Die Sprockhoffs: Werden und Wirken einer Familie in fünf Jahrhunderten [Reprint 2020 ed.] 9783112336625, 9783112336618

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Die Sprockhoffs: Werden und Wirken einer Familie in fünf Jahrhunderten [Reprint 2020 ed.]
 9783112336625, 9783112336618

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Abbildung 1: Der Sprodbof von heute

Die Sprockhosss Werden und wirken einer Familie in fünf Jahrhunderten Don

Frans Sprockhofs

IDit 7 ganzseitigen Abbildungen

Berlin und Leipzig

Walter de (ßrupter & Co. vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung / ). Guttentag, Verlags­ buchhandlung i Georg Reimer / Karl 1. Trübner 1 Veit L Comp.

1938

klrchio-Nr. 46 23 37

vruck von Walter de Gruytec L Co., Berlin w 35

Printed in German y

Inhalt Seite (Einleitung......................................................................................................... Der Sprockhof................................................................................................. Die Männer aufdem Sprockhof..................................................................

1

2 5

in dieUmgegend.............................................................. 13 Magister Bartholomäus Sprockhofs setzt die Reformation im Stifte Wunstorf durch (1556) ......................................................................... 16 Abwanderungen

Johann Sprockhofs als Geistlicher bei denen von Münchhausen in der Kirche von Apelern (1567)..................................................................... Magister Berthold Sprockhofs, Professor der Gottesgelahrtheit in Erfurt (1591)..................................................................................................... grau und Kinder des Stiftspredigers Bartholomäus Sprockhofs in Wunstorf.................................................................................................

Magister Eberhard Sprockhofs (f 1577) und Pastor Poppo Sprockhofs

24 29

41 47

Die Kinder des Professors BertholdSprockhofs in Erfurt...................... Wilhelm Heinrich Sprockhofs verläßt Erfurt und geht nach Rostock (1619) Justus Josias SprockhofsRostochiensis (1629).......................................... Wilhelm Heinrich Sprockhoffs Witwe heiratet nach Teterow (1651) . . Anna Ridemann und der Pastor Heinrich Sprockhofs zu Malchow in Mecklenburg (1677).................................................................................

49 51 56 58

Dettern an der Weser machen im Dreißigjährigen Kriege mit................ griöericus Sprockhofs von Hagenburg (1599) als Pastor in Steinhude Nachkommen aus der Stadt Hannover und eine Ahnfrau in Hötensleben Der Goldschmied Paul Hildebrand Sprockhofs in Augsburg (1662) ... Das Geschlecht in Braunschweig (1600—1800)........................................

63 65 67 73

Lrandan Georg von Sprockhofs (1800)..................................................... Der Heldscherer Joh. Earl Sprockhofs aus der Uckermark in der Leib­ kompanie des Generals von Linger..................................................... Der Artillerie-Unteroffizier Johann Karl Sprockhofs in Kolberg (1783) und sein Sohn......................................................................................... Ein königlicher Amtmann zu Biesenthal (1726) und ein Ratsbuchbinder­ meister in Berlin (1742).........................................................................

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59

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91

96 98

IV

Inhalt Seite

Der Schullehrer Rudolf Friedrich Sprockhofs der Erste (1688—1738) in Neuenhagen bei Freienwalde a. d. Oder.....................................

104

Rudolf Friedrich Sprockhofs der Zweite (1718—1783), Soldat und Schul­ meister Friedrichs des Großen..............................................................

109

Er ist in denen Öreyen Feldtzügen von 1740, 1744 und 1756—1763 mit dabei gewesen...........................................................................................

112

Tagebuch aus dem Ersten Schlesischen Kriege von 1741.........................

114

3m Zweiten Schlesischen Kriege bei Hohenfriedberg und Soor (1745)

118

3m Siebenjährigen Kriege (1756—1763).................................................

119

Er geht nach Hohenfinow, ein Mädchen zu sehen und zu heiraten (1763)

124

Familie und Freundschaft..............................................................................

126

Die Einwohner von Neuenhagen..................................................................

133

Zahl der Geburten und Todesfälle (1765—1782).....................................

139

Die Oder fordert im Sommer und im Winter zahlreiche Todesopfer

141

Don Schuld und Sühne und schrecklichen Begebenheiten...............................145 Die Kirche.......................................................................................................

150

Schulunterricht auf dem Dorfe um 1770 .....................................................

156

Gedanken über eine religiöse Lebensführung.............................................

180

Seltsame heilweisen.......................................................................................

186

Die Königliche Armee von 1771..................................................................

192

Sie ziehen gegen den Kaiser in den Bayrischen Erbfolgekrieg (1778—1779)

197

Zwischen kaiserlich und königlich (1778)......................................................

204

Einkommen und Ernte........................................................................................ 207 Ein Erdenleben ist abgeschlossen....................................................................... 217 Die Brüder Rudolph Friedrich Sprockhofs des Zweiten.................................. 218

Übersicht über die Entfaltung der märkischen Familie in der Zeit von 1700 bis 1900 ...........................................................................................

220

Dom Einfluß der Frauen, durch die aus dem alten Stamm eine ein­ gesessene brandenburgische Familie entstanden ist............................. 256

Die Töchter übertragen durch Derheiratung ihr Herkommen in viele andere Familien............................................................................................ 260 Ein Blick auf die Lehrer

....................................................................................265

Maria Thöns Witwe als Sprockhoffin und der Küster Johann Karl Sprock­ hofs in Hohenfinow (1750)......................................................................

267

Eine Schulvisitation bei dem Lehrer Karl Ludwig Sprockhofs in Vralih bei Gderberg (1799—1881) ..................................................................

275

Der Lehrer Johann Karl Sprockhofs, benannt der Musicus (1787—1854), und das Schulhaus über seinem Grabe in Lahlow.................................. 283

Inhalt

V Seite

Eduard Sprockhofs, dem Auswanderer (1818—1861), war es bestimmt, in der Heimat zu sterben............................................................................... 286

Der königliche Seminarlehrer Albert Sprockhofs, mit dem Beinamen „Der Meister" (1843—1928)....................................................................

290

Aus dem Curriculum vitae (1860—1882) des Junglehrers Hermann Sprockhofs........................................................................................................ 294

Schlußwort............................................................................................................ 305

Verzeichnis der Personennamen....................................................................... 307

Oer Abdruck einiger Abschnitte aus Hermann Löns „Oer Wehrwolf" erfolgt mit Genehmigung des Verlages Eugen Oiederichs, Jena; ebenso der Ab­ druck der Ballade „Schlachtfeld am Barenberge" von Börnes, Zrhrn. von Münchhausen mit Zustimmung des Verfassers und der Deutschen Verlagsanstalt, Stuttgart.

Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1 (Titelbild): Oer Sprockhof von heute.

Abbildung 2 (vor Seite 1): Übersichtskarte zur Heimat der Sprockhoffs während der Zeit von 1380 bis 1880.

Abbildung 3 (nach Seite 32): Wiedergabe der Magistermatrikel des Berthold Sprockhofs (Erfurt 1561); vgl. die Ausführungen auf Seite 29. Abbildung 4 (nach Seite 32): Wiedergabe des Titelblattes zu der Elegia de quadruplici adventu Christi des Berthold Sprockhofs (Arnstadt 1566); vgl. die Ausführungen auf Seite 30. Abbildung 5 (nach Seite 32): Wiedergabe des Titelblattes der drei predigten des Berthold Sprockhofs (Erfurt 1582); vgl. die Ausführungen auf Seite 32 u. f.

Abbildung 6 (nach Seite 32): Wiedergabe der Baccalaureenmatrikel des Eberhard Sprockhofs Saxo (Erfurt 1573); vgl. die Ausführungen auf Seite 47. Abbildung 7 (nach Seite 160): Wiedergabe aus den Aufzeichnungen des Rudolph Friedrich Sprockhofs II. (1718—1783); vgl. die Ausführungen auf Seite 156 u. f. b

Sprockhofs, Die Sprockhofs5

Inhalt

V Seite

Eduard Sprockhofs, dem Auswanderer (1818—1861), war es bestimmt, in der Heimat zu sterben............................................................................... 286

Der königliche Seminarlehrer Albert Sprockhofs, mit dem Beinamen „Der Meister" (1843—1928)....................................................................

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Aus dem Curriculum vitae (1860—1882) des Junglehrers Hermann Sprockhofs........................................................................................................ 294

Schlußwort............................................................................................................ 305

Verzeichnis der Personennamen....................................................................... 307

Oer Abdruck einiger Abschnitte aus Hermann Löns „Oer Wehrwolf" erfolgt mit Genehmigung des Verlages Eugen Oiederichs, Jena; ebenso der Ab­ druck der Ballade „Schlachtfeld am Barenberge" von Börnes, Zrhrn. von Münchhausen mit Zustimmung des Verfassers und der Deutschen Verlagsanstalt, Stuttgart.

Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1 (Titelbild): Oer Sprockhof von heute.

Abbildung 2 (vor Seite 1): Übersichtskarte zur Heimat der Sprockhoffs während der Zeit von 1380 bis 1880.

Abbildung 3 (nach Seite 32): Wiedergabe der Magistermatrikel des Berthold Sprockhofs (Erfurt 1561); vgl. die Ausführungen auf Seite 29. Abbildung 4 (nach Seite 32): Wiedergabe des Titelblattes zu der Elegia de quadruplici adventu Christi des Berthold Sprockhofs (Arnstadt 1566); vgl. die Ausführungen auf Seite 30. Abbildung 5 (nach Seite 32): Wiedergabe des Titelblattes der drei predigten des Berthold Sprockhofs (Erfurt 1582); vgl. die Ausführungen auf Seite 32 u. f.

Abbildung 6 (nach Seite 32): Wiedergabe der Baccalaureenmatrikel des Eberhard Sprockhofs Saxo (Erfurt 1573); vgl. die Ausführungen auf Seite 47. Abbildung 7 (nach Seite 160): Wiedergabe aus den Aufzeichnungen des Rudolph Friedrich Sprockhofs II. (1718—1783); vgl. die Ausführungen auf Seite 156 u. f. b

Sprockhofs, Die Sprockhofs5

Abbildung 2: Übersichtskarte zur Heimat der Sprockhoffs während der Zeit von 1380—1880

Einleitung wie ein Geheimnis liegen im Schoße der Geschichte eines Volkes verborgen die vielen persönlichen Werte, kraft derer das volks­ ganze seine allumfassende Bedeutung erlangt hat. Seitdem jedoch immer sichtbarer die Erkenntnis wach wird, wie sehr das richtige Verständnis für das volksganze bedingt ist durch das Wissen um Art und Wesen aller Gliederungen und Teile des Volkes, nimmt auch manche im Laufe der Jahrhunderte längst vergessene oder unbekannt gebliebene Persönlichkeit teil an dem großen Erwachen unserer Tage. Den vorliegenden Betrachtungen liegt der Gedanke zugrunde, das Werden und Wirken einer alten deutschen Familie in ihrer Beziehung zum Lauf der Geschichte unsers Volkes während mehrerer bedeutungsvoller Jahrhunderte einem größeren Kreise vor Augen zu führen. Es ließ sich hierfür eine Fülle von urkundlichem Ma­ terial ausfindig machen, und so ist es möglich geworden, Grund­ lage und Ausbau der Familie verhältnismäßig weitreichend auf­ zuzeigen. Dabei ist es nicht reizlos, auch zu erfahren, wie weit die Wirksamkeit der einzelnen Familienglieder, nicht zuletzt auch deren persönliche, sittliche und geistige Kraft, in das geschichtliche und kulturelle Allgemeingeschehen eingreift oder davon betroffen ist.

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Sprockhofs, Die Sprockhoffs

Der Sprockhof Ungefähr sechs Wegstunden nordwärts von Hannover, im Ureise Burgdorf, im ehemals Lüneburgischen Lande, liegen gegen die Uiefernheide gerückt, nahe beieinander — so daß man hinüber und herüber die Hähne krähen hören kann — drei mittlere Höfe,sie heißen Plumhof, Berkhof und Sprockhof. Das sind jetzt drei kleine Bauerschaften,- sie haben nur eine ge­ meinsame Schule in Berkhof und gehören zum Pfarrbezirk des Dorfes Brelingen, das eine gute Wegstunde weit entfernt liegt. Der Name dieser drei Bauerschaften sagt es, daß sie ehemals Einzelhöfe gewesen sind, stille Höfe im Lande Niedersachsen, die ursprünglich unteilbar waren nach Landessitte. Noch heutigentags zählen diese Bauerschaften nur wenige Einwohner, die sich ver­ teilen auf nur einige Besitzungen, inmitten derer wuchtig das nieder­ sächsische Bauernhaus steht mit den bunten Inschriften und Sprü­ chen an den Balken, ernst umgeben von hohen stolzen Eichbäumen, ganz so, wie es der Deranlagung der Menschen im Lande seit ur= denklichen Zeiten entspricht. Die Namen Plumhof und Berkhof sind leicht zu deuten,- aber auch der Name Sprockhof läßt sich sprachlich unschwer erklären.

Das niederdeutsche Wort sprock oder spork bedeutet Reisig und ist mit dem althochdeutschen Worte spurcha eng verwandt, mit dem man den Zaulbaum (Spörkel, Spörker) oder den Wacholderbaum bezeichnete.

wenn man also Plumhof als Pflaumenhof, Berkhof als Birken­ hof anspricht, so kann man den Sprockhof entweder als einen Hof nehmen, der bei der Niefernheide liegt, wo man Reisig sammelt, oder als einen Hof, für den etwa ein Wacholderbaum das be­ sondere Wahrzeichen ist. Solche Namendeutungen können ja einen

Der Sprockhof

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gewissen Spielraum haben und brauchen nicht immer eindeutig fest­

gehalten zu werden. Es gibt noch eine ganze Reihe von Ortsnamen, die ebenfalls

aus der Verbindung mit dem Worte sprock oder spart entstanden sind,- so liegt B. bei Werden an der Ruhr ein Grt Sprockhövel (Hövel gleich Hügel), der um das Jahr 1050 in Güteroerzeichnissen des Klosters Werden als Spurchuvele erwähnt wird. Aber immer handelt es sich hierbei um eine Örtlichkeit, die mit dem Walde und mit den Bäumen des Waldes etwas zu tun hat.

Wie weit die Bezeichnungen Plumhof, Berkhof und Sprockhof zurückreichen, läßt sich heute nicht sagen,- soweit sich das Bestehen der Höfe an Hand der Akten des Staatsarchivs zu Hannover zurück­ verfolgen läßt, haben sich die Namen der Höfe aber nicht geändert. Die Schreibweise allerdings folgte dem jeweiligen Zeitgeschmack. So bedient sich z. B. das Schatzregister der Großvogtei Celle von 1438

der Schreibweise: plumhov, Berchov (= Sproc-Hov) und Sprochov. Schon im Jahre 1381 wird der Sprockhof genannt, vgl. auch die

Grts- und Flurnamen im Lüneburger Heimatbuch. Auch der Berk­ hof wird schon um 1390 erwähnt, der Plumhof allerdings erst 1438; wahrscheinlich besteht aber auch dieser schon beträchtlich länger. Wenn ein Hof in der niedersächsischen Kernlandschaft Lüneburg seit 550 Zähren nachweisbar ist, dann ist aber auch damit zu rechnen, daß er noch einige Zahrhunderte weiter zurück seinen Ursprung hat; wir können also den Sprockhof als einen schon recht alten Hof an­ sehen. Das Geschlecht, das auf jenem Sprockhof gelebt hat, bestand aus einfachen Bauern. Wieweit ihr eigenes Geschick vom Zeitgeschehen betroffen worden ist, läßt sich nicht übersehen, vielleicht gehörten jene Männer zu den freien Sachsen, die sich dem Schwerte Karls d. Gr., der ja mehrmals durch diese Gegend gezogen ist, nur un­ willig beugten; vielleicht haben sie in ihrer Einsamkeit lange an dem Glauben der Väter festhalten können. Aber aufrechte Männer werden es gewesen sein; an welchen Kämpfen sie teilnahmen, in welche Wirren sie hineingerieten, mit welchem inneren Anteil daran,

das weiß man allerdings heute nicht. von Mund zu Mund, von Geschlecht zu Geschlecht werden sich

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Der Sprockhof

jedoch Erzählungen über Erlebnisse der Väter fortgepflanzt haben. Aber dieses Erleben wird wohl immer wieder zu dem behaglichen Hof unter den Lichen zurückgekehrt sein, wo stolz auf ihre Freiheit schon die Väter saßen, die das Land weit umher zum erstenmal unter den Pflug genommen halten. AIs aber etwa vom Jahre 1300 ab die Familiennamen feste Ge­ stalt annahmen, und als sich insbesondere die Geschlechter, die Grundbesitz hatten, nach diesem benannten, da sind die Namen Plumhofs, Berkhoff und Sprockhofs als Familiennamen auf die Be­ sitzer der Höfe übernommen worden.

Die Männer auf dem Sprockhof Der alte Sprockhof zählt heute etwa siebzig Einwohner. Aber so klein die Ortschaft geblieben ist, hat sie doch eine eigene Ge­ schichte, und es ist interessant, Einblick zu tun in die Geschichte des Sprockhofs und zu sehen, wie die Scholle die Menschen festgehalten und sie durch Jahrhunderte geführt hat. Altes Urkundenmaterial über den Sprockhof und seine Bewohner ist noch vorhanden und dieses in durchaus brauchbarer Verfassung, um daraus gesicherte Tatsachen und mancherlei lvissenswertes ent­ lehnen zu können. Dieses urkundliche Material befindet sich in der Hauptsache im Staatsarchiv zu Hannover und reicht für die geschicht­ liche Beurkundung des Sprockhofs und seiner einstigen Bewohner genügend weit zurück. Dat schadregister (— Schatzregister der Grotzvogtei delle) gescreven am sundage vor Katerine anno XXXVIII (= 23. No­ vember 1438) enthält die Namen der Schatzpflichtigen und dahinter den bezahlten (dedit) Betrag, und zwar in gülden — g, in mark=m oder in punt, wie folgt: To dem Plumhove: dedit Heine Bole P/z g. —dedit Ebe­ ling P/2g. — dedit Hermen 2 g. — dedit Henneke Meynen IVz g. — To dem Berchove: dedit Eyleberd 2g. — Oynghusen lm.— To dem Sprochove: dedit Beneke V/2g. —dedit Henke 1 punt. — Ls ist wahrscheinlich, daß da, wo nur ein einzelner Name ge­ nannt ist, dies der Vorname ist und der Hofname ohne weiteres als der Familienname gilt. Auch das Schahregister aus dem Jahre 1511 nennt die schatz­ pflichtigen Hofstelleninhaber des Sprockhofs nur mit -em Vor­ namen: Beneke, Eordt, hegneke, hantz.

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Die Männer auf dem Sprockhof

Erst die Schatzbeschreibung von 1589 bringt zum großen Teil auch die Familiennamen:

Warnecke Bertram Brandes Beneke hanß Brandes Lortt Sprockenhoff Tarsten Wohrhoff In den Amtsgeldregistern, die von 1649—1666 ganz und von 1699—1800 nur von zehn zu zehn Jahren vorhanden sind, ist von 1649—1666 eine Hofstelle des Tönnies Sprockhofs und zu gleicher Zeit eine solche des Diedrich Sprockhofs erwähnt.

Das Amtsgeldregister von 1699—1800 nennt für die Hofstelle von Tönnies Sprockhofs:

1699/1700 Hans Sprockhofs 1749/1750 Hans Heinrich Sprockhofs und für die Hofstelle von Diedrich Sprockhofs 1749/1750 und 1759/1760 Hans Lord Sprockhofs.

Das Geschlecht der Sprockhoffs hat also in der alten Heimat den Dreißigjährigen Krieg überdauert und sich in eine bessere Zeit hin­ übergerettet. Aber der Krieg hat übel in der Gegend gehaust. Dar­ über hat Hermann Löns seinen Bauernroman ,Der Wehrwolf' ge­ schrieben. Wan kann diesen weitgerühmten Roman bei Gedanken und Erinnerungen an den Sprockhof nicht beiseite lassen, sondern muß ihn betrachten als ein Stück Geschichte, die sich auf jener Erde um Burgdorf und delle herum zugetragen hat. Die Vrte in der Nachbarschaft des Sprockhof wie Mellendorf und Bissendorf, Zuhrberg und das Pfarrdorf Vrelingen werden bei Löns mehrmals ge­ nannt, und wer von den heutigen Angehörigen des Geschlechts vom Sprockhof die Bauernchronik vom Wehrwolf liest, der erlebt dabei das Schicksal seines unbeugsamen Stammes, der sieht diese harten und verzweifelten Menschen um ihr Dasein ringen. Es ist Blut von seinem Blut, das da streitbar kämpft und darbt und in Not und Tod durchhält und nicht gewillt ist, unrechte Gewalt zu leiden. Doch

Die Männer auf dem Sprockhof

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lassen wir uns ein paar Abschnitte aus der Geschichte jener Zeit von Löns selbst erzählen:

„Tillg und die Dänen zogen sich um die festen Plätze wie die Hunde um die Knochen, und wo man hinhörte, gab es Not und Tod und Menschenschinderei. Wo die Kriegsvölker geerntet hatten, da zogen die Marodebrüder mit der Hungerharke hinterher, und man vernahm alle Tage gräßliche Geschichten von totgequälten und hingemetzelten Frauen, denn was den Unmenschen in die Hände fiel, ob ein siecher Greis oder ein Brustkind, es mußte des Todes sein. Vie Wehrwölfe hatten darum all Hände voll zu tun. Es waren jetzt ihrer hundertelf Nachtboten geworden, wozu noch an die zwei­ hundert Tagboten kamen. So ging die Arbeit flott vonstatten, und manche Bäume an den Straßen trugen Früchte, die selbst der happigste Zunge liebendgern hängen ließ. Dabei sahen sich aber die Wehrwölfe ihre Leute genau an und behandelten jedermann, wie es seine Stellung mit sich brachte; was eine Feldbinde am Arm hatte, bekam die Kugel und kam unter die Erde, das andere pack aber wurde mit der Wiede *) geehrt, und die Krähen und Wölfe mutzten das Weitere besorgen.

Herzog Ehristian, der nicht wutzte, auf welche Seite er sich schlagen sollte, mußte es mit ansehen, wie das Land verwüstet und die Leute ausgeraubt wurden, aber alle Einnahmen konnte er auch nicht schießen lassen, und so kam auf dem Landtage wieder eine dreifache Schatzung heraus. Als es sich herumsprach, daß der Eilig den vänenkönig bei Lutter geschlagen hatte und hinter ihm her war, war die Angst vor ihm groß im Lande, aber die Dänen trieben es eher ärger als die Kaiser­ lichen; wo sie hinliefen, hinterließen sie Asche, Schutt und Not, und waren sie vorbei, dann kamen die Waldsteinschen und wüteten wie die Besessenen. Zwar hieß es mit einem Male, daß es Frieden geben sollte, denn Eilig war in Teile und verhandelte mit dem Herzoge, aber es kam nur noch schlimmer. Wie die Wölfe, so wurden sie alle miteinander, die Männer. Wehe dem, den sie fingen, hatten sie Zeit genug, dann war ihnen x) Gedrehter lveidenzweig.

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Die Männer auf dem Sprockhof

das Blei zu schade und die Wiede zu milde, und gräßliche Dinge trugen sich in Wohld x) und Haide zu. Die Wölfe nahmen ganz gefährlich zu, und auch die Luchse spürten sich wieder mehr, weil keiner ihnen wehrte, da schlimmere Biester, die wie Menschen aussahen, aber die reinen Teufel waren, sich mehr als nötig blicken ließen. Schneller als sonst bekamen die Bauern Kalten um den Mund, und mancher Sohn war schon mit vierzig Jahren so grau, wie sein Vater es kaum mit sechzig war. Harm Wulf war noch immer ein junger Kerl, aber als sein Hof abgebrannt war, war ihm Asche auf den Kopf geflogen und Ruß in die Augen gekommen und Rauch in den Mund, wenn er seine schöne Krau und seine beiden gesunden Kinder ansah, wurden seine Augen wieder hell und seine Lippen gingen auseinander; sein haar aber war und blieb an den Seiten grau, und nicht oft mehr flötete er das Brummelbeerlied 2). An einem Juliabend aber hörte die Bäuerin, wie er flötete, als er dem Knechte den Kuchs gab. Er ging auf sie zu, faßte sie um und sagte: „Kreue dich, Johanna, es wird Stieben! Die Dänen ziehen ab. Ich habe es in Burgdorf als fest und sicher vernommen." Die Krau machte ihr glücklichstes Gesicht, aber dann faßte sie sich mit der Hand nach der Brust und verlor alles Blut aus den Baden; gleich darauf aber lachte sie wieder und sagte: „Es war die große Kreude, Harm, Krieden! Ja, den wünscht sich wohl ein jeder. Gott sei Lob und Dank!" Es war ein schöner Abend. Der Himmel über dem Haidberge war rot, die Rosen rochen stark und in dem Risch an der Beeke3) sang ein Vogel ganz wunderschön. Der Bauer und die Bäuerin saßen auf der Gartenbank und sahen in den Abend. Ab und zu rief eine Eule in der Wohld, oder eine Ente schnatterte an der Beeke, und unter dem Dache piepten die jungen Schwalben. Die Bäuerin hatte *) Urwüchsiger IDalb. 2) Das bekannte, alte Lied: (Es wollt ein Mädchen früh aufstehn, Dreiviertel Stund vor Tag; wollt in dem Wald spazieren gehn Und Lrombeern brechen ab. 3) In dem Riedgras am Lache.

Die Männer auf dem Sprockhof

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ihren Kopf an die Schulter ihres Mannes gelegt und hatte ein Ge­ sicht wie ein Kirchenengel. „Frieden, Frieden!" flüsterte sie und be­ kam nasse Augen. Aber so schnell vertrugen sich die hohen Herren nicht. Zwar die Dänen zogen ab, aber die anderen blieben, und noch manches Mal war der Himmel rot von etwas anderem als von der Abendsonne, und die Wehrwölfe mußten mitten in der Ernte die Sensen liegen lassen und die Kugelbüchsen hinter dem Schapp x) herkriegen, denn allzu sehr drückten die Kaiserlichen das Land, obzwar der Herzog treu zu dem Kaiser stand, soviel ihm das auch verdacht wurde. Der hunger und die Not wurden so groß im Lande, daß die rechtlichsten Bauern nicht mehr anders leben konnten, als wenn sie auf Mord

und Raub ausgingen. Venn es wurde schlimmer und schlimmer von Tag zu Tag. Seit­ dem der Herzog schwedisch geworden war, schickte der Kaiser ihm einen Bullenbeißer nach dem anderen in das Land, und es war kein Ende der Not. Bislang waren die schwersten IDetter immer an dem Dorfe vorbeigezogen, aber bald schlug es dicht dabei ein: die Pappenheimer stürmten Burgdorf; ein halbes Tausend Bürger kam dabei um, und die anderen waren zu Bettlern geworden, denn was nicht geraubt wurde an Geld und Gut, das fraß das Feuer. Kaum war das vorüber, so kamen die lvaldsteinschen Bluthunde, und die Burgdorfer mußten Haus und Hof im Stiche lassen und zusehen, wie sie in dem wilden Walde ihr Leben fristeten. heute die Kaiserlichen, morgen die Schweden; das ging immer umschichtig. Den einen Tag hieß es: „Wienhausen ist ausgeraubt" und hinterher: „In Altencelle ist der Pastor zu Tode geschlagen worden." Ze länger es dauerte, um so schlimmer wurde es. Vas platte Land wimmelte von Freibeutern und Bärenhäutern. Ganz schlimm wurde es aber erst, als Herzog Georg, der Bruder des Landesherrn, wieder zu dem Kaiser überging, weil die Schweden ihn für einen Bauern kaufen2) wollten. Es war, als wenn die Hölle alle ihre Teufel auf einmal von sich gegeben hätte, und der Prediger sagte nichts mehr, wenn er hörte, wie die Bauern Gleiches mit 9 Schrank. a) Zum Narren haben.

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Die Männer auf dem Sprockhof

Gleichem vergalten. Die Feldbestellung hatte meist ganz aufgehört; die Ställe standen leer; die Menschen gruben nach wilden wurzeln und fraßen Mause und Ratten, Schnecken und Zrösche, Hunde und

Ratzen, und manches Stück Zleisch, das in den Topf oder auf den Rost kam, war nicht von einem Stück Vieh, und Wildbret war es auch nicht.

Hier die Haide wimmelte und krimmelte von Takelzeug*); Schwe­ den und wälsche, Krabatten und Slowaken, das fraß, was der Bauer säte, und soff, was die Bäuerin melkte; das Rauben und plündern, Sengen und Brennen, Schimpfen und Schänden, Morden

und Martern, es war das Ende davon weg. So manches Mal hatte der Bauer den Gedanken: „hätten wir uns lieber nicht gewehrt, dann lägen wir all unter der Erde und

brauchten uns nicht zu sorgen!" Sowie aber das Horn rief und die hillebillen2) meldeten, daß fremde Hunde auf der Straße waren, langte er die Büchse hinter dem Schapp her, kriegte den Bleiknüppel

von dem Hirschgeweih, schmiß die Beine über den Rappen, und wenn er dann wiederkam, oft erst nach Tagen, hungrig, müde, naß von Kegen oder Schweiß, nach Kien, Post3) und Haide riechend wie ein Pferdehirt, dann sagte er doch, und er lachte ein bißchen dabei: „Zür dieses Mal haben wir sie noch über den Berg gebracht!" Dann fiel er auf das Bett und schlief einen ganzen Tag wie ein Toter, flm

anderen Tage aber wusch er sich von oben bis unten, zog frische Leibwäsche und anderes Zeug an, und dann erst spielte er mit den Kindern und nahm sein Wieschen in den flrm. Wer ihn dann zu sehen bekam, konnte es sich nicht denken, daß es derselbe Mann war, der vor zwei Tagen einem kaiserlichen Offizier, der um Gnade bat,

zuschrie: „Jawoll, aber von dieser Art!" und damit schlug er ihn tot. was sollte er auch machen? Db Schwede, ob Kaiserlicher, wo­ mit der eine gekocht war, damit war der andere gebrüht; hier wurden die Menschen im Namen der heiligen Maria totgequält und

anderswo wurden sie der reinen Lehre wegen geschunden. Zu all *) verdächtiges Volk. ’) Bretter, die an zwei Stricken aufgehängt waren und mit hämmern geschlagen wurden, daß es einen weithin vernehmbaren Schall gab. 3) ®n Strauch, auch Porst oder Gagel genannt, Myrica gale L.

Die Männer auf dem Sprockhof

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-em Elend starb noch Georg Eisenhand, wie es hieß, an Gift, das er in Hildesheim bekommen haben sollte, als er mit dem schwe­ dischen General unterhandelte, und nun war es, als ob das ganze Land in Blut ersaufen sollte. Die Bauern hielten die Schinderei schließlich nicht mehr aus; sie rotteten sich offen zusammen und halfen sich, so gut es gehen wollte, und ging es schief, dann war es auch nicht schlimm; wer tot war, dem konnte das her; nicht mehr brechen über dem quälhaftigen Leben. „Bet’, Rinder, bet', morgen kommt der Schwed', morgen kommt der Gssenstern, der wird die Rinder beten lern’", damit brachte man die Kleinen zu Bette; sie lernten es und sangen es auf dieselbe lustige Art, wie sie den Maikäfer und die Sonnenkälbchen das Zliegen lehrten, so daß es den großen Leuten kalt über den Puckel lief. Überall wurde vom Zrieden gesprochen, aber kein Mensch glaubte, daß es dazu kommen würde, noch nicht einmal, als Dxenstierna in Gelle Aufenthalt nahm und von da nach Osnabrück reiste, wo die anderen waren, die das Zell des Reiches versoffen." Roch jetzt gehen viele Geschichten aus jener wüsten und traurigen Zeit im Dolksmunde um. Damals lag der Sprockhof fast völlig ein­ sam; erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts haben die Gemarkungen von Sprockhof Anschluß an die Feldmark der Umgegend gefunden, indem man viel kvald herunterschlug und den neu gewonnenen Boden unter den Pflug nahm; es ist magerer Boden. Ehemals besaß der Sprockhof seinen eigenen Friedhof. Er be­ steht heute nicht mehr. Sm Dreißigjährigen Krieg soll er eingegangen sein. Das Pfarrdorf Brelingen ist der Begräbnisort der Bewohner des Sprockhofs, des Berkhofs und des Plumhofs. In Brelingen sind auch die Kirchenbücher, die bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurückreichen. Manch ein Sprockhofs ist darin verzeichnet, zuletzt Iohann Heinrich Sprockhofs, der 1749/1750in dem Amtsgeldregister von Sprockhof genannt ist. Er ist wohl ohne Hinterlassung männlicher Nachkommen gestorben und offenbar der letzte Sprockhofs in dem (Orte gewesen. Auch sind Abkömmlinge der einstigen Hofbesitzer weit in der Umgegend nicht bekannt. Auch die Verlustlisten des großen Krieges von 1914—1918, die neben et-

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Die Männer auf dem Sprockhof

lichen Millionen verwundeter, vermißter oder gefangener deutscher Heeresangehöriger fast zwei Millionen gefallener deutscher Krieger aufzählen, enthalten nicht einen einzigen Sprockhofs aus jener Ge­ gend. von Johann Heinrich Sprockhofs stand aber noch bis in die neueste Zeit sein im Jahre 1757 erbautes stolzes Haus. Es trug neben den üblichen Sprüchen am Giebel den Namen Johann Heinrich SprockHoff und die Jahreszahl 1757. Seit dem Jahre 1774 wohnt auf dem Hof nachweislich alter Ein­ kerbungen in die Hausbalken die Zamilie Bütehorn,- die Zamilie versah das Schulzenamt. Johann Heinrich Sprockhoffs im Jahre 1757 gebautes Haus brannte im Jahre 1893 nieder. Es wurde nicht wieder aufgebaut, denn es war von den neuen Besitzern nur noch als Scheune benutzt worden. Bütehorn aber, der auf dem Hof geboren ist, erinnerte sich des Hauses und seiner Inschrift noch genau. Noch heutigen Tages heißt dieser Schulzenhof der Thönshof und auch das im Staatsarchiv zu Hannover aufbewahrte Kontributions­ kataster aus dem Jahre 1793 für den Grt Sprockhof nennt unter Nr. 2: Jürgen Bütehorn, Tönnies Haus. Es liegt hierin eine Art der Haus- und Hofbezeichnung, die im Lüneburgischen gebräuch­ lich ist und im allgemeinen auf den ersten Inhaber des Hofes zu­ rückweist,- unter diesem Namen sind die Hofstellen in einer Höfe­ rolle urkundlich eingetragen. Da als Inhaber dieser Besitzung zu­ erst Tönnies Sprockhofs, 1649—1666, urkundlich genannt worden ist, führt also die Bezeichnung Thönshof auf jenen Sprockhofs ge­ radlinig zurück.

Abwanderungen in die Umgegend Nicht alle, die auf dem Sprockhof geboren worden sind, werden für immer auf dem Stammsitz geblieben fein; dazu wurde der Hof im Laufe der Zeit zu eng. Schon die Unteilbarkeit des Hofes nötigte im allgemeinen die zweiten und nächstgeborenen Söhne, ihr Leben außerhalb des Stamm- und Erbhofes zu begründen, der für ge­ wöhnlich auf den erstgeborenen Sohn überkam. Demgemäß finden wir im Jahre 1585 in Lühnde, vier Wegstunden südostwärts von der Stadt Hannover, und in Schulenburg an der Leine mehrere Sprockhoffs. Denn als Herzog Julius zu Braunschweig und Lüne­ burg für die Untertanen des ihm im Jahre 1584 durch den Tod Erichs I I. zugefallenen Fürstentums Ealenberg-Göttingen eine Musterung angesetzt hatte, zu der Mann bei Mann in seiner „taug­ lichsten Dber- und Unterwehr aufs beste gerüstet und staffiert als einem jeden möglich" erscheinen sollte, verlangte der Herzog, daß ordentliche Verzeichnisse aufgestellt wurden: „die vollen Ucker­ leute zuforderst, darnegst die Halbspänner, zum dritten die Röther und letztlich die Häuslings, dabei auch eines jeden Alter". Nach dieser Musterungsrolle, über die am 27. und 28. Juli 1585 zu Rössing (vor dem Ealenberge) abgenommene Erbhuldigung und Musterung waren erschienen (vgl.: Die Bevölkerung des Zürstentums Ealenberg-Göttingen gegen Ende des 16. Jahrhunderts von M. Burchard):

aus Schulenburg an der Leine henni Sprockhof, ein Schmied, 30 Jahre alt, ausgerüstet mit einem Zederspieß, aus Lühnde die Röther: Hermann Sprockhofs, 42 Jahre alt, ausgerüstet mit einer Hellebarde,

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Abwanderungen in die Umgegend

Barnstorf Sprockhofs, Hirte, Lorenz Sprockhofs, 30 Jahre alt, ausgerüstet mit einem Knebel* spiest. Aber auch in die benachbarten Städte, die mit dem Anwachsen ihres Einflusses viele Menschen brauchten, ist mancher der Män­ ner vom Sprockhofs gezogen: Celle, Verden, Hannover, Braun­ schweig, Hameln und Göttingen sind die Städte, die in Betracht kommen^ bald nach 1500 ist die Familie Sprockhofs in einigen dieser Städte nachweisbar, hierüber werden nähere Ausführungen an entsprechender Stelle noch gemacht werden. Eine der frühesten Angaben über einen Bürger namens SprockHoff stammt aus dem Jahre 1531; damals leistete ein henningus Sprockhofs in Göttingen den Bürgereiö1). Es ist hiermit nicht ge­ sagt, dah henningus Sprockhofs erst mit diesem Zeitpunkt das Bürgerrecht erworben hat, denn die Ablegung des Bürgereides er­ folgte nicht nach einheitlichen Gesichtspunkten. Zeitweilig war es nicht einmal erforderlich, daß Söhne von Bürgern den Bürgereid leisteten; sie wurden mit Gründung eines eigenen Hausstandes Bürger, und oft fehlen somit gerade von älteren Bürgergeschlech­ tern die entsprechenden Nachrichten. Jedoch mit der Erwähnung des Göttinger Bürgers henningus Sprockhofs im Jahre 1531 be­ ginnt ein austerordentlich interessanter Abschnitt im Leben der Fa­ milie. Es ist die Zeit der Reformation, in der Luthers mächtiges Wort von deutscher Glaubens- und Gewissensfreiheit durch die deutschen Lande hallt, und in der der neue Glaube Verkünder und treue An­ hänger braucht. Gerade aus dem mittleren und kleineren Bürgertum kommen die Jungen, die dem deutschen Genius huldigen und begeistert zu den Universitäten strömen, an denen des Reformators Lehre beson­ ders leidenschaftlich verkündet wird. Vie Suche, ob vielleicht auch ein Sprockhofs als Student eine der damaligen Universitäten besucht hat, hatte entsprechenden Erfolg. Die Matrikel der Universität Wittenberg nennt ’) Laut Göttinger Bürgerbuch, Manuskript von Dr. jur. Georg Meyermann (f), im Besitze seiner Tochter B. IHeyermann, Göttingen.

Abwanderungen in die Umgegend

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1540 (29. Nov.) Öen Bartholomäus Sprockhofs Gottingensis unö 1543 (Juni) Öen Johannes Sprockhofs Gottingensis. Die Matrikel öer Universität Erfurt nennt 1557 Öen LertholÖus Sprockhofs Gottingensis. Diese örei sind offenbar Btüöer, unö henningus Sprockhofs, öer 1531 in Göttingen Öas Bürgerrecht erwarb, könnte als öer Pater ötefer Stuöenten angesehen werden. Dies würde allerdings Zur Voraussetzung haben, daß das Göttinger Vaterhaus die Mittel hatte, drei Söhne dem Gelehrtenberuf zuwenden zu können,- ein Aufstieg, der sich vielleicht langsam vollzog, ist in dieser Zeit aber unverkennbar. Wir werden aus einigen später zu behandelnden (Quellen er­ sehen, daß Bartholomäus Sprockhofs 1524 geboren ist,- er war also als junger Student in Wittenberg. Das Geburtsdatum von Johann Sprockhofs lätzt sich nicht ermitteln. Auch von Berthold Sprockhofs weiß man nicht, wie alt er war, als er auf die Universität Erfurt kam. Bartholomäus und Johann sind aber noch zur Zeit Dr. Mattin Luthers in Wittenberg gewesen unö werden dort seine Worte un­ mittelbar in sich ausgenommen haben. Battholomäus, Johann unö Berthold Sprockhofs sind Theologen geworden. In Öen folgenden Abschnitten wird gezeigt werden, wie diese Niedersachsen ganz besonders befähigte Diener und Ver­ künder der neuen Lehre auf Katheder und Kanzel gewesen sind.

Magister Bartholomäus Sprockhoff fetzt die Reformation im Stifte Wunstorf durch (1556) Der Lebenslauf von Bartholomäus Sprockhoff läßt sich ziem­ lich genau verfolgen. Nach Abschluß seines im Jahre 1540 zu Wit­ tenberg begonnenen Studiums wurde er ebenda anno 1545 Magister, vgl. David Meiers Geschichte der Reformation in der Stadt Hannover, in der über Bartholomäus Sprockhoff geschrieben steht: „Gr war Gradu Magistern orniret Wittebergae anno 1545 unter Decano M. Johanne Aurifabro Vratislaviensi und segnd unter anderen seine Competitorn gewesen Casparus Peucerus, Budesinus Lusatus und Johannes Wigandus Mansfeldensis". Anschließend wurde Bartholomäus Sprockhoff „conrector scholae Gottingensis". Dann ward er vom Dr. theol. Anton Cor= vinus, dem Landesbischof und Reformator des Herzogtums Kalen« berg-Grubenhagen, ordiniert. 3m Jahre 1551 —er war damals erst 27 Jahre alt —ist er in Hannover Minister Ecclesiae St. Crucis vel divi Georgii gewesen. 3m Jahre 1556 wird nach der hannoverschen Chronik als sein Nachfolger im Predigeramt der Magister Bartholomäus Wolfart genannt. Magister Bartholomäus Sprockhoff aber ging in diesem Jahre als Prediger nach dem Stifte Wunstorf, nahe bei Hannover, nicht weit vom alten Sprockhof. Über diese Wunstorfer Zeit des Bartholomäus Sprockhoff liegen ausführlichere Angaben vor in der Geschichte des Stifts Wunstorf, herausgegeben im Jahre 1815 von dem Superintendenten und Stifts-Senior Christoph Brasen (gedruckt in Hannover bei den Brüdern Hahn). Diese Chronik ist auf Grund alter (Quellen verfaßt worden. Sie bestätigt die Her­ kunft des Bartholomäus Sprockhoff aus Göttingen, wo er auch Konrektor, also wohl Leiter einer Lateinschule, gewesen sein soll. Diese Chronik gibt ferner als neue Tatsache, daß Bartholomäus

Magister Bartholomäus Sprockhofs seht die Reformation durch (1556)

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Sprockhofs erst Superintendent in Northeim war, ehe er nach Hannover berufen wurde. wenn wir nun im folgenden die auf Bartholomäus Sprockhofs bezüglichen Abschnitte aus der genannten Chronik abdrucken und damit ein Bild deutscher Kulturgeschichte geben, das uns mitten in die Kämpfe der Reformation und der Gegenreformation versetzt, so tun wir es, um zu zeigen, wie weit die Wirksamkeit dieses Mannes ging: „Vas Stift unter der Regierung der Herzoginn Elisabeth und des Herzogs Erich des jüngeren.

3m Jahre 1555 war Erich in einer großen Geldverlegenheit, in welcher er sich nicht anders helfen konnte, als daß er die Stände vermochte, seine Schulden zu übernehmen. Er berief sie zum Land­ tage nach Hannover, weil er nun wußte, daß der größeste Theil seiner Unterthanen der Reformation anhing und die Vertreibung der Lutherischen prädicanten schmerzhaft empfand, so versprach er den Ständen, um ihre Zuneigung zu gewinnen, in seinen Lan­ den die wahre Ehristliche Religion zu schützen, Gottes Wort un­ gehindert predigen zu lassen, die Zurückkunft der vertriebenen prädicanten zu gestatten und sie in ihren Vienstverrichtungen zu schützen. Und damit man an der Lauterkeit seiner Versprechungen nicht zweifele, übertrug er bey seiner oorhabenden Reife nach den Niederlanden die ganze Landes-Regierung, und absonderlich die Einrichtung der kirchlichen Angelegenheiten, seiner Blutter1). Kaum war Elisabeth wieder an der Regierung, so ging im ganzen Lande, und also auch in Wunstorf, in Hinsicht der Religionsange­ legenheiten eine große Veränderung vor. Die Lutherischen Geist­ lichen, welche hin und wieder im Lande im Gefängniß lagen, *) Sie war eine Tochter des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg. Mährend der Kurfürst Joachim I. bis zu seinem Tode der katholischen Kirche angehörte, war seine Gattin, sehr zum Zorne des Kurfürsten, schon frühzeitig der lutherischen Lehre zugetan und hatte sich um ihres Glaubens willen im Jahre 1528 bei Nacht und Nebel aus dem Berliner Schlosse fort­ gemacht und nach Wittenberg begeben, wo sie bei Luther und dessen Zamilie freundschaftlichen Umgang fand. Die Herzogin Elisabeth (1510—1558) scheint ihrer Mutter, der branden­ burgischen Kurfürstin, wesensähnlich gewesen zu sein. Schon vor dem Tode 2

Sprockhofs, Die Sprockhofs;

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wurden der haft entlassen. Die neu angestellten katholischen Priester mutzten wieder aus ihren Stellen weichen, und Lutherische Prediger wurden in ihren Platz gebracht. Ebenso verfuhr man auch in Wunstorf. Die flebtiffinn Colonna sah diese Deränderung, welche wider ihren Willen geschah, als eine Derletzung ihrer Gerechtsame an und glaubte sich dagegen setzen zu können Sie fatzte daher den Entschlutz, das Stift zu verlassen und sich nach Gandersheim zu begeben. Zuvor aber schaffte sie die Stiftslade mit den Briefschaften, verschiedenen welchen und Gelde aus dem Stifte heimlich nach Hannover, und liefe sich solches bey ihrer Entweichung nach Gandersheim dahin nachbringen,' vermuth­ lich datz ihre Zurückberufung dadurch werde befördert werden. Sie hatte sich aber hierin geirrt Nach dem Abzüge der Äbtissinn Colonna von Wunstorf gab Elisabeth dem Stifte in der Person des Bartholomäus Sprockhof, gebürtig aus Göttingen, der zuletzt in Hannover an der Jacobi und Georgii Kirche als Prediger gestanden, einen neuen der Reformation zugethanen Prediger. Derselbe be­ sorgte zugleich in der §olge die Angelegenheiten des Stifts als dessen Senior.

Das Präsentationsschreiben, welches Elisabeth am Montage nach Corporis Christi 1553 dieserhalb an das Stift erliefe, ist folgen­ den Inhalts:

„Nachdem unser freundlicher lieber Sohn Herzog Erich Uns unter andern die entsetzten prädicanten hinwieder zu restituiren oollkomne Gewalt und Befehl gegeben, auch also die Religions-Sachen gänz­ lich befohlen und heimgestellet, dafe demnach wir Kraft d esselbigen Befehls und Gewalt den würdigen und wolgelarten unsern lieben andächtigen und getreuen Herrn Lartholomäum Sprockhof Magistrum ins Stift Wunstorf zu einem Prediger göttlichen Worts ihres Gatten, des Herzogs Erich des Alteren, hatte sie in ihren Landen die Reformation eingeführt. Ihr Sohn, Erich der Jüngere, trat jedoch nach alleiniger Übernahme der bis dahin unter Vormundschaft seiner Mutter geführten Regierungsgeschäfte zur katholischen Kirche zurück,- er starb zu Pavia im Jahre 1584. Sein Nachfolger wurde der Herzog Julius, der bereits in einem der früheren Abschnitte anlätzlich der Musterung des Jahres 1585 zu Rössing vor dem Lalenberge genannt ist.

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gesetzt und bestätigt, demselben Berufe und Befehlen also vorzu­ stehen inmaatzen er solches jederzeit vor uns und unserm freund­ lichen lieben Sohne und zuforderst künftiglich vor dem gestrengen Gerichte Gottes getrauet zu verantworten. Dagegen soll er mit den beiden Lehnen, so bisher Hopfenkamp und Steinemeyer" — wahrscheinlich Namen zweyer Catholischer Geistlichen, die nun wieder abgehen mutzten — „daselbst inne gehabt, deren zu seinem Unterhalte nach seinem Besten zu gebrauchen, versorgt und be­ lehnet seyn, auch darneben die lvochentheilungen, inmaatzen sol­ ches jederzeit gefallen wird, zu empfahen haben, die Zeit seines Lebens oder so lange er solch predig Amt verstehet. Alles ohne einig List oder Gefährde. — Unterzeichnet Elisabeth, meine Hand." Nun wurde in Wunstorf alles in Religions-Sachen so wieder eingerichtet, wie es in der Kirchen-Visitation im Jahre 1543 von den Herrn Commissarien war beliebt worden

Herzog Erich der Jüngere starb im Jahre 1584. Weil er keine ehelichen Prinzen hinterlietz, so kam die Regierung des Fürsten­ tums Ealenberg an die Braunschweig Wolfenbüttelsche Linie, worin damals der Herzog Julius regierender Fürst war Bey der Huldigung, welche der Herzog im Jahre 1585 zu Neu­ stadt einnahm *), überreichte der Stifts-Senior Sprockhof demselben mancherley Gravamina, welche unter der Regierung der Äbtissinn Colonna und auch früher dem Stifte zugestotzen und bisher unabgestellet geblieben waren, und bat um deren Hebung .... Dieses hatte nun zwar bewirkt, datz nach den Worten der Gravaminum, welche der Stifts-Senior M. Bartholomäus Sprockhof dem Herzog Julius bey der Huldigung in Neustadt am Rübenberge den 27sten Julii 1585 überreichte, die Lade an das Stift, aber erbrochen und des Siegels und verschiedener Brief­ schaften beraubt, zurück gekommen, die Kelche aber und die 80 Thlr. waren zurückbehalten. *) vgl. auch die weiter oben genannte Erbhuldigung und Musterung zu Rössing vor dem Calenberge, an der die Sprockhoffs beteiligt waren. 2*

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Das Zurückbehaltene empfing auch das Stift nicht früher wieder als am 19ten Noo. 1591. Nach einem an -em Tage errichteten Notariats-Instrumente erwiederte ein ehrwürdiges Lapitel zu Gandersheim den Abgeordneten des Capitels zu Wunstorf Chrn Lartholomäo Sprockhof und Conrad Luch an Kleinodien, Registern und Briefen: 1. Cinen großen vergoldeten Reich. 2. Zwey silberne Reiche. 3. ctn Registern die von den Jahren 1540, 1548, 1550, 1551 und 1552. 4. fln zurück gegebenen Briefschaften und Nachrichten verschiedene Sascikel. Don Gelde wird in selbigem nichts gedacht, wohl aber, daß die Äbtissinn Colonna daselbst mit Tode abgegangen sey. IKit dieser Colonna endigt sich nun die Reihe der Wunstorfschen Äbtissinnen.

Ein Derzeichnitz der Stifts-Senioren nach der Rirchenreformation, welches sich unter den Stifts-Nachrichten findet, setzt Änthon Corvinum als Stifts-Senior oben an. Ich zweifele aber, datz er diesen Platz verdiene. Stifts-Reformator ist er, als wozu er im Jahre 1543 von der Herzoginn Elisabeth war verordnet worden. Weiter findet man aber nicht, daß er sich um die Stifts-Ängelegenheiten bekümmert habe. Rein einziges Dokument ist vorhanden, welches er unterschrieben hätte. Man findet auch nicht, daß er in Wunstorf gewöhnet hat, welches doch für einen Stifts-Senior nöthig ist. Will man auch einem Manne, der sein Leben, um der Reformation zu dienen, fast immer, sein anhaltendes hartes Ge­ fängnis unter dem alten Calenberg abgerechnet, auf Reisen zu­ brachte, einen Wohnsitz geben, so ist es in den letzten Tagen seines Lebens Wolfenbüttel, wo er Superintendent war. Eben so wenig halte ich Bartholomäus Roden, den Nach­ folger des Corvini, für einen Stifts-Senior. Ohne Streit ist der erste evangelische Senior Hermann Tüting, der auch noch in den ersten Jahren, da Sprockhof in Wunstorf angestellet worden, dieses Ämt allein geführt

Magister Bartholomäus Sprockhofs seht die Reformation durch (1556)

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Der folgende Stifts-Senior war Bartholomäus Sprockhofs, nach Barings Hannoverischer-Rirchen-Historie, die aber Unrichtig­ keiten enthält, gebürtig aus Göttingen, wo er auch vom Jahre 1546 an Lonrector gewesen seyn soll,- hernach aber Superintendent in Northeim, darauf in Hannover. Don Hannover wurde er von Elisabeth der Herzogin im Jahre 1553, nicht 1555, nach Wunstorf, anfangs nur als bloßer Prediger, wie seine weiter oben ange­ führte Bestallung ausweiset, und also nicht als Superintendent, vielweniger als Generalsuperintendent, welches er niemals ge­ worden, befördert. In der $olge wurde ihm aber sowohl das Amt eines Stifts-Seniors als auch Superintendenten bey gelegt. Ersteres trug er schon im Jahre 1562, wie sich aus einer Verschreibung des Stifts zeigt, die unterschrieben ist: „Ilse von Holle Dekenin, Er Hermann Tütingk Senior, IH. Bartholomäus Sprockhof Eanonicus und Senior zu Wunstorf." Er war also Hermann Tütingk an die Seite gesetzt. Superin­ tendent war er im Jahre 1589, aber noch nicht im Jahre 1570, wie die von ihm geschehene Bestallung des Theodorici Rickmanns zum Prediger in Wunstorf zu erkennen gibt, welche von ihm als Pastor und Senior vollzogen ist. Sprockhof redet in dieser Ordination von mehreren Eollegen, welche derselben beygewohnt. Es scheint, daß damals am Stifte noch verschiedene andere Geistliche gewesen, welche im Papsttum ihre Leneficia empfangen, nachmals der Reformation beygetreten, sich aber zur Führung des Evangelischen Lehramts nicht geschickt, daher besondere Stifts-Prediger haben angestellt werden müssen. Der Senior Tütingk selbst scheint zu jenen gehört zu haben. Eine Nachricht von 1558 erwähnt vier Stifts-Priester: 1. Hermann Tütingk, 2. Bartholomäus Sprockhof, 3. Luelf Leseberg, 4. Johann Sprockhof. Im allgemeinen hatte Herzog Julius in Religions- und geist­ lichen Angelegenheiten gethan, was die Umstände zulietzen. Gleich im Anfang seiner Regierung hatte er im Zürstentum Lalen-

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berg die im Zürstenthum Wolfenbüttel bestehende Kirchen-Ordnung eingeführt und dadurch die unvollständigere, welche von der Her­ zogin Elisabeth vorgeschrieben war, verbessert. Auch hatte er, um den Mängeln in geistlichen Angelegenheiten abzuhelfen, eine Ge­ neral-Visitation im Zürstenthum Calenberg im Jahre 1588 ange­ ordnet, welcher er in Person selbst nebst seinem Sohne und Nach­ folger Henrich Julius, der damals postulirter Bischof des Bischofthums Halberstadt war, beggewohnt. von Seiten des Stifts Wunstorf hatte er denn auch erfahren den üblen Zustand, worin dasselbe gerathen war " von der Witwe des Obersten von Holle, der als Stifts-Kanonikus gestorben war, hatte Bartholomäus Sprockhofs inzwischen die neben der Stiftskirche gelegene Kapelle St. Barbara zum Geschenk erhalten und sie auf Kosten des Stifts zu einer brauchbaren Schule mit zwei schönen Klassenzimmern zur ebenen Erde und zweien eine Treppe hoch eingerichtet (1584), wodurch die Schule sehr ver­ bessert ward. Als dann im Jahre 1588 die große Generalvisitation in Wunstorf stattfand, scheint der Zustand des Stifts im großen und ganzen befriedigend gewesen zu sein, und es liegen aus diesem Anlaß auch über Bartholomäus Sprockhofs noch einige Angaben vor, die sein Lebensbild folgendermaßen ergänzen: „hier war im Stifte Propst und Senior Herr Magister Bartholomaeus Sprockhovius, aus Göttingen gebürtig, 64 Jahre alt, zugleich auch Pfarr­ herr und pastor prim, an der Stiftskirchen und Superintendens diöceseos Wunstorpiensis, gelehrt, rechtgläubig und geschickt zu allem guten Werk. Die predigt ist lauter und rein, in catechismo sind Kinder und Erwachsene wohl unterwiesen, in dem Stift herrschet Einigkeit und nur ein Weniges ward sonsten zu monieren befunden. Ein examen in theologicis schien ganz unnötig; auch dem Stiftskaplan Th. Rickmann, 46 Jahre alt, und dem Stadt­ prediger Ioh. Wiechmann, 44 Jahre alt, ward das examen aus das Zeugnis des Ephorus erlassen." Sm 70. Jahre seines Lebens (1593) starb Bartholomäus Sprock­ hof zu Wunstorf nach wohloollbrachtem Laufe. Aber noch 200 Jahre nach seiner Wirksamkeit in Wunstorf galt Bartholomäus Sprockhof

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als eine so denkwürdige Erscheinung im Zeitgeschehen, dafe ihm das Grofee Universal-Lexikon Aller Wissenschaften und Künste, welche bishero durch menschlichen verstand und Witz erfunden wor­ den, Neun und brey feigster Band, verlegts Johann Heinrich Zedler, 1744, einen Platz anwies, wie folgt: „Sprockhofius, ehemals ein Prediger zu Wunsdorf im Braun­ schweigischen, so im sechzehenden Jahrhundert gelebet, und sich den damahligen Synergistischen Streitigkeiten nebst anderen Gottesgelahrten eifrigst wiedersetzet. — Stuss, Mem. Berkelm., p. 272". Gemeint ist mit diesem Hinweise des Grofeen UniversalLexikons die Memoria Theodori Berckelmanni des Job. Henr. Stuss (Hannover 1733), worin auf Seite 272 von theologisch­ synergistischen Streitigkeiten in Göttingen die Rede ist,- es helfet da: Tandem res omnis arbitrorum sententia est composita. A senatu enim invitati Doctor Martinus Chemnitius Brunsuicensis1) ecclesiae superintendens (qui M. Andream Puchenium coadiutorem secum duxit), M.2) Rudolphus Mollerus Hamelensis, M. Bertoldus3) Sprockhovius Wunstorpiensis et M. Fredericus Dedekindus4) Neostadiensis ecclesiarum antistites d. 16. Jan. anno 1570 huc venerunt etc. *) 2) ’) 4)

Berühmter Theologe. M. = Magister. (Es muh wohl Bartholomäus heihen. Er war ein Schwager von Bartholomäus Sprockhof.

Johann Sprockhofs alö Geistlicher bei denen von Münchhausen in der Kirche von Apelern (1567) Wir kennen, wie schon weiter oben gesagt, den im Juni 1543 in Wittenberg immatrikulierten Studenten Johann Sprockhofs,

aber wir wissen nichts weiter über sein Leben, als daß er aus Göttingen stammtT). vielleicht ist auch dieser Sprockhofs einige Zeit als Prediger in Wunstorf gewesen, wahrscheinlich ist er der Stiftsprediger Johann Sprockhofs, der anno 1558 in der Wunstorfer Chronik neben Bartholomäus Sprockhofs und den beiden andern Predigern (Tütingk und Leseberg) genannt wird. Aber dort scheint seine Wirk­ samkeit nicht von Dauer gewesen ;u sein, denn sonst würde sie in

der Stiftschronik einen ausführlicheren Niederschlag gefunden

haben. x) stuf eine schriftstellerische Betätigung des Johann Sprockhofs könnte folgende Angabe in Zedlers Großem Universal-Lexikon von 1744 Hinweisen: „Sprockhofs (Johann) schrieb einen Traktat, dessen Titel folgender ist: Anweisung der verirrten Seelen zur Gemeinschaft! Gottes zu gelangen". Bet der a. a. G. weiter erfolgten Nennung: „Sporckhofer (Joh.), von diesem sind 2 Schrifften herausgekommen, die folgenden Titel führen: 1) Jakobs Himmels Leiter, Straßburg 1711, in 8. [= Oktav) 2) Anweisung der verwirrten Seelen, Braunschweig 1712, in 8." wäre dann aber an spätere Neudrucke — auf irgend jemands Veranlassung — zu denken. Die Schriften sind nicht mehr auffindbar. Noch im Jahre 1742 dürften sie jedoch vorhanden gewesen sein. Denn das Allgemeine Europäische BücherLexikon des Theophil Georgi (Leipzig 1742) führt sie unter gleichzeitiger Angabe ihres Umfanges folgendermaßen auf: a) 1711 Johann Sporckhofers Jacobs Himmelsleiter (Straßburg: Dolhopf), b) 1712 Anweisung der verwirrten Seelen (Braunschweig: greitag). a) 18 Bogen in 8 — 5 groschen, b) 29 Bogen in 8 = 6 groschen.

Johann Sprockhofs als Geistlicher bei denen von Münchhausen (1567)

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Wir haben guten Grund zu glauben, daß er nach seiner Tätigkeit in Wunstorf nach Apelern gegangen ist, drei bis vier Wegstunden

südlich von Wunstorf an der Nordwestecke des Deister gelegen. Denn in Apelern findet sich im Jahre 1567 ein Pastor Johann Sprockhofs.

Wir ersehen diese Tatsache aus einer Urkunde vom 27.11.1567 im Stadtarchiv zu Stadthagen. In dieser Urkunde bestätigt Jobst von Munchausen zu Apelern, sei. Diederichs Sohn, eine Schenkung, die

seine sei. Mutter Anna von Doitzen s. Zt. seiner Schwester Mette, Johan Halten zu Hameln Witwe, gemacht hat, und bedenkt gleich­ zeitig seine Schwestern Elisabeth, Armgardt und Latharina (letztere beiden Klosterjungfern) mit Geldsummen, zu deren Derzinsung er die Kornrente aus seinem Marschhofe zu Ilvese, aus dem Hofe zu

Schlüsselburg, auch dem Hofe zu Petershagen bestimmt,' für den Fall seines vorzeitigen Todes bevollmächtigt er zu deren Anfor­ derung den Licentiaten Jobst Lorleberch zu Hameln. Unter den Zeugen befinden sich Johan Sprockhofs, Pastor zu Apelern, Martinus Eilers, Pastor zu Schneeren, Hinrich Lucke, Schmied zu Hach­

mühlen. folgen wir dem Pastor Johann Sprockhofs nach Abschluß dieser weltlichen Geschäfte in seine Kirche. (Es ist die Kirche von Apelern keine ganz gewöhnliche Kirche, und wer in der Kirche von Apelern als Prediger auf der Kanzel stand oder in jenen sturmdurchpeitschten Zeiten der Herrschaft Münchhausen vom Hofe Apelern und der ganzen Gemeinde das Abendmahl reichte in beiderlei Gestalt, wie es in Wittenberg verkündet war, der lebt weiter, solange man sprechen wird von der Kirche in Apelern. Bereits jener Gutsherr

Jobst von Münchhausen zu Apelern, der sich eigens den Witten­ berger Lutherschüler Johann Sprockhofs als Pastor in seine Ge­

meinde geholt hat, muß als ein geistig sehr interessierter Mann an­ gesehen werden, denn die Zahl der noch unter Luther in Witten­ berg herangebildeten Theologiekandidaten wird nicht unbegrenzt gewesen sein, und wer einen dieser Lutherschüler als Pastor in seine Gemeinde holen konnte, der mußte schon um bestimmte Kultur­

werte wissen. Durch die Balladen des Zreiherrn Börries von Münch­ hausen ist dann das „Apeler Haus" allbekannt geworden, — elf Brüder, die zu elft beim Spiel am Bache unterm Berg, zu elft zur

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Johann Sprockhofs als Geistlicher bei denen von Münchhausen (1567)

Kirche und zu elft beim Schmause, von denen zehn den Trommeln und den blutigen Zahnen nachgegangen. Gleichzeitig haben jene Zeiten der Glaubensstreitigkeiten, insbesondere die Zeiten des Dreitzigjährigen Krieges in Borries, Zreiherrn von Münchhausen, ihren Sänger gefunden, der — selber in Apelern aufgewachsen — noch beim Beitersterben auf blutigem Zeld die Treue preist zur Kirche von Apelern. Nichts vertieft wohl diese Stimmung so sehr, gibt selbst dem Pastor Johann Sprockhofs in Apelern noch seine Note wie die Ballade zur Schlacht bei Lutter am Barenberge (1626), in der Tillg den Dänenkönig Christian IV., ©bersten der niedersächsischen Pro­ testanten, schlug. Wenn wir diese Münchhausensche Ballade hier folgen lassen, so glauben wir gleicherweise auch die Vorstellung er­ wecken zu können, daß auf die Kanzel in der Kirche von Apelern stets Männer berufen worden sind, die eine nachhaltige göttliche Kraft auf die Gemeinde zu übertragen vermochten, hören wir die Ballade. Schlacht am Barenberge

Wir jagten am Abend von Ringelheim, Die Sporen im Pferde, gen Süden, Wir ritten hastig und ritten geheim, In den Dörfern heulten die Rüden, Und vor den Dörfern, bös und verwacht, Die Zeuer von Tillgs Papisten, — Wir fanden zur Stunde nach Mitternacht Das Heer des dänischen Christen. Der lag vor Lutter in triefendem Zelt Bei gelöschten Zeuern, voll Sorgen, Und wir abendmahlten im Regen-Held vor der großen Schlacht von morgen. Der Prediger schützte das Brot im Gewand, Und wenn er machte die Runde, Lr tastete mit der linken Hand 3m Anstern nach unserem Munde.

Johann Sprockhofs als Geistlicher bei denen von Münchhausen (1567)

Dann tarn der Morgen und kam die Schlacht, Und der Mittag kam, — und wir wichen, Und die Stirnen, die Helmdruck rot gemacht, In den Nebeln des Abends erblichen, Und wir lagen, wie uns die Wunden gesellt, An der Brust der Ewigen Mutter, Und grellschräg leuchtete übers §eld Das im Regen verknisternde Lutter.

Da hob sich vor mir am Grabenrand Ein Reiter, — die Brust zerschossen, Kalkweiß die Lippen, der Bart verbrannt, Der sprach, zum Tode entschlossen: „Ich weiß, du läßt mich im himmlischen Heer Die Schärpe des Ruhmes erben, So dank ich dir, Heiland, mein Leben bisher Und das ehrliche Keitersterben!" Dann griff er mit blutüberströmter Hand Aus der Erde, zerstampft von den Heeren, Drei Handvoll schwarzdurchsickertes Land Und warf sie auf sich in Ehren Und segnete kirchlich sein wunderlich Werk: „Don Erde bist du genommen Und bist vor Lutter am Larenberg Wieder zur Erde gekommen!"

Und schob sich zurecht, und mit klarem Gesicht Begann er plötzlich zu singen, Und „Jesus meine Zuversicht ..." Ging über die Heide mit Klingen, Wie daheim in der Kirche von Apelern, So sang er mit starker Stimme. — Dom Himmelsrand herdonnerte fern Die oergrollende Schlacht voll Grimme.

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Johann Sprockhofs als Geistlicher bei denen von Münchhausen (1567)

Und hier und da auf Ucker und Hain hob sichs in Hallet und Koller, Und stimmte durchs Dunkel tapfer mit ein, Bis es Hang getroster und voller, — Der Hegen riefelte säuselnd und sacht, So summt an der Wiege die Mutter, Und die lange, die bange Todesnacht Ziel über das Zeld vor Lutter

Magister Berthold Sprockhofs, Professor der Gotteögelahrtheit in Erfurt (1591) Berthold Sprockhofs hat in seinem Leben großen Erfolg gehabt. Seine Hauptwirksamkeit entfaltete er in (Erfurt, wo er im Jahre 1557 seine Studien begonnen und im Jahre 1561 die Magisterwürde er­ worben hatte,- das Große Unioersal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste sagt entsprechend: „Sprocovius (Berthold) lebte im sechzehenden Jahrhundert und war Professor der Gottesgelahrtheit, wie auch pfarr zur Augustiner und endlich Senior im Ministerio zu Erfurt, und starb den 29. No­ vember 1600 —Vlearii Thüring. Ehron. im l l. Teil, p. 24. —" Aber nicht ohne Verdrießlichkeiten hat Berthold Sprockhofs sein Leben führen können. Auch Leid ist ihm nicht erspart geblieben. Doch scheint ihn stets ein freundlicher Stern begleitet zu haben. Schon seine Magistermatrikel aus dem Jahre 1561, die sich im Erfurter Stadtarchiv befindet, weist unverkennbar liebenswürdige Züge auf (s. Abb. 3). Da ist auf Pergament ein Eichhörnchen hin­ getuscht, das eine Nuß anknabbert, und darunter folgt mit Bezie­ hung auf die von Berthold Sprockhofs und einigen anderen am 4. 2.1561 erlangte Magisterwürde der Text: Qui e nuce nucleum esse vult nucem frangat necesse est. Huius dicti sensum perpendentes hi optimi et doctissimi adolescentes nullum non sustinuerunt laborem, pro honore gradus Magisterii consequendo, qui iisdem a facultate artium liberalster est communicatus Anno a Christo nato millesimo quingentesimo sexagesimo primo die vero quarto mensis Februarii sub decano M: Quirino Listeman Molhusensi maioris collegii collega.

Auf deutsch: wer an den Kern der Nuß gelangen will, muß durch die harte Schale hindurch. Diese hervorragenden und ge-

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lehrten jungen Männer haben den Sinn dieses Satzes wohl er­ wogen und keine Arbeit und Mühe gescheut, die würde eines Magisters zu erlangen,- sie ist ihnen von der Kakultät freimütig ver­ liehen worden im Jahre nach Christi Geburt 1561 am 4. Zebruar unter dem Dekan Magister (Quirinus Listemann aus Mülhausen, Mitglied des Collegium maius. Berthold Sprockhofs hat nach abgeschlossenem Studium eine Predigerstelle in Ilmenau und in Arnstadt gehabt. Sn jener Zeit ist er dort mit einigen Schriften heroorgetreten. Diese sind im Schrift­ tum mehrfach genannt. Bis auf den heutigen Tag von den Historien­ schreibern ungenannt geblieben ist die Elegia de quadruplici adventu Christi, 1566, eine kleine lateinische Druckschrift, die sich in der Stadtbibliothek zu Erfurt erhalten hat und wohl schon damals einen mehr akademischen wert hatte (s. Abb. 4). Im Jahre 1567 wurde Berthold Sprockhofs in das Predigeramt nach Erfurt berufen, und zwar an die Barfüßerkirche. Im Jahre 1572 erhielt er die Pfarrstelle zur Augustinerkirche, der damals größten Kirchengemeinde in (Erfurt; er stand an Luthers großer hi­ storischer Stätte, die noch Heutigentages von den §remden aus fern und nah aufgesucht wird, vych mit der Berufung in dieses Amt ist Berthold Sprockhofs zweifellos hineingezogen worden in die Wirren, die sich in der unglücklichen politischen Stellung Erfurts zwischen den Mainzer Kirchenfürsten und den Sächsischen Kurfürsten schon seit längerer Zeit bemerkbar gemacht hatten mit Parteiungen und Empörungen, Strafgerichten und gegenseitigen Verfolgungen, wo­ durch die Stadt Erfurt jahrhundertelang hin- und hergeworfen wurde; mancher verdienstvolle Mann endete am Galgen oder auf dem Schafott um irgendeiner überhitzten politischen Leidenschaft willen oder verlor Stellung und Wirkungskreis aus kläglichem An­ laß. In dem Kampfe zwischen Luther und dem Papste war die Stellung, die das lutherische (Erfurt gegenüber den katholischen Mainzer Herren und den evangelischen sächsischen freunden be­ haupten sollte, noch schwieriger geworden als zuvor, und fast möchte man sagen, daß das wechselseitige Übergreifen der politischen und religiösen Auseinandersetzungen in Erfurt zur damaligen Zeit ein Schulbeispiel ist für die alte deutsche Zrage; es ist zumindest keine

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verlorene Zeit, in den alten Rats- und Rirchenakten zu Erfurt dieser §rage mit ihren mancherlei Begleiterscheinungen nachzugehen. Zur Zeit, als Berthold Sprockhofs an die Augustinerkirche kam, wurden gerade die sogenannten poachschen Händel ausgetragen. Diese waren entstanden, weil die hinter dem Prediger Poach ste­ henden lutherischen Geistlichen den öffentlichen Umgang evange­ lischer Geistlicher mit den katholischen für ärgerlich hielten und ins­ besondere den Prediger und Theologieprofessor Doctor Johannes Eallus, der den notwendigen Umgang für erlaubt ansah, deshalb scharf angriffen. Vie poachsche Richtung unterlag in diesem Streit, und Poach verlor seine Ämter. Unter denen, die für die Besetzung der freigewordenen Ämter in Betracht kamen, finden wir Berthold Sprockhofs,- er gehörte also wohl zu den besonnenen evangelischen Geistlichen, die die Rkacht nicht kleinlich auf die Spitze trieben, wie man es vielleicht gekonnt hätte, denn die etwa 18000 Seelen um­ fassende Einwohnerschaft gehörte zu. 95 v. h. dem Luthertum an. Roch in der neuesten „Geschichte der Stadt Erfurt" von BegerBierege (Erfurt 1935) ist mancherlei über die poachschen Händel zu lesen; dann heißt es da: „Poachs Ämter wurden so verteilt, daß Äurifaber Senior, Gallus Theologie-Professor und Berthold Sprocovius Pfarrer zu den Augustinern wurde." ds verursachte dies —wie aus mehreren zeitgenössischen Schrif­ ten hervorgeht — eine große Aufregung unter den Erfurter Pre­ digern. vier, die es mit Poach hielten, nahmen in einer Schrift gegen Berthold Sprockhofs beim Rat Stellung, hatten jedoch keinen Erfolg, sondern wurden gemaßregelt. Man hört dabei an keiner Stelle, daß Sprockhofs sich mit diesen Parteigängern überhaupt irgendwie auseinandergesetzt habe. Aber wie sehr ihm die Ge­ schichten lästig wurden, ist daraus zu ersehen, daß er sich von Erfurt abzuwenden und Superintendent in seiner Vaterstadt Göttingen zu werden suchte; doch hat ihn der Rat zu Erfurt nicht gehen lassen. Berthold Sprockhofs ist vielmehr noch Theologie-Professor und Se­ nior im kirchlichen Ministerium zu Erfurt geworden. Er war einer der ersten Professoren Confessionis Augustanae in Erfurt; Caspar Sagittarius (Jena 1680) nennt ihn in seiner Schrift „Was es mit der Professione Theologiae Augustanae Confessionis auf der Uni-

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versität zu (Erfurt eigentlich für eine Bewandtnis hat" in folgender Aufzählung: „Der erste Professor Augustanae Confessionis war Herr Illag. Andreas Poach. Nach ihm hat anno 1572 das Seniorat angetreten Herr Nlag. Johannes flurifaber, so anno 1575 verstorben. An dessen Stelle tarn Herr D. Johannes Gallus, welcher denn auch zugleich Augustanae Confessionis Professor war und anno 1587 mit Tode abging. hierauf ward im folgenden 1588. Jahr Illag. Illelchior Wed­ mann zum Seniore des Evangelischen Ministern erwählet: aber die Theologische Profession verwaltete an seiner Statt Herr Nlag. Bertholdus Sprocovius, Pfarrherr zun Augustinern, welcher auch, als Nlag. Wedmannus im 1597. Jahr an der Pest verstarb, demselben im Seniorat folget«, und anno 1600 den 29. November in Lhristo selig entschlief. Nach Herrn Sprocovio ist Herr Lsaias Silberschlag, der hl Schrifft Doktor von Halberstadt nach (Erfurt berufen worden."

Zraglos war Berthold Sprockhofs ein gelehrter Theologe von weitreichendem Ruf, dessen Schriften und predigten in ihrer ab­ gemessenen Eindringlichkeit vielen Leuten etwas zu sagen wußten,doch werfen auch wir einen Blick in seine Schriften und lesen:

Drei Rurtze und einseitige predigten von der Hi­ storien der Ehrnen Schlangen. Hunt. 21. Welcher sich Christus Johan. 3. vergleichet (s. Abb. 5). Darinnen gehandelt wird Warumb Gott die Rinder Israel mit fewrigen schlangen gestrafft. Und worzu Gott die Ehrnen schlangen hat lassen auffrichten / und dadurch der fewrigen schlangen biß geheilet. Auch warumb und wie Lhristus sich der Ehrnen schlangen vergleichet. Sampt notwendiger Lehr / Trost und Warnung / Ge­ than und beschrieben durch M. Berth Sprocovii Pfar. zun Augusti. in Erffordt 1582.

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