Die nationalpolitische Publizistik Deutschlands: Band 2 [Reprint 2019 ed.] 9783486770230, 9783486770223

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Die nationalpolitische Publizistik Deutschlands: Band 2 [Reprint 2019 ed.]
 9783486770230, 9783486770223

Table of contents :
Inhaltsübersicht
Sechstes Kapitel. Der Konflikt In Preußen Bis Zum Ausbruch Des Deutsch-Dänischen Krieges
I. Das Ubergangsministerium Hohenlohe
II. Das Ministerium Bismarck
III. Zeitscfiriftenübersidit
Siebentes Kapitel. Der Preußisch^Französische Handeisvertrag, Die Zoilvereinskrisis Und Das Problem Der Deutsch« Österreichischen Zollunion
1. Handeis® Und Zollpolitische Probleme Bis Zum Abschluß Des Preußisdi-Französisdien Handelsvertrages
2. Preußisch = Französischer Handelsvertrag, Zollvereinskrisis Und deutsch= Österreichische Zollunion
3. Zeitschriftenübersicht
Achtes Kapitel. Die Deutsche Frage Im Jahre 1863 Und Der Frankfurter Fürstentag
1. Das Problem Der Nationalen Erneuerung Deutschlands Bis Zur Berufung Des Fürstentages
2. Der Fürstentag Und Die Österreichische Reformakte
3. Zeitschriftenübersicht
Neuntes Kapitel. Der Kampf Um Schleswig-Holstein
I. Bis Zum Wiener Frieden Vom 30. Oktober 1864
II. Vom Friedensschluß Zur Konvention Von Gastein
Zehntes Kapitel. Die Deutschen Mächte Und Der Ausbruch Des Deutschen Krieges
1. Der Konflikt In Preußen Seit 1864
2. Die Auseinandersetzung Zwischen Zentralsten, Dualisten Und Föderalisten In Österreich Seit 1864
3. Die Deutsche Verfassungsfrage Im Schatten Des Deutsch^ Dänischen Krieges
4. Die Verschärfung Der Machtgegensätze, Der Preußische Bundesreformantrag Und Der Kriegsausbruch
5. Zeitschriftenübersicht
Zeitscfiriftenregister
Personen- Und Autorenregister

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VERÖFFENTLICHUNGEN DER HISTORISCHEN REICHSKOMMISSION

DIE NATIONALPOLITISCHE PUBLIZISTIK DEUTSCHLANDS VOM EINTRITT DER NEUEN ÄRA IN P R E U S S E N BIS ZUM A U S B R U C H DES D E U T S C H E N KRIEGES EINE K R I T I S C H E B I B L I O G R A P H I E VON

HANS ROSENBERG II. BAND

MÜNCHEN UND BERLIN 1935

VERLAG VON R. OLDENBOURG

Druck von R. Oldenbourg, München

Inhaltsübersicht Zweiter Band.

Seite

S e c h s t e s K a p i t e l . Der K o n f l i k t in P r e u ß e n bis zum A u s b r u c h d e u t s c h - d ä n i s c h e n K r i e g e s . Nr. 647—758 I. Das Übergangsministerium Hohenlohe.

des

Nr. 647—678

475

1. Der Hagensche Antrag und die Armeereform. Nr. 647—661 . . . . 2. Aktionsprogramme und allgemeine Betrachtungen zur innerpolitischen Lage. Nr. 662—678 a) Liberalismus und Demokratie.

Nr. 662—670

495 zur

Konfliktslage.

und

die

Konvention

mit

502 512 525

Rußland. 529

III. Zeitschriftenübersicht. Nr. 749—758 Siebentes Kapitel. Der preußisch-französische die Z o l l v e r e i n s k r i s i s und d a s P r o b l e m der c h i s c h e n Z o l l u n i o n . Nr. 759—864

495 502

a) Liberalismus und bürgerliche Demokratie. Nr. 693—710 . . . . b) Konservatismus. Nr. 711—730 c) Politische Arbeiterbewegung. Nr. 731—735 Aufstand

482 488

Nr. 679—748

1. Die Armeereform. Nr. 679—692 2. Grundsätzliche und taktische Erörterungen Nr. 693—735

3. Der polnische Nr. 736—748

475

482

b) Konservatismus. Nr. 671—678 II. Das Ministerium Bismarck.

475

538 Handelsvertrag, deutsch-österrei-

1. Handels- und zollpolitische Probleme bis zum Abschluß des preußischfranzösischen Handelsvertrages. Nr. 759—775

559 559

2. Preußisch-französischer Handelsvertrag, Zollvereinskrisis und deutschösterreichische Zollunion. Nr. 776—856 Preußen. Nr. 776—788. — Österreich. Nr. 789—801. — Bayern. Nr. 802 —810. — Württemberg. Nr. 8x1—824. — Südwestdeutschland. Nr. 825 —833. — Hannover. Nr. 834—840. — Braunschweig. Nr. 841. — Sachsen. Nr. 842—848. — Hansestädte. Nr. 849—851. — Mecklenburg. Nr. 852. — Vermischtes. Nr. 853—856 3. Zeitschriftenübersicht. Nr. 857—864

619

A c h t e s K a p i t e l . Die d e u t s c h e F r a g e i m J a h r e 1863 und der F r a n k f u r t e r F ü r s t e n t a g . Nr. 865—944

633

569

1. Das Problem der nationalen Erneuerung Deutschlands bis zur Berufung des Fürstentages. Nr. 865—899

633

a) Allgemeine Erörterungen zur nationalpolitischen Lage. Nr. 865—872 b) Die nationalen Parteien. Nr. 873—883 c) Reformprogramme und Verfassungsprojekte. Nr. 884—899

633 644 651

III

Seite

2. Der Fürstentag und die österreichische Reformakte. Nr. 900—935 . . . a) Die Anhänger und Kompromißler. Nr. 900—912 b) Die Gegner. Nr. 913—929 c) Nachwirkungen der Reformaktion. Nr. 930—935 3. Zeitschriftenübersicht. Nr. 936—944 N e u n t e s K a p i t e l . D e r K a m p f u m S c h l e s w i g - H o l s t e i n . Nr. 945—1202 X. Bis zum Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864. Nr. 9 4 5 — 1 1 1 1 r. Die schleswig-holsteinsche Frage bis zum Tode König Friedrichs VII. von Dänemark. Nr. 945—964 2. Der Streit um Rechtslage, Thronfolge, Aktionsmethoden und Aktionsziele bis zum Kriegsausbruch. Nr. 965—1022 a) Die rechtliche Beleuchtung der Erbfolgefrage und des Londoner Vertrages vom 8. Mai 1852. Nr. 965—991 b) Die politische Stellungnahme. Nr. 992—1022 3. Vom Kriegsausbruch bis zum Scheitern der Londoner Konferenz. Nr. 1023—1083 a) Das Vorgehen der deutschen Großmächte und die Aufgaben des Deutschen Bundes und des deutschen Volkes. Nr. 1023—1072 . . . b) Betrachtungen zur Rechtslage. Nr. 1073—1083

663 663 672 686 693 707 707 707 718 718 730 749 749 779

4. Von der Londoner Konferenz zum Wiener Frieden. Nr. 1 0 8 4 — 1 1 1 1 . .

783

II. Vom Friedensschluß zur Konvention von Gastein. Nr. 1 1 1 2 — 1 2 0 2 . . . 1. Der Streit um das Schicksal der Elbherzogtümer bis zu den preußischen Februarforderungen. Nr. 1 1 1 2 — 1 1 3 2 2. Die Rechtsansprüche auf Schleswig-Holstein und Lauenburg. Nr. 1 1 3 3 —1154 3. Der drohende Konflikt und seine provisorische Beilegung durch die Gasteiner Konvention. Nr. 1155—1202

805

Z e h n t e s K a p i t e l . D i e d e u t s c h e n M ä c h t e und der A u s b r u c h des d e u t s c h e n K r i e g e s . Nr. 1203—1338 1. Der Konflikt in Preußen seit 1864. Nr. 1203—1236 a) Liberalismus und bürgerliche Demokratie. Nr. 1203—1216 b) Konservatismus. Nr. 1217—1229 c) Politischer Katholizismus. Nr. 1230—1231 d) Politische Arbeiterbewegung. Nr. 1232—1236 2. Die Auseinandersetzung zwischen Zentralisten, Dualisten und Föderalisten in Österreich seit 1864. Nr. 1237—1260 3. Die deutsche Verfassungsfrage im Schatten des deutsch-dänischen Krieges. Nr. 1261—1285 4. Die Verschärfung der Machtgegensätze, der preußische Bundesreformantrag und der Kriegsausbruch. Nr. 1286—1324 5. Zeitschriftenübersicht. Nr. 1325—1338 Zeitschriftenregister Personen- und Autorenregister

IV

805 819 828 858 858 858 865 874 876 880 902 925 953 977 983

Sechstes Kapitel

D e r Konflikt in Preußen bis zum Ausbruch des deutsch-dänischen Krieges. (Vgl. zu diesem Kapitel 913,

921,

auch Nr. 527, 538, 54z, 548, 602, j86, 850, 864, 865, 874, 882,

922, 933, 936, 940, 941,

953, 954, 959, 995, 1002,

1227,

1230.)

I. Das Ubergangsministerium Hohenlohe. 647. Der Hagen'sche Antrag, Flugblätter des Central-WahlComite's der deutschen Fortschrittspartei. No. IV. (Berlin, Franz Duncker). 3 S. 40. [Kopftitel]. In B7 (Pr. Br. Rep. 30 Berlin C. Polizei-Präsidium Tit. 94, Lit. W. Nr. 178, vol. II, fol. ii9ff). — Erläutert und rechtfertigt den Hagenschen Antrag: Das Abgeordnetenhaus „hat leider in der Militärfrage, weil es vor der Entscheidung zurückbebte, provisorisch bewilligt und das Weitere der Zukunft überlassen. Dieser Politik, mit der man keinen Schritt weiter kommt, konnte nicht von neuem nachgegeben werden. In der Gegenwart galt es, das gute Recht zu wahren und das bessere Prinzip zur Geltung zu bringen, so weit es möglich war. Dies bezweckte der Hagensche Antrag, der bei weitem weniger forderte, als die Budgetkommission ursprünglich beschlossen hatte, der aber dem verfassungsmäßigen Recht der bindenden Ausgabebewilligung und wirksamen Kontrolle eine festere Grundlage schon für die Gegenwart gab und es der Zukunft nur überließ, dieselbe weiter auszubauen. Er ging nicht auf die Spezialetats zurück, sondern verlangte nur, daß der Etat für 1862 im Anhalt an die für 1859 gelegt e Rechnung spezialisiert werde... Die Neuwahlen stellen jetzt an das Volk die ernste Frage, ob es ein Abgeordnetenhaus haben will, welches das Recht der Ausgabebewilligung und Finanzkontrolle und damit unsere Verfassung zur Wahrheit macht, oder ein Abgeordnetenhaus, dem seine verfassungsmäßigen Rechte nur dazu dienen zu dem, was das Ministerium will, ja zu sagen, und dadurch dem Ministerium die Verantwortung abzunehmen, die Lasten des Volkes aber zu vermehren." R o s e n b e r g , Publizistik.

31

475

648. (Müller, Gustav und Michaelis, Otto), Bericht an die Wähler des ersten Wahlkreises des Regierungsbezirks Stettin. (Berlin, Eduard Krause), [1862]. 16 S. 8°. Kö.

Datiert: Berlin, 15. März 1862. — Kritischer Rechenschaftsbericht über die Gesamttätigkeit des Abgeordnetenhauses in der verflossenen Session vom Standpunkt der Fortschrittspartei. Rechtfertigt die Haltung der Majorität insbesondere gegenüber den Budgetfragen und dem Hagenschen Antrage, bei dessen Annahme es sich darum gehandelt habe, „das der Volksvertretung verfassungsmäßig zustehende Recht einer bindenden Budgetbewilligung und einer reellen Kontrolle der Finanzen zur Wahrheit zu machen und darin um so weniger zu wanken und zu weichen, als die Ausübung dieses Rechtes eine uns zum Heil des Thrones wie des Landes auferlegte patriotische Pflicht bildete. Der aus diesem ersten selbständigen Schritt des Hauses hervorgegangene Konflikt bildet nur eine Phase in der Entwickelung unsres erst in den Anfängen begriffenen Verfassungslebens zu fester Form und lebensvoller Gestaltung." 649. Rede des John Prince-Smith zur Berichterstattung an seine Wähler in Stettin am 25. März 1862. Berlin, G. Jansen, [1862]. 14 S. 8°. B4; He;

Kö.

Rechenschaftsbericht über das Wirken des aufgelösten Abgeordnetenhauses vom Standpunkt der Fortschrittspartei. 650. Rede des Prof. Roepell in der Urwählerversammlung zu Breslau am 25. März 1862. (Nach stenographischer Nachschrift.) (Breslau, W. G. Korn), [1862]. 14 S. 8°. Bri;

Br2.

Verteidigt in Form eines Rechenschaftsberichtes über das Wirken des aufgelösten Abgeordnetenhauses die Taktik seiner Fraktion, der Fraktion Grabow, gegen die Fortschrittspartei. „Wir unsererseits wollten nicht brechen mit dem liberalen Ministerium und daß wir es nicht wollten, darin liegt die Hauptdifferenz zwischen uns und der Fortschrittspartei... Wir dachten, behalten wir das, was wir haben und gehen wir nicht, um mehr zu gewinnen, das Risiko ein, zu verlieren, was wir haben." 651. Vortrag über die Thätigkeit des aufgelösten Abgeordnetenhauses und über die politische Lage des Landes. Gehalten von dem bisherigen Abgeordneten für den Wahlkreis Wanzleben, Herrn 476

Sehneider, Bürgermeister a. D., am 27. März 1862, vor einer sehr zahlreichen Wähler-Versammlung, im Saale des „Schwarzen Adlers" zu Buckau. Buckau bei Magdeburg, Selbstverlag des Herausgebers (E. W. Lampe), [1862]. 20 S. 8°. Bv

Rechtfertigt die Haltung der Fortschrittspartei, insbesondere den Hagenschen Antrag. Das Abgeordnetenhaus will keine Verfassungsverletzung und kein parlamentarisches Regiment, es will nur sein Recht wahren und „die Souveränität des Königs" befestigen. „Ein Gewittersturm tut uns not, und er ist im Anzüge; er wird heilsam sein für das Land. Mag dieser Sturm auch den jungen Baum der Verfassung schütteln — er wird ihn nicht entwurzeln, sondern er wird seine Wurzeln nur befestigen. Dieser Sturm wird den Willen des Volkes kräftigen... Der König steht nicht außerhalb des Volkes, sondern im Volke; der König bildet die Spitze, die Krone des Volkes. Wenn sein Volk gedeiht, wenn es mächtig und kräftig ist, so ist es der König mit ihm; ohne die Kraft des Volkes hat das Königtum auch keine Kraft." 652. Rede des Abgeordneten Dr. Waldeck (Geheimen OberTribunalsrath) gehalten in seinem Wahlbezirke auf dem Schützenhofe bei Herford am Sonntag den 13. April 1862. Herford, C. Heidemann, 1862. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 26. VI. 1862. — Kö; Ma.

Rechtfertigt den Hagenschen Antrag und in populärer Argumentation die Gesamttätigkeit des verflossenen Abgeordnetenhauses. „Ich will kein verkappter, ich will ein offner Demokrat sein, der ich immer gewesen bin." 653. An meine Wähler. Von Ludolf Parisius, früherem Abgeordneten des Wahlkreises Gardelegen-Salzwedel. (Gardelegen, A. Keller), [1862]. 16 S. 8°. [Kopftitel]. Datiert: Gardelegen, 16. April 1862. — Rechtfertigt die Haltung der Fortschrittspartei in dem aufgelösten Abgeordnetenhause, insbesondere den Hagenschen Antrag und die Stellungnahme in der Militärfrage. 654. Spart im Frieden, daß Ihr stark im Kriege seid! Ein Wort an die Wähler in Stadt und Land. (Flugblatt des Central-Comit^'s der 31*

477

deutschen Fortschrittspartei. [1862]. 4 S. 4°. [Kopftitel].

No. III.)

(Berlin, Franz

Duncker),

Richtet sich vornehmlich gegen die Heeresreorganisation, die als eine technisch unzweckmäßige und für das Land untragbare finanzielle Last charakterisiert wird. „Wir wissen sehr wohl, daß gerade von den jetzigen Wahlen es abhängt, ob Preußen unter dem Regimente der Junkerpartei in Armut und Ohnmacht und dann in Abhängigkeit von Österreich oder Frankreich versinken oder ob es unter dem Szepter eines mächtigen und geehrten Königs ein freies und glückliches Land werden soll. Gott aber bewahre uns vor der Sünde, daß wir in einem so entscheidenden Augenblicke aus feiger Menschenfurcht nachgeben und durch Wahlen gegen unsere Überzeugung und gegen unser Gewissen dem Könige vorlügen sollten, daß wir die Junkerpartei und ihre Freunde auch als seine und als unsere Freunde ansehen !" 655. Politisches Wahlbüchlein zum 28. April und 6. Mai 1862 für Jedermann. Nordhausen, G. Müller, 1862. 36 S. 8°. BX;

KÖ.

Populär gehaltene Wahlflugschrift der Fortschrittspartei. „Wir wollen nichts als Durchführung der beschworenen Verfassung, denn dann kommt alles, was wir bedürfen, sofern dies überhaupt durch den Staat gegeben werden kann, von selbst": Friede, Gerechtigkeit, Freiheit. Die Annahme des Hagenschen Antrages liegt durchaus im Sinne der Verfassung. „Ganz Preußen ist einig, daß wir stark und wehrhaft sein müssen", aber im gegenwärtigen Augenblick ist eher eine Heeresverminderung als eine Heeresvermehrung angebracht. Nicht die Junkerpartei, sondern „wir Verfassungstreue" sind die wahren Schirmer der Krone, denn „nur die Krone ist schön, welche von des Volkes Liebe getragen und von des Volkes Kraft geschirmt wird". In Preußen ruht die Hoffnung Deutschlands auf nationale Einigung, von dem bevorstehenden Wahlausgang hängt Preußens Stellung zu Deutschland und damit Deutschlands Zukunft ab. 656. Rüstow, W., Oberst-Brigadier, Das Preußische Militärbudget für 1862. Ein Hülfsbüchlein für die preußischen Wahlversammlungen und das neue Abgeordnetenhaus. Berlin, O. Janke, 1862. 108 S. 8°. Allg. Bibl. 1. V. 1862. — Bx; Bo; I-r2; G; Lx; Z.

478

1862 in 3 Auflagen erschienen. — Rechtfertigt die Haltung des aufgelösten Abgeordnetenhauses und den Hagenschen Antrag. Kritisiert Punkt für Punkt den Militäretat von 1862 und fordert das neue Haus auf, die Roonsche Militärorganisation überhaupt zu verwerfen und statt dessen sich folgenden Reformplan zu eigen zu machen: Die Wehrpflicht ist allgemein. Die preußische Armee besteht aus der Landwehr ersten und zweiten Aufgebotes. Zum ersten Aufgebot gehören alle Wehrfähigen vom 20. bis 30. Lebensjahr; zum zweiten die vom 30. bis 36. Die ins 20. Lebensjahr eintretenden Rekruten bleiben 3 Monate bei der Fahne und werden dann auf die Bataillone der Landwehr ersten Aufgebotes verteilt. 657. Das stehende Friedensheer und die Landwehr in Preußen. Eine militairisch-politische Denkschrift zugeeignet dem preußischen Abgeordnetenhause. Hamburg, Hoffmann & Campe, 1862. 60 S. 8°. Allg. Bibl. 3. VII. 1862. — B1;

Br2; G; Hx;

Kö.

Eine wirkliche und dauernde Verminderung des Militäretats wird nicht durch die Herabsetzung der Dienstzeit auf 2 Jahre, sondern durch die Reduktion des stehenden Heeres erreicht. Für die militärische Ausbildung ist einjährige Dienstzeit völlig ausreichend. An der Landwehr muß um so mehr festgehalten werden, als ihre militärische Leistungsfähigkeit eine Tatsache ist. „Das Abgeordnetenhaus ist es, das die Fahne, voran tragen soll... Nicht das Schweigen und Jasagen ist seine Aufgabe, sondern das offene Reden und das laute Nein gegenüber den Armeeorganisationsplänen der Reaktion!" 658. Luck, W. v., Major a. D „ Verfasser von „A. E. J . O. U." usw., Wo liegt der Hase im Pfeffer? Militärisches Sendschreiben an alle freisinnigen Abgeordneten. Berlin, Rudolph Wagner, 1862. 192 S. 8°. Allg. Bibl. 7. VIII. 1862. — Bx:

Bo; G; Kö;

Z.

Zweite Auflage. Ebda., 1862. 144 S. 8°. Allg. Bibl. 21. VIII. 1862. —

B5.

Vorwort der 1. Auflage datiert: Berlin, 5. Juli 1862; das der 2.: Berlin, 3. August 1862. — Skizziert die im Zeichen des Scheinkonstitutionalismus stehende innerpolitische Lage und kritisiert Preußens auswärtige Politik in den letzten Jahrzehnten. Da Preußen keine wirkliche Großmacht ist und ohne Verbündete weder mit England noch mit Frankreich erfolgreich Krieg führen kann, da Preußen nur eine tituläre Großmacht ist, ist es sinnlos, für einen leeren Titel, d. h. für den Militäretat, mehr als die Hälfte der Staatseinnahmen auszu479

geben. Das Abgeordnetenhaus muß daher von den ihm verfassungsmäßig zustehenden Rechten energisch Gebrauch machen und nur solche Forderungen bewilligen, die für die Sicherheit des Staates unerläßlich sind. Es genügt, wenn jährlich ca. 63 000 Rekruten in das mit einer zweijährigen Ausbildung sich begnügende stehende Heer eingereiht werden, das aus den Leuten vom 21. bis 28. Jahre besteht. Die Leute vom 23. bis 28. Jahr bilden die Reserve, die vom 28. bis 30. die Landwehr. — Gegen diesen Plan wendet sich vom konservativen Standpunkt die Schrift: Noch ein Wort zum näheren Verständniß der Broschüre: Wo liegt der Hase im Pfeffer? Militärisches Sendschreiben an alle freisinnigen Abgeordneten von W. v. Luck, Major a. D. Von einem älteren Offizier. Berlin, F. Heinicke, 1862. 32 S. 8°. (¿V Kö). 659. [Siemens, Werner], Zur Militairfrage. Ein Vorschlag. Berlin, Julius Springer, 1862. 15 S. 8°. Allg. Bibl. 24. VII. 1862. —

B1;

Br2;

Kö.

Die Armeereorganisation läuft auf die faktische Beseitigung der Landwehrverfassung hinaus. Das neue Heer steht außer aller Beziehung zu der Nation. Zwei reformbedürftige Mißstände sind an der bisher bestehenden Heeresverfassung unbestreitbar: die Offensivbewegungen hindernde Schwerfälligkeit und der Dualismus zwischen Linie und Landwehr. Eine Rückkehr zu der alten Landwehrverfassung ist nicht tunlich. Andererseits kann aber auch die neue Organisation in ihrer jetzigen Form nicht beibehalten werden; „denn sie wirkt schädlich auf die politische Freiheit, sie führt die Scheidung zwischen Volk und Heer bis zum äußersten durch, sie macht aus einem Volksheer ein Soldatenheer, und sie lähmt die gewerbliche Entwicklung des Landes, weil sie unerträglichen Druck auf dasselbe legt". Um das gute Alte mit dem guten Neuen zu verbinden, empfiehlt sich folgende Lösung: Von einer Neubildung von Truppenkörpern und einer Vermehrung der aktiven Offiziere wird Abstand genommen. Im Kriegsfall wird die Reserve unter die aktiven Gruppen verteilt und auf diese Weise die Linie verdoppelt. Auch das Offizier- und Unteroffizierkorps wird auf diese Weise aufgefüllt. Bei vermehrter Aushebung und zweijähriger Dienstzeit genügt der dritte Jahrgang, um das Linienheer auf 200000 Mann zu bringen. Mit dem Ablauf des 3. Dienstjahres tritt der Soldat in die Landwehrreserve über, in der er 4—5 Jahre verbleibt. Die Landwehrreserve wird nur im Kriegsfall einberufen, die Feldarmee wird dadurch 400000 Mann stark und das Heer erhält dadurch vorzugsweise Landwehrgepräge. Den Abschluß 480

würde die Reform darin finden, daß die Landwehrreservisten mit dem 27. Lebensjahr in die „unter eigenen Offizieren als besondere Armee bestehende Landwehr zweiten Aufgebotes" übertreten, die lediglich in Kriegszeiten zum Schutz des Landes und der Festungen verwandt wird. 660. Die Nothwendigkeit der neuen Militair-Organisation, hergeleitet aus den Ereignissen der Jahre 1848 und 1849. Nach den Papieren eines verstorbenen preußischen Officiers. Magdeburg, Emil Baensch, 1862. 32 S. 8°. Allg. Bibl. 18. IX. 1862. — iV

Br2; Kö.

Gegenüber dem demokratischen Ansturm von 1848 hat die preußische Linienarmee ihre vollste Schuldigkeit getan. Wie damals so ist auch jetzt das Vaterland wieder in Gefahr. „Daher ist es heilige Pflicht eines jeden Ehrenmannes, alles zu tun, was in seinen Kräften steht, um das Heer zu stärken, damit es wiederum dem einbrechenden Sturme gewachsen ist." Die in echt konservativem Geiste unternommene Heeresreorganisation durch das Landwehrsystem ersetzen zu wollen, ist völlig unmöglich, da die Landwehr, wie im einzelnen dargelegt wird, bei fast allen Gelegenheiten versagt und sich als unzuverlässig, disziplinlos und militärisch untüchtig erwiesen hat. In jeder Beziehung ist das Landwehrsystem heute überlebt; politisch aber ist es geradezu eine schwere Gefahr. „Das Volk ist in Parteiungen zerfallen; die Landwehr ist aber das Volk, und so müssen denn auch folgerecht die Parteiungen aus dem Volke in die Landwehr übergehen." Läßt die Regierung sich erweichen, gibt sie dem Drängen der „demokratischen" Partei nach und stellt die Landwehr in ihrer früheren Gestalt wieder her, „dann hätten wir in unserem Vaterlande die Revolution in Permanenz", dann heißt es: „Adieu, Preußische Monarchie !" Den Abgeordneten, die das Landwehrsystem verteidigen, kann man nur eines erwidern: „Schuster bleib bei Deinem Leisten und sprich nicht über Dinge, welche Du nicht verstehst!" 661. Eine Denkschrift zur Militair-Frage. druckt. Cöln, Ad. Lesimple, 1862. 32 S. 8°.

Als Manuscript ge-

Allg. Bibl. 10. VII. 1862. — Bx: Bo.

Der Verf. richtet nach seinem eigenen Geständnis diese Schrift nur an diejenigen, „die wie er selbst, von der Maxime ausgehen, ihre Bestrebungen den Ansichten der Regierung unterzuordnen". Gemäß dieser Einstellung ergibt sich als Leitgedanke: „Der Landtag muß vor allem die Gesetze respektieren, die Wehrverfassung vom Jahre 481

1814 ist Landesgesetz und bestimmt die dreijährige Dienstzeit im stehenden Heere und die Rechte der Krone in betreff der Organisation und Formation des Heeres. Nur diese kann eventualiter eine Herabsetzung der Dienstpflicht herbeiführen. Werden die Bestimmungen dieses Gesetzes prinzipiell verletzt, oder werden disponible und zur Durchführung des Gesetzes nötige Mittel prinzipiell verweigert, so wird der gesetzliche Boden verlassen, dann hört die loyale Opposition auf und es beginnt die Rebellion. Sollte dieses bedauerliche Ereignis tatsächlich eintreten, so kann kein loyaler Untertan der Regierung zumuten, mit den Feinden der Gesetze zu unterhandeln und ihren Forderungen entgegenzukommen, denn dann gilt es vor allem die durchaus nötige Achtung vor dem Gesetz mit aller Energie aufrechtzuerhalten.' ' 662. Die neue Aera oder Regentschaft und Königthum in Preußen vom 9. October 1858 bis 11. März 1862. Sonderhausen, G. Neuse, 1862. 96 S. 8°. Allg. Bibl.

10. VII. 1862. —

Br2;

G.

Referierende Überschau über den Gang der preußischen Innenund Außenpolitik vom Standpunkt der Fortschrittspartei. Charakteristisch das Schlußwort: „Der Zukunft gehört die Verwirklichung der politischen Fortschrittsgedanken: Wiederherstellung der Herrschaft des Gesetzes, wirksame Kontrolle der Verwendung der Steuern durch die Volksvertretung und ein wahrhaft konstitutionelles Königtum, das die Verfassung als die notwendige und heilsame Schranke der Willkür erkennt". 663. Aufruf. [Unterzeichnet:] Das Central-Wahl-Comite der deutschen Fortschrittspartei. (Berlin, Franz Duncker), [1862]. 2 S. 4® [Kopftitel]. Im Besitz von B7 (Pr. Br. Rep. 30 Berlin C. Polizei-Präsidium Tit. 94. Lit. W. Nr. 178, vol. II, fol. I28f.). — Datiert: Berlin, 14. März 1862. Die liberalen Parteien, einig in den politischen Zielen, differieren lediglich in der Beurteilung der Vergangenheit und in der Auffassung der gegenwärtig anzuwendenden Mittel. Die Wahlen von 1861 haben über die reaktionäre Feudalpartei unwiderruflich entschieden. „Im unversöhnlichen Widerspruch mit den lebendigen Kräften unserer Zeit wird diese Partei, die nie den Staat, sondern nur ihre Geltung im Staate will, durch die Wahlen und mit dem Willen des preußischen Volkes niemals wieder in Preußen regieren. Sie ist nichts, sobald sie nicht von der Macht der Regierung künstlich gestützt und getragen 482

wird." Die an die Wahlbewegung geknüpften Hoffnungen auf einen zeitgemäßen Ausbau „unserer noch in den wesentlichsten Punkten unvollendeten Verfassung" und auf eine „Wiederanknüpfung der Gesetzgebung an die große Zeit der preußischen Wiedergeburt" sind leider unerfüllt geblieben. Bei dieser Lage der Dinge ist es die Pflicht des Abgeordnetenhauses, ohne Rücksicht auf die Personen der leitenden Staatsmänner unabhängig und entschlossen der Regierung gegenüber das verfassungsmäßige Recht des Volkes zu wahren. Da es auf dem Gebiet der Gesetzgebung und Verwaltung zur Zeit nur wenig erreichen kann, so muß es die entscheidende Macht, die es in der Kontrolle über die Geldmittel des Landes besitzt, ausnutzen. „Wir sind überzeugt, daß die Regierung sich weder auf einem gedeihlichen Wege noch im Einklang mit der Einsicht und dem Willen des Volkes befindet, wenn sie durch die neuen Militäreinrichtungen die wirtschaftlichen Kräfte des Landes übermäßig spannt, wenn sie daneben den geistigen und materiellen Interessen die freie Entwickelung versagt, welche die Spannkraft des Volkes erhöhen würden und wenn sie für die übergroßen Lasten nicht einmal durch die Erfolge einer volkstümlichen und nationalen Politik entschädigt." Der Boden der Verfassung, „auf dem sich allein in gesetzlicher Ordnung das Banner des Fortschritts entfalten kann", muß in den bevorstehenden Kämpfen ungeschmälert behauptet werden. „Eine Niederlage auf diesem Boden würde ein schweres Unheil für Preußen, für ganz Deutschland sein. . . . Die Feinde Preußens hoffen auf eine lähmende Fortdauer des begonnenen Haders. Das deutsche Volk aber, welches wohl der preußischen Regierung, nicht mehr dem preußischen Volke entfremdet werden kann, weiß, daß die Zukunft Preußens nur in der freiheitlichen Entwickelung liegt und daß diese in Preußen für ganz Deutschland gesichert werden muß." 664. Flugblatt des Central-Wahlcomites der constitutionellen Partei in Berlin. (Berlin, Trowitzsch & Sohn), [1862]. 4 S. 8°. Bo.

Datiert: Berlin, 3. April 1862. — Protestiert gegen die von der Regierung ausgegebene Wahlparole: „Königlich oder parlamentarisch". Betont die entschieden monarchische Gesinnung und den maßvoll vermittelnden Charakter der „konstitutionellen Partei": „Eine Schmälerung der Rechte der Krone ist seit der Beeidigung der Verfassimg von keiner Seite, auch nicht von den äußersten Parteien versucht worden". Wendet sich gegen den Hagenschen Antrag, erklärt sich jedoch ausdrücklich für die unbedingte Wahrung des dem Abgeord-

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netenhause zustehenden Rechtes auf Kontrolle über die Staatseinnahmen und Ausgaben. „Was das preußische Volk will und was es nicht länger entbehren kann, das ist der e n d l i c h e A b s c h l u ß des K a m p f e s z w i s c h e n B ü r g e r - u n d J u n k e r t u m . " Zu diesem Zweck bedarf es vor allem der Schaffung einer freisinnigen ländlichen Gemeindeordnimg und der Weiterführung der von dem Ministerium Hohenzollern angebahnten Reformpolitik. 665. Lassalle, Ferdinand, Über Verfassungswesen. Ein Vortrag gehalten in einem Berliner Bürger-Bezirks-Verein (am 16. April). Berlin, G. Jansen, 1862. 32 S. 8°. Allg. Bibl. 12. VI. 1862. — Bt;

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Erörtert die Frage nach Begriff und Wesen der Verfassung, unterscheidet zwischen „wirklicher" und „geschriebener" Verfassung. Versteht unter „wirklicher Verfassung" den Ausdruck der „in einem Lande bestehenden, tatsächlichen M a c h t v e r h ä l t n i s s e " . Eine „geschriebene" Verfassung ist nur dann eine „gute" und „dauerhafte", wenn sie der „wirklichen" Verfassung entspricht. Die preußische Verfassung von 1848 hat nicht diesem Grundsatz entsprochen, zumal eine Umwandlung des Fürstenheeres in ein Volksheer damals unterblieben ist. „Die wirklichen, tatsächlichen Machtverhältnisse im Lande umgestalten, in die Exekutive eingreifen, so sehr eingreifen und sie tatsächlich so sehr umformen, daß sie sich nie wieder selbständig dem Willen der Nation entgegenstellen konnte, — das war es, worauf es damals ankam, und was vorausgehen mußte, damit eine geschriebene Verfassung von Dauer sein konnte." Da sie keine „wirkliche" Verfassung ist, muß sie abgeändert werden, „nach rechts oder links hin, aber bleiben kann sie nicht". „Verfassungsfragen sind ursprünglich nicht Rechtsfragen sondern Machtfragen; die w i r k l i c h e Verfassung eines Landes existiert nur in den reellen, tatsächlichen Machtverhältnissen, die in einem Lande bestehen; geschriebene Verfassungen sind nur dann von Wert und Dauer, wenn sie der genaue A u s d r u c k der wirklichen, in der Gesellschaft bestehenden Machtverhältnisse sind." 666. [RÖBler, Constantin], Die liberalen Parteien angesichts der Zukunft Preußens. Berlin, Julius Springer, 1862. 53 S. 8°. Allg. Bibl. 1. V. 1862. — B1; Bo; G; Kö; Lx;

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Datiert: April 1862. — „Die 1848 gewonnene Wahrheit heißt: Die Bürgschaft der deutschen Zukunft liegt in der staatlichen Einigung Deutschlands mittelst Ausschließung Österreichs und durch den 484

Anschluß der deutschen Scheinstaaten an die einzige, obschon unfertige Staatsbildung, welche der Genius des deutschen Volks versucht hat, an das Königreich der Hohenzollern." Im übrigen aber heißt es, die historischen Gegensätze aus der Zeit von 1848 aufgeben und sich nicht auf eine bestimmte Form der Lösung von Fragen versteifen, die in einer erneuten Gestalt eine sorgfältige Prüfung erheischen. Gibt von diesen Gesichtspunkten aus einen kritischen Überblick über das Verhalten der Regierung und der Parteien während der „Neuen Aera" und beleuchtet, die Notwendigkeit der Heeresreform anerkennend, die Ursachen für das erneute Scheitern der nationalen und liberalen Hoffnungen. Erörtert den Gegensatz zwischen der altliberalen und der Fortschrittspartei, insbesondere in bezug auf ihre Stellung zum Hagenschen Antrag. In die Verteidigungsstellung zurückgeworfen, müssen die liberalen Parteien zusammengehen und den Grund zu einer positiven Verständigung für die Zukunft legen. 667. Gutsmuths, Freimund, Patriotische Untersuchungen bezüglich preußischer Zustände. VIII. Konservative Politik. — Konstitutionelle Rundschau. — Preußens Beruf in Deutschland. Hamburg, Hoffmann & Campe, 1862. 1 7 1 S. 8°. Allg. Bibl. 15. V. 1862. — Bx; G; Kö.

Rechtfertigt den Zweck der „Patriotischen Untersuchungen" (vgl. Nr. 247), der in der „konservativen Tendenz" bestanden habe, durch Darlegung der Reformbedürfnisse Volk und Regierung miteinander zu versöhnen und das Ministerium Hohenzollern-Auerswald zu erhalten. An dieser Tendenz muß festgehalten werden. Preußen, zur Hegemonie in Deutschland berufen, muß zuvor eine a l l g e m e i n e Gesetz- und Verfassungsrevision in liberalem Sinne in die Wege leiten unter Anknüpfung an das Stein-Hardenbergische Reformwerk und an Steins Ideen: „Was dem Staate an extensiver Größe abgeht, muß er durch i n t e n s i v e Kraft gewinnen"; „DasAlte ist vergangen, es muß alles neu werden." Weist im einzelnen nach, daß die grundlegenden Bestimmungen der preußischen Verfassung erst noch in die Wirklichkeit umgesetzt werden müssen. „Eine feste, liberale R e g i e r u n g ist zuerst und zumeist von Nöten! Sie ist mächtiger und nützlicher als eine liberale, reformierende G e s e t z g e b u n g . " 668. J. v. R., Königthum und Volksthum. Ein Wort über unsere politische Lage in Hinblick auf den Ausfall der jüngsten preußischen Wahlen. Berlin, Julius Springer, 1862. 31 S. 8°. Allg. Bibl. 12. VI. 1862. — B1;

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Die Wiederwahl der liberalen Abgeordneten zeugt von der politischen Reife der Majorität des preußischen Volkes. „Wir wollen eine vernünftige Politik", den Verfassungstaat, dessen Sinn mit dem Worte zu umschreiben ist: „Autorität und Majorität. Die Kopula ist der Schwerpunkt, den wir die Souveränität des Staates nennen". Die Regierung muß daher sein „königlich und parlamentarisch". Der Verfassungsstaat ist „kein Zwangsinstitut, sondern eine souveräne Gemeinschaft zur Verwirklichung der vernünftigen menschlichen Freiheit auf friedlichem Wege rechtlicher Vereinbarung". Die Kriegserklärung der Regierung an die Fortschrittspartei ist völlig ungerechtfertigt, zumal diese Partei nichts anderes will „als den richtig verstandenen und richtig gehandhabten Verfassungsstaat". Zu Unrecht behauptet die gegenwärtige Regierung, daß die Fortschrittspartei den Schwerpunkt der staatlichen Gewalt von der Krone in die Landesvertretung verlegen und aus dem Königtum die Demokratie machen wolle. „Nur die Demagogie und der Romanismus des Auslandes sowie der Feudalismus des Inlandes sind unsere wahren Feinde." Solange der Verfassungsstaat nicht durchgeführt ist, ist eine Versöhnung zwischen Königtum und Volkstum ebensowenig möglich wie eine Lösung der deutschen Frage: Die Konstituierung eines deutschen Bundesstaates unter preußischer Führung, der in ein völkerrechtliches Bundesverhältnis zu Österreich zu treten hätte. 669. [Rößler, Constantin], Die bevorstehende Krisis der preußischen Verfassung. Berlin, Julius Springer, 1862. 48 S. 8°. Allg. Bibl. 24. VII. 1862. — Blß- Br2; G; Kö.

Datiert: 30. Juni 1862. — Entwickelt die Theorie vom bürgerlichen Verfassungstaat in der Form der konstitutionellen Monarchie. Ihr Wesen ist die Harmonie der Staatsgewalten, ihre Bürgschaft „das eigene Gewissen der Staatsgewalten und die Achtung vor dem allgemeinen Gewissen". Untersucht kritisch, wie und mit welchen Mitteln von monarchisch-absolutistischer und demokratischer Seite versucht wird, den sittlichen Gedanken der Verfassung zu zerstören und auf mechanischem Wege das Übergewicht der fürstlichen Gewalt, bzw. der Volksvertretung herzustellen. „Wenn ein Staat wenigstens die Hauptorgane einer entwickelten Verfassung besitzt, und es bricht zwischen den Staatsgewalten ein Konflikt aus, so ist die Entscheidung dieses Konfliktes keine Machtfrage, aber auch keine Rechtsfrage, sondern eine G e w i s s e n s f r a g e . " Schildert das Schicksal der Heeres vorläge seit 1860 und die gegenwärtige Konfliktssituation. „Wenn das Abgeordnetenhaus das Militärbudget streicht, so über486

nimmt es nicht nur für seinen Teil leichtsinnig die schwerste Verantwortlichkeit, sondern es wälzt eine noch stärkere Last der Verantwortung auf den Träger und die Diener der Krone, welche nach einem solchen Beschluß des Abgeordnetenhauses die Geschicke des Landes in die Hand nehmen sollen. Darin liegt der Verfassungskonflikt." Der große Irrtum ist, daß man glaubt, es handle sich bei dem Steuerbewilligungsrecht um die Steuererhebung und nicht um die Steuerverwendung. Die Permanenz der Steuern ist schon durch die Natur der Sache und den Artikel 100 der Verfassung begründet. Das Steuerbewilligungsrecht kann nicht zu einem mechanischen Mittel ausarten, die Entscheidung in Gesetzgebung und Verwaltung allein auf die Seite der Volksvertretung bringen zu wollen. Diejenigen Teile des Budgets daher, denen beide Kammern und die Regierung zugestimmt haben, muß die Regierung ausführen, „wenn sie nicht mutwillig den Staat zum Stillstand bringen, d. h. den Rechtsbruch hervorrufen will. So bliebe der Regierung nichts übrig, als das verkürzte Budget gesetzlich anzunehmen und die Armee mit einer großartigen Etatüberschreitung zu erhalten". Nur durch eine Reform des Herrenhauses und die Annahme eines Ministerverantwortlichkeitsgesetzes würde bei einem derartigen Vorgehen das Abgeordnetenhaus im Jahre 1863 in der Lage sein, „die Minister wegen der angekündigten Etatüberschreitung in Anklagestand zu versetzen oder ihnen die Indemnität zu erteilen. Mit dieser Sprache wäre der Verfassungskonflikt beseitigt." Zu einer solchen Sprache jedoch gehört der rechte Mann. Voll Hoffnung blicken die Augen der Patrioten auf Georg v. Vincke, Bismarck und den General v. Bonin, die als Führer eines neuen Ministeriums in Frage kommen. 670. Vorwärts mein Preußenvolk! Ein Wort zum Verständniss. Von einem Mitgliede der deutschen Fortschrittspartei in Preußen. Leipzig, Wilhelm Violet, 1862. 56 S. 8°. Allg. Bibl. 16. X. 1862. — Br2; D^ Hx; Kx; Kö;

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Geschrieben im September 1862. — Weder der Liberalismus noch die Krone, sondern die aus dem agrarischen Feudaladel, der neupreußischen Bürokratie, der pietistischen Orthodoxie und dem spezifischen Militäradel sich zusammensetzende Feudalpartei steht dem Ausbau der preußischen Verfassung im Geiste des besonnenen Fortschritts entgegen. „Preußens geschichtliche Mission ist, der Kristallisationspunkt für die einheitliche Gestaltung Deutschlands zu werden." Dieses Ziel kann nur durch die Vernichtung des ständischabsolutistisch gerichteten Feudalismus erreicht werden. Die Mittel 487

hierzu liegen: i. in der Sicherung eines freisinnigen Abgeordnetenhauses, in dem die Fortschrittspartei den Kern bildet; 2. in der Herstellung einer parlamentarischen Regierung, die ihre Mitglieder der Majorität des Landtages entnimmt und in Übereinstimmung mit dieser Majorität regiert, denn „das System des Scheinkonstitutionalismus ist nicht haltbar, schadet dem Ansehen der Krone und führt in seinem endlichen Resultate zur sittlichen Zerrüttung"; 3. in dem Heranbilden einer aufgeklärten öffentlichen Meinung und einer besonnenen freien Presse; 4. in der Umgestaltung des Beamtentums im Sinne des Rechtsstaates durch Einführung einer auf dem Prinzip der Selbstverwaltung beruhenden Provinzial-, Kreis-, Stadt- und Landgemeindeordnung; 5. in der Einigkeit zwischen Armee und Volk durch Herstellung eines Kompromisses in der Militär frage, wobei die Regierung die Initiative ergreifen muß; 6. in der Aufklärung des Bürgertums über das wahre Wesen des Verfassungsstaates. — Das preußische Volk will Frieden und Eintracht mit seinem Könige und nicht das Souveränitätsrecht für sich in Anspruch nehmen. Um dieses Ziel zu erreichen, muß es mit gesammelter Kraft den Einfluß der Zwietracht säenden Feudalpartei brechen. 671. Hundt von Hafften, Der Standpunkt unserer Armee, der Verfassung und sich selbst gegenüber. Militairische Aufsätze mit einem Politischen Vorwort. 2. verb. Auflage. Berlin, Reichardt & Zander, r862. 204 S. 8°. Allg. Bibl. 12. VI. 1862. — B1; Z>2; Ka2; Kö;

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1862 in 4 Auflagen erschienen. — „Der Kampf zwischen Volkssouveränität und Legitimität, zwischen Konstitution und Monarchie, zwischen Freiheit und Unterordnung, zwischen Gesetz und Gesetzlichkeit, zwischen Individualität und Autorität, zwischen parlamentarischer oder königlicher Regierung scheint sich in Preußen auf eine Entscheidungsschlacht vorzubereiten." Die Armee hat erkannt, daß die liberalen Bestrebungen auf „Ausbau der Verfassung" nichts anderes als Versuche sind, das monarchische Prinzip in Preußen systematisch zu schwächen, Fürst und Volk voneinander zu trennen und „die Armee zum eigentlichen Objekt der Wühlerei" zu machen. Daher hat es sich bei der Armeereorganisation von vornherein nicht um das Geld, sondern um das Prinzip gehandelt. „Für eine parlamentarische Regierung wollen sie das Geld gerne bewilligen; einem starken Königtum aber die Mittel seiner Existenz entziehen. . . .Die absolute Regierungsform war für Preußen eine Notwendigkeit, also eine Wahrheit. . . . Die parlamentarische Regierungsform ist eine 488

Lüge. . . . Die preußische Verfassung als solche ist ein Irrtum." Da die Armee dem Bereiche der Politik entzogen bleiben muß, darf eine Vereidigung des Heeres auf die Verfassung nicht erfolgen. Die Aufgabe der Volksvertretung hat sich darauf zu beschränken, „die Machtfülle des preußischen Königtums zu ergänzen und zu beleben". Mit dem Zweikammersystem muß gebrochen werden. „Anstatt einer Vertretung der Stände, eine Vertretung der Interessen; das ist deutsch, das ist preußisch.. . . Keinen A n t a g o n i s m u s mehr, sondern D u a l i s mus v o n V o l k und F ü r s t , beide als gleichberechtigte Mächte dem Staate gegenüber, so will es die preußische Geschichte! Auf Seite der Exekutivgewalt steht die Armee, die Organisation der Tat; sie bewahrt der Krone die Freiheit der Handlung; auf Seite der Legislativgewalt steht der vereinigte Landtag der Monarchie, die Repräsentation des Wortes; sie als Organ des Volkswillens bewahrt dem Volke die Freiheit der Rede und der Schrift. . . . Nach außen ist das Heer Arm und Schild deutscher Nation, nach innen der Repräsentation des Wortes gegenüber die Organisation der Tat, welche die Monarchie zu stützen und zu befestigen, das Volk zu guten Staatsbürgern zu erziehen und die Abhängigkeit der Krone von einem parlamentarischen Regimente unmöglich zu machen hat. . . . Um den Süden zu gewinnen, muß es in der Politik eine unserer Hauptaufgaben sein, da wo es sich nicht um preußische Fragen handelt, den spezifisch preußischen Beigeschmack zu vermeiden und überall den d e u t s c h e n Standpunkt möglichst hervorzuheben. Die Kräfte werden sich doch nach Naturgesetzen dahin wenden, wohin sie sich angezogen fühlen. Der Nationalverein in seinem unzeitgemäßen Eifer für Preußenmacherei hat den großen Fehler begangen, nicht gleich von Anfang an entschieden zu erklären: wir wollen kein einiges Deutschland ohne ein d e u t s c h e s Österreich." 672. Die Ursachen der Auflösung des Abgeordnetenhauses. Denkschrift des monarchisch-constitutionellen Wahlvereins in Berlin. I. Der Beschluß wegen größerer Specialisierung des Staatshaushaltsetats. 24 S. 8°. II. Sonstiges Verhalten in der äußeren und inneren Politik. 29 S. 8°. Berlin, (Kgl. Geheime Oberhofbuchdruckerei), 1862. bi;

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I. Die Annahme des Hagenschen Antrages bedeutet eine Verfassungsverletzung und eine Gefährdung von Preußens Sicherheit und Machtstellung. Das eigentliche Ziel dieses Beschlusses ist, „das Recht der Krone zu beseitigen, durch den unscheinbar als eine bloße Form einzuführenden detaillierten Inhalt des Budgets das bisherige 489

Machtverhältnis zwischen Krone und Parlament auf dem Gebiete der Finanzverwaltung zu alterieren, die Grenzlinie zwischen beiden zum Nachteil der Krone zu verrücken, den Schwerpunkt der innersten Finanz Verwaltung allein auf die Seite des Parlaments zu verlegen", dem Könige die Heeresgewalt zu entreißen und das Heer in ein Parlamentsheer zu verwandeln. II. Charakterisiert die Tätigkeit des aufgelösten Abgeordnetenhauses als unfruchtbar und die Staatsinteressen schädigend. Die von der liberalen Majorität eingebrachten Anträge haben nur den Zweck verfolgt, der Regierung Verlegenheiten zu bereiten. Die außenpolitischen Anträge bedeuten darüber hinaus eine Verletzung der Verfassung, da sie das Recht des Königs, die auswärtige Politik allein zu bestimmen, beeinträchtigen. Lehnt aufs schärfste die Anträge zur deutschen Frage ab, da sie auf dem Standpunkte des Vertrags- und Rechtsbruches, der Revolution ständen und auf einer völligen Verkennung der Machtverhältnisse beruhten. „Eine Leitung der Politik im Sinne jener Anträge kann nur die vorhandenen Gegensätze, mit denen doch zu rechnen ist, schärfen, Deutschland vollends ohnmächtig machen, Preußen isolieren, den Bundesgenossen feindlich gegenüberstellen und endlich in die Lage bringen, entweder von seinen laut verkündeten Plänen abzusehen oder einen Eroberungskrieg zu führen und die Allianz der Revolution zu suchen." Auf derselben Linie liegt der Antrag auf Anerkennung des Königreichs Italien, der im Gegensatz steht zu dem wahren Interesse Deutschlands, das die Wiederherstellung des österreichischen Einflusses in Italien fordert, und der auf „die solidarische Verbindung der revolutionären Interessen durch ganz Europa" hinausläuft. Das Abgeordnetenhaus hat sich durch seine Anträge zum Anwalt der „Ideen von 1789" gemacht, deren Verwirklichung notwendig „zur Mißachtung aller sittlichen Güter einer Nation, zur Barbarei und zum Despotismus des Säbels führen muß". Nicht minder verderblich sind die innerpolitischen Anträge auf Aufhebung der Gewerbeordnung und Einführung der Gewerbefreiheit, deren Verwirklichung den städtischen Mittelstand der Herrschaft des Kapitals aufopfern würde, die Anträge auf Wiedereinführung der „verbesserten" Gemeindeordnung von 1850, auf Reform der Finanzverwaltung, auf Abänderung der Heeresverfassung und auf Regelung der Verhältnisse der christlichen Kirchen und Schulen. 673. Zum Ausbau der preußischen Verfassung. Berlin, R. Wagner, 1862. 48 S. 8°. Allg. Bibl. 3. VII. 1862. — ßj/

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Ende Juli in 2. Auflage erschienen. Datiert: Aus dem April 1862. — Die konservative Partei bedarf eines konkreten Aktionsprogrammes. Die zentrale Frage ist jetzt : Königliches oder parlamentarisches Regiment, Monarchie oder Volksherrschaft ? Soll der Staat nicht aus den Fugen geraten, so muß der König bei der Besetzung der Ministerund der anderen hohen Verwaltungsposten die endgültig entscheidende Stimme haben. Der Konflikt zwischen Regierung und Abgeordnetenhaus muß endlich beseitigt werden. Zu diesem Zweck bedarf es einer Abänderung des das Staatshaushaltsgesetz betreffenden Art. 99 der Verfassung. Läßt sich das nicht erreichen, so ist ein neues Gewohn-« heitsrecht zu schaffen, wonach die Regierung das Recht erhält, „falls sie mit dem Landtag über das neue Budget sich nicht vereinigen kann, nach Maßgabe des Budgets des letztverflossenen Jahres die Verwaltung fortzuführen" oder aber auf Grund eines für alle Konfliktsfälle gültigen Normaletats. „Wir müssen an äußerer Macht fortschreiten oder zurückgehen, wir müssen Herren werden in Deutschland oder wir hören auf, Großmacht zu sein. Darum brauchen wir eine Verfassung, die eine augenblickliche Entfaltung der ganzen Kraft ermöglicht." 674. Hauboldt, Max, Verfasser von „Die böse Noth der schweren Zeit", „Der Bankenunfug", „Quousque tandem" etc. etc., Volkswahlen ein Unding. Mit besonderer Beziehung auf Preußen und dessen gegenwärtige Verhältnisse. Leipzig, Emil Deckmann, 1862. 3 1 S. 8". Allg. Bibl. 22. V. 1862. — IV

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Datiert: Leipzig, 5. Mai 1862. — Volkswahlen sind ein Unding, denn „es gibt nur Wahlen, bei denen einzelne den großen Haufen willenlos leiten". An die Stelle des Repräsentativsystems muß ein ständisches System treten, bei dem die einzelnen Ständevertreter von den Regierungen ausgewählt, Beamte jedoch ausgeschlossen werden. Das preußische Volk muß sich ermannen und zur Begründung einer starken Monarchie vom Könige eine neue Verfassung verlangen. 675. Demokraten und Conservative. Potsdam, Eduard Döring, 1862. 52 S. 8°. Allg. Bibl. 5. VI. 1862. — B1;

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Geht aus Von Betrachtungen zur allgemeinen Parteienlehre: Das Parteiwesen zerfällt mit Naturnotwendigkeit in allen Gesellschaften und zu allen Zeiten in zwei Parteien: „Die einen sind die, R o s e n b e r g , Publizistik.

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welche durch den Reiz der Neuheit zu Veränderungen getrieben werden, die anderen die, welche am Alten und Hergebrachten hängen". Der Entwicklungsgang der Menschheit folgt einem Mittelweg, der das Gleichgewicht zwischen beiden Parteien herstellt. Das aus der Aufklärung erwachsene Prinzip der gegenwärtigen Zeit ist das der Demokratie, „innerhalb der Schranken menschlicher Rechtsordnung zu tun und zu lassen, was einem beliebt". Die liberale Denkweise ist ein Ausfluß dieser Doktrin insofern, als sie unter völliger Lossagung von allen Autoritäten die Unabhängigkeit der individuellen Vernunft gegen die bestehenden, historisch gewordenen Rechtsverhältnisse setzt. Die Liberalen stellen keine selbständige politische Partei dar, sie sind entweder verkappte Demokraten oder verkappte Konservative. Im Gegensatz zur Demokratie geht der Konservatismus von der These aus, daß das Volk ein Organismus und keine bloße Summation von Individuen ist. Der Staat ist für ihn ein „begeisteter Organismus". Konservieren wollen die Konservativen „das ewige Recht der Autorität, sowohl der göttlichen als der durch historische Entwicklung begründeten menschlichen Autorität". Mit dieser Staatsauffassung steht die konstitutionelle, jedoch nicht die parlamentarische Monarchie im Einklang. Preußen bedarf einer Reform des Wahlgesetzes und einer ständisch-korporativ organisierten Volksvertretung, die eine Vertretung der Berufsarten und Tätigkeitsklassen des Volkes darstellen muß. Auf die aktuelle Kampfsituation nimmt die im Bereiche theoretischer Darlegungen sich bewegende Schrift nur insoweit Bezug, als sie die Ansprüche der Volksvertretung auf Beeinflussung der Regierung entschieden zurückweist. 676. Der Ruin Preußens. Berlin, L. v. Warnsdorff, 1862. 40 S. 8°. Allg. Bibl. 2g. V. 1862. — Bx;

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Durch die „Neue Aera" ist Preußen in eine Krisis hineingeraten, die nicht bloß seine Großmachtstellung, sondern sogar seine Existenz bedroht. „Die Sachlage ist durch die Ministerkrisis die geworden, daß man der Demokratie den Fehdehandschuh hingeworfen hat, ohne die konservative Partei dadurch zu gewinnen. Man hat es also mit allen verdorben. Denn ein Konservatismus ä la v. d. Heydt bietet nicht die Spur von Garantie. Herr v. d. Heydt ist Musterbürokrat und nur Bürokrat; er ist der geschworene Feind aller Ideen, aller organischen Entwicklung, jeder Selbstverwaltung, jeder sittlichen Selbständigkeit." Das neue Ministerium hat allenthalben Schwäche und Halbheit gezeigt, namentlich in der viel zu lauen Wahlbeein492

flussung. Um den Kampf gegen die „Demokratie" wirksam führen zu können, muß zunächst einmal v. d. Heydt entlassen werden. Sodann aber muß das preußische Königtum eine gemeinsame Kampffront bilden mit der christlichen Kirche, dem Herrenhause, der Kriegsarmee, der „Zivilarmee", d.h. der Bürokratie, und der Regierungspresse. Von dieser Machtbasis aus heißt es durch unerschütterliches Festhalten an dem, „was man für notwendig hält", die Parteien sich allmählich abnutzen zu lassen. „Die Parlamente sind immer nur stark, wenn die Regierungen schwach und unschlüssig sind." Um den Sieg der Demokratie zu verhindern, der im Innern Preußens zu einer wüsten, anarchischen Massenherrschaft führen und nach außen den Sieg des zentralisierten deutschen Einheitsstaates, den Krieg mit Österreich, Frankreich und wahrscheinlich auch mit Rußland bedeuten würde, bedarf es der Stärke und Festigkeit der Krone. Nur auf diesem Wege läßt der Konflikt sich beseitigen. Kein Staatsstreich, keine Beseitigung der Verfassung, keine sofortige Auflösung des neugewählten Abgeordnetenhauses, keine Oktroyierung eines neuen Wahlgesetzes! 677. Wittenburg, M. v., Ideen zur Befreiung der Preußischen Monarchie aus der Revolution. Görlitz, E . Remer, 1862. 69 S. 8°. Allg. Bibl. 3. VII. 1862. — Bx;

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Soll Preußen nicht dem demokratischen Prinzip, der Parlamentsherrschaft und einer neuen Revolution verfallen, so muß es „zur alten, wenn auch faktisch, so doch nicht moralisch, wenn auch formell, so doch nicht materiell unumschränkten, reinen Monarchie zurückkehren". Entwickelt unter Verwendung Hegelscher Kategorien und Hegelscher Gedanken die Grundzüge einer konservativen Staats- und Lebensphilosophie unter entschiedener Abwehr der „subjektivistischen" und „materialistischen" Zeittendenzen und der abstrakten Idee der „subjektiven Freiheit", die zu revolutionären Folgen führe. „Wiedererhebung durch die Philosophie muß wieder die Losung der deutschen Nation werden." Zum Fundament des Staatslebens muß das Prinzip der Sittlichkeit gemacht werden. Nur in der „reinen Monarchie", die die Einheit des Staatswillens notwendig voraussetzt und eine lediglich beratende Volksvertretung zur Seite hat, kann die Freiheit der einzelnen ihre höchste Erfüllung finden. Auf diese Weise wird das „Volksbewußtsein" mit der unumschränkten, aber sittlich freien Autoritätsherrschaft der Staatsgewalt vermittelt. Von dem „historisch-organischen", nicht dem „abstrakt-mechanischen" Standpunkt aus ergibt sich als nationale Aufgabe Preußens, Deutschland in seiner äußeren Selbständigkeit und inneren Freiheit 32*

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zu schützen, ohne dabei „dem Verderben einer einheitsstaatlichen Uniformität entgegenzugehen". Daher kann ebensowenig von einem Aufgehen Deutschlands in Preußen wie von einem Aufgehen Preußens in Deutschland die Rede sein. Im Gegensatz zum übrigen Deutschland kann Preußen an seinen eigentümlichen Verfassungs- und Verwaltungsverhältnissen festhalten. Da Preußen durch seine geschichtliche Entwicklung und durch seine geographische Lage zu einer rein nationalen Politik gezwungen ist, kann es fernerhin „keine spezifisch preußische Politik, keine Politik der freien Hand mehr geben". Im Innern aber muß der preußische Staat reorganisiert und durch Aufhebung der bestehenden Verfassung vom konstitutionellen Mechanismus befreit werden. Zu diesem Zwecke müssen die Befugnisse der Volksvertretung im wesentlichen auf die des Vereinigten Landtags von 1847 zurückgeführt werden. Der Landtag muß geteilt werden in ein Haus „der geistig-sittlichen Korporationen, der Stände, in einen Ständerat, und in ein Haus der real-formellen Korporationen, der Gemeinden, in einen Gemeinderat". In der Gemeinde-, Kreis-, Landschafts- und Provinzialverfassung muß den Familien-, Berufsund Standesgenossenschaften nicht nur beratende, sondern entscheidende Stimme eingeräumt, vor allem aber muß dem Adel wieder zur politischen und sozialen Herrschaftsstellung verholten werden. Die konservative Partei hat mit ihrer Anerkennung der Rechtskraft der Verfassung einen Fehler begangen. Rechnet mit dem allmählichen Verschwinden der politischen Parteien und ihrer Ersetzung durch soziale. Der Staat der Zukunft ist der „Staat des sittlichen Absolutismus", der „sittlichen Monarchie". Der „liberale und revolutionäre Absolutismus" muß aufgefaßt werden als „ein möglicher Anfang zum legitimen und sittlichen". 678. [Gerlach, Ludwig von], Die Krisis Preußens im September 1862. Vom Verfasser der „Rundschauen". (Zweiter Separat-Abdruck aus der Neuen Preuß. Zeitung.) Berlin, F. Heinicke, 1862. 29 S. 8°. Geschrieben Anfang September 1862. — Nicht mehr der Streit um die Militärfrage, sondern der Machtkampf zwischen Demokratie und königlicher Gewalt macht jetzt das Wesen der Krisis aus. „ E s ist erfreulich, daß in diesem Streite alles auf seiten der Regierung steht, worauf es dem gewissenhaften und mutigen Staatsmanne ankommt, — R e c h t , P f l i c h t und M a c h t . " Nach der Verfassungsurkunde steht das Recht des Königs und des Herrenhauses auf Ver494

werfung des Budgets unzweifelhaft fest. Kommt ein Budgetgesetz nicht zustande, so ist es verfassungsrechtlich unzweifelhaft, daß die bestehenden Steuern nach wie vor erhoben werden dürfen und müssen und daß die Regierung diese Steuern zur Befriedigung der Staatsbedürfnisse verwenden darf. Da wissentliche Budgetüberschreitungen mit der Verfassung nicht vereinbar sind, so muß im Falle des Nichtzustandekommens eines Budgetgesetzes die Regierung an das letzte als Gesetz vereinbarte Budget und an den Staatsministerialbeschluß vom 16. XII. 1850 sich halten. Ein entschiedener Bruch mit dem Abgeordnetenhaus, namentlich in der Militärfrage, ist P f l i c h t der Regierung. „Die Armee muß vor allem eine K g l . p r e u ß i s c h e A r m e e sein und bleiben." Für eine Tat der Regierung ist alles reif, denn im Gegensatz zu 1848 ist das Land durchaus ruhig. „ K e i n e O k t r o y i e r u n g , k e i n S t a a t s s t r e i c h , sondern F e s t s t e h n auf dem sichern Boden des guten Rechts des Königs und des Vaterlandes. T a t b e w e i s , daß der „Schwerpunkt" der Macht in der Krone ist dadurch, daß man wirklich regiert auch ohne Unterhausbewilligungen. Bloße Worte imponieren niemandem. . . . Keine Transaktion, keine unrichtige Mitte, kein Schielen nach links, besonders k e i n e W e n d u n g n a c h der v e r a l t e t e n n e u e n A e r a h i n . " Einer solchen, mit Energie und Tatkraft durchgeführten Politik winkt als Siegespreis: „Der König mächtig in Preußen, Preußen mächtig in Deutschland, Deutschland einig und mächtig in Europa, und erbaut auf aller dieser Macht, deutsches Recht und deutsche Freiheit".

II. Das Ministerium Bismarck. 679. Gneist, Dr. Rud., Abgeordneter, Die Lage der Preußischen Heeresorganisation am 29. September 1862 nebst einem Zusatz über die Landwehr. Berlin, Julius Springer, 1862. 34 S. 8°. Allg. Bibl. 16. X. 1862. —

D2; G; KX; L1; M1;

W2.

In 2 Auflagen erschienen. — Die Ablehnung der Heeresreorganisation durch das Abgeordnetenhaus ist „der treue Ausdruck der Stimmung des Landes". Worauf es praktisch ankommt, das ist die Vereinbarung des Abgeordnetenhauses und des gegenwärtigen Ministeriums über ein Gesetz, das umfassen muß 1. ein Gesetz über die Wehrpflicht, ein Konskriptionsgesetz, das die Zwangsdienstpflicht des einzelnen bestimmt, 2. ein Kontingents-, Rekrutierungs- und Organisationsgesetz, das die Gesamtleistung der Nation an dienstpflichtigen Mannschaften normiert. „Das rechtlich und politisch Not-

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wendige ist immer auch das Mögliche." Der preußische Staat steht jetzt vor der Zwangslage, entweder die allgemeine Wehrpflicht oder die dreijährige Dienstzeit aufzugeben. „Die dreijährige Wehrpflicht des Einzelnen kann (wenn es durchaus so sein soll) stehen bleiben, daneben aber das Kontingentsgesetz den Rahmen der Armee auf zweijährige Präsenzzeit normieren." Um über den Zwischenzustand hinwegzukommen, muß die Regierung im Abgeordnetenhaus einen motivierten Kreditantrag stellen. „Für den Zustand eines bestrittenen Provisoriums gibt es keine rechtliche Notwendigkeit, sondern nur motivierte Zweckmäßigkeit; dafür gibt es kein Budget, sondern nur Kreditbewilligung." Wendet sich gegen die gegen die Landwehr erhobenen Vorwürfe. Die Landwehr als das reife System der Volksbewaffnung muß erhalten bleiben. 680. Die Militairfrage und der Landtag in den Jahren 1860—1862. Berlin, Kgl. Geheime Ober-Hofbuchdruckerei, 1862. 63 S. 8°. Allg. Bibl. 20. XI. 1862. — B1;

Br2;

Kö.

Abdruck von im Juli und Oktober 1862 in der „Allgemeinen Preußischen (Stern-) Zeitung" erschienenen Aufsätzen über das Schicksal der Militärvorlage. Ein Teilabdruck über den Verlauf der verflossenen, durch Bismarcks Auflösung am 13. X. 1862 zum Abschluß gebrachten Landtagssession ist unter dem Titel erschienen: Die Landtags-Session. (Berlin, Ober-Hofbuchdruckerei), 1862. 10 S. 4 0 . (Bj). — Offiziöse Verteidigung des Regierungsstandpunktes, gipfelnd in folgenden Thesen: „Nachdem die Regierung durch die Zurückweisung aller Versuche zu einer versöhnlichen Lösung in eine in unserem bisherigen Verfassungsleben neue Lage versetzt ist, darf das Land aus dem bisherigen Verhalten der Regierung, aus dem fort und fort bewiesenen Streben nach einer verfassungsmäßigen Erledigung der Budgetfrage die Überzeugung und Zuversicht schöpfen, daß die Staatsregierung mit gleicher voller Gewissenhaftigkeit bemüht sein wird, den Konflikt, den sie zu vermeiden nicht mehr imstande war, ihrerseits auf das möglichst geringste Gebiet, d. h. auf die fernere, unter ihrer verfassungsmäßigen Verantwortlichkeit erfolgende Leistung der unerläßlichen Ausgaben für 1862 zu beschränken, nächst dem aber alles, was Pflicht und Gewissen gebieten, daran zu setzen, um mit dem Beginn der kommenden Session die verfassungsmäßige definitive Lösung der schwebenden Streitfragen herbeizuführen und dem Lande den vollen inneren Frieden und eine ungestörte Entwickelung unserer verfassungsmäßigen Zustände wiederzugeben." 496

681. Rüstow, W., Oberst-Brigadier, Zur Warnung vor den Compensationen in der preußischen Militär frage. Sechs Briefe an einen Abgeordneten. Hamburg, Otto Meißner, 1863. 64 S. 8°. Allg. Bibl. 15. I. 1863. — B1/ Bo; D^; H1; Kö;

Lv

(Dasselbe u. d. Titel:) Zur Militärfrage. Sechs Briefe an einen Abgeordneten. Hamburg, Otto Meißner, 1863. 60 S. 8°. Allg. Bibl. 23. IV. 1863. — Bt; Br2; We; Z.

Datiert: 16. Oktober bis 26. November 1862. — Zusammenfassender kritischer Überblick über die Entwicklung des Streites um die Heeresvorlagen. Der eigentliche Sinn der Armeereform ist weniger in der Gewinnung der Machtmittel zur Durchführung einer großen außenpolitischen Aktion im nationalen Sinne zu erblicken, er ist vielmehr „unzweifelhaft der, daß sie eine größere, absolut und faktisch durchaus zur Disposition der Regierung — auch gegen das eigene Volk — stehende Streitmacht liefert als die alte". Die neue Organisation steht in schärfstem Widerspruch zu der „Parole der Weltgeschichte", die die Befreiung der Massen und die Ersetzung der stehenden Heere durch organisierte Milizsysteme fordert, um auf diese Weise die Harmonie zwischen Volk und Heer, zwischen Bürger und Soldat herzustellen. In Preußen muß die Landwehr zum Fundament der Heeresorganisation gemacht werden. Die f o r m a l e n Voraussetzungen zur Lösung der preußischen Militärfrage sind die Vorlage eines Organisationsgesetzes durch die Regierung und das Ersuchen um eine Indemnitätserklärung. Das Abgeordnetenhaus aber muß sich hüten, den formellen Teil der Frage mit dem sachlichen zu vermengen, der ausschließlich in dem Organisationsgesetz enthalten ist. Das mindeste, was vom Abgeordnetenhaus zu verlangen ist, ist das Festhalten an der zweijährigen Dienstzeit und an der Erhaltung bzw. Wiederaufrichtung der Landwehr. Außerdem aber muß sowohl das Kontingent wie die Gliederung des Heeres gesetzlich festgelegt werden. Den in Vorschlag gebrachten Kompensationen muß mit höchstem Mißtrauen begegnet werden. „Zur Eroberung Deutschlands braucht Preußen noch weit mehr als eine neue Heeresorganisation eine andere Vorbereitung: das kräftige und aufrichtige Vorschreiten auf dem Wege der F r e i h e i t und ein festes dauerhaftes politisches Programm. An beidem fehlt es gänzlich." 682. Pütter, G. L., Hauptmann a. D., Die preußische Landwehr, ihre Bedeutung und ihre Stellung im Heere. Ein Vortrag, der preußischen Landwehr und allen guten Preußen zum Jubeltage der Landwehr gewidmet. Berlin, A. Jonas, 1863. 32 S. 8°. Allg. Bibl. 5. III. 1863. — Bi;

Bt;

M3.

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Abdruck eines am 28. XI. 1862 in einer polizeilich aufgelösten Berliner Stadtbezirksversammlung gehaltenen Vortrages. Einleitung datiert: Berlin, im Januar 1863. — Skizziert die geschichtliche Entwicklung der preußischen Landwehr, die dem Gedanken des Volkes in Waffen entspreche. Im Hinblick auf die außenpolitische Lage, die doppelte Frontstellung gegen Frankreich und Rußland „bedarf Preußen des Volksheeres, der Landwehr als integrierenden Teil seines Kriegsheeres". Die Friedensarmee muß 150000 Mann stark sein, die Dienstpflicht bei der Infantrie 2 Jahre, bei den übrigen Truppengattungen 3 Jahre, die Reservezeit bei der Infantrie 3 und bei den übrigen Truppengattungen 2 Jahre betragen. Die Landwehr hat eigene taktische Körper zu bilden. „Die Landwehr ersten Aufgebots muß ein integrierender Teil der Armee sein und bleiben, ausgerüstet, geübt, vollzählig und kriegsbereit." Der Überschuß der in die stehende Linie nicht eingereihten Rekruten muß den Landwehrbataillonen als Rekruten zugeteilt werden und dort wenigstens ein halbes Jahr lang die Rekrutenschule durchmachen. Erst dadurch wird die allgemeine Wehrpflicht wirklich zu einer Wahrheit. 683. Macht Frieden im Lande! Elbing, Neumann-Hartmann, 1863. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 5. III. 1863. — Br2;

Kgv

Skizziert in populärer Form den Streit um die Militärfrage und verteidigt die Haltung der Majorität des Abgeordnetenhauses. Das Volk muß an seinen bisherigen Abgeordneten festhalten, „die in aller Ehrerbietung, aber ohne jegliche Menschenfurcht, den König und seine Regierung nur die Stimme des Rechtes und der Wahrheit hören lassen". 684. Rede des Abgeordneten Professor Dr. Gneist, gehalten in der 40. Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am 7. Mai 1863, bei der Debatte über das Gesetz, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste. (Besonderer Abdruck aus dem Stenographischen Bericht.) Berlin, W. Moeser, 1863. 24 S. 8°. Brx; D2.

Feiert die politische Bedeutung der Landwehr, „die Wiederversöhnung und die Verschmelzung des Besitzes mit der bewaffneten Macht des Staates". Die Linienarmee findet ihre notwendige Ergänzung in der Landwehr: „Gegenüber der Bewaffnung der nichtbesitzenden Klasse steht eine systematische Bewaffnung der Großjährigen, der Besitzenden, der mit ihren Interessen, ihrem Berufe und 498

ihren dringendsten politischen Forderungen zur Aufrechterhaltung nicht bloß der Ordnung im Innern, sondern vor allem der verfassungsmäßigen Rechte berufenen Klassen". Unbedingtes Festhalten an der Verfassung und Heeresverfassung von 1850 ist oberstes Gebot. „Diese Armee von 1850 ist unantastbar für das Budgetrecht des Hauses, denn Verfassung und Gesetz stehen über der Budgetbewilligung, nach den ersten Grundprinzipien konstitutioneller Verfassung." Trotz aller Verfassungsgarantien ist die Verfassung durch die Reorganisation tatsächlich durchbrochen. Die Militärgesetzvorlage der Regierung ist „absolut unannehmbar". Nimmermehr kann es die Aufgabe der Kommission sein, „dieser Vorlage, dieser gesetzlichen Erweiterung des schon bestehenden administrativenAbsolutismus den Stempel oder Schein der Legalität zu geben und mit diesem Gesetz den Absolutismus vollständig anzuerkennen". Rechtfertigt die Vorlage der Kommission mit ihrer Forderung auf Zurückführung der aktiven Armee auf den Status von 1859 und auf Erhaltung der Landwehr. „Unsere Forderung ist die sofortige R ü c k k e h r der Armee auf den B o d e n der V e r f a s s u n g . " 685. Becker, Dr. Herrn., (Abgeordneter für Bochum-Dortmund), Gegen die Militairvorläge. (Aus dem stenographischen Bericht über die 42. Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 1 1 . Mai 1863.) Berlin, W. Moeser, 1863. 16 S. 8°. Bs; Bo; Kö.

Polemisiert gegen Twesten und die Argumente des Kriegsministeriums. „Meine Auffassung der Sache ist schlechthin die: Legen wir den Kommissionsbericht, diese höchst schätzenswerte Arbeit, bis auf weiteres in das Archiv dieses Hauses; nehmen wir aber alle Amendements, alle Unteramendements, alle Resolutionen und alle Amendements zu den Resolutionen und schmeißen sie zum Fenster hinaus, und sagen wir zu dieser Regierungsvorlage ein einfaches und einmütiges, ein rundes, ein ehrliches N e i n . " 686. Büttner, Heinrich, Zur Militärfrage. Ein Wort an's treue Preußenvolk. Berlin, H. Müller, [1863]. 32 S. 8°. Allg. Bibl. 4. VI. 1863. —

Bv

Verteidigt die Heeresreorganisation und vertritt die grundsätzliche Auffassung, daß der König, welcher allein das Recht habe, den Oberbefehl über das Heer zu führen, alle Stellen im Heere zu besetzen, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, eo ipso nicht bloß das Recht, sondern auch die Pflicht habe, „das Heer so einzurichten,

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zu reformieren und zu reorganisieren, wie er es nach Situation der Weltverhältnisse, die er von seinem höheren Standpunkte aus besser übersieht und kennt als wir, nach bestem Wissen und Gewissen für nötig und gut befindet". 687. Kall, Friedrich von, Hauptmann a. D., Zur Militairfrage. Berlin, Julius Springer, 1863. 20 S. 8°. Allg. Bibl. 20. VIII. 1863. — B1;

Bo; X>2; G; Kx;

Lv

Die Beilegung des Verfassungskonflikts hat die Lösung der Militärfrage zur Voraussetzung. Das Volk muß an dieser Lösung mitarbeiten und sich darüber klar werden, was es will. „Das Wehrsystem, wie es die unbeschränkte Monarchie im großen stehenden Friedensheer schuf, ist mit der konstitutionellen Monarchie unverträglich"; es gibt dem Königtum eine übergroße Machtstellung und führt notwendig zu Konflikten zwischen Regierungsmacht und Verfassungsrecht. Was das Volk braucht, ist nicht eine „Reorganisation", sondern eine „Regeneration", nicht ein Verlassen, sondern ein Wiederbeleben des Grundprinzips des preußischen Wehrsystems im Geiste seiner Stifter, „denn jenes Prinzip eines rationellen Milizwesens ist das einzige, welches einerseits Preußens im Verhältnis zu seinen Mitteln heraufgeschraubte Stellung nach außen hin, andererseits im Innern das verfassungsmäßige Verhalten der Exekution zur Gesetzgebung wahren kann". Darum: 1. Einführung des militärischen Exerzitiums neben dem Turnen in allen Schulen; 2. zweijährige Dienstzeit; 3. Übergang zu einjähriger und noch geringerer Dienstzeit, sobald die Rekruten durch die Schule ausreichend vorbereitet sein werden; 4. Wiedereinführung der Landwehrrekruten; 5. Beförderung von Unteroffizieren zu Offizieren; 6. Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit für alle nicht streng dienstlichen Strafsachen. Nur durch die Verwirklichung dieser Forderungen stellen wir unsern Staat gegen äußere Angriffe, unsern Wohlstand vor finanzieller Beschädigung, unsere innere Politik vor verderblichen Konflikten, unsere politische Freiheit überhaupt sicher. 688. [Senftieben, Hugo], Drei militärische Briefe an ein Mitglied der Fortschrittspartei von einem Ostpreußen. Königsberg, Albert Schwibbe, [1863]. 20 S. 8°. I\;

Kgl.

Datiert: 18. Oktober 1863. — Unter Berücksichtigung seiner nationalpolitischen Mission und der internationalen Lage sind Angriff und Verteidigung für den preußischen Staat gleiche Begriffe. Preußen braucht eine Heeresverfassung, die es ihm ermöglicht, im 500

Kriegsfalle die gesamte Volkskraft aufzubieten. Darum zweijährige Dienstzeit bei der Infanterie, 2 %jährige bei den Spezialwaffen, keine längere Reserveverpflichtung als bis zum 26. Lebensjahre, Konservierung der Landwehr als eines besonderen Milizheeres mit eigenen Brigade- und Korpsverbänden, kriegsmäßige Ausbildung der Linie in stehenden Lagern, Erleichterung des Avancements der Unteroffiziere auch im Frieden, höhere Besoldung und bessere Verpflegung der Mannschaften des stehenden Heeres. 689. Lewinstein, Dr. Gustav, Die preußische Militairfrage und das Gesetz vom 3. September 1814. Zum allgemeinen Verständniss für das Volk kurz dargestellt. Berlin, Alexander Jonas, 1863. 30 S. 8°. Br„.

Skizziert in knapper, populär gehaltener Form den Streit um die Heeresreorganisation, dessen Kern nichts anderes sei als der alte Kampf der feudalen mit der liberalen Partei, des Absolutismus mit dem Konstitutionalismus. Lehnt die Armeereform vornehmlich ihrer antidemokratischen Spitze wegen rund ab, fordert die unbedingte Erhaltung der Landwehr, die Einheit von Volk und Heer und die Durchführung des Gesetzes vom 3. I X . 1814 nicht bloß dem Buchstaben, sondern auch dem Geiste nach, in dem es erlassen worden ist. 690. Die Wehr-Verfassung und die Stell-Vertretung. Ein Wort zur Verständigung in der Militairfrage. Von einem Rheinländer. Elberfeld, R. L. Friderichs, 1863. 71 S. 8°. Allg. Bibl. 17. IX. 1863. — Bx; Bo; Lü.

Zwei Hauptpflichten hat der Staatsbürger, die Militärpflicht und die Steuerpflicht. Mit der Einführung des Stellvertretungssystems kann der Streit um die Militärfrage geschlichtet werden. Diejenigen Staatsbürger, die zum Heeresdienst nicht herangezogen werden, müssen eine ihren Vermögensverhältnissen angepaßte einmalige Steuer als Gegenleistung zahlen. ,,Durch diese Einrichtung würde man die Mittel erlangen, gediente Leute auf weitere Jahre gegen besondere Vergütung zu engagieren, um daraus einen Stamm älterer Mannschaften in angemessenster Zahl in jedem Regimente zu bilden." Auf diese Weise könnte ohne weitere Erhöhung der Staatssteuern die militärische Leistungsfähigkeit der Armee gesteigert und zugleich erreicht werden, daß jemand, „der in seiner bedeutenden bürgerlichen oder geschäftlichen Stellung dem Staate viel nützt und von dessen ungestörter Berufstätigkeit vielleicht die Existenz von Hunderten abhängt", nicht aus seiner Stellung herausgerissen werde. „Wir wenigstens sind der Meinung, daß es besser sei, 5oi

unter gewissen Bedingungen dem Einzelnen zu vergönnen, je nach Anlage, Fähigkeiten etc. in seiner Weise dem Staate zu dienen, als in starrer Konsequenz an absoluter Gleichstellung in Betreff p e r s ö n licher Leistungen festzuhalten, wenn das Wohl des Ganzen im ersteren Falle gefördert, im letzteren aber schwer beeinträchtigt wird." — Die der Schrift zugrundeliegende Gesinnung entspricht in weitem Umfange der namentlich von westdeutschen Unternehmerkreisen gegenüber der Militärfrage eingenommenen Haltung. 691. St. Nanne, Die Militairfrage Preußens vom militairischpolitischen Standpunkte. Hannover, C. Rumpier, 1863. 106 S. 8°. Allg. Bibl. 8. X. 1863. — Br2; G; Hr2;

Lv

Rechtfertigt die Reorganisation von 1860, die die deutschen Mittelstaaten sich zum Vorbild nehmen sollten, „um zur Lösung der ersten nationalen Aufgabe Deutschlands, das ist zu dessen materieller Machtvertretung nach außen, in wirksamer Weise" beitragen zu können. Charakterisiert die preußische Armeereform nicht nur als ein militärisches Bedürfnis der Zeit, sondern zugleich als eine aus der politischen Stellung Preußens als Großmacht und den wirtschaftlichen Interessen des Staates hervorgegangene Notwendigkeit. 692. Preußens Armee-Reorganisation und ihre Gegnerschaft im Jahr 1862. Eine (jedem wahren Preußen naheliegende) patriotische Betrachtung. Magdeburg, Heinrichshofen, 1863. 1 3 1 S. 8°. Allg. Bibl. 12. XI. 1863. — B1; fi4; Kö.

Die Durchführung der Armeereform im Sinne der Regierung ist eine dringende Notwendigkeit. Die Wehrverfassung, die integrierender Bestandteil der allgemeinen Staatsverfassung ist, muß von der Heeresorganisation getrennt werden. Über die Einzelheiten der O r g a n i s a t i o n zu entscheiden, ist ausschließlich Sache der Krone. Die Forderung der liberalen Kammermajorität nach Spezialisierung des Heeresetats widerspricht „der verfassungsmäßigen Einheit des kriegsherrlichen Willens über die Kriegsvorbereitung, in welchen sie mit Verletzung des Paragraphen von dem alleinigen Oberbefehl des Königs über das Kriegsheer eingreift". 693. [Rößler, Constantin], Preußen nach dem Landtag von 1862. Berlin, Julius Springer, 1862. 47 S. 8°. Allg. Bibl. 18. XII. 1862. — B1; B2; Kö.

Datiert: 6. November 1862. — Daß im Jahre 1862 zwei Sessionen an der verfassungsmäßigen Vereinbarung des Budgets gescheitert sind, daran trägt die Regierung formell nicht die Schuld und materiell 502

nur zum Teil. Zur Beilegung des Konflikts muß die Regierung ein Gesetz über die Neuregelung der Dienstpflicht einbringen und die zweijährige Dienstzeit vorläufig zugestehen. Die Aufnahme der Reorganisationskosten in den provisorischen Ausgabeetat für 1862 darf vom Abgeordnetenhaus nicht zum Gegenstand einer Indemnitätsforderung gemacht werden. Zur Durchführung seiner Mission bedarf Preußen der Zusammenfassung aller seiner Kräfte. Preußens auswärtige Politik ist durch die Wendung der napoleonischen Politik bestimmt. Trotzdem darf Preußen nicht zögern, zur Lösung seiner deutschen Aufgabe zu schreiten. Auf Bundesgenossen kann es nicht zählen, denn Österreich ist sein natürlicher Gegner, während Frankreich und England mit Eifersucht den Fortschritt Preußens bewachen; lediglich Rußland wird sich im Falle der Aktion wahrscheinlich passiv verhalten. „Wenn Preußen isoliert handelt, dankt es niemandem etwas als sich selbst. Dafür muß es aber seine eigenste Kraft aufbieten. So zu handeln und selbst so zu scheitern, wenn es mit Ehren geschieht, ist der größte Segen, der einem Staat zuteil werden kann." Die drohende Gefahr einer Zerstörung der Verfassung im Sinne der Reaktion muß mit allen Mitteln verhindert werden. ,,Die erste und alles andere bedingende Eigenschaft einer Regierung ist P a r t e i l o s i g k e i t . " Das Heer darf daher kein Wahlrecht besitzen und das Beamtentum muß, abgesehen von der Abgeordnetentätigkeit, von Parteipolitik möglichst ferngehalten werden. Auf keinen Fall darf das Beamtentum zum Werkzeug der reaktionären Partei werden. Zur Beilegung des Konflikts besteht die folgende Möglichkeit: „Wenn Herr v. Bismarck der Regierung, an deren Spitze er steht, den Impuls zu einer kühnen, fortwirkenden, unwiderruflichen Tat in der deutschen Frage geben kann, so wird in wenig Tagen vergessen sein, was er noch heute und gestern gesprochen, getan oder zugelassen hat. Dann ist es mit der R e a k t i o n zu Ende, aber auch mit der O p p o s i t i o n . Unter anfänglichem Widerstreben wird lawinenartig durch die deutschen Provinzen der Ruf einer Nation sich fortpflanzen, welche durch das Reden zur Verzweiflung gebracht ist; der veränderte Ruf eines verzweifelten Tyrannen, welcher angstvoll fragte: Ein Pferd! Ein Königreich für ein Pferd! Die deutsche Nation wird jubelnd rufen: Eine Diktatur für einen Mann!" Sollte Bismarck tatsächlich die Wiederherstellung des inneren Friedens versuchen, so muß die Opposition ihren Standpunkt aufgeben und begreifen lernen, daß der Ausgangspunkt für die nunmehr auf den Boden des Gesetzes zu stellende Heeresreform nur das bestehende Provisorium und nicht der Zustand von 1859 sein kann. Als gerechte Forderungen der Landesvertretung 503

würden dann nur übrig bleiben: i. die gesetzliche Fixierung der Rekrutenzahl, 2. die gesetzliche Ermächtigung der Regierung zur einstweiligen Vervollständigung der Linie durch die jüngsten Jahrgänge der Landwehr im Falle eines baldigen Krieges; 3. die gesetzliche Ermächtigung der Regierung, die zweijährige Präsenz bis zu einer eventuellen Veränderung der Kriegsdienstpflicht im stehenden Heere ausreichen zu lassen. Um die mit Recht erregten Gemüter zu beruhigen, muß die Regierung die Summe angeben, welche sie als Maximum der Militärausgaben nicht zu überschreiten gedenkt. 694. Die Lösung des Conflikts. Eine Mahnung zur Eintracht. Berlin, Heymann, 1863. 38 S. 8°. Allg. Bibl. 25. XII.

1862. —

BU- BT2; KÖ.

Schildert in allgemeinen Umrissen die Eigentümlichkeit des preußischen Staates, seine schwierige Lage als Großmacht und als Bundesmacht, die moralischen wie die Machtbedingungen seiner deutschen und europäischen Stellung. Unterscheidet innerhalb des preußischen Parteiwesens die reaktionäre, die demokratische und die liberale Partei. Die „reaktionäre" Partei ist „eine verfassungsfeindliche Partei und ihr Ziel Änderung der Verfassung". Die „demokratische" Partei ist die Partei des allgemeinen gleichen Wahlrechts; sie steht seit 1858 auf dem Boden der Verfassung. Die „liberale" Partei ist die Partei des vom Betrage der Steuer abhängigen Wahlrechts. Sie scheidet sich in die „Partei des Zensus und Klassensystems". Ihr Ziel ist die Fortbildung der Verfassung und des preußischen Staates durch einträchtiges Zusammenwirken von Krone und Land. Seit der auf den Mangel an Initiative während der „Neuen Aera" zurückgehenden Gründung der Fortschrittspartei ist die liberale Partei im Zersetzungsprozeß begriffen. Die Mittel, die die Fortschrittspartei zur Durchsetzung ihrer Ziele angewandt hat, haben den Ausbruch des Konflikts hervorgerufen, durch den die Grundlagen des staatlichen Daseins Preußens und seiner Macht ins Wanken geraten sind. Solange die Ursachen des Konflikts nicht beseitigt sind, kann der Konflikt nicht gelöst werden. Das Ministerium Bismarck kann diese Ursachen nicht beseitigen. Die Ursachen des Konflikts sind: „das Herrenhaus in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung, ein fortschrittliches Abgeordnetenhaus und ein illiberales Ministerium". Solange ein fortschrittliches Abgeordnetenhaus besteht, wird die Krone sich nicht zur Reform des Herrenhauses entschließen. Die einzig mögliche Lösung des Konflikts ist die Entlassung des „reaktionären" Ministeriums Bismarck und die Ernennung eines ent-

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schieden liberalen Ministeriums, welches seine Existenz einsetzt 1. für die Durchführung der Militärorganisation in ihren wesentlichen Punkten, nötigenfalls durch Auflösung des Abgeordnetenhauses, 2. für die Durchführung der Verfassung in allen Teilen, nötigenfalls durch Reform des Herrenhauses. ,,Das Ministerium muß entschieden und liberal sein, nicht entschieden liberal, wie es jetzt die Fortschrittspartei sein will, sondern entschieden von Charakter und liberal von Gesinnung." Das Fundament seines Programmes muß die Eintracht von Krone und Land sein. „Wie durch die Unentschiedenheit des liberalen Ministerii Hohenzollern die Fortschrittspartei erzeugt worden, so würde sie durch die Entschiedenheit eines liberalen Ministerii zersprengt werden, und unter Ausscheidung der extremen Elemente würde das Land dem Ministerium eine geschlossene und überwiegende Mehrheit zur Seite stellen." 695. Die gegenwärtige Lage Preußens. Unsere Tage. Blicke aus der Zeit in die Zeit. Bd. IV, 1862/63. S. 611—623. Bv

Skizziert Vorgeschichte, Ursprung und gegenwärtigen Stand der Verfassungskrise. In dem Kampf um die Armeereform war „das Recht ganz auf der Seite des Volkes und des Abgeordnetenhauses, und es stellte sich dabei ebensosehr die Notwendigkeit der Verfassung wie die eines Gesetzes über die Ministerverantwortlichkeit heraus". Charakterisiert Bismarck als Verehrer des französischen Regierungssystems: „Absolutismus unter konstitutionellen Formen". Erhofft die Beilegung des Konflikts durch ein Kompromiß, durch gegenseitiges Einlenken von Regierung und Abgeordnetenhaus. Wendet sich ausdrücklich gegen eine Übertragung des englischen Parlamentarismus auf Preußen. 696. Rede des Landtagsabgeordneten John Prince-Smith zur Berichterstattung an seine Wähler in Stettin am 1 1 . Juni 1863. Berlin, G. Jansen, [1863]. 14 S. 8°. Allg. Bibl. 3. IX. 1863. — B1;

Bo; G; Kö;

Lv

Rechtfertigt die Haltung der Fortschrittspartei gegenüber der Militärfrage und der Verfassung. Bismarck entgegen ist zu betonen: „Wenn politische Rechtsfragen zu Machtfragen geworden sind, so werden sie schließlich entschieden —eben durch die Macht des Rechts." 697. Rede des Abgeordneten v. Sybel, gehalten vor seinen Wählern in Crefeld, am 13. Juni 1863. Crefeld, Kramer & Baum, [1863]. 8 S. 8°. Bü;

Kgv

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Entwickelt die Grundzüge der liberalen Rechtsstaatsdoktrin und verteidigt die Haltung der Abgeordnetenhausmajorität, namentlich in der verflossenen Session, gegenüber den Etatfragen. „Jede Verdächtigung unseres Rechtsgefühls, jeden Vorwurf verfassungswidrigen Strebens, jede Anklage auf ungesetzliche Gesinnung glauben wir festen Mutes und reinen Gewissens zurückweisen zu dürfen." 698. Lange, Dr. F. A., und Sehröers, Wm., Die Oktroyirungen vom i . Juni 1863. 2. Auflage. Leipzig, Oskar Leiner, 1863. 16 S. 16*. Dv „Im gegenwärtigen Augenblicke handelt es sich nicht mehr um eine schärfere oder nachgiebigere Auffassung der konstitutionellen Rechte, sondern um die Frage, ob das Bollwerk der Konstitution selbst zum wesenlosen Scheine herabsinken soll; ob wir in freiwilliger Knechtschaft dahinsinken oder uns zur mannhaften Verteidigung unsres schon so schwer geschädigten Rechtes jeder gesetzlichen Waffe bedienen wollen." Nun die Zeitungen und Wochenblätter der Freiheit der Meinungsäußerung beraubt sind, muß in Form von Flugschriften für die Sache des Rechts und der bürgerlichen Freiheit weitergekämpft werden. Die oktroyierte Preßordonnanz stellt eine Verfassungsverletzung dar, da Art. 63 der Verfassung so lange verfassungsmäßig unanwendbar bleibt, als in Preußen ein Ministerverantwortlichkeitsgesetz nicht besteht. 699. Reusche, Friedrich, Das Junkerthum und die preußische Presse. Frankfurt am Main, Reinhold Baist, 1863. 13 S. 8°. Kx.

Vorwort datiert: Mainz, 1. Juli 1863. — „Es gilt den Kampf um die höchsten Güter des Volkes, es gilt den als Scheinkonstitutionalismus verkappten Absolutismus aus seinen Schlupfwinkeln herauszutreiben und in der Wiederherstellung freiheitlicher Institutionen in Preußen der deutschen Freiheit einen Eck- und Grundstein zu legen, der nimmer von der Hand des Junkertums beseitigt werden kann." Die Preßordonnanz treibt den Verfassungsbruch auf den Gipfel. Die Opposition muß sich organisieren. Fordert den Zusammentritt kommunaler Wahlkomitees und eines Zentralkomitees zwecks Flugschriftenverbreitung, Versammlungsagitation und Geldsammlungen für Propagandazwecke. Die Gemeindevertretungen müssen Adressen beschließen und Deputationen wählen, um so die Regierung in die Notwendigkeit zu versetzen, „die angedrohten Strafen gegen die Mitglieder der Gemeindevertretungen zu vollstrecken und dieselben auf506

zulösen". „Die Revolution ist in Preußen von oben herab inauguriert. Verfassung, Recht, Gesetz sind aufgehoben, es herrscht die nackte Willkür einer Handvoll Junker. Wohlan! das Volk nimmt den Kampf auf! Wehe denen, die ihn heraufbeschworen. . . . Der Sieg muß dem Volke bleiben, wenn es überhaupt eine sittliche Weltordnung gibt, wenn Wahrheit, Recht und Freiheit nicht leere, tote Begriffe sind." 700. Die gegenwärtige Lage Preußens. Ein Wort an die Männer des preußischen Volkes. Gotha, Stollberg, 1863. 30 S. 8°. Allg. Bibl. 17. XII. 1863. —

B1;

Bo; Dü; Hx; Llß- Wi.

Geschrieben am 29. Juni 1863. Verf. ist Preuße. — Nur durch den Sturz des gegenwärtigen Ministeriums kann die verhängnisvolle innen- und außenpolitische Lage des preußischen Staates gebessert werden. Das Bismarcksche Ministerium, das die Verfassung mit brutaler Gewaltpolitik rücksichtslos gebrochen und mit der Preßordonnanz vom 1. Juni des Verbrechens der „Vorbereitung eines Hochverrats" sich schuldig gemacht hat, steht im Dienste der Junkerpartei, „die jede Schmach und fast alles Unglück verschuldet hat, die zu irgendeiner Zeit über Preußen gekommen sind". Die eine schwere Kriegsgefahr heraufbeschwörende Konvention mit Rußland vom 8. Februar ist ein Beispiel dafür, wie auch in der Außenpolitik an die Stelle des Rechtes die Willkür getreten ist. „Die Junker und darum auch die gegenwärtigen Minister sind die besten Bundesgenossen Napoleons und jedes Feindes, der unser Volk verderben, der den Thron der Hohenzollern zertrümmern möchte." Nur mit dem festen Willen, „eher zu brechen als zu biegen", nur durch den entschlossenen, mannhaften Widerstand „mit allen sittlich erlaubten Mitteln" kann das preußische Volk schließlich die Junker besiegen und den preußischen Staat vor dem Zusammenbruch retten. 701. [Lewinsteill, Dr. Gustav], Die Preußische Volksvertretung im Jahre 1863. Berlin, Alexander Jonas, 1863. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 17. IX. 1863. —

Bt;

Br2;

G; Kx;

Kö.

1863 in 4 Auflagen erschienen. Wurde vom Verein zur Wahrung der Preßfreiheit versandt (22 000 Exemplare!) — Verteidigt das Abgeordnetenhaus in Form einer statistisch belegten Übersicht über seine Tätigkeit während der verflossenen Session gegen den von konservativer Seite erhobenen Vorwurf, sich mit nebensächlichen Dingen beschäftigt und dadurch die Fertigstellung der vorgelegten Gesetzentwürfe gehindert zu haben. R o s e n b e r g , Publizistik.

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702. [Parisius, Ludolf], Ein freies Wort an die Preußischen Wähler. Flugblatt aus der deutschen Fortschrittspartei von einem Mitgliede des aufgelösten Abgeordnetenhauses. Leipzig, Alexander Wiede, 1863, 16 S. 8°. Geschrieben am 10. September 1863. — Rechtfertigt die Haltung der liberalen Opposition im aufgelösten Abgeordnetenhaus und bekennt sich zu den Worten H. v. Sybels: „Wir wollen unser Land seinem Könige und unsern König seinem Lande erretten und deshalb werden wir heute und morgen und immerdar unsere Stimme gegen die falschen Ratschläge der Ratgeber der Krone erheben, schonungslos und rücksichtslos". 703. Prince-Smith, John, An die Wähler zu Stettin. W. Moeser), 1863. 4 S. 8°. Bx;

(Berlin,

B,.

Datiert: Berlin, 28. September 1863. — Die angeordneten Neuwahlen sind als eine Volksabstimmung zu betrachten über das Zurücktreten der bisherigen Abgeordneten oder des jetzigen Ministeriums. „Geht nicht aus den Neuwahlen ein Abgeordnetenhaus hervor, welches mit dem jetzigen Ministerium übereinstimmt, dann ist es verfassungsmäßig die Pflicht der jetzigen Minister, Männern Platz zu machen, mit denen das neue Abgeordnetenhaus übereinstimmen könnte." Der Zwiespalt zwischen Krone und Volk löst sich von selbst durch Bruch der Krone mit dem Konfliktsministerium. Die Wiederbefestigung der Machtstellung Preußens in Deutschland und in Europa ist bedingt durch das Abtreten des jetzigen preußischen Ministeriums. 704. Der Preußische Verfassungskampf. Denkschrift vom Geheimenrath Welcker zu der Heidelberger Petition an die II. badische Kammer. Frankfurt a. M., F. B. Auffahrt, 1863. 47 S. 8°. Allg. Bibl. 3. IX. 1863. — B1;

Br2;

D2; Kx; Kö;

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Die Denkschrift entwickelt Gang und Stand des preußischen Verfassungskampfes. Nach staatsrechtlich-theoretischen Erörterungen über das Wesen der konstitutionellen Verfassung, die in Wahrheit mit parlamentarischer Verfassung identisch sei, und nach einer Übersicht über die begangenen Verfassungsverletzungen ergibt sich als Resultat der Betrachtung, daß „das volle Recht in b e i s p i e l l o s e r V o l l s t ä n d i g k e i t auf der Seite des preußischen V o l k s und seiner A b g e o r d n e t e n , das äußerste Unrecht auf der andern Seite steht." Solange es eine parlamentarisch organisierte Nationaleinheit noch 508

nicht gibt, „müssen unsere einzelnen Landesversammlungen mit ihren Regierungen und mit allen Organen der Nationalgesinnung provisorisch das deutsche Parlament für das Recht und die Ehre der Nation bilden". Die durch die Denkschrift erläuterte Petition stellt das Ersuchen: Die II. Kammer möge die badischeRegierung auffordern, alle geeigneten Mittel zur Anwendung zu bringen, damit der zerstörte öffentliche Rechtszustand in Preußen wiederhergestellt werde. 705. Urban, F. L., Denkschrift zum Versuche einer Einigung der Preußischen Volksvertretung mit der Königlichen Staatsregierung. Ein Vortrag, gehalten am n . Nov. 1863. Berlin, Selbstverlag des Herausgebers. 1863. 1 2 S. 8°. B

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B2.

Fordert zur Lösung des Konflikts eine Massenpetition an das preußische Ministerium, die folgende Forderungen enthalten müßte: Billigung der Heeresreform, aber nur bei zwei- und einjähriger Dienstzeit; möglichst weitgehende Beurlaubung der Truppen in Friedenszeiten; Vereidigung des Heeres auf die Verfassung; schleunige Gewährung einer organischen Gesetzgebung; Wiederaufhebung des Dreiklassenwahlrechtes und Einführung direkter Urwahlen; sofortige Aufhebung der Schulregulative; Einführung der obligatorischen Zivilehe; Trennung der Kirche vom Staate, der Schule von der Kirche; Selbstverwaltung in Stadt und Gemeinde; freie Presse und freies Wort; Freizügigkeit, Handels- und Gewerbefreiheit. 706. Jacoby, Dr. Johann, Rede gehalten in der Wahlmännerversammlung des 2. Berliner Wahlbezirks am 13. November 1863. (Nach stenographischer Aufzeichnung.) Leipzig, O. Wigand, 1863. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 26. XI. 1863. — Bv- Bo; Bx; G; Kö;

Lv

„Auch w i r wollen eine Umgestaltung des Heerwesens, aber im Geiste eines Scharnhorst und Gneisenau, im Geiste des annoch in voller Rechtskraft bestehenden Gesetzes vom 3. September 1814, — nicht Beiseiteschiebung des volkstümlichen Instituts der Landwehr, sondern Erhaltung, Ausbildung, sorgsame Pflege desselben behufs Anbahnung eines wohlorganisierten, von bewußter Vaterlandsliebe und echtem Bürgersinn beseelten V o l k s h e e r e s . Eine solche Wehrverfassung allein entspricht den Anforderungen der Zukunft, entspricht den Grundbedingungen konstitutioneller Staatsordnung, entspricht endlich, und darauf lege ich das Hauptgewicht, d e m S t r e b e n n a c h f r e i e r E i n i g u n g m i t u n s e r e n d e u t s c h e n B r ü d e r n ! . . . Der 33*

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K ö n i g will den vorzugsweise auf den Krieg organisierten M i l i t ä r s t a a t , — das H e r r e n h a u s den mittelalterlichen feudalen R i t t e r s t a a t , — das Abgeordnetenhaus den auf bürgerliche Freiheit gegründeten R e c h t s s t a a t . " Bei dieser Lage der Dinge ist eine aufrichtige Verständigung undenkbar, gerade so undenkbar wie die Existenz eines „feudal-militärischen Rechtsstaats". Kein Wechsel des Ministeriums, nicht einmal ein Wechsel des gegenwärtigen Regierungssystems für sich allein vermag den bestehenden Zwiespalt zu lösen. „ S o l l P r e u ß e n als R e c h t s s t a a t e r s t e h e n , m u ß n o t w e n d i g der M i l i t ä r - und J u n k e r s t a a t P r e u ß e n u n t e r g e h e n ! " Das Volk muß bereit sein, selbst einzustehen für sein gutes Recht und auf dem Wege des unbewaffneten, gesetzlichen Widerstandes dahin streben, die papierene Verfassungsur künde zu einer lebendigen Verfassungswahrheit zu machen. 707. Der Conflict in Preußen. Beleuchtet von einem verfassungstreuen Preußen. Leipzig, Magazin für Literatur, 1863. 40 S. 8°. Br2; Dt; Kö;

W2.

Beleuchtet Entstehung und Verlauf des Konflikts vom Standpunkt der Fortschrittspartei. Die Schuld trägt „die unglückselige und von der Reaktion erfundene, der Landesvertretung untergeschobene Ansicht und Meinung, die Landesvertretung trachte danach, den Schwerpunkt der Regierung in das Abgeordnetenhaus zu verlegen und die Rechte und die Prärogative der Krone zu schmälern". Klagt Herrenhaus und Regierung des Verfassungsbruches und der Rechtsbeugung durch die rohe Gewalt an. Die Verfassung gegen den Angriff der Reaktion zu verteidigen, ist die Pflicht und Aufgabe des Abgeordnetenhauses. Für die Reaktion war die Heeresfrage nur das Mittel zum Zweck, „die Möglichkeit einer Ausgleichung des Konfliktes zu verhindern, denselben bis zur äußersten Potenz zu treiben und dadurch in den vollen Besitz der Macht zu gelangen, um vermittelst derselben auch die öffentliche Meinung in ihre Gewalt zu bekommen und sie zu beherrschen. . . . Die große Majorität des preußischen Volkes ist mit ihren Vertretern eins und einig, und dieser Einigkeit schließt sich die große Mehrzahl des deutschen Volkes in allen deutschen Gauen an. Der Kampf, der zu führen ist, ist nicht ein preußischer allein, es ist ein auf preußischem Boden geführter Kampf für die politische Freiheit Deutschlands." 708. Der Verfassungskampf. Herausgegeben von Dr. F. A. Lange und Wm. Schroers. Zweite Auflage. Leipzig, Oskar Leiner, 1863.16 S. 8°. Dv

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Gibt eine knappe Skizze der verfassungspolitischen Entwicklung Preußens seit der Steinschen Reformära. Betont den einmütigen Willen des durchaus unrevolutionär und verfassungstreu gestimmten preußischen Volkes, die Verfassung zu einer Wahrheit zu machen. „Weil aber die Reaktion in Preußen sich ohne Motiv etabliert hat, gleichsam weil sie eine Wirkung ohne eigentliche Ursache ist, deshalb kann sie nicht von mehr ais ephemerer Dauer sein. Sie ist eine Schraube, die sich im Vakuum bewegt; sie wird beim ersten Anstoß, mag derselbe von innen oder von außen kommen, schmachvoll unterliegen müssen." 709. Der preußische Landtag von 1863. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1863. Heft III, S. 65—133. Schildert in chronologischer Anordnung nach einem einleitenden Rückblick auf die Entwicklung des innerpreußischen Machtkampfes seit der Regentschaft den Verlauf der Landtagssession von 1863 unter schärfster Kritik der allem konstitutionellen Geiste widersprechenden ministeriellen Taktik der Lahm- und Trockenlegung des Abgeordnetenhauses. Charakteristisch für die politische Haltung folgende Urteile: „ S o hart es klingt, so wahr ist es doch, die Nachgiebigkeit und Schwäche, welche die liberalen Minister und auf ihr Veranstalten die Partei Vincke im Abgeordnetenhause gegen die persönlichen Liebhabereien und Wünsche des Prinzregenten hinsichtlich der Militärreorganisation gezeigt, verschuldet einzig und allein den schweren Konflikt, in den seit dem Schluß der Session von 1862 das Land sich versetzt sieht. . . . Die Einsetzung des Ministeriums Bismarck bezeichnet den vollständigen Triumph der feudalen und militärischen Reaktionspartei. . . . Die Mitwelt hat laut und vernehmlich, einstimmig und unzweideutig bereits ihr Verdikt in dem Streite der preußischen Landesvertretung und des Ministeriums Bismarck gefällt. In der ganzen zivilisierten Welt, so weit auf dem Erdenrund der Grundsatz gilt, daß nicht die Macht vor dem Recht, sondern das Recht vor der Macht geht, ist das Ministerium Bismarck gerichtet." 710. Lewinstein, Dr. Gustav, Die preußische Volksvertretung in der Wintersession 1863—1864. Berlin, A. Jonas, 1864. 23 S. 8°. Allg. Bibl. 10. III. 1864. — Bc; Br2; Du; G; Kx;

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Referierender Rechenschaftsbericht, verfaßt im Auftrage des Zentralkomitees der Deutschen Fortschrittspartei, in 10000 Exemplaren versandt vom Verein zur Wahrung der Preßfreiheit. 5ii

711. Pfeil, Oswald, Der Staat und seine Formen. Vier populäre Vorträge. Berlin, G. Hickethier, 1862. 83 S. 8°. Allg. Bibl. 20. XI. 1862. —

Bv

Entwickelt ein auf abstrakte Allgemeinheiten sich beschränkendes christlich-konservatives Staats- und Verfassungsideal, gipfelnd in folgenden Glaubenssätzen: „Ein König von Gottes Gnaden; ein christlicher Staat mit christlicher Obrigkeit; wahre Freiheit in freiem, auf Überzeugung und Liebe beruhendem Gehorsam; Treue, Liebe und Hingebung an Gott, gegen den König, das Vaterland und unsre Mitmenschen." 712. Schmeling-Diringshofen, Alexander von, Hauptmann a. D. und Majoratsherr auf Nieder-Landin, Conservative preußische Bausteine. Als Manuscript gedruckt. Berlin, G. Hickethier, 1862. 30 S. 8°. ßi/ B2. Verteidigt die „Feudalpartei", die Privilegien des Feudaladels und die Theorie des „christlichen Staates" gegen die Angriffe der „Demokratie". Der preußische Konservatismus muß zur Offensive übergehen. Die preußische Verfassung ist „Wort für Wort eine Konzession an die Demokratie mit einzelnen Beruhigungsbrocken für wirklich Gottes-, Königs- und Menschengetreue". Preußen ist als Kriegerstaat entstanden; im Untergraben seiner kriegerischen Grundlage liegt Preußens Untergang. „Das preußische Heer ist die Verwirklichung des Christentums auf Menschen dieser Erde praktisch angewandt". Bleibt Preußen ein Kriegerstaat, „so ist er von selbst der lebensfrische Rechtsstaat; weil im Krieger das Prinzip des Rechtes liegt. Das preußische Heer muß die Grundlage, die Erde, die Mutter des preußischen Staates sein, wie der König der Vater ist, das Volk aber ist das Kind aus dieser Ehe. Und wenn nicht bald auf ruhigem Wege, so wird Preußen, hat es noch Lebenskraft genug, über stürmische blutgetränkte Felder notgedrungen dahin zurückgeführt werden — oder seine Zeit ist aus". Allen Beamten und materiell nicht Unabhängigen muß das Wahlrecht entzogen werden. Das Parlament muß ganz abgeschafft und durch einen vereinigten Landtag auf ständischer Organisationsgrundlage ersetzt werden, in dem Stadt und Land eigene Kurien bilden, die möglichst unabhängig voneinander bleiben müssen. 713. Die Monarchie der öffentlichen Meinung. Grundlage zu einer vernünftigen Verfassung für Preußen, gegründet auf den wahren Constitutionalismus. Berlin, Reichardt & Zander, 1862. 56 S. 8°. Allg. Bibl. 18. XII. 1862. — Bl; 512

H1;

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1863 in 2. Auflage erschienen. — Der Streit um die Armeereform hat es offenbart: Der moderne Konstitutionalismus ist nur ein Scheingebilde. E r ist entweder „die absolute Demokratie unter monarchischer Form, wo der Schwerpunkt der Staatsgewalt im Volke liegt, oder die absolute Monarchie unter demokratischer Form, wo dieser Schwerpunkt in der Krone liegt." Die Lösung des preußischen Konflikts, d. h. die Beseitigung des Scheinkonstitutionalismus, kann nur durch die Verlegung des Schwerpunktes der Staatsgewalt entweder in die Krone oder in das Volk herbeigeführt werden. Eine wirklich Dauer versprechende Lösung aber wird erst dann möglich, wenn „für Preußen ein staatlicher Zustand gefunden wird, der die Vorteile der absoluten Monarchie mit den Segnungen der absoluten Demokratie vereinigt, ohne den Widersinn und den Kämpfen des vulgären, modernen Konstitutionalismus zu verfallen". Der „wahre" Konstitutionalismus besteht darin, daß die Krone als Inhaberin der ganzen und ungeteilten „materiellen" Staatsgewalt beschränkt wird durch die in den Händen des Volkes liegende „geistige" Staatsgewalt, d. h. durch die „öffentliche Meinung". Die Quellen der öffentlichen Meinung sind die „Vernunft" und die „Interessen". Der Vernunft nach scheiden sich die Staatsbürger, d. h. alle mindestens 30 Jahre alten männlichen Steuerzahler, in „Großbürger" und „Kleinbürger". Großbürger ist jeder, der durch ein Staatsbürgerexamen seine Bildung nachgewiesen hat. Den Interessen nach zerfallen die Staatsbürger in folgende „Gewerbsstände": 1. die Kapazität, d.h. die intellektuellen Berufe; 2. den Besitz, d. h. die Grund- und Kapitalrentenbezieher, 3. den Ackerbau, 4. die Industrie und 5. den Handel. Die „geistige" Staatsgewalt gelangt zur Repräsentation, indem in jedem Urwahlbezirk jeder der 5 Gewerbsstände der Staatsbürgerschaft einen Wahlmann wählt, der indes demselben Stande angehören und zugleich Großbürger sein muß. Die Wahlmänner eines Kreises wählen dann einen Abgeordneten, der ebenfalls Großbürger sein muß. Auf diese Weise wird als Verkörperung der öffentlichen Meinung ein Landtag geschaffen, der „als der Ausdruck der durch die Vernunft geläuterten Interessen der gesamten Staatsbürgerschaft erscheint, also eine Personifikation der geistigen Staatsgewalt, welche unbestreitbar würdig ist, als intellektuelle Leiterin der von der Krone gehandhabten materiellen Staatsgewalt aufzutreten". Auf dem Gebiete der Gesetzgebung geschieht dies nur in der Form des Gutachtens und Beirats, auf dem der Verwaltung nur in der Form der Kritik. Handelt es sich um die Auflegung neuer Staatslasten in der Form neuer Steuern oder Anleihen oder soll die Verfassung abgeändert werden, so muß ein Plebiszit sämtlicher 513

Staatsbürger veranstaltet werden, wobei es nur Ja- und Neinstimmen geben kann. Nur durch die Einführung einer derartigen „vernünftigen" Verfassung wird Preußen sich die Achtung des Auslandes erwerben und in Deutschland moralische Eroberungen machen können. 714. Die preußische Verfassung, das neue Ministerium und die Wahlen. Königsberg, Schultz, 1862. 8 S. 8°. Fordert zu Wahlen auf, die eine sichere gouvernementale Mehrheit im Abgeordnetenhause garantieren würden. Die Aufgabe des gegenwärtigen Ministeriums besteht darin, „die Souveränität des Königs, soweit dieselbe nicht durch a u s d r ü c k l i c h e Bestimmungen der Verfassung beschränkt ist, aufs sorgsamste zu wahren, die übrigen Staatsgewalten in ihren verfassungsmäßigen Grenzen, falls sie dieselben zu überschreiten versuchen sollten, auf das bestimmteste zurückzuweisen, dagegen aber auch alle Bestimmungen der Verfassung, soweit dieselben durch die Gesetzgebung zur praktischen Anwendung vorbereitet sind, auf das skrupulöseste zu erfüllen und dem Volke mit dem Beispiele der Achtung vor dem Gesetze voranzugehen, der regierungsfeindlichen Partei jeden Vorwand zu Überschreitungen zu entziehen und derselben die moralische Verantwortung für alle etwaigen Konflikte zuzuschieben." Das Wesen der preußischen Verfassung ist nicht „die konstitutionelle Regierung", sondern nur die „beschränkte Monarchie", bei der die unteilbare Souveränität in den Händen des Königs liegt, der lediglich bei der Ausübung eines Teiles seiner Funktionen an die Zustimmung der Volksvertretung gebunden ist. 715. [Gerlach, Ludwig von], Preußens Kampf gegen die Demokratie. Ein Programm für 1863. Vom Verfasser der Rundschauen. (Separatabdruck aus der Neuen Preußischen Zeitung.) Berlin, F. Heinicke, 1863. 42 S. 8°. Bt;

B2.

Geschrieben Anfang Januar 1863. — Seit dem Oktober 1862 steht die preußische Regierung endlich wieder „auf dem festen Boden ihres guten Rechts gegenüber der Demokratie". Es gilt jetzt, „nun auch wirklich selbständig zu regieren, — selbständig, das heißt: nicht abhängig von Bewilligungen der Demokraten". Wie 1813 die Befreiung Preußens, Deutschlands, Europas vom Druck Napoleons unser Ziel war, so ist die Befreiung Preußens und Deutschlands von den Demokraten heute unser Ziel. „Vaterland und Königtum neu feststellen auf seinen alten Fundamenten, das — nichts geringeres — ist

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des heutigen Kampfes Ziel und Siegspreis." Von oben her muß jetzt die konservative Partei organisiert werden. „Unerschütterlich und unmißverständlich" muß die neue Regierung ihre Stellung behaupten und 1863 ohne Etatgesetz regieren. Keine neuen Steuern, keine organischen Gesetze, überhaupt wenig Gesetze; ein kurzer, vor Ostern zu schließender Landtag; eine organsierte Armee, solide Finanzen, blühender Kredit, energische Regierung, das sei das Aktionsprogramm für 1863. Solange Preußen die „Demokraten" im Innern nicht niedergeworfen und sich nicht mit Österreich verständigt hat, kann es in Deutschland nicht mächtig sein und Deutschland nicht einigen helfen. „Einigkeit Preußens mit Österreich ist selbst schon Einheit von Deutschland. Ohne diese Einigkeit wird Preußen und wird Österreich ausscheiden aus der Zahl der Großmächte, was seit 1859 sich schon anbahnt, und endlich Deutschland, vielleicht auch Österreich und Preußen, verschwinden von der Landkarte von Europa." 716. Bayer, Friedrich, Dr. jur., K. B. Kreisrath und Hauptmann a. D. zu Breslau, Wer verschuldet die jetzt in Preußen eingetretenen unseligen Zustände und wie können dieselben beseitigt werden ? Breslau, Carl Dülser, 1863. 36 S. 8°. Allg. Bibl. 26. III. 1863. — Bt;

Brv

Datiert: 30. Dezember 1862. Nachwort: 20. Februar 1863. — Stellt sich in dem Kampf um Armeereform und Verfassung vorbehaltlos auf die Seite von Krone und Ministerium. In nichts darf die Krone nachgeben. Das Abgeordnetenhaus muß so lange wieder von neuem aufgelöst, die bisherigen Steuern müssen so lange ohne weiteres weiter erhoben werden, „bis das nach jeder Auflösung immer wieder neu zu berufende Abgeordnetenhaus zu der Erfüllung seiner Pflicht zurückgeführt sein wird, der Verfolgung revolutionärer Pläne entsagt und die Erhebung der erforderlichen Steuern genehmigt". 717. Arnim-Boytzenburg, Graf, Staatsminister a. D., Das Recht des Herrenhauses bei Festsetzung des Staatshaushalts. Berlin, G. Stilke, 1863. VIII, 63 S. 8°. Allg. Bibl. 12. III. 1863. — B1; G.

Datiert: Berlin, im Februar 1863. — Leitet aus Art. 62 der Verfassung das Recht des Herrenhauses ab, den Etatentwurf der Regierung an Stelle des Abgeordnetenentwurfes im ganzen anzunehmen. Voraussichtlich wird das Herrenhaus niemals in die Lage kommen können, „das Budget pure zu verwerfen. . . . Es wird sich also voraussichtlich immer für einen oder den anderen Entwurf entscheiden" 515

und so eine Verständigung anbahnen können. Keinesfalls ist das Herrenhaus dazu berufen, „jedem Beschluß des anderen Hauses über das Budget blindlings beizustimmen oder einen budgetlosen Zustand herbeizuführen". 718. Frantz, C., Die Quelle alles Übels. Betrachtungen über die preußische Verfassungskrisis. Stuttgart, Cotta, 1863. VII, 255 S. 8°. Allg. Bibl. JI. VI. 1863.

Die Verdunkelung der altpreußischen Idee des Staatszwecks ist „die Quelle alles Übels". An die Stelle des Staatszwecks sind Standesinteressen, Koteriewesen und Parteiregierungen getreten. Diese Entwicklung beginnt mit Friedrich Wilhelm II. „Von da an datiert die Zersetzung der altpreußischen Monarchie, weil ihr wesentlicher Charakter verschwand, nämlich die p a r t e i l o s e Regierung, statt deren sich alsbald eine K o t e r i e r e g i e r u n g bildete als die erste Einleitung zu der später versuchten P a r t e i r e g i e r u n g . " Weist dies an der Entwicklung der preußischen Monarchie, an dem Wandel der sozialen Verhältnisse und dem Kampfe der Stände und Klassen nach. Übt scharfe Kritik an Friedrich Wilhelm IV. und seiner Theorie des göttlichen Rechtes: „Fürwahr das göttliche Recht ist das Opium der Könige". Der Erlaß einer preußischen Verfassung im Jahre 1848 war keine „rettende Tat", sondern nur ein „Palliativ". Für Preußen ist die Verfassungsfrage geradezu eine Existenzfrage, denn Preußen ist kein naturwüchsiger Staat. Die liberale doktrinäre Verfassungstheorie bedroht Preußens Existenz als Staat und Macht. Die erste ausgesprochene Parteiregierung in Preußen war die Regierung der „Neuen Aera". Sie bezeichnet den ersten Schritt zur parlamentarischen Regierung. „Das Ministerium der neuen Aera mußte das Herrenhaus liberalisieren oder es mußte untergehen." Die Halbheit dieses Ministeriums, das zugleich königlich und liberal sein wollte, war sein Ruin. Ohne es zu wollen, hat es die Demokratie großgezogen. Vor allem in der Frage der Armeereform hat sich die neue Aera als eine ausgesprochene Parteiregierung erwiesen, die sich um die Bedürfnisse des Staates nicht kümmerte. „Preußen ist ein Militärstaat, d. h. es ist die militärische Entwicklung, welche seinen Charakter bestimmt." Auch für die Feudalen wurde die Militärfrage nur zu einem Mittel der Parteiorganisation. Die „Neue Aera" wurde abgelöst durch die feudale Parteiregierung der „allerneusten oder feudalen Aera", der „umgekehrten Aera, weil in der Tat alles auf eine Umkehr hinauslief". Durch die Herrschaft der Feudalen ist an die Stelle der verfassungsmäßigen Gewalten die „königliche Partei" getreten und an die Stelle

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der staatsbürgerlichen Pflichten die „königliche Gesinnung". Ist auch das Etatbewilligungsrecht des Abgeordnetenhauses juristisch unbestreitbar, so ist der gegenwärtige Zustand doch unhaltbar. Durch die feudale Partei ist nichts anderes erreicht worden, als daß sich die chronische Krankheit unseres Staatslebens in eine akute verwandelt hat, die folglich alsbald zu einer Krisis führen muß. Das ist die gegenwärtige Situation. Die einzige Hilfe, „das Allererste und Notwendigste ist die Herstellung einer über den Parteien stehenden sicheren und festen Regierung, welche die moralischen und intellektuellen Kräfte besitzt, um die Parteien zu zügeln und das allgemeine Vertrauen zu gewinnen, ohne welches alle äußeren Machtmittel wirkungslos bleiben". Mit der Gewaltenteilungslehre ist ein Weiterkommen nicht möglich. Die staatliche Urgewalt ist die Regierung, nicht die Gesetzgebung. Die allerwichtigste Aufgabe daher ist, die Regierung zu reformieren und zu der altpreußischen Idee des Staatszwecks zurückzukehren. „Die konstitutionelle Ministerregierung ist ein unhaltbares System und kann nur haltbar werden, wenn man ohne Rückhalt zum reinen Parlamentarismus übergeht." In Preußen jedoch ist der Parlamentarismus unmöglich. Die preußische Verfassungsfrage muß durch Schaffung eines „Senates" gelöst werden. Die neue Regierungsform muß die „Senatsregierung" sein. Der Senat muß eine rein politische Körperschaft sein, „nicht etwa um die Interessen gewisser Gesellschaftsklassen zu fördern (wie es das ständische System will), noch um die persönlichen Freiheitsrechte der Staatsbürger zu garantieren (worauf die moderne Repräsentation beruht), sondern um die Staatsinteressen zu wahren und die Hoheit des Staatszweckes zur Geltung zu bringen, allen partikulären Zwecken gegenüber, von welcher Seite sie sich auch aufdringen mögen". Nicht bloß an der Ausarbeitung der Gesetzentwürfe, sondern an allen Regierungsgeschäften muß der Senat als entscheidender Faktor teilnehmen. Mitglieder des Senats müssen sein: i. durch Geburt die Prinzen des kgl. Hauses; 2. durch das Gesetz alle diejenigen, welche ein bestimmtes Staatsamt bekleidet haben oder noch bekleiden, und zwar auf Lebenszeit; 3. diejenigen, welche der Senat selbst wählt und dem Könige zur Bestätigung präsentiert, ebenfalls auf Lebenszeit. Der Senat muß eine permanente Körperschaft sein; er kann weder vertagt noch aufgelöst werden. Effektiver Chef der Regierung muß der Senatspräsident sein. Die Minister, selbst Senatsmitglieder, werden zu reinen Exekutivbeamten. Die Senatsregierung ist die naturgemäße Fortbildung des altpreußischen Generaldirektoriums. Neben den Senat hat eine aus einer Kammer bestehende Volksvertretung von Korporationsdelegierten 517

für die Wahrung der persönlichen Freiheitsrechte zu treten. Die Verwaltung in den Gemeinden, Kreisen und Provinzen muß nach dem Prinzip der Selbstverwaltung organisiert werden. Dadurch bleiben für die Zentralregierung nur solche Angelegenheiten übrig, welche wirklich das Staatsganze betreffen. Das Königtum erhält wieder einen altgermanischen Charakter, der Schutz der Volksfreiheit wird seine Aufgabe. Die Grundlage der Gesamtorganisation ist das korporative Prinzip. Den Bedürfnissen des preußischen Staates entspricht allein die „föderative Staatsansicht", die der konservativ-feudalen Partei ebenso fern steht wie der liberal-konstitutionellen. Da die bestehende preußische Verfassung nicht einfach aufgehoben werden kann und darf, so muß der Übergang zur Senatsregierung auf gesetzlichem Wege erfolgen. Von der Lösung der preußischen Verfassungskrisis hängt die deutsche Zukunft ab. Wie 1813 von Preußen die deutsche Erhebung ausging, so ist es jetzt abermals Preußen, in welchem sich die deutsche Frage konzentriert und wo sich die nächste Zukunft Deutschlands entscheiden muß. „Deutsch ist die Selbstverwaltung, und was noch mehr besagt, die Autonomie aller Glieder des Nationalkörpers, die Vereinigung zum Ganzen aber nicht durch Zentralisation, sondern durch Föderation." 719. Pfeil, L. Graf v., Das Wesen des modernen Constitutionalismus und seine Consequenzen. Zweite vermehrte Auflage, den Fürsten gewidmet und ihren Dienern. Berlin, Ludwig Rauh, 1863. 98 S. 8°. Allg. Eibl. 16. VII. 1863. —

Bv

Fordert die Rückkehr zu ständischen Verfassungsformen, da der Konstitutionalismus, wie im einzelnen dargelegt wird, voll von Schwächen und Verkehrtheiten ist. „Die äußere Stärke Preußens ist durch seine innere bedingt. Wird diese durch den Konstitutionalismus gelähmt, so wird es auch jene. Will also Preußen seine alte Macht und Ehrenstellung in Europa behaupten und seine Aufgabe in Deutschland erfüllen, so muß es mit einem System brechen, welches nicht in Tatsachen und Geschichte, sondern in metaphysischen Spekulationen seine Begründung hat." Fordert für Preußen die Organisierung von Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz nach ständisch-korporativen Prinzipien, die Bildung von Kreis-, ProvinzialVersammlungen und einer Landesvertretung nach dem Kuriensystem, wobei jeder der vier Kurien der Kapitalisten, der städtischen Hauseigentümer, der ländlichen Grundbesitzer und der Gewerbetreibenden ein Vetorecht einzuräumen wäre. 518

720. Ein Friedensblatt! An das preußische Volk gerichtet von einem alten Publicisten. Berlin, H. Müller, 1863. 34 S. 8°. Allg. Bibl. 23. VII. 1863. —

Bv

Kritischer Rückblick auf die Haltung der liberalen Parteien während der verflossenen Legislaturperiode des preußischen Landtags. Verteidigt den Standpunkt der Krone und charakterisiert die liberale Opposition als „innere Staatsfeinde". Fordert die Oktroyierung eines Etatgesetzes durch die Regierung. Sollte das Vorgehen der „Staatsfeinde" die Regierung zwingen, das Abgeordnetenhaus vor dessen Wiederzusammentritt aufzulösen, so muß die Regierung vor einer Neuwahl auf dem Verwaltungswege erst das Wahlgesetz revidieren. In ganz besonderem Maße muß die Regierung ihre Fürsorge der Landwirtschaft und der im Grunde konservativ gesinnten Landbevölkerung zuwenden. „Das Volk will Frieden mit seinem Könige." 721. Fliegel-Berg, Ernst von, Für das preußische Volk! Politische Denkschrift. Berlin, H. Müller, 1863. 48 S. 8°. Allg. Bibl. 23. VII. 1863. — Bx;

B2.

Bei dem aus der Militärfrage erwachsenen Machtkampf zwischen Königtum und Parlament handelt es sich um keinen Kampf zwischen König und Volk, sondern lediglich um einen Kampf „zwischen der monarchisch und einer republikanisch gesinnten Bürokratie". Der Streit wird zum Abschluß gebracht, indem jeder Beamte, der gegen die Heeresreorganisation ist oder gegen die Regierung agitiert, von der Beförderung ausgeschlossen und womöglich entlassen wird. Die Armeereform ist eine unerläßliche Notwendigkeit, sie entspricht den Prinzipien des Wehrgesetzes von 1814 und der eigentlichen Bestimmung der Landwehr. Dem Abgeordnetenhause gegenüber darf die Regierung „auch nicht den Punkt auf dem i von ihren Rechten nachlassen". Da eine Verminderung des Einnahmeetats durch Verweigerung einzelner Steuern und Abgaben den gesetzgebenden Körpern in Preußen nicht zusteht, so wird das Budgetbewilligungsrecht des Abgeordnetenhauses gegenstandslos mit der Herstellung des Gleichgewichts aller Einnahmen und Ausgaben. Im Gegensatz zum Abgeordnetenhaus hat die Regierung sich bisher streng auf dem Boden des Gesetzes gehalten. In Wahrheit handelt es sich bei der Armeereform gar nicht um eine „Reorganisation", sondern nur um „die einfache strikte Durchführung der bestehenden G e s e t z e " . Der Fehler der Regierung ist ihre allzu große Nachgiebigkeit. Das Volk muß sich moralisch erheben und erklären, „die Heereseinrichtung sei eine gesetzliche Tat der Regierung, welche weder die volkswirtschaft519

liehen, noch die finanziellen Lasten des Volkes unerträglich erhöhe, sondern im Gegenteil in der Verteilung dieser Lasten die lange entbehrte Gerechtigkeit wieder herstelle". 722. Feldner, L., Pastor, Die staatsrechtliche Stellung des preußischen Abgeordnetenhauses. Eine Ansprache, gehalten bei einer Versammlung des preußischen Volks Vereins in Elberfeld. (Als Manuscript gedruckt.) Barmen, J . F. Steinhaus, 1863. 1 5 S. 8°. Bx.

2. Auflage. Elberfeld, Hassel, 1863. 1 6 S. 8°. Allg. Bibl. 3. IX. 1863. — Hv

Das Recht des Abgeordnetenhauses beschränkt sich auf einen Anteil an der gesetzgebenden Gewalt. In den letzten Jahren hat das Haus nicht allein seine Befugnis überschritten, sondern ist auch dazu übergegangen, die Rechte des Herrenhauses anzugreifen und womöglich zu vernichten. Kommt ein Staatshaushaltsgesetz nicht zustande, so muß Art. 109 der Verfassung auf die Budgetfrage angewandt werden. Auf gesetzlichem und verfassungsmäßigem Wege muß die privilegierte Stellung der Volksvertreter beseitigt werden. 723. Dies Buch ist verboten! Flugschrift an die Genossen der constitutionellen und Fortschritts-Partei. Berlin, H. R. Fahlisch, 1863. 3 1 S. 8°. Allg. Bibl. 26. XI. 1863. — B1;

Br2.

Datiert: Berlin, 23. September 1863. Der Titel ist fingiert. —• Kritisiert vom „streng konservativen" Standpunkt aus den Wahlaufruf des Zentralwahlkomitees der Deutschen Fortschrittspartei. „Wir Konservativen werden das Verwendungsrecht der Steuern und Abgaben als unantastbares Attribut der vollziehenden Gewalt der Krone bis zum letzten Mann verteidigen." Die Regierung muß den Staat weiter ohne Etatgesetz verwalten und, um zu geordneten Zuständen zu gelangen, voraussichtlich zum Entwürfe eines neuen Wahlgesetzes schreiten. 724. Der preußische Verfassungsconflikt und seine Lösung. Ein Wort der Vernunft an die Wahlmänner Preußens im Oktober 1863. Von einem Vaterlandsfreunde. Berlin, Reichardt & Zander, 1863. 1 6 S. 8°. Allg. Bibl. 5. XI. 1863. — B2; KÖ.

Datiert: Berlin, 20. Oktober 1863. — Der Verfassungskonflikt ist entstanden aus dem Widerspruch zwischen der preußischen Ver-

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fassungsurkunde und der konstitutionellen Doktrin, die den Anspruch auf a u s s c h l i e ß l i c h e Festsetzung des Budgets erhebt und damit zugleich das freie Ministerernennungsrecht des Königs angreift. Staatsrechtlich steht der Krone das Recht der freien Ministerernennung unzweifelhaft zu. Die von der Fortschrittspartei ausgegebene Parole bedeutet die Verlängerung des Konflikts. Um der Gefahr der Gewaltanwendung, die entweder zur demokratischen Republik oder zur absoluten Monarchie führen würde, aus dem Wege zu gehen, muß der Konflikt ausgeglichen und zu diesem Zwecke in die Verfassung die Bestimmung eingefügt werden, „daß ein nach drei Legislaturperioden stets zu revidierender, eventuell zu rektifizierender Normalausgabeetat besteht, dessen Positionen stets verfassungsmäßig maßgebend sind, wenn für ein Jahr das Gesetz über das Budget nicht zustande gekommen ist". Auf der Grundlage dieses Programms müssen die Wahlen zum Abgeordnetenhause erfolgen. 725. Das Königthum in Preußen. Berlin, G. Stilke, 1863. IV, 26 S. 8°. Allg. Bibl. 5. XI. 1863. —

G.

Der preußische Staat ist im wesentlichen das schöpferische Werk der Hohenzollerndynastie. In Preußen muß das monarchische Prinzip mächtig walten bleiben, „ganz besonders wegen der Zerrissenheit seiner territorialen Verhältnisse, wegen seiner teils feindlichen oder eroberungssüchtigen, teils eifersüchtigen Grenznachbarn, wegen der Verwickeltheit gerade seiner Beziehungen zu dem übrigen Deutschland, bei welchem nur ein einheitliches, persönliches Handeln irgendwelche Resultate zu erzielen vermag. . . . In Preußen muß der König herrschen, nicht das Volk." Die zweifelhaften und die zu ergänzenden Stellen der Verfassungsurkunde müssen im Sinne der ursprünglichen Kontrahenten ausgelegt und ergänzt, d. h. es müssen die nötigen Sicherungen gegen die Gefahr einer parlamentarischen Regierung angebracht werden. In Preußen würde der Parlamentarismus zur Herrschaft der Demokratie führen und unter Umständen sogar zur Pöbelherrschaft. Die Verfassung gibt den Kammern nicht das Recht, sich in Angelegenheiten der Heeresorganisation zu mengen und den aufgestellten Etat allein zu annullieren. „Derselbe gilt vielmehr nach der Prärogative der Krone aus Art. 63, bis er nach Art. 109 durch ein entgegenstehendes Gesetz aufgehoben ist." Ebensowenig hat das Abgeordnetenhaus das Recht einer durchlaufenden Kritik und Kontrolle der auswärtigen Politik. „Der König von Gottes Gnaden als persönlicher Träger der Staatsgewalt" muß erhalten bleiben. 521

726. König Wilhelm's Worte an sein Volk. Eine Sammlung der Königlichen Antworten an die Deputationen getreuer Unterthanen. Berlin, G. Hickethier, 1863. 40 S. 8°. B2;

KÖ.

Herausgegeben vom Preußischen Volks verein. — Für die politische Einstellung charakteristisch sind die einleitenden Betrachtungen: „Wer es in Wahrheit wohl meint mit seinem preußischen Vaterlande, der kann nicht wollen, daß Preußen aufgehe in einem deutschen Revolutionsschwindel, — daß der christliche Charakter des preußischen Staates dem Unglauben und der Gottlosigkeit zum Opfer falle und daß im Lande der Ungehorsam und Ehrgeiz aufsässiger Beamten regiere! In weiser Fürsorge und Erfahrung hat unser Königlicher Herr die Wehrkraft des Landes durch die Armeeorganisation gestärkt, die Wehrpflicht für Stadt und Land gleich gemacht und den Familienvater durch Verkürzung des Landwehrdienstes seiner Familie und seinem Erwerb erhalten. Das alles ist geschehen ohne Steuererhöhung, ja mit Steuererniedrigung! Auf den Schultern dieser Armee und nicht auf der Zunge redefertiger Volksvertreter ruht der Staat Friedrichs des Großen! Halten wir fest daran und lassen wir das Parlamentsheer denen, die nach innen wie nach außen gleichmäßig zum Gespött werden wollen." 727. Die beste Staatsverfassung. Erörterung eines Unparteiischen. Halle, Julius Fricke, 1864. 64 S. 8°. AU. Bibl. 4. II. 1864. —

Bs.

Historische und theoretische Betrachtungen über Vorzüge und Nachteile der verschiedenen Staatsverfassungstypen führen zu folgenden Thesen: „Das Heil der Völker liegt lediglich im ungeschwächten Königtum. . . . Gegen eine mit Verstand ausgewählte und bloß beratende Versammlung neben dem Regenten wäre nichts einzuwenden ; aber eine aus dem J a und Nein des großen Unverstands hervorgehende und beschlußfassende, also gesetzgebende Steuern bewilligende und Steuern verweigernde Kammer ist unter Umständen höchst gefährlich, oft sehr störend und beschwerlich und immer für des Staates Wohlfahrt entbehrlich." Wenn die konstitutionelle Verfassung in Preußen auch Gesetzeskraft erlangt hat, so läßt sie sich auf gesetzlichem Wege doch wieder abschaffen. Die Kgl. Regierüng darf sich jedoch nicht auf Kompromisse einlassen. Hält die Regierung unerschütterlich aus und ermutigt sie beharrlich ihre Freunde, „so wird nach und nach eine Kammer gewonnen werden, die von der Verderblichkeit des Verfassungsstaates überzeugt, die Aufhebung der Kon522

stitution und die Wiederherstellung des ungeschwächten Königtums beantragt und siegreich durchführt. Das Heil des Staats ist und bleibt doch zuletzt immer das oberste Gesetz." 728. Der deutsche Fortschritt ein Zopfthum. Ein vor politischen Freunden gehaltener populärer Vortrag. Königsberg, Emil Rautenberg, 1864. 43 S. 8°. Charakterisiert den modernen Liberalismus und Demokratismus als rückständige Epigonen der westeuropäischen rationalistischen Aufklärung. Wissenschaftlich sei diese längst widerlegt und überwunden durch die neu erwachte religiöse Orthodoxie, die idealistische Philosophie, die Romantik, die konservative Staatslehre, namentlich aber durch die Stahlsche Rechtsphilosophie. Erklärt sich „für die Lehre von göttlicher Einsetzung der Obrigkeit als Schöpfungsakt vom höchsten Weltregierer, also für den König und Herrn von Gottes Gnaden, weil von da aus auch die Pflichten der Obrigkeit und die Teilnahme der Regierten am Regiment ihre verantwortliche Stellung unter das göttliche Sittengebot und die erkennbarere Begründung finden". Das Ministerium Bismarck im Bunde mit den konservativen Elementen des preußischen Volkes hat die Aufgabe, um Preußens und Deutschlands willen den Einfluß der Fortschrittsmänner auf das Volk zunichte zu machen. Nur so ist überhaupt noch eine Rettung der konstitutionellen Verfassung für Preußen möglich, die ohne freundliches Vertrauensverhältnis zwischen Regierung und Volk nicht zu denken ist. „Ist denn auch wohl aus einem parlamentarischen Körper etwas Armseligeres, Lächerlicheres und Gemeineres schon an das Licht der Welt getreten als die teils ablehnenden, teils rechtsverwahrenden, vom Geiste niedrigster Verbosung und giftigster Megärenwut diktierten Resolutionen der Fortschrittsmajorität des Abgeordnetenhauses und deren Krone: der tatsächlich wirkungslose und juristisch monströse Null- und Nichtigkeitsrefrain." 729. Aphoristische Bemerkungen über Gegenwart mit besonderer Beziehung auf preußischen Staates. (Aus Süddeutschland.) 1863. Nebst einem Schlußwort, hinzugefügt Nasse, 1864. 51 S. 8°. Allg. Bibl. 7. IV. 1864. —

einige Hauptfragen der die inneren Krisen des Geschrieben im August im Januar 1864. Soest,

Bv

Das Haus Hohenzollern ist der Schöpfer des preußischen Volkes. Das Bestreben, den König zum „höchsten Vollzugsbeamten von Volksgnaden" zu degradieren, ist ein „Attentat gegen die göttliche R o s e n b e r g , Publizistik.

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Ordnung". Die „rein aus theoretischen Paragraphen zusammengestoppelten" Repräsentativverfassungen entsprechen nicht den wahren Bedürfnissen der Kontinentalvölker. Unter allen Verfassungsmachwerken krankt das preußische „an den meisten staatsgefährlichen Übelständen, logischen Widersprüchen und bedenklichen Unklarheiten". Das zeigen vor allem die Bestimmungen über den Staatshaushaltsetat. Es ist „sonnenklar", daß das bestehende Staatsbudgetgesetz seine Geltung behält, bis es gelingt, auf verfassungsmäßigem Wege ein neues zu vereinbaren. Da die Beamten weit eher als „Königliche Diener" denn als „Staatsdiener" anzusehen sind, muß in Zukunft ihre Vereidigung auf die Verfassung unterbleiben, mit Ausnahme der Minister. Mit dem Anwachsen der Opposition muß die Regierungsgewalt durch verschärfte Zentralisation gestärkt werden. Erst mit dem Verschwinden der regierungsfeindlichen Elemente im Lande ist ein allmählicher Übergang zur Selbstverwaltung möglich. Das Verhalten des Abgeordnetenhauses treibt den preußischen Staat den ernstesten Katastrophen entgegen. Das preußische Volk muß sich von „den Aufwieglern und der demokratischen Kammermajorität nebst ihrem massenhaften Anhange von bornierten Fortschrittsphilistern und skandalsüchtigen politischen Bummlern" trennen und sich in alter Preußentreue um seinen König scharen. Die konservative Partei muß so stark werden, daß sie im Abgeordnetenhause die Mehrheit bildet und im Einverständnis mit der Regierung „die elende Schablonenverfassung" in eine „echt preußische Konstitution" umwandeln kann. Sollte es aber nicht dahin kommen, dann muß die Regierung trotzdem ihre Stellung behaupten und stärken, „eine gründliche Purifikation der ganzen Beamtenschaft, verbunden mit rigoroser Handhabung der bestehenden Disziplinargesetze und Subordinationsbestimmungen" vornehmen und auch größere Gemeinschaften, z. B. Kreise und Städte, durch Entziehung von Garnisonen maßregeln. Bei jeder tatsächlichen Widersetzlichkeit aber muß rücksichtslos mit Waffengewalt durchgegriffen werden. Für die Krisenzeit ist eine Art Diktatur zu errichten. 730. Hundt von Hafften, Ideelle Rechte und reelle Bedürfnisse. Humanistische und politische Studien. Zweiter Theil. Reelle Bedürfnisse. Berlin, Reichardt & Zander, 1864. 409 S. 8°. Blß- Lv

Entwickelt im Zusammenhang mit einer breit angelegten Kritik der Volkssouveränitätslehre und ihrer Auswirkungen und der bestehenden preußischen Verfassung insbesondere eine der aufschlußreichsten

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und ausgeführtesten Staats-, Gesellschafts- und Verfassungstheorien des damaligen preußischen Konservatismus. Ist der Verfasser geistig auch nur ein Epigone und Kompilator, so stellt seine Schrift doch eine bedeutsame Quelle für die Erkenntnis der weltanschaulichen Grundlagen des preußischen Konservatismus dar. Führt den gegenwärtigen Konflikt in Preußen auf die zu Recht bestehende Verfassung zurück, die die Armee nicht als von der Budgetbewilligung unabhängige Staatsgewalt anerkenne. Erblickt in dem Streben der Opposition nach parlamentarischer Majoritätsherrschaft eine Existenzgefährdung des preußischen Staates. „Die mit dem parlamentarischen Regimente zusammenhängende Ministerverantwortlichkeit in Preußen einführen, heißt Preußen zu einer Wahlrepublik mit monarchischer Spitze herabdrücken." Der von der Opposition drohenden Gefahr kann nur durch eine Verfassungsreform begegnet werden, die auf dem Grundsatze der „Obrigkeit mit Gott für König und Vaterland" beruht. Alle Autorität und öffentliche Gewalt muß vom Könige ausgehen, der allein den Staat nach innen und außen vertritt, der allein auf Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht die den Staatsverhältnissen entsprechende Stärke des Heeres und die demselben entsprechende Dienstzeit bestimmt, der allein auch über das Verhältnis der Reserve zur Linie, des Landsturmes zur Landwehr entscheidet und der allein durch das nur ihm verantwortliche Ministerium die Initiative zur Gesetzgebung besitzt. „Das Herrenhaus hat den Staat den Ansprüchen des Volkes, das Abgeordnetenhaus das Volk den Ansprüchen des Staates gegenüber zu vertreten." Zwischen das Kgl. Ministerium und den Landtag muß ein vom Landtag zu wählender, ihm verantwortlicher, aber vom Könige zu bestätigender Staatsrat für die Gesetzgebung treten. 731. Lassalle, Ferdinand, Was nun ? Zweiter Vortrag über Verfassungswesen (zuerst am 19. November 1862 verlesen). Zürich, Meyer & Zeller, 1863. 41 S. 8°. Allg. Bibl. 8.1.1863.

— By; Du; G; H2; Wi; W3.

Behandelt vornehmlich die Frage: „Wie ist das Recht des Volkes, durch seine Abgeordneten Ausgabeposten des Staatshaushaltsetats zu verweigern, die ihm ungerechtfertigt erscheinen, durchzusetzen, zur Geltung und Wirklichkeit zu bringen ? " Nicht zum Mittel der Steuerverweigerung darf die Kammer greifen und erst recht nicht auf Kompromisse sich einlassen, sie muß vielmehr einfach aussprechen, das was ist! Sie muß die Regierung auf diese Weise zwingen, der Lüge des Scheinkonstitutionalismus zu entsagen und „sich auch formell vor 34*

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aller Welt als das zu zeigen, was sie ist: als absolute Regierung". Die Kammer muß deshalb beschließen, ihre Sitzungen auf unbestimmte Zeit, und zwar auf so lange auszusetzen, bis die Regierung den Nachweis antritt, daß die verweigerten Ausgaben nicht länger fortgesetzt werden. Wollte aber die Regierung in absoluter Weise ohne Kammern weiterregieren, „so würde durch dieses von der Kammer ausgegangene Aussprechen dessen, was ist, durch den von der Regierung offen akzeptierten Absolutismus die Illusion getötet, der Schleier fortgerissen, die Unklaren zur Erkenntnis gebracht, die für feinere Unterschiede Indifferenten erbittert, die gesamte Bourgeoisie wäre von Stund an in den latenten, unausgesetzt wühlenden Kampf gegen die Regierung gerissen, die gesamte Gesellschaft wäre eine organisierte Verschwörung gegen sie, und die Regierung hätte von diesem Augenblicke an nichts anderes mehr zu tun als Astrologie zu treiben, um die bestimmte Stunde ihres Unterganges am Sternenhimmel zu lesen." 732. Lassalle, F., Macht und Recht. Zürich, Meyer & Zeller, 1863. 15 S. 8°.

Offenes Sendschreiben.

All. Bibl. 5. III. 1863. — B1; Dü; Kaz; T; Z.

Vorwort datiert: Berlin, 13. Februar 1863. — Verteidigt Nr. 731 gegen den Angriff der Berliner Reform vom 7. II. Verwahrt sich dagegen, daß er erklärt habe, daß Macht vor Recht gehen solle. Der Fortschrittspartei entgegen muß mit aller Schärfe betont werden, „daß, während es ganz feststeht, daß R e c h t v o r M a c h t gehen s o l l t e , in der W i r k l i c h k e i t doch immer M a c h t v o r R e c h t g e h t und allemal und so lange geht, b i s das Recht nun auch seinerseits eine hinreichende M a c h t hinter sich gesammelt hat, um die M a c h t des U n r e c h t s zu z e r s c h m e t t e r n . . . . Herr von Bismarck bes t ä t i g t das, was ich historisch als die N a t u r der W i r k l i c h k e i t aufgezeigt habe. . . . Es hat kein Mensch im preußischen Staate das R e c h t , vom .Recht' zu sprechen als die D e m o k r a t i e , die a l t e und w a h r e D e m o k r a t i e ! Denn sie allein ist es, die stets am R e c h t festgehalten und sich zu keinem Kompromiß mit der M a c h t erniedrigt hat." Die Demokratie allein hat den Bruch des Rechts nicht sanktioniert. „Bei der Demokratie allein ist alles Recht — und bei ihr allein wird die Macht sein!" 733. Lassalle, Ferdinand, Offnes Antwortschreiben an das Central-Comité zur Berufung eines Allgemeinen Deutschen ArbeiterCongresses zu Leipzig. Zürich, Meyer & Zeller, 1863. 38 S. 8°. Allg. Bibl. 26. III. 1863. — B1; #,/ Kx; T.

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Datiert: Berlin, i . März 1863. Nr. 731—733 abgedruckt in den „Klassikern der Politik", Bd. 15, hrsg. von L. Maenner, 1926. — Kritisiert die Haltung der Fortschrittspartei vom Standpunkt des in Nr. 731 entwickelten Aktionsprogramms. Die Fortschrittspartei erscheint als nichts anderes ,,als die mit einem andern Namen geschmückte Wiederauferstehung des verrufenen Gothaertums". Demgegenüber muß die Arbeiterklasse sich als selbständige politische Partei konstituieren und das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht zu dem prinzipiellen Losungswort und Banner dieser Partei machen. „Die Vertretung des Arbeiterstandes in den gesetzgebenden Körpern Deutschlands — dies ist es allein, was in politischer Hinsicht seine legitimen Interessen befriedigen kann." Stellt den sozialpolitischen Forderungen von Schulze-Delitzsch sein „ehernes ökonomisches Gesetz" entgegen von der Beschränkung des durchschnittlichen Arbeitslohns auf die in einem Volke gewohnheitsmäßig zur Fristung der Existenz und zur Fortpflanzung erforderliche Lebensnotdurft. Die Verbesserung der Lage des Arbeiters setzt die Aufhebung des Unternehmergewinnes voraus. Die Arbeiter müssen ihre eignen Unternehmer werden, sich zu freien Produktivassoziationen zusammenschließen und die fabrikmäßige Großproduktion in die Hand nehmen. Der Staat muß hier helfend eingreifen. Der Staat ist „überhaupt gar nichts anderes als die große Organisation, die große Assoziation der arbeitenden Klassen". Durch das allgemeine, gleiche Wahlrecht muß der Staat zur Hilfeleistung gezwungen werden. Ruft auf zur Bildung eines allgemeinen deutschen Arbeitervereins zu dem Zweck einer gesetzlichen und friedlichen, aber unermüdlichen, unablässigen Agitation für die Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechtes in allen deutschen Ländern. — Hiergegen wandte sich Karl B l i n d in dem Flugblatt: Ein Freundeswort an Deutschlands Arbeiter, Bürger und Bauern. 2 S. 8°. (Br 2 .): „Allgemeines Stimmrecht ohne v o r g ä n g i g e V e r n i c h t u n g der T y r a n n e i hat noch nie zu Verbesserungen, hat schon öfter zur Festpflanzung fürstlicher Willkür gedient. . . . Darum gilt es vor allem den S t u r z der W i l l k ü r m i t v e r e i n i g t e n K r ä f t e n ! Wie das von Feinden umringte Deutschland seine Existenz als Nation nicht gründen wird, solange wir unter uns selbst eine g e o g r a p h i s c h e T r e n n u n g s l i n i e , sei es in dieser, sei es in jener Richtung ziehen, so werden wir auch gegenüber der stark organisierten Despotie nicht zur Freiheit und zu wirklichen Verbesserungen gelangen, wenn V o l k s k l a s s e g e g e n V o l k s k l a s s e geführt und dadurch dem gemeinsamen Unterdrücker die Herrschaft erleichtert wird." —Ergänzend vgl. auchLassalles Schrift: 527

An die Arbeiter Berlins. Eine Ansprache im Namen des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins. Berlin, R. Schlingmann, 1863. 25 S. 8°. (Bx; G; Lz.) Der entscheidende Gesichtspunkt ist hier die Betonung des unüberbrückbaren Gegensatzes zwischen Fortschritts- und Arbeiterpartei: „Während wir für das allgemeine und direkte Wahlrecht agitieren, agitieren die Fortschrittler — für die Aufrechrterhaltung der preußischen Verfassung! Die preußische Verfassung aber hat noch niemals auch nur einen Tag lang zu Recht bestanden! Die preußische Verfassung ist nur das Produkt und Resultat des am Volke verübten Rechtsbruches, des in illegaler Weise aufgehobenen allgemeinen Wahlrechtes, das durch das Gesetz vom 8. April 1848 bestand. Die preußische Verfassung ist nur der Kompromiß der Bourgeoisie mit der Regierung, für welchen die Bourgeoisie im Interesse ihrer alleinigen Beute das gesetzlich bestehende Recht des Volkes preisgab." 734. Die Partei des Fortschritts als Trägerin des Stillstands. Rede, gehalten von J. B. v. Schweitzer aus Frankfurt a. M. in der Versammlung der Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins zu Leipzig am 13. October 1863. (Nach stenographischer Aufzeichnung.) (Leipzig, Ferber & Seydel), [1863]. 16 S. 8°. Bb;

Dü.

Die Überwindung der „Priesterherrschaft" und der „Adelsherrschaft" durch die kapitalistische Bourgeoisie war ursprünglich „eine gute Sache, war die Sache des weltgeschichtlichen Fortschritts". Allmählich aber ist, wie bereits Lassalle gezeigt habe, an die Stelle des privilegierten Adels und der privilegierten Geistlichkeit „die durch die Kapitalmacht tatsächlich und rechtlich privilegierte Bourgeoisie" getreten. Zeigt sich die Bourgeoisie auch ohnmächtig nach oben, so entwickelt sie dafür „ein gewaltiges, ein furchtbares Klasseninteresse nach unten". Sie hat die Arbeiter zu „Sklaven des Kapitals" gemacht und sucht sie möglichst in diesem Zustande zu erhalten. In der „sozialen Frage" ist der größte Feind der Arbeiter die Bourgeoispartei, in dieser Frage ist sie der wahre Sitz des Stillstands. Deshalb muß der Kampf der sozialdemokratischen Partei in erster Linie gegen sie gerichtet sein. 735. Erz, Rudolf, Der Arbeit Recht und Gerechtigkeit! Ein Beitrag zur Lösung der socialen Frage. 2. Auflage. Berlin, Fahlisch, 1864. 50 S. 8°. Datiert: Berlin, 22. März 1864. — Konstatiert die Bedingtheit politischer Bewegungen durch soziale Bewegungen. Mit dem Jahre 528

1848 hat in Preußen die Herrschaft des „finanziellen Feudalismus" und der nach privilegierter Alleinherrschaft strebenden Besitzbourgeoisie begonnen. Übt scharfe Kritik an den sozialpolitischen Ideen von Schulze-Delitzsch, der nur ein Werkzeug des Finanzfeudalismus, der „Quitzows des Bürgertums" darstelle. Das Ziel der in Preußen herrschenden Plutokratie ist die Entrechtung der unteren Volksklassen, die Ausscheidung des Handwerkerstandes aus dem dritten Stande. Der von der neuen Geldaristokratie erhobene Ruf nach Gewerbefreiheit hat kein anderes Ziel, „als die Masse der kapitallosen Arbeiter zu vermehren". Bei aller Anerkennung der Verdienste, die sich Lassalle um die Arbeiterbewegung erworben hat, muß doch festgestellt werden, daß er ebensowenig wie Schulze-Delitzsch zu einer befriedigenden Lösung der sozialen Frage berufen ist, denn seine Agitation läuft auf ein Zerreißen aller existierenden gesellschaftlichen Zusammenhänge hinaus. Was not tut, ist Schutz der Arbeit und des Arbeiterstandes durch den Staat und die Hergabe von Staatskrediten an die Innungsgenossen des Handwerkerstandes. Entschlösse sich die Regierung zugleich zu einer neuen Landgemeindeordnung, „dann, und nur dann könnte sie nachhaltig auf ein Abgeordnetenhaus rechnen, mit dem sich regieren, mit welchem sich die Fehler der Verfassung r e f o r m i e r e n ließen. Mit ruhenden Händen im Schöße, mit der Hoffnung auf eine Bekehrung des Volks durch auswärtigen Krieg, mit einer mit der neuen A r i s t o k r a t i e liebäugelnden Geheimratspolitik aber wird man nur immer tiefer in den Kampf des Parlamentarismus hineingeraten. Deutschland ist moralisch zu erobern! Nimmermehr aber auf den Wegen des National Vereins. Gelingt es Preußen dagegen, auf friedlichem Wege die soziale Frage zum Austrag zu bringen, gelingt es ihm damit zugleich, das große Problem der Einfügung des vierten Standes in das politische Staatsleben zu lösen, so fällt ihm ganz Deutschland zu, denn die materiellen Interessen haben den Völkern immer höher gestanden als politische Doktrinen." 736. Metzig, Johann, Dr., Die Polen-Frage im wahren Interesse Europas im Geiste der Civilisation beantwortet. Hamburg, Hoffmann & Campe, 1863. X I I , 132 S. 8°. Allg. Bibl. 16. VII. 1863. -

B9;

Brl;

Dx; G; Kö.

Datiert: Polnisch-Lissa, im März 1863. — Fordert den Zusammentritt eines europäischen Kongresses, dessen Aufgabe im wesentlichen darin zu bestehen hätte, Johann von Sachsen in sein volles Recht als legitimen König von Polen mit den Grenzen von 1772 wiedereinzusetzen. Die Wiederherstellung Polens bildet die notwendige Voraus529

Setzung für den wahren, dauernden, entwaffneten Frieden. Preußen muß für den Verlust seiner polnischen Besitzungen durch das Königreich Sachsen entschädigt werden, es wird dadurch noch mehr als bisher der „sittliche Kern" der nur allmählich durch Verwandlung des Staatenbundes in den Bundesstaat möglich werdenden deutschen Einigung. —Vgl. ergänzend Metzig, Die wahre Lösung der preußischen Verfassungswirren. Dem Hohen Hause der Abgeordneten empfohlen. Hamburg, Hoffmann & Campe, 1863. 52 S. 8°. {B^ Z>2; Hx; Kö.) 737. Sträter, Theodor, Dr., Die polnische Frage in ihrem Verhältnisse zu Preußen und Deutschland. Coburg, F. Streit, 1863. IV, 88 S. 8°. Allg. Bibl. 21. V. 1863. —

Be;

K1;

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Vorwort datiert: Bonn, Frühlingsanfang 1863. — Skizziert die polnische Geschichte der letzten 100 Jahre. Fordert die Verwandlung Russisch-Polens in einen selbständigen Staat auf den Grundlagen der Konstitution vom 3. V. 1791. Die von Rußland drohende gemeinsame Gefahr müßte Preußen und Polen unauflöslich miteinander verbinden. Nur so kann Preußen von einem Bündnis mit dem Bonapartismus abgehalten werden. Voraussetzung des einigen Zusammenstehens ist der Sturz des Bismarckschen Ministeriums und der Übergang zu einer entschieden liberal-nationalen, auf das Volk sich stützenden Politik, die es als ihre zentrale Aufgabe betrachtet, die gesamte deutsche Nationalkraft mobil zu machen. „Jedes andere Mittel, jedes Bündnis mit fremden Mächten, jede Vermehrung des Heeres, jede Erhöhung der Steuern, jede Unterdrückung der allseitigen Regsamkeit eines zur gesetzlichen Freiheit absolut reifen Volkes sind nichts als armselige kleine Regierungsmanöver unfruchtbarer, dürftiger, in jeder Hinsicht antiquierter und unfähiger Köpfe, die eine einzige verlorene Schlacht, die der erste Hauch einer weltgeschichtlichen Bewegung beiseite werfen wird." 738. A. Pf., Die neue heilige Allianz. Wochenschrift des Nationalvereins. 24. April 1863. Nr. 156. Bb; G;

Kiv

Das Ziel der Bismarckschen Politik ist die Herstellung einer neuen Heiligen Allianz. „Wie die Militärfrage in der inneren, so soll die Polenfrage in der äußeren Politik die Brücke bilden aus der neuesten Aera in die gute alte Metternichsche Zeit zurück." Bismarcks Plan ist offenbar, den Kaisern von Rußland und Österreich ihren Länderbesitz zu garantieren und ihnen freie Hand im Orient bzw. in

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Italien zu lassen, sich dafür aber von Rußland durch Überlassung des Königreichs Polen und von Österreich durch die freie Hand in Deutschland entschädigen zu lassen. Diese Politik ist nur ein „wahnsinniges Hirngespinst", dem es an realen Voraussetzungen völlig fehlt. 739. Becker, Joh. Ph., Polen, die Diplomatie und die Revolution. Genf, Deutsche Verlagshalle, 1863. 60 S. 8°. Kö.

Datiert: Genf, 1. Mai 1863. — Analysiert das polnische Parteiwesen und die Stellung der europäischen Mächte gegenüber den polnischen Unabhängigkeitsbestrebungen. Die Gefahren, welchen Deutschland durch die französischen Eroberungspläne ausgesetzt ist, werden durch die polnische Erhebung noch vermehrt, „weil Preußen durch seinen Schergendienst zugunsten Rußlands und zum Nachteil Polens dem dritten Napoleon einen durch die „öffentliche Meinung", namentlich Frankreichs, gerechtfertigten Vorwand geboten hat, zur v o r g e b l i c h e n Befreiung Polens Preußen anzugreifen; weil durch die zwischen Österreich und Preußen herrschende Eifersucht die Defensivkraft Deutschlands geschwächt ist; weil der vielköpfige Deutsche Bund, ein Körper ohne organischen Zusammenhang, keinen willensfähigen Kopf hat, nur nach innen unterdrücken und ersticken, nach außen aber nicht schirmen und befreien, sondern sich nur demütigen und die Volkssache verraten kann; . . . weil es v o r l ä u f i g in Deutschland, in Ermangelung eines lebensfrisch eingreifenden politischen Gemeinstrebens, keine Macht der öffentlichen Meinung geben kann, welche, gestützt auf die erleuchtete Willenskraft der Nation, zur sofortigen, unmittelbaren Verbesserung der Schwächen und Schäden oder gar zur raschen Umschaffung eines organischen Ganzen befähigt wäre. . . . Hat die Errichtung Polens für alle Völker hohen Wert, so ist sie für das deutsche Volk von unmittelbarstem Interesse, und zwar nicht nur um Rußland als autokratische Großmacht und als eventueller Alliierter Frankreichs zu schwächen, nicht nur um die Mitschuld Österreichs und Preußens am Morde Polens zu sühnen, sondern auch um sich an dem wiedererstandenen polnischen Volke einen warmen Bundesgenossen zu schaffen und um in Rußland selbst den Weg zur Volksherrschaft anzubahnen." Da eine Wiederherstellung Polens mit einer abermaligen Schwächung Österreichs verbunden sein würde, so ist im Interesse des europäischen Gleichgewichts die Rekonstituierung Deutschlands um so dringender geboten. „Nur ein einheitliches Deutschland kann erstens durch Abschaffung der stehenden Armeen, die nur geeignet sind, das eigne Volk zu unterdrücken und auszusaugen, 531

die Gewaltträger leichtsinnig in einen auswärtigen Krieg zu verwickeln, und zweitens durch Gründung eines Volksheeres, das unüberwindlich in der Vaterlandsverteidigung — Europa vom Militärdespotismus befreien, es zu den großen Werken des Friedens befähigen würde. Der deutsche Patriot hat daher nicht bloß aus vaterländischen, sondern aus höheren menschlichen Interessen die heilige Pflicht, mit Gut und Blut für die Erringung eines freien, ganzen Deutschlands einzustehen." Allen dynastischen Herrschaftsbestrebungen entgegen muß der Kampf um Wiederherstellung Polens zu einer Völkersache gemacht und mit dem Grundsatz der Völkersolidarität ernst gemacht werden. 740. [Faber, J . F.], Deutschland und die polnische Frage. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1863. Heft III, S. 1—64. Während die Devise der meisten Staaten der Gegenwart zu sein scheint: revolutionär nach außen und despotisch im Innern, muß Österreich konservativ nach außen und liberal im Innern sein, d. h. durch vollständige Abstinenz und Neutralität nach allen Seiten muß es seine Unabhängigkeit nach außen behaupten, um seine ganze Kraft ungestört der inneren Konsolidierung widmen zu können. Deshalb darf es auch in dem Streit um Polen sich weder auf die Seite Rußlands noch der Westmächte stellen. Die Wiederherstellung Polens wäre nichts anderes als die Einleitung zur Teilung Europas, zunächst zur Teilung Deutschlands. Vom Standpunkt nationaler Selbstsucht aus betrachtet, liegt ein auf russisch Polen beschränkter Aufstand im deutschen Interesse. So lange die Polen sich mit den Russen unter ein Joch gespannt sehen, sind sie für uns; sobald sie eine eigene, selbständige Nation werden, sind sie gegen uns. „Was wir wünschen müssen, ist nicht ein selbständiges Polen, sondern ein fortwährendes, gegenseitiges sich Schwächen und Gebundenhalten Polens und Rußlands." Da die Tendenz des Aufstandes auf die Wiederherstellungeines selbständigen großen polnischen Reiches hinzielt, so muß die Erhaltung des status quo angestrebt werden. Bei der gegenwärtigen Lage der Dinge ist, rein politisch betrachtet, die Erhaltung der russischen Machtstellung für Deutschland eine Notwendigkeit, denn „das zersplitterte und darum schwache Deutschland, Preußen und Österreich jedes isoliert mitinbegriffen, ist der Wucht des einheitlichen, zu großen Stößen nach außen konzentrierten Frankreich nicht gewachsen". Das Gegenstück zum preußisch-französischen Handelsvertrag wird durch die preußisch-russische Konvention bezeichnet. Beide Verträge beabsichtigen die Schädigung Österreichs. Durch die Konvention ist die preußische Isolierung und die preußische Krisis beschleunigt und 532

zum Ausbruch gebracht worden. Eine Zeitlang war die innere Krisis in Preußen durch die äußere Politik maskiert, jetzt sind äußere Isolierung und innere Krisis identisch geworden. „Solange die auf Rußland und Frankreich sich stützende Eisen- und Bluttheorie in Kraft bestand, hatten Regierung und Fortschrittspartei einen Koinzidenzpunkt; die Schwächung Österreichs, der Einheitsstaat in Deutschland waren der einzige positive Zweck, der für beide noch bestand, in welchem sie vermöge ihrer tiefsten und innigsten Instinkte zusammenstimmten. Die Regierung hoffte, durch eine äußere Tat über die innere Opposition hinwegzukommen, und dieselbe Hoffnung hatte auch die Fortschrittspartei. . . . Sobald aber die Scheidung auch in der äußeren Politik eintrat, sobald die Fortschrittspartei gewahr wurde, daß hier schlechterdings nichts zu hoffen sei als die blanke Reaktion von Rußland her, während sie ihr Vertrauen auf den machiavellistischen Despotismus Frankreichs gesetzt und mit dessen Hilfe gedacht hatte, Israel wieder aufzurichten: da hörte alles auf, da ging das Ganze aus dem Leim." Deutschlands Gegenwart und Zukunft hängt von der Frage der „preußischen Traditionen" ab. Diese Traditionen sind nicht, wie es heißt, die Erinnerung an die großen Taten, die das preußische Volk unter Führung seiner Könige zur Befreiung und Wiederherstellung Deutschlands getan hat, sondern sie bestehen von Anfang an in einem das Interesse von ganz Deutschland gegen den einseitigen preußischen Vorteil hintansetzenden Partikularismus. Das hilfsbedürftige Preußen möge endlich aufhören, sich auf seine „Traditionen" zu berufen. Denn was sind schon die „preußischen" gegen die „deutschen Traditionen!" In der bisherigen Weise kann es in Preußen nicht weitergehen. Die Reaktion hat ihre Schranke gefunden, denn im Gegensatz zu Frankreich fehlt es ihr gerade an den Bedingungen, welche das dortige Regiment allein möglich machen: „Die Energie eines leitenden Willens und die Möglichkeit, die Unterdrükkung der Freiheit mit äußerem Glanz zu verhüllen und einigermaßen gut zu machen." Auch mit einer Erneuerung der „Neuen Aera" ist nicht weiterzukommen, denn auch einem Ministerium SchulzeDelitzsch würden die „Eselsohren der altpreußischen Tradition" anhaften, aber es hätte nicht einmal Kraft genug, um es zu einem Bürgerkrieg zu bringen. Nur dann kann Preußen aus seiner Isolierung herauskommen und zur absolut notwendigen Verständigung mit Deutschland gelangen, wenn an die Spitze des Staates eine von den alt preußischen Traditionen sich emanzipierende neutrale Regierung, eine Art Übergangs- oder Fachministerium, tritt. Die Beseitigung der Reaktion in Preußen eröffnet die Hoffnung auf die Einigung Deutschlands und 533

damit auf die Isolierung Frankreichs. Nur auf dem Wege strikter Neutralitätspolitik ist aus der gefährlichen Krisis herauszukommen. „Neutralität ist nicht Passivität. Was vermieden werden muß, ist von der einen Seite eine Solidarität der konservativen Interessen im alten Sinn und Stil, von der andern aber jedes Eingehen auf eine Interventionspolitik nach der modernen Theorie, auf die Nationalitätendoktrin und Revision der europäischen Karte. Diese Neutralitätspolitik läßt sich allerdings in die Worte formulieren: liberal im Innern und konservativ nach außen." 741. Zur polnischen Frage. Gedanken eines Deutschen über dieselbe. Berlin, Grothe, 1863. 29 S. 8°. Allg. Bibl. 25. VI. 1863. — B^; Z.

Die Wiederherstellung eines polnischen Reiches, das ständig von Uneinigkeit und Bürgerkrieg bedroht wäre und den europäischen Frieden gefährden würde, widerspricht dem deutschen Interesse. Denn ein selbständiges Polen wird als geborener Verbündeter Frankreichs jede Gelegenheit benutzen, „sich auf Kosten Deutschlands, und Preußens besonders, der sogenannten polnischen Provinzen, ob sie auch jetzt völlig oder zum größten Teil deutsche geworden sind, zu bemächtigen". 742. Venedey, J . , Die Polenfrage vor dem preußischen Abgeordnetenhause. Zürich, Meyer & Zeller, 1863. 24 S. 8°. Allg. Bibl. 2. VII. 1863. — B,;

G;

Kö.

Die Aufgabe der preußischen Politik ist die Wiederherstellung des Rechtszustandes in Polen. Zu diesem Zweck muß Preußen eine entschieden antirussische Politik treiben und in der Provinz Posen einen polnischen Provinziallandtag errichten. Eine derartige Politik ist für Preußen und Deutschland eine Pflicht und zugleich eine Lebensfrage. Nur so kann eine Erneuerung der Heiligen Allianz verhindert werden. Das preußische Abgeordnetenhaus muß sich klar und offen von der Politik seiner Regierung lossagen. „Die Pflicht der Selbsterhaltung, die Pflicht gegen das Frieden fordernde, des Friedens bedürftige Europa, die Pflicht gegen alle Lebensbedingungen der Humanität, — die Pflicht gegen das im Frieden auf dem Wege des Bessern wandelnde Rußland selbst fordern von Preußen heute eine antirussische Politik. . . . Seien wir gerecht gegen Polen und wir werden klug für Deutschland handeln. Seien wir gerecht gegen Polen und wir reißen der Junkerherrschaft den Boden unter den Füßen weg. Seien wir gerecht gegen Polen und wir nehmen dem Napoleonismus die Gelegenheit, Deutschland mit dem heuchlerischen Rufe .Gerechtigkeit 534

für Polen'! — zu bekämpfen, zu zerreißen, . . . Sühnen wir, soweit es an uns liegt, das Unrecht der Teilung Polens — und wir zertreten im Keime die Giftfrucht, die dem deutschen Volke von innern und äußern Feinden aufgedrungen wird, und deren Kern heißt: Teilung Deutschlands." 743. Preußen an der Schwelle der Großmachts-Politik. Berlin, Reichardt & Zander, 1863. 50 S. 8°. Allg. Bibl. 16. VII. 1863. — B1;

Brt; D2; Kö.

Rechtfertigt die Haltung der preußischen Politik gegenüber dem polnischen Aufstand und begrüßt die Konvention mit Rußland, deren Veröffentlichung zu fordern ist. Zur bewaffneten Intervention hat Preußen erst dann zu schreiten, wenn die preußischen Interessen durch den Aufstand unmittelbar bedroht sind. Vorerst kann es sich nur um Präventivmaßnahmen handeln, die zugleich zur Stützung Rußlands dienen müssen. Zu diesem Zweck Schutz der preußischen Interessen durch energische Sicherstellung der Grenzen und Niederhaltung jedes Aufstandsversuches in den preußisch-polnischen Landesteilen. Bestreitet Frankreich das Recht, wegen Polen zu intervenieren. Die größte Gefahr wäre es für Preußen, „wenn wir unsere Politik statt nach unsern Interessen nach der Magnetnadel an der Seine richten wollten. Das wäre ein anderer Weg nach Olmütz, nur mit dem Unterschiede, daß er 1850 nach Österreich und 1863 nach Frankreich führte. Wieder einmal steht Preußen an der Schwelle der Großmachtspolitik!" 744. Die jetzige polnische Revolution. Von einem Mitarbeiter derselben. Berlin, F. Heinicke, 1863. 34 S. 8°. Bx;

Br2.

Datiert: 1. August 1863. — Gibt einen summarischen Überblick über den Verlauf des polnischen Aufstandes bis zum Juli unter Berücksichtigung der polnischen Partei Verhältnisse. Da ein wiederhergestelltes Polen sich nur mit Unterstützung Napoleons selbständig erhalten könnte, so müßte es „dem Napoleonismus und dem Papsttum treu bleiben, dagegen aber Rußland und einem mächtigen aufgeklärten Deutschland Feind werden". Mit Hilfe Polens würde Napoleon das ganze Slawentum, mit Hilfe Österreichs den Anglo-Germanismus zerteilen. Gestützt auf das Papsttum und ein mächtiges Frankreich, würde Napoleon sich zum Weltherrscher machen. Die polnische Frage ist weit weniger eine Frage der Freiheit und Nationalität, als vielmehr „eine Frage des katholischen, despotischen und eroberungssüchtigen 535

Napoleonismus". Die Wiederherstellung Polens würde unabsehbare kriegerische Verwicklungen in Europa im Gefolge haben. Es ist Rußlands Pflicht, keiner Macht eine Einmischung zu gestatten, die polnische Revolution „ganz zu vernichten" und die Aristokratie und den Katholizismus nicht zur Herrschaft kommen zu lassen. 745. [Jörg, Joseph Edmund], Die Sache Polens und die europäische Diplomatie —gewürdigt vom deutschen Standpunkt. Historischpolitische Blätter für das katholische Deutschland. 1863. Bd. 52, S. 553—575Geschrieben ca. Ende September 1863. — Die polnische Krisis hat gezeigt, daß der Dualismus zwischen Preußen und Österreich bis in die innersten Existenzbedingungen hinabreicht. „Der deutsche Status quo fristet die unleidliche Lage Europas, und die unleidliche Lage Europas untergräbt fortwährend den deutschen Status quo". Schon die Geschichte lehrt, daß eine wesentliche Veränderung in Polen nicht möglich ist ohne eine entsprechende Veränderung in Deutschland. Bei dem engen Zusammenhang der deutschen und der polnischen Frage wird sich zeigen, „daß das Europa der Verträge unfehlbar verloren ist und daß es auf u n s ankommt, welche Bahn die Geschichte der abendländischen Menschheit einschlagen soll: die der alten Reichspolitik und der großen europäischen Restauration oder die der neuen Rassenpolitik und der demokratischen Völkersolidarität, welche bis jetzt nur als der Traum einiger revolutionären Staatsphilosophen gegolten hat". Analysiert die Stellung der großen Mächte gegenüber Polen. Die Vernichtung Polens war der Kitt der Heiligen Allianz und die Grundlage der Verträge von 1815. Die polnische Frage jetzt aufrollen, heißt Europa auf neue Grundlagen stellen und zur Neuordnung Deutschlands schreiten. 746. Erklärung wegen Polen. Nordstern. Organ für das deutsche Volk. 5. Dezember 1863. Nr. 241. Hr

Abgegeben von den Hamburger Mitgliedern des „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins". — Die Polen haben sich durch ihren Aufstand das europäische Verdienst erworben, die Illusion des Panslawismus zu zerstören und ein Bündnis zwischen Napoleon und dem Zaren unter dem Mantel des Nationalitätenprinzips unmöglich zu machen. Sie haben auf diese Weise nicht nur „die mächtigste Vorarbeit zur Herstellung einer s o l i d a r i s c h e n P o l i t i k d e r e u r o p ä i s c h e n D e m o k r a t i e " geleistet, sondern sich damit auch das spezielle Ver-

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dienst um Deutschland erworben, „eines der mächtigsten äußern Hindernisse für die Herstellung der nationalen E i n h e i t Deutschlands zu beseitigen, wenn letzteres diese Erhebung seinerseits zu seiner Neugestaltung benutzt". Darum ist die Wiederherstellung eines selbständigen Polens unter dem Schutze Deutschlands dessen glorreichste und legitimste Aufgabe. „Der K r i e g zu diesem Zweck ist das d i r e k t e s t e Interesse Deutschlands, die einzige Sühnung des von ihm durch die Teilung Polens mit begangenen Unrechts und zugleich seine wahrhafte Emanzipation von dem, von Osten wie von Westen her auf ihm lastenden Drucke." 747. Europa wird nächstens republikanisch oder kosakisch eine zum letzten Male in der Wüste erschallende Stimme. (Zürich, Schultheß), [1864]. 44 S. 8°. ov Datiert: 15. Januar 1864. — Bei der Frage der Wiederherstellung Polens handelt es sich darum, ob „die Idee der Freiheit, nationalen Einheit und Selbständigkeit, der Ruhe, Gerechtigkeit und Humanität in Europa siegen und zur Geltung kommen" und damit zugleich die Abschaffung der stehenden Heere in Europa möglich wird. Malt im einzelnen die Vorteile aus, die sich aus der Verwirklichung dieser Ideen für die einzelnen Staaten ergeben würden. Die Lösung der polnischen Frage ist die Voraussetzung auch für die Lösung der deutschen Frage, für die Umwandlung Preußens in ein deutsches Kaiserreich. „Um nun Preußen und Frankreich zu entwaffnen, gibt es kein anderes Mittel, als einerseits Preußen zu konsolidieren, sowie bedeutend durch homogene Elemente zu vergrößern und abzurunden und andrerseits den Abschluß einer heiligen Allianz und Koalition auf immer unmöglich zu machen und Frankreich einen zuverlässigen und natürlichen Alliierten zu geben. Dieses alles ist nur möglich durch die Wiederherstellung der alten polnischen Republik und des deutschen Kaiserreichs... Mit der Abschaffung der stehenden Heere und der Begründung und Sicherung der bürgerlichen Freiheiten wird Europa republikanisch werden, wenn sie auch Monarchen an der Spitze ihrer Regierungen haben sollte!" Sollten dagegen die europäischen Staaten und Völker Polen und Frankreich keine Gerechtigkeit widerfahren lassen, so muß Polen zu seiner eigenen Sicherheit die Front wechseln und gegen sie ein Bündnis mit Rußland schließen. 748. Die polnische Frage. Unsere Tage. Blicke aus der Zeit in die Zeit. Bd. V, 1863/64. S. 184—192. Bv

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Weder Preußen, Österreich noch Rußland können ihre Zustimmung zur Herstellung des Königreichs Polen in dessen früheren Grenzen geben. Eine Verwirklichung dieses Planes würde im Gefolge haben, „die Macht Frankreichs auf den Punkt zu erheben, den Napoleon I. erstrebte". Was not tut, ist eine friedliche Beilegung der polnischen Frage durch gemeinsamen diplomatischen Druck Preußens, Österreichs und Englands auf Rußland, das im Interesse der Aufrechterhaltung des europäischen Friedens sich zu Konzessionen an die polnischen Wünsche bereit erklären muß.

III. Zeitscfiriftenübersidit. 749. Die Abwendung des Nationalvereins von der preußischen Regierung, die sich bereits 1861 vorbereitet hatte, ist durch das Ende der „Neuen Ära" beschleunigt und mit dem Ausbruch der Krisis in Preußen in wenigen Monaten zum offenen Bruch vorwärtsgetrieben worden. Ihren literarischen Ausdruck hat diese Wendung in besonders eindrucksvoller Form in der „Wochenschrift des Nationalvereins" {B5; G; Ki2) gefunden. Im Auftrage des Vereinsausschusses herausgegeben von Ludwig August v. R o c h a u , dem Verfasser der „Grundsätze der Realpolitik" (vgl. Nr. 47), war die seit dem 15. IV. 1860 in Koburg erschienene „Wochenschrift", den nationalpolitischen Bestrebungen des Nationalvereins entsprechend, von folgendem Aktionsprogramm ausgegangen: „Vereinigung der gesamten militärischen und diplomatischen Gewalten in einer einzigen Hand, Wiederherstellung einer Gesamtvertretung der Nation, wachsame Wahrung aller wahrhaft deutschen Interessen gegenüber dem Ausland, Entfesselung der durch verkehrte Staatsmaximen gebundenen politischen und wirtschaftlichen Kräfte des Volks, Beseitigung eines unberechtigten bürokratischen und Polizeiregiments zugunsten einer vernünftig aufgefaßten Selbstregierung in Provinz, Gemeinde, Genossenschaft". Die kritische Diskussion dieses Programms im allgemeinen und die Beleuchtung einzelner Programmpunkte, vor allem des Zentralgewaltsproblems, von den verschiedensten Blickrichtungen her (vgl. Nr. 341, 346, 520, 521), die Aufweisung des Gegensatzes zwischen programmatischen Zukunftszielen und der grauen politischen Wirklichkeit der Gegenwart, dargelegt an aktuellen politischen Einzelproblemen (vgl. Nr. 433, 456, 598, 603), daneben die referierenden Übersichten und kritischen Randglossen über das innere Leben des Nationalvereins, über die von der Redaktion apologetisch verteidigte Wirksamkeit des Vereinsausschusses, über die Verhandlungen der General538

Versammlungen und die lokale und provinziale Vereinstätigkeit, — Betrachtungen und Aufsätze dieser Art machen den Hauptinhalt der „Wochenschrift" in den beiden ersten Jahren ihres Bestehens aus. Sie ergeben vereint ein buntes und farbenreiches Bild nicht allein von den verschiedenartigen Gesinnungsmotiven, politischen Temperamenten und Gedankengängen des offenbar zahlreichen, anonym bleibenden Mitarbeiterkreises, sondern auch von dem nicht seltenen Zwiespalt zwischen Vereinsleitung und Vereinsmitgliedern wie überhaupt von den vielfach in Gegensatz zueinander tretenden ungleichartigen Kräften, Richtungen und Interessen, die sich auf Grund des Eisenacher Programms zu gemeinsamem Wirken im Nationalverein zusammengeschlossen hatten. Der grundsätzliche nationalpolitische Gedankengehalt der „Wochenschrift" wird monotoner von dem Augenblicke an, wo das Bekenntnis des National Vereins zur Reichsverfassung von 1849 samt Grundrechten und Reichswahlgesetz zur Grundlage aller weiteren Diskussion auch in der „Wochenschrift" gemacht wird. Mit der Konkretisierung und Präzisierung des Aktionsprogramms auf der einen Seite und der namentlich durch die wachsende Spannung zwischen Regierung, Landtag und Parteien in Preußen herbeigeführten politischen Lageveränderung auf der anderen Seite wendet sich die „Wochenschrift" mehr und mehr vom Allgemeinen dem Besonderen zu, vom Abstrakten dem Konkreten, von grundsätzlichen Programmerörterungen der kritischen Auseinandersetzung mit den politischen Tagesproblemen, insbesondere mit der innenpolitischen Lage des preußischen Staates. Bereits mit dem Ende der „Neuen Ära" befindet sich der Nationalverein und mit ihm die „Wochenschrift" in offenem Gegensatz zur preußischen Regierung: „Es ist dahin gekommen, wohin es kommen mußte: die deutsche Frage hat sich zu der Frage zusammengezogen, ob Preußen deutsch werden oder ein bürokratischjunkerlicher Sonderstaat bleiben soll" (4. IV. 1862). Vom deutschnationalen Gesichtspunkt aus entschlossen auf die Seite der preußischen Opposition tretend, von der Überzeugung ausgehend, daß an eine deutsche und außenpolitische Aktion Preußens nicht zu denken ist, solange der innere Verfassungskampf andauert, richtet die „Wochenschrift" an Altliberale und Fortschrittspartei in Preußen die Mahnung, gemeinsam vorzugehen und den deutschen Standpunkt unwandelbar festzuhalten. Die Berufung des Ministeriums Bismarck, mit der — nach der Auffassung Rochaus — „der schärfste und letzte Bolzen der Reaktion von Gottes Gnaden verschossen" ist, hat die „Wochenschrift" mit der zunehmenden Verschärfung des Konflikts in eine fanatische Kampfstimmung hineingetrieben. Neben den R o s e n b e r g , Publizistik.

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„nationalen" Gesichtspunkt tritt unter dem Druck der Lage mehr und mehr der „liberale". Immer wieder von neuem erschallt auf der Höhe des Konflikts der einmütige Ruf nach Sturz dieses Ministeriums, das durch den „unsinnigen" Versuch der „Kasernierung des alten preußischen Staatsmechanismus" nicht allein die Umwandlung des absolutistisch und bürokratisch organisierten Feudalstaates in den modernen bürgerlichen Rechtsstaat und damit zugleich die Kraftentwicklung des Landes hintanzuhalten suche, sondern auch geradezu dahin strebe, „mittelst der Staatsmaschine das Bürgertum zu erdrücken", — das nicht allein die Machtstellung des preußischen Staates nach innen und außen nachhaltig geschwächt, sondern durch sein Wirken auch dem Volke die Überzeugung beigebracht habe, „daß der preußische Staat nicht der Träger der Wohlfahrt aller, sondern nur das Instrument für die Herrschaft weniger sein soll" (24. V. 1863). Die preußische Regierung hat die leidenschaftliche Kampfansage der „Wochenschrift", die 1862 eine Auflagenhöhe von 6000 Exemplaren erreicht hatte 1 ), damit beantwortet, daß sie ihren Vertrieb innerhalb des preußischen Staatsgebietes verbot. An ihre Stelle trat für die Zeit vom 30. IV.—22. X I I . 1863 die gleichfalls in Koburg verlegte Wochenschrift „ D i e Ä r a . Organ des deutschen Nationalvereins für dessen Mitglieder und Freunde in Preußen" (B s ), die im wesentlichen lediglich eine unter anderem Titel erscheinende Ausgabe der „Wochenschrift des Nationalvereins" darstellte und die unter Umgehung des Postdebits durch die Expedition und den Buchhandel unmittelbar an die Bezieher versandt wurde. Bei starrer Festhaltung der bis zum Frühjahr 1863 eingenommenen prinzipiellen Grundhaltung haben „Wochenschrift" und „ Ä r a " bis zum Ausbruch des deutsch-dänischen Krieges zu den weiteren Phasen des preußischen Verfassungskonfliktes kritisch Stellung genommen, wobei „Die Ä r a " ihre Abonnenten noch besonders darauf hinwies, daß sie ihre besondere Aufgabe darin erblicke, „für den deutschen Gedanken, für die noch lange nicht tief genug eingedrungene und von mancher Seite noch mit Mißgunst angesehene Erkenntnis der unlösbaren Gemeinsamkeit und Gegenseitigkeit der Interessen des preußischen und der übrigen deutschen Volksstämme, auch im preußischen Volke unermüdet mitzuwirken. Die Ä r a wird ihre Aufgabe nicht eher erfüllt haben, als bis diese Erkenntnis bis in die niedrigste Hütte hinab Gemeingut auch des preußischen Volkes geworden sein wird, als bis ') Die hier und an anderen Stellen gemachten Angaben über die Auflagenhöhe der Periodika stützen sich durchweg auf Hübner, Deutscher Zeitungskatalog, 1862, und C. W. Wuttig, Deutscher Zeitungskatalog, 1865.

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es den offenen und versteckten Feinden der nationalen Einheit und Freiheit des deutschen und damit auch des preußischen Volkes unmöglich geworden sein wird, dasselbe über ihre wahren Absichten noch länger zu täuschen und aus einem unbewußten Partikularismus des Volkes noch ferner politisches Kapital zu machen für die Reaktion und für Sonderinteressen, die, einer längst überwundenen Epoche unserer Geschichte angehörig, im Widerspruch stehen mit den heiligsten Interessen der ganzen deutschen Nation". 750. Gemäß der im Verlaufe der italienischen Krisis eingenommenen Position hat in den bis zum November 1860 von Karl N e u m a n n verfaßten „Politischen Korrespondenzen" der „Preußischen Jahrbücher" im Vordergrunde der den Gang der politischen Ereignisse kritisch begleitenden Erörterungen die Tendenz gestanden, das Ministerium der „Neuen Ä r a " unter Rechtfertigung des in der Innenpolitik eingeschlagenen Kurses zu einer energischen, tatkräftigen, interessenbewußten positiven Außenpolitik, namentlich der von Frankreich drohenden Gefahr gegenüber, vorwärtszudrängen. In den Kommentaren zur Innenpolitik ist eine grelle Dissonanz zum ersten Male hörbar geworden im Dezember 1860 in einem Aufsatze des Herausgebers Rudolf H a y m zum Stieberschen Prozeß. Es bedeutete die Vorwegnahme späterer Konfliktssituationen, wenn Haym in diesem Artikel mit Schärfe den auch unter der „Neuen Ä r a " bestehen gebliebenen „Dualismus" des nachmärzlichen preußischen Staatsgefüges herausarbeitete, das Nebeneinander liberaler Männer und Prinzipien an der Spitze einerseits und einer festgewurzelten reaktionären Beamtenpraxis andrerseits, und wenn er den Liberalismus dazu aufrief, diesen Dualismus nicht zu vertuschen, sondern endgültig zu zerstören. Wachsende Unzufriedenheit mit der schwankenden und tatenscheuen, von Fehlschlägen erfüllten preußischen Außenpolitik bis zum Rücktritte von Schleinitz hin, auf der anderen Seite dagegen das Bestreben, trotz starker Betonung des Verlangens nach liberaler Institutionenreform das Ministerium der „Neuen Ä r a " gegen den Ansturm der Fortschrittspartei zu verteidigen und unter Vermeidung von inneren Konflikten am Leben zu erhalten, bezeichnen die politische Grundhaltung der „Jahrbücher" im Jahre 1861. Es war Max D u n c k e r , der Verfasser der „Politischen Korrespondenzen" vom April 1861 bis März 1862, der am 22. XI. 1861 die Lage und die aus ihr entspringenden Aufgaben folgendermaßen kennzeichnete: „Kein Ministerium der Welt kann in der Luft stehen. Wir halten es für die Aufgabe des Landes, dem Ministerium eine starke Regierungspartei 35*

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zu stellen, wenn es verlangt, daß dasselbe definitiv mit den Feudalen brechen und die neuen Organisationen der Gemeindeordnung, der Kreis- und Provinzialordnung gegen die feudale Partei, gegen deren Anhang am Hofe, im Beamten- und im Militärstaate durchführen soll... Es handelt sich darum, einen Staat, der eine Machtstellung zu wahren und zu erweitern hat, zu einem Verfassungsstaate in dem angegebenen Sinne zu machen. Die entscheidende Antwort auf diese Frage liegt darin, ob es gelingt, neben und gegen die feudale Partei eine starke, achtunggebietende Partei zu bilden, welche einer liberalen Regierung in ihrer inneren und auswärtigen Politik, eine auch für die Wahrung der Machtstellung des Staates ausreichende, von den Strömungen des Tages unbeirrte und in jeder Krisis zuverlässige Stütze zu gewähren vermag. Das ist die Partei, welche Preußen bedarf und welche die bevorstehenden Wahlen ihm — wir wagen es noch immer zu hoffen — geben werden. Das ist der Fortschritt, der entschiedene Fortschritt, den wir mit der größten Entschiedenheit für Preußen und Deutschland verlangen. Die deutsche Frage ist Machtfrage. Sie kann durch kein anderes Mittel gelöst werden als durch die Machtentfaltung und Machtübung Preußens in nationalem Sinn." Daß der Kampf des Alten und des Neuen, „des geschichtlichen und des liberalen Preußen", nicht auf „demokratischem", sondern auf „konstitutionellem" Wege, nicht gegen, sondern mit dem Königtum, nicht durch rücksichtsloses Drängen, sondern durch Nachgiebigkeit und Annahme der Militärreform geführt werden müsse, daß nur so, durch die Bildung einer „gouvernementalen Partei", durch einen Kampf, der mehr der Macht als der Freiheit gilt, das liberale System befestigt und eine zweite Reaktionsperiode verhütet werden könne, von diesen Grundlagen aus hat Duncker in seiner Januarkorrespondenz (IX, 103 ff) den Feldzug des Jahres 1862 eröffnen zu müssen geglaubt. Das Konzept wurde Duncker verdorben durch den Fall des Ministeriums der „Neuen Ära", für den er die von der Fortschrittspartei verfolgte „Politik des Drängens" verantwortlich machte. Voll Trauer darüber, „daß die sittlich reinste Verwaltung gefallen ist", welche Preußen seit langer Zeit besessen habe, trat er im Namen des preußischen Altliberalismus in Opposition zu dem neuen Ministerium, das sich die unlösbare Mission beilege, „von konservativer Haltung und Überzeugung aus liberale Politik zu machen". Der Übergang der 1862 in einer Auflagenhöhe von 750 Exemplaren erschienenen „Jahrbücher" zur Opposition, von taktischer Beweglichkeit zu doktrinärer Verhärtung, ist schrittweise erfolgt. Während Duncker noch am 25. März (IX, 35öff) erklärte, 542

daß der konstitutionelle Altliberalismus, die Partei der Mäßigung, der Vermittlung und Versöhnung, nicht darauf ausgehe, den Konflikt auszubeuten oder gar Preußen und Deutschland zu „demokratisieren", daß er vielmehr seine Aufgabe darin erblicke, „dem Kampfe auf Leben und Tod zwischen Demokratismus und Feudalismus, welcher auszubrechen droht, vorzubeugen" und „dem tiefer greifenden Zwiespalt zwischen Krone und Volk entweder zuvorzukommen, oder, wenn dies nicht gelingt, ihm die Spitze abzubrechen", — währenddem hat Haym voll unerschütterlichen Glaubens an die Macht der Ideen und sittlichen Prinzipien bereits am 24. April dem Bündnis mit der Fortschrittspartei das Wort geredet (IX, 476 f), freilich nur einem Bündnis, „soweit die Gemeinsamkeit reicht. Sie reicht aber soweit wie die sittlichen Grundbedingungen unseres staatlichen Lebens reichen. Eine Allianz, auf dieser Basis geschlossen, ist keine Allianz mehr, sondern sie bedeutet die Eintracht; die Eintracht bedeutet den Sieg. Wir hoffen diesen Sieg mit Zuversicht". Daß die Opposition durch die Rücksicht auf die Sache und die Staatsnotwendigkeiten zu begrenzen sei und daß daher der Regierung das „absolut Notwendige" auch für die Militärverwaltung bewilligt werden müsse, an dieser Auffassung haben die „Jahrbücher" bis zum Eintritt des Ministeriums Bismarck festgehalten. Es ist, wie Wilhelm W e h r e n p f e n n i g am 26. Juni betonte, „eine verkehrte Politik, durch das äußerste Beharren auf dem formalen Recht die heutige Verwaltung beseitigen zu wollen". Mit der Berufung Bismarcks jedoch hat sich die oppositionelle Haltung der „Jahrbücher" zur Konfliktsleidenschaft verschärft. Hatte sich doch damit, nach Wehrenpfennig, der vom September 1862 ab die „Politischen Korrespondenzen" verfaßte, der Konflikt als das enthüllt, „was er in seiner Wurzel war: — als der Kampf des Bürgertums gegen das mit den absolutistischen Tendenzen verbündete Junkertum" (28. X . 1862). Daß fortan jede gesetzmäßige Waffe angewandt werden müsse, „um das Ministerium aus der Bahn einer fortdauernden budgetlosen Verwaltung herauszuschieben, um es zur Anwendung der konstitutionellen Mittel zu treiben" (28. X I I . 1862), daß demgemäß a l l e liberalen Parteien vergangenen Hader vergessen, alle Sondernamen aufgeben müßten, um die konstitutionelle Partei auf neuem Fundamente wieder aufzubauen, das ist die Parole, die die Haltung der „Jahrbücher" bis zur Höhe des Konflikts bestimmt hat. Aber selbst auf dem Gipfel des Konflikts ist der zum Wesen altliberalen Denkens und altliberaler Taktik gehörende Geist der Mäßigung und der Versöhnungsbereitschaft in den „Jahrbüchern" nicht völlig verstummt. In zahlreichen, Grundsätzliches und Taktisches miteinander 543

verbindenden Wendungen ist immer wieder erneut die Forderung laut geworden, den Kampf für die „vernünftige Freiheit" auf ein begrenztes einmütiges Ziel unzweifelhaften Rechtes, auf das konstitutionelle Grundrecht der Ausgabebewilligung zu beschränken, der preußischen Volksvertretung die Garantie für ihre Existenz und die Respektierung ihrer Rechte zu erobern, um auf diese Weise dem Bürgertum die ihm im Staatsleben gebührende Stellung zu sichern und das konstitutionelle Regiment als ein Recht zu erwerben, an dem nichts mehr verkürzt und gedeutelt werden könne. Nicht aber könne und dürfe es sich darum handeln, für Ziele zu kämpfen, die über das in der Verfassung niedergelegte konstitutionelle Landesrecht hinausgehen würden, nicht darum, „die Krone zu unterwerfen, sondern um ihr einen ehrenvollen Kompromiß zu bieten". (Vgl. vor allem X I , 92ff, 162f, 190; X I I , 393ff). 751. Wie bereits während der Kriegswirren des Jahres 1859 „Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur" im Vergleich zu den „Preußischen Jahrbüchern", trotz der beiden Organen gemeinsamen preußisch-altliberalen Gesinnungsgrundlage, der Politik des preußischen Kabinetts gegenüber eine erheblich reserviertere und mehr kritisch gestimmte Haltung eingenommen hatten (vgl. Nr. 130, 1 3 1 , 196, 197), so sind auch in der Folge die politischen Kommentare, mit denen sie den Ablauf der „Neuen Ära" reflektierend und räsonnierend begleiteten, von weitaus stärkeren Vorbehalten erfüllt gewesen. Bereits im März 1860 (I, 441 ff) hat Julian S c h m i d t , der anonyme Verfasser der politischen Wochenrundschauen „Von der preußischen Grenze", das preußische Ministerium wegen seiner laschen und energielosen Innenpolitik angegriffen, die es versäumt habe, „ g e s e t z l i c h irgend etwas sicherzustellen". Bezüglich der Armeereform vertrat er die Auffassung, daß die Verwirklichung der Regierungsvorlage „das ganze Land unter die Herrschaft des Junkertums stellen" würde, daß das Abgeordnetenhaus zwar die angeforderte Heeresvermehrung bewilligen, an der zweijährigen Dienstzeit jedoch, auch auf die Gefahr eines Regierungswechsels hin, unbedingt festhalten müsse. Denn „der Staat ist nicht des Drillens wegen, sondern das Drillen ist des Staates wegen d a . . . Es erscheint uns für Preußens Zukunft viel wichtiger, daß eine konsequente und liberale Partei fortdauert, als daß ein liberal genanntes Ministerium die Geschäfte führt". Mit beharrlicher Unermüdlichkeit haben „Die Grenzboten" die Jahre 1860 und 1861 hindurch den klaffenden Gegensatz zwischen der wohllöblichen Gesinnung und den praktischen Taten der preußi544

sehen Regierung herausgearbeitet und an sie, im Vorgefühl kommender Konflikte, die eindringliche Mahnung gerichtet, sich in entschlossener Tatbereitschaft an die Spitze der freisinnig-nationalen Bewegung zu stellen und durch entschiedenen Bruch mit der Reaktion, durch die Umwandlung der konservativen Machtpositionen, des höheren Beamtentums, der Diplomatie, des Militärs, des Herrenhauses, der Provinzialstände, der Kreistage in liberale Machtpositionen das Bündnis des preußischen und des deutschen Volkes zu gewinnen. Mit nicht minder steigendem Mißbehagen haben sie die Entwicklung der Außenpolitik der „Neuen Ä r a " verfolgt. „Hier wie dort scheint man den guten Willen als die ganze Aufgabe eines preußischen Staatsmanns zu betrachten und die Ausführung dem lieben Gott zu überlassen {vgl. neben Nr. 368 vor allem J g . 1860, II, 241 f f ; III, 321 f f ; IV, H 4 f f ; 1861, I, 345ff; II, I54ff, 354ff). Mit der Zuspitzung der innerpolitischen Lage sahen sich „Die Grenzboten" gegen Ausgang des Jahres 1861 mehr und mehr an die Seite der Fortschrittspartei gedrängt. Da der Gegensatz zwischen Altliberalen und Fortschrittlern sich für sie im wesentlichen auf einen Gegensatz der Taktik reduzierte und sie die Aufgabe des Abgeordnetenhauses nicht darin erblickten, „über die letzten Zwecke des Staats zu philosophieren, sondern die nächsten Aufgaben praktisch zu lösen", so konnten sie ohne Bedenken einem gemeinsamen Vorgehen der beiden liberalen Parteien überall dort das Wort reden, wo sie durch einen Zwiespalt der Reaktion zum Siege verhelfen könnten. Die Möglichkeit einer Verständigung mit der Regierung schien am Jahresende den „Grenzboten" nur noch unter der Voraussetzung gegeben, daß die Militärfrage mit der deutschen Frage in die engste Verbindung gesetzt werde. Wenn die Regierung dem Abgeordnetenhause die Erklärung abgeben und ihm die Überzeugung beibringen würde, daß sie unter dem Schutz einer imposanten Waffenmacht mit Energie eine durchgreifende deutsche Reformpolitik im Sinne der Konzentrierung der militärischen und diplomatischen Leitung Deutschlands in preußischen Händen betreiben werde, „daß die leitende Kraft in unserer auswärtigen Politik mehr Ähnlichkeit mit Eisen als mit Gummi hat, dann würde die Zustimmung zum erhöhten Militärbudget ohne Schwierigkeit erlangt werden, das heißt in dem Sinne einer vorübergehenden außerordentlichen Kraftanstrengung". (1861, IV, 5 1 1 f f ; ähnlich G. Freytag, 1862, I, 478ff). Mit der Bildung des Ministeriums Hohenlohe traten die 1862 in einer Auflage von 1000 Exemplaren erschienenen „Grenzboten" unter der Fahne offener Opposition auf den Kampfplatz. Sie proklamierten zunächst das Bündnis zwischen Altliberalen und Fort545

schrittlern, um bereits von der Jahresmitte ab die Bildung einer geschlossenen, einheitlichen, großen, nationalen, den Fraktionsgegensatz überwindenden Mittelpartei zu fordern. Daß diese Mittelpartei sich im wesentlichen auf den Boden der Fortschrittspartei stellen und durch Auflösung der altliberalen Partei Zustandekommen müsse, war die Folgerung, die die in schnellem Tempo weiter nach links abrückenden „Grenzboten" aus der durch Bismarcks Machtübernahme geschaffenen Konfliktslage zogen (vgl. Jg. 1862, II, 38ff; G. Freytag, III, 2 7 f f ; IV, 26ff). Bereits Anfang April hatte sich einer der Mitarbeiter mit unverhüllter Deutlichkeit dahin ausgesprochen, daß der Konflikt letzten Endes in dem auf dem unvermittelten Dualismus der Gewalten beruhenden Konstitutionalismus begründet und nur durch den Übergang zum Parlamentarismus zu lösen sei: „Das einzige Rettungsmittel aus diesem Dualismus ist das parlamentarische System, welches die Krone ihre Räte aus der jeweiligen Mehrheit der Vertretung nehmen läßt und somit sich die Übereinstimmung mit der Vertretung des Volkes sichert" (1862, II, 82). Soll fortan überhaupt noch von Festhalten an der Verfassung die Rede sein, soll diese die Basis des Kampfes bilden, so muß die von der Regierung ausgegebene Wahlparole: „Königliches oder parlamentarisches Regiment?" in die Fragestellung umgewandelt werden: „Unvermittelte Spaltung der Gewalten oder Parlamentarismus?" Wenn auch an ein parlamentarisches Staatsrecht in Preußen vorläufig noch nicht zu denken ist, so besteht die Aufgabe der auf die gegenseitige Verständigung angewiesenen liberalen Parteien doch darin, eine parlamentarische Staatspraxis aufzurichten. Mit beharrlicher Unerschütterlichkeit den einmal entbrannten Kampf bis zu seinem siegreichen Ende durchzufechten, der Theorie der Verfassungslücke und der Praxis des Verfassungsbruches den passiven gesetzlichen Widerstand und die Forderung nach Sicherstellung des verletzten Landesrechtes entgegenzustellen, gegen die Verfassungsverletzung unermüdlich zu protestieren und zu agitieren und jede Beratung von Regierungsvorlagen zu verweigern, solange der Konflikt andauert, — das waren die vom Herbst 1862 ab bis zur Höhe des Konflikts von den „Grenzboten" an Volk und Abgeordnetenhaus ausgegebenen Kampfparolen, mit deren Verwirklichung sie den Sturz des Ministeriums Bismarck herbeiführen zu können glaubte. „Und was dann geschehen wird ? Dann wird die Verfassung eine Wahrheit werden und die Preußen ein Volk, welches das Grundgesetz seines Staatslebens nicht mehr der Gnade und Gunst der Umstände, sondern der eigenen Tüchtigkeit verdankt." (G. Freytag, 1862, IV, 157.) 546

752. Zu einem praktisch gleichgerichteten, wenn auch verschieden nüancierten Aktionsprogramm ist im Verlaufe des Verfassungskonflikts auch das „Deutsche Museum. Zeitschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben" ( B g e l a n g t . Hier war es der Herausgeber Robert P r u t z , der, von der Anschauung ausgehend, daß die Erkämpfung der Freiheit zunächst wichtiger sei als die der Einheit, durchaus im Einklang mit den bereits während der „Neuen Ära" geltend gemachten kritischen Einwänden (vgl. Nr. 238 und 367) im Mai 1862 es als einen unzweifelhaften Gewinn begrüßte, daß das Gerede von der „Neuen Ära" sein Ende gefunden habe. Denn „die vielgepriesene neue Ära in Preußen bestand bisher nur in Worten, die Taten mangelten". Daß der Streit um die Armeereform zum „eigentlichen Kernpunkt der preußischen Politik" geworden und mit der Zuspitzung der inneren Krisis zum offenen Konflikt zugleich die Tatsache offenbar geworden ist, daß Wilhelm I. niemals in eine „parlamentarische Regierung" sich fügen, d. h. niemals das Parlament als das anerkennen werde, „was es vermöge der Verfassung doch in der Tat ist, nämlich ein gleichberechtigter Faktor der Regierung", daß — da die Freiheit nicht geschenkt, sondern nur erkämpft werden könne — der Konflikt das preußische Volk zum Erwachen gebracht habe und „statt des unfruchtbaren Rosenpfades königlicher Gnade ihm der dornenvolle, aber fruchtbringende Pfad eigener Arbeit und eigenen Ringens eröffnet" worden sei, das ist geradezu, wie Prutz unter dem Übergangsministerium Hohenlohe verkündete, „die höchste Gunst des Schicksals und das sicherste und gültigste Unterpfand für die großen Absichten, welche die Geschichte mit dem preußischen Volke noch vor hat" (vgl. Jg. 1862, I, 784ff, 823ff). Für die von dem „Deutschen Museum" vertretene Auffassung des preußisch-deutschen Problems verstand es sich dabei von selbst, daß die „preußische Nation" nur durch die Durchsetzung eines wirklich freiheitlichen Verfassungslebens im Innern zur Aussöhnung und Verständigung mit dem übrigen Deutschland werde gelangen können. Denn „ein Volk, das sich je nach dem Belieben seiner Regenten zur Freiheit oder zur Knechtschaft, zur Begeisterung oder zur dumpfen Gleichgültigkeit kommandieren läßt, mag für die betreffenden Regenten selbst ein recht bequemes und brauchbares Volk sein, aber andern als Muster voranzuschreiten und der Entwickelung die Fahne voranzutragen, ist es sicherlich nicht berufen". Gemäß dieser grundsätzlich-doktrinären Festlegung hat sich die oppositionelle Haltung des „Deutschen Museums" unter dem Ministerium Bismarck auf der Höhe des Konflikts naturgemäß nicht gemildert, sondern weiter ver547

schärft. Wiederum war es Prutz, der die Parolen ausgab, indem er unentwegt den Sturz Bismarcks prophezeite und die Wiederherstellung des verletzten Verfassungsrechtes forderte und im September 1863 frohlockend darauf hinwies, das Abgeordnetenhaus werde keinen Augenblick vergessen, „daß das preußische Volk seinen Beruf, als Hegemon an die Spitze des vereinigten Deutschland zu treten, nur dadurch nachweisen und bewähren kann, daß es bei sich im eigenen Hause der Junkerwirtschaft ein Ende macht und die Verfassung, die gegenwärtig zum toten Buchstaben herabgesunken ist, wiederherstellt als dasjenige, was sie sein soll — die lebendige Grundlage, der Schutz und Hort des ganzen öffentlichen Daseins, dem König wie Bürger, Minister wie Soldat sich in gleicher Ehrfurcht beugen" (vgl. vor allem 1863, II, 417ff, 500ff). 753. Von Mitgliedern der Deutschen Fortschrittspartei in Preußen auf der geschäftlichen Basis einer Aktionärsgemeinschaft als eine Art Konkurrenzunternehmen zu den altliberalen „Preußischen Jahrbüchern" gegründet, haben die vom Oktober 1861 ab in Berlin allmonatlich erschienenen „Deutschen Jahrbücher für Politik und Literatur" ihren naturgemäßen politischen Schwerpunkt in der apologetischen Rechtfertigung der Politik der Fortschrittspartei und der von ihr angestrebten Lösung des preußisch-deutschen Problems gefunden. Herausgegeben von H. B. Oppenheim, der durch einen beratenden Parteiausschuß unterstützt wurde, dem u. a. H. V. v. Unruh, Rudolf Virchow, Karl Twesten und Werner Siemens angehörten, sind in der Zeitschrift, entsprechend dem bunt gemischten Mitarbeiterkreis (u. a. v. Unruh, Twesten, Virchow, Löwe-Calbe, E. Lasker, L. Bamberger, A. Rüge, W. Rüstow, Karl Grün, Adolf Stahr, D. Fr. Strauß, A. Emminghaus, Friedrich Spielhagen) die verschiedenen Nüancen der liberalen Gesinnung zu Worte gekommen, soweit sie die Grundsätze der Selbstregierung, des allgemeinen Stimmrechts und der Nationaleinheit anerkannten. Hatten H. V. v. Unruh und W. Löwe-Calbe in bedeutsamen, von patriotischer Leidenschaft durchglühten programmatisch-grundsätzlichen Abhandlungen (vgl. Nr. 517 und 523) die großen von der Fortschrittspartei aufgestellten nationalpolitischen Ziele mit Blut und Leben erfüllt, so bestand die Aufgabe der von Oppenheim verfaßten politischen Monatsübersichten im wesentlichen darin, von dieser grundsätzlichen Basis aus die jeweilige konkrete politische Situation kritisch zu beleuchten und den Wandel der taktischen Haltung zu rechtfertigen. Der doktrinäre Ausgangspunkt Oppenheims, die als eintöniger

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Refrain immer wieder erneut auftauchende These, daß nur ein durch und durch liberales Preußen eine Großmacht darstelle, daß nur ein solches Preußen das Bündnis des deutschen Volkes gewinnen und die deutsche Frage lösen könne, daß die Einheit nur noch auf dem Wege der Freiheit zu erreichen und daß nur durch die Entfesselung und Freigebung der inneren Kräfte eine kraftvolle und erfolgreiche Außenpolitik betrieben werden könne, diese These hatte eine ausgesprochene Dürftigkeit, Phrasenhaftigkeit und Unbeweglichkeit des politischen Räsonnements im Gefolge. Bei dieser dogmatisch gebundenen Gesinnungsgrundlage war es denn auch nicht weiter verwunderlich, daß Oppenheim als Propagandist der Fortschrittspartei als der „eigentlich konstitutionellen Partei" gegen die Altliberalen, die „Partei der unkonstitutionellen Rücksichten", vom Ausgang der „Neuen Ä r a " ab der Taktik des entschiedenen Widerstandes und der Durchkämpf ung des Konflikts mit moralischen Mitteln das Wort redete und sich dafür einsetzte, der „offiziellen Lüge des Scheinkonstitutionalismus" und mit ihr zugleich derjenigen Gewaltenteilung ein Ende zu bereiten, die darin bestehe, „daß dem Ministerium die wortkarge Praxis, den Kammern nur das theoretisierende Geschwätz obliege". Hat Oppenheim auch noch auf der Höhe des Konflikts — der unter juristischen Gesichtspunkten von Eduard Lasker in den „Jahrbüchern" beleuchtet wurde (vgl. IV, 32ff, 329ff; V, 320ff) — gegenüber dem „verfassungswidrigen" Ministerium Bismarck gelegentlich, wohl aus taktischen Rücksichten, die Auffassung vertreten, daß es sich gegenwärtig nicht um einen Streit um Königtum oder Parlamentarismus, sondern um Feudalismus oder Verfassung handle, wobei die feudalen Kräfte vergeblich bemüht wären, einen Keil zwischen Bürgertum und Proletariat zu treiben, so steht an anderen Stellen das wohl mehr grundsätzlich aufzufassende Bekenntnis dem entgegen, daß das Wesen des Konflikts in der Alternative „Absolutismus oder parlamentarische Regierung" liege. Durchaus im Einklang mit der von den „Deutschen Jahrbüchern" verfochtenen Lehre von der untrennbaren Verknüpfung zwischen liberaler Innenpolitik und erfolgreicher Außenpolitik, war für den durch die Preßordonnanz vom 1. VI. 1863 zu größter Vorsicht in den Formulierungen gezwungenen politischen Monatsrundschauer nur eine einzige Lösung des Konflikts denkbar, ,, die v e r f a s s u n g s m ä ß i g e nämlich", die jedoch noch so lange durch die buntesten Provisorien hindurch vertagt werden würde, „bis die Gefahr von außen Versöhnung, d. h. Anerkennung des Rechtes, gebietet".

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754. Die am 28. IX. 1862 ihr Erscheinen einstellende „Königsberger Sonntagspost für Religion, öffentliches Leben, Wissenschaft und Kunst" {Bj}, die vom Eintritt der „Neuen Ära" ab den Gang der preußischen Politik von ihrer entschieden linksliberalen Gesinnungsbasis aus kritisch kommentierend begleitet hatte, hat der Konfliktssituation gegenüber eine in der Grundfärbung mit den „Deutschen Jahrbüchern" sich durchaus deckende Haltung eingenommen. Hatte die „Sonntagspost" am 26. V. 1861 von der „Neuen Ä r a " bekannt: „Das, was gekommen ist, — nämlich, daß nichts herauskommen würde — konnte man bei den Wahlen von 1858 ohne Sehergabe voraus wissen", — hatte sie bereits am 1. X I I . 1861 erklärt, von einer systematischen Opposition gegen das Ministerium nur dann absehen zu wollen, „wenn es den Antrag auf die Errichtung einer deutschen Zentralgewalt und eines deutschen Parlaments stellt und dadurch für diejenige Reform eintritt, von deren Durchführungeine R ü c k k e h r zu einer normalen, d. h. der Gesamtleistungsfähigkeit des Volks entsprechenden Organisation des preußischen Heerwesens allein mit Sicherheit zu erwarten ist", so hat sie nach der Auflösung des Abgeordnetenhauses im März 1862 ihre Zurückhaltung aufgegeben. In scharfer Polemik gegen die Leisetreterei des Altliberalismus — („Erst wenn jener alte Liberalismus zu Grabe getragen ist, der von konstitutionellen Grundsätzen glänzend redet, um sie in der Praxis zu verleugnen, wird für Preußen der wirkliche Konstitutionalismus eine Möglichkeit werden"; 16. III. 1862) — hat die „Sonntagspost" von diesem Zeitpunkte ab die Fahne der offenen und uneingeschränkten Opposition entfaltet und bis zu ihrem Ende das Abgeordnetenhaus unermüdlich aufgefordert, die Armeereform in der von der Regierung gewünschten Form rundweg abzulehnen und das verfassungsmäßige Recht unerschütterlich zu wahren. 755. In polarem Gegensatz zu der bisher zu Wort gekommenen liberalen und gemäßigt demokratischen Anschauungswelt steht die „Berliner Revue. Social-politische Wochenschrift" (B^, die sich der Protektion eines Komitees zu erfreuen hatte, das sich aus hervorragenden konservativen Mitgliedern beider Häuser des preußischen Landtages zusammensetzte. Gegründet 1855 auf Antrieb Hermann Wageners, „um die sozialen und antikapitalistischen Bestrebungen der unkirchlichen konservativen Gruppe zum Ausdruck zu bringen" (G. Ritter), hat die „Berliner Revue" unter der Leitung Hermann K e i p p s , der bis zum August 1860 die Redaktion führte, ein bemerkenswertes Niveau erreicht. Die „Revue" stellt zu dieser Zeit 55o

nicht nur eine hervorragende Quelle zur Geschichte der konservativen Partei in Preußen und ihrer Bestrebungen, sondern auch zum Verständnis der konservativen Ideologie und Weltanschauung dar. Als „das Organ der aristokratisch-konservativen Partei nicht bloß in Preußen, sondern in ganz Deutschland" sich betrachtend, vertrat die „Revue" der Abonnementseinladung vom Dezember 1859 z u _ folge „dem liberalen, bürokratischen und imperialistischen Staate gegenüber die Grundsätze wahrer deutscher Freiheit, wie diese nur auf der Grundlage eines aristokratisch gegliederten Volkstums gedeihen und bewahrt werden kann. Es handelt sich dabei nicht um das Interesse eines, sondern aller Stände, und ganz besonders sind es heut neben den Fragen des Erbrechts, des Familienguts, der Konsolidation des Bodens usw. die Fragen um die Zukunft des Handwerks und um den Neubau der Stadtverfassung, welche die Berliner Revue beschäftigen. Denn die wirkliche Aristokratie kann in den Grenzen einer bestimmten Volksklasse nicht gedacht werden... Deutschland hat heut noch die Wahl: entweder vorwärts zu schreiten zu solch einer Aristokratie ... oder in den Abgrund aller Freiheit und alles Wohlstandes zu stürzen, den der Imperialismus eröffnet und in den die modernen Mächte des Kapitalismus, jüdische und entchristlichte, uns bereits hinabzuzerren bemüht sind". Das hier zunächst nur vage angedeutete Programm, das Bekenntnis zu den Grundsätzen „wahrer deutscher Freiheit", das in zahlreichen Aufsätzen der „Revue" seine allmähliche Konkretisierung gefunden hat und, wie Nr. 260 und 261 erkennen ließen, zu umfassenden, das Problem Staat und Gesellschaft an der Wurzel anpackenden Erneuerungsprojekten ausgestaltet worden ist, — die von der „Revue" unermüdlich erhobene Forderung nach Freiheit für den Grundadel und Grundbesitz, aber auch nach Freiheit für die Städte, für die Korporationen und berufsständischen Verbände mit Einschluß der Arbeiterassoziationen und Handwerkervereine, der Ruf nach Erneuerung „unserer alten preußischen Verfassung" durch Ausbau der Selbstverwaltung und Reform der bürokratischen Verwaltung unter Fernhaltung alles „Fremden", insbesondere des westeuropäischen Konstitutionalismus, — dieses ganze Aktionsprogramm war ebensosehr grundsätzlich wie taktisch, ebensosehr ideenmäßig wie interessenmäßig begründet. Es war ein Mittelim Kampfe um die politische Macht und um die wirtschaftlich-soziale Vorrangstellung der Feudalkonservativen. In aller Offenheit und in realistischer Erkenntnis der sozialen Bedingtheiten des politischen Parteienkampfes hatte die „Revue" bereits am 15. I. 1859 (Bd. 16, S. 89ff) erklärt, daß die konservative Partei in Preußen, die sich bisher auf 551

den grundbesitzenden Adel, auf die Offiziere und einen Teil des Beamtentums gestützt habe, gegenüber dem andrängenden, die Grundlagen des preußischen Staates gefährdenden Liberalismus der „Neuen Ä r a " fortan mit aller Macht dahin streben müsse, „auf alle verschiedenen sozialen Bestrebungen und Tätigkeiten im Volke" Einfluß zu gewinnen, und unter entschiedenem Festhalten an den altpreußischen Traditionen, ohne dem M i n i s t e r i u m zunächst offene Opposition anzusagen, alle Kraft dazu aufbieten müsse, „einen Zustand, in dem der Liberalismus zur Herrschaft zu kommen wähnt, zur inneren Trennung des Liberalismus und zur Heranziehung der monarchischen Elemente des Liberalismus zu benutzen". Von diesen Voraussetzungen aus hat die „Berliner Revue" den Feldzug gegen die „Neue Ä r a " und insbesondere gegen das A b g e o r d n e t e n h a u s eröffnet, das sie als Propagandisten der demokratisch-republikanischen Repräsentativverfassung und als Interessenvertretung der „liberalen Bourgeoisie" zu diskreditieren strebte, die „überall und nirgends zu Hause", ihrem Wesen nach negativ und destruktiv gerichtet und daher zur Führung der Regierungsgeschäfte unfähig sei, zumal sie die kleinen Bürger, die Handwerker, die Bauern, die Arbeiter lediglich als „Stoff, mit dem man Experimente zu machen hat", zu mißbrauchen suche (4. III. 1860, Bd. 20, S. 432ff). Erbittert gegen die Bestrebungen auf Herrenhausreform und gegen die Grundsteuervorlagen ankämpfend, deren Verwirklichung an die Stelle der sittlichen Ordnung des Staates die Herrschaft des Kapitales setzen und „einen gewichtigen Schritt zur Herbeiführung einer p a r l a m e n t a r i s c h e n R e g i e r u n g in Preußen" darstellen würde, hat die „Revue" das Ende der Neuen Ära und die Berufung des konservativen Übergangsministeriums als einen Fortschritt zum Besseren begrüßt. Handelte es sich doch in der zutage getretenen Krisis, wie Hermann W a g e n e r betonte (9. V. 1862, Bd. 29, S. 255ff), um nichts weiter als „die Auflehnung des Kapitalismus und der Bürokratie" gegen die Souveränität der Krone und damit um eine Situation, die der konservativen Partei die Aufgabe zuschreibe, unter Vermeidung von formellen Rechtsverletzungen, Oktroyierungen und Staatsstreichexperimenten auf die energische und rücksichtslose Ausnutzung aller Mittel, welche Gesetz und Verfassung an die Hand geben, auf Beschränkung und Zügelung der Bürokratie, auf Anbahnung und Etablierung ständisch organisierter Selbstverwaltung in den Kreisen und Korporationen sowie auf unbedingte Beschränkung des Abgeordnetenhauses auf sein verfassungsmäßiges Gebiet zu dringen. Mit welcher Gelenkigkeit Wagener die 552

Legalitätsparole in den Dienst des politischen Interessenkampfes zu stellen und zu wenden wußte, nachdem die Krisis in den offenen Konflikt umgeschlagen war und ihren Gipfel erreicht hatte, zeigt seine zusammenfassende Beleuchtung der innen- und außenpolitischen Lage (21. IX. 1863, Bd. 35, S. 5ff), die nach seiner Auffassung für Preußen auf die Alternative hinauslief, entweder in die parlamentarische Regierung bewußt einzulenken oder aber entschlossen die Bahn der „königlichen Diktatur" zu beschreiten, eine Bahn, die keineswegs einen Verfassungsbruch, vielmehr nur eine Prozedur darstellen würde, „die den Zweck hat, verfassungsmäßige Zustände in Preußen möglich zu erhalten. Denn in P r e u ß e n gibt es nur e i n e n lebendigen Mittelpunkt unserer Verfassung: das ist das Königtum; und wer dieses Königtum hinfortnehmen will, der stürzt unsere Verfassung... Wie die Bedingung der Lösung unserer inneren Krisis ein s t a r k e s K ö n i g t u m ist, so ist es dieselbe Bedingung, welche die Stellung Preußens in D e u t s c h l a n d allein wiederherstellen kann... Die Frage nach der Militärorganisation ist gleichzeitig jetzt die Frage nach der Lösung unserer inneren Krisis und die Frage nach der Wiederherstellung unserer berechtigten Stellung in Deutschland und Europa". 756. Wie die „Berliner Revue", die 1862 in einer Auflagenhöhe von 500 Exemplaren erschienen war, so ist auch, wenn auch unter Wahrung größerer Selbständigkeit, das mehr populäre, 1862 in einer Durchschnittsauflage von 1600 Exemplaren verbreitete „Volksblatt für Stadt und Land zur Belehrung und Unterhaltung" (ßj) mit dem Eintritt des Ministeriums Bismarck zum Anwalt der ministeriellen Politik geworden. Das „Volksblatt", das 1860 und 1861 unter Nathusius' Leitung von seiner pietistisch-konservativen Einstellung aus sich vorzugsweise mit der Erörterung religiös-kirchlicher Probleme beschäftigt und zu den innerpolitischen Streitfragen nur nebenher Stellung genommen hatte, hat das Jahr 1862 hindurch in klarer Erkenntnis der sich vollziehenden politischen Wendung den Schwerpunkt seiner Betrachtung unter Übergang von der Defensive zur Offensive auf das innerpolitische Feld verlegt. Bemerkenswerterweise hat das „Volksblatt" in dem Falle des Ministeriums der „Neuen Ära" zunächst keine Wendung zum Besseren, sondern nur ein Glied in der weiter abwärts, aller Wahrscheinlichkeit nach zum Absolutismus führenden Kette gesehen. Habe doch das Ministerium, statt den Herrschaftsgelüsten des Abgeordnetenhauses tapfer entgegenzutreten und die Abgeordneten „ganz ruhig schwätzen, resolvieren, abstimmen" zu lassen, sich als „Diener" der Abgeordneten bekannt, indem es den 553

Hagenschen Antrag, der lediglich gezeigt habe, „daß das Hohe Abgeordnetenhaus ein bißchen Mitregierung spielen will", mit seiner „Entlassung" beantwortet habe. Noch jedoch, so erklärte das „Volksblatt" am 5. IV. 1862, ist es Zeit, dem Abwärtsrollen Einhalt zu tun, „der wühlenden revolutionären Partei den Daumen aufzudrücken", mit dem konstitutionellen „Aberglauben" überhaupt endlich Schluß zu machen und die Rücksicht auf die „öffentliche Meinung", die nichts anderes sei als „ein alberner Popanz zum Kinderschrecken", fahren zu lassen, wobei es freilich eine Selbsttäuschung bedeuten würde zu glauben, „als ob es ohne eine nachdrückliche und o f f e n erklärte R e a k t i o n abgehen könnte". Diese Umkehr hat zur Voraussetzung, wie H. E. Marcard, der anonyme Verfasser der „Geschichtlichen Monatsberichte", bereits am 22. III. 1862 verkündet hatte, die Mobilmachung des Volkes gegen „die Extreme der Geldherrschaft, des unberechtigten Industrialismus, der wucherlichen Ausbeutung von Ackerbau und Handwerk unter dem Vorwande des freien Verkehrs, die Extreme des Judenregiments, der Auflösung von Zucht und Sitte durch Entchristlichung der Ehe und der Schule, der Vernichtung der Kirche durch Umwandlung der alten in fester Ordnung gegliederten Gemeinden in eine konstitutionelle Urwählerschaft". Die ministerielle Wahlparole: Königliche oder parlamentarische Regierung? sich zu eigen machend, hat das „Volksblatt" die Regierung unermüdlich gemahnt, nicht um einen Schritt zurückzuweichen, vielmehr die Krisis dazu zu benutzen, dem Gedanken den Garaus zu machen, wonach „in die Hände einer aus Kopfzahlwahlen hervorgegangenen Versammlung von in Taglohn bezahlten Leuten die Regierung eines Landes zu legen" sei (30. IV. 1862). Sollte jedoch das Abgeordnetenhaus auch in Zukunft in seiner Opposition verharren, so „würde man eben einfach, natürlich und mit möglichster Sparsamkeit, Sachgemäßheit und möglichstem Anschluß an das vorjährig genehmigte Budget, weiter regieren" und einen Staatsstreich nur für den äußersten Notfall sich vorbehalten (7. V. 1862). An dem Programm, den Konflikt bis zum entscheidenden Siege der „königlichen Regierung" durchzukämpfen, selbst auf die Gefahr des Überganges zum Absolutismus hin, hat das „Volksblatt" auch unter dem Ministerium Bismarck beharrlich festgehalten. „Was in Preußen eben ausgekämpft wird, ist eben der letzte Versuch, ob es möglich, für einen Großstaat des Festlandes auf historisch-rechtlichem Wege eine haltbare repräsentative Verfassungsform zu entwickeln (denn daß der vulgäre Konstitutionalismus nicht möglich und nicht haltbar ist, hat er genugsam bewiesen); oder ob wir auch in Deutschland unrettbar dem bonapartischen Absolutismus 554

entgegengehn. Es ist möglich, daß an der politischen Unfähigkeit unseres Volkes und an der Zerrüttung der religiösen Basis jener Versuch scheitert und nur die letztere Alternative übrigbleibt" (9. V. 1863). 757. Während die den preußischen Verfassungskonflikt begleitenden Fanfarentöne der „Berliner Revue" und des „Volksblatts für Stadt und Land" den Standpunkt der äußersten Rechten in Preußen, soweit sie parteipolitisch organisiert war, zum Ausdruck gebracht hatten, hat die Haltung des in der preußischen politischen Zeitschriftenliteratur unvertreten gebliebenen nationaldemokratisch-republikanischen Radikalismus in der in Hamburg erschienenen „Opposition. Ein Blaubuch für die öffentliche Meinung" (H^ Hs) eine Formulierung gefunden, die jedoch, dem zersplitterten und ungleichartigen Charakter dieser radikalen Flügelgruppe der Linken entsprechend, mehr als ein individuelles Sonderzeugnis denn als repräsentativer Meinungsausdruck aufzufassen ist. Herausgegeben von Wilhelm Marr, der die grundsätzlich wichtigen Artikel selbst verfaßt haben dürfte, hat die in der zweiten Hälfte des Jahres 1863 erschienene, nach drei Heften wieder eingegangene „Opposition" sich in den Dienst der Propaganda für den Gedanken der demokratischen deutschen Republik auf der Basis des allgemeinen Stimmrechtes gestellt: „Unsere Demokratie ist das allgemeine Wahlrecht als eine kulturhistorische Notwendigkeit einer organischen politischen Entwicklung; unsere Staatsform ist die republikanische. Was darüber und darunter ist, das ist vom Übel. Das „was wir wollen" gehört der Zukunft, das „was wir müssen" gehört der Gegenwart an und nur die Partei erkennen wir an, welche treu zu der Fahne des allgemeinen Wahlrechts hält." Denn nur durch die Verwirklichung des allgemeinen Stimmrechtes wird die „Demokratie" zur „Volksherrschaft", d. h. zur „Herrschaft der Gesamtheit mit der Majorität als Ausdruck und vollziehende Gewalt ihres Willens". Von dieser Gesinnungsgrundlage aus gegen die „Manie der Vereinbarungssucht", gegen die „Juste Milieu"-Bestrebungen, gegen das „fortschrittsfreundliche Schlafrock- und Pantoffeltum" energisch Front machend und zu der Anschauung sich bekennend, daß es zwischen dem monarchischen Absolutismus und dem demokratischen Republikanismus keine Verständigung, keine Brücke und keine Zwischenstufe geben könne, hat „Die Opposition", wenn auch ganz im allgemeinen bleibend, mit dem preußischen Verfassungskonflikt sich auseinandergesetzt, und ist sie zu der Konstatierung gelangt, daß „die innere Haltlosigkeit der nicht Fisch, nicht Fleisch Rosenberg,

Publizistik.

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seienden heutigen Fortschritts- und demokratischen Partei in Preußen" ihr eine Niederlage ohne Ruhm eingetragen habe, bei der sie nicht einmal die Ehre der Fahne zu retten vermochte. Da jedoch vom nationalpolitischen Gesichtspunkt aus von der Tatsache auszugehen sei, daß Deutschlands Hauptmacht ,,im Guten wie im Bösen" in Preußen liegt, so ist nach der Auffassung der „Opposition" die gegenwärtige Aufgabe darin zu erblicken, durch ein Zusammengehen von deutschem Nationalverein, preußischer Fortschrittspartei und „Demokratie, welche an so vielen Orten zu einer jämmerlichen Demagogie degradiert ist", eine einheitlich organisierte Massenpropaganda aufzubieten, die sich die „Agitation zu einem Nationalmißtrauensvotum des gesamten deutschen Volkes gegen das gesamte offizielle Preußen" zum Ziel setzt. „ I s o l i e r e n mußte man die preußische Reaktion vor ganz Europa, nicht dieselbe kritisieren... Der Boden zu einer gesetzlichen Aktion ist in diesem Augenblick empfänglicher als je. Um Preußen in Deutschland aufgehen zu lassen, muß man d e m o n s t r a t i v Deutschland in Preußen aufgehen lassen, sich solidarisch verbündet erklären mit der unterdrückten Fortschrittspartei in Preußen. Es gibt keinen andern Weg, weder zur Einheit noch zur Freiheit. Die innere politische Verwesung der deutschen Kleinstaaten befördert nur die von uns angedeutete Aktion... Wir, die Republikaner, sind bereit, unsere Ansprüche zu vertagen und uns ehrlich und aufrichtig dem Streben nach der Einheit unseres Vaterlandes anzuschließen, sofern die nationale Partei ebenso ehrlich und aufrichtig den Weg des Vertrages, der Vereinbarung mit dem feindseligen Prinzip nicht nur des Absolutismus und Partikularismus, sondern auch den Weg der Vereinbarung und der Kompromisse mit dem Streben nach Absolutismus und Partikularismus verlassen will, und das Wort Friede oder Waffenstillstand mit diesen Mächten ein für allemal aus dem nationalen Wörterbuch gestrichen wird. Zu diesem Zweck ist eine strenge Organisation der nationalen Partei und eine eiserne Disziplin notwendig." 758. Getragen von dem Haß gegen konstitutionellen Liberalismus und preußisch-protestantische Hegemonietendenzen hat Joseph Edmund J ö r g in den „Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland" zur preußischen Krisis Stellung genommen. Es ist ihm dabei vor allem darum zu tun gewesen, die Bedeutung des Konflikts für das weitere Schicksal der deutschen Frage klarzustellen. In der Berufung des Beamtenministeriums Hohenlohe hat Jörg einen Systemwechsel nicht zu erblicken vermocht, beruhe dieses doch ebenso 556

wie das Ministerium der „Neuen Ä r a " auf der Grundtäuschung des Scheinkonstitutionalismus: „Man will im Berliner Königsschloß von der konstitutionellen Monarchie nur den Schein, aber nicht das Wesen, nur den Glanz, aber nicht das Hindernis, nur den Vorteil, aber nicht den Nachteil... Preußen soll als freiheitlicher Staat im liberalen Sinn hervorragen, aber der Monarch behält sich die Machtfülle des altpreußischen Königtums unverkürzt vor. In aller Welt hat man sonst diese beiden Staatsideen für unvereinbare Dinge gehalten; entweder persönliche Regierung oder konstitutionelle Regierung, beides zusammen ist noch nie dagewesen; erst Preußen müßte jetzt die staatsrechtliche Quadratur des Zirkels erfinden" (21. III. 1862). Daß die offen zutage getretene Krisis keineswegs auf die Alternative : entweder Rückkehr zur absoluten Monarchie oder Preußens Untergang, vielmehr weitaus wahrscheinlicher darauf hinauslaufe, daß die „demokratische" Volksbewegung den preußischen Monarchen dazu treiben werde, für die Opferung der persönlichen Herrschaft an die Parlamentsregierung sich zum Beherrscher von ganz Deutschland zu machen, ist eine Anschauung, die Jörg, von steter Furcht vor preußischen Expansionstendenzen erfüllt, bis zum Eintritt des Ministeriums Bismarck vertreten hat. „Man atmet ordentlich auf bei der Aussicht", so erklärte er am 10. X . 1862, „wieder einmal einen Mann taten und hunderttausend Schwätzern das Konzept verderben zu sehen". Gelingt es Bismarck, so fügte er hinzu, die Militärfrage aus einer verfassungsrechtlichen wieder zu einer politischen Frage zu machen, geht Bismarck in der auswärtigen und deutschen Politik Preußens von „moralischen Eroberungen" zu Taten über, dann ist, vom preußischen Standpunkt aus betrachtet, da mit der Lösung der deutschen Frage Preußens Existenz als Großmacht auf dem Spiele steht, das Versäumnis der „Neuen Ä r a " wettgemacht: „ S o widerborstig sich auch alles, was liberal heißt, jetzt gegen den Herrn v. Bismarck anstellt, man könnte leicht noch einen unglaublichen Umschlag bis zur Begeisterung erleben!" Ist auch, wie Jörg mit zunehmender Verschärfung des Konflikts am 20. II. 1863 darlegte, die konstitutionelle Idee in Preußen bis auf weiteres vernichtet, ist auch der Rechtsstandpunkt des Abgeordnetenhauses gegenüber Bismarcks Theorie von der Verfassungslücke unanfechtbar, so lehrt der ganze Verlauf des Konflikts doch, daß er herbeigeführt worden ist durch „die Schwachherzigkeit, Halbheit und Achselträgerei der liberalen Partei ganz allein" und daß das eigentliche Motiv für das Vorgehen der liberalen Opposition im „Standeshaß" und „Standesinteresse" zu suchen ist: „Die Bourgeoisie 36*

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pocht auf ihre Macht, weil sie glaubt, daß vom roten Gespenst nichts mehr zu fürchten sei." Da jedoch die Geschichte Frankreichs lehrt, daß das Hochkommen der Bourgeoisie von einer Erhebung des „vierten Standes" begleitet und daß ein Bündnis zwischen drittem und viertem Stande infolge des unüberbrückbaren Interessengegensatzes nicht von langer Dauer ist, da noch nicht abzusehen ist, wer in Preußen siegen und wann der Abbruch des Konfliktes erfolgen wird, so muß von der nichtpreußischen deutschen Staatenwelt die gegenwärtige preußische Ebbe zu einem letzten Versuche benutzt werden, die deutsche Frage in konservativ-föderalistischem Geiste zu lösen. „Nur ja nicht wieder mit liberal-juristischen Experimenten!" Nicht Ministerkonferenzen, sondern Fürstenkonferenzen können helfen. „Wir brauchen und wollen keine einheitliche Gesetzgebung in Deutschland, sondern eine einheitliche Bundespolitik brauchen und wollen wir. Wir brauchen daher keine Erweiterung der Bundeskompetenz, sondern wir brauchen die ernstliche Benutzung der bereits vorhandenen Bundeskompetenz."

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Siebentes Kapitel

Der preußisch^französische Handeisvertrag, die Zoilvereinskrisis und das Problem der deutsch« österreichischen Zollunion. (Vgl. zu diesem Kapitel auch Nr. i, 181, 253, 285, 418, 487, 509, 532, 550, 602, 740, 88z, 887—891, 894, 914, 957, 1059.)

1. Handeis® und zollpolitische Probleme bis zum Abschluß des preußisdi-französisdien Handelsvertrages. 759. Die deutsche Zolleinigung. schrift 1858. S. 193—204.

Volkswirtschaftliche Monats-

Bv

Beleuchtet von dem Gesichtspunkt aus, daß die Verschmelzung der materiellen Interessen die nächste und notwendigste Voraussetzung für die politische Einigung Deutschlands bildet, die Einwirkung des deutschen Zollvereins auf die Entwicklung der volkswirtschaftlichen Zustände in den Zollvereinsstaaten und diskutiert die sachlichen Voraussetzungen für eine allgemeine deutsche Zolleinigung. Unter Berücksichtigung der politischen Verhältnisse Deutschlands erscheint ein Zolleinigungsvertrag zwischen Österreich und dem Zollverein nur auf folgender Basis möglich: 1. Gleichförmiger Grenzzolltarif gegen alles Zollausland; 2. Freigebung des gegenseitigen Verkehrs für alle Waren mit Ausschluß derjenigen, welche Gegenstände der Staatsmonopole oder inneren Verbrauchssteuern bilden; 3. Aufstellung gleichmäßiger Grundsätze für das Zollverfahren, die Grenzbewachung und die Bestrafung der Zollvergehen; 4. Gemeinschaft der Zolleinkünfte und Verteilung nach einem periodisch festzusetzenden Verteilungsmaßstab; 5. weitere Ausbildung des gemeinschaftlichen Zollsystems durch periodische Konferenzen von der Art der bisherigen Generalkonferenzen des Zollvereins. Innerhalb des Zollvereins muß die Zollverwaltung zentralisiert, zumindesten aber reformiert werden. „Die Verbindung, zu welcher die deutsche Zoll-

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einigung den Grund legt, muß, der inneren Notwendigkeit gehorchend, eine innige, nationale werden. Mit der Vereinigung der wirtschaftlichen Kräfte und der Vermehrung der Kommunikationsmittel, mit der Ausbildung gleicher Kultur- und Rechtszustände werden die staatlichen Antipathien schwinden, die Übereinstimmung der materiellen Interessen wird eine einige Politik dem Auslande gegenüber gebieten und eine Konsolidierung der Kräfte Deutschlands gestatten, welche demselben, ohne die Eigentümlichkeit seiner staatlichen Gliederung zu alterieren, im einzelnen wie im ganzen wieder eine achtunggebietende Stelle unter den Völkern Europas erwerben kann." 760. [Schäffle, Albert], Die Wiener Zollkonferenzen. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1858. Heft III, S. 255—333. Geht von der Anschauung aus, daß eine kräftige deutsche Außenpolitik, ja geradezu die nationale Zukunft Deutschlands notwendig bedingt sei durch das enge Zusammenhalten Österreichs und Preußens. Die Idee eines zu schaffenden gesamtdeutschen Einheits- oder Bundesstaates ist nur ein politischer Traum, der mit den historischen Staatsund Kulturverhältnissen im Widerspruche steht. Warnt vor einer Überspannung des Nationalitätenbegriffs, zumal alles darauf hindeute, daß das nationale Eigenleben mehr und mehr in ein internationales Gesamtleben übergehen werde. Die Stellung eines Volkes wird in Zukunft nicht von dem Grade seiner inneren einheitsstaatlichen Organisation abhängen, „sondern von dem Reichtum innerer naturwüchsiger Entfaltung des geistigen und materiellen Kulturlebens". Zweifellos bedarf die föderalistische Einheit Deutschlands der Verstärkung und Vertiefung. Die Herstellung einer materiellen und geistig-kulturellen Interessengemeinschaft zwischen Österreich und Preußen ist der erste Schritt zur Lösung der deutschen Frage. Es ist die Aufgabe der mittelstaatlichen Regierungen, dafür zu sorgen, daß die für das Zustandekommen einer österreichisch-deutschen Zolleinigung so wichtigen Wiener Zollkonferenzen von Erfolg sind. Weist im einzelnen nach, wie sich der Zollvertrag vom 19. II. 1853 bisher ausgewirkt hat. Folgert hieraus, daß die auf der Wiener Zollkonferenz geltend gemachten österreichischen Forderungen auf zeitgemäße Fortbildung dieses Vertrages nicht nur an sich berechtigt seien, sondern auch dem zollvereinsländischen Interesse entsprechen würden. 761. W. K. [d. i. Wilhelm Kiesselbach], Handelspolitische Betrachtungen aus der Gegenwart. I. Der vermeintliche Gegensatz 560

von Nord- und Süddeutschland. II. Die Neugestaltung des internationalen Verkehrs. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1858. Heft IV, S. 43—70; 1859, Heft I, S. 92—117. I. Richtet sich gegen alle Bestrebungen, Deutschland durch die Mainlinie in zwei Teile zu zerreißen. Ganz Deutschland wird durch den Zollverein zusammengehalten, denn Norddeutschland ist von dem Süden in handelspolitischer Hinsicht abhängig. Die Aufgabe des wirtschaftlich unabhängigen deutschen Südwestens besteht darin, die Zolleinigung zwischen Deutschland und Österreich zustande zu bringen. Ist dies gelungen, dann ist die Zeit für eine durchgreifende Bundesreform gekommen, wobei jedoch der föderalistische Charakter des Bundes unbedingt erhalten bleiben muß. Der Bundestag, an den die Einzelstaaten einen Teil ihrer Sonderrechte zu übertragen haben werden, muß zum ökonomisch-politischen Schwerpunkt des gesamten öffentlichen Lebens werden. Dabei ist zu beachten, daß die Trias „eine nicht wegzudisputierende Tatsache ist". „In welcher Weise sich im einzelnen die Ausbildung des Bundestags einrichtet, ist Sache der Zeit und der Geschichte; die vorhandenen Kräfte haben sich dabei nach ihrem Verhältniswerte zueinander ins Gleichgewicht zu setzen, denn die Politik des organischen Werdenlassens tritt damit an die Stelle abstrakter Konstruktion." II. Die Epoche der in sich abgeschlossenen Nationalwirtschaften ist zu ihrem Ende gelangt. Der Zug der Zeit ist auf internationale Teilung der Arbeit, auf das wirtschaftliche Ineinandergreifen des heutigen Völkerlebens gerichtet. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet hat die deutsche Nationalbewegung, die gerade von dem Boden der materiellen Interessen auszugehen bestrebt ist, einen epigonenhaften Charakter. 762. Der Zollverein und der norddeutsche Handel. Berliner Revue. Social-politische Wochenschrift. 1858. Bd. 13, S. 519—526 {28. Juni). Die Gründung des Zollvereins ist in erster Linie p o l i t i s c h e n Motiven entsprungen. Auf die Zolleinigung mit den deutschen Binnenstaaten hat Preußen deshalb einen so großen Wert gelegt, „weil man in dem Zollverein die Basis einer dereinstigen politischen Einheit zu finden glaubte". Diese politischen Hoffnungen sind in Wirklichkeit jedoch nichts anderes als „ein Zuwachs an Schwäche und Verlegenheit". Mit dieser Politik muß gebrochen werden, der Zollverein muß eine Umbildung erfahren, die Preußens Wirtschaft56I

liehen Interessen und damit zugleich dem scharfen Gegensatz in der Struktur der nord- und süddeutschen Wirtschaft gerecht wird. Der Tatsache, daß Deutschland durch seine Handelsinteressen in zwei Teile getrennt wird, muß Rechnung getragen werden. Deutschland als einheitliches Zollgebiet organisieren zu wollen, ist eine bloße Schimäre. „Deutschland ist nicht dazu bestimmt, einen einheitlichen Körper zu bilden. Das hat seine Natur angedeutet und seine Geschichte bestätigt." Zum Schaden der norddeutschen Landwirtschaft und des Seehandels hat die bisherige Zollvereinspolitik ihre Vorliebe den westlichen und südlichen Teilen Deutschlands zugewandt. „Auf der Hansa beruhte die kommerzielle Größe Norddeutschlands, und gedenken wir je wieder zu einer kommerziellen Größe zu gelangen, so müssen wir eine neue Hansa s t i f t e n , d. h. einen norddeutschen Handelsbund, in welchem Preußen seine natürliche Stellung finden wird." Nur ein auf dem Seehandel basierendes Handelssystem entspricht zugleich den Interessen von Preußens politischer Machtstellung. 763. Die gegenwärtige Lage der zollvereinsländischen EisenIndustrie, eine Denkschrift, beschlossen in der General-Versammlung des zollvereinsländischen Eisenhütten- und Bergwerk-Vereins zu Düsseldorf am n . Januar 1858. (Mülheim a. d. Ruhr, F. W. Korschefsky), [1858]. 19 S. 8°. •Bj/ Bt;

Z.2.

Protestiert gegen die Bestrebungen auf Herabsetzung der bestehenden Eisenzölle des Zollvereins. Eine Änderung des handelspolitischen Systems im gegenwärtigen Zeitpunkt würde die deutsche Eisenindustrie der ausländischen Konkurrenz preisgeben und sie mit einem Schlage vernichten, „namentlich da die britische Eisenproduktion wieder einmal in einer Krise begriffen ist, in der man der Überproduktion durch Schleuderpreise Luft zu machen sucht." Vgl. hierzu wie zu Nr. 764—771 H. Rosenberg, Die Weltwirtschaftskrisis von 1857—1859, 1934, S. 202 ff. 764. Die Eisenzölle, ihre Bedeutung für die Preußische EisenIndustrie und ihr Einfluß auf Volkswirtschaft und National-Reichthum. Redigirt im Bureau des Handels- und Gewerbe-Vereins für Rheinland und Westphalen. Düsseldorf, Wilhelm Kaulen, 1859. 22 S. 8°. Allg. Bibl. 16. VI. 1859. — B1; F2; H2;

562

M1.

Eine Aufhebung der Eisenzölle würde durch die daraus erwachsende Abhängigkeit von England nicht allein den Ruin der preußischen Eisenindustrie, sondern auch unheilvolle Konsequenzen für die allgemeine Volkswirtschaft und für die Gestaltung der deutschen Politik im Gefolge haben. Die deutsche Eisenindustrie als „ein kostbares nationales Kleinod" muß geschützt und gefördert werden, „damit durch ihre Entwickelung die Möglichkeit gewonnen, erhalten und gesichert werde, mit deutschem Eisen die deutsche Erde zu bearbeiten, mit deutschem Eisen sie zu verteidigen und auf deutschen Eisenschienen den großen Gedanken deutscher Macht und Einheit durch alle Gauen des weiten Vaterlandes zu tragen". 765. Harkort, Friedrich, Beleuchtung der Eisenzoll-Frage und des gegenwärtigen Standes der einheimischen Eisen-Industrie. Iserlohn, Julius Bädeker, 1859. 2 4 S. 8°. Allg. Bibl. 25. VIII. 1859. — Bi;

H2; L2;

MV

Datiert: Wetter, Juli 1859. — Skizziert Entwicklung und gegenwärtige Lage der deutschen Eisenindustrie. „Eisen und Steinkohlen sind in unsern Tagen das mächtigste Verteidigungs- und Kulturmittel der Völker, und Preußen und Deutschland dürfen große Opfer nicht scheuen, um den eigenen Bedarf mindestens zu schaffen." Polemisiert gegen die Forderung der Landwirtschaft auf sofortige Beseitigung der Eisenzölle sowie gegen die Bevormundungs-, Abgaben- und Interventionspolitik der staatlichen Bürokratie. Solange dieser Druck sowie die die Preise und Arbeitslöhne verteuernden Lebensmittelzölle nicht gefallen sind, müssen die Eisenzölle bestehen bleiben. „In dem Verhältnis wie der Druck sich vermindert, lasse man die Eisenzölle folgen." 766. Grandjean, M. C., Bergwerksdirektor, Der Zollverein und seine Eisen-Industrie. 2. verm. Auflage. Köln, F. C. Eisen, 1860. 42 S. 8°. Allg. Bibl. 14. VI. 1860. — B1; Br3;

HR

Vorwort datiert: Koblenz, Ende März 1860. — Richtet sich gegen die Bestrebungen auf Herabsetzung der Eisenzölle, die bisher vorwiegend den Konsumenten zugute gekommen wären. Sind doch nach der Auffassung des Verf. Schutzzölle „das einfachste und sicherste Mittel, der ausländischen Einfuhr die inländische Konkurrenz an die Seite zu setzen, indem dadurch die Produktion vermehrt und durch das Mehrquantum der Preis der Einfuhrprodukte herabgedrückt und reguliert wird. Sie machen also die Produkte nicht teurer, sondern 563

wohlfeiler". Eine Herabsetzung der Eisenzölle würde den „Untergang der Eisenindustrie" bedeuten und auf die gesamte Volkswirtschaft in der verhängnisvollsten Weise zurückwirken. Alle Gewerbszweige haben „als untrennbares Ganzes die gemeinschaftliche Aufgabe, die Nation, die sie schützt und pflegt, im Innern kräftig, zufrieden und wohlstehend — und nach außen stark, geachtet und unabhängig zu machen". Charakteristisch für die Art der Argumentation ist die folgende Betrachtung: „Es gibt in der Tat kein beklagenswerteres Schauspiel, als wenn z. B. Ackerbau, Puddlingwerke, Maschinenfabriken, Eisenbahnen usw. in einseitiger Verfolgung eingebildeter Interessen zusammen gegen den Schutzzoll der Roheisenproduktion kämpfen, ohne daß sie den ihnen selbst verliehenen Schutz anstößig oder überflüssig fänden. Sie bedenken offenbar nicht, daß sie alle fast vollständig voneinander abhängig sind — und bei Abschaffung des Zolles auf Roheisen — einen Hauptkunden an dem Bergbau und Hüttenbetrieb sowie dem damit zusammenhängenden großartigen Transportwesen usw. verlieren und noch obendrein den Freihändlern die Abschaffung ihres eigenen Schutzes erleichtern würden. Wenn es den freihändlerischen Bestrebungen nicht gelungen wäre, die verschiedenen voneinander abhängigen Gewerbszweige zu täuschen und in ihren Interessen zu trennen, dadurch ihren Gemeinsinn zu zerstören und sie über ihre wahren Bedürfnisse irrezuleiten, so müßten sie vereinigt alles aufbieten, der einheimischen Roheisenindustrie so schnell wie möglich wieder aufzuhelfen." Den „kosmopolitischen" Freihandelstendenzen muß das Prinzip des „Schutzes der nationalen Arbeit" gegenübergestellt werden, wobei die Industrie, insbesondere aber die Eisenindustrie, zum Hort der nationalen Interessen erklärt werden muß. Darum keine Herabsetzung der Eisenzölle, sondern vielmehr Ausbau des Zollschutzes für die Eisenindustrie durch Einführung von Wertzöllen, die dazu bestimmt sind, der Konkurrenz des englisch-schottischen Eisens zu begegnen! „Wie in der Politik die absolute Freiheit zum Despotismus, so führt der absolute Freihandel zur Handelsträumerei; wogegen eine gemäßigte politische Freiheit zur wirklichen — und eine geschützte nationale Produktion zur wahren nationalen und internationalen Handelsfreiheit führt." 767. Denkschrift der am 6. September 1858 in Wien versammelten Eisen-Industriellen. (Wien, J . B. Wallishausser, 1858). 53 S. 8°.

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„Was wir verteidigen und was wir für die Eisenindustrie in Österreich als Bedingung ihres Gedeihens wünschen, ist zunächst Aufrecht564

erhaltung der gegenwärtigen Zollgesetze, und zwar ausnahmslos für alle." Die Zolleinigung mit ganz Deutschland, „welche nebst so vielseitigen allgemeinen Vorteilen eine Garantie für längere gesicherte Zollperioden bieten würde", braucht nicht gescheut zu werden, „wenn den besonderen Verhältnissen Österreichs die nötige Rücksicht gewährt wird". 768. Die Folgen der neueren Zollreform in Österreich. Mit besonderer Rücksicht auf die zum Lobe derselben in neuerer und neuester Zeit vorgeführten Blendwerke. [Wien], (A. Pichler), [1859]. 9 S. fol. Wv

Datiert: Wien, Im Jänner 1859. — Die österreichische Industrie im allgemeinen bedarf „eines ebenso ausgiebigen als strenge gehandhabten Schutzzollsystems". Kritisiert, namentlich vom Interessenstandpunkt der Seidenindustrie aus, die Zollherabsetzungen. „Da der Zollvertrag mit dem Zollverein nächstens abläuft, kann Österreich, wenn es nur will, freie Hand nehmen. Es kann, so wie es durch die großdeutsche Behauptung der Donau und der italienischen Länder, selbst ohne unmittelbare Beihilfe Deutschlands, ja bei direkter Weigerung dafür in der Donaufrage getan hat, durch maßgebendes Beispiel zum besseren Schutze der Arbeit eine großdeutsche Tat vollbringen, indem es wahrhaft österreichisch vorgeht und eben dadurch jene Sympathien in Deutschland erobern, die es mit Geschenken zum Schaden seiner Erwerbskraft nicht erreichen konnte; denn überall fürchtet man die, welche sich nicht selbst erhalten wollen und flieht ihre Allianz... Österreich wird in Deutschland am mächtigsten sein, wenn es in sich selbst am kräftigsten geworden ist... Die Kraft besteht aber heute nächst den Kanonen in fruchtbarer Wirtschaft." 769. Das Schutzzoll-System in Österreich. Eine Denkschrift in der zwölften Stunde. Dresden, Türk, 1859. I 9 S. 8°. Allg. Bibl. 24. III. 1839. — Br3; Ml;

Wt.

Skizziert die Entwicklung der österreichischen Zoll- und Handelspolitik. Warnt vor einem zu raschen und damit für die österreichische Industrie verderblichen Turnus der Zollherabsetzung. Bei der Revidierung des Zolltarifs muß an dem Schutzzollprinzip im wesentlichen festgehalten werden, zumal der deutsche Zollverein zögert, Gegenleistungen zu gewähren und bereits die Überzeugung feststehe, „daß die Zolleinigung, welcher zuliebe von seiten Österreichs so große Opfer gebracht wurden, an dem Widerstande Preußens vollständig scheitern werde". 565

770. Die Tarif reform in Österreich. Zur Würdigung der schutzzöllnerischen Bestrebungen. Mit Tabellen über die Ein- und Ausfuhr seit 1851. Wien, Carl Gerold, 1859. 36 S. 4° Ht.

Gibt an Hand statistischen Materials einen Überblick über die österreichische Tarifreform seit 1851 und begrüßt den Grundgedankender durch Bruck eingeleiteten Handels- und Zollpolitik, das österreichische Zollsystem allmählich mit dem deutschen in Übereinstimmung zu bringen. „Der Unsinn des hohen Schutzes und der Verbote mußte gestürzt und an seine Stelle ein System gesetzt werden, welchesnicht der Verknöcherung und Ausartung in Protektion anheimfallen konnte." 771. Industrie und Zolltarif in Österreich. Eine Beleuchtung der jüngsten Zollagitation. Wien, Friedrich Manz, 1859. 158 S. 8°. Allg. Bibl. 30. VI. 1859. — D2; H2;

W4.

Skizziert die Entstehungsgeschichte des derzeitigen österreichischen Zollsystems und den Verlauf der Schutzzollagitation seit der Krisis von 1857. Schildert für die Zeit vom Beginn der 1850 er Jahre bis zum Krisenausbruch die Produktionsentwicklung der österreichischen Web- und Wirkwaren-, der Eisen-, Maschinen- und Glasindustrie, die den Ausgangspunkt der Schutzzollagitation gebildet haben. Erblickt die leitende Tendenz des gegenwärtigen Zollsystems in dem Streben nach vollständiger Handels-und Zolleinigung mit Deutschland, „und zwar gerade in der Endabsicht, um die gesamte deutsche Industrie vor der Übermacht des Auslandes zu schützen". Bezeichnet die Gegner der Zollunionsidee als Verräter an Österreich und Deutschland. „Die jüngsten politischen Konstellationen haben zur Genüge gezeigt, daß Deutschlands und Österreichs Interessen viel zu solidarischer Natur, viel zu innig verknüpft sind, um je voneinander getrennt werden zu können." Sind Deutschland und Österreich erst zu einem einheitlichen Zoll- und Handelsgebiet verschmolzen, „dann bricht sich die Einigung auf politischem und geistigem Gebiete von selbst Bahn". 772. Der heutige Standpunkt für eine nationale Handelspolitik. Wochenschrift des Nationalvereins, 1 . Mai 1860, Nr. 1. Bs; G;

Mv

Seit Fr. List hat sich die wirtschaftliche Struktur Deutschlands tiefgreifend gewandelt. Die deutsche Industrie ist für eine freihändlerische Handelspolitik reif geworden. Wie Deutschland auf dem Gebiete des Seeverkehrs nicht mehr eines handelspolitischen Schutzes

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in Form einer national-exklusiven Navigationsakte bedarf, dafür aber um so dringender militärischer Deckung, so muß unser gesamtes nach außen gerichtetes Zollsystem in Zukunft vornehmlich nach finanziellen und steuerpolitischen Rücksichten eingerichtet werden. Eine nationale deutsche Volkswirtschaft kann als Wirtschaftsraum nur den Zollverein unter Einschluß von Mecklenburg, SchleswigHolstein und den Hansestädten zur Basis haben. Die jetzige Organisation des Zollvereins ist durchaus unzureichend; „er bildet nur die vorhandene Basis für die neu zu schaffenden Einrichtungen". Eine deutsch-österreichische Zollunion ist schon deshalb unmöglich, weil im Hinblick auf die Valutaverhältnisse eine gemeinsame Kasse mit Österreich unmöglich ist: ,,Bei dem vielen Winde, der heutzutage weht, fliegt das Papiergeld zu leicht davon." 773. Die Bedürfnisse und Bedingungen der deutschen Handelspolitik. Wochenschrift des Nationalvereins, 8. Mai 1860, Nr. 2. B6; G;

Mv

Eine nationale deutsche Handelspolitik schließt eine Reihe von Forderungen an die zu erstrebende nationalstaatliche Organisation in sich, „die dann wieder einigend und befestigend auf den Zusammenschluß des deutschen Staatslebens zurückwirken müssen", so vor allem die Forderung nach einer gemeinsamen Konsularverwaltung im Ausland und nach einer einheitlichen deutschen obersten Handelsbehörde. Der Zollverein muß sich aus dem Zustande eines Vertragsverhältnisses zwischen souveränen Staaten zu einer ökonomischen Körperlichkeit entwickeln. Die Zolleinnahmen müssen Reichseinnahmen werden. Das Wesen des Zollvereins würde sich dadurch mit einem Schlage ändern und die gesamte deutsche Volkswirtschaft würde als organische Einheit betrachtet werden. Ist ein gemeinsamer deutscher Handelskörper erst gebildet, dann wird er sich auch auf internationalem Gebiete Anerkennung erringen. Der zu schaffenden ökonomisch-politischen Zentralbehörde ist nicht nur das gesamte Zollwesen, sondern auch das Post-, Telegraphen- und Eisenbahnwesen zu unterstellen. „Wenn wir in Deutschland die nationalstaatliche Einigung wirklich erlangen wollen, dann dürfen wir auch vor ihren einzelnen Konsequenzen nicht zurückschrecken." Die als organische Einheit aufgefaßte deutsche Volkswirtschaft hat ihre Bedürfnisse und. stellt ihre Anforderungen, unbekümmert um die vorhandenen politischen Zwischengrenzen. Daß die Mitglieder des Zollvereins in wirtschaftlichen Angelegenheiten als souveräne Staaten miteinander verhandeln, ist unhaltbar. „Nur eine Nationalvertretung

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vermag auf dem ökonomischen Gebiete die Lebensbedingung der ganzen Volkswirtschaft ins Auge zu fassen und zwischen den verschiedenen sich gegenüberstehenden Interessen die notwendigen Kompromisse zu vermitteln.", 774. K. M., Die Zukunft des Zollvereins. Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur, 1860, Bd. IV, S. 1—11, 41—53 (Oktober). Die preußische Regierung muß die 1865 ablaufenden Zollverträge dazu benutzen, „um mittelst des Zollvereins eine stärkere Einigung deutscher Mittel und Kräfte zur Verwendung für nationale Zwecke zu bewirken... Der Zollverein war und ist der Nagel am Sarge der gegenwärtigen Verfassung des deutschen Bundes". Es kommt darauf an, daß der Zollverein nicht allein als eine Erwerbsfrage, sondern als eine Frage der Sicherheit und der Macht Deutschlands aufgefaßt wird. Da der Zollverein ein p o l i t i s c h e r Körper ist, so bedarf er einer ständigen Zentralverwaltung, „und diese folgt von selbst, sobald der Verein die Herstellung eines deutschen Bundesstaates sich ausdrücklich und mit Bewußtsein zum Ziele setzt". Das Zentralbüro in Berlin muß aus einer bloßen Regierungsstelle in eine Zentralverwaltung des Zollvereins umgebildet und ähnlich die jährlichen Generalkonferenzen in einen aus allen Vereinsstaaten zu beschickenden Zollvereinstag, eine mit beschließender Macht ausgestattete Abgeordnetenversammlung umgewandelt werden. Bei veränderter Organisation des Zollvereins wird es möglich sein, wenigstens für das vereinsländische Deutschland eine einheitliche volkswirtschaftliche Verfassung und Gesetzgebung zu schaffen. Wichtiger als die Frage des Tarifs ist die Frage der Organisation und der Wirkungssphäre des Zollverbandes. „Es gilt, Deutschland auf Grund und durch Fortbildung des bestehenden Handelsbundes zu einer volkswirtschaftlichen Einheit und Macht zu gestalten, welche bestimmt ist, ein Bundesstaat zu werden, oder, falls dies auf anderm Wege gelingen sollte, in demselben aufzugehen und ihm die Mittel für seine militärischen, diplomatischen und sonstigen Bedürfnisse zur Verfügung zu stellen." 775. Der Zollverein und Österreich. Von einem preußischen Staatsbeamten. Gleiwitz, M. Faerber, 1861. 29 S. 8°. Allg. Bibl. 4. VII. 1861. — Bo; Br3;

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Skizziert die Geschichte der österreichischen Zoll- und Handelspolitik seit Maria Theresia, die Entstehungsgeschichte des deutschen

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Zollvereins und die Abwandlung des deutsch-österreichischen Zollunionsplanes unter scharfer Betonung des preußisch-österreichischen Interessen- und Machtgegensatzes. Lehnt einen Eintritt Österreichs in den Zollverein aus handels-, Steuer-, finanz- und währungspolitischen Gründen entschieden ab. Preist die Hohenzollern als die Erben der Hohenstaufenidee. „Wie Preußen, welches den organischen Weltgedanken einer handelspolitischen Einigung unseres zerklüfteten deutschen Vaterlandes zuerst in die Geschichte einführte, sein Werk geschützt und erhalten hat inmitten aller Stürme, so wird es auch ferner nicht zugeben, daß die Interessen der deutschen Glieder des großen Vereins und seine eigenen Interessen eine Schmälerung erleiden durch die unnatürliche Verbindung mit dem kroatisch-ungarischdeutschen Nachbarstaate."

2. Preußis2; ¿ v He; Kö;

Lv

Das größte Hemmnis für die Erreichung der deutschen Einheit ist der preußisch-österreichische Dualismus. „ I n dieser Hinsicht ist 42*

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für uns Friedrich der Große zu einem Nationalunglück geworden." Notwendige Voraussetzung für die Lösung der nationalen Reformfrage sind die Beteiligung Preußens und Österreichs und die möglichste Angleichung der deutschen Einzelverfassungen auf konstitutioneller Grundlage. Weder Preußen noch Österreich kann zugemutet werden, ihren Staat in zwei durch Personalunion verbundene Teile zu zerstückeln. Unter Berücksichtigung der machtpolitischen Lage empfiehlt es sich, die außerdeutschen Besitzungen Preußens und Österreichs nicht zu Bestandteilen des Deutschen Bundes zu machen. Sie müssen zum Bunde in das Verhältnis eines unauflöslichen Schutz- und Trutzbündnisses treten. Während Österreich voraussichtlich sehr bald zu einer freiheitlichen, auf gesunder konstitutioneller Basis sich erhebenden Organisation gelangen wird, wird Preußen noch in schwerem Ringen mit dem Absolutismus begriffen sein. Das Ziel der nationalen Reform muß eine auf Gleichberechtigung der Glieder aufgebaute Staatenföderation sein, die sich möglichst der Form des Bundesstaates annähert. Neben eine kräftige Zentralgewalt muß ein aus zwei Kammern bestehender Reichstag treten, ein Ständehaus, bestehend aus Delegierten der einzelnen Landesvertretungen und ein aus Volkswahlen hervorgehendes Volkshaus. Die Zentralgewalt muß die Form einer kollegialen Behörde annehmen, in der Preußen und Österreich den Ton angeben. „Bei auseinandergehenden Anschauungen derselben liegt der Schwerpunkt in dem Gewichte der übrigen Bundesgenossen." Die Schimäre einer europäischen Großmachtspolitik hat Preußen zu einem Hauptgegner der deutschen Reformbewegung gemacht. „Alles zu durchkreuzen und zu verhindern, was Gesamtdeutschland einigt und stärkt, alles zu tun, was Deutschland zerteilt und somit einen Teil des Landes den preußischen Vergrößerungsplänen zuführt, das ist der traurige Beruf, den sich bisher Preußen vorgezeichnet hatte und der schließlich an dem deutschen Sinne des gesamten Vaterlandes scheitern muß." Der preußisch-französische Handelsvertrag muß als ein Produkt der undeutschen Politik Preußens, als eine Etappe auf dem Wege zu Großpreußen aufgefaßt werden. Die Aufgabe einer wahrhaft deutschen Zollpolitik besteht darin, „in erster Linie Vertragsverhältnisse festzusetzen, die eine Vereinigung mit Österreich für die Zukunft zulassen und einstweilen die möglichst freie Bewegung zwischen dem Zollvereine und Österreich herzustellen." Kritisiert den Nationalverein, der Preußen zu partikularistischen Vergrößerungsbestrebungen angetrieben habe. Preist demgegenüber die Tendenzen der großdeutschen Versammlung in Frankfurt.

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888. Levinstein, L. J., Über die vornehmsten Ursachen der zeitigen politischen Störungen. Berlin, Schlingmann, 1863. 65 S. 8°. Allg. Bibl. 10. IX. 1863. — Bx; K1;

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Geschrieben bis Januar 1863. — Allein ein Bündnis zwischen Preußen, Frankreich und England vermag den Frieden Europas zu begründen und das „bewaffnete Handelssystem" ebenso wie das „bewaffnete Friedenssystem" zu beseitigen. Das „bewaffnete Handelssystem", das auf das System der Zollschranken, Verkehrs- und Konkurrenzbeschränkungen hinausläuft, ist durch den preußischfranzösischen Handelsvertrag durchbrochen. Auf der ganzen Linie muß mit dem Freihändlertum und mit dem ökonomischen Liberalismus ernst gemacht werden. Vom Interessenstandpunkt aus ist ein Eintritt Österreichs in den Zollverein entschieden abzulehnen. Denn Preußen würde dadurch mediatisiert werden, und Österreich, „das bei dem bestehenden Dualismus stets gegen Preußen ankämpft", würde versuchen, den Zollverein aufzulösen, um ihn dann seinen eigenen Interessen gemäß zu reformieren. Ein preußisch-englischfranzösischer Handelsvertrag würde für alle Beteiligten von großem Vorteil sein. Preußen könnte es auf diesem Wege gelingen, sich die Hegemonie in Deutschland zu sichern, die allein Deutschlands Zukunft sicherzustellen vermag. Die Idee eines deutschen Parlaments gehört vorläufig noch in das Reich der Träume. Soll Preußen zum Ziel gelangen, so muß das Bürgertum gegenüber der Feudalpartei vorherrschen. Tadelt in einem Nachwort die äußere Politik Preußens in der Polenfrage, durch die ein handelspolitischer Ausgleich erschwert und Österreich in Vorteil gesetzt werde. 889. Arnd, Karl, Die deutsche Bundesreform und der deutschfranzösische Handelsvertrag. Frankfurt a. M., Heinr. Ludw. Brönner 1863. 50 S. 8°. Allg. Bibl. 30. IV. 1863. —

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Für die Erhaltung der einzelstaatlichen Souveränitäten, jedoch für die Beseitigung der bisherigen Spaltung einzelner Bundesstaaten in einen zum Bunde und einen nicht zum Bunde gehörigen Teil. Erhofft von einem Eintritt Gesamtösterreichs in den Bund auch den Anschluß Dänemarks, Hollands, Belgiens und der Schweiz an den Bund. Fordert die Vereinigung aller Bundesglieder zu einem einheitlichen Handelsgebiet: Beseitigung der Binnenzölle, einheitliche Vertretung der Handelsinteressen des Bundes nach außen mittels einer gemeinsamen auswärtigen Vertretung und einer zu schaffenden gemeindeutschen Kriegsflotte. Zu diesem Zweck muß die Bundesorgani655

sation und die Bundeskriegsverfassung reformiert und ein Fürstenhaus und ein Volkshaus geschaffen werden, das letztere hervorgehend aus Wahlen der einzelstaatlichen Landtage bzw. der Provinzialvertretungen. „Schon der allgemeine Grundsatz, daß keine Beschränkimg der Souveränität und Selbständigkeit der einzelnen Staaten durch den Bund stattfinden darf, die nicht durch den Bundeszweck unumgänglich geboten erscheint, enthält eine Mahnung, die Wirksamkeit des Bundes auf ein unerläßliches Minimum zu beschränken." Preußen, dem die Grundlagen für eine selbständige Großmacht fehlen, hat sich mit seiner Hegemoniepolitik in eine Sackgasse verrannt. Nur durch engen Anschluß an Österreich und die deutschen Bundesstaaten vermag Preußen zu ausreichender Wehrkraft und Sicherheit zu gelangen. Als ein Hindernis der deutschen Bundesreform und der Zolleinigung mit Österreich muß der preußisch-französische Handelsvertrag von den Zollvereinsstaaten abgelehnt werden. 890. Der politische Dualismus in Deutschland und die deutsche Wirthschaftsgeschichte. Ein Wort an Hannover. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1863. Heft II, S. 204—249. Eingerahmt von anregenden Reflexionen über Grundfragen der deutschen Geschichte und die Entwicklung des historischen Verhältnisses von Wirtschaft und Politik wird hier die nationalpolitische Bedeutung der Wandlung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Hannover dargestellt. Indem Hannover den rein agrarstaatlichen Charakter in den letzten 10 Jahren abgestreift hat und ein in die „merkantilindustrielle" Periode eingetretener Staat geworden ist, indem durch das Erstarken der „niedersächsischen Reichsgruppe" zugleich das deutsche Meergebiet aus seiner Passivität erwacht ist, ist den preußischen Hegemoniebestrebungen die Spitze abgebrochen und der bundesstaatlich-föderalistischen Erneuerung Deutschlands der Weg gebahnt. Seit den Befreiungskriegen hat Deutschland an dem Dualismus von Bundestag und Zollverein gekrankt. „Preußen strebte darnach, zugunsten seines Unionismus mittelst des Zollvereins den im Bundestage noch zur Erscheinung kommenden deutschen Föderalismus zu besiegen, und der Bundestag arbeitete wiederum gegen alle Bestrebungen, welche von der Grundlage des Zollvereins die nationale Entwicklung politisch fördern zu können meinten." Mit dem Hochkommen „Niedersachsens" erscheint die Verschmelzung von Bundestag und Zollverein zu einem nationalen Staatskörper nicht mehr unmöglich. Die Erreichung dieses Zieles bedeutet die Lösung der deutschen Frage. Die Aufgabe liegt darin, „zwischen dem geschichtlich gewordenen 656

Leben der Einzelstaaten und den gesamtstaatlichen Bedürfnissen der Nation als Ganzem die rechte ausgleichende Organisation zu finden." Zur Kompetenz der vorwiegend mit gesamtadministrativen Befugnissen ausgestatteten Bundeszentralbehörde müßte die gemeinsame Landesverteidigung, die Handelspolitik, das Postwesen gehören. Das Bundesministerium müßte unmittelbar aus der Majorität des „Nationalhauses" hervorgehen. Dem mit dem Budgetrecht ausgestatteten „Nationalhause" hätte ein „Staatenhaus" zur Seite zu treten. „Denn ein vollgültiger Bundesbeschluß muß naturgemäß aus dem jedesmaligen Kompromiß der zentrifugalen Kräfte des vorhandenen Territorialismus und den zentripetalen Mächten des Nationallebens -zur Ausführung durch das Gesamtministerium Zustandekommen." Die Zentralgewalt darf keine monarchische Spitze haben. An der Spitze der ganzen Bundesorganisation muß vielmehr ein „Bundesministerpräsident" stehen. Alles aber kommt darauf an, daß Hannover, das zum Vertreter der Seeinteressen im Deutschen Bunde berufen ist, nach innen wie nach außen eine durchaus liberale und bürgerliche Richtung einschlägt und einträchtig mit Bremen und Hamburg -zusammenarbeitet. 891. Streubel, W., Deutsche Flotte und deutsche Küstenbefestigung. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1863. Heft II, S. 99—145. Das Verlangen nach einer deutschen Kriegsflotte wurzelt weniger in merkantilen als vielmehr in militärischen und vor allem in politischen Gründen. „Deutschland sehnt sich nach größerer politischer Macht. Es fühlt seine Adern schwellen und will nicht mehr in der seitherigen politischen Passivität verharren." Deutschland braucht keine Flotte zur Verteidigung, sondern zum Angriff, nicht zur Erhaltung, sondern zur Vergrößerung seiner Macht, zur überseeischen Expansion und kolonialen Ausbreitung. Auf das innigste hängt die Flottenidee mit den innerpolitischen Verhältnissen Deutschlands zusammen. Bei der Lage der deutschen Bundesverhältnisse und in Anbetracht der Tatsache, daß der Bund in Krisenzeiten von Gehorsamsverweigerung einzelner seiner Glieder bedroht ist, ist die Flottenagitation verfrüht. Die nächste Aufgabe ist die dauernde Kräftigung der im Bundestag vertretenen deutschen Zentralgewalt. Erst mit dieser Kräftigung ist die wahre Grundlage für eine deutsche Flotte gegeben, die dem ganzen Deutschland zugute kommt. Wer die Flottenidee benutzen will, um den Partikularismus zu stärken und populär zu machen, „der arbeitet an der Zertrümmerung des Vaterlandes". Im gesamtdeutschen Interesse muß vorläufig von dem Bau 657

einer deutschen Kriegsflotte ebenso Abstand genommen werden wie von einer Befestigung der deutschen Nordseeküsten. Das Küstenbefestigungsprojekt ist für Preußen nur ein Vorwand, um im deutschen Norden vermehrten Einfluß zu gewinnen. „ W a s für Preußen der Zollverein und der französische Handelsvertrag auf handelspolitischem Gebiete leisten soll, das sollen die Militärkonventionen und soll neuerdings das Küstenverteidigungsprojekt auf rein politischem und militärischem Gebiete leisten: das allmähliche Hinüberlenken Deutschlands in die Bahnen der preußischen Hegemonie." 892. Die deutsche Wehrfrage. Gründlich beleuchtet von einem deutschen Veteranen. Nürnberg, Selbstverlag, 1863. IV, 1 2 8 S. 8°. Mv Fordert aus außenpolitischen Motiven die Herstellung der deutschen Einheit, die Deutschösterreich mit umfassen müsse. Das österreichische Problem ist nur dadurch lösbar, „daß sich der Kaiser mit den deutsch-österreichischen Provinzen gleich den anderen deutschen Staaten dem Gesamtdeutschlande bindend anschließt, von den außerdeutschen Provinzen aber eine jede ihre freie nationale Verfassung erhält und daß der Kaiser von Österreich als Staatsoberhaupt mit allen außerdeutschen Provinzen in ein Schutz- und Trutzbündnis mit Gesamtdeutschland tritt". Neben einem vom Volke zu wählenden Zentraloberhaupte und einem deutschen Parlament bildet die Reform der deutschen Wehrverfassung die wichtigste Voraussetzung für Herstellung und Bestand der deutschen Einheit. Bei der gefahrdrohenden außenpolitischen Lage bedarf Deutschland eines schlagfertigen Kriegsheeres mit starker Wehrreserve. Entwickelt einen ins Detail gehenden Plan für die Durchführung eines „Krümpersystems" bei gleichzeitiger Verwirklichung der allgemeinen Wehrpflicht. 893. [Meyer, Bernhard?], Vorschläge zur Deutschen Reichsverfassung. Deutschlands Staatslenkern und Volksvertretern so wie allen Freunden des Vaterlandes zur weitern Prüfung übergeben von einem höhern deutschen Staatsdiener. Lemgo & Detmold, Meyer, 1863. 1 5 S. 8». Allg. Bibl. 15.1.1863.

— De.

Der hier vorliegende Verfassungsentwurf erstrebt „eine Wiederherstellung der ältesten, rein aus deutschem Geiste erwachsenen, erst später vom fränkischen Reiche aus mit römischen und byzantinischen Staatsformen als fremdartigen Elementen vermischten Verfassung". Nach diesem Verfassungsplane soll das Reichsgebiet aus den Ländern

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des jetzigen Deutschen Bundes und der Provinz Preußen bestehen. Posen und die außerdeutschen Länder Österreichs bleiben daher ausgeschlossen. Träger der Reichsgewalt ist der aus einer Kammer bestehende „Reichstag", der sich zusammensetzt aus den 3 1 regierenden deutschen Fürsten, den regierenden Bürgermeistern der 4 freien Städte, aus den Häuptern der 49 früher reichsständischen fürstlichen und 53 gräflichen Familien sowie aus den Abgeordneten des deutschen Volkes. Der nach absoluter Mehrheit (abgesehen von Verfassungsänderungen) seine Beschlüsse fassende Reichstag entscheidet über „alle allgemeinen Angelegenheiten des deutschen Reiches": auswärtige Verhältnisse und diplomatische Beziehungen, die Organisation der Reichskriegsmacht, den Bau und die Unterhaltung von Reichsfestungen und anderen Verteidigungsanstalten, die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen deutschen Fürsten sowie zwischen Fürsten und Landesvertretungen, die Gesetzgebung betreffend das Recht, die Einheit von Maß, Münze und Gewicht, die Flußschiffahrt, Kanal-, Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesen, das Heimats- und Niederlassungsrecht, die allgemeine Gewerbe-, Handels- und Zollpolitik. Der Reichstag wählt zunächst für 9 und dann jeweilig für 6 Jahre einen „Reichsstatthalter" sowie aus der Gesamtheit der Fürsten, Grafen und der Volksvertreter einen „Reichsheerführer", „Reichskassenmeister" und einen „Reichsoberrichter". Der Reichsstatthalter beruft den Reichstag und bestimmt den Ort der jedesmaligen Versammlung. E r führt in den Sitzungen des Reichstags den Vorsitz und besitzt gegenüber den Reichstagsbeschlüssen ein suspensives Veto für drei unmittelbar folgende Sitzungsperioden. Der Reichsstatthalter hat durch die Reichsbeamten alle Gesetzentwürfe und Vorlagen vorbereiten zu lassen, die Reichstagsbeschlüsse auszuführen und die Reichssteuern durch die Landesregierungen einziehen zu lassen. 894. Wahlrede von Thumser, quitt, königlich bayerischer Oberlieutenant, herzoglich schleswig-holsteinischer Hauptmann, königlich großbritannischer Capitain der brittisch-deutschen Legion, als Bewerber um die Wahl zum Landtagsabgeordneten. München, F. Straub, 1863. 16 S. 8°. Mv Datiert: München, am Tage der Auferstehung 1863. — Wendet sich gegen Nationalverein und Reformverein. Grundlage der Bundesreform müssen die noch immer rechtskräftigen Bundesbeschlüsse vom 10. und 30. III. 1848 sein. Auf Grund dieser Beschlüsse ist der Deutsche Bund „in voller Konformität mit Art. 13 der Bundesakte, 659

nämlich ein konstitutioneller Föderativstaat mit volkstümlicher Repräsentativverfassung geworden". Die Forderung nach Ausführung der damaligen Beschlüsse muß zur allgemeinen Volksparole gemacht werden. Protestiert gegen den preußisch-französischen Handelsvertrag, der ein englisch-französisches Attentat auf Deutschlands Macht und Einigkeit darstelle. Nur die Zoll- und Handelseinigung mit Österreich kann Deutschland vor dem Verderben retten. Entwickelt abschließend innerbayrische Reformwünsche. 895. Deutschlands Einheit. Ein Wort an das Volk. Auszug aus Pastor Rudolf Dulons Werk: „Vom Kampf um die Völkerfreiheit", herausgegeben von Ludwig Wittmann. Zweite Auflage. Landshut, Selbstverlag des Herausgebers. 1863. 31 S. 8°. Bv

Feiert in bilderreich pathetischer Sprache die Revolution von 1848 als „Erretter und Heiland", als „ein unermeßliches Glück, als ein Gottessegen". Fordert die deutsche Einheit auf demokratischer Basis und charakterisiert die deutschen Fürsten, den deutschen Stammespartikularismus und die europäischen Großmächte als die zu überwindenden Feinde der deutschen Einigung. 896. Martens, H., Wenn Deutschland thäte, was Deutschland müßte! Hamburg und Leipzig, Robert Falcke, 1863. 64 S. 8°. AUg. Bibl. ii. VI. 1863. — Br2;

Hv

Durch den deutschen Volksgesang und die Turnerei ist die Einheitsidee zur Volkssache, Deutschlands Einheit zur nationalen Notwendigkeit geworden. Worauf es ankommt, ist nicht die Reform, sondern die gänzliche Beseitigung der Bundesverfassung. Die deutschen Fürsten als die größten Feinde der deutschen Einheit und Freiheit müssen entthront und Deutschland unter Einbeziehung Deutschösterreichs in eine demokratische Einheitsmonarchie umgewandelt werden. „Regent des Preußen Volkes! Werde der Träger der Zeitideen! Ergreife das schwarz-rot-goldne Banner und schreibe darauf: Einheit und Freiheit!" Da nicht Worte, sondern nur Taten Deutschland einig und frei machen können, muß, wenn die Fürsten sich nicht freiwillig beugen, der Weg der Revolution beschritten werden. 897. Die nationalen Partheien Deutschlands. Vom Verfasser der „Vereinigten Staaten von Deutschland". Hamburg, Otto Meißner, 1863. 95 S. 8°. Allg. Bibl. 13. VIII. 1863. — Bh; D^ G; Ht; K1; Kö; Lx.

660

Vgl. Nr. 529. — Nach dem Programm der großdeutschen Partei, das eingehend kritisiert und als ein eindeutig starres Schema aufgefaßt wird, kann Deutschlands nationalstaatliche Einheit niemals begründet werden. Alle Pläne für eine Bundesreform, welche eine Doppelstellung Deutschösterreichs zu zwei Staatsganzen zur Voraussetzung haben, sind von vornherein politisch unmöglich. Österreich muß entweder von Deutschland ganz getrennt oder mit Deutschland ganz verbunden werden. Im letzteren Falle muß der österreichische Gesamtstaat als Bundesstaat neu organisiert werden; zugleich aber muß das außerösterreichische Deutschland zur Einheit gelangen. Theoretisch möglich ist dies nur in der Form des Einheits- oder des Bundesstaates. In beiden Fällen muß Preußen auf seine Eigenstaatlichkeit und auf Hegemonie verzichten. Im Falle der bundesstaatlichen Lösung muß auf Preußen selbst das Prinzip des Bundesstaates angewandt werden, d. h. nicht der preußische Staat als europäischer Großstaat, sondern die acht preußischen Provinzen müssen als autonome Glieder in den deutschen Bundesstaat eintreten. An die Stelle des preußischen Parlaments treten dann für die inneren Angelegenheiten 8 preußische Provinziallandtage. „ E i n einheitliches Deutschland mit Preußen als Mittelpunkt, aber mit dem Aufhören Preußens als solchem ist das wahre Mausoleum Friedrichs des Großen." Ein derartiger Bundesstaat entspricht den Lebensinteressen der deutschen Mittelstaaten, die selbst wiederum den nationalen Bedürfnissen entsprechen. Die Kleinstaaten dagegen müssen ihre Einzelexistenz innerhalb des Bundes aufgeben und sich denjenigen Einzelstaaten anschließen, zu denen sie nach ihrer geographischen Lage naturgemäß gehören. Die bundesstaatliche Lösung ist der einheitsstaatlichen schon deshalb vorzuziehen, weil nur sie ein enges Bündnis mit Gesamtösterreich und damit die Konstituierung eines mitteleuropäischen Staatenbundes möglich erscheinen läßt. Entwickelt einen ins einzelne gehenden Plan für eine zukünftige Gebietseinteilung Deutschlands. Unbedingt muß an dem Grundsatz festgehalten werden, daß bei der gegenwärtigen Lage die Frage der äußeren Gestaltung über den inneren Verfassungsfragen stehen muß. Das eigentliche Ziel, den mitteleuropäischen Staatenbund, zu verwirklichen, wäre an sich die Aufgabe des Bundestages. Da von diesem jedoch keine Initiative zu erwarten ist, so muß Preußen den Stein ins Rollen bringen, indem es sich selbst zuerst als nach Bundesstaatsprinzipien gegliederten Staat konstituiert und sich auf den Boden der Reichsverfassung von 1849 stellt oder aber indem es mit heharrlicher Konsequenz durch sein Verharren in der Richtung des Einheitsstaates Deutschland zum provinziellen Anschluß und 661

damit zur Revolution herausfordert. „ E s gibt kein größeres Staatsinteresse Preußens, als von einem halben Deutschland ein ganzes zu werden. . . . Preußen muß die Lockerung seines Staatsverbandes für innere Angelegenheiten an die Bedingung knüpfen, daß seine Einheit in nationalen Angelegenheiten über ganz Deutschland erweitert würde, und die übrigen deutschen Staaten müssen an die Abtretung ihrer Souveränität in nationalen Angelegenheiten die Bedingung knüpfen, daß ihre Einzelexistenz in inneren Angelegenheiten nicht nur in der Verfassung, sondern auch in der Wirklichkeit zum Prinzip erhoben werde dadurch, daß Preußen dieses Prinzip auch auf sich anwendet." 898. [Kießelbach, Wilhelm], Ein deutscher Staatentag. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1863. Heft III, S. 265—304. Konstatiert die Unvereinbarkeit der Bundesverfassung mit den gegenwärtigen wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Zuständen Deutschlands. Wenn es der Mehrzahl der deutschen Regierungen ernst mit dem Plan einer Bundesreform ist, dann ist ihre Aufgabe die Berufung nicht eines Nationalparlaments, sondern eines „Staatentages, dessen Verfassungselaborat schließlich dem Bundestag und den Einzelstaaten zur Genehmigung vorgelegt wird." Denn im Bunde selbst kann ja gegenwärtig noch immer jede Verfassungsreform durch den „preußischen selbstsüchtigen Unionismus" hintertrieben werden. Durch Berufung eines Staatentages, der nach dem Modus der im Plenum des Bundestages gültigen Stimmenzahl zu beschicken wäre, würden die Mißgriffe von 1848 verhindert. Die Abgeordneten des Staatentages müßten von den einzelstaatlichen Landtagen gewählt werden, jedoch an keine Instruktion gebunden sein. Das Ziel der Bundesreform muß der deutsche Bundesstaat auf föderalistischer und aufrichtig monarchisch-konstitutioneller Basis sein. Die höchste Bundesbehörde muß durch ein Gremium deutscher Fürsten gebildet werden. Der politische Schwerpunkt liegt auf dem „Repräsentantenhaus" und dem „Staatensenat", aus deren Majorität das Bundesministerium hervorzugehen hat. Viel ist schon damit gewonnen, wenn wenigstens ein Teil der deutschen Staaten einen Staatentag beruft und dessen Verfassungsentwurf akzeptiert. Die öffentliche Meinung, die heute eine politische Macht ist, wird wohl allein imstande sein, „mittelst ihres moralischen Gewichts die renitenten Staaten schließlich doch zu der Bundeserneuerung hinzuführen. Mit Gewalt läßt sich ja Preußen und sein Anhang nicht zur Einfügung in die festere föderative Gliederung bestimmen; eine nationalstaatliche Einigung kann man nicht mit einem Bürgerkrieg einleiten." 662

899. [Kießelbach, Wilhelm], Die deutschen Reichsgruppen und die Bundesgliederung. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1863. Heft IV, S. 71—109. Geschrieben Ende Juni. — Propagiert auf dem Hintergrunde vergleichender Betrachtungen zwischen der nordamerikanischen und der deutschen Staatengeschichte den Gedanken, die nachbarlichen Interessen zwischen den deutschen Mittel- und Kleinstaaten durch freiwillige Gruppenbildungen zusammenzufassen. „Die freiwillige Bildung von natürlichen Reichsgruppen unter den künstlichen Einzelstaaten muß die Grundlage zum ganzen Bundesstaate ausmachen." Auf diese Weise entstehen die territorialen Mittelglieder in der zu schaffenden, abgesehen von der republikanischen Spitze im wesentlichen nach nordamerikanischem Vorbilde sich richtenden bundesstaatlichen Gesamtorganisation Deutschlands. „Darin liegt ja eben der Grundirrtum des sogenannten Triasgedankens, daß seine falsche Auffassung des deutschen Föderalismus neben den Einheitsstaat Österreich und den Einheitsstaat Preußen das übrige deutsche Gelände auch in möglichster politischer Einheit hinstellen will, um damit eine nationale Ausgleichung zwischen beiden Großmächten zu gewinnen und dabei dem dritten Teile ebenfalls sein politisches Recht zu verbürgen."

2. Der Fürstentag und die österreichische Reformakte. 900. [Btlddeus, Dr. Aurelio], Der deutsche Fürstentag zu Frankfurt am Main im August 1863. Ein Gedenkbuch mit 6 photographischen Abbildungen nach Handzeichnungen von Beer, Hohnbaum und Klimsch photographirt von J . Schäfer. Frankfurt a. M., Heinrich Keller, 1863. XV und 6 S. fol. Schildert die mit dem Fürstentage verbundenen Festlichkeiten, das Schaugepränge und Zeremoniell. 901. Der deutsche Fürsten-Congreß zu Frankfurt a. M. im August 1863. Hft. No. 1. Der Fürsten-Congreß in seinem geschichtlichen Zusammenhange. Nebst der Ansprache Sr. K. K. Apostolischen Majestät und dem vorgelegten Entwurf einer Reformakte des Deutschen Bundes. Frankfurt a. M., A. Vömel, 1863. 40 S. 8°. Allg. Bibl. 24. IX. 1863. — Bx; Bo; Mv- Wi.

Datiert: 18. August. — Enthält in der Hauptsache einen summarischen Überblick über die Entwicklung der deutschen Bewegung und 663

Politik seit 1815 und den vollständigen Text des österreichischen „Entwurfs einer Reformakte des Deutschen Bundes". Begrüßt voll Hoffnung den Zusammentritt des Fürstentages, wenn auch eine endgültige Regelung der deutschen Frage durch diesen nicht zu erwarten sei, und beklagt Preußens Fernbleiben. 902. Wollheim da Fonesca, Chevalier Dr. A. E., Die Bundesreform. Eine politische Skizze. Erstes Heft. Leipzig, Wolfgang Gerhard, 1863. 119 S. 8°. Allg. Bibl.

29. X. 1863. —

B7;

DV

Datiert: Wien, 2. August 1863. Nachschrift: Wien, 24. September 1863. Verfaßt im Auftrage des österreichischen Außenministeriums zwecks publizistischer Vorbereitung der Fürstentagsaktion; die Drucklegung wurde jedoch auf Wunsch des Ministeriums um mehrere Monate vertagt. — Die einleitenden Betrachtungen charakterisieren die dem Bunde vorgeworfenen Mängel als eine Folge der Schöpfung desselben. Die Niederlegung der deutschen Kaiserkrone durch Kaiser Franz war für Deutschland ein Verderben. Eine Kräftigung und Einigung Deutschlands ist nur durch Reform, nicht durch Auflösung des Deutschen Bundes möglich. „Preußen soll sich nicht Österreich und dieses nicht jenem unterordnen, beide sollen auch ebensowenig in Deutschland aufgehen, wie dieses in ihnen untergehen darf." Es bedarf einer Verfassungsreform, die an die Verfassung des alten Deutschen Reiches und an die des Deutschen Bundes anknüpft. Der Bund muß in einen Bundesstaat umgewandelt werden. Die Gesamtregierung muß bestehen aus 1. einem erblichen konstitutionellen deutschen Bundeskaiser, 2. dem Kollegium sämtlicher deutscher Fürsten und Freistaaten (dem reformierten Bundestag), welches die früheren drei Reichsstände ersetzt, 3. dem deutschen Reichsbundesparlament, welches die Volksvertretung aus allen deutschen Staaten umfaßt und die alten deutschen „Kreise" repräsentiert. Dem deutschen Kaiser, d. h. dem Kaiser von Österreich, muß mit dem Sitz in Frankfurt ein ihm selbst und dem gesamten Bundesreiche verantwortliches Ministerium zur Seite treten, das sich aus den Ministern des Innern, des Äußern, der Justiz, des Krieges, der Marine, des Handels, des Kultus und des Unterrichts zusammensetzt. 903. Häusser, Ludwig, Die Reform des deutschen Bundestags. Eine Berichterstattung an die in Frankfurt a. M. versammelten Abgeordneten. Frankfurt a. M., Boselli, 1863. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 3. IX. 1863. — Bx:

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Br2;

He; K^; Lx;

Mv

(Dasselbe u. d. Titel:) Beschluß des Deutschen Abgeordnetentages vom 21. August 1863 und dessen Begründung durch Herrn Prof. Häusser aus Heidelberg. Frankfurt a. M., C. Adelmann, 1863. 16 S. 8°. Bs; Kax; Kö;

Lv

(Dasselbe u. d. Titel:) Bericht des Ausschusses des Deutschen Abgeordnetentages über das österreichische Reformprojekt (Reformakte), erstattet in der Sitzung des Abgeordnetentages zu Frankfurt a. M. am 21. August 1863 durch Professor Häusser von Heidelberg. Berlin, G. Jansen, 1863. 20 S. 8°. B1;

Br%; G;

Kv

Begrüßt die Initiative Österreichs. Die Hauptmängel des Reformentwurfs bestehen in dem zu großen Übergewicht Österreichs, in dem mit der Erweiterung des Bundeszwecks nicht korrespondierenden Fehlen von konstitutionellen Garantien, in den keine wahre Volksvertretung gewährleistenden Bestimmungen über das Delegiertenprojekt. Soll die Reformakte praktische Bedeutung erlangen, „so muß wenigstens die Existenz der Großmächte vollkommen gleichberechtigt einander gegenüberstehen", auch müssen die preußischen Provinzen in den Bund aufgenommen werden. Die von dem Abgeordnetentage einstimmig angenommene Resolution erkennt trotz grundsätzlichen Festhaltens an der Reichsverfassung von 1849 den österreichischen Entwurf, „welcher den Staatenbund mit einer engeren kollegialen Exekutive und mit einer Vertretung zu reorganisieren sucht", als Basis für die deutsche Reformation an, fordert jedoch andererseits ausdrücklich die Berufung einer deutschen Nationalversammlung, hervorgehend aus freien und unmittelbaren Volkswahlen, vollständige Gleichberechtigung der deutschen Großmächte im Staatenbunde und Aufnahme der preußischen Provinzen in den Deutschen Bund. 904. Enthüllungen an das deutsche Volk über das FürstenParlament zu Frankfurt a. M. Zweite Auflage. Brüssel u. Leipzig, Kießling und Comp., 1863. 31 S. 8°. Allg. Bibl. 17. IX. 1863. — Be; G; Hrx; K G,' Kt2>

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Ist die deutsche Demokratie (Demokratie im Sinne der „Kreuzzeitung", d.h. Liberalismus) an sich auch friedliebend und revolutionsscheu, so sind bei einem nochmaligen diplomatischen Verrat SchleswigHolsteins durch die deutschen Großmächte ein Zerfall und eine Radikalisierung der nationalgesinnten Mittelparteien unvermeidlich. Die Partei des National Vereins wird dann zu der Einsicht kommen, „daß der preußische Staat in seinem gegenwärtigen Bestände schlechterdings nicht fähig ist, den ihm von uns zugeschriebenen Beruf zu erfüllen, und wir werden mit der preußischen Opposition in dem Gedanken zusammentreffen, daß die Initiative Preußens, d. h. seines Volks nur noch darin bestehen kann, eine Revolution zu machen, welche nicht bloß das Ministerium, sondern den Staat selbst über den Haufen wirft und an seine Stelle den deutschen Nationalstaat setzt. Kurz, sämtliche nationale und liberale Parteien werden das Heil Deutschlands nicht mehr vom Bundesstaat oder reformierten Staatenbund, sondern nur noch von einer radikalen Umwälzung erwarten, welche der Herrschaft des Junkertums und der dynastischen Politik endlich für alle Zeit den Garaus macht." 1036. Reeder, Eduard, Landwirth in Büllsbüll bei Leck, Der bevorstehende Friede für Schleswig-Holstein mit Dänemark. Eine Stimme aus dem Schleswigschen Volke. Neumünster, SchleswigHolsteinische Verlagsbuchhandlung, 1864. 23 S. 8°. Allg. Bibl. 31. III. 1864. — B1; Kix; Ki2;

Wi.

Datiert: Büllsbüll, 23. Februar 1864. — Erörtert, inwieweit die verschiedenen Möglichkeiten zur Lösung der schleswig-holsteinischen Frage Aussichten auf einen dauernden Frieden eröffnen. „ F ü r uns gibt es keinen andern Frieden, als den, der die volle Forderung unserer Rechte, Selbständigkeit und Einheit Schleswig-Holsteins unter dem Herzog Friedrich V I I I . erfüllt." 1037. (Schramm, Rudolph), Von Schleswig-Holsteins Pflichten. Erstes Sendschreiben an das Akademische Consistorium der Universität Kiel zu Händen der Herren Professoren Behm und Forchhammer. Berlin, G. Walter, 1864. 8 S. 8°. Bb; D1; Kit;

Kö.

Datiert: Berlin, 26. Februar 1864. — Richtet sich gegen die unterm 21. II. 1864 vom Akad. Konsistorium an den König von Preußen gerichtete Adresse in Sachen Schleswig-Holsteins und des Prinzen von Augustenburg. — Betont den machtpolitischen Charakter der schleswig-holsteinischen Frage. Der Herzogtümer und Deutsch756

lands Sache ist nicht auf die „Gerechtigkeit Europas" zu stellen; sie steht lediglich und ausschließlich „auf der Spitze von Preußens und Österreichs S c h w e r t e r n " . Die dem „preußischen V o l k e und R e i c h e " gestellte Aufgabe besteht darin, „die Ehre und das Recht, die Sicherheit, das Wachstum, die Größe Deutschlands d u r c h P r e u ß e n s Ehre, Recht, Sicherheit, Wachstum, Größe zu wirken. Dieser geschichtlichen oder vorsehungshaften Aufgabe Preußens ist die Aufgabe Schleswig-Holsteins wie diejenige des T e i l s im Ganzen, der P r o v i n z im Reiche einbegriffen, nicht übergeordnet, auch nicht gleichgeordnet. . . . Können und wollen die deutschen Klein- und Stücksouveräne, die deutsche Stammtümlichkeit, die deutsche parlamentarische und außer- oder unparlamentarische Oppositionspartei und das akademische Konsistorium der Universität Kiel es nicht über sich gewinnen, sich in der schleswig-holsteinischen Angelegenheit dem g e e i n i g t e n Willen der preußischen und österreichischen Regierungen a n z u v e r t r a u e n und die Aktion derselben zu stärken, ohne sie an Programme zu fesseln, deren Tragweite und Ausführbarkeit noch nach so vielen Seiten bedingt sind, so werden sie mit ihren guten Gründen und Vorsätzen und mit ihrem sogenannten guten Gewissen die Hölle pflastern und, soviel an i h n e n ist, das A u s l a n d zum Richter und Herrn über Deutschland und sich selber einsetzen und proklamieren." 1038. Verhandlungen der am 28. Februar 1864 zu Erlangen abgehaltenen bayerischen Landesversammlung für Schleswig-Holstein. (Stenographischer Bericht.) Erlangen, A. E. Junge, 1864. 31 S. 8° Allg. Bibl. 14. IV. 1864. — Kit;

Mv

Enthält eine Reihe von Reden zur Begründung der einstimmig angenommenen Resolution, die das deutsche Volk und die Regierungen zu einmütigem Zusammenstehen und tatkräftigem Handeln auffordert auf der Grundlage des Programms: „Schleswig-Holstein als selbständiges deutsches Land, von seinem rechtmäßigen Herzog Friedrich VIII. regiert, ist die von dem Rechte des schleswig-holsteinischen Volks, sowie von den Interessen und der Ehre Deutschlands gebotene Lösung des deutsch-dänischen Streites — jede andere ist unrecht und unwürdig!" 1039. [Gerber, Wilhelm], An unsere lieben Landsleute in Stadt und Land. Kiel, Im März 1864. 14 S. 8°. ¿V

Kix;

Ki2.

Das Schicksal der Herzogtümer ist noch nicht entschieden, denn Preußen und Österreich sind sich über die Ziele ihrer Politik selbst 757

noch nicht im Klaren. Deshalb ist es die Aufgabe der SchleswigHolsteiner, jetzt, in der Stunde der Gefahr, mit unerschütterlicher Treue an dem Friedrich VIII. geleisteten Treuschwur festzuhalten. „Keine Macht auf Erden wird unseren Willen brechen können, wenn er fest und einig ist. Darum gilt es aber jetzt die Schwachen zu kräftigen, die Schwankenden zu stützen, die Abtrünnigen zu bekehren und nicht zu ruhen und zu rasten, bis das große Ziel erreicht ist." 1040. Dirckinck-Holmfeld, Baron C., Bedenken für und wider die Verbindimg der Herzogthümer mit Dänemark. März 1864. Hamburg, Jean Paul Friedrich Eugen Richter, 1864. 28 S. 8°. Allg. Bibl. 5. V. 1864. — B^; iv

H1; Ki2;

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Nachschrift datiert: Neumühlen, Anfang April 1864. — Unter dänischer Herrschaft ist Schleswig-Holstein im Vergleich mit andern deutschen Landen „liberal, billig, milde und gerecht regiert worden". Auch ein vereinigtes Schleswig-Holstein muß in enger Verbindung mit Dänemark bleiben, allerdings nicht mit dem Dänemark, „wie es j e t z t ist und regiert wird", denn die dänischen Fortschrittler, die seit 1848 den Ton in Dänemark angeben, sind unfähig, sich selbst, geschweige denn die Herzogtümer zu regieren. Erst die Entstehung einer schleswig-holsteinischen Nationalpartei hat zur Bildimg des Nationaldänentums geführt. Die Nationaldänen wollen im Grunde dasselbe wie die deutschen Nationalen, Liberalen und Demokraten. Um ihrer Selbsterhaltung willen ist es die Aufgabe der konservativen Mächte Preußen und Österreich, die nationaldänische Demokratenpartei zu beseitigen und die dänische Monarchie zu stärken. Nur so ist die Erhaltung und Rekonstruktion der Monarchie auf der Basis von 1852 möglich. 1041. Müller, Hermann, Dr., Denkblätter viermonatlichen Zwistes um die Nordmarke. Frankfurt a. M., Verlag für Kunst und Wissenschaft, 1864. 144 S. 8°. D2; G; Hx; Kilß- Mv

Vorwort datiert: Würzburg, 19. März 1864. — Bringt Pressestimmen, Versammlungsresolutionen, Bekanntmachungen und diplomatische Aktenstücke zur schleswig-holsteinischen Frage seit dem 15. XI. 1863 zum Abdruck. Der erläuternde Begleittext verfolgt eine entschieden antiaugustenburgische und antinationalvereinliche Tendenz und rechtfertigt das Vorgehen der deutschen Großmächte. Die „Vereinigung von Österreich und Preußen zur Besetzung Schleswigs auf Grund der Verträge ist die großartigste Tat, die wir seit langer

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Zeit in Deutschland erlebt haben. Sie schützte die wahren Interessen und Rechte Deutschlands, indem sie die Gefahr des allgemeinen Krieges, soweit er irgend möglich, umging; sie hinderte den deutschen Bund, Schleswig mit Verletzung der Verträge anzugreifen und ganz Europa durch einen hoffnungslosen Eroberungskrieg zum Eingriff in die deutschen Verhältnisse herauszufordern; sie entzog der deutschen Revolution den wesentlichsten Nahrungsstoff; sie schleuderte die schon siegesfrohe Demagogie mit einem Schlage hinab in das Dunkel, dem sie entstiegen, in den Abgrund der lächerlichsten Impotenz; sie mäßigte dadurch den auf den mittleren und kleineren Bundesstaaten lastenden Druck der Agitation und gab selbst denjenigen Regierungen, welche die Aktion der deutschen Regierungen, welche die Aktion der deutschen Großmächte am entschiedensten bekämpften, die Möglichkeit der Mäßigung und eines besonnenen Stillstandes, des Überganges hoffentlich zu einer vollkommenen Verständigung." — Hiergegen wie gegen Nr. 984 und 1048 wendet sich vom orthodox augustenburgischen Standpunkt aus in eifernder Polemik: E s m a r c h , Karl, Dirckinck-Holmfeld, Carl Vogt und Hermann Müller als Widersacher SchleswigHolsteins. Göttingen, Dieterich, 1864. 16 S. 8°. He; Kix; Mv) 1042. [v. Hof mann, J. Chr. K.], Flugblätter des schleswigholsteinischen Vereins zu Erlangen. Nr. 3. Die nationale Bewegung für Schleswig-Holstein, eine gute Lehre für alle Zukunft. Erlangen, Junge & Sohn, 1864. 11 S. 8°. Bv- Kv- Ki2; Mx.

Aus der gegenwärtigen Bewegimg für Schleswig-Holstein lernt das deutsche Volk für seine nationale Zukunftsaufgabe, daß eine deutschnationale Bewegung nicht nur auf ein bestimmtes Ziel, auf ein klares Recht, auf einen über die Parteigegensätze sich erhebenden, für einmütige Erstrebung geeigneten Gegenstand gerichtet sein muß, sondern daß dieses Ziel auch mit allen gesetzlichen Mitteln erstrebt und dieser gesetzliche Weg mit äußerster Entschlossenheit und Energie auch zu Ende gegangen werden muß. Das Letztentscheidende aber ist das Vertrauen auf Gott, „den obersten Schirmherrn des Rechts". — Über die Tätigkeit des schleswig-holsteinischen Vereins zu Erlangen unterrichten die in der Zeit vom 14. IV. 1864 bis 22. XI. 1865 als Separatabdruck aus dem Erlanger Tageblatt erschienenen Wochenberichte des Vereins (B-^j. Nach diesen Berichten sind bis Ende November 1865 insgesamt 54 Vereinsversammlungen, 4 Volksversammlungen, 1 Landesversammlung veranstaltet, 41 „Vorträge" und 38 „politische Wochenberichte" erstattet worden. Von den Flug759

blättern und Wochenberichten des Vereins sind insgesamt 25748a Exemplare verbreitet worden. 1043. Flugblätter des schleswig-holsteinischen Vereins zu Erlangen. Nr. 4. Wo liegt die eigentliche Gefahr für die Sache SchleswigHolsteins ? Erlangen, C. H. Kunstmann, 1864. 12 S. 8°. Allg. Bibl. 18. VIII. 1864. -

B^ Kx; Kit;

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Datiert: 31. März 1864. In 2 unveränderten Auflagen nachweisbar. — Größer als die vom Auslande oder von den deutschen Großmächten drohende Gefahr ist die im deutschen Volke selbst liegende und bedrohlich anwachsende Gefahr. ,,Es ist eine dreifache Gefahr. Erstlich von solchen, die sich den Blick auf das eine Ziel, welches jetzt erstrebt werden sollte, durch Nebenziele beirren lassen. Zweitens von solchen, die sich durch falsche Rücksichten das Ziel selbst verrücken lassen. Drittens endlich von solchen, die zwar nicht am Ziele, wohl aber an der Möglichkeit, es zu erreichen, irre werden und verzweifeln." Die erste Gefahr ist in Württemberg zutage getreten, wo die sogenannte Volkspartei einen Parteihader um die Frage entfacht hat, ob nicht vor allen Dingen die deutschen Mittel- und Kleinstaaten einen engern Bund bilden sollten mit einer eigenen Zentralgewalt und einem gemeinsamen Parlamente. Die zweite Gefahr zeigt sich in der Taktik der ultramontanen Partei in Bayern, die ihr Vorgehen von der Rücksicht auf das Geschick Österreichs bestimmen läßt. Die dritte Gefahr, die in der Mattherzigkeit und Ratlosigkeit wurzelt, ist „die verbreitetste und darum schlimmste". Ausharren und an dem in dem Namen und der Person Herzog Friedrichs VIII. verkörperten Ziele der Bewegung festhalten, muß die Losung des deutschen Volkes sein. „In unserer Hand, wenn wir von unserer Pflicht weder weichen noch wanken, und nicht in der des Herrn v. Bismarck ist das Steuerruder des Fahrzeugs, welches uns diesem von Gott selbst uns vorgesteckten Ziele entgegenführt." 1044. Flugblätter des schleswig-holsteinischen Vereins zu Erlangen. Nr. 5. Was steht in der schleswig-holsteinischen Sache auf dem Spiel ? 4. Auflage. Erlangen, A. E. Junge, 1864. 15 S. 8°.. Allg. Bibl. 18. VIII.

1864. — Blß- G; K1; Ki2;

Mv

Wenn es richtig ist, daß der schleswig-holsteinischen Sache eine eigentliche Gefahr nur aus der Mitte des deutschen Volkes droht, so handelt es sich einfach nur darum, den Widersachern „durch Wort und Schrift eine bessere Überzeugung beizubringen". Es handelt sich in der schleswig-holsteinischen Sache um ein dreifaches hochheiliges Recht,. 760

um das Fürstenrecht Herzog Friedrichs, um das Volksrecht der Schleswig-Holsteiner, getrennt von Dänemark einen eigenen selbständigen Staat unter ihrem rechtmäßigen Herzog Friedrich V I I I . zu bilden, und um ein Volksrecht für Deutschland, denn Holstein ist ein deutsches Herzogtum. „Das Recht Deutschlands auf der von Gott gewollten Trennung der Herzogtümer von Dänemark zu beharren, fließt aus dem ersten aller nationalen Rechte — dem Rechte der nationalen Selbsterhaltung." Unterliegt das Recht Schleswig-Holsteins, dann wird Deutschland einer neuen Reaktionsperiode entgegengehen, und es besteht dann die Gefahr, daß es, getrennt durch die Mainlinie, zwischen Preußen und Österreich aufgeteilt wird. Damit aber wäre zugleich Deutschlands nationale Ehre verloren und seine handelspolitische Stellung gefährdet. „Wie können wir dem Rechte Schleswig-Holsteins zum Siege verhelfen ? Durch einmütiges, unverzagtes, beharrliches Einstehen und Zeugnisgeben für dieses Recht, durch fortgesetzt unumwundene Forderung desselben in der Presse, in Vereinen, in Volksversammlungen." 1045. Die preußische Politik. Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur. 1864. Bd. I, S. 356—360 (Anfang März). Trotz der m i l i t ä r i s c h e n Erfolge gegen die Dänen, die aber noch keine wirkliche Entscheidung gebracht haben, hat die preußische P o l i t i k noch keinen Erfolg aufzuweisen. Vielmehr ist ihre Stellung vollends unhaltbar geworden. Es gibt für sie nur noch einen ehrenvollen Ausweg, die Anerkennung und Einführung des Herzogs von Augustenburg. Denn eine Eroberung Schleswigs für Preußen ist gegenwärtig vollkommen ausgeschlossen. Solange das innerpolitische System im Preußen sich nicht ändert, ist ein außenpolitischer Gewinn unmöglich. „Wir sind weit preußischer als Herr v. Bismarck, und unser ganzer bescheidener Widerspruch gegen seine innere und äußere Politik hat keinen anderen Grund, als daß es seinem Ministerium noch in keinem Augenblicke gelungen ist, Preußens Autorität, Macht und Einfluß in Europa zu vergrößern. Und wir sind allerdings überzeugt, daß das auf seinem Wege unmöglich ist." Jeder Tag, „an dem man aus Scheu vor den Großmächten und aus Trotz gegen die Mittelstaaten und die verhaßten liberalen Volkswünsche" mit der Anerkennung und Einführung des Herzogs Friedrich zögert, verschlechtert die politische Stellung Preußens. 1046. Venedey, J . , Rede bei der Gründung des Schleswig-Holstein-Vereins im Weilerthal. Müllheim, August Schmidt, 1864.15 S. 8°. Bs; Dx; He; K1; Kix;

Kö.

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Solange die „deutschen Dänen" in Deutschland, „Junker Bismarck und Ritter Schmerling", nicht zu Boden geworfen sind, ist eine den deutschen Nationalinteressen entsprechende Lösung der schleswig-holsteinischen Frage unmöglich. Da das preußische Volk und das Abgeordnetenhaus in dem Kampfe gegen Bismarck versagt haben, so ist ein deutsches Parlament über allen Volksstämmen und Fürsten Deutschlands der letzte Rettungshafen des deutschen Volkes. „Nur mit einem Parlamente wird das deutsche Volk zu einer Nation werden. . . . Ein mächtiges Deutschland ist die Bürgschaft, daß Deutschland von keiner Seite angegriffen wird, ist die Bürgschaft des Friedens für ganz Europa, und mächtig kann Deutschland nur mit einem Parlamente sein. So ist das deutsche Parlament das erste Erfordernis der Sicherheit für Deutschland, des Friedens für Europa." 1047. [Jörg, Joseph Edmund], Schlußreden über Recht und Politik in den Herzogthümern. Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. 1864. Bd. 53, S. 475—500, 559—581. Datiert: 10. und 22. März 1864. — Was die Rechtsfrage angeht, so ist die liberale Partei „bezüglich Holsteins zum großen Teile, bezüglich Schleswigs ganz und gar, bezüglich Lauenburgs bis zur Lächerlichkeit mit ihren Erbfolgeansprüchen im Unrecht". Aber auch p o l i t i s c h ist sie auf dem Holzwege. Das Heil liegt einzig und allein in der gegen die Mittelstaaten und den Liberalismus gerichteten gemeinschaftlichen Politik Preußens und Österreichs. Sollte jedoch Preußen doch noch eigene Wege einzuschlagen versuchen, so wird der Augustenburger hiervon keinen Nutzen haben, vielmehr wird Preußen dann nach dem Grundsatze vorgehen, daß Selbstessen fett macht. Das Auseinanderfallen der preußisch-österreichischen Allianz würde nicht den deutschen Mittelstaaten, sondern Napoleon zugute kommen. Das Recht, das es zu erobern gilt, ist nichts anderes, als „daß Schleswig und Holstein zwar im Verband mit der dänischen K r o n e bleiben, aber außer Zusammenhang mit den übrigen Regierungsgewalten der Hauptstadt eine gemeinsame autonome Verfassung haben sollen". Schleswig an Deutschland heranzuziehen und es in enger Verbindung mit Holstein zu erhalten, das wird unter Vermeidung eines europäischen Krieges auf dem von Österreich und Preußen beschrittenen Wege gelingen oder gar nicht. „Gelingt es, so kommt der Gewinn einer moralischen Eroberung von ganz Dänemark gleich, wie Deutschland seit Jahrhunderten keine mehr gemacht hat." Gibt einen kritischen Überblick über die Entwicklung des „Schleswig-Holsteinismus" und seiner juristischen Apologeten, die die Trennung der Herzogtümer von 762

Dänemark historisch und staatsrechtlich zu unterbauen suchen. „Nach unserer Ansicht wird die Losreißung beider Herzogtümer vom positiven Recht nicht gestattet, von der Gesinnung des Volkes nicht erheischt, von den faktischen Verhältnissen in den Ländern selbst nicht einmal geraten, und kann die Diplomatie allen drei Beziehungen auch innerhalb der Verbindung mit der dänischen Krone gerecht werden." 1048. Vogt, Carl, Andeutungen zur gegenwärtigen Lage. Frankfurt a. M., Selbstverlag, 1864. 93 S. 8°. AUg. Bibl. 14. IV. 1864. — Bt; Bo; £>2; G; H2; Kx; Kö; Wx.

Vorwort datiert: Frankfurt, 20. März 1864. — Die schleswig-holsteinische Frage ist weder eine Frage der Freiheit und Einheit noch eine Frage der Macht und Größe Deutschlands. „Deutschland ist keine Macht, sondern nur eine Ohnmacht und jede Erweiterung der Grenzen würde auch nur eine Vergrößerung seiner Ohnmacht sein." Deutschlands europäische Machtstellung hängt ab von seinen inneren Zuständen. Die schleswig-holsteinische Frage ist aber auch keine Frage der Legitimität oder des Rechts, ebensowenig wie sie eine Frage der Anhänglichkeit an die Fürstenfamilie oder Person ist. Sie ist vielmehr eine Frage der Nationalität. „Es handelt sich ganz einfach darum, ob ein deutscher Volksstamm unter dänischer Herrschaft stehen oder sich nach freier Selbstbestimmung von dieser lossagen soll." Indem Preußen und Österreich in ihrer Eigenschaft als Großmächte und Unterzeichner des Londoner Vertrags in Schleswig interveniert haben, haben sie nicht nur den Vertrag überschritten und den andern europäischen Mächten das Recht gegeben, nun ihrerseits selbständig vorzugehen, sie haben damit auch faktisch den Deutschen Bund gesprengt. Das Vorgehen Preußens und Österreichs ist eine Folge des polnischen Aufstandes und der Verständigung mit Rußland. Das wahre Ziel der Bismarckschen Aktion kann nicht die Erfüllung des Vertrages von 1852, auch nicht bloß die Vernichtung der demokratischen dänischen Verfassung und die moralische Einwirkung auf die innerpreußischen Verhältnisse und auf die deutschen Mittelstaaten sein. „Es muß in der Vergewaltigung der inneren Zustände Preußens, in der Vergewaltigung der deutschen Zustände, in der territorialen Vergrößerung Preußens auf Kosten anderer deutscher Länder beruhen." Österreich hat mit seinem Vorgehen zwar die Sympathie der deutschen Mittelstaaten verloren, aber es hat dagegen die Garantie Preußens und Rußlands für die außerdeutschen Provinzen Österreichs eingetauscht. Die Garantie, insbesondere für Venetien und Ungarn, ist das Motiv für Österreichs Aktion gegen Dänemark. „Die beiden R o s e n b e r g , Publizistik.

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deutschen Großmächte sind die grimmigsten Feinde Deutschlands. . . Herr v. Bismarck ist nur der Mitspieler, der die Kastanien für Österreich aus dem Feuer holen muß." Aber da Bismarck sein Hauptziel, die Vergrößerung Preußens, nicht aus den Augen verliert, so kann es zum Bruch mit Österreich kommen. Der Gefahr eines durch die Mainlinie getrennten, von Preußen und Österreich beherrschten Deutschland gegenüber ist „die jetzige Existenz der Mittel- und Kleinstaaten ein Segen, eine Wohltat, eine Garantie der nationalen Fortdauer"; einem einigen Deutschland mit Bundesexekutive, Bundesparlament, Bundesheer und Bundesmarine gegenüber wäre die Fortdauer dieser Staaten allerdings nur „ein Spott". Bei der gegenwärtigen Lage der Dinge gibt es nur noch einen Weg, die nationale Sache zu retten: der Appell an das Volk und der Bruch mit der bestehenden Bundesverfassung. „Bringe Österreich in Gefahr des Verlustes seiner außerdeutschen Provinzen und Du bekommst freie Hand für Dein nationales Bestreben nach deutscher Einheit." Bis jetzt ist Napoleon Deutschland immer ein freundlicher Nachbar gewesen. „ E r hat Österreich als Großstaat bekriegt, die Österreicher als Österreicher geschlagen, nicht als Deutsche, und hat sich sogar durch diese Tat allein großes Verdienst um Deutschland erworben." Während Österreich für die Verträge, tritt Frankreich für das Recht der Nationalitäten ein. Die österreichisch-preußische Politik treibt die deutschen Mittelstaaten zwangsläufig in die Arme Frankreichs. Die Interessen der Mittelstaaten fordern ein Zusammengehen mit Frankreich, England, Schweden und Italien gegen Preußen, Österreich und Rußland. Das ist die politische Konstellation der Gegenwart, und von hier aus ist die schleswig-holsteinische und in ihrem Gefolge die deutsche Frage zu lösen nach dem Prinzip der Nationalität und des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Darum Volksabstimmung in Schleswig-Holstein über die Frage, ob dänisch, ob deutsch. „Dann laßt abstimmen in dem Teile, der deutsch sein will und laßt abstimmen, ob Herzog Friedrich ? Ob Personalunion und König Christian ? Ob ganz unabhängig ? Ob preußisch ?" Für die deutschen Mittelstaaten aber handelt es sich jetzt darum, die Gelegenheit beim Schöpfe zu ergreifen: „Erklärt Euch als deutschen Bundesstaat mit Ausschluß Preußens und Österreichs, schafft Euch die nötigen Organe zur Handhabung der Bundesgewalt, eine Zentralregierung, eine zentrale Volksvertretung und trete mit dieser neu geschaffenen Kraft, auf Euer Volk und seine jauchzende Zustimmung gestützt, den finsteren Militärgewalten gegenüber. Sie werden in sich zusammenbrechen, der Stützen beraubt, unter den Schlägen ihrer eigenen Völker und die Eurer Nationalität zugehörigen 764

Trümmer werden sich mit Euch vereinigen und mit Euch bilden, was Ihr vergebens bisher erstrebtet — ein einiges freies Deutschland, frei von angeschweißten Völkerschlacken, ein großes Volk im Herzen Europas, fähig, jedem unruhigen Nachbar Frieden zu gebieten und ihn in seine Grenzen zurückzuweisen." Das politische Zukunftsideal für Deutschland ist eine Bundesstaatsverfassung ähnlich derjenigen der Schweiz, ein Deutschland im Bunde mit Belgien, Holland, Skandinavien, Schweiz und Italien, ein Deutschland als reindeutscher, die Deutschösterreicher mit umfassender Staat. 1049. Venedey, J., Rede zur Begründung der Freiburger Zusätze zu den Frankfurter Vorschlägen für die Ostermontag-Versammlungen. Karlsruhe, C. Macklot, 1864. 15 S. 8°. Bs; Br2; Kt;

Kö.

Das Verständnis der Schrift setzt die Kenntnis der Tatsache voraus, daß auf Betreiben des Nationalvereins, des Sechsunddreißigerausschusses und der schleswig-holsteinischen Vereine am Ostermontag, d. h. am 28. III. 1864, folgende gleichlautende Resolution (abgedruckt u. a. Wochenschrift des Nationalvereins, Nr. 204) in zahlreichen deutschen Städten angenommen wurde: „Die Herzogtümer SchleswigHolstein haben das Recht, eng miteinander verbunden, von Dänemark vollständig getrennt, unter ihrem eigenen Fürsten zu leben. Jede Entscheidung, die wider den Willen des Volkes über sein Schicksal getroffen wird, jede Übereinkunft mit fremden Mächten, die das Recht der Herzogtümer preisgibt, ist null und nichtig, ist eine rechtlose Gewalttat und zugleich ein Verrat an den Interessen und der Ehre Deutschlands. Der nächste Moment wird sie zerreißen und vernichten. Noch immer fehlt uns eine geordnete Vertretung der Nation — ein deutsches Parlament! Deshalb erhebt das Volk unmittelbar seine Stimme. Wir lassen nicht ab, die nationalen Forderungen beharrlich auszusprechen, die Inhaber der Gewalt zu mahnen und zu warnen. Verhallt jede Mahnung erfolglos, so mögen die Schuldigen dem verdienten Geschick anheimfallen." — Zu diesem Programm sind von Venedey folgende Erweiterungen in Vorschlag gebracht worden: „Pflicht ist, für die Rechte der Deutschen in Schleswig-Holstein das Letzte einzusetzen! . . . Das Überschreiten der deutschen Grenze durch fremde Truppen muß alle innern Zwiste schweigen machen und alle Parteien vereinigen zur Bekämpfung des Auslandes, das sich in die deutschen Familienzwiste mischt, um sie auszubeuten." Weil Österreich in Schleswig-Holstein für das Hausinteresse der Habsburger kämpft, weil es zur Niederhaltung Italiens und Ungarns der Unter49*

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Stützung Preußens und Rußlands bedarf, weil Preußen unter Bismarck in Schleswig-Holstein als Büttel Rußlands auftritt und nicht die Interessen des deutschen Volkes dort verteidigt, so muß das programmatische Bekenntnis abgelegt werden: „Jedes Bündnis deutscher Mächte zur Einmischung in die Angelegenheiten anderer Völker, zur Mithilfe bei der Unterjochung benachbarter Nationen ist nicht minder ein Verrat an der deutschen Nation, wie ein Verbrechen gegen die Gesittung des Jahrhunderts und die Menschenrechte aller Jahrhunderte." Fernerhin aber muß nicht nur das Fehlen eines deutschen Parlaments konstatiert, seine Berufung muß offen gefordert werden, weil es Deutschlands R e c h t ist und weil in diesem Recht auch die Rettung der Nation liegt, die einzige Rettung aus der Anarchie, die über ihr schwebt. 1050. Aus Mitteldeutschland, Anfang März. Wochenschrift des Nationalvereins, 31. März 1864. Nr. 205. ¿V G; Abgedruckt unter Vorbehalt der Redaktion! — In dem Streit der deutschen Großmächte mit den deutschen Mittelstaaten darf der Nationalverein unmöglich für die letzteren Partei nehmen. Das wahre und unerschütterlich festzuhaltende Ziel der nationalen Partei ist und mußte sein die Befreiung der Herzogtümer von der dänischen Herrschaft, keineswegs aber die Errichtung eines neuen Kleinstaates unter augustenburgischer Herrschaft der gekränkten Legitimität zuliebe. Die beste Lösung der schleswig-holsteinischen Frage ist die Vereinigung der Herzogtümer mit Preußen, denn selbst heute unter der Junkerherrschaft gewährt der preußische Staat seinen Bewohnern „das größte Maß politischer und persönlicher Freiheit unter allen deutschen Staaten". Er allein besitzt auch die nötigen Machtmittel, um Schleswig-Holstein zu schützen und eine starke Seemacht aufzubauen. „Der Vorteil der ganzen Nation fällt in dieser Sache wie wohl immer mit dem Vorteil des preußischen Staates zusammen." 1051. Die deutsche Frage. Wochenschrift des Nationalvereins. 14. April 1864. Nr. 207. Bs; G; Ki2.

Die schleswig-holsteinische und die deutsche Frage bedingen sich insofern, als „die Lösung der einen geradeswegs von der Lösung der andern abhängt". Zeigt, wie bereits 1848 beide Fragen untrennbar miteinander zusammenhingen, wie der Malmöer Waffenstillstand die bundesstaatliche Neugestaltung Deutschlands zunichte machte und 766

der Reaktion den Weg bereitete. Der Frankfurter Fürstenkongreß von 1863 hat ebensowenig ein lebensfähiges Verfassungsprojekt zustandezubringen vermocht wie das 48 er Parlament, „welches nicht in realistischer historischer Auffassung der Verhältnisse zu organisieren vermochte". Die schleswig-holsteinische Frage steht jetzt vor der Lösung, mit ihr muß auch die deutsche Frage in definitiver Form staatlich beantwortet werden. Das kann nur geschehen durch eine große Maßregel von revolutionärem Anstrich, durch ein deutsches Nationalparlament, das die Fehler von 1848 zu vermeiden weiß. 1052. Waitz, G., Über die gegenwärtige Lage der schleswigholsteinschen Angelegenheit. (Berlin, Georg Reimer), [1864]. 29 S. 8°. [Kopftitel.] Bv

Separatabdruck aus den „Preußischen Jahrbüchern". Datiert: Göttingen, 26. März und 20. April 1864. — Geht aus von dem unanfechtbaren Recht des Herzogs von Augustenburg. Nach wie vor sind Person und Recht des Herzogs mit dem Interesse von Land und Volk in Schleswig-Holstein untrennbar verbunden. „Wo das Recht des Fürsten und der nationale Wille also verbunden sind wie in dieser Sache, da muß aller Widerstand zuschanden werden." Über alle Gegensätze der Stände, Klassen, Parteien, Provinzen hinweg steht die Mehrheit des schleswig-holsteinischen Volkes nach wie vor opferbereit und einmütig hinter der nationalen Landessache, gewillt, für ihr Recht bis zum äußersten zu kämpfen. Weniger einmütig und tatbereit ist leider die Haltung des deutschen Volkes, dessen Hilfe ein auf seine eigene Kraft verwiesenes Schleswig-Holstein unbedingt sicher sein muß. Hat der Deutsche Bund auch die auf ihn gesetzten Hoffnungen enttäuscht, so kommt doch noch immer viel auf ihn an. „Ohne diesen ist keine Ordnung der Sache möglich. Schon darin liegt seine Stärke Die Rechtsfrage ist vor den Bund gebracht, er muß sich die Entscheidung wahren und muß die Entscheidung geben." Beklagt die Politik der deutschen Großmächte. Preußen bleibt immer nur die Aufgabe, „das volle Recht der Herzogtümer, das auch des Herzogs ist, zu schützen. Es ist die einzige Möglichkeit, die vorliegt. Die Macht der Umstände, der Tatsachen führt dahin. Und darin wird man die wahre Ehre, den wahren Ruhm finden, jene Ehre und jenen Ruhm, die Preußen seit 200 Jahren groß gemacht." Skizziert die Haltung der außerdeutschen Großmächte gegenüber der schleswig-holsteinischen Frage, warnt vor einer Überschätzung der von dieser Seite drohenden Gefahren. Unter Berücksichtigung aller dieser Faktoren ist an einem 767

günstigen Ausgang der schleswig-holsteinischen Sache nicht zu zweifeln. „Wir vertrauen dem Recht und dem Rechtsgefühl unserer Fürsten, dem nationalen Willen in den Herzogtümern und in Deutschland, der Macht der Tatsachen. Aber darauf kommt es an, daß mit aller Kraft, ohne Wanken und Bangen, das Ziel festgehalten und verfolgt w i r d . . . . Deutschland hat keine Wahl: ein selbständiges Schleswig-Holstein muß erkämpft werden. Und wenn Europa weiß, daß wir dies und nur dies wollen, so werden wir es haben. Wir, und nicht erst unsere Söhne oder Enkel. Seine Geschichte beginnt mit Herzog Friedrich VIII." 1053. (Jebsen, H.), Was hat das Volk von Schleswig-Holstein angesichts der drohenden Conferenzen zu thun ? O. O. u. J . 2 S. 8°. Kia.

Datiert: Altona, im April 1864. — Protestiert gegen die Einmischung fremder Mächte. „Los von Dänemark, das uns seit Jahrhunderten beraubt und beeinträchtigt hat! Ein freies, unabhängiges Schleswig-Holstein unter Herzog Friedrich VIII.! Das ist die Parole." 1054. Flugblatt des schleswig-holsteinischen Vereins zu Dinkelsbühl. Schleswig-Holstein und die Zukunft Deutschlands. Dinkelsbühl, Adolf Walter, 1864. 14 S. 8°. Kiv

Gegenüber der bevorstehenden Londoner Konferenz muß nochmals mit Nachdruck betont werden, daß das deutsche Volk „in keiner andern Lösung die Basis dauernder Beruhigung sieht als in der Lostrennung der Herzogtümer von Dänemark, in ihrem engen Anschluß an Deutschland unter ihrem Herzog Friedrich VIII." Die Sache Schleswig-Holsteins ist ein Fortschritt auf dem Wege zur Wiedergeburt Deutschlands, denn sie hat den Verfall unserer bundestäglichen Verfassung und die dringende Notwendigkeit einer die Nation befriedigenden Reform auf das überzeugendste dargetan, die Macht und den Einfluß der öffentlichen Meinung betätigt und auf die österreichische und preußische Politik entscheidenden Einfluß geübt und schließlich die Parteien geeinigt. 1055. Die Personalunion Schleswig-Holsteins mit Dänemark. [1864]. 4 S . 8°. [Kopftitel.] Ki%.

Der Gedanke einer Wiederherstellung der mit dem Tode Friedrichs VII. gelösten Personalunion der Herzogtümer mit Dänemark ist nur scheinbar konservativen Gepräges, da die Durchführung dieses 768

Gedankens nicht möglich ist, ohne die Grundlage aller konservativen Politik, das Prinzip der Legitimität, zu verletzen. „Die Wiederherstellung der Personalunion ist i. nicht möglich, wenn man sich nicht dazu entschließen will, das einstimmige Rechtsbewußtsein des gesamten Volkes mit Gewalt zu unterdrücken, und 2. wenn sie möglich wäre, so würde damit die Frage nicht gelöst, sondern die Lösung nur vertagt sein" und den Keim neuer Verwicklungen und Kriege in sich tragen. Eine dauernde Lösung verspricht einzig und allein das Festhalten an dem legitimen augustenburgischen Erbrecht und damit die vollständige Trennung der Herzogtümer von Dänemark. 1056. Pirazzi, Emil, Sekretär des Schleswig-Holstein-Comite's in Offenbach a. M., Ein Wort an England von Schleswig-Holsteins Recht und Deutschlands Ehre. Denkschrift gerichtet an Mitglieder des englischen Unterhauses. Frankfurt a. M., J. D. Sauerländer, 1864. 104 S. 8°. Allg. Bibl. 19. V. 1864. — B1; D2; G; Kx; Lx;

Mv

Abgeschlossen am 23. April 1864. — Für Deutschland gibt es keine definitive Lösung der schleswig-holsteinischen Frage außer derjenigen einer vollständigen und ewigen Abtrennung der Herzogtümer von Dänemark und der Anerkennung Friedrich v. Augustenburgs als erbberechtigten, legitimen Herzogs. Das Londoner Protokoll von 1852 wird „ewig eine Schandsäule der europäischen Diplomatie bleiben". Bemüht sich in phrasenreichster Form um den Nachweis, daß Deutschland allenthalben im Recht, Dänemark im Unrecht ist und daß es Englands wahren Interessen entspreche, „sich ganz und voll und unbedingt auf Deutschlands Seite zu stellen". England und Deutschland sind aufeinander angewiesen, um vereint einen Damm gegen den Romanismus und das Slawentum zu bilden. „Europa wird keinen Frieden haben, bevor die schleswig-holsteinische Frage nicht im d e u t s c h n a t i o n a l e n Sinne gelöst ist!" 1057. Biesterfeld, J. U., Dr., Advocat in Hamburg, SchleswigHolstein die Tagesfrage aus dem Norden Deutschlands betrachtet. Hamburg, Gustav Eduard Nolte, 1864. 27 S. 8°. Allg. Bibl. 5. V. 1864. — Bs; Ht; Kix;

Kit.

Vorwort datiert: Hamburg, im April 1864. — Summarischer Überblick über Deutschlands innere Entwicklung seit 1815. Betont die Unabänderlichkeit des staatlichen Partikularismus für Deutschland. Skizziert die einzelnen Phasen der deutschen Bewegung in den Herzogtümern in ihrem Zusammenhang mit der nationalen Bewegung in 769

Deutschland. Die Bestrebungen, Frankreich zur Einmischung in deutsche Verhältnisse zu bewegen, sind Landesverrat. „Das Palladium der Herzogtümer und ihr gesetzmäßiger Boden sind einzig und allein das föderative Deutschland. . . . Ich verstehe darunter wie bemerkt den Deutschen Bund unter dem Präsidio von Österreich und Preußen, nicht aber das demokratische Deutschland, wie ebensowenig die Herzogtümer selbst die Entscheidung ihres Schicksals und ihr Heil von den demokratischen Agitationen ihres Landes erwarten sollen." Immerhin ist zu wünschen, daß bei der Lösung der Herzogtümerfrage auf die Wünsche des schleswig-holsteinischen Volkes Rücksicht genommen und demgemäß Friedrich von Augustenburg von den deutschen Regierungen als rechtmäßiger Herzog von Schleswig-Holstein anerkannt werde. 1058. Bürstenbinder, Otto, Oberst a. D., Die Schleswig-Holsteinische Frage vom militärischen Standpunkte aus. Hamburg, Hoffmann & Campe, 1864. 22 S. 8°. Ailg. Bibl. 16. VI. 1864. — Bt; G; Hlt- Hrx; Kit;

S3.

Vorwort datiert: Hamburg, April 1864. — Bei der außenpolitischen Lage Deutschlands kommt es mehr denn je auf die Sicherung der offenen Nordgrenze an. Erst wenn Schleswig befestigt worden ist, wird es Deutschland möglich sein, „jeden Anprall von Westen durch einen Gegenstoß bis in das Herz Frankreichs hinein zu erwidern". Die Stärkung der militärischen Stellung Preußens im Norden liegt nicht nur im deutschen, sondern auch im österreichischen Interesse„Ob die Herzogtümer Schleswig und Holstein ihrem rechtmäßigen Herrn, dem Herzog Friedrich VIII., übergeben werden, ob die Großmächte sie für sich behalten oder ob sie durch eine Art von Personalunion ein Anhängsel Dänemarks ferner zu bilden haben, in jedem dieser Fälle ist es notwendig, das Herzogtum Schleswig zu einem Bollwerke Deutschlands umzuschaffen und dadurch die Nordgrenze Deutschlands so fest zu machen, wie es die Südgrenze ist." 1059. [Jörg, Joseph Edmund], Deutschland vor der Londoner Conferenz und der Congreß-Aera der Zukunft. Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. 1864. Bd. 53, S. 731—752. Datiert: 24. April 1864. — Die Londoner Konferenz wird aller Wahrscheinlichkeit nach „das Vorzimmer zum Pariser Kongreß sein, wenn nicht die Ouvertüre zum großen Krieg". Das Zuschandenwerden der Pläne Napoleons hängt von dem einträchtigen Zusammenstehen Österreichs und Preußens auf der Konferenz ab. „Es wird vorerst die 770

natürliche Basis des österreichisch-preußischen Einverständnisses sein, das unter dem mehrdeutigen Titel der Personalunion bekannte Projekt, mit Bundesfestung, Bundeshafen, Schiffskanal in Holstein und dessen gemeinsamer Verfassung mit Schleswig, zu beantragen. Hinter dieser Linie um keinen Preis zurückzugehen, sollte auch Österreich entschlossen sein." Es ist möglich, daß es darüber zum Kriege kommt. „Unsere Meinung war es von Anfang an, daß die Losreißung der Herzogtümer einen Eroberungskrieg gegen halb Europa kosten würde und daß man einen solchen Krieg nicht führen werde, um für das Herrschaftsgebiet der liberal-demokratischen Partei ein neues Mittelstätchen ä la Baden und Koburg zu gründen und um einer Puppe dieser Partei die Bewachung der schwierigsten Grenze Deutschlands zu übertragen. Soll ein großer Krieg um Schleswig und Holstein geführt werden, so müßte er die Einverleibung beider Länder in Preußen zum Ziele haben. Darauf muß Deutschland schon heute gefaßt sein. Und in der Tat, wenn dafür der preußisch-französische Handelsvertrag in den Abgrund des Zwiespaltes'und der Rivalität zurücksänke, aus dem er aufgestiegen ist, wenn der allgemeinen deutschen Zoll- und Handelseinigung eine ehrliche deutsche Bundesreform nachfolgte, dann wäre ein solcher Umschwung in Deutschland eines kleinen Weltkrieges sehr wohl wert, selbst abgesehen von den europäischen Konsequenzen des großen." Die Sache des Augustenburgers steht hoffnungslos. Sogar der preußische Liberalismus hat ihn fallen gelassen und sich mit dem Annexionsgedanken vertraut gemacht. Schon „zu einer Zeit als noch jeder liberale Stiefel sich an dem Herrn v. Bismarck putzte", haben wir vorausgesagt, daß Bismarck, sobald sich ihm die Möglichkeit zu einer großen außenpolitischen Aktion bieten werde, das Feld in Preußen behaupten werde. Diese Wendung „von der doktrinären Phantasiepolitik zur vernünftigen Realpolitik" ist durchaus zu begrüßen, wenn Preußen sich bewußt bleibt, daß es seine Erfolge zugleich der Hilfe Österreichs mit verdankt, und wenn es sein Annexionsziel nicht auf dem Wege der alten reichsverräterischen Kompensationspolitik zu erreichen versucht. Wie Vorauszusehen, ist die Politik der deutschen Mittelstaaten vollkommen gescheitert. „Statt darüber zu schmollen, muß man sich in die neue Lage schicken. Die Herzogtümer frage ist in nuce die ganze deutsche Frage." Die Niederlage der Triaspolitik ist unser größtes Glück. Mehr als zuvor ist die Frage der Bundesreform jetzt für die Mittelstaaten eine Existenzfrage geworden, nachdem diese dreimal in 10 Jahren die auf sie gesetzten populären Hoffnungen enttäuscht haben. „Nur die unverweilte und verständige Lösung der deutschen Frage kann unsere Mittel- und Kleinstaaten 771

noch vor einer jähen Katastrophe bewahren." Der bisherige Verlauf der schleswig-holsteinischen Krisis hat gezeigt, worauf es ankommt. „Jeder soll so viel wiegen, als er schwer ist." Dies Prinzip hat Preußen verkannt mit seinen friderizianischen Hegemonieplänen, Österreich mit seiner das mittelstaatliche Gewicht über das der andern Großmacht hinaufschmeichelnden Reformakte, die Mittelstaaten mit ihrer lächerlichen Großmachtssucht. Es gibt nur einen Weg, der zur deutschen Einigung führt, den Weg der Unterordnung eines jeden Unterzuordnenden. 1060. Die Conferenz und die Nationalitäten. (Von einem Westslawen). Ost und West. Zeitschrift für Politik. 30. April 1864. Nr. 20, S. 787—791. wv Auf der bevorstehenden Londoner Konferenz wird die deutschdänische Frage nur provisorisch gelöst werden, da man auf die Bevölkerung Schleswig-Holsteins Rücksicht zu nehmen und dem Nationalitätsprinzip eine Konzession zu machen hat. Preußen wird unter den Mächten mit seinen Annexionszielen vorerst nicht durchdringen, aber seine Stellung ist durch den Krieg eine andere geworden. „Preußens Endziel läuft gemäß jahrhundertelanger Tradition und gezwungen durch seine territoriale Lage dahin hinaus, an die Spitze der Nationalpartei in Deutschland zu treten, um über dasselbe die Hegemonie zu übernehmen. Was aber die Staatsmänner Preußens im geheimen gebrütet und was nach der Volksopposition im eigenen Lande wenigstens für lange Zeit unmöglich schien, das hat ein gewichtiger militärischer Erfolg für den Augenblick gemacht." An der Aussöhnung zwischen Regierung und Parteien ist nun nicht mehr zu zweifeln. Österreichs Stellung ist durch die Verschiebung von Preußens Machtstellung sehr schwierig geworden. Entschließt sich Österreich, in der schleswig-holsteinischen Frage „seine Stimme für ein nationales Programm zu geben, so verstärkt es direkt oder indirekt den Einfluß der Machtstellung Preußens; widersetzt es sich einem solchen, so verliert es den Rest seines Einflusses in Deutschland. Preußen und der Bund haben die vollendeten Tatsachen für sich, und ihre nationalen Forderungen werden von dem deutschen Volke getragen." 1061. Bericht über die am 1. Mai zu Weißenburg gehaltene Volksversammlung. Herausgegeben vom Ausschuß des Schleswig-HolsteinVereins für Weißenburg und Umgegend. Weißenburg, Carl Friedrich Meyer, 1864. 27 S. 8°. Mv

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Enthält eine Reihe von Reden zur Begründung der von der Versammlung (angeblich von über 4000 Personen besucht!) beschlossenen Resolutionen: Anerkennung Friedrichs VIII. durch den Deutschen Bund, insbesondere durch den bayrischen Staat! Jede Entscheidung der Londoner Konferenz, „welche über die Nachfolge auf den erledigten Thron der Herzogtümer Schleswig-Holstein ohne die Zustimmung des Landes getroffen werden möchte", ist unverbindlich und nichtig! Jede Abmachung, durch welche die rechtlich und tatsächlich gelöste Verbindung der Herzogtümer mit Dänemark erneuert werden sollte, wäre ein Verrat an Deutschland! „Wir erklären, daß das deutsche Volk sich keiner Abmachung, welche die Rechte der Herzogtümer und die Ehre Deutschlands schädigt, fügen, sondern alle Mittel daran setzen und jede Gelegenheit ergreifen wird, um sie zu vernichten und Recht und Ehre wiederherzustellen." 1062. Struve, Gustav, Diesseits und Jenseits des Oceans. Zwanglose Hefte zur Vermittelung der Beziehungen zwischen Amerika und Deutschland. Drittes Heft. Coburg, F. Streit, 1864. 136 S. 8°. B1:

Bt.

Datiert: Koburg, 7. Mai 1864. — Geht aus von bunt aneinandergereihten fragmentarischen Schilderungen amerikanischer Zustände in Vergangenheit und Gegenwart. Skizziert dann die Geschichte der badischen Revolution von 1848/49 und springt schließlich völlig abrupt zur Betrachtung der deutschen Gegenwartslage über. Charakterisiert die österreichische und preußische Monarchie schon ihrer historischen Entstehung zufolge als Feinde der deutschnationalen Interessen. Zeigt, wie durch ihre Schuld das deutsche Staatsgebiet seit der Zeit Rudolf von Habsburgs allmählich verkleinert worden und die deutsche Nation auf Kosten der Dynastien und des Auslandes geprellt worden ist. Bismarck ist das unzweifelhafte Verdienst vorbehalten gewesen, gegen sein Wissen und gegen seinen 'Willen im Interesse von ganz Deutschland zu handeln, indem er den Republikanern die „schwerere Hälfte ihrer Arbeit, das Aufregen oder sogenannte Wühlen" abnimmt und der deutschen Nation klar macht, daß die konstitutionelle Monarchie „nichts als leerer Schein" ist. „Uns bleibt nur die andere Hälfte der Tätigkeit übrig, Klarheit der Begriffe und Organisation" in die durch Bismarck erzeugte chaotische Verwirrung zu bringen. Es ist jetzt viel leichter als 1848, eine Aktionspartei ins Leben zu rufen. „Verbrüderung zwischen Volk und Heer, zwischen Republikanern und Konstitutionellen, zwischen Proletariern und Bourgeois ist das einzige Mittel, welches uns zum Ziele führen

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kann." Auch in der schleswig-holsteinischen Frage muß das Prinzip der Volkssouveränität und damit zugleich das des allgemeinen Stimmrechtes wieder zu Ehren gebracht werden. Die schleswig-holsteinische Frage ruht auf derselben Grundlage wie die deutsche. Die deutsche Nation verlangt eine Volksabstimmung, welche über das Schicksal von Schleswig-Holstein-Lauenburg zu entscheiden hat. Wenn auch Österreich und Preußen mit Gewalt vorgehen und wir das Banner der Republik jetzt noch nicht entfalten können, so verlieren wir doch „so wenig unsere Rechte auf Schleswig-Holstein und Lauenburg, als die Italiener aus gleichem Grunde ihre Rechte auf Venedig und Rom". — Weiter ausgeführt, wenn auch über die Proklamierung allgemeiner Schlagworte nicht hinauskommend im „Vierten Heft". Coburg, F. Streit, 1864. 183 S. 8°. (B^ ß4.) 1063. Ansprache des Ausschusses des deutschen Reformvereins. Nürnberg, 8. Mai 1864. Extrabeilage zum Wochenblatt des Deutschen Reformvereins. 9. Mai 1864. Fi-

Bekennt sich zu dem „sowohl im schlichten Volksbewußtsein als in der Wissenschaft begründeten Landes-, Staats- und Fürstenrecht der Herzogtümer Schleswig-Holstein und ihres angestammten Herzogs Friedrich VIII.". Protestiert dagegen, daß Preußen und Österreich dieses Recht bis zur Stunde nicht nur nicht anerkannt, sondern noch vor der Befragung der schleswig-holsteinischen Stände zum Gegenstande der Verhandlungen mit fremden Mächten gemacht hätten. „Sich selbst und seinen Grundsätzen getreu, hält es der Reformverein an der Zeit, wiederholt und feierlich auszusprechen und insonderheit dem Vertreter des deutschen Bundes in London zuzurufen, daß die deutsche Nation, insolange sie sich selber achtet, jede Lösung der schleswig-holsteinischen Frage, die gegen das Recht der Herzogtümer, ohne Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter und ihres Fürsten erfolgt, von sich weist und weisen muß!" — Vgl. ergänzend den Aufsatz von L. (d. i. Gustav Freiherr v. Lerchenfeld), Die Londoner Conferenz. Wochenblatt des Deutschen Reformvereins. 8. Mai 1864, Nr. 19. 1064. An die deutschen Brüder von Schleswig-Holstein. 1 Bl. Bo; Ktv

Datiert: Zürich, 23. Mai 1864. Aufruf des Zentralausschusses der Schleswig-Holstein-Vereine in der Schweiz. — „Überzeugt, wie wir sind, daß Eure nationale Selbständigkeit und freie Selbstkonstituierung nur wahrhaft gewahrt und durchgeführt werden kann, wenn 774

zugleich mit Euch das gesamte deutsche Volk seinen gerechten Forderungen auf nationale Freiheit und selbständiges Recht einen vollen und würdigen Ausdruck zu verschaffen weiß, fordern wir Euch auf, im entscheidenden Augenblick Eure Sache auf die einzig rechte und erforderliche Höhe nationaler Befreiung zu erheben und zum pulsierenden Mittelpunkt volkstümlicher deutscher Macht und Selbständigkeit zu machen. . . . Darum darf und muß das deutsche Volk von Euch die Erwartung hegen, daß Ihr Euch in dem Augenbücke wie ein Mann mit der W a f f e in der Hand e r h e b t , wo man Euch noch einmal — unter welcher gleißnerischen Form auch immer es sein mag — der rachsüchtigen Willkür eines engherzig verblendeten Volkes preisgeben oder doch an die hemmende Entwickelung eines fremden Staatswesens zur unvermeidlichen Fesselung eigner freier Kraft binden will. . . . Nur in der freien selbstbewußten Tat feiert ein Volk auch seine nationale Wiedergeburt." 1065. Aus Mitteldeutschland, im Mai. An den Herausgeber. Wochenschrift des Nationalvereins. 16. Juni 1864. Nr. 216. Bs; G;

Ki2.

Abgedruckt unter stärkstem Vorbehalt der Redaktion, die ihre abweichende, entschieden annexionsfeindliche Haltung in einer Reihe von Anmerkungen zum Ausdruck bringt. — Plädiert für kräftigste Unterstützung einer auf Eroberung der Elbherzogtümer für Preußen gerichteten Politik. „Denn die Macht, Größe und Ehre der Nation, die Ausdehnung der deutschen Grenze, die Möglichkeit einer Flotte ist für mich wenigstens ein so unverrückbares Ziel, eine so hoch- und feststehende Idee, daß daneben der Streit zwischen dem König von Preußen und seinem Parlament unbedeutend, der Hader aber über kognatische oder agnatische Erbfolge in der oldenburgischen Familie kindisch und lächerlich erscheint. Darauf allein kommt es an, daß die Länder nördlich von der Elbe der fremden Herrschaft entzogen nicht nur, sondern auch für unsere Nation nutzbar gemacht werden Ob Herr v. Bismarck, ob ein Mann liberalerer Färbung die preußische Politik leitet, dieselbe ist durch die Verhältnisse so klar vorgeschrieben, daß dem Grundriß dieser Politik kein Minister etwas hinzufügen oder etwas davon abtun kann. Die erste Regel dieser Politik heißt: einen neuen Mittelstaat zwischen Nord- und Ostsee nicht entstehen lassen, die zweite: jene Länder selbst erwerben." Gerade der preußische „Großmachtskitzel" muß als die Hoffnung Deutschlands betrachtet werden. Erblickt man in einer preußischen Zentralgewalt das Heil Deutschlands, dann hat die Nation gar nicht die Wahl, ob 775

sie Bismarck unterstützen will oder nicht, „sondern sie hat nur zu wählen, ob sie es tun und ihr Interesse fördern, oder es lassen und sich selbst beschädigen will". Indem die Nationalpartei mit den süddeutschen Partikularisten ein Kompromiß geschlossen hat, hat sie sich zur Dienerin der ihr feindlichen Politik degradiert. Da das Wesen des Staates Macht ist, so kann es bei der Lage der deutschen Dinge nur einen Anschluß an die preußische Politik geben. 1066. An die schleswigholsteinischen Vereine und Ausschüsse. [Unterzeichnet:] Die geschäftsleitende Commission der Versammlung von Mitgliedern deutscher Landesvertretungen. Dr. Müller. Brater. i B l . 4°. Bf Datiert: Frankfurt a. M., 3. Juni 1864. — Der vor die Londoner Konferenz gebrachte Vorschlag, einen Teil von Schleswig mit Holstein, einen Teil mit Dänemark zu verbinden, ist völlig unannehmbar. Über das Schicksal der Elbherzogtümer zu entscheiden, ist vor allem Sache des Volkes. „Dieses Recht der Bevölkerung geltend zu machen, ist die Pflicht des Bundes, dem die Verteidigung Holsteins und seiner Verbindung mit Schleswig obliegt; ist die Pflicht Preußens und Österreichs, die mit dem Blut ihrer Landeskinder Schleswig befreit haben; es ist die Pflicht aller Mächte, die einen dauernden Friedenszustand begründen wollen — denn die gewaltsame Teilung Schleswigs wäre ein Keim des Unfriedens und neuer Kämpfe." — Vgl. ergänzend die knappe Übersicht über 349 weitere Protesterklärungen in: Protest gegen die eigenmächtige Theilung Schleswigs. (Frankfurt a. M., C. Naumann, 1864.) 4 S. 40. (Bv) 1067. Elben, Otto, Dr., Keine Zerreißung Schleswigs! Vortrag gehalten in der Schleswig-Holstein-Versammlung zu Stuttgart den 6. Juni 1864. Herausgegeben von dem Schleswig-Holstein-Komit6 in Stuttgart. Stuttgart, J. B. Metzler, 1864. 24 S. 160. B1; KiKö; Sv- T. Fordert, daß der Herzog von Augustenburg endlich in seine Rechte eingesetzt werde und daß Schleswig-Holstein eine Volksvertretung und ein eigenes Heer erhalte. „Länger ist der jetzige verfassungslose Zustand in den Herzogtümern nicht zu ertragen." Ganz SchleswigHolstein sowie Alsen und die friesischen Inseln müssen deutsch werden. „Ohne Zustimmung des schleswig-holsteinischen Volkes durch seine gesetzlichen Vertreter ist jede Teilung unmöglich." 776

1068. Beschlüsse der Delegirten-Versammlung der schleswigholsteinischen Vereine zu Rendsburg den I2ten Juni 1864. 1 Bl. 4 0 . Bv

Keine Trennung, keine Teilung! Ein freies unabhängiges Schleswig-Holstein bis zur Königsau! Einberufung der schleswig-holsteinischen Landesversammlung, Bildung einer schleswig-holsteinischen Armee, „um für das gute Recht an der Seite Preußens und Österreichs fechten zu können". 1069. Düppel und Was machen wir daraus ? Von einem Diplomaten in partibus. Berlin, Verlag der Academischen Buchhandlung, 1864. 39 S. 8°. Allg. Bibl. 21. VII. 1864. —

B^

G; Hl;

Kix;

Wi.

In 2 Auflagen herausgegeben vom Preußischen Volks verein. — Diskutiert die nach dem Düppeler Siege sich ergebenden Lösungsmöglichkeiten der schleswig-holsteinischen Frage. Geschrieben während und nach der Londoner Konferenz. — Eine Erhaltung des dänischen Gesamtstaates ist fortan schon deshalb unmöglich, weil in Dänemark die demokratischen Eiderdänen am Ruder sind. Die Aufrichtung Schleswig-Holsteins als selbständiger Staat unter dem Erbprinzen von Augustenburg jedoch hat sowohl das Recht als auch die Möglichkeit und Zweckmäßigkeit gegen sich. In ganz besonderem Maße würde eine derartige Lösung dem preußischen Interesse widerstreiten. Gegenüber dem Nationalitätsprinzip muß das Eroberungsrecht geltend gemacht werden. Darum keine Teilung Schleswigs, insbesondere keine Rückgabe Nordschleswigs an Dänemark! Vor allem aber auch keine Annexion der Herzogtümer durch Preußen. Unzweifelhaft ist das Recht Schleswig-Holstein-Lauenburgs auf Zusammengehörigkeit, Selbständigkeit und Unabhängigkeit gegenüber Dänemark. Bis zur Lösung der Erbfolgefrage durch ein Austrägalgericht müssen die Herzogtümer vom Deutschen Bunde verwaltet und von österreichischen und preußischen Truppen besetzt gehalten werden. Auf jeden Fall aber muß Preußen seine gegenwärtige militärische Stellung in den Herzogtümern, nötigenfalls mit Waffengewalt, behaupten und seinen militärischen Sieg im Rahmen der europäischen Politik auch diplomatisch auswerten. „Wir müssen absolut, wenn wir eine Großmacht sein und bleiben wollen, danach streben, eine Seemacht zu werden." Um sich gegen England behaupten zu können, darf Preußen selbst eine Allianz mit Frankreich nicht scheuen. Nur durch geschicktes Lavieren zwischen den europäischen Mächten kann Preußen gegenwärtig seine Interessen wahren. Innenpolitisch muß der Düppeler

777

Sieg durch rücksichtslosen Kampf gegen die Fortschrittspartei ausgenutzt werden. Nur so kann der bei Düppel gewonnene Machtzuwachs Preußens behauptet werden. — Nun die Londoner Konferenz gescheitert ist, bleibt nichts anderes übrig, als den Krieg mit aller Energie wieder aufzunehmen, auch auf die Gefahr hin, daß er ein europäischer werde. „Denn wir finden uns wieder einmal in einem jener Momente, wo für Preußen die kühnste Politik die beste, ja die allein mögliche ist." 1070. (Prutz, Robert), Preußische Annexionsgelüste. Deutsches Museum. Zeitschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben. 23. und 30. Juni 1864. Bd. I, S. 895—899, 934—944. Bv Das entscheidende Motiv für das kriegerische Vorgehen der deutschen Großmächte gegen Dänemark war, „der Welt zu zeigen, daß es in der Tat kein Deutschland, nur ein Österreich und Preußen gibt und daß das übrige Deutschland nur insoweit existiert, als die beiden deutschen Großmächte ihm zu gestatten für gut befinden". Die große Frage ist jetzt, was aus der Kriegsbeute werden soll. Bismarcks Annexionsprojekt hat keine Aussicht auf Erfüllung. Nicht nur der Widerspruch Österreichs, auch der Wille der Herzogtümer selbst steht dem entgegen. Ganz anders läge die Situation, wenn in Preußen alles so stände, „wie es stehen sollte, befände es sich noch auf der Höhe, die es zur Zeit des Großen Kurfürsten und Friedrichs des Großen sowie zur Zeit der Befreiungskriege eingenommen, wäre es mit einem Wort noch der deutsche Musterstaat, der mit Recht allen übrigen vorangeht". 1071. Die Londoner Conferenzen zur Beilegung des deutschdänischen Streites. Nach authentischen Quellen bearbeitet. Separatabdruck aus der Leipziger Zeitung. Leipzig, B. G. Teubner, 1864. 6 2 S . 8°. Atlg. Bibl. 2g. IX. 1864. —

Bv-

G; H2;

Kix;

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Nach Angabe von B1 ist der Verfasser der Minister v. Beust, nach Angabe von B5 der sächsische Regierungsrat v. Witzleben. Geschrieben vor dem Abschluß der Wiener Friedenspräliminarien. — Ist der Londoner Konferenz die Herbeiführung des Friedens auch nicht gelungen, so hat sie doch zwei wichtige Resultate aufzuweisen: die Anerkennung der Hinfälligkeit des Londoner Protokolls und das Zusammengehen der beiden deutschen Großmächte mit dem übrigen Deutschland. Für Deutschland ist die Konferenz dadurch denkwürdig geworden, daß hier zum ersten Male seit seinem Bestehen der Deutsche

778

Bund als reale Macht im Rate der europäischen Mächte aufgetreten ist. Entwirft unter Zugrundelegung der Konferenzprotokolle ein eindringliches und wohl gegliedertes Gesamtbild von den Konferenzverhandlungen und ihren Ergebnissen. Verteidigt in sehr geschickter Weise die Haltung Beusts auf der Konferenz wie überhaupt die Bundespolitik. Von den neutralen Großmächten sei klar erkannt worden, daß die Herzogtümerfrage in den Händen des Deutschen Bundes nie über den Charakter einer R e c h t s f r a g e hinausgehen kann, von Österreich und Preußen dagegen eigenmächtig in die Hand genommen, zur M a c h t frage wird. Auch nach dem Scheitern der Konferenz ist auf den Wegen des Deutschen Bundes noch am ehesten zum Ziel zu kommen. 1072. Die diplomatische Action in der schleswig-holstein'sehen Frage. Unsere Tage. Blicke aus der Zeit in die Zeit. Bd. VI, 1864/65. S. 129—141, 301—317. Bv

Kritisch referierender Überblick über den Gang der Ereignisse und Verhandlungen vom Tode Friedrichs VII. bis zum Ende der Londoner Konferenz. Voller Anerkennung für die allmähliche Schwenkung der preußischen Politik, die ursprünglich zunächst Von rein taktischen Rücksichten bestimmt gewesen, dann aber immer kühner auf der nationalen Bahn vorangeschritten sei. 1073. [Frieke, Prof. Dr.], Zeugnisse aus der Holsteinischen Landeskirche in der Schleswig-Holsteinischen Landessache. Nebst einem Anhange: Die Adressen der Universität Kiel und der auswärtigen Geistlichkeit. Kiel, Ernst Homann, 1864. 49 S. 8°. Allg. Bibl. 24. III. 1864. — Bj/ iv

G; Ki2; Mx;

T.

Zweiter Abdruck. Ebda., 1864. 58 S. 8°. Allg. Bibl. 26. V. 1864. — Dx;

Lv

Enthält eine Reihe von Erklärungen für das „legitime" Erbrecht Friedrichs von Augustenburg, das mit dem schleswig-holsteinischen Landesrecht untrennbar verbunden sei. 1074. Huldigungs-Adressen an Se. Hoheit Herzog Friedrich V I I I . von Schleswig-Holstein aus dem Herzogthum Holstein. Eingegangen seit dem 20. November 1863. Kiel, Schwers, 1864. X X I I und 90 S. 8°. Allg. Bibl. 5. V. 1864. — Bx;

iv

G; Kv- Lx;

Mx.

Enthält 82 Adressen aus der Zeit von Mitte November 1863 bis Anfang Februar 1864 sowie ein 107 Nummern umfassendes VerzeichR o s e n b e r g , Publizistik.



779

nis der Deputationen, die ihre Huldigung in Kiel mündlich dargebracht haben. 1075. Huldigungs-Adressen an Se. Hoheit Herzog Friedrich VIII. von Schleswig-Holstein aus dem Herzogthum Schleswig. Eingegangen seit December 1863. Kiel, Schwers, 1864. XVIII und 40 S. 8°. AUg. Bibl. 5. V. 1864. —

ZV G; Klß- Lt;

Mv

Enthält 39 Adressen im Wortlaut, ein 46 Nummern umfassendes Verzeichnis der Deputationen, die ihre Huldigung mündlich dargebracht haben, sowie die Adresse des akademischen Konsistoriums der Universität Kiel an den König von Preußen vom 4. II. 1864 und die Adresse der Deputation schleswigscher Notabein an den König von Preußen und den Kaiser von Österreich vom 23. II. 1864. 1076. [Isenburg-Birstein, Carl Prinz zu], Der Holsteinische Erbfolgestreit und das deutsche Bundesrecht. Frankfurt a. M., Verlag für Kunst u. Wissenschaft, G. Hamacher, 1864. 19 S. 8°. AUg. Bibl. 25. II. 1864. — Bx;

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S3;

T.

In 2 unveränderten Auflagen nachweisbar. — Alle Parteien vereint verlangen von dem Deutschen Bunde, dessen Lebensfähigkeit bisher so stark angezweifelt worden war, die Lösung der holsteinischen Frage. Unzweifelhaft hat der Bund ein Recht, Holstein und Lauenburg gegen die Angriffe zu verteidigen, die von seiten der dänischen Regierung gegen die Verfassung dieser Länder gemacht werden. Aber auch bezüglich der holsteinischen Erbfolgefrage eine Entscheidung zu treffen, ist der Bund nicht nur kompetent; bei richtiger Interpretation der Wiener Schlußakte ist er vielmehr dazu verpflichtet, mit bewaffneter Macht zugunsten des nach seiner Ansicht legitimen Herzogs sich einzusetzen. Zu einem kriegerischen Eingreifen um Schleswigs willen ist der Bund nicht verpflichtet, aber berechtigt. Der Bund muß die Ruhe möglichst bald wieder herstellen, „indem er denjenigen Prätendenten, dessen Ansprüche nach seiner Ansicht begründet sind, als Herzog von Holstein und deutschen Bundesfürsten anerkennt, einsetzt und so den Erbfolgestreit definitiv austrägt". 1077. Votum des königlich bayerischen Bundestagsgesandten Freiherrn von der Pfordten über die Erbfolge in Schleswig-Holstein. Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn, 1864. 88 S. 8°. Allg. Bibl. 5. V. 1864. — Bt;

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Kö; Mx;

S3.

Zweite, mit einer Einleitung verm. Auflage. Ebda., 1865. XIII und 88 S. 8°. AUg. Bibl. 25. V. 1865. —

780

Bs.

1864 auch in französischer und englischer Übersetzung erschienen. — Gedruckt auf Veranlassung der geschäftsleitenden Kommission der deutschen Abgeordnetenversammlung. Das Vorwort der 2. Auflage skizziert den Streit um Schleswig-Holstein seit der Londoner Konferenz. — Enthält die Begründung zu dem von Bayern in der Bundestagssitzung vom 12. III. 1864 eingebrachten Antrag auf Anerkennung des Herzogs Friedrich von Augustenburg als legitimen Herzog von Holstein. Das historisch und juristisch umfänglich begründete und weit ausholende Votum gelangt zu dem Ergebnis, daß der Herzog von Augustenburg als legitimer Herzog von Holstein und Schleswig zu betrachten ist. Da Holstein zum Deutschen Bunde gehört, hat die Bundesversammlung die unabweisliche P f l i c h t , ihn als Herzog von Holstein anzuerkennen, während sie in dem Streit um die Thronfolge in Schleswig nur das Recht hat, ihn auch hier als Herzog anzuerkennen. 1078. Über das Verhältniss Deutschlands zum Londoner Vertrag. Vortrag des Ausschusses für die Holstein-Lauenburgische Verfassungsangelegenheit, die Erbfolge in den Herzogthümern Holstein und Lauenburg, insbesondere die Stellung des Deutschen Bundes zu dem Londoner Vertrage vom 8. Mai 1852 betreffend. (Zur 9. BundestagsSitzung vom J . 1864.) Leipzig, F. A. Brockhaus, 1864. 20 S. 8°. Allg. Bibl. 19. V. 1864. — Bx; Dx; H2; Ki2; Kö;

Mv

Für den Deutschen Bund ist der Londoner Vertrag in keiner Weise bindend. Eine nachträgliche Billigung des Vertrages durch den Bund ist unmöglich, da der Bund damit die Rechte der Agnaten und gesetzmäßigen Landesvertretungen, zu denen er vertragsgemäß verpflichtet ist, verletzen und die Rechte und Interessen der Herzogtümer wie der Gesamtheit des Bundes preisgeben würde. Da die dänische Regierung die Vereinbarungen von 1851—52 verletzt hat, hat auch für Österreich und Preußen der Londoner Vertrag seine bindende Kraft verloren. 1079. Schultze, Th., Regierungsrath z. D., Die Wahrheit in der Holsteinischen Erbfolgefrage wider die Augustenburger Doctrin. Lübeck, Friedr. Aschenfeldt, 1864. 80 S. 8°. Allg. Bibl. 21. IV. 1864. — Bp- iv

Ki1;

T.

Rückblick auf Geschichte und Erbrechtsverhältnisse von Holstein unter Heranziehung der wichtigsten Quellen, der Fachliteratur und der Publizistik. Ergebnis: Solange das Haus Gottorp nicht ausstirbt, bleiben die Sonderburger von jeder Sukzession in die Souverä50*

781

nitätsrechte über Holstein ausgeschlossen. Der Regierungsnachfolge Christians IX. steht rechtlich nichts im Wege, nur bedarf es noch einer Abfindung der Ansprüche, „welche der Augustenburger Linie in Konkurrenz mit der Glücksburger auf den altköniglichen Separatanteil und den feudalen Teil des vormals Plöner Anteils zustehen und als wesentlich auf einen Mitgenuß der Dominialintraden derselben gerichtet angesehen werden können; denn eine reelle Teilung muß natürlich heutzutage vermieden werden, auch wenn sie die Souveränitätsrechte nicht berührt". Der Deutsche Bund hat kein Recht, die Ansprüche des Augustenburgers zu unterstützen und zur Geltung zu bringen. 1080. Warnstedt, A. von, Geheimer Regierungsrath und Generalsecretair des Universitäts-Curatoriums, Doctor beider Rechte und der Philosophie, Staats- und Erbrecht der Herzogthümer SchleswigHolstein. Kritik der Schriften des Staatsraths Zimmermann und des Geheimeraths Pernice. Hannover, Schmorl&von Seefeld, 1864. Xund 254 S. 8". Allg. Bibl.

5. V. 1864.

Das wissenschaftliche Hauptwerk der für die augustenburgische Sukzession in Schleswig-Holstein, für die völlige Lostrennung der Herzogtümer von Dänemark und gegen die Gültigkeit des Londoner Vertrages sich aussprechenden Literatur. Vgl. ergänzend Warnstedt, Das Recht der Erstgeburt in dem schleswig-holstein'sehen Fürstenhause. Eine Kritik mehrerer Gegenschriften. Hannover, Schmorl & von Seefeld, 1864. 140 S. 8°. (ß 1 ; Ft; Kix; Mx), sowie die Gegenschrift von Herbert P e r n i c e , Zur Würdigung der von Warnstedt'sehen Schrift: Staats- und Erbrecht der Herzogthümer Schleswig-Holstein, Kritik der Schriften des Staatsraths Zimmermann und des Geheimeraths Pernice. Eine nothgedrungene Ehrenrettung. Halle, Julius Fricke, 1864. 49 S. 8°. (Bv~ Dr; Fx; Mx). 1081. Die legitime Erbfolge in Schleswig-Holstein. C. L. Hirschfeld, 1864. 32 S. 8°. Allg. Bibl. 2. VI. 1864. —

B^- D2; Fv-

Kix;

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Leipzig,

T.

Untersucht die Frage, ob für Schleswig und Holstein die Primogeniturordnung feststeht. „Gesetzlich oder statutarisch existiert eine Primogeniturordnung in betreff der beiden Herzogtümer weder als Landesrecht, noch als sonderburgisches Familienrecht." Daher ist keineswegs der augustenburgische Thronprätendent der einzige legitime Erbe. Das Recht des jetzigen Königs von Dänemark steht dem 782

des Augustenburgers vollkommen gleich. Bestreitet von rein juristischen Gesichtspunkten aus das Recht der Herzogtümer auf Unteilbarkeit der Regierungsnachfolge, die an sich unabhängig ist von der im Landesrecht begründeten Realunion der Herzogtümer. — Festhaltend am Erbrecht des Augustenburgers sowohl nach der Primogenitur wie nach der Lehnfolgeordnung, wendet sich hiergegen Albert H ä n e l , Professor der Rechte an der Universität Kiel, Das Recht der Erstgeburt in Schleswig-Holstein. Eine Kritik der Schrift: Die legitime Erbfolge in Schleswig-Holstein. Kiel, Ernst Homann, 1864. 21 S. 8°. (Kix;

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T.)

1082. Kaim, Isidor, Die Staatserbfolge Herzog Friedrichs VIII. im Herzogthum Lauenburg. Zugleich gegen Michelsen, Sintenis und Wippermann. Dresden, Wolf, 1864. 79 S. 8°. Allg. Bibl.

23. VI. 1864. —

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Rückblick auf Geschichte und staatsrechtliche Verhältnisse Lauenburgs seit dem 17. Jahrhundert. Der einzig berechtigte Thronprätendent ist gegenwärtig der Herzog Friedrich VIII. von SchleswigHolstein, dem damit auch das Recht zusteht, „vom Herzogtum Lauenburg Besitz zu ergreifen und vom Bund nicht allein die Zulassung seines Gesandten in der Bundesversammlung, sondern auch Schutz seiner Rechte gegen alle sonst unberechtigten Ansprüche zu fordern." 1083. Ravit, Joh. Chr., Untersuchungen über die Staatssuccession im Herzogthum Lauenburg mit dem von der Schleswig-HolsteinLauenburgischen Kanzlei über diese Frage erstatteten Gutachten. Kiel, Ernst Homann, 1864. 115 S. 8°. Allg. Bibl. 21. VII. 1864. —

B1;

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Kix.

Ergebnis: Friedrich von Augustenburg ist als nächster erbberechtigter Agnat des dänischen Königshauses auch zur Nachfolge in Lauenburg berufen, jedoch verpflichtet, den Häusern Anhalt, Mecklenburg und Brandenburg „in petitorio" Recht zu stehen.

4. Von der Londoner Konferenz zum Wiener Frieden, 1084. Erklärung. [Unterzeichnet:] Die geschäftsleitende Commission der Versammlung von Mitgliedern deutscher Landesvertretungen. Dr. Müller. Brater. (Frankfurt a. M., C. Naumann, 1864.) i B l . 4°. Bx.

Datiert: Frankfurt a. M., 7. Juli 1864. — „Die ganze Nation erklärt sich für den Prinzen von Augustenburg, weil das Volk in Schles-

783

wig-Holstein ihm gehuldigt und weil sie erkannt hat, daß an den Sieg seiner Sache der Sieg des Rechtes und der nationalen Interessen geknüpft ist. Mit derselben Einmütigkeit erklärt sich die Nation gegen den oldenburgischen Bewerber, weil das Volk der Herzogtümer ihn nicht will, weil er kein Recht zur Erbfolge hat und weil die nördliche Grenzmark Deutschlands nicht unter dem Machtgebot des russischen E i n f l u s s e s stehen d a r f . " Die deutschen Regierungen müssen, ihrer auf der Londoner Konferenz übernommenen Verpflichtung getreu, „ohne Aufschub am Bundestag die Anerkennung des Herzogs Friedrich aussprechen und ihm die Möglichkeit gewähren, die Regierung nach den Bestimmungen des beschworenen Grundgesetzes in den Herzogtümern anzutreten." 1085. Schleswig-Holstein. An das deutsche Volk. 4 S. 8°. [Kopftitel.] Unterzeichnet: Für das Schleswig-Holstein Comité: Der engere Ausschuß. Datiert: London, 13. Juli 1864. — Wendet sich gegen die Erbansprüche Peter von Oldenburgs, der „der Bevollmächtigte des Zaren von Rußland" sei. Den neuesten Verwicklungen der schleswigholsteinischen Frage kann das deutsche Volk entnehmen, „daß für seine nationale Ehre, Unabhängigkeit und Macht kein Heil ist, solange Dynastenrecht und die fürstliche Diplomatie sowohl des In- wie des Auslandes anstatt des Volksrechtes der freien Selbstbestimmung die Oberhand behält". Um die Interessen der Nation zu wahren, bedarf es einer „mannhaften Erhebung, durch die das Volk selbst das Steuer ergreift, statt es Händen zu überlassen, die sich mehr denn einmal als untreu erwiesen haben". 1086. „Blut und Eisen!" Ein Mahn wort an Herrn von Bismarck zur Wiener Friedens-Conferenz von einem Vertreter der Gebliebenen. Berlin, Eng. Mecklenburg, 1864. 27 S. 8°. B1;

Kö.

Die preußischen Siege gegen die Dänen bestätigen Bismarcks Blut- und Eisenpolitik. Die Machtlösung muß ein neues Recht schaffen. „Schleswig-Holstein und Lauenburg müssen für immer von Dänemark getrennt und dem preußischen Staate einverleibt werden." Das Londoner Protokoll von 1852 enthält zwar für die Großmächte die Verpflichtung, Christian IX. und dessen Deszendenz auf dem Throne der gesamten dänischen Monarchie, also auch als Herzog von Schleswig-Holstein und Lauenburg anzuerkennen und diese gesamte 784

Monarchie gegen Erbansprüche von irgendeiner Seite her zu schützen, enthält aber keineswegs eine Garantie der Integrität Dänemarks für alle Zeiten. Durch den Krieg Preußens und Österreichs gegen Dänemark ist das Londoner Protokoll nicht alteriert worden, denn es handelt sich in ihm „einzig und allein um diejenige Integrität der dänischen Monarchie, welche nach dem Tode König Friedrichs VII. durch die verschiedenen Erbfolgerechte mehrerer Personen und Mächte bedroht und in Frage gestellt war". Da Preußen und Österreich gesiegt haben, so müssen sie unter Erlaß der Kriegskosten kraft Eroberungsrechtes die Abtretung von Schleswig, Holstein und Lauenburg zu gemeinschaftlichem Besitz verlangen. Damit wäre dann die Bundesexekution auch formell gegenstandslos geworden. Die Bundestruppen müssen Holstein und Lauenburg räumen und, wenn es nicht geschieht, so werden Preußen und Österreich befugt sein, „gegen sie Hausrecht zu üben". Würde Preußen den Erbprinzen von Augustenburg zum Herzog von Schleswig-Holstein machen, so müßte man Preußens Politik „landesverräterisch" nennen; „denn sie würde mit dem Blute und Eisen Preußens dem Vaterlande eine — Rute und eine Narrenkappe eingekauft haben!" Die beste Lösung ist, daß Österreich seinen Anteil gegen eine angemessene Entschädigung, möglicherweise gegen einen Teil Schlesiens, an Preußen überläßt. 1087. [Schuselka, Franz?], Deutschlands Trauer. Die Reform. "Wochenschrift. 28. Juli 1864. Nr. 30. wi;

w3.

Mit Gewalt haben Österreich und Preußen den Deutschen Bund in der schleswig-holsteinischen Angelegenheit beiseite gedrängt. „Österreich und Preußen haben Schleswig und Jütland erobert, aber sie haben das Band der deutschen Nationaleinigung zerrissen, sie haben das politische Gebäude Deutschlands in seinen Grundfesten erschüttert. Der Sieg über Dänemark ist zur gefährlichsten Katastrophe für Deutschland geworden. Der Deutsche Bund existiert nicht mehr; in dem Augenblicke, wo er als politische Macht aktiv in die Geschichte eintreten sollte, haben ihm seine beiden großmächtigen Mitglieder den Todesstoß versetzt." An seine Stelle scheint unter österreichischer Assistenz die preußische Hegemonie treten zu wollen. „Deshalb herrscht tiefe, schmerz- und zornerfüllte Trauer in ganz Deutschland; der deutsche Österreicher namentlich möchte schier verzweifeln." 1088. Deutsch oder preußisch ? Bericht über die Verhandlungen der am 4. August stattgehabten General-Versammlung des Großdeutschen Vereins zu Hannover, enthaltend 1. die einleitenden Worte 785

des Vereinspräsidenten, Obergerichtsdirektor Witte, 2. den Antrag des Vereinsausschusses, 3. die Begründung dieses Antrags durch den Schriftführer des Vereins, Dr. Bärens. Hannover, Ph. C. Göhmann, 1864. 16 S. 8°. Hr1;

Kiv

Der einstimmig angenommene Antrag fordert den Deutschen Bund auf, von Preußen volle Genugtuung für den von ihm durch Besetzung Rendsburgs erfolgten Rechtsbruch zu fordern und „durch die schleunigste Regelung der Erbfolge in dem Herzogtum Holstein Gewaltschritten der fraglichen Art und Umtrieben, welche den nämlichen Zweck verfolgen", vorzubeugen. 1089. [Klopp, Onno, oder Meding, Oskar, oder beide gemeinschaftlich], Die Politik der königlich hannoverschen Regierung in der deutschdänischen Frage. Hannover, Klindworth, 1864. 36 S. 8°. Allg. Bibl. 25. VIII.

1864. — Bv- D2; G; KÖ; LX; MLT- WT.

Hat regierungsoffiziösen Charakter. — „Hannover kann niemals preußische, niemals österreichische Politik treiben, es muß in seinem Interesse wie in dem des ganzen Deutschlands stets reindeutsch und großdeutsch im besten und edelsten Sinne des Wortes sein." Das Ziel der hannoverschen Politik in der schleswig-holsteinischen Verwicklung mußte daher sein „die Herstellung der politischen Selbständigkeit und Autonomie der Herzogtümer". Durch den Londoner Vertrag, den Hannover als zu recht bestehend und bindend anerkennen mußte, war es in seiner Aktion gehemmt. Der hannoverschen Regierung aber ist es zu danken, daß der Deutsche Bund den Besitz Holsteins ohne Widerspruch der europäischen Mächte erlangte, daß die volle Kompetenz des Deutschen Bundes nach allen Richtungen gewahrt und das Objekt des Streites zunächst in die Hände des Bundes gebracht wurde. Durch ihre vermittelnde und versöhnende Haltung hat es die hannoversche Regierung fernerhin erreicht, „daß die Einigkeit Deutschlands erhalten wurde und daß auch Schleswig in die Hände deutscher Mächte gelangte, ohne daß der Bund in kriegerische Konflikte mit den europäischen Mächten geriet". Schließlich aber ist es auch der hannoverschen Regierung durchzusetzen gelungen, daß der Londoner Vertrag als Rechtsgrundlage für den Bund nicht anerkannt und die Erbfolgefrage als eine offene Frage der rechtlichen Vorprüfung überwiesen wurde. „Ohne die unerschütterliche Festigkeit der königlich hannoverschen Regierung wäre weder die Einmütigkeit Deutschlands bewahrt, noch der allseitig unanfechtbare Weg des strengen Rechts innegehalten worden." 786

1090. Winterhoff, C., Mit Scorpionen statt mit Ruthen. Blicke in die Gegenwart und Zukunft des Vaterlandes, insbesondere Enthüllungen über den wahren Charakter der Schleswig-Holsteinischen Bewegung und der sogenannten Fortschritts- und Nationalpartei. Von einem Demokraten. Erster Theil. Dritte Auflage. London, Winterhoffs Selbstverlag, 1864. 207 S. 8°. Blß- Br2; G; Kix; Wi.

Datiert : Juli bis August 1864. — Begrüßt den Sieg Preußens und Österreichs über Dänemark, weil dieser Sieg identisch sei mit einer völligen Niederlage dès Liberalismus in ganz Deutschland. „Die Liberalen, von denen all unsere Misere seit 1848 herrührt, müssen vernichtet werden, das ist die Grundbedingung alles Fortschritts. . . . An der Sache der Demokratie verzweifeln, heißt an der Sache der Menschheit und am Menschen verzweifeln." Die Demokratie darf sich zu dem Gang der Dinge, wie er durch das Vorgehen Preußens und Österreichs gestaltet worden ist, Glück wünschen. „Die gänzliche Vernichtung des sogenannten Verfassungslebens in Preußen (die in Österreich aufgeführte Komödie ist nicht der Rede wert) ist als ein Glück zu betrachten, die dadurch und durch den militärischen Sieg immer schamloser hervortretende Reaktion wird hoffentlich, wenn sie bisher mit Ruten darein hieb, in Zukunft Skorpionen auf den Rücken des Volkes klatschen lassen und so auch die gemäßigten Schichten auf unsere Seite führen. Nur so kann eine wirklich gründliche Revolution mit vollständig gesichertem Ausgange hervorgerufen werden." Beruft sich auf Waldeck, Temme, Lassalle, die ein bedingungsloses Nichteintreten für Schleswig-Holstein gefordert hätten. Entwirft ein überaus trübes Bild von der politischen Gesinnung und den Taten der „ekelerregenden Erscheinung" des ,,Nationalheros Friedrich ohne Land" und zeigt unter Heranziehung reichhaltigen publizistischen Materials, daß das V o l k in Schleswig-Holstein, abgesehen von Advokaten und Professoren, vor der Exekution keineswegs augustenburgisch gesinnt gewesen sei und von einer Loslösung vom dänischen Gesamtstaat nichts habe wissen wollen. Charakterisiert Wesensart und Zusammensetzung der Augustenburger Partei und schildert in großen Zügen die Wandlungen in dem Verhalten des schleswigholsteinischen Volkes. Gegenüber der Gefahr der Konstituierung Schleswig-Holsteins unter dem Hause Augustenburg bedeutet die Annexion durch Preußen das kleinere Übel, denn „der deutschen Republik der Zukunft kann es nur lieb sein, die Keime zu einer starken Seemacht bei ihrer Konstituierung schon vorzufinden". Wem es wirklich um die Interessen Deutschlands und Schleswig-Holsteins zu 787

tun ist, der muß dahin wirken, daß der Herzog von Augustenburg davongejagt werde. Polemisiert mit beißendem Hohne gegen die Agitation der mittel- und kleinstaatlichen Regierungen und den „Schleswig-Holsteinismus" des Liberalismus, insbesondere des Nationalvereins. Feiert demgegenüber den Sieg der Politik der deutschen Großmächte und Bismarcks glänzenden Sieg über den Liberalismus. Bismarck hat die alte geschichtliche Erfahrung bestätigt, daß „in einem Staate, dem es an einer geordneten Verfassung fehlt, ein glänzender Sieg über den auswärtigen Feind immer auch ein Sieg über das eigene Volk ist". Sein Triumph ist „der bewußte Sieg der tatkräftigen Intelligenz über den phrasenreichen Doktrinarismus". Skizziert den Gang der preußisch-österreichischen Politik und die allmähliche Wendung Bismarcks zum Annexionsgedanken. Der demokratische Radikalismus darf dem getrost zustimmen, obwohl für die politische Freiheit bei dieser Lösung nichts zu gewinnen ist und es sich lediglich darum handelt, „ob Schleswig-Holstein einem kleinen oder großen Despoten gehören soll". Die endgültige Lösung der schleswig-holsteinischen Frage kann nur durch die preußische Annexion erfolgen. Damit ist aber dann zugleich der preußische Verfassungskonflikt gelöst. „Wir wollen Frieden mit unserm Könige", so werden die preußischen Fortschrittsparteiler begeistert rufen und die Kriegskosten, „Geld in Hülle und Fülle hergeben". Sollte jedoch das Abgeordnetenhaus wider Erwarten widerspenstig sein, so wird es einfach aufgelöst oder aber vertagt und nicht wieder einberufen werden. „Der Rückschlag auf das übrige Deutschland kann nicht ausbleiben, die Reaktion rüstet sich überall." Mit ihrem Vordringen aber wächst zugleich die Zukunft der Demokratie. Würde Bismarck unter der Parole Zentralgewalt und Parlament die gewaltsame Annexion der übrigen deutschen Kleinstaaten betreiben, so würde das deutsche Volk ihm zujauchzen, damit aber würde zugleich eine radikale Revolution auf lange Zeit hin unmöglich gemacht werden. Sollte Bismarck jedoch die Mediatisierung ohne das Bündnis mit dem deutschen Volke versuchen, so würde das ein Einverständnis mit Österreich voraussetzen, „das entweder auf der Teilung Deutschlands oder auf Garantie der außerdeutschen Besitzungen Österreichs und neuen Teilungsplänen an der Donau zwischen den Mächten der heiligen Allianz basierte". Bismarck, dessen Kühnheit, Vorurteilslosigkeit, Talent und Energie unzweifelhaft sind, kann nicht einfach, wie er will, denn er hat gegen sich die Junkerpartei, die einen mächtigen Verbündeten an der Schwäche „Wilhelms des Letzten" hat. 788

1091. [Bünger, Rudolf], Preußisch oder selbständig ? Ein Wort zur sogenannten Realpolitik. Altona. A. Mentzel, 1864. 14 S. 8°. Allg. Bibl. iS. VIII. 1864. — G; Hx; Ki1(- Kö; Wi.

Datiert: 2. August 1864. — Richtet sich gegen die Bestrebungen, Schleswig-Holstein in lockerer oder festerer Form dem preußischen Staate anzugliedern. „Eng mit der einheitlichen Entwicklung Deutschlands ist seine freiheitliche Entwicklung verknüpft. Wenn erst in jedem deutschen Lande die Rechte des Volkes den Dynastien gegenüber zur Geltung gekommen sein werden, dann werden die größten Hindernisse zur deutschen Einheit hinweggeräumt sein; denn nur die dynastischen Interessen stehen der Einheit entgegen, die Interessen und Sympathien des Volkes fordern sie gebieterisch. Schleswig-Holstein aber unter der Regierung Friedrichs VIII., der das Staatsgrundgesetz beschworen hat, dem das Volk freiwillig gehuldigt, SchleswigHolstein mit seinem selbständigen Herzog, mit seiner freien, schönen Verfassung, kann nicht verfehlen, eine segensreiche Wirkung auf das ganze Mutterland auszuüben." 1092. Dr. L., Österreichs politische Erfolge in dem deutschdänischen Kampfe. Ost und West. Zeitschrift für Politik, 16. August 1864. Nr. 27, S. 73—77wv An sich lag nicht die geringste Veranlassung für die Nationen Österreichs vor, im Norden Deutschlands kriegerisch für Österreichs Macht und Ehre einzutreten, denn es handelte sich um eine Angelegenheit, die nur die Herzogtümer und den Deutschen Bund anging. Preußen dagegen hatte Motive genug, aktiv in den Kampf einzugreifen, denn mit der freiheitlichen und einheitlichen Entwicklung der deutschen Angelegenheiten fördert Preußen gleichzeitig seine eigenen Interessen wie andererseits in dem Maße, als sich die Macht und der Einfluß Preußens vermehrt, auch Deutschland sich stärkt und kräftigt. Nur die Eifersucht auf Preußens etwaige Erfolge hat Österreich auf die Seite Preußens getrieben. Die Rechbergsche Politik, die darauf hinauslief, den Schwerpunkt des Reiches in Deutschland, statt im Innern zu suchen, hat jedoch nicht einmal die Hälfte der Lorbeeren Preußen abzujagen vermocht. Ganz im Gegensatz zu Preußen, das sich arrondiert und an der Nordsee festen Fuß gefaßt hat, „wenn auch in den Herzogtümern ein sogenannter selbständiger Fürst regieren würde, der eigentlich doch nur von Preußen regiert wird", hat Österreich keinen Zuwachs an Macht davongetragen. Nicht nur das, die so dringend nötige innere Reform ist durch den Krieg ins Stocken ge789

raten. „Eine Politik, die ihren Wirkungskreis dort sucht, wo die Grenze ihres Reiches aufgehört hat, die den Schwerpunkt des Staates statt in die auf freiheitlicher Basis geeinte Kraft seiner Nationen in die Fremde verpflanzt, um sich im günstigsten Falle an eine morsche Krücke lehnen zu können, kann nicht zum Heile führen." Nur ein Weg führt zu Österreichs Macht und Größe „und das ist der Weg durch, die Freiheit zur Einigung!" 1093. Brater, K., Preußen und Bayern in der Sache der Herzogthümer. Mitte August 1864. Nördlingen, C. H. Beck, 1864. 3 1 S. 8°. Allg. Bibl. 1. IX. 1864. — Bv- G; ffx; He; Ki2; L^; Mx;

Wt.

Mit der völligen Trennung der Herzogtümer von Dänemark ist ein Schandfleck der deutschen Geschichte endlich gelöscht. Aber man muß „bekennen, daß den deutschen Mächten ihr Sieg durch den Druck der öffentlichen Meinung und den Verlauf der Ereignisse halb widerwillig aufgedrungen, daß er durch die Mißhandlung der eigenen Bundesgenossen, durch unlautere Beweggründe und nichtswürdige Intrigen befleckt, daß kurz gesagt niemals ein gutes Werk mit schlechteren Werkzeugen vollbracht worden ist". Mit gleichem Widerwillen und gleicher Scham steht das deutsche Volk der kleinmütigen, untätigen Politik der deutschen Klein- und Mittelstaaten gegenüber. Skizziert den Gang der Ereignisse und diplomatischen Aktionen seit dem Tode Friedrichs VII. Zeigt, wie die preußisch-österreichische Politik, von „fremdartigen und verwerflichen Rücksichten" geleitet, die Gebote des Rechts, der Ehre und der nationalen Interessen mißachtet und zum Spielball selbstsüchtiger Berechnungen gemacht habe. Zeigt, wie im Vollzuge der Aktion auch der „absolutistische freiheitsfeindliche Grundzug der Berliner Politik" sich keinen Augenblick verleugnet habe. „Durch den Druck der Volksbewegung ist das verbündete Heer nach Schleswig geführt, durch den Druck der militärischen Erfolge ist die Berliner Politik genötigt worden, ihre diplomatischen Forderungen zu steigern. Daß sie sich diesem Druck, wenn auch schwankend und widerstrebend, gefügt, daß sie, als ihr Entschluß gefaßt war, das noch ängstlicher zaudernde Österreich nach sich zu ziehen gewußt und den englischen Einschüchterungsversuchen Widerstand geleistet hat — darin liegt das Verdienst der Berliner Politik." Weder in Berlin noch in Wien hat man die große Aufgabe begriffen, die schleswig-holsteinische Frage für die Durchführung des nationalen Programms auszunutzen und mit rücksichtsloser Energie für die Forderungen der deutschen Nation einzutreten. Dem Bismarckschen politischen System fehlt „die Volkstümlichkeit des Strebens und die 790

Lauterkeit des Charakters, aber es fehlt ihm nicht weniger das Genie und die despotische Kraft. Seine Gedanken sind abenteuerlich ohne Größe und Schwung, seine Maßregeln gewalttätig, ohne zu imponieren. Daraus erklärt sich, daß die preußische Politik weder mit guten noch mit schlechten Mitteln Großes verrichtet." An eine Annexion der Herzogtümer ist gar nicht zu denken, hat doch die preußische Politik sogar die Dankbarkeit der Herzogtümer und die Achtung der Nation sich verscherzt. Nicht minder als Österreich, das „der Mitschuldige aller preußischen Sünden" ist, haben sich die Mittelstaaten kompromittiert. „Ihre ganze Politik ist ein ununterbrochenes Bekenntnis der Unfähigkeit und Ohnmacht gewesen." An dem Versagen der Mittelstaaten trägt Bayern die Hauptschuld, „dessen Haltung lähmend auf alle anderen zurückgewirkt und ihre gemeinsame Tätigkeit zur Impotenz verurteilt hat". Darum ist aus der Losung „Alles am Bund und durch den Bund!" die praktische Maxime geworden: „ N i c h t s durch den Bund und nichts durch uns, alles nach Preußens und Österreichs Belieben!" Wirkungsvoller hat sich die Macht der „öffentlichen Meinung" erwiesen. Ihr Werk ist zum großen Teil „die freundliche Haltung Frankreichs, der Rückzug Englands, die Vernichtung des Londoner Protokolls, der Abschluß der Friedenspräliminarien". Durch das Versagen der mittelstaatlichen Regierungspolitik aber ist ein klaffender Gegensatz zwischen den Regierungen einerund der Volkskraft und dem Volksgeist andererseits entstanden. Damit aber ist die Lösung der deutschen Frage in weite Ferne gerückt. Weder von der Gründung eines engeren Bundes der Mittelund Kleinstaaten, noch von den Bismarckschen „Annexionsränken" ist für den Patrioten irgendetwas zu erhoffen. Drei Resultate aber hat der Kampf um Schleswig-Holstein gebracht: „Erstens: die Befreiung der Herzogtümer vom dänischen Joch. . . . Zweitens: die Stärkung der Volkskraft, die einen entschiedenen Anteil an diesem Befreiungswerk genommen hat, und die erhöhte Achtung des Auslandes vor dem politischen Charakter der deutschen Nation. Drittens: die vollständigste Aufklärung über den Geist und Charakter sowohl der preußischen und österreichischen als der mittelstaatlichen Politik und die vollständigste Entkräftung des Bundesorgans." 1094. Strobel, Joseph, Über die Notwendigkeit einer Föderation der deutschen Mittel- und Kleinstaaten. Chronik der Gegenwart. Monatsrundschau auf dem Gebiete von Staat, Kirche und Gesellschaft. 1864. S. 213—223. G;

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Geschrieben im August nach Abschluß des Wiener Vorfriedens. — Dadurch daß die Herzogtümerfrage zu einer rein innerdeutschen geworden ist, ist sie nur noch schwieriger geworden. Denn es steht zu befürchten, „daß jenes Großpreußentum, dessen Repräsentant Bismarck ist, die Herzogtümer verschlinge und sie für Deutschland verloren mache, wenn anders Österreich im Bunde mit den Mittelstaaten nicht zu einer mannhafteren Energie sich aufrafft, als es bisher dem preußischen Übermut gegenüber gezeigt hat". Von einem R e c h t Preußens auf die Elbherzogtümer kann keine Rede sein. „Daß es diese befreit hat, gibt keinen Rechtstitel. Preußen erfüllte lediglich eine Schuldigkeit, die es sich dadurch auflud, daß es den Bund am aktiven Vorgehen hinderte." Erst recht ist aus politischen Gründen eine Annexion der Herzogtümer durch Preußen abzulehnen, denn je mehr Preußen sich stärkt und erhebt, desto größer wird für die übrigen deutschen Staaten die Gefahr, mediatisiert zu werden. Versagt sich Österreich in dem Kampfe gegen die preußische Großmannssucht, „so tritt an die deutschen Mittelstaaten allein die Aufgabe heran, dafür zu sorgen, daß Deutschland nicht in preußischem Rauch aufgehe, daß sie nicht alle nach und nach vom preußischen Hai verspeist werden. . . . Die Gelegenheit, sich durch Föderation mit einer kräftigen Zentralbehörde die Geltung zu verschaffen, die dem Einzelnen abgeht, ist zum zweiten Male geboten." Um zu realer Macht und entsprechender Geltung zu gelangen, bedarf es der Konstituierung eines engeren Bundesstaates mit einem „Fürst-Präsidenten" an der Spitze, „in dessen Hand der Oberbefehl über die organisierte Gesamtarmee und die diplomatische Oberleitung vereinigt sind, der überhaupt die Befugnis hat, die Beschlüsse des legislativen Körpers mit einem diesem letzteren verantwortlichen Ministerium auszuführen. Was den legislativen Körper betrifft, so dürfte er aus einem Fürsten- und Volkshause oder Parlamente bestehen." 1095. Österreich und der Frieden. Ökonomisch-politische Revue brennender Fragen und schwebender Verhandlungen über soziale und materielle Zeitinteressen. 1864. Bd. I, S. 1 1 3 — 1 1 5 (September). Der Krieg gegen Dänemark muß für Österreichs Interessen ausgebeutet, Preußens Annexions- und Hegemoniegelüsten muß energisch entgegengetreten werden. Unter der Voraussetzung, daß SchleswigHolstein dem Augustenburger überlassen wird, müßte Österreich für seine Opfer und Verluste eine Entschädigung verlangen entweder in Geld oder durch Aufnahme Österreichs ins deutsche Zollvereinsgebiet oder in Gestalt „einer Gebiets Vergrößerung durch Abtretung der 792

preußischen Provinzen Schlesien, Gnesen und Posen an Österreich, wogegen man Preußen das eroberte Lauenburg-Jütland und die Inseln getrost überlassen könnte." 1096. Der militärische Anschluß der Herzogthümer an Preußen. Wochenschrift des Nationalvereins, i . September 1864. Nr. 227. Bs; G; Ki2;

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Der Abschluß einer Militärkonvention mit Preußen ist diejenige Lösung der Herzogtümerfrage, die das Recht Deutschlands und der Herzogtümer mit den dank seiner Waffentaten berechtigten Ansprüchen Preußens ausgleicht. Der Herzog von Schleswig-Holstein soll darum über die Organisation seines Heeres frei entscheiden können, aber für den Kriegsfall muß dieses einen Teil der preußischen Armee bilden. — Von programmatischer Bedeutung ist die von der Auffassung des Verfassers „ganz entschieden abweichende" Nachschrift der Redaktion. Hiernach ist an dem in den Herzogtümern herbeigeführten Erfolg des deutschen Rechts „die p r e u ß i s c h e P o l i t i k gerade so unschuldig als der Deutsche Bund, ja noch unschuldiger. Die Macht der öffentlichen Meinung in Deutschland, der einmütige Wille des deutschen Volkes war es, der den preußischen Waffen die der preußischen Politik und ihren Tendenzen ganz entgegengesetzte Richtung gegeben hat; die p r e u ß i s c h e P o l i t i k dagegen war es, welche den Deutschen Bund an einem Vorgehen in deutschem Sinne gewaltsam gehindert hat." „Als der M ä c h t i g s t e hat sich auch in dem letzten Kriege wieder nur und allein das d e u t s c h e V o l k erwiesen; denn seinen entschlossenen, einmütigen Forderungen haben nicht nur die beiden deutschen Großmächte, sondern die Großmächte überhaupt sich beugen müssen. Eine nicht kopflose d e u t s c h n a t i o n a l e Politik muß also bestrebt sein: n i c h t der antideutschen dynastischen Politik einer der beiden sogenannten deutschen Großmächte, sondern der wirklichen d e u t s c h e n V o l k s p o l i t i k in den deutschen Herzogtümern eine feste Position zu schaffen. Dies aber geschieht nicht durch eine Militärkonvention mit Preußen, sondern durch eine rasche Konstituierung der Herzogtümer auf Grund ihrer freien Verfassung von 1848 und mittelst einer d u r c h u n d d u r c h volkstümlichen, ihre ganze V o l k s k r a f t umfassenden H e e r e s o r g a n i s a t i o n , welche so das Vorbild für gleiche Bildungen in den übrigen deutschen Staaten werden kann." 1097. Wackernagel, Wilhelm, Schleswig-Holstein und der NordOstsee-Kanal. Deutsche Jahrbücher für Politik und Literatur. 1864. Bd. 12, S. 267—278 (September).

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„Das Recht auf das Meer ist es, was das deutsche Volk für sich beansprucht; dieses Recht kann von ihm nur in Schleswig-Holstein errungen werden. Die schleswig-holsteinische Frage ist für das deutsche Volk eine nationale Machtfrage. Nicht ob dieses oder jenes Fürstenhaus in den Herzogtümern zwischen Elbe und Königsau regieren, nicht ob diese oder jene Staatsverfassung in ihnen Geltung haben soll, nicht darum handelt es sich, sondern darum, daß diese deutschen Lande und diese deutschen Stämme fortan zu D e u t s c h l a n d gehören und von dem politischen Gestaltungstriebe, den das d e u t s c h e Volk durchdringt, die Richtschnur ihres politischen Lebens empfangen." Erst wenn Schleswig-Holstein wieder deutsches Land geworden ist, ist an eine maritime Entwicklung Deutschlands durch Gründung einer deutschen Flotte zu denken. Deutschlands Wehrfähigkeit zur See aber ist abhängig von dem Bau eines Nord-Ostseekanals, der ein nationales Unternehmen ersten Ranges darstellt nicht nur in politischer, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Deutschlands Nordgrenze bedarf nicht minder des Schutzes wie seine Westgrenze. 1098. [Bünger, Rudolf], Bismarck und die Lösung der schleswigholsteinischen Frage. Altona, A. Mentzel, 1864. 15 S. 8°. Allg. Bibl. 29. IX. 1864. — B10;

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Der Absolutismus und das preußische Junkertum werden die Früchte des Sieges über Dänemark ernten. „Bei Düppel sind nicht allein die Dänen besiegt, sondern auch die deutschen Hoffnungen, die preußische Verfassung und die preußische Volkspartei." Der Gegensatz von preußisch und deutsch ist durch den Kriegsausgang nur noch verschärft worden. Mehr denn je verfolgt die Bismarcksche Politik in der schleswig-holsteinischen Frage nicht nationale, sondern egoistische Zwecke. Darum muß das schleswig-holsteinische Volk doppelt auf der Hut sein und gegen einen schließlich auf Annexion oder Inkorporation hinauslaufenden Anschluß an Preußen energisch Front machen. „Die staatliche Selbständigkeit, das Staatsgrundgesetz und der engste Anschluß an Deutschland dürfen unter keiner Bedingung geopfert werden, und die Anerkennung des Herzogs Friedrichs VIII. ist als die Verwirklichung dieser Ziele zu betrachten und daher mit aller Energie zu erstreben." 1099. Betrachtungen über die Ergebnisse des schleswigschen Krieges. Jahrbücher für Gesellschafts- und Staatswissenschaften. 1864. Bd. 2., S. 237—245 (September). Bv 794

Die Wiener Friedenspräliminarien übertreffen die gehegten Erwartungen. Da es vor allem darauf ankommt, die erzielten Resultate im Interesse D e u t s c h l a n d s zu verwenden, und da es „nichts Angelegentlicheres" gibt als die Schaffung einer deutschen Kriegsflotte, die für die Nord- und Ostsee nur von Preußen, für das Mittelmeer nur von Österreich geschaffen werden kann, so muß Preußen instandgesetzt werden, in Schleswig-Holstein festeren Fuß zu fassen. In ihrem eigensten Interesse haben die Herzogtümer, insbesondere aber Schleswig, dahin zu trachten, daß sie in maritimer, militärischer und diplomatischer Beziehung mit Preußen vereinigt werden. „Österreich und Preußen und der Bund, soweit er berechtigt ist, haben zu bestimmen, sowohl wer in Zukunft über die Herzogtümer herrschen, als welchen Schranken die künftige Herrschaft unterworfen werden soll." Weder ist das Sukzessionsrecht des Prinzen von Augustenburg unzweifelhaft erwiesen, „noch kann er, wenn ihm die Herrschaft angetragen werden sollte, sie frei von allen Bedingungen verlangen, noch steht alsdann ihm allein zu, die Verfassung des Landes zu normieren". Es steht nicht zu erwarten, daß Österreich einer Festsetzung Preußens in den Herzogtümern und dem Aufschwünge Preußens zur See hindernd in den Weg treten wird. Die wirklichen Hindernisse liegen bei den Mittelstaaten, die offenbar als Ziel ihrer Politik noch immer die Gründung eines neuen Mittelstaates an der Elbe verfolgen, „um dadurch der Machtentwicklung Preußens einen dauernden Hemmschuh anzulegen". Hat bereits die Zollvereinskrisis gezeigt, daß die Verhältnisse stärker sind als die Menschen, daß man Preußen durch diplomatische Schachzüge in Deutschland nicht mattsetzen kann, „daß das zu erreichende Ziel vielmehr in einer Ausgleichung der Interessen der süddeutschen Staaten und Österreichs mit denen Preußens und des nördlichen Deutschlands besteht", so gilt das gleiche auch in der schleswigholsteinischen Angelegenheit. Den Mittelstaaten wird daher nichts weiter übrig bleiben, als sich mit Preußen und Österreich unter Anerkennung ihrer Interessen zu verständigen. Bei dieser Gelegenheit ist auch die Frage der Bundesreform zu klären. Die Bundesreform ist ein anerkanntes Bedürfnis. Soll der Bund jedoch reformiert werden, so darf er nicht im voraus in der öffentlichen Meinung ruiniert werden. Hofft, daß folgende, durch den schleswig-holsteinischen Krieg bestätigte Lehre zur Grundlage der Bundesreform gemacht wird: „Deutschland wird nur groß und mächtig sein, wenn Österreich und Preußen einträchtig an der Spitze Deutschlands stehen, wenn jeder dieser Staaten den Interessen des anderen und beide zusammen die Interessen der übrigen deutschen Staaten und Stämme zu fördern R o s e n b e r g , Publizistik.

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bemüht sein werden. . . . Die Wiederherstellung der Freundschaft zwischen den genannten Mächten ist nur eine Garantie mehr, daß der europäische Frieden erhalten und die Rechtsordnung geschützt, resp., wo sie gebrochen ist, wiederhergestellt wird." Von der Wiederbelebung des Gefühles für Sittlichkeit und Recht ist auch die Beilegung des innerpreußischen Konfliktes zu erwarten, zumal neben den materiellen, durch den Krieg erzielten Erfolgen die technischen Einrichtungen sowohl als die Organisation und Führung der Armee ihre Probe bestanden haben. 1100. Schleswig-Holsteins nächste Zukunft. Berliner Revue. Social-politische Wochenschrift. 23. September 1864. Bd. 38, s. 385-391Bi-

Bei seinem Eintreten für Dänemark verfolgt England nur sein eigenes Interesse. Es will mit allen Mitteln Preußens Aufstieg zur Seemacht verhindern. Die Wiener Präliminarien haben gegen England entschieden. Mit ihnen hat sich Deutschland die Perspektive eröffnet, „mit der Zeit eine Seemacht ersten Ranges zu werden, einen ebenbürtigen Teil des Welthandels selbständig in Besitz zu nehmen und seine Kriegsflagge stolz und sicher in alle Meere zu senden". Nur dann jedoch kann Schleswig-Holstein seine große Bestimmung für Deutschland erfüllen, wenn es mit Preußen aufs engste und unwiderruflichste verbunden wird. Dann wird Preußen den Kieler Hafen befestigen, den Nordostseekanal bauen, eine respektable Kriegsflotte schaffen und Dänemark zum politischen Anschluß an Deutschland, vielleicht zum Eintritt in den Zollverein nötigen. Der Widerstand der großen Mächte und der inneren Gegner kann nur durch einträchtiges Zusammengehen von Preußen und Österreich gebrochen werden. Die Entscheidung liegt jetzt in der Hand des Wiener Kabinetts. Während Preußens Aufgabe jetzt darin besteht, „den unmittelbaren, legitimen Einfluß Österreichs in Süddeutschland zu stärken", muß Österreich Preußen freie Hand im Norden lassen und mit Ernst danach trachten, „Preußen die militärische, politische und maritime Vormundschaft über Schleswig-Holstein zu verschaffen. . . . Denn der Norden um Preußen, der Süden um Österreich gruppiert, beide in fester Einigkeit nach außen — das ist die einzige Lösung der deutschen Frage, welche die Natur der Dinge möglich macht." 1101. R. [Rochau, August Ludwig v.], Wochenbericht. Wochenschrift des Nationalvereins. 6. Oktober 1864. Nr. 232. Bh; G; Ki2;

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Datiert: Heidelberg, 2. Oktober 1864. — Unzweifelhaft wird Bismarck auf Kosten der Verfassung und der Staatsmoral in seiner Gewaltpolitik fortfahren, ohne dabei auf ernstliche äußere Hindernisse zu stoßen. „Ein verbrecherischer Wille, dem einige hunderttausend Bajonette zu Befehl stehen, ist eben eine Macht, die in gewöhnlichen Zeitläuften den Gedanken des gewaltsamen Widerstandes in einem unbewaffneten und unorganisierten Volke nicht aufkommen läßt." Trotzdem wird sich das preußische Volk mit der Reaktion niemals aussöhnen und sich die Genugtuung vorbehalten. Die unausbleibliche Wirkung des Bruchs zwischen Regierungssystem und Volksgeist ist ein Zwischenzustand zwischen innerem Krieg und Frieden, den kein Staat lange aushalten kann. Am wenigsten ist Preußen mit seiner von allen Seiten gefährdeten Existenz und seinem Lebensbedürfnisse der Machtvergrößerung einer solchen Lage gewachsen. Der Zusammenbruch des Bismarckschen Systems ist daher nur eine Frage der Zeit. Muß die Nationalpartei auch an ihrer entschiedenen Opposition gegen das Ministerium Bismarck festhalten, so darf sie doch dort, wo das deutsche Nationalinteresse mit dem preußischen Staatsinteresse zusammenfällt, der Bismarckschen Politik, selbst in der schleswigholsteinischen Angelegenheit, keinen Widerstand leisten. So darf sie z. B. dem Eintritt Schleswig-Holsteins in den Zollverein, dem Bau eines schleswig-holsteinischen Kanals und eines Kriegshafens in Kiel oder Eckernförde nicht entgegentreten. „Die preußische Führerschaft ist keine Erfindung des Nationalvereins, sondern ein Erzeugnis der deutschen Geschichte, kein bloßer Zukunftsplan, sondern in einem gewissen Umfange bereits eine Wirklichkeit des heutigen Tages, die selbst unter den ungünstigsten Bedingungen, wie sie der gegenwärtige Staatszustand Preußens mit sich bringt, nach manchen Richtungen hin die Geschicke der Nation beherrscht." 1102. N., Was nun weiter? Wochenschrift des National Vereins. 6. Oktober 1864. Nr. 232. Bs; G; Ki2;

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Abgedruckt unter Vorbehalt der Redaktion. — Die schleswigholsteinische Bewegung nähert sich ihrem Ende. Sie war kein bloßes Zwischenspiel, sondern ein Akt in dem Drama unserer Nationalentwicklung, dem die bedeutsame Tatsache zugrundelag, daß Nationalverein und Reformverein, die sich bis dahin mit erbitterter Feindschaft bekämpften, ihre Fähigkeit bewiesen haben, in einer nationalen Angelegenheit einträchtig zusammenzuwirken. Diese Einheit der Aktion und Organisation darf nicht wieder verloren gehen. An die Stelle

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der Agitation für Schleswig-Holstein muß jetzt die für Bundesreform treten. Und um den Parteien ein gemeinsames Vorgehen zu ermöglichen, muß ein Kompromiß geschlossen, von der Frage der Zentralgewalt zunächst ganz abgesehen und die Forderung auf „Volksvertretung am Bunde" beschränkt werden. 1103. Österreichische Briefe. Deutsches Museum. Zeitschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben. 6. Oktober 1864. Bd. II,

s. 534—541Bi-

Deutschland hat durch den Kriegsausgang an internationaler Geltung mächtig gewonnen. Die österreichische Politik in der schleswig-holsteinischen Frage, anfänglich planlos, dann im Schlepptau der preußischen Politik, wird jetzt den Siegespreis zahlen müssen. Preußen hat sein eigentliches Ziel, die Realisierung der Mainlinienpolitik, so gut wie erreicht, selbst wenn ihm die förmliche Annexion der Herzogtümer vorerst nicht gelingen sollte. Sowohl der Gedanke einer einheitlichen Zentralgewalt wie der eines Triasdirektoriums für Deutschland sind unmöglich geworden. Übrig bleibt nur noch eine Teilung Deutschlands in eine österreichische und eine preußische Interessensphäre. Auf die Dauer ist aber auch eine derartige Doppelführung unhaltbar. Ist der Friede mit Dänemark erst endgültig gesichert, dann muß Österreich die preußische Allianz lösen und ein Bündnis mit Frankreich und England abzuschließen versuchen. Nur dann kann es seine Mission im Osten erfüllen, ohne seiner Stellung in Deutschland das Mindeste zu vergeben. Erst nach Abschluß eines festen Allianzsystemes kann Österreich an die Lösung seiner inneren, insbesondere der ungarischen Frage gehen. Die Regierung muß der Deakschen Partei entgegenkommen und mit dem wieder einzuberufenden ungarischen Landtag ein Kompromiß schließen. 1104. [Hepke, Robert], Ein preußisches Wort. Berlin, Berggold, 1864. 72 S. 8°. Allg. Bibl. 24. XI. 1864. — Bh; Bo; Kix;

Kö; Lx; S x ; tV4.

Zweite unveränderte Auflage. Ebda., 1864. 72 S. 8°. B2; G; Ht;

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Dritte Auflage. Wohlfeile Ausgabe. Ebda., 1864, 48 S. 8°. Allg. Bibl. 22. XII. 1864. —

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Die großes Aufsehen erregende, aus der nächsten Umgebung Bismarcks stammende Schrift erblickt die Bedeutung des Jahres 1864 darin, daß Preußen sich selbst wiederzufinden und auch gegenüber

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den Fragen der deutschnationalen Politik eine Politik zu treiben begonnen habe, die nur die reale Kräftigung des eigenen Staates zum Ziel hat. Preußen muß fortan auch gegenüber den deutschen Bundesstaaten die Geltendmachung des wirklichen Machtgewichts zur Grundlage seiner Politik machen. „Mit der Mondscheinpolitik, welche auf der Errungenschaft von Sympathien, auf moralischen Eroberungen, ein großes Deutschland gründen wollte und auf dem besten Wege war, ein verwesendes Preußen zu schaffen, um es in ein zerfallendes Deutschland aufgehen zu lassen, mit dieser Mondscheinpolitik muß gründlich gebrochen werden." Die moralische Eroberungspolitik der „Neuen Aera" hat zu einer beispiellosen Abschwächung des preußischen Machtgewichtes den einzelnen Staaten gegenüber geführt. Das preußische Beamtentum, neben dem König und der Armee die Grundsäule des preußischen Staats, ist von dieser moralischen Eroberungspolitik zum Teil infiziert worden. Im Gegensatz zu dem „schwarzrot-goldenen Afternationalismus", der auf die Zerstörung Preußens gerichtet ist, muß mit aller Schärfe betont werden, „daß die Rehabilitierung der Machtstellung Preußens in Deutschland durch rücksichtsloses Einsetzen und Geltendmachung der eigenen Staatskraft allein zu einer wirklichen Konsolidation der deutschen Verhältnisse, zu einer besseren Gestaltung Deutschlands führen kann". Legt dar, wie Preußens Stellung in Deutschland historisch erwachsen ist und wie Preußens territoriale, militärische und politische Schwächen in Deutschland geworden und wie sie zu heben sind. Die Versuche Preußens, seine Stellung zu stärken durch Revision der Bundeskriegsverfassung, des Bundesfestungswesens, durch freie Verträge und Konventionen mit den einzelnen Bundesstaaten, durch eine allgemeine Bundesreform, sind als gescheitert anzusehen. Der Deutsche Bund bedeutet für Preußen keine Heilung, sondern nur eine Schwächung. Bisher hat sich Preußen für Deutschland aufopfern müssen, ohne selbst etwas dabei zu gewinnen. „Die Idee vom Aufgehen Preußens in Deutschland tritt innerhalb wie außerhalb der Landesgrenzen auf, und die Verleugnung des preußischen Patriotismus und der preußischen Staatsidee beginnt zugunsten eines schwarz-rot-goldenen Nationalismus den Staat zu untergraben." Dieser Nationalismus steht im Bunde mit einem importierten, Preußen schwächenden, dem altpreußischen Wesen widerstreitenden Konstitutionalismus. Preußen muß zu den friderizianischen Traditionen zurückkehren und zur „Realpolitik" übergehen. „Die preußische Reformidee verlangt eine wirkliche, keine scheinbare Konzentration der Staatskräfte Deutschlands. Sie wird eben deshalb die Forderung der einheitlichen militärischen und diplomatischen Exekutive nur in 799

solchen Grenzen für berechtigt anerkennen können, in welchen die Spannkraft des eigenen Staates zu ihrer Geltendmachung nötigenfalls ausreicht. Es besteht wohl kein Zweifel darüber, daß die Möglichkeit der Realisierung nationaler Wünsche z u n ä c h s t auf dieser S p a n n k r a f t beruht." Diese Spannkraft möglichst zu steigern, muß das Streben des preußischen Patriotismus sein. Österreich aber muß in seinem eigenen Interesse mit dem Axiom brechen, „daß jeder Machtzuwachs Preußens, namentlich die kräftigere Basierung seiner Stellung in Deutschland, von Österreich verhindert werden müsse." 1105. Dr. Löwe-Calbe, Abgeordneter, Die gegenwärtige innere und äußere politische Lage Preußens. Vortrag gehalten am 19. October 1864 im Berliner Arbeiter-Verein. Nach dem Arends'schen Schriftsystem stenographirt und herausgegeben von H. Roller. Berlin, Selbstverlag des Herausgebers, 1864. 24 S. 8°. Allg. Bibl. 15. XII. 1864. — B1; Bo; G; Kö; L^; Wt.

Betont seine freudige Genugtuung über den Sieg in SchleswigHolstein. Preußen muß einen Preis für seine Leistung erhalten. Schon durch seine geographische Lage ist Preußen zu deutscher Politik gezwungen. Seit 1815 liegt die Verteidigung Deutschlands in Preußens Händen. „Diese Erniedrigung für Deutschland, wie die Überbürdung von Preußen — dieser ganze traurige Zustand muß ein Ende haben." Es muß eine d e u t s c h e Armee unter Preußens Führung geben. Die Blut- und Eisenpolitik um Schleswig-Holsteins willen hat Preußens Stellung in Deutschland nicht wesentlich verbessert, da die für ein Eingreifen in die schleswig-holsteinischen Verwicklungen geeigneten Momente von Bismarck verpaßt worden sind. Mit Schuld daran ist die Anerkennung des Londoner Protokolls durch Bismarck. Statt sich mit Deutschland zu verbünden, ist Bismarck mit Österreich zusammengegangen, offenbar um die nationale Bewegung resultatlos verlaufen zu lassen. Eine preußisch-deutsche Allianz würde schneller zum Ziel geführt, geringere Opfer gekostet und für Preußen einen größeren moralischen Erfolg bedeutet haben. Hätte es eine deutsche Armee unter preußischer Führung gegeben, wäre unter den Kanonen des Feindes die Reform der Bundeskriegsverfassung erreicht worden, dann wäre damit auch die Heeresreorganisationsfrage gelöst gewesen. Denn wenn dann auch noch einige Zeit hindurch eine starke preußische Armee nötig gewesen wäre, „wir würden die Opfer gern bringen, wenn wir nur das Ende von diesen Opfern absehen könnten". Die Erfahrungen des Feldzuges haben gegen die Notwendigkeit der dreijährigen Dienstzeit gesprochen. Soweit die Landwehr im Kriege zur 800

Geltung gekommen ist, steht ihre Tüchtigkeit außer Frage. Schon aus diesem Grunde empfiehlt sich die Rückkehr zur Landwehr im alten Sinne. Da eine Annexion Schleswig-Holsteins durch Preußen im Hinblick auf die allgemeine politische Lage nur unter unverhältnismäßig großen Opfern möglich sein würde, so empfiehlt sich eine nähere Verbindung der Herzogtümer mit Preußen durch eine Marine-, eventuell auch durch eine Militärkonvention. Das Hauptresultat des Feldzuges gegen Dänemark ist das gewachsene Selbstvertrauen der Armee und des Volkes. Das Abgeordnetenhaus wird auch weiterhin in seinem Rechtskampf um die Verfassung und die Freiheit ausharren und sich der deutschen Mission Preußens und der Tatsache bewußt bleiben, daß nur von Berlin die Initiative für die große Umgestaltung Deutschlands ausgehen kann. — Gegen die hier propagierten Gedanken protestiert vom ultrakonservativen preußischen Standpunkt: H. v. H.'s (d. i. H u n d t v. H a f f t e n s ) Erwiderung auf Herrn Dr. Löwe-Calbe's Vortrag über die gegenwärtige innere und äußere politische Lage Preußens gehalten am 19. Oktober im Berliner ArbeiterVerein. Berlin, Stilke & van Muyden, 1864. 16 S. 8°. (B^ Bo.) 1106. Ausschuß der Versammlung von Mitgliedern deutscher Landesvertretungen. Die geschäftsleitende Commission an die schleswig-holsteinischen Vereine und Hilfsausschüsse. (Frankfurt a. M., C. Naumann, 1864.) 1 Bl. 2 S. 40. Bv Genugtuung über die nun tatsächlich erfolgte Befreiung Schleswig-Holsteins von der Fremdherrschaft. Auch beim Abschluß des Friedensvertrages haben Preußen und Österreich wie bisher das nationale Recht und die Selbstbestimmung des Volkes mißachtet, sind ganz in der Art der alten Kabinettspolitik verfahren und haben das Recht der Gewalt wirksam sein lassen. „Gleich einer unterjochten, dem Rechte des Siegers verfallenen Völkerschaft werden die Herzogtümer der souveränen Verfügung der beiden Großmächte dahingegeben." Unverzüglich muß die schleswig-holsteinische Landesvertretung einberufen und ihre Zustimmung zum Friedensvertrage eingeholt werden. Der Art. 3 des Vertrages ist nichtig. „Weder aus diesem noch aus irgendeinem anderen Titel kann die Nation ein Verfügungsrecht der beiden Mächte über Schleswig-Holstein und seine Zukunft anerkennen; jede ohne den Willen des Landes zu treffende Anordnung in dessen staatsrechtlichen Angelegenheiten wird sie als ungültig und unverbindlich betrachten." 801

1107. Bericht über die Sitzung des Ausschusses der Versammlung von Mitgliedern deutscher Landesvertretungen in Weimar am 16. October 1864. (Frankfurt a. M., C. Naumann, 1864.) 3 S. 40. Bv

Datiert: Frankfurt a. M., 20. Oktober 1864. Unterzeichnet: Dr. S. Müller. G. Fr. Kolb. — Knapper Bericht über den Stand der Finanzen, die politische Tätigkeit des Ausschusses und die gegenwärtige Lage der schleswig-holsteinischen Angelegenheit. Die nationale Bewegung muß fortan dafür eintreten, daß das bisher mißachtete und noch immer bedrohte Selbstbestimmungsrecht des schleswig-holsteinischen Volkes gesichert wird, zunächst durch Einberufung der gesetzlichen Landesvertretung und Einsetzung des Herzogs Friedrich. „Dieses Recht erheischt ferner freie, nur durch Deutschlands und die eigenen Interessen bestimmte Beschlußfassung des Landes über das neu zu ordnende Verhältnis zu Deutschland und über die Frage, ob und welche Verträge mit Preußen zu schließen seien; über den Anschluß Schleswig-Holsteins an den Z o l l v e r e i n , den Deutschlands und die eigenen Interessen fordern; und endlich über den E i n t r i t t S c h l e s w i g s in den Deutschen B u n d , welcher schon durch das Staatsgrundgesetz vorgesehen und für Schleswig wie für das gesamte Deutschland gleich unumgänglich ist." 1108. [Jörg, Joseph Edmund], Die Lage der deutschen Mittelstaaten. Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. 1864. Bd. 54, S. 707—725. Datiert: 25. Oktober 1864. — Erhofft das Weiterbestehen der preußisch-österreichischen Allianz. Kritisiert die jüngsten Phasen der mittelstaatlichen „Schaukelpolitik", die zur Selbst Vernichtung und zur Machtsteigerung Preußens geführt habe. Wenn sie nicht mit der deutschen Demokratie oder mit Frankreich ein Bündnis eingehen wollen, dann bleibt den Mittelstaaten nichts anderes übrig, als sich an die beiden deutschen Großmächte zu einem freien, einmütigen und bundesfreundlichen Zusammenwirken anzuschließen und mit vereinter Kraft gegen die täglich mehr andrängende Revolution anzukämpfen. Auch bei der Lösung der schleswig-holsteinischen Frage müssen sie Preußen und Österreich folgen, selbst wenn dabei der Vorteil Preußens noch so groß ist. Das Ziel muß sein, die preußisch-österreichische Allianz bis zur Verständigung über eine gemeinsame Bundesreform zu steigern. „Nicht zu anderweitigen deutschen Allianzen wäre ein abermaliger Bruch zwischen Wien und Berlin das Signal, sondern zu 802

einem — allgemein deutschen Wettrennen nach Paris, um sich die Gunst und Gnade des Imperators vorweg zu erschnappen." 1109. [Schuselka, Franz?], Eine Allianz mit Preußen. Die Reform. Wochenschrift. 27. Oktober 1864. S. 1347—1352. »V Österreich hat durch sein wegen der schleswig-holsteinischen Frage abgeschlossenes Spezialbündnis mit Preußen von diesem nichts gewonnen und in Deutschland buchstäblich alles verloren. In seiner gegenwärtigen Lage hat Österreich weder von einer französischen, noch von einer preußischen Allianz etwas zu hoffen, denn „Frankreich will Österreich aus Italien, Preußen will es aus Deutschland verdrängen". Bevor an ein Bündnis mit Preußen gedacht werden kann, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: „ E s muß erstlich Österreich wieder seine frühere imponierende Macht erlangt haben, und es muß die deutsche Frage durch die Initiative Österreichs im Geiste des deutschen Volkes und zur Befriedigung desselben gelöst sein. Dann wird Preußen zur Überzeugung gelangen, daß die Erlangung der Herrschaft über Deutschland eine Unmöglichkeit sei. Es wird sich dann auf die Erreichung des Möglichen beschränken und dafür seinerseits die Freundschaft Österreichs suchen müssen. Dann wird die naturgemäße nationale Allianz hergestellt sein, in welcher Österreich und Preußen sich gegenseitig und dadurch zugleich das zweckmäßig konföderierte Deutschland stützen."

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1110. Zur Generalversammlung des Nationalvereins. (Von einem Mitgliede des Vereins.) Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur. 1864. Bd. IV, S. 233—237. Datiert: München, Ende Oktober 1864. — Konstatiert das gesunkene Ansehen des Nationalvereins und die Gleichgültigkeit, mit dem ihm zur Zeit die öffentliche Meinung gegenübersteht. Will der Nationalverein wieder Einfluß und praktische Geltung gewinnen, so muß er, statt an der rein theoretischen Agitation für Reichsverfassung und Parlament festzuhalten und den aussichtslosen Versuch zu machen, die Massen für diese Ziele in Bewegung zu setzen, sich vollkommen neu orientieren. „Was der Nationalverein braucht, sind Erfolge, praktische Erfolge"; die kann er aber nur in engster Anlehnung an den preußischen Staat gewinnen. „Alle Politik ist ihrem Wesen nach praktischer Natur. Der Erfolg bestimmt — immer vorausgesetzt, daß ihre Ziele sittliche, d. h. wahrhaft nationale sind — ihren Wert und damit die Achtung, welche ihr gezollt wird. . . . Der V e r e i n muß sich an803

heischig machen, die deutsche Politik Preußens in jedem konkreten F a l l e zu unterstützen und sich ihr unterzuordnen." Die Rücksichtnahme auf Süddeutschland muß fallen, auch auf die Gefahr einer Spaltung des Vereins hin. Einer norddeutschpreußischen Partei gehört die Zukunft. So weit Bismarck die nationalpolitische Bewegung wirklich vorwärts treibt, „müssen wir seine Erfolge mit zu den unsrigen zu machen suchen". 1111. [Brater, Karl], Flugblätter des deutschen Nationalvereins. Herausgegeben im Auftrage des Ausschusses vom Geschäftsführer. IX. Politischer Bericht erstattet in der fünften Generalversammlung des deutschen Nationalvereins in Eisenach am 31. Oktober 1864. Coburg, Verlag der Expedition der Wochenschrift des Nationalvereins, 1864. 14 S. 8°. Allg. Bibl. 8. VI. 1865. — Bs; Brt;

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Ist die Herstellung der deutschen Einheit auch noch eine Frage der Zukunft, so ist doch durch die Befreiung Schleswig-Holsteins ein großes Ergebnis unter dem Einflüsse des wiedererwachten nationalen Lebens gewonnen. Die Ohnmacht der Regierungen, Deutschlands Gesamtverfassung ohne Zuziehung der Volkskräfte zu reformieren, ist im verflossenen Jahre evident geworden. Die Befreiung der Elbherzogtümer vom dänischen Joche ist zu einem wesentlichen Teile auf die Agitation des Nationalvereins zurückzuführen. Vollendet aber ist die Befreiung erst dann, wenn die Herzogtümer, „die jetzt von der Willkür der Sieger wie erobertes Land behandelt werden, ihrer freien Selbstbestimmung zurückgegeben sind". Begrüßt die jetzt gesicherte Erneuerimg des Zollvereins und die Annahme des preußischfranzösischen Handelsvertrages. Erhofft den Sieg der Verfassungspartei in Preußen. Bismarck hat mit seinem Eintreten für SchleswigHolstein nichts anderes getan, als „nach langem Sträuben und Schwanken dem Begehren der Volksvertretung genügt und die schimpflichen Wege der Politik von 1850 verlassen. Eine kräftige liberale Regierung wäre ohne Zaudern zu demselben Entschlüsse gelangt." Der Kampf um Schleswig-Holstein hat gezeigt, daß die Bundesverfassung nur ein Spielzeug in den Händen Preußens und Österreichs ist. „Es gibt nur eine preußische und österreichische, keine deutsche Politik, in der die G e s a m t k r a f t der Nation zur Geltung gelangen könnte. . . . Die Notwendigkeit einer einheitlichen Zentralgewalt und einer verfassungsmäßig konstitutionellen Volksvertretung begreift heute auch der Blödeste. . . . Bald werden die deutschen Dynastien in dem deutschen Parlament, in der notwendigen Beschränkung ihrer 804

Souveränitätsrechte, die letzte Garantie der eigenen Sicherheit gegen alle Wechselfälle der Zukunft suchen. . . . Die Bundesverfassung ist die Ohnmacht der Kleinen unter dem gleißnerischen Scheine der Souveränität; die R e i c h s Verfassung sichert jedem einzelnen Glied eine würdige Stellung in dem großen Gesamtorganismus." II. Vom Friedensschluß zur Konvention von Gastein.

1. Der Streit um das Schicksal der Eibherzogtümer bis zu den preußischen Februarforderungen von 1865. 1112. Musäus, J., Eine Lebensfrage für die Teutschen Mittel- und Klein-Staaten. Leipzig, Gustav Poenicke, [1864]. 28 S. 8°. Allg. Bibl. 17. XI. 1864. — B10; Dl; G; Hx; Kö;

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In den Mittel- und Kleinstaaten hat Deutschland sein wahres Zentrum. Ein deutscher Einheitsstaat liegt in unabsehbarer Ferne. Gegenwärtig kann es nur darauf ankommen, die Mittel- und Kleinstaaten davor zu bewahren, unter österreichische oder preußische Botmäßigkeit zu geraten. „Um den vereinigten zwei deutschen Großmächten mit Nachdruck entgegenzutreten, bleibt eine mächtige Allianz immer die Hauptsache, sei es, daß sie zwischen einer Konföderation der Mittel- und Kleinstaaten oder jedem einzeln von diesen einerseits und einer europäischen Großmacht andererseits geschlossen würde." Wie auch die Entwicklung Gesamtdeutschlands sich gestalten mag, in jedem Falle ist die Einmischung fremder Mächte unvermeidlich. Darum brauchen sich auch die Mittel- und Kleinstaaten nicht im mindesten zu scheuen, ,,ihre Selbständigkeit durch Bündnisse mit einer europäischen Großmacht zu schützen". Es kann dabei weder von einem Bündnis mit England oder Rußland, sondern nur von einem mit Frankreich die Rede sein. Denn Frankreich allein ist dazu berufen, in dem bevorstehenden internationalen Kampfe zur Rettung der europäischen Zivilisation gegen die Rußland drohende „Tartareninvasion" die Führung zu übernehmen. „An den Regierungen der durch die Unterdrückung von Seiten Preußens und Österreichs in ihrer Existenz bedrohten Staaten ist es, die Initiative zu ergreifen und an Frankreich die erforderlichen Anträge zu machen." 1113. Allianzen, ein Blick auf die gegenwärtige politische Situation. Nicht von einem Literaten. Berlin, O. Janke, November 1864. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 8. XII. 1864.

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Durch den Krieg gegen Dänemark ist Preußens Ansehen in Europa wesentlich gestiegen, dasjenige Englands gesunken. Erörtert die Möglichkeit eines nicht allzu fernen Entscheidungskampfes zwischen England und Frankreich und diejenige eines preußisch-französischen oder eines preußisch-österreichischen Bündnisses. Hätte sich Österreich 1859 zu dem Gedanken erheben können, „die Führerschaft Deutschlands momentan an Preußen abzutreten, so wäre die Welt eine andere Bahn gegangen. Es ist an seinen alten Rankünen gegen Preußen gescheitert." Der Preis für eine preußisch-österreichische Allianz muß jetzt sein der Verzicht Österreichs auf die Führerschaft in Deutschland, Anerkennung des preußischen Primats in Deutschland, Bekämpfung der Triasidee. „Ohne Preußen ist Deutschland nur eine Fiktion, durch Preußen ist Deutschland eine mächtige Staatenfamilie, Preußen hat oft für Deutschlands Ehre und Freiheit geblutet, . . . es verlangt aber auch den gerechten Lohn für seine Blutarbeit." Preußen bedarf im Interesse Deutschlands und des europäischen Gleichgewichts der Machterweiterung. 1114. [Schuselka, Franz?], Deutschland, Schleswig-Holstein und Preußen. Die Reform. Wochenschrift. 10. November 1864. S. 1412—1416. wv w3. Daß Preußen die Elbherzogtümer entweder ganz preußisch machen oder sie doch so weit mit sich verbünden will, daß sie fortan einen integrierenden Bestandteil der preußischen Macht bilden würden, hat vieles für sich. Preußens Verlangen verstößt jedoch gegen das Grundprinzip der deutschen Entwicklung, das Prinzip der Föderation. Die Erhaltung, Entwicklung, Einigung Deutschlands ist auf lange Zeit hin, ja vielleicht überhaupt nur in föderativer Weise möglich. „Wer Deutschland mit Verletzung oder gar mit Unterdrückung des Wesens der Föderation einigen will, der provoziert den Bürgerkrieg. . . . Österreich hat wegen seiner eigenen Komposition das Recht und die Pflicht, als Hüter des föderativen Prinzips für Deutschland aufzutreten. Nur unter Geltung der Föderation kann Österreich seine eigene Verbindung mit Deutschland aufrecht erhalten. Österreich muß daher im eigenen und im Interesse der friedlichen Entwickelung und gesicherten Integrität Deutschlands dem preußischen Streben, die Herzogtümer zu absorbieren, entgegentreten. Es war ein beklagenswerter Fehler, daß Österreich die Hand geboten, um den Deutschen Bund bei der großen nationalen Aktion beiseite zu schieben." Da der Sieg über Dänemark im Namen Deutschlands erfochten worden ist, so 806

muß er auch für Deutschland benutzt werden. Schleswig-Holstein muß ein vollkommen selbständiger Staat unter dem Herzog von Augustenburg werden. Dabei können bezüglich der militärischen und maritimen Verhältnisse Preußen gewisse Rechte eingeräumt werden. 1115. Rückblicke auf die östreichische Politik. Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur. 1864. Bd. IV, S. 441—453 (2. Dezemberhälfte). Das charakteristische Merkmal der österreichischen Politik der letztverflossenen Jahre ist das Mißverhältnis zwischen Wollen und Können, Entwerfen und Vollbringen. Mit seinem Bundesreformprojekt hat Österreich nur seine Unfähigkeit bewiesen, „in Gemeinschaft mit den Mittelstaaten gegen den Willen Preußens die nationale Frage zu lösen". Durch den Krieg gegen Dänemark ist Österreichs Stellung noch haltloser geworden, denn das wesentliche Resultat des Krieges liegt darin, daß es klar zutage getreten ist, daß der Kern der deutschen Macht bei Preußen liegt und nur von Preußen eine Entscheidung der nationalen Frage zu erwarten ist. Daß der National verein es versäumt hat, die Konsequenzen aus dieser Tatsache zu ziehen, zeugt von seiner politischen Insolvenz. Am empfindlichsten jedoch ist durch den Kriegsausgang die mittelstaatliche Triaspolitik getroffen worden. Denn nun ist es endgültig bewiesen, daß die Vereinigung der beiden deutschen Großmächte zu irgendeinem Ziele nichts anderes bedeutet als die politische Vernichtung der mittelstaatlichen Gruppe. Mit dem Beweis der Ohnmacht des Deutschen Bundes ist die Frage, ob gegenwärtig ein prinzipielles Bündnis zwischen Preußen und Österreich möglich ist, zum Angelpunkt der deutschen und zu einem der wichtigsten Faktoren der europäischen Politik geworden. Es ist vollkommen klar geworden, daß die deutsche Frage eine Machtfrage ist. Daß Preußen aus dem Bündnis mit Österreich reichen Gewinn gezogen und seine europäische Stellung befestigt hat, steht außer Frage. Aber auch Österreich hat von dem Bündnis, obwohl seine Politik eine Niederlage erlitten hat, doch Gewinn gehabt. Denn durch die Aussicht, in Preußen nicht einen prinzipiellen Gegner zu haben, hat es in allen europäischen Fragen die lange entbehrte Freiheit des Entschlusses wieder gewonnen. Für ein dauerndes Bündnis zwischen Preußen und Österreich fehlt es aber doch an den Voraussetzungen, denn nur wenn Österreich förmlich seine gegen Preußen gerichtete Stellung in Deutschland aufgäbe, käme ein solches Bündnis in Frage. Schon in dem bloßen Streben nach einem dauernden Bündnis oder auch nur nach einer deutschösterreichischen Zolleinigung liegt für 807

Preußen eine große Gefahr. Wenn Preußen auf die Annexion Schleswig-Holsteins endgültig verzichtet, dann hat es nicht nötig, Österreich Opfer zu bringen. Erst das Aufgeben des Annexionsgedankens wird es Preußen ermöglichen, durch eine kräftige und schöpferische Politik sich den endgültigen Primat in Deutschland zu erringen und damit die deutsche Frage zu lösen. 1116. [Faber, J . F.], Die politische Lage. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1865. Heft x, S. 165—226. Verbreitet sich, anknüpfend an die von Julius Fröbel verfaßten „Briefe über die deutschen Nationalangelegenheiten" (Allgemeine Zeitung, 1864, Nr. 330 ff), über die große Schwenkung der österreichischen Politik. Das Jahr des österreichisch-preußischen Einverständnisses war ein unfruchtbares und verlorenes. „Mit allen seinen E r folgen hat es doch nichts erreicht; es liegt hinter uns wie ein wüster Traum." Ein Einverständnis der deutschen Großmächte ohne Beteiligung der liberalen Kräfte in Deutschland ist a priori verderblich. „Mit dem äußern Rückhalt fehlt ihm auch der äußere Gegner; es kann nicht nach außen, sondern es kann nur nach innen drücken. Ein Zusammenwirken Österreichs und Preußens, so wünschenswert es in der Idee erscheinen mag, ist doch in Wirklichkeit der Tod der deutschen Selbständigkeit und Freiheit. Das ist unser Unglück; aber es ist so." Daß die österreichische Politik die liberale Bahn verlassen hat und sich von Bismarck hat ins Schlepptau nehmen lassen, ist eine Wirkung der immer mächtiger werdenden aristokratisch-feudalistischen Nationalitätenpolitik in Österreich, die darauf hinausläuft, den Schwerpunkt der Gesamtmonarchie nach Ofen zu verlegen und sich von der Beteiligung an den deutschen Angelegenheiten überhaupt zurückzuziehen. Die von den Großdeutschen an den Sturz Rechbergs geknüpften Hoffnungen auf einen Systemwechsel sind restlos enttäuscht worden. Von Österreich haben die deutschen Mittel- und Kleinstaaten nichts mehr zu erwarten. Durch die Ereignisse des verflossenen Jahres sind die bisherigen Parteien und der Gegensatz von „kleindeutsch-großdeutsch" überlebt. E s kommt darauf an, daß die besseren Elemente der nationalpolitischen Parteien sich zu einer,,überwiegenden reindeutschen Majorität" zusammenschließen, welche die Konstituierung Deutschlands, ohne anderweitigen Anhaltspunkt, lediglich auf der Basis der „dritten deutschen Machtgruppe" selbst anstrebt. Vor uns liegt vorerst eine Zeit der allgemeinen Reaktion und Erschlaffung, wo die Gegensätze von dem offenen Schauplatz der Politik sich wieder mehr und mehr auf abstrakte und ideelle Ge-

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biete zurückziehen werden. Das ist ein sicheres Zeichen der eingetretenen Windstille und zugleich ein untrüglicher Vorbote des neuen Sturmes. Man muß sich darauf gefaßt machen, daß Bismarck den Stein ins Rollen bringt. Weder die Freiheit, noch die Legitimität in Deutschland sind vor ihm sicher, und in der Reaktion, die zugleich Revolution sein will, liegt ein unheilbarer Widerspruch. 1117. [Jörg, Joseph Edmund], Rückschau und Vorschau zum neuen Jahr. Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. 1865. Bd. 55, S. 1—25. Das vergangene Jahr hat drei große Resultate gebracht: „Erstens das europäische Staatensystem existiert nicht mehr. Zweitens: die Hoffnung, daß Gesamtdeutschland als europäische Balance sich in die Bresche werfen werde, ist so gut wie verschwunden. . . . Drittens: auch der Status quo des Deutschen Bundes ist nicht mehr haltbar, es muß so oder so anders werden." Diese drei Resultate stehen unter sich in engster Wechselbeziehung und sind von zentralster Bedeutung namentlich für die in der Umbildung begriffenen sozialen Ordnungen Europas. Preußens unzweifelhaftem Siege muß Rechnung getragen werden. „Wenn wir Preußen gar nichts konzedieren wollen, wird es das erreichen, was uns am schädlichsten ist." Was das Schicksal SchleswigHolsteins angeht, so wird nur noch Einverleibung oder „engerer Anschluß" an Preußen möglich sein. Weiter ausgeführt in Nr. 1132. 1118. Zu Neujahr 1865. Flugblatt des deutschen Reform-Vereins. No. 1. (Jena, Fr. Frommann), [1865]. 1 1 S. 8°. B,;

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Rückblick auf das Jahr 1864, insbesondere auf die Entwicklung der schleswig-holsteinischen Frage. Durch Preußens und Österreichs Verhalten ist Deutschlands Recht verhöhnt, seine Geltendmachung durch offenen Mißbrauch der Gewalt verhindert, sein Volk in seinen berechtigten Erwartungen und Ansprüchen getäuscht worden. Der Krieg der deutschen Großmächte gegen Dänemark verfolgte den Zweck der Aufrechthaltung des Londoner Protokolls. Völlig nichtig sind die aus der dänischen Abtretung des Besitzes der Herzogtümer abgeleiteten Ansprüche Preußens und Österreichs; verdammenswert die preußischen Annexionsgelüste. Das deutsche Volk muß zur Wahrung des deutschen Rechts zusammenstehen. Der Erfolg wird auf seiner Seite sein. 1119. Häusser, Ludwig, Sylvesterbetrachtungen aus Süddeutschland. Preußische Jahrbücher. 1865. Bd. 15, S. 84—101 (Januar). 809

Zusammenfassender Rückblick auf den Kampf um SchleswigHolstein. Nicht die Annexion der Herzogtümer durch Preußen, sondern lediglich ihre engere staatsrechtliche Verbindung mit Preußen darf das Ende dieses Kampfes sein. „Die maritime Ergänzung Preußens, feste Stellungen an den wichtigsten Punkten, die auswärtige Vertretung und die gemeinsame Handelspolitik, das sind Ziele, durch welche nicht nur Preußen an Sicherheit und Macht gewinnt, sondern die Herzogtümer und wir alle mit ihnen." In einem solchen Programm fallen die preußischen Interessen mit den deutschen zusammen. Im Gegensatz zu den auf die Vergrößerung Preußens durch Annexion hinarbeitenden Anhängern der preußischen Regierungspolitik wollen wir den Bundesstaat mit preußischer Führung. „Wir streben auf die Einigung der deutschen Staaten, allenfalls Deutschösterreich ausgenommen, jene auf die Mainlinie; wir wollen eine deutsche Macht herstellen, deren leitende und bewegende Kraft in den preußischen Staat verlegt wird, dort will man ein vergrößertes Preußen und überläßt das Deutschland südlich vom Main dem Einfluß Österreichs oder — Frankreichs." — Die Häussersche Erklärung ist unter ausdrücklichem Vorbehalt der Redaktion zum Abdruck gelangt, die sich in einer Anmerkung zur Annektierung Schleswig-Holsteins durch Preußen bekannte, vorausgesetzt, daß die Schleswig-Holsteiner selbst dafür zu gewinnen seien. 1120. Treitschke, Heinrich v., Die Lösung der schleswig-holsteinischen Frage. Eine Erwiderung. Besonders abgedruckt aus dem fünfzehnten Bande der Preußischen Jahrbücher. Berlin, Georg Reimer, 1865. 21 S. 8°. Allg. Bibl. 2. III. 1865. — B1;

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Abgedruckt in Zehn Jahre Deutscher Kämpfe 1865—1874. Berlin 1874. Datiert: Freiburg i. Br., 15. Januar 1865. Richtet sich gegen Nr. 1 1 1 9 . — Geht aus von der schwierig gewordenen Lage der liberalen Partei. „Niemand unter uns glaubt an die sogenannten Erbansprüche des Hauses Hohenzollern auf Schleswig-Holstein, niemand hört ohne Ekel die niedrigen Schmähreden der feudalen Blätter wider den Herzog von Augustenburg." Steht jedoch die Frage zur Diskussion: was muß geschehen, um die durch Deutschlands Schwert eroberten Lande im Frieden für Deutschland zu sichern ? so springt zunächst in die Augen, „daß das positive Recht und das Wohl Deutschlands schnurstracks zuwiderlaufen". Das positive Recht fordert die Einsetzung des Herzogs von Augustenburg, aber das positive Recht kann mit einem „partikularistischen Possenspiel" •810

endigen. Um Deutschlands wichtigste Interessen zu wahren, muß man den Rechtsboden verlassen. „Die bundesstaatliche Unterordnung Schleswig-Holsteins unter Preußen ist aber ebenso revolutionär, ebenso widerrechtlich wie die Annexion." Gibt man den Rechtsstandpunkt um der politischen Vernunft willen auf, dann ist die preußische Annexion der vasallenstaatlichen Abhängigkeit von Preußen bei weitem vorzuziehen. Die bundesstaatliche Unterordnung der Herzogtümer unter Preußen würde nichts anderes als ein auf Jahrzehnte hinaus verlängertes unhaltbares Provisorium sein, zumal die Erwerbung des dänischen Nordschleswig in jedem Falle ein zweifelhafter Gewinn für Deutschland ist. Die Annexion der Herzogtümer durch Preußen ist die politisch angemessenste Lösung der schleswig-holsteinischen Frage. „Wenn es sich handelt um die Machterweiterung des einzigen Staats, der das Vaterland schützen kann, um einen mächtigen Schritt vorwärts zu dem Ziele der Einheit Deutschlands, dann sollen wir die Überlieferungen der Partei geringer achten als die Macht des Vaterlandes." Die deutsche Einheitspartei muß ihr Programm revidieren und sich darüber klar werden, daß noch ein anderer Weg zur deutschen Einheit führt als das glückliche Ereignis einer großen Volksbewegung, nämlich der schrittweise erfolgende Anschluß der Kleinstaaten an Preußen. „Der Partei aber, welche am treuesten zu Preußens Fahne hält, gehört die Zukunft." In den i n n e r e n Fragen bleiben wir nach wie vor Bismarcks Gegner. Aber warum nicht seine Erfolge anerkennen ? „Gelingt die Einverleibung der Herzogtümer, so ist Preußen fortan gezwungen, große deutsche Politik zu treiben." Die preußischen Konservativen stehen uns näher „als jene marklosen Schwätzer, die fort und fort über Deutschlands Einheit salbadern und dennoch die deutsche Frage als eine offene betrachten. . . . Das Gespenst der Mainlinie schreckt uns nicht. . . . Doch offenbar ist die Frage im Augenblicke noch nicht praktisch. Wenn dereinst Preußen in Nordund Mitteldeutschland sich arrondieren sollte, dann erst käme für die Patrioten die Zeit, mit ihrer besten Kraft zu sorgen, daß Preußen nicht am Maine stehen bleibt." — Vgl. hierzu die in 6 Auflagen erschienene Gegenschrift von Pastor L. S c h r ä d e r , Mitglied der holsteinischen Stände Versammlung, Kurze Bemerkungen zu Heinrich v. Treitschke's „Die Lösung der schleswig-holsteinischen Frage". Kiel, C. Schröder & Co., 1865. 30 S. 8°. „Man erkenne unumwunden unsern Herzog Friedrich an, man schaffe ein vertragsmäßiges, also rechtliches Verhältnis zwischen Preußen und Schleswig-Holstein — das ist das Programm der unendlich überwiegenden Mehrzahl, das Programm des schleswig-holsteinischen Volkes! Daß dies Verhältnis nur unter MitR o s e n b e r g , Publizistik.

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Wirkung Österreichs und des Bundes auf der einen, unsers Herzogs und der legitimen Landesvertretung auf der andern Seite hergestellt werden kann, das scheint uns selbstverständlich!" — Scharf ablehnend gegen Treitschkes Annexionspropaganda auch Karl B i e d e r mann, Deutsche Allgemeine Zeitung, 1865, Nr. 42/43. Treitschkes Replik in den „Grenzboten", 1865. Bd. I, S. 394—398. 1121. Annexion oder Anschluß der Herzogthümer. Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur. 1865. Bd. I, S. 77—80 (1. Januarhälfte). Die preußischen Liberalen dürfen weder die Annexion noch den Anschluß Schleswig-Holsteins an Preußen fordern, sondern müssen die Überzeugung der Majorität in Schleswig-Holstein respektieren. „In dem Respekt vor dem Volkswillen liegt das letzte Geheimnis unserer Stärke, diese Rücksicht bestimmt und beschränkt auch gebieterisch die Mittel unserer Politik. . . . Weshalb sind wir liberal ? Weil unserem Herzen Bedürfnis ist, von dem Menschen groß zu denken. Weshalb betonen wir überall das Selbstbestimmungsrecht der Völker ? Weil wir darin den edelsten Ausdruck der politischen Freiheit finden, welche wir für uns wie für andere fordern." 1122. Die Verwahrloste Bundes-Auctorität in Holstein und die Preußische Entschädigungsforderung. Als Kommentar zur Rede des abgetretenen Bundes-Executions-Commissarius Hr. V. Könneritz bei Empfangnahme des Dresdener Ehrenbürgerrechtes. Berlin, Stilke & v. Muyden, 1865. 20 S. 8°. Allg. Bibl. 26.1.1865.

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Den „Augustenburgisten" kommt es darauf an, „durch Gründung eines neuen deutschen Klein- oder Mittelstaates den infolge des natürlichen Wachstumes der Geschichte entstehenden und schon entstandenen preußisch-deutschen Einheitsstaat zu beseitigen und für die Zukunft unmöglich zu machen". Den „augustenburgistischen" Beamten und Vereinen ist die von dem Bundeskommissariat vielfach unterstützte „Augustenburgerei alles und das Wohl und Wehe Schleswig-Holsteins wenig oder nichts". Die Lösung der schleswig-holsteinischen Frage ist von der Entscheidung der beiden deutschen Großmächte abhängig. Der Bund hat kein Recht zur Regelung der Sukzessionsfrage. Er hat lediglich das Recht zu verlangen, daß der künftige Souverän von Schleswig-Holstein Mitglied des Bundes ist. Überspannt aber der Bund seine Kompetenz, dann wird in Preußen der Ruf sich erheben: „Los vom deutschen Bunde um jeden Preis!" 812

Auf Grund seines alten Erbrechtes steht Preußen die sogenannte Segebergische Hälfte der Herzogtümer ohne weiteres zu. 1123. [Stintzing, Roderich von], Die Annexionspolitik. Ein Vortrag. Erlangen, F. Enke, 1865. 20 S. 8°. Allg. Bibl. 9. II. 1865. — B1; G; H2; Kix: Kö;

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Separatabdruck aus dem Wochenbericht des Schlewig-HolsteinVereins zu Erlangen vom 12. Januar 1865. — Die Demütigungen von Olmütz und Neuenburg, die alten Sünden an Schleswig-Holstein sind durch die Erfolge der preußischen Politik gesühnt. Begreiflich ist daher die Bewunderung, die jetzt Bismarck, namentlich in Preußen, entgegengebracht wird. Wenn es sich in der Politik nur um Klugheit und Tatkraft, um skrupellose Ausnutzung der materiellen Macht- und Gewaltmittel zur Erreichung eines m o m e n t a n e n Erfolges handeln würde, dann wäre Bismarck in der Tat ein großer Staatsmann. Die wahrhaft großen Männer der Geschichte sind jedoch von jeher nicht mehr gewesen „als die Träger und Repräsentanten der herrschenden Ideen ihrer Zeit, ihre persönlichen Pläne und Taten gelangen ihnen, weil sie sich dieser Ideen bemächtigten, indem sie ihnen dienten". Unzweifelhaft hat Bismarck zwei große Erfolge aufzuweisen, die Befreiung Schleswig-Holsteins und die Befestigung des Zollvereins. „Aber auch der Geschickteste und Kühnste hätte jene beiden Erfolge nicht gewonnen, wenn nicht d a s B e d ü r f n i s der N a t i o n , die I d e e der n a t i o n a l e n E h r e und E i n h e i t seinen Anstrengungen den unwiderstehlichen Rückhalt gegeben und sie trotz mancher Fehlgriffe und Verkehrtheiten in der Leitung zum Siege geführt hätte." Nur durch die Bundesgenossenschaft, die die preußische Politik in ihrem eigenen und im ganzen deutschen Volke gefunden hat, vermochte sie siegreich zu sein. Der Wille der Nation hat Bismarck gezwungen, ganz im Gegensatz zu seinen nationalfeindlichen P l ä n e n mit ganzer Kraft gegen Dänemark vorzugehen. Innenpolitisch ist Bismarck bisher kaum weitergekommen. Trotz des momentanen äußeren Glanzes geht der preußische Staat im Innern infolge des „gewaltsamen und heimtückischen Kampfes gegen das freie Bürgertum" erschreckend rückwärts. Das Seitenstück und Ebenbild zu Bismarcks Innenpolitik bildet seine deutsche Politik, „welche in der Tat nur eine Politik gegen Deutschland war". Um die Politik eines Cavour zu betreiben, fehlt Bismarck „gerade alles das, was jenen zum großen Staatsmann machte: das tiefe Verständnis seiner Zeit und die volle Hingabe an die Ideale seines Volks". Gewiß ist, daß das Ziel eines preußischen Staatsmannes nur in der bundesstaatlichen Einigung 52*

813

Deutschlands unter preußischer Führung bestehen kann, denn hierin liegt die einzige Möglichkeit preußischer Machtvergrößerung. „Da die Macht zum Zwange fehlt, so kann jenes Ziel nur dadurch erreicht werden, daß Preußen entweder die Regierungen oder die Völker oder beide für sich gewinnt. Herr v. Bismarck aber hat es verstanden, nicht nur die günstigsten Gelegenheiten zu verscherzen, sondern beide, Regierungen und Völker, in Erbitterung vereint gegen sich aufzubringen." Er hat durch seine Politik Volk und Regierungen wieder zu einem festen Bündnis zusammengefügt und den Mittelstaaten die alte Kraft des Widerstandes zurückgegeben. Bismarcks Streben richtet sich auf die Vernichtung der Volksfreiheit in Preußen wie in Deutschland. „Daher ist nicht die Führung eines freien Bundesstaats, sondern die Beherrschung zerspaltener und korrumpierter Staaten sein Ziel." Wie es mit der Politik der „moralischen Eroberungen" nicht weit gekommen ist, weil sie niemals mit vollem Ernst und männlicher Tatkraft betrieben wurde, so hat auch „die entgegengesetzte sogenannte Realpolitik, das ist die Politik der unmoralischen Vergewaltigung", in Deutschland nicht zu siegen vermocht. In Kürze wird sich zeigen, „daß Preußens Geltung in Deutschland geringer ist als je zuvor. Und damit wird ihm auch die Grundlage seiner momentanen europäischen Stellung entzogen." Die rechtsbrüchige und nationalfeindliche Vergewaltigung Schleswig-Holsteins wird Bismarck nicht gelingen, „Deutschland muß der Annexion widerstreben. . . . Militärische Vorteile zu Land und See werden Preußen nicht vorenthalten werden können und dürfen. . . . Aber sie sind ihm auf dem Wege des Staatsvertrages einzuräumen gegen Ü b e r n a h m e eines Teiles der SchleswigHolstein w i l l k ü r l i c h aufgebürdeten Kriegskosten. In der Entwicklung seiner Marine und der festen Begründung seines Übergewichts im Norden Deutschlands und Europas wird Preußen seinen reichen Lohn finden." Schleswig-Holstein selbst aber muß ein selbständiger Bundesstaat unter dem Herzog Friedrich werden. 1124. L. C., Bismarck der Große. Wochenschrift des Nationalvereins. 19. Januar 1865. Nr. 247. Bb; G; Ki2;

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Im Gegensatz zu dem national und freisinnig-konstitutionell gesinnten Cavour ist Bismarck nur ein „beschränkter Partikularist" und „plumper Reaktionär", der im eigenen Staat die Verfassung unterdrückt, die Freiheit untergräbt und, lediglich gestützt „auf die brutale Gewalt und auf den Beistand einer verrotteten Partei", ein zum Untergang verurteiltes System gegen die Strömung der Zeit künstlich zu 814

stützen sucht. „Ein Cavour an Bismarcks Platz würde sich der schleswig-holsteinischen Frage zur endgültigen Lösung der deutschen Frage bemächtigt und bedient haben. Niemals war die Gelegenheit günstiger." Wie die des Jahres 1859, so ist auch die Geschichte von 1864 für Preußen die Geschichte einer verfehlten Gelegenheit. „Damals hat der Liberalismus des Ministeriums Hohenzollern die Gelegenheit verfehlt, diesmal der Absolutismus des Ministeriums Bismarck; jenem mangelte die Kraft des Entschlusses, diesem die Kraft des Prinzips. Denn wer heutigentags in Deutschland große Dinge vollbringen will, muß beides vereinigen; er muß der Mann dazu sein, ein Programm, das in den liberalen und nationalen Gedanken eines Volksgeistes wurzelt, mit rücksichtsloser Energie des Willens durchzuführen." 1125. Zur Schleswig-Holsteinschen Besitz-Frage. Berlin, Julius Springer, 1865. 60 S. 8°. Allg. Bibl. 9. II. 1865. — Bi;

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G; H2; Ki2; Kö;

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Datiert: 17. Januar 1865. — An der Behauptung der preußischen Machtstellung sind alle europäischen Mächte lebhaft interessiert. Für Preußens Großmachtstellung ist eine Macht- und Territorialerweiterung aber geradezu eine Notwendigkeit. An dem in der Entstehung begriffenen Weltstaatensystem wird Preußen nur dann aktiv sich beteiligen können, wenn es sich zur Seemacht ausweitet. Die Voraussetzung hierzu ist die Annexion Schleswig-Holsteins. Mit dieser wichtigen Position in Händen kann Preußen auf eine weitere Besitzergreifung „mindestens vorläufig" verzichten. 1126. Ein Wort an Österreich in der Elb-Herzogthümer-Frage. Berlin, Julius Springer, 1865. 37 S. 8°. Allg. Bibl. 16. II. 1865. — Bt; G; H2; Ki2; Kö; Ws.

Datiert: 24. Januar 1865. Der Verfasser ist der gleiche wie der von Nr. 1125. — Die Einverleibung der Herzogtümer in Preußen bedeutet den Verzicht Preußens, die Rivalität zu Österreich auf kriegerischem Wege zum Austrag zu bringen. Ist der ganze Norden in Preußens Hand, wird Preußen eine norddeutsche Großmacht mit Seegeltung und europäischer Tendenz, dann darf Österreich der Einfluß im Süden überlassen werden. Andernfalls aber muß Preußen über die Mainlinie hinauszudrängen suchen. Wenn Preußen und Österreich als deutsche Staaten auch Rivalen sind, so sind sie zugleich als europäische Staaten aufeinander angewiesen und zur Allianz genötigt. Die Annexion der Herzogtümer macht Preußen zu einer europäischen 815

Großmacht und entspricht insofern auch den Interessen Österreichs. Daß sie aber auch den Selbstinteressen Schleswig-Holsteins entspricht und vom nationalen Standpunkt aus die einzig zulässige Lösung darstellt, hat der Verfasser nachzuweisen versucht in der Schrift: Die Selbstinteressen der Herzogthümer Schleswig-Holstein bei der zu treffenden Entscheidung. Berlin, Julius Springer, 1865. 30 S. 8°. {Allg. Bibl. 16. II. 1865. — Bi; G; Kilß- Mv) 1127. Unsere Aufgabe. 29. Januar 1865. Flugblatt des deutschen Reformvereins. No. 3. (Jena, Friedrich Frommann), [1865], 4 S. 40. •B,; G.

Erklärt sich gegen jegliche Form des Anschlusses von SchleswigHolstein an Preußen, gegen die Annexion ebensowohl wie gegen die Personalunion und die Übertragung der diplomatischen, kommerziellen, maritimen und militärischen Oberherrlichkeit, weil dadurch der Anschluß an Deutschland und eine gesunde Bundesreform ausgeschlossen werde. „Österreich, Preußen u n d der Bund: das sei die Losung und Schleswig-Holstein im engsten Anschluß an — Deutschland!" — Weiter ausgeführt in: Deutschland oder Preußen? Flugblatt des deutschen Reformvereins. No. 4 und 6. 18. Februar und 18. März 1865. (Jena, Friedrich Frommann), [1865]. J e 4 S. 40 (G.) 1128. Venedey, J., Das Grundübel im National-Verein. Freiburg im Br., Lahr, Schauenburg, 1864. 38 S. 8°. Allg. Bibl. 2. II. 1865. — B1;

Br2; G; Kx; Lt;

Mv

Grundsätzlich will der Nationalverein die Einheit und Freiheit des ganzen Deutschland, tatsächlich aber, da er auf die preußische Spitze hinarbeitet, nur „Deutschland, soweit die Macht Preußens reicht". Indem der Nationalverein den Grundsatz in seinem Handeln verleugnet, wird er zu einem „Nationalunglück". Bei der Gründung des Nationalvereins war der leitende Grundgedanke: „Eine zeitweilige Militärdiktatur Preußens dem äußern Feinde gegenüber." An sich ist Preußen dazu berufen, das „Schwert Deutschlands" für Deutschlands Volk, Einheit und Freiheit zu führen. Nun hat aber die preußische Junkerherrschaft, wie Armeereform und Verfassungskonflikt zeigen, das „deutsche Schwert" gegen das eigene Volk und gegen das Herz des deutschen Volkes gerichtet. Trotz aller militärischen Siege dem Auslande gegenüber kann von einer preußischen Spitze so lange nicht die Rede sein, wie im Innern Preußens eine völlig undeutsche Richtung den Ton angibt. Preußen ist zwar zum Höchsten berufen, aber es ist nicht „auserwählt". Ein nichtdeutsches Preußen an die 816

Spitze Deutschlands berufen, bedeutet den Bürgerkrieg und die Zerreißung Deutschlands durch die Mainlinie. Die Führer des Nationalvereins, die auch jetzt noch für eine preußische Spitze kämpfen, unterstützen mit ihrer Politik nur die antideutsche Richtung der preußischen Junker, die laue Halbheit der deutschen Bestrebungen der preußischen Fortschrittspartei und die antipreußischen Tendenzen außerhalb Preußens. Kritisiert die „gothaisierende" Politik des Nationalvereins seit seiner Gründung. „ R e a l p o l i t i k ist aber nichts als deutsche Kannegießerei, solange die Herrn Lenker des Nationalvereins nicht berufen sind, r e a l i t e r , t a t s ä c h l i c h die deutsche Politik zu leiten. Solange sie nur berufen sind, den G e i s t des Volkes zum großen Ziele der Einheit Deutschlands zu lenken, diesen G e i s t überall zu beleben, zu fördern, zu stärken, — solange ist ihre Aufgabe: I d e a l p o l i t i k zu treiben! . . . Wer Geschichte kennt, der weiß, daß John Händen [Hampden], Cromwell, O'Connell und Cobden, Franklin und Washington, Luther und Stein — I d e a l p o l i t i k e r waren, die ihr P r i n z i p , ihren G r u n d s a t z so lange r e a l e r f o l g l o s verteidigten, bis sie endlich die M a c h t erlangten, R e a l p o l i t i k e r zu sein." Die „Realpolitik des Nationalvereins" ist die Wiederherstellung des Rechtszustandes, wie er in der Reichsverfassung und den Grundrechten rechtlich und gesetzlich festgestellt ist. Nicht Austritt aus dem Nationalverein, nicht Gründung eines Sonderbundes, ist die Losung der Stunde, vielmehr treues Festhalten am Verein, der dazu gebracht werden muß, seinem Grundsatz treu zu bleiben: Reichsverfassung und Parlament. Wie der Schlußgedanke deutlich zum Ausdruck bringt, verfolgt die Schrift die Tendenz, Ausschuß und Linke des Nationalvereins miteinander zu vermitteln. 1129. R. [d. i. Rochau, August Ludwig v.], Wochenbericht. Wochenschrift des Nationalvereins. 9. Februar 1865. Nr. 250. Bs; G; Ki2;

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Entwickelt den Redaktionsstandpunkt. — Das Bismarcksche Regiment ist innerlich so weit gebrochen, daß es dem äußeren Druck kaum länger wird widerstehen können. Begrüßt den Beschluß des preußischen Abgeordnetenhauses, der Regierung keine neuen Gelder mehr zu bewilligen. „Es gibt für Preußen kein höheres Interesse mehr als die Beseitigung eines Regierungssystems, welches am Lebensmarke des Staates frißt, die sittliche Kraft des Volkes aufzehrt, das den Staat entehrt und das Volk verächtlich macht in den Augen der Welt und in seinen eigenen Augen. Für diesen Zweck ist kein Preis zu hoch. . . . Das unausbleibliche Fehlschlagen des Bismarckschen Annexionsplans 817,

wird dem herrschenden Systeme hoffentlich den letzten Stoß versetzen." An Friedrich von Augustenburg als Herzog von SchleswigHolstein muß festgehalten werden. „Die deutsche Volkspolitik hat von der Kabinettspolitik noch nicht gelernt, die entbehrlich gewordenen Werkzeuge ihrer Interessen zu zerbrechen und beiseite zu werfen." 1130. Der Kampf in Preußen, der deutsche Liberalismus und Schleswig-Holstein. Wochenschrift des Nationalvereins. 16. Februar 1865. Nr. 251. Bs; G; Ki2;

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Der Abdruck ist „nur unter allem Vorbehalt" der Redaktion erfolgt. — Der Freiheitskampf des deutschen Volkes kann nur in Preußen entschieden werden. Der deutsche Liberalismus muß versuchen, dem preußischen Liberalismus zum Siege zu verhelfen. Der letztere kann seine Stellung nur behaupten, wenn er zumindest für den „bundesstaatlichen Anschluß" Schleswig-Holsteins an Preußen eintritt. Diese Forderimg muß sich, den unzweifelhaften Erfolgen der Bismarckschen Politik gegenüber, der gesamtdeutsche, national gesinnte Liberalismus zu eigen machen. Bei alledem soll das Recht des schleswig-holsteinischen Volkes auf Selbstbestimmung nicht verletzt werden. „An dieses in erster Linie zu stellende Verlangen ist aber dann die bestimmte Erwartimg anzuknüpfen, daß es hierbei, den nationalen Anliegen entsprechend, für den bundesstaatlichen Anschluß an Preußen sich erkläre. . . . Jetzt handelt es sich nur um den ganzen bundesstaatlichen Anschluß oder Annexion; wer jenen nicht will, wird diese herbeiführen." 1131. [Eckardt, Ludwig], Keine Annexion, aber noch weniger ein Anschluß! Deutsches Wochenblatt. 19. Februar 1865. Nr. 8. B6; He;

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In Schleswig-Holstein wird die deutsche Frage gelöst; ob Einheits-, ob Bundesstaat? „Wer den Einheitsstaat unter der einzigen Dynastie der Hohenzollern will, der muß für Annexion oder für den Anfangszipfel derselben, für den Anschluß sein. Wer den Bundesstaat, eine Gliederung Deutschlands nach Stämmen unter einem gemeinsamen Parlamente und einer gemeinsamen Nationalregierung anstrebt, d. h. die Schöpfung eines freien Deutschlands nach dem alten föderativen Volkscharakter — der muß gegen jede Vergrößerung der Großmächte und für die freie unbeirrte K o n s t i t u i e r u n g des Stammes der Schleswig-Holsteiner wirken. Unser Un818

glück sind nicht die kleinen, sondern die großen Staaten; schon Bayern ist zu groß. Wären -wir nach Stämmen geordnet, etwa vierzig Staaten oder Kantone von annähernd gleicher Größe, wir wären längst einig. . . . Nichts für Preußen, wie nichts für Österreich, aber alles für ein Gesamt Vaterland!" 1132. [Jörg, Joseph Edmund], Was mit Preußen und SchleswigHolstein werden soll ? Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. 1865. Bd. 55, S. 321—338 (Mitte Februar). Der von Preußen geforderte „engere Anschluß" der Herzogtümer Schleswig-Holstein würde, zur Verwirklichung gelangt, den Charakter des Deutschen Bundes als einer Vereinigung gleichberechtigter Souveräne zerstören. Da es der mittelstaatlichen Gegenaktion an der Kraft sich durchzusetzen fehlt, so ist die im Rahmen der gegebenen Verhältnisse für das deutsche Interesse beste Lösung die einfache Annexion der Herzogtümer durch Preußen. Die Einverleibung ist eine lokalisierte Maßregel, die dem Bundesrecht nicht widerspricht. Durch den „engeren Anschluß" dagegen würde unfehlbar „einerseits der Appetit im Essen, andererseits der Hunger im Fasten wachsen, die Parteiungen in ganz Deutschland würden hüben und drüben ins Feuer blasen und das Maß deutscher Zerfahrenheit voll machen". Im Falle der Einverleibung wird Preußen als wirkliche Großmacht sich notwendig europäischen Aufgaben zuwenden, im Falle des „engern Anschlusses" dagegen wird Preußen „als verstärkter Hegemoniekandidat auf die friedlose Bahn der moralischen Eroberungen zurückfallen". Nicht nur das deutsche Interesse, auch die außenpolitische Lage spricht für die einfache Annexion. „Das deutsche Interesse gebietet ganz unzweifelhaft, daß lieber zehn Schleswig-Holstein preußisch werden, als daß der französische Erbfeind noch einmal eine Partei in Deutschland bildet." 2. D i e Rechtsansprüche auf Schieswig^Holstein und Lauenburg.

1133. [Hermann, Robert], Denkschrift über das dem Durchlauchtigsten Sachsen-Ernestinischen Hause zustehende Recht auf Succession im Herzogthum Lauenburg. October 1864. Weimar, Hof-Buchdruckerei, [1864]. 82 S. 8°. B1; Gr; Ha;

Kir

Leitet aus der Eventualbelehnung von 1507 und dem Vertrage vom 22. IX. 1732 das Sukzessionsrecht des Sachsen-Ernestinischen Hauses ab und legt dar, daß die Erbfolgeansprüche des Hauses 819

Mecklenburg, des Hauses Anhalt, des Königs Christian IX. von Dänemark, des Prinzen Friedrich Wilhelm von Hessen und des Herzogs Friedrich VIII. von Schleswig-Holstein der rechtlichen Begründung entbehren. — Hiergegen wendet sich unter Rechtfertigung des agnatischen Sukzessionsrechtes des anhaltischen Hauses: Gegenerklärung des Durchlauchtigsten Hauses Anhalt auf die Denkschrift des Durchlauchtigsten Sachsen-Ernestinischen Hauses, das Successionsrecht in das Herzogthum Lauenburg betreffend. Januar 1865. Dessau, H. Heybruch'sche Hofbuchdruckerei, 1865. 22 S. 8°. (B9; K3.) 1134. Denkschrift die Ansprüche des Prinzen Friedrich Wilhelm von Hessen auf die Succession in dem Herzogthum Lauenburg betr. (Als Manuskript gedruckt.) Heidelberg, G. Mohr, 1864. 91 S. 8°. BB;

DX;

KX;

Kix;

WS.

Der Verfasser ist nach K1 Aug. Wilh. H e f f t e r , nach HolzmannBohattas Deutschem Anonymenlexikon Heinrich Zoepfl. — Dem Titel entsprechende offiziöse Rechtfertigung der Erbansprüche unter rein juristischen Gesichtspunkten. Erhofft die Anerkennung dieser Ansprüche durch die Bundesversammlung. Vgl. hierzu auch: 1. Zoepfl, Heinrich, Die Ansprüche des Prinzen Friedrich Wilhelm von Hessen auf die Succession in dem Herzogthum Lauenburg. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1865. Heft 1, S. 85—164; 2. H e f f t e r , August Wilhelm, Votum eines norddeutschen Publicisten über die Ansprüche des Prinzen Friedrich Wilhelm von Hessen auf die Succession im Herzogthum Lauenburg. Heidelberg, G. Mohr, 1864. 13 S. 8«. (ZV Kz.) 1135. Begründung der Successionsansprüche Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Nicolaus Friedrich Peter von Oldenburg auf die Herzogthümer Schleswig-Holstein. Officielle Ausgabe. Oldenburg, Schulze, 1864. 296 S. 8°. Allg. Bibl. 8. XII. 1864. — B1#- iv

H2; He; Kix;

Ws.

Der Verfasser dieser rein gelehrten, urkundlich belegten Darstellung ist nach ¿>4 Herbert Pernice und nach Holzmann-Bohattas Anonymenlexikon, VII, 49, Theodor Schultze. 1136. Der Großherzog von Oldenburg und die Schleswig-Holsteinische Erbfolge. Bremen, Heinrich Strack, 1864. 42 S. 8°. Allg. Bibl. i->. XII. 1864. — H2; Kix;

Kit.

Preist den Großherzog Peter von Oldenburg als den Hüter von Recht und Freiheit, als den Verteidiger konstitutionellen Verfassungs820

geistes, schildert in panegyrischer Übertreibung seine innere und seine „äußere" Politik sowie die inneren Zustände seines Landes, das „dank der Rechtlichkeit und dem aufrichtigen Freisinn seines Fürsten im wahren Sinne des Worts der nordische M u s t e r s t a a t Deutschl a n d s " sei. Verteidigt die Erbfolgeansprüche Peters gegen die augustenburgische Agitation. „Ob der Großherzog, falls er zur Regierung Schleswig-Holsteins gelangt, dort das 1848 er Staatsgrundgesetz als gültig und rechtsverbindlich betrachten würde oder nicht, zweifellos ist, daß er im Geiste desselben regieren würde. Darum hat vielmehr die liberale Partei in Deutschland Ursache, sich für die Kandidatur Oldenburgs zu interessieren und in einem etwaigen Erfolge derselben einen Sieg des Liberalismus zu feiern." 1137. Die Oldenburgischen Erbansprüche auf Schleswig-Holstein. Hamburg, H. G. Voigt, [1864]. 12 S. 8°. Hx;

Ki2.

Beschränkt sich im wesentlichen auf die Abwehr der Vorwürfe, die gegen das Verhalten des Großherzogs von Oldenburg in der schleswig-holsteinischen Erfolgeangelegenheit „vom politischen Standpunkte aus erhoben werden und sich in der Anklage zuspitzen, daß der Großherzog als russischer Prätendent die deutschen Herzogtümer russischem Einfluß unterzuordnen beabsichtige, oder sich zum Werkzeug für eine solche Machination brauchen lasse". 1138. Planck, J . W., Dr., Professor in Kiel, Zur Würdigung der Oldenburger Denkschrift. Kiel, Schwers, 1865. 29 S. 8°. Allg. Bibl. 23. III. 1865. — Bx; Dt; H2; Kix; L2; Mx;

Entwickelt gegenüber Nr. 1135 richs VIII. auf Schleswig-Holstein.

T.

das Thronfolgerecht Fried-

1139. Wiener Actenstücke zur Schleswig-Holsteinischen Successionsfrage, als Nachtrag zu den urkundlichen Beilagen der Begründung der Successionsanspriiche Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Nicolaus Friedrich Peter von Oldenburg auf die Herzogt ü m e r Schleswig-Holstein. Oldenburg, Schulze, 1865. 104 S. 40. Allg. Bibl. 22. VI. 1865. — B1; D1; H2; Kix; Mx; Wt.

Enthält Aktenstücke aus den vormaligen Reichskanzlei- und Reichshofratsregistraturen zu Wien aus den Jahren 1635 und 1773/74 als Nachtrag zu den urkundlichen Beilagen der Begründung der Sukzessionsansprüche des Großherzogs Peter von Oldenburg auf Schleswig-Holstein. 821

1140. Das Erbfolgerecht Herzog-Friedrich's VIII. auf die Herzogtümer Schleswig-Holstein. Kiel, Schwers, 1865. 331 S. 40.

Allg. Bibl. 22. XII. 1864.

Enthält 1. Nachweisung des Erbrechts Friedrichs VIII. auf die Herzogtümer Schleswig-Holstein. Überreicht der deutschen Bundesversammlung am 1. September 1864; 2. Urkunden zur Nachweisung; 3. Ausführungen zur Nachweisung: a) Über das Wahlrecht der schleswig-holsteinischen Stände und dessen Ersetzung durch das Recht der Erstgeburt, b) über die Verhandlungen des schleswig-holsteinischen Landtags im Jahre 1616, c) über die Teilungen von 1564 und 1582. — Die nach Kix von Albert Hänel verfaßte „Nachweisung" ist auch als Sonderdruck erschienen. 1141. (Fricke, Gustav Adolf), Acten der Universitäten und der Geistlichkeit Deutschlands in der Schleswig-Holsteinischen Landessache. In 3 Abteilungen. Kiel, Ernst Homann, 1865. XIV und 289 S. 8°.

Bt; G; H2; Ki2; Mv

Enthält 1. Adressen der Universitäten Kiel, Göttingen, Marburg, Erlangen, Greifswald, Freiburg, Halle, München, Gießen, die sich einmütig für Friedrich von Augustenburg als legitimen Herzog von Schleswig-Holstein aussprechen; 2. zahlreiche Erklärungen evangelischer Geistlicher aus allen Teilen Deutschland mit insgesamt 2084 Unterschriften, gerichtet gegen die das augustenburgische Erbrecht und das Recht der Herzogtümer bekämpfende Stellungnahme der Kreuzzeitung; 3. Erklärungen für die Kreuzzeitung mit 351 Unterschriften, meist aus Preußen; 4. sonstige Erklärungen der evangelischen Geistlichkeit Deutschlands außerhalb Schleswig-Holsteins mit insgesamt 5070 Unterschriften. — Zur Polemik gegen die Kreuzzeitung vgl. auch: 1. Rendtorff, H., Klosterprediger in Preetz, früher in Preußen, Die Kreuzzeitung und die Holsteinische Geistlichkeit. Kiel, Ernst Homann, 1864. 60 S. 8°. (Allg. Bibl. 26. V. 1864. — Bx; Dj_; G; Mt); 2. Ebrard, A., Dr. theol., Wider die Kreuzzeitung. An die schriftgläubigen evangelischen Geistlichen Preußens. Erlangen, F. Enke, 1864. 36 S. 8°. (J5X; Ki2; Mx). 1142. C. K. Literatur der Schriften in welchen die Erbansprüche auf Schleswig-Holstein behandelt werden. Besonderer Abdruck aus der „Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde". Berlin, A. Bath, 1865. 50 S. 8°.

Bio- kH822

Kenntnisreiche, tendenzgefärbte kritische Bibliographie. Der Beurteilungsmaßstab wurzelt in der Überzeugung von der Wohlbegründetheit der preußischen Erbansprüche. 1143. [Schramm, Rudolf?], Das preußische Erbland SchleswigHolstein. Nebst einer colorirten Karte, zeigend die Reichstheilung von 1490 und die Erwerbungen und Abtretungen des Wiener Friedens vom 30. October 1864. Berlin, Stilke & van Muyden, 1865. 55 S. 8°. Allg. Bibl. 6. VII. 1865. — Bx; D^; Fx; G; Kx; Kö; Mx; Wa.

Ursprünglich erschienen in der ,,Vossischen Zeitung" vom 22. bis 25. XI. 1864. — Zum erstenmal seit 1847 wird hier wieder auf die fast ganz in Vergessenheit geratenen Anrechte Preußens an SchleswigHolstein aufmerksam gemacht und das preußische Abgeordnetenhaus aufgefordert, die Verwirklichung des preußischen „Erbrechtes" mit allem Nachdruck zu betreiben und die Aktion der preußischen Regierung zu unterstützen. Die Artikel gaben den Anstoß zu einer ausgedehnten Preß- und Flugschriftenpolemik und führten zu einer Wiederausgrabung der ersten Versuche, die brandenburgisch-preußischen Erbansprüche in umfassender Untersuchung zu begründen, d. h. zu einer kritischen Auseinandersetzung über Ernst H e l w i n g , Die Erbansprüche des Kgl. Preuß. Hauses an die Herzogtümer SchleswigHolstein, 1846, und über die Ausführungen Johannes V o i g t s in A. Schmidts Allgemeiner Zeitschrift für Geschichte, Bd. 7, 1847, S. 193—261. 1144. Waitz, Georg, Doctor der Rechte und der Philosophie, Über die angeblichen Erbansprüche des königlich-preußischen Hauses an die Herzogthümer Schleswig-Holstein. Göttingen, Dieterich, 1864. 32 S. 8°. AUg. Bibl. 22. XII. 1864. — Bx; Dt; H2; Kix; Mx; W5.

Datiert: Göttingen, 27. November 1864. — Nahezu unveränderter Abdruck der Waitz'schen Besprechung des Helwingschen Buches von 1846 in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik, 1846, Nr. 106—109 (vgl. Nr. 1143). Betont die völlige Haltlosigkeit der preußischen Erbansprüche auf Schleswig-Holstein und die Wertlosigkeit des Versuchs, dieselben zu begründen. 1145. [Zitelmann, Otto Konrad], Die Erbansprüche des brandenburgischen Hauses an die Herzogthümer Schleswig-Holstein. Berlin, Bath, 1864. 36 S. 8°. A llg. Bibl. 12. I. 1865. — Bu- Ka2; Ki1;

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823

Datiert: Berlin, im Dezember 1864. Ursprünglich in der „Berliner Revue" erschienen. Der Sonderabdruck herausgegeben vom Preußischen Volksverein. — Führt im Anschluß an die Untersuchungen Johannes Voigts (vgl. Nr. 1143), auf Urkunden- und Aktenmaterial sich stützend, die brandenburgischen Erbansprüche zurück auf Kurfürst Joachim I., der 1502 die Tochter des Königs Johann I. von Dänemark geheiratet hatte. 1146. Helwing, Dr. Ernst, Ritter des Rothen Adler-Ordens IV. Kl., Geh. Reg.-Rath und Mitglied des Königl. statist. Büreau's, ordentl. öffentl. Professor der Staatswissenschaften an der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität, Mitglied der Königl. diplomat. Prüfungs-Commission im auswärtigen Departement und Mitglied des Kgl. literarischen Sachverständigen-Vereins, Preußen und die Schleswig-Holsteinische Staats-Erbfolge. Eine polemische Erörterung als zweites Wort in der Angelegenheit. Nebst einem Urkunden-Anhange und einer genealogischen Tafel. Berlin, A. Bath, 1865. 215 S. 8°. Allg. Bibl. 16. II. 1865. — B1; D2; Fx; H2; Kix;

Wa.

Vorwort datiert: Berlin, 16. I. 1865. — Verteidigt die Thesen seines Buches von 1846 gegen seine Angreifer. Beruft sich hierbei auf die Zustimmung des Herzogs Christian von Schleswig-HolsteinSonderburg-Augustenburg, Varnhagen v. Enses, Johannes Schultzes, Johannes Voigts und Alexander v. Humboldts. Gibt eine knappe Übersicht über die verschiedenen auf Schleswig-Holstein geltend gemachten Erbansprüche. Bekennt sich zu der Auffassung, daß die schleswig-holsteinische Sukzessionsangelegenheit weniger als eine Rechtsfrage denn als eine politische Frage angesehen werden müsse. Zieht hieraus die Folgerung, daß, obwohl das preußische Herrscherhaus nur einen Rechtsanspruch auf einen Teil der Elbherzogtümer, den alten Segeberger Anteil, besitze, doch um der Zukunft, Macht und Größe Gesamtdeutschlands willen und in Anbetracht der Tatsache, daß die realen Machtverhältnisse stärker sind als die Rechtsdeduktionen, ganz Schleswig und Holstein Preußen zumindesten unterstellt, wenn nicht einverleibt werden müsse. „Preußen rückhaltlos zu stärken, ist die Pflicht jedes wahren deutschen Patrioten; denn auf der Stärke Preußens vor allem beruht die Kraft, die Unabhängigkeit, die Größe und Glorie des zukünftigen deutschen Reichs". — Vgl. hierzu auch Waitz, G., Die angeblichen preußischen Erbansprüche auf Schleswig-Holstein und Herr Professor Helwing. (Separat-Abzug aus dem ersten Heft der „Zeitschrift für deutsches Staatsrecht".) 6 S. 8°. (Bx; Kij), sowie: Zur Abweisung der angeblichen brandenburgischen 824

Erbansprüche auf die Herzogthümer Schleswig-Holstein. H. Haessel, 1865, 32 S. 8°. Dv- Ft; G.)

Leipzig,

1147. Preußens Rechte auf die vereinigten Herzogthümer Schleswig und Holstein für das deutsche Volk gemeinfaßlich dargelegt und insbesondere auch in Beziehung auf den Gottorfer Antheil begründet durch einen preußischen Juristen. Berlin, Selbstverlag, 1865. 26 S. 8°. Allg. Bibl. 2. II. 1865. —

JB6; KÖ.

Datiert: Berlin, im Januar 1865. — Als Rechtsnachfolger der Kurfürstin Elisabeth, geborenen Prinzessin von Dänemark, hat der König von Preußen ein unzweifelhaftes Anrecht auf die vereinigten Herzogtümer Schleswig und Holstein. 1148. [Bucher, Lothar], Preußens altes Recht an SchleswigHolstein. Mit einer Karte. Berlin, Kgl. Geheime Ober-Hofbuchdruckerei (R. Decker), 1865. 210 S. 8°. Allg. Bibl. 4. V. 1865. — Blß- H2; Kir; Kö; M^- T.

Nach der Angabe Poschingers am 20. April erschienen. — Dem äußeren Gepräge nach rein gelehrte Untersuchung der historischen Entwicklung der Sukzessionsverhältnisse. Einleitend jedoch das Bekenntnis, es sei jetzt „eine recht eigentlich sittliche Pflicht der Publizistik" nachzuweisen, daß die Wünsche auf Verbindung der Herzogtümer mit Preußen von Rechten getragen werden. Richtet sich demgemäß gegen die auf Verteidigung der agnatischen Sukzession gerichtete Literatur, der Beweise kognatischen Erbrechts gegenübergestellt werden. „Christians II. nächste Erben zu dem segebergischen Anteil waren der Kurfürst Joachim I. von Brandenburg und sein Bruder, der Markgraf Johann von Küstrin. Was ihnen die Ungunst der Zeiten verweigert, hat der siegreiche Ausgang eines rechtmäßigen Krieges dem Könige Wilhelm gewährt, den Besitz des Erbes". — Vgl. hierzu: Urkunden und Aktenstücke betreffend die preußischen Erbansprüche auf Schleswig-Holstein. Berlin, A. Bath, 1865. 165 S. 8°. ( J V Z V ¿ V Mv) 1149. Das unbedingte Recht Preußens und Österreichs an den Herzogthümern Schleswig, Holstein und Lauenburg, im Hinblick auf die Gültigkeit des dänischen Thronfolgegesetzes vom 31. Juli 1853, auf die allgemeinen politischen Verhältnisse und die deutschen und dänischen Zustände. Eine Stimme aus Schleswig-Holstein. März 1865. (Altona, H. W. Köbner & Co.), [1865]. 44 S. 8°. By

825

Geht aus von Anschuldigungen gegen die liberalen und nationalen Bestrebungen. Begründet im einzelnen die These von der Rechtmäßigkeit der dänischen Thronfolgeordnung von 1853, auch für Schleswig-Holstein, und von der völlig zu Recht bestehenden Abtretung der Herzogtümer an die deutschen Großmächte durch den Wiener Frieden. Preußen und Österreich haben damit eine unbedingte, durch keinerlei Ansprüche oder Erbprätensionen beschränkte Verfügungsgewalt über die Herzogtümer erworben. Das angebliche Recht des Augustenburgers ist nichts anderes als „der Popanz der revolutionären, nationalen Fortschrittspartei Deutschlands". Hofft, daß Preußen und Österreich im Prinzip und in der Aktion auch weiterhin einig sein werden. 2. revidierte Auflage, mit Nennung des Verfassers Baron C. von D i r c k i n c k - H o l m f e l d , Hamburg 1865. 48 S. 8°. (Bs; Gv- Kiz; Mv) 1150. Glaser, J. C., Dr., Professor der Staats- und Cameralwissenschaften, Rechtliche Bedenken, betreffend die Ansprüche auf Succession in die Herzogthümer Holstein, Schleswig und Lauenburg. Separat-Abdruck aus den Jahrbüchern für Gesellschafts- und Staatswissenschaften. Berlin, Selbstverlag, (Druck F. Heinicke), 1865.86 S.8°. Allg. Bibl.

6. VII. 1865. —

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Holstein und Lauenburg sind voneinander geschiedene Staaten des Deutschen Bundes, die vor dem Wiener Frieden zwar denselben Souverän wie Dänemark hatten, im übrigen aber vom dänischen Staate völlig unabhängig waren. Die Souveränität über Schleswig stand vor dem Wiener Frieden allein Christian IX. zu; sie ist seitdem auf Preußen und Österreich übergegangen. Ohne Einwilligung der Stände dürfen die Herzogtümer nicht zu einem einheitlichen Staate zusammengefaßt werden. Über die Sukzessionsfrage haben Preußen und Österreich zu entscheiden. Die preußisch-brandenburgischen Erbansprüche erstrecken sich auf das ganze Herzogtum Holstein mit Ausnahme der Grafschaft Holstein und der Reichsgrafschaft Ranzau. Aus den verschiedensten Gründen sind die Sukzessionsansprüche der Sonderburger, Augustenburger und Gottorper Linie erloschen. In Ermangelung legitimerer Erben ist der König von Preußen als Nachkomme der Kurfürstin Elisabeth auch Erbe des Herzogtums Schleswig. Gibt Österreich seine Zustimmung, dann muß auch Lauenburg an Preußen kommen. 1151. Homeyer, G., Referat und Votum über die auf das Herzogthum Lauenburg gemachten Erbansprüche. 1865. 153 S. fol. [Metallographiert.] 826

Datiert: Berlin, 20. März 1865. — Verfaßt im Auftrage des preußischen Justizministers. Ergebnis: Die sowohl von älteren Prätendenten wie auch von dem Prinzen von Hessen und vom augustenburgischen Hause erhobenen Einwände gegen Christian IX. als rechtmäßigen Erwerber des Herzogtums Lauenburg sind haltlos. Durch den Wiener Frieden hat Christian IX. seinen Rechten zugunsten des Königs von Preußen und des Kaisers von Österreich entsagt. „Der rechtmäßige Besitz Preußens und Österreichs an Lauenburg steht demnach nicht zu bezweifeln." 1152. Rechtsgutachten bezüglich der Heyzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg erstattet auf Grund des Allerhöchsten Erlasses vom 14. Dezember 1864 vom Krön-Syndikat. (Berlin, Kgl. Geh. Ober-Hofbuchdruckerei, 1866.) 203 S. 4® Allg.

Bibl.

8. II.

1866.

Gutachten 1. über die verschiedenen auf die Herzogtümer Holstein, Schleswig und Lauenburg erhobenen Erbansprüche; 2. über die dem kgl. preußischen Hause selbst zustehenden Sukzessionsrechte; 3. über diejenigen Rechte, welche durch den Wiener Frieden auf den König von Preußen und den Kaiser von Österreich übergegangen sind. Die Ausführungen zu 1 richten sich vornehmlich gegen die oldenburgische Deduktion der Gottorper Rechte und bestreiten dem Erbprinzen von Augustenburg das Recht auf Geltendmachung eines bevorzugten Sukzessionsrechtes. In 2 wird das Erbrecht des Königs von Preußen als Deszendenten des Kurfürsten Joachim und seiner Gemahlin Elisabeth sowohl auf den vormaligen Gottorper als auf den vormaligen Segeberger Anteil des Herzogtums Holstein begründet. In 3 wird die Auffassung vertreten, daß durch den Wiener Frieden Christian IX. die ihm gemäß des rechtsgültigen Thronfolgegesetzes von 1853 gebührenden Rechte an den drei Herzogtümern auf die Kronen Preußen und Österreich übertragen habe und daß demgemäß Preußen und Österreich die freie Verfügung über die Herzogtümer besitzen würden. — Gegen den dritten Abschnitt wendet sich, zu den preußischen Februarforderungen von 1865 sich bekennend, den Annexionsgedanken ablehnend und den Gottorper Anteil Holsteins dem Großherzog von Oldenburg zusprechend: Mejer, Dr. Otto, Zur Kritik des preußischen Kronsyndicats-Erachtens über die schleswigholsteinische Frage. 1. Oldenburg und der Gottorper Antheil. Rostock, Stiller, 1866. 52 S. 8°. {AUg. Bibl. 19. IV. 1866. B^ F1 M v ) Gegen die rechtliche Begründung der preußischen Sukzessionsansprüche wenden sich: 1. Zoepfl, Dr. Heinrich, Großherzoglich R o s e n b e r g , Publizistik.

53

827

badischer Hofrath und ö. o. Professor der Rechte zu Heidelberg, Beiträge zur Kritik des Rechtsgutachtens des Kronsyndicats bezüglich der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Heidelberg, K. Groos, 1866. 107 S. 8°. (i^; Dx; Ft; Lx; Mx; Wv); 2. Zachariae, Staatsrath Dr., Professor d. R. in Göttingen, Die s. g. Rechtsbasis der deutschen Großmächte in den Herzogthümern Schleswig, Holstein und Lauenburg. Ein publicistisches Votum. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1866. 90 S. 8°. (JBX; F x ; Mx; Wj). 1153. Warnstedt, A. v., Geheimer Regierungsrath, Doctor beider Rechte und der Philosophie, Die Oldenburger und Brandenburger Erbansprüche auf die Herzogthümer Schleswig-Holstein. Auf Grund der Urkunden beleuchtet. Hannover, Schmorl & v. Seefeld, 1865. 688 S. 8°. Allg. Bibl.

25. V. 1865. —

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Verteidigt unter ungewöhnlichem Aufwand juristischer Gelehrsamkeit die Augustenburger Erbansprüche. 1154. Wieding, Dr. Karl, ordentlicher Professor der Rechte an der Universität Greifswald, Die Prätensionen auf die Herzogthümer Schleswig-Holstein. Rechtsgutachten. Greifswald, Akademische Buchhandlung, 1865. VII und 460 S. 8°. Allg. Bibl.

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Vorwort datiert: Greifswald, 4. September 1865. — Vertritt das R e c h t des Augustenburgers hinsichtlich aller Teile der Herzogtümer. Rein juristisch jedoch sei die Frage damit noch nicht erschöpft, da Preußen und Österreich sich im B e s i t z der Herzogtümer befänden und ohne Präjudiz für die Erbfolgefrage in den Kampf gegen Dänemark eingetreten seien. „Diesen Besitz brauchen sie nicht ohne weiteres einem Prätendenten abzutreten, sei es, wer es sei."

3. Der drohende Konflikt und seine provisorische Beilegung durch die Gasteiner Konvention. 1155. Deutschland und die preußische Annexion. Flugblatt des deutschen Reform-Vereins. No. 5. 3. März 1865. (Jena, Friedrich Frommann), [1865]. 4 S. 40. B7;

G.

Die preußischen Annexionsgelüste stehen nicht nur im offensten Widerspruche mit dem Zwecke und den Gesetzen des Deutschen Bundes, sie führen darüber hinaus zur Zerstörung von Deutschlands 828

Einheit, Macht und Freiheit. „Sie führen nur zur Einmischung des Auslandes, zur Vermehrung der inneren Zwietracht, wohl gar zum Bürgerkriege — zu Deutschlands Untergang und Knechtschaft!" 1156. Baumgarten, M., Dr. u. Prof. der Theol., Ein brüderlicher Rath an die schleswig-holsteinische Geistlichkeit. Kiel, Schröder & Co., 1865. 15 S. 8°. Allg. Bibl. 30. III. 1865. — Ki2.

Datiert: Kiel, 4. März 1865. — Die Geistlichkeit muß gegen „Realpolitik", Gewalt und Willkür, Mechanisierung und Materialisierung der deutschen Nation ankämpfen, unentwegt an dem Herzog von Augustenburg als dem „gottgegebenen Herzog dieser Lande" festhalten und, soweit in ihrer Macht steht, dafür kämpfen, daß das „durch Recht, Liebe und Treue geweihte Verhältnis zwischen dem Fürsten und Volke" Schleswig-Holsteins nicht verletzt werde. 1157. Rößler, C., Preußische Probleme für 1865. Preußische Jahrbücher. 1865. Bd. 15, S. 316—325 (März). Die preußische Aufgabe des Jahres 1864 war die Zerstörung der dänischen Usurpation in den Elbherzogtümern. Die endgültige Entscheidung über das staatliche Verhältnis der Herzogtümer ist die Aufgabe des Jahres 1865. Beleuchtet die Frage der preußischen Annexion vom preußischen, österreichischen, mittelstaatlichen und europäischen Standpunkt. „Wir getrauen uns zu behaupten, daß für jede mögliche Form der deutschen Einheit die Annexion der Herzogtümer an Preußen die notwendige Vorbedingung ist... Der preußische Besitz der Herzogtümer ist die Vorbedingung der hegemonischen Stellung Preußens in einem möglichen Bundesstaat... Indes, wenn der nationalen Forderung ihr volles Recht wird, kann Preußen den Nordalbingiern die Wahl zwischen Annexion und Union freistellen. Preußen muß fordern: den Anschluß an die Zollvereinsverträge, dann aber die volle Militärhoheit zu Lande und zur See, über Festungen und Häfen und alle Orte, die es zu solchen für geeignet hält, über alle Kommunikationen, über Soldaten und Matrosen, die das Land im Verhältnis der preußischen Bevölkerung stellen kann. Dazu gehört der verhältnismäßige Anteil an dem preußischen Militär- und Marinebudget." 1158. Die preußischen Forderungen. Deutsches Wochenblatt. 12. März 1865. B6;

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Gegen die preußischen Februarforderungen muß sich das deutsche Volk wie ein Mann erheben. „Es darf weder von den ohnmächtigen 53*

829

Machthabern in Wien, noch von den übrigen Fürsten etwas erwarten... Das Volk ist überall nicht bloß die Quelle der Macht, es ist selbst die Macht. Des Volkes ist die Macht, auch wenn es nicht in Waffen steht und sich erhebt... Das deutsche Volk hat die Schmach der französischen Gewaltherrschaft abgeworfen, es wird nicht eine preußische über sich ergehen lassen." Das preußische Volk muß die Großmachtsucht fahren lassen. Macht es sich zum Mitschuldigen der Vergewaltigung der Herzogtümer, dann ist seine eigene Vergewaltigung besiegelt und der Verfassungskampf zugunsten des Junkertums entschieden. 1159. Fricke, Prof. Dr., in Kiel, Zur Lage. Betrachtungen angeknüpft an die Acten der Universitäten und der Geistlichkeit Deutschlands in der Schleswig-Holsteinischen Landessache. Kiel, E. Homann, 1865. 28 S. 16® Allg. Bibl. 11. V. 1865. — G; Ku: Lt;

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Datiert: Kiel, im März 1865. — Das legitime Recht Friedrichs VIII. ist die Basis für die erst daraus rechtlich sich ergebende Souveränität der Herzogtümer gegenüber den revolutionären Ansprüchen Dänemarks. Darum war das Rechtsbewußtsein für die „Rettung" der Herzogtümer noch entscheidender als die Hilfe Österreichs und Preußens. Protestiert entschieden gegen eine Annexion der Herzogtümer durch Preußen und gegen eine Einigung Deutschlands, die mit einer Verpreußung identisch sein würde. Ist eine Annexion auch aus Gründen der Legitimität wie aus national- und außenpolitischen Erwägungen eine Unmöglichkeit, so ist Schleswig-Holstein jedoch „im eigenen, wie deutschen Interesse zu jedem v e r t r a g s m ä ß i g e n Anschlüsse an Deutschland durch Anschluß an Preußen bereit, der seine innere Selbständigkeit, das Recht seines Herzogs, einschließlich der durch Vertrag zu präzisierenden Kriegsherrlichkeit und seine Vertretung am Bunde aufrichtig unberührt läßt. Es wird mit seinem Herzog zu mehr noch bereit sein, wenn Preußen und Deutschland zu größerer Reife politischer Selbstzusammenfassung: zu einem deutschen Parlament mit deutscher Zentralgewalt gediehen sind". 1160. Eine politische Fastenpredigt. Mitte März. Flugblatt des deutschen Reform-Vereins. No. 7. 31. März 1865. (Jena, Friedrich Frommann), [1865]. 2 S. 4 0 . G.

Beklagt die gegenüber den nationalen Fragen in den Mittel- und Kleinstaaten eingetretene Stagnation. Tatkräftiges Handeln und 830

Einwirken auf die bundestreuen Regierungen tut um so mehr not, als die „reindeutschen" Mittel- und Kleinstaaten von den Preußen viel zu fürchten und von den Österreichern wenig zu hoffen haben und eine Annexion der Elbherzogtümer die Mittel- und Kleinstaaten mit dem Schicksal bedroht, „Stiefkinder von Großpreußen zu werden". 1161. [May, Martin?], Woher und Wohin? Ein Wort in der schleswig-holsteinischen Sache von einem Unbefangenen. Hamburg, Perthes-Besser & Mauke, 1865. 23 S. 8°. Allg. Bibl. 30. III. 1865. — B7; G; HX; Ki2;

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Da das Sukzessionsrecht auf Schleswig-Holstein keineswegs in jeder Beziehung klar und einfach ist und da die Wohlfahrt des Landes unbedingt den Rechtsforderungen einzelner vorangehen muß, so ist das Ziel zur Lösung der schleswig-holsteinischen Frage, mögen die Wege auch noch ungewiß sein, durchaus einfach: „Unveränderter Besitzstand der Herzogtümer mit Sicherheit der Existenz nach außen wie nach innen! und in einer Weise, die uns in europäischen Fragen mit 20 Millionen Deutschen zur engsten Verbrüderung hilft." 1162. Preußisch oder Deutsch? Von einem schleswig-holsteinischen Landsmann. Kiel, Carl Schröder & Co., 1865. 30 S. 8°. Allg. Bibl. 30. III. 1865. — Be; G; Ki2;

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Mit dem Wiener Frieden ist der Kampf gegen das Selbstbestimmungsrecht Schleswig-Holsteins entbrannt. Ein engerer Anschluß an Preußen, der nichts anderes als eine verschleierte Annexion bedeuten würde, widerstreitet den deutschen Interessen, denn „in der Freiheit aller Einzelstaaten ruht die Freiheit des ganzen deutschen Vaterlandes". Die preußischen Februarforderungen sind lediglich als Ausfluß des preußischen Partikularismus und Machthungers zu werten. Im gesamtdeutschen Interesse muß Schleswig-Holstein sein Selbstbestimmungsrecht erhalten bleiben. „Die Interessen aber, welche zusammengefaßt Deutschland nach innen und außen stark und mächtig machen, in denen es einig werden muß und wird, sind innerer Verkehr, äußere Vertretung, Heerwesen und Flotte. Somit wird es eines militärischen, maritimen, diplomatischen und merkantilen Anschlusses der Herzogtümer an Preußen nicht bedürfen. Das g a n z e Deutschland soll es sein!" 1163. Aurach, Ph. S. v. der, Dr., Schleswig-Holstein und Preußen. Ein süddeutsches Wort. Mannheim, J. Schneider, 1865. 48 S. 8°. Allg. Bibl. 30. III. 1865. —

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W3.

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Begrüßt das Scheitern der Londoner Konferenz und fordert im gesamtdeutschen Interesse die völlige Annexion Schleswig-Holsteins für Preußen, da diese auch für die Herzogtümer selbst viel ersprießlicher sei als „das Zwitterding eines sogenannten Anschlusses". Bekennt sich begeistert zu Bismarcks außenpolitischen Erfolgen und erhofft die baldige Beilegung des innerpreußischen Konflikts von einem Entgegenkommen der Krone. Das Bündnis zwischen Preußen und Österreich hat keine Aussicht auf Bestand, da beide Staaten ihren Interessen und Traditionen nach völlig auseinandergehen. „Wie Österreich der alten Zeit angehört und die liberalen Anwandlungen selbst nur als Ausnahme und Abweichungen von seinem Grundprinzipe betrachtet werden dürfen, so können in Preußen die feudalen Velleitäten, die junkerlichen Prätensionen auch nur für vorübergehende Anachronismen, für Verstöße gegen die Fundamentalartikel seiner Existenz gelten. Wie fast keinem anderen Staate Europas, so sind dem Staate Preußen die Wege klar vorgezeichnet, die er zu gehen hat, als der Staat Friedrichs des Großen. Die friderizianischen Traditionen sind für ihn der Ausgangspunkt aller seiner Lebensbewegungen, an diese muß er anknüpfen sowohl für jede weitere Entwicklung in seinem Innern, als auch für seine Politik nach außen, wenn anders er seine Aufgabe lösen will im Geiste seiner Gründer." Deshalb muß auch an die Stelle der Allianz mit Österreich diejenige mit Bayern treten. Durch seine geographische wie historische Bedeutung ist Bayern dazu berufen, in Süddeutschland die Hegemonie zu führen und Österreich aus Süddeutschland zu verdrängen. Preußen und Bayern müssen sich, wenn auch zu ungleichen Teilen, in die deutsche Hegemonie teilen. Auf ihrem treuen und aufrichtigen Bündnis ruht Deutschlands Heil für die Zukunft. 1 1 6 4 . Zum 24ten März. [Unterzeichnet:] Herausgegeben vom engern Ausschuß der Schleswig-Holsteinischen Vereine. (Hamburg, H. G. Voigt), [1865]. 8 S. 8° [Kopftitel]. Anknüpfend an die schleswig-holsteinische Erhebung vom 24. III. 1848, das damals Vollbrachte rühmend, wird hier — mit der Spitze gegen die preußischen Annexionsbestrebungen — das Gelöbnis abgelegt, daß es nicht gelingen solle, „unser Recht zu verleugnen, unsere Huldigung zu brechen, unsere Ehre wegzuwerfen, unsere politische Selbständigkeit aufzuopfern und willig ein Helotenjoch zu tragen. Mag Deutschland augenblicklich ohnmächtig und zerrissen sein, wir wollen seine treuen Söhne bleiben." Verzichtet man auf Gewalt-

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anwendung und erkennt man „unsern Herzog und unsern Staat an, der von Rechts wegen doch niemand anders gehört", dann mag es zu einem Abkommen mit Preußen kommen, soweit dieses nicht darauf ausgeht, „unsere politische Selbständigkeit, die nur direkt an das sich einigende Deutschland und nicht vorweg an Preußen vergeben werden kann, zu beeinträchtigen". 1165. Erklärung, vom engeren Ausschuß der Schleswig-HolsteinVereine in den Herzogthümern abgegeben in der Versammlung des Sechsunddreißiger-Ausschusses zu Berlin, am 26. März 1865. (Frankfurt a. M„ C. Adelmann), 1865. 1 Bl. 8°. Datiert: Berlin, 26. März 1865. — Unantastbar ist das Recht Schleswig-Holsteins, sich als selbständiger und unteilbarer deutscher Staat mit dem Erbrecht des Mannsstammes unter Herzog Friedrich VIII. als Landesherrn zu konstituieren. „Eine rechtsbeständige Verfügung über das Schicksal der Herzogtümer ist nur möglich unter Zustimmung des schleswig-holsteinischen Volks oder seiner nach dem Staatsgrundgesetz von 1848 berufenen Vertretung". Das mit dem Interesse wie mit dem Rechte des Landes unverträgliche Provisorium muß schleunigst ein Ende nehmen. Zur Sicherung Deutschlands und zur Förderung seines materiellen Gesamtwohles können die Herzogtümer an Preußen folgende Zugeständnisse machen: „1. a) Die gleichartige Formierung, Ausbildung und Bewaffnung des schleswig-holsteinischen Heeres mit der preußischen Armee; 1. b) die Verfügung Preußens über die militärischen Kräfte Schleswig-Holsteins im Kriegsfalle; 1. c) die Anlage der zur Sicherung der deutschen Grenzen etwa nötigen Festungen, befestigten Kriegshäfen usw. in Schleswig-Holstein durch Preußen. 2. Verfügung Preußens über die seedienstpflichtige Mannschaft der Herzogtümer nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen und Leistung eines verhältnismäßigen Geldbeitrags seitens der Herzogtümer zur Unterhaltung der preußischen Marine bis zur Gründung einer deutschen Flotte. 3. Eintritt Schleswigs in den deutschen Bund und der Herzogtümer in den Zollverein, sowie Einräumung der in bezug auf Anlage und Benutzung eines Nordostseekanals erforderlichen Rechte an Preußen." Alle weitergehenden Ansprüche oder Forderungen Preußens sind abzulehnen. 1166. Preußen und Schleswig-Holstein. Zuerst eine Erinnerung an vergangene Stimmungen. Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur. 1865. Bd. II, S. 30—37 (Anfang April). 833

Skizziert die Hauptphasen, Elemente und Ausdrucksformen der Agitation für Schleswig-Holstein seit Ende 1863. Die soeben bekannt gewordenen Anschlußforderungen der preußischen Regierung bieten eine geeignete Verständigungsmöglichkeit sowohl innerhalb der nationalen Partei in Deutschland wie zwischen den SchleswigHolsteinern und Preußen. Da diese Forderungen sowohl dem deutschen wie dem preußischen Interesse entsprechen, muß das Abgeordnetenhaus dem Kompromiß zustimmen, um so mehr da eine Lösung auf dieser Basis „weniger Verwickelungen und Gefahren darbietet als die völlige Einverleibung durch ein reaktionäres Ministerium, die diesem nur durch ein System des Zäsarismus möglich ist, und deshalb eine liberale Opposition mehr als einmal in die gefährliche Lage bringen kann, entweder große reale Staatsinteressen zu bekämpfen oder Maßregeln der Willkür und verächtliche Behandlung eines Volkswillens schweigend zu ertragen". Vgl. hierzu Nr. 1168. 1167. Mommsen, Th., Die Annexion Schleswig-Holsteins. Ein Sendschreiben an die Wahlmänner der Stadt Halle und des Saalkreises. Berlin, Weidmannsche Buchhandlung, 1865. 3 1 S. 8°. Allg. Bibl. 27. IV. 1865. — By; Dt; G; Ht;

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Datiert: Berlin, 4. April 1865. Anfang Mai in 2. unveränderter Auflage erschienen. — „Nicht der Siegesrausch macht die Annexion in Preußen populär; aber wohl erblicken viele unserer Landsleute darin den Anfang der Einigung Deutschlands... Das preußische Volk kann zur Zeit die Annexion weder herbeiführen noch verhindern; aber darum ist es noch keineswegs gleichgültig, wie es sich zu ihr verhält. Bei jedem wichtigen den Staat in neue Bahnen und neue Gefahren führenden Regierungsakt entscheidet zuletzt der Wille des Volkes, das die Tat zu vertreten, jene Gefahren zu bestehen hat; und der vorläufige Ausdruck dieses Willens ist die öffentliche Meinung." Nicht dadurch wird die deutsche Frage gelöst, daß Preußen den Weg der Reunionen beschreitet und die übrigen deutschen Staaten allmählich zu preußischen Provinzen macht. Nur den Weg darf Preußen gehen, „den der Zollverein und in umfassenderer Weise das Frankfurter Parlament gewiesen, einer großen für alle gemeinsamen, nach Möglichkeit die Selbständigkeit der einzelnen Landschaften schonenden, aber wo dies nicht möglich ist, unerbittlich durchgreifenden Generalmediatisierung". Auf keinen Fall darf es zu einer gewaltsamen Annexion Schleswig-Holsteins gegen den Willen der Bevölkerung kommen. Deutschland jedoch hat das Recht und damit Preußen die Pflicht, „nicht schlechthin, aber in militärischer und maritimer Be-

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ziehung sich die Elbherzogtümer zu annektieren. Denn darüber wollen wir uns nicht täuschen: Annexion ist dies auch, nur eine partielle". Könnte auch an den von Bismarck aufgestellten Forderungen sehr wohl noch einiges gestrichen werden, so darf doch im deutschen Interesse den Herzogtümern ein Vereinbarungs- oder Mitbestimmungsrecht nicht eingeräumt werden. Wohl aber m u ß den Herzogtümern das Recht eingeräumt werden, eine Reihe von Fachmännern zu wählen, die die preußischen Regierungsbevollmächtigten bei der Ordnung der künftigen gemeinschaftlichen Verhältnisse unterstützen. Die so zustande gekommene Konvention m u ß dann dem preußischen L a n d t a g und der schleswig-holsteinischen Landesversammlung zur Ratifizierung vorgelegt werden. Darf Preußen auch nicht mehr f o r d e r n als die partielle Annexion, so liegt es doch im selbsteigenen Interesse der Herzogtümer, die Annexion zu einer ganzen zu machen. Nicht deshalb braucht ein schleswigholsteinischer Kleinstaat aufgerichtet zu werden, weil der Herzog von Augustenburg der zweifellos legitime Erbe ist. Die Verhältnisse haben sich geändert und mit ihnen das Programm. Will SchleswigHolstein einem Widerspruchs- und unheilvollen Doppelregiment entgehen, dann muß es für die preußische Annexion stimmen. — Hiergegen wendet sich vom Standpunkt des orthodoxen Augustenburgertums: H e n r i c h s e n , A. J. F., Dr., Th. Mommsen's Sendschreiben: die Annexion Schleswig-Holsteins beleuchtet. Altona, Mentzel, 1865. 38 S. 8° (B^ G; Mj). Hieraus das Bekenntnis: „Mein Standpunkt ist nicht der partikularistisch-patriotische, auch nicht der legitimistische, sondern der patriotisch-legitimistisch-sittliche." 1168. Duboc, J., Preußens Bedeutung für Deutschland. Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur. 1865. Bd. I I , S. 99—104 (Mitte April). Fordert im gesamtdeutschen Interesse die Annexion SchleswigHolsteins durch Preußen. Denn nur dadurch kann der immer schärfere Formen annehmende Gegensatz zwischen Preußen und Deutschland überbrückt werden, „ d a ß Deutschland auf seinem Weg zur Größe, Macht, Konzentration und einer i n h a l t v o l l e n politischen Freiheit Preußen als die vornehmste Entwicklungsstufe, die es sich selbst z u schaffen vermocht hat, betrachten lerne, daß es, weil es mit seinen Kleinstaaten auf direktem Wege nie fertig wird, den indirekten W e g nicht verschmähe, der durch jede Erstarkung Preußens ein Absterben derselben vorbereitet".

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1169. Holstein oder Venetien, die Wahl und die Quahl Österreichs. Berlin, Stilke & van Muyden, 1865. 3 1 S. 8°. Allg. Bibl. 6. VII. 1865. — Bt; G; H2; KiY; Mt;

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Ursprünglich erschienen 15. IV.—3. V. 1865 in dem radikaldemokratischen Hamburger Wochenblatt „Nessel". — Der verständigste Gebrauch, den Österreich von seinem durch den Wiener Frieden erworbenen Miteigentumsrechte an den Elbherzogtümern machen kann, ist, sich desselben zu entäußern und seinen Anteil an Preußen zu verkaufen. Schlägt aber Österreich einen andern Weg ein, so ist die Kollision mit Preußen unvermeidlich. Für Österreich gibt es nur zwei Möglichkeiten: „Entweder es gibt Venetien und seine Mission am Adriatischen Meere freiwillig und auf immer vorbehaltlos auf, verbündet sich mit Italien, mit den ultramontanen Elementen ganz Europas und mit der Meute der deutschen Kleinstaaterei ... und stürzt sich als verheerende Lava über Preußen und die p r o t e s t a n t i s c h e n Länder Norddeutschlands... Oder, wenn Preußen und der Protestantismus zu tief gewurzelt und zu mächtig in Deutschland geworden sind, als daß Österreich sie mit der Wurzel auszujäten und der Verwesung zu übergeben vermöchte, so muß Österreich das Gegenteil des Gesagten wollen. Es muß Schleswig-Holstein, es muß Nordund Mitteldeutschland rückhaltlos und für immer an Preußen überlassen und, gedeckt durch Preußens Schild, mit dem sicheren Rückhalte auf die im Notfälle nie fehlende Hilfe des preußischen Schwertes, seine ungeteilte geschlossene Angriffsfront gegen den Süden und Osten richten." Seit dem Wiener Frieden kann der Augustenburger keine rechtmäßigen Erbansprüche mehr geltend machen. Das Recht, das der König von Preußen durch den Friedensschluß erworben hat, hat er nicht allein sich und seiner Familie, sondern dem gesamten preußischen Volke erworben. Schleswig-Holstein gehört daher, „dem idealen Teile nach, den der König von Preußen kraft des'Wiener Friedensvertrags an ihm eignet, zum preußischen S t a a t s g e b i e t e " . Voll höhnender Polemik gegen den preußischen Liberalismus. 1170. [Rößler, Constantin], Die Elbherzogthümer seit dem 6. April 1865. Hamburg u. Leipzig, R. Falcke, 1865. 31 S. 8°. Allg. Bibl. 18. V. 1865. — Bt; D2; G; Hy; Kö; L2;

W3.

Aus dem Wiener Frieden folgt nicht die Verpflichtung, einen Eigentumsträger für die Elbherzogtümer erst zu ermitteln. „Die deutschen Großmächte haben im Jahre 1864 keinen Erbfolgekrieg geführt, sie haben Krieg begonnen wegen Verletzung der Verträge von seiten Dänemarks. Dieser Krieg hat durch seinen Verlauf dazu 836

geführt, daß die Elbherzogtümer den deutschen Großmächten abgetreten wurden." Zweifel an dem Besitztitel bestehen insofern nicht, als ja die deutschen Großmächte ihrerseits Zweifel gegen das Herrscherrecht Christians IX. nie gehegt oder bekundet haben. Die Forderung, daß die deutschen Großmächte jetzt das Recht eines machtlosen, an der Umgestaltung der Lage der Herzogtümer durch keine Tat beteiligten Prätendenten anerkennen sollen, „gehört nicht dem Gebiet der Politik, sondern dem der Sentimentalität an". Im Interesse der Herzogtümer und vor allem im Interesse Deutschlands kann es sich jetzt nur noch darum handeln, zur Schöpfung eines „neuen positiven Rechts" zu schreiten. „Diese Forderung der höchsten Interessen Deutschlands gilt auch gegenüber dem besten vorhandenen Besitztitel, nämlich dem durch Preußen und Österreich gemeinschaftlich mit den Waffen erworbenen". Die wahren deutschen Interessen dulden weder eine Teilung der Herzogtümer zwischen ihren rechtmäßigen Besitzern, noch eine Fortdauer der gemeinsamen Herrschaft. Hinzu kommt, daß Österreich mit seinem Besitz in den Herzogtümern auf die Dauer nichts anfangen kann. Da die Aufrichtung eines neuen Kleinstaates nur ein Vasallenverhältnis zu Preußen zur Folge haben würde, so wird Österreich selbst ohne Kompensationen Preußen am Eintritt in den Vollbesitz der Herzogtümer nicht hindern. „Für Preußen ist die Besitznahme der Herzogtümer eine Lebensfrage... Preußen kann ohne die Herzogtümer kein Flottenstaat werden. Wird Preußen kein Flottenstaat, entsteht nie eine deutsche Flotte. So ist die Besitznahme der Herzogtümer durch Preußen auch eine deutsche Lebensfrage." Es ist die Pflicht des Erbprinzen von Augustenburg, seinen Anspruch fallen zu lassen. Ist er „ein einsichtiger und edler Mann, so muß er jetzt sagen: Ich erhob die Fahne, die euch des fremden Joches entledigen sollte. Ich konnte nur einen Anstoß zu eurer Befreiimg geben. Jetzt will ich eurem Anschluß an eine politische Nationalität, in deren Mitgliedschaft allein der einzelne Mensch sich vollenden kann, nicht entgegen sein". 1171. [Bucher, Lothar], Denkschrift betreffend die außerordentlichen Ausgaben, welche durch den Krieg gegen Dänemark Veranlaßt sind. Drucksachen des Hauses der Abgeordneten. 8. Legislaturperiode, II. Session 1865. Nr. 179, S. 3—11. Bv

Abgedruckt in Buchers Kleinen Schriften politischen Inhalts, 1893, S. 86ff, unter dem Titel: Genesis des dänischen Krieges 1864. — Entwickelt den Regierungsstandpunkt. „Ein enger Anschluß der

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Herzogtümer an Preußen wird allseitig gefordert und erwartet, die wirkliche Einverleibung lebhaft gewünscht. Die kgl. Regierung ist der Überzeugung, daß die letztere Lösung an sich die zweckmäßigste wäre, nicht nur für Preußen, sondern auch für Deutschland und die Herzogtümer selbst; aber sie verkennt nicht, daß sie für Preußen mit großen finanziellen Opfern in betreff der Kriegskosten und der Staatsschulden verbunden sein würde, und sie hält dieselbe nicht in dem Maße durch das Staatsinteresse für geboten, daß ihre Durchführung unter allen Umständen und ohne Rücksicht auf die Erhaltung des Friedens erstrebt werden müsse. Dagegen glaubt sie an denjenigen Bedingungen unter allen Umständen festhalten zu sollen, zu deren Aufstellung Preußen aus der Pflicht zum militärischen Schutze der Herzogtümer wie des eigenen Landes und zur Entwicklung der deutschen Wehrkraft zur See die Berechtigung schöpft. Solange bis die auf diesem Gebiete für Preußen notwendigen Einrichtungen zweifellos sichergestellt sind, muß das P r o v i s o r i u m und mit ihm die Okkupation fortdauern und die Regierung ist der Zustimmung des Landes gewiß, wenn sie ihren Besitz in den Herzogtümern bis dahin aufrecht erhält. Sie wartet die Prüfung und Klärung der Rechtsfrage ab, sie ist zu Verständigungen bereit, welche, diese Frage mit dem politischen Bedürfnis versöhnend, dem Interesse Preußens, der Herzogtümer und Deutschlands genügen, und wird in den Wünschen und Überzeugungen der Bevölkerung der Herzogtümer, sobald es ihr gelungen sein wird, dieselben durch eine geeignete Vertretung zum Ausdruck zu bringen, ein wesentliches Moment für ihre eigene Entschließung finden." 1172. [Hahn, Ludwig?], Der Gang der Preußischen Politik in der Schleswig-Holsteinschen Angelegenheit Vom November 1863 bis zum Juni 1865. Berlin, Verlag der Königlichen Geheimen OberHofbuchdruckerei, 1865. 188 S. 8°. Allg. Bibl. 29. VI. 1865. — B1;

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Enthält lediglich 74 auf den Gang der schleswig-holsteinischen Verwicklung Bezug nehmende Leitartikel und größere „Notizen" aus der offiziösen „Provinzialkorrespondenz" sowie ein die preußische Regierungspolitik rechtfertigendes Nachwort des Herausgebers. 1173. Radenhausen, C., Deutschlands Machtgröße in schwebenden Fragen. Hamburg, Otto Meißner, 1865. 120 S. 8°. Allg. Bibl. 24. VIII. 1865. — G; H1;

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Vorwort datiert: Altona, Juni 1865. — Gibt einen kritischen Überblick über den Gang der schleswig-holsteinischen Verwicklungen, 838

die vornehmlich nach ihrer nationalpolitischen Bedeutung hin charakterisiert werden. Begründet im einzelnen die These, daß das deutsche Volk durch den von ihm mittels friedlicher Agitation ausgeübten Druck den Anstoß zum Kriege gegeben und den Verlauf der Ereignisse bestimmt habe. Das deutsche Volk muß seine gegenwärtige Machtstellung dazu benutzen, um ohne Blutvergießen auf dem kürzesten Wege zur Einheit und Freiheit zu gelangen. Um dieses Zieles willen muß es auch die preußische Regierung zwingen, gegenüber Schleswig-Holstein den Bundesgesetzen gemäß zu verfahren, d. h. es muß dafür sorgen, „daß die Herzogtümer konstituiert werden als Bundesstaat, ihr Bundeskontingent errichten und am Bundestage durch ihren eigenen Gesandten vertreten werden". Mit aller Macht muß um Deutschlands Einheit und Freiheit willen einer Einverleibung der deutschen Kleinstaaten in Preußen entgegengearbeitet werden. „Das deutsche Volk, wenn auch nicht stark genug, um ganz Europa Widerstand zu leisten, ist durch seine Lage und die Zahl der Waffenträger in der günstigen Stellung, die Entscheidung zwischen den gespaltenen Mächten Europas in seiner Gewalt zu haben. Dazu ist erforderlich, den Willen aller zusammenzuhalten, durch unablässiges Dringen auf Herstellung des deutschen Reiches, einer Reichsregierung, eines Reichstages und Reichsheeres nebst Flotte. Wie der Volkswille in der schleswig-holsteinschen Frage die dynastischen Rücksichten überwand ohne Aufruhr, so kann er seinen Zweck für das ganze Vaterland auch in Frieden erreichen, wenn er allgemein, ohne Schwenkung nach preußischer oder österreichischer Seite, als rein deutsch und nur deutsch sich hörbar macht an allen Orten." 1174. [Schuselka, Franz?], Das deutsche Wirrsal. Die Reform. Wochenschrift. 8. Juni 1865. S. 706—709. WV »V Lägen die Elbherzogtümer so günstig für Österreich, wie sie für Preußen liegen, dann gälte es, dem preußischen Beispiel zu folgen und die Annexion anzustreben, und zwar die Annexion „kraft des höhern deutschen Nationalrechtes und im Interesse der allgemeinen Nationalmacht Deutschlands". Daß Preußen sein Annexionsziel erreichen wird, ist nicht zu bezweifeln. „Entweder es wird die parlamentarische Opposition besiegt — dann wird das System Bismarcks selbstverständlich durchgeführt, oder es wird das Ministerium Bismarck gestürzt — dann wird die jetzige Opposition selber in betreff der Herzogtümer die Politik Bismarcks durchführen." Österreich kann Preußen weitgehende Konzessionen machen, aber es muß dabei seine Stellung 839

in Deutschland nicht nur behaupten, sondern noch weiter ausbauen. „Preußen arbeitet vortrefflich für Österreich durch die reaktionäre, in ganz Deutschland verurteilte und verhaßte Politik. Hier ist der Fingerzeig für Österreich gegeben, der nach dem schönsten und herrlichsten Ziele zeigt. Das deutsche Volk will frei, politisch geeinigt, es will eine Nationalmacht sein. Das ist das Ziel der deutschen Reform." Stellt sich Österreich an die Spitze der deutschen Reform durch eine bessere, d. h. freisinnigere, das deutsche Volk als solches befriedigende Wiederholung der deutschen Reforminitiative, so kann es getrost Preußens Territorialehrgeiz befriedigen. Mit einer solchen Politik wird Österreich siegen und das deutsche Wirrsal enden. 1175. Bünger, R., Die Zwangs-Annexion und der schleswigholsteinische Landtag. Altona, A. Mentzel, 1865. 30 S. 8°. Allg. Bibl. 32. VI. 1865. — Bt; D2; iFt; G; He;

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Verteidigt die Bevölkerung der Elbherzogtümer gegen den Vorwurf des Partikularismus. Polemisiert gegen Bismarck, Treitschke und insbesondere gegen Theodor Mommsen (vgl. Nr. 1167), der doch wissen müsse, „daß die Erfolge in der äußern Politik die Verfassungskämpfe gegen das jetzige preußische Ministerium erschweren müssen und daß ein Sieg des Rechts und der Volksfreiheit in den Elbherzogtümern errungen, eine Errungenschaft für Preußen und ganz Deutschland sein wird". Wendet sich mit Schärfe gegen die preußische Großmannssucht: „Von dieser Seite drohen Deutschland sehr ernste Gefahren; wenn auch Preußen zu schwach ist, Deutschland zu verschlingen, so wird doch Preußen nach und nach zu groß, um in Deutschland aufgehen zu können, und die annektierten Teile wirken nicht auf Preußen im deutschen Geiste, sondern Preußen wirkt auf sie im preußischen Geiste." Als selbständiges Bundesglied können die Elbherzogtümer weitaus besser an Deutschlands Wiedergeburt mitarbeiten, als wenn ihnen ihr Recht verkümmert und sie zu „Preußen zweiter Klasse" degradiert werden. „Den ernsten Willen, Deutschland zu kräftigen, kann Preußen am besten dadurch betätigen, daß es die Reorganisation des Bundes bewirkt... Auf dem eingeschlagenen Wege aber stärkt es die Sondersouveränitäten, indem es alle diejenigen zu einem gemeinsamen Widerstand herausfordert, die von gleicher Gefahr bedroht sind." Unbedingt muß daher das herrschende „System" in Preußen zu Fall gebracht werden und einem andern Platz machen, „welches sich den Schutz des Rechtes und die Förderung deutscher Interessen zur Aufgabe machen werde". An dem Sturz dieses „Systems" und damit zugleich an der endgültigen Lösung 840

der schleswig-holsteinischen Frage mitzuwirken, ist die zentrale Aufgabe der in Aussicht genommenen schleswig-holsteinischen Landesvertretung. „Es ist auch keine Versündigung an dem großen Gedanken einer dereinstigen Bildung eines einigen deutschen Staates, wenn die Herzogtümer selbst unter dem Schutze Österreichs ihre Autonomie gegen Preußen behaupten. Soll Deutschland geeinigt werden, so wird dieses nur dann segensreich geschehen, wenn es auf eine volkstümliche Weise geschieht, aber nicht durch eine mit Perfidie gepaarte Vergewaltigung der einzelnen deutschen Stämme." Die Schleswig-Holsteiner halten nach wie vor an ihrer Forderung fest: Konstituierung ihres Landes unter Friedrich VIII. ohne jeglichen Aufschub! 1176. Zur Verständigung. 29. Juni 1865. Nr. 13. iJ5; G; Ki2;

Wochenblatt des Nationalvereins.

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„Fort mit dem Ministerium Bismarck — so heißt die nationale Lösung der schleswig-holsteinischen Frage." In dieser zentralsten von allen politischen Fragen der Gegenwart in Deutschland gibt es keinen Gegensatz zwischen deutscher Nationalpartei und preußischem Abgeordnetenhaus. Solange nicht das Ministerium Bismarck durch ein liberal und national gesinntes ersetzt ist, „braucht unsere Partei sich gar nicht mit der Frage zu quälen, was sie in der Lage der Bismarckschen Politik tun würde. Schon darum nicht, weil die ganze Lage sich sofort wie durch Zauber verwandeln wird, sobald nur erst die Junkerpartei beseitigt ist". 1177. Forchhammer, Dr. P. W., ordentlicher Professor der classischen Philologie, Rede zur Feier des Geburtstages Sr. Hoheit des Herzogs Friedrich VIII. an der Christian-Albrechts-Universität am 6. Juli 1865 gehalten. Kiel, Homann, 1865. 17 S. 40. Allg. Bibl. 10. VIII. 1865. — B1; Dt; He;

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Knapper Rückblick auf die Geschichte Schleswig-Holsteins. Fordert die Selbständigkeit der Herzogtümer unter Herzog Friedrich innerhalb eines deutschen Bundesstaats. Ein deutscher Einheitsstaat widerspricht der historischen Entwicklung, den gegebenen Zuständen und den europäischen Verhältnissen. Der Versuch, ihn zu verwirklichen, führt zum Bürgerkrieg. „So wenig eine europäische Universalmonarchie mit der Freiheit der Nationen zu vereinigen ist, so wenig ist ein deutscher Einheitsstaat mit der Freiheit der einzelnen Stämme vereinbar." 841

1178. Die Aussaugung der Herzogthümer Schleswig-Holstein. Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn, 1865. 15 S. 8°. Allg. Bibl. 20. VII. 1865. — Blß- D1; G; H2; Kö; Lt;

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Gibt einen instruktiven Überblick über die finanzielle Belastung Schleswig-Holsteins seit 1848. Kritisiert die finanziellen Bestimmungen des Wiener Friedensvertrages, die offensichtlich als Druckmittel gedacht sind, „um die Gemüter für die Inkorporierung in Preußen zu gewinnen". Den preußischen Machenschaften entgegen hält das Land nach wie vor an seinem rechtmäßigen Herzog Friedrich VIII. fest. Ohne Erlaß der Kriegskosten dürfen Preußen keine Zugeständnisse militärisch-maritimer Art gemacht werden. Weil das Schicksal der Herzogtümer das Schicksal Deutschlands ist und eine Annexion durch Preußen zugleich die deutschen Mittel- und Kleinstaaten in ihrer Existenz bedroht, so müssen diese nicht nur die Exekutionskosten, sondern außerdem noch freiwillig einen Teil der Kriegskosten übernehmen. Sie müssen zu Taten übergehen, denn sie müssen sich sagen, „daß eine glückliche Lösung der schleswig-holsteinischen Frage für ihre eigene Entwickelung und für die föderative Gestaltung Deutschlands von einschneidender Bedeutung und unmittelbarem Vorteil ist". 1179. Die Majorität des preußischen Abgeordnetenhauses. Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur. 1865. Bd. III, S. 1—9 (Anfang Juli). Da die Bismarcksche Politik sich in einer Richtung bewegt, „die mit der eigentlich nationalen der Hauptsache nach zusammenfällt", so wäre die Aufgabe der liberalen Abgeordnetenhausmajorität die gewesen, in dem Augenblick, in dem Bismarck an der Unterstützung seiner schleswig-holsteinschen Politik durch die Landesvertretung besonders viel liegen mußte, zu erklären, „unter Voraussetzung billiger Zugeständnisse in der Verfassungsfrage sei sie bereit, sich gegen Ostreichs Eifersucht und die haßerfüllte Angst des Partikularismus auf seine Seite zu schlagen". Statt dessen hat sie aus Haß gegen Bismarck der bundesstaatlichen Politik der Regierung die Unterstützung verweigert. Es bedarf jetzt einer neuen Organisation der liberalen Parteien, einer neuen Sammlung der Kräfte und neuer, wirklich leitender Führer, die „sich über die einzelnen Aufgaben und Sorgen des Tages zur Gesamtanschauung der Lage des Vaterlandes nnd der Partei zu erheben" wissen. Führer dieser Art können am ehesten noch Forckenbeck, Virchow und Gneist werden. Es kommt jetzt darauf an, daß „die Nationalgesinnten, d. h. diejenigen, denen das 842

Vorwärtskommen Preußens in Deutschland und zunächst in SchleswigHolstein höher steht als der Ausbau des preußischen Rechtsstaats, ihre Stärke in einer Absonderung suchen, die ihnen erlauben würde, die Güte ihrer Sache ungebrochen darzutun, bevor sie sich etwa um praktische Ergebnisse zu gewinnen, mit weniger patriotischen Tendenzen auf Kompromisse einlassen. Die Gesamtheit aber, die liberale Majorität, sollte neben solchen engern Verbindungen völlig gleichgesinnter Geister nur eine einzige Parteiversammlung und eine stehende, gegliederte Führerschaft haben, auch über die Landtagszeit hinaus". 1180. L., Die liberale Partei in Preußen. Nationalvereins. 31. August 1865. Nr. 22. Bs;

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Wochenblatt des

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Daß die Lösung der deutschen Frage durch Preußens Initiative bei der gegenwärtigen Lage der Dinge noch in ziemlich weiter Ferne zu liegen scheint, ist kein Unglück. Denn weit schlimmer als die Fortdauer des Ministeriums Bismarck wäre eine zweite Auflage der Auerswald-Schwerinschen Ära. Die liberale Partei in Preußen ist durch ihren Mangel an Einheit, an einem großzügig und aktionsfähig organisierten lokalen und provinziellen Parteiapparat und vor allem durch ihren Mangel an wirklichen Führernaturen vorläufig zur Übernahme der Herrschaft noch nicht reif. Trotzdem muß das Ziel der Partei sein, „sich der Zügel des Staates und so der vorerst allein möglichen Initiative zur B u n d e s r e f o r m zu bemächtigen. Aber damit sie nach diesem Ziele zuversichtlich zu streben, damit sie die erlangte Macht glücklich anzuwenden imstande sei, muß sie sich heute schon allen Ernstes nach Führern umsehen, welche nicht nebenher Ärzte, Advokaten oder Kreisrichter sind, sondern welche sich ausschließlich dem hohen Beruf hingeben, die Geschäfte ihrer Partei und einst die Geschäfte ihres Landes zu führen". 1181. (Klenze, Justiz-Rath), Der Kampf zwischen Recht und Macht und das Suum cuique in der Schleswig-Holsteinischen Sache. Hamburg, Perthes-Besser & Mauke, 1865. VIII und 72 S. 8°. Allg. Bibl,

i7.

VIII.

1865.

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Vorwort datiert: Uetersen, 30. Juli 1865. — Geht von dem Grundsatz aus, daß nur auf dem Wege des Rechtes und der freien Einung Deutschlands Neugestaltung, seine Umwandlung in einen konstitutionellen Bundesstaat erfolgen könne und dürfe. Zeigt, wie im Verlaufe des Kampfes um Schleswig-Holstein das Machtverhältnis R o s e n b e r g , Publizistik.

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zwischen Preußen, Österreich und dem Bund sich gestaltet und allmählich ausbalanciert hat. Das entscheidende Ergebnis ist ,,die Anbahnung des Gleichgewichts der M a c h t v e r h ä l t n i s s e in Deutschland. Auf der einen Seite muß Österreich, in gleichem Besitzrecht wie Preußen, alle Forderungen des letzteren, welche zu weit gehen, durch seinen Widerspruch absorbieren, auf der andern Seite aber die Rechte der Mittel- und Kleinstaaten schützen, die dritte deutsche Macht also zur Geltung bringen, und endlich muß es vereint mit allen deutschen Bundesstaaten, im allgemeinen deutschen Interesse, an Preußen dasjenige gewähren, was es bedarf, damit die Entwickelung des deutschen Gemeinwesens gefördert werde". Gibt einen ausführlichen Überblick über die rechtlichen Grundlagen des Kampfes um Schleswig-Holstein. Das Recht Schleswig-Holsteins auf Selbständigkeit und Unteilbarkeit fällt zusammen mit dem Recht des Deutschen Bundes und des ganzen deutschen Volkes. Dieses Recht ist auch für die deutschen Großmächte verbindlich. Deshalb muß unverzüglich Herzog Friedrich VIII. die Regierung in den Herzogtümern übernehmen und die schleswig-holsteinische Landesversammlung einberufen, damit diese kraft des ihr zustehenden Wahlrechtes die Sukzessionsfrage endgültig lösen kann. Die auf Macht und Gewalt gegründete, lediglich ihr Partikularinteresse verfolgende preußische Regierungspolitik, die die Annexion der Herzogtümer sich zum Ziel gesetzt hat, ist aufs schärfste zu verurteilen. Die ultima ratio dieser Politik ist der Kampf der Macht gegen Macht, die aktive Koalition des deutschen Volkes, der deutschen Regierungen und Österreichs gegen Preußen. Nur auf dem Wege des freien Vertrages dürfen Preußen Zugeständnisse eingeräumt werden, die die Schaffung und den Ausbau einer Kriegsmarine möglich machen. 1182. Blicke in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zur richtigen Beurtheilung der preußischen „Forderungen" in SchleswigHolstein, und zur Beherzigung an alle aufrichtigen Vaterlandsfreunde insbesondere an die demnächst einzuberufenden Landtags-Abgeordneten in den Elbherzogthümern gerichtet. Von einem kleinstaatlichen Großdeutschen. Frankfurt a. M., Reinhold Baist, 1865. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 3. VIII. 1865. — Bn;

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Verteidigt die österreichische Bundesreformakte von 1863 und charakterisiert den gegen diese gerichteten preußischen Widerstand als Ausfluß der „bekannten preußisch-hegemonistischen Gelüste mit großmächtlicher Übertünchung". Die von der preußischen Regierung 844

jetzt bezüglich Schleswig-Holsteins aufgestellten Forderungen bedeuten eine Wiederaufnahme der Unionspolitik von 1849 und müssen von Österreich im Bunde mit den deutschen Mittel- und Kleinstaaten auf das entschiedenste zurückgewiesen werden, selbst auf die Gefahr eines Krieges mit Preußen hin. Hofft, daß Preußen gutwillig „in die rechtliche Bahn der Bundesverfassung" einlenkt, denn wahrlich: „ F ü r Preußen bleibt ein zweites Olmütz ehrenhafter als ein zweites Jena." 1183. [Möller, Cajus], Dies Wort gehört dem Erbprinzen von Augustenburg. Die wirklichen Interessen Schleswig-Holsteins und der deutschen Demokratie. Von einem Schleswig-Holsteiner. Hamburg, J . P. F. E . Richter, 1865. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 3. VIII. 1865. — ff2; Kiu- Ki2;

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Noch im August in 2., unveränderter Auflage erschienen. — Solange Preußen schon aus Gründen der einfachsten Selbsterhaltung das ganze außerösterreichische Deutschland mit zu beschützen hat, wird es „selbst unter dem persönlich freisinnigsten und liberalsten Fürsten ein straffes Anziehen der Regierungszügel, ein starkes Hervortreten der kgl. Persönlichkeit, kurz gesagt, ein gleichviel unter welchen Formen absolutistisches Regiment nicht vermeiden, weil nicht entbehren können. Solange Preußen nicht ganz unzweifelhaft für Europa eine Großmacht, für Deutschland eine Hegemoniemacht ist, solange wird es, schon um seinen durch eine beispiellos schlechte geographische Lage unsicher gemachten Besitz zu schirmen und eine allenfalls sich darbietende Gelegenheit zu Vergrößerungen benutzen zu können, wesentlich ein Militärstaat, d. h. denn doch wohl für jeden Denkenden ein inkonstitutioneller Staat bleiben müssen". Aus der prekären Lage des deutschen Konstitutionalismus ergibt sich für die konstitutionelle Partei in ganz Deutschland die Verpflichtung, „an Preußens Vergrößerung zu arbeiten, um die Notwendigkeiten aufzuheben und die Bedingungen zu absorbieren, unter denen dieser Staat, wenn keine Veränderung seiner äußeren Lage eintritt, den Gefahren einer militärischen Junkerherrschaft niemals sich entziehen wird". Schon aus diesem Grunde muß es zu einer Annexion Schleswig-Holsteins durch Preußen kommen. Mit dem Erwerb der Herzogtümer wird Preußen eine Großmachtspolitik treiben müssen; ein Rückfall in die unselige Tatenlosigkeit wird damit unmöglich gemacht werden. Unter der augustenburgischen Dynastie hat Schleswig-Holstein, wie im einzelnen dargelegt wird, für seine konstitutionelle Entwicklung nichts zu erwarten. „Selbst wenn Schleswig-Holstein preußisch 54*

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machen, es auf ewig einer feudalen Regierung unterwerfen hieße, müßte man gerade von dem bloß schleswig-holsteinischen Standpunkte aus dennoch dieses Ziel anstreben, nur um den Gefahren eines Erbrechtes zu entgehen, das Deutschlands böser Genius aus den verworrenen Finsternissen einer feudalen Vergangenheit heraufbeschworen hat; denn dieses Erbrecht muß nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit in 2 Jahrhunderten dem kaiserlich-russischen Hause den Schlüssel zur Seeherrschaft über Nordeuropa, Dänemark und die Herzogtümer in die Hände liefern." 1184. Gegen die Berliner Nationalzeitung. Wochenschrift der Fortschrittspartei in Bayern. 12. August 1865. Nr. 32. •Bf

Durch die Haltung, die ein Teil der liberalen Partei und Presse in Preußen, insbesondere aber die „Nationalzeitung", zur schleswigholsteinschen Frage einnimmt, ist die Einheit des deutschen Liberalismus zerstört. Als abgesagte Feinde sonderstaatlicher Vereinzelung müssen die in der Fortschrittspartei organisierten Liberalen gegen diese Haltung entschieden protestieren. „Sie halten es für unverantwortlich, die preußische Politik zu unterstützen, solang diese das Selbstbestimmungsrecht der Herzogtümer mit Füßen tritt und sie halten es zugleich für den blödesten Irrtum, wenn man wähnt, auf den Wegen der Bismarckschen Politik die Größe Preußens oder die Einheit Deutschlands zu finden. Denn diese Politik, die in gleichem Maße impotent und gewalttätig ist, wird mit einer schimpflichen Niederlage oder mit dem Verrate deutscher Interessen ans Ausland oder im günstigsten Fall mit einem Kompromiß endigen, welches die Einigkeit der Regierungen auf Kosten der Nation wiederherstellt. Zu spät wird man es bereuen, die Mitschuld eines solchen Ausgangs übernommen und um solcher Erfolge willen die Sache der Freiheit verlassen zu haben. Wir kennen im jetzigen Moment für die liberale Partei in Preußen wie im übrigen Deutschland nur eine Pflicht: sie muß ohne Vorbehalt auf das R e c h t der V o l k s v e r t r e t u n g in den Herzogtümern hinweisen." 1185. [Jörg, Joseph Edmund], Deutscher Bürgerkrieg oder — Vernunft ? Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. 1865. Bd. 56, S. 324—336. Datiert: 12. August 1865. — In Anbetracht der zerrütteten Lage, in der sich Österreich zurzeit befindet, glauben wir trotz aller Drohungen an keinen Krieg zwischen Österreich und Preußen. Gegen846

über der österreichischen Politik, die sich mit der Partei des Augustenburgers identifiziert und mit Frankreichs Bundesgenossenschaft liebäugelt, hat Bismarck von seinem Standpunkt aus nur getan, was er tun mußte. Man muß sich damit abfinden, daß Preußen Herr in Schleswig-Holstein bleibt. „Die großdeutschen Mächte und Parteien haben kleindeutsche Politik gemacht, und nun zürnen sie, daß das Resultat nicht großdeutsch sein oder werden will!" Dynastische Eifersucht, Stammesrivalität, Parteineid sind zu neuer Glut entfacht, die österreichisch-preußische Allianz ist unterhöhlt, die Hoffnung ist dahin, daß die deutschen Regierungen auf Grundlage einer vernünftigen Realpolitik Friede machen unter sich und in Deutschland. Um so wahrscheinlicher ist die Aussicht geworden, daß die deutsche Revolution die Einheit schaffen wird. Bismarck ist ihr Vorläufer und Bahnbrecher. Denn worauf beruht die Opposition der Fortschrittsparteien aller deutschen Länder gegen Bismarck? „Sie alle sind nicht Gegner der Mediatisierungspolitik, sondern diese Politik ist vielmehr ihre Politik; nur daß ein konservativ sich nennendes Ministerium sich damit befassen, die Politik der Partei verpfuschen und in der Einschränkung auf die Mediatisierung Schleswig-Holsteins durchführen will: das ist der Grund des großen Zorns. König Wilhelm könnte jeden Augenblick den Grimm in helle Lust verwandeln. Nur seinem glücklichen Eigensinn in Sachen der Armeereorganisation ist es zu danken, wenn Preußen nicht, anstatt sich mit Herrn v. Bismarck mühsam durchzuschlagen, an der Spitze der einheimischen und der deutschen Fortschrittspartei als gefährlichster Gegner Österreichs und der Mittelstaaten auftritt." Vgl. hierzu auch Jörgs Ausführungen in Bd. 55, S. 834—852. 1186. Patriotische Beantwortung der Schleswig-Holstein'schen Frage. Berlin, Stilke & van Muyden, 1865. 23 S. 8°. Allg. Bibl. 24. VIII. 1865. — Bt; Be;

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Preußens Schleswig-Holstein-Politik entsprach stets dem Interesse der deutschen Gesamtheit und ist „mithin vom Verdachte jeder egoistischen Politik vollkommen rein". Die Befreiung der Herzogtümer ist faktisch Preußens Werk; um so betrüblicher ist, daß Österreich in den „Mitbesitz" der Herzogtümer gelangt ist. Preußen betrachtet es als seine Aufgabe, die Herzogtümer nicht nur zu befreien, sondern sie auch frei zu erhalten. Um dieses Zieles willen müssen die Besitzansprüche und das anmaßliche Auftreten des augustenburgischen Thronprätendenten zurückgewiesen werden. Die gegebene Lösung der schleswig-holsteinischen Frage ist die Annexion der Herzog847

tümer durch Preußen. „Preußens Führung in Deutschland muß schon jetzt und in Schleswig-Holstein beginnen." Der Widerstand Österreichs gegen die preußische Hegemonie muß gegebenenfalls mit den Waffen ausgetragen werden. Preußen hat nicht nur deutsche Pflichten in Schleswig-Holstein, sondern auch Rechte. „Und Preußen wird legale Mittel finden, diesen Rechten Geltung zu verschaffen. Diese Rechte stützen sich historisch auf Ansprüche, faktisch auf Leistungen und moralisch auf Preußens großen deutschen Beruf." Der einzige Thronkandidat, dem Preußen allenfalls weichen dürfte, ist, vorausgesetzt daß die Militärkonvention mit Preußen aufrechterhalten bleibt, der Großherzog von Oldenburg. „Das Schicksal SchleswigHolsteins liegt in dem Dilemma: Anschluß an Preußen — oder Wahl des Großherzogs von Oldenburg! — Jeder dritte Weg ist von Übel!" 1187. Das voraussichtliche Ende des Preußisch-Österreichischen Condominats in den Elbherzogthümern. Betrachtungen eines conservativen Preußischen Fortschrittsmannes nach dem Bekanntwerden des Votums des Preußischen Kronsyndicats. Berlin, J . C. Huber, 1865. 47 S. 8°. B2; Ki^ Kö.

Vorwort datiert: Berlin, im August 1865. — Schildert den bisherigen Gang der preußischen Schleswig-Holstein-Politik in ihrem Kampf mit dem Deutschen Bund und Österreich. Preußen darf sich nicht länger die Anmaßung des Deutschen Bundes gefallen lassen, eine Selbständigkeit neben Preußen und Österreich innerhalb Deutschlands in Anspruch zu nehmen, „für welche ihm alle Voraussetzungen des Rechtes und der Macht fehlen... Preußen hat gezeigt, daß es partikularistische Regungen zertreten kann... Zeige es, daß der Augenblick gekommen ist, wo es, zum Wohle Deutschlands, partikularistische Regungen zertreten muß. Sonst ist und bleibt der Glaube an deutsche Einigkeit, Macht und Ehre ein Nonsens". Ist auch grundsätzlich eine dauernde Verständigung und ein harmonisches Einvernehmen zwischen Preußen und Österreich anzustreben, so ist doch daran festzuhalten, „daß Selbständigkeit und Ehre Preußens dabei in erster Linie stehen müssen". Mit seiner jüngsten Politik ist Österreich im Bunde mit dem offiziösen mittelstaatlichen Partikularismus und der süddeutschen Demokratie in Gegensatz zu Preußen getreten. Verteidigt die preußischen Februarforderungen und das preußische Kronsyndikatsgutachten über die Besitzrechte an Schleswig-Holstein, durch das die preußische Politik gegenüber der augustenburgischen Agitation eine neue moralische Stütze erhalten habe. 848

Der Widerstand der augustenburgischen „Legitimisten" gegen Preußen erklärt sich vornehmlich daraus, „daß bei ihnen recht faßbare persönliche Interessen — die Erhaltung von Pfründen, Sportein, Privilegien — mit der Vertretung des Augustenburgertums zusammenfallen". Preußens Aufgabe besteht jetzt darin, „den Willen des Augustenburgertums zu brechen, die partikularistischen und demokratischen Regungen in Deutschland zu zertreten und auch Österreich zu zeigen, daß Preußens starker Wille Deutschland zu lenken und zu schützen bestimmt und entschlossen ist. Lassen sich diese Aufgaben in Frieden lösen, so ist es desto besser; wenn nicht, so muß das Schwert eine Entscheidung herbeiführen. Mit der Frage der Herzogtümer sind die Interessen Preußens und Deutschlands aufs innigste verflochten; die preußischen stehen uns in erster Linie, aber ihre Wahrung ist auch identifiziert mit der der Interessen Deutschlands. In SchleswigHolstein muß sich über kurz oder lang die zukünftige Stellung Preußens zu Österreich und Deutschland, müssen sich die Geschicke Deutschlands dauernd entscheiden. Hic Rhodus, hic salta! rufen wir dem preußischen Premier zu, der bisher mit erleuchteter Energie das preußische Staatsschiff gelenkt hat". Rechnet mit der Neutralität der Großmächte bei der bevorstehenden Auseinandersetzung. Wenn Preußen den Krieg gegen Österreich auch nicht wünscht, so folgt daraus noch nicht, daß es davor zurückschreckt. „Es wird den Kampf annehmen, sobald es seine Ehre, seine und Deutschlands Interessen gebieten." Das Geld zur Kriegführung wird da genommen werden, wo es am zweckmäßigsten erscheint, „mit, und geht es nicht anders, auch ohne Einwilligung des Abgeordnetenhauses. Die Probe ist gemacht und gelungen, und solcher Praxis gegenüber schwindet der Eindruck gänzlich, den die Theorie der Gelehrten des preußischen Abgeordnetenhauses auf das Volk zu machen bestimmt ist". In jedem Falle kann und darf die Lösung der Elbherzogtümerfrage keine andere sein als die preußische Annexion. Feiert in einem kurzen Nachwort den Abschluß der Gasteiner Konvention als einen Triumph der preußischen Politik. 1188. Was thut Noth in Schleswig-Holstein? Antwort: Berufung der Stände. [1865.] 4 S. 8°. [Kopftitel.] Kt.

Durch die Gasteiner Konvention werden die Herzogtümer, kaum vereinigt, wieder auseinander gerissen. „Gewalttat und Eroberung, das sind die einzigen Grundlagen, auf welche die in den Besitz sich teilenden Mächte ihre Übereinkunft gegründet haben." 849

Das Volk von Schleswig-Holstein verlangt sein Recht, die Einberufung der Stände, die dem Willen des Landes Ausdruck verleihen. 1189. Der Vertrag von Gastein. Wochenschrift der Fortschrittspartei in Bayern. 2. September 1865. Nr. 35. Die Bedeutung des Vertrages besteht darin, „daß er von neuem die Absicht der Großmächte bekräftigt, mit absoluter Rechtsverachtung über das Schicksal der Herzogtümer zu verfügen, daß er einen drückenden provisorischen Zustand verlängert und daß er die Begründung eines definitiven Zustandes vorbereitet, welcher den Absichten der Berliner Politik entspricht". 1190. Wochenbericht. Wochenblatt des Nationalvereins. 31. August 1865. Nr. 22. Bs; G;

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Charakterisiert die Gasteiner und Salzburger Übereinkunft als ein die Hauptfrage unentschieden lassendes Kompromiß zwischen der preußischen und österreichischen Kabinettspolitik. Österreichs Nimbus als Tribun des Volksrechts gegen Preußen ist durch den Verkauf von Lauenburg völlig zerstört. Über Volksrecht und Volkswillen ist ganz offen das „faustrechtliche Belieben der beiden Großmächte" gesetzt worden. Steht Österreich jetzt wirklich vor einem völligen Umschwung seiner deutschen Politik, dann wird die deutsche Volkspolitik dieser veränderten Gesamtlage Deutschlands Rechnung tragen müssen. „Vor allem würde sich dann selbst in den Kreisen, wo man sich bisher aufs hartnäckigste dagegen gesträubt hat, mit überwältigender Klarheit die Einsicht ausbreiten, daß auch die Freiheit nimmermehr gegen, sondern nur in und mit Preußen zu erobern ist." 1191. L. A., Aus Süddeutschland. Zur deutschen Politik. Wochenblatt des Nationalvereins. 31. August und 7. September 1865. Nr. 22 u. 23. B5; G; Ki2;

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Mit dem Übergang der Herrschaft an die liberale Partei in Preußen und Österreich würde der preußisch-österreichische Dualismus nicht gelöst, sondern nur noch verschärft. Ob Herrschaft der Reaktion oder des Liberalismus, der Zusammenstoß zwischen Österreich und Preußen ist nur eine Frage der Zeit. Ohnmächtig, turnend und singend, trinkend und schimpfend steht die deutsche Volks850

politik dem bis jetzt gegenüber. „Wir müssen entschieden für oder gegen Partei nehmen bei der heutigen Lage der Dinge, sonst geht für die Opposition alles verloren... Was nützt uns das Zugeständnis: Ja, wenn Preußen liberal wäre, wenn es keinen Bismarck gäbe, wenn alles anders wäre, als es nun einmal ist! Preußen ist gegenwärtig nicht liberal, es ist sogar ultrareaktionär, augenblicklich ganz in der Gewalt der Junker; wir stehen also in dem Dilemma: Entweder verlangt das Interesse der deutschen Nation, daß jede Einflußnahme Preußens auf die Herzogtümer gegenwärtig ausgeschlossen bleibe, bis der preußische Verfassungskonflikt gelöst ist; oder das deutsche Interesse verlangt den Anschluß der Herzogtümer an Preußen, auch wenn jetzt eben dort ein Bismarck Minister ist." — Abgedruckt unter Vorbehalt der Redaktion, die ihrerseits bemerkt: „In dem Augenblick, wo in Preußen die deutsche Nationalpartei ans Ruder kommt — früher allerdings nicht — verwandelt sich der Gegensatz zwischen Preußen und Österreich in den zwischen Deutschland und Österreich. Die Deutschösterreicher werden dann die Wahl haben, entweder sich an das zu gründende deutsche Staatswesen anzuschließen, oder, falls sie, wie zu erwarten, den Kaiserstaat nicht auflösen wollen, ganz aus dem inneren Verbände Deutschlands auszuscheiden." 1192. [Jörg, Joseph Edmund], Die Übereinkunft von Gastein. Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. 1865. Bd. 56, S. 476—492. Datiert: 10. September 1865. — Begrüßt die Gasteiner Konvention, die einen offenen Bruch mit den diplomatischen Voraussetzungen des deutschen Liberalismus darstelle, „dem es unter allen Umständen nur wohl und behaglich sein kann, solange er die zwei deutschen Großmächte gegeneinander ins Feuer zu hetzen vermag". Durch die Konvention sind der deutsche Bürgerkrieg und die Einmischung des Auslandes vermieden, die Einigkeit der deutschen Großmächte vorerst wieder hergestellt, wenn auch der Vertrag noch kein Definitivum in Schleswig-Holstein, geschweige denn bezüglich der deutschen Frage schafft. Gerade die Dehnbarkeit des jetzt geschaffenen Provisoriums eröffnet die Aussicht, daß die endgültige Entscheidung über das Schicksal der Elbherzogtümer mit einer bestimmten Lösung der deutschen Frage Hand in Hand gehen werde. Mit der Konvention hat sich Österreich von der Mittelstaatenpolitik abgewandt. „Die R e a l p o l i t i k ist wieder in ihr Recht eingetreten.'' Denn der Gasteiner Vertrag schreitet über die angebliche Legitimität des augustenburgischen Erbrechts wie über das liberaldemokratische Prinzip von 851

der souveränen Selbstbestimmung der Bevölkerungen stillschweigend hinweg und stellt sich ganz auf den Boden des „alten Rechts" völkerrechtlicher Traktate. Wenn die Herzogtümer schließlich endgültig in den Besitz Preußens übergehen werden, so wird Preußen nach dem Sinn des Gasteiner Vertrages Kompensationen im Interesse der gesamtdeutschen Frage zugestehen müssen. Das ist die zweite Hauptsache an dem Vertrag. Kommt es im gesamtdeutschen Interesse zu einer deutschen Gesamtgarantie, d. h. zu einer festen allseitigen Verbürgung der gesamten deutschen wie außerdeutschen Besitzungen Österreichs und Preußens, dann wird auch das Wie der Bundesreform, die Schwierigkeit der äußeren Organisation, nicht mehr unüberwindlich sein. 1193. Die Gasteiner Convention und die preußische Politik. Chronik der Gegenwart. 1865. S. 264—272. Mv Preußens Vorgehen gegen Schleswig-Holstein ist nur ein Glied seiner auf stete Vergrößerung bis zur Mainlinie hin ausgehenden Politik. Freiwillig wird Preußen die Herzogtümer niemals räumen. „So wenig ein Eichbaum jemals zu einer Buche geworden ist, so wenig hat sich die preußische Politik jemals geändert." Die Gasteiner Konvention ist lediglich eine Bestätigung dafür, „daß die Herzogtümer preußische Beute werden". Wie in Preußen so galt auch in Österreich bisher nur der politische Grundsatz, „seinen eigenen Vorteil um jeden Preis zu verfolgen. Das außer österreichische und außerpreußische Deutschland mußte von jeher den Sündenbock der beiden Vormächte abgeben". Bei dem schlafähnlichen Zustande der mittelstaatlichen Politik kann nur eines noch helfen: „Ein energisches Manifest an das deutsche Volk, von einem mittelstaatlichen Fürsten ausgehend, würde des Volkes Begeisterung und Bereitschaft zu allem hervorrufen, das Volk würde die Berliner und Wiener Diplomatie sicher daran hindern, aus Deutschland ein Kaufhaus zu machen und über Menschen nach dem Sachenrechte zu verfügen... Die endgültige Lösung der Herzogtümerfrage gibt den Fingerzeig, was aus Deutschland noch werden soll." Die Gefahr für die deutschen Staaten nördlich des Mains, „von Preußen verschlungen zu werden", bleibt unter allen Umständen bestehen. 1194. Die Convention von Gastein. Jahrbücher für Gesellschafts- und Staatswissenschaften. 1865. Bd. 4, S. 249—250. Bv

852

Mit der Gasteiner Konvention sind die Grundlagen für Preußens "Weiterentwicklung gelegt. „Österreich und auch die Mittelstaaten werden sich immer mehr überzeugen, daß für die Interessen Deutschlands wie für ihre eigenen nicht besser gesorgt werden kann als durch die möglichste Ausdehnung der preußischen Macht an den deutschen Meeren." Unter allen europäischen Mächten ist Preußen die einzige, die kein Interesse daran hat, Österreich in der Ausdehnung seiner Macht über den Orient zu hemmen. „Sollte man in Österreich wirklich aus Scheelsucht allgemein so verblendet sein, nicht einzusehen, daß Preußen in allen großen Fragen sein natürlicher Verbündeter ist und daß es nur sein eigenes Interesse fördert, wenn es Preußen mächtig werden läßt ? Österreich zur Herrschaft über Deutschland oder gar über Preußen bringen zu wollen, ist ein törichtes und hoffnungsloses Beginnen." 1195. Treitschke, Heinrich von, Die Parteien und die Herzogt ü m e r . Mit Genehmigung des Verfassers und des Verlegers aus den Preußischen Jahrbüchern abgedruckt. Flensburg (Th. Herzbruch), 1865. 26 S. 8°. Ki^

Kiv

Datiert: 23. September 1865. Abgedruckt in Zehn Jahre Deutscher Kämpfe 1865—1874, S. 33 ff. — Rechtfertigt im deutschen Nationalinteresse das Vorgehen der preußischen Regierung, insbesondere die Februarforderungen. Die dynastische Eigensucht des Augustenburgers, seine dem Interesse des Landes widerstreitende Ablehnung der Februarforderungen gibt dem Annexionsgedanken sein moralisches Anrecht. Klagt über die demagogische Verhetzung des schleswig-holsteinischen Volkes durch die augustenburgischpartikularistische Agitation und durch den Nationalverein, der die preußische Führung niemals mit rechtem Ernst gewollt und sich der „leichtfertigen Felonie und Fahnenflucht" schuldig gemacht habe. Prophezeit die fortschreitende Zersetzung der sogenannten Nationalpartei. Die Zukunft gehört jener vom Nationalverein sich abspaltenden Partei, „welche, gemäßigt in ihren Ansprüchen an innere Reformen, unwandelbar festhält an dem Gedanken: Deutschlands Einheit durch Preußen!" Wirft den preußischen Liberalen, insbesondere der Fortschrittspartei, unfruchtbare Negation und mangelndes Verständnis für preußische Machtpolitik vor. Wendet sich demgemäß gegen die These: „Zuerst eine gesicherte Verfassung, nachher eine tatkräftige Politik nach außen." Verteidigt den Gasteiner Vertrag. Preußen möge Österreichs innere Krise ausbeuten „für seine guten 853

Zwecke". Hofft, daß allen inneren und äußeren Widerständen zum Trotz der Tag nicht mehr fern sei, wo die Herzogtümer „nicht durch das lose Band einer Personalunion mit Preußen verkettet werden, sondern als eine gleichberechtigte Provinz in diesen Staat eintreten". 1196. Nordschleswigs Gefahr und Rettung. Pfingsten), [1865]. 7 S. 8° [Kopftitel].

(Itzehoe, G. J.

Kiv

Geschrieben nach Abschluß der Gasteiner Konvention. — „Nordschleswig schwebt fortdauernd in Gefahr, von Schleswig-Holstein losgerissen und wieder an die dänische Herrschaft zurückgeliefert zu werden." Die Beseitigung dieser Gefahr durch die preußische Annexion ganz Schleswig-Holsteins ist ein politischer Rechenfehler, da die bisherige Entwicklung gezeigt hat, „daß die schleswig-holsteinsche Politik Preußens ohne Rücksicht auf das Recht der Herzogtümer lediglich von der politischen Konvenienz, ohne Rücksicht auf die nationalen Forderungen Deutschlands, von dem spezifisch preußischen Staatsinteresse bestimmt wird" und daß Preußen die Annexion nur durch Preisgabe Nordschleswigs oder durch einen großen Krieg durchsetzen kann. Wer daher die Erhaltung Nordschleswigs bei Schleswig-Holstein und bei Deutschland will, muß der Annexion entgegenarbeiten. Darum unerschütterliches Festhalten an dem Rechte Schleswig-Holsteins auf sein unzerstückeltes, ungeteiltes Zusammenbleiben, auf seine Selbständigkeit unter dem eigenen augustenburgischen Herrscherhause, andererseits aber auch Bereitschaft, „sobald Preußen es ehrlich will, jenes vertragsmäßige Verhältnis mit ihm einzugehen, welches, ohne unsere Rechte und Interessen zu verletzen, die Interessen des preußischen Staates befriedigt und die nationalen Ansprüche Deutschlands an Schleswig-Holstein erfüllt". 1197. Lauenburg — Preußisch! Ein offenes Wort an alle preußischen und wahrhaft deutschen Patrioten. Quedlinburg, Basse, 1865. 15 S. 8». Allg. Bibl. 21. IX. 1865. — B1;

Hr

„Vor allen Dingen ist uns Deutschen eine immer weitere Kreise umfassende Annexionspolitik zu wünschen, bei der weniger das Wie als das Daß, die Tatsache der Annexion Deutscher an deutsche Staaten und Völkerschaften in Frage kommt." Legt dar, wie Lauenburgs Interessen durch die preußische Annexion nur gefördert worden sind. 1198. Flugblätter des Deutschen Nationalvereins. X. Politischer Bericht, erstattet an die sechste Generalversammlung zu Frankfurt 854

a. M. am 29. October 1865 vom Vereins vorstände. C. Adelmann, 1865. 1 5 S. 8°.

Frankfurt a. M.,

Bb; Brj/ K1; Ka2; Kö.

Pessimistisch gestimmter Rückblick auf die politischen Ereignisse des verflossenen Vereinsjahres. Inmitten der Schwierigkeit seiner augenblicklichen Lage habe der Nationalverein sich wenigstens die sittliche Kraft bewahrt, „welche die wesentlichste Voraussetzung zukünftiger Erfolge ist und bleibt". Verurteilt aufs schärfste die Schleswig-Holstein-Politik der deutschen Großmächte, die eine Politik brutaler Gewalt und empörender Rechtsbeugung sei. Nach wie vor hält der Nationalverein an der Auffassung fest, „daß erstens die Staatszustände der Herzogtümer nach Maßgabe der Rechtsüberzeugung und des vernünftigen Selbstwillens der Bevölkerung geordnet und daß zweitens von seiten der Herzogtümer diejenigen Zugeständnisse an Preußen gemacht werden, welche das Interesse Deutschlands und namentlich dessen maritime Zukunft gebieterisch fordert". Infolge der Bismarckschen Gewaltpolitik befindet sich Preußen und mit ihm ganz Deutschland „in einem Notstande der schlimmsten A r t " . Solange die jetzige Regierung am Ruder bleibt, besitzt Preußen nicht die Kraft zur Erfüllung seines großen deutschen Berufs. Solange Deutschösterreich in der jetzt neu eingetretenen österreichischen Verfassungskrisis nicht eine feste, bestimmte Stellung findet und sich über seine Ziele Klarheit verschafft, muß der Nationalverein sich jeglicher Stellungnahme enthalten. „ S o wenig der Nationalverein den gesetzlichen Boden aufgeben kann und wird, den er unter seinen Füßen hat", ebensowenig wird er sich durch Drohungen einschüchtern und von seiner Aufgabe, der Herstellung eines in Freiheit geeinten Deutschland, abwendig machen lassen. Der Nationalverein bleibt sich dabei bewußt, daß er im Hinblick auf die gegenwärtige politische Lage „diese Frage einstweilen nur geistig und ohne alle Aussicht auf unmittelbaren praktischen Erfolg bearbeiten" kann. 1199. Schräder, L., Archidiaconus an St. Nicolai, SchleswigHolsteins Situation und Aufgabe in der Gegenwart. Ein Wort zur Orientirung. Kiel, Carl Schröder & Co., 1866. 44 S. 8°. Allg. Bibl. 2. XI. 1865. — H2;

KiKiz.

„Nicht die Befreiung Schleswig-Holsteins, vielmehr die Niederhaltung der nationalen Bewegung, die Demütigung der Mittelstaaten und die Aufrechterhaltung des dänischen Gesamtstaats, der Schöpfung des Londoner Traktats, war das Ziel der preußisch-österreichischen Intervention." Zeigt, wie sich im Verlaufe der Aktion Ziele und

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Wesen der Schleswig-Holstein-Politik gewandelt haben und wie durch den Gegensatz von Preußen und Österreich der Kampf um die Herzogtümer zu einer Machtfrage ersten Ranges geworden ist. Lehnt unter entschiedener Absage an den Annexionsgedanken die preußischen Februarforderungen als viel zu weitgehend ab. Keinen besseren Dienst vermag Schleswig-Holstein Deutschland zu leisten, „als indem es, stets bereit zur Stärkung der Macht, zur Erhöhung der Herrlichkeit Deutschlands alles zu leisten und jeder billigen Zumutung zu genügen, fest und entschlossen die Vergewaltigung zurückweist, mit der es aus der Mitte Deutschlands bedroht wird". Darum unbedingtes Festhalten an dem Programm: „Das selbständige ungeteilte Schleswig-Holstein unter seinem rechtmäßigen Herzog Friedrich VIII. im Anschluß an Preußen." — Daß die Annexion der Herzogtümer eine „Gottlosigkeit" und damit eine „sittliche Unmöglichkeit" darstellen und den Grundgeboten christlicher Ethik widerstreiten würde, hat Schräder darzulegen versucht in der Schrift: Die Annectirung Schleswig-Holsteins ist Sünde. Ein Wort der Bitte und Mahnung an alle, welche Gott fürchten und Recht thun wollen. Kiel, Schröder & Co., 1866. 30 S. 8°. (Allg. Bibl. 30. XI. 1865. — Bs; H2; Kiv) 1200. Annexion ? ? Schleswig-Holsteins Lebensfrage. Quedlinburg, Basse, 1865. 36 S. 8°. Allg. Bibl. 23. XI. 1865. —

G;

Kiv

„Ein Recht ohne Macht es auszuüben und zur Geltung zu bringen, ist ein ohnmächtiges Recht und eine — rechtliche Ohnmacht." Bei dem schleswig-holsteinischen Thronfolgewirrwarr muß das Gemeininteresse der deutschen Nation allen Sonderinteressen deutscher Einzelstämme vorangehen. Der berufenste Prätendent ist entgegen dem Legitimitätsprinzip jetzt derjenige, der „am meisten und am leichtesten die Zwecke des Staates, die Bedürfnisse der Völker realisieren und befriedigen kann". Für Schleswig-Holstein kann es daher nur noch heißen: Annexion durch Preußen oder Deutschland ? Durch den Wiener Frieden sind Preußen und Österreich die faktischen Besitzer von Schleswig-Holstein kraft Eroberungsrechtes geworden. Preußen und Österreich sind die souveränen Regenten der Elbherzogtümer. Die Herrschaftsteilung jedoch ist von' Unheil. Darum fort mit dem Provisorium! Was not tut, ist die Annexion der Herzogtümer durch Preußen. Sie allein entspricht den Interessen Preußens und Schleswig-Holsteins ebensowohl wie den Interessen Deutschlands, Österreichs und des europäischen Gleichgewichts. 856

1201. Kritik der preußischen Politik und Rechtfertigung Ostreichs in Behandlung der Fragen, welche Dänemark, Deutschland und die Herzogthümer betreffen, dargelegt von D. A. Berna, ehemaligem östreichischen Officier. Frankfurt a. M., Verlag für Kunst und Wissenschaft, 1866. 59 S. 8°. Allg. Bibl. 18.I. 1866. —

G; H2; Kix;

Wt.

Datiert: November 1865. — Wenn Österreich sich Holstein angliedern würde, so würde es zwar Preußen zum Gegner haben, dafür aber ganz Deutschland, ja selbst die Achtung ganz Europas gewinnen. Eine wahrhaft konservative Politik jedoch will von unfreiwilligen Annexionen nichts wissen. „Die Souveränität des kleinsten deutschen Staats, die freie Organisation und Bewegung innerhalb der eignen Grenzen und der Schranken des Bundesrechts, muß ebenso sicher und fest stehen, wie die der deutschen Großmächte." Österreich ist zum Hort der konservativen Interessen und zum Schutze des Rechts berufen, zum Kampf gegen die drohende Auflösung, Vergewaltigung und Revolutionierung Deutschlands. Der von Eroberungs-, Annexions- und Ausdehnungsdrang erfüllten preußischen Politik gegenüber muß Österreich vorerst eine abwartende, vorbereitende Politik verfolgen. 1202. [Rößler, Constantin], Sendschreiben an Seine Durchlaucht den Prinzen Friedrich von Augustenburg. Zum 16. November 1865. Hamburg und Leipzig, Falcke, 1865. 20 S. 8°. Allg. Bibl. 7. XII. 1865. — Bv- Ht; Kö.

Die Sache des Augustenburgers ist verloren. „Die unbedingte Geltung der Legitimität ist die Forderung einer Doktrin, welche der Lächerlichkeit verfällt." Überdies ist das Erbrecht des Augustenburgers alles andere als unzweifelhaft. Auch im Namen der Freiheit läßt sich die Fortsetzung seines Rechtsanspruches nicht rechtfertigen, denn „die Kleinstaaterei steht allen gesunden Zielen der deutschen Nation im Wege... Im Einheitsstaat werden alle Freiheitstendenzen sich konzentrieren und in harmonischer Arbeit denjenigen Freiheitstypus herausbilden, welcher dem Charakter und der Lage der deutschen Nation entsprechen wird". Das größte Verdienst, das sich der Prinz von Augustenburg erwerben kann, ist der freiwillige Verzicht „gegenüber dem Recht auf die Herzogtümer, welches der König Von Preußen teils durch den Wiener Frieden erworben hat, teils durch ein Abkommen mit Österreich wahrscheinlich noch erwerben wird".

857

Zehntes Kapitel

Die deutschen Mächte und der Ausbruch des deutschen Krieges. (Vgl. zu diesem Kapitel Nr. ioog, 1014, 1016, 1021, 1028, 1035, 1045, 1046, 1048, X 0 5 9 , 1062, 1090, 1094, 1099, 1101—1105, 1108, 1109, uz1—1116, 1119, 1120, 1123, J124, 1128—1131, 1158, 1163, 1167, 117 3—1176, 1179—1181, 1183, 1185—1187, 1191,

1195,

1198.)

1. Der Konflikt in Preußen seit 1864. 1203. Ein Wort der Versöhnung in der Militärfrage. Von einem Veteranen der Freiheitskriege von 1813 bis 1815. Paderborn, W. Crüwell, 1864. 26 S. 8°. Bt;

D2;

KÖ.

Der Verfassungskonflikt, der der Feudalpartei zur Herrschaft verholten hat lind der die innere wie die äußere Freiheit des Staates auf das verhängnisvollste bedroht, muß durch ein Kompromiß endlich beseitigt werden. Als ein solches Kompromiß empfiehlt sich eine Vermittlung zwischen der allgemeinen Wehrpflicht und dem Stellvertretungssystem. E s muß die Möglichkeit geschaffen werden, sich gegen Zahlung eines bestimmten Betrages vom dritten Dienstjahr befreien zu lassen. Den vom Militärdienst überhaupt befreiten Personen muß die Zahlung einer Wehrsteuer auferlegt werden. An den Grundlagen der Heeresorganisation muß im übrigen festgehalten werden. 1204. Vincke-Olbendorf, C. Frhr. v., Die Reorganisation des preußischen Heerwesens nach dem schleswig-holsteinschen Kriege. Berlin, Georg Reimer, 1864. 90 S. 8°. Allg. Bibl. 3. XI. 1864. — Bt;

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G; H2;

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Kö;

Wt.

Vorwort datiert: Olbendorf, im September 1864. — Bekennt sich zu den Grundgedanken der Armeereform, deren Verwirklichung überhaupt erst die preußischen Erfolge im Kriege gegen Dänemark möglich gemacht habe. Das Abgeordnetenhaus muß die Reorganisation und die Regierung das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses 858

anerkennen. Das Abgeordnetenhaus möge zugestehen, „daß es moralisch und faktisch unmöglich sei, die Reorganisation des Heeres wieder rückgängig machen zu wollen", und sich darauf beschränken, „auf möglichste Ersparnisse zu dringen, damit nicht die Wehrhaftigkeit des Landes durch zu starke Verwendungen für dessen Schlagfertigkeit gefährdet werde". Die Regierung andererseits muß Entgegenkommen zeigen, indem sie die faktische Dienstzeit der Infanterie auf 2 y2 Jahre einschränkt. 1205. Zur Heeresfrage. Separat-Abdruck aus Nr. 23, 24 und 28 der „Ostsee-Zeitung und Börsen-Nachrichten der Ostsee", 1865. Stettin, F. Hessenland. [1865.] 10 S. 8°. Bs;

Br2;

Kö.

Polemisiert gegen Vincke-Olbendorf (Nr. 1204), dessen Vorschläge nicht auf eine Verständigung, sondern auf ein einfaches Nachgeben des Abgeordnetenhauses hinauslaufen würden. Eine Lösung des Streites um die Armeereform ist nur auf folgender Basis möglich: Das Abgeordnetenhaus muß auf Limitierung der jährlichen Aushebungsziffer verzichten, denn die Regierung darf nicht daran gehindert werden, durch stärkere Aushebung bei kürzerer Dienstzeit eine größere Kriegsstärke der Armee herbeizuführen. Da aber das Abgeordnetenhaus nach der Verfassung das Recht hat, die Ausgaben für die Friedensarmee zu bewilligen, und in den Ausgaben die Friedenszahl enthalten ist, so hat es die Aufgabe, der wirtschaftlichen und politischen Lage des Landes entsprechend „der Verwaltung durch Fixierung eines Minimum die Pflicht umfangreichster Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht aufzuerlegen, als durch Fixierung eines Maximum dieselbe von ihrer schwierigsten Aufgabe zu entbinden". Die Einigung über die Friedenszahl bildet dann die Grundlage der zu entwerfenden und zu vereinbarenden neuen Organisation. 1206. Der Verfassungsstreit in Preußen. Aus dem Londoner Morning Herald vom 6. October 1864. Berlin, Julius Springer, 1864. 15 S. 8°. Allg.

Bibl.

2 7 . X. 1864.



Bx;

Bo;

Kö.

An dem Ausbruch des Konflikts trägt die Hauptschuld das Ministerium der Neuen Ära, das die Heeresreorganisation, obwohl diese eine definitive Maßregel war, nur provisorisch bewilligen ließ und dann später das Abgeordnetenhaus zu einmütigem Widerstande herausforderte. Der Krieg mit Dänemark hat den Boden für eine Verständigung bereitet und die Verdienste der Armeereform bewiesen. R o s e n b e r g , Publizistik.

55

859

Es ist jetzt an der Zeit, den ehrlichen Versuch zu einem Kompromiß zu machen. Die Voraussetzungen der Verständigung sind die Anerkennung des Budgetbewilligungsrechtes des Abgeordnetenhauses durch die Krone, die Reduktion des Friedensheeres in einer Form, die die 2 jährige Dienstzeit praktisch sicherstellt, die Rückkehr zum Landwehrrekrutensystem und vor allem die Rückkehr zu konstitutioneller Praxis. Indemnität kann nicht eher bewilligt werden, bis das Abgeordnetenhaus die vollen Garantien verfassungsmäßiger Verwaltung zu besitzen glaubt. 1207. Ein Wort an das preußische Volk zur Jubelfeier der Wiedergeburt Deutschlands. Gegen die Kölner Loyalitäts-Deputation. Frankfurt a. M., Auffarth, 1865. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 27. IV. 1865. — B1; D2; Ka2;

Wi.

Datiert: Köln, im März 1865. — Fordert Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Wahlgesetzes unter Aufhebung des gegenwärtigen oktroyierten Dreiklassengesetzes, Vereidigung von Beamtenschaft und Heer auf die Verfassung als Schutz gegen absolutistische Willkür, Beseitigung des Herrenhauses, Einführung eines Ministerverantwortlichkeitsgesetzes. 1208. Jacoby, Dr. Johann, und v. Kirchmann, Ob stehendes Soldatenheer? Ob Volkswehr? Zwei Reden im Preußischen Abgeordneten-Hause gehalten am 29. April 1865. Leipzig, Otto Wigand, 1865. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 13. VII. 1865. — j36; Br2; D1;

Kö.

I. J a c o b y : „Ich verwerfe die Armeeorganisation, weil sie den Grundsätzen der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung widerstreitet : weil durch sie die königliche Gewalt auf eine — der Freiheit gefahrdrohende Weise verstärkt, das Sonderinteresse der Adelspartei auf Kosten des Bürgers gefördert wird." Die reorganisierte Armee stellt eine stete Bedrohung der staatlichen Freiheit dar, sie widerstreitet der bürgerlichen Freiheit und Rechtsgleichheit, sie ist der „bewaffnete Friede" im Innern, eine permanente „Kriegsbereitschaft" gegen das eigene Volk. „Die politische Verfassung des Staates geht überall Hand in Hand mit der Wehrverfassung des Landes... Die Frage, ob stehendes Soldatenheer, ob volkstümliche Wehrverfassung ? ist — ihrem Kern und Wesen nach — eine durchaus politische, eine Freiheitsfrage. Sie ist gleichbedeutend mit der Frage: ob Preußen nach wie vor ein scheinkonstitutioneller Militärstaat bleiben oder zu einem wahren Verfassungs- und Rechtsstaate vorschreiten soll... 860

D e r M i l i t ä r - u n d A d e l s s t a a t m u ß in P r e u ß e n d e m R e c h t s staat weichen." II. v. K i r c h m a n n : Große stehende Heere stehen im Widerspruch mit dem Kulturzustand Europas, der immer mehr der Demokratisierung zutreibt und damit die Kriege immer seltener werden läßt. Dieser unaufhaltsamen universalhistorischen Tendenz muß sich Preußen einfügen. „Das Reservesystem muß vergrößert werden, aber nicht das stehende Heer, und die Dienstzeit darf nicht verlängert, sondern sie muß abgekürzt werden." Da die Reorganisation jedoch leider eine Tatsache geworden ist, so kann es sich nur darum handeln, „einen bereits vorhandenen Schaden zu beseitigen... Wir sprechen von keiner Versöhnung; wir können nicht davon sprechen, wir wollen auch keinen Kompromiß, sondern wir verlangen, daß die Regierung umkehre. Wir verlangen keine Auflösung der alten Armee, aber wir verlangen eine Auflösung des Teiles, der ihr ungesetzlich hinzugefügt worden ist. Wir verlangen auch nicht, daß dies plötzlich und mit Nichtachtung aller erworbenen Rechte geschehe, wir sind auch bereit, die Ehrenrücksichten, die in dieser Beziehung vielleicht vorliegen können, und die etwa schon engagierte Ehre zu schonen; aber, meine Herren, wir können das Ziel nicht aus den Augen lassen, was uns allein als das höchste für das Land vorschwebt". 1209. Das Preußische Abgeordnetenhaus während der Session vom 14. Januar bis 17. Juni 1865. Berlin, W. Moeser, 1865. 52 S. 8°. Allg. Bibl. 20. VII. 1865. — B1; Br2; Kö;

Lv

Datiert: 25. Juni 1865. — Enthält zur Demonstrierung des Fleißes und der Tüchtigkeit der liberalen Kammermajorität einen übersichtlichen Tatsachenbericht über die Tätigkeit des Abgeordnetenhauses, über die aus der Initiative des Hauses hervorgegangenen Anträge, Petitionen und Petitionsberichte sowohl wie über die Stellungnahme zu den Vorlagen und Gesetzentwürfen der Staatsregierung. 1210. Lewinstein, Dr. Gustav, Die gewählte Preußische Volksvertretung im Jahre 1865. Berlin, A. Jonas, 1865. 46 S. 8°. AUg. Bibl. 17. VIII. 1865. — B1; Bo; G; Kö; Lx;

Wv

Datiert: Berlin, im Juli 1865. Flugschrift des Vereins zum Schutz der verfassungsmäßigen Preßfreiheit in Preußen. — Enthält einen Tatsachenbericht über die Beratungen und Verhandlungen des Abgeordnetenhauses während der letztverflossenen Session, die Militärfrage, Budgetfrage, äußere Politik, innere Verwaltung und die materiellen Interessen betreffend. 55*

861

1211. Preußische Politik der letzten hundert Jahre. L. Wolf, 1865. 90 S. 8°. Allg. Bibl. 6. IV. 1865. — B1;

G;

Dresden,

H2.

Schildert die Genesis der preußischen Ostpolitik, insbesondere der antipolnischen Politik Preußens. Charakterisiert Friedrich den Großen als „Stammvater des Polenfressertums", das im „spezifischen Preußentum" seinen Nachfolger gefunden habe. Das Wesen des „spezifischen Preußentums" ist die Überspannung des Militarismus und die Sucht nach materiellen Eroberungen, nach der Abrundung der preußischen Grenze bis an die Weichsel, die Ost- und Nordsee. „Die angeborne Antipathie des spezifischen Preußentums gegen die Ideen der Nationalität und der Freiheit hat es auch dahin gebracht, die Idee der Nationalität, die die Basis der Freiheit ausmacht, für Schwindel zu erklären und demnach zu handeln." Die polnische Frage ist durch die preußische Politik nicht gelöst, sondern nur vertagt worden. Siegt in Preußen das nationaldeutsche und liberale Element, dann muß Preußen seine hundertjährige antipolnische Haltung fallen lassen, von Rußland sich lösen und zur Wiederherstellung eines selbständigen polnischen Reiches die Hand bieten. 1212. Urban, Friedrich Ludwig, Unsere Zustände vor vier Jahren. Eine Denkschrift an das deutsche Volk zur Abwendung der Gefahr drohenden Angriffe des Klerus. Drei Vorträge. 5. Auflage. Berlin, Selbstverlag, 1865. 56 S. 8°. Allg. Bibl. 22. VI. 1865. —

Bv

Nach Angabe des Verf. ist die Schrift einmal als Manuskript und viermal vor vollendetem Druck polizeilich mit Beschlag belegt worden. — Richtet sich gegen die „religiösen Politiker und politischen Religionsmacher", d. h. gegen die „Feudalen" und „Ultramontanen". Fordert Lösung der Schule von der Kirche, obligatorische Zivilehe, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Austritt aus der Kirche, Bildung freier Gemeinden, sofortige Einführung der sogenannten organischen Gesetze, Neuordnung des Gemeinde- und Städtewesens auf der Grundlage der Selbstverwaltung, Sicherstellung der Freizügigkeit und der Gewerbefreiheit, Abschaffung des Dreiklassenwahlrechtes und Einführung eines volkstümlichen, auf Gleichberechtigung und direkter Wahl beruhenden Urwahlgesetzes, Vereidigung des Heeres auf die Verfassung, Reform, bzw. völlige Aufhebung des Herrenhauses, Bildung eines Volksheeres mit verminderter Dienstzeit, Berufung eines deutschen Parlamentes, Übergewicht der Legislative über die Exekutive. 862

1213. Flugblatt Nr. 6 der Volkswirtschaft!. Gesellschaft für Ostia. Westpreußen. Betrachtungen über den Preußischen Staatshaushalts-Etats-Entwurf für das Jahr 1866. (Danzig, A. W. Kafemann.) [1866.] 20 S. 8°. Bi-

Datiert: Danzig, im April 1866. — Rechtfertigt die Resolutionen des Abgeordnetenhauses zum Etatentwurf. „Was unser Bedürfnis für das Budget und Budgetrecht angeht, so dürften wir in den 4 Jahren schon sehr viel gelernt haben; wer weiß aber, ob genug, ob schon alles ? Die Notwendigkeit, d. h. die a l l g e m e i n e und a l l e s b e z w i n g e n d e E r k e n n t n i s , daß in Preußen auf die Dauer nur unter unantastbarer Feststellung und Kontrolle der Einnahmen und Ausgaben durch die Volksvertretung regiert und so nur die Existenz und Fortbildung des Staats gesichert werden können, fehlt noch; sie muß erst kommen; auch sie wird früher oder später kommen und haltbares öffentliches Recht werden." 1214. Lewinstein, Dr. Gustav, Die gewählte Preußische Volksvertretung in der Wintersession 1866 nebst einem Rückblick auf die Gesamtthätigkeit derselben in der jetzt geschlossenen Legislaturperiode. Berlin, Franz Duncker, 1866. 47 S. 8°. Vorwort datiert: Berlin, im Mai 1866. — Chronologisch geordnete Übersicht über die Tätigkeit des Abgeordnetenhauses in den Plenarsitzungen und Kommissionen. Verteidigt die Haltung des Hauses im Verfassungskonflikt. Fordert auf zur Wiederwahl der bisherigen Majorität und bekennt sich zu der Überzeugung, „daß zuerst die bessernde Hand im Innern angelegt werden muß und daß nach der Lösung des inneren Zwiespaltes eine Beseitigung der von außen drohenden Gefahren wesentlich erleichtert sein wird". 1215. Schulze-Delitzsch, Wie es die Conservativen treiben! Ein Flugblatt an die Wähler der Kreise Delitzsch und Bitterfeld. Leipzig, Lissner, 1866. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 31. V. 1866. — Ba; IV

Hrv

Rechtfertigt die Haltung der Fortschrittspartei im Verfassungskonflikt. „Wir aber und mit uns alle wahren Vaterlandsfreunde wollen nicht ruhen, bis die Verfassung zur Wahrheit wird und die Rechte und Freiheiten des Volks auf unerschütterlicher Grundlage im Lande festgestellt sind... Der Staat und seine Mittel sind nicht zur Ausbeutung für privilegierte Stände und herrschende Familien, 863

sondern um des Volkes willen d a ! " Auf keinen Fall darf das Abgeordnetenhaus die Politik der preußischen Regierung auf gewaltsame Einverleibung Schleswig-Holsteins unterstützen und die für die Durchführung dieser Politik nötigen Mittel bewilligen. „Denn eine solche Machtentfaltung nach außen würde in den Händen der Regierung sich auch nach innen kehren, die Stellung derselben in den inneren Wirren verstärken und dazu dienen, lediglich der M a c h t die Entscheidung über das R e c h t in die Hände zu spielen." Da jedoch die großen Interessen Preußens mit den Interessen Deutschlands und der Elbherzogtümer zusammenfallen, so müssen, solange der deutsche Bundesstaat nach der Reichsverfassung von 1849 nicht konstituiert ist, die militärischen und maritimen Kräfte der Herzogtümer in Preußens Hände gelegt, Preußen die Häfen und das für den Nordostseekanal erforderliche Terrain eingeräumt werden. Die Gewaltpolitik der preußischen Regierung jedoch führt zu unabsehbaren und höchst gefahrvollen deutschen und europäischen Verwicklungen. 1216. Preußen unter oberjunkerlicher Diktatur. London, John Harrison, 1866. 48 S. 8°. Allg. Bibl. 14. VI. 1866. — Bi;

G; Kö; Lx; Z.

Kritisiert die preußischen Institutionen und innerpolitischen Zustände, gemessen an der „idealen" Schweiz. Der Geist junkerhafter Willkür ist die Quelle der heutigen Gesetzwidrigkeiten und Vergewaltigungen. In diesem Geiste wurzelt auch die Beseitigung der Landwehr wie die ganze Armeereform. Ein positiver Fortschritt wäre die Zurückführung des Heerwesens auf den Zustand vor 1859. „An die Stelle junkerlicher Willkür unter der Maske eines Gottesgnadenkönigtums hat wiederum die Herrschaft des Gesetzes, der in den Landesgesetzen ausgesprochene Wille des Volks zu treten." Darum: Ministerverantwortlichkeitsgesetz, Anerkennung des Budgetrechts in dem verfassungsmäßigen, vom Abgeordnetenhause vertretenen Sinne, Ersetzung des Dreiklassenwahlrechtes durch das allgemeine, geheime, direkte Wahlrecht, Wahl der Ersten Kammer durch das Plenum der Provinzialvertretungen, Erlaß einer freisinnigen Gemeinde-, Kreisund Provinzialordnung, Preß- und Vereinsfreiheit, zeitgemäße Reform des Schulwesens, einjährige Dienstzeit bei der Infanterie, zweijährige bei den übrigen Waffengattungen, Reduzierung der Linienkadrezahl auf den Etat vor 1859, Aufhebung der Garde, Vermehrung der Landwehr. Warnt im Anhang vor den „Schlingen" des preußischen Bundesreformantrages. Nur durch eine Identifizierung seiner Zwecke mit denen des großen deutschen Vaterlandes vermag Preußen zu einer Erhebung aus „seiner heutigen Elendigkeit" zu gelangen. 864

1217. Leo, Heinrich, Prof. Dr., Was ist conservativ? Vortrag im Berliner „Evangelischen Verein" am 14. März 1864. Berlin, Heinicke, 1864. 23 S. 8°. Allg. Bibl. 12. V. 1864. — Bx; Br2;

Kav

Wieder abgedruckt in Leos Nominalistischen Gedankenspänen, 1864. — „Politisch konservieren heißt: Einrichtungen, Sitten, Rechte, kurz, den ganzen Inhalt eines politischen Lebens in kontinuierlichem, gedeihlichem, in wachsendem und werdendem Zustande — im Fortschritte, aber in wirklich gedeihlichem Fortschritte erhalten und den zur Auflösung, zum Zerfall führenden Fortschritt — also das, was eigentlich Rückschritt ist, abwehren!" Die Art des Konservierens ist nach Zeit und Ort verschieden. Nicht auf den Staat im allgemeinen, „der eine bloße Schöpfung des Verstandes" ist, kommt es an, sondern auf den lebendigen, wirklichen Staat in seiner Besonderheit. Entwickelt in tendenziös politischer Zuspitzung den Gegensatz von historischer und philosophischer Begriffsbildung am Begriffe der Freiheit. Im Gegensatz zu den Abstraktionen und allgemeinen Gattungsbegriffen steht die konservative Anschauung. Wie alles Leben so will sie auch den Staat in seiner Eigenart achten und ehren. Auf Preußen angewandt, heißt das, den preußischen Staat als das Werk seiner Könige aufzufassen, alsein „wesentlich königliches Land". Daher muß ein preußischer Konservativer „ein dem Königtum anhängender", ein „königlicher Mann" sein. Wie der Konservative sich zu dem geschichtlich gewordenen Königtum in Preußen bekennt, so auch zu den Stützen der königlichen Macht, zum Heer und zum Beamtentum, die als „Träger und Repräsentanten des königlichen Preußens" unterstützt und davor behütet werden müssen, daß sich „im preußischen Sinne unkönigliche Gedanken" in ihnen einnisten. Um Preußens deutscher Aufgabe willen, ist es die Pflicht der Konservativen, alles, was Zucht und Ordnung in Preußen heißt, zu stützen und zu halten. „Ich kenne kein abstraktes Zerrbild eines Konservatismus im allgemeinen, sondern überall nur die Aufgabe, das gottgegebene, wirkliche Leben in seiner auf verschiedenste Weise aus inneren Kräften hervorströmenden Entwicklung in angemessener, d. h. auch verschiedenster Weise zu schützen. Das Konservieren ist eben bei jedem Volke ein anderes, wie jedes Volk selbst ein anderes ist." 1218. V. Chappius, Königl. Preuß. Oberst-Lieutenant a. D., Organisation oder Desorganisation ? Barmen, J . F. Steinhaus, 1864. 15 S. 8°. Bv

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Betont den Wert und die Notwendigkeit der Heeresreorganisation, die während des deutsch-dänischen Krieges ihre Feuerprobe bestanden habe. Die Agitation gegen die Armeereform strebt nach einem Parlamentsheer, „um mit Hilfe desselben ihr Endziel, die d e u t s c h e R e v o l u t i o n , zu erreichen". 1219. (Sperling, Friede wollt' er, Königl. preußischer Geheimer Regierungs-Rath a. D.), Gesuch, die Verbesserung unserer bestehenden Staats-Verfassung betreffend. (Magdeburg, E . Baensch jun.), [1864]. 20 S. 8 ° [Kopftitel]. Kö.

Datiert: Riesdorf bei Magdeburg, 24. Dezember 1864. — Die wahre Ursache des preußischen Konflikts liegt darin, daß die Person des Königs, „um einem durch Menschenwillkür geschaffenen Verfassungsartikel zu gehorchen, ihrer Überzeugung nicht folgen, also Menschen mehr als Gott gehorchen soll". Um den Konflikt zu beseitigen, muß das preußische Volk unter Ausschluß der Beamten in acht Ständeinnungen eingeteilt werden, die die Grundlage der Volksvertretung in den Gemeinden, Kreisen, Provinzen und im Staate bilden müssen. Die Provinzialvertretungen der acht Innungen bilden zusammen mit dem Könige die mit dem Gesetzgebungsrecht ausgestattete Volksvertretung. Bestehende Gesetze jedoch können nur mit Genehmigung des Königs abgeändert werden. Kommt es bei Gesetzvorschlägen zu keiner Einigung, so entscheidet der König innerhalb der von den einzelnen Innungen eingebrachten Anträge „nach seiner besten Überzeugung, wie er meint, daß sein Bescheid alle am meisten befriedigen werde. Der König leitet die gesamte Staatsverwaltung... Die Vertretungen der Innungen der Gemeinden, der Kreise und der Provinzen sind resp. die Gemeinde-, Kreis- und Provinzialobrigkeiten. Sie verwalten ihre Angelegenheiten selbständig und stellen die dazu nötigen Beamten an". Worauf es vor allem ankommt, das ist die Beseitigung des aus dem Heidentume kommenden und mit dem Christentum im Widerspruch stehenden „Majoritätsprinzips". An seine Stelle muß eine Autorität treten, „deren Macht sich nicht auf Menschenwillkür und Menschenmacht, sondern auf die Macht gründet, die dem Menschen aus der Erkenntnis der Wahrheit und aus dem Glauben an Gott kommt". 1220. [Gerlach, Ludwig von], Preußens Ermannung. Ein politisches Programm für 1865. Vom Verfasser der Rundschauen. (Separat-

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Abdruck aus der Neuen Preußischen Zeitung.) Berlin, F . Heinicke, 1865. 40 S. 8°. Allg. Bibl. 9. II. 1865. — Bt;

B2.

Datiert: 20. Januar 1865. — Polemisiert rückblickend gegen den ,,Schleswig-Holsteinismus'' und die Begeisterung der „Demokraten" für das „legitime" Erbrecht des Augustenburgers. Als das große Ergebnis des Krieges gegen Dänemark erscheint die Beiseiteschiebung der „Demokraten" und die Eroberung der Elbherzogtümer durch Österreich und Preußen. „Die Selbständigkeit, die Macht und die Einigkeit der beiden deutschen Großstaaten ist s e l b s t die Einheit von Deutschland." Das bedeutsamste Kriegsergebnis jedoch ist Preußens Sieg in der Armee- und Etatfrage. „ E r ist zugleich der Anfang eines Ausbaues unserer Verfassung im konservativen und im preußischen Sinne." Mit gleichem Erfolg wie gegen die „Demokraten" im Innern hat die Regierung das Land geschützt gegen den polnischen Aufstand. Die glücklichen Tage der Heiligen Allianz scheinen sich zu erneuern. Alle bisherigen Erfolge aber sind nur Anfänge, „Siégé zwar, aber noch nicht definitiv entscheidende, nicht endliche Siege". Der endgültige Sieg setzt den Übergang von der Defensive zur Offensive voraus. „Unser Kampf ist ein Kampf nicht bloß um zeitliche Dinge, sondern um die höchsten ewigen Güter. Diese sind jetzt aufs äußerste gefährdet, und nur das lebendige Christentum hat das Licht und die Kraft sie uns zu erhalten, Autorität und Freiheit, Gott und Welt zu versöhnen und dadurch den Krieg der Parteien, der die Welt zerreißt, durch heiligen Sieg und wahren Frieden zu beendigen." Die Verfassung muß noch weiter reformiert und „mit der Geschichte, dem Wesen und dem Berufe Preußens" in Einklang gebracht werden. „Erst Sieg, dann Friede — das sei unsere Losung". Darum nur ja keine Verheißung von „organischen Gesetzen" durch die Regierung! Darum Organisierung aller preußischen Konservativen! „Preußens hoher Beruf ist Realisierung von Recht und Freiheit in seinem Innern und in Deutschland im Kampfe gegen die Revolution." Darum rechtliche Lösung der schleswig-holsteinischen Frage und keine Annexion durch Preußen! E s wäre dies eine „kurzsichtige, für Preußen grundverderbliche Politik. E s wäre der Weg zum Bruche mit Österreich und zur Zerstörung des Vertrauens, dessen Preußen für seine legitime Macht in Deutschland bedarf". Preußen muß das Vertrauen der deutschen Fürsten wiedergewinnen. Wenn auch der Partikularismus zum deutschen Wesen gehört, so bedarf es doch der Bundesreform auf der Grundlage der bestehenden Bundesverfassung. E s muß festgestellt werden, „daß die Einigkeit von Österreich und Preußen

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die Bedingung und die Grundlage der Einheit von Deutschland ist und daß die Geltendmachung und Anerkennung der realen Machtverhältnisse der Groß-, Mittel- und Kleinstaaten der Grundgedanke aller soliden Bundesreform sein muß". — Vgl. ergänzend zum innenpolitischen Kampfprogramm die gleichfalls anonym erschienene Schrift Gerlachs: Der Landtag von 1865. Vom Verfasser der Rundschauen. (Separat-Abdruck aus der Neuen Preußischen Zeitung.) Berlin, F. Heinicke, 1865. 64 S. 8°. (B^ Kö; Wi.) 1221. Der Conflict in Preußen. Berliner Revue. Social-politische Wochenschrift. 27. Januar und 3. Februar 1865. Bd. 40, S. 97—102, 129—133. Bv Bestreitet das Vorhandensein eines Verfassungskonfliktes. „Es handelt sich nicht allein um einen Konflikt über die Verfassung, sondern um einen solchen, der zwischen dem Ministerium und dem Herrenhause einer- und dem Abgeordnetenhause andererseits sich geltend macht." Der Kernpunkt des ganzen Streites ist die Frage, ob der König oder das Abgeordnetenhaus in militärischen Organisationsfragen bestimmend zu entscheiden hat. Da die Krone hier unbedingt im Recht ist, so darf sie nimmermehr „um unseres preußischen Vaterlandes willen auch nur ein Titelchen des Rechtes aufgeben. Es kann und darf hiernach so wenig von einer Appellation als von einer Konzession jemals die Rede sein". Solange das Abgeordnetenhaus in der Opposition verharrt, muß das Ministerium auf dem bisherigen Wege weiterschreiten. Die Schuld an der Bockbeinigkeit des Abgeordnetenhauses trägt die „neue Ära". Das jetzige Ministerium darf weder wanken noch weichen, es darf weder zu einer Konzession in der Armeeorganisation die Hand bieten, noch zu einer Konzession um der Reorganisation willen. „Der gegenwärtige Konflikt wird durch Liberalismus niemals sein Ende erreichen... Wer konservativ ist, muß die Armeeorganisation wollen, aber auch umgekehrt, wer die Armeeorganisation will, muß konservativ sein." 1222. Suffrian, Friedrich, Königl. Gerichts-Assessor, Das preußische Königthum in seiner rechtlichen Grundlage und Stellung. Münster, Regensburg, 1865. 21 S. 8°. Allg. Bibl. 30. III.

1865. —

Bv

Der preußische König ist „ E i g e n t ü m e r der obrigkeitlichen Gewalt"; er hat nur Gott über sich. Die Mitglieder des Landtags 868

sind „Untertanen" des Königs. Der Landtag selbst „steht daher weder neben, noch über dem Könige, er steht vielmehr unter demselben". Kommt ein Etatgesetz nicht zustande, so tritt für die Staatsregierung zwecks Aufrechterhaltung der Staatsordnung und der Leitung der Staatsverwaltung ein Notrecht ein. Da die Gesetze dem Könige das Recht der Kriegsführung geben, so bedarf es einer Bewilligung der zur Kriegführung notwendigen Gelder durch den Landtag überhaupt nicht. 1223. Über den jetzigen Stand des preußischen VerfassungsConflictes. Jahrbücher für Gesellschafts- und Staatswissenschaften. 1865. Bd. 3, S. 297—302 (April). Bv Der Rücktritt des liberalen Ministeriums trägt die Schuld am Verfassungskonflikt. „Denn worin besteht derselbe ? Nur in der durch die Gesetze des Landes nirgends gestützten Meinung, das Abgeordnetenhaus habe das Recht, wenn es ihm beliebe, die Ausgaben für die Bedürfnisse des Staates — wie notwendig dieselben auch an sich immerhin sein möchten — zu verweigern und ein Ministerium, welchem man die Ausgaben nicht bewillige, müsse sein Amt niederlegen." Preist den Widerstand des Ministeriums Bismarck und kritisiert die im März 1865 vom Abgeordnetenhaus zum Haushaltsplan gefaßten Resolutionen. Da das Abgeordnetenhaus eine Erweiterung seiner Machtstellung nur durch Geltendmachung des Budgetrechtes erreichen kann und „dieses zu einer Pression nur benutzt werden kann, wenn die Bedürfnisse des Staates größer sind als die Mittel, sie zu befriedigen, so ist überhaupt die Angelegenheit aus einer Machtfrage zu einer Meinungsfrage geworden". Im Interesse von Preußens Machtstellung nach innen und außen ist den Ausgaben für das Heerwesen ein unbedingter Vorrang einzuräumen. „Es ist das Geschick Preußens, daß es seine Macht nicht bloß für sich, sondern für das gesamte Deutschland unterhalten muß... Nur durch Preußen kann Deutschland zu nationaler Selbständigkeit kommen." Die Resolutionen des Abgeordnetenhauses zur Etatvorlage machen es „auch den blödesten Augen klar, daß wer den Weg der Fortschrittspartei betritt, den preußischen Staat aufgeben, die Ehre und den Ruhm des preußischen Volkes der Vergessenheit überliefern muß und umgekehrt, daß wer Preußen erhalten, wer das Andenken an die Väter bewahren, wer sich der Segnungen eines gesicherten Rechtszustandes erfreuen will, sich von dieser Partei lossagen muß". 869

1224. Preußen's innere Zustände und Verfassungs-Krisen. Beleuchtet von einem Conservativen Süddeutschlands. April 1865. Augsburg, B. Schmid, 1865. 36 S. 8°. Allg. Bibl. 10. VIII. 1865. — Bt; Bo; Kö:

Mv

Die einem „bornierten" Liberalismus huldigende preußische Fortschrittspartei, „die mit den altpreußischen Traditionen gebrochen und deren Königstreue im Strudel der revolutionären Zeitströmung bereits jämmerlich Schiffbruch gelitten hat", repräsentiert erfreulicherweise nur einen kleinen Teil des preußischen Volkes, dessen weitaus überwiegende Mehrheit noch immer ganz von dem Wahlspruch durchdrungen ist: „Mit Gott für König und Vaterland!" Kunst, Wissenschaft, Handel, Industrie, Gewerbe befinden sich in Preußen in schönster Blüte. Von irgendeiner Art von Druck kann auch nicht im entferntesten die Rede sein. Keineswegs macht sich in Preußen das spezifische Junkertum mehr breit als in irgendeinem andern Staate. Vielmehr, die erhabene Auffassung, die der König von Preußen vom Wesen des Königtums hat, berechtigt zu der zuversichtlichen Erwartung, daß „das in Preußen theoretisch bereits längst adoptierte Prinzip der gleichen Berechtigung aller gleich Würdigen, auch p r a k t i s c h immer entschiedener zur Durchführung" gelange. Zudem besteht der weitaus größte Teil des verrufenen Junkertums aus Männern von der seltensten, vielseitigsten Bildung, der edelsten Gesinnung und der hervorragendsten Tüchtigkeit. Um so mehr ist die Haltung des preußischen Liberalismus zu verurteilen, dessen vereintes Streben einzig und allein dahin geht, „die Minorität im Hause der Abgeordneten tunlichst mit Verachtung zu brandmarken und kein Mittel unversucht zu lassen, das königliche Regiment in Preußen womöglich lahmzulegen und s t a t t dessen ein omnipotentes Kammerregiment zu etablieren". Da diese Bestrebungen auch von hochgebildeten Köpfen und hervorragenden Berufsmenschen unterstützt werden, so kann die Erklärung nur darin liegen, „daß jener über die ganze zivilisierte Welt verbreitete moderne, oppositionelle Liberalismus — dieses System allgemeiner Täuschung, gleißender Heuchelei und phrasenreicher Lüge — dessen Spitze bei aller sonstigen Verwaschenheit desselben doch stets gegen jegliche Autorität gerichtet ist — eine Art geistige, die davon Befallenen in politicis unzurechnungsfähig machende Epidemie sein muß, welche gleich der „Kartoffelkrankheit" auch da auftritt, wo hierzu gar keine nachweisbaren Ursachen vorhanden". Es ist ein Zeichen ausgesprochener „Dummheit", den König an der Durchführung der in jeder Beziehung segensreichen Heeresreorganisation hindern zu 870

wollen. Die Haltung der Regierung während des Konflikts verdient unbedingteste Anerkennung. Um Preußen vor dem Liberalismus zu retten, ist nichts weiter nötig, als „den von der Regierung bisher verfolgten Kurs verfassungsmäßigen Verfahrens auch ferner einzuhalten". Bei konsequenter Fortsetzung dieser „Kurmethode" wird sich herausstellen, daß die Krankheit der „Autoritätsscheu" nur ein periodisches Übel ist. Dann wird aber auch die Zeit gekommen sein, die preußische Verfassungsur künde „aus einem ziemlich schablonenmäßigen, um nicht zu sagen gedankenlosen Machwerk in ein echt nationales, den historischen Grundlagen, den faktischen Zuständen und den wahren, realen Bedürfnissen der preußischen Monarchie gehörig Rechnung tragendes — der Eigentümlichkeit des Landes und seiner Bewohner mit staatsmännischer Umsicht und gerechter Würdigung aller Verhältnisse möglichst angepaßtes Staatsgrundgesetz umzuwandeln". Von der Lösung des Konflikts in diesem Sinne hängt die „Rettung der Gesellschaft" ab. 1225. Die Fortschrittspartei und ihre Bestrebungen in der Militairfrage. Von einem alten Soldaten. Berlin, E. S. Mittler & Sohn, 1865. 78 S. 8°. Allg. Bibl. 8, VI. 1865. — ¿V G; Hx:

Kiv

Datiert: Berlin, im Mai 1865. — Verteidigt aus militärtechnischen, innen- und außenpolitischen Erwägungen die Armeereform. Es war der Fehler der Regierung, nicht von Anfang an dem staatsgefährlichen Treiben der „Demokraten" mit der nötigen Entschiedenheit entgegengetreten zu sein. „Der König ist der geborne Vertreter der Rechte seines Volkes. In der einen Hand das Schwert, in der andern die Verfassung, wird er die Rechte und die Macht der Krone aufrecht erhalten und die Verfassung selbst gegen die Angriffe des Fortschritts sichern." Im Verlaufe des Kampfes um die Militärreorganisation hat sich gezeigt, daß die Budgetfrage für die Fortschrittspartei nur eine Machtfrage ist. Ihr Ziel ist die Aufrichtung des Parlamentarismus und damit die Schmälerung der verfassungsmäßigen Rechte der Krone und der Regierung. Der Parlamentarismus im Sinne des Fortschritts bedeutet die Negation des Königtums und den Ruin Preußens und Deutschlands. Von hier aus führt der Weg zur Republik, ja geradezu zur Pöbelherrschaft. Die „deutschtümelnden" Phrasen der Fortschrittspartei sind nicht mehr als „utopische Träumereien". Die Fortschrittspartei will Preußen, nachdem sie es in Parteien zerrissen und im Ausland diskreditiert hat, nun auch noch wehrlos und damit ehrlos machen. 871

1226. Damitz, Fr. von, Der Schluß des Landtages den 17. Juni 1865. 2. Auflage. Berlin, J . Langguth, 1865. 15 S. 8°. Allg. Bibl. 14. IX. 1865. —

Bv

Der dauernde Konflikt zwischen dem „Genie" Bismarck und dem Abgeordnetenhause ist die Schuld des letzteren. Weil das Ministerium Bismarck das Vaterland über die Partei gestellt hat, muß das Volk bei den kommenden Wahlen seine Dankbarkeit beweisen. Der Boden für eine wahrhafte Volksvertretung muß erst noch geschaffen werden, denn das bisherige Abgeordnetenhaus arbeitete darauf hin, die dem Könige verfassungsmäßig zustehenden Rechte zu schmälern. Der Sieg des Liberalismus würde gleichbedeutend sein mit dem Untergange des preußischen Staates. 1227, [Frantz, Constantin], Der preußische Landtag von 1865. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1866. Heft 1, S. 21—95. Behandelt die Session vom 14. I. bis 17. VI. 1865, deren Bedeutung beruhe auf der „Offenlegung der inneren Verhältnisse des Staates, insbesondere seiner inneren Schäden und Widersprüche, ja man muß sagen: der Unhaltbarkeit seiner Verfassung gegenüber den sich steigernden Gegensätzen seiner Parteien". Schildert von diesem Gesichtspunkt aus, geistvoll und scharfsinnig, den äußeren Verlauf der Session. Entwirft eine kritische Analyse von der politischen und sozialen Struktur des preußischen Staates unter scharfer Frontstellung gegen das „konstitutionelle System", das auf dem Phantom des konstitutionellen Gleichgewichts und Gewaltenteilungsprinzips beruhe. „Die Volksvertretung hat keine effektive Macht irgendwelcher Art, und selbst ihre Beschlüsse bedürfen allermeist der Zustimmung anderer Faktoren, um eine rechtliche Wirkung zu äußern." Schildert die Entstehung des Konflikts, an dem die Hauptschuld trage „das wenig überlegte Benehmen des liberalen Ministeriums der sogenannten neuen Ära und die schwankende Haltung des damaligen Abgeordnetenhauses." Den Akt der Budgetbewilligung unter den Formalismus der Gesetzgebung bringen zu wollen, „heißt ihn vollständig denaturieren. Es verschwindet damit geradezu das Wesen der Sache, nämlich das hier zum Grunde liegende Verhältnis eines fordernden und bewilligenden Teiles, statt dessen nun das hier gänzlich unmotivierte Zusammenwirken dreier gleichberechtigter Faktoren eintreten soll". Der Kern des ganzen Kampfes zwischen Abgeordnetenhaus und Regierung ist der Gegensatz des auf dem monarchischen Prinzip beruhenden, auf den Militär- und Dienstadel sich stützenden altpreußischen Militärstaates und der bürgerlichen Entwicklung. 872

„Die liberale Partei wird ihr Ziel nicht erreichen, ein wahrhaft konstitutionelles Preußen herzustellen, und ihre preußisch-deutsche Unionspolitik ist von vornherein ein totgebornes Projekt. Ebenso aussichtslos ist das konservative Unternehmen, das altpreußische Staatswesen zu erhalten, aussichtslos in seinen inneren wie in seinen auswärtigen Tendenzen." Die innere Unzulänglichkeit des preußischen Staates, der „von vornherein nicht aus der Totalität der deutschen Nationalentwicklung hervorging, sondern aus dem Zusammenfassen gewisser spezieller Elemente und Tendenzen, denen er Gestaltung gab", führt notwendig zu Preußens „ A u f g e h e n " in Deutschland. 1228. Wartensleben-Schwirsen, Graf von, Abgeordneter, Beendigung des Verfassungs-Conflicts in Preußen. Berlin, J. Langguth, 1866. 30 S. 8°. Allg. Bibl. 12. IV. 1866. — Bx; G; Kö.

Verbreitet sich über Begriff und Entstehung der preußischen Verfassung. Den gegenwärtigen Bestrebungen auf Begründung eines Schattenkönigtums und einer Volksherrschaft muß entschieden entgegengetreten werden. Verteidigt unter entsprechenden Wertakzenten die Armeereform und die Haltung der Regierung in der Budgetfrage. „Wir unsererseits stehen mit dem, was ist, ganz auf Seite des Ministeriums — nicht aber mit dem, was wir für die Zukunft des Vaterlandes für gut erachten." Es muß vielmehr für die einzelnen Ministerien ein für allemal ein feststehender Normaletat aufgestellt werden, was dem Recht des Königs über die Finanzen entspricht. Das Budgetrecht des Landtags muß auf die jährliche Bewilligung des Extraordinariums und auf die Bestimmung über die Verwendung der Überschüsse eingeschränkt werden. 1229. Die schlechteste Staatsverfassung. Erörterung Unparteiischen. Halle, J. Fricke, 1866. 56 S. 8°. Allg. Bibl. 26. IV. 1866. — B1;

eines

Bs.

Die aus reiner Fürstenherrschaft und reiner Volksherrschaft gemischte Verfassung, d. h. die konstitutionelle Verfassung, ist die schlechteste Verfassung; sie ist „sinnlos, gottlos und heillos... Daß die Regierung wirklich regiert, die Untertanen aber regiert werden, das ist Gottes Ordnung, das ist des Himmels Bestimmung. Daß dagegen die Untertanen das Regiment führen, die Regierung aber sich beugen und gehorchen soll, das ist als Umkehr der Sache Satans Bestimmung, höllische Unordnung." 873

1230. Reichensperger, Dr. August, Ein Rückblick auf die letzten Sessionen des Preußischen Abgeordnetenhauses und Ein Wort über die Deutsche Verfassungsfrage, i. Abtlg. 1 1 9 S. 8°. 2. Abtlg. 173 S. 8°. Paderborn, F . Schöningh, 1864. Allg. Bibl. 14. I. und 30. VI. 1864. — Bx; Bo; Dx; G; Kö; Lx; We.

I. Schildert die parlamentarische Entwicklung seit dem Hagenschen Antrag, dessen Annahme ein schwerer politischer Mißgriff gewesen sei. Rechtfertigt die seitdem von der Katholischen Fraktion eingenommene Haltung. „Auf dem ökonomischen Gebiete wollten auch wir auf Ersparungen und namentlich Reduktionen des Armeebudgets dringen (die , Ultramontanen' zahlen ebenso ungerne Steuern wie ihre fortschrittlichen Gegner); allein nicht auf Kosten der äußeren oder inneren Sicherheit des Staates, am wenigsten durch Substituierung der Bürger- oder Turnerwehr an Stelle eines disziplinierten Heeres, wie solches auch die großen Nachbarstaaten besitzen; ganz insbesondere aber ging unsere Überzeugung dahin, daß Ersparungen i m g r o ß e n nur zufolge einer gesunden, auf immer größere Einigung abzielenden Politik, im Gegensatz zum kleindeutschen System sowie zu den turbulenten Demonstrationen des Nationalvereins, eintreten könnten und daß nichts eine wohlfeile Regierung in eine größere Ferne schieben werde, als eine auf unser Vaterland übertragene Cavoursche Konsolidierungspolitik. Ebensowenig schien es uns ratsam, die Verfassung gegen einige Millionen einzusetzen oder durch zu schroffes Vorgehen die Herbeiführung eines Kompromisses allzusehr zu erschweren, da unserer Überzeugung nach die Verfassung, wie die Dinge einmal in Preußen liegen, nur dadurch Bestand haben kann, daß kein Teil sein Recht, auch selbst das unbezweifelbarste nicht ausgenommen, auf die Spitze treibt." II. Die Verfassung für Deutschland kann nicht g e m a c h t werden; sie muß w a c h s e n . Weder die konfessionelle Verschiedenheit, noch die Viel- und Kleinstaaterei, der Partikularismus, sind im Hinblick auf die deutsche Einheit unübersteigliche Hindernisse. Denn dem germanisch-deutschen Wesen entspricht das Bedürfnis nach individueller Selbständigkeit, die Verschiedenheit in der Einheit. Verbreitet sich in geschichtsphilosophisch bedeutsamen Ausblicken über das Wesen des „Germanismus". Nicht auf die Vielheit der Fürsten und Territorien ist Deutschlands Ohnmacht zurückzuführen, vielmehr darauf, „daß in nicht wenigen dieser Territorien unten ein falscher Konstitutionalismus, oben ein falsches Gottesgnadentum haust, daß hier der Partikularismus zu engherzig und selbstsüchtig 874

ist, um sich zum Allgemeinen zu erheben, dort zu vag und abstrakt, um seine berechtigte Besonderheit mit den rechten Mitteln geltend machen zu können. Das aber sind persönliche, nicht sachliche Gebrechen... Statt mit unitarischen Projekten sich hinzuhalten und an dieselben die kostbare Zeit und die noch kostbarere Kraft zu vergeuden, verwende man beides auf die Säuberung des Partikularismus von seinen Schlacken, überhaupt von den fremdartigen Elementen, die ihn verfälschen und ihn spröde machen, um in die föder a l i s t i s c h e Gestaltung sich einfügen zu lassen, zu welcher im übrigen alle Vorbedingungen gegeben sind und die allein der geschichtlichen Entwickelung wie dem Naturelle unserer Nation entspricht, die jedenfalls für unsere Zukunft die größtmöglichen Vorteile bei den geringsten Nachteilen in Aussicht stellt". Der Gegensatz zwischen Preußen und Österreich ist nicht so groß, daß er sich nicht ausgleichen ließe und eine Direktorialregierung möglich machte. Lehnt die Aufstellung eines detaillierten Reformprogramms ausdrücklich ab, bekennt sich jedoch zu dem „ G l a u b e n an den weltgeschichtlichen Beruf unseres Vaterlandes" und zu der These: „Ein Kaiser von Halbdeutschland ist kein deutscher Kaiser." 1231. Sendschreiben aus Preußen über den Parteikampf in Preußen. Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. 1864. Bd. 54, S. 913—948 (Dezember). Kritisch-summarischer Überblick über den Gang der „Neuen Ära" und über das Vordringen von Liberalismus und Demokratie bis zur Berufung des Ministeriums Bismarck. Bismarcks innenund außenpolitische Erfolge haben bei der Masse der Bevölkerung ungeteilte Anerkennung gefunden und den tatsächlichen Beweis dafür erbracht, „daß der Liberalismus nur eine P a r t e i im Volke vertritt und daß seine Behauptung, er sei der Ausdruck des ganzen Volkes, eitel Wind und Lüge ist". Um dem konservativen Prinzip zum Siege zu verhelfen, ist es notwendig, die konservativ gesinnten ländlichen Massen zum aktiven Eingreifen in die Politik zu zwingen. Das kann nur geschehen, indem ihnen das Recht gegeben wird, ihre Interessen selbst und mit Völligem Ausschlüsse aller Nichtbeteiligten zu vertreten. In diesem Geiste muß eine ländliche Gemeinde- und Kreisordnung erlassen werden. Da der Gegensatz zwischen Katholizismus und modernem Liberalismus so groß ist, daß nicht einmal ein Pakt zwischen beiden möglich ist, so wird die katholische Kirche Preußens „ihr ganzes Gewicht in die Wagschale des Ministeriums Bismarck legen, wenn dieses das wahrhaft konservative Prinzip als R o s e n b e r g , Publizistik.

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das Ziel seiner Aufgabe hinstellt, und wie alle übrigen berechtigten Organe des Staatslebens, so wird auch die katholische Kirche Preußens g e z w u n g e n sein, zur Wahrung ihrer eigenen Interessen für das konservative Prinzip an den gegenwärtigen Kämpfen teilzunehmen". Bei dem Verfassungskampfe in Preußen handelt es sich um die Entscheidung: „Soll Deutschland auf der Bahn des modernen Liberalismus immer weiter herabrollen, bis es endlich im Abgrunde der Revolution zerschellt, à la française ? Oder soll durch die Überwindung dieses Liberalismus in Preußen auch dem übrigen Deutschland wo nicht die Gewißheit, so doch die Möglichkeit geboten werden, ohne gar zu heftige innere Kämpfe zu normalen, zu d e u t s c h e n Zuständen zurückzukehren ?" 1232. Engels, Friedrich, Die preußische Militärfrage und die deutsche Arbeiterpartei. Hamburg, Otto Meißner, 1865. 55 S. 8°. Allg. Bibl. 9. III. 1865. — Bi;

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„Die Partei der Arbeiter, die in allen Fragen zwischen Reaktion und Bürgertum außerhalb des eigentlichen Konflikts steht, hat den Vorteil, solche Fragen ganz kaltblütig und unparteiisch behandeln zu können. Sie allein kann sie wissenschaftlich behandeln, historisch, als ob sie schon vergangen, anatomisch, als ob sie schon Kadaver wären." Schildert die Mängel des preußischen Heerwesens und der Wehrverfassung vor der Reorganisation. Betont ausdrücklich die Notwendigkeit einer Reorganisation und einer wirklichen Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht. Aus militärischen wie politischen Gründen war für das Abgeordnetenhaus der Reorganisationsplan annehmbar auf die Bedingung hin „daß die allgemeine Dienstpflicht streng durchgeführt, daß die Dienstzeit auf zwei Jahre bei der Fahne, drei in der Reserve und bis zum 36. Jahr in der Landwehr gesetzlich festgesetzt und endlich daß die Cadres der Landwehr ersten Aufgebots wiederhergestellt wurden". Mit ihrer von vornherein feindlichen Stellungnahme zur Reorganisation hat die Bourgeoisie einen schweren Fehler begangen. „Sie mußte im Gegenteil diese Reorganisation und die dafür zu bewilligenden Gelder benutzen, um sich dafür von der Neuen Ära möglichst viel Äquivalente zu kaufen." Die Reorganisation war für die Bourgeoisie eine glänzende Chance, um die Armee unter die Kontrolle der Kammer zu bringen, das Offizierkorps durch bürgerliche Elemente in seinem Charakter zu verändern und eine Reihe unbequemer Gesetze zu beseitigen. „Nimmt man ein Mandat als preußischer Abgeordneter an, schreibt man Preußens Größe und europäische Machtstellung auf seine Fahne, so muß man 876

auch zustimmen, daß die Mittel hergestellt werden, ohne welche von Preußens Größe und Machtstellung keine Rede sein kann." Keineswegs führt die Armeeverstärkung notwendig zu einer Förderung der Staatsstreichpläne. Die Bourgeoisie muß die Militärfrage durchfechten, oder sie verliert den Rest von politischer Macht, den sie noch besitzt. „Die Bourgeoisie hat sich durch Überschätzung ihrer eigenen Kräfte in die Lage versetzt, daß sie an dieser Militärfrage erproben muß, ob sie im Staate das entscheidende Moment oder gar nichts ist. Siegt sie, so erobert sie zugleich die Macht, Minister abund einzusetzen, wie das englische Unterhaus sie besitzt. Unterliegt sie, so kommt sie auf verfassungsmäßigem Wege nie mehr zu irgendwelcher Bedeutung." Der Mut zum Ausharren bis zum Äußersten fehlt jedoch der deutschen Bourgeoisie, die einen vorwiegend kleinbürgerlichen Charakter hat. Wie 1848 so wird auch diesmal „die Bourgeoisie keinen Anstand nehmen, sich selbst zu verraten". Von völlig anderen Voraussetzungen geht die Arbeiterpartei aus. „Das deutsche Proletariat wird nie sich mit Reichsverfassungen, preußischen Spitzen, Trias und dergleichen befassen, außer um damit aufzuräumen; die Frage, wie viel Soldaten der preußische Staat braucht, um als Großmacht fortzuvegetieren, ist ihm gleichgültig. Ob die Militärlast durch die Reorganisation sich etwas vermehrt oder nicht, wird der Arbeiterklasse als K l a s s e wenig ausmachen. Dagegen ist es ihr durchaus nicht gleichgültig, ob die allgemeine Wehrpflicht vollständig durchgeführt wird oder nicht. J e mehr Arbeiter in den Waffen geübt werden, desto besser. Die allgemeine Wehrpflicht ist die notwendige und natürliche Ergänzung des allgemeinen Stimmrechts ; sie setzt die Stimmenden in den Stand, ihre Beschlüsse gegen alle Staatsstreichversuche mit den Waffen in der Hand durchzusetzen." Beleuchtet unter soziologischen Gesichtspunkten das Verhältnis von Feudalpartei, kapitalistischer Bourgeoisie, Kleinbürgertum und Proletariat. „Jeder Sieg der Reaktion hemmt die gesellschaftliche Entwicklung, entfernt unfehlbar den Zeitpunkt, wo die Arbeiter siegen können. Jeder Sieg der Bourgeoisie über die Reaktion dagegen ist nach einer Seite hin zugleich ein Sieg der Arbeiter, trägt zum endlichen Sturz der Kapitalistenherrschaft bei, rückt den Zeitpunkt näher heran, wo die Arbeiter über die Bourgeoisie siegen werden." Da in Deutschland zwei Drittel der Bevölkerung vom Ackerbau leben, so ist die eigentlich ausbeutende Klasse der Feudaladel. „Die Bekämpfung der feudalen und bürokratischen Reaktion — denn beide sind bei uns jetzt untrennbar — ist in Deutschland gleichbedeutend mit dem Kampf für geistige und politische Emanzipation des Land56*

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Proletariats — und solange das Landproletariat nicht in die Bewegung mit hineingerissen wird, solange kann und wird das städtische Proletariat in Deutschland nicht das geringste ausrichten, solange ist das allgemeine direkte Wahlrecht für das Proletariat keine Waffe, sondern ein Fallstrick." Die Arbeiter müssen die Bourgeoisie in ihrem Kampfe gegen alle reaktionären Elemente unterstützen, „solange sie sich selbst treu bleibt. Jede Eroberung, die die Bourgeoisie der Reaktion abzwingt, kommt, unter dieser Bedingung, der Arbeiterklasse schließlich zu gut". Führt die Bourgeoisie alle ihre Prinzipien konsequent durch, dann „bekommt das Proletariat aber auch alle die Waffen in die Hand, deren es zu seinem endlichen Siege bedarf. Mit der Preßfreiheit, dem Versammlungs- und Vereinsrechte erobert es sich das allgemeine Stimmrecht, mit dem allgemeinen direkten Stimmrecht, in Vereinigung mit den obigen Agitationsmitteln, alles übrige". Wird aber die Bourgeoisie, die nur eine Armee von Offizieren ohne Soldaten ist und sich diese Soldaten nur aus den Arbeitern schaffen kann, sich selbst untreu, dann bleiben den Arbeitern nur zwei Wege übrig: entweder die Bourgeoisie gegen ihren Willen voranzutreiben und zur Verwirklichung ihrer Prinzipien zu zwingen oder aber äußerstenfalls die Bourgeoisie ihrem Schicksale zu überlassen. In jedem Falle aber muß die Arbeiterpartei mehr sein als „der bloße Schwanz der Bourgeoisie". 1233. Schulze-Delitzsch, H., Die nationale Bedeutung der Deutschen Genossenschaften. Vortrag, gehalten vor den Genossenschaften Berlins am 19. März 1865. Berlin, Franz Duncker, 1865. 16 S. 8°. ¿V H2. Gibt einen summarischen historischen Überblick über die Entwicklung des deutschen Genossenschaftswesens seit der Germanenzeit. Die nationale Mission der heutigen Arbeiter-, Handwerker- und Bildungsvereine, der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ist, „nicht einen vierten Stand zu gründen, sondern den Ständes t a a t mit allen Resten der Privilegien der alten Geburtsund Berufsstände völlig zu beseitigen, das gleiche Recht für alle an die Stelle des Vorrechts begünstigter Minderheiten zu setzen und der politischen Freiheit in Bildung und Wohlstand der Massen die allein dauerhafte soziale Unterlage zu geben... Wollten die Arbeiter einen wirklichen Stand bilden, eine politisch abgeschlossene Rechtsgemeinschaft außerhalb des allgemeinen Volksrechtes, dann müßten sie das Ständewesen als Staatsprinzip, also auch die übrigen 878

Stände mit ihren Vorrechten anerkennen... Der Geist der f r e i e n G e n o s s e n s c h a f t e n i s t der Geist der m o d e r n e n G e s e l l s c h a f t . Hat er erst das Wirtschaftsleben der Nation durchdrungen, so kann es nicht fehlen, daß er von da aus auch das öffentliche Leben erobert und unserer staatlichen Entwickelung neue, dauernde Grundlagen schafft". 1234. Die Fortschrittsparthei und der Socialismus. blatt des Nationalvereins. 6. April 1865. Nr. 1. B&; G;

Wochen-

Kit.

Charakterisiert die Sozialdemokratie als Handlangerin des preußischen Junkerregimentes, die durch unerfüllbare Versprechungen die Massen zu bestechen und dem der gegenwärtigen historischen Entwicklungsstufe und den Arbeiterinteressen allein entsprechenden liberalen Programm (Selbstverwaltung, gleiches Recht für alle, bürgerliche und gewerbliche Freiheit) abtrünnig zu machen suche. „In der Tat gehört der höchste Grad der Unwissenheit oder der Unredlichkeit dazu, um zu verkennen, daß die handarbeitenden Klassen dem gebildeten und wohlhabenden Mittelstande, das heißt der liberalen Partei alles verdanken, was sie seit den Tagen der Leibeigenschaft und des brutalsten Polizeiregiments an öffentlichem Rechte und öffentlicher Freiheit gewonnen haben... Jede Beeinträchtigung des Kapitals ist ein Rückschritt in die ursprüngliche Armut und Barbarei." Nicht der Staat, sondern die „Beschaffenheit des Menschengeschlechts" und die Naturfaktoren sind für die wirtschaftlichen Nöte der Arbeiterklasse verantwortlich. Das wesentliche Mittel zur Überwindung der Armut „ist und bleibt ein für allemal die massenhafte Vermehrung der Produktion mit Hilfe gesteigerter Kapitalbildung, die ihrerseits nur bei völliger Sicherheit des Eigentums und bei der größten Freiheit seiner Verwertung möglich ist". 1235. Hagele, Jos. M., Der moderne Fortschritt und die arbeitenden Klassen. Frankfurt a. M., Verlag für Kunst und Wissenschaft, 1865. 24 S. 8°. Allg. Bibl.

18. V. 1865.



Bv

Begrüßt als gläubiger Katholik in emphatischen Tönen den gegen den Liberalismus und die vorherrschende Zeitbildung gerichteten päpstlichen Syllabus vom 8. XII. 1864. Der moderne Fortschritt im Sinne des Liberalismus ist „das Krebsgeschwür der heutigen Gesellschaft, der moderne Liberalismus die Lüge der politischen Freiheit, die Säugamme des sozialen Elends von Millionen". Die Häufung des 879

Kapitals in den Händen weniger und die Proletarisierung der breiten Volksmassen, die Materialisierung und Industrialisierung des modernen Lebens sind die verdammenswerte Frucht des Liberalismus. Beleuchtet den Gegensatz zwischen Lassalle und Schulze-Delitzsch. „Wie ein mächtiger Riese neben dem verkrüppelten Zwerg steht der radikale Lassalle neben dem Heldchen der liberalen Schule." „Wir sind mit Lassalle und den Lassallianern für das d i r e k t e W a h l r e c h t und obendrein für möglichst a l l g e m e i n e , wenn auch nicht völlig allgemeine 'Wahlen; wir sind folgerichtig für die Vertretung des A r b e i t e r s t a n d e s in wirklich volkstümlichen Kammern; für uns ist endlich der Anspruch des Arbeiterstandes auf S t a a t s h i l f e nichts weniger als ein Schreckgespenst, weit eher eine ganz vernünftige und berechtigte Forderung. Wenn es auf uns ankäme, so würden wir heute noch vom „modernen Staate" die im Anfange des Jahrhunderts annexierten K i r c h e n g ü t e r herausfordern und zugunsten des Arbeiterstandes verwenden." Im übrigen aber ist die Lösung der sozialen Frage, wie Lassalle sie anstrebt, für den Christen unannehmbar, da an die Stelle der liberalen Majoritätsherrschaft das noch größere Übel einer radikalen Kammermehrheit gesetzt würde. Helfen kann allein „die Wiederherstellung der Gesellschaft auf der Grundlage des positiven Christen- und Kirchentums". 1236. [Richter, Eugen], Die Geschichte der Social-demokratischen Partei in Deutschland seit dem Tode Ferd. Lassalle's. (Zusammengestellt und actenmäßig belegt aus den beiden Organen der Partei, dem „Social-Demokrat" in Berlin und dem „Nordstern" in Hamburg.) Berlin, Th. Lemke, 1865. 62 S. 8°. Allg. Bibl. 21. XII. 1865. — B,; H2;

Mr.

Vorwort datiert: Berlin, 25. November 1865. — Illustriert von der Gesinnungsbasis der Fortschrittspartei aus die Gegensätze innerhalb der sozialdemokratischen Partei und bemüht sich nachzuweisen, daß führende Mitglieder der Partei, insbesondere Schweitzer, zu der preußischen Reaktion enge Beziehungen unterhalten.

2. Die Auseinandersetzung zwischen Zentralsten, Dualisten und Föderalisten in Österreich seit 1864. 1237. W., Österreich als Föderativmonarchie. Ost und West. Zeitschrift für Politik. 15. Jänner 1864. S. 514—518. w

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v

U m der Macht und Größe des Gesamtstaates und der in ihm vereinigten Völker willen muß Österreich in einen „großen Föderationsstaat von national organisierten Einheiten unter einer starken monarchischen Staatsgewalt" umgewandelt werden. Nur auf diese Weise läßt sich die freie Bewegung der einzelnen Kronländer und Nationalitäten mit der nötigen Macht der Zentralregierung vereinbaren. „Jedes Kronland verwaltet seine inneren Angelegenheiten nach selbst gegebenen Gesetzen. Die allgemeinen Souveränitätsrechte übt die Krone im Vereine mit einem Bundesparlamente, in welchem die A b geordneten der Landes- und Nationsvertretungen und nur aus e i n e m e i n z i g e n Hause sitzen. In der Hand dieser beiden Faktoren liegen die allgemeinen Reichsangelegenheiten, nämlich die Vertretung des Reiches nach außen, der Abschluß von Zoll- und Handelsverträgen, das Münz- und Zettelbankwesen, die Militärmacht, die Staatsschuld und das auf diese Posten bezügliche Normalreichsbudget. Jedes Kronland oder Nationalgebiet hat einen eigenen durch direkte Wahlen der einzelnen Klassenstimmung gebildeten Landtag. In jedem Kronlande oder Nationalterritorium wird die Krone durch einen Statthalter vertreten. Dieser wird von der Krone ernannt, ist aber der Landesvertretung verantwortlich. Der Landtag hat im Verein mit dem die Krone vertretenden Statthalter die volle Autonomie in allen Angelegenheiten, welche nicht Reichs- oder Gemeindesache sind; also in Bezug auf die Administration, die Justiz, den Unterricht, die Landeskultur und endlich das zu diesen Zwecken nötige Landesbudget." 1238. Türr, General E., Der europäische Congreß in Wien. Deutsche Ausgabe. Zürich, Zürcher & Furrer, 1864. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 20. X. 1864. — G; H2;

Wt.

Fordert die völlige Vernichtung des Hauses Habsburg-Lothringen und die Zerschlagung des österreichischen Gesamtstaates. An seine Stelle muß unter Revision der europäischen Karte treten: Italien mit Venetien, ein selbständiges Polen mit Galizien und Preussisch-Posen, Preußen mit Deutschösterreich und eine Donaukonföderation freier und nach eigenen Gesetzen sich regierender Staaten, bestehend aus Ungarn mit Siebenbürgen, Kroatien, Slawonien und Dalmatien. Die liberalen Völker und Fürsten müssen im Kampf gegen das Haus Habsburg und für die Befreiung der Nationalitäten zusammenstehen. Ist Habsburg erst vernichtet, so steht einem allgemeinen europäischen Kongreß, allgemeiner Entwaffnung und dem Frieden nichts mehr im Wege. 881

1239. Lustkandl, Dr. W., Das Wesen der österreichischen Reichsverfassung. Eine akademische Antrittsrede. Wien, Braumüller, 1864. 68 S. 8°. Allg. Bibl. 1. IX. 1864. —

Wv

Vertritt im Hinblick auf das Verhältnis Österreichs zu Deutschland die These, daß durch den Beitritt des Kaisers von Österreich zum Deutschen Bunde Österreich als Gesamtstaat in den Bund eingetreten sei. Denn da der Kaiser von Österreich nur Kaiser ist zufolge der untrennbaren Einheitlichkeit der österreichischen Monarchie, als Monarch des Gesamtstaates, ,,so ist eben durch ihn ganz Österreich, wenn auch nur mit seinen ehemals zum Deutschen Reiche gehörigen Ländern in den Deutschen Bund eingetreten. Es hat daher auch ganz Österreich das föderative Verhältnis und zwar sowohl die Rechte als die Pflichten dieses Bundes zu achten, und Österreich als Gesamtstaat ist in Rücksicht auf die Angelegenheiten des Deutschen Bundes nicht eine doppelte Person". 1240. Warum wir die Decomponirung Ungarns nicht wollen. Die Zukunft. Wochenschrift für politische, nationale und volkswirtschaftliche Interessen. 1864, S. 195—199; 1865, S. 5—8, 38—40. Wt.

Als entschiedene Feinde der zentralistischen Partei müssen wir österreichische Slawen eine Dekomponierung Ungarns nach nationalen Gruppen ablehnen; denn praktisch würde es sich dabei nur darum handeln, „daß die deutsch-zentralistische Partei womöglich allein oder, wenn dies nicht geht, im Bunde mit den Magyaren in Österreich herrsche, oder daß sie, nötigenfalls selbst auf Kosten der Staatseinheit, sich mit den Magyaren in jene Herrschaft teile". Deshalb bekämpfen wir nicht nur den Zentralismus, sondern auch den Dualismus. Es ist vollkommen klar, „daß die zentralistische Partei wie die großdeutsche jede Neuorganisation willkommen hieße, welche die Widerstandskraft der Slawen zugunsten der Zentralgewalten und des deutschen Einflusses desorganisieren hälfe und daß, wäre Ungarn einmal dekomponiert, die Magyaren sich dann rücksichtslos mit den Deutschen gegen uns verbänden, um ihre durch die Zertrümmerung Ungarns vernichtete Präponderanz durch ihre Allianz mit dem deutschen Elemente wiederherzustellen... Sich den Mitgenuß der ungarischen Verfassung zu erobern, nicht sie preiszugeben, sei die Aufgabe der ungarischen Slawen". Ungarn muß Österreich, aber zugleich sich selbst angehören und durch seine legalen Organe selbst prüfen und bestimmen, was ihm frommt. „Es muß, will es eine Zu882

kunft haben, aus einem magyarischen ein Ungarn aller Ungarn werden." Vgl. hierzu ergänzend den Aufsatz: Gibt es unter den Magyaren eine Partei des Oktoberdiploms? Ebda., 1865. S. 385—388. 1241. Eötvös, Josef Freiherr von, Die Nationalitäten-Frage. Aus dem ungarischen Manuscripte übersetzt von Dr. Max Falk. Pest, Rath, 1865. 192 S. 8°. Allg. Bibl. 13. VII. 1865. — Bx; W3; Z.

Datiert: Ofen, 1. Mai 1865. — Geht aus von feinsinnigen geschichtsphilosophischen Betrachtungen über die Eigenart der christlichen Zivilisation, die im Gegensatz zum Altertum durch die Gemeinschaft der europäischen Völker und damit zugleich durch die universelle, auf alle Völker sich erstreckende Macht der Ideen charakterisiert werde. Der neuesten Zeit verleiht die aus dem Streben nach individueller Freiheit und Gleichheit erwachsene Nationalitätsidee ihr eigentümliches Gepräge. „Die Nationalität ist nichts anderes, als jenes Bewußtsein der Zusammengehörigkeit, welches unter einer größeren Anzahl von Menschen, durch die Gemeinsamkeit der Erinnerungen ihrer Vergangenheit, ihrer gegenwärtigen Lage und die daraus entspringende Gemeinsamkeit ihrer Interessen und Gefühle erzeugt wird." Von besonders entscheidendem und allgemeinem Einfluß ist die Nationalitätsidee in Ungarn. Entwickelt hierzu die historischen Voraussetzungen. Nur dann kann die ungarische Nationalitätenfrage gelöst werden, wenn den im Namen der politischen wie der sprachlichen Nationalität gestellten Forderungen Genüge geleistet wird. Dabei kommt es auf die Ausgleichung jenes .Gegensatzes an, „welcher zwischen den Bedingungen der Einheit des Landes und zwischen den Forderungen der einzelnen Nationalitäten besteht". Wenn auch die Notwendigkeit der Zentralisation im allgemeinen anerkennt werden muß, so läßt doch das Maß, in welchem dieselbe für die einzelnen Länder anwendbar ist, sich nicht im allgemeinen bestimmen. Im österreichischen Gesamtstaat ist gegenwärtig nur eine solche Zentralisation möglich, „welche sich auf jene Gegenstände beschränkt, deren gemeinsame Behandlung im Interesse der Einheit des Staates unumgänglich notwendig ist". Jede Nationalitätenbewegung ist nichts anderes als ein Kampf für oder gegen das historische Recht. Gibt einen kritischen Überblick über die Hauptvorschläge zur Lösung des österreichischen Reichsproblems. Soll der Bestand des Gesamtstaates nicht gefährdet werden, so kann die ungarische Nationalitätenfrage „nur durch Ausbreitung der individuellen Freiheit und Aufrechterhaltung unserer konstitutionellen 883

Autonomie" gelöst werden. Um die Gleichberechtigung der Nationalitäten durchzusetzen, von der die endgültige Lösung der Nationalitätenfrage abhängt, ist „bloß die redliche Vollstreckung der Gesetze von 1848 und das Festhalten des Selfgovernement-Prinzips in unserer Verwaltungsorganisation erforderlich". Die Zukunft der ungarischen Nationalität hängt davon ab, daß sie als dienendes Glied den Gemeinschaftsinteressen der westeuropäischen Völkerfamilie sich einfügt. 1242. Palacky, Dr. Franz, Österreichs Staatsidee. Prag, Kober, 1866. 98 S. 8°. Allg. Bibl. 24. VIII. 1865. — J36; M x ; W v

Datiert: Prag, 9. April bis 16. Mai 1865. — Die erste und Hauptursache der Entstehung des österreichischen Reiches war die nach dem Falle von Konstantinopel drohende Türkengefahr. Weniger durch das Verdienst einzelner Personen als vielmehr durch die Gewalt der Dinge ist das österreichische Reich zur Konsolidierung gelangt. Die zweite große Aufgabe des Reiches wurde, „der Ausbreitung der sogenannten Kirchenreformation einen Damm zu setzen". Daraus erwuchs ein System der strengen Negation und Autorität, das erst durch die Revolution von 1848 durchbrochen wurde. Die Revolution war der Triumph der neueuropäischen Kultur und des Fortschritts über Österreich, den Hort der Reaktion. Die Hoffnung auf den d a u e r n den Erfolg eines erneuerten Absolutismus ist lediglich eine Schimäre. „Damit fallen aber auch die Chancen derjenigen in nichts zusammen, die im österreichischen Staate gerne die Herrschaft einer Partei über die andere in kirchlicher und nationaler Beziehung, d. h. die Herrschaft der katholischen Kirche und der deutschen Nationalität verwirklicht sehen möchten." Das Prinzip der Gleichberechtigung der Nationalitäten ist ebenso alt wie die Lehre vom Naturrecht. „Staat "und „Nation" haben aufgehört, für identisch zu gelten. Da der österreichische Staat aus verschiedenartigen Nationalitäten zusammengesetzt ist und kein Volk eine andere Nation als Mittel zu seinen speziellen Zwecken benutzen darf, so muß, wenn im österreichischen Staat Recht und Gesetz und nicht materielle Gewalt oder Willkür herrschen sollen, das Gleichberechtigungsprinzip für alle Völker Österreichs gelten. Die Forderung von 1848: „Wahrlich, existierte der österreichische Kaiserstaat nicht schon längst, man müßte im Interesse Europas, im Interesse der Humanität selbst sich beeilen, ihn zu schaffen!" — setzt selbstverständlich nur ein allen seinen Völkern gleich gerechtes Österreich und eine Regierung voraus, „die sich allen gleichmäßig als Mutter, keinem von ihnen als 884

Stiefmutter erwiese... Mit Phrasen des modernen Liberalismus um sich herumwerfen, mit höherer Bildung und konstitutioneller Gesinnung prahlen, Prunkreden halten über Gerechtigkeit und Humanität und dabei doch mit Händen und Füßen an allen den Bevorrechtungen und materiellen Vorteilen festhalten, die man nur auf dem Wege der Willkür und Gewalt erlangt hat, überdies noch hochmütig über diejenigen sich erheben, denen noch immer Unrecht zugefügt wird: ein solches politisches Pharisäertum gehört fürwahr unter die unerquicklichsten Bilder des jetzigen Lebens in Österreich". Die freiwillige Anerkennung des Schmerlingschen Zentralismus, der im Widerspruch zum Oktoberdiplom von 1860 steht, schließt den nationalen Selbstmord in sich. Noch schlimmer als der Zentralismus ist der Dualismus. Der bisherige Dualismus war nichts anderes als eine zweifache und verschiedene Regierung. ,,In der einen Hälfte konstitutionell, in der anderen absolutistisch; seit dem Jahre 1848, besonders aber seit dem Jahre 1860 änderten sich die Verhältnisse nur insofern, als dort wo früher absolutistisch regiert wurde, nunmehr (exceptis excipiendis) verfassungsmäßig regiert wird, in Ungarn aber seitdem das Kriegsgericht waltet." Der projektierte neue Dualismus dagegen ist nichts anderes als eine zweifache Zentralisation, die die Hegemonie lediglich unter die Deutschen und die Magyaren verteilt. Lediglich die föderalistische Verfassung vermag den Bedürfnissen der österreichischen Nationalitäten gerecht zu werden. Das Wesen dieser Verfassung „besteht im Unterschiede, den man zwischen R e i c h s - und L a n d e s a n g e l e g e n h e i t e n und daher auch zwischen der einheitlichen R e i c h s - und den mannigfachen L a n d e s r e g i e r u n g e n macht". Unter die zentralen Reichsangelegenheiten gehören nach den föderalistischen Anschauungen und auch nach dem Oktoberdiplome von 1860 „ausschließlich 1. Angelegenheiten des österreichischen Kaiserhauses, 2. die auswärtigen Reichsangelegenheiten, 3. Krieg und daher auch die Armee und die Staatsmarine, 4. Reichsfinanzen und Reichsschulden, 5. Handel, und zwar der ausländische und der inländische Binnenhandel und daher auch alle Zollangelegenheiten und die zum Handel nötigen Kommunikationsmittel. Für die verfassungsmäßige Behandlung dieser Angelegenheiten wird man also sowohl besondere Regierungsorgane, besondere Reichsministerien, als einen zentralen Reichstag haben müssen. Alle übrigen Angelegenheiten, wie z. B. die politische Landesverwaltung, das niedere und höhere Schulwesen, die gesamte Justiz usw., gehörten nach dieser Anschauung in den W i r k u n g s k r e i s der R e g i e r u n g e n und P a r l a m e n t e e i n z e l n e r L ä n d e r " . Notwendiges Postulat der 885

föderalistischen Verfassung ist, „daß sich die österreichischen Länder ihren historischen Prinzipien und Verhältnissen und den geographischen und ethnographischen Anforderungen nach in mehrere Gruppen teilen". Die Grundlagen von Österreichs Existenz und Machtstellung beruhen keineswegs auf dem Bund mit Deutschland. „Uns Slawen ist an der Herrschaft in Deutschland nicht das geringste gelegen und wir glauben, daß Österreich, wenn es durch weise und freie Institutionen die Zufriedenheit aller seiner Völker sicher gewonnen haben und sich angelegen sein lassen wird, daß wir alle auf den Namen Österreich mit Recht stolz werden können, nie Ursache haben wird, sich vor irgendeiner Macht auf der Welt zu fürchten... Sollte der gerade Gegensatz der modernen Staatsidee Österreichs durchgeführt werden; sollte dieses aus verschiedenen Völkern zusammengesetzte und in seiner Art einzige Reich nicht allen gleiche Gerechtigkeit, sondern Macht und Herrschaft den einen über die übrigen bieten wollen, sollten die Slawen wirklich für eine niedrigere Rasse und, wie bereits bemerkt wurde, nur für das Regierungsmaterial für zwei andere Völker erklärt werden: dann tritt auch die Natur in ihre Rechte ein und ihr unausbleiblicher Widerstand wird den häuslichen Frieden in Unfrieden, Hoffnung in Verzweiflung umwandeln und Kämpfe und Streitigkeiten hervorrufen, deren Richtung, Umfang und Ende niemand absehen kann. Der Tag, an dem der Dualismus proklamiert wird, wird zugleich durch unwiderstehliche Naturnotwendigkeit der Geburtstag des Panslawismus in seiner am wenigsten erfreulichen Gestalt werden; als Paten werden ihm die Väter des Dualismus stehen. Was dann folgen wird, kann sich der Leser selbst vorstellen. Wir Slawen werden dem zwar mit gerechtem Schmerze, aber ohne Furcht entgegensehen. Wir waren vor Österreich da, wir werden es auch nach ihm sein." 1243. Warum nennt sich unsere Partei die föderalistische ? Die Zukunft. Wochenschrift für politische, nationale und volkswirtschaftliche Interessen. 27. Mai 1865. Nr. 21. Wv Obwohl wir den österreichischen Gesamtstaat weder zu einem Staatenbunde noch auch nur zu einem Bundesstaate umschaffen wollen, sondern am Wesen der Reichseinheit festhalten, nennen wir uns Föderalisten, um uns von der deutsch-bürokratisch, sich „zentralistisch" nennenden Partei und von der dualistisch gesinnten, sich „autonomistisch" nennenden deutschen Fraktion zu unterscheiden. 886

„Weil wir Föderalisten für die Reichseinheit sind, wollen wir einen Reichsrat überhaupt; weil wir dafür sind, daß dem Reiche, aber auch den Ländern gegeben werde, was ihnen gebührt, sind wir ausschließlich für einen Gesamtreichsrat von jener Art und Kompetenz, wie sie das Oktoberdiplom feststellte; weil wir endlich die möglichste nationale Gleichberechtigung wollen, sind wir gegen den engeren R e i c h s r a t , wie er heute ist, und f ü r gründliche Änderungen der L a n d e s s t a t u t e der sogenannten deutschslawischen E r b l a n d e . " In bezug auf den Organismus der Länder sind wir wahrhaft Föderalisten. „Wir wollen nämlich, daß gewisse gemeinsame Institutionen, insbesondere hinsichtlich der Legislation, folgende Länder zu politischen Gesamtgruppen vereinigen mögen: die Länder der böhmischen wie der ungarischen Krone — von der letzteren das dreieinige Königreich als eine weitere besondere Gruppe— endlich die sogenannten innerösterreichischen deutsch-slawischen Lande... In dieser Hinsicht sind wir Föderalisten zentralistisch und doch zugleich autonomistisch gesinnt: wir streben für gewisse gemeinschaftliche Angelegenheiten jener Ländergruppen eine gemeinsame legislative Behandlung an, wollen aber trotzdem die legislative und administrative Autonomie der einzelnen zu jenen Gruppen gehörigen Länder gewahrt wissen." 1244. Österreichischer Panslavismus. Die Zukunft. Wochenschrift für politische, nationale und volkswirtschaftliche Interessen. 3. Juni 1865. Nr. 22. wv „Österreichischer Panslawismus", d. h. gemeinsames Zusammenwirken der österreichischen Slawen für gemeinsame politische und nationale Ziele. Dieser Panslawismus bedroht weder Österreich, noch einen slawischen Volksstamm. Er bedroht aber auch keine andere Nationalität, „insbesondere auch weder die deutsche noch die magyarische, denn sein Ziel ist nicht, Österreich zu einem slawischen Staate umzubilden, sondern lediglich das, zu hindern, daß Österreich nicht ein deutscher oder deutsch-magyarischer Koalitionsstaat werde, d. h. daß Österreich seine Machtmittel in der äußeren und inneren Politik nicht für die Kräftigung des deutschen und magyarischen Elements auf Kosten der slawischen Nationalitäten verwerte... Er bedroht also niemanden und nichts als jene Parteitendenzen, welche Österreich für die politisch-nationale Hegemonie der deutschen und magyarischen Rasse ausbeuten wollen". 887

1245. Das Verhältniss des deutschen Volkes zur ungarischen Frage. Deutsches Wochenblatt. 14. Mai bis 9. Juli 1865. Nr. 20, 21, 24, 28. Bs; He; Kv Datiert: Wien, 7. Mai bis Mitte Juni. Verf. ist Deutschösterreicher. — Eine Lösung der ungarischen Frage im habsburgischdynastischen Sinne bedeutet die Zerstörung von Recht und Freiheit nicht bloß in Ungarn, sondern auch in Deutschösterreich, bedeutet die Verlegung des Schwergewichts der Donaumonarchie nach Ungarn,, die Losreißung Deutschösterreichs von dem übrigen Deutschland. Die Lösung der ungarischen Frage im ungarischen Sinne dagegen, die ausgedrückt ist in der Forderung der bloßen Personalunion,, bedeutet die Rettung der Nationalitäten Gesamtösterreichs vor der Gewaltherrschaft des habsburgischen Absolutismus. Die Völker Österreichs müssen im eigensten Interesse Ungarns Forderungen unterstützen. Die Wiedereroberung und zeitgemäße Weiterbildung der altungarischen Verfassung mit den 1848 er Gesetzen muß das Kampfziel Ungarns sein. „Die Ungarn müssen die österreichischen Machthaber aus ihrem Traum von der Machtstellung Österreichs wecken. Die Macht der Staaten und der Glanz der Throne sind immer das Elend der Völker; es handelt sich nicht um mächtige Reiche, sondern um freie und glückliche Gemeinwesen." 1246. Helfert, Joseph Alexander Freiherr v., Fünfzig Jahre nach dem Wiener Congresse von 1814—15. Mit besonderem Hinblick auf die neuesten österreichischen Zustände. Wien, Karl Czermak, 1865. 95 S. 8°. Bx; G; W^ Z. Zeigt, wie Österreichs Ansehen seit 1815 infolge des „Metternichschen Systems", das im Interesse der Legitimität die äußere Politik in den Dienst der inneren gestellt habe, in der Öffentlichkeit gesunken ist, während gleichzeitig der in seinem Kern und Wesen unbedingt zu erhaltende Deutsche Bund seine Lebensfähigkeit bewiesen habe. Während das vom Wiener Kongreß aufgestellte Prinzipder Legitimität im wesentlichen ein vernünftiges, ein besonnenes, ein ehrenhaftes gewesen ist und sich auf das Recht gründete, beruht das heutige Nationalitätsprinzip im Grunde auf Irrtum oder Täuschung. „Es hält dasselbe vor dem Tribunale des Rechtes ebensowenig als vor jenem der Logik stand. Es spiegelt das Ideal stammeseinheitlicher Staatenverbindungen vor, in die es doch der Wirklichkeit nach Hunderttausende, ja Millionen stammverschiedener Mitleidender ein888

zwängen möchte, und es ruft mit scheinheiliger Miene für das Wohl seiner Schutzbefohlenen dieselbe Freiheit an, die es für einen großen Teil von Schutzlosen mit Füßen zu treten im Sinne verbirgt. . . . Das Nationalitätsprinzip, das weder Berechtigung noch Durchführbarkeit in der äußeren Politik hat, besitzt beides in vollem Maße in der innern." Zur Verwirklichung der Nationalitätsidee ist staatliche Selbständigkeit und Abgeschlossenheit nicht erforderlich, ja oft unmöglich. Worauf es ankommt, das ist die Wahrung der nationalen Eigentümlichkeit. So vermag Deutschland nur ohne Österreich und Preußen zur staatlichen Einheit zu gelangen, die aber keine Gewähr auf Bestand bietet und im Grunde keine ist. Die Vielheit in der Einheit gehört zum Wesen der deutschen Zustände. Das richtig verstandene Nationalitätsprinzip bedeutet für Österreich nicht Schwächung, sondern Stärkung. Österreich bietet seinen verschiedenen Nationalitäten die Bürgschaften ungehinderter Lebensäußerung und Fortentwicklung. „Wenn die Nationalitäten Österreich suchen, so muß Österreich sich von ihnen finden lassen." Die Furcht v o r dem Panslawismus beruht ebenso auf Einbildung wie die Furcht f ü r den Pangermanismus. Zwischen Rußland und der Verwirklichung des Panslawismus steht Polen. Den ö s t e r r e i c h i s c h e n Slawismus soll man begünstigen. „Ohne die fremden Nationalitäten zu verkürzen, wird die deutsche Nationalität nur gewinnen. . . . Man lasse jedem das Seine, man zolle sich wechselseitige Anerkennung, man wirke miteinander, nicht gegeneinander, und alle Teile werden dabei gut fahren." Die ungarische Frage darf nicht gesondert gelöst werden. Der Grundsatz der Einheit und Unteilbarkeit des Kaiserstaates „weist mit Entschiedenheit jeden Versuch von sich ab, die staatsrechtlichen Beziehungen eines Teiles des Reiches zum Ganzen in wesentlichen Stücken auf eine andere Grundlage zu stellen, als auf welcher die übrigen Teile ruhen sollen." Die Hauptaufgaben der österreichischen Politik sind eine aktiv gerichtete Orientpolitik und eine gesunde Nationalitätenpolitik. 1247. [Jörg, Joseph Edmund], Der Minister- und System-Wechsel in Österreich. Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland. 1865. Bd. 56. S. 216—237. Schmerlings Sturz ist nichts anderes als der vollendete Banke-r rott der deutschen Hegemonie und der bisher in Österreich betriebenen Germanisierungspolitik. Mit Schmerling aber hat zugleich der ganze deutschösterreichische Liberalismus Bankerott gemacht. Gibt einen kritischen Überblick über die Fehlschläge der Schmerlingschen Politik. 889

Ihr letzter Versuch, im Bunde mit dem magyarischen Liberalismus das Reichsproblem auf dualistischer Basis zu lösen, würde, zur Verwirklichung gelangt, Österreich nicht nur als Großmacht, sondern bald auch als Monarchie zerstört haben. Das Reich würde geteilt, an zwei nationale Suprematien ausgeliefert worden sein, der Kampf der unterdrückten Nation würde hüben wie drüben erst recht begonnen haben. Während die zentralistische Lösung auf der Grundlage der Februarverfassung in unvereinbarem Gegensatz zu allen großdeutschen Programmen stand, schien die dualistische Lösung einen engen Anschluß der deutschen Reichshälfte Österreichs an Deutschland möglich zu machen, allerdings unter Preisgabe der Februarverfassung und der Reichseinheit. Jetzt nach dem Ministerwechsel hat weder die deutschliberale, noch die ungarische, sondern die föderalistische Partei den größten Vorteil der Lage für sich. Zeitgemäß für Österreich ist eine Periode des gemäßigten Föderalismus: „Dezentralisation statt der Zentralisation, Stärkung der Einzellandtage statt des parlamentarischen Bürokratismus, mehr persönliches Regiment des Kaisers, überhaupt Autonomie, wo immer sich die Fähigkeit dazu findet." Auch das Verhältnis Österreichs zu Deutschland muß sich jetzt klären. „Ruinenhaft zerfallen sind alle diese traditionellen Zusammenhänge jetzt schon, und wenn die neue preußische Allianz definitiv gebrochen werden sollte, so ist doch auch das Triasgespenst mit der Leiche Schmerlings definitiv wieder eingesargt. Im Laufe der Entwicklung wird dann endlich zur Anlehnung für Österreich kaum mehr eine lebendige Realität übrig bleiben als die Allianz mit — Frankreich." 1248. Die Stellung der Magyaren und der österreichischen Slaven zur deutschen Frage. Die Zukunft. Wochenschrift für politische, nationale und volkswirtschaftliche Interessen. 12. August 1865. Nr. 32. WY „Die Großdeutschen wollen ein Parlament und eine Zentralregierung in Frankfurt, deren gesetzgebender und vollziehender Gewalt zum mindesten auch die sogenannten deutschen Bundesländer Österreichs unterworfen zu sein hätten. Der Inhalt dieses Programms aber ist: Herrschaft der Deutschen über die Slawen nicht nur in Posen, in Preußisch-Schlesien und der Lausitz, sondern auch über die österreichischen Slawen von diesseits der Leitha." Im Augenblick zwar durch die Folgen der österreichisch-preußischen Aktion in der Elbherzogtümerfrage lahmgelegt, können die Großdeutschen durch ihre Allianz mit den Magyaren doch eine gewaltige Macht werden in 890

Deutschland wie in Österreich selbst. Da die Magyaren, die vor allem die politische Hegemonie in den Ländern der ungarischen Krone von neuem befestigen und sicherstellen wollen, wissen, daß sie hierzu allein nicht imstande sind, so suchen sie ihr Ziel durch eine politisch-nationale Koalition mit dem Deutschtum zu erreichen. Das Programm dieser Koalition ist: „Teilung der Herrschaft in Österreich zwischen der deutschen und der magyarischen Nation, um dadurch die Hegemonie dieser Elemente über die übrigen Nationalitäten der einen und anderen Reichshälfte sicherzustellen." Nicht nur in dieser inneren staatsrechtlichen, auch in der eigentlich deutschen Frage wird diese Koalition den slawischen Interessen entgegenwirken. „Die Magyaren wollen Österreich in Deutschland — weniger stützen — als beschäftigen, auf daß sie dadurch freiere Hand gewinnen zur Befestigung dessen, was sie .Autonomie Ungarns', wir Slawen aber ohne maskierende Phrase .magyarische Hegemonie' nennen." Die Slawen müssen eine österreichisch-slawische Gegenkoalition ins Leben rufen mit folgendem Zweck: ,,ReVindikation der kraft des Staats- und Länderrechts der böhmischen Krone zur letzteren, d. i. zu Österreich virtuell gehörigen, aber durch verhängnisvolle Katastrophen an Deutschland verloren gegangenen Länder." Die Notwendigkeit zwingt zu territorialen Kompensationen, auf friedlichem oder kriegerischem Wege. „Mögen die Magyaren und Deutschen einstehen für die .moralische Stellung' Österreichs in Deutschland, wir Slawen werden unser Gewicht in die Wagschale der Politik für Österreich einsetzen als .Mehrer des Reiches'." Nur auf diesem Wege ist die großdeutsche Gegenkoalition aus dem Felde zu schlagen. 1249. [Schuselka, Franz ?], Unsere Rechts- und Reichsfrage. Die Reform. Wochenschrift. 7. September 1865. Nr. 36. S. 1121—1125. WV

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Gegen die zentralistische Reichseinheit auf der Grundlage der Februarverfassung! „In Österreich ist ein doppelter Liberalismus notwendig. Zuerst der Liberalismus, welcher dem Nationalgefühl, der historischen Selbständigkeit der Völker gewissenhaft gerecht wird, und dann erst der Liberalismus, welcher die allgemeinen bürgerlichen, geistigen, kirchlichen und sozialen Freiheitsrechte gewährt." Indem die Ungarn die Durchführung der Februarverfassung immöglich gemacht haben, haben sie sich nicht nur um das ungarische und das Interesse der anderen widerstrebenden Nationalitäten, sondern in ganz hervorragendem Maße auch um das deutsche Interesse verdient gemacht. Denn „wenn der nach der Februarverfassung zentralisierte R o s e n b e r g , Publizistik.

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Einheitsstaat dauernd zustande käme, so wäre Österreich für immer von Deutschland getrennt, so wäre den deutschen Österreichern die Möglichkeit geraubt, an der Entwicklung ihrer großen Nation nach Recht und Pflicht aktiven Anteil zu nehmen." 1250. Siste viator! Ein Gedenkblatt für Österreichs Völker! Specialabdruck aus dem „Vaterland" vom 23. und 24. September 1865. Wien, C. Biel, 1865. 16 S. 160. li:

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Datiert: Von der Donau, am 20. September. — Nicht die parlamentarische Aktion als solche und das Anwachsen der Gegner ist die Ursache von Schmerlings Sturz, sondern sein eigenes System, „weil es im Gegensatze steht zu dem Wesen, zu den Lebensbedingungen, zu den Rechtsgrundlagen Österreichs". Weil das System scheiterte und scheitern mußte, konnte auch der Ausgleich mit Ungarn nicht gelingen. Ungarns ausgeprägte Individualität ist „das mächtigste Bollwerk für die Eigenart Österreichs. . . . Eine Form des Ausgleichs, welche die Lebensbedingungen des Reiches nicht wahrte, die staatsrechtliche Existenz der übrigen Königreiche und Länder gefährdete oder unberücksichtigt ließe", würde keine Lösung bieten und keinen Bestand haben. Zentralismus und Liberalismus fließen aus derselben Quelle, sind wesentlich und innerlich identisch und daher beide in gleicher Weise mit dem Prinzipe Österreichs unvereinbar. „Das oberste Prinzip des Liberalismus ist eben die Omnipotenz des Staates. Vor dieser muß jede Besonderheit und jedes Recht, muß jede autonome Funktion, jede korporative Berechtigung, jede standschaftliche Gliederung, jede staatsrechtliche Existenz zurücktreten." Mit innerer Notwendigkeit bedarf der Liberalismus einer dreifachen Zentralisation, der Zentralisation der Verwaltung oder der Bürokratie, der volkswirtschaftlichen Zentralisation oder der Herrschaft des Kapitals und der staatsrechtlich-politischen Zentralisation, des parlamentarischen Regimes. Das Ministerium Schmerling und damit der zentralisierende Liberalismus hat geendet „mit dem vollkommenen administrativen, finanziellen und politischen Bankerott". 1251. [Schuselka, Franz], Unser Programm. Die Reform. Wochenschrift. 5. Oktober 1865. Nr. 40. S. 124g—1252. »V W,. Was den bisherigen Ministerien mißlungen ist, nämlich für die Einigung Gesamtösterreichs den richtigen Modus zu finden, dazu sind jetzt die Völker Österreichs durch das kaiserliche Manifest vom 20. 892

September 1865 aufgerufen. „In Österreich darf kein Volk über ein anderes oder gar über alle andern herrschen. Allen Völkern muß das gleiche Recht gewährt sein, woraus dann die freie Erfüllung der gemeinsamen Pflichten resultieren wird. . . . Die deutschen Österreicher wollen die Freiheit, die gleiche allgemeine Freiheit, die Freiheit für alle, sie wollen den Inbegriff aller jener Rechte und Institutionen, welche zum Wesen der wahren konstitutionellen Verfassung gehören." Zuvor aber muß das Reichsgebäude auf festen Grundlagen gegründet werden. „Österreich muß als ein Völkerreich aufgefaßt werden, es muß so konstituiert sein, daß es keine Nationalität absorbiert, sondern alle konserviert. Zu diesem Zweck ist Österreich entstanden, in diesem Zwecke liegt die Berechtigung der Fortexistenz." Die historischpolitischen Individualitäten der einzelnen Königreiche und Länder müssen ihre Selbständigkeit und Autonomie erhalten. „Die deutschen Österreicher begreifen und billigen es, daß die Ungarn, Böhmen, Polen usw. auch im österreichischen Reichsverbande ihre Geschichte fortsetzen wollen; aber sie fordern für sich das gleiche Recht, sie wollen und werden dem Reichsverein mit nichtdeutschen Völkern nie und nimmer den aktiven Zusammenhang mit dem Entwicklungsgange der großen deutschen Nation opfern." Daher können die deutschen Österreicher nur eine Reichsverfassung annehmen, welche ihre staatsrechtliche Verbindung mit Deutschland nicht verletzt und welche ihr die Möglichkeit läßt, an der Entwicklung der deutschen Nation teilzunehmen. Die Reichs Verfassung kann nur eine Föderation im Sinne der Realunion sein. Eine starke Zentralgewalt und ein Zentralparlament sind daher unerläßlich. „Österreich ist und muß bleiben eine Krone aus Kronen, ein Thron aus Thronen, ein Reich der Reiche." 1252. Slaven in nationale Nr. 43, S.

Das historische Recht und die politische Solidarität der Österreich. Die Zukunft. Wochenschrift für politische, und volkswirtschaftliche Interessen. 28. Oktober 1865. I348—I353-

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Daß infolge der Gemeinsamkeit ihrer Interessen alle einzelnen besonderen, historisch entwickelten slawischen Nationalitäten zu einer slawischen Gesamtnationalität sich verschmelzen und eine einheitliche Politik treiben werden, ist lediglich eine Frage der früheren oder späteren Zukunft. „Wir erklären es für ein solidarisches Interesse aller österreichischen Slawen, daß eine mit wirklichen konstitutionell-legislativen Befugnissen in Reichsangelegenheiten ausgerüstete Gesamtländervertretung in Wien, wie dieselbe die Krone selbst im 57*

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Oktoberdiplome als Programm zur konstitutionellen Sicherstellung der — Reichseinheit — aufgestellt hat, durch Vereinbarungen mit den Ländervertretungen zustandekomme." Es ist die solidarische Pflicht aller österreichischen Slawen, für das Zustandekommen einer föderativ gegliederten Reichsvertretung zu wirken, welche eine dualistische Herrschaftsteilung zwischen Deutschen und Magyaren unmöglich macht. „Wir österreichischen Slawen haben ferner ein Interesse, jene großdeutsche Politik zu bekämpfen, welche, auf sogenanntes deutsches Bundesrecht pochend, einen Teil der österreichischen Slawen in einem Frankfurter Parlamente deutscher Vergewaltigung preisgeben will, während der andere Teil der Slawen eben hierdurch der magyarischen Herrschaft ausgeliefert wäre. . . . Wir halten es für ein gemeinsames Interesse aller österreichischen Slawen, das System der bürokratischen Verwaltung zu bekämpfen, weil diese in Österreich immer ein Mittel sein wird zur Förderung von Entnationalisierungstendenzen. Wir erklären weiter die österreichischen Slawen solidarisch daran interessiert, daß ein parlamentarisches System der Legislation nach bloßen Kopfzahlmajoritäten und ein Ministerialregime in dem Sinne, daß die Regierung nur derlei Majoritäten und die Verwaltung nur der Regierung verantwortlich sein solle, in Österreich nicht aufkomme, indem das erstgenannte System naturnotwendig zu politisch-nationalen Hegemonien, das zweite aber zu einer Verwaltungszentralisation führen muß, welche der politischen Freiheit und nationalen Entwicklung in Österreich gleich gefährlich ist. Endlich erklären wir es als ein solidarisches Interesse der österreichischen Slawen, für das große Prinzip der nationalen Gleichberechtigung einzustehen, und zwar deshalb, weil jede politisch-nationale Hegemonie die durch sie gedrückte nationale Minorität der Bürokratie in die Arme treibt und dadurch die Macht jener zentralistischen Partei verstärken hilft, deren letzte Tendenzen allen österreichischen Slawen in gleicher Weise verderblich sind." 1253. (K. M. K.), Briefe über die ungrische Frage. In zwanglosen Heften. Erstes Heft: „Rückblicke". Separat-Abdruck aus der Berliner „National-Zeitung". „Franz von Deäk". Separat-Abdruck aus der „Elberfelder Zeitung". 3. Auflage. Elberfeld, Ferd. Reinhardt, 1866. XI und 48 S. 8°. Allg. Bibl.

26. IV. 1866. — B1/ JD2/ KÖ.

Vorwort datiert: An der Senne, 10. Januar 1866. Die „Rückblicke" sind ursprünglich im Oktober 1865 in der Nationalzeitung erschienen. — Skizziert die Geschichte Ungarns und die Entwicklung 894

der ungarischen Frage unter Beleuchtung ihres inneren Zusammenhanges zur deutschen Frage. Die Lösung der ungarischen Frage führt zur Aufhebung des preußisch-österreichischen Dualismus, zur Verlegung des Schwerpunktes der österreichischen Monarchie von der oberen Donau nach der mittleren, zur Zerstörung des bisherigen Österreich, zur Bildung eines wahren Ostreiches, zur Herausgabe der deutschen Provinzen Österreichs an Deutschland. „Für Deutschland gibt es keine wichtigere Frage als die ungrische, weil es für Deutschland keinen gefährlicheren Feind je gab als das bisherige Ostreich. . . . Ostreich entstand nur gegen Deutschland, kann nur gegen Deutschland existieren, ist nur gegen Deutschland zu der Weltmacht angeschwollen, die es zeitweilig war und die es nur darum nicht noch Verderblicher gegen Deutschland verwenden konnte, weil es im Rücken Ungarn als Bleigewicht hangen hatte, das seine völlig freie Bewegung hemmte." — Die Ausführungen über Deak beschränken sich auf eine biographisch-politische Charakteristik. 1254. G. A. U. — Sz., Ein Wort zur Zeit. Beitrag zur Lösung der ungarischen Frage. Leipzig, Otto Wigand, 1865. 54 S. 8°. DI;

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Wendet sich gegen die zentralistische Grundlage der Februarverfassung. Nur als Föderativstaat ist Gesamtösterreich lebensfähig. Mit Rücksicht auf die aus Slawen bestehende Mehrheit seiner Bewohner und im Hinblick auf seine enge Verbindung mit den Ländern der ungarischen Krone hat Österreich nicht den Beruf, „der Kopf Deutschlands zu werden, wie vielleicht Preußen unter veränderten Verhältnissen das Herz Deutschlands. . . . Berufen ist es allenfalls, wenn die mächtige Bewegung der Zeit eine Veränderung der Verhältnisse zugunsten eines minder zerstückelten Deutschlands hervorrufen sollte, dem rivalisierenden Preußen die Spitze zu bieten und das fränkischschwäbische Gebiet, gewiß mit freudiger Zustimmung seiner Bevölkerung, unter die schützenden Flügel seines Doppeladlers zu nehmen." Schon heute aber ist es dazu berufen, Deutschlands Bollwerk gegen die steigende Macht des Russentums zu sein, wie Preußen es ist gegen Westen. Wie Deutschland auf Österreich so ist unter allen Ländern Österreichs vor allem Ungarn darauf hingewiesen, „im Interesse sowohl der eigenen politisch-nationalen Existenz als auch aus Rücksichten des Gesamtstaats mit demselben verbunden zu bleiben." Die Länder jenseits der Leitha müssen mit Ungarn eng verbunden bleiben; eine Verselbständigung der südslawischen Provinzen kommt daher nicht in Frage. Von dieser Einschränkung abgesehen, muß es zur Re-

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Präsentation der Völker Österreichs in Natiönallandtägen innerhalb der eigenen Landesgrenzen mit dem Gesetzgebungsrecht in Landessachen kommen und zur Verwaltungsautortomie in Form von den Landtagen verantwortlichen Landeskollegien. Bevor ein Ausgleich mit Ungarn möglich ist, muß zunächst Ungarns althistorische Verfassung wiederhergestellt werden. Es ist dann Sache des Reichsrats und des ungarischen Landtags, untereinander und sodann mit der Krone die notwendigen Verfassungsänderungen vorzunehmen. Vertritt unter der Maske des allen Nationalitäten Gerechtigkeit widerfahren lassenden Föderalismus das Prinzip der magyarischen Vorherrschaft jenseits der Leitha. 1255. Bethlen, Graf Nikolaus, Ein Wort an Deak. Wien, Selbstverlag, 1865. 15 S. 8°. wt;

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„Entweder soll es ein einheitliches Österreich geben, wo Deutsche und Magyaren Hand in Hand ein Reich gründen, oder soll es nur ein Ungarn geben und ein einiges Deutschland mit dem Schwerpunkt in Frankfurt." Auf keinen Fall dürfen die Deutschen in Österreich unter die Herrschaft der Slawen geraten. „Wir befürworten die Allianz der Deutschen und Magyaren im Interesse der Zivilisation und der Freiheit." Der Ausgleich mit Ungarn auf der Basis eines Kompromisses zwischen Zentralismus und Dualismus — eine Versöhnung zwischen Zentralismus und Föderalismus ist unmöglich — ist eine Lebensfrage für Österreich. Der Reichsidee müssen die Ungarn zwei Konzessionen machen durch Anerkennung des Prinzips der Reichsvertretung und der Reichsregierung. Diplomatie, Krieg, Finanzen und Handel gehören ganz und ungeteilt in die Sphäre der Reichsregierung. „Der Hauptzweck der Existenz Österreichs ist, einen Damm gegen die slawische Flut zu bilden. Fällt das Deutschtum in Österreich, so müssen die Magyaren nach. Diese zwei Elemente sind durch eine innere Notwendigkeit innig verbunden, trotz allen scheinbaren Gegensätzen." Das letzte Hindernis zum Ausgleich mit Ungarn ist das Regierungssystem Belcredis; es muß fallen. Die liberalen Magyaren müssen mit den liberalen Deutschen paktieren. 1256. S. M., Stimme eines Polen über die gegenwärtigen inneren Verhältnisse Österreichs. Wien, Mechitharisten-Congregation, 1865, 40 S. 8°. Allg. Bibl. 21. XII. 1865. — Bn;

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Datiert: Wien, 17. November 1865. — Vertritt den Standpunkt der polnischen konservativen Föderalisten Galiziens. — Erkennt die 896

politische und moralische Überlegenheit des deutschen Elementes als eine Folge der historischen Entwicklung an. „Sobald aber die deutschen Bürokraten in die Details eingreifen und die deutschen Zentralisier die übrigen Nationalitäten als unmündige behandelnd, den österreichischen Reichstag zum Hauptorgane des Deutschtums umstalten, sobald sie nach Frankfurt ihre Blicke richten und den deutschen Wirren die größte Aufmerksamkeit zuwenden — gleichsam als ob sie die Geschicke Österreichs an diese politische Mißgeburt, die man Deutschen Bund nennt, ketten wollten, so erwidern ihnen die übrigen nichtdeutschen Österreicher ihrerseits: daß sie nur in der kaiserlichen Burg einzig und allein den Schwerpunkt Österreichs erkennen und keineswegs gesonnen sind, nach Frankfurt zu gravitieren. Sie lehnen dies ab, erstens weil sie zum Deutschen Bunde nicht gehören „und mit demselben nichts Gemeinschaftliches als die Eisenbahnen, die Leipziger Messe und den Rheinwein haben wollen", zweitens weil sie überzeugt sind, „daß von dort aus für Österreich kein Machtzuwachs, dagegen nur Kollisionen mit dem Nachbar- und anderen Staaten oder bittere Enttäuschungen — wie dies immer noch bis jetzt der Fall gewesen — zu erwarten sind". Den zentralistisch-bürokratischen Gelüsten des Deutschtums nach einer Suprematie über die übrigen österreichischen Nationalitäten wird das Polen-, Tschechen- und Slawentum erbitterten Widerstand entgegensetzen. Die Lockerung des Reichsverbandes würde die unausbleibliche Folge sein. Wir haben jedoch keine separatistischen und erst recht keine panslawistischen Tendenzen. Wir begnügen uns vielmehr mit der Autonomie der Provinzen. Der Wirkungskreis der Landtage muß erweitert werden. An die Stelle des Reichstages muß eine von den Landtagen aus ihren Mitgliedern gewählte und im Verhältnis zu der Bevölkerungszahl einer jeden Provinz zusammengesetzte, alljährlich nach Wien einzuberufende Delegation treten. Durch zweckentsprechende Reformen zugunsten der Autonomie der Provinzen würden die Völker der nichtdeutschen Provinzen mit dem deutschen Elemente ausgesöhnt werden. 1257. Z. Die neueste Wendung der östreichischen Angelegenheiten. Die Grenzboten, Zeitschrift für Politik und Literatur. 1865. Bd. IV, S. 845—853, 897—906 (Anfang Dezember). Skizziert die Entwicklung des österreichischen Reichsproblems seit 1848. Das aus der Rücksicht auf Ungarn entstandene Septemberpatent von 1865 bedeutet keinen Sieg des föderalistischen Prinzips, sondern ein Aufgeben des Prinzips der Reichseinheit. Das Schmerlingsche System ist vollkommen gescheitert. Die Ungarn haben den Sieg 897

behalten, und den Deutschösterreichern bleibt nichts anderes übrig, als mit ihnen zu paktieren. Nur durch den gemeinsamen Kampf Deutschösterreichs und Ungarns gegen den slawischen Föderalismus wird es möglich sein, die Gesamtmonarchie zu retten und den Dualismus durch Gründung eines deutsch-magyarischen Einheitsstaates zu versöhnen. Nur Ungarn kann noch der Hebel der Reichseinheit sein. Die Erkenntnis wird sich Bahn brechen, ,-,daß Ungarn der Kern eines konstitutionellen Ostreichs ist und daß der Deutschösterreicher, wenn er Österreicher bleiben will, nicht nach Frankfurt, sondern nach Pest zu blicken hat. Es bleibt ihm eine große Kulturmission, durch die deutsche Bildung das große Reich des Ostens zu beleben und zur Behauptung seiner Weltstellung tüchtig zu machen, seinen Zusammenhang mit dem Mittelpunkt und dem Westen Europas zu vermitteln. Dazu mögen die geistigen und bei weiterer Entwicklung die merkantilen Beziehungen zwischen Ostreich und Deutschland eifrig gepflegt werden; der politische Zusammenhang aber muß sich mehr und mehr lösen." Mit seiner jüngsten Politik hat Österreich dargetan, daß es, freiwillig oder unfreiwillig, sein staatsrechtliches Verhältnis zum Deutschen Bunde dem völkerrechtlichen zu Preußen unterordnet. Es entspricht dem Interesse Österreichs, das zunächst erzwungene Zusammengehen mit Preußen in ein aufrichtiges Bündnis zu verwandeln und auf dem Wege friedlicher Verständigung die Rivalität in der deutschen Frage zu beseitigen. Nur dann wird die Neugestaltung der Gesamtmonarchie auf Grundlage der Präponderanz Ungarns möglich sein. Aufgabe der österreichischen Zentralregierung ist es, dafür zu sorgen, „daß die Herrschaft der Magyaren nicht in eine fanatische Bedrückung der fremden Nationalitäten ausartet". Will die österreichische Regierung zum Ausgleich mit Ungarn gelangen, so muß sie schon jetzt zu einer kräftigen, nach Osten gerichteten Politik übergehen und die Donaufürstentümer zu gewinnen suchen. Von dem Gelingen dieses Ausgleichs hängt die europäische Stellung Gesamtösterreichs und die Erhaltung des Gesamtstaates ab. Das A und O des ganzen Ausgleichswerks ist der entschiedene und unwiderrufliche Bruch mit der traditionellen deutschen Politik und das Ergreifen einer kräftigen Initiative gegen Osten. 1258. Eine Lösung der österreichischen Verfassungsfrage. Zur Verständigung. Wien, Gerold's Sohn, 1866. 66 S. 8°. Allg. Bibl. 13. III. 1866. — Kö; Lx;

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Vorwort datiert: Wien, Weihnachtsabend 1865. — Niedergeschrieben im November. — Es kommt darauf an, einen Ausgleich 898

zwischen Zentralismus, Dualismus und Föderalismus zu schaffen. Die Deutschen in Österreich müssen als ihre Forderungen geltend machen: Allen Teilen des Reiches ohne Unterschied müssen gemeinschaftlich sein der Herrscher, die äußere Politik und Vertretung des Reichs in Krieg und Frieden, das Heer, die hierfür nötigen Finanzen, die Reichspolizei, das Münz-, Geld-, Kredit-, Post-, Eisenbahn- und Telegraphenwesen, die Handels- und Zollpolitik. Den Ländern verbleibt die Gesetzgebung in Landessachen, die vollständige innere Verwaltungsautonomie, die eigene Gerichtsverfassung, die volle Autonomie in bezug auf Kultus- und Unterrichtswesen, die Landesfinanzen und das Selbstbesteuerungsrecht, die Landes- und Lokalpolizei. Das Reich wird in 5 Föderativorganismen eingeteilt: 1. die zum Deutschen Bunde gehörigen Länder, 2. Ungarn und seine Nebenländer, 3. Kroatien, Slavonien und Dalmatien, 4. Galizien und Lodomerien mit der Bukowina, 5. Lombardo-Venetien. Jeder der 5 Reichsteile erhält einen eigenen Landtag. Der Landtag der deutschen Provinzen ist der „engere Reichsrat". Delegierte der 5 Landtage bilden die Reichsvertretung. Der Ministerrat, d. h. die zentrale Behörde der Reichsexekutive, hat zu bestehen aus dem Ministerpräsidenten, den Reichsministern des kaiserlichen Hauses und des Äußeren, des Kriegs und der Marine, der Finanzen, desHandels, der Polizei, des deutschen Staatsministers, des deutschen Justizministers, des Ministers für Ungarn (ohne Portefeuille), des ungarischen Hofkanzlers, des Hofkanzlers des dreieinigen Königreichs (Kroatien, Slavonien, Dalmatien). „Die übrigen zwei Reichsteile sind dadurch zu berücksichtigen, daß aus ihrer Nationalität Minister ohne Portefeuille ernannt oder ihnen eines der genannten Portefeuilles anvertraut wird." Für den Dualismus, wie ihn die Magyaren vertreten, fehlen nicht nur die nationalen und kulturhistorischen Voraussetzungen, sondern auch die politische und historische Berechtigung. „Der Dualismus, wie er bis 1848 bestand, ist nichts weiter als ein Verwaltungsdualismus." Das Oktoberdiplom kann nicht zur Grundlage der Reform dienen, da es durch Statuierung des engeren Reichsrates für alle Länder außer der ungarischen Krone den Verwaltungsdualismus in einen staatsrechtlichen Verfassungsdualismus verwandeln will und damit den Ungarn einen übermäßigen Einfluß auf das Reich einräumt. Dem deutschösterreichischen Interesse entspricht, da das zentralistische System nicht mehr haltbar ist, der modifizierte Föderalismus noch am ehesten. Der Dualismus würde den Tod der deutschen Einheitsbestrebungen bedeuten. Nur durch die Neugestaltung des Gesamtstaates im Sinne des modifizierten Föderalismus wird „ein deutsches Programm, eine 899

Reorganisation des Deutschen Bundes unter der Teilnahme aller seiner Glieder an dieser Reform ermöglicht... Das rein zentralisierende Großösterreichertum ist schlechterdings die Negation des Großdeutschtums". Gelangt das vorgeschlagene Reformprogramm zur Durchführung, dann wird allein der Landtag der deutsch-österreichischen Erbländer, der „engere Reichsrat", für die Frage der deutschen Bundesreform und Österreichs Beteiligung an ihr kompetent sein. 1259. Baussnern, Guido von, Die providentielle europäische Mission des österreichischen Gesammtstaates. Ein Beitrag zur Lösung der ungarisch-österreichischenVerfassungsfrage. Hermannstadt, Selbstverlag, 1866. 51 S. 8°. Bt;

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Die mündig gewordenen Völker des 19. Jahrhunderts fordern „die Herausgabe und Anerkennung des Urrechtes aller Völkerrechte: des Selbstbestimmungsrechtes". Das Septembermanifest von 1865 bedeutet die Rettung des Gesamtstaates, denn es will allen Nationalitäten Freiheit und Gerechtigkeit gewähren. Bezüglich der Regierungsweise zerfiel der österreichische Gesamtstaat von jeher in zwei verschiedene Teile. Jenseits der Leitha herrschte der Absolutismus, diesseits der Konstitutionalismus. Wenn auch die ungarische Verfassung seit dem Ausgange des ungarischen Revolutionskampfes „faktisch" zu existieren aufgehört hat, „formell" bestand sie unausgesetzt und besteht sie noch gegenwärtig. Das Oktoberdiplom von 1860 und erst recht die Februarverfassung von 1861 konnten, weil von der Zentralregierung oktroyiert, von Ungarn deshalb nicht anerkannt werden. Das Selbstkonstituierungsrecht verlangt, daß die Regierung unter Mitwirkung einer wirklichen Volksvertretung die Verfassung zustande bringt. Jede Schmälerung der Landtagskompetenz bedeutet die Anbahnung und Begründung einer die nationale Freiheit bedrohenden Zentralisation. Das Manifest von 1865, das vor allem ein Werk der unermüdlichen magyarischen Opposition darstellt, bedeutet einen ungeheuren Fortschritt. Die Existenz des österreichischen Gesamtstaates ist eine „providentielle Notwendigkeit"; seine Mission ist „die Idee der Begründung und Ausbreitung der Freiheit in Europa", der Kampf gegen französische und russische Eroberungssucht. Ein einiges und starkes Österreich muß den Weg zu einem „Freiheitsbunde der mitteleuropäischen Nationen" bahnen. Die Garantie der österreichischen Machtstellung ist nicht im Dualis900

mus, in der Personalunion zwischen Österreich und Ungarn zu erblicken, vielmehr im Gegensatz zu den 1848 er Gesetzen in der Wahrung der individuellen Rechte und Freiheiten jeder Nationalität ohne Unterschied ihrer numerischen Stärke. Es bedarf daher einer Föderativverfassung für Gesamtösterreich, das als untrennbarer, konstitutionell-monarchischer Einheitsstaat neu begründet werden muß, wobei den einzelnen Nationalitäten die möglichst ausgedehnteste autonome Freiheit und Selbständigkeit einzuräumen ist. Nur durch eine Föderativverfassung vermag die Freiheit der einzelnen Nationalitäten mit der Einheit des Gesamtstaates harmonisch verknüpft zu werden. „Das Oktoberdiplom ist der kontradiktorische Gegensatz der durch die Februarcharte geschaffenen Zentralisation sowie des Dualismus im Sinne der ungarischen Gesetze vom Jahre 1848, — es ist vielmehr der Schöpfer des österreichischen Föderalismus." Mahnt den ungarischen Landtag zur Annahme des Oktoberdiploms. 1260. Österreichs Verfassung. Ein Wort der Verständigung an Ungarn von einem deutschen Realpolitiker. Wien, Ludwig, 1866. 64 S. 8°. Allg. Bibl. 31. V. 1866. — L^

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Datiert: Wien, Ostern 1866. — Soll das Reich als Ganzes erhalten werden, so muß es in eine wahrhaft konstitutionelle Monarchie unter Zugrundelegung des Oktoberdiploms und der Februarverfassung umgewandelt werden. Ungarn ist „nicht blos durch geschriebene Gesetze, sondern auch durch das höhere Gesetz der geschichtlichen Entwickelung, der politischen und wirtschaftlichen Notwendigkeit mit dem Kaiserreich unzertrennlich verbunden". Das ganze Reich muß durch eine Verfassung umschlossen und organisch verbunden werden. Die deutsch-slawischen Länder einer-, Ungarn, mit seinen Nebenländern andererseits müssen ein eigenes Verwaltungsministerium und einen eigenen Landtag erhalten, deren Kompetenzbereich sich auf die politische Verwaltung, die Justizpflege, das Kirchen-, Schul- und Gemeindewesen beschränkt. Für alle die Gesamtheit angehenden Fragen würde der Reichsministerrat und ein aus direkten Wahlen hervorgehendes Reichsparlament zuständig sein. Im Gegensatz zu der konsequent dualistischen Lösung des Reichsproblems würde die in Vorschlag gebrachte modifizierte Lösung eine Entscheidung der deutschen Frage auf föderativer Grundlage und auf friedlichen Wegen möglich machen.

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3. Die deutsche Verfassungsfrage im Schatten des deutsch^

dänischen Krieges.

1261. Winneberger, Christian, Officier außer Dienst und deutscher Kriegsveteran, Deutschlands Ermannung. Eine patriotische Denkschrift Deutschlands hohen Regenten (mit Ausnahme Österreichs und Preußens) ehrfurchtsvoll gewidmet. Nürnberg, Schärtel, 1864. V I und 40 S. 8°. Mv Skizziert die Geschichte der deutschen Reichsverfassung seit dem Zeitalter Napoleons I. und charakterisiert den Deutschen Bund als bloßen Spielball in den Händen österreichischer und preußischer Machtpolitik. Durch das eigenmächtige Vorgehen Österreichs und Preußens in der schleswig-holsteinischen Frage ist das Bundesrecht durchbrochen. Diesen Gewaltakt müssen die durch den Macht- und Arrondierungshunger Österreichs und Preußens in ihrer Existenz bedrohten deutschen Mittel- und Kleinstaaten mit der Lossagung vom Bunde und mit dem Abschlüsse eines „deutschen Rheinbundes" beantworten. Nur ein deutscher Fürstenbund vermag Deutschland noch zu retten. Denn „fällt Schleswig-Holstein, und Deutschland ist unvorbereitet, so verfällt letzteres, Volk und Fürsten, dem despotischen Drucke Preußens und Österreichs, oder es entsteht ein ungeheurer Wirrwarr, ein Volksaufstand und Bürgerkrieg mit allen seinen schrecklichen Folgen". Die Initiative zur Gründung des „deutschen Rheinbundes" muß Bayern ergreifen. Die Grundzüge der zu schaffenden Bundesorganisation: Unwiderrufliches, unauflösbares Schutz- und Trutzbündnis der Bundesglieder; Bundesverfassung auf der Grundlage der Reichsverfassung von 1849; oberstes Exekutivorgan ein von den Fürsten auf Lebenszeit gewähltes Oberhaupt, dem ein Fachministerium zur Seite steht; legislative Gewalt in den Händen des „Bundesrats" (Volkshaus) und des „Fürstenrates"; Sitz der Bundesresidenz Nürnberg. Auf keinen Fall darf sich dieser Bund auf eine Allianz mit Österreich und Preußen einlassen. „Das Hauptziel des Augenblicks sei aber, Schleswig-Holstein unter seinem rechtmäßigen Herzoge Friedrich VIII. um jeden Preis für Deutschland zu erhalten, denn mit dem Falle desselben wäre der Fall von ganz Deutschland unwiderruflich ausgesprochen." 1262. [Lewald, A. von?], Die deutsche Bundes-Verfassung. Eine Rück- und Vorschau. München, E. A. Fleischmann, 1864. 32 S. 8°. Allg. Bibl. 24. III. 1864. — Q02

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S3.

Skizziert die historischen Voraussetzungen der gegenwärtigen Lage des Deutschen Bundes. Nicht Reform, nur völliger Umbau der Bundesverfassung vermag die Gebrechen der deutschen Verhältnisse zu heilen. Fordert eine Konzentrierung Preußens mit den anliegenden deutschen Provinzen, eine Konzentrierung der übrigen 4 Königreiche durch Aufsaugung der angrenzenden kleineren Staaten und der freien Städte, ein unauflösbares Schutz- und Trutzbündnis zwischen Österreich, Preußen und den 4 Königreichen. 1263. Pfau, Ludwig, Ein Beitrag zur Lösung der deutschen Präge. Der Württembergischen Landes-Versammlung vom 8. Mai 1864 gewidmet von der Redaktion des „Beobachters". Stuttgart, Emil Ebner, 1864. 16 S. 8°. Kx; Kö; Mv- Sv Entwickelt die politischen Leitsätze der auf der Landesversammlung der Fortschrittspartei vom 8. V. 1864 in Stuttgart gegründeten „Volkspartei". — Die ideelle Zersplitterung, die Uneinigkeit der Geister, ist das eigentliche Hindernis, das der nationalen Einigung im Wege steht. „In Deutschland wie überall heißt die politische Frage: Gottesgnadentum oder Volkssouveränität, Ausbeutung oder Selbstregierung, Autorität oder Selbstbestimmung, Dogma oder Vernunft, Gewalt oder Recht, Knechtschaft oder Freiheit. Wie man ihn drehen und wenden mag, derselbe Gegensatz kehrt immer wieder und auf die Form des Gesamtstaats angewandt, heißt er Zentralisation oder Föderation. Nicht Monarchie oder Republik, nicht Österreich oder Preußen, nicht Großdeutschland oder Kleindeutschland, heißt die Frage, sondern Z e n t r a l i s a t i o n oder Föderation. Wer ein Anhänger des Gottesgnadentums, der Ausbeutung, der Autorität, des Dogmas, der Gewalt, der Knechtschaft ist, der muß konsequenterweise für die Zentralisation stimmen; wer dagegen ein Kämpe der Volkssouveränität, der Selbstregierung, der Selbstbestimmung, der Vernunft, des Rechts, der Freiheit ist, der muß folgerichtig die Föderation erstreben: denn dort wie hier ist das eine unmöglich ohne das andere." Wie der Staat so ist auch die nationale Einheit nicht Zweck, sondern Mittel. „Das absolute Ziel aller sozialen Einrichtungen ist die Entwicklung der Menschheit, d. h. die Geltung der Gerechtigkeit, d. h. die Verwirklichung der Humanität — das ist mit einem Wort die F r e i h e i t . " Die ganze Weltgeschichte ist nichts anderes als ein Kampf zwischen Zentralisation und Föderation. Exemplifiziert diese These insbesondere an der Entwicklung der deutschen Verhältnisse. Die katholischen Habsburger haben „der Nation das

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Herz gespalten, den Leib zerfleischt und den Geist in Nacht begraben". Auch die preußische Hegemonie ist nicht mehr wert als die „römische Kaiserei", denn in dem Augenblicke, wo Preußen eine militärische Großmacht bildete, gab es seine protestantische Mission und damit den Kampf für Freiheit und Föderation auf. Hat Preußen auch die Kleinstaaten gegen das Ausland geschützt, so ist doch nicht zu vergessen, ,,daß Preußen keinen inneren Existenzgrund hat, sondern nur ein Notbehelf ist, der vorläufig an die Stelle der zertrümmerten Zentralgewalt trat, und daß dieses neue Kaisertum den deutschen, d. h. protestantischen, d. h. föderalistischen Elementen der Kleinstaaten gerade so deutschfeindlich, d. h. autoritätswütend, d. h. zentralisierend gegenübersteht als das alte römische Reich. Ohne eine Auflösung Preußens in seine Stämme ist die Bildung eines einigen und freien Deutschlands eine absolute Unmöglichkeit. Ceterum censeo Borussiam esse delendam... Nicht die Einheit, deren Endziel Gewalt und Herrschaft, sondern die Freiheit, deren Endziel Recht und Tugend ist, ist die höhere, die maßgebende, die rettende Idee; und folgerichtig steht nicht der Einzelstaat an der Spitze der Nation, welcher die meisten Bajonette besitzt, sondern derjenige, welcher die höchste politische Entwicklung, d. h. das größte Maß innerer Freiheit verwirklicht hat... Nicht von Preußen ist die politische und intellektuelle Bildung Deutschlands ausgegangen, nicht von Preußen ist sie geschützt und gepflegt worden; die ganze preußische Hegemonie besteht vielmehr in Führung der Reaktion". Nicht Preußen und das Preußentum, sondern die Mittel- und Kleinstaaten sind die Ausgangsund Stützpunkte der deutschen Kultur und nur von ihnen kann die politische Neugestaltung Deutschlands kommen. Die Lösung der deutschen Frage ist in dem Programm der Volkspartei enthalten: Koalition und Parlament der Mittelstaaten als Anfang und als Kern. „Wer für Preußen ist, ist notwendig Zentralist, also Reaktionär; wer Demokrat ist, kann nur Föderalist, muß also gegen Preußen sein. Nur eine Gruppierung entspricht der Wirklichkeit des staatlichen Verhältnisses Von Großmächten und Kleinstaaten ebensowohl als der Wahrheit des politischen Gegensatzes von Zentralisation und Föderation, und zwar die einer preußischen, einer österreichischen und einer mittelstaatlichen Partei. Die Volkspartei ist notwendig die mittelstaatliche, d. h. die föderalistische. ... Es gibt nur einen Weg zur Einheit und der heißt Freiheit. T r a c h t e t v o r a l l e m n a c h der F r e i h e i t , so w i r d euch das ü b r i g e von s e l b s t z u f a l l e n . " Die nächste Aufgabe ist der konstitutionelle Kampf mit den einheimischen Regierungen. Wenn friedliche Mittel zur Erringung der 904

deutschen Einheit nicht ausreichen sollten, „wird auch die Revolution nicht ausbleiben". 1264. Bernhard, Friedrich Ludwig Freiherr von, Dr. j. u., königl. bayer. Hofrath und Ministerial-Referent und öffentl. ordentlicher Professor des Staatsrechts etc. a. d. Universität München a. D., Das Räthsel der österreichischen Politik im Streite mit Dänemark. Ein staatsrechtliches Gutachten. München, Karl Büttner, 1864. 62 S. 8°. Allg. Bibl. 26. V. 1864. — B1; Br2; G; Ki2; Mt; S 3 ; Ws.

In 2 unveränderten Auflagen erschienen. — Im Kampf der Nationalitäten stehen sich Germanismus, Romanismus und Slawismus gegenüber. „Der schleswig-holsteinische Kampf ist ein Ringen des Germanismus nach lebendiger Einheit." Weder dem König von Dänemark noch dem Herzog Friedrich von Augustenburg steht ein Sukzessionsanspruch in den Elbherzogtümern zu. Der Deutsche Bund hat das Verfügungsrecht. Wie die dänischen und die augustenburgischen Sukzessionsansprüche so sind auch die russischen nichtig. Es ist das Verdienst Österreichs, daß die Herzogtümer auf legitimem Wege ohne Anerkennung des Augustenburgers nun tatsächlich frei und deutsch geworden sind. Sie müssen nunmehr in den Besitz der deutschen Nordmark Preußen übergehen. Damit wäre die Basis für die Begründung einer deutschen Seemacht gewonnen. Zur Verstärkung der deutschen Westmark muß Preußen an Bayern ein Gebiet von einer Million Seelen abtreten. Die gesamten österreichischen Besitzungen aber müssen vom Bunde garantiert und in ein näheres staatsrechtliches Verhältnis zu demselben gesetzt werden. Dann ist die Zeit für die deutsche Verfassungsreform auf der Grundlage der Reformakte von 1863 gekommen. Der Kaiser von Österreich ist der wahrhaft deutsche Kaiser. Das Ziel der Reform ist „ein fürstlicher Föderalismus, aber nicht ohne fürstliches Oberhaupt. Aber auch nicht als eine Oberherrschaft und Universalmonarchie, der alle gehorchen müssen, sondern als gegliederte Macht, welche allen die Selbständigkeit bewahrt". Nur so kann Deutschland seine Stelle im Weltmachtssystem erhalten. „Preußen, wenn es die oberste Stelle einnehmen will, bricht mit Teutschland zusammen." 1265. Held, Dr. J., Deutschland, der deutsche Bund und die deutschen Großmächte. Würzburg, A. Stuber, 1864. 88 S. 8°. AUg. Bibl. 9. VI. 1864. — B,; D2; G; H 2 ; Lt;

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Allgemeine Betrachtungen über Deutschlands gegenwärtige Lage und ihre historischen Voraussetzungen, insbesondere über die Sonder-

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Stellung der ausschließlich ihrem Partikularinteresse folgenden deutschen Großmächte. Schildert die bei aller äußeren Ohnmacht des Deutschen Bundes doch „ungeheure innerliche Wirkung" auf die Nation: Verminderung des Rechtssinns, politische Zersplitterung der deutschen Volkskraft, Umsichgreifen des politischen Philistergeistes, Lahmlegung aller nationalen politischen Aktion. Setzt sich kritisch mit den hauptsächlichsten nationalpolitischen Erneuerungsprogrammen auseinander. Nur ein Anker bleibt für die Rettung Deutschlands übrig: „Der deutsche Sinn in Völkern und Regierungen, wo und soviel sich davon findet, dessen Hegung und Verbreitung durch alle die vielen nicht unbedeutenden gesetzlich zulässigen Mittel und deren freier, aber fester Zusammenschluß." Österreich und Preußen müssen hierbei vorangehen. Der Geburtstag einer wahrhaft deutschen Politik der deutschen Großmächte ist der Geburtstag eines politisch selbständigen Deutschland. Möglich erscheint eine deutsche Reform „einzig und allein auf Grund der freien Einigung zwischen allen deutschen Staaten nach vorhergegangener Einigung aller Regierungen mit ihren Völkern, d. h. Ständen. Die Art der Reform im voraus zu bestimmen, ist unmöglich, da sie von den freien Vereinbarungsverhandlungen abhängen muß. Ihr allgemeiner Charakter aber kann nur eine straffere Einigung Deutschlands nach innen und nach außen, und zwar auf einer klareren und entschiedeneren Rechtsgrundlage sein". 1266. Carneri, B., Julius Fröbel und die deutsche Trias. Ein Beitrag zur Bundesreform. Wien, Tendier & Co., 1864. 22 S. 8°. Attg. Bibl. 25. VIII. 1864. — Bt; G; H2; K^ Mt;

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Datiert: Wildhaus, 2. Juli 1864. — Im wesentlichen kritische Auseinandersetzung mit dem „spezifisch europäischen" Standpunkt Fröbels, wie ihn dieser in seiner „Theorie der Politik" entwickelt hat. Erhofft durch die deutsche Bundesreform die Verwirklichung des „mitteleuropäischen Siebzigmillionenreiches". Rafft Deutschland sich zur Einigkeit auf, dann rückt es wieder in das politische Weltzentrum. Nicht nur durch seine geographische Lage, mehr noch durch seinen konservativen, gar nicht aggressiv gerichteten Nationalcharakter ist Deutschland zum Zentrum Europas prädestiniert. Ein Weg zum Ziel ist die deutsche Zolleinigung. 1267. Rödinger, Fr., Die Gesetze der Bewegung im Staatsleben und der Kreislauf der Idee. Stuttgart, J . G. Cotta, 1864. 297 S. 8°. Blß- H2; He;

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Vorwort datiert: Stuttgart, im August 1864. — Entwickelt die Grundzüge eines vielfach von Hegel abhängigen staatsphilosophischen 906

Systems. Der Schlußabschnitt beschäftigt sich mit aktuellen politischen Fragen, insbesondere mit der deutschen Frage. Der Verfasser, führendes Mitglied der württembergischen Fortschrittspartei, wendet sich in dieser namentlich in Süddeutschland viel debattierten Schrift indirekt gegen das von L. Pfau entwickelte Aktionsprogramm (vgl. Nr. 1263). — Schildert in düsteren Farben Deutschlands politische Zustände. Das Grundübel ist die Bundesverfassung und der preußisch-österreichische Dualismus. Preußen und Österreich sind beide auf Kosten Deutschlands im Verlaufe der geschichtlichen Entwicklung nur ihren selbstsüchtigen Partikularinteressen gefolgt. Aber während Preußen wenigstens den Weg der Bildung und der Wissenschaft gegangen ist und die Reformation eingeführt hat, hat Österreich gegen den Geist der Aufklärung gearbeitet und ist dem Despotismus und Priesterregiment verfallen. Eine Selbstaufopferung Preußens oder Österreichs im Interesse Deutschlands liegt außer dem Bereiche der Möglichkeit. Die geltende Bundesverfassung wird von den beiden Großmächten nur dazu benutzt, „Deutschland in seiner Entwicklung zu hemmen und in seiner Machtlosigkeit zu erhalten". Die Rettung Deutschlands kann nur in seiner nationalen Konstituierung liegen. „Gelingt es den deutschen Fürsten nicht, sich in ruhigen Zeiten mit der Nation unter dem Banner der Reichsverfassung (von 1849) zu vereinigen, so wird es in bewegten Zeiten zu spät sein . . . Keine Nation geht den Weg der Revolution, wenn sie ihr Ziel in natürlicher Entwicklung erreichen kann." Die nationalen Hoffnungen, vor die Wahl zwischen Österreich und Preußen gestellt, blicken nach Preußen. Die Führer des Nationalvereins haben nur darin geirrt, „daß sie die Herrschaft Preußens in Deutschland unter dem Gesichtspunkt der Hegemonie als eine Art freiwilliger Übertragung statt einer Eroberung aufgefaßt haben". Da die Lösung der deutschen Frage auf dem Wege der Verständigung keine Aussichten mehr hat, so bleibt nur die einseitige Lösung durch die M a c h t übrig. „Mit der Idee allein bewegt man keinen Strohhalm von der Stelle . . . Wenn nicht die Herrschsucht oder die Wucht des wachsenden Kraftgefühls, so wird Preußen das Gesetz seiner geschichtlichen Entwicklung, die Notwendigkeit seiner ganzen Staatslage und die Ratlosigkeit Deutschlands inmitten der europäischen Verwicklungen von der Bühne, die bloß die Welt bedeutet, auf die Bühne der Taten führen, welche das Leben der Welt selber sind." Kommt es dann damit zur Vereinigung der preußischen Provinzen mit den deutschen Partikularstaaten, zur Bildung eines starken, einheitlichen Staatsorganismus, dann ist die Gefahr der Verpreußung Deutschlands behoben. Eine neue Staatsschöpfung ist entB O s e n b e r g , Publizistik.

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standen, in welcher nunmehr „die Gesamtinteressen die Herrschaft übernehmen, indem an die Stelle der äußeren Gewalt die öffentliche Meinung tritt und so auch die Form des Staates im nationalen Sinne vollendet". Wer aber auch immer die nationale Frage lösen mag: „Die im Oberhaupt vereinigte Staatsgewalt wird hinfort ihre Basis nie mehr außerhalb des Volks, sondern nur im Volk suchen und nichts anderes als der volle und wahre Ausdruck des Volks und der Vermittler seiner Entwicklung sein können." Es ist die bereits von den Junghegelianern im Vormärz mit dialektischer Behendigkeit vertretene Ideologie von den „preußischen Traditionen", die den „Kreislauf der Idee" im preußischen Staate zum Abschluß gelangen läßt und den Verfasser zu dem Glauben beflügelt, daß das gegenwärtige Herrschaftssystem in Preußen doch nur ein verhülltes „staatswissenschaftliches System der Demokratie", daß der absolute „Beherrschungsstaat" unmittelbar auch der durch die „zwar beklagenswürdige, aber doch nur ephemere Erscheinung eines schlechten Regimentes" verdunkelte „Entwicklungsstaat" sei. 1268. Treitschke, Heinrich von, Bundesstaat und Einheitsstaat. Historische und politische Aufsätze vornehmlich zur neuesten deutschen Geschichte. Leipzig, S. Hirzel, 1865. S. 444—595. Vorwort zum Gesamtwerk datiert: Freiburg i. Br., 3 1 . Oktober 1864. — Die ungeheure Wirkung, die dieser berühmte Aufsatz unmittelbar nach seinem Erscheinen auf die Zeitgenossen geübt haben soll, ist eine von späteren Geschlechtern geschaffene Legende. Soweit sich aus der Resonanz innerhalb der Broschüren- und Zeitschriftenliteratur ein Urteil gewinnen läßt, ist die Wirkung, abgesehen auf gewisse Gruppen innerhalb der geistigen Aristokratie, nicht größer gewesen als diejenige zahlreicher anderer Schriften. — Im Hinblick auf die allgemeine Vertrautheit mit Treitschkes, in späteren Auflagen modifizierten Thesen darf davon Abstand genommen werden, den Inhalt der Abhandlung näher zu charakterisieren, die die verhängnisvollen Wirkungen der politischen Zersplitterung Deutschlands auf den Nationalcharakter und die nationale Machtstellung zur Darstellung bringt, die Grenzen und Schwierigkeiten der Bundesstaatsidee durch einen Vergleich mit der Geschichte der modernen Konföderationen beleuchtet und die Überzeugung näher begründet, daß Deutschland dem Einheitsstaate oder einer dem Einheitsstaate nahe verwandten politischen Vereinigung unter der Krone Preußen unter Ausschließung Gesamtösterreichs von der deutschen Reform entgegengehe. 908

1269. Frantz, Constantin, Die Wiederherstellung Deutschlands. Berlin, F. Schneider, 1865. 476 S. 8°. Allg.

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Verfaßt im Sommer 1864. — Die gegenwärtige Lage wird charakterisiert durch die Unhaltbarkeit der bestehenden Bundesverhältnisse. Das Bedürfnis der Einigung macht sich in allen deutschen Bundesstaaten geltend, auch in Österreich und Preußen, die des wahren Großstaatscharakters entbehren. Die auswärtigen und kommerziellen Verhältnisse sowie die Fortschritte im Verkehrswesen machen die Vereinigung aller deutschen Staaten immer notwendiger. Aber auch der ganze europäische Entwicklungsprozeß, der Kampf gegen Reaktion, Feudalismus und Absolutismus, treibt die deutsche Bewegung unaufhaltsam vorwärts. „Die deutsche Bewegung bekämpfen, heißt darum nichts Geringeres, als den ganzen Fortschritt der Zeit bekämpfen." Träger der nationalen Bewegung sind vor allem die beweglichen Klassen, der Gelehrten-, Handels- und Gewerbestand. Entwickelt die historischen Voraussetzungen der heutigen politischen Zersplitterung. Worauf es vor allem ankommt, ist, daß es in Zukunft keine preußischdeutsche und österreichisch-deutsche, sondern nur noch eine deutschpreußische und deutsch-österreichische Politik gibt. Preußen und Österreich müssen sich bewußt werden und bleiben, daß ihre Macht nur „die zu europäischer Geltung gesteigerte Macht eines ehemaligen Reichsgliedes und heutigen Bundesgliedes" ist und daß sie deutsche Marken sind und das östliche Deutschland repräsentieren, das in dem westlichen Deutschland, d. h. dem ursprünglichen Kern des alten Reichs, seine natürliche Ergänzung findet. Die Grundbedingung der Lösung der deutschen Frage ist der Ausbau der bestehenden Bundesverhältnisse. Die deutschen Staaten müssen zu einer Kollektivgewalt zusammentreten und eine gemeinsame Politik treiben. Der erste Schritt ist die friedliche Verständigung zwischen Preußen und Österreich; „sie müssen sozusagen eine kollegialische Politik führen". Mit dem Zerfall des pentarchischen Systems und dem Untergang der Heiligen Allianz hat sich ihre Großmachtspolitik überlebt. Österreich und Preußen müssen fortan als deutsche und nicht als europäische Mächte auftreten. Wenn sie tatsächlich das Schwert und der Schild von Deutschland sein wollen, „so muß doch eben Deutschland selbst der politische Körper sein, und dieser politische Körper hat seine rechtliche Existenz im Bunde". Kritisiert von diesem Gesichtspunkt aus die deutschen Parteien und die Ansichten der zeitgenössischen Geschichtsschreibung über die Genesis des deutschen Staatensystems und den Gang der deutschen Entwicklung. „Deutschland kann nicht preu909

ßisch oder österreichisch werden, sondern Preußen und Österreich müssen deutsch werden. Das allein ist die Wiederherstellung Deutschlands, während jenes vielmehr der Untergang wäre." Es muß zunächst ein engerer Bund, die Mittel- und Kleinstaaten, die preußischen Provinzen links der Elbe und die österreichischen Provinzen Salzburg, Tirol mit Vorarlberg umfassend, als „Westbund" mit einer Zentralgewalt und einem Reichstage begründet werden, mit einer Bundesarmee, einem selbständigen Finanzwesen und einer selbständigen auswärtigen und kommerziellen Politik. Die zu dem „Westbunde" gehörenden österreichischen und preußischen Provinzen dürfen zu Österreich und Preußen nur im Verhältnis einer Personalunion stehen. Ohne dieses Opfer ist die Konstituierung des engeren Bundes unmöglich. An die Spitze dieses Bundes muß ein periodisch zusammentretendes Fürstenkollegium treten. In der Praxis übernimmt die Leitung der laufenden Geschäfte ein Direktorium. Das Wichtigste ist zunächst die Herstellung einer wirklichen Bundesarmee, die nicht nur im Kriege, sondern auch in Friedenszeiten der Oberleitung des Bundes untersteht. Sodann bedarf es der allmählichen Vereinheitlichung des Rechtsund Gerichtswesens und der Schaffung eines obersten Bundesgerichts, der Gemeinschaft in Kunst und Wissenschaft unter Schaffung einer Bundesakademie, der Vereinheitlichung der inneren und äußeren Handelspolitik, die zur Bundessache erklärt werden muß. Ist der engere Bund erst zustande gekommen, dann kann auch an die Berufung eines Parlamentes gedacht werden, das im Gegensatz zur konstitutionellen Theorie als Repräsentant von organisierten Körperschaften zu denken ist. Der bestehende Deutsche Bund muß zum „engeren Bunde" und dieser zu einem „Reich" fortgebildet werden. „Das ist das Eigentümliche des Reiches, daß es Staat und Gesellschaft zusammenfaßt, so daß beide Elemente zwar in ihrer besonderen Sphäre selbständig bleiben, aber sich gegenseitig ergänzend ineinander greifen, wie in einem Bunde stehend . . . Das vollendete Reich ist ein Bund, und der vollendete Bund ist ein Reich." Die Begriffe „Bundesstaat" und „Staatenbund" erfassen nicht die deutschen Verhältnisse. Zum Wesen des „Reiches" gehört auch ein internationaler Beruf. Als natürlicher Mittelpunkt der europäischen Entwicklung kommt der deutschen Nation von jeher ein universaler Beruf zu. Ein mitteleuropäisches Reich ist „eine Forderung der praktischen Vernunft"; als natürlicher Mittler zwischen dem Staats- und Völkerleben ist es ein Bollwerk gegen die reine Machtpolitik und das Gewaltsystem. Der engere Bund, „zu welchem Österreich und Preußen die Doppelstellung haben, daß sie einerseits selbst Mitglieder und andererseits die 910

Marken desselben sind", ist der Kern eines solchen Reiches, dem sich naturgemäß später auch Holland, Belgien und die Schweiz anschließen würden. Wenn der ewige Friede auch in Zukunft ein unerreichbares Ideal bleibt, so steuert die Entwicklung doch darauf hin, „daß sich das bisherige europäische S t a a t e n s y s t e m allmählich in ein B u n d e s system verwandeln wird". Nur dadurch, daß die deutsche Nation ein Reich bildet, vermag sie der Träger und lebendige Mittelpunkt der europäischen Entwicklung zu werden. Das Großmachtssystem ist nur ein Überrest der Vergangenheit. Es ist zugleich die universale Aufgabe der deutschen Nation, den Zwiespalt zwischen Protestantismus und Katholizismus auszugleichen. Der Entwicklungsgang der europäischen Menschheit führt vom Feudalismus über den Liberalismus und Sozialismus zum Föderalismus, der als leitende Tendenz immer mehr durchzubrechen beginnt. Eine Wiederherstellung Deutschlands in föderativem Sinne wird sowohl „Vorbild als Mittelpunkt der allgemeinen Föderation sein, welche allmählich die ganze zivilisierte Welt umfassen soll". 1270. Österreich, Preußen, Deutschland und der deutsche Bund. Jahrbücher für Gesellschafts- und Staatswissenschaften. 1864. Bd. 2, S. 485—496 (Dezember). Faßt das Urteil über die politische und staatsrechtliche Bedeutung der deutschen Bundesakte dahin zusammen, daß „alles Ersprießliche, was für Deutschland und die Untertanen der deutschen Staaten — seit Gründung des Bundes — vollbracht worden ist, durch die einzelnen Staaten zustande gebracht worden und fast immer durch die Anregung Preußens". Betont demgemäß mit Schärfe die Unzulänglichkeit der Bundesverfassung zur Verwirklichung der Bundeszwecke und erst recht zur Befriedigung der Erwartungen, welche die Nation an ihre wiederhergestellte Einheit knüpfte. Da die Politik als „eine praktische Wissenschaft" es nicht mit der Konstruktion allgemeiner Begriffe, sondern mit der Ordnung gegebener Verhältnisse zu tun hat, so kommt es darauf an, die Stellung zu untersuchen, welche die Staaten des Deutschen Bundes zu den Bedürfnissen der Nation einnehmen. Da die österreichische Politik durch ihre spezifisch österreichischen Machtinteressen bestimmt wird, so kann sie nicht dulden, daß Deutschland zu einem staatlichen Ganzen verbunden wird, da Österreich Deutschlands sowohl als Stützpunkt für die Beherrschung der verschiedenen Nationalitäten wie zu seiner Verteidigung gegen Westen bedarf. „Die K o n f ö d e r a t i o n ist deswegen die einzige 911

Form für das Verhältnis Österreichs und Deutschlands." Wie Österreich so ist Preußen eine europäische Macht. Durch seine Gebietsverteilung aber ist dafür gesorgt, „daß Preußen keine von den Interessen Deutschlands verschiedene Politik verfolgen kann. . . , Preußen kann sich so wenig als Österreich einer über ihm stehenden Bundesgewalt u n t e r o r d n e t ; es muß vielmehr, wenn alle deutschen Staaten zusammenwirken sollen, an der L e i t u n g teilhaben. Es bedarf aber außerdem einer näheren Verbindung mit den Staaten, welche in seinem Aktionsbereich liegen. . . . Preußens deutsche Politik ist eine Sonderbundspolitik und muß, wie die Verhältnisse einmal liegen, immer eine solche sein, wenn es seine Pflichten gegen sich selbst und gegen Deutschland erfüllen soll". Die deutschen Mittel- und Kleinstaaten sind als einzelne ohne bestimmende Kraft; um als Gesamtheit zu wirken, fehlt ihnen die nötige Organisation. Die Richtung ihres Handelns wird durch Österreich und Preußen bestimmt. Seit der Auflösung der Union von 1850 geht ihr Streben nach Herabminderung des preußischen Einflusses. Einer Bundesreform, die mit einer Beschneidung ihrer Souveränität verbunden sein würde, stehen sie feindlich gegenüber. Bei dieser Lage der Dinge müssen alle Versuche, den deutschen Staatenbund auf friedlichem Wege in einen Bundesstaat zu verwandeln, notwendig scheitern. Das Haupthindernis einer Konzentration der deutschen Staaten liegt darin, daß Preußen mit einer größeren Konzentration des Bundes zugleich die Leitung der Bundesangelegenheiten erstreben muß, da seine Stellung als Großmacht erfordert, daß es frei über seine Kräfte verfüge. Diese Schwierigkeit läßt sich durch die Eroberung der Elbherzogtümer beseitigen. „Österreich trete sein Mit verfügungsrecht über die Elbherzogtümer an Preußen unter der Bedingung ab, daß nicht nur Schleswig nicht in den Bund aufgenommen, sondern auch noch ein Teil des zum Bunde gehörigen Territoriums Preußens ausgeschieden werde, so daß die im Bunde begriffene Bevölkerung Österreichs und Preußens ungefähr gleich bleibt. Dadurch wird die Macht Preußens außerhalb des Bundes hinreichend gestärkt, um ihm die Erfüllung seines Berufes als Großstaat und namentlich die Vertretung der deutschen Interessen zur See möglich zu machen, und es bleibt dennoch zu unbedeutend, um für sich allein Österreich oder Rußland oder England gefährlich zu werden. In Betreff des im Bunde verbleibenden Teiles von Preußen würde es dann mit Österreich und den übrigen deutschen Staaten zu einer Verfassung sich vereinigen können, nach welcher die Leitung der Geschäfte einem Bundesdirektorium (mit 3, 5 oder 7 Mitgliedern) übertragen werden könnte und mit der auch eine entsprechende 912

Militärverfassung vereinbar wäre. Österreich und Preußen würden dann mit dem so gestalteten Bunde in ein Schutzbündnis treten, wodurch sich alle 3 Mächte (der Bund, Österreich und Preußen mit ihren nicht zum Bunde gehörigen Gebietsteilen) im Falle eines Angriffs durch eine dritte Macht zur Hilfeleistung bis zu einem bestimmten Maße verpflichteten." Preist die Vorzüge dieses Projekts nach den verschiedensten Richtungen hin. 1271. S. [Strobel, Joseph], Vorschläge zur Neugestaltung Deutschlands oder die deutsche Frage und ihre Lösung, München, Louis Finsterlin, 1865. 48 S. 8°. Allg. Bibl. 12.1.

1865. — Kö.

Ursprünglich in der „Chronik der Gegenwart" erschienen. Vorwort datiert: München, im Dezember 1864. — Kritische Betrachtungen über Entstehung und Entwicklung des Deutschen Bundes und über die unglückliche Territorialgestaltung Preußens durch den Wiener Kongreß. Polemisiert gegen Programm und Ideologie des Nationalvereins, insbesondere gegen die angebliche Identität der preußischen und der deutschen Interessen. Die Lösung der deutschen Frage, wie sie die Ruhe Deutschlands und Europas gebieterisch fordert, ist die triadische Gliederung Deutschlands, so daß Preußen, Österreich und die Mittelstaaten einander gegenüberstehen. Da jedoch an die Selbständigkeit der dritten deutschen Staatengruppe nicht zu denken ist, so lange Preußen sich nicht arrondiert hat, so muß Preußen die Rheinlande gegen Mecklenburg, Lauenburg und noch einige andere, sein Gebiet begrenzende Kleinstaaten an den zu bildenden westdeutschen Föderativstaat eintauschen. „Wie wir für Preußen die Geschlossenheit seines Territoriums für notwendig erachten, so glauben wir an demselben Grundsatze für das dritte deutsche Machtglied festhalten zu müssen." Die „westdeutsche Föderation" muß folgende Verfassung erhalten: „Exekutive Zentralgewalt in der Hand eines Fürstenpräsidenten, dem die Oberleitung der organisierten Gesamtarmee und die völkerrechtliche und handelspolitische Vertretung des Bundesstaates anvertraut sind, der überhaupt die Befugnis und die Pflicht hat, die Beschlüsse des legislativen Körpers mit einem diesem letzteren verantwortlichen Ministerium auszuführen; legislativer Körper, bestehend aus einem Fürsten- und Volkshause." Nur die Bildung einer derartigen Macht kann Österreich Garantien gegen die preußischen Hegemoniegelüste geben und umgekehrt Preußen gegen Österreich wie gegen das Ausland sichern. „Mag das österreichischpreußische Bündnis Bestand haben oder nicht, mag eine Zentral913

Stellung Deutschlands begründet werden oder nicht, mag Preußen oder Österreich die Hegemonie in Deutschland ausüben, soviel ist gewiß, daß das eigentliche Deutschland mit keiner dieser Möglichkeiten zufrieden sein kann." 1272. Die Politik des deutschen Volkes. Chronik der Gegenwart. 1865. S. 289—297. Mv Mit der durch die „reindeutschen" Staaten gehenden, gegen die Willkür der sogenannten deutschen Großmächte sich richtenden Volksbewegung beginnt eine neue Aera der Politik. Die deutsche Frage hat gegenwärtig ihren Höhepunkt erreicht, und eine Entscheidung ist unausbleiblich. „Die Tage, wo der preußische N a t i o n a l v e r e i n noch glauben machen konnte, daß er d e u t s c h e Ziele verfolge, sind vorüber, vorüber die Zeit, in der es als ausgemacht galt, daß ein d e u t s c h e s P a r l a m e n t auch das preußische Volk in sich vertreten sehen müsse. . . . Die deutsche Frage dreht sich nicht um Preußen und nicht um Österreich, sie hat ihren Angelpunkt in den reindeutschen Staaten. Es handelt sich darum, daß deren Zersplitterung ein für allemal ihr Ende finde und daß das Volk seine Freiheit, seine Rechte und Interessen gegen jeden auswärtigen Eingriff, komme er nun von Preußen oder Österreich, durch Einheit und verbündete Stärke zurückzuweisen vermöge." Erhofft das Zustandekommen einer „einheitlichen dritten Staatengruppe, eines e i g e n t l i c h e n D e u t s c h land" durch die Initiative des Volkes. „Der Energie und Rücksichtslosigkeit, deren man sich in Berlin in Sachen Deutschlands bedient, muß man die gleichen Waffen entgegensetzen, wenn der Kampf ein gleicher sein und das deutsche Volk nicht unterliegen soll. Gegen einen Bismarck kann man keinen Fabius Cunctator brauchen." 1273. Tr. [Trabert, Adam], Die Konföderation der deutschen Mittel- und Kleinstaaten. Deutsches Wochenblatt. Organ der deutschen Volkspartei. 8. Oktober bis 19. November 1865. S. 323—324, 330—331. 368—370. Bb; He;

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Abgedruckt unter Vorbehalt der Redaktion. — Vom Standpunkt des großen, unverjährbaren Rechtes der deutschen Volkseinheit und des natürlichen, auf der sittlichen Grundlage der Menschenwürde beruhenden Rechtes der Volksfreiheit aus erscheint überall da, wo es nicht mehr gegen den äußeren Feind geht, die Einigkeit der beiden deutschen Großmächte für Deutschland weit gefährlicher als ihr Zer914

würfnis. Von Preußen und Österreich droht Deutschland die Gefahr der Zerreißung durch die Mainlinie. Um dem zu begegnen, müssen die mittel- und kleinstaatlichen Regierungen im Bunde mit dem Volke einen Sonderbund ins Leben rufen, eine gemeinsame Wehrverfassung schaffen und die Wehrkräfte einem mit starker Exekutive ausgerüsteten Bundesdirektorium unterstellen, dem auch die Entscheidung über Krieg und Frieden sowie die Repräsentation des Bundes und seiner einzelnen Glieder nach außen zu übertragen ist. Dazu Parlament mit Steuerbewilligungsrecht und Verwaltungskontrolle und ein verantwortliches Bundesministerium! Um das Ziel zu erreichen, bleibt nur die durch beharrliche Agitation zur Geltung zu bringende Macht der öffentlichen Meinung. Kommt der Sonderbund zustande, dann ist die innere Reaktion in Preußen und Österreich unmöglich und damit der gemeinsame Feind überwunden. „Ein liberales Preußen muß Hand in Hand gehen mit uns. . . . Ein liberales Preußen tritt in unsere Konföderation, um schließlich auch Deutschösterreich nachzuziehen; es regeneriert so, oder vielmehr es hilft regenerieren, den ganzen B u n d in unserem Sinne." Hiergegen wendet sich L. B., d. i. Louis B ü c h n e r , Das mittelstaatliche Projekt und die Volkspartei. Ebda., 1865. S.339. 1274. Anti-Cäsar. Was ist christlich, vernünftig, politisch, geschichtlich? Fürsten- oder Volks-Herrschaft, eine oder zwei Land-* tagskammern ? Klar entschieden, ein Buch für Alle. München, Louis Finsterlin, 1865. 108 S. 8°. AUg. Bibl. 22. VI. 1865. — Bx; Bo.

Enthält ein buntes Durcheinander höchst abstruser Betrachtungen vornehmlich über Zäsarismus und Altgermanentum als Potenzen der Geschichte. Gipfelt in dem Plane einer auf der Gemeinde aufgebauten „christlich-germanischen Staatsordnung", die die deutsche Bundesverfassung zur germanischen Urverfassung zurückzuführen bestimmt ist und sämtliche Würden, Rangstellen und Staatsämter aus Wahlen der Urgemeinden und Gemeindevertreter hervorgehen läßt. 1275. Ob konstitutionelle Monarchie ? ob Republik für Deutschland? Ein Vergleich der politischen Entwicklung und Gestaltung Englands und Deutschlands. (Wiederabgedruckt aus dem „Deutschen Eidgenossen" vom Sept. u. Novbr. 1865). London und Hamburg, Trübner & Co., 1866. 34 S. 8°. Hi;

He.

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Wendet sich nach einem skizzenhaften Überblick über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der englischen Verfassung gegen eine Verpflanzung dieser Verfassung auf deutschen Boden. Betont den diametralen Gegensatz der historischen und innenpolitischen Voraussetzungen und der sozialen Klassenverhältnisse, die nur zwei politische Parteien in Deutschland möglich machten, die Fürstenpartei und die Volkspartei. „Beide sind sich feindlich und der Sieg der einen ist Niederlage der andern. . . . Für Deutschland ist die einzig mögliche Staatsform die Republik. Alle konstitutionellen Bestrebungen führen zu nichts. Es ist die Republik nicht nur die einzige Staatsform, die Deutschland Freiheit bringt, sondern auch die einzige, die das g a n z e Deutschland zu vereinigen imstande ist. . . . Einheitliche Monarchie in Deutschland heißt Ausschluß Preußens oder Österreichs, d. h. Zerteilung Deutschlands. . . . So wie England nur durch R e v o l u t i o n die Freiheit errang, so wird Deutschland sich dieselbe nur durch R e v o l u t i o n erkämpfen. So wie Italien nur mit G e w a l t die Einheit gründete, so wird die deutsche Einheit nur mit G e w a l t gegründet werden. Deutschland muß durch eine doppelte Revolution schreiten, die einheitliche und die freiheitliche, und wenn es einmal so weit gehen muß, so mache es gründliche Arbeit und Vereinige die sich unter Fürsten abstoßenden Bruderstämme des Nordens und Südens unter der Fahne des F r e i s t a a t e s . " Der Verfasser gehört zu dem Kreise des Vereins „Deutsche Freiheit und Einheit" in England. 1276. Deutschlands Errettung aus tiefster Schmach. Programm der Zukunft. „Zukunft. Harmonie". Coburg, F. Streit, 1865. 44 S. 8°. Allg. Bibl.

2. XI. 1865. —

B1;

Br2; G; Kix;

Kö;

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Erschien innerhalb weniger Wochen in 2. Auflage. „Habsburg hat Deutschlands Bestimmung seit 400 Jahren v e r k e h r t ; Hohenzollern h ä l t sie seit 100 Jahren auf." Schildert die Entstehung des preußisch-österreichischen Dualismus. Die Revolution von 1848 hatte zum einzigen vernünftigen Ziele die Ausrottung des Partikularismus, die Ertötung des Dualismus. Preußen aber vernichtete den Einheitsgedanken, rettete den Partikularismus und stellte den Dualismus in schärferer Form als zuvor wieder her. Auch das Jahr 1859 hat den Dualismus nur noch verschärft. Gegen das „großpreußische" Programm des Nationalvereins! Preußen ist ein freiheitsfeindlicher Militär- und Partikularstaat, der wohl in Deutschland aufgehen, „aber nie trotz aller Vergrößerung, nie D e u t s c h l a n d werden kann". Dem preußischen Volke fehlt der Mut, den Verfassungskonflikt bis zur 916

Konsequenz der Steuerverweigerung durchzukämpfen. Auch in der schleswig-holsteinischen Frage hat sich der Nationalverein als ohnmächtig und verhängnisvoll erwiesen. Die Besitznahme der Herzogtümer durch Preußen und Österreich war „eine Beeinträchtigung Deutschlands; jeder Zuwachs Preußens bedeutete die Verzweiflung an der deutschen Einheitsidee; jeder hier gemachte Fehltritt proklamierte das Großpreußentum, folglich finem Germaniae!" Durch Preußen und Österreich, deren Kampf gegeneinander um die eroberte Beute noch bevorsteht, ist Deutschland „verraten, Verkauft, verlassen". Auch von den mittelstaatlichen Regierungen ist nichts zu erwarten. Ebensowenig vom Nationalverein, von den Partikularisten, Großdeutschen, Ultramontanen und Föderalisten. Was not tut, ist die Einberufung eines „deutschen Tages" zur Vertretung des „eigentlichen oder sogenannten dritten Deutschland" und zur Vereinbarung eines wahrhaft deutschen Einigungsprogramms. Es muß ein engerer deutscher Bund gegründet und das Heerwesen völlig umgestaltet werden. Verdreifachung, ja Vervierfachung der Armee durch Schaffung eines echten Volkswehr- und Milizsystems! Es handelt sich um die Gründung eines vom deutschen V o l k getragenen, parlamentarisch organisierten „Kerndeutschland", das allmählich alle wirklich deutschen Elemente an sich zieht und den preußischen und österreichischen Partikularismus matt setzt. Ruft auf zur Bildung einer deutschen Nationalpartei zum Schutze der deutschen Freiheit gegen Vergewaltigung. 1277. Der Rechtsstaat als Zeitideal. Deutsche Vierteljahrsschrift 1865. Heft 4. S. 292—333. Geht aus von theoretischen Betrachtungen über den für die Gegenwart charakteristischen Vorrang der materiellen Interessen gegenüber den abstrakt politischen Interessen und Idealen. Dieser Vorrang ist Ausfluß der neuen, von Napoleon III. ausgegangenen „Realpolitik". Tatsächlich jedoch steht diese Art von Politik bereits vor dem Zusammenbruch. Die österreichisch-preußische Verständigung, die „mit Hintansetzung aller politischen Rücksichten und höhern prinzipiellen Grundsätze, auf rein materieller, selbstsüchtiger und gewalttätiger Basis erfolgte", führt unweigerlich zu einer erschütternden Katastrophe. Dann wird auch die Zeit gekommen sein, wo die jetzt in den Hintergrund gedrängten politischen Prinzipien und Ideale wieder in den Vordergrund treten werden. Wenn es auch als ein Segen zu betrachten ist, daß praktische Gedanken an die Stelle von republikanischen Träumereien getreten sind, wie sie 1848 weit verbreitet waren, so sind doch „leider die meisten dieser praktischen Ge917

danken nicht nur gemeingefährlicher, sondern auch unpraktischer und schwärmerischer als alle früheren republikanischen Utopien. Die Republik hatte doch immer die großartige Berechtigung, daß sie dasGanze umfaßte, während die praktische Politik von heute im besten Fall nur den Teil an die Stelle des Ganzen setzt und aus Furcht, von der Majorität terrorisiert zu werden, die Majorität des Nationalwillens durch ihre Minorität tyrannisieren möchte. Und, um den Wirrwarr voll zu machen, tragen sich diese praktischen Leute noch immer mit der Einbildung, daß sie die liberalsten Demokraten und wahre Fortschrittsmänner seien. So wird der banalste Materialismus mit dem windigsten Idealismus zusammengekoppelt und eine Mischung bereitet, welche leider die Macht und die Freiheit gleich sehr gefährdet." Inmitten des Widerstreits der theoretischen und praktischen Bestrebungen hat sich nur ein Wort und Begriff in allgemeiner Anerkennung erhalten: der Rechtsstaat. Allenthalben wird er als Ziel der Entwicklung verkündet. Vollkommen ist der Rechtsstaat in Deutschland noch nirgends vorhanden, am ehesten noch in den deutschen Kleinstaaten, am wenigsten in Preußen. Warnt vor der Verwechslung von „Gesetzesstaat" und „Rechtsstaat". Der „Gesetzesstaat", wie er namentlich von den preußischen Liberalen propagiert wird, ist nichts anderes als ein „Rechtsgelehrtenstaat, eine neue Hierarchie, die unendlich drückender und in die Beziehungen des wirklichen Lebens eingreifender ist als die geistliche Hierarchie der Theologen. . . . Unter der Hülle des freisinnigsten Fortschritts hat man das Recht bürokratisiert und das ganze Leben einem legistischen Formalismus unterworfen". Beschränkt sich im Grunde nur darauf zu sagen, was der wahre Rechtsstaat n i c h t ist. Spottet über die preußischen Liberalen und „praktischen Idealisten", die das eigentliche Wesen des preußischen Staates „für reine vorübergehende Erscheinung und den täuschenden Schein, mit welchem sie selbst ihn umgeben, für seine wahre und bleibende Natur halten". 1278. Menzel, Wolfgang, Preußen und Österreich im Jahr 1866. Stuttgart, A. Krabbe, 1866. 7 1 S. 8°. Allg. Bibl. 8. II. 1866. — B1; G; H2; Mv- S^ T; W2.

Durch den Druck von Westen und Osten ist Deutschland bedroht. Bei der Eigenart des deutschen Partikularismus und der Verschiedenartigkeit der Interessen ist die Einigung Deutschlands unmöglich geworden. Die Aufgabe kann daher nur sein, eine den Interessen Rechnung tragende „Vereinbarung der deutschen Bundesstaaten, vor allem Österreichs und Preußens". Ohne Preußen und 918

Österreich gibt es kein Deutschland. Das einige Zusammenhalten beider Mächte sichert Deutschlands Existenz und Deutschlands Stärke. Begründet diese These durch eine ausführliche Würdigung der Verdienste, die Preußen und Österreich im Wandel der Geschichte für Deutschland gewonnen haben. Verteidigt die gegenwärtige preußische Regierungspolitik gegen die Angriffe der parlamentarischen Opposition, die ,,nur den Feinden Deutschlands gegen das eigene Vaterland" diene. Die großen praktischen Aufgaben Preußens sind die Sicherstellung der Grenzen gegen Osten, die Förderung aller norddeutschen Interessen bis nach Holland hin, die Herstellung einer deutschen Marine unter preußischer Führung und die Vorbereitung zu einem deutschen Kolonisationssystem. Das Verhängnis der österreichischen Politik ist, daß sie nicht genügend die Herrschaft des nationaldeutschen Elementes gesichert und die fremden Nationalitäten gebändigt hat. Die Zertrümmerung Österreichs würde Deutschland nur Unheil bringen. Daß Österreich nicht genügend den streng katholischen Charakter gewahrt hat, ist ihm ebenfalls zum Verhängnis geworden. E s ist Österreichs Mission, im Osten Europas die abendländische Kirche bis an ihre östliche Grenze zu schirmen und womöglich auszubreiten. Österreichs Übergang zum liberalen System war ein Mißgriff. Dagegen kann das Bündnis mit Preußen und die Ausgleichung mit den Ungarn Österreich nur zum Heil ausschlagen. „ W a s Österreich stärkt, das stärkt auch Deutschland." Um der Erhaltung der Reichseinheit willen müssen die Deutschösterreicher den Kaiser auch nach dem jüngsten Systemwechsel moralisch unterstützen. „ S o lange wir noch die uns entrissenen deutschen Reichsländer nicht wieder erobert, alle Länder, worin deutsch gesprochen wird, nicht der undeutschen Herrschaft entrissen haben, sind wir auch keiner der Nationen, die uns unsere Provinzen geraubt haben, irgendeine Achtimg ihrer Nationalität schuldig. . . . Das Nationalinteresse muß auch allen Prinzipienfragen der innern Politik vorgehen. Der Zweck und die Hauptsache für uns ist, daß Deutschland nach außen immer groß und mächtig dastehe, daß seine ungeheuren Kräfte Raum gewinnen, sich nach außen zu entwickeln. Ob das Deutschland mit absolutistischen oder konstitutionellen oder demokratischen Mitteln, ob in der Form des Einheitsstaates oder der Föderation erreicht, ist ganz gleichgültig." 1279. Lerchenfeld, Gustav Freihr. v., Das Verfahren der deutschen Großmächte gegen Schleswig-Holstein und den Bund. Jena, Fr. Frommann, 1866. 24 S. 8°. Allg. Bibl. 12. IV. 1866. — Bi; G; Ki2; M1; S^

Wv 919

Datiert: Bamberg, u . März 1866. — Von der Lösung der Elbherzogtümerfrage „hängt Fortbestand oder Auflösung des Bundes, die Stellung seiner Glieder zur Bundesgewalt und unter sich, — hängt die Frage ab: ob Föderalismus oder Hegemonie — deutlicher ausgedrückt : völlige Unterwerfung und Einverleibung der nicht großmächtlichen Bundesstaaten, — hängt die Entscheidung ab: ob großdeutsch oder kleindeutsch — vielmehr großpreußisch, — ob durch Freiheit zur Einheit und vorläufig wenigstens zur Einigkeit". Unter dem patriotischen Deckmantel der deutschen Interessen hat Preußen vom Beginne seines Eingreifens in die Herzogtümerfrage an Eroberungspläne gehegt. Nach wie vor wird Preußen im Geiste des Absolutismus regiert. Die Stützen des preußischen Gottesgnadentums sind die Junker, die Heer und Verwaltung beherrschen, und die evangelische Orthodoxie. Solange Preußen nicht ein wahrhaft konstitutioneller Staat geworden ist, ist von Preußen für Deutschlands Entwicklung unendlich wenig zu hoffen. Indem Österreich, statt für das legitime Recht der Herzogtümer einzutreten, sich auf Preußens Seite stellte, hat es „nur preußischen Zwecken gedient, sich selbst geschwächt und in der Meinung Deutschlands, ja ganz Europas sich auf das empfindlichste geschadet". Die Mittelstaaten können nur dann den Herzogtümern zu ihrem Rechte Verhelfen, wenn Österreich sich ihnen anschließt oder das Volk im Gegensatz zu den Regierungen auf ihre Seite tritt. Mit der Lossagung des National Vereins und der Fortschrittspartei von den preußischen Herrschafts- und Hegemoniebestrebungen hat sich die Frage der deutschen Verfassungsreform wesentlich vereinfacht. Wie sich in der schleswig-holsteinischen Frage die vollständige Nichtigkeit der Bundesverfassung gezeigt hat, so ist auch deren inniger Zusammenhang mit der Reform derselben unverkennbar. Es handelt sich hierbei um eine Frage der Macht, aber zugleich um die Macht der sittlichen Idee. „Die Aufgabe, um welche es sich handelt, muß vorzugsweise die sein, dem Bunde eine Organisation zu geben, bei welcher neben der physischen Macht der Einzelregierungen auch jene geistige Macht zur Geltung kommt, welche in der Bildung, in dem Rechtsbewußtsein und der sittlichen Kraft des Volkes liegt." Der Schwerpunkt der ganzen Reform liegt in der Schaffung eines Nationalparlaments. Selbst die Frage der Zentralgewalt ist demgegenüber nur sekundär. Nicht darum handelt es sich jetzt, „was wohl der Theorie nach das Beste wäre, sondern was unter den gegebenen Verhältnissen erreichbar ist". Gegenwärtig möglich ist eine Bundesreform nur auf der Grundlage des Föderalismus, wobei Preußen und Österreich gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Die Spannung 920

zwischen Österreich und Preußen ist so groß, daß ein Bruch unvermeidlich ist. Sollte aber dennoch das Provisorium in den Herzogtümern verlängert werden, so bleiben dem deutschen Volke nur die moralischen Druckmittel der Ausdauer, der Besonnenheit und des Selbstvertrauens, um zu seinem Ziele zu gelangen. „Festhalten am guten Rechte der Herzogtümer und ihres Herzogs. Zurückweisen jedes Kompromisses!. . . Ausdauer aber auch in der Reformfrage: Volksvertretung am Bunde fordern und immer wieder fordern, bis sie endlich zugestanden wird. In ihr liegt der Keim, liegt die Bürgschaft jedes weiteren Fortschrittes." 1280. [Noe, H.], Ach, wie dumm geht es in Bayern zu! München, L. Finsterlin, 1866. 15 S. 8°. Allg. Bibl. 15. II. 1866. — B1; D2; G; K1; Mx;

T.

In 2 Auflagen erschienen. — Behandelt, zum Ziele des Einheitsstaates sich bekennend, den Gegensatz und das Parteigezänk von Liberalen und Ultramontanen in Bayern. Zeigt, wie weder die Liberalen noch die Ultramontanen eine sichere Stütze für den Partikularismus darstellen. Denn die Ultramontanen, die sogenannten „Nativisten", setzen sich aus Menschen zusammen, bei denen „sich der Egoismus zu einer gewissen Sorte von einträglichem Patriotismus erweitert hat . . . Wenn sie von einem Aufgehen in Österreich oder auch Preußen sich eine gesteigerte Erwartung über die .Freiheit' der Kirche machen können, sind sie die Ersten, welche zur neuen Ordnung der Dinge ihr aufrichtiges J a und Amen sprechen". Bei den Liberalen sind es die Führer, die bewußt, wenn auch „mit der gewohnten Gleisnerei", die Vernichtung der Einzelsouveränitäten in Deutschland anstreben. Daß unter ihrer Gefolgschaft „manche wohlgefütterte Hämmel unter ihnen nichts davon wissen, können wir getrost annehmen. Das sind besonders diejenigen, welche abends beim Bier über Franzosen und Österreicher, Preußen und Schleswig-Holsteiner .aufgeklärt' ihre Zeitung wiederkäuen, sich behaglich auf den Bauch klopfen und endlich wohlgefällig sagen: Ja, ja, Recht muß doch Recht bleiben! Dasselbe gilt von allen Bürgern und Bauern. Die Leute gehen ihrem Geschäfte und ihrem Acker nach". Mit einer unheimlichen Notwendigkeit treibt die Entwicklung in Deutschland allenthalben dem Einheitsstaate zu. Die materiellen Interessen treiben diese Entwicklung unaufhaltsam vorwärts. „Der Egoismus vieler überwindet den Feudalismus weniger." 1281. Constant, Victor [d. i. Hübbe, Hugo], Preußen. Ein Sendschreiben an den Grafen von Bismarck. (Vom Verfasser autorisirte, 921

mit einigen Zusätzen versehene, deutsche Ausgabe.) H. Grüning, 1866. 69 S. 8°.

Hamburg,

Allg. Bibl. 31. V. 1866. — Bj.- G; Hlt- Kt; Kix; S 4 .

In 4 unveränderten Auflagen nachweisbar. Ursprünglich in französischer Sprache erschienen. — Warnt Bismarck vor einem Bündnis mit der Feudalpartei, die auf die Sprengung der Bundesverfassung hinarbeite. „Im Angesichte Europas müssen Sie die Erklärung abgeben, daß Sie weder der Schöpfer der feudalen Partei sind, noch ihr Geschöpf." Kritisiert die großpreußischen Eroberungsgelüste der Feudalpartei, die in freiheitsfeindlichem, antinationalem Geiste dahin strebe, Norddeutschland von Süddeutschland zu trennen, um auf diese Weise ihre Herrschaftsstellung behaupten zu können. Preußen muß entweder das gesamte Deutschland an sich reißen oder aber auf alle Gebietserweiterungen verzichten und sich damit begnügen, „daß es seine naturgemäße Aufgabe erfülle; die Aufgabe, auch an seinem Teile das Recht, die Ehre und die Freiheit Deutschlands zu beschirmen". Um eine Zertrümmerung des Bundes und auswärtige Verwicklungen zu verhüten, müssen Preußen, Österreich und Deutschland eine untrennbare Einheit bilden. — Vgl. ergänzend Constant, Die feudale Partei in Preußen vom Gesichtspunct der Interessen Preußens, Deutschlands und Europas. Drei Briefe aus Berlin. Frankfurt a. M., Baist, 1866. 41 S. 8°. (Bt; G; Kx; Kö.) 1282. Trabert, A., Die jetzige Aufgabe der deutschen Mittelstaaten. Ein Beitrag zur Förderung friedlicher Reform der Bundesverfassung. Hanau, C. J. Edler, 1866. 16 S. 8°. ¿V B6. Datiert: Hanau, 13. April 1866. Geschrieben einige Monate vorher. — Die Aufgabe der Zeit ist die Bundesreform auf föderalistischer Grundlage. Das liberal gewordene Österreich ist mit Deutschland durch mannigfache Interessen verbunden und auf Deutschland angewiesen. Das gleiche gilt für den annexionslüsternen, von Hegemonietendenzen erfüllten preußischen Staat. Die zur Einheit zusammengefaßten deutschen Mittel- und Kleinstaaten sind berufen, den Antagonismus zwischen Preußen und Österreich aufzuheben. Von diesen Staaten ist keiner imstande, sich selbst zu genügen und für sich allein eine nennenswerte Rolle zu spielen. Da Österreich und Preußen auf ihre Stellung als selbständige, bewegungsfreie Großmächte nicht verzichten wollen und können, so ist eine Bundesreform nur möglich durch Herstellung eines Bundes im Bunde, d. h. durch Zusammenschluß der Mittel- und Kleinstaaten als Schutz gegen ein Aufgehen in Preußen. 922

Nähere Angaben fehlen. In einer Nachschrift vom 24. April wird der preußische Bundesreformantrag als ein taktischer Schachzug gedeutet, der auf die Unterwerfung der Mittel- und Kleinstaaten hinarbeite. „Selbst einem das ganze Deutschland repräsentierenden Parlamente wird sich Preußen, solange es ist, was und wie es ist, niemals unterwerfen. Ebensowenig ist das zu erwarten von Österreich." Zur Erhaltung des Friedens müssen jetzt die Mittel- und Kleinstaaten, gestützt auf das Volk, in Aktion treten. 1283. Der Geist von 1789 in seinem Einflüsse auf die deutschen politischen Zustände. Ein ernstes Wort in ernster Stunde. Stolpen, Oskar Schneider, 1866. 32 S. 8°. Allg. Bibl.

14. VI. 1866.

— IV

G;

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Bietet eine historische Skizze unter populären Gesichtspunkten. Nimmt abschließend Stellung zur Gegenwartslage. „Die erste Bedingung für eine Reform Deutschlands mit wirklicher Staatsgewalt setzt eine Auseinandersetzung mit Österreich, aber nicht eine Teilnahme Österreichs voraus. Den Gedanken an eine deutsche Einheit in parlamentarischer Form wird das deutsche Volk niemals aufgeben. Wir können nicht glauben, daß ein Krieg des gegenwärtigen Preußens zu diesem Ziele führen könnte. Wir müssen daher dahin wirken, daß ein solcher Krieg vermieden werde. Wir können uns aber nicht verhehlen, daß unter anderen Umständen und zu anderen Zeiten selbst ein Krieg gegen Österreich notwendig werden könne, um das Ziel, welches wir wollen, herbeizuführen, welches uns den deutschen Bundesstaat oder den deutschen Einheitsstaat gewährt. Dann werden wir nicht zaudern, alle Kraft des Volkes einzusetzen. Wir nehmen den Bundesstaat in Aussicht, den Bundesstaat, in welchem die preußische Regierung eine kräftige konzentrierte Staatsgewalt führt, in welchem aber eine solche Führung nur einer liberalen, von dem Bewußtsein des Volkes getragenen Regierung möglich ist, in welchem ein solches, den wirklichen Bedürfnissen und Rechtsüberzeugungen des Volkes entsprechendes Regiment gesichert wird durch ein wirkliches, mächtiges, mit den nötigen Garantien versehenes Parlament." Ist durch den Widerstand der Dynastien der Bundesstaat nicht zu erreichen, so muß der Einheitsstaat das Ziel werden. „Wir selbst glauben, die deutsche Frage könne und werde nur durch das deutsche Volk gelöst werden." 1284. [Olshausen, Theodor], Die deutsche Lebensfrage. Von Freunden deutscher Freiheit und Einheit in der Schweiz. Zürich, 1866.14 S. 8°. Bt;

He; Ki2;

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R o s e n b e r g , Publizistik.

W3;

Z. 59

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Nur durch den geeinigten Willen und die Selbstbestimmung seines Volkes, weder durch seine Fürsten, noch mit ihnen kann Deutschland zur Freiheit und Einheit gelangen. Der Konstitutionalismus ist nicht mehr als eine Farce. „Was wir zu erstreben haben, ist einen festen, alle deutschen Staaten umfassenden Nationalverband und eine auf dem Grundsatz der Rechtsgleichheit gebaute republikanische Verfassung." Die Forderung nach dem Einheitsstaat ist noch verfrüht. „Die Notwendigkeit einer Zentralregierung und einer Zentralvolksvertretung erkennen alle; eine gewisse Selbständigkeit der einzelnen Teile des Gesamtstaates wollen ebenfalls alle. Es ist daher fast nur ein Wortstreit, ob man das Staatswesen eine einfache oder eine föderative Republik, einen Bundesstaat oder einen einfachen Staat mit freier Provinzial- und Kommunalverfassung nennen will. Was nur notwendig anerkannt werden muß, ist, daß die absolute Souveränität beim Volke ist und alle, ehe sie gute Schwaben, Sachsen, SchleswigHolsteiner oder Preußen sind, erst gute Deutsche sein müssen." Das große Ziel ist die demokratische Republik mit allgemeinem, gleichem, direktem Wahlrecht als Voraussetzung und gründlichst revidierter Reichsverfassung von 1849 als Grundlage. „Was uns zunächst not tut, wenn es zur Aktion kommt, ist nicht eine fertige, zu Papier gebrachte Verfassung, selbst nicht einmal ein Parlament, sondern eine kräftige, aus wenigen Personen bestehende interimistische Zentralbehörde, welche den ersten Erfolg durch Niederschlagung alles Widerstandes sichert." Vor allem muß für die Verbreitung republikanischdemokratischer Ideen im Volke kräftig agitiert werden. 1285. Frantz, C., Theorie der deutschen Frage. Deutsche Vierteljahrsschrift. 1866. Heft 2, S. 1—62; Heft 3, S. 179—258. „Theorie" im Sinne von „denkender Betrachtung eines Gegenstandes". Der preußisch-österreichische Dualismus macht eine d e u t sche Einheit mit preußischer oder österreichischer Spitze zur Unmöglichkeit, da der Dualismus als solcher unüberwindbar ist. Auf dem Wege der Hegemonie ist daher die deutsche Einheit nicht zu erstreben und nicht zu erreichen. Die deutsche Frage ist weniger eine innere Verfassungs- als vielmehr eine europäische Machtfrage. Jeder deutsche Reformversuch muß daher in erster Linie von der Betrachtung der auswärtigen Verhältnisse ausgehen. Die Lösung der deutschen Frage schließt eine Umbildung des europäischen Staatensystems in sich, „durch welche Deutschland selbst der aktive Mittelpunkt der europäischen Politik werden muß". Voraussetzung hierfür ist, daß die beiden deutschen Großmächte als das Haupthindernis der deut924

sehen Einheit eine übereinstimmende Politik führen und dabei nicht von ihren europäischen Großmachtsinteressen, sondern von ihrem deutschen Charakter ausgehen. An den Deutschen Bund müssen sich alle Reformprojekte anschließen. Da Gesamtmacht und Gesamtpolitik dem Wesen nach untrennbar sind, so muß der erste positive Schritt zur Herstellung der deutschen Einheit eine Gesamtpolitik oder Bundespolitik sein. Wie das Römische Reich Deutscher Nation eine nicht bloß nationale, sondern zugleich universale Bildung war, so ist die der deutschen Nation gegenwärtig gestellte Aufgabe, „eine nicht bloß nationale, sondern zugleich internationale Gestaltung hervorzubringen" und ein Gemeinwesen zu begründen, „in welchem staatsrechtliche und völkerrechtliche Prinzipien in höherer Einheit zusammenwirken". Hiernach bestimmen sich Ziel und Richtung, Zweck und Mittel der deutschen Reformbewegung. Beleuchtet die Trennung von Staatenbildung und Nationalentwicklung in Deutschland und den Gegensatz von germanischer und romanischer Staatenbildung. „Mit der Trennung unserer Staatenbildung von dem Nationalleben hängt ferner zusammen, daß infolgedessen auch die g e s e l l s c h a f t liche Entwickelung viel unabhängiger bei uns wurde als in anderen Ländern, was abermals charakteristisch für Deutschland ist." Gibt hierfür tiefgreifende Begründungen. Polemisiert gegen Republikanismus und Konstitutionalismus und ihre zentralisierenden, die Autonomie der gesellschaftlichen Kräfte zerstörenden Wirkungen. Nur in einem „Reiche", das weder ein Staatenbund noch ein Bundesstaat ist und sich charakterisiert nach innen durch ein Nebeneinander gesellschaftlicher und staatlicher Elemente, nach außen durch das Übergehen der staatlichen Verhältnisse in völkerrechtliche, kann das deutsche Volkstum neu erblühen. Es liegt in der Eigentümlichkeit der deutschen Nation, „nie zu einer abgeschlossenen Gestaltung gelangen zu können, weil der deutsche Geist durch keinerlei Formeln zu bannen ist." Die Lösung der deutschen Frage „kann nur das Werk der Nation sein, in treuer Arbeit und mutiger Zuversicht von Geschlecht zu Geschlecht, durch die Jahrtausende hindurch".

4. Die Verschärfung der Macfitgegensätze, der preußische Bundesreformantrag und der Kriegsausbruch. 1286. Flugblätter des Deutschen Nationalverems. XI. Die Lage des Nationalvereins im Anfange des Jahres 1866. Frankfurt am Main, C. Adelmann, 1866. 16 S. 8°. i?s; Brt; 59*

Ka2;

Kö. 925

„ E s gehört zu den unbestreitbarsten Erfolgen des gegenwärtigen preußischen Regierungssystems, daß die nationale Bewegung dadurch zum Stillstande, um nicht zu sagen in Rückgang gebracht worden ist." Infolgedessen hat auch der Nationalverein unzweifelhaft an Wirkungskraft verloren. Rechtfertigt die Schleswig-Holstein-Politik des Vereins. Das Eintreten für den Herzog von Augustenburg war nicht nur durch den Rechtsstandpunkt und die allgemeine politische Lage dringend geboten, es stand überdies „in voller Übereinstimmung mit dem Programm des Nationalvereins, welches nicht auf eine allm ä h l i c h e V e r m i n d e r u n g der V i e l s t a a t e r e i , sondern auf eine g l e i c h z e i t i g e U n t e r o r d n u n g aller b e s t e h e n d e n S o u v e r ä n i t ä t e n unter eine einheitliche R e i c h s g e w a l t h i n a u s g e h t " . Im Hinblick auf die außenpolitische Lage zudem ist der Bankerott der preußischen Annexionspolitik unter allen Umständen nur eine Frage der Zeit. Noch ist es Zeit für den preußischen Landtag, sich seinen Anteil an diesem Erfolge zu sichern und Bismarcks Politik einen Strich durch die Rechnung zu machen, ehe das Ausland eingreift. Hat der Nationalverein in den letzten beiden Jahren auch keine große in die Augen fallende Leistung vollbracht, so hat er doch keine Veranlassung, sein Programm zu ändern. Für Revolution und Republik ist Deutschland kein geeigneter Boden, ebensowenig aber für den Einheitsstaat auf großpreußischer Basis. „Als ob das System, welches nicht vermag, zwei kleine Herzogtümer zu bewältigen, imstande wäre, Deutschland zu erobern oder auch nur die Mainlinie zu gewinnen!" Die Gültigkeit des Nationalvereinsprogramms ist durch die Lage des Augenblicks wohl verdunkelt, aber nicht geschwächt. Solange Bismarck am Ruder ist, muß die Lösung der deutschen Frage im Sinne des Nationalvereins allerdings auf unbestimmte Zeit vertagt werden. „Die Zukunft läßt sich, innerhalb der deutschen Staats- und Volkszustände, von der Parteipolitik nicht machen, sondern nur b e f ö r dern und demnächst mit entschlossenem Griffe b e n u t z e n . . . Der National verein als Ganzes hält jedenfalls fest an seinen Überzeugungen, an seinen Zwecken, an seinen Entschlüssen, mit einem Wort an sich selbst." 1287. Henrichsen, A. J . F., Prof. Dr., Zur gegenwärtigen Lage. Vortrag in der Sitzung des Altonaer Schleswig-Holsteinischen Vereins gehalten am 24. Februar 1866. Altona, Mentzel, 1866. 16 S. 8°. Allg. Bibl. 15. I I I . 1866. — B7; G; HX;

Kiv

Datiert: Altona, 25. Februar 1866. — Die preußenfeindliche Stimmung ist in den Elbherzogtümern ständig im Wachsen be926

griffen. In der Stunde der Entscheidung müssen die Herzogtümer auf die Seite Österreichs treten. „Österreich vermag nichts gegen Preußen ohne uns, wir nichts ohne Österreich." Trotz all der vielen Sünden, die Preußen Schleswig-Holstein gegenüber begangen hat, bleibt es doch das Land, von dem der deutsche Patriot einen entscheidenden Einfluß auf die Neugestaltung Deutschlands und namentlich Norddeutschlands erwartet. Mit Preußen brechen, hieße daher mit Deutschland brechen. Bismarcks neue Forderung nach Personalunion ist nur ein Köder, der dazu bestimmt ist, die geplante Annexion zu verschleiern. „Mit dem einigen Deutschland, das wir erstreben, verbinden wir einen ganz anderen Begriff als den eines in Preußen verschwindenden Deutschlands, den Begriff eines festen Staatenbundes, der mittelst Zentralgewalt und Nationalparlament zum Bundesstaat werde. Dieser Bundesstaat gestatte aber seinen einzelnen Gliedern die vollste individuelle Selbständigkeit und Gleichberechtigung, soweit das Wohl des einen großen Ganzen es irgend nur erlaubt . . . Eigne Herren wollen wir sein auf unserem eignen Grund und Boden, gehorsam nur u n s e r m Gesetze, untertänig nur d e m Fürsten, der uns angestammt und der zugleich der Fürst ist unseres Herzens und unserer Wahl. Von diesen Sätzen weichen, hieße unsern Lebensnerv durchschneiden. Durch das Gesetz gebundene Freiheit ist das Lebenselement des Holsten, tue Recht und scheue niemand ist sein Wahlspruch, Wahrheit und Treue sind die Leitsterne seines Handelns." 1288. [Ungern-Sternberg, E . von ?], Die Herzogthümer seit dem 15. November 1863. Berlin, Julius Springer, 1866. 68 S. 8°. Allg. Eibl. 26. IV. 1866. — Bt:

G; H2; He; Ki2;

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Mitte Mai in 2. unveränderter Auflage erschienen. — Sachlich gehaltvoller Bericht über die Entwicklung der Elbherzogtümerfrage unter Berücksichtigung der Parteiverhältnisse, insbesondere des Wirkens der Nationalpartei, für die der Herzog von Augustenburg nie mehr als ein Mittel gewesen sei. Der Gasteiner Vertrag kann nur ein Provisorium sein. Preußen muß weiterschreiten und kann ohne ein neues Olmütz die Einsetzung des Augustenburgers als Herzog von Schleswig-Holstein nicht gestatten. „Der Bruch mit dem Augustenburgertum ist unheilbar; denn das Augustenburgertum ist der Todfeind Preußens, es ist die lebendige Inkarnation jener Richtung, welche das mächtigste Reich der Erde zu einem Konglomerat ohnmächtiger Kleinstaaten herabgewürdigt hat. Der Hort dieser Richtung, der starke Schutz, ohne den sie längst dem Einheitsbedürfnis der Nation und ihrem Vorkämpfer, dem preußischen Staate, erlegen wäre, ist

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Österreich, dasselbe Österreich, welches heute den Erbprinzen Friedrich auf den Schild hebt. Zwischen solchen Gegensätzen ist keine Vermittelung möglich. Einmal muß es zum entscheidenden Kampfe kommen. Sei dieser Tag nun nahe oder fern, der Nationalpartei SchleswigHolsteins ist ihr Platz dabei angewiesen. Sie hat längst gewählt zwischen Preußen und Augustenburg; sie wird zu dem Staate der Hohenzollern stehen, dessen Größe und Macht eins ist mit der Größe und Macht des Vaterlandes." 1289. Fliegende Blätter aus Süddeutschland. I. Wo liegt die Ausgleichung der österreichisch-preußischen Gegensätze? Frankfurt a. M., Christian Winter, 1866. 31 S. 8°. Allg. Bibl. 14. VI. 1866. —

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Die schleswig-holsteinische Frage ist zu einer Machtfrage zwischen Österreich und Preußen geworden. Mit der Möglichkeit eines Bruderkrieges muß bei der Lage der Dinge gerechnet werden. Durch Österreichs gegenwärtige Politik wird nicht die Selbständigkeit der Herzogtümer, sondern nur ihre Annexion durch Preußen gefördert. Österreich steht in Gefahr, aus Abneigung gegen Preußen von den Parteigängern des Augustenburgers übertölpelt zu werden. Ein Sieg der augustenburgischen Partei würde den Sieg der Demokratie und des Partikularismus bedeuten. Österreich muß statt für den Augustenburger für das Sukzessionsrecht des regierenden Großherzogs von Oldenburg eintreten. Der Deutsche Bund ist durch die Befreiung der Elbherzogtümer in seinen Grundfesten erschüttert. Das ist die Schuld der Mittelstaaten und die Folge der Ablehnung des oldenburgischen Antrages in der Bundessitzung vom 9. VII. 1863, die den Bund in die Sackgasse der Exekutionspolitik getrieben hat. „Was die Mittelstaaten von deutscher Zukunft am meisten zu fürchten hatten, was den Visionen ihrer Politiker als stereotypes Gespenst sich aufdrängte, ist im Verlauf der Entwickelung der schleswig-holsteinischen Frage fast über Nacht zur Wahrheit geworden. An die Stelle des Bundesstaates ist der Dualismus der Großmächte, an die Stelle der Bundesverfassung die preußische Hegemonie getreten. Die deutsche Frage ist, wie daraus von selbst folgt, nicht mehr an die Grenzen der Bundesverfassung gebunden, sondern zur Machtfrage geworden, indem sie den Mittelstaaten die Wahl zwischen helotischer Unterordnung unter die dominierende deutsche Großmacht und verräterischer Anlehnung an das Ausland gestellt hat, eine politische Scylla gegenüber einer politischen Charybdis. In dieser Konstellation ist die deutsche Frage in ihr brennendes Stadium getreten in dem Moment, in dem die schles928

wig-holsteinische Frage unter den Siegeln des Wiener Friedens sich schloß." Wird der Großherzog von Oldenburg Herzog von SchleswigHolstein, dann wird der österreichisch-preußische Gegensatz dadurch ausgeglichen, zugleich aber wird dadurch die schleswig-holsteinische Frage zu einer rein deutschen. 1290. Des Vaterlandes Gefahr und jedes echten Preußen Pflicht. Ein Freundeswort, den Mitgliedern des Kriegervereins und seinen Mitbürgern zu Quedlinburg überhaupt zum 22. März 1866 gewidmet und zum Besten der Veteranen im Kreise Aschersleben herausgegeben von August Wilhelm Stiehler, wirklichem Mitgliede des Kreis-Commissariats des Nationaldanks für Veteranen zu Quedlinburg. Quedlinburg, G. Basse, 1866. 19 S. 8°. Bj/

Kö.

Preußen, das ,,unter der Hohenzollern weiser und kräftiger Leitung" sich zur größten „reindeutschen" Militärmacht entwickelt hat, hat offenbar von Gott den hohen Beruf erhalten, zum Heile von ganz Deutschland zur achtunggebietenden Seemacht an Ost- und Nordsee sich auszubilden. „Verrat an Fürst, Vaterland und Volk, Verrat am gesamten Deutschland ist es, wenn in Volksvertretungen, in der Presse, in eigenen Broschüren und sonst Stimmen gegen die Bewilligung der Kosten für unsere Heeres- und unsere Marineorganisation, gegen diese selbst und gegen die Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preußen sich erheben." Klagt über die Verblendung des Nationalvereins und der Fortschrittspartei, deren wahres Ziel die Verjagung des Königshauses und die Aufrichtung der Republik sei. Beleuchtet die Preußen von innen und außen drohenden Gefahren und fordert zu königstreuen Wahlen auf unter Anerkennung des Grundsatzes, „daß die formale Einheit der höchsten Gewalt in der Krone sei". 1291. Das preußische Staatsbewußtsein. Ein neues Zeugniß von Deutschlands Noth und Schmach. Coburg, F. Streit, 1866. 74 S. 8°. Allg.

Bibl.

9. VIII.

1866.



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Datiert: Anfang März 1866. — Wer ein auf parlamentarischer Einheit aufgebautes, vom deutschen V o l k getragenes „Reindeutschland" will, der muß „auf das preußische Staatsbewußtsein loshauen, alle Schleusen der Ironie, des Sarkasmus, des Hohnes und Spottes wider dasselbe öffnen, mit feurigem Eifer die Schamröte auf die Wangen der Borussomanen einbrennen". Darum ist jetzt der mittlere und kleinere Partikularismus die letzte Hoffnung Deutschlands. „Denn er wehrt sich gerade gegen den abscheulichsten, gefährlichsten Parti929

kularismus, gegen den preußischen; er wahrt hinter dem Schilde der Eigenart sein deutsches Wesen und die Zukunft des Vaterlandes." Kritisiert von dieser Gesinnungsgrundlage aus den preußischen Liberalismus, insbesondere die Fortschrittspartei, sowie die Taten der preußischen Regieruug in den letztverflossenen Jahren. Eine Nachschrift vom 18. April 1866 gipfelt in der Forderung: „Volksbewaffnete Neutralität, aber nur solange, bis sich eine der beiden streitenden Parteien, Preußen oder Österreich, entschieden auf den Rechts- und Freiheitsstandpunkt stellt. Dann mit dieser Macht einen Offensiv- und Defensiwertrag und auf die andere los!" 1292. [Isenburg-Birstein, Carl Prinz zu], Versuche zur Aufklärung des preußischen Reform-Antrages vom 9. April 1866. Frankfurt a. M., Verlag für Kunst und Wissenschaft, 1866. 24 S. 12°. Allg. Bibl. 3. V. 1866. — B7; Bo; G; H2; HrWs. Das Ziel der Bismarckschen Politik besteht nicht, wie im allgemeinen angenommen wird, in der Erhaltung der konservativen Prinzipien in Deutschland, vielmehr in der Unterordnung Deutschlands unter Preußen und der größtmöglichen Erweiterung der Grenzen des preußischen Staates. Skizziert unter diesem Gesichtspunkt den Gang der Bismarckschen Politik seit dem Frankfurter Fürstentage. Der preußische Bundesreformantrag entspricht durchaus dem Geiste dieser Politik. Würde er angenommen werden, dann würden bald die anderen deutschen Staaten ihre Selbständigkeit einbüßen. „Preußen wäre auf friedlichem Wege zur längst erstrebten Herrschaft in Deutschland gelangt, die sich nach und nach ausdehnen und jedes andere entgegenstehende Recht vernichten würde." Zu einem anderen Resultate würde ein durch die Delegation der einzelstaatlichen Kammern gebildetes Parlament führen, das naturgemäß mehr partikularistisch als zentralistisch sein würde. Der preußische Antrag jedenfalls bezweckt nicht „eine Bundesreform, sondern die Umwandlung des Bundes in einen Bundesstaat". Handelt Bismarck von seinem nüchtern rechnenden Interessenstandpunkt aus auch durchaus konsequent, so ist doch der „als Organ einer Konföderation, nicht aber zur Konstituierung eines Bundesstaats berufene Bundestag" zur Behandlung des Antrages nicht kompetent. 1293. Versammlung der Berliner Mitglieder des Nationalvereins zu Berlin. Mittwoch, den 11. April 1866. Frankfurt a. M., C. Adelmann, 1866. 16 S. 8°. Kv

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Tagesordnung: Besprechung der politischen Lage. Die von Schulze-Delitzsch und Franz Duncker begründete, einstimmig angenommene Resolution betont das Festhalten an dem bisherigen Programm: In der schleswig-holsteinischen Frage militärischer und maritimer Anschluß der Herzogtümer an Preußen, dagegen keine gewaltsame Annexion; bezüglich der deutschen Reformfrage Ablehnung des preußischen Bundesreformantrages, „weil nur in der Lösung der Volkskraft von den Banden des inneren Konfliktes Preußen die Kraft gewinnt, seine große geschichtliche Aufgabe, die Einigung Deutschlands in Macht und Freiheit, zur eigenen Ehre und zum Wohle des gesamten Vaterlandes durchzuführen". 1294. Wallhauß, Telegraphische Kriegs-, Friedens- und Parlaments-Depesche an das Deutsche Volk. Mannheim, J. Schneider, 1866. 22 S. 8°. B13; Hr1; Kt;

Kö.

Datiert: Worms, 5. Mai 1866. — Das deutsche Volk muß den preußischen Reformantrag, an dessen vollstem Ernst nicht zu zweifeln ist, unterstützen und „ihn zu unserem größtmöglichsten Nutzen unter vollster Wahrung unserer höchsten gesamtstaatlichen Interessen auszubeuten suchen", d. h. es muß auf die Anerkennung der Reichsverfassung von 1849 dringen. Führt die preußische Regierung diese Aufgabe nicht durch, so müssen die deutschen Kleinstaaten mit der Bildung eines „ParlamentsstaatenVerbandes" beginnen, der die Durchsetzung der Reichsverfassung zur Aufgabe hätte. Bei einem Kriege zwischen Österreich und Preußen muß das übrige Deutschland zu Preußen stehen, zunächst in bewaffneter Defensive. „Tätlich hat es mitzuwirken, wenn Preußen unterliegen oder wenn es — die deutschösterreichischen Provinzen als deutsches Bundesland für den deutschen Gesamtstaat erobern müßte. . . . Greift Preußen die deutschen Kleinstaaten an, ohne alle Bürgschaft für die Reichsverfassung, so widersetzen wir uns demselben mit aller Macht, jedoch nur für den Fall, daß uns die Kleinstaaten sofort die Reichsverfassung, Parlament, allgemeine Volksbewaffnung unter einem vom Parlamente erwählten Bundesfeldherrn geben. Tun sie dieses aber ebensowenig wie Preußen, so haben wir auch keinen Grund, uns gegen Preußen zur Wehr zu setzen — und Bürgerblut vergeblich fließen zu lassen, sondern können B i s m a r c k mit gutem Gewissen gewähren und durch ihn den deutschen Einheitsstaat, wenn auch anfänglich in etwas strammer militärischer Form, herstellen lassen." Der Endzweck unseres Strebens bleibt aber auch dann eine mächtige deutsche Parlamentsregierung.

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Österreich kann sich vom Untergang nur retten, wenn es auf Krieg verzichtet, seine reindeutschen Provinzen zu einem deutschen Gesamtstaate mit eigener selbständiger Verwaltung vereinigt und als Glied dem großen deutschen „Gesamtparlamentsstaate" in engster Weise anschließt, seine außerdeutschen Länder zu einem Gesamtstaate mit dem Sitz in Ofen vereinigt und Venetien gegen eine angemessene Geldentschädigung abtritt. Das deutsche Volk muß sich auf sich selbst verlassen, alle Parteigegensätze begraben und sich zu einem großen „Parlamentsverein" zusammenschließen, dessen Aufgabe es ist, die Durchführimg der ReichsVerfassung von 1849 durch Massen VolksVersammlungen und gegebenenfalls auch durch allgemeine Volksbewaffnung und Bildung eines „ParlamentsstaatenVerbandes" zu erzwingen. 1295. [Gerlach, Ludwig von], Krieg und Bundes-Reform. Der Congreß in Paris. Vom Verfasser der Rundschauen. (Separatabdruck aus der Neuen Preußischen Zeitung vom Mai 1866.) Berlin, Stilke & van Muyden, 1866. 27 S. 8°. Br

Geschrieben am 5. Mai 1866. — Österreichs militärische Rüstungen entspringen defensiver Absicht. „Dem berechtigten preußischen Berufe der M a c h t e n t f a l t u n g in Deutschland steht der so eben berechtigte österreichische Beruf der Macht er h a l t u n g in Deutschland gegenüber. Dieser Dualismus ist der lebendige Grundcharakter, die reale Basis der Verfassung von Deutschland. . . . Deutschland ist nicht mehr Deutschland, wenn Preußen fehlt oder wenn Österreich fehlt. . . . Ostreich, Preußen Hand in Hand, sonst Deutschland außer Rand und Band. . . . Ganz Deutschland ist Preußens und Österreichs Machtgebiet. Beide haben auf diesem großen Machtgebiete vollkommen neben und miteinander Platz. Sie müssen nur einig sein. Gerechtigkeit, Mäßigung, Weisheit, Einigkeit — das sind die treibenden Lebenskräfte ihrer beiderseitigen Machtentfaltung." Darum müssen sie sich auch in der schleswig-holsteinischen Besitzfrage gütlich einigen. Polemisiert gegen Bismarcks Anträge auf Bundesreform und Berufung eines deutschen Parlamentes. Die konservative Partei muß ihren Grundsätzen treu bleiben. „Das allgemeine Stimmrecht ist der politische Bankerott." Die Betrachtungen zum Kongreßprojekt (geschrieben 26. Mai) erklären das Zustandekommen des Kongresses für weitaus besser als einen Krieg zwischen Preußen und Österreich, zumal ein wirklicher Grund zum Kriege nicht vorhanden sei und der gemeinsame Kampf gegen die „Revolution" das eigentliche Ziel der preußischen und österreichischen Politik sein müsse. 932

1296. [Egloffstein, Karl Graf von], Scheide wort eines Veteranen aus den Befreiungskriegen. Königsberg, Bruno Meyer & Co., 1866. 28 S. 8°. AUg. Bibl.

17. V. 1866.

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L2.

Verfolgt die Tendenz, durch Darlegung von Preußens Verdiensten und Entwickeln von angeblichen Vernunftgründen die Mittel- und Kleinstaaten in dem jetzigen Konflikt in das preußische Lager hinüberzuziehen. Preist in überschwenglichen Tönen Preußens deutschen Beruf und deutsche Taten, namentlich im Vergleich zu Österreich, den „Hort des dynastischen Partikularismus in Deutschland". Nimmt in der Frage des Verfassungskonfliktes für die preußische Krone Partei. 1297. Österreichs Herausforderung. Ein Wort an alle preußischen Patrioten. Von einem preußischen Offizier. Berlin, J . Langguth, 1866. 15 S. 8°. AUg. Bibl.

17. V. 1866.

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Österreichs Rüstungen bezwecken Preußens Demütigung und Unterwerfung. Preußen steht jetzt vor der Alternative, entweder „Ehre, nationale Größe, Kampf und Sieg" oder „Demütigung, Frieden, Österreichs Hegemonie". Der Besitz Schleswig-Holsteins ist für Preußen eine Existenzfrage. Kommt es zum Kriege, so werden die deutschen Mittel- und Kleinstaaten mit alleiniger Ausnahme von Sachsen nicht aktiv gegen Preußen auftreten. Auch von Rußland und Frankreich hat Österreich keinerlei Unterstützung zu erwarten. „Die Schlacht von Pharsalus zwischen dem Hause Österreich und dem Hause Brandenburg muß gekämpft werden, wenn Österreich sich nicht noch im letzten Augenblick besinnt und Preußens gerechte, auf das Wohl Deutschlands gerichtete Pläne der Einverleibimg Schleswig-Holsteins in den preußischen Staat anerkennt. Der Augenblick liegt für uns so glücklich, wie vielleicht nie wieder." 1298. [Langwerth von Simmern, Heinrich Freiherr], „Für Ostreich". Aus Westdeutschland den 7. Mai 1866. Frankfurt am Main, Heinrich Keller, [1866]. 27 S. 8°. B

*

(Dasselbe u. d. Titel:) „Für Ostreich!" Von einem Conservativen aus Westdeutschland. Geschrieben Anfang Mai 1866. Ebda, [1866]. 28 S. Bo;

Ka2.

Skizziert den historischen Aufstieg der österreichischen Monarchie. Voll Glauben an die unzerreißbare Festigkeit und natürlich gewordene 933

Einheit des österreichischen Gesamtstaates und die deutsche Mission der habsburgischen Dynastie. Bekennt sich zum Programm des Frankfurter Fürstentages. „Wir wollen jenes Deutschland, das die erworbenen außerdeutschen Positionen und zwar namentlich im Osten festhält, das die große Ländermasse und die große Militärmacht bewahrt, mit der wir die Geschicke der "Welt in der Hand haben. Wir wollen den Ausbau des Bundes mit beibehaltener Selbständigkeit der Glieder. . . . Wir wollen keine Verlegung des deutschen Schwerpunkts nach dem Norden oder gar dem germanisierten Nordosten. Wir wollen keinen Einheitsstaat, nicht das Aufgehen der Nation in einen militärisch-bürokratischen Staatsmechanismus — bald von der Demokratie, bald von den Soldaten beherrscht. . . . Wir wollen das im nationalen Sinne a l l e i n M ö g l i c h e . . . . W i r w o l l e n d e n F ö d e r a t i v s t a a t in s e i n e r e i n z i g e n m ö g l i c h e n F o r m d e r G l e i c h b e r e c h t i g u n g Ö s t e r r e i c h s u n d P r e u ß e n s in D e u t s c h l a n d . " Verteidigt Österreichs schleswig-holsteinische Politik, deren eigentliches Ziel gewesen sei, durch Entgegenkommen und faktisches Verhindern Preußen zu einer bundesgenössischen Politik zurückzuführen. Durch den Gasteiner Vertrag hat Österreich die augustenburgische Sache gerettet, keineswegs ist es mit dem Vertrage in das preußische Fahrwasser eingelenkt. Österreichs Politik ist nicht doppelzüngig, sondern deutsch-national; „wahrlich engelrein und klar" steht sie neben der Bismarckschen Politik. Nur durch die Unterstützung Österreichs kann der preußischen Gewaltpolitik ein Riegel vorgeschoben werden. „Wir kranken an dem Unrecht, das wir Österreich getan. Kein Heil, ohne daß hierin Umschwung, Umkehr und Buße eintritt." 1299. Verrath an dem deutschen Volke. Hoch Österreich! Hoch Deutschland! Auf gegen Preußen! Wien, Gustav Edelbauer, 1866. 32 S. 8°. Bo; Kax;

Wv

Bismarck ist das Verhängnis des deutschen Volkes. Die Antwort auf Bismarcks Bundesreformantrag muß der Krieg auf Leben und Tod gegen Preußen sein. Auf der Seite Österreichs steht das Recht, auf der Seite Preußens die Gewalt. Der Krieg ist unvermeidbar geworden. Österreich darf nicht abwarten, sondern muß schleunigst losschlagen. Die Kirche muß den Kampf finanziell unterstützen. Um den Krieg möglichst schnell zu einem günstigen Ende zu führen, muß das Volk bewaffnet und eine Nationalgarde errichtet werden. Österreich muß sich die Bundesgenossenschaft der deutschen Mittel- und Kleinstaaten und der deutschen Nation sichern. „Sobald Österreichs Kaiser dem

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Herrn v. Bismarck darin zuvorkommt, die Wünsche nach Reformen zu erfüllen, nach denen das deutsche Volk seit Jahren unablässig ringt, sobald er die Proklamation, welche Bismarck, der Verbündete Italiens und Dänemarks, als Köder ausgeworfen hat, auf seine Fahne schreibt, ist ihm ganz D e u t s c h l a n d g e w o n n e n . " Gibt Österreich der deutschen Nation die verlangten Garantien, dann ist der Sieg gewiß. 1300. An die Mitglieder des Nationalvereins. [Unterzeichnet:] Der Ausschuß des Nationalvereins. Wochenblatt des Nationalvereins. 17. Mai 1866. Nr. 59. Datiert: Berlin, 14. Mai 1866. — „Eine eigenmächtige Kabinettspolitik droht den unzweifelhaften Willen unseres Volkes zu überwältigen, das Wohl und Wehe Deutschlands den Wechselfällen eines Krieges preiszugeben, der nur durch die höchsten Interessen der Nation als äußerstes Mittel der Not gerechtfertigt werden könnte. . . . Das Wort und die Hand des deutschen Volkes hat sich bis jetzt zu schwach erwiesen, den erhobenen Arm der Machthaber aufzuhalten; das Rechtsbewußtsein der Nation aber protestiert bis zum letzten Augenblicke gegen die Willkür, welche mit dem Schicksale Deutschlands ein unverantwortliches Spiel treibt." Noch jedoch besteht die Hoffnung auf die friedliche Beilegung der Verwicklungen durch die endliche Lösung der schleswig-holsteinischen Frage und durch die unverzügliche Einberufung des deutschen Parlamentes als obersten Schiedsrichters der streitigen politischen und Rechtsansprüche. Der preußische Bundesreformantrag hat nicht das Vertrauen der Nation, die an der Reichsverfassung von 1849 festhält. Solange die preußische Verfassung ein toter Buchstabe ist, vermag die Nation an eine von Preußen in Aussicht gestellte deutsche Verfassung nicht zu glauben. Der Nationalverein hält in der deutschen Verfassungsfrage fest an seinem Programm und seinen Entschlüssen. „ E r verlangt nach wie vor die Berufung einer nach den Grundsätzen des Reichswahlgesetzes gewählten Nationalversammlung, in welcher allein Deutschland die sichere Gewähr finden wird gegen Bürgerkrieg und Landesverrat, die feste Bürgschaft für die nationale Freiheit, Einheit und Macht." 1301. Österreich fertig! Ein Mahnruf in letzter Stunde. Mit einer Karte des muthmaßlichen Kriegs-Schauplatzes. Wien, Jakob Dirnböck, 1866. 14 S. 8°. WV

W

2-

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Datiert: Wien, 18. Mai 1866. — „Die Allianz mit Viktor Emanuel hat die preußische Sache von vornherein gerichtet." Die das preußische Volk mißbrauchende Junkerpartei treibt eine Politik des Verrates und Verbrechens gegen Österreich, das Venetien nicht aus Ehrgeiz, sondern deshalb festhalten muß, „weil es des deutschen Reiches Schutz-, Vor- und Bollwerk gegen die Wälschen bildet". Sieht voll enthusiastischer Hoffnung Österreichs gerechtem Sieg entgegen: Einig werden alle Nationalitäten in Gesamtösterreich zum Schutze des Kaiserhauses zusammenstehen. 1302. Greis, M., Zur Rechtfertigung der preußischen Politik und des Grafen Bismarck in der deutschen Bundesreform. Frankfurt a. M., Selbstverlag, 1866. 16 S. 8°. BV- Bb.

Charakterisiert Österreich als Träger volksfeindlichen Geistes und katholischer Reaktion, Preußen als Träger protestantischen Fortschritts und deutsch-nationalen Geistes. Beleuchtet unter diesem Gesichtspunkt den Gang der deutschen Geschichte seit der Französischen Revolution. Zieht man alle der Verwirklichung der deutschen Einheit durch Preußen entgegenstehende Hemmnisse in Betracht, „so wird man keinen Augenblick anstehen können, die Politik des Grafen Bismarck als den Umständen der Zeit angemessen, gerechtfertigt zu finden und ihn selbst für einen wahrhaft großen und weitschauenden Staatsmann zu erklären, der mit seinem Genie unternommen hat, was das ehemalige Frankfurter Parlament bis zur Schmach von Olmütz nicht zu erreichen vermochte, den die Zukunft erst recht wird zu würdigen wissen und der eher den Lorbeer verdient hätte als eine Märtyrerkrone". 1303. Der deutsche Norden unter Preußen. Der preußischen Armee gewidmet Von einem Ungarn. Hamburg u. Leipzig, Schardius, 1866. 24 S. 8°. Allg. Bibl. 2i. VI. 1866. —

Bv

Datiert: Hamburg, im Mai 1866. — Schildert die allgemeine politische Lage, sodann in negativer Beleuchtung die österreichischen, in positiver die preußischen Verfassungsverhältnisse. Bekennt sich grundsätzlich zum Verfassungsstaat auf der Grundlage der Gleichberechtigung aller Stände und gesellschaftlichen Klassen. Preußen ist berufen, sich an die Spitze der deutschen Nation zu stellen. Preußen ist der natürliche Verbündete Ungarns. Schleswig-Holstein muß mit Preußen vereinigt werden, denn je mehr sich Preußen in Norddeutsch936

land ausbreitet, „desto eher kann Preußen in Norddeutschland aufgehen und ein großer Schritt zur Erlangung deutscher Freiheit, Macht und Größe ist geschehen". Die Gasteiner Konvention eröffnete die jetzt zerstörte Hoffnung auf die Einigung zwischen Preußen und Österreich, die dazu berufen waren, unbekümmert um die Legitimitätsinteressen der Kleinstaaten „die vom Augenblicke so sichtlich dargebotene Gelegenheit zur nationalen Reorganisation zu ergreifen und die vielen Stücke deutschen Landes in zwei gleiche Hälften zu teilen". Bei der gegenwärtigen Lage der Dinge muß in Preußen die Rücksicht auf die auswärtige Politik über dem inneren Konflikt stehen. „Innerer Friede", ist das Gebot der Stunde ! Das preußische Abgeordnetenhaus und das preußische Volk müssen auf die Seite der Regierung treten. Für Preußen ist jetzt die Zeit zum Losschlagen gekommen. 1304. v. Roenne, Ein Votum in der Kriegsfrage, dem Wahlkreise Lennep-Solingen gewidmet. Stettin, Léon Saumier, [1866]. 31 S. 8°. Allg. Bibl. 14. VI. 1866. —

Hrv- Kö.

Datiert : Stettin, 22. Mai 1866. — Schildert die gegenwärtige politische Lage. Noch ist es für Preußen Zeit, die Gefahr eines deutschen Bruderkrieges durch entschiedenen Bruch mit der Reaktion, durch offenes „Einlenken in eine liberale und deutsch-nationale Politik, wenn auch nicht ganz zu beseitigen, so doch um ein Bedeutendes zu schwächen und für den Fall, daß er selbst dann unvermeidlich sein sollte, ihn mit starker Hand zu einem für Preußen, für Deutschland heilsamen Siege zu führen". Notwendige Voraussetzung aber hierfür ist, daß die Regierung dem Abgeordnetenhause Rechenschaft ablegt über Motive und Zwecke des Krieges. „Wenn überhaupt, so kann die deutsche Frage nur durch Preußens Initiative gelöst werden. Denn Preußen ist derjenige deutsche Staat, in welchem die Macht deutschen Rechts am reinsten zum Durchbruch gelangt." Eine das deutsche Rechtsgefühl befriedigende Lösung des deutschen Reformproblems ist nur unter der Bedingung denkbar, „daß dieselbe im Wege der freien Vereinbarung mit einer Vertretung der ganzen deutschen Nation erfolge." Zuvor aber muß Preußen im eigenen Lande in eine entschieden liberale Politik einlenken und durch Hinwegräumung des noch vorhandenen feudalistischen und absolutistischen Regierungsapparates Deutschland und der Welt beweisen, „daß es gesonnen ist, der Vorkämpfer der Rechte und der Freiheit der deutschen Nation zu werden". Nur dann kann Preußen wahrhaft groß werden, „indem es von dem Sockel seiner Großmachtsphantasien herabsteigt, sich auf 937

den realen Boden der deutschen Volkskraft stellt und das Werk der deutschen Einheit durch Übernahme einer deutschen Zentralgewalt krönt. . . . Will es Preußen bleiben und zugleich Deutschland erobern, so kann ihm dies nur gelingen, indem es sich im Wege der freien Vereinbarung mit der ganzen Nation an die Spitze eines deutschen Bundesstaates stellt. In Deutschland liegt der Schwerpunkt seiner europäischen Stellung und nicht in ihm selber. . . . Es ist nicht Preußens Mission, eine Großmacht und am allerwenigsten eine reaktionäre Großmacht zu sein." Man gebe dem preußischen Volke sein volles unverkürztes Verfassungsrecht zurück und verzichte auf eine Annexion Schleswig-Holsteins. Jetzt ist der Zeitpunkt da, die deutsche Frage zu lösen, die Eifersucht der habsburgischen Dynastie gegen das Haus Hohenzollern für alle Zeiten zu vernichten und Deutschösterreich für Deutschland zu gewinnen. „Das ganze Deutschland soll unser Vaterland sein!. . . Das preußische Volk muß und wird bereit sein, in einem Kriege Preußens im Bunde mit der deutschen Nation zu dem nach v o r g ä n g i g e m S y s t e m w e c h s e l ausgesprochenen Zwecke der Herstellung eines deutschen Bundesstaates unter preußischer Führung, f a l l s d i e s e s Ziel auf f r i e d l i c h e m 'Wege sich nicht erreichen l a s s e n s o l l t e , Gut und Blut zu opfern." 1305. Preußisch oder Deutsch ? Ein Wort zur Erläuterung meines Verhältnisses zur Mittelrheinischen Zeitung zu den Führern der Fortschrittspartei in Nassau. Von Dr. C. Becker, dem bisherigen Redacteurder Mittelrhein. Ztg. (Wiesbaden, L. E. Riedel), [1866]. 16 S. 8°. Hf-j;

Wi.

Legt dar, wie die von ihm eingenommene entschieden preußenfeindliche, die Neutralität verwerfende Haltung zu seiner Entfernung aus der Redaktion der „Mittelrheinischen Zeitung" durch die Führer der nassauischen Fortschrittspartei geführt hat. Entwickelt seinen politischen Standpunkt in den in der Zeitung selbst nicht mehr zum Abdruck gelangten „Briefen vom Kerkerbach": Das preußische Junkertum will den deutschen Bruderkrieg, es hat Österreich an Italien, Deutschland an Frankreich verraten; es ist gewillt, die Rheinlande an Frankreich auszuliefern. Aber nicht nur vor dem preußischen Junkertum, ebensosehr auch vor der eigensüchtigen, die Nation mißachtenden Hauspolitik der deutschen Kabinette muß die Nation auf der Hut sein. Sie darf nur sich selbst vertrauen. „Wir wollen keinen Krieg, vor allem keinen Bruderkrieg, wir wollen sein ein einiges Volk und wollen Recht und Gesetz und wollen als Organ des Gesamtwillens ein deutsches Parlament. Kein Fußbreit deutscher Erde, kein deut938

scher Volksstamm soll dem Vaterlande entrissen werden, und in Deutschland soll das Volk selbst über sein Schicksal entscheiden. . . . Wir wollen keine preußische Hegemonie, keine preußische Spitze, aber auch keine österreichische, wir wollen keinen neuen Feudalstaat, sondern wollen alle reichsunmittelbar, alle gleichberechtigt sein, wir wollen freiheitliche und friedliche Entwicklung im Bunde aller Staaten unter Bundesregierung mit Parlament." Tritt Preußen das Recht Schleswig-Holsteins noch weiter mit Füßen, „so ist der nationale Krieg gegen Bismarck geboten; und in diesem Kampfe wird das deutsche Volk in Preußen mit zum Vaterlande stehen". 1306. [Baumgarten, Hermann], Partei oder Vaterland? Ein "Wort an die norddeutschen Liberalen. Frankfurt a. M., Mahlau & Waldschmidt, 1866. 16 S. 8°. Bh; ß r a ; He; Kx: Kö; Lv

Mit bloßen Protesten gegen den Krieg wird an dem Lauf unserer Geschicke nichts geändert. Wollen wir tätig das Schicksal der Nation mitbestimmen, „so müssen wir uns vor allem auf den Boden der T a t sachen stellen. . . . Wir wollten dies und das, geworden ist das Gegenteil. Wir wollten friedliche, freiheitliche Entwicklung: jetzt haben wir den Kampf der Waffen um Macht. Wollen wir auch in den Donner der Kanonen unsere Resolutionen über Freiheit und Einheit hineinrufen, die selbst im Schweigen des Friedens nichts vermochten als uns selbst überzeugen ?" Wir Liberalen haben von jeher bei dem Gedanken an einen Krieg zwischen Preußen und Österreich geschaudert. „Denn wir sind die echtesten aller Deutschen, gewissenhaft, bedenklich, gegen die Härte und Schärfe politischer Aktion höchst empfindlich, voll von Idealen, die über die rauhe Wirklichkeit dahinschweben, fast ohne sie nur zu streifen. Graf Bismarck ist weniger feinfühlend und weniger skrupulös. Ihm liegt an der deutschen Frage weniger als uns, aber an der Macht desto mehr, und er hat die Entdeckung gemacht, daß die preußische Macht geknüpft sei an die Schlichtung des unseligen Dualismus zwischen Österreich und Preußen. Darum handelt es sich. Preußen in der Hand des Grafen Bismarck will Österreich diejenige Stellung neben Deutschland geben, welche die Mehrheit des deutschen Parlaments in der Reichsverfassung von 1849 dekretierte, welche der National verein neuerdings als unerläßliche Notwendigkeit erkannte. Der Kampf zwischen Preußen und Österreich, er mag geführt werden, von wem er will, ist heute immer und unter allen Umständen der Kampf um Deutschland. Ob Graf Bismarck oder Herr v. Unruh diesen Kampf auf preußischer Seite Rosenberg, Publizistik. 60

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leitet, das Ziel ist immer wesentlich dasselbe. . . . Die Geschicke großer Staaten erfüllen sich nicht nach der Willkür eines Ministerpräsidenten, sie folgen dem unbeugsamen Gesetze, welches ruht im innersten Kern der in Jahrhunderten gewordenen Staatspersönlichkeit." Tritt der norddeutsche Liberalismus jetzt mit Freuden auf Preußens Seite, trägt er nationalen Schwung und populäre Willenskraft in den Kampf, dann besteht die Chance, daß das siegende Preußen eine wahrhaft liberale und nationale Politik befolge. Verhält er sich dagegen ablehnend und widerstrebend, dann wird das gegen und trotz uns siegende Preußen uns den Fuß des Siegers unbarmherzig auf den Nacken setzen oder aber als von uns verlassenes Preußen dem österreichischen Übergewicht erliegen. Damit aber begänne dann eine Phase allgemeiner Restauration und Reaktion, wobei der Liberalismus und die nationale Reform ihr Ende finden würden. Eine weitere, ja die am meisten wahrscheinliche Möglichkeit aber ist, daß bei einem Abseitsstehen des norddeutschen Liberalismus der Krieg zu einer furchtbaren Erschöpfung Preußens und Österreichs ohne Entscheidung führt. Das aber wäre das Schrecklichste von allem, denn dann wäre Deutschlands Geschick an das Ausland ausgeliefert. „Keine dieser Wendungen könnte eintreten, ohne über uns das schwerste Unheil zu bringen, weder der Sieg Preußens gegen uns, noch der Sieg Österreichs über uns, noch eine Ordnung Deutschlands nach den Geboten und Interessen des Auslandes." Deshalb hinweg mit der Animosität gegen das Bismarcksche Regiment! „Graf Bismarck ist ein Sterblicher, seine Gewalt eine vorübergehende, Preußen aber bleibt und für dieses bleibende, durch alle Verhältnisse auf Deutschland hingewiesene und mit Deutschland unlösbar verschlungene Preußen haben wir uns zu entscheiden." Es handelt sich nicht um die Entscheidung einer vorübergehenden, untergeordneten Frage, sondern um eine Lebensfrage für Preußen und Deutschland. Den Bund Bismarcks mit der. Kreuzzeitungspartei zu sprengen, ist lediglich in die Hand der preußischen Liberalen gelegt. Denn „die Politik, welche Graf Bismarck in Preußen eingesetzt hat, schließt trotz all seinen Versuchen gegen Verfassung und Recht Konsequenzen in sich, welche ihn nötigen werden, sich auf Verfassung und Recht zu stützen". Die norddeutschen Liberalen müssen bei der Lage der Dinge den Parteihader vergessen und sich entschieden auf Bismarcks Seite stellen. 1307. Treitschke, Heinrich v., Der Krieg und die Bundesreform. Abdruck aus dem siebzehnten Bande der Preußischen Jahrbücher. Berlin, Georg Reimer, 1866. 22 S. 8°. Allg. Bibl. 21. VI. 1866. — B1;

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Abgedruckt: Zehn Jahre Deutscher Kämpfe 1865—1874, S. 67ff. Datiert: Freiburg i. B., 25. Mai 1866. — Der Kriegslust, dem fanatischen Haß, dem gemeinen Fanatismus der österreichischen Regierung und der österreichischen Völker gegen Preußen gegenüber sind die unbedingten Friedenswünsche der preußischen Liberalen wenig an der Stelle. Die nationale Losung des Kampfes muß sein: Los von Österreich! „Die Verkettung deutscher und österreichischer Interessen ist das A und 0 unserer staatlichen Leiden. . . . Diese heillose Verbindung zu lösen, ist die Aufgabe des bevorstehenden Krieges." Aus dem Streit um die Herzogtümer ist ein Kampf um Deutschlands Selbständigkeit geworden. Preußens nationaldeutscher Beruf, die Haltlosigkeit des großdeutschen Gedankens treten jetzt klar zutage. Nur noch durch einen schmalen Graben ist Bismarck von dem Nationalvereinsprogramme getrennt. Die Sünden der Bismarckschen Politik, namentlich Bismarcks geringes Verständnis für die sittlichen Kräfte des Völkerlebens sind die Ursache, daß das Volk nicht geschlossen hinter der preußischen Regierung, sondern voll Mißtrauen abseits steht. Die Aufgabe der nationalen Partei außerhalb Preußens ist es jetzt, die preußischen Bundesreformanträge zu unterstützen und mindestens zu verhindern, daß der Krieg zwischen Preußen und Österreich „nicht durch die dynastische Eifersucht der kleinen Höfe zu einem wirklichen Bruderkriege werde." Die Beschlüsse des Frankfurter Abgeordnetentages sind ein hoffnungsvolles Zeichen. In Preußen ist der Krieg unzweifelhaft unpopulär. Entschlossene Änderung des Systems im Innern tut dringend not: unzweideutige Anerkennung des Budgetbewilligungsrechtes der Volksvertretung und Nachsuchung der Indemnität. Erst dann kann der neu zusammentretende Landtag die für den Krieg notwendigen Anleihen bewilligen. Das Ausgabenbewilligungsrecht muß durch ein Gesetz über Ministerverantwortlichkeit ergänzt werden. Der weitere Ausbau der Verfassung bleibe der Zukunft vorbehalten. Zur Erleichterung der Versöhnung müssen der Minister des Innern, der Justizminister und der Finanzminister entlassen werden. Bismarck jedoch muß im Amt bleiben. „Heute, da die ganze Zukunft des Staates auf eirier kraftvollen Aktion nach außen beruht, bedürfen wir des Ministers, der sich als unsere tüchtigste diplomatische Kraft bewährt hat. Er ist, wenn wir unbefangen vergleichen, außer Napoleon III. der einzige Staatslenker der Gegenwart, der große, positive Pläne in der auswärtigen Politik verfolgt." Der neue Landtag hat die Aufgabe, das Vaterland über die Partei zu stellen, die Versöhnung mit der Krone herbeizuführen und die Mittel zur Niederwerfung des österreichischen Erbfeindes zu 60*

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bewilligen. Durch die Verordnung über die Darlehnskassenscheine hat die preußische Regierung zunächst den Konflikt verschärft. „Wir Anhänger Preußens außerhalb der acht Provinzen sind unser eine kleine Schar; doch wären wir hundertmal stärker und stiege ein Gott vom Himmel uns zu helfen — ohne die Herstellung des Landesrechts in Preußen werden wir dem deutschen Volke nun und nimmermehr den Glauben beibringen, daß Preußen es ernst und ehrlich meint mit dem deutschen Parlamente." Wir glauben an die Herstellung des inneren Friedens in Preußen und an einen glücklichen Ausgang des Krieges mit Österreich. „Wir sind zu nüchtern, um von einem glücklichen Kriege die Lösung der deutschen Frage zu erwarten; ein so leichtes Los ist unserem Volke nicht bereitet. Aber wir hoffen auf die Verstärkung der preußischen Macht im Norden und dann auf einen tapferen Schritt vorwärts nach dem Ziele der Einheit Deutschlands. . . In einem Kriege, der diesen Zwecken gilt, wird das Volk treu zu dem schwarz und weißen Banner stehen und einträchtig rufen: Hie Deutschland!" 1308. Was wollen wir? und was will die demokratische Fortschrittspartei? (Rede des Professor Dr. Wuttke, gehalten in der Versammlung am 5. Juni d. J. Halle, Otto Hendel), [1866]. 1 Bl. fol. G.

Ausgegeben vom „Komitee der Konservativen in Halle". — Polemisiert gegen die Fortschrittspartei und bezichtigt sie des Verfassungsbruches und des Vaterlandsverrates. Fordert zur Bewältigimg der gegenwärtigen Schwierigkeiten eine überparteiliche Haltung. „Darum wünschen wir vor allem eine aufrichtige Einigung aller, die es mit der Macht, mit der Ehre und dem 'Wohlstande Preußens wohlmeinen, möge ihre sonstige Auffassung über innerliche Staatseinrichtung auch sehr verschieden sein, willige und vertrauensvolle Unterstützung der Regierung in der kraftvollsten Verteidigung des Landes, Beiseitestellung aller inneren Befehdung der Regierung in Fragen, welche geeignet wären, die Stärkimg der Regierung oder des Heeres zu beeinträchtigen." 1309. Von dem bevorstehenden Kriege. (Rede des Prof. Dr. Leo, gehalten in der Versammlung am 5. Juni 1866. Halle, Otto Hendel), [1866]. 1 Bl. fol. G.

Ausgegeben von dem „Komitee der Konservativen in Halle". — Verbreitet sich über das Versagen des Deutschen Bundes und die 942

Vorgeschichte des jetzigen Konflikts, der gemäß der deutsch-nationalen Mission des preußischen Staates nur durch einen Sieg Preußens über das perfide, mit machiavellistischer List und Tücke arbeitende Österreich gelöst werden könne. 1310. Rede, die Bundesreform betreffend, gehalten in der II. Kammer der sächsischen Stände Versammlung am 5. Juni 1866 vom Abgeordneten Adv. Schreck aus Pirna. Separatabdruck aus den Landtagsmittheilungen. Dresden, B. G. Teubner, 1866. 15 S. 8°. ZV Kö;

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Beschränkt sich auf eine vage Beleuchtung der gegenwärtigen politischen Lage und konstatiert, „daß das Gebaren der deutschen Großmächte in der jetzigen Zeit ein s i t t l i c h - h ä ß l i c h e s S c h a u s p i e l ist und daß in den Büchern unserer Geschichte dieses Verfahren gebrandmarkt werden wird als eine Schmach des 19. Jahrhunderts". Den Sachsen ist die Entscheidung nicht leicht gemacht, denn sie stehen dem österreichischen Staate als dem Sitze der „prinzipiellen Reaktion" ebenso feindlich gegenüber wie der preußischen Regierung im Gegensatze zum preußischen Volke. „Wollen wir nun aber weder österreichisch noch preußisch werden, wollen wir Sachsen bleiben und als Sachsen Deutsche sein, dann bleibt uns nichts übrig als der uns von der Deputation bezeichnete Weg, die Einberufung des deutschen Parlaments." 1 3 1 1 . Österreich und die Völker Österreichs im Jahre 1866. Prag, F. Skrejsoosty, 1866. 16 S. 8°. Kö;

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Datiert: Galizien, im Juni 1866. — Bismarck ist im Begriffe, einen europäischen Krieg vom Zaune zu brechen. Ein solcher Krieg liegt weder im Interesse des preußischen Volkes noch in dem der Völker Österreichs. Die österreichische Diplomatie hat zweifellos versagt. „Man schwärmt bei uns noch immer von einem Berufe in Deutschland, echauffiert sich für fremde Angelegenheiten und vergißt dabei die eigenen Interessen." Österreich braucht einen neuen Minister des Auswärtigen. „Das Ministerium, welches sich zu den Oktobergrundsätzen bekennt, könnte mit Leichtigkeit den Frieden Europas erhalten." Es liegt durchaus im Interesse und namentlich im wirtschaftlichen Interesse der Völker Österreichs, wenn Preußen die Elbherzogtümer sich aneignet. Bismarck will die schleswig-holsteinische Frage zur Lösung des deutschen Problems benutzen. Österreich soll aus dem Bunde geworfen, die Mittel- und Kleinstaaten mediatisiert

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werden. „Er will Herr von Deutschland werden, und um diesen Preis soll Österreich zugrunde gehen; er wird nichts dagegen haben, wenn Rußland seine Grenzen bis an den Balkan ausdehnt und den Orient beherrscht." Österreich kann den Weltfrieden retten, wenn es die Idee des Kongresses akzeptiert. Österreich hat einen Kongreß, der die Verträge Von 18x5 revidiert, nicht zu fürchten. „Seine Stellung darf nicht alteriert werden, weil es der einzige Staat in Europa ist, welcher allen weittragenden ehrgeizigen Plänen und Hegemoniegelüsten einen Damm setzt, weil es in den nationalen Fragen eine versöhnende Stellung einzunehmen berufen ist und eben hierdurch wohl den größten Dienst der Zivilisation leisten kann." In der deutschen Frage ist es das Ersprießlichste, unter Begrabung der österreichischen und preußischen Hegemoniegelüste Deutschland sich selbst zu überlassen. Österreich und Preußen müssen aus dem Deutschen Bunde austreten, da keine der beiden Mächte der Aufgabe der Einigung Deutschlands gewachsen ist. 1312. Österreich gegenüber Preußen und Deutschland in den Jahren 1848—1858. Geschrieben Ende 1858. (Abdruck aus der „Berliner Revue".) Berlin, Paul & Co, 1866. 47 S. 8°. Allg. Bibl.

9. VIII.

1866. —

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Herausgegeben vom Preußischen Volksverein. — Kritische Beleuchtung der österreichischen Bundespolitik. Wendet sich mit Schärfe gegen die österreichischen Hegemoniebestrebungen und gegen die Bestrebungen auf Schaffung eines mitteleuropäischen Handelsreiches. Betont den Gegensatz des österreichischen Staatsinteresses und des deutschen Nationalinteresses. „Der deutsche Konstitutionalismus muß eine Wahrheit werden, nicht durch eitle Opposition gegen die Staatsmacht, sondern indem er derselben die Bedürfnisse des Volks kennen lehrt, freimütig und männlich der öffentlichen Meinung Ausdruck gibt und Beachtung erringt. Die politische Form bestimmt Geist und Gemüt der Nation. . . . Deutschland ist es vorbehalten, den modernen Staat zu seiner Entwicklung zu führen. . . . E i n i g u n g ist die große Aufgabe Deutschlands, Einigung auf der Grundlage seiner e i g e n e n staatlichen und nationalen Kräfte, aus seinem ureigenen Wesen heraus. . . . Nicht Österreich, Preußen ist der Staat der deutschen Hoffnung, das Ferment der deutschen Zukunft. Diesen Beruf kann Preußen nicht aufgeben, Deutschland nicht vergessen. In Preußen und nur in Preußen wird das Geschick Deutschlands entschieden." 944

1313. Roßmäßler, E. A., Unsere Lage. Ein ernstes Wort an das deutsche Volk und dessen Fürsten. Leipzig, Priber, 1866. 14 S. 8°. Allg. Bibl. 21. VI. 1866. — Bx; Br2; D1; G; Br1;

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In 2 unveränderten Auflagen! — Die gegenwärtige Lage wird von dem Gegensatz der Fürstenpartei und der Volkspartei beherrscht. Die Volkspolitik des vertrauensvollen Gewährenlassens hat der Fürstenpartei zum Siege verholfen. Der bevorstehende „scheußliche" Krieg ist ein Werk der Fürstenpartei. Die Parole der Volkspartei lautet heute nicht Einheit, „sondern Freiheit unter einer von einem frei gewählten Parlament geschaffenen Bundesgewalt. Man will keine zentralistische Einheit auf Kosten der Freiheit. . . . Es steht vollkommen in Eurer Hand, Ihr deutschen Fürsten, die preußischen Pläne scheitern zu machen, indem Ihr Euren Völkern die Freiheitsrechte ungeschmälert gebt und von Eurer Macht so viel abtretet, als notwendig ist, um Deutschland dem Auslande gegenüber einig und stark erscheinen zu lassen." 1314. Die Bundesreformfrage und die Stellung der conservativen Partei in Preußen zu derselben. Verhandlungen des Vereins der Conservativen im 2. Berliner Wahlbezirk. Berlin, Uthemann & Müller, 1866. 20 S. 160. Bt:

Bt.

Den Hauptinhalt bildet eine Rede des Vorsitzenden Prof. G l a s e r . Will nachweisen, daß der preußische Bundesreformantrag sich durchaus organisch der seit mehr als zwei Jahrzehnten betriebenen preußischen Bundesreformpolitik einfügt. Bismarcks Antrag auf Berufung eines Nationalparlaments ist kein taktischer Schachzug, sondern vom Beginn seiner Ministerschaft ab ein leitender Gedanke seiner Politik, der dem Geiste der preußischen Geschichte völlig entspricht. „Preußen hat immer dem deutschen Volke eine Stimme sichern wollen bei der Ordnung seiner Angelegenheiten." Erklärt sich für das allgemeine, gleiche, direkte Wahlrecht, bei dem der Konservatismus nichts zu fürchten, ja wahrscheinlich nur zu hoffen habe. Der Konstitutionalismus wird dadurch nicht gefährdet. Zwischen der preußischen Bundesreformpolitik und der Innenpolitik besteht kein Widerspruch. „Unsere Regierung bekämpft im eigenen Lande nicht die Repräsentation des Volks, sondern die Omnipotenz, die Allmacht der Repräsentation, diese Allmacht wird sie auch bei der Repräsentation in Deutschland niemals befürworten." Die deutsche Frage muß jetzt endlich gelöst werden; Preußen muß seine Rechte wahren, selbst auf die Gefahr eines „Bruderkrieges" hin. 945

1315. Mommsen, Th., An die Wähler der Stadt Halle und des Saalkreis. Leipzig, Otto Wigand, 1866. 4 S. 40. Bv

Datiert: Berlin, 11. Juni 1866. — „Handelte es sich in der abgelaufenen Wahlperiode um die Existenz der preußischen Verfassung, so steht in der gegenwärtig beginnenden diejenige des preußischen Staats selbst auf dem Spiel." Trotz mancher unzweifelhafter Erfolge der Bismarckschen Politik ist „die Erbsünde, mit der diese Politik behaftet war, eine Sache des Volkes nicht mit dem Volke und nicht durch das Volk durchführen zu wollen", ihr natürlich geblieben. „Eine solche Politik mag in gewissem Sinne das Rechte wollen, auch geschickt und energisch genannt werden können; aber sie ist weder groß, noch redlich, noch besonnen." Nicht einmal ein Personen- und Systemwechsel wird den Krieg abwenden können. Kommt es wirklich zum Kriege, so muß das Abgeordnetenhaus die Mittel bewilligen, die den Sieg verbürgen. „Der Krieg mit Österreich ist kein Bruderkrieg. . . . Dieser Krieg ist da und nur die Waffen können ihn entscheiden. Aber der Krieg mit Deutschland ist noch nicht da und darf nicht sein; ihn zu vermeiden, und wenn er nicht mehr völlig vermieden werden kann, ihn zu beschränken, ist eine so unbedingte Notwendigkeit, daß dafür kein Preis zu hoch ist." Das zu berufende deutsche Parlament muß die schleswig-holsteinische und die Einheitsfrage endgültig entscheiden. „Österreich gegenüber steht die letzte Entscheidung unvermeidlich auf der Spitze des Schwertes; a b e r D e u t s c h land kann von Preußen nur geeinigt, nicht erobert werd e n ; ein solcher Sieg wäre nicht der Anfang der deutschen Einheit, sondern das Ende vor dem Anfang. Von beiden Seiten erkennt man es, daß die Entscheidung zwischen Preußen und Österreich bei der deutschen Nation steht." Die Hoffnung und Zukunft Deutschlands ruht auf dem Durchhalten der großen liberalen Majorität in Preußen in dem Kampfe gegen den Absolutismus. Auch im gegenwärtigen Moment darf die preußische Volksvertretung die Volksrechte nicht preisgeben, wenn sie auch der Regierung alle zur Kriegführung notwendigen Mittel bewilligen muß. „Ich kann absehen von der Opposition gegen die Personen, in der Sache nachzugeben ist nicht möglich. Dabei weiß ich sehr wohl, daß für jetzt weniger die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Rechte der Landesvertretung verlangt und erlangt werden kann, als die Zusicherung, daß dieselben auch tatsächlich in Zukunft anerkannt werden sollen."

946

1316. Herr v. Beust — oder Sachsen ? Ein Wort in der letzten Stunde! Geschrieben am Abend nach der Bundesabstimmung. Leipzig, 1866. 15 S. 8°. Bs; D2; L2.

Geschrieben: Dresden, 14. Juni 1866. — Durch den Bundestagsbeschluß ist der Bund in seiner bisherigen Form gesprengt. Sachsen vor allem wird die Zeche bezahlen müssen. „Dem wahnsinnigen Ehrgeiz des Herrn v. Beust im Solde Österreichs" ist dies zuzuschreiben. Eine „verständige" Politik wäre gewesen, wenn Sachsen in dem unvermeidlichen Kampfe der beiden Großmächte eine neutrale Stellung proklamiert hätte. Siegt Preußen, was sehr wahrscheinlich ist, so ist Sachsen ruiniert oder wird zu einer preußischen Provinz. Schildert in gehässiger Weise Beusts politische Tätigkeit in den letzten 17 Jahren. 1317. Preußisches Staatsbürgerbüchlein. Bearbeitet und herausgegeben von Max Moltke. Leipzig, Albert Fritsch, 1866. 148 S. 160. Bf

Vorwort datiert: Leipzig, 15. Juni 1866. — Enthält Textabdruck der preußischen Verfassungsurkunde und einer Reihe von zugehörigen Verordnungen. Das Vorwort verbreitet sich über die Bedeutung des Art. 118 der Verfassung. Durch ihn ist „die Einverleibung und Unterordnung Preußens, und zwar Gesamtpreußens, in und unter einen neu geschaffenen, zwischen Völkern und Fürsten neu vereinbarten Deutschen Bund grundsätzlich und staatsgrundgesetzlich ausgesprochen, und zur Ausführung dieser Bestimmung, somit auch zur Durchsicht, Verbesserung und teilweisen Wiederherstellung der preußischen Verfassimg hat jetzt die preußische Regierung durch ihren Entwurf einer deutschen Bundesreform sowie durch ihren Antrag auf Einberufung eines deutschen Parlaments sowohl dem preußischen als deutschen Volke die Hand geboten." Dieser Lage der Dinge gegenüber müssen die Urwähler, Wahlmänner und Volksvertreter Preußens ihren Widerstand gegen die Regierung aufgeben und dafür sorgen, „daß der nächste preußische Landtag der Welt ein großartiges Schauspiel der Versöhnimg, der Eintracht zwischen König und Volk gewähre und daß er sich fühle und gebare als das, was er sein kann, wenn er nur will: als berufenstes deutsches Vorparlament!" 1318. Was muß Preußen thun zu Deutschlands Rettung ? (Hamburg), J. S. Meyer [1866]. 1 Bl. fol. Hv 947

Datiert: Hamburg, Sonntag, den 17. Juni 1866. — Durch die preußische Initiative ist zum Segen und Heile Deutschlands die Bundesakte vernichtet worden. „Schiffahrt, Handel, Landbau, Gewerbe, welche länger als 50 Jahre unter ihrem erdrückenden Systeme geseufzt haben, harren der Befreiung aus schmachvollsten Fesseln!" In Anbetracht der militärischen Überlegenheit Österreichs und seiner Bundesgenossen und in Anbetracht der Tatsache, daß Preußens Niederlage gleichbedeutend wäre mit dem Untergange Deutschlands, muß Preußen „seinen einzigsten Bundesgenossen zu sich rufen und auf seine Seite bringen . . . das deutsche Volk". Zu diesem Zwecke muß der König von Preußen den Titel „Beschützer von Deutschland" annehmen, das Reichswahlgesetz von 1849 proklamieren und ein deutsches Parlament nach Berlin berufen, sämtlichen deutschen Regierungen die sofortige Vornahme der Wahlen anbefehlen und „sofort diejenigen deutschen Fürsten suspendieren, welche diesem Befehle nicht Folge leisten. . . . Die Selbständigkeit Deutschlands nach außen hin, das Dasein der deutschen Nation darf nicht vernichtet werden, das Vaterland nicht aufs neue gedemütigt werden für das eingebildete Glück einer Anzahl kleiner Despoten. Das Vaterland, befreit von seinem faulsten Kerne — Österreich, bedarf eines Oberhauptes und Beschützers." 1319. Preußen und seine Bedeutung für Deutschland. Auflage. Hamburg, Otto Meißner, 1866. 68 S. 8°. Allg. Bibl. 26. VII. 1866. — Bi;

Br2; G; Hx: Kx;

Zweite

T.

Vorwort datiert: Hamburg, 18. Juni 1866. Geschrieben vor dem 14. Juni. — Leitet aus einem Rückblick auf die Geschichte des preußischen Staates Preußens Beruf zur Hegemonie in Deutschland ab. Mit den gegenüber Schleswig-Holstein geltend gemachten Forderungen hat Preußen in praktischer Weise einen Weg zur Reform der Bundesverfassung betreten. Deutschland muß in Preußen aufgehen und dadurch zugleich Preußen in Deutschland umgewandelt werden. Gegen das „demokratische" Programm: Durch Freiheit zur Einheit! Zentralgewalt und Nationalparlament! Preußen setze einfach „seine wirkliche Macht an die Stelle der imaginären des Bundestags. In der Macht, wenn sie sittlichen Zwecken dient, liegt das wahrhafte, göttliche Recht. . . . Preußen soll naturgemäß erst dann sterben, wenn es zu Deutschland geworden ist." Anschluß an Preußen muß die Parole der Mittel- und Kleinstaaten sein. Die Sicherung der Freiheit im Innern und der Ausbau der Verfassung muß nach erreichtem Ziele (Einheits- oder Bundesstaat) erfolgen. 948

1320. Gottschalk, Dr. jur., Bismarck's Bundesreform-Vorschläge. Ein Mahnwort an das deutsche Volk im Allgemeinen und an den preußischen Stamm insbesondere. Mannheim, Schneider, 1866. 24 S. 8°. Allg. Bibl. 28. VI. 1866. —

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Kursorischer Rückblick auf den Gang der deutschen Geschichte seit 1815, die erfüllt sei von dem Kampfe gegen das deutsche Volk und indirekt gegen das gesamte deutsche Vaterland. Die Devise der Bismarckschen Politik war von jeher: „Das Abgeordnetenhaus sollte raten, aber nicht beschließen dürfen oder doch nur dann beschließen dürfen, wenn der Beschluß das Interesse der Regierung nicht gefährdete." Bismarck ist „zwar einer scheinnationalen Idee, aber keiner nationalen Tat fähig." Das deutsche Volk braucht Bismarck nicht zu fürchten, denn „die Regierungen bedürfen heute mehr der Völker als die Völker der Regierungen". Die Bismarckschen Bundesreformanträge sind nur der Köder, der von der preußischen Regierung Deutschland hingeworfen wird, um es anzuspornen, für ihre Zwecke in den Krieg gegen Österreich zu ziehen. Bismarck ist der Repräsentant eines verderblichen Regierungssystems, „welches eher zu einem russischen Despotismus als zu einer freiheitlichen und einheitlichen Gestaltung Deutschlands führen muß". Vor der Beratung über die Bundesreform muß das Volk von den Regierungen folgende Bürgschaften fordern: „ 1 . Beseitigung des innern und äußern Krieges (mit Österreich). 2. Allgemeine Volksbewaffnung und Organisierung der Jugendwehr. 3. Schaffung einer Reichsarmee, um im Falle der Widerspenstigkeit der einen oder andern Regierung den Beschlüssen des deutschen Volkes zu gehorchen, solche dazu zwingen zu können. 4. Einberufung des deutschen Parlaments auf Grundlage der Wahlordnung von 1849." 1321. Lietz, M., in Marienau, früheres Mitglied des Hauses der Abgeordneten, Das konstitutionelle Prinzip und das Staatsinteresse von Preußen. Stettin und Elbing, Léon Saumier, 1866. 16 S. 8°. Bi;

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Fordert aus staats- wie parteipolitischen Erwägungen die vorbehaltlose Bewilligung der Kriegskredite, weil die Vorenthaltung derselben lediglich dem Feinde zugute kommen und das Ministerium Bismarck bei der Lage der Machtverhältnisse doch nicht zu Fall bringen würde. Fordert von der liberalen Partei eine den Umständen angepaßte labile Taktik. „Was uns not tut, ist nicht die wiederholte Anerkennung unserer Rechte auf dem Papier, sondern die Einführung derselben in das Leben." Warnt vor einer Überschätzung des Prin949

zips der Ministerverantwortlichkeit. Eine Häufung praktisch wirkungsloser Mißtrauensvoten führt zur Lächerlichkeit, zur Diskreditierung der Repräsentatiwerfassung überhaupt. Solange die N a t i o n aus dem passiven Widerstande nicht heraustritt, ist der vollständige Sieg der Regierung gewiß. „Nicht wählen, nicht zahlen, n i c h t b e w i l l i g e n , genügen nicht, eine R e g i e r u n g zu s t ü r z e n . . . Nur das Bewußtsein, daß eine Nation das Landesgesetz aufrecht zu erhalten die Macht und den Willen hat, vermag eine böswillige Regierung innerhalb der gesetzlichen Schranken zu halten . . . Die Volksvertretung ist die Hüterin der öffentlichen Freiheit, nicht die Beschützerin derselben. Ihr Ruf kann nur der Nation die drohende Gefahr verkünden, nicht auch die Gefahr beseitigen." 1322. Rüge, Arnold, An die deutsche Nation. Manifest. Hamburg, Otto Meißner, 1866. 8 S. 8°. [Kopftitel.] B7; G; Hx; Ki2; MT;

T.

Datiert: „Den 23. Juni 1866 (vor dem Erfolge)". Auflagenhöhe: 40000 Exemplare! Wiederabgedruckt in Rüge: Ans Volk und an Politiker. Zur Förderung des Umschwungs seit 1866. Berlin 1869. S. 9 ff. — „Folgen wir nicht der Laune, nicht dem Ärger, sondern der Vernunft. Wer ihn uns auch bereitet hat, diesen Krieg, den wir brauchten, nehmen wir ihn auf — den Krieg gegen Österreich und den Bund, den Krieg der Einheit gegen die Zerrissenheit, den Krieg der Nation gegen die Fürsten, die Deutschland zerstört haben und sich seiner Wiedergeburt widersetzen, den Krieg der Freiheit gegen diese abergläubischen Barbaren und gegen diese köpf- und herzlosen Separatisten, diesen Krieg zur Befreiung dreier Völker, der Deutschen, der Italiener und der Ungarn." Die militärischen Siege müssen durch ein Parlament in Berlin sanktioniert werden. „Die Abschaffung der alten Ordnung und die Einrichtung der neuen muß das Parlament beschließen." Der deutsche Einheitsstaat mit Ausschluß Österreichs ist das Ziel. „Schreit nicht gegen Großpreußen. Das ist eine Dummheit. Großpreußen hört auf, Preußen zu sein und wird Deutschland. Großpreußen, wenn nur groß genug, ist Deutschland, und es ist es um so mehr, da schon Kleinpreußen es eigentlich ist." „Die Vereinigung der gleichartigen deutschen, der außerösterreichischen Länder des Reichs, das ist das Beste. Sollte aber Österreich zerfallen durch die Befreiung Ungarns, so wäre der Anfall Deutschösterreichs für Deutschland eine Bürde und sein Anschluß eine Gefahr, man müßte sich jedoch in das Unvermeidliche fügen." Österreich darf nicht zugrunde gehen, aber es muß sich in ein Donaureich verbündeter und freier Völker ver-

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•wandeln. Die Aufgabe des deutschen Parlaments ist die Begründung •eines einigen Deutschland, der Kampf gegen die deutschen Fürsten, die Beseitigung ihrer Souveränität. 1323. [Henneberg, Friedrich], Wieder vor den deutschen Wahlen. Betrachtungen und Mahnungen eines Deutschen aus den Kleinstaaten an seine deutschen Mitbürger gegen den Krieg und für die Begründung einer wahren gesammtdeutschen Freiheit. Gotha, Stollberg, 1866.31S. 8°. Allg. Bibl. 9. VIII.

1866. — Bs;

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Kö.

Das deutsche Bürgertum darf in dem bevorstehenden Kriege, den das Volk nicht will, weder der Parole Österreichs noch Preußens folgen, da beiden Mächten Deutschland nur die Herrschaftsbasis liefern soll. Das deutsche Bürgertum muß sich auf sich selbst verlassen. Das preußische Bürgertum muß voranschreiten ,,im Marsche des Rechts für ein einiges freies Deutschland, indem es die ewigen Grundpfeiler der Menschlichkeit und Wahrheit wieder aufrichtet, die letzten Reste des G r o ß p r e u ß e n t u m s entschlossen hinter sich wirft Tind erklärt, daß Preußen a u f g e h e n w i l l in D e u t s c h l a n d mit seiner unverlierbaren preußischen Geschichte. . . . Das ist die preußische Spitze, das ist die preußische Initiative, das ist die preußische Hegemonie! . . . Und das und n u r das muß die Fahne sein, unter welcher die wackeren Preußenherzen in die Wahlschlacht ziehen." Das preußische Bürgertum muß den inneren Verfassungskonflikt als einen deutschen auffassen lernen und sich die Aufgabe stellen, „brüderlich mit dem Bürgertum des übrigen Deutschland auf der Neugestaltung des unauflöslichen deutschen Bundes in der Weise zu bestehen, daß unter gründlicher Beseitigung des jetzigen Systems und Gewährleistung für seine Nimmerwiederkehr sich die preußische Regierung zur Übernahme der Zentralgewalt in einem deutschen Bundesstaate mit Parlament nach den Grundlinien der deutschen Reichsverfassung von 1849, vorbehaltlich deren Revision, mit Ausschluß von Österreich bereit erkläre". Darum jetzt Sturz des Ministeriums Bismarck unter Akzeptierung seines Bundesreformantrages! In Schleswig-Holstein Verzicht auf Annexion und Einsetzung des Herzogs Friedrich! Die Preußen müssen jetzt wählen gegen den Krieg und für Begründung einer wahren gesamtdeutschen Freiheit. Kommt der deutsche Bundesstaat durch Preußen zustande, so muß dieser zu dem österreichischen Gesamtstaate in ein Bündnis treten. „Das ist dann der u n a u f l ö s l i c h e deutsche Bund, der bestehen bleibt neben dem deutschen Bundesstaate.. . . Für den B u n d e s s t a a t bleibt das P a r l a m e n t die einzige rechtsbegründete Macht zum 951

Schaffen; für den völkerrechtlichen Bund wäre eine Delegierten Versammlung von Mitgliedern des Parlaments, des wieder zu berufenden Reichstags und der ungarischen Landtage ein b e r e c h t i g t e r G e danke." 1324. Schwarz, Otto, Darf das Abgeordnetenhaus die zur Kriegführung nöthigen Gelder der Regierung verweigern ? Berlin, S. Mode, 1866. 14 S. 8°. Allg. Bibl. 12. VII. 1866. —

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Datiert: Berlin, 27. Juni 1866. — „Das aufgelöste Abgeordnetenhaus war die wahre Vertretung unseres Volkes. . . . Seine Forderungen waren und sind in der Verfassung begründet. Für unser selbstbewußtes und gebildetes Volk ist auf die Dauer einzig und allein das parlamentarische Königtum die Bedingung für die staatliche Wohlfahrt." Zur Zeit aber ist die auswärtige Politik wichtiger als der innere Konflikt. Vor dem Ausbau der Verfassung muß der S t a a t erhalten, gestärkt und gegen Österreich verteidigt werden. ,,In der auswärtigen Politik bin ich mit dem Abgeordnetenhause seit dem 1. Februar 1864 n i c h t einverstanden. Der Übergang über die Eider ist für Preußen der Übergang über den Rubikon. Es muß seitdem eine selbständige deutsche Politik verfolgen." Bismarck hat das Verdienst, die geschichtlich begründete Notwendigkeit des Kampfes gegen Österreich, das nun einmal der Hort der Reaktion und das Hemmnis der deutschen Zukunft ist, erkannt zu haben. Durch die Vernichtung des deutschen Bundestages, die Proklamierung des allgemeinen und direkten Wahlrechtes, die Verheißung einer deutschen Nationalversammlung und den Kampf gegen Österreich hat Preußen geschehenes Unrecht wieder gutgemacht. Die Ausschließung Österreichs aus Deutschland, „das ist die Bedeutung des 14. Juni 1866. Deshalb stehe ich in dieser größten aller politischen Fragen der Gegenwart auf der Seite unserer Regierung. Deshalb muß ich auch die Mittel billigen, welche die Erreichung des Zweckes gewährleisten." Das neue Abgeordnetenhaus muß auch ohne Ministerwechsel die Kriegskredite bewilligen. Die Regierung muß das Budgetrecht anerkennen, das Abgeordnetenhaus die Armeeorganisation genehmigen, zumindest aber muß die Lösung des Konflikts bis nach siegreicher Beendigung des Krieges verschoben werden. In großen Krisenzeiten steht der Staatsgedanke über dem Parteikampf. „Wir s i n d der S t a a t . Durch unser kräftiges und nachhaltiges Eingreifen erweisen wir nicht etwa der Regierung einen Gefallen, den wir auch nicht zu erweisen brauchen, s o n d e r n w i r r e t t e n uns s e l b s t und begründen uns selbst eine unser würdige Zukunft." 952

5. Zeitschriftenübersicfit. 1325. Auf die Zuspitzung des preußisch-österreichischen Machtgegensatzes zur deutschen Krisis und auf die Bismarcksche Bundesreformaktion haben die konservativen Zeitschriftenorgane in Preußen mit bemerkenswerter Verschiedenartigkeit reagiert. Unter Zurückstellung legitimistischer Bedenken haben die seit Anfang 1864 in Berlin im Selbstverlage des Herausgebers J. C. Glaser, Professors der Staats- und Kameralwissenschaften an der Universität Berlin, als Monatsschrift erschienenen „Jahrbücher für Gesellschafts- und Staatswissenschaften" (BJ, ähnlich wie die „Berliner Revue" (vgl. Nr. 1100, 1145), vom Ausgange des deutsch-dänischen Krieges ab die Gewinnung der Elbherzogtümer für Preußen gefordert und sich zum Anwalt einer tatkräftigen preußischen Machtpolitik gemacht, deren nächstes Ziel Preußens Aufstieg zur Seemacht sein müsse (vgl. Nr. 1099, 1150, 1194, 1270). Hatten sie dabei im Hinblick auf die Machtschichtung in Deutschland und im Interesse der konservativen Solidarität auch für die Fragen der Bundesreform der friedlichen Verständigung zwischen Preußen und Österreich das Wort geredet, so bedeutete diese Stellungnahme für sie doch keinen unantastbaren Glaubensartikel. Als sich vielmehr zunehmend erwies, daß Österreich die preußische Machtausdehnung im Norden aller Voraussicht nach gutwillig nicht zulassen werde, da haben die „Jahrbücher" bereits im Januar 1866 in ihrem „Rückblick auf die Ereignisse des Jahres 1865" das offene Bekenntnis abgelegt: „Es gibt gewisse Dinge, welche zustande kommen müssen, wie groß auch die Schwierigkeiten sind, die sich denselben entgegenstellen. Dahin gehört auch Preußens Erhebung zur Seemacht, welche nicht bloß ein preußisches, sondern ein deutsches und selbst ein europäisches Interesse ist und ohne ein Vorschieben desselben an die Nordsee nicht möglich ist. Möglich, daß dieses Ziel nicht erreicht werden kann, ohne daß die bewaffnete Macht in Bewegung gesetzt wird; aber ein wahrhaft preußischer Staatsmann wird, wenn ihm andere Mittel nicht mehr übrig bleiben, auch vor dem Gedanken eines Krieges keine Gänsehaut bekommen"(Bd. 5, S. 81). Noch im April jedoch haben die „Jahrbücher" mit Nachdruck betont, daß, so wesentlich auch die Interessen Preußens und Österreichs einander entgegenstehen, diese doch keineswegs unvereinbar seien, „so daß sie notwendig durch Waffengewalt ausgetragen werden müßten." Im Gegenteil, schon in ihrem Verhältnis zu den Mittelstaaten selbst liege ein Moment der Einigung. Sollten jedoch durch die Aufrichtung eines selbständigen Schleswig-Holstein die Einheitsbestre953

bungen auf den Weg der Revolution gedrängt werden, so könnte der preußische Staat dadurch zu einem Bündnis mit der Fortschrittspartei genötigt werden. „Niemand kann einen solchen Ausgang der Dinge weniger wünschen als Österreich und die Mittelstaaten; denn ihre Tage würden dann aller Wahrscheinlichkeit nach gezählt sein" (Bd. 5, S. 289 ff.). Es ist der preußische Antrag auf Reform der Bundesverfassung, der im Mai- und Juniheft im Vordergrunde der politischen Diskussion steht. Die „Jahrbücher" haben diesen Antrag, da er „eine Reform auf konservativem Wege" anstrebe, mit freudiger Genugtuung begrüßt, zumal nach ihrer Auffassung „nur ein aus unmittelbaren Wahlen hervorgegangener und mit entscheidenden Rechten ausgestatteter Repräsentativkörper" ein genügendes Gegengewicht gegen den Partikularismus zu bilden vermöge. Daß Preußen trotz der zu erwartenden Ablehnung des Antrages durch Österreich und einen Teil der Mittelstaaten den Plan, „eine Reform der Bundesverfassung herbeizuführen, nicht aufgeben, sondern wenigstens die Staaten, welche zur Begründung einer bundesstaatlichen Gemeinschaft bereit sind, diesmal zu einer solchen vereinigen wird, läßt sich als selbstverständlich annehmen. Es darf, wenn es daran gehindert wird, zur Aufrechthaltung seiner Politik auch einen Waffengang nicht scheuen; ein Zurückziehen vor den Drohungen Österreichs wäre ein zweites Olmütz und ein schlimmeres als das erste" (Bd. 5, S. 385 ff.). „Der Parlamentsscheu der Konservativen entgegenzutreten und für den preußischen Vorschlag vom preußisch-konservativen Standpunkt eine Lanze zu brechen", war der Zweck der im Juniheft veröffentlichten „Parlamentsgedanken eines Politikers a . D . " (Bd. 5, S. 483ff.). Wenn auch, wie der anonym bleibende Verfasser in bemerkenswerten Ausführungen darlegte, das Endergebnis des Konstitutiönalismus der „Majoritätenterrorismus" sei, so würde es doch ein verhängnisvoller Fehler sein, die Herrschaft des Konstitutionalismus in den deutschen Einzelstaaten zu ignorieren und die Augen vor der Tatsache zu verschließen, daß der Liberalismus eine Macht und seine Ausrottung unmöglich geworden ist, „weil die Partikularisten in ihrer Todesangst denselben fördern. Demgegenüber gibt es nur ein Mittel: Mobilisierung und Organisation des Liberalismus gegen den Partikularismus" durch Berufung eines allein maßgebenden Organs der öffentlichen Meinung in Gestalt eines Bundesparlaments auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts, denn dies Parlament soll „ein Organ der Nation, nicht aber eine Redeübungsschule der Bourgeois und der diesen eng verbundenen Professoren sein. Durch Zensus, indirekte Wahlen, öffentliche Stimmgebung und ähnliche Mittel arbeitet man 954

bloß dem Einfluß der besitzenden Mittelklasse, welche sich so gern auch die gebildete nennen hört, in die Hände. Der Grundfehler des preußischen, wie der meisten übrigen deutschen Wahlgesetze liegt darin, daß sie lediglich darauf abzielen, Bourgeoiskammern zusammenzubringen. Dies ist nicht zufällig, sondern steht in enger Verbindung mit der sozialen Bewegung, welche auf die absolute Herrschaft der Bourgeoisie und des mobilen Vermögens hinausläuft. In ihr liegt die eigentliche Gefahr für die konservativen Interessen, für die Monarchie, die christliche Religion, für deutsche Sitte und Kultur." 1326. Das 1865 in einer Auflagenhöhe von 2000 Exemplaren erschienene „Volksblatt für Stadt und Land zur Belehrung und Unterhaltung" (BJ, das bereits beim Eintritt in den Krieg gegen Dänemark gegen den doktrinären Legitimitätsstandpunkt Ludwig v. Gerlachs Front gemacht (vgl. Nr. 1022) und nach beendigtem Feldzuge der robusten Auffassung M a r c a r d s (Gesch. Monatsbericht vom 12. X. 1864) Raum gegeben hatte, wonach „über die künftige Lage der Herzogtümer lediglich nach dem Rechte des Siegers und nach der politischen Zweckmäßigkeit" entschieden werden müsse, während der Herausgeber N a t h u s i u s betonte, daß die Frage des ferneren Schicksals der Elbherzogtümer nur dann ein lebhaftes und allgemeines Interesse erregen könne, „wenn es m i t g u t e m G e w i s s e n m ö g l i c h wäre, sie mit P r e u ß e n zu vereinigen" (23. XI. 1864) — hat bis zum Frühjahr 1866 dem einigen Zusammenstehen von Österreich und Preußen das Wort geredet und noch am 28. III. 1866 das „Schreckenswort" von der kriegerischen Machtlösung des preußisch-österreichischen Machtgegensatzes weit von sich gewiesen. Während das „Volksblatt" noch am 31. III. erklärte, „daß uns selbst Teile von Oberschlesien und Glatz kein zu hoher Preis dünken würden für eine dauernde Erhaltung der Bundesgenossenschaft, an der für Deutschland geradezu alles, nach innen und außen gelegen ist, w e n n sich eine andere Lösung nicht finden ließe", hat es am 14. IV. in einer am 5. IV. abgefaßten Auslassung, pochend auf Preußens „deutsche Mission", bekannt, daß der Erwerb der Elbherzogtümer mit der Existenzfrage Preußens gleichbedeutend sei, gleichzeitig jedoch an Preußen die Mahnung gerichtet, seine bevorzugte Lage in Deutschland nicht zu „mißbrauchen", indem es versuche, Österreich aus Deutschland hinauszudrängen. „Österreich seine w a h r e und nur zu sehr vernachlässigte Mission als des deutschen Österreichs mit Ernst und Sicherheit, ohne glücksritterliches Umherfahren erfüllend; — von Preußen dabei in Deutschland gedeckt und gestützt; — die Zukunft des übrigen nur mit der R o s e n b e r g , Publizistik.

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schonendsten Hand in seiner zeitweiligen Existenz anzurührenden Deutschlands den weiteren Führungen Gottes, die es unter s o l c h e r Kombination ruhig erwarten darf, anheimgegeben; — das ist das einzige Programm, in welchem wir politisches Heil sehen, und das unablässig zu predigen wir für die Aufgabe aller Wohldenkenden ansehen." Es war der Verfasser der „Geschichtlichen Monatsberichte", der die Friedensschalmeien des „Volksblattes" durchkreuzte, indem er in der gleichen Nummer die These vertrat, daß, wenn ein preußischösterreichischer Krieg auch unbedingt verhütet werden müsse, doch jede Möglichkeit ihre Grenze habe, „und diese ist für Preußen dann erreicht, wenn Österreich fortfährt, dahin zu wirken, daß aus den Herzogtümern, deren Schutz doch immer Preußen zur Last fallen würde, ein unabhängiger Staat, zumal unter dem in so bedenklichen Abhängigkeiten stehenden Hause Augustenburg, gemacht wird". M a r c a r d war es auch, der, diesmal mit ausdrücklicher Zustimmung der Redaktion, die stärksten Bedenken gegen den preußischen Antrag auf Berufung eines deutschen Bundesparlaments geltend machte (14. IV. und 5. V.), dessen Annahme notwendig zu einem Kampfe auf Tod und Leben führen müsse, zu einem Kampf „zwischen einem einigen Parlament und einer in sich schwerlich einigen Zentralgewalt, der günstigstenfalls mit einer Vernichtung des Parlaments oder einem Rücktritt Preußens enden, sonst aber wer weiß wohin führen könnte... Wie deshalb aus derselben Hand, die in Preußen den unberechtigten Parlamentarismus so kräftig niedergedrückt hat, ein deutsches Parlament mit allgemeinen und direkten Wahlen kommen kann, ist uns schlechthin unverständlich". Der sich überstürzende Gang der Ereignisse hat das „Volksblatt" in rascher Wendung zu begeisterter Kriegsbejahung hinübergeführt. Gottlob, daß die Würfel gefallen sind, so ruft der Leitartikler vom 27. VI. aus. „Wir dürfen froh sein, daß unsere Regierung, Schritt vor Schritt, in Achtung der Verträge, in Übereinstimmung mit dem Völkerrechte vorgegangen ist, bis jetzt aufs Schlachtfeld . . . Eine neue Epoche der deutschen Geschichte hat mit dem Jahre 1866 begonnen: Gott gebe eine glückliche und würdige!" Der alte Bundestag hat seine Rolle endgültig ausgespielt. Kein „fauler Friede" darf der Preis des Kampfes sein, sondern eine Neuordnung Deutschlands, die eine dauernde friedliche Entwicklung möglich macht. Die außenpolitische Kampfparole mit der nationalpolitischen Reform- und der innenpolitischen konservativen Parteiparole verbindend, ist das „Volksblatt" in den preußischen Wahlkampf gezogen: „Preußisch wählen oder österreichisch wählen, für König und Vaterland wählen oder w i d e r König und Vaterland wäh956

len: — das ist und kann die einzige Devise sein, um die es sich bei dem diesmaligen Wahlkampf handelt" (30. VI.). Wer jetzt im Sinne der bisherigen Majorität wählt, der bekundet damit, daß er den Ruin Preußens will; mit einem solchen Wähler hat „ein ehrlicher Preuße nichts mehr zu schaffen". 1327. Im Gegensatz zu dem preußischen Konservatismus, dessen Haltung mit dem Akutwerden der deutschen Krisis mehr und mehr nicht durch legitimistische Gesichtspunkte, sondern durch das robuste preußische Machtstaatsinteresse bestimmt worden ist, ist es dem süddeutschen katholischen Konservatismus in der Färbung, wie ihn Jörg in den „Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland" vertrat, um eine Lösung der Verwicklungen zu tun gewesen, die eine Verdrängung Österreichs aus Deutschland und die Aufrichtung eines „kleindeutschen" Nationalstaates unmöglich mache. Jörg, der als einer der Ersten die Unausweichlichkeit der Annexion der Elbherzogtümer durch Preußen erkannt, die mittelstaatliche Politik in ihrer inneren Haltlosigkeit gegeißelt und unentwegt seit dem Ausbruche des Krieges gegen Dänemark eine enge Allianz zwischen Preußen und Österreich gefordert hatte, die zu gemeinsamer Verständigung über das Bundesreformproblem in konservativem Geiste gesteigert werden müsse (vgl. Nr. 1059, 1108, 1117,1132,1192), hat in der Konvertierung der schleswig-holsteinischen in die deutsche Frage durch den Bismarckschen Bundesreformantrag eine bitter ernst zu nehmende offensive Wendung der preußischen Politik gesehen, die, da es ein Zurück nicht mehr geben könne, „einem richtigen Großdeutschen unbedingt die Haut schaudern" machen müsse. War doch nach Jörgs Auffassung der Bismarcksche Reformplan „zu allererst ein Akt erbitterter Feindseligkeit gegen Österreich", der, zur Verwirklichung gelangt, die „Eliminierung Österreichs aus Deutschland zugunsten der preußischen Führerschaft" notwendig zur Folge haben müsse, und war doch die Parlamentsforderung auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen Wahlrechtes zugleich zu begreifen als eine Kriegserklärung gegen die Bourgeoisie und eine Huldigung vor der sozialen Demokratie. Obwohl Jörg sich darüber klar war, daß auch Bismarcks Rücktritt den Lauf und die Bahn der preußischen Politik nicht mehr aufzuhalten vermöge, daß der Weg der Verständigung zwischen den Kabinetten nicht mehr möglich sei und die von den Mittelstaaten bisher verfolgte Triaspolitik endgültig ausgespielt habe, hat er doch noch bis in den Mai hinein an der Hoffnung sich aufgerichtet, daß das großdeutsche und kleindeutsche Programm sich kombinieren lassen und Öster61«

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reich vor dem Schicksale bewahrt bleiben werde, den Schwerpunkt des Reiches nach Ofen zu verlegen. Österreich, so erklärte er noch am 12. Mai, „kann wohl im Ernste nicht teilnehmen am Parlament und an der entsprechenden Zentralgewalt; aber der Kaiser könnte oberster R i c h t e r im Bunde sein. Ich glaube, daß in einer solchen Anordnung das einzige und letzte Mittel läge, auf friedlichem Wege die forteiternde Wunde zu schließen, welche von der deutschen Frage gebildet wird" (vgl. Bd. 57, S. 655 ff.; 740ff.; 824ff.). Abseits von den um nüchterne Wirklichkeitserkenntnis und um Verständnis des Gegners bemüht bleibenden Darlegungen Jörgs stehen in den „Historisch-politischen Blättern" die ihrer Gefühlserbitterung freien Lauf lassenden „Briefe des alten Soldaten über den deutschen Krieg" (datiert: 25. u. 26. V.; Bd. 57, S. go7ff.). Nach ihnen ist „der Krieg des Grafen Bismarck" ein „Eroberungskrieg", der geführt werden soll gegen Bundesgenossen und Freunde, „ein Bruderkrieg, ein ungeheures Unglück für die Nation und vielleicht eine Schmach . . . Mit dem lügenhaften Gaukelspiel einer Nationalvertretung will diese Regierung die heiligste Empfindung und den teuersten Gedanken der Nation mißbrauchen, um die deutschen Stämme unter die eine preußische Zwangsherrschaft zu drücken". Nach diesen „Briefen" ist Bismarcks Ziel die Teilung des Vaterlandes. „Er will Deutschland als solches vernichten; er ist der größte Feind der nationalen Idee und mit Ausnahme einer verräterischen Partei verdammt die Nation sein freches Treiben." 1328. Von der schwierigen und zwiespältigen Stellung, in die der norddeutsch-preußische Liberalismus mit den wachsenden Erfolgen der Bismarckschen Politik mehr und mehr geraten war, legt auch die liberale Zeitschriftenpresse ein beredtes Zeugnis ab. So sind beispielsweise in den 1865 eine Auflagenhöhe von 1050 Exemplaren erreichenden „Grenzboten. Zeitschrift für Politik und Literatur" seit den preußischen Waffensiegen über die Dänen Stimmen laut geworden, die, innerlich überwältigt durch die Erfolge der preußischen Politik, mit dem Gedanken einer annexionistischen Machtlösung der schleswig-holsteinischen Frage sich zu befreunden begannen und von einer Fortsetzung der grundsätzlichen Opposition gegen das Bismarcksche Ministerium sich einen Gewinn für Preußen und Deutschland und für die liberale Sache nicht mehr zu versprechen vermochten (vgl. Nr. 1110, 1115, 1168, 1179). Preußen geht, wie es im November 1865 in den „Grenzboten" einmal heißt, „einen Entwicklungsgang so eigener Art, wie er sich im Kompendium der Dogmatiker von dem Beruf des

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liberalen Preußens, an die Spitze Deutschlands zu treten, nicht mehr verzeichnet findet. Keine Antwort, abstrahiert aus den alten Formeln, paßt mehr auf die gegenwärtige Situation, auf das innerlich reaktionäre Preußen, welches gleichwohl als der schlimmste Feind der Kleinstaaten der Grund- und Eckstein der nationalen Aspirationen bleibt". Selbst Gustav F r e y t a g , der bis in den März 1866 hinein unentwegt die These vertrat (vgl. vor allem Jg. 1866, I, I54ff.; 401 ff.), daß es sich bei dem innerpreußischen Konflikt um einen unversöhnbaren Gegensatz zwischen „persönlichem Regiment" und „verfassungsmäßiger Regierung", um einen Kampf zwischen dem feudalen Konservatismus und dem liberalen Bürgertum handele, der nur durch einen grundsätzlichen System- und Personenwechsel gelöst werden könne, hat, obwohl er an der Anschauung festhielt, daß nur durch die Erkämpfung der Freiheit vor der Macht, nur durch den Sieg des vereinigten Liberalismus in Preußen die deutsche Frage zur Entscheidung gebracht werden könne, nichtsdestoweniger an die preußischen Liberalen die Mahnung gerichtet, in der schleswig-holsteinischen Frage der Bismarckschen Politik nicht in den Arm zu fallen. Denn was Bismarck in Schleswig-Holstein wage, ist für Preußen; „was ihm fehlschlägt, droht auch Ehre und Macht des Staates zu beeinträchtigen". Es stand durchaus im Einklang mit diesen Anschauungen, wenn Freytag Mitte Mai (II, 3i6ff.) auf Erhaltung des Friedens hoffte, da die preußische Volksmehrheit den Krieg nicht wolle, „weil sie ihn für unzeitig hält", wenn er mit Nachdruck betonte, daß Bismarcks Bundesreformantrag das Vertrauen in den deutschen Geist seiner Politik nicht gestärkt habe, und wenn er andererseits dem preußischen Abgeordnetenhause die Aufgabe zuschrieb, im Falle des Kriegsausbruches die nötigen Mittel zur Kriegführung zu bewilligen, dabei jedoch alle Verhandlungen abhängig zu machen „von Einsetzung eines Ministeriums, dem es volles Vertrauen schenken kann". Mit dem bloßen Sturz des Ministeriums Bismarck, so fügte er hinzu, ist es noch nicht getan. Ein Systemwechsel, eine gänzlich veränderte Stellung des Ministeriums zur Krone, das ist die Forderung, an der der preußische Liberalismus auch in der gegenwärtigen Situation festhalten muß. Bereits in der zweiten Junihälfte jedoch erklärten die „Grenzboten" (II, 472ff.) den Standpunkt für „überwunden", der da meinte, „der preußische Ministerpräsident sei nur als reaktionärer Junker zu verstehen, der von Zeit zu Zeit seltsame Einfälle habe . . . Wir zweifeln nicht, daß wir mit einem im Ganzen konsequenten, über die Ziele sicheren, über die Mittel nicht wählerischen System zu rechnen haben. Wir glauben ferner, daß der Schwerpunkt dieses Systems weit mehr in der Behand959

lung der deutschen Frage (natürlich wie Graf Bismarck sie versteht), als in der Aufrichtung des reaktionären Regiments im Innern beruht". Trotzdem bleibe jedoch eine Versöhnung zwischen dem gegenwärtigen Ministerium Bismarck und der liberalen Partei unmöglich, wenn auch die Dinge bereits so weit gediehen seien, daß die liberale und nationalgesinnte Partei sich entschlossen auf Preußens Seite stellen müsse, das mit Parlament und Reform Mittel zu gesunder Neugestaltung biete. Von hier aus war nur noch ein kleiner Schritt zu der nach Kriegsausbruch Ende Juni (II, 492 ff.) ausgegebenen Parole auf Änderung der Parteitaktik, deren Aufgabe jetzt darin bestehen müsse, „nicht mehr im Innern des Staates zu bessern, sondern zur Rettung aus der drohenden Gefahr nach Kräften zu helfen", um so mehr da durch den Krieg für Preußen Zustände herbeigeführt seien, „welche unaufhaltsam einen Sieg des Liberalismus herbeiführen müssen . . . Ein Erfolg der Waffen aber wird zur Versöhnung das Beste tun". 1329. Weitaus entschiedener noch als die „Grenzboten" sind die altliberalen „Preußischen Jahrbücher" in die Bahn der „Realpolitik" im Sinne der Kanonisierung des preußischen Erfolges eingelenkt. Wir wollen, so heißt es bereits in der „Politischen Korrespondenz" vom Ende August 1864, „errungene Erfolge nicht deshalb verkleinern, weil das Schicksal wollte, daß die Ausführung unseres nationalen Programms in die Hände einer anderen Partei fiel". Aus der Freude über den erfochtenen Sieg, über den Machtzuwachs Preußens im Norden, in Deutschland und in Europa und zugleich aus der Überzeugung, daß die von Erfolg gekrönte auswärtige Politik Preußens im Widerspruch stehe zu dem antikonstitutionellen System im Innern, ist der Ruf nach Versöhnung und Indemnität erwachsen, dem die „Jahrbücher" in starken Worten, namentlich zu Beginn des Jahres 1865, Ausdruck gaben. Zum Kompromiß bereit auf dem Felde der inneren Politik, beinahe gouvernemental geworden gegenüber den Fragen der auswärtigen Politik, zu der Haltung der liberalen Abgeordnetenhausmajorität mehrfach in ausdrücklichen Gegensatz tretend, erklärten die „Jahrbücher", indem sie die Annexion der Elbherzogtümer forderten, Ende Januar 1865 geradezu: „Zweck ist uns die nationale Einheit oder — was nur ein anderer Ausdruck für dieselbe Sache ist — die Machterweiterung des preußischen Staates. Der Weg ist uns gleichgültig, der dazu führt!" Und Ende März 1865: „Die schleswig-holsteinische Frage ist die Frage der Machterweiterung Preußens, die Frage der Schöpfung einer deutschen Flotte, die Frage der Einlenkung der preußischen Politik in eine neue und fruchtbare Bahn, die entschei960

dende Frage, ob in Deutschland die Kräfte der Vereinigung oder der Zersplitterung für die Zukunft überwiegen werden. Eine solche Sache ist zu groß für moralische Entrüstungsausbrüche und privatrechtliche Analogien. Hüten wir uns vor den Gegnern, die den Vorwurf bereit hatten, es fehle uns Liberalen an Sinn für Realitäten, für die Bedingungen einer tatkräftigen Politik und für die großen Traditionen der preußischen Geschichte." Es ist die Verbitterung über den ungelösten inneren Konflikt, der die „Jahrbücher" die Bismarckschen Aktionen des Früjahrs 1866 ohne Freude, ohne Begeisterung und ohne viel Hoffnung hat erleben lassen. „In fester Geschlossenheit all seiner Kräfte, in starker Eintracht zwischen Regierung und Volk, gestützt auf die liberalen Ideen, getragen von den Sympathien wenigstens einer nationalgesinnten Minorität, — so hofften wir, werde Preußen dereinst in den deutschen Entscheidungskampf ziehen. Das heutige Regime hat diese Hoffnungen ausgelöscht" (Märzkorrespondenz, Bd. 17, S. 459ff.). Trotz aller inneren Vorbehalte jedoch haben sich die „ J a h r bücher" Anfang Mai ausdrücklich gegen den Vorwurf des „Bruderkrieges" und gegen die Friedensagitation der Fortschrittspartei gewandt. „Wäre der Krieg mit Österreich ein Bruderkrieg, so wäre das kleindeutsche Programm ein Verbrechen. Denn dieses Programm will Österreich aus Deutschland hinausdrängen und muß den Krieg früher oder später provozieren . . . Die liberale Partei hat sich sehr zu hüten, nicht in die Stellung zu geraten, welche die Feudalen 1850 einnahmen. E s würde ihr Ruin sein, wenn sie für ein Zurückweichen Preußens, für ein neues Olmütz mitverantwortlich gemacht werden könnte." In dem preußischen Bundesreformantrage einen Versuch erblickend, durch welchen „die militärische Hegemonie zwischen Preußen und Bayern geteilt und Österreich beiseite geschoben wird", haben die „Jahrbücher" die Parlamentsforderung sich zu eigen gemacht, ohne sich freilich viel von ihr zu versprechen: „Der Ruf nach dem deutschen Parlament müßte sich wie ein Sturmwind erheben, es müßten zur Unterstützung des erregten Volkes Zwangsmittel gegen die renitenten Regierungen angewandt werden können. Solange die Geister sich nicht entzünden lassen, hat Graf Bismarck keine Macht, das Parlament zustandezubringen. Da die deutsche Frage m i t den Regierungen nicht zu lösen ist, so ist sie im eminenten Sinn eine Volksfrage. Wer sie anfassen will, bedarf außer der Entschlossenheit und dem diplomatischen Geschick auch noch des Zutrauens der Nation, der geistigen Gewalt über ihre sittlichen Kräfte . . . Unsere höchsten Erwartungen wären befriedigt, wenn die Bundesreformprojekte des Grafen Bismarck dazu beitrügen, uns in der schleswig-holsteinischen Frage günstiger zu 961

stellen . . . So kann die ausgespielte Bundesreform ein Druckmittel zur Ausgleichung des eigentlichen Streitpunktes werden." Es war T r e i t s c h k e , der in seinem an die Stelle der Junikorrespondenz tretenden Aufsatz „Der Krieg und die Bundesreform" (vgl. Nr. 1307) diese Gedanken entsprechend dem inzwischen eingetretenen Wandel der Ereignisse konkretisierte und — modifizierte. 1330. Die relativ enge Harmonie, die zwischen „Grenzboten", „Preußischen Jahrbüchern" und „Deutschem Museum. Zeitschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben" (Bx) in den Sturmjahren der deutschen Einigung bestanden hat, ist im Frühjahr 1866 in einen schneidenden Gegensatz umgeschlagen. Der politische Charakter des „Deutschen Museums" ist in diesen Monaten bestimmt worden durch den Berliner Korrespondenten K., d. i. Karl F r e n z e l , der am Jahresanfang neben Prutz in die Redaktion eingetreten war. Frenzel legte Mitte April (I, 540 ff.) flammenden Protest ein gegen den drohenden „Bürgerkrieg", die preußische Hegemonie und den Bismarckschen Bundesreformantrag. Ob derselbe nur ein diplomatischer Schachzug ist oder einen ernsten Hintergrund hat, ob das Parlament aus allgemeinen, direkten Wahlen oder aus irgendeinem den konservativen Interessen dienenden Wahlmodus hervorgeht, niemals wird es, so erklärte er, „ohne die schleswig-holsteinischen Stände zu fragen, die Herzogtümer an Preußen ausliefern, niemals eine Kaiserkrone anbieten, ohne dafür die Entlassung des Grafen Bismarck und ein parlamentarisches Regiment zu fordern . . . Die preußische Hegemonie ist in Deutschland nur durch die Freiheit durchzuführen." Nur dann hat die Berufung des Parlaments einen Sinn, wenn die Reichsverfassung von 1849 zur Grundlage ihrer Verhandlungen gemacht wird. „Ein Parlament ohne Macht wäre das Gespött des Auslandes wie der feudalen Partei . . . Nicht auf das Wort eines preußischen Ministers wird sich die Neugeburt des Vaterlandes vollziehen . . . Das deutsche Parlament wird, mehr oder weniger, ein Kind der Revolution sein." Für die Erhaltung des Friedens ist Frenzel erneut am 10. Mai (I, 635 ff.) in die Schranken getreten. Sobald nur der Kernpunkt des gegenwärtigen Streites, die schleswig-holsteinische Frage, in einer der preußischen Regierung genehmen Weise entschieden wird, so erklärte er, „fällt das deutsche Parlament und die Bundesreform als geplatzte Seifenblase zu Boden. Wie Graf Bismarck von Parlamenten denkt, hat er oft genug und rückhaltlos gesagt. Das ist das Unglück unserer Fortschrittspartei, daß sie nie den Mut gehabt hat, auf diese Bemerkungen hin zu erwidern: ja wir wollen ein parlamentarisches Regi962

ment, wir wollen die unbeschränkte Verfügung über das Geld des Landes". Da in den bevorstehenden schicksalsschweren Tagen von der liberalen Abgeordnetenhausmajorität ein Aufschwung über die Beredsamkeit hinaus nicht zu erwarten ist, so muß um so mehr die „Partei der wahren Demokratie" an folgenden Forderungen festhalten: „Entlassung des Ministeriums, uneingeschränktes Budgetrecht ohne Veto der Regierung und des Herrenhauses, Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes der Schleswig-Holsteiner. Nur auf dem Boden der Freiheit läßt sich die Einheit herstellen . . . Jede Vergrößerung Preußens durch einen deutschen Krieg würde mit einer Einbuße deutschen Landes an das Ausland enden . . . Für alle, welche das Vaterland und die Freiheit lieben, gibt es nur eine Losung: keinen Bürgerkrieg!" 1331. Nicht in der Propaganda für Ideen und Ideale, sondern in der Verfolgung handfester materieller Interessen hat das Sprachrohr des freihändlerisch-liberal eingestellten Flügels des kapitalistischen Unternehmertums von Rheinland und Westfalen seinen Schwerpunkt gefunden. Der seit dem Oktober 1865 in Elberfeld, seit dem April 1866 in Düsseldorf als Wochenschrift erschienene, von dem Generalsekretär des Handels-und Gewerbe Vereins R.Berndt redigierte „Zollverein. Zeitschrift für Handel und Gewerbe. Zugleich Organ des Handels- und Gewerbevereins für Rheinland und Westfalen" (Blt ' H2 ) stellte sich, dem Gründungsprogramm zufolge, „fern von doktrinärer Färbung auf den gegebenen realen Boden", um von diesem aus zu urteilen und zu wirken. Die neue Zeitschrift wollte kein politisches Parteiblatt sein. „Vertretung des materiellen Interesses ist ihre einfache Aufgabe; Lösung dieser Aufgabe ist ein Teil der großen Aufgabe unseres Jahrhunderts: Förderung materiellen Wohlergehens als Grundlage geistig-sittlicher Bildung, politischer Reife und Freiheit." Von dieser Interessengrundlage aus hat „Der Zollverein" in Form von den Gang der Tagesereignisse kritisch kommentierenden Wochenübersichten und gelegentlichen Einzelaufsätzen zu den politischen Entscheidungen Stellung genommen. Frohlockend stellte er Ende Januar 1866 fest, „daß die w i r t s c h a f t l i c h e Wahrheit, das wirtschaftliche Interesse eine über den politischen Parteien stehende Macht geworden sind, welche durch sich selber ihre Geltung erzwingen. Krasse Idealisten mögen darüber klagen und unserer Zeit den Vorwurf des Materialismus ins Gesicht schleudern; es ist und bleibt ein Fortschritt gegen die Vergangenheit. Die Volkswirtschaft ist die Basis des staatlichen Lebens und durch Weiterentwicklung derselben, 963

durch ihre Befreiung von einer Fessel nach der andern werden wir auch zu politisch besseren, freieren Zuständen gelangen. Ist es nicht ein Fortschritt, daß ein antiliberales Ministerium jetzt dieselben wirtschaftlichen Grundsätze auf seine Fahne schreibt, für welche sonst nur die liberale Partei kämpfte ?" Fern von jeglicher „Gefühlspolitik", vielmehr an dem Gesichtspunkt wirtschaftspolitischer Zweckmäßigkeit sich orientierend, hat „Der Zollverein" vom April 1866 ab sein Votum über die Frage Frieden oder Krieg abgegeben. Er hat sich für den Gedanken eines Krieges zwischen Preußen und Österreich weder begeistert, noch davor entsetzt. Entscheidend war ihm lediglich das Schicksal des Zollvereins, die Erhaltung des Friedens unter den Zollvereinsstaaten, der weitere Ausbau des Zollvereins zur starken, auch durch politische Bande zu festigenden Wirtschaftseinheit. „Der deutsche Zollverein ist das Haltbare, der deutsche Bund das Unhaltbare unseres jetzigen Zustandes. Diese Errungenschaft der letzten 50 Jahre und mit ihr jede Schöpfung dieser Zeit auf wirtschaftlichem Gebiete wird uns bleiben und wird sich vervollkommnen, sollte auch auf politischem Gebiete die Zukunft ebenso impotent sich erweisen wie die Vergangenheit" (4. IV.). „Die Einigung Deutschlands halten wir für ein in ideeller und materieller Hinsicht so erstrebenswertes Gut, daß wir für dieselbe selbst eine despotische Regierung in den Kauf nehmen würden" (18. IV.). Unbeirrt um die innere Konfliktslage in Preußen, hat „Der Zollverein" Bismarcks Parlamentsantrag als Vorstufe zur Schöpfung einer breiteren Basis für die zukünftige volkswirtschaftliche Entwicklung Deutschlands ausdrücklich akzeptiert, zur Kriegsfrage selbst aber erklärt: „Ob der Krieg mit Österreich jetzt wünschenswert sei, wollen wir nicht, ob er noch zu vermeiden ist, können wir nicht entscheiden. In die Behauptung aber, daß dieser Krieg ein Bruderkrieg sei, können wir nicht einstimmen. Wohl aber droht uns in böser, unheilvoller Verkettung mit diesem ein Bruderkrieg in des Wortes kläglichster Bedeutung, wenn die Mittelstaaten auf der jetzt betretenen Bahn nicht noch zu rechter Zeit einhalten. Diesen Krieg gilt es mit allen Mitteln zu vermeiden, denn er droht mit den idealen Gütern des deutschen Volkes, dem was Arndt einst treffend das Volkstum nannte, die ganze Reihe mühsam entstandener Schöpfungen auf dem materiellen Gebiete zu zerstören, die bis jetzt fast die einzigen Errungenschaften auf dem Wege zur deutschen Einheit gewesen sind. Um Frieden zu bitten für diesen Krieg, müßte u. E. vor allem die Aufgabe des deutschen Handels- und Gewerbestandes sein, denn er gerade ist berufen, die Mittel klarzustellen und in Bewegung zu setzen, die zu diesem Frieden führen. Diese Mittel 964

sind die zwingende Macht der materiellen Interessen. Ein Krieg zwischen den Mitgliedern des deutschen Zollvereins zerreißt den Zollvereinsvertrag; der Zollverein ist ein so großes, ja unter den augenblicklichen Verhältnissen so heiliges Gut, daß es nur nötig sein wird, überall seine Gefährdung zu betonen, um seine Erhaltung zu sichern." 1332. Unter stärkerer Betonung liberal-nationaler Ideale hat das seit Anfang 1865 von A. L a m m e r s herausgegebene „Bremer HandelsWatt" ( B s / H2) zunächst gegen die Kriegstreiberei Front gemacht, nicht aus Abneigung gegen den Kriegsgedanken an sich, sondern aus Mißtrauen gegenüber den Kriegszielen. Ausdrücklich erklärte das „Handelsblatt" am 7. IV. 1866, daß es einem Kriege gegen Österreich gegebenenfalls zustimmen würde, „aber dann muß es ein Krieg um die deutsche Kaiserkrone sein, nicht um einen Herzogshut — um die Erhöhung Preußens über alle anderen Mächte Europas und um die Zukunft der Nation, nicht um den Unterschied bestrittenen Wertes, der zwischen einem friedlich zu erreichenden Anschluß der Herzogtümer und der Annexion mit Personal- oder Realunion besteht". Entsprechend gespalten ist die Stellungnahme des „Handelsblattes" gegenüber dem Bismarckschen Reformplane gewesen. E s vermißte an diesem den „vollen ehrlichen Ernst", und es bezweifelte, daß Bismarck mit seinem Plane „eine gründliche, durchgreifende, abschließende Reformaktion an Haupt und Gliedern" beabsichtige. „Aus demselben Grunde, der es der in Preußen augenblicklich herrschenden Partei so wünschenswert macht, die Eroberung Deutschlands in geographischer Beziehung nicht über den Main und in staatsrechtlicher nicht über den militärischen Oberbefehl hinauszutreiben, aus demselben Grunde hat die Nation zu wünschen, zu verlangen und um jeden Preis durchzusetzen, daß keine Bundesreform vor dieser verhängnisvollen Halbheit gelinge. Nur in einem Deutschland, das vom Meer bis an die Alpen reicht, Vermag sich ihr Macht- und Freiheitstrieb zu befriedigen, nicht in einem willkürlich vergrößerten Preußen . . . Um dieses der Nation allein genehme Ziel nicht elend zu verfehlen, muß Preußen sich zuvor in den Besitz aller seiner Kräfte setzen", indem das verletzte Verfassungsrecht wiederhergestellt und damit der innere Konflikt beseitigt wird (21. IV.). Bereits am 5. V. hat das „Handelsblatt", da nach seiner Auffassung inzwischen die Bewegung gegen den Krieg Sinn und Ziel verloren hatte, die preußische Regierung aufgefordert, „die nationalen Kräfte zu entfesseln und in einigem Entschluß auf denselben Pfad zu leiten", an die liberale deutsche Nationalpartei andererseits aber die Mahnung gerichtet, sich darum noch

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lange nicht ohne weiteres Bismarck als ihrem erkorenen Führer hinzugeben. „Es ist ihre schwere, aber nicht abzuwendende Aufgabe, nicht allein zur Liberalisierung der preußischen Politik kräftig mitzuwirken, sondern auch das nationale Programm derselben zu korrigieren, wenn sich herausstellen sollte, daß es mehr im altpreußischen als im deutschen Sinne geschrieben wäre." Den wirtschaftspolitischen Bestrebungen des „Handelsblattes" entsprechend, sind es vor allem die wirtschaftlichen Zukunftsziele, die unmittelbar nach dem Kriegsausbruch im Vordergrunde der Betrachtung stehen. Es ist die Hoffnung, daß der Sieg Preußens nicht nur eine den fortschrittlichen Zeitideen angemessene Umbildung des Bundes, sondern auch des Zollvereins, des Post-, Münz-, Eisenbahn- und Telegraphenwesens herbeiführen werde und daß das Zollwesen Sache des neuen Bundes und damit des nationalen, ein Zollparlament überflüssig machenden Parlamentes werden möge. 1333. In welch innere Bedrängnis der Nationalverein unter dem Druck der über seinen Kopf hinwegschreitenden Ereignisse des deutschdänischen Kriegs geraten war, wie sehr der Gegensatz zwischen Vereinsausschuß und Vereinsmitgliedern sich zugespitzt hatte, hatten die Debatten innerhalb der „Wochenschrift des National Vereins"" erkennen lassen (vgl. Nr. 1 0 3 2 , 1 0 3 5 , 1 0 5 0 , 1 0 5 1 , 1 0 6 5 , 1 0 9 6 , I I O I , 1102,1124,1129,1130,1176,1180,1190,1191). In dem seit dem 6.April 1865 in Frankfurt a. M. erschienenen, vom Vereinsausschuß herausgegebenen „Wochenblatt des Nationalvereins" {B5) — die Auflagenhöhe hat 1 8 6 5 nur 3 0 0 0 Exemplare betragen, während die „Wochenschrift" 1 8 6 2 6 0 0 0 Exemplare erreicht hatte — hat der unaufhaltsam sich weiter fortsetzende Zerfall des Nationalvereins seine publizistische Spiegelung gefunden. In welchem Ausmaße die gesamte Gesinnungsgrundlage bereits ins Wanken geraten, das politische Programm und die Taktik des Vereins durch die neue „Realpolitik" Bismarckscher Prägung in Frage gestellt und die Vereinsagitation in die Defensive zurückgedrängt war, mag man daran ermessen, daß einer der Mitarbeiter des „Wochenblattes" sich in einer grundsätzlich bedeutsamen Erklärung veranlaßt sah, die These, daß Preußen nur auf liberalem Wege seinen deutschen Beruf erfüllen könne, gegen die „Jung-Altliberalen" mit folgender Argumentation zu verteidigen: „Die praktische Unfähigkeit des halbliberalen Ministeriums AuerswaldSchwerin beweist noch lange nicht, daß der ganze und wirkliche Liberalismus für die Praxis verdorben sei; daß ferner dieses Ministerium vor lauter biedermännischer Redlichkeit, zarter Rücksichtnahme und 966

skrupulöser Rechtsverachtung keinen Schritt auf dem deutschen Felde vorwärts kam, beweist noch lange nicht, daß Hinterlist, Brutalität, gewalttätige Mißachtung des Rechts, die einzigen oder besten Wege zum Ziele seien; daß endlich die moralischen Eroberungen d i e s e r Sorte von liberaler Regierung im Sande verliefen, beweistnoch lange nicht, daß moralische Eroberungen überhaupt wertlos und unmoralische Eroberungen das einzig Reelle seien." Vielmehr darf über der Schätzung der materiellen Machtfaktoren die der moralischen nicht vernachlässigt werden, denn die Anbetung der materiellen Macht allein ist noch keine „Realpolitik". Die Gesinnung, das Rechtsbewußtsein und der Wille der Völker vielmehr bilden heutzutage ein unentbehrliches Element der Macht (21. X I . 1865). Das Mißtrauen gegenüber der hier gegeißelten „Realpolitik" ist es denn auch gewesen, das die Stellungnahme des „Wochenblattes" in den kritischen Frühjahrsmonaten des Jahres 1866 bestimmt hat. Der Redakteur R o c h a u war es, der mit Nachdruck am 10. Mai betonte, daß die Nation dem Bismarckschen Bundesreformantrage ohne Glauben gegenüberstehe, und der sich auf die These festlegte: „Solange das bisherige Regierungssystem in Berlin fortbesteht, solange ist keine Möglichkeit vorhanden, in einem deutschen Parlament einen Bundesgenossen für die preußische Politik zu finden." Weniger pessimistisch war ein anderer Mitarbeiter des Blattes, der am gleichen Tage die sofortige und nachdrückliche Agitation für schleunige Einberufung des deutschen Parlaments forderte, nicht weil, sondern obgleich Bismarck auch für dieselbe eintrete. Die Gefahr, durch Unterstützung des Parlamentsantrages zugleich das Ministerium Bismarck zu unterstützen, sei jetzt im Grunde bereits vorüber. „Die Tage des Bismarckschen Regiments sind überhaupt gezählt, die Dinge mögen sich entwickeln, wie sie wollen, friedlich oder zum Kriege wenden." Nachdem in dem an die Vereinsmitglieder gerichteten Aufruf des Nationalvereinsausschusses vom 14. Mai (vgl. Nr. 1300) die vereinsoffiziöse Haltung gegenüber dem Parlamentsantrage ihre Formulierung gefunden hatte, hat das „Wochenblatt" in der Folge für das passive Beiseitestehen der Nationalpartei, für die Erhaltung des Friedens und die Neutralität der Mittel- und Kleinstaaten, für die „Beseitigung der jetzigen Berliner Machthaber und ihres Regierungssystems" sich ausgesprochen (vgl. vor allem den Aufsatz Die Nationalpartei und die Kriegsfrage; 7. VI.). Nebenher freilich ging eine andere, mehr aktiv gestimmte Auffassung, die bereits seit 1865 (vgl. z. B. den Aufsatz Die nächste deutsche Revolution, 28. X I I . 1865) in dem „Wochenblatte" laut geworden war. Sie spielte mit dem Gedanken einer deutschen Revolution, die, 967

von einer auswärtigen Krisis Preußens ihren Ausgang nehmend, eine innere Krisis heraufbeschwören und das Signal zu einer deutschen Bewegung geben werde. Für diese Auffassung bildete noch am 14. VI. 1866 die Neutralität der Mittel- und Kleinstaaten „die einzig sachgemäße Losung der Nationalpolitik", da weder in dem preußischen, noch in dem österreichischen Lager das Banner der Nation wehe, das erst durch den Ausbruch der Revolution in Berlin entfaltet zu werden vermöge. Komme es zur Revolution, dann allerdings muß die Neutralität der unbedingten Parteinahme für Preußen weichen und dazu helfen, das Bismarcksche System hinwegzufegen und die deutsche Frage zu lösen. 1334. Die seit Anfang 1865 in Erlangen als parteioffiziöses Organ der bayerischen Fortschrittspartei erschienene „Wochenschrift der Fortschrittspartei in Bayern" {BB), die seit ihrer Gründung unermüdlich für das Selbstbestimmungsrecht der Elbherzogtümer eingetreten war und die preußischen Annexionsbestrebungen mit nationalpolitischen und liberalen Argumenten auf das schärfste bekämpft hatte (vgl. Nr. 1184, 1189), ist auch in den kritischen Frühjahrsmonaten des Jahres 1866 ihrer Überzeugung treu geblieben, wonach nur von einem entschieden liberalen Preußen deutsche Taten zu erwarten seien. Nachdem sie am 31. III. erklärt hatte, daß sie „der Bismarckschen Politik feindlich, der österreichischen und mittelstaatlichen aber mit dem tiefsten Mißtrauen" gegenüberstände, nachdem sie im April Bismarcks Bundesreformantrag und Appell an die Macht der nationalen Idee als einen neuen Versuch, „diese Idee in den Dienst fremdartiger und unlauterer Interessen zu ziehen", charakterisiert und abgetan hatte, hat die „Wochenschrift" im Mai, da sie sich von dem nach ihrer Ansicht durch die Schuld Bismarcks unvermeidlich gewordenen Kriege eine den preußisch-österreichischen Dualismus aufhebende wirkliche Lösung der deutschen Frage nicht zu versprechen vermochte, „nur Verwünschungen für den frivolen Urheber des Streites" übrig gehabt. Daß „jeder Sieg eine Niederlage" darstellen werde, war der Leitgedanke, von dem aus nach erfolgtem Kriegsausbruche die „Wochenschrift" in einem die politische Gedankenund Gefühlswelt der bayerischen Fortschrittspartei in nuce enthaltenden Artikel (30. VI.) die politische Lage beleuchtete: Ein entscheidender Sieg Preußens, so heißt es hier, bedeutet den „Sieg einer schlechten Sache und demütigt darum das deutsche Rechtsgefühl. Er befestigt die Herrschaft des Junkertums, erschwert also und verlängert den inneren Freiheitskampf, den das preußische Volk für sich und ganz 968

Deutschland zu bestehen hat. Er befördert die Abrundung und Abschließung Preußens im Norden und damit die Spaltung der Nation in zwei oder drei politische Körper, deren keiner Deutschland ist. Er stellt überdies eine schmachvolle Abfindung Frankreichs in Aussicht und steigert endlich die falsche Selbstgenügsamkeit, mit welcher die Bürger des preußischen Staates, zum Schaden der gemeinsamen deutschen Sache, auf die übrigen Glieder der Nation herabsehen." Ein Sieg Österreichs dagegen führt, wenn es nur ein halber Sieg ist, zur annähernden Wiederherstellung des status quo ante. Gelingt ihm dagegen ein vernichtender Schlag gegen Preußen, dann wird der Einfluß Preußens auf das politische Leben der Nation auf lange Zeit noch mehr als bisher gelähmt werden, und „das Interesse des österreichischen Gesamtstaates, das kein deutsches Interesse ist, wird über die Geschicke Deutschlands noch unbedingter entscheiden, bis früher oder später die Unerträglichkeit des Zustandes, in Verbindung mit europäischen Ereignissen und mit dem allmählichen Wiedererstarken des preußischen Staates eine neue Krisis und neue Katastrophen hervorruft. So führt jeder entscheidende Sieg, sei es Preußens oder Österreichs, vorerst zu einer N i e d e r l a g e der d e u t s c h e n I n t e r essen. . . . Die Nation, wie es dem Wesen eines Kabinettskrieges entspricht, steht außerhalb der kämpfenden Parteien, obwohl ein heilloser politischer Zustand sie nötigt, mit ihrem Gut und Blut die Kosten des Kampfes zu bestreiten. Wir hassen den gewissenlosen Urheber desselben, aber ohne Vertrauen und Hoffnung sehen wir dem Ausgang entgegen, denn die Fahne der Freiheit und der nationalen Einheit ist auf keiner Seite aufgepflanzt, oder wo man sie flattern läßt, ist sie ein Gaukelspiel, das nur den Zwecken des Augenblicks dienen soll." 1335. Hinüber in das Lager der ihres Gegensatzes zum Liberalismus voll bewußt gewordenen bürgerlichen Demokratie führt das von dem ehemaligen Nationalvereinsmitglied Ludwig E c k a r d t herausgegebene „Deutsche Wochenblatt" (B 5 ; He; K^). Erschienen seit Anfang 1865 in Mannheim, ist das „Deutsche Wochenblatt", das im Laufe des Jahres eine Auflagenhöhe von 2000 Exemplaren erreichte, bis zur Konstituierimg der „Deutschen Volkspartei" durch die Darmstädter Versammlung vom 18. September 1865 ein Sprechsaal für die verschiedenen Gruppen der bürgerlichen Demokratie, insbesondere der südwestdeutschen gewesen. Das provisorische Programm, zu dem sich die „Volkspartei" und mit ihm das seit dem 24. September als „Organ der Deutschen Volkspartei" erscheinende 969

„Wochenblatt" bekannte, setzte sich aus folgenden Punkten zusammen: „ i . Demokratische Grundlage der Verfassung und Verwaltung der Einzelstaaten; allgemeines und direktes Wahlrecht; parlamentarische Regierung; Selbstverwaltung des Volkes in den Gemeinde- und Bezirksverbänden; Ersetzung des stehenden Heeres durch allgemeine Volkswehr; Erziehung des Volkes zu politischer Selbständigkeit und geistiger Freiheit. 2. Keine preußische, keine österreichische Spitze; föderative Verbindung der gesamten unter sich gleichberechtigten deutschen Staaten und Stämme, mit einer über den Einzelregierungen stehenden Bundesgewalt und Nationalvertretung. 3. In dem Verkehr mit anderen Nationen gegenseitige Anerkennung der Prinzipien der Nationalität und des Selbstbestimmungsrechtes, der Freiheit und Gerechtigkeit." Es ist vornehmlich die hin- und herwogende, nur in wenigen Fällen ein beachtliches Niveau erreichende Debatte über das Parteiprogramm und die innere Auseinandersetzung mit der Bismarckschen Politik, die den politischen Gehalt des „Wochenblattes" bis zum offenen Ausbruch der deutschen Krisis ausgemacht hat. Während die meisten der durchweg anonym bleibenden Mitarbeiter, unter denen neben Eckardt Louis Büchner, Wilhelm Angerstein, Adam Trabert und Waldemar Streubel hervorragen, nicht oft genug den Primat des Rechts vor der Macht betonen können und sich voll inneren Schauders von der ihnen als brutale Gewaltpolitik erscheinenden Bismarckschen Machtpolitik abwenden, finden sich daneben auch Stimmen, die, weniger gehemmt durch moralische Wertmaßstäbe, Bismarck das unbestreitbare Verdienst zuschreiben, die Öffentlichkeit zur Erkenntnis der nüchternen Realitäten angeleitet zu haben. Für den Verfasser von „Bismarcks Siege und das deutsche Volk" (26. XI. 1865) beispielsweise ist es durch Bismarck vollkommen klar geworden, daß Macht vor Recht geht und in den Kanonen die letzte Entscheidung liegt, daß das Recht selbst nur dann eine Macht ist, wenn seine Träger den Mut haben, durch alle Mittel seine Anerkennung zu erzwingen, daß die Siege Bismarcks durch den mangelnden Machtinstinkt und Machtwillen des deutschen und preußischen Volkes überhaupt erst möglich geworden sind, daß die in Schleswig-Holstein errungenen Erfolge „keine deutschen Siege", sondern „Bismarcks Siege und die Triumphe der preußischen • Junker über den letzten matten Aufschwung des deutschen Volkes" waren und daß von diesen Siegen „die Geschichte den Untergang Deutschlands und sein Aufgehen im Hohenzollerntume datieren" wird, sofern nicht in der letzten Stunde die Nation sich erhebt und aus eigener Machtvollkommenheit das Nationalparlament zusammenruft. Der innere Zwiespalt zwischen 970

den auf die siegende Macht der Ideen vertrauenden Verfechtern von Recht, Freiheit und Selbstbestimmung und den mehr aktivistisch gestimmten, auf tatkräftiges Eingreifen in den Gang der Ereignisse bedachten Anhängern einer robusteren Machtauffassung ist auch im Frühjahr 1866 in Erscheinung getreten. Während dem Bismarckschen Reformantrage gegenüber die in moralischen Begriffen denkende Gruppe ein Paktieren mit dem von Bismarck berufenen, im Bunde mit den „Gothaern" und der liberalen Bourgeoisie stehenden Parlamente mit einer Sanktionierung von „Landesverrat und Bürgerkrieg" gleichsetzte, hat Angerstein in seinem Aufsatze „Zur Klärung" (22. IV.) dargelegt, daß es sich für die gegen zwei Fronten kämpfende Demokratie, die die „gothaischen Elemente" aus ihren Reihen rücksichtslos auszumerzen habe, bei dem Parlamentsproblem nicht um eine Prinzipien-, sondern um eine Nützlichkeitsfrage handele. „Wird der Demokratie ein Schlachtfeld geboten, auf dem sie mit Hoffnung auf Erfolg kämpfen kann, so muß sie den Kampf annehmen und wählen Wo nicht — nicht. Das Parlament zurückweisen, weil es ein Geschenk des Herrn V. Bismarck, wäre nicht einmal „Idealpolitik", wäre kindisch. Er bietet uns ein Parlament, weil er es in seinem Interesse glaubt, und wir nehmen das Parlament von ihm, wenn es in unserm Interesse." Nicht minder gespalten ist die Haltung des „Wochenblattes" gegenüber der Frage Neutralität oder Krieg gewesen, wenn auch unter dem Druck der Ereignisse bis Mitte Juni die Verfechter der Kriegsparole schließlich die Oberhand gewonnen haben. Nachdem Streubel bereits am 20. und 26. V. die Schaffung eines eigenen, selbständigen und von der Leitung der stehenden Truppen völlig unabhängigen deutschen Volksheeres gefordert hatte, dessen Mission die Rettung Deutschlands durch aktives Eingreifen in den „Dynastenkampf" sei, hat Eckardt in abschließender Zusammenfassung am 17. VI. das Aktionsprogramm des „Wochenblattes" entwickelt. Eckardt, der bereits am 25. III. auf den nah bevorstehenden Entscheidungskampf zwischen dem demokratischen Republikanismus und dem „neuen Absolutismus" Bismarckscher Prägung hingewiesen hatte, der in der Form eines auf das Nationalitätenprinzip sich stützenden Zäsarismus und unter Benutzung der liberalen Bourgeoisie und des konstitutionellen Parlamentarismus „selbst eine Revolution von oben" nicht scheuen werde, erklärte jetzt: „Unser einziger Gegner zur Stunde ist G o t h a . Auf ihn seien alle Waffen gerichtet, gegen ihn jeder Bundesgenosse willkommen. Wer d e u t s c h denkt, komme! Alle kleinen Kronen in Deutschland wackeln in diesem Augenblicke, freilich nicht zugunsten eines Volksstaats, sondern einer R o s e n b e r g , Publizistik.

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preußischen Kaiserkrone im bengalischen Feuer der Zukunft. Daher müssen sich die Fürsten heute an uns wenden, mit uns gehen, wenn wir mit ihnen gehen sollen. Da wir zwar die Republik als die Staatsform der europäischen Zukunft verehren, aber keine republikanischen Putsche betreiben, die Freiheit, aber nicht die Revolution als Prinzip verlangen, so könnten wir uns mit einem Zustande versöhnen, der für Deutschland folgende Grundlagen bringt: i. Das ganze Deutschland mit dem feierlich verbürgten Verbleiben von Deutschösterreich im Bunde. 2. Ein Bundesstaat, der in seiner Verfassung den Einzelstaaten die Grundrechte als das Minimum der gemeinsamen Freiheit sichert. 3. Ein P a r l a m e n t mit Staaten- und Volkshaus. . . . 4. Ein auf Zeit gewähltes B u n d e s d i r e k t o r i u m . Das ist der Kampfpreis, für den wir in den Kampf gegen Preußen ziehen — gegen die Regierung, nicht gegen Preußens V o l k ; denn das b e f r e i e n wir, indem wir es bekämpfen. Wir brechen j e t z t die K e t t e n unserer B r ü d e r in P r e u ß e n ! Wie die in Ö s t e r r e i c h , das sich dem Hauch der Freiheit nicht entziehen kann, wenn es unser bedarf, wenn es an unserer Seite f i c h t . . . . D a s B ü r g e r t u m muß j e t z t die Probe bestehen. Noch heute kann es die Bewegung ergreifen und l e i t e n ; ist es heute ängstlich, ist es nur eine feige Bourgeoisie, dann hat diese es selbst zu verantworten, wenn die Sündflut losbricht und über sie hinweggeht." Wohin der Sieg auch fallen mag, „der Sieger wird so geschwächt sein, daß er des Volkes bedarf". Die „dritte Großmacht", die Demokratie, hält die Entscheidung in den Händen. 1336. In der politischen Grundgesinnung dem „Deutschen Wochenblatte" vielfach verwandt, hat die von Wilhelm R ü s t o w redigierte, seit Anfang 1864 in Koburg erschienene „Deutsche WehrZeitung. Herausgegeben von einer Anzahl von Offizieren in und außer Dienst. Organ des deutschen Offiziertages" {Ki2), die erst von Ende April 1866 ab einer laufenden Besprechung der aktuellen politischen Lage sich zugewandt hat, von ihrer Lieblingsidee der Abschaffung der stehenden Heere und ihrer Ersetzung durch eine volkstümliche Wehrverfassung auf der Grundlage des Milizgedankens aus die deutsche Verwicklung kritisch beleuchtet unter stärkster Betonung ihres Abscheus vor dem Gedanken des „Bruderkrieges". „Und wenn uns die zwingende Macht der Tatsachen dennoch zur Parteinahme nötigt, so sagen wir: wo die Junker die Situation vollständig beherrschen, da ist Egoismus, da ist Willkür, da ist Unfreiheit; sie zu bekämpfen, gebieten Recht und Freiheit; wo Recht und Freiheit herrschen, da ist das deutsche Lager und: Deutschland über alles!" 972

(23. IV.) Um die von Preußen und Österreich und die der Rheingrenze von Frankreich her drohenden Gefahren abzuwenden, bedarf es eines militärischen und politischen Zusammenschlusses der Mittel- und Kleinstaaten: „Politische Vereinigung zu einem festen Zusammenhang untereinander; Aufgeben des inneren Kampfes gegen ihre Völker, wodurch die ganze Volkskraft nach außen verwendbar würde; Schaffung einer Heeresorganisation, welche das ganze wehrbare Volk zum Heere gestaltet! Das wäre der Weg, auf welchen sie sich schleunigst zu begeben hätten, um ihre nationale Aufgabe zu erfüllen" (30. IV.) Und schließlich am 25. VI. das erneute Bekenntnis: „ W i r alle wollen keinen Krieg! Gegen den Krieg gibt es nur e i n Mittel: das Volk muß sich wehrhaft machen, muß sich militärisch organisieren. . . . Militärisch organisiert werden wir stark genug sein, dem R u f : Bis hierher und nicht weiter! die Tat auf dem Fuße folgen zu lassen. Wir wollen ein einiges, freies und mächtiges Deutschland! Opfern wir unsere partikularistischen Neigungen dem großen Ziele! Lassen wir alle andern Bestrebungen ruhen, bis das eine große Ziel erreicht ist! Vereinigen wir alle Kräfte zur Errichtung einer deutschen Volkswehr, durch welche einzig und allein das einige und freie Deutschland geschaffen werden kann!" 1337. Da der seit dem 1. April 1865 als „Organ der social-demokratischen Partei — allgemeines Arbeiterblatt" erschienene Hamburger „ N o r d s t e r n " (vgl. Nr. 944) bereits am 30. I X . 1865 eingegangen ist, nachdem er sich in dem Zank um Lassalle und sein Erbe und in der Polemik gegen die Taktik des als Tageszeitung erschienenen „Sozial-Demokrat, Organ des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins" abgenutzt hatte, läßt sich über die Haltung der proletarischen Demokratie zur Krisis von 1866, soweit sie sich in den Zeitschriften widerspiegelte, lediglich über das radikaldemokratische Emigrantentum etwas aussagen. In Ermangelung weiterer Zeugnisse ist den Betrachtungen Johann Philipp B e c k e r s besondere Bedeutung beizumessen. Als Herausgeber und Verfasser sämtlicher Leitartikel des seit Anfang 1866 als Monatsschrift in Genf erscheinenden „Vorboten. Organ der Internationalen Arbeiter-Association" (JBS) hat Becker das politische Gesicht der neuen Zeitschrift bestimmt. Ausgehend von der Proklamierung der internationalen Solidarität aller Völker, bekannte sich Becker in dem Griindungsprogramm „ W a s wir wollen und sollen" zu folgenden Grundsätzen: „ W i r werden nie eine andere Souveränität und Majestät als die Volkssouveränität und Volksmajestät anerkennen. . . . Wir werden nur solchen Nationalitätsbestre62*

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bungen Vorschub leisten, welche auf ganze Freiheit, Selbständigkeit und Gleichberechtigung aller hinzielen, um jedes Volk in Ebenbürtigkeit als organisches Glied der großen Kette des Menschentums dem freien Bunde allgemeiner Eidgenossenschaft einverleiben zu können. Wie wir nach außen die Rassenabneigungen und den Kriegsgeist, so wollen wir nach innen die Klassengegensätze — Bourgeoisie und Proletariat — zu überwinden und den inneren Frieden zu erobern trachten." Das Hauptziel jedoch ist „die politische und ökonomische Emanzipation der Arbeiterklasse, die Befreiung der großen Mehrheit aller Völker vom Doppeljoche — der Gewalt der Bajonette und der Macht des Privatkapitals". Von diesen Voraussetzungen aus hat Becker im April unter Beschränkung auf allgemein grundsätzliche Darlegungen „Zur Klärung unserer Aufgabe" die deutsche Frage aufgerollt: „Ein freies, einheitliches Deutschland muß erstehen, wenn irgendwo in Europa eine vernünftige nationale und allgerechte internationale Politik zur Geltung kommen und den Werken des Friedens eine sichere Bürgschaft geboten werden soll." Weder die deutschen Großmächte, noch die Fürsten, noch die kapitalistische Bourgeoisie sind imstande, die Aufgabe zu lösen. Nur die sozialdemokratische Partei „kann und wird das Riesenwerk vollbringen, welches die Geschichte nur ihr zum Wohle der ganzen Menschheit vorbehalten hat. . . . Die Abschüttelung des politischen Joches, die Erfüllung der internationalen Aufgabe, bedeutet die Herstellung auf Arbeit gegründeter Sozialstaaten und der freien europäischen Eidgenossenschaft." Und als die politische Lage sich in der Folge mehr und mehr zur Kriegsgefahr zuspitzte und die Aussicht auf ein Eingreifen Frankreichs in die deutschen Verwicklungen als begründet erscheinen ließ, da erklärte Becker im Juni, daß es nur noch ein Heilmittel und ein Gegengift gebe, die Revolution. „Und diese ist der Friede unter den Völkern und der Krieg gegen die Tyrannen! . . . Wer nicht lieber für die Freiheit stirbt als in der Knechtschaft lebt, nicht lieber alle Glieder vom Leibe verliert als das Vaterland um einen Zoll verstümmeln läßt, nicht in Kampfeswehen und Wundenschmerz es lebe Deutschland! ruft, der ist kein deutscher Mann. Es gibt nur ein Erlösungsmittel, nur einen Staat und eine Kirche—die Republik!" — Auf der gleichen politischen Gesinnungsgrundlage wie der Beckersche „Vorbote" stand auch der noch mehr im Allgemeinen steckenbleibende, eine Stellungnahme zu den aktuellen politischen Ereignissen überhaupt vermeidende „Deutsche Eidgenosse" {Brz), der im Auftrage des Vereins „Deutsche Freiheit und Einheit" in England seit dem 15. III. 1865 von Karl Blind in London als Zwei974

monatsschrift herausgegeben wurde (vgl. Nr. 1275). E s handelte sich hier um ein Organ, das sich an alle diejenigen wandte, „die den Sturz der Tyrannei und die Aufrichtung des Freistaates erstreben. . . . Alles durch das Volk! Alles für das Volk! bleibt unser unabänderlicher Wahlspruch. Das ist die Eidgenossenschaft der Bestrebungen, die uns verbindet. In diesem Zeichen werden wir siegen." 1338. Als die einzige in deutscher Sprache während der ersten Hälfte des Jahres 1866 in Österreich erschienene Zeitschrift von nennenswertem nationalpolitischem Gewicht verdient die auch nach dem österreichischen Ministerwechsel an ihrer oppositionellen Haltung festhaltende deutsch-föderalistische „Reform. Wochenschrift" (Wj,W3) besondere Beachtung. Das von dem Herausgeber Franz S c h u s e l k a bis zur Jahresmitte entwickelte Aktionsprogramm bildete die konsequente Fortbildung des kritischen Kommentars, mit dem „Die Reform" die einzelnen Phasen des Kampfes um Schleswig-Holstein begleitet hatte (vgl. Nr. 1005, 1033, 1087, 1109, 1114, 1174). E s ist daher nicht die Agitation für, sondern gegen den Krieg, mit der „Die Reform" die Verschärfung des preußisch-österreichischen Machtgegensatzes beantwortet wissen wollte, freilich bei gleichzeitiger militärischer Rüstung Österreichs. Denn wenn, wie Schuselka am 22. III. 1866 betonte, „Preußen über Österreich hinweg einen schwindelhaften Gipfel des eigennützigen und ehrgeizigen Separatismus ersteigen will, wenn es Zwecke verfolgt, welche ebenso dem Rechte und der Ehre, der Machtstellung und Mission Österreichs, wie dem geschichtsrechtlichen föderativen Wesen der deutschen Nationalentwicklung entgegen sind, dann hat Österreich das Recht und die Pflicht, für die eigenen Interessen und für das freie Nationalleben Deutschlands in den Kampf zu gehen". In dem Bismarckschen Antrag auf Berufung eines deutschen Parlaments hat „Die Reform" weder einen Anlaß zur Freude noch zum Erschrecken gesehen. Wenn Bismarck auch nach ihrer Auffassung mit diesem Antrage sein eigenes politisches Todesurteil unterschrieben habe, so bestehe für Österreich doch um so mehr Grund, ernsthaft auf den Antrag einzugehen, als dieser die Aussicht auf eine friedliche Lösung der schleswig-holsteinischen Frage eröffne (12. IV.). Obwohl in der Folge mit der schärfsten Polemik gegen die preußische Politik nicht zurückhaltend, da diese Österreich in seiner naturgemäßen und geschichtsrechtlichen deutschen Stellung, die sämtlichen Mittel- und Kleinstaaten in ihrer Selbständigkeit, die deutschen Volksstämme in ihrer Individualität, da sie das Freiheitsprinzip der deutschen Föderation und die Integrität des 975

Nationalgebietes bedrohe, hat „Die Reform" doch bis Mitte Juni unter Betonung der Solidarität der österreichischen und der Bundesinteressen an der Friedensparole festgehalten. Nach der Besetzung Holsteins durch preußische Truppen jedoch gab sie die Erklärung ab: „Österreich muß gegen Preußen losschlagen ohne Rücksicht darauf, was andere tun werden, es muß an Preußen sein Recht und seine Ehre rächen" (14. VI.). Daß dieser Kampf trotz seiner unmittelbar deutschen Losung im Grunde doch ein im Interesse auch der nichtdeutschen Völker Österreichs zu führender Kampf sei, war die ebensosehr in grundsätzlichen wie taktischen Erwägungen verwurzelte Grundthese, die Schuselkas weiteren Ausführungen zugrunde lag. Die eigentliche Kriegsfrage, so erklärte er am 21. VI., ist: „Österreich als Großmacht oder nicht ? Die deutsche Stellung ist eine unentbehrliche integrierende Stütze der Großmachtstellung überhaupt. Deshalb will uns Preußen aus dieser Stellung verdrängen. Österreich kann aber nur als Großmacht bestehen, und es muß ein großmächtiges Dasein behaupten, und zwar nebst vielen allgemeinen und besondern Gründen ganz vorzüglich auch deshalb, damit sich in diesem Großreiche alle Nationalitäten bis zur kleinsten herab in ihrer Individualität erhalten können, wie sie sich bisher erhalten haben. . . . Isoliert oder in eine andere Verbindung gebracht, wäre jede der nichtdeutschen Nationalitäten Österreichs in ihrer Individualität gefährdet. Es ist also der Kampf gegen Preußen in der Tat ein Nationalkampf, nicht bloß für die deutschen, sondern auch für die nichtdeutschen Völker Österreichs. So wollen wir diesen Kampf in brüderlicher Eintracht mit Wort und Tat bis zum entscheidenden Siege führen."

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Zeitscfiriftenregister. (Die Ziffernverweise beziehen sich auf die Nummern, nicht auf die Seiten der Publikation, die fettgedruckten Ziffern auf Zeitschriftensammelreferate. Die Angaben über das Erscheinen beschränken sich auf den Zeitraum von 1858 bis 1866. Fundorte sind nur dort angegeben worden, wo eine Zeitschrift nicht allgemein zugänglich ist.) Die A e r a . Organ des deutschen Nationalvereins für dessen Mitglieder und Freunde in Preußen. Erschienen vom 30. April bis 22. Dezember 1863 in Koburg wöchentlich einmal. 4 0 . Vorhanden in Bt. Nr. 749. A u s t r i a . Wochenschrift für Volkswirtschaft und Statistik. Redigiert 1858—1862 von Gustav Höfken, seit 1863 von L. Stein. 4 0 . Erschienen 1858—1862 in Wien im Verlage der K. K. Hof- und Staatsdruckerei, 1863—1866 im Verlage der kaiserl. Wiener Zeitung wöchentlich einmal. Vorhanden in Bt und Wv Nr. 858. B a y e r i s c h e W o c h e n s c h r i f t . Herausgegeben von Karl Brater. 4 0 . Erschienen vom 2. April 1859 bis 24. September 1859 wöchentlich einmal in München. Wurde fortgesetzt als „Süddeutsche Zeitung". Vorhanden in M v mit Ausnahme von Nr. 18 und 20 auch in T. Nr. 59, 66, 127, 198. B e r l i n e r R e v u e . Social-politische Wochenschrift. Herausgegeben von 1858 bis August 1860 von Hermann Keipp, 1861—1866 von J . von Moerner. 8°. Erschienen wöchentlich einmal in Berlin. Nr. 6, 11, 12, 13, 163, 260, 261, 268, 275, 436, 474, 497, 593, 755, 762, 871, 914, 942, 957, 1007, 1100, 1145, 1221, 1312, 1325. B r e m e r H a n d e l s b l a t t . Redigiert 1858—1860 von V. Böhmert, 1861—1865 von A. Emminghaus, 1866 von A. Lammers. 4 0 . Erschienen in Bremen wöchentüch einmal. Vorhanden in B1; Bs; Ht. Nr. 136, 202, 850, 941, 1382. C h r o n i k d e r G e g e n w a r t . Monatsrundschau auf dem Gebiete von Staat, Kirche und Gesellschaft f ü r alle Stämme und alle Stände Deutschlands. Herausgegeben von mehreren Gelehrten unter verantwortlicher Redaktion von Dr. Hermann Bischof und Joseph Strobel. 8°. Erschienen seit April 1864 monatlich einmal in München; ob 1866 noch erschienen, ist fraglich. Jg. 1864 und 1865 vorhanden in M x \ Jg. 1864 auch in G. Nr. 1094, 1193, 1271» 1272.

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D e m o k r a t i s c h e S t u d i e n . Unter Mitwirkung von L. Bamberger, Karl Grün, Moritz Hartmann, Friedrich Kapp, F. Lassalle, Michelet, H. B. Oppenheim, Ludwig Simon aus Trier, Adolf Stahr, Carl Vogt u. a. hrsg. von Ludwig Walesrode. 8°. Erschienen 1860 und 1861 in Hamburg jährlich einmal in Bandform. Nr. 185, 245, 246. D e u t s c h e B l ä t t e r . Ein Sprechsaal für gebildete Vaterlandsfreunde. Redigiert von Hofrat Dr. L. W. Fischer-Goullet. 4 0 . Erschienen vom 17. Mai 1859 bis 29. März 1862 in Frankfurt a. M., anfangs in zwanglosen Nummern als Gratisbeilage der volkswirtschaftlichen Zeitschrift „Der deutsche Verkehr", seit dem 18. Juli 1859 monatlich viermal mit dem Untertitel „Verbunden mit der Zeitschrift Der deutsche Verkehr" Vorhanden in F^; Kat; unvollständig auch in T. Nr. 128, 129, 194, 576. Der D e u t s c h e E i d g e n o s s e . Herausgegeben vom Verein ,,Deutsche Freiheit und Einheit" unter Mitwirkung von Karl Blind, Dr. Louis Büchner, Ludwig Feuerbach, Ferdinand Freiligrath, M. Gritzner d. Ä., General Ernst Hang, Theodor Mögling, K. Nauwerck, Theodor Olshausen, Dr. Gustav Rasch, Emil Rittershaus, Gustav Struve, J . D. H. Temme u. a. Redigiert von Karl Blind. 8°. Erschienen vom 15. März 1865 bis Mai 1867 als Zweimonatsschrift in London und Hamburg. Vorhanden in Brt; einzelne Nummern auch in He und Mv Nr. 1275, 1887. D e u t s c h e I n d u s t r i e - Z e i t u n g . Organ der Handels- und Gewerbekammern zu Chemnitz, Dresden, Plauen und Zittau. Herausgegeben von Robert Binder. 4 0 . Erschienen in Chemnitz wöchentlich einmal. Jg. 1861—1866 vorhanden in B v ; Jg. 1863—1866 auch in L3. Nr. 844, 845. D e u t s c h e J a h r b ü c h e r für Politik und Literatur. Herausgegeben von H. B. Oppenheim. 8°. Erschienen von Oktober 1861 bis Ende 1864 monatlich einmal in Berlin. Nr. 320, 326, 416, 482, 517, 523, 753, 867, 941, 970, 1097. D e u t s c h e s Museum. Zeitschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben. Herausgegeben von Robert Prutz, seit dem 1. Januar 1866 von R. Prutz und Karl Frenzel. 8°. Erschienen 1858—1866 wöchentlich einmal in Leipzig. Nr. 132, 198, 238, 298, 338, 339, 367, 752, 941, 1001, 1026, 1070, 1103, 1330. D e u t s c h e V i e r t e l j a h r s s c h r i f t . 8°. Erschienen 1858—1866 bei Cotta in Stuttgart vierteljährlich einmal, vereinzelt auch in Halbheften vierteljährlich zweimal. Nr. 88, 108, 124, 159, 278, 370, 379, 480, 484, 486, 487, 496, 573, 577, 606, 709, 740, 760, 761, 815, 816, 861, 866, 874, 876, 890, 891, 898, 899, 912, 1020, 1 1 1 6 , 1134, 1227, 1277, 1285. D e u t s c h e W e h r z e i t u n g . Organ des Centraibureaus für freiwillige Wehrvereine in Coburg. Seit März 1864 auch Organ des deutschen Offiziertages. 4 0 . Erschienen 1864—1866 wöchentlich einmal in Köburg. Vorhanden in Ki2. Nr. 1336. D e u t s c h e s W o c h e n b l a t t . Untertitel seit dem 24. I X . 1865: Organ der deutschen Volkspartei. Redigiert von Dr. Ludwig Eckardt. 4 0 . Erschienen 1865 und 1866 wöchentlich einmal in Mannheim. Vorhanden in Bb; He; K1. Nr. 1 1 3 1 , 1158, 1245. 1273, 1335.

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Der D e u t s c h e Z u s c h a u e r . Blätter für Politik und Geschichte. 8°. Erschienen 1862 und 1863 in Jena in insgesamt 4 Heften. Vorhanden in G; H-y; Hrv Nr. 592. Die G l o c k e . Illustrierte Wochenzeitung für Politik und soziales Leben. Redigiert von A. H. Payne. 4 0 , seit 1861 in fol. Erschienen seit Anfang 1859 wöchentlich einmal in Leipzig und Dresden; wann eingegangen, war nicht zu ermitteln. Jg. 1859 und 1860 vorhanden in Lx. Nr. 129, 195. Die G r e n z b o t e n . Zeitschrift für Politik und Literatur. Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt. Verantwortlicher Redakteur 1859—1864, Februar 1865 bis Juni 1866 Moritz Busch. 8°. Erschienen wöchentlich einmal in Leipzig. Nr. 130, 168, 196, 368, 426, 483, 547, 600, 628, 751, 857, 870, 872, 941, 960. 993, 1045, i i i o , 1 1 1 5 , 1120, 1 1 2 1 , 1166, 1168, 1179, 1257, 1328. H e r m a n n . Deutsches Wochenblatt aus London. Redigiert bis zum 30. Juni ¿859 von Gottfried Kinkel, fol. Erschienen Januar 1859—x866 wöchentlich einmal in London. Vorhanden Jg. 1859 in Mz, Jg. 1864, Nr. 261—313 in B l s . Nr. 25, 138, 203, 997. 1023. H i s t o r i s c h - p o l i t i s c h e B l ä t t e r für das katholische Deutschland. Redigiert von Edmund Jörg und Franz Binder. 8°. Erschienen 1858—1866 in München. Nr. 71, 126, 147, 163, 192, 294, 300, 315, 343, 350, 369, 418, 422, 434, 437, 481, 541, 542, 559, 602, 745, 758, 862, 865, 875, 988, 961, 1025, 1047, 1059, 1108, 1 1 1 7 , 1132, 1192, 1231, 1247, 1327. J a h r b ü c h e r für Gesellschafts- und Staatswissenschaften. Herausgegeben von Dr. J . C. Glaser, Professor der Staats- und Cameralwissenschaften. 8°. Erschienen 1864 bis 1866 monatlich einmal in Berlin im Selbstverlage des Herausgebers. Vorhanden in B v Nr. 1099, 1150, 1194, I 2 2 3 . 1270, 1325. Das J a h r h u n d e r t . Zeitschrift für Politik und Literatur. Redigiert 1858 von A. Reckahn, 1859 von Dr. jur. Gottfried Cohen. Erschienen bis Juni 1859 wöchentlich einmal in Hamburg. Vorhanden in B s ; H v Nr. 14, 15, 46, 187. K ö n i g s b e r g e r S o n n t a g s p o s t für Religion, öffentliches Leben, Wissenschaft und Kunst. Herausgegeben von Julius Rupp. 4 0 , ab 1861 in fol. Erschienen 1858 bis 28. September 1862 in Königsberg. Vorhanden in Bl; Kgv Nr. 184, 199, 458, 754. N o r d d e u t s c h e r G r e n z b o t e . Politische Wochenschrift. Herausgegeben und redigiert seit Nr. 33 von C. F. Carstens, kl.-fol. Erschienen wöchentlich einmal in Hamburg vom 28. April 1861 bis zum 24. April 1863. Vorhanden in H 1 ; ; Nr. 442. N o r d i s c h e B l ä t t e r . Wochenschrift für Bildung, Unterhaltung und Besprechung vaterländischer Interessen. Herausgegeben von Fr. J . Kruger. Verantwortlicher Redakteur Fr. Willibald Wulff. 8°. Erschienen 1858 in Hamburg wöchentlich einmal. Fortgesetzt unter dem Titel: Teut (siehe dort). Vorhanden in Hv Nr. 5.

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Der N o r d s t e r n . 4 0 . Erschienen (Nr. 1—13 unter dem T i t e l : Ipecacuanka) vom x. J a n u a r 1860 bis 30. September 1865 wöchentlich einmal in Hamburg, a b Neujahr 1866 nochmals in wenigen Nummern; endgültig eingegangen am 10. März 1866. Ab Nr. 198 lautet der T i t e l : Nordstern. Organ für Arbeit und Arbeiter; a b Nr. 202: Nordstern. Organ für das deutsche Volk; ab Nr. 303: Nordstern. Organ der social-demokratischen Partei — allgemeines Arbeiterblatt; a b Nr. 326: Nordstern. Organ der social-demokratischen Partei und des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins. Redigiert von W . Rediker, a b Nr. 118 von T . Hasskerl, ab Nr. 153 von K . Bruhn. Vorhanden in H v Nr

- 5 ° 3 . 505, 507, 601, 612, 746, 944, 1236, 1337.

ö k o n o m i s c h - p o l i t i s c h e (großdeutsche) Revue brennender Fragen und schwebender Verhandlungen über soziale und materielle Zeitinteressen. Herausgegeben von Referendar August W . Wagner. 8°. Erschienen ab 15. J u l i 1864 in Wien und Leipzig in einzelnen Lieferungen als Vierteljahrshefte. W a n n eingegangen, war nicht festzustellen. Vorhanden lediglich Bd. 1 in Wx. Nr. 1095. Die O p p o s i t i o n . Ein „Blaubuch" für die öffentliche Meinung. Redigiert unter Verantwortlichkeit von W . Marr. 8°. Erschienen 1863 in 3 Heften in Hamburg. Vorhanden H e f t 1—2 in H x , Heft 1—3 in H 3 . Nr. 757. O s t u n d W e s t . Wochenschrift für Politik. Redigiert von E . J . v. Tkalac, seit 1863 von Alexander Sandic. Erschienen vom 16. März bis 31. Dezember 1861 in Wien als Tageszeitung, 1862 als Wochenschrift, von 1863 bis zum 17. Februar 1865 als Halbmonatsschrift, danach bis Mai 1865 als Tageszeitung. Vorhanden in Wv Nr. 860, 937, 1004, 1021, 1028, 1060, 1092, 1237. ö s t e r r e i c h i s c h e Militärische Zeitschrift. Redigiert und herausgegeben von V. Streffleur, K . K . General-Kriegs-Commissär. 8°. Erschienen seit 1860 in Wien. Vorhanden in Br1; W1. Nr. 396, 403. ö s t e r r e i c h i s c h e R e v u e . 8°. Erschienen 1863—1866 in Wien, jährlich in 8 Bänden. Nr. 906. P r e u ß i s c h e J a h r b ü c h e r . Herausgegeben bis J u n i 1864 von Rudolf Haym. Ab J u l i 1864 verantwortlicher Redakteur A. Flögel, eigentlicher Leiter Wilhelm Wehrenpfennig. 8°. Erschienen 1858—1866 monatlich einmal in Berlin. Nr. 9, 10, 42, 181, 145, 197, 249, 419, 424, 427, 432, 443, 750, 857, 941, 959, 982, 992, 1052, 1119, 1120, 1157, 1195, 1307, 1329. P r e u ß i s c h e s H a n d e l s a r c h i v . Wochenschrift für Handel, Gewerbe und Verkehrsanstalten. Nach amtlichen Quellen. Mit Genehmigung des Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten herausgegeben von v. Viebahn, Geh. Ober-Finanzrat, Saint-Pierre, Wirkl. Legationsrat. 4 0 . Vor 1861 unter dem Titel „Handelsarchiv" erschienen. 1858—r866 in Berlin im Verlage der Kgl. Geh. Oberhofbuchdruckerei. Nr. 784. Preußische Statistik. Nr. 784. 980

Herausgegeben vom Kgl. Statistischen Bureau in Berlin.

P r e u ß i s c h e s W o c h e n b l a t t zur Besprechung politischer Tagesfragen. Redigiert von Dr. G. Hertzberg. 40. Erschienen wöchentlich einmal in Berlin von 1858 bis 1861. Vorhanden in Br; B3. Nr. 98, 133, 200. Die R e f o r m . Wochenschrift. Herausgegeben von Franz Schuselka. 8°. Erschienen 1862—1866 wöchentlich einmal in Wien. Vorhanden in W x ; W s . Nr. 329, 330, 859, 936, 1005, 1 0 3 3 , 1087, 1 1 0 9 , 1 1 1 4 , 1 1 7 4 , 1249, 1 2 5 1 , 1838. S t i m m e n d e r Zeit. Monatsschrift für Politik und Literatur. Ab Neujahr 1862 Wochenschrift für Politik und Literatur. Herausgegeben von Adolph Kolatschek. 8°. Erschienen von Oktober 1858 bis Juni 1860 in Gotha, Juli 1860 bis Dezember 1861 in Leipzig und Heidelberg, 1862 in Wien und Leipzig. Vorhanden in G; Wv N r . 1 7 , 26, 43, 53, 1 0 7 , i n , 125, 1 6 3 , 168, 191, 207, 237, 288, 299, 3 3 4 — 3 3 7 ,

372. 399. 543. 580- 630, 635, 861.

T e u t . Jahrbuch der Junggermanischen Gesellschaft. Herausgegeben von Fr. J . Kruger. 8°. Erschienen 1859 in 4 Heften in Leipzig als Fortsetzung der „Nordischen Blätter" (siehe dort). Ab 1860 in Nürnberg erschienen unter dem Titel: Teut, Monatsschrift der Allgemeinen germanischen Gesellschaft. Vorhanden Heft 1, 2 und 4 in Hv Heft 3 in T. Nr. 82. U n s e r e T a g e . Blicke aus der Zeit in die Zeit. Culturgeschichtliche Revue in zwanglosen Heften. 8°. Erschienen 1859—1866 in Braunschweig. Vorhanden in B1; B3. Nr. 405, 695, 748, 855, 9 3 5 , 1 0 7 2 . U n s e r e Zeit. Jahrbuch zum Conversationslexikon, seit 1865 unter dem Titel: Deutsche Revue der Gegenwart. Monatsschrift zum Conversationslexikon. 8°. Erschienen 1858—1866 in Leipzig. Nr. 455, 8 5 1 , 856. V o l k s b l a t t für Stadt und Land zur Belehrung und Unterhaltung. Herausgegeben von Philipp Nathusius. 40. Erschienen 1858—1866 wöchentlich zweimal im Selbstverlage des Herausgebers in Neinstedt bei Quedlinburg. Vorhanden in Bv Nr. 135, 201, 756, 9 1 8 , 943, 1 0 2 2 , 1326. V o l k s w i r t s c h a f t l i c h e Monatsschrift im Verein mit bewährten Fachgenossen herausgegeben von E . Pickford. 8°. Erschienen von Anfang 1858 bis Mitte 1859 monatlich einmal in Erlangen. Vorhanden in Bt; H2. Nr. 759. Der V o r b o t e . Politische und sozial-ökonomische Zeitschrift. Zentralorgan der Sektionsgruppe deutscher Sprache der Internationalen Arbeiterassociation. Der Kopftitel lautet: Der Vorbote. Organ der Internationalen Arbeiter Association. Monatsschrift, redigiert von Joh. Ph. Becker. 8°. Erschienen seit Januar 1866 in Genf. Vorhanden in Bs . Nr. 1337. W a l d h e i m s Illustrirte Zeitung. Belletristisch-politische Wochenschrift. Redigiert von R. von Waldheim. fol. Erschienen seit 4. Januar 1862 wöchentlich einmal in Wien, seit 1864 unter dem Titel: Waldheims Illustrirte Blätter. Chronik der Gegen-

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-wart, Familienblatt zur Unterhaltung und Belehrung. Vorhanden Jg. 1862—1866 in W2; Jg. 1862 und 1863 auch in Da. Nr. 789. W o c h e n b l a t t des Deutschen Reformvereins, a b 19. April 1863 mit dem Untertitel: Organ der großdeutschen Partei. Redigiert von Heinrich Keller. 40. Erschienen vom 11. Januar 1863 bis Ende 1864 wöchentlich einmal in Frankfurt a. M. Vorhanden in F1; G; Mv Nr. 822, 863, 879, 939, 947, 998, 1063. W o c h e n s c h r i f t des Nationalvereins, ab April 1865 unter dem Titel: Wochenblatt des Nationalvereins. Herausgegeben von A. L. v. Rochau, ab 6. April 1865 vom Vereinsausschuß. 4°. Erschienen vom 15. April 1860 bis 1. April 1865 wöchentlich einmal in Koburg, seitdem bis zum 19. Juli 1866 in Frankfurt a. M. Vorhanden in B t ; Mx; mit Ausnahme des Jahrganges 1866 auch in G; Ki2. Nr. 3 4 1 , 346, 433, 456, 488, 520, 5 2 1 , 598, 603, 625, 738, 749, 772, 7 7 3 , 864, 940, 1 0 3 2 , 1 0 3 5 , 1050, 1 0 5 1 , 1 0 6 5 , 1096, 1 1 0 1 , 1 1 0 2 , 1 1 2 4 , 1 1 2 9 , 1 1 3 0 , 1 1 7 6 , 1 1 8 0 , 1 1 9 0 , 1 1 9 1 , 1 2 3 4 , 1 3 0 0 , 1333. W o c h e n s c h r i f t der Fortschrittspartei in Bayern. 40. Erschienen 1865 und 1866 wöchentlich einmal in Erlangen. Vorhanden in Bs. Nr. 1 1 8 4 , 1 1 8 9 , 1334. Z e i t s c h r i f t des Kgl. Preußischen Statistischen Bureaus. Redigiert von dessen Direktor Dr. E m s t Engel. Erschienen Oktober 1860 bis 1866 monatlich einmal in Berlin als Monatsbeilage zum Preußischen Staatsanzeiger. Nr. 784. Der Z o l l v e r e i n . Zeitschrift für Handel und Gewerbe. Zugleich Organ des Handelsund Gewerbevereines für Rheinland und Westfalen. Redigiert von R. Berndt in Düsseldorf. 40. Erschienen seit Oktober 1865 wöchentlich einmal in Elberfeld, seit Nr. 14 des Jg. 1866 in Düsseldorf. Vorhanden in H 2 . Nr. 1831. Die Z u k u n f t . Wochenschrift für politische, nationale und volkswirtschaftliche Interessen. Herausgeber und Eigentümer Julius von Delpiny. 8°. Erschienen ab 19. November 1864 wöchentlich einmal in Wien, seit Jahresbeginn 1866 als Tageszeitung. Vorhanden in W2. Nr. 1 2 4 0 , 1 2 4 3 , 1244, 1248, 1 2 5 2 .

974- 979, 982, 984—987, 1004, 1022, 1048, 1079, 1081, 1086, 1133, 1150—1152, 1170, 1264. — , Herzog von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1798—1869) 990, 1146. Classen-Kappelmann, Johann (1816— 1879), Wollspinnereibesitzer u. Trikotagenfabrikant, 1861—1868 Mitgl. d. Ausschusses d. Dtschen. Handelstages 1009. Clement, K n u t Jungbohn (1803—1875), germanist. .Rechtshistoriker u. Journalist 969. . Cloßmann, Auguste v., Schweizer Bürger 391Cobden, Richard 1128. Cohen, Gottfried, Wirtschaftspublizist u. Journalist 137. Constant, Victor, siehe Hübbe. Cotta, Georg Frhr. v. (1796—1863), Inhaber der Cottaschen Buchhandlung 142. Cromwell, Oliver 1128. D Dali, Leo 510. Damitz, Fr. v. 1226. Daniels, Alexander v., seit 1852 preuß. Obertribunalsrat, seit 1854 lebenslängliches Herrenhausmitglied u. Kronsyndikus 916. Deäk, Franz, 1848 ungar. Justizminister, seit 1861 Reichsratsabg. u. Führer der sog. Adreßpartei 305, 309, 31g, 318, 327, 328, 1103, 1253, 1255. Deffner, Karl (1817—1877), Blechwarenfabrikant, 1856—1870 Mitgl. d. württ. Landtags, Ausschußmitgl. d. Vereins f. dtsche Industrie 821. Deutsch, Wilhelm 91. D'ham, Karl Joh. Lud., Kreisrichter in Brilon, Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung 544. Diezel, .Gustav (1817—1858), 1848er Demokrat, Publizist u. Journalist 1.

986

Dilthey, Theodor, Weinhändler in Rüdesheim, Mitgl. d. I. nass. Kammer 828. Diotmund, siehe Judeich. Dirckinck-Holmfeld, Konstantin Frhr. v. (1799—1880), bis 1840 dän. Verwaltungsbeamter, seitdem Publizist u. staatswiss. Schriftsteller 439, 979, 984, 1040, 1041, 1149. Diss, Philipp (1804—1865), Kaufmann in München 802. Dove, Heinrich Wilhelm, Prof. d. Meteorologie in Berlin 144. Droysen, Johann Gustav, seit 1859 Prof. d. Geschichte in Berlin 971. Duboc, Julius (1829—1903), polit. u. philosoph. Publizist 1168. Dulon, Rudolf (1807—1870), bis 1852 Pfarrer in Bremen, seitdem in U.S.A., religiöser Sozialist 895. Duncker, Franz, Buchhändler, Besitzer der „Volkszeitung", Mitbegründer d. Nationalvereins, d. dtschen. Fortschrittspartei u. d. Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine 1293. — , Max, Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung, 1857 Prof. d. Gesch. in Tübingen, 1859/60 Leiter d. Regierungspresse unter Auerswald, 1861 —1866 polit. Berater des Kronprinzen Friedrich Wilhelm 9, 127, 140, 750. Duveyrier, Charles (1803—1866), französ. Bühnendichter, ursprünglich Jurist u. begeisterter Saint-Simonist 400, 401. E Ebrard, August, Prof. der protest. Theologie in Erlangen, 1. Sekretär d. schleswig-holstein. Vereins in Erlangen 1141. Eckardt, Ludwig, 1857 Dozent in Bern, 1860 Prof. d. dtschen. Sprache in Luzern, 1862—1864 bad. Hofbibliothekar, seit 1865 Führer der „Dtschen Volkspartei" 158, 869, 954, 1131, 1335. Eckert, Eduard Emil, Rechtsanwalt in Dresden, später in Prag 313, 885, 929. Egloffstein, Karl Graf v. 1296. Eichhoff Wilhelm, 1858/59 Berliner Korrespondent des „Hermann" 244.

Elben, Otto, seit 1854 Chefredakteur u. Inhaber des Schwäbischen Merkur, 1866 Mitbegründer der „Deutschen Partei" 1067. Elisabeth (1485—1555), Tochter des Königs Johann v. Dänemark, seit 1502 verheiratet mit Kurfürst Joachim I. v. Brandenburg 1147, 1150, 1152. Elisamter 328. Emminghaus, Arwed, 1858 Versicherungsbeamter, 1861 Redakteur des Bremer Handelsblattes, 1866 Prof. d. Nationalökonomie in Karlsruhe 753, 850, 851. Engels, Friedrich, Sozialistenführer 34, 392, 1232. Eötvös, Josef v., ungar. Staatsmann, Dichter, Philosoph, Schriftsteller, zeitweilig Kultusminister 274, 289, 315, 333, 1241. Ernst II., Herzog v. Sachsen-Koburg 105, 296, 446, 572, 877, 950. Erz, Rudolf 735. Esmarch, Karl, seit 1857 Prof. d. röm. Rechts in Prag 967, 984, 1041. Ewald, Georg Heinrich August, Orientalist u. Theologe, Prof. in Göttingen 552— , Max, Fabrikant in Rüdesheim, Mitgl. d. Nationalvereins 828. F Faber, J. F., Pfarrer in Gschwend 379, 480, 740, 866, 874, 1020, 1116. Falk, Max, ungar. Publizist u. seit 1869 Parlamentarier 1241. Falke von Lilienstein, Johann 327. Feldner, L., evangel. Pastor in Elberfeld 722. Ficker, Julius, seit 1852 Prof. f. allgem. Gesch. in Innsbruck 477, 478, 481, 482. Fischel, Eduard (1826—1863), seit 1858 Stadtgerichtsassessor in Berlin, polit. Publizist 97, 105, 182, 243, 296, 363, 557Fischer, Ferdinand (1805—1880), Rechtsanwalt in Breslau 547. — , Friedrich Richard 121. — G o u l l e t , L. W . , Sachsen-Meiningscher Hofrat, seit i860 Chefredakteur d. R o s e n b e r g , Publizistik.

63

Frankfurter Postzeitung 17, 128, 194, 309, 825. Fischhof, Adolph, Arzt, österr. Politiker u. Publizist, 1848 Ministerialrat 316. Fliegel-Berg, Ernst v. 721. Forchhammer, Peter Wilhelm, Prof. d. klass. Philologie in Kiel 1037, 1177. Forckenbeck, Max v., liberaler preuß. Parlamentarier 1179. Francke, Karl Philipp, 1835—1848 Leiter d. schlesw.-holst. Zollwesens, 1851 Präsident der Landesregierung in Koburg, seit 1863 vertrauter Ratgeber Friedrichs v. Augustenburg 424, 427, 432Frank, Balderich 71, 147, 294, 559. — , Karl 18. Franklin, Benjamin 1128. Frantz, Adolf siehe Gutsmuths. — , Constantin, Publizist, 1859—1862 Kanzler d. preuß. Generalkonsulats für Spanien u. Portugal 2, 6, 1 1 — 1 3 , 19, 163, 220, 372, 491, 556, 574, 718, 1014, 1227, 1269, 1285. Franz II., röm. Kaiser, als Kaiser von Österreich Franz I. 331, 902. — Joseph I., Kaiser von Österreich 307, 4°°. 539, 865, 901, 904—906, 937, 940, 944, 1075. Frauer, Ludwig, Gymnasialprofessor in Schaffhausen 550. Frenzel, Karl, Romanschriftsteller u. Essayist, seit 1862 Feuilletonredakteur d. Nationalzeitung 1330. Freytag, Gustav, Schriftsteller u. Dichter, 1848—1870 Herausgeber der Grenzboten 130, 751, 941, 1328. Fricke, Gustav Adolf, Prof. d. Theologie in Kiel, seit 1865 in Leipzig 1073, 1141, 1159. Friedmann (auch Friedemann), O. Bernhard, 1859—1864 Herausgeber des Wiener Wochenblattes u. d. Neuesten Nachrichten 37, 325. Friedrich, Burggraf von Hohenzollern 527— II., König von Preußen 4, 19, 40, 62, 92, 93. 115. 164- i 78. 211, 378, 483, 487, 527, 726, 874, 887, 897, 908, 1070, 1163, 1211. 987

Friedrich V I I . , König von Dänemark (1808 — 1863) 443, 947, 986, 992,1055,1072, 1086, 1093.

— Christian August, Erbprinz von Schleswig-Holstein- Sonderburg-Augustenburg, „Herzog Friedrich V I I I . " 947, 956, 965—969, 9 7 1 — 9 7 3 . 975. 984, 986, 988, 991—994, 996, 1000, 1001, 1006—1009, 1 0 1 1 — 1 0 1 3 , 1016, 1017, 1020, 1022, 1024, 1027, 1036—1039, 1043—1045, 1047, 1048, 1052—1054, 1056—1059, 1061, 1063, 1067, 1069, 1073—1075, 1077, 1079, 1081—1084, 1086, 1090, 1091, 1095, 1098, 1099, 1107, 1114, 1120, 1123, 1129, 1133, 1138, 1140, 1141, 1149, 1152, 1154, 1156, 1159, 1165, 1167, 1169, 1170, 1175, 1 1 7 7 , 1178, 1181, 1183, 1186, 1195, 1199, 1202, 1261, 1264, 1286, 1288, 1289, 1323.

— Wilhelm I., der Große Kurfürst 365, 480, 838, 1070.

— II., König von Preußen 718. — III., König von Preußen 144. — IV., König von Preußen 4, 718. — , Prinz von Hessen 1133, 1134, 1151. Fröbel, Julius, 1848er Demokrat, Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung, 1849 — 1857 in U.S.A., 1857—1861 auf Reisen in Deutschland u. England, 1862 halbamtlicher Publizist im Dienste der österr. Regierung u. Redakteur des Botschafter 23, 163, 168, 176, 184, 191, 406, 490, 1116, 1266.

558, 574,

638,

G Gablenz, Anton Frhr. v. 532. Gagern, Heinrich Frhr. v., Präsident der dtschen. Nat.-Versammlung u. d. Reichsministeriums 165, 223, 477. Garibaldi, Giuseppe 616. Gentz, Friedrich v. 80, 163. Gerber, Wilhelm 1039. Gerlach, Ernst Ludwig v., Oberlandesgerichtspräsident, konservativer Politiker u. Publizist, Mitbegründer der Kreuzzeitung 212, 227, 267, 678, 715, 943, 1022, 1220, 1295,

t 3Z6.

Giebeler, nass. Abgeordneter 459.

988

Gihr, Johannes 969. Girardin, Emile de (1806—1881), Romanschriftsteller, Publizist, Industrie- u. Börsenspekulant, 1851—1856, 1862 —1866 Herausgeber der „Presse", seit 1867 der „Liberté" 39. Giskra, Karl (1820—1879), Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung, Rechtsanwalt in Brünn, Mitgl. d. mährischen Landtags u. d. Reichsrats, 1867—1870 österr. Innenminister 306. Glaser, Johann Karl, seit 1864 Prof. d. Staats- u. KameraiWissenschaften in Berlin 1150, 1314, 1325. Gneisenau, Graf Neithardt v. 706. Gneist, Rudolf, Prof. d. Rechte in Berlin, seit 1858 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses, in den Konfliktsjahren führendes Mitglied d. linken Zentrums 679, 684, 1179.

Gôbel, Otto 476. Goltz, Robert Graf v. d., 1859 preuß. Gesandter in Konstantinopel, 1862 in Petersburg, 1863 in Paris 546. Goluchowski, Agenor Graf, 1859—1860 österr. Innenminister, 1866 Statthalter von Galizien 931. Gottschalk, Gustav, Dr. jur. 1320. Grabow, Wilhelm, Oberbürgermeister, Mitgl. d. preuß. Nat.-Versammlung, seit 1858 d. Abg.-Hauses, 1862 Präsident desselben 650. Grahl, Dietrich Christian 963. Grandjean, M. C. 766. Grävell, F. 1002. Greil, Franz Xaver, Professor, 989. Greis, M. 1302. Gretsch, Nikolaus (1787—1867), russ. Ministerialbeamter, Schriftsteller u. Literaturhistoriker 536. Grisebach, O. C. E. 834. Grosse, Julius 375. Grote, Eduard Frhr. v., aus Hannover 553-

Grotefend, Georg August, 1857 Auditor, 1861 Assessor in Ahlefeldt 466, 494. Grün, Karl, demokrat. Publizist, 1850 —1861 in Brüssel, 1862—1865 Handels- u. Gewerbeschulprofessor in Frankfurt a. M. 622, 753.

Gutsmuths, Freimund, Assessor a. D. in Wernigerode 247, 667. Gyulai, Franz Graf, 1859 Oberbefehlshaber d. österr. Truppen in Italien u. Generalstatthalter der Lombardei 84. H Hafften, Hundt v., Oberleutnant a. D., Militärschriftsteller 671, 730, 110g. Haenle, S., Rechtsanwalt 1 0 1 1 . Hägele, Jos. M. 1235. Hagen, Adolf Hermann Wilhelm, Kämmerer der Stadt Berlin, fortschrittl. Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses seit Anfang 1862, 647, 648, 651—653, 655, 656, 664, 666, 672, 756, 1230. Hahn, Ludwig, 1855 Vortragender Rat i. preuß. Innenministerium, 1860 Reg.Schulrat, 1862 ins Ministerium zurückberufen 1172. Hall, Karl Christian, 1858—1863 dän. Außenminister 969. Haller, Joseph (1810—1886), bayr. Journalist, Publizist u. Sprachforscher 807. Hälschner, Hugo, Prof. d. Rechte 42, I I 3 > 977> 982, 1009. Hampden, John (1594—1643) 1128. Handelmann, Gottfried Heinrich (1827 —1891), Priv.-Doz. in Kiel, seit 1866 Konservator d. vaterländ. Altertümer in Schlesw.-Holstein 1000. Hänel, Albert, Prof. d. Rechte in Königsberg, seit 1863 in Kiel 995, 1081,1140. Hansemann, Gustav, Textilindustrieller 785Hape 548. Hardenberg, Karl August Fürst von 247, 299, 667. Harkort, Friedrich, Eisenindustrieller u. seit 1848 liberaler preuß. Parlamentarier 2 1 1 , 6 1 1 , 765. Hartmann, A. D. 776. Hauboldt, Max 631, 674. Haugwitz, Christian August Heinrich Kurt, Graf v. 9 1 1 . Häusser, Ludwig, Prof. d. Geschichte in Heidelberg 483, 903, 1 1 1 9 . Haym, Rudolf, Mitgl. d. dtschen. Nat.Versammlung, seit 1860 Prof. d. Literaturgesch. in Halle 1 3 1 , 750. 63'

Heffter, August Wilhelm, Prof. d. Rechte in Berlin, Geh. Obertribunalsrat und Kronsyndikus 1134. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 15, 233, 250, 380, 527, 677, 874, 1267. Hegnenberg-Dux, Friedrich Graf v., 1848 —1865 Präsident d. bayr. Abg.-Hauses, 1871 bayr. Ministerpräsident 883. Heinrich IV., König v. Frankreich 117. — V., bei den franz. Legitimisten Name d. Herzogs v. Bordeaux, Grafen v. Chambord 14g. Heinzelmann, Georg, Großkaufmann u. Fabrikant, Mitbegründer d. Dtschen. Handelsvereins von 1818, 809. Heinzen, Karl, revolutionärer politischer Schriftsteller, seit 1859 Zeitungsherausgeber in Boston 944. Held, Joseph v., kathol. Staatsrechtslehrer, Prof. in Würzburg 1265. Helfert, Joseph Alexander Frhr. v., 1849 —-1860 Unterstaatssekretär im österr. Unterrichtsministerium, 1861—1865 Leiter d. Unterrichts- u. Kultusabteilung im Staatsministerium 312, 1246. Helfferich, Adolf 482. Heller, Isidor (1816—1880), Journalist u. Publizist, 1859—1861 Herausgeber d. „Fortschritt" 273. Helwing, Ernst, Prof. d. Geschichte u. Staatswissenschaften in Berlin 1143, 1144, 1146. Henneberg, Friedrich (1815—1880), seit 1848 Mitgl. d. gothaischen u. d. gemeinschftl. Landtags f. Koburg u. Gotha 519, 604, 1323. Henrichsen, A. I. F., Lehrer am Christianeum in Altona 1167, 1287. Hepke, Robert, Referent f. d. dtschen. Angelegenheiten i. preuß. Außenministerium 546, H04. Hermann, Robert, jurist. Schriftsteller H33Hertzberg, Gustav, Prof. f. alte Geschichte in Halle, 1858—1860 Redakteur d. Preuß. Wochenblattes 133. —, Ewald Friedrich Graf v. 191. Heydt, August Frhr. v. d., 1848 — März 1862 preuß. Handelsminister, 1862 Finanzminister 676. 989

Hock, Karl Ritter v., Nationalökonom u. Statistiker, Sektionschef i. österr. Finanzministerium 278. Höfken, Gustav (1811—1889), nationalökonom. Schriftsteller, 1850 österr. Sektionsrat, Verwaltungsrat d. österr. Kreditanstalt f. Handel u. Gewerbe 858. Hofmann, Friedrich, Journalist 129, 195. — , Johann Christian Konrad v., Prof. d. luther. Theologie in Erlangen, Mitgl. d. II. bayr. Kammer 1042. Hohenlohe, Adolf Prinz v. H.-Ingelfingen, Ii. III. bis 23. I X . 1862 preuß. Ministerpräsident 751, 752, 758. Hohenzollern-Sigmaringen, Fürst Karl Anton v., Nov. 1858 bis März 1862 preuß. Ministerpräsident 140, 257, 664, 667, 694, 1124. Homeyer, Gustav, Prof. d. Rechte in Berlin, Kronsyndikus u. lebenslängl. Herrenhausmitglied 1151. Hörmann v. Hörbach, Winfried, 1856 bayr. Reg.-Rat, 1866 Reg.-Direktor, 1868 Innenminister 568. Hornthal v., bayr. Hofrat 880. Hötte, C. R., Sekretär der Handelskammer Elberfeld-Barmen 808. Hübbe, Hugo, Schriftführer d. Vereins f. korporative Verfassung d. Handwerkerstandes in Hamburg 1281. Huber, Victor Aimé, konservat. Schriftsteller u. Sozialpolitiker, seit 1861 Herausgeber d. „Concordia" 266, 999. Hugler, Dr. jur. 169. Humboldt, Alexander Frhr. v. 1146. — , Wilhelm Frhr. v. 299. I Ilse, Leopold Friedrich, Prof. d. Staatswissenschaften in Marburg 462. Isenburg-Birstein, Carl Prinz zu, 1076, 1292. J Jacoby, Johann, Arzt, Mitgl. d. preuß. Nat.-Versammlung, seit 1863 d. Abg.Hauses 210, 706, 1208. Jahn, Otto, Prof. d. Altertumswissenschaft in Bonn 1009. 99O

Jaques, Heinrich, Jurist 303. Jebsen, H. 1053. Jeiteles, J., volkswirtschaftl. Schriftsteller 859. Joachim I., Kurfürst v. Brandenburg 1145, 1148, 1152. Johann, Markgraf v. Brandenburg-Küstrin 1148. — , König v. Sachsen 387, 736. — I., König v . Dänemark 1145. Jörg, Joseph Edmund, bayr. Archivar, seit 1865 Mitgl. d. Landtags 126, 192, 270, 300, 315, 343, 350, 369, 418, 422, 434, 437, 542, 602, 745, 758, 862, 865, 875, 938, 961, 1025, 1047, 1059, 1108, 1117, 1132, 1185, 1192, 1247 1327. Judeich, Edmund, Rechtsanwalt in Dresden 582. K Kaim, Isidor 1082. Kalchberg, Josef Frhr. v., 1853—1859 Vizestatthalter von Galizien, 1861 Sektionschef i. Handelsministerium, danach Handelsminister bis 1865, seit 1861 Reichsratsmitglied 279. Kall, Friedrich v., Hauptmann a. D. 687. Kaltenborn, Karl Frhr. v., Prof. d. Staatsrechts i. Königsberg, seit 1864 Referent i. kurhess. Außenministerium 594Kant, Immanuel 527. Keipp, Hermann, Journalist 755. Keller, Heinrich 863. Kellner, Wilhelm, Redakteur d. „Frankfurter Journal", Mitarbeiter d. Wochenschrift d. Nationalvereins 467. Kerstorf v., Hofrat, Vorsitzender d. Vereins f. dtsche. Industrie, Mitgl. d. ständigen Deputation d. volkswirtschaftl. Kongresses 804. Ketteier, Wilhelm Emanuel Frhr. v., Bischof in Mainz 272. Kiesselbach, Wilhelm, in Bremen, Sozialpolitiker u. Nationalökonom 487, 761, 898, 899. Kinkel, Gottfried, Dichter, Kunsthistoriker, Publizist, seit 1866 Prof. d. Archäologie u. Kunstgesch. in Zürich 138.

Kirchmann, Julius v., Jurist, vielseitiger Publizist u. philos. Schriftsteller, Mitgl. d. preuß. Nat.-Versammlung, seit 1861 d. Abg.-Hauses 1208. Kleinschrod, E . F. G., 32, 152, 522. Klenze, Karl Friedrich Hermann, Justizrat, Syndikus d. Klosters Uetersen 441, 1 1 8 1 . Klingelhöffer, Otto 450. Klopp Onno, Geschichtschreiber, 1858 —-1866 in Hannover, seit 1865 Leiter der hannöv. Archive 479, 480, 483, 539, 840, 873, 908, 1089. Koch, Matthias, Geschichtsforscher 281. Kolatschek, Adolph, Journalist in Wien, ehem. Gymnasialprofessor 125, 861. Kolb, Georg Friedrich, Statistiker u. Publizist, Mitgl. d. dtschen. Nat.Versammlung, 1853—1860 in Zürich, seitdem in Frankfurt a. M., seit 1863 bayr. Landtagsmitglied u. Redakteur d. Frankfurter Zeitung 29, 1107. Königer, Julius, Militärschriftsteller 992. Könneritz, Julius v., 1831—1846 sächs. Justizminister, 1846—1848 Ministerpräsident 1122. Kossuth, Ludwig, Führer d. ungar. Revolution von 1849, 320, 344. Köster, Wilhelm 830. Kremer-Auenrode, Hugo v., seit 1864 Dozent d. dtschen Rechts in Wien 990. Kruger, Fr. J . 5, 82. Kuhn, J . , Rechtsanwalt 810. Künssberg-Mandel, Philipp Frhr. v., konservativer sächs. Politiker 582, 946. L Laguerronifcre, Louis Etienne Vicomte de (1816—1875), 1853 Mitgl. d. franz. Staatsrats, 1861 Senator, 1862 Herausgeber von „ L a France", 1868 franz. Gesandter in Brüssel 36, 39, 388. Lammers, August (1831—1892), volkswirtschftl. Schriftsteller u. Zeitungsredakteur 1332. Lang, F. 869. Lange, Friedrich Albert, Sekretär der Handelskammer Duisburg, seit 1870 Prof. d. Philosophie 698, 708.

Langwerth v. Simmern, Heinrich Frhr. (1833—1914), hannöv. Gutsbesitzer u. histor. Schriftsteller 1298. Lasker, Eduard, seit 1858 Stadtgerichtsassessor in Berlin, 1865/66 fortschrittl. Mitgl. d. Abg.-Hauses 753. Lassalle, Ferdinand 1 1 2 , 665, 731—735, 921, 944, 1090, 1235, 1236, 1337. Lasserre, Henri, Herausgeber der „Monde Catholique" 378. Lautier, Gustav, philos. u. pädagog. Schriftsteller 537. Leiste, G., Rechtsanwalt in Braunschweig 644. Leo, Heinrich, Prof. d. Geschichte in Halle, seit 1863 Herrenhausmitglied 135, 201, 1217, 1309. Leopold, König der Belgier 381. Lerchenfeld, Gustav Frhr. v., Rittergutsbesitzer, 1848 bayr. Minister, in den 1850er Jahren Führer der liberalen Kammeropposition, Mitbegründer u. Präsident d. Reformvereins 883, 1063, 1279. Leue, F . G., Appellationsgerichtsrat a.D., Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung, 1863 d. Abg.-Hauses 64. Levinstein, L. J . 888, 924. Lewald, A. v. 1262. Lewinstein, Gustav 689, 701, 710, 1210, 1214. Lichtenstein, Eduard, Arzt 355. Lietz, M., Landwirt in Marienau, 1860 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 1321. Linden, E. Baron v., bayr. Kammerherr 16, 563, 564. Lippelt, Adolph, Baumwollspinnereibesitzer 846. List, Friedrich 772. Loebell, Johann Wilhelm, Prof. d. Geschichte in Bonn 30. Loewe-Calbe, Wilhelm, Arzt, Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung, Präsident d. Stuttgarter Rumpfparlaments, seit 1863 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses u. d. 36er Ausschusses 523, 753, 1105. Löher, Franz v., Historiker, Politiker, Jurist, Dichter, Journalist, 1855 Prof. in München, 1865 Direktor d. bayr. Reichsarchivs 571.

991

Lonyay, Mihaly 327. Lorentzen, Karl (1817—1888), schlesw.holst. Politiker u. Schriftsteller, 1860 Redakteur d. „Preuß. Zeitung" 443, 970. Lorenz, Ottokar, seit 1857 österr. Archivbeamter, 1860 Prof. d. Geschichte in Wien 81, 305. Luck, W. v., Major a. D. 95, 658. Ludwig X I I I . , König v. Frankreich 375. Lustkandl, Wenzel, österr. Staatsrechtler 1239. Luther, Martin 1128. Lüttichau, Gustav Otto Graf, Generalleutnant z. D. 219, 235. H Maack, Petrus Heinrich Karl v. (1806— 1873), prakt. Arzt in Kiel 965. Macdonnell R. 403. Machiavelli, Nicolo dei 3, 378. Malortie, Karl v., histor. u. polit. Publizist 996. Mandl, Moritz 994. Manteuffel, Otto Frhr. v „ 1850—1858 preuß. Ministerpräsident 59, 236, 246, 1000. Marcard, H. E. 756, 943, 1326. Marggraff, Rudolf, Prof. d. Kunstgesch. a. d. Akademie f. bildende Künste in München 157. Maria Theresia, röm.-deutsche Kaiserin 775Marr, Wilhelm (1819—1904), 1861 Mitgl. d. hamburg. Bürgerschaft, 1863—1865 Herausgeber d. „Nessel", 1866 d. „ B e obachters an der Elbe" 616, 757. Mars, V. de 498. Martens, Heinrich, Kaufmann in Hamburg, 1864 Intendanturbeamter in dän. Diensten, danach Journalist in Hamburg 896. Mathis, Ludwig, 1859 u. 1860 Vizepräsident d. preuß. Abg.-Hauses, 1865— 1872 Präsident d. Oberkirchenrates 133Mathy, Karl, 1857—1861 Bankdirektor, 1862 Leiter d. bad. Hofdomänenkammer, 1864—1866 bad. Handelsminister, 1866 Ministerpräsident 10.

992

May, Martin, Redakteur d. Schlesw.-Holstein. Zeitung 1019, 1 1 6 1 . Mazzini, Joseph, Führer d. italien. Nationalrepublikaner 31, 410—413, 506. Meding, Oskar, ursprünglich i. preuß. Verwaltungsdienst, seit 1859 in Hannover, seit 1863 Chef d. hannöv. Preßbüros u. Referent d. Gesamtministeriums mit unmittelbarem persönl. Vortrag beim König 626, 907, 1089. Mejer, Otto, Prof. d. Kirchenrechts in Rostock 1152. Menzel, Wolfgang, Schriftsteller, Kritiker, Literaturhistoriker 1278. Merckel, Wilhelm v. (1803—1861), Kammergerichtsrat 377. Metger, Heinrich 629. Metternich, Klemens Fürst v. 63, 145, 2 1 1 , 738, 1246. Metz, August (1818—1874), Hofgerichtsanwalt in Darmstadt, Ausschußmitgl. d. Nationalvereins u. Mitgl. d. ständigen Kommission d. Abg.-Tages 643. Metzig, Johann, Militärarzt, Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 387, 736. Meyer, Bernhard, seit 1868 Ritter v., 1853 österr. Ministerialrat, 1865 Vorstand d. Präsidialbüros u. Protokollführer d. Ministerkonferenz 893. Meyr, Melchior, Dichter u. Philosoph 561. Michaelis, Otto, seit 1851 Wirtschaftsredakteur d. Nationalzeitung, seit 1861 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 648, 780. Michelsen, Andreas Ludwig Jakob, Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung, bis 1861 Prof. d. Staats- u. Völkerrechts in Jena, 1862—1864 Vorstand d. German. Museums in Nürnberg 983, 984, 1082. Miquel, Johannes, Rechtsanwalt in Göttingen, 1865 Bürgermeister von Osnabrück, seit 1864 Mitgl. d. hannöv. II. Kammer, Mitgl. d. 36er"Ausschusses 925. Mohl, Moriz, Obersteuerrat a. D., Mitgl. d. dtschen Nat.-Versammlung, seit 1849 d. württ. II. Kammer 597, 608, 794. 823, 824. —, Robert v., Prof. d. Staatsrechts in Heidelberg, 1848 Reichsjustizminister,

seit 1857 Mitgl. d. bad. I. Kammer, 1861—1866 bad. Bundestagsgesandter 470. Möller, Cajus, geb. 1839, Journalist 1183. Moltke, Max, Schriftsteller u. Übersetzer I3I7—, Magnus Graf v. (1783—1864) 85. Mommsen, Friedrich, Prof. d. Rechte in Göttingen, seit 1864 Appellationsgerichtsrat in Schleswig 973. —, Theodor, Prof. d. Geschichte in Berlin, seit 1863 Mitgl. d. Abg.-Hauses 1167, 1 1 7 5 , 1 3 1 5 . Moy, Ernst v., seit 1862 Frhr. v. Moy de Sons, Prof. d. Kirchenrechts in Innsbruck 388. Müller, Gustav 648. —, Hermann, Prof. d. deutschen Philologie in Würzburg 1041. —, Moritz, Gold- u. Bijouteriewarenfabrikant in Pforzheim 94. —, S. 1013, 1024, 1066, 1084, 1107. Münscher, Friedrich 464. Musäus, J . 1 1 1 2 .

N Nagel, Rudolf, Lehrer a. d. höheren Bürgerschule in Remscheid 513. Nanne, St., Oberleutnant a. D. 691. Napoleon I., Kaiser der Franzosen 36, 80, 355. 7*5. 748, 920, 1261. — III., Kaiser der Franzosen 24, 28, 29, 36—40, 42, 44, 47, 49, 53—56, 60, 64, 65. 67, 71, 76—80, 85, 87—89, 93, 95, 100, 101, 105, 107, 110, 112, 1 1 6 — 1 1 8 , 120, 128, 138, 145, 1 5 1 , 158, 1 7 1 , 1 8 1 , 201, 286, 301, 344, 348—357, 359, 362, 364. 365, 367—370. 374. 38°. 388. 389. 392. 394. 399, 4 ° ° . 403. 407. 410. 413. 416, 418, 437, 502, 515, 516, 531, 578, 598, 630, 700, 739, 744, 746, 791, 792, 963, 964, 1014, 1025, 1047, 1048, 1059, 1277, 1307. Nathusius, Philipp v., bis 1849 Kaufmann u. Industrieller, seit 1849 Herausgeber d. „Volksblattes" 135, 756, 918, 943, 1326. Neigebaur, Johann Daniel Friedrich (1783—1866), preuß. Landgerichts-

direktor a. D., polit., jurist. u. geograph. Schriftsteller 35. Neuffer, Wilhelm 805. Neufville, W. de 887. Neumann, Karl, seit 1860 Prof. d. Geschichte in Breslau, gleichzeitig bis 1863 Hilfsarbeiter im preuß. Staatsministerium 131, 197, 750. —, Leopold, Prof. d. Staatsrechts in Wien 969. Noe, Heinrich August (1835—1896), 1 8 5 7 — ^ 6 3 Beamter a. d. Staatsbibliothek München, seitdem freier Schriftsteller 1280. Noellner, Friedrich, Hofgerichtsrat in Gießen 167. 0 O'Connell, Daniel (1775—1847), irischer Politiker 1128. Oetker, Friedrich, Obergerichtsanwalt in Kassel, Führer d. liberalen kurhess. Opposition, seit 1859 Redakteur d. „Hessischen Morgenzeitung", Mitgl. d. 36er-Ausschusses 461, 463, 473. Öhri, Franz Joseph (1793—1864), k. k. Generalauditor, seit 1862 im Ruhestand 310, 549, 867. Olshausen, Theodor, 1848 Mitgl. d. provisor. schlesw.-holst. Regierung, 1856 —1865 Zeitungsredakteur, 1860—1865 in St. Louis, lebte seit 1865 i. d. Schweiz 1284. Oppel, v. 812. Oppenheim, Heinrich Bernhard, 1848er Demokrat, 1849—1860 in der Emigration, polit. u. volkswirtschaftl. Schriftsteller 45, 168, 176, 753, 857. Ottermann, August 149. Otto I., röm.-dtscher. Kaiser 390.

P Palacky, Franz, böhmischer Landeshistoriograph, seit 1863 Führer d. tschechischen Föderalisten a. d. böhm. Landtag 1242. Papeliier, bayr. Rechtsrat 980. Parisius, Ladolf, Kreisrichter in Gardelegen, 1864 wegen Wahlagitation amtsentsetzt, seit 1861 Mitgl. d. Abg.Hauses 653, 702.

993

Pauli, Major a. D. 226. Paur, Theodor, Literaturhistoriker 528. Payne, A. H., Verlagsbuchhändler 129. Peez, Alexander, Mitbegründer d. österr. Industriellenverbandes 87, 797. Pernice, Ludwig Wilhelm Anton (1799 —1861), Prof. d. Rechte in Halle, preuß. Kronsyndikus 981, 982, 1080. —, Herbert Viktor Antonius (1832— 1875), Prof. d. Rechte in Göltingen, 1862 Mitgl. d. hannöv. Kammer 102, 149, 1080, 1 1 3 5 . Perthaler, Hans v. (1816—1862), österr. Oberlandesgerichtsrat 287. Pe:er, Großherzog v. Oldenburg 1085, " 3 5 — " 3 7 . 1 1 3 9 . " 5 2 . " 8 0 , 1289. Pfau, Ludwig, Lyriker u. Kunstkritiker, seit 1865 Redakteur d. Stuttgarter Beobachters 1263, 1267. Pfeil, Ludwig Graf v., Landesältester d. Grafschaft Glatz 719. —, Oswald 7 1 1 . Pfizer, Paul, 1848 württ. Kultusminister, 1849—1858 Oberjustizrat in Tübingen 524-

Pfordten, Ludwig Frhr. v. d., 1849—1859 bayr. Ministerpräsident, 1859—1864 Bundestagsgesandter, Ende 1864 bis 1866 Ministerpräsident 1077. Pinto, Clemens Graf, bis 1859 Redakteur d. Berliner Revue 27. Pirazzi, Emil (1832—1898), Dramatiker u. politisch-religiöser Publizist 1056. Planck, Gottlieb, hannöv. Obergerichtsassessor, 1863 Obergerichtsrat in Meppen, Mitgl. d. ständigen Kommission d. Abg.-Tages 187, 538. —, Julius Wilhelm, Prof. d. Rechte in Kiel 1138. Plee, Leon 139. Pochhammer, C., preuß. Oberstleutnant z. D. 230. Portius, K . Wilh. 588. Prince-Smith, John, Nationalökonom, Mitbegründer d. dtschen. Freihandelspartei, seit 1861 Mitgl. d. preuß. Abg.Hauses 253, 649, 696, 703. Prokop, Adelbert 619. Prutz, Robert, Dichter u. Literaturhistoriker, bis 1859 Prof. in Halle 132, 198,

994

238, 367, 752. 941, 1001, 1026, 1070, 133°. Puffer, Joseph 282. Pulszky, Franz, 1848 ungar. Unterstaatssekretär, danach bis 1866 Emigrant, schriftstellerisch u. journalistisch tätig 320. Purgold, Friedrich, hess. Hofgerichtsanwalt 607. Pütter, G. L., Hauptmann a. D. 682. R Raaslöff, Harald Ivar Andreas, 1854— 1856 Minister für Schleswig, 1860— 1861 für Holstein im dän. Ministerium 429. Radenhausen, Christian, geb. 1813, Ingenieur u. philosoph. Schriftsteller 1173. Raumer, Friedrich v., Prof. d. Geschichte in Berlin 73. Raven, Mathilde, geb. Beckmann, Gattin d. Rechtsanwalts Karl Raven in Celle, Romanschriftstellerin u. Erzählerin 626. Ravit, Johann Christian, Bankdirektor, vorm. Prof. d. Nationalökonomie in Kiel 1083. Rechberg, Johann Bernhard Graf v., 1855—1859 Bundespräsidialgesandter, 1859—1864 österr. Minister d. Auswärtigen 795, 931, 1000, 1017, 1028, 1092, 1 1 1 6 . Reeder, Eduard, geb. 1824, Landwirt, 1867—1870 M. d. R. 1036. Reichenbach, Eduard Graf 1 9 1 . Reichensperger, August, Appellationsgerichtsrat in Köln, Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung, Gründer d. „ K a thol. Fraktion", bis 1863 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 206, 271, 555, 1230. —, Peter, Obertribunalsrat, Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung, seit 1858 d. preuß. Abg.-Hauses 206, 271, 555. Rendtorff, Heinrich (1814—1868), Pastor 1141. Rentzsch, Hermann, volkswirtschaftl. Schriftsteller, 1866 Mitgl. d. ständigen Deputation d. Volkswirtschftl. Kongresses 857.

Reschauer, Heinrich, geb. 1838, 1858— 1861 Angestellter a. d. Wiener Nationalbank, danach Journalist 304. Reuchlin, Hermann, Pfarrer a. D., Geschichtschreiber d. frz. Jansenismus u. d. italien. Einheitsbewegung 416. Reusche, Friedrich 699. Reyscher, August Ludwig, Rechtskonsulent, seit 1858 Mitgl. d. württ. Kammer, Vorstandsmitgl. d. Nationalvereins 599. Richter, Eugen, 1859—1864 Regierungsreferendar, danach Journalist in Berlin 1236. Riedel, Adolf Friedrich Johann, Geh. Archivrat u. Direktor industrieller Unternehmungen, Mitgl. d. preuß. Nat.-Versammlung 255. Riepen, Clauss (1803—1878) in Kiel, Mitgl. d. Nationalvereins bis 1865, Mitbegründer d. Dtschen Volkspartei 43°Robolsky, Hermann, Publizist 777. Rochau, Ludwig August v., Publizist u. Historiker 47, 109, 749, 940, 1032, n o i , 1129, 1333Röckner, H. 134, 199. Rodbertus-Jagetzow, Joh. Karl, Gutsbesitzer, Hauptvertreter d. wiss. konservativen Sozialismus, 1848 preuß. Kultusminister 408, 409, 412, 557. Rödinger, Friedrich, Rechtsanwalt in Stuttgart, Mitgl. d. II. württ. Kammer 1267. Roemer, August Peter Christian, Rechtsanwalt, 1864 Leiter d. hzgl. augustenburgischen Preßbüros, 1864/65 Redakteur d. Flensburger Zeitung 955. Roenne, Ludwig v., Appellationsgerichtsvizepräsident, 1858—1861 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 1304. Roepell, Richard, Prof. d. Geschichte in Breslau, 1861—1863 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 650. Roon, Albrecht Graf v., 1859—1873 preuß. Kriegsminister 656. Rössing, v., f 1906, Schatzrat, seit 1856 Mitgl. d. II. hannöv. Kammer 1027. Rößler, Konstantin, 1849—1860 Prof. d. Philosophie in Jena, seit 1860 Mit-

arbeiter d. Preußischen Zeitung u. d. Berliner Allgem. Zeitung, 1865 Preßreferent d. preuß. Gesandtschaft in Hamburg 8, 44, 63, 141, 184, 222, 239, 2 5 i . 666, 669, 693, 1157, 1170, 1202. Roßmäßler, Emil Adolf, Naturforscher u. Volksschriftsteller 1313. Rothenhöfer, Georg Friedrich 806. Rüge, Arnold, 1848 er Republikaner, seit 1850 Publizist u. Journalist in England 46, 137, 297. 5°2, 753, 933, 1322. Rupp, Julius, protestant. Theologe, Führer d. freireligiösen Bewegung, 1862 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 134, 254. Rüstow, Wilhelm, demokrat. Publizist u. Militärschriftsteller, 1856 Major im Schweizer Generalstab, i860 Generalstabschef Garibaldis 196, 220, 656, 681, 753. J 336. S Sandrani, Giuseppe, siehe unter Neigebaur. Sartorius v. Waltershausen, Wolfgang, Prof. d. Mineralogie in Göttingen 1018. Sayn-Wittgenstein, Emil Prinz zu, russ. Generalleutnant u. Generaladjutant d. Zaren 407. Schaaff, F. W., Jurist 101, 154, 640. Schadeberg, Julius, seit 1864 Sekretär d. Produktenbörse in Halle 788. Schaefer, Arnold, Prof. d. Geschichte in Greifswald, seit 1865 in Bonn 969. Schäfer, Wilhelm 969. Schäffle, Albert, seit i860 Prof. d. Nationalökonomie in Tübingen, 1862 —1865 Mitgl. d. württ. Kammer 108, 159, 486, 760, 815, 816, 822, 824, 863, 876, 912. Scharnhorst, Gerhard Johann David v. 493. 7°6Schellenberg, R., Pfarrer 1006. Schlatter, Georg Friedrich 638. Schleiermacher, Friedrich 874. Schleinitz, Alexander Graf v., 1849— 1850, 1858—1861 preuß. Minister d. Auswärtigen, danach bis 1885 Minister d. kgl. Hauses 151, 156, 347, 535, 750.

995

Schmeling-Diringshofen, Alexander v. 712. Schmerling, Anton Ritter v., 1848 Reichsministerpräsident, 1858 Oberlandesgerichtspräsident in Wien, Dez. 1860 bis Juli 1865 österr. Staatsminister 305, 320, 326, 327, 343, 639, 86i, 927. 931, 1028, 1046, 1242, 1247, 1250, I2 57Schmid, Reinhold 484. Schmidt, Adolf, Prof. d. Geschichte in Jena 988. —, Julian, Literaturhistoriker, 1848— 1861 Mitbesitzer d. Grenzboten, 1863 Redakteur d. Berliner Allgem. Zeitung 130, 196, 483, 600, 628, 751. Weißenfels, Eduard (1833—1893), Romanschriftsteller u. Publizist, 1848 Sekretär d. preuß. Nat.-Versammlg. 89, 400. Schmoller, Gustav, Beamter am Statist. Büro in Stuttgart, 1864 Prof. d. Staatswissenschaften in Halle 833. Schneider, Bürgermeister a. D. 651. Schott, Sigmund< Rechtsanwalt in Stuttgart, Mitgl. d. württ. Kammer 492. Schräder, Ludwig, geb. 1815, Pastor, Mitglied d. holstein. Ständeversammlung 1120, 1199. Schramm, Rudolph, 1848 Mitgl. d. preuß. Nat.-Versammlung u. Präsident d. demokrat. Klubs in Berlin, 1849—1863 im Ausland, 1865 preuß. Generalkonsul in Mailand 227, 518, 923, 1037, "43Schreck, Hermann 1310. Schröder, H. 832. Schröers, Wm. 698, 708. Schübler, Eduard, Rechtsanwalt u. Notar 162. Schüler, Georg Christian (1798—1874), Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung, Oberappellationsgerichtsrat in Jena 179. 551Schultze, Theodor, holstein. Reg.-Rat z. D. 987, 1079, 1135. Schulz-Bodmer, Wilhelm (1797—1859), Publizist, vorm. Offizier, Mitgl. d. dtschen. Nat.-Versammlung 61.

996

Schulze, Hermann, Prof. d. Staatsrechts in Jena, seit 1874 in Breslau 986. Delitzsch, Hermann, 1848 demokrat. Mitgl. d. preuß. Nat.-Versammlung, seit 1859 Leiter d. Zentralbüros dtsch. Vorschußvereine, seit 1861 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 190, 227, 485, 733, 735. 74°. 1233. 1235, 1293. —, Johannes, 1849—1859 Direktor d. Unterrichtsabteilung im preuß. Kultusministerium 1146. Schuselka, Franz (1811—1889), österr. Publizist u. Journalist, Mitgl. d. dtsch. Nat.-Versammlung, 1861—1867 des Reichsrats 293, 314, 318, 329, 330, 859, 936. 1005. i ° 3 3 . 1087. n°9> 11x4, 1174, 1249, 1251, 1338. Schwarz, Otto 1324. Schwarzenberg, Felix Fürst v., 1848—: 1852 österr. Ministerpräsident 44, 301, 936, 1000. Schwebemeyer, Karl, f 1891, Pastor u. Lehrer a. D. 787. Schweitzer, Johann Baptist v., Rechtsanwalt, Herausgeber d. „Socialdemokrat", 1864 Präsident d. Allgem. Dtschen Arbeitervereins 78, 499, 506, 612, 621, 734, 868, 944, 1236. Schwerin-Putzar, Maximilian Graf v., 1849—1855 Präsident d. preuß. Abg.Hauses, Juli 1859 bis März 1862 Minister d. Innern 246, 639, 1180, 1333. Senftieben, Hugo 688. Siefert, Otto, geb. 1820, 1868 Gymnasialdirektor in Flensburg 985. Siemens, Werner, Physiker, Ingenieur, Industrieller, Mitgl. d. Zentralwahlkomitees d. Dtschen Fortschrittspartei 659, 753. Simon, Heinrich, Direktor einer Schweizer Aktiengesellschaft, vorm. Stadtger.Rat in Breslau, Mitgl. d. dtschen Nat.-Versammlung 114. —, Ludwig, Rechtsanwalt, 1855—1866 Bankangestellter in Paris, Mitgl. d. dtschen Nat.-Versammlung 185, 245. Simson,. Eduard, Appellationsgerichtsvizepräsident, Präsident d. dtschen Nat.-Versammlung, 1860/61 d. preuß. Abg.-Hauses 257.

Sintenis, Karl Friedrich Ferdinand, anhaltischer Minister 1082. Solger, Reinhold, Schriftsteller 1017. Sperling, Friede wollt' er, preuß. Geh. Reg.-Rat a. D. 1219. Spielhagen, Friedrich, Romanschriftsteller 753. Sponneck, W. C. E. Graf, 1848—1854 dän. Finanzminister 428. Stadelmann 953. Stahl, Friedrich Julius, konservativer Rechtsgelehrter u. Politiker 728. Stahr, Adolf, Schriftsteller 753. Stamm, August Theodor, geb. 1822, medizin. Schriftsteller 530. Stein, Karl Frhr. vom u. zum 247, 527, 667, 708, 911, 1128. — , Lorenz, Prof. d. Staatswissenschaften in Wien 858. Steinbeis, Ferdinand v., seit 1855 Direktor d. Zentralstelle f. Gewerbe u. Handel in Stuttgart, seit 1862 Mitgl. d. württ. Kammer 814. Steinmann, Friedrich (1801-—1875), westfäl. Publizist 224, 516. Stern, Sigismund, histor. Schriftsteller 5°9Stichling, Gottfried Theodor, Direktor u. Vortragender R a t d. Präsidialdepartements d. weimar. Ministeriums 609. Stiehler, August Wilhelm (1797—1878), Reg.-Rat a. D. in Wernigerode, Naturforscher u. Jurist 72, 1290. Stintzing, Roderich v., Prof. d. Rechte in Erlangen 1123. Stolz, Alban, kathol. Volksschriftsteller, Prof. d. Pastoraltheologie in Freiburg i. Br. 75. Strache, Edmund, Mitgl. d. dtschen Nat.Versammlung, d. böhm. Landtags, Vorstand d. Vereins d. österr. Industriellen 792, 794. Sträter, Theodor 737. Strauß, David Friedrich 753. Streubel, Woldemar, Artillerieleutnant a. D., Militärschriftsteller 606, 891, 1335Strobel, Joseph 1094, 1271. Struve, Gustav v., Rechtsanwalt, 1848er Radikaldemokrat, 1851—1863 in U.S.

A., als Offizier aktiv beteiligt am Sezessionskrieg, seit 1863 Schriftsteller in Deutschland 920, 933, 1016, 1062. Suffrian, Friedrich, Gerichtsassessor 1222. Sully, Herzog v. (1560—1641) 117. Sybel, Heinrich v., Prof. d. Geschichte in München, seit 1861 in Bonn, 1862 — 1 8 6 4 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 142, 477—482, 697, 702. T Temme, Hubertus, 1848er Demokrat, seit 1852 Prof. d. Kriminalrechts in Zürich 1090. Terlago, Robert Graf, geb. 1842, 1872 k. k. Kämmerer 308. Tesdorpf, Adolf (1811—1887), Kaufmann, 1852—1863 hamburg. Ratsherr 508. Thielau, Friedrich v. 512. — , Wilhelm Erdmann Florian, Präsident d. braunschweig. Finanz- u. Steuerkollegiums, Mitgl. d. braunschweig. Landesversammlung 841. Thumser, Johann Michael v., bayr. Oberleutnant a. D. 894. Tkalac, E. J. v. 860, 937. Trabert, Adam, Redakteur, Mitgl. d. kurhess. Landtags 1273, 1282, 1335. Treitschke, Heinrich v. 1120, 1175, 1195, 1268, 1307, 1329. Türr, ursprünglich ungarischer Offizier, kämpfte seit 1859 unter Garibaldi, zuletzt als Divisionsgeneral 1238. Twesten, Karl, Stadtgerichtsrat in Berlin, seit 1861 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 21. 515, 685, 753. U Uhden v., vor 1848 preuß. Justizminister 452Ulrichs, Karl 595. Unger, Joseph, Prof. d. Rechte in Wien, 1871—1879 österr. Minister ohne Portefeuille 316. Ungern-Sternberg, E. v. 1288. Unruh, Hans Viktor v., Fabrikdirektor, Mitbegründer d. Dtschen Fortschrittspartei, Mitgl. d. Nationalvereins-Ausschusses, seit 1863 d. preuß. Abg.-Hauses' 227, 517, 753, 1306. Urban, Friedrich Ludwig 705, 1212.

997

V Varnhagen v . Ense, K a r l August 1146. Veit, Moritz (1808—1864), Buchhändler u. Zeitungsverleger in Berlin, Mitgl. d. dtschen Nat.-Versammlung, 1859 — 1 8 6 1 d. preuß. Abg.-Hauses 249. V e n d t , Friedrich Wilhelm, geb. 1807, R e c h t s a n w a l t in R e n d s b u r g 969. Venedey, Jakob, Schriftsteller, Mitgl. d. dtschen Nat.-Versammlung 171, 742, 1031, 1046, 1049, 1128. V i k t o r E m a n u e l II., K ö n i g v . Italien 85, 920, 1301. V i n c k e , Georg Frhr. v., L a n d r a t a. D . u. Rittergutsbesitzer, 1858—1863 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 257, 457, 669, 709. —• -Olbendorf, K a r l Friedrich L u d w i g Frhr. v . , Gutsbesitzer, seit 1858 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses 1204, 1205. Virchow, Rudolf, Prof. d. Pathologie in Berlin, seit 1862 Mitgl. d. preuß. A b g . Hauses 753, 1179. V i t z t h u m v . E c k s t ä d t , K a r l Friedrich G r a f , seit 1853 sächs. Ministerresident in L o n d o n , nach 1866 österr. Diplomat

54°-

V o g t , K a r l , Prof. d. Geologie u. Zoologie in Genf, 1849 dtscher Reichsregent 52, 78, 83, 119, 1041, 1048. V o i g t , Johannes, Prof. d. Geschichte in K ö n i g s b e r g 1143, 1145, 1146. V o l k m u t h , Peter, Prof. d. Philosophie in P o s e n 871. Vollgraff, K a r l , Prof. d. Staatswissenschaften in Marburg 166. W W a c k e r n a g e l , Wilhelm (1833—1881), 1862 — 1 8 6 4 R e d a k t e u r d. B a r m e r Zeitung, seit 1864 der Nationalzeitung 1097. W a e n k e r , O t t o v . , Rechtsanwalt, A u s schußmitgl. d. Reformvereins 590. Wagener, Hermann, Rittergutsbesitzer, seit 1856 Mitgl. d. preuß. Abg.-Hauses, 1866 Vortragender R a t im Staatsministerium 213, 227, 260, 755. W a i t z , Georg, Prof. d. Geschichte in G ö t tingen 912,968, 1008, 1052, 1 1 4 4 , 1 1 4 6 .

998

Waldeck, Franz, Obertribunalsrat, V i z e präsident d. preuß. Nat.-Versammlg., seit 1860 Mitgl. d. preuß. A b g . - H a u s e s 255. 652, 1090. W a l l h a u ß 84, 397, 1294. Warnstedt, Adolf v . , seit 1853 Vortragender R a t im hannöv. Ministerium 976, 1080, 1153. Wartensleben-Schwirsen, Alexander Graf v . 1228. Washington, George 1128. Wedekind, E d u a r d , bis 1861 hannöv. Amtsrichter, Mitgl. d. dtschen Nat.Versammlung 884. Wehrenpfennig, Wilhelm, Gymnasiallehrer, 1859—1862 Direktor d. literar. Büros i m preuß. Staatsministerium, 1863—1883 R e d a k t e u r der Preußischen Jahrbücher 186, 223, 750, 941. Weil, Karl, österr. R e g . - R a t , a b 1864 Leiter d. Preßstelle im österr. A u ß e n ministerium 906. Weinlig, Christian, Direktor d. A b t l g . f. Handel, Fabrikwesen u. L a n d w i r t schaft im sächs. Innenministerium 847. Weis, Ludwig, 1859 Bürgermeister v o n W ü r z b u r g , 1862 b a y r . Ministerialrat, Vizepräsident d . bayr. K a m m e r 883. W e i ß , Siegfried, polit. Publizist u. jurist. Schriftsteller 180, 534. Welcker, K a r l Theodor, Rechtsgelehrter, Publizist u. Politiker, in d. bad. I I . K a m m e r seit 1831 W o r t f ü h r e r der Liberalen, 1848 bad. Bundestagsgesandter 637, 704. Wertheim, F r a n z (1818—1883), österr. Großindustrieller, 1858—1867 zweiter Vorsitzender d. niederösterr. Handelsu. Gewerbekammer 793. Westphalen, Ferdinand O t t o W i l h e l m v., 1850—1858 preuß. Innenminister 59. Wickede, Julius v . (1819—1896), R i t t meister a. D., Militär- u. R o m a n schriftsteller 58. Widenmann, G u s t a v (1812—1876), p r a k t . A r z t 584. Widmann, Adolf, D r a m a t i k e r u. polit. Publizist 115, 349. Wieding, Karl, Prof. d. Rechte in Greifswald 1154.

Wietersheim, Eduard v., histor. Schriftsteller 978. Wiggers, Moritz, Privatier, bis 1857 Rechtsanwalt, 1848 Präsident d. konstituierenden mecklenbg. Versammig., Ausschußmitgl. d. Nationalvereins852. Wilhelm I., Prinzregent u. König v. Preußen 4, 90, 100, 103, 107, 115, 118, 122, 138, 186, 191, 204, 212, 237, 238, 241, 244. 367, 37i. 394, 518, 531. 534- 7°9, 726, 752, 896, 907, 933, 954, 1037, 1075, 1090, 1148, 1185, 1202, 1224. Willich, Dr. 525. Winneberger, Christian, Offizier a. D. 1261. Winterhoff, Peter Kaspar, Zentralpräsident d. Arbeitervereine d. Schweiz 1090. Wippermann, Karl, 1859 Priv.-Doz. d. Rechte in Heidelberg, seit 1861 kurhess. Abg. u. Mitredakteur d. Hessischen Morgenzeitung 460. Wirth, Max, Nationalökonom, Ausschußmitgl. d. Nationalvereins u. d. Volkswirtschftl. Kongresses, 1865—1873 Direktor d. statist. Büros d. Schweiz 551Witte, Obergerichtsdirektor 1088. Wittenburg, M. v. 677. Wittmann, Ludwig 642, 643, 895. Witzleben, Cäsar Dietrich v., sächs. Reg.Rat, seit 1856 kgl. Kommissar d. Leipziger Zeitung 1071.

Woeniger, August Theodor, Stadtrat in Berlin, vor 1848 bekannter liberaler Publizist 913. Wollheim da Fonseca, Anton Edmund (1810—1884), 1854—1858, 1862—1864 Publizist im Dienste d. österr. Regierung, 1858—1862 Dramaturg und Schriftsteller in Hamburg, 1864—1867 Journalist in Paris 791, 902. Wuttke, Heinrich, Prof. d. Geschichte in Leipzig, Führer d. Großdtschen i. d. dtschen Nat.-Versammlung 886. — , Karl Friedrich Adolf, Prof. d. systemat. Theologie in Halle 1308. Wydenbrugk, Oskar v., 1848—1854 w e i " mar. Geh. Staatsrat, Mitgl. d. dtschen Nat.-Versammlung, Mitbegründer d. Reformvereins, seit Ende 1863 augustenbg. Vertrauensmann bei d. österr. Regierung 478, 592, 596, 947.

Z Zachariae, Heinrich Albert, Prof. d. Staatsrechts in Göttingen 165, 975, 984, 1152. Zais, nass. Abg. 459. Zimmermann, A., Geschichtsforscher, 483. Zimmern, Adolph, Bankier 829. Zitelmann, Otto Konrad 1145. Zoepfl, Heinrich, Prof. d. Staatsrechts in Heidelberg 1134, 1152.

999

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491 S e i t e n mit 10 Satten. ©r.-8«. 1934. SSrofdjiert 31201. 5.80, in Seinen gebunben » i d j t eine @eföid>te bet

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» s i f i f fe, großes Spiel bet ©injellräfte werben mit fräftigen S t r i d j e n , in feffelnben Sinien bargelegt. SBir i)ören mefjt als au3 einem üe^rbucf) im alten S i n n e bon ben abenteuerlichen

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erfahren, roeätjalb ba§ SRetdf) ftarlS beS ©rofjen fo tafcE) jetfiel, warum bie ©ermanen» reiiet fyaben bag SBiffen beg ©eletjrten, bag SBolten beg Sßolitiferg, bag ffiönnen beg MnftletS fid) j u einem 28etf berbunben.

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Sebcnbige Vergangenheit SWit biefet Überfdjrift beröffentli^te bie „Diijein-äRaimfdje SBolfgseitung" einen Sluffafe, in bem fie u . a. fagt: S o ift bag SBetl StiebeS j u bem geworben, wag bet Sßetfaffet aug iljm madjen wollte: Sein Sern» unb £ei|tbud), fonbern ein Sefebudj f ü t bag beutfcfye S S o K . . . e r w a r t u n g e n nod) ü b e r t r o f f e n Stiebe gehört j u ben beften Sennern bet SSorgefdjidjte beg SGBeltfriegeS. S o War §u ermatten, bafj fein 38er! ein ©ewinn für unfet baterlänbifeutie ^ u t u n f t

dfefdjidjte (SttglattòS íuw (Scorge Söiacaiilaij ^reöetyatt 820 S e i t , mit 36 ffiart. ©r..8°. 1935.2 SBänbe brofd). etwa 3Jt. 1 5 — , in Sein. geb. e t w a 2Jf. 18.— Sluf 800 ©etten meiftert Srebeltjan bie fcf)roterige Aufgabe, bie ©ntwidlung feinet Sßater» lanbeS bon ben ftiUjeften Anfängen bis j u m ©nbe beS SBeltfriegeS borjufüljren. Srebeltyan ift Sßrofeffor an ber llrtiberfität ©ambtibge unb einet ber ^eröotragenbften §iftori!er Engtanbä. ®ie ®arftellung ift äufserft lebenbig, oft gerabeju fpannenb. ®ie grofjen sperfitnlidjfeiten u n b ebenfo bie politifdje unb militäiifdje, roirtf^aftlidje unb tedjnifdje, teligiöfe unb literatifdje Entroicflung werben bem Sefer in ungemein ííarer ©cfjteibroeife bertraut g e m a l t , h ä u f i g e Sßot« unb SKücCblide erhalten ben S u f a m m e n l j a n g lebenbig, in ben audj baè Söidjtigfte beä au&erenglifdjen ©efdjelienä hinein berwoben würbe. SBemerlenSwert ift bie wartnljerjige 3 e i á | n u n g ber g e r m a n i c e n ©runblagen be3 eng« t i f i e n 33ol!8tum3, beren beftimmenber ©influfj bis i n ba3 werbenbe -Korbameriia hinein berfolgt wirb, ©etreu ben Überlieferungen englifdjer ©efájidjtáfdjreibung i)at ber SSerfaffer ciuci) einen offenen Sötid f ü r bie ©djroädjen feineä SSoIteä unb fd^eut bor Síritil feineároegá jurücf, wo bieg feiner Überjeugung entfpridjt. itrebeltjan felbft faßt ben S n ^ a í t feines SBeríeS mit folgenben SS orten j u f a m m e n : $ i e ©efdjidjte ber menf