfaches Bundesgesetz Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und für die Kriminalpolizei eingerichtet werden. Für den Grenzschutz wird im Gegensatz zu den übrigen Bereichen ein mehrstufiger Behördenaufbau erlaubt242. Bezüglich der Organisationsform der Zentralstelle liegt ihr organisatorischer Hauptzweck vor allem darin, das landesbehördliche Handeln zu koordinieren243. Außerdem gehören verschiedene Verwaltungsbe238

Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 31. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 31. 240 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 22 Rn. 8, 40; Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 88 f. 241 Kirschenmann, JuS 1977, 565, (570 f.); Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 70; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 5, insbesondere Rn. 10: „Im Bereich der fakultativen Bundesverwaltung dagegen sind die Länder solange und soweit zur Behördeneinrichtung und zur Verwaltungszuständigkeit befugt, als der Bund von seinem Recht, diese Gebiete in Verwaltung zu nehmen, nicht in zulässiger (rechtsgültiger) Weise Gebrauch gemacht hat. Insofern ist es sinnvoll, hier von einer alternativ-konkurrierenden Verwaltungszuständigkeit des Bundes und der Länder zu sprechen“. 242 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 70; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 8. 243 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 54, 79; Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 31. Auflage, S. 420: „Wenn eine Zentralstelle mit ihrer Beschränkung auf eine bloße Koordinationsfunktion für eine effektive Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahren239

B. Stellung im Staatsgefüge und Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung

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reiche nach Art. 87b Abs. 1 S. 3 und Abs. 2, Art. 87d Abs. 2, Art. 87e Abs. 1 S. 2, Art. 89 Abs. 2 S. 2 bis 4 und Art. 90 Abs. 3 GG zur fakultativen unmittelbaren Bundesverwaltung244. (b) Unmittelbare Bundesverwaltung durch Bundesoberbehörden (Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG) und bundeseigene Mittel- und Unterbehörden (Satz 2) Über die bereits in Art 87 Abs. 1 GG und an anderer Stelle in der Verfassung eingeräumten Vollzugszuständigkeiten des Bundes hinaus können selbständige Bundesoberbehörden durch Bundesgesetz nach Art 87 Abs. 3 S. 1 GG errichtet werden. Eine „selbständig[e] Bundesoberbehörde“, unter der das Grundgesetz immer eine Behördenart der unmittelbaren Bundesverwaltung versteht, muss die von ihr wahrzunehmenden Aufgaben, die sich ihrem Wesen nach zur zentralen Erledigung eignen, ohne untergeordnete Behörden sachgerecht für das gesamte Bundesgebiet erledigen können245. Bei dieser Organisationsform ist die Grundidee maßgebend, „im Interesse der Spezialisierung bestimmte Arbeitsbereiche aus einer obersten Bundesbehörde auszugrenzen und einer selbständigen (spezialisierten) Behörde zu übertragen“246. Allerdings bedeutet „diese organisatorische Verselbständigung“ bzw. Trennung der Bundesoberbehörden nicht zwangsläufig eine Ausstattung mit „eigener Rechtsfähigkeit“247. Andererseits wird die Bildung neuer bundeseigener Mittel- und Unterbehörden zum Schutz der Länderinteressen dem Bund unter den engen Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG dann gestattet, wenn es sich um „neu erwachsende“ Aufgaben handelt und ein „dringender Bedarf“ besteht248. Darüber hinaus bedarf es der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestags. Tatsächlich hat sich durch diese Vorschrift die Bundesverwaltung auch nur in geringem Maße ausgedehnt249. Was die Definition dieser neuen Aufgaben angeht, so handelt es sich dabei nach einer häufig vertretenen Ansicht um solche Aufgaben, die bisher noch gar nicht

abwehr und Strafverfolgung nicht ausreiche, könne vom Bund auch eine selbständige Bundesoberbehörde errichtet werden (BVerfG vom 3. 3. 2004, NJW 2004, S. 2213, 2215). Diese Entscheidung ist für eine Neugestaltung der Sicherheitsarchitektur in Deutschland von Bedeutung“. 244 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 22 Rn. 8; Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 70. 245 Dazu Herdegen, WM 2000, 2121 (2122); Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 86; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 78; BVerfGE 14, 197, 211. 246 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 54, 79. 247 Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 31. Auflage, S. 419; Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 27. 248 Herdegen, WM 2000, 2121 (2122). 249 Hartkopf, DÖV 1979, 349 (352).

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

bestanden haben oder die jedenfalls „weder vom Bund noch von den Ländern wahrgenommen“ wurden250. b) Gegenstände der mittelbaren Bundesverwaltung (1) Obligatorische mittelbare Bundesverwaltung des Art. 87 Abs. 2 GG In Art. 87 Abs. 2 GG wird die Organisation der landesübergreifenden Sozialversicherungsträger geregelt. Danach müssen die mit der Sozialversicherung zusammenhängenden Aufgaben zwingend in mittelbarer Bundesverwaltung geführt werden (obligatorische mittelbare Bundesverwaltung)251. Die mittelbare Bundesverwaltung nach Art. 87 Abs. 2 GG nennt neben den in Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG genannten Gebieten bundeseigener Verwaltung den „Kern der vom Bund kraft Verfassung zu erledigenden Verwaltungsaufgaben“252. (2) Fakultative mittelbare Bundesverwaltung des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG In Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG findet sich „eine allgemeine Regelung für die fakultative […] mittelbare Bundesverwaltung für Bereiche der Bundesgesetzgebung“253, die sowohl den Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes (Art. 71 GG) als auch den Bereich der konkurrierenden Zuständigkeit (Art. 72 GG) umfasst254. Neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts im Sinne dieser Vorschrift können unter denselben Voraussetzungen, die für die Neuerrichtung von Bundesoberbehörden erforderlich sind, errichtet werden. Auf demselben Sachgebiet können deshalb eine Bundesoberbehörde und ein Träger mittelbarer Bundesverwaltung nebeneinander existieren255. Anders als bei Art. 87 Abs. 2 GG müssen deshalb die hier „genannten Gegenstände mittelbarer Bundesverwaltung in der Organisationsform der Zentralstufenbehörde wahrgenommen werden“256 Noch anzumerken ist jedoch, dass diese Organisationsformen der mittelbaren Bundesverwaltung im Gegensatz zu den Bundesoberbehörden rechtlich selbständig 250

Zum Meinungsstand Häde, JZ 2001, 105 (112); Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 99. 251 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 8, 69. 252 Hartkopf, DÖV 1979, 349. 253 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 86. 254 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 86. 255 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 85. 256 Kirschenmann, JuS 1977, 565, (570); Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 81 Rn. 86; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 84; Broß, in: von Münch/Kunig, GGK, Art. 87 Rn. 9.

B. Stellung im Staatsgefüge und Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung

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sind257. Passivlegitimiert ist deshalb im Prozessfalle der jeweilige mittelbare Verwaltungsträger und nicht der Bund258. Im Hinblick auf die Neugründung von bundesunmittelbaren Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts (oder Bundesoberbehörden) im Wege eines zustimmungsfreien Bundesgesetzes ist Art 87 Abs. 3 Satz 1 GG „als eines der wichtigsten Ventile zu Gunsten bundeseigener Verwaltung“259 anzusehen. Ein Anwachsen der Bundesverwaltung aufgrund dieser Vorschrift ist aber wegen der Voraussetzung, dass „ein[e] Verwaltungsaufgabe“ sich „zur […] zentralen Erledigung“ eignen muss, und auch wegen des Aufbaus der zuständigen Behörden ohne eigenen Verwaltungsunterbau nicht leicht zu realisieren, weshalb „die bundesstaatliche Gewaltenbalance“ gesichert bleibt260. c) Ergebnis Nach Art. 86 bis 91 GG werden einige Kernbereiche der traditionellen Staatsverwaltung, so z. B. der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung, die Bundeswehrverwaltung sowie die dort bestimmte Verkehrs- und Polizeiverwaltung, als Bereiche unmittelbarer Bundesverwaltung festgelegt. Prinzipiell können diese Bereiche der unmittelbaren Bundesverwaltung nicht durch Anstalten des öffentlichen Rechts wahrgenommen werden261. Aber das Grundgesetz schließt nicht aus, dass eine Anstalt des öffentlichen Rechts auf demselben Sachgebiet, das durch eine Bundesoberbehörde verwaltet wird, zusätzlich geschaffen wird262. Da Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung so weitreichend wie die Bereiche der Bundesgesetzgebung sind und eine neue bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts mittels nicht der Zustimmung bedürftiges Bundesgesetz nach Art 87 Abs. 3 S. 1 GG errichtet werden kann, kann diesbezüglich kritisch von der Gefahr einer Ausdehnung der anstaltlichen Verwaltung gesprochen werden263. Aber auf Grund des beschränkten Zuständigkeitsbereichs von bundesunmittelbaren Anstalten des öffentlichen Rechts und ihrer Organisationsform mit obligatorisch einstufigem Aufbau sollte diese Gefahr nicht überschätzt werden. 4. Überblick über die anstaltliche Verwaltung auf Landesebene Wie ausgeführt, kann der Bund Anstalten des öffentlichen Rechts nach den grundgesetzlichen Regelungen, vor allem Art. 86 und 87 GG, die insbesondere die bundesstaatliche Kompetenzverteilung regeln und einen bundesgesetzlichen Vorbehalt vor257 258 259 260 261 262 263

Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 31. Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 31. Auflage, S. 420. Hartkopf, DÖV 1979, 349 (350). Hartkopf, DÖV 1979, 349 (352 f.). Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 6, Art. 87 Rn. 26, 96. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 85. Hartkopf sieht diese Gefahr allerdings nicht: ders., DÖV 1979, 349 (353).

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

sehen, nur im Rahmen der bundeseigenen Verwaltung errichten264. Darin werden die Gegenstände und die Grenzen anstaltlicher Verwaltung mittelbar eingeräumt. Im Gegensatz dazu steht den Ländern die Errichtung öffentlicher Anstalten auf Grund des Art. 30 GG grundsätzlich, mit Ausnahme von den Fällen des Art. 87 GG, frei265. Da sie auch die Verwaltungskompetenz auf den Gebieten haben, in denen ihnen die Gesetzgebungskompetenz zusteht (vgl. u. a. Art. 30 und 70 GG)266, erscheinen zwar auf den ersten Blick die Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung unbeschränkt zu sein. In der Praxis und nach den einschlägigen Regelungen zahlreicher Landesverfassungen267 ist jedoch sowohl bei der Errichtung von öffentlichen Anstalten als auch bei der Festlegung der Gegenstände anstaltlicher Verwaltung eine formell-gesetzliche Rechtsgrundlage notwendig und der Gesetzesvorbehalt zu beachten268. So ist beispielsweise nach der einschlägigen Verfassungsvorschrift des Landes Baden-Württemberg gewährleistet, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten als Träger der Selbstverwaltung ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze unter eigener Verantwortung wahrnehmen (Art. 69 und 71 Abs. 1 S. 2, 3). Es handelt sich dabei um eine „Institutsgarantie, zugunsten der mittelbaren Selbstverwaltung, die ein Mindestmaß an Eigenverantwortlichkeit“269 garantiert. Nach Art. 70 Abs. 1 Satz 1 LV werden Aufbau, räumliche Gliederung und Zuständigkeit der Landesverwaltung durch Gesetz, also vom Landtag, geregelt. Zum Begriff der „Landesverwaltung“ gehören die Behörden der unmittelbaren Landesverwaltung und die Träger der mittelbaren Landesverwaltung, also die Gemeinden, Gemeindeverbände, Zweckverbände und sonstigen öffentlich-rechtliche juristische Personen (Art. 25 Abs. 3 S. 3, Art. 69 und 71 Abs. 1 LV)270. Danach unterliegen der Aufbau und die Zuständigkeit anstaltlicher Verwaltung im Allgemeinen dem Gesetzesvorbehalt271. Auf dieser rechtlichen 264 Vgl. Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 8, Art. 87 Rn. 16 und 69; Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 45. 265 Vgl. das Urteil des BVerfG v. 30. 6. 1953, BVerfGE 2, Seite 347 ff.; Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 45, Fn. 22. 266 V. Maurer, in: Otto N. Bretzinger (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht für Bad.-Württ., S. 69, Rn. 142. 267 Vgl. Art. 77 I 1 Bay. Verf.; Art. 70 I 1 Bad.-Württ. Verf.; Art. 70 II 1 Meckl.-Vorp. Verf.; Art. 56 II Nds. Verf.; Art. 77 I 1NW Verf.; Art. 112 S. 2 Saarl. Verf.; Art. 82 I 1Sächs. Verf.; Art. 86 II Sachs.-Anh. Verf.; Art. 45 II Schl.-Holst. Verf.; Art. 90 S. 2 Thür. Verf.; vgl. auch Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 8 Fn. 31. 268 Vgl. Hermes, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 86 Rn. 8; V. Maurer, in: Otto N. Bretzinger (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht für Bad.-Württ., S. 70, Rn. 146; Braun, Kommentar zur Bad.-Württ. Verf., Art. 70 Rn. 29. 269 Vgl. V. Maurer, in: Otto N. Bretzinger (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht für Bad.Württ., S. 75, Rn. 164; Braun, Kommentar zur Bad.-Württ. Verf., Art. 71 Rn. 75. 270 Vgl. V. Maurer, in: Otto N. Bretzinger (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht für Bad.Württ., S. 69, Rn. 141; Braun, Kommentar zur Bad.-Württ. Verf., Art. 69 Rn. 6. 271 Vgl. Braun, Kommentar zur Bad.-Württ. Verf., Art. 70 Rn. 11 ff.; V. Maurer, in: Otto N. Bretzinger (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht für Bad.-Württ., S. 70, Rn. 146.

B. Stellung im Staatsgefüge und Gegenstände der anstaltlichen Verwaltung

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Grundlage sind einige öffentlich-rechtliche rechtsfähige Anstalten vor allem im Bereich der Kultur und der Medien, Banken und Versicherungen geschaffen worden272. Andererseits spielen die Sparkassen, die von der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung umfasst sind, als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts seit langem eine gewichtige Rolle im Rahmen der kommunalen Wirtschaft273. Auf kommunaler Ebene ist noch anzumerken, dass seit Mitte der 90er Jahre eine eindeutige Veränderung des Organisationstrends bei der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung beobachtet wird. Wie Schlagwörter wie der „Eigenbetriebsvorrang“ oder die „Flucht in das Privatrecht“ zeigen, war der bisherige Trend bei der Wahl der Rechtsform die Entscheidung zwischen der Eigenbetriebsform oder den Gesellschaftsformen des privaten Rechts274. Allerdings wurde die Praxis von den privatrechtlichen Gesellschaftsformen beherrscht275. Während hierbei die Organisationsprivatisierung auf der einen Seite zu flexiblen, von Einflüssen aus der Politik unabhängigen Handlungsmöglichkeiten der kommunalen Unternehmen geführt und eine weitgehende Zusammenarbeit mit Privaten – im Gegensatz zu der Eigenbetriebsform – mit sich gebracht hat, hat diese aber auf der anderen Seite zur Lockerung der öffentlich-rechtlichen Bindungen inklusive Steuerungsverlust auf der Ebene der Aufsicht geführt276. In diesem Zusammenhang sind verschiedene Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen worden277. Eine Lösung zu Gunsten der Anstaltsform, bei der mehr Selbständigkeit des Unternehmens als bei Regie- und Eigenbetrieb besteht und anders als bei den in Privatrechtsform organisierten Eigengesellschaften die vorteilhaften öffentlich-rechtlichen Regelungen, insbesondere Aufsichts- und Steuerungsmöglichkeiten, bestehen bleiben278, hat der Freistaat Bayern als erstes Flächenland im Jahre 1995 gefunden. Danach wurde den Kommunen „gleichzeitig mit dem Wegfall des Eigenbetriebsvorrangs […] allgemein die Möglichkeit eröffnet[e], wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Unternehmen in der Rechtsform einer selbstständigen Anstalt des öffentlichen Rechts (als sog. Kommunalunternehmen) zu führen“279. Dieser Organisationslösung folgten Rheinland-Pfalz (seit 1998, §§ 86a, 86b GO), Nordrhein-Westfalen 272

V. Maurer, in: Otto N. Bretzinger (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht für Bad.-Württ., S. 75, Rn. 164. 273 Ruffert, VerwArch 92 (2001), 27 (55). 274 Ehlers, ZHR 167 (2003), 546 (549 f. und 553). 275 Ehlers, ZHR 167 (2003), 546 (549). 276 Ehlers, ZHR 167 (2003), 546 (546 und 553); Ruffert, VerwArch 92 (2001), 27 (52). 277 Dazu zusammenfassend Ehlers, ZHR 167 (2003), 546 (552 f.). 278 Schmidt, ZGR 1996, 345 (361 f.). 279 Ehlers, ZHR 167 (2003), 546 (553 f.); vgl. Gesetz v. 26. 7. 1995 (GVBI. S. 376), nunmehr Art. 89 ff. GO Bay; bei der schon im Land Berlin (Berliner Betriebegesetz, 9. 7. 1993, GVBI. S. 319) und Hamburg (vgl. z. B. Gesetz zur Errichtung der Stadtreinigung Hamburg, 9. 3. 1994, GVBI. S. 79) durchgesetzten Umwandlung der Eigenbetriebe in Anstalten „ging es nur um die Umwandlung eines feststehenden Kreises von Betrieben“, dazu ders., S. 553.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

(1999, § 114a GO), Sachsen-Anhalt (2001)280, Schleswig-Holstein (2002, § 106a GO) und Niedersachen (2003, § 113a ff. GO)281. Darüber hinaus empfahl auch der 64. Deutsche Juristentag im Jahre 2002, in allen Ländern die Anstalt des öffentlichen Rechts als zusätzliche Unternehmensform auf kommunaler Ebene einzuführen282. Insgesamt lässt sich die Frage nach den Gegenständen und Grenzen anstaltlicher Verwaltung auf Landesebene im Rahmen der landesverfassungsrechtlichen Regelungen nicht beantworten. Hinsichtlich der Errichtung von öffentlichen Anstalten und der Festlegung der Gegenstände anstaltlicher Verwaltung auf Landesebene ist die Entscheidung der Landesgesetzgeber im Zusammenhang mit der Institutsgarantie der mittelbaren Selbstverwaltung und dem Gesetzesvorbehalt maßgebend. Davon ausgehend dienen die Anstalten des öffentlichen Rechts öffentlichen Zwecken in verschiedensten Bereichen. Insbesondere auf kommunaler Ebene erlebt die Anstalt „einen echten Aufschwung“ aufgrund gesetzlicher Neuregelungen, genauer „die Aufnahme in das kommunale Wirtschaftsrecht der Gemeindeordnungen“283. Dabei verweist die Wahl der Rechtsform in der Verwaltung klar darauf, dass sie „nicht eine Frage von bloß verwaltungstechnischer Bedeutung“ ist und eher im engen Zusammenhang mit der Kontrollintensität der öffentlichen Hand bzw. der Einflussmöglichkeit auf die Organisation steht284.

C. Die typische Organisationsstruktur der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts Die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts kann wie jede juristische Person nur durch ihre Organe handeln. Trotz dieses allgemein gültigen Ansatzpunkts zu den Grundzügen der Anstaltsorganisation wird die Frage nach den weiteren Grundlagen für ihre Organisationsstruktur, d. h. welcher bestimmten Organe die Anstalt dafür bedarf, welche Aufgaben den Organen übertragen sind und wie jedes einzelne Organ zusammenzusetzen ist, wenig übersichtlich und kaum einheitlich beantwortet. Der Grund liegt darin, dass die Organe der öffentlichen Anstalten hinsichtlich Anzahl, Aufgabenverteilung, Zusammenhang und Zusammensetzung je nach Art und Umfang ihrer öffentlichen Aufgabenstellung schon durch ihre Errichtungsgesetze, dane280

Anstaltsgesetz v. 3. 4. 2001 (GVBI. S. 136). Die kompetenzrechtliche Grundlage dieser gesetzlichen Neuregelungen wird folgendermaßen erklärt: „Da die Gesetzgebungskompetenz für das Kommunalrecht nach den Art. 30, 70 ff., 83 ff. GG den Ländern zusteht und die Organisation der Kommunalwirtschaft zum Kommunalrecht und nicht zum Recht der Wirtschaft i. S. des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG gehört, liegt die Entscheidung, ob es kommunale Unternehmen in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts geben soll, ausschließlich bei den Landesgesetzgebern“. Ehlers, ZHR 167 (2003), 546 (554). 282 Vgl. DJT, Vhdl.d.64 DJT, Band II/1, 2002, O 76 (Nr. 49). 283 Schmidt-Preuß, DÖV 2001, 45 (51). 284 Erbguth/Stollmann, DÖV 1993, 798 (801). 281

C. Die typische Organisationsstruktur

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ben teilweise auch durch kommunale Satzungen oder Anstaltssatzungen unterschiedlich ausgestaltet sind285. Angesichts dieser unterschiedlichen Rechtskonstruktion ist es im Rahmen dieser Untersuchung unmöglich, sämtliche unterschiedlichen Organstrukturen parallel zu schildern. Es erscheint dagegen möglich und fruchtbarer, überwiegend die Organisationsstruktur der Landesbanken mit ihrem zwei- oder dreistufigen Organbau286, der die typische Binnenverfassung der rechtsfähigen Anstalt und ihrer Entwicklung darstellt287, zusammenfassend darzustellen und dadurch die Grundidee der Organisationsstruktur in den deutschen Anstalten zu vermitteln. I. Der Vorstand Alle rechtsfähigen Anstalten müssen „einen kollegialen Vorstand oder einen monokratischen Vertreter“ als das Vertretungs- und Geschäftsführungsorgan (Exekutivorgan) haben288. Durchweg führt der Vorstand die Geschäfte der Anstalt bzw. der Bank, wozu auch die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung gehört. Außer bestimmter zustimmungsbedürftiger Geschäfte, bei denen der Verwaltungsrat mitwirken muss, entscheidet er die täglich zu erledigenden Geschäfte eigenverantwortlich. Darüber hinaus hat er die wesentlichen Führungsaufgaben der Bank inne, nämlich die grundsätzliche strategische Planung und Koordinierung289. Allerdings kann dieser Entscheidungsspielraum des Vorstands durch die sog. Richtlinienkompetenz des Verwaltungsrats eingeschränkt werden290. Die Bestimmung der Mitglieder des Vorstandes richtet sich nach der jeweiligen gesetzlichen Regelung: sie werden entweder von der Gewährträgerversammlung, vom Verwaltungsrat oder von der Aufsichtsbehörde auf Vorschlag des Verwaltungsrats benannt291. Zu beachten ist, dass im Gegensatz zu früher nur selten eine direkte Berufung des Vorstandes durch den Anstaltsträger stattfindet, weil die öffentlichen Banken mit der Zeit eine eigene Personalhoheit erlangt haben. Nun spielt der Verwal285

Vgl. Rümker, Organverfassung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, in: FS für W. Werner, S. 748; dazu auch Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 130. 286 Vgl. hierzu zusammenfassend Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 70 ff. 287 Nach U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 140, Fn. 391, nehmen „Landesbanken in der Praxis und von der wirtschaftlichen Bedeutung her bei der Bildung strategischer Allianzen und Konzernstrukturen unter Einbeziehung von Anstalten eine herausragende Rolle“ ein. Ihre Binnenorganisation sei als typisch für wirtschaftlich tätige Anstalten anzusehen. 288 Rümker, Organverfassung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, in: FS für W. Werner, S. 748; Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 130. 289 Vgl. U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 142. 290 Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 96. 291 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 120 f.; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 143.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

tungsrat mit seiner Aufsichtsbefugnis eine wichtige Rolle in den meisten Berufungsoder Abberufungsfällen der Vorstandsmitglieder292. Die Vorstandsmitglieder sind heute in der Regel keine Beamten im staatsrechtlichen Sinne, denn ihr Beschäftigungsverhältnis beruht nicht auf Verwaltungsakt, sondern es besteht zumeist ein zivilrechtlicher Arbeitsvertrag. Allerdings sieht die herrschende Meinung sie als Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB an293. Der Vorstandsvorsitzende oder Präsident ist in der Regel lediglich „primus inter pares“294. Der Vorstand und die Art und Weise seiner Geschäftsführung unterliegen insgesamt der Aufsicht des Verwaltungsrates der Bank295. II. Der Verwaltungsrat (Aufsichtsrat) Der Verwaltungsrat ist das dem aktienrechtlichen Aufsichtsrat vergleichbare zentrale Aufsichtsgremium der Anstalt; er wird z. T. tatsächlich als „Aufsichtsrat“296 bezeichnet. Dem Verwaltungsrat sind als Grundfunktion die Prüfung und Überwachung des Vorstands übertragen297. Danach prüft und überwacht er die Geschäftsführung durch Rechtskontrolle, bestimmt die Anstellungs- und Vergütungsgrundsätze für die Beschäftigten der Bank, vertritt die Anstalt gegenüber dem Vorstand, entscheidet über den jeweiligen Abschlussprüfer und legt den Jahresabschluss fest298. Um seine Aufsichtskompetenzen durchzusetzen, ist dem Verwaltungsrat gegenüber dem Vorstand ein weit reichendes Auskunftsrecht eingeräumt299. Neben dieser genannten Überwachungskompetenz hat er auch die Zustimmungsund Beschlusskompetenz sowie einzelne Führungskompetenzen. Die Durchführung bestimmter bedeutender Geschäfte wie z. B.300 die Ausgabe von Pfandbriefen und Schuldverschreibungen, die Aufnahme stiller Beteiligungen und fremder Kapitalgeber in die Landesbank sowie die Errichtung oder Auflösung von

292

Rümker, Organverfassung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, in: FS für W. Werner, S. 770. 293 Vgl. hierzu BGH NJW 1983, 2509 ff. („Fall Poullain“); OLG Hamm, DVBl. 1981, S. 228 ff.; Dörries, Zur Rechtsstellung von Landesbanken, S. 182 ff.; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 121. 294 Rümker, Organverfassung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, in: FS für W. Werner, S. 770. 295 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 121; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 143. 296 Vgl. z. B. die Bezeichnung bei der Landesbank Berlin, der Nord-LB, der Bremer LB. 297 Vgl. Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 123 f.; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 147. 298 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 124; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 147. 299 Vgl. Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 187. 300 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 121 f.; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 144 f.

C. Die typische Organisationsstruktur

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Niederlassungen und selbständigen Einrichtungen bedarf der Zustimmung oder Entscheidung des Verwaltungsrates. Zu den Führungskompetenzen des Verwaltungsrates zählen der Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand, der Erlass von Richtlinien für das Bankgeschäft, die Beschlussfassung hinsichtlich der Befreiung von Satzungsvorschriften im Einzelfall, die Ausarbeitung und Unterbreitung von Vorschlägen zur Beschlussfassung der Gewährträgerversammlung, die Abgabe von Stellungnahmen zu Satzungsänderungen301. Wie Dietrich Rümker zutreffend ausführt, hat der Verwaltungsrat durch seine Richtlinienkompetenz eine „Teilhabe an Exekutivfunktionen des Vorstandes“302. Der Anstaltsträger erhält hierdurch die Gelegenheit, „durch seine in dem Verwaltungsrat tätigen Vertreter die allgemeinen Orientierungsmaßstäbe für die Tätigkeit der Institute zu formulieren und durchzusetzen“303. Angesichts des durch die Mitgeschäftsführungsbefugnisse und die Richtlinienkompetenz des Verwaltungsrates auftretenden Spannungsverhältnisses zwischen den Kompetenzen des Verwaltungsrates als eigentliches Kontrollorgan und des Vorstandes als alleiniges Geschäftsführungsorgan ist jedoch zu beachten, dass nach einem Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vom 7. 4. 1971 eine strenge Funktionstrennung dieser beiden Organe im Bereich von Kreditanstalten bzw. Kreditinstituten gefordert wird304. Eine generelle Weisungsbefugnis des Aufsichtsgremiums gegenüber dem Geschäftsleiter ist damit aufsichtsrechtlich nicht gestattet. Aufgrund der maßgeblichen Steuerungskompetenzen des Verwaltungsrates ist die personelle Zusammensetzung dieses Kollegialorgans für die betroffenen Interessengruppen von großer Bedeutung. Dabei muss vom Staat grundsätzlich für eine adäquate Vertretung aller in Betracht kommenden Gruppen gesorgt werden305. Die angemessene Verteilung trägt zur Stärkung eines „partizipatorischen Moments“

301 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 123; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 145 f. 302 Rümker, Organverfassung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, in: FS für W. Werner, S. 761. 303 Rümker, Organverfassung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, in: FS für W. Werner, S. 761 f. 304 Nach Auffassung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen ist eine im Gesellschaftsvertrag bzw. normativ festgelegte, allgemeine Weisungsbefugnis des Aufsichtsorgans gegenüber dem Geschäftsleiter mit der vom KWG (Gesetz über das Kreditwesen) vorausgesetzten, ausschließlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsleiters für die ordnungsgemäße Abwicklung der Bankgeschäfte nicht in Einklang zu bringen. Vgl. hierzu Reischauer/Kleinhans, KWG, Anm. 91 zu § 1; Rümker, Organverfassung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, in: FS für W. Werner, S. 751 ff.; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 122 f.; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 145; Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 160. 305 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (198).

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

und zur Verselbständigung der rechtsfähigen Anstalt bei306. Eine offensichtliche Vernachlässigung angemessener Beteiligungsmöglichkeiten der betroffenen Gruppen kann jedenfalls im Hinblick auf den Gleichheitssatz vor den Gerichten angegriffen werden307. Die Mitglieder des Verwaltungsrates bestehen aus den durch Anstaltsträger und Kapitaleigner zu bestellenden Mitgliedern und den infolge von Regelungen der Mitbestimmung und der Personalvertretung von den Angestellten der Bank entsandten Vertretern308. Dabei werden die direkt in der Satzung oder im Gesetz festgelegten Vertreter des Trägers der Anstalt, z. B. Ministerpräsidenten und Finanzminister, als die „geborenen“ Mitglieder und die durch den Anstalts- oder Kapitalträger festgelegten Personen als die „gekorenen“ genannt309. Bei der Zuweisung von gekorenen Mitgliedern ist die Höhe des jeweiligen Kapitalanteils der einzelnen Träger zu berücksichtigen310. Ein Drittel der Posten ist in der Regel mit Beschäftigtenvertretern besetzt311. Zu beachten ist dabei auch die Frage nach der Grenze der Mitbestimmung unter Berücksichtigung des Demokratieprinzips des Grundgesetzes, also ob die Kette demokratischer Legitimation der anstaltlichen Entscheidungen durch die wesentliche Mitwirkung demokratisch nicht legitimierter Beschäftigtenvertreter unterbrochen wird312. „Unter diesem Gesichtspunkt ist die nicht-paritätische Beteiligung von Arbeitnehmervertretern insofern zunächst unproblematisch, als deren Einfluss durch die Mehrheit der demokratisch legitimierten Mitglieder im Aufsichtsrat kompensiert werden kann“313. III. Die Gewährträgerversammlung Die Gewährträgerversammlung ist das der aktienrechtlichen Hauptversammlung entsprechende Vertretungsorgan der Anteilseigner bzw. Gewährträger der Anstalt. Verfügt eine Anstalt über verschiedene Anteilseigner, ist ein spezielles Eignerorgan zur eigentümerspezifischen Grundentscheidung und Koordinierung der Beteiligten-

306 Vgl. Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (228 f.); Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (198 f.). 307 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (198 f.). 308 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 125; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 148. 309 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 126; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 149. 310 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 126; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 149 f. 311 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 125; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 148. 312 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 125; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 149. 313 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 125; vgl. auch U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 149, dort in Fn. 429.

C. Die typische Organisationsstruktur

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interessen selbstverständlich notwendig und sinnvoll314. Anders als der Verwaltungsrat ist die Gewährträgerversammlung dementsprechend mitbestimmungsfrei ausgestaltet. Dieser sind die folgenden Kompetenzen in ihrer Gesamtheit oder teilweise zugewiesen315 : Der Erlass und die Änderung der Satzung, die Bestellung der Verwaltungsratsmitglieder und des Vorstandes, der Beschluss über die Gewinnverwendung und Maßnahmen zur Verlustdeckung, die Festsetzung und die Änderung des Grundkapitals, die Aufnahme anderer Kapital- und Gewährträger, das Eingehen von Beteiligungen (vor allem an anderen öffentlichen Banken), die Änderung der internen Beteiligungsverhältnisse, der Beschluss über eine Fusion mit anderen Instituten, die Umwandlung der Bank in eine Aktiengesellschaft und die Bestimmung allgemeiner Grundsätze der Geschäftspolitik. Bei einem zweistufigen Organbau werden solche Aufgaben und Pflichten häufig vom Verwaltungsrat wahrgenommen. Die Verteilung der Stimmen zwischen den einzelnen Gewährträgern kann z. B. allgemein gemäß der Kapitalquote ausgestaltet316 sein, womit die Eigentümerzusammensetzung innerhalb der Gewährträgerversammlung exakt erfasst wird317. IV. Zusammenfassung Bei der kurzen Analyse der Organisationsstruktur der Landesbanken wird zum einen vor allem die organisatorische Trennung der eigentlichen Geschäftsführung und ihrer Beaufsichtigung bzw. die Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Verwaltungsrat und zum anderen die Interessenkoordinierung der betroffenen Gruppen inklusive der Anstaltsträger bei der personellen Zusammensetzung des Verwaltungsrates als die Grundidee der deutschen anstaltlichen Organisationsstruktur sichtbar. Der Vorstand führt die Geschäfte der Anstalt in eigener Verantwortung, aber auch unter Aufsicht des Verwaltungsrates. Seine Stellung als Vertretungs- und Geschäftsführungsorgan wird durch die dem Verwaltungsrat kraft Gesetz oder Satzung eingeräumten beschränkten Mitgeschäftsführungskompetenzen in der Tat nicht bedroht. Der Verwaltungsrat prüft und überwacht die ordnungsmäßige Geschäftsführung des Vorstandes. Selbstverständlich wird seine Aufsichtsbefugnis durch die Geschäftsführungskompetenz des Vorstandes nicht begrenzt. Bei der personellen Zusammensetzung des Verwaltungsrates wird die adäquate Vertretung aller betroffenen 314 Vgl. Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 128 f.; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 152 f.; Rümker, Organverfassung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, in: FS für W. Werner, S. 756 f. 315 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 129 ff.; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 152 f. 316 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 132; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 154. 317 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 154.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

Gruppen sichergestellt. Dadurch verfügen z. B. die Beschäftigten der Anstalt über eine Beteiligungsmöglichkeit und zugleich lässt sich die Gefahr der einseitigen Machtausübung einer Gruppe reduzieren. Die Bindung der Anstalt an den Anstaltsträger ist nicht zu leugnen. Dem Anstaltsträger wird neben der Bestimmung des Grundprogramms in der Gewährträgerversammlung auch die Möglichkeit eröffnet, durch die von ihm entsandten Vertreter im Aufsichtsgremium die generellen Leitsätze für die Aufgabenwahrnehmung der Anstalten aufzustellen und umzusetzen. Insgesamt kann die organisatorische Funktionsabgrenzung und die angemessene Vertretung aller betroffenen Gruppen bzw. die Mitverwaltung im Verwaltungsrat zur verselbständigten Aufgabenerfüllung der rechtsfähigen Anstalt beitragen. V. Exkurs: Überblick über die personelle Zusammensetzung der Verwaltungsbediensteten in der Anstalt mit Blick auf den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG Im Rahmen der Untersuchung der deutschen Anstalt bzw. der anstaltlichen Organisationsstruktur dürfte die Frage nach der personellen Zusammensetzung der Verwaltungsbediensteten und deren Aufgabenbereich innerhalb der Anstalt wohl kein zentrales Thema bilden und auch am Rand der Behandlung liegen. Im Gegensatz hierzu interessiert sich die koreanische Verwaltungspraxis stärker für diesen Punkt. In Korea ist die Anstaltsorganisation zwar verwaltungsrechtlich insgesamt mit der der deutschen Anstalt des öffentlichen Rechts vergleichbar, aber in organisatorischen Detailfragen davon durchaus abweichend organisiert318. Insbesondere kann hierbei von der koreanischen Seite gefragt werden, warum die Beamten, die in der Tradition des kontinentaleuropäischen Rechts als personelles Symbol der hierarchischen unmittelbaren Staatsverwaltung anzusehen sind, als eine wichtige Gruppe von Bediensteten die Aufgaben der Anstalt bzw. der mittelbaren Staatsverwaltung wahrnehmen. Eine genaue Antwort hierauf muss von Folgenden ausgehen: In Deutschland besitzen – außer dem Bund, den Ländern, den Gemeinden und den Gemeindeverbänden – Anstalten, Körperschaften oder Stiftungen des öffentlichen Rechts das Recht, kraft Überlieferung oder Verleihung i. S. des § 121 Ziff. 2 BRRG Beamte zu haben319. Auf Bundesebene ist ein Beamter, der eine bundesunmittelbare Anstalt, Körperschaft oder Stiftung des öffentlichen Rechts zum Dienstherrn

318

Z. B. kennt die koreanische Anstalt nicht die Beamten als ihre Bediensteten, sondern nur zwei Gruppen von Dienstnehmern, die Angestellten des öffentlichen Dienstes und die Arbeiter des öffentlichen Dienstes. 319 Vgl. § 121 Ziff. 1 und 2 des Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz-BRRG, 01. 07. 1957); zur Dienstherrenfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts vgl. Quidde, ZBR 1958, S. 229 ff.

C. Die typische Organisationsstruktur

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hat, mittelbarer Bundesbeamter320. Diese Dienstherrenfähigkeit der Anstalt steht im engen Zusammenhang mit dem sog. verfassungsrechtlichen Funktionsvorbehalt des Berufsbeamtentums321. Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Mit der Formulierung „Angehörige des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis“ stehen, sind die Beamten angesprochen322. Also trifft diese Norm der Verfassung eine Grundsatzregelung über die Erledigung bestimmter öffentlicher Aufgaben durch Beamte und behält damit bestimmte Funktionen grundsätzlich den Beamten vor323. Dieser verfassungsrechtliche Funktionsvorbehalt gilt auch für den Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung. Wenn den jeweiligen Anstalten nicht lediglich in geringem Umfang hoheitsrechtliche Befugnisse zugewiesen sind, ist daher deren ständige Wahrnehmung nach Art. 33 Abs. 4 GG den Berufsbeamten vorbehalten, d. h. die anfallenden Hoheitsfunktionen müssen durch Beamte erfüllt werden324. Mit dieser Bestimmung wird nach herrschender Meinung ein doppeltes Ziel angestrebt325. Einmal sollen hoheitsrechtliche Aufgaben in der Regel von, für diese Tätigkeit befähigten Bediensteten wahrgenommen werden, die wiederum ein in besonderem Maße ausgeprägtes „Abhängigkeitsverhältnis zum Staat“ aufweisen326. Für die kontinuierliche Ausführung dieser Aufgaben erlangt „das fehlende Streikrecht der Beamten“ eine besondere Relevanz327. Zum anderen verhindert die Vorschrift eine Untergrabung „der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ des Art. 33 Abs. 5 GG328. Die in Abs. 5 garantierte Regelung des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums wird durch die Zuweisung eines bedeutungsvollen Aufgabenbereichs an die Beamten mit Sinn erfüllt329. Andererseits führt diese zweifache Zielrichtung nicht dazu, dass es ein subjektives Recht auf Verbeamtung gäbe330.

320 Dagegen ist ein Beamter, der den Bund zum Dienstherrn hat, unmittelbarer Bundesbeamter; vgl. § 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG); nach Werner Weber sei dem Terminus „mittelbarer (Reichs-)Beamter“ ein wichtiger Hinweis darauf zu entnehmen, in welchem Maße der Gesetzgeber selbst den Bereich der juristischen Personen des öffentlichen Rechts als „mittelbare Staatsverwaltung“ behandelt wissen will. Siehe Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 23. 321 Vgl. Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 31. Auflage, S. 379 f. 322 Stern, Staatsrecht I, § 11 III 4. f. a), S. 348; Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 31. Auflage, S. 379. 323 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 58. 324 Quidde, ZBR 1958, S. 232. 325 Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 32; Lindgen, DöD 1972, S. 3. 326 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 32; Lindgen, DöD 1972, S. 3. 327 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 32; hierzu auch Stern, Staatsrecht I, § 11 III 4. f. a), S. 349. 328 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 32. 329 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 32; Lindgen, DöD 1972, S. 3.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

Über die Konkretisierung des Begriffs der hoheitsrechtlichen Tätigkeit herrscht in der Literatur Streit331. Übereinstimmung besteht darüber, dass der Begriff des Hoheitsrechtlichen die Tätigkeit der so genannten Eingriffsverwaltung umfasst. Auszuklammern sind hingegen die reine Fiskalverwaltung und die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand332. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass die Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG sowie die konkrete historische Intention des Verfassungsgebers eine restriktive Interpretation des Begriffs „hoheitsrechtlich“ und auch die Sicherung der Institution des Berufsbeamtentums durch Gewährleistung eines Mindest-Einsatzbereichs nahe legt333. Im Parlamentarischen Rat zeigte sich ein parteiübergreifender Konsens darüber, dass nur der begrenzte Bereich des zwangsweisen, freiheitsbeschränkenden Eingriffs darunter zu fassen ist334 und es schließlich gegenüber der bisherigen Verbeamtungspraxis zu einer wesentlich restriktiveren Handhabung kommen müsse und werde335. Bezüglich der Reichweite des Funktionsvorbehalts ist zu bemerken, dass wie schon die Formulierungen der Vorschrift „als ständige Aufgabe“ und „in der Regel“ zeigen, dieser Funktionsvorbehalt nur für den Regelfall (für die „ständige“ Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse) gilt und die Verfassung selbst Ausnahmen („in der Regel“) zulässt336. Prinzipiell können daher darüber hinaus auch ständige hoheitliche Befugnisse dauerhaft auf Nichtbeamte, d. h. entweder auf nicht verbeamtete Angestellte des öffentlichen Dienstes oder auf nicht dem öffentlichen Dienst ange-

330 Stern, Staatsrecht I, § 11 III 4. f. b), S. 350; vgl. Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 61. 331 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 64: „1. Die weiteste Auffassung identifiziert die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. […] Auf die Rechtsform des Verwaltungshandelns kommt es […] nicht an. Auch die Erfüllung von Aufgaben der Daseinvorsorge in privatrechtlicher Handlungsform gilt danach als Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse. 2. Eine zweite, reduziert extensive Auffassung sieht die Erfüllung öffentlicher Aufgaben dann und nur dann als Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse an, wenn sie in den Formen des öffentlichen Rechts erfolgt. […] Auch eine Reihe von Autoren, die nicht auf die Rechtsform, sondern auf die Adäquanz der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses abstellen, erzielen damit im Ergebnis auf eine mittlere Lösung. 3. Die dritte, enge Auffassung stellt traditionell auf den eingreifenden Charakter der fraglichen Tätigkeit ab, schreibt also nur Eingriffsbefugnissen hoheitsrechtlichen Charakter zu“. 332 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 64; Stern, Staatsrecht I, § 11 III 4. f. a), S. 349. 333 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 65; Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes (Art. 33 GG), S. 57. 334 Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes (Art. 33 GG), S. 57. 335 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 13 und 65; zur Entstehungs-Geschichte des Art. 33 Abs. 4 GG siehe auch Lindgen, DöD 1972, S. 1 ff. 336 Stern, Staatsrecht I, § 11 III 4. f. a) und b), S. 348 ff.; vgl. Lecheler, in: Isensee, Josef (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, § 72 Rn. 24 und 25, S. 727.

C. Die typische Organisationsstruktur

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hörende Beliehene übertragen werden337. Nach überwiegender Meinung ist die Zuteilung von hoheitlichen Befugnissen als ständige Aufgaben auf Nichtbeamte nur in besonderen Sonderkonstellationen zulässig oder bedarf der Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund338. Die von einem Regel-Ausnahmeverhältnis ausgehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. 4. 1959 kommt zum gleichen Ergebnis339. Wie die pointierte Bemerkung Masings, „die einschränkende Kraft dieser Kautele [sei] ebenso gering wie ihre dogmatische Herkunft und nähere Bedeutung unklar“340 zeigt, erscheint die praktische Wirksamkeit der Regel jedoch fraglich341. Vielmehr ist angesichts der offenen Formulierung der Bestimmung bzw. des dadurch eröffneten großen Spielraums zugunsten der Verwaltung der Wirkungsgrad des Art. 33 Abs. 4 GG in der Praxis gering342. Allerdings zeigt ein kurzer Blick auf historische Vorbilder in früheren deutschen Verfassungen, dass der in Art. 33 Abs. 4 GG niedergelegte Funktionsvorbehalt zugunsten des Berufsbeamtentums als Kontrast zur Abschaffung des Berufsbeamtentums durch die DDR nach 1945 keine Vorgänger hat343. Diese Neuerung des Grundgesetzes im Mai 1949 ist zudem als eine deutsche Singularität anzusehen, da die Verfassungen anderer Mitgliedstaaten der EU – mit Ausnahme der Verfassung von Griechenland (Art. 103 Abs. 3) – keine vergleichbare Bestimmung kennen344.

337 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 70; vgl. dazu auch Lindgen, DöD 1972, S. 7. 338 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 42; Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 70; Lindgen, DöD 1972, S. 7. 339 Vgl. BVerfGE 9, 268 (284). 340 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 70. 341 Stern, Staatsrecht I, § 11 III 4. f. b), S. 349 f. 342 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 62: „In der Praxis wird über die Beschäftigung im Beamten- oder Angestelltenstatus vielfach nicht in Orientierung an dem für Einzelfälle nicht aussagekräftigen Art. 33 IV GG, sondern nach den Interessen der jeweiligen Stelleninhaber bzw. -bewerber, nach kurz- oder mittelfristigen Finanzinteressen oder anderen Opportunitätsgründen entschieden“; ferner Lindgen, DöD 1972, S. 8: „Die Praxis lehrt, dass bei der Übertragung hoheitlicher Befugnisse keine Unterscheidung nach der Wichtigkeit der Funktionen getroffen wird. […] Im Bereich der obersten Bundesbehörden befinden sich zudem auf Stellen der beamteten Staatssekretäre und Abteilungsleiter zuweilen übertariflich eingestufte Angestellte, ohne dass dies einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG darstellen würde“. 343 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 6 und 12; Lindgen, DöD 1972, S. 1 und 4; in der Weimarer Verfassung fand sich keine entsprechende Bestimmung; allenfalls käme als Vorbild Art. 93 Abs. 1 der Verfassung des ehemaligen Landes WürttembergBaden und Art. 125 der Verfassung von Rheinland-Pfalz in Betracht. Dazu siehe Thieme, Der Aufgabenbereich der Angestellten im öffentlichen Dienst, S. 19. 344 Masing, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 Rn. 26; vgl. auch Thieme, Der Aufgabenbereich der Angestellten im öffentlichen Dienst, S. 16 f.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht Im Folgenden werden zunächst zwei atypische Anstalten, die Deutsche Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unter ihren organisatorischen Aspekten betrachtet. Die Deutsche Bundesbank nimmt als Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland und Bestandteil des europäischen Systems der Zentralbanken vor allem auf Grund ihrer Unabhängigkeit gegenüber der Regierung eine besondere Stellung im Staatsgefüge ein. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ist ein ungewöhnliches Beispiel aus jüngerer Zeit für eine Umwandlung von (drei) Bundesoberbehörden in eine selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts im Bereich der Eingriffsverwaltung. Im Anschluss an diese beiden wirtschaftslenkenden Anstalten werden die Sparkassen und Landesbanken als die typischen wirtschaftlich tätigen Anstalten im Bereich der staatlichen und kommunalen Daseinvorsorge geschildert. Dabei ist die Grundlage für das Verständnis des Strukturwandels der Anstalt des öffentlichen Rechts zu legen. Die organisatorische Darstellung dieser Institutionen soll – zusammen mit den Betrachtungen des zweiten Teils dieser Untersuchung345 – die Multifunktionalität, die vielfältige aufsichtsrechtliche Ausgestaltungsmöglichkeit und die unterschiedliche Verselbständigung der öffentlichrechtlichen Anstalten deutlich machen. I. Die Deutsche Bundesbank 1. Rechtsform und Rechtsstellung Die verfassungsrechtliche Grundlage der Deutschen Bundesbank („Bundesbank“) bildet Art. 88 Satz 1 GG mit der knappen Formulierung, wonach der Bund eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank errichtet. Ihre Rechtsform bleibt – anders als bei den landesübergreifenden Sozialversicherungsträgern des Art. 87 Abs. 2 GG – ohne bestimmten Hinweis der Wahl der einfachen Gesetzgebung überlassen. Die Bundesbank ist gemäß § 2 BBankG (Gesetz über die Deutsche Bundesbank) eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts. Die Bezeichnung „juristische Person des öffentlichen Rechts“346 erlaubt weite Auslegungsmöglichkeiten, insbesondere die Einordnung als Körperschaft oder als Anstalt347.

345

Dabei wird auch die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank näher untersucht. Starke, DÖV 1957, 606 (607): Ursprünglich sollte nach dem Regierungsentwurf die Bundesbank als öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit errichtet werden. Das Parlament hielt die Festlegung auf den Begriff der Anstalt für zu eng und formulierte stattdessen in § 2 den Oberbegriff der „bundesunmittelbaren juristischen Person des öffentlichen Rechts“; dazu auch Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 93. 347 Starke, DÖV 1957, 606 (607); Stern, Staatsrecht II , § 35 I 4. b, S. 471. 346

D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht

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Die meisten Autoren ordnen die Bundesbank entsprechend den üblichen Abgrenzungskriterien348 als Anstalt ein, die sächliche Verwaltungsmittel bzw. Verwaltungsgegenstände (Gold, Devisen, Zahlungsmittel, Wertpapiere usw.) besitzt und nicht mitgliedschaftlich organisiert ist349. Hinsichtlich der Aufsicht ist bei der Bundesbank, im Gegensatz zum Regelfall bei den anderen Anstalten des öffentlichen Rechts, von fehlender Staatsaufsicht oder einer nur rudimentären Staatsaufsicht zu sprechen350. Unter diesem Gesichtspunkt wird die Bundesbank überwiegend als „untypische (atypische) Anstalt“ angesehen351. Außerdem kann man die Stellung der Bundesbank unter dem Gesichtspunkt des Prinzips der Gewaltenteilung diskutieren, demgemäß die in den Art. 1 Abs. 3 GG und Art. 20 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verankerte Einteilung der drei staatlichen Hauptfunktionen in Exekutive, Legislative und Judikative erfolgt. Da der Bundesbank eine spezielle und besonders abgegrenzte Sachaufgabe zur alleinigen Erledigung übertragen ist, gilt sie als ein einem Regierungsorgan vergleichbares Exekutivorgan besonderer Art oder als ein Teil der Exekutive. Sie ist damit an Gesetz und Recht gebunden, Art. 20 Abs. 3 GG. Diese Stellung wurde indirekt auch durch die BVerfG-Entscheidung352 vom 3. November 1982 bestätigt. Das bedeutet, dass es sich bei der Bundesbank ungeachtet ihrer Unabhängigkeit um keine vierte Gewalt gegenüber der Exekutive handelt353. 2. Die Organe der Bundesbank Mit der Leitung der Bank durch den Vorstand hat sich das BBankG für ein Kollegialmodell entschieden (§ 7 Abs. 1 BBankG). Der Zentralbankvorstand besteht aus sechs Mitgliedern, dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten sowie vier weiteren Mitgliedern, die alle vom Bundespräsidenten bestellt werden (§ 7 Abs. 2 und 3 BBankG). Bei dieser Bestellung ist ein „Pluralismus der Ernennungsinstanzen“ zu beobach-

348

Zur Abgrenzung der Anstalt von den Körperschaften siehe oben A. III. 3. a). Stern, Staatsrecht II , § 35 I 4. b, S. 471; Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 175 f. 350 Verordnungsrecht der Bundesregierung über die Rechtsverhältnisse der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Bundesbank (§ 31 Abs. 4 BBankG) sowie zu ihren Beteiligungen an Einrichtungen (§ 4), Ernennungsvorschlagsrecht bei der Bestellung von Organmitgliedern der Bundesbank (§ 7 Abs. 3 Satz 2) sowie die Prüfung des Jahresabschlusses der Bundesbank durch den Bundesrechnungshof (§ 26 Abs. 3) werden als Beispiele für „Rudimente einer Staatsaufsicht“ genannt. Vgl. dazu Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 116 f. sowie Prost, JZ 1976, 263. 351 Dazu ausführlich Konrad, Die Lenkung des Kreditbereiches durch die Deutsche Bundesbank, S. 32, dort in Fn. 17; Waechter, Geminderte demokratische Legitimation staatlicher Institutionen im parlamentarischen Regierungssystem, S. 201. 352 BVerfGE 62, 169, 183. 353 Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 112. 349

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

ten354. Das bedeutet, dass verschiedene Instanzen, nämlich die Bundesregierung sowie der Bundesrat als vorschlagende und der Zentralbankvorstand als anzuhörende Instanz, zusammenkommen, aber keine der vier Instanzen einschließlich des Bundespräsidenten gegenüber der jeweiligen anderen Instanz weisungsbefugt ist. Das dem Zentralbankvorstand gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 BBankG zustehende Anhörungsrecht ist dabei nur unverbindlich und schränkt das Vorschlagsrecht der Bundesregierung in keiner Weise ein. Die Stellung des Bundespräsidenten als ernennende Instanz ist besonders zu beachten. Nach der überwiegenden Meinung ist dieser nicht verpflichtet, den vorgeschlagenen Kandidaten zu ernennen, sondern kann diesen vielmehr nach seinem Ermessen ablehnen. Jedoch erschöpft sich seine Einflussmöglichkeit in dieser Ablehnungsbefugnis, am Auswahlprozess selbst kann er sich hingegen nicht aktiv beteiligen355. Die gesetzlich festgeschriebene Amtsdauer der Vorstandsmitglieder beträgt acht Jahre oder ausnahmsweise auch einen kürzeren Zeitraum, der aber mindestens fünf Jahre lang sein muss (§ 7 Abs. 3 Satz 5 BBankG). Die Amtszeit erstreckt sich über zwei Legislaturperioden. Im Gesetz ist eine Abberufungsmöglichkeit der Zentralbankvorstandsmitglieder vor dem Ablauf der vorschriftsmäßigen Amtsdauer nicht festgelegt356. Der Zentralbankvorstand hat nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BBankG die Stellung einer obersten Bundesbehörde. Er genießt daher eine von den anderen Stellen zu respektierende Freiheit hinsichtlich seines Geschäftsbereichs357. Insgesamt führen der Ernennungspluralismus für die Vorstandsmitglieder, die ausreichend lange Amtszeit und die hohe Rangstellung des Vorstands innerhalb des staatlichen Behördenaufbaus zur parteipolitischen Neutralisierung und zur Gewährleistung der Unabhängigkeit der Bundesbank358. 3. Die Frage nach der Verfassungsorganqualität der Bundesbank Strittig ist wiederum, ob die Bundesbank als Verfassungsorgan359 einzustufen ist. Dieser Streit ist im Hinblick auf die Frage, ob die Bundesbank die Beteiligtenfähig354

Stern, Staatsrecht II, § 35 IV 2, S. 490; Waechter, Geminderte demokratische Legitimation staatlicher Institutionen im parlamentarischen Regierungssystem, S. 199. 355 Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 125. 356 Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 125. 357 Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 126. 358 Dazu Stern, Staatsrecht II, § 35 IV 2, S. 490; Waechter, Geminderte demokratische Legitimation staatlicher Institutionen im parlamentarischen Regierungssystem, S. 198 f.; Schäfer, DÖV 1958, 241 (246); Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 116. 359 Waechter, Geminderte demokratische Legitimation staatlicher Institutionen im parlamentarischen Regierungssystem, S. 201. Die Bezeichnung als Verfassungsorgan betrifft ge-

D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht

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keit im Rahmen eines Organstreitverfahrens gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG; §§ 13 Nr. 5; 63 ff. BVerfGG aufweist, von praktischer Bedeutung. Trotz der umstrittenen Vorschrift des § 63 BVerfGG wäre die Bundesbank als Verfassungsorgan ohne weiteres beteiligtenfähig. Nach Stern sind solche Staatsorgane Verfassungsorgane, welche „die Verfassung selbst konstituiere, deren Kompetenzen sich unmittelbar aus der Verfassung ergeben und die an der politischen Gesamtgestaltung des Staats teilhaben […]“360. Zwar seien der Bestand der Bundesbank und ihr funktionaler Kerninhalt verfassungsmäßig garantiert, doch seien ihre Aufgaben und ihre Organisation im Wesentlichen durch den einfachen Gesetzgeber ausgestaltet. Danach ist die Bundesbank kein Verfassungsorgan361. Genauso sieht es die herrschende Meinung, die mit unterschiedlicher Begründung zu demselben Ergebnis kommt362. 4. Anstaltliche Staatsverwaltung und Selbstverwaltung bei der Bundesbank a) Bundesbank als Anstalt bei Lange und Schuppert Nach Lange gehört die Bundesbank zu den traditionellen Anstalten der mittelbaren Staatsverwaltung. Hier verspreche man sich durch die Verselbständigung vor allem eine Verbesserung der Aufgabenerfüllung. Die Bundesbank kann den Zweck der Währungssicherung effektiver verwirklichen, wenn er nicht im Voraus innerhalb einer umfangreicheren Organisationseinheit gegen andere Ziele abgewogen wird und hinter diese Interessen zurücktritt363. Nach Schuppert ist die Bundesbank als eine beabsichtigte Verkörperung der „währungspolitischen Vernunft“ gegen mögliche Kontrahenten einer weniger stabilitätsbewussten Staatsleitung anzusehen. Die Rechtsform der Anstalt dient dabei der Stellung der Bundesbank als mögliche „Kontre-Regierung“, die zweckgemäß nur als aufsichtsfreie Anstalt ausgestaltet sein kann364. Hinsichtlich des latenten Spannungsverhältnisses zwischen Regierung und Bundesbank ist laut Lange und Schuppert die Organisationsform der Anstalt vorteilhaft. Besonders in zentralen Staats- und Regierungssystemen, in denen der Präsident durch die Parlamentsmehrheit bestimmt wird und die Regierung möglicherweise kurzfrisgenüber dem Anstaltsbegriff die „Funktionsstelle innerhalb des Strukturgefüges“ des Grundgesetzes. 360 Stern, Staatsrecht II, § 35 I 3. a, S. 468. 361 Stern, Staatsrecht II, § 35 I 3. a, S. 468. 362 Waechter, Geminderte demokratische Legitimation staatlicher Institutionen im parlamentarischen Regierungssystem, S. 203; Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 117. 363 Lange, VVDStRL 44 (1986), 169 (191 f.). 364 Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 10.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

tige staatliche Ziele verfolgt, wird die parlamentarische Richtungskontrolle ineffektiv und die Rolle der Zentralbank als Hüterin der Währung häufig von wechselnden Zielen beeinflusst. Aus diesem Grund ist die außerhalb der Ministerialverwaltung gesondert eingeräumte Organisationsform als Anstalt für die Zentralbank ebenso wie das die Unabhängigkeit der Zentralbank bestimmende materielle Recht zur effektiven Aufgabenerfüllung unerlässlich. b) Keine echte anstaltliche Selbstverwaltung bei der Bundesbank Es stellt sich die Frage, ob die Bundesbank aufgrund ihrer Unabhängigkeit von der Regierung nach § 12 Satz 1 BBankG als echte Selbstverwaltungseinrichtung anzusehen ist. Die verneinende Ansicht von Emde überzeugt wegen ihres gesellschaftlichen Bezugs; denn Selbstverwaltungseinrichtungen sind gesellschaftliche Institutionen. Nach Emde ist die Bundesbank keine Selbstverwaltungseinrichtung365 : „Während der Begriff der Selbstverwaltung stets die Steuerung eines öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses durch seine Mitglieder (Körperschaft) bzw. Benutzer oder Betroffenen (Anstalt) bezeichnet, also ein Element staatsbürgerlicher Selbstbestimmung im Bereich der Exekutive ist,“ hat der Begriff der Weisungsfreiheit kaum einen solchen gesellschaftlichen Bezug. Er zeigt bloß die Auslagerung aus dem Verlauf der Willensbildung von Parlament und insbesondere auch der Regierung auf, d. h. er stellt also die Bemühung zu einer politischen Neutralisierung von Exekutiventscheidungen dar, nicht aber eine Öffnung dieser hin zur Gesellschaft. II. Neugründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht 1. Die Aufsichtsbehörden der deutschen Finanzaufsicht bis April 2002 Bis zum 30. April 2002 existierten drei Aufsichtsämter mit unterschiedlichen Ausgangspunkten, Zielsetzungen und Aufsichtsmitteln als staatliche Aufsichtsbehörden im deutschen Finanzaufsichtssektor. Es handelte sich dabei um das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (im folgenden BAKred), für das Versicherungswesen (im folgenden BAV) und für den Wertpapierhandel (im folgenden BAWe). Diese wurden jeweils als selbständige Bundesoberbehörden366 nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG durch den Bund errichtet. Sie führten ihre Aufgaben unabhängig voneinander nach den Vorschriften des materiellen Aufsichtsrechts in den Finanzsektoren Banken, Versicherungen und Wertpapierhandel aus, d. h. nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) a.F., § 4 des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) und verschiedene Artikel des 365

Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 21 – 23. § 5 Abs. 1 S. 1 KWG a.F. bzw. § 3 Abs. 1 WpHG a.F.; Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 72. 366

D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht

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Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Dieser enge Zusammenhang zwischen der Behördenorganisation und dem materiellen Aufsichtsrecht wurde als eine ausschließlich institutsbezogene Finanzaufsichtsstruktur bezeichnet367. Inzwischen wurde diese Institutsbezogenheit aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklungstendenzen und unter Berücksichtigung der Ansicht der europäischen Kommission aufgegeben, nach der von Finanzkonglomeraten mit dieser Institutsbezogenheit abzurücken ist und Risiken sektorübergreifend vergleichbar behandelt werden sollen, wenn sie vergleichbar sind368. 2. Die Gründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und deren Bedeutung Durch das Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. April 2002369 ist zum 1. Mai 2002 die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, abgekürzt „BAFin“, gegründet worden. Das direkte Errichtungsgesetz der Anstalt ist das Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im folgenden FinDAG): Nach § 1 Abs. 1 FinDAG sind die drei bisherigen Bundesaufsichtsämter, BAKred, BAV und BAWe, zu einer neuen bundesunmittelbaren, rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts zusammengelegt worden. Das FinDAG und die Errichtung der BAFin sind unter verschiedenen Gesichtspunkten von Bedeutung. Zunächst kann man von der Verwirklichung der integrierten Finanzdienstleistungsaufsicht bzw. Allfinanzaufsicht sprechen, also einer Institution, die staatliche Aufsicht über Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistungsinstitute sowie die Marktaufsicht über den Wertpapierhandel sektorübergreifend durchführt370. Damit werden die getrennten Aufsichtsziele Solvenzaufsicht, Marktaufsicht und Kundenschutz zu einem vereinten Aufsichtskonzept verbunden371. Die Allfinanzaufsicht ist besser als eine zersplitterte Aufsichtsstruktur in der Lage, auf die Dynamik des sich branchenübergreifend neu zusammensetzenden Finanzmarkts zu reagieren und zentral gesteuerte Finanzkonglomerate effizient zu beaufsichtigen, indem sie bei getrennten Aufsichtsbehörden häufig vorkommende Doppelspurigkeit, Abstimmungs- und Koordinationsprobleme vermeidet und Spezialisten in vielen Bereichen sektorübergreifend einfacher einsetzen kann372. Auf der verwaltungsorganisationsrechtlichen Seite ist die Änderung der Rechtsform am deutlichsten sichtbar, d. h. die Umwandlung von drei selbständigen Bundes367

Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 284, in: Pitschas (Hrsg.). Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 284 f., in: Pitschas (Hrsg.). 369 BGBl. l, S. 1310. 370 Hagemeister, WM 2002, 1773, 1774. 371 BR-Drs. 636/01 vom 17. 8. 2001; BT-Drs. 14/7033 vom 5. 10. 2001; abrufbar auch unter: www. bundesfinanzministerium.de, Regierungsbegründung, S. 85. 372 Regierungsbegründung, S. 87 f.; Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 286. 368

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

oberbehörden i. S. v. Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG in eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG steht dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit über das Bank- und Börsen- sowie das privatrechtliche Versicherungswesen zu373. Zur Erfüllung dieser Aufgaben kann eine neue „bundesunmittelbare“, d. h. rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ebenso wie die frühere Errichtung der drei Ämter auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG durch Bundesgesetz geschaffen werden374. Während die drei Bundesoberbehörden zur unmittelbaren Bundesverwaltung gehörten, wird die neue Anstalt mit eigener Rechtsfähigkeit zur mittelbaren Bundesverwaltung gerechnet375, deren Träger der Bund ist. Unter dem Gesichtspunkt der von ihr zu erledigenden Aufgaben, d. h. Überwachungsaufgaben, ist diese Organisationsform der Anstalt atypisch376. Wie oben bereits erwähnt, liegt der überwiegende Erscheinungs- und Tätigkeitsbereich der Anstalt eher im Bereich der Leistungsverwaltung377 als im Bereich der Eingriffsverwaltung, wonach die im Wesentlichen materiell-polizeilichen Aufgaben der Finanzdienstleistungsaufsicht erledigt werden378. Bezüglich der Auswahl der ungewöhnlichen Rechtsform der Anstalt für die Eingriffsverwaltung bzw. für den Bereich der Finanzdienstleistungsaufsicht ist fraglich, worin die Vorteile der Anstalt gegenüber der bisherigen unmittelbaren Bundesverwaltung liegen, insbesondere ob sich ein besonderer Sinn und Zweck findet379. Die Antwort auf die Frage findet sich in den Ausführungen der Gesetzesbegründung: „Durch den Anstaltsstatus und die damit verbundene Lösung vom Bundeshaushalt gewinnt die Anstalt jedoch mehr Unabhängigkeit im budgetären, organisationsrechtlichen und personellen Bereich, was auch auf den operativen Bereich durchschlägt“380. „Bei der Gewinnung von Spezialisten beispielsweise für die Bewertung

373 Gramlich, Die rechtswissenschaftliche Sicht einer neuen Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 346, in: Pitschas (Hrsg.); Häde, JZ 2001, 105 (106). 374 Gramlich, Die rechtswissenschaftliche Sicht einer neuen Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 346, in: Pitschas (Hrsg.); Häde, JZ 2001, 105 (107); BVerfGE 14, S. 197 (213 f.). 375 Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, § 7, Rn. 13; Bull, AllgVerwR, 6. Auflage, § 4, Rn. 180, 181; Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 86, Rn. 1, 2; Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 73. 376 Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 74; Hagemeister, WM 2002, 1773, (1774). 377 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23, Rn. 46. 378 Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 74; Hagemeister, WM 2002, 1773, (1775): „Eine vergleichbare, auf dem Gebiet des materiellen Polizeirechts tätige Einrichtung in der Rechtsform der selbständigen Anstalt öffentlichen Rechts gibt es jedenfalls im Bundesbereich nicht. […] Am ehesten könnte man hier noch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung benennen“. 379 Hagemeister, WM 2002, 1773, (1775); Gramlich, Die rechtswissenschaftliche Sicht einer neuen Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 346, in: Pitschas (Hrsg.). 380 Regierungsbegründung, S. 91.

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von Risikomodellen der Banken ist eine Bundesoberbehörde nicht konkurrenzfähig“381. Aber bei näherer Betrachtung der einzelnen Bestimmungen des FinDAG sind die organisatorische Autonomie der Anstalt und die Unabhängigkeit im personellen Bereich nur sehr eingeschränkt verwirklicht382. Besonders im organisationsrechtlichen Bereich sind überflüssige Einflussmöglichkeiten des zuständigen Bundesministeriums (BMF) auf die BAFin sehr ausgeprägt, obwohl die Fachaufsicht gem. § 2 FinDAG dem Ministerium genügend Möglichkeiten zur Einflussnahme gegeben hätte383. So verfügt die BAFin über keine Satzungsautonomie. Dagegen ist das BMF ermächtigt, die Satzung der BAFin durch Rechtsverordnung zu erlassen (§ 5 Abs. 3 FinDAG), was inzwischen geschehen ist384. Außerdem kann das Direktorium der BAFin die Geschäftsordnung nur mit Genehmigung des BMF (§ 6 Abs. 2 Satz 4 und 5 FinDAG) erlassen. Im personellen Bereich zeigen sich eine eigene Dienstherrenfähigkeit der BAFin und die Verbesserung der Einstellungsmöglichkeiten durch übertarifliche Vergütung385. Der BAFin wird das Recht verliehen, Bundesbeamte, d. h. mittelbare Bundesbeamte, zu haben (§ 9 Abs. 1 FinDAG), die die BAFin angesichts des grundgesetzlichen Funktionsvorbehalts für Angehörige des öffentlichen Diensts (Art. 33 Abs. 4 GG) braucht386. Nach § 10 Abs. 2 FinDAG können Angestellte auch oberhalb der höchsten tarifvertraglichen Vergütungsgruppe in einem außertariflichen Angestelltenverhältnis beschäftigt werden, sowie tariflich nicht vorgesehene Sonderleistungen erhalten. Aber hinsichtlich der Verbesserungen der Entlohnung findet sich keine Sonderregelung für die Beamten der BAFin im FinDAG387. Im budgetären Bereich findet die Abtrennung vom Bundeshaushalt statt, aus dem bisher 10 % der Aufsichtskosten der drei Behörden finanziert wurden388. Soweit die Kosten der BAFin nicht durch Gebühren oder die gesonderte Kostenerstattung für einzelne Maßnahmen gedeckt werden, finanziert sie sich durch die Erhebung einer Umlage bei allen Aufsichtsadressaten (§ 16 FinDAG), wobei die Umlage und die übrigen Einnahmen im Unterschied zur bisherigen Rechtslage in den eigenen Haushalt 381

Regierungsbegründung, S. 88. Hagemeister, WM 2002, 1773 (1775); Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 74 f. 383 Hagemeister, WM 2002, 1773 (1775). 384 Verordnung über die Satzung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 29. April 2002, BGBl, I, S. 1499 ff. 385 Hagemeister, WM 2002, 1773 (1774); Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 290, in: Pitschas (Hrsg.). 386 Hagemeister, WM 2002, 1773 (1775). 387 Hagemeister, WM 2002, 1773 (1775); Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 290, in: Pitschas (Hrsg.). 388 Hagemeister, WM 2002, 1773 (1775); Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 291, in: Pitschas (Hrsg.). 382

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der BAFin einfließen (§ 12 FinDAG)389. Diese Abtrennung vom Bundeshaushalt versetzt die BAFin in die Lage, sich unabhängig von der Situation der öffentlichen Haushalte die notwendige Sach- und Personalausstattung zu beschaffen390. Im Zusammenhang mit einer solchen Vollfinanzierung durch die beaufsichtigten Marktteilnehmer gab es allerdings auch kritische Stimmen, wie eine Stellungnahme des Bundesrates zeigt, wonach die Finanzmarktaufsicht im öffentlichen Interesse liege und deshalb zumindest teilweise auch aus öffentlichen Mitteln finanziert werden sollte391. 3. Die Organe der BAFin Organe der BAFin sind nach § 5 Abs. 1 FinDAG das Direktorium, der Präsident und der Verwaltungsrat. Das Direktorium, das aus einem Präsidenten und vier Exekutivdirektoren besteht, leitet und verwaltet die BAFin gesamtverantwortlich gem. §§ 6 Abs. 1, 5 Abs. 2 FinDAG i. V. m. § 2 Abs. 1 der Satzung. Der Präsident, dem eigenverantwortliche Exekutivdirektoren zur Seite gestellt werden, vertritt die BAFin gerichtlich und außergerichtlich gem. §§ 6 Abs. 5, 5 Abs. 2 FinDAG i. V. m. § 2 Abs. 2 der Satzung. Bei Gründung der BAFin gewählte der Gesetzgeber die Präsidialführung für die Leitung der BAFin. Diese Entscheidung unterscheidet sich vom Modell der britischen Aufsichtsbehörde, die der BAFin als Vorbild diente und einen Kollegialvorstand besitzt392. Nach der Gesetzesbegründung393 wird die präsidiale Leitung der BAFin – „in Verbindung mit der Rechts- und Fachaufsicht“ durch das BMF – „der auf dem Gebiet der Eingriffsverwaltung erforderlichen Klarheit und Einheit in der Leitung und Verantwortung besser als andere Führungsmodelle gerecht“. Vor allem habe „die Präsidialführung gegenüber einem Kollegialmodell den Vorteil der eindeutigeren Zuordnung von Entscheidungen und Verantwortlichkeiten“. Allerdings ist zu beachten, dass nach inzwischen fünfjähriger Erfahrung, im April 2008, das oben genannte kollegiale Direktorium zur Modernisierung der Führungsstruktur der BAFin gebildet wurde394. Der Verwaltungsrat ist das gem. §§ 7 Abs. 1 S. 2, 5 Abs. 2 FinDAG i. V. m. § 4 Abs. 1 S. 1 der Satzung die Geschäftsführung der BAFin überwachende und gem. § 12 Abs. 2 FinDAG ihren Haushalt feststellende Organ. Das Organ des Verwaltungsrats existiert typischerweise bei solchen Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen der Grund für die Verselbständigung in der Mitwirkung gesellschaftlicher Gruppen 389

Hagemeister, WM 2002, 1773 (1775). Hagemeister, WM 2002, 1773 (1775); Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 291, in: Pitschas (Hrsg.). 391 BT-Drs. 14/8389 vom 27.02.2002. 392 Hagemeister, WM 2002, 1773 (1776). 393 Gesetzesbegründung, S. 94, zu § 6 Abs. 1; vgl. auch Hagemeister, WM 2002, 1773 (1776). 394 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Aufsichtsstruktur der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Aufsichtsstrukturmodernisierungsgesetz), Begründung, II. Ziele der Modernisierung der Führungsstruktur der BaFin. 390

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liegt395. Der Verwaltungsrat der BAFin besteht aus 21 Mitgliedern (§ 7 Abs. 3 FinDAG): Vier Vertretern des BMF, jeweils einem Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie des Bundesministeriums der Justiz, fünf Mitgliedern des Deutschen Bundestages, fünf Vertretern der Kreditinstitute, vier Vertretern der Versicherungsunternehmen und einem Vertreter der Kapitalanlagegesellschaften. Ein Vertreter der Bundesbank kann ohne Stimmrecht an den Sitzungen des Verwaltungsrates teilnehmen. Bei seiner Zusammensetzung wurden der Zusammenhang mit der Rechts- und Fachaufsicht durch das BMF, die „Berührungspunkte zu materiell rechtlichen und finanzpolitischen Fragen“ anderer Bundesministerien und des Bundestages, die Interessen der über „Umlagen und Gebühren“ die Kosten der BAFin tragenden beaufsichtigten Unternehmen berücksichtigt396. Aber aus der Sicht der Gewaltenteilung ist die unmittelbare Besetzung des der Exekutive zugehörigen Gremiums mit einzelnen Bundestagsabgeordneten ungewöhnlich und nicht wünschenswert. Es ist aber vielmehr gerade die Aufgabe der Legislative, die Exekutive insgesamt über die parlamentarische Verantwortlichkeit der Bundesregierung zu kontrollieren397. Dass im Verwaltungsrat die Beteiligung der privaten Seiten, d. h. der beaufsichtigten Unternehmen, vorgesehen ist, ist bemerkenswert. Die Repräsentanten der Betroffenen werden gem. § 7 Abs. 5 FinDAG, § 3 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 6 der Satzung auf Vorschlag der im Rat vertretenen Stellen und Interessenverbände durch das BMF bestellt. Dieses an bestehenden „Formen der gesellschaftlichen Selbstorganisation“ orientierte Ernennungssystem ist als ein „institutionalisiert[er] Interessenvermittlungs[vorgang]“ zu bezeichnen, „in den die Interessenvertreter selbst einbezogen werden“398. Über ihr Aufsichtsgremium mit diesem selbstregulativen Element stellt die BAFin einen Fall für verminderte „Staatlichkeit“ dar399. Zwar ist dieses Gremium dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft (§ 111 AktG) nachgebildet400. Tatsächlich zeigen sich aber gegenüber dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft bedeutsame Unterschiede, insbesondere hinsichtlich der jeweiligen Kompetenzen401. Während der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft das Bestellungsund Abberufungsrecht des Vorstands und das Recht zur Einsicht in die Akten hat, bestehen solche Rechte nicht zugunsten des Verwaltungsrats der BAFin. Außerdem hat der Verwaltungsrat kein Vorschlagsrecht für die Ernennung des Präsidenten und des Vizepräsidenten.

395 396 397 398 399 400 401

Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211, (228 f.). Gesetzesbegründung, S. 95 f., zu. § 7 Abs. 3. Hagemeister, WM 2002, 1773 (1777). Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 76. Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 76. Vgl. BT-Drs. 14/7033, S. 95; Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 1. Hagemeister, WM 2002, 1773 (1777).

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4. Ergebnis Insgesamt hat die derzeitige BAFin eine zu geringe Autonomie im organisationsrechtlichen Bereich und nur geringe Flexibilität bei der Ausgestaltung der Dienstverhältnisse. Aber ihre budgetäre Unabhängigkeit und die dadurch verminderte staatliche Einflussmöglichkeit402, die der Anstaltsstatus mit sich bringt, gewähren langfristig die Perspektive einer unabhängigen Aufsichtsbehörde, wie sie im Herbst 1997 vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in den damals geäußerten Kerngrundsätzen gefordert wurde403. 5. Exkurs: Überblick über die Zusammenarbeit mit der Bundesbank, deren verfassungsrechtliche Beurteilung, den Anlass für die Reform und die Diskussion verschiedener Modelle der Finanzdienstleistungsaufsicht a) Die Zusammenarbeit mit der Bundesbank und deren verfassungsrechtliche Beurteilung Im Bereich der Bankenaufsicht bestehen bundesweit zahlreiche zu beaufsichtigende Banken und Zweigstellen404. Bei der Durchführung der Aufsicht sind daher umfangreiche Datenerhebungen bei diesen durchzuführen405. Das frühere BAKred als selbständige Bundesoberbehörde hatte diesbezüglich ein sich aus verfassungsrechtlichen Bedenken ergebendes organisatorisches Problem: In einem von einigen Ländern eingeleiteten Normenkontrollverfahren aus dem Jahre 1962 folgerte das BVerfG aus dem Begriff der Bundesoberbehörde, dass „sie nur für Aufgaben errichtet werden kann, die der Sache nach für das ganze Bundesgebiet von einer Oberbehörde ohne Mittel- und Unterbau und ohne Inanspruchnahme von Verwaltungsbehörden der Länder – außer für reine Amtshilfe – wahrgenommen werden können“406. Nach dieser Schlussfolgerung durfte das BAKred grundsätzlich keine Mittel- oder Unterbehörden haben. Um seine Aufgaben vor Ort bewerkstelligen zu können, benötigte es daher die Zusammenarbeit mit einer Einrichtung, die zulässigerweise über den erforderlichen Verwaltungsunterbau verfügte und im Rahmen ihres grundgesetzlich vorgegebenen bzw. grundgesetzlich zugelassenen Kompetenzbereiches verblieb407. Für diese Mitwirkung eignete sich die über die nötigen Unter402

Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 74; Schmidt-Preuß, DÖV 2001, 45 (51). 403 Diese Kerngrundsätze verlangen eine „operational independence (operative Unabhängigkeit)“ der die Bankenaufsicht wahrnehmenden Behörde(n), um „free from political pressure (ohne politischen Druck)“ ihre normativ festgelegten Ziele zu verfolgen. (Abrufbar unter: www. bis.org/publ/bcbs30a.htm, S. 13 f.); vgl. Gramlich, Die rechtswissenschaftliche Sicht einer neuen Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 335, in: Pitschas (Hrsg.). 404 Häde, JZ 2001, 105. 405 Häde, JZ 2001, 105 (107). 406 BVerfGE 14, 197 (211); vgl. dazu Häde, JZ 2001, 105 (106 f.). 407 Herdegen, WM 2000, 2121 (2122); Häde, JZ 2001, 105 (107).

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gliederungen verfügende Bundesbank. Das BVerfG sah die ursprünglich im KWG (damals in der Fassung vom 10. Juni 1961) vorgesehene Beteiligung der Bundesbank an der Bankenaufsicht als verfassungsmäßig an und legte für die Bankenaufsicht nach wie vor zu beachtende Leitsätze fest. Es handelte sich hierbei um die in einem funktionalen Zusammenhang mit der Aufgabe der Währungsbank stehende, eingeschränkte Mitwirkung der Bundesbank und nicht um die Wandlung des grundgesetzlichen Vorstellungsbildes der Bundesbank zur „besonderen Polizeibehörde“408. So forderte das Gericht für eine bundesgesetzliche Zuweisung von Aufsichtsaufgaben an die Bundesbank, die durch die Mittel- und Unterbehörden wahrgenommen werden sollten, dass diese Aufgaben „noch in ihren Geschäftskreis als Währungs- und Notenbank fallen“409. Weiterhin führte es aus: „Die Bundesbank hat im übrigen im Bereich der Bankenaufsicht keine obrigkeitlichen Befugnisse; nur das Bundesaufsichtsamt trifft Entscheidungen, nur das Bundesaufsichtsamt kann Zwangsmittel anwenden“410. Anschließend kam es zu einer Überprüfung der einzelnen Aufgaben der Bundesbank nach dem KWG dahingehend, ob diese unmittelbar ihrer Rolle als Währungsbank entsprechen411. In der Tat sind wechselseitige Informationspflichten (§ 7 KWG), z. B. das gegenseitige Mitteilen von Beobachtungen und Feststellungen, sowie die Übermittlung von Daten, welche die Bundesbank aufgrund statistischer Erhebung erlangt hat, üblicher Gegenstand der Zusammenarbeit zwischen dem BAKred und der Bundesbank. Das KWG enthält darüber hinaus die Beteiligung der Bundesbank an bestimmten Einzelfallentscheidungen des BAKred (§ 2 Abs. 5 Satz 1 KWG) und die Übertragung von Eingriffsbefugnissen auf die Bundesbank (etwa Betretungsrechte gem. §§ 44, 44b und 44c KWG) sowie die Mitwirkungsrechte der Bundesbank an dem Erlass von Rechtsverordnungen und Grundsätzen. Aber die bloß „gewerbepolizeilichen“ Ermächtigungen der Gefahrenabwehr und die Aufsicht über die Institute (§ 6 Abs. 1 KWG) liegen beim BAKred412. Insgesamt findet sich daher im KWG keine völlige Übertragung der Bankenaufsicht auf die Bundesbank, die den verfassungsmäßigen Geschäftskreis nach Art. 88 GG überschreiten würde. b) Der Anlass für die Reform und die Diskussion verschiedener Modelle der Finanzdienstleistungsaufsicht Mit dem Eintritt in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion sind die geldpolitischen Entscheidungsbefugnisse der Bundesbank auf die EZB übergegangen. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Neuorganisation der Bankenaufsicht

408 409 410 411 412

Herdegen, WM 2000, 2121 (2123). BVerfGE 14, 197 (215); Häde, JZ 2001, 105 (107). BVerfGE 14, 197 (218). Herdegen, WM 2000, 2121 (2123). Herdegen, WM 2000, 2121.

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intensiv diskutiert413. Das Zusammenwirken von BAKred und Bundesbank bzw. die bisherige Arbeitsteilung der Bankenaufsicht wurde wegen etwaiger Doppelarbeiten und Abstimmungsschwierigkeiten als nicht mehr zeitgemäß und befriedigend angesehen414. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Annäherung im Hinblick auf Vertriebswege und Produktformen, insbesondere im Bereich von Banken und Versicherungen, immer enger geworden sei415. Die Entwicklung auf dem Finanzmarkt zeigt eine Tendenz zur Allfinanz416, die „einerseits das Angebot von Finanzproduktbündelungen und andererseits deren Vertrieb auf den verschiedensten Vertriebskanälen“417, angefangen von der bloßen Zusammenarbeit auf einzelnen Geschäftsfeldern bis hin zum „gemeinsame[n] Vertrieb (z. B. Bancassurance)“418, umfasst419. Angesichts dieser Entwicklungen und der Bildung von Finanzkonglomeraten, d. h. einer durch Beteiligungen verflochtenen Gruppe mit gemeinsamer Strategie und zentralem Management, die ein breites Finanzdienstleistungsangebot aus einer Hand anbietet, haben das Joint Forum on Financial Conglomerates420 am 19. Februar 1999 im internationalen Rahmen und die Europäische Kommission am 25. April 2001 auf europäischer Ebene jeweils ein Diskussionspapier und einen Richtlinienvorschlag zur Beaufsichtigung von Finanzkonglomeraten vorgelegt. Dabei handelte es sich um die Bestimmung von Koordinatoren zwischen den Aufsichtsorganen und einen Koordinator für jedes Finanzkonglomerat421. Auf nationaler Ebene haben einige Länder, z. B. Großbritannien, Finnland, Norwegen, Schweden, Australien und Japan, bereits durch eine Allfinanzaufsicht diese Entwicklung aufge-

413

Hagemeister, WM 2002, 1773. Häde, JZ 2001, 105; Hagemeister, WM 2002, 1773, (1779). 415 Hagemeister, WM 2002, 1773 (1774). 416 Nach Schieber, Die Aufsicht über Finanzkonglomerate. S. 50, ist der Begriff „Allfinanz“ „kein normativer Begriff“. Es ist nämlich keine „Legaldefinition des Gesetzgebers“ zu finden und es besteht auch nicht „die Möglichkeit, ihn mit Hilfe der juristischen Auslegungsregeln“ einzugrenzen; betriebswirtschaftlich wird dieser Begriff wie folgt definiert: „Allfinanz ist somit eine zusammenfassende Bezeichnung für die zahlreichen markt- und marketingstrategischen Bestrebungen und Aktivitäten sowohl von Banken als auch von non-banks und near-banks, kundenbedarfs- und kundengruppenbedarfsorientiert ein umfassendes Angebot an Leistungen, die mit Geld und Finanzen im weitesten Sinne zu tun haben, aus einer Hand bereit zu halten“. Siehe Strack/Geitner, Finanzdienstleistungen, S. 53. 417 Dinauer, Allfinanz, S. 4. 418 Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 287, in: Pitschas (Hrsg.). 419 Vgl. Hagemeister, WM 2002, 1773 (1774). 420 Dieses Forum ist eine gemeinsame Einrichtung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht, der internationalen Organisation der Wertpapieraufseher (IOSCO) und der Internationalen Vereinigung der Versicherungsaufseher (IAIS), dazu Hölscher, Risiken und Aufsichtsnormen in Banken und Versicherungsunternehmen, S. 217, in: H. Corsten/W. Hilke (Hrsg.). 421 Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 288, in: Pitschas (Hrsg.); Hölscher, Risiken und Aufsichtsnormen in Banken und Versicherungsunternehmen, S. 217, in: H. Corsten/W. Hilke (Hrsg.). 414

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nommen422. Auch in Deutschland entflammte eine Diskussion über die Errichtung einer Allfinanzaufsicht unter dem Einfluss der Gründung der britischen Financial Services Authority (FSA)423. Andere Stimmen gingen in dieselbe Richtung, die eine kapitalmarktorientierte und sektorübergreifende Aufsicht als notwendig ansahen, damit die Aufsichtsstruktur mit den Entwicklungen auf dem Finanzsektor Schritt halten kann. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) bereitete eine Reform der Finanzdienstleistungsaufsichtsstruktur vor, wobei die Schaffung einer alleinigen Bankenaufsichtsbehörde im Vordergrund stand424. Im zweiten Halbjahr 2000 wurden verschiedene Modelle auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüft. Davon haben folgende vier Szenarien nach Ansicht des BMF eine besondere praktische Bedeutung425: 1. Die umfassende Integration der Bankenaufsicht in die Bundesbank bei gleichzeitiger Auflösung des BAKred und Beibehaltung der jetzigen Bundesbankstruktur. 2. Die Eingliederung der Bankenaufsicht in eine zentralisierte Bundesbank. 3. Die Umformung des BAKred in eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die alle aufsichtsrechtlichen Hoheitsaufgaben wahrnimmt. 4. Die Umwandlung des BAKred in eine unselbständige Anstalt des öffentlichen Rechts und Einfügung in die Bundesbank. Art. 87 Abs. 3 Satz 1 oder 2 GG bildeten dabei die mögliche verfassungsrechtliche Grundlage. Falls die Bundesbank die Aufgaben der Bankenaufsicht vollständig wahrgenommen hätte, hätte es sich dabei um Mittel- und Unterbehörden nach den Anforderungen des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG und um eine neue Aufgabe i. S. v. Art. 87 Abs. 3 Satz 2 GG handeln müssen. In der Aufsichtspraxis ist dabei eine dauerhafte Beauftragung der Mittel- und Unterbehörden der Bundesbank mit fremden Aufgaben, die nicht der Währungssicherung dienen, unvermeidbar426. Die Bankenaufsicht stellt aber keine neuen Aufgaben dar, weil diese ursprünglich von den Ländern und seit 1962 vom Bund erfüllt werden427. Aus diesem Grund scheiterten das erste Modell und vierte Modell an Art. 87 Abs. 3 Satz 1 oder 2 GG. Das zweite Modell war unrealistisch, weil in diesem Fall wieder alle rein ordnungsrechtlichen Befugnisse bei der Bundesbankzentrale hätten zusammengefasst werden müssen428. Wollte man der überwiegenden Ansicht des Schrifttums folgen, die die Bundesbank als Anstalt

422 423 424 425 426 427 428

Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 294, in: Pitschas (Hrsg.). Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 283, in: Pitschas (Hrsg.). Häde, JZ 2001, 105 (108). Häde, JZ 2001, 105 (108). Häde, JZ 2001, 105 (111). Häde, JZ 2001, 105 (114). Häde, JZ 2001, 105 (113).

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

des öffentlichen Rechts qualifiziert429, gehört sie zur mittelbaren Bundesverwaltung und der nur im Bereich der unmittelbaren Bundesverwaltung Gültigkeit besitzende Art. 87 Abs. 3 Satz 2 GG430 ist daher nicht auf sie anwendbar. Danach wäre es auch unangemessen, den Mittel- und Unterbehörden der Bundesbank als Anstalt nach Art. 87 Abs. 3 Satz 2 GG die bereits erwähnten Aufgaben zu übertragen431. Das dritte Modell war eine echte Alternative zur Übertragung der Bankenaufsicht auf die Bundesbank. Für die Errichtung einer selbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts kam die Vorschrift des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG als Grundlage in Betracht, nach der daraufhin das BAKred vom Bund errichtet wurde. Bei diesem bestehen Einwirkungsmöglichkeiten von Aufsichtsinstanzen sowie Einflüsse der politisch verantwortlichen Regierung432. Dieses Problem wird durch die Bestimmung des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes gelöst und im dritten Teil dieser Arbeit in Bezug auf die Staatsaufsicht behandelt. Im Januar 2001 wurde die Fusion zwischen der Allianz AG und der Dresdner Bank AG zu einem Allfinanzkonzern bislang unvorstellbarer Reichweite bekannt433. Daraufhin hat der Bundesfinanzminister entschieden, das Konzept einer Allfinanzaufsicht zu verwirklichen434. III. Die Sparkassen und Landesbanken 1. Überblick über die deutsche Sparkassenorganisation und gesetzliche Grundlagen des Sparkassenrechts Wenn man als Ausländer durch Deutschland reist, dann begegnet man überall den Sparkassen und fragt sich mit Staunen, warum gerade die Sparkassen über ein so dichtes Filialnetz im deutschen Finanzdienstleistungssektor verfügen und wie sie sich von den anderen Banken unterscheiden. Wie einige Statistiken zeigen435, spielen die Sparkassen als „Anstalten des öffentlichen Rechts und privatrechtlich handelnde Kredit429

Stern, Staatsrecht II, § 35 I. 4. b, S. 471. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 95. 431 Häde, JZ 2001, 105 (112). 432 Herdegen, WM 2000, 2121 (2122). 433 Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 284, in: Pitschas (Hrsg.); Hagemeister, WM 2002, 1773. 434 Bayer, Die neue Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 284, in: Pitschas (Hrsg.); Hagemeister, WM 2002, 1773. 435 Die Sparkassen halten einen Anteil in Höhe von 14,7 % am gesamten bankenwirtschaftlichen Markt. Von ihr werden 14.413 Bankstellen unterhalten und 260.800 Menschen in Deutschland beschäftigt (Stand: Ende 2005). Dazu siehe www.bdb.de, Statistik-Service; die Sparkassen-Finanzgruppe ist einer der größten Steuerzahler, Stifter und Förderer von Kunst und Kultur. Im Jahr 2005 hat sie mehr als 351 Mio. Euro für das Gemeinwohl, insbesondere in den Bereichen Kultur, Soziales und Sport ausgegeben (vgl. www.sparkassenstiftungen.de). Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 47. 430

D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht

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institute“436 tatsächlich seit langem innerhalb des deutschen Kreditgewerbes und der ganzen Gesellschaft eine herausragende Rolle. Allerdings können die verschiedenen organisatorischen und rechtlichen Fragen, die mit den Sparkassen verknüpft sind, nicht so leicht wie bei der alltäglichen und statistischen Begegnung mit diesem Phänomen beantwortet werden. Im Folgenden sollen daher die deutsche Sparkassenorganisation und ihre gesetzlichen Grundlagen im Rahmen der Untersuchung der Anstalten des öffentlichen Rechts systematisch analysiert werden. a) Die deutsche Sparkassenorganisation Die deutsche Sparkassenorganisation lässt sich anhand des – über den einfachen Zusammenschluss bzw. das Netz der einzelnen kommunalen Sparkassen hinausreichenden – vertikalen Verbundsystems der Sparkassen-Finanzgruppe verstehen. Zu ihren Mitgliedern werden 457 Sparkassen, neun Landesbanken, elf Landesbausparkassen, zwölf öffentliche Erstversicherergruppen, mehrere Spezialinstitute (z. B. DekaBank), zwölf regionale Sparkassenverbände, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband und viele andere Einrichtungen gezählt437. Auf verschiedenen Ebenen arbeiten die Sparkassen und Landesbanken mit unterschiedlichen Aufgabengebieten zusammen438. Auf der ersten Ebene betreiben die einzelnen Sparkassen als Basis der Sparkassenorganisation wegen ihrer historischen Entwicklung439, ihres öffentlichen Auftrags und des sog. Regionalprinzips, vor allem das Geschäft für die Versorgung breiter Bevölkerungsschichten mit bankwirtschaftlichen Dienstleistungen im regionalen Wirkungsgebiet ihres einzelnen Gewährträgers440. Es handelt sich dabei hauptsächlich um kommunale Sparkassen, die als Anstalten des öffentlichen Rechts ausgestaltet sind. Sie werden von Kommunen oder anderen Gebietskörperschaften getragen und haben durch Rücklagen gewonnenes Eigenkapital. Daneben existieren sieben privatrechtlich organisierte, sog. „freie Sparkassen“, die von Privaten mit sozialem Engagement gegründet wurden441. 436

Kirchhof, DVBl 1983, 921. Stand Ende März 2007, vgl. www.sparkasse.de; vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 16. 438 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 27. 439 Vgl. zur historischen Entwicklung der Sparkassen zusammenfassend Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 27 ff.; Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 30 ff.; Gärtner, Finanzielle Beteiligung Privater an Anstalten des öffentlichen Rechts, 32 ff.; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 67 ff. 440 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 27; Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 38 und 116 ff.; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 26; Beuthien, WM 2004, 1467 (1468); Ruffert, VerwArch 92 (2001), 27 (55). 441 Unter den freien Sparkassen sind zwei als wirtschaftliche Vereine (Bordesholmer Sparkasse und Frankfurter Sparkasse) und fünf als Aktiengesellschaft errichtet worden (Hamburger Sparkasse, Sparkasse Bremen, Sparkasse Mittelholstein, Spar- und Leihkasse zu 437

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

Auf der zweiten Ebene nehmen die Landesbanken als Girozentralen die Zentralbankfunktion für die zugehörigen Sparkassen und die Staatsbankfunktion der sie tragenden Länder ein442. Des Weiteren tätigen die Landesbanken als Universalbanken Bankgeschäfte aller Art. Ihr Hauptgeschäft ist grundsätzlich nicht das Massengeschäft der Sparkassen (retail banking), sondern vielmehr die Bereiche Zahlungsverkehr sowie Ausland- und Wertpapiergeschäft und das Großkundengeschäft (wholesale banking)443. Zu den neun Landesbanken gehören sechs Landesbanken in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts und drei Landesbanken als Aktiengesellschaft444. Im Unterschied zu den Sparkassen sind die Landesbanken von ihren Trägern (den Ländern und regionalen Sparkassenverbänden) mit Gründungs- oder Stammkapital ausgestattet445. Die DekaBank Deutsche Girozentrale (DekaBank) ist als Anstalt des öffentlichen Rechts die zentrale Fondgesellschaft der Sparkassen-Finanzgruppe. Sie hat sich auf die Durchführung von Großfinanzierung und das Investmentfondgeschäft spezialisiert446. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband e.V. (DSGV), dessen ordentliche Mitglieder die regionalen Sparkassenverbände und die Landesbanken sind, bestimmt als Dachorganisation der Sparkassen-Finanzgruppe deren strategische Zielsetzung und wirkt auf die Sparkassenpolitik ein447. Insgesamt bildet die Sparkassen-Finanzgruppe, die primär dem allgemeinen Nutzen zu dienen hat, mit einigen Spezialbanken (z. B. der Kreditanstalt für Wiederaufbau, „KfW“), vor allem auf Bundesebene die Gruppe der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute. Die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute stehen als eine wesentliche Säule des dreigliedrigen deutschen Bankensystems bzw. des Drei-Säulen-Modells mit den Gruppen der Kreditgenossenschaften und der privaten Banken im Wettbe-

Bredstedt und Sparkasse zu Lübeck). Da die Sparkassengesetze eine Gründung nur noch durch Gebietskörperschaften erlauben und den Namen „Sparkassen“ schützen, ist eine Errichtung freier Sparkassen heute grundsätzlich unmöglich. Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 17 ff. 442 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 27; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 48. 443 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 27; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 52. 444 Die drei Landesbanken in der Rechtsform der Aktiengesellschaft sind die Landesbank Berlin AG, die zum 30. August 2002 aus der Aufspaltung der Westdeutschen Landesbank entstandene WestLB und die HSH Nordbank, die durch die Fusion von Hamburgischer Landesbank und Landesbank Schleswig-Holstein am 1. Januar 2003 entstand, vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 20; zur Entstehung der Landesbank Berlin AG siehe unten, unter E. I. 2. a). 445 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 20. 446 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 23. 447 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 25.

D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht

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werb, deren jeweiligen obersten Gebote die Unterstützung ihrer Mitglieder bzw. die Gewinnmaximierung sind448. b) Gesetzliche Grundlagen des Sparkassenrechts Wie die facettenreiche Stellung der Sparkassen im Staat und in der Gesellschaft, z. B. als kommunale Einrichtungen, rechtlich selbständige Anstalten des öffentlichen Rechts, „im Wettbewerb stehende dezentrale Wirtschaftsunternehmen“449 und „universell tätige Kreditinstitute“450, schon andeutet, ist das Sparkassenrecht „die Summe“ verschiedener „öffentlich-rechtliche[r] Normen“451: Zunächst einmal bildet das Kommunalrecht den Ausgangspunkt des Sparkassenrechts. Die Existenz und Aufgabe der Sparkassen beruhen auf dem Kommunalbereich. Die kreditwirtschaftliche Betätigung der Gemeinden durch den Betrieb von Sparkassen gehört zu einem wesentlichen Teil der nach Art. 28 Abs. 2 GG und den jeweiligen Normen der Landesverfassungen garantierten kommunalen Selbstverwaltung452. Allerdings ist die Tatsache nicht zu verneinen, dass die Sparkassen im Laufe ihrer Entwicklung eine weitgehende Entkommunalisierung vor allem durch den Prozess einer zunehmenden rechtlichen und organisatorischen Verselbständigung sowie der vollständigen Einbindung in den Geld- und Kreditmarkt mit seinem massiven Wettbewerb erfahren haben453. In diesem Zusammenhang ist auch die Entwicklung des Sparkassenrechts auf der Basis des Kommunalrechts zu einem Sonderrecht oder eigenständigen Rechtsgebiet zu verstehen454. Die Bestimmungen dieses Sonderrechts sind überwiegend in den Landessparkassengesetzen normiert worden455. Sie sind sowohl für den Aufbau als auch für die Tätigkeit der Sparkassen die wichtigste Rechtsgrundlage in den deutschen Bundesländern, aber sie zeigen trotz der Mustersatzung des DSGV aus dem Jahre 1953 viele Abweichungen456. .

448 Vgl. Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 22 ff.; Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 36; Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342. 449 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 34. 450 Fischer, in: FG von Unruh, S. 837. 451 Vgl. Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 21. 452 Vgl. Fischer, in: FG von Unruh, S. 841; Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1890); Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 48; dazu siehe auch die Ausführungen oben, unter B. II. 4. 453 Vgl. Weides, DÖV 1984, 41 (43 f.); Fischer, in: FG von Unruh, S. 838 ff. 454 Vgl. Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 34 f.; Weides, DÖV 1984, 41 (51). 455 Vgl. Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 34; zu den einzelnen Sparkassengesetzen siehe Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, Fn. 135, S. 50. 456 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 50 f.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

Bezüglich der Gesetzgebungskompetenz für das Sparkassenrecht liegt das Sparkassenwesen im Grenzbereich zwischen der Bundes- und der Landeszuständigkeit457. Nach Art. 30, 70 Abs. 1 GG steht grundsätzlich den Ländern die Gesetzgebungskompetenz zu, soweit nicht das Grundgesetz dem Bund die Kompetenz zur Rechtsetzung einräumt. Art. 74 Nr. 11 GG spricht „das Recht der Wirtschaft“ in Form einer konkurrierenden Gesetzgebung dem Bund zu. Nach der herrschenden Meinung gehört das Sparkassenrecht zu diesem Wirtschaftsrecht und die Kompetenzverteilung von Bund und Ländern ergibt sich im Hinblick auf die Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG wie folgt458 : Die Geschäftspolitik ist Bundeskompetenz, die Organisation und Verwaltung der Sparkassen (und damit auch das mit dem kommunalen Bereich eng zusammenhängende Sparkassenorganisationsrecht, einschließlich Regionalprinzip, Staatsaufsicht über die Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts usw.) ist Ländersache. Wirft man einen Blick auf die von den Sparkassen und übrigen Banken gebildete volkswirtschaftliche Gefüge und die Anforderungen an Gefahrenabwehr bzw. eine adäquate Sicherung der Einleger in diesem Bereich, so bedarf es einer deutschlandweit einheitlichen, für alle Kreditinstitute geltenden Regelung der Geschäftspolitik. Daher ist die zuvor erwähnte Einordnung als richtig anzusehen. In der Tat hat der Bund von diesem konkurrierenden Gesetzgebungsrecht hauptsächlich durch das Kreditwesengesetz (KWG) Gebrauch gemacht. Die Sparkassen sind zweifellos Kreditinstitute nach § 1 KWG. Damit findet das KWG als höherrangiges Bundesrecht (Art. 72 Abs. 1 GG) auf sie uneingeschränkt Anwendung459. Ferner haben die bundesgesetzlichen Vorschriften des HGB und GWB (über die Fusionskontrolle) große Bedeutung für die Sparkassen460. Die gesetzliche Grundlage des Sparkassenrechts umfasst auch das Recht der Landesbanken, das Bestandteil des Sparkassenrechts ist461. Teilweise wurden von den Ländern besondere Landesbankgesetze verabschiedet462. Dagegen gelten die Bestimmungen des Sparkassenrechts aufgrund der Rechtsform nicht für die freien Sparkassen463. Insgesamt ist noch zu beachten, dass das Sparkassenrecht dem öffentlichen Recht zugehörig ist und diese Tatsache demnach auch in sparkassenrechtlichen Zweifelsfällen berücksichtigt werden muss464. Deshalb soll „die Lösung […] grundsätzlich unter Heranziehung öffentlich-rechtlicher, vornehmlicher kommunalrechtlicher 457

Kirchhof, DVBl 1983, 921. Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 49 f.; Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 31 f.; Kirchhof, DVBl 1983, 921. 459 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 73. 460 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 50. 461 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 50. 462 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, Fn. 140, S. 52. 463 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, 48. 464 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 30. 458

D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht

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Grundsätze – aber auch hier bei Unterordnung unter den Sinn der Sparkassengesetze – zu suchen“ sein465. 2. Die Organe der Sparkassen und Landesbanken Die Organisationsstruktur von Landesbanken mit dem dreistufigen Organbau ist bereits als die typische Binnenverfassung der rechtsfähigen Anstalt erläutert worden466. Abgesehen von einem schmalen Bereich gilt das auch für die Organisationsstruktur der Sparkassen. Von daher sollen hier nur einige bemerkenswerte Punkte hinzugefügt werden: Aus dem Sparkassenrecht der Bundesländer ergibt sich der aus dem Vorstand und dem Verwaltungsrat bestehende, zweistufige Organaufbau. In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hessen und Saarland wurde der Kreditausschuss explizit als eigenes, gesetzlich bestimmtes Organ errichtet. Er ist Unterorgan eines Hauptorgans und wird vom Verwaltungsrat gebildet467. Seine Hauptaufgabe besteht darin, dass er bei der Kreditvergabe vorbeugend die Richtigkeit und Vollständigkeit der Vorstandsunterlagen und die Rechtmäßigkeit der Vergabe kontrolliert468. Somit kann man nicht von einer „eigenständigen Geschäftsführungsfunktion“ des Kreditausschusses sprechen469. Bezüglich der Mitbestimmung der Beschäftigten in den Verwaltungsräten finden sich einige kritische Stellungnahmen: Der VerfGH NW und der VerfGH Rh.-Pf. haben sie hinsichtlich des Erfordernisses einer ununterbrochenen Legitimationskette vom Volk verfassungsrechtlich in Frage gestellt470. In Bayern ist kein Mitbestimmungsrecht der Beschäftigten eingeräumt471, in Rheinland-Pfalz können vom Personal gewählte Vertreter nur beratend mitwirken472.

465

Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 30. Vgl. oben unter C. 467 Vgl. § 8 SpkG NW, § 11 SpkG BW, §§ 4 und 6 Hess. SpkG, §§ 13a, 12 SpkG Saar; in anderen Bundesländern ist die Gründung und Zusammensetzung des Kreditausschusses zwar auch rechtlich vorgegeben, aber er ist nicht Organ, dazu Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 155 f. und 224 ff. 468 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 224 und 227. 469 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 227. 470 Vgl. Verfassungsgericht Nordrhein-Westfalen, DVBl 1986, S. 1196 ff.; Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 1994, S. 665; dazu Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 166 und 170 ff.; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 148 f. 471 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, Fn. 143, S. 53. 472 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 171. 466

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

3. Der Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung und die Konsequenzen für Sparkassen und Landesbanken Der hier in Frage stehende Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung ist schon mit der allgemeinen Bedeutung beider Haftungssysteme bei der Behandlung des zeitgemäßen Begriffs der Anstalt in groben Umrissen geschildert worden473. Dabei wurden die Rechtsgrundlage und praktische Bedeutung dieser beiden Rechtsinstitute sowie der Hintergrund und Inhalt der Brüsseler Verständigung vom 17. Juli 2001, die zu ihrem Wegfall bei den deutschen Sparkassen und Landesbanken geführt hat, noch nicht entwickelt. Diese Punkte müssen nunmehr unter Bezug auf die Sparkassen und Landesbanken geklärt werden: Wie der lange Streit über den Fortbestand von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung bei den Sparkassen und Landesbanken sowohl auf juristischer als auch auf politischer Ebene zeigt474, richtet sich die mit der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung zusammenhängende wissenschaftliche Diskussion angesichts deren großer praktischer Bedeutung vor allem auf die Sparkassen und Landesbanken. a) Rechtliche Begründung und praktische Bedeutung von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung Die ausschließlich im Innenverhältnis zwischen der Anstalt und ihrem Anstaltsträger geltende Anstaltslast475 wurde als Instandhaltungspflicht des Anstaltsträgers erstmalig vom Preußischen Oberverwaltungsgericht (PrOVG) am 4. 6. 1897 begründet, welche lediglich für die, zu diesem Zeitpunkt noch nicht verselbständigten, kommunalen Sparkassen galt476. Obwohl die Anstaltslast in der Folgezeit im Gegensatz zu der Gewährträgerhaftung nur ganz vereinzelt und allenfalls deklaratorisch in positives Gesetzesrecht umgesetzt wurde477, ist sie nach h. M. als nicht abdingbare Grundlage bzw. allgemeiner Grundsatz des Anstaltsrechts anerkannt478. Andere stellen auf 473

Vgl. oben A. III. 2. Vgl. Wiesel, ZBB 2002, 288. 475 So lässt sich kein subjektives Recht von Gläubigern der Anstalt aus der Anstaltslast gegen die Anstaltsträger herleiten, siehe Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 67; die umstrittene Frage war, „ob ein subjektives Recht der Anstalt auf finanzielle Unterstützung mit einer entsprechenden Verpflichtung des Trägers korrespondiert“. Nach überwiegender Ansicht liege die Aufgabenverantwortung letztlich beim Anstaltsträger und deshalb „beschränke sich die Anstaltslast auf eine einseitige Innenpflicht des Trägers, ohne dass ein Anspruch der Anstalt selbst bestehe“, Wiesel, ZBB 2002, 288 (294). 476 PrVerwBl, Bd. 19, S. 280 ff.; vgl. Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 147 f. 477 Vgl. Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 73 ff.; Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 148; Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 66 f. 478 Dabei ist beispielsweise von einem Institut des Gewohnheitsrechts die Rede, so Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 148; kritisch dazu Koenig, WM 1995, 821 (825 ff.). 474

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einen im Rechtsstaatsprinzip und damit im Grundgesetz wurzelnden Grundsatz ab479. In diesem Zusammenhang ist auf eine vom Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes ausgehende Begründung hinzuweisen480 : Danach kann eine öffentliche Anstalt nur durch oder aufgrund eines formellen Gesetzes errichtet werden. Wenn eine Anstalt zur Wahrnehmung der ihr übertragenen öffentlichen Aufgabe durch ein solches Errichtungsgesetz verselbständigt wird, dann soll sie tatsächlich in der Lage sein, diese Aufgabe auch entsprechend den gesetzlichen Vorgaben wirkungsvoll und effektiv zu erledigen. Ansonsten würde der Gesetzesbeschluss des Parlaments unterlaufen werden und die Anstalt bliebe funktionsunfähig. Daher muss die Anstalt mit den „objektiv erforderlichen Mitteln ausgestattet“481. werden, woraus ableitbar ist, dass eine Anstaltslast für solche Anstalten notwendig ist482. Die Gewährträgerhaftung483, also das Einstehenmüssen des Gewährträgers für die Verbindlichkeiten der Sparkasse und Landesbank im Außenverhältnis gegenüber den Gläubigern, entstammt der 3. Notverordnung (NotVO) vom 6. 10. 1931 (RGBl. S. 537)484. Als die Sparkassen eine eigene Rechtspersönlichkeit durch diese NotVO erhielten, bedurfte es für die Spargelder der Kunden einer Sicherung vor einem möglichen Zugriff der kommunalen Finanzverwaltung485. Wie Stefan Staats bemerkt486, legte die Verordnung in diesem Zusammenhang fest, „dass die bisherige Haftung der Gemeinden oder der anderen Körperschaften sowohl für bereits bestehende als auch für zukünftige Verbindlichkeiten der Sparkassen aufrechtzuerhalten wäre“. So bezweckte die NotVO zum einen die sich aus den engen Beziehungen zwischen Sparkassen und Kommunen ergebenden und häufig nicht wünschenswerten 479

Nach diesem Grundsatz muss ein Träger von Hoheitsgewalt die Anstalt mit ausreichenden Mitteln ausstatten, wenn er durch diese die öffentlichen Aufgaben erfüllen möchte. Möschel, WM 2001, 1895; Wiesel, ZBB 2002, 288 (294). 480 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 77 f.; vgl. U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 101. 481 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 78. 482 Vgl. auch Möschel, WM 2001, 1895; Wiesel, ZBB 2002, 288 (294), dort in Fn. 31, „DSGV-Stellungnahme zu der gegen Anstaltslast und Gewährträgerhaftung in Deutschland gerichteten Beihilfebeschwerde der Europäischen Bankenvereinigung vom 6. 2. 2001, Rz. 95 ff., abrufbar unter www.dsgv.de, Presseforum, Stellungnahmen, Archiv vom Februar 2001“. 483 Nach einer von der Bundesregierung eingesetzten WettbewerbsenquÞte-Kommission bedeutet die Gewährträgerhaftung eine „auf Gesetz oder Satzung beruhende unmittelbare Haftung einer Gebietskörperschaft oder eines öffentlich-rechtlichen Verbandes gegenüber den Gläubigern eines von der Gebietskörperschaft oder dem Verband getragenen rechtlich selbständigen Kreditinstitutes für dessen sämtliche Verbindlichkeiten“. Dazu Bundesregierung, WettbewerbsenquÞte, BT-Drucks. V/3500, S. 48. 484 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 144 ff.; Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 68 f. 485 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 146. 486 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 69.

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Begleiterscheinungen abzuschaffen und sollte zum anderen die Kunden und Gläubiger der Sparkassen weiterhin weitreichend schützen. Danach wurde die Gewährträgerhaftung in allen Sparkassen- und Landesbankgesetzen ausdrücklich normiert487. Insgesamt ist die Gewährträgerhaftung im Vergleich zu dem Institut der Anstaltslast im Rahmen der Sparkassenorganisation und der zu ihr ergangenen gesetzlichen Bestimmungen geschichtlich tiefer verankert488. Hinsichtlich der praktischen Bedeutung und des Verhältnisses von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung ist die Anstaltslast der Gewährträgerhaftung „vorgelagert“489 und sehr viel wichtiger. Kommt der Anstaltsträger seinen Pflichten aus der Anstaltslast vollumfänglich und rechtzeitig nach, so wird die Gefahr einer Unterbilanz bei der Sparkasse und Landesbank am Bilanzstichtag nicht eintreten, womit diese nicht insolvent werden können490. Wenn der Fall des Eintretens aus der Gewährträgerhaftung durch die Anstaltslast verhindert wird, ist die Gewährträgerhaftung praktisch irrelevant und verstärkt die Anstaltslast lediglich ergänzend491. In der Tat zeigt die bisherige Praxis, dass die Anstaltsträger in Zahlungsschwierigkeiten geratene Sparkassen und Landesbanken bereits über die Anstaltslast saniert haben492. Die durch die Kombination von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung angebotene Haftungskette der Sparkassen und Landesbanken wurde aus der Sicht des Kapitalmarktes, insbesondere von den angelsächsischen wichtigen internationalen Ratingagenturen493, als für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Deutschland existierende Sicherungsrechte und bestmöglicher Gläubigerschutz angesehen494. Unter diesen Gesichtspunkten hielten viele Ratingagenturen beispielsweise das Landesbankrisiko in der Regel für das Risiko der sie tragenden Bundesländer und bewerteten viele Landesbanken mit der optimalen Rating-Note (Triple-A)495 im Long-Term- bzw. Credit-Rating496. Das führte zu sehr günstigen Refinanzierungsbedingungen der Landes-

487

Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, Fn. 215, S. 69. Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken S. 70; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 73 f. 489 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 147. 490 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 148; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 75; Möschel, WM 2001, 1895. 491 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 148; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 75; Möschel, WM 2001, 1895; Wiesel, ZBB 2002, 288 (293). 492 Füßer, ZBB 2002, 300 (302 und 306); Wiesel, ZBB 2002, 288 (293 f.). 493 Z. B. die US-amerikanischen Agenturen Standard & PoorÏs Rating Group (S&P) und MoodyÏs Investor Service sowie die britische Fitch-IBCA Group. 494 Füßer, ZBB 2002, 300 (301 f.); Wiesel, ZBB 2002, 288 (293); Koenig, WM 1995, 821 (822); Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1886). 495 Koenig, WM 1995, 821 (822) 496 Dazu S&P in dem Bericht „Financial Institutions Criteria“ (01/1999) S. 117: „Reflecting this strong support from the owners, all currently rated Landesbanks have counterparty ratings either equal to or slightly lower than the rating of the highest-rated guarantor and, in some cases, 488

D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht

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banken am Kapitalmarkt497. Ihr gegen Null tendierendes Risiko bzw. ihre herausragende Bonität ergeben sich vornehmlich nicht aus der eigenen geschäftlichen Leistungsfähigkeit, sondern gehen vor allem auf das o.g. Haftungssystem zurück498. b) Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung Aufgrund der Privilegierung der öffentlich-rechtlichen Banken durch den staatlichen Schutz bzw. die speziellen Haftungsinstrumente sahen die privatrechtlichen Wettbewerber, welche ihr Risiko selbst tragen und daher wesentlich mehr Eigenkapital bereithalten müssen, schon lange eine für sie belastende Wettbewerbsverzerrung499. Zudem erkannte die EG-Kommission darin schon im Dezember 1995 einen Verstoß gegen die Beihilferegeln des EG-Vertrages500. Vor diesem Hintergrund erhob daher die Bankenvereinigung der Europäischen Union, der europäische Dachverband der deutschen Privatbanken, am 21. Dezember 1999 bei der Europäischen Kommission Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland aufgrund einer Verletzung von Art. 87 Abs. 1 und Art. 88 Abs. 3 EGV (Art. 107 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 3 AEUV). Damit wollte sie, mit dem Ziel der vollständigen Abschaffung der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, diese zunächst bei der WestLB, der Stadtsparkasse Köln und der Westdeutschen Immobilienbank (Mainz) verbieten lassen501. Statt einen lang dauernden und förmlichen Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof zu beginnen, versuchte die Bundesregierung daraufhin durch Verhandlungen mit der EG-Kommission zu einer Einigung zu kommen502. Dabei konnten die Anstaltslast und Gewährträgerhaftung trotz der Berücksichtigung der Garantie der Eigentumsordnung (ex-Art. 295 EGV, Art. 345 AEUV) und des Versuchs, die öffentliche Auftragserfüllung als Ausnahmetatbestand des Art. 86 Abs. 2 EGV (Art. 106 Abs. 2 AEUV) heranzuziehen, jedoch nicht gerettet werden503. significantly above the bankÏs standalone credit quality“. Wiesel, ZBB 2002, 288 (292, in Fn. 15); vgl. auch Koenig, WM 1995, 821 (822); Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1886). 497 Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1886). 498 Möschel, WM 2001, 1895. 499 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 71; Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1886). 500 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 70; siehe EG-Kommission, Nonpaper on the treatment of Anstaltslast und Gewährträgerhaftung of public legal form credit institutions in view of the Art. 92 (1) of the Treaty, 1995; vgl. dazu Möschel, WM 2001, 1895. 501 Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1886); vgl. die Beschwerde der Bankenvereinigung der Europäischen Union im Beihilfeverfahren gegen die Westdeutsche Landesbank Girozentrale (WestLB), die Stadtsparkasse Köln und die Westdeutsche Immobilienbank vom 21. 12. 1999, Beschwerdebegründung Rz. 191, abrufbar unter www.fbe.be/docs_complaint.html (2. 8. 2002), Wiesel, ZBB 2002, 288 (289). 502 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 71 f. 503 Wiesel, ZBB 2002, 288 (291).

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

Wie schon erwähnt, verständigten sich die beiden Seiten zunächst am 17. Juli 2001 grundsätzlich auf die Abschaffung der Gewährträgerhaftung und die Ersetzung der Anstaltslast durch eine normale markwirtschaftliche Eigentümerbeziehung unter Geltung bestimmter Übergangsvorschriften mit Wirkung zum 18. Juli 2005504. Bezüglich der Abschaffung der Gewährträgerhaftung war die Aussage des Verständigungstextes (unter Ziffer 2.1.) unzweideutig. Hinsichtlich der Ersatzregelung für die Anstaltslast und der Übergangsregelung für die Gewährträgerhaftung brauchte man eine Präzisierung und schließlich einigte man sich darauf am 28. Februar 2002505. Mit dieser Schlussfolgerung wurden die Regelungen zur Umsetzung der Verständigung vom 17. Juli 2001 und die Bedeutung der beabsichtigten Modifikation der Anstaltslast klargestellt. Für das bessere Verständnis der Verständigung werden an dieser Stelle die wesentlichen Punkte des Verständigungstextes vom 17. Juli 2001 und 28. Februar 2002 abgedruckt:

„1. ,Plattform-ModellÐ und Spezialkreditinstitute 1.1. Die deutschen Behörden bestätigen, dass alle Landesbanken und Sparkassen, einschließlich ihrer öffentlich-rechtlichen Tochterunternehmen, sich dem so genannten ,Plattform-ModellÐ anschließen werden. 1.2. Das ,Plattform-ModellÐ besteht in der Abschaffung der Gewährträgerhaftung und der Ersetzung der Anstaltslast, so wie sie derzeit besteht, gemäß den in Punkt 2. niedergelegten Grundsätzen. 2. Grundsätze im Hinblick auf eine Änderung des Systems der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung 2.1. Gewährträgerhaftung wird abgeschafft. 2.2. Anstaltslast, so wie sie derzeit besteht, wird ersetzt gemäß den folgenden Grundsätzen: a) Die finanzielle Beziehung zwischen dem öffentlichen Eigner und dem öffentlichen Kreditinstitut darf sich nicht von einer normalen marktwirtschaftlichen Eigentümerbeziehung unterscheiden, so wie der zwischen einem privaten Anteilseigner und einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaft. b) Jegliche Verpflichtung des öffentlichen Eigners zu wirtschaftlicher Unterstützung des Kreditinstituts und jeglicher Automatismus wirtschaftlicher Unterstützung durch den Eigner zugunsten des öffentlichen Kreditinstituts ist ausgeschlossen. Es besteht keine unbeschränkte Haftung des Eigners für Verbindlichkeiten des Kreditinstituts. Es ergeht keine Absichtserklärung oder Garantie, den Bestand des öffentlichen Kreditinstituts sicher zu stellen. c) Die öffentlichen Kreditinstitute werden den gleichen Regeln für den Insolvenzfall wie private Kreditinstitute unterworfen. Ihre Gläubiger werden denen privater Kreditinstitute gleichgestellt. 504

Verständigung über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung vom 17. Juli 2001, abrufbar unter www.sachsenlb.de/libimg/pdf/0204_anlage_1.pdf (2. 8. 2002), abgedruckt in: Wiesel, ZBB 2002, 288 (290 f.). 505 Die Schlussfolgerung über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung vom 28. Februar 2002, abrufbar unter www.sachsenlb.de/libimg/pdf/0204_anlage_3.pdf (2. 8. 2002), abgedruckt in: Wiesel, ZBB 2002, 288 (295 f.).

D. Einzelne wichtige Anstalten nach dem geltenden Recht

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d) Diese Grundsätze gelten unbeschadet der Möglichkeit des Eigners, wirtschaftliche Unterstützung gemäß den Beihilferegelungen des EG-Vertrags zu gewähren. 2.3. In allen Gesetzen über öffentliche Kreditinstitute in Deutschland, die sich dem ,Plattform-ModellÐ angeschlossen haben, sind ausdrückliche Gesetzesänderungen gemäß den obigen Grundsätzen vorzunehmen, unabhängig davon, ob Anstaltslast in diesen Gesetzen derzeit ausdrücklich festgeschrieben ist oder nicht …“. .

„A) Ersetzung der Anstaltslast und Abschaffung der Gewährträgerhaftung Für die Ersetzung der Anstaltslast und die Abschaffung der Gewährträgerhaftung müssen mindestens die folgenden Elemente erhalten sein: In den Gesetzestexten selbst: 1) Anstaltslast wird ersetzt durch die folgenden Bestimmungen: 2) Der Träger unterstützt die Sparkassen/Landesbank bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Maßgaben der folgenden Grundsätze/Bestimmungen. 3) Eine Verpflichtung des Trägers zur oder ein Anspruch der Sparkasse/Landesbank gegen den Träger auf zur Verfügungsstellung von Mitteln besteht nicht. 4) Die Sparkassen/Landesbank haftet für Verbindlichkeiten mit ihrem gesamten Vermögen. 5) Die Haftung des Trägers der Landesbank ist auf das satzungsmäßige Kapital beschränkt./ Der Träger der Sparkasse haftet nicht für deren Verbindlichkeiten. 6) Alle Landesbanken und Sparkassen müssen insolvenzfähig sein [zu erreichen durch die Abschaffung der Bestimmungen der Länder, die auf § 12 (1) No 2 Insolvenzordnung beruhen]. 7) Sämtliche bestehenden Bestimmungen über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, die mit dem Obigen im Widerspruch stehen, sind zu streichen. In den Gesetzbegründungen: Zusätzlich zu den Erklärungen für die Bestimmung im Gesetzestext muss das Folgende erscheinen: Soweit der Träger der Sparkassen/Landesbank dieser Mittel zur Verfügung stellt, erfolgt dies ausschließlich im Einklang mit der Beihilfedisziplin der Gemeinschaft … B) Grandfathering der Gewährträgerhaftung … C) Institutsicherungsfonds Die deutschen Behörden verpflichten sich durch gesondertes Schreiben zur Abschaffung jeglicher Verpflichtung von Trägern oder anderen öffentlichen Stellen, finanzielle Mittel an Institutssicherrungsfonds von Sparkassenverbänden in den Ländern, wo dies anwendbar ist, zur Verfügung zu stellen, gemäß einem klaren Zeitplan im Einklang mit der Verständigung vom 17. 7. 2001 …“.

Betracht man die Regelung insgesamt oder insbesondere nur einige einschneidende Punkte wie z. B. „2.2. b“ des ersten Verständigungstextes, „3) und 5) in den Gesetzestexten selbst“ sowie „C) Institutsicherungsfonds“ des zweiten, so wird eine eindeutige Bemühung um die Beseitigung des strukturellen Wettbewerbsvorteil der Sparkassen und Landesbanken erkennbar. Danach werden jegliche Umgehungsmaß-

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

nahmen der Anstaltsträger verboten und es ist in der Ersatzregelung für die Anstaltslast „eine Klausel aufzunehmen, wonach eine Verpflichtung des Trägers zur oder ein Anspruch der Sparkasse/Landesbank gegen den Träger auf Zurverfügungstellung von Mitteln nicht besteht und der Träger nicht für die Verbindlichkeiten des Institutes haftet“506. Für die Anstaltslast bedeutet das letztlich nicht nur eine beschränkte Abwandlung, sondern vielmehr ihre komplette Beseitigung507. In der Übergangsregelung wurde der grundgesetzlich und europarechtlich garantierte Grundsatz des Vertrauensschutzes berücksichtigt508. Danach werden sämtliche am 18. Juli 2001 existierenden Verbindlichkeiten der Sparkassen und Landesbanken bis zu deren Laufzeitende von der Gewährträgerhaftung gedeckt, d. h. für diese bleibt alles unverändert (so genanntes Grandfathering)509. Darüber hinaus sind die zwischen dem 18. Juli 2001 und 18. Juli 2005 vereinbarten Verbindlichkeiten ebenfalls voll umfasst, wenn deren Laufzeit nicht über den 31. Dezember 2015 hinausgeht. Öffentliche Hilfen für das öffentliche Kreditinstitut unterliegen weiterhin den Beihilferegelungen der ex-Art. 87 und 88 EGV (Art. 107 und 108 AEUV) und sind nur dann zulässig, wenn eine Genehmigung durch die zuständige Kommission vorliegt510. Diese Vereinbarung wurde von den Ländern durch Neufassungen und Änderungen ihrer Sparkassen- und Landesbankgesetze zwischenzeitlich aufgenommen511. Dabei wurde durchgehend vorgeschrieben, dass die Sparkassen selbst ihren Gläubigern haften, ihre Träger jedoch keine Haftung für die Sparkassen übernehmen dürfen, wie es die Verständigung vom 28. Februar 2002 bestimmt512. Allerdings erscheint eine Sonderregelung für die Durchführung von Förderaufgaben durch die öffentlich-rechtlichen Förderbanken (KfW, Die Deutsche Ausgleichbank , Investitionsbank, etc.) notwendig zu sein. Daher erlaubt die Einigung vom 1. März 2002 mit der Europäischen Kommission nach wie vor den Einsatz von nicht beihilferelevanten Vorteilen für die außerhalb des Wettbewerbs stehenden reinen Förderbereiche wie z. B. Mittelstands-, Infrastruktur-, Umweltschutzfinanzierung und Wohnungswirtschaft513. Dabei ist jedoch der deutsche Gesetzgeber dazu aufgefordert, die Förderaufgaben gesetzlich zu konkretisieren und die wettbewerbsrelevanten Tätigkeiten bis spätestens zum 31. Dezember 2007 entweder den Förderinstituten zu entziehen oder diese auf rechtlich selbständige Tochterunternehmen ohne staatliche Unterstützung auszugliedern. 506

Vgl. Möschel, WM 2001, 1895 (1897); Wiesel, ZBB 2002, 288 (295). Wiesel, ZBB 2002, 288 (294); Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1887); Möschel, WM 2001, 1895 (1896); Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 73. 508 Vgl. Füßer, ZBB 2002, 300 (301); Wiesel, ZBB 2002, 288 (295). 509 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 72. 510 Siehe Punkt 2.2 lit d) der Verständigung vom 17. 7. 2001. 511 Vgl. Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, Fn. 1, S. 153. 512 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, Fn. 1, S. 153. 513 Vgl. BMF-Pressemitteilung vom 4. März 2002, abrufbar unter www.bundesfinanz-mi nisterium.de/ wwwroot-BMF/BMF-.33610944/.htm. 507

E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung

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c) Konsequenzen des Wegfalls von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung Die Brüssler Verständigung berührte unmittelbar nicht die Rechtsform bzw. die öffentliche Trägerschaft der Sparkassen und Landesbanken. Trotzdem sind „Formwechsel“, „Umstrukturierungen“ und „Privatisierungsdruck“ der Sparkassen und Landesbanken bzw. der deutschen öffentlichen Kreditinstitute als entscheidende Folgen des Wegfalls von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung zu werten514. Diese ergeben sich aus der rechtlichen Situation, vor der die Anstaltsträger mit der faktischen Abschaffung der Anstaltslast stehen. Wenn eine ihnen obliegende öffentliche Aufgabe durch eine Anstalt ohne Anstaltslast wahrgenommen werden soll und es nach bisherigem „deutschem Recht keine Anstalt ohne Anstaltslast“ geben durfte, bedeutete das für die Anstaltsträger naturgemäß eine rechtliche Zwickmühle und letztlich den starken Druck, die Anstalt zu privatisieren515. Aber die tatsächliche Notwendigkeit der Umstrukturierungen ist eher in unternehmerischen Gründen zu suchen. In mittlerer Zukunft hätte die Risikoerhöhung durch den Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung zu einem schlechten Rating, damit höheren Finanzierungskosten vor allem der Großsparkassen/Landesbanken und schließlich zu dem Rückgang ihres Geschäftsvolumens geführt516. Angesichts solcher negativen Aussichten mussten sich die betroffenen Institute an die neue Lage sowohl mit einem optimierten Risikomanagement und einer Kosteneinsparung, als auch mit einer strukturellen Umwandlung anpassen517. Diese Entwicklung bildet einen Ausgangspunkt des Strukturwandels der wirtschaftlich tätigen Anstalten und ist nachfolgend näher zu betrachten.

E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung der Anstalten des öffentlichen Rechts und ihre verfassungsrechtlichen Vorgaben I. Der Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts und die bemerkenswerte Renaissance des Anstaltsrechts 1. Ausgangspunkt Zwar lieferten Walter Jellinek und Werner Weber bereits zu Beginn der 30er und 40er Jahre bemerkenswerte Anhaltspunkte für die heutigen Entwicklungstendenzen der Anstalten, z. B. Überlegungen zur Vernetzungs- und Verflechtungsentwicklung 514 Vgl. Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1887 f.); Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342 f.; Beuthien, WM 2004, 1467 ff.; Möschel, WM 2001, 1895 (1897); Wiesel, ZBB 2002, 288 (296 ff.). 515 Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1887 f.). 516 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 73 f.; Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1887); Wiesel, ZBB 2002, 288 (296); Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342. 517 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 74 und 86.

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

und zur Kapitaleignerschaft bei der Anstalt518. Diese Impulse konnten jedoch zum damaligen Zeitpunkt keine starke Antriebskraft gewinnen und wurden vom späteren traditionellen Anstaltsrecht nicht weiter aufgegriffen. In der Tat ist es auch heute noch sehr schwierig, in der Lehrbuchliteratur zum allgemeinen Verwaltungsrecht einen Hinweis auf eine von solchen Ansatzpunkten ausgehende aktuelle Betrachtung der Anstalt des öffentlichen Rechts zu finden519. Im Vergleich dazu werden die mit der aktuellen rechtstatsächlichen Entwicklung der Anstalten zusammenhängenden Themen seit Mitte der 90er Jahre immer häufiger in juristischen Fachzeitschriften und Dissertationen behandelt. Dies spiegelt sich wider in Überschriften wie „Die verwaltungsrechtliche Anstalt – eine Kapitalgesellschaft des öffentlichen Rechts?“520, „Finanzielle Beteiligung Privater an Anstalten des öffentlichen Rechts“521, „Die Vernetzung der Landesbanken“522, „Öffentlichrechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen“523, „Privatisierung unternehmenstragender Anstalten öffentlichen Rechts“524, „Private als Anstaltsträger“525, „Sparkassen und Landesbanken auf dem Prüfstand des europäischen Wettbewerbsrechts“526, „Die Anstalt des öffentlichen Rechts unter Berücksichtigung des Wandels der Anstalt durch die Beteiligung Dritter“527, „Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken“528, „Zur Veräußerung von Sparkassen“529. Dadurch erlebt die Anstalt des öffentlichen Rechts „eine bemerkenswerte Renaissance“530. Wie diesen Überschriften bereits zu entnehmen ist, stehen „Kapitalisierung der Anstalt“531 und „Pluralisierung der anstaltlichen Trägerschaft“532 im Mittelpunkt des „Booms“ der Anstalt. Hierin liegt eine „Modifikation herkömmlicher Anstaltsmodelle“533 bzw. ein Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts534.

518

Siehe dazu die vorstehenden Ausführungen, unter A. II. 3. Vgl. Becker, DÖV 1998, 97 (101). 520 Siekmann, NWVBL 1993, 361. 521 Gärtner, Tübingen 1994. 522 Becker, Köln 1997. 523 Fett, Berlin 2000. 524 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261. 525 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507. 526 Wiesel, ZBB 2002, 288. 527 U. J. Bohn, Tübingen 2005. 528 Staats, München 2005. 529 Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342. 530 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507. 531 Becker, DÖV 1998, 97 (101); vgl. auch Koenig, WM 1995, 821 (827); Siekmann, NWVBL 1993, 361. 532 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (268). 533 Vgl. Becker, DÖV 1998, 97 (99 ff.). 534 Vgl. U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 174 ff. 519

E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung

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Dabei wirken eine Menge von theoretischen und tatsächlichen Faktoren zusammen. Aufgrund der schlechten Finanzlage, um den öffentlichen Bedarf weiterhin decken und die Wirtschaftlichkeit der vormals überwiegend staatlich beherrschten Wirtschaftszweigen erhöhen zu können, hat sich der Staat in der Vergangenheit immer stärker der privatwirtschaftlichen Finanzierung und der Beteiligung von Privatinvestoren bedient535. Davon ausgehend hat die Privatisierung öffentlicher Aufgaben in der Rechtswirklichkeit neue „Konturen gewonnen“536. Vor allem im Bereich des Bankwesens ist die allgemeine Tendenz zur Allfinanzkonzernbildung und Optimierung der Eigenkapitalausstattung zur Schaffung von leistungsfähigen und rentablen Kreditinstituten seit Jahren weltweit sichtbar537. Inzwischen ist außerdem die sich stark auswirkende Brüsseler Verständigung vom Juli 2001 über die Abschaffung der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslast zu beachten538. Angesichts des erheblichen wirtschaftlichen Drucks und der ganz neuen Entwicklung am Markt sind innovative Umstrukturierungen der wirtschaftlich tätigen Anstalten des öffentlichen Rechts von Nöten. Bei diesem „Assimilationsprozess“ der Anstalt des öffentlichen Rechts spielen das Prinzip der organisatorischen Wahlfreiheit539 und die Offenheit des Anstaltsbegriffs540 eine wichtige Rolle. Dadurch haben die zuständigen Entscheidungsträger bzw. der Gesetzgeber einen sehr weiten und freien Gestaltungsspielraum. Zwar gibt es einige nicht explizit normierte anstaltliche Regelungen, die sich aus dem Anstaltswesen herleiten541; diese spielen allerdings nur eine ergänzende Rolle und können nicht verhindern, dass der Gesetzgeber davon abweichende Organisationsformen schafft542. In diesem Zusammenhang ist auch die folgende Einschätzung von H. Siekmann zu sehen: „Hier ist die Entwicklung noch völlig offen, und es ist nicht abzusehen, wo sie letztlich enden wird“543. Nachfolgend sollen einige in der Rechtspraxis durchgeführte Modelle vorgestellt werden, die den Strukturwandel der Anstalt des öffentlichen Rechts aus verschiedenen Perspektiven illustrieren.

535 Vgl. Schmidt, ZGR 1996, 345 (348); Mayen, DÖV 2001, 110; Siekmann, NWVBL 1993, 361 (364); Schuster, in: FS von Bezzenberger, 2000, S. 757. 536 Vgl. Mayen, DÖV 2001, 110. 537 Vgl. Siekmann, NWVBL 1993, 361 (364); Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 110; Koenig, WM 1995, 821 (827). 538 Vgl. U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 175; Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342; Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1886). 539 Vgl. zusammenfassend zur Formenwahlfreiheit der Verwaltung Erbguth/Stollmann, DÖV 1993, 798 ff. 540 Vgl. Becker, DÖV 1998, 97 (99); Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (270). 541 Siekmann, NWVBL 1993, 361 (366). 542 Becker, DÖV 1998, 97 (99). 543 Siekmann, NWVBL 1993, 361; dazu auch Becker, DÖV 1998, 97 (102).

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

2. Das Holdingmodell und das Beleihungsmodell a) Das Holdingmodell (das Berliner Modell) Eine über die gängigen, relativ einfachen Umstrukturierungen der Anstalten des öffentlichen Rechts, wie z. B. die Verflechtung von Anstalten des öffentlichen Rechts untereinander oder die übliche Beteiligung stiller Gesellschafter, hinausgehende Neustrukturierung wurde mit der Installierung einer Holdingstruktur im Zuge einer Neuordnung der öffentlichen Banken Berlins vorgenommen. Der Kerninhalt dieses aus dem so genannten DSL-Bank-Modell544 entwickelten „Berliner Banken-Modells“, dessen Hauptziel in der „Schaffung eines [wettbewerbsfähigen], unter dem Einfluss des Landes Berlin [als Anstaltsträger] stehenden Bankkonzerns“545 lag, ist der folgende: Erstens die stille Beteiligung der Bankgesellschaft Berlin AG („BBG“) als neuer Holdinggesellschaft mit mitunternehmerischen Rechten an der Landesbank Berlin Girozentrale („die Landesbank“), die als Anstalt des öffentlichen Rechts die Berliner Sparkasse und die Berliner Bank als unselbständige Abteilungen führte, insbesondere aus steuerlichen Gründen („atypische stille Beteiligung“)546. Zweitens die „Übertragung der Einlage des Landes [Berlin] bei der Landesbank auf die [BBG] und der Abschluss eines Vertrags ,über eine stille Gesellschaft und zur Begründung einer einheitlichen LeitungÐ [(,StGVÐ)] zwischen [BBG] und Landesbank“547, und schließlich die Konzernbildung unter dem Dach der BBG548. „Erstmals in der [deutschen] Konzerngeschichte wurde damit eine Anstalt öffentlichen Rechts [– die Landesbank – als abhängiges Konzernunternehmen] den Weisungen einer juristischen Person des Privatrechts unterworfen“549. Der Verfahrensgang ist im Einzelnen wie folgt darzustellen: Als vorbereitende Maßnahmen des Neustrukturierungsplans550 wurde die Berliner Pfandbrief-Bank zunächst in die Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank AG umgewandelt551 und die bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben das Land Berlin unterstützende Investitions544

Hierzu ausführlich O. Schmidt, Das DSL-Bank-Modell, S. 37 ff. Bezzenberger/Schuster, ZGR 1996, 481 (485 f.). 546 Bezzenberger/Schuster, ZGR 1996, 481 (490). 547 Raiser, ZGR 1996, 458 (466 f.). 548 Vgl. Raiser, ZGR 1996, 458 (466 f.); Bezzenberger/Schuster, ZGR 1996, 481 (485 ff.); Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, S. 23; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 182 f. 549 Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, S. 23. 550 Zu dem Beschluss des Berliner Senats hinsichtlich einer Mehrheitsbeteiligung an der BBG, der Landesbank/Girozentrale, der Wohnungsbau-Kreditanstalt und der Berliner Pfandbrief-Bank von 1992, die vom Land Berlin getragen wurden siehe Bezzenberger/Schuster, ZGR 1996, 481 (484). Zum Beschluss des Senats von Berlin vgl. auch Drucks. 12/2096, Abgeordnetenhaus von Berlin, A. Begründung, a) Allgemeines. 551 Gesetz über die Umwandlung der Berliner-Pfandbrief-Bank in eine Aktiengesellschaft vom 17. September 1992, GVBl. Bln., S. 282. 545

E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung

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bank Berlin gegründet. Diese Investitionsbank ist zwar organisatorisch und wirtschaftlich eigenständig, aber juristisch eine nicht rechtsfähige öffentlich-rechtliche Anstalt.552. Sodann wurde mit einer Gesetzesnovellierung statuiert, dass auch private Beteiligungen als stille Gesellschafter (mit mitunternehmerischen Rechten) zum Grundkapital der Landesbank Berlin beitragen dürfen553. Das Hauptziel wurde folgendermaßen erreicht554 : Nach einer Ausgliederung des operativen Geschäfts in eine Tochtergesellschaft, änderte die vormalige Berliner Bank AG ihren Namen in BBG und diente als an der Börse notierte Holdinggesellschaft für die neue Bankengruppe. In diese brachte das Land Berlin eine stille Beteiligung an der Landesbank und seine Beteiligung an der Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank AG ein. Zeitgleich einigten sich die BBG und die Landesbank in einem StGV. Wichtig in diesem Vertrag ist vor allem das Weisungsrecht der BBG gegenüber der Landesbank. Da die Landesbank eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist, musste das Weisungsrecht entsprechend angepasst werden. Danach kann eine Weisung nur dann ergehen, wenn die einstimmige Zustimmung eines Aufsichtsratsausschusses, in dem das Land Berlin die Mehrheit hat, vorliegt. Hinzu kommt ein Interessenwahrungsvertrag zwischen der BBG und dem Land Berlin, in dem vereinbart wurde, dass die BBG hinsichtlich der Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder der Landesbank ein Vorschlagsrecht hat. So wird zusätzlich eine „faktische Konzernbildung“ angestrebt. Anfang 1994 nahm der so ausgestaltete Bankenkonzern seine Geschäftstätigkeit auf. Allerdings ist zu beachten, dass das Landesarbeitsgericht Berlin mit Beschluss vom 27. 10. 1995 das Bestehen eines Konzernverhältnisses zwischen BBG und Landesbank abgelehnt hat555. Unter dem Einfluss der Brüsseler Verständigung ist die Landesbank mit Wirksamwerden des neuen Berliner Sparkassengesetzes zum 1. Januar 2006 in die Form einer AG – Landesbank Berlin AG – umgestaltet worden (§ 10 BerSpkG)556. Anschließend wird diese Landesbank Berlin AG mit der Trägerschaft an der Berliner Sparkasse beliehen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BerSpkG), die gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BerSpkG zu einer teilrechtsfähigen Anstalt wird. Mit diesem „neuen Berliner Modell“557 bzw. dem Berliner Landesbank-Beleihungsmodell ist die Konzernstruktur unter dem Dach der BBG aufgelöst worden. 552 Gesetz über die Errichtung der Investitionsbank Berlin vom 25. November 1992, GVBl. Bln., S. 345; Bezzenberger/Schuster, ZGR 1996, 481 (486). 553 Bezzenberger/Schuster, ZGR 1996, 481 (486); Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Landesbank Berlin – Girozentrale – vom 25. November 1992, GVBl. Bln., S. 346. 554 Schuster, in: FS von Bezzenberger, 2000, S. 757, 758 f. 555 Vgl. LAG Berlin AG 1996, 140; zur Zusammenfassung der wesentlichen Entscheidungsgründe, siehe Schuster, in: FS von Bezzenberger, 2000, S. 757, 759 f. 556 Gesetz über die Berliner Sparkasse und die Umwandlung der Landesbank Berlin – Girozentrale – in eine Aktiengesellschaft (Berliner Sparkassengesetz – SpkG) vom 28. 04. 2005, hier als BerSpkG bezeichnet, GVBl. Bln., 346. Vgl. auch Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342 (349). 557 Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342 (349).

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

Andererseits wurde im Jahre 1999 die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB)558, die für die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung Berlins zuständig sind und die als rechtsfähige öffentlich-rechtliche Anstalt unter alleiniger Trägerschaft des Landes stehen559, vollzogen560. Zwar liegt auch der Teilprivatisierung der BWB die Grundstruktur des Holding-Modells wie beim als Vorbild dienenden Landesbank-Fall zugrunde, wie z. B. die Existenz der Beteiligung atypisch stiller Gesellschafter, eines Leitungs- bzw. Beherrschungsvertrags zur Erteilung der Weisungen und eines Interessenwahrungsvertrags u. a. zur Einflussnahme auf die personelle Zusammensetzung des Aufsichtsrates, der wiederum von dem Anstaltsträger bestellt wird561. Aber in bedeutsamen Einzelheiten unterscheidet sich der BWBFall vom Landesbank-Fall insbesondere dadurch, dass im BWB-Fall den privaten Investoren deutlich mehr Mitspracherechte bei der Führung der Anstalt eingeräumt wurden562. Aufgrund eines stillen Gesellschaftsvertrags zwischen der Holding und den BWB steht der Holding ein Zustimmungsrecht hinsichtlich Maßnahmen der Kapitalbeschaffung der BWB (inklusive der Aufnahme zusätzlicher stiller Gesellschafter) zu563. Außerdem kann der Privatinvestor aufgrund der konsortialvertraglichen Absprachen im Vorstand der Holding, der für die Weisungserteilung gegenüber den BWB zuständig ist, im Konfliktfall sein eigenes Interesse verfolgen564. D. h. trotz der Zwischenschaltung des Aufsichtsratsausschusses der Holding („Weisungsausschuss“) zur Zustimmung der Weisungserteilung, in dem die vom Land Berlin entsandten Mitglieder die Mehrheit bilden, kann die Holding ohne die Mitwirkung des Privatinvestors ihr Weisungsrecht gegenüber den BWB nicht geltend machen565. Diese neue Konstruktion ist im Rahmen eines von der Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus beantragten abstrakten Normenkontrollverfahrens durch das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs vom 21. 10. 1999 akzeptiert worden566. Zusammenfassend ist in dem Holdingmodell – Berliner Modell – die Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts beibehalten und formal gesehen die monistische Trägerstruktur der typischen Anstalt des öffentlichen Rechts nicht angetastet worden567. Aber der Weg der Pluralisierung der anstaltlichen Trägerschaft bzw. die Zu-

558

Art. II des Gesetzes zur Änderung des Berliner Betriebegesetzes, zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe und zur Änderung des Berliner Wassergesetzes vom 17. 5. 1999 (BerlTPrG), GVBl. Bln., S. 183. 559 Hecker, VerwArch 92 (2001), 262. 560 Zur Teilprivatisierung der BWB ausführlich Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 ff. 561 Vgl. Wolfers, NVwZ 2000, 765. 562 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (262). 563 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (266). 564 Dagegen hat das Land im Aufsichtsrat der Holding eine stärkere Position, siehe Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (267 und 276 f.). 565 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (266 und 277). 566 VerfGH Bln., Urteil vom 21.10.1999 – 42/99 –. NVwZ 2000, 794; DVBl. 2000, 51. 567 Vgl. Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (269 f.); Wolfers, NVwZ 2000, 765.

E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung

103

lassung eines Privatrechtssubjekts als Anstaltsträger wurde hier eingeleitet, indem die Holding im Rahmen der Kapitalisierung der Anstalt immer weiter hervortrat568. b) Das Beleihungsmodell Wie das soeben skizzierte neue Berliner Modell zeigt, ist das Beleihungsmodell eine bemerkenswerte Fortentwicklung des Holdingmodells bei der Beibehaltung öffentlicher Trägerschaft. Mit dem Beleihungsmodell beschreitet die Umstrukturierungspraxis der Anstalten des öffentlichen Rechts insofern Neuland, als hier einem Privatrechtssubjekt die Trägerschaft der Anstalten gewährt wird569. D. h. „die Beleihung des Privaten mit der Anstaltsträgerschaft“ tritt hier selbst „an die Stelle der atypisch stillen Gesellschaft und des Leitungsvertrages“570. Allerdings ist die Beleihung keine unbekannte Ausnahme im System des deutschen Verwaltungsrechts, sondern ein schon früher allgemein akzeptiertes Instrument der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch hoheitliche Kompetenzübertragung auf Private571. Für die Zulässigkeit einer Beleihung muss diese gesetzlich oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen572 und ihr Gegenstand muss in der „Übertragung einzelner hoheitlicher Zuständigkeiten“ liegen573. Zudem ist es notwendig, dass Beliehene zumindest einer Rechtsaufsicht unterliegen574. Die Zulässigkeit der Beleihung einer juristischen Person des Privatrechts mit der Trägerschaft einer Anstalt des öffentlichen Rechts ist im Schrifttum nahezu unumstritten575. Als Beispielsfälle einer Beleihung mit der Trägerschaft der rechtsfähigen Anstalten werden u. a. das Bayerische Landesbank-Modell und das Westdeutsche Landesbank/Girozentrale-Modell im Schrifttum geschildert576. In Bayern wurde zunächst die Beibehaltung der öffentlich-rechtlichen Organisationsstruktur der Landesbank versucht. Aber durch das am 1. August 2002 in Kraft getretene neue Landesbankgesetz ist die Beleihung eines Privaten (eine Finanzhol568

Vgl. Vgl. Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (268 f.); U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 183; Wolfers, NVwZ 2000, 765. 569 Vgl. Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342 (350). 570 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (508). 571 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (508). 572 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23, Rn. 58; Britz, VerwArch 91 (2000), 418 (433); Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (509). 573 Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 2, 5. Auflage, § 104, Rn. 6; Britz, VerwArch 91 (2000), 418 (433); Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (509). 574 Britz, VerwArch 91 (2000), 418 (433 f.). 575 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (508 f.); Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342 (351); Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, S. 255 ff; Siekmann, NWVBL 1993, 361 (366). 576 Als Beispiel der Beleihung mit der Trägerschaft einer teilrechtsfähigen Anstalt wird der Fall der deutschen Börse AG mit dem Betrieb der Frankfurter Wertpapierbörse genannt. Dazu Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, S. 255 ff.; Schuster/ Sohns, ZBB 2006, 342 (351); Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (509).

104

1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

ding AG) mit der Anstaltsträgerschaft eingeführt worden577. Danach haben die beiden Anteilseigner (das Land Bayern und der Sparkassenverband Bayern) ihre Anteile am Grundkapital der Bayrischen Landesbank mittels der Sacheinlage über eine Reihe von Verträgen (Beleihungs-, Einbringungs- und Nachgründungsvertrag) auf die BayernLB Holding AG übertragen. So wurde diese zum einzigen Träger der Bayerischen Landesbank und Inhaberin sämtlicher Grundkapitalanteile.578. Als Ausgleich bekam das Land und der Sparkassenverband je die Hälfte der Aktien der BayernLB Holding AG, die nunmehr zwischen das Land Bayern und die Bayerische Landesbank gesetzt wurde579. Mit dieser Konstruktion bleibt die Bayerische Landesbank eine Anstalt des öffentlichen Rechts und kann allgemeine Bankgeschäfte nach wie vor mit den öffentlichen Aufgaben und Funktionen als Staatsbank sowie Sparkassenzentralbank kombinieren. Dabei wird die Transparenz erhöht und „die Vergleichbarkeit“ mit privaten Wettbewerbern vereinfacht580. Zudem ist es der Holding erlaubt, später ohne Rechtsformänderung der Landesbank zusätzliche Investoren zuzulassen und sich selbst mittels Aktientauschs ohne zu große Kapitalaufwendungen an anderen Kreditinstituten zu beteiligen.581. Für die Sparkasse hat diese Konstruktion die folgende Konsequenz: Trotz der Abkopplung der Sparkasse vom ihrem Träger soll sie weiterhin öffentlich-rechtliche Anstalt bleiben und so auch das Regionalprinzip sowie der kreditaufsichtsrechtliche Bezeichnungsschutz „Sparkasse“ fortdauern. Auf diesem Weg wird auch den Bedenken der EG-Kommission begegnet, der Landesbank würde durch die Anstaltslast eine wettbewerbsrechtlich verbotene Beihilfe gewährt582. Parallel hat Nordrhein-Westfalen im Zuge einer Neustrukturierung der Westdeutschen Landesbank Girozentrale (WestLB) ein Aufspaltungsmodell und ein Beleihungsmodell präsentiert583. Am 1. August 2002 fand die Aufspaltung der WestLB in zwei getrennte und rechtlich selbständige Banken statt: die Landesbank Nordrhein-Westfalen als Anstalt des öffentlichen Rechts (die Landesbank NRW) und

577 Vgl. den Gesetzentwurf der bayerischen Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der bayerischen Landesbank Girozentrale vom 18. 12. 2001, LT-Drucks. 14/ 8442; Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (508). 578 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 74 f. 579 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 75; Beuthien, WM 2004, 1467 (1472). 580 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 75. 581 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 75; Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (508). 582 Beuthien, WM 2004, 1467 (1472). 583 Vgl. Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (508); Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1889); Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 76 ff.; Wiesel, ZBB 2002, 288 (292 f. und 298).

E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung

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die WestLB AG584. Die bisherigen Anteile der Gewährträger an der WestLB wurden auf die Landesbank NRW übertragen585. Die Landesbank NRW (Muttergesellschaft) war zu 100 % an der WestLB AG (Tochtergesellschaft) beteiligt. Bezüglich ihrer künftigen Aufgabenbereiche ist eine klare Trennung zwischen öffentlich-rechtlicher Funktion und Geschäftsbank im Wettbewerb vorgesehen586. Danach erfüllt die Landesbank NRW die zuvor bestehenden öffentlichen Aufgaben der WestLB. Dagegen wurde der WestLB AG das mit den Aufgaben der privaten Banken konkurrierende Universalbankgeschäft einschließlich der Landesbankenbeteiligungen und der Sparkassenzentralbankfunktion zugewiesen587. Bei diesen Beteiligungen wird das Beleihungsmodell bedeutsam588 : Die WestLB AG übernimmt Beteiligungen der WestLB an öffentlich-rechtlichen Anstalten oder selbst die Trägerschaft589. Zur Fortführung dieser Beteiligungen wurde es notwendig, diese für jedes Finanzdienstleistungsinstitut mit der Anstaltsträgerschaft zu beleihen590. So wird durch das Modell der Beleihung die Problematik überwunden, dass eine Trägerschaft von Anstalten des öffentlichen Rechts durch Private eigentlich unzulässig erscheint591. Dabei bietet die Beleihung des Privaten mit der Anstaltsträgerschaft, die zur Verdoppelung des Verselbständigungsgrads der Anstalt führen kann592, der öffentlichen Hand die geeignete Möglichkeit, ohne Rechtsformänderung in eine öffentlich-rechtliche Anstalt Private umfänglich einzubeziehen593.

584

Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 76; vgl. das Gesetz zur Errichtung der Landesbank Nordrhein-Westfalen und zur Umwandlung der Westdeutschen Landesbank Girozentrale (ErrichtungG LB NRW/UmwandlungsG WestLB) vom 2. Juli 2002 (GVBl. S. 284). 585 Zu einzelnen Anteilen siehe Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 77 mit Fn. 247. 586 Zu Schwierigkeiten der klaren Trennung im Einzelfall, siehe Witte/Rafiqpoor, WM 2003, 1885 (1889); Wiesel, ZBB 2002, 288 (298); Kemmler, DVBl. 2003, 100 (107). 587 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 76; Wiesel, ZBB 2002, 288 (292). 588 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (508). 589 An der Westfälischen Provinzial-Feuersozietät, an der Landesbank Schleswig-Holstein (39,9 % des Stammkapitals), der Landesbank Rheinland-Pfalz (37,5 % des Stammkapitals) und der Westdeutschen Immobilienbank (50 % des Stammkapitals). 590 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (508). 591 Schuster/Sohns, ZBB 2006, 342 (350). 592 Der Verselbständigungsgrad der Anstalt wird gleichsam verdoppelt, indem ein Privater zu der durch die Errichtung der rechtsfähigen Anstalt mit sich bringenden Verselbständigung als Anstaltsträger zwischengeschaltet wird. Dazu siehe Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (510). 593 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (514).

106

1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

II. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für den Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts Die soeben vorgestellten Umstrukturierungsversuche der Anstalten des öffentlichen Rechts und die dadurch gebildeten Modelle bilden die aktuelle Entwicklungstendenz bzw. den Strukturwandel der öffentlichen Anstalten gut ab. In verfassungsrechtlicher Hinsicht bedeutet das jedoch nicht, dass solche gesetzgeberischen Gestaltungsversuche schon per se demokratisch legitimiert und grenzenlos zulässig sind. Zur Beibehaltung der Rechtsform einer öffentlichen Anstalt müssen sie mit dem Demokratieprinzip vereinbar sein und die Gesetzgebungsvorschriften des Grundgesetzes einhalten. Nachfolgend soll diese Frage untersucht werden. 1. Der Strukturwandel der Anstalten und die Grenzen der Landesgesetzgebungskompetenz Die aktuelle Umstrukturierung der Anstalten des öffentlichen Rechts ist durch den Landesgesetzgeber insbesondere im öffentlichen Bankenbereich vorgenommen worden. Dazu hat der Landesgesetzgeber grundsätzlich ungehindert durch das ungeschriebene Anstaltsorganisationsrecht von seiner organisatorischen Gestaltungsfreiheit im vollen Umfang Gebrauch gemacht594. Tatsächlich gibt es im Verwaltungsorganisationsrecht, das grundsätzlich Sache der Länder ist595, keinen Typenzwang hinsichtlich einzelner Ausgestaltungsformen596. In diesen Rahmen kann der Landesgesetzgeber aufgrund struktureller Entscheidungen gesellschaftsrechtsähnliche Elemente unter Beibehaltung der Rechtsform einer öffentlichen Anstalt einführen oder eine derartige Organisationsform schaffen. Aber hier endet bereits die Ausnutzung organisatorischer Gestaltungsfreiheit durch die Bundesländer597. Nach Art. 74 Nr. 11 GG ist der Bund im Wege der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz sowohl für die Rechtsverhältnisse der privaten Kapitalgesellschaften als auch für die des Gesellschaftsrechts zuständig598. Da der Bund im Bereich des Gesellschaftsrechts von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, besteht an dieser Stelle kein Gestaltungsspielraum für die Länder mehr599. Gehört eine Regelung im Landesgesetz zum Bereich des Gesellschaftsrechts, verstößt diese somit gegen die verfassungsrechtliche Kompetenzord-

594

Vgl. Siekmann, NWVBL 1993, 361 (369). Eine Ausnahme stellen die Materien dar, für die das GG eine Bundesverwaltung vorsieht, z. B. Art. 86 f. GG; dazu siehe Becker, DÖV 1998, 97 (102). 596 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 192. 597 Vgl. Becker, DÖV 1998, 97 (102). 598 Vgl. Becker, DÖV 1998, 97 (102); U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 192; Siekmann, NWVBL 1993, 361 (369). 599 Becker, DÖV 1998, 97 (103); vgl. auch Siekmann, NWVBL 1993, 361 (369). 595

E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung

107

nung600. Für die Prüfung eines Eingriffs in die Bundeskompetenz zur Gesellschaftsrechtssetzung ist nicht die Bezeichnung oder die äußere Organisationsform maßgeblich, sondern der eigentliche, materielle Inhalt der jeweiligen Vorschrift601: „Käme es alleine auf die äußere Rechtsform an, läge darin ein Freibrief für die Länder, in beliebiger Zahl öffentlich-rechtlich eingekleidete Konkurrenztypen zu den durch den Bundesgesetzgeber abschließend normierten privatrechtlichen Gesellschaftsformen ins Leben zu rufen“602. In diesem Zusammenhang können nach Auffassung des Schrifttums die folgenden Fälle zur Kompetenzverletzung führen: 1. Wenn durch die Kapitalisierung letztlich eine Steuerung der Anstalt durch öffentlich-rechtliche Träger nicht mehr gewährleistet werden kann603. 2. Wenn im Ergebnis Private die Verwaltung der Anstalt inklusive der Steuerungsbefugnisse beherrschen604. 3. Wenn das Kapital und die Anteile, ebenso wie diejenigen der privatrechtlichen Gesellschaften, an einer öffentlichen Anstalt als wesentliches Element und Ausdruck für die Steuerungsmacht über die Anstalt fungiert605. 4. Wenn das Stammkapital gesetzlich so ausgestaltet ist, dass es aus handelbaren Anstaltsanteilen besteht und Dritte durch deren Kauf die Aufgabenerledigung der Anstalt übernehmen können, ohne gleichzeitig zum Aufgabenträger zu werden606. Zusammenfassend findet der Landesgesetzgeber mit der Organisationsfreiheit bei den Umstrukturierungen der Anstalten seine Grenze in der ausgeübten konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das private Gesellschaftsrecht. Wenn es sich dabei in Wahrheit um ein von Privatrechtssubjekten dominiertes Gebilde und damit um eine für die Kapitalgesellschaften typische Struktur handelt, ist ein organisationsrechtlicher Kompetenzverstoß nicht zu vermeiden. 2. Der Strukturwandel der Anstalten und das Demokratieprinzip a) Ausgangslage Zweifelsohne werfen die Umstrukturierungen der Anstalten des öffentlichen Rechts durch die Einbeziehung Privater die Frage nach der demokratischen Legitima600

Becker, DÖV 1998, 97 (103); U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 197. Becker, DÖV 1998, 97 (103); vgl. auch Siekmann, NWVBL 1993, 361 (369); ebenso Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (271). 602 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (271). 603 U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 199. 604 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (272 und 289). 605 Becker, DÖV 1998, 97 (104); Siekmann, NWVBL 1993, 361 (369). 606 Becker, DÖV 1998, 97 (104). Die weitgehende Organisationsgewalt der Länder bei öffentlich-rechtlichen Organisationsformen respektierend und damit im Ergebnis zurückhaltend Mayen, DÖV 2001, 110 (118 f.). 601

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

tion insbesondere nach den Grundsätzen der klassischen Demokratiekonzeption auf. In der Tat ist angesichts innovativer Verwaltungsorganisationsgestaltung in den letzten Jahren zu beobachten, dass „die Bedeutung des Demokratieprinzips für die Organisation der öffentlichen Verwaltung“ als aktuelles Thema mit praktischer Relevanz im deutschen öffentlichen Recht wieder stärker diskutiert wird607. In diesem Rahmen wird das herkömmliche Demokratiekonzept unter unterschiedlichen Aspekten kritisiert und neu durchdacht608. Inwiefern die zuletzt entwickelten Alternativen verfassungsrechtlich akzeptabel sind, scheint jedoch noch weitgehend offen zu sein609. In diesem Zusammenhang hat Britz zu Recht formuliert: „Für die Kooperation des Staates mit Privaten in Form von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen scheinen dogmatische Leitgedanken, die das Demokratieprinzip ausfüllen könnten, nicht hinreichend entwickelt“610. Andererseits wird zur „demokratiestaatliche[n] Beurteilung teilprivatisierter Anstalten“ gefordert, „d[ie] tatsächlich[e] Einflussverteilung zwischen dem öffentlichen Anstaltsträger und dem privaten Quasi-Kapitaleigner“ und die konkrete Konstruktion des beliehenen Anstaltsträgers von Fall zu Fall eingehend zu analysieren611. Angesichts dieser gewissen rechtsdogmatischen Unsicherheit und der unterschiedlichen tatsächlichen Rechtskonstruktionen erscheint es im Rahmen dieser Untersuchung als sinnvoll, die von Rechtsprechung und Wissenschaft im deutschen öffentlichen Recht herausgebildeten Grundgedanken der klassischen Demokratiekonzeption und deren Modifikationen im Zusammenhang mit dem Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts im Folgenden zusammenfassend darzustellen. b) Die klassische Demokratiekonzeption und deren Modifikationen Das in Art. 20 Abs. 2 GG verankerte Demokratieprinzip, das auf der Grundidee der Volkssouveränität beruht und sie weiter ausformt612, fordert für jede „Ausübung staatlicher Befugnisse“ eine Legitimation, die unmittelbar oder mittelbar auf den Willen des Volkes zurückführt (sog. „ununterbrochene demokratische Legitimationskette“)613. Dem Gebot demokratischer Legitimation unterliegen somit sowohl die Ausübung hoheitlicher Befugnisse als auch „alles amtliche Handeln der staatlichen Or607

Möllers, VerwArch 90 (1999), 187 (188 f.). Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (508). 609 Möllers, VerwArch 90 (1999), 187 (189). 610 Britz, VerwArch 91 (2000), 418 (421). 611 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (290). 612 Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 1 und 8. 613 Grundlegend Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 11; vgl. BVerfGE 47, 253 (275); 93, 37 (67); Wolfers, NVwZ 2000, 765. Die wichtigsten Bausteine dieser Legitimationskette sind die personelle und die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimationsform. Diese Legitimationsformen werden unter B. II. 2. a) des zweiten Teils behandelt. 608

E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung

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gane bzw. Funktionsträger mit Entscheidungscharakter“614, „auch wenn es sich nur im schlicht-hoheitlichen Bereich bewegt“615. Der Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird in erster Linie über die Parlamentswahlen und über die Parlamentsgesetze als Vorgabe für die Exekutive sowie einerseits die Kontrolle der Regierung durch das Parlament und andererseits deren Weisungsrechte gegenüber der Verwaltung vermittelt616. Im Gegensatz zur hierarchischen Verwaltungsorganisation617 passen Demokratie und Private hinsichtlich dieses Zurechnungszusammenhangs grundsätzlich nicht zusammen. Die Beteiligung außerhalb der Verwaltungshierarchie stehender Privater618 „kann […] den über Weisungsund Kontrollstränge vermittelten Legitimationszusammenhang unterbrechen“619. Daher wäre es im Grundsatz unzulässig, Privaten „die maßgebliche Entscheidungsgewalt über die Erledigung öffentlicher Aufgaben durch Verwaltungsträger“ einzuräumen620. Diese weitreichenden klassischen Legitimationsformen, die sich am „Merkmal der Singularität des Legitimationssubjekts ,VolkГ621 und dem „Idealtypus der hierarchischen Ministerialverwaltung orientier[en]“622, werden insbesondere unter den drei folgenden Aspekten in Frage gestellt623 : Zunächst aus der Perspektive der „funktionalen Selbstverwaltung“ mit dem Stichwort der „autonomen Legitimation“624, weiter unter dem Gesichtspunkt der „Legitimationswirkung effektiver Aufgabenwahrnehmung“ in dem Sinne, dass die Effizienz dadurch zunimmt, dass Private beteiligt werden und sich hieraus eine „Kompensation genuin demokratischer Legitimation“ ergäbe625 und zuletzt aufgrund der Differenzierung des „Begriff[s] der Staatsgewalt als Legitimationsobjekt“ zur Zulassung „unter-

614

BVerfGE 83, 60 (73). Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 13. 616 BVerfGE 83, 60 (71 f.); 93, 37 (66). 617 Zum Hierarchiegebot siehe Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 337 ff.; BVerfGE 93, 37 (67 ff.). 618 Britz, VerwArch 91 (2000), 418 (422); Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (510). 619 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (510). Zudem wird als „ein weiterer Aspekt“ die „Gleichheit aller Bürger bei der Einflussnahme auf die Ausübung von Staatsgewalt“ bzw. „die egalitäre Gleichheit der Mitgestaltungschance“ angesehen, siehe Mehde, VerwArch 91 (2000), 540 (549 f.) und Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (335 f.). 620 BVerfGE 83, 60; 93, 37. 621 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (511). 622 Möllers, VerwArch 90 (1999), 187 (189). 623 Im Überblick Möllers, VerwArch 90 (1999), 187 (189); Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (511). 624 Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 373 ff. 625 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (511); Möllers, VerwArch 90 (1999), 187 (189); Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (280 f.). 615

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1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

schiedliche[r] Intensitätsgrade demokratischer Legitimation“ – „je nach Qualität und Inhalt des Staatshandelns“626. In diesem Zusammenhang sind auch die folgenden Überlegungen Tettingers und Schmidt-Aßmanns zu beachten: Tettinger hat staatliches Handeln nach unterschiedlichen Bewertungsmaßstäben kategorisiert und die unterschiedlichen Stufen – hoheitlich – „obrigkeitliches“, schlichthoheitliches, verwaltungsprivatrechtliches (Daseinvorsorge), fiskalisches und erwerbswirtschaftliches Handeln – mit unterschiedlichen Legitimationsanforderungen verknüpft627. Ähnlich hat sich Schmidt-Aßmann mit Blick auf die Wirksamkeit der Legitimation geäußert628 : „Das Demokratieprinzip fordert nicht eine Maximierung möglicher Einflüsse vom Träger der Staatsgewalt auf die ausübenden Organe. Das Wirksamkeitsgebot stellt auf einer gewissen Bandbreite ein Entsprechungsverhältnis zwischen Entscheidungsgehalt und Entscheidungsintensität einerseits und Legitimationsanforderungen andererseits nach einer ,jedesto-FormelÐ auf“. Für weitere Abklärungen müsste an sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entscheidend sein. Zwar hatte sich das Bundesverfassungsgericht mehrfach mit der Frage der demokratischen Legitimation zu befassen und neigte bisher im Wesentlichen, wie bereits gezeigt, eher dem strengen Legitimationserfordernis zu629. Zur hier diskutierten Frage hat es sich jedoch bislang nicht unmittelbar geäußert und daher keine eindeutige Aussage getroffen630. In diesem Zusammenhang ist sein Beschluss631 vom 24. 5. 1995 zum schleswig-holsteinischen Personalvertretungsrecht insofern von großer Bedeutung, als dort „zumindest ansatzweise“ bestätigt wird, dass die „erforderliche Legitimationsdichte“ von den „Zielen“ abhängt, die hinter den „legitimationsmindernden Ausgestaltungen“ stehen632. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht zunächst die Vorgaben dafür entwickelt, wann die Mitbestimmung noch verfassungsgemäß ist und anschließend anhand dieses Maßstabes die berührten Positionen – einerseits „Allgemeinwohlorientierung des Amtsauftrags“, andererseits 626

Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (511). Tettinger, Mitbestimmung in der Sparkasse und verfassungsrechtliches Demokratiegebot, S. 31 ff.; vgl. Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, S. 121 ff.; Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (512). 628 Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (366 f.). 629 Vgl. Gärtner, Finanzielle Beteiligung Privater an Anstalten des öffentlichen Rechts, S. 64 ff.; U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 217 ff. 630 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (281 in Fn. 89): „[D]ie bisherige Demokratie-Judikatur des BVerfG [ist] ganz überwiegend zu Fällen des öffentlichen Personalvertretungsrechts, der Richterwahl sowie des Ausländerwahlrechts ergangen“. 631 Vgl. BVerfGE 93, 37 (68) = DVBl. 1995, S. 1291 ff. = NVwZ 1996, S. 574 ff. 632 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (279); d. h. dieser Judikatur „lässt sich […] der Grundsatz entnehmen, dass legitimationsmindernde Ausgestaltungen von Entscheidungsvorgängen im Bereich der Wahrnehmung von Staatsgewalt durch gegenläufige Ziele – etwa die Mitbestimmung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten – gerechtfertigt werden können“. – Siehe Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (512). 627

E. Die aktuelle rechtstatsächliche Entwicklung

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das „besonder[e] Interess[e] der Beschäftigten“ – abgewogen633. Das Gericht führt dazu aus: [Die verfassungsrechtlich zulässige Mitbestimmung] „ist unter Würdigung der Bedeutung der beteiligungspflichtigen Maßnahmen sowohl für die Arbeitssituation der Beschäftigten und deren Dienstverhältnis als auch für die Erfüllung des Amtsauftrages zu bestimmen: Die Mitbestimmung darf sich einerseits nur auf innerdienstliche Maßnahmen erstrecken und nur soweit gehen, als die spezifischen in dem Beschäftigungsverhältnis angelegten Interessen der Angehörigen der Dienststelle sie rechtfertigen (Schutzzweckgrenze). Andererseits verlangt das Demokratieprinzip für die Ausübung von Staatsgewalt bei Entscheidungen von Bedeutung für die Erfüllung des Amtauftrages jedenfalls, dass die Letztentscheidung eines dem Parlament verantwortlichen Verwaltungsträgers gesichert ist (Verantwortungsgrenze) […] Je weniger die zu treffende Entscheidung typischerweise die verantwortliche Wahrnehmung des Amtauftrags und je nachhaltiger sie die Interessen der Beschäftigten berührt, desto weiter kann die Beteiligung der Personalvertretung reichen“634.

Bemerkenswert ist im hier untersuchten Kontext, dass sich diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Berlin aus dem Jahre 1999 zum oben skizzierten Fall der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe ausgewirkt hat. Nach dem Demokratieprinzip bedarf insbesondere das Weisungsrecht des Vorstands der privatrechtlichen Holding gegenüber der Anstalt (§ 1 Abs. 2 BerlTPrG) einer Rückbindung an Regierung und Parlament. Dabei hat der Verfassungsgerichtshof Berlin den Weisungsausschuss beim Aufsichtsrat der Holding als ausreichendes Instrument zur Gewährleistung des Einflusses des Landes auf die Weisungserteilung bzw. zur erforderlichen personellen Legitimation hervorgehoben635 : Wenn im Rahmen der konkreten vertraglichen Ausgestaltung des Unternehmensvertrages sichergestellt sei, dass sowohl die Mehrheit der Ausschussmitglieder demokratisch legitimiert ist als auch „die konkrete Entscheidung von einer Mehrheit der so legitimierten Mitglieder getragen wird (,Prinzip der doppelten MehrheitÐ)“, verbleibe durch die Einrichtung des Weisungsausschusses das Letztentscheidungsrecht über die Erteilung von Weisungen in der Hand der die Aufsichtsratsmitglieder entsendenden Regierung und die Vorschrift sei mit der Verfassung vereinbar. Das Gericht hat außerdem das Merkmal der sachlich-inhaltlichen demokratischen Legitimationen u. a. unter Verweis auf eine in § 1 Abs. 2 Satz 3 BerlTPrG statuierte Bindung der Weisungserteilung an die Berücksichtigung der öffentlichen Aufgaben der BWB und unter Verweis auf eine in § 7 Satz 1 BerlTPrG vorgesehene Rechtsaufsicht der zuständigen Senatsverwaltung bejaht. Andererseits findet sich bislang keine Rechtsprechung der Verfassungsgerichte der Länder und des Bundesverfassungsgerichts zum oben geschilderten Beleihungsmodell. In der Literatur636 wird vor allem die Wichtigkeit der gesetzlichen Bestellung 633 634 635 636

U. J. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts, S. 219 f. BVerfGE DVBl. 1995, S. 1291 (1293). VerfGH Bln., DVBl. 2000, S. 51 ff. Vgl. Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (512 ff.).

112

1. Teil: Begriff, Stellung und Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten

des Beliehenen zur personellen demokratischen Legitimation und der gesetzliche „Errichtungsakt der Anstalt“ und „[d]ie Festsetzung des Anstaltszwecks, der Beleihung oder Beleihungsmöglichkeit sowie der wesentlichen inhaltlichen Direktiven der Anstaltstätigkeit“ zur sachlich-inhaltlichen demokratischen Legitimation betont. Durch diese gesetzlichen Vorgaben kann nicht nur die Anstalt selbst, sondern auch der beliehene Anstaltsträger gebunden werden. Dabei ist die Fachaufsicht für beide Legitimationsstränge von großer Bedeutung. c) Ergebnis Die bisherigen Umstrukturierungen der Anstalten des öffentlichen Rechts durch die Einbeziehung Privater sind trotz der relativ restriktiven Haltung der Gerichte im praktischen Ergebnis nicht verhindert worden und jeglicher Einfluss privater Personen ist auch nicht „a priori verboten“ worden637. Von zentraler Bedeutung ist hierfür, dass die Rechtsprechung zur Bedingung gemacht hat, dass „sich die Verwaltung in wichtigen Fragen der Aufgabendurchführung ein Letztentscheidungsrecht vorbehält“638. Wie die Ansätze zur Modifikation der klassischen Legitimationsformen zeigen, ist eine von der genauen Interessenabwägung ausgehende, möglicherweise abgestufte Ausgestaltung der demokratischen Legitimation „für die Feinsteuerung der Praxis“ umso mehr zu fordern, je innovativer sich die Gesetzgebungspraxis in diesem Bereich bewegt639.

637 638 639

Schuster, in: FS von Bezzenberger, 2000, S. 757, 763. Schuster, in: FS von Bezzenberger, 2000, S. 757, 763. Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (511).

Zweiter Teil

Die Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in der Bundesrepublik Deutschland A. Die Staatsaufsicht im Allgemeinen I. Kurze Einführung in die Staatsaufsichtslehre und in das Staatsaufsichtssystem 1. Ausgangsbefund und Begrenzung der Untersuchung Wenn heute oft diskutiert wird, ob der Staat sich wegen seiner Verschuldung bzw. wegen seiner begrenzten finanziellen Leistungsfähigkeit aus der Erfüllung von Aufgaben zurückziehen soll und gleichzeitig seine Erfüllungsverantwortung angemahnt wird1, erlebt, wie die Habilitationsschriften von Kahl („Die Staatsaufsicht“ 2000) und Pieper („Aufsicht – Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Strukturanalyse“ 2006) sowie eine Reihe weiterer Untersuchungen zeigen, das Problem der Staatsaufsicht in der juristischen Auseinandersetzung seit seiner letzten Blütezeit in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts nun wieder mehr Aufmerksamkeit2. Dennoch fällt es schwer, eine ausführliche Darstellung der Staatsaufsicht in den einschlägigen Staatsrechtslehrbüchern und Nachschlagewerken zu finden3. Wie Kahl bereits am Eingang seiner Arbeit pointiert bemerkt hat, bleibt es nach wie vor zweifelhaft, „ob […] überhaupt ein einheitliches Rechtsinstitut der Staatsaufsicht“ und ein „fester Grundbegriff“ der Staatsaufsicht existiert4. In der Tat ist es ein weites Gebiet, die Begrifflichkeit variiert hier stark5 und die die Staatsaufsicht betreffenden Vorschriften sind in der Praxis oft nicht ausreichend6. Zudem ist die Staatsaufsicht, deren geschichtliche Betrachtung fünf Jahrhunderte durchmessen kann7, 1

S. U. Pieper, Aufsicht, im Vorwort. S. U. Pieper, Aufsicht, im Vorwort; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 3 ff. 3 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 5 f. 4 Kahl, Die Staatsaufsicht, mit Zitaten von Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (268) auf S. 8 und von Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 3 auf S. 12. 5 Vgl. bereits L. v. Stein, Handbuch der Verwaltungslehre, 1. Aufl., S. 31. 6 Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 57; S. U. Pieper, Aufsicht, im Vorwort. 7 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 35 und 37 – 330. 2

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

„ein spezifisch deutsches Rechtsinstitut“8. Nichts anderes kann für den Bereich der Staatsaufsicht über rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts bzw. den Bereich der Anstaltsaufsicht gelten9. Angesichts dieses Ausgangsbefunds, der auf die Schwierigkeiten bei der Vornahme rechtsvergleichender Studien im Bereich der Anstaltsaufsicht hindeutet, sind der folgende methodische Einstieg und die Abgrenzungen für eine systematische Behandlung und für ein besseres Verständnis der vorliegenden Arbeit erforderlich: – Die historischen Aspekte der Staatsaufsicht werden unter Verweis auf die umfassende Untersuchung von Kahl10 hier nicht betrachtet. – Soweit es für die Staatsaufsicht über die wirtschaftslenkenden und wirtschaftlich tätigen Anstalten des öffentlichen Rechts erforderlich ist, sollen zunächst Begriff, Maßstab und Mittel der Staatsaufsicht im System der Staatsaufsicht dargestellt werden. In der Tat stehen sie alle miteinander im engen Zusammenhang und lassen sich daher nicht getrennt behandeln. Dieser erste Zugriff soll zum besseren Verständnis der weiteren Abschnitte der vorliegenden Arbeit beitragen. Ihnen liegt die Kommunalaufsicht beispielgebend zugrunde11. – Auf dieser allgemeinen Grundlage der Staatsaufsicht sollen die sachgebiets-spezifischen Untersuchungen bei der Deutschen Bundesbank, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und den Sparkassen unternommen werden. Dabei bleibt die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten außer Betracht, weil das hier im Vordergrund stehende Forschungsinteresse sich schwerpunktmäßig auf die wirtschaftslenkenden und wirtschaftlich tätigen Anstalten richtet und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Träger des Grundrechts auf Rundfunkfreiheit eine Sonderstellung im Bereich des Anstaltsrechts und der Anstaltsaufsicht besitzen. Wie schon aus einer Reihe von Doktorarbeiten12 erkennbar wird, sollen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und ihre Staatsaufsicht vielmehr gesondert untersucht werden. 8

Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (284). Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 54 f., hat bereits bemerkt, dass es an „einer einheitlichen Terminologie für den gesamten Kreis staatsaufsichtlicher Tätigkeit gegenüber den juristischen Personen des öffentlichen Rechts – mit Anstalts- bzw. Stiftungsaufsicht [– mangelt]“ und „eine gesonderte Betrachtung dieser Aufsichtsarten in der Verwaltungsrechts-Literatur nahezu völlig fehlt“. 10 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 37 – 330. 11 Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 57; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 34; Schröder, JuS 1986, 371 (373 f.); Andrick, JA 1987, 546 (548); Stern, Staatsrecht II, § 12 I 7 c, S. 404: „Die kommunale Selbstverwaltung ist maßstabbildend für andere Selbstverwaltungsbereiche geworden. Wo sich Lücken zeigen, werden ihre Grundsätze analog herangezogen“. 12 Z. B. Schmidt-Husson, Rundfunkfreiheit für die Deutsche Welle? (2006); Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (2003); Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (2001); Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten (1995). 9

A. Die Staatsaufsicht im Allgemeinen

115

2. Begriff, Abgrenzung, Maßstab und Mittel der (Staats-)Aufsicht Wie die Begriffe Bundesaufsicht nach Art. 84, 85 GG, Kommunalaufsicht, Aufsicht über das Schulwesen nach Art. 7 Abs. 1 GG, Finanzdienstleistungsaufsicht (Aufsicht über das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel), Bau- und Gewerbeaufsicht usw. zeigen, wird der Begriff der Aufsicht „objekt“und „sachgebietsbezogen“ in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Rechts verwendet13. Insbesondere im Hinblick auf den Begriff Staatsaufsicht wird im großen Umfang von „Staatsaufsicht in der Verwaltung“14 und „Staatsaufsicht in der Wirtschaft“15 gesprochen, wie z. B. beim zweiten Generalthema der Tagung der Deutschen Staatsrechtslehrervereinigung im Jahre 1965. Angesichts der uneinheitlichen Begriffsverwendung der (Staats-)Aufsicht sollen allgemeiner Begriff der Aufsicht und Abgrenzung von einigen Nachbarbegriffen sowie die Frage nach dem Objekt der Staatsaufsicht geschildert werden. Dabei sind der Grundbegriff der Anstaltsaufsicht und ihre Stellung im System der Staatsaufsicht abzuklären. a) Allgemeiner Begriff der Aufsicht Obwohl, wie gezeigt, mit dem Begriff der Aufsicht Verschiedenes bezeichnet wird, ist heute herrschende Meinung, dass er Triepel16 folgend „als Beobachtung und Beeinflussung des Aufsichtsunterworfenen“17 definiert wird, „um dessen Handlungen mit vorgegebenen Maßstäben in Übereinstimmung zu bringen oder zu halten“18. Der Beaufsichtigende „registriert“ „zunächst das Verhalten des Beaufsichtigten“ in sachlicher und zeitlicher Hinsicht und überprüft dann, ob dieses mit einem gewollten Zustand vereinbar ist19. Wenn die Prüfung negativ ausgefallen ist, findet eine Berichtigung statt. Diese ist „als Befugnis zum Einwirken auf das Aufsichtsobjekt mit dem Ziel, dessen Verhalten in Übereinstimmung zu setzen mit einem Aufsichtsmaßstab“, zu verstehen20. Im Rahmen dieser Berichtigungsfunktion, die der Aufsicht im13

Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 365; im Bereich des Privatrechts kommt der Begriff der Aufsicht im Zusammenhang mit der Haftung vor (z. B. Haftung des Aufsichtspflichtigen und des Tieraufsehers, gemäß §§ 832, 834 BGB). 14 Siehe Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 ff. 15 Siehe Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 ff. 16 Triepel, Die Reichsaufsicht, S. 111. 17 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 20. 18 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 21; Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (213); Schröder, JuS 1986, 371; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 353. 19 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 21; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 355. 20 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 354 f.

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

manent ist, muss der Beaufsichtigende das Verhalten des Aufsichtsunterworfenen in Einklang mit den maßgeblichen Normen bringen. Daher muss er die Kompetenz besitzen, „zu diesem Zweck […] gegebenenfalls auf den Beaufsichtigten korrigierend einzuwirken“21. Durch diese Berichtigungskompetenz hat das „Aufsichtssubjekt […] eine dem Aufsichtsobjekt übergeordnete Position“ inne22. b) Abgrenzung von Kontrolle, Leitung und Lenkung (1) Aufsicht, Kontrolle und Leitung Mit Kontrolle meint man im Allgemeinen einen „Soll-Ist-Vergleich“23. Der Begriff ist insofern dem der Aufsicht ähnlich, der ebenso geprägt ist durch die Aspekte „Beobachtung, Prüfung und etwaige Berichtigung des Verhaltens eines anderen unter dem Gesichtspunkt“, dessen Konformität mit einem bestimmten Richtmaß zu überprüfen24. Dennoch lassen sich die Begrifflichkeiten nicht beliebig25 austauschen26. Entscheidend ist, welche Beziehung zwischen Subjekt und Objekt der Aufsicht oder Kontrolle besteht, nämlich ob ein berichtigendes Element begrifflich vorausgesetzt wird oder nicht. Im Gegensatz zur Kontrolle „setzt“ „jedes Aufsichtsverhältnis“ „ein Herrschaftsverhältnis, verstanden als Über-/Unterordnungsverhältnis mit voller Verfügungsgewalt des Herrschers (Aufsichtssubjekt) über den Willen des Beherrschten (Aufsichtsobjekt) voraus“27. Bei der Kontrolle geht es um „eine Eigenverantwortung bzw. Verantwortlichkeit des Kontrollierten“, die von der Leitung abzugrenzen ist28. D.h. während der Aufsichtsbegriff eine Berichtigungsmöglichkeit einschließt29, setzt die Kontrolle nicht unbedingt ein „Korrekturelement“ voraus30. Andererseits bezeichnet der Begriff der „Leitung“ „die umfassende Befehls- und Herrschaftsgewalt einer exekutiven Stelle über andere Organe bzw. Organisationen öffentlicher Verwaltung“31. Auf diesem Weg ist „der Wille des Geleiteten“ (der nachgeordneten Behörden) „durch den Willen des Leiters“ (der höheren Behörden) zu er-

21

Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 354. Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 21. 23 Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 18. 24 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 415 und 421. 25 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 23. 26 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 415, Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, S. 23. 27 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 407 f.; Schröder, JuS 1986, 371. 28 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 357. 29 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 25. 30 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 25; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 421. 31 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 25. 22

A. Die Staatsaufsicht im Allgemeinen

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setzen32. Bei der Beaufsichtigung ist demgegenüber „stets ein Mindestmaß an Eigenständigkeit des Beaufsichtigten“ zu beachten – gleichwohl dieses „durch den Umfang des Aufsichtsrechts beschränkt“ ist33. Allerdings ist auch die Tatsache nicht zu verneinen, dass „Aufsicht in Gestalt einer umfassenden Fachaufsicht“ insofern zusätzliches „Mittel zur Verwirklichung von Leitungsmacht“ sein kann34, als anders als insbesondere bei der Rechtsaufsicht den nachgeordneten Behörden hier ganz geringe oder sogar keine Gestaltungsspielräume verbleiben35. Insgesamt ist die Leitung daher als weiterreichender Begriff anzusehen als die Aufsicht. Die Aufsicht liegt damit terminologisch zwischen Kontrolle und Leitung36. In der Rechtswirklichkeit hängt die Ausgestaltung bzw. die Intensität der (Staats-) Aufsicht vom gesetzgeberischen Willen ab37. Der Gesetzgeber kann die Anstaltsaufsicht je nach der Eigenart der betreffenden Anstalt unterschiedlich organisieren38. Ist eine Anstalt durch die Regelung umfassender Aufsichtsrechte absolut abhängig von ihrem Anstaltsträger, kann man in der Tat eher von einer Leitung anstatt einer Aufsicht und damit von einer als eine Anstalt „verkleidete“ Behörde sprechen39. (2) Aufsicht und Lenkung Die „Demarkationslinie zwischen Aufsicht und Lenkung“40 ist nicht immer klar. Eine Separation ist aber durch die Betrachtung ihrer zentralen Funktionen „grundsätzlich […] möglich“41. Auf der einen Seite „geht es um die vorgängig-offensive und generelle Setzung von Rechtmäßigkeits- oder Zweckmäßigkeitsmaßstäben“, d. h. es geht um eine „Zielformulierungsfunktion“; auf der anderen Seite handelt es sich um eine „Zielerreichungsfunktion“42. Das „Element der Berücksichtigung außerrechtlicher, sachlich32

Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 357. Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 38; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, 29 f.; Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, S. 13. 34 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 357 f.; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, S. 26; Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 38. 35 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 25 f. 36 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 26 unter Verweis auf Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 271 und Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 357. 37 Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 105. 38 Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 105. 39 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 89; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, S. 27. 40 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 360. 41 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 360. 42 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 358. 33

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

politischer Maßstabs- und Zielformulierung“ bildet das „Wesen“ der Lenkung43. Dem gegenüber ist „diese[r] dirigierend[e], maßstabsetzend[e] Charakter“ „bei der Aufsicht nur ausnahmsweise“ zu finden und der maßstabverwirklichende Charakter, der sich aus einer „nachgängig-defensiven und punktuellen Überprüfung der Verwirklichung präfixierter Maßstäbe und einer eventuellen Korrektur hierbei ermittelter Defizite“ ergibt, dominiert44. Insgesamt „steht“ insofern die Lenkung „qualitativ auf einer anderen Stufe als die […] Aufsicht“45. c) Begriff der Staatsaufsicht Der „Wortzusammensetzung ,StaatsaufsichtГ ist „eine klare Stellung in Bezug auf das Aufsichtssubjekt und auf den rechtlichen Ursprung des zwischen Aufsichtssubjekt und Aufsichtsobjekt bestehenden Subordinationsverhältnisses“ zu entnehmen46. Dennoch ist es schwierig, die Frage nach dem Objekt der Staatsaufsicht, genauer, ob die Aufsicht über Privatrechtssubjekte eine Staatsaufsicht ist, damit zu beantworten. Diesbezüglich gibt es verschiedene Positionen bei der Verwendung des Begriffs Staatsaufsicht. Der Begriff der Staatsaufsicht im weiten Sinne wird zum einen als Oberbegriff für die Aufsicht über Verwaltungsträger und private Wirtschaftssubjekte verstanden47, zum anderen wird er nur „als Sammelbegriff für alle Aufsichtsvorgänge innerhalb des Staates verwendet“48. Der enge Staatsaufsichtsbegriff beinhaltet zum einen die Aufsicht über Verwaltungsträger, zum anderen die Aufsicht über verselbständigte Verwaltungseinheiten49. Zum Teil findet sich ein restriktiver Begriffsgebrauch, nach dem nur die Aufsicht über verselbständigte Verwaltungseinheiten, d. h. die „Staatsaufsicht im engeren Sinne“, als Staatsaufsicht zu bezeichnen ist50. 43

Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 360. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 358 und 360. 45 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 360. 46 Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 39. 47 Dieser Ansicht stimmte der Vorstand der Deutschen Staatsrechtslehrervereinigung im Jahre 1965 zu, dazu Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 ff.; Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 ff. 48 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 362 ff., insbesondere S. 364: „Der Begriff der Staatsaufsicht im weiten Sinne sollte nur noch als Sammelbegriff für alle Aufsichtsvorgänge innerhalb des Staates im weiten Sinne verwendet werden“. „Die Staatsaufsicht im weiten Sinne bildet zusammen mit der Wirtschaftaufsicht die zwei tragenden Säulen der Aufsicht. Damit ist zugleich gesagt: Wirtschaftaufsicht ist keine Staatsaufsicht“. 49 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 363 und 365; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 29 f. 50 Schröder, JuS 1986, 371 (372); Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (207); insbesondere Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 365: „Der Begriff der Staatsaufsicht als Rechtsbegriff sollte – so auch fortan in dieser Arbeit – ausschließlich in einem engen Sinne benutzt werden. Er steht synonym für die Bezeichnungen Körperschaftsaufsicht, Verbandsaufsicht bzw. Verwaltungsaufsicht, also die Aufsicht über verselbständigte Verwaltungseinheiten. Nur durch einen re44

A. Die Staatsaufsicht im Allgemeinen

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Die restriktive Ansicht erscheint hinsichtlich der Objekt- und Sachgebietsbezogenheit des Aufsichtsbegriffs, der Anerkennung „der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft“ sowie des Hauptzwecks der Wirtschaftsaufsicht als individualschutzbezogener Gefahrenabwehr folgerichtig51. Allerdings ist in diesen weit oder eng verstandenen Begriffen der Staatsaufsicht entscheidend und unbestritten, dass die staatliche Aufsicht über die Träger mittelbarer Staatsverwaltung, insbesondere die Aufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts, die in dieser Arbeit behandelt werden, als Staatsaufsicht gilt. Zu dem Verhältnis zwischen der Staatsaufsicht und der Wirtschaftsaufsicht ist noch erwähnenswert, dass Grenzen der beiden Bereiche wegen des Phänomens der Annäherung der Wirtschaftsaufsicht an die Staatsaufsicht, ihrer „nicht wenige[n] Überschneidungen und wechselseitige[n] Durchdringungen“ und „formelle[r] Privatisierungsvorgänge“ nicht immer „[klar] zu ziehen“ sind52 : Zum einen werden die im öffentlichen Interesse liegenden funktionalen Aspekte, wie z. B. die Sicherung der Funktionsfähigkeit bestimmter gesamtwirtschaftlich besonders bedeutender Branchen wie der Eisenbahn, der Telekommunikation und der Banken, neben dem Schutz des Einzelnen in der Wirtschaftsaufsicht immer wichtiger. Zum anderen sind öffentliche Unternehmen regelmäßig nicht nur einer Staatsaufsicht, sondern, zumeist aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit mit der privaten Konkurrenz, zusätzlich einer Wirtschaftsaufsicht unterworfen (System der Doppel- bzw. Mehrfachaufsicht)53. Außerdem wird bei der Wahl privatrechtlicher Organisationsformen nach dem Grundsatz der Wahlfreiheit der öffentlichen Hand die Frage gestellt, um welche Aufsicht es sich handelt, wie z. B. bei der Luftverkehrsverwaltung (Art. 87d GG) und der dort als Beliehenen eingesetzten Deutschen Flugsicherung GmbH. In diesem Zusammenhang hat Kahl zutreffend und pointiert ausgeführt, die Wirtschaftsaufsicht sei im Grundsatz „Freiheitskorrelat, die Staatsaufsicht, bei welcher der [Freiheitsbezug] natürlicher Personen zwar auch präsent, jedoch schwächer ausgeprägt ist, auch Einheitskorrelat“54. „Ausschlaggebender Trennungsfaktor“ in einzelnen „Zweifelsfällen [sei] die Zurechnung des Beaufsichtigten zum Staat oder zum privaten Sektor“, „die Rechtsnatur der wahrgenommenen Aufgaben“ sowie „die materielle Betrachtungsweise“55. .

striktiven Begriffsgebrauch dieser Art kann der Terminus Staatsaufsicht vor Konturenlosigkeit bewahrt und seine Eigenschaft als Rechtsbegriff überzeugend legitimiert werden“. 51 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 364 ff. 52 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 379 ff. u. a. mit Zitat von G. Brunner, Kontrolle in Deutschland, S. 170. 53 Dazu auch Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 261 f., der dieses System unter der „Aufsichtskonkurrenz“ behandelt. 54 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 377 m.w.N. 55 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 380 f.

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

Trotz der theoretischen und praktischen Trennungsmöglichkeiten der Staatsaufsicht von der Wirtschaftsaufsicht ist allerdings im Rahmen dieser Untersuchung, die sich auch für die Aufsicht über die wirtschaftlich tätigen Anstalten interessiert, nicht zu vermeiden, auf der Grundlage der restriktiven Staatsaufsicht zum Teil die wirtschaftsaufsichtsrechtlichen Gesichtspunkte zu behandeln, weil insbesondere die staatliche Aufsicht in diesem Bereich durch die Wirtschaftaufsicht komplettiert wird56. Andererseits vollzieht sich innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung die Organ- bzw. Behördenaufsicht57, die eine Form der grundsätzlich unbeschränkten Leitung darstellt58. d) Funktionen, Maßstab und Mittel der Staatsaufsicht (1) Funktionen der Staatsaufsicht An dieser Stelle, woran anschließend gleich Maßstab und Mittel der Staatsaufsicht zu schildern sind, muss zunächst auf einige wichtige Funktionen der Staatsaufsicht, d. h. die Rechtsbewahrungsfunktion, die Schutzfunktion und die Koordinationsfunktion, eingegangen werden. Denn die Behörden der Staatsaufsicht sind nur ermächtigt, ihre Aufsichtsmittel gegenüber den Selbstverwaltungsträgern einzusetzen und auch der Staatsaufsichtsmaßstab in diesem Zusammenhang ist von praktischer Bedeutung59. Dabei wird im Wesentlichen das System der Kommunalaufsicht insofern als Vorbild genommen, als es auf das der Anstaltsaufsicht Anwendung findet. In erster Linie, wie die vorhergehende Behandlung des allgemeinen Begriffs der (Staats-)Aufsicht, insbesondere der Beobachtungs- und Berichtigungsfunktion, bereits angedeutet hat, wird die „Rechtsbewahrungsfunktion“ der Staatsaufsicht60 bzw. „Kontrollbefugnis des Staates“61 seit Langem betont. Einige staatliche Aufgaben auf Selbstverwaltungsträger bzw. die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts zu übertragen, entlastet zwar die „staatsunmittelbare Aufgabenerfüllung“, bewirkt jedoch nicht zugleich „auch eine Entledigung jeglicher staatlicher Verantwortung in diesem Bereich“62.

56

Vgl. Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 127. Diese Aufsicht wird von den Anhängern der Staatsaufsicht im engeren Sinne zum Teil nicht der Staatsaufsicht zugerechnet. 58 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 396; vgl. Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 35. 59 Vgl. Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 74 bezüglich der Schutzfunktion. 60 Vgl. Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 266. 61 Vgl. Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 73. 62 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 73 f. 57

A. Die Staatsaufsicht im Allgemeinen

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Im Grundsatz ist der Staat dafür verantwortlich, dass staatlich geschaffene Anstalten sich an rechtliche Vorgaben halten63, sie also von ihren hoheitlichen Befugnissen Gebrauch machen, wie es Recht und Gesetz vorsehen64. Hierbei ist zu beachten, dass diese „korrigierende Rechtmäßigkeitskontrolle“ trotz ihrer Unentbehrlichkeit im Wesen der Staatsaufsicht nur einen Ausschnitt markiert65. Neben der Rechtsbewahrungsfunktion gewinnt die „Schutzfunktion der Staatsaufsicht“66 bzw. „Schutz- und Fürsorgepflicht des Staates“67 zunehmend an Interesse. Danach liegt die Aufgabe der staatlichen Aufsicht auch in einem weitestgehenden Schutz der Rechte der Selbstverwaltungsträger bzw. Anstalten68. Hierdurch können sie „vor unrechtmäßigen Eingriffen von dritter Seite, auch vor Übergriffen durch andere Behörden“ geschützt und somit die eigenverantwortliche Wahrnehmung ihrer zuständigen Aufgaben gefördert und gestärkt werden69. In Bayern ist diese Schutzfunktion der Staatsaufsicht verfassungsrechtlich ausdrücklich festgeschrieben (Art. 83 Abs. 4 S. 4 Verf. Bay)70: „Der Staat schützt die Gemeinden bei der Durchführung ihrer Aufgaben“. Außer den beiden soeben genannten Funktionen soll die Koordination als gesonderte Funktion der Staatsaufsicht hervorgehoben werden. Dazu hat Oebbecke neuerdings die Kommunalaufsicht betreffend aus der Perspektive der Rechtspraxis zutreffend formuliert71: „Jede Dezentralisierung erzeugt horizontal wie vertikal einen Koordinationsbedarf“. Dass „[dezentrale] Ordnungen“ „nämlich auf Wettbewerb angelegt [sind], darauf, dass jede Einheit in dem ihr gesetzten Rahmen ihre eigenen Interessen verfolgt“, kann „immer wieder“ zur „Versuchung“ führen, „die rechtlichen Grenzen auch einmal zu überschreiten“ oder ihren Aufgabenbereich zu erweitern. Diese Tatsache „verlangt effektive Instrumente“, die Grenzen „zu sichern“ und den Interessenkonflikt zwischen verschiedenen Einheiten zu koordinieren. Allein 63

Gruneberg, Abwasserbeseitigung durch kommunale Unternehmen, S. 288. Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 74. 65 Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 70. 66 Vgl. Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 266. 67 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 74. 68 Vgl. Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 266; Lübking, Staatsaufsicht, S. 176, Rn. 304. 69 Vgl. Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 74 f.; Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 266 f.; Lübking, Staatsaufsicht, S. 176, Rn. 304; Oebbecke, DÖV 2001, 406 (408). 70 Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 267: „In anderen Bundesländern wird die Schutzfunktion aber zumindest in den Kommunalengesetzen angesprochen“. In diesem Zusammenhang ist die betreffende Bestimmung der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 118 Abs. 3, erwähnenswert: „Die Aufsicht ist so auszuüben, dass die Entschlusskraft und die Verantwortungsfreudigkeit der Gemeinde nicht beeinträchtigt werden.“. Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 267, Fn. 5, sieht dies „nicht als Normierung der Schutzfunktion“, sondern als „Grenze für die Ausübung der Ordnungsfunktion“ an. 71 Oebbecke, DÖV 2001, 406 (407 f.). 64

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

von der Schaffung von Normen, die zur „Koordination […] gegenüber autonomen Rechtsträgern“ beitragen, kann man allerdings nicht erhoffen, dass sie auch wirklich effektiv koordinierende Wirkungen zeigen. Das wichtigste Mittel dazu ist im Fall der kommunalen Selbstverwaltung die Staatsaufsicht. Wenn man im Fall der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts als verselbständigter dezentralisierter Verwaltungseinheiten die Gefahr, wie sie bereits bei Lange72 anklingt, erblickt, dass ihre Tätigkeit auf verschiedenen Ebenen ohne effektive Koordination leicht ein uneffektives Nebeneinander oder sogar ein Gegeneinander sein wird, verdient die Koordinationsfunktion der Staatsaufsicht besondere Beachtung. (2) Rechts- und Fachaufsicht Wie sich den Regelungen über die Bundesaufsicht des Grundgesetzes, insbesondere Art. 84 Abs. 3 Satz 1 GG (Rechtsaufsicht) einerseits und Art. 85 Abs. 4 GG (Fachaufsicht) andererseits, entnehmen lässt, kennt das deutsche Verwaltungs- und Verfassungsrecht zwei Aufsichtsformen: die Rechts- und die Fachaufsicht73. Im Bereich der Kommunalaufsicht und Anstaltsaufsicht wird ohne weiteres von diesen Arten der Aufsicht gesprochen. Unterscheidet man zwischen Rechts- und Fachaufsicht, so ist dies (vor allem) relevant für den „Staatsaufsichtsmaßstab“ und nicht für den Staatsaufsichtsbegriff74. Im Rahmen der Rechtsaufsicht überprüft der Beaufsichtigende, der hinsichtlich der Anstaltsaufsicht als Anstaltsträger ohne explizite gesetzliche Grundlage die Rechtsaufsicht über die rechtsfähige Anstalt hat75, allein die Rechtmäßigkeit der Aufgabenerfüllung des Aufsichtsunterworfenen76, also ob die Anstalt „die ihr gesetzlich obliegenden Verpflichtungen erfüllt, die ihr gesetzlich zustehenden Befugnisse nicht 72 Lange führt im Hinblick auf die Übertragung einer Aufgabe auf eine rechtsfähige Anstalt und ihre Spezialisierung aus: „Sinn staatlicher Aufgabenwahrnehmung kann aber nicht die Einbringung unkoordinierter fachspezifischer Höchstleistungen sein, sondern nur die Verwirklichung einer insgesamt vernünftigen Gemeinwohlförderung. Die Absonderung der Wahrnehmung einzelner Aufgaben aus diesem Zusammenhang muss sich durch plausible Gründe rechtfertigen lassen. Auch das dürfte im Hinblick auf die verfassungsrechtlich vorausgesetzte Koordination staatlichen Handelns ein Gebot nicht nur der Zweckmäßigkeit, sondern der Rechtmäßigkeit sein“. Nach seiner Auffassung „ergibt [das Koordinationsgebot] sich nicht nur aus Normen über die Richtlinienkompetenz des Regierungschefs, Mehrheitsentscheidungen des Kabinetts und Ressortverantwortlichkeit der Minister, sondern [auch] aus [seiner Funktion als] integrative Grundvoraussetzung von Staatlichkeit“. Dazu ders., Die öffentliche Anstalt, VVDStRL 44 (1986), 169 (190 f. und 191, dort in Fn. 58); vgl. auch Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 233 f. 73 Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 253. 74 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 401. 75 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 111; vgl. auch Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 23 Rn. 51. 76 Heuterkes, Rechtsfähige Organisationseinheiten in der Verwaltungsstruktur, S. 133.

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überschreitet und die gesetzlichen Verfahrensvorschriften beachtet“77. Die Rechtsaufsicht stellt damit eine „reine Rechtmäßigkeitsaufsicht“ bzw. „eine reine Legalitätskontrolle“ dar78. Dabei wird „die Einhaltung der gesamten Rechtsordnung“ inklusive „der nicht geschriebenen Regeln (Gewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsätze)“ sowie öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen/Verträge „überwacht“79. Dies betrifft „die Erfüllung der eigenen Angelegenheiten“80. Auf kommunaler Ebene ist zu beachten, dass sich die Anstaltsaufsicht in zwei Richtungen vollzieht, d. h. zum einen durch „den Umweg über die kommunale Gebietskörperschaft als Trägerin“ einer öffentlich-rechtlichen Anstalt und zum anderen durch die unmittelbare Aufsichtsausübung über die Anstalt als „Objekt der kommunalen Rechtsaufsicht“81. Um „kommunal- und ordnungspolitisch bedenklich[e] Entwicklungen“ besser zu steuern, ist eine nicht nur mittelbare Rechtsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Anstalten effektiver82. Der soeben genannte allgemeine Umfang der Gesetzmäßigkeitsprüfung gilt zugleich für die Rechtsaufsicht gegenüber der Anstalt des öffentlichen Rechts. Über eine Gemeinde als Anstaltsträgerin greift die Rechtsaufsicht bezüglich aller Maßnahmen, welche von kommunaler Seite der Anstalt gegenüber ergriffen wurden oder ergriffen werden können83. Beispiele sind: Anstaltsgründung, Anstaltssatzung, Organmitgliederbestellung- und -abberufung sowie „die Erfüllung der Pflichten aus der Anstaltslast oder die Wahrnehmung kommunaler Einwirkungsrechte zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung“84. Insgesamt wird durch diese rechtsaufsichtliche Gestaltung auf doppelter Ebene eine effektive Kontrolle darüber ausgeübt, inwiefern die Anstalt und die sie tragende Kommune sich gesetzestreu verhalten85.

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Gruneberg, Abwasserbeseitigung durch kommunale Unternehmen, S. 289. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 401; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, S. 21. 79 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 22; Gruneberg, Abwasserbeseitigung durch kommunale Unternehmen, S. 289; vgl. auch Wipfelder, VBlBW 1984, 361 (362). 80 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 401. 81 Vgl. Gruneberg, Abwasserbeseitigung durch kommunale Unternehmen, S. 290 ff. 82 Nach Gruneberg, Abwasserbeseitigung durch kommunale Unternehmen, S. 293, befand insbes. der bayrische Gesetzgeber dies „für wichtig“, da gemeindliche wirtschaftlich tätige Anstalten – „Unternehmen“ – „gelegentlich die Beschränkungen auf den öffentlichen Zweck und den Grundsatz der Subsidiarität nicht hinreichend beachten“. Zudem sei „diese unmittelbare Kontrolle […] ein Vorteil gegenüber der privatrechtlichen Rechtsform der GmbH, bei [der] die Aufsichtsbehörde bei eventuellen Verstößen immer den Umweg über die kommunale Gebietskörperschaft als Gesellschafterin des Unternehmens nehmen muss“. 83 Gruneberg, Abwasserbeseitigung durch kommunale Unternehmen, S. 291. 84 Gruneberg, Abwasserbeseitigung durch kommunale Unternehmen, S. 291 f. 85 Gruneberg, Abwasserbeseitigung durch kommunale Unternehmen, S. 293. 78

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Andererseits wird bei der Fachaufsicht überprüft, ob die Auftragsangelegenheiten und Pflichtaufgaben nach Weisung rechtmäßig und „entsprechend den vorgegebenen verwaltungsinternen Zielsetzungen wahrgenommen werden“86. Die Fachaufsicht ist damit die auf den Einzelfall bezogene und die Rechtsaufsicht einschließende Zweckmäßigkeitsaufsicht87. Im Hinblick auf die Gestaltung der Anstaltsaufsicht in Form von umfassender Fachaufsicht hat das Bundesverwaltungsgericht „entschieden, dass rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts […] einer Staatsaufsicht im Sinne einer umfassenden Fachaufsicht unterworfen werden können“88. Tatsächlich findet sich eine voll weisungsgebundene rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts in der Staatspraxis, z. B. die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung89. Würde in Anlehnung an die genannte Judikatur oder das Beispiel der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung versucht, über „ein Maximum“ bzw. einen Extremfall90 im bestimmten Bereich hinaus solche Gestaltung der Anstaltsaufsicht als Regelfall der Anstaltsaufsicht zu betrachten, müsste das einem vom „Grundsatz der Systemgerechtigkeit“ oder rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ausgehenden Einwand begegnen91. Frick hat zu diesem Punkt bereits zutreffend argumentiert92: „Erscheint es auch als mit der rechtlichen Verselbständigung von Verwaltungsträgern nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten unvereinbar und darüber hinaus in sich widerspruchsvoll, wenn der Staat oder ein anderes Muttergemeinwesen einerseits durch die Verleihung der Rechte einer juristischen Person des öffentlichen Rechts dieser ein gewisses Maß an Selbständigkeit garantiert, andererseits diese Selbständigkeit durch die organisatorische Ausgestaltung ihrer Träger und durch eine inhaltlich nahezu unbeschränkte ,AufsichtÐ auf eine rein formale Rechtsstellung zurückdrängt, so können wir doch diese Erscheinung nicht als ,SchönheitsfehlerÐ aus der Gesamtdarstellung ausschließen“. Wenn man einerseits die Unterschiedlichkeit von Leitung und Aufsicht, die vor allem darin liegt, dass bei der Beaufsichtigung, anders als bei der Leitung, eine gewisse Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit der Beaufsichtigten gewahrt wird, sowie die Abgrenzung der mittelbaren Staatsverwaltung93 von der unmittelba86

Schröder, JuS 1986, 371 (373); Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, S. 22. 87 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 22. 88 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 26 mit Verweis auf BVerwG, BayVBl. 1979, 313. 89 BGBl. 1994, S. 2018 ff. 90 Vgl. Sachs, NJW 1987, 2338 (2342 f.); Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 254. 91 Vgl. Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 255 ff.; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 58 ff. 92 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 58 f. 93 Nach Burmeister „[hat] mittelbare Staatsverwaltung die Entscheidung für ein ,GewährenlassenÐ unter der ,billigenden InkaufnahmeÐ des Risikos eines möglicherweise verspäteten

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ren Staatsverwaltung anerkennt, andererseits „die legislative Entscheidung für die Selbständigkeit“94 bei der Errichtung der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts respektiert, ist die folgende Schlussfolgerung naheliegend: Die legislativ zugestandene Anstalts-Autonomie darf durch die Ausübung eines extensiven Fachaufsichtsrechts bzw. der Anstaltsaufsicht der Exekutive „nicht [ausgehöhlt] oder [aufgehoben]“ werden95. Die Anstaltsaufsicht hat „dort ihre Grenze, wo durch ihre Ausübung die Rechtsfähigkeit der Anstalt ihren Sinn verlieren würde“96. Allerdings wird auf den Umfang der Staatsaufsicht an späterer Stelle noch näher einzugehen sein. (3) Überblick über die Aufsichtsmittel und den Grundsatz ihrer Handhabung (a) Die Klassifizierung der Aufsichtsmittel und der Grundsatz ihrer Handhabung (aa) Die Klassifizierung der Aufsichtsmittel „Traditionell“97 und regelmäßig lassen sich die Mittel der Staatsaufsicht ihrer Wirkung nach in „präventive“ und „repressive“ Aufsichtsmittel einteilen. In mancherlei Hinsicht ist die Kommunalaufsicht hierfür maßstabbildend98. Ihre nähere Ausgestaltung wird allerdings verschieden stark durch die einschlägigen Gesetze bestimmt99. Jene Normierungen der aufsichtlichen Instrumente konkretisieren das verfassungsrechtliche Übermaßverbot (den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im weiteren Sinne)100. Solche Aufsichtsmittel, die rechtlich geregelt sind, können als das „klassische aufsichtsrechtliche Instrumentarium“ bezeichnet werden101. Dabei können „die aus der Beobachtungsfunktion abgeleiteten Informationsrechte der Aufsichtsbehörde“ als „ein[e] gesetzesunabhängig[e] Mindestausstattung“ angesehen werden102. Eingreifens zum Inhalt“, dazu ders., Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 261. 94 Vgl. Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 253, dort in Fn. 221. 95 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 63. 96 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 63. 97 Oebbecke DÖV 2001, 406 (409). 98 Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 57; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 34; Schröder, JuS 1986, 371 (373 f.); Andrick, JA 1987, 546 (548); Stern, Staatsrecht II, § 12 I 7c, S. 404; Erichsen, DVBl. 1985, 943, spricht von der Funktion des Kommunalrechts als „Pate“. 99 Vgl. Wipfelder, VBlBW 1984, 361 (363). 100 Oebbecke, DÖV 2001, 406 (409); Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 552 f.; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 144 ff. 101 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 434. 102 Schröder, JuS 1986, 371 (373).

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In der Aufsichtsrealität wird „informales Aufsichtshandeln“ ohne gesetzliche Normierung „aber oft mit sehr wirksame[r] Einflussnahm[e]“103 durch Staat bzw. die Aufsichtsbehörde praktiziert104. Wie informales Verwaltungshandeln auch sonst, haben informale Aufsichtsmittel „einen ambivalenten Charakter“105, d. h. zum einen Vorteile zugunsten des Beaufsichtigenden und zum anderen Probleme insbesondere aus der Sicht des Beaufsichtigten106. (bb) Der Grundsatz der sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse Angesichts der verschiedenen, ein Einschreiten gebietenden Aufsichtslagen und auszuwählenden Aufsichtsmittel stellt sich die Frage nach der sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse bzw. „einer sinnvollen Limitierung der Aufsicht, die zum einen eine sachgerechte Befriedigung der Bedürfnisse, zum anderen eine maßvolle Kontrolle der Selbstverwaltungsträger ermöglicht“107. Dafür werden das Opportunitätsprinzip, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, das selbstverwaltungsfreundliche Verhalten und das Subsidiaritätsprinzip im Schrifttum diskutiert108. Davon wird vor allem das Opportunitätsprinzip von den meisten Autoren näher dargestellt109 und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz „als [eine] übergreifende [Leitregel] allen staatlichen Handelns“ und damit als Einschränkung der Staatsaufsicht hervorgehoben110. Zunächst ergibt sich das Opportunitätsprinzip schon aus der Formulierung der meisten Aufsichtsnormen („kann“)111. Danach kann die Aufsichtsbehörde, ohne bei jedem geringfügigen Rechtsbruch einschreiten zu müssen, über ihr Einschreiten eine einzelfallgerechte Entscheidung treffen112. Allerdings ist sie als Verwaltungsbehörde hierbei nicht frei, sondern im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens an allgemeine rechtsstaatliche Erfordernisse gebunden, insbesondere auch an den Gleich103

Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 153. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 436; vgl. auch Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 152 ff. 105 Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (256). 106 Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 437 ff. 107 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 87. 108 Vgl. Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 87 ff.; Hassel, DVBl. 1985, 697 (701 ff.); Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 142 ff. 109 Zum Meinungsstand Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 142 f. 110 BVerfGE 15, 226 (234); 17, 232 (242); 23, 127 (133 f.); 38, 348 (368); vgl. auch Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 91; Jakobs, DVBl. 1985. 97 (101); Hassel, DVBl. 1985, 697 (703). 111 Vgl. Hassel, DVBl. 1985, 697 (702); Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 89; kritisch dagegen Borchert, DÖV 1978, 721; Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 268, aber zur geänderten Rechtslage („vom Legalitätsprinzip zum Opportunitätsprinzip“) für die bayerische Kommunalaufsicht ders., BayVBl. 1999, 193 ff. 112 Vgl. Hassel, DVBl. 1985, 697 (702); Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 89. 104

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heitsgrundsatz und den jeweiligen Gesetzeszweck113. Aus diesem Grund „[heißt] Opportunität nicht Beliebigkeit“114 und das Prinzip ist auch nicht verfassungsrechtlich problematisch115. Da bei der Ausübung der Aufsichtsbefugnisse „eine egalitäre Verfolgung gleicher Rechtsverstöße mit gleichen Aufsichtsmitteln“116 „ohne Rücksicht auf die Gesamtlage“117 bzw. „das Gesamtverhalten“118 der Beaufsichtigten nicht gefordert ist119, ist das Opportunitätsprinzip bei der Handhabung der Aufsichtsbefugnisse richtiger und sachgerechter als das Legalitätsprinzip, wo das Einschreiten der Aufsicht zwingend ist120. Wie bereits angedeutet, bietet sich der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als „weiterer Ansatz zur sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse“ an121. Einschließlich seiner Gebote der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit ist er für die staatliche Aufsicht bindend122 und darum zur Auswahl der verschiedenen Aufsichtsmittel genauso heranzuziehen, wie wenn es darum geht, wie weit deren Einsatz jeweils gehen soll123. Es besteht regelmäßig eine „Stufenfolge“ „innerhalb der […] Aufsichtsmittel“ und „[diese] Graduierung macht den Aufsichtsbehörden die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel zur Pflicht“124. Danach muss die Aufsichtsbehörde die Vernünftigkeit der Relation überprüfen, in der Auf113

Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 89 f.; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 144; Knemeyer, BayVBl. 1999, 193 (196), spricht in diesem Zusammenhang davon, dass „der Unterschied zwischen Legalitäts- und Opportunitätsprinzip heute weitgehend verblasst [ist]“ und die beiden sich angenähert haben. 114 Knemeyer, BayVBl. 1999, 193 (195). 115 Knemeyer, BayVBl. 1999, 193 (196) unter Bezugnahme auf BVerfGE 8, 122 (137): „Das Bundesverfassungsgericht hat bereits sehr früh eine in der hessischen Gemeindeordnung enthaltene ,KannÐ-Bestimmung für zulässig erachtet und dabei ausdrücklich darauf abgestellt, dass eine derartige Regelung der Aufsicht einer Stärkung der Entschlusskraft und der Verantwortungsfreudigkeit der Kommunen entspreche“. 116 Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (222). 117 Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 143. 118 Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (222). 119 Im Anschluss an Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (222), führt Hassel, DVBl. 1985, 697 (702) aus: „Eine lückenlos und automatisch reagierende Staatsaufsicht, eine schematische Verfolgung gleicher Gesetzverstöße mit gleichen Aufsichtsmitteln belastet das Verhältnis zwischen Staat und Kommune. Sie schwächt die Eigenverantwortung und Entschlusskraft der Gemeinde und schadet der Selbstverwaltung“; vgl. auch Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 90; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 143. 120 Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 142. 121 Vgl. VGH Baden-Württemberg, DÖV 1973, 534; Borchert, DÖV 1978, 721 (727); Hassel, DVBl. 1985, 697 (702); Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 91. 122 Oebbecke, DÖV 2001, 406 (409). 123 Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 269¸ Oebbecke, DÖV 2001, 406 (409). 124 Wipfelder, VBlBW 1984, 361 (363); Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 91; vgl. auch Hassel, DVBl. 1985, 697 (702).

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sichtszweck und -mittel zueinander stehen125. Soweit die Zweckerreichung gewährleistet bleibt, muss die Aufsicht sich auf das mildeste unter verschiedenen geeigneten und verfügbaren Aufsichtsmittel beschränken, um den Rechtsbruch des Selbstverwaltungsträgers zu beseitigen126. Wenn man für die „Einschränkung der staatlichen Gestaltungs- bzw. Ermessensfeiheit“127 im aufsichtlichen Bereich neben den bisher genannten Grundsätzen unbedingt einen neuen Grundsatz postulieren möchte128, ist das „selbstverwaltungsfreundliche Verhalten“ bzw. das „gemeindefreundliche Verhalten“ akzeptabel129. „Danach ist der Staat bei seinem Handeln gegenüber Gemeinden [bzw. Selbstverwaltungsträgern] verpflichtet, die Interessen der Selbstverwaltung in seine Entscheidung mit einzubeziehen“130. Zwar erscheinen die aus diesem Postulat ableitbaren rechtlichen Folgen letztlich dieselben zu sein, wie die aus dem Opportunitäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip herleitbaren131. Aber dieser Grundsatz kann insofern Bedeutung erlangen, als er zum einen noch die selbstverwaltungsrechtliche Entscheidungsfreiheit auszuweiten und zum anderen die staatlichen Rechte und Pflichten bei der Aufsicht zusammenzufassen vermag, die oft nach dem Opportunitätsprinzip oder Verhältnismäßigkeitsgrundsatz separat entwickelt werden132. Die Subsidiaritätsthese wird im Zusammenhang mit dem Rechtsstaatsprinzip als verfassungsrechtliche Grundlage der Staatsaufsicht an späterer Stelle erörtert. Im Folgenden sollen daher zunächst die gesetzlich normierten formellen Aufsichtsmittel und dann informale Aufsichtsmittel unter der Berücksichtigung der bisher behandelten Klassifizierung der Aufsichtsmittel und des Grundsatzes ihrer Handhabung erläutert werden. 125 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 91; ders., JA 1987, 546 (552); Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 145, der zu den drei Ausformungen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und zu der Frage nach der Auswahl zwischen mehreren Mitteln formuliert hat: „Die Maßnahme ist nur geeignet, wenn mit Hilfe des eingesetzten Mittels der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (Zwecktauglichkeit). Die geeignete Maßnahme ist dann erforderlich. Um den erstrebten Zweck zu erreichen, wenn das gewählte Mittel unter mehreren geeigneten Mitteln den einzelnen am wenigsten beeinträchtigt (Das Gebot des Interventionsminimums). Die notwendige Maßnahme ist nur verhältnismäßig im engeren Sinne, wenn der den Staatsbürger belastende Aufwand in einem vernünftigen Verhältnis zu der mit Erreichung des Zwecks herbeigeführten Förderung des Gemeinwohls steht (Proportionalität)“. 126 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 91; ders., JA 1987, 546 (552); vgl. auch Wipfelder, VBlBW 1984, 361 (363); Hassel, DVBl. 1985, 697 (702); Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 146. 127 Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 147. 128 Vgl. Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 88 f.; zum Meinungsstand Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 146 f. 129 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 512 ff.; Oebbecke, DÖV 2001, 406 (409). 130 Ress, WiVerw 1981, 151 (161); Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 88. 131 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 88 f. 132 Ress, WiVerw 1981, 151 (163); vgl. auch Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 147.

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Da die Aufsichtsmittel konkret sehr unterschiedlich ausgestaltet133 und verschieden praxisrelevant sind, verschaffen die Darlegungen dabei zwar lediglich eine vereinfachte Übersicht über die Aufsichtsmaßnahmen, legen jedoch ihr Gewicht immerhin auf die praxisbezogenen Aufsichtsmittel und deren Inhalt. (b) Präventive Aufsichtsmittel Bei präventiven Aufsichtsmitteln handelt es sich, wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt, um das einem Rechtsverstoß vorbeugende Handeln des Beaufsichtigenden, das zeitlich vor dem Abschluss eines Rechtsaktes des Selbstverwaltungsträgers liegt. Dazu zählen die „Beratung […] durch die Aufsichtsbehörde“, die „Genehmigungsvorbehalte“ und die „Anzeige- und Vorlagepflichten“ „[der Selbstverwaltungsträger]“134. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, gilt die Beratung davon seit langem praktisch als wichtigstes präventives Aufsichtsmittel135. Im Fall geringerer Unrechtmäßigkeiten soll die Aufsichtsbehörde nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zuerst auf dem Beratungsweg (als mildestem Aufsichtsmittel) vorgehen136. Da Beratungsrecht und -pflicht ohnehin aus der Schutzfunktion der Aufsicht ableitbar sind, ist die Beratung zulässig, ohne ausdrücklich im Gesetz erwähnt zu sein137. Bei „Erscheinungsformen aufsichtlicher Beratungstätigkeit“ kann es „sich im Einzelfall um koordinierende, schlichtende, schützende, vergleichende, rechtsauslegende oder fachlich belehrende Beratung handeln“138. Durch die angemessene Beratungstätigkeit mit den unterschiedlichen Zielsetzungen kann ein repressives Einschreiten der Aufsichtsbehörde verhindert werden und das findet sich tatsächlich sehr oft im Bereich der Kommunalaufsicht139. 133

Vgl. Lübking, Staatsaufsicht, S. 185, Rn. 320. Schröder, JuS 1986, 371 (374); Andrick, JA 1987, 546 (548 f.). 135 BVerfGE 58, 177 (195); vgl. Erichsen, DVBl. 1985, 943 (945); Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 78; Oebbecke, DÖV 2001, 406 (410); Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 267 f.; nach S. U. Pieper, Aufsicht, S. 429, lässt sich die Beratung nur bei einem umfassenderen Verständnis der Aufsichtsmittel als Summe der staatlichen Überwachungs- und Einwirkungsbefugnisse als Aufsichtsmittel einordnen. „Denn dies setzt eine Rechtswirkung des Aufsichtsmittels nicht voraus, sondern knüpft an die Befugnis der aufsichtsführenden Stelle an, den Beaufsichtigten zu beraten, auch wenn dieser selbst keine Beratung nachfragt. Gleichwohl entfaltet die Beratung Wirkung, allerdings keine unmittelbare Rechtsbindung“. 136 Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 269; Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 91. 137 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 79; vgl. auch Lübking, Staatsaufsicht, S. 185, Rn. 321; im Bereich der Kommunalaufsicht ist die Beratung nur in Bayern positivrechtlich vorgesehen (§ 108 GO Bay: „Die Aufsichtsbehörde sollen die Gemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben verständnisvoll beraten …“). 138 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 79; vgl. auch BVerfGE 58, 177 (195); Galette, in: Aktuelle Probleme der Kommunalaufsicht, S. 37 (45 ff.); Bracker, in: FG von Unruh, S. 459 (466 f.); Lübking, Staatsaufsicht, S. 186, Rn. 322. 139 Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 267. 134

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Erichsen meint zu Recht: „Die Vorteile dieses ,AufsichtsmittelsÐ für insbesondere mittlere und kleinere Gemeinden liegen in der Verfügbarmachung von Spezialkenntnissen und der besseren überörtlichen Koordination, was u. U. zur Ersparnis öffentlicher Mittel führen kann“140. Im Hinblick auf die Anstaltsaufsicht sind die Vorteile der fachlichen Beratung, wie die Aufsicht über die Großstädte und die Hochschulen zeigt141, allerdings fraglich. D.h. die fachliche Beratung erscheint im Verhältnis der Aufsicht zu solchen Anstalten des öffentlichen Rechts, die in der Regel Fachkräfte und die nötige Sachkunde zur Durchsetzung ihrer Aufgaben ausreichend besitzen, nicht diesen Raum einzunehmen142. Dagegen gelten die Vorteile der koordinierenden Beratung, insbesondere im horizontalen Sinne, auch für den Bereich der Anstaltsaufsicht. Das wäre jedenfalls der Fall, wenn die Aufsichtsbehörden angesichts dringend zu erledigender Aufgaben, die insbesondere unerwartet auftauchen und zugleich sich auf mehrere Anstalten beziehen würden, durch sachgerechte und umgehende Beratung eine effektive Zusammenarbeit zwischen den betreffenden Anstalten vermitteln und koordinieren könnten. Trotz der aufgezeigten Vorteile wird im Schrifttum auch immer wieder vor den Risiken der Beratung gewarnt, die vor allem „in der subkutanen Beeinflussung“ der Beaufsichtigten durch „eine unablässig sich aufdrängende Beratung“ bestehen143. Sie können zugleich zur Schwierigkeit der Grenzziehung zwischen der Beratungstätigkeit und anderem aufsichtlichen informellen Verwaltungshandeln führen144. Wie die Feststellung von Glass zeigt145, müsste die Gefahr insbesondere bei den Beaufsichtigten groß sein, wenn sie wegen ihrer geringen Verwaltungskraft nicht in der Lage sind, die komplizierten Aufgaben ohne Mithilfe der Aufsichtsbehörde zu bewältigen. Außerdem müssten sich eine faktische Abhängigkeit der Beaufsichtigten ge140

Erichsen, DVBl. 1985, 943 (945); ebenso Knemeyer, Die Staatsaufsicht über die Gemeinden und Kreise, S. 268; Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 79. 141 Vgl. Erichsen, DVBl. 1985, 943 (945). 142 Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 69, führt bereits im Rahmen der Staatsaufsicht über die Landesbanken auf ähnlicher Linie aus: „Im Übrigen hat die Staatsaufsichtsbehörde nicht einmal eine Beratungsbefugnis. Schon gar nicht sind ihr Initiativrechte zugewiesen“. 143 Vgl. Galette, in: Aktuelle Probleme der Kommunalaufsicht, S. 37 (39); Erichsen, DVBl. 1985, 943 (945); Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 97; S. U. Pieper, Aufsicht, S. 429. 144 Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 429. 145 Glass, Die Realität der Kommunalaufsicht, S. 141 f.: „Schon aus den Gründen der geringen Verwaltungskraft sind die kleinen Gemeinden nicht in der Lage, die Selbstverwaltung ohne die Mithilfe der Kommunalaufsichtsbehörde zu bewältigen. Die häufig nicht ausreichende Sachkenntnis der Gemeindeorgane führt daher zu einer tatsächlichen Abhängigkeit der kleinen Gemeinden gegenüber der Kommunalaufsichtsbehörde. … In der Praxis der Kommunalverwaltung ist jedoch festzustellen, dass die Regelung vieler Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft von der Kommunalaufsichtsbehörde vermöge der verschiedensten, gesetzlich nicht vorgesehenen Einwirkungsmöglichkeiten durchgeführt oder zumindest mit bestimmt wird. Die Realität der Kommunalaufsicht über kleine Gemeinden weist damit auf eine Aushöhlung der Selbstverwaltungsgarantie durch tatsächliche Übung hin“.

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genüber der Aufsichtsbehörde und das Steuerungspotenzial auf Seiten der Aufsichtsbehörde steigern, wenn zur geringen Verwaltungskraft eine finanzielle Knappheit der Beaufsichtigten hinzuträte146. Angesichts der Gefahren, die die Beratung mit sich bringt, sollte zum einen verlangt werden, dass die Aufsicht ihre Beratung dem Beaufsichtigten nicht aufdrängen darf, er vielmehr selbst die Initiative ergreifen soll147. Andererseits ist zu bedenken: „die aufsichtliche Beratung zielt nicht auf die Beseitigung von Rechtsverstößen, sondern auf die – vorbeugende – Unterstützung der“148 Beaufsichtigten sowie „die Vermeidung von förmlichen Mitteln“149. Bei den rechtspraktischen Varianten aufsichtlichen „informellen Verwaltungshandelns“ geht es allerdings „in der Sache eher um Verhandlungen, Warnungen oder Drohungen“150. Andererseits ist hinsichtlich der Genehmigungsvorbehalte und der Anzeige- und Vorlagepflichten in der Praxis bemerkenswert, dass bestimmte Rechtsakte des Selbstverwaltungsträgers ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungen der Aufsichtsbehörde schwebend unwirksam oder sogar nichtig sind151. Dagegen führt die Verletzung der Anzeige- und Vorlagepflichten nicht zur Unwirksamkeit des Verwaltungshandelns152. (c) Repressive Aufsichtsmittel Repressive Aufsichtsmittel finden Anwendung wenn, ein Rechtsbruch schon erfolgt ist153. Der Katalog der repressiven Aufsichtsmittel ist „nach dem Maß der Beschränkung des Selbstverwaltungsträgers“154 bzw. „nach der Intensität der staatsbehördlichen Eingriffe“155 zu erstellen. Das Informationsrecht (das Auskunftsverlangen), die Beanstandung und die Anordnung, die aufsichtsbehördliche Aufhebung (aufsichtliche Ersatzvornahme), die Bestellung eines Beauftragten und die Auflösung des Rates bilden eine sich steigernde Stufenfolge der Aufsichtsmittel156. Dabei sind das Informationsrecht sowie das Beanstandungs- und Anordnungsrecht der Aufsichtsbehörde von besonderer Bedeutung in der Praxis und werden daher im Folgenden behandelt.

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Glass, Die Realität der Kommunalaufsicht, S. 141. Lübking, Staatsaufsicht, S. 186, Rn. 324. 148 Oebbecke, DÖV 2001, 406 (410). 149 Lübking, Staatsaufsicht, S. 186, Rn. 324. 150 Oebbecke, DÖV 2001, 406 (410). 151 Andrick, JA 1987, 546 (548 f.). 152 Andrick, JA 1987, 546 (548 f.). 153 Schröder, JuS 1986, 371 (373). 154 Schröder, JuS 1986, 371 (374). 155 Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (249). 156 Andrick, JA 1987, 546 (549 ff.); Schröder, JuS 1986, 371 (374); Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (249 ff.). 147

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

(aa) Informationsrecht Bei der Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht stützt sich die Aufsichtsbehörde auf Informationen über das Handeln des Selbstverwaltungsträgers. Deswegen ist das Informationsrecht der Aufsichtsbehörde als Grundlage der Aufsichtsausübung äußerst wichtig. „Danach kann sich die Aufsichtsbehörde jederzeit über alle Angelegenheiten des Selbstverwaltungsträgers unterrichten, sie kann an Ort und Stelle prüfen und besichtigen, mündliche und schriftliche Berichte anfordern sowie Akten und sonstige Unterlagen einsehen“157. (bb) Beanstandung und Anordnung Ziel von Beanstandungen und Anordnungen ist, dass sich der Selbstverwaltungsträger letztlich selbst korrigiert158. Die Aufsichtsbehörde kann im Wege der Beanstandung die Rechtswidrigkeit der jeweils beanstandeten Handlung feststellen.159. In Verbindung damit kann sie die Aufhebung und Abänderung der Maßnahme verlangen160. Bei dem Anordnungsrecht der Aufsichtsbehörde geht es um das Bestehen einer Mussvorschrift und eine rechtswidrige Unterlassung des Selbstverwaltungsträgers161. Wenn er seine sich aus öffentlichem Recht ergebenden Pflichten verletzt, fordert die Aufsichtsbehörde von ihm, die vorgeschriebenen Maßnahmen innerhalb einer gewissen Frist nachzuholen.162. (d) Informale Aufsichtsmittel Wie schon Püttner bemerkt hat, liegt die Schwierigkeit einer vertieften Behandlung der informalen Aufsichtsmittel im Mangel an einer „breiten Feldforschung“163. Trotz der bislang kaum verbesserten Situation kann vor allem die Erläuterung der Zulässigkeit nicht gesetzlich normierter Aufsichtsmittel durch S. U. Pieper nützliche Information liefern164. In Anlehnung an den Begriff des informalen oder informellen Verwaltungshandelns165 kann man unter informalen Aufsichtsmitteln alle zur aufsichtsrechtlichen 157

Andrick, JA 1987, 546 (549). Schröder, JuS 1986, 371 (374). 159 Schröder, JuS 1986, 371 (374). 160 Andrick, JA 1987, 546 (549). 161 Andrick, JA 1987, 546 (549 f.). 162 Schröder, JuS 1986, 371 (374); Andrick, JA 1987, 546 (550). 163 Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 155. 164 Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 434 ff. 165 Nach Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (344), erfasst informales oder informelles Verwaltungshandeln „alle rechtlich nicht geregelten Tathandlungen, die der Staat anstelle von rechtlich geregelten Verfahrenshandlungen oder Rechtsfolgeentscheidungen wählt, die jedoch zur Herbeiführung des beabsichtigten Erfolges auch in den von der Rechtsordnung bereitgestellten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Handlungsformen hätten erfolgen können“. 158

A. Die Staatsaufsicht im Allgemeinen

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Aufgabenerledigung durch die Beaufsichtigenden herangezogenen, rechtlich nicht geregelten, „konsensualen“ und „einseitigen“ Verwaltungsinstrumentarien verstehen166. In bestimmten Bereichen, wo ausdrücklich geregelte Aufsichtsmittel nicht ausreichend vorhanden sind, um die Erfüllung der ständigen Aufsichtsaufgaben zu gewährleisten, und das „förmliche“ Aufsichtsverfahren die sich schnell entwickelnden Aufsichtsumstände nicht vollumfänglich erledigen kann167, kann die Aufsicht teilweise stark auf informale Aufsichtsmethoden angewiesen sein. Informale Aufsichtsinstrumente werden in der Regel vor den formellen angewandt168. Als Beispiele werden in der Praxis „Belehrung“, „formloses Ersuchen oder einverständliches Handeln“ genannt169. Dazu zählt aber auch „die Praxis von Aufsichtsbehörden“, zum einen durch „gemeinsame Besprechungstermine“, „Verhandlungen“, „Rundschreiben“, „Schreiben“, und „Verlautbarungen ihre Aufsichtspraxis zu erläutern“, „zu konkretisieren“, betroffene Norm zu interpretieren bzw. den Beaufsichtigten „Hinweise auf die Rechtslage bzw. auf Rechtsauffassungen“ zu geben170, zum anderen „mehr oder minder deutliche Mahnungen oder Missbilligungen“ auszusprechen oder im förmlichen Verfahren umzusetzende Folgen anzukündigen171. Hier handelt es sich zumindest insoweit nicht um Verwaltungsakte (§ 35 S. 1 VwVfG), als sie keine Regelungswirkung entfalten172. Trotzdem ist nicht zu verneinen, dass sie den jeweiligen Aufsichtsadressaten in nicht zu unterschätzender Weise tatsächlich beeinflussen173. Die Beaufsichtigenden können mit dem Einsatz solcher informaler Aufsichtsinstrumente das Verfahren der Aufsichtsverwaltung beschleunigen und die Akzeptanz ihrer Entscheidungen erhöhen174. Außerdem sind sie anpassungsfähiger („flexibler“) in ihren Reaktionen auf Veränderungen im tatsächlichen Bereich175. Obwohl sie im Grundsatz zulässig sind und trotz dieser positiven Bewertung aus rechtstatsächlicher Sicht sind informelle Aufsichtsmittel bedenklich, wenn man sich an die gesetzlichen Vorgaben für die Aufsichtsausübung als „Rahmen“, der „Rechts- und Planungssicherheit vermittelt oder willkürliches administratives Agieren ausschließt“, und an „die Rechtsformen des Verwaltungsrechts“ als „Ausdruck rechtsstaatlicher Siche-

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Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 435 f. In der Literatur werden insbesondere die Bereiche der allgemeinen Bankenaufsicht und Kartellaufsicht als solche Sektoren genannt. Dazu S. U. Pieper, Aufsicht, S. 436 und 437, dort in Fn. 2658. 168 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 436. 169 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 436, dort in Fn. 2656. 170 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 436 f. 171 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 436, dort in Fn. 2656. 172 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 437; vgl. auch Findeisen, WM 1998, 2410 (2411). 173 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 437; Findeisen, WM 1998, 2410 (2411). 174 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 436. 175 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 436; vgl. auch Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (253). 167

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

rung“ und „freiheitsschützender Wirkung“, erinnert176. Dies gilt umso mehr, wenn man sich zudem vergegenwärtigt, dass „ein Spannungsverhältnis zwischen der rechtlich gewollten Unverbindlichkeit bei Anwendung der informellen Aufsichtsmittel und ihren faktischen Wirkungen besteht“177. In der Tat können die Beaufsichtigenden mit informellen Aufsichtsmitteln, genau genommen dank deren unverbindlicher Wirkung und den oft dahinter lauernden, schärferen Aufsichtsmitteln178, ohne rechtliche Belastung und ständig die Beaufsichtigten beeinflussen. Während hierbei „eine Selbstbindung der Aufsichtsverwaltung“ weder zwingend stattfindet noch erwartet wird, erleben die Beaufsichtigten wegen der rechtlichen Unverbindlichkeit im Hinblick auf ihr Tun ohne Rechtssicherheit eine Reduzierung ihres Rechtsschutzes179. D.h. ohne Rechtssicherheit und mit Reduzierung des Rechtsschutzes wird die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der Beaufsichtigten durch die informelle Aufsicht geschwächt. In diesem Zusammenhang wurden schon häufiger juristische Einwände bzw. Gefahren zum Ausdruck gebracht180. Bauer hat dies so formuliert: „Die wohl größte Gefahr informeller Verständigungen ist in der darin zumindest latent angelegten Relativierung gesetzlicher Regelungen und normativer Vorgaben zu sehen“181. Neuerdings hat S. U. Pieper auf ähnlicher Linie zutreffend ausgeführt: Die Gefahren informaler Aufsichtsmittel bestehen „in der subkutanen Beeinflussung der Beaufsichtigten“182. Mit dem informalen Tätigwerden besteht immer „die Gefahr eines Abgleitens aus dem gesetzlichen Rahmen, d. h. ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung der Verwaltung und des Vorrangs des Gesetzes“183. II. Staatsaufsicht als Selbstverwaltungskorrelat und Anstaltsaufsicht als ein Abschnitt des staatlichen Aufsichtsrechts An dieser Stelle soll der im vorigen Abschnitt im Zusammenhang mit dem Begriff der (Staats-)Aufsicht angedeutete Ausgangspunkt der Staatsaufsicht bzw. Anstaltsaufsicht im Hinblick auf die Selbstverwaltung noch näher betrachtet werden.

176

Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 437 ff. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 437. 178 Dazu S. U. Pieper, Aufsicht, S. 438 f.: „Etwa 36 Abs. 1 KWG, der die Abberufung der Geschäftsleiter erlaubt“. 179 Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 438 f. 180 Vgl. Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (254). 181 Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (254). 182 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 437. 183 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 438. 177

A. Die Staatsaufsicht im Allgemeinen

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1. Staatsaufsicht als Selbstverwaltungskorrelat Staatliches Aufsichtsrecht in der Bundesrepublik Deutschland gehört zum historisch „überkommenen Bild der Selbstverwaltung“184. Genau genommen hat es seinen Ursprung in der „Oberaufsicht“ des absolutistischen Staates (jus supremae inspectionis) und hängt eng damit zusammen, wie sich die Selbstverwaltung zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelt hat185. Die über rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts bestehende Staatsaufsicht stellt nur einen Teil des staatlichen Aufsichtsrechts dar186. Als die Gemeinden im Jahre 1808 das Selbstverwaltungsrecht bekamen, „[ließ sich] ein unbeschränktes, umfassendes Aufsichtsrecht in Gestalt der alten Oberaufsicht […] mit der neu gewonnenen Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, der sich selbst verwaltenden Gemeinden, nicht mehr vereinbaren“187. „An ihre Stelle trat nunmehr die Staatsaufsicht über die Selbstverwaltungsträger“188 „nach festen Rechtsmaßstäben“189, die hinsichtlich der Angelegenheiten der Selbstverwaltung auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle limitiert war190. „Trotz der engen Verknüpfung mit der Selbstverwaltung ist die Staatsaufsicht nicht ein Element“ der Selbstverwaltung, sondern „ihr Korrelat“191. Wie Frick deutlich formuliert hat, „bildet die Brücke zwischen der Eigenständigkeit der Selbstverwaltung einerseits und der Stellung in der gesamten staatlichen Verwaltung durch die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben andererseits die Staatsaufsicht“192. Dieses Verständnis der Staatsaufsicht als Selbstverwaltungskorrelat (Korrelattheorie) ist sowohl vom Bundesverfassungsgericht als auch vom Bundesverwaltungsgericht insbesondere für die staatliche Kommunalaufsicht klargestellt worden193 und kann auch für nicht-kommunale Selbstverwaltungsträger gelten194.

184

Oebbecke, DÖV 2001, 406 (407). Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 31 f.; vgl. Salzwedel VVDStRL 22 (1965), 206 (227 ff.); Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (275 ff.); Andrick, JA 1987, 546 f. 186 Andrick, JA 1987, 546. 187 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 32; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 69 ff.; Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (281). 188 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 32. 189 Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (281). 190 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 32. 191 Stern, Staatsrecht II, § 12 I 6, S. 402; Schuppert, DÖV 1998, 831 (832); Andrick, JA 1987, 546. 192 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 37. 193 BVerfGE 6, 104 (118); vgl. auch BVerfGE 78, 331 (341); BVerwGE 2, 329 (334); Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 28, 324 und 496 ff. 194 Vgl. Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 37 f. und 53 f.: Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, S. 46 ff.; Schnapp, Staatsaufsicht über die Studentenwerke, S. 165 f. 185

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

2. Anstaltsaufsicht als Folge staatlicher Aufgabenübertragung und ihre Gestaltung Wenn sich die Staatsaufsicht als Selbstverwaltungskorrelat verstehen lässt, unterstehen die sich selbst verwaltenden Anstalten bei jeder Erledigung eigener Angelegenheiten zwingend, so wie auch andere juristische Personen des öffentlichen Rechts, der Staatsaufsicht195. In diesem Zusammenhang ist zu Unrecht der Versuch196 unternommen worden, mittelbare Staatsverwaltung bzw. juristische Personen des öffentlichen Rechts über das Kriterium der Staatsaufsicht zu bestimmen und damit die Staatsaufsicht als ihr ursprüngliches Wesensmerkmal bzw. begriffswesentlich anzusehen. Denn nicht erst die Staatsaufsicht begründet, dass eine Organisation zur mittelbaren Staatsverwaltung gehört197. Wie schon dargelegt, ist die Staatsaufsicht „notwendige Folge der Betrauung rechtlich selbständiger Rechtssubjekte mit Verwaltungsaufgaben und der Verleihung des Status der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“198. Hierbei wirken Selbstverwaltung und Staatsaufsicht „wechselseitig“ aufeinander ein; während das Selbstverwaltungsrecht die Staatsaufsicht beschränkt, „präzisieren“ die Staatsaufsichtsbefugnisse das Ausmaß des Selbstverwaltungsrechts199. Dabei ist zu beachten, dass die Frage nach dem Umfang aufsichtlicher Einwirkung nicht einheitlich zu beantworten ist200. In der Regel wird eine Zweckmäßigkeitsaufsicht nicht ausgeschlossen201. Die Rechtswirklichkeit weist verschiedene Arten und Intensitätsgrade der Staatsaufsicht bei den unterschiedlichen öffentlichrechtlichen Organisationen bzw. den Anstalten auf202. Dabei sind die Weite des Ermessensbereichs, der Aufgabenbereich und die Aufgabenverantwortung203sowie der Verselb195

Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 34. Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 23 ff. 197 Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, S. 47 mit Nachweisen. 198 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 53; vgl. auch S. U. Pieper, Aufsicht, S. 357. 199 Schnapp, Staatsaufsicht über die Studentenwerke, S. 166. 200 Dies ist auch schon oben unter A. I. 2. b) (1) dieses Teils angedeutet worden und wird unter B. II. weiter ausgeführt. 201 Schröder, JuS 1986, 371 (373): „Die Verantwortung gerade der Regierung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erfüllung staatlicher Aufgaben (oder von Pflichtaufgaben nach Weisung) erlaubt einen völligen Ausschluss des Aufsichtsrechts oder dessen Beschränkung auf bloße Rechtsaufsicht in der Regel nicht“. 202 Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, S. 48; vgl. Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 105 f. 203 Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, S. 48; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 55: „Auch hier richtet sich die Intensität der Aufsicht nach den besonderen Aufgaben und Zwecken der Anstalten, nach dem Maß der von ihnen wahrgenommen öffentlichen Verwaltung, ihren Einflussmöglichkeiten auf ihre Destinatäre sowie andererseits nach dem Maß der ihnen mit ihrer Gründung zugestanden Handlungsund Entscheidungsfreiheit“. 196

A. Die Staatsaufsicht im Allgemeinen

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ständigungsgrad204 bzw. das Verhältnis zwischen dem Verselbständigungsinteresse und dem Gesamtinteresse des Staats aus dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlichen Legitimationskette205 von großer Bedeutung. Die Intensität der Aufsicht soll umso stärker sein, je kleiner der Ermessensbereich ist oder „je geringer die Legitimationskraft des jeweiligen Verselbständigungsinteresses ist“206. Danach „verfügt der zuständige Bundesminister gegenüber“ den „die zentralen staatlichen Ordnungsaufgaben wahrnehmenden“ „wirtschaftslenkenden Anstalten durchweg über eine umfassende Rechts- und Fachaufsicht“, wie z. B. bei der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr207, der Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung208 und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht209. Hier bildet die Deutsche Bundesbank auf Grund ihrer besonderen Funktionen einen Ausnahmefall210. Andererseits darf hinsichtlich des Umfangs der Anstaltsaufsicht nicht übersehen werden, dass er auch von der eventuellen Grundrechtsfähigkeit einer Anstalt (Art. 19. Abs. 3 GG) abhängt, wie z. B. bei Sparkassen hinsichtlich des Schutzes des Eigentums211 oder bei Anstalten mit einem Forschungszweck bezüglich der Wissenschaftsfreiheit212. Obwohl die Auslegung von Art. 19 Abs. 3 GG im Hinblick auf die Grundrechtsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen juristischen Personen umstritten ist, lässt sich jedenfalls feststellen, dass zumindest dem Wortlaut des Artikels zufolge kein Anlass besteht, öffentlich-rechtliche juristische Personen anders zu behandeln als privatrechtliche und die Grundrechte sind „ihrem Wesen nach“ wohl im Einzelfall (ausnahmsweise) auf die juristischen Personen des öffentlichen Rechts anwendbar213. Daher ist die Grundrechtsträgerschaft der Anstalten des öffentlichen Rechts in jedem Einzelfall zu überprüfen und das Ergebnis bei der Gestaltung der Aufsicht 204

S. U. Pieper, Aufsicht, S. 349 ff. und 376. Dazu Wendt, NWVBL 1987, 33 (38): „Je geringer die Legitimationskraft des jeweiligen Verselbständigungsinteresses ist, desto stärker muss das Gesamtinteresse und somit auch die Gesamtverantwortung des Staates über organisatorische Vorkehrungen gesichert werden. Je stärker indes das Verselbständigungsinteresse legitimiert ist, desto mehr kann die organisatorische Anbindung an den Staat gelockert werden“. 206 Vgl. Wendt, NWVBL 1987, 33 (38); Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, S. 48. 207 §§ 53 ff. Güterfernverkehrgesetz i. d. F. vom 10. 3. 1983, BGBl. I, S. 256; vgl. Wendt, NWVBL 1987, 33 (38). 208 §§ 1 – 12 des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen vom 23. 6. 1976, BGBl. I, S. 1608; vgl. Wendt, NWVBL 1987, 33 (38). 209 § 2 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. 4. 2002, BGBl. I, S. 1310. 210 Vgl. Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, S. 47 f.; Wendt, NWVBL 1987, 33 (38). 211 BVerfGE 75, 192, 195 ff., danach wurde die Grundrechtsfähigkeit öffentlich-rechtlicher Sparkassen abgelehnt, die sich auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG berufen hatten; vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 377. 212 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 377. 213 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 377; vgl. Bethge, AöR 104 (1979), 54, 56; Bettermann, NJW 1969, 1321 ff. 205

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

zu berücksichtigen214. Zu diesem Punkt hat S. U. Pieper jüngst überzeugend wie folgend argumentiert215 : Aufsichtsmaßnahmen führen „immer“ zu der Gefahr, „grundrechtsfähige Positionen“ mit zu beeinträchtigen. Auch darum ist „eine genaue Bestimmung der Aufsicht und ihrer Reichweite sowie die Regelung“ von Inhalt und Form der Aufsicht nötig. Das bedeutet, dass im Einzelfall bei der Aufsicht über eine Anstalt, deren zunächst zu prüfende Grundrechtsfähigkeit bejaht wurde, „genaue gesetzliche Vorgaben über die Art der Aufsicht und ihre Mittel, insbesondere angesichts der weitgehenden Aussagelosigkeit einer bloßen Aufsichtsnormierung ohne Aufsichtsmittel“ erforderlich sind. „Grundsätzlich entspricht eine Aufsicht einer solchen Teilgrundrechtsfähigkeit, aber auch der Verselbständigung der Anstalt dann, wenn die Aufsicht beschränkt ist und sich im Rahmen der gesetzlichen Regelung auf die recht- und gesetzmäßige Erfüllung der Aufgaben bezieh[t].“

B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien Bislang wurden der Begriff, die Funktionen, der Maßstab, die Mittel, die Gestaltung der Anstaltsaufsicht und der Grundsatz der sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse im Zusammenhang mit der allgemeinen deutschen Staatsaufsichtslehre und dem Staatsaufsichtssystem behandelt. Im Verlauf dieser Untersuchung wurde der theoretische und praktische Kerninhalt der deutschen Anstaltsaufsicht punktuell deutlich. Darüber hinaus soll die Anstaltsaufsicht nun verfassungsrechtlich begründet werden. Dadurch soll die Anstaltsaufsicht rechtstheoretisch und rechtspraktisch auf festen Boden gestellt werden. I. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht Zwar erwähnt das Grundgesetz mehrmals die (Staats-)Aufsicht wie z. B. die Schulaufsicht (Art. 7 Abs. 1 und 3 GG), die Aufsicht des Bundes über die Länder (Art. 84 Abs. 3 S. 1, Art. 85 Abs. 4 S. 1, Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG) sowie die Aufsicht der zuständigen obersten Bundesbehörde über nicht landesunmittelbare und nicht auf Staatsverträgen zwischen den Ländern beruhenden Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts (Art. 130 Abs. 3 GG). Im Grundgesetz sind jedoch weder „eine generelle sachgebietsübergreifende Regelung der Staatsaufsicht“216 noch Vorschriften, die ausdrücklich rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts staatlicher Aufsicht unterwerfen, zu finden217. 214

S. U. Pieper, Aufsicht, S. 377 f. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 377 f. 216 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 350. 217 Dazu Bracker, in: FG von Unruh, S. 459 (461): Erwähnenswert sei die verfassungsrechtliche Grundlage der Kommunalaufsicht. Während „das Grundgesetz die kommunale 215

B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien

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Allerdings bedeutet diese fehlende verfassungsrechtliche Regelung nicht, dass es nirgendwo im Grundgesetz ein Indiz für die Notwendigkeit der Anstaltsaufsicht gibt. In diesem Zusammenhang wird insbesondere Art. 130 Abs. 3 GG wegen seiner deutlichen Formulierung zur Aufsicht über juristische Personen des öffentlichen Rechts218 von manchen Autoren herangezogen. Danach „lasse sich aus Art. 130 Abs. 3 GG der allgemeine Rechtsgedanke des Verfassungsgebers entnehmen, dass verselbständigte Verwaltungseinheiten“ bzw. Anstalten des öffentlichen Rechts „einer staatlichen Aufsicht unterlägen“219 : In der Tat geht es beim Art. 130 Abs. 3 GG als „reiner Übergangsvorschrift lediglich um solche – nicht landesunmittelbare und nicht auf Staatsverträgen zwischen den Ländern beruhende – Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes bestanden und entweder auf Besatzungsrecht oder auf solchen Rechtsvorschriften beruhen, die aufgrund Art. 124 und 125 GG fortgelten“220. Dieser Artikel ist deshalb nicht als Vorschrift anzusehen, der sich „zwingende Anforderungen hinsichtlich der Einrichtung einer Staatsaufsicht“ über heutige Anstalten des öffentlichen Rechts entnehmen lassen221. Immerhin scheint Art. 130 Abs. 3 GG trotz der heute als gering eingestuften Bedeutung222 „einen der überkommenen Staatspraxis entsprechenden allgemeinen Rechtsgedanken im Sinne einer zumindest prinzipiell umfassenden Staatsaufsicht nicht näher definierten Inhalts zu verkörpern“223. Auch in den Verfassungen der Länder fällt es schwer, Regelungen zu finden, wonach die öffentlich-rechtlichen Anstalten zwingend der Staatsaufsicht unterliegen224. In den meisten Fällen ist lediglich die Kommunalaufsicht wie z. B. in Art. 75 Abs. 1 S. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg ausdrücklich, Selbstverwaltung in Art. 28 institutionell garantiert, trifft es zur staatlichen Aufsicht keine Aussage“. Nach ganz herrschender Meinung gehöre diese Frage überdies zur Regelungskompetenz der Länder; „verfassungsrechtlich erfasst werde die Aufsicht durch die Bestimmung der Einschränkungsmöglichkeit ,im Rahmen der GesetzeÐ in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG“; vgl. auch Gönnenwein, Gemeinderecht S. 176; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 262, 325 und 351. BVerfGE 8, 122 (137); BVerwGE 2, 329 (334). 218 Dort heißt es: „Nicht landesunmittelbare und nicht auf Staatsverträgen zwischen den Ländern beruhende Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts unterstehen der Aufsicht der zuständigen obersten Bundesbehörde“. 219 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 38; sehr positiv Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 252 f.; Sachs, NJW 1987, 2338 (2342); Stern, Staatsrecht II, § 41 IV 10 c), S. 792, Fn. 286; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 546, Fn. 562: „Indizwirkung mag insofern Art. 130 Abs. 3 GG beizumessen sein“. 220 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 38; vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 130 Rn. 1; BVerwG NJW 1988, 354 (355). 221 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 38. 222 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 351. 223 Sachs, NJW 1987, 2338 (2342). 224 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 42.

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

aber in unterschiedlichen Formulierungen geregelt225. Eine Ausnahme bildet Art. 57 Abs. 5 der niedersächsischen Landesverfassung. Danach stellt das Land „durch seine Aufsicht sicher, dass die Gesetze beachtet und die Auftragsangelegenheiten weisungsgemäß erfüllt werden“. Art. 57 Abs. 1 und Abs. 4 LV Nds. nennen als Aufsichtsobjekt „Gemeinden, Landkreise sowie sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften“226. Überwiegend wird vertreten, dass der Begriff „sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften“ jede juristische Person des öffentlichen Rechts, inklusive der rechtsfähigen Anstalten, umfasst227. Folgt man dieser den Begriff der „sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften“ weit auslegenden Auffassung, folgt aus Art. 57 Abs. 5 der niedersächsischen Landesverfassung für die niedersächsischen rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts „die verfassungsunmittelbare Statuierung einer Rechtsaufsicht“228. In der Rechtspraxis kann diese Vorschrift daher mit verbindlicher Wirkung auf auch diejenigen Anstalten Anwendung finden, für welche die staatliche Aufsicht nicht gesetzlich geregelt ist; sie unterliegen der Staatsaufsicht also unmittelbar nach Art. 57 Abs. 5 der niedersächsischen Landesverfassung229. Insgesamt kann hinsichtlich der Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts vom „weitgehenden Schweigen des Bundes- und Landesverfassungstexts“230 bzw. von den fehlenden speziellen staatsaufsichtlichen Vorschriften in Grundgesetz und Länderverfassungen231 gesprochen werden.

225

Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, Fn. 509, S. 82; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 69; Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 127: Diese allgemeine Kommunalaufsicht, deren Objekt die gesamte Gemeindeverwaltung ist, „wird vervollständigt durch die Wirtschaftsaufsicht über kommunale Unternehmen und sonstige Aufsichten, die nicht speziell den Gemeinden, sondern allen Rechtsunterworfenen gelten“; vgl. auch Dols/Plate, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 6. Auflage, Rn. 373. 226 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 42. 227 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 42 f.: Diese Auffassung gehe vor allem von der Entstehungsgeschichte des Art. 57 der niedersächsischen Landesverfassung aus. „So hieß es in den Beratungen des Verfassungsausschusses zu – der weitgehend identischen Vorgängervorschrift des Art. 57 NdsVerf. – Art. 44 der Vorläufigen Niedersächsischen Landesverfassung (VNV), dass unter den Begriff der sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften etwa auch öffentlich-rechtliche Stiftungen oder die Landesversicherungsanstalten fallen sollten“. Zum Art 55 der Bayerischen Landesverfassung und dem Meinungsstreit um die verfassungsunmittelbare Statuierung der Anstaltsaufsicht, siehe dies., ebd., S. 40 ff. 228 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 43. 229 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 43. 230 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 350. 231 Vgl. Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 37.

B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien

141

Angesichts dieses Befunds sollen zwei Gesichtspunkte bemerkt werden. Zum einen müssten die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen rechtspraktisch von großer Bedeutung sein. Sachs hat diesen Punkt bereits zutreffend formuliert. „Bei fehlender verfassungsrechtlicher Regelung wäre es Sache des Gesetzgebers, frei zu entscheiden, ob und inwieweit die bundesunmittelbaren Rechtsträger ministeriellen Aufsichtsbefugnissen unterworfen und damit in eine quasi-hierarchische Vereinheitlichung der Verwaltung einbezogen werden sollen“232. Dafür finden sich einige aktuelle Beispiele wie z. B. in der neu gegründeten rechtsfähigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (§ 1 Abs. 1 BImAG)233 und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 2 FinDAG), die beide der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen unterstehen. Am Beispiel der Treuhandanstalt234 wird die Wichtigkeit gesetzlicher Vorgaben über „Aufsichtsreichweite, Maßnahmen und Mittel“, viel klarer235 : Dieser bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Einigungsvertrag) gegenüber sind Rechts- und Fachaufsicht Aufgabe des Bundesfinanzministers; für die Ausübung der Fachaufsicht holt er das Einvernehmen des Bundeswirtschaftsministers und des jeweiligen Fachministers ein (Art. 25 Abs. 1 Satz 3). Obwohl damit eine erschöpfende Staatsaufsicht beabsichtigt sein könnte, ist im Treuhandgesetz und anderen relevanten Normen nur ein Informationsrecht der Aufsichtsbehörde vorgeschrieben, was die Schlussfolgerung erlaubt, dass die Staatsaufsicht nur über dieses Informationsrecht und sonst über keine weiteren andere Aufsichtsmittel verfügt. Zudem ist zu beachten, dass die staatliche Anstaltsaufsicht auf Landesebene im Einzelnen gesetzlich, so wie z. B. im Kommunalrecht „der Flächenländer“ und im Berliner Betriebegesetz, geregelt ist236. Zum anderen darf aus dieser fehlenden ausdrücklichen Regelung über die Anstaltsaufsicht, der Indizwirkung der speziellen staatsaufsichtlichen Vorschriften im Grundgesetz und der wichtigen Rolle von einzelnen gesetzlichen Bestimmungen nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die verfassungstheoretische und 232

Sachs, NJW 1987, 2338 (2342). Vgl. Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I , § 13 Rn. 74. 234 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 111, dort in Fn. 777: „Die Treuhandanstalt wurde von der DDR-Volkskammer durch das Treuhandgesetz vom 17. 6. 1990 (GBl. I Nr. 33, 300) errichtet. Das Gesetz galt nach Maßgabe von Art. 25 Einigungsvertrag vom 31. 8. 1990 (BGBl. II, 889) fort. Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) ist die Nachfolgerin der Treuhandanstalt, vgl. Treuhandanstaltumbenennungsverordnung vom 20. 12. 1994 (BGBl. I, 3913)“. 235 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 111, dort in Fn. 777. 236 Vgl. Gruneberg, Abwasserbeseitigung durch kommunale Unternehmen, S. 290: „Art. 91 Abs. 3 GO Bay., § 114a Abs. 11 GO NW sowie § 86b Abs. 5 S. 1 GO Rh.-Pf.“ „verweisen in ihren Regelungen zur Anstalt des öffentlichen Rechts grundsätzlich allgemein auf die sinngemäße Anwendung der Regelungen über die staatliche Aufsicht“. Andererseits unterliegt „die Anstalt“ gemäß § 18 Berliner Betriebegesetz „der Rechtsaufsicht der für die Ver- und Entsorgung sowie Verkehrsbetriebe zuständigen Senatsverwaltung (Aufsichtsbehörde)“. 233

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

verfassungsrechtliche Grundlage des Erfordernisses der Anstaltsaufsicht ganz schwach wäre. Wie die für die Staatsaufsicht relevanten Untersuchungen zeigen237, ist das Ergebnis anders, als nach einer voreiligen Feststellung zu erwarten gewesen wäre. Im Folgenden soll dieser Punkt deshalb noch näher dargestellt werden. II. Erfordernis der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien 1. Erfordernis der Anstaltsaufsicht Was das Erfordernis der Staatsaufsicht über Anstalten des öffentlichen Rechts angeht, wird in der Literatur auf die Gefahr der Verselbständigung ohne Staatsaufsicht und auf die Reintegration der Anstalten bzw. der Selbstverwaltungsträger in das Staatsganze hingewiesen. Letztlich wird die Verantwortung des Staates „als Hüter der Rechtsordnung“ betont, „die Rechtmäßigkeit des anstaltlichen Verwaltungshandelns zu überwachen und Gesetzwidrigkeiten zu verhindern“238. Dabei sei „die Staatsaufsicht ein geeignetes Instrument“239. Ansonsten könnte „die Dezentralisation der Verwaltung zu einer Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit werden“240, „wenn ihr keine starke Staatsaufsicht entspreche“241. Ohne Staatsaufsicht ist „die Geltendmachung parlamentarischer Kontrolle unvollziehbar“ und „es handelt sich um ein Gebilde, dem der Verbindungsstrang zu der öffentlichen Verwaltung fehlt, das nicht ,integriertÐ ist, so dass es sozusagen eine souveräne Stellung innerhalb des Staatsganzen erlangt“242. In diesem Zusammenhang können das Erfordernis der Anstaltsaufsicht bzw. der staatlichen Aufsicht über die Selbstverwaltungsträger und deren Gegenstand durch die Formulierungen von Frotscher und Knemeyer anschaulich gemacht werden: „Um die notwendige ,AnbindungÐ an die zentrale Demokratie zu erreichen und eine“ etwaige „Auflösung des demokratischen Ganzen in heterogene Teile zu verhindern, ist eine Aufsicht durch den Staat unverzichtbar“243. „Dass die Selbstverwaltung als Teil der zweiten Gewalt den in der demokratischen Ordnung des Grundgesetzes verankerten Vorrang der ersten Gewalt, der Legislative, unbedingt beachtet“, muss durch den Staat überwacht werden244. Damit wird durch die Staatsaufsicht garantiert, dass die Anstalten des öffentlichen Rechts „im Rahmen der Gesetze verwaltet“ und ihre „öffentlichen Aufgaben“ 237 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 472 – 507; S. U. Pieper, Aufsicht, S. 228 – 277 und 314 – 343; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 31 – 92. 238 Andrick, JA 1987, 546 (547). 239 Andrick, JA 1987, 546 (547). 240 Andrick, JA 1987, 546. 241 Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37 (49). 242 Jecht, Die öffentliche Anstalt, S. 86, 89. 243 Frotscher, in: FG von Unruh, S. 127 (146 f.). 244 Frotscher, in: FG von Unruh, S. 127 (147).

B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien

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gesetzesmäßig „erfüllt werden“, ohne dass die Anstalten „zu Republiken in der Republik werden“245. Wenn hierbei die Reintegration der verselbständigten Glieder der staatlichen Verwaltung, der Anstalten bzw. der Selbstverwaltungsträger, in das Staatsganze stärker betont wird, hat man davon zu sprechen, dass „die Abhängigkeit vom Staat“ erst „durch die Staatsaufsicht realisiert wird“246. Staatsaufsicht dient daneben auch der Sicherung der Einheit der Verwaltung247. Diese allgemeinen Erwägungen lassen sich, wie schon bemerkt, verfassungsrechtlich auf das Demokratie- sowie auf das Rechtsstaatsprinzip stützen. Im Folgenden werden deshalb diese beiden Prinzipien als verfassungsrechtliche Grundlagen der Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts behandelt. Außerdem wird der Zusammenhang der Staatsaufsicht mit dem Gedanken der Einheit der Verwaltung skizziert. 2. Verfassungsprinzipien und Anstaltsaufsicht a) Demokratieprinzip (1) Legitimationsbedürftiges Objekt Das Demokratieprinzip ist in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG verankert. Gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Jede Ausübung von Staatsgewalt ist daher legitimationsbedürftig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Ausübung von Staatsgewalt „jedenfalls alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter“248. Die der Wahrnehmung staatlicher Verwaltungsaufgaben dienende Betätigung der öffentlich-rechtlichen rechtsfähigen Anstalten „lässt sich regelmäßig als ,amtliches Handeln mit EntscheidungscharakterÐ und damit als Ausübung von Staatsgewalt qualifizieren“249. Anstalten des öffentlichen Rechts bedürfen daher demokratischer Legitimation. (2) Verwirklichungsformen demokratischer Legitimation Im Hinblick auf die Verwirklichungsmittel demokratischer Legitimation werden im Allgemeinen drei Formen genannt: die „organisatorisch-personelle (personelle)“, die „sachlich-inhaltliche“ sowie die „funktionelle und institutionelle Legitimation“250. 245 Knemeyer, DVBl. 1984. 23 (28); zwar hat Knemeyer dies im Rahmen der Kommunalaufsicht so formuliert, aber dasselbe kann für die Anstaltsaufsicht gelten. 246 Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 105. 247 Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 83. 248 BVerfGE 47, 253 (273); 83, 60 (73); 93, 37 (68). 249 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 69. 250 Vgl. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 14 ff.; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 481 ff.; Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprin-

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

Für eine personelle Legitimation ist erforderlich, dass „eine ununterbrochene Kette individueller Berufungsakte vom Volk bis hin zu sämtlichen mit der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben betrauten Amtswaltern“ vorhanden sein muss251. Bei den Anstalten des öffentlichen Rechts liegt diese lückenlose Kette dann vor, wenn die Ernennung der anstaltsführenden Organe unmittelbar „durch einen seinerseits personell legitimierten Amtsträger“252 bzw. zuständigen Minister erfolgt oder er ihr zustimmt253. Die personelle Legitimation wird durch die sachlich-inhaltliche Legitimation staatlicher Handlungen ergänzt, weil diese dazu bestimmt ist, „die Ausübung der Staatsgewalt ihrem Inhalt nach vom Volk herzuleiten“254. Diese Legitimation wird einerseits durch parlamentarische Gesetzgebungskompetenz sowie die Gesetzesbindung aller übrigen staatlichen Stellen und andererseits „durch eine sanktionierende demokratische Verantwortlichkeit“ vermittelt255. Um diese Verantwortlichkeit sicherzustellen, stehen der Regierung bzw. den Ministern einige wichtige Möglichkeiten (sog. „abstrakte und konkrete Steuerungsmittel“256) zu. Als solche Möglichkeiten sind regelmäßig Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften sowie Befugnisse zu Fachaufsicht und einzelnen Weisungen durch die jeweiligen Ressortminister zu nennen257. Hinsichtlich der staatlichen Aufsicht sind die letzten beiden Instrumente zu beachten. Auf dem Wege des Weisungsrechts kann die Exekutivspitze jedes administrative Handeln steuern und damit die „Rückführbarkeit“ der einzelfallbezogenen Entscheidung auf den Willen des Volkes realisieren258. Die Regierung kann auch zip, S. 40 ff.; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 56 ff.; zusammenfassend Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 375 ff. 251 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 41; Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 16; Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 (222); BVerfGE 47, 253 (275); 77, 1 (40); 93, 37 (67). 252 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 481 mit weiteren Nachweisen. 253 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 76. 254 Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 21; vgl. auch Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 (222); Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 44; BVerfGE 93, 37 (67). 255 Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 21; in diesem Zusammenhang nennt Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 483, „die legislatorischen Steuerungsinstrumente“ und „exekutive Steuerungsmittel“; nach Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 46, „handelt es sich bei dem Gesetz um ein präventives, die Staatstätigkeit lenkendes Steuerungsmittel“ und „zentrale[s] Verbindungsstück zwischen den staatlicherseits getroffenen Entscheidungen und dem Volk“. 256 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 47 f. 257 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 60; Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 47 f.; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 483; Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 21. 258 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 48, spricht bezüglich des Weisungsrechts von „eine[m] besonders hohen Stellenwert auf der Bedeutungsskala sachlich-inhaltlicher Legitimation“; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 344, hält das Weisungsrecht für den „Kern der Leitungsgewalt des

B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien

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durch die Ausübung der Fachaufsicht „ihre Vorstellungen von Recht- und Zweckmäßigkeit“ verwirklichen und dadurch auf den Inhalt des Verwaltungshandelns einwirken259. Im Hinblick auf eine reine Rechtsaufsicht, die eine „fehlende umfassende Sachverantwortung der Regierung“ zeigt, wird dagegen oft von einer „Verdünnung“ demokratischer Legitimation gesprochen260, deretwegen insbesondere „die Regelungsdichte der Gesetze“ für die demokratische Legitimation von großer Bedeutung sei261. Von funktioneller und institutioneller demokratischer Legitimation wird im Hinblick darauf gesprochen, „dass der Verfassungsgesetzgeber selbst die betreffende Institution konstituiert hat, diese also ihre Existenz unmittelbar einem verfassungsgesetzgeberischen Akt verdankt“262. Auf Anstaltsebene ist die Bundesbank nach Art. 88 GG als ein Beispiel für einen Fall dieser Legitimation zu nennen263. Zur Erreichung der „konkrete[n] Legitimation der staatlichen Amtswalter und der von ihnen getroffenen Entscheidungen“ ist allein diese Art Legitimation jedoch nicht ausreichend264. (3) Äquivalenter Ausgleich der Legitimationsformen und die Staatsaufsicht Wie das Bundesverfassungsgericht und viele Autoren bereits zutreffend betont haben, ist die Tatsache wichtig, dass die soeben genannten Legitimationsformen nicht für sich voneinander unabhängig sind, sondern zur Erreichung eines „bestimmte[n] Legitimationsniveau[s]“ miteinander zusammenwirken265. Dabei ist die Frage nach der sog. „Legitimationskompensation“266, d. h. ob „ein Mangel der einen

Ministers“; nach Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 60, sei die Weisung „in Rechtsprechung und Literatur […] als zentrales demokratische Legitimation vermittelndes Instrument anerkannt“. 259 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 61. 260 Wendt, NWVBL 1987, 33 (38); zum Meinungsstreit Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 61 ff. 261 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 46 f., 50 und 97 f.; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 483; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 73: „Regelt das Gesetz die Tätigkeit der Anstalt ausführlich und detailliert“, […] lässt sich „in der anstaltlichen Praxis die Verwirklichung des parlamentarischen Willens zumindest vermuten“. 262 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 40; Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 15; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 63 f. 263 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 40. 264 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 40 f. 265 BVerfGE 83, 60 (72); 93, 37 (66 f.); Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 23; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (366 ff.); Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 52 ff. und 66 ff. 266 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 72 mit Nachweisen.

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

Form durch eine gesteigerte Dichte anderer Legitimationszusammenhänge ausgeglichen werden kann“267, im Zusammenhang mit der Staatsaufsicht zu diskutieren. In der Regel wird anerkannt, dass personelle und sachlich-inhaltliche Legitimation zumindest „in einem gewissen Umfang“268 gegenseitig substituierbar sind269. Hinsichtlich der Fachaufsicht bedeutet diese Substitutionsmöglichkeit, dass das durch das Fehlen der Fachaufsichtsrecht eintretende sachliche Legitimationsdefizit durch eine hinreichende personelle Legitimation „im Einzelfall ausnahmsweise“ kompensiert werden kann270. Dagegen erscheint es zweifelhaft, ob die gleiche Kompensationskonstellation auch auf das Fehlen einer Rechtsaufsicht Anwendung finden kann. Dieser Verzicht dürfte wohl eine „nur durch die Verfassung begrenzte Blankovollmacht“271 für die Anstalten bilden und damit würde in der Rechtswirklichkeit die tatsächliche Einhaltung und Wahrung der Gesetze von den Anstalten überwiegend vom „good will“272 des anstaltsleitenden Organs oder des einzelnen Amtswalters abhängig sein. Dass die „personell[e] Besetzung“ der Anstalten „einmal demokratisch“ legitimiert bzw. „die Kette individueller Berufungsakte vom einzelnen Amtswalter bis hin zum Volk“ gebildet worden ist273, gewährleistet nicht fortdauernden „effektiv[en] Einfluss des Volkes“ auf die Anstalten bzw. deren einzelne Verwaltungsentscheidung274. In diesem Zusammenhang kann man nicht von der Legitimationskompensation zwischen einer sichergestellten personellen Legitimation und dem durch das Fehlen einer Rechtsaufsicht bestehenden sachlich-inhaltlichen Legitimationsmangel sprechen275. Hinsichtlich der Kompensation innerhalb der sachlich-inhaltlichen Legitimationsform ist nicht anzunehmen, „dass die Erreichung ,eines ausreichende[n] Niveau[s] sachlich-inhaltlicher Legitimation der AnstaltenÐ ohne Rechtsaufsicht als unmittelbares eingreifendes Instrument des Staates, also ,allein durch GesetzesbindungÐ erwartet werden kann“276. 267

Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (368). Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 23. 269 Vgl. Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (368); Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 66 f. 270 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 76; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 330. 271 Hinsichtlich einer staatlichen Rechtsaufsicht führt Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 330, überzeugend aus: „Würde man auch auf dieses Maß an inhaltlicher Lenkung und Kontrolle durch Parlament und Regierung verzichten, so wären Organisation und Wirken von Autonomieträgern völlig in deren Belieben gestellt. Eine solche, nur durch die Verfassung begrenzte Blankovollmacht würde die Rolle des Parlaments auf die eines Kreationsorgans von Herrschaftsträgern reduzieren, von einer effektiven Herleitung ihrer Tätigkeit aus Willensentscheidungen des Volkes könnte dann nicht mehr die Rede sein“. 272 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 74. 273 Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HdbStR I, § 22 Rn. 15 f. 274 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 77. 275 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 77. 276 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 73. 268

B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien

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Hinsichtlich einer kompensatorischen Wirkung der funktionellen und institutionellen Legitimation ist zu beachten, dass der Anstalten des öffentlichen Rechts verfassungsrechtlich zu nennende Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG nichts zur Art und Weise der Legitimation vorschreibt277. Von einzelnen Sonderbereichen (z. B. der Bundesbank, oder der Rundfunkanstalten nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) abgesehen, ergibt sich „keine funktionelle und institutionelle Legitimation“ allein aus der „Organisation als öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträger“ (Anstalten)278. Im Regelfall erscheint daher die Kompensation durch diese Legitimation für Anstalten kaum denkbar. b) Rechtsstaatsprinzip (1) Überblick über die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung „Unter dem Begriff des Rechtsstaats versteht man allgemein einen Staat, dessen Ziel die Gewährleistung von Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtssicherheit im staatlichen Bereich ist und dessen Machtausübung durch Recht und Gesetz geregelt und begrenzt wird“279. Bezüglich der verfassungsrechtlichen Verankerung des Rechtsstaatsprinzips wird vor allem der den Grundsatz der Gewaltenteilung und der Bindung an Recht und Gesetz bestimmende Art. 20 Abs. 2 und 3 GG genannt. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden. Daraus ergibt sich auch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der zentraler Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist. Zu ihm gehören als wesentliche Prinzipien, der „Vorrang“ und der „Vorbehalt des Gesetzes“280. Nach dem Vorrang des Gesetzes muss die Exekutive bestehende Gesetze einhalten („Abweichungsverbot“) und anwenden („Anwendungsgebot“)281. Der Vorbehalt des Gesetzes bedeutet, dass in grundrechtsrelevanten Bereichen die Verwaltung nur aufgrund eines Gesetzes handeln darf282. (2) Staatsaufsicht und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (a) Anwendung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf Anstalten Obwohl nicht unumstritten ist, ob der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung die Rechtsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Anstalten unmittelbar gebie277

Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1973), 179 (217). Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 78. 279 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 80; Stern, Staatsrecht I, § 20 III 1, S. 781 f. 280 Maurer, AllgVerwR, 16. Auflage, § 6 Rn. 1. 281 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 81 f. 282 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 82; Stern, Staatsrecht I, § 20 IV 4 b), S. 805 ff. 278

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

tet283, ist sie allerdings getrennt von diesem Grundsatz kaum zu entwickeln. Er gilt im Grundsatz auch für die Anstalten des öffentlichen Rechts „als Teil der Staatsverwaltung“284. Die Anstalten des öffentlichen Rechts sind nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden, dürfen sich also nicht gesetzeswidrig verhalten285. Bei rechtsverletzender Anstaltsverwaltung eignet sich die Staatsaufsicht in Form der Rechtsaufsicht für die Unterbindung der rechtswidrigen Tätigkeit und die Gewährleistung rechtmäßiger Verwaltung286. Dieser Punkt ist hinsichtlich des Anwendungsgebots und der Durchsetzungsmechanismen des Rechts noch näher zu betrachten. (b) Die Notwendigkeit der Einrichtung von Durchsetzungsmechanismen Wie das „Anwendungsgebot“ (aus dem Gesetzesvorrang abgeleitet, siehe oben) deutlich macht, kommt es im Rechtsstaat nicht allein auf das Vorhandensein von Gesetzen und eine daran bestehende Bindung an287. Stattdessen soll „das Recht auch praktisch im konkreten Einzelfall beachtet“ werden und die Gesetze „in der Rechtswirklichkeit auch tatsächlich zur Geltung kommen“288. Aber in der Rechtswirklichkeit ist die tatsächliche Gesetzesbindung im Einzelfall auf die Entscheidung der staatlichen Verwaltungsstellen angewiesen. Die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Gesetzesbindung für sich genommen289 ist „unvollkommen“290 ; denn sie ist nicht ausreichend gewährleistet, wenn es an staatlichen Rechtsdurchsetzungsmechanismen fehlt291 und damit die Durchsetzung des Rechts dem „klagenden Bürger“ überantwortet ist, worauf sogleich zurückzukommen sein wird. Eventuelle Gesetzesverstöße dürften wohl weitgehend ungeahndet bleiben. Letztlich würde das Fehlen von Durchsetzungsmechanismen zur Wahrung des Rechts ein Risiko des Rechtsstaats bilden292. Aus diesem Gesichtspunkt sind für die Rolle des Staats als „Hüter der Rechtsordnung“293 „die Existenz umfassender Einwirkungsmöglichkeiten und Durchsetzungs283 Von überwiegenden Stimmen wird die Notwendigkeit der Einrichtung einer staatlichen Rechtsaufsicht über die verselbständigen Verwaltungsträger, also auch über die Anstalten des öffentlichen Rechts, angenommen. Zum Meinungsstand übersichtlich Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 82 ff. insbesondere Fn. 490 und 494. 284 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 82. 285 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 82. 286 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 82; dazu auch bereits zuvor unter B. II. 1. „Erfordernis der Anstaltsaufsicht“. 287 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 85. 288 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 85; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 495. 289 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 85. 290 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 202. 291 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 85. 292 Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37 (49); Andrick, JA 1987, 546. 293 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 86; Andrick, JA 1987, 546 (547).

B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien

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mechanismen unentbehrlich“294. Durch diese werden die Anwendung der Gesetze und die Umsetzung des gesetzgeberischen Willens in die Rechtswirklichkeit tatsächlich gewährleistet. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass andere Funktionen der Staatsaufsicht und andere Durchsetzungsinstrumente des Rechts wegen der Betonung der Staatsaufsicht als ausschlaggebender Durchsetzungsmechanismus nicht übersehen oder völlig verneint werden dürfen295. (c) Verhältnis zwischen staatlicher Aufsicht und individuellem Rechtsschutz Hinsichtlich der Betonung der umfassenden Gewährleistung des individuellen Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 GG und subjektiver öffentlicher Rechte des Bürgers stellt sich die Frage, ob staatliche Aufsicht gegenüber gerichtlicher Kontrolle subsidiär ist, oder ob es der Einrichtung einer Staatsaufsicht bei dem Bestehen der Möglichkeit eines individuellen Rechtsschutzes nicht bedarf. Nach Oebbecke könne „das Grundgesetz mit seiner sehr starken Betonung der Rechte des einzelnen“ „sehr wohl eine institutionelle Sicherung dieser Rechte in Art. 19 IV GG zwingend vorgegeben und die Sorge für die Schaffung der nötigen Vorkehrung für die Wahrung der Rechtsordnung im übrigen der Sorge des einfachen Gesetzgebers anheimgestellt haben“296. „Für zwingende organisatorische Vorgaben erscheint Art. 20 III GG als normative Basis doch sehr schwach“297. Die Subsidiaritätsthese Schnapps298 gehört auch zu dieser Auffassung, dass eine Staatsaufsicht neben der gerichtlichen Kontrolle zur Durchsetzung der Gesetzesbindung nicht erforderlich ist. Zwar hat der Individualrechtsschutz auch eine „Wahrung gesetzlicher Bindung durch die vollziehende Gewalt“ bzw. die öffentlichen Anstalten zur Folge299. Jedoch zeigen vor allem die Betrachtungen über „verschiedene Ausgangspunkte und Zwecke“ der beiden Verfahren, der Staatsaufsicht und gerichtlicher Kontrolle, dass allein im Wege gerichtlicher Kontrolle die gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebotene Gesetzesbin294 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 86; vgl. auch Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 495 f.; Andrick, JA 1987, 546 f. 295 Nach Oebbecke, DÖV 2001, 406 (407), würden „Überlegungen, die Rechtsaufsicht als notwendiges Element der Rechtsstaatlichkeit anzusehen“, zur sehr ausgeprägten Orientierung der Staatsaufsicht „auf die Wahrung des Rechts“ führen. Außerdem „wäre“ z. B. „eine weitreichende Aktenöffentlichkeit in Verbindung mit einer Popularklage“ „im Hinblick auf die Durchsetzung des Rechts vielleicht sogar effektiver als die staatliche Aufsicht“. 296 Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 135. 297 Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 135. 298 Schnapp, DVBI. 1971, 480 (483): „Mit der Entwicklung subjektiver öffentlicher Rechte des Bürgers ist die Staatsaufsicht auf eine Reservefunktion zurückgedrängt. Die Garantenfunktion der Aufsichtsbehörde, die darin besteht, die Gesetzmäßigkeit des Handelns der Körperschaften des öffentlichen Rechts zu sichern, entfällt, wo der einzelne in der Lage ist, sein Recht wahrzunehmen, d. h. selbst die Garantenfunktion auszuüben“. 299 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 88.

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

dung nicht erreicht werden kann300. Bei gerichtlicher Kontrolle findet als primäres Ziel eine Verfolgung der privaten Interessen statt, „denen es an der für die Staatsaufsicht maßgebenden Universalität und Kontinuität fehlt“301. Außerdem müssen einige praktische Hürden bis zu einer gerichtlichen Kontrolle und einer Sachentscheidung genommen werden. Obwohl sich der Bürger bei Verletzung eines subjektiven Rechts zu einer Klage entschließt, steht das Prozessrisiko mit hohen Prozesskosten vor ihm. Auch wegen prozessualer Restriktionen, vor allem Fristenregelungen, könnten die Rechtsschutzmöglichkeit gegebenenfalls gehindert werden bzw. ein Antrag ans Gericht wegen Unzulässigkeit erfolglos bleiben302. Zudem bleibt es in einer Verwaltungsorganisation zweifelhafter, ob man von individuellen Klagen die Durchsetzung des objektiven Rechts erhoffen kann. Hier – wie Roellecke zutreffend bemerkt303 – werden „Klagen gegen Kollegen oder gegen die eigene Organisation“ „als unanständig“ und „verpönt“ angesehen, „weil die Eisigkeit des Rechts das feine Netz der guten Beziehungen zerstört“. Dagegen bezweckt die Staatsaufsicht die Befolgung des objektiven Rechts304 und die Verfolgung der öffentlichen Interessen305. Interessen der Allgemeinheit oder Dritter lassen sich nicht im Wege der Klage, sondern nur im Wege des Aufsichtsverfahrens verfolgen. In den vielen Fällen von Verstößen gegen nur objektives Recht ohne Beeinträchtigung subjektivrechtlicher Positionen funktioniert die Staatsaufsicht als effektiver „Durchsetzungsmechanism[us] zur Wahrung des Rechts“306. Angesichts der „Unsicherheiten“ im Bereich des individuellen Rechtsschutzes sind dem Staat Aufsichtsbefugnisse jedenfalls auch bei subjektiven Rechtsverletzungen zuzugestehen307. In diesem Zusammenhang hat Andrick im Anschluss an Hassel308 überzeugend formuliert: „Die Aufsicht schützt den Selbstverwaltungsträger in seinen Rechten und sichert die Erfüllung seiner Pflichten. Würde man die Wahrnehmung dieses Auftrages von den Klagemöglichkeiten einer Privatperson abhängig machen, würde die Aufsichtsbehörde ihrer Fürsorgepflicht nicht gerecht werden können, wenn sie untätig zusehen müsste, wie ein Dritter den Selbstverwaltungsträger in einen für ihn teu300 Schröder, JuS 1986, 371 (374); Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, S. 90; Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 214; Andrick, JA 1987, 546 (548). 301 Andrick, JA 1987, 546 (548); Schröder, JuS 1986, 371 (374); Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 90. 302 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 89. 303 Roellecke, DÖV 1985, 854 (859). 304 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 90. 305 Schröder, JuS 1986, 371 (374); Andrick, JA 1987, 546 (548); Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 90. 306 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 90. 307 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 90; vgl. auch Roellecke, DÖV 1985, 854 (859). 308 Vgl. Hassel, DVBl. 1985, 697 (698).

B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien

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ren und aussichtslosen Prozess verwickelt. Die repressive Überwachungspflicht dient gerade dazu, die Einfügung der Tätigkeit des Selbstverwaltungsträgers in die gesamtstaatliche Rechtsordnung sicherzustellen. Diese für den Rechtsstaat elementare Zielsetzung darf nicht im Einzellfall dadurch unterlaufen werden, dass ein Dritter auf den ihm zustehenden Rechtsschutz verzichtet“309. Allerdings schließt diese Aussage nicht aus, dass die Aufsichtsbehörde auf „die Befugnis zur prozessualen Gegenwehr“ nach ihrem Ermessen bzw. aufgrund des Opportunitätsprinzips Rücksicht nehmen kann310. Man kann daher insgesamt davon sprechen, dass der individuelle Klageweg und die staatliche Aufsicht „nebeneinander“ stehen311. c) Die Einheit der Verwaltung (1) Der Begriff der Einheit der Verwaltung „Einheit der Verwaltung“ – „ein Topos der [deutschen] Verwaltungslehre“ – findet seine Verwendung zwar „durchaus nicht einheitlich“312, aber im wesentlichen wird der Begriff in zwei verschiedenen Bedeutungen, also einmal überwiegend in einem „organisatorische[n]“ und zum anderen in einem „organische[n]“ Sinn, verstanden; diese „organisatorische und organische Einheit stehen nicht beziehungslos nebeneinander“313, sondern hängen eng zusammen314. Unter dem Begriff der Einheit der Verwaltung im organisatorischen Sinn wird „Einheit der Verwaltungsorganisation“ verstanden315. Nach Oebbecke ist die „organisatorische Einheit der Verwaltung“ „verwirklicht, wenn und soweit die Verwaltung eines Gebietes von einer einzigen Behörde oder mehreren unter einer Leitung stehenden Behörden [bzw. ,einer Gruppe chefangegliederter BehördenÐ316] wahrgenommen 309 Andrick, JA 1987, 546 (548); ders., Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 77; Roellecke, DÖV 1985, 854 (859), plädiert dafür, „rechtsaufsichtliche Maßnahmen immer zuzulassen, wenn nicht ausschließlich subjektive Rechte Dritter […] in Streit stehen“. Er führt in Bezug auf die Hochschulaufsicht und informelle Steuerung so ähnlich wie Andrick aus, „[…] Der erste Grund ist, dass Rechtswidrigkeiten, die nicht ausschließlich Rechte Dritter betreffen, immer die Durchsetzung genereller Normen berühren, die meist nicht nur für eine Hochschule gelten. Die Durchsetzung genereller Normen kann man aber nicht davon abhängig machen, dass es irgend jemanden gibt, der bereit ist, die Last und Risiko eines Prozesses auf sich zu nehmen“. 310 Hassel, DVBl. 1985, 697 (702); Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 90; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 149. 311 Andrick, JA 1987, 546 (548); Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 91; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 550, er spricht von einem „uneingeschränkten Komplementärverhältnis“ zwischen staatlicher Aufsicht und gerichtlicher Kontrolle. 312 Oebbecke, DVBl. 1987, 866; vgl. auch Oldiges, NVwZ 1987, 737. 313 Oebbecke, DVBl. 1987, 866 (866 f. und 868). 314 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 46. 315 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 45; Oebbecke, DVBl. 1987, 866; Sachs, NJW 1987, 2338 (2340). 316 Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 (196).

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wird“317. Dieser an den Verwaltungsaufbau und die Konzentration der „Verwaltungsaufgab[e]“ gerichtete Gedanke fordert demnach, dass „auf Sonderbehörden möglichst verzichtet werden soll“318. Zudem lässt er sich mit Schaffung von verselbständigten Verwaltungsträgern zur Erledigung öffentlicher Aufgaben nur schwer vereinbaren319. Hierbei wird ein „einheitliches“, inhaltlich „widerspruchsfreies Verwaltungshandeln“ durch eine einheitliche Behördenstruktur erwartet320. Allerdings bleibt es zweifelhaft, ob diese „Organisationsmaxime der Einheit der Verwaltung“321 ein überzeugendes Bild der Realität der deutschen Verwaltung liefert322 und ob sie sich verwirklichen lässt323. Unter dem Begriff der Einheit der Verwaltung im organischen Sinn versteht man „Einheitlichkeit, Gleichgerichtetheit und organische Geschlossenheit“324. Mit anderen Worten bedeutet er das Gebot zum einheitlichen Verwaltungshandeln im Sinne „eines ,gleichsinnige[n] Zusammenwirken[s]Ð der Verwaltungsbehörden“ in einer sich „aus dem Gemeinwohlauftrag“ ergebenden „gemeinsamen Funktion und unter gemeinsamen Handlungsmaximen“ gegenüber dem Bürger325. Demnach geht es bei diesem Gedanken, der die Verwaltungsqualität, das heißt die Art und Weise sowie das Wie der Verwaltung betrifft,326 darum, dass „die Vielzahl administrativer Verwaltungsagenden und Handlungsträger sich bei aller Verschiedenheit“ im Ergebnis dennoch „als ein einheitliches Gefüge“ präsentiert327. „Organische Einheit“ als Einheit des Verwaltungshandelns zu fördern, ist durch verschiedene „einheitsstiftende Faktoren“328 möglich329, wie z. B. „hauptsächlich durch den Erlass norminterpretierender und ermessensausfüllender Verwaltungsvorschriften“330 bzw. „eine einheitliche Rechtsordnung“331, „[die] überschneidungslos[e] sachlich[e] Abgrenzung sämtlicher Wahrnehmungszuständigkeiten der organisatorischen Handlungssub317

Oebbecke, DVBl. 1987, 866 f. Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 (196); Oebbecke, DVBl. 1987, 866 (867), spricht von der „Frontstellung gegen Sonderbehörden“. 319 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 46. 320 Bachof (Diskussionsbeitrag), VVDStRL 46 (1988), S. 295. 321 Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 (196). 322 Schuppert, DÖV 1987, 757 (758). 323 Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 (196). 324 Oebbecke, DVBl. 1987, 866 (867). 325 Mit diesem Zusammenwirken können „der Staat und die für ihn handelnde Verwaltung“ ihre Verpflichtung erfüllen, bei „schonendstem Umgang mit [der] Rechts- und Freiheitssphäre [des Bürgers] und unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit“ „konsistent“ und „verlässlich“ zu handeln, dazu Oldiges, NVwZ 1987, 737 (738) mit weiteren Nachweisen. 326 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 46. 327 Oldiges, NVwZ 1987, 737 (738). 328 Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 47. 329 Oebbecke, DVBl. 1987, 866 (868); Oldiges, NVwZ 1987, 737 (739). 330 Oldiges, NVwZ 1987, 737 (739). 331 Schuppert, DÖV 1987, 757 (761). 318

B. Rechtliche Grundlagen der Anstaltsaufsicht und Verfassungsprinzipien

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jekte“ bzw. „der Verwaltungsträger“332, Weisungshierarchie innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung333 und die Aufsicht im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung334. (2) Einheit der Verwaltung und Staatsaufsicht Wie schon die begriffliche Darlegung der Einheit der Verwaltung andeutet, wird die Aufgabenübertragung auf Träger mittelbarer Staatsverwaltung bzw. die Anstalten des öffentlichen Rechts bereits als ein die Einheit der staatlichen Verwaltung bedrohendes, und insofern bedenkliches System angesehen335. Insbesondere ist das der Fall, wenn bestimmte Maßgaben nicht eingehalten bzw. geeignete einheitsstiftende Instrumente nicht eingesetzt werden. Unter diesem Aspekt betont Wendt die Staatsaufsicht „als […] unverzichtbares Instrument der […] Sicherung der Staatseinheit“ und warnt, „die Übertragung von Verwaltungsaufgaben und -befugnissen zur unkontrollierten Ausübung“ würde „zur Sprengung der Staatseinheit und zur Entwicklung von unabhängigen Machtpositionen außerhalb der Staatsorganisation führen“336 : „Mindesterfordernis zulässiger Ausgliederung ist deshalb grundsätzlich die Unterstellung der mittelbaren Staatsverwaltung unter die (ministerielle) Staatsaufsicht, die es mit ihren verschiedenen Einwirkungsmöglichkeiten erlaubt, die im Staat bestehenden autonomen Verwaltungseinheiten unter Wahrung ihrer Autonomie in einem gewissen, gesetzlich vorgegebenen Rahmen zu überwachen. Staatsaufsicht in diesem Sinne bedeutet nicht Geschäftsleitung, sondern Beobachtung und gegebenenfalls Korrektur fremdbestimmter Tätigkeit. Mit diesem Anspruch erweist sie sich im gegebenen Zusammenhang als grundsätzlich unverzichtbares Instrument der Integration und Sicherung der Staatseinheit“. Auf gleicher Linie liegt die Auffassung von Emde. Danach sei es keinesfalls Zweck der Selbstverwaltung, „den Staat als Wirkungseinheit aufzulösen“, „sie soll[e] vielmehr lediglich zu einer sachgerechten Differenzierung seiner Struktur beitragen“337. „Der Staatsaufsicht oblieg[e] es demnach, für die Erfüllung dieses Auftrags und insbesondere für die Respektierung seiner Grenzen durch die Selbstverwaltung Sorge zu tragen – sie [sei] der Hirtenhund, der die Herde der staatlichen Verwaltungs332

Wendt, NWVBL 1987, 33 (36 f.). Wendt, NWVBL 1987, 33 (37); Schuppert, DÖV 1987, 757 (762); Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 (219); Oebbecke, DVBl. 1987, 866 (868); Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 47. 334 Wendt, NWVBL 1987, 33 (37 f.); Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 (219); Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, S. 23 f.; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 83; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 47; im Übrigen werden beispielsweise Rechtsprechung und eine „kritische Öffentlichkeit“ als einheitsstiftende Faktoren genannt, dazu Oldiges, NVwZ 1987, 737 (739); Oebbecke, DVBl. 1987, 866 (868). 335 Wendt, NWVBL 1987, 33 (37). 336 Wendt, NWVBL 1987, 33 (38). 337 Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 83. 333

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träger zusammen[halte]“, und ihr „letzte[r] Grund“ sei damit „die Integration dieser Vielheit zur Einheit der staatlichen Verwaltung“338. Mit diesen Formulierungen von Wendt und Emde sind zwar wichtige Gesichtspunkte des Gedankens der Einheit der Verwaltung zur Begründung von Sinn und Zweck der Staatsaufsicht über die verselbständigten Verwaltungsträger bzw. die Anstalten des öffentlichen Rechts, also Sicherung der Integration der juristischen Personen in die Staatsverwaltung und Einheitsstiftung, hinreichend klar geworden. Aber die hier auch aufzuwerfende Frage, ob sich die Staatsaufsicht über die Anstalten des öffentlichen Rechts aus dem Gedanken der Einheit der Verwaltung als verfassungsrechtlich notwendig herleiten lässt, ist noch nicht beantwortet. Zunächst ist hier hinsichtlich der Frage nach der Anerkennung der Einheit der Verwaltung als Verfassungsprinzip zu beachten, dass hierüber in der Literatur intensiv gestritten wird339. Insbesondere nach der die pluralistischen Aspekte des modernen Verfassungsstaates sehr respektierenden, wohl herrschenden Meinung wird die Einheit der Verwaltung, teilweise schon der Begriff selbst, sehr kritisch verworfen340. Krebs verweist die Einheit der Verwaltung in die Kategorie einer „historisch beladenen, zwischen Verfassungstheorie, Verfassungspolitik, Verwaltungswissenschaft und Rechtsdogmatik changierenden Beschwörungsformel“341 und betrachtet die Vorstellung von der Einheit der Verwaltung als „Trug- oder Wunschbild“342. Nach Kahl ist der Begriff der Einheit der Verwaltung eine „verfassungstheoretische Idee und Direktive“343, die das Grundgesetz aber als „normatives Verfassungsprinzip“ ebenso wenig enthalte, wie die „Einheit des Staates“344. Rechtsstaatsprinzip, vor allem Gewaltenteilung und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung „geben für ein verfassungsrechtliches Gebot der Einheit der Verwaltung nichts her. [….] Ferner kann der in puncto Einheit der Verwaltung indifferente Art. 35 GG345 nicht als Ausdruck der Einheit der Verwaltung gewertet werden“346. Findet der Gedanke der Einheit der Verwaltung, wie die herrschende Ansicht zeigt, „keine normativ-verfassungsrechtliche Anerkennung“ und verstößt ein Zustand der Staatsaufsichtslosigkeit auch nicht gegen diesen Grundsatz, lässt sich die Erforder338

Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 83. Dazu zusammenfassend Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 48 ff. 340 Vgl. Oebbecke, DVBl. 1987, 866 (869); Schuppert, DÖV 1987, 757 (760); Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 472 ff.; Bryde, (Diskussionsbeitrag), VVDStRL 46 (1988), S. 290; Krebs, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HdbStR III, § 69 Rn. 11 und 22; Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 49, Fn. 294. 341 Krebs, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HdbStR III, § 69 Rn. 11. 342 Krebs, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HdbStR III, § 69 Rn. 22. 343 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 478. 344 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 476 f. 345 Anders BVerfGE 7, 183 (190); Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 35 Rn. 5; Wendt, NWVBL 1987, 33 (39). 346 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 477. 339

C. Staatsaufsicht und Staatseinfluss bei einzelnen Anstalten

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lichkeit der Staatsaufsicht über die Anstalten des öffentlichen Rechts daraus nicht ableiten347. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass sogar Diejenigen, die ein Verfassungsprinzip Einheit der Verwaltung befürworten, tatsächlich von der erheblichen Schwierigkeit bzw. der Unmöglichkeit sprechen, „unmittelbar zwingende Rechtsfolgen aus dem Prinzip Einheit der Verwaltung herzuleiten“348. So formuliert Mögele, „die Ableitung konkreter einheitsbildender Instrumente erscheint kaum möglich. Insofern erweist sich der Grundsatz der Einheit der Verwaltung lediglich aus – wenn auch verfassungsrechtlich verankerte – Richtschnur, die bei Entscheidungen über den Aufbau, die Struktur und die Arbeitsweise der Verwaltung zu berücksichtigen ist“349. Aus diesem Befund kann man schließlich in Anlehnung an die Bemerkungen von Kahl350 die Folgerung ziehen: Über eine der Beschreibung von Sinn und Zweck der Staatsaufsicht über die Anstalten des öffentlichen Rechts dienende Funktion hinaus bringt die Einheit der Verwaltung als „verfassungstheoretische Idee“ zum „Ob Staatsaufsicht“ nichts Fruchtbares. Anders ausgedrückt ist „die Berufung auf die Einheit […] der Verwaltung“ „insofern nicht ohne Erkenntniswert“, „als sie positiv die Einbeziehung“ der Anstalten des öffentlichen Rechts bzw. der verselbständigten Verwaltungsträger in das Staatsganze sowie „negativ die Unzulässigkeit völliger Abkoppelung vom Staatlichen zum Ausdruck bringt, rechtsdogmatisch verfügt sie aber über kein eigenständiges konstitutives Gewicht für die Begründung der Notwendigkeit von Staatsaufsicht“351.

C. Staatsaufsicht und Staatseinfluss bei einzelnen Anstalten I. Die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, die Staatsaufsicht und der Staatseinfluss 1. Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank a) Einleitung Den Kern, der mit der Deutschen Bundesbank zusammenhängenden staatsrechtlichen Diskussion, bildet ihre Unabhängigkeit. Diese kann unter verschiedenen Aspekten, z. B. unter dem Aspekt der demokratischen Legitimation oder dem Aspekt ministerialfreien Räume oder weiteren Aspekten untersucht werden. An dieser Stelle 347 Vgl. Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 50 ff. 348 Vgl. Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 50 f. 349 Mögele, BayVBl. 1987, 545 (548). 350 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 478 f.; im Ergebnis ebenso Gotzmann, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 53. 351 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 478 f.

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

soll aber nur die wesentliche Bedeutung der Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank und deren Zusammenhang mit der Staatsaufsicht behandelt werden, da Schwerpunkt dieser Untersuchung die Deutsche Bundesbank und ihre Unabhängigkeit als Beispiel einer besonderen Anstalt des öffentlichen Rechts ist. b) Erfordernis und Kriterien der Unabhängigkeit der Währungs- und Notenbank (1) Allgemeine Folgerung für die Unabhängigkeit Ausgangspunkt der Überlegungen für eine unabhängige Währungs- und Notenbank waren die geschichtliche Erfahrung und wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse. Beides sprach für die Notwendigkeit der Unabhängigkeit der Währungs- und Notenbank. Auch wenn die Konflikte zwischen der Notenbank und der politischen Führung, insbesondere der Regierung352, zumeist nur unterschwellig vorhanden waren, traten sie dennoch bisweilen offen zu Tage353. Im Jahr 1956 kritisierte K. Adenauer die Bundesbank scharf, als diese den Diskontsatz um einen Prozentpunkt angehoben hatte354. In der Tat war das die Währung abwertende Subjekt „nie“ „eine Zentralbankleitung“, sondern „immer der Staat, der die Geldwertverschlechterung als Mittel zur Finanzierung von Haushaltsdefiziten – meist in Kriegszeiten – eingesetzt hat“355. Andererseits zeigen wirtschaftswissenschaftliche Analysen, die das Notenbankwesens der Welt vergleichen356, dass je unabhängiger eine Zentralbank ist, desto niedriger in der Regel die durchschnittliche Inflationsrate und desto geringer die Schwankungen in der Preisentwicklung eines Landes sind357. Außerdem ist ein stabiles wirtschaftliches Wachstum nur mit Geldwertstabilität zu erreichen. Aus alldem kann man die für das Zentralbanksystem erforderliche Konsequenz ziehen: „[D]ie unmittelbare Verfügungsgewalt der Regierung über das geldpolitische Instrumentarium [ist gefährlich] für die Geldwertstabilität“358. Um die Zentralbank 352 Allgemein zu den politischen Zielsetzungen der Regierung, Waigel, Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, S. 37: „Sie wird in der Öffentlichkeit weniger daran gemessen, ob die Währung stabil bleibt, als vielmehr wie hoch z. B. die Wachstumszahlen und die Arbeitslosigkeit sind“. „Kurzfristige Erfolge unter dem Diktat kurzer Wahlperioden könnten ihr mehr am Herzen liegen als eine langfristig angelegte Stabilitätspolitik“. 353 Waigel, Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, S. 39. 354 Hierzu ausführlich, Waigel, Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, S. 39, der auch meint, Adenauers „Bemerkungen könnten als Muster für die in den folgenden Jahren immer wieder vorgebrachte Kritik an der Notenbankpolitik gelten“. Außerdem wird die Kritik durch Wirtschaftsminister K. Schiller von 1967 häufig zitiert: Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 10 Fn. 19. 355 Stern, Staatsrecht II, § 35 V 2 c, S. 497. 356 Stern, Staatsrecht II, § 35 V 2 c, S. 497; Waigel, Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, S. 50. 357 Waigel, Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, S. 50. 358 Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 173.

C. Staatsaufsicht und Staatseinfluss bei einzelnen Anstalten

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von jeglichen Einflüssen seitens der Exekutive und des Parlaments freizuhalten und somit eine Konzentration auf die ihr per Gesetz zugewiesenen währungspolitischen Aufgaben zu ermöglichen, soll die Zentralbankautonomie, insbesondere gegenüber politischer Einwirkung, weitestgehend gewährleistet werden359. (2) Begründung der Zentralbankunabhängigkeit im Regierungsentwurf Dass eine so weitgehend, unabhängige Zentralbank in Deutschland wie die Deutsche Bundesbank nach zwei Inflationen im vorherigen Jahrhundert errichtet wurde, ist unter den oben erwähnten Gesichtspunkten insofern als etwas Selbstverständliches anzusehen. Eine zusammenfassende, gut formulierte Argumentation für die Unabhängigkeit der Zentralbank findet sich in der Begründung des Gesetzes zur Errichtung der Deutschen Bundesbank vom 18. Oktober 1956360 : „Gerade weil aber die Stabilerhaltung unserer manipulierten Währung nicht mehr von automatisch wirkenden Golddeckungsvorschriften, sondern wesentlich von den Entscheidungen der Währungsbank über die richtige Dosierung der Geldmenge abhängt, dürfen diese Entscheidungen nicht unter Anweisung irgendeiner Stelle stehen, die an einer der Währungspolitik gegenläufigen Entwicklung des Geldvolumens aus irgendwelchen Gründen interessiert sein könnte. Denn wichtiger als alle anderen noch so guten Gründe ist die Sicherheit der Währung, die oberste Voraussetzung für die Aufrechterhaltung einer Marktwirtschaft und damit letzten Endes einer freiheitlichen Verfassung der Gesellschaft und des Staates. Potentielle Interessenten einer der Währungspolitik gegenläufigen Entwicklung des Geldvolumens sind erfahrungsgemäß alle politischen Instanzen, alle Kreditinstitute und alle Kreditnehmer. Von ihnen also muss die Notenbank unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sein“. (3) Definition der Zentralbankunabhängigkeit und deren Bewertungsfaktoren In Anlehnung an die Regelungen von § 12 BBankG361 und Art. 130 AEUV (exArt. 108 EGV)362 wird unter der Unabhängigkeit einer Zentralbank verstanden, 359 Waigel, Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, S. 38; Milow, Ein geldpolitisches Instrumentarium für das Europäische System der Zentralbanken und die Europäische Zentralbank, S. 64. 360 BT-DruckS. 2/2781, S. 24 f. 361 § 12 BBankG lautet: „Die Deutsche Bundesbank ist bei der Ausübung der Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen, von Weisungen der Bundesregierung unabhängig. Soweit dies unter Wahrung ihrer Aufgabe als Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken möglich ist, unterstützt sie die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung“. 362 Nach Tilch, Europäische Zentralbank und Europäisches System der Zentralbanken, S. 15, „drängte“ Deutschland bei der Verhandlung für „eine Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung“ „auf eine Reihe von stabilitätspolitischen Vorkehrungen“. „So wurde die Europäische Zentralbank“ (EZB) „ausdrücklich auf das vorrangige Ziel der Preisstabilität verpflichtet“ (Art. 127 AEUV, ex-Art. 105 EGV). „Darüber hinaus wurde [der EZB] nach dem Vorbild der Deutsche[n] Bundesbank eine weitgehende Weisungsunabhängigkeit von anderen Gemeinschaftsorganen eingeräumt“ (Art. 130 AEUV, ex-Art. 108 EGV).

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

dass die mit geldpolitischen Entscheidungen Beauftragten keine unmittelbaren Weisungen der Regierungen annehmen dürfen bzw. müssen363. Im Einzelnen, wie sowohl die volkswirtschaftlichen als auch die juristische Literatur zeigt364, sind drei Unabhängigkeitskriterien – „Funktionelle“, „Personelle“ und „Finanzielle Unabhängigkeit“ – maßgebend bei der Bemessung des Unabhängigkeitsgrades der einzelnen Nationalzentralbank. Im Folgenden wird ihr wesentlicher Inhalt kurz vorgestellt. Für die funktionelle Unabhängigkeit muss die Freiheit der Zentralbank von Weisungen und Einflussnahmen der Regierung oder anderen politischen Stellen gewährleistet werden365. Dadurch muss die Zentralbank gesetzlich und tatsächlich in der Lage sein, dass sie nach ihrer alleinigen Kompetenz die Währungspolitik festsetzen und für deren Durchsetzung geeignete Instrumente anwenden kann366. Allerdings kann die Zentralbank unter Voraussetzung der Wahrung ihres essentiellen Ziels – der Währungsstabilität – einen beschränkten Spielraum zur Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Regierung haben367. Personelle Unabhängigkeit bedeutet, dass die Regierung „über den Umweg der Personalpolitik“368 die Geldpolitik der Zentralbank nicht beeinträchtigen darf. Für diese Unabhängigkeit ist unerlässlich, dass das Entscheidungsgremium der Zentralbank nicht durch die Ausübung der alleinigen und starken Ernennungsmacht der Regierungsseite, sondern auf dem Weg des Ernennungspluralismus von verschiedenen Instanzen zusammengesetzt werden muss369. Zudem muss die ausreichend lange Amtszeit („mindestens fünf Jahre“) der Mitglieder des Entscheidungsgremiums gesetzlich garantiert werden und ihre Abberufung ist nur im begründeten Ausnahmefall (z. B. auf Grund „schwerer Verfehlungen“) zuzulassen370. 363

Solveen, Der Einfluß der Unabhängigkeit auf die Politik der Zentralbanken, S. 6. Vgl. Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 140 ff.; Solveen, Der Einfluß der Unabhängigkeit auf die Politik der Zentralbanken, S. 7 f.; Reumann, Die Europäische Zentralbank, S. 18 ff.; Büsching, Unabhängigkeit und Zinspolitik der Deutschen Bundesbank im Prozeß der deutschen Vereinigung (1989 – 1992), S. 32 ff. 365 Reumann, Die Europäische Zentralbank, S. 19; Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 141; Solveen, Der Einfluß der Unabhängigkeit auf die Politik der Zentralbanken, S. 7. 366 Reumann, Die Europäische Zentralbank, S. 19; Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 141; Solveen, Der Einfluß der Unabhängigkeit auf die Politik der Zentralbanken, S. 7. 367 Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 141; Solveen, Der Einfluß der Unabhängigkeit auf die Politik der Zentralbanken, S. 7. 368 Bonin, Zentralbanken zwischen funktioneller Unabhängigkeit und politischer Autonomie, S. 209. 369 Solveen, Der Einfluß der Unabhängigkeit auf die Politik der Zentralbanken, S. 7; Reumann, Die Europäische Zentralbank, S. 21; Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 142. 370 Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 142; Reumann, Die Europäische Zentralbank, S. 21. 364

C. Staatsaufsicht und Staatseinfluss bei einzelnen Anstalten

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Finanzielle Unabhängigkeit der Zentralbank wird in der Regel dadurch gesichert, dass „die Zentralbank über eigene Einnahmen und einen eigenen Haushalt [ohne Beteiligung privater Dritter] verfügt“371. Zur Wahrung der Währungsstabilität ist allerdings „jegliche Geldschöpfung[smöglichkeit] durch die Gewährung von Kreditfazilitäten an öffentliche Haushalte“ auszuschließen372. c) Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank im Grundgesetz und BBankG (1) Unabhängigkeit im Grundgesetz Grundgesetzlich ist gewährleistet, dass die Bundesbank insofern autonom ist, als sie an Weisungen nicht gebunden ist – weder auf nationaler, noch auf europäischer Ebene373. In Art. 88 Satz 2 GG, durch verfassungsänderndes Gesetz vom 21. Dezember 1992 in das Grundgesetz eingefügten Vorschrift, heißt es, dass Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Bundesbank im Rahmen der Europäischen Union auf die Europäische Zentralbank übertragen werden können, die unabhängig und damit dem vorrangigen Ziel der Sicherung der Preisstabilität verpflichtet ist: „Damit ist erstmals in Art. 88 GG ausdrücklich verankert worden, dass das Ziel der Währungssicherung – jedenfalls auf europäischer Ebene – nur durch eine unabhängige Zentralbank zu erreichen ist“374. Angesichts dieses Befundes ist die bislang herrschende Meinung, die bei der Auslegung des Art. 88 GG a. F., des jetzigen Art. 88 Satz 1 GG, die Unabhängigkeit der Bundesbank nicht als verfassungsrechtlich zwingend vorgeschrieben oder verfassungsrechtlich geboten angesehen hat375, nicht mehr überzeugend. Wenn das Gebot gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung nach Art. 23 Abs. 1 GG und das Maastricht-Urteil376 des Bundesverfassungsgerichts beachtet werden, sollte dieser ausdrücklich für die Europäische Zentralbank aufgestellte Grundsatz, d. h. Art. 88 371 Solveen, Der Einfluß der Unabhängigkeit auf die Politik der Zentralbanken, S. 8; Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 142; Reumann, Die Europäische Zentralbank, S. 21. 372 Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 142. 373 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 395. 374 Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 192. 375 Vgl. Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 192; Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 395. 376 Maastricht-Urteil, BVerfG NJW 1993 S. 3047 (3057), „der – in der deutschen Rechtsordnung erprobten und, auch aus wissenschaftlicher Sicht, bewährten – Besonderheit Rechnung trägt, dass eine unabhängige Zentralbank den Geldwert […] eher sichert als Hoheitsorgane, die […] auf die kurzfristige Zustimmung politischer Kräfte angewiesen sind. Insofern genügt die Verselbständigung der Währungspolitik in der Hoheitskompetenz einer unabhängigen Europäischen Zentralbank, die sich nicht auf andere Politikbereiche übertragen lässt, den verfassungsrechtlichen Anforderungen, nach denen das Demokratieprinzip modifiziert werden darf“.

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Satz 2 GG, mittelbar auch auf die eigene Bundesbank Anwendung finden377. BrosiusGersdorf hat es zutreffend so formuliert: „Der Deutschen Bundesbank kommt danach verfassungsrechtliche Unabhängigkeit zwar nicht im Interesse ihres eigenen Kompetenzbereiches, wohl aber im Interesse der Funktionssicherung der Europäischen Zentralbank, konkret: zum Zwecke der Gewährleistung von Geldwertstabilität durch die Europäische Zentralbank zu“378. (2) Unabhängigkeit im Gesetz über die Deutsche Bundesbank Das BBankG enthält die zentralen Vorschriften über die personelle und materielle Unabhängigkeit der Bundesbank. In personeller Hinsicht werden vor allem der Ernennungspluralismus für die Vorstandsmitglieder (§ 7 Abs. 3 Satz 1 – 4 BBankG) und ihre ausreichend lange Amtszeit (§ 7 Abs. 3 Satz 5 BBankG) ausdrücklich bestimmt. Die Bundesbank erfüllt damit die Kriterien für die personelle Unabhängigkeit der Zentralbank379. In materieller Hinsicht wird der Bundesbank eine weitgehende Unabhängigkeit eingeräumt. Ihr Grundkapital steht zwar dem Bund zu (§ 2 Satz 2 BBankG), „Weisungsbefugnisse oder Rechte auf die Politik und Geschäftsführung der Bank, die sonst mit der kapitalmäßigen Beherrschung eines Unternehmens einhergehen“, sind ihm aber nicht zugebilligt380. Stattdessen kommt der Bundesbank die Entscheidungsbefugnis in allen währungspolitischen Angelegenheiten zu. „Aus § 12 Satz 1 BBankG i. V. m. § 3 BBankG folgt“ zum einen, „dass die Bundesbank im Interesse der Währungsstabilität über einen umfassenden Autonomiebereich verfügt, innerhalb dessen sie […] eigenbestimmt und eigenverantwortlich sowohl das Ziel der Geldwertstabilität konkretisieren als auch die hierzu erforderlichen monetären Maßnahmen frei auswählen kann“381. Andererseits erlaubt dies eine Weisungsgebundenheit der Bundesbank durch andere gesetzliche Regelungen382. So hat die Bundesbank unter Wahrung ihrer Aufgaben die Verpflichtung, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen, § 12 Satz 2 BBankG. Diese Pflicht gilt unter dem Vorbehalt, dass das Leitziel der Währungssicherung nicht beeinträchtigt wird, mit anderen Worten: „nur insoweit, solange und soweit dies mit ihrer eindeutig primären Aufgabe der Währungssicherung“ vereinbar ist383.

377 Galahn, Die Deutsche Bundesbank im Prozeß der europäischen Währungsintegration, S. 192; Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 395. 378 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 395 f. 379 Dazu ausführlich, D. I. 2. des ersten Teils dieser Arbeit und oben 1. b) (3) „Definition und Kriterien der Unabhängigkeit der Zentralbank“. 380 Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 126. 381 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 162. 382 Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 126. 383 Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 126.

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2. Staatseinfluss, Staatsaufsicht und die unabhängige Deutsche Bundesbank a) Staatseinfluss auf die unabhängige Bundesbank (1) Gesetzlich normierter Staatseinfluss Im BBankG finden sich einige Bestimmungen, die als Möglichkeit zur Beeinflussung der Währungspolitik der Bundesbank anzusehen sind. Dazu gehören vor allem die Beratungspflicht und Auskunftsverpflichtung der Bundesbank nach § 13 Abs. 1 BBankG384, die auf Angelegenheiten von wesentlicher währungspolitischer Bedeutung begrenzt sind. Sie sind „lediglich ein Mittel zur Koordinierung und Abstimmung der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung mit der Währungspolitik der Bundesbank“, nicht zu deren „Steuerung“385. (2) Informeller Staatseinfluss Wie informale Aufsichtsmittel oft beispielsweise im Bereich der Kommunalaufsicht und Wirtschaftsaufsicht eingesetzt werden und sogar eine „informelle Steuerung der Hochschulen“386 diskutiert wird, kann man sich auch einen informellen Staatseinfluss auf die Währungspolitik der Zentralbank vorstellen: Wenn ein sehr hochrangiger Beamter vom Ministerium der Finanzen bzw. der Finanzminister in einem Land zur Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Regierung bzw. zur Förderung der Konjunktur der vor den Entscheidungen über Leitzinssätze stehenden Zentralbank deutliche Hinweise seitens der Regierung für angemessen gehaltene Zinshöhen gibt und sie für die Zentralbank eine nicht zu unterschätzende faktische Wirkung entfalten, wäre das der Fall. Dadurch kann die gesetzlich normierte Unabhängigkeit der Zentralbank ausgehöhlt werden und die einzelnen Marktteilnehmer können schon vor der Entscheidung der Zentralbank auf die von Seiten der Regierung kommenden Zinssignale reagieren. Allerdings müsste die Frage, ob ein solcher denkbarer Fall für die Deutsche Bundesbank von Relevanz sein könnte, negativ beantwortet werden. Wie bereits vielerorts ausgeführt, ist die Unabhängigkeit der Bundesbank gesetzlich, theoretisch und praktisch weitgehend anerkannt. Angesichts dieser Situation erscheint es sehr schwierig, dass ein Regierungsmitglied seine zentralbankunabhängigkeitswidrige bzw. preisstabilitätswidrige Meinung außerhalb des Entscheidungsgremiums der Zentralbank ernsthaft äußern würde. Heutzutage findet sich derartiges nicht in der deutschen währungspolitischen Praxis. Außerdem ist zu beachten, dass die Bundesbank Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) ist und die Verlockung zum informellen Einfluss auf die Währungspolitik der Bundesbank bzw. der Europäischen Zentralbank (EZB) in diesem System tatsächlich weiter abge384 „Die Deutsche Bundesbank hat die Bundesregierung in Angelegenheiten von wesentlicher währungspolitischer Bedeutung zu beraten und ihr auf Verlangen Auskunft zu geben“. 385 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 164. 386 Vgl. Roellecke, DÖV 1985, 854 ff.

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schwächt wurde, weil die Aufgabe des ESZB durch die EZB mit dem EZB-Rat als dem obersten Beschlussorgan387 erfüllt wird (Art. 129 Abs. 1 AEUV, ex-Art. 107 Abs. 1 und 3 EGV) und für die währungspolitisch bedeutsamen Beschlüsse dem Bundesbankpräsidenten ebenso wie den anderen nationalen Zentralbankpräsidenten im EZB-Rat nur eine Stimme zukommt (Art. 10.2 ESZB-Satzung: „one country-one vote-Prinzip“388). b) Staatsaufsicht über die unabhängige Bundesbank Hinsichtlich der Frage nach der Staatsaufsicht über die Bundesbank bestreitet – soweit dem Verfasser ersichtlich – niemand, dass die Bundesbank bei Ausübung ihrer Befugnisse nach § 12 S. 1 BBankG weisungs- und insofern auch fachaufsichtsfrei ist. Umstritten ist dagegen, ob die Bundesbank einer Rechtsaufsicht durch die Bundesregierung unterliegt389. Für eine solche Rechtsaufsicht der Bundesregierung gegenüber der Bundesbank wird die rechtliche Qualifizierung der Bundesbank als Anstalt des öffentlichen Rechts betont390, derzufolge die Bundesregierung gemäß (umstrittener) verfassungskonformer Interpretation von § 12 S. 1 BBankG die Rechtsaufsicht über sie ausübt. „Dieses Element“ sei „jedenfalls bei einer öffentlich-rechtlichen Anstalt unabdingbar“391. Zudem lege auch das BBankG eine solche Interpretation nahe, wenn es lediglich eine Regelung über den Ausschluss des Weisungsrechts, nicht aber über die staatliche Rechtsaufsicht enthält392. Von der Gegenposition wird auf die Stellung einer obersten Bundesbehörde des Bundesbankvorstands nach § 29 Abs. 1 BBankG393 sowie auf den ganzen Sinn und Zweck des Art. 88 GG394 verwiesen. Danach unterliege die Bundesbank „nur dem Gesetz“395, aber keinerlei Regierungsaufsicht396. Diese Annahme ist mit folgender zusätzlicher Argumentation überzeugender: Wie bereits erwähnt, ist die Existenz der 387

Der EZB-Rat besteht aus den sechs Mitgliedern des Direktoriums der EZB und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken (Art. 283 Abs. 1 und 2 AEUV, ex-Art. 112 Abs. 1 und 2 Buchstabe a EGV; Art. 10.1 ESZB-Satzung). 388 Gaitanides, Das Recht der Europäischen Zentralbank, S. 92: „Mit dem gleichgewichtigen Stimmrecht soll unterstrichen werden, dass die Zentralbankpräsidenten im EZB-Rat nicht die geldpolitischen Interessen ihrer Heimatstaaten repräsentieren, sondern eine einheitliche Geldpolitik verfolgen, die vorrangig die Preisstabilität der Gemeinschaft zu gewährleisten hat“. 389 Brosius-Gersdorf, Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip, S. 169. 390 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (239); Schmidt, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HdbStR III, § 82 Rn. 18; Wolff/Bachof/Stober, VerwR, Band 3, 5. Auflage, § 88 Rn. 17. 391 Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (239). 392 Lampe, Die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, S. 77; Bonin, Zentralbanken zwischen funktioneller Unabhängigkeit und politischer Autonomie, S. 188; Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (239). 393 Schäfer, DÖV 1958, 241 (246); Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 126. 394 Samm, Die Stellung der Deutschen Bundesbank im Verfassungsgefüge, S. 180. 395 Schäfer, DÖV 1958, 241 (246); Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 126. 396 Walter, FRB, Deutsche Bundesbank und EZB, S. 126.

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Bundesbank mit ihrem funktionalen Kern von der Verfassung gewährleistet. Ihre Unabhängigkeit ist verfassungsrechtlich durch Art. 88 S. 2 GG garantiert. Der die Bundesbank ins Leben rufende Gesetzgeber wollte „im Wissen um die historische Gefährdungen des deutschen Währungswesens“, die Bundesbank dem Zugriff der Interessengruppen entziehen397. Diese Intention des historischen Gesetzgebers führt anders als im Regelfall sowohl zum „Ausschluss von Anordnungen und Aufsichtsmaßnahmen aller Art“398 als auch zum „freiwilligen“ Kontrollrechtsverzicht seitens des Gesetzgebers399. Dabei sollte die rechtliche Qualifizierung der Bundesbank als Anstalt des öffentlichen Rechts, wie Lange und Schuppert schon gezeigt haben400, das für die besondere Unabhängigkeitsgarantie der Zentralbank plädierende Element sein. Trotz dieses Ergebnisses ist nicht zu befürchten, dass die Demokratie die Kontrolle über die Bundesbank verliert oder dass sich die deutsche Notenbank als „ein Staat im Staat“401 verselbständigt. Als Teil der Exekutive ist sie gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht und damit an die Gesetzgebung des Bundestages und selbstverständlich auch an Gerichtsurteile gebunden. Die geldpolitische Unabhängigkeit ist klar begrenzt und kann jederzeit rückgängig gemacht werden (§ 44 BBankG). „Die Selbstentmachtung der politischen Führung zugunsten der Währungsfachleute ist limitiert, verfassungsrechtlich legitimiert und durch den einfachen Gesetzgeber jederzeit widerruflich“402. Außerdem führt der Bundesrechnungshof gemäß § 26 Abs. 3 BBankG auf der Grundlage des Prüfungsberichts des Wirtschaftsprüfers über den Jahresabschluss der Bundesbank eine eigene Prüfung durch. II. Staatsaufsicht über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht 1. Vorgeschichte Vor der Errichtung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) wurden die „Einwirkungsmöglichkeiten von Aufsichtsinstanzen“ oder „Einflüsse der politisch verantwortlichen Regierung“ insbesondere im Rahmen der Diskussion über die Umwandlung des BAKred in eine selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts betont403. Dabei waren Rechtfertigungsgründe für die weitgehende Autono397

Stern, Staatsrecht II, § 35 V 6 b b, S. 507. Stern, Staatsrecht II, § 35 V 3 a e, S. 500. 399 Reumann, Die Europäische Zentralbank, S. 25; Stern, Staatsrecht II, § 35 V 6 b, S. 506 ff.; BVerfGE 62, 169 (183), „die zudem kraft ihrer verfassungsrechtlichen unabhängigen Stellung keiner Aufsicht anderer Organe der Exekutive unterliegt“. 400 Dazu D. I. 4. a) des ersten Teils dieser Arbeit. 401 Vgl. Bericht des Ausschussvorsitzenden in BT-Drucks. 2/3603, S. 5. 402 Büsching, Unabhängigkeit und Zinspolitik der Deutschen Bundesbank im Prozeß der deutschen Vereinigung (1989 – 1992), S. 32. 403 Herdegen, WM 2000, 2121 (2122 f.); Häde, JZ 2001, 105 (113 f.). 398

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mie einer solchen Aufsichtsaufgaben wahrnehmenden Anstalt anders als im Ausnahmefall der Bundesbank verfassungsrechtlich und empirisch schwer erkennbar. Herdegen hat bei einem solchen Anstaltsmodell nur unter der Voraussetzung keine verfassungsrechtlichen Vorbehalte gesehen, dass „die Aufsicht über die Anstalt durch das zuständige Bundesministerium die Verbindung zur parlamentarischen Kontrolle und zur parlamentarischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung wahrt“404. Dieser Befund dürfte die Schaffung der neuen Anstalt BAFin und deren Errichtungsgesetzes (FinDAG) beeinflusst haben. 2. Rechts- und Fachaufsicht über die BAFin nach § 2 FinDAG a) Überblick über die Aufsicht des Bundesministeriums der Finanzen Die BAFin untersteht gemäß § 2 FinDAG der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen (BMF). Nach der Regierungsbegründung ist die umfassende Aufsicht unentbehrlich zur Wahrung „der politischen und demokratischen Verantwortlichkeit des [BMF] als Teil der Bundesregierung“405. Daher erstreckt sich die Fachaufsicht gegenüber der Anstalt ebenso wie vormals gegenüber den Aufsichtsämtern auch auf ein Auskunfts- und Weisungsrecht. Obwohl die Auswahl der Rechtsform der Anstalt für Überwachungsaufgaben atypisch ist, wurde „eine typische Anstalt“ angesichts der weitreichenden Aufsicht des zuständigen Bundesministeriums geschaffen406. Das Hauptproblem besteht407 nicht in der Existenz einer Fachaufsicht, die nicht ungewöhnlich für eine selbständige Anstalt öffentlichen Rechts ist, sondern in der Gesetzeslage, wonach der Verwaltungsrat der Fachaufsicht unterliegt,408 so dass seine Entscheidungen immer Gegenstand einer fachaufsichtlichen Korrektur sein können409. Aufgrund dieser Fachaufsicht und dem zusätzlichen Umstand, dass der Vorsitzende, dessen Stellvertreter und zwei weitere Mitglieder vom BMF (§ 7 Abs. 3 FinDAG) in den Verwaltungsrat entsendet werden, ist eine unabhängige Ausübung der Kontrollfunktion des Verwaltungsrats kaum zu erwarten.

404

Herdegen, WM 2000, 2121 (2124). Regierungsbegründung, S. 91. 406 Gramlich, Die rechtswissenschaftliche Sicht einer neuen Bankenaufsichtsstruktur in Deutschland, S. 327, in: Pitschas (Hrsg.). 407 Hagemeister, WM 2002, 1773 (1778): „Das Hauptproblem liegt in dem Zusammentreffen von Verwaltungsrat und Fachaufsicht“. 408 Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 77. 409 Hagemeister, WM 2002, 1773 (1778); Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 77. 405

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b) Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht Das BMF hat am 12. Januar 2005 „Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)“ veröffentlicht410. Für eine effiziente Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der umfangreichen, oftmals mit weitreichenden Folgen verbundenen hoheitlichen Aufgaben und auch wegen der komplexern Organisation der BAFin411 bedarf es vor allem eines Katalogs von Informationspflichten der BAFin für das zuständige Bundesministerium. Die Grundsätze stellen einen solchen Katalog auf. Danach kann das BMF sich jederzeit über die Erkenntnisse der BAFin oder deren Handeln berichten lassen und die Übersendung von Unterlagen anfordern. Ergänzend zu den schriftlichen Berichten finden Treffen zwischen dem BMF und der BAFin zum Austausch zusätzlicher Informationen zu ausgewählten Themen in einem flexiblen Turnus statt. Was die konkrete Ausübung der Aufsicht angeht, treffen die Grundsätze Bestimmungen über das überwiegend mit Erlass von Rechtsverordnungen, Pressearbeit und Anfragen aus dem parlamentarischen Raum zusammenhängende Verfahren412. Da diese Grundsätze des BMF einen wichtigen Teil der heutigen deutschen Verwaltungspraxis hinsichtlich der Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht darstellen, sollen ihre wesentlichen Punkte im Folgenden unter Wahrung der originalen Texte zusammenfassend wiedergegeben werden. (1) „Informationspflichten der BAFin“ (a) „Schriftliche Berichte“ „Die BAFin übersendet dem BMF Berichte über interne organisatorische Angelegenheiten, wesentliche Ereignisse bei der Ausübung der Finanzdienstleistungsaufsicht und bedeutende Themen im Zusammenhang mit Aktivitäten auf internationaler Ebene“413. (b) „Mitteilungen aus besonderem Anlass“ „Die BAFin unterrichtet das BMF unverzüglich bei Erkenntnissen über mögliche Gefahren für beaufsichtigte [Institute und Unternehmen] mit systemweiter Bedeutung, über drohende Störungen bei den regulierten Börsen und Wertpapiermärkten

410

Abrufbar unter: www.bafin.de unter „BaFin“/„Grundlagen“ (Stand: 16. 02. 2010). Als Abkürzung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht finden sich „BAFin“ und „BaFin“ im Schrifttum. Obwohl die Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht des BMF dafür „BaFin“ verwenden, wird hier „BAFin“ zur einheitlichen Verwendung der Abkürzung nach wie vor benutzt. 412 Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht (Stand: 16. 02. 2010), IV. ff. 413 Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, III. 1. 411

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oder aber bei sich anbahnenden anderweitigen Schieflagen im Finanzdienstleistungsbereich“414. (c) „Bundesrechnungshof (BRH)“ „Die BAFin unterrichtet das BMF unverzüglich über Prüfungen und Auskunftsersuchen des BRH noch vor Beginn der Prüfungen. Nach Beendigung einer Prüfung wird das Ergebnis zusammengefasst mitgeteilt“415. (2) „Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht“ (a) „Erlaubnisvorbehalte“ „Rechtsverordnungen auf Grund der einschlägigen Aufsichtsgesetze, welche die BAFin zu erlassen ermächtigt ist, werden dem BMF vorab zur Kenntnis vorgelegt“416. „Bei der Ausarbeitung, […] Änderungen und Ergänzungen […] [von] Rechtsverordnungen der BAFin wird das BMF frühzeitig über die geplanten Schritte unterrichtet“417. „Über andere Verlautbarungen und Mitteilungen der BAFin, welche im Hinblick auf den Regelungsgehalt und die Auswirkungen auf die beaufsichtigten Institute und Unternehmen nicht auf einer Stufe mit Rechtsverordnungen stehen, wird das BMF vor der Veröffentlichung informiert“418. „Beabsichtigt die BAFin ihre Verwaltungspraxis bei der Anwendung besonders bedeutsamer Aufsichtsvorschriften zu ändern, teilt sie dies dem BMF mit“419. (b) „Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Bedienste der BAFin“ „Das BMF entscheidet über Dienstaufsichtsbeschwerden gegen den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die Exekutivdirektoren der BAFin sowie Aufsichtsbeschwerden über die Institution“420. (c) „Pressearbeit der BAFin“ „[Der Jahresbericht] wird dem BMF rechtzeitig vor der Jahrespressekonferenz der BAFin versandt“421. „Passagen des Jahresberichts, die von politischer Bedeutung sind, werden vor der Drucklegung mit dem BMF abgestimmt“422. „Interviews und vorhandene Redetexte des Präsidenten und der Exekutivdirektoren der BAFin zu Themen von finanzmarktpolitischer Relevanz werden dem BMF vor ihrem Erschei414 415 416 417 418 419 420 421 422

Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, III. 2. Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, III. 3. Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 1. a). Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 1. a). Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 1. b). Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 1. c). Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 2. Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 4. a). Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 4. a).

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nen bzw. vor einer Berichterstattung in der Presse zur Kenntnis gebracht, soweit das zeitlich möglich ist“423. (d) „Anfragen aus dem parlamentarischen Raum“ „Das BMF ist zuständig für die Beantwortung von Anfragen aus dem parlamentarischen Raum zu laufenden Gesetzgebungsvorhaben oder allgemeinen Fragen der Finanzmarktpolitik“424. „Anfragen zur Anwendung und Interpretation der bestehenden Aufsichtsvorschriften beantwortet die BAFin“425. „In allen Fällen übersendet die BAFin Kopien ihrer Antwortschreiben an das BMF“426. 3. Die Koordinierung der Zusammenarbeit zwischen der BAFin und der Deutschen Bundesbank durch das Bundesministerium der Finanzen Wie gezeigt427, nimmt die Deutsche Bundesbank trotz der Errichtung der BAFin als sektorübergreifender Allfinanzaufsicht nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 S. 2, 3 und 4 KWG428 insbesondere im Rahmen der laufenden Überwachung der Institute an der Bankenaufsicht teil. Also müssen die BAFin und die Bundesbank bei der laufenden Überwachung der Institute zusammenarbeiten (§ 7 Abs. 1 KWG). Angesichts dieser gesetzlichen Aufgabenzuweisung sollte eine lückenlose, ausdrückliche und praxisgerechte Ausgestaltung der Aufgabenverteilung ohne Gefahr der Doppelarbeit zwischen beiden dezentralisierten Anstalten bzw. Aufsichtsinstitutionen erfolgen. Vor diesem Hintergrund bedarf es sachangemessener Richtlinien, mit denen die beiden Aufsichtsinstitutionen und deren Aufsichtsbehörde, also das BMF, einverstanden sein werden. Dafür wird im KWG „das Zwei-Stufen-Modell“429 vorgesehen. Aus der staatsaufsichtsrechtlichen Perspektive ist bemerkenswert, dass hier vor allem die Koordinationsfunktion der Staatsaufsicht bzw. die Rolle der Aufsichtsbehörde als Koordinator in den Vordergrund tritt. Um voreilige Intervention der Aufsichtsbehörden zu vermeiden, bleibt es zunächst der BAFin und der Bundesbank selbst überlassen, die geeignete Lösung zu finden. 423

Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 4. b). Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 6. 425 Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 6. 426 Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, IV. 6. 427 Siehe die Ausführungen des ersten Teils, unter D. II. 5. a). 428 Die Deutsche Bundesbank nimmt die laufenden Überwachungsaufgaben wahr, die insbesondere die Auswertung der von den Instituten eingereichten Unterlagen, der Prüfungsberichte nach § 26 und der Jahresabschlussunterlagen sowie die Durchführung und Auswertung der bankgeschäftlichen Prüfungen zur Beurteilung der angemessenen Eigenkapitalausstattung und Risikosteuerungsverfahren der Institute und das Bewerten von Prüfungsfeststellungen beinhalten (§ 7 Abs. 1 S. 2, 3 KWG). Dies erfolgt in der Regel durch ihre Hauptverwaltungen (§ 7 Abs. 1 S. 4 KWG). 429 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, S. 51. 424

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D.h. nach § 7 Abs. 2 S. 2 KWG ergehen die von der Bundesbank zu beachtenden Richtlinien der BAFin zur laufenden Aufsicht im Einvernehmen mit der Bundesbank430. Insoweit kann man von einer Regelung selbstverwaltungsfreundlichen Verhaltens der Aufsichtsbehörde und der Initiative der BAFin sprechen. In der Praxis hat die BAFin zwar davon ausgehend am 31. Oktober 2002 mit der Bundesbank die ihrerseits praxisgerechte Ausgestaltung der Zusammenarbeit vereinbart431. Diese Vereinbarung erscheint jedoch in mancherlei Hinsicht, z. B. der Zusammenarbeit bei systemrelevanten Instituten und der abschließenden Entscheidung bzw. Aussagen in Einzelfragen, einer präziseren Ergänzung zu bedürfen. In diesem Zusammenhang hat das BMF koordinierend von der gesetzlichen Regelung zweiter Stufe Gebrauch gemacht. In diesem Sinne regelt § 7 Abs. 2 S. 3 KWG: „Kann ein Einvernahmen nicht innerhalb einer angemessenen Frist hergestellt werden, erlässt das Bundesministerium der Finanzen solche Richtlinien im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank“. Auf Grund dieser Regelung hat das BMF am 10. Oktober 2003 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 31. Oktober 2002 die „Richtlinie zur Durchführung und Qualitätssicherung der laufenden Überwachung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute durch die Deutsche Bundesbank gemäß § 7 Abs. 2 KWG“432 im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank erlassen. Wie ihre Bezeichnung bereits andeutet, will das BMF dadurch „die Einheitlichkeit und Qualität bankaufsichtlichen Handelns bei der laufenden Aufsicht“ sicherstellen433. Im Hinblick auf die Koordination der Zusammenarbeit zwischen der BAFin und der Bundesbank ist noch erwähnenswert, dass nach § 3 Satz 1 FinDAG „das Forum für Finanzmarktaufsicht“ bei der BAFin eingerichtet wird. Wie § 3 Satz 4 FinDAG ausdrücklich regelt, soll dieses Forum, dem die BAFin und die Bundesbank angehören und dessen Vorsitz von der BAFin geführt wird, insbesondere der Koordination der Zusammenarbeit mit der Bundesbank bei der Aufsicht dienen. Allerdings kann das BMF als wichtiger Koordinator an dessen Sitzungen teilnehmen (§ 3 Satz 2 FinDAG). 430 Nach Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, S. 50, dort in Fn. 129, ist das Einvernehmen der Bundesbank „lediglich eine verwaltungsinterne Erklärung gegenüber der BaFin, die mangels Außenwirkung den Instituten gegenüber keine unmittelbare Rechtswirkung entfaltet“. 431 Die „Vereinbarung über die Zusammenarbeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Deutschen Bundesbank bei der Beaufsichtigung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute“ ist abrufbar unter http://www.bafin.de mit Suche unter dem Stichwort „Bundesbank Zusammenarbeit“ (Stand 21. 05. 2008). 432 Diese Richtlinie ist bei ZBB 6/03, S. 472 ff. abgedruckt. Nach ihrer Präambel regeln die Richtlinien insbesondere „Einzelfragen des Aufsichtszyklusses von der Erkenntnisgewinnung bis zur Entscheidungsfindung“ und tragen „den Besonderheiten der Aufsichtstätigkeit bei systemrelevanten Instituten und bei Probleminstituten dadurch Rechnung, dass bei diesen Instituten beide Aufsichtsinstitutionen eine intensivierte Aufsichtstätigkeit verfolgen müssen, um frühzeitig Gefahren für das deutsche Finanzsystem abwehren zu können“. 433 Dazu siehe die Präambel der Richtlinie.

C. Staatsaufsicht und Staatseinfluss bei einzelnen Anstalten

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Insgesamt ist das deutsche System zur effektiven Zusammenarbeit bei der Bankenaufsicht positiv zu bewerten, weil sich die Initiative der dezentralisierten Anstalten und die Koordination ihrer Aufsichtsbehörde dabei ausbalancieren. Das erscheint zur Gewährleistung der sachkundigen, ortsnahen und einheitlichen Überwachungspraxis zu beitragen. 4. Ergebnis In der Regierungsbegründung des FinDAG und den Grundsätzen für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht des BMF findet man Formulierungen zur Autonomie der BAFin434. Aber angesichts der sehr umfangreichen Informationspflichten der BAFin und der sich darauf stützenden weitreichenden Ausübung der Aufsicht des BMF, sowie der Kombination von Fachaufsicht und Einfluss im Verwaltungsrat stellt sich die berechtigte Frage nach der Notwendigkeit derartiger Stellungnahmen. Insgesamt lässt sich keine Autonomie der BAFin als selbständige Verwaltungsträgerin feststellen, sondern vielmehr nur die politische und demokratische Verantwortlichkeit des BMF (Bundes) als Anstaltsträger. Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der Bundesbank erscheinen allerdings die Initiative der BAFin und das koordinierende Eingreifen des BMF die wünschenswerte Balance nicht zu verlieren. III. Die doppelte Aufsicht über die Sparkassen und Landesbanken 1. Die Grundstruktur der Aufsicht über die Sparkasse und Landesbanken Im Hinblick auf die Aufsicht über die Sparkassen und Landesbanken, wie bereits bezüglich des Begriffs der Staatsaufsicht erwähnt, wird häufig vom „System der Doppel- bzw. Mehrfachaufsicht“ sowie „Aufsichtskonkurrenz“ gesprochen435. Dieses Aufsichtssystem ergibt sich unmittelbar aus ihrer „Doppelnatur“436, also aus ihrer Rechtsform als öffentlich-rechtliche Anstalten und von ihrer Aufgabenstellung her im Bereich des Kommunalrechts sowie aus ihrer Rechtsstellung als Kreditinstitute im Sinne von § 1 KWG437. 434

Regierungsbegründung, S. 91: „Durch den Anstaltsstatus und die damit verbundene Lösung vom Bundeshaushalt gewinnt die Anstalt jedoch mehr Unabhängigkeit im budgetären, organisationsrechtlichen und personellen Bereich, was auch auf den operativen Bereich durchschlägt“; Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht, I, S. 1: „Die BAFin ist eine rechtlich selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts“. „Sie nimmt ihre Aufgaben unabhängig wahr“. 435 Vgl. Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 114 f.; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 380; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 261 ff. 436 Vgl. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 49 f. 437 Vgl. Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 67; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 114; Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 73 und 279.

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Danach unterstehen die Sparkassen und Landesbanken als Anstalten des öffentlichen Rechts zunächst der „Trägeraufsicht“438, die „unabhängig von einer gesetzlichen Normierung Ausdruck [ihrer] Rechtsstellung“ und vor allem hinsichtlich aller kommunalen Sparkassen ein „Teil der allgemeinen Kommunalaufsicht [ist]“439. Sie unterliegen zudem „der landesrechtlichen speziellen Sparkassenaufsicht (besondere Kommunalaufsicht)“440. Trägeraufsicht und besondere Kommunalaufsicht sind gemeinsam als „allgemeine Anstaltsaufsicht nach dem Verwaltungsrecht“ zu betrachten, weil sie sich aus dem Charakter der Sparkassen und Landesbanken nach Sparkassen- bzw. Landesbankenrecht als „selbst verwaltende[r]“ Anstalten öffentlichen Rechts ergeben441. Daneben unterliegt jede Sparkasse und Landesbank als Kreditinstitut wie alle Kreditinstitute der BAFin-Aufsicht (§ 6 Abs. 1 KWG)442. Dabei handelt es sich insbesondere um die sich hier aus dem Bundesrecht ergebende und zur Wirtschaftsaufsicht gehörende allgemeine Bankenaufsicht, die Art. 74 Nr. 11 GG („das Recht der Wirtschaft“, „Bank- und Börsenwesen“) zur Grundlage ihrer Normierung hat443. Angesichts dieses komplizierten mehrfachen Aufsichtssystems wird zum einen die Frage nach dem Verhältnis zwischen Sparkassenaufsicht und Träger, zum anderen zwischen Anstaltsaufsicht und Bankenaufsicht gestellt. Bezüglich des Verhältnisses zwischen Sparkassenaufsicht und Träger findet sich die zutreffende Formulierung444 : „In allen Ländern bleibt, ob dies gesetzlich ausdrücklich bestimmt ist (so bspw. § 28 Abs. 2 SpkG NW; § 29 Abs. 2 SSpG) oder (überwiegend) nicht, die Kompetenz der Kommunalaufsicht gegenüber dem (Gewähr-)Träger von der Sparkassenaufsicht unberührt. Besteht auf der Ebene des Anstaltsträgers der Sparkasse in dieser Eigenschaft Anlass zur Ausübung der Rechtskontrolle, dann ist dies eine Angelegenheit der allgemeinen Kommunalaufsicht und nicht der Sparkassenaufsicht. Letztere kann ggf. Hinweise oder Anregungen geben, aber nicht entscheiden. Die Sparkassenaufsicht kann gegenüber dem Träger nur tätig werden, wenn sich dies aus dem Sparkassengesetz unmittelbar ergibt. Das ist z. B. in Hessen bei der Errichtung, Vereinigung und Auflösung von Sparkassen und der Genehmigung zur Abweichung von der Mustersatzung der Fall (§§ 1, 17, 19, 10 Hess. SpkG)“. 438

Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 261, spricht von „Inhaberaufsicht“. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 59. 440 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 380. 441 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 279; vgl. auch Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 67. 442 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 380; Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 73 und 279; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 114 f.; Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, 5. Auflage, § 100, Rn. 24; Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 59; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 268 f. 443 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 114. 444 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 287. 439

C. Staatsaufsicht und Staatseinfluss bei einzelnen Anstalten

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Für das Verhältnis zwischen Anstaltsaufsicht und Bankenaufsicht ist die Bestimmung von § 52 KWG entscheidend. Danach wird die Anstaltsaufsicht von der Aufsicht der BAFin nicht berührt445. Man kann daher von einem „Nebeneinander von anstaltsrechtlicher Landesaufsicht und wirtschaftsverwaltungsrechtlicher […] Bundesaufsicht“ sprechen, das als „Ausdruck des grundsätzlichen Dilemmas“ bzw. als „Spiegel unterschiedlicher Einschätzungen von Stellung und Aufgaben der Institute“ anzusehen ist446. Zu diesem Gesichtspunkt hat Becker im Anschluss an J. Burmeister447 zutreffend ausgeführt448 : „Während die Länder die Sparkassen (und Landesbanken/Girozentralen) organisationsrechtlich unverändert in eine Sonderstellung als Kreditinstitute sui generis mit öffentlichem Auftrag einstufen und diese Einschätzung durch die öffentlich-rechtliche Organisationsform dokumentieren, schätzt der Bundesgesetzgeber diese Anstalten vorrangig als Wirtschafts- und Wettbewerbsunternehmen ein, die sich in einer Bankenlandschaft bewegen, in der alle Kreditinstitute als Universalbanken in der Regel die gesamte Palette banküblicher Leistungen anbieten“. Von dieser Grundstruktur der Aufsicht ausgehend, sollen die landesrechtliche spezielle Sparkassenaufsicht und die Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Folgenden noch näher behandelt werden. Die sog. Trägeraufsicht ist bereits im Rahmen der bisher erörterten allgemeinen Anstaltsaufsicht angesprochen worden. 2. Die landesrechtliche spezielle Sparkassenaufsicht a) Aufsichtsbehörde und Prinzip der Sparkassen-Rechtsaufsicht Alle kommunalen Sparkassen und Landesbanken unterliegen nach den Sparkassengesetzen, Landesbankengesetzen oder der rechtlichen Regelung durch Staatsvertrag der Staatsaufsicht449. Abhängig von der jeweiligen landesgesetzlichen Lage werden die Sparkassen von ein oder zwei Behörden beaufsichtigt450 : Bei einem einstufigen Aufbau ist das zuständige Landesministerium die Aufsichtsbehörde. Dies ist in der Regel das Innenminis-

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§ 52 KWG (Sonderaufsicht) lautet: „Soweit Institute einer anderen staatlichen Aufsicht unterliegen, bleibt diese neben der Aufsicht der Bundesanstalt bestehen“; vgl. auch Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 67 f. 446 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 115. 447 Vgl. J. Burmeister, Die Sparkassen zwischen öffentlicher Aufgabe und kreditwirtschaftlichem Wettbewerb, S. 23 ff. (29). 448 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 115 f. 449 Zu einigen landesgesetzlichen Regelungen siehe Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 58, dort in Fn. 164. 450 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 58 f.; ebenso Schlierbach/ Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 280.

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terium451. Bei der Instanzenzweiteilung obliegt die allgemeine Kontrolle den örtlich zuständigen Regierungspräsidien („Regierung“, „Bezirksregierung“) als Aufsichtsbehörde. Das Landesministerium fungiert dann als oberste Aufsichtsbehörde. Bei den Landesbanken üben die jeweils dazu berufenen Landesministerien die Aufsicht aus452 : Dies ist meist das Finanz-, in anderen Fällen das Wirtschaftsministerium oder das Innenministerium des jeweiligen Bundeslandes. Ebenso erfolgt die Aufsicht über die Sparkassen- und Giroverbände auf Ministerialebene. Nach herrschender Meinung ist diese Staatsaufsicht als Landesangelegenheit453, sozusagen „im Zeichen der Entwicklung der Sparkassen zu Selbstverwaltungsträgern“ auf die Rechtsaufsicht beschränkt454, es sei denn das jeweils einschlägige Gesetz sieht etwas anderes vor455. Die Sparkassenaufsicht nimmt in der Anstaltsaufsicht eine Sonderstellung ein, da der Staat das Recht der Sparkassen auf Selbstverwaltung respektiert456. Der im Rahmen des allgemeinen Staatsaufsichtsmaßstabs bereits geschilderte Umfang der Gesetzmäßigkeitsprüfung gilt auch für diese Grundregel bzw. Sparkassen-Rechtsaufsicht. Danach stellt die Aufsicht vor allem sicher, dass Verwaltung und Geschäftsführung der Sparkassen den Gesetzen, Satzungen und den aufgrund der Gesetze erlassenen aufsichtsbehördlichen Anordnungen entsprechen457. Was aufsichtsbehördliche Anordnungen angeht, ist zu beachten, dass sie entweder allgemeinverbindlich oder bei einer Sparkasse einzelfallbezogen sein können458. Danach sind Anordnungen in diesem Sinne auch als im Sparkassenrecht gelegentlich zugelassene besondere Ge451 Nach Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 163, „erscheint es [zweckmäßig], die oberste Sparkassenaufsicht einheitlich den Innenministern zu übertragen, da diese sich auch […] als oberste Kommunalaufsichtsbehörden mit den Sparkassen […] beschäftigen“. 452 Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 58 f.: „Die Aufsicht für die DekaBank wird gemäß einer Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik und dem Land Berlin vom 9./19. März 1955 vom Bundesminister für Wirtschaft ausgeübt“; vgl. auch Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 115. 453 Dies ist z. B. in allen Sparkassengesetzen, ausgenommen in Bremen und Berlin, ausdrücklich festgelegt. 454 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 163 f.; Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 149 und Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 25, dort in Fn. 2: „Während die Sparkassenaufsicht früher eher als Fachaufsicht gestaltet war“, ist sie z. B. „in Bayern schon seit 1933 und in Baden seit 1940“ mit Rücksicht auf die Selbstverwaltungsrechte der Sparkassen „im Kern“ auf die Rechtsaufsicht beschränkt. 455 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 280; Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 58; Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, 5. Auflage, § 100, Rn. 24; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 115; Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 68. 456 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 164. 457 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 280; Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 58; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 164. 458 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 281.

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nehmigungen zu qualifizieren, etwa für solche Geschäfte, die nach der Sparkassensatzung (Anlageverordnung, Sparkassenordnung) an sich nicht gestattet sind459. Aufgrund des Rechts auf Selbstverwaltung ist es den Aufsichtsbehörden dagegen verwehrt, die Zweckmäßigkeit des Handelns der Sparkassen zu prüfen460. In diesem Zusammenhang wird im Schrifttum betont, der Aufsichtsbehörde obliege es beispielsweise nicht, von der Sparkasse rechtmäßig gewährte Kredite zu unterbinden noch umgekehrt solche zu gewähren, sowie sie ganz allgemein nicht befugt sei, bestimmte Inhalte eines Beschlusses festzulegen461. Diese Sichtweise erscheint auch im Hinblick darauf überzeugend, dass die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte zum einen durch eine kompetente Geschäftsführung der Kreditinstitute sichergestellt wird462, zum anderen aber besonders auf das gesetzmäßige und angemessene Aufsichtshandeln der Aufsichtsbehörde angewiesen ist. Allerdings stellt ein Ermessensmissbrauch der Sparkasse eine Rechtsverletzung dar, der die Staatsaufsicht zum Eingreifen ermächtigt463. Im Ergebnis ist das soeben beschriebene Prinzip der Sparkassen-Rechtsaufsicht aus folgenden Gründen positiv und sachgerecht zu bewerten: Zunächst weil, wie bereits Frick zutreffend bemerkt hat, eine solche Ausgestaltung der Sparkassenaufsicht, „die Entschlusskraft und Verantwortungsfreudigkeit“ der Sparkassen als Selbstverwaltungsträger „fördert und nicht beeinträchtigt“464. Darüber hinaus unterliegen die Sparkassen der allgemeinen fachlichen Bankenaufsicht durch die BAFin (früher: Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen) nach dem KWG, so dass eine zusätzliche Fachaufsicht auf Landesebene überflüssig erscheint465. b) Aufsichtsmittel und ihre Anwendung Die Aufsichtsinstrumente sind in den Sparkassengesetzen abschließend aufgezählt und korrespondieren mit denen des Kommunalrechts466: Bei der Sparkassenaufsicht zählen dazu in der Regel das umfassende Informationsrecht, die Genehmigungsvorbehalte, das Recht zur Aufhebung rechtswidriger Beschlüsse und Anordnungen, das Anweisungsrecht sowie die damit zusammenhängende Ersatzvornahme467, schließlich als eingriffsintensivste Maßnahme die Einsetzung eines Staatsbeauftrag459

Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 281. Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 58; ebenso Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 282. 461 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 283. 462 Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 33. 463 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 283. 464 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 230. 465 Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 149. 466 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 286 f. 467 Unter Ersatzvornahme ist die Durchführung des rechtlich Gebotenen durch die Aufsichtsbehörde oder einen von ihr beauftragten Dritten auf Kosten der Sparkasse zu verstehen. 460

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ten, dem die Durchführung der jeweiligen Aufgaben der Sparkasse insgesamt oder eines ihrer Organe überantwortet wird. Dabei gilt der Grundsatz der sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse, also das Opportunitätsprinzip und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz468. Von diesen Aufsichtsmitteln sind vor allem das Informationsrecht und die Genehmigungsvorbehalte als praxisrelevante Aufsichtsmittel wichtig. Daher sollen sie im Folgenden noch erläutert werden. Obwohl die Aufsichtsbehörden der Landesbanken und der kommunalen Sparkassen lediglich zur Rechtsaufsicht befugt sind, können sie sich aufgrund der ihnen eingeräumten Informationsaufsichtsrechte umfassend über alle aufsichtsrelevanten Entscheidungen und Vorgänge Kenntnis verschaffen469. Denn nur durch die hinreichend und rechtzeitig erfolgende Benachrichtigung des Aufsichtsführers kann eine wirksame Aufsicht gewährleistet werden. Dabei handelt es sich im Einzelnen vor allem um das „Recht, sich jeder Zeit über alle Angelegenheiten der Sparkassen zu unterrichten, an Ort und Stelle zu prüfen und zu besichtigen, mündliche und schriftliche Berichte anzufordern, sowie Akten und sonstige Unterlagen einzusehen, an Sitzungen der Organe teilzunehmen“470. Über dieses Informationsrecht aus konkretem Anlass hinaus kommt auch den Prüfungsberichten der Prüfungsstellen der Regionalverbände als der „vornehmlichsten Unterrichtungsquelle“ praktische Relevanz zu471. Damit korrespondiert die Pflicht der Landesbanken und Sparkassen, ihrer Informationspflicht nachzukommen. Daran ändert auch der Hinweis auf ihr Selbstverwaltungsrecht nichts472. Gleiches gilt für die ansonsten grundsätzlich zulässige Berufung der Banken auf das Bankgeheimnis473. Allgemein gesprochen, müssen die Landesbanken und Sparkassen der Informationsanforderung immer dann entsprechen, wenn sie sich im Rahmen des Aufsichtszweckes hält und ein konkreter Anlass besteht474. Darüber hinaus spielen die bereits erwähnten Genehmigungs-/Mitwirkungsvorbehalte, die neben der gesetzlich vorgesehenen Ersatzvornahme und der Bestellung eines Staatsbeauftragten als Ausnahmen zu dem Prinzip der Rechtsaufsicht zu begreifen sind, eine wichtige Rolle475. Bedeutsame Beispiele für solche Vorbehalte sind die 468 Vgl. Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 280 f. und 287; dazu auch Staats, Fusionen bei Sparkassen und Landesbanken, S. 58; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 173. 469 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 141 und 174 f.; Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 280. 470 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 286. 471 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 280; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 175 f. 472 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 174 f. 473 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 175. 474 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 175. 475 Vgl. Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 282 f.

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„Errichtung, Vereinigung und Auflösung der Sparkasse“ sowie „Abweichungen von der Mustersatzung an den Gewährträger“476. Diese Fälle betreffen nicht die Sparkassen, sondern die Gewährträger, also die Gemeinden und Kreise477. Da es bei den Genehmigungs-/Mitwirkungsvorbehalten zumeist um Angelegenheiten der Fachaufsicht geht, steht die Entscheidung der zuständigen Aufsichtsbehörde über die Erteilung der Genehmigung weitgehend in ihrem Ermessen478. Daraus ergibt sich, dass unter eine Genehmigung im Sinne des Sparkassenrechts nicht nur die nachträgliche Zustimmung (§ 184 BGB), sondern auch die bereits zuvor erteilte Einwilligung fällt. Schon aus Gründen der Sicherheit ist die zuletzt genannte Alternative in der Praxis der Regelfall479. Letztlich ist die Genehmigung damit „nicht nur ein reiner Formalakt zwecks Rechtskontrolle, sondern eine bestätigende u. U. ändernde, mit eigenverantwortliche Selbstentscheidung“480. Dabei muss man zum einen den zivilrechtlichen, zum anderen den aufsichtsrechtlichen Folgen bei fehlender Genehmigung Beachtung schenken481: Zwar sind die ohne die erforderliche Genehmigung getätigten Geschäfte satzungs- bzw. verordnungs- bzw. gesetzeswidrig, dennoch sind sie aufgrund bestimmter, überwiegend seit Ende der 60er Jahre geltender, sparkassenrechtlicher Regelungen482 wirksam483. Gleichwohl muss die Aufsichtsbehörde in einem solchen Fall einschreiten, was zu Konsequenzen für die verantwortlichen Sparkassenorgane und ihre Mitglieder führen kann484. Andererseits sind folgende Gesichtspunkte im Hinblick auf die Staatsaufsicht bei den Landesbanken erwähnenswert. Nach Grimm sind Einfluss und organisationsrechtliche Bedeutung der Staatsaufsicht bei den Landesbanken geringer als bei den kommunalen Sparkassen, bei denen eine Vielzahl von Geschäften einer Genehmigung bedarf485. Wie er zutreffend bemerkt, liegt der Grund dafür hauptsächlich darin, dass „bei den Landesbanken bereits Mitglieder der Landesregierung in den Or476 Zu länderweise modifizierten Einzelregelungen zählen insbesondere die Beibehaltung einer Zweigstelle im Gebiet eines anderen Gewährträgers, die Bestellung und Zurücknahme der Bestellung von Vorstandsmitgliedern und die Vornahme bestimmter Geschäfte (z. B. Darlehensgewährung an den eigenen Gewährträger § 30 NSpG), dazu Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 283. 477 Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 150. 478 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 284; kritisch für die Gestaltung der Genehmigungsvorbehalte als Fachaufsicht zugunsten der Selbstverwaltungsgarantie der Verfassung, vgl. Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 150. 479 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 284. 480 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 284. 481 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 285. 482 Eine solche Wirksamkeitsregelung existiert allerdings nicht in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. 483 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 285, führt dazu aus: „Ohne diese Bestimmung wäre das Geschäft schwebend unwirksam, bei versagter Genehmigung nichtig, was im Geschäftsverkehr nicht tragbar ist“. 484 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 285. 485 Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 68.

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ganen der Landesbanken vertreten sind“486. So ist beispielsweise der zur Aufsicht berechtigte Minister häufig zugleich Mitglied oder Vorsitzender des Verwaltungsrates487. Im Rahmen der Genehmigungsvorbehalte, insbesondere bezüglich der Befreiung von Satzungsvorschriften im Geschäftsbereich hat Grimm argumentiert, dass „der Befreiungstatbestand nicht als staatliches Mitwirkungsrecht zu begreifen sei, denn der Handlungsspielraum der Geschäftsführung werde nicht eingeschränkt, sondern erweitert“488. Wenn man den Befreiungsvorgang entsprechender Geschäfte genauer betrachtet – die zunächst in Satzungsvorschriften nur mit Genehmigung gestatteten Geschäfte werden erst durch Ermessensentscheidung der Aufsichtsbehörde, nicht automatisch mit der Antragsstellung zugelassen – kann Grimms Auffassung nicht überzeugen. Denn der Handlungsspielraum der Geschäftsführung wird bei einem solchen Vorgehen nicht erweitert, sondern ihre zuvor verkürzten Möglichkeiten auf recht umständliche Weise nur wiederhergestellt. In diesem Zusammenhang ist auch die Äußerung Püttners zu sehen, der angesichts des weitgehenden Ermessensspielraums bei der Frage der Genehmigungserteilung eine Vereinbarkeit mit der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie in Zweifel zieht, zumindest deren kritische Hinterfragung fordert489. In Anbetracht solcher Kritik müssen Voraussetzungen und Grenzen der aufsichtsbehördlichen Ermessensentscheidung immer wieder betont werden. Sie muss nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen von Wortlaut und telos gedeckt sein sowie den übrigen, allgemeinen Anforderungen an eine pflichtgemäße Ermessensausübung entsprechen. „Es handelt sich für die Aufsichtsbehörden um eine Treuhandaufgabe, die ihnen gegenüber den Sparkassen und dem Staat obliegt“490. 3. Die Bankenaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht a) Begründung der Unterwerfung der Sparkassen unter die Bankenaufsicht Alle Sparkassen und Landesbanken betreiben als Kreditinstitute die meisten der in § 1 KWG genannten Bankgeschäfte auf eine Art, die „einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“ erfordern491. Damit findet auf sie das KWG unein486

Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 68. Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 68. 488 Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken, S. 68; vgl. auch Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 165 f. 489 Püttner, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn. 150: „Über reine Rechtsaufsicht gehen de iure […] und de facto die ziemlich rigorosen, nicht an Kriterien gebundenen Genehmigungsvorbehalte hinaus“. 490 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 284. 491 Schlierbach/Püttner, Sparkassenrecht, 5. Auflage, S. 73; Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 114. 487

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geschränkt Anwendung und sie sind, wie schon oben erwähnt, der bundesrechtlich geregelten allgemeinen Bankenaufsicht nach dem KWG492 durch die BAFin unterstellt. Hierbei wird die Frage gestellt, warum diese Bankenaufsicht durch den Bund neben die spezielle (Landes-)Sparkassenaufsicht treten soll. Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist die gegen Mitte/Ende der 20er Jahre einsetzende Weltwirtschaftskrise493, die Risiken und Mängel im privaten Bankwesen zu Tage brachte494 und schließlich den Beginn der allgemeinen Bankaufsicht markierte495. Anders als die Bundesbank waren davon die Sparkassen betroffen, die zugleich der älteren landesrechtlichen Sparkassenaufsicht unterstanden496. Diese primär auf die Absicherung der Sparer zielende Sparkassenaufsicht nach Landesrecht war nicht in der Lage gewesen, eine sichere Anlagenpolitik zu betreiben und die Liquidität der Sparkassen zu sichern, was nach und nach zu Eingriffen der Politik geführt hatte und schließlich in der Einrichtung einer (Reichs-)Bankaufsicht endete497. Als Folge daraus existieren heute die in die Verwaltungs- und Organisationsaufsicht der Länder fallende Sparkassenaufsicht einerseits sowie die auf die Geschäftspolitik gerichtete

492 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 29 f.: „Das Kreditwesengesetz“ (KWG) „ist Rechtsgrundlage für die staatliche Aufsicht über die Kreditinstitute und wird als Spezialgesetz des Gewerberechts eingestuft“. Wie eine Novellierung aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben zum 01. 01. 1993, die 5. und 6. Novellen von 1994 und 1998 sowie, die Novellierung des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes von 2002 zeigen, wurde das KWG seit seiner Entstehung im Jahre 1962 bis heute mehrmals in größerem Umfang geändert. Trotzdem sind die Grundstrukturen der deutschen Bankenaufsicht erhalten geblieben. 493 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 29. 494 Beispielhaft seien der Zusammenbruch der Darmstädter Nationalbank sowie insbesondere die Jahre 1918 – 1931 genannt. Nach Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, S. 244, dort in Fn. 5, hatten die damaligen vielen Bankenzusammenbrüche „ihre (Insolvenz-) Ursachen in den gravierenden geschäftspolitischen Fehlern der unzureichenden Liquiditätsvorsorge, der zu geringen Ausstattung der Kreditinstitute mit Eigenmitteln sowie der mangelhaften Kreditsteuerung“. 495 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 268; „Die Entwicklung bis zum Jahre 1931, insbesondere im ausgehenden 19. Jahrhundert, vom Grundsatz der Gewerbefreiheit geprägt, der in § 1 Gewerbeordnung niedergelegt war. Trotz verschiedener Versuche, schon während des Deutschen Reichs eine Bankenaufsicht einzuführen […], kam es erst mit dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise 1931 und der Zahlungseinstellung einer der Großbanken in Deutschland zur Einführung einer Aufsicht über das Bankenwesen, die zunächst durch eine Notverordnung des Reichspräsidenten vom 19. 9. 1931 (RGBl. I, 493, 501) erfolgte. Hieraus entstand dann das Reichsgesetz über das Kreditwesen vom 5. 12. 1934 (RGBl. I, 1203) […]. Nach dem Krieg galt das Kreditwesengesetz von 1934 gemäß Art. 123 Abs. 1 GG als Bundesrecht bis zum Inkrafttreten des Kreditwesengesetzes von 1961 fort“. Zu dieser Zusammenfassung siehe S. U. Pieper, Aufsicht, S. 29, dort in Fn. 159. 496 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 268. 497 Einen Beitrag dazu leistete auch die im Dritten Reich vorherrschende Tendenz, die kommunale Selbstverwaltung zu überspielen, vgl. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 268 f.; Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, 5. Auflage, § 100, Rn. 24.

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Bankenaufsicht auf Bundesebene andererseits498. Aus der Unterwerfung der Sparkassen und Landesbanken unter die Bankenaufsicht ergibt sich eine Gleichbehandlung der drei Bankengruppen des deutschen Kreditgewerbes, da jedes Kreditinstitut dieser Aufsicht unterliegt499. An dieser Stelle muss daher auf die wesentlichen Aufgaben und Instrumente der allgemeinen Bankenaufsicht in Deutschland eingegangen werden. b) Hauptziel und Internationalisierung der Bankenaufsicht Ansatzpunkt für die weitreichende Bankenaufsicht ist der Gedanke, „dass die Funktionsfähigkeit des Kreditgewerbes wegen des Zusammenhangs von Geldverfassung und Kreditwirtschaft unverzichtbare Voraussetzung für die Sicherung der Währungsstabilität, die Verteidigung des Geldwertes und die Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ sei500. In ähnlicher Weise begründet auch die BAFin selbst den Nutzen einer effizienten Bankenaufsicht für die Gesamtwirtschaft501: „Nur ein stabiles Finanzsystem kann seine gesamtwirtschaftliche Funktion – die kostengünstige Transformation und Bereitstellung finanzieller Mittel – erfüllen. Ein funktionstüchtiges Bankwesen ist für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft unverzichtbar und eine effiziente Bankenaufsicht gesamtwirtschaftlich notwendig“. Daran anschließend sind die Hauptziele der Bankenaufsicht in Anlehnung an § 6 KWG, wie folgt, zusammenzufassen: „Sie bestehen darin, Missständen im Kreditwesen entgegenzuwirken, die die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft nach sich ziehen können“502. Infolge dieser wirtschafts-, finanz-, haushalts- und sozialpolitischen Bedeutung, die über das Bedürfnis nach Individualschutz hinausgeht, haben alle wichtigen Industriestaaten der Welt einschließlich Korea die Banken einer speziellen GewerbeFachaufsicht mit strengeren Maßstäben wie in Deutschland unterworfen503. Dabei ist in einer globalisierten Welt noch zu beachten, dass vor allem angesichts der Internationalisierung des Bankgeschäfts, der zunehmend international verflochtenen Finanzmärkte und -institutionen sowie der Gefahr der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung die Voraussetzungen des Risikomanagements bereits deutlich verschärft worden sind. Zudem ist schon seit geraumer Zeit eine stärkere Internationalisie-

498 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 269; Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, 5. Auflage, § 100, Rn. 24. 499 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 114. 500 Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, S. 243 ff. 501 Die Selbsteinschätzung der BAFin ist abrufbar unter: http://www.bafin.de (häufig gesucht/Organisation/Aufgaben/Bankenaufsicht, Stand: 21. 05. 2008); vgl. auch S. U. Pieper, Aufsicht, S. 30. 502 Abrufbar unter: http://www.bafin.de (häufig gesucht/Organisation/Aufgaben/Bankenaufsicht, Stand: 21. 05. 2008); vgl. auch S. U. Pieper, Aufsicht, S. 30. 503 Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, S. 245 ff.

C. Staatsaufsicht und Staatseinfluss bei einzelnen Anstalten

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rung504 der Bankenaufsicht505, eine Intensivierung der Kooperation bzw. Stärkung der internationalen Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden sowie die Einbeziehung der Finanzindustrie bei der Aufstellung von Regeln zu beobachten506. Dabei vertritt die BAFin die deutschen Interessen in der EU sowie in anderen internationalen Gremien. c) Instrumentarium der Bankenaufsicht Auf der soeben skizzierten, geschichtlichen und strukturellen Grundlage wird die am Grundsatz der Vorbeugung ausgerichtete Überwachung gemäß den Vorgaben des KWG mit verschiedenen Mitteln verfolgt507, unter anderem „die Kontrolle der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, die Zulassung zum Geschäftsbetrieb (§ 32 ff. KWG), die Überprüfung des vorhandenen Eigenkapitals und der Liquidität (§§ 10 ff. KWG), die Prüfung von Bilanzen etc. (§§ 26 ff. KWG) [und] die Meldepflicht bei besonderen Krediten“508. Wie schon aus dieser kurzen Aufzählung erkennbar wird, gliedert sich die Bankenaufsicht in größerem Umfang in zwei Phasen: die „Erlaubniserteilung“ und die „laufende Aufsicht“509. 504

Waschbusch, Bankenaufsicht, S. 81 ff.: Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, der ein unter dem Dach der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Basel, angesiedeltes Gremium ist, steht im Zentrum der gegenwärtigen Bankenaufsicht auf internationaler Ebene. Er „wurde Ende 1974 als Reaktion auf eine internationale Bankenkrise von den Notenbankgouverneuren der Länder der Zehnergruppe (G-10) sowie der Schweiz und Luxemburgs ins Leben gerufen“. Die deutschen Vertreter in diesem Gremium kommen von der Bundesbank sowie der BAFin. „Ziel der Aktivitäten des Baseler Ausschusses ist es [vor allem], mögliche Lücken und Fehlentwicklungen in der Überwachung des internationalen Finanzsystems frühzeitig zu erkennen und durch die Aufstellung allgemeiner Grundsätze Anregungen für eine wirkungsvolle Änderung nationaler Bankenaufsichtsnormen und -praktiken zu geben. Auf diese Weise soll eine verstärkte internationale Angleichung der wichtigsten bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen herbeigeführt werden“. Wie seine auf Eigenkapitalquote von 8 % bezogene Eigenmittelempfehlung von 1988 (Basel I) und der neue Baseler Eigenkapitalakkord (Basel II) zeigen, halten sich die Mitglieder „weitgehend“ an seine „Empfehlungen, Richtlinien oder Mindestanforderungen“, obwohl sie rechtlich nicht verbindlich sind. Daher kann man davon sprechen, dass weltweit die wichtigsten Anstöße zur Verbesserung sowie Anpassung bankenaufsichtsrechtlicher Bestimmungen von der Arbeit dieses Gremiums ausgehen; vgl. auch Speyer, Internationalisierung von Bankgeschäft und Bankenaufsicht, in: Pitschas (Hrsg.), S. 77 f. 505 Speyer, Internationalisierung von Bankgeschäft und Bankenaufsicht, in: Pitschas (Hrsg.), S. 74: „Wegen der sektorübergreifenden Verflechtung ist es auch sachgerechter, anstelle von ,BankenaufsichtÐ von ,FinanzaufsichtÐ zu sprechen, da eine Aufsicht, die strikt nach Marktsegmenten teilt, nicht mehr effektiv die Stabilität des Finanzsystems gewährleisten kann“. 506 Vgl. Speyer, Internationalisierung von Bankgeschäft und Bankenaufsicht, in: Pitschas (Hrsg.), S. 73 ff., insbesondere S. 74 und 90; Braun, Die Internationalisierung in ihren Auswirkungen für die kleinen und mittelständischen Banken, in: Pitschas (Hrsg.), S. 96. 507 Vgl. Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 114 f. 508 Becker, Die Vernetzung der Landesbanken, S. 115. 509 Abrufbar unter: http://www.bafin.de (häufig gesucht/Organisation/Aufgaben/Bankenaufsicht, Stand: 21. 05. 2008); vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 30 ff.

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

Zunächst ist die Erlaubniserteilung bzw. das „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ als unentbehrliches Element der Bankenaufsicht anzusehen510. Nach § 32 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 KWG bedarf die Aufnahme eines bankmäßigen Geschäftsbetriebes in Deutschland grundsätzlich der schriftlichen Erlaubnis der BAFin. Im diesbezüglichen Verfahren nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG wird geprüft, ob die vom Antragsteller nach § 33 Abs. 1 KWG zu erfüllenden Voraussetzungen gegeben sind511. Die Erlaubniserteilung kann vor allem wegen zu geringen Anfangs-/Eigenkapitals512, Unzuverlässigkeit der Geschäftsleiter oder deren mangelnder fachlicher Eignung abgelehnt werden513. Wenn der Antragsteller außerdem einen tragfähigen Geschäftsplan, aus dem die Art des geplanten Geschäfts, der organisatorische Aufbau und die geplanten internen Kontrollverfahren hervorgehen, nicht vorlegt, ist die Erlaubnis nicht zu erteilen514. Insgesamt trägt das Erlaubnisverfahren dazu bei, dass ungeeignete Personen oder finanziell unzulänglich ausgestattete Unternehmen in das Kreditgewerbe keinen Zugang finden515. Nach der Gründung der Institute übt die Bankenaufsicht die laufende bankaufsichts-rechtliche Überwachung aus. Wie Geschwandtner zutreffend bemerkt, „ermittelt die BAFin gem. § 7 I 2, 3 u. 4 KWG mit Hilfe der Bundesbank (und deren Hauptverwaltungsstellen) im Rahmen der so bezeichneten laufenden Überwachung“, „[o]b die allgemein das Risiko dieser besonderen Geschäftstätigkeit begrenzenden ,Prinzipien für eine ordnungsmäßige GeschäftsführungÐ (§§ 10 – 31 KWG) befolgt worden sind und welche Aufsichtsmaßnahmen im Einzelfall in Betracht kommen“516. Man kann die laufende bankaufsichtsrechtliche Überwachung nach § 6 Abs. 2 und 3 KWG systematisch in eine allgemeine Aufsicht über das Bankgewerbe und in eine institutsbezogene Aufsicht gliedern517. Bei der allgemeinen Bankenaufsicht, die der Erfüllung der Aufgaben der Wirtschafts-, Kredit- und Bankpolitik dient, handelt es sich im Hinblick auf den Gegenstand ihrer „Beobachtung und Einwirkung“ um „das Bankgewerbe als ganzes oder zumindest seine regionalen oder geschäftlichen Teilbereiche“ und hinsichtlich der 510

S. U. Pieper, Aufsicht, S. 30. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 30. 512 Bei Neugründung eines Instituts hängt die nachzuweisende Mindest-Eigenmittelausstattung von der angestrebten Art der Geschäfte ab. Bei Wertpapierhandelsbanken etwa liegt das erforderliche Anfangskapital bei mindestens 730.000 Euro und bei Einlagenkreditinstituten bei mindestens fünf Millionen Euro, vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 1 Ziff. c) und d) KWG. 513 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 30 f. 514 Dabei prüft die BAFin, ob der Antragsteller bereit und in der Lage ist, die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, um seine Geschäfte ordnungsgemäß betreiben zu können, dazu abrufbar unter: http://www.bafin.de (häufig gesucht/Organisation/Aufgaben/ Bankenaufsicht, Stand: 21. 05. 2008). 515 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 31. 516 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, S. 110. 517 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 33. 511

C. Staatsaufsicht und Staatseinfluss bei einzelnen Anstalten

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einsetzbaren Mittel um informale Instrumente, die „ohne Befehl und Zwang Missstände in der Kreditwirtschaft verhindern sollen“ und im Einzelnen „Belehrung, formloses Ersuchen oder einverständliches Handeln“ umfassen518. Wie S. U. Pieper den Inhalt dieses informalen Verfahrens, in dem die allgemeine Aufsicht über das Bankgewerbe in großem Umfang erfolgt, anschaulich beschreibt, verlangt die BAFin dabei Auskünfte, äußert ihre eigene Ansicht oder „mehr oder minder deutliche Mahnungen oder Missbilligungen“ oder droht mit später förmlich umzusetzenden Konsequenzen519. „Schärfste informelle Waffe ist die Ankündigung, bei Zuwiderhandlungen die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und die Qualifikation der Geschäftsleiter zu überprüfen (vgl. § 36 Abs. 1 KWG)“. Zu den wesentlichen Informationsquellen für die Bankenaufsicht gehören neben den Jahresabschlüssen die Prüfungsberichte, die Wirtschaftsprüfer oder Prüfungsverbände im Rahmen der Jahresabschlussprüfung erstellen, und die so genannten Monatsausweise, aus denen die wichtigsten Bilanz- und Risikopositionen und ihre Veränderungen hervorgehen520. Die Institute müssen gemäß § 25 KWG der Bundesbank diese monatlichen Kurzbilanzen bis zum fünften Geschäftstag am Monatsende einreichen und die Bundesbank leitet diese Meldungen an die BAFin mit ihrer Stellungnahme weiter. Außerdem gibt es organisatorische Meldungen nach § 24 ff. KWG, Großkredite nach § 13 KWG, Organkredite nach § 15 KWG und Millionenkredite nach § 14 KWG. Bei der institutsbezogenen Aufsicht geht es darum, „das Ziel, die Struktur und die Ordnungsvorschriften des Kreditwesengesetzes sowie seine Durchführungsbestimmungen durchzusetzen und die Gläubiger des Kreditinstitutes vor Verlusten zu schützen“521. Zur Erreichung dieser Ziele müssen vor allem eine angemessene Eigenkapitalausstattung522 und ausreichende Liquidität523 des Kreditinstituts durch die laufende

518

S. U. Pieper, Aufsicht, S. 33 f. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 34. 520 Abrufbar unter: http://www.bafin.de (häufig gesucht/Organisation/Aufgaben/Bankenaufsicht, Stand: 21. 05. 2008); vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 34. 521 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 35: „Zusätzlich wird hiermit der Schutz des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft gewährleistet“. 522 Im Hinblick auf die Bedeutung der angemessenen Eigenkapitalausstattung bei Kreditinstituten bemerkt S. U. Pieper, Aufsicht, S. 31, zutreffend: „Während im allgemeinen Wirtschaftsrecht keine Regelung über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Gesellschaften besteht und gesetzliche Regelungen lediglich die Mindesthöhe des Eigenkapitals bei Kapitalgesellschaften abstrakt vorschreiben (§ 7 Aktiengesetz, § 5 GmbH-Gesetz), ist eine angemessene Eigenkapitalausstattung bei Kreditinstituten gemäß §§ 10 KWG und bei Versicherungsunternehmen (§§ 5 Abs. 4, 53c VAG) vorgeschrieben. Die angemessene Ausstattung mit Eigenkapital hat der Gesetzgeber bei Kreditinstituten zum Schutz der Einleger als unverzichtbar angesehen“. 523 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 32: „Unter Liquidität versteht man die Fähigkeit, die jeweils fälligen Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können, und sie entspricht im Wesentlichen der Zahlungsbereitschaft zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen. Für ein Universalkreditinstitut muss die Liquidität jederzeit gewährleistet sein, da laufend fällige Forderungen der Einleger und der sonstigen Gläubiger geltend gemacht werden können“. 519

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

Aufsicht sichergestellt werden524. Diese zwei Punkte sind in der modernen Bankenaufsicht bereits als „die zentralen Steuerungs- und Beurteilungsfaktoren zur Gewährleistung eines funktionsfähigen Geschäftsbetriebes und zur Sicherung der Gläubiger“ anerkannt525. Diesbezüglich ist die Sicht aus der Aufsichtspraxis der BAFin einschneidend wie zu zeigen ist526 : Nach § 10 KWG müssen die Institute angemessene Eigenmittel haben. Deren Dimension ist abhängig von den eingegangenen Risiken527: „Die Kreditrisiken (Adressenausfallrisiken) einer Bank etwa müssen mit haftendem Eigenkapital in Höhe von mindestens acht Prozent der risikogewichteten Aktiva unterlegt werden“528. Nach § 11 KWG müssen die Institute ihre Mittel so anlegen, dass jederzeit eine ausreichende Zahlungsbereitschaft (Liquidität) gewährleistet ist. Auch dies wird von der Bankenaufsicht geprüft529. Sofern Eigenkapital und Liquidität nicht mehr im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen stehen, bestehen Eingriffsmöglichkeiten der Bankenaufsicht gemäß § 45 KWG, die mit Sanktion ausgestaltet sind530, darunter vor allem die Untersagung von Einnahmen, das Verbot von Gewinnausschüttungen, das Kreditverbot sowie das Verbot von dauernden Anlagen531. Nach „Basel II“, dem neuen Baseler Eigenkapitalakkord, schon seit 1999 „in aller Munde“532, ist allerdings zu beachten, dass qualitative und präventive Aspekte der Institutsaufsicht immer stärker betont werden als herkömmliche quantitative und vergangenheitsbezogene Aufsichtsmittel (s. §§ 10, 11, 13 ff., 24 ff. KWG). Man kann hier von einem „methodischen Wandel der Institutsaufsicht“ sprechen533. Angesichts 524

Zur näheren Konkretisierung der Begriffe „angemessenes Eigenkapital“ und „ausreichende Liquidität“ hat die die BAFin von § 6 Abs. 1 KWG ausgehend zu den §§ 10 und 11 KWG so genannte „Grundsätze“ aufgestellt, vgl. Grundsatz I über die Eigenmittel der Institute, Bekanntmachung vom 29. Oktober 1997 (BAnz. Nr. 210) zuletzt geändert durch die Bekanntmachung vom 20. Juli 2000 (BAnz. Nr. 160); dazu auch S. U. Pieper, Aufsicht, S. 32 f. 525 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 36. 526 Abrufbar unter: http://www.bafin.de (häufig gesucht/Organisation/Aufgaben/Bankenaufsicht, Stand: 21. 05. 2008). 527 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 35. 528 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 35; bei der laufenden Aufsichtspraxis überwachen die Mitarbeiter der Bankenaufsicht, ob die Institute für eingegangene Risiken aus den Bilanzaktiva und den außerbilanziellen Geschäften – etwa aus Forderungen, Wertpapieren, Derivaten oder Beteiligungen – über ausreichende Eigenmittel verfügen. 529 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 35. 530 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 35. 531 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 35; vgl. auch § 45 KWG. 532 Vgl. Braun, Die Internationalisierung in ihren Auswirkungen für die kleinen und mittelständischen Banken, in: Pitschas (Hrsg.), S. 100; Kessel, Die neue Basler Eigenkapitalvereinbarung und ihre Bedeutung für das Bankgeschäft, in: Pitschas (Hrsg.), S. 179. 533 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, S. 116; dies bringen Schneider/Bauer, BaFinJournal, 02/07, S. 9, folgendermaßen auf den Punkt: „Moderne Regulierung muss präventiv ausgerichtet sein, muss sich stärker um das Risikomanagement der Banken kümmern. Quantitative Wachstumsbegrenzungsnormen, wie zum Bei-

D. Der Strukturwandel und die Staatsaufsicht

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neuer komplizierter Finanzinstrumente und der damit verbundenen Gefahren, insbesondere schnell wechselnder Risiken, muss der Umbruch, dass die Institutsaufsicht sich mehr und mehr auf die „Qualität des institutsinternen Risikomanagements sowie dessen Steuerung und Kontrolle“ konzentriert534, wünschenswert erscheinen. Im Zentrum des Weges in die qualitative Bankenaufsicht stehen vor allem angemessene Gestaltung der Organisation des Kreditinstitutes und die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), die die BAFin am 20. Dezember 2005 veröffentlicht hat. Dazu führt die BAFin selbst aus535 : „Die Organisation eines Kreditinstituts [muss] nach Art und Umfang der betriebenen Geschäfte angemessen gestaltet werden. [Es muss sichergestellt sein, dass die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden.] Dazu müssen die Institute die Mindestanforderungen an das Risikomanagement erfüllen. Sie müssen in der Lage sein, Risiken zu erkennen, zu messen und zu kontrollieren. Da Bankgeschäfte immer komplexer werden, müssen die Institute geeignete Vorkehrungen schaffen, um ihre unterschiedlichen Risiken zu steuern und zu überwachen. Daher ist es eine wichtige Aufgabe der BaFin zu prüfen, ob die bankeigenen Risikocontrolling- und Managementsysteme dies leisten können“. Außerdem bestehen insbesondere nach §§ 46a und 46b KWG Eingriffsmöglichkeiten der BAFin bei Insolvenzgefahr536.

D. Der Strukturwandel der Anstalten des öffentlichen Rechts und die Staatsaufsicht Durch die bisherigen Ausführungen zu den allgemeinen Grundlagen der Anstaltsaufsicht bzw. der klassischen Staatsaufsicht und durch die sachgebietsspezifische Beschäftigung mit den einigen wichtigen Anstalten ist die vielfältige aufsichtsrechtliche Ausgestaltungsmöglichkeit der Anstaltsaufsicht deutlich geworden. Im Hinblick auf den Strukturwandel der Anstalten ist jedoch die Frage nach der Bedeutung der Aufsicht und nach deren künftiger Entwicklung noch nicht beantwortet und gezeigt worspiel die regulatorische Kapitaladäquanzrechnung oder die Großkreditgrenzen muss sie durch Anforderungen an die Qualität des Risikomanagements ergänzen“. 534 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, S. 116, der zutreffend auf §§ 18, 24c und 25a KWG hinweist. 535 Abrufbar unter: http://www.bafin.de (häufig gesucht/Organisation/Aufgaben/Bankenaufsicht, Stand: 21. 05. 2008). 536 „Bei ihrer Solvenzaufsicht verfügt die BaFin über alle aufsichtsrechtlichen Entscheidungskompetenzen. Maßnahmen zur Gefahrenabwehr reichen von schriftlichen Abmahnungen – so genannten gravierenden Beanstandungen – über Bußgelder bis hin zum Entzug der Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften und dem Schließen der Geschäftsräume. Sind die Geschäftsleiter unqualifiziert, kann die BaFin gegenüber dem Aufsichtsorgan verlangen, dass sie abberufen werden, und sie durch einen Sonderbeauftragten ersetzen. Die Bundesanstalt kann auch Befugnisse eines Aufsichtsorgans auf einen Sonderbeauftragten übertragen“. Abrufbar unter: http://www.bafin.de (häufig gesucht/Organisation/Aufgaben/Bankenaufsicht, Stand: 21. 05. 2008).

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

den. Diese Frage wurde im Rahmen der Diskussion über die demokratiestaatliche Beurteilung teilprivatisierter Anstalten nur angedeutet537. Daher soll nunmehr ein Schritt weiter gegangen werden. I. Die Bedeutung der Staatsaufsicht angesichts des Strukturwandels der Anstalten 1. Staatsaufsicht als notwendiger Bestandteil im Strukturwandel der Anstalten Zwar bringen dogmatische Leitgedanken, dass die Umstrukturierungen der Anstalten des öffentlichen Rechts durch die Einbeziehung Privater mit dem Demokratieprinzip vereinbar sein müssen, die praktische und nicht zu unterschätzende Bedeutung der Staatsaufsicht im Strukturwandel der öffentlichen Anstalten nicht direkt zum Ausdruck. Man muss sich daran erinnern, wie ausgeführt538, dass die ein Defizit an umfassender personeller Legitimation kompensierenden Einzelweisungs- und Fachaufsichtsbefugnisse der einzelnen Ressortminister bzw. der Aufsichtsbehörde ein zentrales Instrument zur Vermittlung demokratischer Legitimation sind und der durch den Verzicht auf eine Rechtsaufsicht eintretende Mangel sachlich-inhaltlicher Legitimation im Wege einer umfassenden personellen Legitimation nicht ausgeglichen werden kann. Unter dieser Prämisse ist anzunehmen, dass die rechtliche Zulässigkeit der Umstrukturierungsversuche der Anstalten des öffentlichen Rechts und der dadurch gebildeten konkreten Modelle, in denen die Besetzungsrechte für die Mitglieder der Leitungsorgane der Anstalten in der Regel neben der öffentlichen Hand auch dem Privatinvestor eingeräumt werden, in der Tat von der Existenz der Staatsaufsicht und ihrem Ausgestaltungsinhalt abhängt. Es erscheint zweifelhaft, ob eine solche neue Konstruktion ohne die Staatsaufsicht verfassungsrechtlich zulässig ist. Daher kann man hier von der Staatsaufsicht als einem notwendigen Bestandteil des Strukturwandels der Anstalten sprechen. Dieser Gesichtspunkt lässt sich der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Berlin vom 21. 10. 1999 entnehmen. Als das Gericht im Rahmen eines abstrakten Normenkontrollverfahrens das der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe zugrunde liegende „Holding-Modell“ akzeptierte, sah es hinsichtlich dessen Vereinbarkeit mit dem Demokratieprinzip die Zwischenschaltung des Aufsichtsratsausschusses der Holding („Weisungsausschuss“) zur Zustimmung der Weisungserteilung, in dem die vom Land Berlin entsandten Mitglieder die Mehrheit bilden, und „die letztentscheidende Einflussmöglichkeit“ der Regierung, als unentbehrliches Instrument an539. Außerdem betonte das Gericht die Notwendigkeit der Rechtsaufsicht zur Prü-

537 538 539

Siehe die Ausführungen des ersten Teils, unter E. II. 2. Siehe die Ausführungen dieses Teils, unter B. II. 2. a) (2) und (3). Vgl. VerfGH Bln., DVBl. 2000, 51 (51 und 53 f.).

D. Der Strukturwandel und die Staatsaufsicht

185

fung der „Einhaltung der Verträge in vollem Umfang“540. In diesem Zusammenhang ist es auch zu verstehen, dass im Schrifttum hinsichtlich des „Beleihungsmodells“ von der „Verdoppelung staatlicher Aufsicht“ gesprochen wird541. An die Seite der unmittelbar auf die Anstalt ausgerichteten Rechtsaufsicht trete zusätzlich ein Aufsichtsverhältnis über den Träger der Anstalt, also die Fachaufsicht über den Beliehenen „als Regelfall“, insbesondere zur Sicherstellung „sachlich-inhaltlicher Legitimation“542. Damit lässt sich „eine demokratisch legitimierte Kontrolle im Bereich grundlegender Entscheidungen – finanzielle Ausstattung der Anstalt [und] Geschäftsausrichtung […] [herstellen]“543. Zudem können „je nach Ausgestaltung des Beleihungsverhältnisses“544 eventuelle „Defizit[e]“ an umfassender „personeller Legitimation“ kompensiert werden545. Allerdings ist die folgende Annahme zu beachten: Wenn die Ansätze zur „Modifikatio[n]“ der „klassischen Legitimationsformen“546 bzw. „zur Lockerung der Legitimationsanforderungen“547 in der Umstrukturierungspraxis der Anstalten des öffentlichen Rechts im Allgemeinen anerkannt würden, könnte die Staatsaufsicht in diesem Bereich anders als die bisherige Praxis und das soeben gefundene Ergebnis ausgestaltet und bewertet werden. 2. Staatsaufsicht als Grenzziehungsfaktor in der Privatisierung der Anstalten Die aktuellen Umstrukturierungen der Anstalten des öffentlichen Rechts stehen im Zeichen der „Privatisierung öffentlicher Aufgaben“; die schon praktisch durchgeführten Neustrukturierungsmodelle der Anstalten werden in der Privatisierungsdebatte als wichtig angesehen548. In der Literatur wird interessanter- und richtigerweise pointiert, dass „allgemeingültige rechtliche Vorgaben, die bei allen Privatisierungsentscheidungen stets zu beachten wären“549 und „wirklich überzeugende Konzeption[en] staatlicher Aufsicht“550 nicht vorhanden sind. Angesichts dieses Befunds 540

VerfGH Bln., DVBl. 2000, 51 (53). Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (510); nach Britz, VerwArch 91 (2000), 418 (433 f.), „müssen Beliehene mindestens einer Rechtsaufsicht unterstellt werden“. Das sei ein Kriterium „für die Zulässigkeit einer Beleihung“. 542 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (510 und 513). 543 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (514). 544 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (510). 545 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (514); dies., S. 513: „Im Wege der Fachaufsicht“ sind „der beleihenden Körperschaft Eingriffsbefugnisse in das Wahlverfahren“ der Mitglieder der Anstalts-„Leitungsorgane“ einzuräumen. 546 Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, 507 (511). 547 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (280). 548 Vgl. Mayen, DÖV 2001, 110 ff. 549 Mayen, DÖV 2001, 110. 550 Pabst/Schwartmann, DÖV 1998, 315. 541

186

2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

wird beispielsweise versucht, „im Einzelfall“ „die ,GrenzenÐ der Privatisierung“ abzustecken551 und in Anlehnung an ein bestimmtes Beispiel, wie z. B. die Deutsche Flugsicherung GmbH, die Frage nach angemessener Ausgestaltung „staatliche[r] Aufsicht über privatisierte Verwaltungsträger“ zu beantworten552. Was die Umstrukturierungsmodelle der Anstalten des öffentlichen Rechts und die Staatsaufsicht in der Privatisierungsdiskussion angeht, stehen im Hinblick auf die „Grenzen der formellen Privatisierung“ „das [überwiegend vom Demokratieprinzip ausgehende] Gebot staatlicher Ingerenz“ und die Beispielsfälle der bereits dargestellten „Holding-Konstruktion“ bzw. „der atypisch[en] stillen Beteiligung“ von privaten Rechtsträgern an einer Anstalt als zu beleuchtende Themen im Mittelpunkt der Diskussion553. Da hier „der Regelungsbereich des Demokratieprinzips thematisch berührt wird“, sind „besondere Vorkehrungen zur Wahrungen der Anforderungen des Demokratieprinzips erforderlich“554. Für solche Vorkehrungen gelten selbstverständlich die in diesem Modell selbst vorgesehenen Maßnahmen bzw. Voraussetzungen einschließlich der letztentscheidenden Einflussmöglichkeit der Regierung und der Rechtsaufsicht der zuständigen Aufsichtsbehörde, die bereits vom Urteil des Verfassungsgerichtshofs Berlin vom 21. 10. 1999 bestätigt und mehrmals im Rahmen dieser Untersuchung aufgezeigt sind555. In diesem Zusammenhang kann man daher von der „Staatsaufsicht als Grenzziehungsfaktor in der Privatisierung der Anstalten“ sprechen. II. Die Entwicklung der Staatsaufsicht und der Strukturwandel der Anstalten 1. Ausgangspunkt Die Privatisierungsdiskussion und die Staatsaufsichtsdebatte stehen, wie gezeigt, in engem Zusammenhang. In der Tat, wie Kahl bei der Erläuterung der jüngeren Entwicklungsvorgänge der Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland gezeigt hat556, sind „die Privatisierungsdiskussion und die Diskussion um ein Neues Steuerungsmodell“ „zwei parallel verlaufende und sachlich untrennbar verkoppelte Diskussionslinien“, die „seit Beginn der neunziger Jahre“ die „Reform von Staat und Gesellschaft“ sowie die „Modernisierung von Staat und Verwaltung“ neu angestoßen haben. Sie kennzeichnen zudem die gesamte weiter durchgeführte „Reform- und Modernisierungsdiskussion“557. In diesem weitaus größeren Rahmen wird die „Reform

551 552 553 554 555 556 557

Vgl. Mayen, DÖV 2001, 110 ff. Pabst/Schwartmann, DÖV 1998, 315 ff. Mayen, DÖV 2001, 110 (112 ff.). Mayen, DÖV 2001, 110 (116). Vgl. Mayen, DÖV 2001, 110 (116 f.). Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 307 ff. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 307.

D. Der Strukturwandel und die Staatsaufsicht

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der Staatsaufsicht“ thematisiert558. Dabei wird insbesondere von „kooperativen Interaktionsformen“, „mehr oder minder selbstregulativen Handlungsszenarien“ und „größtmöglicher Effizienz“559 beim Verwaltungshandeln, „Dezentralisierung, Flexibilisierung und Ökonomisierung“ im organisatorischen Bereich560, „Stärkung der Output-Orientierung“ und „indirekter Steuerung“ bei „Steuerungskonzept“ und „-instrumente[n]“561 gesprochen. 2. Von der klassischen Staatsaufsicht zur Steuerungsund Gewährleistungsaufsicht Wenn man zustimmt, dass die oben genannte Reformdiskussion der Verwaltung und Staatsaufsicht mehr oder weniger die Umstrukturierungen der Anstalten des öffentlichen Rechts und die Staatsaufsicht einbezieht, stellt sich die Frage, wie die mit den Umstrukturierungen der Anstalten zusammenhängende Staatsaufsicht im Rahmen der neuen Diskussion zu begreifen ist und was deren Entwicklungsrichtung ist. Dafür findet sich ein weiterführender Ansatzpunkt insbesondere bei Schuppert. Er geht vom Befund der „Veränderungen der Sektorengrenzen“, genau genommen einer „Verzahnung“ von Staat und Markt bzw. „Staat und Gesellschaft“ und dem „öffentliche[n] und private[n] Sektor“ aus562 und schlägt eine neue Kategorisierung der Staatsaufsicht vor: Die beiden traditionellen Staatsaufsichtsformen, also „die klassische Staatsaufsicht“ und „die klassische Wirtschaftsaufsicht“ (z. B. Bankenaufsicht), und „zwei neue Grundtypen von Aufsicht“, „nämlich die Steuerungsaufsicht und die Gewährleistungsaufsicht“563. Im Vergleich zur klassischen Staatsaufsicht über sich selbst verwaltende Körperschaften als „Selbstverwaltungskorrelat“, bei deren „Aufsichtsfunktion“ es sich um „Schutzfunktion“ und „Kontrollfunktion“ handelt, wird die Steuerungsaufsicht als „Korrelat von Aufgabenausgliederung und Aufgabenverselbständigung“ verstan558

Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 307. Hoffmann-Riem, DÖV 1997, 433 (433 ff.) spricht hinsichtlich des „Wandel[s] in der Handlungstypologie der Verwaltung“ zusätzlich von „Aufgabenprogramm“, „Ressourcensteuerung“, „informalen Handlungsformen“, „optionalen Instrumenten“, „Produktorientierung“ und „ausreichende[m] Legitimationsniveau“. 560 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 308. 561 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 309 f. 562 Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 (838). Er hat jüngst das sog. Berliner Modell als ein wichtiges Beispiel der „Verzahnung von öffentlichem und privatem Sektor“ genannt und ausgeführt: „Das Berliner Modell ist unter dem Gesichtspunkt von Verwaltungsorganisation und Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsfaktoren deswegen so interessant, weil man an ihm viel über die Organisationsform der Anstalt lernen kann“ – ders., Verwaltungsorganisation als Steuerungsfaktor, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I, § 16, Rn. 127 ff. und 129. 563 Vgl. Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 ff. 559

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

den564. An deren „Typenvarianten“ unterscheidet er die „Steuerungsaufsicht gegenüber privatrechtlich verfaßten Verwaltungstrabanten“ als „ein Folgeproblem des ungebrochenen Trends zur sog. Organisationsprivatisierung“ und „Steuerungsaufsicht als Pendant der Dezentralisierung von Verantwortlichkeiten innerhalb einer Verwaltungseinheit“565. Während es sich bei der Aufsichtsfunktion der ersten „Variante“ um „Realisierung von Einwirkungspflichten“ handelt, wird bei der zweiten „Gewährleistung einer einheitlichen Steuerung“ im Rahmen von sog. „Controlling“ als „Entscheidungsvorbereitung und Informationsmanagement“ betont566. Andererseits bewirkt die Gewährleistungsaufsicht, die zum einen in die „Regulierungsaufsicht“567 als Folge des Aufgabentransfers durch Privatisierung bzw. der materiellen Privatisierung und zum anderen in die „Überwachungsaufsicht als Konsequenz des Übergangs von der Fremd- zur Eigenüberwachung“ unterteilt wird568, „dass die nunmehr von privaten Anbietern oder solchen des dritten Sektors wahrgenommenen öffentlichkeitsbedeutsamen Aufgaben gewissen Standards entsprechen und die Rückkopplung zum Gemeinwohl nicht verlorengeht“569. In diesem Zusammenhang wird die „Gewährleistungsaufsicht als Scharnier des Übergangs von der Erfüllungs- zur Gewährleistungsverantwortung“ bezeichnet570. Zwar sind die klassische Kontrollfunktion und die Realisierung von Einwirkungspflichten der öffentlichen Hand als Funktion der Steuerungsaufsicht in den Umstrukturierungsmodellen der Anstalten des öffentlichen Rechts gemischt. Hinsichtlich des „Aufsichtsanla[sses]“, der Aufsichtsfunktion und der „Aufsichtsmittel“ stehen jedoch diejenigen der Steuerungsaufsicht, also vor allem die formelle Privatisierung, die Erfüllung der staatlichen „Einwirkungspflichten“ und die Nutzung der unternehmensvertraglichen Struktur zur Gestaltung der Einwirkungsmöglichkeiten – anders als in der klassischen Staatsaufsicht – im Vordergrund der Modelle571. Nach dieser Typologie ist die mit den Umstrukturierungen der Anstalten zusammenhängende Staatsaufsicht unter den Begriff der Steuerungsaufsicht zu fassen. Je mehr Mitspracherechte den Privatinvestoren in den Umstrukturierungsmodellen der Anstalten ein564

Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 (832 ff.). Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 (833 ff.). 566 Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 (833 f.). 567 In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass in der Literatur von einer „Skala unterschiedlicher Regulierungstypen“ gesprochen wird, wofür die „hoheitlich-imperative Regulierung“, „staatliche Regulierung unter Einbau selbstregulativer Elemente“ („selbstregulative Regulierung“), „hoheitlich regulierte gesellschaftliche Selbstregulierung“ und die „private Selbstregulierung“ häufig genannt werden, dazu Hoffmann-Riem, DÖV 1997, 433 (436). Siehe ausführlich ders., Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen – Systematisierung und Entwicklungsperspektiven, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 1996, S. 261, 300 ff. 568 Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 (835 ff.). 569 Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 (835). 570 Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 (834). 571 Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 (833 f.). 565

E. Rechtsschutz gegen Akte der Anstaltsaufsichtsbehörde

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geräumt werden, desto häufiger wird die Gewährleistungsaufsicht mit „selbstregulative[n] Elemente[n]“572 relevant werden.

E. Überblick über den Rechtsschutz gegen Akte der Anstaltsaufsichtsbehörde und Haftung für rechtswidrige Aufsichtsmaßnahmen I. Rechtsschutz der rechtsfähigen Anstalten bei Aufsichtsmaßnahmen 1. Die verfassungsrechtliche Rechtsweggarantie für Anstalten Wie die bisherige Untersuchung zeigt, werden die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts als aus dem unmittelbaren staatlichen Verwaltungsbereich ausgegliederte, ihre Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmende, verselbständigte Verwaltungsträger anerkannt. Die Anstaltsaufsicht wird als Folge staatlicher Aufgabenübertragung, also als ein Abschnitt der Staatsaufsicht als Selbstverwaltungskorrelat, angesehen. Unter diesem Gesichtspunkt ist heute allgemein auch für die bei der Aufgabenwahrnehmung gegenüber dem Staat in einem Außenverhältnis stehenden rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts, die „gleichgültig in welchem Bereich tätig“573 sind, ebenso wie für die Kommunen, die Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts, aber anders als bei den direkt „im hierarchischen Behördenaufbau“ der unmittelbaren Staatsverwaltung stehenden untergeordneten Behörden574, „ein umfassender Rechtsschutz gegen staatliche Eingriffe in ihre gesetzlich geschützte Rechtsposition“575 zu bejahen576. Jener Rechtsschutz der Anstalten des öffentlichen Rechts gegen aufsichtsbehördliche Maßnahmen ergibt sich aus der den Rechtsweg garantierenden Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG und § 40 Abs. 1 VwGO577. Diese verfassungsrechtlich ge572

Schuppert, Staatsaufsicht im Wandel, DÖV 1998, 831 (836). Im Blick auf die Stellung der Stiftungen formuliert Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 149. 574 Nach Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 190, ist die jeweils untere Behörde im Streit mit der in der Hierarchie über ihr stehenden nicht prozessführungsbefugt. 575 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 187. 576 Vgl. Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 186 ff.; S. U. Pieper, Aufsicht, S. 451 ff.; Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 149 ff.; nach Elleringmann, Grundlagen der Kommunalverfassung und der Kommunalaufsicht, S. 79, trägt die Gewährleistung des Rechtsschutzes der rechtsfähigen Selbstverwaltungsträger dazu bei, dass „die durch die Legislative gewährte materielle Selbstverwaltung nicht durch die Exekutive beschränkt, durchkreuzt, ja schließlich praktisch ausgehöhlt und beseitigt“ wird. 577 Vgl. Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 186; Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 149. 573

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

währte Rechtsweggarantie für Anstalten bedeutet praktisch, wie Andrick hinsichtlich des Rechtsschutzes der Stiftungen bereits zutreffend bemerkt578, dass der Fall des „Fehlen[s] einer den Verwaltungsrechtsschutz normierenden Bestimmung“ in den einzelnen die Anstalten errichtenden Gesetzen nicht zur „rechtsschutzlos[en]“ Rechtsposition der Anstalten gegenüber Maßnahmen der Anstaltsaufsichtsbehörde führt. 2. Ausgestaltung des Rechtsschutzes der Anstalten Die Antwort auf die Frage, wie der Rechtsschutz für Anstalten im Einzelnen ausgestaltet ist, genau genommen die Frage nach der von den Anstalten zu wählenden Verfahrensart, hängt maßgeblich vom „Charakter der Aufsichtsmaßnahme“579 bzw. von der „Rechtsnatur des aufsichtsbehördlichen Handelns“580 ab. Dabei gehen viele Autoren zwar davon aus, dass es sich bei den aufsichtsbehördlichen Maßnahmen um Verwaltungsakte i. S. des § 35 VwVfG handelt581. In der Praxis ist jedoch die einheitliche und eindeutige Bewertung einzelnen aufsichtlichen Tätigwerdens nicht immer möglich. Während z. B. die „Anordnung, Ersatzvornahme und Bestellung eines Sachwalters“582 als Verwaltungsakte anzusehen sind, gehören dazu nicht das unverbindliche Bitten um eine Auskunft583, „die Raterteilung, die Erteilung von Hinweisen und Anhaltspunkten, die Teilnahme an Sitzungen sowie Wortergreifungen von Vertretern der Aufsichtsbehörde in den Sitzungen“ der Anstaltsorgane, da es sich in diesen Fällen in der Regel um schlicht hoheitliches Handeln der Aufsichtsbehörde handelt584 und nicht für einen Einzelfall eine Maßnahme mit Regelungswirkung getroffen wird585. In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, wie bereits im Rahmen der informalen Aufsichtsmittel erwähnt586, dass eine umfassende Rechtsschutzposition der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts durch häufige Einsätze solcher rechtlich unverbindlicher Aufsichtsmittel in der Praxis faktisch ausgehöhlt werden kann.

578

Vgl. Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 149. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 450. 580 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 149. 581 Vgl. Erichsen, DVBl. 1985, 943 (947); S. U. Pieper, Aufsicht, S. 450 und 452; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 190; Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 149 f., führt aus: „Es handelt sich um Verwaltungsakte im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG, wenn zum einen durch sie eine Regelung getroffen wird, das heißt einseitig und verbindlich eine Rechtsfolge festgelegt oder ein Rechtszustand festgestellt wird. Zum anderen müssen die Maßnahmen auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet sein, das heißt sie müssen also die Stiftungen als mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete juristische Personen in ihrem Selbstverwaltungsrecht treffen“. 582 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 150. 583 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 150. 584 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 150. 585 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 193. 586 Siehe oben Teil 2, A. I. 2. d) (3) (d). 579

E. Rechtsschutz gegen Akte der Anstaltsaufsichtsbehörde

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Hinsichtlich des entsprechenden Rechtsschutzverfahrens ist zunächst zu beachten, dass die Qualifikation einer aufsichtsbehördlichen Maßnahme als Verwaltungsakt nicht bedeutet, dass diese immer unmittelbar durch die Klage vor den Verwaltungsgerichten angreifbar ist. Nach § 68 VwGO bedarf es grundsätzlich vorab eines Widerspruchsverfahrens587 (vor der Erhebung der Anfechtungsklage bzw. Verpflichtungsklage), wenn der Verwaltungsakt nicht von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung des Verwaltungsaktes wiederum vorschreibt588. Durch die umfassende (Recht- und Zweckmäßigkeits-589) Überprüfungsbefugnis der Widerspruchsbehörde als Verwaltungsbehörde wird ermöglicht, dass die Verwaltung sich selbst kontrolliert und die Gerichte entlastet werden590. Was den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz der Anstalten angeht, ist dessen System so ähnlich wie bei demjenigen der Kommunalaufsicht591. Dies ist noch im Zusammenhang mit dem Charakter der Aufsichtsmaßnahme und der anstaltlichen Aufgabenstruktur auszuführen. Aufsichtliche Eingriffe des Staates in den Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten der Anstalten stellen einen Verwaltungsakt i. S. von § 35 S. 1 VwVfG dar592. Jedenfalls wird es sich hier in der Regel um „rechtsverbindliche Aufsichtsakte handeln, die in Form des Verwaltungsaktes oder der Allgemeinverfügung ergehen“593. Daher ist in Frage kommender Rechtsschutz mittels Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO594, d. h. Klage auf Aufhebung eines Verwaltungsaktes (Anfechtungsklage) bzw. Erlass eines versagten/unterlassenen Verwaltungsaktes – etwa einer aufsichtsbehördlichen Zustimmung oder Genehmigung (Verpflichtungsklage)595 – möglich. Wie angedeutet, ist Klägerin eines verwaltungsgerichtlichen Streitverfahrens der Anstalt nicht ihr Vorstand oder Verwaltungsrat596, sondern die Anstalt als solche, also „als Inhaberin der verletzten (Selbstverwaltungs-)

587

Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 190. Nach Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 190, bedarf es eines solchen Vorverfahrens nicht gegen „die Maßnahmen der obersten Sparkassenaufsichtsbehörden (als oberste[n] Landesbehörden)“, weil gesetzliche Bestimmungen zur besonderen Nachprüfung (vgl. Vorbehalt aus § 68 Abs. 1 Nr. 1 VwGO a.E.) nicht erlassen worden sind. 589 Im Gegensatz zum diesen Verwaltungsverfahren beschränkt sich das Gerichtsverfahren auf eine rechtliche Überprüfung, Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 151. 590 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 151 f. 591 Vgl. Erichsen, DVBl. 1985, 943 (947 f.). 592 Erichsen, DVBl. 1985, 943 (947); Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 152; S. U. Pieper, Aufsicht, S. 452. 593 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 452. 594 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 452. 595 Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 450; Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 153; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 193. 596 Andrick, Stiftungsrecht und Staatsaufsicht, S. 152. 588

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

Rechte“597. Klagegegner ist nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht die Aufsichtsbehörde, sondern der Bund bzw. das Land, dessen Behörde den angefochten Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat598. Im Bereich des Rechtsschutzes gegen fachaufsichtsrechtliche Maßnahmen ist umstritten, ob sie eine Verwaltungsaktsqualität erlangen und damit verselbständigte Verwaltungsträger bzw. die Anstalten gegen diese einen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen dürfen599. Hinsichtlich Weisungen in Auftragsangelegenheiten im Vergleich zu Aufsichtsmaßnahmen in Selbstverwaltungsangelegenheiten der Anstalten ist zwar ihre „interpersonale Wirkung“600, also das Außenverhältnis, bzw. die Verletzung eigener Rechte in der Tat nicht immer deutlich überprüfbar. Wenn man sich „die Rechtsnatur der fachaufsichtsrechtlichen Maßnahmen“601 sowohl aus der Perspektive der Praxis als auch aus der organisationsrechtlichen Sicht vergegenwärtigt, wird es jedoch fraglich, ob solche Maßnahmen immer ohne Außenwirkung und „gerichtsfreie Hoheitsakte“602 sind. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Auffassungen von Schröder, Krebs und S. U. Pieper erwähnenswert: Schröder hat den Verwaltungsaktcharakter fachaufsichtlicher Weisungen mit der Begründung grundsätzlich angenommen, dass „die Weisungen an einen rechtlich selbständigen Verwaltungsrechtsträger“ gerichtet seien, also den „Außenrechtskreis“ betreffen603. Daran anschließend hat Krebs, anders als Erichsen604, eine „interpersonale Wirkung“ nicht nur „bei Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung“, sondern auch „bei fachaufsichtlichen Weisungen im Rahmen der Auftragsverwaltung“ mit der Formulierung gesehen, dass „auch bei der Auftragsverwaltung die Gemeindeorganisation rechtlich nicht zum Organ der Staatsverwaltung wird“605. „Weisungen treffen sie auch insofern als (Außen-)Rechtssubjekt, wenn auch nur als Pflichtsubjekt, sind also interpersonal“606. Jüngst hat S. U. Pieper von „nach Maßgabe des öffentlichen 597

Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 192. Vgl. Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 192 f. 599 Dazu zusammenfassend vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 452, insbesondere dort in Fn. 2747; vgl. auch Schröder, JuS 1986, 371 (375); Krebs, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HdbStR III, § 69, Rn. 47; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 160 f.; Erichsen, DVBl. 1985, 943 (947 f.), nimmt an, dass der Rechtsschutz kommunaler Gebietskörperschaften nach „der monistischen bzw. dualistischen Aufgabenstruktur der jeweiligen Länder unterschiedliche Konsequenzen“ hat. 600 Erichsen, DVBl. 1985, 943 (947). 601 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 452. 602 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 452. 603 Schröder, JuS 1986, 371 (375). 604 Erichsen, DVBl. 1985, 943 (948), verneint die Verwaltungsaktsqualität fachaufsichtlicher Weisungen im Rahmen der Auftragsverwaltung im Fall einer dualistischen Aufgabenstruktur. 605 Krebs, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HdbStR III, § 69, Rn. 47, dort in Fn. 177. 606 Krebs, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HdbStR III, § 69, Rn. 47, dort in Fn. 177. Zu beachten ist, dass für die Frage, ob ein Antrag an das Verwaltungsgericht zulässig ist, im 598

E. Rechtsschutz gegen Akte der Anstaltsaufsichtsbehörde

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Rechts (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO)“ zu entscheidenden „Vorgänge[n]“ gesprochen607 und zugunsten der Erweiterung des Rechtsschutzes der verselbständigten Verwaltungsträger bzw. der Anstalten zur Ansicht von Schröder, Krebs u. a. ergänzend wie folgt argumentiert: – Verselbständigte Verwaltungsträger bzw. Anstalten sollen mit der „Verpflichtung zur Kooperation“ „Aufgaben, die der Fachaufsicht zuzuordnen sind, zunächst selbst ohne ein Tätigwerden der Aufsicht erledigen“608. Trotz nicht eigenverantwortlicher Aufgabenerledigung führt das daher dazu, dass sie „in ihrem Primat der Aufgabenwahrnehmung“ verletzt sein können609. Allerdings ist „eine Trennung der Aufgabenbereiche in Innen- und Außenverhältnis“ wegen der „funktionelle[n] Verkoppelung“ von Selbstverwaltungsangelegenheiten und übertragenen Aufgaben in der Praxis schwer sichtbar610. – Da sich der Staat für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben der verselbständigten und sonst eigenverantwortlich agierenden Verwaltungsträger bedient und verselbständigte Verwaltungsträger „im Rahmen ihrer Organisation der Aufsichtsmaßnahme entsprechen müssen“, lässt sich nicht bestreiten, dass fachaufsichtsrechtliche Maßnahmen „immer auch diese organisationsrechtlichen Aspekte der Aufgabenwahrnehmung“611 betreffen. Wenn man neben diesen Gründen auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts612, dass die Qualifikation einer hoheitlichen Maßnahme als Verwaltungsakt und eines Außenverhältnisses nicht notwendige Voraussetzung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes sei, beachtet, hat dies zur Folge, dass fachaufsichtsrechtliche Maßnahmen regelmäßig in den Rechtskreis der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts als verselbständigter Verwaltungsträger eingreifen und diese im Wege der Anfechtungsklage oder der allgemeinen Leistungsklage Rechtsschutz erlangen können613.

Grundsatz entscheidend ist, „ob der Verwaltungsträger in seinen eigenen (Selbstverwaltungs-) Rechten betroffen und damit klagebefugt ist“. 607 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 452. 608 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 453. 609 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 453. 610 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 453. 611 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 453. 612 BVerwGE 60, 144, 149 f. 613 Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 453; nach Erichsen, DVBl. 1985, 943 (948), können kommunale Gebietskörperschaften angesichts fehlender Verwaltungsaktsqualität der fachaufsichtlichen Weisungen im Rahmen der Auftragsverwaltung im Fall einer dualistischen Aufgabenstruktur „im Wege der allgemeinen Leistungsklage“ Rechtsschutz erlangen.

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

II. Haftung für rechtswidrige Aufsichtsmaßnahmen und Haftungsausschluss 1. Die Anwendung des Grundsatzes der Staatshaftung Im Allgemeinen wird anerkannt, dass ein beim Beaufsichtigten unmittelbar zu Schäden führendes, fehlerhaftes staatsaufsichtsrechtliches Handeln, wie z. B. die rechtswidrige Verweigerung einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung oder die rechtswidrige Überschreitung der aufsichtsbehördlichen Befugnisse im Verhältnis zum Beaufsichtigten614, eine Haftung des Staates auslösen kann und der konkrete Schadensfall durch die Staatshaftung gem. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG erfasst wird615. In der Literatur werden häufig folgende Fälle als haftungsauslösende Konstellationen im Rahmen des Aufsichtsrechtes genannt: – Als Regelfall ist die unmittelbare „Schadenskonstellation zwischen Aufsichtsubjekt und -objekt“ anzusehen, d. h. insbesondere wenn „es sich um eine Aufsicht über Private handelt und dem Beaufsichtigten Schäden unmittelbar durch das aufsichtsbehördliche Tätigwerden entstehen“616. – Im Sonderfall sind Hoheitsträger Dritte, d. h. wenn Schäden „durch rechtswidriges Handeln der Aufsicht den Selbstverwaltungskörperschaften und Beliehenen entstehen“, „soweit das Verhältnis zwischen ihnen und der Aufsicht dem Verhältnis von Staat und Bürger vergleichbar ist“617. Trotz der Anwendung des Grundsatzes der Staatshaftung und des Antreffens solcher Konstellationen im Aufsichtsrecht ist zu beachten, wie Ossenbühl bemerkt hat, dass eine Staatshaftung „im Umkreis der sog. mittelbaren Staatsverwaltung aus Gründen der Einheit der Staatsverwaltung regelmäßig ausscheidet“618. Insgesamt kann man daher davon sprechen, dass die Frage nach der Haftung für rechtswidrige Aufsichtsmaßnahmen im deutschen Recht in der Tat sowohl theoretisch als auch praktisch kaum relevant für die Anstaltsaufsicht ist. 2. Zur Frage des Ausschlusses der Staatshaftung in der Bankenaufsicht Um aus der rechtsvergleichenden Perspektive noch einen bemerkenswerten Punkt im Bereich von Aufsichtsrecht und Staatshaftung kurz anzusprechen: Es muss „der 614

S. U. Pieper, Aufsicht, S. 455. Vgl. S. U. Pieper, Aufsicht, S. 454 f. 616 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 454. 617 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 455; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. 12. 2002 , in: DVBl. 2003, 400 = NJW 2003, 1318. 618 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage, S. 70 m.w.N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. 12. 2002, in: DVBl. 2003, 400 = NJW 2003, 1318; S. U. Pieper, Aufsicht, S. 455, dort in Fn. 2761. 615

E. Rechtsschutz gegen Akte der Anstaltsaufsichtsbehörde

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Streit um die haftungsrechtliche Bedeutung der Bankenaufsicht“619 bzw. die Frage nach der Drittschutzwirkung der Bankenaufsicht beachtet werden. Allerdings steht diese Diskussion nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anstaltsaufsicht. Dennoch ist sie im Rahmen dieser Untersuchung von Bedeutung, weil die Bankenaufsicht hier bereits teilweise thematisiert ist und die deutsche Bankenaufsichtsbehörde, also die BAFin, die Organisationsform der Anstalt hat. Der Ausgangspunkt dieser Diskussion sind das sog. Wetterstein-Urteil vom 15. Februar 1979620 und das Herstatt-Urteil vom 12. Juli 1979621. Indem nach dem Wetterstein-Urteil die Aufsicht „teilweise auch drittschützende Wirkung“ habe und der Einlegerschutz „kein bloßer Reflex“ sei622, beschränkte der Bundesgerichtshof in diesen Entscheidungen anders als nach bis damals vielfach vertretener Meinung623 den Zweck der Bankenaufsicht fortan „nicht auf die Interessen der Allgemeinheit und die Funktionsfähigkeit des Kreditgewerbes“, sondern bejahte vielmehr „den Schutz der Gläubiger einzelner Kreditinstitute vor Verlusten“624. Danach ist „die Staatshaftung für eine fehlerhafte Bankenaufsicht“625 der früheren BAKred (der jetzigen BAFin) zugunsten der „nur mittelbar geschützten Institutsgläubiger“626 bzw. betroffenen Einleger begründbar. Als Reaktion auf diese bundesgerichtliche Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in der dritten KWG-Novelle 1985627 dem § 6 KWG einen Absatz 3 angefügt und ausdrücklich geregelt, dass das BAKred (die BAFin) „ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse“ wahrnimmt (nunmehr § 4 Abs. 4 FinDAG628). Danach fällt „das Interesse eines einzelnen, individuellen Bankenkunden oder der Gesamtheit der Kunden einer bedrohten Bank“ nicht unter das öffentliche Interesse dieser Vorschrift629 und es soll unmöglich gemacht werden, „wegen eines bestimmten Handelns 619

Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage, S. 63. BGHZ 74, 144 ff. 621 BGHZ 75, 120 ff. 622 BGHZ 74, 144, 151. 623 Danach wurde die Interesse einzelner Institutsgläubiger ausgeschlossen, dazu siehe Träm, Neue Entwicklungen der staatlichen Bankenaufsicht in Deutschland und den USA sowie der Einfluß von Basel II, S. 29; vgl. auch Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, S. 61. 624 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 162; vgl. auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage, S. 63; Träm, Neue Entwicklungen der staatlichen Bankenaufsicht in Deutschland und den USA sowie der Einfluß von Basel II, S. 29. 625 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 162. 626 Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, S. 61. 627 Gesetz über das Kreditwesen in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1693). 628 Die wortgleiche Regelung vom § 6 Abs. 4 KWG 2001 wurde durch § 4 Abs. 4 FinDAG zum 1. Mai 2002 aufgehoben. 629 Träm, Neue Entwicklungen der staatlichen Bankenaufsicht in Deutschland und den USA sowie der Einfluß von Basel II, S. 30. 620

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2. Teil: Die Staatsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland

oder Unterlassens der Behörde Schadensersatzansprüche gegen den Staat“ nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG erheben zu können630. Angesichts dieser gesetzgeberischen Änderung und einiger den Drittbezug möglicherweise indizierender EURichtlinien631 hat der Bundesgerichtshof diese Ansicht vertreten, dass „eigenständige Anlegerrechte und damit Drittrechte in den Richtlinien nicht erwähnt“ sind632, und beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) um eine Vorabentscheidung angefragt633. Der EuGH hat am 12. Oktober 2004 festgestellt, dass „die betreffenden EU-Richtlinien den Einlegern keine Rechte dahingehend verleihen, dass die zuständigen Behörden in ihrem Interesse Aufsichtsmaßnahmen treffen und § 6 Abs. 4 KWG […] mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist“634. Auf der Grundlage der Vorabentscheidung des EuGH hat der Bundesgerichtshof am 20. Januar 2005 bestätigt, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung der Regelung den Drittschutz einzelner Normen ausgeschlossen habe635. Wegen des gesetzgeberisch offensichtlich gewollten Haftungsausschlusses und seiner Bestätigung durch die Rechtsprechung kann man trotz der geäußerten rechtstaatlichen und damit verfassungsrechtlichen Bedenken636 nicht davon sprechen, dass die Vorschriften des Kreditwesengesetzes drittschützende Wirkung haben637 und den Einlagengläubigern ein Staatshaftungsanspruch in Bezug auf unzureichende Maßnahmen der Bankenaufsicht gewährt wird. Also wird die Bankenaufsicht in Deutschland ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig638.

630 KWG-Novelle 1985 (BT-DruckS. 10/1141 v. 14. 5. 1984, 18 ff.). Besonderer Teil zu § 1 Nr. 3; vgl. auch S. U. Pieper, Aufsicht, S. 457, dort in Fn. 2772. 631 Z. B. Erste Koordinierungs-RL 77/780/EWG vom 12. 12. 1977 (ABl. EG Nr. L 322 vom 17. 12. 1977, S. 30); Zweite Koordinierungs-RL 89/646/EWG vom 15. 12. 1989 (ABl. EG Nr. L 386 vom 30. 12. 1989, S. 1); sowie die zusammenfassende Richtlinie 2000/12/EG vom 20. 3. 2000 (ABl. EG Nr. L 126 vom 26. 5. 2000, S. 1); vgl. auch Träm, Neue Entwicklungen der staatlichen Bankenaufsicht in Deutschland und den USA sowie der Einfluß von Basel II, S. 31, dort in Fn. 45; Rohlfing, WM 2005, 311 (314). 632 Träm, Neue Entwicklungen der staatlichen Bankenaufsicht in Deutschland und den USA sowie der Einfluß von Basel II, S. 31. 633 BGH v. 16. 5. 2002 (NJW 2002, S. 2464 ff.). 634 Träm, Neue Entwicklungen der staatlichen Bankenaufsicht in Deutschland und den USA sowie der Einfluß von Basel II, S. 31; vgl. zu diesen Urteil vom EuGH (RS. C-222/02) WM 2005, 365 ff. sowie NJW 2004, 3479 (3480). 635 BGH, Urteil vom 20 Januar 2005 (III ZR 48/01, Köln); WM 2005, 369 ff. 636 Insbesondere S. U. Pieper, Aufsicht, S. 456 ff. 637 Vgl. OLG Köln, WM 2001, 1372 (1376). 638 Träm, Neue Entwicklungen der staatlichen Bankenaufsicht in Deutschland und den USA sowie der Einfluß von Basel II, S. 37.

Dritter Teil

Die Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in Korea im Vergleich zu Deutschland A. Überblick über die Struktur des Verwaltungssystems und der Staatsaufsicht im koreanischen Recht I. Grundstrukturen des Verwaltungssystems 1. Das traditionelle zentralisierte Verwaltungssystem Um die Struktur des Verwaltungssystems und der Staatsaufsicht im modernen koreanischen Recht verstehen zu können, sollen folgende Ausgangspunkte, die mit der koreanischen Geschichte, dem Charakter des Staates und der Regierungsform im engen Zusammenhang stehen, zunächst entwickelt werden. Wie Ki-Wu Lee bereits in seiner Dissertation zu den historischen Aspekten des koreanischen Verwaltungssystems ausgeführt hat1, entsprach „[d]as koreanische politische System“ „über ein Jahrtausend hinweg, von der ,KoryoÐ-Dynastie (918 – 1392) bis zur ,ChosunÐ-Dynastie (1392 – 1910), eine[r] absoluten Monarchie, die durch eine extreme Zentralisierung der gesamten politischen Macht auf den König gekennzeichnet werden kann“. In der Zeit als japanische Kolonie von 1910 bis 1945 wurde aus Gründen der „Kolonialpolitik und -kriegsführung“ Zentralisierung des Verwaltungssystems gefordert, die in dieser Intensität kein Vorbild hatte2. Koreas US-amerikanische Militär-Verwaltung (1945 – 1948), die nach dem 2. Weltkrieg bzw. nach der Loslösung des Landes von Japan bis zur Republikgründung herrschte3, behielt „das extrem zentralisierte Verwaltungssystem“ für diese Übergangszeit nahezu unverändert bei. Danach sind die von neun Staatspräsidenten4 geleiteten und leiten1

Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 34 ff. Zu beachten ist, dass „alle japanischen Generalgouverneure während der ganzen Kolonialzeit entweder Generäle oder Admiräle waren“. Unter der Leitung des Generalgouverneurs wurde versucht, durch eine stärker zentralisierte und bürokratisierte Verwaltung „die Grundlagen der traditionellen Siedlungsgemeinschaft zu zerstören und damit jegliche Widerstandskraft im Keim zu ersticken“, siehe Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 36, Fn. 137 und S. 37. 3 Vgl. Seok, Die Rezeption des deutschen Verwaltungsrechts in Korea, S. 30. 4 Dazu wird der Staatspräsident des parlamentarischen Regierungssystems bzw. der parlamentarischen Demokratie (August 1960 – März 1962) nicht gezählt. 2

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

den verschiedenen Regierungen in der Republik Korea gebildet worden, deren verfassungsrechtliche Grundlage von der ersten Verfassung vom 17. 7. 1948 („Chehun-Hunbub“) bis zur heutigen Verfassung vom 29. 10. 1987 (koreanische Verfassung, „KV“) neunmal revidiert worden ist. Zwar gibt es dabei Unterschiede im Zentralisierungsgrad. Dass alle Zentralregierungen auf einem zentralisierten Verwaltungssystem beruhen, ist doch nicht zu verneinen. Die Tatsache, dass die letzte Regierung (Februar 2003 – Februar 2008) sich Regierung der Mitwirkung der Bürger genannt und die Dezentralisierung betont hat, verdeutlicht den zentralistischen Charakter der bisherigen koreanischen öffentlichen Verwaltung. Zu diesem historischen Befund kommt der Charakter des Staates als Einheitsstaat mit einem Präsidialsystem hinzu. Obwohl die kommunale Selbstverwaltung durch die Verfassung vom 29. 10. 1987 verfassungsrechtlich gewährleistet ist5 und viele dezentralisierte Verwaltungsträger6, wie z. B. die Zentralbank (The Bank of Korea, „BOK“) und das Finanzdienstleistungsaufsichtsamt (Financial Supervisory Service, „FSS“), seit langem in der Praxis tätig sind7, ist die Regierungs- und Verwaltungsorganisation bei manchen wichtigen Entscheidungen zentralistischer als in Staaten mit bundesstaatlicher Organisation, wie z. B. in der Bundesrepublik Deutschland8. Das bedeutet, dass die Autonomie der dezentralisierten Verwaltungsträger gering ist und der Staatspräsident sowie die von ihm geleitete Regierung bzw. verschiedene Ministerien und Verwaltungsausschüsse einen weitgehenden Einfluss auf diese Verwaltungsträger ausüben. Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass der direkt vom Volk gewählte Staatspräsident verfassungsrechtlich eine starke und zugleich doppelte Position hat: Er ist vom Parlament weitgehend unabhängig. Er beruft die Regierung einschließlich der Präsidenten des staatlichen Rechnungshofs sowie der wichtigen dezentralisierten Verwaltungsträger9. Er ist zudem Staatsoberhaupt, das den Staat dem Ausland gegenüber repräsentiert10, das zur Bewahrung der Verfassung, der Unabhängigkeit und der Kontinuität des Staates verpflichtet ist11 und im Staatsnotstand selbständig dringende Maßnahmen treffen kann12. Trotzt der umfangreichen Leitungsbefugnisse des Staatspräsidenten bzw. der starken Position der Regierung bleibt 5 Art. 117 und 118 KV. Nach Art. 117 Abs. 1 KV haben die Gebietsselbstverwaltungskörperschaften die Angelegenheiten des öffentlichen Wohls der Einwohner zu erledigen und ihr Vermögen zu verwalten. Sie können im Rahmen der Gesetze Statuten erlassen. Im koreanischen Rechtssystem bzw. in der Rechtsterminologie gibt es keinen Unterschied zwischen „Art.“ und „§“. In diesem koreanischen dritten Teil wird „Art.“ einheitlich vor der einzelnen verfassungsrechtlichen bzw. gesetzlichen Bestimmung benutzt. 6 Vgl. Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 46 ff. 7 Nach Doehring, Allgemeine Staatslehre, 2. Auflage, Rn. 165, neigt ein klassischer Einheitsstaat, wie z. B. Frankreich, heute in mancher Hinsicht zur Dezentralisierung. 8 Vgl. Kim, Chatschihaengchung (August 2002), 34 (35). 9 Art. 66 Abs. 4, Art 87 Abs. 1, Art. 94 und Art. 97 Abs. 2 KV. 10 Art. 66 Abs. 1 KV. 11 Art. 66 Abs. 2 KV. 12 Art. 76 Abs. 1 und 2, Art 77 Abs. 1 KV.

A. Verwaltungssystem und Staatsaufsicht im koreanischen Recht

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festzuhalten, dass die nach dem Juniwiderstand 1987 gebildete geltende Verfassung eine demokratisch legitimierte Verfassung ist und seitdem sich die Demokratie sowie die Rechtsstaatlichkeit in der Republik Korea immer weiter entwickeln. Heutzutage ist die Republik Korea somit weltweit als ein demokratischer Rechtsstaat anerkannt. In diesem Zusammenhang ist schließlich zu beachten, dass dieses zentralistisch orientierte Verwaltungssystem bzw. Regierungsform selbstverständlich zu einer besonderen Struktur der Staatsaufsicht führt, die an späterer Stelle behandelt werden soll. 2. Die Grundform der Staatsverwaltung nach der heutigen gesetzlichen Regelung und in der Praxis Während das deutsche Grundgesetz in den Art. 86 ff. GG an der Trennung von unmittelbarer („bundeseigener Verwaltung“) und mittelbarer Staatsverwaltung (Verwaltung „durch bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes“) festhält und auf ihre Aufgabenbereiche hinweist, spricht die koreanische Verfassung in der Tat nichts bzw. in sehr groben Umrissen von solchen Verwaltungsstrukturen und es bleibt fast alles dem Gesetz vorbehalten13. D. h. im Gegensatz zum deutschen Grundgesetz lassen sich der koreanischen Verfassung sinnvolle Informationen über die allgemeine organisatorische Struktur der Exekutive, über die staatliche Verwaltungsorganisation auf der Zentralebene, sowie die Gegenstände und Aufgaben, auf die die staatliche Verwaltung Anwendung findet, nicht entnehmen. Dafür erscheinen vielmehr die Auslegung der einschlägigen Gesetze und die Beobachtung der Verwaltungspraxis oder die Ansichten im Schrifttum nützlich zu sein. Insbesondere in der Literatur findet sich der Versuch, unter dem Verweis auf die deutschen verwaltungsrechtlichen Kriterien die Verwaltungsstruktur der koreanischen Verwaltung in unmittelbare Staatsverwaltung und auch mittelbare Staatsverwaltung einzuteilen14. a) Die unmittelbare Staatsverwaltung (1) Rechtliche Grundlage Im Hinblick auf die rechtliche Grundlage der unmittelbaren Staatsverwaltung sind Art. 66 Abs. 415, Art. 96 KV, Art. 2 Abs. 2 und Art. 5 Gesetz über die Regierungsorganisation (Regierungsorganisationsgesetz, „KROG“) als allgemeine und maßgebliche Regelungen anzusehen16. Wie erwähnt, bleiben die Errichtung einzelner Verwaltungsorganisationen bzw. Ministerien, ihr Aufbau und ihre Zuständigkeiten nach 13 Nach Art. 96 KV werden die Errichtung jedes Ministeriums, die Organisation und der Aufgabenbereich durch Gesetz bestimmt. 14 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 5 ff. und 135 ff.; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (63 f. und 68 ff.). 15 Art. 66 Abs. 4 KV gesteht die vollziehende Gewalt der Regierung zu, deren Oberhaupt der Staatspräsident ist. 16 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 136 und 143.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

Art. 96 KV dem Gesetz vorbehalten. Nach dieser Bestimmung regelt das KROG also die Einzelheiten. Es ist unstreitig, dass die von KROG geregelten Inhalte der Aufbau, die Gegenstände sowie die Aufgaben der unmittelbaren Staatsverwaltung sind17. (2) Der unmittelbare Staatsverwaltungstyp Die Angelegenheiten der unmittelbaren Staatsverwaltung werden von zwei Verwaltungstypen wahrgenommen. Zum einen sind „Bu“, „Cheo“18 und „Cheong“ als präsidiale Behörden (Art. 2 Abs. 2 KROG) und zum anderen ist „Üwonhoe“ (Verwaltungsausschuss) als kollegiale Behörde (Art. 2 Abs. 2 und Art. 5 KROG), die zur neutralen und von der Regierung unabhängigen Ausführung von öffentlichen Aufgaben durch Gesetz errichtet wird, zu nennen. Im Vergleich zum deutschen Verwaltungssystem entsprechen „Bu“, „Cheo“ und „Üwonhoe“ verschiedenen Bundesministerien. Die unabhängigen „Üwonhoe“, wie z. B. Financial Services Commission (Finanzausschuss)19 und Fair Trade Commission (Kartellamt)20, werden dabei in der Regel unter dem „Kukmuchongri“ (Premierminister) errichtet. „Cheong“ wird unter einem „Bu“ errichtet und entspricht zwar selbständigen Bundesoberbehörden im deutschen Recht. Aber „Cheong“ hat einen eigenen Verwaltungsunterbau. Im Vergleich zur deutschen zentralen Verwaltungsorganisation ist interessant, dass die zentrale Verwaltungsorganisation bzw. die Regierungsorganisation in Korea relativ flexibel ist. D. h. wenn ein neuer Staatspräsident in Korea gewählt wird, will er in der Regel zur effektiven Durchführung seiner neuen Politik die Regierungsorganisation nach KROG mit Zustimmung des Parlaments ändern. Daher findet immer wieder eine Änderung der Anzahl von „Bu“, „Cheo“ und „Üwonhoe“ statt, wenn eine neue Regierung ihr Amt antritt21. Der Staatspräsident steht als Regierungschef grundsätzlich an der Verwaltungsspitze und leitet mit seinem umfassenden Weisungsrecht über den „Kukmuchongri“, also den Premierminister, alle Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung22. Dabei 17

Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 136. Die letzte Regierung hatte 18 „Bu“ (Art. 26 Abs. 1 KROG a.F.) und 4 „Cheo“ (Art. 23 ff. KROG a.F.). Die Regierung, die am 25. 02. 2008 ihr Amt angetreten hat, hat 13 „Bu“ (Art. 22 Abs. 1 KROG) und 2 „Cheo“(Art. 20 und 21 KROG). 19 Art. 3 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Einrichtung etc. vom Finanzausschuss, („GEFA“) vom 29. 02. 2008. Bis zum 28. 02. 2008 war das Financial Supervisory Commission („FSC“), dazu Art. 3 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Einrichtung etc. von den Instituten der Finanzdienstleistungsaufsicht (Act on The Establishment, etc. of Financial Supervisory Organizations, „GEF“); Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 154, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht, übersetzt dieses ins Deutsche als „Gesetz über die Einrichtung der Bankenaufsicht“ („GEB“). 20 Art. 35 Abs. 1 in Act on Monopoly Regulation and Fair Trade. 21 Vgl. Han, Abhandlungssammlung der Universität Konkuk, Bd. 8 (1978), S. 179 ff. 22 Art. 66 Abs. 4, Art 86 Abs. 2 und Art. 88 Abs. 3 KV, Art. 11 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 KROG. 18

A. Verwaltungssystem und Staatsaufsicht im koreanischen Recht

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darf im Hinblick auf die effektive Leitung und Koordinierung der Verwaltungsarbeit in der Exekutive nicht übersehen werden, dass viele Assistenten des Präsidenten im Präsidentenamt, das „Cheongwadae“ (das Blaue Haus) heißt und vergleichbar mit „The White House“ in den USA ist, eine große Rolle in der Praxis spielen23. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass unabhängige Verwaltungsausschüsse zwar rechtstheoretisch weisungsfrei von Staatspräsident und Premierminister ihre Verwaltungsaufgaben erledigen sollen24. In der Praxis steht jedoch die Aufgabenwahrnehmung der Verwaltungsausschüsse unter der Einflussnahme des Staatspräsidenten als Staatsoberhaupt25. Daher kann man ähnlich wie in Deutschland von „administrativ[er] Hierarchie“ der unmittelbaren Staatsverwaltung bzw. von einer hierarchisch aufgebauten unmittelbaren Staatsverwaltung sprechen26. Allerdings ist dieser Punkt im Zusammenhang mit der an späterer Stelle zu beschreibenden Struktur der (Staats-)Aufsicht besser zu verstehen. (3) Der Aufgabenbereich der unmittelbaren Staatsverwaltung Eine klare Antwort auf die Frage, welche Aufgabenbereiche obligatorisch oder fakultativ unmittelbarer Staatsverwaltung zugewiesen werden, ist im Gegensatz zum deutschen Grundgesetz den Regelungen der koreanischen Verfassung nicht zu entnehmen27. Ein anderer Befund wird sich auch aus den Regelungen des Regierungsorganisationsgesetzes und anderen Gesetzen nicht ergeben28. Der Grund liegt darin, dass die koreanische Verfassung die Regelung dieser Frage dem Regierungsorganisationsgesetz überlässt (Art. 96 KV) und dieses Gesetz verschiedenen Behörden unmittelbarer Staatsverwaltung, vor allem „Bu“, „Cheo“ und „Üwonhoe“, regelt. Die Aufgabenbereiche der Exekutive werden dabei ohne Konkretisierung nach den Funktionsähnlichkeiten bzw. Funktionsgruppen zugewiesen (Art. 15 und 20 ff. KROG). Mit einem halben Blick könnten alle Aufgabenbereiche der Exekutive danach theoretisch als Gegenstände der obligatorischen unmittelbaren Staatsverwaltung angesehen werden. Dies wäre allerdings eine voreilige Meinung, die von Seiten der Literatur nicht unterstützt wird. Das bedeutet auch nicht, dass man davon sprechen kann, dass genügende und konkrete Kriterien an anderen Stellen des Schrifttums geboten werden. In diesem Zusammenhang sagt Myeong-Sik Kim

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Vgl. Art. 14 KROG. Vgl. Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 23 ff. 25 Vgl. Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 155, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht. 26 Vgl. Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 52. 27 Vgl. Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 270. 28 Vgl. Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 270. 24

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

zutreffend29 (hier: eigene Übersetzung und teilweise Zusammenfassung ins Deutsche): Angesichts des heutigen komplizierten und vielfältigen Verwaltungsumfelds fällt es schwer, das absolute Kriterium für die Frage aufzustellen, welche Aufgaben der Staat unmittelbar wahrnehmen muss oder zur besseren Erledigung juristischen Personen zu übertragen hat. Dazu sollen das Verwaltungsumfeld, der Finanzstand des Staates und die Möglichkeit für den Vorteil der Staatsbürger in der gegebenen Zeit zunächst berücksichtigt werden. […] Wie die Aufgaben, die früher durch den Staat unmittelbar wahrgenommen wurden, mit der Zeit auf die juristischen Personen des öffentlichen Rechts übertragen oder völlig privatisiert werden können, ist [die Entscheidung über die Aufgabenwahrnehmungsweise] immer variabel oder zu ändern. Deswegen erscheint die bisherige koreanische Verwaltungspraxis entscheidend und daher an dieser Stelle erwähnenswert zu sein. Sie zeigt, dass nur einige Kernbereiche der traditionellen Staatsverwaltung, so z. B. der Auswärtige Dienst, die Staatsfinanzverwaltung, die Staatswehrverwaltung sowie die Polizeiverwaltung, ähnlich wie in Deutschland, als Bereiche unmittelbarer Staatsverwaltung festgelegt werden können. b) Die mittelbare Staatsverwaltung (1) Rechtliche Grundlage Zwar ist die Möglichkeit der Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben durch Beliehene oder beliehene Unternehmer im koreanischen Regierungsorganisationsgesetz geregelt (Art. 6 Abs. 3 KROG)30. In der koreanischen Verfassung und im Regierungsorganisationsgesetz sind jedoch weder eine generelle Regelung noch ausdrückliche Vorschriften, die allgemein die Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben durch die verschiedenen mittelbaren Verwaltungsträger begründen, zu finden. Allerdings bedeutet diese fehlende ausdrückliche verfassungsrechtliche Regelung nicht, dass sich die verfassungsrechtliche Grundlage der mittelbaren Staatsverwaltung der koreanischen Verfassung nicht entnehmen lässt. Nach Art. 66 Abs. 4 KV steht die vollziehende Gewalt der Regierung zu, deren Oberhaupt der Staatspräsident ist. Eine überzeugende Ansicht geht von diesem Artikel und der systematischen Auslegung der Verfassung aus31: Die vollziehende 29 Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 67 f., der an anderer Stelle, S. 270, so formuliert (hier: eigene Übersetzung ins Deutsche): Die Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung sollen solche Aufgaben als eigene Aufgaben weiter wahrnehmen, die das Recht und die Pflicht der Bürger unmittelbar betreffen und im öffentlichen Interesse sowie zur Existenzerhaltung des Staates bedeutend sind und auch nach deren [= der Aufgaben] Wesen vom privaten Sektor tatsächlich nicht erledigt werden können. 30 Vgl. Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S.78 f.; Jeong/Lee, S. 225 f., in: Gutachten und Presseberichte über die Veränderung des Systems der Finanzdienstleistungsaufsicht. 31 Vgl. Kim, Grundzüge des Staatsrechts, S. 990 ff.; Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (138 f.); Jeong/Lee, S. 220 ff., in: Gutachten und Presseberichte über die Veränderung des

A. Verwaltungssystem und Staatsaufsicht im koreanischen Recht

203

Gewalt in dieser Regelung der KV umfasst alle Befugnisse der Exekutive, die der Legislative und Judikative gegenüberstehen. Zu diesen gehören selbstverständlich sowohl der Vollzug der Gesetze durch die Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung als auch der durch die mittelbaren Verwaltungsträger. Ohne eine solche Auslegung, die das Gefüge der gesamten Exekutive unter dem Gewaltenteilungsprinzip entwickelt, dürfte die Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben durch die vielen mittelbaren Verwaltungsträger in der Praxis wohl zu der Gefahr führen, auf keinem verfassungsrechtlichen Boden zu stehen. Allerdings ist noch zu beachten, dass „Regierung“ hierbei nicht die aus dem Staatspräsident, dem Premierminister und den Ministern bestehende Behörde der unmittelbaren Staatsverwaltung bzw. den unmittelbaren Staatsverwaltungsträger32, sondern die gesamte Exekutive ist, die als verantwortliche politische Führungsspitze Verwaltungsaufgaben unter dem Staatspräsident wahrnimmt. Eine andere Meinung grenzt die mittelbare Staatsverwaltung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts, d. h. vor allem Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechtes, von der unmittelbaren Staatsverwaltung ab, ohne die verfassungsrechtliche Grundlagen der mittelbaren Staatsverwaltung dabei zu erwähnen oder nach diesen zu fragen33. Meines Erachtens scheint diese Meinung der zuerst genannten Auffassung zu folgen. Neben diesen soeben genannten beiden Auffassungen findet sich die Meinung, die von der fehlenden ausdrücklichen Regelung der mittelbaren Staatsverwaltung ausgeht und zugunsten der unmittelbaren Staatsverwaltung votiert34. Danach bedeutet die vollziehende Gewalt von Art. 66 Abs. 4 KV grundsätzlich nur den Vollzug der Gesetze durch die Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung. Dies hat zur Folge, dass die mittelbare Staatsverwaltung keine verfassungsrechtliche Grundlage hat. Das koreanische Ministerium der Finanzen (Ministry of Strategy and Finance35) stellt zwar dieser Meinung zustimmend die zweifelhafte Frage, ob juristische Personen bzw. Anstalten des öffentlichen Rechts eine Verwaltungsaufgabe, die im engen Zusammenhang mit dem Recht und der Pflicht der Bürger steht, wahrnehmen können36. Diese Ansicht ist aber angesichts der koreanischen Verwaltungspraxis, in der die umfangreichen Verwaltungsaufgaben schon seit langem durch juristische Personen des öffentlichen Rechts bzw. durch Beliehene oder beliehene Unternehmer Systems der Finanzdienstleistungsaufsicht; Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 15 und 19. 32 Vgl. Choi, Kongbubhakyungu, Bd. 5. Nr. 1, 333 (341). 33 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 5 ff. und 135 ff. 34 Vgl. Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (138 f.); Jeong/Lee, S. 219, in: Gutachten und Presseberichte über die Veränderung des Systems der Finanzdienstleistungsaufsicht. 35 Das koreanische Ministerium der Finanzen wurde bis zum 28. 02. 2008 „Ministry of Finance and Economy“ genannt. 36 Vgl. Ministry of Finance and Economy, S. 127 ff., in: Gutachten und Presseberichte über die Veränderung des Systems der Finanzdienstleistungsaufsicht.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

wahrgenommen werden und neuerdings die Ausländer37 innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung mitwirken bzw. als deren Mitglieder daran teilnehmen, sehr zu kritisieren38. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass der koreanische Oberste Gerichtshof („Daebubwon“) das Monopol der unmittelbaren Staatsverwaltung bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben bereits abgelehnt und anerkannt hat, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts hoheitliche Maßnahmen, die das Recht und die Pflicht der Bürger unmittelbar betreffen, ergreifen können39. Dabei hat der Gerichtshof die verfassungsrechtliche Grundlage der mittelbaren Staatsverwaltung nicht pointiert. Wie der soeben behandelte Meinungsstand bzw. der von der fehlenden ausdrücklichen Regelung über die mittelbare Staatsverwaltung ausgehende Befund zeigt, ist zwar die verfassungsrechtliche Grundlage der mittelbaren Staatsverwaltung in Korea insgesamt schwächer als die der deutschen mittelbaren Staatsverwaltung anzusehen. Aber daraus darf man auf keinen Fall die Schlussfolgerung ziehen, dass die verfassungstheoretische und verfassungsrechtliche Grundlage der mittelbaren Staatsverwaltung in Korea völlig verneint und der Umfang der Aufgabenwahrnehmung der mittelbaren Staatsverwaltung, wie z. B. in der oben geschilderten Ansicht des koreanischen Ministerium der Finanzen, verkleinert bzw. beschränkt werden darf. Wie gezeigt, widerspricht dieses Ergebnis nicht der verbreiteten Auffassung und Entscheidung des Obersten Gerichtshofs sowie des Verfassungsgerichts in Korea. (2) Entstehen mittelbarer Verwaltungsträger, ihre Bezeichnung und Aufgabenbereiche Ebenso wie im deutschen Recht erfordert die Errichtung einzelner Träger mittelbarer Staatsverwaltung, also das Entstehen mittelbarer Verwaltungsträger, gemäß dem organisationsrechtlichen Gesetzesvorbehalt oder aufgrund gesetzlicher Regeln, eine gesetzliche Grundlage. In der Praxis werden sie in der Regel durch einzelne Gesetze errichtet.

37 Z. B. hat in Korea der neue Staatspräsident, der sein Amt am 25. 02. 2008 angetreten hat, den wichtigen Vorbereitungsausschuss für seine neue Aufgabenwahrnehmung und die Übernahme der Präsidentschaft (The Presidential Transition Team, „Daetongryung Sik Inssu Üwonhoe“) gebildet. Dabei ist ein Engländer (David Eldon) zu einem hochrangigen Mitglied dieses Ausschusses ernannt worden. 38 Vgl. Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (138 f.); Choi, Kongbubhakyungu, Bd. 5. Nr. 1, 333 (356); Jeong/Lee, S. 225 f., in: Gutachten und Presseberichte über die Veränderung des Systems der Finanzdienstleistungsaufsicht. 39 Daebubwon, Sa 99Bu3 (Entscheidung vom 26. 11. 1999); dazu auch Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (139); das koreanische Verfassungsgericht („Hunbubjaepansso“) hat auch bereits in seiner Entscheidung vom 27. 11. 1997 (96HunMa279) anerkannt, dass es andere Verwaltungsträger neben dem Staat gibt. Zu dieser Entscheidung siehe auch Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 15, dort in Fn. 9.

A. Verwaltungssystem und Staatsaufsicht im koreanischen Recht

205

Als solche Verwaltungsträger werden im koreanischen Recht „Kongbubsang40 Sadan“ bzw. „Kongkongsohab“ (Körperschaften des öffentlichen Rechts), „Yongsomul-bubin“41 (Anstalten des öffentlichen Rechts), „Kongbubsang Jaedan“ bzw. „Kong-jaedan“ (Stiftungen des öffentlichen Rechts) und „Kongmussutakssain“ (Beliehene oder beliehene Unternehmer) genannt42. Wie bemerkt, entsprechen die Formen der mittelbaren Staatsverwaltung im koreanischen Recht denen des deutschen Rechts. Einzelne Begriffe der Bezeichnung im Koreanischen Recht sind im Wesentlichen identisch mit denen im deutschen Recht, weil sich das koreanische Verwaltungsrecht rechtsdogmatisch seit langem auf verschiedenen Seiten einschließlich der Begriffe der Verwaltungsträger unter dem Einfluss des deutschen Verwaltungsrechts entwickelt43 hat. Zu beachten ist, dass von diesen Begriffen „Yongsomulbubin“, die koreanische Übersetzung von „rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts“ im deutschen Recht oder „Êtablissement public“ im französischen Recht44, nur ein Lehrbegriff45 ist und sich der Begriff „Teussububin“ (besondere juristische Personen)46 oder einfach „Bubin“ (juristische Personen)47 häufig in der gesetzlichen Regelung findet. Das ist anders als „Kongbubsang Sadan“ und „Kongbubsang Jaedan“, die auch in der gesetzlichen Regelung verwendet werden. Noch erwähnenswert ist, dass der Begriff „Kongkongdancheh“ oder „Kongkongkikwan“ als Oberbegriff für „Kongbubsang Sadan“ „Yongsomulbubin“ und „Kongbubsang Jaedan“, also für Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, seit langem sowohl in der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Regelung48 als

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„Kongbubsang“ heißt „durch öffentliches Recht“. „Yongsomul“ heißt „Anstalt“. „Bubin“ bedeutet „juristische Person“. Da „Yongsomul“ im koreanischen Recht nur durch das öffentliche Recht zu errichten ist, entspricht „Yongsomulbubin“, also die Zusammensetzung aus „Yongsomul“ und „Bubin“, der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. 42 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 172 ff.; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (70). 43 Vgl. Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 27; zur eingehenden Untersuchung über den Einfluss des deutschen Verwaltungsrechts auf Korea, vgl. Seok, Die Rezeption des deutschen Verwaltungsrechts in Korea, 1991. 44 Vgl. Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 38 f. 45 Nach Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 129 ff., übersetzten japanische Wissenschaftler zuerst den Begriff „Anstalt“ in „Yongsomul“ bzw. „Yongsomulbubin“ und anschließend haben koreanische Wissenschaftler diese Übersetzung bzw. den Begriff als Lehrbegriff verwendet. 46 Vgl. Art. 24 Abs. 2 GEFA; Art. 2 im Gesetz über die Korea Bank; vgl. auch Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 40 ff. und 57 ff. 47 Vgl. Art. 2 Abs. 1 im Gesetz über die Korea Industrial Bank; vgl. auch Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 57 ff. 48 Z. B. Art. 29 Abs. 1 und 2, Art 46 Abs. 3 KV; zur Zusammenfassung der betreffenden gesetzlichen Regelungen vgl. Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 32 ff. und 37 ff. 41

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

auch im Schrifttum49 verwendet wird. Um die Eigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Vergleich zu denjenigen des Privatrechts zu betonen, findet sich zudem die Behauptung, dass der Begriff „Teussububin“ als Oberbegriff geeignet sei50. Andererseits ist bei der Klärung der Frage nach den Gegenständen der mittelbaren Staatsverwaltung grundsätzlich wie bei derjenigen der unmittelbaren Staatsverwaltung zu argumentieren. Da die koreanische Verfassung und andere Gesetze keine diesbezüglich generelle Regelung treffen, könnten alle Aufgabenbereiche der Exekutive zwar theoretisch als Gegenstände der fakultativen mittelbaren Staatsverwaltung angesehen werden. In der Rechtswirklichkeit werden jedoch einige Kernbereiche der traditionellen Staatsverwaltung, so z. B. der Auswärtige Dienst, die Staatsfinanzverwaltung, die Wehrverwaltung sowie die Polizeiverwaltung, ähnlich wie in Deutschland, nicht der mittelbaren Staatsverwaltung zugewiesen. Also dürfen die mittelbaren Verwaltungsträger alle Aufgaben, die nicht zu den Kernbereichen der traditionellen Staatsverwaltung gehören, wahrnehmen. Allerdings ist nicht zu verneinen, dass solche Bereiche nach dem Willen des Gesetzgebers den mittelbaren Verwaltungsträgern zu übertragen sind. Zu beachten ist, dass die Beliehenen oder beliehene Unternehmer nach Art. 6 Abs. 3 KROG nur die Verwaltungsaufgaben, die das Recht und die Pflicht der Staatsbürger nicht unmittelbar betreffen, wahrnehmen dürfen51. Schließlich ist erwähnenswert, dass die mittelbaren Verwaltungsträgern in der Regel unter der Aufsicht der zuständigen Ministerien und Verwaltungsausschüsse stehen. Auf diese Frage soll selbstverständlich an späterer Stelle näher eingegangen werden. . .

49 Vgl. Choi, Kongbubhakyungu, Bd. 5. Nr. 1, 333 (336, 355 und 343 ff.); Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (70 f.); Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 32 ff. 50 Während die juristischen Personen des Privatrechts in der Regel nach Art. 31, 32 und 39 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Korea errichtet werden und nicht die Stellung als Verwaltungsträger haben, werden diejenigen des öffentlichen Rechts zum bestimmten bzw. besonderen Verwaltungszweck durch einzelne Gesetze als Sonderrecht errichtet und haben die Stellung als Verwaltungsträger. Beim Begriff „Teussububin“ heißt „Teuss“ „besonder“ und dürfte wohl die rechtliche Grundlage sowie Stellung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts zeigen. Vgl. hierzu Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 23 ff.; kritisch Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 40. 51 Vgl. Jeong/Lee, S. 225 f., in: Gutachten und Presseberichte über die Veränderung des Systems der Finanzdienstleistungsaufsicht.

A. Verwaltungssystem und Staatsaufsicht im koreanischen Recht

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II. Überblick über die Grundstrukturen der (Staats-)Aufsicht 1. Ausgangsbefund Wie bereits während der Schilderung der Struktur des Verwaltungssystems in Korea angedeutet, ist die Struktur der (Staats-)Aufsicht, wie das Verwaltungssystem insgesamt, zentralistisch orientiert und die beiden Strukturen stehen im engen Zusammenhang. In der verwaltungswissenschaftlichen Literatur wird vom Aufsichtsmonopol durch die Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung52 und in der Regel vom System der gesamten staatlichen Aufsicht53 gesprochen, ohne die Staatsaufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung von der Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung inhaltlich und begrifflich abzugrenzen. Aus der verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Perspektive liegt ihr Schwerpunkt zum einen in der Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und Staatsaufsicht über die Gebietsselbstverwaltungskörperschaften54, zum anderen interessiert sie sich für die umfassende Aufsicht durch den staatlichen Rechnungshof55. D. h. im Bereich des Aufsichtsrechts dürfte die Staatsaufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung außer den Gebietsselbstverwaltungskörperschaften bislang wohl gesondert nicht thematisiert sein. Der Grund müsste darin liegen, dass die materiell-rechtlichen Aufsichtsregelungen über die Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung dominieren und die Praxis der Staatsaufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung unter dem zentralistisch orientierten Verwaltungssystem tatsächlich ohne Unterschied mit der Aufsichtspraxis innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung durchgeführt wird. Zudem ist die Rolle des Rechnungshofs im Bereich der staatlichen Aufsicht seit langem stark ausgeprägt. Unter diesen Bedingungen erscheint es selbstverständlich, dass das wissenschaftliche Interesse vor allem an der Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung besteht. Denn in deren Hand liegt die das Leben der gesamten Staatsbürger und die Aufgabenwahrnehmung anderer Verwaltungsorganisationen stark beeinflussende, politische und verwaltungsrechtliche Macht. Diese ist viel gewichtiger als bei der mittelbaren Staatsverwaltung. Nicht zuletzt besteht ein erhebliches wissenschaftliches Interesse an der Aufsichtsfunktion des Rechnungshofs. Angesichts dieses Ausgangsbefunds lässt es sich im Rahmen dieser Untersuchung nicht vermeiden, im Zusammenhang mit der Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und der umfassenden Aufsicht durch den Rechnungshof die theo52

Park, Hankughaengchungyungu, Bd. 7. Nr. 3, 15 (30). Vgl. Kim, Der Plan für die Befestigung des staatlichen Aufsichtssystems, 2002; Kim, Hankughaeng-chunghagbo, Bd. 24. Nr. 3, S. 1181 ff. 54 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 105 ff. und 692 ff.; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 ff. 55 Vgl. Oh, Verfassungsrechtliche Untersuchung der Aufsichtsfunktion des Rechnungshofs, 2006. 53

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

retische und praktische Seite der Staatsaufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung zu betrachten. Andererseits wird die Aufsicht durch die Legislative und die Gerichtsbarkeit als Form der Staatsaufsicht neben der Staatsaufsicht durch die Exekutive im Rahmen der Kommunalaufsicht in der Literatur behandelt56. Wie Ki-Wu Lee zwar bereits diesbezüglich zutreffend kritisiert hat57, ist die Aufsicht durch die Legislative im Wesentlichen als gesetzgeberisches Tätigwerden bezüglich des Handelns der sich selbst verwaltenden Gebietskörperschaften anzusehen und die gerichtliche Aufsicht ist nichts anderes, als „dass die Gebietskörperschaften wie jede andere natürliche oder juristische Person der Gerichtsbarkeit unterstehen“. Aber es ist nicht zu übersehen, dass das koreanische Parlament (Nationalversammlung, „Kughoe“) anders als in Deutschland angesichts der traditionellen starken Stellung der Exekutive im ganzen Staatsgefüge und ihres selbstgerechten Verhaltens der Aufgabenwahrnehmung das umfangreiche Untersuchungsrecht nach der Verfassung vom 29. 10. 1987 (Art. 61 Abs. 1 KV) hat. Danach kann das koreanische Parlament nicht nur bestimmte Einzelfälle der Exekutive untersuchen („Kugjeongsossa“), sondern auch grundsätzlich alle Angelegenheiten der Exekutive beaufsichtigen („Kugjeongkamssa“)58. Im Hinblick auf den Hintergrund und Zweck der Aufsicht ist dieses unter dem Gewaltenteilungsprinzip von der Kontrollfunktion der Legislative gegenüber der Exekutive ausgehende Inspektionsrecht des koreanischen Parlaments allerdings anders geartet als die exekutive Staatsaufsicht, die im Wesentlichen die Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit der Selbstverwaltungsträger gewährleisten soll59. Daher braucht im Rahmen dieser Untersuchung nicht auf die externe Verwaltungskontrolle60, also die Kontrollfunktion der Legislative und die Entscheidungsfunktion des Gerichts, eingegangen zu werden.

56 Nach herrschender Meinung bedeutet die „Aufsicht durch Legislative“, „dass der Gesetzgeber die Gebietskörperschaft durch Gesetz organisiert und den Umfang ihrer Kompetenz und Geschäftsführung [bestimmt] (Art. 117 Abs. 2 und Art. 118 Abs. 2 KV). Darüber hinaus [kann] das Parlament durch Ausübung seines Untersuchungsrechts die Tätigkeit der Kommunen beaufsichtigen“. Unter „der Aufsicht durch Gericht“ wird verstanden, „dass das Gericht im Rahmen des Streitgegenstandes über die Gesetzmäßigkeit der Tätigkeiten der Gebietsselbstverwaltungskörperschaften entscheidet“. Siehe hierzu Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 73; vgl. auch Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 107 und 692 ff. 57 Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 73 f. 58 Verfahren und Gegenstand der Untersuchung des koreanischen Parlaments („Kugjeongsossa“ und „Kugjeongkamssa“) werden durch Gesetz, also Gesetz über die Inspektion und Untersuchung der staatlichen Angelegenheiten, geregelt (Art. 61 Abs. 2 KV). 59 Vgl. Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 74. 60 In der koreanischen Literatur wird die Verwaltungskontrolle durch Legislative und Gericht als externe Verwaltungskontrolle bezeichnet, dazu vgl. Kim, Hankughaengchunghagbo, Bd. 24. Nr. 3, S. 1181 (1185 f.); Park, Hankughaengchungyungu, Bd. 7. Nr. 3, 15 (16); Kim, Der Plan für die Befestigung des staatlichen Aufsichtssystems, 33 f.

A. Verwaltungssystem und Staatsaufsicht im koreanischen Recht

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2. Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung Die Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung ist in der Regel in die Aufsicht eines dienstvorgesetzten Organs gegenüber diesem unmittelbar nachgeordneten Organ und auch in die Aufsicht durch den Rechnungshof einzuteilen. a) Aufsicht durch die übergeordneten Behörden Die erste Aufsichtsform, für die das umfassende Weisungsrecht der übergeordneten Behörden und entsprechende Gehorsampflichten der nachgeordneten wesenstypisch ist, ist mit der Organ- bzw. Behördenaufsicht in Deutschland gleichzusetzen und wird im Gegensatz zur Verwaltungskontrolle durch Legislative und Gericht als die interne bezeichnet61. Durch diese Aufsicht soll daher vor allem „die Ordnungsmäßigkeit der Organisation, des Geschäftsgangs sowie der Personalführung und -verwaltung“ gesichert werden62. Die Aufsichtsbefugnisse reichen vom Staatspräsidenten über den Premierminister und die Ministerien bis zur untersten Verwaltungsbehörde. Sie „bezwecken die Koordination und Vereinheitlichung der Verwaltungstätigkeit und ermöglichen eine Kontrolle der nachgeordneten Stellen“63. Das Regierungsorganisationsgesetz regelt diese Aufsicht unter der Bezeichnung „Chihue“ und „Kamdok“64 wie folgt: Der Staatspräsident als Regierungschef „führt“ nach Maßgabe der Gesetze und der Verordnungen sämtliche Minister (Chefs von „Bu“, „Cheo“, „Cheong“ und „Üwonhoe“) und „die Aufsicht über diese“ (Art. 11 Abs. 1 KROG). Er kann gesetz- oder zweckwidrige Anordnungen und Verfügungen des Premierministers und anderer Minister selbst endgültig oder zeitweilig aufheben (Art. 11 Abs. 2 KROG). Der Premierminister „führt“ nach Weisung des Staatspräsidenten jeweilige Minister und „die Aufsicht über diese“ (Art. 16 Abs. 1 KROG). Zwar kann der Premierminister gesetz- oder zweckwidrige Anordnungen und Verfügungen der Minister selbst endgültig oder zeitweilig aufheben, braucht aber dazu die Erlaubnis des Staatspräsidenten (Art. 16 Abs. 2 KROG). Alle Minister leiten und koordinieren die zuständigen Aufgaben, „führen“ ihnen unterstehende Beamte und „die Aufsicht über diese“ (Art. 7 Abs. 1 KROG).

61 Vgl. Kim, Hankughaengchunghagbo, Bd. 24. Nr. 3, S. 1181 (1185 f.); Park, Hankughaengchungyungu, Bd. 7. Nr. 3, 15 (16); Kim, Der Plan für die Befestigung des staatlichen Aufsichtssystems, S. 33 f. 62 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 394 f.; vgl. auch Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 105 ff.; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (72 und 76). 63 Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 53; vgl. auch Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 105 ff.; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (72). 64 „Chihue“ entspricht „führen“ in den ins Deutsche übersetzten gesetzlichen Regelungen und „Kamdok“ heißt „führen die Aufsicht“.

210

3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

Hinsichtlich des Maßstabs der Aufsicht, wie die oben genannten gesetzlichen Regelungen zeigen, handelt es sich um die Fachaufsicht, welche über die rechtmäßige Erledigung der Verwaltungsaufgaben hinaus die Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns überprüft65. Das Aufsichtsmittel dieser Fachaufsicht wird, wie in Deutschland66 und eingangs angedeutet, zunächst durch die Weisung charakterisiert. Um das Handeln der nachgeordneten Stellen zu lenken, können also die übergeordneten Stellen unter Bezeichnung „Hunryoung“ allgemein (generell-abstrakt) oder für den Einzellfall (konkret-individuell) Verwaltungsvorschriften erlassen67. Nach der herrschenden Meinung gelten diese Vorschriften nur verwaltungsintern gegenüber den nachgeordneten Stellen und haben damit keine Außenwirkung für die Bürger68. Zu den generell-abstrakten Vorschriften gehören, wie in Deutschland, vor allem „Anordnungen, Erlass[e]“, „Richtlinien, Schreiben o. ä., die insbesondere norminterpretierend und ermessensvereinheitlichend […] das Handeln der nachgeordneten Stellen beeinflussen“69. Daneben sind das Recht der aufsichtsführenden Stelle auf Information, Berichterstattung, Akteneinsicht, Geschäftsprüfung, Beanstandung, Ersatzvornahme und Aufhebung sowie Genehmigungsvorbehalt und Anzeigevorbehalt als wichtige Aufsichtsmittel zu erwähnen70. b) Aufsicht durch den Rechnungshof Die andere Aufsichtsform ist die Aufsicht durch den Rechnungshof („Kamssawon“) als Verfassungsorgan nach Art. 97 KV71 und Art. 20 RHG. Zwar wird er direkt dem Staatspräsidenten unterstellt (Art. 97 KV), er hat jedoch eine unabhängige Stellung bei der Aufgabenwahrnehmung (Art. 2 Abs. 1 RHG).

65

Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 108; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (S. 75 f.). 66 Vgl. Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 54. 67 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 110 ff.; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (S. 80 ff.); Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 54. 68 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 112; zum Meinungsstand ausführlich Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (S. 80 ff.). 69 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 114; Frye, Die Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 54. 70 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 109 ff.; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (S. 77 ff.). 71 Nach Art. 97 KV wird der Rechnungshof errichtet, um Aufsicht zu führen in Bezug auf die Abschlussrechnung der Staatseinnahmen und Staatsausgaben, die Rechnungsprüfung des Staates sowie anderer durch Gesetz bestimmter Körperschaften, die Verwaltungsorgane sowie die Amtspflichten der Staatsbeamten, und wird direkt dem Staatspräsidenten unterstellt. Die Organisation des Rechnungshofes, sein Aufgabenbereich, die Qualifikation der Rechnungsprüfer, der Kreis der Staatsbeamten, die einer Überprüfung unterzogen werden und andere notwendige Angelegenheiten werden durch Gesetz, d. h. durch das Gesetz über den Rechnungshof (Rechnungshofsgesetz, „RHG“) bestimmt (Art. 100 KV).

A. Verwaltungssystem und Staatsaufsicht im koreanischen Recht

211

Der Rechnungshof prüft seit dem Juli 1948, d. h. seit Entstehen der neuen Republik Korea, die Rechnungen sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Staates. Über diese Rechnungskontrolle hinaus nimmt der Rechnungshof, anders als der Bundesrechnungshof in Deutschland, seit dem Dezember 1963 auch eine gründliche allgemeine Verwaltungsinspektion vor und prüft, ob die Verwaltungsorgane ihre Aufgaben rechtmäßig und zweckmäßig erledigt haben72. Zu dieser repressiven Fachaufsicht gehört auch die Prüfung der Einhaltung der Dienstvorschriften der einzelnen Staatsbeamten. Der Grund, dass der Verfassungsgeber dem Rechnungshof die umfassenden Aufsichtsbefugnisse übergibt, liegt insbesondere darin, dass sich die Staatsbeamten ohne Korruption und Amtsmissbrauch ordnungsmäßig auf ihre Aufgaben konzentrieren sollen73. Zwar ist der Rechnungshof als staatliche oberste unabhängige Fachaufsichtsbehörde innerhalb der Exekutive direkt nur dem Staatspräsidenten unterstellt und kann grundsätzlich die Aufsicht über alle Verwaltungsbehörden inklusive aller Ministerien führen. Hinsichtlich der alltäglich zu erledigenden allgemeinen Aufgabenbereiche der seiner Überprüfung zu unterziehenden Behörden ist der Rechnungshof jedoch nicht deren hierarchisch übergeordnete Stelle. Diese Stellen sind verschiedene Minister, die hierarchisch dem Staatspräsidenten sowie dem Premierminister unterstehen und die Organ- bzw. Behördenaufsicht als Form der grundsätzlich unbeschränkten Leitung innerhalb ihrer Zuständigkeitsbereiche führen74. Daher kann der Rechnungshof, anders als die übergeordneten Stellen (Ministerien) in der allgemeinen Verwaltungshierarchie, den aufsichtsunterworfenen Verwaltungsstellen keine Weisungen zur Erledigung von deren Aufgaben erteilen und nur als fachkundiger Dritter bereits getroffene Maßnahmen überprüfen75. In diesem Zusammenhang wird die Aufsicht durch den Rechnungshof als quasi-externe Verwaltungskontrolle bezeichnet76. Zum wichtigsten Aufsichtsmittel zählt das umfassende Unterrichtungsrecht des Rechnungshofs. Gemäß Art. 25 ff. RHG kann der Rechnungshof von den Aufsichtsunterworfenen Auskünfte verlangen und ihre Akten und Unterlagen einsehen sowie sonstige erforderliche Prüfungen an Ort und Stelle vornehmen. Danach kann der 72 Vgl. Oh, Verfassungsrechtliche Untersuchung der Aufsichtsfunktion des Rechnungshofs, S. 12; An, Haengchungnondan, Bd. 22. Nr. 2, 1 (2); Kim, Der Plan für die Befestigung des staatlichen Aufsichtssystems, S. 4. 73 Vgl. Oh, Verfassungsrechtliche Untersuchung der Aufsichtsfunktion des Rechnungshofs, S. 6. 74 Vgl. Oh, Verfassungsrechtliche Untersuchung der Aufsichtsfunktion des Rechnungshofs, S. 31 f.; Kim, Hankughaengchunghagbo, Bd. 24. Nr. 3, S. 1181 (1183). 75 Vgl. Kim, Hankughaengchunghagbo, Bd. 24. Nr. 3, S. 1181 (1186); An, Haengchungnondan, Bd. 22. Nr. 2, 1 (4). 76 Vgl. Kim, Hankughaengchunghagbo, Bd. 24. Nr. 3, S. 1181 (1185 f.); Park, Hankughaengchungyungu, Bd. 7. Nr. 3, 15 (16); Kim, Der Plan für die Befestigung des staatlichen Aufsichtssystems, S. 33 f.; Oh, Verfassungsrechtliche Untersuchung der Aufsichtsfunktion des Rechnungshofs, S. 6.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

Rechnungshof vom Minister oder der Aufsichtsbehörde die Berichtigung der bestätigten rechts- oder zweckwidrigen Maßnahmen der aufsichtsunterworfenen Verwaltungsstellen einfordern (Art. 33 ff. RHG). 3. Staatsaufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung Wenn an dieser Stelle die Grundstruktur der staatlichen Aufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung skizziert werden soll, sind vor allem ihre Abgrenzung zur Organ- bzw. Behördenaufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung, die Notwendigkeit, die rechtliche Grundlage und die verschiedenen Arten der Staatsaufsicht zu pointieren. Dadurch kann man das staatliche Aufsichtssystem bei mittelbarer Staatsverwaltung im Vergleich zu demjenigen innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung in Korea und auch zur Staatsaufsicht der mittelbaren Staatsverwaltung in Deutschland überblicken. a) Abgrenzung zur Behördenaufsicht und Notwendigkeit der Staatsaufsicht Zwar ist die Frage nach dem Begriff bzw. der Wesensmerkmale und Erfordernis der staatlichen Aufsicht über die mittelbaren Verwaltungsträger als Ausgangspunkt im koreanischen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Schrifttum noch nicht hinreichend geklärt. Punktuell finden sich jedoch einige Zeilen, aus deren Zusammenfassung die Grundeinstellung zur staatlichen Aufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung als Abgrenzung zur Organ- bzw. Behördenaufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung entnommen werden könnte. – Nach der herrschenden Meinung ist das Selbstverwaltungsrecht der Gebietskörperschaften kein geborenes bzw. originäres, sondern ein vom Staat abgeleitetes bzw. übertragenes Recht77. – Zwischen unterschiedlichen juristischen Personen, also zwischen den Gebietsselbstverwaltungskörperschaften sowie anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und dem Staat wird das Über-/Unterordnungsverhältnis mit voller Verfügungsgewalt grundsätzlich verneint78. – Mittelbare Staatsverwaltung bzw. kommunale Selbstverwaltung sind zwar organisatorisch von der unmittelbaren Staatsverwaltung getrennt79. Aber sie alle bilden funktional die einheitliche Staatsverwaltung und sollen als Ganzes der harmoni-

77 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 211; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 45. 78 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 133, 254, 706 und 709; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (S. 72 f.). 79 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 133, 254, 706 und 709; Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 204 ff.

A. Verwaltungssystem und Staatsaufsicht im koreanischen Recht

213

sierten Staatsverwaltung sowie der Verwirklichung des Staatszwecks bzw. Staatswillens dienen80. – Für die Rückanbindung der mittelbaren Staatsverwaltung bzw. kommunalen Selbstverwaltung an das Staatsganze, die Gewährleistung der einheitlichen Staatsverwaltung und gesetzmäßigen Aufgabenwahrnehmung durch verschiedene mittelbare Verwaltungsträger bzw. Gebietsselbstverwaltungskörperschaften ist die staatliche Aufsicht erforderlich81. – Hinsichtlich der Funktion der staatlichen Aufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung bzw. der Kommunalaufsicht wird insbesondere die Rechtsbewahrungsfunktion betont82. – Maßstab der staatlichen Aufsicht über die Träger der mittelbaren Staatsverwaltung bzw. der Kommunalaufsicht ist im Grundsatz die Rechtsaufsicht83. Wie die soeben genannten Punkte zeigen, kennt die koreanische Rechtswissenschaft ebenso wie in Deutschland „die für die Staatsaufsicht zwingende Ausgliederung aus der Staatsverwaltung und Einräumung von Autonomie mit der daraus entspringenden Notwendigkeit der Rückanbindung an den Staatskörper“84, die die Wesensmerkmale der staatlichen Aufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung als Abgrenzung zur Organ- bzw. Behördenaufsicht sind. In diesem Zusammenhang wird die fehlende Unterordnung im Verhältnis der mittelbaren Verwaltungsträger zum Staat erwähnt und zugleich der Grundsatz der Rechtsaufsicht hinsichtlich des Maßstabs der staatlichen Aufsicht über die mittelbaren Verwaltungsträger betont. Bezüglich der Notwendigkeit der Staatsaufsicht geht man vom Gedanken des Rechtsstaatsprinzips und vom Gedanken der Einheit der Verwaltung aus. Trotz dieser allgemeinen Erwägungen kann man anders als in Deutschland kaum davon sprechen, dass die Frage nach dem Erfordernis der staatlichen Aufsicht über die Selbstverwaltungsträger insbesondere in Verbindung mit dem Demokratieprinzip begründet und insgesamt verfassungsrechtlich vertiefend diskutiert wird. b) Rechtliche Grundlage und die verschiedenen Arten der Staatsaufsicht Nach den verfassungsrechtlichen Regelungen werden die Arten der Gebietsselbstverwaltungskörperschaften (Art. 117 Abs. 2 KV) und ihre Organisation und Ge80 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 133, 254, 706 und 709; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (S. 72 f.). 81 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 133, 254, 706 und 709; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (S. 72 f.). 82 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 706. 83 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 133 und 706; Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (S. 76 f.); Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 205. 84 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 395.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

schäftsführung (Art. 118 Abs. 2 KV) dem Gesetz vorbehalten. Davon ausgehende Regelungen des koreanischen Kommunalselbstverwaltungsgesetzes („KKSG“) beschränken demgemäß die Selbstverwaltung der Gemeinden85. Für Auftragsangelegenheiten, deren Ausführung der Fachaufsicht unterliegt, werden insbesondere die Regelungen von Art. 157, 158 sowie 159 KKSG86 und für Selbstverwaltungsangelegenheiten, in der die Staatsaufsicht auf bloße Rechtsaufsicht reduziert ist, Regelungen von Art. 156, 157 sowie 159 KKSG87 als allgemeine gesetzliche Grundlage der Kommunalaufsicht aufgezählt. Von dieser rechtlichen Grundlage ausgehend, ist der Bereich der Staatsaufsicht über die Gebietsselbstverwaltungskörperschaften gesondert thematisiert88. Im Gegensatz zur Kommunalaufsicht sind in der koreanischen Verfassung weder eine generelle sachgebietsübergreifende Regelung der Staatsaufsicht noch ausdrückliche Vorschriften, die unter dem Gesetzvorbehalt allgemein auf die staatliche Aufsicht über die mittelbaren Verwaltungsträger hinweisen, zu finden. In diesem Zusammenhang kann hinsichtlich der Staatsaufsicht über die mittelbaren Verwaltungsträger ebenso wie in deutschem Grundgesetz vom Schweigen des Verfassungstexts gesprochen werden. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Regelung in der Verfassung ist die allgemeine rechtliche Grundlage der Staatsaufsicht jedoch durch die weite und systematische Auslegung der Regelungen des Regierungsorganisationsgesetzes zu erreichen. Wie im Hinblick auf die rechtliche Grundlage der Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung ausgeführt, führt der Staatspräsident als Regierungschef die Aufsicht über alle Minister (Art. 11 Abs. 1 KROG) und diese leiten und koordinieren „die zuständigen Aufgaben“ (Art. 7 Abs. 1 KROG). Wenn die Aufgabenbereiche einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Zusammenhang mit denjenigen eines bestimmten Ministeriums stehen, gehören die Überwachung und Gewährleistung, die hierbei mit der Aufsicht in den Berichtigungsbefugnissen gleichzusetzen sind, voll funktionsfähiger Geschäftsführung sowie rechtmäßiger Aufgabenerledigung solcher juristischen Personen des öffentlichen Rechts in der Regel „zur zuständigen Aufgaben“ des einschlägigen Ministers89. In diesem Zusammenhang ist noch erwähnenswert, dass das Ministerium der Finanzen nach dem Gesetz über die Geschäftsführung der öffentlichen Institute, das am 01. 04. 2007 in Kraft trat, das Ergeb-

85

Vgl. Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 45. Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 743; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 81. 87 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 708; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 81. 88 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 692 ff. 89 Der zuständige Minister mit Aufsichtsbefugnissen über juristische Personen des öffentlichen Rechts wird im Verhältnis zu den juristischen Personen als „Sumusangkwan“ bezeichnet, vgl. dazu Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 264. 86

A. Verwaltungssystem und Staatsaufsicht im koreanischen Recht

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nis der Geschäftsführung von fast allen mittelbaren Verwaltungsträgern bewertet90 – auch dieses Bewerten gehört damit zur Aufsicht. Allerdings ist zu beachten, dass die Frage nach dem Umfang aufsichtlicher Einwirkung ebenso wie in Deutschland nicht einheitlich zu beantworten ist. In der Rechtswirklichkeit sind einzelne gesetzliche Bestimmungen, die verschiedene Arten und Intensitätsgrade der Staatsaufsicht bei den unterschiedlichen öffentlichrechtlichen Organisationen aufweisen, und der Wille des zuständigen Ministers („Sumusangkwan“), den gesetzgeberischen Willen in der Aufsichtspraxis zu konkretisieren bzw. durchzuführen, von großer Bedeutung91. Davon abgesehen unterliegen alle mittelbaren Verwaltungsträger ebenso wie die Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung der Rechnungskontrolle und einer gründlichen allgemeinen Verwaltungsinspektion des Rechnungshofs92. Die Regelungen von Art. 97 KV und insbesondere Art. 20 ff. RHG stellen die verfassungsrechtliche und gesetzliche Grundlage der Aufsicht durch den Rechnungshof dar. Diesen hinsichtlich der rechtlichen Grundlage der Staatsaufsicht behandelten Inhalten sind folgende drei Typen der Staatsaufsicht über die mittelbaren Verwaltungsträger zusammenfassend zu entnehmen. – Die allgemeine Aufsicht durch zuständige Minister bzw. Ministerien. – Die Bewertung des Geschäftsführungsergebnisses und Aufsicht durch das Ministerium der Finanzen. – Die Rechnungskontrolle und Verwaltungsinspektion durch den Rechnungshof. Selbstverständlich gelten diese drei Formen der Staatsaufsicht auch für die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts, auf die sich das Forschungsinteresse des Verfassers schwerpunktmäßig richtet. Daher muss bei der Betrachtung der Anstaltsaufsicht auf ihre konkreten Inhalte eingegangen werden. Dabei sollen zunächst der Anwendungsbereich der rechtsfähigen Anstalten bzw. der besonderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Organverfassung geschildert werden, weil die Ausübung des Aufsichtsrechts aller Aufsichtsbehörden vor allem im engen Zusammenhang mit der organisatorischen Struktur der Anstalten steht.

90 Vgl. Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 83 ff. 91 Vgl. Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 203 ff. und 266. 92 Vgl. Oh, Verfassungsrechtliche Untersuchung der Aufsichtsfunktion des Rechnungshofs, S. 25 ff.; Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 209.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

B. Die Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in Korea I. Erscheinungsweise und Organverfassung der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts 1. Erscheinungsweise Bei der vorhergehenden Darstellung der Grundstrukturen des Verwaltungssystems wurden die Zuordnung der anstaltlichen Verwaltung zur mittelbaren Staatsverwaltung, die rechtliche Grundlage der anstaltlichen Verwaltung und ihre Gegenstände betrachtet. Wie angedeutet, soll die Frage, welche rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in der koreanischen Verwaltungspraxis eine wichtige Rolle spielen, als Ansatzpunkt der Anstaltsaufsicht an dieser Stelle beantwortet werden. a) Bereich des Bankenwesens und der Finanzdienstleistungsaufsicht Zunächst ist es erwähnenswert, dass trotz des zentralistisch orientierten Verwaltungssystems die wirtschaftslenkenden, -überwachenden und -fördernden Anstalten des öffentlichen Rechts als dezentralisierte Verwaltungsträger insbesondere im öffentlichen Bankensektor und im Bereich der Finanzdienstleistungsaufsicht (Aufsicht über Banken, Wertpapierhandel und Versicherungswesen) seit Langem viel verbreiteter als in anderen Bereichen eingerichtet und tätig sind. Zu diesen Beispielen sind vor allem die Korea Bank (1950), die Korea Industrial Bank (1954), die Korea ExportImport Bank (1976) und das Finanzdienstleistungsaufsichtsamt (Financial Supervisory Service, 1999) zu zählen93. Unter diesen Anstalten sind die Korea Industrial Bank als wirtschaftsfördernde sowie wirtschaftlich tätige Anstalt, die Korea Bank und Financial Supervisory Service als wirtschaftslenkende sowie -überwachende Anstalten bei der anstaltlichen Verwaltung stellvertretend darzustellen und aus rechtsvergleichender Perspektive nicht zu übersehen. (1) Die Korea Bank (die koreanische Zentralbank) Die Korea Bank (The Bank of Korea, „BOK“) wurde angesichts der hohen Inflation und rasch steigenden Währungssumme nach der Befreiung Koreas von Japan und der amerikanischen Militärregierung insbesondere unter Berücksichtigung der Beratung und auf Vorschlag zweier amerikanischer Bankenexperten, Dr. Arthur I. Bloomfield und J.P. Jenson von der Federal Reserve Bank in New York, aufgrund des Gesetzes über die Korea Bank (GKB) als koreanische Zentralbank mit der Unabhängig93 Für einen kurzen Überblick über die Einrichtung der Banken und ihren Hintergrund seit der Gründung der Republik Korea 1948 siehe Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 151 ff., in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht; vgl. auch Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 40 ff. und 57 ff.; Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 77.

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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keit von der Regierung im Jahr 1950 eingerichtet94. Die Befugnis der BOK erstreckte sich bis zum 6. Änderungsgesetz von 1998 außer auf die Geldpolitik zur Währungssicherung auch auf die Bankenaufsicht95. Allerdings stand die Aufgabenwahrnehmung der Bankenaufsicht unter dem Einfluss der Regierung bzw. des Ministeriums der Finanzen. Zu beachten ist, wie angedeutet, dass die rechtliche Stellung und die Unabhängigkeit der BOK bis heute anders als diejenigen der Deutsche Bundesbank nicht auf Verfassungsebene, sondern nur auf der einfach gesetzlichen Ebene geregelt sind. (2) Die Korea Industrial Bank und einige Förderbanken Nach dem Koreakrieg (1950 – 1953) wurde die Korea Industrial Bank (The Korea Development Bank, „KDB“) zunächst insbesondere zum Wiederaufbau des Landes und zu seiner Industrialisierung und Verbesserung der Infrastruktur durch langfristige Kreditgewährung aufgrund des Gesetzes über die Korea Industrial Bank als öffentlich-rechtliche Förderbank, deren Anteileigner der Staat ist, im Jahr 1954 eingerichtet96. Darüber hinaus erweiterte die KDB mit der Zeit langsam ihre Geschäftsbereiche zum universell tätigen Kreditinstitut und steht zurzeit in mancherlei Hinsicht mit den Gruppen der Kreditgenossenschaften und der privaten Banken im Wettbewerb. Zudem wurden viele Sonderbanken in den 60er und 70er Jahren neu eingerichtet, insbesondere zur Wirtschaftsentwicklung nach einem 1961 propagierten Fünfjahresplan der Park Jung Hee Regierung97. Z. B. sollten unter dem starken Einfluss der Regierung die Industrial Bank von Korea (The Industrial Bank of Korea, 1961) und die Kookmin Bank (1963) insbesondere zu Krediten an den Mittelstand, die Korea Exchange Bank (1967) zum Zahlungsverkehr mit ausländischen Banken, die Wohnungsbank (1969) zur Finanzierung des Wohnungsbaus sowie -kaufs und die Korea Export-Import Bank (1976) zur Finanzierungsunterstützung beim Export-Import der Unternehmen beitragen. (3) Financial Supervisory Service (Finanzdienstleistungsaufsichtsamt) Im Januar 1999 wurde der Financial Supervisory Service (FSS), die organisatorisch und funktionell vergleichbar mit der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ist, aufgrund des Gesetzes über die Einrichtung etc. von den Insti94

Vgl. Do, Der rechtliche Charakter und Stellung des Währungsrates nach dem Gesetz über die Korea Bank, S. 14 ff.; Jang, Die Geschichte der Bankenindustrie und der Entwicklungsvorgang der Privatbanken in Korea, S. 35 f. 95 Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 152, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht. 96 Vgl. Jang, Die Geschichte der Bankenindustrie und der Entwicklungsvorgang der Privatbanken in Korea, S. 37 f. 97 Vgl. Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 152, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

tuten der Finanzdienstleistungsaufsicht (GEF) als besondere juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. als staatliche Anstalt für die Allfinanzaufsicht errichtet98. Vor ihrer Errichtung hatte Korea eine zersplitterte Aufsichtsstruktur im Sektor der Finanzaufsicht. Es existierten nämlich drei Aufsichtsämter mit unterschiedlichen Ausgangspunkten, Zielsetzungen und Aufsichtsmitteln als staatliche Aufsichtssubjekte: das Aufsichtsamt für die Banken (das Bankenaufsichtsamt), den Wertpapierhandel (das Wertpapieraufsichtsamt) und das Versicherungswesen (das Versicherungsaufsichtsamt)99. Das Bankenaufsichtsamt wurde innerhalb der Zentralbank organisiert und die letzten beiden jeweils seit 1977 und 1978 als juristische Person bzw. Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Trotz organisatorischer Ausgliederung aus der unmittelbaren Verwaltungshierarchie war die Abhängigkeit ihrer Aufgabenwahrnehmung von der Regierung bzw. dem Ministerium der Finanzen, dessen Minister der Vizepremierminister war, in der Praxis nicht zu verneinen. Eine solche staatlich abhängige und zersplitterte Aufsichtsstruktur konnte die sog. koreanische Währungskrise von Ende 1997 nicht verhindern bzw. abwehren. Diese wurde zum Teil durch von den damals unter Regierungseinfluss stehenden Kreditinstituten100 gewährte, ungeheuere Darlehen an einige Großunternehmen mit niedriger Bonität und auch durch Lücken der Aufsicht über das groß angelegte Investieren der vielen kleinen Kreditinstitute in hoch-riskante Finanzprodukte in südost-asiatischen Ländern verursacht101. Angesichts des drohenden staatlichen Konkurses forderte Korea am 21. November 1997 „dringend benötigtes Geld“ von Seiten des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die einen „Hilfsfonds anbietenden internationalen Kreditinstitute einschließlich des IWF“ verlangten „eine Strukturreform von Banken, Kreditunternehmen und Großunternehmen in Korea“102. Als „Ausgangspunkt für die kreditwirtschaftliche Strukturreform“ mussten die verschiedenen hergebrachten, von der Regierungspolitik abhängigen Aufsichtsbehörden „zu einer unabhängigen Aufsichtseinrichtung vereinigt werden“103. Vor diesem Hintergrund wurden die Financial Su98 Vgl. Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 154 und 158, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht. 99 Vgl. Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 154, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht; Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (122 f.). 100 Nach Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 163, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht, wurde während der Währungskrise von außen wiederholt kritisiert, „dass sich die Regierung bei der Ernennung und Entlassung von Vorstandsmitgliedern einmischt, was mit einer Kontrolle der Banken durch die Regierung gleichgesetzt wurde“. 101 Zum kurzen Überblick über den Hintergrund der koreanischen Währungskrise siehe Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 153, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht. 102 Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 153 f., in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht. 103 Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 154, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht.

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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pervisory Commission (der Ausschuss für Finanzdienstleistungsaufsicht, FSC)104 als höchstes Entscheidungsgremium der unmittelbaren Staatsverwaltung im koreanischen Finanzaufsichtssektor zunächst im April 1998 unter dem Premierminister und anschließend der FSS als vollziehende Organisation seiner Entscheidungen errichtet105. Dabei muss das Verhältnis zwischen dieser neuen Aufsichtseinrichtung (FSC und FSS) und dem Ministerium der Finanzen beachtet werden106 : Das Finanzministerium war zuständig für die Finanzaufsichtspolitik im Rahmen der Finanz- und Kreditpolitik sowie deren Koordinierung mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik. Auf dieser Grundlage hatte das Ministerium „die Kompetenz zum Erlass und zur Änderung der Rechtssätze über das Geldwesen“, die die Aufgaben des Entwurfs und der Änderung der mit der Finanzaufsicht zusammenhängenden vorrangigen Gesetze sowie Präsidialverordnungen umfasste. FSC und FSS konnten in Bezug auf die „tatsächliche Kreditpolitik“ und tatsächliche „Regulierung“ der Kreditinstitute einzelne Aufsichtsvorschriften erlassen, ändern und vollziehen. Allerdings mussten sie dabei die vorrangigen Regelungen wahren und die Zielsetzungen durch das Finanzministerium berücksichtigen. In diesem Zusammenhang hatte das Finanzministerium trotz der Schaffung der neuen Aufsichtseinrichtung seinen bisherigen starken Einfluss auf den Finanzaufsichtssektor nicht verloren. Insgesamt konnte man daher von der dreistufigen vertikalen Finanzaufsichtsstruktur, die das Finanzministerium, FSC und FSS bilden, im koreanischen Finanzaufsichtssektor sprechen. Wegen dieser weitaus komplizierteren Aufsichtsstruktur als die deutsche sind insbesondere die Subordination der Finanzaufsicht unter die allgemeine Wirtschaftspolitik und die Unklarheit des Verantwortungssubjekts beim Misserfolg der Finanzaufsicht auch weiterhin befürchtet worden107. Also ist die Bedeutung der unabhängigen Aufsichtseinrichtung schon stark vermindert.

104 Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 157, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht, übersetzt diesen Ausschuss ins Deutsche mit „der Ausschuss für Kreditaufsicht“. 105 Vgl. Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 32 f.; Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 155 und 157 f., in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht. 106 Vgl. Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 155 f., 158 f. und 161, in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht. 107 Vgl. Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 154 ff., in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

b) Bereiche des Rundfunks, der Forschung und umweltfreundlicher Politik usw. Neben dem Banken- sowie Finanzdienstleistungsaufsichtssektor werden beispielsweise Bereiche des Rundfunks (z. B. Korean Broadcasting System als parteipolitisch neutraler und staatsfreier Programmanbieter), der wissenschaftlichen Forschung (z. B. Korea Advanced Institute of Science and Technology), umweltfreundlicher Aufgabenwahrnehmung (z. B. Korea Environment & Resources Corporation), der Stromversorgung (z. B. Korea Electric Power Corporation), der Urbarmachung von Baugrundstücken zu öffentlichen Zwecken (z. B. Korea Land Corporation), des Bau und Anbietens von Wohnungen (z. B. Korea National Housing Corporation) sowie der rechtlichen Unterstützung (z. B. Korea Legal Aid Corporation) für die einkommensschwache Bevölkerungsschichten als wichtige Anwendungsbereiche der Anstalten des öffentlichen Rechts genannt108. c) Ergebnis Im koreanischen Schrifttum ist zwar der Versuch, die Anstalten des öffentlichen Rechts wie in Deutschland109 nach den Motiven und Gründen der anstaltlichen Verselbständigung zu gruppieren, kaum zu finden. In der Regel werden jedoch die Aspekte der Dezentralisation bzw. einer Entlastung der unmittelbaren Staatsverwaltung110 und der Eröffnung von Freiräumen für ein möglichst freies und flexibles Handeln im Rechtsverkehr, insbesondere zur effektiven Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben111, berücksichtigt. Wie die Beispiele von BOK, FSS und Korean Broadcasting System zeigen, sollte dem Motiv der Vermeidung parteipolitischer Einflüsse bzw. der Schaffung eines staatsfreien Raums mehr Beachtung zuteil werden. Darüber hinaus darf das Motiv einer verbesserten Aufgabenwahrnehmung durch größere Sach- und Bürgernähe der Verwaltung nicht übersehen werden. Wie die Bezeichnung von Financial Supervisory Service andeutet, liegt in der Tat den Anstalten des öffentlichen Rechts nicht der traditionelle Bürger-Regierende-Gedanke der unmittelbaren Staatsverwaltung, sondern der Bürgernähe-Service-Gebende-Gedanke zugrunde. Denn zur verbesserten Aufgabenwahrnehmung können sie leichter und flexibler als die Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung viele Spezialisten vom Markt rekrutieren. 108

Vgl. Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 77; Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 182; Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 40 ff. und 57 ff.; Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (132 ff.). 109 Vgl. Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (227); Schuppert, DÖV 1981, 153 (156 f.). 110 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 182; Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (132). 111 Vgl. Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 77; Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (133).

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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Wenn man mit einem Wort die oben gezeigten verschiedenen Anwendungsbereiche der Anstalten des öffentlichen Rechts in Korea bewerten soll, dürfte wohl ebenso wie in Deutschland vom „variable[n] Mehrzweckinstrument“112 der modernen öffentlich-rechtlichen Verwaltung zu sprechen sein. 2. Die Organverfassung der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts Zwar wird die Frage nach den Grundlagen für die Organisationsstruktur der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen in Korea ebenso wie in Deutschland wenig übersichtlich und kaum einheitlich beantwortet. Bei den überwiegend allgemeine Verwaltungsaufgaben wahrnehmenden Anstalten, d. h. behördenähnlichen Anstalten wie z. B. FSS, ist in der Regel jedoch vom zweistufigen Organbau – also Geschäftsführungsorgan und Kontrollorgan – zu sprechen. Die Anstalten mit mehreren Anteilseignern und unternehmerischem Charakter, also unternehmerische Anstalten, brauchen zusätzlich das Vertretungsorgan der Anteilseigner. a) Das Geschäftsführungsorgan Jede rechtsfähige Anstalt muss einen kollegialen Vorstand oder einen monokratischen Vorsteher (Präsidenten) als Geschäftsführungsorgan (Exekutivorgan) haben113. Der kollegiale Vorstand von Anstalten („Leessahoe“) hat die wesentlichen Führungsaufgaben der Anstalt inne, nämlich das Geschäftsführungsziel, die grundsätzliche strategische Planung, Koordinierung und die Festlegung des Haushaltsplans; er entscheidet bestimmte bedeutende Geschäfte, wie z. B. die Ausgabe von Pfandbriefen und Schuldverschreibungen, sowie über Beteiligungen an anderen Unternehmen bzw. Instituten114. Zu beachten ist, dass dieser Entscheidungsspielraum des Vorstands im Gegensatz zu Deutschland durch die Zustimmungs- und Beschlusskompetenz sowie einzelne Führungskompetenzen des Kontrollorgans nicht eingeschränkt werden. Der Vorstandsvorsitzende ist nicht lediglich „primus inter pares“. Im Auftrag des Vorstands entscheidet er die tagtäglich anfallenden Geschäfte in eigener Verantwortung und vertritt die Anstalt gerichtlich und außergerichtlich115. Im diesen Zusammenhang wird der Vorstandsvorsitzende als Vertretungsorgan der Anstalt angesehen.

112

Breuer, VVDStRL 44 (1986), 211 (231 f.). Vgl. Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 218. 114 Vgl. Art. 17 des Gesetzes über die Geschäftsführung der öffentlichen Institute (GGöI). 115 Vgl. Art. 32 Abs. 1 GGöI; Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes über die Korea Industrial Bank(GKDB); vgl. auch Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 218. 113

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

Bei der Anstalt, wo der Gesetzgeber die Präsidialführung für die Leitung gewählt hat, gehören die soeben genannten Geschäftsführungsbefugnisse zum Aufgabenbereich ihres Präsidenten116. Angesichts der umfassenden Geschäftsführungsbefugnisse des Vorstandsvorsitzenden bzw. Präsidenten muss der Anstaltsträger bzw. die Aufsichtsbehörde eine entscheidende Rolle in den meisten Berufungs- oder Abberufungsfällen spielen und tatsächlich übt er bzw. sie einen starken Einfluss darauf aus117. Z. B. wird der Präsident der Korea Export-Import Bank vom Staatspräsidenten auf Vorschlag der Aufsichtsbehörde, also des Ministers der Finanzen, ernannt118. Bis zum 28. 02. 2008 zeigte der FSS eine ungewöhnliche Führungsstruktur. Obwohl der FSS eine von der unmittelbaren Staatsverwaltung ausgegliederte, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ist, hatte der FSS keinen eigenen Präsident und wurde von der Aufsichtsbehörde, also von dem vom Staatspräsidenten ernannten Vorsitzenden des FSC, geleitet119. b) Das Kontrollorgan In der behördenähnlichen Anstalt wie z. B. FSS ist kein dem deutschen Verwaltungsrat vergleichbares kollegiales Aufsichtsgremium vorhanden. D. h. im Gegensatz zu Deutschland hat sie einen monokratischen „Aufseher“ („Kamssa“), der in der Regel von der Aufsichtsbehörde bzw. vom zuständigen Minister oder vom Staatspräsidenten auf Vorschlag der Aufsichtsbehörde bestimmt wird120. Beispielsweise werden die „Aufseher“ von FSS und BOK vom Staatspräsidenten auf Vorschlag der Aufsichtsbehörde, also jeweils des Vorsitzenden des Finanzausschusses und Finanzminister, ernannt121. Von dieser monokratischen Struktur des Kontrollorgans ist die Partizipation bestimmter Interessenten an Verwaltungsentscheidungen, welche das Organ „Verwaltungsrat“ in Deutschland darstellt, kaum zu erwarten. Genau genommen werden die angemessenen Beteiligungsmöglichkeiten der betroffenen Gruppen dabei in der Tat von vornherein vom Staat blockiert. Als Kontrollorgan prüft und überwacht der „Aufseher“ („Kamssa“) die Geschäftsführung, insbesondere durch die Rechtskontrolle, die Verwaltungsinspektion und die Rechnungskontrolle122. Durch die Rechtskontrolle und Verwaltungsinspektion des „Aufsehers“ wird überwacht und geprüft, ob verschiedene Abteilungen bzw. alle Verwaltungsbediensteten innerhalb der Anstalt ihre Aufgaben rechtmäßig und zweck116

Vgl. Art. 30 Abs. 1 GEFA. Vgl. Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 185 ff. und 265; Art. 25 Abs. 1 und Art. 26 Abs. 1 GGöI. 118 Vgl. Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes über die Korea Export-Import Bank. 119 Vgl. Art. 4 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 2 GEF. 120 Vgl. Art. 25 Abs. 4 GGöI; Art. 29 Abs. 1 und 4 GEFA; Art. 43 Abs. 1 und 2 GKB; Art. 9 Abs. 2. 121 Vgl. Art. 29 Abs. 4 GEFA; Art. 43 Abs. 2 GKB. 122 Vgl. Art. 32 Abs. 5 GGöI; Art. 30 Abs. 4 GEFA; Art. 45 Abs. 1 GKB. 117

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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mäßig wahrnehmen und erledigt haben. Der „Aufseher“ prüft die Rechnungen sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Anstalt. Die Abteilung mit Überwachungsfunktion innerhalb der Anstalt unterstützt diese Prüfungs- und Überwachungsaufgabenwahrnehmung des „Aufsehers“123. Über die Prüfungs- und Überwachungsfunktion hinaus sind die Zustimmungs- und Beschlusskompetenzen sowie einzelne Führungskompetenzen anders als in Deutschland dem „Aufseher“ nicht eingeräumt. Wegen der fehlenden Mitgeschäftsführungsbefugnisse und Richtlinienkompetenz des „Aufsehers“ tritt das Spannungsverhältnis zwischen den Kompetenzen des „Aufsehers“ als eigentlichem Kontrollorgan und des Vorstandes bzw. Präsidenten als einzigem Geschäftsführungsorgan nicht auf. Die unternehmerischen Anstalten können anstatt des monokratischen „Aufsehers“ den Aufsichtsrat als kollegiales Aufsichtsgremium („Kamssaüwonhoe“) innerhalb des Vorstands bestellen124. Allerdings nimmt der Aufsichtsrat im Wesentlichen die gleiche Aufgabe wie der „Aufseher“ wahr125. Zu beachten ist, dass von den Angestellten der Anstalt entsandte Vertreter in diesem Gremium anders als in Deutschland kaum zu finden sind. Die Angestellten dürfen keine Vertreter direkt in den Aufsichtsrat entsenden und gegebenenfalls nur am Vorschlagsausschuss der Aufsichtsratmitglieder mittelbar teilnehmen126. Insgesamt scheint die monokratische Beherrschung des Kontrollorgans durch den Anstaltsträger bzw. eine Vernachlässigung angemessener Beteiligungsmöglichkeiten der betroffenen Gruppen nicht zur Stärkung eines partizipatorischen Moments und zur Verselbständigung der rechtsfähigen Anstalt beizutragen. Außerdem lässt sich die Gefahr der einseitigen Machtausübung des Geschäftsführungsorganes, dessen Spitze vom Anstaltsträger ernannt wird, allein durch die Grundfunktion des Kontrollorgans kaum reduzieren. c) Exkurs: Überblick über die personelle Zusammensetzung der Verwaltungsbediensteten in der Anstalt mit Blick auf den Funktionsvorbehalt des Berufsbeamtentums In Korea besitzen nur der Staat und die Gebietsselbstverwaltungskörperschaften das Recht, Beamte im engeren Sinne, also Beamte nach dem Beamtenrecht auf zentraler Staatsebene127 oder auf Ebene der Gebietsselbstverwaltungskörperschaften128, 123

Vgl. Art. 32 Abs. 6 GGöI. Vgl. Art. 20 Abs. 3 GGöI. 125 Vgl. Art. 20 Abs. 5 GGöI. 126 Vgl. Art. 20 Abs. 4 sowie Art. 29 Abs. 3 GGöI und Art. 23 Abs. 3 in der Präsidialverordnung für das GGöI. 127 Vgl. Art. 32 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Staatsbeamten. 128 Vgl. Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Beamten der Gebietsselbstverwaltungskörperschaften. 124

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

einzustellen129. Allerdings können Anstalten, Körperschaften oder Stiftungen des öffentlichen Rechts ausnahmsweise nach den gesetzlichen Regelungen Beamte haben130. Das bedeutet, dass die koreanische Anstalt in der Tat anders als in Deutschland nicht die Beamten als ihre Bediensteten kennt, sondern nur zwei Gruppen von Dienstnehmern, die Angestellten des öffentlichen Dienstes und die Arbeiter des öffentlichen Dienstes. Wenn die betroffenen Anstalten mit hoheitsrechtlichen Befugnissen ausgestattet sind, müssen daher die anfallenden Hoheitsfunktionen durch die Angestellten erfüllt werden. Hierbei kann von deutscher Seite gefragt werden, ob dieses System bzw. die Hoheitsaufgabenwahrnehmung allein durch die Angestellten in der Anstalt dem Funktionsvorbehalt des Berufsbeamtentums widerspricht. Diesbezüglich ist zu beachten, dass die koreanische Verfassung zwar zum einen das Berufsbeamtentum institutionell garantiert (Art. 7 Abs. 2 KV)131. Zum anderen hat sie jedoch keine ausdrückliche Regelung über den Funktionsvorbehalt des Berufsbeamtentums wie Art. 33 Abs. 4 GG. Es wird die Auffassung vertreten, dass der Funktionsvorbehalt des Berufsbeamtentums in der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums enthalten ist132. Wenn man von dieser Meinung ausgehend nicht lediglich für die Sicherung der Institution des Berufsbeamtentums durch Sicherung eines Mindest-Einsatzbereichs, sondern ohne nähere Begründung für die maximale Reichweite des Funktionsvorbehalts Position beziehen wollte, wäre die Kollision zwischen der Forderung des Funktionsvorbehalts und der anstaltlichen Verwaltungspraxis bzw. der Hoheitsaufgabenwahrnehmung durch die Angestellten in der Anstalt nicht zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass das koreanische Verfassungsgericht das Prinzip der Mindest-Garantie des Berufsbeamtentums und die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers unter Beachtung dieses Prinzips entwickelt hat133. Danach erscheint es in Korea verfassungsmäßig, dass der Gesetzgeber mit einem sachlichen Grund hoheitsrechtliche Befugnisse als ständige Aufgabe den Angestellten in bestimmten Anstalten überträgt. In diesem Fall wäre davon zu sprechen, dass die koreanischen Angestellten mit den deutschen mittelbaren Beamten juristisch identisch wären oder ganz in der Nähe von den deutschen mittelbaren Beamten ständen.

129

Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 816 und 818 ff. Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 815. 131 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 784; nach Art. 7 Abs. 2 KV werden die Stellung und die politische Neutralität des Staatsbeamten nach Magabe der Gesetze gewährleistet. 132 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 784. 133 Hunbubjaepansso, 95HunBa48 (Entscheidung vom 24. 04. 1997); vgl. auch Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 784, dort in Fn. 3. 130

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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II. Die Staatsaufsicht über die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts 1. Aufsichtsgrundsatz Wie bereits oben im Zusammenhang mit „Staatsaufsicht bei mittelbarer Staatsverwaltung“ angedeutet, ist die Anstaltsaufsicht in Korea im Gegensatz zur Kommunalaufsicht in der rechtswissenschaftlichen Diskussion gesondert nicht thematisiert. Außerdem sind klare Stellungnahmen anders als in Deutschland dazu kaum zu finden, ob die Grundsätze der Kommunalaufsicht bei Lücken der Anstaltsaufsicht analog herangezogen werden bzw. die Kommunalaufsicht der Anstaltsaufsicht beispielgebend zugrunde liegt. Dennoch ist es nicht zu verneinen, dass der Grundsatz im Hinblick auf den Maßstab der Anstaltsaufsicht und die sachgerechte Handhabung der Aufsichtsbefugnisse in Anlehnung an die Kommunalaufsicht im Schrifttum punktuell gesprochen wird. Zunächst ist der Maßstab der Anstaltsaufsicht, wie bereits gezeigt, im Grundsatz die Rechtsaufsicht. Danach sollte die Anstalt des öffentlichen Rechts grundsätzlich nur lediglich der Aufsicht über die Rechtmäßigkeit ihres Verwaltungshandelns insoweit unterliegen, als es sich hierbei um die Wahrnehmung von der bei der Errichtung der Anstalt ihr von vornherein als eigene Aufgaben gegebenen, weisungsfreien Pflichtaufgaben bzw. Selbstverwaltungsaufgaben handelt134. Dabei wird die Forderung der ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage zur Ausübung der Rechtsaufsicht, insbesondere für den Umfang und das Verfahren der Aufsicht, betont135. Führt die Anstalt staatliche Aufgaben im Auftrag bzw. auf Weisung des Staates aus, so sollte sie der weitergehenden Fachaufsicht (mit Weisungsrecht) unterstellt werden136. Aber die Frage, ob dieser Grundsatz durchweg in der Rechtswirklichkeit eingehalten wird, lässt sich nicht positiv beantworten. In der Praxis lässt sich häufig die Fachaufsicht des Staats, der den Personalaufbau der Führungsposition der Anstalt und ihre Haushaltsplanung, -führung sowie -prüfung in verschiedener Hinsicht stark beeinflusst, beobachten. Ebenso wie in Deutschland ist also eine Zweckmäßigkeitsaufsicht nicht ausgeschlossen. Insbesondere verfügt der zuständige Minister gegenüber den staatliche Ordnungsaufgaben wahrnehmenden wirtschaftslenkenden Anstalten über eine umfassende Rechts- und Fachaufsicht, wie z. B. bei der Anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FSS). Hier bildet die koreanische Zentralbank (BOK) auf Grund ihrer besonderen Funktion den Ausnahmefall. Allerdings soll die Frage nach der konkreten Gestaltung der Anstaltsaufsicht im Folgenden noch näher behandelt werden. 134 Vgl. Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (76 f.); Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (133); Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 133 und 707 ff. 135 Vgl. Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (77); Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 708. 136 Vgl. Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (77); Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 133, 742 ff. und 758 ff.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

Zum einen werden die Beratung durch die Aufsichtsbehörde, die Genehmigungsvorbehalte und die Anzeige- und Vorlagepflichten der Anstalten zur Ermöglichung präventiver Aufsichtsmittel und zum anderen das Informationsrecht (das Auskunftverlangen), die Beanstandung und die Anordnung sowie die aufsichtsbehördliche Aufhebung (aufsichtliche Ersatzvornahme) zu repressiven Aufsichtsmitteln aufgezählt137. Neben diesen formellen Aufsichtsmitteln wird zwar die wichtige Rolle informaler Aufsichtsmittel in der Praxis ebenso wie in Deutschland erwähnt138. Anders als in Deutschland werden jedoch ihre negativen Aspekte kaum pointiert. Angesichts der verschiedenen einzuschreitenden Aufsichtslagen und auszuwählenden Aufsichtsmittel wird vor allem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Grundsatz zur sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse als selbstverständlich angenommen139. Dabei werden andere Grundsätze wie z. B. das Opportunitätsprinzip, das selbstverwaltungsfreundliche Verhalten und das Subsidiaritätsprinzip anders als in Deutschland jedoch nicht diskutiert. 2. Gestaltung der Anstaltsaufsicht Wie bereits im Zusammenhang mit der rechtlichen Grundlage der Staatsaufsicht über die mittelbaren Verwaltungsträger angedeutet, wird die Anstaltsaufsicht in der Praxis durch die drei Posten der unmittelbaren Staatsverwaltung, also zuständige Ministerien bzw. Verwaltungsausschüsse, Finanzministerium sowie Rechnungshof, ausgeübt. Zur Veranschaulichung dieser Anstaltsaufsicht in Korea soll ihre Gestaltung an Hand von Beispielsfällen aus den einzelnen Anstalten gezeigt werden. a) Staatsaufsicht über den Financial Supervisory Service (1) Staatsaufsicht durch den zuständigen Verwaltungsausschuss (a) Umfassender aufsichtsrechtlicher Katalog bis Februar 2008 (aa) Gesetzlich geregelte fachaufsichtsrechtliche Arsenale Der Financial Supervisory Service (FSS) unterstand ähnlich wie die deutsche BAFin gemäß Art. 18 GEF der Rechts- und Fachaufsicht ihrer Aufsichtsbehörde. Danach führte die Financial Supervisory Commission (FSC) als Aufsichtsbehörde die Aufsicht über die Geschäftsführung der Anstalt (FSS) und konnte Weisungen erteilen. Obwohl die FSC anders als das deutsche BMF sog. „Grundsätze für die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht über den FSS“ nicht veröffentlichte, nahm die FSC von dem Art. 18 GEF als aufsichtsrechtlicher Grundlage ausgehend die folgenden allge137

Vgl. Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (77 ff.). Vgl. Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (77); Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 716 und 750. 139 Vgl. Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (77); Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 713. 138

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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meinen Anstaltsaufsichtsaufgaben wahr: Genehmigung von Satzungsänderungen des FSS140, Erlaubnis des vom FSS festgelegten Haushaltsplans und Jahresabschlusses141, Entscheidung der internen organisatorischen Angelegenheiten des FSS wie z. B. Entscheidung über ihre Organisationsänderungen142 und die Besoldungsordnung für ihre Bediensteten143. Darüber hinaus konnte die FSC im konkreten Einzelfall sich nach ihrem Ermessen jederzeit über den Sachverhalt der Aufgabenwahrnehmung sowie den Rechnung- und Vermögenszustand berichten lassen, zur Prüfung rechtmäßiger und zweckmäßiger Geschäftsführung Einsicht in die Akten nehmen sowie eine gründliche Inspektion vornehmen144. Außerdem konnte die FSC zur angemessen Ausübung des Aufsichtsrechts Anordnungen erlassen145. Die FSC konnte gesetz- oder zweckwidrige Verfügungen des FSS selbst endgültig oder zeitweilig aufheben146. Bei der Zweckwidrigkeitsprüfung der Verfügungen standen das öffentliche Interesse, vor allem der Anleger- und Verbraucherschutz als deren Kriterien im Vordergrund. Anders als die BAFin musste der FSS als Aufsichtsobjekt ihrer Aufsichtsbehörde (FSC) nicht nur die aus besonderem Anlass von der FSC verlangten, oben genannten Informationen, sondern praktisch auch alle laufenden Prüfungsergebnisse der Kreditinstitute und über die einzelnen Maßnahmen berichten147. Die ausführenden Regelungen auf Grund der einschlägigen Aufsichtsgesetze, Verordnungen des Finanzministeriums und Vorschriften der FSC, welche der FSS zu erlassen ermächtigt war, wurden in der Tat der FSC vorab zur Kenntnis vorgelegt und bedurften zur Geltung der Zustimmung der FSC148. Was die Pressearbeit der FSS und Anfragen aus dem parlamentarischen Raum angeht, war eine Aufsicht zwar gesetzlich nicht geregelt. In der Praxis zeigte sich jedoch eine ähnliche Aufsicht wie bei der BAFin und BMF in Deutschland. Insgesamt erscheint der FSS durch die Regelung umfassender Fachaufsichtsrechte absolut abhängig vom Staat bzw. vom FSC zu sein. Daher konnte man mit Recht eher von einer Leitung statt von einer Staatsaufsicht sprechen149.

140 141 142 143 144 145 146 147 148 149

Art. 18 Nr. 1 und Art 26 Abs. 2 GEF. Art. 18 Nr. 3 und Art 45 GEF. Art. 18 Nr. 2 GEF. Art. 18 Nr. 4 GEF. Art. 60 GEF. Art. 61 Abs. 1 GEF. Art. 61 Abs. 2 GEF. Art. 59 GEF. Art. 39 Abs. 2 GEF. Vgl. Kang, Kongbubyungu, Bd. 31. Nr. 3, 121 (139).

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

(bb) Aufsichtsbehördliches Personalnetzwerk als starke Aufsichtsmittel In Korea wird herkömmlicherweise gesagt: „Wenn man die Personalangelegenheiten einer Organisation beherrschen würde, würde man tatsächlich die ganze Organisation beherrschen“150. Diese Aussage gilt auch für die Staatsaufsicht über den FSS. Wie beschrieben, hatte der FSS keinen eigenen Präsident und wurde von der Aufsichtsbehörde, also von dem vom Staatspräsidenten ernannten Vorsitzenden der FSC, geleitet151. Die bisherigen sechs Vorsitzenden der FSC waren alle ehemalige hochrangige Beamten des Finanzministeriums. Die Vizepräsidenten und deren Assistenten des FSS, die jeweils höchstens bis zu vier und neun Personen zu ernennen waren, wurden von der FSC auf Vorschlag des Präsidenten des FSS, also Vorsitzenden der FSC, ernannt152. In der jüngsten Praxis waren zwei Personen von den drei Vizepräsidenten ehemalige Beamte des Finanzministeriums. Zum „Aufseher“ des FSS als Kontrollorgan wurden ausnahmslos ehemalige Beamte des Finanzministeriums oder FSC vom Staatspräsidenten ernannt. Während hinsichtlich der personellen Legitimation dieses Ernennungssystem der geschäftsführenden oder -kontrollierenden Organe des FSS formell gesehen in einer ununterbrochenen Kette der Berufungsakte bis auf das Volk zurückführte und dieses System insgesamt gesehen der Einheit der Verwaltung dienen dürfte, stellte es die koreanische Finanzaufsicht gleichwohl vor erhebliche Probleme. Das Hauptproblem lag nicht in der Besetzung der Führungspositionen des FSS durch ehemalige Beamte, sondern in der tatsächlichen Besetzung durch einen homogenen Personenkreis, der seine Wurzeln im Finanzministerium hat153. Wenn unter der dreistufigen vertikalen Finanzaufsichtsstruktur diese Besetzung der Führungspositionen des FSS mit den oben genannten, umfassenden fachaufsichtsrechtlichen Weisungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörde negativ zusammenwirkt, wird die selbständige sowie eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmungen des FSS unmittelbar beeinträchtigt und erhöhen sich ferner die Gefahren der Subordination der Finanzaufsicht unter die allgemeine Wirtschaftspolitik des Finanzministeriums sowie des damit verbundenen Misserfolgs der Finanzaufsicht. Diese Befürchtungen wurden bisweilen offen geäußert154. Außerdem hielt der staatliche Rechnungshof bereits das Ernennungs- und Geschäftsführungssystem des FSS, nach dem die Spitze der Beaufsichtigenden, also der Vorsitzende der FSC, zugleich die Rolle des Beaufsichtigten, also des Präsidenten des FSS, bekleidet und dessen Aufgaben wahrnimmt, für systemwidrig und befürchtete 150

Vgl. Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 209. 151 Vgl. Art. 4 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 2 GEF. 152 Vgl. Art. 29 Abs. 1 und 3 GEF. 153 Da ein gegenseitiger Personalwechsel zwischen den Beamten des Finanzministeriums und FSC sehr häufig durchgeführt wurde, konnte man von einem homogenen Personenkreis sprechen. 154 Dazu Bericht über den Aufsichtszustand der Kreditinstitute, der koreanische Rechnungshof, 07. 2004, S. 24 ff.; vgl. auch Gutachten und Presseberichte S. 14 ff., in: Gutachten und Presseberichte über die Veränderung des Systems der Finanzdienstleistungsaufsicht.

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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zudem Interessenkonflikte155. In diesem Zusammenhang bedarf das umfassende staatliche Aufsichtssystem über den FSS, das vor allem aus den gesetzlich geregelten Aufsichtsmaßnahmen und der aufsichtsbehördlichen Besetzung der Führungspositionen bestand, dringender Reform zugunsten der Erhöhung der Verselbständigungsgrads des FSS und der Vereinfachung der Finanzaufsichtsstruktur. (b) Die Verkürzung des aufsichtsrechtlichen Katalogs durch die aktuelle Reform Die neue Regierung, die am 25. 02. 2008 ihre 5-jährige Regierungszeit antrat, will das Finanzaufsichtsniveau erhöhen und damit zu einer Verbesserung der Geldwirtschaft in Korea beitragen. Dafür wollte sie zunächst die bisherige dreistufige Finanzaufsichtsstruktur zu einer zweistufigen verkürzen und das „Checks and Balances“ System zwischen der Makrofinanz- und -finanzaufsichtspolitik durch einen neuen Finanzausschuss und einer Mikrofinanzaufsicht durch den FSS einführen156. Der Gesetzgeber hat das Gesetz über die Einrichtung etc. der Institute der Finanzdienstleistungsaufsicht durch ein neues Gesetz (Gesetz über die Einrichtung etc. des Finanzausschusses, „GEFA“) zum 29. 02. 2008 novelliert und dem neuen Finanzaufsichtssystem und damit dem Vorhaben der Regierung zugestimmt. Folgende vier Punkte sind dabei wichtig und die letzten beide müssen hinsichtlich der Staatsaufsicht über den FSS beachtet werden: – Die Auflösung der Financial Supervisory Commission (Ausschuss für Finanzdienstleistungsaufsicht, FSC) und die Errichtung der Financial Services Commission (Finanzausschuss) als Aufsichtsbehörde des FSS (Art. 3 und 18 GEFA). – Die Aufhebung der bisherigen Finanzministeriumskompetenz für die Finanzaufsichtspolitik sowie die Finanz- und Kreditpolitik und die Zuteilung ihrer Kompetenz auf den neuen Finanzausschuss, also die Trennung zwischen der allgemeinen Wirtschaftspolitik durch das Finanzministerium und der Finanzaufsichtspolitik einerseits sowie der Finanz- und Kreditpolitik durch den Finanzausschuss157 andererseits, die Einführung einer zweistufigen Finanzaufsichtsstruktur bestehend aus dem Finanzausschuss und dem FSS (Art. 3 und 24 ff. GEFA). – Die Aufhebung des Geschäftsführungssystems des FSS durch den Vorsitzenden der FSC, also die Trennung zwischen dem Vorsitzenden des neuen Finanzausschusses und dem Präsidenten des FSS (Art. 4 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 2 GEFA). – Die Reduzierung der Staatsaufsicht über den FSS (insbesondere Art. 18, Art. 39 Abs. 2 und Art. 61 Abs. 1 GEFA). Sie sollte mit dem oben dritten Punkt zur Einführung des „Checks and Balances“ Systems bzw. der Trennung zwischen der Ma155

Dazu Bericht über den Aufsichtszustand der Kreditinstitute, der koreanische Rechnungshof, 07. 2004, S. 103 f. 156 Vgl. Begründung der GEF-Novelle am 29. 02. 2008 (Gesetz-Nr. 8863, Gesetz über die Einrichtung etc. des Finanzausschusses, „GEFA“). 157 Vgl. Begründung und Art. 17 GEFA.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

krofinanz- und -finanzaufsichtspolitik durch den Finanzausschuss und der Mikrofinanzaufsichtsausführung durch den FSS beitragen158. Wie der oben genannte dritte Punkt zeigt, soll der FSS nach Art. 29 Abs. 2 und Art. 30 GEFA einen eigenen Präsidenten als Geschäftsführungsorgan haben, der durch Beschluss des Finanzausschusses und auf Vorschlag dessen Vorsitzenden vom Staatspräsidenten ernannt wird. Der Präsident des FSS hat das Vorschlagsrecht für die Ernennung der Vizepräsidenten, die vom Finanzausschuss ernannt werden, und das endgültige Ernennungsrecht deren Assistenten (Art. 29 Abs. 3 GEFA). Außerdem hat er die Stellung eines Mitgliedes im aus neun Mitgliedern bestehenden Finanzausschuss, damit der FSS auf diese Weise Beschlüsse des Finanzausschusses und die damit verbundenen Aufgaben effektiv durchführen kann (Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 7 GEFA). Indem der FSS seit seiner Errichtung im Januar 1999 erstmals von einem eigenen Präsidenten geleitet werden kann, müsste sich die Möglichkeit einer selbständigen und eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung im Vergleich zum bisherigen Geschäftsführungssystem verbessern. Allerdings wäre diese positive Bewertung zugunsten des FSS ohne die Reduzierung der umfassenden Staatsaufsicht unmöglich. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber dem neuen Finanzausschuss kein Einzelweisungsrecht und kein Entscheidungsrecht über die internen organisatorischen Angelegenheiten des FSS (wie z. B. Entscheidung über ihre Organisationsänderungen und die Besoldungsordnung für ihre Bediensteten) gegeben (Art. 18 GEFA)159. Darüber hinaus bedürfen die ausführenden Regelungen auf Grund der einschlägigen Aufsichtsgesetze, Verordnungen und Vorschriften des Finanzausschusses, welche der FSS zu erlassen ermächtigt ist, zu ihrer Gültigkeit nun nicht mehr der Zustimmung des Finanzausschusses (Art. 39 Abs. 1 GEFA)160. Außer dieser Verkürzung des aufsichtsrechtlichen Katalogs lassen der Gesetzgeber und die neue Regierung andere Aufsichtsmittel (insbesondere aus besonderem Anlass wie z. B. das Recht des Finanzausschusses auf Information, Berichterstattung, Akteneinsicht, Geschäftsprüfung, Anordnungen und Aufhebung) unberührt (Art. 60, Art. 61 Abs. 1 und 2 GEFA). Für eine effiziente Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle über den FSS, die anders als andere typische Anstalten umfangreiche hoheitliche Aufgaben wahrnimmt und eine komplexe Organisation hat, mussten der Gesetzgeber und die Regierung, ähnlich wie in der Aufsicht über die deutsche BAFin, derartige Vorkehrungen als unentbehrlich ansehen. 158

Vgl. Begründung, Art. 17 und 37 GEFA. Ebenso wie die FSC hat der Finanzausschuss das Recht, die Genehmigung zu Satzungsänderungen des FSS und die Genehmigung des vom FSS festgelegten Haushaltsplans und Jahresabschlusses (Art. 18 Nr. 1 und 3 GEFA) zu erteilen. 160 Wenn der FSS die ausführenden Regelungen neu erlässt und ändert, muss er dem Finanzausschuss sogleich berichten (Art. 39 Abs. 2 GEFA). Der Finanzausschuss kann vom FSS die Berichtigung der bestätigten gesetz- oder zweckwidrigen Ausführungsbestimmungen fordern (Art. 39 Abs. 3 GEFA). 159

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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Wie oben angedeutet, muss die Beantwortung der Frage nach dem Erfolg des Vorhabens der Regierung, ein System von „Checks and Balances“ zwischen der Makrofinanz- und -finanzaufsichtspolitik durch den Finanzausschuss und der Mikrofinanzaufsicht durch den FSS in der Aufsichtspraxis zu realisieren und zu verankern, sowohl von der Personalbesetzung der Spitzen des Beaufsichtigenden sowie des Beaufsichtigten als auch vom Willen der Aufsichtsbehörde, also des Finanzausschusses, abhängen. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass, anders als bei der FSC, Experten, die nicht als Beamte in der Behörde bzw. im Finanzministerium, sondern als „CEO“ im Privatsektor oder als Professor an einer Universität einschlägige Erfahrungen haben, im März 2008 vom Staatspräsidenten zum Vorsitzenden und Vizevorsitzenden des Finanzausschusses ernannt worden sind161. Insgesamt geht die Staatsaufsichtspraxis über den FSS ab März 2008 also neue Wege. (2) Staatsaufsicht durch das Finanzministerium und den Rechnungshof (a) Aufsicht zur effizienten Geschäftsführung durch das Finanzministerium Neben der allgemeinen Staatsaufsicht bzw. Anstaltsaufsicht durch den Finanzausschuss unterliegt der FSS nach dem Gesetz über die Geschäftsführung der öffentlichen Institute (GGöI) der Aufsicht zur Durchsetzung einer effizienten Anstaltsgeschäftsführung, zur Steigerung deren Transparenz und der Bürger-Service-Qualität durch das Finanzministerium162. Nach diesem Gesetz kann der Ausschuss für die Geschäftsführung der öffentlichen Institute, der dem Finanzminister unterstellt wird163 und dessen Vorsitzende der Finanzminister164 ist, entscheiden, ob eine juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. Anstalt des öffentlichen Rechts zu den der Aufsicht nach dem GGöI zu unterliegenden öffentlichen Instituten gehört165. Der FSS wurde als ein solches Aufsichtsobjekt durch Entscheidung des Ausschusses vom 11. 04. 2007 bestimmt. Aus diesem Grund musste der FSS die Bürger-Service-Charta erlassen und mindestens einmal im Jahr den Zufriedenheitsgrad der Bürger über seinen Service untersuchen166. Zudem musste der FSS seinen Geschäftsführungsplan und seine Geschäftsführungsergebnisse inklusive der Vergütungen der Bediensteten und der soeben genannten Service-

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Zwar ist ein ehemaliger hochrangiger Beamter des Finanzministeriums im März 2008 vom Staatspräsidenten zum neuen Präsidenten des FSS ernannt worden. Aber er hatte viele einschlägige Erfahrungen bei der FSC, beim FSS, bei der Zentralbank und bei einem Kreditinstitut. 162 Vgl. Art. 1 GGöI; Lee, Die Untersuchung über das rechtliche System der Regierungsorganisation, S. 83. 163 Art. 8 GGöI. 164 Bis zum 28. 02. 2008 war der Vorsitzende der Minister des Ministeriums der Planung und des Haushalts (Art. 9 Abs. 1 GGöI a.F.). 165 Vgl. insbesondere Art. 4 ff. und Art. 8 Nr. 1 GGöI. 166 Art. 13 Abs. 1 und 2 GGöI.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

Bewertungsergebnisse auf seiner Internet-Homepage veröffentlichen167. Außerdem hatte der FSS die Verpflichtung, seine Geschäftsführung kontinuierlich und innovativ zu verbessern168. Dabei konnte der Finanzminister den erreichten Innovationsgrad bewerten und angemessene Maßnahmen treffen169. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass der Ausschuss für die Geschäftsführung der öffentlichen Institute am 29. Januar 2009 zur Erhöhung des Verselbständigungsgrads des FSS den FSS von diesen Aufsichtsobjekten abgesetzt hat. (b) Verwaltungsinspektion durch den Rechnungshof Der FSS unterliegt der Rechnungskontrolle und einer allgemeinen umfassenden Verwaltungsinspektion durch den Rechnungshof170. Was den Zweck, rechtlichen Charakter und die Mittel dieser Inspektion angeht, gelten diejenigen, die bereits oben im Zusammenhang mit der Aufsicht durch den Rechnungshof innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung beschrieben sind171. In der Praxis nimmt der Rechnungshof nach seinem Ermessen jederzeit eine Teilinspektion über aktuell auftretende Probleme bzw. Thema vor. Dagegen führt er ungefähr alle fünf oder sechs Jahre eine Vollinspektion der durch den FSS wahrgenommenen Aufgaben durch. (3) Ergebnis Die Aufsicht über den FSS durch den Finanzausschuss als zuständigen Verwaltungsausschuss ist vergleichbar mit der Aufsicht über die deutsche BAFin durch das BMF als zuständiges Ministerium. Angesichts der Anstalten mit den umfangreichen hoheitlichen Aufgaben und der komplexen Organisation stellt sich diese Aufsicht in beiden Ländern trotz einzelner Unterschiede in aufsichtlichen Detailfragen, wie die weitgehende Informationsrechte des Finanzausschusses und des BMF zeigen, gemeinsam als umfassende Fachaufsicht dar. Neben dieser allgemeinen Anstaltsaufsicht unterliegt der FSS unter dem Einfluss des zentralistisch orientierten Verwaltungssystems in Korea anders als die deutsche BAFin der zusätzlichen zentralistisch ausgestalten besonderen Staatsaufsicht unterliegt, also der Aufsicht zur effizienten Anstaltsgeschäftsführung durch das Finanzministerium und der gründlichen Verwaltungsinspektion, wie bei den Behörden innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung, durch den Rechnungshof. Trotzdem ist es nicht zu verneinen, dass man, wie z. B. die neue organisatorische Gestaltung mit dem eigenen Präsidenten und der Wegfall des Einzelweisungsrechts des Finanzausschusses durch die aktuelle Reform zeigen, nicht mehr von einer Leitung an Stelle einer Staatsaufsicht sprechen kann.

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Art. 11 Abs. 1 und 2 GGöI. Art. 15 Abs. 1 GGöI. 169 Art. 15 Abs. 2 GGöI. 170 Vgl. insbesondere Art. 23 Abs. 1 Nr. 5 und 7, Art. 24 Abs. 1 Nr. 3 RHG; vgl. auch Oh, Verfassungsrechtliche Untersuchung der Aufsichtsfunktion des Rechnungshofs, S. 25 ff. 171 Siehe die Ausführungen dieses Teils, unter A. II. 2. b). 168

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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Man muss allerdings die neue Entwicklung der Staatsaufsichtspraxis über den FSS abwarten. b) Staatseinfluss, Staatsaufsicht und die Unabhängigkeit der Korea Bank (1) Gesetzlich geregelte Phasen der Unabhängigkeit der Korea Bank Im Hinblick auf die gesetzliche Regelung und die Frage nach der Unabhängigkeit der Korea Bank (BOK) kann man in der Regel von den drei Phasen sprechen172: Die erste Phase war die nach der Errichtung der BOK 1950. Es kam zu einer 10-jährigen Zeit höchster Unabhängigkeit von der Regierung (Mai 1950 – April 1961). Nach der ersten Novellierung des Gesetzes über die Korea Bank (GKB) im Jahr 1962 kam es zu einer Phase der Abhängigkeit (Mai 1962 – März 1998). Die dritte Phase einer neuen Unabhängigkeit begann im April 1998. Allerdings soll an dieser Stelle zum einen aus Raumgründen und zum anderen zur Konzentration auf die aktuelle Rechtsvergleichung nur die gesetzliche Lage und die Unabhängigkeit in der dritten, also jetzigen Phase geschildert werden. Aus Anlass der sog. koreanischen Währungskrise von Ende 1997 und der geforderten Reform der Finanzaufsichts- und Währungspolitik ist das GKB zum 01. 04. 1998 novelliert worden. Nach diesem 6. Änderungsgesetz ist die Unabhängigkeit der BOK – wie in § 12 BBankG – ausdrücklich festgeschrieben (Art. 3 GKB)173. Der Zentralbankpräsident wird nach Beratung des aus verschiedenen Ministern bestehenden Staatsrates vom Staatspräsidenten zum Präsidenten des vor allem für die Entscheidung der Währungspolitik der BOK zuständigen Währungsrates174 ernannt (Art. 13 Abs. 2 GKB), der innerhalb der BOK errichtet ist und dessen Präsident seit der ersten Novellierung des GKB bislang der Finanzminister war. Dessen Amtszeit beträgt vier Jahre, eine Verlängerung ist möglich (Art. 33 Abs. 2 GKB). Die 7 Mitglieder des Währungsrates, der aus dem Präsidenten, dem vom Präsidenten vorgeschlagenen Vizepräsidenten der BOK und fünf weiteren Mitgliedern175 besteht, werden alle vom Staatspräsidenten ernannt (Art. 13 Abs. 2, 3 und Art 36 Abs. 1 GKB). Die Abberufung von Mitgliedern des Währungsrates vor dem regulären

172 Vgl. Do, Der rechtliche Charakter und Stellung des Währungsrates nach dem Gesetz über die Korea Bank, S. 17 ff. und 23 ff.; Seok, Entwicklungen und Wandel des Staatsbankensystems in Korea im Spiegel der Bankenaufsicht, S. 151 f., in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht. 173 Nach Art. 3 GKB „soll Die Währungspolitik der Koreabank neutral aufgestellt und selbständig ausgeführt werden und die Unabhängigkeit der Koreabank ist zu respektieren“. 174 Zu einzelnen Befugnissen vgl. vor allem Art. 28 und 29 GKB. 175 Die 3 Räte werden jeweils vom Finanzminister, Zentralbankpräsidenten und Vorsitzenden des Finanzausschusses und die 2 weiteren vom Handelskammerpräsidenten und Präsidenten des Bankenvereins vorgeschlagen (Art. 13 Abs. 1 GKB).

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

Ende ihrer 4 Jahre176 betragenden Amtszeit ist gesetzlich nicht zulässig (Art. 15 und 18 Abs. 1 GKB). Zu beachten ist, dass die gesetzlich vorgesehene Verlängerungsmöglichkeit der Amtszeit der Währungsratsmitglieder angesichts der 5 Jahre betragenden Amtsdauer des für deren Bestellung entscheidenden Staatspräsidenten in der Praxis kaum verwirklicht wird177. Im Vergleich zur Amtsdauer der Vorstandsmitglieder der Deutschen Bundesbank ist zwar die der Währungsratsmitglieder kürzer178. Aber die ausdrückliche Bestimmung für die Unabhängigkeit bzw. Neutralität der BOK, die Stellung des Zentralbankpräsidenten als Währungsratspräsidenten innerhalb des Währungsrates, der Ernennungspluralismus für die Währungsratsmitglieder und die Gewährleistung deren erster Amtszeit führen so ähnlich wie bei der Deutschen Bundesbank zur parteipolitischen Neutralisierung und zur Garantie für die Unabhängigkeit der Koreabank. (2) Staatseinfluss auf die Korea Bank (a) Gesetzlich normierter Staatseinfluss Im GKB finden sich auch einige Bestimmungen, die die Möglichkeit zur Beeinflussung der Währungspolitik der BOK eröffnen. Dazu gehört vor allem das Recht des Finanzministers auf einen Wiederbeschluss: „Wenn die Beschlüsse des Währungsrates der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Regierung als widersprüchlich angesehen werden, kann der Finanzminister den Wiederbeschluss vom Währungsrat verlangen“179. „Gelangt der Währungsrat mit über 5 Stimmen zu dem gleichen Ergebnis, trifft der Staatspräsident die Entscheidung“180. Da nur 3 Mitglieder des Währungsrates, also der Präsident, der Vizepräsident der BOK und das vom Zentralbankpräsidenten vorgeschlagenen Mitglied, beim Fall eines Interessenkonflikts zwischen der BOK und der Regierung wohl für die BOK bzw. deren Politik stimmen dürften und der Staatspräsident als Regierungschef und der Finanzminister zur Durchführung ihrer Politik in der Regel zusammen auf der Gegenseite stehen, können die Entscheidungen des Währungsrates daher im Wege des Forderungsrechts auf den Wiederbeschluss korrigiert werden. In diesem Zusammenhang kann man von einer Reduzierung der vor allem durch Art. 3 GKB bestimmten Zentralbankunabhängigkeit sprechen. Allerdings wird dieses seit dem Mai 1962 gesetzlich vorgesehene Recht auf Wiederbe-

176 Die Verlängerung dieser Amtszeit ist möglich (Art. 15 GKB). Zu beachten ist, dass die Amtszeit des Vizepräsidenten der BOK 3 Jahre beträgt und deren Verlängerung auch möglich ist (Art. 36 Abs. 2 GKB). 177 Vgl. Do, Der rechtliche Charakter und Stellung des Währungsrates nach dem Gesetz über die Korea Bank, S. 77. 178 Vgl. Do, Der rechtliche Charakter und Stellung des Währungsrates nach dem Gesetz über die Korea Bank, S. 77 f. 179 Art. 92 Abs. 1 GKB. 180 Art. 92 Abs. 2 GKB.

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schlussforderung im Schrifttum zugunsten der Unabhängigkeit der BOK bzw. des Währungsrates sehr kritisiert181. Andererseits kann die Regierung vom Zentralbankpräsidenten verlangen, an der Sitzung des Staatsrates teilzunehmen182; außerdem hat der Präsident das Recht auf die Teilnahme an dessen Sitzungen183. Zudem kann der Vizeminister des Finanzministeriums ohne Stimmrecht an der Sitzung des Währungsrates teilnehmen184. Der Währungsrat hat die Beratungspflicht bei wichtigen Fragen der Finanz- und Geldpolitik der Regierung185 und eine Auskunftsverpflichtung für den Finanzminister sowie für den Finanzausschuss186. Wenn man den in § 12 Satz 2 BBankG sowie in dem vergleichbaren Art. 4 Abs. 1 GKB187 geregelten Grundsatz zur Harmonisierung zwischen der Wirtschaftspolitik und Währungspolitik unter Wahrung der Währungssicherung beachtet, sind die soeben genannten Mittel im GKB so ähnlich wie in Deutschland bzw. im BBankG als zur Koordinierung und Abstimmung der Wirtschaftspolitik der Regierung mit der Währungspolitik der BOK, also nicht zur Steuerung der Währungspolitik geschaffen anzusehen. (b) Informeller Staatseinfluss Wie bereits auf einen möglichen Fall der informellen Staatseinflussnahme auf die Währungspolitik der Zentralbank hingewiesen188, ist es nicht völlig zu verneinen, dass früher z. B. hochrangige Beamte vom Ministerium der Finanzen bzw. der Finanzminister in Korea zur Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Regierung bzw. zur Förderung der Konjunktur ihre mit den Leitzinsätzen bzw. der Zinsrichtung zusammenhängenden Meinungen außerhalb dem Entscheidungsgremium der Zentralbank äußerten und die einzelnen Marktteilnehmer manchmal vor der Entscheidung der Zentralbank schon darauf reagierten. Zur Antwort auf die Frage, welche Wirkung solche Meinungsäußerungen für die Zentralbank und deren Politik entfalteten, bedarf es zwar einer vertiefenden Feldforschung. Unzweifelhaft hält die Zentralbank diese Situation nicht für wünschenswert und verlangt, die Entscheidung

181 Dazu vor allem Do, Der rechtliche Charakter und Stellung des Währungsrates nach dem Gesetz über die Korea Bank, S. 42 f. und 71. 182 Art. 90 Abs. 2 GKB. 183 Art. 90 Abs. 1 GKB. 184 Zu beachten ist, dass neben dem Vizeminister des Finanzministeriums auch der Vizevorsitzende des Finanzausschusses ohne Stimmrecht an der Sitzung des Währungsrates teilnehmen kann. Dabei darf der Vizevorsitzende des Finanzausschusses nur seine Meinung über die mit den Befugnissen des Finanzausschusses zusammenhängenden Angelegenheiten äußern (Art. 91 GKB). 185 Art. 93 GKB. 186 Art. 94 GKB. 187 „Soweit die Sicherung der Preisstabilität nicht beeinträchtigt wird, ist der Währungspolitik der Koreabank mit der Wirtschaftspolitik der Regierung zu harmonisieren“. 188 Siehe oben Teil 2, C. I. 2. a) (2).

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

ihrer Währungspolitik allein auf der Bühne der Zentralbank zu treffen189. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die als informeller Staatseinfluss auf die Zentralbank anzusehende geldpolitische Praxis angesichts der seit der 6. GKB-Novelle 1998 geänderten gesetzlichen Lage und der gestärkten Zentralbankunabhängigkeit immer weiter ihren Platz verliert. Daher kann man wie in Deutschland von der Abschwächung der Verlockung zum informellen Einfluss auf die Währungspolitik der BOK sprechen. (3) Staatsaufsicht über die Korea Bank Da das GKB die Fachaufsicht der Regierung über die BOK nicht regelt, ist die BOK bei Ausübung ihrer Befugnisse ebenso wie die Deutsche Bundesbank grundsätzlich nur dem Gesetz unterworfen und zugleich weisungs- und insofern auch fachaufsichtsfrei. Das bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber auf Kontrollrechte aller Art verzichtet. Nach Art. 29 GKB ist dem Währungsrat die folgende aufsichtsrechtliche Grundentscheidungsfunktion übertragen: Genehmigung zur Satzungsänderungen der BOK190, Festlegung des Haushaltsplans und Jahresabschlusses191, Entscheidung der internen organisatorischen Angelegenheiten der BOK wie z. B. Entscheidung über ihre Organisationsänderungen192 und die Besoldungsordnung für ihre Bediensteten193. In diesem Zusammenhang ist die rechtliche Stellung des Währungsrates zu beachten. Zwar ist der Währungsrat nach Art. 12 GKB innerhalb der BOK errichtet. Wie angedeutet, ist er jedoch anders als der Zentralbankpräsident als Geschäftsführungsorgan (Art. 33 Abs. 1 GKB) und der Aufseher als Kontrollorgan (Art. 43 ff. GKB) kein typisches, einfaches internes Organ der BOK, sondern er ist ein durch das Zusammenwirken verschiedener Instanzen einschließlich der staatlichen Seite gebildetes besonderes Gremium zur Entscheidung der Währungspolitik und zur Überwachung der Zentralbankgeschäftsführung unter Vermeidung unmittelbarer staatlicher Einflussnahme194. Dieser Gesichtspunkt wird durch die Tatsache, dass der Aufseher, der die Geschäft der BOK durch Rechtskontrolle prüft und überwacht, jederzeit dem Währungsrat die laufenden Überwachungs- und Prüfungsergebnisse berichten muss (Art. 45 Abs. 1 GKB), und jedes Jahr sein Gesamtaufsichtsbericht sowohl dem Währungsrat als auch der Regierung vorlegen muss (Art. 45 Abs. 2 GKB), unterstützt. Neben solcher mittelbaren Aufsicht durch den Währungsrat unterliegt die BOK auch der unmittelbaren Staatsaufsicht durch das Finanzministerium und den staatli189 Vgl. Do, Der rechtliche Charakter und Stellung des Währungsrates nach dem Gesetz über die Korea Bank, S. 81 und 71. 190 Art. 29 Nr. 1 GKB. 191 Art. 29 Nr. 3 und Art 98 Abs. 1 GEF. 192 Art. 29 Nr. 2 GKB. 193 Art. 29 Nr. 4 GKB. 194 Vgl. Do, Der rechtliche Charakter und Stellung des Währungsrates nach dem Gesetz über die Korea Bank, S. 44 ff.

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chen Rechnungshof. D. h. vor der Festlegung des Haushaltsplans der BOK durch den Währungsrat bedarf insbesondere der Vergütungsplan für die Bediensteten der vorherigen Zustimmung des Finanzministers (Art. 98 Abs. 2 GKB). Zudem unterliegt die BOK jedes Jahr der Rechnungskontrolle und einer allgemeinen Verwaltungsinspektion des Rechnungshofs195. Was den Zweck, rechtlichen Charakter und die Mittel dieser Inspektion angeht, gelten diejenigen, die bereits oben im Zusammenhang mit der Aufsicht durch den Rechnungshof innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung beschrieben sind196, auch hier. Andererseits ist zu beachten, dass „die Aufsicht zur effizienten Geschäftsführung durch das Finanzministerium nach dem Gesetz über die Geschäftsführung der öffentlichen Institute“ anders als auf andere wirtschaftslenkende oder wirtschaftlich tätige Anstalten auf die BOK keine Anwendung findet, weil die Gefahr der zusätzlichen unmittelbaren Beeinträchtigung der Zentralbankunabhängigkeit durch das Finanzministerium bzw. die Regierung vermieden werden soll197. (4) Ergebnis Wie die ausdrückliche Bestimmung der Unabhängigkeit bzw. Neutralität der BOK und die Stellung des Zentralbankpräsidenten als Währungsratspräsidenten innerhalb des Währungsrates zeigen, lassen sich zwar die einige Verbesserungen für die Unabhängigkeit der Zentralbank in Korea insbesondere seit dem Jahr 1998 beobachten. Angesichts der Staatseinflussmöglichkeit und Staatsaufsicht in mehrfacher Weise wie z. B. der Existenz des Rechts des Finanzministers auf Wiederbeschluss und der Ausübung der allgemeinen Verwaltungsinspektion durch den Rechnungshof kann man jedoch anders als beim Modell der Deutschen Bundesbank nicht von einer reinen Rechtsaufsicht oder dem Ausschluss der Staatsaufsicht aller Art sprechen. Im Vergleich zum deutschen Modell ist also der Intensitätsgrad der Staatsaufsicht einschließlich des Staatseinflusses bei der koreanischen Zentralbank größer und damit der Unabhängigkeitsgrad deutlich schwächer.

195 Vgl. Art. 95 GKB und Art. 22 Abs. 1 Nr. 3, Art. 24 Abs. 1 Nr. 3 RHG; vgl. auch Oh, Die verfassungsrechtliche Untersuchung über die Aufsichtsfunktion des Rechnungshofs, S. 25 ff. 196 Siehe die Ausführungen dieses Teils, unter A. II. 2. b). 197 Am 11. 04. 2007 hat der Ausschuss für die Geschäftsführung der öffentlichen Institute nach Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Geschäftsführung der öffentlichen Institute entschieden, dass die BOK und KBS (Korean Broadcasting System) nicht zu den der Aufsicht nach diesem Gesetz zu unterliegenden öffentlichen Instituten gehören. Bei dieser Entscheidung seien die Unabhängigkeit der Zentralbank und der Charakter der Rundfunkanstalt als staatsfreier Programmanbieter berücksichtigt worden. Dazu Nachrichten am 11. 04. 2007 in Korea, abrufbar unter: www.edaily.co.kr; zu beachten ist, dass das KBS nach der Änderung des Gesetzes vom 14. 12. 2007 (Art. 4 Abs. 2 Nr. 3) aus den zu beaufsichtigenden Instituten ausgeschlossen ist.

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

c) Die Mehrfachaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Banken In Korea gibt es zwar nicht die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute, die vor allem hinsichtlich der organisatorischen Struktur und der wahrzunehmenden Aufgaben völlig identisch mit den deutschen Sparkassen und Landesbanken sind. Seit langem spielen jedoch einige Bankenanstalten, wie z. B. vor allem die Korea Industrial Bank (The Korea Development Bank, „KDB“) zu langfristigen Anlagekrediten und die Industrial Bank von Korea (The Industrial Bank of Korea, „IBK“) für Mittelstandskredite198, als öffentlich-rechtliche Förderbanken und zugleich universell tätige Kreditinstitute eine wichtige Rolle, die ähnlich wie die der Sparkassen ist. An dieser Stelle soll daher das System der Aufsicht über KDB und IBK, die die Bankenanstalten in Korea vertreten können, kurz erörtert werden. (1) Die allgemeine Anstaltsaufsicht durch den Finanzausschuss KDB und IBK unterliegen als öffentlich-rechtliche Anstalten der allgemeinen Anstaltsaufsicht des Staates. Der Finanzausschuss übt diese Aufsicht nach Art. 47 des Errichtungsgesetzes der KDB199 und Art. 46 Abs. 1 des Errichtungsgesetzes der IBK200 aus. Dem Finanzausschuss ist die folgende aufsichtsrechtliche Grundentscheidungsfunktion übertragen: Genehmigung von Satzungsänderungen201, Genehmigung des jährlichen Geschäftsplans202 sowie der konkreten Ausführungsart und -weise der wichtigen Aufgaben203, Bericht des Haushaltsplans und Jahresabschlusses204. Darüber hinaus kann sich der Finanzausschuss im konkreten Einzelfall nach seinem Ermessen jederzeit über den Sachverhalt der Aufgabenwahrnehmung berichten lassen, zur Prüfung rechtmäßiger und zweckmäßiger Geschäftsführung Einsicht in die Akten nehmen sowie eine gründliche Inspektion vornehmen205. Zudem kann der Finanzausschuss zur angemessen Ausübung des Aufsichtsrechts Anordnungen erlassen206. Zu beachten ist, dass die soeben genannten Aufsichtsfunktionen durch das Recht der Aufsichtsbehörde auf die Ernennung und Abberufung des Geschäftsführungsorgans und Kontrollorgans der Banken unterstützt werden. Danach wird der Präsident der IBK auf Vorschlag des Vorsitzenden des Finanzausschusses vom Staatspräsiden198 199 200 201 202 203 204 205 206

Siehe die Ausführungen dieses Teils, unter B. I. 1. a) (2). Gesetz über die Korea Industrial Bank (GKDB). Gesetz über die Industrial Bank von Korea (GIBK). Art. 5 Abs. 2 GKDB und Art. 6 Abs. 2 GIBK. Art. 35 Abs. 1 GIBK. Art. 24 GKDB und Art. 35 – 2 GIBK. Art. 37 Abs. 2 und 3 GKDB. Art. 49 Abs. 1 und 2 GKDB, Art. 48 GIBK. Art. 47 GKDB und Art. 46 GIBK.

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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ten ernannt207. Der Aufseher als Kontrollorgan der IBK wird vom Finanzausschuss ernannt208. Wenn die Gesetz- und Anordnungswidrigkeit des Präsidenten der IBK bestätigt wird, ist dem Präsidenten vom Finanzausschuss zu kündigen209. Angesichts der Kombination vom präventiven Grundentscheidungsrecht, repressiven Informations-, Anordnungs- und Prüfungsrecht der Geschäfte und Einfluss auf die Ernennung und Abberufung der Organe der Banken muss man insgesamt anders als bei der landesrechtlichen Sparkassenaufsicht als Rechtsaufsicht von einer Fachaufsicht über KDB und IBK bzw. Bankenanstalten in Korea sprechen. (2) Die Bankenaufsicht durch den Finanzausschuss und FSS Neben der allgemeinen Anstaltsaufsicht unterliegen die KDB und IBK als Kreditinstitute wie alle Kreditinstitute der Bankenaufsicht. Anders als bei den Privatbanken ist jedoch das gesetzlich geregelte Aufsichtssubjekt nicht der FSS, sondern der Finanzausschuss210. Zu beachten ist, dass der FSS in der Praxis im Auftrag des Finanzausschusses die Bankenaufsicht über die KDB und IBK im Rahmen der allgemeinen Bankenaufsicht führt211. Da die wesentlichen Aufgaben und Instrumente der allgemeinen Bankenaufsicht bereits im Zusammenhang mit der Bankenaufsicht durch die deutsche BAFin geschildert sind212, braucht nicht nochmals darauf eingegangen zu werden. Erwähnenswert ist, dass sich die koreanische Bankenaufsichtsbehörde, obwohl sie nicht Mitglied im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht ist, unter dem Einfluss der Internationalisierung der Bankenaufsicht sehr darum bemüht, Empfehlungen, Richtlinien oder Mindestanforderungen dieses Gremiums zu akzeptieren und sie in der koreanischen Bankenaufsicht zu realisieren. In der Tat beherrscht daher seine auf eine Eigenkapitalquote von 8 % bezogene Eigenmittelempfehlung von 1988 (Basel I) die koreanische Bankenaufsicht der letzten 10 Jahre und nun ist der neue Baseler Eigenkapitalakkord (Basel II) wie in Deutschland in aller Munde213. (3) Staatsaufsicht durch das Finanzministerium und den Rechnungshof Neben der allgemeinen Anstaltsaufsicht und Bankenaufsicht unterliegen die KDB und IBK ebenso wie FSS dem Einfluss des zentralistisch orientierten koreanischen 207

Art. 26 Abs. 1 GIBK. Art. 26 Abs. 3 GIBK. 209 Art. 46 Abs. 5 GIBK. 210 Art. 47 GKDB und Art. 46 GIBK. 211 Art. 49 Abs. 2 GKDB, Art. 48 Abs. 4 GIBK, Art. 38 GEFA und Art. 44 des Gesetzes über die Banken. 212 Siehe oben Teil 2, C. III. 3. b) und c). 213 Nach FSS, Der Überblick über Basel II, S. 17, will die koreanische Bankenaufsichtsbehörde den neuen Baseler Eigenkapitalakkord (Basel II) im Jahr 2008 und 2009 stufenweise in Korea durchführen. 208

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

Verwaltungssystems anders als die deutschen Sparkassen und Landesbanken der zusätzlichen zentralistisch ausgestalteten besonderen Staatsaufsicht, also der Aufsicht zur effizienten Anstaltsgeschäftsführung durch das Finanzministerium und der gründlichen Verwaltungsinspektion, wie bei den Behörden innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung, durch den Rechnungshof. Was den Zweck, rechtlichen Charakter und die Mittel dieser Aufsicht und Inspektion angeht, gilt all jenes, was bereits oben im Zusammenhang mit der Aufsicht innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung214 und der Aufsicht über den FSS215 beschrieben wurde. Allerdings ist die doppelte Aufsicht zwischen der Verwaltungsinspektion durch den Rechnungshof und der allgemeinen Bankenaufsicht durch den Finanzausschuss bzw. FSS nach den aufsichtlichen Regelungen vermieden216. III. Der Strukturwandel der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts und die Staatsaufsicht 1. Einfache Umwandlung der Anstalten in die AG als bisherige Praxis Die öffentliche Hand hat in Korea so ähnlich wie in Deutschland im Allgemeinen zur Linderung der Finanznot bzw. zur Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs und zur Steigerung der Effizienz bestimmter bisher staatlich dominierter Wirtschaftszweige immer stärker auf das gewaltige Privatisierungspotential zurückgegriffen217. Vor allem im Bereich des Bankwesens ist die allgemeine Tendenz zur Allfinanzkonzernbildung und Verbesserung der Eigenkapitalausstattung zur Schaffung von leistungsfähigen und rentablen Kreditinstituten seit Jahren auch in Korea zu beobachten. Aber trotzdem kann man anders als in Deutschland nicht davon sprechen, dass die bisherige Privatisierungspraxis und die damit verbundenen Entwicklungstendenzen im Finanzsektor zu wirklich innovativen Umstrukturierungen der wirtschaftlich tätigen Anstalten des öffentlichen Rechts geführt haben. In der Tat stellten die bisher durchgeführten Privatisierungen der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute bzw. Bankenanstalten einfache Umwandlung in eine AG dar. Beispielsweise widerrief der Gesetzgeber am 30. 12. 1989 die Rechtsform der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts bei der Korea Exchange Bank und wählte nunmehr die Gesellschaftsform des privaten Rechts für diese Bank218. Bei der Privatisierung der Wohnungsbank vom 30. 08. 1997 findet sich so gleicher Privatisierungs- und Umwandlungsvorgang wie 214

Siehe die Ausführungen dieses Teils, unter A. II. 2. b). Siehe die Ausführungen dieses Teils, unter B. II. 2. a) (2) (a). 216 Vgl. Art. 35 – 11 der Präsidialverordnung zur Ausführung des GKDB und Art. 30 – 7 der Präsidialverordnung zur Ausführung des GIBK. 217 Vgl. Ban, Die Privatisierung des öffentlichen Unternehmens, S. 59 ff. 218 Vgl. Begründung und Art. 2 der Zusatzklausel des Gesetzes über die Korea Exchange Bank vom 30. 12. 1989, also des Gesetzes über den Widerruf der Korea Exchange Bank (GesetzNr. 4170). 215

B. Die Staatsaufsicht in Korea

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derjenige der Korea Exchange Bank219. Im Dezember 1991 bekam die privatisierte Korea Exchange Bank viele Privatinvestoren als Anteilseigner220. Im April 2001 hat sich die privatisierte Wohnungsbank mit der schon im Jahr 1995 privatisierten Kookmin Bank zusammengeschlossen221. Damit sind die öffentlichen Aufgaben der beiden Banken, also vor allem die Unterstützung des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland und Export-Import-Kredite an Unternehmen als wichtige Aufgaben der Korea Exchange Bank und die Finanzierungsunterstützung des Wohnungsbaus sowie -kaufs bei der Wohnungsbank, privatisiert. Angesichts des Verzichts auf die Rechtsform der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts und der Privatisierung der öffentlichen Aufgaben, also der materiellen Privatisierung, konnte die Anstaltsaufsicht selbstverständlich hier nicht mehr ihren Platz finden. 2. Holdingmodelleinsatz und Öffnung der Umstrukturierungen der Anstalt Nun steht die Privatisierung der KDB und IBK vor der Tür. Dabei soll insbesondere die Privatisierung der KDB im Zusammenhang mit den Umstrukturierungen der Anstalten des öffentlichen Rechts beachtet werden. Der Finanzausschuss hat am 31. 03. 2008 dem neuen Präsidenten berichtet, dass das Holdingmodell bei der Privatisierung der KDB eingeführt werden soll und zur weiteren Entwicklung der KDB sowie zur effektiven Führung der öffentlichen Förderaufgaben beitragen wird222. Nach diesem Geschäftsbericht des Finanzausschuss223 wird zunächst neue Holdinggesellschaft (KDB-Holdinggesellschaft), deren hundertprozentiger Anteilseigner der Staat bzw. die Regierung ist, errichtet. Unter dem Dach der KDB-Holdinggesellschaft führen die KDB als Anstalt des öffentlichen Rechts und deren Tochtergesellschaft, die Daewoo Securities Co., KDB Capital Co. und KDB Asset Management Co., als Gesellschaft des privaten Rechts ihre Geschäfte weiter. Danach wird die Regierung innerhalb von 3 oder 4 Jahren einigen Privatinvestoren ihren Anteil an der KDB-Holdinggesellschaft bis zu 49 % verkaufen. Mit dem dadurch geschaffenen Kapital wird ein neuer Fonds (Korea Investment Fund, KIF) gründet. Die öffentlichen Aufgaben der KDB werden sich auf den KIF verlagern. Also werden die Förderaufgaben und die wettbewerbsrelevanten Tätigkeiten der KDB ähnlich wie beim deut219

Vgl. Begründung und Art. 2 der Zusatzklausel des Gesetzes über die Korea Wohnungsbank vom 30. 08. 1997, also des Gesetzes über den Widerruf der Korea Wohnungsbank (Gesetz-Nr. 5403). 220 Vgl. die Geschichte der Bank im Korea Exchange Bank-Geschäftsbericht vom 31. 03. 2008. 221 Vgl. die Geschichte der Bank im Kookmin Bank-Geschäftsbericht vom 31. 03. 2008. 222 Am 07. 01. 2008 hat Daetongryung Sik Inssu Üwonhoe (The Presidential Transition Team) schon veröffentlicht, dass die neue Regierung die KDB durch das Holdingmodell privatisieren will. Dazu Berichte vom 09. 01. 2008 in Seoul Tageszeitung (The Seoul Shinmun, www.seoul.co.kr) und in Hankook Tageszeitung (Hankookilbo, www.hankooki.com). 223 Vgl. insbesondere Berichte vom 09. 04. 2008 in Maeil Business Newspaper (www.mk.co.kr) und in The Korea Economic Daily (www.hankyung.com).

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

schen KfW-Modell getrennt werden. Vor der Übertragung der Förderaufgaben der KDB auf den KIF müsste die Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts bei der KDB beibehalten sein. Danach kann die Regierung den Privatinvestoren ihren Anteil an der KDB-Holdinggesellschaft weiter verkaufen und die KDB völlig privatisiert werden. Im Oktober 2009 sind die KDB-Holdinggesellschaft, deren hundertprozentiger Anteilseigner die Regierung und Korea Finance Corporation (also insgesamt der Staat) ist, und Korea Finance Corporation (KoFC), deren hundertprozentiger Anteilseigner die Regierung ist, hauptsächlich auf der Basis der oben skizzierten Grundstruktur des KDB-Privatisierungsplans und nach Art. 50 GKDB errichtet worden. Auf die KoFC sind die öffentlichen Aufgaben der KDB sich verlagert worden. Danach bereiten die Regierung und die KDB-Holdinggesellschaft auf den Verkauf vom Anteil des Staats an der KDB-Holdinggesellschaft vor. Allerdings ist die Detailfrage des KDBPrivatisierungsplans bis zu diesem Zeitpunkt, z. B. mit welchem mitunternehmerischen Recht beteiligen sich die Privatinvestoren an der Holdinggesellschaft und wie soll die Staatsaufsicht dabei ausgestaltet werden, noch nicht festgelegt. Daher ist der Vergleich dieses Modell mit dem deutschen Holdingmodell schwierig. Aber wichtig und evident ist, dass die monistische Trägerstruktur der typischen Anstalt des öffentlichen Rechts angetastet wird. Das bedeutet, dass der Weg der Pluralisierung der anstaltlichen Trägerschaft bzw. die Zulassung eines Privatrechtssubjekts als Anstaltsträger in Korea ebenso wie in Deutschland eingeleitet wird. Wenn die Holding im Rahmen der Kapitalisierung der Anstalt immer weiter in den Vordergrund rücken würde, müsste dieses neue Phänomen viel klarer beobachtet werden. Dabei würde ein Konflikt zwischen den mitunternehmerischen Interessen der Privatinvestoren und der Staatsaufsicht bzw. den staatlichen Einwirkungspflichten oder dem Gebot staatlicher Ingerenz nicht zu vermeiden sein. Angesichts komplizierter Probleme müssen koreanische Rechtswissenschaftler sowie Experten eigene Lösungen finden, wobei bei diesem Lösungsversuch auf die bereits in Deutschland durchgeführte Diskussion verwiesen werden kann und soll. Allerdings hängt alles von der einzelnen Ausgestaltung des KDB-Holdingmodells ab und eine weitere Anwendung dieses Modells auf die Privatisierungen bzw. Neustrukturierungen anderer Anstalten scheint vom Erfolg des KDB-Holdingmodells abhängig zu sein. .

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IV. Überblick über den Rechtsschutz gegen Akte der Anstaltsaufsichtsbehörde, die Frage der Staatshaftung und deren Ausschluss in der Bankenaufsicht 1. Rechtsschutz der rechtsfähigen Anstalten bei Aufsichtsmaßnahmen Anders als in dem Kommunalselbstverwaltungsgesetz224 fehlt es in den die Anstalten errichtenden einzelnen Gesetzen in der Regel an einer den Verwaltungsrechtsschutz normierenden Bestimmung. Darüber hinaus ist die Frage nach dem Rechtsschutz der Anstalten des öffentlichen Rechts gegen aufsichtsbehördliche Maßnahmen im Gegensatz zur Kommunalaufsicht225 in der koreanischen rechtswissenschaftlichen Diskussion nicht gesondert thematisiert. Den koreanischen rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts als aus dem unmittelbaren staatlichen Verwaltungsbereich ausgegliederten, ihre Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmenden, verselbständigten Verwaltungsträgern steht jedoch ebenso wie den Gebietsselbstverwaltungskörperschaften eine Rechtsschutzposition gegen staatliche Eingriffe zu226. Dabei ergibt sich der Rechtsschutz der Anstalten des öffentlichen Rechts gegen aufsichtsbehördliche Maßnahmen ähnlich wie in Deutschland227 gerade aus der den Rechtsweg garantierenden Regelung des Art. 27 Abs. 1 KV und der davon ausgehenden Generalklausel des Art. 1 VPG228. Für die Verfahrensarten werden das Widerspruchsverfahren als Verwaltungsverfahren und das Verwaltungsstreitverfahren als Gerichtsverfahren ebenso wie in Deutschland geregelt. Zu den verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren gehören die Anfechtungsklage und Feststellungsklage (Art. 4 VPG). Anders als § 42 Abs. 1 VwGO in Deutschland regelt das VPG in Korea nicht die Verpflichtungsklage als statthafte Klageart229. Daher lehnt der koreanische Oberste Gerichtshof230 die Zulässigkeit dieser Klageart ab231. D. h. bei Unterlassen oder Versagung einer angestrebten 224

Vgl. Art. 157 Abs. 2 und Art. 159 Abs. 3 KKSG. Zu Ausführungen über den Rechtsschutz der Gebietsselbstverwaltungskörperschaften gegen aufsichtsbehördliche Maßnahmen siehe Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 715, 739 und 748 f.; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 154 f. und 162 f. 226 Vgl. Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (73 und 77). 227 Vgl. Art. 19 Abs. 4 GG und der davon ausgehende Generalklausel des § 40 Abs. 1 VwGO. 228 Wie bei Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 154 f. und 162 wird „VPG“ hier als Abkürzung des koreanischen Verwaltungsprozessgesetzes verwendet. 229 Dagegen regelt Art. 4 Nr. 3 des koreanischen Widerspruchsverfahrensgesetzes Verpflichtungsbescheid. Dazu siehe Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 637. 230 Vgl. Daebubwon, 88Nu8135 (Entscheidung vom 23. 05. 1989) und 94Nu1408 (Entscheidung vom 10. 03. 1995). 231 Im Schrifttum gibt es einen Meinungsstreit über die Zulässigkeit Verpflichtungsklage, dazu Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 635 ff. 225

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

Aufsichtsmaßnahme ist der in Frage kommende Rechtsschutz anders als in Deutschland nicht in Form die Verpflichtungsklage, also nicht die Klage auf Erlass eines Verwaltungsaktes, sondern jeweils die Feststellungsklage bezüglich der aufsichtsbehördlichen rechtswidrigen Unterlassung (Art 4 Nr. 3, Art. 36 VPG) oder die Klage auf Aufhebung der Verweigerung einer aufsichtsbehördlichen Zustimmung oder Genehmigung (Anfechtungsklage, Art 4 Nr. 1, Art. 12 VPG)232. Hierbei ist noch zu beachten, dass ab März 1998 das Widerspruchsverfahren anders als in Deutschland keine obligatorische Prozessvoraussetzung für eine Klage vor den Verwaltungsgerichten, sondern ein fakultatives Vorverfahren ist233. Also darf der Kläger bzw. die Anstalt ohne die Nachprüfung des betreffenden Verwaltungsaktes durch die Widerspruchsbehörde bzw. ohne erfolgloses Vorverfahren unmittelbar die Anfechtungsklage erheben, außer wenn ein Gesetz234 die Nachprüfung des Verwaltungsaktes vorschreibt (Art. 18 Abs. 1 VPG). Die Ausgestaltung des Rechtsschutzes der Anstalten, wie diejenige der Kommunalaufsicht235, richtet sich grundsätzlich nach dem Charakter der Aufsichtsmaßnahme und der anstaltlichen Aufgabenstruktur. Handelt es sich bei den anstalts- und staatsaufsichtlichen Maßnahmen im Wesentlichen um Verwaltungsakte, ist damit zwar ebenso wie in Deutschland zweifelsohne das entsprechende Rechtsschutzverfahren vorgegeben. Das ist selbstverständlich der Fall bei aufsichtlichen Eingriffen des Staates in den Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten der Anstalten236. Aber zu beachten ist, dass die Regelung des Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 VPG den Gegenstand der Anfechtungsklage nicht auf den Verwaltungsakt beschränkt. Dazu gehören nicht nur „hoheitliche Maßnahme“ und deren „Verweigerung“, sondern auch „die mit diesen beiden vergleichbaren Verwaltungshandlungen“, sofern sie alle sich als Gesetzesvollzug durch eine Verwaltungsbehörde in konkreten Einzelfällen darstellen237. Die wohl herrschende Meinung vertritt daher, dass die Verwaltungsaktsqualität keine not-

232 Vgl. Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 155; Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 632 ff. 233 Hinsichtlich des effektiven Rechtsschutzes der Bürger hat der Gesetzgeber das bisherige Widerspruchsverfahrenssystem als obligatorisches Verfahren vor der Erhebung der Anfechtungsklage negativ bewertet. Mit der VPG-Novelle vom 27. 07. 1994 ist daher das Widerspruchsverfahren ab 01. 03. 1998 zu einem fakultativen Vorverfahren geändert worden. Dazu Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 628 und 670 ff.; vgl. auch Kang, Keimyungbubhag, Bd. 2 (1998), 185 (203 ff.). 234 Z. B. bedarf es nach Art. 36 abs. 2 und Art. 40 Abs. 2 RHG eines Widerspruchsverfahrens als Prozessvoraussetzung für die Klage auf Aufhebung der Maßnahmen des Rechnungshofs. Dazu siehe Rechnungshof, Überblick über das Rechnungshofsgesetz, S. 132 ff., insbesondere S. 137. 235 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 715, 748 f. und 760. 236 Vgl. Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (75 und 77); im Rahmen der Kommunalaufsicht Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 715, bemerkt auf gleicher Linie. 237 Vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, Art. 4 Nr. 1 und Art. 12 VPG.

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wendige Voraussetzung für die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage sei238. Die Entscheidungen der Obersten Gerichtshofs239 nähern sich auch immer weiter dieser Ansicht an, womit der Gerichtshof den Rechtsschutz der Bürger erweitern möchte240. Wenn man dieser herrschenden Meinung folgt, könnten eine erhebliche Verletzung bzw. Aushöhlung eigener Rechte verselbständigter Verwaltungsträger bzw. der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts durch schlicht hoheitliches Handeln der Aufsichtsbehörde und informale Aufsichtsmittel mit gewichtigen faktischen Wirkungen gerichtlich geprüft und verhindert werden. In diesem Zusammenhang kann man davon sprechen, dass verselbständigte Verwaltungsträger bzw. die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in Korea die Rechtsschutzmöglichkeit gegenüber Aufsichtsmaßnahmen in Bezug auf Auftragsangelegenheiten bzw. gegen fachaufsichtsrechtliche Maßnahmen haben können. D. h. wenn fachaufsichtsrechtliche Maßnahmen in den Rechtskreis der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen als verselbständigter Verwaltungsträger eingreifen, dürfen die Anstalten gegen diese so ähnlich wie nach richtiger Ansicht in Deutschland241 einen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen242. Klägerin eines verwaltungsgerichtlichen Streitverfahrens der Anstalt ist nicht ihr Leitungsorgan, sondern die Anstalt als solche, also als Inhaberin der verletzten (Selbstverwaltungs-)Rechte, die an der Anfechtung der Aufsichtsmaßnahme bzw. an der Feststellung der aufsichtsbehördlichen rechtswidrigen Unterlassung ein rechtliches Interesse hat (Art. 12 und 36 VPG). Anders als § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in Deutschland regelt Art. 13 Abs. 1 VPG die Aufsichtsbehörde als Klagegegner, die den angefochten Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Allerdings bedeutet das nicht, dass die rechtliche Stellung des Staates als Klagegegner verneint wird243. Andererseits haben Widerspruch und Anfechtungsklage anders als in Deutschland244 grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung245. Allerdings können der Wider-

238 Vgl. Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 660; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 154. 239 Vgl. Daebubwon, 82Nu370 (Entscheidung vom 14. 02. 1984) und 93Nu12619 (Entscheidung vom 10. 12. 1993). 240 Vgl. Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 663 ff. 241 Siehe die Ausführungen des zweiten Teils, unter E. I. 2. 242 Vgl. Hong, Lehrbuch des Verwaltungsrechts II, Rn. 748 f.; Lee, Kommunalaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland und in Korea, S. 162 f.; wegen des Fehlens des Verwaltungsaktcharakters fachaufsichtlicher Weisungen spricht Kang, Tosiekongbubyungu 22 (Juli 2004), 63 (75 und 77), gegen die Rechtsschutzmöglichkeit. 243 Vgl. Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 654. 244 Vgl. § 80 VwGO. 245 Vgl. Art. 23 Abs. 1 VPG und Art. 21 Abs. 1 des Widerspruchsverfahrensgesetzes; vgl. auch Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 682 ff.; Kang, Keimyungbubhag, Bd. 2 (1998), 185 (207 f.).

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3. Teil: Die Staatsaufsicht in Korea im Vergleich zu Deutschland

spruchsausschuss und das Gericht auf Antrag der Anstalt als Klägerin oder von Amts wegen aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen246. 2. Zur Frage der Staatshaftung und deren Ausschluss in der Bankenaufsicht Zwar ist die Frage nach der Staatshaftung im koreanischen Aufsichtsrecht kaum gesondert diskutiert. Es ist jedoch wie in Deutschland247 nicht zu verneinen, dass gegenüber dem Beaufsichtigten ein unmittelbar zu Schäden führendes fehlerhaftes staatsaufsichtsrechtliches Handeln eine Haftung des Staates auslösen kann und der konkrete Schadensfall durch die Staatshaftung gem. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Schadensersatzpflicht des Staates (KGSS) i. V. m. Art. 29 Abs. 1 KV erfasst wird; denn der Grundsatz der Staatshaftung nach Art. 2 Abs. 1 KGSS i. V. m. Art. 29 Abs. 1 KV248 schließt bei dessen Anwendung rechtswidriges Handeln der Aufsicht und dadurch dem Beaufsichtigten entstandene Schäden nicht aus. In der Regel handelt es sich bei den Fällen als haftungsauslösenden Konstellationen um eine Aufsicht über Private und Schäden des Beaufsichtigten durch das aufsichtsbehördliche Tätigwerden. Allerdings fällt es wie in Deutschland aus Gründen der Einheit der Staatsverwaltung schwer, dass man von haftungsauslösenden Konstellationen und der Anwendung des Grundsatzes der Staatshaftung im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung bzw. im Anstaltsaufsicht spricht, außer wenn ein Gesetz249 etwas anderes bestimmt. In diesem Zusammenhang werden die Anstalten des öffentlichen Rechts in der Literatur nicht als durch einen Staatshaftungsanspruch geschütztes Subjekt, sondern regelmäßig nur als haftungsauslösendes genannt250. Andererseits hat die Frage nach dem Ausschluss der Staatshaftung in der koreanischen Bankenaufsicht, also ob der Finanzausschuss und FSS als die Bankenaufsichtsbehörde umfassend vor Schadensersatzansprüchen Dritter geschützt werden, im Vergleich zu in Deutschland eine andere Ausgangslage und kann weder mit einem generellen „ja“ noch einem generellen „nein“ beantwortet werden; denn Art. 29 Abs. 1 KV sowie die Regelungen des davon ausgehenden Gesetzes (KGSS) schließen nicht die Staatshaftung für eine fehlerhafte Bankenaufsicht aus und in Korea findet sich keine Regelung für den gesetzgeberisch offensichtlich ge246

Vgl. Art. 23 Abs. 2 VPG und Art. 21 Abs. 2 des Widerspruchsverfahrensgesetzes. Vgl. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG. 248 Danach haftet der Staat für jeden Schaden, der einem Dritten durch die Amtsführung eines Beamten entsteht, wenn dieser vorsätzlich oder fahrlässig gegen ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung verstoßen hat. 249 Z. B. haften Währungsratsmitglieder nach Art. 25 Abs. 1 GKB für jeden Schaden, den der Währungsrat mit Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Korea Bank verursacht. 250 Vgl. Kim, Die Untersuchung über die besonderen juristischen Personen als Verwaltungsträger, S. 236; Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 484; Choi, Kongbubhakyungu, Bd. 5. Nr. 1, 333 (346); vgl. auch Daebubwon, 70Da2253 (Entscheidung vom 24. 11. 1970). 247

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wollten Haftungsausschluss wie § 4 Abs. 4 FinDAG in Deutschland. Darüber hinaus ist der Schutz der Einlagengläubiger seit April 1998 im die Bankenaufsichtsbehörde errichtenden Gesetz (GEFA), dem Ziele der allgemeinen Bankenaufsicht oder Finanzdienstleistungsaufsicht zu entnehmen sind, als ein Ziel solcher Aufsicht ausdrücklich geregelt251. Angesichts dieser gesetzlichen Lage kann zwar die Meinung ähnlich wie in den deutschen sog. Wetterstein- und Herstatt-Entscheidungen vertreten werden, dass den Einlegern bzw. Dritten in Bezug auf die Führung der Bankenaufsicht Staatshaftungsrechte zugebilligt werden, wenn es sich um rechtswidrig schuldhafte Aufsichtsführung, also fehlerhaftes aufsichtsrechtliches Handeln oder Unterlassen, handeln würde, die zu Schäden bei Dritten führen. Aber die betreffende Entscheidung252 des koreanischen Obersten Gerichtshofs führt aus, dass, wenn „die Inhalte der dem Beamten zugeteilten Aufgaben“ bzw. der durch die Aufsichtsbehörde wahrnehmenden Aufgaben „einfach im öffentlichen Interesse“ liegen, eine Schadensersatz auslösende Amtspflichtverletzung gegenüber Dritten nicht in Betracht kommt. Handelt es sich stattdessen „hauptsächlich oder nebensächlich um die Erreichung des Schutzes des Interesses der einzelnen Bürger“ bzw. eines einzelnen, individuellen Bankenkunden, ist solcher Schutz kein bloßer Reflex und die Staatshaftung wird „den betroffenen Bürgern“ bzw. den Einlagengläubigern in Bezug auf unzureichende Maßnahmen des Beamtens bzw. der Bankenaufsicht gewährt. Wenn man von dieser gerichtlichen Entscheidung ausgeht, kommt es bei der Antwort auf die Frage, ob die koreanische Bankenaufsichtsbehörde vor einer Klage von Bankenkunden geschützt wird, „maßgeblich auf den Schutznormcharakter der jeweiligen aufsichtsrechtlichen Regelung und die individualschützende Wirkung von aufsichtsrechtlichen Maßstabsnormen“253 oder deren Prüfung im Einzelfall an. Wie angedeutet, kann man daher insgesamt anders als in Deutschland nicht vom generellen Haftungsausschluss in der koreanischen Bankenaufsicht254 sprechen.

251 Vgl. Art. 1 GEFA. Nach diesem Art. soll insbesondere die gesunde Kreditordnung sowie der faire Geschäftsverkehr durch die Errichtung die Bankenaufsichtsbehörde sichergestellt und die Finanznachfrager inklusive der Einlagengläubiger etc. geschützt werden und dies insgesamt der volkswirtschaftlichen Entwicklung dienen. 252 Vgl. Daebubwon, 91Da43466 (Entscheidung vom 12. 12. 1993). Zur Bedeutung dieser Entscheidung im Staatshaftungsrecht siehe Kim, Das Verwaltungsrecht („Haengchungbub“) I, 9. Auflage, S. 486 f. 253 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 459. 254 Zum von der gesetzlichen Lage von 1978 ausgegangenen anderen Ergebnis siehe Lee, Die Aufsicht über die Kreditinstitute in Deutschland und in Korea, S. 214 ff.

Schlussbetrachtung Seit der Einführung des Anstaltsbegriffs in die deutsche Verwaltungsrechtswissenschaft durch Otto Mayer sind die Schwerpunkte der Ausführungen über die Anstalten in Deutschland immer weiter von der Diskussion ihrer Handlungsform hin zur Betrachtung ihrer Organisationsform verschoben worden. Der organisatorische Gesichtspunkt ist von einer technisch-organisatorischen Einheit ausgehend zur verselbständigten Verwaltungseinheit, die nicht ausschließlich für den Bereich der Leistungsverwaltung sondern vielmehr als flexible Multifunktionalorganisation der modernen öffentlichen Verwaltung fungiert, konkretisierend fortentwickelt worden. Diese Fortentwicklung der wissenschaftlichen Diskussion entspricht der Praxis der anstaltlichen Verwaltung. Die im Grundgesetz als Verwaltungsträger der mittelbaren Bundesverwaltung anerkannten bundesunmittelbaren rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG können in den Bereichen der ganzen Bundesgesetzgebung ohne eigenen Verwaltungsunterbau auftreten. Sie werden in der Regel zur Dezentralisation und verbesserten Aufgabenwahrnehmung, zur Vermeidung parteipolitischer Einflüsse oder zu anderen besonders bestimmten öffentlichen Zwecken geschaffen. Wie das jüngere Beispiel der BAFin zeigt, wurden die im Wesentlichen materiell-polizeilichen Aufgaben der Finanzdienstleistungsaufsicht aus der unmittelbaren Bundesverwaltung ausgegliedert und auf die Rechtsform der öffentlichen Anstalt, die sich durch den Aspekt der reduzierten Staatlichkeit kennzeichnet, übertragen. Darüber hinaus werden die innovativen Umstrukturierungen der wirtschaftlich tätigen Anstalten des öffentlichen Rechts angesichts des erheblichen wirtschaftlichen Drucks und der neuen Entwicklungen am Markt bzw. in der Praxis wie z. B. der Tendenz zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung der Kreditinstitute und Abschaffung der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslast durch die Brüsseler Verständigung vor allem im Bereich des Bankwesens, immer wichtiger. Trotz der zunehmenden Rolle der anstaltlichen Verwaltung, deren Verselbständigung und der Pluralisierung der anstaltlichen Trägerschaft durch die Einbeziehung Privater bzw. der Zulassung eines Privatrechtssubjekts als Anstaltsträger ist nicht zu befürchten, dass die verselbständigten öffentlich-rechtlichen Anstalten die Kernbereiche der traditionellen Staatsverwaltung bedrohen oder dass wegen der anstaltlichen Verselbständigung und der Umstrukturierungsversuche der Anstalten die Demokratie die Kontrolle darüber verliert und das verfassungsrechtliche Prinzip der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung ausgehöhlt wird. Die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts dürfen grundsätzlich vier wesentliche Verwaltungsangelegenheiten des Art. 87 Abs. 1 Satz 1, an denen der Bürger

Schlussbetrachtung

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ein besonderes Interesse hat, und die Polizeiverwaltung des Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG nicht wahrnehmen. Die Anstalten des öffentlichen Rechts als Teil der Staatsverwaltung sind gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Als legitimationsbedürftiges Objekt unterliegen sie in der Regel der Rechts- und Fachaufsicht des Staates. Im Wege dieser Staatsaufsicht, deren Erfordernis verfassungsrechtlich durch das Demokratie- sowie das Rechtsstaatsprinzip begründet und die als Folge staatlicher Aufgabenübertragung betrachtet wird, werden die Gesetzmäßigkeit der anstaltlichen Verwaltung in der Rechtswirklichkeit gewährleistet, deren konkrete Rückbindung an den Willen des Volkes ermöglicht und die Interessen zwischen verschiedenen Anstalten bzw. Verwaltungseinheiten ohne Konflikt koordiniert. Zu beachten ist, dass die Frage nach dem Umfang aufsichtlicher Einwirkung nicht einheitlich zu beantworten ist. Die Rechtswirklichkeit weist unter dem Schweigen des Verfassungstexts verschiedene Arten und Intensitätsgrade der Staatsaufsicht bei den unterschiedlichen Anstalten auf. Dabei ist die Größe des Ermessensbereichs, der Aufgabenbereich und die Aufgabenverantwortung1, der Verselbständigungsgrad2 bzw. das Verhältnis zwischen dem „Verselbständigungsinteresse“ und dem „Gesamtinteresse“ des Staats unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlichen Legitimationskette3 von großer Bedeutung. Danach „verfügt der zuständige Bundesminister gegenüber“ den „die zentralen staatlichen Ordnungsaufgaben wahrnehmenden“ „wirtschaftslenkenden Anstalten durchweg über eine umfassende Rechts- und Fachaufsicht“4, wie z. B. bei der BAFin. Dagegen bildet die unabhängige Deutsche Bundesbank auf Grund ihrer besonderen Funktionen und geschichtlicher Erfahrungen einen Ausnahmefall. Hier hat der Verfassungsgeber den Anstalten des öffentlichen Rechts eine besondere Unabhängigkeit oder einen staatsfreien Raum in einzelnen Sonderbereichen gewährt. In diesem Zusammenhang sind die derzeitige BAFin als typische Anstalt und die Deutsche Bundesbank als atypische Anstalt anzusehen. Und die landesrechtliche Sparkassenaufsicht ist als Rechtsaufsicht mit Rücksicht auf die Selbstverwaltungsrechte der im Rechtsverkehr frei und flexibel handelnden Sparkassen als Kreditinstitute gestaltet. Angesichts der vielfältigen aufsichtsrechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten ist der Versuch in Anlehnung an einige Beispiele, „ein Maximum“ bzw. einen Extremfall5 in einem bestimmten Bereich als Regelfall der Anstaltsaufsicht zu betrachten, zu kritisieren. D.h. wenn man einerseits die Unterschiedlichkeit von Leitung und Aufsicht, die vor allem darin liegt, dass bei der Beaufsichtigung, anders als bei der Leitung, eine gewisse Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit der Beaufsichtigten 1

Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, S. 48.; Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 55. 2 S. U. Pieper, Aufsicht, S. 349 ff. und 376. 3 Dazu Wendt, NWVBL 1987, 33 (38). 4 Wendt, NWVBL 1987, 33 (38). 5 Vgl. Sachs, NJW 1987, 2338 (2342 f.); Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 254.

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Schlussbetrachtung

gewahrt wird, sowie die Abgrenzung der mittelbaren Staatsverwaltung von der unmittelbaren Staatsverwaltung anerkennt, andererseits „die legislative Entscheidung für die Selbständigkeit“6 bei der Errichtung der rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts respektiert, ist die folgende Forderung naheliegend: Die legislativ zugestandene Anstalts-Autonomie darf durch die Ausübung eines extensiven Fachaufsichtsrechts bzw. der Anstaltsaufsicht der Exekutive „nicht [ausgehöhlt] oder [aufgehoben]“ werden7. Die Anstaltsaufsicht hat „dort ihre Grenze, wo durch ihre Ausübung die Rechtsfähigkeit der Anstalt ihren Sinn verlieren würde“8. Aus diesem Gesichtspunkt sind zum einen die Betonung der staatlichen Bemühungen um eine angemessene Vertretung aller betroffenen Gruppen bei personeller Zusammensetzung des Verwaltungsrates, des Opportunitätsprinzips, des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des selbstverwaltungsfreundlichen Verhaltens als Ansätze zur sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse und einer umfassenden Rechtsschutzposition der Anstalten gegen staatliche Eingriffe insgesamt richtig und wünschenswert. Zum anderen ist die Kritik an informalen Aufsichtsinstrumenten, der Ausgestaltung der Genehmigungsvorbehalte als Fachaufsicht bei der Sparkassen-Rechtsaufsicht und der Unterstellung des Verwaltungsrates unter die umfassende Fachaufsicht bei der BAFin als zutreffend anzusehen. Im Hinblick auf den Strukturwandel der Anstalten ist nicht anzunehmen, dass die gesetzgeberischen Neustrukturierungsversuche der Anstalten schon per se demokratisch legitimiert und grenzenlos zulässig sind. Zur Beibehaltung der Rechtsform einer öffentlichen Anstalt müssen sie mit dem Demokratieprinzip vereinbar sein. Wie die Rechtsprechung zeigt, sind dabei „die letztentscheidende Einflussmöglichkeit“9 der Regierung und die Rechtsaufsicht der zuständigen Aufsichtsbehörde unentbehrlich. In der Tat hängt die rechtliche Zulässigkeit der Umstrukturierungsversuche der Anstalten des öffentlichen Rechts und der dadurch gebildeten konkreten Modelle, in denen die Besetzungsrechte für die Mitglieder der Leitungsorgane der Anstalten in der Regel neben der öffentlichen Hand auch dem Privatinvestor eingeräumt werden, von der Existenz der Staatsaufsicht und ihrem Ausgestaltungsinhalt ab. In diesem Zusammenhang kann man daher von der Staatsaufsicht als einem notwendigen Bestandteil des Strukturwandels der Anstalten sprechen. Allerdings ist folgende Annahme zu beachten: Wenn die Ansätze zur Modifikation der klassischen Legitimationsformen bzw. „zur Lockerung der Legitimationsanforderungen“10 in der Umstrukturierungspraxis der Anstalten des öffentlichen Rechts im Allgemeinen sicherlich anerkannt werden, könnte die Staatsaufsicht in diesem Bereich anders als die bisherige Praxis und das soeben entwickelte Ergebnis ausgestaltet und bewertet werden. 6 Vgl. Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 253, dort in Fn. 221. 7 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 63. 8 Frick, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, S. 63. 9 VerfGH Bln., DVBl. 2000, 51 (53 f.). 10 Hecker, VerwArch 92 (2001), 261 (280).

Schlussbetrachtung

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Andererseits werden die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts in Korea zwar ähnlich wie in Deutschland durch ihre Multifunktionalität und unterschiedlichen Verselbständigungsgrade charakterisiert. Vor dem Hintergrund des traditionell zentralistisch orientierten Verwaltungssystems hat der Gesetzgeber jedoch dem einzelnen Ressortminister bzw. Verwaltungsausschuss zur allgemeinen Anstaltsaufsicht, dem Finanzminister zur Überwachung der effizienten Anstaltsgeschäftsführung sowie dem Rechnungshof zur Rechnungskontrolle und allgemeinen gründlichen Verwaltungsinspektion weitreichende Aufsichtsbefugnisse eingeräumt. Auf dieser Grundlage üben die Aufsichtsbehörden der unmittelbaren Staatsverwaltung in der Regel eine umfassende Staatsaufsicht über die Anstalten aus. Anders als bei der Rechtsbewahrungsfunktion der Aufsicht sind die Schutzfunktion und das selbstverwaltungsfreundliche Verhalten einer sachgerechten Handhabung der Aufsichtsbefugnisse dabei kaum zu erwarten. Der Verselbständigungsgrad der koreanischen rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts wird durch die Ausübung solcher mehrfachen strikten Staatsaufsicht stark reduziert und die Anstalten werden damit in die Nähe der unmittelbaren Staatsverwaltung gestellt. Allerdings ist die interne Aufsichtsfunktion der eigenen Aufsichtsorgane der Anstalten, also in der Regel des alleinigen Aufsehers, viel schwächer als diejenige des Verwaltungsrates in Deutschland. Angesichts der immer kräftiger werdenden Betonung der Dezentralisation der staatlichen Verwaltung in Korea und der Diskussion der anstaltlichen Verwaltung und Anstaltsaufsicht in Deutschland sollen folgende Punkte in Korea für die Verbesserung bzw. die Reform des oben genannten noch unbefriedigenden koreanischen Anstaltsaufsichtssystems vertiefend diskutiert werden: – Die Schaffung der Grundstruktur der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung zur Stärkung der rechtlichen Grundlage der anstaltlichen Verwaltung in der koreanischen Verfassung. – Die Einführung des kollegialen Verwaltungsrates als Aufsichtsorgan der Anstalten zur Stärkung sowohl der Verselbständigung der rechtsfähigen Anstalt als auch deren interner Aufsichtsfunktion und eines mitwirkenden Moments der betroffenen Interessengruppen. – Die Vereinfachung des mehrfachen staatlichen Aufsichtssystems zur effektiven und effizienten Aufsicht. – Die Harmonisierung zwischen der Rechtsbewahrungsfunktion der Aufsicht und der Schutzfunktion beim vereinfachten Aufsichtssystem. – Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Unabhängigkeit der Zentralbank, die weitere Reduzierung der Abhängigkeit des FSS von der Regierung bzw. dem Finanzausschuss sowie die Ausgestaltung der allgemeinen Anstaltsaufsicht über die Bankenanstalten als reine Rechtsaufsicht.

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Sachwortverzeichnis Abkopplung 34 Ablehnungsbefugnis 72 Allfinanzaufsicht 75, 82 Allfinanzkonzernbildung 240 Anstalts-Autonomie 125, 250 Anstaltsdefinition 37 Anstaltslast 39, 90 ff. Anstaltsträger 39 atypische Anstalten 70 Aufsichts- und Steuerungsmöglichkeiten 59 Aufsichtskonkurrenz 169 Aufsichtsmittel 125 Aufsichtsmonopol 207 Autonomisierung 34 Bankenaufsicht 176 ff. Bedienstete der Anstalt 40 Behörde 42 ff. Beihilferegeln des EG-Vertrages 93 Beleihungsmodell 103 Beratung 129 Berichtigungsfunktion 115 besonderes Gewaltverhältnis 27 Bundesbank 70 ff. bundeseigene Verwaltung 53 bundesmittelbare Verwaltung 53 Bundesoberbehörden 55

Ermessensausübung 176 Ermessensmissbrauch 173 Ernennungspluralismus 72, 160 Fachaufsicht 124 f. Finanzaufsichtssektor 74 Finanzaufsichtsstruktur 219 Finanzkonglomeraten 82 Förderaufgaben 96 Freiheitskorrelat 119 Funktionstrennung 63 Funktionsvorbehalt des Berufsbeamtentums 67 ff. Gewährleistungsaufsicht 188 Gewährträgerhaftung 39, 90 ff. Gewährträgerversammlung 64 Grundform der Staatsverwaltung 52 Grundrechtsträgerschaft 137 Haftungsausschluss 247 Handlungsform 36 Herrschaftsverhältnis 116 Holdingstruktur 100

Demokratieprinzip 143 ff. Dienstherrenfähigkeit der BAFin 77 Drittschutzwirkung der Bankenaufsicht 195

Individualrechtsschutz 149 informale Aufsichtsmethoden 133 Informationsrecht 132 Instandhaltungspflicht 90 institutsbezogene Aufsicht 180 Institutsgarantie 58, 60 Intensitätsgrade der Staatsaufsicht 136

Eigenbetriebsvorrang 59 Eingriffsverwaltung 49 Einheit der Verwaltung 151 ff. Einheitskorrelat 119 Einheitsstaat 198 Entkommunalisierung 87 Erlaubniserteilung 180

Kapitaleignerschaft 32 Kollegialmodell 71 Kommunalaufsicht 170 kommunale Sparkassen 85 Kontrolle 116 Koordinationsfunktion 122 Körperschaft 40

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Sachwortverzeichnis

Landesbanken 86 laufende Aufsicht 179 Legitimationsdichte 110 Legitimationsformen 145 Legitimationskette 108 Legitimationskompensation 145 Legitimationszusammenhang 109 Leistungsfunktion 33 Leitung 116 Lenkung 117 Lenkungsaufgabe 47 Letztentscheidungsrecht 111 f. Mehrzweckinstrument 33, 49 Ministerialverwaltung 50 Mischformen 38 Mitbestimmung 64, 89 Mitglieder 40 Mitgliedschaften 41 mittelbare Staatsverwaltung 49, 202 ff. Motive 35, 46 f. Motivgruppen 49 Multifunktionalorganisation 36, 248 Muttergemeinwesen 29 Neustrukturierungsmodelle der Anstalten 185 Neustrukturierungsversuche der Anstalten 250 Normenkontrollverfahren 80 Oberaufsicht 135 öffentliche Unternehmen 44 Opportunitätsprinzip 126 Organisationsform 36 Organisationsfreiheit 107 Organisationsstruktur 60 organisatorische Gestaltungsfreiheit 106 Organische Einheit 152 personelle Legitimation 144 Pluralisierung der anstaltlichen Trägerschaft 102 Präsidialführung 78 Prinzip der doppelten Mehrheit 111 Privatisierung 99

Realakt 30 Rechnungshof 210 ff. Rechtsaufsicht 122 f. Rechtsbewahrungsfunktion 120 Rechtsdurchsetzungsmechanismen 148 Rechtsschutzposition 243 Rechtsstaatsprinzip 147 Rechtsweggarantie 190 Reform- und Modernisierungsdiskussion 186 Regelungsdichte 145 Regierungsorganisation 200 Reintegration 143 sachlich-inhaltliche Legitimation 144 Sammelbegriff 30, 38 Satzungsautonomie 77 Schutzfunktion 121 Schutznormcharakter 247 selbstverwaltungsfreundliches Verhalten 128 Selbstverwaltungskorrelat 135 service public 26 Sicherungsrechte 92 Singularität des Legitimationssubjekts 109 Sparkassenaufsicht 170 ff. Sparkassenorganisation 85 Sparkassenrecht 87 f. Staatseinflussmöglichkeit 237 Staatshaftung 194 Staatspräsident 198 – doppelte Position 198 – Regierungschef 200 Steuerungsaufsicht 187 Stiftungen 41 Strukturwandel der Anstalt 99,183 Subsidiaritätsthese 149 Trägeraufsicht 170 Trägerschaft der Anstalt 31 typische Binnenverfassung 89 Unabhängigkeitskriterien 158 unmittelbare Staatsverwaltung 53 ff., 199 ff. Verantwortlichkeits-Argument 48 Verdoppelung des Verselbständigungsgrads 105

Sachwortverzeichnis Verfassungsorgan 72 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 127 verminderte Staatlichkeit 79 Vernetzungs- und Verflechtungsentwicklung 97 Verwaltungsakt 191 Verwaltungsaktsqualität 244 Verwaltungsinspektion 211 Verwaltungsorganisationsgestaltung 108 Verwaltungsrat 47, 62 Verwaltungstyp der Bundesverwaltung 51

Volkssouveränität 108 Vollfinanzierung 78 vollziehende Gewalt 202 Vorstand 61 Weisungsrecht 101, 144 Widerspruchsverfahren 191, 243 Wiederbeschlussforderung 234 zentralisiertes Verwaltungssystem 197

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