Die Rückabwicklung der unwirksamen Übernahme einer GmbH-Anteilsmehrheit [1 ed.] 9783428512874, 9783428112876

Der Autor beschäftigt sich mit der Rückabwicklung der Übernahme einer GmbH-Anteilsmehrheit, die aus verschiedenen Gründe

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Die Rückabwicklung der unwirksamen Übernahme einer GmbH-Anteilsmehrheit [1 ed.]
 9783428512874, 9783428112876

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 169

Die Rückabwicklung der unwirksamen Übernahme einer GmbH-Anteilsmehrheit Von Thomas Jedlitschka

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

THOMAS JEDLITSCHKA

Die Rückabwicklung der unwirksamen Übernahme einer GmbH-Anteilsmehrheit

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 169

Die Rückabwicklung der unwirksamen Übernahme einer GmbH-Anteilsmehrheit

Von Thomas Jedlitschka

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hannover hat diese Arbeit im Jahre 2002 / 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 89 Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-11287-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Mutter

Vorwort In dieser Arbeit habe ich neben dem wissenschaftlichen Aspekt einer Doktorarbeit immer auch das praktische Problem im Auge behalten. Das Buch ist daher sowohl für die Universität als auch für die Praxis geeignet. Auf dem Weg zur Lösung des Rückabwicklungsproblems werden das Innenverhältnis der GmbH und die rechtlichen Schranken der Machtausübung des Mehrheitsgesellschafters beleuchtet, ein Vergleich mit dem Recht der USA durchgeführt und das Bereicherungsrecht eingehend untersucht, auch im Hinblick auf die Rückabwicklung eines Unternehmenskaufs. Der Praktiker, der mit der Rückabwicklung eines GmbH-Kaufs befasst ist und dafür eine Lösung sucht, kann auch sofort mit der Lektüre des vierten Abschnitts, bei besonderer Eile dort mit dem Punkt B. III. beginnen. Ein Zurückblättern wird sich dann wie von selbst ergeben. Die Gutachten wurden von meinem Betreuer Herrn Prof. Dr. Abeltshauser und von Frau Prof. Dr. Buck erstellt. Neben meinem Betreuer danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Immenga für sein Interesse und die anerkennende Würdigung meines Vorhabens. Die Untersuchungen zum US-amerikanischen Recht habe ich während eines achtmonatigen Forschungsaufenthaltes in den USA durchgeführt. Der University of Michigan Law School und Herrn Prof. Dr. Reimann gebührt mein aufrichtiger Dank für die Aufnahme als Research Scholar. Ich habe von der Begabtenförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung ein Promotionsstipendium erhalten. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken. Die unkomplizierte und umfangreiche Förderung hat diese gründliche Bearbeitung des Themas erst möglich gemacht. Thomas Jedlitschka

Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Erster Abschnitt Darstellung des Rechtsproblems A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 26

I. Erwerber hat keine weiteren wirtschaftlichen Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

1. Grundsätzlich in Betracht kommende Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

a) Unternehmerische Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

aa) Grundlage der Treuepflicht im Recht der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

bb) Inhalt und Ausmaß der Treuepflicht im Recht der GmbH . . . . . . . . . . .

28

(1) Generalklausel und Konkretisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

(2) Insbesondere: Mehrheitsgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

cc) Rechtsfolgen bei Verletzung der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

b) Gewinnauszahlungen, Entnahmen, verdeckte Gewinnausschüttungen . . . .

31

aa) Ausschüttungen als Folge der Feststellung des Jahresergebnisses . . .

32

bb) Sonstige Vermögenszuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

(1) „Offen“ und „Verdeckt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

(2) Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

(a) Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

(b) Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

(c) Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

(3) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

2. Rechtslage bei Zustimmung durch die Mitgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

a) Gefährdung der Gläubigerinteressen aufgrund begrenzter Kapitalbindung bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

b) Ansichten und Lösungsversuche in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

aa) Umfassendes Eigeninteresse der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

bb) Eingeschränktes Eigeninteresse der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

10

Inhaltsverzeichnis c) Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

d) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

II. Erwerber als herrschendes Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

1. Vorbemerkungen und Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

a) Herrschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

aa) Möglichkeit der Ausübung von Einfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

bb) Unternehmenseigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

b) Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

c) „Faktisch“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

d) Unterscheidung zwischen „einfach“ und „qualifiziert“ . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

e) Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

2. Einfacher faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

a) Schranken bei der Ausübung des beherrschenden Einflusses . . . . . . . . . . . . .

48

aa) Rechtsprechung des BGH und herrschende Lehre: Treuepflicht . . . . .

48

bb) Weitere Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

cc) Genauer zur Treuepflicht des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . .

50

dd) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

b) Rechtslage bei Zustimmung durch die Minderheitsgesellschafter . . . . . . . .

52

aa) Mitwirkung der Minderheitsgesellschafter beim Anteilserwerb durch den Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

3. Qualifizierter faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

a) Merkmale und rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

b) Das TBB-Urteil als vorläufiger Abschluss der Rechtsfortbildung . . . . . . . .

55

c) Haftungsvoraussetzungen nach Maßgabe des TBB-Urteils . . . . . . . . . . . . . . .

57

aa) Leitung der abhängigen GmbH durch das herrschende Unternehmen

57

bb) Objektiver Missbrauch der beherrschenden Gesellschafterstellung . .

57

(1) Keine angemessene Rücksichtnahme auf die eigenen Belange der abhängigen GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

(2) Mangelnde Isolierbarkeit des Nachteils bzw. Unmöglichkeit des Einzelausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

d) Rechtsfolgen nach Maßgabe des TBB-Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

aa) Ansprüche der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

bb) Ansprüche der Minderheitsgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

Inhaltsverzeichnis

11

e) Rechtslage bei Zustimmung durch die Minderheitsgesellschafter . . . . . . . .

62

aa) Formelle Anforderungen an den Zustimmungsbeschluss . . . . . . . . . . . .

62

bb) Auswirkungen der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

f) Das „Bremer Vulkan“-Urteil des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

4. Ergebnis der Analyse des Konzernfalles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

III. Auswirkungen durch die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung . . . . . . . . . . . . . . .

67

1. Einfluss auf die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen? . . . . . . . . . . . . . . .

67

a) Anfechtung der Gesellschafterbeschlüsse durch den Veräußerer . . . . . . . . .

68

aa) Mögliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

bb) Anfechtungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

2. Einfluss auf die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

a) Anfechtung der Rechtsgeschäfte gem. § 119 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . .

70

aa) Vorliegen einer Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB . . . . . . .

71

(1) Lediglich vorübergehender Zustand? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

(2) Andere Beweggründe maßgebend? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

bb) Verhältnis zum Regelungszweck des § 16 Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . .

73

cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

b) Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage des Rechtsgeschäfts . . . . . . . .

74

aa) Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

bb) Fallgruppe: Motivirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

cc) Fehlvorstellung für den Abschluss des Rechtsgeschäfts bedeutsam?

76

dd) Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage bei vollzogenen Geschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

ee) Unbestimmtheit der Erwartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

ff) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

(1) Keine Anwendung auf abgeschlossene Rechtsgeschäfte . . . . . . . .

78

(2) Nachwirkende Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

gg) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

IV. Vorschlag zur Erreichung eines Nachteilsausgleichs im Verhältnis GmbH / Erwerber: Konzernspezifische Leistungskondiktion analog §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB, 302 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

1. Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

2. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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a) Lösung beinhaltet nur den Konzernfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

12

Inhaltsverzeichnis b) Behandlung von Maßnahmen, die zu keinem Vorteil beim Erwerber führten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

c) Dogmatische Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

V. Ergebnis zu den Ansprüchen im Verhältnis GmbH / Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

1. Die in Betracht kommenden Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

2. Rechtslage bei Zustimmung durch die Minderheitsgesellschafter . . . . . . . . . . . .

83

3. Auswirkungen durch die Unwirksamkeit der Anteilsabtretung . . . . . . . . . . . . . .

83

4. Der GmbH verbleibende Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

B. Ansprüche im Verhältnis Veräußerer / Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

I. Wiedererlangung der Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

1. Anfechtung der Anmeldungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

2. Widerruf der Anmeldungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

3. Streit über die Unwirksamkeit des Abtretungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

II. Ausgleich für die nachteiligen Veränderungen im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . .

87

1. Aussagen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

3. Lösungsvorschlag: Konstruktion eines Besitzes am Geschäftsanteil . . . . . . . . .

88

a) Gewinnausschüttungen und Entnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

b) Rechtsgeschäftlich begründete Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

c) Faktische Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

d) Vergleich mit dem Fall bloßer Kausalnichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

e) Lösung: Rechtliche Erfassung der faktischen Inhaberschaft am Geschäftsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

f) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

aa) Konkurrierende Bereicherungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

bb) Einschränkung des Herausgabeanspruchs bei Wirksamkeit der Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

cc) Dogmatische Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

4. Rückgewähranspruch bei „übergegangenem Geschäftsbetrieb“ . . . . . . . . . . . . .

93

5. Anspruchsgrundlagen außerhalb des Bereicherungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

III. Ergebnis zu den Ansprüchen im Verhältnis Veräußerer / Erwerber . . . . . . . . . . . . . .

93

C. Zusammenfassung der Ergebnisse des ersten Abschnitts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

I. Verhältnis zwischen GmbH und Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

1. Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

2. Rechtslage bei Zustimmung durch die Minderheitsgesellschafter . . . . . . . . . . . .

95

Inhaltsverzeichnis

13

3. Auswirkungen durch die Unwirksamkeit der Anteilsabtretung . . . . . . . . . . . . . .

95

4. Der GmbH verbleibende Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

II. Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

III. Planwidrige Lücke oder wirtschaftliche Gründe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

Zweiter Abschnitt Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

97

A. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

B. Vergleichbares Rechtsgeschäft: Übertragung von Anteilen an einer (close) corporation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

I. Close corporation als Erscheinungsform der corporation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

II. Relevanz der Unterscheidung für die Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

C. Vergleichbarer Unwirksamkeitsgrund: voidability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Einteilung mangelhafter Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Voidness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2. Voidability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Unenforceability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Ermittlung der für den Vergleich relevanten Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Void contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Voidable contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3. Unenforceable contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 D. Analyse des case law: Rescission von Anteilsübertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 I. Vorbemerkung zu Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 II. Voraussetzungen für wirksame rescission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Vorliegen eines Anfechtungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Unverzügliche Benachrichtigung der anderen Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Allgemein zu dieser Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Speziell zu Anteilsübertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Angebot durch die anfechtende Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 aa) Zeitpunkt für die Abgabe des Angebots nach common law . . . . . . . . . . 113 bb) Zeitpunkt für die Abgabe des Angebots nach equity . . . . . . . . . . . . . . . . 114

14

Inhaltsverzeichnis cc) Heutige Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 dd) Darstellung abweichender Rechtsprechung einzelner Bundesstaaten anhand von Entscheidungen betreffend Anteilsübertragungen . . . . . . 114 b) Verweigerung der rescission wegen nachteiliger Veränderungen in der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Loveday v. Cate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 In re Domestic Fuel Corp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 c) Verweigerung der rescission wegen vorteilhafter Veränderungen in der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Gangnes v. Lang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 III. Rückabwicklung als Rechtsfolge nach Gewährung der rescission . . . . . . . . . . . . . . . 118 Puskar v. Hughes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Gentry v. Smith . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Schnuth v. Harrison . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 IV. Zusammenfassung und Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Voraussetzungen für die Geltendmachung von rescission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Einschränkung des Anfechtungsrechts bei nachteiligen Veränderungen . . . . . 122 3. Einschränkung des Anfechtungsrechts bei vorteilhaften Veränderungen . . . . . 123 4. Ansprüche im Rahmen der Rückabwicklung nach Gewährung der rescission 123

Dritter Abschnitt Vergleich der Ergebnisse und Prüfung der Übertragbarkeit der US-amerikanischen Rückabwicklungsregeln

126

A. Auswertung der Vorüberlegungen zum US-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 B. Das maßgebliche Rückabwicklungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 C. Das maßgebliche Regelungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 D. Bewertung der Rückabwicklungsregeln des US-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 E. Neuer Aspekt: Steigerung des Wertes der Gesellschaftsanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 F. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Vierter Abschnitt Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

132

A. Das „erlangte Etwas“ bei doppelt nichtiger Anteilsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Ermittlung des Vermögensvorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Geschäftsbetrieb der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

Inhaltsverzeichnis

15

2. „Anteilsbesitz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Das Erlangte bei wirksamer Abtretung: Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4. Das Erlangte bei unwirksamer Abtretung: Scheinmitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . 134 II. Wert der Scheinmitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 III. Herausgabe der Scheinmitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 I. Probleme bei der Anwendung der allgemeinen bereicherungsrechtlichen Regeln 138 1. Wert des Geschäftsanteils bleibt unverändert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 a) Nutzungsherausgabe bei planmäßiger Geschäftsentwicklung . . . . . . . . . . . . 138 b) Nutzungsherausgabe bei negativer Geschäftsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Anspruch des Veräußerers auf Ersatz für nicht gezogene Nutzungen

139

bb) Bestimmung des Nutzungspotentials des Geschäftsanteils . . . . . . . . . . 142 cc) Verantwortlichkeit des Mehrheitsgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 dd) Sonderproblem: Zuwendungen an die Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . 143 (1) Zuwendungen als Rechtsfrüchte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (2) Bestimmung des erlangten Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 c) Vorteile, die keine Nutzungen gem. § 818 Abs. 1 BGB sind . . . . . . . . . . . . . 146 2. Wert des Geschäftsanteils ist geringer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Anspruch auf Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Entreicherung des Erwerbers, § 818 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 c) Saldotheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 d) Wertungen aus dem Rücktrittsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 aa) Wertung des § 350 BGB in der bis zum 31. 12. 2001 geltenden Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Vorschrift des § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3 BGB in der ab 1. 1. 2002 geltenden Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 cc) Übertragung in das Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 dd) Übertragung auf das vorliegende Rückabwicklungsproblem . . . . . . . . 153 e) Sonderproblem: Arglistige Täuschung des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 f) Wertminderung durch Zuwendungen an die Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . 155 3. Positive Geschäftsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Steigerung der Gewinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 b) Steigerung des Anteilswertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 4. Berücksichtigung der Aufwendungen des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 a) Arten der Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 b) Geltendmachung und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

16

Inhaltsverzeichnis c) Das Problem überproportionaler oder fehlgeschlagener Aufwendungen . . 158 d) Das Problem der Bewertung der unternehmerischen Leistung . . . . . . . . . . . . 159 aa) Positive Geschäftsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 bb) Negative Geschäftsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 5. Zusammenfassung der auftauchenden Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 II. Unternehmenskauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 1. Exkurs: Inhalt des Herausgabeanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Das Unternehmen als „erlangtes Etwas“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Sonderproblem im Rahmen des § 818 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Herausgabe gezogener Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Rechtliche Einordnung der Unternehmensgewinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 b) Umfang der herauszugebenden Gewinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 aa) Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (1) Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (2) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 bb) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 3. Aufwendungen des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 4. Zusammenfassung der Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Enger Zusammenhang von Nutzungen und Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Unterschied zum Anteilskauf: Rechtliche Stellung des Erwerbers . . . . . . . . 168 III. Zuweisung der Risiken und Chancen der zwischenzeitlichen Unternehmensentwicklung beim fehlgeschlagenen Anteilserwerb und daraus folgende Modifizierungen des Bereicherungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. Ausgangspunkt: Ermittlung der Wertveränderung des Geschäftsanteils . . . . . . 169 a) Zeitpunkte für den Wertvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 aa) Anfangswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Endwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Wert des Anteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 aa) Kaufpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 bb) Verkehrswert / Marktpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 cc) Anteilswert als quotaler Unternehmenswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 c) Bewertung des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 aa) Zusammenspiel von rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 bb) Bewertungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (1) Buchwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (2) Liquidationswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Inhaltsverzeichnis

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(3) Substanzwertmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (4) Ertragswertmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (5) Mittelwertmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (6) Übergewinnmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (7) Stuttgarter Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 d) Umrechnung auf den Geschäftsanteil, Zu- und Abschläge . . . . . . . . . . . . . . . 177 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Ersatz für die Wertminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Abzug des Minderwerts vom Kaufpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Verantwortlichkeit des Mehrheitsgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 c) Differenzierung nach den Ursachen der Wertminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 aa) Berücksichtigung zwischenzeitlicher Entwicklungen bei der Unternehmensbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Stichtagsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 cc) Wurzeltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 dd) Entwicklungen zwischen zwei Bewertungsstichtagen . . . . . . . . . . . . . . . 182 ee) Zuweisung des Risikos zufälliger Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 d) Arglistige Täuschung durch den Veräußerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 3. Erhöhter Anteilswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 a) Mehrwert als pauschalierter Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Problem des § 818 Abs. 3 BGB: Lediglich Gegenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 4. Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) Gleich hohes Nutzungspotential von Leistung und Gegenleistung . . . . . . . . 189 b) Unterschiedliches Nutzungspotential von Leistung und Gegenleistung . . . 189 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 5. Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 6. Änderungen nach Rechtshängigkeit der Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Haftung nach den allgemeinen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 b) Auswirkungen auf die entwickelte Lösung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Verschlechterung des Gegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 bb) Nutzungsherausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 cc) Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 I. Grundzüge des Lösungskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 II. Lösung der dargestellten bereicherungsrechtlichen Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2 Jedlitschka

18

Inhaltsverzeichnis III. Geeignetheit des Lösungskonzepts zum Ausgleich nachteiliger Einflussnahmen

194

1. Erwerber ohne weitere wirtschaftliche Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 2. Erwerber als herrschendes Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 a) Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Unternehmerische Entscheidungen im Konzerninteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 c) Leistungsbeziehungen innerhalb des Konzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 d) Ausnutzung von Geschäftschancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 e) Abordnung qualifizierten Personals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 f) Qualifizierter faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 IV. Betriebswirtschaftliche Bewertung als zentrales Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Fünfter Abschnitt Zusammenstellung der Ergebnisse der Arbeit

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A. Bisheriger Kenntnisstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 B. Erkenntnisse des Rechtsvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 C. Lösungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen der US-Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Deutsche Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 US-amerikanische Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungen der deutschen Sprache a.A. a. a. O. a. E. allg. M. Anh. Anm. Aufl. bspw. bzgl. bzw. ders. dies. Einl. entspr. Fn. FS h. M. hrsg. insb. i. R. d. i. S. d. i. V. m. Jur. Diss. Kzr, KonzernR m. Nachw. Rn. Rspr. s. S. s. a. s. o. sog. sogl. 2*

andere Ansicht am angegebenen Ort am Ende allgemeine Meinung Anhang Anmerkung Auflage beispielsweise bezüglich beziehungsweise derselbe dieselbe Einleitung entsprechend Fußnote Festschrift herrschende Meinung herausgegeben insbesondere im Rahmen des im Sinne des in Verbindung mit Juristische Dissertation Konzernrecht mit Nachweise Randnummer Rechtsprechung siehe Seite siehe auch siehe oben so genannt sogleich

20 s. u. u. u. a. v. a. vgl. z. B. zugl. zust.

Abkürzungsverzeichnis siehe unten und und andere vor allem vergleiche zum Beispiel zugleich zustimmend

Hinsichtlich der Fachterminologie wird im Übrigen verwiesen auf: Kirchner, Hildebert / Butz, Cornelie: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Auflage, Berlin, New York 2002. – §§-Angaben in den Fußnoten ohne Gesetzeshinweis sind §§ des GmbH-Gesetzes.

Abkürzungen der englischen Sprache AZSLJ ch. cir. com. ed. MBCA Merc.L.Rev. NYU L. R. sec. UCC v. vol.

Arizona State Law Journal chapter circuit comment edition Model Business Corporation Act Mercer Law Review New York University Law Review section Uniform Commercial Code versus volume

Einleitung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einem speziellen Problem, das bei der Rückabwicklung einer fehlgeschlagenen Übertragung der Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH auftaucht. Der Darstellung liegt der folgende fiktive Fall zugrunde: Der Inhaber der Mehrheit an einer GmbH ist sich mit einem Interessenten über die Veräußerung der Beteiligung einig geworden. Zu diesem Zweck schließen die Parteien, im Folgenden Veräußerer und Erwerber genannt, einen Kaufvertrag über den entsprechenden Geschäftsanteil und erfüllen diesen im Wege der Abtretung, die gem. § 15 Abs. 3 GmbHG eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages bedarf. Die Veräußerung des Geschäftsanteils wird sodann gem. § 16 Abs. 1 GmbHG bei der Gesellschaft angemeldet. Dies geschieht analog § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG gegenüber einem der Geschäftsführer.1 Der in § 16 Abs. 1 GmbHG geforderte Nachweis über den erfolgten Übergang der Geschäftsanteile wird üblicherweise durch Vorlage der notariellen Abtretungsurkunde erbracht.2 Später stellt sich für beide Seiten unerwartet heraus, dass sowohl Kauf- als auch Abtretungsvertrag angefochten werden können, was die berechtigte Partei dann auch tut, oder dass beide Rechtsgeschäfte nichtig sind.3 Praktisch wichtig sind die Fälle der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 Abs. 1 BGB4 und wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Geschäftsanteils gem. § 119 Abs. 2 BGB5 sowie die Nichtigkeit wegen Formmangels gem. § 15 Abs. 3 GmbHG in Verbindung mit § 125 BGB6. Scholz / Winter § 16, Rn. 14; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 3. Rowedder § 16, Rn. 5; Scholz / Winter § 16, Rn. 18; HK-GmbHR / Bartl § 16, Rn. 5. 3 Ist lediglich die Abtretung nichtig, der Kaufvertrag aber wirksam, dann hat der Käufer einen schuldrechtlichen Anspruch auf erneute, diesmal fehlerfreie Abtretung des Geschäftsanteils gem. §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 Satz 1 BGB, vgl. Lutter / Hommelhoff § 15, Rn. 43; Zeilinger NZG 1999, 1021, 1028. 4 Vgl. dazu etwa BGH GmbHR 1998, 635, 635 f.; OLG Hamm GmbHR 1998, 984, 985; Zeilinger NZG 1999, 1021, 1025 f.; K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 151 ff. 5 Zeilinger NZG 1999, 1021, 1025; K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 144 ff.; BGHZ 65, 246, 252 f. Die Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB war allerdings nach herrschender Meinung durch die Vorschriften der §§ 459 ff. BGB a. F. ausgeschlossen, wenn sämtliche Geschäftsanteile übertragen wurden bzw. wenn die bei den anderen Gesellschaftern verbliebenen Anteile einen so geringfügigen Anteil des Stammkapitals ausmachten, dass bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise faktisch von einem Verkauf des von der GmbH betriebenen Unternehmens auszugehen war, vgl. Zeilinger NZG 1999, 1021, 1026 und 1022 mit zahlreichen Nachweisen (Fn. 8). 1 2

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Einleitung

Für den Abtretungsvertrag gelten zwar die allgemeinen Regeln über Nichtigkeit und Anfechtbarkeit, und Nichtigkeit bzw. Anfechtung haben auch nach erfolgter Anmeldung grundsätzlich rückwirkende Kraft7, aber im Verhältnis zur GmbH ergeben sich aus § 16 Abs. 1 GmbHG wesentliche Einschränkungen.8 Nach seinem Wortlaut gilt im Fall der Veräußerung des Geschäftsanteils nur derjenige gegenüber der Gesellschaft als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist. Der Zweck der Vorschrift ist, bei Veräußerung eines Geschäftsanteils der Gesellschaft Gewissheit darüber zu geben, wer offizieller Inhaber ihrer Geschäftsanteile ist.9 Die Vorschrift berechtigt und verpflichtet die Gesellschaft, den Angemeldeten als Gesellschafter zu behandeln und dient dem Schutz aller Beteiligter, also des Erwerbers, des Veräußerers und der Gesellschaft selbst.10 Der Erwerber wird demnach durch die Anmeldung gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter legitimiert. Die Fehlerhaftigkeit der Abtretung des Geschäftsanteils hat auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und angemeldetem Erwerber keinen Einfluss, die Nichtigkeit des Abtretungsvertrages erfasst nicht die Anmeldung.11 Im Falle der Nichtigkeit der Abtretung ist der Erwerber nie (wirklicher) Gesellschafter geworden, er galt aber im Verhältnis zur GmbH vom Zeitpunkt der Anmeldung an als solcher. Bei Nichtigkeit der Anteilsabtretung ist der Veräußerer also Mehrheitsgesellschafter „seiner“ GmbH geblieben, mit der Anmeldung trat der Erwerber jedoch gegenüber der Gesellschaft in alle Rechte und Pflichten des Nach dem ab dem 1. 1. 2002 geltenden § 453 Abs. 1 BGB sind die Vorschriften über den Sachkauf auf den Rechtskauf entsprechend anzuwenden. Damit hat sich die Differenzierung nach der Beteiligungsquote eigentlich erledigt, sodass auch dem Käufer kleinerer Geschäftsanteile bei etwaigen Mängeln die Gewährleistungsansprüche des § 437 BGB n. F. zustehen können, vgl. Gaul ZHR 166 (2002), 35, 39. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtspraxis diesbezüglich entwickelt. Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines Beschaffenheitsmangels bei GmbH-Anteilen vgl. Wolf / Kaiser DB 2002, 411, 416 ff.; Knott NZG 2002, 249, 250. 6 Dazu Loritz DNotZ 2000, 90 ff. Sinn und Zweck des Beurkundungserfordernisses sind vor kurzem in die Diskussion geraten. Für ihre Abschaffung plädiert Heidenhain ZIP 2001, 721 ff.; dagegen Kanzleiter ZIP 2001, 2105 ff. mit Replik Heidenhain ZIP 2001, 2113 f. 7 Es gelten die allgemeinen Regeln des BGB, vgl. Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 15, Rn. 28. 8 Es ist zu beachten, dass die Vorschrift nach herrschender Meinung in den Fällen der Geschäftsunfähigkeit, Fälschung der Anmeldung und vollmachtlosen Handelns nicht eingreift, vgl. OLG Frankfurt / M. GmbHR 1992, 666; Hachenburg / Zutt § 16, Rn. 43; Rowedder § 16, Rn. 17; Wiedemann, Übertragung, S. 138; str. für § 1 GWB, vgl. Scholz / Winter § 16, Rn. 23. 9 Rowedder § 16, Rn. 1; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 1. 10 BGHZ 84, 47, 49; 112, 103, 113; GmbHR 1991, 311, 312; Scholz / Winter § 16, Rn. 2. 11 Rowedder § 16, Rn. 3 u. 18; Scholz / Winter § 16, Rn. 23; BGH WM 1990, 505, 508; GmbHR 1997, 165, 166. Vielmehr muss die Anmeldung gegenüber der Gesellschaft widerrufen werden und dieser Widerruf wirkt lediglich ex nunc, vgl. dazu Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 12; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 4; Hachenburg / Zutt § 16, Rn. 44 sowie ausführlich im ersten Abschnitt unter B. I.

Einleitung

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Veräußerers ein.12 Sowohl die Rechtshandlungen des Erwerbers gegenüber der GmbH als auch die der GmbH gegenüber dem Erwerber bleiben rechtswirksam.13 Nun kann es vorkommen, dass der Erwerber in der Zeit bis zum Bekanntwerden der Nichtigkeit oder bis zur Erklärung der Anfechtung den Wert der Gesellschaft durch Ergreifen nachteiliger Maßnahmen verringert hat. Neben dem bloßen „Herunterwirtschaften“ ist auch an den Fall zu denken, dass der Erwerber das Unternehmen in weiten Teilen umgestaltet hat. Nicht selten wird die Übernahme der Mehrheitsbeteiligung von dem Motiv getragen, die wirtschaftliche Eigenständigkeit der GmbH aufzuheben, um sie eigenen Zwecken dienbar zu machen.14 Ein Beispiel ist die Übernahme eines Zulieferbetriebes, um diesen vollständig auf die Interessen der durch den Erwerb der Mehrheitsbeteiligung nunmehr herrschenden Gesellschaft auszurichten. Es wird nur noch der für das herrschende Unternehmen wichtige Bereich der Zulieferung aufrechterhalten, alle übrigen Geschäftsbereiche demgegenüber stillgelegt.15 In diesen Fällen nachteiliger Veränderungen in der Gesellschaft stellt sich vor dem Hintergrund der Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG die Frage, ob und woraus die GmbH Ansprüche gegen den Erwerber herleiten kann. Das Problem wird besonders deutlich werden, wenn die Minderheitsgesellschafter den umgestaltenden Maßnahmen zugestimmt haben oder wenn andere Gesellschafter nicht vorhanden sind, also der Fall der Übernahme einer Einmann-GmbH.16 Für das Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber enthält die Vorschrift des § 16 GmbHG keine Regelung, dafür ist das Kausalgeschäft der Abtretung maßgebend.17 Der BGH hat im Jahre 1990 seine Rechtsprechung, dass bei nichtiger Übertragung von GmbH-Anteilen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden seien, aufgegeben.18 In Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht in der Literatur19 geht das Gericht nunmehr davon aus, dass die Regelung des § 16 12 Vgl. Hachenburg / Zutt Anh. § 15, Rn. 23; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 11; Scholz / Winter § 16, Rn. 33 ff.; Rowedder § 16, Rn. 13; Knobbe-Keuk ZIP 1983, 274, 275; OLG Koblenz GmbHR 1995, 586, 588. 13 Vgl. Hachenburg / Zutt § 16, Rn. 45; BGHZ 84, 47, 49. 14 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 51, 71. 15 So auch Lutter / Leinekugel ZIP 1998, 225: Der Erwerber ist meist daran interessiert, die Konzernaktivitäten nur in einem bestimmten Umfang zu erweitern, und wird die abseits liegenden Bereiche veräußern wollen. 16 Nach Ulmer (in Hachenburg, Einl., Rn. 72) ist fast jede vierte GmbH eine EinmannGmbH. Dieser Anteil ist in den letzten Jahren weiter gestiegen, vgl. Meyer GmbHR 2002, 177, 179 f. mit Nachweisen. 17 Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 13. 18 BGH WM 1990, 505, bestätigt durch BGH NJW-RR 1995, 1182, 1183. Vgl. zur alten Rspr. etwa BGH WM 1975, 512. 19 Vgl. K. Schmidt BB 1988, 1053 ff., insb. 1056; ders. AcP 186 (1986), 421, 438 f.; Grunewald ZGR 1991, 452, 459 ff.; Knobbe-Keuk ZIP 1983, 274 ff.; Kübler, Gesellschaftsrecht, § 25 V 3, S. 338 f.; Rowedder § 15, Rn. 113 (anders noch in der 2. Aufl.).

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Abs. 1 GmbHG als abschließend zu verstehen ist. Zur Begründung hieß es, dass die rückwirkende Abwicklung zwischen Veräußerer und Erwerber im Einzelfall schwierig sein mag, derartige Schwierigkeiten seien aber nicht auf diese Art Rückabwicklung beschränkt, sondern würden auch außerhalb des Gesellschaftsrechts auftreten. Diese Schwierigkeiten allein rechtfertigen es nach Ansicht des BGH nicht, die bürgerlich-rechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsvorschriften nicht anzuwenden.20 Die gegen den Erwerber in Betracht kommenden Ansprüche der GmbH und des Veräußerers werden im ersten Abschnitt der Arbeit untersucht.21 Es wird sich zeigen, dass der Erwerber nur teilweise verpflichtet ist, Ersatz für die Folgen seiner nachteiligen Einflussnahmen in der GmbH zu leisten. Eine Rückabwicklung in dem Sinne, dass die GmbH und der Veräußerer so gestellt werden, wie sie vor der fehlgeschlagenen Übertragung des Geschäftsanteils standen, ist nicht gewährleistet. Dieses Ergebnis wirft die Frage auf, ob das deutsche Recht lückenhaft ist – oder ob es dafür einen oder sogar mehrere Gründe gibt. Zur Beantwortung dieser Frage wird im zweiten Abschnitt die Rechtslage im US-amerikanischen Recht untersucht. Ein Vergleich mit dieser Rechtsordnung bietet sich an, weil die US-Gerichte mit der Problematik anfechtbarer und angefochtener Anteilsübertragungen befasst waren und sie sich im Rahmen ihrer Entscheidungen mit den Auswirkungen nachteiliger Einflussnahmen des Erwerbers auseinander zu setzen hatten. Der weitere Verlauf der Arbeit richtet sich nach den Erkenntnissen des USRechts. Der Vergleich kann im Wesentlichen zwei Ergebnisse liefern: Die Untersuchung des US-Rechts könnte zum einen ergeben, dass bei der Rückabwicklung ähnliche Schwierigkeiten wie im deutschen Recht auftreten. In dem Fall könnte das deutsche Recht nicht als lückenhaft bezeichnet werden, vielmehr wäre nach Gründen zu suchen, die nachvollziehbar machen, warum bei einer fehlgeschlagenen Anteilsübertragung eine geordnete Rückabwicklung bzw. Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht erreicht werden kann. Es wäre vor allem der wirtschaftliche Hintergrund dieser Schwierigkeiten etwa im Sinne einer ökonomischen Analyse zu ergründen. Zum anderen könnte das Ergebnis lauten, dass die Gesellschaft und / oder der Veräußerer für die verursachten Nachteile entschädigt werden, wirtschaftlich geseBGH WM 1990, 505, 508. Bei der Darstellung wird davon ausgegangen, dass ein oder mehrere Minderheitsgesellschafter vorhanden sind. Der Fall der Einmann-GmbH würde an manchen Stellen die sonst auftauchenden Probleme abschneiden, an anderen Stellen würden sich Probleme ergeben, die im Rahmen dieser Arbeit unbeachtlich sind, wie etwa die des § 181 BGB (bzw. die regelmäßig erfolgenden Ausschlussbestimmungen in der Satzung) sowie Probleme der Beschlussfassung, vgl. dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 40 III, S. 1246 ff. An einigen Stellen werden aber Quellen aus der Literatur angegeben, die sich ausdrücklich nur auf die Einmann-GmbH beziehen. 20 21

Einleitung

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hen also ihre frühere Stellung (zumindest im Wesentlichen) wieder erlangen. Dann würde sich die Aufgabe stellen, unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem US-Recht eine Lösung für das deutsche Recht zu entwickeln; außer es ließe sich eine Begründung dafür finden, dass sich das deutsche Recht vom US-Recht in diesem Punkt wesentlich unterscheidet. Die Idee für diese Arbeit geht auf einen Aufsatz von Christiane Lass zurück.22 Ihre Lösungsvorschläge werden im Verlauf der Untersuchung gewürdigt.23

Ausschlachtung der GmbH nach mangelhafter Übernahme, in ZGR 1997, S. 401 – 426. An dieser Stelle soll noch eine Bemerkung zu der Arbeit von Barbara Keil mit dem Titel „Fehlerhafte Unternehmenskäufe“ aus dem Jahre 1998 eingefügt werden. Im Rahmen der Schilderung der Problemstellung findet sich die Aussage, dass von den Ausführungen auch der Anteilskauf umfasst sei, auf Besonderheiten würde gegebenenfalls hingewiesen (S. 31). Nach Durchsicht der Arbeit kann festgestellt werden, dass diese Aussage für die Rückabwicklung einer unwirksamen Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen nicht haltbar ist. Richtig ist allein, dass nach damaligem Stand der GmbH-Anteilskauf wie ein Unternehmenskauf nach den Vorschriften des Sachmängelgewährleistungsrechts behandelt wurde, wenn nahezu alle Geschäftsanteile übertragen wurden und das Unternehmen von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abwich (s. soeben in Fn. 5). In diesen Fällen konnte vom Erwerber nicht gem. § 119 Abs. 2 BGB angefochten werden, da die Vorschrift durch die Regelung der §§ 459 ff. BGB a. F. verdrängt wurde (zur Rechtslage ab dem 1. 1. 2002 vgl. die Ausführungen soeben in Fn. 5). Die sogleich dargestellten Probleme bei der Rückabwicklung einer unwirksamen Übertragung von Geschäftsanteilen wurden demgegenüber nicht erkannt. 22 23

Erster Abschnitt

Darstellung des Rechtsproblems A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber I. Erwerber hat keine weiteren wirtschaftlichen Aktivitäten Zunächst wird untersucht, wie der Fall zu beurteilen ist, wenn der Erwerber bisher keinen wirtschaftlichen Aktivitäten nachgegangen ist oder wenn diese vor dem Erwerb beendet waren. Die Übernahme der Mehrheitsbeteiligung ist somit als das einzige aktuelle wirtschaftliche Engagement des Erwerbers anzusehen. Unter II. geht es dann um den Fall, dass sich der Erwerber noch anderweitig wirtschaftlich betätigt. 1. Grundsätzlich in Betracht kommende Ansprüche

Bevor die Rechtslage dargestellt wird, die sich bei Zustimmung der Minderheitsgesellschafter zu den Maßnahmen des Erwerbers ergibt, ist erst einmal zu ermitteln, welchen Einschränkungen das Handeln eines Mehrheitsgesellschafters in der GmbH ganz allgemein unterliegt und welche Ansprüche sich für die GmbH als Folge von fehlerhaftem Verhalten ergeben können.

a) Unternehmerische Entscheidungen In dem Zeitraum der Mitwirkung des Erwerbers in der Gesellschaft wurden verschiedene unternehmerische Entscheidungen getroffen. Zum einen ist an konkrete Geschäftsabschlüsse zu denken, zum anderen an längerfristig angelegte unternehmenspolitische Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Änderung der Produktpalette, die Umstrukturierung des Vertriebs, die Neuaufnahme, der Ausbau oder die Einstellung bestimmter Aktivitäten. Wenn sich diese Entscheidungen im Nachhinein als für das Unternehmen nachteilig erweisen, stellt sich die Frage, ob die GmbH Ansprüche herleiten kann. Ansatzpunkt für solche Ansprüche ist die Frage, ob der Mehrheitsgesellschafter bei der Durchsetzung der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung seine Treuepflicht verletzt hat.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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aa) Grundlage der Treuepflicht im Recht der GmbH Die Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht wurden zunächst im Recht der Personengesellschaften entwickelt.24 Schon das Reichsgericht begann, diese Grundsätze in das Kapitalgesellschaftsrecht zu übertragen und entfernte sich damit von der Anwendung der Schranke der Sittenwidrigkeit als alleinigem Kontrollmaßstab für das Gesellschafterhandeln. 25 Somit wurde auf der einen Seite die Existenz der Treuepflicht im GmbH-Recht schon seit langer Zeit anerkannt, auf der anderen Seite war die praktische Bedeutung der Treuepflicht für die konkreten Entscheidungen gering. Die Treuepflicht spielte regelmäßig nur eine Rolle als obiter dictum, sie war nur eine Hilfsbegründung.26 Den Durchbruch brachte die berühmte ITT-Entscheidung27 aus dem Jahre 1975, worin der BGH eine Treuepflichtverletzung durch die für die GmbH nachteilige Einflussnahme auf die Geschäftsführung bejahte und daran eine Verpflichtung zum Schadensersatz knüpfte. Das grundsätzliche Bestehen von Treuebindungen im GmbH-Recht ist heute allgemein anerkannt.28 In der Literatur ist allerdings nach wie vor umstritten, was als Rechtsgrundlage der Treuepflicht im GmbH-Recht anzusehen ist. Die verschiedenen Theorien versuchen zu erklären, wie Treuebindungen zwischen den Gesellschaftern rechtlich konstruiert werden können, denn wegen der Rechtsfähigkeit der GmbH entstehen die Rechte und Pflichten aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses ausschließlich zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern. Die GmbH ist also der Zurechnungspunkt aller rechtlichen Beziehungen und „zerschneidet“ die direkte Verbindung zwischen den Gesellschaftern.29 Dieser dogmatische Streit soll hier jedoch nicht ausgebreitet werden, denn es besteht heute weitgehend Einigkeit, dass die Treuebindungen sowohl für das Verhältnis der GmbH zu ihren Gesellschaftern als auch für die Beziehungen der Gesellschafter untereinander von Bedeutung sind.30 Als Begründung soll hier der pragmatische Ansatz des BGH im ITT-Urteil genügen, wonach Treuebindungen auch im Verhältnis der Gesellschafter untereinander anzuerkennen sind, da „bei Zur Entwicklung siehe M. Winter, Treuebindungen, S. 9 ff. Vgl. RGZ 164, 257, 262; 165, 68, 79; s. a. bereits RGZ 132, 149, 163. 26 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV 2 b), S. 591; M. Winter, Treuebindungen, S. 41; Flume ZIP 1996, 161, 162. 27 BGHZ 65, 15. 28 Abweichend Flume I / 2, § 8 I, insb. S. 269 – 271: Die Schranken für die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten ergäben sich mit Selbstverständlichkeit aus der Mitgliedschaft; der Annahme einer Treuepflicht der Mitglieder zueinander bedürfe es dafür nicht. 29 Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 271; M. Winter, Treuebindungen, S. 43. 30 Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 311; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 54; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 13, Rn. 21; Scholz / Winter § 14, Rn. 52. 24 25

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

der GmbH unbeschadet ihrer körperschaftlichen Verfassung die nähere Ausgestaltung ihrer Organisation und ihre wirtschaftliche Betätigung oft in erheblichem Maß dem unmittelbaren Einfluss ihrer Gesellschafter unterliegen und die inneren Verhältnisse der GmbH daher auf eine deutliche Nähe zu den Personengesellschaften angelegt sein können.“31 bb) Inhalt und Ausmaß der Treuepflicht im Recht der GmbH (1) Generalklausel und Konkretisierungen Ganz allgemein formuliert verlangt die Treuepflicht von den Gesellschaftern, sich gegenüber der Gesellschaft loyal zu verhalten, ihre Zwecke aktiv zu fördern und Schaden von ihr abzuhalten.32 Ausgehend von dieser Generalklausel sind Konkretisierungen notwendig, um zu ermitteln, welches Verhalten von einem Gesellschafter in einer bestimmten Situation zu fordern ist. Für eine erste Annäherung können die beiden Fälle der eigennützigen und der uneigennützigen Mitgliedschaftsrechte unterschieden werden. Besondere Bedeutung hat die Treuepflicht bei der Ausübung uneigennütziger Rechte, also von Rechten, die den Gesellschaftern allein im Interesse der Gesellschaft verliehen sind. In diesen Bereich fallen vor allem Entscheidungen über Geschäftsführungsangelegenheiten durch Gesellschafterbeschluss. Die Beteiligten müssen sich bei der Ausübung ihres Stimmrechts uneingeschränkt von den Gesellschaftsinteressen leiten lassen.33 Die Treuepflicht bewirkt hier also einen generellen Vorrang des Gesellschaftsinteresses vor den Eigeninteressen des Gesellschafters, eine Verfolgung von Sondervorteilen ist unzulässig.34 Eine geringere Rolle spielt die Treuepflicht bei der Wahrnehmung eigennütziger Rechte, wie etwa bei Vorschlags- und Entsendungsrechten in Organe der Gesellschaft oder bei der Abstimmung über die Gewinnverwendung.35 Zwar gilt auch hier, dass ein Gesellschafter die GmbH nicht zur Erlangung gesellschaftsfremder Vorteile oder durch eine sonstige zweckwidrige Rechtsausübung schädigen darf. Die Treuepflicht erfordert allerdings keine generelle vorrangige Berücksichtigung der Interessen der Gesellschaft und der Mitgesellschafter.36 31 BGHZ 65, 15, 18 f. Dass es sich dabei nicht um eine dogmatische Rechtsgrundlage handelt, hat M. Winter, Treuebindungen, S. 44, gut dargestellt; ebenso Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 272. 32 Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 52; Lutter AcP 180 (1980), 84, 102 ff.; A. Hueck, Treuegedanke, S. 18 f. 33 Scholz / Winter § 14, Rn. 56; Ivens GmbHR 1988, 249, 254; Zöllner, Schranken, S. 322; BGH ZIP 1993, 119, 121; Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 267 f.; ders., FS 100 Jahre GmbHG, S. 199 f. 34 Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 13, Rn. 27; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 55; Zöllner, Schranken, S. 323, 344 ff. 35 Vgl. Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 268 f.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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Das Ausmaß der Treuepflicht richtet sich des Weiteren nach der „Realstruktur“ der GmbH. Inhalt und Intensität der Pflichtenbindung sind also von der tatsächlichen Ausgestaltung des Innenverhältnisses der Gesellschaft abhängig. Je personaler und unternehmerischer die Struktur, desto größer ist die Förderpflicht des einzelnen Mitglieds; entsprechend geringer sind die Anforderungen, wenn die Mitgliedschaft kapitalistischen Charakter trägt.37 (2) Insbesondere: Mehrheitsgesellschafter Zwar unterliegt jeder Gesellschafter der Treuepflicht und grundsätzlich auch jeder Gesellschafter den angesprochenen Schädigungsverboten38, aus den soeben gemachten Ausführungen lässt sich aber ersehen, dass insbesondere der Mehrheitsgesellschafter in starkem Maße einer Treuepflichtbindung unterliegt.39 Aufgrund der Bindung des Geschäftsführers an die von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen gem. § 37 Abs. 1 GmbHG40 wird der Mehrheitsgesellschafter zum Entscheidungsträger. Mittels seiner Stimmenmehrheit kann er in der Gesellschafterversammlung die anderen Gesellschafter überstimmen und sie von einer echten Teilnahme an der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausschließen. Der Mehrheitsgesellschafter muss im Rahmen seiner Stimmabgabe also besonders sorgfältig darauf achten, dass die zu beschließende Maßnahme dem Gesellschaftsinteresse entspricht. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn der Mehrheitsgesellschafter seinen Einfluss auf die Geschäftsführung ohne Beschluss faktisch durchsetzt.41 cc) Rechtsfolgen bei Verletzung der Treuepflicht Die Folgen eines Verstoßes gegen die Treuepflicht sind von der Art der jeweiligen Maßnahme abhängig. Eine treuwidrig abgegebene Stimme ist nichtig, der damit zustande gekommene Gesellschafterbeschluss anfechtbar.42 Eine treuwidrige 36 Scholz / Winter § 14, Rn. 57; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich 13, Rn. 28; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 55; Immenga, FS 100 Jahre GmbHG, S. 200 f. 37 Lutter AcP 180 (1980), 84, 105; Lutter / Hommelhoff § 14, Rn. 18; OLG Düsseldorf DB 1993, 2474, 2476; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 53; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 13, Rn. 23. 38 Vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 77 ff. 39 Auch die ITT-Entscheidung betraf einen Mehrheitsgesellschafter in einer ZweimannGmbH. 40 Vgl. dazu Scholz / Schneider § 37, Rn. 30 f.; Lutter / Hommelhoff § 37, Rn. 1 u. 17. Zu den Schranken der Weisungsbefugnis Scholz / Schneider § 37, Rn. 50 ff. 41 Allg. M., vgl. Scholz / Winter § 14, Rn. 56; BGHZ 65, 15, 19 (ITT); Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 13, Rn. 27; Ivens GmbHR 1988, 249, 254. 42 Entsprechend § 243 Abs. 1, 2 AktG, vgl. Scholz / Winter § 14, Rn. 61; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 61; BGHZ 76, 352, 357.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Rechtsausübung außerhalb von Beschlüssen ist in der Regel unwirksam und damit unbeachtlich.43 Wurde die Treuepflicht schuldhaft verletzt, dann ergibt sich für die GmbH ein Schadensersatzanspruch, gegebenenfalls haben auch die Mitgesellschafter einen Anspruch, wenn und soweit sie einen zusätzlichen individuellen Schaden erlitten haben.44 Als Verschuldensmaßstab gilt zunächst § 276 BGB45; wurde gegen die Treuepflicht im Rahmen von Geschäftsführungsangelegenheiten verstoßen, so gilt als Maßstab nach ganz herrschender Meinung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 Abs. 1 GmbHG).46 Dabei ist den Gesellschaftern allerdings ein Spielraum unternehmerischen Ermessens einzuräumen, innerhalb dessen ein Verschulden ausscheidet, denn auch ein ordentlicher Geschäftsmann kann und muss ein unternehmerisches Risiko eingehen, um eine wirtschaftliche Chance wahrnehmen zu können.47 dd) Zwischenergebnis Da es sich bei den hier zunächst betrachteten Geschäftsabschlüssen und unternehmenspolitischen Entscheidungen um Geschäftsführungsangelegenheiten handelt, ist also im Einzelfall zu prüfen, ob der Erwerber bei der Ausübung seiner Mehrheitsmacht gegen die Sorgfaltspflicht eines gewissenhaften Geschäftsmannes verstoßen hat. Wie erwähnt muss ihm ein Ermessensspielraum zugestanden werden. Es kann daher nicht jede Maßnahme, deren unternehmerischer Erfolg nicht von vornherein mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststand, und die vom Mehrheitsgesellschafter gegen die Stimmen anderer Gesellschafter durchgesetzt wurde, als Treuepflichtverletzung deklariert werden.

43 Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich 13, Rn. 31; Scholz / Winter § 14, Rn. 62; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 61. 44 BGH NJW 1992, 368, 369; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich 13, Rn. 31; Scholz / Winter § 14, Rn. 62; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 61. 45 BGHZ 93, 142, 150; Scholz / Winter § 14, Rn. 62; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 61; Stein, Faktisches Organ, S. 182; a.A. Rowedder § 13, Rn. 20. 46 So auch der BGH in „ITT“, s. andere Veröffentlichung, etwa NJW 1976, 191, 192 = JZ 1976, 409 a. E.; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 61; Immenga, FS 100 Jahre GmbHG, S. 199; Scholz / Winter § 14, Rn. 62. Nach Ansicht des BGH gelte dies aber nur dann, wenn der Gesellschafter ein „Unternehmen mit kaufmännisch organisiertem Geschäftsbetrieb“ ist, vgl. BGHZ 93, 142, 150. Auch an anderer Stelle wird zwischen einem sog. Unternehmensgesellschafter mit besonderen Fähigkeiten und einem sog. (bloßen) Anlagegesellschafter unterschieden; für letzteren gelte weiterhin § 276 BGB, vgl. M. Winter, Treuebindungen, S. 110 f.; Martens GmbHR 1984, 264, 268. Eine gute und knappe Darstellung des Meinungsstandes findet sich bei Tries, Gewinnausschüttungen, S. 214 f. 47 Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 61. Ebenso für den einfachen faktischen Konzern Eschenbruch, Konzernhaftung, Rz. 3367; s. zum US-amerikanischen Vorbild der business judgement rule die Darstellung bei Abeltshauser, Leitungshaftung, S. 130 ff.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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Andererseits muss fundierter Widerstand in der Gesellschafterversammlung für den Erwerber zumindest ein Denkanstoß sein. Übergeht er diskussionslos die Bedenken seiner Mitgesellschafter und stellen sich diese im Nachhinein als berechtigt heraus, wird eine Treuepflichtverletzung zu bejahen sein. War im Einzelfall eine Stimmabgabe des Erwerbers treuwidrig, dann ist der Gesellschafterbeschluss anfechtbar. Diese Rechtsfolge bringt in den Fällen nichts ein, in denen die Folgen des Beschlusses irreversibel sind. So beispielsweise, wenn ein Geschäftsabschluss nicht mehr rückgängig zu machen ist oder wenn eine nochmalige Änderung der Produktpalette zurück zum alten Sortiment wirtschaftlich unsinnig wäre, weil die Marktanteile längst an Wettbewerber verloren sind. Oder wenn der Wiederaufbau von eingestellten Tätigkeitsbereichen unmöglich ist, etwa weil die finanzielle Lage wegen der eben erst erfolgten Umstrukturierung zu angespannt ist. Ein Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich für die GmbH dann, wenn der Gesellschafter bei seiner Stimmabgabe in Geschäftsführungsangelegenheiten die Sorgfaltspflicht des § 43 Abs. 1 GmbHG verletzt hat. Hat der Gesellschafter aufgrund seiner Mehrheitsmacht ohne vorherige Beschlussfassung und unter Verstoß gegen § 43 Abs. 1 GmbHG auf den Geschäftsführer eingewirkt, dann ist sein Verhalten treuwidrig und unbeachtlich. Wenn der Geschäftsführer die treuwidrige Weisung bereits umgesetzt hat und sich dies nicht mehr rückgängig machen lässt, dann hat die Gesellschaft auch hier einen Anspruch auf Schadensersatz.

b) Gewinnauszahlungen, Entnahmen, verdeckte Gewinnausschüttungen Von den soeben betrachteten Geschäftsabschlüssen mit gesellschaftsfremden Dritten und längerfristig angelegten unternehmenspolitischen Maßnahmen, die als wirtschaftliche Misserfolge den Unternehmenswert verringert haben, sind solche Maßnahmen zu trennen, die zu einem Vermögensvorteil beim Mehrheitsgesellschafter geführt haben. Durch die Verringerung des Gesellschaftsvermögens hat der Mehrheitsgesellschafter in den im Folgenden zu betrachtenden Fällen also unmittelbar etwas erlangt, und zwar für private Zwecke und Bedürfnisse.48 Zu unterscheiden sind grundsätzlich Ausschüttungen als Folge der Feststellung des Jahresergebnisses und Zuwendungen außerhalb der Verwendung des Jahresergebnisses.

48 Die Behandlung von erlangten Vorteilen für andere wirtschaftliche Aktivitäten, Stichwort faktischer Konzern, wird unter II. betrachtet.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

aa) Ausschüttungen als Folge der Feststellung des Jahresergebnisses Die Gesellschafter der GmbH können durch Beschluss über die Verwendung des Jahresergebnisses bestimmen, vgl. § 29 GmbHG. Sie können beschließen, das Geschäftsergebnis unter sich aufzuteilen, und zwar entweder den Jahresüberschuss gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 GmbHG oder den Bilanzgewinn gem. § 29 Abs. 1 Satz 2 GmbHG. Die Verteilung erfolgt grundsätzlich nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile, wenn nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderer Maßstab festgelegt wurde, vgl. § 29 Abs. 3 GmbHG. Nachdem sich herausgestellt hat, dass der Erwerber nur Scheingesellschafter war, ist zu überlegen, ob die GmbH die Gewinnauszahlungen gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zurückverlangen kann. Es liegt eine Leistung der Gesellschaft vor. Fraglich ist, ob der Erwerber die Zahlung auch mit Rechtsgrund erhalten hat. Es könnte argumentiert werden, dass der Erwerber gem. § 16 Abs. 1 GmbHG von der Gesellschaft zwar als Gesellschafter zu behandeln war, er aber tatsächlich, also materiell nicht Gesellschafter war, sodass der ausgeschüttete Gewinn zurückzuzahlen ist. Diese Sichtweise würde aber die Bedeutung des § 16 Abs. 1 GmbHG verkennen. Zunächst steht fest, dass der Anteilserwerber mit der erfolgten Anmeldung gegenüber der Gesellschaft an die Stelle des Veräußerers tritt. Der Erwerber wird Gesellschafter und sämtliche Mitgliedschaftsrechte und Pflichten gehen mit der Anmeldung auf ihn über.49 Folglich kann der Erwerber nach seiner Anmeldung die Gewinnauszahlung gem. § 29 GmbHG verlangen, und er hat diese Zahlung gegenüber der Gesellschaft mit Rechtsgrund erhalten. Ein Anspruch der GmbH scheidet also wegen der Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG aus.50

bb) Sonstige Vermögenszuwendungen Der Erwerber kann auch andere Vermögensvorteile erlangt haben, die nicht im Zusammenhang mit der Verwendung des Jahresergebnisses stehen. Beispiele für solche Vorteile sind zinsgünstige Darlehen, die Überlassung oder der günstige Verkauf von Sachen etc..

49 Vgl. Hachenburg / Zutt Anh. § 15, Rn. 23; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 11; Scholz / Winter § 16, Rn. 33 ff.; Rowedder § 16, Rn. 13; Knobbe-Keuk ZIP 1983, 274, 275; OLG Koblenz GmbHR 1995, 586, 588. 50 Auf der anderen Seite ist das Eingreifen der Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG für die Gesellschaft unschädlich, denn sie wurde durch die Auszahlung des Gewinns auch gegenüber dem wahren Gesellschafter (hier also dem Veräußerer) befreit, vgl. Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 14.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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(1) „Offen“ und „Verdeckt“ In der Literatur wird teilweise eine Unterscheidung in sog. „Offene Entnahmen“ auf der einen und sog. „Verdeckte Gewinnausschüttungen“ bzw. „Verdeckte Vermögenszuwendungen“ auf der anderen Seite vorgenommen.51 Es soll eingangs kurz untersucht werden, ob diese Unterscheidung für die vorliegende Arbeit von Wert ist. Der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung stammt aus dem Steuerrecht und soll die Zurechnung bestimmter Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter zu dem körperschaftssteuerpflichtigen Gewinn der Gesellschaft ermöglichen.52 Nach der Definition des Bundesfinanzhofs ist eine verdeckte Gewinnausschüttung bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens der GmbH auswirkt und nicht in Zusammenhang mit einer offenen, auf einem Gewinnverteilungsbeschluss beruhenden Ausschüttung steht.53 Aus dem Steuerrecht ist der Begriff in das Gesellschaftsrecht übernommen worden, wo unter einer verdeckten Gewinnausschüttung gleichfalls jede außerhalb der förmlichen Gewinnverwendung vorgenommene Leistung der Gesellschaft aus ihrem Vermögen an einen ihrer Gesellschafter, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht, verstanden wird.54 Maßstab dafür ist das sog. hypothetische Drittgeschäft. Es ist also zu prüfen, ob ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer das Geschäft zu den gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte.55 Es ist unschwer zu erkennen, dass diese Aussagen auch die sog. offenen Entnahmen umfassen, denn es macht keinen Unterschied, ob die Gesellschaft an den Gesellschafter eine Zahlung leistet oder einen Gegenstand übereignet, ohne eine Gegenleistung zu erhalten, oder ob die Gesellschaft zwar eine Gegenleistung erhält, diese sich aber nicht als gleichwertig darstellt.56 In beiden Fällen wird nachteilig auf das Gesellschaftsvermögen eingewirkt und der Gesellschafter hat auf Kosten der Gesellschaft etwas erlangt. Festzuhalten ist, dass es sich jeweils um gewinnunabhängige Leistungen der Gesellschaft an den oder die Gesellschafter handelt. Der Unterschied besteht darin, dass im ersten Fall die Zuwendung „offen“ geschieht, also für jeden erkennbar im Interesse des Gesellschafters. Im zweiten Fall geschieht dies nicht offensichtlich, 51 Vgl. z. B. Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 64, 68; Falkenstein, Entnahmegrenzen, S. 52 ff., Lutter / Hommelhoff § 29, Rn. 47 ff. 52 s. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG; Scholz / Emmerich § 29, Rn. 95 53 St. Rspr., vgl. BFH BB 1993, 849, 850; BB 1993, 917. 54 Scholz / Emmerich § 29, Rn. 98. 55 Scholz / Emmerich § 29, Rn. 98. 56 Vgl. auch Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 64: „Entnahme kann zugleich verdeckte Gewinnausschüttung sein“.

3 Jedlitschka

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

sondern wird durch ein Umsatzgeschäft „verdeckt“. Dadurch wird verschleiert, dass überhaupt eine Zuwendung an den Gesellschafter erfolgt. Dies erschwert zum einen die Kontrolle der Einhaltung der Kapitalschutzvorschriften und damit verbunden auch für die Gläubiger der Gesellschaft die Möglichkeit, sich wegen ihrer Forderungen an die Gesellschafter zu halten.57 Zum anderen werden durch diese Verschleierung die Interessen derjenigen Mitgesellschafter gefährdet, denen die nötige Sachkenntnis fehlt, um zu entscheiden, ob ein bestimmtes Rechtsgeschäft zu Marktkonditionen abgeschlossen oder ob dem beteiligten Gesellschafter entgegen gekommen wurde. Es geht demnach um Interessen der Gesellschaftsgläubiger und der Mitgesellschafter.58 Für die Zulässigkeit einer Zuwendung hat diese Unterscheidung aber keinerlei Bedeutung, wie gleich noch zu sehen sein wird. Auch in der Literatur wird eine solche Trennung teilweise nicht vorgenommen.59 Sie mag vielleicht aus didaktischen Gründen angebracht sein; im weiteren Verlauf soll darauf verzichtet werden. (2) Schranken (a) Kompetenzordnung Die erste Anforderung für die Wirksamkeit einer Vermögenszuwendung ist die Einhaltung der Kompetenzordnung in der Gesellschaft. Zwar stehen die hier besprochenen Zuwendungen gerade nicht im Zusammenhang mit der Ausschüttung des Jahresergebnisses, es handelt sich aber um eine Verteilung von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter und damit um nichts anderes als eine besondere Form der Ergebnisverwendung im Sinne der §§ 29, 46 Nr. 1 GmbHG.60 Daraus folgt, dass eine solche Vermögenszuwendung innergesellschaftlich nur zulässig ist, wenn ihr ein Gesellschafterbeschluss mit der nötigen Mehrheit zugrunde liegt.61 Solche Entnahmerechte, die die Gesellschafter berechtigen, unabhängig von der Ertragslage Geld oder andere Werte aus dem Gesellschaftsvermögen zu entnehmen, sind bei der GmbH als Kapitalgesellschaft ungewöhnlich62, aber im Gegensatz zur AG grundsätzlich möglich.63 Übrig bleiben die Fälle, in denen sich der Mehrheitsgesellschafter eigenmächtig aus dem Gesellschaftsvermögen bedient, also wenn er den Geschäftsführer verFalkenstein, Entnahmegrenzen, S. 59. Falkenstein, Entnahmegrenzen, S. 58; Hager ZGR 1989, 71, 74. 59 Vgl. etwa Scholz / Emmerich § 29, Rn. 95; Rowedder § 29, Rn. 104. 60 Vgl. Scholz / Emmerich § 29, Rn. 104. 61 Scholz / Emmerich § 29, Rn. 104; BGH NJW 1984, 1037. 62 Im Unterschied zu den Personengesellschaften, vgl. §§ 122, 161 Abs. 2 HGB. 63 BGH NJW 1984, 1037; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 64; Falkenstein, Entnahmegrenzen, S. 47 ff.; G. Hueck ZGR 1975, 133, 140; Meyer-Landrut § 30, Rn. 1. 57 58

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anlasst, ihm einen bestimmten Betrag auf sein Privatkonto zu überweisen oder ihm eine bestimmte Sache, die im Eigentum der Gesellschaft steht, zu übereignen oder einen für die Gesellschaft nachteiligen Vertrag mit ihm abzuschließen. In diesen Fällen der faktischen Einflussnahme liegt ein Verstoß gegen die Kompetenzordnung vor.64 (b) Gleichbehandlungsgrundsatz Des Weiteren ist der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Vermögenszuwendungen der Gesellschaft müssen grundsätzlich allen Gesellschaftern gleichmäßig zugute kommen. Wenn also zum Beispiel im Rahmen einer Gesellschafterversammlung eine Auszahlung an den Mehrheitsgesellschafterbeschlossen wird und dieser Beschluss gegen die Stimmen der Minderheitsgesellschafter zustande kam, dann liegt eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots vor. Ein Gleichbehandlungsverstoß kann auch durch den Geschäftsführer erfolgen, nämlich wenn der Mehrheitsgesellschafter den Geschäftsführer ohne Einschaltung der Gesellschafterversammlung anweist, eine Zuwendung vorzunehmen, und der Geschäftsführer dieser Anweisung Folge leistet.65 (c) Treuepflicht Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht hat in den Fällen der Vermögenszuwendung neben dem Gleichbehandlungsgrundsatz, der nur eine besondere Ausprägung der Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern ist, geringe Bedeutung.66 Sie spielt im vorliegenden Zusammenhang aber für das Verhalten des begünstigten Gesellschafters eine Rolle, insbesondere wenn der Mehrheitsgesellschafter seine Mehrheitsmacht zur Durchsetzung der Ausschüttung missbraucht, entweder in der Gesellschafterversammlung oder außerhalb durch Anweisung des Geschäftsführers.67 (3) Rechtsfolgen Fehlte es an einem Gesellschafterbeschluss, dann handelte der Geschäftsführer ohne Vertretungsmacht, denn der Grundsatz unbeschränkter Vertretungsmacht greift im Verhältnis zu einem Gesellschafter nicht ein.68 Erteilen die Gesellschafter Weiterhin Verletzung der Treuepflicht und des Gleichbehandlungsgebots, s. gleich. Vgl. Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 73, zugleich Verstoß gegen die Kompetenzordnung, s. eben. 66 Scholz / Emmerich § 29, Rn. 109. 67 Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 74; Scholz / Emmerich § 29, Rn. 109; M. Winter ZHR 148 (1984), 579, 592. 68 Schulze-Osterloh, FS Stimpel, S. 492 f.; Falkenstein, Entnahmegrenzen, S. 54; Hager ZGR 1989, 71, 79; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 76. Anders Lutter / Hom64 65

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

im Nachhinein keine Genehmigung, so ist die Zuwendung endgültig unwirksam, vgl. § 177 BGB. Das Gleiche gilt, wenn zwar ein Beschluss gefasst, dadurch aber gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und / oder die Treuepflicht verstoßen wurde und ein dissentierender Gesellschafter den Beschluss angefochten hat. Die Anfechtung beseitigt die Grundlage für die Ausschüttung69 und damit die Vertretungsmacht des Geschäftsführers. Die Unwirksamkeit des Ausschüttungsgeschäfts führt zur Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht70, allerdings wird dies bestritten.71 Über die Pflicht zur Rückzahlung hinaus ergeben sich bei schuldhafter Treuepflichtverletzung nach allgemeinen Regeln Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Einfluss nehmenden Gesellschafter.72

2. Rechtslage bei Zustimmung durch die Mitgesellschafter

Zu untersuchen ist nun, welche Auswirkungen es auf die Wirksamkeit der Beschlüsse und auf die Entstehung von Rückgewähr- und Schadensersatzansprüchen hat, wenn die anderen Gesellschafter den entsprechenden Maßnahmen zugestimmt haben, wenn also die erforderlichen Beschlüsse einstimmig gefasst wurden oder die Anweisung des Geschäftsführers von allen anderen Gesellschaftern mitgetragen wurde. In diesen Fällen wurde zum einen nicht gegen die Treuepflichtregeln verstoßen. Zum anderen verstößt eine Zuwendung, die sich nicht an alle Gesellschafter richmelhoff § 35, Rn. 12 ff. (insb. Rn. 15): Anwendung der Grundsätze vom Missbrauch der Vertretungsmacht; s. a. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 III 2 d), S. 1139: Voraussetzungen des Missbrauchs der Vertretungsmacht werden „jedenfalls“ vorliegen; in der Rechtsfolge ergibt sich allerdings kein Unterschied, da auch bei Anwendung der Missbrauchsgrundsätze das Rechtsgeschäft nach § 177 BGB analog als schwebend unwirksam anzusehen ist, vgl. Lutter / Hommelhoff und K. Schmidt a. a. O. 69 Vgl. Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 73 f. 70 So die h. M., vgl. Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 76; Schulze-Osterloh, FS Stimpel, S. 493 f.; Scholz / Emmerich § 29, Rn. 105; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 III 2 d), S. 1139. Teilweise wird vertreten, dass darüber hinaus von der Unwirksamkeit auch die Geschäfte erfasst werden, die zur Bewirkung der Zuwendung geschlossen wurden. Demnach soll die GmbH in erster Linie dingliche Ansprüche gegen den begünstigten Gesellschafter haben, vgl. Schulze-Osterloh, FS Stimpel, S. 493 f.; Hager ZGR 1989, 71, 87 f. Vorsichtiger Scholz / Emmerich § 29, Rn. 108: „gegebenenfalls dingliche Ansprüche, wenn auch das Erfüllungsgeschäft nichtig ist“. Dagegen Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 76. 71 Nach a.A. ist Rechtsgrundlage für die Rückzahlungspflicht § 31 GmbHG analog, vgl. Lutter / Hommelhoff § 29, Rn. 54; Flume I / 2 § 8 IV 2e, S. 294 f.; ders. ZHR 144 (1980), 18, 27. Dagegen Schulze-Osterloh, FS Stimpel, S. 494 ff.; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 76; Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 226 f. 72 Vgl. Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 78 u. 74; Tries, Gewinnausschüttungen, S. 212; M. Winter ZHR 148 (1984), 579, 592.

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tet, dann nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn die nichtbegünstigten Gesellschafter der Maßnahme zugestimmt haben.73 Wenn der Mehrheitsgesellschafter also das Einverständnis der Minderheit hat, aus welchem Motiv diese auch immer zustimmen mögen, zum Beispiel weil der Mehrheitsgesellschafter irgendwelche anderen Leistungen außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses erbringt, so liegt keine Ungleichbehandlung vor. Bei Vorliegen eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses scheidet auch ein Verstoß gegen die innergesellschaftliche Kompetenzordnung aus.

a) Gefährdung der Gläubigerinteressen aufgrund begrenzter Kapitalbindung bei der GmbH Als Grenze für nachteilige Einflussnahmen in der GmbH blieben lediglich die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG übrig. Gem. § 30 Abs. 1 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden, nach § 31 Abs. 1 GmbHG müssen dennoch erfolgte Zahlungen der Gesellschaft erstattet werden. War der Empfänger in gutem Glauben, dann beschränkt sich seine Rückzahlungspflicht gem. § 31 Abs. 2 GmbHG auf den zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlichen Teil. Es handelt sich somit um Vorschriften, die den Schutz der Gesellschaftsgläubiger bezwecken, und zwar vor unbegrenzten Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen durch die Gesellschafter. Damit ergibt sich aber bereits ein Problem: Die §§ 30, 31 GmbHG erfassen lediglich Auszahlungen an die Gesellschafter, sie verbieten aber nicht nachteilige unternehmerische Entscheidungen, die lediglich zu einem Verlust führen, bei den Gesellschaftern aber keinen Vorteil hinterlassen. Auch wenn die Verluste zu einer Unterbilanz oder zur Überschuldung der GmbH führen, die Stammkapitalziffer also unterschritten wird, helfen diese Vorschriften nicht weiter, wenn keine „Auszahlung“ erfolgt ist.74 Aber selbst wenn Maßnahmen in den Fällen offener und verdeckter Zuwendungen als Auszahlungen qualifiziert werden können, ergibt sich eine Schutzlücke für die Gläubiger. Denn die §§ 30, 31 GmbHG ermöglichen den Abzug von Gesellschaftsvermögen durch Ausschüttung an die Gesellschafter, solange der Wert des verbleibenden Gesellschaftsvermögens nicht unter den Betrag des satzungsmäßi73 Vgl. Scholz / Emmerich § 29, Rn. 90; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 64 u. 73 und § 13, Rn. 37. 74 Ebenso M. Winter, Treuebindungen, S. 203; Ulmer ZGR 1985, 598, 606. Vgl. Ulmers Beschreibung für einen vergleichbaren Fall für die abhängige GmbH in ZHR 148 (1984), 399 ff., insb. S. 401: Der Umstand allein, dass die abhängige Gesellschaft durch die Ausrichtung am Konzerninteresse Verluste zu Lasten des Stammkapitals erleidet, reicht für das Eingreifen von § 30 GmbHG nicht aus.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

gen Stammkapitals fällt.75 Dies kann im Extremfall die Zahlungsunfähigkeit der GmbH herbeiführen, ohne dass sich aus den §§ 30, 31 GmbHG ein Anspruch der Gesellschaft und damit eine entsprechende Sicherung der Gläubiger herleiten ließe. Denn es besteht für die Gesellschafter kein Zwang, die GmbH von vornherein oder bei Erweiterung des Unternehmens mit Eigenkapital in einer dem Geschäftsbetrieb angemessenen Höhe auszustatten. Damit ist das viel diskutierte Problem der Unterkapitalisierung von GmbH’s angesprochen.76 Die in der Satzung festgelegte Stammkapitalziffer sagt demnach nichts über den tatsächlichen Bedarf der GmbH an Eigenkapital aus.

b) Ansichten und Lösungsversuche in der Literatur Diese Besonderheiten des Kapitalbindungssystems der GmbH sind der Anlass für einen Meinungsstreit, bei dem es um die Frage geht, ob es ein sog. Eigeninteresse der Gesellschaft gibt, welches durch das Handeln der Gesellschafter verletzt werden kann. Während einige Autoren77 dafür keinen Bedarf sehen und ein von der Gesamtheit der Gesellschafter zu unterscheidendes Eigeninteresse der Gesellschaft ablehnen, wird die beschriebene Rechtslage von zahlreichen anderen Autoren als nicht ausreichend für den Schutz der Gläubiger angesehen.

aa) Umfassendes Eigeninteresse der GmbH Vereinzelt gibt es Vorschläge, die ein umfassendes Eigeninteresse der Gesellschaft bejahen.78 So vertritt Wilhelm79, dass die Einräumung eines Weisungsrechts zugunsten der Gesellschafterversammlung in Geschäftsführungsangelegenheiten durch das GmbH-Gesetz keine Ermächtigung zu kaufmännisch nicht vertretbarem Wirtschaften sei.80 Vielmehr sei jede Entscheidung, die das Vermögen der GmbH betrifft, eine Entscheidung über fremdes Vermögen und als fremdbezogene Machtausübung pflichtgebunden.81 Demzufolge müssten die Gesellschafter haften, „soM. Winter, Treuebindungen, S. 101 f.; Hachenburg / Goerdeler / Müller § 30, Rn. 3 f. Vgl. G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 34 II 3b, S. 328; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 9 IV 4, S. 247 ff. 77 Zöllner, Schranken, S. 20 ff.; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 312; Versteegen, Konzernverantwortlichkeit, S. 108 ff.; Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 86 f.; Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 42, welche in Extremfällen die Anwendung des § 826 BGB für ausreichend erachten, vgl. Rn. 41 a. E. 78 Zu weiteren Ansätzen (Krebs, Geschäftsführerhaftung, und Stein, Faktisches Organ) vgl. die ausführliche Darstellung und Würdigung bei Ziemons, Gesellschafterhaftung, S. 58 ff. u. 70 ff. 79 Rechtsform, S. 330 ff. und in DB 1986, 2113 ff. 80 DB 1986, 2113, 2119. 81 Rechtsform, S. 336 ff. 75 76

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weit sie nicht über die Entstehung des Verlustes und seine Unvermeidlichkeit trotz Beachtung der kaufmännischen Sorgfalt Rechenschaft ablegen können“.82 Ein weiterer Vorschlag stammt von Ziemons.83 Nach ihr ist die werbende GmbH auf die Erzielung von Gewinn gerichtet, um ihre Tätigkeit fortsetzen zu können. Daraus ergebe sich das Eigeninteresse der Gesellschaft, welches auf Erhaltung der Gesellschaft und damit auch auf Rentabilität gerichtet sei. Werde dieses Eigeninteresse verletzt, so ergebe sich für die Gesellschaft ein Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Verletzung der Treuepflicht zur Gesellschaft.84

bb) Eingeschränktes Eigeninteresse der GmbH In der Literatur geht die Tendenz mittlerweile dahin, zwar kein umfassendes Eigeninteresse der Gesellschaft anzuerkennen, aber doch jedenfalls bestimmte extreme Einflussnahmen als Treuepflichtverletzungen anzusehen.85 Diese über die §§ 30, 31 GmbHG hinausgehende Einschränkung der Handlungsmacht der Gesellschafter sei aus Gründen des Gläubigerschutzes geboten. Von diesen Autoren wird insoweit ein eingeschränktes Eigeninteresse der Gesellschaft bejaht. Teilweise betreffen die Aussagen nur den Fall der abhängigen GmbH.86 Folge der Anerkennung dieses eingeschränkten Eigeninteresses sei, dass eine Existenzgefährdung der GmbH nicht erlaubt ist87 oder dass das Bestandsinteresse der GmbH geschützt werden muss.88 Bei diesen Umschreibungen stellt sich natürlich die Frage der Praktikabilität, denn es ergibt sich das Problem, geeignete Kriterien für die Ermittlung eines Verstoßes zu finden und dabei trotzdem einen weiten Ermessensspielraum anzuerkennen.89 So wird gesagt, dass nur „Extremfälle“ unternehmerischen Fehlverhaltens erfasst würden.90 Konkrete Beispiele nicht erlaubter Maßnahmen seien der vollständige Abzug der Liquidität91 oder die HerbeifühDB 1986, 2113, 2119. Gesellschafterhaftung, S. 97 ff. und 135 ff. 84 Ziemons, Gesellschafterhaftung, S. 153. 85 M. Winter, Treuebindungen, S. 202 ff.; ders. ZGR 1994, 570, 585 ff.; Nissing, Eigeninteresse, S. 94 ff.; Priester ZGR 1993, 512, 521 ff. 86 Vgl. etwa Emmerich / Sonnenschein § 24 III 1, S. 389; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77 Rn. 75, 77; zahlreiche Nachweise bei Ziemons, Gesellschafterhaftung, S. 96, Fn. 125. 87 Scholz / Schneider § 37, Rn. 52; Priester ZGR 1993, 512, 521 ff.; Nissing, Eigeninteresse, S. 99. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 75 für die abhängige GmbH. 88 Nissing, Eigeninteresse, S. 98. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 87 für die abhängige GmbH. 89 M. Winter, Treuebindungen, S. 212 f. 90 Vgl. M. Winter, Treuebindungen, S. 213. 91 Scholz / Schneider § 37, Rn. 52; Priester ZGR 1993, 512, 525 f. 82 83

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

rung des Konkurses der Gesellschaft durch Unterkapitalisierung oder andere schädigende Maßnahmen.92 Fraglich ist, worauf diese Haftung rechtlich gestützt wird. Ulmer93 zufolge soll diese Rücksichtnahmepflicht im Anschluss an den üblichen Sprachgebrauch als Treuepflicht bezeichnet werden, auch wenn ihr Inhalt nicht ohne weiteres mit der Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters zur Minderheit gleichgesetzt werden kann.94 c) Rechtsprechung des BGH Der II. Zivilsenat des BGH hat in einer neueren Entscheidung aus dem Jahre 1999 festgestellt, dass eine Haftung wegen einer Treuepflichtverletzung nicht in Betracht komme, wenn die Gesellschafter der GmbH einvernehmlich oberhalb der Grenze des § 30 GmbHG Vermögen entziehen.95 Damit wurden frühere Entscheidungen bestätigt.96 Allerdings wurde immer wieder offen gelassen, ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn eine bestimmte Maßnahme die Gesellschaft in ihrer Existenz gefährdet.97 Diese Auffassung steht im Widerspruch zu einem Urteil des 3. Strafsenats des BGH zur Strafbarkeit eines GmbH-Geschäftsführers wegen Untreue gem. § 266 StGB.98 Das Gericht entschied im Jahre 1987, dass willkürliche Verschiebungen des GmbH-Vermögens auch bei Zustimmung sämtlicher Gesellschafter und unabhängig von einer Verletzung des Stammkapitals in der Regel missbräuchlich im Sinne des § 266 StGB seien, wenn die Vermögensverschiebung entgegen § 41 92 Priester ZGR 1993, 512, 526; K. Schmidt ZIP 1988, 1497, 1506; ders., Gesellschaftsrecht, § 40 III 3 c), S. 1252 (zur Einmann-GmbH). 93 ZHR 148 (1984), 391, 419. 94 Ebenso Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 42: „aus der Treuepflicht gewonnen“. Undeutlich M. Winter, Treuebindungen, S. 205: „Fortbildung des geschriebenen GmbH-Rechts“. Das BGH-Urteil „Bremer Vulkan“ [s. u. II. 3. f) im Rahmen des qualifizierten faktischen Konzerns] hat die Diskussion um die dogmatische Grundlage dieser Haftung neu angestoßen. So vertritt Altmeppen (in ZIP 2001, 1837, 1841 ff., insb. S. 1845 f.) eine analoge Anwendung des § 93 Abs. 5 Satz 2, 3 AktG. Vorzugswürdig erscheint es allerdings, dies als Fall einer Treuepflichtverletzung oder auch als Verletzung von Pflichten aus der Sonderverbindung zur GmbH anzusehen; so jetzt wieder Ulmer in ZIP 2001, 1021, 2024 ff., insb. S. 2027; in letzterem Sinne auch K. Schmidt NJW 2001, 3577, 3579 f. 95 BGHZ 142, 92, 95 = GmbHR 1999, 921, 922 = ZIP 1999, 1352, 1353. 96 BGH NJW 1984, 1037; BGHZ 119, 257, 262; BGHZ 122, 333, 336. 97 Vgl. BGHZ 122, 333, 336: Das Berufungsgericht hatte dazu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. BGHZ 142, 92, 95: Eine Existenzgefährdung war nicht ersichtlich. BGHZ 119, 257, 262: Jedenfalls außerhalb der Gefährdung von Gläubigerinteressen ist ein von der Gesamtheit der Gesellschafterinteressen unabhängiges Gesellschaftsinteresse grundsätzlich nicht anzuerkennen. 98 BGHSt 34, 379 = GmbHR 1987, 464; s. dazu auch Scholz / Westermann § 30, Rn. 8 mit Nachweisen aus der Literatur.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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GmbHG buchmäßig verschleiert und die Zustimmung unter Missbrauch der Gesellschafterstellung erteilt wird. Im Jahre 1988 wurde diese Rechtsprechung vom 3. Senat im Sinne eines Schutzes der GmbH vor einer über die bloße Vermögensminderung hinausgehenden Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz modifiziert.99 Diese Rechtsprechung des 3. Strafsenats aus den Jahren 1987 und 1988 wird als sehr stark persönlichkeitsbezogen angesehen.100 Mittlerweile haben der II. Zivilund der 3. Strafsenat miteinander Kontakt aufgenommen, um künftig Widersprüche zu vermeiden. Henze, Richter des II. Zivilsenats, könnte sich „vorstellen, dass eine gegenseitige Abstimmung auf der Linie der Existenzgefährdung erfolgt“.101

d) Würdigung Das Modell von Wilhelm hat in der Literatur ein breites Echo, aber fast keine Zustimmung erfahren.102 An dieser Stelle sollen die zu kritisierenden Aspekte nicht noch einmal dargestellt werden. Das Hauptargument gegen diesen Ansatz ist, dass die Gesellschafterversammlung und damit die Mehrheit der Gesellschafter gerade befugt ist, dem Geschäftsführer gem. § 37 Abs. 1 GmbHG Weisungen zu erteilen.103 Für eine weiterführende Auseinandersetzung wird auf die sehr umfangreiche und detaillierte Analyse von Müller verwiesen.104 Es wird nur noch Folgendes angeführt: Das Kriterium für die Frage, ob ein Gesellschafter seine Pflichten gegenüber der GmbH verletzt hat, soll analog bzw. angelehnt an § 43 GmbHG sein, ob der Gesellschafter entsprechend den Grundsätzen ordentlicher Geschäftsführung bzw. Unternehmensführung gehandelt hat. Dies erfordere insbesondere eine angemessene Vorbereitung der jeweiligen Entscheidung, und sie müsse sich innerhalb der Grenzen der gesicherten Erfahrungen und Erkenntnisse halten.105 So soll ein riskantes Unternehmenskonzept, wie etwa das von Microsoft Anfang der achtziger Jahre, durchaus zulässig sein; es müsse aber durchdacht und ordentlich geplant sein.106 BGHSt 35, 333, 337 = GmbHR 1988, 477, 479. Vgl. Henze GmbHR 2000, 1069, 1072. 101 GmbHR 2000, 1069, 1072. Siehe noch die Aussage des BGH in dem vor kurzer Zeit ergangenen „Bremer Vulkan“-Urteil zum qualifizierten faktischen Konzern, unten II. 3. f). 102 Vgl. Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 42; M. Winter, Treuebindungen, S. 194 – 197; Priester ZGR 1993, 512, 525; Rowedder / Koppensteiner § 43, Rn. 58; Schanze AG 1982, 42, 44; Ulmer ZHR 148 (1984), 391, 413 ff.; Hüffer NJW 1982, 428 f. 103 So z. B. für das herrschende Unternehmen Ulmer ZHR 148 (1984), 391, 414; Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 18. 104 K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 195 ff. Seine Bemerkungen unter b) zur Interessenwertung lassen sich auch auf die Ansicht von Ziemons übertragen. 105 Ziemons, Gesellschafterhaftung, S. 142. 106 Ziemons, Gesellschafterhaftung, S. 141 f. und in Fn. 334. 99

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Es ist in Erinnerung zu bringen, dass sämtliche Gesellschafter die in Frage stehende unternehmerische Entscheidung getragen haben. Nur darum geht es hier, also um ein von der Gesamtheit der Gesellschafter zu unterscheidendes Gesellschaftsinteresse. Dieser Fall ist demnach anders zu beurteilen als die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers gem. § 43 Abs. 1 GmbHG für eine fehlerhafte Unternehmensplanung.107 Dieser Fall unterscheidet sich ebenso von der Verantwortlichkeit des Mehrheitsgesellschafters gegenüber der GmbH, welche im Interesse der Minderheitsgesellschafter besteht. Auch der Mehrheitsgesellschafter muss zur Vermeidung eines Treuepflichtverstoßes die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwenden, wenn er sich bei wirtschaftlichen Entscheidungen gegen die Stimmen anderer Gesellschafter durchsetzt.108 Diese Maßstäbe können dagegen nicht zwischen der Gesamtheit der Gesellschafter und den Gläubigern über den Umweg der Errichtung eines umfassenden Eigeninteresses angewendet werden. Die Ansichten von Wilhelm und Ziemons widersprechen aber nicht nur der Konzeption des GmbH-Gesetzes109, sondern auch der betriebswirtschaftlichen Vernunft. Wenn sich alle Gesellschafter einig sind, ein bestimmtes Geschäftskonzept trotz großer Risiken und einer im Einzelnen noch nicht ausgereiften Planung durchzuführen – etwa weil die Gewinnaussichten im Erfolgsfalle „einfach unglaublich“ sind – dann kann es dafür grundsätzlich keine Sanktionen geben. Diese Anforderungen an das Handeln der Gesellschaftergesamtheit könnten über die Kapitalerhaltungsvorschriften hinaus aus Gesichtspunkten des Gläubigerschutzes allenfalls dahingehend erweitert werden, dass extreme, existenzgefährdende Eingriffe zu unterlassen sind bzw. zu Schadensersatzansprüchen der GmbH führen. Gegen den Denkansatz eines solchen eingeschränkten Gesellschaftsinteresses wehrt sich insbesondere Zöllner.110 Entgegen „vieler Fehlvorstellungen in der Literatur“ gebe es kein von der Gesamtheit der Gesellschafter unabhängiges Gesellschaftsinteresse, dies zeige bereits die Befugnis der Gesellschaftergesamtheit, unter Zustimmung aller den Zweck der Gesellschaft grundlegend zu verändern.111 Dagegen wiederum argumentiert M. Winter112, dass der wirtschaftliche Ruin der GmbH notwendigerweise auch solche neu verabschiedeten „Fremdziele“ in Frage stelle. Lutter / Hommelhoff 113 halten einen Bestandsschutz der GmbH ebenso für systemwidrig. Sie argumentieren damit, dass alle Gesellschafter gemeinsam die Vgl. dazu Abeltshauser, Leitungshaftung, S. 216 ff. s. o. I. 1. a) dd). 109 Vgl. K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 195 ff. 110 Schranken S. 21 ff.; Anh. KonzernR, Rn. 98 ff. 111 Anh. KonzernR, Rn. 100, zwar zum einfachen faktischen Konzern geäußert, aber aus der Zusammenschau ergibt sich die Gültigkeit auch für die unabhängige GmbH; ebenso Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 87. 112 Treuebindungen, S. 204; ebenso Fleck ZHR 149 (1985), 387, 394. 113 Anh. § 13, Rn. 42; ebenso Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 87. 107 108

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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GmbH jederzeit nach freiem Belieben gem. § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG auflösen können. Dagegen lässt sich aber einwenden, dass im Fall der Liquidation die zwingenden Gläubigerschutzvorschriften des § 73 GmbHG eingreifen. Zwar ist das Ob der Auflösung in das freie Ermessen der Gesellschafter gestellt, die Art und Weise der Liquidation allerdings nicht. Deswegen spricht das Auflösungsrecht der Gesellschafter eher für als gegen ein Bestandsinteresse der Gesellschaft.114 Zur Lösung des Problems ist noch einmal auf den Auslöser des Meinungsstreits zurückzukommen. Es geht um den Schutz der Gläubiger der Gesellschaft. Im Falle des Vorhandenseins von außenstehenden Minderheitsgesellschaftern werden die Interessen der Gläubiger ausreichend durch die Treuepflichtbindungen des Mehrheitsgesellschafters geschützt. Die Gläubiger profitieren dann mittelbar von einem sog. Reflexschutz.115 Dieser Reflexschutz entfällt aber dann, wenn alle Gesellschafter einvernehmlich handeln.116 Deswegen ist es in diesen Fällen gerechtfertigt, für die Gläubiger einen Mindestschutz zu installieren. Dies widerspricht auch nicht der Konzeption des GmbH-Rechts. Denn wenn die Gläubiger automatisch über den Umweg der Interessen der Minderheitsgesellschafter geschützt sind, dann ist nicht einzusehen, warum für den Fall fehlender Minderheitsinteressen die Gläubiger nicht wenigstens im Hinblick auf die Existenzfähigkeit der GmbH geschützt werden sollen. Und das gilt nicht nur für Maßnahmen eines herrschenden Gesellschafters in der abhängigen GmbH. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit des Auseinanderfallens der Interessen von GmbH und Mehrheitsgesellschafter im Falle der Abhängigkeit größer und sind die Interessen der Gläubiger abhängiger Gesellschaften regelmäßig stärker gefährdet.117 Wenn es in einer unabhängigen GmbH aber doch zu existenzgefährdenden Eingriffen kommt, dann spricht alles dafür, auch in diesen Fällen den Gläubigern der Gesellschaft einen Bestandsschutz zugute kommen zu lassen. Im Falle einer von den Gesellschaftern im Einvernehmen heruntergewirtschafteten GmbH ist es aus Sicht der Gläubiger gleichgültig, ob der Mehrheitsgesellschafter noch andere unternehmerische Beteiligungen hat oder nicht. Ihre Interessen werden bei bestandsgefährdenden Maßnahmen im Ergebnis immer in gleichem Ausmaß bedroht.

114 Vgl. M. Winter, Treuebindungen, S. 204 f.; Fleck ZHR 149 (1985), 387, 395 f. Priester ZGR 1993, 512, 520 f.; Nissing, Eigeninteresse, S. 96 f. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 86 für die abhängige GmbH. 115 Abeltshauser, Leitungshaftung, S. 258; Assmann JZ 1986, 928, 929 Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 40 (jeweils bezogen auf die abhängige GmbH). 116 Rowedder / Koppensteiner Anh. § 52, Rn. 56; Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 41 (beide bezogen auf den Fall einer hundertprozentigen Tochter-GmbH). 117 Vgl. Assmann JZ 1986, 928, 931.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

e) Ergebnis Wenn sich der Mehrheitsgesellschafter auf die Zustimmung der anderen Gesellschafter stützen kann, dann bildet neben den §§ 30, 31 GmbHG das Bestandsinteresse der GmbH die Grenze für die Zulässigkeit von Maßnahmen. 3. Zusammenfassung

Die Untersuchung hat für den Fall eines Erwerbers ohne weitere wirtschaftliche Aktivitäten ergeben, dass die GmbH gegen den Erwerber nur in sehr begrenztem Umfang Ansprüche hat, wenn sich der Erwerber auf die Zustimmung der anderen Gesellschafter stützen kann. Selbst wenn nicht alle Minderheitsgesellschafter einer vom Erwerber durchgeführten Maßnahme zugestimmt haben, ergibt sich ein Schadensersatzanspruch der GmbH nur, wenn der Erwerber die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht beachtet hat. Die Einvernehmlichkeit der Gesellschafter ändert aber nichts an der Geltung des § 30 Abs. 1 GmbHG, wonach das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen nicht ausgezahlt werden darf. Wird gegen diese Vorschrift verstoßen, dann hat die GmbH Anspruch auf Rückzahlung gem. § 31 GmbHG. Darüber hinaus ergeben sich für die GmbH Ansprüche auf Schadensersatz, wenn durch eine Maßnahme der Gesellschafter vorhersehbar und schuldhaft der Bestand der Gesellschaft gefährdet wurde.118 Die Rechtsprechung hatte einen solchen Fall noch nicht zu entscheiden119, neigt aber ebenfalls dieser Ansicht zu. Neben den Fällen übermäßig hoher Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen, die von der GmbH nicht zu verkraften sind, ist das Vorliegen einer bestandsgefährdenden Maßnahme zum Beispiel zu bejahen, wenn die Gesellschafter ihre finanzschwache, eigenkapitalarme Gesellschaft mit hohen Krediten belasten, um ein übermäßig riskantes oder spekulatives Geschäft zu finanzieren.120 Der Erwerber muss dann zusammen mit den anderen Gesellschaftern der GmbH den durch diese Maßnahme entstandenen Schaden ersetzen.121

II. Erwerber als herrschendes Unternehmen Viel gravierender und anschaulicher werden die Probleme, wenn der Erwerber bereits wirtschaftlich aktiv und die Übernahme der Mehrheitsbeteiligung dem Inte118 Der zugrunde liegende Gesellschafterbeschluss ist i. Ü. nichtig und nicht lediglich anfechtbar, vgl. M. Winter, Treuebindungen, S. 213 f. 119 s. aber noch unter II. 3. f) zum obiter dictum des „Bremer Vulkan“-Urteils. 120 Diese Anforderungen sind also weit höher angesetzt als im oben genannten MicrosoftBeispiel von Ziemons, Gesellschafterhaftung, S. 141 f. sowie Fn. 334. 121 M. Winter, Treuebindungen, S. 214; Nissing, Eigeninteresse, S. 99.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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resse seines bereits existierenden Unternehmens dient. Als Beispiele dienen alle Leistungsbeziehungen innerhalb eines Konzerns, die nicht nach Marktbedingungen wie zwischen Dritten abgewickelt werden, etwa die Berechnung unangemessener Konzernverrechnungspreise, die Überbewertung von Leistungen des herrschenden Unternehmens oder die Inanspruchnahme von Sachen und Rechten der abhängigen Gesellschaft ohne angemessene Gegenleistung. Aus der Sicht der abhängigen GmbH kommen als nachteilige Maßnahmen auch unternehmenspolitische Maßnahmen wie die Fortführung verlustbringender Aktivitäten im Interesse des herrschenden Unternehmens, die Aufgabe des eigenen Vertriebs und Nutzung des Vertriebsnetzes einer anderen Konzerngesellschaft oder die Übertragung der gesamten Datenverarbeitung auf ein anderes hierauf spezialisiertes Konzernunternehmen in Betracht. Zu denken ist weiterhin an die Ausnutzung oder Umlenkung von Geschäftschancen der GmbH und an die Abordnung qualifizierten Personals zum herrschenden Unternehmen.

1. Vorbemerkungen und Begrifflichkeiten

a) Herrschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnis Zunächst ist zu klären, wann ein sog. Herrschafts- oder Abhängigkeitsverhältnis vorliegt. Auszugehen ist von den allgemeinen Normen der §§ 15 – 19 AktG, die nur definitorischen Charakter haben und selbst keine Rechtsfolgen anordnen. Diese Vorschriften gelten auch für das GmbH-Recht.122 Ein abhängiges Unternehmen ist nach § 17 Abs. 1 AktG ein rechtlich selbständiges Unternehmen, auf das ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Das andere Unternehmen wird als herrschendes Unternehmen bezeichnet. aa) Möglichkeit der Ausübung von Einfluss Bei den Einflussmöglichkeiten des herrschenden Unternehmens muss es sich um solche handeln, die (jedenfalls auch) gesellschaftsrechtlich vermittelt sind. Die rein wirtschaftliche Abhängigkeit eines Unternehmens, etwa von der Hausbank oder einem Großabnehmer, fällt nicht unter § 17 Abs. 1 AktG.123 Der klassische Fall ist die Mehrheitsbeteiligung. Steht ein Unternehmen im Mehrheitsbesitz eines anderen, so wird gem. § 17 Abs. 2 AktG vermutet, dass ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt.124 122 Vgl. BGHZ 80, 69, 72 f.; Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 5; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 8. 123 Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 17; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 28 Weber ZIP 1994, 678, 681 f.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

bb) Unternehmenseigenschaft Umstritten war lange Zeit der Unternehmensbegriff, der für das herrschende Unternehmen anzuwenden ist.125 Mittlerweile hat sich der sog. teleologische Unternehmensbegriff durchgesetzt, wonach als Unternehmen jede natürliche und juristische Person oder Personengemeinschaft verstanden wird, die neben ihrer Beteiligung an der betreffenden Gesellschaft unternehmerische Interessen verfolgt, wodurch die ernste Besorgnis begründet ist, dass der Gesellschafter seinen Einfluss zum Nachteil der Gesellschaft und zum Vorteil seiner sonstigen unternehmerischen Aktivitäten geltend machen wird.126 Mit dieser Charakterisierung eines weiteren unternehmerischen Engagements wird die typische Interessenkollision im Recht der verbundenen Unternehmen umschrieben. b) Konzern Macht das herrschende Unternehmen von dieser Einflussmöglichkeit im Sinne einheitlicher Leitung127 Gebrauch, so wandelt sich das Herrschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnis gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 AktG in einen Konzern, genauer gesagt in ein sog. Unterordnungskonzernverhältnis um.128 Dessen Vorliegen wird im Übrigen gem. § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG vermutet, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. c) „Faktisch“ Das Attribut „faktisch“ dient der Abgrenzung zum Herrschaftsverhältnis auf vertraglicher Grundlage, dem sog. Vertragskonzern. Dieser liegt vor, wenn die einheitliche Leitung der abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen auf unternehmensvertraglicher Grundlage beruht.129 Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit den Formen faktischer Einflussnahme.

d) Unterscheidung zwischen „einfach“ und „qualifiziert“ Für den Fall, dass eine GmbH Partner einer Unternehmensverbindung ist, gelten nur wenige gesetzliche Bestimmungen.130 Vor allem bezüglich der beiden Haupt124 Diese Vermutung lässt sich etwa durch den Nachweis widerlegen, dass mit der Anteilsmehrheit keine Stimmenmehrheit einhergeht, vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 30. 125 Vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 20. 126 Grundlegend BGHZ 69, 334, 337 „VEBA / Gelsenberg“; aus neuerer Zeit BGHZ 117, 1, 16; 135, 107, 113; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 15. 127 s. dazu Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 36 ff. 128 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 28, 33. 129 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 34.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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anliegen des Konzernrechts, dem Schutz der Gläubiger und der Minderheit in der abhängigen Gesellschaft, existieren für die GmbH als abhängige Gesellschaft keine unmittelbar anwendbaren konzernrechtlichen Vorschriften. Deswegen steht die Suche nach einer geeigneten Rechtsgrundlage im Mittelpunkt des GmbH-Konzernrechts. Ganz allgemein kommen für die Begründung einer Rechtsgrundlage in Betracht: (1) die konzernrechtsspezifische Anwendung der für die unverbundene GmbH erlassenen Vorschriften des GmbH-Gesetzes, (2) eine konzernbezogene Entfaltung der ungeschriebenen Rechtsgrundsätze wie der Treuepflicht oder des Gleichbehandlungsgrundsatzes und (3) die analoge Anwendung konzernrechtlicher Vorschriften des Aktiengesetzes.131 Die fehlende gesetzliche Regelung und das Vorhandensein verschiedener Lösungswege hat dazu geführt, dass bis heute umstritten ist, was als Anknüpfungspunkt für die Beschränkung der Handlungsmacht des herrschenden GmbH-Gesellschafters anzusehen ist. Allerdings folgen die Rechtsprechung und die herrschende Meinung in der Literatur mittlerweile einem einheitlichen Konzept. Danach werden zunächst einmal zwei Fälle unterschieden: der sog. einfache faktische und der sog. qualifizierte faktische Konzern. Diese beiden Konzernarten unterscheiden sich durch die Art und Weise der Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen. Ab einem gewissen Grad wird aus dem einfachen ein qualifizierter Konzern, der anderen Rechtsregeln folgt. Die Entwicklung wurde von Entscheidungen des BGH bestimmt. Für den einfachen faktischen Konzern war das die bereits behandelte ITT-Entscheidung132, für den qualifizierten faktischen Konzern gab es eine Reihe wichtiger Entscheidungen, die letzte war das sog. TBB-Urteil133. Es entwickelten sich also zwei ganz unterschiedliche Rechtsgebiete. Die Notwendigkeit dieser Unterscheidung ist allerdings durch eine Entscheidung des BGH vom 17. 09. 2001 („Bremer Vulkan“)134 wieder in die Diskussion geraten.

e) Vorgehensweise Die vorliegende Darstellung orientiert sich an dem Stand in Rechtsprechung und Literatur, wie er vor dem „Bremer Vulkan“-Urteil war. Im Rahmen des qualifizierten faktischen Konzerns wird im Anschluss an die Darstellung der Haftungsgrund130 Vgl. die Darstellung bei Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 5 – 7 und Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 2 – 6. 131 Vgl. Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 7; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77 Rn. 9. 132 BGHZ 65, 15. 133 BGHZ 122, 123. 134 BGH II ZR 178 / 99, in ZIP 2001, 1874 = NJW 2001, 3622 = GmbHR 2001, 1036.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

sätze des TBB-Urteils eine Analyse der Aussage des „Bremer Vulkan“-Urteils eingefügt. Wichtig ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die Trennungslinie zwischen den Rechtsgebieten des faktischen GmbH-Konzerns eine andere ist als die der begrifflichen Unterscheidung zwischen Abhängigkeitsverhältnis und Konzern. Soweit es also um die Schranken der Konzernleitung geht, werden einfache Konzerne und Abhängigkeitsverhältnisse ohne einheitliche Leitung gleich behandelt.135 Unterschiede ergeben sich zwischen dieser Kategorie und dem qualifizierten faktischen Konzern. Dem folgt auch die vorliegende Untersuchung. Der Einfachheit halber wird die erste Kategorie nur als einfacher faktischer Konzern bezeichnet. Das bloße Abhängigkeitsverhältnis ist von den Aussagen aber immer mitumfasst.

2. Einfacher faktischer Konzern

a) Schranken bei der Ausübung des beherrschenden Einflusses Im Laufe der Zeit wurden für den einfachen faktischen Konzern verschiedene Haftungsmodelle entwickelt. Inzwischen aber wenden der BGH in ständiger Rechtsprechung und die herrschende Ansicht in der Literatur übereinstimmend die Treuepflichtregeln an. Dieses Konzept wird im Folgenden dargestellt; unter bb) werden lediglich der Vollständigkeit halber einige kurze Bemerkungen zu den weiteren Theorien angefügt.136 aa) Rechtsprechung des BGH und herrschende Lehre: Treuepflicht Seit dem ITT-Urteil des BGH ist die Treuepflicht auch im einfachen faktischen Konzern der Anknüpfungspunkt für die Begrenzung der Macht des herrschenden Unternehmens. Im Rahmen dieser Entscheidung hat der BGH seine bis dahin geltende Auffassung137, dass eine Haftung nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB eintreten könne, als zu eng aufgegeben.138 Die allgemeinen Ausführungen des BGH waren keine spezifischen konzernrechtlichen Überlegungen, vielmehr bezogen sie sich auf die Begrenzung der Mehrheitsmacht in der GmbH. Aus diesem Grunde konnten die Erwägungen auch bereits für den Fall eines Erwerbers ohne weitere unternehmerische Aktivitäten verwendet werden. 135 So die ganz überwiegende Meinung, vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 54 mit Nachweisen und Begründung. Anders ist dies im Bereich der sog. Konzernbildungskontrolle, vgl. MünchHdbGesRIII / Decher § 70, Rn. 18; s. dazu noch im Verlauf der Darstellung unter A. II. 2. b) aa). 136 Siehe den Überblick bei Emmerich / Sonnenschein § 24 II, S. 387 ff.; dort auch Nachweise zu anderen ausführlichen Darstellungen (Fn. 5). 137 Vgl. BGHZ 31, 258, 278; 36, 296, 312. 138 BGHZ 65, 15, 21.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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Da es in dieser Entscheidung um eine Konzernumlage ging, die vom Mehrheitsgesellschafter in der abhängigen GmbH durchgesetzt wurde, gilt das ITT-Urteil zugleich als grundlegende Entscheidung für das Recht des einfachen faktischen Konzerns.139 An der dort vertretenen Ansicht hält der BGH seitdem in ständiger Rechtsprechung fest.140 Die herrschende Auffassung in der Literatur stimmt mit der Ansicht des BGH überein.141 Die gesteigerte Einflussmöglichkeit des herrschenden Unternehmens führt zu einer entsprechenden Erhöhung der Treuepflicht.142 Der Konzerntatbestand hat somit Einfluss auf die Intensität der Treuepflicht im Einzelfall.143 Diese äußert sich zum Beispiel beim Gebrauchmachen von der Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Dem herrschenden Unternehmen obliegen nämlich auch bei Beschlussgegenständen eigennütziger Art, etwa bei der Abstimmung über Satzungsänderungen oder über die Gewinnverwendung, Rücksichtspflichten gegenüber den Mitgesellschaftern.144 Weiterhin darf das herrschende Unternehmen generell nicht im Handelszweig der GmbH tätig werden, während ansonsten dem GmbH-Gesellschafter nur die Ausnutzung mitgliedschaftlich vermittelter Geschäftschancen untersagt ist.145

bb) Weitere Theorien Vergleichbare Ergebnisse liefert ein Konzept, dass die Haftung des herrschenden Unternehmens auf eine Sonderrechtsbeziehung zwischen diesem und der abhängigen Gesellschaft stützt. Diese Denkfigur sei notwendig, um die Treuepflichthaftung des bloßen Mehrheitsgesellschafters von der Haftung des herrschenden Unternehmens dogmatisch abzugrenzen.146 Des Weiteren wird vorgeschlagen, die §§ 311, 317 AktG entsprechend anzuwenden.147 Gegen diese Lösung spricht, dass nachteiligen Einflussnahmen des Mehr139 HK-GmbHR / Fichtelmann Kzr II, Rn. 161: „Damit war praktisch der GmbH-Konzern geboren.“, in Rn. 58 ff. zur Entwicklung der Rspr.; Ulmer NJW 1976, 192: „bedeutsamer Markstein“. 140 BGHZ 80, 69, 74 „Süssen“; 89, 162, 166 „Heumann / Ogilvy“; 95, 330, 340 „Autokran“. 141 Etwa Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 73; Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 17; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 70; Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR Rn. 55; Lutter ZGR 1982, 244, 263. 142 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 73, 81; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 53, 64; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 71. 143 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III 2 a), S. 1217. 144 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 76 u. 81. Das gilt normalerweise nicht, vgl. Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 55. 145 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 82. 146 Vgl. Limmer, Haftungsverfassung, S. 64 ff.; ähnlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht § 39 III 2 b), S. 1218 f.

4 Jedlitschka

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

heitsgesellschafters bei Vorhandensein von Minderheitsgesellschaftern die Treuepflicht entgegensteht, und diese Schranke auch nicht durch die Gewährung eines Nachteilsausgleichs entfällt, solange sich der Gesetzgeber nicht zu einer Privilegierung des herrschenden Unternehmens nach dem Modell der §§ 311 – 318 AktG entschließt.148 Der bereits oben vorgestellte Lösungsvorschlag von Wilhelm149 umfasst auch den Fall des einfachen faktischen Konzerns. Danach haftet das herrschende Unternehmen für die in der GmbH durch die Einflussnahmen entstandenen Nachteile, wenn im Rahmen der Entscheidung die kaufmännische Sorgfalt, bezogen auf das Eigeninteresse der abhängigen GmbH, nicht beachtet wurde. Es bleibt insoweit bei den oben angeführten Gegenargumenten.150 cc) Genauer zur Treuepflicht des herrschenden Unternehmens Es kann somit festgehalten werden, dass das herrschende Unternehmen bei seinen Maßnahmen in der abhängigen GmbH ebenso wie sonst der Mehrheitsgesellschafter auf den gemeinsamen Zweck sowie die legitimen Interessen der Mitgesellschafter Rücksicht zu nehmen hat. Daraus folgt zunächst unproblematisch, dass Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens unzulässig sind, die zu Vermögensschäden bei der abhängigen Gesellschaft führen. Probleme bereitet die Feststellung einer Treuepflichtverletzung aber bei Maßnahmen, von denen sich nicht eindeutig sagen lässt, ob sie mit dem Eigeninteresse des abhängigen Unternehmens vereinbar sind. Im Konzernalltag ergeben sich solche Fälle häufig, denn es geht dem herrschenden Unternehmen regelmäßig nicht um eine Schädigung der Tochtergesellschaft zum Vorteil der Muttergesellschaft, sondern um eine Konzernleitung zum Wohle aller Konzernmitglieder. Diese Problematik tritt insbesondere bei langfristig angelegten unternehmenspolitischen Entscheidungen auf, wie etwa bei Umstrukturierungen in der Tochtergesellschaft. Schwierig ist auch die Beurteilung von Maßnahmen, die nicht mehr ohne weiteres rückgängig gemacht werden können, wie zum Beispiel die Aufgabe des eigenen Vertriebs und die Nutzung des Vertriebs der Muttergesellschaft.151 147 Rowedder in: Hommelhoff, Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 20 ff. Kropff, FS Kastner, S. 279, 296 ff. 148 Grundlegend Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 55 f.; dagegen auch BGHZ 95, 330, 340 „Autokran“; Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 11, 16; Emmerich / Sonnenschein § 23 III 2, S. 384; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 I 2 b), S. 1211; Raiser, KapitalgesR, § 53, Rn. 7; HK-GmbHR / Fichtelmann Kzr II, Rn. 157. 149 Rechtsform, S. 330 ff.; DB 1986, 2113 ff., s. bereits oben A. I. 2. b) aa). 150 Bzw. bei dem Verweis in ablehnende Stellungnahmen in der Literatur, s. oben A. I. 2. d). Teilweise wird ein umfassendes Eigeninteresse der GmbH nur für den Fall der abhängigen Einmann-GmbH vertreten, vgl. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 256; Assmann JZ 1986, 928, 391. 151 Vgl. zu allem MünchHdbGesRIII / Decher § 70, Rn. 26.

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Fest steht, dass die Treuepflicht über das Verbot der Zufügung von Vermögensschäden etwa im Sinne der Differenztheorie hinausgeht.152 Auch bei einem vermögensmäßig nicht feststellbaren Nachteil, etwa wenn eine angemessene Gegenleistung gegeben ist wie beispielsweise beim Verkauf von Produktionsanlagen zu einem angemessenen Preis, kann trotzdem ein Treuepflichtverstoß vorliegen.153 Vor allem im Hinblick darauf, dass die Interessen der (Minderheits-)Gesellschafter in der GmbH typischerweise den Bereich der unternehmerischen Teilhabe mit umfassen und sich nicht im Vermeiden vermögensmäßiger Nachteile erschöpfen.154 Folglich werden auch solche Einflussnahmen als unzulässig angesehen, die zwar nicht zu feststellbaren Vermögensschäden führen, die Gesellschaft aber ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit berauben, denn der Gesellschaftszweck einer wirtschaftlichen Zielen dienenden GmbH ist Gewinnerzielung in Selbständigkeit.155 Auf der anderen Seite werden Maßnahmen, mit denen gleichwertig Risiken und Chancen verbunden sind und die nicht einseitig das Konzerninteresse über das Interesse der abhängigen GmbH stellen, als grundsätzlich zulässig beurteilt.156

dd) Rechtsfolgen Es ergeben sich grundsätzlich die gleichen Rechtsfolgen wie sonst bei Treuepflichtverletzungen. Entsprechende Beschlüsse sind also anfechtbar und faktische Einflussnahmen unbeachtlich.157 Wurde die Treuepflicht schuldhaft158 verletzt, so ergeben sich für die abhängige GmbH Ansprüche auf Schadensersatz gem. §§ 249 ff. BGB.159 Soweit dies möglich ist, bedeutet das in erster Linie Rückgängigmachung des Eingriffs, zum Beispiel durch Wiederbegründung einer erlassenen Verbindlichkeit.160 Geldersatz Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 55. Vgl. M. Winter, Treuebindungen, S. 116. 154 M. Winter, Treuebindungen, S. 116. Dies spricht auch noch einmal gegen eine entsprechende Anwendung der §§ 311 ff. AktG, denn diese Vorschriften wollen nur erreichen, dass die Gesellschaft keine vermögensmäßigen Nachteile erleidet, vgl. Emmerich / Sonnenschein § 20 II 1 a), S. 341. Mit Hilfe der Treuepflicht kann also viel flexibler unter Beachtung der speziellen Verhältnisse in der jeweiligen GmbH entschieden werden. 155 Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 55; ähnlich Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 21. 156 Eschenbruch, Konzernhaftung, Rz. 3367; MünchHdbGesRIII / Decher § 70, Rn. 26. 157 s. bereits oben unter A. I. 1. a) cc). 158 Als Sorgfaltsmaßstab ist wie auch sonst im Rahmen der Treuepflicht bei Geschäftsführungsmaßnahmen nach h. M. § 43 Abs. 1 GmbHG entsprechend anzuwenden, es gilt also die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes. 159 Emmerich / Sonnenschein § 24 IV 1, S. 392; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 90; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 85; Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 19. 160 HK-GmbHR / Fichtelmann Kzr II, Rn. 172. 152 153

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn Maßnahmen nicht mehr rückgängig gemacht werden können.161 Bei der unberechtigten Wahrnehmung einer Geschäftschance der abhängigen GmbH kommen die Herausgabe des erzielten Gewinns gem. § 252 BGB162 und ein Eintrittsrecht der GmbH analog § 113 HGB163 in Betracht.

b) Rechtslage bei Zustimmung durch die Minderheitsgesellschafter Einige Autoren belassen es bei einvernehmlichem Handeln der Gesellschafter bei der Grenze des § 30 Abs. 1 GmbHG.164 Es wurde jedoch bereits im Rahmen der Würdigung des Problems bei der unabhängigen GmbH ermittelt, dass die besseren Argumente dafür sprechen, über den Schutz des Stammkapitals gem. § 30 Abs. 1 GmbHG hinaus die Lebensfähigkeit der GmbH als Grenze für nachteilige Einflussnahmen anzusehen.165 Dies muss dann erst recht in der abhängigen GmbH gelten, da aufgrund der anderweitigen unternehmerischen Beteiligung des Mehrheitsgesellschafters und der Ausrichtung der GmbH an Konzerninteressen die Interessen der GmbH und ihrer Gläubiger regelmäßig stärker gefährdet sind.166

aa) Mitwirkung der Minderheitsgesellschafter beim Anteilserwerb durch den Erwerber Den Gefahren einer faktischen Abhängigkeit oder Konzernierung, die nicht durch eine vertragliche Einigung zwischen herrschendem und abhängigem Unternehmen abgesichert sind, wird versucht, bereits im Stadium der Begründung von Abhängigkeit zu begegnen. Die Diskussion wird unter den Schlagworten Konzern161 Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 55; HK-GmbHR / Fichtelmann Kzr II Rn. 172. 162 Emmerich / Sonnenschein § 24 IV 1, S. 392; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 85; BGH WM 1978, 1205, 1207. 163 MünchHdbGesRIII / Decher § 70, Rn. 25. 164 Zöllner, Schranken, S. 20 ff.; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 312; Versteegen, Konzernverantwortlichkeit, S. 108 ff.; Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 86 f.; Scholz / Emmerich § 29, Rn. 90; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 29, Rn. 64, 71 ff.; Eschenbruch, Konzernhaftung, Rz. 3366. 165 s. o. I. 2. d); Diese Ansicht findet bei Abhängigkeit der GmbH von ihrem Mehrheitsgesellschafter weitere Anhänger, z. B. Emmerich / Sonnenschein § 24 III 1, S. 389; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 75, 77 (ursprünglich hatte Ulmer ein umfassendes Eigeninteresse der abhängigen Einmann-GmbH vertreten, diese Meinung hat er aber revidiert, vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Fn. 105: „hat sich nicht durchgesetzt“). Weitere Nachweise bei Ziemons, Gesellschaferhaftung, S. 96, Fn. 125. 166 Vgl. Assmann JZ 1986, 928, 930.

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bildungskontrolle167, Konzerneingangskontrolle168 oder konzernrechtlicher Präventivschutz169 geführt. Der Moment der Abhängigkeitsbegründung sei der „archimedische Punkt“ der Unternehmensverbindung (im GmbH-Recht).170 Wenn die Gesellschaft erst einmal ihre wirtschaftliche Selbständigkeit verloren habe, dann bliebe ihr und der Minderheit oftmals keine andere Möglichkeit, als sich den Interessen des herrschenden Unternehmens unterzuordnen und den Weg der Einbeziehung in den Konzern weiterzugehen. 171 Die entscheidende Gefährdung der Gesellschaft und der Minderheitsgesellschafter innerhalb dieses Konzernierungsprozesses bestehe also am Anfang der Entwicklung – zu dem Zeitpunkt, in dem die Gesellschaft potentiell ihre Eigenständigkeit verliert.172 Es stellt sich demnach die Frage, inwieweit eine Zustimmung der Minderheitsgesellschafter bereits für die Übertragung der Anteile vom Veräußerer auf den Erwerber notwendig ist. Die Einzelheiten im Rahmen der Konzernbildungskontrolle sind allerdings noch bei weitem nicht geklärt. Zum Ersten ist umstritten, in welchen Fällen eine Eingangskontrolle stattfinden muss: bei Begründung einfacher Abhängigkeit173 oder nur bei Begründung einfacher Abhängigkeit durch ein Konkurrenzunternehmen.174 Fraglich ist weiterhin, ob zusätzlich zur Präventivkontrolle bei der Abhängigkeitsbegründung auch für die Integration der GmbH in den vom herrschenden Unternehmen geführten Konzern durch Aufnahme der einheitlichen Konzernleitung eine Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung zu fordern ist.175 Häufig wird auch

167 Vgl. Liebscher, „Konzernbildungskontrolle“; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 41; Emmerich / Sonnenschein § 4a, S. 72; Emmerich AG 1991, 303. 168 Vgl. Binnewies, „Konzerneingangskontrolle“; Raiser, KapitalgesR, § 52; Emmerich / Sonnenschein § 4a I, S. 73. 169 Vgl. Lutter / Timm NJW 1982, 409; Rowedder / Koppensteiner Anh. § 52, Rn. 25; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 41. 170 Lutter / Timm NJW 1982, 409, 411; Emmerich / Sonnenschein § 4a I, S. 73; Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 45. 171 Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 68; Liebscher, Konzernbildung, S. 33; Timm ZGR 1987, 403, 424. 172 Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 68; Liebscher, Konzernbildung, S. 33; Timm ZGR 1987, 403, 424. 173 So HK-GmbHR / Fichtelmann Kzr II, Rn. 155; Emmerich AG 1987, 1, 2; Emmerich / Sonnenschein § 4a V 2 a), S. 85; Raiser, KapitalgesR, § 52, Rn. 20 (für die personalistische Gesellschaft); Martens GmbHR 1984, 265, 269; Sonntag, Konzernbildung, S. 79 ff. 174 So M. Winter, Treuebindungen, S. 258 ff.; Liebscher, Konzernbildung, S. 245 ff.; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 64, 66. 175 Dafür Sonntag, Konzernbildung, S. 83 ff.; Grauer, Konzernbildung, S. 125 f.; Emmerich AG 1987, 1, 2; ders. AG 1991, 301, 308; Emmerich / Sonnenschein § 4a IV 2b, S. 81; dagegen etwa MünchHdbGesRIII / Decher § 70, 18; Liebscher, Konzernbildung, S. 264 ff.; gegen die Notwendigkeit eines zustimmenden Beschlusses überhaupt Rowedder / Koppensteiner Anh. § 52, Rn. 31 f.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

noch danach differenziert, ob die GmbH kapitalistisch oder personalistisch organisiert ist.176 Zum Zweiten ist ungeklärt, welche Mehrheiten für einen entsprechenden Beschluss erforderlich sind.177 Es besteht allerdings Einigkeit, dass die Zustimmung aller Gesellschafter zur Begründung von Abhängigkeit bzw. zur Konzernierung genügt.178 Des Weiteren ist zu beachten, dass nachteilige Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens durch einen solchen Eingangsbeschluss noch nicht legitimiert sind. Die konkreten Schädigungsverbote für das herrschende Unternehmen werden nämlich durch den vorgelagerten Präventivschutz nicht berührt.179 Jede einzelne Maßnahme bedarf also sowieso wieder der Zustimmung durch die Minderheitsgesellschafter. Das bedeutet, dass das Vorhandensein oder Fehlen eines Eingangsbeschlusses auf die Rechtslage, wie sie soeben unter II. 2. a) dargestellt wurde, keinen Einfluss hat.

bb) Ergebnis Hat der Erwerber neben der erworbenen Mehrheitsbeteiligung in der GmbH noch weitere wirtschaftliche Aktivitäten und ist er deswegen als herrschendes Unternehmen anzusehen, so ergeben sich für ihn gesteigerte Treuepflichten. Kann sich der Erwerber aber auf die Zustimmung der Minderheitsgesellschafter stützen, dann gelten für die Ansprüche der GmbH im Falle der einfachen Abhängigkeit die gleichen Erwägungen, die für den Erwerber ohne weitere wirtschaftliche Betätigung gemacht wurden.180 Ansprüche der GmbH bestehen also zunächst nur, wenn das Stammkapital durch Auszahlungen verletzt wurde (§§ 30, 31 GmbHG). Darüber hinaus ergeben sich für die GmbH Ansprüche auf Schadensersatz bei existenzgefährdenden Maßnahmen.

3. Qualifizierter faktischer Konzern

Nach der Untersuchung der Rechtslage für den einfachen faktischen Konzern widmet sich dieser Gliederungspunkt dem faktischen GmbH-Konzern, der in qualifizierter Weise durchgeführt wird. Die Darstellung orientiert sich zunächst an dem Standpunkt, der nach dem TBB-Urteil nahezu einhellig in Rechtspre176 Lutter / Timm NJW 1982, 409, 419; Raiser, KapitalgesR, § 52, Rn. 20; ders., FS Stimpel, S. 855, 864 ff.; Liebscher, Konzernbildung, S. 290 ff.; Sonntag, Konzernbildung, S. 182; dagegen etwa Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 64. 177 Vgl. ausführlich und mit zahlreichen Nachweisen Liebscher, Konzernbildung, S. 275 ff. 178 Vgl. Liebscher, Konzernbildung, S. 276 f. 179 Vgl. nur M. Winter, Treuebindungen, S. 259. 180 s. die Zusammenfassung unter A. I. 3.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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chung und Literatur vertreten wurde. Unter f) wird dann untersucht, welche Bedeutung den Aussagen der neueren Entscheidung des BGH („Bremer Vulkan“) zuzumessen ist. a) Merkmale und rechtliche Behandlung Die Beschreibung „qualifiziert“ bedeutet, dass es sich um eine Art der Konzernierung handelt, die über das soeben geschilderte „einfache“ Maß hinausgeht. Anschaulich gesagt ist der einfache Konzern geprägt durch einzelne Maßnahmen des herrschenden Unternehmens. Dieses setzt sich also gelegentlich zum Nachteil der GmbH und zum eigenen Vorteil durch, während das herrschende Unternehmen im qualifizierten Konzern permanent die wirtschaftlichen Entscheidungen für die abhängige Gesellschaft trifft, im Interesse des Mutterunternehmens oder jedenfalls im Interesse des Unternehmensverbundes.181 Damit sind die unterschiedlichen tatsächlichen Voraussetzungen umschrieben. Fraglich ist nun, warum sich daran unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen. Der Grund für die Trennung ist das Versagen des soeben beschriebenen Systems zum Schutz der abhängigen GmbH bzw. ihrer Minderheit und Gläubiger in diesen qualifizierten Fällen. Sowohl die Kapitalsicherungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG als auch die Schadensersatzhaftung wegen Verletzung der Treuepflicht sind zur Begrenzung von Mehrheitsmacht nur wirksam, solange eine isolierte Beurteilung der einzelnen Maßnahmen des herrschenden Unternehmens möglich ist. Diese beiden Schutzinstrumente setzen nämlich voraus, dass entweder konkrete Vermögensverlagerungen zugunsten des herrschenden Unternehmens unter Verstoß gegen § 30 GmbHG stattgefunden haben oder dass sich sonstige schädigende Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens feststellen lassen, die zu einem konkreten Schaden bei der GmbH geführt haben. Sind solche isolierbaren Einzeleingriffe des herrschenden Unternehmens nicht feststellbar, dann versagen die bisher angewendeten Regeln, und es ergibt sich eine Schutzlücke.182 b) Das TBB-Urteil als vorläufiger Abschluss der Rechtsfortbildung Das Bestehen dieser Schutzlücke ist seit geraumer Zeit bekannt183 und hat zu unzähligen literarischen Erörterungen und einigen grundlegenden Entscheidungen des BGH geführt. Auf diese Entwicklung wird hier nicht eingegangen, sondern auf 181 Vgl. aber noch unten zur Frage, ob auch ein einzelner gravierender Eingriff zur Haftung nach den Grundsätzen des qualifizierten faktischen Konzern führen kann; die dauernde und umfassende Leitung des abhängigen Unternehmens ist jedenfalls der klassische Fall. 182 Vgl. nur BGHZ 122, 123, 127 (TBB), s. dazu gleich im Text. 183 Vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 99: über 30 Jahre.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

die umfangreiche Darstellung von Ulmer verwiesen.184 Obwohl der Beitrag des Schrifttums an der Entwicklung der Haftungsgrundsätze nicht zu unterschätzen ist, handelt es sich im Wesentlichen um ein Produkt höchstrichterlicher Rechtsfortbildung.185 Die vier Leitentscheidungen 186 weisen zum Teil erhebliche Unterschiede auf187, doch konnte die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1992, das sog. TBBUrteil, als vorläufiger Abschluss der Entwicklung angesehen werden.188 Besonders deutlich wird die Bedeutung dieser Entscheidung auch, wenn darauf hingewiesen wurde, dass streng zwischen Arbeiten „vor TBB“ und „nach TBB“ unterschieden werden müsse.189 Oder durch die Formulierung von Ulmer, nach dessen Ansicht den tragenden Gründen dieser Entscheidung, ergänzt um einige aus den Vorläuferurteilen übernommene, nicht in Frage gestellte Rechtssätze, eine „Art gesetzesgleicher faktischer Bindung für die Praxis“ zukomme.190 Im Anschluss an das TBB-Urteil wurde denn auch fast einhellig in Rechtsprechung und Literatur vertreten, dass die auftretende Schutzlücke mittels einer analogen Anwendung der §§ 302, 303 AktG zu schließen ist.191 Die anzuwendenden Vorschriften entstammen dem Vertragskonzernrecht des Aktiengesetzes. Sie behandeln den Fall, dass eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien durch Abschluss eines Unternehmensvertrages zum Tochterunternehmen wird, vgl. § 291 Abs. 1 AktG. Die wesentliche Begründung192 zur analogen Anwendung dieser Vorschriften ist, dass die Art der Abhängigkeit im qualifizierten GmbH-Konzern faktisch nicht mehr hinter derjenigen zurücksteht, die sich auf einen Beherrschungsvertrag stützt und auch nur durch die Bildung eines Vertragskonzerns legitimiert werden kann. Der Schutz der abhängigen GmbH, ihrer möglicherweise vorhandenen Minderheitsgesellschafter und der Gläubiger der Gesellschaft darf im Fall qualifiHachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 100 ff. Vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 125. 186 BGHZ 95, 330 (Autokran); 107, 7 (Tiefbau); 115, 187 (Video); 122, 123 (TBB). 187 Vgl. etwa die Darstellung bei Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 125. 188 BGHZ 122, 123. Bestätigende Urteile bei Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR Rn. 101 und Emmerich / Sonnenschein § 24a I 1, S. 398, Fn. 4, 5. 189 Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 23. 190 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 125. Die in der Literatur gebildeten Fallgruppen (s. z. B. bei MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 23 ff.) haben an Bedeutung verloren seit der BGH in der TBB-Entscheidung die Tatbestandsmerkmale definiert hat, vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 153. 191 Vgl. die umfassenden Nachweise bei Emmerich / Sonnenschein § 24a I 1, S. 398, Fn. 4–6 und die im Folgenden zitierte Rechtsprechung und Literatur. Eine generell a.A. vertritt Rowedder / Koppensteiner Anh. § 52, Rn. 72 – 76, insb. Rn. 72 a. E. u. Rn. 76: bei mehrgliedriger Gesellschaft Schadensersatz aus Treuepflicht, bei der Einmann-GmbH Rechtsgedanke des § 317 AktG. 192 Vgl. die sehr gute Darstellung bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III 3 a) u. b) S. 1220 ff., inkl. Prüfung der Voraussetzungen zur Analogiebildung und Verwerfung des Denkmodells eines konkludent abgeschlossenen Beherrschungsvertrages; s. a. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 99; Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 86 mit dem Schwergewicht auf dem Gläubigerschutz. 184 185

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zierter Abhängigkeit nicht hinter der Rechtslage bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages zurückbleiben. Denn das Fehlen eines die Konzernherrschaft legitimierenden Unternehmensvertrages darf nicht eine mildere Haftung und damit eine „Belohnung“ des herrschenden Unternehmens zur Folge haben. c) Haftungsvoraussetzungen nach Maßgabe des TBB-Urteils aa) Leitung der abhängigen GmbH durch das herrschende Unternehmen Streitig ist immer noch, ob die Haftung nach den §§ 302, 303 AktG voraussetzt, dass ein Konzern im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG vorliegt. Teilweise wird es für ausreichend angesehen, wenn ein Fall qualifizierter Abhängigkeit gegeben ist.193 Die Gegenmeinung verlangt das Bestehen einer einheitlichen Konzernleitung, da die zum Eingreifen der Konzernhaftung Anlass gebende, besondere Gefährdung für die abhängige GmbH, die Mitgesellschafter und Gläubiger erst dann bestehe, wenn das herrschende Unternehmen die GmbH mittels einheitlicher Leitung dem Konzernganzen dienstbar macht.194 Der Wert dieses Streits kann als gering bezeichnet werden, denn der Fall bloßer qualifizierter Abhängigkeit dürfte praktisch ohnehin selten sein.195 Zudem stößt die Widerlegung der Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG in der Praxis auf große Schwierigkeiten.196 Außerdem ist seit dem TBB-Urteil das zentrale haftungsbegründende Element der objektive Missbrauch der beherrschenden Gesellschafterstellung durch das herrschende Unternehmen.197 Dazu wird es aber in aller Regel nur in einem Konzern kommen.198 bb) Objektiver Missbrauch der beherrschenden Gesellschafterstellung Der BGH199 hat herausgestellt, dass eine Haftung des herrschenden Unternehmens zu bejahen ist, wenn es die abhängige Gesellschaft in einer Weise behandelt, 193 Emmerich / Sonnenschein § 24a I 2 c), S. 401; K. Schmidt ZIP 1989, 545, 548 Versteegen DB 1993, 1225; Kropff AG 1993, 485, 488. 194 Ulmer in Hommelhoff / Stimpel / Ulmer, S. 43; ders. in Hachenburg Anh. § 77, Rn. 126; Krieger in Hommelhoff / Stimpel / Ulmer, S. 43; ders. ZGR 1994, 375, 377 f. 195 Ebenso MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 9. 196 Vgl. Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 18. 197 s. sogl. bb). 198 Ebenso Emmerich / Sonnenschein § 24a I 2 c), S. 401, die eine Konzernleitung als nicht notwendig ansehen. 199 BGHZ 122, 123, 130 (TBB).

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

die einen objektiven Missbrauch ihrer beherrschenden Gesellschafterstellung darstellt.200 Dies sei der Fall, wenn die Konzernleitungsmacht in einer Weise ausgeübt wird, die keine angemessene Rücksicht auf die eigenen Belange der abhängigen GmbH nimmt, ohne dass sich der ihr insgesamt zugefügte Nachteil durch Einzelausgleichsmaßnahmen kompensieren ließe. (1) Keine angemessene Rücksichtnahme auf die eigenen Belange der abhängigen GmbH Die eigenen Belange der abhängigen GmbH werden dann in unangemessener Weise beeinträchtigt, wenn das Interesse der abhängigen GmbH einseitig den Interessen der Muttergesellschaft, des Gesamtkonzerns oder anderen Konzerngesellschaften untergeordnet wird. Zwar muss die Konzernleitung nicht ausschließlich auf die Beachtung der Tochterinteressen ausgerichtet sein, denn sonst wäre eine sinnvolle Konzernleitung nicht möglich. Aber Maßnahmen, die eine vermögensmäßige Schlechterstellung der abhängigen Gesellschaft zur Folge haben, sowie konkrete Vermögensgefährdungen und darüber hinausgehend vermögensmäßig nicht oder nur schwer messbare Maßnahmen, die allein im Interesse des herrschenden Unternehmens oder des Konzernganzen, nicht aber im Interesse der abhängigen GmbH liegen, erfüllen den Tatbestand.201 Die faktischen Formen einer nicht angemessenen Rücksichtnahme sind vielfältig und entsprechen den schon im Rahmen des einfachen faktischen Konzerns aufgezeigten Beispielen.202 In der Literatur streitet man sich darüber, ob die Haftung nur im klassischen Fall der ständigen Einflussnahme eintreten soll, oder ob auch ein einziger schwerwiegender und weitreichender vom herrschenden Unternehmen im Konzerninteresse vorgenommener Eingriff, dessen Auswirkungen sich nicht mehr beziffern lassen, genügen kann.203 Der BGH hatte im Autokran-Urteil festgehalten, dass eine Klage als schlüssig anzusehen sei, wenn das herrschende Unternehmen die Geschäftsführung in der abhängigen Gesellschaft „dauernd und umfassend“ ausgeübt hat204; im 200 Damit wurde klargestellt, dass ein Verschulden des herrschenden Unternehmens nicht erforderlich ist, vgl. MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 8 a. E.; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 131; HK-GmbHR / Fichtelmann Kzr II, Rn. 18; Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 91; Hommelhoff ZGR 1994, 395, 415. Dafür allerdings Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 32; Lutter DB 1994, 129, 130; Lass ZGR 1997, 401, 411 f.; Nach Zöllner (a. a. O.) spielt die Frage praktisch keine wesentliche Rolle; es genüge subjektiv jedenfalls, dass die Organe des herrschenden Unternehmens oder die von ihr beauftragten Repräsentanten auf das abhängige Unternehmen bewusst einwirken mit dem Ziel, Vorteile für das herrschende oder andere Konzernunternehmen zu erzielen. 201 Vgl. MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 10 f. mit zahlreichen Nachweisen. 202 Vgl. Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 89. 203 Vgl. dazu MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 14 f.; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77 Rn. 137, jeweils mit Nachweisen. 204 BGHZ 95, 330, 344 (Autokran).

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TBB-Urteil werden diese Begriffe nicht mehr verwendet. Derartige Fallgestaltungen schwerwiegender Eingriffe ohne Möglichkeit eines Einzelausgleichs sind in Ausnahmefällen wohl vorstellbar205, sie sind aber in der bisherigen Praxis nicht aufgetaucht206 und sollen deswegen nicht weiter zum Gegenstand gemacht werden. (2) Mangelnde Isolierbarkeit des Nachteils bzw. Unmöglichkeit des Einzelausgleichs Bei dieser Haftungsvoraussetzung handelt es sich um ein negatives Tatbestandsmerkmal.207 Das herrschende Unternehmen haftet der GmbH sowieso wegen Verletzung der Treuepflicht auf Schadensersatz, wenn es schuldhaft in schädigender Weise in die Interessen der abhängigen GmbH eingreift. Für die strenge Haftung gem. §§ 302, 303 AktG ist nur Raum, wenn ein Einzelausgleich nicht möglich ist; dieser hat also Vorrang.208 Wenn indes das herrschende Unternehmen über seine Maßnahmen in der abhängigen GmbH sorgfältig Buch geführt hat und wenn sich die einzelnen schädigenden Eingriffe auch hinsichtlich ihrer Schadenshöhe feststellen lassen, dann scheidet eine Haftung nach den Grundsätzen des qualifizierten faktischen Konzerns aus.209 Nimmt allerdings die Anzahl nachteiliger Maßnahmen zu, führt dies regelmäßig zu einer wachsenden Unübersichtlichkeit, wodurch es immer schwieriger wird, die Maßnahmen zu isolieren und auszugleichen.210 Zu bejahen ist die Unmöglichkeit eines Einzelausgleichs zum Beispiel in der sog. „Waschkorbsituation“, bei der Schriften und Belege vollkommen ungeordnet verwahrt werden. Bei dieser Art der „Buchführung“ lassen sich einzelne nachteilige Maßnahmen nicht mehr voneinander isolieren.211

d) Rechtsfolgen nach Maßgabe des TBB-Urteils aa) Ansprüche der GmbH Liegen alle genannten Voraussetzungen vor, dann hat das herrschende Unternehmen der abhängigen GmbH analog § 302 AktG einen Verlustausgleich zu leisten. 205 s. etwa die Beispiele bei Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 137 und MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 14 f. 206 Vgl. Emmerich / Sonnenschein § 24a I 2 a), S. 399. 207 MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 16. 208 Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 31; Stimpel ZGR 1991, 144, 159 f.; Emmerich / Sonnenschein § 24a I 2 a), S. 399. 209 BGHZ 122, 123, 132 (TBB); Schulze-Osterloh ZIP 1993, 1838 ff.; Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 31. 210 MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 16. 211 Vgl. Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 31.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Dieser Anspruch geht auf Ersatz des während der Dauer der qualifizierten Konzernbeziehung entstandenen Jahresfehlbetrags.212 Der Anspruch entsteht mit dem Abschluss des Geschäftsjahres, er wird fällig mit der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter, § 46 Nr. 1 GmbHG.213 Umstritten ist, ob das herrschende Unternehmen befugt ist, bei der abhängigen Gesellschaft bestehende Rücklagen aufzulösen, um die eingetretenen Verluste zu decken. Nach dem Wortlaut des § 302 Abs. 1 AktG kann der entstandene Jahresfehlbetrag durch Beträge aus Gewinnrücklagen, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind, ausgeglichen werden. Eine Verrechnung mit früher gebildeten Rücklagen ist danach ausgeschlossen.214 Die Auflösung von Rücklagen, die nach der Begründung des qualifizierten faktischen Konzerns geschaffen wurden, ist somit ohne weiteres möglich.215 Die Diskussion betrifft Rücklagen, die vor der Konzernierung gebildet wurden. Gegen eine unveränderte Übertragung der Rechtsfolge des § 302 AktG auf das Recht des faktischen GmbH-Konzerns lässt sich einwenden, dass die Kapitalerhaltungsregeln im GmbH-Recht insgesamt schwächer ausgeprägt sind als im Aktienrecht und dass zum Schutz der Gläubiger in den §§ 30, 31 GmbHG nur das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen vor dem Zugriff durch die Gesellschafter gesichert ist.216 Nach heute herrschender Meinung217 ist zwischen mehrgliedrigen und Einmann-Gesellschaften zu differenzieren. Der Schutz der abhängigen GmbH umfasst im Falle des Vorhandenseins anderer Gesellschafter aufgrund der Treuepflicht das gesamte Vermögen der abhängigen Gesellschaft einschließlich der Rücklagen, so dass das herrschende Unternehmen nicht befugt ist, diese Rücklagen einseitig für sich in Anspruch zu nehmen, um sich durch ihre Auflösung der Verlustübernahmepflicht nach § 302 AktG (teilweise) zu entziehen.218 Anders fällt die Beurteilung aus, wenn die Mitgesellschafter der Auflösung von Rücklagen zustimmen oder wenn keine Mitgesellschafter vorhanden sind. In dieBaumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 96. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 160; MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 39; Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 33. Nach Beendigung des qualifizierten faktischen Konzerns tritt an die Stelle des § 302 AktG die Pflicht zur Sicherheitsleistung gegenüber den Gläubigern entsprechend § 303 AktG. Zu den Ansprüchen der Gläubiger siehe ausführlich Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 169 ff. 214 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 163. 215 Scholz / Emmerich (8. Aufl.) Anh. KonzernR, Rn. 227; HK-GmbHR / Fichtelmann Kzr II, Rn. 182. 216 Vgl. Rehbinder AG 1986, 85, 98; Ulmer AG 1986, 123, 129. 217 Vgl. Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 129; Emmerich / Sonnenschein § 24a I 4 a) S. 403; Stimpel ZGR 1991, 144, 158 f.; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 163 f.; MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 40; Drüke, Haftung, S. 180 f. 218 Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 129; Emmerich / Sonnenschein § 24a I 4 a), S. 403; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 164; MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 40. 212 213

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

61

sen Fällen beschränkt sich der Schutz des § 302 AktG auf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen, weil die Gläubiger bei der GmbH keinen Anspruch auf die Erhaltung freiwilliger Rücklagen haben.219

bb) Ansprüche der Minderheitsgesellschafter Das gesamte Verhalten des herrschenden Unternehmens, also nicht lediglich schädigendes Verhalten wie im einfachen faktischen Konzern, ist im Verhältnis zur Minderheit unzulässig.220 Deswegen hat die Minderheit Anspruch auf Unterlassung der Herrschaftsausübung221 sowie auf Beseitigung durch Rückgängigmachen der Konzerneingliederung222 bzw. durch Rückkehr zur einfachen faktischen Beherrschung223 oder durch Abschluss eines Beherrschungsvertrages.224 Wenn ein Rückgängigmachen aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich ist, zum Beispiel weil die GmbH nicht mehr allein lebensfähig ist, dann stellt sich die Frage nach anderen Rechtsbehelfen. Diskutiert werden ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund gegen volle Abfindung225 oder ein Ausgleichsanspruch der Minderheit in Form einer Dividendengarantie nach dem Vorbild des § 304 AktG.226 Fragen des Minderheitenschutzes tauchen allerdings auch im Rahmen des qualifizierten faktischen Konzerns nur auf, wenn die Leitungsmacht ohne Zustimmung der außenstehenden Gesellschafter praktiziert wird.

219 Emmerich / Sonnenschein § 24a I 4 a), S. 403; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 163; MünchHdbGesRIII / Decher § 71, Rn. 41; Stimpel ZGR 1991, 144, 158 f. A. A. Joost, in Hommelhoff / Stimpel / Ulmer, S. 133, 139 ff.; Sonnenschein / Holdorf JZ 1992, 715, 720; K. Schmidt, in Hommelhoff / Stimpel / Ulmer, S. 109, 117 ff. Der BGH (Z 115, 187, 199 („Video“)) hat die Frage einer Einschränkung der Verlustausgleichspflicht offen gelassen. Das Gericht hat jedoch klargestellt, dass der unmittelbare Zahlungsanspruch der Gläubiger analog § 303 AktG auch dann keiner Beschränkung unterliegt, wenn die Auffüllung des Stammkapitals nicht zur Befriedigung der Gläubiger ausreichen sollte. 220 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III 3 d), S. 1226; ders. GmbHR 1979, 121, 131; Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 38; Rowedder / Koppensteiner Anh. § 52, Rn. 40. 221 H. M., vgl. Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 38; Emmerich / Sonnenschein § 24a II 2 a), S. 404; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 166. 222 Emmerich / Sonnenschein § 24a II 2 a), S. 404; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 132. 223 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III 3 d), S. 1226. 224 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III 3 d), S. 1226. 225 Dafür die ganz h. M., vgl. Lutter / Hommelhoff Anh. § 13, Rn. 38; Rowedder / Koppensteiner Anh. § 52, Rn. 65; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III 3 d), S. 1226; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 133; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 167. 226 Dafür Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 134; K. Schmidt GmbHR 1979, 121, 129 ff. Dagegen die h. M., vgl. Rowedder / Koppensteiner Anh. § 52, Rn. 66; Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 168; Roth / Altmeppen Anh. § 13, Rn. 190.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

e) Rechtslage bei Zustimmung durch die Minderheitsgesellschafter Wenn alle Gesellschafter der Einbeziehung der GmbH in einen qualifizierten faktischen Konzern zugestimmt haben, dann ist auch diese Form der Konzernierung zulässig, also nicht rechtswidrig.227

aa) Formelle Anforderungen an den Zustimmungsbeschluss Fraglich ist, ob die Zustimmung in Form einer Satzungsänderung zu erteilen ist. So findet sich die Aussage, dass die dauerhafte Unterstellung der GmbH unter die qualifizierte Konzernleitung „der Sache nach“ satzungsändernden Charakter habe und daher der Einhaltung der in den §§ 53, 54 GmbHG genannten Voraussetzungen bedürfe.228 Die Diskussion wird vorwiegend bei der Frage des Wettbewerbsverbots für den herrschenden GmbH-Gesellschafter geführt, welche den Ausgangspunkt für die schon angesprochene Konzerneingangskontrolle229 bildet. Rechtsgrundlage für dieses ungeschriebene Wettbewerbsverbot ist die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Gesellschafter zur Gesellschaft.230 Diese wiederum ist ein ungeschriebener Bestandteil der Satzung. Folglich muss für eine Aufhebung des Wettbewerbsverbots die Satzung geändert werden, auch wenn aufgrund der „Ungeschriebenheit“ dieses Satzungsmerkmals eine Änderung des Vertragstextes nicht notwendig ist. Es wird aber für zulässig angesehen, das Wettbewerbsverbot für den herrschenden Gesellschafter durch einen einstimmigen, satzungsdurchbrechenden Beschluss aufzuheben.231 Zweifelhaft könnte eine Übertragung dieses Gedankens auf die Schaffung der qualifizierten Konzernlage sein. Grundsätzlich sind satzungsdurchbrechende Beschlüsse nämlich nur zulässig, wenn eine zur Satzung inhaltlich im Widerspruch stehende Regelung für den Einzelfall getroffen wird, ohne die Satzung generell für 227 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III 3 d), S. 1226 und § 39 I 3 b), S. 1212 (genauso wie beim Vertragskonzern); ders. GmbHR 1979, 121, 131; Scholz / Emmerich Anh. KonzernR, Rn. 135; Emmerich / Sonnenschein § 24a II 1, S. 404. 228 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 134. 229 s. o. II. 2. b) aa). 230 Binnewies, Konzerneingangskontrolle, S. 194 f.; Lutter / Timm NJW 1982, 409, 419. Nach a.A. gilt § 112 HGB analog, vgl. Timm GmbHR 1981, 177, 178; Priester DB 1992, 2411, 2412; Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 70. 231 Binnewies, Konzerneingangskontrolle, S. 215; Tillmann GmbHR 1991, 26, 29. M. Winter, Treuebindungen, S. 259, hält eine Dreiviertel-Mehrheit für ausreichend, allerdings unter Stimmrechtsausschluss für den betroffenen Gesellschafter. Sonntag, Konzernbildung, lässt für die Begründung einfacher Abhängigkeit Dreiviertel-Mehrheit genügen, vgl. S. 97 ff., 102, für Beschlüsse betreffend die Einbeziehung in einen Konzern wird Einstimmigkeit gefordert, vgl. S. 102 ff.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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die Zukunft zu ändern.232 Mit der Zustimmung zur qualifizierten Konzernierung wird aber ein Zustand geschaffen, der sich regelmäßig auf einen zunächst unbestimmten, in der Zukunft liegenden Zeitraum bezieht. Allerdings muss die Zustimmung der Minderheitsgesellschafter auch über den gesamten Zeitraum vorliegen. Das herrschende Unternehmen kann die Leitungsmacht in qualifizierter Form rechtmäßigerweise daher nur ausüben, solange es mit dem Fortbestand dieser Zustimmung rechnen kann.233 Damit ergibt sich zum einen ein ausreichender Kontrollmechanismus für die Minderheitsgesellschafter und zum anderen bedeutet die Möglichkeit des Verweigerns der Zustimmung zu einem beliebigen zukünftigen Zeitpunkt, dass die Satzung nicht generell für die Zukunft geändert wurde. Folglich können auch hier die Grundsätze der Satzungsdurchbrechung angewendet werden, die Vorschriften der §§ 53, 54 GmbHG müssen also nicht eingehalten werden.

bb) Auswirkungen der Zustimmung Es wurde soeben unter 3. d) aa) ermittelt, dass das herrschende Unternehmen nach überwiegender Ansicht zur Auflösung von Rücklagen der GmbH berechtigt ist, wenn die Minderheitsgesellschafter dem zustimmen. Daraus ergibt sich, dass das herrschende Unternehmen im Falle der Zustimmung der Minderheitsgesellschafter zur qualifizierten Einflussnahme nur für den Erhalt des Stammkapitals einzustehen hat.234 Entstandene Jahresfehlbeträge sind daher nur soweit zu ersetzen, bis das Stammkapital wieder aufgefüllt ist.235 Der Erwerber ist also jeweils zum Jahresende bzw. im Zeitpunkt seines Ausscheidens236 verpflichtet, das Stammkapital aufzufüllen, wenn es nicht mehr vollständig erhalten sein sollte. Der BGH hat im TBB-Urteil auch eine Aussage für den Fall des Fehlens von Minderheitsgesellschaftern getroffen: Im Fall einer Einpersonengesellschaft fehle es an einer angemessenen Rücksichtnahme auf die eigenen Belange der abhängigen Gesellschaft, wenn die GmbH infolge der im Konzerninteresse ausgeübten Einwirkungen ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann.237 Dies korrespondiert zu einem gewissen Grad mit dem Schutz der GmbH vor bestandsgefährdenden Maßnahmen, wie er für nicht in qualifizierter Weise abhängige Ge232 BGHZ 123, 15, 19; Priester ZHR 151 (1987), 40; Baumbach / Hueck / Zöllner § 53, Rn. 23; Lutter / Hommelhoff § 53, Rn. 23. 233 Vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 34. 234 Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 134; Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR Rn. 102; Drüke, Haftung, S. 180 f. 235 Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 102; Stimpel ZGR 1991, 144, 158 f. 236 Vgl. Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. KonzernR, Rn. 102: wenn die abhängige Gesellschaft aus dem Konzern entlassen wird. 237 BGHZ 122, 123, 130.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

sellschaften besteht.238 Allerdings wirft die Aussage des BGH die Frage auf, ob nach Ansicht des Gerichts eine Haftung erst im Falle der Insolvenz der abhängigen GmbH eintreten soll.239 Das soll aber nicht weiter vertieft werden, da die Aussagen des TBB-Urteils jedenfalls für Einpersonen-Gesellschaften durch das im Folgenden zu besprechende „Bremer Vulkan“-Urteil als überholt angesehen werden dürfen. f) Das „Bremer Vulkan“-Urteil des BGH Das Problem der Haftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern, wenn alle Anteile in der Hand des herrschenden Gesellschafters liegen oder wenn sich der herrschende Gesellschafter auf die Zustimmung der anderen Gesellschafter stützen kann, ist durch eine Entscheidung des II. Zivilsenats des BGH vom 17. 09. 2001 („Bremer Vulkan“)240 wieder in das Blickfeld von Praxis und Rechtslehre geraten. Der konzernrechtsrelevante Teil der Entscheidung betraf eingeklagte Ansprüche der GmbH-Tochter (MTW Schiffswerft GmbH) gegen den Vorstand ihrer Alleingesellschafterin (Bremer Vulkan Verbund AG).241 Der BGH hätte sich damit begnügen können, solche Ansprüche mit der Begründung abzulehnen, dass sich diese immer nur gegen einen Gesellschafter, nicht aber auch gegen dessen Organe richten können.242 Das Gericht nahm die Rüge der Revision jedoch zum Anlass, in einem obiter dictum grundsätzliche Ausführungen zur Haftung eines Alleingesellschafters gegenüber seiner Tochter-GmbH zu machen und diesen trotz ihrer Unerheblichkeit für die Entscheidung den ersten Leitsatz zu widmen. Der BGH führte aus243: „Der Schutz einer abhängigen GmbH gegenüber Eingriffen ihres Alleingesellschafters folgt nicht dem Haftungssystem des Konzernrechts des Aktiengesetzes (§§ 291 ff. AktG). Er beschränkt sich auf die Erhaltung des Stammkapitals im Sinne der §§ 30 f. GmbHG . . . und die Gewährleistung ihres Bestandsschutzes in dem Sinne, dass ihr Alleingesellschafter bei Eingriffen in ihr Vermögen und ihre Geschäftschancen angemessene Rücksicht auf ihre seiner Disposition entzogenen eigenen Belange zu nehmen hat.“ Daran fehle es, wenn die abhängige GmbH „infolge der Eingriffe ihres Alleingesellschafters ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann [zitiert wird das TBB-Urteil]. Zu einer Haftung des Vgl. Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 135. Vgl. dazu Hachenburg / Ulmer Anh. § 77, Rn. 136. 240 BGH II ZR 178 / 99, in ZIP 2001, 1874 = NJW 2001, 3622 = GmbHR 2001, 1036; nunmehr bestätigt durch BGH II ZR 196 / 00 v. 25. 02. 2002, in ZIP 2002, 848, insb. S. 850 u. 2. Leitsatz. 241 Die Anteile der MTW Schiffswerft GmbH wurden zu 2 % unmittelbar von der BVVAG und zu 98% von der Vulkan Schiffbau Verbund GmbH, einer 100 %igen Tochter der BVV AG, gehalten. 242 So dann auch am Ende seiner Ausführungen zum konzernrechtlichen Teil der Entscheidung (I. 1. in ZIP 2001, 1876). 243 BGH ZIP 2001, 1874, 1876. 238 239

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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Alleingesellschafters für die Verbindlichkeiten der von ihm beherrschten GmbH führt aber auch ein solcher bestandsvernichtender Eingriff nur dann, wenn sich die Fähigkeit der GmbH zur Befriedigung ihrer Gläubiger nicht schon durch die Rückführung entzogenen Stammkapitals gem. § 31 GmbHG wiederherstellen lässt.“

Das Urteil hat ein immenses Echo in der Literatur hervorgerufen.244 Es geht in erster Linie um den Bedeutungsgrad der Äußerungen des BGH: „Grundlegend Neues“245, „Revolution oder Evolution?“246, „Rechtsfortbildung? Rechtsrückbildung?“247 Es wird an dieser Stelle darauf verzichtet, aus den Äußerungen des BGH ein neues Haftungssystem für den faktischen GmbH-Konzern herauszulesen. Von manchen Autoren wird die Tragweite des „Bremer Vulkan“-Urteils meines Erachtens stark überschätzt.248 244 Altmeppen ZIP 2001, 1837; ders. wieder in NJW 2002, 321; Bitter WM 2001, 2133; Cahn ZIP 2001, 2159; Hoffmann NZG 2002, 68; Keßler GmbHR 2001, 1095; Luttermann BB 2001, 2433; Römermann / Schröder GmbHR 2001, 1015; K. Schmidt NJW 2001, 3577; Ulmer ZIP 2001, 2021; Wilken DB 2001, 2383. 245 Altmeppen ZIP 2001, 1837. 246 Ulmer ZIP 2001, 2021. 247 K. Schmidt NJW 2001, 3577, 3578. Zudem wird über die dogmatische Einordnung des vom BGH befürworteten Anspruchs der Einmann-GmbH auf Bestandsschutz diskutiert, s. bereits oben I. 2. b) bb), Fn. 94. 248 Wenig überzeugend ist, wenn von einem endgültigen Abschied von der Figur des qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns gesprochen wird, vgl. etwa Altmeppen ZIP 2001, 1837, 1838; Keßler GmbHR 2001, 1095. Ulmer (in ZIP 2001, 2021, 2022 f.) ist der Ansicht, dass bereits das TBB-Urteil den Abschied vom qualifizierten faktischen GmbH-Konzern bedeutete. Dies widerspricht aber seiner eigenen Kommentierung im Großkommentar zum GmbHG (zahlreich zitiert in Form von Hachenburg / Ulmer). Es bleibt festzuhalten, dass der BGH seine Ausführungen ausdrücklich auf einen Alleingesellschafter beschränkt hat (auch die Bestätigung durch BGH ZIP 2002, 848, 850 [II ZR 196 / 00 v. 25. 02. 2002] betraf einen Fall des einvernehmlichen Handelns der Gesellschafter). Es ist davon auszugehen, dass die Richter des Zweiten Senats des BGH ihre Aussage im „Bremer Vulkan“-Urteil reiflich überlegt haben. Dafür spricht, dass das Gericht diese Aussage nicht für seine Entscheidung brauchte, und weiterhin, dass das Gericht diese Aussage trotzdem in den ersten Leitsatz der Entscheidung aufnahm (ebenso insoweit Altmeppen ZIP 2001 1837, 1839 (Fn. 23); Ulmer ZIP 2001, 2021, 2022). Aber die Rechtsgrundsätze, wie sie soeben unter c) u. d) dargestellt wurden, sind weiterhin für die Fälle von Bedeutung, in denen außenstehende Minderheitsgesellschafter vorhanden sind (ebenso Cahn ZIP 2001, 2159, 2160; a.A. Hoffmann NZG 2002, 68, 72; Altmeppen ZIP 2001, 1837, 1838: praktisch irrelevant). Eine Verpflichtung des herrschenden Gesellschafters zur Zahlung von Verlustausgleich analog § 302 AktG ist in diesen Fällen aus Gründen des Minderheitsschutzes sinnvoll. Der Gegeneinwand von Römermann / Schröder (in GmbHR 2001, 1015, 1019), die Minderheitsgesellschafter verfügten über ein ausreichendes gesellschaftsrechtliches Instrumentarium, um die GmbH vor einem ungerechtfertigten Vermögensverlust zu schützen, gilt nur für Vermögenszuwendungen an den herrschenden Gesellschafter, nicht aber für nachteilige unternehmenspolitische Maßnahmen oder die Ausnutzung von Geschäftschancen. Aber auch bei sog. verdeckten Zuwendungen wird der Minderheitsgesellschafter Beweisschwierigkeiten bekommen, insbesondere wenn er sich nicht aktiv am Geschäftsgeschehen beteiligt hat und unter Umständen erst im Rahmen des Jahresabschlusses erfährt, dass der Mehrheitsgesellschafter immer wieder zum Nachteil der GmbH und zum Vorteil der Konzernmutter oder des Konzernganzen eingegriffen hat.

5 Jedlitschka

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Die Grenze, die der BGH in seiner neuen Aussage dem Gesellschafterhandeln gezogen hat, entspricht den Einschränkungen, die bereits in der Literatur unter den Stichworten Bestands- oder Existenzgefährdung gemacht werden.249 Das obiter dictum bestätigt nunmehr auch die frühere Aussage von Henze, einem Richter des II. Zivilsenats, der mehr oder weniger ankündigte, dass die Existenzgefährdung der GmbH nach Meinung des BGH zukünftig als Schranke des Gesellschafterhandelns anzusehen ist, wenn keine außenstehenden Minderheitsgesellschafter vorhanden sind.250 Es kann daher festgehalten werden, dass das Handeln eines Alleingesellschafters oder das einvernehmliche Handeln aller Gesellschafter seine Grenze neben den §§ 30, 31 GmbHG im Verbot bestands- bzw. existenzgefährdender Eingriffe findet. In diesen Fällen ist der GmbH Ersatz für den ihr entstandenen Schaden zu leisten. Trotz der nunmehr gegenteiligen Ansicht des BGH ist nicht einzusehen, warum vor der Schadensersatzhaftung nicht weiterhin eine Verpflichtung zur Auffüllung des Stammkapitals analog § 302 AktG zur Anwendung kommen soll. Der vom BGH im „Bremer Vulkan“-Urteil statuierte Anwendungsvorrang der §§ 30, 31 GmbHG nützt nämlich in den Fällen nichts, in denen sich keine konkreten Auszahlungen isolieren lassen, da dies von der Vorschrift des § 31 GmbHG vorausgesetzt wird.251 Kann aber die Zahlungsfähigkeit der GmbH bereits wieder durch eine betragsmäßige Auffüllung des Stammkapitals hergestellt werden, dann ist die Auffüllung analog § 302 AktG einer Schadensersatzhaftung vorzuziehen, da sich die Höhe der Ersatzpflicht ganz einfach aus Gesellschaftsvertrag und Bilanz ablesen lässt.252

4. Ergebnis der Analyse des Konzernfalles

Wird die GmbH durch die Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung vom Veräußerer an den Erwerber zum abhängigen Unternehmen, so gelten für den einfachen faktischen Konzern die gleichen Haftungsgrundsätze wie für einen Mehrheitsgesellschafter ohne weitere wirtschaftliche Aktivitäten.253 Im Falle qualifizierter faktischer Konzernierung der GmbH haftet der Erwerber, wenn man das TBB-Urteil zugrunde legt, verschärft gem. § 302 AktG auf Verlustausgleich. Seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil ist allerdings fraglich, ob der BGH noch eine analoge Anwendung des § 302 AktG befürwortet, soweit Minderheitsgesellschafter vorhanden sind. 249 Vgl. die Ausführungen und Nachweise oben I. 2. b bb) sowie die Würdigung unter I. 2. d). Zahlreiche Nachweise auch bei Ulmer ZIP 2001, 2021, 2024 (Fn. 29). 250 GmbHR 2000, 1069, 1072, s. bereits oben I. 2. c). 251 s. bereits oben II. 3. a). 252 Für eine weitere analoge Anwendung des § 302 AktG auch K. Schmidt NJW 2001, 3577, 3580 f. mit Hinweis auf den „Fertighaus“-Fall; gegen ihn vehement Altmeppen NJW 2002, 321 f. 253 s. o. I., insb. die Zusammenfassung unter 3.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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Kann sich der Erwerber auf die Zustimmung der anderen Gesellschafter stützen, so ergeben sich im einfachen faktischen Konzern für die GmbH Ansprüche nur bei Verstößen gegen § 30 Abs. 1 GmbHG, und zwar gem. § 31 GmbHG. Darüber hinaus ergeben sich Ansprüche auf Schadensersatz, wenn der Bestand der GmbH schuldhaft gefährdet wurde. Diese Grundsätze gelten seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil des BGH auch für den Fall des qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns. Eine Haftung analog § 302 AktG wird vom BGH nicht mehr vertreten, wenn außenstehende Gesellschafter nicht vorhanden sind. Aber selbst wenn man eine analoge Anwendung des § 302 AktG befürwortet, ergäbe sich lediglich eine Verpflichtung des Erwerbers, zum Jahresende das Stammkapital wieder aufzufüllen. Die Haftung wäre daher auf den Betrag des Stammkapitals beschränkt.

III. Auswirkungen durch die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung Im Rahmen der Gliederungspunkte I. und II. wurde geprüft, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Gesellschaft Ansprüche gegen den Mehrheitsgesellschafter geltend machen kann. Die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung im Verhältnis zwischen Erwerber und Veräußerer war dabei bisher ohne Bedeutung. Im Folgenden wird untersucht, ob die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Beschlüssen und Rechtsgeschäften hat, die unter Beteiligung des Erwerbers zustande gekommen bzw. abgeschlossen worden sind. Sollte das der Fall sein, dann könnten sich für die GmbH zusätzlich zu den Ansprüchen auf Rückzahlung gem. § 31 GmbHG und auf Schadensersatz wegen existenzgefährdender Maßnahmen weitere Ansprüche gegen den Erwerber ergeben.

1. Einfluss auf die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen?

Es könnten nämlich etwa dann Ansprüche hergeleitet werden, wenn die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung Einfluss auf die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen hat und daraus folgend den unternehmerischen Maßnahmen, Gewinnausschüttungen und Zuwendungen die gesellschaftsrechtliche Grundlage entzogen würde. Weiter gedacht könnte dies möglicherweise doch dazu führen, dass vom Erwerber veranlasste Maßnahmen als Treuepflichtverletzungen oder Verstöße gegen die Kompetenzordnung anzusehen sind und zu Ansprüchen auf Schadensersatz und Rückgewähr gem. §§ 812 ff. BGB führen. Zu beachten ist, dass die Mangelhaftigkeit von Beschlüssen auch im GmbHRecht nicht nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Rechts zu bewerten 5*

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

ist.254 Es fehlt zwar an einer speziellen Regelung wie im Aktiengesetz, die dort enthaltenen Grundsätze sind aber „Ausdruck vernünftiger, für die Beschlussfassung aller Personenverbände einschlägiger Prinzipien“, wie sich Zöllner ausgedrückt hat, und gelten folglich auch grundsätzlich für das GmbH-Recht.255 Das Beschlussmängelrecht unterscheidet mehrere Arten der Mangelhaftigkeit.256 Zu erwägen ist hier eine Anfechtung von Beschlüssen.

a) Anfechtung der Gesellschafterbeschlüsse durch den Veräußerer Im Folgenden soll untersucht werden, ob der Veräußerer einzelne in seiner Abwesenheit gefasste Beschlüsse anfechten kann. Zu prüfen ist zunächst, welche Konsequenzen sich ergeben würden, wenn die Anfechtung Erfolg hätte.

aa) Mögliche Rechtsfolgen Bei Maßnahmen ohne Außenwirkung, zum Beispiel personelle oder sachliche Umstrukturierungen innerhalb des Unternehmens, würde die Umsetzung des Beschlussinhaltes ohne innergesellschaftliche Rechtsgrundlage erfolgen und könnte folglich als Treuepflichtverletzung zu werten sein. Hatte der fragliche Beschluss eine Vermögenszuwendung zum Inhalt, dann würde bei erfolgreicher Anfechtung die Vertretungsmacht des Geschäftsführers entfallen. Dies müsste sich der begünstigte Gesellschafter dann entgegenhalten lassen.257 Probleme würden sich bei Drittgeschäften ergeben, denn es ist fraglich, ob eine erfolgreiche Beschlussanfechtung durch den Veräußerer zur Einschränkung des Prinzips der grundsätzlich uneingeschränkten Vertretungsmacht des Geschäftsführers führen kann. bb) Anfechtungsgrund Es ist zu überlegen, ob die Tatsache, dass der Erwerber als bloßer Scheingesellschafter bei der Beschlussfassung mitgewirkt hat, einen Anfechtungsgrund liefert. Dies wird jedoch durch die Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG ausgeschlossen. Diese Vorschrift berechtigt und verpflichtet die Gesellschaft, den Angemeldeten Vgl. nur Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. § 47, Rn. 1. Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. § 47, Rn. 1. Siehe auch die Analyse bei Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 3 – 40. 256 Vgl. die Darstellung bei Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. § 47, Rn. 7 ff. 257 s. schon oben unter A. I. 1. b) bb) (3). 254 255

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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als Gesellschafter zu behandeln.258 Demzufolge beeinträchtigen Mängel des Übertragungsgeschäfts nicht die in der Gesellschafterversammlung erfolgte Stimmabgabe des Erwerbers, Beschlüsse können also nicht aufgrund der Unwirksamkeit der Abtretung angefochten werden.259 Zweitens kommt eine Anfechtung von Beschlüssen in Betracht, die die Vornahme eines Rechtsgeschäftes gegenüber dem Erwerber zum Gegenstand hatten. In diesen Fällen unterlag der Erwerber einem Stimmverbot gem. § 47 Abs. 4 Satz 2, 1. Fall GmbHG260, dessen Verstoß durch Anfechtungsklage geltend zu machen ist.261 Diese Vorschrift greift zwar grundsätzlich ein, sie entfaltet allerdings nur Wirkung, wenn die Mehrheit der anderen Gesellschafter dagegen war.262 Haben also auch die Minderheitsgesellschafter für den Beschluss gestimmt, dann schadet ein Verstoß gegen das Stimmverbot nicht. In den Fällen der Vermögenszuwendungen könnten die zugrunde liegenden Beschlüsse analog § 243 Abs. 2 AktG wegen unzulässiger Verfolgung von Sondervorteilen oder analog § 243 Abs. 1 AktG wegen Verstoßes gegen die Treuepflicht bzw. den Gleichbehandlungsgrundsatz angefochten werden.263 Wenn aber die anderen Gesellschafter zugestimmt haben, so liegen entsprechende Verletzungen nicht vor. Hier gilt nichts anderes als bei der Beurteilung der Maßnahme selbst. Es wird jedoch die Meinung vertreten, dass eine Anfechtung zwar nicht für die am Beschluss Beteiligten in Betracht komme, aber für den Veräußerer als wirklichem Gesellschafter möglich sei, denn im Verhältnis zu ihm handele es sich um einen ungerechtfertigten Sondervorteil, weswegen man ihm ein Anfechtungsrecht zugestehen müsse.264 Diese Ansicht stößt auf Bedenken, weil grundsätzlich nur derjenige anfechten kann, der im Zeitpunkt der Beschlussfassung Gesellschafter war.265 Des Weiteren sollen die Treuepflicht und der Gleichbehandlungsgrundsatz nur die aktuellen Gesellschafter schützen, wie sich aus den früheren Ausführungen ergibt. Über diese formalen Dinge könnte man allerdings streiten, schließlich war der Veräußerer die ganze Zeit über materiell (der wirkliche) Gesellschafter.

BGHZ 84, 47, 49; 112, 103, 113; GmbHR 1991, 311, 312; Scholz / Winter § 16, Rn. 2. Vgl. BGHZ 84, 47, 49; Hachenburg / Zutt § 16, Rn. 45; Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 14; Lass ZGR 1997, 401, 414. 260 Die Vorschrift gilt nicht bei der Einmann-GmbH, vgl. Lutter / Hommelhoff § 47, Rn. 13; Scholz / K. Schmidt § 47, Rn. 105; Hüffer, FS Heinsius, S. 337, 350. 261 BGHZ 97, 28 ff.; Scholz / K. Schmidt § 47, Rn. 175. 262 Scholz / K. Schmidt § 47, Rn. 175; Hachenburg / Hüffer § 47, Rn. 182; Lutter / Hommelhoff Anh. § 47, Rn. 49. 263 Vgl. dazu ausführlich Hachenburg / Raiser Anh. § 47, Rn. 113 ff. Scholz / K. Schmidt § 45, Rn. 104 ff. 264 So Lass ZGR 1997, 401, 414. 265 Vgl. auch Lutter / Hommelhoff Anh. § 47, Rn. 62. 258 259

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Die Gewährung eines Anfechtungsrechts für den Veräußerer ist jedoch mit der Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG nicht zu vereinbaren. Wie soeben ausgeführt wurde berechtigt und verpflichtet diese Vorschrift die Gesellschaft, den Angemeldeten als Gesellschafter zu behandeln und bezweckt damit nicht nur den Schutz der GmbH, sondern auch den Schutz desjenigen, der gegenüber der Gesellschaft angemeldet ist.266 Und wenn sich alle Gesellschafter bei der Gewährung eines Sondervorteils an den Erwerber einig waren, dann soll ein solcher Beschluss nach der Intention des § 16 Abs. 1 GmbHG wirksam sein. Diese Vorschrift regelt somit auch, welcher Gesellschafter zur Anfechtung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung berechtigt ist: der nach § 16 Abs. 1 GmbHG bei der Gesellschaft Angemeldete.267

b) Ergebnis Die Tatsache der bloßen Scheingesellschafterstellung des Erwerbers ist demnach weder für sich genommen ein Anfechtungsgrund, noch führt sie zu einer anderen Beurteilung bezüglich Treuepflicht und Gleichbehandlung. Eine Anfechtung von Beschlüssen durch den Veräußerer ist nicht möglich.

2. Einfluss auf die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften?

Nachdem festgestellt wurde, dass die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung keinen Einfluss auf die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen hat, bleibt zu prüfen, ob sich ein anderes Ergebnis für die von der Gesellschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäfte ergibt.

a) Anfechtung der Rechtsgeschäfte gem. § 119 Abs. 2 BGB Zu denken ist an die Anfechtung seitens der Gesellschaft gem. § 119 Abs. 2 BGB wegen eines Irrtums über die Person des Geschäftspartners, weil die Beteiligten davon ausgingen, dass der Erwerber Gesellschafter, er in Wahrheit aber nur Scheingesellschafter war. Grundsätzlich ist bei Willensmängeln gem. § 166 Abs. 1 BGB die Person des Vertreters maßgebend, bei der GmbH also der am Vertragsschluss beteiligte Geschäftsführer. Zu beachten ist, dass sich der Kreis der in Betracht kommenden Geschäfte bei einer Anfechtung wegen Irrtums über die Person des Geschäftspartners auf Ver266

Vgl. BGHZ 84, 47, 49; 112, 103, 113; GmbHR 1991, 311, 312; Scholz / Winter § 16,

Rn. 2. 267 Vgl. Lutter / Hommelhoff Anh. § 47, Rn. 62; Baumbach / Hueck / Zöllner Anh. § 47, Rn. 73; BGH DB 1968, 2270.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

71

träge zwischen dem Erwerber und der Gesellschaft beschränkt. Ein Bedürfnis für eine Anfechtung besteht insoweit nur für nachteilige Rechtsgeschäfte aus Sicht der Gesellschaft. Für solche Verträge wurde bereits herausgearbeitet, dass sie nur wirksam abgeschlossen werden können, wenn ihnen ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss zugrunde liegt.268 Ist dies aber der Fall, dann handelte der Geschäftsführer auf Weisung durch die Gesellschafterversammlung, weswegen es nicht mehr auf seine Vorstellungen ankommt, sondern nach entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 2 BGB auf die der Gesellschafterversammlung269, denn nach herrschender Meinung ist die Vorschrift des § 166 Abs. 2 BGB auf Willensmängel entsprechend anzuwenden.270 Begründet wird dies mit dem Grundgedanken der Regelung des § 166 Abs. 1, 2 BGB: Im Einzelfall kommt es auf die Bewusstseinslage derjenigen Person an, auf deren Interessenbewertung und Entschließung der Abschluss des Vertretergeschäfts beruht.271 Nach der Gegenansicht ist bei Willensmängeln ausschließlich auf die Person des Vertreters abzustellen.272 Der Meinungsstreit ist vorliegend allerdings nicht relevant, da sowohl die anderen Gesellschafter als auch der Geschäftsführer davon ausgingen, dass der Erwerber (wirklicher) Gesellschafter der GmbH war. Die GmbH könnte somit zur Anfechtung der Rechtsgeschäfte berechtigt sein. Dabei ergeben sich die folgenden Probleme:

aa) Vorliegen einer Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB (1) Lediglich vorübergehender Zustand? Fraglich ist, ob die Stellung als (wirklicher) Gesellschafter eine verkehrswesentliche Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB ist. Zwar geht es in erster Linie s. o. A. I. 1. b) bb) (2). Die Vorschrift gilt auch für die organschaftliche Vertretungsmacht der Geschäftsführer, vgl. Baumbach / Hueck / Zöllner § 35, Rn. 87; Roth / Altmeppen § 35, Rn. 78. 270 Vgl. Palandt / Heinrichs § 166 BGB, Rn. 12; BGHZ 51, 141, 145 ff.; MünchKomm / Schramm § 166 BGB, Rn. 41. Zu beachten ist, dass es hier nicht um die Frage geht, ob sich Willensmängel, die die Vollmachtserteilung beeinflusst haben, auf das Vertretergeschäft auswirken, vgl. dazu Larenz / Wolf, BGB AT, § 47, 5., S. 909 f.; Brox, BGB AT, Rn. 523 ff. Hier geht es um die Behandlung von Willensmängeln, die eine Weisung beeinflusst haben, die der Vollmachtgeber dem Vertreter nach dessen Bevollmächtigung, vorliegend nach der Bestellung zum Geschäftsführer, erteilt hat, vgl. BGHZ 51, 141, 145 f. 271 Vgl. MünchKomm / Schramm § 166 BGB, Rn. 37; BGHZ 51, 141, 146 f. 272 Staudinger / Dilcher § 166 BGB, Rn. 16, 27. Einschränkend Soergel / Leptien § 166 BGB, Rn. 33: nur bei arglistiger Täuschung oder Drohung durch den Geschäftspartner sowie wenn die Weisungen des Vertretenen eindeutig zur Geschäftsgrundlage des Vertretergeschäfts gemacht wurden. 268 269

72

1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

um Eigenschaften des Geschäftsgegners, etwa sein Alter, Geschlecht, seine Sachkunde oder Vertrauenswürdigkeit.273 Das Bundesarbeitsgericht hat aber zum Beispiel für die Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin entschieden, dass diese als ein vorübergehender Zustand keine Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB sei.274 Das Gericht brauchte sich im Rahmen der angeführten Entscheidungen bei der Frage der Anfechtbarkeit des Arbeitsvertrages allerdings nicht allein auf diese Erwägung stützen.275 Bei der Stellung als Scheingesellschafter handelt es sich auch um einen vorübergehenden Zustand, nämlich bis zum Erkennen der Nichtigkeit bzw. bis zur Anfechtung der Anteilsübertragung und dem sich anschließenden Widerruf der Anmeldung des Erwerbers.276 Andererseits kann der Zustand lange anhalten, wenn die Nichtigkeit nie erkannt wird, oder etwa der Veräußerer entscheidet, den Vertrag nicht anzufechten. Nach Ablauf der Anfechtungsfrist (vor allem durch Untätigkeit nach Kenntniserlangung des Anfechtungsgrundes) oder nach Bestätigung des Rechtsgeschäfts gem. § 144 BGB würde sich die Stellung des Erwerbers automatisch in die eines „wirklichen“ Gesellschafters umwandeln. (2) Andere Beweggründe maßgebend? Weiterhin ist die Stellung des Erwerbers innerhalb der Gesellschaft nicht der eigentliche Beweggrund für die Anfechtung der Verträge, sondern dahinter stehende Motive. So sind die Gesellschafter und der Geschäftsführer daran interessiert, dass der Erwerber die Gesellschaft (weiterhin) fördert. Sie versprechen sich mit dem Abschluss eines für die Gesellschaft zunächst nachteiligen Geschäfts anderweitige Vorteile durch den Erwerber, schließlich hat dieser aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung ein wirtschaftliches Interesse an einer positiven Entwicklung der GmbH. Der in § 119 Abs. 2 BGB geregelte Irrtum ist ein ausnahmsweise beachtlicher Motivirrtum. Da die Motive „weitere Förderung der Gesellschaft“ und „Stellung des Erwerbers als wirklicher Gesellschafter“ miteinander zusammenhängen und sich nicht trennen lassen, kann eine Fehlvorstellung über die tatsächliche Stellung des Erwerbers als Irrtum gem. § 119 Abs. 2 BGB angesehen werden.

Vgl. Palandt / Heinrichs § 119 BGB, Rn. 26. BAG NJW 1962, 74, anders sei dies aber zu beurteilen, wenn die im Vertrag übernommene Tätigkeit nicht ausgeübt werden kann, z. B. Tänzerin, Sportlehrerin BAG NJW 1992, 2173, 2174. 275 BAG NJW 1962, 74: Anfechtbarkeit aufgrund einer arglistigen Täuschung durch die Arbeitnehmerin, § 123 Abs. 1 BGB; BAG NJW 1992, 2173: die Frage der Schwangerschaft oder Nichtschwangerschaft spielte bei der Kündigungserklärung keine Rolle. 276 Vgl. zum Widerruf noch unten B. I. 273 274

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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bb) Verhältnis zum Regelungszweck des § 16 Abs. 1 GmbHG Lässt man eine Anfechtung solcher nachteiligen, mit dem Erwerber abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zu, dann stellt sich die Frage des Verhältnisses eines solchen Anfechtungsrechts zur Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG. Der Zweck der Vorschrift ist, bei Veräußerung eines Geschäftsanteils der Gesellschaft Gewissheit darüber zu geben, wer offizieller Inhaber ihrer Geschäftsanteile ist.277 Die Vorschrift berechtigt und verpflichtet die Gesellschaft, den Angemeldeten als Gesellschafter zu behandeln und dient dem Schutz aller Beteiligter, also des Erwerbers, des Veräußerers und der Gesellschaft selbst.278 Wer gegenüber der Gesellschaft angemeldet ist, hat im Verhältnis zu ihr alle Rechte und Pflichten, insbesondere sind Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nicht mit der Behauptung angreifbar, ein Mitwirkender wäre nicht wirklicher Gesellschafter. Dies wurde bereits bei der Versagung der Anfechtung der zugrunde liegenden Gesellschafterbeschlüsse herausgefunden.279 Würde man jetzt aber die Anfechtung der daraufhin abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zulassen, so stellt sich die Frage, ob damit nicht doch gegen die Vorschrift des § 16 Abs. 1 GmbHG verstoßen wird. Denn würde man zwar die Gesellschafterbeschlüsse als wirksam behandeln, die späteren Rechtsgeschäfte aber wegen desselben Grundes für anfechtbar halten, würde quasi durch die Hintertür doch ein Zustand geschaffen, den § 16 Abs. 1 GmbHG eigentlich verhindern will. Zwar würden die Gesellschafterbeschlüsse an sich nicht wieder aufgerollt, aber der beschlossene Inhalt, der durch Abschluss des Rechtsgeschäfts bereits herbeigeführt wurde, würde rückgängig gemacht. Im praktischen Ergebnis könnte dann kein Unterschied ausgemacht werden, denn sowohl die Anfechtung des Beschlusses, gerichtet auf Abschluss des Vertrages, als auch die Anfechtung des Vertrages selbst führen zu seiner Rückabwicklung. cc) Ergebnis Eine Anfechtung von zwischen Erwerber und GmbH abgeschlossenen Rechtsgeschäften gem. § 119 Abs. 2 BGB wegen eines Irrtums über die tatsächliche rechtliche Stellung des Erwerbers ist ausgeschlossen.

277 278 279

Rowedder § 16, Rn. 1; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 1. BGHZ 84, 47, 49; 112, 103, 113; GmbHR 1991, 311, 312; Scholz / Winter § 16, Rn. 2. s. soeben III. 1. a) bb).

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

b) Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage des Rechtsgeschäfts aa) Theoretische Grundlagen Die Fehlvorstellungen der Minderheitsgesellschafter bzw. des Geschäftsführers könnten aber nach den Grundsätzen vom Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage zur Anpassung oder Aufhebung der für die Gesellschaft nachteiligen Rechtsgeschäfte führen. Diese Lehre wurde vor allem nach dem Ersten Weltkrieg entwickelt, um bestehende Vertragsverhältnisse den einschneidenden wirtschaftlichen Veränderungen der Inflationszeit anpassen zu können.280 Grob gesagt soll hiernach beim Fehlen oder späteren Wegfall bestimmter für den Abschluss oder die Durchführung des Vertrages grundlegender Umstände, die aber nicht zum Vertragsinhalt geworden sind, der Vertrag durch Anhebung oder Herabsetzung der Leistungspflicht den veränderten Verhältnissen angepasst oder, wenn das nicht möglich ist, aufgelöst werden. Als Geschäftsgrundlage wird ein Umstand angesehen, der mindestens von einer Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages als für den Vertragsschluss wesentlich vorausgesetzt wurde und auf dessen Berücksichtigung sich die andere Partei redlicherweise hätte einlassen müssen. Seit dem 1. 1. 2002 enthält § 313 BGB die Regelung des Problems der Störung der Geschäftsgrundlage. Die Bedeutung der Aufnahme dieser Vorschrift in das BGB soll allein darin liegen, „die zum Rechtsinstitut gewordenen Grundsätze zum Fehlen und zum Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen ihrer erheblichen Bedeutung im BGB zu verankern.“281 Die theoretische Entwicklung zu diesem Themenkomplex ist mittlerweile unüberschaubar geworden. Bereits im Jahre 1981 wurden in einer Abhandlung über 56 (!) verschiedene Theorien ausgemacht.282 Es werden auch verschiedene Kriterien vorgeschlagen, um die Geschäftsgrundlage und die möglichen Arten ihrer Störung einzuteilen. So seien subjektive und objektive283 oder große und kleine Geschäftsgrundlage zu unterscheiden.284 Der Wert solcher Differenzierungen wird allerdings in Frage gestellt.285 Im Rahmen dieser Arbeit wird nicht weiter auf theoretische Einzelheiten eingegangen. Im Laufe der Zeit wurden Fallgruppen entwickelt, die die Behandlung gleichartiger Fälle und das Herangehen an neuartige Konstellationen erleichtern. Es wird deswegen versucht, den vorliegenden Fall in eine dieser Gruppen ein280 Nach Medicus, Bürgerl. Recht, Rn. 151, wird die Lehre von der Geschäftsgrundlage aber schon seit 150 Jahren diskutiert. 281 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 175. 282 Chiotellis, Rechtsfolgenbestimmung, S. 29. 283 Vgl. Larenz, BGB AT (7. Aufl.), § 20 III, insb. S. 394. 284 Palandt / Heinrichs § 242 BGB, Rn. 124; Esser / Schmidt § 24 II, S. 44 ff. 285 Vgl. etwa Medicus, Bürgerl. Recht, Rn. 152 und 165; s. a. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 174.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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zuordnen, und anhand von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu beurteilen, ob ein Fall des Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegeben ist. Fraglich ist, ob man vorliegend von einem Fehlen oder einem späteren Wegfall der Geschäftsgrundlage sprechen muss. Einerseits ist der Erwerber von Anfang an nur Scheingesellschafter, andererseits wird dies erst später erkannt bzw. erst später durch eine Anfechtung des Abtretungsvertrages bewirkt. Dies ist allerdings ohne Bedeutung, da beide Fälle rechtlich gleich behandelt werden.286

bb) Fallgruppe: Motivirrtum Die Gesellschafter und der Geschäftsführer haben sich über die tatsächliche rechtliche Stellung des Erwerbers geirrt. Das entsprechende nachteilige Geschäft wurde in der Erwartung abgeschlossen, dass der Erwerber künftig die Zwecke der Gesellschaft (verstärkt) fördern werde. Es handelt sich demzufolge um den Fall eines Motivirrtums. Diese Fallgruppe beinhaltet überwiegend Fälle gemeinsamer Motivirrtümer, die nach § 119 BGB unbeachtlich sind.287 Teilweise wird die Fallgruppe auch als „gemeinschaftlicher Irrtum“ bezeichnet.288 Allerdings ist es nicht zwingend erforderlich, dass sich beide Parteien von der enttäuschten Erwartung leiten ließen. Es ist wie auch sonst eine Frage der Risikozurechnung, und somit genügt in vielen Fällen die Kenntnis der anderen Partei von den Vorstellungen der einen oder auch nur deren Erkennbarkeit.289 Der Motivirrtum wurde als eigenständiger Fall der Störung der Geschäftsgrundlage zum 1. 1. 2002 in § 313 Abs. 2 BGB aufgenommen.290 In der Gesetzesbegründung wird ebenfalls nicht darauf abgestellt, dass sich beide Parteien über einen Umstand irren. Dort heißt es, dass sowohl die Fälle des gemeinschaftlichen Motivirrtums als auch die Fälle umfasst sind, in denen sich nur eine Partei falsche Vorstellungen macht, die andere Partei diesen Irrtum aber ohne eigene Vorstellungen hingenommen hat.291 Ganz allgemein gilt im Bereich der hier betrachteten rein subjektiv begründeten Störungen, dass eine Grenzziehung zwischen beachtlichen und unbeachtlichen Fehlvorstellungen am schwierigsten ist.292 Nach der neuen Vorschrift des § 313 286 Vgl. BGH NJW 1976, 565, 566; NJW 1986, 1348, 1349; Palandt / Heinrichs § 242 BGB, Rn. 123. 287 So die Einteilung bei Medicus, Bürgerl. Recht, Rn. 162; MünchKomm / Roth § 242 BGB, vor Rn. 665 nennt die Fallgruppe „Irrige Annahme, fehlgeschlagene Erwartung“. 288 So bei Palandt / Heinrichs § 242 BGB, Rn. 149. 289 Vgl. MünchKomm / Roth § 242 BGB, Rn. 665. 290 Diese Vorschrift soll ebenso lediglich die in der Rechtsprechung erzielten Ergebnisse zum Ausdruck bringen, vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 176. 291 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 176. 292 MünchKomm / Roth § 242 BGB, Rn. 665.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Abs. 2 BGB kommt es darauf an, dass sich „wesentliche“ Vorstellungen als falsch herausstellen. Entscheidend ist letztlich eine Wertung aufgrund aller Umstände des Einzelfalles.293 Roth294 hat diese Fallgruppe noch einmal in verschiedene Unterfälle unterteilt, einer davon wird mit „Fehlgeschlagene Erwartung bei Inäquivalenz“ bezeichnet.295 Die Inäquivalenz tritt in den angesprochenen Fällen nicht aufgrund eines unvorhergesehenen Ereignisses ein, sondern wurde von den Parteien von vornherein erkannt, die Vor- und Nachteile wurden also bewusst ungleich verteilt. Der Beweggrund dafür, der in dieser Fallgruppe außerhalb der vertraglichen Leistungsbeziehungen liegt, fehlt aber bzw. fällt später weg. Diese Fälle können großzügiger berücksichtigt werden, da die Gegenpartei wegen der einseitigen Begünstigung in geringerem Maße schutzwürdig ist. In dem hier betrachteten Fall haben die Minderheitsgesellschafter für Beschlüsse gestimmt, die Vermögenszuwendungen an den Mehrheitsgesellschafter zum Gegenstand hatten. Die Geschäftsführung hat daraufhin die entsprechenden Verträge mit dem Erwerber abgeschlossen. Die Beteiligten können nun vorbringen, dass es zu den Geschäftsabschlüssen nur deswegen kam, weil sie davon ausgingen, dass der Erwerber tatsächlich Mehrheitsgesellschafter ist und sie sich von dem Geschäft versprachen, dass der Erwerber die GmbH weiterhin fördern werde. Diese Erwartung lag dem Geschäftsabschluss zugrunde. Die ungleiche Verteilung der Vor- und Nachteile des Rechtsgeschäfts wurde von allen Beteiligten erkannt und war gewollt. Da jedoch die Stellung des Erwerbers lediglich die eines Scheingesellschafters war, und dieser Rechtsschein nunmehr zerstört wurde, können sich die außerhalb des Rechtsgeschäfts liegenden Erwartungen nicht mehr erfüllen. An einer weiteren Förderung der GmbH hat der Erwerber jetzt nämlich kein Interesse mehr. Da er aber durch diese Rechtsgeschäfte einseitig begünstigt wurde, erscheint es nicht unbillig, sie nach Erkennen der Nichtigkeit bzw. nach erfolgter Anfechtung des Abtretungsvertrages marktmäßigen Konditionen anzupassen oder rückgängig zu machen. cc) Fehlvorstellung für den Abschluss des Rechtsgeschäfts bedeutsam? Es ist jedoch fraglich, ob die irrige Annahme im vorliegenden Fall zur Anpassung bzw. Rückabwicklung von Rechtsgeschäften führen kann. Die Rechtsgeschäfte wurden nämlich bloß als Folge des jeweiligen Gesellschafterbeschlusses abgeschlossen. Anders ausgedrückt: Die Fehlvorstellung war primär für den Gesellschafterbeschluss maßgeblich. Dieser kann aber unter Hinweis auf § 242 BGB 293 294 295

MünchKomm / Roth § 242 BGB, Rn. 665. MünchKomm / Roth § 242 BGB, Rn. 666 ff. Vgl. zum Folgenden Rn. 674.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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oder eine fehlende Geschäftsgrundlage nicht beseitigt werden. Es stellt sich somit wieder die Frage über das Verhältnis zu § 16 Abs. 1 GmbHG.

dd) Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage bei vollzogenen Geschäften Problematisch ist weiterhin, inwieweit die Grundsätze vom Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage angewendet werden können, wenn die Rechtsgeschäfte bereits vollzogen wurden. Grundsätzlich kommt eine Anpassung nur für noch nicht abgewickelte Vertragsverhältnisse und nur für die Zukunft in Betracht.296 Dies wird aus dem Merkmal der Zumutbarkeit abgeleitet: Wenn der Schuldner aufgrund der ursprünglichen Vertragssituation geleistet hat, dann war das Rechtsgeschäft für ihn auch zumutbar.297 Anerkannt wurde ein Wegfall der Geschäftsgrundlage bei abgeschlossenen Rechtsgeschäften nur dann, wenn über die Erfüllung hinaus in die Zukunft wirkende Vorstellungen der Parteien als berührt angesehen wurden.298 Dies könnte vorliegend allerdings bejaht werden. Gegen diesen Grundsatz überhaupt wendet sich Teichmann299, denn die Zahlung bzw. Annahme mag auf einer Unkenntnis der Rechtslage beruhen und sagt seiner Meinung nach über die belastenden Auswirkungen nichts aus. Auch dies trifft vorliegend zu, da es um die Unkenntnis der Rechtslage bezüglich der Stellung des Erwerbers geht.

ee) Unbestimmtheit der Erwartung Weiterhin ist problematisch, dass die Erwartung der Beteiligten, der Erwerber werde die „Interessen der Gesellschaft fördern“, sehr unbestimmt ist. Es ist unklar, welche Vorteile genau erwartet wurden. Vielleicht ist auch bereits eine angemessene Förderung eingetreten, vielleicht übertraf sie die Erwartungen einiger Beteiligter oder blieb unter denen anderer.

296 MünchKomm / Roth § 242 BGB, Rn. 534; BGHZ 2, 379, 384; 58, 355, 363 BGH NJW 1983, 2143, 2144. 297 Vgl. Soergel / Teichmann § 242 BGB, Rn. 264; Palandt / Heinrichs § 242 BGB, Rn. 133. 298 MünchKomm / Roth § 242 BGB, Rn. 683; vgl. BGH LM § 242 BGB (Bb) Nr. 18; Palandt / Heinrichs § 242 BGB, Rn. 133. 299 Soergel / Teichmann § 242 BGB, Rn. 264.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

ff) Würdigung (1) Keine Anwendung auf abgeschlossene Rechtsgeschäfte Der entscheidende Gesichtspunkt für die Beurteilung muss wieder die Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG sein. Würde man die Grundsätze vom Wegfall der Geschäftsgrundlage auf bereits durchgeführte Rechtsgeschäfte anwenden, würden rechtliche Vorgänge rückgängig gemacht, weil der Erwerber materiell nicht Gesellschafter wurde. Das aber will die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck verhindern. (2) Nachwirkende Treuepflicht Anders ist für noch nicht durchgeführte Verträge und Dauerschuldverhältnisse300 zu entscheiden. Deren Anpassung oder Aufhebung bzw. Kündigung muss regelmäßig für die Zukunft zugelassen werden. Nach dem Wiedereintritt des Veräußerers in die Gesellschaft können die Gesellschafter den zugrunde liegenden Beschluss zunächst einmal aufheben.301 Der Aufhebungsbeschluss hat zwar keine rückwirkende Kraft302 und keine unmittelbaren Auswirkungen auf das aufgrund des ursprünglichen Beschlusses abgeschlossene Rechtsgeschäft.303 Der Erwerber ist aber aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet, den Vertrag im Einvernehmen mit der GmbH Marktpreisen anzupassen oder aufzuheben bzw. eine Kündigung zuzulassen. Zwar ist der Veräußerer mittlerweile wieder Inhaber der Rechte und Pflichten als Gesellschafter und damit Adressat der Treuebindungen. Die Besonderheit, dass es sich um noch nicht durchgeführte Rechtsgeschäfte mit einseitiger Begünstigung des Erwerbers handelt, führt dazu, dass die Treuepflicht für diesen Bereich auch noch nach der Beendigung der Scheingesellschafterstellung wirkt. Der Erwerber muss sich billigerweise darauf einlassen. In diesen Fällen wird auch nicht gegen den Schutzzweck des § 16 Abs. 1 GmbHG verstoßen, denn für die Vergangenheit bzw. für den Zeitraum der Anmeldung des Erwerbers gegenüber der Gesellschaft werden keine Vorgänge aufgerollt. Wenn der Erwerber allerdings im Einzelfall die an die Inäquivalenz geknüpften konkreten Erwartungen bereits erfüllt hat, mag eine andere Beurteilung gerechtfertigt, also eine nachwirkende Treuepflicht zur Aufhebung oder Anpassung des Vertrages abzulehnen sein. Es kommt somit entscheidend auf den konkreten Einzelfall an. Vgl. dazu seit 1. 1. 2002 die Regelung in § 314 BGB. Vgl. dazu Baumbach / Hueck / Zöllner § 47, Rn. 22; Rowedder / Koppensteiner § 47, Rn. 7; Hachenburg / Hüffer § 47, Rn. 38. 302 Scholz / K. Schmidt § 45, Rn. 33; Hachenburg / Hüffer § 47, Rn. 38. 303 Vgl. Rowedder / Koppensteiner § 47, Rn. 7. 300 301

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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gg) Ergebnis Eine Anwendung der Grundsätze vom Fehlen bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage ist für bereits durchgeführte Rechtsgeschäfte durch die Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG ausgeschlossen. Für noch nicht durchgeführte Verträge oder Teile von Verträgen ist eine Anwendung nicht notwendig, da der Erwerber zur Anpassung bzw. Aufhebung der Verträge bereits aufgrund seiner (nachwirkenden) gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet ist.304

3. Ergebnis

Die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung zwischen Veräußerer und Erwerber führt weder zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung noch zur Anfechtbarkeit von Rechtsgeschäften, soweit die Anfechtung auf die rechtlich fehlerhafte Stellung des Erwerbers gestützt wird. Diese führt ebenso wenig zur Anwendung der Grundsätze vom Fehlen bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage. Auswirkungen hat die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung lediglich auf noch nicht durchgeführte oder noch laufende Rechtsgeschäfte zwischen der GmbH und dem Erwerber. Wenn diese die Interessen des Erwerbers einseitig bevorzugen, so ist dieser aufgrund seiner (nachwirkenden) gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zur Anpassung der Verträge an Marktkonditionen oder zu ihrer Aufhebung verpflichtet.

IV. Vorschlag zur Erreichung eines Nachteilsausgleichs im Verhältnis GmbH / Erwerber: Konzernspezifische Leistungskondiktion analog §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB, 302 AktG Vor dem Hintergrund des unter I. – III. aufgezeigten Rückabwicklungsproblems hat Lass305 einen Lösungsvorschlag unterbreitet, der im Folgenden dargestellt und gewürdigt wird. 1. Darstellung

Lass ist der Ansicht, dass sich die Aussage des BGH in seiner TBB-Entscheidung zur Notwendigkeit eines besonderen Konzernhaftungsrechts nicht nur auf das Schadensersatzrecht, sondern auch auf das Bereicherungsrecht beziehen lässt, da in beiden Fällen die sonstigen Haftungsnormen nicht ausreichen. Zwar beruhen die 304 305

Der Unterschied ist letztlich gering, da beide Rechtsinstitute auf § 242 BGB beruhen. ZGR 1997, 401, 423 ff.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Schwierigkeiten hier nicht nur in der Unmöglichkeit der Isolierung einzelner Maßnahmen, sondern vor allem auf der Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG. Bereicherungsansprüche seien nämlich allenfalls nach erfolgreicher Anfechtung jedes einzelnen Gesellschafterbeschlusses gegeben, der Mangel des Übertragungsgeschäftes ist jedoch wegen § 16 Abs. 1 GmbHG kein tauglicher Anfechtungsgrund. Ihr Lösungskonzept ist wie folgt konstruiert: Vorgänge, die das abhängige Unternehmen schädigen und das herrschende Unternehmen begünstigen, seien generell als eine Leistung des abhängigen an das herrschende Unternehmen anzusehen. Der rechtliche Grund wiederum sei nicht das entsprechende zugrunde liegende Geschäft, sondern die tatsächliche konzernmäßige Verflechtung. Diese Verflechtung bilde, wenn sie wegen Fehlens von Minderheiten oder wegen deren Zustimmung zulässig ist, die rechtliche Grundlage dafür, das abhängige Unternehmen dem herrschenden dienbar zu machen. Und wenn die konzernmäßige Verflechtung nur eine scheinbare ist, weil das herrschende Unternehmen nie wirklich Gesellschafter geworden war, dann seien solche Vorgänge rechtsgrundlos erfolgt. Dem stehe auch § 16 Abs. 1 GmbHG nicht entgegen, da diese Vorschrift nur das nachträgliche Aufrollen der einzelnen Gesellschafterbeschlüsse verhindern möchte, aber nicht speziell den Fall der Konzernbildung und die mit ihm verbundenen Gefahren erfassen wolle. Zur Rückabwicklung dieser Vorgänge schlägt Lass eine sog. konzernspezifische Leistungskondiktion entsprechend § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB vor. Da das Fehlen eines rechtlichen Grundes mit dem Fehlen einer wirklichen konzernmäßigen Verflechtung begründet wird, dürfe der Anspruch konsequenterweise nicht auf Einzelausgleich gerichtet sein. Der Anspruch müsste auf dasjenige gehen, was aufgrund der bloß scheinbaren Verflechtung erlangt worden ist, wobei eine tatsächliche Vermutung dafür spreche, dass die Bereicherung des herrschenden Unternehmens mindestens den Wertverlust des abhängigen Unternehmens ausmache. Deswegen müsse der Scheinerwerber analog § 302 AktG der (scheinbar) übernommenen GmbH ihren objektiven Bilanzverlust ersetzen. Im Unterschied zu den Haftungsgrundsätzen im qualifizierten faktischen Konzern ändere sich der Inhalt des Anspruchs auch nicht dadurch, dass die einzelnen Vorgänge hinreichend dokumentiert wurden. Der Erwerber könne sich aber bei Redlichkeit auf den Wegfall seiner Bereicherung berufen, wofür er selbstverständlich die Beweislast trage.

2. Würdigung

Die vorgeschlagene Lösung hat für sich, dass es einen Gesamtausgleich gibt. Es wird nicht auf die einzelnen Vorgänge abgestellt, sondern vermutet, dass die nachteiligen Maßnahmen in der abhängigen GmbH zu einem mindestens ebenso großen Vorteil beim Erwerber geführt haben.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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Gegen die vorgeschlagene Lösung sprechen aber die folgenden Punkte: a) Lösung beinhaltet nur den Konzernfall Zum Ersten erfasst diese Lösung nur Fälle, in denen der Erwerb der Mehrheitsbeteiligung zur Abhängigkeit der GmbH führt. Die Fälle, in denen der Erwerber keinen weiteren wirtschaftlichen Aktivitäten nachgeht, werden damit nicht gelöst. Es mag zugegeben werden, dass die Gefahr der Ausschlachtung bei einem herrschenden Unternehmen größer ist; es wurde aber gezeigt, dass sich das Rückabwicklungsproblem auch in den Fällen ohne Abhängigkeit stellt. b) Behandlung von Maßnahmen, die zu keinem Vorteil beim Erwerber führten Außerdem werden in die Gesamtabrechnung auch solche Maßnahmen eingestellt, die von vornherein zu keinem Vorteil beim herrschenden Unternehmen geführt haben. Gemeint sind also Fälle wirtschaftlicher Fehlentscheidungen in der abhängigen GmbH, die sowohl für diese als auch für das herrschende Unternehmen einen Misserfolg darstellen. Dieses Problem meint Lass damit gelöst zu haben, dass jedenfalls insgesamt zu vermuten sei, dass das herrschende Unternehmen mindestens um den Bilanzverlust der abhängigen Gesellschaft bereichert sei. Mit anderen Worten: Selbst wenn Fehlschläge passiert sind – insgesamt wird das herrschende Unternehmen aus dem Herrschaftsverhältnis seinen Vorteil gezogen und im Zweifel die Nachteile für die abhängige GmbH in eigene Vorteile umgewandelt haben. Damit wird sicherlich die Erwartung eines herrschenden Unternehmens wiedergegeben. Was soll aber in Fällen gelten, in denen sich der Mehrheitseinstieg nicht in diesem Sinne entwickelt? Wenn also die Vorteile für den Erwerber geringer ausfallen als die Nachteile für die abhängige GmbH? In diesen Fällen hilft auch die Berufung auf § 818 Abs. 3 BGB nicht weiter, denn wenn erst gar keine Bereicherung beim Erwerber entstanden ist, kann er auch nicht deren Wegfall geltend machen. Es müsste vielmehr entweder über Möglichkeiten für den Erwerber nachgedacht werden, die angestellte Vermutung zu widerlegen, oder es müsste begründet werden, warum der Erwerber auch in diesem Fall für den Bilanzverlust der abhängigen GmbH einstehen soll. Darüber enthält der Vorschlag von Lass nichts. c) Dogmatische Konstruktion Der dritte Kritikpunkt betrifft die dogmatische Konstruktion der konzernspezifischen Leistungskondiktion. Durch die Analogie zu § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB werden zwei notwendige Voraussetzungen dieser Vorschrift überbrückt. 6 Jedlitschka

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Zum einen wird nicht herausgearbeitet, was genau „erlangt“ wurde. Durch eine „tatsächliche Vermutung“ und eine „analoge Anwendung des § 302 AktG“ sei der übernommenen GmbH ihr Bilanzverlust zu ersetzen.306 Zum anderen das Merkmal des fehlenden Rechtsgrundes: Obwohl weder die entsprechenden Rechtsgeschäfte noch die zugrunde liegenden Gesellschafterbeschlüsse unwirksam sind, und wegen der Regel des § 16 Abs. 1 GmbHG auch nicht unter Hinweis auf die fehlerhafte Abtretung des Geschäftsanteils angefochten werden können, sollen die Vorteile im Verhältnis zwischen GmbH und Erwerber ohne Rechtsgrund erlangt worden sein. Denn tatsächlich sei die konzernmäßige Verflechtung der „Rechtsgrund“ für die Vorgänge zwischen herrschendem und abhängigem Unternehmen. Lass hat selbst eingeräumt, dass die so konstruierten Ansprüche der GmbH auf keiner sehr gesicherten dogmatischen Grundlage beruhen. Ihre Idee soll denn auch nur als Denkanstoß an die Rechtsprechung dienen, die bislang entwickelten Haftungsgrundsätze im GmbH-Konzern noch einmal neu zu überdenken und gegebenenfalls zu erweitern.307 d) Ergebnis Aufgrund der angeführten Nachteile dieses Konzepts kann festgehalten werden, dass der Vorschlag von Lass für eine Lösung des Rückabwicklungsproblems nicht geeignet ist.

V. Ergebnis zu den Ansprüchen im Verhältnis GmbH / Erwerber 1. Die in Betracht kommenden Ansprüche

Gem. § 30 Abs. 1 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden. Bei Verstößen gegen diese Vorschrift ergeben sich Rückzahlungsansprüche der GmbH gem. § 31 GmbHG. Daneben kommen Ansprüche auf Schadensersatz in Betracht, wenn der Erwerber im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen seine Treuepflicht schuldhaft verletzt hat. Die einseitige Gewährung von Zuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen führt bei Widerspruch eines Mitgesellschafters zur Rückabwicklung und bei Verschulden zusätzlich zu Ansprüchen auf Schadensersatz. Im qualifizierten faktischen Konzern ergibt sich die Besonderheit, dass aufgrund der umfassenden Leitung der abhängigen Gesellschaft die einzelnen Maßnahmen 306 307

ZGR 1997, 401, 425. ZGR 1997, 401, 425.

A. Ansprüche im Verhältnis GmbH / Erwerber

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nicht mehr voneinander isoliert und ausgeglichen werden können. Deshalb muss der Erwerber in diesem Fall der GmbH ihre Verluste analog § 302 AktG ausgleichen. Seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil ist allerdings fraglich, ob der BGH noch eine analoge Anwendung des § 302 AktG befürwortet, wenn außenstehende Minderheitsgesellschafter vorhanden sind, oder ob es das Gericht auch insoweit bei Ansprüchen auf Rückzahlung gem. § 31 GmbHG und auf Schadensersatz bei schuldhaften Treuepflichtverletzungen belässt.

2. Rechtslage bei Zustimmung durch die Minderheitsgesellschafter

Die Rechtslage ändert sich erheblich, wenn sich der Erwerber auf die Zustimmung der Mitgesellschafter stützen kann. Zwar bleibt es bei der Geltung der §§ 30, 31 GmbHG, es können sich aber keine Ansprüche aus Treuepflichtverletzungen mehr ergeben. Die Treuepflichten entfalten nach ganz herrschender Meinung keine Wirkungen, wenn die Gesellschafter einstimmig handeln. Das bedeutet sowohl für den Erwerber ohne als auch für den Erwerber mit weiterer wirtschaftlicher Betätigung, dass sein Handeln in der GmbH grundsätzlich keinen Einschränkungen unterliegt. In Rechtsprechung und Literatur geht aber die Tendenz dahin, wenigstens existenz- oder bestandsgefährdende Maßnahmen als unzulässig anzusehen und der GmbH in diesen Fällen einen Schadensersatzanspruch zu gewähren. Dem ist zuzustimmen. Der BGH hat nunmehr im „Bremer Vulkan“-Urteil ausgesprochen, dass diese Grundsätze auch bei qualifizierter faktischer Konzernierung gelten, wenn keine außenstehenden Minderheitsgesellschafter vorhanden sind. Ein Anspruch der abhängigen GmbH auf Auffüllung des Stammkapitals analog § 302 AktG, ohne dass Auszahlungen im Sinne des § 30 GmbHG vorliegen müssten, entfällt damit.

3. Auswirkungen durch die Unwirksamkeit der Anteilsabtretung

Die Unwirksamkeit der Abtretung des Geschäftsanteils führt nicht zur Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen oder von Rechtsgeschäften, die zwischen dem Erwerber und der GmbH abgeschlossen wurden. Bereits vollzogene Rechtsgeschäfte können auch nicht über die Grundsätze vom Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage korrigiert werden. Wesentlicher Grund für diese einschränkende Sichtweise ist der Regelungszweck des § 16 Abs. 1 GmbHG. Anders ist für noch nicht durchgeführte oder noch laufende Geschäfte zwischen der GmbH und dem Erwerber zu entscheiden. Wenn diese die Interessen des Erwerbers einseitig bevorzugen, so ist dieser aufgrund seiner (nachwirkenden) gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zur Anpassung der Verträge an Marktkonditionen oder zu ihrer Aufhebung verpflichtet. 6*

84

1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems 4. Der GmbH verbleibende Nachteile

Andersherum kann auch festgestellt werden, welche der vom Erwerber zugefügten Nachteile nicht zu Ansprüchen der GmbH führen, wenn die Minderheitsgesellschafter den Maßnahmen des Erwerbers zugestimmt haben. Sanktionslos bleiben alle nachteiligen Maßnahmen, die das Stammkapital nicht berühren und die Existenz der GmbH nicht gefährden. Ausgenommen sind noch laufende Verträge zwischen der GmbH und dem Erwerber, deren Marktanpassung bzw. Aufhebung von der GmbH verlangt werden kann. Sanktionslos bleiben darüber hinaus auch solche Maßnahmen, die das Stammkapital verletzen, aber keine Auszahlungen im Sinne des § 30 GmbHG sind.

B. Ansprüche im Verhältnis Veräußerer / Erwerber Nachdem festgestellt wurde, dass die GmbH nur bedingt Ausgleichsansprüche gegen den Erwerber geltend machen kann, ist zu untersuchen, inwieweit der Veräußerer Ansprüche gegen den Erwerber hat. Zunächst ist unter zu klären, auf welche Weise der Veräußerer die Stellung als Gesellschafter der GmbH mit den vollen Rechten und Pflichten wiedererlangen kann.

I. Wiedererlangung der Gesellschafterstellung Wenn der Abtretungsvertrag nichtig ist, so ist der Erwerber nie Inhaber der Anteile geworden, der Veräußerer ist die ganze Zeit Gesellschafter der GmbH geblieben. Ist die Übertragung wegen erfolgreicher Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen, dann fallen die Anteile mit der Anfechtung rückwirkend an den Veräußerer zurück, wie sich der BGH ausgedrückt hat.308 Der fehlerhafte Erwerb hat den Erwerber nur zum Scheingesellschafter gemacht.309 Es bedarf zwischen den Vertragsparteien also keiner Rückübertragung.310 Vielmehr genügt es, den fortbestehenden Rechtszustand, also die fortbestehende Gesellschaftereigenschaft des Veräußerers festzustellen.311

BGH WM 1990, 505, 507. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 V 2 b) bb), S. 172. 310 Grunewald ZGR 1991, 452, 462. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6, S. 172, Fn. 105, bemerkt, dass eine „vorsorgliche“ Rückübertragung natürlich der Rechtssicherheit dienen würde. Rechtlich ist dies aber nicht erklärbar, da der Veräußerer ja bereits Inhaber der Anteile ist, es gibt also nichts, was zurückübertragen werden könnte, vgl. K. J. Müller GmbHR 1996, 641, 642. Eine „förmliche Rückübertragung“ wurde in BGHZ 84, 47, 51 als Mittel erwogen, um die berechtigte Anfechtung gegenüber der Gesellschaft nachzuweisen. 311 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 V, S. 172. 308 309

B. Ansprüche im Verhältnis Veräußerer / Erwerber

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Eine bloße „Feststellung“ genügt jedoch dann nicht, wenn wie in aller Regel der Erwerber nach § 16 Abs. 1 GmbHG gegenüber der Gesellschaft angemeldet wurde. Denn der materiellrechtliche Mangel der Anteilsübertragung wirkt nicht gegenüber der GmbH, er berührt daher nicht die Anmeldung.312 Die Anmeldung ist bei Unwirksamkeit der Übertragung des Geschäftsanteils zwar materiell gegenstandslos, kann aber nur ex nunc beseitigt werden.313 Fraglich ist, auf welche Weise dies zu geschehen hat oder geschehen kann.

1. Anfechtung der Anmeldungserklärung

Da die Anmeldungserklärung eine Willenserklärung314 oder nach anderer Ansicht eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung315 ist, kommt zunächst ihre Anfechtung in Betracht.316 Dabei ergibt sich das Problem, dass jeder nur seine eigene Erklärung anfechten kann. Die Anfechtung bewirkt dann nicht den gewünschten Erfolg, wenn auch oder nur die andere Partei317 eine Anmeldungserklärung abgegeben hat. Demzufolge ist die Möglichkeit der Anfechtung kein besonders wirksames Mittel, zumal in der Regel die Anmeldungserklärungen – zumindest konkludent – von beiden Parteien der Anteilsübertragung, vom Veräußerer und vom Erwerber, abgegeben werden.318

2. Widerruf der Anmeldungserklärung

Die Lösung des Problems liegt nach fast einhelliger Ansicht darin, den Widerruf der (vollzogenen) Anmeldung zuzulassen.319 Dieser beseitigt ex nunc die Legiti312 BGH WM 1990, 505, 509; WM 1991, 996, 998; GmbHR 1997, 165, 166; Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 12; Scholz / Winter § 16, Rn. 23. 313 Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 12; RGZ 157, 52, 59; BGHZ 84, 47, 49. Siehe noch im vierten Abschnitt unter A. I. 4. zur Rechtsnatur der Wirkung der Anmeldung und zur Einordnung des dadurch gesetzten Rechtsscheins. Zu Ausnahmen bei nicht zurechenbarer Anmeldungserklärung vgl. Fn. 8 in der Einleitung. 314 Hachenburg / Zutt § 16, Rn. 7; Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 5. 315 RGZ 127, 236, 240; BGH BB 1990, 872, 873; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 3; Scholz / Winter § 16, Rn. 14; Roth / Altmeppen § 16, Rn. 4. 316 Diese würde wie gesagt lediglich ex nunc wirken, vgl. Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 13. Die Vorschriften über Willenserklärungen sind auf die Anmeldung entsprechend anwendbar, wenn man sie als rechtsgeschäftsähnliche Erklärung versteht, vgl. Scholz / Winter § 16 Rn. 15; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 3; Roth / Altmeppen § 16, Rn. 4. 317 Also die Partei, die an der Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes bezüglich der Anteilsübertragung kein Interesse hatte bzw. diese nicht angefochten hat. 318 Vgl. Zutt, FS Oppenhoff, S. 571. 319 Roth / Altmeppen § 16, Rn. 12; Grunewald ZGR 1991, 452, 462; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 4; Scholz / Winter § 16, Rn. 23; Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 12. Eine a.A. vertritt K. J. Müller, er hat die sog. „Abmeldung“ nach Vorbild des aktienrecht-

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

mationswirkung der Anmeldung des Erwerbers und bewirkt damit die Wiedereinsetzung des Veräußerers als Gesellschafter.320 Dies wurde jetzt auch in einem Urteil des OLG Hamm321 bestätigt, nachdem der BGH322 lediglich gesagt hatte, die Anfechtung der Anteilsübertragung sei der Gesellschaft zu „melden“. Nach Meinung des OLG Hamm können die Anmeldeberechtigten den Widerruf der Anmeldung entweder gemeinsam erklären, wenn sie sich über die Unwirksamkeit einig sind, oder aber einer von ihnen erklärt den Widerruf unter Nachweis des Fehlens oder der Unwirksamkeit des Rechtsübergangs. 3. Streit über die Unwirksamkeit des Abtretungsvertrages

Ein solcher Widerruf durch den Veräußerer setzt allerdings voraus, dass er die Unwirksamkeit des Abtretungsvertrages zweifelsfrei belegen kann. Ist die Unwirksamkeit zwischen Erwerber und Veräußerer streitig, dann muss man den Geschäftsführer der Gesellschaft für verpflichtet halten, den Widerruf nicht zu akzeptieren, bis dieser Streit rechtskräftig erledigt ist.323 Der Veräußerer kann demnach von dem Erwerber nicht ohne weiteres verlangen, einem Widerruf der Anmeldung zuzustimmen, um damit seine (erneute) Anmeldung bei der Gesellschaft herbeizuführen. Der Veräußerer muss im Falle der Uneinigkeit den Weg einer Klage beschreiten. Es handelt sich dabei um eine Feststellungsklage.324 Hat der Veräußerer ein rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten erstritten, so kann er unter Vorlage dieses Nachweises von der Gesellschaft den Widerruf der Anmeldung des Erwerbers erklären. 4. Ergebnis

Der Veräußerer muss, um gem. § 16 Abs. 1 GmbHG gegenüber der GmbH wieder als Gesellschafter zu gelten, lediglich die Anmeldung des Erwerbers widerrufen, entweder zusammen mit ihm oder allein unter Nachweis der Nichtigkeit bzw. der erfolgreichen Anfechtung der Anteilsübertragung. Der Veräußerer muss also nicht erst einen Anspruch auf Rückübertragung des Geschäftsanteils geltend machen, sondern erhält mit dem Widerruf der Anmeldung die volle rechtliche Stellung als Gesellschafter der GmbH, die er vor der Anmeldung des Erwerbers bei der Gesellschaft innehatte. lichen Löschungsverfahrens erfunden, vgl. in Erwerberhaftung, S. 173 ff. und in GmbHR 1996, 641, 645 ff. 320 Hachenburg / Zutt § 16, Rn. 44 f. 321 NZG 2000, 938. 322 WM 1990, 505, 508. 323 Hachenburg / Zutt § 16, Rn. 44; Zutt, FS Oppenhoff, S. 566 f.; Wiedemann, Übertragung, S. 140 ff.; Scholz / Winter § 16, Rn. 23. 324 Wiedemann, Übertragung, S. 143.

B. Ansprüche im Verhältnis Veräußerer / Erwerber

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II. Ausgleich für die nachteiligen Veränderungen im Unternehmen Wenn in der Zeit seiner Abwesenheit und der Kontrolle des Unternehmens durch den Erwerber schlecht gewirtschaftet wurde, dann hat sich der Unternehmenswert verringert. Dies hat unmittelbaren Einfluss auf den (Verkehrs-) Wert des Geschäftsanteils, da sich die Verringerung des Unternehmenswertes anteilig als Verringerung des Wertes des Geschäftsanteils widerspiegelt. Zu prüfen ist nun, welche Ansprüche sich für den Veräußerer bezüglich der nachteiligen Veränderungen im Unternehmen gegen den Erwerber ergeben.

1. Aussagen in der Literatur

Für die Frage der Rückabwicklung nach doppelt nichtiger Übertragung von Geschäftsanteilen wird in der Literatur teilweise pauschal festgestellt, dass eine Rückabwicklung nach den Regeln des Bereicherungsrechts, §§ 812 ff. BGB, zu erfolgen habe.325 Oder es wird aus der Abkehr der Rechtsprechung von der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft326 geschlossen, dass die Rückabwicklung nun wie bei bloßer Kausalnichtigkeit erfolgen müsse.327 Zu einem Herausgabeanspruch wird aber nicht weiter Stellung genommen, das erlangte Etwas im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB wird also nicht ermittelt. Einige Autoren fügen mehr oder weniger konkrete Bemerkungen zu Einzelheiten der Rückabwicklung an.328 So heißt es, der Erwerber habe etwaige Leistungen der Gesellschaft als Nichtberechtigter empfangen329 oder dass er die Gewinnanteile gem. § 818 Abs. 1 BGB an den Veräußerer herausgeben müsse.330 Problematisch könne es bei verdeckten Gewinnen werden, wie etwa überhöhter Geschäftsführerentgelte.331 Diese Nutzungen seien vom Erwerber selbst dann herauszugeben, wenn der Veräußerer sie selbst nicht hätte ziehen können. Zudem würde wohl meist eine Rückforderung der Gesellschaft eintreten (?).332

325 MünchHdbGesRIII / Jasper § 24, Rn. 171; Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 14; Grunewald ZGR 1991, 452, 464; Scholz / Winter § 16, Rn. 22; K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 156. 326 Vgl. die Einleitung. 327 Zeilinger NZG 1999, 1021, 1029. 328 Weniger konkret Wiedemann, Übertragung, S. 144: „ . . . der wahre Berechtigte muss die Lasten der Mitgliedschaft tragen, ihm gebühren die Nutzungen . . .“. 329 Scholz / Winter § 16, Rn. 22. 330 Grunewald ZGR 1991, 452, 465; K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 156; Zeilinger NZG 1999, 1021, 1029. 331 Grunewald ZGR 1991, 452, 465. 332 Grunewald ZGR 1991, 452, 465.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Auf der anderen Seite müsse der Veräußerer etwaige vom Erwerber getragene Nachschüsse oder Einlageleistungen ausgleichen.333 Teilweise wird davon gesprochen, dass der Erwerber gem. § 818 Abs. 3 BGB alle Vermögensnachteile in Abzug bringen könne, die adäquat kausal auf dem rechtsgrundlosen Erwerb beruhen334, also etwa erbrachte Einlageleistungen und Aufwendungen bei der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte sowie Steuern, die auf den Gewinn zu zahlen waren.335 2. Kritik

Die Anwendung des § 818 BGB setzt das Vorliegen eines Anspruchs auf Herausgabe von etwas Erlangtem voraus, im Folgenden der Kürze und besseren Lesbarkeit wegen (bereicherungsrechtlicher) „Hauptanspruch“ genannt. Ein Nutzungsanspruch gem. § 818 Abs. 1 BGB ist ein sog. Nebenanspruch und setzt das Bestehen eines Hauptanspruchs voraus, also das Vorhandensein einer Leistungsoder Nichtleistungskondiktion. Das gleiche gilt für das „In-Abzug-bringen“ der vom Erwerber erlittenen Vermögensnachteile: Nur wenn sich der Erwerber einem Hauptanspruch ausgesetzt sieht, kann er sich auf seine Entreicherung berufen. Es wurde aber soeben unter I. festgestellt, dass der Veräußerer seine Stellung als Gesellschafter durch einen Widerruf der Anmeldung zurückerlangt. Der Veräußerer hat also keinen Anspruch gegen den Erwerber auf Rückgabe von etwas Erlangtem, vielmehr wendet er sich mit dem erforderlichen Nachweis der Unwirksamkeit der Abtretung an die Gesellschaft. Es besteht somit kein bereicherungsrechtlicher Hauptanspruch des Veräußerers gegen den Erwerber. Diese Feinheit wird von allen genannten Autoren vernachlässigt.

3. Lösungsvorschlag: Konstruktion eines Besitzes am Geschäftsanteil336

Wie gleich zu sehen sein wird, hat Lass dieses Grundproblem im Verhältnis zwischen Erwerber und Veräußerer erkannt. Zunächst stellt sie richtigerweise fest, dass § 16 Abs. 1 GmbHG für dieses Verhältnis keine Bedeutung hat und prüft bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlagen.

333 334 335 336

K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 156; Zeilinger NZG 1999, 1021, 1029. Scholz / Winter § 16, Rn. 22. Grunewald ZGR 1991, 452, 465. Lass ZGR 1997, 401, 416 ff.

B. Ansprüche im Verhältnis Veräußerer / Erwerber

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a) Gewinnausschüttungen und Entnahmen Nach ihrer Ansicht seien Ansprüche des Veräußerers hinsichtlich solcher Vermögensvorteile unproblematisch gegeben, die der Erwerber gerade in seiner Position als vermeintlicher Gesellschafter erlangt hat, also Gewinnausschüttungen und bewilligte Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen. Dabei handele es sich um Leistungen an einen Nichtberechtigten, weil das Recht auf ihren Empfang allein aus der Inhaberschaft am Geschäftsanteil folge. Solche Leistungen befreien die GmbH wegen der Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG gegenüber dem Veräußerer. Die Wirksamkeit im Verhältnis zwischen GmbH und Veräußerer führe aber dazu, dass der Veräußerer diese Vorteile gem. § 816 Abs. 2 BGB vom Erwerber herausverlangen könne.

b) Rechtsgeschäftlich begründete Vorteile Anders wird die Rechtslage hinsichtlich solcher Vorteile beurteilt, die dem Erwerber oder einem mit ihm verbundenen Dritten durch rechtsgeschäftliches Handeln der GmbH zugeflossen sind. In diesen Fällen habe die GmbH als juristische Person jeweils eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne erbracht. Der Veräußerer könne also nicht mittels der Eingriffskondiktion gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB durchdringen, da es an der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung im Verhältnis Erwerber / Veräußerer fehle.337

c) Faktische Vorteile Wiederum anders stelle sich die Rechtslage bei Vorteilen dar, die weder auf gesellschaftsrechtlicher noch auf rechtsgeschäftlicher Grundlage beruhen. Als Beispiele für das Verschaffen solcher sog. faktischen Vorteile durch das herrschende Unternehmen werden genannt: der Abzug fähigen Personals, die Wahrnehmung einer Geschäftschance der abhängigen GmbH und ihr Umbau in einen unselbständigen Zulieferbetrieb, wodurch das herrschende Unternehmen den Aufbau einer eigenen Abteilung erspart. Als Anspruchsgrundlage komme nur die allgemeine Nichtleistungskondiktion gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB in Betracht, wobei sich neben der Schwierig337 Oder mit den Worten der Rechtsprechung: Es gilt der Vorrang der Leistungskondiktion im Verhältnis zwischen der GmbH und dem Erwerber. Lass (ZGR 1997, 401, 417 f.) hatte deswegen die Idee, eine Korrektur durch die Anwendung der sog. Durchgriffslehre durchzuführen. Richtigerweise stellt sie fest, dass dies nur Sinn macht, wenn der Veräußerer Ansprüche gegen die GmbH hat. Solche liegen aber nicht vor. Die Durchgriffslehre wurde ja erfunden, um bei Vermögenslosigkeit der GmbH auf die dahinter stehenden Gesellschafter durchzugreifen.

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

keit der Bewertung solcher faktischen Vorteile in Geld zwei Problemkreise ergäben: die Frage des Zuweisungsgehalts der betroffenen Rechtspositionen und das Fehlen eines rechtlichen Grundes. Es sei nämlich fraglich, ob der Veräußerer ein Recht darauf hat, dass bestimmte Arbeitnehmer für „seine“ Gesellschaft arbeiten oder dass „seiner“ Gesellschaft eine bestimmte Geschäftsbeziehung erhalten bleibt. Und selbst wenn es gelänge, einen Zuweisungsgehalt zu konstruieren, beispielsweise über das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, dann ergäbe sich immer noch das Problem, dass für die Erlangung der Vermögensvorteile jeweils ein spezieller Rechtsgrund vorliegt: der Arbeitsvertrag mit dem abgeworbenen Arbeitnehmer oder das mit dem abgeworbenen Geschäftspartner abgeschlossene Rechtsgeschäft.

d) Vergleich mit dem Fall bloßer Kausalnichtigkeit Lass analysiert zum Vergleich die sich ergebende Rechtslage, wenn bloß das Kausalgeschäft, also der Kaufvertrag über die Geschäftsanteile, nichtig ist bzw. angefochten wurde. In diesem Fall ist der Erwerber im Zeitpunkt der Abtretung (wirklicher) Gesellschafter der GmbH geworden. Bei Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts muss der Erwerber den Anteil auf den Veräußerer zurückübertragen. Es ergibt sich für den Veräußerer demnach ein Anspruch auf Rückabtretung des Geschäftsanteils gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB.338 Lass diskutiert zunächst, ob eine wesentliche Umgestaltung des von der GmbH betriebenen Unternehmens dazu führt, dass der Veräußerer nicht mehr den Geschäftsanteil, sondern nur noch Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB fordern kann, wie das von einigen Autoren bei der Rückabwicklung von Unternehmenskäufen vertreten wird. Unabhängig davon, dass dagegen schon beim Unternehmenskauf erhebliche Einwände erhoben werden339, ist diese Konstruktion meines Erachtens nicht auf den Anteilskauf übertragbar. Gegenstand des Herausgabeanspruchs ist nämlich nicht das Unternehmen, sondern der Geschäftsanteil, ein Mitgliedschaftsrecht. Das Recht selbst hat sich nicht verändert, nur dessen Wert unterliegt Schwankungen. Die Folge von nachteiligen Einflussnahmen auf die abhängige GmbH sei eine Wertminderung des Geschäftsanteils. Allgemein werde die wesentliche Beschädigung des erlangten Gegenstandes wie ein Fall teilweiser Unmöglichkeit behandelt, für den gem. § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten ist. Nicht anders verhalte es sich, wenn der Gegenstand des Herausgabeanspruchs ein Geschäftsanteil ist. Folg338 Scholz / Winter § 15, Rn. 41. Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 11: obligatorischer Rückabtretungsanspruch, nach Rückabtretung ist erneute Anmeldung des Veräußerers erforderlich (denn die Anmeldung des Erwerbers war zutreffend), s. a. Lutter / Hommelhoff § 15, Rn. 43. 339 Vgl. etwa die Darstellungen bei Schwintowski JZ 1987, 588, 589 ff. MünchKomm / Lieb Anh. § 25 HGB, Rn. 44 ff.

B. Ansprüche im Verhältnis Veräußerer / Erwerber

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lich hätte der Veräußerer im Fall der Wirksamkeit der Abtretung einen Anspruch auf Ausgleich der Wertdifferenz des Geschäftsanteils in Geld. Dies bedeutet nach Lass einen Wertungswiderspruch: Wenn der Erwerber (rechtsgrundloser) Inhaber des Geschäftsanteils geworden ist, dann müsse er für dessen Wertverlust einstehen. War der Erwerber aber bei Unwirksamkeit auch des dinglichen Vertrages nur vermeintlicher Gesellschafter, dann ergäbe sich eine solche Verpflichtung nicht. Dies widerspreche dem Grundsatz, dass derjenige, der „mit mehr Recht“ handelt, nicht schlechter stehen darf als der, der eine noch schwächere Rechtsposition erlangt bzw. dessen Rechtsposition mit einem noch stärkeren Mangel behaftet ist. e) Lösung: Rechtliche Erfassung der faktischen Inhaberschaft am Geschäftsanteil Der Unterschied in der rechtlichen Behandlung liege darin, dass die Position als Scheininhaber eines Geschäftsanteils ein rechtliches nullum sei, das weder einen Verkehrswert habe noch herausgegeben werden kann. Das Problem des fehlenden „Hauptanspruchs“ wird demnach als das entscheidende Hindernis erkannt. Lass löst das Problem mit einem weiteren Vergleich, und zwar der Rechtslage bei der fehlerhaften Übereignung von Sachen. Dort ergäbe sich im Fall doppelt nichtiger Übertragung einer Sache als Hauptanspruch die Besitzkondiktion. Zwar „hinke“ der Vergleich etwas, weil man bei Sachen in Konflikt mit den Vorschriften der §§ 987 ff. BGB gerate. Jedoch seien Vorteile, die im Wege der Ausschlachtung, Verarbeitung usw. der fehlerhaft übertragenen Sache erlangt wurden, „nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft nicht als Ertrag der Sache anzusehen“ und seien damit als Übermaßfrüchte nicht von der Vorschrift des § 993 Abs. 1 BGB umfasst. Die Lösung führe also über die rechtliche Anerkennung der faktischen Inhaberschaft am Geschäftsanteil, um diese Position einem Hauptanspruch zugänglich zu machen. Dafür wird ein sog. „Anteilsbesitz“ vorgeschlagen. Dessen Wert müsse mit dem tatsächlichen Verkehrswert des Geschäftsanteils gleichgesetzt werden, um den Wertverlust des Geschäftsanteils über § 818 Abs. 2 BGB einem Ausgleichsanspruch zuzuführen. f) Würdigung Dieser Lösungsvorschlag enthält zum einen Ungereimtheiten im Detail. aa) Konkurrierende Bereicherungsansprüche Fraglich ist das Verhältnis des Wertersatzanspruchs nach §§ 812, 818 Abs. 2 BGB zu Ansprüchen gem. § 816 Abs. 2 BGB wegen Entnahmen aus dem Gesell-

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1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

schaftsvermögen, wenn diese den Anteilswert verringert haben. Wird der Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB durch die Leistungskondiktion, gerichtet auf Herausgabe des Anteilsbesitzes, verdrängt?

bb) Einschränkung des Herausgabeanspruchs bei Wirksamkeit der Abtretung Es wird bei dem Vergleich mit der Rechtslage nach lediglich kausalnichtiger Anteilsübertragung übersehen, dass der Herausgabeanspruch des Veräußerers einer wichtigen Einschränkung unterliegt. Die Rückübertragung folgt nämlich ebenso wie die ursprüngliche Abtretung den Regeln des § 15 GmbHG.340 Wenn der Gesellschaftsvertrag entsprechend der Regelung des § 15 Abs. 5 GmbHG die Zustimmung der Gesellschafter als Voraussetzung für eine Übertragung von Geschäftsanteilen vorsieht, und diese Zustimmung nicht erteilt wird, dann gibt es für den Veräußerer nur Wertersatz.341 Grundsätzlich ist ein Beschluss mit einfacher Mehrheit ausreichend342 und der abtretende Gesellschafter kann mitstimmen343. Im Fall der Übertragung der Mehrheitsbeteiligung liegt es somit in der Hand des Erwerbers, die Zustimmung herbeizuführen. Dazu ist der Erwerber gegenüber dem Veräußerer schuldrechtlich verpflichtet.344 Anders sieht es allerdings dann aus, wenn der Gesellschaftsvertrag qualifizierte Mehrheitserfordernisse vorsieht und die auf den in Rede stehenden Geschäftsanteil entfallenden Stimmen diesen Voraussetzungen nicht genügen. Das von Lass gebrauchte argumentum a maiore ad minus ist folglich inkorrekt.

cc) Dogmatische Konstruktion Zum anderen ist die dogmatische Konstruktion des „Anteilsbesitzes“ als sehr fragwürdig zu bezeichnen. Darauf wird noch später bei der Entwicklung des Lösungskonzeptes eingegangen.345 340 Diese muss also wiederum der notariellen Form gem. § 15 Abs. 3 GmbHG genügen, vgl. nur Scholz / Winter § 15, Rn. 42. 341 A. Hueck DB 1966, 1043, 1046; Grunewald ZGR 1991, 452, 462; Keil, Unternehmenskäufe, S. 215. Für einen Kommanditanteil BGH DB 1990, 1656 dazu Anm. Wiedemann / Heinemann DB 1990, 1649, 1655. 342 Allg. M., vgl. BGHZ 48, 163, 167; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 15, Rn. 42; Scholz / Winter § 15, Rn. 92b; Roth / Altmeppen § 15, Rn. 64; Hachenburg / Zutt § 15, Rn. 113. 343 BGHZ 48, 163, 167; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 15, Rn. 41; Scholz / Winter § 15, Rn. 92; Roth / Altmeppen § 15, Rn. 60; Hachenburg / Zutt § 15, Rn. 110. 344 Vgl. A. Hueck DB 1966, 1043, 1046. 345 s. im vierten Abschnitt, A. I. 2.

B. Ansprüche im Verhältnis Veräußerer / Erwerber

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4. Rückgewähranspruch bei „übergegangenem Geschäftsbetrieb“

Um die Verwirrung zu komplettieren, soll an dieser Stelle noch kurz eine Entscheidung des BGH angeführt werden.346 In dem zugrunde liegenden Sachverhalt war der Kaufvertrag über die Geschäftsanteile nichtig. Die Abtretung erfolgte unter einer aufschiebenden Bedingung, die allerdings nie eintrat. Das Berufungsgericht gewährte dem Erwerber einen Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises, vertrat aber die Ansicht, dass die Veräußerer im Gegenzug nichts herausverlangen könnten, da sie weiterhin Inhaber der Anteile waren. Nach Ansicht des BGH hatte das Berufungsgericht im Text des notariellen Vertrages übersehen, dass der Kauf „das Handelsgeschäft der GmbH, die Firma und den gesamten Kundenstamm“ umfasste. Wenn aber der Geschäftsbetrieb auf den Erwerber übergegangen ist, wovon in der Revisionsinstanz auszugehen war, dann hatte das Berufungsgericht rechtlich unzutreffend allein auf den Verbleib der Geschäftsanteile abgestellt. Der BGH löste das Problem des fehlenden Hauptanspruchs also durch einen Trick: Zwar waren die Veräußerer weiterhin Inhaber der Geschäftsanteile, sie konnten aber die Herausgabe des Geschäftsbetriebs verlangen.347 5. Anspruchsgrundlagen außerhalb des Bereicherungsrechts

Im Übrigen gibt es auch keine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder wegen angemaßter Eigengeschäftsführung gem. § 687 Abs. 2 BGB. Zwar hat der Erwerber ein objektiv fremdes Geschäft geführt, wie sich später herausgestellt hat. Er hatte jedoch keinen Fremdgeschäftsführungswillen im Sinne der Geschäftsführung ohne Auftrag und kein positives Wissen gem. § 687 Abs. 2 BGB, dass er ein fremdes Geschäft führt, denn in dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Fall wurde die Nichtigkeit oder der Anfechtungsgrund plötzlich und unerwartet entdeckt. Der Erwerber konnte davon ausgehen, dass er Gesellschafter und damit zum Handeln in der Gesellschaft berechtigt war.348

III. Ergebnis zu den Ansprüchen im Verhältnis Veräußerer / Erwerber Der Veräußerer ist aufgrund der Unwirksamkeit des Abtretungsvertrages über den gesamten Zeitraum Gesellschafter der GmbH gewesen. Die Vorschrift des § 16 BGH WM 1989, 256. Es ging um die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts durch die Veräußerer. Dieses wurde vom Berufungsgericht abgelehnt. Nach Ansicht des BGH hätte das Berufungsgericht für die Höhe des Bereicherungsanspruchs den Saldo der beiderseitigen Leistungen ansetzen müssen, was sinngemäß auch für ungleichartige Ansprüche gelte. Der BGH verwies die Sache zurück, um den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben. 348 Ebenso Lass ZGR 1997, 401, 413. 346 347

94

1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

Abs. 1 GmbHG erklärt den Erwerber lediglich im Verhältnis zur GmbH zum Gesellschafter. Der Veräußerer kann die volle rechtliche Stellung gegenüber der Gesellschaft durch einen Widerruf der Anmeldung des Erwerbers zurückerlangen. Ansprüche auf Ausgleich der nachteiligen Veränderungen in der Gesellschaft hat der Veräußerer nicht. Ansprüche aus Bereicherungsrecht scheitern daran, dass der Erwerber durch den unwirksamen Abtretungsvertrag nichts erlangt hat, sondern nur im Verhältnis zur GmbH als Gesellschafter galt. Die Lösung von Lass über einen Anteilsbesitz enthält Unklarheiten und ist dogmatisch zweifelhaft. Ansprüche außerhalb des Bereicherungsrechts scheitern, weil der Erwerber kein positives Wissen bezüglich der Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit der Anteilsabtretung hatte.

C. Zusammenfassung der Ergebnisse des ersten Abschnitts I. Verhältnis zwischen GmbH und Erwerber 1. Anspruchsgrundlagen

Die GmbH hat Ansprüche auf Rückzahlung gem. § 31 GmbHG, wenn entgegen § 30 Abs. 1 GmbHG zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliches Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter ausgezahlt wurde. Daneben kommen Ansprüche auf Schadensersatz in Betracht, wenn der Erwerber im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen seine Treuepflicht schuldhaft verletzt hat. Die einseitige Gewährung von Zuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen führt bei Widerspruch eines Mitgesellschafters zur Rückabwicklung und bei Verschulden zusätzlich zu Ansprüchen auf Schadensersatz. Diese Grundsätze gelten für einen Erwerber, der kein Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne ist, und für den einfachen faktischen Konzern. Im qualifizierten faktischen Konzern ergibt sich die Besonderheit, dass aufgrund der umfassenden Leitung der abhängigen Gesellschaft die einzelnen Maßnahmen nicht mehr voneinander isoliert und ausgeglichen werden können. Deshalb muss der Erwerber in diesem Fall der GmbH ihre Verluste analog § 302 AktG ausgleichen. Seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil ist allerdings fraglich, ob der BGH noch eine analoge Anwendung des § 302 AktG befürwortet, wenn außenstehende Minderheitsgesellschafter vorhanden sind, oder ob es das Gericht auch insoweit bei Ansprüchen auf Rückzahlung gem. § 31 GmbHG und auf Schadensersatz bei schuldhaften Treuepflichtverletzungen belässt.

C. Zusammenfassung der Ergebnisse des ersten Abschnitts

95

2. Rechtslage bei Zustimmung durch die Minderheitsgesellschafter

Die Rechtslage ändert sich erheblich, wenn sich der Erwerber auf die Zustimmung der Mitgesellschafter stützen kann. Zwar bleibt es bei der Geltung der §§ 30, 31 GmbHG, es können sich aber keine Ansprüche aus Treuepflichtverletzungen mehr ergeben. Die Treuepflichten entfalten nach ganz herrschender Meinung keine Wirkungen, wenn die Gesellschafter einstimmig handeln. Das bedeutet sowohl für den Erwerber ohne als auch für den Erwerber mit weiterer wirtschaftlicher Betätigung, dass sein Handeln in der GmbH grundsätzlich keinen Einschränkungen unterliegt. In Rechtsprechung und Literatur geht aber die Tendenz dahin, wenigstens existenz- oder bestandsgefährdende Maßnahmen als unzulässig anzusehen und der GmbH in diesen Fällen einen Schadensersatzanspruch zu gewähren. Dieser Sichtweise ist zuzustimmen. Der BGH hat nunmehr im „Bremer Vulkan“-Urteil ausgesprochen, dass diese Grundsätze auch bei qualifizierter faktischer Konzernierung gelten, wenn keine außenstehenden Minderheitsgesellschafter vorhanden sind. Ein Anspruch der abhängigen GmbH auf Auffüllung des Stammkapitals analog § 302 AktG, ohne dass Auszahlungen im Sinne des § 30 GmbHG vorliegen müssten, entfällt damit.

3. Auswirkungen durch die Unwirksamkeit der Anteilsabtretung

Die Unwirksamkeit der Abtretung des Geschäftsanteils führt zwar nicht zur Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen oder von Rechtsgeschäften, die zwischen dem Erwerber und der GmbH abgeschlossen wurden. Wenn aber noch nicht durchgeführte oder noch laufende Geschäfte zwischen der GmbH und dem Erwerber die Interessen des Erwerbers einseitig bevorzugen, so ist dieser aufgrund seiner (nachwirkenden) gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zur Anpassung der Verträge an Marktkonditionen oder zu ihrer Aufhebung verpflichtet.

4. Der GmbH verbleibende Nachteile

Andersherum kann auch festgestellt werden, welche der vom Erwerber zugefügten Nachteile nicht zu Ansprüchen der GmbH führen, wenn die Minderheitsgesellschafter den Maßnahmen des Erwerbers zugestimmt haben. Sanktionslos bleiben alle nachteiligen Maßnahmen, die das Stammkapital nicht berühren und die Existenz der GmbH nicht gefährden. Ausgenommen sind noch laufende Verträge zwischen der GmbH und dem Erwerber, deren Marktanpassung bzw. Aufhebung von der GmbH verlangt werden kann. Sanktionslos bleiben darüber hinaus auch solche Maßnahmen, die das Stammkapital verletzen, aber keine Auszahlungen im Sinne des § 30 GmbHG sind.

96

1. Abschn.: Darstellung des Rechtsproblems

II. Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber Der Veräußerer hat gegen den Erwerber keine Ansprüche auf Ausgleich der nachteiligen Veränderungen in der Gesellschaft. Ansprüche aus Bereicherungsrecht scheitern, weil der Geschäftsanteil nie auf den Erwerber übergegangen ist. Der Veräußerer war den ganzen Zeitraum über (wirklicher) Gesellschafter der GmbH. Der Erwerber hat durch den unwirksamen Abtretungsvertrag nichts erlangt, er galt nur im Verhältnis zur GmbH als Gesellschafter. Der Veräußerer hat demnach keinen Anspruch auf Herausgabe des Geschäftsanteils gegen den Erwerber, es fehlt an einem „Hauptanspruch“, um die Regeln des Bereicherungsrechts anwenden zu können. Ansprüche außerhalb des Bereicherungsrechts scheitern, weil der Erwerber kein positives Wissen bezüglich der Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit der Anteilsabtretung hatte. Damit bleibt es bei den unter I. zusammengefassten Ansprüchen, die der GmbH gegen den Erwerber zustehen.

III. Planwidrige Lücke oder wirtschaftliche Gründe? Es kann somit festgehalten werden, dass eine Rückabwicklung in dem Sinne, dass die GmbH und der Veräußerer so gestellt werden, wie sie vor fehlgeschlagener Übertragung standen, nach den bisherigen Ermittlungen nicht machbar ist. Das wirft die Frage auf, ob das deutsche Recht lückenhaft ist – oder ob es dafür einen oder sogar mehrere Gründe gibt. Zur Beantwortung dieser Frage wird nun im folgenden zweiten Abschnitt die Rechtslage im US-amerikanischen Recht untersucht. Dabei wird von den Hypothesen ausgegangen, wie sie bereits in der Einleitung zu dieser Arbeit aufgestellt wurden: Wenn im US-Recht bei der Rückabwicklung ähnliche Schwierigkeiten wie im deutschen Recht auftreten, dann könnte das deutsche Recht nicht als lückenhaft bezeichnet werden. Vielmehr wäre nach Gründen zu suchen, die erklären, warum bei einer fehlgeschlagenen Anteilsübertragung eine geordnete Rückabwicklung bzw. Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht erreicht werden kann. Würde dagegen ermittelt, dass die Gesellschaft und / oder der Veräußerer für die vom Erwerber verursachten Nachteile entschädigt werden, wirtschaftlich gesehen also ihre frühere Stellung (zumindest im Wesentlichen) wieder erlangen, so wäre die Frage nach der Lückenhaftigkeit des deutschen Rechts zu bejahen. Es würde sich die Aufgabe stellen, unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem USRecht eine Lösung für das deutsche Recht zu entwickeln.

Zweiter Abschnitt

Untersuchung des US-amerikanischen Rechts A. Gang der Untersuchung An erster Stelle eines Rechtsvergleichs steht die Ermittlung des Vergleichsobjekts. Es ist zu untersuchen, welcher rechtliche Vorgang im US-amerikanischen Recht mit dem Fall einer unwirksamen Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen verglichen werden kann. Unter B. wird zunächst ermittelt, welches Rechtsgeschäft mit der Übertragung von Geschäftsanteilen vergleichbar ist. Im Vordergrund steht dabei, die Rechtsform des US-amerikanischen Gesellschaftsrechts zu ermitteln, die der GmbH am nächsten steht. Unter C. geht es dann um die verschiedenen Arten der Mangelhaftigkeit von Verträgen im Recht der USA. Es wird wiederum zu untersuchen sein, welcher Unwirksamkeitsgrund als Parallelfall zur Nichtigkeit und Anfechtbarkeit im deutschen Recht anzusehen ist. Da sich diese Arbeit mit den Problemen der Rückabwicklung beschäftigt, wird den einschlägigen Rechtsfolgen besondere Bedeutung zukommen. Nach der Ermittlung des vergleichbaren rechtlichen Vorgangs wird unter D. das zu diesem Bereich ergangene case law untersucht. Sämtliche Entscheidungen der Bundesgerichte und der Gerichte der Bundesstaaten, die im Zeitraum von 1966 bis einschließlich Mai 2002 zu diesem Thema veröffentlicht wurden, fließen in die Analyse ein. Die Untersuchung wird Unterschiede in der Rechtsprechung einzelner Bundesstaaten zu Tage fördern. Dies ist im Übrigen nicht verwunderlich, da in den USA fünfzig grundsätzlich selbständige Rechtsprechungssysteme existieren. Es gibt zwar einheitliche Rechtsgrundsätze, die Unabhängigkeit der Jurisdiktionsbereiche führt aber immer wieder zu unterschiedlicher Auslegung.349

349

Vgl. Blumenwitz, Einführung, S. 20 ff., insb. S. 22.

7 Jedlitschka

98

2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

B. Vergleichbares Rechtsgeschäft: Übertragung von Anteilen an einer (close) corporation Die Kapitalgesellschaft des US-amerikanischen Rechts ist die business corporation, meist nur als corporation bezeichnet.350 Da es im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht zwei ganz weit verbreitete351 Rechtsformen gibt, die AG und die GmbH, wurde schon vor geraumer Zeit untersucht, inwieweit die so genannte close oder closely held corporation als Pendant zur GmbH angesehen werden kann.352

I. Close corporation als Erscheinungsform der corporation Es gibt allerdings keine eindeutige Definition der close corporation im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht.353 Vielmehr gibt es eine ganze Reihe von Versuchen, diese Erscheinungsform der corporation zu definieren.354 Manchmal wird die close corporation einfach als eine corporation mit einigen wenigen Gesellschaftern bezeichnet355, im Gegensatz zur publicly held corporation, bei der die Anteile weit gestreut sind. Eine andere populäre Definition beschreibt die close corporation als eine Gesellschaft, deren Anteile nicht am Kapitalmarkt gehandelt werden.356 Das Vorhandensein einer close corporation wird weiterhin dann anerkannt, wenn das Unternehmen von den Gesellschaftern in einer Art und Weise geführt wird, welches dem Innenverhältnis der partnership (Personengesellschaft) entspricht, insbesondere wenn die Anteilsinhaber aktiv am Management der corporation beteiligt sind. Der Supreme Court of Massachusetts hat diese Merkmale in der bekannten Entscheidung Donahue v. Rodd Electrotype Co.357 zusammengefasst und ausgeführt, dass die close corporation gekennzeichnet sei durch: (1) eine geringe Anzahl von 350 Auf Einzelheiten dieser Gesellschaftsform wird hier nicht eingegangen, sondern auf die einschlägige Literatur verwiesen; siehe zu diesem Thema etwa Hamilton, Cox / Hazen / O’Neal oder in deutscher Sprache Merkt (vgl. Literaturverzeichnis). 351 Damit die Rechtsform der KGaA einmal außer Betracht lassend. 352 Vgl. Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft. 353 Vgl. das Zitat von Rohrlich in Kessler, Merc.L.Rev. 36 (1985), 661: Die close corporation sei wie eine Wendeltreppe: schwer zu beschreiben, aber man erkennt sie, wenn man eine sieht. 354 Siehe zum Folgenden O’Neal (1992), § 1.02 mit umfangreichen Nachweisen und kritischen Anmerkungen. 355 Es sei angemerkt, dass etwa 95% aller US-corporations weniger als 10 Aktionäre haben, vgl. O’Neal (1992), § 1.02, Fußnote 11. 356 Z. B. § 630 (a) New York Business Corporation Law: „shares of which are not traded on a national securities exchange or regularly quoted on an over-the-counter market“. 357 328 N.E.2d 505 (1975), auf S. 511.

B. Vergleichbares Rechtsgeschäft

99

Gesellschaftern, (2) das Fehlen eines Marktes für den Handel der Gesellschaftsanteile, und (3) wesentliche Teilhabe der (Mehrheits-)Gesellschafter an „management, direction and operations“358 der Gesellschaft. Fünfzehn Bundesstaaten haben mittlerweile Sonderregelungen zur close corporation in Form eines Kapitels oder einer Ergänzung in das allgemeine corporation statute eingefügt.359 Unter welchen Voraussetzungen eine corporation den Status der close corporation erlangt, ist in den Gesetzen der einzelnen Bundesstaaten ganz unterschiedlich geregelt.360 Diese Sonderregelungen sind speziell auf die Bedürfnisse der close corporation zugeschnitten, sie erlauben eine flexiblere Gestaltung des Innenverhältnisses, als es das allgemeine Recht der corporation zuließ.361 Die Kommentatoren haben die close corporation statutes mit viel Lob bedacht, in der Praxis wird von den angebotenen Möglichkeiten aber nur wenig Gebrauch gemacht.362 Als eine der Hauptursachen wird die Tatsache angesehen, dass in den meisten Bundesstaaten inzwischen auch die allgemeinen corporation statutes geändert wurden. Diese Änderungen haben viele der typischen Probleme gelöst, die sich für das Innenverhältnis von kleinen corporations ergaben.363 Und auch in Abwesenheit gesetzlicher Regelungen wurden die besonderen Bedürfnisse der close corporations von den Gerichten anerkannt.364 Es kann somit festgehalten werden, dass keine einheitliche Definition der close corporation existiert, weder in den Gesetzen der Bundesstaaten noch in Rechtsprechung oder Literatur.365 Es bleibt demzufolge bei einer typologischen Beschreibung, wie sie zum Beispiel in der Donahue-Entscheidung vorgenommen wurde. II. Relevanz der Unterscheidung für die Untersuchung Für die folgende Analyse des US-amerikanischen case law ist festzustellen, dass es nicht darauf ankommt, ob es sich im Rahmen einer Entscheidung um eine close Das Gericht weiter: „integration of ownership and management“. Vgl. O’Neal (1992), § 1.18. Nach Karjala, 21 AZSLJ 663 (670) sind es 16, er nennt diese gesetzliche Form den Delaware approach, s. S. 682 ff. Daneben gibt es 9 Bundesstaaten, die sich darauf beschränken, bestimmte Gesellschafterbeschlüsse zuzulassen, wenn die Gesellschaftsanteile nicht öffentlich gehandelt werden, vgl. Karjala, S. 669 f., sog. North Carolina approach, näher a. a. O. auf S. 681 f. Zur section 7.32 des MBCA (1984) siehe Hamilton ch. 12.14. 360 Vgl. dazu O’Neal (1992), § 1.18; Karjala, 21 AZSLJ 663 (682 ff.). 361 O’Neal (1992), § 1.13 – 1.17. 362 O’Neal (1992) vermutet, dass sich nur etwa 5% der in Frage kommenden corporations für eine Anwendung des statutes entscheiden, vgl. § 1.19. 363 Siehe dazu und zu weiteren Ursachen und Hintergründen Hamilton ch. 12.13 (u. a.: „. . . old habits of corporate lawyers die hard.“). 364 O’Neal (1992), § 1.20. 365 Gegen eine verbindliche Definition insbesondere auch Cox / Hazen / O’Neal ch. 1.20. 358 359

7*

100

2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

corporation im Sinne der Gesetze der Bundesstaaten handelt. Es geht also nicht darum, spezielles statute law anzuwenden. In keiner der betrachteten Gerichtsentscheidungen war eine Bestimmung aus dem statute law zur close corporation von Bedeutung. Die Urteile betrafen jedoch nahezu ausschließlich kleine Unternehmen mit wenigen Gesellschaftern, welche in der Regel aktiv am Geschäftsgeschehen teilnahmen. Zudem wurden die Anteile regelmäßig nicht am Kapitalmarkt gehandelt. Denn in einem solchen Fall würde das Geschäft zwischen Bank und Bankkunde oder zwischen Broker und Kunde im sog. over-the-counter-Geschäft abgeschlossen und abgewickelt. Eventuelle Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe würden ihre Wirkung dann zwischen diesen Parteien entfalten, und auch die notwendig werdende Rückabwicklung des Vertrages würde in diesem Verhältnis stattfinden.366 Die Darstellung beschäftigt sich jedoch mit dem direkten Verhältnis zwischen altem und neuem Anteilseigner, das heißt mit einem zwischen diesen Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag. Trotzdem kann nicht in der Weise verallgemeinert werden, dass es sich um corporations handelt, deren Anteile nicht am Kapitalmarkt gehandelt werden. Denn es gibt bekanntlich verschiedene Aktiengattungen, und es können ohne weiteres Vorzugsaktien oder nicht stimmberechtigte Stammaktien einer close corporation öffentlich gehandelt sein.367 Auf der anderen Seite kann es auch bei einer an der Börse gelisteten corporation zu Verhandlungen zwischen dem Mehrheitsaktionär und einem interessierten Käufer kommen. Der Kauf würde sodann direkt zwischen diesen Parteien abgewickelt und folglich in den Kreis der zu betrachtenden Geschäfte fallen. Zudem können auch in solchen corporations die für kleine Gesellschaften typischen Streitigkeiten im Innenverhältnis auftreten.368 Erst nach Vorwegschicken dieser wichtigen Vorüberlegungen kann gesagt werden, dass es sich bei dem Vergleichsobjekt um die closely held corporation handelt. Besser und verständlicher im Sinne des angestrebten Vergleichs ist es jedoch, die betrachteten Anteilskaufverträge als Verträge über die von der corporation verkörperten Unternehmen zu verstehen, also als Investment in das betriebene Geschäft, im Gegensatz zu einem Investment in die Rendite ohne eigenes Tätigwerden im Unternehmen. Nur im ersten Fall wird es zu Einflussnahmen des Erwerbers auf den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft kommen.

366 Vgl. A.L. Williams Corp. v. Faircloth, 652 F.Supp. 51 (Ga. 1986); Messersmith v. G.T. Murray & Co., 667 P.2d 655 (Wyo. 1983); Akerson v. Gupta, 458 F.Supp. 189 (Mo. 1978). 367 O’Neal, (2000 Supplement), § 1.03. 368 O’Neal (2000 Supplement), § 1.03, v. a. das Bsp. in Fn. 5.

C. Vergleichbarer Unwirksamkeitsgrund

101

C. Vergleichbarer Unwirksamkeitsgrund: voidability I. Einteilung mangelhafter Verträge Verträge, die (untechnisch ausgedrückt) mit einem Fehler behaftet sind, können im US-amerikanischen Recht in drei Kategorien eingeteilt werden: der Vertrag kann void (nichtig), voidable (anfechtbar) oder unenforceable (nicht durchsetzbar369) sein.370 1. Voidness

Wird ein Vertrag als void angesehen, so gibt es weder eine Pflicht zu erfüllen noch Sekundäransprüche.371 Ein solcher Vertrag hat keine rechtlichen Effekte, er ist nicht bindend, er ist „a mere nullity“.372 Diese eigentlich klaren Formulierungen stehen allerdings im Gegensatz zu den Verwirrungen, die der Begriff void im amerikanischen Recht verursacht.373 So wird der Begriff zum einen gebraucht, wenn eine der allgemeinen Voraussetzungen zum Vertragsabschluss nicht vorliegt, so etwa wenn Angebot und Annahme nicht übereinstimmen. Dann ist es aber ungenau, von Nichtigkeit zu sprechen, denn es lag noch keine Einigung vor, sondern nur Angebot und Gegenangebot.374 Manchmal wird auch ein Vertrag, bei dem keine Gegenleistung (consideration) vereinbart wurde, als void bezeichnet, es wäre aber genauer zu sagen, dass kein Vertrag kreiert wurde.375 Zum anderen wird der Begriff void auf Verträge angewendet, die in Wahrheit voidable sind.376 Wie noch zu sehen sein wird, sind die rechtlichen Effekte eines Vertrages, der voidable ist, allerdings ganz verschieden.377 Zweigert / Kötz S. 360: „unklagbar“. Calamari / Perillo, Contracts, § 1.10. 371 Restatement, Contracts 2d, § 7 com. a. 372 17A Am Jur 2d, Contracts, § 7. 373 Gute Darstellung in Anson / Corbin (1930), ch. II, insb. 16., S. 17 f. 374 Vgl. 1 Corbin (1993), ch. 1.7. 375 Calamari / Perillo, Contracts, § 1.10. Zu Ungenauigkeiten in der Terminologie s. z. B. Reed v. Boykin, 320 S.E.2d 68 [69] (S.C. 1984); Crosby v. Bloomfield Developers, Inc., 208 S.E.2d 789 (Ga. 1974). 376 17A Am Jur 2d, Contracts, § 7. Vgl. z. B. Puskar v. Hughes 533 N.E.2d 962 [965], 179 Ill. App. 3d 522 [527] (Ill. 1989): Das Gericht hielt den Vertrag zunächst für „null and void“, dies wurde durch eine spätere Verfügung geändert, nunmehr mit dem Wortlaut „the contract is rescinded“. Es handelt sich jedoch um rechtlich ganz verschiedene Dinge, denn rescission ist nur bei voidable contracts möglich, s. sogleich II. 2. 377 Zum grundlegenden Unterschied z. B. Yanuzzi v. Commonwealth, 390 A.2d 331 (Penn. 1978); National Union Fire Ins. Co. of Pennsylvania v. Carib Aviation, Inc., 759 F.2d 873 (Fla. 1985). 369 370

102

2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

Oft wird von den Gerichten ein Vertrag für void gehalten, der nicht in der erforderlichen Schriftform abgefasst wurde.378 Einige der Bundesstaatengesetze erklären einen solchen Vertrag sogar ausdrücklich als void. Das ist jedoch rechtlich ungenau, da diese Verträge nicht völlig ohne rechtliche Wirkung sind.379 Es kann festgestellt werden, dass Nichtigkeit im US-amerikanischen Recht nicht sehr häufig vorkommt.380 Nichtigkeit ergibt sich hauptsächlich bei illegality des Vertrages381, was folgende Fallgruppen umfasst: Verstoß gegen public law, statute, public policy382 sowie „unmoralische“ Verträge.383

2. Voidability

In der ganz überwiegenden Zahl von Fällen wird ein Vertrag oder eine Willenserklärung als voidable angesehen, wenn ihr ein Fehler anhaftet. Das gilt für Minderjährigkeit384 und Geschäftsunfähigkeit385 einer Partei, Anwendung von Zwang386, Falschdarstellung von Tatsachen387, Irrtum388. Die Partei, die einen dieser Fälle zu ihren Gunsten geltend machen kann, hat die Möglichkeit, den Vertrag anzufechten, sie hat „the power to avoid the contract“.389 Bis zur Ausübung dieses Rechtes ist der Vertrag aber als gültig anzuseStatute of Frauds, näher dazu gleich. 1 Corbin (1993), § 1.7, s. sogleich. 380 1 Corbin (1993), § 1.7. 381 17A Am Jur 2d, Contracts, § 304. 382 6A Corbin (1962), § 1375 zum weiten Feld der public policy. 383 17A Am Jur 2d, Contracts, § 305 mit Entscheidungsnachweisen zu allen Fallgruppen. 384 (infancy) Restatement, Contracts 2d, § 14. 385 (incapacity oder mental incompetency) Restatement, Contracts 2d, § 15. Siehe auch die Untersuchung des Fallrechts bei Virtue, NYU L.R. (1951): voidness, wenn die Partei vor Vertragsschluss bereits für incompetent erklärt worden war (S. 146), ansonsten voidability, wobei in der ganz großen Mehrzahl die Fälle auch zur Sache gehört werden (S. 140 f.). 386 (duress) Restatement, Contracts 2d, § 174; Calamari / Perillo, Contracts, § 9.8. In Vertrauensbeziehungen genügt unter bestimmten Voraussetzungen bereits „ungebührliche Beeinflussung“ (undue influence), s. Calamari / Perillo, Contracts, §§ 9.9 bis 9.12; Restatement, Contracts 2d, § 177. 387 (misrepresentation) Restatement, Contracts 2d, § 164. Unterschieden wird zwischen arglistiger (fraudulent), fahrlässiger (negligent) und unverschuldeter (innocent) Falschdarstellung. 388 (mistake); Der beiderseitige Irrtum (mutual mistake) ist gleichbedeutend mit dem Fall der unverschuldeten Falschdarstellung (s. Fn. soeben), vgl. In re Domestic Fuel Corp., 79 B.R. 184 [193] (N.Y. 1987). Der einseitige Irrtum (unilateral mistake) ist grundsätzlich nur beachtlich, wenn die andere Partei davon wusste oder hätte wissen müssen, es werden aber unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zugelassen, vgl. Calamari / Perillo, Contracts, § 9.27; Restatement, Contracts 2d, § 153. 389 Restatement, Contracts 2d, § 7 com. b. 378 379

C. Vergleichbarer Unwirksamkeitsgrund

103

hen.390 So kann die berechtigte Partei auch wählen, den anfechtbaren Vertrag zu bestätigen, um dadurch die Fehlerhaftigkeit des Vertrages zu beseitigen.391

3. Unenforceability

Eine dritte Kategorie fehlerhafter Verträge ist der so genannte unenforceable contract. In dieser Situation kann ein Vertragsversprechen vom Versprechensempfänger nicht durchgesetzt werden.392 Es gibt im wesentlichen vier Fallgruppen, in denen sich diese Rechtsfolge ergeben kann393: Verträge mit der Regierung394, mündliche Verträge im Geltungsbereich des Statute of Frauds395, bei Eingreifen einer Bestimmung des statute of limitations396, und bei bestimmten Fällen von illegality397.

II. Ermittlung der für den Vergleich relevanten Fälle Nach dieser kurzen Darstellung der Einteilung der mangelhaften Verträge und ihrer Rechtsfolgen ist nun zu ermitteln, welche Fälle für einen Vergleich in Betracht kommen. 1. Void contracts

Wurden im Rahmen eines Vertrages, der wegen illegality nichtig ist, Leistungen erbracht, dann kann keine allgemeine Aussage darüber gemacht werden, ob und nach welchen Rechtsgrundsätzen das Geleistete zurückverlangt werden kann. Die Grundregel lautet zunächst, dass erbrachte Leistungen nicht zurückverlangt werden können.398 Der Grund dafür ist, dass kein Gericht als Instrument benutzt werden kann, um Ansprüche durchzusetzen, die sich aus einem illegalen Vertrag ergeben.399 Es wird gesagt, dass die Gerichte jedwede rechtliche Hilfe verweiRestatement, Contracts 2d, § 7 com. e. 1 Corbin (1993), § 1.6; 3 Black 561. Nicht möglich bei void contract, s. 3 Black 610. 392 Calamari / Perillo, Contracts, § 1.10; Restatement, Contracts 2d, § 8. 393 Vgl. 1 Williston, Contracts (1990), § 1:21; Calamari / Perillo, Contracts, § 1.10. 394 Dies gründet sich auf die historische Doktrin sovereign immunity, wonach Ansprüche gegenüber der Regierung nur dann geltend gemacht werden können, wenn die Regierung eine Anspruchsgrundlage geschaffen hat. 395 Schriftformgebot. 396 Verjährung. 397 Gesetzesverstoß, im Regelfall void, s. soeben unter 1. 398 8 Williston, Contracts (1998), § 19:74. 399 17A Am Jur 2d, Contracts, § 304. 390 391

104

2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

gern.400 Das gilt sowohl für die Durchsetzung von Erfüllungsansprüchen als auch für Ansprüche auf Rückgabe dessen, was aufgrund des rechtswidrigen Vertrages geleistet wurde.401 Allerdings wird diese strenge Regel grundsätzlich nur im Fall des in pari delicto angewendet, also wenn beiden Parteien der gleiche Schuldvorwurf gemacht werden kann.402 Wenn eine Partei als „unschuldiges Opfer“ der anderen Partei angesehen werden kann, oder wenn zwar beiden Parteien rechtswidriges Verhalten vorgeworfen werden kann, die Rechtswidrigkeit aber ganz überwiegend auf das Verhalten einer Partei zurückzuführen ist, dann wird der „unschuldigen“ oder im zweiten Fall der „nahezu unschuldigen“ Partei der Anspruch auf Rückgabe grundsätzlich nicht verwehrt.403 Aber auch wenn beiden Parteien der gleiche Schuldvorwurf zu machen ist, können Ansprüche zum Beispiel dann geltend gemacht werden, wenn gerade das Nichtzulassen gegen Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes verstoßen würde.404

2. Voidable contracts

Will die berechtigte Partei die voidability des Vertrages geltend machen, so erklärt sie rescission des Vertrages, was mit Anfechtung oder Beseitigung übersetzt werden kann. Rechtsfolge einer solchen rescission ist die Vernichtung der beiderseitigen Vertragspflichten und die Entstehung von Ansprüchen auf restitution405, also Wiederherstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Vertrag nie geschlossen worden wäre.406 Ist zwischen den Parteien allerdings streitig, ob ein Anfechtungsgrund besteht, dann wird der Vertrag nicht bereits durch einseitige Erklärung vernichtet. Eine solche „rescission“ ist im Streitfalle eine bloße Behauptung, dass der Vertrag anfechtbar ist.407 Will die entsprechende Partei den Vertrag beseitigen und damit die Rückabwicklung des Vertrages herbeiführen, dann stellt sie vor Gericht den Antrag auf rescission. Wird die berechtigte Partei dagegen auf Erfüllung des Vertrages verklagt, kann sie sich mit dem (Gegen-) Antrag auf rescission wehren. 400 „The courts will leave the parties where it finds them“, „refuse all judicial aid to the parties“. 401 17A Am Jur 2d, Contracts, §§ 304, 306, 322. 402 17A Am Jur 2d, Contracts, § 318. 403 17A Am Jur 2d, Contracts, § 326. 404 Vgl. 17A Am Jur 2d, Contracts, § 320; der deutsche Jurist sei an die Bestimmung des § 817 S. 2 BGB erinnert („Schwarzarbeiterfall“). 405 Vgl. z. B. Johnston v. Gilbert, 382 P.2d 87 [89] (Or. 1963). 406 Vgl. z. B. First Wisconsin Nat. Bank v. Pedley, 242 N.W. 512 [514] (Wis. 1932) Schnuth v. Harrison 171 N.W.2d 370 [378], 44 Wis.2d 326 [340] (Wis. 1969). 407 5 Corbin (1964), § 1104, S. 558: „merely an assertion“.

C. Vergleichbarer Unwirksamkeitsgrund

105

Mit der rescission einer Übertragung von Anteilen an einer corporation haben sich zahlreiche Entscheidungen befasst. Die einschlägige Sammlung408 hat für den Zeitraum von 1966 bis Mai 2002 beachtliche 92 Gerichtsentscheidungen geliefert, wobei es aber nicht immer um den Kauf von größeren Anteilspaketen ging, sondern manchmal auch nur um Streitigkeiten über Aktienoptionen für Angestellte.

3. Unenforceable contracts

Im Fall der unenforceability ergibt sich die Besonderheit, dass die Fehlerhaftigkeit des Vertrages nach vollständiger Leistung beider Parteien nicht mehr geltend gemacht werden kann. Der Fehler wird durch beiderseitige Erfüllung sozusagen geheilt.409 Die Leistung nur einer Partei führt allerdings nicht bereits zur Heilung des Vertrages. Diese Partei kann lediglich das von ihr Geleistete zurückverlangen.410 Da sich diese Arbeit mit nachteiligen Veränderungen in der Gesellschaft befasst, die in der Zeit der Einflussnahme durch den Anteilskäufer eingetreten sind, ist der Ausgangspunkt für die Analyse des case law, dass der Käufer die Möglichkeit zur Einflussnahme in der Gesellschaft hatte. Mit anderen Worten: Rückabwicklungsprobleme können sich nur dann ergeben, wenn der Käufer der Anteile im Unternehmen tätig geworden ist, wofür zumindest substantielle Erfüllung des Vertrages durch den Verkäufer notwendig ist. Der Fall müsste sich also in der Weise entwickeln, dass der Verkäufer, nachdem er selbst geleistet hat, vom Käufer den Kaufpreis verlangt, dieser aber unenforceability einwendet und die Zahlung verweigert. Nun kann der Verkäufer zwar den Kaufpreis nicht bekommen, er hat aber einen Anspruch auf Rückgabe der Anteile. Sollten sich nachteilige Veränderungen im Unternehmen ergeben haben, müsste jetzt über deren Ausgleich nachgedacht werden. Ein solcher Fall konnte jedoch nicht gefunden werden. Es wurden lediglich Fälle ermittelt, in denen der Verkäufer der Anteile unenforceability einwandte, weil die Schriftform nicht eingehalten wurde. In diesen Fällen sprachen die Gerichte dem Käufer, der bereits einen Teil des Kaufpreises geleistet hatte, einen Anspruch auf restitution zu.411 Allerdings würden diese Entscheidungen heute nicht mehr in dieser Form ergehen, da sich die Rechtslage geändert hat. Für die Übertragung von securities galt bis 1994 die Vorschrift des § 8 – 319 UCC, die generell Schriftform für die ÜberAmerican Digest, hrsg. von der West Publishing Co., Key Number 101k117. Vgl. z. B. Restatement, Contracts 2d, § 145: „Statute of Frauds does not affect the legal relations anymore“. 410 Vgl. Restatement, Contracts 2d, § 110, com. d (restitution). 411 Cambron v. Moyer, 519 N.W.2d 381 (Iowa 1994); Reynolds v. Slaughter, 541 F.2d 254 (N.M. 1976). 408 409

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2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

tragung von Wertpapieren vorschrieb, mit komplizierten Ausnahmeregelungen.412 Die Vorschrift wurde jedoch im Rahmen der Revision im Jahre 1994 abgeschafft413, weil sie aufgrund der gestiegenen Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel als unpassend für die tatsächlichen Gegebenheiten des Wertpapiergeschäfts erachtet wurde.414 In den Jahren danach wurde diese Bestimmung auch aus den entsprechenden Gesetzen der Bundesstaaten entfernt.

III. Ergebnis Es kann somit festgehalten werden, dass die Rückabwicklung von illegal contracts als dem Hauptfall von nichtigen Verträgen vom Grad der Verantwortlichkeit der Parteien und von Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes abhängig ist. Das Ziel des Rechtsvergleiches ist demgegenüber, die Regeln des US-Rechts für die Rückabwicklung eines Anteilskaufs zu untersuchen, und zwar vor dem Hintergrund gesellschafts- und bereicherungsrechtlicher Überlegungen. Im Rahmen von Anteilskaufverträgen wurde voidness auch noch in anderen Fällen außer illegality diskutiert. Jedoch wurde in keiner dieser Entscheidungen voidness vom Gericht tatsächlich ausgesprochen.415 Auch im Rahmen der unenforceability konnte kein problematischer Rückabwicklungsfall gefunden werden.416 Durch die Abschaffung des Schriftformerfordernisses für Anteilskaufverträge im Recht der USA kann nun auch der wichtigste Anwendungsfall der unenforceability nicht mehr eintreten. Aus den genannten Gründen beschränkt sich der Rechtsvergleich auf Anteilsübertragungen, die voidable sind. Das sind die Fälle, die der Nichtigkeit (abgesehen von §§ 134, 138 BGB) und Anfechtbarkeit im deutschen Recht am nächsten stehen. Dies betrifft sowohl die Gründe für die Fehlerhaftigkeit der Verträge, als auch 412 § 8 – 319 UCC war lex specialis gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 2 – 201 UCC (Kaufverträge über Waren mit einem Kaufpreis von $ 500 oder mehr), die wiederum Nachfolgerin der ursprünglichen Vorschrift des Statute of Frauds von 1677 ist (Kaufpreis höher als 10 engl. Pfund). 413 Jetzt gilt § 8 – 113 UCC: „Statute of Frauds Inapplicable“. 414 s. die offizielle Kommentierung zu § 8 – 113 UCC. 415 s. z. B. Tri-State Rubber v. Cent. States, Etc., Pen. Fund, 677 F.Supp. 516 [519] (E.D. Mich. 1987) und Estate of Cavallo, 591 N.Y.S. 2d 748 [752] (N.Y. 1992): Die Registrierung bei der Gesellschaft ist keine Voraussetzung für wirksame Übertragung von Anteilen.; Lahmann v. Gould, 82 Ill.App. 2d 220, 226 N.E.2d 443 (Ill. 1967): Sittenwidrigkeit des Kaufpreises behauptet; Kern v. NCD Industries, Inc., 316 A.2d 576 (Del. 1973): Kaufvertrag über die Gesellschaftsanteile nicht deshalb void, weil die als Käufer auftretende Gesellschaft am Tag des Vertragsschlusses noch nicht existierte, da der behauptete „Vertragsschluss“ lediglich das Angebot darstellte, und die Gesellschaft erst am Tag nach ihrer Gründung annahm. 416 Von Problemen konnte in den obigen Fällen nicht gesprochen werden; der Kaufpreis bzw. eine Teilzahlung kann ja auch im deutschen Recht ohne weiteres zurückverlangt werden.

D. Analyse des case law

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die Rechtsfolge der Rückabwicklung. Wie zu sehen sein wird, ergaben sich in diesem Bereich Rechtsprobleme, die mit den im ersten Abschnitt dieser Arbeit dargestellten verglichen werden können.

D. Analyse des case law: Rescission von Anteilsübertragungen I. Vorbemerkung zu Begrifflichkeiten Zunächst soll noch darauf hingewiesen werden, dass auch in diesem Bereich eine gewisse Konfusion bezüglich der Begrifflichkeiten herrscht. Es ist nämlich zu beachten, dass der Ausdruck rescission von Juristen und Gerichten in verschiedenen Bedeutungen gebraucht wurde und wird.417 Die hier gebrauchte Bedeutung als einseitige Vertragsanfechtung ist abzugrenzen vom Rücktritt aufgrund einer Vertragsklausel418 und von der einvernehmlichen Vertragsaufhebung419. In diesen Fällen ergibt sich der Wegfall des Vertrages nicht als plötzliches und unerwartetes Ereignis420; die Parteien dürften sich regelmäßig über die Einzelheiten der Rückabwicklung geeinigt haben. Demgegenüber fällt der Sonderfall in Gentry v. Smith421, wo es zur rescission wegen beiderseitigen Vertragsbruchs kam, in die vorliegende Betrachtung, da die Entscheidung des Gerichtes für die Parteien nicht vorhersehbar war. Es gab nicht einmal einen Antrag einer Partei auf rescission. Rescission im vorliegend verwendeten Sinne ist im Übrigen gleichbedeutend mit avoidance422, und wird regelmäßig als gleichbedeutend mit cancellation423 verwendet. Im Folgenden wird ausschließlich der Begriff rescission gebraucht; dies entspricht auch der ganz überwiegenden Sprache der Gerichte. Zudem wird der Begriff weitgehend in englischer Sprache beibehalten. Ein Ersetzen durch „Anfechtung“ wäre wegen der spezifischen Bedeutung im deutschen bürgerlichen Recht problematisch, denn es ergeben sich zum Teil erhebliche Unterschiede zur Anfechtung von Schuldverträgen im deutschen Recht, insbesondere was die Geltendmachung der rescission betrifft.424 Vgl. 13 Am Jur 2d, Canc. of Instr., § 1; Calamari / Perillo, Contracts, § 21.2 (S. 797). Discharge of the contractual duties by the exercise of a power granted by the agreement. 419 Rescission by mutual agreement. 420 Vgl. die Bemerkungen in der Einleitung. 421 487 F.2d 571 (5th cir., Fla. 1973), s. die Darstellung des Falles unten. 422 Vgl. 3 Farnsworth, Contracts, § 12.19, S. 321. 423 Vgl. 13 Am Jur 2d, Canc. of Instr., § 1. 424 Zudem klingt z. B. „ein Antrag bei Gericht auf Anfechtung des Kaufvertrages“ nicht wirklich gut, ebenso wenig „Antrag bei Gericht, den Vertrag anzufechten“ oder „das Gericht gewährte Anfechtung“; ein Ersetzen durch „Beseitigung“ wäre nicht besser. 417 418

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2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

II. Voraussetzungen für wirksame rescission Damit das Gericht dem Antrag auf rescission stattgeben kann, müssen grundsätzlich425 die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: (1) ein Anfechtungsgrund liegt vor, (2) die andere Partei wurde unverzüglich über die Absicht, den Vertrag anzufechten, benachrichtigt, und (3) die Rückgabe des Erlangten durch die anfechtende Partei, so dass die andere Partei wieder in die Position versetzt werden kann, die sie unmittelbar vor Vertragsschluss innehatte.426

1. Vorliegen eines Anfechtungsgrundes

Die antragstellende Partei muss zuallererst einen Anfechtungsgrund nachweisen. Sie muss also die tatsächlichen Umstände darlegen, die sie ihrer Ansicht nach zur Anfechtung berechtigen.427 In der ganz großen Mehrzahl der analysierten Entscheidungen betreffend die Übertragung von Anteilen an einer corporation ging es um misrepresentation in allen drei Erscheinungsformen428, überwiegend die finanzielle Situation der Gesellschaft betreffend und überwiegend vom Käufer geltend gemacht. Die Erörterungen der Gerichte kreisen in diesen Fällen immer wieder darum, ob dem Käufer die Möglichkeit gegeben wurde, sich selbst einen Überblick über die finanzielle Situation zu verschaffen bzw. die diesbezüglichen Aussagen des Verkäufers nachzuprüfen; und wenn ja, ob er diese Möglichkeit auch wahrnahm oder fahrlässig verstreichen ließ.429 Es gab aber auch einen Fall, in dem das Gericht vom Vorliegen einer misrepresentation überzeugt war, die vom Verkäufer der Anteile behauptet wurde.430 Der Mehrheitsgesellschafter hatte fälschlicherweise behauptet, dass es der Gesellschaft 425 Ganz allgemein gilt zunächst, dass die Gewährung der rescission im Ermessen des Gerichts liegt und dass es auf die Umstände jedes einzelnen Falles ankommt vgl. 13 Am Jur 2d, Canc. of Instr., §§ 2, 4; Tri-State Rubber v. Cent. States, Etc., Pen. Fund, 677 F.Supp. 516 [519] (E.D. Mich. 1987). 426 So zusammengefasst z. B. in In re Domestic Fuel Corp., 79 B.R. 184 [193] (N.Y. 1987), siehe aber auch alle anderen Entscheidungen, die im Folgenden betrachtet werden. 427 3 Black 558. 428 Also arglistige Täuschung, fahrlässige und unverschuldete Falschdarstellung, letzteres auch als beidseitiger Irrtum bezeichnet, s. bereits oben C. I. 2. 429 due diligence, vgl. nur die Fälle Gardner v. Little, 755 So.2d 1273 (Miss. 2000); Beasley v. Medin, 479 N.W.2d 95 (Minn. 1992); Media General, Inc. v. Tanner, 625 F.Supp. 237 [251] (W.D.Tenn. 1985); Merryman v. Gottlieb, 99 A.D.2d 893 (N.Y. 1984); Lipsky v. Commonwealth United Corp., 551 F.2d 887 (2nd cir., N.Y. 1976). Der Käufer muss grundsätzlich selbst Nachforschungen anstellen und darf sich nicht ohne weiteres auf Aussagen des Verkäufers verlassen, vgl. allgemein 2 Black 410. 430 Holdsworth v. Strong, 545 F.2d 687 (10th cir., Utah 1976).

D. Analyse des case law

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nicht möglich sei, Dividenden zu zahlen, und überredete dadurch die Minderheitsgesellschafter, ihm ihre Anteile zu verkaufen. Des Weiteren wurde in zwei Prozessen vom Anteilskäufer behauptet, der Verkäufer hätte im Rahmen der Vertragsverhandlungen wirtschaftlichen Zwang (economic duress) angewendet431, was von den Gerichten aber in beiden Fällen abgelehnt wurde. Eine weitere Gruppe von Fällen betraf Anträge auf rescission durch den Verkäufer wegen failure of consideration.432 Der Verkäufer wollte also jeweils anfechten, weil der Käufer den Kaufpreis nicht zahlte bzw. noch keine der vereinbarten Teilzahlungen geleistet hatte. Dies wurde sowohl zugelassen433 als auch abgelehnt.434

2. Unverzügliche Benachrichtigung der anderen Partei

a) Allgemein zu dieser Voraussetzung Wenn ein Anfechtungsgrund gegeben ist, dann muss die berechtigte Partei entscheiden, ob sie den Vertrag anfechten will oder nicht. Entscheidet sie sich für die Anfechtung, dann muss sie dies der anderen Partei mitteilen.435 Diese Mitteilung 431 In Reynolds v. Reynolds, 114 N.C.App. 393, 442 S.E.2d 133 (N.C. 1994) machte der Käufer der Anteile geltend, der Verkäufer hätte ihn mit der Drohung, seine Zustimmung zu einem wichtigen Vertrag der Gesellschaft mit einem Dritten zu verweigern, zur Zahlung eines sehr hohen Preises für die Anteile gezwungen. In Graham v. Cook, 347 S.E.2d 623, 179 Ga.App. 603 (Ga. 1986) kaufte der Minderheitsgesellschafter (1 / 3 der Anteile) den Mehrheitsgesellschafter (2 / 3) aus. Der Käufer behauptete nun, er wäre durch die Drohung eines „corporate takeover“ durch den Mehrheitsgesellschafter zum Kauf der Anteile bewegt worden. Der Vertrag zwischen beiden Gesellschaftern sah vor, dass wenn der Minderheitsgesellschafter nicht kauft, der Mehrheitsgesellschafter die Option hat, nunmehr die Anteile des Minderheitsgesellschafters zu übernehmen. 432 Der Ausdruck failure of consideration ist missverständlich, vgl. dazu Calamari / Perillo, Contracts, § 11.21. Es ist nicht gemeint, dass dem Erfordernis der consideration als wesentliche Voraussetzung eines wirksamen Vertrages im angloamerikanischen Recht nicht genügt sei. Gemeint ist vielmehr, dass zwar eine Gegenleistung vereinbart wurde, diese aber nicht erbracht wird. Es handelt sich also lediglich um Nichterfüllung (non-performance) als Form des Vertragsbruchs (breach of contract). Wenn die Gerichte im Fall eines Vertragsbruchs rescission gewähren, ist das eigentlich ungenau, vgl. dazu 3 Farnsworth, Contracts, § 12.19. Zwar ist restitution einer der möglichen Ansprüche nach Vertragsbruch, allerdings kann die berechtigte Partei nicht notwendigerweise verlangen, den speziellen Gegenstand zurückzubekommen (sondern nur dessen Wert), was aber bei avoidance und rescission generell zugelassen wird. Siehe auch 2 Black 411: Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises zuzüglich Zinsen. 433 TMF Tool Co., Inc. v. Siebengartner, 899 F.2d 584 (7th cir., Ill. 1990). 434 Gangnes v. Lang, 799 P.2d 670, 104 Or.App. 135 (Or. 1990), s. genauer noch unten; Farmer v. Koen, 187 Ill.App. 3d 47, 542 N.E.2d 1326 (Ill. 1989): Das Gericht ließ die Anfechtung nicht zu, da im Vertrag entsprechende Dinge vorgesehen waren für den Fall, dass der Käufer die Raten nicht rechtzeitig zahlt: „no equitable remedy where there is a remedy at law“. 435 3 Black 569 (S. 1399).

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2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

muss „ohne unnötige Verzögerung“436 oder „innerhalb eines vernünftigen Zeitraumes“437 nach Erlangung der Kenntnis von den anfechtungsbegründenden Tatsachen erfolgen. Eine verspätete Mitteilung kann zum Verlust des Anfechtungsrechts führen.438 Zudem kann ein bestimmtes Verhalten wie etwa die weitere Benutzung der aufgrund des Vertrages erlangten Sache trotz Kenntnis der anfechtungsbegründenden Fakten als Bestätigung des Vertrages interpretiert werden und damit ebenso zum Verlust des Anfechtungsrechts führen.439 Bei der Entscheidung, ob die berechtigte Partei ihre Absicht zügig genug mitgeteilt hat, spielen die Art des Vertrages und alle Umstände des Falles eine Rolle. Im Rahmen der Erwägung sind vor allem die folgenden Fragen zu stellen440: Ermöglichte die Verzögerung der berechtigten Partei, auf Kosten der anderen Partei zu spekulieren? Führte die Verzögerung zu berechtigtem Vertrauen der anderen Partei in die Wirksamkeit des Vertrages? Welche Partei ist für den Anfechtungsgrund verantwortlich? Hat das Verhalten der Gegenpartei zur Verzögerung beigetragen?

b) Speziell zu Anteilsübertragungen Die nachstehenden Fälle sollen spezielle Überlegungen wiedergeben, die die Gerichte im Zusammenhang mit Anteilsübertragungen anstellten. In Gardner v. Little441 entschied das Gericht, dass die Anteilskäufer dadurch, dass sie nach Entdeckung der arglistigen Täuschung die Gesellschaft für die Dauer von 19 Monaten leiteten, auf ihr Anfechtungsrecht verzichtet hatten. In Gannett Co., Inc. v. Register Pub. Co.442 gewährte das Gericht dem Käufer nicht die Anfechtung der Anteilsübertragung, weil er das Unternehmen in der Zwischenzeit als sein eigenes führte, und nicht als Treuhänder zugunsten des eigentlichen Anteilsinhabers, also im Falle der Anfechtung zugunsten des Verkäufers der Anteile. Anders dagegen die Entscheidung Wheat v. Hall443, in der das Gericht feststellte, dass der Käufer anfechten konnte, obwohl er noch für neun Monate im Without unnecessary delay. Within a reasonable time; Die Gerichte haben weitere Formulierungen benutzt: Die berechtigte Partei müsste „promptly“, „with reasonable promptness“, „with due diligence“ nach Kenntniserlangung handeln, vgl. 2 Black 536. Es wird aber als wahrscheinlich angesehen, dass alle diese Formulierungen als im wesentlichen gleichbedeutend zu verstehen sind, vgl. Black a. a. O. 438 Restatement, Contracts 2d, § 7 com. d; 2 Black 536. 439 Restatement, Contracts 2d, § 380 com. a; 2 Black 536. 440 Restatement, Contracts 2d, § 381 (3). 441 755 So.2d 1273 (Miss. 2000). 442 428 F.Supp. 818 (Conn. 1977). 443 535 F.2d 874 (Tex. 1976). 436 437

D. Analyse des case law

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board of directors tätig war, nachdem er entdeckt hatte, dass er über die finanzielle Situation der Gesellschaft arglistig getäuscht wurde. Das Gericht führte aus, dass die Tätigkeit des Käufers als director den bereits stattfindenden Niedergang des Unternehmens nicht wesentlich beeinflusst habe; vielmehr wurde der Versuch des Käufers, das Unternehmen wieder zu beleben, als unter den Umständen vernünftig angesehen. In Disposal Technology, Inc. v. Ehrlich444 entschied das Gericht, dass der Käufer nicht zügig genug handelte, da er länger als drei Monate nach Entdeckung der arglistigen Täuschung wartete. Zusätzlich wurde sein Versuch, die Anteile nach Kenntniserlangung weiterzuverkaufen, als Beweis für seinen Verzicht auf das Anfechtungsrecht angesehen, und als Ausdruck seiner Absicht den Vertrag zu bestätigen. Ein weiterer Streitpunkt war der Einfluss von Geldzahlungen auf das Weiterbestehen des Anfechtungsrechts. In Schnuth v. Harrison445 entschied das Gericht, dass der Käufer den Anteilskaufvertrag durch seine letzte Zahlung auf den Kaufpreis nach Entdeckung der misrepresentation nicht bestätigte, da er einen guten Grund für diese Zahlung hatte. Er wollte nämlich sicherstellen, dass sein Freund, von dem die Gesellschaft etwas gekauft hatte, bezahlt wurde. In der Entscheidung In re Domestic Fuel Corp.446 erhob der Anteilskäufer erst ein Jahr nach Entdecken der vom Verkäufer gemachten misrepresentations Klage auf rescission und erhielt über diesen Zeitraum ein Einkommen von der Gesellschaft. Das Gericht entschied, dass der Käufer durch die Annahme dieser Zahlungen auf sein Anfechtungsrecht verzichtete und dass die Gründe für sein Verhalten ohne Belang seien.

3. Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes

Rescission an sich bedeutet lediglich die Beseitigung des Vertrages, es impliziert nicht dessen Rückabwicklung.447 Folglich ist die wichtigste Voraussetzung für die Gewährung der rescission die Wiederherstellung des rechtlichen Zustandes, in dem sich beide Parteien unmittelbar vor Vertragsschluss befanden.448

260 Or. 551, 491 P.2d 1009 (Or. 1971). 171 N.W.2d 370, 44 Wis.2d 326 (Wis. 1969); eine ausführlichere Betrachtung des Falles folgt unten. 446 79 B.R. 184 (N.Y. 1987), siehe ebenfalls noch später. 447 3 Black 616. 448 Restitutio in integrum; 3 Black 616; Puskar v. Hughes, 533 N.E.2d 962 [966] 179 Ill. App. 3d 522 [528] (Ill. 1989); Schnuth v. Harrison, 171 N.W.2d 370 [378] 44 Wis.2d 326 [340] (Wis. 1969). 444 445

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2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

a) Angebot durch die anfechtende Partei Daher muss die Partei, die rescission beantragt, der anderen Partei restoration, also die Wiederherstellung ihres ursprünglichen Zustandes (status quo) anbieten.449 Sie muss anbieten, alles herauszugeben, was sie aufgrund des Vertrages erlangt hat.450 Das setzt voraus, dass die Wiederherstellung des Ursprungszustandes möglich ist.451 Die antragstellende Partei muss also imstande sein, die andere Partei in die Position zurückzuversetzen, in der sich diese unmittelbar vor Vertragsabschluss befand.452 Mit anderen Worten, rescission wird nicht gewährt, wenn es dem Gericht nicht möglich ist, die Wiederherstellung des status quo im Rahmen seines Urteils zu erreichen.453 Dabei reicht es allerdings aus, dass der ursprüngliche Zustand im Wesentlichen wiederhergestellt werden kann454, oder wie ein Gericht ausgeführt hat: Der frühere Zustand ist soweit herzustellen, wie dies möglich oder praktikabel ist.455 Wenn eine Herausgabe teilweise unmöglich geworden ist, dann kann vom Gericht trotzdem rescission gewährt werden, unter der Voraussetzung, dass ein Ausgleich in Geld gezahlt wird.456 Es stellt sich nun die Frage, zu welchem Zeitpunkt der anderen Partei restoration gemacht oder angeboten werden muss. Diese Fragestellung geht auf einen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem common law und dem Recht der equity zurück.457

449 Das gilt auch dann, wenn sie von der anderen Partei arglistig getäuscht wurde vgl. Puskar v. Hughes, 533 N.E.2d 962 [966], 179 Ill. App. 3d 522 [528] (Ill. 1989). 450 3 Black 617; 13 Am Jur 2d, Canc. of Instr., § 2. Dem liegt auch das Prinzip „he who seeks equity must do equity“ zugrunde, vgl. a. a. O. 451 Eine Ausnahme ist zu machen, wenn die Unmöglichkeit auf einem Handeln der anderen Partei beruht, vgl. zu diesem Problem 3 Black 618. 452 3 Black 618. 453 Gentry v. Smith, 487 F.2d 571 [578] (5th cir., Fla. 1973); Kruse, Kruse & Miklosko, Inc. v. Beedy, 353 N.E.2d 514 [530], 170 Ind.App. 373 [398] (Ind. 1976); Eine Ausnahme gilt bei Minderjährigen, vgl. Restatement, Contracts 2d, § 7 com. c. 454 „substantially“, vgl. Restatement, Contracts 2d, § 7 com. c 455 Simonson v. Fendell, 675 P.2d 1218 [1222] (Wash. 1984); Würde eine identische Rückkehr gefordert, dann wäre rescission eines durchgeführten Vertrages nie möglich vgl. 3 Black 618 (S. 1498). 456 3 Black 618 (S. 1501). 457 Für eine kurze allgemeine Einführung siehe die sehr lesenswerte Darstellung bei Parker, Das Privatrecht der Vereinigten Staaten von Amerika, Zweites Kapitel, S. 24 ff.

D. Analyse des case law

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aa) Zeitpunkt für die Abgabe des Angebots nach common law Im common law existierte keine Klage auf rescission. Wenn eine Partei des Vertrages glaubte, dass sie ein Anfechtungsrecht hat, musste sie, um das von ihr Geleistete zurückzuerhalten, vor Gericht einen Antrag auf Herausgabe stellen458, die action of assumpsit for restitution459. Für eine solche Klage war es eine zwingende Voraussetzung, dass der Kläger vor ihrer Erhebung zurückgegeben hatte, was er von der Gegenpartei aufgrund des Vertrages erlangt hatte.460 Dies galt entsprechend, wenn der Anfechtungsberechtigte aufgrund des Vertrages verklagt wurde. Um den Anfechtungsgrund im Prozess erfolgreich geltend machen zu können, musste er dem Kläger vorher zurückgegeben haben, was dieser aufgrund des Vertrages geleistet hatte.461 Der Grund dafür war, dass ein common law court keine Befugnis hatte, über die gegenseitigen Ansprüche der Parteien zu entscheiden.462 Das Gericht konnte also nur über die Klage auf Herausgabe entscheiden, nicht jedoch über den logischen Gegenantrag des Beklagten, dass im Falle eines Erfolges der Klage im Gegenzug auch der Kläger herausgeben muss, was er vom Beklagten erlangt hat. Übertragen auf den Fall, dass der Anfechtungsgrund als Verteidigung im Prozess vorgebracht wird, bedeutete diese Regel des common law, dass das Gericht lediglich die Klage abweisen konnte, aber keine Möglichkeit hatte, gleichzeitig auszusprechen, dass der Beklagte zur Rückgabe des vom Kläger Erlangten verpflichtet ist. Die anfechtende Partei musste also, um vor Gericht mit ihrem Vortrag zum Vorliegen eines Anfechtungsgrundes erfolgreich gehört zu werden, vorher sicherstellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht die Gegenpartei bereits wieder die Position erlangt hatte, in der sie sich vor Vertragsabschluss befand.463

3 Black 625 (S. 1514). 5 Corbin (1964), § 1116 (S. 626). 460 Restatement, Contracts 2d, § 384 com. b; 3 Black 625 (S. 1517). Eine nicht stattgefundene Rückgabe war aber dann entschuldigt, wenn die andere Partei die Annahme verweigerte oder sonst die Rückgabe durch ihr Verhalten vereitelte, vgl. 5 Corbin (1964) § 1116 (S. 627). 461 3 Black 625 (S. 1517). Dieser Grundsatz galt auch dann, wenn Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erfolgte, vgl. z. B. 3 Black 625 (S. 1517 f.). 462 3 Black 625 (S. 1517); DeCoria v. Red’s Trailer Mart, Inc., 491 P.2d 241 [243], 5 Wash.App. 892 [894] (Wash. 1971). 463 3 Black 625 (S. 1517). Das Dilemma, in dem sich der Antragsteller befindet, ist offensichtlich: Er gibt das Erlangte heraus, trägt jetzt aber das Prozessrisiko und im Falle eines Erfolges weiterhin das Insolvenzrisiko der anderen Partei. Dies ist sehr gut beschrieben im Kommentar (Practice Commentaries) zu § 3004 New York Civil Practice Law and Rules (früher § 112-g Civil Practice Act). 458 459

8 Jedlitschka

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2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

bb) Zeitpunkt für die Abgabe des Angebots nach equity Anders lag der Fall, wenn rescission vor einem equity-Gericht beantragt wurde, da dieses Gericht über die gegenseitigen Ansprüche der Parteien entscheiden und der antragstellenden Partei in seinem Urteil Pflichten auferlegen konnte.464 Das Gericht konnte seine Entscheidung also davon abhängig machen, dass die antragstellende Partei das aufgrund des Vertrages Erlangte herausgibt.465 Mit anderen Worten, die vorherige Rückgabe des Erlangten war keine zwingende Voraussetzung für die Klageerhebung bzw. für die Geltendmachung der rescission als Verteidigung im Prozess. Vielmehr war ein Angebot, gerichtet auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes der Gegenpartei, Voraussetzung für die Gewährung der rescission durch das Gericht.466 Demnach war es ausreichend, wenn die Klageschrift ein entsprechendes Angebot auf Rückgabe des Erlangten enthielt.467

cc) Heutige Rechtslage Durch die Verschmelzung der beiden Gerichtszweige und die damit einhergegangene weitgehende Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts ist diese Unterscheidung eigentlich obsolet geworden.468 Jedes Gericht ist jetzt in der Lage, im Rahmen seiner Entscheidung, dem rescission-Antrag stattzugeben, auch die notwendige Rückgabe des Erlangten sicherzustellen.469

dd) Darstellung abweichender Rechtsprechung einzelner Bundesstaaten anhand von Entscheidungen betreffend Anteilsübertragungen Allerdings gibt es Bundesstaaten (jurisdictions), deren materielles Recht erfordert, dass die Rückgabe des Erlangten vor Klageerhebung angeboten werden 3 Black 625 (S. 1514). 5 Corbin (1964), § 1116 (S. 626); DeCoria v. Red’s Trailer Mart, Inc., 491 P.2d 241 [243], 5 Wash.App. 892 [894] (Wash. 1971). 466 Restatement, Contracts 2d, § 384 com. b; 3 Black 625 (S. 1515). 467 3 Black 625 (S. 1514). 468 5 Corbin (1964), § 1116 (S. 626, 628); s. z. B. DeCoria v. Red’s Trailer Mart, Inc., Prudential Ins. Co. of America v. BMC Industries, Inc., 630 F.Supp. 1298 (S.D.N.Y. 1986); s. a. die umfangreichen Nachweise in 13 Am Jur 2d, Canc. of Instr., § 36, Fn. 69. 469 Vgl. Restatement, Contracts 2d, § 384 com. b; Gooden v. Hunter, 56 Wash.2d 617 [620], 355 P.2d 20 [22] (Wash. 1960); Bariel v. Tuinstra, 45 Wash.2d 513, 276 P.2d 569 (Wash. 1954). 464 465

D. Analyse des case law

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muss.470 In diesen Staaten wirkt also die alte Regel des common law fort.471 Die folgenden Fälle werden dies illustrieren. In Pennsylvania wies das Gericht im Fall Sunquest Information Systems, Inc. v. Dean Witter Reynolds, Inc.472 den Antrag des Klägers auf rescission eines Anteilskaufs unter anderem deswegen ab, weil er die Anteile nicht zurückgegeben und eine Rückgabe auch nie angeboten hatte. Das Gericht sagte, es sei axiomatic473 im Recht von Pennsylvania, dass die Partei, die einen Antrag auf rescission stellt, zuerst dasjenige zurückgeben muss, was sie aufgrund des Vertrages erlangt hat. Erst dann könne sie auch auf Herausgabe des von ihr Geleisteten klagen. Auch in Georgia gilt der Grundsatz, dass der Kläger zuerst alle erlangten Vorteile zurückgeben muss, bevor rescission gewährt werden kann. Im Fall Gunnin v. Dement474 konnte das Gericht das gewünschte Ergebnis seiner Entscheidung allerdings nur unter größter argumentativer Anstrengung mit den alten Rechtsgrundsätzen in Einklang bringen.475 In Graham v. Cook476 verlangte der Käufer den von ihm geleisteten Kaufpreis zurück, weigerte sich aber, im Gegenzug die Anteile zurückzugeben, mit der Behauptung, dass spezielle Umstände ihn von dieser Pflicht befreien würden.477 Das Gericht entschied, dass der Käufer offensichtlich nicht berechtigt ist, sowohl die Anteile zu behalten als auch den Kaufpreis zurückzubekommen. Vielmehr muss ein Kläger zuerst alle erlangten Vorteile zurückgeben, bevor er rescission und damit auch Herausgabe des Geleisteten verlangen kann. Eine Befreiung von diesem Erfordernis sei nur unter engen Voraussetzungen möglich, welche nicht gegeben waren.478 Auch der Fall Carpenter v. Curtis479 wurde in Georgia entschieden. Der Käufer der Anteile wurde arglistig getäuscht, betrieb das Unternehmen zunächst weiter Vgl. allg. auch 13 Am Jur 2d, Canc. of Instr., § 36. Dies wird kritisiert z. B. von 5 Corbin (1964), § 1116 (S. 626); Restatement, Contracts 2d, § 384 com. b. 472 40 F.Supp. 2d 644 (Penn. 1999). In diesem Teil des Prozesses ging es um Sunquest’s Kauf von 100% der Anteile an einer corporation, deren Verkäufer eine Gesellschaft namens Compucare war. 473 Etwa: selbstverständlich. 474 422 S.E.2d 893, 205 Ga.App. 631 (Ga. 1992). 475 Der Käufer wollte nämlich zunächst anfechten, hatte dann aber doch die Herausgabe der Anteilszertifikate verlangt, und eine einstweilige Verfügung gegen die anderen Gesellschafter erwirkt, die diesen untersagte, außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs Gegenstände der Gesellschaft zu veräußern. Später wollte er dann doch wieder rescission des Vertrages, hatte aber die Zertifikate nicht wieder zurückgegeben. 476 347 S.E.2d 623, 179 Ga.App. 603 (Ga. 1986). 477 Nämlich die drohende Gefahr einer baldigen Beschlagnahme der Gesellschaft durch den Verkäufer. 478 Ebenso wenig lagen die Voraussetzungen für einen Anfechtungsgrund vor. 479 395 S.E.2d 653, 196 Ga.App. 234 (Ga. 1990), der Sachverhalt ist stark vereinfacht wiedergegeben. 470 471

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2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

und entschloss sich dann zur Schließung. Um die Bankschulden der Gesellschaft zurückzuzahlen veräußerte er das Gesellschaftsvermögen. Zehn Monate später stellte er vor Gericht den Antrag auf rescission. Das Gericht befand jedoch, dass der Käufer sofort hätte handeln müssen. Er hätte den Verkäufer in dessen ursprüngliche Position zurückversetzen müssen, oder hätte dies zumindest anbieten müssen; rescission war jetzt nicht mehr möglich. Wiederum anders ist die Rechtslage in Arizona. Zwar muss die Rückgabe vor Klageerhebung angeboten werden, das Angebot kann aber mit der Bedingung verknüpft werden, dass die Gegenpartei das ihrerseits Erlangte herausgibt.480 Im Fall Jones v. CPR Division, Upjohn Co.481 verwies das Gericht die Sache zurück, weil nach der Beweislage nicht klar war, ob eine Aussage eines der Käufer diesen Anforderungen genügte.482

b) Verweigerung der rescission wegen nachteiliger Veränderungen in der Gesellschaft In den nun folgenden Fällen war der Zustand des Unternehmens für die Entscheidungen der Gerichte maßgeblich. Zunächst werden zwei Fälle dargestellt, in denen die Gerichte dem Anfechtungsbegehren des Käufers der Anteile nicht stattgaben, weil sich im Unternehmen nachteilige Veränderungen ergeben hatten und dafür kein Ausgleich angeboten wurde. Gleich unter c) geht es um einen Fall, in dem sich das Unternehmen in der Zwischenzeit positiv entwickelt hatte. Loveday v. Cate483 Cate kaufte Loveday’s 50%-Anteil an einer Gesellschaft mit dem Namen Loveday Hardware, Inc. Nachdem Cate und der andere 50%-Anteilsinhaber, die sich selbst als directors und officers der Gesellschaft gewählt hatten, das Unternehmen heruntergewirtschaftet hatten, wollte Cate den Vertrag anfechten. Der Court of Appeals führte aus, dass der Käufer Cate nicht nur versäumt hatte, das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes glaubhaft zu machen, sondern dass er auch nichts unternommen hatte, um den status quo des Verkäufers wiederherzustellen.484 Denn im Juni 1987, als die Anteile auf den Käufer übertragen wurden, hatte Vgl. auch Mahurin v. Schmeck, 95 Ariz. 333 [341], 390 P.2d 576 [581] (Ariz. 1964). 120 Ariz. 147, 584 P.2d 611 (Ariz. 1978). 482 „We suggested that he turn the building over to us to be sold so we could recover our funds and let him have his business back and he refused.“ 483 Court of Appeals of Tennessee, 854 S.W.2d 877 (1992). 484 Damit wurde die Entscheidung des Gerichts erster Instanz, welche rescission gewährte, aufgehoben. 480 481

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das Unternehmen ein exzellentes Inventar und war schuldenfrei.485 Im Januar 1989 hingegen war das Unternehmen pleite, und im Mai 1989 hatte die Gesellschaft den Geschäftsbetrieb eingestellt. Das Gericht stellte fest, dass nach dem Recht des Staates Tennessee ein Vertrag nicht angefochten werden kann, ohne dass der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird. Folglich entschied das Gericht zugunsten des Verkäufers und gab dem Antrag auf rescission des Anteilskaufs nicht statt. In re Domestic Fuel Corp.486 Im Rahmen dieses Insolvenzverfahrens versuchte der Schuldner, Domestic Fuel Corp., den Vertrag über den Kauf von Anteilen an zwei corporations anzufechten. Als Anfechtungsgrund machte Domestic entweder beiderseitigen Irrtum oder arglistige Täuschung durch den Verkäufer geltend. Zunächst stellte das Gericht fest, dass rescission bereits deswegen nicht möglich sei, weil erstens die Voraussetzungen eines Anfechtungsgrundes nicht gegeben waren und weil zweitens der Käufer seine Anfechtungsabsicht nicht unverzüglich geäußert hatte. Aber selbst wenn ein Anfechtungsrecht bestünde und unverzüglich gehandelt worden wäre, dann könnte das Anfechtungsrecht nicht ohne die Rückgabe aller erlangten Vorteile oder ein entsprechendes Angebot ausgeübt werden. Aus den zugrunde liegenden Tatsachen war ersichtlich, dass sich die finanzielle Situation der Gesellschaften in den anderthalb Jahren nach der Anteilsübertragung verschlechtert hatte. Es wurden keine Beweise beigebracht, die gezeigt hätten, dass die finanzielle Situation im Zeitpunkt der Entscheidung (weitere acht Monate später) wieder die gleiche war wie im Zeitpunkt der Anteilsübertragung. Das Gericht befand, dass solange der Käufer dem Verkäufer nicht anbietet, für jede mögliche finanzielle Veränderung in den Gesellschaften Ausgleich zu leisten, der Verkäufer nicht in die Lage zurückversetzt werden kann, in der er sich bei Vertragsschluss befand. Auch aus diesem Grund war rescission zu versagen.

c) Verweigerung der rescission wegen vorteilhafter Veränderungen in der Gesellschaft Hier nun der umgekehrte Fall. Das Gericht gab dem Anfechtungsbegehren des Verkäufers der Anteile nicht statt, da sich der Zustand des Unternehmens aufgrund besonderer Anstrengungen des Käufers verbessert hatte.

485 486

Loveday als Zeuge: „We never did owe no money.“ United States Bankruptcy Court, S.D. New York, 79 B.R. 184 (1987).

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2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

Gangnes v. Lang487 Die Kläger Gangnes hatten ihren 50%-Anteil an Lang verkauft, der bereits Inhaber der anderen 50% war. Die Verkäufer übergaben sodann die Anteilszertifikate, Lang leistete im Gegenzug aber nicht die vereinbarten Zahlungen. Nach Ablauf einer gewissen Zeit reichten die Verkäufer schließlich Klage ein, in der sie unter anderem rescission des Vertrages verlangten. Das Gericht erster Instanz lehnte dies ab, daraufhin legten die Verkäufer Berufung ein. Das Besondere in diesem Fall war, dass sich der Wert der Anteile in der Zwischenzeit beträchtlich erhöht hatte, was auf außergewöhnliche Anstrengungen des Käufers zurückzuführen war. So fuhr er beispielsweise für mehrere Monate täglich eine Strecke von etwa 800 Kilometern, um Zulieferer in bar zu bezahlen und auf diese Weise den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Der Court of Appeals stellte zunächst fest, dass das Unterlassen der Zahlung des vereinbarten Kaufpreises grundsätzlich eine Anfechtung des Kaufvertrages rechtfertigen kann.488 Aufgrund der besonderen Lage des Falles wäre es aber „inequitable“, also unbillig. Das Gericht weiter: „An equitable remedy should not be used to accomplish an inequitable result.“489 Übersetzt werden könnte dies mit: Ein Recht, das aus Billigkeitsgesichtspunkten gewährt wird, soll nicht benutzt werden um ein unbilliges Ergebnis herbeizuführen. Aus diesem Grund versagte das Gericht die Anfechtung des Vertrages. Die Verkäufer hätten einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises, der es ihnen ermögliche, den mit dem Anteilsverkauf erstrebten Gewinn zu realisieren; mehr jedoch nicht.

III. Rückabwicklung als Rechtsfolge nach Gewährung der rescission Im Folgenden geht es um die Fälle, in denen rescission tatsächlich gewährt wurde, und es zur Rückabwicklung des Vertrages kam. Die Gerichte mussten sich in ihren Entscheidungen mit verschiedenen Einzelheiten der Rückabwicklung von Anteilskäufen auseinander setzen. Puskar v. Hughes490 Die Kläger Puskar verkauften 100% der Gesellschaftsanteile an der American Eagle Manufacturing Co., Inc. an die Beklagten Hughes. Einen Monat nach der Court of Appeals of Oregon, 799 P.2d 670, 104 Or.App. 135 (1990). Siehe z. B. TMF Tool Co., Inc. v. Siebengartner, 899 F.2d 584 (7th cir., Ill. 1990). 489 Das Gericht zitiert MacNab v. Fireman’s Fund Ins. Co., 243 Or. 267, 272, 413 P.2d 413 (Or. 1966). 490 Appellate Court of Illinois, 533 N.E.2d 962, 179 Ill. App. 3d 522 (1989). 487 488

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Abwicklung des Geschäfts überführten die Käufer die gesamte Einrichtung des Unternehmens von ihrem ursprünglichen Standort in Bensenville nach Rockford. Nachdem die Käufer entdeckten, dass die Verkäufer verschiedene falsche Angaben gemacht hatten, stoppten sie die Zahlungen auf den Kaufpreis. Daraufhin reichten die Verkäufer Klage ein und verlangten alternativ Zahlung des Kaufpreises oder Schadensersatz wegen Verletzung des Vertrages. Einer der Käufer erhob Gegenklage und beantragte rescission des Kaufvertrages. Das Gericht erster Instanz gab der Gegenklage statt, und regelte sodann die Einzelheiten der Rückabwicklung. Zum einen hatten die Käufer Anspruch auf Rückgewähr der von ihnen geleisteten Zahlungen auf den Kaufpreis, zum anderen wurden den Verkäufern bestimmte Beträge zugesprochen. Dazu gehörten der Pachtzins für den Standort in Bensenville für einen Monat, ein dem Pachtwert der Einrichtungsgegenstände des Unternehmens entsprechender Betrag, Ersatz für die Kosten der Rückführung der Einrichtung nach Bensenville und für die Kosten, die anfielen, um die Einrichtung wieder an das Stromnetz anzuschließen. Das Gericht saldierte die sich gegenüberstehenden Ansprüche, und erließ ein Urteil zugunsten der Verkäufer. Dagegen legte der Käufer Berufung ein. Das Berufungsgericht befand, dass das Gericht erster Instanz den Verkäufern richtigerweise den Pachtzins für den Standort in Bensenville und den dem Pachtwert der Einrichtungsgegenstände entsprechenden Betrag zugesprochen hatte. Demgegenüber hätte sich das Gericht im Irrtum befunden, als es den Verkäufern den Ersatz der Kosten für die Rückführung und die Elektrifizierung der Einrichtung zusprach. Das Berufungsgericht führte dazu aus: Der Grund, warum von der anfechtenden Partei verlangt wird, dass sie der Gegenpartei alles zurückgewährt, was sie aufgrund des Vertrages erlangt hat, sei, es der Gegenpartei unnötig zu machen, selbst eine Klage anzustrengen. Demzufolge muss die Gegenpartei aber auch nur insoweit in ihren früheren Zustand versetzt werden, als die anfechtende Partei etwas erlangt hat. Die Kosten für die Rückführung der Einrichtung und deren Anschluss an das Stromnetz seien jedoch keine Vorteile, die von den Verkäufern auf die Käufer übertragen wurden. Folglich waren diese Beträge keine geeigneten Bestandteile zur Wiederherstellung des status quo der Verkäufer. Sie waren bei der Rückabwicklung also nicht zu berücksichtigen. Gentry v. Smith491 Gentry und Johnston vereinbarten mit Smith, ihm ihre Anteile an der Gesellschaft American Motor Inns, deren Geschäftsbetrieb ein Motel in Florida war, zu verkaufen. Dadurch wäre Smith alleiniger Gesellschafter geworden. Es kam jedoch nicht zum sog. closing, also nicht zur endgültigen Vertragsdurchführung.492

491

United States Court of Appeals (5th cir., Fla.), 487 F.2d 571 (1973).

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2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

Smith nahm das Motel trotzdem in Besitz und betrieb es für mehr als sechs Monate. Während dieser Zeit lehnte er seine Mitwirkung am closing ab, da er der Meinung war, dass die Verkäufer aufgrund des Vertrages zur Reparatur der Klimaanlage verpflichtet waren und dies eine Vorbedingung für das closing sei. Nach mehreren Reparaturversuchen und mehreren Treffen der Parteien verließ der Käufer das Motel und die Verkäufer nahmen es wieder in Besitz. Sodann reichten die Verkäufer Klage ein wegen Vertragsverletzung durch den Käufer. Dieser wiederum erhob Gegenklage wegen der Vertragsverletzung durch die Verkäufer. Das Gericht erster Instanz befand, dass sich beide Parteien auf Selbsthilfe verließen493, anstatt auf gerichtlichem Wege ihre vertraglichen Rechte durchzusetzen, was nicht gerechtfertigt werden könne. Nach Ansicht des Gerichts hatten beide Parteien ihre vertraglichen Obliegenheiten verletzt und dadurch eine rescission des Vertrages durch beiderseitiges Einvernehmen herbeigeführt. Das Gericht verurteilte den Käufer zudem zur Zahlung von Schadensersatz für Steuerverpflichtungen und weitere Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus Lieferverträgen und anderen Verträgen, die als Folge seiner sechsmonatigen Leitung des Motels entstanden waren. Dagegen legte der Käufer Berufung ein. Der Court of Appeals bestätigte zunächst die Ausführungen zum beiderseitigen Vertragsbruch und zur einvernehmlichen Vertragsaufhebung. Allerdings hätte das Gericht erster Instanz versäumt, die Parteien in den Zustand zurückzuversetzen, in dem sie sich vor Vertragsschluss befanden. Es wurden nämlich keine Bestimmungen über einen Ausgleich für die Ausgaben des Käufers getroffen, die er während der Zeit als Leiter des Motels gehabt hatte, obwohl die Gesellschaft davon unzweifelhaft profitierte. Die Sache wurde aus diesem Grunde zurückverwiesen. Dem Gericht erster Instanz wurde aufgegeben, eine Gesamtabrechnung zwischen den Parteien und der Gesellschaft durchzuführen. Zu diesem Zweck sollte die Gesellschaft als Beteiligte in den Prozess aufgenommen werden. Schnuth v. Harrison494 Harrison, der alleinige Gesellschafter von River Frozen Food, Inc., verkaufte 50% der Anteile an Schnuth. Der Vertrag beinhaltete weiterhin, dass Schnuth zum 492 Dies ist eine Besonderheit des angloamerikanischen Rechts, vor allem bei Grundstücksgeschäften anzutreffen. Dabei handelt es sich um das abschließende Treffen der Parteien, bei dem die entsprechenden Dokumente aufgesetzt werden und es zum Transfer von Eigentum und Geld kommt. 493 Käufer: Verweigerung der Mitwirkung beim closing, Verkäufer: Inbesitznahme des Motels nach Verlassen durch den Käufer, wozu sie trotz der Geschehnisse nicht berechtigt waren (wurde vom Berufungsgericht ausführlich problematisiert). 494 Supreme Court of Wisconsin, 171 N.W.2d 370, 44 Wis.2d 326 (1969).

D. Analyse des case law

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president495 gewählt werden würde und dass er dafür einen festen wöchentlichen Lohn und die Hälfte der Gewinne der Gesellschaft erhalten sollte. Der Käufer zog mit seiner Familie sodann an den Ort, an dem auch die Gesellschaft ihren Sitz hatte und begann mit seiner neuen Arbeit. Er zahlte die Kaufpreisraten, erhielt aber weder Anteilszertifikate noch wurde er zum president gewählt. Nachdem er herausfand, dass ihm vor dem Vertragsschluss verschiedene Dinge verschwiegen bzw. falsch dargestellt worden waren496, stellte er vor Gericht den Antrag auf rescission des Vertrages und Ersatz seiner Aufwendungen. Das Gericht erster Instanz gewährte rescission des Vertrages und entschied, dass der Käufer Anspruch habe auf: Rückgewähr der von ihm auf den Kaufpreis geleisteten Zahlungen, Erstattung seiner Ausgaben, die er im Zusammenhang mit Reisen im Auftrage der Gesellschaft hatte, Erstattung der Aufwendungen, die er wegen des Umzugs der Familie hatte sowie Zahlung des vereinbarten Lohns. Der Verkäufer legte Berufung ein. Der Supreme Court bestätigte aber die Entscheidung. Das Gericht befand, dass alle diese Posten darauf abzielen, den Käufer zu „rehabilitieren“ 497. Sie seien richtigerweise gewährt worden als „items of damage“498, um ihn in die gleiche Position zurückzuversetzen, in der er sich vor Vertragsschluss befand.

IV. Zusammenfassung und Anmerkungen 1. Voraussetzungen für die Geltendmachung von rescission

Um mit einem Antrag auf rescission vor Gericht erfolgreich zu sein, muss zunächst ein Anfechtungsgrund vorliegen und die Gegenpartei muss über die Anfechtungsabsicht unverzüglich benachrichtigt worden sein. Die dritte Voraussetzung für die Geltendmachung von Anfechtungsgründen ist die Möglichkeit einer geordneten Rückabwicklung. Die Rückgängigmachung einer Übertragung von Anteilen an einer corporation kann also nur verlangt werden, wenn die Beteiligten die Position zurückerlangen können, in der sie sich unmittelbar vor Vertragsschluss befanden. Aus diesem Grund muss der Anfechtungsberechtigte das aufgrund des Vertrages Erlangte zurückgeben, zumindest muss er der anderen Partei eine Rückgabe anbieten. Regelmäßig reicht es aus, wenn ein solches Angebot in der Klageschrift bzw. 495 Dies ist der erste officer in einer corporation. In großen Gesellschaften, den publicly held corporations, wird diese Person meist als chief executive officer (CEO) bezeichnet, vgl. Hamilton S. 268 f. 496 Betreffend die Schulden und das Inventar der Gesellschaft sowie die Existenz einer gerichtlichen Klage gegen die Gesellschaft. 497 Wörtlich: „making the plaintiff whole“. 498 s. dazu gleich im Rahmen der Anmerkungen.

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2. Abschn.: Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

im Rahmen der Erhebung des Anfechtungsrechts als Verteidigung im Prozess abgegeben wird. In manchen Staaten muss die anfechtende Partei allerdings bereits vor gerichtlicher Geltendmachung ihres Anfechtungsrechts die Gegenpartei wieder in ihre Ausgangsposition versetzen bzw. sie muss ihr ein entsprechendes Angebot gemacht haben. Die dargestellten Fälle aus diesen Staaten zeigten, dass der Käufer verpflichtet war, die erhaltenen Gesellschaftsanteile zurückzugeben, zumindest aber deren Rückgabe anbieten musste, bevor er rescission vor Gericht geltend machen konnte. Eine weitere rechtliche Ausgestaltung ist, dass zwar die Rückgabe vor Klageerhebung angeboten werden muss, dieses Angebot aber mit der Bedingung verknüpft werden kann, dass im Gegenzug auch die andere Partei das von ihr Erlangte herausgibt. 2. Einschränkung des Anfechtungsrechts bei nachteiligen Veränderungen

Für die Geltendmachung eines Anfechtungsrechts ist weiterhin entscheidend, in welchem Zustand sich die Gesellschaft befindet. Eine zwischenzeitliche substantielle Verschlechterung der Verhältnisse in der Gesellschaft hat unmittelbaren Einfluss auf die Rechtsstellung des Käufers. Im Fall Loveday v. Cate versagte das Gericht dem Käufer rescission, da die Gesellschaft wegen Geldmangels mittlerweile den Geschäftsbetrieb eingestellt hatte. Im Fall In re Domestic Fuel Corp. gab das Gericht dem Anfechtungsbegehren des Käufers unter anderem deswegen nicht statt, weil sich die finanzielle Situation in den Gesellschaften verschlechtert hatte. Diese Entscheidungen beruhen unmittelbar auf dem Grundsatz, dass eine Rückgängigmachung des Vertrages nur verlangt werden kann, wenn die andere Partei die Position zurückerlangen kann, die sie bei Vertragsschluss innehatte. Wenn also der Käufer einen Anteilskaufvertrag anfechten will, die Gesellschaft in der Zwischenzeit aber eine negative Entwicklung beschritten hat, dann muss er dem Verkäufer einen Ausgleich für die nachteiligen Veränderungen anbieten, ansonsten geben die Gerichte seinem Antrag nicht statt.499

499 Die Verweigerung der rescission des Vertrages bedeutet allerdings nicht, dass die Partei nicht noch andere Ansprüche haben kann. Wenn der Kläger beispielsweise arglistig getäuscht wurde, dann hat er die Möglichkeit, Ansprüche auf Schadensersatz geltend zu machen, und zwar aus tort, vgl. 3 Black 618 (S. 1498) u. Gannett Co., Inc. v. Register Pub. Co., 428 F.Supp. 818 [841] (Conn. 1977).

D. Analyse des case law

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3. Einschränkung des Anfechtungsrechts bei vorteilhaften Veränderungen

Die Entscheidung im Fall Gangnes v. Lang hat gezeigt, dass umgekehrt auch eine vorteilhafte Entwicklung der Gesellschaft zu einer Einschränkung des Anfechtungsrechts führen kann. In diesem Fall konnte der Verkäufer mit seinem Antrag auf rescission nicht durchdringen, da sich der Zustand des Unternehmens und damit der Wert der Gesellschaftsanteile in der Zwischenzeit aufgrund besonderer Anstrengungen des Käufers erheblich verbessert bzw. erhöht hatte. Es ist anzumerken, dass das Gericht zunächst die Regeln über die Wiederherstellung des status quo hätte anwenden können. Dafür hätte es die Position des Käufers bei Vertragsschluss mit seiner Position im Zeitpunkt der Entscheidung vergleichen müssen. Dann wäre eigentlich in Betracht gekommen, rescission zuzulassen und den Verkäufer für verpflichtet zu erklären, dem Käufer seine außerordentlichen Aufwendungen zu ersetzen. Diesen Weg ging das Gericht allerdings nicht. Zum einen hatte der Verkäufer wohl kein entsprechendes Angebot auf Zahlung eines Ausgleichs gemacht, zum anderen hielt das Gericht vielleicht eine Berechnung des Wertes der besonderen Anstrengungen des Käufers für unmöglich. Darüber kann nur spekuliert werden. Das Gericht jedenfalls stützte sich auf Billigkeitsgesichtspunkte und verweigerte dem Verkäufer die Anfechtung des Vertrages.

4. Ansprüche im Rahmen der Rückabwicklung nach Gewährung der rescission

Wenn rescission vom Gericht zugelassen wird, dann kommt es zur vollständigen Rückabwicklung des Vertrages. Die Partei, die den Antrag auf rescission stellt, muss die Gegenpartei so stellen, wie diese stehen würde, wenn der Vertrag nie abgeschlossen worden wäre. Die anfechtende Partei kann dann selbst verlangen, so gestellt zu werden, wie sie unmittelbar vor Abschluss des Vertrages stand. Unproblematisch sind die Rechtsfolgen zunächst einmal für die ausgetauschten Gegenstände. Der Verkäufer muss den Kaufpreis zurückzahlen und der Käufer muss die Gesellschaftsanteile zurückgeben. Schwieriger sind dagegen die weiteren Einzelheiten der Rückabwicklung. a) Im Fall Gentry v. Smith hatte das Instanzgericht entschieden, dass der Käufer den Verkäufern Ersatz für die Nachteile der Gesellschaft leisten muss, die in der Zwischenzeit in Form von Steuern und im Namen der Gesellschaft eingegangene Verbindlichkeiten entstanden waren. Das Berufungsgericht fügte dem hinzu, dass im Gegenzug auch die Verkäufer dem Käufer die Ausgaben erstatten müssen, die dieser während der Zeit als Leiter des Motels hatte, da die Gesellschaft davon profitierte.

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Der Entscheidung lässt sich somit der Grundsatz entnehmen, dass der Käufer Ausgleich für nachteilige Maßnahmen leisten muss und seine Aufwendungen für Maßnahmen, die sich positiv ausgewirkt haben, ersetzt bekommt. b) Der Fall Schnuth v. Harrison hatte verschiedene Ansprüche des Anteilskäufers zum Gegenstand. Das Gericht gewährte ihm einen Anspruch auf Erstattung von Ausgaben, die er im Zusammenhang mit Reisen für die Gesellschaft hatte und sprach ihm weiterhin Ersatz der Kosten für seinen privaten Umzug zu. Dies steht im Widerspruch zu der Aussage im Fall Gentry v. Smith, wo darauf abgestellt wurde, dass die Gesellschaft von den Aufwendungen profitiert hat. Bei den unternommenen Reisen kann davon ausgegangen werden, dass die Gesellschaft davon profitierte. Die Kosten für den Umzug sind aber sog. neutrale Aufwendungen, die im Unterschied zu wertsteigernden Aufwendungen keinen Einfluss auf die Gesellschaft haben. Allerdings wird die Entscheidung von zwei Aspekten überlagert: Erstens durch die Stellung des Anteilskäufers im Unternehmen, denn es hatte ein Arbeitsverhältnis im weiteren Sinne gegeben. Das Gericht sprach ihm nämlich auch den Lohn zu, den er als president der Gesellschaft hätte erhalten sollen, obwohl er nie auf diesen Posten gewählt wurde. Korrekterweise hätte auf die tatsächlichen Aufwendungen des Käufers abgestellt werden müssen, auch wenn das Gericht den vereinbarten Lohn als Anhaltspunkt für den Wert der Arbeitsleistung genommen hätte und vielleicht zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass der vereinbarte wöchentliche Lohn den Aufwendungen des Käufers entsprach. Zweitens ergab sich eine Überschneidung mit dem Schadensersatzrecht, da rescission aufgrund einer arglistigen Täuschung durch den Verkäufer gewährt wurde. Eine genauere Betrachtung war für das vom Gericht gewünschte Ergebnis wohl nicht erheblich, da der Käufer als Getäuschter auch einen Anspruch auf Schadensersatz aus tort hatte, also alle erlittenen Nachteile auf jeden Fall ersetzt bekommen würde. Dies erklärt auch, warum das Gericht von „items of damage“ sprach. c) Die Entscheidung Puskar v. Hughes enthält Aussagen über die Behandlung von Vorteilen, die der Käufer in der Zeit seiner Kontrolle über die Gesellschaft gezogen hat. Im Fall der rescission des Anteilskaufvertrages muss der Käufer alle im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrages erlangten Vorteile herausgeben. So wurden die Käufer zur Zahlung des Pachtzinses für die Nutzung des den Verkäufern gehörenden Grundstücks verurteilt. Des Weiteren mussten sie den Verkäufern einen Geldbetrag zahlen, der dem Pachtwert der Gegenstände des Unternehmens entsprach. Nach Ansicht des Berufungsgerichts, im Gegensatz zur Meinung des Gerichts erster Instanz, waren die Käufer nicht verpflichtet, Ersatz für die Kosten zu leisten, die die Verkäufer im Zusammenhang mit der Rückführung und Elektrifizierung der Gegenstände der Gesellschaft hatten. Diese wurden nämlich nicht als Vorteile gewertet, die die Käufer auf Kosten der Verkäufer erlangt hatten.

D. Analyse des case law

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Es stellt sich die Frage, ob man das Fortschaffen der Gegenstände an einen anderen Ort nicht auch als nachteilige Veränderungen für die Gesellschaft hätte werten können. Würde man nämlich einfach die Status-quo-Formel anwenden, dass die Verkäufer so gestellt werden müssen, wie sie unmittelbar vor Vertragsschluss standen, dann müsste man die Käufer für verpflichtet halten, die Gegenstände (auf ihre Kosten) wieder an ihren ursprünglichen Standort zu schaffen und sie an das Stromnetz anzuschließen. Es ergibt sich auch hier wieder das Problem sog. neutraler Aufwendungen, die auf den Wert der Gesellschaft keinen Einfluss haben. Sie stellen weder einen Vorteil für die Gesellschaft dar, sind also nicht wertsteigernd, noch wird dadurch der Wert der Gesellschaft vermindert. Vielmehr handelt es sich um Kosten, die nur im Verhältnis Käufer / Verkäufer relevant sind. Im Sinne einer gerechten Entscheidung des konkreten Falles kann der Sichtweise des Berufungsgerichts sicher zugestimmt werden. Die Käufer hatten ja bereits für den Transport an einen anderen Standort gezahlt. Das Gericht sah es wohl nicht als gerechtfertigt an, den Käufern nun auch noch die Kosten für den Rücktransport aufzuerlegen.

Dritter Abschnitt

Vergleich der Ergebnisse und Prüfung der Übertragbarkeit der US-amerikanischen Rückabwicklungsregeln A. Auswertung der Vorüberlegungen zum US-Recht Im ersten Abschnitt dieser Arbeit wurde ermittelt, dass sich für die GmbH nur in engen Grenzen Ansprüche gegen den Erwerber wegen nachteiliger Veränderungen in dem von der GmbH betriebenen Unternehmen ergeben. Für den Veräußerer ergaben sich überhaupt keine Ansprüche gegen den Erwerber. Am Ende des ersten Abschnitts wurde die Frage aufgeworfen, ob dies von der Rechtsordnung so gewollt ist – oder ob eine planwidrige Lücke vorliegt. Die Analyse der Rechtsprechung der US-Gerichte, die in den letzten mehr als 35 Jahren zu diesem Thema ergangen ist, hat offen gelegt, dass das deutsche Recht eine planwidrige Lücke aufweist. Die Übertragung von Anteilen an einer corporation wird nämlich wie jedes andere Rechtsgeschäft behandelt. Bei einzelnen Posten der Rückabwicklung ergaben sich zwar Schwierigkeiten bei der Frage, wem diese zugewiesen werden sollen. Manchmal ergaben sich Meinungsunterschiede zwischen den Gerichten der verschiedenen Instanzen und manchmal wurde die Grundregel für die Rückabwicklung durch Einzelfallerwägungen korrigiert. Trotzdem kann festgehalten werden, dass auf fehlgeschlagene Anteilskäufe die allgemeinen Rückabwicklungsregeln angewendet werden. Das US-Recht hat folglich noch einmal deutlich gemacht, dass man die im ersten Abschnitt ermittelten Ergebnisse nicht als endgültig akzeptieren darf. Bereits die Darstellung der Rechtslage im ersten Abschnitt hat immer wieder gezeigt, dass die Rechtslage nicht befriedigen kann. Sonst könnte der Erwerber die aus der GmbH gezogenen Vorteile größtenteils behalten, und zwar sogar dann, wenn er die GmbH für die Zwecke seiner anderweitigen unternehmerischen Beteiligung(en) benutzt hat. In diesem Fall würden dem Erwerber die gezogenen Vorteile im Falle der Unwirksamkeit der Anteilsübertragung in seinem Konzern verbleiben, während der Veräußerer zwar weiterhin Gesellschafter ist, der Wert seines Geschäftsanteils aber stark verringert sein kann. Unbillig ist dieses Ergebnis aber nicht nur dann, wenn der Erwerber gezogene Vorteile auf Kosten des Erwerbers behalten kann, sondern auch wenn er die GmbH heruntergewirtschaftet hat, ohne daraus Vorteile gezogen zu haben. Die plötzlich erkannte Unwirksamkeit von Kaufvertrag

B. Das maßgebliche Rückabwicklungsverhältnis

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und Abtretung würde den Erwerber von den Ergebnissen seiner schlechten Wirtschaftsführung befreien und sie dem Veräußerer aufbürden. Im Folgenden stellt sich somit die Aufgabe, eine Lösung für das deutsche Recht zu entwickeln.

B. Das maßgebliche Rückabwicklungsverhältnis Im US-Recht steht das Verhältnis zwischen Anteilskäufer und -verkäufer im Vordergrund. Das gilt sowohl für die Frage, ob eine Aufhebung des Vertrages überhaupt verlangt werden kann, als auch für die Rückabwicklung selbst. Die nachteilige Einwirkung auf die Gesellschaft wird in erster Linie als Nachteil für den Verkäufer angesehen, wenn es um die Rückabwicklung des Vertrages geht. Bei der Frage, ob eine Aufhebung des Vertrages überhaupt gewährt werden kann, wird darauf abgestellt, dass wegen nachteiliger Veränderungen im Unternehmen der Verkäufer ohne entsprechenden Ausgleich nicht mehr die Position zurückerlangen kann, in der er sich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses befand. Allerdings ließen es die Gerichte offen, auf welche Weise in diesen Fällen der Ausgleich zu leisten ist. In einem Fall500 wurde dem Gericht erster Instanz aufgegeben, die Gesellschaft am Prozess zu beteiligen, damit zwischen den Vertragsparteien und der Gesellschaft ein umfassender Ausgleich stattfinden kann. Aber das Abstellen auf Nachteile für die Gesellschaft oder die Möglichkeit der Zahlung eines Ausgleichs in das Gesellschaftsvermögen ändert nichts daran, dass es immer nur um eine Wiederherstellung der früheren Position des Verkäufers ging. Im US-amerikanischen Recht spielt die rechtliche Eigenständigkeit der corporation bei einer gescheiterten Anteilsübertragung also keine Rolle. Die das Unternehmen betreffenden Verbesserungen und Verschlechterungen werden als direkte Einwirkungen auf den Status des Veräußerers angesehen. Dieser spürt die Veränderungen in seinem Vermögen, wenn dem Antrag auf rescission stattgegeben wird. Nichts anderes gilt für den Fall, der dieser Arbeit zugrunde liegt. Im Falle der Unwirksamkeit von Kaufvertrag und Abtretung sind es in erster Linie die Interessen des Veräußerers, die durch die Eingriffe des Erwerbers verletzt wurden. Betrachtet man dagegen die in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen für die Ansprüche der GmbH gegen den Erwerber einmal von ihrem Schutzzweck her, so lässt sich erkennen, dass diese dem Schutz von Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern der Gesellschaft dienen. Ansprüche wegen Treuepflichtverletzung ergeben sich nämlich nur, wenn Minderheitsgesellschafter mit einer Maßnahme nicht einverstanden sind und einen Schadensersatzanspruch gegen den Mehrheitsgesellschafter geltend machen. Als Folge ergibt sich auch ein Schutz der Gläubiger, die reflexartig vom Schutz der Minderheitsgesellschafter profitieren. 500

Gentry v. Smith, 487 F.2d 571 [578] (5th cir., Fla. 1973).

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3. Abschn.: Die US-amerikanischen Rückabwicklungsregeln

Sind Minderheitsgesellschafter nicht vorhanden oder kann sich der Mehrheitsgesellschafter auf ihr Einverständnis stützen, dann entfallen die Anforderungen aus der Treuepflicht und damit mögliche Ansprüche. Übrig bleiben nur die Kapitalerhaltungsvorschriften. Auch diese Ansprüche stehen der GmbH zu, bezwecken aber den Schutz der Gläubiger. Darüber hinaus ergeben sich nach mittlerweile herrschender Meinung Schadensersatzansprüche bei bestandsgefährdenden Maßnahmen. Diese Erweiterung des Schutzes der §§ 30, 31 GmbHG beruht ebenfalls auf Gesichtspunkten des Gläubigerschutzes. Keine dieser Anspruchsgrundlagen intendiert den Schutz eines nur scheinbar ausgeschiedenen Gesellschafters, also des Veräußerers nach unwirksamer Abtretung des Geschäftsanteils. Diese rechtlichen Regeln bezwecken demnach nicht, eine geordnete Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber sicherzustellen. Darüber hinaus hätte die GmbH die beschriebenen Ansprüche auch, wenn die Übertragung des Geschäftsanteils wirksam gewesen wäre, sie ergeben sich nicht aufgrund der Nichtigkeit bzw. der Anfechtung der Rechtsgeschäfte zwischen Veräußerer und Erwerber. Die in Betracht kommenden Ansprüche der GmbH können demzufolge gar nicht die Probleme lösen, die sich bei Unwirksamkeit der Anteilsübertragung ergeben. Sie sind für den Veräußerer zum Ausgleich eines zwischenzeitlich eingetretenen Wertverlustes des Geschäftsanteils ungeeignet. Aus den Erkenntnissen des US-amerikanischen Rechts und den darauf aufbauenden Überlegungen zum deutschen Recht folgt daher, dass die Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Erwerber und Veräußerer stattfinden muss.

C. Das maßgebliche Regelungssystem Die Analyse des US-Rechts hat außerdem gezeigt, dass die Rückabwicklung fehlgeschlagener Anteilskäufe mit den allgemeinen Regeln durchgeführt wird. Das US-amerikanische Recht behandelt den Fall der fehlgeschlagenen Übertragung von Anteilen an einer corporation wie andere gescheiterte Verträge. Die dargestellten Grundsätze, also die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Geltendmachung der rescission und die dann folgende restitution, sind die allgemeinen Rückabwicklungsregeln im Recht der USA. Die besonderen Schwierigkeiten der Rückabwicklung einer Übertragung von Anteilen an einem Unternehmen wurden von den Gerichten erkannt und führten zu speziellen Würdigungen im Einzelfall. Es kann aber zunächst festgehalten werden, dass es im US-amerikanischen Recht kein besonderes Abwicklungsrecht für Anteilsübertragungen gibt. Auch diese Erkenntnis ist für die Rückabwicklung nichtiger oder angefochtener GmbH-Anteilsübertragungen zu verwerten. Dabei handelt es sich um gescheiterte Austauschverträge, betreffend die Übertragung des Geschäftsanteils gegen Zahlung einer Geldsumme. Wie auch sonst in den Fällen nichtiger und angefochtener

D. Bewertung der Rückabwicklungsregeln des US-Rechts

129

Austauschgeschäfte sind für die Rückabwicklung die Regeln des Bereicherungsrechts anzuwenden. Diese Vorschriften bezwecken im Gegensatz zu den möglichen Ansprüchen der GmbH gegen den Erwerber eine Rückabwicklung unter Berücksichtigung der schützenswerten Interessen beider Parteien des gescheiterten Vertrages und damit grundsätzlich auch den Ausgleich für einen Wertverlust des nicht wirksam übertragenen Gegenstandes. Aus der soeben getroffenen Feststellung, dass die Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber durchzuführen ist, ergibt sich also unmittelbar die Anwendung des Bereicherungsrechts. Dies entspricht ganz allgemein der Konzeption des deutschen Zivilrechts und ist nichts überraschend Neues. Dass die Rückabwicklung nach den §§ 812 ff. BGB zu erfolgen hat, entspricht ja auch der einhelligen Ansicht in der Literatur.501 Es wurde nur noch nicht herausgefunden, wie der Einstieg in das Bereicherungsrecht ermöglicht werden kann, also was als das erlangte Etwas im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB anzusehen ist.502

D. Bewertung der Rückabwicklungsregeln des US-Rechts Im US-amerikanischen Recht ist vor die eigentliche Rückabwicklung sozusagen ein Kontrollmechanismus geschaltet. Bei einer nicht unwesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der corporation wird die rescission von den Gerichten verweigert, wenn der Anteilskäufer dem Verkäufer dafür keinen Ersatz leistet. Gleiches gilt für einen Antrag des Verkäufers auf rescission, wenn sich der Zustand der corporation in der Zwischenzeit erheblich verbessert hat. In diesen Fällen befassen sich die Gerichte gar nicht mit der Rückabwicklung des Anteilskaufs. Diese rechtliche Lösung ist allerdings nicht in das deutsche Recht übertragbar. Bei Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes und nach erfolgter Anfechtung bei Vorliegen eines Anfechtungsgrundes ergibt sich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, welche zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung führt. Die §§ 812 ff. BGB stellen die Regeln bereit, mit denen das gesamte Verhältnis zwischen Erwerber und Veräußerer zur Rückabwicklung zu bringen ist. Eine Vorwegkontrolle wie im US-amerikanischen Recht, wo zunächst danach gefragt wird, ob die im Zeitpunkt der Durchführung der Rückabwicklung (verglichen mit dem Stand unmittelbar vor dem Anteilskauf) besser stehende Partei der anderen Ausgleich geleistet oder dies zumindest angeboten hat, ist im deutschen Zivilrecht nicht vorgesehen.

501 Vgl. MünchHdbGesRIII / Jasper § 24, Rn. 171; Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 14; Grunewald ZGR 1991, 452, 464; Scholz / Winter § 16, Rn. 22; K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 156; Zeilinger NZG 1999, 1021, 1029. 502 s. bereits im ersten Abschnitt unter B. II. 2.

9 Jedlitschka

130

3. Abschn.: Die US-amerikanischen Rückabwicklungsregeln

Übertragen könnte man jedoch die zugrunde liegende Zuweisungsregel: Der Anteilskäufer trägt das Risiko einer nachteiligen Entwicklung, profitiert aber im Gegenzug auch von der Chance einer positiven Entwicklung des Unternehmens. Diese Regel setzt sich im Grundsatz auch dann fort, wenn die Rückabwicklung vom Gericht durchgeführt wird. Zunächst muss die Partei, die den Antrag auf rescission stellt, die Gegenpartei so stellen, wie diese stehen würde, wenn der Vertrag nie abgeschlossen worden wäre. Danach kann sie selbst verlangen, so gestellt zu werden, wie sie unmittelbar vor Abschluss des Vertrages stand. So musste im Fall Gentry v. Smith der Anteilskäufer Ausgleich für nachteilige Maßnahmen leisten und konnte im Gegenzug seine Aufwendungen, von denen die corporation profitiert hatte, vom Verkäufer ersetzt verlangen. Diese Regel der Wiederherstellung des status quo beider Parteien scheint auf den ersten Blick eine angemessene Lösung zu liefern. Bereits die Entscheidungen Schnuth v. Harrison503 und Puskar v. Hughes504 lassen aber eine konsequente Anwendung dieser Regel vermissen. In Schnuth v. Harrison wurde nicht darauf abgestellt, ob die Gesellschaft von den Aufwendungen profitierte, vielmehr wurden dem Anteilskäufer Ersatz für sämtliche Aufwendungen zugesprochen. Auch in Puskar v. Hughes hätte eine konsequente Anwendung der „Status-quo-Regel“ zu einer anderen Entscheidung hinsichtlich der Kosten für die Rückführung von Gegenständen der corporation führen müssen. In den letztgenannten beiden Entscheidungen zeigt sich eine Schwäche dieser von den US-Gerichten angewendeten Regel. Sie versagt bei Maßnahmen oder Aufwendungen des Käufers, die für die Gesellschaft keinen Vorteil bringen. Bei konsequenter Anwendung der „Status-quo-Regel“ wären diese allein vom Anteilskäufer zu tragen. Dies deckt sich allerdings nicht mit den Entscheidungen der Gerichte, deren Erwägungen als stark einzelfallbezogen eingeordnet werden müssen. Das gleiche Problem ergäbe sich in Fällen, in denen nachteilige oder vorteilhafte Entwicklungen des Unternehmens nicht vom Erwerber herbeigeführt wurden. Zu denken ist an konjunkturelle Entwicklungen, die dem Einfluss der Parteien entzogen sind. Nach dem Grundsatz der Wiederherstellung des status quo müsste der Erwerber dem Veräußerer bei negativer Entwicklung Ersatz leisten. Auf der anderen Seite würde dem Verkäufer eine positive Entwicklung zugute kommen, da der Käufer insoweit keine Aufwendungen hatte, die er vom Verkäufer ersetzt verlangen könnte. Es erscheint nicht sachgerecht, bei zufälligen Entwicklungen dem Käufer die Nachteile und dem Verkäufer die Vorteile zuzuweisen. Mit einem solchen Fall wurden die Gerichte im untersuchten Zeitraum allerdings nicht befasst. Die Ausführungen machen aus deutscher Sicht die Schwächen des case law deutlich: Eine universell einsetzbare Lösung, die alle möglichen Entwicklungen in der Gesellschaft erfasst, kann das case law nicht liefern. Das Gericht ist mit einem 503 504

Supreme Court of Wisconsin, 171 N.W.2d 370, 44 Wis.2d 326 (1969). Appellate Court of Illinois, 533 N.E.2d 962, 179 Ill. App. 3d 522 (1989).

F. Ausblick

131

speziellen Fall beschäftigt und muss sich grundsätzlich keine Gedanken darüber machen, wie andere Fälle zu lösen wären. Die Lösung geht zwar von einer Regel aus, die die Risiken im Rahmen eines fehlgeschlagenen Anteilskaufs grundsätzlich angemessen auf Käufer und Verkäufer verteilt. Damit können aber nicht alle Entwicklungen oder durchgeführte Maßnahmen bewältigt werden. Stößt die Regel an ihre Grenzen, so rücken Einzelfallerwägungen in den Vordergrund.

E. Neuer Aspekt: Steigerung des Wertes der Gesellschaftsanteile Die Analyse des US-amerikanischen Rechts hat noch einen weiteren Aspekt für die vorliegende Untersuchung geliefert. Die Arbeit beschäftigte sich bisher mit dem Problem nachteiliger Veränderungen in der GmbH. Der Fall Gangnes v. Lang505 hat gezeigt, dass umgekehrt auch eine erhebliche Verbesserung der Situation des Unternehmens und einer daraus folgenden Erhöhung des Wertes der Anteile zu der Frage führt, auf welche Weise eine angemessene Rückabwicklung vorzunehmen ist. Die Lösung des Gerichts, dem Verkäufer wegen der Werterhöhung das Recht zur Anfechtung aus Gründen der Billigkeit abzusprechen, ist im deutschen Recht zwar wie gesagt nicht möglich. Im Verlauf der Entwicklung des Lösungskonzeptes für das deutsche Recht wird der Fall aber mit aufgenommen und versucht, eine Lösung mit den im deutschen Recht zur Verfügung stehenden Mitteln herbeizuführen.

F. Ausblick Nach der Auseinandersetzung mit dem US-amerikanischen Recht kann festgehalten werden, dass die Rückabwicklung zwischen Erwerber und Veräußerer nach den Regeln des Bereicherungsrechts durchzuführen ist. Die wesentlichen zwei Fragen sind aber noch zu beantworten. Zum Ersten ist zu ermitteln, wie der Einstieg in das Bereicherungsrecht gewährleistet werden kann. Es ist also herauszufinden, was das „Etwas“ im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB ist, welches der Erwerber nach doppelt nichtiger Übertragung des Geschäftsanteils erlangt hat (im folgenden Abschnitt unter A.). Zweitens ist eine systematische Rückabwicklungsregelung zu entwerfen, die alle denkbaren Maßnahmen des Erwerbers und sonstige Entwicklungen in der Gesellschaft berücksichtigt (im folgenden Abschnitt unter B.). Es wird dabei entscheidend auf die Flexibilität des § 818 BGB ankommen.

505

9*

Court of Appeals of Oregon, 799 P.2d 670, 104 Or.App. 135 (1990).

Vierter Abschnitt

Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht A. Das „erlangte Etwas“ bei doppelt nichtiger Anteilsübertragung Das „erlangte Etwas“ des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bedeutet zunächst allgemein einen Vermögensvorteil, also eine Verbesserung der Vermögenslage des Bereicherten.506 Im Weiteren wird eine Einteilung in folgende Kategorien vorgenommen: der Erwerb von Rechten, die Erlangung einer vorteilhaften Rechtsstellung, die Befreiung von Pflichten und Beschränkungen sowie die Ersparnis von Aufwendungen.507 Es ist nun zu untersuchen, welchen Vermögensvorteil der Erwerber nach doppelt nichtiger Anteilsübertragung erlangt hat.

I. Ermittlung des Vermögensvorteils 1. Geschäftsbetrieb der GmbH

Zunächst ist eine Konstruktion abzulehnen, die der BGH in seiner Entscheidung aus dem Jahre 1988 angewendet hat: die Rückübertragung des Geschäftsbetriebes.508 Zum einen spricht dagegen, dass der BGH seine Ansicht auf eine entsprechende Klausel im Vertragstext gestützt hat. Was soll also gelten, wenn es eine solche Klausel nicht gibt? Des Weiteren wäre zu klären: Wann kann davon gesprochen werden, dass der Geschäftsbetrieb übergegangen ist? Wie wäre es beispielsweise zu bewerten, wenn es sich um ein sehr großes Unternehmen handelt, und der Einfluss des Erwerbers trotz seiner Mehrheitsherrschaft auf die Stimmausübung in der Gesellschafterversammlung beschränkt bliebe? Eine solche Lösung wäre vielleicht für den Fall in Erwägung zu ziehen, in dem der Anteilserwerber nach seiner Anmeldung alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft wird. Generell ist diese Konstruktion aber 506 RGZ 151, 123, 127; BGH NJW 95, 53, 54; Erman / Westermann § 812 BGB, Rn. 4; Palandt / Thomas § 812 BGB, Rn. 16. Ob das Erlangte einen materiellen Wert hat, ist unerheblich, s. Larenz / Canaris § 71 I 1, S. 255; MünchKomm / Lieb § 812 BGB, Rn. 287. 507 Vgl. Palandt / Thomas § 812 BGB, Rn. 17 ff.; Erman / Westermann § 812 BGB, Rn. 4 ff.; Staudinger / Lorenz § 812 BGB, Rn. 66 ff. 508 BGH WM 1989, 256, vgl. im ersten Abschnitt unter B. II. 4.

A. Das „erlangte Etwas“ bei doppelt nichtiger Anteilsübertragung

133

nicht möglich, denn sie übersieht, dass bei der GmbH der Grundsatz der Drittorganschaft gilt. Das bedeutet, dass ein Geschäftsführer zwar auch Gesellschafter sein kann, er muss es aber nicht.509 Eine Lösung über den Geschäftsbetrieb würde die Anteilsübertragung außerdem zu sehr in die Nähe der Übertragung eines einzelkaufmännischen Unternehmens rücken. 2. „Anteilsbesitz“

Zu erwägen ist weiterhin der bereits erwähnte Vorschlag von Lass.510 Sie konstruiert den sog. „Anteilsbesitz“. Dieser Vorschlag kann jedoch nicht überzeugen, da er mit der Systematik des deutschen Rechts nicht vereinbar ist. Das deutsche Recht kennt keinen Besitz an GmbH-Anteilen. Der Begriff „Besitz“ wird grundsätzlich für die Herrschaftsmacht über Sachen verwendet.511 Einen Rechtsbesitz kennt das Bürgerliche Gesetzbuch nur bei Grunddienstbarkeiten und beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten.512

3. Das Erlangte bei wirksamer Abtretung: Mitgliedschaft

Es ist offensichtlich, dass das Argument gegen den Vorschlag des „Anteilsbesitzes“ formaler Art ist. Der eingeschlagene Weg ist nämlich grundsätzlich richtig. Die Stellung des Erwerbers muss rechtlich beschrieben werden, um sie einer Kondiktion zugänglich zu machen. Die Annäherung muss über die rechtliche Stellung erfolgen, die ein Erwerber nach lediglich kausalnichtiger Anteilsübertragung innehat. In diesem Fall ist die dingliche Abtretung wirksam, der Erwerber ist Gesellschafter geworden. Durch die Abtretung hat der Erwerber den Geschäftsanteil erlangt. Der Begriff des Geschäftsanteils wurde vom Gesetzgeber in § 14 GmbHG eingeführt. Der Begriff wird allerdings nicht definiert; er stellt aber eine Verbindung zur Stammeinlage als kapitalmäßiger Grundlage der Gesellschaftsbeteiligung her.513 Der Geschäftsanteil steht für die Mitgliedschaft in der Gesellschaft und wird in diesem Sinne auch vom Gesetz verwendet.514 Demnach beinhaltet der hier 509 G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 35 I 4; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich Einl., Rn. 16. 510 s. im ersten Abschnitt, B. II. 3. 511 Palandt / Bassenge Überbl. v. § 854 BGB, Rn. 1; MünchKomm / Joost vor § 854 BGB Rn. 6. 512 Palandt / Bassenge Überbl. v. § 854 BGB, Rn. 4; MünchKomm / Joost vor § 854 BGB Rn. 7. 513 Vgl. Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 14, Rn. 1; Scholz / Winter § 14, Rn. 1. 514 Vgl. Lutter / Hommelhoff, § 14, Rn. 1; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 14, Rn. 1.

134

4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

stets verwendete Begriff der Anteilsübertragung genau gesagt eine Übertragung der Mitgliedschaft in der GmbH. Die Mitgliedschaft als erworbenes Recht ist demzufolge das eigentliche „erlangte Etwas“ im bereicherungsrechtlichen Sinne. Ist der zugrunde liegende Kaufvertrag unwirksam, dann muss der Erwerber rechtlich korrekt beschrieben nicht „den Geschäftsanteil herausgeben“, sondern die Mitgliedschaft in der GmbH. Dies geschieht durch Rückübertragung, und zwar wiederum in Form der Abtretung.515

4. Das Erlangte bei unwirksamer Abtretung: Scheinmitgliedschaft

Der Unterschied bei der doppelnichtigen Übertragung besteht darin, dass der Geschäftsanteil, also die Mitgliedschaft nicht rechtswirksam auf den Erwerber übergegangen ist. Aufgrund der Unwirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts hat der Erwerber daher nicht das Recht erworben, auf dessen Verschaffung der Vertrag abzielte. Zu prüfen ist, ob der Erwerber trotz Unwirksamkeit der Anteilsübertragung einen Vermögensvorteil erlangt hat. In Betracht kommt die Erlangung einer vorteilhaften Rechtsstellung. Diese Kategorie der Vermögensvorteile betrifft vor allem die Fälle, in denen aufgrund der Nichtigkeit sowohl des Verpflichtungs- als auch des Erfüllungsgeschäfts eine Änderung der Rechtszuständigkeit und damit eine Vermögensverschiebung an sich nicht gegeben ist.516 Dennoch kann der Empfänger in diesen Fällen einen Vermögensvorteil erlangt haben.517 Die Kondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB setzt demnach den bereits erfolgten Eintritt einer Rechtsänderung nicht unbedingt voraus.518 So wurde entschieden, dass eine vom Verkäufer aufgrund eines formnichtigen Kaufvertrages abgegebene Auflassungserklärung bis zur Eintragung des Eigentumsübergangs kondiziert werden kann.519 Gleiches gilt für den aufgrund nichtigen Kaufvertrages erlangten Besitz an einem Grundstück, wenn auch das dingliche Geschäft nichtig ist oder wenn eine Übertragung des Eigentums noch nicht stattgefunden hat.520 Die Auflassungserklärung und der Besitz werden folglich als vorteilhafte Rechtsstellungen angesehen. Die Anmeldung des Erwerbers bei der Gesellschaft begründet gem. § 16 Abs. 1 GmbHG eine unwiderlegliche Vermutung für seine Gesellschafterstellung. 521 VielScholz / Winter § 15, Rn. 41; Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 11. Vgl. Palandt / Thomas § 812 BGB, Rn. 18. 517 Palandt / Thomas § 812 BGB, Rn. 18. 518 Soergel / Mühl § 812 BGB, Rn. 247; RGZ 108, 329, 332. 519 RGZ 108, 329, 332 f. 520 RGZ 129, 307, 311. 521 Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 1; Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 1; Wiedemann, Übertragung, S. 137; K. J. Müller GmbHR 1996, 641, 642. 515 516

A. Das „erlangte Etwas“ bei doppelt nichtiger Anteilsübertragung

135

fach ist auch die Rede von einer Fiktion.522 Aus diesen unterschiedlichen Bezeichnungen einen Meinungsstreit zu konstruieren523 hat keinen praktischen Wert, da beide sinngemäß dasselbe bedeuten.524 Jedenfalls begründet die Anmeldung einen Rechtsschein, der durch die Unwiderlegbarkeit der Vermutung oder durch die Fiktion des § 16 Abs. 1 GmbHG objektiviert und mit verbindlicher Wirkung im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Parteien der Abtretung ausgestattet wird.525 Aufgrund dieser Objektivierung handelt es sich nicht um Rechtsschein im engeren Sinne, denn ein Rechtsschein kann stets durch Aufdeckung der wahren Rechtslage ohne weiteres zerstört werden, und er entfaltet gegenüber demjenigen, der die Wahrheit kennt, keine Wirkungen.526 Man kann aber davon sprechen, dass die Anmeldung bei der Gesellschaft einen objektiven Rechtsschein oder einen Rechtsschein im weiteren Sinne begründet. So wird der Erwerber im Fall der unwirksamen Abtretung eines Geschäftsanteils auch als Scheingesellschafter bezeichnet.527 Die Grundlage für diese Stellung bildet die Scheinmitgliedschaft in der GmbH. Zwar ist eine Rechtsänderung nicht eingetreten, aber wegen der Wirkungen des § 16 Abs. 1 GmbHG hat der Erwerber eine sog. vorteilhafte Rechtsstellung erlangt. Folglich ist das „erlangte Etwas“ die Scheinmitgliedschaft in der GmbH. Aus dieser konnten Nutzungen gezogen werden (Gewinne, sonstige Zuwendungen), sie brachte Lasten mit sich (Einzahlungen in das Gesellschaftsvermögen, persönliche Mitarbeit). Und, das ist im Rahmen dieser Untersuchung besonders wichtig, sie hat einen wirtschaftlichen Wert.

II. Wert der Scheinmitgliedschaft Fraglich ist, wie der Wert der Scheinmitgliedschaft zu bemessen ist. Problematisch erscheint zunächst, diesen Wert mit dem Wert der (wahren) Mitgliedschaft, also dem wirtschaftlichen Wert des Geschäftsanteils gleichzusetzen. Dies muss aber getan werden, um im Rahmen des § 818 BGB nachteilige Veränderungen in 522 BGHZ 112, 103, 113; BGH GmbHR 1991, 311; BGH DB 1968, 2270 Hachenburg / Zutt § 16, Rn. 43; Zutt, FS Oppenhoff, S. 555, 556; Scholz / Winter § 16, Rn. 2. 523 Vgl. K. J. Müller GmbHR 1996, 641, 642. 524 Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 1. Rowedder § 16, Rn. 1 bedient sich sogar beider Bezeichnungen. 525 Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 1; Lutter / Hommelhoff § 16, Rn. 1; Hachenburg / Zutt § 16, Rn. 43; Wiedemann, Übertragung, S. 131 ff.; OLG Frankfurt / M. ZIP 1992, 1345, 1346. Zum vergleichbaren § 67 Abs. 2 AktG s. KölnKomm / Lutter § 67 AktG, Rn. 19. 526 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 174 f.; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 1. 527 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 V 2 b) bb), S. 172; Wiedemann, Übertragung, S. 130; Lass ZGR 1997, 401.

136

4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

den Bereicherungsausgleich einzubeziehen, wie noch zu sehen sein wird. Zwei Aspekte liefern die Begründung.528 Erstens kann man sich den Fall vorstellen, dass die Verträge vom Berechtigten nicht angefochten werden, etwa weil die Partei, obgleich sie getäuscht wurde, mit dem Geschäft zufrieden ist oder weil ihr das Prozessrisiko zu hoch ist, oder dass eine Anfechtung wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist529 ausgeschlossen ist. Will man den Wert der Scheinmitgliedschaft geringer als den der wahren Mitgliedschaft ansehen, so müsste sich der Wert der Scheinstellung bei Fristablauf, oder wenn sich die berechtigte Partei „endgültig“ gegen eine Anfechtung entschieden hat, schlagartig erhöhen. Zweitens ist ein Vergleich mit der Besitzkondiktion möglich: Wenn der Verkäufer nach doppelt nichtiger Übertragung einer Sache diese vom Besitzer mittels der Leistungskondiktion herausverlangt530, dann ist bei Unmöglichkeit der Herausgabe oder bei einer Verschlechterung im Rahmen des § 818 Abs. 2, 3 BGB auch nicht auf den Wert des Besitzes, sondern auf den Wert des Eigentums an der Sache abzustellen.531 Es ist für die Wertberechnung daher gleichgültig, ob eine (wahre) Mitgliedschaft oder eine Scheinmitgliedschaft kondiziert wird. Beide Formen der Mitgliedschaft werden durch den gleichen prozentualen Anteil an der Gesellschaft verkörpert, nämlich den entsprechenden Geschäftsanteil.532

III. Herausgabe der Scheinmitgliedschaft Zu untersuchen ist nun, auf welche Art und Weise der Erwerber die Scheinmitgliedschaft an den Veräußerer herausgeben muss. Im ersten Abschnitt dieser Arbeit533 wurde ermittelt, dass der Veräußerer die Anmeldung des Erwerbers entweder zusammen mit ihm oder allein unter Nachweis der Unwirksamkeit der Abtretung widerrufen kann. 528 Wenn man der Meinung ist, dass der Wert der Scheinstellung nicht mit dem der wahren Mitgliedschaft übereinstimmen kann, hätte man das Problem seiner genauen Bewertung. Gleich null ist er jedenfalls nicht, vielleicht die Hälfte? 529 Vgl. § 124 Abs. 1, 2 BGB: ein Jahr nach Entdecken der Täuschung. 530 Im Unterschied zur Rechtsprechung, die § 988 BGB analog anwendet (vgl. BGHZ 10, 350, 357; 32, 76, 94; 109, 179, 190 f.), lässt die herrschende Ansicht in der Literatur die Leistungskondiktion in Form einer Besitzkondiktion zu, vgl. etwa Larenz / Canaris § 74 I 1 a), S. 340; Koppensteiner / Kramer § 20 III 2 b), S. 200; Esser / Weyers § 52 I 4 b), S. 126. 531 Larenz / Canaris § 74 I 1 b), S. 341. 532 Selbst wenn man sich mit der hier gemachten Annahme schwer tut, gibt es noch einen einfachen Weg: Vielleicht ist der wirtschaftliche Wert einer Scheingesellschafterstellung nicht äquivalent zum Wert der wahren Mitgliedschaft, dann ist er aber aus Gründen der Vereinfachung für die Rückabwicklung als gleich anzusehen. 533 Unter B. I.

A. Das „erlangte Etwas“ bei doppelt nichtiger Anteilsübertragung

137

Schwieriger wird es für den Veräußerer, wenn der Erwerber mit dem Widerruf nicht einverstanden ist und es dem Veräußerer nicht gelingt, die Unwirksamkeit gegenüber der Gesellschaft zweifelsfrei zu belegen. Dann muss er, wie bereits oben dargestellt wurde, Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Abtretung erheben. Ein rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten dient sodann als Nachweis der Unwirksamkeit und der Veräußerer kann die Anmeldung des Erwerbers gegenüber der Gesellschaft widerrufen. Demnach ist die Wiedereinräumung der Gesellschafterstellung genau betrachtet eine Angelegenheit zwischen der Gesellschaft und dem Veräußerer. Der Erwerber spielt nur insoweit eine Rolle, als sich der Veräußerer im Streitfalle mit ihm auseinander setzen muss, bzw. das Gericht mit dessen Vorbringen. Nun kann der Herausgabeanspruch gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB sicher nicht so konstruiert werden, dass von dem Erwerber verlangt wird, dem Widerruf seiner Anmeldung zuzustimmen, oder alles nur Mögliche zu unternehmen, damit der Veräußerer den erforderlichen Nachweis gegenüber der Gesellschaft erbringen kann. Wenn sich die Parteien des Abtretungsvertrages über dessen Wirksamkeit im Streit befinden, dann muss der Erwerber als berechtigt angesehen werden, die Sache vom Gericht klären zu lassen. Ein Anspruch auf Herausgabe der Scheinmitgliedschaft durch Mitwirkung beim Widerruf oder dessen Vorbereitung scheidet daher aus. Hat der Veräußerer den Nachweis erbracht und mit dessen Hilfe die Anmeldung des Erwerbers widerrufen, so gilt er der Gesellschaft gegenüber wieder als Gesellschafter. Im Zeitpunkt des Widerrufs tritt der Veräußerer wieder an die Stelle des Erwerbers, hat also bereits in diesem Zeitpunkt die Gesellschafterstellung mit allen Rechten und Pflichten wiedererlangt. Eine Herausgabepflicht des Erwerbers ist dadurch obsolet geworden. Diese Besonderheit des GmbH-Rechts ändert aber nichts daran, dass der Erwerber bis zum Widerruf seiner Anmeldung eine vorteilhafte Rechtsstellung innehatte. Es bleibt somit dabei, dass sich der bereicherungsrechtliche Hauptanspruch auf Herausgabe der Scheinmitgliedschaft richtet; dass die Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe des Vermögensvorteils selbst überflüssig ist, ändert daran nichts. Die Scheinmitgliedschaft wurde ja als vorteilhafte Rechtsstellung herausgearbeitet, um den Zugang zu den Nebenfolgeansprüchen des § 818 BGB zu ermöglichen, und nicht um dem Veräußerer als dem materiell berechtigten Gesellschafter wieder zu einer wirksamen Gesellschafterstellung zu verhelfen.534

534 Deutlich wird dies wieder durch eine Parallele zur Besitzkondiktion. Auch da kann es für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Nutzungen und Wertersatz gem. § 818 Abs. 1, 2 BGB nicht schaden, wenn sich die Sache bereits wieder im Besitz des Bereicherungsgläubigers befindet.

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen Die nun zu entwickelnde Lösung bezüglich der Nebenfolgen des fehlgeschlagenen Anteilskaufs muss von der Vorschrift des § 818 BGB ausgehen, da diese die Regeln für die Rückabwicklung bereitstellt. Unter I. werden diese Regeln auf den fehlgeschlagenen Anteilskauf angewendet. Es wird sich zeigen, dass diese Regeln, die etwa einen Sachkauf in befriedigender Weise zur Rückabwicklung bringen, beim Anteilskauf zahlreiche Probleme aufwerfen. Danach werden unter II. die Modifizierungen dargestellt, die in Rechtsprechung und Lehre für den Unternehmenskauf entwickelt wurden. Diese Grundsätze berücksichtigen bereits einschlägige Probleme, die auch bei der Rückabwicklung eines Anteilskaufs auftreten. Es wird sich aber ebenfalls zeigen, dass diese den fehlgeschlagenen Anteilskauf nicht abschließend lösen können. Nach Vorwegschicken dieser wichtigen bereicherungsrechtlichen Analysen wird sodann unter III. ein umfassendes und abschließendes Lösungskonzept vorgestellt.

I. Probleme bei der Anwendung der allgemeinen bereicherungsrechtlichen Regeln Zunächst soll also untersucht werden, inwieweit sich die im Rahmen des § 818 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze zur Rückabwicklung eines GmbH-Anteilskaufs eignen. Zu diesem Zweck werden die Nebenfolgeansprüche des § 818 BGB für verschiedene hypothetische Geschehensabläufe geprüft. Die Untersuchung wird zunächst in die Fälle eines konstanten (1) und eines verringerten Anteilswertes (2) unterteilt. Danach wird kurz auf den Fall höherer Gewinne bzw. eines gestiegenen Anteilswertes eingegangen (3). Im Anschluss werden die vom Erwerber getätigten Aufwendungen einbezogen (4).

1. Wert des Geschäftsanteils bleibt unverändert

a) Nutzungsherausgabe bei planmäßiger Geschäftsentwicklung Am Beginn der Untersuchung steht der Fall der planmäßigen Geschäftsentwicklung. Die GmbH konnte also die Gewinnerwartungen, die sich auf die Ergebnisse der letzten Jahre vor der Anteilsübertragung stützten, bestätigen. Die Gewinne wurden nach Abschluss des Geschäftsjahres gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 GmbHG an die Gesellschafter ausgeschüttet, und zwar gem. § 29 Abs. 3 GmbHG im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile oder nach dem im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Verteilungsmaßstab.

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

139

Der auf den GmbH-Anteil entfallende und ausgeschüttete Gewinn ist eine Rechtsfrucht im Sinne des § 99 Abs. 2 BGB.535 Demnach kann der Veräußerer die Gewinne gem. § 818 Abs. 1 BGB von dem Erwerber herausverlangen.536

b) Nutzungsherausgabe bei negativer Geschäftsentwicklung Zu betrachten ist nun die Konstellation, dass das Ergebnis der Vorjahre nicht wieder erreicht werden konnte. Der Anspruch des Veräußerers auf Herausgabe der an ihn ausgeschütteten Gewinne gem. § 818 Abs. 1 BGB ist entsprechend geringer. Wurde lediglich ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaftet, so entfällt der Anspruch nach § 818 Abs. 1 BGB ganz.

aa) Anspruch des Veräußerers auf Ersatz für nicht gezogene Nutzungen Es ist zu prüfen, ob der Veräußerer die Differenz, die sich aus einem Vergleich von erwarteten und erzielten Gewinnen ergibt, gegenüber dem Erwerber in Form eines Ausgleichsanspruchs geltend machen kann. In Betracht käme lediglich ein Anspruch auf Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen gem. §§ 819 Abs. 1, 292, 987 Abs. 2 BGB. Der Erwerber war aber in dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Fall nicht bösgläubig im Sinne des § 819 Abs. 1 BGB, so dass die verschärfte Haftung nach den allgemeinen Vorschriften nicht einschlägig ist.537 Zu beachten sind allerdings die Besonderheiten der Rückabwicklung bei gegenseitigen Verträgen, denn beim Anteilskauf stehen die Verpflichtung zur Übertragung des Geschäftsanteils und die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises im Gegenseitigkeitsverhältnis. Im Rahmen der Rückabwicklung werden nicht nur die Ansprüche auf Rückgewähr von Leistung und Gegenleistung in ihrem rechtlichen Schicksal verbunden.538 Die synallagmatische Verknüpfung der beiderseitigen Leistungen hat ebenfalls Auswirkungen auf die Nebenfolgeansprüche des § 818 BGB. Canaris539 behandelt das Problem einer nicht ordnungsgemäßen Nutzungsziehung mit dem von ihm entwickelten Grundsatz, dass der Bereicherungsschuldner beim gegenseitigen Vertrag (bis zur „Opfergrenze“ seiner eigenen Leistung) so zu 535 BGH NJW 1995, 1027; Palandt / Heinrichs § 99 BGB, Rn. 3; Soergel / Marly § 99 BGB, Rn. 12. Gleiches gilt i. Ü. für die Dividende einer Aktie, vgl. OLG Bremen DB 1970, 1436; MünchKomm / Holch § 99 BGB, Rn. 7. 536 So auch Grunewald ZGR 1991, 452, 462; K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 156; Zeilinger NZG 1999, 1021, 1029. 537 Vgl. die Einleitung. 538 Stichwort Saldotheorie, s. dazu bei der Wertverringerung des Geschäftsanteils (sogl. 2.). 539 FS Lorenz, S. 45.

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

behandeln ist, als hätte er das Fehlen des Rechtsgrundes gekannt. Zu der Unterlassung einer ordnungsgemäßen Ziehung von Nutzungen durfte sich der Bereicherungsschuldner nämlich nur befugt glauben, weil er den Vertrag für wirksam hielt und damit zugleich seine eigene Leistung verloren glaubte. Dazu gehöre auch das Nutzungspotential der eigenen Leistung, da die leistende Partei auch von deren Einbuße ausging. Daraus folge, dass der Bereicherungsschuldner bis zur Grenze des Nutzungspotentials der eigenen Leistung analog §§ 819 Abs. 1, 292, 987 Abs. 2 BGB für Nutzungen haftet, die er nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hätte ziehen können. Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Maßstab für den Nutzungsausgleich zwischen Veräußerer und Erwerber die Gewinne sind, die nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hätten gezogen werden können. Als Maßstab könnten insoweit die Geschäftsergebnisse der Vorjahre herangezogen werden, wenn diese einigermaßen konstant ausfielen. Der Erwerber müsste für die Differenz zwischen erzielten und erzielbaren Gewinnen Ersatz leisten, der bei der Rückabwicklung von seinem eigenen Anspruch gegen den Veräußerer auf Herausgabe der aus dem gezahlten Kaufpreis gezogenen Nutzungen (regelmäßig Zinserträge) abgezogen würde. Der Erwerber hätte also im Ergebnis nur Anspruch auf einen etwaigen Überschuss der Zinsen über den Betrag der erzielbaren Gewinne. Kohler540 gelangt für die Frage des Nutzungsersatzes ebenfalls zur Anwendbarkeit des § 987 Abs. 2 BGB, und zwar durch einen Vergleich mit den für die Wandelung und den gesetzlichen Rücktritt geltenden Vorschriften. Im Rahmen gegenseitiger Verträge habe also auch der redliche Kondiktionsschuldner Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen zu leisten. Jede Partei müsse demzufolge grundsätzlich gem. § 987 Abs. 2 BGB Ersatz für die Differenz zwischen den gezogenen und den erzielbaren Nutzungen leisten, „weil im allgemeinen als schuldhaft gelten muss, wenn der Wirtschaftstreibende nicht die nach dem gegenwärtigen Standard möglichen Methoden ertragreicher Wirtschaft anwendet“541. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Erwerber für die Differenz zwischen erreichtem und erzielbarem Ergebnis nach § 987 Abs. 2 BGB Ersatz leisten müsste, wenn das schlechtere Geschäftsergebnis auf sein schuldhaftes und gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Wirtschaft verstoßendes Verhalten zurückzuführen ist. Eine Begrenzung (Stichwort Opfergrenze) auf das Nutzungspotential der eigenen Leistung, also die mit dem Kaufpreis erzielbaren Zinsen, wird von Kohler nicht vorgenommen. Eine andere Ansicht vertreten Koppensteiner / Kramer.542 Nach ihnen schulde der gutgläubige Beklagte entsprechend der Anordnung des § 818 Abs. 1 BGB nur 540 541 542

Rückabwicklung, § 10 B., S. 511 ff., insb. S. 514 u. 517 ff. S. 517 f. § 14 III 2 b), S. 140 ff.

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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die tatsächlich gezogenen Nutzungen. Ob diese nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft gezogen wurden, wie es von der Vorschrift des § 987 Abs. 2 BGB umschrieben wird, spiele keine Rolle. Der Beklagte müsse nach dem allgemeinen kondiktionsrechtlichen Grundsatz die gesamte Bereicherung herausgeben, und auch nur diese. Anders wird dies beurteilt, wenn jemand als Kläger Nutzungen herausverlangt. Hat die klagende Partei mit dem von ihr Empfangenen nicht ordnungsgemäß gewirtschaftet, so müsse sie die Differenz zwischen dem Wert der tatsächlich gezogenen Nutzungen und dem objektiven Nutzungswert des Erlangten anbieten. Begründet wird dies mit dem Gedanken, dass die Ergebnisse „schlampiger Wirtschaftsführung“ nicht auf den Vertragspartner abgewälzt werden dürfen, indem die von ihm gezogenen Nutzungen herausverlangt werden. Das Ergebnis richtet sich also nach der Parteirolle. Im vorliegenden Fall käme ein Anspruch des Veräußerers auf den Ausgleich der entstandenen Differenz beim Geschäftsergebnis nach dieser Ansicht nicht in Betracht. Allerdings könnte der Veräußerer auf der Gegenseite die von ihm mit dem Kaufpreis erzielten Zinserträge behalten. Verlangt dagegen der Erwerber die Zinsen vom Veräußerer heraus, dann müsste er sich die Differenz zwischen erzieltem und erzielbarem Gewinn anrechnen lassen. Bei Lieb543 lässt sich die Aussage finden, dass beide Partner des rückabzuwickelnden Vertrages das Risiko der erfolgreichen Verwendung der empfangenen Leistung tragen. Demzufolge könnten jedenfalls grundsätzlich vom jeweils anderen Vertragspartner dann keine Nutzungen kondiziert werden, wenn selbst keine Nutzungen erzielt werden konnten. Ist das Nutzungspotential von Leistung und Gegenleistung (wie regelmäßig bei gegenseitigen Verträgen) in etwa gleich hoch, dann erübrige sich nach der vorgenommenen Risikoverteilung ein Nutzungsausgleich. Kondizierbar seien allenfalls noch „überschießende Spitzenbeträge“, also überproportionale Erträge einer Partei. Auf den zu untersuchenden Fall angewendet würde dies bedeuten, dass ein Nutzungsausgleich nicht stattfindet. Der Veräußerer hätte auch keinen Anspruch auf Ersatz der Differenz zwischen erzielbarem und erzieltem Gewinn, ihm verblieben aber die mit dem Kaufpreis erzielten Zinserträge.544 Diese könnten vom Erwerber nicht gem. § 818 Abs. 1 BGB herausverlangt werden, da er das Nutzungspotential der Scheinmitgliedschaft nicht ausgeschöpft hat. Ein Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen bei gegenseitigen Verträgen wird generell verneint von Wieling545: Der Bereicherungsschuldner behält MünchKomm / Lieb, § 818 BGB, Rn. 105. Die Zinsen stellen im Vergleich zu den niedrigeren, auf den Geschäftsanteil entfallenden Gewinn keine überproportionalen Erträge dar. Vielmehr ist das schlechte Geschäftsergebnis als unterdurchschnittlicher Ertrag zu werten. 545 AcP 169 (1969), 137, 156 ff. (Fälle 1 – 4). 543 544

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die von ihm gezogenen Nutzungen. Hat eine der Vertragsparteien das Nutzungspotential nicht ausgeschöpft, so könne sie die nachteiligen Folgen ihres Verhaltens nicht auf den Vertragspartner abwälzen. Dies gelte auch dann, wenn das Verhalten etwa wegen einer schweren Erkrankung als nicht schuldhaft anzusehen ist, da ansonsten plötzlich der Bereicherungsgläubiger die Folgen der Erkrankung tragen müsste.546 Jeder Beteiligte müsse demnach für sein Verhalten und die Vorfälle in seinem Bereich selbst einstehen, und dies sei durch den Ausschluss von Ansprüchen auf Nutzungsherausgabe zu gewährleisten.

bb) Bestimmung des Nutzungspotentials des Geschäftsanteils Soweit die dargestellten Ansichten einen Nutzungsausgleich zulassen, setzen sie die Ermittlung des Nutzungspotentials des Bereicherungsgegenstandes voraus. Wenn es einen Markt für die Nutzung der in Rede stehenden Sache gibt, dann können die erzielbaren Nutzungen relativ leicht bestimmt werden. Zu denken ist an die Nutzung einer Wohnung, eines Grundstücks oder eines Kraftfahrzeugs. Schwieriger wird die Ermittlung aber für Wirtschaftsunternehmen. Bei kleinen Unternehmen, die Jahr für Jahr konstante Erträge abwerfen, könnten die Geschäftsergebnisse der Vorjahre zugrunde gelegt werden. Diese Möglichkeit entfällt allerdings bei komplexen Wirtschaftsunternehmen, insbesondere wenn das Ergebnis stark von der allgemeinen Wirtschaftslage abhängig ist. Es sei an den Begriff des zyklischen Unternehmens erinnert. Aber auch bei kleinen Unternehmungen mit konstanten Vorjahresergebnissen kann sich ausgerechnet in der Zeit der Scheingesellschafterstellung des Erwerbers eine besondere Entwicklung ereignet haben, die es fragwürdig erscheinen ließe, die Gewinne der Vorjahre als Maßstab für den erzielbaren Gewinn heranzuziehen. Damit ist das Problem umschrieben: Soll das Nutzungspotential aus der Sicht ex ante oder ex post festgestellt werden? Sollen die Konjunkturaussichten, wie sie im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers beurteilt wurden, zugrunde gelegt werden (ex ante), oder soll die tatsächliche Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftslage berücksichtigt werden (ex post)? Auch für bestimmte Ereignisse stellt sich die Frage, ob sie zu berücksichtigen sind: Wie ist beispielsweise ein Gewinneinbruch durch den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eines wichtigen Vertragspartners zu bewerten, wenn dies im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers nicht vorherzusehen war?

cc) Verantwortlichkeit des Mehrheitsgesellschafters Zusätzlich ist zu bedenken, dass der Erwerber nicht Besitzer einer Sache war, und auch nicht alleiniger Inhaber eines Unternehmens, sondern Inhaber der Mehr546

S. 157.

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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heit von Geschäftsanteilen an einer GmbH. Fraglich ist demzufolge, ob und inwieweit eine schlechte Gewinnentwicklung dem Erwerber zugerechnet werden kann. Angemessen wäre eine Zurechnung, wenn der Erwerber die Leitung der Geschäfte ausgeübt hat. Was aber soll gelten, wenn er sich aus den täglichen Geschäften herausgehalten hat und sich auch bei wichtigen Entscheidungen von den Ansichten der Minderheitsgesellschafter oder des Geschäftsführers hat leiten lassen? Noch schwieriger wird die Beurteilung, wenn der Erwerber einige Male maßgeblich am Entscheidungsprozess beteiligt war, andere Male dagegen die Entscheidungen den anderen Gesellschaftern oder dem Geschäftsführer überlassen hat. Diese Fragen sind in der soeben dargestellten bereicherungsrechtlichen Literatur nicht thematisiert worden.

dd) Sonderproblem: Zuwendungen an die Gesellschafter Das negative Geschäftsergebnis kann neben ungünstigen unternehmerischen Entscheidungen auch durch Zuwendungen der Gesellschaft an die Gesellschafter entstanden sein, also durch Entnahmen und verdeckte Gewinnausschüttungen. Fraglich ist, ob diese Vermögensvorteile ebenfalls als Nutzungen der Mitgliedschaft anzusehen sind, so dass der Veräußerer sie gem. § 818 Abs. 1 BGB vom Erwerber herausverlangen kann. Die Vermögenszuwendungen wären als Rechtsfrüchte gem. § 99 Abs. 2 BGB anzusehen, wenn es sich um Erträge handelt, die das Mitgliedschaftsrecht seiner Bestimmung gemäß gewährt. (1) Zuwendungen als Rechtsfrüchte Die Gesellschafter einer GmbH haben nach der Grundregel des § 29 Abs. 1 GmbHG Anspruch auf den Jahresüberschuss oder den Bilanzgewinn. Diesen Ertrag gewährt das Mitgliedschaftsrecht in der GmbH seiner Bestimmung gemäß, er ist somit eine Rechtsfrucht gem. § 99 Abs. 2 BGB.547 Nicht so eindeutig ist dies für alle sonstigen Vermögenszuwendungen. Grunewald548 ordnet verdeckte Gewinnausschüttungen in Form überhöhter Geschäftsführergehälter ohne weiteres den Nutzungen des § 818 Abs. 1 BGB zu; zu klären ist aber, ob die Mitgliedschaft in der GmbH ihrer „Bestimmung gemäß“ alle möglichen Zuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen gewährt. Der BGH hatte im Jahre 1985 zu entscheiden, welche Erträge als Früchte einer Beteiligung an einer Realgemeinde (Realverband) anzusehen sind.549 Diese Beteiligung berechtigte den Inhaber zur Zuteilung von Holz aus einem dem Realverband gehörenden Genossenschaftswald. 547 548 549

s. bereits eben B. I. 1. a). ZGR 1991, 452, 465. BGHZ 94, 306, 309.

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

Nach Ansicht des Gerichts zählten zu den Rechtsfrüchten gem. § 99 Abs. 2 BGB zunächst die den Verbandsmitgliedern aus dem Genossenschaftswald zugeteilten Holzmengen sowie der nach Veräußerung des Holzes hinterlegte Erlös. Da die Verbandsmitglieder darüber hinaus auch an der Wirtschaftsführung des Verbandes beteiligt waren, und die erwirtschafteten Überschüsse vorbehaltlich abweichender Beschlüsse der Mitgliederversammlung an die Mitglieder auszuschütten waren550, stellten auch diese Überschüsse bestimmungsgemäße Erträge des Mitgliedschaftsrechts dar. Dies gelte nach Ansicht des BGH selbst dann, wenn die ausgeschütteten Überschüsse aus einer teilweisen Verwertung des Verbandsvermögens stammen und auf diese Weise der Anteilswert gemindert wurde. Das Gesetz unterscheide nicht nach der Herkunft der Überschüsse, maßgebend sei daher nur, dass es sich um Erträge aus der Verbandstätigkeit handelt und dass diese Erträge ausgeschüttet werden. Die Aussagen dieser Entscheidung können auf den Geschäftsanteil übertragen werden. Wie bereits im ersten Abschnitt der Arbeit immer wieder deutlich wurde, steht das Gesellschaftsvermögen grundsätzlich zur Disposition der Gesellschafter. Sie können sich durch entsprechende Beschlüsse Vorteile aus dem Gesellschaftsvermögen gewähren, sei es durch sog. offene oder verdeckte Zuwendungen. Dabei handelt es sich um Erträge aus der Tätigkeit der Gesellschaft, welche an die Mitglieder ausgeschüttet werden. Unmittelbar einleuchtend ist dies in den Fällen der Vorabausschüttung, wenn die Gesellschafter vor dem Jahresabschluss beschließen, gewisse Beträge nach dem gesetzlichen oder in der Satzung festgelegten Gewinnverteilungsschlüssel vorzeitig auszuzahlen. Aber auch alle anderen verdeckten Zuwendungen in Form von Rechtsgeschäften zwischen GmbH und Gesellschafter(n) sind als Rechtsfrüchte einzustufen. Allerdings sind gewisse Grenzen zu beachten, nämlich die Kapitalerhaltungsvorschriften und die Anforderungen von Treuepflicht und Gleichbehandlungsgrundsatz. Wenn ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 30 GmbHG oder gegen die genannten Grundsätze vorliegt, dann ist fraglich, ob es sich noch um bestimmungsgemäße Erträge der Mitgliedschaft handelt. Das Gesetz nimmt in § 99 BGB zwar keine Rücksicht darauf, ob die Fruchtgewinnung einer ordnungsgemäßen Wirtschaft entspricht551, es gilt aber die Einschränkung, dass Rechtsfrüchte nur solche Erträge sind, welche das Recht „seiner Bestimmung gemäß gewährt“. Das bedeutet, dass die Fruchtgewinnung dem Inhalt des Rechtes entsprechen muss.552 Dies führt zum Beispiel bei der Pacht dann doch dazu, dass gem. § 581 Abs. 1 Satz 1 BGB nur solche Früchte als Rechtsfrüchte im Nach § 26 S. 2 Nds. RealVerbG. RGRK / Kregel § 99 BGB, Rn. 2; Staudinger / Dilcher § 99 BGB, Rn. 4. 552 RGRK / Kregel § 99 BGB, Rn. 13; Soergel / Marly § 99 BGB, Rn. 13; Staudinger / Dilcher § 99 BGB, Rn. 12. 550 551

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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Sinne des § 99 Abs. 2 BGB gelten, die nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft gezogen wurden. Ebenso wie das Recht des Pachtvertrages die Bestimmungsmäßigkeit von Früchten aus dem Pachtvertrag festlegt, definiert auch das GmbH-Recht den bestimmungsgemäßen Umgang mit der GmbH-Mitgliedschaft. Von den Gesellschaftern unter Verstoß gegen die genannten Vorschriften bzw. Rechtsgrundsätze erlangte Vermögensvorteile werden durch das Mitgliedschaftsrecht demzufolge nicht seiner „Bestimmung gemäß“ gewährt und sind damit keine Rechtsfrüchte im Sinne des § 99 Abs. 2 BGB und auch keine Nutzungen nach §§ 100, 818 Abs. 1 BGB. In diesen Fällen besteht auch kein Bedürfnis, Zuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen als Rechtsfrüchte aufzufassen und einem Anspruch des Veräußerers gem. § 818 Abs. 1 BGB zugänglich zu machen. Liegt ein Verstoß gegen § 30 GmbHG oder Treuepflicht bzw. Gleichbehandlungsgrundsatz vor, dann besteht bereits ein Rückforderungsanspruch der Gesellschaft.553 Rechtswidrig gewährte Zuwendungen müssen folglich wieder in das Gesellschaftsvermögen zurückgezahlt werden. (2) Bestimmung des erlangten Vorteils Nach der Einordnung aller rechtmäßigen Zuwendungen als Rechtsfrüchte ist zu prüfen, wie der Wert der Nutzung zu bestimmen ist, den der Veräußerer von dem Erwerber gem. § 818 Abs. 1 BGB herausverlangen kann. Unproblematisch ist dies für die sog. offenen Zuwendungen. Schwieriger wird es bei Zuwendungen, die durch ein Umsatzgeschäft „verdeckt“ werden. Für die Ermittlung des vom Erwerber in diesen Fällen erlangten Vermögensvorteils kann das sog. hypothetische Drittgeschäft herangezogen werden. Dieses bildet bereits den Maßstab für die Frage, ob eine (verdeckte) Vermögenszuwendung vorliegt. Eine solche ist nämlich dann nicht gegeben, wenn ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer das Geschäft so auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte.554 Die Differenz zwischen dem Wert der von einem gesellschaftsfremden Dritten zu erbringenden, also angemessenen Gegenleistung und dem Wert der von dem Erwerber tatsächlich erbrachten Gegenleistung ist demnach die von dem Erwerber aus der Scheinmitgliedschaft gezogene und gem. § 818 Abs. 1 BGB herauszugebende Nutzung. Die Ermittlung dieser Differenz wird im Nachhinein jedoch sehr schwierig, wenn die GmbH für einen längeren Zeitraum in den Konzern des Erwerbers einbezogen war und es in dieser Zeit zu umfangreichen Verrechnungen unter den einzelnen Konzernunternehmen kam. Zu denken ist insbesondere an den Fall des qualifizierten faktischen Konzerns. 553 554

Vgl. § 31 Abs. 1 GmbHG und die Darstellung im ersten Abschnitt unter A. I. 1. b) bb). Vgl. nur Scholz / Emmerich § 29, Rn. 98.

10 Jedlitschka

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

c) Vorteile, die keine Nutzungen gem. § 818 Abs. 1 BGB sind Dem Erwerber können zudem Vorteile aus der Scheinmitgliedschaft zugeflossen sein, die keine Rechtsfrüchte und damit keine Nutzungen im Sinne des § 818 Abs. 1 BGB sind. Zu denken ist an sog. Verbundvorteile, die der Erwerber als herrschendes Unternehmen gezogen hat. Beispiele hierfür sind etwa die Fortführung verlustbringender Aktivitäten durch die GmbH im Interesse des Erwerbers als Muttergesellschaft, Umstrukturierungen in der GmbH (Aufgabe von eigenem Vertrieb und / oder eigener Datenverarbeitung und Nutzung entsprechender Einrichtungen anderer Konzernunternehmen), Bildung von joint ventures der abhängigen GmbH mit anderen Konzernunternehmen oder die Abwerbung besonders qualifizierten Personals. Diese Maßnahmen könnten zu Wertschöpfungen in der Muttergesellschaft geführt haben, deren Kondiktion im Rahmen des § 818 BGB nicht möglich ist. Wenn die beschriebenen Maßnahmen einen negativen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung in der GmbH hatten, käme ein Anspruch auf Ersatz nicht gezogener Gewinne555 oder ein Abzug im Zusammenhang mit der Saldotheorie in Betracht.556 In beiden Fällen würde aber lediglich auf die Auswirkungen für die GmbH abgestellt. Hat der Erwerber im Einzelfall aber einen höheren Nutzen aus den Maßnahmen gezogen als sich Nachteile für die GmbH ergeben haben, dann verbleiben diese Vorteile bei ihm. Fraglich ist, ob dieses Ergebnis wünschenswert ist.

2. Wert des Geschäftsanteils ist geringer

Ist der Wert des Geschäftsanteils im Zeitpunkt des Wiedereintritts des Veräußerers in die Gesellschaft geringer als im Zeitpunkt seines Ausscheidens, so stellt sich die Frage, ob und woraus der Veräußerer einen Ausgleichsanspruch gegen den Erwerber herleiten kann.

a) Anspruch auf Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB Die Wertminderung des Geschäftsanteils ist eine Verschlechterung des Bereicherungsgegenstandes, so dass ein Anspruch des Veräußerers gegen den Erwerber auf Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB in Betracht kommt. Zunächst ist festzustellen, dass die Vorschrift nur von einer Unmöglichkeit der Herausgabe spricht. Fälle der Beschädigung bzw. Verschlechterung des Bereicherungsgegenstandes werden vom Wortlaut nicht erfasst. 555 556

s. eben B. I. 1. b) aa). s. gleich unter 2. c).

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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Dies führt jedoch zu der merkwürdigen Konsequenz, dass ein teilweiser Verbrauch oder eine Beschädigung der Sache nicht zum Wertsatz verpflichtet, aber der vollständige Verbrauch oder die völlige Zerstörung der Sache dann plötzlich einen Wertersatzanspruch auslöst. Vor diesem Hintergrund wird die Vorschrift des § 818 Abs. 2 BGB von einem Teil der Lehre extensiv oder analog auf Fälle der teilweisen Unmöglichkeit angewendet.557 Die Gegenansicht558 hält eine Anwendung des § 818 Abs. 2 BGB in diesen Fällen wegen des Wortlautes der Vorschrift für ausgeschlossen. Der BGH hat immerhin für einen Unternehmenskauf entschieden, dass dann, wenn der Mechanismus des Marktes die Rückgabe des Kundenstammes nicht ermöglicht, der Bereicherungsschuldner nach § 818 Abs. 2 BGB zum Wertersatz verpflichtet ist.559

b) Entreicherung des Erwerbers, § 818 Abs. 3 BGB Doch selbst wenn man einen Wertersatzanspruch gem. § 818 Abs. 2 BGB bejaht, so kann sich der Erwerber diesem gegenüber auf Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, da die Wertminderung des Geschäftsanteils beim Erwerber keinen Vermögensvorteil hinterlassen hat. Verneint man einen Wertersatzanspruch bei bloßer Verschlechterung überhaupt, dann wirkt sich der Einwand der Entreicherung indirekt bei der Herausgabe des Erlangten aus, vorliegend also im Zeitpunkt der Wiedererlangung der Gesellschafterstellung des Veräußerers durch Widerruf der Anmeldung des Erwerbers. Auf der anderen Seite hat der Erwerber aber Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Führte man die Rückabwicklung auf diese Weise durch, so würde der Veräußerer im Ergebnis schlechter gestellt. Er hätte das Risiko einer Wertminderung des Geschäftsanteils zu tragen. Auf diese Weise gestaltet sich die Rückabwicklung nach der Zweikondiktionentheorie, die entsprechend der gesetzlichen Ausgangslage vom einseitigen Bereicherungsanspruch ausgeht.560 Das bedeutet, dass jede Partei des unwirksamen Vertrages einen selbständigen Kondiktionsanspruch hat, auf den das Schicksal der Gegenleistung keinen Einfluss hat.561

557 Canaris NJW 1991, 2513, 2514; Larenz / Canaris § 72 III 1 a, S. 273; MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 30. 558 Staudinger / Lorenz § 818 BGB, Rn. 22; RGRK / Heimann-Trosien § 818 BGB, Rn. 16. 559 BGH ZIP 1991, 402, 406 = NJW-RR 1991, 1002, 1004 (Nassauer Bote). 560 Vgl. Honsell MDR 1970, 717; Wieling JuS 1973, 397 . 561 Loewenheim S. 152; Koppensteiner / Kramer § 14 III 1 a), S. 136; Esser / Weyers § 51 II 3, S. 113.

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c) Saldotheorie Bei Entreicherung einer Partei führt diese Art und Weise der Rückabwicklung allerdings zu unbilligen Ergebnissen, was das Reichsgericht bereits im Jahre 1903 zur Ausbildung der sog. Saldotheorie veranlasste562, welche vom BGH übernommen wurde.563 Die Saldotheorie wurde in der Literatur zur sog. Lehre vom faktischen Synallagma fortentwickelt564, deren systematischer Ansatz auch in den Wortlaut der BGH-Rechtsprechung Eingang gefunden hat.565 Das Ziel der (weiterentwickelten) Saldotheorie ist, das Synallagma des unwirksamen gegenseitigen Vertrages in die Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht zu übertragen.566 Dem Umstand, dass es sich um beiderseitige Leistungen handelt, müsse auch dann noch Rechnung getragen werden, wenn das schuldrechtliche Austauschgeschäft nichtig ist. Die Parteien, die den Vertrag für gültig hielten, haben nun einmal ihre Leistungen ausgetauscht, und das dürfe bei der Rückabwicklung nicht unbeachtet bleiben.567 Nach der Saldotheorie gilt Folgendes: Im Falle der Nichtigkeit eines gegenseitigen Vertrages wird durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile ermittelt, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss ergibt.568 Dieser Beteiligte ist dann Gläubiger eines einheitlichen Bereicherungsanspruchs.569 Es ist daher im Ergebnis nur derjenige bereichert, der an vergleichbarem Vermögenswert mehr empfangen als gegeben hat, und zwar um die Wertdifferenz.570 Stehen sich demnach bei einem unwirksamen Geschäft Leistung und Gegenleistung gegenüber, so sind diese grundsätzlich zu saldieren.571 Ist eine Partei nach § 818 Abs. 3 BGB nicht mehr zur Rückgewähr der von ihr empfangenen Leistung verpflichtet, so muss sie sich deren Wert bei Geltendmachung ihres eigenen Bereicherungsanspruchs entgegenhalten lassen.572 Der Wert der Entreicherung wird somit zum Abzugsposten.573 562 RGZ 54, 137 ff. Umfassende Nachweise zur Rechtsprechung des Reichsgerichts bei Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen, S. 11 ff. und Dießelhorst, Natur der Sache, S. 55 ff. 563 Zuletzt wieder BGH NJW 1995, 454; NJW 1999, 1181. 564 von Caemmerer, Gesammelte Schriften Bd. I, S. 209, 260 ff.; ders., FS Larenz, S. 621, 635 ff.; Leser, Rücktritt, S. 110 ff.; Reuter / Martinek § 17 III 3 c), S. 599 ff. 565 Vgl. BGHZ 57, 137, 150; 72, 252, 256; 78, 216, 223. 566 Vgl. die soeben Genannten und Medicus, Bürg. Recht, Rn. 224. Bei Larenz, Schuldrecht BT (12. Aufl. 1981), § 70 III, Fn. 2 (S. 582), findet sich der Begriff des „fortwirkenden“ Synallagmas. 567 Larenz, Schuldrecht BT (12. Aufl. 1981), § 70 III, S. 582. 568 BGH NJW 1995, 454, 455; NJW 1999, 1181. 569 BGH NJW 1995, 454, 455; NJW 1999, 1181. 570 Larenz, Schuldrecht BT (12. Aufl. 1981), § 70 III, S. 581. 571 BGH NJW 1988, 3011. 572 Palandt / Thomas § 818, Rn. 48.

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Dies gilt sinngemäß auch dann, wenn die Leistungen ungleichartig sind, wenn also eine Verrechnung nicht möglich ist.574 Dann kann zwar jeder seine Leistung zurückverlangen, aber nur Zug um Zug gegen Rückgabe der von ihm empfangenen Leistung, ohne dass die Einrede eines Zurückbehaltungsrechts erhoben werden muss.575 Die Saldotheorie wird mittlerweile von einem Großteil der Literatur kritisiert und abgelehnt.576 Der Meinungsstand soll im Rahmen dieser Arbeit nicht dargestellt werden, denn das Grundanliegen der Saldotheorie ist auch bei den verschiedenen anderen Ansichten dasselbe: Es geht um eine Einschränkung des Wirkungsgebietes des § 818 Abs. 3 BGB.577 Die Kritik bezieht sich denn auch nicht so sehr auf die mittels der Saldotheorie erzielten Ergebnisse als auf die dogmatische Konstruktion und die systematischen Schwächen.578 Wichtig sind im vorliegenden Zusammenhang auch nicht dogmatische Feinheiten, sondern die Einzelheiten in der praktischen Rückabwicklung, da es um die Lösung eines konkreten Rückabwicklungsproblems geht. Es kann zunächst festgehalten werden, dass sich der Erwerber nicht auf seine Entreicherung berufen könnte, wenn die Saldotheorie bzw. die alternativ zu ihr im Schrifttum vertretenen Ansichten im vorliegenden Fall anzuwenden wären. Vielmehr würde der Wert der Entreicherung zum Abzugsposten für den Anspruch des Erwerbers auf Rückzahlung des Kaufpreises. Der Veräußerer könnte somit den Minderwert des Geschäftsanteils vom Anspruch des Erwerbers auf Kaufpreisrückzahlung abziehen.579 d) Wertungen aus dem Rücktrittsrecht Im Rahmen der Rückabwicklung gegenseitiger Verträge ist weiterhin das Rücktrittsrecht der §§ 346 ff. BGB in die Betrachtung einzubeziehen.

Medicus, Bürg. Recht, Rn. 225. BGH NJW 1995, 454, 455; NJW 1999, 1811. 575 Larenz, Schuldrecht BT (12. Aufl. 1981), § 70 III, S. 581; BGH NJW 1988, 3011; Reuter / Martinek § 17 III 3 a), S. 595. 576 Vgl. Medicus, Schuldrecht BT, Rn. 694 ff. Hervorzuheben sind die Arbeiten von Flume (Theorie der vermögensmäßigen Entscheidung, in FS Niedermeyer, S. 154 ff. und in NJW 1970, 1161, 1163), Canaris (Theorie der Gegenleistungskondiktion, in FS Lorenz, S. 20 ff. und in Larenz / Canaris § 73 III 2.-7., S. 323 ff., insb. S. 337) sowie Lieb (normative Einschränkung des § 818 Abs. 3 BGB unter Risikogesichtspunkten, in MünchKomm, § 818 BGB, Rn. 79, 94 ff.). 577 Vgl. Staudinger / Lorenz § 818, Rn. 41; Larenz / Canaris § 73 III 1 a, S. 324; MünchKomm / Lieb § 818, Rn. 87. 578 Vgl. Koppensteiner / Kramer § 14 III 1 b), S. 137 f.; Esser / Weyers § 51 II 3 c), S. 114 ff. 579 Damit zeigt sich auch, dass die Streitfrage, ob bei bloßer Verschlechterung des Bereicherungsgegenstandes ein Anspruch auf Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB gegeben ist, bei der Rückabwicklung gegenseitiger Verträge an Bedeutung verliert, vgl. Canaris, Handelsrecht, § 8, Rn. 47 a. E. 573 574

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aa) Wertung des § 350 BGB in der bis zum 31. 12. 2001 geltenden Fassung In der Literatur ist viel darüber diskutiert worden, ob und auf welche Weise die Wertung des § 350 BGB a. F.580 beachtet werden musste. Diese Vorschrift wies das Risiko eines zufallsbedingten Untergangs in den Fällen des gesetzlichen Rücktrittsrechts und der Wandelung nicht dem Empfänger der Sache, sondern der anderen Partei zu. Im Gegensatz dazu wies § 351 BGB a. F.581 das Risiko eines verschuldeten Untergangs oder einer verschuldeten Verschlechterung dem Empfänger der Sache zu. Übertrug man die Wertung des § 350 BGB a. F. in das Bereicherungsrecht, so folgte daraus, dass das Risiko einer zufälligen Verschlechterung des Bereicherungsgegenstandes vom Leistungsempfänger nicht zu tragen war. Vielmehr blieb es bei der Anwendbarkeit des § 818 Abs. 3 BGB, der Bereicherungsschuldner konnte sich daher auf seine Entreicherung berufen, ohne dass sein eigener Bereicherungsanspruch gemindert wurde. Dadurch wurde die Saldotheorie eingeschränkt, denn sie führt in ihrer Grundaussage zu einer vollständigen Risikoüberwälzung auf den Leistungsempfänger.582 Es entsprach inzwischen der ganz herrschenden Meinung, dass bei der Rückabwicklung gegenseitiger Verträge neben dem faktischen Synallagma auch die Wertung des § 350 BGB a. F. zu beachten war.583 580 Wortlaut: Der Rücktritt wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gegenstand, welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist.. 581 Wortlaut: Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte eine wesentliche Verschlechterung, den Untergang oder die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat. Der Untergang eines erheblichen Teils steht einer wesentlichen Verschlechterung des Gegenstandes, das von dem Berechtigten nach § 278 zu vertretende Verschulden eines anderen steht dem eigenen Verschulden des Berechtigten gleich. 582 Vgl. zu diesem Problem die ausführlichen Darstellungen bei MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 101 ff. und Canaris, FS Lorenz, S. 26 ff. 583 von Caemmerer, FS Larenz, S. 621, 638; Canaris, FS Lorenz, S. 26 ff.; MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 101 ff.; Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 1174; Medicus, Bürg. Recht, Rn. 229; Staudinger / Lorenz § 818 BGB, Rn. 41; Esser / Weyers § 51 II 3 c), S. 114 ff.; a.A. noch Esser, Schuldrecht BT (4. Aufl. 1971) § 105 II 2, S. 383; a.A. auch Leser, Rücktritt, S. 121 f.; Flume NJW 1970, 1161, 1165; differenzierend ders. AcP 194 (1994), 427, 441 f.: Der Bereicherungsschuldner hafte nicht für eine zufällige Verschlechterung, wenn diese auch beim Bereicherungsgläubiger eingetreten wäre. Für die Anwendung der Wertung des § 350 BGB a. F. wurde weiterhin eine Differenzierung nach dem Grund für die Rückabwicklung vorgeschlagen. Während dies für § 123 BGB gerechtfertigt sei, sollte § 350 BGB a. F. für „neutrale Rückabwicklungsgründe“ wie Dissens oder Formmangel nicht maßgebend sein, so König, Gutachten zur Überarbeitung des Schuldrechts (1981), S. 1548; ihm folgend Staudinger / Lorenz, § 818 BGB, Rn. 41 (S. 309). Eine solche Differenzierung war jedoch im Anschluss an Canaris, FS Lorenz, S. 27 und Medicus, Schuldrecht BT (4. Aufl. 1990), § 129 II 1 b) a. E., zu verwerfen: Es wäre nämlich befremdlich gewesen, wenn ein nichtiger Vertrag das Zufallsrisiko auf den Leistungsempfänger hätte verlagern können, während dies ein zunächst wirksamer, erst durch Rücktritt oder Wandelung

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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Allerdings war der Umfang der von § 350 BGB a. F. erfassten Fälle sehr umstritten. Von vielen Autoren wurde die Entlastung des Leistungsempfängers vom Zufallsrisiko als unbillig empfunden.584 Infolgedessen wurde der Anwendungsbereich des § 350 BGB a. F. teilweise so weit eingeschränkt, dass Fälle des zufälligen Untergangs gar nicht mehr erfasst wurden.585 Andere Autoren suchten das Problem durch eine sachgerechte Abgrenzung des zufälligen Ereignisses nach § 350 BGB a. F. vom schuldhaften Verhalten nach § 351 BGB a. F. zu lösen, und zwar durch eine enge Auslegung des Zufallsbegriffs (§ 350 BGB a. F.) und eine weite Auslegung des Verschuldensbegriffs (§ 351 BGB a. F.).586 So sah man ein Verschulden im Sinne des § 351 BGB a. F. in jedem „risikoerhöhenden Verhalten“587 oder bejahte es, wenn der Empfänger die Sache im eigenen Interesse verwendete und sich das dadurch eingegangene Risiko realisierte.588 Teilweise wurde die Entscheidung des Gesetzgebers auch akzeptiert, wobei der Verschuldensbegriff in § 351 BGB a. F. nicht im technischen Sinne des § 276 BGB, sondern als Verletzung der in eigenen Angelegenheiten gebotenen Sorgfalt verstanden wurde.589 bb) Vorschrift des § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3 BGB in der ab 1. 1. 2002 geltenden Fassung Das Rücktrittsrecht wurde durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz grundlegend umgestaltet. Die Vorschrift des § 351 BGB a. F. wurde abgeschafft. Der Rücktrittsberechtigte wird nach dem neuen Recht nicht am Rücktritt gehindert, wenn er zur Rückgewähr der empfangenen Leistung außerstande ist. Die bisherige Regelung wurde in § 346 Abs. 2 Satz 1 BGB durch ein Modell der Rückabwicklung dem Werte nach ersetzt.590 zur Rückabwicklung geführter Vertrag wegen § 350 BGB a. F. nicht vermochte. Gleiches gilt im Übrigen für das Rücktrittsrecht ab 1. 1. 2002, s. gleich bb). 584 Grundsätzlich verteidigt wurde der Regelungsgehalt der Vorschrift z. B. von Glaß, Gefahrtragung, S. 20 ff.; Flessner NJW 1972, 1777, 1780 f.; Beuthien Jura 1979, 532, 535. 585 Vgl. Honsell, MDR 1970, 717, 719: teleologische Reduktion des § 350 BGB a. F. in der Weise, dass ein Rücktritt nur nach Untergang der Sache als Folge eines Sachmangels möglich war (dagegen von Caemmerer, FS Larenz, S. 631). Wieling JuS 1973, 397, 399: § 350 BGB a. F. sollte im Ergebnis nur noch anwendbar sein, wenn der Rücktrittsgegner den Untergang zu vertreten hatte; s. a. Wolf AcP 153 (1954), 97, 139 ff.: Korrektur über § 323 BGB a. F.; sehr restriktiv auch Schwenn, AcP 152 (1952 / 53), 138, 149 f.: Als Zufall waren nur die Fälle zu werten, „in denen erwiesenermaßen die untergegangene Sache auch beim Geber untergegangen sein würde.“ 586 Vgl. von Caemmerer, FS Larenz, S. 627; Larenz, SchuldR I, § 26 b), S. 408 ff., MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 104; Rengier AcP 177 (1977), 418, 427. 587 Vgl. Larenz, SchuldR I, § 26 b), S. 410. 588 von Caemmerer, FS Larenz, S. 633; Huber JZ 1974, 433, 439. 589 MünchKomm / Janßen § 350 BGB, Rn. 3 ff.; Soergel / Hadding § 350 BGB, Rn. 1; ebenso BGH DB 1974, 2295.

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

Die Ausnahmen von der Verpflichtung zum Wertersatz sind in § 346 Abs. 3 Satz 1 BGB geregelt. Diese Vorschrift enthält die ab dem 1. 1. 2002 geltende Gefahrtragungsregelung.591 Danach entfällt die Wertersatzpflicht, wenn der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat (§ 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. BGB) oder der Schaden bei ihm selbst eingetreten wäre (§ 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. BGB) oder wenn im Fall eines gesetzlichen Rücktrittsrechts (also der mit der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung vergleichbare Fall) die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB). Daraus folgt, dass bei einem gesetzlichen Rücktrittsrecht der Gläubiger (beim Kaufvertrag also der Verkäufer) das Risiko der zufälligen Verschlechterung der Sache trägt.592 In diesem Punkt stimmt die neue Rechtslage mit dem bis zum 31. 12. 2001 geltenden Recht überein. Das neue Recht wertet demnach alle Fälle, in denen der Rückgabeschuldner die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten beachtet hat, als Zufall. In diesen Fällen trägt der Rückgabegläubiger das Risiko einer Verschlechterung des Gegenstandes. Hinzu kommen die Fälle, in denen die Verschlechterung auch beim Gläubiger eingetreten wäre, erst recht natürlich dann, wenn der Gläubiger die Verschlechterung zu vertreten hat.

cc) Übertragung in das Bereicherungsrecht Von den Autoren, die die Auswirkungen des § 350 BGB a. F. auf die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung untersucht haben, wurden wiederum andere Formeln verwendet, um eine gerechte Risikoverteilung in Fällen zufälliger Verschlechterung des Bereicherungsgegenstandes zu erreichen. Es geht also um die Frage, in welchen Fällen der Einwand der Entreicherung für den Bereicherungsschuldner ausgeschlossen ist. Im Bereicherungsrecht ist entscheidend darauf abzustellen, ob der Untergang oder die Verschlechterung auf einem dem Bereicherungsschuldner zurechenbaren Verhalten beruht.593 Ein solches liege vor, wenn der Erwerber das Erlangte den Risiken aussetzt, die mit seiner Verwendung normalerweise verbunden sind.594 Ein anderer Vorschlag lautet, die Entreicherung als zurechenbar anzusehen, wenn sie auf einem Verhalten beruht, das bei Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit ein Verschulden darstellen würde.595

590 591 592 593 594 595

Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040 S. 194. Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040 S. 196. Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040 S. 196, das sog. „Zurückspringen der Gefahr“. s. vor allem MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 104; Canaris, FS Lorenz, S. 19 ff. MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 104; Rengier AcP 177 (1977), 418, 441. Canaris, FS Lorenz, S. 30 ff.

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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dd) Übertragung auf das vorliegende Rückabwicklungsproblem Eine Anwendung dieser Regeln auf den Fall eines Mehrheitsgesellschafters einer GmbH begegnet allerdings erheblichen Schwierigkeiten. Es gelten hier die gleichen Erwägungen, die im Zusammenhang mit einer negativen Gewinnentwicklung bei gleichbleibendem Anteilswert gemacht wurden.596 Was soll gelten, wenn die Unternehmensentwicklung auf die Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage bzw. allgemein auf Ereignisse zurückzuführen ist, für die der Erwerber nicht verantwortlich gemacht werden kann? Handelt es sich dabei um eine zufallsbedingte Entreicherung? Oder wurde das Unternehmen durch die Weiterführung der Geschäfte den „Risiken ausgesetzt, die mit seiner Verwendung normalerweise verbunden sind“, so dass die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB nicht anwendbar ist? Zudem muss auch hier wiederum beachtet werden, dass der Erwerber lediglich (scheinbarer) Mehrheitsgesellschafter der GmbH war. Es wird also bei der Beurteilung der Zurechenbarkeit der Entreicherung entscheidend auf den Grad seiner Mitwirkung abzustellen sein. Wie aber soll das im praktischen Einzelfall funktionieren? Würde man die Risikoverteilung des § 346 Abs. 3 Satz 1 BGB wörtlich auf die Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht übertragen, bedeutete dies für den Mehrheitsgesellschafter einer GmbH: Der Fall, dass eine Verschlechterung auch beim Gläubiger eingetreten wäre (§ 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. BGB), führt zur Prüfung, ob sich auch der Veräußerer bei den wirtschaftlichen Entscheidungen verhalten hätte wie der Erwerber. Es ließe sich jedoch kaum mit Sicherheit sagen, ob die gleichen Verluste auch beim Veräußerer eingetreten wären. Selbst bei einer Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Veräußerer bessere Maßnahmen als dem Erwerber eingefallen wären und er die Verluste dadurch begrenzt hätte. Allerdings würde eine Anwendung des § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung die Lösung des Problems der Zurechnung negativer Entwicklungen erleichtern. Es müsste nur geprüft werden, ob der Erwerber die eigenübliche Sorgfalt angewendet hat. Könnte dies bejaht werden, so läge eine zufällige Entreicherung vor, deren Risiko der Veräußerer zu tragen hätte. Allerdings stößt das Kriterium der Beachtung der eigenüblichen Sorgfalt im GmbH-Recht bereits wegen der Regelung des § 43 Abs. 1 GmbHG auf Bedenken. Man wird auch den Erwerber als scheinbaren Mehrheitsgesellschafter für verpflichtet halten müssen, die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden, wenn er wirtschaftliche Entscheidungen für die GmbH trifft. Es bleibt indes abzuwarten, ob der Grundsatz des § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB Eingang in die Dogmatik des Bereicherungsrechts findet. Dies erscheint auch 596

s. o. B. I. 1. b) bb) u. cc).

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

angesichts der Kritik, die diese Regelung bereits erfahren hat597, zumindest fraglich. Im Rahmen dieser Arbeit ist unabhängig von der Vorschrift des § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB zu untersuchen, wie die beschriebenen Entwicklungen bei der Rückabwicklung berücksichtigt werden können und wie ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen von Veräußerer und Erwerber erreicht werden kann. Eine bloße Prüfung, ob der Erwerber die eigenübliche Sorgfalt beachtet hat, kann sicher nicht den Ausschlag geben. Dies würde die Risiken einer schlechten Unternehmensentwicklung im Rahmen eines fehlgeschlagenen Anteilserwerbs zu einseitig dem Veräußerer auferlegen. Fraglich ist aber auch, ob die Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes durch den Erwerber ausreicht, um im Rahmen der Rückabwicklung die Folgen einer negativen Entwicklung auf den Veräußerer abwälzen zu können.

e) Sonderproblem: Arglistige Täuschung des Erwerbers Der BGH hat in zwei Entscheidungen598 zur Rückabwicklung von Gebrauchtwagenkäufen wegen arglistiger Täuschung eine Ausnahme zur Anwendbarkeit der Saldotheorie entwickelt. Der BGH vertrat die Auffassung, dass der Käufer trotz Untergangs oder Beschädigung der Kaufsache den Kaufpreis zurückverlangen kann. Zur Begründung hieß es in der ersten Entscheidung, dass die Saldotheorie als eine auf Billigkeitsgründen beruhende Gesetzeskorrektur599 dann nicht gelte, wenn die von der Anwendung profitierende Partei (der Verkäufer) wegen der von ihr verübten arglistigen Täuschung nicht schutzwürdig sei.600 In der zweiten Entscheidung hieß es, dass für den Bösgläubigen, der sich bereits nicht auf § 818 Abs. 3 BGB berufen könne, eine Berufung auf die Saldotheorie genauso wenig möglich sei.601 Die verschiedenen Aspekte dieser Entscheidungen sind in zahlreichen Stellungnahmen erörtert worden.602 Die Diskussion soll an dieser Stelle nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden. Es wurde jedenfalls ermittelt, dass die Auffassung des BGH, soweit das Gericht von der Anwendung der Saldotheorie und damit einer Vgl. etwa Kohler JZ 2001, 325, 330 ff.; Kaiser JZ 2001, 1057, 1062 ff. BGHZ 53, 144; 57, 137; Ebenso pauschal wieder BGH ZIP 1990, 778, 780. 599 Im Anschluss an Larenz, Schuldrecht AT (9. Aufl. 1968), § 25 II b), S. 313. BGH ZIP 1990, 778, 780 beruft sich auf Larenz, Schuldrecht BT (12. Aufl. 1981), § 70 III, S. 582, wonach die Saldotheorie „als eine die ,Natur der Sache’ berücksichtigende richterliche Rechtsfortbildung anzusehen“ sei. 600 BGHZ 53, 144, 147 f. Zusätzlich wurde darauf abgestellt, dass den Käufer am Untergang der Sache kein Verschulden traf. 601 BGHZ 57, 137, 150 f. Auf die Zweikondiktionentheorie wurde zurückgegriffen, obwohl der Käufer den Unfall verschuldet hatte. Das Verschulden sei aber im Rahmen des Bereicherungsausgleichs gem. § 254 BGB (analog) zu berücksichtigen. 602 Vgl. die Nachweise bei MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Fn. 292. 597 598

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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Einschränkung des § 818 Abs. 3 BGB generell absieht, weil der arglistige Täuscher davon nicht profitieren soll, nicht haltbar ist. Besonders deutlich wird dies in Fällen, in denen die Täuschung einen geringfügigen Aspekt des Vertrages betraf, und die Sache später durch Verschulden des Käufers untergeht oder verschlechtert wird, ohne dass der Umstand, über den getäuscht wurde, auf die Verschlechterung von Einfluss war.603 Man kann daher nicht sagen, dass dem arglistig Getäuschten der Umgang mit der Sache generell nicht zurechenbar ist.604 Vielmehr muss maßgeblich sein, ob sich in der Entreicherung gerade das „schutzzweckspezifische Risiko“ verwirklicht hat.605 Für den Kauf eines Gebrauchtwagens bedeutet das, dass dem Käufer die Zerstörung oder Beschädigung des Pkw dann nicht zugerechnet werden kann und er den vollen Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung behält, wenn sich bei der Verschlechterung gerade der Umstand ausgewirkt hat, über den der Käufer getäuscht wurde.606 Fraglich ist, ob diese Überlegungen auf den Anteilskauf übertragen werden können. Es stellt sich dabei insbesondere die Frage, inwieweit sich bei einer negativen Geschäftsentwicklung ein Risiko verwirklicht haben kann, das durch eine arglistige Täuschung des Veräußerers hervorgerufen wurde. Für den Unternehmenskauf lässt sich die Aussage finden, dass das Risiko der Verschlechterung des Unternehmens beim Verkäufer verbleibe, wenn er den Käufer durch die Vortäuschung falscher Unternehmenskennzahlen zum Vertragsabschluss veranlasst hat und die Täuschung für die Verschlechterung des Unternehmens kausal wird.607 Es wird zu untersuchen sein, ob und auf welche Weise ein solcher Fall im Rahmen des Lösungskonzepts zu berücksichtigen ist.

f) Wertminderung durch Zuwendungen an die Gesellschafter Wurde die Verringerung des Gesellschaftsvermögens und damit des Anteilswertes durch Zuwendungen an die Gesellschafter herbeigeführt, dann kann, wie gezeigt wurde608, der Veräußerer die vom Erwerber erlangten Vorteile als Nutzungen der Scheinmitgliedschaft gem. § 818 Abs. 1 BGB herausverlangen. Da eine Verringerung des Anteilswertes aber gleichzeitig zu einem Abzug beim Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung führt, stellt sich ein Konkurrenzproblem. Hat der Veräußerer einen Anspruch gem. § 818 Abs. 1 BGB, oder kann er den Minderwert nach der 603 Ähnlich lag es bei dem der Entscheidung BGHZ 57, 137 zugrunde liegenden Fall. Dort wurde arglistig die Unfallfreiheit des verkauften Wagens vorgetäuscht, die früheren Unfälle hatten aber keinerlei Einfluss auf den späteren Totalschaden. 604 Larenz / Canaris § 73 III 5 b), S. 330; MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 93. 605 Larenz / Canaris § 73 III 5 b), S. 330. 606 Bsp.: Der Verkäufer verschweigt arglistig, dass eine Achse beschädigt ist. Später kommt es wegen unterlassener Reparatur zum Bruch der Achse mit Unfall und Totalschaden. 607 Keil, Unternehmenskäufe, S. 259 f. 608 s. o. B. I. 1. b) dd) (1).

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

Saldotheorie bzw. den entsprechenden in der Literatur vertretenen Theorien vom rückzuzahlenden Kaufpreis abziehen? Die Entscheidung kann zu einem unterschiedlichen Anspruchsumfang führen: Soll auf den Wert der gezogenen Nutzung nach § 818 Abs. 1 BGB abgestellt werden, oder auf die dadurch hervorgerufene Minderung des Anteilswertes? Der Wert der (verdeckten) Zuwendung kann nämlich im Einzelfall von dem Nachteil für die Gesellschaft abweichen, etwa wenn der Gegenstand für sich genommen weniger wert ist verglichen mit seinem Nutzen für das Unternehmen als Ganzes. Probleme ergeben sich zudem in den Fällen ungleichmäßiger Zuwendungen, also wenn der Erwerber im Vergleich zu den anderen Gesellschaftern mehr oder weniger aus dem Gesellschaftsvermögen zugewendet bekommen hat. Dann ist die auf den Geschäftsanteil entfallende Wertminderung geringer bzw. höher als der Wert der Zuwendung an den Erwerber. Auf welchen Aspekt soll bei der Rückabwicklung abgestellt werden? 3. Positive Geschäftsentwicklung

a) Steigerung der Gewinne Bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung stellt sich weiterhin die Frage, wie es rechtlich einzuordnen ist, wenn der Herausgabepflichtige überdurchschnittliche Nutzungen gezogen hat. Dieses Problem hängt unmittelbar mit der bereits diskutierten Frage zusammen, inwieweit der Bereicherungsschuldner Ersatz für nicht ordnungsgemäß gezogene Nutzungen bzw. die Nichtausschöpfung des Nutzungspotentials leisten muss.609 Daran anschließend vertreten Koppensteiner / Kramer610, dass kein Grund bestehe, dem Bereicherungsgläubiger überdurchschnittliche Ergebnisse zuzuweisen, wenn ihm das Risiko mangelhafter Wirtschaftsführung abgenommen wird. Für Kohler611 ist das maßgebliche Kriterium, ob der Bereicherungsschuldner aufgrund besonderer, in seiner Person liegender Umstände über das Übliche hinaus Nutzungen gezogen hat. Ist dies der Fall, dann sei der Nutzungsherausgabeanspruch auf den Betrag zu kürzen, der sich ohne Hinzutreten der besonderen Umstände in der Person des Empfängers ergeben hätte. In der gleichen Richtung argumentiert Wieling612: Wenn der Empfänger einer Sache die Mehrgewinne aufgrund seiner besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten erzielt hat, dann sei es unsachgemäß, die Vorteile dieser besonderen Fähigkeiten dem Veräußerer zugute kommen zu lassen. Dagegen will Lieb613, der einen Nutzungsausgleich bei gegenseitigen Verträgen regel609 610 611 612 613

s. o. B. I. 1. b) aa). § 14 III 2 b), S. 141. Rückabwicklung, § 10 II, S. 518. AcP 169 (1969), 137, 158. MünchKomm § 818 BGB, Rn. 105.

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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mäßig für nicht notwendig erachtet614, einen Herausgabeanspruch aber dann zulassen, wenn der eine Teil überproportionale Erträge erzielt haben sollte. b) Steigerung des Anteilswertes Weist man überdurchschnittliche Erträge dem Bereicherungsschuldner zu, dann müsste gleiches für einen höheren Wert der Sache gelten, wenn die überdurchschnittlichen Gewinne in die Sache bzw. das Unternehmen reinvestiert wurden. Hätte der Erwerber die Gewinne im Falle der Ausschüttung in der Höhe eines überschießenden Betrages behalten können, so kann sich nichts anderes ergeben, wenn dieser Betrag sich jetzt als Werterhöhung darstellt. Fraglich bleibt, wie dem Erwerber der Mehrwert rechtlich zugewiesen werden kann. Unbeantwortet bleibt zudem die Frage, was für eine Werterhöhung gelten soll, die nicht durch die Investition von (höheren) Erträgen entstanden ist. Für ein Unternehmen könnte als Beispiel ein Zuwachs des Kundenstamms durch Werbemaßnahmen dienen. Dieser wird regelmäßig erst irgendwann in der Zukunft zu höheren Gewinnen führen. Ein erhöhter Anteilswert kommt im Rahmen der Rückabwicklung nämlich dem Veräußerer zugute, da er die Herausgabe der Scheinmitgliedschaft verlangen kann bzw. bereits außerhalb des Bereicherungsrechts durch den Widerruf der Anmeldung des Erwerbers von der Wertsteigerung unmittelbar profitiert. Demnach kommt dem Veräußerer die erfolgreiche Arbeit des Erwerbers zugute, während dieser lediglich die Möglichkeit hat, gem. § 818 Abs. 3 BGB seine Aufwendungen in Abzug zu bringen.615

4. Berücksichtigung der Aufwendungen des Erwerbers

Als nächstes stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der Erwerber seine Aufwendungen ersetzt verlangen kann.

a) Arten der Aufwendungen In Betracht kommen die Leistung noch ausstehender Zahlungen auf die Stammeinlage (vgl. § 19 GmbHG), die Zahlung von Nachschüssen (vgl. § 26 GmbHG), die Erfüllung von Nebenleistungspflichten (vgl. § 3 Abs. 2 GmbHG) sowie freiwillige Leistungen außerhalb des Gesellschaftsvertrages616 etwa in Form eines Forde614 615 616

s. bereits oben B. I. 1. b) aa). s. gleich 4. Zuschüsse genannt, vgl. Hachenburg / Müller § 26, Rn. 27.

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

rungserlasses oder einer Einzahlung.617 Zu denken ist weiterhin an Aufwendungen im Zusammenhang mit der Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen und im Rahmen von Aktivitäten betreffend Geschäftsführungsangelegenheiten.

b) Geltendmachung und Umfang Das Bereicherungsrecht kennt keine eigenständige Anspruchsgrundlage für den Ersatz von Aufwendungen. Diese können aber mittels des Einwands des Wegfalls bzw. der Minderung der Bereicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB geltend gemacht werden. Im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB sind alle Aufwendungen und Verwendungen618 des Bereicherungsschuldners abzugsfähig, es kommt also nicht darauf an, ob diese nützlich oder notwendig waren und ob dadurch der Wert der Sache erhöht worden ist.619 Diese umfassende Möglichkeit des Abzugs von Aufwendungen gilt auch im Rahmen gegenseitiger Verträge. Eine Risikoverteilung entsprechend den soeben angestellten Überlegungen bezüglich einer Verschlechterung des Gegenstandes des Bereicherungsanspruchs könne im Zusammenhang mit den Aufwendungen nicht vorgenommen werden, da die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB dem Bereicherungsschuldner gerade ermöglichen will, Aufwendungen bereicherungsmindernd geltend zu machen.620 Speziell für die Rückabwicklung eines GmbH-Anteilskaufs wird denn auch vertreten, dass der Erwerber gem. § 818 Abs. 3 BGB alle Vermögensnachteile in Abzug bringen kann, die adäquat kausal auf dem rechtsgrundlosen Erwerb beruhen.621

c) Das Problem überproportionaler oder fehlgeschlagener Aufwendungen Die umfassende Geltendmachung von Aufwendungen durch den Erwerber ist allerdings problematisch, wenn diese nicht auch zu einer Werterhöhung des GeVgl. zu allem Hachenburg / Müller § 26, Rn. 19 ff.; Scholz / Winter § 26, Rn. 1 ff. Zur Terminologie ist anzumerken, dass sich die im BGB verwendeten Begriffe „Aufwendungen“ und „Verwendungen“ nicht decken, vgl. Medicus, Bürgerl. Recht, Rn. 874. 619 Ganz h. M., vgl. Palandt / Thomas § 818 BGB, Rn. 40 ff.; MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 55; Staudinger / Lorenz § 818 BGB, Rn. 37; a.A. aber Kohler, Rückabwicklung, § 3 B I 1, S. 139 f. 620 MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 105a. Begründung bei Larenz / Canaris § 73 III 6 c), S. 333 f.; ders., FS Lorenz, S. 46 f. 621 Grunewald ZGR 1991, 452, 462; Scholz / Winter § 16, Rn. 22. Teilweise wird lediglich davon gesprochen, dass der Veräußerer etwaige vom Erwerber getragene Nachschüsse oder Einlageleistungen ausgleichen muss, vgl. K. J. Müller, Erwerberhaftung, S. 156; Zeilinger NZG 1999, 1021, 1029. 617 618

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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schäftsanteils oder zu einem gestiegenen Gewinn geführt haben. Hat also der Erwerber viel Geld und Arbeit in die GmbH gesteckt, haben diese Aufwendungen aber nicht den gewünschten Erfolg herbeigeführt, dann kann der Erwerber nach der Regel des § 818 Abs. 3 BGB alle seine Aufwendungen vom Veräußerer ersetzt verlangen, im Gegenzug erhält der Veräußerer aber nicht einen entsprechenden erhöhten Wert des Geschäftsanteils bzw. kann er keine höheren Gewinne gem. § 818 Abs. 1 BGB herausverlangen.

d) Das Problem der Bewertung der unternehmerischen Leistung Ein wichtiger Bestandteil des Aufwendungsausgleichs ist die angemessene Bewertung der unternehmerischen Leistung des Erwerbers. aa) Positive Geschäftsentwicklung Besonders deutlich wird das Problem, wenn sich die GmbH in der Zwischenzeit positiv entwickelt hat. Die Tätigkeit des Erwerbers in der GmbH hat also zu höheren Gewinnen und / oder zu einer Werterhöhung des Geschäftsanteils geführt. An der Vorgehensweise bei der Rückabwicklung ändert sich nämlich nichts: Wie ermittelt wurde622 kommt dem Veräußerer der erhöhte Wert des Geschäftsanteils über die Herausgabe der Scheinmitgliedschaft bzw. außerhalb des Bereicherungsrechts bereits durch den Widerruf der Anmeldung des Erwerbers zugute. Demnach profitiert der Veräußerer von der erfolgreichen Arbeit des Erwerbers, während dieser lediglich seine Aufwendungen gem. § 818 Abs. 3 BGB in Abzug bringen kann.623 Dies wird aber in den Fällen schwierig, in denen sich der Erwerber intensiv am wirtschaftlichen Tagesgeschehen beteiligt hat. So hat er vielleicht neue Geschäftspartner gewonnen, war maßgeblich an den Vertragsverhandlungen beteiligt, hat die Zustimmung der Minderheitsgesellschafter durch anstrengende und langwierige Diskussionen erreicht, ein neues Geschäftskonzept entwickelt, ein erfolgreiches Produkt der Unternehmenspalette hinzugefügt und dergleichen. Erinnert sei auch an den Fall Gangnes v. Lang aus den USA624, wo der Alleingesellschafter täglich lange Fahrten unternahm, um Zulieferer in bar zu bezahlen und dadurch den Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten. Dazu kommt auch die Verantwortung, die der Erwerber in der Zwischenzeit getragen hat, denn seine Entscheidung in der Gesellschafterversammlung war aufgrund seiner Stimmenmehrheit maßgebend. Fehlentscheidungen trafen ihn wegen seiner Mehrheitsbeteiligung auch am meisten. s. eben 3. b). Der Erwerber soll nach teilweise vertretener Ansicht wenigstens überdurchschnittliche (und ausgeschüttete) Gewinne behalten dürfen, s. eben 3. a). 624 Court of Appeals of Oregon, 799 P.2d 670, 104 Or.App. 135 (1990), s. im zweiten Abschnitt unter D. II. 3. c). 622 623

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

Die Möglichkeit, gem. § 818 Abs. 3 BGB Aufwendungen in Abzug zu bringen, gewährleistet somit nicht zwangsläufig auch eine angemessene Vergütung der unternehmerischen Leistung des Erwerbers. Dieser Fall bildet quasi den Gegensatz zum Problem der fehlgeschlagenen Aufwendungen.

bb) Negative Geschäftsentwicklung Aber auch wenn die Gewinne geringer als in den Vorjahren ausfielen oder wenn sich der Wert des Geschäftsanteils in der Zwischenzeit verringert hat, kann der Erwerber im Einzelfall nicht unerhebliche Anstrengungen unternommen haben. So zum Beispiel wenn sich die Verluste noch in Grenzen gehalten haben, weil der Erwerber besonders tüchtig war. Auch der oben beschriebene Fall der „planmäßigen Geschäftsentwicklung“ ist von solchen Überlegungen betroffen, wenn nämlich der Erwerber nur aufgrund erheblichen persönlichen Kraftaufwands ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaften konnte.

5. Zusammenfassung der auftauchenden Probleme

Die aufgezeigten Probleme sollen kurz zusammengefasst werden, um später das Rückabwicklungskonzept daraufhin überprüfen zu können, ob für jedes Problem eine Lösung gefunden wurde.625 Unklar ist die Behandlung nicht gezogener Nutzungen im Rahmen gegenseitiger Verträge626, zudem muss das Nutzungspotential des Geschäftsanteils bestimmt werden.627 Fraglich ist, inwieweit man den Mehrheitsgesellschafter als verantwortlich für eine negative Geschäftsentwicklung ansehen kann.628 Weitere problematische Punkte sind die Ermittlung und Bewertung der vom Erwerber gezogenen Vorteile629 und die Behandlung von Verbundvorteilen, die keine Nutzungen sind.630 Die Anwendung der Saldotheorie ist unklar in Fällen der arglistigen Täuschung des Erwerbers durch den Veräußerer.631 Wurde die Wertminderung des Geschäftsanteiles durch Zuwendungen an den Erwerber herbeigeführt, dann ergibt sich ein Konkurrenzproblem bezüglich Anspruchsgrund und -umfang zwischen § 818 s. unten C. II. 1. b) aa). 627 1. b) bb). 628 1. b) cc) [nicht ordnungsgemäße Wirtschaft bezüglich der erzielten Nutzungen] und 2. d) aa) [Zurechnung im Rahmen der Saldotheorie]. 629 1. b) dd) (2). 630 1. c). 631 2. e). 625 626

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Abs. 1 BGB und der Berücksichtigung der Wertminderung bei dem Anspruch auf die Gegenleistung.632 Ungeklärt ist, ob und auf welche rechtliche Art und Weise dem Erwerber ein höherer Anteilswert zugewiesen633 und wie seine unternehmerische Leistung bewertet und berücksichtigt werden kann.634 Auf der anderen Seite stellt sich bei Aufwendungen, die den Wert des Geschäftsanteils oder die Gewinne nicht gesteigert haben, die Frage, ob diese vom Erwerber in vollem Umfang gem. § 818 Abs. 3 BGB geltend gemacht werden können.635

II. Unternehmenskauf Nachdem festgestellt wurde, dass eine Anwendung der allgemeinen bereicherungsrechtlichen Regeln auf den Anteilskauf zu zahlreichen Problemen führt, soll vor der Entwicklung der Lösung noch (so kurz wie möglich) auf den Unternehmenskauf eingegangen werden. Der Unternehmenskauf bildet sozusagen die Zwischenstufe zwischen der Übertragung einer Sache und der Übertragung einer Anteilsmehrheit. Dass ein Vergleich mit dem Unternehmenskauf nahe liegt, zeigt auch der Umstand, dass die Einmann-GmbH als „einzelkaufmännisches Unternehmen mit beschränkter Haftung“ bezeichnet wird.636 Die Übertragung von 100% der Geschäftsanteile steht bezüglich der bereicherungsrechtlichen Würdigung wiederum zwischen Unternehmenskauf und GmbH-Mehrheitsübernahme; bei letzterer ergibt sich zusätzlich das Problem der Zurechnung der Geschäftsentwicklung bei starkem Einfluss der Minderheitsgesellschafter.637 Da es für die Rückabwicklung der fehlerhaften Übertragung eines einzelkaufmännischen Unternehmens an einer gesetzlichen Regelung fehlt, ergeben sich in der Praxis zahlreiche Fragen und die Diskussion ist im Einzelnen durch viele Streitigkeiten geprägt. Die verschiedenen Ansichten resultieren aus den unterschiedlichen Erwägungen der Gerichte und Autoren zur Verteilung des Risikos zwischen Veräußerer und Erwerber. Da der hier zu entwickelnde Ausgleich zwischen Erwerber und Veräußerer maßgeblich von der Entscheidung abhängen wird, auf welche Weise das Risiko wirtschaftlicher Veränderungen im von der GmbH betriebenen Unternehmen zwischen den Beteiligten aufzuteilen ist, sind die entsprechenden Erörterungen zum Unternehmenskauf auch aus diesem Blickwinkel von großer Bedeutung.

632 633 634 635 636 637

2. f). 3. b). 4. d). 4. c). Vgl. G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 34 I 3 b), S. 325. Vgl. oben B. I. 1. b) cc) und 2. d).

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht 1. Exkurs: Inhalt des Herausgabeanspruchs

a) Das Unternehmen als „erlangtes Etwas“ Auch beim Unternehmenskauf stellt sich zunächst einmal die Frage, was genau erlangt wurde. Es entspricht trotz des Spezialitätsprinzips des Sachenrechts allgemeiner Meinung, das Unternehmen rechtlich als Gesamtheit zu behandeln.638

b) Sonderproblem im Rahmen des § 818 Abs. 2 BGB Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob sich der Herausgabeanspruch dann, wenn das Unternehmen in der Zwischenzeit wesentliche Veränderungen erfahren hat, weiterhin auf das Unternehmen richtet, oder ob der Veräußerer stattdessen auf 638 Das Unternehmen kann allgemein bezeichnet werden als „betriebsfähige Wirtschaftseinheit, die dem Unternehmer das Auftreten am Markt ermöglicht“ (so GroßkommHGB / Hüffer vor § 22 HGB, Rn. 6 im Anschluss an von Gierke ZHR 111 (1948), S. 1 ff.). Es handelt sich um eine komplexe Einheit bestehend aus den zum Unternehmen gehörenden beweglichen und unbeweglichen Sachen, Rechten, nur teilweise verrechtlichten Immaterialgütern (know-how, Betriebsgeheimnisse) sowie aus seinen zahlreichen Beziehungen zur Außenwelt (Kundenstamm, Lieferantenbeziehungen, Mitarbeiter, Image des Unternehmens und seiner Produkte), vgl. MünchKommHGB / Lieb Anh. § 25 HGB, Rn. 3. Das geschriebene Recht kennt jedoch keine Übertragung des Unternehmens an sich. Nach dem sachenrechtlichen Spezialitätsprinzip vollzieht sich die Übertragung des Unternehmens durch isolierte Übertragung aller zum Unternehmen gehörenden Gegenstände (Canaris, Handelsrecht, § 8, Rn. 1; K. Schmidt, Handelsrecht, § 6 I 2, S. 140). Nichts anderes gilt bei der bereicherungsrechtlichen Rückübertragung: Der Bereicherungsschuldner ist gem. §§ 812, 818 BGB verpflichtet, alle Gegenstände auf den Verkäufer zurückzuübertragen. Würde man dabei stehen bleiben, dann würde das bedeuten, dass Begriffe wie Unternehmensgewinne, Werterhöhung oder -verringerung des Unternehmens rechtlich nicht erfasst werden könnten. Vielmehr müsste jeder einzelne Gegenstand daraufhin untersucht werden, ob er noch vorhanden ist oder es nunmehr ein Surrogat dafür gibt, ob er einen Gewinn abgeworfen hat oder ob sein Wert in der Zwischenzeit erhöht oder verringert ist. Veränderungen bei rechtlich nicht greifbaren Bestandteilen des Unternehmens würden von der bereicherungsrechtlichen Würdigung erst gar nicht erfasst. Das Sachenrecht steht jedoch einer einheitlichen schuldrechtlichen Betrachtung nicht im Wege. Da der Wille der Parteien auf Übertragung des Unternehmens als Ganzes gerichtet ist, entspricht dies der Verpflichtung des Verkäufers. Diese wird erfüllt durch Einzelübertragung aller Gegenstände und die Einweisung des Erwerbers in den Tätigkeitsbereich des Unternehmens, wodurch die angesprochenen immateriellen Positionen übergehen (vgl. Canaris, Handelsrecht, § 8, Rn. 1; MünchKommHGB / Lieb Anh. § 25 HGB, Rn. 4; K. Schmidt, Handelsrecht, § 6 I 2, S. 140 f.). Gleiches gilt für das Unternehmen im Bereicherungsausgleich, denn wenn die Parteien das Unternehmen in ihrem Kaufvertrag als Einheit behandelt haben, dann ist das Unternehmen bei Unwirksamkeit der Übertragung folgerichtig wiederum Gegenstand des Rückgewährschuldverhältnisses (vgl. Ballerstedt, FS Schilling, S. 289, 294; Schwintowski JZ 1987, 588; Canaris, Handelsrecht, § 8, Rn. 46 f.; K. Schmidt, Handelsrecht, § 6 I 2, S. 164 f.). Der Klageantrag muss aber auf Rückübertragung der einzelnen Gegenstände lauten (vgl. BGHZ 7, 208, 211; MünchKommHGB / Lieb Anh. § 25 HGB, Rn. 43).

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einen Wertersatzanspruch gem. § 818 Abs. 2 BGB zu verweisen ist.639 Es handelt sich um eine Parallele zum berühmten Problem des „Baus auf fremdem Boden“. Das soll hier aber nicht weiter verfolgt werden, da dieser Gedanke auf GmbHAnteilskäufe nicht übertragen werden kann. Dort ist die im Geschäftsanteil verkörperte Mitgliedschaft Gegenstand des Bereicherungsanspruchs, also ein Recht, welches durch Veränderungen im Unternehmen nicht an sich betroffen ist, sondern lediglich in seinem wirtschaftlichen Wert.640

2. Herausgabe gezogener Nutzungen

a) Rechtliche Einordnung der Unternehmensgewinne Zunächst gibt es die verschiedensten Ansichten darüber, wie Unternehmensgewinne in das System der §§ 99, 100 BGB einzuordnen sind.641 Für den Anteils639 Vgl. etwa die Darstellungen bei Schwintowski JZ 1987, 588, 589 ff.; MünchKommHGB / Lieb Anh. § 25 HGB, Rn. 44 ff. 640 Noch entfernter ist der Gedanke einer Abänderung des Herausgabeanspruches in einen Wertersatzanspruch für den hier betrachteten Fall der Doppelnichtigkeit, da der Veräußerer ja ohne Unterbrechung Inhaber des Geschäftsanteils und damit (wirklicher) Gesellschafter war. 641 Rechtsprechung des BGH: In einer Entscheidung aus dem Jahre 1952 führte der BGH aus, dass der aus einem Gewerbebetrieb gezogene Gewinn nicht als Sachfrucht i. S. d. § 99 Abs. 1 BGB angesehen werden kann; der Betriebsgewinn stehe den Rechtsfrüchten i. S. d. § 99 Abs. 2 BGB am nächsten (BGHZ 7, 208, 218 – s. gleich „Fleischerei“). Im Jahre 1956 führte der BGH aus, dass der Begriff der Nutzungen des § 100 BGB nicht auf Sach- und Rechtsfrüchte beschränkt sei, sondern auch den Gewinn eines Unternehmens des Wirtschaftslebens umfasse (BGH DB 1956, 63 – s. gleich „Filmtheater“). Literatur: Lieb (in MünchKommHGB Anh. § 25 HGB, Rn. 50) stellt fest, dass es zunächst Schwierigkeiten bereitet, Unternehmensgewinne dem Nutzungsbegriff zu unterstellen. Dies beruhe jedoch darauf, dass der Gesetzgeber insgesamt den Besonderheiten des Unternehmens als Kondiktionsgegenstand zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat. Diese Lücke müsse rechtsfortbildend geschlossen werden, und zwar „ganz zwanglos“ durch eine Gleichsetzung von Unternehmenserträgen mit Nutzungen im Sinne des § 100 BGB. Marly (in Soergel § 99 BGB, Rn. 3) spricht sich für eine Einordnung des Unternehmensgewinns als Sachfrucht analog § 99 Abs. 1 BGB aus. Heinrichs (in Palandt § 99 BGB, Rn. 3) behandelt den Ertrag analog § 99 Abs. 1, 2 BGB als Frucht der Rechts- und Sachgesamtheit Unternehmen. Holch (in MünchKomm § 99 BGB, Rn. 9) wiederum vertritt eine entsprechende Anwendung des § 99 Abs. 2 BGB. Demgegenüber vertritt Canaris (Larenz / Canaris § 72 II 3 c, S. 272; ebenso in Handelsrecht, § 8, Rn. 51) die Auffassung, dass Unternehmensgewinne nicht unter den Begriff der Nutzung fallen, da sie weder Sach- oder Rechtsfrüchte noch Gebrauchsvorteile seien. Ebenso wenig komme eine entsprechende Anwendung in Betracht. Für die Frage der Nutzungsherausgabe im Rahmen des § 818 Abs. 1 BGB begründet er dies damit, dass Gewinne in der Regel durch Rechtsgeschäfte erwirtschaftet werden, und ein durch Rechtsgeschäft erlangter Vorteil (commodum ex negotiatione) auch sonst nach herrschender Ansicht nicht unter § 818 Abs. 1 BGB fällt.

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

kauf ist diese Diskussion allerdings ohne echten Wert, da bei der GmbH die Gewinne Rechtsfrüchte des Geschäftsanteils nach § 99 Abs. 2 BGB sind.

b) Umfang der herauszugebenden Gewinne aa) Rechtsprechung des BGH Vorausgeschickt sei, dass sich die Entscheidungen nicht lediglich im Rahmen des § 818 Abs. 1 BGB abspielen, sondern auch bei Ansprüchen gem. § 987 BGB. (1) Kasuistik Im Fall einer unwirksam übertragenen Fleischerei642 ging es um Ansprüche auf Nutzungsherausgabe gem. § 987 BGB. Der BGH führte aus, dass der aus einem Gewerbebetrieb gezogene Gewinn, anders als bei reinen Sachnutzungen, wesentlich stärker auf den persönlichen Fähigkeiten und Leistungen des Unternehmers beruhe. Folglich wurde die Klage auf Herausgabe des Geschäftsgewinns abgewiesen. Demgegenüber gab der BGH der Klage auf Herausgabe des Gewinns im Fall einer Apotheke643 statt. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf die Erwägung, dass die Einnahmen im Unterschied zum Fleischerei-Fall nicht auf den persönlichen Fähigkeiten und Leistungen des Inhabers beruhten, da die Apotheke aufgrund der Realkonzession eine „gewisse örtliche Monopolstellung“ gehabt habe. In dem Fall des rechtsgrundlosen Betriebs eines Filmtheaters644 ging der BGH davon aus, dass die während dieser Zeit erzielten Einnahmen nicht wesentlich auf den persönlichen Fähigkeiten und Leistungen des Beklagten beruhten. Das Gericht gab deswegen der Klage auf Herausgabe des Reingewinns gem. § 818 Abs. 1 BGB statt, allerdings unter Abzug eines angemessenen Entgelts für die geschäftsführende Tätigkeit des Beklagten. Eine weitere Entscheidung betraf die Verpachtung eines Bordells.645 Der BGH führte aus, dass zu den herauszugebenden Nutzungen in entsprechender Anwendung des § 987 BGB auch die Betriebsgewinne zu rechnen seien.646 Da nicht ersichtlich war, dass der Gewinn ausschließlich auf persönlichen Leistungen oder Fähigkeiten des Pächters beruhte, gab der BGH der Klage auf Herausgabe des Gewinns statt. Die Höhe bemaß er allerdings wegen der Regelung des § 817 Satz 2 BGB nach dem durch Sachverständigengutachten festzustellenden objektiven Er642 643 644 645 646

BGHZ 7, 208, 218 = NJW 1952, 1410. BGH LM Nr. 3 zu § 987 BGB. BGH BB 1956, 18 = DB 1956, 63. BGHZ 63, 365 = NJW 1975, 638. BGHZ 63, 365, 368.

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tragswert des Pachtobjekts; der darüber hinausgehende Gewinn war vom Anspruch nicht umfasst. In der vorerst letzten Entscheidung zu diesem Problem war der Verkäufer von einem Kaufvertrag über eine Tankstelle647 zurückgetreten und verlangte neben dem Grundstück und dem Gewerbebetrieb auch die in dem Betrieb erwirtschafteten Gewinne heraus. Der BGH führte aus, dass sich eine Einschränkung des Anspruchs auf Herausgabe der Nutzungen in Form des aus einem Gewerbebetrieb gezogenen Gewinns nur insoweit ergeben kann, als der Gewinn auf den persönlichen Leistungen oder Fähigkeiten des Inhabers beruht. Seien die Betriebseinnahmen sowohl auf den gegenständlichen Bereich des Betriebs als auch auf persönliche Leistungen oder Fähigkeiten des Betriebsinhabers zurückzuführen, dann hat der Tatrichter, gegebenenfalls unter Anwendung des § 287 ZPO, den Anteil der beiden Faktoren am Gewinn zu ermitteln. Beruhe der Gewinn dagegen ausschließlich auf den persönlichen Leistungen oder Fähigkeiten des Betriebsinhabers, dann komme eine Nutzungsentschädigung nicht in Betracht. Letzteres wurde vom BGH verneint; den herauszugebenden „Gewinn“ bemaß das Gericht allerdings nach dem laut Sachverständigengutachten erzielbaren Pachtzins. Dieser entspreche als „objektiver Gebrauchs- oder Ertragswert des Betriebsgrundstücks“ dem Betriebsgewinn, der als Nutzungsentschädigung zu zahlen sei. (2) Zusammenfassung Vereinfacht können die Entscheidungen folgendermaßen zusammengefasst werden648: Entscheidend ist nach Ansicht des BGH, ob der erzielte Gewinn auf den persönlichen Verdienst des zwischenzeitlichen Inhabers zurückzuführen ist, dann gebührt er ihm, oder ob die Erträge sozusagen automatisch anfallen bzw. dem Unternehmen bereits innewohnen, dann sind sie herauszugeben. Waren beide Faktoren maßgeblich, muss ihr jeweiliger Anteil ermittelt werden. Die letzte Entscheidung beinhaltet zudem einen neuen Aspekt: Obwohl die Erträge dem Unternehmen innewohnten, richteten sich die herauszugebenden Nutzungen nicht nach dem tatsächlich erzielten Gewinn, sondern nach dem sog. objektiven Gebrauchs- oder Ertragswert. bb) Literatur Die herrschende Lehre beschränkt den Umfang der herauszugebenden Gewinne ebenfalls auf einen objektiven Ertragswert.649 Dieser objektive Ertragswert des BGH NJW 1978, 1578. Ähnlich K. Schmidt, Handelsrecht, § 6 IV 1, S. 165 f. 649 MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 21c; Schwintowski JZ 1987, 588, 593 Kohler, Rückabwicklung, S. 184 ff.; K. Schmidt, Handelsrecht, § 6 IV 1, S. 166 Keil, Unternehmenskäufe, S. 233 ff. 647 648

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Unternehmens sei jener Nutzungswert, den ein Unternehmen ohne hinzutretende Eigenleistung des Erwerbers für jeden potentiellen Käufer habe.650 Es seien daher die dem Unternehmen gleichsam innewohnenden Erträge herauszugeben, dagegen müssten dem zwischenzeitlichen Inhaber solche Erträge verbleiben, die er unter Einsatz unternehmerischer Mittel durch eigene Tüchtigkeit erwirtschaftet hat.651 Hat der zwischenzeitliche Inhaber das Potential des Unternehmens dagegen nicht ausgeschöpft, war also der eingefahrene Gewinn geringer als der objektive Ertragswert, dann soll sich seine Ersatzpflicht wegen der Regelung des § 818 Abs. 3 BGB auf die tatsächlich erwirtschafteten Gewinne beschränken.652 Nach Ansicht von Lieb653 gelten für die Rückabwicklung eines Unternehmenskaufs allerdings Besonderheiten bezüglich der Risikoverteilung bei der Gewinnhaftung. Bei der Rückabwicklung gegenseitiger Verträge könne nämlich auch eine schlechte Unternehmensleitung berücksichtigt werden, wenn also die tatsächlichen Gewinne unter dem objektiven Ertragswert bleiben. Nach ihm ergibt sich folgendes Bild: Gehen die Gewinne über den objektiven Ertragswert hinaus, gebühren sie dem Erwerber; bleiben sie dahinter zurück, so sei dies auch sein Risiko. Die Ausführungen von Reuter / Martinek654 können wohl im Ergebnis so verstanden werden, dass sie der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich zustimmen.655 Ihrer Ansicht nach ist der herausgabepflichtige Anteil des Gewinns umso größer, je formeller das Unternehmen organisiert656 und je enger der Zeitraum zwischen Unternehmensübertragung und Rückabwicklung ist. Die Ermittlung des herauszugebenden Gewinnanteils könne im Anschluss an den BGH über § 287 ZPO erfolgen. Nach einer Formel von Ballerstedt gebühren dem Herausgabepflichtigen diejenigen Nettoerträge nach Abzug des den Bereicherungsgläubiger treffenden Abschreibungsaufwands, die weder Anlagennutzung noch Geschäftswertnutzung sind.657 Nach Ansicht von Canaris kann gem. § 818 Abs. 1 BGB nicht die Herausgabe von Gewinnen verlangt werden.658 Der Bereicherungsgläubiger habe vielmehr AnSchwintowski JZ 1987, 588, 593. K. Schmidt, Handelsrecht, § 6 IV 1, S. 166. 652 Schwintowski JZ 1987, 588, 593; Keil, Unternehmenskäufe, S. 235. 653 In MünchKomm § 818 BGB, Rn. 21c. 654 § 16 II, S. 560 ff. 655 So auch die Deutung von Canaris, Handelsrecht, § 8, Fn. 72. 656 Gegen eine solche Differenzierung nach der Organisationsstruktur als Kriterium für den Umfang der Gewinnherausgabe: Schwintowski JZ 1987, 588, 593. 657 FS Schilling, S. 289, 300. 658 Canaris (Larenz / Canaris § 72 II 3 c, S. 272; ebenso in Handelsrecht, § 8, Rn. 51) vertritt die Auffassung, dass Unternehmensgewinne nicht unter den Begriff der Nutzung fallen, da sie weder Sach- oder Rechtsfrüchte noch Gebrauchsvorteile seien. Ebenso wenig komme eine entsprechende Anwendung in Betracht. Für die Frage der Nutzungsherausgabe im Rahmen des § 818 Abs. 1 BGB begründet er dies damit, dass Gewinne in der Regel durch 650 651

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spruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung, die der Rückgewährschuldner für die zwischenzeitliche Innehabung des Unternehmens nach § 818 Abs. 2 BGB entrichten müsse. Die Höhe dieser Entschädigung sei konkret und ex post zu ermitteln, also gerade für dieses Unternehmen und in Kenntnis des weiteren Geschehensverlaufs einschließlich der Gewinnerzielung.659

3. Aufwendungen des Erwerbers

Als nächstes stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der zwischenzeitliche Unternehmensinhaber die von ihm getätigten Aufwendungen oder Verwendungen ersetzt verlangen kann. Die Diskussion um den Umfang der herauszugebenden Gewinne war allerdings gerade von dem Anliegen bestimmt, die unternehmerische Leistung des zwischenzeitlichen Unternehmensinhabers angemessen zu würdigen.660 Demzufolge werden die Aufwendungen des Erwerbers zur Erhaltung des Unternehmens bereits inzident im Rahmen des bereicherungsrechtlichen Gewinnausgleichs berücksichtigt. Diese Verwendungen seien laufende Abzugsposten, und als Folge des Zusammenhangs zwischen Verwendungen und Wirtschaftserfolg finde ein separater Verwendungsausgleich nicht mehr statt.661 In den seltenen Fällen der Steigerung des Unternehmenswertes durch „höchstpersönliche Innovationen“ des Erwerbers schlägt Schwintowski eine Korrektur über § 242 BGB vor.662

4. Zusammenfassung der Erkenntnisse

a) Enger Zusammenhang von Nutzungen und Aufwendungen Die Analyse hat gezeigt, dass die Behandlung des Problems der Rückabwicklung eines Unternehmenskaufs von Einzelfallerwägungen der Rechtsprechung und zahlreichen Ansichten in der Literatur geprägt ist. Der wichtigste Aspekt ist in diesen Fällen, die erzielten Gewinne so aufzuteilen, dass sowohl die Ertragskraft des Unternehmens als auch die Leistungen des Erwerbers als zwischenzeitlichem Unternehmer berücksichtigt werden.

Rechtsgeschäfte erwirtschaftet werden, und ein durch Rechtsgeschäft erlangter Vorteil (commodum ex negotiatione) auch sonst nach herrschender Ansicht nicht unter § 818 Abs. 1 BGB fällt, s. bereits oben B. II. 2. a). 659 Handelsrecht, § 8, Rn. 51. 660 Vgl. MünchKommHGB / Lieb Anh. § 25 HGB, Rn. 52. 661 Vgl. Schwintowski JZ 1987, 588, 589; Ballerstedt, FS Schilling, S. 289, 305 f. 662 JZ 1987, 588, 589.

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

Entscheidend sei für die Aufteilung darauf abzustellen, ob der erzielte Gewinn auf den persönlichen Verdienst des zwischenzeitlichen Inhabers zurückzuführen ist, oder ob die Erträge dem Unternehmen innewohnen. Je nachdem gebühren die Gewinne dem Käufer oder dem Verkäufer. Als Kriterium für die Aufteilung ist immer wieder der sog. objektive Ertragswert anzutreffen. Dieser wird als Maßstab für die dem Unternehmen innewohnende Ertragskraft angesehen, also die Geschäftsaussichten bei normaler Entwicklung des Unternehmens. Zur Vereinfachung wird vorgeschlagen, diesen Wert aus der Sicht ex post, also in Kenntnis des weiteren Geschehensverlaufs festzustellen. Dieser objektive Ertragswert gebühre dem Bereicherungsgläubiger, also dem Verkäufer. Durch diese Art der Gewinnverteilung ist das Problem des Aufwendungsersatzes gleich mitgeregelt. Da der Käufer als zwischenzeitlicher Inhaber des Unternehmens die auf seinen Leistungen beruhenden Gewinne behalten darf, sind dadurch auch die von ihm zur Gewinnerzielung aufgewendeten Mittel als ausgeglichen anzusehen.

b) Unterschied zum Anteilskauf: Rechtliche Stellung des Erwerbers Zu beachten ist die unterschiedliche rechtliche Stellung von Einzelkaufmann und Mehrheitsgesellschafter einer GmbH: Während der Einzelkaufmann Inhaber des Unternehmens ist, ist der Gesellschafter lediglich Inhaber einer kapitalmäßigen Beteiligung an der GmbH. Inhaber des Geschäftsbetriebes ist nicht der Mehrheitsgesellschafter, sondern die GmbH. Die Leitung der Geschäfte obliegt darüber hinaus einem oder mehreren Geschäftsführern.663 Die Gesellschafter können sich zwar über die Gesellschafterversammlung in den Geschäftsbetrieb einschalten, indem sie Beschlüsse fassen und der Geschäftsführung entsprechende Weisungen erteilen. Verpflichtet sind sie dazu aber grundsätzlich nicht. Demgegenüber fällt der Einzelkaufmann in der Regel jede Entscheidung von einiger Wichtigkeit selbst, die Entwicklung des Unternehmens kann deswegen als sein alleiniges Werk angesehen werden. Die rechtliche und vor allem die wirtschaftliche Einordnung der Stellung eines Gesellschafters mit einem Geschäftsanteil von mehr als 50% des Stammkapitals wird im Folgenden noch ausführlich Gegenstand der Erörterungen sein.

663 Es gilt der Grundsatz der Drittorganschaft, vgl. G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 35 I 4; Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich Einl., Rn. 16.

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III. Zuweisung der Risiken und Chancen der zwischenzeitlichen Unternehmensentwicklung beim fehlgeschlagenen Anteilserwerb und daraus folgende Modifizierungen des Bereicherungsrechts Das nun zu entwickelnde Lösungskonzept für die Rückabwicklung der Nebenfolgen geht von der Frage aus, ob und in welcher Weise sich der Wert des Geschäftsanteils verändert hat.

1. Ausgangspunkt: Ermittlung der Wertveränderung des Geschäftsanteils

Die Wertveränderung des Geschäftsanteils ergibt sich durch einen Vergleich von Anfangs- und Endwert. Die Ermittlung der beiden Werte wirft Fragen bezüglich der Bewertung von GmbH-Geschäftsanteilen und generell der Unternehmensbewertung auf. Zunächst ist zu klären, für welche genauen Zeitpunkte die Wertberechnung jeweils vorzunehmen ist.

a) Zeitpunkte für den Wertvergleich aa) Anfangswert Im Kaufvertrag verpflichtete sich der Veräußerer, dem Erwerber den Geschäftsanteil bzw. die Mitgliedschaft in der GmbH zu übertragen. Demnach könnte der Tag der Abtretung der maßgebliche Zeitpunkt sein. In dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Fall kam es allerdings nicht zum Rechtsübergang: Bei Nichtigkeit des Abtretungsvertrages hat ein Rechtsübergang nie stattgefunden; bei Vorliegen eines Anfechtungsgrundes ging das Recht zwar zunächst über, nach erfolgreicher Anfechtung ordnet die Vorschrift des § 142 Abs. 1 BGB aber an, dass das Geschäft als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Aus diesem Grund könnte der Tag der Anmeldung des Erwerbers bei der Gesellschaft maßgeblich sein. Im Rahmen der Übertragung von GmbH-Anteilen ergibt sich nämlich eine Besonderheit wegen der Bestimmung des § 16 Abs. 1 GmbHG. Gegenüber der Gesellschaft tritt der Erwerber erst mit der Anmeldung an die Stelle des Veräußerers, erst in diesem Zeitpunkt gehen sämtliche Mitgliedschaftsrechte und Pflichten auf den Erwerber über.664 Im Verhältnis der Parteien der Anteilsübertragung gehen die Nutzungen und Lasten aber im Zweifel mit vollendeter Abtretung ohne Rücksicht auf den Anmel664 Scholz / Winter § 16, Rn. 33 ff.; Rowedder § 16, Rn. 13; Knobbe-Keuk ZIP 1983, 274, 275; OLG Koblenz GmbHR 1995, 586, 588.

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dezeitpunkt auf den Erwerber über.665 Demnach könnte auch auf den Tag der fehlgeschlagenen Abtretung abzustellen sein, also auf den Zeitpunkt, zu dem die Parteien von einem Rechtsübergang ausgingen bzw. zu dem der Rechtsübergang bei Fehlen eines Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrundes stattgefunden hätte. Es ist jedoch zwingend, auf den Tag der Anmeldung des Erwerbers bei der Gesellschaft abzustellen. Das ergibt sich aus dem Wesen der Scheinmitgliedschaft als dem „erlangten Etwas“. Die Scheinmitgliedschaft entsteht nämlich erst im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers gegenüber der Gesellschaft. Am Tag der fehlgeschlagenen Abtretung hat der Erwerber im bereicherungsrechtlichen Sinne noch nichts erlangt. Regelmäßig werden Abtretung und Anmeldung des Erwerbers zeitlich nicht weit auseinanderfallen, so dass sich eine derartige Differenzierung im praktischen Ergebnis nicht auswirkt. Das Abstellen auf den Tag der Anmeldung ist allerdings rechtlich korrekt. Sollte zwischen Abtretung und Anmeldung doch eine gewisse Zeit verstreichen, und sollte die GmbH den Erwerber bereits vor dessen Anmeldung als Gesellschafter behandelt haben und wurden wirtschaftliche Entscheidungen bereits unter Mitwirkung des Erwerbers getroffen, dann ist im Einzelfall von der hier gemachten Vorgabe abzuweichen. Der Zeitpunkt für die Ermittlung des Anfangswertes ist also entsprechend dem Geschehensablauf im Innenverhältnis der GmbH nach vorn zu verlegen. bb) Endwert Für die Berechnung des Endwertes des Geschäftsanteils gelten entsprechende Erwägungen wie im Rahmen des Anfangswertes. Maßgeblich ist demnach grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem die Scheinmitgliedschaft des Erwerbers endet bzw. zu dem der § 16 Abs. 1 GmbHG seine Wirkung wieder zugunsten des Veräußerers entfaltet: der Tag des Widerrufs der Anmeldung des Erwerbers. Von dieser Regel ist abzuweichen, wenn der Veräußerer im Einzelfall bereits vor einem wirksamen Widerruf der Anmeldung des Erwerbers, etwa weil der Nachweis der Unwirksamkeit der Anteilsübertragung noch nicht erbracht war, seine Stellung als Mehrheitsgesellschafter faktisch wieder eingenommen und bei wirtschaftlichen Entscheidungen mitgewirkt hat. b) Wert des Anteils Mit dem Wert des Geschäftsanteils ist natürlich nicht sein Nennbetrag, sondern sein wirtschaftlicher Wert gemeint. Der Nennbetrag gibt lediglich den Betrag der übernommenen Stammeinlage wieder und ist unverändert geblieben, soweit nicht 665

Baumbach / Hueck / Hueck / Fastrich § 16, Rn. 13; Hachenburg / Zutt Anh. § 15, Rn. 23.

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in der Zwischenzeit das Stammkapital erhöht oder herabgesetzt wurde und es infolgedessen zur Anpassung der Nennbeträge kam.666 Der wirtschaftliche Wert ist davon in der Regel verschieden, er kann über oder unter dem Nennbetrag liegen.667

aa) Kaufpreis Der Kaufpreis, der am Ende der Vertragsverhandlungen stand, entspricht einem Wert, für den der Veräußerer bereit war zu verkaufen und der Erwerber bereit war zu kaufen. Der Kaufpreis könnte somit den Wert des Anteils wiedergeben. Da die individuellen Verhältnisse der Parteien, insbesondere die des Käufers, den Kaufpreis stark beeinflussen können, gibt es bereits grundsätzliche Bedenken gegen eine Heranziehung des Kaufpreises als Maßstab für den Anteilswert.668 Viel wichtiger ist vorliegend aber eine andere Erwägung. Im Zeitpunkt des Widerrufs der Anmeldung des Erwerbers wird es nämlich einen gemeinsamen, von beiden Parteien übereinstimmend geäußerten Wert nicht mehr geben. Es besteht schließlich nicht mehr der Einigungsdruck wie im Rahmen der Vertragsverhandlungen, als beiden Parteien an einem Abschluss gelegen war. Im Rahmen der Rückabwicklung wird der Wert des Geschäftsanteils streitig sein, der Veräußerer wird den Wert des Geschäftsanteils regelmäßig für geringer halten als der Erwerber.669 Der Wertvergleich setzt jedoch voraus, dass beide Werte nach gleichen Kriterien bzw. unter gleichen Voraussetzungen ermittelt werden. Die Wertveränderung würde nicht korrekt erfasst, wenn Kaufpreis und ein nach den Grundsätzen der betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertung festgestellter Endwert verglichen werden würden.

bb) Verkehrswert / Marktpreis Auf eine Bewertung könnte verzichtet werden, wenn es für den in Rede stehenden Geschäftsanteil einen Verkehrswert oder einen Marktpreis gibt. Da es für GmbH-Anteile in der Regel an einer genügend großen Zahl von Anbietern und / oder Nachfragern fehlt, gibt es keinen sog. Marktpreis.670

Vgl. Scholz / Winter § 14, Rn. 4. Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 6. 668 Vgl. dazu Braunhofer, Unternehmensbewertung, S. 97 ff. mit Nachweisen. 669 Wenn sich die Parteien einig sein sollten, dann kommt es entweder gar nicht erst zu Streitigkeiten bei der Rückabwicklung, oder wenn doch, dann könnte der Richter auf die Erstellung eines Sachverständigengutachtens verzichten und den von den Parteien angegebenen Wert zugrunde legen. 670 Vgl. W. Müller JuS 1973, 603, 604; BGH NJW 1975, 1417, 1418. 666 667

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Im Einzelfall könnte ein Verkehrswert festgestellt werden, wenn sich bei einer Anteilsveräußerung nach Verhandlungen mit mehreren Interessenten ein Kaufpreis herausgebildet hat.671 Dies ist aber zum einen deswegen problematisch, weil durch große Nachfrage (mehrere Kaufinteressenten) und ein möglicherweise begrenztes Angebot (es geht ja nur um diesen einen Geschäftsanteil) möglicherweise ein überhöhter Preis zustande gekommen ist. Zudem ist auch hier wie bereits im Rahmen der Erörterung für den Kaufpreis zu beachten, dass selbst wenn durch mehrere Kaufangebote ein Verkehrswert festgestellt werden kann, eine solche Vorgehensweise nur für den Anfangswert möglich ist. Nur für diesen Zeitpunkt stand der Geschäftsanteil zum Verkauf. Da jedoch Endwert und Anfangswert zu vergleichen sind, kann nicht einmal ein Verkehrswert, der durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, und ein anderes Mal eine von einem Dritten nach objektiven Kriterien vorzunehmende Bewertung zugrunde gelegt werden.

cc) Anteilswert als quotaler Unternehmenswert Da der Rückgriff auf einen Verkehrswert nicht möglich ist, muss der Wert des Geschäftsanteils ermittelt werden. Die gesellschaftliche Beteiligung stellt einen bestimmten Anteil am Unternehmen dar, sodass zunächst der Wert des Unternehmens zu ermitteln ist. Danach muss der Anteil errechnet werden, der auf den einzelnen Geschäftsanteil entfällt.672

c) Bewertung des Unternehmens aa) Zusammenspiel von rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Regeln Zunächst ist festzustellen, dass es für die Bewertung eines Unternehmens im Privatrecht keine allgemeinen gesetzlichen Vorschriften gibt.673 Die richtige Bewertung eines Unternehmens ist in erster Linie Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre674, die im Laufe der Zeit verschiedene Bewertungsmethoden entwickelt hat.675 Der ermittelte Unternehmenswert hängt maßgeblich von der gewählten Bewertungsmethode ab. Genauso wie die Zahlen der Bilanz keine absoluten Werte darstellen und der ausgewiesene Gewinn sich aus Bilanzregeln ergibt, so folgen 671 Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 9; BGH NJW 1975, 1417, 1418; Soufleros, Ausschließung, S. 194. 672 Vgl. BGH JZ 1980, 105; BGH GmbHR 1992, 257, 260 f.; Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 6; Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 18 f.; Scholz / Winter § 14, Rn. 12; Soufleros, Ausschließung, S. 195. 673 Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 8; Scholz / Winter § 14, Rn. 12. 674 K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 70. 675 s. dazu gleich noch Einzelheiten.

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Bewertungsergebnisse größtenteils aus Bewertungsmethoden.676 Im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum und in der betriebswirtschaftlichen Praxis hat sich weitgehend die Ertragswertmethode durchgesetzt.677 Fraglich ist, ob und inwieweit Rechtsprinzipien einen Einfluss auf die Unternehmensbewertung haben. Die Rechtsprechung ist in der Entwicklung solcher Prinzipien sehr vorsichtig, insbesondere hat sie keine der streitenden betriebswirtschaftlichen Theorien als rechtlich verbindlich anerkannt.678 Vielmehr obliegt es nach Ansicht des BGH dem pflichtgemäßen Urteil der mit der Bewertung befassten Fachleute, unter den in Betriebswirtschaftslehre und betriebswirtschaftlicher Praxis vertretenen Verfahren das im Einzelfall geeignet erscheinende auszuwählen.679 Das von ihnen gefundene Ergebnis hat der Tatrichter dann gem. § 286 ZPO frei zu würdigen.680 Es lässt sich aber auch in der Rechtsprechung eine klare Tendenz in Richtung der Ertragswertmethode erkennen.681 Allerdings sind Abweichungen möglich, der Tatrichter ist nicht an eine bestimmte Methode gebunden.682 Das bedeutet jedoch nicht, dass von Gutachter und Tatrichter bei der Bewertung keinerlei Rechtsgrundsätze zu beachten wären. Fest steht nämlich, dass jede Bewertung einen bestimmten Zweck verfolgt und dass sich aus der rechtlichen Zwecksetzung bestimmte Regeln ableiten.683 Deshalb muss das Gericht ermitteln, aus welchem Grund eine Bewertung vorgenommen werden soll und ob sich dieses Ziel mit einer bestimmten Methode erreichen lässt.684

bb) Bewertungsmethoden (1) Buchwert Zunächst ist anzumerken, dass der aus der Bilanz ermittelte „Buchwert“ oder „Bilanzwert“ nicht mit dem wirklichen Wert des Unternehmens übereinstimmt.685 676 Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 5. Dies kann im Einzelfall zu krassen Abweichungen unter den Gutachtern führen, vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 71 und die Bsp. bei Soufleros, Ausschließung, S. 195. 677 Vgl. Piltz, Unternehmensbewertung, S. 16; Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 23 f.; K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 72 f.; Scholz / Winter § 14, Rn. 12, jeweils mit Nachweisen. 678 Vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 70 und die Übersicht über die angewandten Bewertungsverfahren bei Piltz, Unternehmensbewertung, S. 351 ff. 679 BGH NJW 1973, 509, 510; NJW 1982, 2441; NJW 1991, 1547, 1548. 680 BGH WM 1977, 781, 782; Scholz / Winter § 14, Rn. 12a. 681 Vgl. die Zusammenstellung bei Piltz, Unternehmensbewertung, Anlage 2, S. 351; Nachweise für den Zeitraum nach 1992 bei Scholz / Winter § 14, Rn. 12a, Fn. 33. 682 Vgl. BGH NJW 1991, 1547, 1548; WM 1993, 1412, 1413 f. 683 Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 8; Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 8 W. Müller JuS 1973, 603. 684 Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 8.

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

Die Bilanz erfasst nämlich infolge von Bilanzierungsverboten und Bilanzierungswahlrechten nicht alle vermögenswerten Gegenstände, sie ist zudem verfälscht durch historische Wertangaben und stille Rücklagen.686 Der Bilanzwert kann aber als Mindestwert oder als Anhaltspunkt für die Ermittlung des wirklichen Werts dienen.687 (2) Liquidationswert Der Liquidationswert ist der Wert, der sich bei einer Veräußerung der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens nach Tilgung der Schulden ergeben würde.688 Der Ertragswert eines tätigen Unternehmens wird regelmäßig über der Summe der Einzelveräußerungserlöse liegen, dies muss aber nicht so sein.689 Wenn die Erträge die Substanz nicht mehr sichern oder wenn der Liquidationserlös höher ist als der Ertragswert zuzüglich des neutralen Vermögens, dann ist es oft vernünftig, das Unternehmen zu zerschlagen und die einzelnen Gegenstände zu veräußern.690 Die Gesellschafter können sich aber für die Fortführung eines unrentablen Unternehmens entscheiden, etwa weil sie überzeugt sind, dass die Geschäfte irgendwann in der Zukunft wieder besser laufen werden. In diesen Fällen entscheidet der Zweck der Bewertung sowie die Umstände und Gründe der Unternehmensfortführung, ob der Liquidationswert oder der geringere Fortführungswert anzusetzen ist.691 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Zerschlagungswert bei einem lebensunfähigen Unternehmen als Unternehmenswert, bei einem lebensfähigen Unternehmen dagegen allenfalls als Wertuntergrenze in Betracht kommt.692 Er stellt jedoch nicht einmal die Wertuntergrenze dar, wenn das Unternehmen fortgeführt wird, obwohl der Unternehmenswert unter den Liquidationswert gesunken ist.693 (3) Substanzwertmethode Der Substanzwert ist die Summe der für die zum Unternehmen gehörenden Wirtschaftsgüter ermittelten Werte694, oder anders ausgedrückt: der Saldo aus den Scholz / Winter § 14, Rn. 12. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 31. 687 BGH GmbHR 1992, 257, 260; Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 31. 688 Piltz, Unternehmensbewertung, S. 189. 689 K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 71. 690 Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 100. 691 Vgl. dazu Piltz, Unternehmensbewertung, S. 189 ff. 692 BGH NJW 1993, 509, 510; NJW 1978, 1316, 1318; NJW 1982, 2441; K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 72. 693 Vgl. BGH NJW 1973, 509, 510 und die Analyse der Entscheidung bei Breidenbach DB 1974, 104 f. 694 Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 20. 685 686

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Gegenständen und den Verbindlichkeiten.695 Das Problem dieser Methode liegt auf der Hand: Der Substanzwert lässt außer acht, dass gerade das Zusammenspiel der einzelnen Gegenstände zu einem höheren Wert des Unternehmens verglichen mit der Summe der Einzelwerte führt. Außerdem werden alle sonstigen Faktoren, die über die Summe der Vermögensgegenstände hinausgehen, nicht erfasst: Kundenstamm, Lieferantenbeziehungen, Qualität des Managements, Image des Unternehmens, also all jene Faktoren, die den sog. Geschäftswert oder den Wert des Unternehmens als going concern ausmachen.696 Während ältere Bewertungslehren den Substanzwert für sehr wichtig hielten, ist man sich in der Betriebswirtschaftslehre heute nahezu einig, dass die Bedeutung des Substanzwertes gering ist. Ihm kommt allenfalls noch die Bedeutung einer Hilfs- oder Kontrollgröße zu.697 In der Praxis hat die Substanzwertmethode noch Bedeutung für kleinere, stark personenbezogene Unternehmen, die im Falle des Verkaufs regelmäßig keinen über dem Substanzwert liegenden Preis erzielen.698 Zu ihrer Bewertung ist aber auch das Stuttgarter Verfahren geeignet.699 (4) Ertragswertmethode Das wesentliche Element der Ertragswertmethode ist der aus dem Unternehmen zu erwartende zukünftige finanzielle Nutzen.700 Dieser mittels einer Zukunftsprognose ermittelte Wert wird als Ertragsüberschuss bezeichnet. Der Ertragswert ist dann der Wert, der für eine andere Anlagemöglichkeit mit gleich hohen zukünftigen Ertragsüberschüssen aufzuwenden wäre. Dafür wird der Ertragsüberschuss als Verzinsung des angelegten Kapitals angesehen, und es wird gefragt, welches Kapital bei einer anderen Investition aufgebracht werden müsste, um einen solchen Ertragsüberschuss zu erzielen.701 Im Regelfall werden mehrere Ertragsüberschussreihen aufgestellt und für jede Reihe der entsprechende Ertragswert ermittelt. Für alle ermittelten Ertragswerte werden sodann die Wahrscheinlichkeiten ihres Eintritts angegeben. Anschließend wird jeder Ertragswert mit seinem Wahrscheinlichkeitsfaktor multipliziert, die Ergebnisse werden addiert und die Summe stellt den Ertragswert dar, der in den Unternehmenswert eingeht.702 Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 91. Vgl. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 20, 92. 697 Vgl. Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 9; LG Frankfurt AG 1987, 315, 317; K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 73; auch gegen die Berücksichtigung als Hilfswert: Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 20 f., 92. 698 BGHZ 68, 163, 168 (Handelsvertretung); 70, 224 (Bäckerei). 699 s. gleich (7). 700 Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 21. 701 Vgl. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 57. 702 Vgl. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 55 f. 695 696

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Zu diesem Ertragswert wird der Wert des nicht betriebsnotwendigen oder neutralen Vermögens hinzugerechnet. Damit werden bei der Unternehmensbewertung auch solche Gegenstände erfasst, die nur locker oder gar nicht mit dem Unternehmensprozess verbunden sind und zum Ertrag kaum beitragen.703 Anders ausgedrückt: Der Veräußerungserlös dieser Gegenstände ist höher als ihr Beitrag zum Ertragswert.704 (5) Mittelwertmethode Nach der sog. Mittelwertmethode wird der Gesamtwert des Unternehmens zwischen dem Substanzwert und dem Ertragswert angesetzt.705 Beide Werte werden getrennt ermittelt, addiert, und die Summe durch zwei geteilt.706 Diese auch als Praktikermethode707 bezeichnete Vorgehensweise wurde von der Rechtsprechung als rechtsfehlerfrei bestätigt.708 (6) Übergewinnmethode Bei der sog. Übergewinnmethode wird der Geschäfts- oder Firmenwert direkt ermittelt und zum zuvor ermittelten Substanzwert addiert.709 Diese Methode läuft im praktischen Ergebnis auf den mit der (reinen) Ertragswertmethode ermittelten Unternehmenswert hinaus. Es macht nämlich keinen Unterschied, ob der Ertragswert von vornherein zum Ziel der Bewertung erklärt wird oder ob man von dem Substanzwert ausgeht und diesen durch den Geschäftswert korrigiert.710 (7) Stuttgarter Verfahren Bei dem sog. Stuttgarter Verfahren, das im Steuerrecht generell zugrunde gelegt wird, handelt es sich um eine Variante der Übergewinnmethode.711 Dieses Verfahren begrenzt im Unterschied zum Ertragswertverfahren die angenommene Ertragsdauer und führt dadurch zu anderen Ergebnissen.712 Wenn der Unternehmensertrag entscheidend auf der persönlichen Tüchtigkeit des ausscheidenden Gesellschafters 703 704 705 706 707

Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 84. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 85; OLG Düsseldorf AG 1992, 200, 203. K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 72. Vgl. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 25. Vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 72; Großfeld, Unternehmensbewertung,

S. 25. BGH NJW 1982, 575. K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 72; Moxter, Grundsätze, S. 56 BGH WM 1991, 283, 284. 710 Vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 II 2, S. 72. 711 Scholz / Winter § 14, Rn. 13; Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 25. 712 Vgl. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 33. 708 709

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beruht, dann ist das Stuttgarter Verfahren nach Ansicht des BGH „nicht schlechthin ungeeignet“. Denn die zeitliche Begrenzung trage dem Umstand Rechnung, dass sich der Einfluss des ausscheidenden Gesellschafters auf die Erträge mit der Zeit „verflüchtigt“.713 cc) Zusammenfassung Die vorangegangenen Erörterungen haben gezeigt, dass die Wahl einer geeigneten Methode maßgeblich vom Zweck der Bewertung und von den Gegebenheiten im Einzelfall abhängt. Vorliegend ist das Unternehmen für zwei Stichtage zu bewerten, nämlich zum Zeitpunkt des faktischen Ausscheidens des Veräußerers und für den Zeitpunkt seines Wiedereintritts. 714 Die Wahl des Bewertungsverfahrens richtet sich folglich danach, welches am besten die Veränderungen in dem von der GmbH betriebenen Unternehmen und damit die Wertentwicklung erfassen kann. Kam es beispielsweise, während die Geschäfte planmäßig und ohne Besonderheiten verliefen, zur Veräußerung von nicht betriebsnotwendigem Vermögen, dann braucht ein Ertragswert nicht ausgerechnet zu werden, da sich die Wertveränderung bereits durch einen Vergleich des Wertes der Gegenstände im Anfangszeitpunkt mit dem durch den Verkauf erlösten und noch im Gesellschaftsvermögen vorhandenen Gegenwert ergibt. Im Einzelfall können auch unterschiedliche Verfahren für die beiden Stichtage zur Anwendung kommen: Handelte es sich im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers um ein gesundes Unternehmen, so wäre nach herrschender Meinung die Ertragswertmethode zugrunde zu legen, dagegen könnten für den Zeitpunkt des Widerrufs der Anmeldung Liquidationswerte anzusetzen sein, wenn eine Fortführung des Unternehmens wirtschaftlich unmöglich oder nicht mehr vertretbar ist. Im Normalfall eines aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmenden Unternehmens wird aber mit der heute herrschenden Ansicht für beide Stichtage die Ertragswertmethode anzuwenden sein. d) Umrechnung auf den Geschäftsanteil, Zu- und Abschläge Der auf den in Rede stehenden Geschäftsanteil entfallende anteilige Unternehmenswert richtet sich grundsätzlich nach dem Verhältnis der Nennbeträge der Geschäftsanteile.715 Der Nennbetrag des Geschäftsanteils verhält sich also zum Stammkapital wie der Wert des Geschäftsanteils zum Unternehmenswert.716

713 714 715 716

BGH NJW-RR 1987, 21, 22 = WM 1986, 1384, 1385. s. eben III. 1. a). BGH GmbHR 1992, 257, 260 f.; BGHZ 17, 133, 136 (für die OHG). Vgl. Hachenburg / Raiser § 14, Rn. 6; Scholz / Winter § 14, Rn. 12.

12 Jedlitschka

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Daneben beeinflussen Sonderrechte und Sonderpflichten, soweit sie bewertungsrelevant sind wie z. B. ein erhöhtes Gewinnrecht, den Unternehmenswertanteil.717 Aber auch andere Faktoren können es nach dem jeweiligen Bewertungszweck erforderlich machen, den bisher ermittelten Wert des Geschäftsanteils durch Zu- und Abschläge zu korrigieren.718 Grundsätzlich kommen etwa ein Mehrheitsaufschlag oder ein Abschlag für Beschränkungen der Übertragbarkeit des Geschäftsanteils in Betracht. Da die Bewertung vorliegend der Ermittlung der Wertdifferenz an zwei Stichtagen dient, heben sich etwaige Besonderheiten des Geschäftsanteils auf, denn sie sind sowohl beim Anfangswert als auch beim Endwert zu berücksichtigen. Nur wenn sich in der Zwischenzeit Veränderungen ergeben haben, beispielsweise durch die Aufhebung von Nebenleistungspflichten durch Änderung der Satzung, wären diese bei der Ermittlung des Endwertes gesondert einzubeziehen. e) Zwischenergebnis Durch einen Vergleich der beiden ermittelten Werte erhält man die Wertdifferenz, die sich in der Zwischenzeit ergeben hat. Ihre rechtliche Behandlung wird im Folgenden getrennt dargestellt. Unter 2. geht es um eine mögliche Wertminderung, unter 3. um eine Werterhöhung.

2. Ersatz für die Wertminderung

a) Abzug des Minderwerts vom Kaufpreis Ein Minderwert stellt eine Verschlechterung des Bereicherungsgegenstandes dar und führt nach der Saldotheorie bzw. der in der Literatur vertretenen Theorien zu einem entsprechenden Abzug vom Anspruch des Erwerbers auf Kaufpreisrückzahlung. Zu lösen sind noch die oben angesprochenen Probleme der Eigenschaft des Erwerbers als (bloßer) Mehrheitsgesellschafter und die Berücksichtigung zufälliger Entwicklungen.

b) Verantwortlichkeit des Mehrheitsgesellschafters In der Zeit seiner Stellung als Scheingesellschafter war der Erwerber nicht verpflichtet, die wirtschaftlichen Geschicke der GmbH zu bestimmen. Dies konnte er der Geschäftsführung überlassen und sich in Grundsatzfragen von den Ansichten der Minderheitsgesellschafter oder wiederum von den Empfehlungen eines Ge-

Scholz / Winter § 14, Rn. 12b. Vgl. etwa die Aufstellung bei Soufleros, Ausschließung, S. 197 und die Beispiele bei Scholz / Winter § 14, Rn. 12b. 717 718

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schäftsführers leiten lassen. Der Erwerber kann also nicht zwangsläufig als hinter der GmbH stehender Unternehmer angesehen werden. Er hatte jedoch aufgrund seiner Mehrheitsherrschaft die Möglichkeit, faktisch die Leitung der Geschäfte zu übernehmen. Zwar musste der Erwerber in gewissen Grenzen die Interessen der Minderheitsgesellschafter beachten, ihre Zustimmung brauchte er aber nur bei den Maßnahmen, durch die ihm Sondervorteile gewährt werden sollten. Im Rahmen von sonstigen unternehmerischen Entscheidungen kann er grundsätzlich allein bestimmen, ohne sich dabei schadensersatzpflichtig zu machen, wenn und soweit er die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet. Er darf also etwaige Einwände der Minderheitsgesellschafter in der Gesellschafterversammlung nicht einfach übergehen. Gleiches gilt, wenn der Erwerber als herrschendes Unternehmen anzusehen war. Solange er die Interessen der Gesellschaft beachtete, also ihre wirtschaftliche Selbständigkeit im Großen und Ganzen wahrte, war er frei in seinen unternehmerischen Entscheidungen in der abhängigen GmbH.719 Daraus folgt, dass dem Erwerber die Folgen seiner wirtschaftlichen Entscheidungen zuzurechnen sind, wenn es zur Rückabwicklung kommt. Das gilt auch in den Fällen, in denen er die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes im Sinne des § 43 Abs. 1 GmbHG beachtet hatte. In diesen Fällen hat er sich zwar nicht gegenüber der GmbH schadensersatzpflichtig gemacht, aber im Verhältnis zum Partner der Rückabwicklung, dem Veräußerer, eine zurechenbare Entscheidung getroffen und die nachteilige Folge veranlasst. Selbst wenn sich der Erwerber nicht aktiv am Geschehen beteiligte, so hatte er doch die Möglichkeit, jederzeit in seinem Sinne einzuwirken. Ein Mehrheitsgesellschafter ist also in der Lage, die wirtschaftliche Entwicklung der GmbH zu bestimmen. Obwohl es sich hier im Gegensatz zum einzelkaufmännischen Unternehmen rechtlich um eine kapitalmäßige Beteiligung an einem von der GmbH betriebenen Unternehmen handelt, muss ein Mehrheitsgesellschafter als (potentieller) Entscheidungsträger oder sogar als (potentieller) Unternehmer angesehen werden. Demnach kann auch ein eventuell vorgetragener Einwand des Erwerbers, er habe die wirtschaftlichen Entscheidungen anderen überlassen und könne für eine negative Entwicklung nicht verantwortlich gemacht werden, nicht berücksichtigt werden. Der Erwerber trägt das Risiko der Unternehmensentwicklung. Der Veräußerer kann sich ja auch nicht darauf berufen, dass der Kaufpreisbetrag nicht mehr in voller Höhe vorhanden ist, weil er sich bei der Anlage des Geldes auf den (schlechten) Rat anderer verlassen hat. Aus der Zuweisung des Risikos einer negativen Unternehmensentwicklung folgt, dass dem Erwerber die Minderung des Anteilswertes als Verschlechterung des Bereicherungsgegenstands zuzurechnen ist. Der verminderte Anteilswert führt somit nach der Saldotheorie bzw. der anderen im Schrifttum vertretenen Theorien 719

12*

s. ausführlich im ersten Abschnitt unter A. I. u. II.

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zu einem entsprechenden Abzug beim Anspruch des Erwerbers auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB.

c) Differenzierung nach den Ursachen der Wertminderung Es wurde bereits angesprochen, dass im Rahmen der hier vorzunehmenden Unternehmensbewertung besonders wichtig ist, dass es um die Ermittlung einer Wertdifferenz geht. Das Unternehmen soll also nicht isoliert voneinander für zwei verschiedene Zeitpunkte bewertet werden, vielmehr soll die doppelte Bewertung primär die zwischenzeitlichen Entwicklungen und die sich daraus ergebenden Wertveränderungen erfassen. Es wäre daher wünschenswert, die zwischenzeitlichen Geschehnisse in differenzierter Art und Weise bei der Ermittlung der Wertveränderung zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere für Entwicklungen, die nicht durch wirtschaftliche Entscheidungen in der Zeit der Scheingesellschafterstellung des Erwerbers hervorgerufen wurden. Damit sind Ereignisse gemeint, die sich als zufällig oder als bereits im Unternehmen angelegt darstellen. Deren Zurechnung im Sinne der Saldotheorie ist wegen der Wertungen des Rücktrittsrechts problematisch.720 Zu denken ist an die plötzliche Zahlungsunfähigkeit eines wichtigen Vertragspartners oder an die Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage.

aa) Berücksichtigung zwischenzeitlicher Entwicklungen bei der Unternehmensbewertung Die Berücksichtigung zwischenzeitlicher Entwicklungen ist eine viel diskutierte Frage der Unternehmensbewertung. Dieses Problem stellt sich nämlich immer dann, wenn Bewertungsstichtag (der Zeitpunkt, für den der Unternehmenswert zu ermitteln ist721) und Bewertungszeitpunkt (der Tag, an dem die Bewertung für den Stichtag tatsächlich erfolgt) auseinander fallen. Das betrifft alle Fälle, in denen die beteiligten Parteien über den Unternehmenswert uneinig sind und ein Gerichtsverfahren anstrengen. Die Mühlen der Justiz bewegen sich bekanntlich nicht besonders hastig, und zwischen Bewertungsstichtag und abschließender gerichtlicher Entscheidung können ohne weiteres mehrere Jahre vergehen.722 Die Frage der Verwendbarkeit späterer Entwicklungen und Erkenntnisse stellt sich in erster Linie bei der Ermittlung des Ertragswertes. Dieser wird auf der Grundlage der Ertragsprognose, einer Schätzung der zukünftigen Erträge, errechnet, und diese Ertragsprognose ist wegen der Ungewissheit der Zukunft das Haupt720 721 722

s. o. B. I. 2. d). Piltz, Unternehmensbewertung, S. 110. Vgl. Piltz, Unternehmensbewertung, S. 113.

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problem der Ertragswertrechnung.723 Der Vorteil, den die Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Entwicklungen für den Gutachter hat, liegt auf der Hand: Die Zukunft ist (jedenfalls für diesen Zeitraum) nicht mehr ungewiss, aus der tatsächlichen Entwicklung des Unternehmens können Rückschlüsse auf die Ertragskraft am Bewertungsstichtag gezogen werden. Die Frage der Verwendbarkeit späterer Entwicklungen und Erkenntnisse kann aber auch in anderen Bereichen relevant werden, etwa bei der Bewertung zum Substanzwert, der Bewertung von nicht betriebsnotwendigem Vermögen oder bei der Wahl der Bewertungsmethode.724

bb) Stichtagsprinzip Ausgangspunkt der Unternehmensbewertung bildet das sog. Stichtagsprinzip, wonach der zum Bewertungsstichtag geltende Unternehmenswert zu ermitteln ist.725 Daraus folgt der Grundsatz, dass die Verhältnisse und Erkenntnismöglichkeiten am Bewertungsstichtag maßgebend sind.726 Die bereits bekannte „Zukunft“ darf grundsätzlich nicht einbezogen werden; das bezieht sich sowohl auf tatsächliche Umstände (nachträgliche Entwicklungen) als auch auf die Bewertung (nachträgliche Erkenntnisse).727 Unter bestimmten Voraussetzungen werden von diesem Grundsatz Ausnahmen zugelassen. Nach Ansicht des BGH ist nämlich die Berücksichtigung der im Zeitraum zwischen Stichtag und gerichtlicher Entscheidung erkennbar gewordenen Unternehmensentwicklung nicht unzulässig, sondern vielmehr angebracht, um die Unsicherheit bei der Bewertung des Zukunftsertrages möglichst einzuschränken.728 Neben den Vorteilen, die durch die Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Entwicklungen für den Gutachter und das Gericht entstehen, ergibt sich auch ein praktisches Problem: Es ist nämlich schwierig, sich künstlich unwissend zu stellen und etwa von einer Ertragsprognose auszugehen, die sich in der Zwischenzeit als unrichtig erwiesen hat.729 Auf der anderen Seite soll der ermittelte Unternehmenswert möglichst dem Kaufpreis entsprechen, den ein Käufer am Bewertungsstichtag zahlen würde – dieGroßfeld, Unternehmensbewertung, S. 40, Einzelheiten zur Prognose auf S. 45 ff. Vgl. Piltz, Unternehmensbewertung, S. 119. 725 Moxter, Grundsätze, S. 168. 726 Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 29; LG Frankfurt WM 1987, 559, 561; Piltz, Unternehmensbewertung, S. 114. 727 Piltz, Unternehmensbewertung, S. 114. 728 BGH NJW 1973, 509, 510; OLG Celle WM 1979, 1336, 1339. 729 Piltz, Unternehmensbewertung, S. 117. 723 724

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sem steht aber das spätere Wissen nicht zur Verfügung.730 Des Weiteren ist zu beachten, dass durch eine Veränderung der Bewertung aufgrund nachträglicher Entwicklungen regelmäßig eine der beteiligten Parteien benachteiligt wird.731

cc) Wurzeltheorie Vor diesem Hintergrund musste die Rechtsprechung Kriterien finden, um berücksichtigungsfähige von nicht berücksichtigungsfähigen Faktoren der Unternehmensbewertung abzugrenzen. Den Ausgangspunkt bildet die sog. Wurzeltheorie: Spätere Entwicklungen sind zu berücksichtigen, wenn ihre Wurzeln bis zum Bewertungsstichtag zurückreichen.732 Oder andersherum ausgedrückt: Spätere Entwicklungen, deren Wurzeln in der Zeit nach dem Bewertungsstichtag liegen, müssen außer Betracht bleiben.733 Diese Theorie wird mittels verschiedener Formulierungen konkretisiert. So hat der BGH ausgeführt, dass die Ursachen für die späteren Entwicklungen nicht erst nach dem Bewertungsstichtag eingetreten sein dürfen.734 Nach Ansicht des OLG Düsseldorf muss die Entwicklung bereits zum Stichtag als naheliegend erkennbar und wirtschaftlich fassbar gewesen sein. Es reiche nicht aus, dass sich für die Entwicklung rückblickend eine irgendwie geartete Kausalkette bis vor den Stichtag zurückverfolgen lässt.735 Diese Formulierungen versuchen das Problem durch Verallgemeinerungen zu lösen. Die Kriterien sind allerdings unscharf.736 Eine allgemein verlässliche Formel, die das Problem der Berücksichtigung späterer Entwicklungen und Erkenntnisse löst, gibt es demnach nicht. Die Rechtspraxis muss für jeden Einzelfall prüfen, welche der im Nachhinein ermittelten Faktoren in die Unternehmensbewertung eingehen können bzw. müssen.737

dd) Entwicklungen zwischen zwei Bewertungsstichtagen Wie bereits ausgeführt ergibt sich im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass die Bewertung des Unternehmens für zwei Stichtage vorgenommen werden muss. Piltz, Unternehmensbewertung, S. 117. Vgl. Moxter, Grundsätze, S. 169. 732 OLG Celle WM 1979, 1336, 1339; OLG Frankfurt DB 1989, 469 LG Frankfurt WM 1987, 559, 561. 733 So BGH NJW 1973, 509, 510. 734 BGH WM 1977, 781. 735 OLG Düsseldorf DB 1984, 817, 818; ZIP 1990, 1333, 1341. 736 Vgl. Piltz, Unternehmensbewertung, S. 117. 737 Ähnlich Piltz, Unternehmensbewertung, S. 119. 730 731

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Die Frage nach einer möglichen Berücksichtigung zwischenzeitlicher Entwicklungen stellt sich demzufolge nicht nur für den Zeitraum zwischen Stichtag und gerichtlicher Entscheidung, sondern auch für die Zeit zwischen den beiden Stichtagen. Die zwischenzeitliche Geschäftsentwicklung ist in zweifacher Hinsicht von Bedeutung.738 Zum einen ist sie für die Ermittlung des Endwertes maßgeblich, da für die Erstellung der Ertragsprognose die Vergangenheit ein wichtiges Hilfsmittel ist.739 Zum anderen spielen die Ereignisse eine wichtige Rolle für die Unternehmensbewertung zum ersten Stichtag, da nach der Wurzeltheorie spätere Entwicklungen zu berücksichtigen sind, wenn und soweit ihre Wurzeln zum Bewertungsstichtag zurückreichen. Die so ermöglichte Berücksichtigung zwischenzeitlicher Erkenntnisse und Entwicklungen führt dazu, dass solche Einflüsse auf die geschäftliche Entwicklung, die bereits im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers im Unternehmen angelegt waren, herausgerechnet werden können. Übrig bleiben nur Entwicklungen, deren Wurzeln nicht bis zum Stichtag des Anfangswertes zurückreichen.

ee) Zuweisung des Risikos zufälliger Ereignisse Fraglich ist nun noch, was für ein zwischenzeitliches Ereignis gilt, das auf der einen Seite bei der Festlegung des Anfangswertes nicht berücksichtigt werden kann, für das der Erwerber auf der anderen Seite aber auch nicht als ursächlich angesehen werden kann. Dies betrifft die bereits hervorgehobenen Fälle der Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage und etwa die plötzliche Insolvenz eines wichtigen Vertragspartners, insbesondere wenn die Geschäftsbeziehung und wichtige Forderungen bereits vor der Anmeldung des Erwerbers begründet wurden. Für solche zufälligen Ereignisse ist zu entscheiden, ob die daraus resultierenden Folgen der Entreicherung dem Erwerber zugerechnet werden können. Verneint man diese Frage, so würde das im Ergebnis bedeuten, dass der Veräußerer das Risiko der beispielhaft genannten Entwicklungen tragen muss. Im Zusammenhang mit der Darstellung der Ansichten zu § 350 BGB a. F. ist klar geworden, dass der Zufallsbegriff der Vorschrift eng ausgelegt wurde.740 Dies wurde vorliegend auch bereits berücksichtigt, da grundsätzlich alle Entwicklungen in der GmbH als zurechenbar angesehen werden, lediglich in eng begrenzten Fällen kann überhaupt von einem zufälligen Ereignis für den Erwerber gesprochen werden. Aber auch für die übrig bleibenden Fälle stellt sich die grundsätzliche Frage, ob dem Veräußerer oder dem Erwerber das Risiko zugewiesen werden soll. Für eine 738 s. zum vergleichbaren Fall der Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich: Schmidt-Raquet DB 1986, 1484 f. 739 Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 41, zu Einzelheiten siehe dort S. 41 ff. 740 s. o. B. I. 2. d) aa).

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Zuweisung an den Erwerber spricht, dass er den Entwicklungen näher stand als der Veräußerer, da er in der Zwischenzeit als Gesellschafter galt und als potentieller Unternehmer anzusehen ist. Das von der GmbH betriebene Unternehmen befand sich sozusagen in seiner „Obhut“. Die eingetretenen negativen Entwicklungen hatte der Erwerber auch bereits als eigene Nachteile angesehen, da er von seiner wirksamen Gesellschafterstellung ausging. Die Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB würde ihm diese Nachteile plötzlich wieder ausgleichen und auf den Veräußerer abwälzen. Für eine Zuweisung an den Veräußerer spricht wiederum, dass er den ganzen Zeitraum über als wirklicher Gesellschafter anzusehen ist. Die Mitgliedschaft war ihm also aufgrund der Unwirksamkeit der Anteilsübertragung in der Zwischenzeit sowohl dinglich als auch schuldrechtlich zugeordnet. Aus diesem Blickwinkel scheint es nicht unbillig, ihn mit den Risiken solcher Entwicklungen zu belasten, die sich für den Erwerber als zufällige Ereignisse darstellen bzw. für die der Erwerber nicht verantwortlich gemacht werden kann. Mit diesem Für und Wider ist das Grundproblem einer Gefahrtragungsregel aufgezeigt. Bei negativen Entwicklungen, die von den Gesellschaftern nicht beeinflusst werden können, muss eine der Parteien des Rückabwicklungsverhältnisses die dadurch entstandenen Nachteile tragen. Für die belastete Partei ist die Risikozuweisung immer unbillig; Gefahrtragungsregeln müssen eine Entscheidung treffen und können nicht gerecht sein.741 Das Gesetz hatte das Zufallsrisiko in § 350 BGB a. F. dem Herausgabepflichtigen zugewiesen, gleiches gilt nun im Rahmen des § 346 Abs. 3 Satz 1 BGB. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist zu respektieren742, und das gilt auch für die Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht.743 Das gilt aber wie gesagt nur für diese Grundregel. Nicht übernommen wird die weiter reichende Wertung des § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB. Die Beachtung der eigenüblichen Sorgfalt kann jedenfalls bei der Rückabwicklung eines GmbH-Anteilskaufs nicht dazu führen, dass dem Erwerber die Entreicherung nicht zugerechnet werden und er sich auf § 818 Abs. 3 BGB berufen kann.744 Nichts anderes gilt auch dann, wenn der Erwerber die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes beachtet hat. Dadurch entfällt nach der hier vertretenen Lösung nicht die Zurechenbarkeit eines negativen Ereignisses. Der Erwerber kann Nachteile, die durch unternehmerische Maßnahmen in der Zeit seiner Scheingesellschafterstellung entstanden sind, nicht auf den Veräußerer abwälzen. Für diese nicht zurechenbaren Ereignisse kann sich der Erwerber demzufolge auf den Wegfall der Bereicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB berufen. Nun ist noch ein Weg zu finden, eine solche zufallsbedingte Entreicherung bei der Rückabwick741 So für den Untergang einer Sache: Glaß, Gefahrtragung, S. 28; zustimmend Flessner NJW 1972, 1777, 1780; Rengier AcP 177 (1977), 418, 427. 742 Ebenso Rengier AcP 177 (1977), 418, 427 für § 350 BGB a. F. 743 MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 104 für § 350 BGB a. F. 744 s. schon oben B. I. 2. d) dd).

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lung herauszurechnen. Am einfachsten ist eine Berücksichtigung im Rahmen der Ermittlung des Anfangswertes. Alle Ereignisse mit negativem Einfluss auf den Unternehmenswert, die sich für den Erwerber als Zufall darstellen, sind Abzugsposten bei der Festsetzung des Anfangswertes. Genauer gesagt sind solche Ereignisse im Rahmen der Ertragsprognose als ertragsmindernd einzubeziehen. Im Ergebnis ist daher ein zufälliges Ereignis so zu behandeln, als wenn es bereits im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers angelegt war, dem Unternehmen sozusagen bereits innegewohnt hat. Diese Lösung stellt folglich eine Erweiterung der Wurzeltheorie dar, sie gilt aber nur für diesen Rückabwicklungsfall und nur für zufällige Ereignisse.

d) Arglistige Täuschung durch den Veräußerer Fraglich ist, ob von dem aufgestellten Grundsatz abgewichen werden soll, wenn der Erwerber vom Veräußerer arglistig getäuscht wurde. Es wurde bereits allgemein festgestellt, dass eine arglistige Täuschung nur dann die Rückabwicklung beeinflusst, wenn gerade der Umstand, über den getäuscht wurde, für die Verschlechterung des Bereicherungsgegenstandes ursächlich war.745 Die Wertminderung des Geschäftsanteils müsste also auf einer oder mehrerer vom Erwerber in der Zwischenzeit getroffenen Entscheidungen beruhen, die von falschen Prämissen ausgingen, über die der Veräußerer den Erwerber getäuscht hatte. So könnte man sich die Entscheidung über den Abschluss eines umfangreichen Vertrages oder über eine größere Investition vorstellen746, die nur deswegen positiv ausfällt, weil der Erwerber vom Veräußerer über die vorhandenen Barreserven oder den Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens getäuscht wurde. Aufgrund der fehlenden Reserven mussten später teure Kredite aufgenommen werden, die das Geschäftsergebnis verschlechterten und möglicherweise auch zu einer Minderung des Unternehmenswertes führten. Zu bedenken ist allerdings, dass sich ein ordnungsgemäß handelnder Geschäftsmann vor einer Entscheidung von einiger Tragweite noch einmal rückversichern bzw. noch einmal nachrechnen wird. Das Unterlassen solcher Maßnahmen verstößt regelmäßig gegen die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (vgl. § 43 Abs. 1 GmbHG) und ist für sich gesehen bereits wieder ein Zurechnungsgrund im Sinne der Theorien zur Einschränkung des § 818 Abs. 3 BGB bei gegenseitigen Verträgen. Zudem kommt es vor einer umfangreichen Geschäftsentscheidung regelmäßig zu Beratungen in der Gesellschafterversammlung, in der die Minderheitsgesellschafter den Erwerber über dessen Irrtum aufklären werden. Außerdem gibt es s. o. B. I. 2. e). Ein größerer Umfang ist notwendig, damit das Geschäftsergebnis bzw. der Unternehmenswert überhaupt nennenswert beeinflusst wird. 745 746

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

noch die Geschäftsführung, die einschreiten könnte, vor allem wenn die anderen Gesellschafter nicht Bescheid wissen oder wenn sie keinen Einfluss auf die Entscheidungsvorbereitung genommen haben. Die Ausführungen machen deutlich, dass es sich bei dem Problem von Wertminderungen aufgrund arglistiger Täuschung insgesamt um ein eher theoretisches Problem handelt, dass in der Praxis kaum relevant werden wird. Bei der weiteren Erörterung soll es nicht mehr berücksichtigt werden.747

3. Erhöhter Anteilswert

Im Fall eines erhöhten Anteilswertes muss die Lösung entsprechend derjenigen bei einer Wertverringerung aussehen. Das folgt aus dem Grundsatz der Zusammengehörigkeit von Risiken und Chancen. Ein in der Zwischenzeit erwirtschafteter Mehrwert muss dem Erwerber verbleiben. Eine Werterhöhung, die bereits im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers im Unternehmen angelegt war, muss jedoch nach den Grundsätzen der Wurzeltheorie bei der Festlegung des Anfangswertes berücksichtigt werden. Im Umkehrschluss zu der Wertung bei zufälligen negativen Entwicklungen muss auch eine positive Entwicklung außer Betracht bleiben, die sich für den Erwerber als zufällig darstellt, also insbesondere die Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftslage. Da der Erwerber das Risiko einer darauf zurückzuführenden Wertminderung nicht trägt, darf ihm auf der anderen Seite eine entsprechende Werterhöhung nicht zugute kommen. Damit schwächt sich die Problematik der Zuweisung des Risikos einer zufälligen Verschlechterung im Rahmen der Rückabwicklung eines Anteilskaufes ab, da der Veräußerer im Gegenzug auch von den Chancen einer Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftslage profitiert. Fraglich ist, auf welche Art und Weise dem Erwerber eine positive Unternehmensentwicklung rechtlich zugewiesen werden kann. Gem. § 818 Abs. 3 BGB kann der Erwerber lediglich seine Aufwendungen in Abzug bringen. Es wurde aber bereits dargestellt, dass ein Ausgleich für die unternehmerische Leistung des Erwerbers mittels eines Anspruchs auf Aufwendungsersatz nach § 818 Abs. 3 BGB unpraktikabel ist, soweit auf die tatsächlichen Aufwendungen abgestellt werden soll. Diese sind insbesondere bei intensiver Teilnahme am Geschäftsgeschehen und einem längeren Zeitraum zwischen Anmeldung und Widerruf der Anmeldung nicht mehr angemessen zu bewerten.

747 Für die Rückabwicklung würde dies bedeuten, dass dem Erwerber die negative Unternehmensentwicklung nicht zugerechnet werden kann, soweit diese auf die Täuschung zurückzuführen ist. Es würde folglich insoweit kein Abzug von seinem Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises stattfinden. Ebenso würden Besonderheiten bezüglich der Zurechnung eines schlechteren Geschäftsergebnisses gelten [s. sogl. im Rahmen der Nutzungen (4.)].

B. Nebenfolgen, § 818 BGB: Wertersatz, Nutzungen, Aufwendungen

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a) Mehrwert als pauschalierter Aufwendungsersatz Deswegen wird hier vorgeschlagen, den Mehrwert als pauschalierten Aufwendungsersatz zu verstehen. Anstatt auf einzelne Aufwendungen abzustellen, ist der sich aus dem Vergleich von End- und Anfangswert des Geschäftsanteils ergebende Mehrwert das Ergebnis der unternehmerischen Anstrengungen des Erwerbers. Diesen Mehrwert kann er dem Verlangen des Veräußerers auf Herausgabe der Scheinmitgliedschaft gem. § 818 Abs. 3 BGB als pauschalierten Aufwendungsersatz entgegenhalten. Der Veräußerer kann die Herausgabe des Geschäftsanteils daher nur gegen Rückzahlung des Kaufpreises und Auszahlung des Mehrwertes des Geschäftsanteils verlangen. Es ist zudem irrelevant, ob sich einzelne Einzahlungen oder Aufwendungen ohne weiteres isolieren und bewerten lassen. Alle Einzelposten sind durch die Zuhilfenahme des Mehrwerts des Geschäftsanteils als ausgeglichen anzusehen.

b) Problem des § 818 Abs. 3 BGB: Lediglich Gegenrecht Die Geltendmachung von Aufwendungen gem. § 818 Abs. 3 BGB ist allerdings kein selbständiger Anspruch, sondern nur ein Gegenanspruch, der dem Herausgabeverlangen des Bereicherungsgläubigers entgegengehalten werden kann.748 Die Lösung über § 818 Abs. 3 BGB hat denn auch vorliegend mit dem Problem zu kämpfen, dass der Anspruch auf Herausgabe der Scheinmitgliedschaft nur eine Hilfskonstruktion ist. Der Veräußerer kann seine Gesellschafterstellung bereits durch den Widerruf der Anmeldung des Erwerbers gegenüber der Gesellschaft herbeiführen. Der Veräußerer muss lediglich den Nachweis der Unwirksamkeit der Abtretung erbringen, dagegen nicht einen Anspruch auf Herausgabe gegen den Erwerber geltend machen, um seine frühere Stellung zurückzuerlangen. Es stellt sich also die Frage, auf welche Weise dem Erwerber ein Anspruch auf Herausgabe des Mehrwerts eingeräumt werden kann. Dafür kann eine Idee von Canaris aufgegriffen werden.749 Für das bis zum 31. 12. 2001 geltende Recht leitete er eine Analogie zu § 347 Satz 2 BGB (a. F.) in Verbindung mit §§ 994 ff. BGB her, und zwar mit dem Argument, dass das bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsverhältnis demjenigen beim gesetzlichen Rücktritt und bei der Wandelung stark ähnele und für diese § 347 Satz 2 BGB gem. §§ 327 Satz 1, 467 Satz 1 BGB750 galt. Daraus folgend vertrat er die Ansicht, dass der Bereicherungsschuldner Ersatz für nützliche Verwendungen erhält, sofern der Wert der Sache durch sie erhöht ist.

748 749 750

Vgl. MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 54a; Canaris, FS Lorenz, S. 47. FS Lorenz, S. 47. Jeweils in der bis zum 31. 12. 2001 geltenden Fassung.

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Durch die mit Wirkung vom 1. 1. 2002 in Kraft getretenen neuen Rücktrittsvorschriften ist dieser Anspruch nunmehr an § 347 Abs. 2 BGB festzumachen. Diese Vorschrift regelt zunächst in Satz 1 die Pflicht zum Ersatz notwendiger Verwendungen und bestimmt in Satz 2 die Ersatzpflicht für andere Aufwendungen, soweit der Gläubiger des Herausgabeanspruchs durch diese bereichert ist. Diese letztgenannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, da es um den Ausgleich eines Mehrwerts des Geschäftsanteils geht. Genau um diesen Mehrwert ist der Veräußerer bereichert. Folglich ist er analog § 347 Abs. 2 Satz 2 BGB verpflichtet, dem Erwerber pauschalierten Aufwendungsersatz in Höhe des Mehrwertes zu leisten.751

4. Nutzungen

Wie im Rahmen der Darstellung der bereicherungsrechtlichen Regeln deutlich wurde, hängt die Bestimmung des Umfangs der herauszugebenden Nutzungen wesentlich von dem Nutzungspotential des herauszugebenden Gegenstandes ab. Durch die Anwendung der betriebswirtschaftlichen Bewertungsverfahren, die zur Ermittlung des Unternehmenswertes auf den Ertragswert abstellen, wird auch gleich das Nutzungspotential des Geschäftsanteils bestimmt. Der aus dem Unternehmen zu erwartende zukünftige finanzielle Nutzen, also der prognostizierte Ertragsüberschuss, ist nämlich Ausgangspunkt für die Ermittlung des Ertragswertes.752 Das Nutzungspotential des Unternehmens für den Zeitraum der Scheingesellschafterstellung des Erwerbers ergibt sich folglich aus der Ertragsüberschussreihe, die für die Ertragswertberechnung des Anfangswertes zugrunde gelegt wird. Die Ertragsprognose des Unternehmens muss sodann auf den in Rede stehenden Geschäftsanteil umgelegt werden, und zwar entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel in der GmbH (vgl. § 29 Abs. 3 GmbHG). Bei gegenseitigen Verträgen ist das Nutzungspotential der Gegenleistung ebenfalls von Bedeutung. Ist das Nutzungspotential von Leistung und Gegenleistung gleich hoch und wurden die Nutzungen entsprechend von beiden Parteien gezogen, dann kann auf eine Rückabwicklung verzichtet werden.753 Probleme ergeben sich, wenn die tatsächlich gezogenen Nutzungen über oder unter dem Nutzungspotential liegen sowie wenn Leistung und Gegenleistung ein unterschiedliches Nutzungspotential haben.

751 Gleiches galt für den ursprünglichen Vorschlag von Canaris: Der Wert des Geschäftsanteils ist durch die Aufwendungen erhöht, und aufgrund der Gleichsetzung des Wertes der Aufwendungen mit dem Mehrwert des Geschäftsanteils kommt es auch nur zu einem Herausgabeanspruch, soweit der Wert des Geschäftsanteils erhöht ist. 752 Vgl. oben B. III. 1. c) bb) (4). 753 Ebenso MünchKomm / Lieb § 818 BGB, Rn. 105.

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a) Gleich hohes Nutzungspotential von Leistung und Gegenleistung Das Nutzungspotential umschreibt den Betrag, der nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung erzielbar war. Bleiben die von der GmbH in der Zwischenzeit tatsächlich erzielten Gewinne darunter, so ergibt sich aufgrund der zentralen Annahme dieses Lösungskonzeptes, dass der Erwerber als scheinbarer Mehrheitsgesellschafter für das geringere Geschäftsergebnis verantwortlich ist. Die Erwägungen zur potentiellen Unternehmereigenschaft gelten sowohl für Veränderungen des Anteilswertes als auch für die Gewinnentwicklung. Aus dem Grundsatz der Zusammengehörigkeit von Risiken und Chancen folgt weiterhin, dass der Erwerber von Gewinnen profitiert, die über das Nutzungspotential hinaus erzielt wurden. Gleiches muss für die vom Veräußerer mit dem Kaufpreisbetrag erzielten Zinsen gelten. Hat er, verglichen mit den am Markt (durchschnittlich) erzielbaren Zinsen, höhere oder niedrigere Nutzungen gezogen, so sind ihm die Vor- und Nachteile seiner Geldanlage zuzuweisen. Beide Parteien tragen damit das Risiko der ordnungsgemäßen wirtschaftlichen Verwendung der empfangenen Leistung. Bei gleich großem Nutzungspotential ist daher auf eine Rückabwicklung der gezogenen Nutzungen zu verzichten. Jede Partei behält die von ihr gezogenen Nutzungen, die Vorschrift des § 818 Abs. 1 BGB ist nicht anzuwenden.

b) Unterschiedliches Nutzungspotential von Leistung und Gegenleistung Würde man diese Lösung auf den Fall verschiedener Nutzungspotentiale übertragen, dann würde ein Unterlassen der Rückabwicklung dazu führen, dass der unwirksame Vertrag bezüglich der Nutzungen Gültigkeit entfaltet. Die von einer Partei empfangene Leistung ist aufgrund der Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts aber schuldrechtlich der anderen (leistenden) Partei zugewiesen.754 Das bedeutet weiterhin, dass jeder Partei das Nutzungspotential des von ihr geleisteten Gegenstandes bereicherungsrechtlich zugewiesen ist. Folglich hat diejenige Partei, die den Gegenstand mit einem höheren Nutzungspotential geleistet hat, Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages. Entsprechend dem soeben unter a) Gesagten kommt es nicht darauf an, in welcher Höhe die Parteien tatsächlich Nutzungen gezogen haben. Entscheidend ist allein das (objektiv zu bestimmende) Nutzungspotential. Die insoweit erfolgte Ausschaltung des § 818 Abs. 1 BGB führt im Übrigen nicht zur teilweisen Wirksamkeit des unwirksamen Vertrages und somit nicht zu einer dem Gesetz widersprechenden schuldrechtlichen Zuordnung: Zugeordnet ist der leistenden Partei 754

Canaris, FS Lorenz, S. 26 u. 45.

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weiterhin das Nutzungspotential, nicht aber der Umgang der anderen Partei mit dem Erlangten. Höhere oder geringere Erträge aufgrund guter oder schlechter Wirtschaftsführung gebühren auch nach der Rückabwicklung dem Leistungsempfänger bzw. sind von ihm zu tragen.

c) Ergebnis Die Herausgabepflicht gem. § 818 Abs. 1 BGB beschränkt sich auf das Nutzungspotential der Leistung, die tatsächlich gezogenen Nutzungen bleiben außer Betracht. Waren Nutzungspotential von Geschäftsanteil und Kaufpreisbetrag gleich hoch, so entfallen Ansprüche gem. § 818 Abs. 1 BGB ganz, ansonsten hat diejenige Partei, deren Leistung ein höheres Nutzungspotential aufweist, Anspruch auf Zahlung der Differenz.

5. Aufwendungen

Ein Ersatz von Aufwendungen in Form einzelner Posten findet im Rahmen des hier vorgeschlagenen Lösungskonzeptes nicht mehr statt. Hat sich der Wert des Geschäftsanteils erhöht, so verbleibt dem Erwerber dieser Mehrwert als pauschalisierter Ersatz für seine Aufwendungen. Darüber hinaus verbleiben ihm alle über den prognostizierten Ertragsüberschuss hinausgehenden Gewinne und sonstigen Nutzungen. War die schlechte Geschäftsentwicklung bereits im Zeitpunkt seiner Anmeldung angelegt, dann wird dies bei der Festsetzung des Anfangswertes und damit auch bei der Bestimmung des Nutzungspotentials zu seinen Gunsten berücksichtigt. Der Erwerber wird demzufolge an den Erfolgen und Misserfolgen der in der Zwischenzeit unter seiner Verantwortung getroffenen Entscheidungen gemessen. Im Ergebnis erhält der Erwerber nur dann Ersatz für seine Aufwendungen, wenn sie zu zählbaren Erfolgen im Sinne der betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertung bzw. der Ertragsüberschussprognose geführt haben. Diese Methode der Rückabwicklung löst sowohl das Problem der Bewertung der unternehmerischen Leistung755 als auch das der fehlgeschlagenen oder überproportionalen Aufwendungen756. 6. Änderungen nach Rechtshängigkeit der Feststellungsklage

Zu prüfen bleibt, welche Änderungen sich für die Rückabwicklung ergeben, wenn der Veräußerer die Unwirksamkeit der Abtretung gegenüber der Gesellschaft nicht 755 756

s. B. I. 4. d). s. B. I. 4. c).

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zweifelsfrei nachweisen kann. In diesem Fall muss er Feststellungsklage erheben, um vom Gericht prüfen zu lassen, wer materiell Gesellschafter der GmbH ist. a) Haftung nach den allgemeinen Vorschriften Mit Rechtshängigkeit dieser Klage kommt § 818 Abs. 4 BGB zur Anwendung, der ab diesem Zeitpunkt eine Haftung des Bereicherungsschuldners nach den allgemeinen Vorschriften vorschreibt. Das bedeutet im Einzelnen757: Ab diesem Zeitpunkt ist der Empfänger für eine von ihm zu vertretende Verschlechterung des Gegenstandes verantwortlich (§§ 292 Abs. 1, 989 BGB). Ferner muss er dem Bereicherungsgläubiger nicht nur gezogene Nutzungen herausgeben, sondern zusätzlich Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen leisten (§§ 292 Abs. 2, 987 BGB). Des Weiteren kann er nur Ersatz für notwendige Verwendungen und dies nur nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen (§§ 292 Abs. 2, 994 Abs. 2 BGB). b) Auswirkungen auf die entwickelte Lösung? Es ist zu prüfen, ob sich durch die Rechtshängigkeit der Feststellungsklage und der daraus folgenden Anwendbarkeit der angeführten allgemeinen Vorschriften etwas an der hier entwickelten Lösung ändert. aa) Verschlechterung des Gegenstands Zu beachten ist zunächst, dass die schuldhafte Verschlechterung der Sache bei gegenseitigen Verträgen sowieso durch die Einschränkung der Geltendmachung des § 818 Abs. 3 BGB berücksichtigt wird. Auch die Wertminderung des Geschäftsanteils wurde bereits berücksichtigt, ohne dass es auf darauf ankam, dass der Erwerber verklagt ist. bb) Nutzungsherausgabe Die Herausgabepflicht richtet sich nach der im Rahmen der Unternehmensbewertung aufgestellten Ertragsprognose, diese wird als Nutzungspotential der Herausgabepflicht des Erwerbers zugrunde gelegt. Mindereinnahmen sind sein Nachteil, Mehreinnahmen verbleiben ihm. Vernachlässigt daher der Erwerber etwa nach Rechtshängigkeit die Unternehmensleitung oder die Aufsicht darüber, so ist es sein Nachteil, wenn dadurch nicht die optimalen Erträge erzielt werden. Demzufolge sind schuldhaft nicht gezogene Nutzungen in Form verminderter Gewinne bereits berücksichtigt. 757

Vgl. Palandt / Thomas § 818 BGB, Rn. 52.

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cc) Aufwendungsersatz Die Rückabwicklung geschieht in der Weise, dass sowohl Minderwert als auch Mehrwert dem Erwerber zugewiesen werden; einzelne Posten werden nicht berücksichtigt. Wenn also der Erwerber nach Rechtshängigkeit noch Aufwendungen tätigt, die nicht zu einer Werterhöhung des Geschäftsanteils oder zu höheren Gewinnen führen, dann schädigt er sich sozusagen selbst. Führen sie zu einer Wert- oder Gewinnerhöhung, so bekommt der Erwerber damit auch indirekt seine Aufwendungen ersetzt. Die Anwendbarkeit des § 818 Abs. 4 BGB ergibt somit auch bezüglich der Aufwendungen des Erwerbers keine Änderungen.

C. Zusammenfassung I. Grundzüge des Lösungskonzepts Der Ausgleich für die in der Zwischenzeit entstandenen Veränderungen in der GmbH hat im Verhältnis der Partner der Anteilsübertragung zu erfolgen. Die Lösung des im ersten Abschnitt dargestellten Problems ist im Rahmen der Rückabwicklung des fehlgeschlagenen Austauschvertrages zwischen Erwerber und Veräußerer zu suchen. Grundlage für die Rückabwicklung sind die Regeln des Bereicherungsrechts. Das erlangte Etwas bei unwirksamer Abtretung eines Geschäftsanteils ist die Scheinmitgliedschaft. Diese ist vom Erwerber gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB herauszugeben. Für die weitere Rückabwicklung ist zunächst der Wert des Geschäftsanteils im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers mit dem Wert im Zeitpunkt des Widerrufs seiner Anmeldung zu vergleichen. Bei der Ermittlung des Wertes zum Zeitpunkt des Widerrufs sind vom Gutachter die Besonderheiten für noch nicht vollständig durchgeführte Rechtsgeschäfte, die zwischen Erwerber und GmbH unter einseitiger Begünstigung des Erwerbers abgeschlossen wurden, zu beachten. Der Erwerber ist aufgrund seiner (nachwirkenden) gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zur Anpassung an Marktkonditionen bzw. zur Aufhebung der Verträge verpflichtet. Des Weiteren sind von ihm eventuelle Ansprüche der GmbH gegen den Erwerber zu berücksichtigen.758 Die sich aus dem Vergleich von Anfangs- und Endwert des Geschäftsanteils ergebende Differenz bildet den Ausgangspunkt für die Rückabwicklung. Für diese Differenz war zu entscheiden, wer von den Parteien die Risiken und Chancen der 758 Vgl. die Untersuchung im ersten Abschnitt unter A. I. u. II., insb. die Ergebnisse unter A. I. 3. und A. II. 4.

C. Zusammenfassung

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wirtschaftlichen Entwicklung des von der GmbH betriebenen Unternehmens tragen soll. Es wurde ermittelt, dass ein Mehrheitsgesellschafter als potentieller, hinter der GmbH stehender Unternehmer anzusehen ist. Daraus folgt, dass der Erwerber für die wirtschaftliche Entwicklung des von der GmbH betriebenen Unternehmens und damit für die Veränderung des Wertes der Gesellschaft und des Wertes des Geschäftsanteils verantwortlich ist. Darauf aufbauend trägt der Erwerber die Risiken einer schlechten Entwicklung, ihm kommen andererseits auch die Chancen einer positiven Entwicklung zugute. Es sind ihm sowohl ein entstandener Minderwert als auch ein sich ergebender Mehrwert zuzuweisen. Die entstandene Differenz zwischen Anfangs- und Endwert des Geschäftsanteils verbleibt somit nach der Rückabwicklung beim Erwerber. Rechtlich kann diese Verteilung der Risiken und Chancen folgendermaßen gewährleistet werden: Ein Minderwert führt zu einem entsprechenden Abzug vom Anspruch des Erwerbers auf Rückzahlung des Kaufpreises. Einen Mehrwert kann der Erwerber als in entsprechender Höhe pauschalierte Aufwendungen gem. § 818 Abs. 3 BGB dem Anspruch des Veräußerers auf Herausgabe der Scheinmitgliedschaft entgegenhalten. Aufgrund der Besonderheit des vom Veräußerer durchführbaren Anmeldungswiderrufs wird dem Erwerber analog § 347 Abs. 2 Satz 2 BGB ein selbständiger Anspruch auf Zahlung des pauschalierten Aufwendungsersatzes eingeräumt. Die vorgenommene Zuweisung der Risiken und Chancen der Unternehmensentwicklung setzt sich bei den Ansprüchen auf Herausgabe von Nutzungen und Ersatz von Aufwendungen fort. Für Ansprüche gem. § 818 Abs. 1 BGB ist nicht auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen abzustellen, sondern auf das Nutzungspotential des Geschäftsanteils, das sich aus dem im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers prognostizierten Ertragsüberschuss ergibt. Zieht der Erwerber höhere Nutzungen, so ist dies sein Vorteil, zieht er weniger, dann verbleibt ihm dieser Nachteil. Mit der Zuweisung eines möglichen Mehrwerts und der über den Erwartungen liegenden Nutzungen sind zugleich die vom Erwerber getätigten Aufwendungen als ersetzt anzusehen. Es wird somit nicht auf die tatsächlichen Aufwendungen abgestellt, sondern pauschaliert. Durch diese Aufteilung wird zum einen den Interessen des Veräußerers genügt, denn er wird in jedem Fall bezogen auf den Geschäftsanteil wertmäßig so gestellt, wie er vor der fehlgeschlagenen Anteilsübertragung stand. Die Interessen des Erwerbers werden ebenfalls berücksichtigt: Die wirtschaftliche Entwicklung der GmbH lag in seiner Hand, er war potentieller Unternehmer. Deswegen muss er sich an dem von ihm verursachten Minderwert festhalten lassen, kann aber auch einen von ihm erwirtschafteten Mehrwert behalten.

13 Jedlitschka

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II. Lösung der dargestellten bereicherungsrechtlichen Probleme759 Das entwickelte Lösungskonzept liefert die Begründung, warum der Erwerber als zwischenzeitlicher scheinbarer Mehrheitsgesellschafter als verantwortlich für eine negative oder positive Geschäftsentwicklung anzusehen ist. Die tatsächliche wird mit der prognostizierten Unternehmens- und Gewinnentwicklung verglichen, negative oder positive Abweichungen werden dem Erwerber bereicherungsrechtlich zugewiesen. Damit erledigen sich alle mit der Anwendung des § 818 Abs. 1 BGB verbundenen Probleme. Entscheidend ist die Ertragsprognose im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers bei der Gesellschaft, das sich daraus ergebende Nutzungspotential des Geschäftsanteils ist vom Erwerber herauszugeben. Es müssen folglich keine Überlegungen mehr angestellt werden, welche Vorteile der Erwerber in der Zwischenzeit aus der Gesellschaft genau gezogen hat, ebenso entfällt das Problem der Bewertung gezogener Vorteile. Somit erübrigt sich auch das Konkurrenzproblem zwischen einem Anspruch des Veräußerers auf Herausgabe von Zuwendungen der GmbH gem. § 818 Abs. 1 BGB und einem möglichen Abzug eines Minderwerts vom herauszugebenden Kaufpreis, da es auf einzelne Zuwendungen nicht ankommt. Die Zuwendung hat sich negativ entweder auf das Geschäftsergebnis oder auf den Wert des Geschäftsanteils ausgewirkt und wird nur bezogen auf diese Auswirkung bereicherungsrechtlich relevant. Die Zuweisung einer positiven Entwicklung erfolgt über die Pauschalierung des Aufwendungsersatzes. Dadurch wird auf der einen Seite das Problem der Bewertung der unternehmerischen Leistung des Erwerbers gelöst, denn diese kommt in einer positiven Abweichung der tatsächlichen von der erwarteten Geschäftsentwicklung zum Ausdruck. Auf der anderen Seite kann der Erwerber keine einzelnen Aufwendungen mehr geltend machen, er kann seine fehlgeschlagenen Investitionen also nicht auf den Veräußerer abwälzen. Das Problem der Anwendung der den Wirkungsbereich des § 818 Abs. 3 BGB einschränkenden Theorien bei arglistiger Täuschung des Erwerbers durch den Veräußerer hat sich als Randproblem herausgestellt.

III. Geeignetheit des Lösungskonzepts zum Ausgleich nachteiliger Einflussnahmen An dieser Stelle soll überprüft werden, ob das vorgeschlagene Lösungskonzept tatsächlich zum Ausgleich der immer wieder beispielhaft angeführten nachteiligen Maßnahmen führt. 759

Vgl. die Zusammenfassung unter B. I. 5.

C. Zusammenfassung

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1. Erwerber ohne weitere wirtschaftliche Aktivitäten

Das entwickelte Lösungskonzept gewährleistet einen Ausgleich für alle nachteiligen Maßnahmen, die in der Zwischenzeit durchgeführt wurden, da diese die erzielten Gewinne oder den Wert des Geschäftsanteils verringert haben. Davon sind sowohl nachteilige unternehmerischen Entscheidungen als auch Zuwendungen an die Gesellschafter umfasst. 2. Erwerber als herrschendes Unternehmen

a) Zuwendungen Das Lösungsmodell führt ebenso zu einem Ausgleich für Zuwendungen der abhängigen GmbH an das herrschende oder andere Konzernunternehmen. b) Unternehmerische Entscheidungen im Konzerninteresse Ein Ausgleich zugunsten des Veräußerers ergibt sich auch für nachteilige unternehmerische Entscheidungen, die durch übergeordnete Konzerninteressen motiviert waren. So erhält der Veräußerer einen Ausgleich für die negativen Auswirkungen, welche die Veranlassung der abhängigen GmbH zur Fortführung verlustbringender Aktivitäten auf die Gewinn- und Wertentwicklung hatte. Gleiches gilt, wenn die GmbH zur Einstellung bestimmter Tätigkeitsbereiche oder zur Verkleinerung der Produktpalette veranlasst wurde. Oder wenn der Erwerber die GmbH zur Aufgabe funktioneller Bereiche, die für eine eigenständige GmbH notwendig sind, wie der eigene Vertrieb oder die Datenverarbeitung, veranlasst hat. Soweit diese Maßnahmen zu einer Wertminderung geführt haben, ist der Erwerber zum Ersatz verpflichtet. Dieser besteht vorrangig im Abzug vom Anspruch des Erwerbers auf Rückzahlung des Kaufpreises, bei entsprechender Einigung der Parteien kommen aber auch andere Maßnahmen in Betracht, wie der Wiederaufbau oder Hilfestellungen zur Wiederaufnahme dieser Aktivitäten. c) Leistungsbeziehungen innerhalb des Konzerns Gewährleistet wird ebenso der Ausgleich für Leistungsbeziehungen innerhalb des Konzerns, die nicht nach Marktbedingungen wie zwischen Dritten abgewickelt wurden760, wie zum Beispiel die Berechnung unangemessener Konzernverrech760 Für noch nicht durchgeführte und noch laufende Rechtsgeschäfte zwischen der GmbH und dem Erwerber, welche die Interessen des Erwerbers einseitig bevorzugen, ergibt sich bereits ein Ausgleichsanspruch für die GmbH (vgl. im ersten Abschnitt unter A. III. 2. b) ff) (2)): Der Erwerber ist aufgrund seiner (nachwirkenden) gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zur Anpassung der Verträge an Marktkonditionen oder zu ihrer Aufhebung verpflichtet.

13*

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4. Abschn.: Entwicklung einer Lösung für das deutsche Recht

nungspreise, die Überbewertung von Leistungen des herrschenden Unternehmens oder die Inanspruchnahme von Sachen und Rechten der abhängigen Gesellschaft ohne angemessene Gegenleistung. Soweit diese Maßnahmen einen negativen Einfluss auf die Gewinn- und / oder die Wertentwicklung des von der GmbH betriebenen Unternehmens und damit auf den Wert des Geschäftsanteils und / oder den auf diesen entfallenden Gewinnanteil hatten, erhält der Veräußerer dafür einen entsprechenden Ausgleich. d) Ausnutzung von Geschäftschancen Dagegen hat die Ausnutzung oder Umlenkung einer Geschäftschance der abhängigen GmbH nicht automatisch einen negativen Einfluss auf das Geschäftsergebnis der GmbH oder den Wert des Geschäftsanteils wie direkte nachteilige Einwirkungen. Vielmehr konnte die GmbH bereits in Aussicht stehende Gewinne nicht realisieren. Soweit diese zu einem besseren Geschäftsergebnis bzw. zu einem erhöhten Anteilswert geführt hätten, wären sie nach dem Lösungskonzept sowieso dem Erwerber zugute gekommen. Es ist daher gleichgültig, ob der Erwerber die Geschäftschance im Rahmen einer anderen wirtschaftlichen Betätigung wahrnimmt oder im Rahmen seiner Mehrheitsbeteiligung in der abhängigen GmbH. Es bleibt dem Erwerber überlassen, in welchem der zu seinem Konzern gehörenden Unternehmen die Gewinne entstehen sollen. Zeigen sich jedoch im Zeitpunkt des Widerrufs der Anmeldung wegen der Umlenkung von Geschäftschancen negative Auswirkungen auf die Gewinn- oder die Wertentwicklung, dann werden diese dem Erwerber zugewiesen. e) Abordnung qualifizierten Personals Schwieriger wird es bei der Abordnung qualifizierten Personals zum herrschenden Unternehmen. Der Gutachter wird den Wert eines „qualifizierten“ Angestellten schwer feststellen können. Wurde die Stelle neu besetzt, dann haben sich die dafür aufgewendeten Kosten negativ niedergeschlagen. Wenn die Stelle noch nicht wieder vergeben wurde, so können die für eine Neubesetzung notwendigen Kosten in Ansatz gebracht werden. Verbleiben würden die Fälle, in denen der Erwerber das Personal ausgewechselt, also weniger qualifiziertes Personal in die GmbH abgeschoben hat, und der neue Angestellte das gleiche Gehalt wie der an den Erwerber verlorene Angestellte bekommt. Aber selbst dann wäre es möglich, bei der Bewertung der GmbH die notwendigen Kosten für Qualifizierungsmaßnahmen einzubeziehen. f) Qualifizierter faktischer Konzern Der Vorteil des entwickelten Lösungskonzepts zeigt sich noch einmal deutlich, wenn die GmbH in qualifizierter Weise in den Konzern des Erwerbers einbezogen

C. Zusammenfassung

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war. Zwar lassen sich einzelne Nachteilszufügungen nicht mehr isolieren, aber gerade das ist bei dem Lösungsmodell nicht notwendig: Der Veräußerer erhält Ersatz für die Wertminderung des Geschäftsanteils und damit einen Ausgleich für den vom Erwerber insgesamt zugefügten Nachteil.

IV. Betriebswirtschaftliche Bewertung als zentrales Element Die soeben bei der Abordnung qualifizierten Personals gemachten Ausführungen zeigen noch einmal, dass die Bewertung des Unternehmens das zentrale Element der Rückabwicklung bildet. Der Gutachter, der das Unternehmen für zwei verschiedene Zeitpunkte bewerten und die Ertragsprognosen erstellen muss, trägt eine entscheidende Verantwortung. Das Gericht muss den Gutachter auf die Besonderheiten der doppelten Unternehmensbewertung hinweisen: Sie dient der Ermittlung der zwischenzeitlichen Entwicklung des Unternehmens, die nicht bereits im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers angelegt war.

Fünfter Abschnitt

Zusammenstellung der Ergebnisse der Arbeit A. Bisheriger Kenntnisstand in Rechtsprechung und Literatur Die GmbH hat Ansprüche auf Rückzahlung gem. § 31 GmbHG, wenn entgegen § 30 Abs. 1 GmbHG zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliches Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter ausgezahlt wurde. Daneben kommen Ansprüche auf Schadensersatz in Betracht, wenn der Erwerber im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen seine Treuepflicht schuldhaft verletzt hat. Die einseitige Gewährung von Zuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen führt bei Widerspruch eines Mitgesellschafters zur Rückabwicklung und bei Verschulden zusätzlich zu Ansprüchen auf Schadensersatz. Diese Grundsätze gelten für einen Erwerber, der kein Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne ist, und für den einfachen faktischen Konzern. Im qualifizierten faktischen Konzern ergibt sich die Besonderheit, dass aufgrund der umfassenden Leitung der abhängigen Gesellschaft die einzelnen Maßnahmen nicht mehr voneinander isoliert und ausgeglichen werden können. Deshalb muss der Erwerber in diesem Fall der GmbH ihre Verluste analog § 302 AktG ausgleichen. Seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil ist allerdings fraglich, ob der BGH noch eine analoge Anwendung des § 302 AktG befürwortet, wenn außenstehende Minderheitsgesellschafter vorhanden sind, oder ob es das Gericht auch insoweit bei Ansprüchen auf Rückzahlung gem. § 31 GmbHG und auf Schadensersatz bei schuldhaften Treuepflichtverletzungen belässt. Die Rechtslage ändert sich erheblich, wenn sich der Erwerber auf die Zustimmung der Mitgesellschafter stützen kann. Zwar bleibt es bei der Geltung der §§ 30, 31 GmbHG, es können sich aber keine Ansprüche aus Treuepflichtverletzungen mehr ergeben. Die Treuepflichten entfalten nach ganz herrschender Meinung keine Wirkungen, wenn die Gesellschafter einstimmig handeln. Das bedeutet sowohl für den Erwerber ohne als auch für den Erwerber mit weiterer wirtschaftlicher Betätigung, dass sein Handeln in der GmbH grundsätzlich keinen Einschränkungen unterliegt. In Rechtsprechung und Literatur geht aber die Tendenz dahin, wenigstens existenz- oder bestandsgefährdende Maßnahmen als unzulässig anzusehen und der GmbH in diesen Fällen einen Schadensersatzanspruch zu gewähren. Dieser Sichtweise ist zuzustimmen.

A. Bisheriger Kenntnisstand in Rechtsprechung und Literatur

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Der BGH hat nunmehr im „Bremer Vulkan“-Urteil ausgesprochen, dass diese Grundsätze auch bei qualifizierter faktischer Konzernierung gelten, wenn keine außenstehenden Minderheitsgesellschafter vorhanden sind. Ein Anspruch der abhängigen GmbH auf Auffüllung des Stammkapitals analog § 302 AktG, ohne dass Auszahlungen im Sinne des § 30 GmbHG vorliegen müssten, entfällt damit. Die Unwirksamkeit der Abtretung des Geschäftsanteils hat grundsätzlich keine Auswirkungen im Verhältnis zwischen GmbH und Erwerber. Eine Ausnahme gilt für noch nicht durchgeführte oder noch laufende Geschäfte zwischen der GmbH und dem Erwerber, welche die Interessen des Erwerbers einseitig bevorzugen. Zu deren Aufhebung oder Anpassung an Marktkonditionen ist der Erwerber aufgrund seiner (nachwirkenden) gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet. Der Veräußerer hat gegen den Erwerber keine Ansprüche auf Ausgleich der nachteiligen Veränderungen in der Gesellschaft. Ansprüche aus Bereicherungsrecht scheitern, weil der Geschäftsanteil nie auf den Erwerber übergegangen ist. Der Veräußerer war den ganzen Zeitraum über (wirklicher) Gesellschafter der GmbH. Der Erwerber hat durch den unwirksamen Abtretungsvertrag nichts erlangt, er galt nur im Verhältnis zur GmbH als Gesellschafter. Der Veräußerer hat demnach keinen Anspruch auf Herausgabe des Geschäftsanteils gegen den Erwerber, es fehlt an einem „Hauptanspruch“, um die Regeln des Bereicherungsrechts anwenden zu können. Die Konstruktionen eines „Anteilsbesitzes“ und des „übergegangenen Geschäftsbetriebs“ können nicht überzeugen. Ansprüche außerhalb des Bereicherungsrechts scheitern, weil der Erwerber kein positives Wissen bezüglich der Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit der Anteilsabtretung hatte. Demzufolge konnte festgehalten werden, dass eine Rückabwicklung in dem Sinne, dass die GmbH und / oder der Veräußerer so gestellt werden, wie sie vor fehlgeschlagener Übertragung standen, nach dem bisherigen Kenntnisstand in Rechtsprechung und Literatur nicht machbar ist. Würde man bei diesem Ergebnis stehen bleiben, so könnte der Erwerber die aus der GmbH gezogenen Vorteile größtenteils behalten, und zwar sogar dann, wenn er die GmbH für die Zwecke seiner anderweitigen unternehmerischen Beteiligung(en) benutzt hat. In diesem Fall würden dem Erwerber die gezogenen Vorteile im Falle der Unwirksamkeit der Anteilsübertragung in seinem Konzern verbleiben, während der Veräußerer zwar weiterhin Gesellschafter ist, der Wert seines Geschäftsanteils aber stark verringert sein kann. Unbillig ist dieses Ergebnis aber nicht nur dann, wenn der Erwerber gezogene Vorteile auf Kosten des Veräußerers behalten kann, sondern auch wenn er die GmbH heruntergewirtschaftet hat, ohne daraus Vorteile gezogen zu haben. Die plötzlich erkannte Unwirksamkeit von Kaufvertrag und Abtretung würde den Erwerber von den Ergebnissen seiner schlechten Wirtschaftsführung befreien und sie dem Veräußerer aufbürden. Das warf die Frage auf, ob das deutsche Recht lückenhaft ist – oder ob es dafür einen oder sogar mehrere Gründe gibt. Zur Beantwortung dieser Frage wurde die Rechtslage im US-amerikanischen Recht untersucht.

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5. Abschn.: Zusammenstellung der Ergebnisse der Arbeit

B. Erkenntnisse des Rechtsvergleichs Die Analyse der Rechtsprechung der US-Gerichte, die in den letzten mehr als 35 Jahren zu diesem Thema ergangen ist, hat offen gelegt, dass das deutsche Recht eine planwidrige Lücke aufweist und dass man die im ersten Abschnitt ermittelten Ergebnisse nicht als endgültig akzeptieren darf. Die Übertragung von Anteilen an einer corporation wird wie jedes andere Rechtsgeschäft behandelt. Bei einzelnen Posten der Rückabwicklung ergaben sich zwar Schwierigkeiten bei der Frage, wem diese zugewiesen werden sollen. Manchmal ergaben sich Meinungsunterschiede zwischen den Gerichten der verschiedenen Instanzen und manchmal wurde die Grundregel für die Rückabwicklung durch Einzelfallerwägungen korrigiert. Trotzdem war festzuhalten, dass auf fehlgeschlagene Anteilskäufe die allgemeinen Rückabwicklungsregeln angewendet werden. Im US-Recht steht das Verhältnis zwischen Anteilskäufer und -verkäufer im Vordergrund. Die das Unternehmen betreffenden Verbesserungen und Verschlechterungen werden als direkte Einwirkungen auf den Status des Veräußerers angesehen. Dieser spürt die Veränderungen in seinem Vermögen, wenn dem Antrag auf rescission stattgegeben wird. Gleiches gilt für den Fall, der dieser Arbeit zugrunde liegt. Im Falle der Unwirksamkeit von Kaufvertrag und Abtretung sind es in erster Linie die Interessen des Veräußerers, die durch die Eingriffe des Erwerbers verletzt wurden. Die Analyse des US-Rechts hat außerdem gezeigt, dass die Rückabwicklung fehlgeschlagener Anteilskäufe mit den allgemeinen Regeln durchgeführt wird. Das US-amerikanische Recht behandelt den Fall der fehlgeschlagenen Übertragung von Anteilen an einer corporation wie andere gescheiterte Verträge. Die besonderen Schwierigkeiten der Rückabwicklung einer Übertragung von Anteilen an einem Unternehmen wurden von den Gerichten erkannt und führten zu speziellen Würdigungen im Einzelfall. Es konnte aber festgehalten werden, dass es im USamerikanischen Recht kein besonderes Abwicklungsrecht für Anteilskäufe gibt. Diese Erkenntnisse waren auf das Problem der Rückabwicklung nichtiger oder angefochtener GmbH-Anteilsübertragungen anzuwenden. Dabei handelt es sich um gescheiterte Austauschverträge, betreffend die Übertragung des Geschäftsanteils gegen Zahlung einer Geldsumme. Wie auch sonst in den Fällen nichtiger und angefochtener Austauschgeschäfte sind für die Rückabwicklung die Regeln des Bereicherungsrechts anzuwenden. Diese Vorschriften bezwecken im Gegensatz zu den möglichen Ansprüchen der GmbH gegen den Erwerber eine Rückabwicklung unter Berücksichtigung der schützenswerten Interessen beider Parteien des gescheiterten Vertrages und damit grundsätzlich auch den Ausgleich für einen Wertverlust des nicht wirksam übertragenen Gegenstandes. Betrachtet man nämlich die in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen für die Ansprüche der GmbH gegen den Erwerber von ihrem Schutzzweck her, so lässt sich erkennen, dass diese dem Schutz von Minderheitsgesellschaftern und Gläubi-

B. Erkenntnisse des Rechtsvergleichs

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gern der Gesellschaft dienen. Das gilt sowohl für die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG als auch für die Treuepflichtregeln. Keine dieser Anspruchsgrundlagen intendiert den Schutz eines nur scheinbar ausgeschiedenen Gesellschafters, also des Veräußerers nach unwirksamer Abtretung des Geschäftsanteils. Diese rechtlichen Regeln bezwecken demnach nicht, eine geordnete Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber sicherzustellen. Darüber hinaus hätte die GmbH die beschriebenen Ansprüche auch, wenn die Übertragung des Geschäftsanteils wirksam gewesen wäre, sie ergeben sich nicht aufgrund der Nichtigkeit bzw. der Anfechtung der Rechtsgeschäfte zwischen Veräußerer und Erwerber. Bei den Einzelheiten der Rückabwicklung fehlgeschlagener Übertragungen von Anteilen an einer corporation offenbarten die Entscheidungen der US-Gerichte Ungenauigkeiten. Bei der Analyse wurden die Schwächen des case law deutlich. Eine universell einsetzbare Lösung, die alle möglichen Entwicklungen in der Gesellschaft erfasst, kann das case law nicht liefern. Die Gerichte sind mit einem speziellen Fall beschäftigt und müssen sich grundsätzlich keine Gedanken darüber machen, wie andere Fälle zu lösen wären. Die Lösung geht zwar von einer Regel aus, welche die Risiken im Rahmen eines fehlgeschlagenen Anteilskaufs grundsätzlich angemessen auf Käufer und Verkäufer verteilt. Es zeigte sich aber, dass mit dieser Regel nicht alle Entwicklungen oder durchgeführte Maßnahmen bewältigt werden konnten. Stieß die Regel an ihre Grenzen, so rückten Einzelfallerwägungen in den Vordergrund. Im Ergebnis hat der Rechtsvergleich die Erkenntnis geliefert, dass eine Rückabwicklung durchzuführen ist, und zwar im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber nach den Regeln des Bereicherungsrechts. Die wesentlichen zwei Fragen waren aber noch zu beantworten: Zum Ersten war zu ermitteln, wie der Einstieg in das Bereicherungsrecht gewährleistet werden kann. Es war also herauszufinden, was das „Etwas“ im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB ist, welches der Erwerber nach doppelt nichtiger Übertragung des Geschäftsanteils erlangt hat. Zweitens war eine systematische Rückabwicklungsregelung zu entwerfen, die alle denkbaren Maßnahmen des Erwerbers und sonstige Entwicklungen in der Gesellschaft berücksichtigt. Das im Rahmen der Analyse des US-Rechts gefundene Problem der Rückabwicklung nach positiver Unternehmensentwicklung führte zu einer Erweiterung der vorliegenden Arbeit. Dieser Fall wurde bei dem Entwurf des Lösungskonzeptes einbezogen.

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5. Abschn.: Zusammenstellung der Ergebnisse der Arbeit

C. Lösungskonzept Das erste wichtige Ergebnis der vorliegenden Untersuchung ist die Herausarbeitung der Scheinmitgliedschaft als erlangtes Etwas im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Diese Konstruktion ermöglicht es, die Regeln des Bereicherungsrechts anzuwenden. Für die weitere Regelung der Rückabwicklung ist entscheidend, wie sich der Wert der Scheinmitgliedschaft, der mit dem wirtschaftlichen Wert des Geschäftsanteiles identisch ist, verändert hat. Dafür ist der Wert des Geschäftsanteils im Zeitpunkt der Anmeldung des Erwerbers mit dem Wert im Zeitpunkt des Widerrufs seiner Anmeldung zu vergleichen. Die sich ergebende Differenz bildet den Ausgangspunkt für die Rückabwicklung. Es war sodann die Frage zu beantworten, welcher Partei die Differenz angelastet werden bzw. zugute kommen soll. Es musste daher herausgefunden werden, wer die Risiken und Chancen der wirtschaftlichen Entwicklung des von der GmbH betriebenen Unternehmens zu tragen hat. Die zweite wichtige Feststellung dieser Arbeit ist, dass ein Mehrheitsgesellschafter als potentieller, hinter der GmbH stehender Unternehmer anzusehen ist. Aus diesem Grund ist er als verantwortlich für die wirtschaftliche Entwicklung und damit für die Wertveränderung des Geschäftsanteils anzusehen. Die Folge ist, dass der Erwerber als zwischenzeitlicher scheinbarer Mehrheitsgesellschafter das Risiko einer negativen Entwicklung der GmbH trägt. Auf der anderen Seite profitiert er auch von der Chance einer positiven Wertentwicklung. Die Zuweisung der Wertveränderung des Geschäftsanteils an den Erwerber ist rechtlich folgendermaßen zu erfassen: Ein Minderwert wird über die Einschränkung des § 818 Abs. 3 BGB bei gegenseitigen Verträgen berücksichtigt. Der Veräußerer kann den Minderwert also vom Anspruch des Erwerbers auf Rückzahlung des Kaufpreises abziehen. Für die Zuweisung eines Mehrwerts wurde in dieser Arbeit die Figur des pauschalierten Aufwendungsersatzes entwickelt. Der Mehrwert wird als Summe der vom Erwerber getätigten Aufwendungen verstanden. Die auf diese Weise pauschalierten Aufwendungen kann der Erwerber dem Anspruch des Veräußerers auf Herausgabe der Scheinmitgliedschaft gem. § 818 Abs. 3 BGB als bereicherungsmindernd entgegenhalten. Aufgrund der Besonderheit des GmbH-Rechts, dass der Veräußerer seine volle rechtliche Stellung als Gesellschafter bereits durch den Widerruf der Anmeldung des Erwerbers erlangen kann, wird dem Erwerber analog § 347 Abs. 2 Satz 2 BGB ein selbständiger Anspruch auf Zahlung des pauschalierten Aufwendungsersatzes eingeräumt. Die vorgenommene Verteilung der Risiken und Chancen der Unternehmensentwicklung erfasst auch die Ansprüche auf Nutzungs- und Aufwendungsersatz. Es wird nämlich nicht auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen oder die tatsächlich

C. Lösungskonzept

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getätigten Aufwendungen abgestellt. Die Herausgabepflicht des Erwerbers nach § 818 Abs. 1 BGB bezieht sich vielmehr auf das Nutzungspotential des Geschäftsanteils. Aufwendungen werden dem Erwerber pauschal ersetzt. Der pauschalierte Aufwendungsersatz besteht zum einen in der Zuweisung eines erhöhten Wertes des Geschäftsanteiles und zum anderen in der Zuteilung aller über das Nutzungspotential hinaus gezogenen Nutzungen. Durch diese Aufteilung wird einerseits den Interessen des Veräußerers genügt, denn er wird in jedem Fall bezogen auf den Geschäftsanteil wertmäßig so gestellt, wie er vor der fehlgeschlagenen Anteilsübertragung stand. Andererseits werden die Interessen des Erwerbers berücksichtigt. Die wirtschaftliche Entwicklung der GmbH lag in seiner Hand, er war potentieller Unternehmer. Deswegen muss er sich an dem von ihm verursachten Minderwert festhalten lassen, kann aber auch einen von ihm erwirtschafteten Mehrwert behalten. Das vorgelegte Lösungsmodell konnte sich über die Schwierigkeiten hinwegsetzen, die eine unveränderte Anwendung der bereicherungsrechtlichen Regeln mit sich brachte. Die Verteilung der Risiken und Chancen der zwischenzeitlichen Unternehmensentwicklung ist im Grundsatz identisch mit der Verteilung im USRecht. Der Vorteil des erarbeiteten Konzepts für das deutsche Recht ist allerdings, dass alle denkbaren Entwicklungen und Maßnahmen des Erwerbers erfasst werden, so dass sich eine Korrektur mit Einzelfallerwägungen erübrigt. Dies wurde noch einmal im Rahmen der Anwendung des Lösungsmodells auf einschlägige nachteilige Maßnahmen des Erwerbers gezeigt.

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen der US-Gerichte Eine Einführung in die Entscheidungssammlungen der Vereinigten Staaten findet sich bei Blumenwitz (s. Literaturverzeichnis) auf den S. 82 ff., wo auch die Zitierweise erklärt wird. Es ist außerdem üblich und wurde deshalb beibehalten, vor der in Klammern stehenden Jahreszahl den Jurisdiktionsbereich anzugeben, also den Bundesstaat oder den Gerichtsbezirk des entscheidenden Bundesgerichts. Akerson v. Gupta, 458 F.Supp. 189 (Mo. 1978) A.L. Williams Corp. v. Faircloth, 652 F.Supp. 51 (Ga. 1986) Bariel v. Tuinstra, 45 Wash.2d 513, 276 P.2d 569 (Wash. 1954) Beasley v. Medin, 479 N.W.2d 95 (Minn. 1992) Cambron v. Moyer, 519 N.W.2d 381 (Iowa 1994) Carpenter v. Curtis, 395 S.E.2d 653, 196 Ga.App. 234 (Ga. 1990) Crosby v. Bloomfield Developers, Inc., 208 S.E.2d 789 (Ga. 1974) DeCoria v. Red’s Trailer Mart, Inc., 491 P.2d 241, 5 Wash.App. 892 (Wash. 1971) Disposal Technology, Inc. v. Ehrlich, 260 Or. 551, 491 P.2d 1009 (Or. 1971) Donahue v. Rodd Electrotype Co., 328 N.E.2d 505 (Mass. 1975) Estate of Cavallo, 591 N.Y.S. 2d 748 (N.Y. 1992) Farmer v. Koen, 187 Ill.App. 3d 47, 542 N.E.2d 1326 (Ill. 1989) First Wisconsin Nat. Bank v. Pedley, 242 N.W. 512 (Wis. 1932) Gangnes v. Lang, 799 P.2d 670, 104 Or.App. 135 (Or. 1990) Gannett Co., Inc. v. Register Pub. Co., 428 F.Supp. 818 (Conn. 1977) Gardner v. Little, 755 So.2d 1273 (Miss. 2000) Gentry v. Smith, 487 F.2d 571 (5th cir., Fla. 1973) Gooden v. Hunter, 56 Wash.2d 617, 355 P.2d 20 (Wash. 1960) Graham v. Cook, 347 S.E.2d 623, 179 Ga.App. 603 (Ga. 1986) Gunnin v. Dement, 422 S.E.2d 893, 205 Ga.App. 631 (Ga. 1992) Holdsworth v. Strong, 545 F.2d 687 (10th cir., Utah 1976) In re Domestic Fuel Corp., 79 B.R. 184 (N.Y. 1987) Johnston v. Gilbert, 382 P.2d 87 (Or. 1963) Jones v. CPR Division, Upjohn Co., 120 Ariz. 147, 584 P.2d 611 (Ariz. 1978)

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen der US-Gerichte

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Kern v. NCD Industries, Inc., 316 A.2d 576 (Del. 1973) Kruse, Kruse & Miklosko, Inc. v. Beedy, 353 N.E.2d 514, 170 Ind.App. 373 (Ind. 1976) Lahmann v. Gould, 82 Ill.App. 2d 220, 226 N.E.2d 443 (Ill. 1967) Lipsky v. Commonwealth United Corp., 551 F.2d 887 (2nd cir., N.Y. 1976) Loveday v. Cate, 854 S.W.2d 877 (Tenn. 1992) MacNab v. Fireman’s Fund Ins. Co., 243 Or. 267, 272, 413 P.2d 413 (Or. 1966) Media General, Inc. v. Tanner, 625 F.Supp. 237 (W.D.Tenn. 1985) Merryman v. Gottlieb, 99 A.D.2d 893 (N.Y. 1984) Messersmith v. G.T. Murray & Co., 667 P.2d 655 (Wyo. 1983) National Union Fire Ins. Co. of Pennsylvania v. Carib Aviation, Inc., 759 F.2d 873 (Fla. 1985) Prudential Ins. Co. of America v. BMC Industries, Inc., 630 F.Supp. 1298 (S.D.N.Y. 1986) Puskar v. Hughes, 533 N.E.2d 962, 179 Ill. App. 3d 522 (Ill. 1989) Reed v. Boykin, 320 S.E.2d 68 (S.C. 1984) Reynolds v. Reynolds, 114 N.C.App. 393, 442 S.E.2d 133 (N.C. 1994) Reynolds v. Slaughter, 541 F.2d 254 (N.M. 1976) Schnuth v. Harrison, 171 N.W.2d 370, 44 Wis.2d 326 (Wis. 1969) Simonson v. Fendell, 675 P.2d 1218 (Wash. 1984) Sunquest Information Systems, Inc. v. Dean Witter Reynolds, Inc., 40 F.Supp. 2d 644 (Penn. 1999) TMF Tool Co., Inc. v. Siebengartner, 899 F.2d 584 (7th cir., Ill. 1990) Tri-State Rubber v. Cent. States, Etc., Pen. Fund, 677 F.Supp. 516 (E.D. Mich. 1987) Wheat v. Hall, 535 F.2d 874 (Tex. 1976) Yanuzzi v. Commonwealth, 390 A.2d 331 (Penn. 1978)

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Sachverzeichnis Abhängigkeit 44 ff., s. a. Herrschendes Unternehmen u. Konzern Abordnung von Personal 196 Anfechtung – der Anmeldungserklärung 85 – der Anteilsübertragung 21 f., 84, 169 – von Gesellschafterbeschlüssen 68 ff. – von Rechtsgeschäften 70 ff. Anmeldung 21 f., 134 f., 169 f. – Widerruf 85 f. Aufwendung 157 ff., 167, 187 f., 190, 192 Ausnutzung von Geschäftschancen 196 Bestandsgefährdung s. Existenzgefährdung „Bremer Vulkan“-Urteil 64 ff. corporation – close ~ 98 ff. – statutes 99 f. Einmann-GmbH 23 Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen 32 ff., 89 Ertragswert 164 ff., 175 f. Existenzgefährdung 39 ff., 63 ff. Feststellungsklage 190 ff. Geschäftsanteil 133 f., s. a. Mitgliedschaft – „Besitz“ 88 ff., 133 – Nutzungspotential 142, 188 ff. – Wert 87, 90 f., 170 ff. Geschäftsführung ohne Auftrag 93 Gesellschafterbeschluss – Anfechtung 68 ff. – Auswirkungen durch Unwirksamkeit der Anteilsübertragung 67 ff. – Konzerneingangskontrolle 53 f., 62 f. – satzungsändernder ~ 62 f. – satzungsdurchbrechender ~ 62 f.

– Vermögenszuwendung 69 – Verwendung des Jahresergebnisses 32 Gewinnauszahlung 31 f., 89, 138, 143 Gleichbehandlungsgrundsatz 35, 69 GmbH – Eigeninteresse 38 ff. – Existenzgefährdung s. dort – Geschäftsbetrieb 93, 132 f. – Realstruktur 29 Herrschendes Unternehmen 44 ff. – Unternehmensbegriff 46 – Verhältnis zum Konzern 46, 48 „ITT“-Urteil 27 ff. Kapitalerhaltungsgrundsatz 37 f., 64 ff., 128 Kompetenzordnung 34 f. Konzern – einfacher ~ 48 ff., 195 f. – faktischer ~ 46 ff. – qualifizierter ~ 54 ff., 196 f. – Rechtsgrundlagen 47 f., 64 ff. Konzerneingangskontrolle 52 ff., 62 f. Leistungskondiktion, 79 ff.

konzernspezifische

Mehrheitsgesellschafter – Sorgfaltsmaßstab 41 ff. – Treuepflicht 29 – Verantwortlichkeit 142 f. Minderheitsgesellschafter 66, 127 f. – Zustimmung 36 ff., 52, 62 f., 67, 83, 95 Mitgliedschaft 133 f., s. a. Geschäftsanteil – Gewinnanspruch 143 – Scheinmitgliedschaft s. dort – Zuordnung 184 Nutzung 138 ff., 156 f., 163 ff., 188 ff., 191

218

Sachverzeichnis

Rechtsgeschäft 70 ff. – Anfechtung 70 ff. – Motivirrtum 72, 75 f. – Wegfall der Geschäftsgrundlage 74 ff. Saldotheorie 148 ff., 178 ff. – arglistige Täuschung 154 f., 185 f. – Wertungen des Rücktrittsrechts 149 ff. Scheinmitgliedschaft 134 f. – Herausgabe 136 f. – Wert 135 f. Stichtagsprinzip 181 „TBB“-Urteil 55 ff. Treuepflicht 27 ff. – Abzug von Gesellschaftsvermögen 40 f. – des herrschenden Unternehmens 48 ff. – des Mehrheitsgesellschafters 29 – eigennützige und uneigennützige Mitgliedschaftsrechte 28 – nachwirkende ~ 78 – Realstruktur der GmbH 29 – Rechtsfolgen bei Verletzung 29 f.

– Vermögenszuwendung 35 – Verschuldensmaßstab 30 Unternehmensbewertung 172 ff. – Bewertungsmethoden 173 ff. – maßgebliche Zeitpunkte 179 f., 197 Unternehmenskauf 90, 161 ff. Verdeckte Gewinnausschüttung 31 ff., 143 Verlustausgleich 59 ff. Vermögenszuwendung 31 ff. – Gesellschafterbeschluss 69 – offene und verdeckte ~ 33 f. – Rechtsfolge bei Rechtswidrigkeit 35 f. – Wertminderung des Geschäftsanteils 155 f. Wegfall der Geschäftsgrundlage 74 ff. Wertersatz 146 f., 151 f., 191 Widerruf der Anmeldungserklärung 85 f. Wurzeltheorie 182 Zuwendung s. Vermögenszuwendung