Die Fuggerzeitungen im Kontext: Zeitungssammlungen im Alten Reich und in Italien 9783205200970, 3205200977

Geschriebene Zeitungen waren ein im 16. und 17. Jahrhundert in Europa weit verbreitetes Nachrichtenmedium. Im Vergleich

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Die Fuggerzeitungen im Kontext: Zeitungssammlungen im Alten Reich und in Italien
 9783205200970, 3205200977

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Die Fuggerzeitungen im Kontext

Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband 59

2015 Böhlau Verlag Wien

Katrin Keller, Paola Molino

Die Fuggerzeitungen im Kontext Zeitungssammlungen im Alten Reich und in Italien

2015 Böhlau Verlag Wien

Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF): (Projekt P 23080-G18)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek  : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie  ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http  ://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-205-20097-0 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, i­ nsbesondere die der Über­setzung, des Nachdruckes, der Entnahme von A ­ bbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf f­ otomechanischem oder ä­ hnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Daten­ver­arbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2015 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co.KG, Wien, Köln, Weimar

http  ://www.boehlau-verlag.com

Umschlagabbildung: Cod. 8971, fol. 339r; Cod. 8950, fol 21r © Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem Papier. Druck: General Druckerei, Szeged



Inhalt Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen von Katrin Keller.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Zeitungssammlungen im Alten Reich: Umrisse einer Medienlandschaft von Katrin Keller.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Die Fuggerzeitungen: zwei Seelen, ein Leib von Paola Molino. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Sibenbürgischen corriers mündtlich anzaigen – Per lettere di Transilvania. Die Fuggerzeitungen im Kontext italienischer Sammlungen von Paola Molino. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhang: Zeitungen im Alten Reich – ein vorläufiges Verzeichnis von Katrin Keller.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Kartenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Siglen- und Abkürzungsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Tabellenverzeichnis.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Quellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Literatur und gedruckte Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Ortsregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Personenregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232





Einleitung Geschriebene Zeitungen sind ein altbekanntes Phänomen der europäischen Mediengeschichte1, das auch in pressegeschichtlichen Darstellungen seit langem immer wieder erwähnt wird. Nur selten sind sie im deutschsprachigen Raum jedoch dezidiert Gegenstand von Forschungen gewesen, seit in der Zwischenkriegszeit erste Studien zum frühen Pressewesen einzelner Städte entstanden und einige wenige Sammlungen geschriebener Zeitungen untersucht worden waren2. Erst in den letzten zehn Jahren rückten sie im Kontext intensiveren Interesses an Medien und Kommunikation wieder stärker in den Fokus3. Dies gilt insbesondere für die sogenannten Fuggerzeitungen, die zuerst untersuchte und bis heute prominenteste Sammlung solcher Zeitungen im deutschen Sprachraum, die zuletzt wieder als „spektakuläres Leitfossil“4 der frühneuzeitlichen Zeitungsschreiberei bezeichnet worden ist. Ihre Untersuchung ist wiederholt als Desiderat angesprochen worden5, bis Oswald Bauers vor kurzem erschienene Studie hier einen wichtigen Schritt getan hat. In den Zusammenhang dieser neu auflebenden Forschungen ist auch ein Projekt einzuordnen, das in den Jahren 2011 bis 2015 vom österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung unterstützt und vom Institut für Österreichische Geschichtsforschung getragen wurde. Diesen beiden Institutionen ist an dieser Stelle zu danken für ihr Engagement für das Zustandekommen des Projektes, vor allem jedoch Univ.-Prof. Dr. Thomas Winkelbauer, der über lange Jahre auf die Bearbeitung der Fuggerzeitungen hingearbeitet und das Projekt stets mit Interesse und Ermunterung verfolgt hat. Das Österreichische Historische Institut in Rom hat die Fertigstellung der Texte zu italienischen Sammlungen durch ein Stipendium unterstützt. Zu danken ist außerdem Nikolaus Schobesberger, der im Rahmen des Projektes an der Erschließung der Zeitungen mitgearbeitet und nicht zuletzt auch die meisten der im Anhang der Beiträge zu findenden Karten gezeichnet hat. Prof. Dr. Mario Infelise hat Teile des Textes vorab gelesen und kommentiert, und Alexander Krüger hat die nicht immer ganz leichte Aufgabe bewältigt, einen im Entstehen befindlichen italienischen Text ins Deutsche zu übersetzen. Die Mitarbeiter des „Medici Archive Project“ haben bereitwillig eigene Arbeiten mit notwendigen Aktenstudien in Florenz koordiniert. Zu danken ist außerdem allen Mitarbeitern der Ar1  Weller, Deutsche Zeitungen; Grasshoff, Briefliche Zeitung; Opel, Zeitungspresse; Ancel, Étude critique; Bongi, Le prime gazzette, und andere. 2   Zur Forschungsgeschichte siehe S. 11–18. 3  Moureau, Nouvelles à la main; Dooley, Réseaux d’information; Henrich, Bullinger’s Correspondence; Infelise, Prima dei giornali; ders., Merchant’s letters; Böning, Zeitungen 2008; Wilke, Korrespondenten; Pražáková, Bild Ostmitteleuropas; Überblick auch bei Zwierlein, Fuggerzeitungen 169–172. 4  Schlögl, Politik beobachten 593. 5  Mauelshagen, Netzwerke 423; Schilling, Fuggerzeitungen 879; Behringer, Fuggerzeitung 97; Wilke, Korrespondenten 60.

8 Einleitung

chive und Bibliotheken in Österreich, Deutschland und Italien, die zum Teil erhebliche Akten- und Büchermengen klaglos zur Verfügung stellten. Der vorliegende Band stellt Ergebnisse dieses Projektes vor, das zwei Ziele verfolgte. Zum einen ging es darum, den Bestand der Wiener Fuggerzeitungen zu erschließen und digital verfügbar zu machen. Der Umfang der Sammlung und ihre europäische Bedeutung ebenso wie die darin dokumentierte Berichterstattung über die Welt des 16. Jahrhunderts ließen dies gerechtfertigt erscheinen, um so die Zeitungen als Quelle für Forschungen direkt verfügbar zu machen. Dies gilt nicht zuletzt auch für die italienische Forschung, die die in den Fuggerzeitungen enthaltenen Avvisi aus Italien bislang nicht zur Kenntnis genommen hat, obwohl es sich um eine ähnlich umfangreiche Sammlung wie in verschiedenen italienischen Archiven und Bibliotheken handelt, die schon seit langem untersucht und genutzt worden sind6. Der erste und zeitlich größere Teil des Vorhabens widmete sich dieser Aufgabe. Die Wiener Sammlung wurde chronologisch sowie nach Personen und Orten erschlossen und der gesamte Bestand mit Hilfe der Österreichischen Nationalbibliothek digitalisiert. Daten und Digitalisate stehen seit 2014 online zur Verfügung7. Damit existiert nun ein Hilfsmittel, das es Forschern verschiedener Fachgebiete erlaubt, anhand einer kompletten Zeitungssammlung Fragestellungen zu bearbeiten und damit neue Perspektiven auf das Phänomen der geschriebenen Zeitung insgesamt zu entwickeln. Zum anderen hatte das Vorhaben das Ziel, die Fuggerzeitungen, denen seit über 150 Jahren in der deutschsprachigen Forschung ein Ruf des Ungewöhnlichen oder gar Einmaligen anhaftete, zur Medienlandschaft des 16. Jahrhunderts in Beziehung zu setzen. Zahlreiche ältere Studien haben darauf hingewiesen, dass auch andere Sammlungen geschriebener Zeitungen in deutschsprachigen Archiven existieren8; schon 1968 hat Lotte Sporhan-Krempel explizit formuliert, dass bisherige Untersuchungen zu den Fuggerzeitungen darunter litten, „daß diese Zeitungen als Einzelphänomene betrachtet wurden. … auch die Fugger-Zeitungen [werden] erst wirklich ‚eingeordnet’ werden können, wenn man sie in das allgemeine Nachrichtenwesen der Zeit zwischen 1550 und 1600 stellt“9. Aufgenommen wurde diese Anregung jedoch erst in neueren Studien zu den Wiener Fuggerzeitungen von Cornel Zwierlein, Zsuzsa Barbarics-Hermanik und Oswald Bauer10, die in dieser Hinsicht neue Zugänge verfolgt und erste Ergebnisse vorgelegt haben. So wird immer deutlicher, dass die Sammlung einen Ausschnitt aus einer viel umfangreicheren geschriebenen Medienlandschaft dokumentiert, die sich im deutschsprachigen Raum in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts – beeinflusst von italienischen Vorbildern – ausbildete. Um die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen zu dieser umfassenderen Medienlandschaft in Beziehung zu setzen, wurden im Rahmen des Projektes andere Sammlungen vergleichend mit der der Gebrüder Fugger betrachtet. 6  Bongi, Le prime gazzette 311–346; Ancel, Étude critique 115–139; Delumeau, Vie économique et sociale 25–36; Infelise, Prima dei giornali. 7  http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/. 8  Z. B. Kleinpaul, Nachrichtenwesen; auch: Hahn, Nachrichtendienst; Freiberger, Anfänge; SporhanKrempel, Nürnberg; Šimeček, Geschriebene Zeitungen; Pirożyński, Berichterstattung. 9  Sporhan-Krempel, Nürnberg 30. Dies fordern etwa auch Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletters 55. Zu dieser Einordnung würde natürlich auch die vergleichende und parallele Untersuchung gedruckter Zeitungen und anderer früher Nachrichtenmedien wie der Meßrelationen gehören. 10  Zwierlein, Discorso; ders., Fuggerzeitungen; Barbarics, Tinte; dies., Sammlungen; Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletters; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung.



Katrin Keller

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Anhand von Studien in verschiedenen deutschen und italienischen Archiven gingen wir der Frage nach, wie andere Sammlungen im Vergleich zu den Fuggerzeitungen strukturiert sind und welche direkten Verbindungen – im Sinne von Überschneidungen der Überlieferung – und Parallelen sich feststellen lassen. Im Fokus der folgenden Ausführungen steht damit nicht die geschriebene Zeitung als Quelle in inhaltlicher Hinsicht, sondern als Medienform. Untersucht wird dazu einerseits durch den Vergleich verschiedener Sammlungen die Zirkulation solcher Zeitungen sowie die Geographie der Nachrichtenräume. Andererseits führte die Beschäftigung mit den an unterschiedlichen Orten überlieferten Zeitungen zu Antworten auf Fragen wie die, was eine geschriebene Zeitung eigentlich ist, nach intermedialen Vernetzungen zwischen Gedrucktem und Geschriebenem sowie zwischen verschiedenen Nachrichtenmedien. Und nicht zuletzt steht die Chronologie der Entstehung einer periodischen Presse zur Diskussion. Unsere Untersuchungen von Zeitungssammlungen in Dresden, Florenz, Leipzig, Meiningen, Rom, Wien und Wolfenbüttel haben einige Erkenntnisse hinsichtlich dieser Fragestellungen erbracht. Dazu gehört etwa, dass eine möglichst klare Definition des Phänomens „geschriebene Zeitung“ beziehungsweise „Avviso“, wie sie hier entwickelt und angewendet wurde, deutlicher zeigt, in welchem Maße dieses geschriebene Nachrichtenmedium in einem überregionalen Medienverbund zu begreifen ist, zu dem neben den Zeitungen selbst Nachrichtenbriefe, Agentenberichte, Inserti, Kopien von Briefen oder Verträgen etc. gehörten, die ihrerseits wieder in Kombination mit gedruckten Medien zu denken sind. Alle diese Medien zirkulierten in kommerziellen und personalisierten Netzwerken, deren Grenzen durchlässig waren. Die Vielzahl von Zeitungen gleichen Wortlauts, die sich im deutschsprachigen Raum in fürstlichen, gräflichen, administrativen und städtischen Sammlungen nachweisen ließen, widerlegt die bisher oft formulierte Auffassung von getrennten Informationsnetzen von Kaufleuten, Fürsten oder Gelehrten. Zumindest im Medium der geschriebenen Zeitung trafen und überschnitten sie sich eindeutig11. Schon diese Komplexität legt nahe, was sich auch anhand einzelner Beispiele deutlich nachweisen ließ, dass nämlich die neuzeitliche Vorstellung der Bestimmbarkeit von Auflagenhöhe und Vertriebssystem obsolet ist. Geschriebene Zeitungen wurden nicht immer und notwendigerweise von einem „Büro“ verfasst und dort kopiert in der Art einer geschlossenen Auflage; sie wurden vielmehr sukzessive weiter kopiert und vermittelt – das konnte in fürstlichen Kanzleien geschehen, wie das Zeitungstauschsystem deutscher wie italienischer Fürsten in den siebziger und achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts zeigt, das konnte im Kontext von Reichsversammlungen geschehen, in den Kontoren von Kaufleuten in Nürnberg oder Trient und in den Schreibstuben fürstlicher Agenten und Diplomaten. Diese Komplexität stand allerdings nicht einer zunehmenden Professionalisierung des Zeitungsschreibens entgegen, wie sich an Form und Inhalten, aber auch an den von uns vergleichend betrachteten Absendeorten von Zeitungen erkennen lässt. Dabei zeichnet sich ab, dass zwar am Anfang des Siegeszuges der geschriebenen Zeitung nördlich der Alpen ein kultureller Transfer stand, wie Cornel Zwierlein postuliert hat12, indem das italienische Modell des Avviso Pate stand für deutschsprachige Produkte. Dabei prägte sich freilich früh eine eigene, dem deutschsprachigen Publikum angepasste sprachliche und inhaltliche Form aus. Nach 1580 lassen sich weitere differente Entwicklungen erkennen, die gerade der Vergleich mit Italien aufzeigt: Während in Italien Rom und Venedig als   Siehe dazu auch die Befunde zur Korrespondenz Hans Fuggers bei Dauser, Informationskultur.  Bes. Zwierlein, Fuggerzeitungen.

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10 Einleitung

Zentren der Produktion und Vermittlung von Avvisi immer deutlicher in Erscheinung traten, diversifizierte sich die Berichterstattung nördlich der Alpen. Verbunden mit der generellen Wissensexplosion ebenso wie mit wechselnden Kriegsschauplätzen und politischen Konjunkturen erweiterte sich der Nachrichtenhorizont nach Osten und Südosten, obwohl auch in Mitteleuropa Zentren wie Antwerpen, Köln und Prag einen besonderen Stellenwert behaupteten. In beiden Regionen erweiterte sich parallel dazu jedoch sukzessive das Angebot geschriebener Nachrichtenmedien, und zwar nicht nur durch ein quantitativ wachsendes Angebot verschiedener Blätter aus ein und demselben Absendeort. Für den deutschsprachigen Markt wurden schon in den siebziger Jahren auch die Inhalte italienischer Avvisi in Zeitungen aus Rom beziehungsweise Venedig übertragen, während man in Italien zur gleichen Zeit auf Avvisi aus Antwerpen beziehungsweise italienische Übertragungen deutscher Zeitungen zurückgreifen konnte. Welche Rolle Augsburg als Angelpunkt für diese wechselseitigen Transfers spielte, kann bislang nicht gänzlich abgeschätzt werden. Sicher ist, dass Octavian Secundus und Philipp Eduard Fugger, die Sammler der heute in Wien aufbewahrten Kollektion, in ihrer über Augsburg konstituierten Sammlung beide Seiten berücksichtigten. Die Zweisprachigkeit der Fuggerzeitungen, bislang eher allgemein konstatiert, erlaubt nicht nur den Vergleich mit Sammlungen nördlich wie südlich der Alpen. Sie deutet in ihrem Wechsel – italienische Avvisi sind nach 1586 nur noch partiell enthalten – auch eine Entwicklung an. Geschriebene Zeitungen entwickelten sich nördlich der Alpen zu einem eigenen Medientypus, der sich in Inhalt, Sprache, regionalem Fokus von den Avvisi unterschied. Diese Entwicklung lässt sich im Vergleich zwischen verschiedenen Sammlungen recht gut erkennen. Vor allem aber wird auf diese Weise sichtbar, dass in den achtziger und neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum ein kontinuierlich vorhandenes Angebot geschriebener Zeitungen existierte, auf das verschiedene soziale Gruppen relativ leicht zugreifen konnten. Zeigten sich anfangs noch Probleme bei Strukturierung und Management des neuen Informationsangebotes seitens der Adressaten – dies dokumentieren nicht nur Nachrichtenregister des Kurfürsten von Sachsen oder des kaiserlichen Hofbibliothekars Hugo Blotius, sondern auch das Faktum der Zeitungssammlung schlechthin –, so gehörten Zeitungen um 1600 mit Sicherheit zum Informations- und Medienalltag politisch und sozial höhergestellter Schichten. Geschriebene Zeitungen wurden mehr und mehr zum Gebrauchsgut. Man muss also davon ausgehen, dass spätestens seit den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts, also genau in der Zeit, in der die Fuggersche Sammlung einsetzt, unter Angehörigen gesellschaftlicher Eliten im staatlichen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich Nachrichtenkonsum als Element öffentlicher Kommunikation eingeübt wurde. Vermittlungswege, Publikum und Produzenten für periodische Nachrichtenmedien waren damit bereits institutionalisiert, als Johannes Carolus 1605 die erste Zeitung druckte. In der Folge, besonders nach 1620, nahm die Medienlandschaft im deutschsprachigen Raum mit ihren zahlreichen gedruckten Zeitungen einen Weg, der die Differenz zu Italien vergrößerte, wo geschriebene Avvisi noch lange dominierten. In den Augen der Zeitgenossen war das jedoch keineswegs ein Manko, sondern Nachrichtenmedien wurden noch lange primär danach beurteilt, welche Aktualität und Verlässlichkeit sie beanspruchen konnten – und nicht nach ihrer Medienform. Insofern erbrachte die vergleichende Betrachtung verschiedener Sammlungen von geschriebenen Zeitungen auch Argumente dafür, stärker als bislang im deutschsprachigen Raum üblich intermediale Aspekte in der Entwicklung moderner Informationsmedien zu berücksichtigen.



Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen von Katrin Keller

Forschungsgeschichte Die Beschäftigung mit den sog. Fuggerzeitungen hat mittlerweile eine lange Geschichte13. Sie beginnt mit dem Bibliothekar der kaiserlichen Bibliothek in Wien Johann Benedikt Gentilotti14, der bei der Verzeichnung der 1655/56 für Wien angekauften Bibliothek des Albrecht Fugger bereits von miscellares relationum Fuggerianarum sprach15. Damit griff er freilich bewusst oder unbewusst eine unter den Zeitgenossen der Entstehung der Sammlung gängige Bezeichnung auf, die verschiedene Nachrichtenbriefe, die über das Handelshaus weitergeleitet wurden, als fuckhers zeitungen16 bezeichneten. Spätere Bibliothekskataloge übernahmen diese Bezeichnung17, unter der der Wiener Bestand im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts dann auch Eingang in die entstehende Pressegeschichte fand. Im wegweisenden Werk von Richard Grasshoff über die Entstehung der „brieflichen Zeitung“ von 1877 wurden die Fuggerzeitungen zwar noch nicht erwähnt, aber über einen Beitrag von Theodor Sickel18 und – ihm weitgehend folgend – über Ludwig Salomons „Geschichte des deutschen Zeitungswesens“19 fand die Wiener Sammlung ihren Weg in die deutsche und europäische Pressegeschichte. Dass Georg Steinhausen sie in seinem einflussreichen Aufsatz über „Die Entstehung der Zeitung aus dem brieflichen Verkehr“20 erwähnte, trug sicher ebenfalls zur Verbreitung des Wissens von der Existenz der Fuggerzeitungen bei. Steinhausen konnte bei der zweiten Publikation seines Aufsatzes 1928 bereits auf ein Werk zurückgreifen, dass bis in die letzten Jahre für den Kenntnisstand über die Fugger13   Der folgende Abschnitt stellt die verkürzte Fassung eines Beitrages der Autorin dar, der erschienen ist unter dem Titel: Die Fuggerzeitungen. Ein Literaturbericht. Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 14 (2012) 186–204. 14  Gelmi, Gentilotti 149. 15  Zitiert nach Kleinpaul, Fuggerzeitungen 10. Zur Bibliothek, die auch den Bücherbestand Philipp Eduard Fuggers enthielt, siehe etwa Wölfle, Kunstpatronage 220–222. 16  Zwierlein, Discorso 577; Kempter, Berichterstattung 6f. 17  Kleinpaul, Fuggerzeitungen 11; Handschriften 1 347–435. 18  Grasshoff, Briefliche Zeitung; Sickel, Zeitungen des 16. Jahrhunderts. Einen weiteren knappen Beitrag von Sickel zu diesem Thema im „Atheneum française“ zitiert Kleinpaul, Fuggerzeitungen 7–9, ausführlich. 19  Salomon, Zeitungswesen 1 10f. 20  Steinhausen, Entstehung der Zeitung, bes. 58f.

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

zeitungen große Bedeutung hat, auf Johannes Kleinpauls Studie „Die Fuggerzeitungen 1568–1605“, die 1921 in Leipzig erschien. Kleinpaul hatte sich, angeregt durch seinen Lehrer Karl Bücher, an einem von diesem veranlassten Preisausschreiben der Fürstlich Jablonowskischen Gesellschaft zu Leipzig beteiligt, die 1916 die Aufgabe gestellt hatte, die Entstehung der Fuggerzeitungen zu erforschen21. Zwar ist seine Studie weit von einer nach heutigen Maßstäben wissenschaftlichen Untersuchung entfernt; Lesefehler und Missverständnisse sind ihm schon bald und massiv vorgeworfen worden22. Aber Kleinpaul war dessen ungeachtet offenbar der erste, der sich sowohl in formaler wie inhaltlicher Hinsicht einen Überblick über den Wiener Bestand verschaffte, diesen beschrieb und auf dieser Basis einige grobe Irrtümer ausräumte. So war es Kleinpaul, der zuerst dezidiert von einer Sammlung von Zeitungen sprach23 und nicht mehr davon, dass die Fuggerzeitungen vom Augsburger Handelshaus herausgegeben worden seien. Er machte auf den Zusammenhang von Post und Postkursen mit den Zeitungsdaten und ihrer Übermittlung aufmerksam und wies durchaus zutreffend den besonderen Stellenwert einzelner Städte als Absendeorte von Zeitungen aus24. Wahrscheinlich war Kleinpauls Studie die Anregung, die wenige Jahre später den Wiener Literaten Viktor Klarwill dazu veranlasste, einen Band mit ausgewählten Fuggerzeitungen herauszugeben25. Eine inhaltliche Beschäftigung mit der Sammlung ist bei ihm nur insofern erfolgt, als er eine zeitlich und thematisch breit gestreute Auswahl von Zeitungen zusammenstellte. Die Wiedergabe erfolgte dabei in modernisierter Form; der Band wendete sich also eindeutig an ein breites, historisch interessiertes Publikum, welches durch die englische Übersetzung von 1925 und einen zweiten englischsprachigen Band, der ausgewählte Nachrichten mit Bezug zu England in der Zeit Elisabeths I. zusammenstellt26, noch erweitert wurde. Weder bei Sickel, noch bei Kleinpaul noch in der Zusammenstellung von Klarwill wird eine vorrangige inhaltliche Orientierung der Fuggerzeitungen auf Handel und Wirtschaft postuliert. Zwar legte die in der älteren Forschung immer wieder zitierte Entwicklung der (geschriebenen) Zeitungen aus dem Kaufmannsbrief dies nahe27, aber erst zu Beginn der dreißiger Jahre entstand eine Studie, die sich den wirtschaftsgeschichtlich relevanten Inhalten genauer zuwendete. Kaspar Kempter legte 1934 in München eine Dissertation vor, deren Ziel es war festzustellen, „ob in den Geschriebenen Zeitungen des 16. Jahrhunderts bereits eine wirtschaftliche Berichterstattung vorgelegen hat“28, was der Autor abschließend bejaht. Ein Jahr nach dieser vorrangig auf eine inhaltliche Auswertung fokussierten Studie erschien 1937 ein Büchlein von Mathilde Fitzler, die im Zuge eigener Arbeiten über die Kolonialpolitik Philipps II. von Spanien in Asien auf die Fuggerzeitungen als Quelle ge  Zur Person siehe Böning, Johannes Kleinpaul; Kleinpaul, Fuggerzeitungen 7.   Siehe etwa seinen Versuch, eine zeitgenössische Zeitung aus den Inhalten der Fuggerzeitungen zusammenzustellen (114–122) sowie diverse Ungenauigkeiten hinsichtlich der Fuggerschen Familiengeschichte (49, 82), falsche Lesung von Namen etc. Siehe auch Fitzler, Fuggerzeitungen 7f.; Kempter, Berichterstattung 8; Zwierlein, Fuggerzeitungen 174f. 23  Ebd. 8, 75–84, 88. 24  Ebd. 19, 85–87, 107–112. 25  Fugger-Zeitungen. Zu dieser Edition siehe auch Schilling, Fuggerzeitungen 876. 26  The Fugger-News-Letters. 27  Kempter, Berichterstattung 5, 11. 28  Ebd. Vorwort 11, 9, 111. 21 22



Katrin Keller

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stoßen war. Sie nahm sich nun einer historischen Analyse der Entstehung der Fuggerzeitungen an, die in verschiedener Hinsicht zu Korrekturen an Kleinpauls Feststellungen führte. Dabei ist in erster Linie an ihren Befund zu denken, dass eben nicht Philipp Eduard Fugger, sondern dessen Bruder Octavian Secundus Fugger als Sammler der Zeitungen anzunehmen ist29 und dass die Sammlung nie mit der Fuggerschen Hauptlinie und damit mit der berühmten „Goldenen Schreibstube“ in Verbindung zu bringen gewesen sei30. Fitzlers Verdienst ist es, neben verschiedenen Richtigstellungen zu Kleinpaul etwa auch versucht zu haben, die Fuggerzeitungen und Teile der Überlieferung im FuggerArchiv in Augsburg zusammen auszuwerten, etwa, was die Identifizierung von Zeitungsschreibern betrifft, die den Hauptfokus ihrer Arbeit darstellt. Allerdings setzte sie dabei teilweise vorschnell die jeweiligen Fugger-Faktoren an den Orten, von denen Zeitungen nach Augsburg gesandt wurden, mit den Verfassern gleich. Deshalb erscheint bei ihr die Bindung der Zeitungen an ein Informationsnetzwerk der Gebrüder Fugger, das über die Firma konstituiert wurde, zu eng31, zumal sie nicht herausstellte, dass eben für den überwiegenden Teil aller Zeitungen der Sammlung überhaupt nicht feststellbar ist, wer sie verfasst hat. Auch rückt bei ihr die Orientierung des „Nachrichtendienstes“32, den die Zeitungen angeblich darstellten, auf die Unterstützung und Förderung der Geschäftsbeziehungen viel deutlicher in den Vordergrund. Sie sprach direkt vom „Überwiegen der wirtschaftlichen Berichterstattung“33. Außerdem betonte Fitzler die Abgeschlossenheit der Sammlung, die nur wenigen Auserwählten zugänglich gemacht worden sei34, und zwar vorrangig deutschen Fürsten – viel stärker als Kleinpaul modelliert Fitzler damit ein Bild der Fuggerzeitungen als firmeninternes Informationsmittel. Dabei blieb der Begriff „Fuggerzeitungen“ bei Fitzler wie bei Kleinpaul, Klarwill und Kempter eng gefasst und eindeutig auf die Wiener Sammlung fokussiert. Gleichzeitig gab es jedoch auch Publikationen, die den Begriff für den gesamten Briefwechsel der Fugger als Familie wie als Handelshaus in Anwendung brachten. Dazu gehören vor allem die beiden Editionen von Theodor Neuhofer und Götz Freiherr von Pölnitz35. Neuhofer präsentierte Nachrichtenbriefe, die zwischen 1618 und 1623 vor allem aus Graz geschrieben wurden und Informationen zur Lage an der Grenze zu den Osmanen, in der Steiermark und am Kaiserhof beinhalteten. Pölnitz dagegen stellte Briefe zusammen, die Jakob F ­ ugger „der Reiche“ 1519 bis 1525 an Herzog Georg von Sachsen sendete. Während Neuhofer Jakob Fugger als „Erfinder“ der Fuggerzeitungen ansah und keinerlei Unterscheidung zwischen (älteren) Nachrichtenbriefen und geschriebenen Zeitungen vornahm36, war Pölnitz vorsichtiger, indem er seine Texte als Grenzfall zwischen Geschäftskorrespondenz, Zeitungsbrief und Briefzeitung37 bezeichnete.

  Fitzler, Fuggerzeitungen 8, so auch schon Kempter, Berichterstattung 9.   Fitzler, ebd. 8f. 31 Siehe Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 81f.; Fitzler, Fuggerzeitungen 68f.; Zwierlein, Fuggerzeitungen 201f. 32  Fitzler, Fuggerzeitungen 20, 24f. 33  Ebd. 25. 34  Ebd. 77f. 35  Neuhofer, Fuggerzeitungen; Pölnitz, Jakob Fuggers Zeitungen. 36  Neuhofer, ebd. 13f. 37  Pölnitz, Jakob Fuggers Zeitungen 97. 29 30

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

Diese Erweiterung des Begriffes der Fuggerzeitungen hat sich teilweise durchsetzen können38 – angesichts der offensichtlichen inhaltlichen wie formalen Unterschiede zwischen den geschriebenen Zeitungen, die den Löwenanteil der Wiener Sammlung bilden39, und der Korrespondenz der Fugger führte dies freilich zu zusätzlichen Definitions­ problemen. Allerdings deuten die beiden Editionen in der Korrespondenz verschiedener Familienmitglieder zugleich ein Umfeld für die Sammlung der Fuggerzeitungen an. Interessanterweise scheint dies aber zunächst weder dazu geführt zu haben, dass im Fugger-Archiv nach ergänzendem und erläuterndem Material gesucht, noch dazu, dass die ­Wiener Sammlung mit gleichzeitig untersuchten Beständen handschriftlicher Zeitungen in Relation gesetzt wurde40. Auch Kleinpauls Einbindung der Wiener Fuggerzeitungen in seine Darstellung über das Nachrichtenwesen der deutschen Fürsten41, die 1930 erschien, scheint diesbezüglich ohne Folgen geblieben zu sein. Er benutzte für dieses Buch den in Dresden überlieferten Bestand von Fürstenkorrespondenzen und damit verbundenen geschriebenen Zeitungen als Ausgangspunkt, setzte diesen aber zu anderen Sammlungen, eben auch zu den Fuggerzeitungen, in Beziehung. Allerdings stellt auch dieses Werk Kleinpauls keine wissenschaftliche Analyse der Bestände dar, sondern eher deren impressionistische – Kleinpaul war ja von Haus aus Journalist – Beschreibung. Deutlich werden auch damit allerdings viele Parallelen in Überlieferung, Sammlung und Autoren von Zeitungen; nicht zuletzt bietet der Band einmal mehr viele Beispiele42, die Hinweise für vergleichende Ansätze hätten liefern können. Nach dem Zweiten Weltkrieg scheint es eine Wiener zeitungswissenschaftliche Habilitationsschrift gewesen zu sein, die sich zuerst wieder mit den Fuggerzeitungen beschäftigte. Leonhard Olscha43 ging anhand von Wiener Material den Ursprüngen der Zeitung nach und folgte in seinem schmalen Manuskript inhaltlich im Wesentlichen Grasshoff und Steinhausen, was die Entstehung der Zeitung betraf, und Kleinpaul und Fitzler hinsichtlich der Fuggerzeitungen44. Auch dieser Versuch, sie mit anderen Beständen von geschriebenen Zeitungen in Beziehung zu setzen, indem er etwa Zeitungsbestände der Reichskanzlei und der steiermärkischen Landstände gleichberechtigt behandelte45, blieb freilich ohne Konsequenzen in der Forschung. Insgesamt wurde die zeitungsgeschichtliche Forschungstradition der Zwischenkriegszeit im deutschsprachigen Raum erst gegen Ende der 50er Jahre wieder aufgenommen46, nicht zuletzt verbunden mit der in Bremen angesiedelten pressegeschichtlichen Forschungs- und Sammlungstätigkeit. Den Schwerpunkt bildete nun aber die frühe gedruckte Presse, wie etwa das hier entstehende Verzeichnis der gedruckten Zeitungen des 17. Jahrhunderts47 belegt. Die Fuggerzeitungen blieben jedoch in der Literatur präsent und wurden seit den fünfziger Jahren in den verschiedensten Kontexten zitiert: Man   Siehe unten S. 15 Anm. 53.   Siehe unten S. 198. 40  Etwa Hahn, Nachrichtendienst; Blindow, Berliner geschriebene Zeitungen. Literaturüberblick bei Böning, Zeitungen 2008 208f.; ders., Zeitungen 2011 25, 28–30. 41   Kleinpaul, Nachrichtenwesen. 42  Ebd. 147–173. 43  Olscha, Zeitung. 44  Ebd. 62–76. 45  Ebd. 131–165. 46  Zu Gründen siehe Zwierlein, Fuggerzeitungen 174f. 47  Bogel–Blühm, Die deutschen Zeitungen. 38 39



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­ ndet sie etwa in Fernand Braudels epochalem Werk über Philipp II. und das Mittelmeer fi ebenso wie in Jürgen Habermas’ Entwurf zum Strukturwandel der Öffentlichkeit48. Über diese und ähnliche „Schaltstellen“ wurden die Fuggerzeitungen im wissenschaftlichen Diskurs präsent gehalten; zahlreiche Darstellungen zur Presse-, Medien- und Kommunikationsgeschichte, aber auch solche zu wirtschaftsgeschichtlichen Kontexten erwähnten die Fuggerzeitungen49. Alle Äußerungen blieben freilich von den Studien aus der Zwischenkriegszeit abhängig; lange Zeit befasste sich niemand wirklich mit den Wiener Quellen. Die Auswahl­ edition Klarwills blieb so der einzige direkte Zugriff, wobei ihre englische Übersetzung auch für eine Wahrnehmung der Fuggerschen Zeitungssammlung im englischsprachigen Raum sorgte. Eine Auswahl aus der Auswahl, die 1959 zuerst gedruckt wurde, sowie die Neuauflage Klarwills 1970 zeigen ein erhebliches Interesse an den Fuggerzeitungen als Quelle50 wie am Phänomen der Sammlung51 bis in die jüngste Zeit. Ein Überblick über die bis zur Jahrtausendwende und teilweise noch in den letzten Jahren aufscheinenden Erwähnungen der Fuggerzeitungen macht deutlich, dass sich seit dem Zweiten Weltkrieg das Wissen über die Wiener Sammlung, ihre Funktion und Zusammensetzung, kaum erweitert hatte. Allerdings sind einzelne Aussagen der eingangs dargestellten Untersuchungen einseitig betont worden und dominieren teilweise bis heute das Gesamtbild beziehungsweise die Einordnung der Fuggerzeitungen. So wird zum einen vielfach immer noch von einer Dominanz wirtschaftlicher Berichterstattung ausgegangen sowie davon, dass die in den Fuggerzeitungen gesammelten Informationen in erster Linie der Entscheidungsfindung in kaufmännischer Hinsicht dienen sollten52. Eine zweite Grundaussage ist die der Geheimhaltung (nach Fitzler und Habermas) – die Fuggerzeitungen als firmeninterne „Informationsdatenbank“, aus der nur gelegentlich und nur an ausgewählte Personen Informationen weitergegeben wurden53. Schließlich wird der Begriff der Fuggerzeitungen nicht (mehr) nur für die Wiener Sammlung verwendet, sondern immer wieder werden auch die sonstigen Korrespondenzen der Familie mit darunter subsumiert54. Wirklich inhaltlich gearbeitet haben an der Sammlung jedoch nur eine Handvoll Forscher und Forscherinnen, die sie im Wesentlichen als Quelle für historische Themen nutzten beziehungsweise präsentierten. Michael Schilling hat 1997 auf die Auswertungsmöglichkeiten einer Edition der Fuggerzeitungen hingewiesen55. 48  Braudel, La méditerranée 2 542f. (Braudel verweist dort auf die Arbeiten von Kleinpaul, Fitzler und Klarwill); Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit 71f. Zu letzterem siehe auch Böning, Zeitungen 2008 237. 49   Koszyk, Massenpresse 35–38; Böning, Weltaneignung; Mauelshagen, Netzwerke 409f.; Häberlein, Die Fugger 104; Würgler, Medien 35; Barbarics-Hermanik, Handwritten Newsletters 157f. 50   Z. B. Matthews, News and rumor; Keeler, Francis Drake; Scully, Spanish Armada. 51   Z. B. Sommerville, The News Revolution; Stephens, History of News 75–77; Cambridge History of Science 348, 351. 52   So z. B. Werner, Nachrichtenwesen; Faulstich, Medienkultur 55; Wilke, Medien- und Kommunikationsgeschichte 19; ders. Korrespondenten 63; Zimmermann, Medien 229. Dazu siehe auch Zwierlein, Fuggerzeitungen 175f. 53  So z. B. Stephens, History of News 76; Wilke, Medien- und Kommunikationsgeschichte 18f.; Schröder, Erste Zeitungen 11; Schlögl, Politik beobachten 593; Stöber, Mediengeschichte 63; Behringer, Fuggerzeitung 96f.; Schilling, Mündlichkeit 719; ders., Bildpublizistik 98–101. 54  Z. B. Stöber, Mediengeschichte 63; Wilke, Medien- und Kommunikationsgeschichte 18f.; ders., Korrespondenten 63f.; Schilling, Bildpublizistik 98–103; ders., Mündlichkeit 722, 719; Olscha, Zeitungen 8–13. Dies gilt auch für die Forschung in Italien, siehe etwa Nuovo, Manuscript Writings 198. 55  Schilling, Mündlichkeit. Andere Beispiele: Dan, Mihai Viteazul; Werner, Regesten und Texte; Bastl, Tagebuch 252–294; Pirożyński, Berichterstattung.

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

Renate Pieper benutzte die Sammlung in ihrer Studie zur Vermittlung der Neuen Welt im 16. Jahrhundert ebenfalls als Quelle, insbesondere zur Darstellung des Überfalls von Francis Drake auf Cartagena 1586 sowie zur Berichterstattung über die spanischen Silberflotten56. Ihr Verdienst ist es aber vor allem, unter Bezugnahme auf die Fuggerzeitungen allgemein auf den Stellenwert von geschriebenen Zeitungen als Informationsmedium und auf deren Einbindung in die Nachrichtenflüsse des 16. Jahrhunderts hingewiesen zu haben57. Damit unterstrich sie zum einen die Charakteristik der Wiener Überlieferung als geschriebene Zeitung, die in der Literatur nicht immer so deutlich formuliert worden ist58. Zum anderen stellte ihre Bewertung einen ersten Schritt weg von der Sichtweise der Fuggerzeitungen als „privates“ Informationsmedium dar, hin zu ihrer Einordnung in kommunikative Netzwerke der Zeit, nicht zuletzt, indem Pieper auch andere Sammlungen wie die Urbinate in Rom und die Zeitungssammlung des Herzogs von Pfalz-Neuburg in ihre Ausführungen einbezog. Schließlich ist noch auf Arbeiten Wolfgang Behringers zu verweisen – vor allem seine umfangreiche Untersuchung zu Post und Kommunikationsrevolution beinhaltet Hinweise zu den Fuggerzeitungen, die er hier zuerst als „private Datenbank“59 bezeichnete, die je nach Interesse der Eigentümer zum Einsatz kommen konnte. Vor allem aber stellte er Überlegungen zum Anteil der Texte gewerbsmäßiger Zeitungsschreiber in der Sammlung an und beschrieb in diesem Zusammenhang auch die Augsburger Zeitungsschreiber genauer60. Die 2004 erschienene Charakteristik der Fuggerzeitungen von Michael Schilling und das 2006 publizierte Stichwort „Fuggerzeitungen“ in der „Enzyklopädie der Neuzeit“ von Wolfgang Behringer fassen die eben beschriebenen Sichtweisen und Schwerpunkte noch einmal zusammen61, leider noch ohne etwa Renate Piepers weiterführende Hinweise zu berücksichtigen. Da während der letzten zehn Jahre endlich auch wieder Studien über die Wiener Fuggerzeitungen entstanden sind, die die Sammlung selbst ins Zentrum des Interesses stellten, sind beide Texte freilich mittlerweile in mancher Hinsicht überholt. Ein erster Schwerpunkt dieser neueren Studien war dabei die inhaltliche Erschließung der Sammlung. Hier wären Teileditionen von Margarethe Biringer und Oswald Bauer zu nennen. Im Jahr 2009 erschien ein Aufsatz von Anita Hipfinger und Josef Löffler, der die Wiener Sammlung in quantitativer und formaler Hinsicht ausführlich beschrieb62. Bedeutsamer für die Einordnung der Wiener Fuggerzeitungen waren jedoch drei Dissertationen, die nicht zuletzt in den Kontext des Aufschwungs kommunikationsgeschichtlicher Forschungen in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft seit den ausgehenden 90er Jahren zu stellen sind. Dabei handelt es sich zum einen um die 2006 erschienene Arbeit Cornel Zwierleins, in der dem discorso als Methode politischer Entscheidungsfindung nachgegangen wird. In seiner umfangreichen Darstellung werden politische und staatstheoretische Rahmenbe  Pieper, Vermittlung einer neuen Welt 178–210, 221–227; siehe auch dies., Berichterstattung.   Pieper, Vermittlung einer neuen Welt 24f., 278f. 58   Behringer, Fuggerzeitungen 95, spricht ebenso von „Briefen“ wie Schilling, Mündlichkeit 718f. 59   Behringer, Merkur 328. 60   Ebd. 331–346. 61  Behringer, Fuggerzeitungen. Seiner Einschätzung als „Kaufmannsbriefe“ folgt auch noch Pettegree, Invention of News 113–116. 62  Biringer, Bauernkrieg; dies., Fuggerzeitungen; Bauer, Pasquille; Hipfinger–Löffler, Fugger-Zeitungen. 56 57



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dingungen und Konsequenzen dieser Entwicklung sowie die „Entstehung des neuzeitlichen Gegenwartshorizonts“63 in Italien und dem Alten Reich dargestellt. In einem Kapitel zur „Vergleichenden Kommunikationsgeschichte für Deutschland und Italien“ kommen dabei die Fuggerzeitungen, ihr Charakter und ihre politische Relevanz ausführlich zur Sprache64. Ein später publizierter Aufsatz65 Zwierleins bringt die dort formulierten Thesen noch einmal auf den Punkt: Die Fuggerzeitungen sieht er keineswegs in erster Linie als Ergebnis oder Begleiterscheinung von Firmenkontakten und Handelsbeziehungen66, sondern als Ergebnis eines Kulturtransfers, durch den die in Italien bereits verbreitete Kommunikationstechnik der dispacci beziehungsweise avvisi in den deutschsprachigen Raum übertragen wurde67. Zugleich wird die Relevanz diplomatischen Schriftverkehrs68 für die Entstehung des Mediums geschriebene Zeitung ins Licht gerückt. Durch die Bezugnahme auf weitere Mitglieder der Familie Fugger, die Nachrichten gesammelt und versendet haben, wird die Rolle der Fugger als Mittler einer Kulturtechnik beschrieben69. Zwierlein nahm zudem der Wiener Sammlung, die er zugleich deutlicher von brieflichen Korrespondenzen unterschied, ihren unikalen Charakter. Die Wiener Fuggerzeitungen waren nicht die geschriebene Zeitung schlechthin70, sondern sie stellen einen Ausschnitt aus der Gesamtheit handschriftlicher Zeitungen dar. Zugleich waren die Zeitungen Element eines umfassenderen Kommunikationsnetzwerks, in dem die Fugger als Vermittler auftraten. Dies haben zuletzt auch die Arbeiten von Christel Karnehm und Regina Dauser71 für den Onkel der beiden Zeitungssammler, Hans Fugger, deutlich gemacht. In eine ähnliche Richtung argumentiert auch die unpublizierte Grazer Dissertation von Zsuzsa Barbarics-Hermanik72, die – schon auf Zwierleins Aussagen Bezug nehmend – dafür plädierte, die zahlreichen Bestände geschriebener Zeitungen in europäischen ­Bibliotheken und Archiven nicht länger jeweils nur als Unikum anzusehen, sondern nach Verbindungen zu fragen und auf dieser Ebene zu Aussagen über kommunikative Netzwerke zu kommen, die diese Sammlungen dokumentieren73. In seiner Augsburger Dissertation, die Ende 2011 erschienen ist, hat sich Oswald Bauer schließlich umfassend mit den Wiener Fuggerzeitungen beschäftigt. Er knüpfte dabei ebenfalls an Zwierlein an; sein Schwerpunkt war jedoch einerseits die inhaltliche Beschäftigung mit den ­Fuggerzeitungen, andererseits deren Einordnung in das komplexe Kommunikationsnetz der Georg Fuggerschen Erben, also des Handelsunternehmens der Brüder Octavian Secundus und Philipp Eduard Fugger. Als erster hat sich Bauer dabei der Mühe einer inhaltlichen Analyse unterzogen und kann auf dieser Basis viele ältere Auffassungen korrigieren und manche von Zwierleins Annahmen weiterführen. Bauers Studie lässt etwa, nicht zuletzt durch quantitative Analysen, die inhaltliche   Zwierlein, Discorso 202–272.   Ebd. 574–610. 65   Zwierlein, Fuggerzeitungen. 66   Ebd. 173. 67   Zwierlein, Discorso 574f., 579f., 607f.; ders., Fuggerzeitungen 178, 185f., 195f., 206. 68   Dazu ausführlich Zwierlein, Gegenwartshorizonte. 69   Zwierlein, Discorso 586f., 591–599; ders., Fuggerzeitungen 172f., 183f., 188, 203–205. 70   Zwierlein, Gegenwartshorizonte 3, 29. 71   Karnehm, Hans Fugger; Dauser, Informationskultur. 72   Barbarics, Tinte. Wichtige Ergebnisse der Arbeit siehe z. B. in Barbarics-Hermanik, Handwritten newsletters, und dies., Sammlungen. 73   Ebd. 222, 226; Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletters 55. 63 64

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

Differenzierung der Informationen und die Motive der Sammler deutlich hervortreten. Damit sollte endgültig die Bezeichnung als „Kaufmannsbrief“ und die einseitige Einordnung als „Wirtschaftsnachrichten“ obsolet sein74, die den Fuggerzeitungen anhaftete. Bauer gelang es zudem, Veränderungen der Berichterstattung über den Überlieferungszeitraum hinweg in formaler wie inhaltlicher Hinsicht nachzuzeichnen. Dadurch wird nicht zuletzt die zunehmende Professionalisierung der Texte und ihrer Schreiber erkennbar75. Bedeutsam ist zudem Bauers Darstellung der Fuggerzeitungen innerhalb eines Nachrichtensystems der Georg Fuggerschen Erben76, zu dem außer den handschriftlichen Zeitungen auch die Firmen- und die private Korrespondenz gehörten, ebenso wie gedruckte Texte und nicht zuletzt auch die mündliche Kommunikation in Augsburg. Er legte plausibel dar, dass Zeitungen und geschäftliche Korrespondenz einander ergänzten77 und dass die Fuggerzeitungen nicht mit der Geschäftskorrespondenz zu verwechseln sind. Durch erste Vergleiche mit anderen Sammlungen78 konnte erneut belegt werden, dass es sich weder bei den Texten selbst noch bei der Sammlung um ein singuläres Phänomen handelte. Die Relevanz geschriebener Zeitungen innerhalb der frühneuzeitlichen Medienlandschaft ist allerdings in Studien der letzten Jahre in unterschiedlicher Weise reflektiert worden. Zwar wird Nachrichtenmedien allgemein in wachsendem Maße Aufmerksamkeit geschenkt, aber das Interesse wird dominiert von gedruckten Medien der Nachrichtenübermittlung79. Dies gilt freilich in unterschiedlichem Maße auch in Abhängigkeit von jeweiligen Forschungstraditionen – während in Italien und Großbritannien Manuskripte als Publikationsform auch in der Zeit nach 1500 Beachtung fanden und finden, spielte dies im deutschen Sprachraum nur eine sehr untergeordnete Rolle80. Dessen ungeachtet bleibt festzuhalten, dass das neu erwachte Interesse an geschriebenen Zeitungen im Allgemeinen und den Fuggerzeitungen im Besonderen sich damit in einen generellen Trend historischer Forschungen einordnen lässt.

Zur Beschreibung des Bestandes: Quantitäten und Inhalte Die in der Österreichischen Nationalbibliothek überlieferte Sammlung, für die im Folgenden der Begriff Fuggerzeitungen ausschließlich verwendet wird, ist in 27 Foliobänden zusammengefasst81. Sie deckt die Jahre zwischen 1568 und 1605 ab, allerdings nicht ohne Lücken. So fehlen die Jahre 1574 und 1577 sowie 1602 und 1603 vollständig. Das Jahr 1605 wird nur von drei Zeitungen abgedeckt, die offensichtlich später dem letzten

74   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 196–201, 344. Zu den Inhalten der Zeitungen siehe den folgenden Abschnitt. 75  Ebd. 149, 158f., 346. 76  Ebd. 76–132. 77  Ebd. 130–132. 78   Ebd. 346–368. 79   Raymond, Invention; News Networks; Arblaster, From Ghent to Aix; Dooley, Dissemination of News; Pettegree, Invention of News; Mediensystem des Alten Reiches; Arndt, Herrschaftskontrolle; Bauer, Strukturwandel u. a. Siehe auch http://earlymodernnewsnetworks.wordpress.com/ [Zugriff 30. 12. 2014]. 80  De Vivo, Information; Love, Scribal publication; Barbarics-Hermanik, Coexistence 347f. Siehe auch unten S. 36. 81  ÖNB Cod. 8949 bis 8975.



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Band hinzugefügt wurden82. Nach Oswald Bauers Nachforschungen existierten beim Tod Octavian Secundus Fuggers im Jahr 1600 30 Bände mit Nachrichten, die im Nachlassinventar aufgeführt wurden83. Offenbar sind jedoch die Bände für die Jahre 1569 bis 1577 verloren gegangen; heute befinden sich für diese Zeit nur zwei Faszikel in der Sammlung, die aus dem Besitz von Philipp Eduard Fugger stammen, der auch früher schon an ihn adressierte Zeitungen zur Sammlung beigesteuert hatte. Dabei enthält der Band für 1575/76 ausschließlich italienische Zeitungen, die sich ursprünglich in zwei getrennten Bänden befanden und erst im 18. Jahrhundert zusammengefasst wurden. Der die Jahre 1568 bis 1573 umfassende Band84 ist der einzige der Sammlung, der keine originalen, d. h. durch Faltung und z. T. Adressierung erkennbar versendeten Zeitungen enthält. Er stellt vielmehr eine Kompilation von Zeitungen, Auszügen aus Zeitungen und anderem Material dar, die teilweise von Philipp Eduard Fugger eigenhändig erstellt wurde. Beatrix Bastl hat nachgewiesen, dass inhaltliche Zusammenhänge zwischen dem Band und dem Tagebuch Philipp Eduard Fuggers bestehen, weshalb anzunehmen ist, dass es sich bei diesem Band um eine Art Datensammlung handelt85. Die im Rahmen des in der Einleitung angesprochenen Projektes durchgeführten Erhebungen haben ergeben, dass die Bände auf insgesamt 19.552 Blättern86 16.066 Einzelstücke enthalten, unter denen geschriebene Zeitungen87 mit etwa 15.000 Stücken den Löwenanteil bilden. Die Zeitungen sind fast ausschließlich88 in deutscher (82 Prozent) beziehungsweise italienischer Sprache (17 Prozent) verfasst, während die weiteren in Erscheinung tretenden Sprachen im Wesentlichen nur bei Dokumenten nachweisbar sind. Denn die Sammlung enthält außer geschriebenen Zeitungen im engeren Sinne auch ergänzende Schriftstücke, die in der Datenaufnahme unter dem Begriff „Dokument“ ausgewiesen wurden. Dieser subsumiert den Teil der Überlieferung, den Oswald Bauer als „Briefzeitungen“ beziehungsweise „themenzentrierte Berichte und Akten“ bezeichnete89. Dabei handelt es sich neben Nachrichtenbriefen beispielsweise um Abschriften von politischen Dokumenten wie Friedensschlüssen oder Mandaten, um Kopien von Briefen, Gerichtsakten, Festbeschreibungen, Pasquille oder Listen (etwa von Truppenkontingenten) und einzelne Drucke.

  ÖNB Cod. 8975, fol. 416r–418r.   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 61f. 84  ÖNB Cod. 8949. 85   Siehe dazu Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 60; Bastl, Tagebuch 258–294. 86   Zu den in der Tabelle ausgewiesenen Blattzahlen sind noch 57 in die Zählung eingefügte Blätter in verschiedenen Bänden hinzuzurechnen. 87  Zum Begriff siehe den folgenden Abschnitt. 88  Es gibt allerdings 26 Zeitungen in spanischer, 19 in französischer und 13 in lateinischer Sprache. Siehe auch Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 70. 89  Ebd. 70–75. 82 83

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

Tabelle 1: Zur Statistik der Fuggerzeitungen90

Band

Jahr

8949 8950 8951 8952 8953 8954 8955 8956 8957 8958 8959 8960 8961 8962 8963 8964 8965 8966 8967 8968 8969 8970 8971 8972 8973 8974 8975

1568–1573 1575–1576 1578 1579 1580 1581 1582 1583 1584 1585 1586 1587 1588 1589 1590 1591 1592 1593 1594 1595 1596 1597 1598 1599 1600 1601 1604

Blattzahl

Zeitungen

Dokumente

500 398 588 625 571 541 513 436 548 787 709 612 929 744 897 909 1.035 905 999 1.051 962 901 763 702 660 792 418

1.108 321 313 362 355 302 311 298 352 412 466 406 644 523 605 674 860 666 811 866 822 740 664 638 582 571 412

81 23 76 85 30 16 24 14 15 26 14 29 37 40 65 46 35 46 52 53 39 28 28 21 25 25 9

19.495

15.084

982

Die in Tabelle 1 zusammengefassten Daten zeigen einige Entwicklungstrends an, zu denen etwa ein erhebliches Anwachsen der Zahl der gesammelten Zeitungen zwischen dem Ende der achtziger und dem Ende der neunziger Jahre gehört. Gleichzeitig war die Zahl der in den Bänden enthaltenen ergänzenden Dokumente tendenziell rückläufig, so 90

  Zur Datengrundlage siehe http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/.



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Sprachen italienisch lateinisch französisch spanisch

Anteil der Dokumente in Prozent (gerundet)

deutsch

7 7 19 19 8 5 7 4 4 6 3 7 5 7 10 6 4 6 6 6 4 4 4 3 4 4 2 6 im Durchschnitt

293 0 198 259 227 210 208 202 256 319 333 407 658 539 630 648 864 685 831 900 857 762 690 649 592 472 421

824 341 171 160 145 102 109 107 104 109 140 20 20 16 28 62 27 24 28 12 1 3 2 9 14 124 0

4 3 2 2 3 1 3 0 1 1 6 4 1 6 3 5 4 3 2 6 2 2 0 0 1 0 0

24 0 16 21 8 4 7 3 5 7 1 4 2 2 2 3 0 0 2 1 1 1 0 0 0 0 0

43 0 1 5 0 0 8 0 1 2 0 0 0 0 7 2 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0

13.110

2.702

65

114

70

sonstige

1 flämisch 1 flämisch 2 flämisch 1 flämisch

dass der Charakter als Zeitungssammlung immer deutlicher hervortrat. Und die Bedeutung der Zeitungen in deutscher Sprache wuchs tendenziell immer mehr an – gab es bis 1586 immer einen ganzen Jahrgang von Zeitungen aus Rom und Venedig in italienischer Sprache, so verschwanden diese mit dem Jahrgang 1587 fast völlig. Für einen Kernzeitraum zwischen 1578 (Cod. 8951) und 1601 (Cod. 8974) sind die ursprünglichen, von Octavian Secundus Fugger angelegten Bände in ihrer Form und Struktur weitgehend einheitlich überliefert. Jeder dieser Bände umfasst den Einlauf an

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

Zeitungen und Beilagen eines Jahres, und die darin enthaltenen Texte sind chronologisch geordnet. Allerdings sind in den Bänden bis 1586 die italienischen Zeitungen zu einem eigenen, seinerseits chronologisch geordneten Konvolut am Ende des Bandes zusammengefasst; eine Zweiteilung, die nach dem Wiedereinsetzen der italienischen Überlieferung von Zeitungen aus Italien nach 1587 nur noch einmal, im Band für 1601 (Cod. 8974), praktiziert wird. Die zwischen den beiden von Philipp Eduard Fugger dem Bestand hinzugefügten Sammelbänden für 1601 und 1604 klaffende Lücke ist vermutlich mit Quellenverlusten zu erklären91; strukturell unterscheidet sich der letzte Band (Cod. 8975) kaum von den vorangegangenen. Die Zeitungen und Dokumente der Wiener Sammlung kamen aus 471 verschiedenen Orten92 (Karte 1), unter denen Antwerpen, Rom, Venedig, Köln, Lyon, Wien und Prag – also zugleich wichtige Knotenpunkte des Postwesens – mit Abstand die wichtigsten waren. Die detaillierte Datenaufnahme bestätigt damit die Befunde, die frühere statistische Erhebungen, vor allem die Studie von Oswald Bauer93, erbracht haben. Die Zahlen der einzelnen Erhebungen differieren aufgrund unterschiedlicher Zuordnungen zwar leicht, geben aber dennoch das gleiche Gesamtbild. Dies gilt auch für die Verteilung der Zeitungen in chronologischer Hinsicht, wobei die Karten am Ende des Kapitels beziehungsweise in der Datenbank des Projektes94 eine differenziertere Vorstellung von räumlichen Verteilungen der Nachrichtenorte inklusive deren Veränderungen im Laufe der Zeit erlauben. Deutlich wird dort ebenso, dass jedes Nachrichtenzentrum für ein bestimmtes Einzugsgebiet stand, aus dem Informationen gesammelt und vermittelt wurden. Die Frequenz der Zeitungen differierte dabei in Abhängigkeit von den Absendeorten. Eine fast durchgehend wöchentliche Frequenz lässt sich bei den vier wichtigsten Absendeorten Antwerpen und Köln beziehungsweise Rom und Venedig feststellen95. Für Wien und Prag kann in den neunziger Jahren eine Verdichtung der Sendungen beobachtet werden; bis dahin kamen Zeitungen von dort etwa alle zwei Wochen. Zur „Basisberichterstattung“ gehören auch die Zeitungen aus Lyon und bis zum Ausbruch des Langen Türkenkrieges 1593 die aus Konstantinopel. Ein Zusammenhang zwischen Ereignisgeschichte und ­Frequenz der Zeitungen, wie er sich in diesem Fall andeutet, ist insgesamt charakteristisch und lässt sich auch bei vielen kleineren Zentren von Zeitungs- beziehungsweise Nachrichtenproduktion feststellen96: Dies gilt etwa für Frankfurt am Main, das vor allem im Kölnischen Krieg zwischen 1584 und 1588 als Nachrichtenzentrum aufscheint, und Middelburg im Kontext der spanischen Armada und der Aktivitäten Englands auf dem niederländischen Kriegsschauplatz zwischen 1586 und 1588. Im Zusammenhang mit politisch-militärischen Großereignissen, die über einen längeren Zeitraum hin das Interesse des Zeitungspublikums fanden – wie etwa die spanische Armada, der Kölner Krieg, die Kämpfe zwischen Osmanen und Persern, der Lange Türkenkrieg, der Straßburger Kapitelstreit, die Belagerung von Genf, der Übergang von Ferrara an den Heiligen Stuhl, der Friede von Vervins etc. – lässt sich einerseits innerhalb der konstanten Berichterstattung aus den bedeutenden Infor  Siehe dazu schon Fitzler, Fuggerzeitungen 12.   Siehe Karte 1 am Ende dieses Kapitels. 93  Hipfinger–Löffler, Fugger-Zeitungen 384–390; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 63–68. 94  http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/karte [Zugriff 30. 12. 2014]. 95  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 63f. Zur Rolle der Post als Transportkanal für geschriebene und gedruckte Zeitungen siehe Behringer, Merkur; Pettegree, Invention of News 167–181. 96  Siehe auch die interaktive Karte unter http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/karte [Zugriff 30. 12. 2014]. 91 92



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mationszentren ein Anstieg der Berichtsdichte erkennen. So finden sich etwa im Langen Türkenkrieg (1593–1606) regelmäßig Zeitungen von den ungarischen, siebenbürgischen und walachischen Kriegsschauplätzen, bei der Belagerung von Genf (1589) kommt es zu einer wöchentlichen Berichterstattung aus der Stadt, bei der Berichterstattung über die spanische Armada (1588) verdoppelt sich die Zahl der Zeitungen aus Antwerpen und Middelburg97. Und während der militärischen Auseinandersetzungen im Straßburger ­Kapitelstreit (1592) wird Straßburg zu einem der häufigsten Absendeorte. Andere Beispiele für derartige Ereignisse, die eine gehäufte Berichterstattung nach sich ziehen, sind der Livländische Krieg bis 1583, die polnische Königswahl von 1587 etc. Nach dem Ende dieser Großereignisse klingt die Berichterstattung wieder ab. Andererseits lässt sich dazu eine Berichterstattung über zeitlich begrenzte Einzelereignisse innerhalb und außerhalb dieser Kontexte erkennen. Neben einzelnen Schlachten in den diversen Kriegen handelt es sich hierbei oft um Attentate, Kriminalfälle, Naturereignisse, die in einigen wenigen, oft aber nur einer Zeitung festgehalten werden. Auf diese Weise kommt es auch zu der großen Zahl an Absendeorten, die nur durch wenige Zeitungen in den Fuggerzeitungen vertreten sind98. Im Rahmen des eingangs angesprochenen Projektes zu den Fuggerzeitungen wurde keine weiterführende inhaltliche Analyse der Zeitungstexte angestrebt. Die Studie von Oswald Bauer beinhaltet allerdings wichtige Ergebnisse einer solchen Analyse anhand von Stichproben, auf die hier zurückgegriffen werden kann99. Zwar hat Bauer dabei alle enthaltenen Einzelstücke berücksichtigt – eine Auswertung unter Berücksichtigung der analytischen Trennung von geschriebenen Zeitungen und Dokumenten, wie sie im Folgenden diskutiert wird, würde also abweichende Ergebnisse erbringen. Allerdings dürfte die Differenz angesichts des quantitativen Überwiegens von Zeitungen generell nur gering ausfallen. Bauers Ergebnisse100 seien hier knapp referiert: Gut die Hälfte aller Meldungen (51 Prozent) bezieht sich auf die Berichterstattung über Gewalt und Krieg. Weitere 25 Prozent ordnet Bauer dem Themenfeld „Politik“ zu, wobei beide Bereiche natürlich oft eng verknüpft erscheinen. Mit je etwa sechs Prozent der Meldungen folgen die Themenfelder „Gesellschaft“ (Meldungen zu Personen und gesellschaftlichen Ereignissen wie Festen) und „Wirtschaft“. Gesetzgebung und Rechtsprechung betreffen vier Prozent der Meldungen, während die verbleibenden Themenfelder (Religion, Post und Kommunikation, Natur und Wetter, Curiosa und Sonstiges) insgesamt etwa acht Prozent der Zeitungsberichterstattung ausmachen. Dabei verweist Bauer auf die weitgehende Konstanz dieser Verteilung zwischen den fünf für die Stichproben herangezogenen Jahren 1569, 1572, 1578, 1588 und 1596, wobei er allerdings kaum zwischen italienischen und deutschen Zeitungen differenziert101. Ausgehend von diesem Befund konstatiert Bauer eine zentrale Gemeinsamkeit der geschriebenen mit den ersten gedruckten Zeitungen, für die Thomas Schröder schon vor längerem eine Inhaltsanalyse vorgelegt hat102: Themen aus den Bereichen Politik und Mi  Siehe dazu insbesondere Karte 12 auf S. 96.   Siehe dazu Karte 1 am Ende dieses Kapitels und die Auflistung unter http://fuggerzeitungen.univie. ac.at/orte/absendeorte [Zugriff 30. 12. 2014]. 99  Zur Methodik ebd. 190–196. 100  Ebd. 196–201. 101  Zu Differenzen zwischen italienischen und deutschen Zeitungen siehe unten S. 109f., 122, 129–132. 102  Schröder, Erste Zeitungen, bes. 114–132. 97 98

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

litär dominieren die Berichterstattung. Auch in der Straßburger Relation und im Wolfenbütteler Aviso von 1609 betreffen etwa 70 Prozent der Berichterstattung diese Bereiche. Interessant ist, dass Analysen von gedruckten Zeitungen des ausgehenden 17. Jahrhunderts103 ebenfalls zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommen. Dies gilt etwa auch für das weitgehende Fehlen von Sensationsmeldungen im Stil der „Neuen Zeitungen“ und den geringen Stellenwert von Berichterstattung zu wirtschaftlichen Fragen. Grundlegende Merkmale der Berichterstattung waren etwa der weitgehende Verzicht auf Kommentare von Seiten des Novellanten beziehungsweise des Zeitungsmachers und die kaum aufscheinende Berichterstattung über den eigenen Ort104 – auch dies gilt grundsätzlich für geschriebene wie für gedruckte Zeitungen des 17. Jahrhunderts. Eine weitere Ähnlichkeit zwischen den Befunden für die ersten gedruckten Zeitungen und die Fuggerzeitungen stellen im Übrigen auch die Nachrichtenorte dar. Zwar fassen die gedruckten Zeitungen Nachrichten aus mehreren Orten zusammen; diese bleiben aber nach Datum und Absendeort gegliedert105, so dass eine vergleichende Betrachtung möglich ist. Nach Schröders Analyse waren für den Aviso des Jahres 1609 die wichtigsten Absendeorte Prag, Wien, Köln, Antwerpen, Rom und Venedig; in der Relation des gleichen Jahres waren es Prag, Wien, Köln, Venedig und Rom106. Die Parallelität – wenn auch in abweichender Reihenfolge – zu den eben erwähnten Befunden für die Fuggerzeitungen ist evident. Allerdings zeichnet sich hinsichtlich der Nachrichtenorte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein Wandel ab insofern, als Nachrichten aus einer deutlich größeren Zahl von Orten Eingang sowohl in gedruckte wie geschriebene Zeitungen fanden107. Außerdem verloren etliche der im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts dominierenden Orte an Relevanz, zumindest für deutschsprachige Zeitungen. Nur Köln scheint immer noch eine besondere Stellung gewahrt zu haben. Insgesamt lässt sich damit im Gegensatz zur inhaltlichen Fokussierung hinsichtlich der Nachrichtenorte und der Regionen der Berichterstattung spätestens nach 1650 eine Diversifikation erkennen; ein Befund, der zu den wachsenden Informationsmengen passt, über die Zeitungsmacher im 17. Jahrhundert verfügten108.

Zum Begriff der geschriebenen Zeitung Zur Bezeichnung des Phänomens der geschriebenen Zeitung sind verschiedene Begriffe benutzt worden. Von den Zeitgenossen wurden bekanntlich die Begriffe „Nachricht“ und „Zeitung“ in älterer Tradition noch synonym benutzt109. Diesem Begriffs103  Neumann, Zeitungsjahrgang 141, 149; Schultheiss-Heinz, Politik 94–105; Wilke, Nachrichtenauswahl 124–131; Prange, Zeitungen und Zeitschriften 95. 104  Böning, Zeitunglesen 412; Schultheiss-Heinz, Politik 105f.; Wilke, Nachrichtenauswahl 112, 149; Schröder, Erste Zeitungen 107; Infelise, Roman Avvisi 220. 105  Schröder, Erste Zeitungen 59f. 106  Ebd. 61. Zu Absendeorten anderer Bestände von geschriebenen Zeitungen siehe Barbarics, Tinte 235–264. 107  Arblaster, From Ghent to Aix 239–243, 260; Böning, Zeitungen 2008 240, stellt auch ein Angleichen der Inhalte und Nachrichtenqualitäten zwischen geschriebenen und gedruckten Zeitungen im Lauf des 17. Jahrhunderts fest – unklar ist, für welchen Teil dies einen Qualitätszuwachs bedeutete! 108  Dies legen zumindest erste Beobachtungen nahe: Schultheiss-Heinz, Politik 74 (für 1674); Friedrich, Drehscheibe Regensburg 556–558 (für 1699–1701); Wilke, Nachrichtenauswahl 99, 125; Haffemeyer, Gazette 22, 25. 109 Vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch 31 590–595. Seltener auch die Bedeutung „Ereignis“.



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gebrauch folgten in gewissem Sinne noch die ersten Untersuchungen zu geschriebenen Zeitungen in der Zwischenkriegszeit, namentlich aber Johannes Kleinpaul – „Zeitung“ ist bei ihm jedes Schriftstück, dass Nachrichten enthält. In diesem Sinne wird der Begriff meist auch in Archivinventaren und selbst noch in pressegeschichtlichen Studien verwendet110. Die Beschreibung und Analyse verschiedener Sammlungen geschriebener Zeitungen, wie sie hier vorgenommen wurde, macht allerdings deutlich, dass damit sehr unterschiedliche Textsorten zusammengefasst werden. Bei der Aufnahme der Fuggerzeitungen wie bei der vergleichenden Darstellung wurde deshalb versucht, eine möglichst klare Trennung in analytischer Absicht zu praktizieren, so wie das auch in jüngeren S­ tudien bereits angemahnt wurde111. Ziel ist es dabei, den Typ des geschriebenen Periodikums klarer zu charakterisieren, allerdings nicht ohne es im Medienverbund112, in dem Nachrichten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vermittelt wurden, zu verorten. Dazu sollen hier einige Überlegungen zur Abgrenzung der geschriebenen Zeitung von anderen Nachrichtenmedien der Zeit angestellt werden, auch wenn dies nicht dem zeitgenössischen Umgang mit diesen ­Medien entspricht – die Diversität der Sammlungen ist dafür ein deutlicher Beleg. Es geht bei diesen Überlegungen darum, den spezifischen Charakter geschriebener Zeitungen einerseits in Hinblick auf zeitgleich existierende geschriebene und gedruckte Nachrichtenmedien, andererseits in Hinblick auf das spätere gedruckte Medium herauszuarbeiten, um Entwicklungsphasen, Überlieferungsumfang, Entstehungsbedingungen etc. aus der Masse geschriebener Überlieferung deutlicher herausarbeiten zu können. Der Begriff der „Geschriebenen Zeitung“ wird hier demzufolge ausschließlich für Formate verwendet, die ein (nach Maßgabe der Zeit) öffentlich vertriebenes, periodisch erscheinendes, nicht auf einen konkreten Empfänger113 zugeschriebenes Nachrichtenmedium und damit ein tendenziell frei verfügbares Element eines Nachrichtenmarktes darstellten114. Formal typisch war die Gliederung in Überschrift, die Ort und Datum enthält, und Text, der seinerseits eine wenig ausgeprägte innere Gliederung in Nachrichteneinheiten aufweist, die allerdings nach Regionen beziehungsweise Gegenständen der Berichterstattung in Absätzen zusammengefasst sein konnten115. Der Umfang einer geschriebenen

110   Olscha, Zeitungen, passim, der allerdings selbst eine, freilich aus heutiger Sicht unbefriedigende formale Systematisierung versucht (Anhang, 43f.); Wilke, Korrespondenten 70; Böning, Zeitungen 2008 207f.; siehe auch Moureau, Nouvelles à la main 118f. 111  Dazu Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletters 54. Zur Definition von Avviso und Gazetta siehe unten S. 102f. 112   Droste, Geschriebene Zeitung 7; Tschopp, Medienvielfalt, bes. 416–427; Mauelshagen, Netzwerke 411, 413; Pettegree, Invention of News 117–138. 113   Zur Anonymität geschriebener Zeitungen: Barbarics, Sammlungen 223f.; dies., Medien 256f., Timmermann, Zeittungen 144; Šimeček, Geschriebene Zeitungen 77. Allerdings bedeutet das nicht, dass die Novellanten für einen völlig offenen Markt schrieben, denn aufgrund von Lesefähigkeit und Kosten stammten die Rezipienten aus relativ klar beschreibbaren sozialen Gruppen, dazu siehe auch den Beitrag zu Zeitungssammlungen im Alten Reich. 114   Siehe etwa Droste, Geschriebene Zeitung 18; Arblaster, From Ghent to Aix 49; Nuovo, Manuscript Writings 196, 198; Pettegree, Invention of News 5, 97. 115  Barbarics, Sammlungen 223–226; Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletters 58–61; BarbaricsHermanik, Medien 256; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 71f. Diese Kompilation von Nachrichten aus verschiedenen Orten wiesen geschriebene Zeitungen auch noch am Ausgang des 17. Jahrhunderts auf: Friedrich, Drehscheibe Regensburg 417f. Wolfgang Behringer schreibt eindeutig zu Unrecht Carolus die Erfindung der Form für das gedruckte Produkt zu: Behringer, Merkur 354, 358.

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Zeitung belief sich im Allgemeinen auf ein bis drei Seiten116; bei italienischen Zeitungen waren auch fünf Seiten nicht selten. Weiter zu diskutieren wäre dabei freilich, ob man als eine Zeitung die unter einer Orts- und Datumszeile zusammengefassten Nachrichten bezeichnet – diese Abgrenzung wurde hier für die Aufnahme der Fuggerzeitungen als Einheit angewendet in Anlehnung an bisherige Studien zu dieser Sammlung. Bei anderen Sammlungen, in denen Zeitungen nicht eingebunden wurden, sondern als lose Blätter überliefert sind, aber auch aufgrund von Papier und üblicher Abfolge der Nachrichten in den Fuggerzeitungen wäre freilich auch eine andere Zuschreibung möglich. Danach wäre es denkbar, die auf einem oder mehreren Blättern gemeinsam übersendeten Nachrichten aus verschiedenen Absendeorten als eine Zeitung aufzufassen117. Diese Form wird im Folgenden jedoch als „Zeitungssendung“ bezeichnet. Zu dieser Abgrenzung wären freilich weitere Überlegungen anzustellen, die auch die Möglichkeit der klaren Trennung solcher Sendungen voneinander einbeziehen. Im Text war die informative Funktion zentral – Nachrichten wurden nach ihrem Nachrichtenwert kompiliert, was in Wechselwirkung mit dem kommerziellen Charakter zu sehen ist. Kommentare und Stellungnahmen zur Berichterstattung kamen nur ausnahmsweise vor. Entstanden sein dürfte dieser Typus vorrangig politischer Berichterstattung in Italien118, von wo er in den 1530er und 1540er Jahren in den deutschsprachigen Raum vordrang. Der Transfer des italienischen Modells des Avviso oder der Gazetta119 war verbunden mit stärkeren inhaltlichen Standardisierungen, die wohl in den 1550er Jahren zur Ausprägung eines eigenen und dann für Jahrzehnte präsenten Mediums führten. Seine Übermittlungs- und Erscheinungsweise war eng an das Postwesen gekoppelt, so dass spätestens seit den 1580er Jahren eine wöchentliche Folge von geschriebenen Zeitungen aus den großen Nachrichtenzentren als typisch gelten kann. Über die Entwicklung des Mediums nach 1600 ist bislang wenig bekannt, da keine größeren Bestände untersucht wurden. Es gibt jedoch Anhaltspunkte dafür, dass sich nach 1600 der Umfang geschriebener Zeitungen tendenziell erweiterte und dass vor allem nach 1640 neben den bislang in mitteleuropäischen Archiven aufscheinenden, vorrangig in deutscher und italienischer Sprache verfassten Zeitungen nun auch verstärkt solche in französischer und englischer Sprache anzutreffen sind120. Ob dies mit einer Ausweitung der Produktion geschriebener Zeitungen in anderen Regionen, mit Exklusivitätsstreben der potentiellen Adressaten oder schlicht mit Zufällen der Überlieferung zu erklären ist, kann derzeit nicht gesagt werden. Geschriebene Zeitungen in diesem Sinne wurden bei ihrer Übersendung teilweise durch zusätzliche Materialien ergänzt beziehungsweise ihrerseits als Beilagen zu Briefen übersendet, so dass die eigentliche Zeitung nicht selten als Bestandteil eines Medienbündels in Erscheinung trat121. Von Dokumenten wie Fest- und Schlachtenberichten, Abbil116   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 71; Barbarics, Sammlungen 224f.; Friedrich, Drehscheibe Regensburg 414. 117   Siehe dazu unten S. 102f., 107f. 118   Zwierlein, Fuggerzeitungen; Barbarics-Hermanik, Medien 256; Arblaster, From Ghent to Aix 50; Pettegree, Invention of News 110f. 119  Siehe dazu unten S. 102–106. 120  Barbarics-Hermanik, Medien 256; Infelise, Prima dei giornali; Moureau, Répertoire. Friedrich, Drehscheibe Regensburg 416–418, lässt aber keine Unterschiede im Umfang erkennen. 121  Barbarics-Hermanik, Medien 256; zur Verbindung zu gedruckten Materialien siehe unten.



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dungen, Abschriften von Verträgen, Listen etc.122 fällt die Unterscheidung gewöhnlich leicht: Die formale Abgrenzung hinsichtlich des Aufbaus und oft auch des Umfangs, aber auch der Art der Formulierung ist deutlich. Oft wird auf den Charakter als Kopie auch explizit hingewiesen. Derartige Dokumente gehörten zu jeder Sammlung von Zeitungen, ohne selbst Zeitung zu sein. Zwischen Brief, Nachrichtenbrief123 – auch als Briefzeitung bezeichnet – und geschriebener Zeitung ist die Differenzierung oft problematischer und sicher nicht in jedem Fall eindeutig. Brief und Nachrichtenbrief waren jedoch auf konkrete Adressaten zugeschrieben124, zielten nicht auf einen eher anonymen – wenn auch sozial relativ klar zu verortenden125 – Leser wie die Zeitungen und unterscheiden sich dadurch hinsichtlich der Sender-Empfänger-Konstellation doch relativ deutlich. Nachrichtenbriefe, wie sie in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in verschiedenen Sammlungen in Erscheinung treten, waren zwar formal stärker standardisiert als der individuelle Brief. Dies zeigen beispielsweise die Schreiben Christoph Scheurls, die sich in Dresden erhalten haben126. In seinem Fall ebenso wie bei Hans Fugger und dem Herzog von Bayern, bei Christoph Haller von Hallerstein oder Heinrich von Rantzau und dem Kurfürsten von Sachsen oder bei Isidoro Manfredi und dem Großherzog von Florenz127 war die Entstehung und Übersendung der Texte freilich in umfassendere Klientelverbindungen zwischen Sender und Empfänger eingebunden. Und die mehr oder weniger kontinuierliche Bezahlung der Verfasser solcher Nachrichtenbriefe, wie sie in einigen Fällen nachgewiesen werden kann128, gab ihnen auch einen kommerziellen Charakter. Aber sowohl in formaler Hinsicht (Länge und Aufbau) wie oft auch hinsichtlich der Frequenz von Sendungen und eben durch ihre inhaltliche Selektion unterschieden sie sich doch von geschriebenen Zeitungen. Ähnliches gilt auch für Berichte, die im Rahmen diplomatischer Tätigkeit entstanden, obwohl für sie in der Literatur mehrfach der Begriff Zeitung oder Briefzeitung Anwendung fand129. Agenten, Residenten, Botschaftssekretäre berichteten zwar oft wöchentlich, aber sie taten das eben mit dem konkreten Adressaten vor Augen. Ob sich ihre Berichte wirklich generell durch exklusivere Informationen von geschriebenen Zeitungen unterschieden, wie vermutet worden ist130, muss einer intensiveren Untersuchung überlassen werden. Aus dieser Abgrenzung ergibt sich natürlich auch, dass als „Novellanten“, als Produzenten von Zeitungen im engeren Sinne, nur diejenigen Personen bezeichnet werden soll  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 73–75.   Zur Entwicklung des Nachrichtenbriefs siehe Zwierlein, Gegenwartshorizonte; Bauer, Höfische Gesellschaft 31f. 124  Zur Unterscheidung siehe etwa Zwierlein, Discorso 574; Nuovo, Manuscript Writings 199; Wilke, Korrespondenten 60–62; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 40f.; Hillgärtner, Entstehung 23–26, der freilich die Fuggerzeitungen als „Briefzeitungen“ in diesem Sinne auffasst. 125  Diese Zuschreibung resultierte nicht nur aus Finanzkraft oder Verbindung zur Politik, sondern auch aus Grundsätzen der zeitgenössischen Wahrnehmungslehre, siehe etwa Weissbrich–Carl, Medienereignisse 78f. 126  HSTAD Loc. 10695/3 bis 11 und Soden, Christoph Scheurl’s Briefbuch. 127  Zwierlein, Discorso 577–588, zu Fugger; siehe unten S. 53f. und 154f., 157 zu Kursachsen bzw. den Medici. 128  Kleinpaul, Nachrichtenwesen 118–124. Für die spätere Zeit siehe etwa Friedrich, Drehscheibe Regensburg 204f., 407, die diese „Korrespondenzen“ auch von Brief und geschriebener Zeitungen trennt. 129  Zur Begrifflichkeit etwa Lindemann, Deutsche Presse 15; Arndt, Herrschaftskontrolle 68–72; Wilke, Korrespondenten 60; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 72f.; zur Unterscheidung von Zeitung und Gesandtenbericht siehe Friedrich, Beobachten. 130  Timmermann, Zeittungen 144. 122 123

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ten, die regelmäßig für einen Markt Texte produzierten131. Die über persönliche Verträge oder Absprachen individuelle Informationen produzierenden Agenten132, Nachrichtenschreiber wie Christoph Scheurl oder der in der Literatur oft zitierte Philipp Hainhofer133 ebenso wie Personen, die Informationen zum Zeitgeschehen in ihre Briefwechsel aufnahmen – bekannte Beispiele dafür wären etwa Heinrich Bullinger oder Philipp Melanchthon, aber auch die Nachrichten austauschenden Reichsfürsten134 – waren allein deshalb noch keine Novellanten oder Zeitungsschreiber. Die hauptberuflichen Novellanten sind allerdings im Unterschied zu Korrespondenten und diplomatischen Berichterstattern nur selten namentlich festzumachen135. Dies gilt insbesondere für die deutschsprachigen Zeitungen, bei denen die Zuweisung zu Zeitungsschreibern, wie sie beispielsweise in Augsburg nachweisbar sind136, nie aus dem Produkt selbst möglich ist. Hinsichtlich der Novellanten lässt sich insofern eine Entwicklung erkennen, als im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts Zeitungen aus den großen Nachrichtenzentren wie Rom, Venedig, Antwerpen oder Köln vielfach bereits von professionalisierten Büros und Schreibern geliefert wurden, während Informationen aus anderen Orten auch durch Briefe, Berichte usw. in das Informationsnetzwerk eingespeist wurden137. Unklar ist bislang, wie die Zusammenfassung von Meldungen und die Kommerzialisierung von Nachrichten etwa in Augsburg genau geschah, welche Rolle Zwischenstationen und Vermittler spielten. Sicher ist, dass professionelle Novellanten immer nur einen Teil der Zeitungen lieferten, die nicht nur durch Abonnement, sondern auch durch Kopieren, Verlesen und Weitergabe Verbreitung fanden. Damit sind einige Kriterien genannt, die geschriebene Zeitungen von Brief, Nachrichtenbrief und diplomatischer Korrespondenz unterscheiden. Vom wichtigsten gedruckten Nachrichtenmedium des 16. und 17. Jahrhunderts vor der Verbreitung gedruckter periodischer Zeitungen, von den sog. Neuen Zeitungen, lässt sich ebenfalls eine relativ klare Unterscheidung vornehmen. Typologisch sind es vor allem das klassische Kriterium des Drucks, aber auch die fehlende Periodizität der Neuen Zeitung, die zu nennen wären138. Außerdem sind keine kontinuierlichen Bezugsstrukturen durch Abonnement für die Neuen Zeitungen bekannt. Inhaltlich sind viele Neue Zeitungen eher auf ein Er131  Barbarics, Tinte 237, 251; dies., Coexistence 364f.; Faulstich, Medienkultur 57; Infelise, Professione reportista. Wilke, Korrespondenten 70f., verweist zwar meist gerade auf Verfasser von Nachrichtenbriefen, nennt aber auch tatsächliche Novellanten. Siehe auch die Ausführungen zu Michele Ciliano unten S. 110f. 132   Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletters 62–64. 133   Behringer, Merkur 338f., 366f. 134   Henrich, Bullinger’s Correspondence; Grasshoff, Briefliche Zeitung, bes. 55–60, 63; Kleinpaul, Nachrichtenwesen, passim; Olscha, Zeitungen 42–47; Böning, Zeitungen 2011 27f.; Barbarics-Hermanik, Coexistence 362f. 135   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 71; Barbarics, Sammlungen 240f.; dies., Coexistence 358–360. Dazu auch Friedrich, Drehscheibe Regensburg 407f. Die vielen Namen, die beispielsweise Kleinpaul, Nachrichtenwesen 68–70, 70–72, 80f., 84 usw., nennt, bezeichnen fast immer Verfasser von Nachrichtenbriefen. Gleiches gilt für die Aufzählung von Böning, Zeitungen 2008 212–216, und ders., Zeitungen 2011 28–30, oder für die Aussagen von Hahn, Nachrichtendienst 14, 27–44, 52–64, Freiberger, Anfänge 48, 52f., und anderen. 136   Behringer, Merkur 323–338. Arblaster, From Ghent to Aix 258, spricht das Problem der Autorschaft auch für gedruckte Zeitungen an und verweist in diesem Zusammenhang auf den Stellenwert der Zusammenarbeit von Nachrichtenlieferant, Sammlern derselben und Schreibern bzw. Druckern. Für italienische Verhältnisse siehe unten S. 154f. 137  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 149, 158f. 138  Unter den vielen Publikationen von Helmut Lang zu diesem Thema siehe etwa Lang, Neue Zeitung; Schröder, Erste Zeitungen 14–16; Pettegree, Invention of News 70–75.



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eignis orientiert, über das dann teilweise mit zeitlichem Abstand ausführlicher berichtet wird, nicht aber auf kontinuierliche Nachrichtenübermittlung. Auf Parallelen und Überschneidungen zur Berichterstattung geschriebener Zeitungen wird aber noch zurückzukommen sein. Was unterscheidet aber nun die in dieser Weise definierten geschriebenen Zeitungen von der gedruckten Presse des 17. Jahrhunderts? Die gegenwärtig in der Presseforschung übliche Definition einer Zeitung benutzt vier Kriterien zu deren Beschreibung139: Periodizität, Aktualität, Universalität und Publizität. Die Periodizität der geschriebenen Zeitung liegt auf der Hand, betrachtet man die Daten ihrer Absendung. Oswald Bauer hat für die Fuggerzeitungen ausführlich die Verbindung von Posttermin und Zeitungstermin erörtert; eine Verbindung, die in der Literatur als allgemein akzeptiert gelten kann140. Geschriebene und gedruckte Zeitungen waren dabei auf die gleiche Institution angewiesen und von deren Regelhaftigkeiten bestimmt. Auch zur Aktualität und zur inhaltlichen Universalität geschriebener Zeitungen hat Bauers ­Studie gesicherte Kenntnisse erbracht141. Die oben kurz skizzierten Parallelitäten zwischen geschriebenen und gedruckten Zeitungen in Hinblick auf Inhalte und Absendeorte sind hier nicht noch einmal zu wiederholen. Wenn man unter Universalität auch den Umstand fasst, dass die gedruckten Zeitungen der Frühen Neuzeit generell nicht auf einen spezifischen Rezipientenkreis zugeschrieben waren, muss hier noch der Aspekt der Anonymität angeführt werden. Diesen betonen verschiedene Studien zur Zeitungsgeschichte für die gedruckte Zeitung142 – wie oben schon angesprochen, gilt er jedoch in vergleichbarer Weise ebenso für die geschriebenen. Dies impliziert freilich in beiden Fällen (noch) nicht die inhaltliche wie faktische Zugänglichkeit für jedermann, ohne ständische Abgrenzungen, oder die Produktion für ein völlig anonymes Publikum. Vielmehr waren potentielle Leserkreise für die Novellanten durchaus bekannt und abschätzbar. Rezipienten geschriebener Zeitungen waren Fürsten, Diplomaten, Kaufleute, städtische und landesherrliche Amtsträger, Gelehrte, Geistliche höheren Standes, adlige Damen und Herren143, in deren Kreisen Zeitungen dann auch zirkulierten. Noch die frühen Zeitungstraktate des ausgehenden 17. Jahrhunderts gehen relativ klar davon aus, dass (gedruckte) Zeitungen politisches Wissen für mit Politik Befasste präsentieren144. Die Zuschreibung auf derartige Leserkreise ergibt sich nicht zuletzt aus ihrer Sprache und den für das Verständnis notwendigen Vorkenntnissen; erst nach 1650 ist dahingehend eine Vereinfachung im Sinne eines breiteren Lesepublikums beobachtet worden145. 139   Vgl. etwa Stöber, Mediengeschichte 61; Bauer, Höfische Gesellschaft 38; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 40f. 140   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 167–188; Friedrich, Drehscheibe Regensburg 414–416; Nuovo, Manuscript Writings 201. Zum Zusammenhang von Post und Presse siehe Behringer, Merkur, z. B. 346f.; Böning, Zeitungen 2011 24; Arblaster, From Ghent to Aix 263. 141  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 75f., 344f. 142  Nur einige neuere als Beispiel: Arndt, Herrschaftskontrolle 50; Arblaster, From Ghent to Aix 9; Hillgärtner, Entstehung 25; Infelise, Merchant’s letters 38; Giesecke, Buchdruck 186, 363f., zur begrenzten Anonymisierbarkeit geschriebener Texte. 143  Politics of Information; Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletters 60–63; Infelise, Marché 123f.; Böning, Weltaneignung 112; Barbarics-Hermanik, Coexistence 360f. 144  Krischer, Zeremoniell 312; Droste, Geschriebene Zeitung 14f.; Behringer, Merkur 373; siehe auch die Zusammenstellung bei Barbarics, Sammlungen 241–243, oder die Bemerkungen bei Böning, Zeitungen 2008 210f., 216; Duchêne, Lettres et Gazettes 494, 496; Moureau, Nouvelles à la main 120. 145  Schröder, Erste Zeitungen 12; Bauer–Böning, Vorwort X; siehe auch Böning, Zeitunglesen 392f.

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Den einzigen Unterschied zwischen gedruckter und geschriebener Zeitung sahen ältere Studien im Druck146, also dem Merkmal der Publizität, und haben diesem konstitutive Bedeutung zugeschrieben. Allerdings resultierte aus dem Druck zunächst keineswegs eine grundlegende Veränderung von Format, Umfang, Textstruktur oder Aktualität der Zeitungen147. Aus dem Druck resultierte allerdings die Möglichkeit einer größeren Auflage, vor allem aber – und darauf hob Johannes Carolus, der Herausgeber des ersten gedruckten Periodikums, schon 1605 ab148 – eines niedrigeren Preises. Der oft zitierte höhere Preis der geschriebenen Zeitung als Hinweis auf ihre größere Exklusivität149 wäre freilich angesichts der geringen Zahl von Angaben und ihrer sehr großen Streuweite zu überdenken: Wie exklusiv war ein Produkt wirklich, das als Jahresabonnement für 10 Gulden verfügbar war150? Dies gilt auch für das oft angeführte Argument der begrenzten Auflage geschriebener Zeitungen, das natürlich ebenfalls nicht von der Hand zu weisen ist. Allerdings scheint die schiere Zahl der überlieferten Exemplare dagegen zu sprechen, dass 10 oder 15 Stücke einer geschriebenen Zeitung wirklich eine Höchstgrenze darstellten151. Zudem fand das Kopieren und Wieder-Kopieren nicht nur in der eigentlichen Schreibstube des Novellanten statt, wie vor allem das Nachrichtentauschsystem der Fürsten in den siebziger und achtziger Jahren andeutet152: Schon Anfang des 17. Jahrhunderts existierten Lesezirkel in Leipzig und Kitzingen153, die geschriebene Zeitungen abonniert hatten und auf diese Weise deren Leserkreis vergrößerten, und auf das Vorlesen von Zeitungen in kleineren und größeren Zuhörergruppen ist bereits verschiedentlich hingewiesen worden154. Die weitgehenden typologischen Gemeinsamkeiten und die derzeit ungeklärte Frage der Auflagenstärke sowohl bei geschriebenen wie bei gedruckten Zeitungen vor 1630 le146   Kleinpaul, Nachrichtenwesen 8; Weber, Novellen 18; Schröder, Erste Zeitungen 13; Böning, Zeitungen 2011 23; indirekt auch Arblaster, From Ghent to Aix 4f. 147  Gloning, Vorgeschichte; Schultheiss-Heinz, Politik 64f. 148   Weber, Supplication. Weitere ähnliche Argumentationen in späteren Fällen siehe Böning, Zeitungen 2011 32f. 149  Böning, Zeitungen 2011 24, sieht die Exklusivität als entscheidendes Kriterium der Abgrenzung zur geschriebenen Zeitung an; Wilke, Korrespondenten 62, spricht von „internen Informationsnetzen“. Schröder, Erste Zeitungen 12; Böning, Zeitungen 2011 31f.; Droste, Geschriebene Zeitung 15, 19f.; Šimeček, Geschriebene Zeitungen 77; Sporhan-Krempel, Nürnberg 126; Friedrich, Drehscheibe Regensburg 410; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 108f. 150  Zu den Angaben für Meiningen und die Fuggerzeitungen siehe unten S. 78; Sporhan-Krempel, Nürnberg 126. Nach Behringer, Merkur 374, kostete auch ein Jahresabonnement des Wolfenbütteler Aviso 43 Gulden! Nach Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 109, beliefen sich die Kosten, die die steirischen Landstände 1585/86 für Zeitungen aus Augsburg inkl. Übersendung aufwendeten, auf 36 Gulden. 151  So zuletzt Arndt, Herrschaftskontrolle 67; Böning, Zeitunglesen 406f., geht von einer Auflage von 25–50 Stück aus, aber bis zu 200 (!) seien nachweisbar. Bei Friedrich, Drehscheibe Regensburg 412, finden sich Angaben von 20–25, 30–40 und 60 Exemplaren für eine Ausgabe geschriebener Zeitungen. Harold Love, Scribal publication 11f., spricht von möglichen Auflagen von mehreren hundert Exemplaren. Schätzungen auch bei Behringer, Merkur 372. 152  Siehe unten S. 63f., 71f., 74f. sowie die Ausführungen zum Kopieren geschriebener Zeitungen im Umfeld des Regensburger Reichstages bei Friedrich, Drehscheibe Regensburg 412f., und das Beispiel aus der Familie von Dohna bei Körber, Öffentlichkeiten 139. 153  Böning, Zeitungen 2011 31, 36f.; Friedrich, Drehscheibe Regensburg 410. 154  Z. B. Arblaster, From Ghent to Aix 7f. Siehe auch ÖNB Cod. 8949, fol. 358r: Venuta questa nuova mons. Legato la fece intendere a tutti gli Ambasciatori et essendosi divulgata per la città si mosse il popolo con molto strepito correndo schiere per le strade verso la piazza e il palazzo per intendere questo aviso andando ancor verso le rippe con speranza che dovesse anche arrivare alcuna galea a portarne la confirmazione, ne si sentiva altro che rumore di genti et suono di campane per tutte le contrade.



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gen es nahe, die reine Tatsache der Drucklegung nicht zu hoch zu bewerten, sondern eher von einem Konstituierungsprozess in wechselseitiger Beeinflussung geschriebener und gedruckter Nachrichtenmedien auszugehen. Dies gilt umso mehr, als der Medienwechsel zu Beginn des 17. Jahrhunderts ja keineswegs unvermittelt erfolgte – schon seit langem wird auf periodische Druckerzeugnisse hingewiesen155, die im ausgehenden 16. Jahrhundert in Erscheinung traten und die traditionell als Vorbereiter der Periodizität gedruckter Presse gelten. Das Verhältnis geschriebener Zeitungen zu diesen gedruckten Nachrichtenmedien soll nun noch kurz behandelt werden.

Medienwechsel? Zum Verhältnis von geschriebener Zeitung und Druckmedien „Neben der Information verschiedener Personengruppen dienten die geschriebenen Zeitungen auch als Nachrichtenquelle für andere Medien, darunter für einen Teil der Neuen Zeitungen, für einzelne Serienzeitungen, Meßrelationen, Chroniken, Kalender, politische Broschüren und Traktate oder beispielsweise auch für die Rohrschacher Monatsschrift.“156 Holger Böning war keineswegs der erste oder der einzige, der auf inhaltliche Verbindungen zwischen geschriebenem und gedrucktem Medium hinwies – schon Viktor Thiel hat Anfang der vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts diese Verbindung postuliert157. Zsuzsa Barbarics-Hermanik und Renate Pieper haben vor einigen Jahren in einer Analyse zur Berichterstattung über die Schlacht von Lepanto 1571 anhand von Nachrichtenströmen herausgearbeitet158, dass Berichte darüber in geschriebenen Zeitungen ebenso wie in gedruckten Flugschriften ausgehend von Venedig und Rom den Weg über die Alpen nahmen. Einen detaillierten Nachweis textlicher Abhängigkeiten blieben sie freilich schuldig. Einige Jahre früher hat bereits Michael Schilling im Rahmen einer großen Darstellung zur frühneuzeitlichen Bildpublizistik auf die Tatsache hingewiesen, dass geschriebene Zeitungen durchaus Grundlage beziehungsweise Bestandteil gedruckter Texte werden konnten159. Seine Beispiele stammen aus den in München überlieferten Zeitungen, die Hans Mehrer an Stefan Fugger in Regensburg schickte160. Schilling bezeichnet auch diese Sammlung als „Fuggerzeitungen“, aber zwischen ihr und den Wiener Fuggerzeitungen gibt es allenfalls Überschneidungen161; es handelt sich nicht um einen Teil der Fuggerschen Sammlung selbst. In dieser Zeitungssammlung erwähnt einer der beiliegenden Briefe, dass das ebenfalls beiliegende Flugblatt mit einer Abbildung der Schiffbrücke bei   Z. B. Schröder, Erste Zeitungen 13–25.   Böning, Zeitungen 2011 26f. Ders., Zeitungen 2008 233, bringt auch eines der wenigen Beispiele für eine Übernahme von Meldungen/Material aus geschriebenen in gedruckte Zeitungen im 17. Jahrhundert. 157  Thiel, Steiermark 89; Šimeček, Geschriebene Zeitungen 78. Koszyk, Massenpresse 37f., betrachtet die Fuggerzeitungen sogar schlechthin als Abschriften von Neuen Zeitungen. Als allgemeiner Hinweis erscheint die Möglichkeit des Medienwechsels auch bei Bellingradt, Periodische Zeitung 57–59, und bei Oggolder– Vocelka, Flugblätter 866f. 158  Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletters 65–78. 159  Schilling, Mündlichkeit 722. 160  Schilling, Bildpublizistik 98–101; ders., Fuggerzeitungen 878. Zur Münchner Sammlung siehe das Verzeichnis von Zeitungssammlungen im Anhang und Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 347–353. 161  Zum Begriffsgebrauch siehe oben S. 13f. 155 156

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der Belagerung Antwerpens 1585 aufgrund einer niderlendischen zeitung in Druck gegeben worden sei. Schilling konnte außerdem feststellen, dass ein ähnlicher Einblattdruck mit dem Titel Warhafftiger vnd eygentlicher bericht / vnd Abconterfactur / der gewaltigen vor nie erhörten Festung und einer ganz ähnlichen Abbildung auch den Text einer Zeitung vom 15. März 1585 aus Köln bis auf den letzten Absatz wörtlich wiedergibt. Ein Vergleich mit den Wiener Fuggerzeitungen zeigt freilich den gleichen Befund: Die Abbildungen finden sich hier im Anschluss an die Zeitung aus Köln vom 15. März 1585162 – und zwar exakt die gleichen, die Schilling auch in der Münchener Überlieferung festgestellt hat: eine italienische Radierung mit dem Titel Vero et Nuovo disegno pianta della cita di Anvers, eine kolorierte Radierung von Franz Hogenberg Aigentliche Contrafactur der Bruggen und Sterckte welche der Prins von Parma gelegt hat uber den Schelt und schließlich ein Aquarell über zwei Folioseiten mit der Ansicht der Schiffbrücke163. Und auch hinsichtlich der Zeitung lässt sich die gleiche Übereinstimmung feststellen: Sie gibt in Wien exakt den Text wieder, den auch das bei dem Augsburger Michael Manger gedruckte Flugblatt aufweist. Im Falle der von Schilling zitierten Zeitung folgt noch ein Absatz, der im Druck wie im Wiener geschriebenen Exemplar fehlt164. Nicht ersichtlich wird, wieso Schilling den Fuggerschen Faktor Hans Fritz in Köln als Verfasser der Zeitung ausweist. Das Wiener Exemplar jedenfalls gibt keinen Hinweis darauf. Interessant ist dieser Fall, der gerade die wenigen Abbildungen, die sich in der Wiener Sammlung überhaupt finden lassen165, einbezieht, nicht nur wegen des doppelten Belegs eines Transfers vom geschriebenen ins gedruckte und noch dazu bebilderte Medium, also von Intermedialität166. Gleichzeitig wäre die Frage zu stellen, ob, wenn an zwei Stellen exakt die gleiche Überlieferung anzutreffen ist, nicht noch weitere auffindbar wären, und natürlich, welche dieser Überlieferungen nun die Basis für Mangers Druck dargestellt hat. Oder war es vielmehr keine von beiden, sondern Manger war einfach ebenfalls Abonnent der Zeitung und hat den Text verwendet? Die Frage, ob die Fugger als Zeitungsbezieher an der Drucklegung von geschriebenen Zeitungen beteiligt waren167, kann hier nicht beantwortet werden. Allerdings weist die Wiener Sammlung noch weitere Beispiele für den Druck geschriebener Zeitungen auf: Eines dieser Beispiel findet ebenfalls bei Michael Schilling Erwähnung, indem er auf eine Zeitung vom Dezember 1585 und das Flugblatt Warhaffte Newe Zeytung auß Venedig verweist, das in Augsburg bei Valentin Schönigk gedruckt wurde168. Vergleicht man den Text dieses Blattes mit den in der Wiener Sammlung enthaltenen Post Scripta aus Venedig vonn 20. december [1585]169, so lassen sich weitgehende Ähnlichkeiten feststellen. Der geschriebene Text ist in der Wiener Sammlung schon deshalb auffällig, weil es eigentlich vor 1588 keine deutschsprachigen Zeitungen aus Italien gibt; die Datumszeile weist da162   ÖNB Cod. 8958, fol. 112r–114r. Die Zeitung nimmt – im Gegensatz zu dem Münchener Exemplar – auch mit einem Halbsatz Bezug auf die beiliegenden Abbildungen (fol. 112r). 163  ÖNB Cod. 8958, fol. 115r, 116r, 114r; Schilling, Bildpublizistik 448–450 und 99f. 164   Ebd. 365 (Wortlaut der Zeitung) sowie 449. 165  Siehe auch ÖNB Cod. 8957, fol. 206av–206br, 3. Juli 1584: Kupferstich der Belagerung von Zutphen. 166   Zum Begriff mit umfangreicher Literatur Emich, Bildlichkeit; zu solchen Transferprozessen zwischen geschriebenen und gedruckten Publikationen de Vivo, Information 187–199. 167   Dazu auch Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 351. 168  Schilling, Mündlichkeit, 725f. Das Blatt siehe http://opac.nebis.ch/F/EP68PV1ELVLLGN1T8MXSKCAFM4NQ8A1TKU18KD4UFCPCVV7RM4-07976?func=find-b&find_code=WRD&request=warhafft e+newe+zeytung+au%C3%9F+venedig&x=0&y=0&adjacent=N [Zugriff 30. 12. 2014]. 169  ÖNB Cod. 8958, fol. 574r–574v.



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rauf hin, dass er im Zusammenhang mit der im Band direkt davor befindlichen Zeitung aus Augsburg vom 26. Dezember 1585 übermittelt worden sein könnte. Im Kern sind die Texte wortgleich; in den geschriebenen Text hat der Drucker an einer Stelle eine zweizeilige Ergänzung eingefügt, die den Stellenwert der Stadt Täbris für Persien klarstellt und den Namen des türkischen Befehlshabers nennt. Dies ebenso wie kleine Abweichungen in der Wortwahl170 sind vermutlich dem breiteren Publikum geschuldet, auf das der Druck abzielte. Abweichend sind auch die letzten beiden Sätze des Drucks, die die Schlacht auf Oktober 1585 datieren, weitere Meldungen versprechen und Gottes Segen für weitere Niederlagen der Osmanen erbitten. Die zweite Meldung des geschriebenen Exemplars, die die Namen neu ernannter Kardinäle beinhaltet, fehlt jedoch nahe liegender Weise in der Neuen Zeitung. Eine ebenfalls bei Schilling erwähnte und abgebildete Warhafftige Newe Zeitung auß Siebenbürgen171, 1596 in Nürnberg gedruckt, zitiert wörtlich ein Schreiben vom 13. Juni 1596, das abschriftlich unter der Überschrift Herr Niclaß Palfi schreibt irer fürstlichen Durchlaucht Ertzhertzog Maximilian nach Wienn, von Gran auch in den Wiener Fuggerzeitungen enthalten ist172. Beispiele für den medialen Transfer lassen sich aber auch in den nicht oder nur wenig illustrierten Typen von Neuen Zeitungen finden, die im Quart- beziehungsweise Oktavformat gedruckt wurden173. Ein Beispiel aus dem Jahr 1536174 liefert vier Exemplare von Zeitungen, die freilich in formaler wie inhaltlicher Hinsicht noch Unterschiede zu den stärker standardisierten Stücken der zweiten Jahrhunderthälfte aufweisen. Aber auch in späterer Zeit können – und vermutlich in wachsender Zahl – Neue Zeitungen nachgewiesen werden, die ganz offensichtlich geschriebene Zeitungen mehr oder weniger vollständig wiedergeben. Beispiele dafür wären die New Zeittung aus Cölln vnd Niderlandt / Wie solches der Hertzog Heinrich Ertzbischoff zu Bremen, vnd Hertzog Wilhelm Landtgraff zu Hessen, dem ... Herrn Julium Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg jtz newlich zu geschrieben, die eine Zeitung aus Köln vom 12. November 1583 enthält, und die Gute, warhafft, newe Zeittung auß Canischa, Wien, Prag und Venedig, gedruckt in Erfurt 1595, die mehrere Zeitungen wiedergibt: eine aus Kanischa/Nagykanisza vom 21. Juli 1595, eine aus Venedig vom 30. Juli 1595, zwei aus Wien vom 3. und vom 5. August 1595 sowie eine aus Prag vom 8. August 1595. Zeitungen aus Wien und Prag vom gleichen Tag finden sich dabei auch in den Fuggerzeitungen, allerdings mit anderem Wortlaut bis auf den ersten Absatz der Wiener Zeitung vom 3. August175. Die Warhaffte, glückliche Zeyttung vnd Victorien, so jüngsten in Vngern fürgeloffen, gedruckt in Nürnberg 1596, enthält unter anderem ein Schreiben des Nikolaus Palffy, das teilweise auch in den Wiener Fugger­zeitungen überliefert ist176. Ein weiteres Beispiel der Transformation geschriebener Zeitungen in gedruckte Texte lässt sich auch für einen anderen Medientyp nachweisen. In Conrad Memmius’ Warhaff  So benutzt der Druck syg statt victoria und rüstung statt munition.   Schilling, Bildpublizistik 97 und 452. 172  ÖNB Cod. 8969, fol. 570r. 173   Lang, Neue Zeitung. 174  HSTAD, Loc. 10695/8, fol. 8r–11r. Die gleiche Zeitung findet sich auch in verschiedenen Bibliotheken, z. B. in der Bayerischen Staatsbibliothek München (http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/ display/bsb10889716_00003.html) [Zugriff 30. 12. 2014], aber auch in Heidelberg, der Norwegischen Nationalbibliothek etc. 175  ÖNB Cod. 8968, fol. 639r­–639v. 176  ÖNB Cod. 8969, fol. 911r–911v, 22. Januar 1596. 170 171

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tiger Beschreibung aller gedenckwirdigen Historien so sich hin und wider durch Europa … zugetragen haben werden vielfach Zeitungsberichte paraphrasiert, so etwa aus einer Zeitung aus Komorn/Komárno vom 10. Juni 1599, die in Wien überliefert ist177, über einen Angriff auf Bitsch/Bytča in Oberungarn. In der folgenden Beschreibung eines osmanischen Streifzuges gegen Raab/Györ findet sich sogar der erste Absatz einer Zeitung aus Gran/ Esztergom beinahe wörtlich wieder178. Auch ein Bericht über die Einnahme von Bihać im November 1594 durch kaiserliche Truppen folgt teilweise wörtlich einer geschriebenen Zeitung aus Karlstadt/Karlovac179. Eine Meldung vom Januar 1595 über die Verhaftung von Banditen in Kampanien entspricht weitgehend der Meldung in einer Zeitung aus Rom vom 4. Februar 1595180. Schließlich noch ein stichprobenartiger Blick in den Annus Christi, wie der zeitgenössische Titel der eingangs erwähnten Rohrschacher Monatsschrift lautet. Das von dem Augsburger Samuel Dilbaum181 1597 in Rohrschach herausgebrachte Periodikum ist seit langem in der Pressegeschichte als einer der „Vorläufer“ der gedruckten periodischen Presse präsent. Gleich der erste Bericht im Annus Christi über den Besuch des walachischen Fürsten Mihai Viteazul in Siebenbürgen an der Jahreswende 1596/97 paraphrasiert sichtlich eine Zeitung aus Alba Iulia/Siebenbürgisch Weißenburg vom 6. Januar 1597182; einzelne Passagen werden wörtlich wiedergegeben. Die Berichterstattung über Ereignisse im österreichischen Bauernaufstand von Anfang April 1597 – beispielsweise hinsichtlich der Beschreibung der Anführer der Aufständischen – beruht zumindest teilweise auf einer Briefkopie, die in den Fuggerzeitungen als Beilage zur Zeitung aus Wien vom 10. April 1597 enthalten ist183. Gleiches gilt für Berichte über die Festnahme eines Obristen durch die Aufständischen ebenso wie über die Plünderung eines Schiffes in Wien, die Meldungen einer Zeitung aus Wien vom 15. April 1597184 paraphrasieren. Die Meldung über eine Missgeburt in Spanien vom Mai stammt offenbar aus einer Zeitung aus Venedig vom 9. Mai 1597185; der Bericht über die Ankunft eines Gesandten mit Briefen aus Georgien und Persien referiert großteils wörtlich die umfangreichere Meldung in einer Zeitung vom 19. Juli 1597 aus Prag186. Vermutlich ließe sich die Zahl der Beispiele deutlich vermehren, wenn man sowohl Neue Zeitungen des ausgehenden 16. Jahrhunderts wie Chronikwerke einmal konsequent nach Parallelen zu Sammlungen geschriebener Zeitungen untersuchen würde, zumal die Fuggerzeitungen ja nur einen Ausschnitt aus der Gesamtmenge verfügbarer geschriebener Zeitungen dokumentieren. Die Streuung der hier eher zufällig zusammengetragenen Belege ist zugleich Indiz dafür, dass es sich zumindest nicht in allen dieser Fälle um eine Publikation auf Betreiben der Fugger gehandelt haben kann. Meines Erachtens findet sich hier vielmehr ein weiteres Argument dafür, dass geschriebene Zeitungen ein relativ   ÖNB Cod. 8972, fol. 413r–414v; Memmius, Warhafftige Beschreibung 1599 70.   ÖNB Cod. 8972, fol. 442r–442v; Memmius, Warhafftige Beschreibung 1599 68. 179  ÖNB Cod. 8966, fol. 109r–109v; Memmius, Warhafftige Beschreibung 1595 68. 180  ÖNB Cod. 8968, fol. 146r; Memmius, Warhafftige Beschreibung 1595 136. 181  Zur Person: http://www.stadtlexikon-augsburg.de/index.php?id=114&tx_ttnews[tt_news]=3569&tx_ ttnews[backPid]=123&cHash=a2cfb7ba56 [Zugriff 30. 12. 2014]. 182  ÖNB Cod. 8970, fol. 888r–888v. 183  ÖNB Cod. 8970, fol. 676r–679v. 184  ÖNB Cod. 8970, fol. 646r–647r. 185  ÖNB Cod. 8970, fol. 602v–603r. 186  ÖNB Cod. 8970, fol. 438r–439r. 177 178



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frei zugängliches Element der Medienlandschaft waren und dass sie von verschiedenen Rezipienten verschieden genutzt wurden: Fürsten des Reiches tauschten sie rege untereinander, andere sammelten sie – wie die Gebrüder Fugger – und wieder andere nutzten sie als Quelle für die Herstellung kommerziell gedachter Druckerzeugnisse. Die angeführten Beispiele belegen zudem ein Faktum, dass in der Forschung zu geschriebenen Zeitungen einerseits, zu Druckerzeugnissen andererseits zumindest im deutschsprachigen Raum bislang kaum eine Rolle gespielt hat: Zwischen geschriebenen und gedruckten Publikationen dieser Zeit bestand keineswegs eine strikte Trennung. Dies belegen drei weitere Beobachtungen aus der Wiener Sammlung: Zum einen findet sich dort eine, wenn auch geringe, Anzahl von Druckerzeugnissen. Außer den eben schon erwähnten Stichen trifft man etwa auf vier französische Flugschriften, einen spanischen Schlachtenbericht, ein deutsches Pasquill und ein Mandat der venezianischen Signoria187. Zum anderen werden in verschiedenen Zeitungen Drucke erwähnt – entweder solche, die der Zeitung bei der Übersendung beilagen, aber heute nicht mehr in der Sammlung sind188, oder indem auf gedruckte Materialien verwiesen wird. So erfuhr der Leser der geschriebenen Zeitung etwa 1579 von der Verfolgung und Bestrafung von Druckern beziehungsweise Schreibern, die Texte gegen Elisabeth von England und ihre Heirat mit dem Herzog von Alençon veröffentlicht hatten189. Es werden Drucke über ein Treffen des Königs von Frankreich mit dem Duque de Frías als Vertreter des Königs von Spanien, über ein Wunderzeichen in Böhmen und die Drucklegung des Vertrages von Lyon angekündigt190. Und wenn eine Zeitung aus Venedig vom Juni 1598 die zentralen Festlegungen des Vertrags von Vervins nach einem in Venedig vorliegenden Druck referiert191, so stößt man auf den dritten Aspekt, den der Abschrift von Drucken. Fünf Fälle solcher Abschriften konnten bislang identifiziert werden; es steht jedoch zu vermuten, dass unter den Dokumenten der Wiener Sammlung noch weitere Fälle aufzufinden wären. Dabei handelt es sich um Druckerzeugnisse verschiedenen Charakters: eine Neue Zeitung aus Rostock aus dem Jahr 1578, eine Flugschrift über den Tod der Philippine Welser 1580 und eine über die Einnahme von Neuss 1586, eine italienische Flugschrift über die Niederlage des Königs von Frankreich 1589 und ein Dekret des burgundischen Parlamentes aus dem Jahr 1591192. Auch wenn die Zahl der bislang identifizierten 187  ÖNB Cod. 8950, fol. 308r; Cod. 8955, fol. 391v–397v; Cod. 8958, fol. 127Ar–127Dv, 153ar–153dv; Cod. 8959, fol. 709r; Cod. 8960, fol. 470ar–470hv, 470ir–470ov, 470pr–470wv; Cod. 8963, fol. 222Ar–222Hv, Cod. 8963, fol. 405Ar–405Dv. Drucke in anderen Zeitungssammlungen siehe beispielsweise HSTAD Loc. 10697/1, unpag.: mehrere Drucke als Beilagen zu Briefen Christoph Hallers; Loc. 10697/2, unpag.: u. a. gedruckter Bericht über die Eroberung von La Goulette durch die Osmanen und ein Pamphlet zum Aufbruch des Herzogs von Alençon in die Niederlande; Loc. 10701/06, unpag.: mehrere niederländische bzw. französische Flugschriften aus den Niederlanden; Loc. 10707/7, fol. 371r–391r; Loc. 10721/02, fol. 123r. 188   Z. B. ÖNB Cod. 8951, fol. 400v: Zeitung aus Venedig vom 31. Januar 1578; Cod. 8952, fol. 231r– 232r: Zeitung aus Köln vom 19. Juni 1579; Cod. 8952, fol. 408r–408v: Zeitung aus Antwerpen vom 28. November 1579; Cod. 8968, fol. 43r–43v: Zeitung aus Lyon vom 14. Januar 1595. 189  ÖNB Cod. 8952, fol. 341r: Zeitung aus London vom 19. September 1579; ebd. fol. 400r–401v: Zeitung aus Antwerpen vom 14. November 1579; ebd. fol. 414r–414v: Zeitung aus Antwerpen vom 22. November 1579. 190  ÖNB Cod. 8968, fol. 493r: Zeitung aus Lyon vom 22. Juni 1595; Cod. 8972, fol. 380v: Zeitung aus Wien vom 9. Juli 1599; Cod. 8974, fol. 341r–341v: Zeitung aus Rom vom 17. Februar 1601. 191  ÖNB Cod. 8971, fol. 327r–328v: 5. Juni 1598. 192   ÖNB Cod. 8951, fol. 215r–216r: Wahrhaftige, erbärmliche unnd clägliche zeittung unnd bericht, ainer fürnemen person, von der greülichen tyraney des moßcowitters auß Riga geschriben den 30 augusti anno 77, siehe etwa http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10208584_00008.html [Zugriff 30. 12.

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Fälle nicht sehr groß ist, so gilt es doch zu bedenken, dass Abschriften von Drucken auch in anderen Zeitungssammlungen vorkamen193. Die Abschrift eines Druckes sollte damit nicht etwa als Ausdruck einer momentanen Notlage aufgrund fehlender Verfügbarkeit interpretiert werden, sondern als übliche Vervielfältigungsform. Das Überschreiten der Grenze zwischen gedrucktem und geschriebenem Medium war auch in der damit angesprochenen Richtung möglich.

Geschriebene Zeitungen und das „Geburtsdatum“ der europäischen Presse Alle drei gerade dargestellten Aspekte geben Anlass darüber nachzudenken, wie strikt diese mediale Grenze im letzten Drittel des 16. und im beginnenden 17. Jahrhundert tatsächlich gewesen ist. Für den deutschsprachigen Raum gibt es dazu bislang kaum Überlegungen, obwohl etwa Uwe Neddermeyer schon 1993 auf das Faktum hingewiesen hat, dass der Beginn des Druckzeitalters keineswegs den sofortigen Untergang geschriebener Medien zur Folge hatte194. Neddermeyer argumentiert in seiner eigenen Untersuchung zwar vorrangig insofern gegen die „Gutenberg-Zäsur“, als er eine neue Entwicklungsphase der Buchproduktion schon im ausgehenden 14. Jahrhundert feststellt. Seine Zusammenstellungen zur Buchproduktion deuten aber auch die anhaltende Relevanz geschriebener Bücher zumindest noch im 16. Jahrhundert an195. Für England und Frankreich ist über die Verflechtung von gedruckter und geschriebener Publizität schon verschiedentlich gearbeitet worden196. Zum abweichenden Stellenwert des geschriebenen Wortes im Druckzeitalter für Italien bietet der Beitrag von Paola Molino Weiterführendes. Die Frage nach Verbindungen zwischen geschriebenem und gedrucktem Medium ist zugleich eine Frage nach Zäsuren in der Presse- und Mediengeschichte. Sowohl für Johann Carolus wie für andere Zeitgenossen stellte sich der Schritt von der geschriebenen zur gedruckten Zeitung wohl kaum als „Geburt“ eines neuen Mediums, sondern als Teil einer Entwicklung dar197. Zur Tatsache, dass noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts städtische wie fürstliche Obrigkeiten an einer Zeitung nicht deren Herstellungsweise, sondern die Aktualität oder Brisanz der Inhalte interessierten, gibt es viele Belege198. Erst Verfasser früher, in der Pressegeschichte oft zitierter Zeitungstraktate – insbesondere Kaspar Stieler – betonten den höheren Stellenwert gedruckter Zeitungen und sahen geschriebene „nur“ als deren Vorläufer oder Vorlagen199. Diesem Bild sind gerade 2014]; Cod. 8953, fol. 124r–126v; Cod. 8959, fol. 509r–516v; Cod. 8962, fol. 559r–561v; Cod. 8964, fol. 441r– 442v. Siehe auch Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 74; ders., Pasquille. 193  NLAW 1 Alt 9, Nr. 202, fol. 58r–85r; NLA Wolfenbüttel 1 Z Nr. 1; HSTAD Loc. 10707/7, fol. 14r– 15v; TSAM GHA I Nr. 6518, fol. 6v. 194  Neddermeyer, Buchzeitalter. Noch der Band Gleichzeitigkeit von Handschrift und Buchdruck widmet dieser Frage eigentlich keine Aufmerksamkeit. Hinweise auf Wechselwirkungen von Schreiben und Drucken bei Wenzel, Luthers Briefe 184, 186, 196. 195  Neddermeyer, Handschrift 1 540, 552; 2 615, 662, 666–668, 713–718; Giesecke, Buchdruck 363. 196   Z. B. McKenzie, Speech; Love, Scribal publication; Moureau, La plume et le plomb; Weil, Fonction du manuscrit; Bouza, Escribano; Petrucci, L’écriture. 197   Zu Carolus siehe Weber, Straßburg 1605; ein Zitat aus Schweden bei Droste, Geschriebene Zeitung 15, 18. 198  Dazu bes. Böning, Zeitungen 2008 229f., 233; Droste, Geschriebene Zeitung 17f. 199  Droste, Geschriebene Zeitung 14, mit Hinweisen auf Ahasver Fritsch, Kaspar Stieler und Johann Peter von Ludewig; Arndt–Körber, Einleitung 8; Olscha, Zeitungen 210; Šimeček, Geschriebene Zeitungen 79;



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pressegeschichtliche Erörterungen des 20. Jahrhunderts gern gefolgt und haben dem Druck als solchem größere Dignität zugeschrieben. Gegen die einseitige Überhöhung der medialen Bedeutung des Faktums, das etwas gedruckt vorlag, haben sich mittlerweile Bedenken erhoben200; verschiedene Studien zur Geschichte der Presse und der Publizistik betonen, dass gedruckte und geschriebene Zeitungen über Jahrzehnte parallel existiert hätten201 und dass Publizität in der Frühen Neuzeit auf vielerlei Weise hergestellt werden konnte202. Über die gegenseitige Beeinflussung beider Medienformen und über die Relevanz des angesprochenen Faktums für die Pressegeschichte gibt es jedoch zumindest in der deutschen Forschung derzeit noch nicht viel mehr als Vermutungen203. Dass Neue Zeitungen und geschriebene Zeitungen miteinander inhaltlich direkt verbunden waren, ist bereits angedeutet worden. Dass es lange vor 1605 immer wieder gedruckte Zeitungen gab, die inhaltlich und formal den geschriebenen Zeitungen und damit auch den späteren gedruckten weitgehend entsprachen, ist bislang kaum reflektiert worden204 und wäre weiter zu untersuchen. Schließlich sind formale und organisatorische Aspekte des Zeitungswesens zu bedenken, auf die oben schon abgehoben wurde und die sowohl geschriebene wie gedruckte Zeitungen betrafen: Zu nennen wären etwa die Ähnlichkeiten des formalen Aufbaus geschriebener und gedruckter Zeitungen – das Fehlen struktureller oder thematischer Gliederung oder Reihung205–, zu nennen wäre aber auch die weitgehende Vergleichbarkeit inhaltlicher Schwerpunkte der Berichterstattung, die Parallelität der Absende- oder Nachrichtenorte zumindest in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, schließlich auch der Vertrieb über das Postwesen und die mit dessen Rhythmus gekoppelte periodische Erscheinungsweise. Dass die inhaltlichen Schwerpunkte in beiden Formen mit dem Nachrichtenwert in Verbindung zu bringen sind und damit auf eine vergleichbare Marktorientierung deuten206, liegt nahe. Für die geschriebenen Zeitungen wären hier freilich noch genauere Untersuchungen notwendig. Damit wären wir wieder beim älteren Postulat, dass geschriebene und frühe gedruckte Zeitungen nichts trennt als der Druck. Bezieht man aber Überlegungen und Beispiele zur Intermedialität ein, so bleibt die Frage, ob die Tatsache der Drucklegung wirklich eine so entscheidende Zäsur darstellt, dass Carolus’ Entscheidung von 1605 als „Geburtsdatum“ Schröder, Erste Zeitungen 103–106, 110f.; Böning, Weltaneignung 108; Böning, Zeitungen 2008 218– 220; Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletter 61f.; Wilke, Korrespondenten 61. – Zur älteren Debatte um die Höherwertigkeit des Gedruckten siehe Giesecke, Buchdruck 183, 504–506. 200   Behringer–Havelka–Reinholdt, Konstruktionen 10–12. Dort wird allerdings wenig später (18f.) wieder die Überhöhung der Drucklegung für die mediale Bedeutung einer Nachricht praktiziert. Siehe auch Müller, Medialität 55f. 201   Böning, Zeitungen 2008 206; Bauer–Böning, Vorwort XI; Droste, Geschriebene Zeitung 19f.; Arndt, Herrschaftskontrolle 68f.; Timmermann, Zeittungen 143; Hillgärtner, Entstehung 17. Schon früher Lindemann, Deutsche Presse 20f.; Duchêne, Lettres et Gazettes 491. 202  Zuletzt Arblaster, From Ghent to Aix 7f.; Bellingradt, Periodische Zeitung 71; Hillgärtner, Entstehung 26f., 32. 203  Ob sich dies im 17. Jahrhundert tatsächlich veränderte, die Zuschreibung auf konkrete Personen oder enge Personenkreise in geschriebenen Zeitungen stärker wurde, ist formuliert, aber noch nicht nachgewiesen worden: Böning, Zeitungen 2008 221f. 204   Siehe aber Bulgarelli, Avvisi a stampa, und unten S. 103–106. 205  Für die Form der gedruckten Zeitung siehe etwa Schröder, Erste Zeitung 28; Schultheiss-Heinz, Politik 64f.; Pettegree, Invention of News 9, 12, 110, 184. 206  Wilke, Nachrichtenauswahl; zuletzt Arndt, Herrschaftskontrolle 54, 60f., Arblaster, From Ghent to Aix 9.

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der periodischen Presse zu bezeichnen207 ist. Mir scheint Wolfgang Behringers Auffassung, dass der Druck der „ersten Zeitung“ eher unspektakulär und erst im Nachhinein bedeutsam war208, dabei auch und gerade unter Berücksichtigung sowohl gedruckter wie eben geschriebener Vorläufer gerechtfertigt. Geschriebene Zeitungen als kommerzielles Produkt in einer normierten Form entstanden im Alten Reich in den fünfziger Jahren des 16. Jahrhunderts. Die Verbreitung dieses Mediums im deutschen Sprachraum und in Ostmitteleuropa machte wohl besonders in den achtziger Jahren des Jahrhunderts große Fortschritte; es wurden städtische, adlige und geistliche Eliten weiter Teile des Alten Reiches als Rezipienten erreicht, und neue Regionen wurden direkt in die Berichterstattung einbezogen209. Dies gilt vor allem für den Südosten des Reiches. Politisch-militärische Entwicklungen und Ereignisse der Zeit spielten dabei eine Rolle, so etwa die Auseinandersetzungen um die polnische Krone und mit den Osmanen. Auch das Austauschen von Zeitungen und Nachrichten zwischen städtischen Räten, adligen Amtsträgern und vor allem zahlreichen Reichsfürsten war bei der Ausprägung einer neuen Medienlandschaft bedeutsam. Man muss danach eine Phase von etwa dreißig Jahren vor 1605 ansetzen, in der ein periodisches Nachrichtenmedium zumindest zahlungskräftigeren sozialen Gruppen im Alten Reich zur Verfügung stand. Die geschriebenen Zeitungen bildeten ein relativ leicht greifbares und kontinuierlich vorhandenes Angebot, das eine erhebliche Rolle bei der Institutionalisierung von Nachrichtenkonsum als Element öffentlicher Kommunikation spielte. Die Relevanz der Nachfrage für die Institutionalisierung von periodischen Nachrichtenmedien ist freilich bislang nur auf die gedruckte Zeitung bezogen worden210. In Erwägung dieses Umstands sollte man die Ereignisse in Straßburg im Herbst 1605 stärker in eine Inkubationsphase der modernen Presse einordnen, die das letzte Viertel des 16. und das erste Drittel des 17. Jahrhunderts umfasste. Das Scheitern der angesprochenen früheren Versuche zur Drucklegung von einzelnen Zeitungen belegt nicht nur die Relevanz eines stabilen Postwesens für deren Vertrieb, sondern insbesondere auch die Bedeutung eines vorhandenen Nachfragepotentials211 für die Realisierung eines kommerziell orientierten periodischen Nachrichtenmediums. Und die Bedeutung geschriebener Zeitungen für dessen Konstituierung sollte deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren, als das bislang der Fall war. Inhaltliche wie formale Wechselwirkungen von geschriebenen Zeitungen mit gedruckten Informationsmedien wie Neuen Zeitungen und chronikartigen Publikationen in dieser Zeit sind angedeutet worden. Dieser Aspekt der Intermedialität spricht auch dagegen, die geschriebenen Zeitungen als eigenes „Mediensystem“ zu bezeichnen, wie es Zsuzsa Barbarics getan hat212. Ziel weiterer Forschungen sollte es vielmehr sein, die Stellung und spezifische Funktion von geschriebenen Zeitungen im europäischen Mediensystem des 16. wie des 17. Jahrhunderts, das geschriebene wie gedruckte Publikationen umfasste, genauer zu beschreiben.   So noch jüngst Bauer–Böning, Vorwort IX, XI; ebenso Pettegree, Invention of News 8f., 182f.   Behringer, Merkur 347, 371. 209  Barbarics-Hermanik, Coexistence 366. 210  Bauer–Böning, Vorwort XVI; Pettegree, Invention of News 10, 12; siehe aber Wilke, Nachrichtenauswahl 218. Jan-Dirk Müller betont den Aspekt der Nachfrage auch für die Verbreitung des Drucks: Müller, Medialität 55f. 211  Infelise, Prima dei giornali 105. 212  Barbarics-Hermanik, Medien 255. 207 208



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Um 1600 jedenfalls hatte das Faktum der Drucklegung keineswegs eine unmittelbare Wirkung auf die Konstruktion der Texte in inhaltlicher und formaler Hinsicht213. Dies war vielmehr wohl eine längerfristige Entwicklung, über deren Verlauf und Zäsuren aber bislang noch nichts bekannt ist. Erst eine vergleichende Studie zu beiden Formen des Nachrichtenmediums im 17. Jahrhundert könnte hier Abhilfe schaffen. Insbesondere aber gilt es zu akzeptieren, dass geschriebene und gedruckte Nachrichtenmedien dieser Zeit nicht als getrennte Sphären zu denken sind, sondern einen Medienverbund bilden, der beide Formen von Zeitungen, aber auch Briefe, diplomatische Korrespondenz, Flugschriften, Pamphlete etc. inkludierte und dabei eine ständisch differenzierte Ausprägung fand.

213

  Behringer–Havelka–Reinholdt, Konstruktionen 18.

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

Karte 1: Absendeorte von Zeitungen und Dokumenten der Wiener Sammlung 1568–1605



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Karte 2: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Antwerpen (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605)

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

Karte 3: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Rom (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605)



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Karte 4: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Venedig (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605)

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

Karte 5: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Köln (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605)



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Karte 6: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Lyon (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605)

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Die Fuggerzeitungen als geschriebene Zeitungen

Karte 7: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Wien (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605)



Katrin Keller

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Karte 8: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Prag (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605)



Zeitungssammlungen im Alten Reich: Umrisse einer Medienlandschaft von Katrin Keller

Zuletzt ist in verschiedenen Studien zu den Wiener Fuggerzeitungen betont worden, dass es sich bei der Sammlung weder um ein internes Informationsmittel der Fugger noch um einen einzigartigen Bestand handelt. Cornel Zwierlein214, Zsuzsa Barbarics und Oswald Bauer hatten in diesem Zusammenhang, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise, versucht, die Wiener Sammlung mit anderen Zeitungssammlungen in Beziehung zu setzen. Zsuzsa Barbarics tat dies am ausführlichsten, wobei sie mehrere Sammlungen sehr unterschiedlichen Umfangs behandelte: Die 61 geschriebenen Zeitungen, die Tamás Nádasdy im Wesentlichen in den 1550er Jahren sammelte, dazu 454 Zeitungen aus den 1550er bis 1570er Jahren aus der Sammlung Heinrich Bullingers215, 727 Zeitungen aus dem Besitz von Hugo Blotius beziehungsweise Sebastian Tengnagel und schließlich vier ausgewählte Jahrgänge der Wiener Fuggerzeitungen216. Erwähnt werden in ihrer Studie zudem die Kollektion der Landstände der Steiermark für die achtziger Jahre, die des Kaisers aus den neunziger Jahren und die des György Thurzó vom Beginn des 17. Jahrhunderts217. Für diese Kollektionen hat sie vorrangig die Quantitäten und die Absendeorte der Zeitungen aufgenommen und ausgewertet sowie ansatzweise eine Unterscheidung nach berufsmäßigen Zeitungsschreibern und anderen vorgenommen218. Ihr Ziel war es, anhand dieser Erhebungen Entwicklungen für die Zeit zwischen 1550 und 1650 zu zeigen und zugleich auf die Wahrnehmung des Osmanischen Reiches einzugehen. Verdienstvoll ist ihr Ansatz, die Wiener Sammlung faktisch gleichberechtigt mit den anderen, wesentlich weniger umfangreichen Sammlungen zu betrachten. Ihre Schlussfolgerungen hinsichtlich von Netzwerken des Nachrichtenaustauschs, auf die unten noch zurückzukommen sein wird, sind jedoch teilweise problematisch, weil nicht ganz schlüssig argumentiert. Beispielsweise werden Veränderungen im System der Absendeorte nur auf eine Erweiterung des „Systems der handschriftlichen Zeitungen“ bezogen. Notwendig wäre jedoch die konsequente Rückkopplung an die Ereignisgeschichte, denn abgesehen 214  Zu seinen Ausführungen siehe den Abschnitt zur Sammlung des Herzogs von Pfalz-Neuburg unten 87–90. 215  Barbarics, Tinte 235, 248. Siehe auch dies., Sammlungen 226–230. 216  Barbarics, Tinte 241. Aus den Fuggerzeitungen erhob sie die Jahrgänge 1571, 1586, 1593, 1604. 217  Barbarics, Tinte 253, 260, 263f. Siehe auch Barbarics–Pieper, Handwritten Newsletters 56–58. 218  Zu Zeitungsschreibern Barbarics, Tinte 170–172; dies., Sammlungen 226.



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von einigen dauerhaften Zentren der Nachrichtenvermittlung219 reagierte das Zeitungswesen stark auf Ereignisse und deren Nachrichtenwert. Dieses Defizit rührt freilich zum Teil daher, dass es eben an vergleichbaren Untersuchungen mangelt, so dass Barbarics’ Arbeit bis dato ein gewisser Pioniercharakter zukommt. Auf eine wesentlich umfassendere Beschäftigung mit der Wiener Sammlung konnte Oswald Bauer zurückgreifen, als er in seiner Dissertation versuchte, die Fuggerzeitungen vorrangig inhaltlich mit anderen Zeitungssammlungen der gleichen Zeit in Beziehung zu setzen. Dabei behandelte er zum einen die von Stefan Fugger in Regensburg gesammelten Zeitungen, die hauptsächlich aus dem Nachrichtennetzwerk Hans Fuggers220 stammen. Bauer stellte fest, dass seit 1587 in der Regensburger wie in der Wiener Sammlung zahlreiche Zeitungen vom gleichen Datum erscheinen, zwischen denen inhaltlich durchaus Parallelen – bis hin zur Wortgleichheit einzelner Nachrichten – bestehen, ohne dass es sich jedoch in Gänze um identische Zeitungen gehandelt hätte. Auch Beilagen weisen in beiden Fällen Ähnlichkeiten auf221. Bauer konnte dadurch belegen, dass die beiden Familienzweige der Fugger – die Antonsche, zu der Stefan Fugger gehörte, und die Raymundsche, zu der Philipp Eduard und Octavian Secundus Fugger zählten – die gleichen Nachrichten bezogen und diese in gewissem Maße wohl auch untereinander austauschten222. Am Ende blieb Bauer zwar unentschieden, ob nun Ähnlichkeiten oder Unterschiede zwischen den Sammlungen überwiegen; er ging jedoch davon aus, dass Parallelen dadurch zustande kamen, dass Nachrichten aus den Hauptnachrichtenorten Antwerpen, Köln, Rom, Venedig, Wien, Prag und Lyon „allgemein verfügbar“ und damit nicht an eine Vermittlung durch die Fugger gebunden waren223. Damit verabschiedete er sich endgültig von der älteren Auffassung, dass die Fuggerzeitungen ein internes, nur an ausgewählte Personen weitergegebenes Nachrichtenmedium der Kaufmannsfamilie darstellten. Ähnliche Übereinstimmungen mit Zeitungen in der Sammlung der böhmischen Familie der Rosenberger und anderen224 belegen eindeutig, dass die in den Wiener Bänden gesammelten geschriebenen Zeitungen auch anderswo anzutreffen waren und dass die Fuggerzeitungen keineswegs die Gesamtheit der im deutschsprachigen Raum verfügbaren geschriebenen Zeitungen dokumentieren. Anschließend an diese Einordnungen der Wiener Sammlung soll hier für einige weitere, als Stichproben ausgewählte Überlieferungen versucht werden, Zeitungssammlungen der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts miteinander in Beziehung zu setzen, Verbindungen und Parallelen nachzugehen und Hinweise auf die Zirkulation geschriebener Zeitungen zu gewinnen. Ein umfassender Vergleich der Wiener Fuggerzeitungen mit allen ermittelten Sammlungen225 war angesichts des Umfanges und der geographischen Verteilung nicht möglich. Dabei wurden folgende Zeitungssammlungen berücksichtigt:

  Barbarics, Tinte 261; siehe auch oben S. 22f.   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 347f.; zu Hans Fugger Karnehm, Hans Fugger, und Dauser, Informationskultur. 221   Bauer, ebd. 350 222   Ebd. 352. 223   Ebd. 360. 224  Šimeček, Geschriebene Zeitungen 72f., und ders., L’Amerique. Zur Sammlung siehe auch Pražáková, Bild Ostmitteleuropas. Zu anderen Sammlungen etwa Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 362–366; SporhanKrempel, Nürnberg 31–37; Zwierlein, Discorso 590 Anm. 109. 225  Siehe das Verzeichnis zu Zeitungssammlungen im Reich im Anhang. 219 220

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Erstens die Sammlung der Kurfürsten von Sachsen im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden, die den Grundstock von Kleinpauls Studie über das Nachrichtenwesen der deutschen Fürsten226 gebildet hatte, seitdem aber von der Forschung kaum wahrgenommen wurde, obwohl es sich um einen der größten vorhandenen Bestände von geschriebenen Zeitungen handelt. Zweitens wurden Zeitungen aus der Überlieferung der Herzöge von BraunschweigWolfenbüttel herangezogen. Nach den Untersuchungen zur Zeitungssammlung des Kurfürsten von Sachsen gehörten Herzog Heinrich d.J. und Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel zu den langjährigen Zeitungskorrespondenten, mit denen Zeitungen getauscht wurden, unter deren Sendungen sich jedoch ausgehend von der Dresdner Überlieferung keine Übereinstimmungen mit dem Wiener Bestand nachweisen ließen. Außerdem lag das Herzogtum weit außerhalb des etwa von Zwierlein beschriebenen Zeitungskorrespondenzsystems im Süden und Südwesten des Reiches, das nach Zwierleins Auffassung ganz wesentlich von den Fuggern geprägt wurde 227. Aus beiden Gründen schien eine Prüfung vor Ort, ob Parallelüberlieferungen – zunächst nur auf die Wiener Fuggerzeitungen bezogen – feststellbar wären, sinnvoll, um zur Ausdehnung der Zirkulation bestimmter geschriebener Zeitungen weiterführende Aussagen treffen zu können. Drittens konnten die bislang noch nie untersuchten Zeitungsbände der Grafen von Henneberg herangezogen werden; Graf Georg Ernst von Henneberg-Schleusingen taucht in bisherigen Untersuchungen zur Zirkulation geschriebener Zeitungen nicht auf. Damit erlaubt es dieser Bestand, zum einen nach Unterschieden zu den reichsfürstlichen Sammlungen in Dresden und Wolfenbüttel beziehungsweise Hannover zu fragen, zum anderen aber auch danach, ob die Grafen von Henneberg in das fürstliche Tauschsystem einbezogen waren. Viertens wurden als Vergleichsbestand vier in der Universitätsbibliothek Leipzig vorhandene Zeitungsbände herangezogen, die den Blick auf zwei im bürgerlichstädtischen Milieu entstandene Sammlungen ermöglichen. Diese Bände sind seit dem 19. Jahrhundert bekannt, aber in jüngerer Zeit nicht untersucht worden. Aufgrund der Autopsie dieser Sammlungen verschiedener Provenienz sollte es möglich sein, die Wiener Sammlung als solche in die Sammeltätigkeit insgesamt besser einzuordnen. Vor allem aber kann anhand weiterer Sammlungen nach Überschneidungen und Parallelitäten in der Überlieferung und damit auch nach der Verbreitung von geschriebenen Zeitungen allgemein gefragt werden.

Die Kurfürsten von Sachsen Schon Zdeněk Šimeček hat vor mehr als 20 Jahren darauf hingewiesen, dass es deckungsgleiche Zeitungen aus Prag in der Wiener Sammlung, der der Rosenberger in Třebon/Wittingau und der der Kurfürsten von Sachsen in Dresden gäbe228. Diesem Hinweis ist jedoch bislang nicht nachgegangen worden; die Dresdner Sammlung ist zuletzt in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts untersucht und ausgewertet worden. Ausgehend von einer Beschreibung der Überlieferung in Dresden soll hier ein auf Stichproben   Kleinpaul, Nachrichtenwesen.   Siehe unten S. 89f. 228  Šimeček, Geschriebene Zeitungen 76f.; zur Rosenberger-Sammmlung Pražáková, Bild Ostmitteleuropas. Einen Vergleich der Fuggerzeitungen mit andern Sammlungen haben etwa schon Zwierlein, Discorso 588, und Mauelshagen, Netzwerke 423, gefordert. 226 227



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basierender Vergleich vorgenommen werden, der Überlieferungsumfang und zeitliche und räumliche Verteilung der in beiden Beständen vorhandenen Zeitungen ebenso in den Blick nimmt wie einige inhaltliche Aspekte. Auf dieser Basis können nicht nur einige allgemeinere Aussagen zur Entwicklung geschriebener Zeitungen, die anhand der Fuggerzeitungen entwickelt wurden, überprüft werden. Es ergeben sich außerdem Rückschlüsse auf die Zirkulation von Zeitungen und Nachrichten, die dann anhand von weiteren Sammlungen ihrerseits überprüft und differenziert werden können. Die Zeitungssammlung im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden Im Dresdner Archiv sind geschriebene Zeitungen im Bestand „Geheimer Rat“ in Form einer umfangreichen Sammlung überliefert, die vom ausgehenden 15. Jahrhundert bis ins zweite Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts reicht. Diese Sammlung ist zum Teil zeitgenössisch entstanden, wie die Einbände von Büchern und Akten ausweisen; für die Jahre von 1473 bis 1565 sind jedoch in den meisten Fällen Zeitungen, Nachrichtenbriefe und andere Materialien offenbar erst im 19. Jahrhundert zu eigenen, teilweise nur wenige Blatt umfassenden Akten zusammengefasst worden229. Geschriebene Zeitungen im engeren Sinne sind in diesem Teil der Sammlung nicht vor 1555 erkennbar230; die Mehrzahl der für die frühere Zeit überlieferten Texte sind Nachrichtenbriefe – z. B. von Christoph Scheurl231 oder Franz Kramm232, dem kursächsischen Vertreter auf dem Reichstag von 1551 – sowie auf ein Ereignis bezogene Berichte und Nachrichtenbeilagen von Briefen. Für die Zeit zwischen 1565 und 1591 existieren dann Zeitungen in insgesamt 121, teilweise sehr umfangreichen Faszikeln. Dieser große Bestand dokumentiert für 1576 bis 1590 überwiegend, aber nicht ausschließlich233 den seit Kleinpauls Abhandlung über das „Nachrichtenwesen der deutschen Fürsten“ bekannten Umstand, dass die Fürsten deutscher Territorien einen regen Austausch geschriebener Zeitungen pflegten. Das Faktum hat zuletzt auch in Studien zur Reichsgeschichte als Element von Kommunikations- und Korrespondenzbeziehungen im Alten Reich234 Erwähnung gefunden. Cornel Zwierlein hat diesen Austausch im Rahmen seiner umfassenden Darstellung als „Diplomatiesubstitut“ ebenfalls ausführlich thematisiert235. Nach einer Lücke für die Jahre zwischen 1591 und 1600, die sich wohl mit der Regentschaft für den unmündigen Kurfürsten Christian II. erklären lässt, setzt dann die Sammlung für die Jahre 1600 bis 1632 wieder ein; dieser Teil umfasst 61 Faszikel236, in   HSTAD Loc. 10695/1 bis 29.   HSTAD Loc. 10695/22, fol. 86r–87v: Zeitung aus Antwerpen vom 25. März 1555 und aus dem Land Meißen vom 12. April 1555; Loc. 10695/23, unpag.: Zeitungen aus Wien vom 18. und aus Krakau vom 12. September 1556. 231  Z. B. HSTAD Loc. 10695/4 und Loc. 10695/7. Beide Faszikel bestehen zum größeren Teil aus Nachrichtenbriefen Scheurls; siehe zu seiner Tätigkeit als Nachrichtenvermittler auch Christoph Scheurls Briefbuch. Beispielsweise befindet sich der dort in Band 1 mit der Nummer 242 gedruckte Brief an Herzog Georg von Sachsen vom 25. Mai 1536 in Loc. 10695/8, fol. 16r–17v. 232   HSTAD Loc. 10695/19. Siehe auch Deutsche Reichstagsakten 1550/51. 233   Siehe unten S. 63–66 die Auswertung der Jahre 1578 und 1588. 234   Lanzinner, Friedenssicherung; Luttenberger, Kurfürsten, Kaiser und Reich; Edel, Kaiser und Kurpfalz; Lanzinner, Einleitung; Zwierlein, Discorso 576. 235  Zwierlein, Discorso, bes. 574–610. Eine ähnliche Ordnung weist auch die Sammlung Philipp Ludwigs von Pfalz-Neuburg auf, siehe Hahn, Nachrichtendienst 19f. 236  Hauptsächlich HSTAD Loc. 10711 bis 10718, 10722 bis 10732. 229 230

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denen sich sowohl geschriebene wie gedruckte Zeitungen befinden. Nach wenigen, die Jahre bis 1660 umfassenden Bänden existiert dann noch einmal eine 37 Faszikel umfassende Reihe mit meist schmalen Bänden geschriebener Zeitungen für die Jahre 1662 bis 1718237. Die Struktur dieser drei Teile der Zeitungssammlung unterscheidet sich deutlich: Während es in den 1560er bis 1580er Jahren hauptsächlich Bände gibt, die nach dem Absender zusammengefasst wurden – zu den Personen gleich mehr –, beginnt mit dem Jahr 1600 einerseits eine chronologische Ordnung mit Jahresbänden. Andererseits gibt es etliche Bände, in denen Zuschriften eines Absenders ihrerseits chronologisch geordnet zusammengefasst sind. Dies betrifft vor allem Friedrich Lebzelters Nachrichtensendungen238, der um 1630 aus Wien und Prag als kursächsischer Agent berichtete, aber auch zwei Bände vom Amtmann in Merseburg übersendete Zeitungen und einige weitere. Das ist jedoch nur der in den Verzeichnissen schnell sichtbare und damit relativ gut benutzbare Teil der Überlieferung von geschriebenen Zeitungen in Dresden. Es ist klar, dass auch die umfangreichen Bände mit der Korrespondenz vor allem Kurfürst Augusts von Sachsen weitere Zeitungen enthalten239. Auch die Residenten- beziehungsweise Agentenberichte aus Wien in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, verfasst von Hans Zeidler und dem erwähnten Friedrich Lebzelter240, enthalten weitere, ganz zu schweigen von den Zeitungen, die bereits zeitgenössisch in Sachakten eingeordnet worden sind. Damit lassen sich in Dresden beide bekannten Typen von Zeitungssammlungen241 gleichzeitig feststellen: Einerseits eine selbständige Sammlung, teilweise ähnlich strukturiert wie die Wiener Fuggerzeitungen mit ihren Jahresbänden, andererseits aber auch die Mischung von Zeitungen mit anderen Materialien, vor allem in fürstlichen Korrespondenzen. Aufgrund der Menge der Überlieferung und ihrer disparaten Überlieferung ist klar, dass für die anschließende Untersuchung nie Vollständigkeit angestrebt werden konnte; zugrunde liegt dieser vielmehr der als Zeitungssammlung ausgewiesene Teil, der wiederum mit Hilfe von Stichproben weiter untersucht wurde. Für die Zeit der Parallelüberlieferung mit den Wiener Fuggerzeitungen in den siebziger und achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts waren die wichtigsten Sammler von Zeitungen in Dresden Kurfürst August von Sachsen und sein ab 1586 regierender Sohn Christian I. Sie erhielten einerseits wie gesagt in erheblichem Umfang Zeitungen von anderen Reichsfürsten zugeschickt, meist mit einem knappen, kaum eigene Informationen enthaltenden Courtoisiebrief des Absenders – der natürlich nicht der Verfasser, sondern lediglich der Vermittler der Zeitung war. Regelmäßig kamen solche Sendungen etwa von Albrecht V. von Bayern und dann (bis 1586) von dessen Sohn Wilhelm V., von Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach, von Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, von Wilhelm von Hessen-Kassel, von Ulrich von Mecklenburg-Güstrow und von Johann Georg von Brandenburg. 1582 bis 1587 trat auch Ludwig von Württemberg regelmäßig in Erscheinung; sporadisch meldeten sich die Kurfürsten von Mainz Daniel Brendel von   Hauptsächlich HSTAD Loc. 10720, Loc. 11403 bis Loc. 11407.   HSTAD Loc. 10712/1 bis 10717/1. Zu Lebzelter siehe Behringer, Merkur 343f.; Heskel, Friedrich Lebzelter. 239  Z. B. seine Korrespondenz mit Kaiser Maximilian II. (HSTAD, Loc. 8499/7 bis 10, Loc. 8500/1 und 03, Loc. 8501/1, Loc. 10297/14), mit dem Landgrafen von Hessen (Loc. 8090/1 und 2, Loc. 8506/6) oder mit dem Kurfürsten von der Pfalz (Loc. 9302/7, 9303/1 und 2); Kleinpaul, Nachrichtenwesen 46f. 240  Z. B. HSTAD Loc. 8239/1 und 2, Loc. 8240/1 und 2. 241  Barbarics, Sammlungen 231f.; Timmermann, Zeittungen 151–153; Kleinpaul, Nachrichtenwesen 23–27. 237 238



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Homburg beziehungsweise Wolfgang von Dalberg, außerdem Ludwig von der Pfalz und dessen Bruder Johann Casimir sowie Joachim Friedrich von Brandenburg, Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und Johann Friedrich von Pommern-Stettin. Neben den fürstlichen Übermittlern von Zeitungen gibt es etliche Bände, die nur durch die Jahre oder die Absendeorte gekennzeichnet sind, sowie Faszikel mit Übersetzungen lateinischer und italienischer Zeitungen242. Außerdem traten jedoch noch weitere Personen in den Titeln eigener Faszikel in Erscheinung: Dazu gehört z. B. Christoph Haller von Hallerstein243 aus einer Nürnberger Patrizierfamilie, der wohl schon seit den vierziger Jahren Nachrichten nach Dresden sandte; in den siebziger Jahren gehörte er in Turin zum Hofstaat des Herzogs von Savoyen und schickte von dort Nachrichtenbriefe in deutscher und Zeitungen in italienischer Sprache. Relativ kontinuierlich war auch die Verbindung zu Pietro Bizzarri (Bizarius)244, einem protestantischen Publizisten und Historiographen, der seit Anfang der siebziger Jahre eine regelmäßige Besoldung aus Dresden dafür bezog, dass er (immer in lateinischer Sprache) aus Antwerpen und Italien berichtete. Seit etwa 1581 berichtete auch Wolfgang Zündelin245 aus Italien und übersendete Abschriften von Zeitungen. Neben solchen relativ langfristig erscheinenden Korrespondenten treten freilich als Absender von „Zeitungen“ im Sinne von Nachrichten auch namhafte Gelehrte, Diplomaten und Amtsträger in Erscheinung, so z. B. der Theologe Johannes Aurifaber246, der ehemalige kursächsische Botschafter in Frankreich Hubert Languet247, Heinrich Rantzau248, Statthalter im dänischen Teil Schleswigs, oder der Jurist und Staatstheoretiker François Hotmann249. Zahlreiche weitere Personen, die nur in den Sammelbänden in Erscheinung traten, sind ebenfalls bekannt250. Betrachtet man freilich die Bände für die siebziger und achtziger Jahre genauer, so stellt man fest, dass fast alle genannten nicht-fürstlichen Personen keine geschriebenen Zeitungen im engeren Sinne übermittelten. Sie verfassten vielmehr Nachrichtenbriefe, die über Ereignisse an ihrem Aufenthaltsort berichteten und Informationen enthielten, die dort eintrafen, und legten gelegentlich geschriebene Zeitungen bei. Manche von ihnen 242  Z. B. HSTAD Loc. 10696/14; Loc. 10698/2; Loc. 10707/8; Loc. 10710/1. Zu Sprachen siehe unten den Vergleich mit den Fuggerzeitungen S. 58f. 243  HSTAD Loc. 10695/24; Loc. 10696/2; Loc. 10697/1; Loc. 10698/4; Loc. 10699/3; er schreibt 1556– 60 auch an Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, siehe Kleinpaul, Nachrichtenwesen 87f., 103. Zur Person siehe http://www.deutsche-biographie.de/sfz25612.html [Zugriff 30. 12. 2014]. 244   HSTAD Loc. 10696/12; Loc. 10697/4; Loc. 10701/6; Loc. 10704/3; Loc. 10706/9; Loc. 10708/6 (immer in lateinischer Sprache), auch in Loc. 10721/3 sind Schreiben enthalten. Siehe Kleinpaul, Nachrichtenwesen 17f., 71, 116f.; zur Person Silvana Menchi, Art. Pietro Bizzarri, in: DBI (http://www.treccani.it/enciclopedia/pietro-bizzarri_%28Dizionario-Biografico%29/ [Zugriff 30. 12. 2014]), sowie Firpo, Pietro Bizzarri. Bizarri schrieb Nachrichtenbriefe auch für den Landgrafen von Hessen: Staatsarchiv Marburg, 4f Staaten N, in Köln, Stadt 9: Petrus Bizarus in Köln vertreibt niederländische und französische Zeitungen. Seine Reise nach Antwerpen 1576–1577. 245   HSTAD Loc. 10705/1; Loc. 10709/3; Briefe von ihm auch in Loc. 10707/8. Er schrieb auch für Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg (Hahn, Nachrichtendienst 14) und Wilhelm von Hessen-Kassel (Kleinpaul, Nachrichtenwesen 72). Zu Zündelin siehe Kohlndorfer-Fries, Wolfgang Zündelin. 246  HSTAD Loc. 10696/8; zur Person Junghans, Johannes Aurifaber. 247  HSTAD Loc. 10699/1; Loc. 10704/6; zur Person Nicollier-de Weck, Hubert Languet. 248  HSTAD Loc. 10709/4; zur Person siehe Steinmetz, Heinrich Rantzau. 249  HSTAD Loc. 10711/1; zur Person siehe http://www.deutsche-biographie.de/pnd119281457.html [Zugriff 30. 12. 2014]. 250  Kleinpaul, Nachrichtenwesen 70–72.

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bezogen regelmäßige Besoldungen, manche, vor allem die Diplomaten, taten dies als Bestandteil ihres Amtes, manche, wie etwa der Adlige Heinrich von Rantzau, signalisierten so ihre Verbundenheit als Klienten des kurfürstlichen Hauses251. Vielfach wurden zudem nur gelegentlich Informationen, Kopien von Schriftstücken, gedruckte Texte etc. übermittelt. Neben den fürstlichen Austauschkorrespondenzen, die freilich ebenfalls viele Beilagen enthielten, bestanden nur wenige Faszikel wirklich zum großen Teil oder zur Gänze aus geschriebenen Zeitungen. Dabei handelte es sich zum einen um die drei Philipp Bray252 aus Augsburg zugeschriebenen Bände, zum anderen um vier Faszikel mit dem Titel Zeitungen, so von Augsburg geschickt worden253. Auf diese Faszikel wird im folgenden Abschnitt zurückzukommen sein. Bray, der dem Augsburger Patriziat zuzurechnen ist, unterhielt offenbar zumindest für einige Jahre in Augsburg eine Nachrichtenagentur und vereinbarte im Frühjahr 1583 ein regelrechtes Abonnement mit dem Kurfürsten254, indem er die wöchentliche Lieferung von Zeitungen gegen ein jährliches Entgeld von 100 Gulden zusagte. Der Fürst seinerseits wies an, dass ihm diese Zeitungen, wenn sie mit der Ordinari Post aus Nürnberg in Leipzig einträfen, unsäumlich tags und nachts weiter zu übermitteln seien255, was auf die Wertschätzung der Brayschen Lieferungen hindeutet. Neben den Faszikeln mit geschriebenen Zeitungen beziehungsweise Nachrichtenbriefen enthält der Bestand für die 1560er bis 1580er Jahre schließlich noch drei Bände, die davon zeugen, dass man in der kurfürstlichen Administration in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre nicht nur anfing, Zeitungen mehr oder weniger kontinuierlich zu sammeln. Es existiert auch ein sog. Zeitungsbuch aus dem Jahr 1565256, ein zeitgenössisch in grünes Pergament gebundener Faszikel mit etwa 150 Blatt, in dem laut Innentitel ein Summarischer Austzug von den einkommenden Zeittungen angefertigt wurde. Hier stellte man in chronologischer Folge nach den Eingangsdaten in knappen Absätzen Informationen aus Briefen und Zeitungen zusammen, vermutlich, um diese als Datensammlung verfügbar zu halten. Als Lieferanten von Informationen treten neben verschiedenen Fürsten wie dem Landgrafen von Hessen und dem Herzog von Bayern Amtsträger auf wie Christoph von Carlowitz und Reichsvizekanzler Johann Ulrich Zasius257, aber auch der Rat der Stadt Erfurt. Ein ähnlicher Band ist für das Jahr 1568 überliefert258, der neben knappen Briefauszügen auch Abschriften von – wohl als Brief- oder Zeitungsbeilagen übersendeten – Dokumenten wie etwa die Instruktion des schwedischen Feldobristen oder eine Liste der in den Niederlanden hingerichteten Adligen enthält. Die Inhalte werden auch in diesem Fall in knappen, chronologisch geordneten und durchnummerierten Absätzen aufgezählt, so dass der Band eine Art Informationsprotokoll des Jahres 1568 darstellt. Schließlich ist noch für die Jahre 1578 bis 1580 ein ähnlicher Versuch erhalten, die offenbar immer mehr anschwellende Informationsfülle aus Briefen und Zeitungen zu 251   Siehe etwa auch seine Berichterstattung aus dem Dänisch-Schwedischen Krieg 1563 folgende (HSTAD Loc. 7988/9). 252  HSTAD Loc. 10705/6; Loc. 10707/7; Loc. 10709/1; zur Person siehe Behringer, Merkur 331f. 253  HSTAD Loc. 10710/1, 2, sowie 6 und Loc. 10711/10. 254  Der von Kleinpaul, Nachrichtenwesen 150, 72–74, aufgefundene und publizierte Vertrag darüber wird häufig zitiert, z. B. Behringer, Merkur 332; Wilke, Korrespondenten 67; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 108; Pettegree, Invention of News 116. 255  Kleinpaul, Nachrichtenwesen 140. 256  HSTAD Loc. 10695/31. 257  Zu Carlowitz siehe http://www.deutsche-biographie.de/pnd128556641.html [Zugriff 30. 12. 2014]; zu Zasius Meusser, Kaiser und Reich. 258  HSTAD Loc. 10696/5, 303 Blatt.



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systematisieren und verfügbar zu halten259: Der ebenfalls zeitgenössisch in grünes Pergament eingebundene Band beginnt im September 1578 und ist in seinem Inhalt stärker auf Zeitungen bezogen, obwohl auch Informationen aus Briefen Eingang gefunden haben. Geordnet sind die kürzeren und längeren Auszüge aus nach Dresden übersendeten Zeitungen einerseits nach den Absendern der Information, andererseits nach räumlichen Betreffen wie Niederlande, Frankreich, Portugal etc. und schließlich nach Monaten. Als besonders regelmäßige Nachrichtenlieferanten treten erneut Albrecht V. von Bayern und Wilhelm von Hessen-Kassel in Erscheinung, dazu einige der kursächsischen Nachrichtenagenten wie Bizzarri, aber auch König Friedrich von Dänemark, der Schwager des Kurfürsten, und der kurfürstliche Kammermeister Hans Harrer260. Da es keine Hinweise auf spätere Systematisierungsversuche gibt und mit dem Jahr 1577 die relativ umfangreiche, nach Absendern geordnete Archivierung der übersendeten Nachrichtenbriefe, Zeitungen und Beilagen beginnt, darf man vermuten, dass die drei Bände als Reaktion auf einen auch für die Zeitgenossen erkennbaren Wandel der Informationsnetzwerke entstanden. Interessanterweise erfolgte dies in einem vergleichbaren Zeithorizont wie der Beginn der Zeitungssammlung bei den Brüdern Fugger, und auch die zeitliche Verbindung zum immer weiter anschwellenden Strom geschriebener Zeitungen261 fällt ins Auge. Während die Bände der sechziger Jahre noch im Wesentlichen Auszüge aus Nachrichtenbriefen und fürstlicher Korrespondenz enthalten, wird 1578 schon explizit Bezug auf Zeitungen genommen, die ja auch aus verschiedenen Quellen für dieses Jahr in Dresden einlangten. Die Fuggerzeitungen und die Dresdner Sammlung: Quantitäten und Räume Um die in Dresden in großer Zahl und auf viele Bände verstreut überlieferten Zeitungen mit der Wiener Sammlung vergleichen zu können, musste mit Stichproben gearbeitet werden. Dazu wurde für drei Jahre jeweils die in der Zeitungssammlung auffindbare Gesamtüberlieferung erhoben, für 1578, 1588 und 1604. Die Auswahl der Jahre beruht darauf, dass 1578 der erste Jahrgang ist, für den in der Wiener Sammlung sowohl deutschwie italienischsprachige Zeitungen als Originale vorliegen262. Die Dresdner Überlieferung ihrerseits ist erst ab 1576 beziehungsweise 1577 umfassender. 1588 wurde dann gewählt, um mit Abstand von der ersten Stichprobe und vor der Überlieferungslücke in Dresden ab 1590 einen zweiten Befund zu erheben. Für 1604 sprach, dass in Dresden die Überlieferung erst mit dem Herbst 1601 wieder einsetzt und die Bände für 1602 und 1603 in der Wiener Sammlung fehlen. 259   HSTAD Loc. 10722/8, ca. 500 Blatt. Ähnliches gibt es auch aus dem Umfeld der Kaiserhofes: Der Hofbibliothekar Hugo Blotius erstellte für Kaiser Maximilian II. ein Faszikel mit Nachrichten über Polen, siehe Rühl, Zeitungssammlungen 48–52. 260  Zur Person Müller, Harrer. 261   Siehe dazu etwa Barbarics, Tinte 242, 251. Vielleicht liegt hier auch ein Hintergrund für die von Kleinpaul immer wieder angeführte Jahreszahl 1575 – in diesem Jahr hätten angeblich deutsche Fürsten einen regelmäßigen Nachrichtenaustausch regelrecht vereinbart: Kleinpaul, Nachrichtenwesen 40f.; Zwierlein, Discorso 594; Timmermann, Zeittungen 153. Dies lässt sich jedoch nirgendwo nachweisen. 262  ÖNB Cod. 8951. Der erste Band Cod. 8949 für die Jahre 1568 bis 1573 stellt ja eine Kompilation dar, bei der nicht klar ist, ob und inwieweit eine Auswahl aus einer umfangreicheren Überlieferung getroffen wurde (siehe oben S. 19). Dies schien keine geeignete Basis für einen Vergleich; der folgende Band Cod. 8950 für 1575 und 1576 enthält ausschließlich italienische Zeitungen.

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Tabelle 2: Vergleich der Zeitungsüberlieferung in Dresden und Wien

1578 Dresden absolut Prozent

1578 Wien absolut Prozent

1588 Dresden absolut Prozent

gesamt Zeitungen Dokumente

993 867 126

87,3 12,7

383 320 63

83,6 16,5

864 788 76

91,2 8,8

Sprachen deutsch italienisch französisch lateinisch spanisch

808 30 0 29 0

93,0 3,5 0,0 3,3 0,0

148 171 0 0 1

46,2 53,4 0,0 0,0 0,3

782 0 5 1 0

99,2 0,0 0,6 0,1 0,0

Anzahl der Absendeorte von Zeitungen

64

34

Absendeorte über 1 Prozent Antwerpen 193 22,3 Venezia 151 17,4 Roma 152 17,5 Genova 58 6,7 Köln 39 4,5 Liège 28 3,2 Augsburg 18 2,1 Niederlande 15 1,7 Madrid 16 1,8 Istanbul 14 1,6 Milano 12 1,4 Paris 12 1,4 Lyon 11 1,3

ohne Angabe

32

3,7

unidentifiziert

2

0,2

Antwerpen Roma Venezia Köln Praha Wien Lyon Genova Strasbourg Bratislava Madrid Paris

ohne Angabe unidentifiziert

89 49 48 20 22 21 12 8 6 5 4 4

71

27,8 15,3 15,0 6,3 6,9 6,6 3,8 2,5 1,9 1,6 1,3 1,3

Köln Antwerpen Roma Venezia Lyon Middelburg Praha Strasbourg Frankfurt/Main Sankt Gallen Genève Wien Ravensburg

142 81 73 72 65 43 39 23 22 18 16 17 13

18,0 10,3 9,3 9,3 8,4 5,4 4,9 2,9 2,8 2,3 2,0 2,2 1,6

Poznań Hamburg Paris Wrocław

12 11 11 11

1,5 1,4 1,4 1,4

2

0,6

ohne Angabe

15

1,9

0

0,0

unidentifiziert

1

0,1



Katrin Keller

1588 Wien absolut Prozent 681 644 37

624 20 0 0 0

1604 Dresden absolut Prozent

94,6 5,4

256 244 12

96,9 3,1 0,0 0,0 0,0

244 0 0 0 0

46

Köln Antwerpen Praha Lyon Middelburg Istanbul Roma Venezia Hamburg Frankfurt/Main Wien Wrocław Strasbourg

174 129 51 44 44 28 28 28 16 13 13 13 8

57

1604 Wien absolut Prozent

95,3 4,7

421 412 9

97,9 2,1

100,0 0,0 0,0 0,0 0,0

412 0 0 0 0

100,0 0,0 0,0 0,0 0,0

41

27,1 20,1 7,9 6,8 6,8 4,4 4,4 4,4 2,5 2,0 2,0 2,0 1,2

ohne Angabe

0

0,0

unidentifiziert

0

0,0

Wien Antwerpen Köln Venezia Roma Esztergom Praha Cluj Košice Augsburg Bruxelles Gdansk Levoča Frankfurt/ Main Lyon

ohne Angabe unidentifiziert

34

35 32 28 22 21 13 13 9 8 6 5 4 4

14,3 13,1 11,5 9,0 8,6 5,3 5,3 3,7 3,3 2,4 2,1 1,6 1,6

3 3

1,2 1,2

3

1,3

2

0,8

Venezia Roma Antwerpen Köln Wien Praha Esztergom Lyon Bruxelles Levoča Istanbul Košice Cluj Frankfurt/ Main

ohne Angabe unidentifiziert

58 56 52 52 45 42 19 16 9 6 5 5 4

14,1 13,6 12,6 12,6 10,9 10,2 4,6 3,9 2,2 1,5 1,2 1,2 1,0

4

1,0

1

0,2

2

0,5

58

Zeitungssammlungen im Alten Reich: Umrisse einer Medienlandschaft

Im Falle der Dresdner Überlieferung wurden wie gesagt die Zeitungen eines Jahrganges aus den verschiedenen Faszikeln zusammengetragen263; für die Fuggerzeitungen bilden jeweils die in einem Band zusammengefassten Zeitungen die Basis der Angaben264; die in den Bänden enthaltenen Dokumente wurden in die Aufstellungen zu Sprachen und Absendeorten nicht einbezogen. Wie Tabelle 2 zeigt, ist dabei die Überlieferung in den Jahren 1578 und 1588 in Dresden wesentlich umfangreicher als in der Sammlung der Gebrüder Fugger. Das resultiert sicher zum einen aus der größeren Zahl von Absendeorten, auf die gleich zurückzukommen sein wird. Zum anderen ist die Dopplung von Zeitungen in der Sammlung zu bedenken, die auch in Wien in einigen Fällen vorkommt, die aber in Dresden aufgrund der Zusendung von verschiedenen Seiten sicher bedeutsamer war. Darauf hat für die pfalz-neuburgische Sammlung bereits Cornel Zwierlein hingewiesen265; allerdings scheint es für Dresden nicht gerechtfertigt, von 70 bis 80 Prozent „Datenmüll“ auszugehen in dem Sinne, dass der Kurfürst bereits vorhandene Zeitungen erneut zugesandt erhielt, wie das Zwierlein tut. Eine vollständige Bereinigung der Zahlenangaben konnte hier jedoch nicht vorgenommen werden, da es sich bei Zeitungen gleichen Datums vom gleichen Absendeort keineswegs um die gleiche Zeitung handeln muss – allein aufgrund der Posttage war es vielmehr ja gerade typisch, dass Zeitungen vom gleichen Ort auch am gleichen Tag ausgingen266. Bei der Aufnahme der Bandinhalte wurde zudem versucht, zwischen geschriebenen Zeitungen und Dokumenten267 wie etwa Briefabschriften, Nachrichtenbriefen, Ereignisberichten, Listen etc. zu differenzieren, um zugleich Angaben über die Professionalisierung des Zeitungsschreibens erhalten zu können. Dabei zeigt sich, dass in beiden Fällen – ausgehend von einem hohen Niveau schon 1578 – der Anteil von ergänzenden Materialien und Nachrichtenbriefen rückläufig war. Die geschriebenen Zeitungen dominierten immer deutlicher die Sammlungen, was auch die durchgehende Betrachtung der Wiener Überlieferung bestätigt268. Die Anzahl der Beilagen im Band für 1578 liegt dabei deutlich über dem Wiener Durchschnitt, nicht zuletzt, weil er eine erhebliche Anzahl von Nachrichtenbriefen des Hans Adelgaiß aus Antwerpen269 enthält und zahlreiche Materialien zu den Auseinandersetzungen in den Niederlanden. Im Durchschnitt umfassen die Jahrgänge in Wien etwa 6 Prozent Dokumente, wobei der Anteil nach 1590 immer unter dieser Zahl lag. Deutliche Abweichungen gibt es zwischen beiden Sammlungen hinsichtlich der auftretenden Sprachen. Während in Wien italienische Zeitungen aus Venedig, Rom und einigen anderen italienischen Orten, aber auch aus Wien und Prag, 1578 einen erheblichen Anteil ausmachen, treten sie in Dresden nur in geringem Maße in Erscheinung. Dafür finden sich in Dresden auch regelrechte Zeitungen in lateinischer Sprache270, während in 263   Die folgenden Zahlen beruhen für 1578 auf folgenden Locatnummern im HSTAD: 10700/2; 10700/3; 10700/4; 10700/5; 10700/6; 10700/7; 10700/8; 10701/1; 10701/2; 10701/3; 10701/4; 10701/5; 10701/6. Für 1588 handelt es sich um die Locatnummern: 10707/8; 10709/2; 10709/5; 10709/6; 10710/2; 10710/3; 10710/4; 10710/5. Die Zeitungen für 1604 stammen alle aus Loc. 10723/1. Die einzelnen Bände umfassen manchmal nur wenige einzelne Zeitungen und Beilagen, manchmal aber auch Hunderte davon. 264  Es handelt sich um ÖNB Cod. 8951 (1578); Cod. 8961 (1588) und Cod. 8975 (1604). 265  Zwierlein, Discorso 595f. 266  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 168–179. 267  Zu dieser Differenzierung siehe oben S. 19. 268  Siehe oben S. 20f. Tabelle 1. 269  Zu Adelgaiß siehe Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 85f. 270  Z. B. HSTAD Loc. 10701/2, fol. 138v–140v: Zeitung aus Venedig vom 16. August 1578; ebd. fol.



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Wien die Texte in französischer, lateinischer, spanischer Sprache fast ausschließlich Bei­ lagen beziehungsweise Nachrichtenbriefe sind. Das heißt jedoch nicht, dass es in Dresden keine Zeitungen aus beziehungsweise über Italien gegeben hätte: Es ist vielmehr belegbar, dass der Kurfürst von Sachsen direkt aus Venedig italienische Zeitungen bezog, die ihm von den Novellanten Bastiano Ambrogi beziehungsweise Lioncino di Parmesani zugesendet wurden271. Ambrogi schrieb mindestens von 1571 bis 1580; Parmesani ist für 1582 belegbar. Der Gesamtumfang der in Dresden eingetroffenen italienischen Zeitungen beziehungsweise Nachrichtenbriefe lässt sich jedoch heute nicht mehr abschätzen. Auch die lateinischen Nachrichtenbriefe von Pietro Bizzarri enthalten teilweise Nachrichten aus Italien. In beiden Fällen belegen aber Übersetzungen272, dass zumindest der Kurfürst sie nicht in der Originalsprache lesen konnte. Deshalb verwundert es nicht, dass sich in Dresden schon für 1578 zahlreiche deutsche Zeitungen mit Absendeort Venedig und Rom finden lassen273, von denen allerdings unklar ist, ob sie dort auch verfertigt wurden. Wahrscheinlicher ist wohl, dass diese deutschen Zeitungen über Italien auf der Basis italienischer Avvisi nördlich der Alpen verfertigt wurden, möglicherweise in Augsburg als Nachrichtenumschlagpunkt. Zwierlein und Bauer sprechen regelrecht von Übersetzungen solcher Avvisi274, die ich jedoch so nicht erkennen konnte. Octavian Secundus und Philipp Eduard Fugger dagegen bezogen bis 1586 Zeitungen in italienischer Sprache direkt aus Italien275, was für sie nicht nur aufgrund von Handelsbeziehungen, sondern auch aufgrund ihrer Sprachkenntnisse kein Problem gewesen sein dürfte. Allerdings endet dieser Überlieferungsteil mit dem Ende des Jahres 1586; erst ab Juni 1588 gibt es dann in der Wiener Sammlung überhaupt wieder Zeitungen aus Italien, allerdings nun in deutscher Sprache. Zeitungen in italienischer Sprache gibt es noch wiederholt mit Absendeort Lyon, aber erst für 1601 ist dann erneut ein Jahrgang italienischer Zeitungen überliefert276. Unklar ist bislang, ob dieser Wechsel mit den Inhalten der italienischen Zeitungen, die sich teilweise deutlich von denen der deutschen unterscheiden, oder mit dem Ausscheiden von Novellanten zu tun hat oder ob es sich lediglich um ein Überlieferungsproblem handelt, etwa um Quellenverluste durch einen abweichenden Aufbewahrungsort. Die sprachliche Zusammensetzung der Überlieferung muss also neben der reinen Quantität der Zeitungen als weiterer Unterschied zwischen den beiden Sammlungen festgehalten werden. Interessant ist auch die geographische und quantitative Betrachtung der Absendeorte von Zeitungen in beiden Fällen, wie sie Tabelle 2 und die Karten 2 bis 7 am Ende dieses Kapitels sichtbar machen277. Dabei fällt sofort ins Auge, dass die Zahl der Absendeorte in der Wiener Sammlung durchgehend geringer war. Zwar sind die 203r–204v: Zeitung aus den Niederlanden vom 14. Oktober 1578; Loc. 10700/7, unpag.: Zeitung aus Genf vom 12. Juni 1578. 271   HSTAD Loc. 10700/2, unpag., Schreiben vom 10. Oktober 1576, 29. April 1580 und 29. Juni 1582. Einige Zeitungen von Ambrogi dürften sich befinden in Loc. 10697/1, unpag. 272   Z. B. HSTAD Loc. 10698/1; Loc. 10698/2. Zu Bizzarri siehe oben S. 53. 273   Solche sind bereits für 1577 im „Zeitungsbuch“ Herzog Albrechts von Bayern nachweisbar: HSTAD Loc. 10699/4. 274   Zwierlein, Discorso, 600, 609; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 66 Anm. 71. Zu dieser Frage siehe unten S. 133–136. 275  Und zwar offenbar die gleichen wie die bayerischen Herzöge, siehe unten S. 69. 276  ÖNB Cod. 8974, fol. 1–245. Siehe auch Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 61f. Zur Statistik siehe oben S. 20f. Tabelle 1. 277  Für die Fuggerzeitungen siehe auch www.fuggerzeitungen/univie.ac.at/.

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Zeitungssammlungen im Alten Reich: Umrisse einer Medienlandschaft

Nachrichtenzentren, die Orte mit der größten Zahl von Zeitungen in jedem Jahrgang, in beiden Sammlungen sehr ähnlich: Antwerpen, Rom, Venedig, Köln, Lyon liegen immer im Spitzenfeld. Würde man die große Zahl von Dresdner Zeitungen ohne Absendeort 1578 nach dem Inhalt räumlich zuordnen, so träte der Schwerpunkt Niederlande noch deutlicher hervor, als das in der Karte jetzt der Fall ist. Die Auseinandersetzungen in den Niederlanden waren der bestimmende Fokus sowohl in der Dresdner Sammlung wie in den deutschprachigen Fuggerzeitungen. Wien beziehungsweise Prag dagegen spielen als Absendeorte in Dresden 1578 eine deutlich geringere Rolle, was vermutlich mit anderen Korrespondenzkanälen des Kurfürsten zum Kaiserhof zusammenhängt. Es gab briefliche Kontakte zwischen Kaiser und Kurfürst sowie Korrespondenzen zwischen Räten278. In der Fuggerschen Sammlung sind alle Zeitungen des Jahres 1578 aus Prag und 15 von 21 Zeitungen aus Wien in italienischer Sprache abgefasst und kamen mit Zeitungssendungen aus Venedig nach Augsburg. Die räumliche Verteilung insgesamt ist jedoch sehr ähnlich, obwohl in Dresden deutlich mehr und auch einige andere Orte als Absendeorte in Erscheinung treten: Augsburg fällt natürlich ins Auge, dessen fast völliges Fehlen in den Fuggerzeitungen nicht allzu sehr verwundern kann, aber auch Liège/Lüttich oder Istanbul, das 1578 in den Fuggerzeitungen nur zweimal vertreten ist. Zehn Jahre später, 1588, hat sich die Zahl der in beiden Sammlungen vertretenen Orte etwas angenähert, ebenso wie der Gesamtumfang der Überlieferung. Köln und Antwerpen spielen in beiden Fällen eine große Rolle, aber in der Dresdner Sammlung dominieren sie lange nicht in dem Maße wie in den Fuggerzeitungen. Die kontinuierliche Überlieferung aus Italien relativiert das ebenso wie ein insgesamt räumlich breiter gestreutes Sample von Absendeorten. In den Fuggerzeitungen stellen offenbar die beiden Großereignisse der spanischen Armada und der Belagerung von Bonn einen deutlichen Interessensschwerpunkt dar. Im Falle des Kurfürsten von Sachsen ist die Bedeutung von Köln, Middelburg und Hamburg sicher auch damit verbunden, aber Berichterstattung vom Oberrhein und aus Frankreich (Strasbourg, Genf, Sankt Gallen, Lyon) und aus dem Reich (Frankfurt am Main), wo der Kölnische Krieg zu Ende ging, stellte eine Art Gegengewicht dar. Auch Berichte aus Polen über die Kämpfe nach der Doppelwahl 1587 spielen relativ gesehen eine größere Rolle als in der Sammlung der Brüder Fugger. Dort sind diese Themen zwar präsent, aber die zuerst genannten Ereignisse und die daraus resultierende große Zeitungsdichte aus Köln und Antwerpen dominieren doch die Überlieferung. Für das Jahr 1604 geben sowohl die Karten wie die Tabelle dann allerdings ein verblüffend ähnliches Bild – in beiden Fällen hat die Berichterstattung aus dem Langen Türkenkrieg eine große Bedeutung; Prag, Rom und Venedig sind in Dresden etwas weniger stark vertreten; Augsburg und Pressburg/Bratislava fehlen dafür in den Fuggerzeitungen. Diese Differenzen können jedoch angesichts der mit Sicherheit unvollständigen Dresdner Kollektion nicht allzu sehr ins Gewicht fallen. In Hinblick auf den Vergleich der in Tabelle 2 erfassten Daten lassen sich also nur wenige gravierende Unterschiede erkennen. Dazu gehören neben der Zahl der für einen Jahrgang überlieferten Zeitungen die sprachliche Zusammensetzung des Zeitungskorpus und zumindest für eine der drei Stichproben (1588) Abweichungen bezüglich der räumlichen Verteilung der Absendeorte. Diese waren freilich insgesamt in der Dresdner 278   Siehe oben S. 53 und beispielsweise die Nachrichten von Reichsvizekanzler Johann Ulrich Zasius: HSTAD, Loc. 8521/3 und 4; Loc. 8522/1. Siehe auch Šimeček, Geschriebene Zeitungen 77; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 80–109.



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Sammlung vielfältiger als in den Fuggerzeitungen. Über die Gründe dafür kann nur spekuliert werden – waren es das Netzwerk fürstlicher Austauschbeziehungen, die Zahl der überlieferten Zeitungen insgesamt, spiegelt sich hier ein breiterer Interessenshorizont des Kurfürsten? Auffällig ist immerhin, dass es nur in geringem Maße konfessionelle Prägungen des Nachrichtennetzwerkes gab – allenfalls die größere Zahl von Absendeorten in der Schweiz unter den Dresdner Zeitungen des Jahres 1588, verbunden mit einigen Zeitungen aus Heidelberg, deutet auf Verbindungen des lutherischen Kursachsen, wo man in dieser Zeit eine politische Annäherung an die kalvinistischen Territorien des Reiches und an Frankreich betrieb279. Die Zahl der Zeitungen kann dabei freilich nur ein schwaches Argument sein; auf die Inhalte wird noch zurückzukommen sein. Ungeachtet dieser graduellen Unterschiede lassen sich über die drei Stichjahre in beiden Sammlungen gemeinsame Trends erkennen: Dazu gehört eine Reduktion auf wichtigere Absendeorte, die in ein regelmäßig funktionierendes Nachrichtennetz einbezogen waren. Die Zahl der Orte, aus denen ein oder zwei Zeitungen aufgenommen wurden, war erkennbar rückläufig. Dieser Konzentrationsprozess war augenscheinlich verbunden mit einer Schwerpunktverlagerung der Berichterstattung von West nach Ost. Diese resultierte zum einen aus der Ereignisgeschichte der Zeit, denn wie sich anhand der Fuggerzeitungen beobachten lässt, war die Zeitungsproduktion außerhalb der großen Zentren Antwerpen, Köln, Rom und Venedig stark von Ereignissen bestimmt – Zeitungen berichteten von dort, wo etwas Berichtenswertes geschah280. Und das war nach dem Ende der Religionskriege in Frankreich und den Friedensschlüssen zwischen Frankreich, Spanien und Savoyen vor allem auf dem Balkan281 und im Osmanischen Reich der Fall. Andererseits lässt sich anhand der in den Fuggerzeitungen dokumentierten kontinuierlichen Berichterstattung aus dem Türkenkrieg aber auch erkennen, dass an der Grenze zum Osmanischen Reich eine Anzahl von kleineren, aber über die Jahre doch immer wieder auftauchenden Absendeorten282 entstand, was auf eine Ausdehnung des Nachrichtennetzwerkes nach Osten hindeuten könnte. Dagegen hat es nach unseren Vergleichszahlen den Anschein, als ob Zeitungen aus Italien in beiden Fällen ein kontinuierlicher Bestandteil der Zeitungssammlungen waren. Auf die Differenz in der Sprache ist oben schon hingewiesen worden, aber der Anteil von Zeitungen aus Rom, Venedig und Genua war 1578 in Dresden sogar höher als in den Fuggerzeitungen. Die schon seit 1577 in der Dresdner Überlieferung nachweisbaren deutschen Zeitungen aus Rom und Venedig283 traten in der Fuggerschen Sammlung zwar erst ab 1588 in Erscheinung, bleiben dann aber auch dort kontinuierlich präsent, wobei es über mehrere Jahre immer zwei unterschiedliche deutschsprachige Zeitungen zum gleichen Datum von dort gibt284. Das Interesse an den Ereignissen in Italien beziehungsweise an den über Italien vermittelten Nachrichten aus dem Mittelmeerraum war offenbar im kurfürstlichen Umfeld in Dresden und im Kontor der Gebrüder Fugger gleich ausgeprägt, wurde aber – zumindest zeitweise – mit unterschiedlichen Mitteln befriedigt.   Klein, Zweite Reformation.   Zur Bedeutung des Nachrichtenwertes für die Auswahl der Meldungen siehe Wilke, Nachrichtenauswahl, bes. 31–35; Schröder, Erste Zeitungen 91–96. 281  Siehe oben S. 22f. 282  Z. B. Bratislava/Preßburg, Buda/Ofen, Györ/Raab, Kosiče/Kaschau, Esztergom/Gran; siehe etwa Hipfinger–Löffler, Fugger-Zeitungen 388f.; Barbarics, Tinte 236f., 245f. 283  HSTAD Loc. 10699/4, unpag. 284  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 65f. 279 280

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Zeitungssammlungen im Alten Reich: Umrisse einer Medienlandschaft

Die Fuggerzeitungen und die Dresdner Sammlung: Inhalte und Vermittler In einem zweiten Schritt des Vergleichs soll nun noch den Inhalten und in diesem Kontext auch den Vermittlern von Zeitungen nach Dresden Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auch dieser Frage konnte nur anhand von Stichproben nachgegangen werden; dafür wurden jeweils die Monate Januar, Juni und Oktober eines Jahres ausgewählt. Damit werden Monate mit schwächerer Zeitungsproduktion (Januar) und solche mit stärkerer (Juni beziehungsweise Oktober) verglichen. Die abweichenden Überlieferungsumfänge resultieren dabei nicht zuletzt aus jahreszeitlichen Schwankungen der Kriegsführung285, die sich in Quantitäten der Berichterstattung niederschlugen. In einem ersten Schritt wurden dazu während der Aufnahme der Zeitungen für die Jahre 1578, 1588 und 1604 für die genannten Monate die Absendedaten mit denen der in Wien vorhandenen Zeitungen abgeglichen; bei Übereinstimmung erfolgte die Prüfung des Textes der Zeitung anhand der Digitalisate. Auf diese Weise konnten für alle drei Jahrgänge erhebliche Ähnlichkeiten und selbst wortgleiche Zeitungen festgestellt werden in einer Größenordnung, wie sie Tabelle 3 ausweist. Bezugsgröße der Prozentangaben sind dabei die deutschsprachigen Zeitungen in Wien, da eine italienischsprachige Überlieferung in Dresden ja nur in äußerst geringem Maße vorhanden ist. Tabelle 3: Parallelüberlieferung von Zeitungen in Dresden und Wien

Jahr

Anzahl der Zeitungen in Dresden

Anzahl der Zeitungen in Wien

gesamt

gleiche Zeitungen in Dresden und Wien davon in deutAnzahl scher Sprache

Prozent der deutschsprachigen Wiener Überlieferung

1578 Januar

59

17

7

0

0

Juni

63

23

7

2

29

Oktober

71

31

14

5

36

Januar

72

38

35

20

57

Juni

65

58

57

44

77

Oktober

60

83

83

39

48

Januar

28

32

32

8

25

Juni

23

30

30

7

23

Oktober

23

44

44

6

14

1588

1604

285

  Dazu auch ebd, 193.



Katrin Keller

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Ins Auge fällt dabei wohl zuerst die erhebliche Zahl der Übereinstimmungen von Zeitungen in Dresden und Wien im Jahr 1588, wobei zu ergänzen wäre, dass es hier auch wortgleich überlieferte Dokumente gibt286. Die Angaben zur Gesamtzahl der Zeitungen in den erhobenen Monaten zeigen zugleich, dass Parallelen immer nur einen Teil der Überlieferung betreffen: In der sächsischen Residenz bezog man ganz offensichtlich gleiche Zeitungen wie die Gebrüder Fugger – daneben gab es jedoch beiderseits weitere, die aus anderen Quellen stammen müssen. Trotzdem resultiert aus dem Befund, dass es durchschnittlich in etwa einem Drittel der Fälle die gleichen beziehungsweise weitgehend ähnliche Zeitungen in der Sammlung der Fugger und in der des Kurfürsten von Sachsen gibt, natürlich die Frage, auf welchen Wegen diese Parallelüberlieferungen zustande gekommen sind. Um dem nachzugehen, waren die Zeitungen auf ihre fürstlichen Absender zu beziehen, da ja, wie eingangs ausgeführt, die Dresdner Sammlung für die ausgehenden siebziger und die achtziger Jahre des 16. Jahrhunderts weitgehend auf den Austauschsendungen verschiedener Fürsten beruht. Für 1578 sind folgende Herren als Zeitungsübermittler erkennbar: Albrecht V. von Bayern, Johann Georg von Brandenburg, Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach, Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, Wilhelm von Hessen-Kassel, Daniel Brendel von Homburg, Kurfürst von Mainz, und Ulrich von Mecklenburg-Güstrow. Die Parallelüberlieferung zu den Fuggerzeitungen verteilt sich dabei keineswegs über alle Konvolute, sondern es findet sich lediglich eine Zeitung mit Ähnlichkeiten zu einer in Wien überlieferten unter den von Markgraf Georg Friedrich übermittelten Texten287; alle anderen stammen aus den mit Herzog Albrechts von Bayern überschickte Zeitungen 1578 betitelten drei (!) Faszikeln288. Für das Jahr 1588 übersendeten wieder Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, ­Wilhelm von Hessen-Kassel und Ulrich von Mecklenburg-Güstrow Zeitungen, bei denen sich keine Ähnlichkeiten mit den Fuggerzeitungen erkennen lassen. Außerdem existieren Zeitungsfaszikel, die Sendungen von Johann Georg von Brandenburg, Pfalzgraf Johann Casimir und Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach enthalten. Die Stichprobe ergab eine Parallele unter den Zeitungen des Brandenburgers, 31 unter denen Markgraf Georg Friedrichs und 9 unter denen des Pfalzgrafen289. Der überwiegende Teil der umfangreichen Parallelüberlieferung des Jahres 1588 stammt jedoch aus dem Faszikel Zeitungen so von Augspurg geschickt werden290, auf das gleich näher einzugehen sein wird. Die Zahl der wortgleichen Zeitungen in Wien und Dresden war 1588 nach den Stichproben zu urteilen sehr hoch, zumal da im Gegensatz zu 1578 fast alle Zeitungen in Wien in deutscher Sprache vorliegen. Parallelen für 1604 sind dagegen weniger deutlich ausgeprägt. Zudem kann nun nicht mehr differenziert werden, wer die entsprechenden Zeitungen übermittelt hat. Auffällig ist, dass bei Parallelüberlieferungen die Ähnlichkeit 286  Z. B. HSTAD Loc. 10710/2, fol. 457r–459r und ÖNB Cod. 8961, fol. 674r–676v: Bericht über die Niederlage der Osmanen bei Sixto (evtl. Székszard) vom 8. Oktober 1588; ebd. fol. 501r–502r und Cod. 8961, fol. 760r–761r: Kopie eines Schreibens der Herren Pálffy, Debo und Hardegg vom 30. Oktober 1588; ebd. fol. 452r–452v und Cod. 8961, fol. 648r–648v: Kopie eines Mandats Wolf Dietrichs von Raittenau, des Erzbischofs von Salzburg, gegen die lutherisch gewordenen Untertanen vom 1. Oktober 1588. 287   HSTAD Loc. 10700/6, unpag. Die Zeitung aus Antwerpen vom 22. November 1578 entspricht der in Wien (Cod. 8951, fol. 321r–322r) überlieferten wörtlich, wobei in Dresden ein Absatz am Ende mehr enthalten ist. 288  HSTAD Loc. 10700/3 und 4; Loc. 10700/8. 289  HSTAD Loc. 10709/5; Loc. 10709/6; Loc. 10710/4. 290  HSTAD Loc. 10710/2.

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überwiegt, wobei fast immer die Dresdner Zeitungsexemplare knapper sind als die in Wien überlieferten, während wortgleiche Zeitungen deutlich seltener sind. Kann aufgrund unserer Stichproben auch davon ausgegangen werden, dass es über den gesamten Überlieferungszeitraum Parallelüberlieferungen in Dresden und Wien gibt, so war die überraschend große Übereinstimmung mit den 1588 aus Augsburg übersendeten Zeitungen Anlass, dieser Verbindung zur Fuggerschen Sammlung noch genauer nachzugehen. Dazu wurden einerseits in den für die achtziger Jahre überlieferten Faszikeln zusätzliche Stichproben erhoben unter den fürstlichen Zeitungsvermittlern. Daraus wurde deutlich, dass sich auch in den von Ludwig von Württemberg übersendeten Zeitungen zahlreiche Exemplare finden, die wortgleich in Dresden und Wien überliefert sind291. So finden sich von Juli 1582 sieben Zeitungen und vom Oktober neun sowohl in Wien wie in den Sendungen des Württembergers; 1583 waren es zwei Zeitungen im Januar, sieben Zeitungen im Juni und 13 im Oktober. Der Herzog von Württemberg gehörte im Übrigen auch zu den Korrespondenten Philipp Ludwigs von Pfalz-Neuburg292, ebenso wie Wilhelm von Hessen-Kassel, Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach und Wilhelm von Bayern. Unter den von Wilhelm von Bayern nach Dresden überschickten Zeitungen finden sich dagegen in den achtziger Jahren fast keine Übereinstimmungen293 und gar keine für den Kurfürsten von Mainz294. Andererseits wurde die in Dresden überlieferte, vom Herbst 1582 bis Herbst 1591 reichende Reihe von Faszikeln, die alle als Herkunftsort Augsburg ausweisen, untersucht295. Von 1582 bis 1586 weisen die Aktentitel Philipp Bray in Augsburg als Absender aus. Da wir aus einer Bittschrift an den Administrator des Kurfürstentums Sachsen aus dem Jahr 1593 wissen, dass Bray zu Reminiscere 1586 das Abonnement gekündigt wurde296, kann es nicht verwundern, dass sein Name später nicht mehr in Erscheinung tritt. Der regelmäßige Bezug von Zeitungen aus Augsburg fand damit jedoch nicht sein Ende. Und der wiederum mit Monatsstichproben durchgeführte Abgleich der Dresdner und der Wiener Überlieferung zeigt eine anhaltend nennenswerte Zahl von gleichen oder weitgehend ähnlichen Zeitungen in beiden Sammlungen. Tabelle 4: Parallelüberlieferungen in den Augsburger Zeitungen

Jahr

Anzahl der Zeitungen in Wien

gesamt 1583 Januar Juni

23 24

Zahl der übereinstimmenden Zeitungen in Dresden

Prozent der deutschsprachigen Wiener Überlieferung

deutschsprachig 14 16

0 2

0 12

  Geprüft wurden hier die Jahre 1582 und 1583 in HSTAD Loc. 10705/5 bzw. Loc. 10706/1.   Hahn, Nachrichtendienst 11. Zum Herzog von Pfalz-Neuburg siehe auch unten 89–90. 293   Geprüft wurden hier die Jahre 1580 (HSTAD Loc. 10703/4), 1582 (Loc. 10705/2) und 1585/86 (Loc. 10707/3). Der Befund steht damit in deutlichem Kontrast zu den Sendungen seines 1579 verstorbenen Vaters. 294  HSTAD Loc. 10706/9. 295  HSTAD Loc. 10705/6 (1582–84); Loc. 10709/1 (1585–86); Loc. 10707/7 (1586/87); Loc. 10710/1 (1587); 10710/2 (1588); Loc. 10710/6 (1589); Loc. 10711/10 (1590/91). 296  Kleinpaul, Nachrichtenwesen 74. 291 292



Katrin Keller

Jahr

Oktober 1584 Januar Juli Oktober 1585 Januar Juni Oktober 1586 Januar Juni Oktober 1587 Januar Juni Oktober 1588 Januar Juni Oktober 1589 Januar Juni Oktober 1591 Januar Juni September

Anzahl der Zeitungen in Wien

65

Zahl der übereinstimmenden Zeitungen in Dresden 5

Prozent der deutschsprachigen Wiener Überlieferung 20

33

25

32 24 25

21 18 20

2 8 4

10 44 20

31 34 33

23 25 25

9 3 11

39 12 44

32 32 50

22 24 31

8 7 5

36 29 16

27 34 38

24 33 36

17 13 8

71 39 22

38 58 83

35 57 83

8 30 34

23 53 41

26 60 46

25 58 43

9 12 6

36 21 14

40 63 100

38 61 77

13 6 19

34 10 25

Deutlich wird aus der Tabelle, dass nach dem Ausscheiden Brays als Zeitungsübermittler 1586 die Parallelen zwischen beiden Sammlungen zunächst eher größer werden. Das kann wohl als Argument dafür gelten, dass Johannes Kleinpaul mit seiner Vermutung, Jeremias Crasser beziehungsweise Jeremias Schiffle hätten in Dresden Brays Nachfolge angetreten297, nicht ganz falsch lag. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang, dass es gerade aus dem Sommer 1588, als die Übereinstimmungen zwischen beiden Sammlungen am größten waren, die bekannte Abrechnung Jeremias Crassers für Philipp Eduard Fugger gibt, in der er übersendete Zeitungen ausweist298. Aus dieser Auflistung von 54 Zeitungen 297 298

  So indirekt in Kleinpaul, Nachrichtenwesen 94.   ÖNB Cod. 8961, fol. 383r–385r. Diese Übersicht zitierte schon Sickel 1856 in seinem Beitrag über

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und Beilagen sind dem Datum nach 37 Zeitungen auch in Dresden, und zwar gerade im Band mit den aus Augsburg übersendeten Zeitungen, vorhanden. Mindesten 21 davon sind wortgleich mit in der Fuggerschen Sammlung vorhandenen Zeitungen. Damit dürfte ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt für Zeitungslieferungen von Jeremias Crasser nach Dresden erbracht sein. Nach unseren Stichproben steht damit fest, dass sowohl Kurfürst August von Sachsen wie sein Sohn und Nachfolger Christian I. nicht nur dank des fürstlichen Austauschwesens, sondern auch auf direktem Wege Zeitungen aus Augsburg bezogen haben. Möglicherweise spielte dabei die Anregung oder das Vorbild durch Herzog Albrecht V. von Bayern eine Rolle, in dessen Zeitungsfaszikeln in Dresden sich ja schon 1578 einige Pa­ rallelüberlieferungen zu den Fuggerzeitungen fanden. Wenn man den Befund heranzieht, den Cornel Zwierlein anhand der pfalz-neuburgischen Sammlung formuliert hat, dann bezogen folgende deutsche Fürsten in den achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts mehr oder weniger kontinuierlich die gleichen Zeitungen wie Philipp Eduard und Octavian Secundus Fugger: Wilhelm von Hessen-Kassel, Ludwig von Hessen-Marburg, Friedrich von Württemberg-Mömpelgard, Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach, August von Sachsen, Christian I. von Sachsen, Ludwig von Württemberg, Wilhelm von Bayern, Johann von Pfalz-Zweibrücken und Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg299. Die letzten vier kamen zudem noch in den Genuss der von Marx Fugger versendeten Fuggerischen Zeitungen, auf die sich in Dresden kein direkter Hinweis finden lässt. Dem entspricht auch Oswald Bauers Feststellung, dass die Gebrüder Fugger nicht wie die Vettern der Antonlinie selbst als Nachrichtenvermittler fungierten, sondern in ihrer Sammlung im Wesentlichen allgemein verfügbare Nachrichten aufbewahrten300. Dies wird gestützt durch eine genauere Untersuchung der Inhalte der sowohl in Wien wie in Dresden überlieferten Zeitungen. Die Stichproben ergaben einerseits eine erhebliche Zahl (235) von wortgleichen Zeitungen301, andererseits viele (97), die gewisse Abweichungen gegenüber der Wiener Überlieferung aufweisen. Für diese knapp 100 Zeitungen wurden die in Dresden gegenüber den Fuggerzeitungen fehlenden beziehungsweise ergänzten Inhalte spezifiziert. Die dadurch gewonnene Übersicht zeigt freilich keine eindeutige Tendenz: Es gibt durchaus Zeitungen, bei denen man eine Anpassung der Inhalte an den kurfürstlichen Empfänger in Dresden vermuten könnte. So fehlt in Wien in einer Zeitung aus Köln vom 25. Januar 1585 die Meldung über die Belagerung von Schloss Horst durch Ernst von Bayern, die in dem von Philipp Bray nach Dresden übersendeten Exemplar enthalten ist302. Die Meldungen über englische Freibeuter und die Landung der Engländer in Florida in einer Kölner Zeitung vom 24. Oktober 1585 fehlen in Dresden303. Eine Zeitung aus Prag vom 4. November 1586 berichtet in der Dresdner Variante ausführlicher über

die Fuggerzeitungen: Sickel, Zeitungen des 16. Jahrhunderts 346. Siehe außerdem Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 103f. 299   Zwierlein, Discorso 595f. Siehe auch unten S. 89–90. 300   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 360. 301   Beim Abgleich wurden kleine Differenzen in Schreibweise und Wortstellung, wie sie bei Abschriften leicht zustande kommen können, nicht berücksichtigt. Nur das Fehlen von größeren Wortgruppen oder ganzen Absätzen bzw. abweichende Formulierungen entsprechender Länge wurden vermerkt. 302  HSTAD Loc. 10709/1, fol. 15r–16r und ÖNB Cod. 8958, fol. 37v–38r. 303  HSTAD Loc. 10709/1, fol. 228v–229r und ÖNB Cod. 8958, fol. 471v–472v.



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den Aufenthalt der kursächsischen Gesandten in Prag als in der in Wien überlieferten304. In einer Zeitung aus Köln vom 18. Juni 1587 fehlen im Dresdner Exemplar die Meldungen über die Landung englischer Söldner in den Niederlanden sowie die Berichte über die Ankunft von Francis Drake vor Cádiz und die Konsequenzen der folgenden Kämpfe für die Schifffahrt in der Straße von Gibraltar305. Aber die Berichterstattung über ein Treffen der Erzherzoge mit dem Kaiser in einer Zeitung aus Prag vom 10. August 1588 ist in der Wiener Sammlung deutlich ausführlicher als in Dresden306. Eine Zeitung aus Venedig vom 2. Juni 1589 beinhaltet in Dresden keine Berichterstattung über Kämpfe in Frankreich und Savoyen sowie dort erwartete Truppen307 wie in Wien. In einer Zeitung aus Venedig vom 23. Januar 1604 fehlen im Wiener Exemplar alle Meldungen aus dem Osmanischen Reich, u. a. über Kämpfe in Persien und den Erlass des Tributes der Stadt Ankara308, die in Dresden zu finden sind. Alles in allem lassen sich, wie diese Beispiele belegen, keine Generalisierungen vornehmen – weder enthielten die Zeitungen der Fuggerschen Sammlung erkennbar mehr wirtschaftliche, noch die Dresdner Zeitungen mehr höfisch-politische Meldungen. Bei vielen der Abweichungen kann man eher den Verdacht hegen, der Kopist habe die Prozedur abkürzen wollen309 – so fehlen auffällig häufig Absätze am Ende einer Zeitung –, als dass ein gezielter inhaltlicher Anpassungsprozess stattgefunden habe. Dieser Befund spricht damit für eine gewisse Professionalität der Herstellung von geschriebenen Zeitungen, die eben nicht notwendigerweise in ihren Inhalten individuell angepasst wurden310, sondern als allgemein verfügbares Gut auch allgemein verfügbare und relevante Nachrichten lieferten.

Die Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel Johannes Kleinpaul hat sich auch mit der im Wolfenbütteler Archiv aufbewahrten Sammlung der Herzöge von Braunschweig befasst und geht davon aus, dass sich hier nur wenige Zeitungen aus einem ursprünglich größeren Bestand erhalten hätten311. Dem ist sicher zuzustimmen. Dieter Lent, der in den siebziger Jahren den Bestand aus archivarischer Sicht untersuchte, geht in seiner Einleitung zum Findbuch davon aus, dass der Bestand geschriebener Zeitungen in Wolfenbüttel sich auf ca. 1,3 Regalmeter belaufe. Dies bezieht sich wohl hauptsächlich auf einen im 19. Jahrhundert wahrscheinlich aus Bänden der Registratur „Geheimer Rat“ eigens gebildeten Bestand312 „Zeitungen“ (1 Z), der etwa 20 Faszikel geschriebene Zeitungen beinhaltet. Außerdem gibt es in der Korrespondenz Herzog Julius’ von Braunschweig-Wolfenbüttel (Bestand 1 Alt 9) 14 Bände Zeitungen mit jeweils zwischen 80 und 120 Blatt und eine verbreitete Streuüberlieferung in diversen   HSTAD Loc. 10707/7, fol. 257v und ÖNB Cod. 8959, fol. 635r.   HSTAD Loc. 10707/7, fol. 472v–473r und ÖNB Cod. 8960, fol. 216v–218r. 306  HSTAD Loc. 10709/6, fol. 290r–291v und ÖNB Cod. 8961, fol. 468r–469v. Übersendet hatte diese Zeitung Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach. 307  HSTAD Loc. 10710/6, fol. 163r–163v und ÖNB Cod. 8962, fol. 300v–301r. 308   HSTAD Loc. 10723/1, fol. 192v–193r und ÖNB Cod. 8975, fol. 26v. 309  So auch der Eindruck von Šimeček, Geschriebene Zeitungen 76. 310  Dies vermuten Šimeček, Geschriebene Zeitungen 75f., und Böning, Zeitungen 2008 221. Nachweisbar ist es im speziellen Fall der personengebundenen Zeitung des Kardinals Harrach, siehe Diarien und Tagzettel. Siehe auch unten S. 154f. zu den Medici. 311  Kleinpaul, Nachrichtendienst Braunschweig. 312  Siehe Findbuch im Niedersächsischen Landesarchiv Wolfenbüttel. 304 305

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Faszikeln des Briefwechsels mit anderen Fürsten. Alle Faszikel, die im Titel oder in der Inhaltsangabe auf Zeitungen hinweisen, sind allerdings Lose-Blatt-Sammlungen in erst nachträglich hinzugefügten Mappen, was eine gezielte Rücksichtnahme auf diese Materialien von archivarischer Seite belegt. Durch diese archivarische Bearbeitung313 ist eine Recherche nach geschriebenen Zeitungen im Falle Wolfenbüttels relativ einfach. Allerdings erweist sich ebenso schnell, dass der Begriff „Zeitungen“ in Hinblick auf Bestände vor 1600 eher in einem frühneuzeitlichen Sinn, so wie ihn Kleinpaul auch verwendete, benutzt wird: Gemeint ist damit heterogenes Material mit Nachrichten zu zeitgenössischen Ereignissen vom Brief über den Bericht von Agenten und Diplomaten314 bis zur Kopie herrschaftlicher Edikte und Mandate. Damit sind Erwartungen an die Quantität und Geschlossenheit des Bestandes nach unten zu korrigieren. Hinzu kommt, dass aufgrund von Bestandsverlagerungen und -vereinigungen im 17. Jahrhundert315 Teile der Überlieferung zur Herrschaftszeit Herzog Julius’ von Braunschweig, die die Jahre 1568 bis 1589 umfasste, sich heute nicht mehr in Wolfenbüttel befinden, sondern im Niedersächsischen Landesarchiv Hannover im Bestand Fürstentum Calenberg, Akten (Calenberger Briefschaftsarchiv, Cal. Br. 21). Drei Sammelbände mit Zeitungen aus diesem Bestand werden hier ergänzend herangezogen, um die Zusammensetzung der Zeitungsüberlieferung im Archiv der Herzöge von Braunschweig zu beschreiben. Der angestrebte Vergleich mit der Wiener Sammlung gestaltet sich allerdings schwierig, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen deshalb, weil der Schwerpunkt der Zeitungsüberlieferung in Wolfenbüttel und Hannover in der Zeit vor 1578 liegt, so dass kein direkter Vergleich mit originalen, in der Fuggerschen Sammlung überlieferten Zeitungen möglich war316. Zum anderen ergab – wie bereits angedeutet – die Autopsie bei etlichen Bänden, dass sie zwar im Titel den Begriff „Zeitungen“ ausweisen, dass sie aber ganz oder fast ausschließlich Nachrichtenbriefe, Kopie von Dokumenten etc. enthalten und keine geschriebenen Zeitungen im engere Sinne317. Am Ende bleiben elf Bände, drei in Hannover318 und acht in Wolfenbüttel319, die tatsächlich in nennenswerter Zahl Zeitungen enthalten, die wiederum aus einem Zeitraum stammen, in dem ein direkter Vergleich mit der Überlieferung in Wien möglich ist. Das zentrale Ergebnis dieses Vergleiches ist, dass unter den Zeitungen, die die Herzöge von Wolfenbüttel hinterlassen haben, eine erhebliche Zahl von Übereinstimmungen mit der Wiener Sammlung erkennbar ist. Insgesamt konnten in den Bänden 339 geschriebene Zeitungen aus den Jahren zwischen 1578 und 1604 ermittelt werden. Von diesen weisen 121 (36 Prozent) weitgehende Übereinstimmungen mit solchen in der Fuggerschen Sammlung auf, sind wörtlich oder zumindest weitgehend wortgleich. Beide Sammlungen speisten sich also zweifellos zu erheblichen Teilen aus der gleichen Zeitungsproduktion. Im Gegensatz zu den in Leipzig, Dresden und Meiningen untersuchten Sammlungen ist allerdings kein detaillierterer Vergleich, der auch Entwicklun313  Siehe dazu neben den Findbüchern selbst etwa Lent, Zeitungen. Zur nachträglichen Ordnung solcher Bestände auch unten S. 150–152 zu den Medici und S. 73f. zu Meiningen. 314   Kleinpaul, Nachrichtendienst Braunschweig 85–87, 89f. 315  Haase–Deeters, Niedersächsisches Staatsarchiv. 316  Zu ÖNB Cod. 8949 siehe oben S. 19. Mehr als die Hälfte der Zeitungen beinhaltenden Bände in Hannover und Wolfenbüttel betrifft diese Zeit. 317  Z. B. NLAH Cal. Br. Nr. 3575 und 3577; NLAW 1 Alt 9 Nr. 77, 130, 160, 203 etc. 318  NLAH Cal. Br. Nr. 3574, 3576, 3578. 319  NLAW 1 Z Nr. 1 und 19; ebd. 1 Alt 9 Nr. 170, 410 bis 414.



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gen andeuten würde, möglich. Die Bände in den fürstlich Braunschweigischen Archiven bilden keine zeitgenössisch entstandenen Überlieferungseinheiten, vor allem aber sind keine einigermaßen kompletten Jahrgänge überliefert. Allenfalls deutet sich hinsichtlich des zeitlichen Verlaufes ein Trend an – Übereinstimmungen zwischen der Fuggerschen und der Braunschweigischen Sammlung werden in den die ausgehenden achtziger und die neunziger Jahre erfassenden Bänden320 deutlich häufiger als in früheren und liegen dann bei durchschnittlich 55 Prozent der in Wolfenbüttel beziehungsweise Hannover überlieferten Zeitungen. Eine aufschlussreiche Ausnahme von dieser Tendenz stellen die im Wolfenbütteler Zeitungsband für die Jahre 1580 bis 1582 enthaltenen Zeitungen dar321. Dieser Faszikel enthält nicht nur in Relation zum Gesamtumfang deutlich mehr geschriebene Zeitungen als die zeitlich anschließenden Bände; hier sind auch mindestens 13 der 51 Zeitungen Parallelüberlieferungen zur Fuggerschen Sammlung. Fast alle Zeitungen weisen zudem ein Präsentationsvermerk auf, das neben dem Datum auch den Namen des Übermittlers nennt – in allen Fällen handelt es sich um Ernst von Bayern, damals noch Bischof von Hildesheim, später auch Kurfürst von Köln. Unter den von ihm übersendeten Zeitungen befinden sich dabei auch solche in italienischer Sprache, die offensichtlich in Italien abgefasst wurden. Für einige von ihnen lässt sich eine weitgehende, in zwei Fällen sogar eine wörtliche Übereinstimmung mit italienischen Zeitungen in Wien feststellen322. Die Bedeutung der Wittelsbacher als Übermittler war schon im Falle Kursachsen zutage getreten. Handelte es sich im Falle Herzog Julius’ von Braunschweig-Wolfenbüttel auch um einen anderen Vertreter der Dynastie, so spielten die bayrischen Wittelsbacher doch erneut um 1580 offenbar eine Rolle als Vermittler von geschriebenen Zeitungen in nördlichere Regionen des Alten Reiches. Zugleich belegt dieser Befund, dass zumindest Ernst von Bayern die gleichen Zeitungen wie Philipp Eduard Fugger aus Italien bezog. Wenn man dem Hinweis von Johannes Kleinpaul glauben darf, dass Herzog Julius seinerseits Zeitungen aus Italien in erheblicher Menge weiter an Landgraf Wilhelm von HessenKassel323 sendete, dann bliebe hier noch eine Möglichkeit, medialen Verbindungen zwischen Süd und Nord weiter nachzugehen. Und auch die Verbindung zu Augsburg, die für die Dresdner Sammlung nachweisbar war, lässt sich im Falle Wolfenbüttels nicht allein an textlichen Übereinstimmungen erkennen: Im voluminösen ersten Band der Wolfenbütteler Zeitungssammlung324 finden sich zwar nur etwa 40 Zeitungen aus dem 16. Jahrhundert, die allesamt aus den ersten zwei Monaten des Jahres 1593 stammen. Dorsalvermerke325 weisen allerdings aus, dass diese aus Augsburg nach Wolfenbüttel übersendet wurden. In der Akte findet sich an dieser Stelle326 zudem eine maschinenschriftliche Notiz von Johannes Kleinpaul, in der dieser darauf hinweist, dass die enthaltenen Zeitungen aus Rom und Venedig vom 16. beziehungsweise 22. Januar und 6. beziehungsweise 12. Februar 1593 aus der Crasser  NLAH, Cal. Br. Nr. 3574, 3576, 3578 sowie NLAW 1 Z Nr. 1 und 1 Alt 9, Nr. 414.   NLAW, 1 Alt 9, Nr. 411. 322   NLAW 1 Alt 9, Nr. 411, fol. 40r–41v (entspricht ÖNB Cod. 8953, fol. 570r–571r teilweise); 1 Alt 9 Nr. 170, fol. 46r–48v: Zeitungen aus Rom vom 14. und aus Venedig vom 20. Januar 1581 entsprechen wörtlich ÖNB Cod. 8954, fol. 360r–363r. 323  Kleinpaul, Nachrichtendienst Braunschweig 87f. 324  NLAW 1 Z Nr. 1. 325  NLAW 1 Z Nr. 1, Teil III, fol. 21r, 90v. 326  Ebd. fol. 24r. 320 321

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Schiffle-Schreibstube in Augsburg stammen müssen. Hatte er dies aufgrund der Handschrift geschlussfolgert, so bestätigt der Textvergleich den Bezug in Augsburg327. Alle vier Zeitungen stimmen wörtlich mit der Wiener Überlieferung überein, was freilich die Vermutung hinsichtlich der Produzenten nicht ohne weiteres bestätigt, da nicht sicher ist, ob die Brüder Fugger zu diesem Zeitpunkt noch Zeitungen von Jeremias Crasser oder Jeremias Schiffle bezogen328. Dass kurz darauf Zeitungen aus Graz und Prag vom 20. Januar beziehungsweise 2. Februar 1593 folgen, die zwar die gleiche Handschrift aufweisen, in der Wiener Sammlung jedoch nicht zu finden sind, führt die Problematik des Handschriftenvergleichs noch einmal vor Augen329: Gleiche Handschriften deuten natürlich auf die gleiche Vermittlungsstelle hin, bedeuten aber keine inhaltliche Parallelität, während Zeitungen von unterschiedlicher Hand durchaus gleiche Inhalte haben können. Unter diesen aus Augsburg übersandten Zeitungen befinden sich mindestens drei zusammenhängende Zeitungssendungen330, wie sie für die Zeit typisch sind und sich auch in anderen deutschen und italienischen Sammlungen antreffen lassen. Deutschsprachige Zeitungen aus Rom und Venedig sind hier auf einem Doppelblatt kombiniert mit Zeitungen aus Antwerpen, Köln und Frankfurt am Main. Diese Zeitungssendungen stellen in den meisten Fällen eine Kompilation von Zeitungen dar, wie sie in der Wiener Sammlung, und dort meist deutlich umfangreicher, enthalten sind. Solche Zeitungssendungen lassen sich auch in anderen Bänden der Wolfenbütteler und Hannoveraner Überlieferung für die Jahre nach 1584 antreffen331. In mindestens zwei Fällen ist vom Schriftbild her eine Verbindung zu den in den Zeitungen des Pfalzgrafen regelmäßig auftretenden Zeitungssendungen herstellbar332. Aufgrund der zeitlich disparaten Überlieferung und der Beschränkung auf Stichproben bei der Recherche ist derzeit nicht umfassend zu klären, ob die Zeitungssendungen in München, Hannover, Wolfenbüttel, Meiningen und Leipzig einander textlich entsprechen. Immerhin ist erkennbar, dass eine Sendung, die Zeitungen aus Antwerpen, Köln und Frankfurt am Main vom Juni 1584 umfasst, sowohl in der Fuggerschen Sammlung wie in der des Pfalzgrafen wie in Wolfenbüttel überliefert ist333. Für die Jahre 1588 (September), 1589 (Februar/März) und 1593 (Januar bis März) lassen sich Überschneidungen in den Überlieferungen in Wien, Wolfenbüttel beziehungsweise Hannover und Leipzig feststellen. Für insgesamt 84 Zeitungen aus diesen Monaten konnte dies geprüft werden: Im September 1588 sind 18 von 19 Zeitungen in allen drei Sammlungen wortgleich oder weitgehend gleich vorhanden334. Im Frühjahr 1589 gibt es unter 26 vergleichbaren   Sie stimmen wörtlich überein mit ÖNB Cod. 8966, fol. 862r–863r und 806r–807r.   Für 1588 ist dies nachweisbar, siehe u. a. Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 103f. 329  Siehe dazu auch ebd. 352, 356f. 330  NLAW 1 Z Nr. 1, fol. 25r–26r entspricht ÖNB Cod. 8966, fol. 792r–793r, 803v; ebd. fol. 51r–54r entspricht Cod. 8966, fol. 804r–805r, 806r–807r, 814r–814v, 828r–828v; ebd. fol. 55r–57r entspricht Cod. 8966, fol. 818r–818v, 820r–821r. Zum Begriff der Zeitungssendung siehe oben S. 26; andere Beispiele für solche Sendungen siehe unten S. 78f. bzw. 82f. 331  Z. B. NLAW 1 Alt 9, Nr. 412, fol. 31r–33v, 57r–58v; Nr. 413, fol. 24r–25v entspricht ÖNB Cod. 8959, fol. 349v–350r); Nr. 413, fol. 28r–29v entspricht Cod. 8959, fol. 334r–334v; Nr. 414, fol. 54r–55v entspricht Cod. 8962, fol. 65r–66r; Nr. 414, fol. 65r–67v entspricht Cod. 8962, fol. 121r–122r, 127r–128r, 137r–138r. 332  Zu München siehe unten S. 88f. Dies bedürfte freilich noch der intensiveren Prüfung, da mir keine Digitalisate vorlagen: NLAH Cal. Br. 21 Nr. 3576, fol. 91r–92v und 93r–94v, beide aus dem Jahr 1588. 333  BHSTA PNA Nr. 924, fol. 198r–199r; ÖNB Cod. 8957, fol. 180r–181r; NLAW 1 Alt 9 Nr. 412, fol. 68r–69r. 334  Siehe NLAH Cal. Br. 21, Nr. 3576; ÖNB Cod. 8961; UBL MS 11/I. 327 328



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Zeitungen 19, die sowohl in Wolfenbüttel wie Wien wie Leipzig aufbewahrt wurden335, während es im Frühjahr 1593 nur 18 von 39 vergleichbaren Zeitungen waren. Hinzu kommt eine Zeitung vom Juli 1593, die sich fast wortgleich in Wien, Leipzig und in einem Faszikel mit Korrespondenzen Herzog Maximilians I. von Bayern in München feststellen lässt336. Diese Übereinstimmung liefert nicht nur einen Hinweis auf die Verbreitung geschriebener Zeitungen allgemein – wir finden deutliche Parallelen damit für Zeitungen, die zum einen im Umfeld der Herzöge von Braunschweig beziehungsweise von Bayern, zum anderen von Oktavian Secundus und Philipp Eduard Fugger und zum dritten von Kaufleuten in Nürnberg und wohl auch in Leipzig gelesen wurden. Gleiche Abweichungen gegenüber in Wien überlieferten Zeitungen im Falle von Leipzig und Hannover lassen dabei eine gleiche Quelle der an beiden Orten überlieferten Zeitungsexemplare vermuten337. Die Parallelüberlieferung gibt zudem einen Hinweis darauf, dass man auch in Hannover beziehungsweise Wolfenbüttel Nachrichten über Novellanten bezog, wie das für die Fugger und den Kurfürsten von Sachsen ebenfalls nachgewiesen werden konnte. Ergänzt wurde dies zumindest partiell über das System fürstlichen Nachrichtenaustauschs. Schon Kleinpaul wies darauf hin, dass sich aus der Wolfenbütteler Überlieferung insbesondere die Einbindung Herzog Julius’ in die fürstliche Austauschkorrespondenz von Zeitungen erkennen lässt. Allerdings war diese, das sei an dieser Stelle betont, keineswegs Konsequenz einer regelrechten Vereinbarung zwischen den Reichsfürsten, wie Kleinpaul wiederholt schrieb338. Der Austausch von Informationen zu desto merer anstifftung gueter vertreülicher, vetterlicher vnnd nachperliche correspondenz339, wie Ernst von Bayern es 1580 formulierte, war vielmehr einerseits Ausdruck eines politischen Naheverhältnisses. Correspondenz zwischen Fürsten bezeichnete eine Beziehung, die zwar keine regelrechte Allianz darstellte, aber doch politische Nähe implizierte. Die Liste der im Wolfenbütteler Bestand erwähnten fürstlichen Briefwechsel enthält nicht zufällig vorrangig Namen benachbarter Fürsten; im Bestand 1 Alt 9 erscheinen als Absender: Pfalzgraf Johann Casimir, Edzard von Ostfriesland340, Joachim Friedrich von Brandenburg als Administrator von Magdeburg, Ulrich von Mecklenburg-Güstrow, Johann Georg von Brandenburg, Erich II. von Braunschweig-Calenberg, Heinrich von Sachsen-Lauenburg, Administrator des

335   Siehe NLAW 1 Alt 9, Nr. 414; ÖNB Cod. 8962; UBL MS 11/I. Zur Leipziger Sammlung siehe unten S. 80–87. 336   Siehe NLAW 1 Z Nr. 1, Teil III bzw. NLAH Cal. Br. Nr. 3574; ÖNB Cod. 8966; SBL Rep.VIfol16c, Vol I. – Für die Übereinstimmung mit München (Zeitung aus Lyon vom 19. August 1593) siehe SBL Rep. VIfol16c, Vol I, fol. 183r–184r; BHSTA, Fürstensachen Nr. 567, fol. 6r; ÖNB Cod. 8966, fol. 321r–322r. 337   Zu den parallelen Auslassungen im Vergleich zu den Fuggerzeitungen siehe etwa UBL MS 11/I, fol. 127r–127v und NLAH, Cal. Br. Nr. 3576, fol. 10r–11r: Zeitungen aus Rom vom 25. Juni und aus Venedig vom 1. Juli 1588; UBL, MS 11/I, fol. 150r–150v und NLAH, Cal. Br. Nr. 3576, fol. 91r–92v: Zeitungen aus Rom vom 3. und aus Venedig vom 10. September 1588; SBL Rep.VIfol16c, Vol I fol. 91v–93r und NLAH, Cal. Br. Nr. 3574, fol. 6r–5v: Zeitung aus Rom vom 27. Februar und aus Venedig vom 5. März 1593. 338   Kleinpaul, Nachrichtendienst Braunschweig 83; ders., Nachrichtenwesen 23–27; ähnlich zuletzt noch Timmermann, Zeittungen 153–156. 339   NLAW 1 Alt 9, Nr. 170, fol. 30v: Schreiben Ernsts von Bayern, Bischof von Hildesheim, an Herzog Julius vom 21. November 1580. Zum Begriff der correspondentz siehe eine ganz ähnliche Formulierung in HSTAD Loc. 10703/4, fol. 1r, 9. Dezember 1579: Hiernach bat der Kurfürst nach dem Tod Herzog Albrechts von Bayern dessen Sohn ebenfalls um Aufrechterhaltung der vertreulichen correspondentz. Entsprechend etwa auch TLAM, GHA I Nr. 2632, fol. 1r. 340   Siehe auch NLAW 1 Alt 9, Nr. 412, fol. 82r: Notiz Embda recepi.

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Erz­bistums Bremen, das Domkapitel zu Halberstadt, Wilhelm IV. von Hessen-Kassel341, Johann von Hoya, Bischof von Münster, Kurfürst August von Sachsen, Anton II. von Oldenburg u. a.342. Auch der bereits erwähnte Ernst von Bayern erscheint deshalb unter den Korrespondenten, weil er seit 1573 als Bischof von Hildesheim amtierte. Andererseits resultierte der Austausch natürlich aus einem Informationsbedürfnis der Fürsten, und zwar auch und gerade in Hinblick auf die kriegerischen Ereignisse in den Niederlanden seit 1568. Dies formulierte etwa Kurfürst August von Sachsen am Beginn der Regierungszeit Herzog Julius, indem er darum bat, ihn über Neuigkeiten zu verständigen – nicht nur im Sinne guter correspondentz, wie sie auch mit Julius’ Vater Heinrich d. J. bestanden habe, sondern auch deshalb, weil der Kurfürst denselben landen [Niederlande] vnd sachen etwas entlegen, vnd was sich derer örtt zutregt, etwas später den andere angesessene erfaren343 würde. Dass Herzog Julius neben dem Kurfürsten von Sachsen auch den Landgrafen von Hessen344 und das Domkapitel zu Halberstadt345 seinerseits mit Nachrichten und Zeitungen bedachte, lässt sich in der Überlieferung ebenfalls erkennen. Allerdings kann derzeit nur ein Stück, die Kopie eines Briefes aus dem Feldlager bei Kesselheide vom 21. Juli 1578, sowohl in Dresden wie in Wolfenbüttel nachgewiesen werde. Es findet sich in der Dresdner Sammlung in einem Faszikel von durch Herzog Julius übersendeten „Zeitungen“346. Einige Datumsdoppelungen lassen weitere Verbindungen zwischen Wolfenbüttel und Dresden vermuten347, die jedoch noch nicht verifiziert werden konnten. Allerdings war ja, wie oben für die italienischen Zeitungen angedeutet, keineswegs nur das Kopieren, sondern auch das direkte Weitersenden der eingetroffenen Originale von Zeitungen unter den Fürsten durchaus üblich, so dass nicht unbedingt Parallelüberlieferungen entstanden sein müssen. Dies unterstreicht zugleich, wie problematisch die Untersuchung einer einzelnen Zeitungssammlung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist – de facto ist es aufgrund der nicht selten praktizierten Weitergabe von Zeitungen nicht möglich, den Umfang und die Ausdehnung des Zeitungsbezugs an einem Hof allein aufgrund der örtlichen Überlieferung festzustellen. Die vergleichende Untersuchung der Wolfenbütteler und Hannoveraner Überlieferung hat somit den Nachweis erbracht, dass auch die braunschweigischen Herzöge zu den Beziehern kommerziell hergestellter Zeitungen zählten, wie sie den Hauptteil der Fuggerschen Sammlung in Wien ausmachen. Dies korrigiert den Eindruck, den die in Dresden unter dem Namen Herzog Julius’ von Braunschweig-Wolfenbüttel aufbewahrten Faszikel vermitteln348, in denen wenige Zeitungen im engeren Sinne enthalten sind. Sowohl durch den zeitlichen Schwerpunkt der Überlieferung wie in konkreten Einzelstücken lässt sich auch anhand dieses Zeitungsbestandes erkennen, dass formal normierte   Siehe auch NLAH Cal. Br. Nr. 3576, fol. 88r–89v.   Siehe auch die Liste bei Kleinpaul, Nachrichtendienst Braunschweig 84, und als Vergleich die bei Hahn, Nachrichtendienst 11. 343  NLAW 1 Alt 9, Nr. 219, fol. 3v: Schreiben Kurfürst Augusts an Herzog Julius von BraunschweigWolfenbüttel 1568. Siehe auch das Beispiel einer ähnlichen Formulierung bei Kleinpaul, Nachrichtendienst Braunschweig 84, für den Kurfürsten von Köln 1584. Übersendete Zeitungen des Herzogs in Dresden siehe HSTAD Loc. 10700/7 und 10709/2. 344  NLAW 1 Alt 9, Nr. 412, fol. 58v (Dorsalvermerk An Sachsen und Hessen), ebenso fol. 77v. 345  NLAW 1 Alt 9, Nr. 155: Der Faszikel enthält allerdings nur die Courtoisieschreiben des Kapitels mit Dank für die Übersendung von Zeitungen. 346  HSTAD Loc. 10700/7, unpag.; NLAW 1 Alt 9, Nr. 410, fol. 36r–37r. 347  NLAW 1 Alt 9, Nr. 410, fol. 12r, 15r, 26r–28r, 31r–37r, 40r, 49r, 51r–52r. 348  Siehe oben S. 63. 341 342



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geschriebene Zeitungen in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts bereits eine weite regionale Verbreitung fanden349. Allerdings spielten in der fürstlichen Austauschkorrespondenz, so wie sie die Wolfenbütteler Überlieferung erkennen lässt, noch bis in die achtziger Jahre weniger professionelle Produkte eine erhebliche Rolle. Dabei lässt die Zusammensetzung der Faszikel ähnlich wie im Falle von Dresden ein gewisses Nord-Süd-Gefälle erkennen: Während der aus dem Hause Wittelsbach stammende Bischof von Hildesheim schon 1580/81 regelmäßig geschriebene Zeitungen übersandte, die eine hohe Parallelität zur Fuggerschen Sammlung aufweisen, war der Nachrichtenaustausch beispielsweise mit dem Administrator von Bremen, Heinrich von Sachsen-Lauenburg, über den Kölnischen Krieg noch stark von Briefen und Briefkopien geprägt350. Die zu diesem Zeitpunkt bereits lange existierenden Zeitungen aus Köln finden sich nicht unter den Nachrichten des Bremers. Herzog Ulrich von Mecklenburg-Güstrow schickte im Frühjahr 1583 sogar eigens einen adligen Knecht nach Köln nach Kundtschafft über den Krieg. Der dann nach Wolfenbüttel übermittelte Bericht desselben scheint keine Informationen zu enthalten, die nicht auch aus den Zeitungen zu entnehmen gewesen wären351. Das Informationsangebot der geschriebenen Zeitung setzte sich also ungeachtet des fürstlichen Austauschs erst allmählich durch352. Ein Ausdruck wachsenden Interesses in fürstlichen und anderen Kreises könnten die in Wolfenbüttel und Hannover wie in München und Leipzig nachweisbaren Zeitungssendungen sein. Ab etwa 1584 traten diese zusammenhängenden, zwei bis drei Blatt umfassenden Sendungen von Zeitungen aus den bekannten Hauptnachrichtenorten Rom, Venedig, Antwerpen, Köln und einigen anderen in Erscheinung. Die Fugger und die Kurfürsten von Sachsen bezogen weiter die – gewöhnlich umfangreicheren – Zeitungen, die einen Absendeort auf einem Einzelblatt aufweisen oder die Kombination Rom/Venedig beziehungsweise Antwerpen/Köln auf einem Doppelblatt. Der Dorsalvermerk extra353 könnte darauf hindeuten, dass die in der Preisliste von Jeremias Crasser für 1588354 aufscheinende Trennung von ordinari und extraordinari sich nicht nur auf den Rhythmus, sondern auch auf den Umfang der Zeitungslieferung bezogen haben könnte.

Die Grafschaft Henneberg Die Zeitungsüberlieferung der Grafen von Henneberg beziehungsweise der nach deren Aussterben 1583 eingesetzten Gemeinschaftlichen Sächsischen Regierung hat bislang noch nie die Aufmerksamkeit der Forschung gefunden. Im Gemeinschaftlichen Hennebergischen Archiv befinden sich in der Abteilung I, die neben den persönlichen Angelegenheiten des Grafenhauses die Korrespondenz der Henneberger und der späteren Regierung   Z. B. NLAW 1 Alt 9, Nr. 202, 401.   NLAW 1 Alt 9, Nr. 130. 351   NLAW 1 Alt 9, Nr. 199, fol. 34r–36r, 19. April 1583. Eine detaillierte Analyse des Berichtes wäre freilich noch zu leisten. 352   Barbarics-Hermanik, Medien 258. 353  In Wien z. B. ÖNB Cod. 8966, fol. 807v. Dem entspricht in Wolfenbüttel eben keine Zeitungssendung, sondern ein Doppelblatt mit den Absendeorten Rom und Venedig: NLAW 1 Z Nr. 1, III, fol. 27r–28r. Die in Wien mit extra gekennzeichneten Zeitungen aus Antwerpen, Köln und Frankfurt vom Februar 1593 (ÖNB Cod. 8966, fol. 804v–805r) sind in der Wolfenbütteler Zeitungssendung nur teilweise enthalten (NLAW 1 Z Nr. 1, III, fol. 51r–54r). 354  ÖNB Cod. 8961, fol. 383r–385r. 349 350

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beinhaltet, unter dem Stichwort „Zeitungen“ insgesamt 71 Faszikel mit geschriebenen Zeitungen355. Der Bestand stellt dabei keine zeitgenössisch-frühneuzeitliche Sammlung dar, sondern ist erst bei der Archivordnung im 19. Jahrhundert gebildet worden. Dies legen sowohl die Überlieferungsform als Lose-Blatt-Sammlung mit differierender Titulatur wie die Archivgeschichte nahe356. Ob dabei auf ältere Konvolute zurückgegriffen wurde, ist nicht ersichtlich, aber da Meiningen ab 1815 zur preußischen Provinz Thüringen gehörte, dürfte auch hier nach preußischem Usus eine Aussonderung geschriebener Zeitungen aus ursprünglichen Sachzusammenhängen vorgenommen worden sein. Damit weist die Sammlung hinsichtlich ihres Zustandekommens eine grundlegende Gemeinsamkeit mit der Wolfenbütteler Überlieferung auf357. Ähnlich wie dort vereinigen die Faszikel Briefe, Kopien von Briefen und weiterem Material, Nachrichtenbriefe und Zeitungen. Die 71 Faszikel358 decken den Zeitraum zwischen 1455 und 1698 ab und sind von sehr unterschiedlichem Umfang. Während die 14 die Zeit vor 1569 betreffenden Bände jeweils mindestens 50 Blatt aufweisen – Nr. 6484 ist mit 433 Blatt der umfangreichste –, verfügen die folgenden 18 Bände, die bis zum Jahr 1577 reichen, teilweise nur über wenige Blatt. Insgesamt fast 60 Prozent der Überlieferung stammen damit aus einem Zeitraum, in dem ein Vergleich mit der Wiener Sammlung der Fuggerzeitungen noch nicht wirklich möglich ist; weitere etwa 14 Prozent (in sieben Faszikeln) stammen aus der Zeit nach 1605. Damit steht nur etwa ein Viertel der Überlieferung (ca. 1.400 Blatt) für eine vergleichende Untersuchung direkt zur Verfügung. Sie stammt aus den Jahren 1578 bis 1583 beziehungsweise 1598 bis 1604 und ist in fast 50, oft allerdings nur wenige Blatt umfassenden Mappen zusammengefasst. Stichprobenartig wurden außerdem einige Faszikel mit Korrespondenz Graf Georg Ernsts von Henneberg sowie Akten zu Reichs- und Kreistagen aus der Hennebergischen Überlieferung untersucht359, in denen die Archivverzeichnisse Zeitungen ausweisen. Die beiden zeitlich getrennten Überlieferungskomplexe, die sich damit in Meiningen ausmachen lassen, dokumentieren de facto zwei unterschiedliche Sammlungszusammenhänge – zum einen haben wir für die Zeit um 1580 Zeitungen vor uns, die auf Georg Ernst von Henneberg, den letzten regierenden Grafen360, zurückgehen. Die Zeitungen aus den Jahren um 1600 zum anderen stammen dagegen aus Akten und Sammeltätigkeit der Gemeinschaftlichen Sächsischen Regierung, die ernestinische und albertinische Wettiner 1586 einrichteten, um die bis 1660/61 gemeinsam verwaltete Grafschaft zu administrieren. Beide Überlieferungsteile sollen deshalb getrennt betrachtet werden. Für die ausgehenden siebziger und die beginnenden achtziger Jahre des 16. Jahrhunderts weist die Zeitungsüberlieferung in Meiningen erhebliche Ähnlichkeiten vor allem mit dem Wolfenbütteler Befund auf. Zeitungen erhielt Graf Georg Ernst offensichtlich vor allem durch seine Einbindung in das schon mehrfach zitierte fürstliche Austauschsystem. Als Absender von Zeitungen treten vor allem Kurfürst August von Sachsen und die Landgrafen Ludwig von Hessen-Marburg und (seltener) Wilhelm von Hessen-Kassel in Erscheinung. Regelmäßig erwähnt wird außerdem Reichard von Pfalz-Simmern, der

  Zum Archiv siehe Müller, Archiv in Meiningen.   Ebd. 33f. 357  Siehe oben S. 67f. 358  Die Signaturen umfassen TLAM GHA I Nr. 6476 bis Nr. 6543. 359  Siehe Quellenverzeichnis. 360 Zur Genealogie siehe Johannes Mötsch, Grafen von Henneberg, in: Historisches Lexikon Bayerns http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45640#28 [Zugriff 30. 12. 2014]. 355 356



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ebenso wie Wilhelm von Hessen ein Schwager des Grafen war361. Mit einzelnen Zeitungen erwähnt werden außerdem Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg, Julius Echter von Mespelbrunn, der Bischof von Würzburg, Albrecht von Schwarzburg-Rudolstadt und Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg. Um die Zeitungen aus dem Besitz Graf Georg Ernsts etwas genauer charakterisieren zu können, wurden alle für das am umfangreichsten überlieferte Jahr 1583 auffindbaren Zeitungen erhoben. Für dieses Jahr – Georg Ernst starb erst Ende Dezember – sind in Meiningen noch 155 Stücke in der Zeitungssammlung und in einigen Briefkonvoluten überliefert362. Tabelle 5: Vergleich der Überlieferungen in Meiningen und Wien für das Jahr 1583

gesamt Zeitungen Dokumente Sprachen deutsch italienisch lateinisch französisch Anzahl erwähnter Absendeorte

Meiningen 155 115 40

Wien 312 298 14

102 0 13 0

192 106 0 0

23

23

Absendeorte über 1 Prozent Köln 30 Antwerpen 13 Rom 10 Venedig 10 Wien 5 Frankfurt am Main 3 Paris 3 Augsburg 2 Frankreich 2 Kraków 2 ohne Angabe 20 unidentifziert 5

26,1 11,3 8,7 8,7 4,3

Köln Antwerpen Rom Venedig Frankfurt/Main

82 55 51 50 18

27,5 18,4 17,1 16,7 6,0

2,6 2,6 1,7 1,7 1,7 17,4 4,3

Wien Paris Lyon Madrid

8 9 3 3

2,7 3,0 1,0 1,0

ohne Angabe unidentifiziert

0 0

361  Z. B. Hessen: TLAM GHA I Nr. 2277; Nr. 6511, fol. 23r–24r; Nr. 6518, fol. 89r–90r, 105; Nr. 6519, fol. 37r. – Kursachsen: TLAM GHA I Nr. 6506, fol. 6r; Nr. 6515, fol. 17r, 34r; fol. 6519, fol. 77r–78r, 141r. – Pfalz: TLAM GHA I Nr. 2637; Nr. 2588; Nr. 6515, fol. 38r; Nr. 6517, fol. 102r, 109r; Nr. 6519, fol. 33r–34r. 362  TLAM GHA I Nr. 2277; Nr. 3729; Nr. 6518–6520, 6524–6529.

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Die Zahlen lassen damit mehrere Charakteristika der Hennebergischen Sammlung erkennen: Die große Zahl von Zeitungen ohne konkreten Absendeort und die Vielzahl der Orte, die nicht deckungsgleich mit dem Wiener Befund sind, deuten auf einen noch wenig professionalisierten Zeitungsbezug. Georg Ernst von Henneberg profitierte wie gesagt mehr von den Zusendungen fürstlicher Standesgenossen als von einem direkten Abonnement bei einem Novellanten. Dies legt auch die geringe Zahl von Parallelüberlieferungen zwischen Meiningen und Wien nahe – 1583 gibt es gerade fünf Zeitungen, von denen drei noch dazu eine gemeinsame Zeitungssendung bilden, die sich in beiden Beständen nachweisen lassen363. Zudem kann für sieben Fälle nach Datum und Absendeort vermutet werden, dass es sich um Parallelüberlieferungen zu Wolfenbüttel handeln dürfte364. Ein Vergleich mit der Erhebung für den Jahrgang 1578 in Dresden lässt ebenfalls Parallelüberlieferungen erkennen, so etwa eine ganze Sendung mit Zeitungen beziehungsweise Auszügen aus Zeitungen aus Besançon und Burgund vom September 1578, die sich sowohl in Dresden wie in Meiningen finden lässt365. Auch vier Zeitungen aus dem Jahr 1583, die in Meiningen und in Wien überliefert sind, findet man ebenso in Dresden366. Die Mittlerfunktion, die mehrere Schreiben von Kurfürst August von Sachsen an Graf Georg Ernst von Henneberg andeuten, lässt sich damit auch in der Überlieferung selbst fassen – Zeitungen, die andere Fürsten beziehungsweise der Augsburger Vermittler Philipp Bray nach Dresden gesendet hatten, wurden dort kopiert und an den Henneberger weitergegeben. Zwar lässt die spätere Neuordnung des Archivs diese Kontexte nicht immer deutlich erkennen, aber z. B. 1581 erwähnen Schreiben des Kurfürsten direkt kopierte Zeitungen, die wohl den noch heute mit dem Brief aufbewahrten entsprechen dürften367. Zu vermuten ist, dass auch die vereinzelten Stücke aus den Jahrgängen 1579, 1581 und 1582, die sich in Meiningen und in Wien gleichermaßen nachweisen lassen368, auf Sendungen aus Dresden oder Kassel zurückzuführen sind.

363   TLAM GHA I Nr. 6518, fol. 81r–81v: Zeitungen aus Antwerpen, Frankfurt und Köln vom 12./22., 21./31. bzw. 14./24. Oktober 1583; GHA I, Nr. 6519, fol. 93r–94v: Zeitung aus Köln vom 12. September 1583, fol. 135r–135v: Zeitung aus Wien vom 15./25. Oktober 1583 wie ÖNB Cod. 8956, fol. 249r–250r, 206r–207r, 241r–241v. 364   TLAM GHA I Nr. 6518, fol. 117v–118r: Zeitung aus Venedig vom 4. Oktober 1583 wie NLAW 1 Alt 9, Nr. 412, fol. 2r. – GHA I Nr. 6519, fol. 61r–61v: Zeitung aus Wien vom 24. September 1583 wie NLAW 1 Alt 9, Nr. 412, fol. 2r. – TLAM GHA I Nr. 6519, fol. 59r–60r: Zeitung aus Düsseldorf vom 6. Oktober 1583 wie NLAW 1 Alt 9, Nr. 130, fol. 34r. – TLAM GHA I Nr. 6519, fol. 65r–67v: Zeitung aus Vaihingen vom 9. Oktober 1583 wie NLAW 1 Alt 9, Nr. 412, fol. 4r. – TLAM GHA I Nr. 6519, fol. 134r–134v: Zeitung aus Antwerpen vom 25. Oktober 1583 wie NLAW 1 Alt 9, Nr. 412, fol. 8r. – TLAM GHA I Nr. 6519, fol. 149r–149v: Zeitung aus Augsburg vom 25. Oktober 1583 wie NLAW 1 Alt 9, Nr. 412, fol. 6r. – TLAM GHA I Nr. 6519, fol. 164v–165r: Zeitung aus Venedig vom 4. November 1583 (lateinisch) wie NLAW 1 Alt 9, Nr. 412, fol. 20r–21r. 365  TLAM GHA I Nr. 6506, fol. 74r–77v und HSTAD Loc. 10701/2, unpag. (20. und 22. September 1578). Siehe auch TLAM GHA I Nr. 6506, fol. 61r–62v und HSTAD Loc. 10700/6, unpag. (15. Oktober 1578); TLAM GHA I Nr. 6509, fol. 35r–36r, 80r–81r und HSTAD Loc. 10701/1, fol. 68r–69r, 51r–52r. 366  Siehe oben S. 62f. und HSTAD Loc. 10705/6, unpag. bzw. Loc. 10706/1, unpag. 367   Z. B. TLAM GHA I Nr. 6515, fol. 12r–13v, 17r, 25r, 38r–38v; Nr. 6517, fol. 135r–137v; Nr. 6518, fol. 13r–15r. 368  TLAM GHA I Nr. 6511, fol. 54r–56r: Zeitung aus Prag vom 23. Dezember 1579 wie ÖNB Cod. 8952, fol. 435r–437r; ebd. fol. 66r–66v und 71r–71v: Zeitung aus Köln vom 9. Oktober 1579 wie ÖNB Cod. 8952, fol. 350r–351r. – TLAM GHA I Nr. 6516, fol. 17r–18r: Zeitung aus Wien vom 4. Januar 1581 wie ÖNB Cod. 8954, fol. 1r. – TLAM GHA I Nr. 6517, fol. 150r–151r: Zeitungen aus Antwerpen und Köln vom 7. Juli 1582 wie ÖNB Cod. 8954, fol. 354r–354v; ebd. fol. 152r–153r: Zeitung aus Antwerpen vom 30. Juni 1582 wie ÖNB Cod. 8954, fol. 348r–349r; ebd. fol. 156r–158v: Zeitung aus Genf vom 19. Juni 1582 wie Cod. 8954, fol. 337v–339r; ebd. fol. 167r: Zeitung aus Antwerpen vom 12. Juni 1582 wie ÖNB Cod. 8954, fol. 333r–333v.



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Bei den Bänden, die den Zeitungskonsum der Gemeinschaftlichen Sächsischen Regierung um 1600 dokumentieren369, fällt zunächst eine Gemeinsamkeit mit dem früheren Teil der Überlieferung auf: Sehr häufig sind es Zeitungssendungen, die hier enthalten sind, in denen vier bis sechs Zeitungen – etwa Antwerpen und Köln, Rom und Venedig – zu einer Sendung zusammengefasst wurden. Dies erinnert an den Befund für Wolfenbüttel und Leipzig, stellt aber eine Differenz zu den Fuggerzeitungen dar, wo solche Sendungen unter den deutschsprachigen Zeitungen fast nie erkennbar sind. Allerdings handelt es sich dabei in Meiningen in den Jahren um 1580 teilweise um eine Art Zusammenfassung von Nachrichten, um Kurzfassungen, die auf einen bestimmten Berichtshorizont bezogen sind. Beipielsweise übermittelte Kurfürst August von Sachsen so Nachrichten aus dem Osmanischen Reich – einem Brief an Georg Ernst von Henneberg vom 29. August 1582, der Zeitungen über die Türkei erwähnt, waren offenbar Auszüge aus zwei Zeitungen aus Venedig vom 20. und 27. Juli sowie aus Augsburg vom 16. August 1582 zu diesem Gegenstand beigelegt370. Ebenso deutlich wird aber ein grundlegender Unterschied zwischen der gräflichen Zeitungssammlung und der der späteren Regierung: Für die Jahre 1598, 1600 und vor allem 1604 sind signifikant mehr Übereinstimmungen von sowohl in Meiningen wie in Wien überlieferten Zeitungen erkennbar. Zwar ist die Meininger Überlieferung für die Jahre nur bruchstückhaft, umfasst aber alles in allem 197 Zeitungen. Darunter befinden sich mindestens 91, also etwa die Hälfte, die wörtlich oder weitgehend mit in den Wiener Fuggerzeitungen ermittelbaren Zeitungen übereinstimmen. Besonders dicht ist diese Parallelüberlieferung für die Zeit zwischen Anfang April und Anfang September 1604371. In Meiningen existieren aus diesem Zeitraum 83 Zeitungen, von denen 49 wörtliche Übereinstimmungen mit Zeitungen in Wien aufweisen. Dort gibt es freilich aus dem gleichen Zeitraum insgesamt 165 Zeitungen; die Nachrichtendichte war also signifikant größer. Besonders zahlreich sind die Übereinstimmungen bei Zeitungen aus Rom, Venedig und Antwerpen, während Köln, Prag und Wien nur in der Hälfte der Meininger Fälle übereinstimmen. Hier griff der Meininger Zeitungsvermittler offenbar häufiger auf andere Nachrichten zurück als Philipp Eduard Fuggers Novellant. Die Zahl der Absendeorte von Zeitungen ergibt mit 17 in Meiningen und 20 in Wien ein ähnliches Bild, ebenso deren Verteilung – nur sechs Wiener Zeitungen aus Brüssel stellen gegenüber der Meininger Überlieferung eine deutliche Abweichung dar. Hinsichtlich der räumlichen Struktur des dokumentierten Nachrichtennetzes lassen sich also zwischen Wien und Meiningen vergleichbare Ähnlichkeiten festhalten wie zwischen Wien und Dresden. Die bei den genannten Absendeorten auffällig starke Parallelität der Zeitungsüberlieferung in Meiningen und Wien für die Zeit um 1600 wirft natürlich die Frage nach den Quellen des Zeitungsbezugs der Meininger Regierung auf. Erfreulicherweise bieten die Akten dafür einige Anhaltspunkte: So existiert ein Schreiben vom 6. September 1600, in dem Benedikt Amon aus Nürnberg einem der kursächsischen Räte, Humbert von Langen, die Übersendung von Zeitungen ankündigt372. Da sich im gleichen Faszikel mindestens vier Zeitungen aus Köln und Antwerpen in der gleichen Handschrift befinden, darf man Amon zwar vielleicht nicht als Novellanten, aber sicher als Übermittler dieser   Hier herangezogen wurden TLAM GHA I Nr. 6533 bis 6536 und 6538.   TLAM GHA I Nr. 6517, fol. 137r, 135r–135v. 371  TLAM GHA I Nr. 6538, fol. 1r–77r. 372  TLAM GHA I Nr. 6534, fol. 33r. 369 370

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Zeitungen identifizieren373. Ein früheres Schreiben von ihm hat auch die Übermittlung von Gütern nach Meiningen zum Inhalt; er wird auch erwähnt als einer der hennebergischen Beauftragten beim Nürnberger Kreistag 1595, so dass er wohl nicht als reiner Nachrichtenlieferant zu bezeichnen sein dürfte. Alle vier Zeitungen weisen zudem sehr weitgehende wörtliche Übereinstimmungen mit Exemplaren auf, die in den Wiener Fuggerzeitungen enthalten sind374. In den Jahrgängen 1598 und 1600 gibt es zudem etliche Zeitungen, die mit einem Präsentationsvermerk versehen sind, der in Weimar angebracht wurde. Zwei Schreiben lassen vermuten, dass in diesen Jahren auch Zeitungen von Wolfgang Spelt, dem Weimarischen Kanzler, an Michael Strauß, den Kanzler der Gemeinschaftlichen Sächsischen Regierung in Meiningen, übermittelt wurden375. Für die folgenden Jahre sind dann mehrere Schreiben eines Johann Forstenheuser aus Nürnberg überliefert376, mit denen Zeitungssendungen begleitet wurden. Forstenheuser sendete diese an den Verwalter des Amtes Wasungen, Friedrich Hauwacker, der sie seinerseits an einen Meininger Kanzleisekretär übermittelte, der sie den Herren der Regierung übergab. Der Nürnberger versicherte dabei wiederholt, er habe die Texte so frisch sie alhero gelangt377 weitergeleitet. Der Bezug war dabei offensichtlich von den Räten initiiert worden, die sich die regelmäßige Zusendung 10 Gulden pro Jahr kosten ließen378. Die Verbindung dauerte mindestens bis ins Frühjahr 1607, als nach Forstenheusers Tod seine Witwe die Zahlung rückständiger Gelder anmahnte und weitere Zeitungssendungen zusagte379. Auch bei ihm handelte es sich jedoch nicht um einen Novellanten im Brotberuf: Johann oder Hans Forstenheuser war Kaufmann, Nürnberger Bürger und seit 1580 Mitglied des Größeren Rates. Seine Söhne, auf die das eben zitierte Schreiben vom Frühjahr 1607 Bezug nimmt, folgten ihm darin. Zumindest von seinem Sohn Georg ist bekannt, dass er in Nürnberg als Faktor für verschiedene Reichsfürsten tätig war, unter ihnen nicht zuletzt Herzog August d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel. Diesem schickte er ab 1623 nicht nur Bücher und vermittelte in Geldangelegenheiten, sondern er ließ dem Herzog auch regelmäßig Avisen und Novellen zukommen380. Wie sein Vater betätigte sich Georg Forstenheuser damit als Vermittler von Nachrichten. Der relativ große Anteil der Parallelüberlieferung zwischen Meiningen und Wien resultierte also wohl nicht aus einem gemeinsamen Lieferanten, der sowohl Philipp Eduard Fugger wie die Meininger Regierung mit Zeitungen versorgte. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass Amon und Forstenheuser in Nürnberg Zugang zu Zeitungen hatten, wie sie auch Fugger bezog, dass sie aber diese ihrerseits kopierten beziehungsweise kopieren 373  TLAM GHA I, Nr. 6190, unpag., Schreiben vom 26. Mai 1598; GHA II Nr. 135, fol. 43r–69v. Er stand 1601 offenbar in Geschäftskontakten mit Ungarn, siehe Newald, Münzwesen 144–147. 374  TLAM GHA I Nr. 6535 Nr. 27r–28r: Zeitungen aus Antwerpen und Köln vom 25. August 1600 wie ÖNB Cod. 8972, fol. 399r–400r; ebd. fol. 35r–35v: Zeitungen aus Köln vom 27. und aus Antwerpen vom 28. Juli 1600 wie ÖNB Cod. 8972, fol. 348r–349v. 375  TLAM GHA I Nr. 6533, fol. 13r–14v, 88r, 90r–91r. Zu Spelt siehe http://thesaurus.cerl.org/record/ cnp00486392 [Zugriff 30. 12. 2014], zu Strauß Spiller von Mitterberg, Staatsmänner 123. 376  TLAM GHA I Nr. 6538, fol. 38r–43r, 63r–64r, 69r und GHA III, Nr. 27. Zur Person siehe SporhanKrempel, Nürnberg 100. 377  Z. B. TLAM GHA I Nr. 6538, fol. 38r. 378  TLAM GHA III Nr. 27, unpag.: Schreiben vom 4. März 1604. Jeremias Crasser stellte den Fuggern 1588 für ein Jahr 14 Gulden für die Ordinari, 25 Gulden 6 Kreuzer für die Extraordinari Zeitung in Rechnung, ÖNB Cod. 8961, fol. 387r. 379  TLAM GHA III, Nr. 27, unpag.: Schreiben vom 7. April 1607. 380  Sporhan-Krempel, Nürnberg 103–107.



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ließen und weiterverbreiteten. Dies legt auch der Umstand nahe, dass die Zeitungssendungen in Meiningen aus dem Jahr 1604 fast immer eine zusätzliche Datierung ganz am Ende des Textes aufwiesen, die das Kompilationsdatum darstellen dürfte. So wird eine Nachrichtensendung mit Zeitungen aus Lipa vom 14. Juni, aus Satu Mare vom 20. Juni, aus Pest vom 26. Juni, aus Esztergom vom 30. Juni, aus Rom vom 3. Juli und aus Venedig vom 9. Juli 1604 am Ende auf den 15. Juli 1604 datiert381. Die darin enthaltenen Zeitungen aus Rom und Venedig entsprechen in Wien überlieferten Texten, die anderen Zeitungen weisen keine Parallelen auf. Eine Sendung mit Zeitungen aus Wien vom 5. Mai, aus Prag vom 8. Mai, aus Rom vom 1. Mai und aus Venedig vom 7. Mai 1604 ist am Ende auf den 14. Mai 1604 datiert und war wahrscheinlich die Sendung, die Forstenheuser mit seinem oben zitierten Brief begleitete. Die Zeitungen sind alle fast wortgleich in der Fugger-Sammlung enthalten382. Die Zeitungsüberlieferung in Meiningen aus der Zeit um 1580, also noch zu Lebzeiten des letzten Grafen von Henneberg, weist damit mehrere Gemeinsamkeiten mit anderen fürstlichen Sammlungen auf, die nicht zuletzt auf die Rolle des fürstlichen Zeitungstausches für Informationsflüsse zum Tagesgeschehen zurückzuführen sind. Für den Grafen von Henneberg lässt sich kein direkter Zeitungsbezug aus dem Archivbestand erkennen; semi-professionelle Zeitungen, die durch Kopien aus anderen fürstlichen Kanzleien den Weg nach Meiningen gefunden haben dürften, dominieren das Bild. Es gibt wenige Parallelüberlieferungen zu den Fuggerzeitungen. Für diesen relativ frühen Zeitpunkt dürfte es dabei nicht ohne Bedeutung sein, dass sich keine direkten Tauschkontakte zu den Herzögen von Bayern oder zum Herzog von Pfalz-Neuburg nachweisen lassen, für deren Sammlungen eine Verbindung nach Augsburg und damit zu den Bezugsquellen der Fugger verschiedentlich erkennbar ist383. Der am häufigsten namentlich fassbare Übermittler von Zeitungen nach Meiningen war Kurfürst August von Sachsen. Der Befund für den zweiten Überlieferungskomplex aus der Zeit um 1600 zeigt dagegen ein anderes Bild – Räte und Regierung in Meiningen waren mittlerweile Partizipanten eines dichteren Netzes des Informationsaustauschs, in dem kommerzielle Produkte zirkulierten. Diese wurden im Falle der Gemeinschaftlichen Sächsischen Regierung vor allem über Vermittler in Nürnberg bezogen, die sich in mehr oder weniger großem Stil an der Verbreitung der gleichen Zeitungen beteiligten, wie sie auch Philipp Eduard Fugger über Augsburg bezog. Die Zeitungen aus der Zeit um 1600 zeigen damit im Falle Meiningens wohl ein Phänomen von grundsätzlicherer Bedeutung, nämlich eine fortschreitende soziale Diffusion der Zeitungslektüre. Dies gilt bezüglich der Empfänger – um 1600 sind es die Räte, kein Fürst, die hier selbständig für regelmäßigen Nachrichtenbezug Sorge tragen. Dies gilt aber auch bezüglich der Vermittler – vor allem die beiden erwähnten Nürnberger verwendeten offenbar ein ihnen regelmäßig zugängliches Produkt und kommerzialisieren es eigenständig weiter durch Zusammenstellung und Vertrieb von Zeitungssendungen. Für die Vorstellung vom Nachrichtennetzwerk der geschriebenen Zeitung wird es deshalb notwendig sein, künftig die Diversität der Vermittlungsmöglichkeiten stärker zu bedenken. Geschriebene Zeitungen wurden nicht von einem „Büro“ verfasst und dort kopiert in der Art einer geschlossenen Auflage. Sie wurden vielmehr auch an anderen Stel  TLAM GHA I Nr. 6538, fol. 16r–17v.   TLAM GHA I Nr. 6538, fol. 44r–46r wie ÖNB Cod. 8974, fol. 131r–131v, 133r–134r. 383  Beispiele siehe auch oben S. 63f. 381 382

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Zeitungssammlungen im Alten Reich: Umrisse einer Medienlandschaft

len weiterkopiert und vermittelt – das konnte in fürstlichen Kanzleien der Fall sein, das konnte im Kontext von Reichsversammlungen und Kreistagen geschehen384, das konnte aber auch durch Kaufleute geschehen, die Nachrichten aus Zeitungen neu zusammenstellten und weitervermittelten.

Zeitungssammlungen in Leipzig Dass sich in den Handschriftenbeständen der Leipziger Universitätsbibliothek beziehungsweise der Leipziger Stadtbibliothek385 Bände mit kompakten Kollektionen geschriebener Zeitungen befinden, hat zuerst Julius Otto Opel festgestellt, der in seiner Schrift „Die Anfänge der deutschen Zeitungspresse 1609–1650“ im Anfangskapitel über die geschriebenen Zeitungen genau auf diese Bände verwies386. Er referierte dort einige Inhalte und beschrieb die Handschriften relativ ausführlich. Zunächst ging er dabei auf die beiden Bände im Bestand der Universitätsbibliothek (MS 11/I und II) ein, die die Jahre 1587 bis 1591 umfassen. In den wiederholt in den Manuskripten namentlich genannten Reiner Volckhardt und Florian von der Bruck, die er richtigerweise als Nürnberger Bürger identifizierte387, und nach dem Bandtitel „Neue Nürnberger Zeitungen“ vermutete er die beiden als Verteiler der Zeitungen und nahm damit Nürnberg auch als Entstehungsort der Zeitungen an388. Als Empfänger vermutete er den in den Bänden einige Male als Adressat aufscheinenden Leipziger Oberschöppenschreiber Ludwig Trueb. Anderseits bezeichnete er die die Zeitungssendungen jeweils siegelnde Person mit den Initialen Z H als Verfasser der einzelnen Stücke389. Außerdem verwies er auf den wöchentlichen Rhythmus, der sich aus den Absendedaten der Zeitungen erschließen lässt, und hielt Beobachtungen zum Nachrichteneinzugsgebiet der einzelnen Absendeorte fest390. Knapper ging er dann noch auf fünf Bände von geschriebenen Zeitungen ein, die zum Bestand der Leipziger Stadtbibliothek gehören und die die Jahre von 1592 bis 1594 beziehungsweise mehrere Jahre nach 1609 abdecken391. Opel stellte fest, dass es sich hierbei im Gegensatz zu den anderen Bänden um Abschriften, nicht um wirklich versendete Blätter handelte, verwies auf ihren inhaltlich den anderen beiden Bänden weitgehend entsprechenden Charakter und ging deshalb kurzerhand davon aus, dass es sich auch hierbei um aus Nürnberg übersendete Zeitungen handele. Johannes Kleinpaul kannte die Bestände ebenfalls, hat jedoch in einer kurzen, aber heftigen Polemik gegen Opel eigentlich nur festgehalten, dass es sich aus seiner Sicht nicht um Zeitungen aus Nürnberg handele, sondern dass die beiden ersten Bände nur den Schluss zuließen, dass Volckhard und von der Bruckh Zeitungen erhalten und diese 384   Siehe etwa Beispiele für Parallelüberlieferungen zu den Fuggerzeitungen in TLAM GHA II Nr. 93, fol. 80r–83r und ÖNB Cod. 8970, fol. 59r–60r, 70r–71v; ebd. fol. 85r–86r und ÖNB Cod. 8970, fol. 55r–55v; Nr. 84, fol. 73r–74r und ÖNB Cod. 8955, fol. 403r–404v. Zum Kopieren im Umfeld des Reichstages siehe auch Friedrich, Drehscheibe Regensburg 412f. 385  Seit 1962 lagern die Handschriften der Stadtbibliothek ebenfalls in der Universitätsbibliothek und sind dort benutzbar. 386  Opel, Zeitungspresse 11–28. 387  Zu den Personen siehe auch Sporhan-Krempel, Nürnberg 114f. 388  Opel, Zeitungspresse 13, 19f. 389  Ebd. 19f. 390  Ebd. 23. 391  Ebd. 24–26.



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weitergeleitet hätten392. Kleinpaul war vielmehr der Meinung, dass die Zeitungen aus der Schreibstube des Augsburger Novellanten Jeremias Crasser stammten, der sich beispielsweise in den Fuggerzeitungen nachweisen lässt. Basis dieser Vermutung waren Wasserzeichen des verwendeten Papiers. Jahrzehnte später hat Lore Sporhan-Krempel in ihrer Abhandlung zum Nürnberger Zeitungswesen Kleinpaul insofern zugestimmt, als sie ebenfalls nicht davon ausging, dass die Zeitungen von den beiden erwähnten Bürgern in Nürnberg verfasst wurden, dass es sich also um „Nürnberger Zeitungen“ gehandelt habe393. Sie vermutet allerdings, dass Volckhardt und von der Bruckh möglicherweise in Korrespondenz mit dem Leipziger Rat standen und deshalb die Zeitungsblätter an diesen weitergaben und dass die Sammlung in den Leipziger Bibliotheken insgesamt eine Sammeltätigkeit des Leipziger Rates dokumentiere, zu der unter anderem die beiden Nürnberger beigetragen hätten. Zuletzt hat Oswald Bauer die Sammlung kurz in seiner Darstellung zu den Fuggerzeitungen erwähnt, allerdings ohne im Einzelnen auf die Charakteristik einzugehen394. Eine Autopsie der in Leipzig überlieferten Bände in vergleichender Absicht ergibt freilich von dieser bisherigen Einordnung erheblich abweichende Befunde. Um diese darstellen zu können, werde ich zuerst auf die sog. Nürnberger Zeitungen in MS 11 eingehen und dann die fünf in der Leipziger Stadtbibliothek Rep. VI fol 6c überlieferten Bände behandeln. Zwei grundlegende Aussagen von Opel zu MS 11 lassen sich zunächst bestätigen: Die Bände fassen geschriebene Zeitungen zusammen, die tatsächlich versendet wurden, wie die Faltungen der Blätter und etliche erhaltene Papiersiegel erkennen lassen, und auf zahlreichen der enthaltenen Sendungen sind auf der Rückseite die Namen von Volckhardt und von der Bruckh zu finden395. Die Bände haben identische gelbe Pappeinbände mit der Rückenprägung Neue Nürnberger Zeitung 1587 … 1590 beziehungsweise 1590 bis 1591. Ein zur Einordnung entscheidendes Faktum, das schon ein erster Blick in die Bände ergibt, fand jedoch weder bei Opel noch bei Sporhan-Krempel Erwähnung: Beide Bände verfügen auf dem vorderen Innendeckel über ein Exlibris mit dem Text ex Bibliotheca Christiani Friderici Eberhard Lips396. Eberhard war Jurist und Universitätsregistrator in Leipzig – vor allem aber war er Büchersammler und Privatgelehrter, der sich unter anderem mit historischen Themen und Literaturgeschichte befasste, wie nicht zuletzt der 1828 gedruckte Katalog seiner umfangreichen Bibliothek ausweist. Dort werden unter der Nummer 2628 ausgewiesen Neue Nürnberger Zeitung von 1587–91. 2 Bände (Ein ganz altes Manuscript)397, so dass man davon ausgehen darf, dass die Bände über die ­Auktion der Sammlung im Februar 1829 in den Besitz der Bibliothek gelangten.   Kleinpaul, Leipzig; ders., Nachrichtenwesen 93f.   Sporhan-Krempel, Nürnberg 115. Über ihre Untersuchung ist die Sammlung auch in die Pressegeschichte eingegangen, siehe etwa Koszyk, Massenpresse 38. Ob sie die Bände selbst eingesehen hat, ist aus der Darstellung nicht klar ersichtlich, obwohl sie im Quellenverzeichnis (S. 190) erscheinen. Ein Vermerk in UBL MS 11 belegt aber eine Versendung nach Nürnberg im Kontext einer Ausstellung in den 1960er Jahren. 394   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 359 Anm. 65. 395   Z. B. UBL MS 11/I, fol. 78v, 136v; MS 11/II, fol. 191v, 209v, 241v. 396   Das Exlibris ist abgebildet unter http://www.virtuelles-kupferstichkabinett.de/?subPage=search&selTab =3¤tWerk=43935 [Zugriff 30. 12. 2014]. 397  Verzeichniß der von dem verstorbenen ... Christian Friedrich Eberhard hinterlassenen, an auserlesenen, zumal alten und seltenen Werken aus allen Fächern sehr reichen, in dem der Reformationsgeschichte aber, der Literargeschichte und Bibliographie, der Länder- und Völkerkunde, ganz vorzüglich ausgezeichneten Bibliothek …, 440 Seiten, Halle 1828. Enthalten sind insgesamt 10.925 Nummern. Die Notiz zu den Zeitungsbänden S. 187 (Nr. 2628) in der Sektion „Libri ad notitiam terrarum, gentium rerumque publicarum pertinentes“. 392 393

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Dieser Aspekt der Überlieferungsgeschichte der beiden Bände schließt zwar nicht aus, dass die Zeitungskollektion tatsächlich einmal dem Leipziger Rat gehörte, wie SporhanKrempel vermutete. Es gibt aber auch keinen einzigen Anhaltspunkt in den Bänden, der darauf hinweist. Es ist – zumindest, wenn man andere Zeitungssammlungen gesehen hat – vielmehr evident, dass die beiden Nürnberger Volckhardt und von der Bruckh die ursprünglichen Adressaten der Zeitungssendungen waren. Außer den beiden tauchen vereinzelt noch andere Personen als Adressaten von Zeitungssendungen auf, so der auch bei Opel erwähnte Ludwig Trueb, Oberschöppenschreiber in Leipzig398; außerdem Abraham Dreher, Schöppenschreiber daselbst, und einmal ein Zettel, der von Herman Bertens, Reiner Volckhern diener unterzeichnet ist und mit dem er um die Weitersendung eines Schreibens nach Torgau bittet399. Papiersiegel mit den Initialen Z H, die Opel ebenfalls erwähnt, erscheinen vor allem in MS 11/II regelmäßig400. Aus diesem Befund lässt sich weder über den Verfasser, noch über den Sammler der Zeitungsjahrgänge Sicheres schlussfolgern. Eine Identifizierung des Siegels könnte hinsichtlich des Absenders weiterhelfen; Volckhardt und von der Bruckh waren entweder selbst Sammler oder haben die Originale der an sie adressierten Zeitungen weitergegeben – ob an Ludwig Trueb, muss offen bleiben. Angesichts der identischen Einbände, die auf das 18. Jahrhundert zu datieren sein dürften, wäre es jedoch ebenfalls möglich, dass es erst Eberhard war, der die eventuell als Lose-Blatt-Sammlung angekauften Texte binden ließ. Auch bei der Wiener Sammlung finden sich ja im letzten Band drei Zeitungen aus dem Jahr 1605, die offensichtlich nachträglich in den Band eingefügt wurden401, vermutlich, weil man erkannte, dass sie derselben Textsorte angehörten. Zwar sind in MS 11/I die Zeitungen durchnummeriert, was für eine gemeinsame Überlieferung sprechen könnte; allerdings lässt sich der Zeitpunkt der Zählung nicht feststellen. Am wahrscheinlichsten dürfte nach derzeitigem Kenntnisstand die Vermutung sein, dass die Sammlung von Trueb veranlasst wurde, an den Volckhardt und von der Bruckh Zeitungen, die sie selbst erhalten hatten, weiterleiteten. Das Abbrechen der Sammlung 1591, als die beiden Nürnberger wegen einer Schuldangelegenheit fluchtartig die Stadt verlassen mussten402, lässt die früher schon überlegte Vermittlerrolle durchaus plausibel scheinen. Nur eine Verbindung zum Leipziger Rat würde ich in Zweifel ziehen, und zwar nicht zuletzt aufgrund des zeitlich anschließenden Bandes aus der Überlieferung in der Stadtbibliothek. Dieser 330 Blatt umfassende Band (Rep. VI fol 6c, Vol. 1) ist um 1600 in gelbes Pergament eingebunden worden und enthält keinerlei Besitzvermerke. Er beginnt mit der Kopfzeile Laus Deo 1592 ad 9 september in Leiptzig403, dann folgt die erste Zeitung, die wie alle folgenden fortlaufend in den Band kopiert worden ist. Beteiligt an den Abschriften waren mehrere verschiedene Schreiberhände, wobei die einzelnen, gleichzeitig eingetroffenen Zeitungssendungen aus Rom und Venedig, Antwerpen und Köln etc. durch Querstriche auf dem Blatt von den jeweils folgenden getrennt wurden404. Indirekt ist damit aus dem Zeitungskopial, denn um nichts anders handelt es sich, auch der gemein  UBL MS 11/I, fol. 343r; MS 11/II, fol. 229v. Siehe auch Böning, Zeitungen 2011 28.   UBL MS 11/I, fol. 286r, 171r. 400  Z. B. fol. 209v, 221v. 401  ÖNB Cod. 8974, fol. 416r–418r. 402  Sporhan-Krempel, Nürnberg 115. 403  Ebd. fol. 2r. 404  Ganz ähnlich scheinen die beiden Zeitungsbände in Weimar aufgebaut zu sein, siehe Wagner, Die ältesten Zeitungen, und die Liste zu den Zeitungssammlungen im Anhang. 398 399



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same Erhalt, sicher jeweils am Posttag, der Zeitungen erkennbar. Ganz entsprechend ist im übrigen trotz der zeitlichen Lücke zwischen beiden Bänden auch der für den Zeitraum von Juni 1609 bis Anfang Januar 1611 überlieferte aufgebaut, während die folgenden drei Bände zwar ebenfalls Kopiale darstellen, aber in grünes Pergament gebunden und durchgehend von einer Hand geführt sind405. Lassen sich also von den Formalia der Überlieferung her – entgegen Opels oben angeführter Vermutung – schon deutliche Unterschiede zu den beiden Bänden von MS 11 erkennen, so werden noch mehr Differenzen sichtbar, wenn man sich den enthaltenen Zeitungen selbst zuwendet. Um die Struktur der Sammlungen beurteilen zu können, wurde als Stichprobe jeweils ein Monat jedes Jahrganges aufgenommen mit Absendeort und Datum. Tabelle 6: Vergleich der Leipziger und der Wiener Überlieferung um 1590406

Zeitungen Leipzig gesamt Absendeorte Leipzig Zeitungen Wien gesamt Absendeorte Wien Parrallelüberlieferung in Leipzig und Wien (Anzahl)

Oktober Oktober Oktober Oktober Oktober Oktober 1588 1589 1590 1591 1592 1593 15 16 13 11 36 32 5 6 5 5 12 12 83 46 43 78 81 59 15 19 8 15 18 12 14

8

11

9

16

16

Wie der erste Teil der Tabelle zeigt, ergeben sich zwischen den beiden Überlieferungen in Leipzig gravierende Unterschiede hinsichtlich der Zahl der Zeitungen und der geographischen Streuung der Absendeorte – während in MS 11 für 1588 bis 1591 praktisch ausschließlich Zeitungen aus Rom und Venedig beziehungsweise Antwerpen und Köln (teilweise ergänzt durch solche aus Middelburg beziehungsweise Frankfurt am Main) enthalten sind, kommen in Rep. VI für 1592 und 1593 daneben etwa auch Lyon, Straßburg, London, Amsterdam, Den Haag oder Prag vor. Hinsichtlich dieser beiden Parameter der Sammlung kann also von einer Übereinstimmung nicht die Rede sein. Und noch in einer anderen Hinsicht lassen sich Differenzen konstatieren, die dann sichtbar werden, wenn man versucht, die Stichproben aus den Leipziger Zeitungsbänden mit der Wiener Überlieferung in der Sammlung der Fuggerzeitungen in Beziehung zu setzen, wie das in Tabelle 6 ebenfalls geschieht. Hier wird erstens deutlich, dass die Wiener Überlieferung sowohl von der Zahl der Zeitungen wie der Zahl der Absendeorte her fast immer signifikant über der in Leipzig liegt. Allerdings ist die Differenz in Bezug auf Rep. VI weniger deutlich als hinsichtlich MS 11. Zweitens wird sichtbar, dass die in Leipzig in MS 11 befindlichen Zeitungen in deutlich überwiegender Zahl auch in Wien vorkommen, dass dieser Teil der Leipziger Kollektion fast einen Ausschnitt der Wiener Zeitungssammlung darstellt. Im Leipziger Kopial für 1592 und 1593 ist die Übereinstimmung sichtlich geringer, was mit der größeren Zahl verschiedener Absendeorte in diesem Band korrespondiert. Es ist jedoch in beiden Fällen sozusagen der Grundstock geschrie405   SBL Rep. VI fol 6c, Vol. II (1609–1611), 294 Blatt, Vol. III (1618) 336 Blatt, Vol. IV (Juli 1619–Jan. 1620), 333 Blatt, Vol. V (Jan. 1623–Juni 1624), 277 Blatt. 406   Siehe dazu oben S. 64f. Tabelle 4.

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bener Zeitungen, auf dem die Parallelüberlieferungen beruhen, das heißt Zeitungen aus den eben angesprochenen Orten Rom und Venedig, Antwerpen und Köln. Vor allem die in der Wiener Sammlung gerade für die fraglichen Jahre reichlich vorhandenen Zeitungen aus Ungarn, aus Istanbul, Prag oder Wien fehlen in beiden Leipziger Beständen fast völlig. Und im Jahr 1588 beispielsweise ist die Frequenz von Zeitungen aus Antwerpen und Köln und anderen Orten, aus denen über die Armada als Hauptereignis des Jahres sowie die Belagerung von Bonn berichtet wird, in Leipzig sehr viel geringer als in der Fuggerschen Sammlung. Sichtbar wird eine Differenz der beiden Überlieferungsteile im Übrigen auch beim Vergleich mit in Wolfenbüttel beziehungsweise Hannover vorhandenen Zeitungen der Jahrgänge 1588, 1589 und 1593407. Während in den ersten beiden Jahren nahezu alle Zeitungen der braunschweigischen Sammlung auch in Leipzig (wie in Wien) anzutreffen sind, gibt es für 1593 deutlichere Abweichungen zwischen den drei Sammlungen. Von 39 vergleichbaren Zeitungen sind „nur“ 18 in allen drei Sammlungen weitgehend wortgleich. Die Überlieferung des Jahrgangs 1588 erlaubt dabei schließlich auch noch eine Gegenüberstellung der Überlieferung in Leipzig mit der in Dresden in den Archiven des Kurfürsten von Sachsen. Die Tabelle 7 macht den im Vergleich zu Wien und Dresden bescheideneren Umfang der Sammlung noch einmal auf andere Weise deutlich und zeigt zugleich die schon angesprochene Konzentration auf Zeitungen aus Rom und Venedig, Antwerpen und Köln. Was die Parallelüberlieferung in Dresden und Leipzig in Bezug auf die Wiener Sammlung betrifft, so weisen die drei als Stichprobe erhobenen Monate folgende Zahlen auf: In Leipzig existieren für Januar 1588 19 Zeitungen, von denen 10 auch in Wien zu finden sind; für Juni 15 Zeitungen, von denen 12 auch in Wien zu finden sind, und schließlich 15 Zeitungen für Oktober, von denen 14 (und eine Beilage) auch in Wien zu finden sind. Damit sind 53, 80 beziehungsweise 93 Prozent der Zeitungen der Leipziger Sammlung deckungsgleich, während das in Dresden für 28, 68 beziehungsweise 65 Prozent der erhobenen Zeitungen zutraf408. Die Parallelität der Sammlungen in Leipzig und Wien ist also deutlich ausgeprägter. Das fürstliche Korrespondenzsystem, aus dem ein Gutteil der Dresdner Sammlung resultierte, war dagegen wesentlich vielfältiger409 und belegt ebenso wie die Wiener Kollektion, dass es Ende der 1580er Jahre deutlich mehr als einen Zeitungsschreiber mit regelmäßiger Produktion an den Hauptabsendeorten gegeben haben muss, sowie, dass unterschiedliche Ausmaße von Bezugsvereinbarungen möglich waren – so wie das auch die Rechnung von Jeremias Crasser für Philipp Eduard Fugger andeutete410.

  Siehe dazu oben S. 70f.   Siehe dazu oben S. 64f. Tabelle 4. 409  Dopplungen wurden nicht ausgeschlossen, lassen sich in den Stichproben aber nur in ganz geringem Maße antreffen. 410  ÖNB Cod. 8961, fol. 383r–385r. Siehe auch oben S. 65f. 407 408



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Tabelle 7: Vergleich der Überlieferung in Leipzig, Dresden und Wien für das Jahr 1588

gesamt Zeitungen Dokumente Sprachen deutsch italienisch französisch lateinisch spanisch Anzahl der Absendeorte von Zeitungen

1588 Leipzig absolut Prozent 210 206 98,0 4 2,0

206 0 0 0

100,0

624 20 0 0 0

12

Absendeorte über 1 Prozent Rom 47 22,8 Venedig 47 22,8 Köln 46 22,3 Antwerpen 45 21,8 Middelburg 8 3,9 Frankfurt am 3 1,5 Main Hamburg 3 1,5 Lyon 3 1,5

ohne Angabe unidentifiziert

1588 Wien absolut Prozent 681 644 94,6 37 5,4

0 0

1588 Dresden absolut Prozent 864 788 91,2 76 8,8

96,9 3,1 0,0 0,0 0,0

782 0 5 1 0

46

Köln Antwerpen Praha Lyon Middelburg

99,2 0,0 0,6 0,1 0,0

71

174 129 51 44 44

27,1 20,1 7,9 6,8 6,8

Köln Antwerpen Roma Venezia Lyon

142 81 73 72 65

18,0 10,3 9,3 9,3 8,4

Istanbul Roma Venezia

28 28 28

4,4 4,4 4,4

43 39 23

5,4 4,9 2,9

Hamburg Frankfurt/ Main Wien Wrocław Strasbourg

16

2,5

22

2,8

13 13 13 8

2,0 2,0 2,0 1,2

Middelburg Praha Strasbourg Frankfurt/ Main Sankt Gallen Genève Wien Ravensburg Poznań Hamburg Paris Wrocław

18 16 17 13 12 11 11 11

2,3 2,0 2,2 1,6 1,5 1,4 1,4 1,4

ohne Angabe unidentifiziert

15

1,9

1

0,1

ohne Angabe unidentifiziert

0 0

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Die insgesamt sieben in den Leipziger Handschriftenbeständen überlieferten Zeitungsbände stellen damit Überreste von zwei verschiedenen Sammlungen dar. MS 11 aus dem Bestand der Universitätsbibliothek enthält Teile der oder die gesamte Sammlung einer Person, die möglicherweise in Leipzig ansässig war und Zeitungen von Nürnberger Bürgern übersendet bekam. Ob es sich dabei um den in den Bänden erwähnten Ludwig Trueb handelte, kann nicht geklärt werden. Genauso ist es jedoch auch möglich, dass die Schriftstücke, die auf Leipzig hindeuten, erst zu einem späteren Zeitpunkt der Sammlung angefügt wurden und dass diese andernorts entstand und nur über die Büchersammlung Eberhard um 1800 in die Messestadt gelangte. Mit diesen zwei Bänden haben wir wohl praktisch den Niederschlag eines „Basis“-Abonnements vor uns, das sich auf eine wöchentliche Zeitungssendung mit Nachrichten aus Rom, Venedig, Antwerpen und Köln bezog. Die Nummerierung im Band deutet die Unterteilung in solche Sendungen an, und ähnliche Zusammenstellungen finden sich auch in der Sammlung des Pfalzgrafen in München, in der der Herzöge von Braunschweig sowie in der der Regierung in Meiningen411. Sicher ist, dass MS 11 in seiner Entstehung nichts mit den fünf Bänden aus der Leipziger Stadtbibliothek zu tun hat. Der Überlieferungsort, der Umstand, dass es sich um über längere Zeiträume geführte Kopiale handelt, ebenso wie der größere Umfang in quantitativer wie regionaler Hinsicht lassen es möglich erscheinen, dass wir damit den Überrest einer Sammlung aus dem Umfeld des Leipziger Stadtregimentes vor uns haben. In den Kopialen enthalten sind Zeitungen, die sich in nennenswertem Ausmaß auch in der Wiener Sammlung finden, ebenso einige dort ebenfalls beigelegte Dokumente wie die Kopie eines Briefes von Ruprecht von Eggenberg an Erzherzog Ernst, ein Pasquill vom eitlen Spanier oder der Vergleich im Straßburger Bischofsstreit412. Deutlich wird beim genaueren Vergleich außerdem, dass im Kopial eine der beiden Zeitungssendungen aus Rom und Venedig (von den zweien pro Woche, die die Fugger in ihren Bänden aufbewahrten) erscheint, dass in Leipzig aber andere Zeitungen aus Antwerpen oder Amsterdam und Köln erworben wurden. Ob das mit religiösen respektive politischen Kontexten zu erklären ist, bedürfte genauerer Nachforschungen, indem die Berichterstattung über entsprechende Ereignisse in den Niederlanden inhaltlich verglichen wird. Interessant wäre nun auch ein Vergleich mit anderen Zeitungssammlungen beziehungsweise Bruchstücken davon, die im Umfeld städtischer Räte entstanden. Dazu würde sich der von Lore Sporhan-Krempel erwähnte Bestand in Nürnberg anbieten413, der eine Sammlung von geschriebenen Zeitungen und anderen Materialien enthält. Deutlich wird aus ihrer Darstellung, dass auch der Rat von Nürnberg in den Austausch der Zeitungskorrespondenz unter Herrschaftsträgern des Alten Reiches einbezogen war414 – Nachrichten erhielt man u. a. von Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach und später seinen Erben, vom Bischof von Bamberg, von den Räten in Straßburg und Ulm, zeitweise auch von Herzog Albrecht V. von Bayern, den Pfalzgrafen Johann Casimir beziehungs411  Z. B. BHSTA PNA Nr. 918, fol. 11r–13r; PNA Nr. 920, fol. 95r–96v; PNA Nr. 925; fol. 144r–146r. – Siehe zu NLAW 1 Z Nr. 1, Teil III, z. B. fol. 25r–26r, 33r–33v, 51r–54r. – Zu Meiningen siehe etwa TLAM GHA I Nr. 6538, unpag. – Zu Parallelen zu Weimar siehe die Handschriftenbeschreibung zu Fol 230 der Handschriftensammlung der Anna-Amalia-Bibliothek (unten S. 194) und Wagner, Die ältesten Zeitungen. 412   SBL Rep. VI fol 6c, Vol. 1, fol. 147v–150v und ÖNB Cod. 8966, fol. 440r–441r; SBL Rep. VI fol 6c, Vol. 1, fol. 86r–87r und ÖNB Cod. 8966, fol. 738r–739r; SBL Rep. VI fol 6c, Vol. 1, fol. 84v–85v und ÖNB Cod. 8966, fol. 778r–779v. 413  Sporhan-Krempel, Nürnberg 30–37. 414  Ebd. 44–48.



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weise Ottheinrich und von Wilhelm von Hessen-Kassel. An all diese Absender von Nachrichten schickten auch die Nürnberger ihrerseits Informationen und Zeitungen. Aber auch die in der Bayerischen Staatsbibliothek München überlieferten Bände mit Zeitungen und Korrespondenz, die Hans Merer an Stefan Fugger in Regensburg sendete, wären solch eine Möglichkeit, stammen sie doch offenbar aus dem Bestand des Regensburger Rates415. Für diese, die Jahre 1583 bis 1594 umfassenden Bände, hat Oswald Bauer zuletzt konstatiert, dass parallele Überlieferungen zur Wiener Sammlung enthalten seien – in welchem Ausmaß lässt sich aus Bauers Bemerkungen nicht schließen416. Aber indirekt deuten diese beiden Sammlungen ebenso wie der Leipziger Fall eine Schnittmenge zwischen Zeitungslektüre und Zeitungssammlung im städtischen und fürstlichen Publikum des ausgehenden 16. Jahrhunderts an, ohne dass von einer völligen Deckungsgleichheit auszugehen wäre.

Zur Zeitungssammlung des Pfalzgrafen Philipp Ludwig – ein Exkurs Am Ende soll noch ein Blick auf die bereits erwähnte, bislang neben den Fuggerzeitungen am häufigsten genutzte und untersuchte Zeitungssammlung, die Philipp Ludwigs von Pfalz-Neuburg, geworfen werden. Diesem Bestand von zehn Faszikeln für mehrere Jahre zwischen 1573 und 1586 hat Georg Hahn eine eigene Untersuchung gewidmet; Cornel Zwierlein hat sie in seine Erörterungen zu geschriebenen Zeitungen einbezogen, und auch Oswald Bauer hat Erwägungen über die Verbindungen zwischen der pfalz-neuburgischen Sammlung und den Fuggerzeitungen in seine Darstellung aufgenommen417. Zwierlein misst den „Kaufmannszeitungen“, als die er den Kern von Philipp Ludwigs Sammlung bezeichnet, zentrale Bedeutung für die Information eines Fürsten des 16. Jahrhunderts über die Ereignisse jenseits seiner Landesgrenzen zu418 und sieht die Fugger als Kern eines Netzwerkes von Zeitungskommunikation, das die deutschen Fürsten mit dem Geschehen ihrer Zeit verband. Seine Recherche zur Zeitungssammlung des Pfalzgrafen zielt darauf ab, die Präsenz von Zeitungen der Fugger in deutschen Territorien sichtbar zu machen. Verfügbar wurden die Zeitungen für den Pfalzgrafen auf verschiedenen Wegen: Einerseits gibt es in der Sammlung „ordinari zeitungen“, die wohl mit der Post versendet wurden, andererseits taucht mehrfach Marx Fugger aus der Anton-Linie der Familie als Absender von Zeitungen auf, und schließlich lässt sich in den Bänden auch der fürstliche Zeitungsaustausch der siebziger und achtziger Jahre erkennen, den wir auch in den Sammlungen in Dresden, Wolfenbüttel und Meiningen dokumentiert finden419. Letzteren trennt Zwierlein zwar von den „genuinen Zeitungen“, stellt dann aber doch fest, dass er zu großen Teilen aus Fugger-und Ordinari-Zeitungen bestehe420.   Zwierlein, Discorso 598 Anm. 129.   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 351f. 417  Kleinpaul, Hofnachrichtendienst; ders., Nachrichtenwesen 51f., 65f.; Hahn, Nachrichtendienst; Zwierlein, Discorso 590–605; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 353–361; benutzt auch von Pieper, Vermittlung. 418   Zwierlein, Discorso 591, 599. Die Bezeichnung folgt offenbar den von Zwierlein benutzten Quellen und resultiert nach seiner Aussage aus dem Umstand, dass die Fugger das Medium in den deutschsprachigen Raum transferiert hätten (S. 591). 419  Zwierlein, Discorso 592f.; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 354. Siehe auch oben S. 52f., 71f., 74f. 420  Zwierlein, Discorso 591, 594f.; siehe dazu auch Hahn, Nachrichtendienst 12, 97. 415 416

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Bauer hat Zwierleins Feststellungen insofern einer Revision unterzogen, als er stichprobenartige Vergleiche zwischen den pfalz-neuburgischen und den Wiener Zeitungen vornahm421. Dieser Vergleich ergibt eine relativ deutliche Überschneidung der beiden Überlieferungen bei Zeitungen aus Antwerpen und Köln beziehungsweise Rom und Venedig. Eine besondere Übereinstimmung mit den von Marx Fugger übersendeten Nachrichten ist – trotz mancher Ähnlichkeiten – jedoch offenbar nicht feststellbar. Dagegen gibt es etliche Zeitungen gleichen Wortlauts unter denen, die verschiedene Fürsten an den Pfalzgrafen übersandten, also den von Zwierlein so bezeichneten Ordinari-Zeitungen, und solchen in der Wiener Sammlung422. Eine wesentliche Differenz zwischen Wien und Pfalz-Neuburg sind dagegen die italienischsprachigen Zeitungen, die sich in Wien finden lassen, in den pfalzgräflichen Bänden dagegen überhaupt nicht. Bauer kommt zu dem Schluss: „Diese Parallelen sind entweder auf gemeinsame Quellen zurückzuführen oder aber auf eine direkte Verbindung – also, dass etwa die eintreffenden Nachrichten aus den Niederlanden in der Familienfirma ankamen, von dort aus kopiert und auch innerhalb und außerhalb der Familie … weitergegeben wurden.“423 Damit geht Bauer in Anlehnung an Zwierlein weiter davon aus, dass die Fugger in prominenter Weise als Nachrichtenverteiler fungierten, obwohl er selbst darauf verweist, dass gerade die Zeitungen aus den Hauptnachrichtenorten allgemein verfügbar waren424. Er scheut also davor zurück, den öffentlichen Charakter der in der pfälzischen Sammlung enthaltenen Zeitungen klar zu formulieren und damit auch Zwierleins Einschätzung bezüglich des Stellenwertes sowohl der Fugger als Vermittler wie der Zeitungen als Nachrichtenquellen in Zweifel zu ziehen. Eine Autopsie der Münchner Überlieferung, die allerdings nicht den Umfang der Beschäftigung von Zwierlein und Bauer erreicht und leider auch nicht auf deren statistische Erhebungen zurückgreifen kann425, ergibt folgendes Bild: Die in den Bänden enthaltenen Zeitungssendungen mit dem Dorsalvermerk Fuggerische Zeitung haben keine Entsprechungen in der Wiener Überlieferung. Dies gilt sowohl für den Aufbau wie für die Handschriften und die Länge der Meldungen426; allerdings finden sich in den Bänden für die achtziger Jahre nur wenige dieser Zeitungen. Für die überwiegende Mehrzahl der Exemplare in der pfalz-neuburgischen Sammlung aber lässt sich hinsichtlich formaler Aspekte wie Länge und Gliederung eine weitgehende Übereinstimmung mit den in der Wiener Sammlung und anderen hier genauer untersuchten Kollektionen vorhandenen Zeitungen konstatieren. Eine Stichprobe für Band PNS 924, der komplett erhoben wurde, ergibt insgesamt 107 Zeitungen, allesamt in deutscher Sprache, aus der Zeit von Februar bis Juni 1584. Davon stimmen 27 (25 Prozent) wörtlich mit der Wiener Überlieferung überein, wobei es sich allerdings ausschließlich um Zeitungen aus Antwerpen, Köln und Frankfurt am Main handelt427. In Wien liegen in diesem Jahrgang   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 355–359.   Ebd. 357; Zwierlein, Discorso 595f. 423   Bauer, ebd. 359. 424  Ebd. 360. 425   Beide haben die Zahlen ihrer Erhebungen nicht in die Ausführungen aufgenommen. Durchgesehen wurden die Bände BHSTA PNA Nr. 918, 919, 921 bis 925, weil sich nur hier zeitliche Parallelen zu den in Wien überlieferten Zeitungsoriginalen ergaben. Die Bände umfassen jeweils Teile der Jahre 1582 bis 1586. 426  Z. B. BHSTA PNA Nr. 920, fol. 197r–199v; PNA Nr. 921, fol. 58r–59v, 60v; PNA Nr. 924, fol. 22r–23v. 427  Absendeorte mit Zahl der Zeitungen in BHSTA PNA Nr. 924: Antwerpen 27, Augsburg 2, Basel 1, Frankfurt am Main 11, Genf 1, Graz 1, Istanbul 2, Köln 28, Lissabon 1, Madrid 3, ohne Ort 3, Paris 1, Prag 2, Rom 10, Tournai 1, Venedig 10, Wien 1, unidentifiziert 2. 421 422



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keine deutschen, sondern ausschließlich italienische Zeitungen aus Rom und Venedig vor. Damit liegt der Umfang der sowohl in München wie in Wien auffindbaren Zeitungen in etwa im gleichen Bereich wie für Dresden auf das Jahr 1578 bezogen, aber deutlich darunter, wenn man die sächsische Überlieferung im Stichjahr 1588, die Wolfenbütteler oder die Leipziger Überlieferung betrachtet428. Meines Erachtens bestehen die Zeitungsbände aus dem Besitz des Pfalzgrafen Philipp Ludwig damit ebenfalls zu einem erheblichen, wohl zum überwiegenden Teil aus öffentlich zugänglichen geschriebenen Zeitungen. Zwischen den hier untersuchten Sammlungen bestehen zudem inhaltliche Schnittmengen, d. h. Parallelüberlieferungen von wörtlich gleichen oder in größeren Teilen des Textes übereinstimmenden Zeitungen429. Eine besondere Rolle der Fugger als Vermittler lässt sich für Pfalz-Neuburg lediglich hinsichtlich der Zeitungen Marx Fuggers festhalten, die allerdings nicht den Großteil der Sammlung darstellen. Von diesen Nachrichten ausgehend zu schlussfolgern, dass „Kaufmannszeitungen“ das entscheidende Informationsmedium deutscher Fürsten und die Zeitungskommunikation ein „Diplomatiesubstitut“ gewesen seien, wie Zwierlein das tut430, scheint mir deutlich überzogen. Der Geschenkcharakter von Nachrichten beziehungsweise Information spielt im fürstlichen Tauschsystem sicher eine Rolle bei der Aufrechterhaltung guter „Korrespondenz“, allerdings – darauf hat schon Zwierlein hingewiesen431 – auf einer eher symbolischen Ebene. Als Beilagen zu Briefen, als Element fürstlicher Korrespondenzen waren Zeitungen eher „Anhängsel“ als Ersatz von diplomatischen Kontakten. Daneben griffen die Fürsten jedoch auf geschriebene Zeitungen öffentlichen Charakters zurück, von denen zumindest nach 1580 aus den großen Nachrichtenzentren Antwerpen und Köln, Rom und Venedig mehrere Varianten in deutscher Sprache verfügbar waren. Damit wird nicht der Stellenwert einzelner Personen der Familie Fugger – allerdings der Anton-Linie, also nicht der Linie, der die Initiatoren der Wiener Sammlung angehörten – für die Entstehung und Verbreitung geschriebener Zeitungen im deutschsprachigen Raum in Zweifel gezogen, obwohl diese weitreichende Schlussfolgerung Zwierleins432 einer intensiveren Untersuchung bedürfte, die auch weitere Zeitungssammlungen mit einbezieht. Aber die Fugger als direkte Initiatoren aller verschiedenen Zeitungen zu sehen, die nach 1570 in den fürstlichen Sammlungen nachweisbar sind, geht mit Sicherheit zu weit. Es gibt in Dresden, Wolfenbüttel und Leipzig die gleichen Zeitungen wie in der pfälzischen Sammlung, ohne dass irgendein Bezug zu den Fuggern erkennbar wäre. Vielmehr ist von einer Eigendynamik des Marktes für wie des Angebotes an geschriebenen Zeitungen auszugehen, die das Angebot deutlich erweiterte. Verbunden war dies mit einer Standardisierung des äußeren Erscheinungsbildes, vor allem aber mit einer regionalen Erweiterung der Absendeorte solcher Zeitungen433.   Siehe oben S. 56f. bzw. 85 Tabelle 2 und Tabelle 7; zu Wolfenbüttel oben S. 70f.   Siehe oben S. 66f. 430  Zwierlein, Discorso 607, 609. – Eine „Übersetzung“ von italienischen Zeitungen (Zwierlein, Discorso 593; ders., Fuggerzeitungen 186) fand sicher nicht unter Aufsicht von Anton Rehlinger in Augsburg statt, wie Zwierlein anmerkt; eine deutsche Fassung von Meldungen aus Italien wird eher kommerziell hergestellt, siehe unten S. 130–135. 431  Zwierlein, Discorso 594–596; siehe auch oben S. 71f. 432  Ebd. 574–588; Zwierlein, Fuggerzeitungen 191. 433  Siehe dazu etwa die Karten am Ende dieses Kapitels, aber auch Barbarics, Tinte 235–237, 245f., 251, 255, und dies., Coexistence 366. 428 429

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Insofern scheint es auch unangemessen, allein die Fugger als „organisatorisch-kommunikatives Nadelöhr“ zu betrachten, durch das die deutschen Fürsten und andere Leser mit Nachrichten aus dem Süden und Westen Europas versorgt wurden434. Erstens lassen sich keineswegs alle überlieferten geschriebenen Zeitungen mit den Fuggern, noch nicht einmal mit Augsburg in Verbindung bringen, wie gerade die Zahlen für Dresden zeigen. Zweitens verfügten deutsche Fürsten – mindestens die bedeutenderen und finanzkräftigeren unter ihnen wie eben die Kurfürsten von Sachsen – über eigene Informationssysteme. Dazu gehörte neben der zeitweise intensiven fürstlichen Austauschkorrespondenz auch die Finanzierung eigener Nachrichtenagenten in Italien, Antwerpen, beim Reichstag usw.

Schluss Typisch für Zeitungssammlungen im Reich – und zwar gleichgültig, ob sie zeitgenössisch entstanden oder erst im Nachhinein durch Archivare zusammengefasst wurden – ist, dass sie Zeitungen gewöhnlich in Kombination mit anderen Nachrichtenmedien erfassen, wie etwa Kopien von Briefen, Verträgen und ähnlichen Schriftstücken, Nachrichtenbriefen, Agentenberichten etc. Die klarere Abgrenzung dieser Medien voneinander, wie sie hier praktiziert wurde, ist bedeutsam für Beobachtungen zur Entwicklung des Informationsmediums Zeitung, weniger jedoch für Untersuchungen zu Struktur und Geschwindigkeiten des frühneuzeitlichen Nachrichtensystems. Hierbei gilt es vielmehr, die zeitgenössische Kombination von geschriebenen und gedruckten, von kommerziellen und individualisierten Informationsnetzwerken zu berücksichtigen435. In Bezug auf das professionell gefertigte Produkt „geschriebene Zeitung“ ist zudem zu konstatieren, dass die neuzeitliche Vorstellung hinsichtlich etwa von Auflagenhöhe und Vertriebssystem zu modifizieren ist. Zwar lassen sich Professionalisierungstendenzen hinsichtlich der Herstellung von geschriebenen Zeitungen, ihrer Form, ihrer Inhalte, ihrer Absendeorte erkennen, aber ein Rechnen in geschlossenen Auflagen führt in die Irre. Vielmehr ist von einer Kombination verschiedener Vermittlungskanäle solcher Texte auszugehen – Zeitungen wurden nicht nur von Novellanten gefertigt und per Post versendet. Das fürstliche Nachrichtentauschsystem der siebziger und achtziger Jahre des 16. Jahrhunderts etwa trug wesentlich zur Verbreitung des neuen Mediums bei, indem einlangende Zeitungen und Materialien kopiert oder direkt an andere fürstliche Rezipienten weitergegeben wurden. Auch weniger prominente Höfe wie der in Schleusingen (für die Grafschaft Henneberg) waren in dieses Tauschsystem, das gleichzeitig der Sicherung wohlwollender politischer Nachbarschaft diente, involviert. Die hier vorgestellten Stichproben lassen jedoch ebenso erkennen, dass auch im bürgerlich-städtischen Bereich Zeitungen kursierten. In der Leipziger Sammlung gibt es Hinweise auf Verbindungen zwischen Nürnberg und Leipzig über die Weitergabe von Zeitungen. Im Falle der Gemeinschaftlichen Sächsischen Regierung in Meiningen lässt sich sogar eine Art sekundärer Kommerzialisierung nachweisen, indem Zeitungen kopiert und kontinuierlich weitervermittelt wurden. Die Vielzahl von Zeitungen, die sich als Parallelüberlieferungen in fürstlichen, gräflichen, administrativen und städtischen Sammlungen nachweisen ließen, lässt den Schluss

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  Zwierlein, Discorso 598f., 607, 789.   Dazu am Beispiel der Fugger ausführlich Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 77–133.



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zu, dass entgegen bisheriger Vermutungen436 keineswegs davon gesprochen werden kann, dass es abgrenzbare „interne Informationsnetze“ von Kaufleuten, Fürsten und Gelehrten gab, die jeweils andere Zeitungen beinhaltet hätten. Es ist vielmehr von einer mehr oder weniger großen Schnittmenge zwischen allen Zeitungsüberlieferungen auszugehen – sie lag in etwa bei einem Drittel der jeweiligen Überlieferung437 –, die gegen Ende des 16. Jahrhunderts nach unseren Untersuchungen eher größer geworden sein dürfte. Dies könnte Konsequenz einer räumlichen Diffusion des Zeitungskonsums sein – ausgehend von Augsburg waren es zuerst wittelsbachische Fürsten, in deren Austauschkorrespondenz die gleichen geschriebenen Zeitungen wie bei den Fuggern auftauchen. Der Kurfürst von Sachsen bezog in den achtziger Jahren direkt in Augsburg Zeitungen, Ende der achtziger Jahre lassen sie sich auch in Wolfenbüttel, Hannover und Leipzig nachweisen. Die Rolle Augsburgs für die Entstehung und Entwicklung der Medienform geschriebene Zeitung im Alten Reich ist insgesamt noch einmal zu betonen. Außer in den genauer untersuchten Sammlungen finden sich auch in zahlreichen weiteren Beständen Hinweise darauf, dass die Stadt für Zeitungsproduktion und -vermittlung besonders bedeutsam war438. Hier wäre es dringend geboten, mittels genauerer Quellenstudien weitere Aufschlüsse über die Organisation des Nachrichtenumschlags in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu erlangen. Die dauerhaft vorhandenen Differenzen hinsichtlich von Absendeorten und -daten, vor allem aber hinsichtlich von Inhalten lassen zugleich sichtbar werden, dass es schon in den achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts auch im deutschsprachigen Nachrichtenraum mehrere Angebote gab, auf die Interessenten zurückgreifen konnten439. Die Gebrüder Fugger bezogen ab 1588 zwei inhaltlich differierende Zeitungen aus Rom und Venedig; in den Sammlungen in Leipzig und Meiningen, aber auch in der Sammlung Pfalzgraf Philipp Ludwigs gibt es offenbar andere Zeitungen aus Köln und Antwerpen als in den Fuggerzeitungen. Festzuhalten bleibt dabei, dass die zumindest für die siebziger und achtziger Jahre ausgeprägte Zweisprachigkeit der Fuggerschen Zeitungssammlung eine Besonderheit darzustellen scheint. Vermutlich resultierte sie aus biographischen und wirtschaftlichen Verbindungen der Brüder Fugger nach Italien. Diese Zweisprachigkeit erschwerte in manchen Fällen den Vergleich der Fuggerschen Sammlung mit den anderen hier ausgewählten, die zwar ebenfalls Zeitungen aus Rom und Venedig enthalten, dies jedoch schon seit den siebziger Jahren nahezu ausschließlich in deutscher Sprache. Einzelstücke deuten freilich an, dass italienische Zeitungen auch verschiedenen fürstlichen Kanzleien zur Verfügung standen. Vergleich und Überblicksrecherche440 haben zudem ergeben, dass die Fuggerzeitungen als Sammlung nicht nur in ihrer Geschlossenheit, sondern auch mit ihrem zeitlichen Schwerpunkt – die größte Zahl   Wilke, Korrespondenten 62.   In italienischen Sammlungen ist dieser Anteil sehr viel geringer, siehe unten S. 164–174. 438   Siehe etwa die Belege bei Kleinpaul, Nachrichtenwesen 13f., 69f., 77, 80f.; Pettegree, Invention of News 54f., 113; siehe aber auch Hinweise aus Recherchen zu Zeitungssammlungen: Vereinigte Westfälische Adelsarchive, Berleburg A Z 39 (http://dfg-viewer.de/show/?tx_dlf[id]=http%3A%2F%2Fwww.lwl. org%2F325dig-download%2FLesesaal-Digitalisate%2FC_Adelsarchive%2FBer%2FBer.A%2FBer.A_Z%252 039%2Fmets.xml [Zugriff 30. 12. 2014]); Staatsarchiv Sigmaringen, Friedberg-Scheer, Dep. 3071T3 Nr. 500; Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Standort Dessau, Bestand Fürstenhaus Anhalt, Z4III 247 Nr. 69. Auch dass Verfasser und Drucker des „Annus Christi“ aus Augsburg kamen, dürfte in diesem Zusammenhang von Interesse sein. 439   Für Italien siehe unten S. 166f., 177f. 440   Siehe die Liste der Zeitungssammlungen im Anhang. 436 437

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überlieferter Zeitungen findet sich in Wien ja nach 1590 – eher ungewöhnlich sind. In fürstlichen Kanzleien zumindest scheint der Wunsch nach einem Präsenthalten von Informationen um 1600 bereits deutlich weniger ausgeprägt gewesen zu sein – geschriebene Zeitungen scheinen mehr und mehr zum Gebrauchsgut geworden zu sein. Auffällig ist im Vergleich der Fuggerzeitungen mit anderen Kollektionen auch das Phänomen der Zeitungssendung. Während es in den Wiener Bänden vor allem die charakteristische Kombination von Zeitungen aus Antwerpen und Köln – gelegentlich ergänzt durch Middelburg oder Frankfurt am Main – beziehungsweise Rom und Venedig gibt, war in anderen Fällen die Kombination von vier, sechs oder mehr Zeitungen auf ineinander gefalteten und gemeinsam versendeten Blättern verbreitet, wobei die einzelnen Zeitungen auch bei weitgehender Gleichheit mit Wiener Exemplaren oft etwas kürzer waren441. In dieser Zusammenstellung waren derartige Zeitungssendungen dem Erscheinungsbild der Straßburger Relation noch ähnlicher. Wenig lässt sich aus der Analyse von Zeitungsbeständen zur Motivation des Zeitungslesens oder Zeitungssammelns442 ableiten, zumal etliche der heute als Sammlungen in Archiven oder Bibliotheken aufscheinenden Bestände erst im Nachhinein in eine geschlossene Form gebracht wurden. Die Fuggerzeitungen, die Sammlung des Kurfürsten von Sachsen und die wenigen in Leipziger Bibliotheken auffindbaren Bände bilden zwar keine Ausnahme, aber der Umfang und die geschlossene Form der Fuggerzeitungen erscheinen in dieser Hinsicht doch als Besonderheit.

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  Ähnliches gilt für die Urbinati, siehe unten S. 138–150.   Dazu etwa Nuovo, Manuscript Writings 197, 199; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 133–147.



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Karte 9: Absendeorte von Zeitungen der Dresdner Sammlung 1578

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Karte 10: Absendeorte von Zeitungen der Wiener Sammlung 1578



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Karte 11: Absendeorte von Zeitungen der Dresdner Sammlung 1588

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Karte 12: Absendeorte von Zeitungen der Wiener Sammlung 1588



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Karte 13: Absendeorte von Zeitungen der Dresdner Sammlung 1604

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Karte 14: Absendeorte von Zeitungen der Wiener Sammlung 1604



Die Fuggerzeitungen: zwei Seelen, ein Leib von Paola Molino

Die Formulierung von den Fuggerzeitungen als Sammlung der Brüder Fugger443 überdeckt in der Wahrnehmung der Sammlung einen sehr bedeutsamen Aspekt, der die Wiener Sammlung nicht zuletzt deutlich von den im letzten Beitrag dargestellten Zeitungssammlungen im deutschen Sprachraum unterscheidet. Sie besteht nicht nur aus etwa 12.400 geschriebenen Zeitungen in deutscher Sprache, sondern sie beinhaltet auch etwa 2.600 auf Italienisch verfasste Avvisi444. Diese Zweisprachigkeit, die vorrangig die Jahrgänge zwischen 1578 und 1586 betrifft445, ist eine Besonderheit, die zwar immer wieder erwähnt, der aber in der Forschung noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde446. Für die genannten Jahre und für den Jahrgang 1601 lässt sich die Wiener Sammlung in zwei nahezu gleich große Teile unterteilen: einen deutschsprachigen, in dem geschriebene Zeitungen aus den wichtigen Nachrichtenzentren der frühen Neuzeit (Antwerpen und Köln, daneben auch Prag und Lyon) in chronologischer Ordnung vorliegen, und einen italienischsprachigen Teil, der handschriftliche Avvisi hauptsächlich aus Rom und Venedig enthält, den beiden „Hauptstädten“ des Nachrichtenverkehrs auf der italienischen Halbinsel447. Im deutschsprachigen Raum hat Oswald Bauer als erster in seiner Monographie über die Fuggerzeitungen versucht, die Implikationen des zweisprachigen Charakters der Fuggerschen Sammlung für die Nachrichtenzirkulation auf beiden Seiten der Alpen zu thematisieren448. Ausgangspunkt seiner Analyse war dabei die These Cornel Zwierleins, dass die geschriebenen Zeitungen nördlich der Alpen Ergebnis eines Transferprozesses der italienischen Nachrichtenkommunikation ins Alte Reich um die Mitte des 16. Jahr443  Dieses und das nächste Kapitel wurden teilweise von der Verfasserin, teilweise von Alexander Krüger vom Italienischen ins Deutsche übersetzt und von Katrin Keller freundlicherweise redigiert. Die Verantwortung für den Inhalt bleibt natürlich bei der Verfasserin. Alexander Krüger und Katrin Keller sei aber hier, ebenso wie Mario Infelise, Vincenzo Lavenia, Nikolaus Schobesberger, Giacomo Trombi und Cornel Zwierlein, herzlich gedankt. 444  Von nun an wird immer der Begriff „Avviso“ für die italienischen Quellen und „Zeitung“ für die deutschen Quellen verwendet. 445   ÖNB Cod. 8951 bis 8959. 446  Kleinpaul, Fuggerzeitungen 59–64. 447  Für die Stellung Venedigs und Roms als Zentren der Nachrichtenproduktion in Italien vgl. Infelise, Prima dei giornali 106–121; Petitjean, L’intelligence des choses 12–16, 177–212; über Venedig siehe auch de Vivo, Patrizi, informatori, barbieri, bes. 18–23, 209–250, und über Rom, obwohl mit abweichendem zeitlichen Schwerpunkt, Dooley, De bonne main 1317–1344. 448  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 149–159.

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hunderts gewesen seien449. Auf der Basis einer Gegenüberstellung der Struktur und der Berichterstattung der italienischen Avvisi und der deutschen Zeitungen bestätigte Oswald Bauer die Plausibilität dieses Modells. Eines der zentralen Elemente seiner These ist die geringere Professionalisierung der deutschen Nachrichtenschreiber noch am Ende des 16. Jahrhundert450. Auf den folgenden Seiten werden wir uns mit den Thesen Zwierleins und Bauers auseinandersetzen mithilfe von quantitativen Analysen der Überlieferung an Avvisi und Zeitungen in der Wiener Sammlung sowie der in ihnen erwähnten Personen und Orte. Dabei wird das von Zwierlein diskutierte Phänomen des Kulturtransfers eine Rolle spielen; wir werden jedoch darüber hinausgehen, indem wir auf Basis unserer Projektergebnisse der Frage nachgehen, welche Ähnlichkeiten und Unterschiede die zwei Medientypen räumlich, stilistisch und inhaltlich charakterisierten, sowie der Frage, inwieweit sie innerhalb der komplexen Medien- und Kommunikationslandschaft des späten 16. Jahrhunderts parallele Funktionen erfüllten. Durch ihre Zweisprachigkeit ist die Wiener Sammlung der Fuggerzeitungen ja ein konkretes Beispiel nicht nur für den Transfer eines Informationsmediums, sondern auch für die synchrone Entwicklung des Genres in zwei Regionen mit Produktion von und Absatzmärkten für geschriebene Zeitungen, nämlich dem Heiligen Römischen Reich und der italienischen Halbinsel.

Avvisi und Zeitungen: zwei verschiedenartige Nachrichtenmedien? Im zeitlichen Abstand von sieben Jahren haben Thomas Schröder (1995) und Mario Infelise (2002) jeweils herausragende Untersuchungen zur Frühgeschichte der periodischen Presse im 17. Jahrhundert vorgelegt451. Ersterer befasste sich mit den ersten gedruckten Wochenzeitungen im Heiligen Römischen Reich, während letzterer sich den geschriebenen Avvisi der italienischen Halbinsel widmete. Unter Einsatz sehr unterschiedlicher Methoden kamen beide Untersuchungen letztlich zu derselben Schlussfolgerung. Demnach vollzog sich an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert eine Revolution auf dem Gebiet der schriftlichen Kommunikation, die mit dem Aufkommen des Postwesens, der Entstehung der Kopistenbüros und Druckereien sowie dem Entstehen eines funktionierenden Systems der Nachrichtenproduktion und -übermittlung einherging und mit der sich das Modell periodisch erscheinender Nachrichtenblätter mit Inhalten von allgemeinem Interesse und dem Anspruch der Aktualität durchsetzte. Die beiden Studien kommen allerdings zu einer unterschiedlichen Einschätzung der entscheidenden Faktoren dieser „Revolution“: Während Schröder hier den Buchdruck mit beweglichen Lettern, der eine potentielle „öffentliche“ Nachrichtenzirkulation ermöglichte, hervorhob, verwies Infelise auf die Entstehung eines periodischen Nachrichtenflusses durch 449  Zwierlein, Discorso 248–272. In einem späteren Aufsatz, in dem die italienischen Zeitungen von Ulrich und Hans Fugger aus der Zeit bis 1572 betrachtet werden, hat Zwierlein dann herausgearbeitet, wie der Import von Avvisi als Zeitungen nach Deutschland rund um das Jahr 1550 „informationstechnisch“ eine Lücke auf dem Nachrichtenmarkt schloss, aber zugleich auch als Diplomatiesubstitut fungierte: Zwierlein, Fuggerzeitungen 178. Zum ursprünglichen Konzept des Kulturtransfer siehe Transferts und Schmale, Einleitung; Zwierlein, Kommunikationsgeschichte. 450  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 154f. 451  Infelise, Prima dei giornali; Schröder, Erste Zeitungen. Über erste Ansätze siehe auch Petitjean, L’intelligence des choses 112–118.



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die geschriebenen Zeitungen, der eben die Basis einer modernen Regelmäßigkeit der Information schuf 452. Diese Unterschiede in der Bewertung hängen damit zusammen, dass der Buchdruck in den beiden untersuchten Regionen und Gesellschaften allgemein eine unterschiedliche Rolle spielte, zumal seit dem Ende des Konzils von Trient und dem Erscheinen des Index verbotener Bücher; mit anderen Worten: mit dem differenten Verhältnis zwischen geschriebenen und gedruckten Texten und „Modernität“ in Italien beziehungsweise dem Alten Reich453. Nach einer vierzigjährigen Debatte bleibt die Historiographie über Italien noch immer unentschieden, ob sich nach der Veröffentlichung des Index und der Zuspitzung eines repressiven Klimas in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine „irreparable Zäsur“454 zwischen der schriftlichen Kultur Italiens und der im Rest Europas (wobei mit Europa das Alte Reich, die Niederlande, Frankreich und England gemeint sind) entwickelte455 oder ob ungeachtet der Repression Kenntnisse und Informationen in Italien besonders in den großen Zentren wie Rom und Venedig unter besonderen Umständen und als Folge komplizierter „asymmetrical relations“456 weiter verbreitet wurden. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass in der frühen Neuzeit überall – von Portugal und Spanien bis England und ins Alte Reich – eine Buchzensur existierte 457, stellten die italienischen Staaten doch Laboratorien für das Studium der komplexen Beziehungen zwischen Macht und Wissen dar. Gerade um die Aushandlungspraxis zwischen Zensoren, Autoren und Publikum zu rekonstruieren, spielen handgeschriebene Texte – in der politischen und wissenschaftlichen Kommunikation wie bei der Produktion von Literatur oder wissenschaftlichen Traktaten – eine wesentliche Rolle. Im deutschsprachigen Raum brach die handschriftliche Kommunikation zwar im 16. Jahrhundert keineswegs ab, jedoch behielt sie hier nicht diesen historiographischen Stellenwert. In diesem Zusammenhang ist in Italien auch die Produktion und Verbreitung handgeschriebener Nachrichten, der ­Avvisi, im Kontext vielfältigerer Fragestellungen behandelt worden, etwa zur Geschichte des Skeptizismus, zur Zirkulation verbotener Nachrichten458 oder zu den fließenden Übergängen zwischen den Medien459, als dies in der deutschsprachigen Forschung der Fall war, wo die geschriebenen Zeitungen bisher hauptsächlich im Kontext der Presse- und Kommunikationsgeschichte untersucht worden sind460. 452  Schröder, Erste Zeitungen 4f.; Infelise, Prima dei giornali V–VII. Brendan Dooley, Dissemination of News 1–15, bezieht sich mit dem Ausdruck „the emergence of contemporaneity“, die durch eine neue Verbindung von Zeit und Raum Ende des 16. Jahrhunderts hergestellt wurde, ebenfalls auf diese Revolution. 453   Richardson, Manuscript Culture; Giesecke, Buchdruck. 454   Rotondò, La censura ecclesiastica 1407. 455  Diese These kann auf den Aufsatz vom Rotondò, La censura ecclesiastica, bes. 1400–1407, zurückgeführt werden und ist auch in den Büchern von Gigliola Fragnito noch präsent: Fragnito, La Bibbia al rogo 18–20, 217f. Allgemein für Texte im Vulgäritalienisch dies., Proibito capire, bes. 287–300. Die komplexe Beziehung der katholischen Kirche zur Welt der Wissenschaften wurde schon in den achtziger Jahren thematisiert z. B. in Ginzburg, L’alto e il basso 107–128. 456  Tortarolo, Censorship 18–22, siehe auch Donato, Introduction 2–4; Brevaglieri, Science, Books and Censorship 109–135; Braida, Censure et circulation 81–99; Romano, La science moderne 19–24; Grendler, L’inquisizione romana 396f. 457   Eisenhardt, Die kaiserliche Aufsicht; Infelise, I libri proibiti 24–29; Black, Storia dell’Inquisizione; Inquisition, Index, Zensur. 458  Dooley, De bonne main 1317–1344; ders., Social History 45–48. 459  Richardson–De Vivo, Scribal Culture; de Vivo, Patrizi, informatori, barbieri 61–87; Petitjean, L’intelligence des choses 77–92. 460  Siehe oben S. 11–18.

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Auf der italienischen Halbinsel wurde der Begriff Avviso bereits im Mittelalter gebraucht, um zur Vorsicht zu gemahnen – im Handeln, vor allem aber im Denken. Im 13. und 14. Jahrhundert kamen dann weitere Bedeutungsebenen hinzu, nach denen ein Avviso sowohl eine Warnung (mettere in guardia qualcuno, avvisare) wie auch eine Handlungsanweisung sein konnte, ähnlich wie ein Advis im Französischen461. Für das 15. Jahrhundert hat Jérôme Hayez in einem bekannten Aufsatz herausgearbeitet, wie im Schriftverkehr der florentinischen Kaufleute der Begriff Avviso systematisch gebraucht wurde, um empfangene Nachrichten sowie deren Sammlung und Zirkulation zu beschreiben. Der Begriff verdrängte somit zunehmend die älteren Bezeichnungen für Nachrichten, nuova oder novella462. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts schließlich fielen die verschiedenen Bedeutungsebenen von Avviso zusammen, indem die solcherart bezeichneten Zeitungssendungen sowohl über verschiedenste Ereignisse berichteten als auch den Anspruch hatten, dem Leser bei seinen Entscheidungen als Orientierungshilfe zu dienen. In etwa demselben Zeitraum wandelten sich die Avvisi zu regelmäßig erscheinenden Periodika mit einer spezifischen Gliederung; beides Merkmale, durch die sie sich von der gelehrten Korrespondenz wie auch von zu besonderen Anlässen verfassten Einzelberichten abhoben. Eine Sendung solcher Avvisi konnte zwischen zwei und zehn Blatt umfassen, wobei die einzelnen Berichte entweder nach dem Zeitpunkt geordnet waren, an dem sie in der Schreibstube des Novellanten eintrafen, oder aber entsprechend der Orte, von denen sie berichteten. Das Wort Avviso ist im Wortschatz des späten 16. Jahrhundert das gebräuchliche Wort, um entweder eine Nachricht (man hat Avviso, dass …) oder ein Blatt mit Nachrichten zu bezeichnen. Um diese Wortwahl der frühneuzeitlichen Akteure herauszustreichen, schlägt der französische Historiker Johann Petitjean ausdrücklich eine Unterscheidung zwischen einem Avviso und einer Gazetta vor, einem Sammelbegriff, den er für die französischen, niederländischen und deutschen gedruckten Journale des ausgehenden 17. Jahrhunderts verwendet463. Diese Begriffswahl ist zumindest in Teilen etwas unglücklich, erschien doch das Wort Gazzetta mit einiger Regelmäßigkeit auch am Rand oder auf der Rückseite der handschriftlichen Avvisi aus Venedig, und zwar bereits ab 1577464. Gleichwohl waren Gazzetta und Avviso nicht dasselbe: mit Gazzetta wurde gemeinhin das Bündel verschiedener Avvisi bezeichnet, die in der Schreibstube des Novellanten zusammengestellt und an die Abonnenten verschickt wurden. Mit anderen Worten umschreibt der Begriff G ­ azzetta genau das, was wir in diesem Band als „Zeitungssendungen“ bezeichnen465. Mario Infelise gelangte zu einer ganz ähnlichen Einschätzung, als er festhielt, dass die Gazzetta gleichsam ein Avviso sei, der in einem größeren Radius verbreitet wurde und regelmäßig aus der höfischen Welt heraustrat, um auch in breiteren Gesellschaftsschichten in allen erdenklichen Formen Wirkung zu entfalten, „mit allen Folgen, die dies zeitigen konnte“466. Die Gazette setzt geradezu ein breites Publikum voraus. In diesem Sinne sind   Infelise, Prima dei giornali 8–17; Petitjean, Mots et pratiques de l’information 108f.   Hayez, „Avviso“, „informazione“, „novella“, „nuova“ 113–134. 463   Petitjean, Mots et pratiques de l’information 112. 464  Infelise, Prima dei giornali 14. Siehe auch ASF MdP filza 3082. 465  Zum Begriff siehe oben S. 26. Es wird angenommen, dass eine Zeitungssendung aus allen Zeitungen besteht, die an einem Hauptabsendeort gesammelt und von dort weitergeschickt wurden. Die Nachrichten aus diesem Ort, beispielsweise Venedig, sind dann in der Regel auch die aktuellsten in der jeweiligen Zeitungssendung. 466  Infelise, Prima dei giornali 16f. 461 462



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die Fuggerzeitungen durchaus als eine Sammlung von Gazetten zu verstehen, wenngleich der Begriff „Gazette“ weder auf Deutsch noch auf Italienisch in der Sammlung selbst auftaucht467 und die Form, in der die Sammlung erhalten ist, nicht immer Rückschlüsse auf die ursprüngliche Zusammenstellung aus einzelnen Avvisi und den Umfang einzelner Gazetten zulässt468. Eine noch wichtigere Unterscheidung, die in der italienisch- wie in der deutsch­ sprachigen Forschung zum Thema vorgenommen wird, ist jedoch nicht die zwischen Gazzetta und handschriftlichem Avviso, sondern vielmehr die zwischen geschriebenen und gedruckten Avvisi („Avvisi manoscritti“ beziehungsweise „Avvisi a stampa“). Mit ersteren werden jene Publikationen bezeichnet, die im Deutschen als „geschriebene Zeitungen“ bekannt sind, also einzelne Blätter mit handgeschriebenen Nachrichten, die in regelmäßigen Abständen von einem Novellanten und seinen Schreibern zusammengestellt und von dessen Werkstatt aus an die Abonnenten verschickt wurden, wobei jede Zeitung mit Ort und Datum versehen war469. Diese Merkmale sowie die Entwicklung des Genres Avvisi in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden bereits von René Ancel in seiner Pionierarbeit aus dem Jahr 1908 herausgearbeitet470. Die gedruckten Avvisi hingegen haben mehr mit jenen Publikationen gemein, die im deutschsprachigen Raum als „Neue Zeitungen“ bezeichnet wurden, also mit Gelegenheitspublikationen, in denen besondere Ereignisse wie etwa der Ausgang von Schlachten, päpstliche Edikte oder Verlautbarungen der Signoria in Venedig in gedruckter Form festgehalten wurden471. Diese Drucke konnten auch Abbildungen enthalten, und allgemein kann gesagt werden, dass sie weniger der reinen Informationsvermittlung, als vielmehr der angemessenen Würdigung bestimmter Ereignisse dienten. Diese Blätter erreichten ein breites Publikum und machten es mit dem Phänomen der „Nachrichten“ vertraut, ohne dabei jedoch die periodisch erscheinenden geschriebenen Avvisi zu verdrängen, die in Italien bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts hinein von Hand verfasst wurden472. Die Unterscheidung war allerdings nicht immer ganz so eindeutig, wie bereits Tullio Bulgarelli im Vorwort einer 1967 von ihm herausgegebenen Sammlung gedruckter römischer Avvisi des 16. Jahrhunderts betont hat473. Ziel seines Buches war es zu zeigen, dass bereits in den siebziger und achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts römische Avvisi mit großer Regelmäßigkeit im Druck erschienen, von einem einigermaßen breiten Publikum gelesen wurden und in der Lage waren, es aktuell über wichtige Ereignisse auf dem Laufenden zu halten474. Nach Bulgarelli unterschieden sich die gedruckten Avvisi maßgeblich von den handgeschriebenen, waren sie doch weitaus weniger exklusiv. Sie richteten sich an ein kaum beschränktes Publikum und gehören damit zu den ersten Schritten in der 467   Für die Avvisi in den Fuggerzeitungen unüblich ist die Aufschrift auf der Rückseite der Zeitungssendungen Avvisi di…, die z. B. in den Urbinate der Vatikanischen Bibliothek dagegen sehr oft auftaucht. 468   Siehe oben S. 26. 469   Infelise, Prima dei giornali 8–17; Petitjean, Mots et pratiques de l’information 108f.; siehe auch oben S. 25f. die Definition von „geschriebenen Zeitungen“. 470   Ancel, Étude critique 116–119. Ancel überschätzt allerdings die Rolle Venedigs gegenüber der Roms, da er sich in seiner Analyse auf die ersten Jahrgänge der von Ulrich Fugger gesammelten Avvisi urbinati konzentriert. 471  Lang, Neue Zeitung; siehe dazu auch oben S. 28f. 472  Zitiert nach Infelise, Prima dei giornali 105. 473  Bulgarelli, Gli Avvisi a stampa 11–30. 474  Ebd. 11–15.

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Geschichte der modernen Presse475. Bulgarelli nahm in seinem Vorwort viele Erkenntnisse der späteren deutschsprachigen Pressegeschichtsschreibung vorweg, deren Werdegang von Thomas Schröder476 mit großer Klarheit zusammengefasst wurde, und nutzte sie für die Analyse eines Presseprodukts, das gute dreißig Jahre vor 1605 nicht im deutschsprachigen Raum, sondern in Rom zirkulierte. Besonders interessant ist Bulgarellis Untersuchung dort, wo er auch der Frage nachgeht, warum in der italienischsprachigen Forschung trotz der Existenz solcher gedruckter Zeitungen bislang vor allem die handschriftlichen Avvisi im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen477. Einen Teil der Erklärung findet er in dem einfachen Umstand, dass sich heute große Sammlungen handschriftlicher Avvisi in verschiedenen Bibliotheken und Archiven befinden und dort der Forschung zugänglich sind. Einen weiteren Grund sieht er in der wenig berücksichtigten typologischen Entwicklung des Genres im Laufe des 16. Jahrhunderts. Demnach entwickelten sich handschriftliche und gedruckte Avvisi zeitgleich, wobei besonders zu betonen ist, dass beide sich ab Mitte des 16. Jahrhunderts zunehmend von der Form des Nachrichtenbriefs und Flugblattes emanzipierten und als eigenständige Nachrichtenform mit charakteristischen Inhalten etablierten, die auf ein ganz eigenes Publikum abzielten478. Für Italien bleibt gleichwohl festzuhalten, dass bis Anfang des 17. Jahrhunderts die Hersteller gedruckter Avvisi nicht in der Lage waren, dieselbe Aktualität wie die handschriftlichen Nachrichten zu garantieren. Zum einen war das bestehende System der Verbreitung handschriftlicher Nachrichten aus den beiden Produktionszentren Rom und Venedig schlichtweg sehr effizient, zum anderen war die Verbreitung gedruckter Schriften viel größeren zeitlichen Verzögerungen durch Kontrollen und Zensur ausgesetzt als die kleinen Auflagen der Avvisi. Trotzdem unternimmt Bulgarelli den interessanten Versuch, die italienischen Avvisi in Richtung der deutschen Pressegeschichte zu begreifen, nach der das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen handschriftlichen und gedruckten Avvisi in der sehr unterschiedlichen Leserschaft liegt, die diese beiden Nachrichtenprodukte erreichen konnten. Die handschriftlichen Avvisi richteten sich an einen erlesenen Kreis von individuell bekannten Lesern, die Wert auf Kenntnis der „geheimen Informationen der führenden Kreise“ legten, so Bulgarelli, um diese „für ihre eigenen Zwecke einzusetzen“, wodurch die handgeschriebenen Avvisi sich oftmals scharf an der Grenze zur Spionage bewegten. Die gedruckten Avvisi hingegen richteten sich an ein allgemeines Publikum eben all jener, die sich diese Publikationen leisten konnten und wollten. Sie erfüllten demnach die „ureigenste Aufgabe“ des Journalismus. Gleichwohl seien die handgeschriebenen Avvisi aufgrund ihres „geheimen“ Inhalts und ihrer handverlesenen – und namentlich bekannten – Leserschaft bei gleichzeitig viel lockerer Kontrolle durch die Zensur die interessantere Quelle479. Vor diesem Hintergrund wird auch klar, warum geschriebene Zeitungen für lange Zeit in der Frühgeschichte des Journalismus vornehmlich als rein „interne“ Quelle für die Aktivitäten der Sammler wahrgenommen wurden480. Gerade in diesem Zusammenhang ergibt die wortwörtliche Bedeutung von Avviso einen praktischen Sinn, waren die Avvisi doch geeignet, die Sammler zugleich zu informieren und in ihrem Handeln zu leiten. Der Umstand,   Ebd. 14.   Schröder, Erste Zeitungen 4f. 477  Bulgarelli, Gli Avvisi a stampa 13f. 478  Ebd. 18–28. 479  Ebd. 14f. Eine ähnliche Argumentation findet sich bei Schröder, Erste Zeitungen 10–12. 480  Ein Beispiel in Schröder, Erste Zeitungen 11. 475 476



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dass die handschriftlichen Avvisi vielfach die Grundlage für spätere gedruckte Publikationen bildeten und zugleich Kopien der Avvisi in ein und derselben Ausführung an verschiedene Abonnenten verschickt wurden, findet zwar in der Pressegeschichte Erwähnung481, bildete jedoch bis heute keinen hinreichenden Grund, die soeben skizzierte grundlegende Unterscheidung zwischen handschriftlichen und gedruckten Avvisi in Frage zu stellen. Um diesen hartnäckigen Gegensatz aufzulösen, muss zunächst die veraltete Auffassung überwunden werden, dass handschriftliche und gedruckte Publikationen in krassem Gegensatz zueinander standen. In der Buchgeschichte ist dieser Standpunkt schon seit längerem revidiert worden482. Diese Revision muss ihre Wirkung in der Pressegeschichte noch entfalten, obwohl sich diese in den letzten Jahren zu einem sehr lebhaften Feld der Kommunikationsgeschichte entwickelt und diese um ein dynamisches Verständnis des Informationskreislaufs im späten 16. Jahrhundert bereichert hat483. Der Prozess der Nachrichtenverbreitung wird nunmehr als ein vielschichtiger Vorgang angesehen, in dem eine große Anzahl beteiligter Akteure Ereignisse in Nachrichten und Mitteilungen umwandelten und diese über verschiedene Wege verbreiteten484. In dieser Perspektive verwendet z. B. Petitjean den Begriff des Avviso und die ihm zugrunde liegende Handlung des avvisare (ankündigen, warnen) geradewegs als heuristisches Hilfsmittel, das geeignet ist, das Zusammenspiel von Ort, Nachricht, Publikationsabsicht und den eingesetzten Medien zur Verbreitung unter einer bestimmten Leserschaft zu fassen485. Solcherart mehrdimensional betrachtet stellt sich heraus, dass handschriftliche und gedruckte Avvisi Bestandteil ein- und desselben überregionalen Kommunikationskreislaufs waren486, in dem dieselben Nachrichten verschiedene Publikumsgruppen auf jeweils geeignetem Wege erreichten. Die gedruckte Presse hat ihren Ursprung in dieser Gemenge­lage, in der ein bereits bestehendes und gut funktionierendes Kommunikationswesen mit professionalisierten Akteuren und einem effizienten Postwesen auf das neue Medium des Drucks mit beweglichen Lettern zurückgriff, um den Kreis der Leser zu erweitern487. Dies geschah in verschiedenen Momenten der europäischen Geschichte, und zwar nicht zwangsläufig als Folge bestimmter Ereignisse in der Geschichte „Italiens“ oder „Deutschlands“. Ohne also überhaupt erst nach einer allgemeingültigen Genealogie der modernen Presse zu suchen, kann man durch die empirische Arbeit mit den Quellen die verschiedenen Wege rekonstruieren, auf denen sich die Herausbildung frühneuzeitlicher Informations- und Kommunikationspraktiken vollzog. So stellt man z. B. auch fest, dass die eigentlich wichtige Unterscheidung nicht die zwischen gedruckten und handschriftlichen Avvisi, sondern die zwischen geheimen und öffentlich zugänglichen Nachrichten war488. Zu letzteren gehörte gewiss die Mehrzahl aller gedruckten Avvisi, ebenso jedoch eine wachsende Zahl handschriftlicher Avvisi, was direkt mit der immer effizienter werdenden Gesetzgebung Roms und Venedigs zusammenhängt, die Inhalt und Zirkulation der geschriebenen Zeitungen und die Tätigkeit der Novellanten regulierte489. Die empiri  Siehe oben S. 30, 36f.   Petrucci, L’écriture 411–421; Bouza, Escribano; McKitterick, Print. 483   De Vivo, Patrizi, informatori, barbieri 23–29. 484  Ebd. 26–29. 485  Petitjean, L’intelligence des choses 2–12. 486  Siehe oben S. 36–39. 487  Infelise, Prima dei giornali 105. 488  Ebd. 30–32. 489  Diese Unterscheidung wurde auch von Papst Sixtus V. berücksichtigt, als er 1587 die Produktion und 481 482

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sche Auswertung und Interpretation der Quellen unter besonderer Berücksichtigung der „Transnationalität“ und Intermedialität der frühneuzeitlichen Gesellschaft, die von der neuen Kommunikationsgeschichte betont wurden, sind denn auch der Ausgangspunkt, von dem aus wir die Struktur und die Funktion der Avvisi und Zeitungen der Fuggerschen Sammlung analysiert haben.

Zur Überlieferung von Avvisi und Zeitungen in der Fuggersammlung Italienische Avvisi stellen in der Wiener Sammlung in den ersten zwei Bänden den größeren Teil der Überlieferung dar und spielen auch in den folgenden Jahrgängen bis 1586 eine nennenswerte Rolle490. Dabei sind deutsche und italienische Zeitungen in den Bänden für 1578 bis 1586 voneinander getrennt; normalerweise enthalten diese zunächst die deutschen Zeitungen von Januar bis Dezember und danach die italienischen Avvisi, ebenfalls in chronologischer Reihenfolge491. Der jeweilige Umfang der zwei Gruppen von Nachrichten schwankte in den ersten zwei Jahren der Doppelüberlieferung erheblich; erst im Laufe der achtziger Jahre pendelte sich so etwas wie ein Standard ein, nach dem die Anzahl der italienischen Zeitungen ziemlich konstant bei etwa 100 bis 120 Zeitungen pro Jahr lag, während im gleichen Zeitraum die Anzahl der deutschen Zeitungen kontinuierlich anstieg (siehe Tabelle 8). Eine weitere Entwicklung, die sich für diesen Zeitraum feststellen lässt, betrifft die Menge der beigelegten Dokumente, um die die deutschsprachigen Zeitungen ergänzt wurden. Während im italienischen Teil der Bände die Anzahl der Beilagen konstant blieb, war deren Zahl im deutschen Teil zunächst relativ hoch, wie die Tabelle ausweist. Doch ab 1580 sank die Anzahl der hinzugefügten Beilagen generell, bis sie schließlich ein relativ stabiles Niveau erreichte. Tabelle 8: Überlieferung von Avvisi beziehungsweise Zeitungen in der Fuggerschen Sammlung

Band 8951 8952 8953 8954 8955 8956 8957 8958 8959

Jahr 1578 1579 1580 1581 1582 1583 1584 1585 1586

Avvisi 168 159 144 100 101 107 103 107 139

Dokumente (italienisch) 3 1 1 2 1 0 1 2 1

Zeitungen Dokumente (deutsch) 145 199 211 201 200 191 248 302 323

53 60 16 9 8 11 8 17 10

Verbreitung von geschriebenen Zeitungen verbot; siehe als Beispiel hierfür die Mitteilung in einem Avviso aus Venedig vom 21. Dezember 1587 in: ASF MdP filza 4027, fol. 181r: Non vietando però il palesare le publicationi delle chiese proposte, delle bolle che si leggono, et d’altre cose necessarie, et utili sapersi per ben publico. 490   Zur Beschreibung des Bestandes siehe oben S. 18–23. 491   Ausnahmen hiervon stellen Cod. 8955, 8959 und 8974 dar, in denen erst die italienischen Avvisi und dann die deutschen Zeitungen zu finden sind.



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In den Jahren zwischen 1579 und 1586 ging allerdings die Zahl von italienischsprachigen Zeitungen aus anderen Orten als Rom und Venedig ständig zurück. Von dort kam jeweils konstant einmal in der Woche eine Zeitung, wobei zwischen den Meldungen aus Rom und Venedig ein Abstand von fünf Tagen lag492. Nach der Überlieferungslücke für 1587 und das erste Halbjahr 1588 kamen die nunmehr deutschsprachigen Zeitungen aus Rom und Venedig erst noch unregelmäßig, dann aber im gleichen Rhythmus wie vorher die in italienischer Sprache, teilweise sogar in zwei nicht identischen Varianten für das gleiche Datum. In den Bänden von 1588 bis 1600 sind dann zwei, allerdings unregelmäßig in Erscheinung tretende Typen italienischer Avvisi zu finden. Zum einen sind dies Zeitungen aus Lyon, in denen auf Italienisch über die Ereignisse der französischen Religionskriege Bericht erstattet wurde. Jede dieser italienischen Zeitungen aus Lyon ist in kürzere Abschnitte unterteilt, die jeweils die Neuigkeiten aus einer bestimmten geographischen Region Frankreichs zusammenfassen493. Oftmals beginnen die Zeitungen mit Nachrichten aus Paris; unklar bleibt, ob auch die übrigen Nachrichten von Paris aus nach Lyon gelangten oder ob dies nur für die erste Meldung gilt. Eine Besonderheit dieser Zeitungen ist, dass sie immer wieder aufs Neue ihre jeweiligen geographischen Bezugspunkte präsentierten und Hintergrundinformationen zu einzelnen Kriegsschauplätzen und Akteuren gaben – es wurde also jede Zeitungssendung erneut kontextualisiert494. Diese Besonderheit fällt gerade im Vergleich mit den übrigen italienischen Avvisi ins Auge. Dort begnügten sich die Novellanten meist mit allgemeinen Hinweisen – wie bereits berichtet (come si già scritto …), es bestätigt sich, dass … (si conferma che …) – auf frühere Berichte, ohne jedoch näher auf die Einzelheiten einzugehen. Dadurch scheinen die Avvisi aus Lyon als eine Art periodische Gazette konzipiert zu sein, die auch von einem unbekannten „Gelegenheitspublikum“ verfolgt werden konnte. Gelegentlich enthalten diese Avvisi am Ende auch zusätzliche Nachrichten aus nicht-französischen Gebieten495. Zum anderen befinden sich im Band 8964 für das Jahr 1591 und im Band 8973 für das Jahr 1600 sieben einzelne Zeitungssendungen, die sich aus Avvisi von unterschiedlichen Absendeorten zusammensetzten. Diese kamen aus Rom, Antwerpen, Venedig496; Lyon, Madrid, Prag, Rom, Antwerpen, Köln und Augsburg497; Antwerpen, Köln, Rom, Venedig498; Rom, Antwerpen, Köln, Frankfurt, Augsburg, Venedig499; Rom, Antwerpen,

492   Zu diesem typischen Rhythmus der venezianischen Zeitungssendungen, der auch in anderen Sammlungen zu finden ist, siehe Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 167–179; Infelise, Prima dei giornali 106–112. 493  Siehe als Beispiel den Avviso aus Lyon von 9. Januar 1592 in ÖNB Cod. 8965, fol. 18r–19r, hier 18v: In Guascogna verso la città d’Avex havevono li contadini e gente rustica della campagna preso l’arme contra li nobili […]. In Provenza haveva il Duca di Savoia ricevuto danno di qualche dugento homini … . 494  Siehe Ebd., fol. 18r: Der Herzog von Parma ... si trovava alla terra di Landresi, ultima di Fiandra, non più lontana da Guisa che quattro leghe […]. Il Re di Navarra si era impadronito di Codebech, piccola terra in sul fiume Senna, in tra Roano e il mare, cosa che potria dare molto impedimento a quelli di Roano, quando non havessino il fiume libero, verso Havre di Gratia, presupponendosi che anco d’Inghilterra possino entrare navilii nel fiume suddetto in favore del Re […]. Si era detto Re accostato al forte di Santa Caterina, loco eminente lontano dalla città la distantia d’uno miglio, et si dice lo battessi con alcuni pezi d’artiglieria […]. 495  Siehe ebd. fol. 19r. 496  ÖNB Cod. 8964, fol. 235r–238v. 497  ÖNB Cod. 8964, fol. 247r–250v. 498  ÖNB Cod. 8964, fol. 251r–254v. 499  ÖNB Cod. 8964, fol. 267r–270r.

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Köln, Frankfurt, Augsburg500; Lyon, Venedig, Rom, Antwerpen, Köln, Frankfurt501; und Venedig, Antwerpen, Köln502. Die Avvisi des Jahres 1591 stammen alle von Ende September beziehungsweise Anfang Oktober und ähneln in der Komposition der Zeitungssendungen nicht sosehr den italienischen Zeitungen der Fuggersammlung, sondern vielmehr den Avvisi, die in italienischen Bibliotheken oder in der Medici-Sammlung überliefert sind503. Ob diese Quellen ein Fragment einer weiteren parallelen Überlieferung darstellen oder einfach wegen herausragender Ereignisse gezielt gekauft wurden, ist leider kaum mehr festzustellen504. Nach einer Unterbrechung von vierzehn Jahren finden wir im Band 8974 für das Jahr 1601 dann auf den ersten Blick wieder die gleiche Struktur vor wie in den zweisprachigen Bänden früherer Jahre, also getrennte Jahrgänge italienischer Avvisi und deutscher Zeitungen. In Wirklichkeit aber sind die hier aufbewahrten italienischen Avvisi offensichtlich die Hauptquellen für die deutsche Bearbeitung der im selben Band überlieferten Zeitungen aus Rom und Venedig. Die Entscheidung der achtziger Jahre, fortan keine „authentischen“ italienischen Avvisi mehr zu sammeln (oder zumindest diese nicht mehr mit den deutschen Zeitungen zusammen einzubinden), kann möglicherweise Octavian Secundus Fugger zugeschrieben werden; nicht jedoch das Auftauchen der italienischen Varianten genau ein Jahr nach seinem Tod. Diese Wendung könnte bedeuten, dass Philipp Eduard Fugger, möglicherweise einer persönlichen Angewohnheit folgend, von den professionellen Novellanten in Augsburg verlangte, zumindest die Hauptquelle der deutschen Bearbeitung zugeschickt zu bekommen505. Im Anschluss muss er von einer Fortsetzung dieses Vorhabens abgesehen haben, und im letzten Band der Fuggerzeitungen sind überhaupt keine italienischen Avvisi mehr überliefert, weder aus Lyon, noch aus Italien. Bei all dem steht jedoch fest, dass die Unterbrechung 1587 wie auch die Wiederaufnahme der Doppelüberlieferung 1601 mit einem entscheidenden Übergang in der Geschichte der Avvisi und ihrer Übersetzung in Zeitungen zusammenfiel, wie auch mit einer wichtigen Phase in der Ausformung einer europäischen Informationslandschaft in der frühen Neuzeit. Auf den folgenden Seiten wollen wir unsere Ergebnisse der Indizierung und geographischen Verortung der italienischen Avvisi in den Fuggerzeitungen dazu nutzen, dieser Entwicklung nachzugehen506. Bevor wir uns jedoch dieser Frage genauer widmen, sollen noch zwei Aspekte kurz behandelt werden, zum einen strukturelle und   ÖNB Cod. 8964, fol. 289r–292v.   ÖNB Cod. 8964, fol. 321r–324v. 502   ÖNB Cod. 8973, fol. 517v–518r. 503  Siehe z. B. die Sammlung von Avvisi des florentinischen Diplomaten Matteo Botti, die heute in der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze aufbewahrt wird (BNCF, Magliabechiano, XXIV-12/24). Ihn erreichte eine Zeitungssendung pro Woche, die, mit wenigen Ausnahmen, immer einen Avviso aus Rom, einen aus Antwerpen, einen aus Köln und einen aus Venedig enthielt; zwischen dem jüngsten Avviso – jenem aus Rom – und dem ältesten – aus Antwerpen – lagen ungefähr zwanzig Tage. 504  Dazu auch Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 66 Anm. 71. 505  Zu dieser Frage wäre natürlich eine detaillierte Analyse der möglichen Unterschiede zwischen den deutschen Zeitungen aus Italien in den Bänden von 1588 bis 1601 und denen des Bandes 1601 hilfsreich. Leider konnte eine solche Analyse im Rahmen des vorliegenden Beitrages nicht geleistet werden. Oswald Bauer bleibt in seiner Studie unentschieden, ob die Nachrichten „bereits in Venedig von Agenten der Georg Fuggerischen Erben, den Gebrüdern Hieronymus und Christoph Ott übersetzt bzw. zusammengestellt wurden – oder aber erst in Augsburg von einem Angestellten angefertigt wurden“: Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 66 Anm. 71. 506 In diese Richtung argumentiert auch das Kapitel „Geschriebene Zeitungen: Kulturtransfer durch Nachrichtentransfer?“ in: Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 149–159. 500 501



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inhaltliche Differenzen zwischen Avvisi und Zeitungen, soweit sie aus der Wiener Sammlung erkennbar werden, und zum anderen die dort nachweisbaren Novellanten.

Charakteristika von Avvisi und Zeitungen in der Wiener Sammlung Rein der äußeren Form nach unterscheiden sich die italienischen Avvisi kaum von den deutschen Zeitungen und lassen sich bis auf einige wenige Ausnahmen auch mit der analytischen Kategorie der „geschriebenen Zeitung“ fassen, wie sie Katrin Keller im ersten Beitrag des vorliegenden Bandes vorgestellt hat. Unabhängig von der Sprache, in der eine handgeschriebene Nachricht erschien, diente sie immer der Informationsvermittlung, die sich auf zwei Ebenen vollzog. Einmal war ihre Aktualität mit der zeitlichen und geographischen Provenienz verbunden, also dem Ort und Datum, an dem sie zusammengestellt und von dem aus sie versandt wurden. Zweitens informierten die Zeitungen über diverse Gebiete, die mit dem Absendeort verbunden waren507. Je nachdem, wie weit der Ursprungsort der Nachricht vom Absendeort entfernt war, konnten die Abonnenten über das Geschehen dort aktueller auf dem Laufenden gehalten werden. Ein- und dieselbe Sendung aus Venedig etwa konnte Nachrichten aus Konstantinopel enthalten, die drei Wochen oder gar einen Monat zuvor geschrieben worden waren, dazu Nachrichten aus Wien, die bereits zehn Tage alt waren, und solche aus Rom, die nur fünf Tage zuvor verfasst worden waren. Die Nachrichten waren – ob nun auf Deutsch oder auf Italienisch – in mehrere Absätze unterteilt, in denen jeweils Nachrichten zu einzelnen geographischen oder thematischen Zusammenhängen gruppiert waren. In den italienischen Texten begann jeder Absatz üblicherweise mit einer Formulierung, die diesen Zusammenhang sofort deutlich machte, etwa einem Giunse il corriere di Francia … (Es kam der Kurier aus Frankreich …) oder Con una fregata da Cataro … (Mit einer Fregatte aus Cataro …) oder Sono di questo mercoledì le notizie … (von diesem Mittwoch ist die Nachricht …). In den Avvisi aus Rom konnten auch hochgestellte Personen, die oft in Berichten über die Stadt oder im internationalen Zusammenhang erwähnt wurden, zu solch einem Referenzpunkt werden. Ein Beispiel hierfür ist der Bericht aus Rom vom 19. Februar 1575508, in dem gleich drei aufeinanderfolgende Absätze mit Namen von Personen eingeleitet wurden, die der Bevölkerung Roms wohlbekannt gewesen sein müssen: Il signor Latino Ursini si mette all’ordine per andare … (Der Herr Latino Orsini schickt sich an, nach … zu reisen); gleich darauf: Che il signor Marc’Antonio Colonna partirà presto … (Dass Marc’Antonio Colonna in Kürze abreisen wird) und schließlich ... che Il Cardinal Gesualdo ha havuto dal Re Cattolico la protezione del Regno di Napoli … (dass Kardinal Gesualdo vom Katholischen König [von Spanien] die Schirmherrschaft über das Königreich Neapel empfangen hat). Der Stil der Nachrichten ist in beiden Sprachen sehr wiedererkennbar und konsistent und wie bereits erwähnt509 eines der herausragenden Merkmale, durch das sich diese Publikationen von anderen Schriften unterscheiden. Die Texte der italienischen Avvisi bedienen sich zumeist der dritten Person oder sind in unpersönlichen Formeln wie si è sentito, si è ricevuto, è giunto (es wird vernommen …, wie zu hören ist …) gehalten, während die   Siehe Karten 3 und 4 auf S. 42f.   ÖNB Cod. 8950, fol. 10r–11v. 509  Siehe oben S. 23f., 26. 507 508

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deutschen Zeitungen im Zeitraum der Untersuchung sowohl diese unpersönliche Form (Aus Frankreich hat man …) als auch die erste Person Singular oder Plural verwenden (Wir haben bekommen). Nach Oswald Bauer deutet dies darauf hin, dass der „journalistische Stil“ zunächst in Italien Fuß fasste, bevor er sich auch auf der anderen Seite der Alpen durchsetzte510. Wir werden auf diese Hypothese noch näher eingehen; zunächst sei jedoch angemerkt, dass dieser stilistische Unterschied auch auf die Bedeutung des Ausdrucks si avvisa zurückzuführen sein könnte, mit dem die italienischen Nachrichten bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts noch oft betitelt wurden. Auch in der Fuggerschen Sammlung finden sich Nachrichten etwa aus Spanien, die mit dem allgemeinen si avvisa beginnen, an das dann die einzelnen Nachrichten jeweils direkt anschließen, indem sie den Satz schlichtweg mit einem che … fortsetzen, ohne dabei das Verb selbst zu wiederholen. Diese Gewohnheit mag im italienischen Kontext die Ausbreitung der unpersönlichen Formulierungen mit verursacht haben, zu denen im Laufe der Zeit ähnliche Ausdrucksformen wie die eben genannten hinzutraten.

Zu den Verfassern: Novellanten in den Fuggerzeitungen Mit Ausnahme der ersten zwei Bände der Fuggerzeitungen blieben die Anmerkungen des Novellanten sowohl in den Avvisi als auch in den Zeitungen auf ein Minimum beschränkt; vor allem in den italienischen Avvisi sind sie so formuliert, dass sie entweder als allgemeine Bemerkung oder aber als von anderen übernommene Ansichten verstanden werden konnten, so gut wie niemals jedoch als persönliche Ansicht des Novellanten. So merkte beispielsweise der Novellant Hieronimus Acconzaioco in einem Bericht vom 23. November 1576 ganz allgemein an, dass vielleicht manche seiner Nachrichten einfach falsch waren: „In all den Gesprächen, die die Leute den ganzen Tag über miteinander führen, geht es immer mehr um die neuesten Nachrichten aus aller Welt, und wenn sie manchmal falsch sein können, kommen sie dennoch so glaubhaft daher, dass man geneigt ist, auf ihre Richtigkeit zu vertrauen.“511 In ihren Forschungen über die Zeitungssammlung des Wiener Bibliothekars Hugo Blotius hatte Edith Rühl schon 1957 nachgewiesen, dass die Zeitungsschreiber des Blotius aus dem Fondaco dè Tedeschi – Michele Ciliano, Girarlo Bellinghen und Arcate Arcangelo – zwischen 1575 und 1585 auch Nachrichten für die Brüder Fugger schrieben512.   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 154–157.   ÖNB Cod. 8950, fol. 370r: Nei ragionamenti che tutto il dì occorrono tra le persone sempre le novelle del mondo vanno augumentandosi, et se bene alle volte riescono fallaci hanno peró faccia tanto del verisimile che si da loro qualche fede. 512   Rühl, Zeitungssammlungen 70–85. Dass die Novellanten allerdings keine Angestellten einer etwaigen Fuggerfaktorei in Venedig waren, weil es überhaupt keine solche Faktorei in Venedig gab, wurde schon von Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 102, angemerkt. Als Beilage zu einem Avviso aus Lyon aus dem Jahr 1590 ist ein Brief von einem Novellanten aus Neapel namens Pompeo Roma vom 28. Dezember 1590 erhalten (ÖNB Cod. 8964, fol. 892r), der die gleiche Handschrift wie die französischen Avvisi aufweist und in dem zwei interessante Informationen enthalten sind: Der Brief enthalte keinerlei Nachrichten, weil es ferien sind; hingegen diente er lediglich als Einleitung zu zwei weiteren Dokumenten per mano del m. Pasqualino di Raspi; eines Privileggio del Signor Barone di Eggemberg, das von Markus Fugger und seinen Brüdern verlangt worden war, und einer Liste der Opfer eines Unfalls in Palermo (der Einsturz eines ponte di legno fatto per honorare il Vice Re), die im vorherigen Folio des selben Band zu finden ist. Da, wie von Oswald Bauer schon angemerkt wurde (ebd.), der Brief kein Original zu sein scheint, kann es gut sein, dass der Kopist, der die Avvisi aus Lyon transkribierte, auch eine Kopie dieses Briefs erstellte. Trotzdem wäre festzustellen, ob Pompeo Roma als gelegentlicher Sender 510 511



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Ciliano taucht in Blotius’ Adressbuch als rerum novarum scriptor und als Nachfolger seines vorherigen Novellanten Nicolaus Lucangelo auf, der 1576 nach Rom umgezogen war513. Außerdem war Ciliano auch der Zeitungsschreiber des paduanischen Gelehrten Gian Vincenzo Pinelli514. Der Novellant, der in den Jahren zwischen 1575 und 1578 am häufigsten Zeitungssendungen für die Brüder Fugger unterzeichnete, war allerdings Hieronimus Acconzaioco. Ob die vier Novellanten für dieselbe Schreibstube in Venedig arbeiteten oder ob die Fugger sich an verschiedene Schreiber in Venedig wendeten, muss noch erforscht werden515. Was aber schon von Johannes Kleinpaul festgestellt wurde, ist, dass Acconzaioco – und mittlerweile ist klar, dass dies auch für die anderen drei galt516– nicht nur venezianischer Korrespondent der Brüder Fugger war, sondern außerdem professioneller Redakteur, der Nachrichten aus Rom, Konstantinopel, Frankreich und anderen Orten sammelte und transkribierte, um sie in Form einer Gazette weiter zu schicken. Wie die Blotius-Schreiber hatte auch Acconzaioco sehr wahrscheinlich seine Schreibstube in der Nähe des Fondaco dè Tedeschi und war selbst „deutscher“ Herkunft. In den Nachrichten spricht er etwa von Maximilian II. als „unser Kaiser“517; an anderer Stelle ist in einer ebenfalls aus Venedig stammenden Zeitung zu lesen, dass der Schreiber ein „Diener unserer Kaiserlichen Maiestät“ sei, wenngleich diese Zeitung noch nicht ausdrücklich von Acconzaioco unterschrieben ist, denn seine Unterschrift taucht erst etwa zwei Jahre später regelmäßig auf518. Der unmittelbare Kontext, in dem der Novellant offen seine Treue zum Kaiser bekundete, macht das Ganze noch bemerkenswerter, ging es doch um einen Bericht über die Ausfertigung eines Dekretes des Consiglio dè Dieci gegen einige „unglückselige Schreiberlinge“, die vertrauliche Informationen verbreitet und sich „allzu große Freizügigkeit beim Verfassen ihrer Nachrichten“ erlaubt hatten519. Fortan sollte das Verfassen „jeglicher­ Nachrichten verboten und unter Strafe gestellt werden, und zwar mit fünf Jahren Galeerendienst als Ruderer, mit Fesseln an den Füßen; oder aber, bei Untauglichkeit für die Galeere, mit 10 Jahren Verbannung und Strafzahlung von 100 Dukaten an den Ankläger,­ dessen Namen im Übrigen geheim bleibt“. Obschon dieses Dekret vornehmlich auf diplomatische Agenten abzielte, so der Novellant in seinem Bericht, wolle er doch als Diener seiner Kaiserlichen Hoheit vorerst vom Verfassen jedweder Nachrichten absehen, um nicht in Schwierigkeiten mit der venezianischen Obrigkeit zu geraten. Er bat seinen Leser um etwas Geduld, bis der Consiglio dè Dieci eine andere Lösung gefunden oder das Dekret etwas abgeschwächt haben würde, oder zumindest, bis der „Kaiserliche Botschafter,

von Dokumenten aus Neapel für die Brüder Fugger in Erscheinung trat oder ob er einer der regelmäßigen Zeitungsschreiber der Fugger war. 513   ÖNB Cod. 9690, fol. 86r: Lucangelus – Nicolaus Lucangelus Venetiis rerum novarum scriptor. Qui substituit sibi alium qui est inveniendus apresso Ms. Borghese Venturini in San Giovan et Polo per mezo il cavallo in casa di Ms. Michele Ciliano a Vinezia, qui Ciliano est ille ipse qui successit Lucangelo qui nunc anno 1576 Romae est. 514  Nuovo, Manuscript Writings 193–205. 515  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 118, wo ein Brief Hans Fuggers an David Ott von 7. Januar 1577 zitiert wird, in dem Acconziaioco als schlechter Zeitungsschreiber bezeichnet ist. Über seine Avvisi di Piazza siehe auch unten S. 160. 516  Fugger-Zeitungen 59. Diese Bände sind natürlich auch bei Oswald Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 60f., beschrieben. 517  ÖNB Cod. 8950, fol. 231r. 518  ÖNB Cod. 8949, fol. 301r–301v: Zeitung aus Venedig vom 15. Februar 1572. 519  ÖNB Cod. 8949, fol. 301v.

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für mich eine Schreibgenehmigung bei der Signoria erlangt haben wird“520. Der Verfasser dieses Berichts (vielleicht Marsilio della Croce) – genoss also die Protektion des kaiserlichen Botschafters, für den er allem Anschein nach ebenfalls tätig war. Die Avvisi in den ersten zwei Bänden enthalten weitere direkte Einlassungen des Novellanten Acconzaioco, in denen er von seinen Schwierigkeiten oder seinen Entscheidungen angesichts der Auswahl und Anordnung der Nachrichten berichtet, wie z. B. in einer Zeitung aus Venedig vom 6. März 1575521. Dort teilt er mit, dass kurz zuvor eine Depesche aus Konstantinopel eingetroffen sei, er sich jedoch dazu entschieden habe, deren Inhalt erst in die nächste Zeitungssendung einzufügen, weil die Depesche zunächst dechiffriert werden müsse, was bei acht Seiten Länge einige Stunden in Anspruch nehmen würde522. Weitere Spuren einer direkten Kommunikation zwischen dem Novellanten und den Abonnenten sind auch in Form von Briefen zu finden, die dem Avviso angehängt wurden523. Eine solche direkte Interaktion wurde jedoch immer seltener; die Novellanten verbargen sich zunehmend hinter der Anonymität ihrer Berichte ohne Autorennennung oder Unterschriften. Wie wir sehen werden, wurde diese Anonymität als Folge der Nachrichtenverbote in Rom und Venedig immer mehr zur Notwendigkeit. Betrachtungen und Anmerkungen dieser Art sind von solchen zu unterscheiden, mit denen Zeitungsschreiber, die oftmals direkt vom Ort des Geschehens aus berichteten, ihre Texte mit eigenen, persönlichen Ansichten zu Ereignissen und beteiligten Akteuren ergänzten. Avvisi dieser Art lassen sich vor allem im ersten Band der Sammlung finden. Rein visuell heben sie sich schon dadurch vom einfachen Nachrichtenbrief ab, dass sie durchwegs mit Absender und Datum versehen sind, doch entsprechen sie noch nicht der inhaltlichen Reichweite der Avvisi und Zeitungen, ebenso wenig deren distanziertem Stil, wie sie sich zu diesem Zeitpunkt bereits etabliert hatten. Sie beschränkten sich vielmehr meist darauf, nur von den Geschehnissen am Absendeort selbst zu berichten. Ein Beispiel hierfür findet sich im Avviso vom 11. August 1572, der von der griechischen Insel Kythira stammte. Der Verfasser gehörte eindeutig zur Entourage von Marco Antonio Colonna, der die päpslichen und die venezianischen Truppen im Krieg gegen die Osmanen kommandierte524. In seinem Bericht geizte der Autor nicht mit persönlichen Einschätzungen und Urteilen zum Geschehen und über einzelne Condottieri; ebenfalls im Bericht enthalten waren persönliche Eindrücke von den Erfahrungen, die der Autor als Teil des Gefolges Colonnas machte: „Bis hierher habe ich knapp über die Erfolge dieser schönen Truppen berichtet; nun möchte ich aber davon sprechen, wie wir zwei Mal so weit vorgedrungen waren […]. Ich möchte gar nicht erst damit beginnen, unseren Herrn Marc Antonio zu preisen, sind doch seine Tugendhaftigkeit und sein Mut so allgemein bekannt und geschätzt, dass er meines Zeugnisses gar nicht bedarf; doch hat er nach meinem Dafürhalten mehr geleistet als Karl in Frankreich, wie man zu sagen pflegt“525. In späteren Bänden tauchen solcherlei persönlich gehaltene Zeitungen oft in  Ebd.   ÖNB Cod. 8950, fol. 21r. 522   A dissifferare 8 fogli di carta, che tanti n’occupava, sarebbe corsa qualche ora; siehe ebd. 523  ÖNB Cod. 8950, fol. 236r. Am Ende einer Zeitungssendung aus Venedig mit Zeitungen aus Wien vom 13. März, aus Neapel vom 15. März, aus Rom vom 17. März und aus Venedig vom 23. März 1576 ist ein Brief von Acconzaioco zu finden, in dem er die Sendung einer Scrittura la quale credo che molto gli compiacerà ankündigt, die gleich im Anschluss überliefert ist, siehe ÖNB Cod. 8950, fol. 237r. 524  ÖNB Cod. 8949, fol. 347v–348r. 525  Ebd. fol. 348v. 520 521



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deutscher Sprache auf; vor allem in der direkten Berichterstattung von den Fronten des Langen Türkenkrieges526.

Das „Régime de spatialité“ der Fuggerzeitungen Der augenfälligste Unterschied zwischen den italienischen Avvisi und den deutschen Zeitungen ist deren durchschnittlicher Umfang. Avvisi sind etwa im Allgemeinen um ein Viertel länger als die Zeitungen und umfassen zuweilen bis zu zehn Blatt mit Nachrichten aus allen Erdteilen527. Ein wichtiger Unterschied, der sich sofort bemerkbar macht, sobald man sich der systematischen Indizierung und Auswertung der Zeitungen und Avvisi zuwendet, ist die sehr viel größere Anzahl an Orten und Persönlichkeiten, auf die die Avvisi im Gegensatz zu den Zeitungen verweisen528. In einem durchschnittlichen Avviso finden sich 16 Personen, die direkt oder indirekt genannt werden, während sich eine durchschnittliche Zeitung mit nur fünf solcher Verweise begnügt. Die Folge hiervon ist, dass die Avvisi zwar nur etwa 20 Prozent der Sammlung der Fuggerzeitungen ausmachen, insgesamt aber etwa 5.800 Personen in ihnen erwähnt werden und damit mehr, als die etwa 5.600 Personen, die in den deutschsprachigen Zeitungen Erwähnung finden. Im Folgenden werden wir uns ausgehend von diesem Befund erstmals mit Fragen dieser unterschiedlichen „räumlichen Ordungen“ und Differenzen in der Art der Berichterstattung in deutschen Zeitungen und italienischen Avvisi beschäftigen und nach deren Ursachen fragen. Für die oben angekündigte Reflexion über die Ausformung einer europäischen Informationslandschaft in der frühen Neuzeit erhält man interessante Ergebnisse, wenn man für Avvisi und Zeitungen in der Wiener Sammlung die Absendeorte zusammen mit den in den einzelnen Nachrichten erwähnten Orten betrachtet. Dies wurde in der Forschung bislang so gut wie gar nicht unternommen, ganz einfach, weil von einer solchen Analyse keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich der üblicherweise gestellten Frage erwartet werden können, von wo die meisten Nachrichten der Sammlung stammten. Die Antwort auf diese Frage ist altbekannt: die Mehrzahl der Zeitungen gelangte von Antwerpen und Köln nach Augsburg, die Avvisi kamen aus Rom oder Venedig. Wenn man jedoch einzelne Bände der Sammlung einer detaillierten Analyse unterzieht, so zeigt sich, dass zwischen den deutschen Zeitungen und den italienischen Avvisi hier ein weiterer tiefgreifender Unterschied besteht, der im Lauf der Zeit immer stärker hervortritt. Wie Karte 15 zeigt, erreichten im Jahr 1578 171 Avvisi Augsburg; davon kamen 49 aus Rom, 48 aus Venedig, 20 aus Prag, 16 aus Wien, elf aus Lyon, sieben aus Genua, und die weiteren aus kleineren Absendeorte in ganz Europa, von Madrid bis Krakau. Von den 526  Vgl. beispielweise die Berichte aus dem christlichen feldtleger vor Canisa, die in Cod. 8973 und 8974 überliefert sind. Diese Zeitungen sind nicht als persönliche Meldungen bzw. Nachrichtenbriefe zu verstehen, weil sie genau wie Zeitungen unter verschiedenen Adressaten zirkulierten und sogar in andere Sprachen übertragen wurden. So z. B. die Zeitung aus Kanischa/Nagykanisza vom 29. Oktober 1601 (ÖNB Cod. 8974, fol. 708r–708v), die in italienischer Bearbeitung in den Urbinate (BAV Urb. lat. 1069, fol. 740r–742v) und in Florenz (ASF MdP filza 4578, unpag.) überliefert ist. In ÖNB Cod. 8972, fol. 261r, befindet sich auch eine Zeitung aus Kanischa vom 19. August 1599, deren Überschrift lautet: Aus Canischa von 19 augusti schreibt Herr Paradeiser obrister daselbst. 527 Siehe Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 150. 528 Oswald Bauer, ebd., hat stichprobenartig die Wörter einzelner deutscher und italienischer Nachrichten gezählt und ist zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen.

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148 deutschen Zeitungen desselben Jahres stammten 88 aus Antwerpen, 20 aus Köln, sechs aus Straßburg, fünf aus Wien, drei aus Lissabon, jeweils zwei aus Bratislava/Pressburg und Wrocław/Breslau, Madrid, Prag und Nürnberg. Weitere Absendeorte, aus denen je eine Zeitung kam, befanden sich meist in Mitteleuropa. Karte 16 lässt erkennen, wie sich im letzten Jahr der Doppelüberlieferung von Zeitungen und Avvisi 1586 ein gänzlich anderes Bild ergibt. Von 137 Avvisi kamen 69 aus Rom und 68 aus Venedig. Von den 319 Zeitungen dieses Jahres stammten 108 aus Köln, 98 aus Antwerpen, 23 aus Istanbul, 20 aus Lyon, zwölf aus Paris, zehn aus Genf, acht aus Prag, fünf aus Madrid, je vier aus Brüssel und Frankfurt am Main. Die restlichen kamen aus kleinen Absendeorten in Mittel- und Osteuropa. Die einzigen Absendeorte, die in der Karte nicht berücksichtigt wurden, sind die zwei Zeitungen aus Persien beziehungsweise Mexiko. Die letzte Karte 17 gibt schließlich den Befund für das Jahr 1601 wieder. Die geschriebenen Zeitungen dieses Jahres stammen aus 39 verschiedenen Orten, und zwar nicht nur aus den relativ häufig auftauchenden Städten Köln, Antwerpen, Wien, Rom und Venedig, sondern auch aus einer ganzen Reihe kleinerer Städte im östlichen Grenzgebiet des Heiligen Römischen Reiches, die sich heute in der Slowakei, Ungarn, Polen und in der Ukraine befinden. Die Avvisi hingegen kommen nach wie vor ausschließlich aus Lyon, Venedig und Rom. Wenn man die Sammlung als Ganzes betrachtet, so lässt sich feststellen, dass Zeitungen aus etwa 320 verschiedenen Orten nach Augsburg kamen. Dem stehen 88 Orte gegenüber, von denen aus Avvisi nach Augsburg geschickt wurden529, wobei anzumerken ist, dass diese Zahl hauptsächlich auf den ersten Band der Fuggerzeitungen zurückzuführen ist, in dem allein 71 Absendeorte zu finden sind530. Schon in den folgenden beiden Bänden sind nur noch 19 beziehungsweise 18 Orte anzutreffen, und in den folgenden Jahren lassen sich eigentlich überhaupt nur noch Venedig und Rom als Absendeorte nachweisen531. In den Zeitungen dagegen ist eine entgegen gesetzte Entwicklung zu beobachten. Zunächst kamen sie ganz überwiegend aus Köln und Antwerpen; etwas später traten andere Nachrichtenzentren hinzu, etwa Istanbul oder Genf. In den letzten Jahrgängen der Sammlung ist eine regelrechte Explosion des Nachrichtennetzwerks der Fugger zu beobachten; es kamen nun mehr oder weniger regelmäßig auch immer mehr Zeitungen aus verschiedenen kleineren Orten nach Augsburg532. Für Überlegungen zur Erklärung dieser differenten räumlichen Bezüge in Avvisi beziehungsweise Zeitungen kann das Konzept eines „régime de spatialité“ herangezogen werden, das in der französischsprachigen Forschung entwickelt worden ist. Anhand seiner eingehenden Untersuchung von Sebastian Münsters berühmter „Cosmographia Universalis“ (1550) hat beispielsweise der französische Historiker und Geograph Jean-Marc Besse aufgezeigt, dass ungeachtet aller Veränderungen in der Wahrnehmung des Raumes und von geographischen Zusammenhängen, wie sie sich im Europa der Spätrenaissance dank des immer intensiveren Informationsaustauschs und der Zirkulation des Wissens vollzogen, Historiker nicht davon ausgehen sollten, dass dieser Wissensraum von den beteiligten Akteuren „ganz selbstverständlich als ein globaler und einheitlicher Raum 529   Diese Zahlen weichen von den Abgaben oben auf S. 18f. ab, weil sie sich nur auf deutsche Zeitungen und italienische Avvisi beziehen. Da die Sammlung auch Zeitungen in anderen Sprachen sowie Dokumente enthält und außerdem Zeitungen und Avvisi teilweise aus den gleichen Orten kamen, ist die Summe nicht identisch mit der Summe aller Absendeorte. 530  Zur Problematik des ersten Bandes (Cod. 8949) für die Jahre 1568 bis 1573 siehe oben S. 19. 531  Cod. 8950 und Cod. 8951. Siehe auch oben S. 22f. 532  Siehe auch die Karten 1, 10, 12, 14 (S. 40, 94, 96, 98).



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wahrgenommen wurde“533. Im Gegenteil, die Wahrnehmung eines solchen globalen und homogenen Wissensraumes konnte erst dadurch entstehen, dass sich die maßgeblichen Akteure in diesem Prozess (Fürsten, Kaufleute oder Gelehrte) verschiedenster Praktiken bedienten, um einen solchen Raum der Kommunikation und des Wissensaustausches überhaupt erst herzustellen. Vermittels einer detaillierten Analyse verschiedener Quellen, die allesamt auch dazu dienten, diesen Raum als einheitliches und zusammenhängendes Gebilde vorstellbar zu machen und ihn sich über seine Darstellungen – Kosmographien, Atlanten, Reiseberichte und Avvisi oder geschriebene Zeitungen – anzueignen, ist es möglich, die verschiedenen Arten der Wahrnehmung des Raumes als Einheit zu rekonstruieren oder, mit anderen Worten, die verschiedenen „Régimes de spatialité“ (räumlichen Ordnungen), die im ­direkten Zusammenhang mit den Handlungen und den Interessen der Akteure stehen, die in diesem Raum und über große geographische Abstände hinweg agierten. Ein „Régime de spatialité“ wurde daher anhand dreier Koordinaten verortet: denen der rein räumlichen Abstände, denen der zwischenmenschlichen Beziehungen und denen der Kommunikationswege534. Am Ende des 16. Jahrhunderts erfuhr die Wahrnehmung des Raumes eine grundlegende Erneuerung, nach der nicht nur Europa, sondern die gesamte Erde in neuem Licht erschien. Mario Infelise hat gezeigt, wie etwa die Wahrnehmung geographischer Entfernungen auch davon abhing, wie regelmäßig oder eben unregelmäßig Nachrichten von einem Ort zum anderen gelangten. Die Leser der handgeschriebenen Avvisi etwa lernten auf diese Weise, wie viele Tage sie zu warten hatten, bevor die neuesten Meldungen von einem bestimmten Ort auch sie erreichen würden. Noch viel wichtiger ist jedoch, dass die Lektüre einer Zeitung oder eines Avviso an sich voraussetzte, dass man eine Vorstellung des Raumes hatte, ob nun konkret auf einer Landkarte oder im Geiste, der von diesen Dokumenten durchreist und über sie verknüpft wurde. Und auch die Berichte selbst bezogen sich natürlich auf konkrete Orte, von deren geographischer Lage man sich ebenfalls ein Bild zu machen hatte535. Die handschriftlichen Nachrichten, seien es nun die deutschen Zeitungen oder die italienischen Avvisi, trugen also entscheidend zu der allgemeinen Erneuerung der Wahrnehmung des Raumes am Ende des 16. Jahrhunderts bei, während sie dank ihrer bereits beschriebenen Verschiedenartigkeit zugleich unterschiedliche „Régimes de spatialité“ herstellten. Die Landkarten, die man anhand der Lektüre der Avvisi beziehngsweise der Zeitungen in der Sammlung der Fuggerzeitungen anfertigen könnte, wären jedoch, wie unsere Darstellungen oben andeuteten, sehr unterschiedlich. Sie waren zwar einerseits von der relativ stabilen Struktur des Nachrichtenmarktes bestimmt, andererseits aber auch von Interessen und Erfahrungen der Brüder Fugger. Zudem ist die Überlieferungsgeschichte der Sammlung, die uns nur bruchstückhaft bekannt ist, zu bedenken. Interessanterweise geht diese Vielfalt der möglichen Darstellungen und Wahrnehmungen auf eine Gruppe von Quellen zurück, die bei oberflächlicher und weitestgehend auf die äußere Form beschränkter Betrachtung zu ein- und demselben Zweck verfasst worden sind: mit dem Ziel, die Rezipienten über Neuigkeiten aus verschiedenen Orten auf dem Laufenden zu halten.

  Besse, Sebastian Münster 167–196; ders., Le Lieu en histoire 401–422.   Romano, La prima storia 89–116. 535  Infelise, Prima dei giornali 107f. 533 534

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Jeder Avviso und jede Zeitung stellte gleich zwei unterschiedliche „Régimes des spatialité“ her, beziehungsweise war in diesen verankert536. Zum einen war dies der Raum, in dem verschiedene Städte mit dem Absendeort der Zeitung verbunden waren, z. B. durch die Post oder durch gelegentliche Kuriere, zum anderen der Raum, der von all jenen Orten umschrieben wird, über die in der jeweiligen Nachrichtensendung berichtet wurde. Wie schon von Nikolaus Schobesberger in einem Aufsatz über die Geographie der Fuggerzeitungen dargestellt wurde, lässt sich die erste dieser Ordnungen am ehesten als eine Art Netz visualisieren, dessen Fäden alle in einem Punkt zusammen kommen537; die zweite hingegen als eine große Anzahl von Kreisen oder Einzugsgebieten, die einander an vielen Stellen überlappen und ihren Mittelpunkt jeweils dort haben, wo die Nachrichten unterschiedlichster Herkunft gesammelt und weiterverarbeitet wurden, also hauptsächlich – aber nicht nur – in Venedig und Rom im Fall der italienischen Avvisi und in Köln, Antwerpen, Wien/Prag und Lyon im Fall der deutschen538. Im nun folgenden Abschnitt soll zunächst näher auf die der italienischen Avvisi eingegangen werden, bevor wir diese im weiteren Verlauf mit denen der deutschen Zeitungen vergleichen werden. Der erste Band der Sammlung der Fuggerzeitungen kann insoweit nicht in dieser Betrachtung berücksichtigt werden, als er eine nachträgliche Kompilation und keine Sammlung von originalen Zeitungen und Avvisi darstellt539. Seine Ausnahmestellung zeigt sich auch und gerade in der sehr großen Zahl verschiedener Absendeorte. In den anschließenden Bänden der Fuggerzeitungen tritt dagegen eine deutlich umschriebene Geographie der Kommunikationswege zutage, die im Laufe der Zeit zwar einigen wenigen kleineren Wandlungen unterliegt, jedoch im großen und ganzen unverändert bleiben sollte. Von 1575 bis 1586 waren die Brüder Fugger offensichtlich Abonnenten einer Gazette aus Venedig, die stets einen Avviso aus Venedig enthielt – normalerweise war dies der aktuellste Bericht – sowie einen Avviso aus Rom, der in der Regel fünf Tage älter war. Im zweiten und teilweise im dritten Band der Sammlung540 finden sich außerdem vereinzelt Nachrichten vom kaiserlichen Hof (entweder in Wien oder in Prag), aus Lyon, Mailand und Neapel. Sie werden jedoch im Lauf der Jahre immer seltener und tauchen schließlich gar nicht mehr als eigenständige Avvisi auf, sondern nur noch als Nachrichten innerhalb römischer und venezianischer Avvisi. Schon in der Komposition der Zeitungssendungen unterscheiden sich damit die italienischen Avvisi der Fuggersammlung von denen der italienischen Sammlungen, wo neben Venedig und Rom auch immer Avvisi aus Antwerpen und Köln, und teilweise Prag oder Graz zu finden sind541. Die Fugger schienen demnach lediglich ein Abonnement für Nachrichten aus den zwei Zentren gehabt zu haben, die zudem für Leser konzipiert wurden, die „ausländische“ Zeitungen nicht aus Italien bezogen542. Es gibt einige Anzeichen, die darauf hin deuten, dass die Fugger diese regelmäßig erscheinende Gazette über 536  Schobesberger, Einzugsgebiete 69f., erwähnt drei Koordinaten, weil er die Absendeorte als erste räumliche Koordinate betrachtet. 537  Ebd. 76. 538   Siehe die Karten auf S. 41–47. 539   Siehe dazu oben S. 19. 540   ÖNB Cod. 8950 bzw. 8951. 541  Siehe dazu das folgende Kapitel zu den Zeitungssammlungen in Italien. 542   Siehe z. B. die Sammlung von Avvisi des florentinischen Diplomaten Matteo Botti, die oben S. 108 Anm. 503 beschrieben ist, oder die römischen und florentinischen Zeitungssendungen, die im nächsten Kapitel beschrieben sind.



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einen langen Zeitraum hinweg von den oben erwähnten Novellanten aus Venedig bezogen. Diese Novellanten verwiesen in den Berichten oft ausdrücklich auf zuvor versandte Nachrichten. Der Avviso aus Venedig des 24. Januar 1578 zum Beispiel beginnt mit einer Rekapitulation der Berichterstattung über einen möglichen Präzedenzkonflikt zwischen dem Herzogtum Savoyen und dem Großherzogtum Toskana mit den folgenden Worten: „Zur Bestätigung dessen, was wir bereits schrieben, nämlich über einen möglichen bewaffneten Konflikt zwischen Savoyen und der Toskana …“543. Die geographische Bandbreite der Berichterstattung in den venezianischen Nachrichtensendungen war dabei allerdings sehr weitläufig. Die bekannten Avvisi di Venezia, die den entsprechenden Avvisi der italienischen Sammlungen ähneln544, enthielten natürlich immer einige Absätze mit Neuigkeiten aus der Serenissima selbst, darunter Berichte zu den Beschlüssen des Senats, des Zehnerrats, zu Ernennungen und Entlassungen von Amtsträgern der Republik. Ferner enthielten sie Meldungen aus der umliegenden Region, also aus Kroatien, Dalmatien, Montenegro sowie Teilen Griechenlands wie Korfu und Kreta, die mit Venedig durch regelmäßige Kuriere verbunden waren. Besondere Bedeutung und entsprechend viel Raum kam den Nachrichten aus Konstantinopel zu, die fast immer in den venezianischen Sendungen enthalten waren, jedoch nur in größeren Intervallen von zwei bis vier Wochen erschienen. Das ganze 16. Jahrhundert hindurch blieb Venedig das Tor zum Orient, und zwar nicht nur für Nachrichten aus Konstantinopel, sondern auch für solche aus Persien, über die Tataren und aus weiter entlegenen Gebieten545. Sie alle gelangten über Venedig in andere italienische Orte und in die Städte des Alten Reiches. Überdies berichteten die Novellanten aus Venedig aus den Städten Norditaliens, etwa Mailand und Genua, von wo regelmäßig Kuriere eintrafen. Auch zu Lyon und Paris bestand eine reguläre Postverbindung, wodurch über diese beiden Städte Nachrichten aus großen Teilen Frankreichs verlässlich nach Venedig gelangten. Die Sendungen aus Paris zum Beispiel enthielten zudem oft auch Berichte aus London beziehungsweise England546. Über den kaiserlichen Hof hingegen gelangten regelmäßig Berichte aus den habsburgischen Erblanden, aus dem Heiligen Römischen Reich oder aus Polen nach Venedig. Vereinzelt tauchen in den venezianischen Avvisi auch Nachrichten auf, die ursprünglich aus Antwerpen oder Köln kamen, doch ist klar, dass die Fugger keine italienischsprachigen Avvisi aus diesen Gebieten abonniert hatten und ihre Informationen über diesen Teil Europas normalerweise aus den deutschsprachigen Zeitungen bezogen. Anders verhält es sich mit Paris und Lyon, von wo aus über ganz Frankreich und namentlich über die Religionskriege berichtet wurde, so wie auch über Begebenheiten am Hof. Unregelmäßiger gelangten Nachrichten aus Spanien und dem südlichen Italien nach Venedig – bisweilen geschah dies sogar nur über den Umweg über den kaiserlichen Hof. 543  Per confermatione di quello che di già s’è scritto, cioè che si dubitava di strepito d’armi tra Savoia et Toscana [...]. ÖNB Cod. 8951, fol. 394r. 544  Die Einzugsgebiete des typischen venezianischen Avviso sind beschrieben in Infelise, Prima dei giornali 112; siehe auch Karte 4 (S. 43). Zur Informationszirkulation in Venedig siehe auch Preto, I Servizi Segreti di Venezia. 545  Siehe dazu Venezia centro di mediazione; siehe auch die venezianischen Relationen aus Konstaninopel: Relazioni di ambasciatori veneti. Allgemein über die Informationsproduktion in Istanbul siehe Ágoston, Information; Barbarics-Hermanik, Medien. 546  Für die Beziehung zwischen Avvisi und Postverbindungen siehe Behringer, Merkur 14; spezifisch zu Venedig und Rom Serra, Corrieri e postieri.

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Die hier beschriebene Geographie von Orten und Kommunikationswegen sowie der „news flow“ der Zeit547 lässt sich anhand der Avvisi in den ersten Bänden der Sammlung gut nachvollziehen, wie etwa dem Avviso aus Venedig des 17. Januar 1578548. Der Text beginnt mit einem Bericht, der am 7. Januar von Mailand aus verschickt worden war und der seinerseits von einer Order aus Spanien berichtet, nach der 10.000 Italiener für die Armee unter dem Befehl von Alessandro Farnese und Gabrio Serbelloni rekrutiert werden sollten. Im Anschluss folgt eine Meldung über die Ankunft eines Schweizer Gesandten der sieben katholischen Kantone in Venedig, der beim Dogen um eine geheime Audienz vor dem Rat gebeten und diese auch erhalten hatte, und eines französischen Gesandten „dem Vernehmen nach, um die Liga der christlichen Fürsten gegen die Ketzer zu erneuern“549. Darauf folgten Mutmaßungen zu einem schwelenden Konflikt zwischen dem Herzogtum Savoyen und Florenz, dessen offener Ausbruch nur durch die Vermittlung einiger anderer Fürsten hatte vereitelt werden können550. Aus Genua wird anschließend berichtet, dass man von einem spanischen Kurier, der über Neapel gekommen war, erfahren habe, dass der spanische König die Häfen Süditaliens hatte bewaffnen lassen, um dort die Spanier einzuquartieren, die in Kürze nach Italien übersetzen würden. Vom spanischen Hof kam außerdem die Nachricht, dass der Kaufmann Martino della Cugna nach Istanbul aufgebrochen sei, ausgestattet „mit einem Passierschein und vielen würdigen Dingen“551, die er dem Sultan und den Ministern der Hohen Pforte im Namen seiner katholischen Majestät überreichen sollte, um über den bereits erreichten Waffenstillstand in Marokko weiter zu verhandeln. Im nächsten Absatz wiederum ging es abermals um Venedig, und zwar um die Rede, in der der venezianische Botschafter Foscarini dem Senat von seiner kürzlich abgeschlossenen Mission auf Kreta berichtet hatte. Dieser Bericht wurde um zwei detaillierte Abhandlungen über die Bauarbeiten ergänzt, mit denen etwa der Dogenpalast ausgebessert werden sollte, nachdem ein Brand ihn beschädigt hatte. Darauf folgte eine Nachricht, die erst am Abend zuvor mit der Fregatte aus Kotor/Cattaro oder Dubrovnik/Ragusa eingetroffen war, in der angekündigt wurde, dass der Bailo der Republik Venedig in Konstantinopel, Giovanni Correr, unlängst aufgebrochen sei und sich vor sieben Tagen in Dubrovnik auf ein Schiff begeben habe, weshalb er innerhalb der nächsten drei oder vier Tage in Venedig erwartet werden konnte. Mit derselben Fregatte hatte der Botschafter auch Briefe aus Konstantinopel vom 25. Dezember mitgeschickt, doch merkte der Novellant an, der genaue Inhalt dieser Schreiben sei ihm noch nicht bekannt, dem Vernehmen nach aber sei der Sultan unvorsichtig und träge geworden, durch bloße Zerstreutheit oder irgendeinen Vorfall, was immerhin darauf hoffen ließ, dass es zu einer Feuerpause bei den Angriffen gegen den Westen kommen könnte. Aus Persien scheinen keinerlei Neuigkeiten zu berichten gewesen zu sein, während Istanbul betreffend noch zu melden war, dass dort der neue kaiserliche Gesandte Joachim von Sinzendorf gerade eingetroffen war, während der französische Botschafter Gilles de Noailles die Stadt verlassen hatte552. Den Abschluss bildete eine Lokalnachricht.   Dooley, Dissemination of News 2–20.   ÖNB Cod. 8951, fol. 390r–391r. 549  ÖNB Cod. 8951, fol. 390r: onde par che si rinnovi la voce della lega offensiva et difensiva d’alcuni principi christiani contra heretici. 550  Von diesem Konflikt wird auch ausführlich in den Nuntiaturberichten vom kaiserlichen Hof berichtet; siehe etwa verschiedene Berichte in Nuntiaturberichte aus Deutschland. 551  ÖNB Cod. 8951, fol. 391v. 552  Dazu siehe auch Ágoston, Information 75–103. 547 548



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Die Nachrichten aus Rom begannen, wie von der Forschung im Fall der üblichen Avvisi di Roma bereits ausführlich belegt worden ist553, stets mit den neuesten Meldungen von der Kurie, den Aktivitäten der Konsistorien, den diplomatischen Missionen der päpstlichen Gesandten und den Manövern des Militärs. Im Anschluss folgten Berichte über die sonstigen Geschehnisse in Rom, vor allen Dingen über Begebenheiten in den verschiedenen Adelspalästen der Stadt, von wo aus es dann mit Meldungen aus dem Umland und den päpstlichen Territorien in den heutigen Marken, den Abruzzen, in Bologna und der Emilia weiterging. Über Genua gelangten Meldungen aus dem Herzogtum Savoyen und von der Küste Spaniens nach Rom. Mehrere Kurierverbindungen verknüpften Rom und Florenz, da sich durch die Anwesenheit des Kardinals Ferdinando dè Medici an der Kurie praktisch ein weiterer florentinischer Hof im Umfeld der Kurie herausgebildet hatte, der über das Großherzogtum Toskana auf dem Laufenden gehalten wurde554. Auch mit den Höfen in Mantua, Ferrara, Parma und Urbino bestanden ähnlich intensive Verbindungen, nicht zuletzt deswegen, weil rund um die Kardinäle Gian Vincenzo Gonzaga, Luigi d’Este, Alessandro Farnese sowie Giulio und Girolamo delle Rovere zahlreiche Beamte, Schreiber und Informanten arbeiteten555. Die Berichte aus Frankreich und Spanien, jene über die Angriffe auf die Niederlande, über Portugal sowie über die italienischen Gebiete, die unter der Jurisdiktion Spaniens standen, insbesondere Neapel, Palermo und Messina (und von dort aus Nordafrika), sind sowohl auf die regelmäßigen Kuriere als auch auf die dauerhafte Präsenz der spanischen556 und französischen557 Botschafter und Agenten in Rom zurückzuführen. Ferner verfügte Rom über einen direkten Kommunikationsweg nach Konstantinopel, und zwar über die Republik Ragusa/Dubrovnik558. Erwähnenswert ist, dass die Nachrichten, die auf diesem Weg nach Rom kamen, ab dem Ende des 16. Jahrhunderts immer zahlreicher und regelmäßiger wurden, was womöglich damit zu erklären ist, dass der Botschafter von Ragusa am Hof des Sultans selbst Depeschen nach Dubrovnik sandte, von wo aus diese dann die Adria überquerten und von Ancona oder der apulischen Küste nach Rom gelangten. Der Weg von Konstantinopel nach Dubrovnik konnte in etwa zwei Wochen zurückgelegt werden. Ab Beginn des 17. Jahrhunderts gelangten auf dieser Route auch Nachrichten aus Belgrad, Sofia und Sarajevo nach Rom559. Eine weitere Besonderheit des Nachrichtenzentrums Rom ist, dass es vermittels der verschiedenen religiösen Orden über ein Korrespondentennetzwerk verfügte, das weit über die Grenzen Europas hinaus bis nach China, Japan und die Neue Welt reichte. Gleichwohl ist anzumerken, dass aus diesen Gebieten nur dann berichtet wurde, wenn es zu Begegnungen zwischen den dortigen Einheimischen mit europäischen Akteuren kam, wie etwa während der berühmten japanischen Mission nach Rom des Jahres 1585560.   Infelise, Roman avvisi 212–228; Dooley, De bonne main 1317–1320.   Fasano Guarini, Rome, workshop of all the practice 53–78; Spini, Il principato dei Medici 207–216. 555   Fragnito, Parenti e „familiari“ 565–587; Hübner, Sisto Quinto 1 116f. 556  Dandelet, Spanish Conquest 479–511; jetzt auch Dandelet–Marino, Spain in Italy; Visceglia, Roma papale e Spagna. 557  Tallon, Le „parti français”. 558  Dujcev, Avvisi di Ragusa; Petitjean, L’intelligence des choses 311 und oft. 559  Infelise, Prima dei giornali 113. 560  Cantù, Il papato, la Spagna e il nuovo mondo 441–479; Corsi, Editoria, lingue orientali 525–563. 553 554

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Als Beispiel für Avvisi, die dieser Struktur entsprechen, kann etwa der unter den Fuggerzeitungen überlieferte Avviso aus Rom vom 11. Januar 1578 gelten, der in derselben Gazetta enthalten ist wie der eben beschriebene venezianische Bericht561. Wie üblich lieferte der Avviso zunächst eine Zusammenfassung des jüngsten Konsistoriums und Schilderungen der einzelnen Audienzen und Ernennungen, die dort stattfanden. Hierauf folgte ein Bericht über die bevorstehenden Truppenverstärkungen, die unter dem Kommando von Giacomo Boncompagni von Civitavecchia über La Spezia nach Flandern geschickt werden sollten und die vom Papst und dem Großherzog der Toskana finanziert wurden. Die toskanischen Truppen selbst wiederum wurden von Pietro dè Medici angeführt, der sich gerade auf dem Rückweg aus Spanien befand. Vom spanischen Hof wird genau dasselbe berichtet wie in einer Nachricht, die auch im Avviso aus Venedig enthalten war, es wurde hier jedoch auch auf Klagen des spanischen Klerus Bezug genommen, der die vom König auferlegte Abgabenlast zur Finanzierung des Krieges in Flandern nicht länger tragen konnte oder wollte. Der Krieg war gleichwohl in vollem Gange, und von Neapel aus war erst jüngst ein Bataillon in die Niederlande aufgebrochen. Ebenfalls aus Neapel kam die Meldung, dass dort Pompeo Colonna eingetroffen sei, der sich „aus bereits berichteten Gründen“ auf dem Weg nach Spanien befand. Im Hafen von Neapel lagen zwei englische Schiffe vor Anker, die auf der Route nach Zakynthos dort angehalten worden waren, weil der Verdacht bestand, dass sich auf ihnen auch Waren befanden, die nach Konstantinopel gebracht werden sollten. Hierauf wiederum folgte die Meldung, der Gesandte des spanischen Königs in Rom, Juan de Zúñiga y Requesens, habe eine Reise der Herzogin von Parma nach Flandern beantragt. Aus Lyon gab es keinerlei berichtenswerte Nachrichten, abgesehen davon, dass man dort einem Jubelfest entgegensah, das der Papst der Stadt aus Anlass der Weihnachtsfeierlichkeiten genehmigt hatte. Zusammenfassend können wir feststellen, dass die italienischen Avvisi, die die Gebrüder Fugger aus Rom und Venedig erhielten, aus dem gesamten Gebiet des heutigen Italien berichteten, darüber hinaus aus Spanien, aus Frankreich und, wenn auch weniger detailliert, aus den Niederlanden, England und dem Heiligen Römischen Reich. Aus dem Osten kamen außerdem Berichte über die habsburgischen Erblande und vor allen Dingen über den kaiserlichen Hof in Prag beziehungsweise Wien hinzu, ferner über Polen und Ungarn562. Der Balkan und Konstantinopel wurden sowohl in den römischen als auch in den venezianischen Avvisi behandelt, und vor allem aus Rom konnte dank kirchlicher Verbindungen zudem eingehender und umfassender aus weit entlegenen Erdteilen berichtet werden. In den Avvisi aus beiden Zentren gleichermaßen vertreten waren Berichte über außergewöhnliche Ereignisse – etwa über Kriege, Epidemien, Erdbeben – in Gebieten, über die normalerweise kaum etwas zu lesen war, wie etwa Irland oder Finnland, die jedoch nur episodisch auftauchten und wieder aus den Avvisi verschwanden, sobald das Interesse an diesen Ereignissen erloschen war563. Wie wir anhand der Beispiele sehen konnten, war es möglich, dass aus Venedig und Rom durchaus voneinander abweichende Versionen von Berichten zu ein und derselben Über die japanische Mission von 1585 Boncompagni-Ludovisi, Le prime due Ambasciate; D’Elia, I primi ambasciatori Giapponesi 43–58. Siehe auch http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/orte/japan-region bzw. unter den Namen Nakaura, Julião; Itō, Mancio; Chijiwa, Miguel. 561  ÖNB Cod. 8951, fol. 392r–392v. 562  Koller, Le relazioni tra Roma e la corte imperiale 147–171; Gui, La centralità del Regno di Boemia 275–301. 563  Finnland taucht z. B. in drei Avvisi aus Wien vom September 1568 auf: ÖNB Cod. 8949, fol. 34v, 36r, 45r. Siehe auch http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/orte/finnland-region.



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Begebenheit geliefert wurden, was aber weder die Novellanten selbst noch die Abonnenten gekümmert zu haben scheint. Das Material wurde so nur noch interessanter, und da die beiden Informationszentren Rom und Venedig völlig unabhängig voneinander operierten – obschon sie sich teilweise derselben Informationskanäle bedienten –, oblag es den Lesern, ihre eigenen Schlüsse aus den unterschiedlichen Versionen zu ziehen. Wurde eine Nachricht in beiden Avvisi gleichlautend mitgeteilt, so war ihr aller Wahrscheinlichkeit mehr Glauben zu schenken, als wenn dies nicht der Fall war; gab es hingegen unterschiedliche Versionen, so konnte man annehmen, dass die jüngere Nachricht auch die glaubhaftere war564. Die Struktur der Fuggerschen Zeitungssendungen betont eher die Parallelität als eine etwaige Konkurrenz zwischen Rom und Venedig in der Gestaltung der italienischen Nachrichtenlandschaft der Zeit. Es ist klar, dass die Nachrichten allesamt über ein- und dasselbe Postwesen verbreitet wurden und zirkulierten, doch konnten durchaus auch Nachrichten aus Spanien eher nach Rom als nach Venedig gelangen, etwa wenn sie von einem Nuntius oder einem Gesandten überbracht wurden565. In den italienischsprachigen Avvisi finden sich denn auch regelmäßig Verweise auf das reguläre Postwesen, genauso wie von außerordentlichen Kurieren – die schneller waren – oder von privaten Reisenden berichtet wird, deren Verspätung man bedauerte oder deren baldige Ankunft man ankündigte. Erstere sind üblicherweise an ihrer Formelhaftigkeit leicht zu erkennen (è giunto l’ordinario da Lyon, oder s’è inteso per corriero a posta che il re christianissimo …566) oder dadurch, dass über Unfälle oder Überfälle berichtet wurde, durch die das System der Kommunikation zeitweise zum Erliegen kommen konnte. Dann wurden die Leser genauestens darüber informiert, wo sich ein solcher Überfall zugetragen hatte und ob dabei die gesamte Fracht oder aber nur die Zeitungen abhanden gekommen waren. Ein Beispiel hierfür findet sich im ersten Band der Wiener Sammlung, wo berichtet wird, dass „in der Provence der Kurier aus Spanien ermordet und ihm die Briefe des Königs entwendet wurden, sonst aber nichts“567. Wie von Nikolaus Schobesberger unlängst nachgewiesen568, wurde über die Gebiete, die in den italienischen Avvisi nicht vorkamen, umso ausführlicher in den deutschen Zeitungen berichtet. Aus Antwerpen kamen alle Nachrichten, die mit den nördlichen und den südlichen Niederlanden, mit Brüssel, Tournai, Middelburg, Den Haag und Dünkirchen zu tun hatten; außerdem Meldungen aus Nordfrankreich oder England sowie aus Spanien, Portugal und der Neuen Welt. Auch aus Köln wurden Nachrichten über die Niederlande nach Augsburg geschickt, zudem über den Südwesten des Heiligen Römischen Reiches. Aus Wien und Prag kamen regelmäßige Meldungen zum Geschehen bei Hofe, und vor allem nach Ausbruch des Langen Türkenkrieges im Jahr 1592/93 wurde von dort sowie aus ungarischen und siebenbürgischen Orten in vielen Einzelheiten und mit zahlreichen geographischen Referenzpunkten über das Kriegsgeschehen im heutigen Ungarn berichtet. Während eines begrenzten Zeitraumes kamen auch deutschsprachige 564  Siehe diesbezüglich etwa die Anweisungen des Herzogs von Urbino an seinen Agenten Grazioso Graziosi, unten S. 148f. 565   Petitjean, L’intelligence des choses 14. 566   ÖNB Cod. 8950, fol. 10v. 567  ÖNB Cod. 8949, fol. 38r: S’intende che in Provenza è stato ammazzato il corriero che venne di Spagna e tolto solamente le lettere del re et lasciate le altre. 568  Schobesberger, Einzugsgebiete, sowie die Karten 2 und 15 zu den Einzugsgebieten von Antwerpen und Köln (S. 41, 44).

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Nachrichten aus Konstantinopel (1584–1593), außerdem auch aus Frankfurt – vor allem während des Kölnischen Krieges –, sowie aus Middelburg, von wo über die Gefechte der englischen und spanischen Truppen im Norden der Niederlande berichtet wurde. In ihrer Gesamtheit informierte die Sammlung italienisch- und deutschsprachiger Zeitungen die Gebrüder Fugger also über die Geschehnisse in einem sehr ausgedehnten Gebiet, wobei verschiedene Kommunikationsmittel zum Einsatz kamen. Nachrichten aus Konstantinopel etwa gelangten üblicherweise auf einem von zwei möglichen Wegen nach Augsburg: entweder als direkt aus Konstantinopel verschickter deutschsprachiger Avviso, der dann zusammen mit denen aus Köln und Antwerpen in der Sammlung auftaucht (dies ist vor allem für den Zeitraum von 1584 bis 1592 regelmäßig der Fall)569, oder aber, wie wir bereits gesehen haben, als Teil einer venezianischen Zeitungssendung, die entweder über die stabilen Kommunikationsverbindungen zwischen der Serenissima und der Hohen Pforte oder auf der Route über Dubrovnik – Ancona beziehungsweise Bari – Rom nach Augsburg kam. Überdies gelangten auch regelmäßig Nachrichten auf dem Landweg über Wien nach Augsburg. Wenn von außerordentlichen Ereignissen aus Orten berichtet wurde, die normalerweise nicht in der Berichterstattung auftauchten, dann geschah das normalerweise sowohl in den italienischen Avvisi als auch in den deutschen Zeitungen. Die Statistik der Absendeorte legt nahe, dass die Besonderheit der deutschsprachigen Überlieferung des Zeitraums von 1578 bis 1604 zu sein scheint, dass sie viel häufiger Zeitungen aus der unmittelbaren Umgebung der Orte enthält, von denen über besondere Ereignisse zu berichten war – etwa von einer Schlacht, einem außergewöhnlichen Naturereignis und Ähnlichem mehr. Dies konnten wichtige Orte wie Genf sein, von wo im Jahr 1589 in regelmäßigen Abständen Berichte über die Belagerung durch savoyische Truppen nach Augsburg geschickt wurden, aber auch gänzlich unbedeutende Ortschaften in Ungarn oder Siebenbürgen, von wo aus von 1593 an über die Konfrontation der kaiserlichen Armee mit den Truppen des Osmanischen Reiches zu berichten war. Allgemein kann also festgestellt werden, dass die Absendeorte der deutschen Fuggerzeitungen direkter mit den Ereignissen der Zeit zusammenhingen, wohingegen diejenigen der italienischen Avvisi mehr oder weniger konstant blieben. Oswald Bauer hat diese Besonderheit der deutschen Zeitungen dahingehend gedeutet, dass die Zeitungen im Vergleich zu den Avvisi eine frühere Entwicklungsstufe darstellten, bedeutete doch die Verbreitung aller Nachrichten von nur zwei Orten aus, dass die für eine solche Zentralisierung des Sammlungsprozesses und des Versandes der Nachrichten notwendige Infrastruktur aus Schreibstuben und festen Kommunikationsrouten nicht nur vorhanden war, sondern auch einigermaßen reibungslos funktionierte. Demgegenüber waren Berichte, die direkt vom Kriegsschauplatz kamen oder aus einem Ort, der nicht Teil eines solchen Kommunikationsnetzes war, zahlreichen Unwägbarkeiten in der Abfassung und Zusendung der Nachrichten ausgesetzt570. Dieser Unterschied zwischen den italienischen und den deutschen Quellen ist aber nicht universell zu verstehen, sondern viel mehr mit der Entscheidung der Brüder Fugger verbunden, bestimmte Produkte zu abonnieren, die fast ausschließlich römische und venezianische Zeitungen enthalten, was sicher auch mit ihrer Geschäftstätigkeit in Venedig verbunden war. Wie im anschließenden Kapitel über die Fuggerzeitungen im Vergleich zu anderen italienischen Sammlungen zu sehen ist, waren auf der italienischen Halbinsel   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 99.   Ebd. 153–155.

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Venedig und Rom zwar bereits die „Hauptstädte“ der geschriebenen Avvisi, zugleich gilt aber ebenso, dass der italienische Nachrichtenmarkt und dementsprechend auch die Provenienz der Nachrichten zum Teil ebenfalls eng mit den Ereignissen der Zeit zusammenhing571. In der Tat erfolgte diese Art der Nachrichtenbeschaffung jedoch auch deswegen, weil die deutschen Zeitungen in bestimmten Zeiträumen über Inhalte (wie den Langen Türkenkrieg) berichteten, für die keine entsprechende italienische Berichterstattung überliefert ist. An der von den Brüdern Fugger gewählten geographischen Ausrichtung scheint sich auch nach 1586 nichts geändert zu haben, selbst wenn von nun an vorerst keine italienischen Avvisi mehr überliefert sind. Die Fugger erhielten weiterhin regelmäßig Nachrichten aus Rom und Venedig, nur waren diese eben ausschließlich auf Deutsch geschrieben572. Was sich allerdings schon am Anfang der achtziger Jahren geändert zu haben scheint, ist der Charakter der Informationen, die über die italienischsprachigen Avvisi übermittelt wurden. Mit dem Band 8955 (1582) wandelte sich die bis hierher skizzierte Geographie in Bezug auf die Avvisi, weil die Nachrichten, die aus Rom und Venedig versandt wurden, einen zunehmend provinziellen Charakter annahmen. Zwar wurde nach wie vor aus allen genannten Regionen berichtet, und auch an den Kommunikationswegen änderte sich wenig. Doch wurde im Laufe der Zeit der Anteil dieser Berichte am Gesamtumfang der Avvisi immer geringer, während den Lokalnachrichten über Venedig und die venezianischen Territorien sowie über die päpstliche Kurie und die Stadt Rom im Verhältnis zu den internationalen Meldungen immer mehr Platz eingeräumt wurde. Kamen Nachrichten dann doch einmal von anderswo, so wurden sie meist in aller Kürze abgehandelt, es sei denn, es handelte sich dabei um Meldungen zu Ereignissen, die in einem direkten Zusammenhang mit der Politik oder Gesellschaft Italiens standen. Diese Verschiebung kann man kaum anhand quantitativer Daten ablesen, da sich die Menge der angeführten Personen und beschriebenen Orte selbst wenig veränderte. Was sich dagegen sehr veränderte, war die Herkunft der erwähnten Personen und die geographische Lage der erwähnten Orte, die sich nun zum größten Teil nur noch in Italien beziehungsweise in unmittelbarer Umgebung der beiden Nachrichtenzentren Rom (Latium) und Venedig (Norditalien) befanden. Eine Gegenüberstellung der Inhalte der oben beschriebenen italienischen Gazetta aus dem Jahr 1578 mit zwei Avvisi, einem aus Rom vom 1. Januar573 und einem aus Venedig vom 11. Januar574 1585, mag das Ausmaß dieser Veränderungen veranschaulichen. Der römische Avviso beginnt mit der Meldung des Todes der zweier Kardinäle, Commendone und Savelli, sowie des Erzbischofs De Torres und mit der Aufzählung der zu verteilenden Erbschaften und neu zu besetzenden Bischofsämter, die mit ihrem Ableben einhergingen. Darauf folgt ein Bericht über Tumulte, die am vorangegangenen Sonntag im Haus des römischen Adeligen Giovan Giorgio Cesarini ausgebrochen waren und an denen allem Anschein nach auch Giulio Colonna beteiligt gewesen war, während von 571  Siehe im nächsten Kapitel (S. 162–164 und Tabelle 13), wie beispielsweise Graz sich am Anfang des 17. Jahrhunderts zu einem nennenswerten Nachrichtenumschlagplatz entwickelte oder wie die Medici regelmäßig auch Nachrichten aus Mailand, Genua und anderen Orten bezogen. 572   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 65f. In anderen Sammlungen erscheinen diese deutschen Zeitungen aus Italien schon in den siebziger Jahren, siehe oben den Beitrag von Katrin Keller zu Zeitungssammlungen im Alten Reich, passim. 573  ÖNB Cod. 8958, fol. 591r–592r. 574  ÖNB Cod. 8958, fol. 592v.

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den Schuldigen behauptet wurde, dass sie von Kardinal Farnese unterstützt würden. Diese Episode wird in allen Details wiedergegeben und später im letzten Teil des Avviso nochmals aufgegriffen. Auch eine weitere Lokalangelegenheit, über die im Lauf des Jahres 1585 immer wieder berichtet wurde, taucht auf, das Abkommen des Marchese Everso degli Anguillara di Stabbio mit dem Marchese Paolo Emilio Cesi di Riano575, bei dem Paolo Giordano Orsini als Vermittler aufzutreten suchte. Dieser befand sich gerade zusammen mit seiner Gattin Vittoria Accoramboni in Rom. Deren Schicksal – Verhaftung, Exil in Gubbio, Heirat mit Paolo Giordano Orsini gegen den Willen des Papstes und zweifache Annullierung der Ehe aufgrund dieses Widerstandes – gehört zu den Ereignissen, die von 1584 bis zum plötzlichen Tod Orsinis im November 1585 im Mittelpunkt des Interesses und der Berichterstattung der römischen Avvisi standen. Im unmittelbaren Anschluss an den Bericht über diese Begebenheiten folgte eine Darstellung der Spannungen, die zwischen den Kardinälen d’Este und Santacroce herrschten, seit der Neffe des letzteren, Marcello Santacroce, zum Tode verurteilt worden war576. Hierauf folgte eine Meldung aus Malta, dann wiederum eine weitere Nachricht aus dem Inneren der Kurie, die zu dieser Zeit immer wieder einmal auftauchte und in der es um die verschiedenen Kredite ging, die der päpstliche Schatzmeister Cesare Glorier genehmigte. Es folgte eine ganze Reihe von Gerüchten zur möglicherweise bevorstehenden Heirat des Herzogs von Savoyen mit der Infantin von Spanien, bevor in einem ausführlichen Abschnitt über den Besuch Gregors XIII. in der neuen Paulinischen Kapelle berichtet wurde, wobei auch Erwähnung fand, dass aus diesem Anlass die Köpfe enthaupteter Banditen, die normalerweise auf dem Ponte Maggiore ausgestellt waren, vor der Überquerung der Brücke durch die Kardinäle entfernt worden waren. Der Avviso vom 11. Januar 1585 aus Venedig beginnt hingegen mit einem Bericht über die Taufe eines Juden di buona conditione577, die am vorangegangenen Sonntag in der Kirche SS. Giovanni e Paolo stattgefunden hatte, und setzte die Berichterstattung anschließend mit der Meldung über die Rückkehr des venezianischen Gesandten Giovanni Moro aus Frankreich fort. Der folgende Bericht war einer von vielen, die es in diesem Jahr zu diesem Thema zu lesen gab, und betraf die Eröffnung eines neuen Bankhauses in Venedig. Ferner wurde über die mögliche Ernennung eines Generals für eine neu zu formierende Truppe berichtet, der auch prominente Persönlichkeiten Venedigs angehören sollten; ebenso über den venezianischen Aufenthalt des Bischofs von Camerino, Gerolamo Vitale de Buoi, der sich auf dem Weg nach Polen befand, wohin er als Nuntius geschickt worden war. Aus diesen Beispielen bestätigt sich also, dass von den frühen achtziger Jahren an die Berichterstattung sich immer mehr zugunsten der Meldungen aus Italien verschob. Gegenüber der detaillierten Schilderung etwa von Fehden innerhalb prominenter römischer Familien, der Bekämpfung des Banditentums im venezianischen und römischen Hinterland oder den Beschlüssen des venezianischen Senats und der römischen Kurie gerieten die Meldungen aus anderen Teilen der Welt immer weiter in den Hintergrund. All diese 575  Diese Ereignisse kann man über die Berichterstattung in den Fuggerzeitungen ausführlich verfolgen, siehe dazu die Nachweise unter http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/personen/anguillara-di-stabbio-everso-degli. Das Gleiche gilt für die Geschichte der Vittoria Accoramboni, siehe http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/ personen/mignucci-peretti-vittoria. 576  Über diese Streitigkeit in den Fuggerzeitungen siehe die Nachweise unter http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/personen/santacroce-del-riofreddo-marcello. 577  ÖNB Cod. 8958, fol. 592v.



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Themen waren zwar auch in den vorangehenden Jahren Gegenstand der Berichterstattung gewesen, doch erlangten sie erst ab diesem Zeitpunkt jene Prominenz, durch die letztlich ein großer inhaltlicher Abstand zwischen den Quellen in italienischer und deutscher Sprache entstand. Natürlich könnte diese Änderung einfach mit einem Wechsel des Novellanten erklärt werden578. Dass aber Avvisi wie diese nicht nur nach Augsburg geschickt wurden und dass eine solche Veränderung sich nicht nur für die Avvisi in den Fuggerzeitungen feststellen lässt, sondern wahrscheinlich allgemeiner zu analysieren wäre, wird dadurch bestätigt, dass der oben beschriebene Avviso aus Rom in fast identischer Form auch in der Sammlung der Urbinate in Rom zu finden ist579. Noch völlig unerforscht ist eine mögliche Verbindung zwischen dieser Provinzialisierung und zwei entscheidenden Entwicklungen in der Nachrichtenproduktion des späten 16. Jahrhunderts, nämlich einerseits der Gesetzgebung in Bezug auf die Produktion und Verbreitung von Nachrichten in Rom und Venedig, die im Lauf der 1580er Jahre zunehmend strenger wurde, sowie andererseits der Entwicklung einer vom italienischen Netzwerk teilweise unabhängigen deutschsprachigen Zeitungsproduktion, die letztendlich auch Einfluss auf die Komposition der italienischen Nachrichten und ihre Verbreitung hatte. Auf diese Zusammenhänge soll hier noch kurz eingegangen werden. Viele Einzelheiten der Avvisi in der Fuggerschen Sammlung zeugen davon, dass auf der italienischen Halbinsel ganz allgemein seit Anfang der siebziger Jahre ein Klima der zunehmenden Unterdrückung des Wissens- und Nachrichtenaustauschs herrschte. Dies ging unter anderem auf ein Motuproprio zurück, das Papst Pius V. am 17. März 1572 ausfertigte, die Constitutio contra scribentes, exemplantes et dictantes monita vulgo dicta gli avvisi e ritorni. Sein Nachfolger Gregor XIII. schloss in seiner Bulle contra famigeratores et menantes vom 1. September 1572 an dieses Schreiben an und bezog sich darin direkt auf die Avvisi romani und die sogenannten ritorni, also auf Avvisi, die ebenfalls in Rom verfasst wurden, jedoch als Nachrichten mit einem anderen Herkunftsort verkauft wurden580. Diese Publikationen wurden allesamt beschuldigt, falsche Nachrichten, Lügen und Verleumdungen zu verbreiten, was zum Anlass genommen wurde, das Zusammenstellen, den Besitz und die Verbreitung von eigenen und fremden Avvisi zu verbieten. Novellanten waren deshalb nach diesen Erlassen anzuzeigen und wurden nicht selten zu Haftstrafen verurteilt. Obwohl diese Maßnahmen teilweise mit großer Strenge umgesetzt wurden, kam der Nachrichtenverkehr nicht zum Erliegen. Das Strafmaß, zu dem die angezeigten Novellanten verurteilt wurden, hing jeweils stark vom allgemeinen Klima und auch von der Person des Novellanten selbst ab. In den Avvisi der Wiener Sammlung selbst wurde vielfach von Verhaftungen der Menanti berichtet, so wie in einem vom 24. Oktober 1573, in dem von einigen Novellanten die Rede ist, denen nach ihrer Verhaftung auferlegt wurde, non novellare più581. Ab Mitte der 1580er Jahre wurde die Gesetzgebung zunehmend strenger. Maßgeblich wurde zudem die Unterscheidung zwischen öffentlichen Avvisi und geheimen Nachrichten, wie sie etwa im Dekret contro li calunniatori et detrattori della fama et honor d’altri in   In diesem Falle würde es sich um den Wechsel von Acconzaioco zu Michele Ciliano handeln.   BAV Urb. lat. 1053, fol. 1r–2r. Der Avviso dort entspricht ÖNB Cod. 8958, fol. 591r–592r. 580  Bongi, Le prime gazzette 317; Fattorello, Le origini; Zwierlein, Discorso 269f.; Infelise, Prima dei giornali 154–158; ders., Roman avvisi 214–217. 581  ÖNB Cod. 8949, fol. 500r, Avviso di Roma vom 24. Oktober 1573: Il Governatore qua dopo l’aver fatto fare pregioni alcuni novellanti gli ha privati che non possino novellare più. 578 579

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lettere d’avvisi zu finden ist, das Papst Sixtus V. am 11. Oktober 1586 ausfertigte582, also nur kurze Zeit vor der Verhaftung des bekannten Novellanten Annibale Cappello, der im Oktober 1587 in Rom vor Gericht gestellt und aufgrund der Beschuldigung, Falschmeldungen und geheime Nachrichten an ketzerische Fürsten im Heiligen Römischen Reich weitergegeben zu haben, zum Tode verurteilt wurde583. In einem römischen Avviso, der kurz darauf von der Hinrichtung Cappellos berichtete, wurde gleichwohl darauf hingewiesen, dass der Papst gegen die Verbreitung bestimmter öffentlicher Nachrichten und Mitteilungen der Kirche nichts einzuwenden hatte. So war es nach wie vor gestattet, palesare le publicationi delle chiese proposte, delle bolle che si leggono, et d’altre cose necessarie, et utili sapersi per ben publico584. Es wurde also ganz klar zwischen Meldungen für die Öffentlichkeit und geheimen Nachrichten unterschieden. Erstere unterlagen keiner direkten Kontrolle durch den Papst und wurden von diesem sogar als für das Gemeinwohl notwendig erachtet; letztere hingegen konnten nur verschlüsselt und zwischen den Zeilen weitergegeben werden. In Venedig war die Lage ganz ähnlich. Dort war der Zehnerrat bereits im Jahr 1571 gegen die novellisti eingeschritten, die sich das Berichterstatten zum Beruf gemacht hatten – che fanno pubblica professione di scriver nove per il che sono salariati da diversi, et essi tengono banchetti, case et scrittori a tal effetto585. Diese Verordnung wurde im Jahr 1587 erneuert und wie auch in Rom um das Gebot ergänzt, Novellanten anzuzeigen, sowie durch die Androhung schwerer Strafen wie dem Abschneiden der rechten Hand oder einer Verbannung586. Die venezianischen Avvisi der Jahre 1583 und 1584 berichteten darüber hinaus fast ausnahmslos über den Skandal um den venezianischen Gesandten in Konstantinopel Giacomo Soranzo, der vor Gericht gestellt wurde, weil er den „ausländischen“ Novellanten Livio Cellini beschäftigt und beköstigt hatte587, Cellini wurde beschuldigt, „während vieler Jahre und bis heute“ Nachrichten an den Großherzog der Toskana und den MediciKardinal weitergegeben zu haben588. Die Historiographie über die italienischen Avvisi – von Brendan Dooley bis hin zu Mario Infelise – hat bis jetzt vor allem betont, dass die Zensur hauptsächlich gegen persönliche Verleumdung gerichtet und außerdem nie in der Lage war, den „news flow“ in Rom oder in Venedig zu unterbrechen589. Im Gegenteil habe die konstante und sogar zunehmende Produktion von Avvisi und ihre Verbreitung in allen Gesellschaftsschichten eher die Grenzen politischer Macht in Italien markiert; gerade in diesem für die Ausformung der frühneuzeitlichen Öffentlichkeit so wichtigen Bereich sei die italienische staatliche und kirchliche Zensur gescheitert. Andererseits stellt sich angesichts der Unterschiede zwischen den deutschen und italienischen Avvisi, die im Laufe der Zeit immer deutlicher hervortreten, die Frage, ob die nachrichtenfeindliche Gesetzgebung Roms und Venedigs wirklich ohne Auswirkungen auf die Qualität der italienischen Avvisi dieser Epoche blieb. Die italienischen Nachrichten wurden zwangsläufig in einer zunehmend verschlüsselten   Infelise, Prima dei giornali 156; ders., Roman avvisi 215.   Über diese Ereignisse Mirella Giansante, Art. Cappello, Annibale, in: DBI (http://www.treccani.it/ enciclopedia/annibale–cappello_%28Dizionario_Biografico%29/ [Zugriff 25. 2. 2015]). 584  ASF MdP filza 4027, fol. 181r. 585  Zitiert nach Romanin, Storia documentata 129–132. 586 Ebd. 587  http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/personen/celini-livio. 588  Zitiert nach Infelise, Prima dei giornali 203. 589  Infelise, Roman avvisi 214–217; Dooley, De bonne main 1317–1344. 582 583



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und metaphorischen Sprache gehalten, so dass Leser, die der italienischen Alltagssprache nur bedingt mächtig waren, diese nur noch mit Schwierigkeiten entschlüsseln und begreifen konnten.

Berichterstattung und Inhalte Zum Schluss dieses Beitrags soll es darum gehen, einem weiteren Faktum in diesem Prozess der allmählichen Entwicklung und Distanzierung der deutschen und italienischen Zeitungen am Beispiel der Fuggerzeitungen zu folgen, nämlich dem Entstehen eines immer umfassenderen deutschsprachigen Nachrichtennetzwerks, das in der Zeit um 1600 bereits sehr gut ohne die italienischen Avvisi funktionierte. Dabei wird aufgezeigt, wie sich der Stil und die Inhalte der Zeitungen und der Avvisi jeweils zeitgleich zueinander fortentwickelten. Diese simultan stattfindende Entwicklung bildete die Grundlage dafür, dass es den Fuggern gegen Ende des 16. Jahrhunderts möglich war, ihr Nachrichtennetzwerk in seiner ganzen geographischen Breite und Vielfalt vollständig in deutscher Sprache zu unterhalten. Die Art der Berichterstattung und die vornehmlichen Inhalte der deutschen Zeitungen sind bereits von Oswald Bauer untersucht und auch von Katrin Keller am Anfang dieses Bandes nochmals aufgegriffen worden590. Im Großen und Ganzen handelten die italienischen Avvisi ebenso wie die deutschen Zeitungen hauptsächlich von politischen und militärischen Ereignissen wie Kriegen und Truppenbewegungen, Zeremonien bei Hof, Naturereignissen usw. Wie bereits erwähnt, waren die italienischen Berichte oftmals etwas länger, während das Hauptaugenmerk den beteiligten Akteuren und nicht so sehr den verschiedenen geographischen Orten galt. Eine Besonderheit der italienischen Quellen ist deren Berichterstattung über den venezianischen Senat und die Kurie in Rom, aus der viele Einzelheiten über Beamte der Republik Venedig oder die Kardinalsfamilien zu erfahren sind. Zudem ließen die Avvisi der ersten Jahre kuriosen und spektakulären Begebenheiten viel mehr Aufmerksamkeit angedeihen, als es die deutschen Zeitungen taten, und berichteten ausführlich über Inquisitionsprozesse, Bücherverbrennungen sowie auch über Gerüchte, die in der venezianischen und römischen Gesellschaft zirkulierten. Auch über die fortschreitende Regulierung und Zensur handschriftlicher Nachrichten ist zu lesen, über die Strafen, die den Novellanten auferlegt wurden. In die Avvisi der späteren Jahrgänge wurden auch viele Details von Verbrechens- und Unglücksmeldungen aufgenommen, etwa über Verhaftungen und Verbannungen sowohl in Rom als auch in Venedig. In inhaltlicher Hinsicht sind bis 1580 viele Gemeinsamkeiten und Überschneidungen zwischen den italienischen und deutschen Quellen festzustellen, obschon die italienischen Zeitungen meist aus Rom, Venedig, Prag und Wien stammten und die deutschen hauptsächlich aus Antwerpen und Köln kamen. Ein grundlegender Unterschied zwischen den deutschen Zeitungen und den italienischen Avvisi der ersten Jahre der Fuggerschen Sammlung (1575 bis etwa 1580) ist, dass eine typische deutsche Zeitung höchstens über vier oder fünf Themen berichtete, die zusammen genommen einen Überblick über die Geschehnisse in der unmittelbaren Umgebung des Absendeortes gaben, ergänzt durch Nachrichten aus weiter entfernten Regionen eines mehr oder weniger klar erkennbaren 590

  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 189–205; siehe oben S. 23f.

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Einzugsgebietes. Ein Avviso aus Rom oder Venedig hingegen enthielt typischerweise beides im großen Umfang, wie das Beispiel für 1578 schon gezeigt hat. Der Unterschied zwischen den römischen und venezianischen Zeitungen und denen aus Antwerpen aus dem gleichen Jahr wird sehr deutlich, wenn man beispielsweise die Zeitung aus Antwerpen vom 29. November 1578 herausgreift. Sie enthält insgesamt acht Meldungen aus Holland und den niederländischen Provinzen591. Die erste davon betrifft die Einnahme der Städte Deventer und Weert durch die Generalstaaten sowie die Belagerung Roermonds. Dann wird über den möglichen Entsatz dieser Stadt durch spanische Truppen aus Löwen und Diest berichtet, die andernorts nichts hatten ausrichten können. Anschließend wird vom Aufenthalt des Prinzen von Oranien in Dendermonde und von der Belagerung von Gent gemeldet, dass die Stadt sich trotz der Aufforderung durch den Prinzen noch nicht ergeben habe. Pfalzgraf Johann Casimir befinde sich noch in der Stadt, während Truppen in Westflandern großen Schaden anrichteten. In Arras, Lille und anderen Städten und Regionen sei eine neue Kriegssteuer erhoben worden. Die Reiter der Generalstaaten lägen noch bei s’Hertogenbosch und erwarteten ihren Sold. Auch die deutschen Truppen in spanischem Dienst würden auf den Sold warten und erhielten noch dazu wenig Proviant, weil dessen Transport aus dem Bistum Lüttich und aus Deventer gesperrt sei. Den Abschluss bildeten Nachrichten über den Herzog von Alençon, der sich bei Mons befand, während seine Truppen noch in Burgund waren, sowie über die Restituierung geistlicher Güter und die Kriegszahlungen der Stadt Gent. Wenn man alle Zeitungen und Avvisi des Januar 1578 zusammen betrachtet, tritt der Unterschied noch deutlicher zutage. Für diesen Zeitraum verfügen wir über sieben Zeitungen – allesamt aus Antwerpen – und zehn Avvisi, davon drei aus Rom, drei aus Venedig und vier aus Wien. Zunächst einmal berichteten die Zeitungen aus Antwerpen natürlich über Brüssel und die Niederlande. Der geographische Ortsname, der am häufigsten in der Berichterstattung auftaucht, ist zwar Spanien – dies aber nicht etwa, weil besonders viele Nachrichten über dieses Land in Antwerpen eingetroffen wären, sondern nur deshalb, weil es den Niederlanden im Krieg gegenüberstand. Die Orte, über die aber tatsächlich auch inhaltlich viel berichtet wurde, waren an erster Stelle Brüssel (und zwar in allen sieben Zeitungen), Roermond und Mechelen. Ferner kamen auch Meldungen aus England und Schottland in Antwerpen an sowie Nachrichten aus dem Alten Reich, ­zumindest wenn diese in irgendeiner Weise auch mit den Niederlanden zu tun hatten. Dies hat zur Folge, dass auch die am häufigsten erwähnten Personen durchweg im Zusammenhang mit dem Spanisch-Niederländischen Krieg standen: Philipp II. von Spanien, Juan de Austria, der Kastellan von Antwerpen Cristobal de Mondragón y Otalora, oder Philippe III. de Croy, duc de Aarschot. Was die italienischen Avvisi angeht, so vermittelt die Beschreibung der ersten Gazette vom Januar 1578 vorn schon einen Eindruck von der schieren Menge und Vielfalt an Personen und Orten, über die in einem solchen Avviso aus Rom und Venedig berichtet wurde. Jener aus Wien, der zur selben Zeitungssendung gehört592, deckte ein Gebiet ab, das von Ungarn über Danzig und Rostock bis in die Schweiz reichte. Die übrigen Avvisi aus Wien593 hatten vor allem die Ereignisse rund um die möglicherweise bevorstehende Reise Rudolfs II. nach Bratislava/Preßburg und den dort stattfindenden ungari  ÖNB Cod. 8951, fol. 335r–336r.   ÖNB Cod. 8951, fol. 391r–391v. 593  ÖNB Cod. 8951, fol. 399r–399v, 400r, 403r. 591 592



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schen Landtag zum Thema, außerdem den Gesundheitszustand von Kaiserin Maria, die Übereinkunft über die Kriegstribute zwischen dem polnischen König Stefan Bathory und Danzig/Gdańsk, die russischen Truppenbewegungen in Livland sowie die Hochwasserlage der Donau. Eine Konsequenz der oben erwähnten Provinzialisierung der italienischen Berichterstattung sowie der Konsolidierung eines deutschsprachigen Nachrichtennetzwerks ab ca. 1580 war es, dass die wichtigsten kriegerischen Ereignisse der Zeit in der Fuggersammlung nicht so sehr durch die italienischen, sondern viel mehr durch die deutschen Quellen überliefert sind. Aus Italien berichtet man z. B. weiterhin über Spanien und Frankreich, jedoch eher über Begebenheiten, die selten oder nicht in den deutschen Zeitungen auftauchen, wie die Reise des Herzogs von Joyeuse nach Venedig im Jahr 1583594 oder über die Rückkehr der Kaiserin Maria nach Spanien595 und ihre neuen politischen Aufgaben, über Streitigkeiten zwischen der Königinmutter in Frankreich und Margarethe von Parma wegen einiger Gebiete in Italien596, über die Reorganisation des Hofstaats in Spanien, über die Pest im Osmanischen Reich und die politische Rolle der Sultana597 oder über die Absetzung des Großmeisters des Malteserordens. Auf internationalem Gebiet kreist die Berichterstattung der deutschen Zeitungen der Jahre 1583 bis 1586 dagegen um Themen wie die Belagerung, Eroberung und Neuorganisation von Antwerpen, das Attentat auf Wilhelm von Oranien und dessen Tod, die Belagerung von Oudenaarde durch Alessandro Farnese, die Schlacht von Ponta Delgada oder die Thronfolge bei den Krimtataren. Gemeinsame Themengebiete bleiben der Osmanisch-Persische Krieg und die Kriege in Köln, Frankreich und in den Niederlanden. Gerade über diese zwei letztgenannten Themen ist jedoch die Berichterstattung in den deutschen Zeitungen viel ausführlicher als in den italienischen. Hinsichtlich der zweiten Phase von 1580 bis zum Ende der Überlieferung ist vor ­allen Dingen darauf hinzuweisen, dass die deutsche Zeitungsproduktion als Beleg für ein ausgeprägtes Interesse an detaillierten Kenntnissen über die Besonderheiten der beschriebenen Orte, Schlachten oder Truppenbewegungen gelten kann, das in den italienischen Avvisi der Fuggersammlung so nicht vorzufinden ist. Dass nicht mehr alle wichtigen europäischen Nachrichten unbedingt über Rom und Venedig fließen mussten, lässt sich auch am Auftauchen von weiteren wichtigen Absendeorten in der Fuggerschen Sammlung ablesen, wo bis Anfang der neunziger Jahre auch regelmäßig aus Istanbul und dauerhaft aus dem immer wichtiger werdenden Köln berichtet wurde. In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre avancierte die Zeitung aus Köln zur maßgeblichen deutschsprachigen Zeitung, die denn auch in verschiedenen Versionen ins Italienische übertragen wurde. Des Weiteren kommen zwei zentrale Themen der achtziger Jahre in den italienischen Avvisi überhaupt nicht vor: der Krieg zwischen Spanien und England mit der Niederlage der spanischen Armada und der Lange Türkenkrieg. Italienischsprachige Avvisi kamen nach 1586 ja fast ausschließlich aus Lyon, von wo aber nur aus Frankreich berichtet wurde598. Es steht außer Zweifel, dass die überlieferten deutschen Zeitungen aus Rom und Venedig sich an jene auf Italienisch anlehnten, die wir in diversen Exemplaren in italieni  Einzelnachweise unter http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/personen/joyeuse-antoine-scipion-duc-de.   Einzelnachweise unter http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/personen/maria-de-austria. 596   Einzelnachweise unter http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/personen/parma-margarethe-farnese-von. 597  Einzelnachweise unter http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/personen/safiye-sultan-safiye-sultan. 598   In anderen deutschen Zeitungssammlungen sind diese Übertragungen schon seit den ausgehenden siebziger Jahren erkennbar, siehe oben den Beitrag von Katrin Keller zu den Zeitungssammlungen im Alten Reich, passim. 594 595

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Die Fuggerzeitungen: zwei Seelen, ein Leib

schen Sammlungen finden können, jedoch sind sie nicht einfach wortwörtliche Übersetzungen, sondern vielmehr Übertragungen, durch die der italienische Avviso in das deutschsprachige Nachrichtenpanorama integriert wurde, sowohl was die äußere Form als auch, was den Inhalt betrifft. Diese Übertragung setzt natürlich voraus, dass es auch im deutschsprachigen Umfeld wohl etablierte Nachrichtengenres und ein Publikum mit entsprechenden Erwartungen an Form und Inhalt gegeben haben muss, für das die Nachrichtenprodukte aus Italien in eine Form umgewandelt wurden, wie sie nördlich der Alpen üblich war. Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, reisten allerdings auch auf umgekehrtem Wege Nachrichten auf Deutsch aus Antwerpen, Köln und Augsburg in Richtung Venedig und Rom und wurden hier in Avvisi verwandelt. Wie diese Übertragung in der Praxis erfolgte, kann anhand der Fuggersammlung nur durch den zweisprachigen Band des Jahres 1601 dargestellt werden. Deshalb soll hier dieser Band noch einer genaueren Analyse hinsichtlich der Anzahl von Orten und Personen unterzogen werden, die in den Avvisi und Zeitungen aus Rom und Venedig in den Monaten Januar, Juni und November des Jahres 1601 namentlich erwähnt werden. Tabelle 9: Quantitative Strukturen der Überlieferung – Zeitungen und Avvisi 1601

Datum Januar 5.01.1601 5.01.1601 6.01.1601 6.01.1601 6.01.1601 (a) 12.01.1601 12.01.1601 12.01.1601 (a) 13.01.1601 13.01.1601 13.01.1601 (a) 19.01.1601 19.01.1601 20.01.1601 20.01.1601 20.01.1601 (a) 26.01.1601 26.01.1601 26.01.1601 (a) 27.01.1601 27.01.1601 Juni 1.06.1601

Sprache italienisch deutsch italienisch deutsch deutsch italienisch deutsch deutsch italienisch deutsch deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch deutsch italienisch deutsch deutsch italienisch deutsch

Absendeort

Anzahl der erwähnten Orte

Anzahl der erwähnten Personen

Venedig Venedig Rom Rom Rom Venedig Venedig Venedig Rom Rom Rom Venedig Venedig Rom Rom Rom Venedig Venedig Venedig Rom Rom

28 14 17 7 3 35 17 11 15 5 8 26 11 19 12 3 29 12 2 35 8

13 9 13 9 2 18 10 4 22 10 5 12 6 29 7 7 17 9 2 7 3

italienisch Venedig

20

9



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Datum 1.06.1601 2.06.1601 2.06.1601 8.06.1601 8.06.1601 9.06.1601 10.06.1601 15.06.1601 15.06.1601 16.06.1601 16.06.1601 22.06.1601 23.06.1601 23.06.1601 23.06.1601 29.06.1601 29.06.1601 30.06.1601 30.06.1601 November 2.11.1601 2.11.1601 3.11.1601 3.11.1601 9.11.1601 9.11.1601 10.11.1601 10.11.1601 16.11.1601 16.11.1601 17.11.1601 17.11.1601 23.11.1601 23.11.1601 24.11.1601 30.11.1601

Sprache deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch deutsch italienisch italienisch deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch

Absendeort Venedig Rom Rom Venedig Venedig Rom Rom Venedig Venedig Rom Rom Venedig Venedig Rom Rom Venedig Venedig Rom Rom

italienisch deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch italienisch deutsch deutsch deutsch deutsch deutsch

Venedig Venedig Rom Rom Venedig Venedig Rom Rom Venedig Venedig Rom Rom Venedig Venedig Rom Venedig

Anzahl der erwähnten Orte 8 8 13 29 9 10 31 28 16 16 9 35 15 28 13 24 14 27 14 15 9 16 6 16 10 16 9 17 7 13 6 10 15 5 9

131

Anzahl der erwähnten Personen 7 19 13 21 3 9 30 19 5 20 6 19 2 26 7 12 5 18 5 16 6 29 15 15 7 18 9 11 5 27 9 5 15 4 8

Während die Inhalte der Berichte in den Avvisi und Zeitungen vom Januar im Großen und Ganzen dieselben waren, wird in den Avvisi eine ungleich größere Zahl von Orten und Personen namentlich erwähnt. 204 Orte und 131 Personen stehen hier nur 125 Orten und 83 Personen gegenüber, die in den Zeitungen namentlich genannt werden.

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Ein ganz ähnliches Verhältnis ist auch in den Zeitungen und Avvisi vom Juni gegeben (247 zu 123 Orten und 193 zu 62 Personen); nur im November findet eine leichte Verschiebung in Richtung einer Angleichung statt (93 zu 86 Orten und 116 zu 83 Personen), was aber allein darauf zurückzuführen ist, dass für diesen Monat drei italienische Avvisi in der Sammlung fehlen. Wenn in den Avvisi also über mehr oder weniger dieselben Dinge berichtet wurde wie in den Zeitungen, worin unterschieden sie sich dann wirklich von den Zeitungen? Eine Mikroanalyse des Transfers eines einzelnen römischen Avviso vom Januar 1601 in zwei Zeitungen kann uns dabei helfen, diese Frage zumindest ansatzweise zu beantworten. Der römische Avviso vom 6. Januar 1601599 beginnt mit der Ankündigung, dass das Jubiläum dieses Jahres aufgrund einer Erkrankung des Papstes und der damit einhergehenden Unmöglichkeit, die Heilige Pforte zu schließen, verlängert werden würde. Gläubige, die in den Genuss dieser Verlängerung kommen wollten, konnten an nur einem Tag alle vier Kirchen aufsuchen und anschließend gesegnet werden. Die Nachricht wurde akkurat ins Deutsche übertragen600, mit der einen Abweichung, dass es in der italienischen Version vor allem um die Gesundheit des Papstes zu gehen scheint, während in der deutschen Fassung der Schwerpunkt auf der praktischen Frage der Schließung der Heiligen Pforte und der Verlängerung des Jubiläums liegt. Abgesehen davon finden jedoch in beiden Fassungen genau dieselben Orte und Personen Erwähnung. Die nächste Meldung in beiden Fassungen handelt ebenfalls von römischen Angelegenheiten, genauer von der Verhinderung vieler Kardinäle an der Teilnahme am Sacro Collegio durch das Hochwasser des Tiber. Die Warnung war am Abend des vorangegangenen Sonntags gegeben worden, so berichtet der Avviso gleich zu Beginn der Meldung, im Gegensatz zur Zeitung, die dieses Detail erst am Ende der Meldung erwähnt. Der größte Unterschied zwischen den beiden Meldungen liegt jedoch in der Ausführlichkeit der Beschreibung der vom Hochwasser verursachten Schäden. Im italienischen Avviso wurde das Organisationstalent des Kardinals San Giorgio gelobt, ebenso die Tatkraft des Papstes höchstselbst, dessen Unterstützung der Armen und besitzlos Gewordenen eine Tragödie unter der römischen Bevölkerung verhindert habe. Die Zeitung hingegen berichtete von der unter Wasser stehenden Kirche San Rocco und enthielt ferner lediglich eine allgemeine Beschreibung der Schäden, die Häuser und Personen durch das Hochwasser erlitten hatten. Da sie sich an ein multikonfessionelles Publikum in einem ebensolchen Umfeld richtete, vermied es die deutsche Zeitung, den Papst in allzu hohen Tönen zu loben. Auch das, was der römische Novellant über den Rombesuch einer Gruppe deutscher Prinzen – darunter der Sohn des Kurfürsten von Sachsen – zu melden hatte, blieb in der Zeitung zumindest in seiner ursprünglichen Form unerwähnt. Im Italienischen wurden die Fürsten „von Seiner Heiligkeit empfangen, um sie auf eine gute Konversion einzustimmen“; im Deutschen wurde daraus ein Empfang durch den Papst, der als Ehrerbietung gegenüber den Prinzen aus hohem Hause zu verstehen war. Ein weiteres Merkmal, durch das sich die beiden Quellen voneinander unterscheiden, sind wohl die Interessen der Leserschaft, soweit man aus der Art der Berichterstattung auf diese schließen kann. Die Leser der Avvisi interessierten sich demnach vor allem für das Hofzeremoniell, für pikante Details, Kuriositäten und Intrigen, ebenso jedoch für das 599 600

  ÖNB Cod. 8974, fol. 6v–7v.   ÖNB Cod. 8974, fol. 264r–264v.



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politische Geschehen, wobei bei alledem der genauen zeitlichen Abfolge des Geschehens und dem zeitlichen Abstand, der zwischen Ereignis und Berichterstattung lag, eine besondere Bedeutung beigemessen wurde. Da die Leser der Zeitungen es gewohnt waren, hauptsächlich Nachrichten von Kriegsschauplätzen zu bekommen, neigten die Novellanten dazu, im Deutschen den Stil der Kriegsberichterstattung beizubehalten, obwohl weder in Rom noch in Venedig ein Krieg stattfand und man von keiner der beiden Städte genauere Informationen über die Kriege in anderen Gebieten erlangen konnte. In den Fällen, in denen es um Krieg ging und genauere Angaben fehlten, stützten sich die Novellanten in Augsburg oftmals gleich auf mehrere Quellen, wie die zwei folgenden Abschnitte unseres Avviso vom 6. Januar 1601 zeigen. Die Nachrichten, die aus Lyon kamen, berichteten von der Trauung Heinrichs IV. von Frankreich mit Maria dè Medici, die von Kardinal Aldobrandini vorgenommen wurde. Dieser sehr knapp gehaltene Bericht (hat man anders nichts) wurde in der deutschen Fassung um einige wissenswerte Details ergänzt, etwa über den enormen Wert der Krone, die die Königin geschenkt bekam, mit einem großen Diamanten (einer Nuss gross), dessen Wert auf etwa eine halbe Million Gulden beziffert wurde. Im italienischen Bericht über das Ereignis sind hingegen genauere zeitliche Angaben enthalten: die Meldung aus Lyon war am 19. Dezember in Rom eingetroffen und berichtete von einem Ereignis, das am 16. Dezember stattgefunden hatte. Im Anschluss wurde wie im deutschen Bericht auch der Wert der Krone angegeben, aber hauptsächlich näher auf das Hofzeremoniell eingegangen; dabei gelangten auch Details über die Rolle einzelner Beteiligter am Geschehen in den Bericht: Zunächst wurde die Messe abgehalten, dann folgte der Ausruf der Menge „Lang lebe der König und die Königin!“, wobei zugleich Münzen mit dem Bildnis des Königs ausgeworfen wurden. Danach fand das Hochzeitsbankett statt, bei dem die Gäste, deren Sitzordnung ebenfalls erwähnt wurde, an drei Tischen saßen. Es folgt eine Schilderung des anschließenden Tanzes und die Mitteilung, dass in der Nacht zuvor König und Königin die Ehe vollzogen hätten und am Morgen danach nach französischem Brauch der Beweis dafür den anwesenden Kardinälen vorgelegt worden sei. Weiterhin habe die Königin sechs Artilleriegeschütze geschenkt bekommen, so dass sie nach Belieben dem König auch dann folgen konnte, wenn dieser in die Schlacht zog. Das Hochzeitszeremoniell wurde in der deutschen Fassung dagegen in vier kurzen Sätzen zusammengefasst. Ganz anders der folgende Bericht über eine bestimmte Episode im Konflikt zwischen Frankreich und Savoyen, bei dem der deutsche Novellant an zwei Stellen Informationen hinzufügte, die er wohl direkt aus anderen französischen und italienischen Quellen übernommen hatte. Die Meldung lautete, dass der Gouverneur von Sainte-Catherine sich nach der Übergabe der Festung nach Genf zurückgezogen habe und dass die Einwohner von Bourg-en-Bresse um einen Waffenstillstand gebeten hätten, bis sie soweit verstärkt und ausgerüstet sein würden, um den königlichen Truppen entgegen treten zu können, hatte doch der König zusätzlich zu den bereits stationierten Truppen weitere 4.000 Soldaten entsandt. Die Zeitung ergänzte diesen Bericht um zwei weitere Einzelheiten: die Dilation für Bourg-en-Bresse dauerte vom 17. bis zum 23. Dezember, und die Verstärkung der königlichen Truppen bestand nicht nur aus 4.000 Soldaten, sondern außerdem auch noch aus ebenso vielen Infanteristen. Dass sich die deutschen Novellanten für die Berichterstattung über Frankreich immer wieder auch anderer Quellen als nur der italienischen Avvisi bedienten, wird auch durch den wirklich sehr knapp gehaltenen Avviso aus Rom vom 6. Januar bestätigt, der nur zwei

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kurze Meldungen enthält601: einmal über den Rückruf Kardinal Aldobrandinis aus Lyon nach Rom, und dann über die mögliche Kapitulation von Bourg-en-Bresse am 23. Dezember. Was die Aussetzung der Vermittlungsmission des päpstlichen Legaten zwischen Frankreich und Savoyen betrifft, so können wir einzig auf die deutsche Quelle zurückgreifen, in der erläutert wird, dass Frankreich inzwischen die Herrschaft über fast ganz Savoyen erlangt habe, weshalb sich die Friedensverhandlungen immer schwieriger gestalteten, ungeachtet der Bemühungen Kardinal Aldobrandinis als Vermittler. Man fürchte nun, letzterer sei vom Papst bei eillender Post nach Rom zurückgerufen worden. Im italienischen Avviso602 wurde diese Meldung in zwei Teile unterteilt. Im ersten wurden die Gebietsansprüche, die Frankreich in Savoyen stellte, genauer benannt ­(Saluzzo, Nizza und Montmélian), wobei dieser Teil der Nachricht inmitten von Meldungen aus Rom über den Tod von Goffredo Lomellini auftaucht. Bevor schließlich auch der zweite Teil der Nachricht vom Rückruf Aldobrandinis nach Rom erwähnt wurde, folgten zunächst Meldungen aus Florenz, so dass ein nicht hinreichend über den Charakter der Mission Aldobrandinis informierter Leser außerstande gewesen wäre, die beiden Teile der ursprünglichen Meldung überhaupt miteinander in Verbindung zu setzen. Darüber hinaus enthielt der Avviso ganz zum Schluss noch zwei Nachrichten, die in keiner der beiden deutschen Zeitungen zu finden sind. Während wir es bis zu diesem Punkt mit den Entwicklungen auf der französischen Seite zu tun hatten, betrafen diese beiden Meldungen die letzten Gegenoffensiven Savoyens in Tarantasca, im Piemont und in Casteldelfino. Auch die deutschen Nachrichten aus Florenz scheinen auf mehrere unterschiedliche Quellen zurückzugehen, von denen einige andere gewesen sein müssen als die, auf die sich der Avviso aus Rom stützte. Dieser hatte wie auch der deutsche Bericht zunächst mitgeteilt, dass der Großherzog der Toskana per Dekret verboten hatte, Proviant und Waffen aus seinem Herrschaftsgebiet auszuführen zum Nachteil der spanischen Truppen, die in den toskanischen Gebieten stationiert waren. Der Bericht setzte mit einer Schilderung der Schäden fort, die ein Unwetter zunächst in Pisa und dann auch in der übrigen Toskana und der Romagna verursacht hatte. In der Zeitung hingegen wurde die vorangehende Meldung weiter vertieft, indem sie davon berichtete, dass der Großherzog eine Armee von Kürassieren nach französischem Vorbild rekrutiert habe, um im Notfall darauf zurückgreifen zu können. In seinem Kapitel „Kulturtransfer durch Nachrichtentransfer“ hat Oswald Bauer die Länge der deutschen und der italienischen Nachrichten in den Fuggerzeitungen verglichen und festgestellt, dass „die Nachrichten aus Italien in späterer Zeit nicht mehr wörtlich übersetzt, sondern zusammenfasst wurden“603. Abschließend können wir feststellen, dass die mikroanalytische vergleichende Gegenüberstellung dieses Avviso und der entsprechenden Zeitung desselben Ortes und Datums diesen Eindruck bestätigt. Die zwei Texte zeigen viele Ähnlichkeiten in den Inhalten und wesentliche Unterschiede im Stil. Es sind aber gerade diese Unterschiede im Stil sowie die wenigen inhaltlich unterschiedlichen Stellen, die unsere Schlüsse von denen Bauers abheben. Der Stil der deutschen Nachrichten zeigt vielmehr, dass sie keine einfachen Zusammenfassungen beziehungsweise kürzere Übersetzungen italienischer Avvisi waren, die von unprofessionellen Novellanten angefer  ÖNB Cod. 8974, fol. 269r.   ÖNB Cod. 8974, fol. 7v. 603  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 150. 601

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tigt wurden. Die kleinen Unterschiede sowie die Entscheidung, über manches ausführlich und anhand zusätzlicher Quellen zu berichten, während anderes nur kurz erwähnt wurde, sind eher auf professionelle Erwägungen deutscher Novellanten zurückzuführen, die ihr Publikum kannten. Wenn auch über die Augsburger Schreibstuben noch vieles zu erforschen bleibt, so lässt sich doch schon jetzt sagen, dass die dortigen Nachrichtenschreiber durchaus als Produzenten von Nachrichten gelten können, die in keinem Fall nur Texte übertrugen, sondern eine völlig neue Form der Übermittlung von Informationen ins Leben riefen. Anhand der vorhandenen Nachrichten in verschiedenen Sprachen und unterschiedlicher Provenienzen wurden eigene Zeitungen konstruiert, die zwar im Hinblick auf den Ursprung der Meldungen überregional waren, sich im Stil der Berichterstattung aber an die Erwartungen des deutschsprachigen Publikums anpassten. Alles in allem folgte die Umsetzung der Avvisi in deutsche Zeitungen einer Praxis der „domestication“ und „adapation“604, wie sie in der frühen Neuzeit in fast allen Arten von „Übersetzungen“ dominant war, zumindest bis zur Wende der „europäischen Episteme“ um 1800605, als sich „foreignization“ gleichzeitig mit Historizismus und Romantizismus durchsetzte, um – mit den Worten Peter Burkes – verschiedene Weltsichten, aber gleichzeitig auch die Vergangenheit als fremdes Land darzustellen606. Im Fall der geschriebenen Zeitungen erfolgte allerdings diese „domestication“ nicht wie in traditionellen Übersetzungen durch einen Doppelprozess der Dekontextualisierung und Rekontextualisierung607, sondern es handelte sich hier um die Zirkulation desselben Mediums mit oft ähnlichen Inhalten, das sich, einem bestimmten Nachrichtennetzwerk und den Erwartungen und Interessen eines bestimmten Publikums folgend, langsam modifizierte, aber in seiner inneren Struktur und seinem Ziel unverändert blieb. Das bedeutet, dass der Transfer von Avvisi zu Zeitungen zu Beginn des 17. Jahrhunderts, auf den wir uns hier beziehen, einen sehr anderen Charakter hatte als jener, den Cornel Zwierlein für die Mitte des 16. Jahrhunderts postuliert hat608. Zum einen waren die handschriftlichen Avvisi in der Zwischenzeit zu einem „paneuropäischen Phänomen“ avanciert, das an die jeweils unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten und kulturellen Besonderheiten angepasst wurde609. Die historiographische Debatte zum Thema betrifft für diese Zeit also nicht nur die italienischen und deutschen Staaten, sondern ein Phänomen, das in ganz Europa zu beobachten ist und bei dem es zunehmend schwieriger wird, im Geflecht der Kommunikationswege den eigentlichen Ursprungsort der verschiedenen Nachrichten auszumachen. Andererseits war die Informationslücke, von der Zwierlein mit Bezug auf den deutschsprachigen Raum sprach, längst geschlossen worden. Was schließlich unsere ursprüngliche Frage betrifft, ob wir es bei den Avvisi beziehungsweise Zeitungen mit zwei einander mehr oder weniger ähnelnden Typen von Quellen zu tun haben, kann man anhand der Fuggerschen Sammlung nur eine partielle beziehungsweise kontextuelle Antwort geben, da hier nur ein Teil der italienischen Avvisiproduktion sichtbar ist, nämlich Zeitungssendungen aus Venedig, die auch römische und in den ersten Jahrgängen Wiener Avvisi enthalten. Auch die räumliche Ordnung, die wir   Burke, Cultures. Zur Übersetzung von Periodika siehe Pallares-Burke, Spectator.   Foucault, Les mots et les choses. 606  Burke, Cultures 35. 607 Nach Pallares-Burke, Spectator 43, stellt die periodische Presse der 17. Jahrhunderts eines der besten Beispiele für „the cultural and well as the literal translation of the news“ dar. 608  Zwierlein, Fuggerzeitungen 178. 609  Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 366. 604 605

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anhand der Fuggerzeitungen rekonstruieren können, ist von der Biographie der Brüder Fugger und der Überlieferungsgeschichte der Sammlung geprägt. In dieser Konstellation unterscheiden sich die deutschsprachigen Zeitungen in zwei wichtigen Punkten von den italienischsprachigen Avvisi: Zum einen zeichnen sich die beiden untersuchten Medienformen durch ihre sehr unterschiedlichen geographischen Zusammenhänge („Régimes de spatialité“) aus, die aber zusammengenommen die Informationskoordinaten der Zeit widerspiegeln. Zum anderen waren die zwei Formen stilistisch unterschiedlich und reagierten auch in differenter Weise auf die Informationsexplosion der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts610 – die einen, indem sie eine Vielzahl von Einzelpersonen und -ereignissen in den Nachrichten wiedergaben; die anderen mit einer Multiplizierung der Absendeorte von Nachrichten, die noch dazu den Leser über das Geschehen in ihrem Umkreis immer präziser auf dem Laufenden zu halten hatten. Noch zu erforschen bleibt die mögliche Verbindung zwischen diesen stilistischen und strukturellen Unterschieden und der schriftlichen Tradition der beiden geographischen Kontexte sowie die Veränderung infolge von Zensurbemühungen am Übergang zwischen dem 16. und dem 17. Jahrhundert. Schließlich kann man anhand der Fuggerzeitungen feststellen, dass Avvisi und Zeitungen unterschiedliche sprachliche und kulturelle Varianten desselben Mediums waren, deren Unterschiede nicht im Sinne einer Entwicklung vom handgeschriebenen italienischen Avviso des 16. Jahrhunderts hin zur geschriebenen deutschen Zeitung und dann von dieser zur gedruckten Wochenzeitung des 17. Jahrhunderts erklärt und gedeutet werden können. Vielmehr deutet die Koexistenz der zwei verschiedenen Medien-Typen in der Sammlung darauf hin, dass sich im untersuchten Zeitraum eine komplexe Informationslandschaft herausbildete, in der sich verschiedene Lesergruppen mit stetig ausgereifteren und auch schärfer umrissenen Interessen über verschiedene Kanäle Zugang zum Nachrichtenmarkt verschafften.

610   Für eine allgemeine Darstellung der „Wissensexplosion“ des 16. und 17. Jahrhunderts siehe Burke, Gutenberg bewältigen 237–248. Spezifischer zum Konzept der Information in der frühen Neuzeit und die Systematisierung der Informationen: Information in der Frühen Neuzeit.



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Die Fuggerzeitungen im Kontext italienischer Sammlungen von Paola Molino

Ging es im vorangehenden Abschnitt noch hauptsächlich darum, die Avvisi im Kontext der Fugger-Sammlung zu untersuchen, so wird die Sammlung im Folgenden vergleichend mit zwei weiteren Sammlungen von Avvisi betrachtet, die in italienischen Bibliotheken und Archiven aufbewahrt werden: Zum einen die Sammlung der Großherzöge der Toskana und ihrer Sekretäre, die heute zu den Archivbeständen des fondo Mediceo del Principato im Staatsarchiv in Florenz gehört, andererseits die Avvisisammlung der Herzöge von Urbino, die in der Vatikanischen Bibliothek in Rom aufbewahrt wird. Analog zu Katrin Kellers Kapitel über die Zeitungssammlungen im Alten Reich wird dabei die Struktur der Sammlungen handschriftlicher Avvisi in Florenz und Rom im Mittelpunkt stehen. Beide werden im Zusammenhang mit den übrigen Informationsquellen, die zur selben Zeit produziert wurden und sich ebenfalls in den genannten Bibliotheken und Archiven befinden, analysiert. Dabei geht es sowohl um eine quantitative Erfassung der Avvisi wie um die Frage nach der geographischen Herkunft der Nachrichten und dem Ort ihrer Zusammenstellung. Eine eingehende Betrachtung der Inhalte und der an der Erstellung und Verbreitung der Nachrichten beteiligten Akteure konnte im Rahmen dieses Projekts leider nicht geleistet werden und wird Gegenstand zukünftiger Forschungsarbeiten bleiben müssen. Die vorliegende Untersuchung zielt damit auf die Beantwortung zweier Fragen ab. Einerseits soll über die Rekonstruktion der jeweiligen Geographien des Nachrichtenverkehrs, wie sie die drei Sammlungen in Wien, Florenz und Rom widerspiegeln, geklärt werden, ob die strukturellen und quantitativen Veränderungen, die im Fall der Fuggerzeitungen beobachtet werden konnten, sich auch in den italienischen Avvisisammlungen niederschlagen. Ist dies der Fall, so wollen wir in einem weiteren Schritt untersuchen, ob das „Régime de spatialité“611, dessen sich die Fugger für die Beschaffung von Nachrichten aus ganz Europa bedienten, mit denen der italienischen Sammler vergleichbar ist, oder aber gänzlich eigenen Regeln und Interessenlagen folgte. Andererseits wirft die große Menge an Zeitungen aus dem Alten Reich und aus Flandern, die nicht nur in der Fuggerschen Sammlung anzutreffen sind, sondern ebenso in den genannten italienischen Sammlungen, die interessante Frage nach der Bearbeitung 611

  Siehe dazu oben S. 113f.

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deutschsprachiger Zeitungen und nach deren Platz in der „Medienlandschaft“ der italienischen Halbinsel auf, zumal diese Zeitungen, wie wir bereits gesehen haben, sich teilweise durchaus von jenen Nachrichtenprodukten unterschieden, die dem Publikum in Italien vertraut waren. Wenn wir im vorangehenden Abschnitt also der Frage nachgegangen sind, wie ein italienischer Avviso in eine Zeitung umgewandelt wurde, so wird nun ein erster Vergleich der Fuggerzeitungen mit den Zeitungen in den italienischen Sammlungen dazu dienen, den entgegengesetzten Prozess nachzuzeichnen, durch den Zeitungen in Avvisi umgewandelt wurden, um als solche nach Florenz oder Urbino verschickt zu werden.

Die Sammlung der Avvisi aus den Codici Urbinati latini Die Rolle, die die Nachrichtensammlung in den „Codici Urbinati latini“ der Vatikanischen Bibliothek in der italienischsprachigen Historiographie spielt, entspricht in etwa der der Fuggerzeitungen für die deutschsprachige Forschung. Sie ist eine der umfangreichsten, am meisten benutzten und bekanntesten Sammlungen geschriebener Zeitungen in Italien. Als Quelle für die Mediengeschichte wurde die Sammlung schon 1869 von Salvatore Bongi genutzt und 1908 von René Ancel detailliert beschrieben612. Vor allem Ancel hat die Urbinati latini als eigenständige Quellensammlung begriffen, die vollkommen unabhängig vom Kontext der Gesandtendepeschen entstand, und sie als Basis einer Fallstudie für die Entwicklung des Genre Avviso in den fünfziger und sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts benutzt613. Ancel war auch der erste, der sich gezielt mit der Entstehungsgeschichte der Sammlung auseinandersetzte und aufzeigte, dass deren erster Teil (bis 1571) auf Ulrich Fugger zurückgeht und ursprünglich in Heidelberg aufbewahrt wurde, während die übrigen Bände von den Agenten des Herzogs von Urbino in Rom zusammengestellt wurden. Aus Heidelberg kamen die Bände im Jahr 1623 nach Rom, als Herzog Maximilian I. von Bayern die gesamte Heidelberger Bibliotheca Palatina Papst Gregor XV. zum Geschenk machte. Nur etwas mehr als zwei Jahrzehnte später, im Jahr 1657, gelangte auch die Bibliothek der Herzöge von Urbino nach Rom, nachdem Herzog Francesco Maria II. della Rovere im Jahr 1631 ohne legitime Erben gestorben und das Herzogtum Teil des Kirchenstaates geworden war. Die beiden Bibliotheken wurden in der Vatikanischen Bibliothek in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander aufgestellt, wobei ihre jeweiligen Sammlungen von Avvisi in einer einzigen Serie zusammengefasst wurden614. In jüngerer Zeit hat Cornel Zwierlein weitere Einzelheiten dieser Entstehungsgeschichte dargestellt und nachgewiesen, dass all jene Avvisi aus Urbino, die aus der Zeit vor 1572 stammen, nachträglich in die Heidelberger Bände mit Zeitungen eingefügt wurden, wodurch die beiden gemischten Bände für die Jahre 1570 und 1572 zustande kamen615. Die Sammlung umfasst heute insgesamt 74 Bände, von denen die ersten fünf (Urb. lat. 1038 bis 1042)   Bongi, Le prime gazzette 311–346, hier 313; Ancel, Étude critique 115–139.   Ebd. 116–124. 614  Ebd. 121–124. Über die Zusammenlegung der zwei Bibliotheken mit besonderem Verweis auf die Sammlungen von Avvisi siehe Moranti–Moranti, Il trasferimento 91; Zwierlein, Fuggerzeitungen 179– 183. Für eine allgemeine Darstellung der Sammlung und interessante Beobachtungen zur Glaubwürdigkeit der Avvisi Urbinati vgl. Delumeau, Vie économique 1 25–36. 615  Zwierlein, Fuggerzeitungen 180f. Anm. 27. 612 613



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vorwiegend noch aus Heidelberg stammen und den Zeitraum von 1553 bis 1572 abdecken, wenn auch mit einigen Lücken616. Alle weiteren Bände (1043 bis 1112) stammen ausschließlich aus Urbino und enthalten jene Avvisi, die in der Zeit von 1573 bis 1648 dort gesammelt wurden. Wie wir im Folgenden aufzeigen werden, sind im aus Urbino stammenden Teil der Sammlung in der Hauptsache Avvisi aus Rom zu finden. Es ist denn auch kein Zufall, dass diese Sammlung – von der Geschichte der Päpste von Pastor bis zur Sozialgeschichte Delumeaus, von der Mediengeschichte von Dooley bis zur Frauengeschichte von Gigliola Fragnito – eine wichtige Quelle für die historische Forschung über diese Stadt in der frühen Neuzeit, die dortigen adeligen Familien und das Funktionieren der päpstlichen Kurie darstellt617. Diese kurze Beschreibung zeigt bereits, dass die Avvisisammlung aus Urbino besonders für einen Vergleich mit der Sammlung der Fuggerzeitungen geeignet ist, und zwar gleich auf zwei Ebenen. Zum einen wäre es möglich, den von Cornel Zwierlein entwickelten Ansatz weiter auszuarbeiten, indem man den ersten Band der Fuggerzeitungen618 mit den Bänden der Sammlung Urbinate, die sich ursprünglich in Heidelberg befanden (Urb. lat. 1040 bis 1042) vergleicht, um damit der Rolle, die verschiedene Familienlinien der Fugger bei der Verbreitung geschriebener Zeitungen nördlich der Alpen spielten, weiter nachzugehen619. Andererseits kann die Sammlung, wenn man vor allem die späteren Bände betrachtet, sehr gut als Grundlage für den Vergleich von zwei Netzwerken des Nachrichtenaustausch dienen, die sich gleichzeitig etablierten: jenes der Gebrüder Fugger auf der einen und jenes der Herzöge von Urbino auf der anderen Seite der Alpen. Auf den nächsten Seiten werden wir uns auf diese zweite Fragestellung beschränken. Um den Nachrichtenaustausch für einen möglichst langen Zeitraum und in möglichst detaillierter Form verfolgen zu können, wurden für unsere Untersuchung, die natürlich auf Stichproben beschränkt bleiben muss, die drei Jahrgänge 1578, 1588 und 1601 ausgewählt620. Für den Vergleich der Fuggerzeitungen in ihrer Eigenschaft als zweisprachiger Sammlung mit den italienischen Avvisi kam nur eine sehr begrenzte Auswahl der überlieferten Jahrgänge in Frage. Der Jahrgang 1578 ist bei den Fuggerzeitungen der erste, der sich überhaupt für einen solchen Vergleich eignet, weil hier zum ersten Mal sowohl deutsche als auch italienische Zeitungen zu finden sind; der Jahrgang 1588 ist der erste, in dem in den Fuggerzeitungen zwar keine italienischen Nachrichten aus Rom und Venedig enthalten sind, in dem aber zum ersten Mal deutschsprachige Zeitungen aus diesen Orten 616  Für den Zeitraum zwischen 1563 und 1565, als Ulrich Fugger unter „Hausarrest” stand, sind keine Avvisi überliefert, siehe ebd. 180. 617  von Pastor, Geschichte der Päpste, ab Band VII; Orbaan, La Roma di Sisto V 276–280; Delumeau, Vie économique 1 25–36; Dooley, De bonne main 1317–1344; sowie in jüngerer Zeit Fragnito, Storia di Clelia Farnese. 618  Zu diesem Band siehe oben S. 19. 619   Zwierlein, Fuggerzeitungen 180f. 620  BAV Urb. lat. 1046 (474 Blatt), 1056 (663 Blatt) und 1069 (792 Blatt); ÖNB Cod. 8951 (1578), Cod. 8961 (1588) und Cod. 8974 (1601). Entgegen eines Hinweises zu Beginn des Bandes 1046, nach dem Avvisi von 1578 auch im Band Vat. Lat. 6436 enthalten seien, ließen sich dort keine Exemplare aus dem genannten Jahr finden. Aufgrund von Bedenken in Hinblick auf die Konservierung der Bestände konnte von den drei genannten Bänden nur Cod. Urb. lat. 1056 im Original konsultiert werden. Die anderen Bände stehen in digitalisierter Form zur Verfügung, obschon die Qualität der Abbildungen teilweise sehr schlecht ist. Ich möchte mich an dieser Stelle bei Antonio Schiavi, dem Capo della Sezione Sale e magazzini dei manoscritti, und seiner Mitarbeiterin herzlich bedanken, die mir die zwei Bände 1046 und 1069 auch auf Mikrofilm zur Verfügung gestellt haben.

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auftauchen. Er dokumentiert also ein Wendejahr für diese Sammlung, in dem die meisten Unterschiede zu den italienischen Sammlungen zu erwarten waren. Der Band für 1601 ist der letzte, in dem – nach einer Lücke seit 1586 – nochmals ein ganzer Jahrgang italienische Avvisi aus Rom und Venedig enthalten ist. Angesichts der großen Menge der allein schon in diesen Bänden enthaltenen Avvisi und des begrenzten Zeitrahmens haben wir uns dazu entschlossen, jeweils nur drei Monate eines Jahrgangs mit den Fuggerzeitungen zu vergleichen (Januar, Juni und November)621. Ausschlaggebend für die Auswahl war dabei analog zur Vorgehensweise bei der Aufnahme der Fuggerzeitungen ausschließlich das auf den Avvisi selbst vermerkte Datum, nicht jedoch das Datum der ursprünglichen Zeitungssendungen, zu denen die Avvisi gehörten. Konkret bedeutet dies, dass etwa aus einer Zeitungssendung, die aus Venedig am 9. Januar 1588 abgeschickt worden war622 und die über den venezianischen Avviso hinaus einen Avviso aus Rom vom 2. Januar623, einen aus Antwerpen vom 27. Dezember 1587624 und einen aus Köln vom 24. Dezember 1587625 enthielt, nur jene Avvisi für den Vergleich herangezogen wurden, die auch wirklich auf den Januar 1588 datiert sind, also jene aus Venedig und Rom. Die entsprechenden Avvisi für den Januar 1588 aus Antwerpen und Köln hingegen wurden den nachfolgenden Zeitungssendungen entnommen, die ihrerseits bereits auf den Februar 1588 datiert waren626. Die so ausgewählten Avvisi Urbinati latini erscheinen als ein Quellenbestand, der in fast allen formalen Aspekten mit den Fuggerzeitungen vergleichbar ist – mit einem wichtigen Unterschied: die Urbinati latini sind so gut wie ausschließlich in italienischer Sprache geschrieben, einmal abgesehen von zwei auf Spanisch verfassten Avvisi627. Ebenso fehlen in dieser Sammlung fast durchgehend Dokumente628, wie sie in der Fuggerschen Sammlung regelmäßig auftauchen. Bei der römischen Sammlung handelt es sich ganz eindeutig um eine „reine“ Avvisisammlung. Die Avvisi wurden möglicherweise schon sofort nach ihrem Empfang in Pesaro aus der Korrespondenz der jeweiligen Agenten aussortiert, in eigenen Bänden gesammelt und in der Bibliothek aufbewahrt. Die Briefe der Agenten gelangten dagegen ins Archiv und sind deshalb heute nicht in Rom, sondern in Florenz aufbewahrt, wohin das Archiv der Herzöge von Urbino als Erbschaft von Vittoria della Rovere im Jahr 1638 gelangte629. In den Avvisi-Bänden sind nur vereinzelt auch Briefe der Agenten zu finden, die dann entweder von Ereignissen an Orten berichten, von denen die italienischen Novellanten keine regelmäßigen Meldungen erhielten, oder ausführlichere Berichte über Begebenheiten enthalten, die zwar auch in den Avvisi behandelt wurden, über die der Herzog von Urbino jedoch genauere Informationen wünschte. Außerdem findet man in den Bänden auch Zeitungen, die Weitersendungen von Berichten aus Feldlagern darstellten, wie beispiels  Zur Auswahl der Monate siehe oben S. 62.   BAV Urb. lat. 1056, fol. 9r–12v. 623  BAV Urb. lat. 1056, fol. 9r–10r. 624   BAV Urb. lat. 1056, fol. 10r–10v. 625  BAV Urb. lat. 1056, fol. 10v. 626   BAV Urb. lat. 1056, fol. 69v–70r, 75r. 627  BAV Urb. lat. 1046, fol. 412r–412v, Zeitung aus Gray (Bourgogne) vom 1. November 1578; fol. 437r, Zeitung aus Madrid vom 20. November 1578 mit der Unterschrift: Avvisi di Spagna havuti da Genova. 628  Zu dieser Unterscheidung siehe oben S. 19 und Tabelle 1, S. 20f. 629   Es gehört demnach heute zur Medici-Sammlung, mit Ausnahme jener Dokumente, die die Rechte des Heiligen Stuhls betreffen, die dem Geheimarchiv des Vatikans einverleibt wurden, vgl. Miretti, La documentazione sul Ducato di Urbino. 621 622



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weise die Berichte aus Luxemburg, die 1578 als Kopien von Briefen von Ottavio Gonzaga weitergeleitet wurden630, oder die Feldberichte dal campo sotto Canisa631. Diese können jedoch ohne Bedenken genauso als Avvisi angesehen werden, da sie auf der gesamten italienischen Halbinsel zirkulierten und in identischer Form an völlig verschiedenen Orten anzutreffen sind, wie etwa die erwähnten Berichte aus Ungarn, die sowohl in Rom als auch in der Sammlung der Medici konserviert wurden632. Tabelle 10: Vergleich der Urbinate und der Fuggerzeitungen633

November

gesamt

Januar

Juni

November

gesamt

Januar

Juni

November

gesamt

1601

Juni

1588

Januar

1578

Avvisi Urbinati Dokumente Urbinati

25

29

32

86

34

35

27

96

36

34

31

101

0

0

0

0

1

1

1

3

3

1

0

4

Fuggerzeitungen Dokumente Fuggerzeitungen

17

23

30

70

38

58

67 163

45

55

50

150

1

4

8

13

3

2

2

0

1

3

3

8

Wie die auf den Stichproben beruhende Tabelle zeigt, nehmen in Rom die Menge und der Umfang der Avvisi und Zeitungen in der Zeit von 1578 bis 1601 zu. Diese Zunahme erklärt sich einerseits daraus, dass die Sammlungen mit der Zeit immer systematischer wurden und sich die Gewohnheit verfestigte, Zeitungen und Avvisi nicht nur aufzubewahren, sondern überdies nach verschiedenen Taxonomien zu ordnen. Andererseits stieg schlichtweg die Menge der produzierten Nachrichten in diesem Zeitraum stetig an, so wie auch deren Weiterverarbeitung und Verbreitung durch die Novellanten in den inzwischen bekannten Nachrichtenzentren Rom, Venedig, Antwerpen und Köln immer wichtiger wurde. Der Umstand, dass die Sammlung aus Urbino für den Januar 1578 zwar mehr Avvisi enthält als die Sammlung der Fuggerzeitungen, sich dieses Verhältnis jedoch im Laufe der Zeit zunehmend umkehrt, ist damit zu erklären, dass die Menge deutschsprachiger Zeitungen in der Fuggerschen Sammlung wächst, während die Menge der italienischen Avvisi mehr oder weniger konstant bleibt634. So enthält etwa Cod. 8951 für den Januar 1578 zehn Avvisi und sieben Zeitungen und für den Juni 16 Avvisi und sieben   BAV Urb. lat. 1046, fol. 14r–16v, 28r–29r.   BAV Urb. lat. 1069, fol. 734r–743v, wöchentliche Berichte vom 6. bis 20. Oktober 1601. 632   ASF MdP filza 4578, unpag., Zeitungen aus Nagykanisza vom 5., 6. und 29. Oktober 1601. 633  Erhoben wurden für die Urbinate angesichts des Gesamtumfangs der Überlieferung nur die ausgewählten Monate Januar, Juni und November der Jahre 1578, 1588 und 1601. Auf diese Monate beziehen sich auch die Angaben zu den Fuggerzeitungen und die angegebene Gesamtzahl der Zeitungen bzw. Avvisi. 634  Siehe dazu oben S. 106 Tabelle 8. 630 631

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Zeitungen, im November jedoch bereits 14 Avvisi und 16 Zeitungen. Zehn Jahre später, im Jahr 1588, stehen die beiden Sammlungen nicht nur in Bezug auf die geographische Herkunft der darin enthaltenen Berichte nahezu komplementär zueinander, sondern auch im Hinblick auf die Sprache: die Avvisi der Sammlung aus Urbino sind ausschließlich auf Italienisch geschrieben, jene der Fuggerzeitungen bis auf sechs Avvisi aus Lyon (für die drei ausgewählten Monate) alle auf Deutsch. Wie bereits erwähnt, enthält die Sammlung der Fuggerzeitungen dann für das Jahr 1601 noch einmal eine Doppelüberlieferung deutscher und italienischer Zeitungen, wenngleich die Anzahl der deutschen Quellen die der italienischen bei Weitem übersteigt, da nun auch aus Rom und Venedig auf Deutsch verfasste Zeitungen nach Augsburg gelangten. Zu diesem Zeitpunkt kann der von Cornel Zwierlein beobachtete Transfer als abgeschlossen betrachtet werden635, da nun die deutschen Novellanten in vollem Umfange das taten, was von ihren italienischen Kollegen bereits seit langer Zeit im Hinblick auf die Avvisi praktiziert wurde: sie bearbeiteten die italienischen Avvisi und verwandelten sie dabei zugleich in stilistischer Hinsicht in deutsche Zeitungen. Band 8974 der Fuggerzeitungen dokumentiert – womöglich rein zufällig – einen entscheidenden Moment in dieser Entwicklung, weil die italienischen Quellen, die die Grundlage für die Übertragung waren, ebenfalls noch aufbewahrt sind636. Der Band enthält mehr Zeitungen als sein Gegenstück aus der Sammlung der Urbinati latini, wobei dieser Unterschied fast vollständig durch die darin enthaltenen italienischen Avvisi zustande kommt und der Band der Fuggerzeitungen ohne die italienischen Avvisi fast denselben Umfang hätte wie jener der Urbinati latini. Rein mengenmäßig betrachtet zeigen die zwei Sammlungen für den Zeitraum von 1578 bis 1601 auf beiden Seiten der Alpen drei Tendenzen in der Geschichte der Herstellung der Avvisi und Zeitungen: einen stetiger Anstieg der Gesamtzahl zirkulierender Avvisi und Zeitungen, einen Rückgang der Menge der zusammen mit den Nachrichten verschickten und gesammelten Dokumente sowie die zunehmende Übertragung der Nachrichten in die jeweilige Landessprache. Zwei dieser Entwicklungen waren in Italien bereits im Jahr 1578 abgeschlossen, während dies auf der Nordseite der Alpen erst im Laufe des Untersuchungszeitraums geschah. Absendeorte Etwas komplexer gestaltet sich die Rekonstruktion der vielfältigen geographischen Bezüge und Strukturen, in die die beiden Sammlungen eingebettet waren. Ausgangspunkt der Untersuchung sind dabei die Absendeorte der verschiedenen Nachrichten. In der unten stehenden Tabelle 11 ist die Häufigkeit wiedergegeben, mit der Nachrichten aus den verschiedenen Absendeorten in den drei für diese Untersuchung herangezogenen Stichproben erscheinen. So zeigt sich, dass die beiden Sammlungen im Jahr 1578 einander noch sehr ähnlich sind, sowohl im Hinblick auf die darin enthaltene Anzahl der Avvisi beziehungsweise Zeitungen, als auch im Hinblick auf die Herkunftsorte der Nachrichten. In beiden Sammlungen kamen die Nachrichten zu dieser Zeit zu einem beträchtlichen Teil aus Antwerpen beziehungsweise aus Rom. Der Grund dafür ist sowohl darin zu suchen, 635 636

  Diese These findet sich ausgearbeitet in Zwierlein, Fuggerzeitungen 177–178; siehe auch oben S. 87f.   Zu diesem Sprach- und Typuswechsel durch Übertragung siehe unten S. 168–175.



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dass am Ende der siebziger Jahren der Nachrichtenmarkt noch nicht so differenziert war wie in den späteren Jahren, als auch darin, dass die Fuggerzeitungen zu dieser Zeit noch etwa zur Hälfte dem italienischen Nachrichtenmarkt entstammten. Deutsche und italienische Zeitungen spiegeln in vergleichbarer Weise die geographische Struktur des Nachrichtenverkehrs wider: neben Rom und Venedig stand Antwerpen dabei als Herkunftsort der Nachrichten aus Westeuropa an erster Stelle, gefolgt vom zunehmend wichtiger werdenden Köln, wobei die Nachrichten von diesen beiden Orten zusammen das Interesse an den Ereignissen in den Niederlanden, in Frankreich und, in geringerem Maße, auch in Spanien belegen637. Gleichwohl ist schon zu dieser Zeit ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Sammlungen auszumachen, und zwar in Bezug auf die Rolle Venedigs im Vergleich zu Rom als Produktions- und Absendeort von Nachrichten, die in der Sammlung der Urbinati latini weitaus geringer war als in der Fuggerschen Sammlung. So enthält die Stichprobe aus den Urbinati latini für 1578 nur acht Avvisi aus Venedig gegenüber 16 aus Rom. Genua spielt hier eine wichtige Rolle mit fast so vielen Avvisi wie Venedig und genau so vielen wie Wien. Ganz anders derselbe Jahrgang der Fuggerzeitungen, in dem fast gleich viele Avvisi aus Venedig und aus Rom enthalten sind, aber nur ein Avviso aus Genua. Darüber hinaus sind kaum nennenswerte Unterschiede zwischen den beiden Sammlungen erkennbar. In beiden Fällen ist Lyon der Ort, von dem aus Nachrichten aus Frankreich bezogen wurden, während Nachrichten vom kaiserlichen Hof in beiden Fällen entweder aus Wien oder Prag kamen. Augsburg, das in der römischen Sammlung ebenso häufig als Absendeort vorkommt wie Köln, spielt in den Fuggerzeitungen verständlicherweise gar keine Rolle, während die vier Avvisi aus „Luxemburg“ (Luxembourg beziehungsweise Marche-en-Famenne) mit Berichten über den Krieg in den Niederlanden, die in der Urbinate-Sammlung enthalten sind, als italienische Variante der Avvisi aus Antwerpen in den Fuggerzeitungen verstanden werden können. Acht Jahre später beispielsweise, im Jahr 1585, war Rom als Herkunftsort der Nachrichten bereits weitaus wichtiger als Venedig, während andere italienische Städte wie Genua als Absendeorte (ähnlich wie bei den Fuggerzeitungen) im Lauf der Zeit langsam verschwanden. Köln nahm in den Urbinati latini als Absendeort von Nachrichten über Nordwesteuropa einen immer bedeutenderen Platz ein und verdrängte schließlich Antwerpen als wichtigste Nachrichtenmetropole; Paris trat allmählich an die Stelle Lyons als erste Adresse für Nachrichten aus Frankreich. Mit dem definitiven Umzug des kaiserlichen Hofes von Wien nach Prag ging ein völliger Wegfall Wiens als Absendeort von Nachrichten über die Habsburgermonarchie einher, die nunmehr sämtlich aus Prag kamen638.

  Pieper, Informationszentren 45–60.   Diese Daten entstammen der Aufnahme des Bandes BAV Urb. lat. 1053 (1585), für den ebenfalls die drei Monate Januar, Juni und November als Stichproben aufgenommen wurden. 637 638

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Tabelle 11: Absendeorte in den Stichproben der Urbinate und der Fuggerzeitungen 1578, 1588 und 1601639

1578

1588

Urbinate Fuggerzeitungen Absendeorte Anzahl Prozent Absendeorte Anzahl Prozent Rom 18,6 Antwerpen 24 34,3 16 Antwerpen 15,1 Rom 11 15,7 12 Venedig 9,3 Venedig 9 12,9 8 Genua 8,1 Wien 7 10,0 7 Wien 8,1 Lyon 5 7,1 7 Lyon 7,0 Prag 4 5,7 6 Prag 7,0 Köln 3 4,3 6 Augsburg 4,6 Kraków 2 2,9 4 Köln 3,4 1,4 3 Luxemburg 2,3 2 Marche-en2,3 Famenne 2 Mailand 2,3 2 Turin 2,3 2

Urbinate Absendeorte Anzahl Rom 38 Venedig 13 Köln 13 Antwerpen 12 Frankreich 5 Lyon 4 Spanien 3 Madrid 2 Frankfurt 1 a. M.

gesamt

86

70

Prozent 39,5 13,5 13,5 12,5 5,2 4,2 3,1 2,1 1,1

96

Für das Jahr 1588 stellt sich der Befund dagegen anders dar. Obschon in der Sammlung der Fuggerzeitungen für dieses Jahr kein einziger italienischsprachiger Avviso und nur zwölf640 deutsche Zeitungen aus Italien in den ausgewählten Monaten zu finden sind, ist die Gesamtmenge der darin enthaltenen Zeitungen dennoch größer als im entsprechenden Band der Urbinati latini. Dabei sind die geographischen Bezüge und Verhältnisse der Avvisi der Urbinati latini einigermaßen konstant – Rom bleibt an erster Stelle, gefolgt von Venedig, Köln und Antwerpen sowie Paris („Frankreich“) und Lyon für Nachrichten aus Frankreich. Dagegen verschob sich im deutschsprachigen Raum das Gleichgewicht zunehmend in Richtung Köln, während Antwerpen, Venedig und Rom als Absendeorte von Nachrichten an Bedeutung einbüßten. Im betrachteten Zeitraum kann man also beobachten, wie sich das System des Nachrichtenverkehrs und der Produktion handschriftlicher Avvisi in Abhängigkeit von aktuellen Ereignissen in Europa veränderte, wie auf das Bedürfnis nach aktuellen und möglichst 639  Die absoluten Zahlen und die Prozentangaben beziehen sich wiederum nur auf die drei Stichprobenmonate, nicht auf die gesamte Überlieferung für die Jahre in den Urbinate bzw. den Fuggerzeitungen. Aufgenommen in die Tabelle wurden alle Absendeorte mit mehr als einer Erwähnung. 640  Im Januar sind keine Zeitungen aus Italien überliefert, im Juni drei (zwei aus Rom, eine aus Venedig), im November neun (vier aus Rom, fünf aus Venedig).



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1601 Fuggerzeitungen Urbinate Fuggerzeitungen Absendeorte Anzahl Prozent Absendeorte Anzahl Prozent Absendeorte Anzahl Prozent Köln 49 30,1 Rom 57 56,4 Venedig 30 20,0 Antwerpen 34 20,9 Venedig 15 14,8 Rom 28 18,8 Prag 12 7,4 Antwerpen 13 12,8 Köln 19 12,8 Lyon 10 6,1 Köln 10 9,9 Wien 19 12,8 Istanbul 7 4,3 Graz 7 6,9 Antwerpen 14 9,4 Rom 6 3,7 Prag 2 1,9 Lyon 12 8,0 Venedig 6 3,7 Prag 7 4,7 Middelburg 5 3,1 Bruxelles 2 1,3 Hamburg 5 3,1 Gdańsk 2 1,3 Wrocław Wien Frankfurt/Main Krupina Győr Strasbourg

4 4

2,4 2,4

Hamburg Pápa

2 2

1,3 1,3

4 2 2 2 163

2,4 1,2 1,2 1,2

Satu Mare

2

1,3

101

150

schnell zugänglichen Nachrichten reagiert wurde. So führte beispielsweise der militärische Konflikt zwischen Spanien und England im Jahr 1588 dazu, dass die Menge der Zeitungen aus Antwerpen und Middelburg, von wo Nachrichten über England kamen, stetig wuchs und dass Köln sich in den Urbinate als zweites Nachrichtenzentrum für Westeuropa etablieren konnte. Für diese Entwicklung waren die vernichtenden Niederlagen, die die spanische Flotte zwischen August und September 1588 erlitt, von besonderer Bedeutung641. Unverändert hingegen bleibt in der deutschen Sammlung die wichtige Rolle Prags sowie Istanbuls, das in den Avvisi Urbinati gar nicht als Absendeort auftaucht. Außerdem kommt im Kontext der Auseinandersetzungen um die polnische Krone 1588 und der zunehmenden Konflikte mit den Osmanen eine Ausweitung der Geographie des Nachrichtenverkehrs zum Tragen, die sich in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts verstetigen sollte, nämlich die Produktion von deutschsprachigen Nachrichten in der heutigen Slowakei, in Ungarn, Polen und entlang der späteren Front des Krieges gegen die Osmanen, wie z. B. Krupina/Karpfen, Győr/Raab, Levoča/Leutschau, Mosonmagyaróvár/ Ungarisch Altenburg oder Zvolen/Altsohl. Im Jahr 1601, also in der Zeit des Langen Türkenkriegs (1593–1606), war die Zahl dieser „östlichen“ Absendeorte in den Fuggerzeitungen bereits erheblich. Auf der Südseite 641   Die Spanische Armada stellt auch das vierte Beispiel in Oswald Bauers Analyse der Berichterstattung der Fuggerzeitungen dar, siehe Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 301–331.

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der Alpen wurde diesen Ereignissen ebenfalls Interesse entgegen gebracht, was sich unter anderem darin widerspiegelt, dass nun in den Urbinate auch Graz als Absendeort von Nachrichten auftaucht, ebenso wie diverse Orte in Ungarn und Siebenbürgen. Wie unten noch ausgeführt wird642, entwickelte sich Graz zu einem wichtigen Knotenpunkt des italienischen Nachrichtenverkehrs, denn hier wurden, sehr wahrscheinlich im Umfeld der päpstlichen Nuntiatur643, Nachrichten aus dem Türkenkrieg ins Italienische übertragen und verschickt, ebenso die Meldungen vom kaiserlichen Hof in Wien oder Prag, denen oft auch noch sehr aktuelle Meldungen vom Hof des Erzherzogs von Innerösterreich und anderen nahe gelegenen Orten beigelegt wurden644. Im Übrigen blieben die geographischen Bezüge beider Sammlungen im Jahr 1601 weitgehend unverändert: Der große Anteil von Fuggerzeitungen aus Rom und Venedig zu Lasten von Köln und Antwerpen als Absendeorten mit den meisten Nachrichten ist weitgehend auf die Doppelüberlieferung zurückzuführen, während sich an der Urbinate-Sammlung beobachten lässt, wie Rom sich zu einem immer wichtigeren Absendeort von Nachrichten entwickelte, der Venedig und weitere Orte auf der italienischen Halbinsel zumindest für den Herzog von Urbino zunehmend in den Schatten stellte. Die Gegenüberstellung der Fuggerzeitungen mit den Avvisi Urbinati latini zeigt schon auf dieser rein strukturellen Ebene, wie die Infrastruktur, die Geographie und die Verknüpfungen des transregionalen Nachrichtenverkehrs des späten 16. Jahrhunderts in Europa funktionierten, und verweist zugleich auf einige wichtige Entwicklungen, die an beiden Sammlungen abgelesen werden können: die zunehmende Relevanz Roms als Ort der italienischsprachigen Nachrichtenproduktion, die Entwicklung Kölns zum Zentrum des Nachrichtenverkehrs in Nordwesteuropa im Laufe der achtziger Jahre sowie das plötzliche Aufkommen Ungarns als Herkunftsregion von Zeitungssendungen, das eng mit dem Langen Türkenkrieg zusammenhing, aus dem zugleich auch das Auftauchen der Stadt Graz als Absendeort von Nachrichten in der Urbinate-Sammlung zu erklären ist. Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Struktur des Nachrichtenverkehrs gestalteten die einzelnen Sammler der Nachrichten die Geographie ihrer Informationsnetzwerke aus, deren Eigenheiten sich natürlich auch aus den jeweiligen politischen, wirtschaftlichen beziehungsweise gelehrten Interessenlagen ergaben. Die Interessen und Beziehungen des Herzogtums Urbino nach Rom sind in diesem Zeitraum vielseitig und detailliert in der überlieferten Korrespondenz des Herzogs mit seinen Agenten dokumentiert645, angefangen vom Verkauf des Herzogtums Sora an Giacomo Boncompagni im Jahre 1580 bis hin zur zweiten Hochzeit von Francesco Maria II. della Rovere im Jahr 1599. Im Lauf der Jahre spiegeln sich diese Interessen des Herzogs von Urbino immer deutlicher in seiner Sammlung von Avvisi wider, wobei Rom eine zunehmend zentrale Rolle spielt. Zugleich   Zu Graz genauer siehe unten S. 162–164.   Die Apostolische Nuntiatur in Graz wurde ab 1580 zu einer dauerhaften Einrichtung; zu deren Tätigkeit insgesamt siehe Nuntiaturberichte Graz. 644  In Florenz findet sich in der Filza mit Avvisi aus Venedig für das Jahr 1588 (ASF MdP 3084, fol. 603r) in einem Avviso vom 13. März 1588 schon der Vorschlag, einen regelmäßigen Kurier einzurichten, um Graz mit dem Fondaco dè Tedeschi zu verknüpfen: E’ venuto il maestro delle poste dell’Arciduca Carlo in questa città per trattar di metter un ordinario corriere da Venezia a Gratz, che serà con gran sodisfattione de mercanti Alemani. (Der Postmeister des Erzherzogs Karl ist in diese Stadt gekommen um darüber zu verhandeln, einen regelmäßigen Kurier von Venezia nach Graz einzurichten, was große Zufriedenheit unter den deutschen Kaufleuten hervorrufen wird). 645  ASF Ducato di Urbino, Classe I, filze 144 bis 146. 642 643



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wurde das allgemeine Interesse an Nachrichten von einem immer größer und vielfältiger werdenden Angebot an Avvisi und Zeitungen befriedigt. Das Erscheinungsbild der Urbinate Dass die Nachrichten aus Rom in den Bänden der Urbinati latini immer wichtiger wurden und diese zunehmend in enger Verbindung zur Tätigkeit der Agenten des Herzogs von Urbino in Rom standen, wird auch daran deutlich, wie sich die Zusammenstellung und das Erscheinungsbild der Bände in diesem Zeitraum veränderte646. Im Jahr 1578 waren die Nachrichten aus Rom in den Urbinate üblicherweise Bestandteil von Zeitungssendungen (Gazzette) aus Rom selbst oder Venedig647, die aber meist auch Avvisi aus Wien, Antwerpen, Köln und Lyon sowie aus anderen italienischen Orten wie Genua enthielten – genauso, wie dies bei den Fuggerzeitungen der Fall ist. Die Sendungen sind meist all’eccellentissimo Duca adressiert und stammen teilweise vom Agenten Geronimo Cortese. Die in diesem Band vorherrschende Handschrift ist der des venezianischen Novellanten Hieronimus Acconzaioco648 ähnlich, der in der Fuggerschen Sammlung vertreten ist, wenngleich der inhaltliche Abgleich mit den Avvisi desselben Datums und Absendeortes in den Fuggerzeitungen nur drei Übereinstimmungen ergibt649. Im selben Band der Urbinate finden sich neben dieser Schrift noch drei weitere650: In der einen sind die Avvisi aus den Niederlanden beziehungsweise Frankreich verfasst, die dem Erscheinungsbild nach keiner anderen bekannten Gazette zugeordnet werden können651. Eine weitere, etwas rundere Handschrift prägt das Erscheinungsbild mancher Avvisi aus Wien, Prag, Istanbul, Antwerpen und in einem Fall Lyon, während eine dritte, etwas hastige Kursivschrift, Avvisi aus Venedig und dem Alten Reich kennzeichnet. Interventionen der herzoglichen Agenten sind in den Zeitungen fast nie feststellbar; nur in wenigen Fällen sind Randvermerke zu beobachten652. Allgemein können wir feststellen, dass die meisten Avvisi des Jahres 1578 von einem professionellen Novellanten verfasst worden sind, der seiner Tätigkeit aller Wahrscheinlichkeit in Rom nachging. Dort bündelte er Nachrichten aus ganz Italien und dem Rest Europas zu einer einzigen Gazzetta; zum Teil stimmten diese Meldungen mit jenen überein, die zur selben Zeit von Venedig aus verbreitet wurden653. Außer dieser Gazzetta sind 646   An dieser Stelle sei daran erinnert, dass für die Untersuchung zur Struktur der Zeitungssendungen und der verschiedenen Handschriften in BAV Urb. lat. 1046 und 1069 lediglich Mikrofilme zur Verfügung standen, was die Interpretation erheblich erschwert. 647  Z. B. BAV Urb. lat. 1046, fol. 230r–233r. 648   Für eine kurze Beschreibung der Tätigkeit Acconzaiocos siehe oben S. 110–113 und Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 101f., 118. 649  Es handelt sich um die Avvisi aus Wien vom 25. Januar 1578 (BAV Urb. lat. 1046, fol. 18v) und vom 22. Juni 1578 (fol. 266r) sowie den aus Genua vom 21. Juni 1578 (fol. 243r). 650  Der Vollständigkeit halber sei hier ebenfalls erwähnt, dass die ersten zwei Avvisi des Juni 1578 (aus Genua vom 7. Juni bzw. aus Spanien vom 20. Mai 1578) in einer weiteren, vierten Handschrift verfasst sind, einer hastigen Kursive, die nirgendwo sonst in den von uns untersuchten Teilen der Überlieferung auftaucht. Außerdem ist im Juni noch eine spanische Zeitung aus Augsburg zu finden, die von einer weiteren Hand verfasst wurde. 651   Siehe z. B. die Avvisi aus Luxemburg vom 13. bzw. 18. Januar 1578 in BAV Urb. lat. 1046, fol. 14r– 14v, 15r–16r. 652  Etwa BAV Urb. Lat. 1046, fol. 45v (Der Agent vermerkt bezüglich einer Nachricht über den Kardinal Vaudemont E’ una vanità), 53v–54r, 73r, 180r, 344v und oft. 653  Beispielweise stimmen alle Avvisi aus Prag und Wien aus dieser Zeitungssendung mit denen in den

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für das Jahr 1578 in den Urbinate regelmäßig gesonderte Zeitungen aus dem Reich, aus Antwerpen oder aus Flandern überliefert, die entweder vom Novellanten selbst stammten oder aber, und dies war meistens der Fall, über andere Kanäle den Agenten des Herzogs von Urbino in Rom erreichten und von diesem dann zusammen mit der Gazzetta ordinaria weiter verschickt wurden. Auf diese Weise sind auch einige so gut wie identische Avvisi in den Band der Urbinate gelangt, wie zum Beispiel der Avviso aus Wien vom 25. Januar 1578, der sowohl als Teil der üblichen Gazzetta als auch als einzelner, in der runderen Handschrift verfasster Avviso vorliegt. Beim letzteren Exemplar könnte es sich um eine Weitersendung handeln, ähnlich denen, die Katrin Keller in den Sammlungen des Alten Reichs ausgemacht hat, da auf der Verso-Seite eines Avviso zu lesen ist Per Il vescovo di Carcassone mio signore, gestrichen Mio ecc.mo Duca654. Eine solch große Vielfalt an Handschriften und Zeitungssendungen ist dann im Band der Urbinate für 1588 schon nicht mehr anzutreffen. Die allermeisten überlieferten Avvisi dieser Zeit gelangten über den Agenten Grazioso Graziosi nach Pesaro, der von 1582 bis 1598 in Rom tätig war655. Die Avvisi, die entweder direkt aus Rom oder als Teil der regulären Zeitungssendungen aus Venedig kamen, wurden teilweise bei ihm transkribiert und dem Herzog weitergeleitet, teilweise direkt als Original geschickt, obwohl wahrscheinlich die auf der Rückseite vermerkte Bezeichnung Avvisi originali nichts mit der Transkription zu tun hat656. Graziosi versah die Avvisi oft mit eigenen Anmerkungen, in denen er die Glaubwürdigkeit einer Meldung kommentierte, Einzelheiten hinzufügte oder eine Meldung vervollständigte, wo der Novellant sich zu kurz gefasst hatte657. Manchmal sind die Kommentare Graziosis auf separaten Blättern zu finden, die sich durch ein Stichwort auf den entsprechenden Absatz des vorangehenden beziehungsweise nachfolgenden Avviso beziehen658. Seine Kommentare enthalten sowohl persönliche Betrachtungen als auch auf der Straße aufgeschnappte (teilweise skurrile) Kommentare oder einfach kurze Meldungen, die die avvisi pubblici ergänzten659. Im Band dieses Jahres tauchen außerdem regelmäßig Briefe von Fugger- und Medici-Sammlungen überein, worauf wir im letzten Abschnitt noch ausführlicher eingehen werden. Teilweise sind auch die Avvisi aus Antwerpen und Köln denen der Medici-Sammlung sehr ähnlich. 654   BAV Urb. lat. 1046, fol. 363v. Manche römischen Avvisi stammen auch von Kardinal Capilupi, siehe dazu etwa die Bemerkung ebd. fol. 72v. In einem anderen Fall (fol. 359v) sind sie an Geronimo Cortese in Rom adressiert. Andere haben einfach die Aufschrift Avvisi diversi (ebd. fol. 242v, 251v). Siehe auch oben S. 102f. 655   BAV Urb. lat. 1056. Die Briefe des Herzogs von Urbino an Graziosi in ASF Ducato di Urbino, Classe I, filza 163 (1582–1588) und 164 (1589–1594). Letztere enthält Briefe des Herzog von Urbino an Graziosi nur bis fol. 1089v, dann bis fol. 1426v Briefe anderer Agenten an Graziosi. Die Briefe von Graziosi (teilweise Autographen, teilweise ab 1588 von einem Schreiber verfasst) an den Herzog sind in Classe I, filza 144 (1582–1588) und 145 (1589–1594) aufbewahrt. Siehe auch Miretti, La documentazione sul Ducato di Urbino. 656  Siehe dazu Delumeau, Vie économique 1 26f. Ein Beispiel für einen Avviso aus Venedig siehe etwa in BAV Urb. lat. 1056, fol. 50v: Avvisi havuti da Venezia, ne ho levati 4. 657  Eine Ergänzung siehe etwa in BAV Urb. lat. 1056, fol. 54r–55v; einen Kommentar ebd. fol. 106v: Ho avvertito costui ch’ scrivo certa sorte di cose in fogli separati et perchè per non scoprirmeli troppo, non li dichiaro ben bene i particolari ni scrivo anco in questi fogli separati delle cose, che si potriano lasciar vedere pure questo è minore errore che di mettere quelle che non si vogliano lassar vedere nel foglio pubblico; questo a punto è stata una alle sere che il copiarli era impossibile. 658  Beispielweise, wenn in dem Avviso aus Rom vom 16. Januar 1588 (BAV Urb. lat. 1056, fol. 21v) der folgende Absatz zu finden ist: L’ Abbate Lippomani Clarissimo Venetiano si è posto in habito di Prelato .... . Auf dem anschließenden Separatblat (fol. 23r) ist unter dem Stichwort L’Abbate der folgende Kommentar zu finden: L’Abbate: Chi non vede et non sente come questo povero di cervello si pavoneggia di tal Protonotariato e non gustò il maggior piacere del mondo. 659  BAV Urb. lat. 1056, fol. 23r. Die letzte Zeile ist dem Novellanten Antonio Cappello gewidment: Nel



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Graziosi selbst auf, in denen er sich an einen Novellanten, der die Nachrichten als Francesco Altr. unterschrieb, wendete und ergänzende „nicht öffentliche“ Avvisi aus Frankreich oder Spanien in Auftrag gab660. Wie er selbst im Brief verlangte, ist die Antwort des Novellanten jeweils direkt im Anschluss an diese Briefe in den Bänden der Sammlung enthalten661. Einige nach Rom geschickte Briefe mit Anweisungen des Herzogs Francesco Maria della Rovere, die heute in den umfangreichen Bänden der Urbinate-Sammlung im Archivio di Stato in Florenz aufbewahrt werden, belegen, dass Graziosi die Avvisi auf ausdrücklichen Wunsch des Herzogs kommentierte und ergänzte. Der Band mit den Anweisungen, die Graziosi zwischen 1582 und 1588 erhielt, enthält 1.731 Blatt662. Diese Menge allein schon zeigt, wie intensiv der Austausch zwischen dem Herzog und seinem Agenten war. Mindestens alle zwei Tage dankte der Herzog Graziosi für erhaltene Informationen oder beauftragte ihn mit verschiedensten Anliegen, die von politischen Angelegenheiten über die Veröffentlichung von Büchern bis hin zum Kauf von Immobilien und wertvollen, seltenen Gegenständen reichten. Betrachtet man diese Briefe in Verbindung mit der Avvisisammlung, so stellt sich heraus, dass die Inhalte der Avvisi straordinari und der zusätzlichen Beilagen jeweils den Wünschen des Herzogs entsprachen. Ein Beispiel hierfür findet sich für den 1. Juni 1588, als sich Graziosi an seinen oben genannten „guten Schreiber“ wandte „der mir manchmal von einigen Angelegenheiten der Franzosen zu berichten pflegte“663, um verschiedene Meldungen miteinander abzugleichen und so ­einen verlässlichen Überblick über die Geschehnisse in Frankreich zu erlangen664. Im Brief mit den Anweisungen des Herzogs vom 29. Mai desselben Jahres finden sich denn auch Glückwünsche zu Grazio­sis detailliertem Bericht, war er doch eine wertvolle Ergänzung zu den anderen Informationen zum Konflikt zwischen dem König von Frankreich und dem Haus Guise, die der Herzog bis dahin erhalten hatte und die aufgrund der Nähe der Verfasser zum Herzog von Guise weniger vertrauenswürdig waren als Graziosis Quellen665. Auch die Vermerke mit Graziosis Einschätzungen zur Verlässlichkeit einzelner Meldungen gehen aller Wahrscheinlichkeit nach auf einen ausdrücklichen Wunsch des Herzogs zurück, wie die Korrespondenz des Juni 1588 zeigt. Während sich Graziosi in einem Brief vom 4. Juni 1588 darüber beklagte, dass viele der Meldungen aus Frankreich widersprüchlich wären666, versicherte ihm der Herzog am 8. Juni 1588, dass dies keinesfalls ärgerlich und im concistoro: Se’l povero D’Aniballe fosse vivo et attendessi alla sua sollita botega, haverebbe bellissime robbe di dire sopra una propositione di Chiesa che s’assecurò di fare a mente in lingua latina il Cardinale Gallo. 660  ASF Ducato di Urbino, Classe I, filza 144, fol. 1220v, 11. Juni 1588: Delle cose di Francia mi riporto a quanto l’A. V. ne vederà per questi Avvisi separati, di mano o mia o d’altri, et così di quel poco che vi fosse da poter dire di quelle di Spagna per occasione di quanto se ne sente scrivere da questi Novellanti. 661  BAV Urb. lat. 1056, fol. 263r: Io non vengo da V. S. per esserli manco molesto ma la supplico a favorirmi di qualche cosa di quelle di Francia che non vanno per gli Avvisi pubblici; et si possano dire ai pari miei, spetialmente dessidero sapere, se sia vero, che [...]; s. auch Anm. 664. 662  ASF Ducato di Urbino, Classe I, filza 163 (1582–1588). 663  ASF Ducato di Urbino, Classe I, filza 144, fol. 1214r. 664  BAV Urb. lat. 1056, fol. 252r: Però la prego con questa a favorirmi di dirmi con due versi qui da basso tutto quello che loro hanno fino a quest’ ora et le pareri di possersi dire di questo accidente di Parigi. 665  ASF Ducato di Urbino, Classe I, filza 163, fol. 1523v: haverem’ caro che voi ci teniate avisati di quel più che ne potrete da buoni autori sapere ... . 666  ASF Ducato d’Urbino, Classe I, filza 144, fol. 1215v–1216r: Io confesso bene che in questa materia difficilmente si può havere il nesso delle cose, […] ch’è cosa che non si può con la lingua o con la penna farlo essere d’altro modo di quello ch’è stato in effetto, nel resto che può da ogni uno figurarsi et interpretarsi a suo modo, sarà molta difficultà di scoprire mai il vero fin che non venga scoperto dagli eventi delle cose, perché il popolo, come l’A. V. sà, è tutto diviso in questa materia, et però ciascuno va colorendo la sua parte secondo che meglio torna alle passioni et in-

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Falle solcher Nachrichten überdies normal sei, kamen sie doch von weither und handelten von sehr delikaten Angelegenheiten667. Gleichwohl bat er Graziosi darum, nicht vertrauenswürdige Meldungen mit einer Randnotiz von wenigen Worten hervorzuheben. Schlussendlich bestätigen die Briefe des Herzogs von Urbino auch die Beobachtungen, die Katrin Keller im Hinblick auf die gängigen Gepflogenheiten des Austausches von Zeitungen zwischen den Fürsten des Alten Reiches zusammengestellt hat668. Gerade die Praxis der Weitersendung von Avvisi und Kopien derselben macht es überaus schwierig, die jeweiligen Grenzen einer Avvisisammlung des späten 16. Jahrhunderts festzuschreiben. Ein Beispiel ist der Brief des Herzogs vom 16. Juni 1588, mit dem er dieselben Schreiben und Avvisi über die französischen Angelegenheiten, die Graziosi vom spanischen Gesandten Enrique de Guzmán y Ribera Conde de Olivares erhalten hatte, zurücksandte und anfügte, dass „sie sehr lesenswert waren, obwohl wir sie bereits aus Ferrara erhalten hatten“669. Im Band 1069 der Urbinate-Sammlung schließlich, der die Avvisi des Jahres 1601 bündelt, wurden die Randbemerkungen und Zettel zu mehr strukturierten Anhängen, mit denen Graziosis Nachfolger, bei dem es sich vielleicht um Giuliano della Rovere handelte670, sich in der ersten Person an den Herzog von Urbino wendete und zusätzliche Nachrichten meldete, die so nicht in den ordinarie zu lesen waren671. Dieser Band enthält beinahe ausschließlich zwei Arten von Zeitungssendungen. Einerseits solche, die ein oder zwei sehr ausführliche Avvisi aus Rom enthalten, die zwischen zwei und vier Blatt lang waren, denen fast immer ein Anhang des Agenten folgte und die von ihm selbst kopiert beziehungsweise kompiliert wurden. Dazu findet man üblicherweise eine traditionelle Gazzetta aus Venedig, in einer zweiten Handschrift verfasst, die einen ausführlichen Avviso aus Venedig enthält nebst weniger aktuellen Avvisi aus Rom, Antwerpen und Köln. In einer solchen Gazette konnten ebenfalls Avvisi aus Graz oder Prag enthalten sein, die wiederum, der Handschrift nach zu urteilen, auf einen anderen Verfasser zurückgingen.

Die Avvisisammlung im Medici-Archiv Die Geschichte der Avvisisammlung im Bestand „Mediceo del Principato“ des Archivio di Stato in Florenz hängt sehr eng mit der Geschichte des Archivs der Segreteria vecchia zusammen, also dem Gesamtbestand der Karten und Dokumente des Herzogtums tenti suoi. Il che dico perché, già che questo caso deve tenere attento tutto il mondo, io non restarò di venirne scrivendo quello che se n’intenderà: ma l’A.V. non haverà da maravigliarsi quando se ne sentisse scrivere con qualche varietà. 667   ASF Ducato di Urbino, Classe I, filza 163, fol. 1533v: Noi vederem’ volontieri certo tutti gli avisi che potrete darci toccanti a’ i nuovi motivi di Francia, et quanto alla protestation’ che fate delle varietà che vi potrebbon talvolta nascere non è cosa che v’ habbia da dar fastidio, che sappiam’ molto bene non poter essere altrimenti di cose lontane, et de diversi passioni, come questa è. Aspetterem’ bene quando tal varietà accaderanno che voi le veniate ritrattando, che con poche parole si potrà fare. 668  Siehe oben den Beitrag zu Zeitungssammlungen im Alten Reich, passim. 669   ASF Ducato di Urbino, Classe I, filza 163, fol. 1537v. 670  BAV Urb. lat. 1069, fol. 615v: Die Aufschrift lautet Avvisi del Signor Giulio della Rovere. Ein detaillierter Vergleich der in Florenz aufbewahrten Briefe und der Anhänge der Zeitungen könnte sicher klären, wer der Verfasser dieser Anhänge war, vgl. etwa ASF Ducato di Urbino, Classe I, filza 146, mit Briefen von Giuliano della Rovere aus den Jahren von 1592 bis 1606 (allerdings mit Lücken), von Giulio Brunetti aus den Jahren 1598 bis 1620 sowie von Giulio Giordano aus den Jahren 1586 bis 1604. 671  Siehe z. B. BAV Urb. lat. 1069, fol. 6r–7v, 27r, 41r–41v.



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Toskana, die ab 1540 im Palazzo Vecchio aufbewahrt wurden672. Mit der Gründung des Großherzogtums und dem Umzug des Hofes Cosimos I. in den Palazzo Pitti 1575 wurde das Archiv der Segreteria vecchia zu einem stetig anwachsenden Depot umfunktioniert, in das man all jene Dokumente überführte, die für die laufenden Geschäfte nicht mehr benötigt wurden673. Eine erste rudimentäre Ordnung des Archivs, das wie bereits erwähnt von 1638 an auch Teile des Archivs des Herzogs von Urbino umfasste, wurde sofort nach dieser Übernahme durch den Sekretär Ugo Caciotti in Angriff genommen, dessen Arbeit in den 1690er Jahren dann Fabrizio Cecini weiterführte, der Cosimo III. in einer eigens angefertigten Abhandlung darlegte, wie er die sehr umfangreiche diplomatische Korrespondenz in mehrere Serien unterteilte, die zunächst nach Absendeorten und dann chronologisch geordnet waren. Die übrigen Dokumente – unter anderem die handschriftlichen Avvisi – sollten als Anhänge der Briefsammlungen eingeordnet und diesen hinzugefügt werden674. Diese Gliederung lässt sich auch am Inventar von insgesamt 22 Bänden deutlich ablesen, das die Sekretäre Riguccio Galluzzi, Carlo Bonsi und Ferdinando Fossi im Jahr 1777 anfertigten und das in Teilen bis heute in Gebrauch ist675. Zweck dieses Inventars war es, nach der Herrschaftsübernahme der Habsburger im Großherzogtum die wichtigsten Dokumente des alten Archivio della Segreteria inhaltlich zu beschreiben, also eine „Silloge storico-erudita“ anzufertigen, die geeignet war, die Forschung im Archiv zu unterstützen, und die teilweise sogar die direkte Lektüre der Quellen ersparte676. In dieses Inventar von 1777 wurden die handschriftlichen Avvisi aus den wichtigsten Staaten wie Venedig677, Deutschland678 oder Spanien679 als dokumentarischer Anhang zu den Abschnitten mit den Korrespondenzen der verschiedenen florentinischen Sekretäre und Gesandten in italienischen und ausländischen Staaten aufgenommen. Im Fall von kleineren Staaten wie etwa Mailand, Neapel oder der Schweiz680, aber auch für England, Frankreich und Flandern681 672  Interessante Überlegungen zum Verhältnis zwischen Geschichte des Archivs und Wissensgeschichte siehe jetzt bei Friedrich, Geburt des Archivs. 673  Archivio mediceo del principato IX; Miscellanea Medicea I 3–28. 674   Die Berichte von Caciotti und Cecini befinden sich heute in Kopie im Anhang eines im Jahre 1770 verfassten Berichtes in ASF Segreteria di Stato (1765–1808), filza 105, 14-25/12/1770 Nr. 8 (2) (3). Ein weiteres Inventar von Cecini befindet sich in ASF Miscellanea Medicea, 163/12. Caciotti bezieht sich ausdrücklich auf Avvisi als eine materia. 675  ASF Indice della Segreteria Vecchia N295 I-XXII. 676   Der Plan wurde bereits in einem Bericht von Bonsi, Galluzzi und Fossi vom 28. November 1770 beschrieben und befindet sich heute in ASF Segreteria di Stato (1765–1808), filza 105, 14-25/12/1770 Nr. 8. 677  ASF Indice della Segreteria Vecchia N295-IV, Legazioni italiane, Venezia (fol. 1r–60v), Milano (fol. 62r–118r), Napoli und Sicilia (fol. 119r–177r). 678  ASF Indice della Segreteria Vecchia N295-XVIII, Legazione di Germania, unpag. Schon für den Zeitraum von August 1577 bis Januar 1585 sind in der Korrespondenz des Mons. Giovanni Alberti Notizie diverse und Nuove correnti della corte e di Germania erwähnt, später auch bei der Legation des Cavaliere Orazio Urbani (1585–1588) Notizie correnti und wieder als Anhang der Korrespondenz des Senatore Franco Lenzoni (Juni 1588–Juni 1589) Notizie di corte und Notizie sopra le cose di Francia e di Spagna und Notizie della corte e delle cose correnti per l’europa. 679  ASF Indice della Segreteria Vecchia N295-XX, Spagna. Die Avvisi sind allerdings nur von 1638 bis 1640 als Anhang der Korrespondenz regelmäßig erwähnt, was auch dem heutigen Quellenbefund entspricht. 680  ASF Indice della Segreteria Vecchia N295-IV. Für Mailand siehe dort fol. 72v. Neapel enthält hier Avvisi di Napoli e Messina dal 1542 al 1622 (fol. 176r). Die Schweiz ist enthalten in ASF Indice della Segreteria Vecchia N295-V, Legazioni di Bologna e Ravenna, Piombino, Svizzera, Inghilterra, Amburgo, Urbino, Malta e Levante, Lorena, Baviera, Polonia, Fiandra, Olanda, fol. 50r–53r. Die Avvisi-Bände entsprechen hier exakt der aktuellen Aufteilung, siehe fol. 52r–52v. 681  ASF Indice della Segreteria Vecchia N295-V: England fol. 63r–153v (z. B. fol. 65r: Avvisi e Notizie

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wurden die Avvisi von der offiziellen diplomatischen Korrespondenz der jeweiligen Botschafter getrennt und am Ende der Bände zusammen mit weiteren Anhängen eingefügt. Nur für Rom befindet sich im Inventar von 1777 kein regelmäßiger Hinweis auf die Avvisi682. Im Laufe der Zeit wurden nach und nach auch die Avvisi aus Venedig, Deutschland und Spanien aus ihrem ursprünglichen Kontext der diplomatischen Korrespondenz entfernt und in gesonderten Bänden zusammengefasst, vermutlich, um der Sammlung einen einheitlichen Charakter zu verleihen. Infolgedessen enthält das Archiv heute für jeden „Staat“, mit dem die Medici in der Zeit des Großherzogtums 1537–1743 diplomatische Beziehungen pflegten, einen oder mehrere Bände mit Avvisi683. Diese Art der nachträglichen Katalogisierung der Sammlung hatte erhebliche Folgen für die Möglichkeiten, heute noch die geographische Struktur des Nachrichtennetzes der Medici zu untersuchen. Eine Folge ist auch, dass die Sammlung aufgrund ihrer komplexen Gliederung von der bisherigen Forschung zur Medien- und Informationsgeschichte nur in sehr begrenztem Maße berücksichtigt und genutzt werden konnte, hauptsächlich deswegen, weil nur sehr mühsam zu rekonstruieren ist, welchen Platz die Avvisi innerhalb des Nachrichtensystems der Medici einnahmen, das auch viele andere Arten von Medien und Akteuren – Botschafter, Sekretäre, informelle Agenten und Händler – einschloss684. Um den für unser Vorhaben notwendigen zusammenhängenden Überblick über die handschriftlichen Avvisi zu erlangen, die der Großherzog der Toskana im Zeitraum von 1568 bis 1605 erhielt und die als solche katalogisiert wurden, war es daher zunächst notwendig, im Bestand der diplomatischen Korrespondenz mit anderen italienischen und ausländischen Staaten all jene Mappen einzusehen, die mit der Bezeichnung Avvisi versehen sind. Allgemein gesprochen decken diese Materialien den Zeitraum von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts ab. In einigen Fällen, wie für Malta oder England, kam in diesem Zeitraum kaum mehr als ein dünner Band zusammen; in anderen hingegen, wie für Venedig, liegen bis zu vier umfangreiche Bände vor. Angesichts des Umfangs und des oft fragmentarischen Charakters des Materials wurden auch im Falle von Florenz die oben bereits beschriebenen stichprobenartigen Erhebungen für die Jahre 1578, 1588 und 1601 vorgenommen. Im Unterschied zu den Erhebungen für die Urbinati latini schien es hierbei jedoch als wenig opportun, über die Jahreszahlen hinaus weiter nach den einzelnen Monaten Januar, Juni und November zu differenzieren, da dafür die Überlieferung schlichtweg zu lückenhaft ist. Damit beruhen die folgenden Erörterungen auf 34 Bänden mit Avvisi aus der Medici-Sammlung685. Dad’Inghilterra dopo la morte di Enrico VIII sino al 1625); Flandern und Holland ebd. fol. 170r–179r, mit einer Liste der Avvisi-Bände, fol. 171r–171v. 682  ASF Indice della Segreteria Vecchia N295-XVI, XVII: Legazione di Roma und Appendice (z. B. fol. 6r); XIX: Legazione di Francia, unpag., wo ab dem Jahr 1569 Avvisi erwähnt sind. 683  Dass Avvisi, die sich heute in den entsprechenden Reihen befinden, aus der diplomatischen Korrespondenz stammen, zeigen die Briefe der Botschafter, die sich in einigen Fällen noch zwischen den Avvisi befinden, wie in ASF MdP 3082, fol. 563r: Lettera di Ottavio Abbioso al Gran Duca vom 8. Februar 1577. 684  Das „Medici Archive Project“ hat sich auch die Digitalisierung und Indizierung der Avvisi im Rahmen des Forschungsprogramms „The Birth of News. A Program in Early Modern Media Studies“ vorgenommen. Ansonsten wurde die Sammlung bis jetzt oft als Informationsquelle benutzt, aber noch nie detailliert beschrieben, siehe Bongi, Le prime gazzette 25–36; Dooley, Art and information brokerage 82–89; Assonitis, The Birth of Maria de’ Medici 83–95. Ein Beispiel für die Benützung der Avvisi Medicei in einem anderem Kontext ist Marcocci, Is This Love?. 685  ASF MdP filze 2860, 2962; 3082–3085; 3087; 3254–3256; 4026–4028; 4148; 4170–4171; 4178; 4185; 4254–4256; 4277; 4293–4294; 4573; 4578; 4850–4851; 4853; 5078; siehe auch Quellenverzeichnis.



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rüber hinaus ist auch ein gesonderter Bestand mit sehr heterogenen Materialien ausgewertet worden, der schon von Archivar Galluzzi 1777 als Miscellanea (heute „Miscellanea Medicea“) bezeichnet wurde, in dem ebenfalls zahlreiche Avvisi zu finden sind686. Gerade weil es sich bei der Medici-Sammlung um eine sehr reiche und komplexe Sammlung handelt, sind vorab drei allgemeine Bemerkungen angebracht, die alle hier untersuchten Bände betreffen. Zunächst einmal ist wichtig zu wissen, dass die Ortsbezeichnungen, mit denen die Filze versehen sind, keineswegs immer den Ort beschreiben, von dem die in diesem Band enthaltenen Avvisi kamen; vielmehr bezeichnen sie den Herkunftsort entweder der Gazette, zu der ein Avviso gehörte – eine Zeitungssendung aus Venedig etwa konnte Avvisi aus Rom, Mailand, Köln oder auch Antwerpen enthalten –, oder aber den Ort, über den ein Avviso am ausführlichsten berichtete. So erklärt sich, dass in den Bänden mit der Aufschrift Germania kaum Avvisi aus Köln zu finden sind, wohl aber in jenen Bänden mit der Bezeichnung Fiandra sowie in den venezianischen Gazetten. Im Falle kleinerer Orte, die nicht Teil des großen internationalen Nachrichtennetzwerks waren, wird die Übereinstimmung zwischen Bandbezeichnung und Inhalt der darin enthaltenen Avvisi im Laufe der Zeit größer, etwa bei Mailand, Genua, Lugano oder Graz. Die Avvisi aus diesen Orten sind tatsächlich meist in den Bänden mit der entsprechenden Ortsbezeichnung zu finden. Diese Einteilung spiegelt die ursprüngliche Einteilung des Katalogs des Jahres 1777 wider. Zweitens ist zu bedenken, dass zwar alle hier behandelten Bände mit der Bezeichnung Avvisi versehen sind, jedoch in Wirklichkeit viel mehr als nur Avvisi enthalten, vor allem zahlreiche Briefe von Agenten oder Gesandten oder Beilagen unterschiedlichster Art, wie sie auch schon in der Untersuchung der Fuggerzeitungen und in den Zeitungssammlungen in Dresden und Wolfenbüttel hervortraten687. Von Einzelfällen abgesehen – z. B. enthält Filza 5078 mit Materialien zu Spanien bis zum Jahr 1641 keinen einzigen Avviso, ebensowenig Filza 4172 mit dem Titel Lettere avvisi e scritture varie, stampe relative alla Svizzera e alla Guerra della Valtellina – beinhalten jedoch alle mit Avvisi bezeichneten Bände immer auch tatsächlich Avvisi, wenngleich diese nicht immer den größten Teil eines jeweiligen Bandes ausmachen und nicht immer zu den von uns ausgewählten Jahrgängen gehören. Dadurch ist es hier, anders als bei den Sammlungen in Wien und Rom, kaum möglich, den Aufbau einer eigenen Sammlung geschriebener Zeitungen, die sich vom Rest des Nachrichtenmaterials der Epoche abhoben, in systematischer Weise zu rekonstruieren. Einige der Filze der Medici-Sammlung enthalten ausschließlich Dokumente, in anderen wiederum sind die Dokumente nicht datiert, während sie in wieder anderen Bänden völlig fehlen. Die Ursache für diese Besonderheit des Medici-Archivs – ähnlich wie in der Braunschweiger und der Meiningener Sammlung688 – liegt in den Umständen seines Zustandekommens begründet. Anders als im Fall der Urbinate und der Fuggerzeitungen, die von Anfang an als Sammlungen angelegt waren und durch mehr oder weniger direkte Nachrichtenabonnements bei verschiedenen Novellanten beständig anwuchsen, war die Nachrichtenbeschaffung der Medici etwas komplexer. Daraus folgt, dass die Medici-Sammlung nicht als beispielhaft für die zeitübliche Praxis des Nachrichtenverkehrs 686  Miscellanea Medicea I 11. Nach einer Überprüfung aller Inserti, die Avvisi aus den Jahren 1578, 1588 und 1601 enthalten, wurden relevante Avvisi nur in den folgenden Inserti gefunden: 14/6, 258 und 99/42. 687  Siehe dazu oben S. 51–54, 71–73. 688  Siehe dazu oben S. 68, 74.

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entlang der uns bekannten Wege und des Aufbaus von Nachrichtensammlungen gelten kann, sondern vielmehr eine Ausnahme von der Regel darstellt. Als solche ist sie in besonderer Weise dazu geeignet, etwaige Abweichungen vom Nachrichtenverkehr der frühen Neuzeit, wie wir es bislang anhand der Fuggerzeitungen und der Avvisisammlung der Herzöge von Urbino rekonstruieren konnten, zu erkunden. Die Medici-Sammlung von Avvisi unterscheidet sich in noch einer dritten Hinsicht von den anderen beiden Sammlungen. Unter dem Begriff „geschriebene Zeitungen“, wie ihn Katrin Keller im ersten Kapitel dieses Bandes umrissen hat689, können im Fall des Medici-Archivs neben den Avvisi mindestens zwei weitere Arten von Dokumenten gefasst werden. An erster Stelle steht eine Mischform von Zeitungen und Nachrichtenbriefen wie die Zeitungen, die aus Trient und aus dem Fondaco dè Tedeschi in Venedig nach Florenz verschickt wurden und die wir für das Jahr 1588 ausgewertet haben690. Sie gleichen fast vollkommen den Avvisi, die wir aus den anderen Sammlungen kennen, etwa denen Acconzaiocos in Wien oder denen römischer Herkunft, außer im Hinblick auf einige formale Aspekte und die eigenartige Vermittlungsform, die sie in die Toskana brachte. Diese Avvisi findet man normalerweise direkt im Anschluss an einen Brief Ulisse del Paces, eines Novellanten aus Trient, der Geschäfte im Fondaco dè Tedeschi in Venedig trieb691. Seine Briefe waren nicht direkt nach Florenz adressiert, sondern an einen gewissen Ermunio Venturi in Perugia, der ganz offensichtlich der Verbindungsmann zum Hof der Medici in Florenz war. Dies ist zumindest aus einer der Adressierungen zu schließen, die erst ganz zu Ende der Zeitungssendungen des Jahres 1588 auftauchen und die den Namen des Sekretärs des Großherzogs, Belisario Vinta, enthalten692. In seinen Briefen versäumte Ulisse del Pace es nie, den Tuchhandel (un commercio di drappi) zu preisen, von dem er genauso wie seine Freunde im Fondaco ausgiebig profitierte, doch aus einigen anderen Stellen im Band wird deutlich, dass es sich bei diesen Tuchen um ein Codewort für die geschriebenen Nachrichten handeln musste693, die ihm von einem weiteren nicht namentlich erwähnten Novellanten di non molta fortuna ma di grandissima reputatione geschickt wurden694. Üblicherweise war dem Brief ein Inserto (siehe unten) oder ein Avviso mit allgemeinen Nachrichten beigelegt, das aus Venedig kam und von Isidoro Manfredi, einem weiteren Novellanten im Fondaco dè Tedeschi, unterschrieben war695. Wenngleich sie auch der äußeren Form nach nicht wie Avvisi aussahen – sie sind am Ende datiert und weisen immer eine Unterschrift des Novellanten auf – sind diese Texte letztlich doch als Avvisi zu verstehen. Zwar wurde gerade über das politische Geschehen Venedigs und vor allem über die daran beteiligten Akteure nur in sehr stark   Siehe oben S. 25f.   ASF MdP filza 3084. 691   Siehe als Beispiel die Briefe aus Trento von Ulisse del Pace in ASF MdP filza 3084, fol. 575r, 674r, 684r. 692   ASF MdP filza 3084, fol. 593r–594v (auf fol. 595v adressiert an Belisario Vinta), fol. 615v (adressiert an Ermonio Venturi) sowie die Briefe aus Trento von Ulisse del Pace, z. B. in ASF MdP filza 3084, fol. 575r (30. Januar 1588), 674r (30. April 1588), 684r (14. Mai 1588). Über die Tätigkeit Vintas als Sekretär Ferdinandos I. siehe Fusai, Belisario Vinta ministro. 693   Eine Bestätigung, dass die drappi eigentlich Nachrichten sind, stammt aus einem Brief Del Paces an Ermonio Venturi vom 26. März 1588, ebd. fol. 618r: L’ultima di V. S. delli XVIIII la quale mi è stata al solito grata et gioconda. Mi rincresce che questa volta non posso darli ragguaglio dell’ultimo prezzo di quella pezza di broccato, di che ne li mandai la mostra; perchè quel mercante che me la fece vedere ab extra, non ne ha per anco potuto cavar la sustantia. Ma spero, che s’ella sarà di quell gran valore che mi fu detto che se ne venirà a qualche buona risolutione. 694   ASF MdP filza 3084, fol. 14r. 695  Z. B. ASF MdP filza 3084, fol. 557r–558r, Zeitungsbrief des Isidoro Manfredi aus Venedig vom 9. Januar 1588, fol. 569r–571r, dito vom 23. Januar 1588. 689 690



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verschlüsselter Sprache berichtet696, doch im Großen und Ganzen entsprachen die Nachrichten dem, was in den öffentlichen Avvisi zu lesen war und oft genug waren sie direkt aus diesen übernommen697. Die übrigen der jeweiligen Zeitungssendung beigelegten Avvisi kamen meistens aus dem Alten Reich (Prag, Augsburg, Köln, Bratislava/Preßburg), aber manchmal auch aus Mailand oder Konstantinopel und wurden von Del Pace einem Nachrichtenblatt beigelegt, das normalerweise auch weitere Nachrichten aus Venedig enthielt698. Del Pace ist auch der Verteiler eines weiteren Typs von Avviso, der in diesem Band enthalten ist und der übrigens auch in in einem Band aus Mailand 1601 auftaucht. In diesem Fall handelt es sich um ein Inserto di Venezia, im anderen Fall um ein Inserto di Milano699. Dieser Begriff deutet so etwas wie eine Mischform von Avviso und Zeitungssendung an. Einerseits enthielt ein Inserto alle Nachrichten, die von einem bestimmten Ort aus etwa innerhalb einer Woche eintrafen, ohne dabei jedoch weitere Absendeorte anzugeben. Andererseits wurde ein Inserto nie selbst mit einem Datum versehen, da er normalerweise einer datierten Gazette beigelegt (eben inserito) wurde und somit für den Empfänger klar war, auf welchen Zeitraum er sich bezog. In diesen Fällen haben wir die Inserti als Zeitung klassifiziert und Monat und Jahr angegeben, nicht jedoch den genauen Tag. Schließlich finden sich im venezianischen Band für das Jahr 1588 eine Handvoll Zeitungsfragmente oder lose Nachrichtenblätter, deren genaue Herkunft und Datierung zwar nirgendwo eindeutig verzeichnet sind, jedoch anhand der Art der Nachrichten, die in ihnen erwähnt werden, einigermaßen rekonstruiert werden können700. In den allermeisten Fällen kamen diese Blätter aus Venedig und wurden dem vorangehenden Avviso hinzugefügt. Wir haben sie daher anhand des Ortes und des Datums indiziert, die auf der jeweiligen Gazette, zu der sie gehören, vermerkt sind. In welchem Verhältnis die Zeitungen, Fragmente und Inserti aus diesem Band zu den Gazetten aus Rom, Venedig und di Germania (Antwerpen, Köln und teilweise Prag und Frankfurt), die in den anderen venezianischen Filze mit Zeitungen aus dem Jahr 1588 zu finden sind, stehen, ist leider nicht mehr festzustellen. Dorsalvermerke bei manchen Avvisi wie Avvisi di Germania701 oder Advisi di Fiandra et Germania702 lassen vermuten, dass diese Avvisi aus dem Alten Reich wahrscheinlich über Venedig kamen, während andere Nachrichten in diesem Band auch von der Hand Del Paces stammen. Diese Vielfalt an Quellentypen vor allem für das Jahr 1588 sowie der ungewöhnliche Weg, auf dem die Nachrichten von Venedig über Ulisse del Pace in Trient und Ermunio Venturi in Perugia schließlich nach Florenz gelangten, sind aller Wahrscheinlichkeit nach   ASF MdP filza 3084, fol. 613r–615r.   Im Vergleich zu den italienischen Fuggerzeitungen aus Venedig mit dem selben Datum scheinen die Avvisi von Manfredi allerdings weniger aktuell zu sein. Siehe z. B. den Avviso di Venezia von 3. Januar 1586 (ASF MdP filza 3084, fol. 2r–3r) mit Nachrichten aus Kotor und Konstantinopel vom 27. November 1585, während die Fuggerzeitung Nachrichten aus Konstantinopel vom 2. Dezember 1585 enthält: ÖNB Cod. 8959, fol. 2v–3v. 698  Wie z. B. die drei Avvisi aus Antwerpen, Köln und Prag, die unten beschrieben sind, oder ASF MdP filza 3084, fol. 620r–620v. 699   Z. B. ASF MdP filza 3084, fol. 630r, 642r–642v, 643r–643v. In der Filza 3256 (1601, unpag.) sind auch drei Inserti di Milano enthalten. 700  ASF MdP filza 3084, fol. 649r, 697r–697v, 715r–715v, 719r, 724r–724v, 725r, 725v–726r, 728r, 729r– 730v. Das Fragment auf fol. 686r–686v enthält auch einen Avviso aus Mailand. 701  ASF MdP filza 3085, fol. 615v. 702  Ebd. fol. 598v. 696

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dem Umstand geschuldet, dass in diesen Jahren Venedig für das Haus Medici eine extrem wichtige Rolle spielte703. Dies gilt besonders für die Jahre 1587 und 1588, als Francesco I. de’ Medici im Oktober 1587 verstarb und Kardinal Ferdinando de’ Medici sein Nachfolger wurde. In dieser Situation waren Nachrichten aus einem der wichtigsten Nachrichtenzentren der Zeit von größter machtpolitischer Bedeutung704. Außerdem erinnern Manfredis verschlüsselte Sprache und sein vielfältiger Gebrauch von Metaphern einmal mehr an die verschärften Kontrollen und die Gängelung der Novellanten im Jahr 1587, auf die wir im vorangehenden Kapitel bereits hingewiesen haben705. Was auch immer der Grund für die Existenz dieser weiteren drei Nachrichtentypen in der Medici-Sammlung sein mag, so erfüllten sie doch allesamt denselben Zweck wie die Avvisi hergebrachten Zuschnitts. Zugleich unterscheiden sie sich deutlich von den Briefen (etwa denen Ulisse del Paces) und diversen anderen Arten von Dokumenten, mit denen sie in dieser Sammlung gemeinsam aufbewahrt sind. Tabelle 12: Anzahl der Avvisi in Florenz und in den Fuggerzeitungen706

1578

1588

1601

gesamt

Medicizeitungen

182

340

104

626

Fuggerzeitungen

320

642

566

1.528

Angesichts der eben beschriebenen Differenzen sollte es nicht verwundern, dass die Sammlungen der Fugger und der Medici sowohl was ihren Umfang als auch was ihre geographischen Bezüge angeht jeweils ein völlig anderes Gesamtbild abgeben. Während der Umfang der Fuggerschen Sammlung bis 1595 kontinuierlich zunahm, war die MediciSammlung nicht nur rein zahlenmäßig viel weniger umfangreich. Hier stiegt die Anzahl der erhaltenen Zeitungen von 1578 bis 1588 hauptsächlich wegen des Doppelbands aus Venedig für die Jahre 1586–1588707; dagegen sind für das Jahr 1601 sogar weniger Avvisi als in 1578 überliefert. Dieser Rückgang sollte allerdings nicht zu vorschnellen Schlussfolgerungen verleiten, denn wie wir im Folgenden sehen werden, erklärt er sich unter anderem durch das völlige Fehlen der Avvisi aus Rom, Venedig und Antwerpen in diesem Jahr, die entweder verloren gegangen sein müssen oder aber an einem anderen Ort aufbewahrt wurden. Ganz im Gegenteil ist es so, dass die schiere Menge von Avvisi, die von der Medici-Verwaltung über den langen Zeitraum gesammelt wurde, keinen Zweifel daran lässt, dass zumindest ab der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts einerseits der Nachrichtenverkehr bedeutend zunahm und andererseits – ganz im Gegensatz zu dem, was in den von Katrin Keller betrachteten Sammlungen des Alten Reichs passierte708 – die Avvisi zunehmend systematischer sortiert 703  Die Avvisi wurden schon ab den fünfziger Jahren der diplomatischen Korrespondenz beigelegt, siehe etwa ASF Indice della Segreteria Vecchia N295-IV, in dem schon ab den Jahren 1540 bis 1544 Avvisi dei movimenti dei Francesi e sopra la rivoluzione di Piacenza e le cose di Vienna (fol. 2r) erwähnt werden; ab 1550 (fol. 5r) dann einfach Avvisi. 704   Für einen allgemeinen Überblick zu Leben und Tätigkeit von Ferdinando dè Medici siehe Elena Fasano Guarini, Art. Ferdinando I dè Medici, in: DBI (http://www.treccani.it/enciclopedia/ferdinando-i-demedici-granduca-di-toscana_%28Dizionario-Biografico%29/ [Zugriff 25. 2. 2015]). 705  Siehe S. 125f. 706  Die Zahlen beziehen sich jeweils auf die erhobenen Gesamtjahrgänge 1578, 1588 und 1601. 707  ASF MdP filze 3084 und 3085. 708  Siehe den Beitrag zu Zeitungssammlungen im Alten Reich und die Liste der Sammlungen im Anhang.



Paola Molino

157

und aufbewahrt wurden. Avvisi aus Spanien etwa wurden erst ab 1631 systematisch gesammelt und aufbewahrt709. Zugleich enthält die Sammlung der Miscellanea Medicea eine sehr umfangreiche Kollektion von Avvisi aus Bologna und Brüssel, die die Zeit bis 1655 beziehungsweise 1665 abdeckt, jedoch nicht systematisch indiziert ist710. Die römischen Bände sind ebenfalls mit einem Zusatzband für den Zeitraum von 1584 bis 1666 versehen, der jedoch vornehmlich Avvisi des 17. Jahrhunderts enthält711. Über die Sprache, in der die insgesamt 626 Avvisi der Medici-Sammlung verfasst sind, ist wenig zu sagen: 613 von ihnen sind auf Italienisch geschrieben, zehn auf Lateinisch und drei auf Spanisch. Die meisten Avvisi des Jahres 1578 stammen aus Mailand, gefolgt von solchen aus den inzwischen bekannten Nachrichtenzentren Venedig, Rom und Antwerpen. Bis auf einen sind die Mailänder Avvisi alle im entsprechenden Band der Sammlung konserviert und sind an den Signor Granduca di Toscana adressiert712. Sie bieten Einblicke in eine besondere Geographie des Nachrichtenverkehrs, die im Falle der Medici eng mit diplomatischen Bemühungen und politischen Interessen verknüpft war und deshalb etwas eingehender betrachtet werden soll. Die Avvisi aus Mailand berichteten an erster Stelle vom Geschehen am Hof des spanischen Gouverneurs, wobei sie besonders auf dessen Beziehungen zu den wichtigen Familien vor Ort und zu Kardinal Borromeo eingingen713. Ferner enthalten diese Avvisi Meldungen unterschiedlichster Herkunft, die über Kuriere an den Mailänder Hof gelangten, etwa aus Spanien, dem Herzogtum Savoyen oder aus der Markgrafschaft Saluzzo. Außerdem gelangten Nachrichten aus den Niederlanden nach Mailand, entweder auf direktem Wege oder aber über Spanien. Nachrichten aus Frankreich kamen zumeist über Turin. Alles in allem entsprach der Mailänder Avviso dem hier verwendeten Begriff der geschriebenen Zeitung, behandelte er doch ein breites Spektrum an Themen, die nicht unbedingt nur mit dem Geschehen in Mailand in Zusammenhang stehen mussten. Dasselbe können wir im Hinblick auf die Avvisi aus Genua feststellen, von denen eine geringere Anzahl auch in den Urbinate714 und in der Fuggerschen Sammlung anzutreffen ist, üblicherweise als Teil einer venezianischen Gazette. Die Avvisi aus Genua deckten in etwa dasselbe Themenspektrum ab wie jene aus Mailand, einmal abgesehen von den Lokalnachrichten sowie von einer weitaus prononcierteren Berichterstattung über Savoyen und Frankreich. Wie diese Avvisi wurden auch die Avvisi aus Prag, Wien, Antwerpen und Köln des Jahres 1578 in der Hauptsache über Venedig vermittelt. Der Florentiner Band mit Avvisi aus Venedig715, der auch die meisten Avvisi aus Rom enthält, und der Band der Fuggerzeitungen für das Jahr 1578 stehen einander sehr nahe. In den beiden Bänden sind im Hinblick auf die Absendedaten die meisten Übereinstimmungen unter den Avvisi aus Rom und denen vom kaiserlichen Hof zu finden716. Wie im nächsten Kapitel noch zu vertiefen ist, sind alle Avvisi aus Wien und Prag auch im Hinblick auf den Inhalt in beiden Sammlungen gleich. 709   ASF MdP filza 5078, fol. 368r–440v: inserto IV (Avvsi ab 1641); inserto V (Avvisi ab 1621); inserto VI (Avvisi bis 1663). 710  ASF Miscellanea Medicea 249, fol. 120r–246v, Avvisi aus Bologna (1559–1655) bzw. aus Brüssel (1566–1665). 711   ASF MdP filza 4027a. 712  Siehe als Beispiel ASF MdP filza 3254, fol. 406r–407r, 12. Februar 1578. 713  Siehe als Beispiel ASF MdP filza 3254, fol. 429r–430v: Avviso di Milano vom 21. Mai 1578. 714  Diese geringere Zahl resultiert natürlich auch aus der auf die ausgewählten Monate eingeschränkten Erhebung in den Urbinate. 715  ASF MdP filza 3082. 716  Siehe unten 165f. In einem einzigen Fall findet sich dieselbe Zeitungssendung aus Rom und Venedig in beiden Sammlungen (Florenz und Wien), allerdings nur in Hinblick auf die Absendedaten und -orte: ASF MdP filza 3082, fol. 577r–579v und ÖNB Cod. 8951, fol. 507r–509r, 510r–511r.

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Sibenbürgischen corriers mündtlich anzaigen – Per lettere di Transilvania

Tabelle 13: Absendeorte in der Sammlung der Medici und den Fuggerzeitungen 1578, 1588 und 1601717 1578 1588 Medici-Sammlung Fuggerzeitungen Medici-Sammlung Absendeorte Anzahl Prozent Absendeorte Anzahl Prozent Absendeorte Anzahl Prozent Mailand

31

17,0

Antwerpen

89

27,8

Venedig

93

27,3

Rom

29

15,9

Rom

49

15,3

Antwerpen

54

18,8

Venedig

26

14,2

Venedig

48

15,3

Köln

52

15,3

Antwerpen

20

10,9

Köln

20

6,3

Rom

50

14,7

Genua

14

7,6

Prag

22

6,9

Prag

18

5,3

Prag

13

7,1

Wien

21

6,6

Istanbul

9

2,6

Istanbul

11

6,0

Lyon

12

3,8

Lyon

8

2,3

Wien

6

3,3

Genua

6

1,9

Turin

7

2,0

Köln

5

2,8

Strasbourg

6

1,9

Frankfurt/ Main

6

1,7

Lyon

5

2,8

Bratislava

5

1,6

Mailand

6

1,7

Augsburg

3

1,7

Madrid

4

1,2

Paris

6

1,4

Flandern

3

1,7

Paris

4

1,2

Bratislava

6

1,2

Limburg

2

1,1

Gdańsk

3

0,9

Graz

2

0,6

Neapel

2

1,1

Linz

3

0,9

Madrid

2

0,6

Lisboa

3

0,9

Speyer

2

0,6

Warszawa

3

0,9

Trento

2

0,6

Istanbul

2

0,6

Wien

2

0,6

Kraków

2

0,6

Kraków

2

0,6

Nürnberg

2

0,6

gesamt

182

320

340

717   Die Zahlen und Prozentangaben beziehen sich jeweils auf die Gesamtüberlieferung für die drei ausgewählten Jahre 1578, 1588 und 1601 in Florenz bzw. Wien. Aufgenommen wurden alle Absendeorte von mehr als einer Zeitung.



Paola Molino

159

1601 Fuggerzeitungen Medici-Sammlung Absendeorte Anzahl Prozent Absendeorte Anzahl Prozent

Fuggerzeitungen 1601 Absendeorte Anzahl Prozent

Köln

174

27,1

Graz

17

16,3

Venedig

105

18,6

Antwerpen

129

20,1

Mailand

16

14,4

Rom

103

18,2

Prag

51

7,9

Genova

13

13,4

Köln

63

11,1

Lyon

44

6,8

Köln

12

11,5

Wien

62

11,0

Middelburg

44

6,8

Oostende

6

5,7

Lyon

58

10,2

Lugano

4

3,8

Antwerpen

52

9,2

Istanbul

28

4,4

Frankreich

3

2,9

Prag

46

8,1

Rom

28

4,4

Holland

3

2,9

Bratislava

8

1,4

Venedig

28

4,4

Nagykanisza

3

2,9

Košice

8

1,4

Hamburg

16

2,5

BadenBaden

2

2,0

Székesfehérvár

8

1,4

Frankfurt a. M.

13

2,0

Middelburg

2

2,0

Gdańsk

5

0,9

Strasbourg

8

1,2

London

2

2,0

Graz

5

0,9

Győr

3

0,5

Székesfehérvár

2

2,0

Nagykanisza

5

0,9

BadenBaden

2

0,3

Pera

2

2,0

Komárno

4

0,7

Bonn

2

0,3

Polen

2

2,0

Dej

3

0,5

Cambrai

2

0,3

Hamburg

3

0,5

Genève

2

0,3

Regensburg

2

0,4

Linz

2

0,3

Brüssel

2

0,4

2

0,4

London

2

0,3

Frankfurt a. M.

Nürnberg

2

0,3

Pápa

2

0,4

Polen

2

0,3

Satu Mare

2

0,4

2

0,3

Salzburg

642

104

566

160

Sibenbürgischen corriers mündtlich anzaigen – Per lettere di Transilvania

Im Fall der Fuggerzeitungen sind die venezianischen Zeitungssendungen des Jahres 1578 noch vom Novellanten Hieronimus Acconzaioco unterzeichnet, zumindest in den ersten Monaten. Ein Avviso vom Januar ist dabei besonders bemerkenswert. Auf einem römischen Nachrichtenblatt, das auf den 18. Januar 1578 datiert ist, notierte Acconzaioco folgende Bemerkung: Martedì di poi fu signatura dove si trattò della causa già scritta de i’ Colonnesi, et il papa l’istesso giorno se ne andò alla Magliana e stasera è ritornato718. Eine ganz ähnliche Bemerkung findet sich auf einer Nachricht desselben Datums und Absendeortes im venezianischen Bündel der Medici-Sammlung, nur an etwas anderer Stelle: Martedì Sua Santità tenne signatura nella quale fu trattata la causa delli Signori Colonesi già scritta, et dopo pranzo se n’ andò alla Magliana con animo di ritornare per andare a Civitavecchia 719. Nun ist es an sich nicht ungewöhnlich, dass in den drei Sammlungen ganz ähnliche Nachrichten und manchmal einander sehr ähnelnde Textabschnitte zu finden sind720, doch was diesen Fall besonders interessant macht, ist die wiederkehrende Verwendung der Formulierung già scritto (wie bereits geschrieben beziehungsweise berichtet wurde). Diese gibt zu der Vermutung Anlass, dass die beiden Avvisi, wenn sie nicht beide aus der Schreibstube Acconzaiocos stammen sollten, zumindest eine gemeinsame inhaltliche Herkunft gehabt haben könnten. Ein Hinweis auf den möglichen Ursprung dieser gemeinsamen Informationsquelle findet sich in einer Notiz, die auf der Rückseite vieler venezianischer Gazetten in der Medici-Mappe zu lesen ist: Sommario della piazza per fiorenza oder aber li fogli comuni di piazza721 beziehungsweise li avvisi di Piazza722. Dank des Inventars von 1777 und einiger Briefe, die im Band erhalten geblieben sind, wissen wir, dass diese Avvisi vom florentinischen Gesandten in Venedig, Ottavio Abbiosi, gesammelt worden waren und eine Auswahl jener Avvisi correnti darstellen, die in Venedig erhältlich waren. Acconzaioco muss sich für seine Gazetten für die Fugger derselben Quelle „von der Straße“ bedient haben. Wahrscheinlich ist es denn auch kein Zufall, dass sich Hans Fugger in seiner Korrespondenz mit David Ott über die Ungenauigkeit (das alles Luft und nichts ist) und den nicht vertrauenswürdigen Charakter der Nachrichten aus Acconzaiocos Schreibstube beschwerte723. Ganz anders verhält es sich mit den Avvisi aus Konstantinopel/Istanbul, die weder in den Fuggerzeitungen noch in den Urbinate so zahlreich sind und deren Herkunft eindeutig ist. Sie wurden gemeinsam mit weiteren Dokumenten und Nachrichtenbriefen nach Florenz verschickt und stellen eine Variante der diplomatischen Gesandtendepesche dar. Sie berichteten regelmäßig vom Hof des Sultans sowie von den verschiedenen Kriegen, in die das Osmanische Reich zu dieser Zeit verwickelt war. Außerdem informierten sie ihren Adressaten über die Ankunft oder die Abreise der Vertreter der europäischen Herrscher in Konstantinopel724. Absendeorte von Avvisi, die seltener in Erscheinung traten, befanden sich im Fall der Medici-Sammlung meist im Südwesten Europas, vornehmlich in Südita  ÖNB Cod. 8951, fol. 395r–396r.   ASF MdP filza 3082, fol. 547r–548v. 720   Beispielsweise BAV Urb. lat. 1053. Hier ist die erste Zeitung aus Rom vom 1. Januar 1585 (fol. 1r–2r) der einzige Fall einer deckungsgleichen Übereinstimmung mit einer Fuggerzeitung (ÖNB Cod. 8958, fol. 591r–592r). 721   Ein Beispiel auch in ASF MdP filza 4026, fol. 688r–688v, im Anschluss an einen Avviso aus Antwerpen von 27. Dezember 1578 in einer Zeitungssendung aus Venedig. 722   ASF MdP filza 3082, fol. 625v. 723   Zitiert nach Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 118. 724   ASF MdP filza 4277, fol. 212r, 224r, 310r–311r und oft. 718 719



Paola Molino

161

lien und Spanien, ganz anders als bei den Fuggerzeitungen, wo diese eher aus Mittel- und Osteuropa stammen. Für das Jahr 1588 enthält die Medici-Sammlung viel weniger Avvisi als die Fuggerzeitungen, doch ist dies wohl auch das Jahr, in dem die beiden Sammlungen einander am nächsten kamen und auf ganz ähnliche Weise funktionierten. Wie bereits erwähnt, kann man hier ein vielstimmiges und komplexes Netzwerk des Nachrichtenverkehrs beobachten, in dem neben Avvisi auch Zeitungsbriefe, Nachrichtenfragmente und Gazetten mit Anhängen zirkulierten. Die Mehrheit dieser Materialien stammte aus den zwei Bänden aus Venedig, während Rom als Absendeort weniger vorkommt und ausschießlich in Zeitungssendungen, die auch Avvisi aus Köln, Antwerpen und natürlich Venedig enthalten. Selbst im römischen Band und dem Band der Miscellanea Medicea725 sind nur wenige Avvisi aufbewahrt. Als Konsequenz der Ereignisse dieses Jahres ist eine große Menge von Avvisi aus Köln und Antwerpen zu finden, die jetzt nicht allein auf die venezianischen Zeitungssendungen zurückzuführen sind, sondern auch auf Nachrichtensendungen, die direkt aus Flandern nach Florenz geschickt wurden726. Zwischen diesen beiden Informationsquellen besteht ein wichtiger Unterschied. Denn während erstere sämtlich Überarbeitungen deutscher Zeitungen zu sein scheinen, die auch in den Fuggerzeitungen anzutreffen sind727, so gleichen die Avvisi aus Flandern in Form und teilweise auch im Inhalt der Berichterstattung den Avvisi italienischen Ursprungs. Schon im Jahr 1578 unterscheiden sich die beiden Avvisi aus Antwerpen, die im Band zu Flandern anzutreffen und mit dem selben Datum wie die entsprechenden Avvisi in den Fuggerzeitungen versehen sind, erheblich von ihren auf Deutsch verfassten Gegenstücken, gerade im Hinblick auf die erwähnten Orte und Personen728. Im Jahr 1588 treten diese Unterschiede noch deutlicher hervor, weil die meisten Avvisi aus dem Alten Reich und aus den Niederlanden im Band mit den Avvisi di Venezia enthalten sind und teilweise vom Novellanten Ulisse del Pace verfasst oder kopiert wurden. Während die Avvisi von Del Pace Bearbeitungen von deutschen Zeitungen darstellten, wahrten die restliche Avvisi aus Flandern noch die Form des traditionellen italienischen Avviso. Sie waren mit langen Überschriften versehen, wie etwa Avisi d’Anversa del 30 d’ ottobre, et dal campo del 29 del medesimo venuti in lettere di Colonia del due novembre 1588729, und konnten zudem Berichte enthalten, die in der ersten Person verfasst waren730. Allen gemein war, dass sie sehr wahrscheinlich von italienischen Novellanten verfasst worden waren, die direkt in   ASF MdP filze 4027 und 4027a, Miscellanea Medicea 163/12.   ASF MdP filza 4255. 727   Siehe die genaue Beschreibung zweier solcher Avvisi aus Köln und Antwerpen im nächsten Abschnitt. 728  ASF MdP filza 4254, fol. 575r–575v, Avviso aus Antwerpen vom 1. Februar 1578, und fol. 576r, Avviso aus Antwerpen vom 16. Februar 1578, entsprechen den Zeitungen in ÖNB Cod. 8951, fol. 18r–18v bzw. 25r–26v. 729   ASF MdP filza 4255, fol. 110r: Avviso di Colonia vom 2. November 1588. 730   Z. B. wird in einem Avviso di Anversa vom 12. August 1589 (ASF MdP filza 4255, fol. 106r–106v) die folgende Geschichte aus Paris berichtet: Lettere di Parigi del 2 di questo avvisano, il Re di Francia se trovi 2 leghe discosto a S. Clu, dove era preso un padre predicatore Jacobino, per haver predicato della S. M.ta cose infame, essendo stato condannato alla morte et prima che doveva morir disse che la sua coscientia lo sforza innanzi che mora a palesar gran secreti alla S. M., però in assentia di tutti, il qual padre entrò, che fu al primo di questo, alla S. M., comenc[i]ando a ragionar li cavò subito il re un cortel di pane in la panza, et morto il medesimo dì, overo il 2° doppoi. A questi avvisi si vuol dare pocco credito, et molti sono d’opinione che questo di Guisa solamente habbiano lassato dar d’intendere per dar buon animo a quei di Parigi et Roan mentre che il Popolo sempre mai credeva che sia fatto riconciliatione col Re di Franza. 725 726

162

Sibenbürgischen corriers mündtlich anzaigen – Per lettere di Transilvania

Antwerpen arbeiteten. Das ergibt sich aus den verwendeten Formeln, die am Anfang des Avviso zu finden sind, wie Quello che m’occorre dire è che …731, sowie aus dem lokalen Charakter der Berichte. Außerdem findet man in diesen Avvisi keine der üblichen Übersetzungen von typisch deutschen Ausdrücken, die sonst aus den Zeitungen aus Köln und Antwerpen ins Italienische übertragen wurden, wie z. B. Borghesi für Bürger, Raitri für Reutter, Goesi für Geusen usw. Im Jahr 1588 geht im Falle der Medici-Sammlung die Menge an Avvisi aus Mailand drastisch zurück. Die Bände mit Avvisi aus Savoyen und Frankreich hingegen enthalten jetzt eine große Menge von Stücken, die im ersten Fall aus Turin und im zweiten aus Lyon kamen. Ganz ähnlich wie bei den Fuggerzeitungen verschob sich der Schwerpunkt des Nachrichteninteresses der Medici mit dem Aufflackern der Konflikte und Kriege im Osten Europas in diese Richtung, was sich im gelegentlichen Auftauchen von Avvisi aus Augsburg, Graz, Košice/Kaschau, Krakau und Bratislava/Preßburg niederschlug. Im Jahr 1601 schließlich stand wie in den beiden anderen Sammlungen auch hier Mittel- und Osteuropa unangefochten im Mittelpunkt des Interesses, was sich anhand der MediciSammlung besonders gut ablesen lässt, da für dieses Jahr keinerlei Avvisi aus Rom oder Venedig und infolgedessen ebenso wenig solche aus Antwerpen zu finden sind. Es sei jedoch gleich angemerkt, dass diese Abwesenheit keinesfalls mit einem etwa verringerten Interesse der Medici an Nachrichten aus Rom oder Venedig gleichzusetzen ist. Sie resultiert vielmehr aus den Veränderungen und Neugruppierungen, denen dieses Archiv unterworfen war. So fällt beispielsweise auf, dass die römischen Avvisi in keiner einzigen der im Inventar von 1777 beschriebenen Filze des Jahres 1601auftauchen, während die venezianischen Avvisi von 1596 bis 1618, die laut Inventar vorhanden waren, in keinem der zu diesen Jahren gehörenden Bände der Sammlung aufbewahrt worden sind732. Selbst in der Mappe mit Avvisi aus den Medici-Beständen, die sich heute im Fondo Magliabechiano der Nationalbibliothek in Florenz befindet, ist keine einzige Zeitung für das Jahr 1601 zu finden, während dagegen ab dem Jahr 1612 zahlreiche Avvisi aus Rom und Antwerpen in dieser Sammlung überdauert haben733. Ungewöhnlich scheint für 1601 ganz sicher, dass beachtliche 16 Prozent der in Florenz aufbewahrten Avvisi aus Graz stammten. Sie sind sämtlich im Bündel Germania zu finden. Ganz ähnlich wie Mailand erscheint auch Graz nur auf den ersten Blick als vergleichsweise weniger wichtiges Nachrichtenzentrum. Wie schon für die Urbinate dargestellt, bildete Graz um 1600 ein „Tor“, durch das Nachrichten aus der Habsburgermonarchie nach Italien gelangten, und ersetzte allmählich Prag und Wien als Absendeort für geschriebene Zeitungen. Der Weg, den diese Meldungen über Graz nach Italien zurücklegten, lässt sich aus der Lektüre der entsprechenden Avvisi genau nachzeichnen. Die Nachrichten gelangten zunächst von jenen kleinen Ortschaften in Ungarn und Siebenbürgen, denen wir bereits in der Fuggerschen Sammlung begegneten, nach Prag oder Wien; von dort wurden sie weiter nach Graz befördert, wo man sie – wahrscheinlich im Umfeld der Nuntiatur – um weitere Einzelheiten von der Front und Nachrichten aus der   ASF MdP filza 4255, fol. 110r.   ASF Indice della Segreteria Vecchia N295-IV, fol. 22v–30r (1601). 733  BNCF, Magliabechi, XXIV, 97: Avvisi di diverse parti dal di 3 giugno 1542 al 31 agosto 1613. Im Augenblick ist jedoch das Schicksal des Bandes Magliabechiano XXIV, 87 Avvisi di diversi paesi trasmessi a Cosimo I Granduca di Toscana da vari suoi ministri e corrispondenti sopra le guerre e gli interessi delle corti di quei tempi originali unbekannt. Er ist möglicherweise 1773 ins Archivio della Segreteria Vecchia übergegangen und aufgeteilt worden. 731 732



Paola Molino

163

Region ergänzte und ins Italienische übertrug, bevor sie schließlich nach Venedig oder Rom weitergeschickt wurden. Es ist denn auch kein Zufall, dass der Grazer Avviso vom 11. Juni 1601 mit der Formel Per li avvisi che s’ hanno da Zachmar sono di 26 di Maggio et non confermano734 eingeleitet wurde, also mit einer Meldung, die direkt von Siebenbürgen nach Graz gelangt war und über den Feldzug Giorgio Bastas gegen Sigismund Báthory berichtete. Auch im zweiten Absatz ging es um Siebenbürgen, doch diesmal kam die Meldung nicht direkt von dort, sondern aus Wien: Di Vienna per lettere del 4 del corrente si ha che si era sparsa voce che la Maesta dell’Imperatore chiami il Basta dal servizio di Transilavania735. Der dritte Absatz war ein Bericht aus Prag, wonach sich Báthory möglicherweise auf dem Weg zum kaiserlichen Hof befand. Den Abschluss bildete eine Lokalnachricht. Noch deutlicher tritt die Route, auf der die Nachrichten nach Italien gelangten, in der Meldung vom Tode Mihai Viteazuls, des Wojewoden der Walachei, hervor, der von den Scharfschützen Giorgio Bastas in Câmpia Turzii im August des Jahres 1601 ermordet worden war. In der Fuggerschen Sammlung ist diese Nachricht in einer Zeitung aus Wien vom 29. August und einer aus Prag vom 1. September 1601 zu finden, als deren Überschrift vermerkt war, dass dies des Sibenbürgischen corriers mündtlich anzaigen gewesen sei736. Es war dies also eine Meldung, die zuerst in Prag zu Papier gebracht wurde und von dort und Wien – aller Wahrscheinlichkeit nach zunächst auf Deutsch – nach Graz gelangte. Zehn Tage später ist dieselbe Meldung dann in einem italienischsprachigen Avviso zu finden, der sich im Band mit den Avvisi di Germania der Medici-Sammlung befindet: Per lettere di Transilvania confermano la morte del Valacco seguito nella campagna di Torda terra discosto tre leghe da Claudiopoli737. Ein deckungsgleicher Avviso wurde außerdem als Anhang der Nuntiaturberichte aus Graz nach Rom geschickt738. Auch die Berichte vom „Feldlager bei Canissa“ vom 5., 6., 23. und 29. Oktober, die in beiden italienischen Sammlungen, bei den Medici und in den Urbinate, in identischer Form zu finden sind, gelangten höchstwahrscheinlich über die (logistische wie auch sprachliche) Vermittlung der Nuntiatur in Graz nach Italien739. Diese Vermutung liegt deshalb nahe, da die Berichte in der Medici-Sammlung im Band mit Avvisi aus Deutschland aufbewahrt sind, der für dieses Jahr fast ausschließlich Avvisi aus Graz enthält, während sich in den Urbinate vier Berichte befinden, die im Abstand von jeweils einer Woche geschrieben und als Anhänge mit den Avvisi aus Graz verschickt worden waren. Bei einem   ASF MdP filza 4578, unpag., Avviso aus Graz vom 11. Juni 1601.   In der Wiener Sammlung befindet sich eine Zeitung aus Wien vom 6. Juni 1601, die Nachrichten aus Kanischa/Nagykanisza vom 20. Mai 1601 enthält: ÖNB Cod. 8974, fol. 471r. 736  ÖNB Cod. 8974, fol. 586r–587v, 599r–600r, Zeitung aus Wien vom 29. August, aus Prag vom 1. September 1601. 737  ASF MdP filza 4578, unpag., Avviso aus Graz vom 10. September 1601. 738   ASV Fondo Borghese III 111 c, fol. 109r–109v, Avviso aus Graz vom 10. September 1601 (Nuntius Girolamo Portia an Kardinal Pietro Aldobrandini); der Bericht selbst ist gedruckt in Nuntiaturberichte Graz 5 567–569. Die Nachrichten dieses Avviso sowie ihre Formulierung stimmen mit den italienischen Avvisi überein: Der einzige Unterschied liegt in der Reihenfolge der Nachrichten, die im Avviso des Vatikanischen Archivs anders ist als in den Avvisi Medicei und Urbinati. Mein Dank gilt Elisabeth Zingerle, von der ich den Hinweis zu diesem Avviso und dem Archiv, in dem er aufbewahrt wird, bekommen habe. 739  ASF MdP filza 4578, unpag., Relazione dal campo sotto Canissa vom 5., 6., 23. und 29. Oktober 1601. BAV Urb. lat. 1069, fol. 734r–735r, Relazione delle cose di Canisa vom 6. Oktober 1601, fol. 736r–737r, Sotto Canisa vom 13. Oktober 1601, fol. 738r–739r, Relazione del campo sotto Canisa del 7 sin al 20 di ottobre vom 19. Oktober 1601, fol. 740r–742v: Relazione del campo sotto Canisa del 22 per tutti li 29 [Oktober]. 734 735

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Avviso haben wir es womöglich mit einem Beispiel für die häufig vorkommende Weitersendung eines Avviso von einem Ort zum nächsten zu tun, diesmal aber im Umfeld der Nuntiaturen, findet sich doch auf der Verso-Seite der Vermerk: Avvisi di Graz per Mons. Ill. di Molfetta nunzio in Venezia 740. Im Band mit den deutschen Avvisi befinden sich außerdem die meisten Berichte aus anderen Teilen Mittel- und Nordwesteuropas, wie etwa zwei Avvisi aus dem Bistum Székesfehérvár/Stuhlweißenburg, einer aus Wien, einer aus Middelburg, sowie einer aus Trient; der Band zu Polen741 enthält drei auf Latein verfasste Avvisi aus Polen ohne nähere Ortsangaben; der mit „Levante“ betitelte Band enthält zusätzlich ein Avviso aus Konstantinopel/Istanbul und zwei weitere aus Pera. Ab 1601 schließlich wurde die allgemeine Verbindung zwischen Absendeort der Avvisi und Bandbezeichnung in der Medici-Sammlung zunehmend direkter: die Avvisi aus Genua etwa, die insgesamt 13 Prozent der Avvisi dieses Jahrgangs ausmachen, befinden sich nun nicht mehr in den Bänden mit venezianischen Avvisi, sondern in einer eigens eingerichteten Mappe742; die Avvisi aus Lugano sind nun im Band über die Schweiz zu finden und sämtlich von den Agenten Giovanni Corrado Berlingher und Giovanni Maria Castoreo jeweils an den Sekretär Marcello Accolti und al serenissimo Granduca adressiert743, während jene aus Oostende, Middelburg und Köln im Band zu Flandern zu finden sind744. So erklärt sich auch, dass Köln als in der Sammlung vertretener Absendeort von der Abwesenheit römischer und venezianischer Avvisi in diesem Jahr weit weniger betroffen war als Antwerpen. Es stellte 11,5 Prozent der Avvisi dieses Jahres, womit das Ausmaß der Präsenz Kölns in der Medici-Sammlung an das in den Fuggerzeitungen heranreicht, während Antwerpen in der gleichen Mappe mit nur einem einzigen Avviso vertreten ist. Wie noch zu sehen sein wird, gibt dies Anlass zu der Vermutung, dass die Avvisi von bestimmten Orten nicht mehr unbedingt über die Hauptnachrichtenzentren nach Florenz gelangten, sondern wahrscheinlich von den jeweiligen diplomatischen Vertretern der Medici direkt nach Florenz geschickt wurden, ganz so, wie dies in den vorangehenden Jahren schon in Mailand der Fall gewesen war. Infolgedessen findet man ab ca. 1600 immer weniger Übereinstimmungen im Hinblick auf Absendedaten und Inhalte zwischen der florentinischen und den anderen Sammlungen.

Grazer Nachrichten und brasilianischer Zucker auf beiden Seiten der Alpen: Übereinstimmungen und Unterschiede Nachdem die Struktur und die geographischen Bezugspunkte der drei Sammlungen beschrieben wurden, bleibt die Frage nach den Möglichkeiten einer Analyse der Produktion und Zirkulation von Avvisi und Zeitungen auf beiden Seiten der Alpen, die alle drei Sammlungen mit ihren jeweiligen Übereinstimmungen und Eigenheiten zugleich berücksichtigt. Ausgehend von der von uns vorgenommenen Erfassung ist es möglich, zunächst einige allgemeine Beobachtungen zur Zirkulation, Bearbeitung und Übersetzung von Nachrichten für und durch die Avvisi der Urbinati latini, der Medici-Sammlung und   BAV Urb. lat. 1069, fol. 80v.   ASF MdP filza 4294. 742  ASF MdP filza 2860. 743  ASF MdP filza 4170, unpag. 744  ASF MdP filza 4256. 740 741



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der Fuggerzeitungen festzuhalten. Damit werden erste Ergebnisse einer Forschungsarbeit dargestellt, die letztendlich eine systematische Untersuchung der Inhalte aller Avvisi und Zeitungen – und nicht nur jener mit übereinstimmenden Absendedaten – der Sammlungen umfassen müsste. Hier sollen nur erste Antworten auf zwei Fragen angeboten werden: einerseits auf die Frage, wie und weshalb sich die Nachrichten im Laufe des Transfers von einem Novellanten zum anderen veränderten, und andererseits danach, wie sich die spezifischen Routen, auf denen eine Nachricht über regionale und territoriale Grenzen hinweg übermittelt wurde, auf die Prozesse der Nachrichtenproduktion und des Nachrichtenverkehrs auswirkten. Zunächst einmal ist bemerkenswert, dass 21 Prozent der Avvisi Urbinati mit demselben Datum und Absendeort versehen sind wie Avvisi, die sich in der Wiener Sammlung befinden. Von dieser Gruppe wiederum sind ca. 30 Prozent dem Jahrgang 1578 zuzuordnen, ca. 40 Prozent betreffen das Jahr 1588 und ca. 30 Prozent das Jahr 1601745. Diese Zahlen sind besonders interessant wenn man bedenkt, dass der Jahrgang 1588 so gut wie gar keine Avvisi aus Rom enthält. Dann fällt auf, dass die Übereinstimmungen der Absendedaten im ersten untersuchten Jahrgang vor allem Übereinstimmungen mit den römischen Avvisi waren, während im zweiten untersuchten Jahrgang alle derartigen Übereinstimmungen zwischen Avvisi und Zeitungen aus Antwerpen und Köln auftreten. Noch einmal anders verhält es sich im Jahr 1601 – bis auf drei Fälle, in denen Avvisi und Zeitungen mit übereinstimmenden Daten aus Antwerpen kamen, bestehen alle weiteren Übereinstimmungen ausschließlich mit Avvisi und Zeitungen aus Rom. Die Besonderheiten der Geographie der Medici-Sammlung spiegeln sich nicht immer in den Zeitungssendungen selbst oder in der Frequenz ihrer Versendung wider. Von den 626 aufgenommenen Avvisi haben ca. 20 Prozent dasselbe Datum und denselben Ort wie Avvisi der Fuggerzeitungen und ca. 7 Prozent der Urbinate. Die Ähnlichkeiten zwischen dem Band mit Avvisi aus Venedig in Florenz und dem Jahrgang 1578 der Fuggerzeitungen wurden schon angedeutet. Hier findet man die meisten Übereinstimmungen, da 41 Zeitungen und Avvisi – also zirka 22 Prozent aller aufgenommenen Zeitungen der Medici-Sammlung dieses Jahrgangs und 35 Prozent aller Übereinstimmungen – dasselbe Datum tragen und aus demselben Ort versendet wurden. Sie betreffen vor allem Zeitungen aus Rom (16 Übereinstimmungen), Antwerpen (elf ), Prag (sechs) und Wien (vier). Im Jahr 1588 sind 66 Avvisi (ca. 56 Prozent) mit dem selben Datum und Ort wie Avvisi in den Fuggerzeitungen versehen, vermutlich, weil für dieses Jahr zwei Bände mit Avvisi aus Venedig existieren. Von diesen Übereinstimmmungen kamen 23 aus Antwerpen, 21 aus Köln, zehn aus Prag, fünf aus Rom, drei aus Istanbul und zwei aus Frankfurt sowie je einer aus Venedig und aus Middelburg. Das Fehlen von Avvisi aus Antwerpen, Rom und Venedig in der Medici-Sammlung im Jahr 1601 bedeutet, dass es auch weniger Möglichkeiten für Übereinstimmungen zwischen den zwei Sammlungen gibt. In diesem Jahr weisen lediglich neun Avvisi (ca. 13 Prozent) solche Übereinstimmungen auf. Davon kamen sechs aus Köln sowie jeweils einer aus Rom, Wien, Nagykanisza/Kanischa und Graz. Die beiden italienischen Sammlungen scheinen weniger miteinander gemein zu haben, als jede für sich genommen mit den Fuggerzeitungen. Dennoch lässt sich an ihnen eine interessante Entwicklung beobachten, da die Übereinstimmungen von Datum und Absendeorten oft Zeitungen betreffen, die nicht aus italienischen Absendeorten stammen: von den 17 Fällen im Jahr 1578 sind fünf aus Rom, drei aus Antwerpen, je zwei aus Ge745

  In absoluten Zahlen waren das 1578 18 Avvisi, 1588 25 und 1601 18 von insgesamt 61 Avvisi.

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nua und aus Köln, drei aus Prag, und je einer aus Venedig und aus Wien. Im Jahr 1588 gibt es 27 dieser Übereinstimmungen, von denen zehn mit Avvisi aus Venedig bestehen, sechs mit solchen aus Rom, je drei mit Avvisi aus Lyon, Köln und Antwerpen sowie eine mit einem Avviso aus Frankfurt. Für das Jahr 1601 haben die zwei Sammlungen nur zwei Zeitungen aus Graz miteinander gemein. Dies hat natürlich mit der Überlieferungsgeschichte der Sammlungen zu tun, deutet aber auch darauf hin, dass sich die Vielfalt der Produktion römischer Avvisi mit der Zeit immer mehr mit unterschiedlichen Frequenzen verband, in denen die Avvisi geschrieben und verschickt wurden. Betrachtet man nicht nur jeweils zwei, sondern alle drei Sammlungen im Vergleich, so sind nur 17 Fälle mit gleichem Datum und Absendeort in allen drei Sammlungen zu finden. Unten diesen befindet sich ein Avviso aus Prag vom 15. November 1578, der auch inhaltlich in allen drei Sammlungen gleich ist746. Damit lässt sich festhalten, dass die drei Sammlungen nicht nur im Hinblick auf ihre geographischen Bezüge, sondern auch im Hinblick auf den Rhythmus der Nachrichten Gemeinsamkeiten aufweisen, in dem Sinne, dass dieser in hohem Maße von den Zentren Antwerpen, Köln, Venedig und Rom bestimmt wurde. Die Intervalle, in denen die Nachrichten verschickt wurden, resultierten nicht nur aus der Relevanz dieser Städte als Absendeorte, sondern auch als Sammlungs- und Verteilungszentren von Nachrichten aus anderen Gebieten. Eine andere Frage ist, was die Menge der Übereinstimmungen zwischen den Sammlungen über die Zirkulation von Avvisi und Zeitungen auf beiden Seiten der Alpen aussagt: leider nicht sehr viel, denn einerseits konnten Avvisi und Zeitungen, die vom selben Ort über die selben Ereignisse berichteten, durchaus mit verschiedenen Daten versehen und an unterschiedlichen Tagen verschickt worden sein747, andererseits gilt umgekehrt, dass Avvisi desselben Datums nur in 31 Fällen748 auch im Hinblick auf den Inhalt deckungsgleich waren749. Sofern wir es mit Avvisi in einer anderen Sprache zu   ASF MdP filza 3082, fol. 607r; BAV Urb. lat. 1046, fol. 448r; ÖNB Cod. 8951, fol. 575r.   Siehe z. B. BAV Urb. lat. 1053. Hier ist die erste Zeitung aus Rom vom 1. Januar 1585 (fol. 1r–2r) der einzige Fall einer deckungsgleichen Übereinstimmung mit einer Fuggerzeitung (ÖNB Cod. 8958, fol. 591r– 592r). Allerdings enthält die Fuggerzeitung dann fol. 592r weitere Nachrichten, der Avviso in den Urbinate fährt fol. 2r mit einer Nachricht über Kardinal Vitelli fort, während in den Fuggerzeitungen dann eine über Malta folgt, die in ähnlicher, aber nicht identischer Form in den Urbinate erst auf fol. 7r–7v zu finden ist. 748  Urbinate–Fuggerzeitungen: ÖNB Cod. 8951, fol. 484r–484v und BAV Urb. lat. 1046, fol. 243r–244r: Avviso di Genova vom 21. Juni 1578; Cod. 8951, fol. 484v und Urb. lat. 1046, fol. 18v: Avviso di Vienna vom 25. Januar 1578; Cod. 8951, fol. 484v und Urb. lat. 1046, fol. 266r: Avviso di Vienna vom 22. Juni 1578. – Medicei–Fuggerzeitungen: ASF MdP filza 3082, fol. 595r und ÖNB Cod. 8951, fol. 541r: Avviso di Genova vom 20. September 1578; MdP filza 3082, fol. 583r und Cod. 8951, fol. 551r: Avviso di Praga vom 27. September 1578; MdP filza 3082, fol. 603v–604r und Cod. 8951, fol. 571r: Avviso di Praga vom 1. November 1578; MdP filza 3082, fol. 617r und Cod. 8951, fol. 587r: Avviso di Praga vom 7. Dezember 1578; Misc. Med. 14/6, fol. 22r und Cod. 8952, fol. 441r: Avviso di Praga vom 14. Dezember 1578; MdP filza 3082, fol. 549r und Cod. 8951, fol. 391r–391v: Avviso di Vienna vom 4. Januar 1578; MdP filza 3082, fol. 554r und Cod. 8951, fol. 400r: Avviso di Vienna vom 11. Januar 1578; MdP filza 3082, fol. 566r und Cod. 8951, fol. 411r: Avviso di Vienna vom 8. Februar 1578. – Medicei–Urbinate: ASF MdP filza 3082, fol. 613r und BAV Urb. lat. 1046, fol. 432r: Avviso di Anversa vom 16. November 1578; MdP filza 3082, fol. 545r und Urb. lat. 1046, fol. 11r–11v: Avviso di Genova vom 11. Januar 1578; MdP filza 3082, fol. 610r und Urb. lat. 1046, fol. 421r: Avviso di Praga vom 10. November 1578; MdP filza 3082, fol. 618r und Urb. lat. 1046, fol. 431r: Avviso di Praga vom 29. November 1578. MdP filza 3085 enthält noch einige Avvisi aus dem Jahr 1588, die fast identisch mit den vom Datum her entsprechenden Urbinati (Urb. lat. 1056) sind. 749   Siehe unten. Vgl. z. B. die Avvisi vom 10. bzw. 12. Januar 1585 (BAV Urb. lat. 1053, fol. 13r–15r, 18r– 18v), die Nachrichten enthalten, die sich fast komplett (außer zwei Meldungen) von jenen der entsprechenden Fuggerzeitung (ÖNB Cod. 8958, fol. 592v, Venedig vom 11. Januar 1585) unterscheiden. Einer der Avvisi 746 747



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tun haben, begegnen wir kaum je wortwörtlichen Übersetzungen von der einen Sprache in die andere, sondern eher italienischen Bearbeitungen deutscher Zeitungen. Auch dort kommen Fälle, in denen sowohl das Datum auf verschiedenen Avvisi oder Zeitungen als auch die darin erwähnten Personen und Orte komplett miteinander übereinstimmen, nur sehr sporadisch vor750. Um einige vorläufige Vermutungen zur Art der Zirkulation der Nachrichten anstellen zu können, ist über die Analyse der Absendedaten und -orte hinaus der Vergleich auch der Inhalte der Avvisi und Zeitungen unabdingbar. Im nun folgenden Abschnitt werden wir stichprobenartig zwei solcher Vergleiche für die drei Jahrgänge durchführen. Der erste Versuch betrifft den Jahrgang 1578. Für dieses Jahr lässt sich feststellen, dass jeweils alle Avvisi aus Wien (zwei) und Prag (einer) und aus Genua (einer) in den Urbinati latini mit den entsprechenden Fuggerzeitungen fast identisch sind. Im Falle der Medici-Zeitungen haben wir einen Avviso aus Genua, sämtliche Avvisi aus Prag (fünf ) und sämtliche Avvisi aus Wien (drei) aus den venezianischen Avvisi, die fast identisch mit denen der Fuggerzeitungen sind751. Das gilt auch für alle Avvisi aus Prag (drei) und aus Wien (einer), die in der Medici-Sammlung und in den Urbinate mit demselben Datum versehen sind, sowie für zwei weitere fast identische Zeitungen aus Genua, alle vorhandenen Avvisi aus Köln (zwei) und einen Avviso aus Antwerpen (von drei). Anderseits sind die Inhalte der übrigen Zeitungen und Avvisi desselben Datums aus Antwerpen und vor allem aus Rom und Venedig sehr unterschiedlich752. Natürlich haben sie einige Meldungen miteinander gemein, doch es ist offensichtlich, dass sie von unterschiedlichen Novellanten stammten und sich teilweise auch auf verschiedene Quellen bezogen. Anhand dieser Zeitungen kann man die Schnelligkeit beobachten, die das System der Avvisiübermittlung auszeichnete. So sind z. B. in einer Fuggerzeitung und einem Avviso Urbinate aus Rom vom 29. November 1578 keine Meldungen aus Lyon, Mailand und Genua zu finden, da die Ordinarizeitungen wegen eines Hochwassers noch nicht gekommen waren, während der entsprechende Avviso Mediceo desselben Datums und Ortes schon aktuelle Meldungen aus Lyon und Mailand enthält753. Die wichtigste Feststellung dieser ersten Erfassung ist sicherlich, dass im Jahr 1578 alle Avvisi vom kaiserlichen Hof auf beiden Seiten der Alpen identisch waren. Ganz gleich, ob sie sich nun in der Urbinate-Sammlung, jener der Medici oder in der Sammlung der Fuggerzeitungen befinden – Avvisi, also italienische Zeitungen aus Wien und Urbinati aus Rom vom 12. Januar 1585 (Urb. lat. 1053, fol. 21r–22v) enthält hingegen mehr oder weniger die gleichen Nachrichten wie die entsprechende Fuggerzeitung (ÖNB Cod, 8958, fol. 594r–595r), zumindest was die Inhalte anbelangt, da die Formulierungen und die Anordnung der Meldungen und der Zeitungssendungen gänzlich unterschiedlich sind. 750  Z. B. der Avviso di Anversa vom 27. Dezember 1578 (ASF MdP filza 4026, fol. 638r) und die entsprechende Zeitung aus Antwerpen (ÖNB Cod. 8952, fol. 6r–7r, 11r–12r), wo die erwähnten Orte und Personen nur teilweise übereinstimmen. 751  Der Avviso di Praga vom 29. Dezember 1578 (ASF MdP filza 4026, fol. 684r) z. B. unterscheidet sich von der entsprechenden Zeitung (ÖNB Cod. 8952, fol. 450r) nur durch den Satz Si dice che l’Arciduca Massimiliano partirà in breve per Spagna chiamato da quel re, per darli carico di importanza, sowie durch eine abweichende Formulierung hinsichtlich des Verbots ketzerischer Bücher in Wien (non senza sollevatione di quel popolo). 752   Siehe als Beispiel die Avvisi di Anversa vom 13. Dezember 1578 (ASF MdP filza 4026, fol. 690v und ÖNB Cod. 8952, fol. 351r–352r) sowie vom 27. Dezember 1578 (ÖNB Cod. 8952, fol. 6r–7r, 11r–12r und ASF MdP filza 4026, fol. 688r). 753   ASF MdP filza 3082, fol. 607r–608r; ÖNB Cod. 8951, fol. 573r–574r; BAV Urb. lat. 1046, fol. 438r– 440r.

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Prag, wurden als Teil venezianischer Zeitungssendungen verschickt. Analog zu den italienischen Zeitungssendungen in den Fuggerzeitungen kam auch in der Medici-Sammlung der aktuellste Avviso in der Sendung aus Venedig, während die Avvisi aus Prag und Antwerpen entweder gleichzeitig oder im Abstand von einigen Tagen nacheinander datieren. Wichtig zu beachten ist, dass noch im Jahr 1578 die Avvisi, die vom kaiserlichen Hof kamen, von Anfang an auf Italienisch verfasst wurden und erst über Venedig und die dort zusammengestellten Zeitungssendungen weiter verbreitet wurden. Dies gilt nicht nur südlich, sondern auch nördlich der Alpen, denn die Fuggerzeitungen enthalten in diesem Jahrgang noch deutlich mehr italienische Zeitungen aus Wien und Prag als solche in deutscher Sprache754. Nur zehn Jahre später sollte sich diese Situation deutlich verändert haben, und zwar sowohl in Hinblick auf die Nachrichten, die vom kaiserlichen Hof kamen, wie auf die aus den Hauptabsendeorten Antwerpen, Köln und Rom. Was die Avvisi aus Prag anbelangt, so wurden sie ab Anfang der achtziger Jahre im Alten Reich meist in deutscher Sprache verbreitet. Zugleich hörten sie auf, auf dem italienischen Nachrichtenmarkt als wichtigster Avviso di Germania (verstanden als Avviso vom kaiserlichen Hof ) zu gelten. Die Prager Zeitung vom 19. Januar 1588, die sowohl in der Wiener wie als Avviso auch in der Florentiner Sammlung überliefert ist755, zeigt, dass die Trennung der beiden Nachrichtennetzwerke nunmehr vollzogen war: Während zehn Jahre zuvor alle Nachrichten vom Hofe auf Italienisch verfasst waren und dieselben Meldungen in beiden Sammlungen vorzufinden sind, so haben der untersuchte italienische Avviso und die deutsche Zeitung nur noch wenige Meldungen miteinander gemein756. Di Praga 19 gennaio [1588] Quel poco che di qua vi posso dire è che s’attende con gran spirito alla cose di Polonia. Sua Maestà dico il Re Massimiliano per non esser molto in luogo debole o astretto dalli contrarii ad uscir di Polonia prima che li vadino i soccorsi, si è posto in una terricciuola assai forte.

Auß Praag von 19. Januari757 [1588] Auß Pollen ist sonnderlich nichts zuemelden, dann alle weill der cannzler den erzherzog Maximilian (nach Irer Durchlaucht jungsten von Cracau abzug) seydhero nit gar aus dem lanndt zuetreiben unnderstannden, helt man es alhie bey hof darfürsam, ob es ermeltem canntzler an hertzen unnd nachtruckh mangle. Li Lithuani stanno in fede, fuori alcuni pochi So trost man die Kayserliche Majestät etc. che si son dati al Svevo. auch wol, die littauer seyen albereith uf der Kayserlichen Majestät etc. herren bruedern Maximiliani seiten gebracht, auser halb der oberiste Cresarier unnd noch ein fürnemmer herr, welliche man baldt auch zuvermogen hoffen thuet.

754   Z. B. enthält die Sammlung der Fuggerzeitungen für das Jahr 1578 vier deutsche Zeitungen aus Wien und 16 italienische Avvisi, für die Zahlen zu Prag siehe unten. Für die achtziger Jahre siehe Biringer, Fuggerzeitungen. 755  ASF MdP filza 3084, fol. 566v. 756  ÖNB Cod. 8961, fol. 38r–38v. 757  Transkribiert von Margarete Biringer und veröffentlicht in http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/zeitungen/cod-8961-38r-38v [Zugriff 25. 2. 2015].



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Li Ongari, per quanto si scrive, si son contentati di mandar pagati 4.000 huomini per un anno a cavallo et a piedi, et nel rimanente hanno fatto promessa più ampla, che altre volte sia stato a servitio di S. M.tà et anco in particolare del Ser.mo Arciduca Ernesto, il quale si dice che tosto verrà quà. Si fa la mostra di gente in Slesia, et se ne fa a piedi nelli stati di Sassonia et Brandiburg, et s’aspettano cavalli et fanti di più parti et denari ancora. Qui si farà tosto la dieta et non potranno mancare. Il Moscovita è il più sollecito in favorir l’impresa che il proprio Re. Et insomma si spera bene, se ben è anco da temere et pregare Iddio che accompagni la causa con la sua divina protettione. Si dice qui che il signor Conte Pirro d’Arco sia giunto ad Ala presso Ispruch con 300 cavalli, per venir a questa impresa. Piaccia a Dio che così sia.

So wirdet auch gesagt (hiedoch mit kainem grundt), erzherzog Maximiliani volckh haben dem erzbischoff von Gnesen sein fürnembste statt Loviz eingenommen.

Il secretario di Ferrara qui residente è hoggi partito per le poste per Ferrara; credo sarà di buon effetto.

Sonnst haben die hungeren der Kayserlichen Majestät etc. nit mehr als ain jar bewilliget, werde also auf das künfftig jar hochgedachte Kayserliche Majestät etc. selbst personnlich sich erzaigen müessen, da sie annderst mehrers bey den hungeren erlanngen wöllen.

Arrivò qua il Signor Duca di Ariscot giovedì passato con forse 50 bocche. Sabbato baciò la mano a S[ua] M[aes]tà et hebbe audienza; il particolar che si tratta, non si sà.

Der prinz vonn Schweden ist zue Cracau gewißlich gecrönnet, hat doch den zepter unnd schwerdt noch nit empfanngen, dessen cronung ist eben mit sollicher confusion unnd unordnung wie verschine wahl ervolgt, in dessen favor sollen sich die littauer alberaith erclärt haben, auch kriegsvolckh für ine den gedachten schweden aufnemmen lassen.

Die hungeren, mährheren unnd schlesy theten geren ir eissers, wann es nur ercläckhen [?] wolte, unnd sollen sich künfftige wochen die lanndt stännde der cronn Behaimb erclären, auf welliche conventum sich doch vill herren alberaith krannckhait halben zuerscheinen entschuldiget. Auß Presburg hat man, das derselb lanndtag fast am ende wäre, unnd haben Ire Fürstliche Durchlaucht erzherzog Ernnst sich teglich widerumb nach Wienn begeben wellen, wie dann thaills der hungeren aldorten schon abgeraiset gewest, die sollen (als ich vernimb) den neuen callender auch angenommen haben, seye gleichwol hart genug zueganngen.

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Non son anco giunti li Amb[asciatori] di Savoia: ma ben uno del Ser[enissi]mo Arciduca Ferdinando nella causa con li signori conti d’Arco.

Dargegen seumen Ire Koniglichen Würden Maximilianus auch nicht, die impatroniern sich täglich pollnischen lannde unnd leute, dero ist gerathen worden, sich nach Loblin zuebegeben, daselbsten von irer parthey die cron, zepter unnd schwerdt anzunemmen, sicht also ainem schweren bluetigen krieg gleich. Gott der herr wölle darein stechen.

Eine Analyse der Fuggerzeitungen bestätigt diese Entwicklung. Die Wiener Sammlung umfasst insgesamt 111 italienische Avvisi und 765 deutsche Zeitungen aus Prag. Die Avvisi decken den Zeitraum von 1568 bis 1582 ab, wobei der Schwerpunkt in den Jahren 1579 und 1580 liegt, in denen insgesamt 65 italienische Avvisi aus Prag nach Augsburg gelangten. Dem stehen nur drei deutsche Zeitungen im gesamten Zeitraum von 1568 bis 1578 gegenüber; in den drei Jahren von 1579 bis 1582 waren es jedoch bereits 48. Der Zeitraum von 1587 bis 1589 bildet mit 91 deutschen Zeitungen den Höhepunkt dieser Entwicklung, während die Zahl in den darauffolgenden zwei Jahren wieder auf 65 Zeitungen zurückging. Am Ende des 16. Jahrhunderts wurde dafür Graz zu einer wichtigen Drehscheibe für Nachrichten aus den Habsburgischen Erblanden und dem Alten Reich allgemein für Italien, wie bereits das oben erwähnte Beispiel mit der Nachricht vom Tod des Wojewoden der Walachei im Jahr 1601 und die Berichte vom Feldlager bei Nagykanisza/Kanischa zeigen758. Ganz anders als in den Jahrzehnten vorher waren die Zeitungen und Avvisi aus Graz nun dennoch jeweils sehr unterschiedliche Nachrichtenprodukte. Die deutschen Zeitungen, von denen wir insgesamt 70 in den Fuggerzeitungen antreffen, 59 allein aus den 1590er Jahren, enthielten in den allermeisten Fällen Kurzmeldungen aus Innerösterreich, dem Türkenkrieg, etwa über die Eroberung einer Festung oder die überraschende Verlagerung der Truppen759. Sie waren jedoch nie die einzige Informationsquelle, die zu diesen Ereignissen zur Verfügung stand. Einigermaßen im Gegensatz dazu standen die italienischen Avvisi aus Graz, die, wie wir bereits feststellen konnten, das Produkt eines komplexen Nachrichtentransfers waren, in dem Meldungen von so unterschiedlichen Ursprungsorten wie dem kaiserlichen Hof, der ungarischen Front oder auch nur aus dem Umland der Stadt zusammengefasst, übersetzt und übertragen wurden. Einmal nach Italien gelangt, ist es wahrscheinlich, dass der Grazer Avviso kaum weiter modifiziert wurde und demnach in sehr ähnlicher Fassung an verschiedenen Orten anzutreffen war. Darauf lassen zumindest die beiden Fälle von deckungsgleichen Grazer Avvisi in der Medici- und der Urbinate-Sammlung schließen, zum einen der Avviso vom vom 22. Januar, zum anderen der vom 11. Juni 1601760. Ohne Zweifel waren die militärischen und politischen Entwicklungen der Zeit der wichtigste Grund für diese Ausweitung des Nachrichtenraumes in Richtung Ost- und Südosteuropa, doch es kamen noch weitere Entwicklungen hinzu, die Graz zum wichtigsten Produktionsort von italienischen Avvisi im deutschsprachigen Raum werden ließen. Eine davon war die Einrichtung einer apostolischen Nuntiatur in Graz, eine weitere die   Siehe oben S. 163f. .   Siehe dazu alle Fuggerzeitungen mit Absendeort Graz in http://fuggerzeitungen.univie.ac.at/orte/graz. 760   BAV Urb. lat. 1069, fol. 77r–77v, 371r–371v; ASF MdP filza 4578, unpag. 758 759



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fortschreitende Produktion deutschsprachiger Zeitungen am kaiserlichen Hof und letztendlich auch die Notwendigkeit oder der Wunsch, Nachrichten aus dem multikonfessionellen Habsburgerreich nur über einen in konfessioneller Hinsicht „abgesicherten“ Ort, wie Graz es war, auf die italienische Halbinsel gelangen zu lassen761. Die Zirkulation der Zeitungen aus Antwerpen und später aus Köln kann man am besten anhand einer zweiten Stichprobe aus dem Jahr 1588 beobachten, weil für dieses Jahr fast alle Avvisi beziehungsweise Zeitungen mit übereinstimmenden Absendeorten und Daten aus Köln und Antwerpen kamen. Der Grund hierfür ist, dass in den Fuggerzeitungen dieses Jahres kaum Nachrichten aus Italien überliefert sind, während die Zeitungen aus den Niederlanden oft in zwei oder drei verschiedenen Versionen vorliegen. Die Berichterstattung durch die italienischen Avvisi aus Köln und Antwerpen, die über Venedig die italienische Halbinsel erreichten, ganz gleich, ob diese heute in Florenz oder Rom aufbewahrt sind, entsprach bis in die Details der Berichterstattung hinein den inhaltlichen Gepflogenheiten der deutschen Zeitungen. Sie enthielten genaue Angaben zu den aktuellen Truppenbewegungen, zu Größe und Qualität der Armeen, die entsandt wurden, um strategisch wichtige Orte zu sichern oder zu besetzen. Die erwähnten Orte und Personen sind in dieser Berichterstattung oft dieselben, die auch in den deutschsprachigen Zeitungen zu finden sind, obwohl nur in seltenen Fälle exakt die selben Orte und Personen erwähnt werden. Kurz, obwohl gleich im Stil und ähnlich im Inhalt, sind diese Avvisi keine einfachen Übersetzungen der deutschen Zeitungen. Der Band der Urbinati latini 1056 enthält beispielsweise einen Kölner Avviso vom 7. Januar 1588, der über vier Ereignisse berichtete 762: Erstens über die Plünderung Bonns durch die von Martin Schenk rekrutierten Bürger, die dem Kurfürsten von Köln, Gebhard Truchsess von Waldburg, die Treue geschworen hatten763, zweitens über die Entsendung eines Kavallerie- und Infanteriekontingents durch den Herzog von Parma nach Bonn, um die Stadt zurückzuerobern764, drittens über den Versuch Martin Schenks, mittels einer Verschwörung von neun Bürgern aus Andernach die Herrschaft über die Stadt Bonn zu erlangen, die jedoch mit der Verurteilung aller Beteiligten endete765, und viertens über die Beschlagnahme eines Schiffes aus Brasilien, das Zucker und andere Handelsgüter geladen hatte und nach Lissabon fuhr, durch englische Truppen766. Diesem einen Avviso entsprechen in der Wiener Sammlung drei einzelne deutsche Zeitungen aus Köln767. In der ersten wird über die Plünderung Bonns berichtet768; die zweite stimmte in sehr vielen 761   Diese Fragen sind bislang nicht untersucht. Allgemein zu den „Sorgen“ Roms in Hinblick auf das Alte Reich am Ende des 16. Jahrhunderts siehe Fosi, Frontiere Inquisitoriali, bes. 258–267. 762   BAV Urb. lat. 1056, fol. 25r–25v: Avviso di Colonia vom 7. Januar 1588. 763 Ebd.: La città di Bona fù saccheggiata havendo il Schenken fattosi fare il giuramento dalli Borghesi in nome del Truxes, ha poi mandato quà alcuni offitiali dell’Elettore Ernesto a fare intendere al Capitolo di Colonia che se vole dare ogn’ anno trattenimento da Principe, restituire tutti li beni presi al conte di Moers et a lui fare un imprestido di denari, restituirà Bona, ma il Capitolo non hà ancora datto risposta. 764 Ebd.: E’ venuto aviso ch’ l Duca di Parma manda buon numero di cavalleria et fanteria per recuperare Bona, il cui presidio cresce ogni giorno fuori, per impedire che queste genti non s’accostino alla città. 765 Ebd.: Detto Schenken haveva conspiratione con nove Borghesi d’Andernarch [i.e. Andernach] città dell’Alta Vescovia di Colonia et dato loro cento scudi alla mano con promessa di dargliene altri 3.000 per uno quando gl’ havessero dato in suo potere quella città, ma scoperta la pratica furono presi gli borghesi, li quali confessato il fatto sei di loro furono impicati et tre squartati. 766 Ebd.: S’intende che le navi inglesi havevano preso quindici carichi de zuccari et altre mercantie che venivano dal Brazil a Lisbona per valore di 2.000 ducati. 767  ÖNB Cod. 8961, fol. 1v, 3v, 14v–15r. 768  ÖNB Cod. 8961, fol. 1v.

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Punkten mit dem italienischen Avviso überein und scheint auch die Grundlage für die italienische Bearbeitung gewesen zu sein769, und die dritte Zeitung konzentriert sich auf die Truppenentsendung durch den Herzog von Parma770. In der Medici-Sammlung wiederum befindet sich unter den venezianischen Avvisi ein Kölner Avviso vom 7. Januar 1588, der eindeutig eine Übertragung der soeben beschriebenen zweiten Zeitung ins Italienische ist771. In ihm werden genau dieselben Personen und Orte aufgeführt772. Von der Beschlagnahme der Handelsware aus Brasilien dagegen ist sowohl in den Fuggerzeitungen als auch in den Medicei in zwei fast identischen Zeitungen beziehungsweise in einem Avviso aus Antwerpen vom 2. Januar zu lesen, die zu derselben Gazette gehörten wie der Kölner Avviso und die ausführlicher über das Ereignis berichteten773. Außerdem enthalten beide die bereits erwähnte Meldung über das Schiff aus Brasilien: Aus Mittelburg hat man aviso die Englischen haben 15 Schiff mit Zucker und anderen wahren geladen …774 beziehungsweise: Avisano di Middelburgo che un numero di navi inglesi habbino preso XV vascelli di Zuccari del Bracil 775. Dieser Antwerpener Avviso vom 2. Januar – genauso wie der Kölner von 7. Januar – der Medici-Sammlung ist ein Beispiel für die Übertragung einer Zeitung ins Italienische. Er enthält genau dieselben Nachrichten wie diese, wenngleich in etwas anderer Reihenfolge, und unterscheidet sich dadurch grundlegend von seinem Gegenstück in der Urbinate-Sammlung (ebenfalls aus Antwerpen und auf den 2. Januar datiert)776, das insgesamt sehr viel kürzer gehalten ist und anstelle von sechs nur drei Meldungen enthält, von denen eine die Ankunft des florentinischen Botschafters Francesco Lenzoni in Antwerpen betrifft, der hier wie in Florenz und Wien nicht namentlich erwähnt wird. Die Unterschiede, die im Jahr 1588 zwischen den Avvisi aus Antwerpen und Köln in den Sammlungen in Rom und in Florenz bestehen, wie auch die stärkere Ähnlichkeit der Avvisi Medicei aus dem Band 3084 mit den deutschen Fuggerzeitungen, die sich auch in weiteren Fällen erkennen lässt, können teilweise durch die Tatsache erklärt werden, dass sie auf jeweils unterschiedlichen Wegen nach Florenz beziehungsweise Pesaro gelangten777. Der Herzog von Urbino bekam den Avviso als Teil einer Zeitungssendung   ÖNB Cod. 8961, fol. 3v.   ÖNB Cod. 8961, fol. 14v. 771  ASF MdP filza 3084, fol. 562r–562v. 772 Ebd.: Martin Schenke ha preso et, assettate le cose di Bona, ha mandato quà il Signor di Barnem, già ufficiale in quella città, et il Signor Fabrizio Fogt per trattare con questo Capitolo et Magistrato che se vogliono pagare al Truxes et al Conte di Moers ogn’ anno una certa somma di denari restituiranno la città di Bona: sopra di che non sin’ hora risoluta cosa alcuna, dicendosi trattanto che il Signor Duca di Parma mandi a quella volta 1.000 cavalli li quali scorrendo in quei contorni impedivano l’uscita à nemici. 773   ÖNB Cod. 8961, fol. 1r–1v, 3r–3v und ASF MdP filza 3084, fol. 561v–562r. 774   ÖNB Cod. 8961, fol. 3r–3v: Man hatt schreiben von Mittelburg aus Seelandt das die Englischen in 15 Schiff mit Zugker unnd anderen waren geladen, so aus Presill nach Lissabon faren wöllen, genommen haben, wie die Portugöser ausgeben, sollen dise Schiff uber 200 .000 Kronen werth sein. – Cod. 8961, fol. 1r–1v: Aus Mittelburg hat man aviso die Englischen haben 15 schiff mit Zucker und anderen wahren geladen (so aus Pressalia nach Lisabona laufen wellen) genommen, die sollen iber 200.000 Ducaten werth sein, wie allhie die Portugalleser selbs darvon reden. 775   ASF MdP filza 3084, fol. 561v–562r. 776  BAV Urb. lat. 1056, fol. 25r: E’arrivato qua un Amb[asciatore] Del Gran Duca di Toscana ricevuto con grandi honori da S. A. la quale sta di partita per Brugia facendo tuttavia aresto di vascelli et sollecitando quelli che si fabricano. Delli commissari che dovevano venir quà d’Inghilterra non si parla più cosa alcuna. Li Goesi presero hieri la barca che viene qua ordinariamente da Bruxelles ammazando tre persone che vi erano sopra. 777  Der andere Fall einer Übereinstimmung im Hinblick auf das Datum zwischen allen drei Sammlungen (Antwerpen 23. Januar 1588) beweist auch, dass der Avviso Mediceo den deutschen Fuggerzeitungen sehr nahe 769 770



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aus Rom vom 16. Januar, während der Avviso im Medici-Archiv Bestandteil einer venezianischen Gazette war. Deren Meldungen aus dem Reich kamen über Trient, wo sie, der Handschrift nach zu urteilen, von Ulisse del Pace778 bearbeitet und dann über den Fondaco dè Tedeschi nach Florenz geschickt wurden. Unter den von Del Pace bearbeiteten Avvisi befindet sich auch eine Zeitungssendung, die eine Zeitung aus Antwerpen (26. März), eine aus Köln (31. März) und eine aus Frankfurt (3. April) enthält. Alle drei entsprechen den in der Fuggerschen Sammlung vorhandenen Zeitungen gleichen Datums weitgehend. Nur der von Del Pace eingefügte Avviso aus Prag vom 29. März ist in dieser Zeitungssendung in Wien nicht zu finden. Dort ist zwar eine Zeitung aus Prag mit dem selben Datum überliefert, diese hat jedoch teilweise andere Inhalte als der italienische Avviso779. Dies passt zu der allgemeinen Beobachtung, dass die Avvisi aus Prag im Jahr 1588 anders aussehen als die deutschen Zeitungen. Es ist daher anzunehmen, dass Del Pace für die Meldungen vom kaiserlichen Hof auf andere italienische Quellen zurückgriff. Im Fall der Urbinate-Sammlung handelt sich bei den Avvisi aus Antwerpen und Köln um Zeitungen, die ähnlich, jedoch deutlich ausführlicher auch in Wien in zwei beziehungsweise drei verschiedenen Zeitungen zu finden sind. Sie wurden wahrscheinlich in Rom oder Venedig in einer Officina produziert, die Zugang zu den unterschiedlichen Versionen hatte und eine neue Fassung für das italienische Publikum produzierte. Wiederum finden wir fast identische Zeitungen aus Köln und Antwerpen, manchmal auch aus Rom, in den Urbinati und im anderen venezianischen Band der Medici-Sammlung; hier müssen die Avvisi einen ähnlichen Weg wie die aus Rom über Venedig genommen haben780. Was demzufolge mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht ist, dass Avvisi und Zeitungen, die aus Orten mit regen Nachrichtenaustausch und -produktion stammten, häufig zum Gegenstand von Übersetzungen, Adaptionen und Umschreibungen wurden, wobei dies weniger mit der Sprache zu tun hatte, sondern vielmehr mit den unerbittlichen Regeln des Nachrichtengeschäfts, nach denen eine Nachricht quasi sofort auf den Markt zu bringen und an die Abonnenten zu schicken war781. Natürlich spielten auch die Informationsquellen eine wesentliche Rolle für der Qualität und Menge der weitergeleiteten Nachrichten. Genauso wie im umgekehrten Fall, den wir im vorangehenden Kapitel782 am Beispiel Roms behandelt haben, bildeten die Zeitungen aus Köln und Antwerpen lediglich die Grundlage für den italienischen Bericht des jeweiligen Novellanten. Jedoch ergänzten die Novellanten ihre Avvisi nach Möglichkeit mit Nachrichten und Details, die ihnen zusätzlich zur Verfügung standen. Dabei bezieht sich die Datierung einer Zeitung auf den Moment, in dem der Novellant die Nachrichten erhielt und anschließend zu Papier brachte, um sie auf dem Postweg zu verbreiten. Das Datum, das auf den Avvisi und Zeitungen aus Köln und Antwerpen vermerkt wurde, ist zwar oft dasselbe, steht, während jener der Urbinate nur zwei Meldungen übermittelt: ÖNB Cod. 8961, fol. 47r–47v; BAV Urb. lat. 1056, fol. 69v; MdP filza 3084, fol. 567r–567v. 778   Zur Person siehe oben S. 154f. Auch die zwei weiteren Avvisi aus Antwerpen und Köln, die in der Filza 4255 (Flandern) aufbewahrt sind, sind in der Handschrift Del Paces verfasst und wurden wahrscheinlich nachträglich in diesen Band eingefügt. 779  ASF MdP filza 3084, fol. 620r–621r und ÖNB Cod. 8961, fol. 142v–143r. 780  Z. B. ASF MdP filza 3085, fol. 655r–655v und BAV Urb. lat. 1056, fol. 283r: Avviso di Anversa vom 4. Juni 1588. 781  Zum Nachrichtenwert siehe Wilke, Nachrichtenauswahl; zuletzt Arndt, Herrschaftskontrolle 54, 60f. 782  Siehe oben S. 132.

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doch unterscheiden sich die darin enthaltenen Nachrichten dergestalt voneinander, dass Rückschlüsse darauf möglich sind, dass deutsche beziehungsweise italienische Novellanten in der knappen zur Verfügung stehenden Zeit jeweils unterschiedliche Mengen an Nachrichten verarbeiten und in Form von Zeitungen oder Avvisi zusammenstellen und zu Papier bringen konnten. Dies tritt in den Bänden des Jahrgangs 1601 noch viel deutlicher hervor, da ab den neunziger Jahren die Gesamtmenge der zirkulierenden Avvisi aus den Hauptabsendeorten wuchs, obwohl dies in den hier untersuchten Sammlungen nicht durchgängig deutlich wird. Im Jahrgang 1601 tragen sechs Avvisi aus Köln in der Medici-Sammlung und einer aus dem „Lager unter Kanischa“ das gleiche Datum wie entsprechende Fuggerzeitungen, erwähnen aber trotzdem verschiedene Orte und Personen783. Diese Avvisi sind im Band 4256 (Fiandre) der Medici-Sammlung als lose Blätter aufbewahrt und wurden in einer „schnellen“ Handschrift verfasst. Auf der Verso-Seite sind sie teilweise mit der Aufschrift Avvisi oder Avvisi di Colonia versehen; der Adressat war Francesco Conti, Sekretär des Großherzogs von Florenz. Alle Avvisi geben zwar deutsche Zeitungen wieder – das legt der Stil nahe, in dem die Meldungen verfasst sind784 –, doch stellen sie komplexere Bearbeitungen als jene des Jahres 1588 dar, sodass nicht mehr festzustellen ist, auf welche Quellen die italienischen Nachrichten letztendlich zurückzuführen sind785. Das gleiche gilt für die Avvisi Urbinati latini aus Rom, die das gleiche Datum wie Zeitungen und Avvisi aus Rom in der Fuggerschen Sammlung tragen786. Inhaltlich stimmt keiner dieser Avvisi in der Urbinate-Sammlung mit den Fuggerzeitungen überein.

783  Siehe die oben zitierten Avvisi dal campo sotto Canischa (wie oben S. 163f.) im Vergleich zur Zeitung Auß dem feldtleger vor Canisa von 29. Octobris anno 1601 (ÖNB Cod. 8974, fol. 708r–708v). Ich bedanke mich bei Nikolaus Schobesberger für die Transkription dieser Zeitung. 784   Dazu siehe S. 132f. 785  ÖNB Cod. 8974, fol. 543r–543v und ASF MdP filza 4256, fol. 90r; Cod. 8974, fol. 595r–596r und MdP filza 4256, fol. 96r; Cod. 8974, fol. 648r und MdP filza 4256, fol. 106r; Cod. 8974, fol. 688v–689r und MdP filza 4256, fol. 111r; Cod. 8974, fol. 714r–714v und MdP filza 4256, fol. 113r; Cod. 8974, fol. 761r–761v und MdP filza 4256, fol. 115r. 786   BAV Urb. lat. 1069, fol. 8r–12r, 30r–31r und ÖNB Cod. 8974, fol. 264r–264v, 269r (deutsch), 6v–7v (italienisch): Avviso di Roma vom 6. Januar 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 23r–26r, 27r, 45r–46r und Cod. 8974, fol. 10r–11r (italienisch), 277r–277v, 279r–279v (deutsch): Avviso di Roma vom 13. Januar 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 37r–39v, 40r, 41r–41v, 61r–62r und Cod. 8974, fol. 15r–16r (italienisch), 301r (deutsch): Avviso di Roma vom 20. Januar 1601.– Urb. lat. 1069, fol. 53r–56v, 57r, 78r–79v und Cod. 8974, fol. 18r–19r (italienisch), 306r–306v (deutsch): Avviso di Roma vom 27. Januar 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 312r–315r, 338r–339r und Cod. 8974, fol. 105r–106r (italienisch), 479r–479v (deutsch): Avviso di Roma vom 2. Juni 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 328r–332r, 356r–357r und Cod. 8974, fol. 485r–485v (deutsch): Avviso di Roma vom 9. Juni 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 345r–349r, 372r–373r und Cod. 8974, fol. 115r–116r (italienisch), 495r–495v (deutsch): Avviso di Roma vom 16. Juni 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 362r–366r, 389r–390r, und Cod. 8974, fol. 121r–122r (italienisch), 505r–505v (deutsch): Avviso di Roma vom 23. Juni 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 379r–382v, 404r und Cod. 8974, fol. 125r–126r (italienisch), 511r–511v (deutsch): Avviso di Roma vom 30. Juni 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 668r–672r, 689r–690r und Cod. 8974, fol. 710r–710v (deutsch), 211r–212r (italienisch): Avviso di Roma vom 3. November 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 701r–702r und Cod. 8974, fol. 217r–218r (italienisch), 718r–718v (deutsch): Avviso di Roma vom 10. November 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 695r–698v, 715r–716r und Cod. 8974, fol. 732r–732v (deutsch), 221r–222r (italienisch): Avviso di Roma vom 17. November 1601. – Urb. lat. 1069, fol. 708r–711r, 724r–725r und Cod. 8974, fol. 753r (deutsch): Avviso di Roma vom 24. November 1601.



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Schluss Entstanden in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Italien und zwischen 1550 und 1560 über die Alpen exportiert, konnte sich die Zeitung am Übergang zum 17. Jahrhundert gerade deswegen so erfolgreich durchsetzen, weil es sich um ein überregionales Nachrichtenmedium handelte, das in der Lage war, ein vielschichtiges Leserpublikum zu erreichen und über wichtige Ereignisse auf dem Laufenden zu halten. Ganz gleich, ob die Avvisi auf dem Weg über ein Abonnement bezogen, von Agenten verschickt oder von Sammlern kopiert und weitergeleitet wurden, beruhte ihr Erfolg auf der Fähigkeit, die Leser in kürzester Zeit über das Geschehen zu informieren, und zwar nicht nur aus der unmittelbaren Umgebung des jeweiligen Absendeortes, sondern aus einem sehr großen geographischen Gebiet. Kriegsschauplätze und der Handelsverkehr über See mochten zwar geographisch weit entfernt sein, doch lagen sie dennoch oder gerade deswegen im Mittelpunkt des Nachrichteninteresses der Fürsten, Gouverneure, Regierungen, Diplomaten, Händler und Gelehrten, die die Avvisi und Zeitungen lasen. Von diesem intensiven Verkehr bleiben uns heute nur Fragmente, die teilweise unabhängig von ihrem ursprünglichen Kontext aufbewahrt und überliefert wurden. Dieser Zustand hat es bis jetzt sehr erschwert, die geschriebenen Avvisi und Zeitungen ihrer Bedeutung entsprechend in die frühneuzeitliche Medienlandschaft einzuordnen. Der Vergleich der Fuggerzeitungen mit den italienischen Avvisisammlungen der Medici und der Herzöge von Urbino zeigt, wie strukturelle Unterschiede, die zwischen den Fuggerzeitungen, den Urbinate und der Medici-Sammlung bestehen, als direkte Folge der jeweils sehr unterschiedlichen Kommunikationskanäle entstanden, über die die Zeitungen beziehungsweise Avvisi von ihren Ursprungsorten nach Augsburg, Florenz oder Pesaro gelangten. In Wien und Rom lagen den Kollektionen mehr oder weniger reguläre Abonnements zugrunde, während im Fall des Medici-Archivs eine Vielzahl von Agenten, Mittlern und Auftraggebern am Zustandekommen beteiligt war. Von ebenso großer Bedeutung ist die Frage, ob die Avvisi von vornherein systematisch gesammelt wurden wie im Fall der Fuggerzeitungen und der Urbinate oder aber ob die Bestände erst nach und nach zu einer Sammlung zusammengestellt wurden. In der Gesamtschau – und auch dank ihrer Besonderheiten – bieten die drei Sammlungen Gelegenheit, verschiedene Aspekte der Struktur frühneuzeitlichen Nachrichtenverkehrs zu rekonstruieren und dessen unterschiedliche Modalitäten miteinander in Beziehung zu setzen, wobei festzuhalten bleibt, dass die Städte Venedig, Rom, Antwerpen und Köln die neuralgischen Punkte dieses Systems waren. Dass es neben diesen Städten auch noch andere wichtige Absendeorte für italienische Avvisi gab, geht vor allem aus dem Medici-Archiv hervor, in dem die Orte Mailand, Genua und Lugano als Stätten einer völlig eigenständigen Nachrichtenproduktion hervortreten. Während die dort erstellten Nachrichten im Fall der Medici-Sammlung von Sekretären und Beamten der Medici vor Ort direkt nach Florenz geschickt wurden, tauchen sie in den anderen beiden Sammlungen lediglich als Bestandteile der Avvisi oder Zeitungen aus den wichtigeren Nachrichtenzentren auf. Nachdem wir in einem ersten Schritt die großen Zentren dieses überregionalen Nachrichtenverkehrs bestimmen konnten, können uns die sporadischer auftretenden Absendeorte ebenso wie die in den Avvisi der verschiedenen Sammlungen selbst genannten Orte ein Verständnis dafür vermitteln, wie sich der Informationsmarkt zwischen 1578 und 1601 über ein zunehmend größer werdendes geographisches Gebiet erstreckte, des-

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sen Ausmaß und Veränderung nicht zuletzt von aktuellen Ereignissen bestimmt war. Zunächst zeugen die Avvisi und Zeitungen vor allem vom großen Interesse am Geschehen in Westeuropa. Es dominieren Meldungen aus Spanien, Frankreich und den Niederlanden, welche immer gemeinsam mit jenen aus Italien und dem Heiligen Römischen Reich vorliegen. Im Jahre 1588 ist die Stellung Istanbuls und des osmanischen Hofes nicht nur als politisches Zentrum, sondern auch als Sammelpunkt für Nachrichten über das Osmanische und das Persische Reich und teilweise auch aus Teilen Asiens schon ziemlich gefestigt. Prag, das aufgrund der Präsenz des kaiserlichen Hofes eine ähnliche Stellung in Mitteleuropa einnahm, trug ebenfalls dazu bei, das Gebiet, das von den Nachrichten abgedeckt wurde, in den achtziger Jahren beträchtlich nach Osten auszuweiten. Ab den neunziger Jahren tauchen vermehrt ungarische und siebenbürgische Absendeorte in den Fuggerzeitungen auf, während sich in den italienischen Sammlungen immer mehr Nachrichten aus Graz finden. Die Ereignisse im Westen Europas blieben dabei aber weiterhin von großem Interesse. Es handelt sich also nicht so sehr um eine Verschiebung der Nachrichtenachse, sondern um die Ausweitung des von den Nachrichten abgedeckten Raumes in Richtung Osten, was natürlich direkt mit dem Ausbruch der Konflikte in Siebenbürgen und Ungarn zusammenhing, an denen auch Armeen und Kapital italienischer Staaten, des Alten Reiches und Spaniens beteiligt waren. So festigte sich eine Infrastruktur des Nachrichtenverkehrs, über die Portugal buchstäblich mit Siebenbürgen verbunden war. Der Vergleich der hier untersuchten Sammlungen mit denen, die Katrin Keller für den deutschsprachigen Raum erforscht hat, zeigt dabei vor allem, dass in Bezug auf die italienischen Avvisi ebenso eine Konsolidierung und Standardisierung des Genres stattfand, wie dies auch in Deutschland der Fall war. Allerdings wird dieser Prozess nicht so sehr durch den Nachweis deckungsgleicher Zeitungen in verschiedenen Sammlungen greifbar, sondern vielmehr durch die erheblich zunehmende Avvisiproduktion in Rom, ferner die intensivere und regelmäßigere Verknüpfung der italienischen Nachrichtenstrukturen mit dem internationalen Netzwerk sowie deren Fähigkeit, neue Zentren der Nachrichtenproduktion als Folge bestimmter internationaler Ereignisse und interner Bedürfnisse einzubeziehen. Im Jahr 1578, dem ersten Jahr dieser Untersuchung, war die Produktion italienischer Avvisi bereits etablierte alltägliche Praxis, während sich das Genre der handgeschriebenen Zeitung im deutschsprachigen Raum erst noch festigen musste. Der Nachrichtenmarkt im Alten Reich war dadurch insgesamt recht übersichtlich, was sich auch darin ausdrückt, dass in allen Sammlungen ähnliche Meldungen aus Rom und Venedig und identische Avvisi vom kaiserlichen Hof (Wien beziehungsweise Prag) und aus Genua zu finden sind. Auch im Jahr 1588 ist ab und an noch eine solche Übereinstimmung zwischen Avvisi unterschiedlicher Sammlungen gegeben, zumal für jene, die zwischen Italien und dem Alten Reich zirkulierten. Dies änderte sich mit dem Aufblühen der Novellantenbüros in Rom und dem Aufkommen ähnlicher Schreibstuben in Antwerpen und vor allem in Köln. Von dort beziehungsweise über Vermittlung von Zeitungsschreibern in Augsburg wurden Nachrichten hauptsächlich auf Deutsch verschickt und dann in Venedig beziehungsweise Trient oder Rom übersetzt und bearbeitet. Gleichzeitig profitierten aber die italienischen Novellanten auch von ihren deutschen Kollegen, indem sie unterschiedliche Bearbeitungen und Übertragungen deutscher Nachrichten produzierten. Zudem begannen in Augsburg und Köln Novellanten damit, italienische Avvisi ins Deutsche zu übertragen, um sie dem deutschen Publikum inhaltlich und auch in stilistischer Hinsicht zugänglicher zu machen. Schon in den achtziger Jahren war wohl die Produktion von Avvisi in Rom,



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Venedig, Antwerpen und Köln so vielfältig, dass es nicht mehr möglich ist, so etwas wie ein ursprüngliches Modell für die Vorgehensweise bei der Überarbeitung von Nachrichten in einer anderen Sprache zu identifizieren. Mit anderen Worten kann man aus der Perspektive italienischer Sammlungen beobachten, wie die enorme Produktion von Meldungen und die wachsende Zahl von Akteuren, die mit der Sammlung, „mise en page“ und Verbreitung von Nachrichten beschäftigt waren, tatsächlich die formale und mediale Standardisierung des Informationsproduktes bewirkt hat, das als „Avviso“ oder „Zeitung“ bekannt ist. Diese steigende Zahl von Akteuren und Kanälen bewirkte zugleich auch eine weitergehende Verflechtung des internationalen Nachrichtenaustauchs und die Vervielfältigung unterschiedlicher inhaltlicher Versionen der Zeitungen und Avvisi. Sowohl die Verbreitung von unterschiedlichen Kopien als auch das Hervortreten von Graz als neuer „Nachrichtenhauptstadt“ für das Alte Reich sollten in der Zukunft systematisch im Zusammenhang mit der immer strengeren Zensur der Avvisi in Italien und den über die römischen und venezianischen Novellanten verhängten Strafen analysiert werden. Eine der wichtigsten Qualitäten der Avvisi beziehungsweise Zeitungen zwischen 1578 und 1601 bleibt, dass sie in sehr kurzer Zeit und in beinahe telegraphischer Kürze über alle möglichen Ereignisse informierten, die mit der Zeit aus einem immer größeren geographischen Gebiet kamen. Dies war der Ausgangspunkt für eine weitere Entwicklung, nach der auf beiden Seiten der Alpen immer mehr Avvisi sul campo, also direkt am Ort des Geschehens, von unzähligen einzelnen Akteuren produziert und verschickt wurden, und zwar entweder direkt an den Ort der Bestimmung der Nachrichten, oder aber an eines der Nachrichtenzentren, wo die Meldungen wiederum in die dort produzierten Avvisi und Gazetten übernommen wurden, als knappe Meldung im Avviso selbst oder als ausführliche Beilage zu einer Gazette. Während wir also Zeugen der Ausformung, Standardisierung und festen Verankerung des Mediums der Avvisi und der Zeitungen im Nachrichtenverkehr der frühen Neuzeit werden, zeigen uns die hier betrachteten Sammlungen zugleich, wie die Prozesse und Strukturen des Nachrichtenverkehrs am Übergang vom 16. zum 17. Jahrhundert zunehmend vielschichtiger und komplizierter wurden. Dies bedeutet, dass allein schon aufgrund der komplexen Quellenlage von einem grundsätzlich intermedialen Charakter des Nachrichtenverkehrs ausgegangen werden muss, der wiederum die Voraussetzungen für die spätere Entwicklung der „öffentlichen“ und periodisch erscheinenden gedruckten Presse schuf 787.

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  Siehe dazu oben S. 36–39.

178 Anhang

Karte 15: Absendeorte von Zeitungen beziehungsweise Avvisi in den Fuggerzeitungen 1578



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180 Anhang

Karte 16: Absendeorte von Zeitungen beziehungsweise Avvisi in den Fuggerzeitungen 1586



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182 Anhang

Karte 17: Absendeorte von Zeitungen beziehungsweise Avvisi in den Fuggerzeitungen



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Anhang Zeitungen im Alten Reich – ein vorläufiges Verzeichnis von Katrin Keller

Dieses Verzeichnis resultiert aus dem Versuch, die von Johannes Kleinpaul in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgefundenen und benutzten Zeitungssammlungen genauer zu spezifizieren. Kleinpaul begnügte sich mit einer eher oberflächlichen Beschreibung der Quellengrundlage seiner Ausführungen788, bei der er keine Signaturen nennt. Außerdem sind alle seine Beiträge zur Geschichte geschriebener Zeitungen insofern unsystematisch, als er Briefwechsel, Relationen diplomatischer Vertreter, Nachrichtenbriefe und geschriebene Zeitungen nicht trennt. Eine Typologisierung des Materials in analytisch-systematisierender Absicht war ihm offenbar fremd; sein Augenmerk galt mehr den Zeitungsschreibern als dem Medium selbst. Allerdings hat sein fehlendes analytisches Herangehen zur Folge, dass er zwar viele Namen von Schreibern nennt; fast nie handelt es sich dabei aber wirklich um Zeitungsschreiber, da diese, wie er selbst anmerkt789, meist anonym blieben. Seine Zusammenstellungen kompilieren vielmehr eher wahllos alle Namen, die die aufgefundenen Bände hergeben. Dessen ungeachtet ist seine Zusammenstellung der Fundorte von geschriebenen Zeitungen in deutschen Archiven und Bibliotheken bislang wohl die umfassendste – außer den Wiener Fuggerzeitungen, denen er ja eine eigene Darstellung gewidmet hatte, werden 18 weitere Bestände erwähnt und deren Umfang zumindest grob umrissen. Der Versuch, die von Kleinpaul erwähnten Sammlungen in Archiven und Bibliotheken zu ermitteln, ihren Umfang und ihre Struktur festzustellen, wird von den heutigen Möglichkeiten der online-Recherche natürlich erheblich erleichtert, ebenso die Auffindung weiterer Bestände. In nahezu allen Fällen ließen sich so die von Kleinpaul angeführten Überlieferungen verifizieren und in den Beständen genauer verorten, wobei besonderes Augenmerk auf Sammlungen gelegt wurde, die zeitlich parallel zu den Wiener Fuggerzeitungen liegen. Dadurch sind einige generelle Betrachtungen zur Überlieferungsstruktur möglich, die auch Feststellungen zur Sammelpraxis erlauben.

 Siehe Kleinpaul, Nachrichtenwesen 20–27.   Ebd. 13f., 21.

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Die Liste der bislang bekannten Bestände geschriebener Zeitungen790 dokumentiert ein grundlegendes Problem jeder Arbeit an diesem Medium und insbesondere jeder Statistik in Hinblick auf geschriebene Zeitungen: Einerseits gibt es vermutlich kein reichsständisches Archiv, in dem sich nicht an irgendeinem Punkt geschriebene Zeitungen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts finden lassen; das gilt auch für zahlreiche städtische und Adelsarchive. Andererseits gibt es nur in einigen Fällen wirklich große Bestände, und diese sind wiederum nur in einigen Fällen in Form regelrechter Zeitungsbände zusammengefasst. Die Übersicht zeigt damit schnell einen Grund dafür, warum die Wiener Fuggerzeitungen bis heute zumindest die meist zitierte Sammlung sind – eine Überlieferung in diesem Umfang und in so komprimierter Form zählt eher zu den Ausnahmen. In den Verzeichnissen verhältnismäßig leicht auffindbare Sammelbände gibt es allerdings auch für die Grafen von Wertheim aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts, für die Pfalzgrafen von Neuburg, für die Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel, den Kurfürsten von Brandenburg, den Grafen von Henneberg, Landgraf Wilhelm von Hessen-Kassel und die Kurfürsten von Sachsen. Die Bände städtischer Überlieferung im Staatsarchiv Nürnberg sowie in Bibliotheken in München und Leipzig kommen hinzu, wobei weitere Recherchen hier sicher noch neue Bestände zutage fördern könnten. Als Problem sowohl bei der Onlinesuche wie bei der direkten Archivrecherche stellt sich freilich der Umstand dar, dass die Bezeichnung „Zeitung“ bei der Verzeichnung bis heute oft im frühneuzeitlichen Sinne verwendet wird791. In vielen Fällen steht sie synonym für „Nachrichten“, so etwa bei den umfangreichen Überlieferungen für Philipp von Hessen oder Heinrich d.J. von Braunschweig. Eine Autopsie der Bände wird demzufolge auch in einigen der nachfolgend aufgeführten Fälle zeigen, dass sie wenige oder gar keine geschriebenen Zeitungen im hier verwendeten Sinne enthalten, sondern diverse Briefe, Nachrichtenbriefe, Abschriften etc. Diese Unsicherheit kann derzeit freilich nicht umgangen werden. Dessen ungeachtet lassen sich in der Bestandsstruktur einige charakteristische Punkte ausmachen, an denen größere Zeitungsbestände bevorzugt aufzufinden sind. Dabei handelt es sich gewöhnlich um zentrale Behördenbestände (z. B. Geheimer Rat, Beziehungen zu auswärtigen Staaten, Kriegswesen) oder um Bestände fürstlicher Korrespondenzen. Zumindest in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren geschriebene Zeitungen also Texte, die einen so erheblichen Stellenwert für Regierungshandeln erlangten, dass sie an zentraler Stelle nicht nur erwünscht waren und vermutlich auch gelesen wurden, sondern dass man sich auch um die Archivierung bemühte. Das Vorhandensein regelrechter Sammlungen von geschriebenen Nachrichten, Versuche, diese durch Systematisierung oder Regestierung verfügbar zu machen, wie sie etwa in der Dresdner Sammlung erkennbar sind, zeigen die Bedeutung, die dem sich im Alten Reich verbreitenden Medium zugemessen wurde792. Wie hoch der Informationswert der geschriebenen Zeitung im Vergleich zu anderen Medien (Buch, Flugschrift) und anderen Nachrichtenverbindungen (diplomatische Korrespondenz und Berichterstattung) tatsächlich war, ist freilich bislang nicht genauer untersucht worden793.   Sie wurde nach den Archiv- bzw. Bibliotheksstandorten geordnet.   Zum Beispiel werden mehrere Handschriftenbände in der ÖNB (Cod. 8049, 8050, 9102, 9104) als „Zeitungsprotokolle der Reichskanzlei“ bezeichnet. Es handelt sich jedoch eigentlich um das Briefkopial des Reichsvizekanzlers Walderdorff für die Jahre 1558 bis 1564, das nur in Einzelfällen auch Kopien von Zeitungen enthält (z. B. Cod. 9102, fol. 69r–70v, 93v–96r [1559]). Zur Begrifflichkeit siehe auch Grimm, Wörterbuch 31 590–595. 792  Siehe dazu auch Zwierlein, Discorso 607, 609 und oft sowie oben S. 54f. 793  Siehe aber Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 207–346, der zumindest versucht, die Zuverlässigkeit 790 791

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Auffällig ist bei einem Überblick, dass es Sammlungen beziehungsweise größere Mengen von geschriebenen Zeitungen in den fürstlichen Archiven seit den ausgehenden 60er und meist bis in die achtziger Jahre des 16. Jahrhunderts gibt. Danach treten oft größere Lücken auf, auch wenn sich zahlreiche Überlieferungen geschriebener Zeitungen bis weit ins 17., oft bis ins 18. Jahrhundert ziehen. Bei diesem Befund lässt sich sicher die fürstliche Zeitungskorrespondenz vor allem der siebziger Jahre als Erklärung heranziehen, auf die zuerst Kleinpaul hinwies, die aber auch Zwierlein ausführlich diskutiert hat794. Der offenbar regional weit verbreitete Austausch geschriebener Zeitungen zwischen den Reichsfürsten, der zeitlich mit einer bestimmten Phase der Reichspolitik korrespondiert795, beschleunigte vermutlich die Verbreitung des Mediums, das sich im deutschsprachigen Raum seit den fünfziger Jahren zuerst beobachten lässt796. Der Neuigkeitswert der geschriebenen Zeitung an sich dürfte für deren Überlieferung gerade aus diesem Zeitraum bedeutsam gewesen sein. Dass dann in den ausgehenden 80er Jahren die Überlieferungsdichte nachlässt, deutet nicht nur auf einen Generationswechsel unter den deutschen Reichsfürsten hin, der mit Veränderungen in kommunikativen Strukturen und politischen Konstellationen einher ging. Vielmehr dürfte die Verfügbarkeit von Informationen aus Europa und Übersee über geschriebene Zeitungen dann auch bereits zum „Medienalltag“ gehört haben, und das Bedürfnis nach anhaltender Aufbewahrung ging zurück. Die Regelmäßigkeit und Dauerhaftigkeit der Berichterstattung war hinlänglich bekannt; Strategien im Umgang mit den enthaltenen Informationen waren entwickelt worden, über die allerdings bislang in der Forschung kaum reflektiert worden ist. In einigen Fällen, zu denen auch die Brüder Fugger zählten, wurden aus Gründen, die im Einzelnen ebenfalls zu untersuchen wären, planmäßige Sammlungen weitergeführt. Allerdings ist in jedem Fall davon auszugehen, dass diese nie die Gesamtheit aller an einem Hof, in einer Kanzlei eingetroffenen Zeitungen enthielten797. Und allenfalls in Einzelfällen wird zu ermitteln sein, ob eventuell früher vorhandene Bestände an geschriebenen Zeitungen der Bewertung von Archivaren des 18. oder 19. Jahrhunderts zum Opfer gefallen und skartiert worden sind. Kleinpaul verweist zudem auf die in preußischen Archiven geltende Regel, Zeitungen nach ihrem Inhalt einschlägigen Akten zuzuordnen798, wodurch sie heute nur schwer in den Beständen ermittelbar sind. Andererseits wurden im 19. Jahrhundert Zeitungen auch aus anderen Beständen herausgelöst und zu eigenen Sammlungen vereinigt. Die folgende Zusammenstellung gibt also in jedem Fall nur einen Eindruck davon, in welchem Umfang geschriebene Zeitungen in Archiven und Bibliotheken anzutreffen sind; sie kann quantitativ wie regional keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben799. und Aktualität der Berichterstattung abzuschätzen. 794   Kleinpaul, Nachrichtenwesen 28–67; Zwierlein, Discorso 588–610. 795   Siehe oben S. 51 Anm. 234 796   Zwierlein, Discorso 574–588; Barbarics-Hermanik, Medien 256. 797  Siehe dazu oben S. 52; siehe auch Kleinpaul, Nachrichtenwesen 21. 798  Ebd. 24f. Siehe aber Lent, Zeitungen, für Wolfenbüttel. 799  Hinweise auf weitere Bestände in der Literatur siehe Barbarics, Sammlungen 226–230; Pražáková, Bild Ostmitteleuropas; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 361–363, Zwierlein, Discorso 597f.; Šimeček, Geschriebene Zeitungen; siehe auch den Beitrag von Paola Molino zu Zeitungssammlungen in Italien. Ohne Befunde blieb die Recherche unter den beschriebenen Bedingungen in folgenden Archiven und Bibliotheken: Oldenburg, Osnabrück, Greifswald, Weimar, Altenburg, Rudolstadt, Greiz, Gotha, Schleswig, Nürnberg (Brandenburg-Ansbach), Innsbruck (Tiroler Landesarchiv und Bibliothek des Ferdinandeums), Bregenz (Lan-



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Augsburg Das Stadtarchiv Augsburg besitzt nach der thematischen Selektion der Bestände nur noch Bruchteile der ehemaligen Ratskorrespondenz. In ihr befinden sich einige wenige geschriebene Zeitungen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts800. Aurich Im Bestand Rep. 4 (Fürstlich Ostfriesisches Archiv, Fürstliche Korrespondenzen) des Landesarchivs lassen sich vier Faszikel mit Zeitungen und Berichten nachweisen, die vor allem die Zeit um 1600 betreffen (Nr. Rep. 4 A 4 c Nr. 1, 14, 15 und Rep. 4 B 1b, Nr. 429). Bamberg Im Staatsarchiv enthalten zwei Bestände Hinweise auf geschriebene Zeitungen. Zum einen der Bestand Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei, mit zwei Faszikeln, in denen sich unter anderem Zeitungen befinden. Zum anderen der Bestand Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheime Landesregierung (Nr. 1467: Zeitungen aus Prag 1608) beziehungsweise Geheimes Archiv Bayreuth (Nr. 1239: Allerlei geschriebene Zeitungen 1595–1602). Berlin Im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz konnten vor Ort zwei Teilbestände ermittelt werden, in denen sich geschriebene Zeitungen erhalten haben. Beide gehören zum Bestand Geheimer Rat. Zum einen befinden sich im Bestand I.HA GR Rep. 34 (Herzogtum Jülich-Kleve-Berg) drei Faszikel (Nr. 3581, 3587, 8720) mit Zeitungen und Berichten über die Unruhen in den Niederlanden aus der Zeit zwischen 1570 und 1596. Zum anderen enthält der Bestand I.HA GR Rep. 39 „Kriegssachen“ einige Einzelzeitungen mit eigenen Archivnummern (z. B. 649, 651, 653, 654, 656). Im Bestand I.HA GR Rep. 39 „Äußere Beziehungen“ finden sich 15 Faszikel mit Zeitungen und Berichten aus den Jahren 1583 und 1584 sowie 1587 und 1588 (Nr. 659, 665, 872, 933, 1014, 1015, 1050–1054, 1072, 1073, 1080, 1081). Dazu kommen weitere Faszikel (Nr. 1059, 1077) aus anderen Jahren. Bückeburg Im Bestand L 1 Alte Grafschaft Schaumburg, Schaumburger Samtarchiv, des Landesarchives befinden sich vier Faszikel (Nr. 2063 bis 2067) mit geschriebenen Zeitungen aus den Jahren 1563 bis 1638. Ein Faszikel in F 3 Fürstliches Hausarchiv (Nr. 492) enthält gedruckte und ungedruckte Zeitungen aus den Jahren 1631 bis 1633. Darmstadt Im Staatsarchiv befinden sich im Bestand Gesandtschaften E 1 M mehrere Faszikel geschriebene Zeitungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Vier dieser Bände (Nr. 3/1, 3/2, 3/3, 4/1) betreffen Jahre zwischen 1573 und 1589. desarchiv, Reichsgrafschaft Hohenems), Klagenfurt (Landesarchiv), Eisenstadt, Salzburg, Wien (Stadt- und Landesarchiv). 800  Siehe Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 366; Lindemann, Deutsche Presse 17–19. Aufgrund der Schließung des Archivs bis 2015 konnte keine Autopsie vorgenommen werden; Online-Findmittel geben keine Auskunft.

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Dessau Im Staatsarchiv Dessau haben sich in den Akten der verschiedenen Linien des Hauses Anhalt zwei Bestände erhalten, in denen geschriebene Zeitungen und Korrespondenzen sowie Berichte diplomatischer Agenten gemischt überliefert sind. Dabei handelt es sich zum einen um Bände aus dem Fürstentum Anhalt-Köthen, wo es unter den fürstlichen Korrespondenzen einen Teilbestand „Zeitungen, Relationen, Staatsschriften“ für die Jahre 1552 bis 1649 gibt (Z 70 A 9a). In 31 Faszikeln (Nr. 234–265, z. T. mit mehreren Bänden) sind auch Zeitungen enthalten, wobei genauer festzustellen wäre, wie groß der Anteil der Zeitungen ist. Nur die ersten beiden Bände betreffen die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Zum anderen sind für das Fürstentum Anhalt-Dessau zwölf Faszikel für das beginnende 17. Jahrhundert überliefert (Z 44 9a Ic Nr. 1 bis 12), die allerdings eher diplomatische Berichte als Zeitungen zu enthalten scheinen. Außerdem enthält die Fürstenkorrespondenz des Anhaltinischen Gesamthauses vor 1550 Einzelzeitungen. Dresden801 Im Dresdner Hauptstaatsarchiv sind geschriebene Zeitungen im Bestand „Geheimer Rat“ in Form einer umfangreichen Sammlung überliefert, die vom ausgehenden 15. Jahrhundert bis ins zweite Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts reicht. Die heute in dieser Sammlung für die Jahre bis 1565 existierenden Faszikel (Loc. 10695/1 bis 29) sind nachträglich zusammengestellte Lose-Blatt-Sammlungen; für die Zeit zwischen 1565 und 1591 existieren Zeitungen in insgesamt 121, teilweise sehr umfangreichen Faszikeln (Loc. 10696 bis 10710), die vor allem fürstliche Zeitungstauschkorrespondenz enthalten. Nach einer Lücke für die Jahre zwischen 1591 und 1600 setzt dann die Sammlung für die Jahre 1600 bis 1632 wieder ein; dieser Teil umfasst 61 Faszikel (Loc. 10711 bis 10718, 10722 bis 10732), in denen sich sowohl geschriebene wie gedruckte Zeitungen befinden. Nach wenigen, die Jahre bis 1660 umfassenden Bänden existiert dann noch einmal eine 37 Faszikel umfassende Reihe mit meist schmalen Bänden geschriebener Zeitungen für die Jahre 1662 bis 1718 (Loc. 10720, Loc. 11403 bis Loc. 11407). In der Überlieferung für die Zeit zwischen 1550 und 1650 beinhaltet die Sammlung auch Teile der Korrespondenzen diplomatischer Agenten, z. B. vom Kaiserhof; solche Korrespondenzen mitsamt von dort überschickter Zeitungen sind aber auch in anderen Bestandsgruppen aufzufinden (z. B. Loc. 8239/01 bis 05, Loc. 8240/01 bis 03). Auch fürstliche Korrespondenzen (z. B. Loc. 8499/07 bis 10, Loc. 8500/01) enthalten weitere geschriebene Zeitungen aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg. Duisburg In der Abteilung Rheinland des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen lassen sich einzelne Zeitungen derzeit im Bestand Jülich II im Teilbestand „Politische Akten“ nachweisen. Sie befinden sich als Streuüberlieferung in Akten mit dem Betreff Truchsessischer (Kölnischer) Krieg (z. B. Nr. 2956, 2958), aber auch in Korrespondenzen (z. B. Nr. 1982 und 2001) und als Einzelstücke (z. B. 4926, 4960, 4962, 5021). Auch im Bestand Kurköln VII im Teilbestand „Kriegssachen“ enthalten Akten zum Kölnischen Krieg solche verstreuten Zeitungen (Nr. 17 bis 20). In beiden Fällen handelt es sich um Einzelstücke aus den achtziger Jahren. Allerdings ist in diesem Fall die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass in verschiedenen Beständen des Landesarchives noch Zeitungen zu finden sind, denn 801

  Detailliertere Angaben siehe oben S. 51–55.



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geschriebene Zeitungen scheinen hier bei der Verzeichnung nur selten dezidiert hervorgehoben worden zu sein. So ist wohl davon auszugehen, dass beispielsweise in der Abteilung Westfalen (Münster) Akten wie das Faszikel Fürstbistum Münster, Landesarchiv – Militaria, Nr. 1: Nachrichten zur Geschichte der spanisch-niederländischen Kriegsunruhen und der Beteiligung des Bistums Münster an denselben 1586–1609 (ähnlich Nr. 2: Nachrichten über Kriegsvorfälle im Bistum Münster 1593–1609) auch Zeitungen enthalten. Dies könnte jedoch nur eine Autopsie der Akten zutage fördern. Erfurt Das Stadtarchiv verfügt im Bestand „Zeitungen“ über zwei Bände mit geschriebenen Zeitungen (3/800-1), die die Jahre 1556 bis 1610 beziehungsweise 1611 bis 1616 abdecken. Graz Im Landesarchiv der Steiermark befinden sich in den Akten der steirischen Landstände mindestens zwei Schuber mit geschriebenen Zeitungen (LaaA. Antiquum IV, Schuber 98 und 99)802 für die Jahre 1583 und 1584. Zsuzsa Barbarics konnte nachweisen, dass die Landstände der Steiermark von 1582 bis mindestens 1589 Zeitungen aus Augsburg von Marx Herwart bezogen. Dieser wird im Jahr 1583 auch als Zeitungslieferant der Gebrüder Fugger erwähnt803. Ein Vergleich der Absendedaten von Zeitungen Herwarts804 mit solchen in den Fuggerzeitungen zeigt demzufolge auch zahlreiche Übereinstimmungen, die freilich am Volltext noch zu überprüfen wären. Hannover Im Niedersächsischen Landesarchiv Hannover sind in drei Bestandsteilen geschriebene Zeitungen ermittelbar. Zum einem im Bestand Fürstentum Calenberg, Akten (Calenberger Briefschaftsarchiv), das Zeitungen verstreut über zahlreiche Faszikel der Fürstenkorrespondenz der Linie Braunschweig-Calenberg (Cal. Br. 11) enthält, ebenso im Bestandsteil „Kriegssachen“ (Cal. Br. 16). Neun Faszikel mit gesammelten geschriebenen Zeitungen (Cal. Br. 21, Nr. 1266, 1277/1, 1397, 1479, 3148, 3373, 3574, 3576, 3578) befinden sich in dem das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel betreffenden Teil dieses Bestandes, wo aber ebenfalls auch Streuüberlieferung in anderen Korrespondenzbänden anzutreffen ist. Die Zeitungen decken im Wesentlichen die Zeit zwischen den beginnenden 70er Jahren bis in die beginnenden 90er Jahre des 16. Jahrhunderts ab. Streuüberlieferung von einzelnen Zeitungen ist außerdem im Bestand Fürstentum Celle, Akten (Celler Briefschaftsarchiv) anzutreffen, ebenfalls in den Bestandsteilen „Fürstenkorrespondenz“ und „Kriegssachen“, die meist aus den 70er Jahren des 16. Jahrhunderts stammen. Karlsruhe Im Generallandesarchiv findet sich ein eigenes Stichwort Zeitungen im Bestand „Dynastie und Regierung, Haus- und Staatsarchiv, Haus- und Staatsarchiv. V.

802  Barbarics, Tinte 108–111; dies., Sammlungen 229, 238f.; siehe auch Thiel, Steiermark 90f.; ­Olscha, Zeitungen 214f. 803  Barbarics, Tinte 163–167; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 104f., 109. 804  Siehe die bei Barbarics, Tinte 166, wiedergegebene zeitgenössische Liste für August und September 1583.

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Reichssachen“805. Hier lassen sich geschriebene und gedruckte Zeitungen aus der Zeit ab 1609 feststellen (1721a–1724, 2065), die über pfälzische Repräsentanten beim Reichstag übermittelt wurden. Cornel Zwierlein konnte außerdem zwei Faszikel (46/4805, 46/4931) identifizieren, in denen die Zeitungskorrespondenz zwischen verschiedenen Markgrafen von Baden, dem Herzog von Württemberg und Pfalzgraf Philipp Ludwig aus dem Jahr 1587 erhalten ist806. Leipzig807 In der Handschriftensammlung der Universitätsbibliothek hat sich eine zweibändige Sammlung geschriebener Zeitungen aus den Jahren 1587 bis 1591 erhalten (MS 11/1, 2), deren Entstehungszusammenhang nicht klar ersichtlich ist. Letzteres gilt auch für fünf Bände eines Zeitungskopials, die aus der Handschriftensammlung der Leipziger Stadtbibliothek stammen, aber ebenfalls in der Universitätsbibliothek benutzbar sind. Die Bände (Rep. VI fol 6c, Vol. I bis V) betreffen verschiedene Jahre: Während Vol. I von August 1592 bis Juni 1594 reicht, enthält Vol. II Zeitungen von 1609 und 1610, Vol. III für das Jahr 1618, Vol. IV für Juli 1619 bis Januar 1620 und Vol. V für Januar 1623 bis Juni 1624. Linz Im oberösterreichischen Landesarchiv Linz lassen sich einzelne Bände mit geschriebenen Zeitungen in mehreren der zahlreichen dort aufbewahrten adligen Herrschaftsbeziehungsweise Familienarchive nachweisen. So beispielsweise im Stiftsarchiv Windhaag (Varia, Schuber 33) geschriebene Zeitungen zum Türkenkrieg aus den Jahren 1593 bis 1598, im Stiftsarchiv Schlägl (Varia, Schuber 956) geschriebene Zeitungen aus der Zeit zwischen 1632 und 1716 und im Herrschaftsarchiv Weinberg (Zeitungen und verschiedene Ankündigungen, Band 1408 [Bündel 1]) u. a. geschriebene Zeitungen aus den Jahren 1588 bis 1636. Ludwigsburg Im Staatsarchiv Ludwigsburg konnten in drei unterschiedlichen Beständen kleinere Mengen geschriebener Zeitungen nachgewiesen werden, die sich allesamt als Streuüberlieferung in verschiedenen Faszikeln befinden. Im Familienarchiv Geizkofler findet man sie in der Korrespondenz u. a. Zacharias Geizkoflers (B 90, z. B. Bü 73, 83, 1246, 1281) aus der Zeit nach 1590. Im Archiv des Deutschen Ordens enthält der Teilbestand „Regierung Mergentheim, Kriegssachen“ (B 283 Bü 28) Fragmente geschriebener Zeitungen aus der Zeit vor 1573. Und im Bestand „Abtei Ellwangen“ lassen sich Zeitungen unter den Kriegsnachrichten (B 389 Bü 392, 1580–1583) ebenso vereinzelt finden wie in Wahlakten (Bü 397 II Bü 127, 1602–1604). Marburg Das Hessische Staatsarchiv Marburg verfügt über einen der umfangreichsten Bestände an geschriebenen Zeitungen im deutschsprachigen Raum808. Dabei findet man zum ei  Bestände Generallandesarchiv Karlsruhe, 57–64.   Zwierlein, Discorso 597 Anm. 127. 807  Detailliertere Angaben auch zur Zuordnung siehe oben S. 80–87. 808 Siehe Timmermann, Zeittungen 151–153. 805 806



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nen eine umfangreiche Streuüberlieferung von „Zeitungen“ verschiedenen Charakters im Bestand „Politisches Archiv Philipps des Großmütigen“, wo viele Korrespondenzen vor 1567 das Stichwort „Zeitungen“ enthalten, wobei es sich dabei noch eher um verschiedenste Nachrichten und Nachrichtenbriefe als schon um geschriebene Zeitungen im hier betrachteten Sinne handeln dürfte. Für die Jahre danach ist zum einen auf die umfangreiche Sammlung im Bestand 4g „Zeitungen 1567–1791“ zu verweisen. Sie umfasst 44 Jahresbände für die Jahre 1568 bis 1605 und dann weitere 59 Bände, die bis ins 18. Jahrhundert reichen. Daneben finden sich im Bestand 4f „Staaten“ zahlreiche Faszikel, die die rege Teilnahme vor allem Landgraf Wilhelms von Hessen-Kassel am fürstlichen Zeitungsaustausch in den Jahren vor 1600 dokumentieren. Im Allgemeinen sind Zeitungen und Korrespondenz offenbar gemischt; einige der Faszikel könnten jedoch nur aus Zeitungen bestehen. Die Sammlung an fürstlicher Zeitungskorrespondenz dürfte noch umfangreicher sein als der in Dresden überlieferte Bestand; angesichts dieses Umfangs und dessen leichter Greifbarkeit über das Archivinformationssystem809 wird hier auf die Angabe einzelner Faszikel verzichtet. Kleine Bestände geschriebener Zeitungen finden sich außerdem für das Haus HessenPhilippsthal sowie für das Haus Waldeck, wobei für letztere aufgrund des Erschließungszustandes keine genaueren Angaben gemacht werden können. Meiningen810 Hier lässt sich im Gemeinschaftlichen Hennebergischen Archiv (GHA Sektion I) ein eigener Bestand „Neue Zeitungen“ erkennen, der 70 Faszikel umfasst, die allerdings keine zeitgenössische Sammlung des 16. Jahrhunderts dokumentieren. Der Bestand wurde offenbar erst bei der Ordnung des Archivs im 19. Jahrhundert gebildet. Er beginnt 1455 als Sammlung diverser Neuigkeiten und endet 1692, wobei nur wenige Bände nach 1605 vorhanden sind. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt mit 27 Bänden in den sechziger und siebziger Jahren; nach dem Aussterben des gräflichen Hauses in männlicher Linie 1583 sind nur noch 12 Faszikel enthalten. Viele der Einzelbände umfassen nur wenige Blätter. Außerdem finden sich geschriebene Zeitungen in Streuüberlieferung auch hier in der Korrespondenz Graf Georg Wilhelms sowie in Faszikeln des Bestandes „Auswärtige Beziehungen“ und vereinzelt auch im Bestand „Reichstage“. München Im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München sind geschriebene Zeitungen vorrangig als umfangreiche Streuüberlieferung in zahlreichen Faszikeln des Bestandes „Kurbayern, Äußeres Archiv“ anzutreffen, wo sie eine wichtige Rolle innerhalb der Korrespondenzüberlieferung vor allem der Herzöge Albrecht V. und Wilhelm IV. spielen811. Einige wenige Zeitungen enthält auch der Band Fürstensachen Nr. 567 mit Korrespondenz Herzog Maximilians aus der Zeit zwischen 1591 und 1629 sowie ein wohl 1.000 Blatt umfassendes Faszikel in der Generalregistratur (Faszikel 1619 Nr. 1: Zeitungen 1564 bis 1690). Eine vergleichbare Sammlung fürstlicher Zeitungskorrespondenz wie in Dresden oder Marburg lässt sich dagegen nicht feststellen, obwohl etwa in Dresden ja mehrere

  www.arcinsys.hessen.de.   Siehe oben S. 73f. 811  Siehe dazu Freiberger, Anfänge 38; Zwierlein, Discorso 577. 809 810

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„Zeitungsbücher“ Herzog Albrechts ausgewiesen sind812. Dagegen enthält der Bestand „Pfalz-Neuburgische Akten“ (PNA) etliche Bände (Nr. 918 bis 927) gesammelte Zeitungen und fürstliche Korrespondenz dazu aus den Jahren 1573, 1578/79 und 1584 bis 1586, die von der Forschung zu geschriebenen Zeitungen auch schon mehrfach herangezogen wurden813. Im Handschriftenbestand der Bayerischen Staatsbibliothek befindet sich einerseits eine ältere Nachrichtensammlung des Klosters Tegernsee, die aufgrund ihres Entstehungszeitraumes (1471–1522) jedoch noch keine geschriebenen Zeitungen im engeren Sinne enthalten kann (Cgm 1585 und 1586)814. Zum anderen sind dort fünf Bände überliefert, in denen sich Zeitungen befinden, die Hans Mehrer, ein Faktor des Handelshauses Fugger, zwischen 1583 und 1594 nach Regensburg an Stefan Fugger sendete (Cgm 5864/IV)815. Münster In den Vereinigten Westfälischen Adelsarchiven lässt sich unter den einer Onlinerecherche zugänglichen Beständen nur im Bestand Berleburg (Archiv des Hauses SaynWittgenstein) ein Faszikel mit geschriebenen Zeitungen nachweisen (Ber. A-Z 39: Geschriebene Zeitungen 1582). Dieses ist vollständig digitalisiert816. In dem ca. 45 Blatt umfassenden, unpaginierten Band finden sich neben Briefen, Abschriften von Dokumenten und Nachrichten mindestens 29 Zeitungen im engen Sinne des Wortes. Sie stammen aus Antwerpen, Rom, Venedig, Wien, Augsburg, Frankfurt, Köln, Sankt Gallen etc. Die wenigen Adressvermerke in der Akte lauten auf Ludwig von Sayn-Wittgenstein beziehungsweise auf Johann Auge, wittgensteinischer Sekretär zu Berleburg, so dass die Entstehung aufgrund der Zeitungslektüre im Haus Wittgenstein anzunehmen ist. Parallelüberlieferungen zum Wiener Bestand ließen sich in diesem Faszikel nicht feststellen. Neuenstein Hier befindet sich im Hohenlohe-Zentralarchiv, Bestand Gemeinschaftliches Hausarchiv, Abteilung I/II: Grunddokumente der hohenlohischen Geschichte (GA 5), mindestens ein Faszikel geschriebene Zeitungen (Schubl. LXXX Nr. 33), die aus den Jahren zwischen 1562 und 1722 stammen. Nürnberg Hier befinden sich im Staatsarchiv acht, zum Teil nicht sehr umfangreiche Bände (Nürnberger Handschriften Nr. 210, 1 bis 8), in denen nach Regionen geordnet geschriebene Zeitungen aus der Zeit zwischen 1520 und 1588 überliefert sind. Lore SporhanKrempel hat in ihrer Abhandlung zu Zeitungen in Nürnberg die Bände ausführlich beschrieben817. Danach ist eindeutig, dass die Faszikel neben geschriebenen Zeitungen auch   Siehe oben S. 63.   Siehe oben S. 87–90. 814   Schottenloher, Flugblatt und Zeitung 153f.; ders., Briefzeitungen; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 347–353. 815   Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 347–353; Zwierlein, Discorso 598. 816 Zugänglich über http://dfg-viewer.de/show/?tx_dlf[id]=http%3A%2F%2Fwww.lwl.org%2F325digdownload%2FLesesaal-Digitalisate%2FC_Adelsarchive%2FBer%2FBer.A%2FBer.A_Z%252039%2Fmets. xml [Zugriff 30. 12. 2014]. 817  Sporhan-Krempel, Nürnberg 30–37, 165–167; Bauer, Zeitungen vor der Zeitung 365. 812 813



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Nachrichtenbriefe, Pasquille, Briefkopien etc. enthalten, unter denen sich auch einzelne Stücke in italienischer Sprache befinden. Sankt Pölten Im niederösterreichischen Landesarchiv Sankt Pölten befindet sich im Herrschaftsarchiv Ottenstein ein reichhaltiges Archiv der Familie von Lamberg. Unter der umfangreichen schriftlichen Hinterlassenschaft Graf Leopold Josephs von Lamberg enthalten die Kartons 74 bis 77 diverse geschriebene Zeitungen, allerdings erst aus der Zeit um 1700. Schwerin Im Landeshauptarchiv Schwerin befinden sich im Älteren Aktenarchiv der Herzöge von Mecklenburg im Teilbestand „Auswärtige Beziehungen“ etliche geschriebene Zeitungen aus der Zeit zwischen etwa 1570 bis etwa 1600 als Streuüberlieferung in Korrespondenzen mit auswärtigen Fürsten (z. B. 2.11-2/1, Nr. 1851, 1876, 2029, 3001, 4450– 4452, 4616, 5476). Dabei werden in den Aktentiteln teilweise – wie auch anderswo schon angemerkt – Berichte diplomatischer Agenten als Zeitungen bezeichnet, so dass sich ohne Autopsie der Bände der Umfang der Überlieferung geschriebener Zeitungen nicht abschätzen lässt. Stade Die Überlieferung geschriebener Zeitungen im Landesarchiv scheint sich auf den Bestand „Erskein’sche Aktensammlung“ („Stader Reichsarchiv“, Rep. 32) zu beschränken. Unter den Akten zu Reichs- und Kurfürstentagen finden sich drei Faszikel aus der Zeit zwischen 1579 und 1589 (Nr. 20, 193, 456). Stettin/Szczecin Kleinpaul erwähnt in seiner Übersicht eine Zeitungsüberlieferung im Stettiner Archiv818. Nach der publiziert zugänglichen Bestandsübersicht819 ist keine größere Sammlung zu erkennen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Bestände „Herzoglich Stettiner Archiv“ (Rep. 4) und „Herzoglich Wolgaster Archiv“ (Rep. 5) in den dort erkennbaren fürstlichen Korrespondenzen beziehungsweise Akten zu auswärtigen Beziehungen geschriebene Zeitungen enthalten. Im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden wird zumindest Johann Friedrich von Pommern-Stettin als Teilnehmer des fürstlichen Zeitungstauschsystems ausgewiesen820. Stuttgart Im Hauptstaatsarchiv Stuttgart weist die Übersicht geschriebene Zeitungen als Streuüberlieferung in mehreren Faszikeln des Bestandes „Auswärtige Beziehungen“ (A80, z. B. Bü 55, 68) aus sowie in verschiedenen fürstlichen Korrespondenzen (A63, z. B. Bü 11/2; A71, z. B. Bü 99, 660, 857, 1352, 1388, 1754). In den meist sehr schmalen Faszikeln scheinen jedoch ein weiteres Mal auch Berichte diplomatischer Agenten als „Zeitungen“ auf.

  Kleinpaul, Nachrichtenwesen 20.   Staatsarchiv Stettin. 820  HSTAD Loc. 10710/8. 818 819

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Zeitungen im Alten Reich – ein vorläufiges Verzeichnis

Weimar Für die Landesbibliothek Weimar (Anna-Amalia-Bibliothek) erwähnt Kleinpaul in seinem Überblick zwei Bände geschriebener Zeitungen für die Jahre 1582 bis 1591821, die heute unter der Signatur Fol 230 im Bestand der Handschriftensammlung zusammengefasst sind. Die Beschreibung der Handschrift weist auf Parallelen in der Überlieferung zur Leipziger Zeitungssammlung hin, aber schon eine kurze Nachprüfung lässt auch solche zu Wien erkennen822: In Weimar, Leipzig und Wien finden sich beispielsweise die Zeitungen vom 30. Dezember 1589 aus Antwerpen (Fol 230, fol. 245v, UBL MS 11/I, fol. 349r, ÖNB Cod. 8963, fol. 19r/v) und vom 6. Januar 1590 aus Rom (Fol 230, fol. 247r, UBL MS 11/II, fol. 1r, ÖNB Cod. 8963, fol. 34r/v). Im Staatsarchiv Weimar enthält der Bestand „Ernestinisches Gesamtarchiv, Reichstage“ (Reg. E) etwa 20 Nachweise von Zeitungen in umfassenderen Faszikeln (z. B. Nr. 180, 200), die im Kontext von Reichs- und Kreistagen vor 1570 übersendet wurden. Wertheim Im Staatsarchiv Wertheim finden sich in zwei Beständen geschriebene Zeitungen. Der Bestand „Gemeinschaftliches Archiv Grafschaft Wertheim“ der Grafen von LöwensteinWertheim enthält dabei sogar eine regelrechte Sammlung mit zehn, zum Teil umfangreichen Faszikeln (G-Rep. 102: Akten, Nachträge, Nr. 1093, 1101, 1102, 1111, 1112, 1118–1122), die Zeitungen aus den Jahren 1551 bis 1632 umfassen, wobei der Schwerpunkt in den Jahren 1604 bis 1611 liegt. Ein weiteres Faszikel (G-Rep. 49: Kriegssachen, Nr. 170 [1595, 1622]) enthält möglicherweise auch geschriebene Zeitungen. Außerdem finden sich im Rosenbergischen Archiv im Nachlass Albrecht Freiherrn von Hewens zwei einschlägige Faszikel: R-Lit. Br Nr. 89: Zeitungen von Kriegstroublen sive die Affäre wegen Mömpelgart, 1559–1569; R-Lit. Br Nr. 223: Zeitung aus Rom, Venedig und Köln de anno 1610. Wien In der Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv des Österreichischen Staatsarchives823 enthalten mehrere Bestände kleinere Sammlungen von geschriebenen Zeitungen. Dazu gehört etwa der Bestand „Staatenabteilung (StAbt), Italienische Staaten Kleinere Staaten“, wo sich im Teilbestand Savoyen-Venosa das Stichwort „Geschriebene Zeitungen“ (Nr. 12) findet. Hier sind sieben Faszikel aus dem 16. Jahrhundert aufgeführt, wobei mit Sicherheit diplomatische Berichte und Zeitungen gemischt anzutreffen sind. Ähnliches gilt dort für den Teilbestand „Staatenabteilung, Dänemark“, in dem neun Faszikel „Berichte, Instruktionen, Hofkorrespondenz, Memoranden, Weisungen, geschriebene Zeitungen“ aufscheinen, die den Zeitraum 1521 bis 1564 umfassen (1-1 bis 1-9). Im Bestand „Länderabteilungen (LA)“ enthält der Teilbestand Belgien (DD-B rot, 240, 241) zwei Faszikel Zeitungen des 16. Jahrhunderts; der Teilbestand Österreichische Akten Tirol (Nr. 13-2) einen Band Geschriebene Zeitungen aus dem Jahr 1563. Im Bestand „Reichsarchive, Reichskanzlei (RK)“ existiert ebenfalls ein Teilbestand Geschriebene   Kleinpaul, Nachrichtenwesen 92. Siehe auch: Wagner, Die ältesten Zeitungen.   Für die Übermittlung dieses Materials danke ich Frau Ingrid Arnhold von der Anna-Amalia-Bibliothek, Bereich Sondersammlungen. Siehe auch Wagner, Die ältesten Zeitungen. 823  Siehe dazu das Verzeichnis von Leonhard Olscha, Zeitungen Anhang 28–40, und die Nachweise bei Barbarics, Tinte 270. 821 822



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Zeitungen (1553–1783), in dem mindestens vier Faszikel (Nr. 7, 7a, 8, 10) die Jahre zwischen 1552 und etwa 1630 betreffen. Auch im Bestand „Mainzer Erzkanzlerarchiv (MEA)“ existieren zwei Faszikel, die geschriebene Zeitungen beinhalten; im Teilbestand „Militaria“ (Nr. 5-1: Schriften und Zeitungen über spanisches Kriegsvolk im Stift Münster und in Westfalen 1598–1599), und im Teilbestand „Reichstagsakten“ (RTA, Nr. 2119: Zeitungen aus Siebenbürgen und Jülich 1599). Zsuzsa Barbarics-Hermanik erwähnt außerdem im Handschriftenbestand die Faszikel Böhm 595 W 290, Litterae et Acta Caesarea Italica (Bd. 1, 2, 6, 8, 11) und Böhm 108 W 57, Collectanea Historica (Bd. 1 bis 5), sowie im Bestand „Turcica“ (Kartons 27–29, 57, 79–81, 87–88) geschriebene Zeitungen in Streuüberlieferung824. Unter den im Haus-, Hof- und Staatsarchiv aufbewahrten Herrschaftsarchiven beinhaltet zumindest das Herrschaftsarchiv Rosenau drei Sammelbände aus dem Besitz der Familie von Schallenberg, in denen geschriebene Zeitungen vom Beginn des 17. Jahrhunderts enthalten sind (Nr. II/75, 79 und 96). Auch die Abteilung Allgemeines Verwaltungsarchiv des Staatsarchives verwahrt zahlreiche adlige Familienarchive. Im umfangreichsten und bekanntesten darunter, im Familienarchiv Harrach, existieren gesammelte Zeitungen etwa in den Faszikeln Fam. in spec 851.14 (1511–1675) und Historica, Bd. 851–854 (1676–1702). Außerdem ist auf die geschriebene Zeitung zu verweisen, die Kardinal Ernst Adalbert von Harrach im 17. Jahrhundert über mehrere Jahrzehnte verfasste, um über sich selbst und seine Zeit zu berichten. Diese Zeitung liegt in einer Edition vor825. In der Sammlung von Handschriften und Alten Drucken der Österreichischen Nationalbibliothek826 befindet sich außer den Fuggerzeitungen noch eine, allerdings deutlich kleinere Sammlung geschriebener Zeitungen. Sie geht vorrangig auf den Hofbibliothekar Hugo Blotius zurück und enthält hauptsächlich italienische Zeitungen aus den siebziger bis neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts (Cod. 7319, 8838, 8871, 5911)827. Eine größere Zahl von geschriebenen Zeitungen des 18. Jahrhunderts enthalten dort auch die Codizes 14927 bis 14944. Wiesbaden Im Hessischen Hauptstaatsarchiv ist in der Überlieferung des Fürstentums NassauOranien im Bestand Akten (Altes Dillenburger Archiv) ein Faszikel Zeitungen (Z 2798) aus der Zeit zwischen 1560 und 1604 erkennbar; außerdem existieren weitere Einzelzeitungen als Streuüberlieferung im gleichen Bestand. Wolfenbüttel828 Im Staatsarchiv sind geschriebene Zeitungen in Streuüberlieferung hauptsächlich in drei verschiedenen Beständen anzutreffen: Zum einen in den „Acta publica des Herzogs Heinrich des Jüngeren“ (Bestand 1 Alt 8) in der fürstlichen Korrespondenz vor 1566 (z. B. Nr. 210–212, 270, 484); zum anderen in den „Acta publica des Herzogs Julius“ (Bestand 1 Alt 9). Neben Zeitungen in Faszikeln mit fürstlicher Korrespondenz (z. B.   Barbarics, Tinte 102f., 159–162, dies., Sammlungen 228 Anm. 35.   Diarien und Tagzettel. 826  Siehe dazu das Verzeichnis von Leonhard Olscha, Zeitungen, Anhang 1–27. 827  Siehe dazu Rühl, Zeitungssammlung, und die Aussagen von Barbarics, Tinte 85–97. 828  Siehe oben S. 67–73. 824 825

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Nr. 90, 170) befinden sich auch mindestens 12 Faszikel, die Austausch von Zeitungen mit anderen Fürsten dokumentieren (z. B. Nr. 158, 202, 205, 418), außerdem 15 Sammelbände von Zeitungen zwischen etwa 1570 und 1590 (Nr. 400 bis 414). Im Bestand „Zeitungen“ (1 Z) befinden sich 20 teilweise mehrbändige Faszikel mit geschriebenen Zeitungen, die vorrangig das 17. und 18. Jahrhundert betreffen. Außerdem beinhalten verschiedene Faszikel des Bestandes „Kanzlei, Geheimer Rat, Reichs- und Kreissachen“ (Bestand 2 Alt) einzelne geschriebene Zeitungen der 70er Jahre des 16. Jahrhunderts (z. B. 371, 375, 376). Unter den Handschriften der Herzog-August-Bibliothek befinden sich verschiedene Sammelhandschriften des 17. Jahrhunderts, in denen auch Zeitungen in Streuüberlieferung vorkommen (z. B. 32.5.Aug.fol; 38.16.Aug.fol; 44.5.Aug.fol; 64.46.Extravagantes). Regelrechte Zeitungsbände oder -sammlungen lassen sich nicht erkennen.



Kartenverzeichnis Karte 1: Absendeorte von Zeitungen und Dokumenten der Wiener Sammlung 1568– 1605 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 40 Karte 2: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Antwerpen (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605) . . . . . . . . . . . . . S. 41 Karte 3: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Rom (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605) . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 42 Karte 4: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Venedig (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605) . . . . . . . . . . . . . . . S. 43 Karte 5: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Köln (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605) . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 44 Karte 6: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Lyon (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605) . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 45 Karte 7: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Wien (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605) . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 46 Karte 8: Die am häufigsten erwähnten Orte in Zeitungen aus Prag (Einzugsgebiet des Nachrichtenzentrums) (1568–1605) . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 47 Karte 9: Absendeorte von Zeitungen der Dresdner Sammlung 1578 . . . . . . S. 93 Karte 10: Absendeorte von Zeitungen der Wiener Sammlung 1578 . . . . . . . S. 94 Karte 11: Absendeorte von Zeitungen der Dresdner Sammlung 1588 . . . . . . S. 95 Karte 12: Absendeorte von Zeitungen der Wiener Sammlung 1588 . . . . . . . S. 96 Karte 13: Absendeorte von Zeitungen der Dresdner Sammlung 1604 . . . . . . S. 97 Karte 14: Absendeorte von Zeitungen der Wiener Sammlung 1604 . . . . . . . S. 98 Karte 15: Absendeorte von Zeitungen beziehungsweise Avvisi in den Fuggerzeitungen 1578 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 178f. Karte 16: Absendeorte von Zeitungen beziehungsweise Avvisi in den Fuggerzeitungen 1586 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 180f. Karte 17: Absendeorte von Zeitungen beziehungsweise Avvisi in den Fuggerzeitungen 1601 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 182f.



Siglen- und Abkürzungsverzeichnis ASF Florenz, Archivio di Stato ASV Archivio Segreto Vaticano BAV Biblioteca Apostolica Vaticana BHSTA Bayerisches Hauptstaatsarchiv München BlldtLG Blätter für deutsche Landesgeschichte BNCF Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze Cod. Codex DBI Dizionario Biografico degli Italiani GG Geschichte und Gesellschaft GHA Gemeinschaftliches Hennebergisches Archiv (Bestand) HJb Historisches Jahrbuch HSTAD Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden HZ Historische Zeitschrift MdP Mediceo del Principato (Bestand) MEFR Mélanges de l’École Française de Rome MIÖG Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung MS Manuskript NLAH Niedersächsisches Landesarchiv Hannover NLAW Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel ÖNB Österreichische Nationalbibliothek PNA Pfalz-Neuburgische Akten QFIAB Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken QIÖG Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung SBL Stadtbibliothek Leipzig TRE Theologische Realenzyklopädie TSAM Thüringisches Staatsarchiv Meiningen UBL Universitätsbibliothek Leipzig, Handschriftensammlung Urb. lat. Urbinati latini (Bestand) ZHF Zeitschrift für historische Forschung ZHVSt Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark



Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13:

Zur Statistik der Fuggerzeitungen . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich der Zeitungsüberlieferung in Dresden und Wien . . . Parallelüberlieferung von Zeitungen in Dresden und Wien . . . Parallelüberlieferungen in den Augsburger Zeitungen . . . . . . Vergleich der Überlieferungen in Meiningen und Wien für das Jahr 1583 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich der Leipziger und der Wiener Überlieferung um 1590 Vergleich der Überlieferung in Leipzig, Dresden und Wien für das Jahr 1588 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überlieferung von Avvisi beziehungsweise Zeitungen in der Fuggerschen Sammlung 1578 bis 1586 . . . . . . . . . . . Quantitative Strukturen der Überlieferung – Zeitungen und Avvisi 1601 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich der Urbinate und der Fuggerzeitungen . . . . . . . . . Absendeorte in den Stichproben der Urbinate und der Fuggerzeitungen 1578, 1588 und 1601 . . . . . . . . . . . Anzahl der Avvisi in Florenz und in den Fuggerzeitungen . . . . Absendeorte in der Sammlung der Medici und den Fuggerzeitungen 1578, 1588 und 1601 . . . . . . . . . . . . .

S. 20f. S. 56f. S. 62 S. 64f. S. 75 S. 83 S. 85 S. 106 S. 130f. S. 141 S. 144f. S. 156 S. 158f.



Quellenverzeichnis

Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv Bestand Geheimer Rat Loc. 7988/9: Heinrich von Rantzaus Schreiben über den dänischen und schwedischen Krieg 1563–1566 Loc. 8090/1: Landgräflich hessische Briefe an Kurfürst August zu Sachsen über den niederländischen Krieg 1568 Loc. 8090/2: Landgräflich hessische Briefe an Kurfürst August zu Sachsen über den niederländischen Krieg 1568–1569 Loc. 8239/1: Erstes Buch, Relationen, so Hans Zeidler, sonst Hoffmann genannt, zu Prag bestallter Agent, überschickt 1612–1613 Loc. 8239/2: Zweites Buch, Relationen, so Hans Zeidler, sonst Hoffmann genannt, zu Prag bestallter Agent, überschickt 1614–1616 Loc. 8240/1: Friedrich Lebzelters Berichte aus Wien, Holstein und Dänemark in unterschiedlichen Sachen 1629–1633 Loc. 8240/2: Friedrich Lebzelters Berichte aus Wien, Holstein und Dänemark in unterschiedlichen Sachen 1635–1639 Loc. 8499/10: Kaiser Maximilians an Kurfürst August zu Sachsen abgelassene Schreiben und darauf gegebene Antworten 1567–1568 Loc. 8499/7: Kaiser Maximilians II. vertrauliche Schreiben an Kurfürst August zu Sachsen von eigener Hand, samt seiner kurfürstlichen Gnaden darauf erfolgte Antwortschreiben 1562–1574 Loc. 8499/8: Kaiser Maximilians Schreiben an Kurfürst August zu Sachsen 1564–1576 Loc. 8499/9: Kaiser Maximilians Schreiben an Kurfürst August zu Sachsen 1565 Loc. 8500/1: Römisch kaiserlicher Mayestät Maximilians und Kurfürst Augusts zu Sachsen gewechselte Schreiben 1570–1574 Loc. 8500/3: Kaiser Maximilians II. Schreiben an Kurfürst August zu Sachsen und seiner kurfürstlichen Gnaden darauf erfolgte Antwortschriften, so seine kaiserliche Majestät und kurfürstliche Gnaden mit eigenen Händen zueinander getan 1574–1576 Loc. 8501/1: Römischen Königs Maximilian Schreiben an Kurfürst August zu Sachsen 1549–1563 Loc. 8506/6: An Kurfürst August zu Sachsen abgelassene landgräflich hessische Briefe und Zeitungen in allerlei Sachen und Antwort darauf 1556–1560 Loc. 8521/3: Dr. Zasius Schreiben an Kurfürst August zu Sachsen, erstes Buch 1563– 1564 Loc. 8521/4: Dr. Zasius Schreiben an Kurfürst August zu Sachsen, anderes Buch 1565– 1566



Quellenverzeichnis 201

Loc. 8522/1: Dr. Zasius Schreiben an Kurfürst August zu Sachsen, drittes Buch 1566– 1570 Loc. 9302/7: Erstes Buch, Kurfürst Pfalzgraf Friedrichs [II. (III.)] mit Kurfürst August zu Sachsen gewechselte Schriften über den Französischen und Niederländischen Krieg 1568 Loc. 9303/1: Zweites Buch, Kurfürst Pfalzgraf Friedrichs [II. (III.)] mit Kurfürst August zu Sachsen gewechselte Schriften über den Französischen und Niederländischen Krieg 1568–1569 Loc. 9303/2: Drittes Buch, Kurfürst Pfalzgraf Friedrichs [II. (III.)] mit Kurfürst August zu Sachsen gewechselte Schriften über den Französischen und Niederländischen Krieg 1569–1570 Loc. 10297/14: König Maximilians vertrauliche Schreiben an Kurfürst August zu Sachsen, da Seine Königliche Majestät zum Römischen König erwählt worden, betreffend das Concilium Tridentinum und andere Religionssachen 1553–1562 Loc. 10695/1: Zeitungen 1473–1499 Loc. 10695/2: Zeitungen 1508–1527 Loc. 10695/3: Zeitungen 1529–1531 Loc. 10695/4: Zeitungen 1532 Loc. 10695/5: Zeitungen 1533 Loc. 10695/6: Zeitungen 1534 Loc. 10695/7: Zeitungen 1535 Loc. 10695/8: Neue Zeitung, so vom Landgrafen von Hessen eingekommen, 1536 Loc. 10695/10: Zeitungen 1538 Loc. 10695/11: Zeitungen 1539 Loc. 10695/12: Zeitungen 1541 Loc. 10695/14: Zeitungen 1543 Loc. 10695/16: Zeitungen 1545 Loc. 10695/19: Franz Kramms Zeitungsbuch, so er vom Reichstag zu Augsburg geschrieben 1551 Loc. 10695/21: Neue Zeitungen 1553 Loc. 10695/22: Zeitungen 1555 Loc. 10695/23: Zeitungen 1556 Loc. 10695/24: Zeitungen, insbesondere über die französische Niederlage bei S. Quentin 1557 Loc. 10695/26: Zeitungen 1559 Loc. 10695/30: Zeitungen, allerlei Briefe 1565 einkommen Loc. 10695/31: Zeitungsbuch 1565 Loc. 10696/1: Zeitungen 1566 Loc. 10696/2: Ungarische Zeitungen, durch Dr. Zasius und Herrn Christoph von Carlowitz geschrieben, item Dr. Lasan, item niederländische und andere Zeitungen, item Christoph Haller 1566 Loc. 10696/4: Zeitungen 1568 Loc. 10696/5: Summarischer Auszug der einkommenden Zeitungen und anders 1568 Loc. 10696/8: Zeitungen, von Johannes Aurifaber, Prediger zu Erfurt, überschickt und sonst eingekommen vom Zustand in Frankreich und anderen Orten 1569–1570 Loc. 10696/12: Allerlei Zeitungen, Petrus Bizarius’ lateinische Briefe 1571–1574 Loc. 10696/14: Allerlei Zeitungen von Wien und anderen Orten eingekommen 1574

202 Quellenverzeichnis

Loc. 10696/1: Christoffen Hallers, item welsche Briefe und Zeitungen anno 1574, 1575 Loc. 10697/2: Allerlei Zeitungen, Anno 1574, 1575 Loc. 10697/4: Petrus Bizarius’ Schreiben und Zeitungen 1574–1577 Loc. 10698/1: Zeitungen, so aus dem Latein ins Deutsche vertiert 1574–1578 Loc. 10698/2: Zeitungen, so aus dem Latein ins Deutsche vertiert, item aus dem Welschen ins Deutsche 1574–1580 Loc. 10698/4: Niederländische, welsche, auch Christoph Hallers und Cammermeisters Zeitungen 1576 Loc. 10699/1: Hubert Languets Zeitungen, so aus dem Lateinischen in das Deutsche gebracht 1576–1577 Loc. 10699/3: Christoph Hallers Briefe und Zeitungen 1577–1580 Loc. 10699/4: Herzog Albrechts zu Baiern Zeitungsbuch Anno 1577 Loc. 10700/2: Welsche Zeitungen 1577, 1582 Loc. 10700/3: Herzog Albrechts von Bayern überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10700/4: Herzog Albrechts von Bayern überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10700/5: Des Churfürsten zu Brandenburg überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10700/6: Markgraf Georg Friedrichs zu Brandenburg überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10700/7: Herzog Julius zu Braunschweig überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10700/8: Herzog Albrechts von Bayern überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10701/1: Landgraf Wilhelms zu Hessen überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10701/2: Landgraf Wilhelms zu Hessen überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10701/3: Des Kurfürsten zu Mainz überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10701/4: Herzog Ulrichs von Mecklenburg überschickte Zeitungen 1578 Loc. 10701/5: Zeitungen, so von underschiedenen Örtern anhero geschickt worden 1578–1579 Loc. 10701/6: Zeitungen, so Petrus Bizarius überschickt 1578–1579 Loc. 10703/4: Herzog Wilhelms zu Bayern überschickte Zeitungen 1580 Loc. 10704/6: Hubert Languets Handschreiben an den kurfürstlich sächsischen Kammersekretär Johann Jenitz 1581 Loc. 10705/1: Wolfgang Zündelins überschickte Zeitungen 1581–1583 Loc. 10705/2: Zeitungen so Herzog Wilhelm zu Bayern überschickt 1582 Loc. 10705/5: Zeitungen so Herzog Ludwig zu Württemberg überschickt, 1582 Loc. 10705/6: Philip Broven von Augsburg überschickte Zeitungen Ao. 82 , 83, 84 Loc. 10706/1: Zeitungen so Herzog Ludwig zu Württemberg überschickt, 1583 Loc. 10706/7: Römischer kaiserlicher Majestät überschickte türkische und andere Zeitungen 1583, 1584, 1588, 1589 Loc. 10706/9: Des Kurfürsten zu Mainz überschickte Zeitung, 1584, 1585 Loc. 10707/3: Zeitung, so Herzog Wilhelm von Bayern überschickt 1585 Loc. 10707/7: Zeitungen so Philip Broüe von Augsburg überschickt 1586, 1587 Loc. 10707/8: Zeitungen anno 1586 bis 1589 Loc. 10708/6: Zeitungen, so Petrus Bizarus überschickt 1586–1587 Loc. 10709/1: Zeitungen so Philip Broüe von Augsburg überschickt, 1585, 1586 Loc. 10709/2: Zeitungen, so Herzog Julius von Braunschweig überschickt, 1586–1589 Loc. 10709/3: Zeitungen, so Wolfgang Zündelin von Venedig überschickt, 1586–1590 Loc. 10709/4: Zeitungen so Heinrich Rantzau überschickt, 1586, 1587, 1590 Loc. 10709/5: Des Churfürsten zu Brandenburg überschickte Zeitungen, 1587–1591



Quellenverzeichnis 203

Loc. 10709/6: Allerlei Zeitungen, so Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg überschickt 1588 Loc. 10710/1: Zeitungen so von Augsburg geschickt werden 1587 Loc. 10710/2: Zeitungen so von Augsburg geschickt werden 1588 Loc. 10710/3: Allerlei Zeitungen, so Landgraf Wilhelm zu Hessen überschickt, 1588– 1589 Loc. 10710/4: Zeitungen so Pfalzgraf Johann Casimir überschickt, 1588–1590 Loc. 10710/5: Herzog Ulrichs zu Mecklenburg überschickte Zeitungen, 1588, 1590, 1591 Loc. 10710/6: Allerlei Zeitungen, so von Augsburg anhero geschickt worden 1589 Loc. 10711/1: Zeitungen und Schreiben von Franciscus Hotomannus 1589 Loc. 10711/7: Zeitungen 1590 bis 1599 Loc. 10711/10: Zeitungen so von Augsburg und andern Orten einkommen, 1591 Loc. 10712/1: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1624 Loc. 10712/2: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1625 Loc. 10713/1: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1626 Loc. 10713/2: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1627 Loc. 10714/1: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1628, Bd. 1 Loc. 10714/2: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1628, Bd. 2 Loc. 10714/3: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1628, Bd. 3 Loc. 10714/4: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1629, Bd. 1 Loc. 10715/1: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1629, Bd. 2 Loc. 10715/2: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1629, Bd. 3 Loc. 10715/3: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1629, Bd. 4 Loc. 10715/4: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1629, Bd. 5 Loc. 10716/1: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1630, Bd. 1 Loc. 10717/1: Friedrich Lebzelters Zeitungen 1630, Bd. 2 Loc. 10720/12: Niederländische Zeitungen von Heinrich Wachtel, auch anderer Hauptund Befehlsleute 1578–1582 Loc. 10721/2: Allerlei Zeitungen und Briefe 1536–1679 Loc. 10721/3: Allerlei Zeitungen, so von unterschiedlichen Orten hergeschickt worden 1576–1584 Loc. 10721/6: Zeitungen, so unter keinem Jahr liegen 1577–1675 Loc. 10722/8: Unterschiedliche Extrakte der … Zeitungen, wie dieselben in des Kurfürsten zu Sachsen Kanzlei von unterschiedlichen Orten hingebracht worden 1578 Loc. 10722/9: Neue Zeitungen 1601 bis 1603 Loc. 10723/1: Neue Zeitungen 1603 bis 1605 Florenz, Archivio di Stato Bestand Medici di Principato 2860: Avvisi di Genova (1541–1615), 874 Blatt 2962: Avvisi da Torino e Savoia (1547–1609), ca. 600 Blatt (nur teilweise pag.) 3082: Avvisi di Venezia per mano di Cosimo Bartoli et dell’ Abbioso (1574–1580), 788 Blatt 3084: Lettere e avvisi vari di diverse persone di Venezia (1586–1589), 828 Blatt

204 Quellenverzeichnis

3085: Avvisi varii e gazzette di Venezia (1586–1589), 793 Blatt 3087: Avvisi di Venezia (1600–1622), 671 Blatt 3254: Avvisi di Milano (1549–1581), 846 Blatt 3255: Avvisi da Milano (1582–1599), ca. 650 Blatt, unpag. 3256: Avvisi vari di Milano (1600–1620), ca. 500 Blatt, unpag. 4026: Avvisi di Roma e da altri luoghi dell’Italia e del mondo (1572–1579), 748 Blatt 4027: Avvisi di Roma (1580–1599), 535 Blatt 4027a: Avvisi di Roma (1584–1666), 1154 Blatt 4028: Avvisi di Roma (1600–1613), 936 Blatt 4148: Avvisi di Napoli e Messina (1542–1622), 646 Blatt 4170: Lettere e avvisi dagli Svizzeri (1591–1624), ca. 600 Blatt, unpag. 4171: Varie lettere et avvisi di Svizzera (1544–1590), ca. 500 Blatt, unpag. 4178: Avvisi di Malta (1551–1625), 123 Blatt 4185: Varie scritture contententi notizie et avvisi di Inghilterra (1526–1625), 719 Blatt 4254: Avvisi di Fiandra (1542–1579), 701 Blatt 4255: Avvisi di Fiandra (1580–1599), 396 Blatt 4256: Avvisi di Fiandra (1600–1619), 557 Blatt 4277: Avvisi di Costantinopoli e da altre parti di Levante (1543–1622), 742 Blatt 4293: Avvisi varie scritture et notizie di Polonia (1559–1599), 644 Blatt 4294: Lettere et avvisi di Pollonia (1600–1612), 343 Blatt 4573: Avvisi et lettre varie di Germania (1580–1599), 528 Blatt 4578: Avvisi di Germania (1600–1604), ca. 400 Blatt, unpag. 4850: Avvisi varii di Francia (1540–1578), 836 Blatt 4851: Avvisi et lettere di più parti di Francia (1580–1599), 993 Blatt 4853: Avvisi di Francia (1600–1619), 631 Blatt 5078: Spagna, Avvisi, scritture interessanti varie chiese ed avvenimenti bandi riguardanti anche lo Stato di Milano(1544–1665), 1203 Blatt Bestand Miscellanea Medicea, inserti: 14/6: (1566,1576, 1578/79, 1584, 1588), 73 Blatt 258: (1588–1647) (Gaeta), 30 Blatt 99/42: (1601) (Milano), 18 Blatt 163/12: Inventario di Fabrizio Cecini 249: (1559–1665) (Bologna–Bruxelles) Indice della Segreteria Vecchia N295 (I–XXII) (1772–1777) Segreteria di Stato (1765–1808), Filza 105, 14-25/12/1770 Nr. 8 Bestand Ducato di Urbino, Classe I, Filze 144: Briefe von Grazioso Graziosi an den Herzog von Urbino, Francesco Maria II. della Rovere (1582–1588) 145: Briefe von Grazioso Graziosi an den Herzog von Urbino, Francesco Maria II. della Rovere (1589–1594) 146: Briefe von Giuliano della Rovere aus den Jahren 1592 und 1606, von Giulio Brunetti aus den Jahren 1598 und 1620, sowie von Giulio Giordano aus den Jahren 1586 bis 1604



Quellenverzeichnis 205

163: Briefe des Herzogs von Urbino Francesco Maria II. della Rovere an seinen Agenten in Rom 164: Briefe des Herzogs von Urbino Francesco Maria II. della Rovere an seinen Agenten in Rom Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale Fondo Magliabechiano, XXIV-12/24: Avvisisammlung des Matteo Botti (1584–1596) Fondo Magliabechiano, XXIV, 97: Avvisi di diverse parti dal di 3 giugno 1542 al 31 agosto 1613 Hannover, Niedersächsisches Landesarchiv Fürstentum Calenberg, Akten (Calenberger Briefschaftsarchiv) Cal. Br. 21, Nr. 3574: Zeitungen aus den Niederlanden, Rom, Venedig, Constantinopel usw. 1585–1595 Cal. Br. 21, Nr. 3575: Zeitungen über den am 16. April 1587 von den Engländern über die spanische Flotte davongetragenen Sieg Cal. Br. 21, Nr. 3576: Sammlungen von Zeitungen, Berichten und Gedichten über den Krieg der Spanier gegen England, Holland, namentlich über den Untergang der spanischen Armada 1588 Cal. Br. 21, Nr. 3577: Zeitungen über den Straßburger Frieden 1593 Cal. Br. 21, Nr. 3578: Sammlungen von Zeitungen über die Kriegsereignisse, namentlich über das Eindringen der Spanier in den Westfälischen Kreis 1598–1599 Leipzig, Universitätsbibliothek MS 11/I und II: Neue Nürnberger Zeitung 1587 bis 1591 Leipzig, Stadtbibliothek Rep. VI fol 6c: Zeitungen Vol. I (1592–1594), Vol. II (1609–1611), Vol. III (1618), Vol. IV (1619–1620), Vol. V (1623–1624) Meiningen, Thüringisches Staatsarchiv Gemeinschaftliches Hennebergisches Archiv I Nr. 2277: Briefwechsel der Landgrafen Wilhelm und Ludwig von Hessen mit Graf Georg Ernst 1583 Nr. 2588: Briefwechsel der Pfalzgrafen Friedrich, Ludwig und Reichard mit Georg Ernst und Poppo von Henneberg 1562–1566 Nr. 2632: Briefwechsel des Grafen Georg Ernst mit dem Pfalzgrafen Philipp Ludwig 1581 Nr. 2637: Briefwechsel des Pfalzgrafen Reichard mit Graf Georg Ernst 1582–1584

206 Quellenverzeichnis

Nr. 3729: Briefwechsel Joachim Friedrichs von Brandenburg, Administrators zu Magdeburg, mit Graf Georg Ernst 1583 Nr. 3981: Briefwechsel des Bischofs Julius von Würzburg mit Graf Georg Ernst 1581 Nr. 6190: Brief des Benedikt Amon aus Nürnberg an Humbert von Langen, Amtmann zu Schleusingen 1598 Nr. 6506: Neue Zeitungen Bd. 30, 1578 Nr. 6509: Neue Zeitungen Bd. 33, 1578 Nr. 6510: Neue Zeitungen Bd. 34, 1578 Nr. 6511: Neue Zeitungen Bd. 35, 1579 Nr. 6512: Neue Zeitungen Bd. 36, 1590 Nr. 6513: Neue Zeitungen Bd. 37, 1580 Nr. 6514: Neue Zeitungen Bd. 38, 1581 Nr. 6515: Neue Zeitungen Bd. 39, 1581 Nr. 6516: Neue Zeitungen Bd. 40, 1581 Nr. 6517: Neue Zeitungen Bd. 41, 1582 Nr. 6518: Neue Zeitungen Bd. 42, 1583 Nr. 6519: Neue Zeitungen Bd. 43, 1583 Nr. 6520: Neue Zeitungen Bd. 44, 1583 Nr. 6521: Neue Zeitungen Bd. 45, 1582–1583 Nr. 6522: Neue Zeitungen Bd. 46, 1582 Nr. 6523: Neue Zeitungen Bd. 47, 1583 Nr. 6524: Neue Zeitungen Bd. 48, 1583 Nr. 6525: Neue Zeitungen Bd. 49, 1583 Nr. 6526: Neue Zeitungen Bd. 50, 1583 Nr. 6527: Neue Zeitungen Bd. 51, 1583 Nr. 6528: Neue Zeitungen Bd. 52, 1583 Nr. 6529: Neue Zeitungen Bd. 53, 1583 Nr. 6530: Neue Zeitungen Bd. 54, um 1580 Nr. 6531: Neue Zeitungen Bd. 55, um 1580 Nr. 6533: Neue Zeitungen Bd. 57, 1598 Nr. 6534: Neue Zeitungen Bd. 58, 1598–1599 Nr. 6535: Neue Zeitungen Bd. 59, 1600 Nr. 6536: Neue Zeitungen Bd. 60, 1601 Nr. 6538: Neue Zeitungen Bd. 62, 1604–1606 Nr. 6545: Neue Zeitungen Bd. 69, 1574, 1595 Gemeinschaftliches Hennebergisches Archiv II Nr. 84: Reichstag in Augsburg 1582, Bd. 1 Nr. 93: Reichstag in Regensburg 1597–1598 Nr. 133: Kreistag in Nürnberg 1594 Nr. 135: Tag in Nürnberg 1595, 1597 Nr. 140: Kreistag in Nürnberg, Ausschusstag in Neustadt, Deputationstag in Nürnberg 1597–1598 Gemeinschaftliches Hennebergisches Archiv III Nr. 27: Beschaffung „Neuer Zeitungen“ für die Regierung in Meiningen 1606–1607



Quellenverzeichnis 207

München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv Generalregistratur Faszikel 1619 Nr. 1: Zeitungen 1564 bis 1690 Fürstensachen Nr. 426: Korrespondenz Herzog Wilhelms von Bayern Fürstensachen Nr. 567: Korrespondenz Herzog Maximilians 1591–1629 Pfalz-Neuburgische Akten Nr. 918 (1586) Nr. 919 (1585–1586) Nr. 920 (1586) Nr. 921 (1584–1585) Nr. 922 (1583–1584) Nr. 923 (1584) Nr. 924 (1584) Nr. 925 (1582) Vatikanstadt, Archivio Segreto Vaticano Fondo Borghese III 111 c

Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana Codici Urbinati latini, 1038 bis 1042: Avvisisammlung von Ulrich Fugger 1553-1571 Codici Urbinati latini, 1043 bis 1101: Avvisisammlung des Herzogs von Urbino Francesco Maria II. della Rovere 1572–1631 Codice Vaticano Latino 6436: Avvisi di Roma del 1565, 1568 e 1571 Germania, Polonia, Spagna, Parigi, Milano, Venezia e Giappone tra le scritture del Cardinal Morone Wien, Österreichische Nationalbibliothek Cod. 8949 bis 8975: Fuggerzeitungen 1568 bis 1601, 1604/05 Cod. 9690: „Catalogi duo amicorum“ des Hugo Blotius Cod. 8049, 8050, 9102, 9104: Zeitungsprotokolle 1558 bis 1564 Wolfenbüttel, Niedersächsisches Landesarchiv Zeitungen 1 Z Nr. 1: Alte geschriebene Zeitungen aus dem 16. und 17. Jh. 1 Z Nr. 2 Vol I Geschriebene Zeitungen de ao. 1598–1657 1 Z Nr. 19 Geschriebene Zeitungen 1578–1599 1 Alt 23 Nr. 53: Ansprüche der verwitweten Herzogin Sophia zu Braunschweig-Lüneburg und ihrer Schwestern in Polen 1573

208 Quellenverzeichnis

Acta publica des Herzogs Julius 1 Alt 9 Nr. 77: Abschrift einer Korrespondenz des Herzogs Julius mit dem Pfalzgrafen bei Rhein, Johann Kasimir, Graf Edzard II. von Ostfriesland, dem Administrator von Magdeburg, Markgraf Johann Friedrich von Brandenburg und mit Herzog Ulrich von Mecklenburg 1587 1 Alt 9 Nr. 90: Korrespondenz des Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg mit Herzog Julius 1571–1576 1 Alt 9, Nr. 106: Austausch von Zeitungen aus den Niederlanden, Frankreich und Italien zwischen Herzog Julius und Herzog Erich II. 1577–1578 1 Alt 9, Nr. 130: Zusendung von Zeitungen über die Kölnischen Händel durch den Erzbischof Heinrich von Bremen 1582–1584 1 Alt 9, Nr. 155: Austausch von Zeitungen zwischen dem Domkapitel zu Halberstadt und Herzog Julius 1576–1584 1 Alt 9, Nr. 160: Korrespondenz des Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen mit Herzog Julius 1577–1580 1 Alt 9, Nr. 170: Korrespondenz des Bischofs Ernst von Hildesheim, Herzog von Bayern, Erzbischof von Köln mit Herzog Julius 1570–1584 1 Alt 9, Nr. 199: Korrespondenz des Herzogs Ulrich von Mecklenburg mit Herzog Julius 1572–1589 1 Alt 9, Nr. 202: Korrespondenz des Bischofs Johann von Münster, Graf von Hoya, Administrator zu Paderborn und Osnabrück, mit Herzog Julius 1569–1574 1 Alt 9, Nr. 203: Korrespondenz des Grafen Johann von Nassau mit Herzog Julius 1577– 1579 1 Alt 9, Nr. 219: Die Gesandtschaft des Rats Adrian von Steinberg an Kurfürst August von Sachsen 1568 1 Alt 9, Nr. 249: Zeremonialschreiben und Übersendung von Zeitungen von Herzog Franz Maria II. von Urbino an Herzog Julius 1588–1589 1 Alt 9, Nr. 401: Zeitungen 1572–1574 1 Alt 9, Nr. 410: Zeitungen 1578–1579 1 Alt 9, Nr. 411: Zeitungen 1580–1582 1 Alt 9, Nr. 412: Zeitungen 1583–1584 1 Alt 9, Nr. 413: Zeitungen 1585–1586 1 Alt 9, Nr. 414: Zeitungen 1587–1589 1 Alt 9, Nr. 418: Austausch von Zeitungen zwischen den norddeutschen Fürsten 1589 2 Alt Nr. 371: Vom Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg an Herzog Heinrich den Jüngeren übersandte Zeitungen über die Kriege in Ungarn und in den Niederlanden 1567–1572



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Ortsregister A Abruzzen 119 Adria 119 Alba Iulia/Siebenbürgisch Weißenburg 34 Alpen 9, 10, 31, 59, 99, 110, 130, 139, 142, 146, 164, 166–168, 175, 177 Altes Reich 17, 38, 48, 51, 61, 69, 86, 90f., 99–101, 114, 117, 120f., 126, 128, 137, 147f., 150, 153, 155f., 161–163, 168, 170, 173, 176f., 184f. Amerika/Neue Welt 16, 119, 121 Amsterdam 83, 86, Ancona 119, 122, Andernach 171 Anhalt-Dessau (Fürstentum) 188 Anhalt-Köthen (Fürstentum) 188 Ankara 67 Antwerpen 10, 22–24, 28, 32, 41, 49, 53, 58, 60f., 70, 73, 77, 82–84, 86, 88–92, 99, 107f., 113f., 116f., 121f., 127–130, 140–148, 150, 153, 155–157, 161f., 164–168, 171–173, 175–177, 192, 194 Asien 12, 176 Augsburg 10, 12f., 16–18, 28, 32–34, 54, 59f., 63f., 66, 69f., 76f., 79, 81, 90f., 107f., 113f., 121f., 125, 130, 135, 143, 155, 162, 170, 175f., 187, 189, 192 Aurich 187 B Balkan 61, 120 Bamberg 187 Bari 122 Belgien 194 Belgrad 119 Berlin 187 Besançon 76 Bihać 34 Böhmen 35 Bologna 119 Bonn 60, 84, 157, 171 Bourg-en-Bresse 133f. Brandenburg-Bayreuth (Markgrafschaft) 187 Brasilien 171f. Bratislava/Pressburg 60, 114, 128, 155, 162 Braunschweig-Wolfenbüttel (Herzogtum) 50, 189 Bremen 14

Brüssel  77, 114, 121, 128, 157 Bückeburg 187 Budapest 79 Burgund 76, 128 Bytča/Bitsch 34 C Cádiz 67 Câmpia Turzii 163 Cartagena de Indias 16 Casteldelfino 134 China 119 Civitavecchia 120 Cluj/Klausenburg 163 D Dalmatien 117 Dänemark 194 Darmstadt 187 Den Haag 83, 121 Dendermonde 128 Dessau 188 Deutschland 8, 105, 151f. Deventer 128 Diest 128 Donau 129 Dresden 9, 14, 27, 50f., 53, 55, 58f., 61–68, 72f., 76, 84, 87, 90, 93, 95, 97, 153, 185, 188, 191 Dubrovnik/Ragusa 118, 119, 122 Duisburg 188 Dünkirchen 121 E Ellwangen 190 Emilia Romagna 119, 134 England 12, 22, 36, 66, 101, 117, 120f., 128f., 145, 151f., 172 Erfurt 54, 189 Esztergom/Gran 33f., 79 Europa 34, 38, 90, 101, 113–115, 119, 135, 137, 143–147, 160–162, 164, 170, 176, 186 F Ferrara (Herzogtum) 22, 119 Ferrara 150 Finnland 120



Ortsregister 229

Flandern 120, 128, 137, 148, 151, 153, 155, 161, 164, 174 Florenz 7, 9, 119, 134, 137f., 140, 149f., 152, 154f., 160–162, 164f., 168, 171–173, 175 Florida 66 Frankfurt am Main 22, 60, 70, 83, 88, 92, 107f., 114, 122, 155, 165f., 173, 192 Frankreich 36, 53, 55, 60f., 67, 101, 107, 109–112, 117, 119–121, 124, 129, 133f., 143f., 147, 149, 151, 157, 162, 176 G Gdańsk/Danzig 128f. Genf 22f., 60, 114, 122, 133 Gent 128 Genua 61, 113, 117–119, 143, 147, 153, 157, 164–167, 175f. Georgien 34 Graz 13, 17, 70, 116, 146, 150, 153, 162–166, 170f., 176f., 189 Griechenland 117 Großbritannien 18 Győr/Raab 34, 145 H Habsburgische Erblande 117, 120, 162, 170f. Halberstadt 72 Hamburg 60 Hannover 50, 68–73, 84, 91, 189 Heidelberg 61, 138f. Henneberg (Grafschaft) 73, 90 Hertogenbosch 128 Holland 128 Horst (Schloss) 66 I Innerösterreich 170 Irland  120 Istanbul/Konstantinopel 22, 60, 84, 109, 111f., 114, 117–120, 122, 126, 129, 145, 147, 155, 160, 164f., 176 Italien 8–10, 17f., 22, 32, 36, 53, 59–61, 69, 90f., 99–101, 104f., 108, 110, 116–118, 120, 122– 126, 130, 134, 138, 141f., 144, 146f., 160–163, 170f., 175–177 J Japan 119 Jülich-Cleve-Berg (Herzogtum) 187, 195 K Kampanien 34 Karlovac/Karlstadt 34 Karlsruhe 189 Kassel 76 Kerkyra/Korfu 117 Kesselheide 72

Kitzingen 30 Köln 10, 22, 24, 28, 32f., 44, 49, 60f., 66f., 70, 73, 77, 82–84, 86, 88f., 91f., 99, 107f., 113f., 116f., 121f., 127, 129f., 140f., 143f., 146, 150, 153, 155, 157, 161f., 164–168, 171–177, 192, 194 Komárno/Komorn 34 Konstantinopel siehe Istanbul Košice/Kaschau 162 Kotor/Cataro 109, 118 Kraków (Krakau) 113, 162 Kreta 118 Kroatien 117 Krupina/Karpfen 145 Kythira 112 L La Spezia 120 Latium 123 Leipzig 9, 12, 30, 50, 54, 68, 70f., 73, 77, 80–84, 86f., 89–92, 185, 190, 194 Levante 164 Levoča/Leutschau 145 Linz 190 Lipa 79 Lissabon 114, 171 Livland 23, 129 London 83, 117 Löwen 128 Ludwigsburg 190 Lugano 153, 164, 175 Lüttich 60, 128 Luxemburg 141, 143 Lyon 22, 35, 45, 49, 59f., 83, 99, 107f., 113f., 116f., 120f., 129, 133f., 143–145, 147, 162, 166f. M Madrid 107, 113f. Mailand (Herzogtum) 151 Mailand 116–118, 153, 155, 157, 162, 164, 167, 175 Mainz (Kurfürstentum) 195 Malta 124, 152 Mantua 119 Marburg 190f. Marche-en-Famenne 143 Marken 119 Marokko 118 Mechelen 128 Meiningen 9, 68, 70, 74–79, 86f., 90, 153, 191 Messina 119 Mexiko 114 Middelburg 22f., 60, 83, 92, 121f., 145, 164f., 172 Mittelmeer 15, 61 Mömpelgard (Grafschaft) 194 Mons/Bergen im Hennegau 128 Montenegro 117 Montmélian 134

230 Ortsregister Mosonmagyaróvár/Ungarisch Altenburg 145 München 12, 31f., 70f., 73, 86–89, 185, 191 Münster (Bistum) 189, 195 Münster 192 N Nafpaktos/Lepanto 31 Nagykanisza/Kanischa 33, 141, 163, 165, 170, 174, Nassau-Oranien (Fürstentum) 195 Neapel (Königreich) 109, 119, 151 Neapel 116, 118, 120 Neuenstein 192 Neuss 35 Niederlande 33, 54f., 58, 60, 67, 72, 86, 88, 101, 119–122, 128f., 143, 147, 157, 161, 171, 176, 187 Nizza 134 Nordafrika 119 Nürnberg 9, 33, 53f., 71, 77–82, 86f., 90, 114, 185, 192 O Oberrhein 60 Oberungarn 34 Oostende 164 Orient 117 Osmanisches Reich 13, 22, 33, 38, 61, 67, 77, 112, 122, 129, 145, 160, 176 Österreich 8 Oudenaarde 129 P Palermo 119 Paris 107, 114, 117, 143f. Parma 119 Pera (Teil von Istanbul) 164 Persien 22, 33f., 67, 114, 117f., 176 Perugia 154f. Pesaro 140, 148, 175 Piemont 134 Pisa 134 Polen 60, 114, 117, 120, 124, 145, 164 Ponta Delgada 129 Portugal 55, 101, 119, 121, 176 Prag 10, 22, 24, 33f., 47, 49f., 52, 58, 60, 66f., 70, 77, 79, 83f., 99, 107, 113f., 116, 120 f., 127, 143–147, 150, 155, 157, 162f., 165–168, 170, 173, 176, 184f. Provence 121 R Regensburg 31, 49, 87 Roermond 128 Rohrschach 34 Rom 7, 9f., 16, 21f., 24, 28, 31, 34, 42, 49, 58–61, 69f., 73, 77, 79, 82–84, 86, 88f., 91f., 99, 101, 104f., 107–109, 111–114, 116, 119–123,

125–130, 132–135, 137–144, 146–150, 152f., 155–157, 160–163, 165–168, 171–176, 192, 194 Rostock 35, 128 S Sachsen (Kurfürstentum) 61, 69 Sainte-Catherine (Festung) 133 Saluzzo (Markgrafschaft) 134, 157 Sankt Gallen 60, 193 Sankt Pölten 192 Sarajevo 119 Satu Mare/Szátmar 79, 163 Savoyen (Herzogtum) 61, 67, 117–119, 133f., 157, 162, 194 Schaumburg (Grafschaft) 187 Schelde 32 Schleswig (Herzogtum) 53 Schleusingen 90 Schottland 128 Schweiz 61, 118, 128, 151, 153, 164 Schwerin 193 Siebenbürgen (Fürstentum) 33f., 122, 146, 162f., 176, 195 Slowakei 114, 145 Sofia 119 Sora (Herzogtum) 146 Spanien 34, 61, 101, 110, 117–121, 128f., 143, 145, 149, 151–153, 157, 161, 176 Stade 193 Steiermark 13f., 48, 189 Straßburg 22–24, 38, 60, 83, 86, 92, 114 Straße von Gibraltar 67 Stuttgart 193 Szczecin/Stettin 193 Székesfehérvár/Stuhlweißenburg 164 T Tabrīz 33 Tarantasca 134 Tataren 117, 129 Tegernsee (Kloster) 192 Thüringen 74 Tiber 132 Tirol 194 Torgau 82 Toskana (Großherzogtum) 117–119, 134, 150–152, 154 Tournai 121 Třebon/Wittingau 50 Trient 9, 101, 154f., 164, 173, 176 Turda 163 Turin 53, 157, 162 U Ukraine 114 Ulm 86



Ortsregister 231

Ungarn 33, 84, 114, 120–122, 128, 141, 145f., 162, 176 Urbino (Herzogtum) 119, 138, 146, 151 Urbino 138f., 141f. V Veltlin 153 Venedig (Republik) 151, 117f., 122, 127 Venedig 9f., 21f., 24, 28, 31–35, 43, 49, 58–61, 67, 69f., 73, 77, 79, 82–84, 86, 88f., 91f., 99, 101, 103–105, 107–114, 116f., 120–130, 133, 135, 139–144, 146–148, 150, 152–157, 160–168, 171, 173, 175–177, 192, 194 Vervins 22, 35 W Wasungen 78

Weert 128 Weimar 78, 194 Wertheim 194 Westfalen 195 Wien 8–15, 17, 22, 24, 31–35, 46, 48–50, 52, 55, 58–60, 62–64, 66–72, 74, 76–79, 82–84, 86–89, 92, 94, 96, 98–100, 106, 109f., 113f., 116, 120– 122, 125, 127f., 135, 137, 143, 146–148, 153f., 157, 162–168, 170–173, 175f., 192, 194f. Wiesbaden 195 Wolfenbüttel 9, 24, 50, 67–74, 76f., 84, 87, 89, 91, 153, 195f. Wrocław/Breslau 114 Z Zakynthos 120 Zvolen/Altsohl 145



Personenregister A Aarschot, Philippe III. de Croy, duc d’ (1526– 1595) 128 Abbioso, Ottavio (gest. 1598), florentinischer Agent 160 Accolti, Marcello, florentinischer Sekretär 164 Acconzaioco, Hieronymus, Novellant 110–112, 147, 154, 160 Adelgaiß, Hans, Faktor der Fugger in Antwerpen 58 Aldobrandini, Pietro (1571–1621), Kardinal 133f. Alençon, François-Hercule de Valois, duc d’ (1555– 1584) 35, 128 Ambrogi, Bastiano, Novellant 59 Amon, Benedikt, Zeitungsvermittler 77–79 Anguillara di Stabbio, Everso degli 124 Anhalt (Haus) 188 Arcangelo, Arcate, Novellant 110 Auge, Johann, wittgensteinischer Sekretär 192 Aurifaber, Johannes (1519–1575), Geistlicher 53 Austria, Juan de (1547–1578), Militär 128 B Baden (Haus) 190 Basta de Huszt, Giorgio (1544–1607), Militär 163 Báthory, Stefan (1533–1586), Fürst von Siebenbürgen, König von Polen 129, 163 Bayern, Albrecht V. von (1528–1579) 27, 52, 54f., 63, 66, 86, 191f. Bayern, Ernst von (1554–1612), Kurfürst von Köln 66, 69, 71–73 Bayern, Maximilian I. von (1573–1651) 71, 138, 191 Bayern, Wilhelm V. von (1548–1626) 52, 64, 66, 191 Bellinghen, Girarlo, Novellant 110 Berlingher, Giovanni Corrado, florentinischer Agent 164 Bertens, Hermann 82 Biandrate di San Giorgio Aldobrandini, Gian Francesco (1545–1605), Kardinal 132 Bizzarri (Bizarius), Pietro (1525–~1587), Publizist 53, 55, 59 Blotius, Hugo (1534–1608), Bibliothekar und Gelehrter 10, 48, 110f., 195 Boncompagni di Sora, Giacomo (1548–1612) 120, 146 Bonsi, Carlo, florentinischer Sekretär (gest. nach 1786) 151

Borromeo, Carlo (1538–1584), Kardinal 157 Brandenburg (Haus) 185 Brandenburg, Joachim Friedrich von (1546–1608), Administrator des Erzstifts Magdeburg 53, 71 Brandenburg, Johann Georg von (1525–1598), Kurfürst 52, 63, 71 Brandenburg-Ansbach, Georg Friedrich von (1539– 1603) 52, 63f., 66, 86 Braunschweig-Calenberg, Erich II. von (1528– 1584) 71 Braunschweig-Wolfenbüttel (Haus) 67–69, 71f., 86, 185, 189 Braunschweig-Wolfenbüttel, August II. d.J. von (1579–1666) 78 Braunschweig-Wolfenbüttel, Heinrich d.J. von (1489–1568) 50, 72, 185, 195 Braunschweig-Wolfenbüttel, Heinrich Julius von (1564–1613) 53 Braunschweig-Wolfenbüttel, Julius von (1528– 1589) 33, 50, 52, 63, 67–69, 71f., 195 Bray, Philipp (1514–nach 1594), Zeitungsvermittler 54, 64, 66, 76 Brendel von Homburg, Daniel (1522–1582), Kurfürst von Mainz 52f., 63 Bruck, Florian von der (gest. nach 1598), Goldschmied 80–82 Bullinger, Heinrich (1504–1575), Geistlicher 28, 48 Buoi, Gerolamo Vitale de (gest. 1596), Nuntius 124 C Caciotti, Ugo (1571–1641), florentinischer Sekretär und Archivar 151 Cappello, Annibale (gest. 1587), Novellant 126 Carlowitz, Christoph von (1507–1578), kursächsischer Rat 54 Carolus, Johannes (1575–1634), Novellant und Zeitungsverleger 10, 30, 36f. Cassière, Jean de la (1503–1581), Großmeister des Malteserordens 129 Castoreo, Giovanni Maria, florentinischer Agent 164 Cecini, Fabrizio (gest. 1717), florentinischer Sekretär 151 Cellini, Livio, Novellant 126 Cesarini, Giangiorgio (1550–1585) 123 Cesi di Riano, Paolo Emilio (gest. 1611) 124 Ciliano, Michele, Novellant 110f. Clemens VIII. (1536–1605), Papst 132, 134



Personenregister 233

Colonna di Palestrina, Giulio Cesare (gest. 1589) 123 Colonna di Paliano, Marcantonio (1535–1584) 109, 112 Colonna di Zagarolo, Pompeo (gest. 1583) 120 Commendone, Gianfrancesco (1524–1584), Kardinal 123 Conti, Francesco, florentinischer Sekretär 174 Croce, Marsilio della, Novellant 112 Correr, Giovanni (1533–1582), venezianischer Bailo 118 Cortese, Geronimo, Agent des Herzogs von Urbino 147 Crasser, Jeremias (gest. 1596), Novellant 65f., 69f., 73, 81, 84 Cugna, Martino della, Kaufmann 118 D Dalberg, Wolfgang von (1538–1601), Kurfürst von Mainz 53, 64 Dänemark, Friedrich II. von (1534–1588) 55 Deutscher Orden 190 Dilbaum, Samuel (1530–1618), Publizist 34 Dornberg, Veit von (gest. 1591), kaiserlicher Botschafter in Venedig 112 Drake, Francis (1540–1596), Seefahrer 16, 67 Dreher, Abraham, Schöppenschreiber in Leipzig 82 E Eberhard, Christian Friedrich (1753–1818), Gelehrter 81f., 86 Echter von Mespelbrunn, Julius von (1545–1617), Bischof von Würzburg 75 Eggenberg, Ruprecht von (1546–1611), Militär 86 England, Elisabeth I. von (1533–1603) 12, 35 Ernst von Österreich (1553–1593) 67, 86 Este, Luigi d’ (1538–1586), Kardinal 119, 124 F Farnese, Alessandro (1520–1589), Kardinal 119, 124 Farnese, Alessandro (1545–1592), Herzog von Parma 32, 118, 129, 171f. Farnese, Margarethe, geb. Österreich (1522–1586), Herzogin von Parma 120, 129 Ferrier, Arnaud du (1508–1587), französischer Gesandter in Venedig 118 Forstenheuser, Georg (gest. 1659) 78 Forstenheuser, Helena, geb. Geiger 78 Forstenheuser, Johann (gest. 1606), Zeitungsvermittler 78f. Foscarini, Giacomo (1523–1602), venezianischer Diplomat 118 Fossi, Ferdinando (1720–1800), Bibliothekar 151 Francesco N., Novellant 149 Frankreich, Heinrich III. von (1551–1589) 35, 149 Frankreich, Heinrich IV. von (1553–1610) 35, 133 Frankreich, Katharina von, geb. Medici (1519– 1589) 129

Frankreich, Maria von, geb. Medici (1575–1642) 133 Frías, Juan Fernández de Velasco, duque de (1550– 1613) 35 Fritz, Hans, Faktor des Marx Fugger in Köln 32 Fugger (Familie) 13f., 17, 32, 34, 48–50, 64, 66, 88–91, 139, 192 Fugger, Albrecht (1624–1692) 11 Fugger, Hans (1531–1598) 17, 27, 49, 160 Fugger, Jacob (der Reiche) (1459–1525) 13 Fugger, Marx (1529–1597) 66, 87–89 Fugger, Octavian Secundus (1549–1600) 8, 10, 13, 17–19, 21, 35, 49, 55, 58–61, 63, 66–73, 79, 86f., 89, 91, 99, 108, 110f., 114–117, 120, 122f., 127, 129, 135–137, 139f., 143, 147, 156f., 160, 162f., 173f., 186, 189 Fugger, Philipp Eduard (1546–1618) 8, 10, 13, 17–19, 22, 35, 49, 55, 58–61, 63, 65–73, 77–79, 84, 86f., 89, 91, 99, 108, 110f., 114–117, 120, 122f., 127, 129, 135–137, 139f., 143, 147, 156f., 160, 162f., 173f., 186, 189 Fugger, Stefan (~1520–1602) 31, 49, 87, 192 Fugger, Ulrich (1526–1584) 138 G Galluzzi, Riguccio (1739–1801), Archivar und Historiker 151, 153 Geizkofler, Zacharias (1560–1617), Reichspfennigmeister 190 Gentilotti, Johann Benedikt (1672–1725), Bibliothekar und Geistlicher 11 Gesualdo, Alfonso (1540–1603), Kardinal 109 Glorieri, Cesare, Geistlicher 124 Gonzaga, Gian Vincenzo (1540–1591), Kardinal 119 Gonzaga di Guastalla, Ottavio (1543–1583) 141 Graziosi, Grazioso, Agent des Herzogs von Urbino 148–150 Gregor XIII. (1502–1585), Papst 120, 124f., 160 Gregor XV. (1554–1623), Papst 138 Guise (Haus) 149 Guise, Henri I. de Lorraine, duc de (1550–1588) 149 H Habsburg (Haus) 151 Hainhofer, Philipp (1578–1647), Schriftsteller und Kunstagent 28 Haller von Hallerstein, Christoph (1509–1581), Hofmeister des Herzogs von Savoyen 27, 53 Harrach, Ernst Adalbert von (1598–1667), KardinalErzbischof von Prag 195 Harrer, Hans (gest. 1580), kursächsischer Kammermeister 55 Hauwacker, Friedrich, Amtsverwalter in Wasungen 78 Henneberger (Haus) 50, 73, 76, 185 Henneberg-Schleusingen, Georg Ernst von (1511– 1583) 50, 74–77, 79, 191 Herwart, Marx, Zeitungsvermittler 189

234 Personenregister Hessen, Philipp von (1504–1567) 185, 191 Hessen-Kassel, Wilhelm IV. von (1532–1592) 33, 52, 54f., 63f., 66, 69, 72, 74f., 87, 185, 191 Hessen-Marburg, Ludwig IV. von (1537–1604) 66, 74 Hessen-Philippsthal (Haus) 191 Hewen, Albrecht Arbogast von, württembergischer Amtsträger 194 Hogenberg, Frans (1535–1590), Kupferstecher 32 Hotman, François (1524–1590), Gelehrter 53 Hoya, Johann von (1529–1574), Bischof von Müns­ ter 72 I Innerösterreich, Ferdinand von [Kaiser Ferdinand II.] (1578–1637) 146 Innerösterreich, Karl II. von (1540–1590) 67 J Joyeuse, Antoine Scipion duc de (1565–1592) 129 Jülich-Cleve-Berg, Wilhelm V. von (1516–1592) 75 K Karl V. (1500–1558), Kaiser 112 Kramm, Franz (1516–1568), kursächsischer Kanzler 51 L Lamberg, Leopold Joseph von (1654–1706), kaiserlicher Diplomat 193 Langen, Humbert von (1552–1614), Amtmann zu Schleusingen 77 Languet, Hubert (1518–1581), kursächsischer Agent und Gelehrter 53 Lebzelter, Friedrich, Zeitungsvermittler 52 Lenzoni, Franco bzw. Francesco (1541–1596), florentinischer Diplomat 172 Lomellini, Goffredo, Geistlicher 134 Loß, Nikolaus von, Amtmann von Merseburg 52 Löwenstein-Wertheim (Haus) 194 Lucangelo, Nicolò, Novellant 111 M Manfredi, Isidoro, Novellant 27, 154, 156 Manger, Michael (gest. 1603), Buchdrucker 32 Maria de Austria (1528–1603), Kaiserin 129 Maximilian II. (1527–1576), Kaiser 60, 111 Maximilian von Österreich (1558–1618) 33, 67 Mecklenburg (Haus) 193 Mecklenburg-Güstrow, Ulrich von (1527–1603) 52, 63, 71, 73 Medici (Haus) 108, 137, 141, 150, 152–154, 156f., 160–165, 167f., 170, 172, 174f. Medici, Cosimo I. dè (1519–1574), Großherzog der Toskana 151 Medici, Cosimo III. dè (1642–1723), Großherzog der Toskana 151

Medici, Ferdinando I. dè (1549–1609), Großherzog der Toskana 27, 119, 126, 134, 154, 156, 174 Medici, Francesco I. dè (1541–1587), Großherzog der Toskana 120, 126, 156f. Medici, Pietro dè (1554–1604) 120 Mehrer, Hans, Zeitungsvermittler 31, 87, 192 Melanchthon, Philipp (1497–1560), Theologe 28 Memmius, Conrad, Publizist 33 Mignucci Peretti, Vittoria, vereh. Orsini, geb. Acco­ ramboni (1557–1585) 124 Mondragón y Otalora, Cristobal de (1514–1596), Militär 128 Moro, Giovanni, venezianischer Diplomat 124 Münster, Sebastian (1488–1552), Gelehrter 114 Murad III. (1546–1595), Sultan 118, 160 N Nádasdy, Tamás (1498–1562), ungarischer Palatin 48 Nassau-Oranien, Wilhelm von (1533–1584) 128f. Noailles, Gilles de (1524–1600), französischer Diplomat 118 O Offredi, Offredo (gest. 1606), Bischof von Molfetta, Nuntius 164 Oldenburg-Delmenhorst, Anton II. von (1550– 1619) 72 Olivares, Enrique de Guzmán y Ribera, Conde de (1540–1607) 150 Orsini di Bracciano, Paolo Giordano (1541– 1585) 124 Orsini di Lamentana, Latino (1530–1586) 109 Ostfriesland, Edzard II. von (1532–1599) 71 Ott, David (1507–1579), Agent der Fugger 160 P Pace, Ulisse de, Novellant 154–156, 161 Pálffy, Nikolaus (1552–1600), Militär 33 Parmesani, Lioncino di, Novellant 59 Pfalz, Ludwig VI. von der (1539–1583), Kurfürst 53 Pfalz-Neuburg, Philipp Ludwig von (1547–1614) 16, 64, 66, 70, 75, 79, 86–89, 91, 185, 190 Pfalz-Simmern, Johann Casimir von (1543– 1592) 53, 63, 71, 86, 128 Pfalz-Simmern, Reichard von (1521–1598) 74 Pfalz-Sulzbach, Otto Heinrich von (1556–1604) 87 Pfalz-Zweibrücken, Johann von (1550–1604) 66 Pinelli, Gian Vincenzo (1535–1601), Gelehrter 111 Pius V. (1504–1572), Papst 125 Pommern-Stettin, Johann Friedrich von (1542– 1600) 53, 193 Porcia (Portia), Girolamo (1559–1612), Nuntius 163 R Rantzau, Heinrich von (1526–1598) 27, 53f. Rosenberger (Familie) 49f. Rovere, Francesco Maria II. della (1549–1631),



Personenregister 235

Herzog von Urbino 137–139, 146–150, 154, 172, 175 Rovere, Girolamo della (1528–1592), Kardinal 119 Rovere, Giuliano della, Agent des Herzogs von Urbino 150 Rovere, Giulio della (1533–1578), Kardinal 119 Rovere, Vittoria della, vereh. Medici (1622– 1694) 140 Rucellai, Annibale (gest. 1601), Bischof von Carcassonne 148 Rudolf II. (1552–1612), Kaiser 48, 67, 128, 163 S Sachsen (Haus) 50, 52, 73f., 90, 92, 185 Sachsen, August von (1526–1586), Kurfürst 10, 27, 50, 52, 54f., 59–61, 63, 66, 71f., 74, 76f., 79, 84, 91 Sachsen, Christian I. von (1560–1591), Kurfürst 50, 52, 63, 66, 71, 132 Sachsen, Christian II. von (1583–1611), Kurfürst 51 Sachsen, Georg von (1471–1539) 13 Sachsen, Johann Georg I. von (1585–1656), Kurfürst 132 Sachsen-Lauenburg, Heinrich von (1550–1585), Erzbischof von Bremen 33, 71, 73 Sachsen-Weimar, Friedrich Wilhelm I. von (1562– 1602), Administrator des Kurfürstentums Sachsen 64 Safiye Sultan (~1550–1605), Sultana 129 Santacroce del Riofreddo, Marcello  (1542– 1581) 124 Santacroce, Prospero (1514–1589), Kardinal 124 Savelli di Palombara, Giacomo (1523–1587), Kardinal 123 Savoyen, Emanuel Philibert von (1528–1580) 53 Savoyen, Karl Emanuel I. von (1562–1630) 124 Savoyen, Katharina Michaela von, geb. Spanien (1567–1597) 124 Sayn-Wittgenstein, Ludwig von (1532–1605) 192 Schallenberg (Familie) 195 Schenk von Nideggen, Martin (1540–1589), Militär 171 Scheurl, Christoph (1481–1542), Gelehrter 27f., 51 Schiffle, Jeremias (1561–1626), Novellant 65, 79f. Schönigk, Valentin (1544–1618), Buchdrucker 32 Schwarzburg-Rudolstadt, Albrecht VII. von (1537– 1605) 75 Serbelloni, Gabrio (1508–1580), Militär 118 Sinzendorf, Joachim von (1544–1593), kaiserlicher Diplomat 118 Sixtus V. (1521–1590), Papst 126 Soranzo, Giacomo (1518–1599), venezianischer Bailo 126 Spanien, Philipp II. von (1527–1598) 12, 15, 109, 118, 120f., 128 Spanien, Philipp III. von (1578–1621) 35

Spelt, Wolfgang (1545–1618), Kanzler des Herzogtums Sachsen-Weimar 78 Stieler, Kaspar (1632–1707), Publizist 36 Strauß, Michael (gest. 1609), sächsischer Rat 78 T Tengnagel, Sebastian (1563–1636), Bibliothekar 48 Thurzó, György (1567–1616), Militär 48 Torres jun., Ludovico de (1551–1609), Geistlicher 123 Toskana, Großherzog, siehe Medici Truchsess von Waldburg, Gebhard (1547–1601), Kurfürst von Köln 171 Trueb, Ludwig, Oberschöppenschreiber in Leipzig 80, 82, 86 U Urbino, Herzog, siehe Rovere, Francesco della V Venier, Sebastiano (1496–1578), Doge 118 Venturi, Ermunio, Zeitungsvermittler 154f. Vinta, Belisario (1542–1613), florentinischer Sekretär 154 Viteazul, Mihai (1558–1601), Wojewode der Walachei 34, 163, 170 Volckhardt, Reiner (~1535–1597), Kaufmann 80–82 W Waldeck (Haus) 191 Welser, Philippine (1527–1580), Gemahlin Erzherzog Ferdinands von Tirol 35 Wertheim, Grafen von 185 Wittelsbach (Haus) 69, 71, 73, 79, 91 Württemberg (Haus) 190 Württemberg, Ludwig von (1554–1593) 52, 64, 66 Württemberg-Mömpelgard, Friedrich von (1557– 1608) 66 Würtzburg, Veit von (gest. 1577), Bischof von Bamberg 86 Z Zasius, Johann Ulrich (1521–1570), Reichsvizekanzler 54 Zeidler von Berbisdorf, Hans (1578–1635), kursächsischer Agent 52 Zündelin, Wolfgang (1538–1614), kursächsischer Agent 53 Zúñiga y Requesens, Juan de (gest. 1586), spanischer Diplomat 120 Zúñiga y Sotomaior, Antonio de (gest. 1580), Vizekönig von Mailand 157



OSWALD BAUER

PASQUILLE IN DEN FUGGERZEITUNGEN SPOTT- UND SCHMÄHGEDICHTE ZWISCHEN POLEMIK UND KRITIK (1568–1605)

Philipp Eduard und Octavian Secundus Fugger, die Schöpfer der sogenannten Fuggerzeitungen (1568–1605), sammelten neben Nachrichten aus aller Welt auch Spott- und Schmähgedichte. Oswald Bauer versammelt erstmals diese Texte in einer ausführlichen Edition. Ziel von Spott und Kritik waren Fürsten ebenso wie Goldmacher, Theologen sowie ganze Völker, wobei die meist unbekannten Autoren nicht mit deftigen Ausdrücken und Zoten geizten. Damit ermöglicht der Autor spannende Einblicke in diese Textsorte, mit der Menschen in der Frühen Neuzeit Kritik an Zeitzuständen und Herrschenden äußerten oder aber die Ehre anderer Menschen anzugreifen suchten. 2008, 223 S. BR. 170 X 240 MM 978-3-205-77937-7 (A), 978-3-486-58554-4 (D)

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