Die neben dem Strafgesetzbuche für das Deutsche Reich in Preußen geltenden Strafgesetze, in Verbindung mit der Rechtsprechung des Ober-Tribunals und des Ober-Appellationsgerichts 9783111697895, 9783111309668

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Die neben dem Strafgesetzbuche für das Deutsche Reich in Preußen geltenden Strafgesetze, in Verbindung mit der Rechtsprechung des Ober-Tribunals und des Ober-Appellationsgerichts
 9783111697895, 9783111309668

Table of contents :
Erklärung der Abkürzungen
Vorwort
Vorbemerkung
Die neben dem Strafgesetzbuch für das deutsche Reich in Preußen geltenden Strafgesetze: Artikel 1-64
Die neben dem Strafgesetzbuch für das deutsche Reich in Preußen geltenden Strafgesetze: Artikel 65 - 132
Die neben dem Strafgesetzbuch für das deutsche Reich in Preußen geltenden Strafgesetze: Artikel 133 - 207
Die neben dem Strafgesetzbuch für das deutsche Reich in Preußen geltenden Strafgesetze: Artikel 208 - 229
Anhang
Zusätze und Berichtigungen
Inhaltsverzeichnis

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Die neben dem

Strafgesetzbuche für das deutsche Reich in

Preußen geltenden

Strafgesetze, in Verbindung mit der Rechtsprechung des Ober-Tribunals

und des Ober-AppellationSgerichtS

zusammengestellt und erläutert

von

L. Hartmann, Erster Präsident dcS Ap^ellauenSgerichtS zu H.imm.

Zweite Auflage.

Berlin, Druck und Verlag von Georg Reimer.

1873.

Dic neben dem Strafgesetzbuche für das deutsche Reich in

Preußen geltenden

Strafgesetze.

Erklärung der Abkürzungen Beschl- (I. II., Pl.) bezeichnet: Beschluß deS Obertribnnals, der ersten, der zweiten oder der vereinigten Abtheilungen des Senats für StrafsachenGewerbe-Ordnung für den Norddeutschen Bund, BGO. Contra im entgegengesetzten Sinne entschieden. FPO. Feld-Polizei-Orduung. GA. GoltdammerS Archiv für Preußisches Strafrecht. GS. Gesetz-Sammlung. JMDl. Iustiz-Ministerial-Blatt. MBldiB. Ministerialblatt der innern Verwaltung. OR. Rechtsprechung deö Obertribunals von Oppenhoff. Präj. Präjudiz des Obertribunals. Erkenntniß des ObertribunalS; der ersten, der Z. I. II. Pl.: vernichtendes zweiten oder der vereinigten Abtheilungen des D. I. II. Pl.: zurückweisendeö Senats für Strafsachen.

1

Vorwort. Sni dem Erscheinen der ersten Ausgabe ist nicht blos ein allgemeines deutsches Strafgesetzbuch publizirt, sondern eS sind auch neben demselben

eine Reihe

spezieller Gesetze

theils

für

das

deutsche Reich, theils für Preußen und dessen neu erworbenen

Provinzen zur Geltung gelangt, die daS bis dahin bestehende

Recht umgestalteten oder modifizirten.

Aufgabe der gegenwärtigen Bearbeitung war es daher, das

noch Geltende mit den Entscheidungen der Gerichtshöfe und den Anschauungen

der

Verwaltungsbehörden

in

möglichster Ueber-

sichtlichkeit zusammenzustellen, und so das Ganze nicht blos für

die früheren Bestandtheile des Preußischen Staats sondern auch für die seit dem

Jahre 1866

einverleibten Landestheile,

und

selbst für weitere Rechtsgebiete nutzbar zu machen.

Wenn dabei Manches mit ausgenommen ist, was

sich in

neuester Zeit geändert hat, so lag solches an dem nur langsam

fortschreitenden Drucke; jedoch ist nach Möglichkeit Sorge

ge­

tragen, darauf hinzuweisen, wo solche Aenderungen eingetreeten

sind. Dadurch erklären sich auch die in vielleicht ungewöhnlickchem Umfange beigefügten Zusätze und Berichtigungen.

Hamm, im Oktober 1873.

Vorbemerkung, bezüglich der durch daö Gesetz vom 20. Septbr. 1866 und

die beiden Gesetze vom 24. Dezbr. 1866 mit der preußischen

Monarchie vereinigten Landestheile.

Die in die vorliegende Sammlung aufgenommenen Gesetze sind theilweise durch besondere Verordnungen in die neuerworbenen Landes­ theile eingeführt. Wo solches geschehen ist, ist bei dem betr. Gesetze auf die Einführungsverordn. Bezug genommen. Ohne spezielle Aufzählung der betr. Gesetze besagt A. Die Verordnung v. 13. Mai 1867, welche für das bisher zur Landgrafschaft Hessen-Homburg gehörige Oberamt Meisenheim einen besonderen Friedensgerichtsbezirk bildet und solchen dem Landge­ richt Coblenz, beziehungsweise dem Untersuchungsamte Simmern zu­ weist, folgendes: ' Alle seit dem 5. April 1815 ergangenen, daS Civil- und Strafrecht, sowie die Civil- und Strafrechtspflege betreffenden Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen, welche in dem Landgerichts bezirke Coblenz Gesetzeskraft haben, werden hierdurch mit derselben Wirkung vom 1. Juli d. I. ab in dem bisherigen Bezirk des Oberamts Meisenheim für eingeführt er­ klärt und dagegen die seit jenem Zeitpunkte von der Landgräflich Homburgischeu und der Großherzoglick Hessischen Regierung in den angegebenen Beziehungen erlassenen Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen auf­ gehoben. §. 3. Mit der Ausführung der hiernach erforderlichen Anordnungen wird der Justizminister beauftragt. GS. 1867. S. 700. §. 2.

B. Die Verordnung vom 22. Mai 1867, betreffend die vor­ mals Bayerische Enclave Kaulsdorf (GS. S. 729). Art. I.

Alle preußischen Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen, welche in dem Kreise Ziegenrück des Regierungsbezirks Erfurt Gesetzeskraft haben, werden hierdurch mit derselben Wirkung vom 1. Juni d. I ab in der Enclave Kaulsdorf unter gleichzeitiger Aufhebung der entgegenstehenden Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen nach Maaßgabe der Patente wegen Ein­ führung der Allgemeinen Gerichts- und Kriminalordnung und des Allge­ meinen Landrechts in die mit den Preußischen Staaten vereinigten ehemals Sächsischen Provinzen und Districte vom 22. April und 15. Novbr. 1816 (GS. S. 124. 233) eingeführt. Hinsichtlich der Einführung der DersassnngSUrkunde verbleibt es bei dem Gesetze vom 24. Dezbr. 1866 (GS. S. 876). Art. II. Die Enclave Kaulsdorf wird dem Departement des Appellationsgerichts zu Naumburg, insbesondere dem Bezirke des KreiSgerichtS zu Erfurt ein­ verleibt.

Hartmann, Strafgesetze.

2. Aufl.

1

2

Vorbemerkung.

Art. III. Die Staatsminister werden, ein jeder für sein Ressort, ermächtigt, die zur Ausführung dieser Verordnung erforderlichen Anordnungen zu treffen.

C. Die Verordnung vom 3. Juli 1867, betr. die Einfüh­ rung der Gesetze über Zölle und innere indirecte Steuern und Abgaben in dem vormals Hessen-Homburgischen Oberamt Meisenheim (GS. S. 776) §. 4.

§. 2.

Alle seit dem 5. April 1815 ergangenen, die Zölle und innern indirecten Steuern und Abgaben betreffenden Gesetze, Verordnungen und Bestimmun­ gen, welche im Regierungsbezirke Coblenz Gesetzeskraft haben, werden hier­ durch mit derselben Wirkung vom 1. Juli d. I ab in dem bisher zur Landgrafschaft Hessen-Homburg gehörigen Oberamt Meisenheim für einge­ führt erklärt und dagegen die seit jenem Zeitpunkte von der Landgräflich Hessen-Homburgischen und der Großherzoglich Hessischen Regierung in den angegebenen Beziehungen erlassenen Gesetze Verordnungen und Bestimmun­ gen aufgehoben. Mit der Ausführung der hiernach erforderlichen Anordnungen wird der Finanzminister beauftragt.

D. Die Verordnung vom 20. Septbr. 1867, betr. die Ein­ führung der im Westrheinischen Theile des Regierungsbezirks Coblenz geltenden Gesetze in dem vormals Hessen-Homburgischen Oberamte Meisenheim (GS. S. 1534): §. 1.

§. 2.

Alle seit dem 5. April 1815 ergangenen Gesetze und landesherrlichen Ver­ ordnungen, welche in dem Westrheinischen Theile des Regierungsbezirks Coblenz Gesetzeskraft haben, werden hierdurch mit derselben Wirkung vom 1. October d. I. ab in dem Oberamte Meisenheim eingeführt, inso­ weit dies nicht schon durch andere Verordnungen geschehen ist, und unbe­ schadet der in diesen letztern enthaltenen besondern Bestimmungen. '• Dagegen werden vom 1. October d. I. ab, insoweit dies nicht ebenfalls bereits geschehen, alle feit dem 5. April 1815 von der Landgräflich HeffenHomburgischen und der Großherzoglich Hessischen Regierung für das Ober­ amt Meisenheim erlassenen Gesetze und Verordnungen mit den in den §§. 3—5 genannten Ausnahmen aufgehoben.

1. Auszug ans dem König!. Preußischen General-Land-Schulreglement vom 12. Ang. 1763. (Rabe Bd. 1. Abth. 2. S. 557. N. C. C. III. S. 265. nov. 53 de 1796.)

§. 5.‘) Um aber wegen der Sommer- und Winter-Schulen etwas gewisses zu bestimmen, so wollen Wir, daß die Winter-Schulen an allen Wochentagen Vormittags von 8 bis 11 und Nachmittags, den Mittwoch und Sonnabend ausgenommen, von 1 bis 4 gehalten werden sollen. Die Winter-Schule geht von Michaelis bis Ostern unausgesetzt fort, die Sommer-Schulen aber sollen nur des Vormittags, oder nach den Umständen des Orts Nachmittags in drei Stunden alle Tage der Woche gehalten werden. Um welche Stunden deS TageS aber der Unterricht seinen Anfang nehmen soll, solches werden die Prediger, nach den Um­ ständen ihres OrtS, bestens zu bestimmen und einzurichten wissen. Keine Ferien werden verstattet, sondern selbst in der Erndte müssen die Schulen auf vorgedachte Art gehalten werden; doch mit dem Unter­ schied, daß da im Winter auf jede Lection eine ganze Stunde, dagegen im Sommer nur eine halbe Stunde darauf gewendet werden soll. Und da UnS nicht unbekannt, daß an manchen Orten die Beamte und Adliche Patronen rühmlichst dafür gesorget, daß die SommerSchulen, so wie die Winter-Schulen sowohl Vor- als Nachmittags ordentlich gehalten werden, so wird durch gegenwärtige Verordnung solche löbliche Einrichtung weder abgeschafft noch verändert, sondern eS kann und soll dergleichen christliche Sorgfalt für das Beste der Kinder billig-andern zum Exempel der Nachfolge dienen. *) Die Gesetzeskraft des Reglements ist nicht zu bestreiten. Dasselbe enthält in §. 5 gar kein Verbot und namentlich keines für die Zukunft, das dahin ginge, daß die Mittwoch- und Sonnabend-Nachmittage niemals und unter keinen Umständen für anderweitige UnterrichtSrwFe, als die im Reglement bezeichneten benutzt werden dürften. Zur Aufstellung neuer Lehr - und Schulpläne bedarf es lediglich der Ge­ nehmigung des Unterrichtsministers, die Ausführung derselben aber ist den Provinzial-Regierungen überlassen. Eine solche Ausführungs-Verordnung bedarf nicht der durch daS Polizeigesetz vom 11. März 1850 vorgeschriebenen Förmlichkeit. — Dem­ gemäß ist eine Verordnung der Regierung zu Potsdam v. 8. Septbr. 1864, wodurch ui den Landschulen der Unterricht der weiblichen Jugend in weiblichen Handarbeiten mit höherer Zustimmung eingeführt und auf die Nachmittage deS Mittwochs und Sonnabends gelegt war, für gültig erklärt in V. (I. 535) 13. Septbr. 1866 c. Nitfche OR. 7. 486. B. (I. 631) 14. Novbr. 1866 c. Welzien u. Gen.

4

Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten.

2. Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Einleitung.

Zu §. 31.

Niemand kann sich mit der Unbekanntschaft der gehörig verkündigten Gesetze und Verordnungen entschuldigen. Der §. 13 eit. ist aufgehoben. V- (I. 480) 4 Septbr. 1863 c. Krüger. ON. 4. 19.

Zn §. 73.

Th. 1. Tit. 9.

Die Vorschrift, wonach derjenige, welcher dem Richter gegenüber einen Fund ab­ leugnet, als Dieb zu betrachten war, ist aufgehoben. Z. (II.) 14. Oct. 1858. c. Trolsch. GA. 7. 108.

Zu §. 103. Der Schatz, welchen Jemand in solcher für ihn keine fremde Sache. Er schlagung noch einen Diebstahl begehen; nur die Strafe des §. 103 eit. ®. (I.

seinem Grunde und Boden findet, ist als kann daher an demselben weder eine Unter­ durch die Nichtanzeige desselben verwirkt er 347) 30. Juni 1866 c. Berg. OR. 7. 896.

Th. 1. Tit. 11. Zu 8- 323. Die Vorschrift desselben, wonach ein wucherlicheS Darlehnsgeschäft vermuthet wird, wenn bei einem Verkaufe auf Wiederkauf der Kauf- und Wiederkaufspreis erheblich verschieden sind, ist für das Strafverfahren aufgehoben. Z. (I. 794) 12. Oc­ tober 1860 c. Kirsten. OR. 1. 73.

Zn §. 740. Die Vorschrift, wonach die Cession resp. Einklagung einer Darlehnsforderung, auf welche die Valuta ganz oder zum Theil nicht bezahlt worden, als Betrug bestraft werden sollte, ist aufgehoben. Es ist jetzt in jedem einzelnen Falle zu untersuchen, ob die Begriffserfordernisse des §. 241. StrGB. vorliegen. Z. 1. 13. April 1855 c. Abrahamson. GA. 3. 569.

Th. 1. Tit. 11. Die §§.463-465. cf. Anh. z. Feldpolizeiordn. v. 1. Novbr

Zu §. 186.

1847.

Th. 1. Tit. 22.

An die Stelle der hier citirten Strafvorschriften des Titel 20 sind die §§. 281 resp. 347 nr. 10 des StrGBuches getreten. B. (I. 1092) 22. Novbr. 1865 c. Krieger. OR. 6. 479. JMBl. S. 3.

Th. 2. Tit. 1.

Zu §. 155.


. 16. Mai 1816.

unentgeldlich umarbeiten, und außerdem erlegen sie noch den Werth deS Gefäßes als Polizeistrafe. Auch bleibt es der Beurtheilung der Polizeibehörden überlassen, nach Bewandtniß der Umstände, die Ein­ leitung deS Kriminalverfahrens nachzusuchen, und den Kontravenienten bei erheblicher Unrichtigkeit der Bezeichnung den Stempel abzunehmen. §. 28. Alle Flaschen, welche inländische Glashütten verfertigen, inüssen daselbst mit einem Stempel bezeichnet werden, der neben dem besondern Zeichen der Glashütte den Inhalt in Berliner Quarten, oder deren Theilen ausdrückt. Diese Stempel erhalten die Hüttenbesitzer gegen bloße Bezahlung der Kosten von der Eichungskommission des Regierungs-Departements durch die örtliche Polizeibehörde, die auch verpflichtet ist, für deren Rücklieferung zu sorgen, wenn die Glas­ hütte eingeht. §. 29. Durch die bloße Nichtbezeichnung wird eine Polizeistrafe von zwei Groschen für jede Flasche verwirkt. Flaschen, deren Inhalt um mehr als ein Sechszehntheil von der durch den Stempel bezeichneten Angabe abweicht, muß die Glashütte gegen Erstattung des Kaufpreises und der Transportkosten znrücknehmen. §. 30. Vom 1. Januar 1819 ab kann Jedermann, der Bier, Wein, Essig oder Branntwein in Flaschen kauft, fordern, daß sie ihm in nach §. 28 gestempelten Flaschen geliefert werden. §. 31. Die Eichungskommissionen sollen Braniitweinprobemesscr, welche nach den Normalmessern, die sie erhalten werden, angefertigt, und von ihnen gestempelt sein müssen, zum Verkaufe feil halten. Wer nach Acht Monaten von Kundmachung dieser Verordnung ab Branntwein im Großen von einer bedungenen Stärke kauft, kann verlangen, daß ihm derselbe nach solchen gestempelten Probemessern überliefert werde.

Zu §. 28 u. 29. Berg!. KO. v. 23. April 1821 (GS. S. 45), welche also lautet: Auf den an Mich erstatteten Bericht de« Staatsministcriums genehmige Ich dessen Antrag: die §§. 28 und 29 der Maaß- und GewichtS-Ordnung v 16. Mai 1816 dahin zu mvdifiziren, daß es der vorgefchriebencn Stempelung der Flaschen, welche von inländischen Glashütten verfertigt werden, nur dann bedürfe, wenn eS von dem Besteller verlangt wird, damit den Borschristen deS §. 30 genügt wer­ den könne. DaS Handelsministerium hat die Behörden anznweisen, nach dieser Maaßgabc die §5. 28 und 29 fernerhin auszuführen. Potsdam, den 23. April 1821. Friedrich Wilhelm.

Zu §. 31. Die Bestimmung im Schlußsätze des § 31 ist ausgehoben durch das Gesetz vom 24. April 1860, betr. die Verbindlichkeit zur Anwendung gestempelter Alkoholometer (GS. S. 381), rücksichtlich dessen die in 8. 5 vorbehaltene Instruction am 21. Novbr. 1860 ergangen ist (MBl. d. i. B. S. 244). Dasselbe lautet: Im Namen Sr. Majestät deS Königs. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Prinz von Preußen, Regent, verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den ganzen Umfang der Monarchie, mit Ausschluß der Hohenzollernfchen Lande, was folgt: §. 1. Bei dem Verkaufe weingeistiger Flüssigkeiten von einer vorbedungene» Stärke dürfen, sofern die Ueberlieferung im Jnlande stattfindet, zur Ermittelung

Auszug ans der Maaß- u Gewicht« Ordn. v. 16. Mai 1816.

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§. 32. Die Gold- und Silberarbeiter erhalten diejenigen Stempel, welche erforderlich sind, um, den bestehenden Verordnungen gemäß, den Feingehalt der goldenen und silbernen Geräthe und Waaren aller Art zu bezeichnen, und den Namen des Verfertigers anzudeuten, gegen bloße Bezahlung der Kosten, durch die örtliche Polizeiobrigkeit, von derjenigen Eichungskommission, welche sich im Hauptorte der Provinz, wo das Oberpräsidium seinen Sitz hat, befindet. Die örtliche Polizei­ obrigkeit muß auch für Rückgabe dieser Stempel sorgen, wenn der Gold- und Silberarbeiter aufhört, sein Handwerk zu betreiben. §. 33. Jeder Käufer von neuer Gold- oder Silberarbeit ist be­ rechtigt, die Annahme derselben zu versagen, wenn sie nicht mit dem hier vorgeschriebenen Stempel versehen ist. §. 34. "Die Eichungskommission zu Berlin insbesondere hat die Verpflichtung, sorgfältig ausgearbeitete Probemaaße und Gewichte, Be­ hufs wissenschaftlicher Untersuchungen, zum Verkaufe bereit zu halten. §. 35. Alle Eichungskommissionen und Eichungsämter erhalten eine Taxe, wodurch bestimmt wird, was sie für die bei ihnen vor­ fallenden Arbeiten und von .ihnen zu liefernden Werkzeuge nehmen dür­ fen. Diese Taxe muß in ihrem Geschäftslokal zu Jedermanns offener Ansicht angeschlagen, sämmtlichen Polizeibehörden mitgetheilt, auch dem Publikum durch die öffentlichen Blätter bekannt gemacht werden. Wir beauftragen insbesondere Unser Ministerium der Finanzen und des Handels mit der Ausführung dieser Maaß- und GewichtsOrdnung, und befehlen Unfern Ministerien, Landeskollegien, Polizeiund Justizbehörden, den Magisträten, Kommunen, und überhaupt sämmt­ lichen Einwohnern Unserer Staaten, sich darnach jeder an seinem Theil, genau zu achten. So geschehen Berlin, den 16. Mai 1816. Friedrich Wilhelm.

des Alkoholgehalts mir die mit dem Stempel einer inländischen Eichungsbehörde versehenen Alkoholometer und Thermometer angewendet werden. Die Bestimmung im Schlußsätze des §. 31 der Maaß- und Gewichts-Ordnung für die Preußische» Staaten vom 16. Mai 1816 (GS. 1816. 142 ff.) ist aufgehoben. §. 2. Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten stellt die Bedingungen fest, unter welchen die im §. 1 erwähnten Instrumente zur Eichung und Stempelung zuzulassen sind, und schreibt das Verfahren bei Anwendung dieser Instrumente, insbesondere die hierbei erforderlichen Reduktions-Tabellen, vor. §. 3. Die Uebertretung der Vorschrift im §. 1 oder die Benutzung anderer als der auf Grund des §. 2 vorgcschricbenen Reduktions-Tabellen wird mit der im §. 348 deS StrGBucheS angedroheten Strafe geahndet. §. 4. Die vorstehenden Bestimmungen treten für den Umfang der Monarchie, mit Ausschluß der Hoheuzollernschen Lande, mit dem 1. Januar 1861 in Kraft. 8. 6. Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kö­ niglichen Jnsiegel. Gegeben Berlin, den 24. April 1860. Wilhem, Prinz von Prepßen, Regent.

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Maaß und GrwichtS-Orbnung vom 17. August 1868.

Anhang ju Nr 15. Maaß- und GewichtS-Ordnung für den Norddeutschen Bund vom 17. August 1868. (BGBl. S. 473.)

Mr Wilhelm rc. rc., verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes nach erfolgter Zustimmung deS BundeSrathS und des Reichs­ tages, was folgt: Art. 1. Die Grundlage deS Maaßes und Gewichtes ist das Meter oder der Stab, mit dezimaler Theilung und Vervielfältigung. Art. 2. AIS Urmaaß gilt derjenige Platinstab, welcher im Besitze der Königlich Preußischen Regierung sich befindet, im Jahre 1863 durch eine von dieser und der Kaiserlich Französischen Regierung bestellte Kommission mit dem in dem Kaiserlichen Archive zu Paris aufbe­ wahrten MStre des Archives verglichen und bei der Temperatur des schmelzenden Eises gleich 1,00000301 Nieter befunden worden ist. Art. 3. Es gelten folgende Maaße: A) Längenmaaße. Die Einheit bildet das Meter oder der Stab. Der hundertste Theil des Meters heißt das Zentimeter oder der Neuzoll. Der tausendste Theil deS Meters heißt das Millimeter oder der Strich. Zehn Meter heißen das Dekameter oder die Kette. Tausend Meter heißen das Kilometer. B) Flächenmaaße. Die Einheit bildet das Quadratmeter oder der Quadratstab. Hundert Quadratmeter heißen daS Ar. Zehntau­ send Quadratmeter heißen daS Hektar. C) Körpermaaße. Die Grundlage bildet das Kubikmeter oder der Kubikstab. Die Einheit ist der tausendste Theil des Kubikmeters und heißt das Liter oder die Kanne. DaS halbe Liter heißt der Schoppen. Hundert Liter oder der zehnte Theil des Kubikmeters heißt daS Hektoliter oder das Faß: Fünfzig Liter sind ein Scheffel. Art. 4. Als Entfernungsmaaß dient die Meile von 7500 Metern. Art. 5. Als Urgewicht gilt das im Besitze der Königlich Preußi­ schen Regierung befindliche Platinkilogramm, welches mit Nr. 1 be­ zeichnet, im Jahre 1866 durch eine von der Königlich Preußischen und Kaiserlich Französischen Regierung niedcrgesetzte Kommission mit dem in dem Kaiserlichen Archive zu Paris aufbewahrtcn Kilogramme Pro­ totype verglichen und gleich 0,999999.842 Kilogramm befunden wor­ den ist. Art. 6. Die Einheit des Gewichts bildet das Kilogramm (gleich zwei Pfund). Es ist daS Gewicht eines Liters destillirten Wassers bei + 4 Gr. des hunderttheiligen Thermometers. Das Kilogramm wird in 1000 Gramm getheilt, mit dezimalen Unterabtheilnngcn. Zehn Gramme heißen das Dekagramm oder daS Neu-Loth. Der zehnte Theil eines Gramms heißt das Dezigramm, der hundertste das Zentigramm, der

tausendste das Milligramm. Ein halbes Kilogramm heißt daS Pfund. 50 Kilogramm oder 100 Pfund heißen der Zentner. 1000 Kilogramm oder 2000 Pfund heißen die Tonne.

Maaß- und Gewichts-Ordnung vom 17. August 1868

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Art. 7. Ein von diesem Gewicht (Art. 6.) abweichendes Medizi­ nalgewicht findet nicht statt. Art. 8. In Betreff deS MünzgewichtS verbleibt eS bei den im (Art. 1.) deS Münzvertrages vom 24. Januar 1857 gegebenen Be­ stimmungen. Art. 9. Nach beglaubigten Kopien des UrmaaßeS (Art. 2.) und deS UrgewichtS (Art. 5.) werden die Normalmaaße und Normalgewichte hergestellt und richtig erhalten. Art. 10. Zum Zumessen und Zuwägen im öffentlichen Verkehr dürfen nur in Gemäßheit dieser Maaß- und Gewichtsordnung gehörig gestempelte Maaße, Gewichte und Waagen angewendet werden. Der Gebrauch unrichtiger Maaße, Gewichte und Waagen ist un­ tersagt, auch wenn dieselben im Uebrigen den Bestimmungen dieser Maaß- und Gewichtsordnung entsprechen. Die näheren Bestimmungen über die äußersten Grenzen der im öffentlichen Verkehr noch zu duldenden Abweichungen von der absoluten Richtigkeit erfolgen nach Vernehmung der im Art. 18 bezeichneten technischen Behörde durch den BundeSrath. Art. 11. Bei dem Verkaufe weingeistiger Flüssigkeiten und Stärke­ grade dürfen zur Ermittelung des Alkoholgehalts nur gehörig gestempelte Alkoholometer und Thermometer angewendet werden. Art. 12. Der in Fässern zum Verkauf kommende Wein darf dem Käufer nur in solchen Fässern, auf welchen die den Raumgehalt bil­ dende Zahl der Liter durch Stempelung beglaubigt ist, überliefert werden. Eine Ausnahme hiervon findet nur bezüglich desjenigen auslän­ dischen Weines statt, welcher in den Originalgebinden weiter ver­ kauft wird. Art. 13. Gasmesser, nach welchen die Vergütung für den Ver­ brauch von Leuchtgas bestimmt wird, sollen gehörig gestempelt sein. Art. 14. Zur Eichung und Stempelung sind nur diejenigen Maaße und Gewichte zuzulassen, welche den in Art. 3 und 6. dieser Maaßund Gewichtsordnung benannten Größen, oder ihrer Hälfte, so wie ihrem Zwei-, Fünf-, Zehn- und Zwanzigfachen entsprechen. Zulässig ist ferner die Eichung und Stempelung das Viertel-Hektoliter, so wie fortgesetzte Halbirungen deS Liter. Art. 15. Das Geschäft der Eichung und Stempelung wird aus­ schließlich durch Eichungsämter ausgeübt, deren Personal von der Ob­ rigkeit bestellt wird. Diese Aemter werden mit den erforderlichen, nach den Normalmaaßen und Gewichten (Art. 9.) hergestellten Eichungsnor­ malen , beziehungsweise mit den erforderlichen Normalapparaten ver­ sehen. Die für die Eichung und Stempelung zu erhebenden Gebühren werden durch eine allgemeine Taxe geregelt (Art. 18).

Zu Art. 10. Bergt, oben die Zusatze zu §. 10 bis 12 der Maaß- und Gewichtsordnung vom 16. Mai 1816; ingleichen die Bekanntmachung de« Bundeskanzler« v. 6. Dezbr. 1869, betr. die äußersten Grenzen der im öffentlichen Verkehr noch zu duldenden Abweichungen der Maaße, Gewichte und Waagen von der absoluten Richtigkeit (BGBl. S. 698).

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Maaß- und GewichtS-Ordnung vom 17. August 1868.

Art. 16. Die Errichtung der Eichungsämter (Art. 15.) steht den Bundesregierungen zu und erfolgt nach den Landesgesetzen. Dieselben können auf einen einzelnen Zweig des Eichungsgeschäfts beschränk sein, oder mehrere Zweige desselben umfassen. Art. 17. Die Bundesregierungen haben, jede für sich oder mehrere gemeinschaftlich, zum Zweck der Aufsicht über die Geschäftsführung und die ordnungsmäßige Unterhaltung der Eichungsämter die erforderlichen Anordnungen zu treffen. In gleicher Weise liegt ihnen die Fürsorge für eine periodisch wiederkehrende Vergleichung der im Gebrauche der Eichungsämter befindlichen GchungSnormale (Art. 15.) mit den Nor­ malmaaßen und Gewichten ob. Art. 18. ES wird eine Normal-Eichungskommission vom Bunde bestellt und unterhalten. Dieselbe hat ihren Sitz in Berlin. Die Normal-Eichungskommission hat darüber zu wachen, daß im gesammten Bundesgebiete das Eichungswesen nach übereinstimmenden Regeln und dem Interesse deS Verkehrs entsprechend gehandhabt werde. Ihr liegt die Anfertigung und Verabfolgung der Normale (Art. 9.), soweit nöthig auch die Eichungsnormale (Art. 15.) an die Eichungs­ stellen des Bundes ob, und ist sie daher mit den für ihren Geschäfts­ betrieb nöthigen Instrumenten und Apparaten auSzurüsten. Die Normal-Eichungskommission hat die näheren Vorschriften über Material, Gestalt, Bezeichnung und sonstige Beschaffenheit der Maaße und Gewichte, ferner über die von Seiten der Eichungsstellen innezu­ haltenden Fehlergrenzen zu erlassen. Sie bestimmt, welche Arten von Waagen im öffentlichen Verkehr oder nur zu besondern gewerblichen Zwecken angewendet werden dürfen und setzt die Bedingungenihrer Stem­ pelfähigkeit fest. Sie hat ferner das Erforderliche über die Einrichtung der sonst in dieser Maaß- und Gewichtsordnung aufgestellten Meßwerk­ zeuge vorzuschreiben, sowie über die Zulassung anderweiter Geräthschaften zur Eichung und Stempelung zu entscheiden. Der NormalEichungskommission liegt es ob, das bei der Eichung und Stempelung zu beobachtende Verfahren und die Taxen für die von den Eichungs­ stellen zu erhebenden Gebühren (Art. 15.) festzusetzen und überhaupt alle die technische Seite des Eichungswesens betreffenden Gegenstände zu regeln.

Zn Art. 16. Bergl. da« Gesetz, betr. die Eichung-behörden vom 26. Januar 1869 (GS. S. 1165).

Zu Art. 18. Ueber Errichtung der Normal-Eichungskommission vergl. Bekanntmachung vom 16. Februar 1869 (BGBl. S. 46) und Min.-Vers. v. 20. März 1869 (MBl. d. i. V. S. 60). Ueber die Verhältnißzahlen für die Umrechnung der bisherigen Landesmaaße und Gewichte in die neuen Maaße und Gewichte vergl. Min.-Bekanntmachung vom 13. Mai 1869 (GS. S. 746) Die Eichordnung für den Nordd. Bund datirt vom 16. Juli 1869 (vergl. Beilage zu Nr. 32 des BGBlatteS de 1869) und Bekannt­ machung der Vorschriften über Eichung nnd Stempelung von Maaßen und Meß­ werkzeugen für Brennmaterialien, so wie für Kalk und andere Mineralproducte vom 15. Febr. 1871 (Beil, zu Nr. 11 deS BGBl Pro 1871); Bekanntmachung, betr. die

Maaß- und Gewichts-Ordnung vom 17. August 1868.

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Art. 19. Sämmtliche Eichungsstellen deS Bundesgebiets haben sich, neben dem jeder Stelle eigenthümlichen Zeichen, eines übereinstimmen­ den Stempelzeichens zur Beglaubigung der von ihnen geeichten Gegen­ stände zu bedienen. Diese Stempelzeichen werden von der Normal-EichungSkommission bestimmt. Art. 20. Maaße, Gewichte und Meßwerkzeuge, welche von einer Eichungsstelle des Bundesgebiets geeicht und mit dem vorschriftsmäßigen Stempelzeichen beglaubigt sind, dürfen im ganzen Umfange deS Bun­ desgebiets im öffentlichen Verkehr angewendet werden. Art. 21. Die Maaß- und GewichtSordnung tritt mit dem 1. Ja­ nuar 1872 in Kraft. Die Landesregierungen haben die Verhältnißzahlen für die Um­ rechnung der bisherigen Landesmaaße und Gewichte in die neuen fest­ zustellen und bekannt zu machen, und sonst alle Anordnungen zu treffen, welche, außer dem nach (Art. 18.) der technischen Bundes-Centralbehörde vorbehaltenen Vorschriften, zur Sicherung der Ein- und Durch­ führung der in dieser Maaß- und Gewichtsordnung, namentlich in Art. 10. 11. 12. und 13. enthaltenen Bestimmungen erforderlich sind. Art. 22. Die Anwendung der dieser Maaß- und Gewichtsordnung entsprechenden Maaße und Gewichte ist bereits vom 1. Januar 1870 an gestattet, insofern die Betheiligten hierüber einig sind. Art. 23. Die Normal-EichungSkommission (Art. 18.) tritt alsbald nach Verkündung der Maaß- und GewichtSordnung in Thätigkeit, um die Eichungsbehörden bis zu dem in Art. 22. angegebenen Zeitpunkte zur Eichung und Stempelung der ihnen vorgelegten Maaße und Ge­ wichte in den Stand zu setzen. Urkundlich rc. rc. Gegeben Homburg v. d. Höhe, den 17. August 1868. Wilhelm bei Maaßen und Meßwerkzeugen für Brennmaterialien rc. rc. und bei Hökerwaaren im öffentlichen Verkehr noch zu duldenden Abweichungen von der absoluten Richtigkeit, vom 16. August 1871 (RGBl, pro 1871. S. 328) und Nachtrag vom 31. Januar 1872 (Beil, zu Nr. 12 de« RGBl, pro 1872).

Zu Art. 20. Nach dem Gesetze vom 10. März 1871 wegen Ergänzung der Maaß- und Ge­ wichts-Ordnung (BGBl. S. 46) ist der Bundesrath befugt, nach Vernehmung der Normal-EichungSkommission zu bestimmen, daß Maaße, Gewichte und Meßwerkzeuge, welche von der EichungSstclle eines nicht zum Nordd. Bunde gehörenden deutschen Staates, dessen Maaß- und Gewichtswesen in Uebereinstimmung mit demjenigen deS Nordd. Bunde« geordnet ist, geeicht und mit dem vorschriftsmäßigen Stempelzeichen beglaubigt worden sind, im Bundesgebiete im öffentlichen Verkehr angewendet werden dürfen.

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Gesetz v. 8 Februar 1819.

16. Gesetz vom 8. Februar 1819, wegen Besteuerung deS inländischen Branntweins, BraumalzeS, WeiumosteS und der TabakSblätter.*) (GS. S. 97.)

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen rc. rc. Die fortgesetzten Berathungen über die Verbesserung des SteuerwesenS haben UnS die Ueberzeugung gewährt, daß, nächst den durch das Gesetz vom 26. Mai 1818 angeordneten Zöllen und Verbrauchs­ steuern von ausländischen Waaren, die Besteuerung deS inländischen Branntweins, BraumalzelS und Weins, wie auch der inländischen Ta­ baksblätter vorzüglich geeignet ist, mit der mindesten Beläsügung deS Landes einen bedeutenden Theil des erforderlichen StaatSeinkommenS herbei zu schaffen, welches durch die zur Beförderung der Gewerbe und deS freien inneren Verkehrs getroffenen Maaßregeln verringert worden. Wir haben die hierauf sich beziehenden Verhältnisse sorgfältig prüfen lassen, und verordnen nach erfordertem Gutachten Unsers StaatSraths deshalb nunmehr wie folget: §. 1. Einer Steuer sind folgende Gegenstände unterworfen, wenn sie im Inlands erzeugt werden: 1) der Branntwein, 2) das Braumalz, 3) der Weinmost, 4) die TabakSblätter. §. 5. Bei abgelegenen Brennereien von unbedeutendem Umfange kann eine Fixation des BlafenzinfeS gestattet werden. §. 6. Zur Entrichtung des Blasenzinses als Branntweinsteuer ist ein Jeder verpflichtet, der Destillirgeräthe zur Bereitung von Brannt­ wein oder LiqueurS benutzt. Eine Benutzung der Destillirgeräthe zu diesem Zwecke wird allemal vermuthet. *) Wegen der neu erworbenen LandeStheilc vergl. die Anm. zum Eingänge der Steuerordnung v. 8. Februar 1819.

Au §. L 1) An Stelle des Blasenzinse« al« Branntweinsteuer ist eine Maischbottichsteuer eingefithrt durch KO. vom 10. Januar 1824 und wegen Erhebung der Brausteuer enthält eine andere KO. von demselben Tage weitere Bestimmung. — Wegen der Weinmoststeuer vergl. da« Abgabcngesetz vom 30. Mai 1820 §. 1 lit. f. 2) Aufgehoben sind a) die §§. 2 bis 4 und 9 bis 13 durch da« Regulativ wegen anderweitiger Be­ steuerung de« inländischen Branntwein- v. 1. Dezbr. 1820, §. 10, welche« durch KO- v. 20. Juni 1822 (GS. S. 176) genehmigt ist. b) die §§. 22 bis 26 durch da« Ges. v. 25. Septbr. 1820 über Veränderung der Weinsteuer (GS. S. 193), welche- jedoch, seitdem die Steuer von dem im Jnlande erzeugten Weine durch da« Gesetz vom 15. April 1865 aufgehoben worden, obsolet geworden ist. c) die §§. 27 u. 28 durch KO. v. 29. März 1828, betr. die Steuer vom inlän­ dischen Tabak (GS. S. 39).

Ersetz v- 8. Februar 1819.

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§. 7. Frei von der Steuer ist für eine jede Apotheke eine Glase für das Laboratorium bis zu 15 Quart Inhalt. §. 8. Blasen, welche der Gewerbetreibende auf einige Zeit zum Wasserkochen oder zu einem anderen außergewöhnlichen Zwecke benutzen will, sollen ohne Entrichtung einer Steuer dazu freigegeben werden, wenn der Inhaber die Maaßregeln befolgt, welche die Steuerbehörde vorschreibt, um die Ueberzeugung zu erhalten, daß sie nicht zur Brannt­ weinsbereitung benutzt werden. §. 14. Das vorhandene Brenngeräthe und die Räume, in wel­ chen Brennerei betrieben wird, stehen unter Aufficht der Steuerbehörde. Von derselben werden die Destillirgeräthe für die Zeit, während wel­ cher daS Abziehen von Branntwein nicht gestattet ist, auf angemeffene Weise außer Gebrauch gesetzt. §. 15. Wer Destillirgeräthe fertigt, oder zum Verkaufe vorräthig hält, kann das Branntweinbrennen weder an demselben Orte, noch im Umfange von zwei Meilen treiben. §. 16. Innerhalb des Grenzbezirks können früher bestandene Brennereien nur erhalten und fortgesetzt, und neue nur angelegt und betrieben werden, unter Beobachtung der Vorschriften, welche die Ver­ waltung anzuordnen nöthig erachtet, um das Abgaben-Interesse zu sichern. §. 17. Wer durch rechtskräftiges Urtheil das Recht, Branntwein zu brennen, verloren hat, darf sich kein Destillirgeräthe ganz oder theilweise halten. §. 18. Wer Bier aus Getreide verfertigt, soll von jedem Zent­ ner Malzschroot, welches zum Bierbrauen verwendet wird, 16 gGr. entrichten. Ist mit der Bierbrauerei zugleich eine Essigbereitung verbunden, oder wird Essig aus Malz in eigendö dazu bestimmten Anlagen im Großen znm Verkauf bereitet, so muß auch von dem Malzschroot zu Essig diese Steuer entrichtet werden. §. 19. Die Versteuerung des BraumalzeS muß erfolgen, bevor die Einmaischung geschieht. §. 20. Wer in Brauanlagen lediglich zum Bedarf seines Haus­ standes zu brauen sich verpflichtet, kann die Erlaubniß dazu gegen Vor­ ausbezahlung einer Abfindungssumme, auf einen bestimmten Zeitraum erhalten. §. 21. Die Verfertigung des HauStrunkeS in gewöhnlichen Koch­ kesseln ist von der Steuerentrichtung ganz frei, wenn die Zubereitung allein zum eignen Bedarf in Familien von nicht mehr als zehn Per­ sonen über vierzehn Jahre geschieht. Zu §. 7. Sergi §. 16 u. 66 der Steuer-Ordnung v. 8. Febr. 1819.

Zu §. 21. 1) Die Zubereitung des HauStrunk» in gewöhnlichen Kochkesseln ist nicht an eine von der Steuerbehörde zu ertheilende Erlaubniß geknüpft. Die Verweigerung des Anmeldescheins durch die letztere kann die Ausübung de» vom Gesetze ertheilten Recht» nicht hindern. Wer gehörig angemeldet hat, hat seinerseits nicht unterlaffen (im

Hartmann, Strafgesetz».

2. Anst.

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Gesetz d. 8. Februar 1819.

§. 29. Abgesondert gelegene und solche Landestheile, welche von Entrichtung deS Zolls und der Verbrauchssteuer für fremde Gegen­ stände ausgeschlossen sind, können auch in Beziehung auf die durch dieses Gesetz bestimmten Gegenstände und auf den Verkehr mit dem übrigen Jnlande, eigene, der Oertlichkeit angemessene Verfassungen erhalten. §. 30. Vergütungen der Gefälle bei Versendungen in das Aus­ land finden in der Regel nicht Statt. Erfordern jedoch örtliche Berhältniffe zur Erhaltung des Handelsverkehrs im Großen solche Ver­ gütungen, so sollen diese Verhältnisse berücksichtigt und besondere Be­ stimmungen deshalb ertheilt werden. §. 31. Eine Befreiung von den angeordneten Abgaben oder eine Schadloshaltung wegen behaupteter Exemptionen findet nicht Statt. §. 32. Die Borräthe an Branntwein, welche Gewerbtreibende zu der Zeit, wann dieses Gesetz in Kraft tritt, besitzen, und welche bis­ her mit gar keiner, oder mit einer geringern Abgabe an den Staat belegt worden, als das Edikt vom 28. Oktober 1810, Abtheilung II. Nr. 5 (Gesetz-Sammlung vom Jahre 1810 Seite 36) festgesetzt hat, sind einer Nachversteuerung unterworfen. ES gelten dabei die Bestim­ mungen, welche die Verordnung vom 26. Mai 1818, Abtheilung II. Nr. 2 bis 5 vorgeschrieben hat. §. 33. Eine diesem Gesetze besonders beigefügte Ordnung be­ stimmt die Erhebungsweise der hierin angeordneten Steuern und die Verpflichtungen derer, welche dieselben zu entrichten und dabei etwas ru beobachten baben. Gegeben Berlin, den 8. Februar 1819.

Friedrich Wilhelm Sinne des §. 77 der Steuer-Ordnung), den Anmeldungsschein auszuwirken. Eine Bornahme der Zubereitung nach geschehener Anmeldung ist straflos, wcnif die Steuer­ behörde unbegründeterweise den Anmeldungsschein versagte. Z. (II. 287) 29. Okt. 1857 c. Roewenkamp. GA. 6. 263. Z. (II. 195. 200. 203) v. 13. Septbr. 1860 c. Roewenkamp. 2) „Gewöhnliche Kochkessel" ist der Gegensatz gegen die in §. 20 erwähnten förmlichen Brauanlagen, und beschränkt sich nicht auf die zum Kochen der Speisen für Menschen bestimmten Kessel. Ob ein solcher Kochkessel vorliege, ist Gegenstand thatsächlicher Beurtheilung, cf. die vorstehend erwähnten Z. c. Roewenkamp u. Gen. Aehnlich: Z (II. 46) 16. Febr. 1860 c. Wigger (67) c. Rickert.

Zu 8 30.

Wegen der Steuervergütigung bei der Ausführung von Branntwein ins Aus­ land vergl. die auf Grund der KO- v. 14. October 1838 gegründete ministerielle Bekanntmachung vom 18. ejuad., — unter Andern abgedruckt im AmtSbl. der Re­ gierung zu Magdeburg von 1838. S. 313. Ueber einen Fall, wo sog. Fuselöl (Amylalkohol) unter dem Vorgeben, daß e« Branntwein sei, zur Ausfuhr deklarirt «ar vergl. Z. (II. 143.) 30 April 1868 c. Goctte it. Gen.

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Ordnung zum Gesetz v. 8. Febr. 1819.

17. Ordnung znm Gesetz v. 8. Februar 1819, wegen Besteuerung des inländischen Branntweins, Braumalzes, WelnmosteS und der Tabaksblätter.*) (GS. S. 102.)

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen rc. rc. Ueber die Erhebungsweise bei der, durch das Gesetz vom heu­ tigen Tage angeordneten, Besteuerung des inländischen Branntweins, Braumalzes, Weinmostes und der Tabaksblätter setzen Wir nach erfor­ dertem Gutachten Unsers Staatsraths, wie folgt, fest**) §. 2. Wo es auf die Ausmittelung des Gehalts an Alkohol im Fabrikate ankommt, soll dazu allein der Alkoholometer von Tralles ge­ braucht werden. §. 14. Eine Fixation des BlasenzinseS, wo solche nach §. 5 deS Gesetzes Statt finden kann, hängt von dem freien Uebereinkommen der Verwaltung mit dem Steuerpflichtigen ab. In dem Fixationsvertrage sind zu dem Ende die gegenseitigen Bedingungen bestimmt auszudrücken. §. 16. Jeder Inhaber einer Brennerei oder eines eingerichteten *) 1) Die in dem Gesetze vom 8. Februar 1819 und der Steuer-Ordnung von demselben Tage enthaltenen Bestimmungen über Besteuerung des Braumalzes find nebst den später darüber ergangenen ergänzenden und abändernden Vorschriften vom 1. Juli 1867 ab im Jadegebiete in Kraft getreten laut Verordn, v. 26. Juli 1867 (GS. S. 1263). 2) Für die Regierungsbezirke Wiesbaden und Kassel, das vormalige Königreich Hannover und die Herzogtümer Holstein und Schleswig gelten vom 15. Septbr. 1867 ab bei Verfolgung aller Zuwiderhandlungen gegen die gesetzlichen Bestimmungen über die indirecten Steuern und Abgaben die Vorschriften der Verordnung vom 29. Juli 1867 (GS. S. 1270), erlassen zu den Verordnungen von demselben Tage über Einführung der Zollstrafgesetze (GS. S. 1265. 1268) — vergl dieselben bei §. 28 ff. und im Emganae des Zollstrafgesetzes vom 23. Januar 1838. 3) Bezugnehmend auf die vorstehend unter 2 erwähnte Verordnung hat der Justiz-Minister in der allg. Vers, vom 18. November 1867 darauf hingewiesen, daß auch bei Gewerbesteuer-Defraudationen und Kontraventionen der Regel nach, d. h. abgesehen von den in §. 6 der Ordnung vom 29. Juli 1867 Absatz 1 bezeich­ neten Fällen, zunächst ein administratives Strafverfahren, mit Ausschließung der unmittelbaren Zuständigkeit der Gerichte, einzuleiten ist, dessen Regelung den in der gedachten Ordnung und den beiden Verordnungen von demselben Tage völlig ent­ sprechend ist (JMBl. S. 407). In der allg Verf. v. 1. Februar 1869 ist übrigens auch noch darauf hingewiesen, daß zu den Gewerbesteuer-Defraudationen und Kontraventionen auch die Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der §. 26 bis 28 des Hausirregulativö vom 28. April 1824 gehören (JMBl. 1869. S. 28). 4) Ueber daö administrative Verfahren bei Untersuchung von Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über Erhebung der Gewerbesteuer in den neuen LandeStheilen hat der Finanz-Minister am 14. Dezember 1867 eine besondere Anweisung erlassen (MBl. d. i. B. 1868. S. 46). **) Außer Anwendung sind gekommen die §§. 1, 3 bis 13, 15, durch das Re­ gulativ wegen anderweitiger Besteuerung des inländischen Branntweins v. 1. Dezbr. 1820, §. 10, welches durch KO. v. 20. Juni 1822 (GS. S. 176) genehmigt ist.

Zu §. 16-18. 1) Die Dampfkessel find Theile des Destillirgeräths, daher in dem Brennerei-

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Ordnung zum Gesetz v. 8. Febr. 1819.

DestrllirgeräthS ist gehalten, innerhalb eines Termins, welchen jede Regierung bekannt machen soll, dem Steueramte eine Nachweisung ein­ zureichen, worin die Räume zur Brennerei, die Brenngeräthe, alS: Blasen, Schlangen, Kühler, Helme, Maischwärmer und Maischbottiche, imgleichen der Quartinhalt der Blasen, Maischwärmer und Maisch­ bottiche genau und vollständig angegeben sein müssen. Gleiche Ver­ pflichtung zur Anzeige binnen drei Tagen liegt ihm ob, wenn neues Geräthe angeschafft, oder wenn das vorhandene ganz oder zum Theil abgeändert, oder in ein anderes Lokal gebracht wird. §. 17. Inhaber von Brennereien so wie andere Personen, wenn letztere Destillirgeräthe, nämlich Blasen, Helme und Kühler blos be­ sitzen, oder solche verfertigen, oder Handel damit treiben, dürfen die­ selben weder ganz noch theilweise, weder neu noch ausgebessert, auS ihren Händen geben, bevor sie eS dem Steueramte ihres Wohnorts an­ gezeigt, und darüber eine Bescheinigung von diesem erhalten haben. Inventarium nachzuweisen und von Seiten der Brennereiinha-er gehörig anznmelden, resp, in dem Betriebspläne aufzusühren. Rescr. des Fin.-Minist, v. 16. Febr. 1841. Min.-Bl. d. i. Verw. S. 78. Schimmelfennig, indir. Steuern S. 458. 2) Die Vorschrift in §. 16 bezieht sich nicht auf den Fall, wo eine Brennerei als Zubehör eines Gutes mit diesem und sämmtlichen Geräthschasten verkauft wird. Z. (I. 938) 30. Septbr 1854 c. Szepanowöki. 3) Der $. 16 unterscheidet nicht, ob sich die Brennerei augenblicklich im Betriebe befindet oder nicht. Auch letzterenfalls muß die Anschaffung deö neuen GeräthS an­ gezeigt werden. B- (I. 746) 18. Novbr. 1864 c. Schwenzner OR. 5. 268. 4) Der §. 16 spricht nicht blos von Destillirgeräthen, welche zur Branntwein­ fabrikation bestimmt und geeignet sind, sondern enthält eine allgemeine Kontrolvorschrift, welche jeder Inhaber einer Brennerei oder eines eingerichteten DestillirgeräthS (also auch einer Destillirblase) zu befolgen hat; also auch der Apotheker, cf. auch §. 9 des Reg. v. 1. Dezbr. 1820 u. §. 7 des Ges. v. 8. Febr. 1819 u. 8 66 der Steuer-Ordnung v. 8. Februar 1819. DZ. (I. 192) 1. März 1865 c. Treplin. OR. 5. 534. 5) Die Fassung der 16 u. 17 berechtigt zwar zu der Auslegung, daß auch in denjenigen Fällen, in welchen eine bloße Veränderung in dem Besitze einer übrigens unverändert an derselben Stelle verbleibenden Brennerei oder eines Destillirgeräths eintritt, die in §. 73, resp. 66 angedroheten Strafen verwirkt sind, sobald die in 8. 16 resp. 17 vorgeschriebenen Anzeigen Unterlasten sind. Wegen deS geringen JntereffeS der Steuerverwaltung in derartigen Fällen kann jedoch von Einleitung oder Untersuchung Abstand genommen werden. Verf. d. Gen.-Steuer-Dir. v. 17. Ian. 1862. MBl. d. i. V. S. 169. 6) Bei gerichtlichen Verkäufen sollen die Destillirgeräthe dem Käufer nicht eher auSgehändigt werden, bis er eine Bescheinigung über die beim Steueramte geschehene Anzeige zu den Acten eingereicht hat. Rescr. des Just.-Minist, v. 22. Mai 1833. v. K. Jahrb 41. 277. 7) Auctionscommiffarien, welche bloß auftragsweise die in §.17 gedachten Ge­ räthe verkaufen, sind nicht Besitzer im gesetzlichen Sinne und können daher nicht zur Anzeige angehalten, oder in Strafe genommen werden. Rescr. v. 10. Juli 1838. Schimmelfennig a a. O. S. 444. 8 Zur Angabe der in §. 17 u. 18 vorgeschriebenen Anmeldungen ist bei ver­ pachteten Brennereien und Brauereien nicht der Eigenthümer, sondern der Pächter, als steuerpflichtiger Fabrikant, verpflichtet. Rescr. d. Fin.-Min. v. 10. April 1839. Min.-Bl. d. i. B. S. 112. Schimmelfennig a. a. O. S. 444. 9) Wegen der Anwendbarkeit des §. 17 auf Maischgeräthe cf. §. 11 des Regul. wegen anderweitiger Besteuerung des inländischen Branntweins v. 1. Dezbr. 1820.

Ordnung zum Gesetz v. 8. Febr. 1819.

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§. 18. Die vorhandenen, die künftig auS den Fabrikationsstellen verkauften, die vom Auslande eingehenden, und die umgeänderten Blasen werden von den Steuerämtern nachgemessen, der Quartinhalt wird darauf eingegraben, und sie sowohl als die Helme und Kühler, werden mit Nummern und so weit es thunlich ist, mit einem Stempel ver­ sehen. Auch die Maischbottiche muß der Brennerei-Inhaber nummeriren, und die Zahl so wie den Quartinhalt darauf deutlich mit Oelfarbe bezeichnen, oder eingraben. §. 19. Bei Vermessung der Blasen ist derjenige innere Raum, welchen sie vom Boden bis zur äußersten Mündung deS Randes haben, ohne allen Abzug, auszumitteln. §. 20. Die Steuerämter sind verpflichtet, eine amtliche Beschei­ nigung der geschehenen Anmeldung, der Vermessung, ihres Ergebnisses und der Art der Bezeichnung zu ertheilen, worin die Beschaffenheit der Brenngeräthe genau beschrieben sein muß. Diese Bescheinigung dient zur Ausweisung über den Besitz der Geräthe. §. 21. Die zu den Brennereien gehörigen Geräthe müssen in den Brennerei-Räumen zusammen aufbewahrt werden. Einmaischungen außerhalb der angegebenen Räume, auch in andern als den verzeich­ neten Maischbottichen, sind verboten. Destillirgeräthe, vornehmlich Blasen, stehen so lange, als sie nicht zum Gebrauch angemeldet werden, dergestalt unter besonderer Aufsicht der Steuerbehörde, daß ihre Benutzung nicht erfolgen darf. Bei Per­ sonen, welche bloß damit handeln, oder sie zum Handel verfertigen, sind solche dieser Aufsicht nicht unterworfen.*) §. 24. Sind die Destillirgeräthe durch Ablieferung eines Theils derselben außer Gebrauch gesetzt, so veranlaßt das Steueramt die Aus­ lieferung des aufbewahrten Geräths in der angezeigten Stunde. Ist die Brennerei über eine halbe Meile vom Orte der Aufbewahrung des Geräthö entlegen, so wird für das Hin- und Herbringen desselben jedesmal eine Stunde für jede halbe Meile an Zeit zugegeben. Wenn die Destillirgeräthe an Ort und Stelle außer Gebrauch ge­ setzt sind, so bestimmt das Steueramt, nach Maaßgabe der früheren Anmeldungen Anderer, wenn sich ein Beamter zur Aufhebung des Ver­ schlusses in der Brennerei einsindcn wird. Der Brenner ist nicht ge­ halten, länger als eine Stunde über die bestimmte Zeit auf den Be­ amten zu warten, und kann nach deren Ablauf, wenn ein bekannter und glaubwürdiger Mann gegenwärtig ist, und dieser den Verschluß als unversehrt anerkannt hat, denselben abnehmen. Der Besitzer der

Zu 8 21. Vergl. §. 11 des Regul. v. 1. Dezbr. 1820 und Nr. 5 der KO. v. 10. Januar 1824, die Maischsteuer betr. *) Die §§. 22. 23. 25 sind durch da« zu §. 2 allegirte Regulativ v. 1. Dezbr. 1820 aufgehoben.

Zu §. 24. Die Weigerung eine« Gewerbetreibenden, da« zur Versiegelung eine« Destillirgeräths erforderliche Material zu liefern, ist mit der Strafe de« §. 90 zu ahnden. Z. (II. 272) 14. Novbr. 1861 c. Deipenbrock. OR. 2.63.

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Brennerei muß die Materialim zur Versiegelung oder zum Verschlüsse und zwar in guter brauchbarer Ggenschaft liefern. §. 26. Findet Verschluß in der Brennerei Statt, so soll sich ein Steuerbeamter daselbst einfinden, und nach Ablauf der Versteuerungs­ frist den Verschluß ohne Aufenthalt vornehmen. §. 27. Jede Brauerei soll mit einer Waage mit eisernem gleich­ armigen Balken, worauf wenigsten- 5 Centner auf einmal abgewogen werden können, und mit den erforderlichen geaichten Gewichten versehen sein. Bis solche angeschafft worden, kann der Betrieb der Brauerei versagt werden. §. 28. Ein Jeder, welcher Bier und Essig zum Verkauf brauet (Gesetz §. 18), ist in eben der Art, wie oben §. 16 in Absicht der Brenngeräthe vorgeschrieben worden, verpflichtet, das Steueramt in Kenntniß davon zu setzen, wie viel Pfannen und Bottiche er besitzt, und welche Veränderungen in der Folge damit, oder in Ansehung deS Raums vorgehen. Inhaber von Brauereien und andere Personen, wenn Letztere Braupfannen bloß besitzen, oder sie verfertigen, oder Handel damit treiben, dürfen diese Pfannen nur unter Beobachtung eben der Be­ stimmungen auS den Händen geben, welche im §. 17 in Ansehung der Destillirgeräthe vorgeschrieben sind. §. 29. Wer eine Brauerei betreibt, ist verpflichtet, dem Steuer­ amte schriftlich anzuzeigen, wie viel Malzschroot er zu jedem Gebräude nehmen, an welchem Tage und zu welcher Stunde er einmaischen wird, und die Steuer von der angemeldeten Beschickung gleichzeitig zu ent­ richten. ES steht dem Steuerpflichtigen frei, diese Anzeige, so oft er brauet, zu machen, oder im Voraus für einen bestimmten Zeitraum. Im letztem Falle kann er die Steuer für den ganzen Zeitraum voraus bezahlen, oder für jede Maischung besonders, vor deren Eintritt. §. 30. Die Anmeldung muß, wenn deS Vormittags gemaischt werden soll, spätestens am Nachmittag deS vorhergehenden TageS, und wenn Nachmittags gemaischt werden soll, spätesten- am Vormittage

Zu §. 27. 34. 35. Bergl. die KO. v. 10. Januar 1824, die Brausteuer betrefft.; deögl. wegen Fixation der Brausteuer und wegen des HauStrunkeS die KO. v. 2. Juni 1827 und 17. Aug. 1831.

Zu 8- 30-33.

1) Da in §.31 von beabsichtigten Veränderungen die Rede ist, so ist die ganze Vorschrift auf den Fall nicht berechnet, wo Jemand durch einen unabwendbaren Zufall verhindert wird, die an selbigem Tage angesagte Einmaischung vorzunehmen. Der Grundsatz, daß eS auf dolus und culpa bei Steuervergehen nicht ankomwe, trifft hier nicht zu; die Vornahme des Unmöglichen fordert kein Gesetz Z. (11. 261) 25. Oct. 1866 c. Gerhardt. OR. 7. 570. 2) Die Anmeldung einer beabsichtigten Einmaischung muß die Stunde, zu welcher dieselbe erfolgen soll, angeben. Nichtinnehaltung dieser Stunde ist strafbar, selbst wenn ein unvorhergesehenes Hinderniß die Hinausschiebung veranlaßt, sobald die mögliche Anzeige bei der Behörde verabsäumt worden ist. Z. (1.193) 12. Mai 1871 c. Ladewig. ÖR 12. 263.

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desselben Tages drei Stunden vorher, in beiden Fällen auch während der Dienststunden erfolgen. §. 31. Berichtigungen dieser Anmeldungen beim Amte sind zu­ lässig, wenn sie mindestens an dem der beabsichtigten Veränderung vor­ hergehenden Tage geschehen. Soll die Beschickung danach verstärkt werden, oder sollen neue Gebräude hinzutreten, so wird die Steuer davon gleichzeitig entrichtet. Soll ein Gebräude eingestellt, oder die Beschickung vermindert werden, so bringt der Steuerschuldige die schon entrichtete Steuer bei der nächsten Zahlung in Anrechnung. §. 32. Die Einmaischungen dürfen nur geschehen in den Mo­ naten vom Oktober bis einschließlich März von Morgens 6 bis Abends 10 Uhr, in den übrigen Monaten aber von Morgens 4 bis Abends 10 Uhr. §. 33. Der Brauer ist verpflichtet, die Ankunft eines Steuer­ beamten zur angezeigten Stunde des EinmaischenS (§. 32) abzuwarten. Findet sich derselbe ein, so muß alSdann sogleich daS Malz in dessen Gegenwart abgewogen, und mit der Einmaischung vorgeschritten werden; der Brauer darf aber die Einmaischung erst, nachdem eine Stunde gewartet worden, ohne dessen Gegenwart verrichten. §. 34. In der Regel soll die ganze Beschickung auf einmal ein­ gemaischt werden, so daß keine Nachmaischung Statt finden darf. Wird aber eine Brauerei regelmäßig mit Nachmaischen betrieben, so muß ein für allemal angezeigt werden, in wie viel Abtheilungen, und mit welchem Gewichte für jede Beschickung gemaischt werden soll. §. 35. In den Fällen §§. 20 und 21 deö Gesetzes ist ein jedes Ablassen der zubereiteten Getränke an nicht zum Haushalt gehörige Personen untersagt. Die Fixation (§. 20 daselbst) geschieht nach freiem Uebereinkommen mit der Steuerbehörde. Wer von der Bewilligung im §. 21 des Gesetzes Gebrauch machen will, muß solches der Steuerbehörde zuvor in jedem Jahre anmelden, und darüber einen Anmeldungsschein sich ertheilen lassen.*) §. 49. DaS Gebäude, in welchem eine Brennerei oder Brauerei betrieben wird, wohin auch die Räume, in welchen die Gefäße zum *) §. 36—41 sind ausgehoben durch daS Gesetz vom 25. Septbr. 1820 wegen Veränderung der Weinsteuer (GS. S. 193). cf. Sinnt, zu §. 1 des Steuergesetzes v. 8. Februar 1819; §. 42 — 48 sind aufgehoben durch die Kab.-Ordre vom 29. März 1828, die Steuer vom inländischen Tabak betr. (GS. 39).

Zn 8- 49.

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■ 1) Sobald ein Steuerbeamter die pflichtmäßige Ueberzeugung erlangt zu haben glaubt, daß eine Brennerei betrieben werde, so kann er auch nach 9 Uhr Abends die Oesinung derselben verlangen, um eine Revision vorzunehmen. Z. (II. 388) 27. Novbr. 1856 c. Holzmann. GA. 5. 259. 2) Im Falle der Zuwiderhandlung gegen die in §. 49 enthaltene Kontrollvor­ schrift hat der Inhaber der Brauerei oder Brennerei die in §■ 90 angedrohte Strafe verwirkt, ohne daß es nach der Natur einer Uebertretung darauf ankommt, ob dem Brauerei- rc. Inhaber dabei eine culpa zur Last fällt, oder nicht; insbesondere kann

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Einmaischen, Kochen und Dämpfen des Materials aufgestellt sind, ge­ hören, kann, sobald darin gearbeitet wird, zu jeder Zeit, sonst aber nur von Morgens 6 Uhr bis Abends 9 Uhr, von den Steuerbeamten, Behufs der Revision besucht, und muß ihnen zu dem Behufe sogleich geöffnet werden. §. 50. In demselben erstreckt sich ihre NevisionSbefugniß darauf, nachzusehen: daß keine andere, alS die versteuerten Destillirgeräthe im Gange sind, daß die Brenngeräthe, imgleichen Braupfannen und Bottiche unverändert so dieselben sind, wie sie angegeben, auch bezeichnet worden, daß keine unangemeldete Geräthe vorhanden, daß die Ein­ tragungen der Einmaischungen in daS Versteuerungsbuch gehörig geschehen find, daß außer Gebrauch gesetzte Geräthe sich noch in diesem Zustande befinden, und daß in Brauereien insbesondere nur zur angemeldeten Zeit und Stunde eingemaischt, auch die Einmaischung gehörig versteuert sei. §. 51. Wer Destillirgeräthe besitzt, welche nicht im Gebrauch sind, ist dennoch verbunden, sie dem Steuerbeamten auf Erfordern vorzuzeigen, damit er sich überzeugen könne, daß sie noch in dem Zu­ stande befindlich sind, in welchen sie zur Verhütung des Gebrauchs ge­ setzt worden. Die Destillirgeräthe derjenigen, welche solche bloß verfertigen, oder damit handeln, sind hierunter nicht zu verstehen. (§. 17.) §. 52. Personen, welche Wein- und Tabaksbau treiben, sind ver­ pflichtet, den kontrollirenden Beamten die Behältnisse, wo der Erndtegewinn sich befindet, Behufs der Revision und Ermittelung der Steuern (§. 40 und 46) nachzuweisen und zu öffnen. Auch muß diesen Behörden fernerhin, so lange der Steuerbetrag kreditirt worden, gestattet werden, noch unversteuerte Bestände in soweit nachzusehen, wie erforderlich sein möchte, sich von der Größe des VorrathS, in Beziehung auf die Sicherheit der verschuldeten Steuer und der etwa eingetretenen Zahlungsverpflichtung (Gesetz §. 26), zu überzeugen. §. 53. Außer dem §. 49 bestimmten Fall können Revisionen und Nachsuchungen nur von Morgens 6 bis Abends 9 Uhr Statt finden. sich derselbe auf ein seiner Ehefrau oder sonstige» Angehörigen vermeintlich zur Last fallendes Versehen nicht berufen, ist vielmehr für die Genügung der vorgedachten Bestimmung persönlich verantwortlich. V. (I. 318) 12 März 1858 c. Völker. GA 6 412 3) Ein Kartoffel-Danipssaß gehört zu den Brenner eigeräthen", und unterliegt daher der RevisionSbefugniß der Steuerbeamten. V (I. 908) 14 Novbr. 1862 e. Hart­ mann. OR 3. 122 (bergt. 8. 11 des Regul. v 1. Dezbr. 1820). Dasselbe gilt von Gährbottichen. Z. (11. 196) 2. Juli 1863 c. Seltmann. OR. 3. 534.

Zn § 50. Bergt. §. 11 des Regul v. 1. Dezbr. 1820 Maischsteuer betreffend-

KO. v- 10. Januar 1824), die

Zu §. 53. Hieraus ist nicht zu folgern, daß ein Schlachter, wenn er sich zeitweilig entfernt, gehalten sei, sein Geschäftslokal auch während seiner Abwesenheit unverschlossen zu halten. Z. il. 802 16. Oct. 1867 c. Denncrt. OR. 8. 597.

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§. 54. Ist gegründeter Verdacht vorhanden, daß Unterschleife, um dem Staate die verschuldeten Gefälle zu verkürzen, begangen wor­ den, und deshalb eine förmliche Haussuchung erforderlich, es sei bei Personen, welche Brennerei, Brauerei, Wein- und TabakSbau betrei­ ben, oder bei Andern: so ist dazu ein schriftlicher Auftrag eines Ober­ beamten oder einer noch höhern, dem Steueramte vorgesetzten Behörde erforderlich, und sie darf nur unter Zuziehung eines Gemeindebeamten an solchen Orten Statt finden, die zur Begehung des Unterschleiss oder Verheimlichung von Beständen steuerpflichtiger Gegenstände ge­ eignet sind. §. 55. Diejenige», bei welchen revidirt wird, und deren Gewerbsgehülfen sind verbunden, sich ruhig und bescheiden zu verhalten, und den revidirenden Beaniten diejenigen Hülfsdienste zu leisten oder leisten zu lassen, welche erforderlich sind, um die Revision in den vorgcschriebenen Grenzen zu vollziehen. §. 56. Die Dienststunden, in welchen die Steuerbeamten zur Ab­ fertigung der Steuerpflichtigen bereit fein müssen, bestimmt die Ver­ waltung. Als Regel wird festgesetzt, daß, wo die Steuerämter mit zwei oder mehreren Kassenbeamten besetzt sind, die Dienststun^en fol­ gende sein sollen: in den Wintermonaten, Oktober bis Februar einschließlich, Vor­ mittags von 8 bis 12 Uhr, und Nachmittags von 1 bis 5 Uhr. In den übrigen Monaten von 7 bis 12 Uhr, und von 2 bis 5 Uhr. An andern Orten sind die Dienststunden auf die Vormittags­ zeit von 9 bis 12 Uhr eingeschränkt. Wenn eS nöthig ist, muß auch außer dieser Zeit die Abfertigung der Steuerpflichtigen möglichst bewirkt werden. Abweichungen von vorstehenden Bestimmungen sollen an den Orten, wo dergleichen Statt finden, besonders bekannt gemacht werden. §. 57. Es ist Pflicht eines jeden Steuerbeamten, er sei Staats-

Zu §. 54. Die Gerichte sollen in Maischsteuer»Delraudatwussacheu von Amtswegen keine Haussuchung vornehmen. IMRescr. v. 23 Febr. 1830. v. K. Iahrb. 35. 138.

insoweit verpflichtet, als er dazu int Stande ist (cf. §. 89). Z. (I. 564) 8. Juni 1866 c. Giehl. OR. 7. 337. 2) Der §. 55 findet auch auf diejenigen Gewerbetreibenden Anwendung, auf welche sich daS Mahl- und Schlachtsteuergesetz vom 30. Mai 1820 bezieht. Der §. umfaßt auch die Verpflichtung, das betr. Lokal auf Verlangen zu erleuchten. Z. (I. 832) 7. Dezbr. 1870 c. Rabbow. O. 11. 592. 3) Die bloße Weigerung, bei der Revision zugegen zu sein, fällt nicht unter den Begriff einer Versagung der Hülfsdienste V. ((. 585) 19. Juli 1871 c. Rabbow.

Zu 8- 56. Wer unter Innehaltung der zum 'Steueramte führenden Steuerstraße einen der Mahl< und Schlachtsteuer unterliegenden Gegenstand in den innern Stadtbezirk einer steuerpflichtigen Stadt einbringt, unterliegt nicht schon deshalb der Steuer de fraudationsstrafe, weil dieses Einbringen außer der im OrtSregulative bestimmten Ab­ fertigungszeit stattfand. ZPl. (II. 465) 28. Septbr. 1865 c. Stiffelchen. OR. 6. 328.

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oder Gemeindebeamter, den Steuerschuldigen anständig zu behandeln, bei seinen Dienstverrichtungen bescheiden zu verfahren, seine Nachfor­ schungen und Revisionen nicht über den Zweck der Sache auszudehnen. Bon den Steuerschuldigen wird aber auch erwartet, daß sie ihrer­ seits zu keinen Beschwerden über ihr Betragen gegen die Steuerbe­ amten Anlaß geben werden. Insbesondere dürfen die Steuerbeamten unter keinen Umständen für irgend ein Dienstgeschäft ein Entgeld oder Geschenk, eS sei an Geld, Sachen oder Dienstleistung, eS habe Namen wie eS wolle, ver­ langen oder annehmen. Steuerpflichtige dürfen dergleichen dagegen unter keinen Umständen und unter keinerlei Borwand geben oder nur antragen, ohne sich straf­ fällig zu machen. §. 58. Die Beamten müssen bei der ihnen anvertrauten Steuer­ erhebung sich genau nach den vorgeschriebenen Sätzen richten und sind dafür verantwortlich. Die bei gehöriger Anmeldung zur Versteuerung durch die Schuld der Hebungsbehörden gar nicht oder unzureichend er­ hobenen Gefälle sollen daher nicht von dem Steuerschuldigen, sondern von dem Erhebungsbeamten eingezogen, und diesem soll nur daö Recht auf Erstattung gegen jene Vorbehalten werden. Zu viel erhobene Gefälle sollen dagegen aus der Staatskasse zu­ rückgezahlt werden, wenn binnen Jahresfrist, vom Tage der Ver­ steuerung an gerechnet, der Anspruch auf Ersatz angemeldet und be­ scheinigt wird. Geschieht dies nicht, so geht nach Ablauf dieser Frist der Anspruch verloren. Außer den bestimmten Steuersätzen wird nichts erhoben; Quittungen und Bescheinigungen der Steuerbehörden werden gebührenfrei ertheilt. §. 59. Die Vergehen der Steuer- und Gemeindebeamten, welche an der Steuerverwaltung Theil haben, sollen nach den Vorschriften deS Allgemeinen Landrechts Th. 2. Tit. 20. Abschnitt 8 und nach den später erfolgten Abänderungen und Deklarationen dieser Vorschriften bestraft werden. §. 60. Brauer und Branntweinbrenner, imgleichen diejenigen, welche den Wein- und Tabaksbau betteiben, verfallen in die Sttafe

Zu §. 59.

Jetzt ist Tit. 28 des StrGBucheS maaßgebend.

Zu §. 60.

1) Für den Thatbestand der Steuerdefraudationen kommt es nicht darauf an, ob der Thäter beabsichtigte, dem Staate die Steuer zu entziehen, sondern nur darauf, ob die objectiv festgesteüte Handlung den Thatbestand der Defraude bildet, und ob sich der Thäter der objectiv eine Uebertretung des Steuergesetzes bildenden Handlung bewußt gewesen ist. V- (I. 506) 3. Juni 1859 c. Asmus. ES finden also die all­ gemeinen strafrechtlichen Grundsätze über dolus keine Anwendung; auf dolus oder culpa kommt eS nicht an. Beschl. (I. 113) 17. Juni 1859 c. Lüdcke. B. (I. 711) 11. Oct. 1861 c. Schrötter. Z. (I. 959) 20. Nov 1861 c. Schütze. Z. (I. 118) 14. Septbr. 1864 c. BroSzowski. OR. 5. 105. Z. (I. 1071) 26. Oct. 1864 c. Langer. Z. (I. 127) 17. Febr. 1865 c. Lobeck. V. (1. 245) 21. März 1866 c. Hensel. B (I. 685) 26. Septbr. 1866 c. Otto. OR. 7. 497. B. (1.237) 8. März 1867. c. Otto. OR- 8. 159. Ebenso B. (L 63) 14. Febr. 1868 c. Hindt, worin daö

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der Defraudation, wenn sie Gewerbshandlungen, von deren Ausübung in jedem einzelnen Falle oder in bestimmten Fällen dem Staate, nach Maaßgabe des Gesetzes vom heutigen Tage, eine Abgabe zu entrichten ist, entweder gar nicht oder unrichtig anzeigen. Bewußtsein des den Eisenbahnzug in den Steuerbezirk einführenden PackmeisterS, deelarirt zu haben, als das für die Strafbarkeit ausreichende Bewußtsein der objectiv die Uebertretung des Steuergesetzes bildenden Handlung erttärt ist. (Dergl. auch §.17 des Mahl- u. SchlStGef. v. 30. Mai 1820 und Nr. 5 der KO. vom 10. Januar 1824 über die Maischsteuer.) Auch eine Hausircontravention wird durch den guten Glauben des Ge­ werbetreibenden nicht straflos. V. (I. 579) 15. Juni 1864 c. Lewinski. OR- 5. 4. Bergt, jedoch BereinSzollges. v. 1. Juli 1869. §. 136.137. 1 a) Bezüglich der Brausteuer enthält das mit dem 1. Januar 1873 in Wirk­ samkeit tretende Reichsgesetz vom 31. Mai 1872 (RGBl. S- 153), bez. deS Begriffs der Defraudation und ihrer Bestrafung anderweitige Vorschriften. 1 b) Auch bei einem Nichtgewerbetreibenden ist die Strafbarkeit der Steuerdefraude, z. B. der Schlachtsteuerdefraude, nicht durch daö Bewußtsein der Steuer­ entziehung bedingt. V. (I. 777) 13. Oct. 1869 c. Grzeskiewitz OR. 10.635. Zum Thatbestände einer Steuerdefraudation oder Kontravention genügt als dolus das Bewußtsein (die Kenntniß) von den den Thatbestand bildenden Thatsachen. V. (I. 379) 25. Mai 1870 c. DreSler. OR. 11. 330.

2) Wird das Nichtvorhandensein des Bewußtseins der objectiv eine Uebertretung des Steuergesetzes bildenden Handlung von dem Angeklagten behauptet, so liegt darin die Aufstellung eines Strafausschließungsgrundes, dessen Beweis dem Angeklagten obliegt. B. (I. 506) 3. Juni 1859 c. Asmus. 3) Eine durch Trunkenheit herbeigeführte, die freie Willensbestimmung aushebende Unzurechnungsfähigkeit begründet auch bei Steuervergehen Straflosigkeit, sofern nicht erhellt, daß die Trunkenheit durch eigene Schuld herbeigeführt war. Z. (I. 1250) 16. Decbr. 1864 c. Ritthammer. OR. 5 377 u. Erk. v. 9. Novbr. 1860 c. Jänfch bei Nr. 18 u. 19 der zus. Bestimm, zum Chausseegeldtarif v. 29. Februar 1840. — Wegen der Blödsinnigen vergl. §. 19 des GewStG, v. 30. Mai 1820. 4) Verjährung. Nach Art. 5 des Gef. v. 22. Mai 1852 (GS. S. 251) sollten Vergehen und Uebertretungen, welche durch Zuwiderhandlung gegen die Vor­ schriften über Entrichtung der Steuern, Zölle, Postgefälle, Kommunikationöabgaben und aller übrigen öffentlichen Abgaben und Gefälle begangen werden, in 5 Jahren verjähren. (Vergl. auch das Gesetz vom 18. Juni 1840 über Verjährung öffentlicher Abgaben, GS. S. 140, und §. 62 des ZStrG. v. 23. Januar 1838) — Nach §. 37 des Bundesgesetzes über das Postwesen v. 2. Novbr. 1867 (BGBl. S. 61) sollen jedoch Post- und Porto-Uebertretungen in einem Jahre von dem Tage ab, an welchem sie begangen sind, verjähren; während in §. 7 des Einf.-Ges. zum RStrGB. bestimmt ist, daß vom 1. Januar 1871 ab Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Branntweinsteuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren verjäbren. — Abgesehen von dieser Spezialbestimmung sind bezüglich der Verjährung von Abgaben-Hinterziehungen die Vorschriften der besonderen Strafgesetze in Kraft geblieben. EdOAG. v. 7. Juni 1871 c. Niemeyer. OR. 12. 314. — In §.40 des mit dem 1. Januar 1873 in Wirksamkeit tretenden ReichSgesetzeö vom 31. Mai 1872 (RGBl. S. 153) ist für Defraudation gegen die Drausteuer die 3jährige Ver­ jährungsfrist beibehalten, während die durch dieses letztere Gesetz mit Ordnungsstrafe bedrohten Zuwiderhandlungen in einem Jahre verjähren.

5) Unterbrechung der Verjährung. In Zoll- und Steuersachen wird die Verjährung nicht schon durch das den Fiskalbehörden nachgelaffene administrative Strafverfahren unterbrochen, weil „Richter" im Sinne des §. 48 des Pr. StrGB. (§. 68 des RStrGB.) nur der nach Art. XIII u. XIV des Einf.-Gef. zum Pr. StrGB. berufene Strafrichter ist und eö von dem Angeschuldigten abhängt, im Wege des

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§. 61. Die Strafe der Defraudation besteht in einer Geldbuße, welche dem vierfachen Betrage der vorenthaltenen Gefälle gleich kommt. TranSigirenS sich dem Resolute der Verwaltungsbehörde zu unterwerfen. PlErk. v. 31. März 1856 c. Rosenthal. GA. 4. 345. Aehnlich: Z. 11. Oct. 1852 c. JsakowSki u. Deschl. v. 20 Okt. 1852 c. TwardowSki. Contra: Z. (I. Präj.) 13. Juni 1855 c. Ballauf, Entsch. 30. 472, welches der Einleitung des administrativen Verfahrens die Unterbrechung der Verjährung beilegte, weil dasselbe die Natur eines Strafverfah­ rens habe und daS auf Provokation eingeleitete gewöhnliche Verfahren nur eine Fort­ setzung des administrativen sei. 6) Der Versuch einer Steuerdefraude (eS handelte sich um eine Mahlsteuerdefraude) ist nicht strafbar. Deschl. (I. 152) 6. Septbr. 1867 c. Peja. OR. 8. 488.

7) Theilnahme an einer Steuerdefraude. Wenn die Steuerordnung darüber nichts bestimmt, so ist dies nur mit Rücksicht auf die darüber bestehenden allgemeinen Grundsätze unterlassen. V. (L 360) 4. Mai 1855 c. Nabbat. Dasselbe erklärt die Theilnahme auch dann für strafbar, wenn sich die Defraudation, der Höhe der verwirkten Strafe nach, als eine Uebertretung darstellt. Ebenso ZV- (I.) 28. April 1856 c. Blüchert. JMBl. S. 169. Z. 8. October 1857 c. Mayland — Der Theilnehmer ist übrigens nur strafbar, wenn er wußte, daß die Handlung des Thäters den Voraussetzungen einer Defraudation entspricht. Z. (II. 247) 6. Oct. 1864 c. Gontermann. Vergleiche auch Zus. zu §. 26 bis 28 des Hausirregl. vom 28. April 1824. Auch ZPl. (I. 1128) 12. Decbr. 1864 c. Schüller besagt, daß bei Übertretungen, welche nicht blos polizeilicher Natur sind, sondern materielle Rechtsverletzungen ent­ halten, die Theilnahme, namentlich auch die Anstiftung gewöhnlichermaaßen strafbar ist. OR- 5. 353; ein Satz, der denn auch wiederholt bei Zuwiderhandlungen gegen Finanzgesetze zur Anwendung gelangt ist. V. (I. 544) 4. Juli 1866 c. v. Köller. GA. 14. 859. Z. (II. 335) 14. März 1867 c. Nissem. OR. 8. 176. 8) Die Begünstigung eines Verbrechens oder Vergehens, wenn sie nicht vor Begehung der That zugesagt worden, ist nach §. 257 des R StrGB. ein selbstständiges Vergehen. Früher war §. 37 deö Pr. StrGB. maaßgebend. — Die Begünstigung einer Steuerdefraude ist nur strafbar, wenn diese sich mit Rücksicht auf die Höhe der verwirkten Strafe als Vergehen darstellt. V- (I.) 25. Januar 1856 c. KLhring. GA- 5. 88. Z. (I. 808) 8. Novbr. 1861 c. Skoniecki. OR 2. 44. Z. (I. 1081) 7. Febr. 1862 c. Labrenz. OR. 2. 44 und 238. 9) Non bis in idem. Die wegen eines Steuerstraffalles ergangene gericht­ liche Entscheidung begründet den Einwand non bis in idem gegen jede anderweite Verfolgung derselben That aus einem andern Gesichtspunkte, sollte es sich dabei auch um' eine Kontravention gegen ein ganz anderes Steuergesetz handeln. (Das erste Mal war aus §. 26 des Hausirregulativs freigesprochen; die zweite Untersuchung wollte dieselbe That als Schlachtsteuerdefraude gerügt wissen.) Z. (I. 616^ 24. Septbr. 1862 c. Erbe. OR. 3. 23. Derselbe Grundsatz gilt, wenn im administrativen Straf­ verfahren erkannt ist; vorausgesetzt, daß die betreffende Verwaltungsbehörde für diese anderweite Verfolgung zuständig war. Ist dies nicht der Fall, so greift der Grundsatz non bis in idem mcht Platz. D. (I. 911) 21. Novbr. c. Bauerfeld. OR. 3. 142. 10) Ueber Auslegung des Ausdrucks „unrichtig anzeigen" in §. 60 vergl. §. 17 des M - u- SchlStG. v. 30. Mai 1820. — Die Vorschrift des §. 60, mal. des 8-1 des Regul. v. 1. Decbr. 1820 und der Nr. 5 der KO. v. 10. Januar 1824, ist nicht auf Einmaischungen zu beziehen, welche nicht zum Zwecke einer gewerbsmäßigen Branntweingewinnung, sondern nur versuchsweise vorgenommen werden, um zu er­ mitteln, ob die eingemaischten Stoffe zur Erlanglmg von Alcohol überhaupt geeignet find. Z. (I. 715) 13. Juli 1855 c Betag. GA. 3. 684; ähnlich: D- (II. 162) 23. Juni 1853 c. Wensing.

Zu 8- 61.

1) In Betteff des administrativen Strafverfahrens vergl. 8.93. — 2) Ueber die Nachzahlung der umgangenen Gefälle haben die Gerichte

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Die Abgaben sind überdem von der Strafe unabhängig zu ent­ richten.

nicht zu erkennen; vielmehr steht die hierauf bezügliche Verfügung nur den Verwal­ tungsbehörden zu. ALR. II. 14. 78. 79; KO. v 28. Novbr. 1828 (GS. S. 16 in Betreff der Stempelgesälle'. Z (11. 209) 9. Juni 1853 c. Engelhard; D. (II. 245) 20 Septbr. 1855 c. Krämer; V. (II. 178) 2. Oct. 1856 c. Störmann. IM Bl. S. 354; V. (1. 1161) 2. Mai 1858 c. Ziegler; V. (II. 249) 6. Oct. 1859 c. Leligmann; Erk. d. Komp.-Ger.-H. v. 30. Oct. 1852. ZMBl. S. 27; Min.-Berf. v. 13. Mai 1833, 4. Febr. 1835, 12. Mai 1853. Jahrb. B. 48. S. 280. JMBl. 1853 S. 190; und ähnl. cf. auch §. 39 d. GewStrG v. 30 Mai 1820. 3) Die Verhängung der Strafe ist, sobald die Gerichte erkennen, lediglich in ihre Hände gelegt; ste haben daher auch Behufs Abmessung der Strafe den Betrag der umgangenen Gefälle zu ermitteln und festzustellen, sofern sich das Strafmaaß nach diesem Betrage richtet. Wenn sie hierbei auf Zweifel in Betreff der anzuwendenden Tarifsätze stoßen, so sollen sie von der betr. Provinzial-Steuerbebehörde oder vom Finanz-Ministerium eine gutachtliche Aeußerung cinholen und daraus die in der AGO. 1. 35. §. 72 und Anh. §. 239 angeordnete Rücksicht nehmen. Min -Vers. v. 26. März u. 25. April 1825. Ann. 9. 314, Eine bindende Kraft haben diese Gutachten für die Gerichte nicht. Vergl. jedoch wegen der Hausirkontraventionen die Anm. zu §. 26 — 28 des Regul. v. 28. April 1824 und wegen anderer Gewerbe-Steuerdefraudationen das Regul. v. 4. Decbr. 1836 bei Beil. L. zum GewStGes. v. 30. Mai 1820. 4) Ueber Berechnung der Steuerstrafe in den Fällen, wo daö desraudirte Object zugleich mit einer Kommunalabgabe belegt ist, vergl. die Deklaration v. 27. Januar 1828 bei §. 13 des Abgabengesetzes vom 30 Mai 1820. 4 a) Wer eine zum Zwecke einer directen Besteuerung vorgeschriebene Anmel­ dung unterläßt, verwirkt die Steuerstrase mit Rücksicht auf den Gesammtbetrag der dadurch defraudirten Steuer. V. (I. 554) 24. Juni 1868 c. Müller. OR. 9. 402. 5) Wenn ein Steuerstraffall zur Kognition des Gerichts gelangt, so hat dieses die That nach allen Richtungen hin zu beurtheilen und zu entscheiden, ohne an die Anträge der Steuerbehörde gebunden zu sein; es kann daher wegen Steuerdefraude strafen, sollte im steueramtlichen Vorverfahren beispielsweise auch nur eine Haufirkontravention in Frage gestanden haben Z. (I. 616) 24. Septbr. 1862 c. Erbe. GA. 10. 837. OR 3. 23. 6) Den Verwaltungsbehörden ist für gewisse Fälle und unter gewissen Voraus­ setzungen die Befugniß beigelegt, im Strafbescheide ein geringeres Maaß der Strafe zu verhängen, als solches nach den gesetzlichen Strafandrohungen zulässig sein würde. KO. v. 3. Mai 1843 (ungedrucktV Verf. des Fin.-Min. v. 28. Juli 1838. (Villaume Steuergesetze S. 144.) Den Gerichten steht eine gleiche Befugniß nicht zu; sie können stets nur auf die gesetzliche Strafe erkennen, sollte diese auch höher als die im Strafbescheide festgestellte sein. Vergl. die Ann. zu §. 26-28 des Regulativs v. 28. April 1824 u. Nr 6 zu Beil. L. des Gew.-Steuer-Gef. v. 30. Mai 1820.

7) Der Strafunmündige (StrGB. 8-42), welcher sich einer Steuerdefraude schuldig macht, dabei aber mit UnterscheidungSvermögen gehandelt hat, wird nur durch §. 43 StrGB. bestraft. Denn die dort gegebenen Vorschriften finden auch bei den durch Spezialgesetze vorgesehenen Verbrechen und Vergehen Anwendung. Z. (1.) 23. Febr. 1853 c. Luehl. GA. 1. 563. Z. (I.) 14. Septr. 1859 c. Segebarth; B. (I. 794) 28. Oct. 1864 c. Rahn. OR. 5. 219. - Der Umstand, daß die Steuerstrafe eine absolut bestimmte ist, steht der Anwendbarkeit des §. 43. Nr. 3 nicht entgegen. Z. (II. 140) 7. Mai 1868 c. Hensel OR. 9. 311. Der Strafun­ mündige, welcher eine Steuerdefraude ohne UnterscheidungSvermögen verübt, bleibt straflos Z. (I. 1028) 8. Novbr. 1865 c. Kossack. OR. 6. 443. - Die Vorschrift des tz. 42 wegen Ueberweisung in eine BesserungS-Anstalt bezieht sich nur auf Ver­ brechen und Vergehen, nicht aber auf Übertretungen. — cf. auch §. 11 des HDG. v. 2. Juni 1852.

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tz. 62. Im Falle der Wiederholung nach vorhergegangener Bestra­ fung wird die Strafe auf den achtfachen Betrag der Abgaben bestimmt, und austerdem darf der Schuldige, wenn er Brenner oder Brauer ist, das Recht zu brennen oder zu brauen, in einem Zeitraum von drei 'Monaten weder selbst ausüben, noch durch einen Andern zu seinem Bortheil ausüben lassen. Wegen Unstatthaftigkeit der Konfiskation gegen Strafunmündige vergl. §. 17 des Mahl- u. SchlStGef. v. 30. Mai 1820. In Betreff der Strafunmündigen find an Stelle der Vorschriften des Pr. StrGB. die Vorschriften in den §§ 55 ff. des RStrGB. getreten.

Zu 88- 62. 63. 1) Die Vorschriften in §. 62—63 finden auf Gewerbesteuerdefraudation keine Anwendung, cf. §. 39 der GewStG, v. 30. Mai 1820. 2) Die hier über den Rückfall gegebenen Vorschriften kommen mit Ausschluß deö S. 58 StrGB. zur Anwendung. Die Rückfallsstrafe tritt auch dann ein, wenn die frühere Steuerstrafe von einer Verwaltungsbehörde im administrativen Strafver­ fahren — auch im Submissionsverfahren — festgesetzt und von dem Angeklagten rechtzeitig auf gerichtliches Gehör nicht provozirt war. Präj. (I. 1198) 28. Oct. 1853 c. Kamack. Jedoch bedarf es zur Begründung der Rückfallsstrafe der Feststellung, daß die ftüher verhängte Strafe vollstreckt ist. V. (I. 164) 13. Febr. 1867 c. Asmus. OR 8. 113. Vergl. auch §. 17 deö Mahl- u. SchlStG. v. 30. Mai 1820. Demgemäß tritt die Strafe des zweiten Rückfalls (§. 63) nur nach vorauSgegangener zweimaliger Bestrafung ein; eine zweimalige Verurtheilung genügt nicht. Z. (I. 448) 7. April 1854 c. Dähn. 3) Die in §. 62 angedrohte Strafe des zeitweiligen Verlusts deö Rechts zum Gewerbebetriebe ist durch das StrGB. nicht beseitigt, da auch diesem jene Strafe be­ kannt ist. (§. 184. 202. 203 u Einf.-Ges. Art. VIII.) Z. (II.) 18. Oct. 1855 c. Holzerland. 4) Die in den Steuergesetzen angedrohte Strafe der Untersagung des Gewerbe­ betriebes ist durch das Einführungsgesetz zum nordd. StrGBuche nicht aufgehoben. D. (I. 956) 28. April 1871 c. Eichelbaum. JMBl. S. 155. OR. 12. 242. V. (II. 272) 7. Decbr 1871 o. Haas. JMBl. 1871 S. 6. OR. 12. 632. Diese Strafe ist aber nicht dadurch bedingt, daß der Angeklagte bereits zur Zeit der Verübung der früheren Fälle das Gewerbe selbstständig betrieben habe. V. (I. 466) 19. Juli 1871 c. Mi­ chaelis. OR. 12. 424. cf. auch Mahl- u. SchlStGef. v. 30. Mai 1820 17. 5) Gegen Gewerbegehülfen (Gesellen und Lehrlinge) ist die Strafe der GewerbeUntersagung nicht auszusprechen. Z. (I. 1340) 16. Decbr. 1857 c. Kummer. GA. 6.101; cf auch Präj (I. 1211) v. 24. Oct. 1842. 6) In dem §. 62 ist die Untersagung der Ausübung deö Gewerbes, welche im ersten Rückfalle eintreten soll, ganz allgemein auf 3 Monate bestimmt, ohne Unterschied, ob nur eine oder mehrere Steuerdefraudationen nach bereits einmal erfolgter Bestrafung begangen sind. Z. (I. 297) 21. April 1858 c. AderS. GA. 6. 413. 7) Zur vollständigen Vollstreckung der wegen ersten Rückfalls erkannten Strafe gehört auch, daß die erkannte dreimonatliche Einstellung des Gewerbebetriebes statt­ gefunden haben muß. Wird daher während dieser dreimonatlichen Sus­ pension eine neue Steuerdefraudation begangen, so zieht diese wiederum nur die Strafe des ersten Rückfalls nach sich. V. (I. 653) 7. Juli 1858 c. Beyer. GA. 6.688. In einem andern Falle, wo die für den ersten Rückfall zugleich mit er­ kannte dreimonatliche Einstellung des Gewerbebetriebes durch die Provinzial-SttuerDicettion erfassen war, ist im zweiten Rückfalle zwar auf den 16 fachen Bettag der Steuer, aber nur auf 3monatliche Einstellung des Gewerbebetriebes erkannt. Z. (I. 1123) 2 Decbr. 1859 c. PriebuS. GA. 8. 107. In einer spätern B. (I. 71) 15. Mai 1868 c. Otto ist dagegen auSgesührt, daß auf Untersagung des Gewerbe­ betriebe- für alle Zeiten im zweiten Rückfalle auch dann erkannt werden muß, wenn

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§. 63. Im dritten Falle der Übertretung. nach vorhergegangener zweimaliger Bestrafung ist der sechszehnfache Betrag der nicht erlegten Abgaben als Strafe verwirkt, und ist der Schuldige ein Brenner oder Brauer, so darf er das Gewerbe des Brennens oder BrauenS nie und zu keinen Zeiten weder selbst auSüben, noch durch einen Andern zu seinem Vortheile ausüben lassen. §. 64. Im Falle des Unvermögens zur Entrichtung der Geld­ strafe tritt verhältnißmäßige Gefängnißstrafe nach den Bestimmungen deS ALR. ein. §. 65. Wer, ohne Befugniß dazu zu haben, Brennerei oder Brauerei betreibt, und sich dabei zugleich einer Handlung schuldig macht, die als Defraudation zu bestrafen ist, dem werden außer der Defraudationsstrafe, die Brennerei- oder Braugeräthe konfiSzirt. die für den ersten Rückfall erkannte dreimonatliche Untersagung deS Gewerbebetriebes im Wege der Gnade erlassen war, weil es n u r darauf ankomme, ob der Angeklagte die auf den ersten Rückfall angedrohte und verhängte Geldbuße des 8 fachen SteuerbetrageS bereits bezahlt hatte, als er die neue Defraudation beging. (ES ist dabei gerade auf das vorstehend erwähnte E. v. 2. Decbr 1859 e. Priebus Bezug ge­ nommen und ausgesprochen, daß dem E. v. 7. Juli 1858 ein anderes Sachverbältniß zum Grunde gelegen habe) Es heißt dann weiter: „Der Straferlaß im Wege der Begnadigung hat namentlich für die Rückfälligkeit die Wirkung, daß die erkannte Strafe für vollständig verbüßt erachtet wird. E. v. 11. März 1851. JMBl. S. 151, v. 2. März 1863. OR. 2. 299. Dieser Grundsatz findet auch auf die §§. 62 u. 62 der StO. v. 8. Febr. 1819 Anwendung." B. (I. 71) 15. Mai 1868 c. Otto. OR. 9. 333. GA. 16. 502. Auch Z. (I. 599) 17. Septbr: 1869 c. BrörS spricht auS, daß bei Steuervergehen die Strafe des zweiten Rückfalls nur insoweit eintritt, als vorher die Strafe des ersten Rückfalls nicht nur verhängt, sondern auch vollstreckt war; daß also ein Gewerbetreibender, so lange er nicht wegen ersten Rückfalls die zeitweilige Untersagung des Gewerbebetriebes erlitten hat, im zweiten Rückfalle nicht den Verlust der Befugniß zum Gewerbebetriebe verwirkt hat. OR. 10. 573. Bergt. §. 17 des Mahl- u. SchlLtG. v. 30. Mai 1820. 8) Die Vorschrift in §. 60 des Pr. StrGB., die aber im RStrGB. nur für einzelne Strafthaten (§. 244. 245. 250. 261. 264) beibehalten ist, ist auch bei Steuer­ kontraventionen für anwendbar erklärt. V. (I ) 14. Januar 1853 c. Lehmann. Cntfch. 24. 441; Z. (I.) 9. Septbr. 1853 c. Wittig; Z. (I.) 21. Oct. 1853 c. Schatz.

Zu §. 64. 1) Die KO. v. 23. Januar 1838 (GS. S. 92) lautet: „Um die Strafen wegen Defraudationen der Branntwein-, Braumalz-, Tabaks- und Weinmoststeuer, so wie der Mahl- und Schlachtsteuer mit den Strafen für Zollvergehen nach dem heute von mir vollzogenen Gesetze in Uebereinstimmung zu bringen, verordne Ich auf den An­ trag des Staatsministeriums, mit Abänderung der Gesetze vom 8. Febr. 1819 und 30. Mai 1820, daß bei dem Unvermögen des Defraudanten der gedachten Steuern zur Entrichtung der gesetzlichen Geldbuße, eine Gefängnißstrafe substituirt werden soll, die beim ersten Straffalle die Dauer von einem Jahre, beim ersten Rückfalle die Dauer von zwei Jahren und bei weitern Rückfällen die Dauer von vier Jahren nicht übersteigen darf. Dieser Befehl ist durch die Gesetzsammlung zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Berlin, den 23. Januar 1838. Friedrich Wilhelm. 2) Die bei Steuervergehen an die Stelle der Geldbuße für den Fall deS Un­ vermögens tretende Gefängißstrafe muß mindestens einen Tag betragen. B. (L 475) 4. Juli 1855 c. Henschel. GA. 3. 697. Vergl. auch §. 17 n. 335 des StrGB., die jetzt generell maaßgebend sind. Z. (I. 845) 20. Septbr. 1861 c. Hagen. OR. 1. 543.

Zu §♦ 65 u. 66. 1) Wie sonst in der Steuerordnung, so wird auch in §. 66 unter „Brenner"

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§. 66. Wenn die Brenngeräthe, oder die damit vorgenommenen Veränderungen nicht wie vorgeschrieben ist (§. 16), angezeigt werden, so ist die KonfiSkatton der verschwiegenen, veränderten oder anderwohin gebrachten Stücke davon die unmittelbare Folge. Auf gleiche Weise erfolgt die Konfiskation der Geräthe, wenn die befohlenen Be­ zeichnungen (§. 18) unterlassen, zerstört oder verfälscht worden sind, auch wenn die Einmaischungen in andern als den bekannten Maisch­ bottichen (§. 21) oder außer den angezeigten Räumen geschehen. Ueberdem hat der Brenner eine Geldstrafe von 25 bis 100 Thlr. verwirft, welche im Wiederholungsfälle verdoppelt wird. Sind unangezeigte Destillirgeräthe zum Brennen auch benutzt worden, so wird die dadurch begangene Defraudation noch besondernach den Bestimmungen §§. 61, 62, 63 und 67 bestraft. §. 67. Sind Destillirgeräthe, welche von der Steuerbehörde außer Gebrauch gesetzt worden, eigenmächtig wieder in Gang gebracht, so soll die Berechnung der Gefälle und der Defraudationsstrafe von der Stunde an geschehen, in welcher der letzte Verschluß stattfand, bi- zur Zeit der Entdeckung. Eben dasselbe findet, wenn ein Brenner andere gleichartige Theile der Destillirgeräthe, statt der außer Gebrauch gesetzten, zur Destillation benutzt hat, in sofern Anwendung, als nicht eine größere Gefälle-Ver­ kürzung ermittelt wird. §. 68. Ist eine Blase, die zu einem andern Gebrauche freigegeben worden, zum Brennen benutzt, so wird der Blasenzins und die Strafe

hauptsächlich der Brennereiinhaber verstanden. V- (Pl. 227 I.) 12. November 1856 c. Schlömer. Sergi, auch Nr. 3 d. KO. v. 10. Januar 1824, die Maischbottich­ steuer betr. 2) Das die Konfiskation von Brennercigerathen aussprechende Urtheil muß diese speziell, insbesondere nach der Zeit des stattgehabten Gebrauche« bezeichnen. S. (II. 337) 15. Januar 1863 c. Niemann. OR- 3 211. 3) Befindet sich ein Anderer, al« derjenige, gegen welchen da« KonfiSkationSurtheil ergangen ist, im Besitze der konfiSzirten Gefäße, so kann gegen diesen Dritten die Herausgabe durch Exekution aus jenen Erkenntnissen nicht erzwungen werden. Beschl. v. 17. März 1854. GA. 2 545. 4) Nach §. 66 kann die Uebertretung der Kontrollvorschrift de» §. 16 an dem­ jenigen Inhaber eine«Destillirgeräthe«, welcher keinBrenner ist, abgesehen von der durch den Gebrauch de« Geräth« zur Branntweinfabrikation etwa verwirkten Defraudationsstrafe, nur mit der Konfiskation de» Geräth» geahndet werden, wogegen die außerdem dem Brenner (cf. Nr. 1) angedrohte Geldbuße von 25 bi« 100 Thlrn. bei andern Inhabern eine» Destillirgeräth« wegfällt. BZ. (I. 192) 1. März 1865 c. Trepler. OR. 5. 535. — Sergi, auch die Bem. zu §. 17 de« M - u- SchlStÄv. 30. Mai 1820. 5) Bei Braumalzsteuerdefraudationen ist da« Braumalz selbst nicht zu konfisziren, außer wenn die Braumalzsteuer im Wege der Mahlsteuer erhoben wird. Res«, v. 17. Mai 1838. Schimmelfennig S- 729. 6) Wegen der Konfiskation vergl. auch §. 17 de» Mahl- u. SchlStGes. vom 30. Mai 1820.

Z« §. 67. 68 n. 71. Ueber die Abänderung dieser §§. vergl. §. 11 de« Regul. v. 1. Dezbr bei der KO. v. 10. Januar 1824, die Maischbottichsteuer betr.

1820,

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wie §. 67 berechnet, und dem Besitzer die Blase niemals wieder un­ versteuert freigegeben. §. 69. Eine Verletzung deS amtlichen Verschlusses der Destillirgeräthe zieht, auch wenn kein Verdacht einer Steuerkontravention dabei obwaltet, dennoch eine Geldstrafe von 2 bis 20 Thlrn. nach sich, fallS nicht glaubwürdig dargethan wird, daß die Verletzung durch einen vom Steuerschuldigen nicht verschuldeten Zufall entstanden, und davon so­ gleich nach der Entdeckung Anzeige geschehen ist. §. 70. Wer die im Fixationsvertrage (§. 14) festgesetzten Bedin­ gungen zur Benachtheiligung der Gefälle verletzt, hat die Strafe der Defraudation verwirkt, auch wird dadurch der bisherige Vertrag auf­ gehoben. §. 71. Wird in den Fällen, wo nach §. 13 des Steuergesetzes vom heutigen Tage eine zwölfstündige Versteuerungsfrist verstattet wor­ den ist, dieser Zeitraum, welcher jedenfalls von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends hindurch unabweichlich bestimmt wird, überschritten, oder in andern Stunden als von 6 bis 6 gebrannt, so ist neben der verwirkten Strafe der Defraudation, die Verstattung einer solchen Ver­ steuerungsfrist verloren, und selbige steht für den Kontravenienten nie wieder zu erlangen. §. 72. Brennereiberechtigte, welche die Bemerkung der Einmaischun­ gen in das Versteuerungsbuch nicht gehörig und vollständig, wie §. 22 vorgeschrieben worden, bewerkstelligen, werden, wenn das VersteuerungSbuch unrichtig befunden wird, oder abhanden gebracht ist, mit 2 bis 50 Thlrn. bestraft. Im ersten Wiederholungsfälle tritt Verdoppelung der Strafe, und im dritten UebertretungSfalle überdem der Verlust der Befugniß zur Betreibung der Brennerei ein. Auch derjenige, welcher sein Versteuerungsbuch nicht reinlich auf­ bewahrt, oder nicht bereit hält, solches jederzeit dem Revisionsbeamten gleich vorlegen zu können, wird schon deshalb um 1 bis 5 Thlr. be­ straft, wenn auch nicht erweislich ist, daß solches, um eine Kontra­ vention zu verbergen, weggeschafft oder beschädigt worden. §. 73. Brennerei-Inhaber, so wie andere §. 17 gedachte Per­ sonen, besonders alle Kupferschmiede, welche Destillirgeräthe der Be­ stimmung §.17 entgegen, ohne Anzeige beim Steueramt und darüber erhaltene Bescheinigung, einem Andern übergeben, verfallen in eine Zu § 69. Der Gewerbetreibende selbst ist princ. der Strafe verfallen; seine subsidiäre Haftbarkeit tritt nur ein, wenn der Thäter der Kontravention ermittelt ist. B. (I. 489) 29. Mai 1868 c. Kunzendorf. GA. 16. 503. Zu §. 72. Der Zweck dieser Bestimmung geht dahin, die Verbergung von Kontraventionen zu verhüten; die Erhaltung eines anständigen Aeußern des Versteuerung-buche- kann nur Nebenzweck sein. Daher ist die bloße Beschmutzung deS Buches, in welchem Alles leserlich bleibt, nicht strafbar. Z. (I. 103) 16. Januar 1857 c. Hammer. Zu § 73. Wegen Modifikation der zu §§. 66— 73 gegebenen Strafbestimmungen durch Veränderung des Blasenzinses in eine Maischsteuer vergl. §.11 deS Regul. v. 1. Dezbr. 1820 u. KO. v. 10. Januar 1824.

Hartmann, Strafgesetze.

2. Ausl.

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Strafe von 5 bis 20 Thlr., welche bei Wiederholungen von 20 btauf 50 Thlr. erhöht wird. §. 74. Wenn die Braupfannen und Bottiche oder die damit vor­ genommenen Veränderungen nicht, wie §. 28 vorgeschrieben ist, ange­ zeigt werden, so tritt die Konfiskation der verschwiegenen, veränderten oder ander- wohin gebrachten Geräthe ein. Ueberdem hat der Brauer eine Geldsttafe von 25 bis 100 Thlrn. verwirkt, welche im Wiederholungsfälle verdoppelt wird. Sind unangezeigte Braupfannen und Bottiche zum Brauen auch benutzt worden, so wird die dadurch begangene Defraudation noch be­ sonders nach §§. 61, 62 und 63 bestraft. §. 75. Hat ein Brauer ohne vorhergegangene Anmeldung und Versteuerung eingemaischt, so wird die Steuer und Bestrafung nach der Beschickung, die zu einem ganzen Gebräude genommen zu werden pflegt, voll berechnet. Hat er aber bloß eine Nachmaischung unbefugter Weise vorgenommen, so wird er, es mag eine Verkürzung der Gefälle er­ mittelt werden oder nicht, allemal in eine Strafe von 5 Thalern ge­ nommen, welche bei Wiederholungen verdoppelt wird. Die Sttafe der Defraudation besteht unabhängig hiervon, wenn eine Verkürzung der Gefälle stattgefunden hat. §. 76. Wer bloß zum eignen Hausbedarf zu brauen die Besugniß erhalten hat und Bier gegen Bezahlung ausschenkt, oder außer seiner Wohnung an Personen, welche nicht zum Hausstande zu rechnen sind, gegen Bezahlung oder Vergeltung überläßt, hat, sofern die Steuer und gewöhnliche Defraudationsstrafe nicht höher ermittelt wird, 10 Thlr. Sttafe zu erlegen, und wird mit Rücksicht hierauf bei Wiederholungen nach den allgemeinen Bestimmungen §§. 62, 63 bestraft. §. 77. Wem die freie Zubereitung von Bier und Malzschroot verstattet ist, der verfällt, wenn er eS unterläßt, jährlich einen Anmel­ dungsschein sich deshalb auSzuwirken (§. 35), in eine Ordnungsstrafe von 1 bis 3 Thlrn., die bei Wiederholungen von 2 bis zu 10 Thlrn. steigt. §. 78. Hat ein Brauer zu einer andern Zeit, als welche vorge­ schrieben (§. 32), und von ihm angezeigt worden, oder vor Ablauf der Stunde, welche auf den Steuerbeamten gewartet werden muß (§. 33), eingemaischt, so verfällt er in eine Strafe von 2 Thlrn., welche bei

Zu ß. 74.

Die Strafe ist erst dann verwirkt, wenn die neuen Braugeriithe in dem Brau­ lokale aufgestellt sind. Präj il. 909) v. 31. August 1840. Unter „Bottichen" im Sinne der 6$. 28 u. 74 sind übrigen» nur solche Geräthe kubischen Inhalts zu verstehen, welche als Haupt- oder Hülfsgefäße zum Brauen benutzt werden können. R. (II. 409) 17. Dezbr. 1868 c. Troost. OR. 9 748.

Zu §. 75. Der Brauer, welcher eine angezeigte Einmaischung vor der angezeigtcn Zeit vor­ nimmt, verwirkt neben der Ordnungsstrafe auch noch die DefraudationSstrafe mit Rücksicht auf dasjenige Malzschrootqnantum, um welche- die Deklaration unter einem vollen G.bräude geblieben war (cf. §. 78). V. (1.143) 10 Febr. 1869 c. Steinborn. OR. 10. 82.

Zn §. 77. Bergl. Note zu §. 21 des Ges. v. 8. Febr. 1819.

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Wiederholungen auf 5 bis 20 Thlr. erhöhet wird. Außerdem muß, wenn nicht die Beschickung für ein volles Gebräude angemeldet sein sollte, die Steuer und die Strafe für so viel Malzschroot erlegt werden, als zu einem vollen Gebräude mehr genommen zu werden Pflegt, als im vorliegenden Falle angemeldet worden. §. 79. Brauerei-Inhaber und andere im §. 28 erwähnte Per­ sonen, besonders Kupferschmiede, welche Braupfannen der Vorschrift des §. 28 zuwider, ohne Anzeige bei dem Steueramte und darüber erhaltene Bescheinigung, einem Andern übergeben, fallen in eine Strafe von 5 bis 20 Thlrn., welche bei Wiederholungen von 20 bis 50 Thlr. zu erhöhen ist. §. 80. Die Strafe der Defraudation der Steuer von dem Wein­ most, imgleichen von den Tabaksblättern findet insbesondere Statt, wenn in den Angaben, welche über den Ertrag der Erndte eingereicht werden, solcher über ein Zehntel zu gering angegeben ist, oder auch bei der Revision Vorräthe an früher nicht bezeichneten Orten vorge­ funden werden. §. 81. Wer Tabak anpflanzt und nicht zur gehörigen Zeit oder unrichtig die Vage und den Flächeninhalt der mit Tabak bepflanzten Grundstücke, auch diesen über 7IO zu gering angegeben hat, soll einen Thaler Strafe erlegen; wenn aber die strafbar verschwiegene Grund­ fläche mehr als 15 Ruthen beträgt, soll fortlaufend für jede 15 Ruthen mehr die Strafe um einen Thaler erhöht werden. §. 82. Wer die Hälfte der aufgenommenen Bestände an Wein oder Tabaksblättern einem Andern überläßt, und nicht innerhalb des Verlaufs von 8 Tagen nachher die Steuer vom ganzen entrichtet, be­ zahlt ein Viertel der Steuer als Strafe. §. 83. Wer Brauerei als Gewerbe und Branntweinbrennerei, Weinbau und Tabaksbau betreibt, muß für sein Gesinde, Diener Gewerbögehülfen und seine im Hause befindliche Ehegattin, Kinder und Anverwandten, was die verwirkten Strafen betrifft, mit seinem Ver­ mögen haften (Deklaration vom 19. Oktober 1812), jedoch nur dann, wenn die Geldstrafe wegen Unvermögens des eigentlichen Verbrechers, so wie auch die an deren Stelle zu erkennende Gefängnißstrase nicht zur Vollziehung gebracht werden kann.

Zu §. 82. Der ?. 82 war bezüglich der Weinsteuer schon durch §. 10 bc8 Ges. v. 25. Scptbr. 1820 aufgehoben; daö Gesetz vom 15. April 1865 hat demnächst die Weinsteuer über­ haupt beseitigt. Wegen der TabakSstcuer vergl. die KO. v. 29. März 1828.

Zu §. 83. 1 Die in §. 83 allegirte Deklaration vom 19. Oct. 1812 (GS. S. 193) besagte folgendes: Wir Friedrich Wilhelm finden uns durch die über die Auslegung der §§. 293 und 294 Tit. 20. Th. 2 ALR entstandenen Zweifel veranlaßt, hierdurch zu erklären und sestzusetzen: Daß die daselbst vorgeschriebene Verhaftung niehrerer Gewerbtreibender und anderer Personen für die Kontraventionen und Defraudationen ihres GestndeS und ihrer Angehörigen fich nicht blos auf die Konfiskation der Waaren oder Sachen, woran das Vergehen verübt worden, sondern auch aus die verwirkte Geld-

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strafe beziehe. Wir befehlen Unsern Regierungen und Gerichten sich nach dieser De­ klaration gebührend zu achtenr*. Demnächst erging am 6. Okt. 1821 (GS. S. 187) eine anderweite Deklaration, welche also lautet: --------------- „bestimme Ich, daß, wenn die verbotwidrige Handlung oder Unter­ lassung in den Gesetzen mit einer Geldstrafe verpönt ist, der subsidiarisch Verhaftete selbige zu zahlen verpflichtet ist, wenn sie wegen Unvermögend ded eigentlichen Ver­ brecher- an demselben nicht zur Vollziehung gebracht werden kann, und daß die kör­ perliche Strafe an dem eigentlichen Verbrecher erst dann zu vollziehen ist, wenn der subsidiarisch Verhaftete zur Zahlung der Geldbuße ebenfalls nicht im Stande sein sollte; dagegen in denjenigen Wiederholungsfällen, wo nach den §§. 113 u. 114 der Zoll- u. Verbrauchssteuer-Ordnung vom 26. Mai 1818 anstatt der Geldbuße auf verhültnißmäßige Gefängniß-, Zuchthaus- oder Festungsstrafe zu erkennen ist, die subsidiarische Zahlungsverpflichtung einer dafür eintretenden verhältnißmäßigen Geld­ strafe erst eintreten soll, sofern die körperliche Strafe an dem eigentlichen Verbrecher nicht zur Vollziehung gebracht werden kann." — Dagegen besagt daS Gesetz vom 21. September 1860, wegen Abänderung des § 83 der Steuerordnung v 8. Febr. 1819 u. der Deklaration v, 6. Dkt. 1821 (GS. S. 433\ seit dessen Erscheinen auf einen großen Theil der zahlreich ergangenen, auf §. 83 bezüglichen Erkenntnisse nicht mehr zurückgegangen zu werden braucht, solgendermaaßen: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden, Prinz von Preußen, Regent, verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, wie folgt: §. 1. Der 83 der Steuer-Ordnung v. 8. Februar 1819 (GS. S. 102) und die Deklaration v. 6. Oktbr. 1821 (GS. S. 187) werden aufgehoben. An deren Stelle treten folgende Bestimmungen: §. 2 Wer Brauerei als Gewerbe, Branntweinbrennerei, Weinbau oder Tabaksbau betreibt, muß für sein Gesinde, seine Diener, Gewerbsgehülsen und seine im Hause befindliche Ehegattin, Kinder und Anverwandte rückstchtlich der wegen Verletzung der Gesetze über die Braumalz-, Branntwein-, Wein- und Tabakssteuer verhängten Defraudatio nS-Strafen, sofern sie in Geldbußen bestehen, mit seinem Vermögen haften. Dasselbe gilt von den Gefällen, zu deren Zahlung eine der vor­ gedachten Personen wegen einer Zuwiderhandlung der genannten Art verurtheilt worden ist. Rücksichtlich der verwirkten Kontraventions-Strafen tritt dieselbe HastungSverbindlichkeit ein; es kaun jedoch im Falle mehrerer oder wiederholter Kontraven­ tionen derselben Art bei gleichzeitiger Entdeckung die KontraventionS-Strafe, ins­ besondere die durch die KO. v. 10. Januar 1824 ad 5 verhängte Ordnungsstrafe von Einhundert Thalern gegen den subsidiarisch Verpflichteten gleichwie gegen die eigentlichen Thäter oder Theilnehmer nur in dem einmaligen Betrage festgesetzt werden. §. 3. Der Steuerverwaltung bleibt in dem Fall, wenn die Geldbuße von dem Derurtheilten nicht beigetrieben werden kann, Vorbehalten, die Geldbuße von dem subsidiarisch Verhafteten einzuziehen, oder statt dessen, und mit Verzichtung hierauf, die im Unvermögensfalle an die Stelle der Geldbuße treteude Freiheitsstrafe sogleich an dem Angeschuldigten vollstrecken zu lassen, ohne daß letzteren Falles die Verbind­ lichkeit des subsidiarisch Verhafteten rücksichtlich der Gefälle dadurch aufgehoben wird. §. 4. Soweit in Gesetzen über Abgaben in Ansehung der Vertretungsver­ bindlichkeit keine besonderen Anordnungen getroffen, vielmehr statt dessen die Be­ stimmungen des §. 83 der Steuer-Ordnung v. 8. Februar 1819 und der Deklaration v. 6. Oktbr, 1821 für anwendbar erklärt worden sind, treten fortan die Vorschriften der §§. 2 und 3 dieses Gesetzes an die Stelle des §. 83 der Steuer-Ordnung vom 8. Februar 1819 und der Deklaration v. 6. Oktbr. 1821. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Berlin, den 21. September 1860. Wilhelm, Prinz von Preußen, Regent. Neuerdings sind über die subsidiarische Haftung des Brauerei-Unternehmer- und

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des Brennerei-Unternehmers für Zuwiderhandlungen gegen die Steuergesetze durch Verwalter, GewerbSgehülfen und Hausgenossen unterm 8. Juli 1868 zwei Bundes­ gesetze ergangen. Von diesen lautet A. das die Braumalzsteuer Mr. Gesetz folgendermaaßen (BGBl. S. 403): Wir Wilhelm rc. rc. verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimniung deS Bundesrathes und des Reichstages, für daS innerhalb der Zolllinie deS Zollvereins liegende Gebiet des Norddeutschen Bundes, soweit nicht daS Gesetz vom 4. d. M. wegen Besteuerung deS Braumalzes in verschiedenen zum Nord­ deutschen Bunde gehörenden Staaten und Gebietstheilen (BGBl. S- 375) Anwen­ dung findet, und mit Ausschluß der Hohenzollernschen Lande, der Oberhesfischen Ge­ bietstheile deS Dorderqerichts Ostheim und des Amtes Königsberg, was folgt: §. 1. Wer Brauerei als bewerbe treibt, hastet, was die durch die Braumalz­ steuer-Gesetzgebung verhängten Geldstrafen betrifft, mit seinem Vermögen für seine Verwalter, GewerbSgehülfen, sowie für diejenigen Hausgenossen, welche in der Lage find, auf den Gewerbebetrieb Einfluß zu üben, wenn 1) diese Geldstrafen von dem eigentlich Schuldigen wegen Unvermögens nicht bei­ getrieben werden können, und zugleich 2) der Nachweis gebracht wird, daß der Brauereitreibende bei Auswahl und An­ stellung der Verwalter und GewerbSgehülfen, oder bet Beaufsichtigung derselben, sowie der Eingang« bezeichneten Hausgenossen fahrlässig, d. h. nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu Werke gegangen ist. Als solche Fahrlässigkeit gilt insbesondere die wissentliche Anstellung, be­ ziehungsweise Beibehaltung eines wegen Braumalzsteuer-Defraudation bereitbestraften Verwalters oder GewerbSgehülfen, falls nicht die oberste Finanzbehörde die Anstellung, beziehun Sweise Beibehaltung eines solchen genehmigt hat. Ist ein Brauereibetreibender, welcher nach den Bestimmungen dieses Gesetzes subsidiarisch in Anspruch genommen wird, bereits wegen einer von ihm selbst in der nachgewiesenen Absicht der Steuerverkürzung begangenen BraumalzsteuerDefraudation bestraft, so hat derselbe die Vermuthung fahrlässigen Verhaltens so lange gegen sich, als er nicht nachweist, daß er bei Anstellung, beziehungs­ weise Beaufsichtigung seines Eingangs bezeichneten HülsSpersonals die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes angewendet hat. §. 2. Hinsichtlich der in Folge einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften der Braumalzsteuer-Gesetzgebung vorenthaltenen Steuer haftet der Brauereitreibende für die im §. 1 bezeichneten Personen mit seinem Vermögen, wenn die Steuer von dem eigentlich Schuldigen wegen Unvermögens nicht beigetrieben werden kann. ' §• 3 Zur Erlegung von Geldstrafen auf Grund der subsidiarischen Haftung in Gemäßheit der Vorschriften des §. 1 dieses Gesetzes kann der Brauereitreibende nur durch richterliches Erkenntniß verurtheilt werden. §. 4. Die Befugniß der Steuerverwaltung, statt der Einziehung der Geldbuße von dem subsidiarisch Verhafteten und unter Verzicht hierauf, die im UnvermögenSfalle an die Stelle der Geldbuße zu verhängende Freiheitsstrafe sogleich an dem eigentlich Schuldigen vollstrecken zu lassen, wird durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt. §. 5. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Oktober 1868 in Kraft und sind von diesem Zeitpunkte ab alle entgegenstehenden Bestimmungen aufgehoben. Urkundlich rc. rc. Gegeben Schloß Babelsberg, den 8. Juli 1868. Wilhelm. B. Das zweite die Branntweinsteuer betreffende Gesetz vom 8. Juli 1868 (BGBl. S. 404) enthält bezüglich der subsidiarischen Haftung des Brennerei-UnteruehmerS dieselben Festsetzungen, welche das Gesetz zu A bezüglich deS Brauerei-Un­ ternehmers .-egeben hat. Nur lautet der Eingang folgendermaaßen: Wir Wilhelm rc. rc. verordnen im Namen deS Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, für daS innerhalb der Zolllinie liegende Gebiet des Norddeutschen Bundes, soweit nicht daS Gesetz vom 4. Mai d. I., betreffend die Erhebung einer Abgabe von der Branntweinbereitung in den Hohenzollernschen Landen (BGBl. S. 151) sowie daS Gesetz vom heutigen

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Tage, betr. die Besteuerung des Branntweins in verschiedenen, zum Norddeutschen Bunde gehörigen Staaten und GebietStbeilen (BGBl. S. 384) Anwendung findet, und mit Ausschluß des LordergerichtS Ostheim und des Amtes Königsberg, waS folgt: Sodann besagt §. 1: „Wer Brennerei treibt, haftet" u. s. w.; wahrend zusätz­ lich bestimmt ist: Zu §. 2. „In denjenigen Fällen jedoch, in welchen die Berechnung der vor­ enthaltenen Steuer lediglich auf Grund der in der Branntweinsteuer-Gesetzgebung vorgeschriebenen Vermuthungen erfolgt, tritt die subsidiarische Haftbarkeit der Bren­ nereitreibenden nur unter den durch §. 1. Nr. 2 bestimmten Voraussetzungen ein " Zu §. 3. „Dasselbe gilt für die Erlangung der vorenthaltenen Steuer, welche auf Grund der in der Branntweinsteuer-Gesetzgebung vorgeschriebenen Vermuthun­ gen berechnet wird." 1 a) Die Vorschriften, welche das Gesetz über die Braumalzsteuer v. 8. Juni 1868 in den §§. 1—4 enthält, sind auch in 8. 38 deö mit dem 1. Januar 1873 in Kraft tretenden ReichSgesctzeS über Erhebung der Bransteuer (RGBl. S. 153) über­

nommen. 1 b) Ueber die subsidiäre Haftbarkeit Gewerbetreibender ist schon vor den Bundes­ gesetzen vom 8 Juli 1868 eine reichhaltige Judikatur vorhanden, die auch nach dem Erscheinen jener Gesetze ihre Bedeutung hat. ES wird daher auf nachstehende Be­ merkungen hingewiesen. 2) Die Vorschrift in §. 2. Abs. 2 des Ges. v. 21. Septbr. 1860 ist nicht als eine Deklaration, sondern als eine neue gesetzliche Vorschrift anzusehen. Z. (I. 1058) 23. Novbr. 1860 c. Lüdtke. OR. 1. 149 3) Die subsidiäre Haftbarkeit bezieht sich auch auf die in §. 90 angedrohten Geldbußen. Z. (I 747) 13. Septbr. 1861 c. Kronek. OR. 1. 533; nicht aber auf die in §. 88 angedrohten Strafen. Beschl. (II.) 15. Dzbr. 1859 c. v. Kotze (74. ö.) GA. 8. 553. 4 Der Sequester einer Brauerei gehört nicht zu den subsidiarisch haftbaren Personen Präj (I. 231) v. 17. April 1837. Für die subsidiarische Haftbarkeit ist nur das im Gesetze angedeutete Verhältniß entscheidend; ob daö Vergehen durch den subsidiarisch Haftenden hätte gehindert werden können, ist einflußlos. V. (I. 1237) 13. Dezbr. 1854 c. Dähmelt. 5) Die subsidiarische Haftbarkeit eines Meisters für die von seinem Gesellen verwirkte Geldstrafe setzt voraus, daß die Handlung des Gesellen wenigstens in irgend einer Beztehung zu dem Gewerbebetriebe seines Meisters stehe. V. (I. 71) 20. Ja­ nuar 1858 c. Jlgner. GA. 6. 264. Ist dies aber der Fall, so macht es keinen Unterschied, ob der Gewerbetreibende neben diesem Gewerbe noch ein anderes betreibt, und die Defraude des Gehülfen in Ausübung dieses letztern verübt worden ist. Z. V. (I. 834) 6. Novbr. 1861 c. Haberkorn. OR. 2. 39. 6) Die subsidiäre Haftbarkeit des Dienstherrn erstreckt sich auch auf solche Per­ sonen, welche nur gegen Tagelohn bei ihm dienen. Z (I. 136) 29. Januar 1858 c. Brey; auch auf solche, die als Arbeiter vorübergehend beim Betriebe des Gewerbes beschäftigt sind. Z. (I. 747) 13 Septbr. 1861 c. Kroneck. OR. 1. 533. Contra: Präj. (I. 804) v. 21. Januar 1840 7) Auch nach dem Gesetze v. 21. Septbr. 1860 hastet der Branntweinbrenner für die von seinem Tagelöhner in seinem Dienste verübte Defraude. Z. (I. 7) 14 Januar 1863 c. Rosenberger. OR. 3. 204. 8) Während früher angenommen war, daß, wenn die in §. 83, — und in §. 19 des Zollstrafgesetzes v. 23 Januar 1838 — gedachten Gewerbetreibenden als An­ stifter der von ihrem Gesinde rc. begangenen Steuer- und Zollvergehen zu einer eigenen Geldbuße verurtheilt worden, dann ihre subsidiarische Vertretungs-Verbind­ lichkeit für die Geldstrafen des Gesindes we falle. — V. Präj (II. 411) 19. Oktbr. 1854 c. Hintfch GA. 3 126. V. (I 360) 4. Mai 1855 c Nabbat — brachte daS Plenum den Grundsatz zur Geltung, daß die subsidiarische Verantwortlichkeit der Ge­ werbetreibenden auch dann eintrete f wenn sie als Anstifter zu eigener Strafe verur­ theilt worden. Gleichzeitig wurde auch angenommen, daß mehrere als Thäter oder Anstifter an einer und derselben ordnungswidrigen Einmaischung Betheiligte nur in

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den einmaligen Betrag der 100 Thlr- gemeinschaftlich und solidarisch verfallen seien, so daß zwar gegen den Einzelnen der ganze Betrag verfolgt werden könne, so lange und soweit dieser von den Andern noch nicht erlegt sei, bei gleichzeitiger Verfolgung gegen Alle dieselben aber zur gemeinschaftlichen Erlegung zu gleichen Theilen und mit solidarischer Haft zu verurtheilen seien. B. (Pl. II. 227) 12. Novbr. 1855 c. Schlömer GA 4. 238. Nach dem Erscheinen des Ges- v 21. Septbr. 1860 ist dann in B- (II. 337/62) 15 Januar 2863 c. Niemann ausgesprochen, daß, wenn eine Mehrheit von Branntwein-Steuer-Kontraventionen gegen Nr. 5 der KO. vom 10 Januar 1824 gleichzeitig entdeckt wird, die Strafe, selbst dann, wenn dabei ver­ schiedene Thäter oder Theilnehmer mitgewirkt haben, doch nur im einmaligen Be­ trage verwirkt ist. und die Schuldigen dafür zu gleichen Theilen und solidarisch für das Ganze zu hasten haben. Auch der Brennereibesitzer hat daher subsidiarisch nur für den einmaligen Betrag einzuftehen; ist er aber selbst Theilnehmergewesen, so wird durch die ihn dieserhalb treffende Strafe jene subsidiäre Haftbarkeit absorbirt. OR. 3. 211.

9) Die Steuerordnung geht davon aus, daß die DefraudationS - und KontraventionSstrafen in der Regel von dem Steuerpflichtigen selbst, als demjenigen, der dem FiSkuS für die Befolgung der gesetzlichen Vorschriften verantwortlich ist, verwirkt wird, und nur ausnahmsweise soll nach §. 83, resp, dem Gesetze vom 21. Septbr. 1860 der Gewerbetreibende nur subsidiarisch haften, sobald feststeht, daß die die Strafthat bildende Handlung nicht von dem Gewerbetreibenden selbst, sondern von seinem Gesinde, seinen Angehörigen oder GewerbSgehülfen begangen ist. Wo ein solcher AuSnabmefall nicht vorliegt, bleibt es bei der die Regel bildenden unmittel­ baren Verantwortlichkeit des Gewerbetreibenden selbst. B. (I. 265) 24. Mai 1865 c. Kittel. OR. 6. 144. Z (II. 393' 29. Novbr. 1866 c. Unding. OR. 7. 676. D. (I 489) 29 Mai 1868 c. Kunzendorf. JMBl. S. 249. — Im Uebrigen, und über den Begriff des „Brauers" vergl. KO. v. 10. Januar 1824, die Bransteuer betreffend. 10) Der Brennereibesitzer kann seine Haftbarkeit nicht durch eine Vollmacht auf einen GewerbSgehülfen übertragen. D- (L 489) 29. Mai 1868 c. Kunzendorf. OR. 9. 355. JMBl. S. 249.

11) ES hastet zwar derjenige, welcher daS Müllergewerbe treibt, unmitttelbar und selbstständig für die in seiner Mühle begangenen Defraudationen und Kontraventionen; steht aber fest, daß nicht der Gewerbetreibende selbst, sondern einer seiner GewerbSgehülfen rc. der ei entliehe Defraudant ist, so haftet der Gewerbe­ treibende nur subsidiarisch. Dieser Satz ist angewendet auf §. 2 deS Gesetzes vom 2. April 1852, wo in einem Falle steuerpflichtiges Getreide ohne einen von der Steuerbehörde ausgefertigten, mit dem Mahlgute nach Art und Menge übereinstim­ menden Steuerschein nicht von dem Müller selbst, sondern ohne dessen Willen und Wissen von seinem Werkführer zum Vermahlen angenommen war. V. (I. 100) 16. Februar 1866 c. Klatt. OR. 7. 106 V. (I. 432) 4. Mai 1866 c. Klatt. OR. 7. 273. Z. (I. 72) 25. Januar 1867 c. Wolf. — Wenn in einem solchen Falle nur die subsidiarische Haftbarkeit dessen, welcher daS Müllergewerbe betreibt, begründet ist, letzterer aber allein als eigentl ich er Defraudant angeklagt war, kann der Angeschuldi te nicht unbedingt freigesprochen werden, sondern eS ist der Staats­ anwaltschaft und der Steuerbehörde die Erneuerung der Anklage wegen der subsi­ diarischen Haftbarkeit des Angeklagten vorzubehalten. Z. (I. 253) 27. März 1867 c. Wolf. OR. 8. 212.

12) In einem Falle, wo ein Fleischer blos die Anweisung ertheilt hatte, daß in seiner Abwesenheit ein Schwein geschlachtet werden solle, der daS Schlachten bewirkende Gewerbsgehülfe es aber unterlassen hatte, die Schlachtung anzumelden, und das Schwein zu versteuern, ist der Fleischer nicht als Defraudant angesehen, sondern nur für seine Gehülfen subsidiarisch haftbar erklärt. Z. (I. 317) 9. März 1853 c. Müller.

13) Wenn ein Fleischer erkauftes Schlachtvieh nach seinem Wohnorte treiben läßt, so stellt solches eine Gewerbshandlung dar. Bedient er sich dazu eines Tage-

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§. 84. Treten bei einer Kontravention gegen die Steuerverord­ nungen andere Verbrechen hinzu, so kommen die Vorschriften deS ALR. Th. 2. Tit. 20. §. 54 bis 57 in Anwendung. löhnerS und begeht dieser dabei eine Steuerkontravention, so ist der Fleischer subsidiarisch verhaftet. V. (I. 1071) 13 Novbr. 1863 c. Käser. GA. 12. 54. 14) Was im Falle einer Steuerkontravention für den Fall des UnvermöenS des Kontravenienten von einem Andern subsidiarisch zu zahlen ist, hat die Natur einer wirklichen Strafe, worauf auch §. 20 des StrGBuches Anwendung findet. Z. (I. 260) 10. März 1854 c. Nowack. Weil es sich aber um ein Strafverfahren handelt, so steht dem nach dem Gesetze subsidiarisch Haftenden eine Beschwerde gegen den Beschluß, welcher die Eröffnung der Untersuchung ausspricht, gemäß Art. 16 des G. v. 3. Mai 1852 nicht zu. Beschl. 4 Juli 1861 c. v. d. Borch (II. 39 B). OR. 1.492. 15) Derjenige, welcher verurtheilt wird, für die gegen einen Andern verhängte Maischsteuerstrafe zu haften, muß auch die durch die betreffende Untersuchung veran­ laßten Kosten tragen. Z. (L 115V 21. Januar 1862 c. v. Bethmann. OR. 2. 258. 16) Wenn der subsidiarisch Verhaftete gegen das Resolut der Steuerbehörde auf gerichtliche Entscheidung angetragen und die Strafbarkeit des Hauptangeschuldigten bestritten hat, so unterliegt die letztere der richterlichen Beurtheilung selbst dann, wenn der Hauptangeschuldigte sich bei dem Resolute beruhigt hat. V. (I. 1326) 22. Januar 1858 c. Roserus. 17) Die Rechtskraft eines den Gewerbegehülfen eines Branntweinbrenners wegen Steuerkontravention verurtheilenden und die Konfiskation der mißbrauchten Geräthe aussprechenden erstrichterlichen Urtheils hindert den Appellationsrichter nicht, auf die alleinige Appellation des für Strafe und Kosten haftbaren Dienstherrn, diesem gegenüber die Konfiskation aufzuheben, wenn er findet, daß die Geräthe dem letzteren gehören und daß die angebliche Kontravention gar nicht begangen ist. Z. (I. 33) 11. März 1868 c. Retzlaff. OR. 9.190. 18) Die auf die Civilhaftbarkeit der Dienstherrn rc. für die Steuervergehen ihrer Gewerbsgehülfen bezüglichen Gesetze sind „Strafgesetze". Der Richter der höhern Instanz muß daher ein in der Zwischenzeit wirksam gewordenes milderes Strafgesetz i (z. B. das Bundesgesetz v. 8. Juli 1868 BGBl. S. 384) berücksichtigen. Z. (I. 310) 7. April 1869 c. Stein. OR. 10. 200. Erk. d OAG. v. 14. April 1869 c. Gotsch. OR. 10. 222. B. (I. 595) 16. Juni 1869. OR. 10. 418. Erk d. OAG. v. 27. Okt. 1869 c. Mertens. OR. 10. 666. BZ. (I. 365) 18. Mai 1870 e.Radau. OR. 11.315. 19) Die für die subsidiarische Haftbarkeit Dritter zu §. 83 gegebenen Vorschriften finden auf Gewerbesteuervergehen keine Anwendung. Vergl. §. 39 des Gew.StGes. v. 30. Mai 1820. 20) Bei Mahl- und Schlachtsteuerdefrauden ist in Betreff der Ver­ tretungsverbindlichkeit des Dienstherrn das Gesetz v. 21. Septbr. 1860, nicht aber das Bundesges. v. 8. Juli 1868 maaßgebend. Z (I 47) 21. Jan. 1870 c. Levy. OR. 11.52. 21) Der Brennereiunternehmer haftet für die Kosten einer administrativen Untersuchung wegen Maischsteuervergehen nicht, wenn es sich in derselben rücksichtlich seiner ausschließlich nur um die durch das Gesetz v. 8. Juli 1868 auferlegte sub­ sidiäre Haftbarkeit für die Gefälle handelt. Verf. des Gen.-Steuer-Dir. v. 6. Aug. 1869. MBl d. i. V. 1870. S. 39. 22) Ein Brauereibesitzer haftet für die durch seine Gewerbsgehülfen verübten Steuerhinterziehungen auch dann, wenn er sich selbst an der Hinterziehung betheiligt hat und deshalb als Mitthäter bestraft wird. Wird die Brauerei von einer Kom­ manditgesellschaft betrieben, so haftet der Komplementär persönlich für die von den Gewerbsgehülfen verübten Steuerhinterziehungen. Z. (II. 207) 23. Septbr. 1870 c. Classen. OR. 11. 474. 23) Ueber die Haftbarkeit des Brennereitreibenden hat der Strafrichter nur, wenn die Voraussetzungen des §. 3 des Ges. v 8. Juli 1868 vorhanden sind, zu erkennen. VZ. (I. 675) 15. Novbr. 1871 c. Kwiatkowski. OR. 12. 579.

Zu 8- 84-87. 1) Zu §. 84 vergl. gegenwärtig §. 73 ff. des RStrGB.

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tz. 85. Ist mit einer Defraudation zugleich eine Verletzung be­ sonderer Vorschriften dieser Ordnung verbunden, so tritt die darauf gesetzte Strafe in der Regel der Strafe der Defraudation hinzu. §. 86. Wer, um dem Staate die schuldigen Gefälle zu entziehen, sich verfälschter und überhaupt unrichtiger Papiere oder Bescheinigungen bedient, soll dafür besonders mit der durch die allgemeinen Strafgesetze für solche Fälschungen angeordneten Ahndung durch das Gericht, wel­ ches das für dergleichen Vergehen zuständige ist, belegt werden. §. 87. Die vorbestimmte Strafe trifft auch denjenigen, welcher in gleicher Absicht, durch Abnahme, Verletzung oder sonstige Unbrauch­ barmachung des amtlichen Verschlusses, wodurch Destillirgeräthe außer Gebrauch gesetzt worden, mit oder auch ohne Anlegung eines andern, durch eigenmächtige Veränderung des auf Veranlassung der Steuerbe­ hörde eingegrabenen Vermerks der Größe einer Branntweinblase, durch Veränderung oder Nachmachung der Stempel oder Nummern auf den Geräthen eine Fälschung begeht. §. 88. Wer einem zur Wahrnehmung des Steuerinteresses ver­ pflichteten Beamten, mit welchem er im Amte zu thun hat, Geld oder 2) In den Fällen, wo die Braumalzsteuer als Mahlsteuer erhoben wird, zieht die Verletzung rc. des amtlichen Verschlusses der Mahlgeräthe die Strafe des §. 87 nach sich. Diese Strafe ist die der Urkundenfälschung, wenn eine beweisende amtliche Feststellung in der Art verändert worden ist, daß sie jetzt den Nachweis einer un­ wahren Thatsache in sich schließt; in den andern Fällen tritt die Strafe des Be­ truges ein, wenn seine Voraussetzungen vorliegen. Beschl. (I. 250 20 Dezbr 1861 c. Pfuhl. OR. 2. 178. — Wenngleich eine Steuer- (Zoll) Defraudation nicht um deshalb, weil dabei Beamte in Irrthum versetzt sind, auch noch besonders mit der Betrugsstrafe belegt werden kann, so gilt doch das Gegentheil da, wo das betr Ges. (§. 84. 86. 87 oben, und §. 23. 24 des Zollstrafgesetzes) solches ausdrücklich vor­ schreibt, z. B. bei dem Falle, wo die Defraudation durch Verletzung rc. eines amt­ lichen Verschlusses verübt wird. V (I. 163) 27. Februar 1863 c. Pfuhl. OR. 3. 315 Der Thatbestand des $. 87 liegt aber nicht blos dann vor, wenn der amt­ liche Verschluß unmittelbar verletzt oder unbrauchbar gemacht worden ist, sondern auch daun, wenn beispielsweise der amtliche Verschluß dadurch illusorisch gemacht wird, daß der Deckel des amtlich verschlossenen MalzschrootkastenS in irgend einer Weise entfernt und so die Oeffnung des Kastens, ohne Verletzung des amtlichen DerschluffeS, ohne Wissen der Steuerbehörde ermöglicht und bewirkt worden ist. Wer durch Benutzung einer derartigen Verschlußverletzung die Steuerbeamten täuscht und eine Defraude begeht, verwirkt die Strafe des Betruges, selbst wenn er jene Ver­ letzung nicht selbst vorgenommen hatte. V. (I. 1109) 12. Febr. 1868 c. Umpfenbach. OR 9. 126. 3) Ist zum Zweck einer Steuerdesraude eine intellectuelle Urkundenfälschung begangen, so liegt, wenn demnächst die Defraudation selbst stattfindet, ein Fall realer Konkurrenz vor! Z. (I.) 18. Febr. 1859 c. BoaS. GA. 7. 409; Z. (1.) 5. Ott.

1860 c. BoaS. GA. 8. 804 4) Alle Vermerke, welche der revidirende Beamte in das DersteuerungSbuch über die Revision und deren Ergebniß eingetragen hat, sind amtliche, und jede Fäl­ schung eines solchen Vermerks fällt unter den Begriff der Fälschung einer öffentlichen Urkunde. ZMRescr. v. 11. April 1834. v. K. Iabrb. 43. 665. Zu §. d8. 1) Derselbe ist durch $.311 des StrGBucheS, welchem der §. 333 des RStrtAB. im Wesentlichen entspricht, nicht als aufgehoben zu erachten. Z. (I. Präj. 356) 30. März 1855 c. Franke. EA. 3. 559. B. (1. 997) 19. Oft. 1855 c. Busch. Derselbe gilt vielmehr noch, und zwar in Widerspruch mit dem StrGBuche in der Ausdehnung

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Geldeswerth zum Geschenke anbietet, oder wirklich macht, soll den vier und zwanzigfachen Betrag des angebotenen oder gegebenen Geschenks zur Strafe erlegen. Ist über den Betrag nichts auszumitteln, so tritt eine Geldbuße von zehn Thlrn. ein. §. 89. Eine jede Widersetzlichkeit gegen die in Ausübung ihres Amts begriffenen Personen, mögen eS Steuer- oder andere zur Wahr­ nehmung des Steuerinteresses verpflichtete Beamte sein, so wie auch eine Versagung der Hilfsleistung, deren die Beamten bei ihrem Re­ visionsgeschäfte abseiten der Gewerbetreibenden bedürfen (§. 55), soll an dem Schuldigen mit 10 bis 50 Thalern oder mit verhältnißmäßiger Gefängnißstrafe geahndet werden. Die Wahl der Strafgattung bleibt nach Umständen eines jeden einzelnen Falles der Behörde überlassen, welche in der Sache selbst zu entscheiden hat. Sind aber mit einer solchen Widersetzlichkeit zugleich wörtliche oder thätliche Beleidigungen verübt, so treten die dafür gel­ tenden allgemeinen Strafbestimmungen in Kraft. Jeder etwanige Mißbrauch der Amtsgewalt von Seiten der Be­ amten wirkt eine Milderung der Strafbarkeit desjenigen, der sich wider­ setzt hat.

baß danach auch das Gewähren von Geschenken für nicht pflichtwidrige Amtshandfangen überhaupt gestraft wird. Der §. 88 hat überhaupt nur den einen Thatbe­ stand: der Anbietung oder Gewährung von Geschenken an Steuer! eamte, mit denen man im Amte zu thun hat. Er unterscheidet nicht die beiden Fälle: a) für pflicht­ widrige Handlungen, b) für nicht pflichtwidrige Handlungen. Die nothwendige Folge ist somit, daß §. 88 den Thatbestand des StrGBucheS unmittelbar, aber nicht als besondere Qualifikation mit umfaßt, und daß daher der §. 311 neben dem §. 88 gar nicht zur Anwendung kommt. Ist daher der Angeklagte aus §. 311 StrGD. freige­ sprochen, so ist der Vorbehalt einer weiteren Verfolgung aus L. 88 d StO unstatthaft. B. (I. 325) 1. Juli 1859 c. John. GA 7. 705. Ein Beschl. (II. 74) 15- Dezbr 1859 c. v. Kotze sprach dagegen aus, daß §. 88 gar nicht den Zweck habe, auch diejenigen Fälle mit zu treffen, in welchen bei Verabreichung von Geschenken an einen Steuer­ beamten auf Seiten des Gebers und des Empfängers es sich um Thatsachen handele, die den allgemeinen Strafgesetzen unterliegen. GA. 8. 554. Das Plenum hat hieruächst angenommen: Wenn ein Spezial.-esetz eine im ältern gemeinen Strafgesetze vorgesehene Handlung unter gewissen Voraussetzungen mit einer härtern Strafe als jenes be­ drohte, das neue Strafgesetzbuch aber allgemein auf jene Handlung eine relativ noch härtere Strafe gesetzt hat, so wird dadurch auch die Bestimmung des Spezialgesetzeö beseitigt. ES ist daher die Bestechung eines Steuer- oder Zollbeamten, um denselben zur Verübung einer Pflichtwidrigkeit zu bestimmen, nach §. 311 des StrGBucheS zu bestrafen, und die betreffenden Vorschriften der ältern Steuergesetze sind nur in soweit in Kraft verblieben, als sie sich auf Geschenke für nicht pflichtwidrige Handlungen bezogen. Pl. (B. 607) 9. Dezbr. 1861 c. Hollstein. OR 2. 137. JMBl. 1862 S. 28. 2) Die nach §. 88 strafbare Verabreichung eines Geschenks an einen Steuer­ beamten verjährt, ohne Rücksicht auf die Höhe der Strafe, in fünf Jahren. Z. (II. 133) 26. April 1860 c. v. Kotze. JMBl. S. 362. Zu §. 89. 1) Diese Vorschrift hat den Zweck, die Erhebung der Steuergefälle zu sichern. Es finden daher die Bestimmungen in Art. 135 ff. deö Ges. v. 3. Mai 1852 An­ wendung. D. (I. 60) 21. Januar 1853 c. Krause. Dieselben sind nach Art. II des Ginf.-Ges. z. StrGB. in Kraft verblieben, cf. Oppenh. StrGB. §. 89. Nr. 45. 2) Eine vor Beginn der Revision erklärte Weigerung, bei der Revision

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ß. 90. Die Uebertretung aller andern, in dieser Ordnung gege­ benen Vorschriften, worauf keine besondere Strafe gesetzt worden, soll mit einer Geldbuße von 1—10 Thlrn. geahndet werden. §. 91. Sobald ein Uebertreter der Steuergesetze betroffen, oder auf andere Weise eine Kontravention zuverlässig bekannt wird, müssen die Steuerbeamten sich ohne Zeitverlust der Waaren und Sachen, woran das Verbrechen verübt worden, durch Beschlagnahme versichern, in so­ fern eS zum Beweise der begangenen Kontraventionen sowohl an sich, als in Bezug auf den Betrag der defraudirten Gefälle erforderlich ist, oder auch begründete Besorgniß entsteht, daß wegen der sonst zu er­ legenden Gefälle, der verwirkten Strafe und der Kosten die Staatskasse nicht gesichert sei. Ist der Beschuldigte der Flucht verdächtig, so ist er persönlich an­ zuhalten, und dem nächsten Gericht zu übergeben. §. 92. Eine Freilassung der in Beschlag genommenen Waaren und Sacken ist zulässig, wenn eine Verdunkelung deS Sachverhältnisses davon nicht weiter zu besorgen, und wenn entweder nach dem obwal­ tenden Verhältnisse wahrscheinlich ist, daß der Kontravenient dem Staate auch ohne Sicherheitsleistung werde für das Vergehen gerecht werden können, oder genügende Sicherheit geleistet ist. Ob Personalarrest fortzusetzen, oder zu verhängen sei, bleibt der richterlichen Beurtheilung nach Beschaffenheit der Person und des Falles überlassen. §. 93. Bei der Untersuchung und Bestrafung der Steuervergehen finden die darüber in der Verordnung wegen Einrichtung der Provin­ zialbehörden v. 26. Dezember 1808 §§. 34 und 45, und in dem An­ hänge zur AGO. §§. 243 und 244, 250, 251 und 253 enthaltenen Vorschriften Anwendung, jedoch mit folgenden Modalitäten: zugegen zu sein, fallt nicht unter den Begriff der Versagung der schuldigen Hülfe­ leistung. Z. (T. 91) 7. Februar 1872 c. Rabbow. OR 13.123. 3) Eine Widersetzlichkeit im Sinne des § 89 liegt zwar — abgesehen von der versagten Hülssleistung — noch nicht in der bloßen Nichtbefolgung einer amtlichen Aufforderung, wohl aber in jeder Thätigkeit, wodurch einer beabsichtigten Amtshand­ lung entgegengetrcten wird. Es ka»n z. B. als Widersetzlichkeit gelten, wenn der Führer eines Fuhrwerks aus den Anruf der Steuerbeamten nicht nur nicht anhält, sondern in stärkerem Tempo weiter fährt. B- (I. 781' 8. Novbr. 1865 c. Kude. GA. 14. 51. OR. 6. 444 V. (I. 86) 16. Febr. 1866 c. Molchen. V (I. 601) 30. Juni 1866 c. Habeck GA. 14. 642.

Z« 8 93. 1) Der §. 93 ist modifizirt durch die Deklaration vom 20. Januar 1820 (GSS. 33), welche also lautet: Wir Friedrich Wilhelm rc. rc. Zur Lösung mehrerer Zweifel, welche sich über den Sinn und die Auslegung des § 155 der Zoll- und Verbrauchssteuer-Ordnung vom 26. Mai 1818, sowie des ?. 93 der Ordnung zu dem Steuergesetz vom 8. Febr. 1819 ergeben haben, verordnen Wir, nach erfordertem Gutachten Unseres Staatsraths, wie folgt: §. 1. Wir erklären den §. 155 u. f. w., ingleichen den § 93 u. f. w. dahin, daß die Befuguiß des Angeklagten, auf förmliches rechtliches Gehör und Erkenntniß anzutragen, nicht blos während der von den Verwaltungs-Behörden geführten Unter­ suchung, sondern auch in den ersten 10 Tagen nach der Eröffnung deS von einer solchen Behörde abgcfaßten Resoluts stattfinden soll.

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Ordnung zum Gesetz v. 8. Febr. 1819.

a)

Die Steuerämter führen die Instruktion der Sache nach Anlei­ tung des eben allegirten §. 253 im Anhänge zur AGO-, die Entscheidung gebührt der Regierung des Bezirks. Es können die Steuerämter Strafresolute nur abfassen, in sofern ihnen solches , besonders übertragen wird, und zudem die gesetzliche Strafe 10 Thlr. nicht übersteigt; b) dem Angeschuldigten steht eS frei, während der summarischen Untersuchung bis zu deren Schluß auf gerichtliche Untersuchung und Abfassung eines förmlichen Erkenntnisses anzutragen; c) dem Angeschuldigten ist auch unbenommen, binnen 10 Tagen gegen ein Resolut des Steueramts, den Rekurs an die vorgesetzte Re­ gierung und gegen ein Resolut der Regierung den Rekurs an daS Ministerium zu ergreifen; hat jedoch der Angeschuldigte einmal diesen Weg gewählt, so muß er bei dem, was auf den eingelegten Rekurs festgesetzt wird, sich beruhigen, und kann nicht weiter auf den Antrag einer gerichtlichen Untersuchung zurückgehen; d) in den Rheinprovinzen, sofern dort noch eine abweichende Gerichts­ verfassung besteht, desgleichen in dem Großherzegthum Posen, ist indessen die §. 250 des Anhanges der AGO. angeordnete Kompetenz der Untergerichte nicht anwendbar. Es wird daher den dortigen Justiz-Behörden zur Pflicht gemacht, dergleichen Steuer-Kontra­ ventionssachen, wenn die Akten von den Regierungen an sie abge­ geben werden, an diejenigen Gerichte zu verweisen, welche nach dortiger Berfassung dafür kompetent sind. §. 2 Die Befugniß der Verwaltungs-Behörden, in Steuersachen Strafresolute abzufafsen, soll hinfort aus diejenigen Fälle eingeschränkt sein, in welchen nach Dorsckrift der Gesetze , auf Geldstrafe oder Konfiskation zu erkennen ist. Dagegen soll in allen Fällen, in welchen auf Gefengnßi-, Zuchthaus- oder Festungsstrafe unmittelbar nach Vorschrift der Gesetze zu erkennen ist, die Untersuchung und die Abfassung deö Erkenntnisses sogleich den ordentlichen Gerichten überlassen werden. S. 3. Wenn bei der Exekution eines ResolutS der Verwaltungs-Behörden die Zahlungsunfähigkeit des Verurtheilten erhellet, so ist in der Rheinprovinz nach Vor­ schrift deS Art. 165 und 197 der Kriminal-Prozeßordnung und des Art. 52 und 53 des StrGBucheS zu verfahren; in den übrigen Provinzen hingegen haben die Ge­ richte in diesem Fall durch ein Resolut, gegen welches kein Rechtsmittel zuläsfig ist, die Verwandlung in Gefängnißstrafe rc. vorzunehmen, ohne in die Beurtheilung der Sache selbst einzugehen. §. 4. Wenn bei wiederholtem Steuervergehen neben der andern Strafe auch die Untersagung des Gewerbes erfolgen muß, so wird diese jedesmal von derjenigen Behörde ausgesprochen, welcher nach dem §. 2 des gegenwärtigen Gesetzes die Fest­ setzung der andern Strafe zusteht. So geschehen Berlin, den 20. Januar 1820. Friedrich Wilhelm. 2) Die Vorschrift in §. 93 d ist durch Art. XIII und XIV des Eins-Ges. z. StrGBuche v 14. April 1851 beseitigt und ersetzt. E- d. Rh. Kass. H. v. 28. Januar 1848 c Müller. Rhein Arch. 47. 2. A. S. 3. — Vergl. übrigens auch oben das Verfahren der Verwaltungsbehörden ZStrG. v. 23. Januar 1838. §.28 ff. und bezüglich des Verfahrens in Brausteuerdefraudesachen den §. 41 des mit dem 1. Jan. 1873 in Wirksamkeit tretenden Reichsgesetzes vom 31 Mai 1872 (RGBl. S. 153). 3) Nach einer Bestimmung des Finanzministers sollten die Hauptämter nicht ohne Zustimmung der Provinzialsteuerbehörde ihrem Entscheidungsrechte entsagen und den Gerichten aus Erfordern die Zustimmung dieser Behörde nachweisen. JMReskr. v.

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12. April 1832. Jahrb 39. 468. Bergl. jedoch jetzt über die die selbstständige Anklagebefugniß der Verwaltungsbehörden den Art. 138 des Ges. v. 3. Mat 1852, wobei das Obertribunal in Betreff der Zölle und indirecten Steuern wiederholt die HauptSteuer- und Zollämter als die zur Verfolgung berufenen Behörden anerkannt hat. V. (I. 50) 25. Januar 1856 c. Köhring. Beschl. (I. 186) 16. Juli 1856. Z. (I 1005) 5. Novbr. 1856 c. Köhring. Z. (I. 1000 29. Novbr. 1858 c. Kleeberg u. ähnl. 4) Nach Art. 136 des Ges. v. 3. Mai 1852 kann die Verwaltungsbehörde sich der Entscheidung enthalten und das gerichtliche Verfahren extrahiren, so lange dem Angeschuldigten der administrative Strafbescheid noch nicht bekannt gemacht war. V. (I. 727) 4 Okt. 1861 c. Brodowski. OR. 5. 574. — Dies gilt auch in den neuen Landestheilen. E d. OAG v. 1. Dezbr. 1869 c. Berselson OR. 10. 750. — 5) Nach einem Erlasse des Gen.-Steuerdir. v. 22. Juni 1853 (MLl. d i. D. S. 224) sollten die Steuerbehörden sofort gerichtliche Entscheidung herbeiführen, sobald Strafunmündige bei der Defraudation betheiligt waren. Diese Anordnung ist jedoch nach dem Reskripte des Fin.-Min. v. 26. Juni 1869 nicht mehr unbedingt maaß­ gebend (S. 225 a. a. £).). 6) Konkurrirt bei einer Steuerdefraudation ein subsidiarisch Haftender, so braucht nicht gegen diesen und den eigentlichen Thäter zugleich die gerichtliche Untersuchung beantragt zu werden. Vielmehr kann die Verwaltungsbehörde, mit Vorbehalt der gerichtlichen Verfolgung des subsidiarisch Haftenden, daS Verfahren zunächst gegen die eigentlich Schuldigen beendigen. Die Entscheidung, ob sofortige Abgabe der ganzen Untersuchung an das Gericht stattsinden solle, gebührt der Provinzialver­ waltungsbehörde. Reskr. des Fin >Min. v. 28. Mai 1869 (MBl. d. i. V. S. 224). 7) Die im Verwaltungswege erfolgte Festsetzung einer Strafe wegen eines FiskalvergehenS schließt die gerichtliche Verfolgung derselben That nicht auS, insofern diese dabei vom Gesichtspunkte eines andern, der administrativen Strafgewalt nicht unter­ liegenden Falles aus aufgefaßt wird. E. d. OAG. v. 1. Dezbr. 1869 c. Beck. OR. 10. 748. 8) Ist ein eines Steuervergehens Verdächtiger zur Haft gebracht, und demgemäß an das Gericht abgeliefert, so tritt mit dem die Fortdauer der Hast anordnenden Beschluffe die ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit ein, und ein administratives Strafverfahren findet dann nicht mehr statt. V. (II. 175) 19 Mai 1870 c. Jaty. OR. 11. 322. 9) Wie schon in Z. (I. 616) 24. Septbr. 1862 c. Erbe (OR. 3. 25) anerkannt ist, dürfen Staatsanwalt und Gerichte sich nicht eher mit der Sache befassen, bis daS administrative Strafverfahren, sei es durch Provokation der Steuerbehörde oder des Angeschuldigten, auf richterliches Gehör seine Erledigung gefunden hat. V. (I. 1124) 29. Januar 1866 c. Ruthe. OR. 7. 47. V. (1. 1042) 13. Novbr. 1868 e. Saß. OR. 9. 636. Ist dem entgegen der Strafrichter gleichwohl mit dem Steuervergehen befaßt worden, so darf er sich nicht für unzuständig, muß vielmehr das gericht­ liche Verfahren zur Zeit für unstatihast erklären. B. (I. 269) 21. April 1871 c. Winter. OR. 12. 225. Konkurrirt aber ein Steuervergehen ideell mit einer andern Strafthat, so ist die 'gerichtliche Kompetenz sofort wegen beider begründet und der mit der Sache befaßte Richter kaun die Entscheidung über daS erstere nicht um deshalb ablehnen, weil darüber zunächst die Steuerbehörde zu befinden habe. D. (I. 240) 17. April 1868 c. Lessor. OR. 9. 277. EdOAG. v. 1. Dezbr. 1869 c. Bertelson. OR. 10. 750. 10) Auf alle Anträge der Abgabenverwaltung in Defraudationssachen muß der Staatöanwalt einschreiten, sobald die gerügte Thatsache eine Strafthat darstellt. Ist dies nicht der Fall, so muß er die Gründe der Ablehnung angeben, damit sich die Behörde entscheide, ob sie die Sache fallen lassen, oder sich beschweren, oder selbst einschreiten will. JMReskr. v. 24 Febr. 1853. GA. 1. 224. 11) Nach Art. 136 des Ges. v. 3. Mai 1852 ist der Antrag auf rechtliches Gehör gegen Strafbescheide, wo nach den bisherigen Gesetzen ein admini­ stratives Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen der in Art. 136 er­ wähnten Art zulässig war, unbedingt zugelassen und es sind die in der frühern Gesetzgebung enthaltenen Beschränkungen (Anh. z. AGO. §. 247. Stempelges. vom

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Ordnung -um Gesetz v. 8. Febr. 1819.

7. Marz 1822 §. 31. ZStrG. v. 23. Januar 1838 §. 33. 42) jetzt beseitigt. Kommiss. Ber. der II. Kammer in den Materialien S. 181. Reskr. des GenStDir. v. 3. Aug. 1852. MBl. d. i. D. S. 244.

12) Die Provokation auf rechtliches Gehör, welche nach §. 243 Anh. z. AGO. bei dem Obergerichte anzubringen war, geschieht jetzt bei dem Gerichte erster Instanz; bei Zollvergehen ifl aber der Antrag an die Zollbehörde . S. 301). b) Die KO. vom 24. Novbr. 1843, betr. die Vermehrung der Steigung-satze sür die Gewerbesteuer-Veranlagung (GS. S. 350) u. Ges. v. 19. Juli 1861.

Z« §. 26 ff. Vergl. da« Gesetz vom 19. Juli 1861, betr. einige Abänderungen de« Gesetzeüber die Gewerbesteuer (GS. S. 697).

Zu 8 27. Zu lit. b vergl. §. 16 de- Mahl- u. Schlachtsteuergesetzes v. 30. Mai 1820.

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mit etwanigen Zunftrechten, in welcher Hinsicht weder da, wo und in so weit sie bestehen, durch gegenwärtiges Gesetz etwas abgeändert, noch da, wo sie abgeschafft worden, etwas hergestellt werden soll. b) Schlächter uftb Bäcker in der Nähe solcher Städte, in welchen die Mahl- und Schlachtsteuer eingeführt ist, sind dem städtischen Verein beizutreten, und die städtische Gewerbesteuer in dem Falle zu entrichten verbunden, wenn sie nach dem Gesetz Wegeid der Mahl- und Schlachtsteuer zu diesen Abgaben angezogen werden. §. 28. a) Den Gesellschaften (§. 26) liegt die Vertheilung der Steuer unter sich durch ihre Abgeordneten ob. b) Zu dem Ende ernennen sie jährlich durch Stimmenmehrheit 5 Ab­ geordnete aus ihrer Mitte. c) Bei der Wahl ist zu beachten, daß von diesen Abgeordneten Einer das Gewerbe im geringsten. Einer im höchsten und Zwei im mittleren Umfange treiben. Die Wahl des Fünften ist unbe­ schränkt. d) Für jeden Abgeordneten wird ein Stellvertreter erwählt, um ihn nöthigenfalls zu ersetzen. e) Ist die Zahl der Gewerbsgenossen in einer Stadt oder einem Kreise nicht hinreichend, um so viel Abgeordnete und Stellver­ treter zu wählen, so wird durch die Gesammtheit der Gesellschaft die Steuer vertheilt. §. 29). a) Die Verpflichtung zur Uebernahme des Amts eines Abgeordneten, und die Rechte der Obrigkeit bei der Wahl sind, ohne Unterschied der Provinzen, nach dem Allgemeinen Landrecht §§. 160—165. Tit. 6. Theil II, welche diesem Gesetz unter. C anhangweise beigefügt sind, zu beurtheilen. b) In den drei ersten Abtheilungen, nach der Beilage B leiten die Magisträte, in der vierten die Landräthe, die Wahlen der Abge­ ordneten und führen die Aufsicht bei den Berathungen über dieselben. §. 30. a) Wo eine Vertheilung durch Gesellschaften der Steuer­ pflichtigen selbst nicht stattfindet, wie bei dem Handel ohne kauf­ männische Rechte u. s. w., wird die Vertheilung in den drei ersten Abtheilungen durch die Kommunal- und in der vierten durch die Kreisbehörde bewirkt. b) Diese Behörden sind jedoch verpflichtet, sich dabei des Raths der Gewerbetreibenden zu bedienen. Solche, die in Kommunalämtern stehen, können hierbei ihre Mitwirkung nicht verweigern. §. 31. Den Kommunalbehörden in den drei ersten Abtheilungen und den Kreisbehörden in der vierten liegt es ob, die namentlichen Nachweisungen der Gewerbesteuerpflichtigen, welche in ihrer Stadtge-

Z« §• 28 ff. Ein Gewerbesteuer-Defraudant muß immer mindestens den Mittelsatz seiner Abtheilung an Gewerbesteuer tragen. V. (H. 537) 4. Januar 1855 c. Lipkowitz. JMBl. 1855. S. 96.

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meine oder in ihrem Kreise ein steuerpflichtiges Gewerbe betreiben, jährlich anzufertigen. Sie sind für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Nachweisungen verantwortlich. §. 32. Auf den Grund derselben werden die Bertheilungen in vorgeschriebener Form (§§. 28. 30) vorgenommen, die Erhebungsrollen in den drei ersten Abtheilungen von der Kommunalbehörde, in der vierten von den Steuerbeamten angelegt und der Regierung zur Prüfung ein­ gereicht. Der Finanzminister soll über das hierbei zu beobachtende Verfahren und über die Kontrolle des Zu- und Abgangs besondere Anweisungen ertheilen.

§. 33. a) Jedem Steuerpflichtigen wird vor dem Eintritt des ersten Zahlungstages bekannt gemacht, wie viel er an Gewerbe­ steuer für Ein Jahr zu entrichten habe. b) Wer gegen die gutachtliche Meinung'der Abgeordneten oder der Behörde, welche die Vertheilung angelegt haben, eine Ermäßigung deS Ansatzes begründen zu können glaubt, dem soll ein Rekurs durch die ausnehmende Behörde (§. 31) an den Landrath, an die Regierung und an das Finanzministerium offen stehen. Inzwischen muß er unter Vorbehalt des Ersatzes die Gewerbesteuer, soweit sie fällig wird, vorläufig abtragen. §. 34. a) Zur Erhebung der Gewerbesteuer sind die Kommunal­ behörden verpflichtet. b) Diejenigen, welche auf einen Gewerbeschein umherziehend ein Gewerbe betreiben wollen, müssen für die Dauer des Gewerbe­ scheins die Steuer im Voraus, folglich jedesmal für ein ganzes Jahr, und ehe ihnen der Gewerbeschein ausgeliefert wird, be­ zahlen. c) Von stehenden Gewerben wird die Steuer in monatlichen Theilen erhoben, und zwar mit der Klassensteuer zugleich, wo dieselbe eingeführt ist. d) Die Gewerbesteuer (zu c) muß monatlich in den ersten acht Tagen jedes Monats vorausbezahlt werden, wenn der Steuerpflichtige nicht vorzieht, sie auf mehrere Monate voraus zu berichtigen.

Bei unterbleibender Vorausbezahlung (d) läßt der Steuerempfänger den Säumigen auffordern, die Steuer binnen drei Tagen, bei Vermeidung der Exekution, zu berichtigen. f) Nach Ablauf dieser Frist wird zur Exekution geschritten.

e)

g) Spätestens fünf Tage nach dem Ablauf jedes Monats muß die eingezogene Steuer nebst der Nachweisung der unvermeidlichen Ausfälle und Reste, bei welchen die Aufforderung und Exekution bis dahin fruchtlos geblieben, an die zum Empfange bestimmte Staatskasse abgeliefert sein.

h) Was der Steuerempfänger vorstehend (g) nicht nachweisen kann, muß er aus eigenem Vermögen, in Stelle des Steuerschuldigen, vorschußweise, an die Kasse berichtigen.

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§. 35. Bleibt die Exekution fruchtlos, so kann der Schuldner an dem ferneren Betriebe des steuerpflichtigen Gewerbes durch Schließung der Laden und durch Beschlagnahme der Waaren und Werkzeuge, bis zur vollständigen Berichtigung der Steuer, verhindert werden. §. 36. Den Kommunen wird für die bei Ermittelung, Dertheilung und Erhebung der Gewerbesteuer ihnen übertragenen Geschäfte der fünf und zwanzigste Theil der Einnahme zugestanden. §. 37. a) Die Gesetze, welche die Berechtigung zum Gewerbe bisher in einzelnen Landestheilen verschiedentlich bestimmt haben, sollen einer Revision unterworfen und, wo eS nöthig, verbessert, ergänzt, oder durch neue Anordnungen ersetzt werden. b) Bis zur Beendigung dieser Revision und bis in Folge derselben nähere Bestimmungen werden erlassen werden, sollen, auch da, wo daS Gesetz über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe vom 7. September 1811 nicht publizirt ist, diejenigen Personen für solche geachtet werden, die ein Gewerbe umherziehend betrei­ ben, welche in den §§. 136 —139 deS gedachten Gesetzes als solche bezeichnet sind. Diese gesetzlichen Vorschriften sind in der Beilage D beigefügt. §. 38. DaS Umherziehen mit Material- und Spezereiwaaren, mit Wein, Branntwein und Likeuren aller Art, sowie mit Zeugen, die aus Wolle, Baumwolle, oder Seide, ganz oder in Vermischung mit andern Materialien, verfertigt sind, sott, künftig nicht mehr gestattet werden. §. 39. a) Wer die int §. 19 angeordnete Anmeldung des An­ fangs oder AufhörenS eines Gewerbes unterlaßt, verfällt in Einen Thaler Strafe, wenn das Gewerbe nicht steuerpflichtig ist.

Zu § 3.5. Diese Verhinderung schließt eine bedingte Untersagung in sich und hat die Wir­ kung, daß nach Berichtigung der Steuer und nach erfolgter Anmeldung ohne weitere Genehmigung der Behörde daS Gewerbe wieder begonnen werden kann. Z. (I) 23. Okt. 1863 c. Thieme. OR. 4. 136. Dazu besagt eine spätere Entscheidung: In dem Erk. v. 23. Okt. 1863 ist indirekt anerkannt, daß derjenige, dem das Ge­ werbe gemäß §. 35 untersagt ist, nicht nur die rückständige Steuer, wegen welcher er fruchtlos exequirt ist, entrichten, sondern auch das Gewerbe von Neuem aninelden muß, bevor er e« im steuerpflichtigen Umfange wieder fortsetzen kann, cknd daß ihn daher, wenn er diese Anzeige unterlassen hat, die Strafe des § 39 lit. b trifft. V. (I.) 5. Februar 1868 c. Christian. OR 9. 104. Vcrgl. jedoch Zusätze zu §. 148 der BGO.

Zu §. 37 b. Dem hier gemachten Vorbehalte gemäß erging das Regulativ vom 28. April 1824, in dessen 1 — 6 und 14—19 nicht blos eine ähnliche Aufzählung solcher Personen, die ihre Gewerbe im Umherziehen betreiben, enthalten ist, wie solche in den §§. 136 bis 139 des Gesetzes vom 7. Septbr. 1811 ausgczählt waren, sondern welche« in §. 7 ganz allgemein vorschreibt, daß Niemand, die bezeichneten Ausnahmesälle abgerechnet, ohne den Besitz eines Gewerbescheins irgend ein Gewerbe »mherziehend betreiben soll.

Zu §. 39. 1) Die §.39. lit. a angedrohte Strafe ist keine Defraudationsstrafe, wes­ halb, wenn da« unangemeldet betriebene Gewerbe nicht steuerpflichtig war, der §. 176 Abs. 1 der Gew.-Ordnung vom 17. Januar 1845 fnr anwendbar erklärt ist Erl.

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b) Wer den Anfang eines steuerpflichtigen Gewerbes nicht anzeigt, erlegt neben der rückständigen, dem Gewerbe aufzuerlegenden Steuer für die Unterlassung der Anzeige eine Strafe, die dem vierfachen Betrage der einjährigen Steuer gleichkommt. c) Wer das Aufhören eines steuerpflichtigen Gewerbes nicht anzeigt, bleibt, so lange er diese Anzeige unterläßt, zur Bezahlung der Steuer verpflichtet. des Gen.-Steuer-Dir. t 29. Mär; 1852 (MBl. d. i. V. S. 130). V. (I. 85) 19. Februar 1868 c. Guhr. — Bei gewerbepolizeilichen Kontraventionen gehört das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit des Handelns nicht zu den wesentlichen Merkmalen der Strafthat. E. d. OAG. v. 23. März 1872. OR. 13. 224. 2) Ebenso wie der Verwaltungsbehörde allein das Recht gebührt, über die Steuerpflichtigkeit der Gewerbe zu entscheiden, Z. (I. 918) 28. Septbr. 1853 c. Bo­ rowski , so ist auch auf Nachzahlung der defraudirten Steuer im gerichtlichen Strafurtheile nicht zu erkennen. V. (L 1161) 5. Februar 1858 c. Ziegler. IMBl. S. 124. Vergl. Nr. 2 zu §. 61 der StO. v. 8. Febr. 1819. 3) Die Gewerbesteuerstrafe (§. 39. lit. b) besteht nur in dem Vierfachen der einjährigen Steuer, sollte auch die Defraude länger als ein Jahr gedauert haben. V. (II. 537) 4. Januar 1855 c. Lipkowitz. IMBl. S. 96. Die Strafe findet auch dann statt, wenn die Gewerbesteuer wirklich bezahlt und kein Verdacht einer beab­ sichtigten Umgehung derselben vorhanden ist. Präj. (I. 240) 24. April 1837. — Bei einer wiederholten Gewerbesteuer-Defraudation kann auf eine dem achtfachen Betrage der Jahressteuer gleiche Geldbuße nicht erkannt werden, da W Gesetz eine besondere Rückfallsstrafe nicht anordnet. Reskr. d. Min. d. Inn. v. 20. Novbr. 1839. v. K. Ann. 21. 218. 4) Ein Gewerbebetrieb hört dadurch nicht auf, steuerpflichtig zu sein, weil eS dem Betreffenden an der erforderlichen polizeilichen Genehmigung fehlt. E. d. OAG. v. 15 Dezember 1869 c. Mahler. OR. 10. 786. 5) Wer neben dem angemeldeten und versteuerten Handel mit Fleischwaaren auch daS Gewerbe eines Schlächters betreibt, ohne dieses zur Versteuerung angemeldet zu haben, hat eine Strafe verwirkt, welche nach dem ganzen Betrage der diesem Gewerbe angemessenen Steuer bemessen wird. Denn der Handel mit Fleischwaaren und daS Schlächtergewerbe sind verschiedene, verschieden besteuerte Gewerbe. Der erstere besteht in dem gewerbsmäßigen Verkaufe nicht selbst geschlachteten BieheS und letzteres wird als Fertigung von Waaren auf den Kauf (§ 5. 10 e) versteuert. V. (II. 244) 11. Okt. 1866 c. Becker. OR. 7. 524. 6) Wer ein unbefugterweise betriebenes Gewerbe nicht zur Versteuerung ange­ meldet hat, begeht eine Gewerbe steuer defraudation. V. (I. 665) 9. Oktober 1867 c. Materne. OR. 8. 575. 7) Der Frachtfuhrmann, welcher eö unterläßt, die Zahl der von ihm gehaltenen Pferde und eine Vermehrung derselben der Behörde anzuzeigen, macht sich einer Gewerbesteuerdefraudation schuldig. Erk. v. 29. Septbr. 1869. IMBl. S. 219. Vergl. auch Zus. zu Beil. K. ad b. 8) Der uukouzessionirte Kleinhandel mit Getränken kann mit einer Gewerbeft euer bestaube ideell konkurriren. Erk. d. OAG. v. 16. Juni 1869. OR. 10. 452. 9) Der Instanzrichter verstößt nicht gegen daö Gesetz, wenn er bei Abmessung der Geldstrafe wegen einer Gewcrbesteuerdefraude den von der Regierung für ange­ messen erklärten Steuersatz zum Grunde legt. Z. (II. 132) 20. Mai 1871 c. Prist. OR. 12. 280. 10) Die allgemeinen Vorschriften über Substituirung einer Freiheitsstrafe an Stelle einer wegen Unvermögens nicht beizutreibenden Geldstrafe gelten auch bei Ge­ werbesteuervergehen. Z. (I. 845) 20. Septbr. 1861 c. Hagen. ÖR. 1. 543. 11) Eine subsidiäre Verpflichtung tritt bei Gewerbesteuerdefraudationen nicht ein. Angehörige oder Gewerbsgenossen sind nur dann straffällig, wenn sie für eigene Rechnung Gewerbe treiben, wogegen in allen andern Fällen die Eltern oder Herr­ schaften von der Strafe betroffen werden. JMReskr. v. 25. Febr. 1835. v. Kamptz 45.284,

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tz. 40. Wer umherziehend ein Gewerbe treibt, ohne sich durch Vorzeigung eines für ihn ausgestellten Gewerbescheins deS laufenden JahreS über seine Befuguiß ausweisen zu können, hat nicht nur die rückständige, seinem Gewerbe angemessene Steuer nachzuzahlen, und den einjährigen Betrag, vierfach, als Strafe zu entrichten, sondern auch überdies die Konfiskation derjenigen Gegenstände verwirkt, die er wegen seines Gewerbes bei sich führt. §. 41. Einzelnen Gewerbetreibenden, die der Steuergesellschaft (§. 25) beizutreten verweigern, soll der Betrieb deS Gewerbes unter­ sagt werden. §. 42. a) In Ansehung des Verfahrens gegen die Uebertreter dieses Gesetzes werden die Bestimmungen der Steuerordnung vom 8. Februar 1819 §§. 91 bis 95 und der Deklaration des §. 93 vom 20. Januar 1820 angewendet. b) Die Vergehungen der Steuer- und Gemeindebeamten, durch welche den Vorschriften dieses Gesetzes entgegen gehandelt wird, werden nach §. 59 der Steuerordnung vom 8. Februar 1819 geahndet. Wir beauftragen den Finanzminister mit der Ausführung dieses Gesetzes, und befehlen allen Unsern Behörden und Unterthanen, die Vorschriften treugehorsam zu befolgen. Gegeben Berlin, den 30. Juni 1820. Friedrich Wilhelm.

Beilage B. zu dem Gesetze wegen Entrichtung der Gewerbesteuer, die AuSmittelung und Bertheilung der Sätze betreffend, wo­ nach dieselbe erhoben werden soll.

1) Es werden nach Maßgabe der Wohlhabenheit und Gewerbsamkeit vier Abtheilungen angenommen. 2) Zur ersten Abtheilung gehören die Städte Berlin, Breslau, Danzig, Köln, Königsberg in Preußen, Magdeburg, Stettin, Aachen, Elberfeld mit Barmen.*)

Zu §. 40. 1) Diesem §. entspricht der §. 26 des Hausirregulativs vom 28. April 1824; nur soll nach letzterem auch derjenige der Straft verfallen, welcher gar keine» Ge­ werbeschein aus seine Waaren hätte erlangen können. 2) Der Gewerbebetrieb im Umberziehen ist gcwerbescheinpflichtig, mag «r für eigene oder für Rechnung eines Andern stattgefunden haben. Erk. d. OAG. vom 1. Marz 1871. OR. 12. 121.

Zu §. 42. Ueber das administrative Strafverfahren in den neuen Landestheilen bergt Zus. zum Eingänge der Steuerordnnng vom 8. Februar 1819. *) In den Verordnungen vom 28. April 1867, betr. die Einführung der Lreußischen Gesetzgebung, in Betreff der direkten Steuern in neu erworbenen Landin ist bestimmt: bezüglich des vormaligen Königreich» Hannover (GS. S.533) daß die Stadt Hannover mit dem Königlichen Schloß- und Gartenbezirk, der Bwstadt

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3) Zur zweiten Abtheilung gehören die Städte Memel, BraunSberg, Pillau, Tilsit, Gumbinnen, Insterburg, Elbing, Marienburg, Thorn, Graudenz (mit der Festung), Marienwerder, Posen, Rawitsch, Lissa, Fraustadt, Bromberg, Potsdam, Brandenburg a. d. H., Prenz­ lau, Spandau, Neu-Ruppin, Wrietzen, Rathenau, Wittstock, Schwedt, Charlottenburg, Frankfurt a. d. O., Landsberg a. d. W., Guben, KottbuS, Küstrin, Züllichau, Königsberg in der Neumark, Krossen, Star­ gard in Pommern, Anklam, Pasewalk, Treptow a. d. R., Demmin, Swinemünde, Kolberg, Stolpe, Köslin, Nügenwalde, Stralsund, Greifswalde, Wolgast, Barth, Brieg, Oels, Neiße, Neustadt, Oppeln, Natibor, Schweidnitz, Glatz, Hirschberg, Sauer, Frankenstein, Schmiede­ berg, Reichenbach, Groß-Glogau, Görlitz, Grüneberg, Liegnitz, Gold­ berg, Sagau, Lauban, Halberstadt, Quedlinburg, Burg, Aschersleben, Salzwedel, Stendal, Schönebeck, Kalbe a. d. S., Halle, Naumburg a. d. S., Merseburg, Zeitz, Wittenberg, Eisleben, Torgau, Weißen­ fels, Eilenburg, Erfurt, Mühlhausen, Nordhausen, Langensalza, Suhl, Heiligenstadt, Münster, Koesfeld, Wahrendorf, Bochold, Minden, Biele­ feld, Herford, Paderborn, Soest, Iserlohn, Altena, Hamm, Dortmund, Siegen, Arnsberg, Bonn, Mühlheim a. Rh., Düsseldorf, Krefeld, Neuß, Mühlheim a. d. Ruhr, Essen, Lennep, Solingen, Wesel, Kleve, Duis­ burg, Emmerich, Koblenz mit Ehrenbreitstein, Kreuznach, Neuwied, Wetzlar, Trier, Saarbrück, Saarlouis, Eupen, Düren, Montjoie, Burtscheid, Malmedh und Jülich. Da die Gewerbsamkeit der einzelnen-Städte jedoch an sich wandel­ bar ist, so bleibt die Ansetzung anderer hier nicht genannten Städte in die zweite Abtheilung, so wie die Absetzung einzelner vorbenannten Städte auS derselben, besonderer Festsetzung mit unmittelbarer König­ licher Genehmigung Vorbehalten. 4) Die dritte Abtheilung enthält der Regel nach alle Städte, welche fünfzehnhundert oder mehr Zivil-Einwohner haben, und nicht zur ersten oder zweiten Abtheilung gehören. Ausnahmen von dieser Regel begründet ein besonders lebhafter Verkehr der schwächer bewohn­ ten oder eine besonders auffallende Nahrlosigkeit der stärker bewohnten Städte. Welche Städte hiernach namentlich für jetzt in die dritte Klasse gehören, wird jede Regierung für ihren Bezirk ausmitteln, und nach erfolgter Genehmigung des Finanzministers durch die Amtsblätter be­ kannt machen. Elocksen und dem Orte der Linden der ersten Abtheilung zuzuthcilen, während die Städte Osnabrück, HildeSheini, Lüneburg, Celle mit der Altenceller, Wcsteeller und Hehlen-Borstadt, Harburg mit dem Schloß- und Hafenbezirk, Göttingen, Emden und Leer der zweiten Abtheilung zu überweisen sind; bezüglich de« vormaligen KurfürstenthumS Hessen (GS. S. 538), daß die Städte Kassel und Hanau der zweiten Abtheilung znzutheilen sind; bezüglich der Herzogthümer Schleswig und Holstein (GS. S. 543), daß die Stadt Altona mit Ottensen und Neumühlen der ersten Abtheilung znzutheilen sind, während die Städte Flensburg, Hadersleben, Itzehoe, Kiel, Rendsburg und Schleswig, so wie die Flecken Elmshorn, mit Vormsteger und Klostersande, Heide, Neumünster und Wandsbeck der zweiten Abtheilung zu überweisen sind. Nach der Berordnnng vom 11. Mai 1867 (GS. S. 593) gehört die Stadt

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5) Die vierte Abtheilung enthält die übrigen Städte und das Land, wozu alle Ortschaften gehören, die in den drei ersten Abtheilun­ gen nicht enthalten sind. 6) Auf bisherige oder vormalige Stadtrechte kommt es bei Bil­ dung der Abtheilungen nicht an. 7) Dagegen ist bei derselben der Zusammenhang der Ortschaften mit ihren Umgebungen Wohl zu beachten. Diejenigen nahen Anlagen und Oerter, welche durch und für die Gewerbe und Genüsse einer großen oder Mittelstadt ganz oder doch hauptsächlich bestehen, sind in dieser Rücksicht als Zubehör derselben anzusehen und daher mit ihr zu einer Abtheilung zu bringen, worüber das Finanzministerium entscheidet. 8) Da, wo nach den folgenden Erhebungssätzen ein Mittelsatz für jede Abtheilung besteht, den die Gewerbetreibenden dieser Art im Durch­ schnitt als Gewerbesteuer aufbringen müssen, wird derselbe mit der Zahl der Gewerbesteuerpflichtigen einer Stadt in den drei ersten Ab­ theilungen oder eines Kreises in der vierten Abtheilung multiplizirt. Das Ergebniß dieser Berechnung enthält die Summe, welche die Stadt oder der Kreis im Ganzen an Gewerbesteuer aufbringen muß. 9) Dieser Mittelsatz ist dasjenige, was jeder, der das Gewerbe dieser Art in der gegebenen Abtheilung betreibt, als Gewerbesteuer zu zahlen hat. Da indeß der Umfang, worin jeder Einzelne daS Gewerbe betreibt, sehr verschieden sein kann, so ist von denjenigen, welche den Mittelsatz nicht aufbringen können, ein bestimmter niedrigerer Satz zu zahlen. Der Ausfall, welcher hierdurch entsteht, muß durch höhere Beiträge derjenigen gedeckt werden, welche vermöge ihres stärkern Ge­ werbebetriebs mehr als den Mittelsatz zahlen können. 10) Wo die Gewerbesteuer im Verhältniß der Bevölkerung erhoben wird (Buchst. D u. E. Nr. 12), bringt die Gesammtheit der Steuer­ pflichtigen einer Abtheilung diejenige Summe auf, welche für jeden Kopf der Bevölkerung fcststeht, die sich bei der jährlichen Zählung in ihrem Bezirke vorfindet. 11) Bei den Bäckern und den Schlächtern kommt der Zugang im Laufe des Jahres durch neu Antretende der Gesellschaft zu gut, wogegen sie aber auch für den Abgang durch Austretende im Laufe desselben Jahres haftet. Ueber Zugang und Abgang geben die Abge­ ordneten dieser Gesellschaften der Kommunalbehörde, wenn sie davon Kenntniß erhalten, Nachricht. 12) Die Sätze, wonach die Betheiligung der Gewerbesteuer dem­ gemäß zu bewirken ist, sind nachstehende: Frankfurt a. M. zur ersten Abtheilung, während Wiesbaden und Homburg der zweiten Abtheilung zu überweisen sind.

Zu Rr. 12. Vergl. d. Ges. v. 20. März 1872 bei d. Ges. v. 19. Juli 1861.

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A. Für den Handel mit kaufmännischen Rechten.*)

a) der Mittelsatz, aa) in der 1. Abth. 30 Rthl. jährlich oder monatl. 2 Rthl. 12 gr. Brandb. bb) - - 2. 18 1-12cc) - - 3. u. 4. 12 1 — b) der niedrigste Satz, aa) in der 1. Abth. 12 Rthl. jährlich oder monatl. 1 Rthl. — gr. Brandb' dd) - - 2. 8 - — 16 cc) - - 3. u. 4. 6 - — 12 c) die Sätze steigen von 6 auf 8, 12, 18, 24, 30, 36, 48, 60, und weiter aufwärts jedesmal um 12 Rthl. nach Beschaffen­ heit des Umfangs der Geschäfte. B.

Für den Handel ohne kaufmännische Rechte.

a) der Mittelsatz, aa) in der 1. Abth. 8 Rthl. jährlich oder monatlich 16 gr. bb) - - 2. 6 12cc) - - 3. 4 8dd) - - 4. 2 4 b) der niedrigste Satz, aa) in den drei ersten Abth. 2 Rthl. jährlich oder monatlich 4 gr. bb) - der vierten Abtheil. 1 2 c) die Sätze steigen nach Beschaffenheit des Umfangs schäfte auf 2, 4, 6, 8, 12, 18, 24, 30, 36, 48 u. s. Mal um 12 Rthl.

C.

Grandb. -

Brandb. der Ge­ w. jedes

Für die Gast-, Lpeise- »nd Schankwirthschast.**)

a) der Mittelsatz, in der 1. Abth. 12 Rthl. jährlich oder monatl. 1 Rthl. — gr. Brandb. - 2. 8 — 16 - 3. 6— - 12 - 4. 4 — 8 b) der niedrigste Satz, aa) in der 1. oder 2. Abth. 4 Rthl. jährlich oder monatlich 8 gr. Brandb. bb) - - 3. - 4. 2 4 c) die Sätze über 2 Rthl. steigen nach Beschaffenheit des Um­ fanges deS Geschäfts, wie bei B bestimmt worden. aa) bb) cc) dd)

v.

Für die Bäckergewerde.

Die Gewerbesteuer der Bäcker in der ersten und zweiten Abthei­ lung wird in der Nr. 10 bemerkten Art also ermittelt, daß im Ganzen jährlich nach der Bevölkerung *) 3u A u. B bergt. §. 8-13 de« Ges. v. 19. Juli 1861. **) Zu 0. § 14 de« Ges. v. 19. Juli 1861.

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in der ersten Abtheilung 8 Pf. Brandenburgisch vom Kopfe, - zweiten 6 aufgebracht werden. In solchen Städten der zweiten Abtheilung, in welchen viel Ackerund Landbau getrieben wird, mithin das Gewerbe der Bäcker unbe­ deutender ist, kann mit dem Durchschnittsertrage vom Kopf unter Ge­ nehmigung des Finanzministeriums von 6 Pf. Brandenburgisch auf 5, 4 bis zu 3 Pf. heruntergegangen werden. In der dritten und vierten Abtheilung wird ein Mittelsatz aufge­ bracht, welcher von jedem Bäcker in der drittenAbtheilung 6 Rthlr. jährlich, - vierten 4 -beträgt. Der niedrigste Satz in in der dritten Abtheilung 4 Rthlr. jährlich, - vierten 2 Steigerungen der Sätze nach dem größeren Umfange des Gewerbes erfolgen in der oben zu B bemerkten Art. E.

Für das Fleischergewerbe.

Es finden hier die vorher für das Bäckergewerbe ertheilten Be­ stimmungen mit der Maßgabe Anwendung, daß der Mittelsatz in der dritten und vierten Abtheilung 8 Rthlr. und 6 Rthlr. jährlich, der niedrigste Satz in der dritten und vierten Ab­ theilung 4 Rthlr. beträgt, und die Steigerungen nach den zu B angegebenen Sätzen geschehen. F.

Für die Brauerei und 6. Für die Brennerei

wird die Gewerbesteuer nach Maßgabe des Umfanges und Ertrages ent­ richtet. Der Steuersatz kann bei Brauereien niemals unter zwei, bei Brennereien niemals unter sechs Thaler betragen. Die Sätze sind wie unter B. c so einzurichten, daß sie jedesmal auf 2,-4, 6, 8, 12, 18, 24, 30, 36, 48, und von da ab weiter mit 12 steigend, bestimmt wer­ den. Als Anhalt zur Schätzung dient, daß in der Regel 24 Scheffel jährlicher Verbrauch an Malz oder Branntweinschrot mit 8 Groschen Brandenburgisch Gewerbesteuer zu belegen sind. Der Verbrauch des vorletzten Jahres wird bei dem folgenden zum Grunde gelegt. Bren­ nerei, welche nur als ländliches Nebengewerbe betrieben wird, ist frei, in sofern nicht über 200 Scheffel jährlich darin verbrannt werden. Wo die Brauerei in einem gemeinschaftlichen Lokale betrieben wird, wird, die Gewerbesteuer nur einmal nach dem Umfange des darin betriebenen Gewerbes aller Theilnehmer erhoben.

H. a) aa) in db) vv) -

Für die Handwerkssteuer ist

der Mittelsatz, der 1. Abth. 8 Thlr. jährlich oder monatlich 16 gr. Brandb. - 2. 6 12 - 3. u. 4. 4 8 -

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b) der niedrigste Satz, in der 1. Abth. 4 Thlr. jährlich oder monatlich 8 gr. Brandb. -- - 2.3. u. 4. 2 4 » In Ansehung der Steigerungen findet das zu B angegebene Ver­ hältniß ebenfalls Statt.

aa) bb)

I.

Für das Miillergewerbe.*)

Die Gewerbesteuer von Windmühlen wird blos nach ihrer Bauart festgesetzt, ohne Rücksicht auf die Verrichtung, für welche sie bestimmt sind, sofern diese nur überhaupt gewerbesteuerpflichtig ist. Windmühlen, an welchen blos der Theil des Gebäudes, worin die Ruthenwelle liegt, beweglich ist, das übrige gehende Werk aber feststeht, zahlen monatlich einen Thaler. Windmühlen, deren ganzes Gebäude auf einem am untern Umfange desselben angebrachten Ringe beweglich ist (Paltrocken), zahlen monatlich zweidrittel Thaler oder 16 gr. Bran­ denburgisch. Windmühlen, deren ganzes Gebäude blos auf einem Zapfen in der Mitte ihrer Grundfläche ruhet, und auf demselben beweglich ist (Bockmühlen), zahlen monatlich eiudrittel Thaler oder 8 gr. Brandb. Die Gewerbesteuer von Wassermühlen wird nach Mehl-Mahlgängen geschätzt. Ein Läufer mit dem dazu gehörigen Bodensteine bildet einen Mahlgang. **). Graupen- und Grützgänge werden den Mahlgängen gleich geachtet. In Oelmühlen gilt jede Presse für einen Mahlgang. In andern Stampfwerken (außer den Oelmühlen) gelten sechs Löcher im Grubenbaume, worin gestampft wird, oder die in deren Stelle tretenden Vorrichtungen für einen Mahlgang. Schneidemühlen mit einer einzigen Säge gelten für einen halben Mahlgang. Setzt die Schneidemühle mehrere Sägen zugleich in Be­ wegung, so gilt jedes Sägegatter für einen Mahlgang. Ein Mahlgang, der in gewöhnlichen Jahren das ganze Jahr hin­ durch zum täglichen Betrieb hinreichendes Wasser hat, zahlt monatlich einen Thaler. Ein Mahlgang, dem es in gewöhnlichen Jahren von Johannis bis Michaeli dergestalt an Wasser mangelt, daß er nicht mehr täglich fortdauernd gebraucht werden kann, zahlt monatlich einen halben Thaler. Mahlgänge, welche wegen der Beschaffenheit des Zuflusses ge-

*) Bergt, da« Gesetz vom 20. März 1872 bei dem Gesetze vom 19- Juli 1861 **) Die Definition eines Mahlganges bezieht sich allerdings zunächst auf Waffermühlen, was sich daraus erklärt, daß die Steuer von Windmühlen nach alin. 1 blos nach ihrer Bauart festgesetzt wird. Allein die Definition paßt ebenso gut auf Wind­ mühlen. Wenn daher ein OrtSregulativ von Mahlgängen spricht, so muß, in Er­ mangelung einer besondern Bestimmung im OrtSregulativ selbst, angenommen werden, daß 2 und 3 dieses Regulativs bezeichneten, so wie die Fortgewährung der früher bewilligten Ermäßigungen hängt daher lediglich von dem pflichtmäßigen Ermessen der Regierung, in weiterer Instanz des Finanzministeriums, ab und kann in den Fällen der 1 und 3 überhaupt nur dann eintreten, wenn daS Gewerbe einen örtlichen Nutzen hat. Auf Erstattung schon bezahlter Steuern findet ein An­ spruch auf den Grund der gegenwärtigen Bestimmungen nicht statt. tz. 6. Bei der Abmessung der Steuersätze ist Folgendes zu beachten: 1) Im Allgemeinen ist auf verhältnißmäßige Gleichheit in der Besteuerung hinzuwirken. Der Steuersatz bestimmt sich nach Maßgabe des größeren oder geringeren Umfanges, in welchem das Gewerbe im vorangegangenen Jahre betrieben ist. — Für den im §. 3 gedachten Hausirhandel können die geringeren Steuersätze besonders dann an­ gewendet werden, wenn die Handelsgegenstände selbst gewonnen oder selbst verfertigt find; 2) der höhere Satz von vier Thalern für die im §. 1, sowie von acht Thalern für die §. 3 aufgeführten Gewerbe tritt ein: a) in dem Jahre, in welchem daS Ge-

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wird, können die Regierungen den Satz, wo eS nöthig ist, für jeden Theilnehmer ermäßigen, jedoch niemals auf weniger als vier Thaler für eine Person. Die Regierungen werden von Entrichtung der Gewxrbesteuer in denjenigen Fällen befreien, wo nach ihrer Ueberzeugung ein rein wissenschaftliches, oder ein höheres Kunstinteresse bei den Aus­ stellungen oder Leistungen umherziehender Personen statt findet. werbe angefangen wird: so daß die unter 1. vorstehend bemerkten Umstände erst für die Folge maßgebend werden; b) wenn der Gewerbetreibende zur Fortschaffung der Gegenstände seines Verkehrs sich eines Trägers bedient. — Bedient er sich dazu eines Fuhrwerks oder eines Schiffsgefäßes, so ist eine Ermäßigung der Steuer von zwölf Thalern überhaupt nicht zulässig; c) wenn das Gewerbe in mehr als einem Re­ gierungsbezirke betrieben wird, oder wenn mehrere der §. 1. Nr. 1 bezeichneten Ge­ genstände von derselben Person, wenn auch nur in Einem Regierungsbezirke im Umherziehen aufgekauft werden, wobei zu erwägen ist, ob mit Rücksicht auf den Gewerbsumfang überhaupt eine Steuerermäßigung gerechtfertigt sei. §. 7. Die Ertheilung von Gewerbescheinen zu niedrigeren, als den in den §§. 2 und 3 bezeichneten Sätzen, sowie die Freilassung emeS der dort und im §. 1 ausgeführten Gewerbe von aller Steuer, bedarf der Genehmigung des Finanz­ ministeriums. §. 8. Die Festsetzung der dem Gewerbe angemessenen Steuer, nach der sich künftig die Strafe der in den §$. 26, 27 und 28 des Regulativs vom 28. April 1824 bezeichneten Kontraventionen bestimmt, erfolgt in den zur Entscheidung der Regierung gelangenden Fällen mit Rücksicht aus die vorstehenden Vorschriften in dem Strafresolute. Gelangt die Sache demnächst zur gerichtlichen Entscheidung, so wird bei dieser die in dem Strafresolute angenommene Steuer zum Grunde gelegt, wenn nicht daS Gericht sich veranlaßt sieht, mit Rücksicht auf neue, in der gerichtlichen Untersuchung ermittelte Umstände eine Festsetzung deö Steuersatzes nochmals zu ver­ langen. Tritt gerichtliche Untersuchung ein, ohne daß die*-Sache zuvor zur Entschei­ dung durch die Regierung gelangt ist, und ist die Anwendung des Steuersatzes von zwölf Thalern nicht unzweifelhaft, so legt das Gericht die geschloffenen Akten vor Abfaffung des Erkenntnisses der Regierung, in deren Bezirk daS Vergehen verübt ist, zur Feststellung des Steuersatzes vor. Eine besondere Mittheilung an den Angeschuldigten über den festgesetzten Steuer­ betrag und ein besonderer Rekurs gegen die Steuerfestsetzung der Regierung an das Ministerium findet nicht statt. Berlin, den 4. Dezember 1836. Finanzministerium. 3) Vergl. auch daS Gesetz v. 19. Juli 1861, betr. einige Abänderungen des Gesetzes wegen Entrichtung der Gewerbester v. 30. Mai 1820, namentlich die §§. 20 und 21 (GS. S. 697). Durch §. 20 des Ges. v. 19. Juli 1861 ist auch der §. 8 des Regulativs vom 4. Dezbr. 1836 modifizirt. Z. (II. 341) 8. Dezember 1864 c. Mertens. 4) Wegen der Musikanten vergl. KO. v. 14. Oft. 1833 zu §. 18 des Haufir, regulativs v. 28. April 1824. 5) Die in §. 8 des Regul. v. 4. Dezember 1836 zunächst für Hausirkontraventionen gegebenen Vorschriften sind auch bei andern Gewerbesteuerdesraudationen an­ wendbar. Z. (I. 660) 4. Oft. 1867 c. Gärtner. 0R. 8. 369. 6) Wenn die Steuerbehörde in einem Strafresolute die dem Gewerbebetriebe angemessene Steuer auf 16 Thlr. normirt, und also die Steuerstrafe 64 Thlr. be­ tragen würde, gleichwohl aber wegen der bisherigen Straslosigfeit des Defraudanten die Strafe auf einen geringeren Betrag sestsetzt, so ist das keine solche Festsetzung, von welcher der §. 8 des Regulativs vom 4. Dezbr. 1836 redet, sondern nur ein Akt der Strafmilderung, der, wenn eö demnächst zum gerichtlichen Verfahren kommt, den Richter nicht bindet. ES ist daher in einem solchen Falle, selbst wenn die int Reso­ lute festgesetzte Strafe nicht 50 Thlr. beträgt, nicht der Einzelrichter, sondern nur die Gerichtsabtheilung kompetent. Hat gleichwohl der Einzelrichter erkannt, so kann der

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Gewerbesteuer-Gesetz vom 30. Mai 1820.

Der gewöhnliche kleine Nadelkram der Lumpensammler ist keine Veranlassung zu einer höheren Besteuerung. In Gegenden, wo eS üblich ist, daß Leinweber in der Nachbar­ schaft ihres Wohnorts selbst gefertigte Leinwand zum Verkauf im Her­ umtragen feilbieten, steht es dem Finanzministerium frei, die Steuer­ sätze zu ermäßigen oder zu erlassen. Berlin, den 30. Mai 1820.

Beilage D. Auszug ans dem Gesetze über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe vom 7. September 1811. §. 136. Hierzu gehören namentlich herumziehende Krämer aller Art. Darunter sollen aber nicht verstanden werden Kaufleute, Fabri­ kanten und Handwerker, die mit ihren Waare» Jahrmärkte beziehen und diese daselbst in offenen Läden und Buden feil halten; auch nicht Landwirthe und Landhandwerker, die ihre Erzeugnisse zu Markte brin­ gen, sondern nur diejenigen, die eigene oder fremde Erzeugnisse außer ihrem gewöhnlichen Wohnorte von einem Orte zum andern zum Ver­ kaufe herumführen, und auf offenen Straßen, in Gasthöfen oder Pri­ vathäusern im Umherziehen feil bieten. §. 137. Ferner herumziehende Aufkäufer und Sammler aller Art. Dahin gehören jedoch die nicht, welche umherreisen, um Mate­ rialien zw ihrer eigenen Fabrikation aufzukaufen, welches vielmehr auf den bloßen Fabrikations-Gewerbeschein und polizeilichen Reisepaß unbe­ denklich geschehen kann. Auch nicht die, welche Messen und Jahrmärkte besuchen, um daselbst Waaren zum Wiederverkauf im Ganzen einzu­ handeln; sondern nur die, deren Gewerbe darin besteht, im Lande um­ herzureisen, um in Privathäusern, Gasthöfen, oder auf offener Straße Waaren irgend einer Art zum Wiederverkauf zu erstehen. §. 138. Ferner Schweine-, Rindvieh- und Pferdekastrirer, Kesselflicker, Topfbinder, Scheerenschleifer, soweit letztere nicht etwa ihr Ge­ werbe in Läden oder festen Buden betreiben. §. 139. Endlich Marioncttenspieler, Seiltänzer, Equilibristen, Taschenspieler, Thierführer, umherziehende Musikanten, überhaupt alle diejenigen, welche umherreisen, um irgend eine Sache oder Verrichtung für Geld auszustellen.

Richter zweiter Instanz nicht in der Sache selbst erkennen, er mutz vielmehr da» erstrichterliche Erkenntniß gemäß Art. 102 des Ges. v. 3. Mai 1852 ausheben und die Sache an die Gericht-abtheilung verweise». B- (I. 316) 1. Mai 1868 c. Wolf. OR. 9. 308. GA. 16. 507. — Sergi, auch n. 6 zu §. 61 der Steuerordnnng v. 8. Februar 1819. Für den über ein Steuervergehen erkennenden Strafrichter sind die von den Verwaltungsbehörden im Resolutverfahren vorgenommenen Strafer­ mäßigungen nicht maaßgebend; er muß vielmehr auf die volle Steuerstrafe erkennen. ZB. (II. 185) 13. Juni 1868 c. Wiesner. OR. 9. 377.

Gesetz vom 1. Juni 1820.

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23. Gesetz vom 1. Juni 1820 wegen der Löhnung und des Umzugs der Schäfer und Schäferknechte in Neuvorpommern und Rügen, im Großherzogthum Pofen und in den mit Westprcußen vereinigten Districten des ehemaligen Herzogthums Warschau. (GS. S. 109.) *) §. 1. Es ist fernerhin nicht mehr zulässig, daß dienende Schäfer und Schäferknechte in den ihrer Wartung und Pflege anvertrauten Heerden besondere, von der Stammheerde unterschiedene Schaafe (so­ genanntes Vorvieh), halten, weder als besonderes Eigenthum, noch als Gegenstand ihrer Nutzung. §. 2. Es behält jedoch bei den vor Verkündigung dieser Verord­ nung auf eine solche Ablohnungsart geschlossenen.Verträgen, bis zu deren Ablauf, sein Bewenden, und nur alödann, wenn darin kein Abzugs­ termin bestimmt ist, soll die gegenwärtige Verordnung mit dem Um« zugStermin 1821 zur Anwendung kommen. ß. 3. Das Verbot wegen deS VorvieheS der Schäfer und Schäferknechte schließt nicht aus, daß ihnen an Lohnes Statt ein im Verhältniß zum Ganzen bestimmter Antheil (eine Quote) an der ihrer Pflege und Wartung anvertrauten Heerde überlassen werden kann. §. 4. Außer dem Fall des ersten Anzuges nach Verkündung dieser Verordnung, §. 2, ist es nicht mehr erlaubt, daß den Schäfern und Schäferknechten bei ihrem Abzüge Schaafe oder Schäfereigeräthschaften aus den Schäfereien ihrer Dienstherrschaften verabreicht, noch daß der­ gleichen von der neuen Dienstherrschaft bei ihrem Anzuge angenommen werden. §. 5. Steht den Schäfern und Schäferknechten ein Eigenthum oder Miteigenthum an dergleichen Gegenständen zu, welche sie in der herrschaftlichen Schäferei zurückzulassen schuldig sind; so muß ihnen, im Fall keine anderweitige Vereinigung über ihre Abfindung zu Stande gekommen, der Werth derselben bei ihrem Abzüge, von der Herrschaft, nach einer davon aufzunehmenden Taxe, bezahlt werden. In Ermange­ lung bereiter Mittel dazu, findet augenblicklich Exekution in die Heerde Statt.

*) Das Gesetz ist durch Gesetz vom 30. Mai 1822 auf die Provinzen Sachsen und Westfalen, den Kottbuser Kreis und die zu den Regierungsbezirken Potsdam, Frankfurt und Liegnitz geschlagenen vormals sächsischen Landestheile, bezüglich de» Umzugstermins auch aus die Provinz Schlesien ausgedehnt (GS. S. 147). Dasselbe lautet: §. 1. 3« den Provinzen Sachsen und Westfalen, ingleichen in dem Kottbuser Kreise und in den zu den Regierungsbezirken Potsdam , Frankfurt und Liegnitz ge­ schlagenen vormals sächsischen Landestheilen, soll das gedachte Gesetz vom 1. Juui 1820 mit dem Umzugstermin 1823 in Anwendung kommen. §. 2. Unter den nähern Bestimmungen der §§. 8 und 9 jenes Gesetze», soll der UmzugStermin dienender Schäfer und Schäferknechte von dem Jahre 1823 an,

Gesetz vom 1. Juni 1820.

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§. 6. Bei rusammengebrachten Heerden der Mitglieder städtischer oder ländlicher Gemeinen, wo die Teilnehmer selbst die häusliche Wartung des Viehes besorgen, und blos der Hütung wegen Schäfer und Schäferknechte halten, mögen sich jene Interessenten mit letzteren auch fernerhin auf Haltung besonderen Viehes einigen, und denselben die Einbringung eigener Schafe und Schäfereigeräthschaften gestatten. §. 7. Die in §§. 4 und 5 getroffenen Bestimmungen finden auf dienende Schäfer, welchen die ganze Schaafheerde oder der größere Theil derselben zugehört, eben so wenig, als auf Schäfer, welche eine Schäferei gepachtet haben, Anwendung. §. 8. . Der Umzugstermin dienender Schäfer und Schäferknechte ist von jetzt an in Neu-Vorpommern und Rügen der 25. Mai, im Großherzogthum Pofen und den vorgedachten mit Westpreußen ver­ einigten Distrikten der 24. JuniuS. Er findet nicht blos auf Verträge, die künftig geschlossen werden, sondern auch auf die bereits vor Kund­ machung dieser Verordnung eingegangenen Dienstverpflichtungen An­ wendung; dergestalt, daß an Stelle des verabredeten, der gesetzliche Ab- und Umzugstermin des betreffenden Jahres eintritt. in der Provinz Sachsen und in den zu den Regierungsbezirken Potsdam und Frank­ furt gelegten vormals sächsischen Landestheilen der 25. Mai, in den Provinzen Schlesien und Westfalen aber, sowie in dem Theile der Oberlausitz, welcher zuM Be­ zirk der Regierung zu Liegnitz gehört, der 24. Juni sein. Die Dienstkündigungen müssen daher vom Jahre 1823 an in der Zeit vom 1. bis 15. Februar jeden Jahres erfolgen. Für das jetzt laufende Jahr behält es dagegen bei den üblichen Kündi­ gungsterminen sein Bewenden. §. 3. Für die Provinz Sachsen ermächtigen wir jedoch hierdurch Unser Mini­ sterium des Innern, dem Befinden nach um 2 bis 3 Jahre den Zeitpunkt zu ver­ längern, von welchem ab das gegenwärtige Gesetz in dieser Provinz in Kraft tretensoll. §. 4. In der Provinz Westfalen findet übrigens der §.6 des Gesetzes vom 1. Juni 1820 auch auf Schäfer und Schäferknechte bei solchen Schaafheerden An­ wendung, welche zwar einem Eigenthümer gehören, jedoch weniger als hundert Häupter, die Lämmer und das Vorvieh nicht mitgerechnet, zählen. Auch behält da­ selbst es rücksichtlich des UmzugöterminS solcher Schäfer und Knechte bei den wegen des Umzuges des Gesindes ertheilten Vorschriften sein Bewenden. Urkundlich rc. rc. Gegeben Berlin den 13. Mai 1822. Friedrich Wilhelm.

Zu 8. 6.

1) §. 1. 6. 11 des Ges. v. 1. Juni 1820. Die Bestrafung der Gestattung des Haltens von Vorvieh durch einen angenommenen Schäfer ist nicht durch die Fest­ stellung bedingt, daß dem Schäfer das Halten des Vorviehes an Lohnes Statt, mSbesondere, daß eS ihm als alleiniger Lohn gewährt fei. — In §. 1 bezeichnet der Ausdruck „unterschiedene Schaafe" individuell bezeichnete Schaafe, im Gegensatz gegen eine Quote an der ganzen Heerde. DaS Verbot bezieht sich daher auch auf selche Schaafe, die der Schäfer auö der Heerde des Herrn selbst erworben hat. — DaS Ver­ bot bezieht sich nicht blos auf größere Grundbesitzer, sondern auf Jeden, welcher Schaafe hält. Z. (II. 290) 17. Septbr. 1866 c. Iahn u. Gen. OR. 7. 479. 2) Der Ausdruck „Stammheerde" in §. 6 bezeichnet nur den Gegensatz gegen die dem Schäfer gehörigen Schaafe, ohne im Uebrigen in Betreff der Größe der Heerde und des Zweckes der Schaafzucht zu unterscheiden. Bei zusammengebrackten Heerden kann dem Schäfer das Halten von Dorvieh nur dann gestattet werden, wenn demselben die häusliche Wartung des Viehs des Dienstherrn überhaupt gar nicht übertragen ist, er also sein Dorvieh gar nicht in die Ställe des Dienstherrn brirgt. E- (II. 266) 24. Septbr. 1868 c. Henning. OR. 9. 511.

Gesetz vom 1. Ium 1820.

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§. 9. Ausnahmen von dieser Regel finden nur Statt, wegen des Umzuges der außer der gewöhnlichen Dienstzeit, imgleichen wegen des Abzuges der auf kürzere Zeit als Jahresfrist angenommenen Schäfer und Schäferknechte. Auch behält es bei den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen, wegen Aufhebung der Dienstverträge vor Ablauf der kontraktmäßigen Dienstzeit, sein Bewenden. §. 10. Die Dienstkündigungen müssen vom Jahre 1821 an, vom 1. bis 15. Februar jeden Jahres erfolgen. Für das jetzt laufende Jahr behält es dagegen bei den üblichen Kündigungsterminen sein Be­ wenden. §. 11. Herrschaften, welche den Schäfern und Schäferknechten wider die oben ertheilten Vorschriften gestatten, Vorvieh zu halten, Schaafe und Schäfereigeräthschaften bei ihrem Abzüge mitzunehmen, oder dergleichen bei ihrem Anzüge mitzubringen, sollen mit einer Geld­ strafe von 50 bis 200 Thlr. belegt werden. Gegeben Berlin, den 1. Juni 1820. __________ Friedrich Wilhelm.

24. Regulativ vom 1. Dezember 1820 ( betreffend die Besteuerung des Branntweins, genehmigt durch Kabinets-Ordrc vom 20. Juni 1822. (GS. 1822. S. 176.) Bergt, dasselbe bei der KO. v. 10. Januar 1824, die Erhebung der Maisch­ bottichsteuer betreffend.

25. Kabinett-Ordre vom 6. Oktober 1821, betr. die Deklaration des §. 83 der Stenerordnung vom 8. Februar 1819. Bergl. zu §. 83 a. a O.

26. Verordnung über die anderweitige Organisation der GenSdarmerie vom 30. Dezbr. 1820.*) (GS. 1821. S. 1.)

Dienst-Instruktion für die Gensdarmen v. 30. Dezbr. 1820.*) (GS. 1821. S. 10.)

*) 1) Dergl. dieselbe betreffenden Orts. 2) Durch die KO. v. 4. Febr. 1854 ist eö*für selbstverständlich erklärt, daß die exekutiven Pvlizeibeamten, zu denen auch die Schutzmannschaft gehört, von ihren

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Gesetz vom 7. März 1822, die Stempelsteuer betr.

27. KabivetSordre vom 23. April 1821, betreffend die Stempelung der von inländischen Glashütte« verfertigten Flaschen. (GS. S. 45.)

Bergt, dieselbe bei §. 28 u. 29 der Maaß- u. Gewichts ordn. v. 16 Mai 1816.

28. Das Gesetz wegen der Stempelsteuer vom 7. März 1822. (GS. S. 57.)

Der große Umfang deö Gesetzes und der darauf bezüglichen Ver­ ordnungen und Gesetze gestattete deren vollständigen Abdruck nicht, sondern nur die Wiedergabe derjenigen Vorschriften, die für die zu­ sammengestellte Judikatur von besonderem Interesse waren. Wenn diese Judikatur nicht durchweg übereinstimmend ist, so wird dies dadurch erklärlich, daß die Stempelsachen nicht blos in beiden Abtheilungen deS Kriminal-Senates, sondern in Folge des Gesetzes v. 24. Mai 1861 auch in zwei Civilsenaten, dem Ersten und dem Rheinischen Senate deS Obertribunals zur Entscheidung gelangen. Es sei sodann hier vorweg, namentlich bezüglich der neu erwor­ benen Landestheile noch Folgendes vermerkt: Für das mit der Preußischen Monarchie vereinigte Gebiet des vormaligen Königreichs Hannover, des vormaligen Kurfürstentums Waffen in denjenigen Fällen Gebrauch zu machen berechtigt sind, in welchen ihnen solches bisher nach den auf sie anwendbaren Vorschriften des §. 28 der Dienst-In­ struktion vom 30. Dezember 1820 zugestanden hat. MBl. d. i. B. S. 69. 3) Gendarmen sind Mitglieder der bewaffneten Macht. Z. (I.) 5. Febr. 1858 c. Siegwang. Sie find, wenn sie an einem öffentlichen Orte in Dienstkleidung er­ scheinen, bis auf Weiteres als im Dienste befindlich anzusehen. Z. (I.) 27. Oktbr. 1858 c. Luther. — Vergl. auch die Anm. zu dem Gesetze vom 12. Februar 1850. 3) Da der Gendarm-Wachtmeister der nächste Vorgesetzte der Gendarmen seines Bezirks ist, und nach §. 6 der B. v. 30. Dezbr. 1820 die Verpflichtung hat, die zu seiner Kenntniß gekommenen Irregularitäten der Gendarmen weiter zu melden, so fällt eine bei dem Wachtmeister wissentlich falsch gemachte Anzeige unter §. 133 des StrGBucheS (jetzt §. 164 des RStrGB.), sofern die übrigen Voraussetzungen dieses Gesetzes vorhanden sind. Z. (I. 938) 23. Okt. 1863 c. Göbel. OR. 4. 133. — Da auch der einzelne Gendarm Organ der Staatsgewalt ist, und die Verpflichtung hat, die ihm über begangene Strafthaten zugegangenen Anzeigen zur Kenntniß der zuständigen Behörde zu bringen, so genügt auch eine bei einem Gendarmen ge­ machte falsche Anzeige zu Anwendung des §. 133 eit. Z. (I.) 22. Juni 1864 c. Höfner. 5) Vergl. auch allerh. Erl. v. 30. Dezbr. 1850, betr. die Errichtung der Gen­ darmerie in Hohenzollern. GS. 1851. S. 703 und Verordnung v. 23. Mai 1867, betr. die Organisation ber Landgendarmerie in den neu erworbenen Landestheilen. GS. S. 777. '

Gesetz vom 7. März 1822, die Stempelsteuer tetr.

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Hessen und HerzogthumS Nassau, so wie für die in dem Gesetze vom 24. Dezbr. 1866 (GS. S. 876) bezeichneten vormals Königlich Bay­ rischen Gebietstheile, mit Ausnahme der Enclave Kaulsdorf, gilt be­ züglich der Verwaltung des Stempelwesens und der Erhebung des Urkundenstempels die mit dem 1. Septbr. 1867 in Kraft getretene Verordnung vom 19. Juli 1867 (GS. S. 1191). Die vorgedachte Verordnung hat jedoch durch das spätere Gesetz vom 5. März 1868 wegen Aenderung der Stempelsteuer in den Regierungsbezirken Kassel und Wiesbaden mit Ausnahme der Stadt Frankfurt a. M. mehrfache Modifikationen erlitten (GS. S. 185). Auch ist für die Provinz Hannover am 24. Februar 1869 ein Gesetz wegen Aenderung der Stempelsteuer ergangen (GS. S. 366), zu welchem die Bekanntmachung de» Finanz- und Justiz-Ministers v. 13. März 1869 (JMBl. S. 84) zu vergleichen ist. Wegen der Enclave Kaulsdorf vergl. die in der Vorbemerkung zu gegenwärtiger Schrift allegirte Verordnung vom 22. Mai 1867. Wegen Erhebung der Stempelsteuer in den Herzogthümern Schles­ wig und Holstein ist die Verordn, vom 7. Aug. 1867 (GS. S. 1277 ff.) ergangen; wegen anderweitiger Regelung des Stempelwesens in den vormals Großherzoglich und Landgräflich Hessischen Landestheilen die Verordnung v. 14. Aug. 1867 (GS. S. 1346) und wegen Verwal­ tung des Stempelwesens und des Urkundenstempels in der ehemals freien Stadt Frankfurt a. M. die Verordnung vom 16. August 1867 (GS. S. 1346). Wegen Erhebung der Erbschaftsabgabe in den neuen Ländern vergl. unten L. VII. Wegen Beschränkung der Verwendung von Stempelmaterialien bei den Gerichten im Gebiete des vormaligen Königreichs Hannover vergl. Bekanntmachung des Finanz- und deö Justizministers v. 20. August 1867. JMBl. S. 269. Wegen Festsetzung von Mittelwerthen fremder Währungen Behufs Berechnung der Stempelabgaben: Bekanntmachung des Fin.-Min. v. 8. Aug. 1867. MBl. d. i. V. S. 248. Ueber das Verfahren zur Erledigung von Zweifeln und Differenzen in Stempelsachen bei den Gerichten und Notaren in den Bezirken der Appellationsgerichte zu Kassel, Wiesbaden, Frankfurt a. M. und Kiel vergl. die allgem. Verf. des Justiz-Ministers vom 30. März 1868. JMBl. S. 115. Endlich ist das Gesetz vom 10. Juni 1869, betr. die Wechsel­ stempelsteuer im Norddeutschen Bunde mit dem 1. Januar 1870 in Kraft getreten. BGBl. 1869. S. 193. Namentlich durch letzteres sind viele Entscheidungen der GerichtSund Steuerbehörden obsolet geworden. Was in Nachstehendem wieder­ gegeben wird, weist das hier folgende JnhaltSverzeichniß nach. Inhalt. A. B. C. D.

Verhältniß de- StG. Spezialgefehen gegenüber. Begründung der Stempelpflicht im Allgemeinen. Befreiungen. Verwendung.und Nachbrtngung des Stempel-.

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Gesetz vom 7. März 1822, die Stempelsteuer betr.

E. F. G. H. I.

Den der Strafbarkeit und den Stempelstrafen im Allgemeinen. Haftbarkeit des Inhabers oder Borzeigers einer Urkunde, desgleichen des TheilnehmerS. Haftbarkeit der Beamten. Verschiedene stempelpflichtige Geschäfte in Einer Urkunde. Strafverfahren. I. Administratives. II. Gerichtliches. X. Rechtsweg in stempelpflichtigen Angelegenheiten. L. Einzelne Tarifposttionen. Aktiengesellschaften. Punktattonen. XX. H. Anweisungen. Quittungen. XXL IH. Schankkonzessionen. Assekuranzpoltcen. XXII. IV. Auktionen Schenkungsurkunden. XXIII. XXIV. Dienstvertrag. V. Schuldverschreibungen. XXV. Erbschaftskauf. Sozietätsvertrag. VI. XXVI. VII. Erbschaftsstempel. Spielkarten. XXVII. Verträge im Allgemeinen. VIII. Erkenntnisse. XXVIII Vollmachten. IX. Grundgerechtigketten. XXIX. Wechsel. X. Gutachten. XI. gezegene. a. im Allgemeinen. Jllatenbekenntnissc. XII. Kalender. p. Haftbarkeit des Ausstellers. XIII. Kaufverträge. y. Haftbarkeit de- Bezogenen XIV.