Die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution im allgemeinen Sachschadensrecht [1 ed.] 9783428521630, 9783428121632

Verbleibt dem Schadensersatzgläubiger der bereits entstandene Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs.

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Die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution im allgemeinen Sachschadensrecht [1 ed.]
 9783428521630, 9783428121632

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 351

Die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution im allgemeinen Sachschadensrecht Von Michael Schnell

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MICHAEL SCHNELL

Die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution im allgemeinen Sachschadensrecht

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 351

Die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution im allgemeinen Sachschadensrecht

Von Michael Schnell

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Technischen Universität Dresden hat diese Arbeit im Wintersemester 2005 / 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-12163-5 978-3-428-12163-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit lag im Wintersemester 2005/2006 der Juristischen Fakultät der Technischen Universität Dresden vor und wurde von dieser als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im Mai 2005 abgeschlossen. Die öffentliche Verteidigung fand am 14. Dezember 2005 statt. Die Dissertation aus dem Bereich des Schadensrechts versucht, der Frage nachzugehen, welche Art des Schadensersatzes der Schädiger zu leisten hat, wenn die beschädigte Sache nach Eintritt des schädigenden Ereignisses untergeht, zerstört oder vom Geschädigten veräußert wird. Daraus erklärt sich der abstrakte Titel der Dissertation. Diesem abstrakten Titel korrespondiert die abstrakte Frage danach, ob der Geschädigte in Konstellationen nachträglicher Unmöglichkeit der Wiederherstellung der beschädigten Sache Restitution oder Kompensation beanspruchen kann. Dogmatisch wird damit die Frage des Konkurrenzverhältnisses von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB aufgeworfen. Mein besonders herzlicher Dank gilt meiner verehrten Lehrerin, Frau Prof. Dr. Ursula Stein. Ihre stete Gesprächsbereitschaft und ermutigende Unterstützung haben meine Arbeit über fünf Jahre begleitet und so deren Fortgang durch stets konstruktive Anregungen gefördert. Ebenso gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Dietmar Schanbacher (Technische Universität Dresden) und Herrn Prof. Dr. Michael Kort (Universität Augsburg) für die zügige Erstellung des Zweit- und Drittgutachtens. Abschließend möchte ich mich bei meiner Familie und meinen Freunden für ihre Geduld und ihren Zuspruch bedanken; sie ließen mich trotz vielfacher Verzichte auf gemeinsame Stunden so manche Phase der Anspannung und Unsicherheit überstehen. Dresden, im März 2006

Michael Schnell

Inhaltsverzeichnis Einleitung ...................................................................................................................... 17 1. Kapitel Die Konzeption der Rechtsprechung 20 I. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts ................................................................ 20 1. Das grundlegende Urteil ................................................................................... 20 2. Das bestätigende Urteil ..................................................................................... 23 II. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ........................................................ 24 1. Die Auftaktentscheidung des Bundesgerichtshofs ............................................ 24 2. Die Kfz-Grundsatzentscheidung ....................................................................... 27 3. Die Grundstücks-Grundsatzentscheidung ......................................................... 31 4. Die bestätigenden und zugleich modifizierenden Kfz-Entscheidungen ............ 37 a) Die Urteile vom 5. März 1985 und vom 18. Juni 1985 ................................ 37 b) Das Urteil vom 15. Oktober 1991 ................................................................ 42 5. Die bestätigenden Grundstücks-Entscheidungen .............................................. 44 6. Die Reaktionen der anderen Zivilsenate ........................................................... 47 III. Zusammenfassung und Einführung in den weiteren Gang der Untersuchung und ihrer Methode.................................................................................................. 50 2. Kapitel Die Reaktionen im Schrifttum 52 I. Die sog. Zweckbindungslehre................................................................................ 52 II. Die zwischen subjektiver und objektiver nachträglicher Unmöglichkeit diffenzierende Ansicht........................................................................................... 53 III. Die Ansicht, die die Ersetzungsbefugnis betont..................................................... 53 IV. Die sog. Zweckbindungsgegenlehre ...................................................................... 54

I.

II.

3. Kapitel Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung 55 Rechtfertigung der Rechtsprechungsdiskrepanz und Kritik an dieser „Sonderschadenslehre“ .......................................................................................... 55 1. Die Einzweckdienlichkeit ................................................................................. 56 2. Die Standardisierung der Reparaturpreise......................................................... 58 3. Zusammenfassung ............................................................................................ 60 Determination der Unmöglichkeit der Naturalrestitution durch den Wandel des Herstellungsbegriffs ........................................................................................ 62 1. Der faktische Herstellungsbegriff des historischen Gesetzgebers..................... 63 2. Der wirtschaftliche Herstellungsbegriff der Rechtsprechung ........................... 64 3. Reaktionen in der Literatur ............................................................................... 69 4. Ergebnis und Zusammenfassung ...................................................................... 73

8

Inhaltsverzeichnis

4. Kapitel Die Tragfähigkeit der Argumentation der Rechtsprechung und Literatur zur Frage der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution 77 I. Die Wortlautinterpretation ..................................................................................... 77 II. Der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB....................................... 82 1. Wertentscheidung aus § 251 Abs. 2 S. 2 BGB.................................................. 88 2. Wertentscheidung aus § 887 ZPO..................................................................... 94 3. Wertentscheidung aus dem Kondiktionen- und Aufwendungsersatzrecht unter Berücksichtigung der historischen Auslegung......................................................................................................... 99 4. Zusammenfassung .......................................................................................... 106 III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten .......................................................... 107 1. Die Quellen des historischen Gesetzgebers .................................................... 108 2. Die Quellen des neueren Gesetzgebers ........................................................... 122 a) Hinweise aus dem Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht ................................ 123 b) Hinweise aus dem Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften...................................................... 125 3. Zwischenfazit.................................................................................................. 127 4. Die objektiv-teleologische Argumentation zur Dispositionsfreiheit ............... 128 a) Mangelndes Schuldnerinteresse an der Durchführung der Herstellung durch den Geschädigten ................................................... 129 b) Mangelndes schutzwürdiges Gläubigerinteresse an der Dispositionsfreiheit.................................................................................... 131 5. Zusammenfassung .......................................................................................... 135 IV. Die Zeitpunktproblematik.................................................................................... 136 V. Die Verzögerungsargumentation.......................................................................... 142 1. Die Verzugsthese ............................................................................................ 144 2. Die Doppelbelastungsthese............................................................................. 146 3. Die Sanktionsthese.......................................................................................... 148 a) Kritik am Präventionsziel .......................................................................... 149 aa) Einwand auf Grund der Gefährdungshaftung ...................................... 149 bb) Einwand auf Grund der kollektiven Haftungssysteme......................... 151 b) Konsequenzen............................................................................................ 153 4. Wertentscheidung aus den dogmatischen Grundsätzen zur Unbeachtlichkeit hypothetischer Reserveursachen ................................... 156 VI. Das Trennungsgebot ............................................................................................ 158 VII. Das Bereicherungsverbot ..................................................................................... 161 1. Der Geltungsanspruch des Bereicherungsverbots........................................... 164 2. Systemimmanente Wertungen ........................................................................ 171 a) Wertentscheidung aus § 251 Abs. 2 S. 1 BGB........................................... 171 b) Wertentscheidung aus §§ 687 Abs. 2, 816 BGB........................................ 176 3. Zusammenfassung .......................................................................................... 179 VIII. Zusammenfassung ............................................................................................... 180

Inhaltsverzeichnis

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5. Kapitel Die Wertentscheidungen aus dem inneren System des allgemeinen Schadensrechts 181 I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB................................................................ 181 1. § 250 BGB als Restitutions- oder Kompensationsvorschrift?......................... 182 a) Die Wortlaut- und systematische Interpretation......................................... 183 b) Die historische Auslegung ......................................................................... 184 c) Die teleologische Interpretation ................................................................. 189 2. Konsequenzen und Ergebnis........................................................................... 197 II. Wertentscheidung aus § 251 Abs. 1 BGB............................................................ 199 III. Wertentscheidung aus § 252 BGB ....................................................................... 202 IV. Wertentscheidung aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB..................................................... 204 V. Wertentscheidung aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB..................................................... 209 1. Der Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in seiner rechtstechnischen Ausgestaltung...................................................... 209 2. Konsequenzen aus der Rechtsnatur................................................................. 214 3. Fortentwicklung der Ersetzungsbefugnis........................................................ 216 4. Zusammenfassung und Ergebnis .................................................................... 222 VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens ............................. 224 1. Die Entscheidung des 6. Zivilsenats des BGH aus dem Jahr 1986 und deren Vorläufer............................................................................................... 225 2. Die Kritik und Berechtigung der Argumentation mit der Abwendung der Gefahr der Umgehung des § 253 BGB ..................................................... 230 3. Weitere, zur Ungleichbehandlung von Sach- und Personenschäden nötigende Wertentscheidungen aus dem inneren System des Schadensersatzrechts ..................................................................................................... 238 4. Erwägungen des Gesetzgebers........................................................................ 245 5. Zusammenfassung .......................................................................................... 246 VII. Rechtspolitische Wertentscheidungen ................................................................. 248 1. Die Ausgangsthese der Vertreter rechtspolitischer Argumente....................... 248 2. Die einzelnen Argumente ............................................................................... 250 VIII. Zusammenfassung ............................................................................................... 255 6. Kapitel Hinweise zur Bemessung des Schadensersatzes im Falle des Anspruchs auf fiktiven Kostenersatz im allgemeinen Sachschadensrecht 257 I. Die wirtschaftliche Toleranz- oder Opfergrenze.................................................. 257 II. Die Umsatzsteuer................................................................................................. 262 III. Die Berücksichtigung des Restwerts im Rahmen der aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot folgenden Vergleichsbetrachtung ................................................. 265 Zusammenfassung ...................................................................................................... 279 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 292 Sachregister................................................................................................................. 313

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abs. Abschn. AcP a.E. a.F. AG AK AKB allg. ALR Alt. Anh. z. Prot. Anm. AnwBl. Art. AT Aufl. Band BauR BB Begr. Bekl. BFuP BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ Bl. BSHG bspw. BT BT-Drs. Buchst. BVerfG BVerfGE bzgl.

anderer Ansicht Absatz Abschnitt Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung Amtsgericht Alternativkommentar, auch: Arbeitskreis Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung allgemein Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Alternative Anhang zum Protokoll Anmerkung Anwaltsblatt Artikel Allgemeiner Teil Auflage Bd. Zeitschrift für das gesamte öffentliche und private Baurecht Der Betriebs-Berater Begründer Beklagte, -en, -er Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Blatt Bundessozialhilfegesetz beispielsweise Bundestag Bundestags-Drucksache Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht bezüglich

12 bzw. CPO DAR dass. DB DDR-BergG ders. d.h. dies. Diss. DJ DJT DJZ DNotZ DRiZ DRZ DStR DVBl DWW DZWiR E EFZG etc. EWiR f., ff. FamRZ Fn. FS gem. GenTG GG ggf. Gruch GRUR GS GVG Halbs. h.M. HPflG HRR Hrsg.

Abkürzungsverzeichnis beziehungsweise Civilprozeßordnung Deutsches Autorecht dasselbe Der Betrieb Berggesetz der Deutschen Demokratischen Republik derselbe das heißt dieselbe, -en Dissertation, die nicht in einem Verlag erschienen ist Deutsche Justiz Deutscher Juristentag Deutsche Juristen-Zeitung Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtszeitschrift (ab 1946); bis 1935: Deutsche Richterzeitung Deutsches Steuerrecht Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Wohnungswirtschaft Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entwurf Entgeltfortzahlungsgesetz et cetera Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende, fortfolgende Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fußnote Festschrift gemäß Gentechnikgesetz Grundgesetz gegebenenfalls Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, herausgegeben von Gruchot Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht) Gedächtnisschrift Gerichtsverfassungsgesetz Halbsatz herrschende/r Meinung Haftpflichtgesetz Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber

Abkürzungsverzeichnis IBR i.d.F. insb. i.S.d. i.V.m. JA JbjZivRWiss JherJb jun. JR JURA JuS JW JZ KE Kfz KG Kl. KritJ KritV KritVjschr LG Lit. Lkw LM LZ MDR MüKo m.w.N. NJ NJW NJW-RR Nr. NuR NVwZ NZBau NZM NZV OGHBrZ OLG PflVersG

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Immobilien- und Baurecht in der Fassung insbesondere im Sinne der/des in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler Jherings Jahrbücher der Dogmatik des bürgerlichen Rechts junior Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristen-Zeitung Kommissionsentwurf Kraftfahrzeug Kammergericht Kläger, -in Kritische Justiz Kritische Vierteljahreszeitschrift Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Landgericht Literatur Lastkraftwagen Das Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, herausgegeben von Lindenmaier und Möhring Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Monatsschrift für Deutsches Recht Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Baurecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für die britische Zone in Zivilsachen Oberlandesgericht Pflichtversicherungsgesetz

14 PHi Pkw Plenarprot. ProdHaftG Prot. RedKom rev RG RGRK RGZ RJA Rn. r+s Rspr. S. SGB SJZ sog. SP StGB st.Rspr. StVG StVZO TE-OR u.a. UmweltHaftG UStG u.U. Var. Verf. VersR vgl. VGT VIZ Vorb, Vorbem. VorlZust VRS VVG VW WM

Abkürzungsverzeichnis Produkt- und Umwelthaftpflicht international – Recht und Versicherung Personenkraftwagen Plenarprotokoll Produkthaftungsgesetz Protokolle Redaktionskommission der Zweiten Kommission revidiert Reichsgericht Reichsgerichtsräte-Kommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Reichsjustizamt Randnummer Recht und Schaden Rechtsprechung Seite, auch (insbesondere im Rahmen wörtlicher Zitate und i.V.m. §§): Satz Sozialgesetzbuch Süddeutsche Juristenzeitung sogenannte, -er, -es Schadenpraxis Strafgesetzbuch ständige Rechtsprechung Straßenverkehrsgesetz Straßenverkehrszulassungsordnung Teilentwurf zum Obligationenrecht unter anderem Gesetz über die Umwelthaftung Umsatzsteuergesetz unter Umständen Variante Verfasser Versicherungsrecht vergleiche Verkehrsgerichtstag (Veröffentlichungen der deutschen Akademie für Verkehrswissenschaft) Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht Vorbemerkung vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines BGB Verkehrsrechtssammlung Gesetz über den Versicherungsvertrag Versicherungswirtschaft Wertpapiermitteilungen Teil IV – Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht

Abkürzungsverzeichnis WuM ZAR z.B. ZfB ZfS ZfV ZGS ZIP zit. ZLR ZMR ZOV ZPO ZRP ZustRedKom ZVersWiss ZZP

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Wohnungswirtschaft und Mietrecht Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik zum Beispiel Zeitschrift für Baurecht Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht; bis 1982: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für offene Vermögensfragen Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktionskommission Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess

Bezüglich der fachbezogenen und sonstigen gebräuchlichen Abkürzungen wird verwiesen auf: Kirchner, Hildebert / Kastner, Fritz: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Aufl., Berlin 1993

Einleitung Die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution im allgemeinen Sachschadensrecht ist ein Schlagwort unter mehreren sachverwandten und zusammenhängenden Begriffen, wie beispielsweise dem des Ersatzes fiktiver Sachschadenskosten. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine grundlegende dogmatische Frage: Verbleibt dem Geschädigten der bereits entstandene, den Schadensersatzanspruch ausfüllende Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag – statt der Herstellung – nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB? Oder geht dieser Anspruch unter und löst gleichzeitig den Kompensationsanspruch nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB aus, wenn das Schadensobjekt nach dem schädigenden Ereignis (zufällig) untergeht, zerstört wird oder der Geschädigte die Sache in unrepariertem Zustand veräußert? Der Fragenkreis gehört nicht in eine bisher im Verborgenen liegende Nische, die darauf wartet, erstmalig mit dogmatischem Licht erhellt zu werden, sondern zu einer in Rechtsprechung und Literatur viel diskutierten Problematik, zu der bisher keine einheitliche und vor allem dogmatisch befriedigende Linie gefunden wurde. Diese Problemstellung wird im Gegenteil selbst bis in die heutige Zeit von den verschiedenen Zivilsenaten des Bundesgerichtshofs nicht einheitlich gelöst. Es wird sogar der Eindruck erweckt, dass – trotz mehrfacher Gelegenheit hierzu – wohl auch keine Vereinheitlichung durch eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen nach § 132 GVG stattfinden wird. Insofern darf der von Diederichsen im Jahre 1985 – in anderem Zusammenhang – geprägten hyperbolischen Allegorie: „Würde man der zum Teil apokalyptische Verhältnisse beschwörenden Kritik des Schadensersatzrechts in der Literatur folgen, so möchte man meinen, zumindest […] in Karlsruhe sei Mephistopheles am Werke und man könnte den BGH in echt mephistophelischer Verdrehung bezeichnen als einen Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft‘.“1

nach wie vor unverminderte Aktualität zuerkannt werden. Die vorliegende Untersuchung wagt den Vorstoß, sich von den – nicht nur in der Rechtsprechung anzutreffenden „Begriffsverzerrungen und dem Kriterienwirrwarr, die die Überschaubarkeit der jeweils angewendeten Wertungen und damit auch die Vergleichbarkeit der dogmatischen Lösungen verwandter Sachfragen mindestens erschweren“2,

___________ 1 2

Diederichsen, Karlsruher Forum 1985, 4. Hagen, FS-Larenz (1973), 867, 877.

Einleitung

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zu lösen und eine systematische Analyse vorzunehmen, bei der die aus den Vorschriften des allgemeinen Schadensrechts fließenden Wertentscheidungen im Mittelpunkt stehen. Die Arbeit wird daher zunächst die bisherigen Konzepte der Rechtsprechung (1. Kapitel) und der Literatur (2. Kapitel) vorstellen und die Grundlagen und weiteren Ausgangspunkte der Problemuntersuchung darlegen (3. Kapitel). Im Anschluss hieran werden alle bisherigen Begründungsansätze und Argumentationsstränge auf ihre Tragfähigkeit hin untersucht sowie die Grundlagen für eine Auffassung gelegt, die die aus dem inneren System des allgemeinen Sachschadensrechts fließenden Wertentscheidungen konsistent und konsequent berücksichtigt (4. Kapitel). Außerdem wird dieser Ansatz umfassend und im jeweiligen Gefüge der Normen des allgemeinen Schadensrechts reflektierend ausgebaut (5. Kapitel). Das 6. Kapitel enthält Hinweise für die Bemessung des Anspruchs des Geschädigten im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution und widmet sich den Grundlagen der Berechnung des fiktiven Kostenersatzes. Daraufhin folgt die Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Argumente, die den Problemkreis der Untersuchung determinieren. Die Untersuchung wurde in einer Zeit angefertigt, in der das Schuldrecht und das Schadensersatzrecht beträchtlichen Veränderungen durch den Gesetzgeber ausgesetzt waren. Diese und insbesondere die dahinter stehenden legislativen Erwägungen wurden stets reflektiert und an mehreren Stellen in die Arbeit eingeflochten. Nicht zuletzt deshalb liegt den folgenden Ausführungen durchgängig die historisch-teleologische Auslegungsmethode zu Grunde, mit der – ergänzt durch die anderen, traditioneller Terminologie entsprechenden Auslegungskriterien – die These von Steffen aus dem Jahre 1990 nicht unerheblich erschüttert wurde, nach der bezüglich der Rechtsprechung zur Abrechnung des Fahrzeugschadens auf fiktiver Kostenbasis „längst zuviel mit dem Verstand brilliert und zu wenig nach Verständigung gesucht worden“3 sei. Denn die Rechtsprechung der verschiedenen Zivilsenate des Bundesgerichtshofs zu der nach dem gesetzlichen Regelungssystem der Vorschriften des allgemeinen Sachschadensrechts zu beantwortenden Frage des Erhalts oder Untergangs des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalherstellung ist nach wie vor so diffus, dass die Beschreibung des Zustands des Schadensersatzrechts als „desolat“4 oder „chaotisch“5 – zumindest in dem im Zentrum der Untersuchung stehenden Bereich – keine Übertreibung darstellt. Dies ist umso bedauerlicher, als die zentrale Frage der Arbeit, ob der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die nach dem schadenstiftenden Ereignis eintretende Unmöglichkeit der ___________ Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7 = NZV 1991, 1. Lieb, JZ 1971, 358. 5 Schiemann, in: „Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik“, S. 259. 3 4

Einleitung

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Wiederherstellung in natura überdauert, nicht nur eine dogmatische, sondern in der Schadensregulierung eine nicht selten auch praktische ist. Daher lohnt es sich, ihr intensiver nachzugehen: Beschädigungen von Sachen anderer ereignen sich in unserer hochkomplexen Wirtschafts- und Arbeitswelt täglich hundertfach. Nur in wenigen Fällen regulieren der Schädiger und eine ggf. eintretende Haftpflichtversicherung den Schaden freiwillig und sofort. Oft verstreicht nicht unerhebliche Zeit, insbesondere wenn sich die Parteien des Schadensersatzverhältnisses nicht einigen können und deshalb eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen müssen, in der die beschädigte, noch nicht wieder in Stand gesetzte, aber restituierbare Sache entweder für weitere Schadensereignisse anfällig ist und damit endgültig zerstört oder vernichtet wird. Oder der Gläubiger veräußert die Sache, weil er nicht solange warten kann oder will, vor oder während der Schadensregulierungsverhandlungen oder dem gerichtlichen Prozess in defektem, aber nach wie vor wieder herstellbarem Zustand. In diesen Konstellationen ist der Rechtsanwender vor die Schwierigkeit gestellt, lediglich auf der Grundlage der „gutgemeinten“, aber „sehr vagen“6 und damit „ausfüllungsbedürftigen“ 7 Vorschriften des allgemeinen Schadensrechts beantworten zu müssen, ob der Geschädigte den den Schadensersatzanspruch ausfüllenden Restitutionsbetrag gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nach wie vor begehren und damit seinen Schaden auf Reparaturkostenbasis abrechnen kann, obwohl er den Geldbetrag zur Restitution entweder nicht verwenden kann oder nicht verwenden will. Allein dieser Grobaufriss verdeutlicht, welch vielgestaltige Fragen sich stellen können. Ihnen nachzugehen ist Anliegen der folgenden Erörterungen.

___________ 6 7

Kötz, FS-Hauß (1978), 181. Selb, AcP 173 (1973), 366, 369.

1. Kapitel

Die Konzeption der Rechtsprechung Zunächst sollen in einem Überblick die höchstrichterlichen Entscheidungen vorgestellt werden, in denen die Frage der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution und der vom Geschädigten geforderte Ersatz des Geldbetrags i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entscheidungserhebliche Relevanz hatten. Zugleich sollen dabei die wesentlichen Argumentationsansätze kenntlich gemacht werden, mit denen sich die Arbeit in den folgenden Kapiteln auseinandersetzen wird.

I. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts 1. Das grundlegende Urteil Die erste – soweit ersichtlich veröffentlichte und recherchierbare – Entscheidung des Reichsgerichts zur Problematik der nach dem schadenstiftenden Ereignis eintretenden Unmöglichkeit der Naturalrestitution ist die des 5. Zivilsenats vom 22. Oktober 19321, deren Sachverhalt nicht bekannt ist. Das Gericht musste sich mit dem Verhältnis der §§ 249 Abs. 2 S. 1 und 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB beschäftigen und führte hierzu aus: „Wenn durch § 249 S. 2 dem Gläubiger des SchadErsAnspr. im hier vorl. Falle der Beschädigung einer Sache die Befugnis eingeräumt ist, statt der Herstellung (H.) den dazu erforderl. Geldbetrag zu verlangen, so wird doch durch diese bloße facultas alternativa die Natur des Anspr. als des HAnspr. nicht berührt. Es ist lediglich eine andere Art der H., die hier dem Schuldner (Sch.) auferlegt wird, indem der Gläub. das Recht erhält, statt der H. durch den Sch. die eigene H. zu wählen und sich deren Kosten vom Sch., sogar im voraus und ohne daß der Sch. die Verwendung zur H. fordern kann, zahlen zu lassen. Daraus, daß es sich nur um eine bes. Form der H. handelt, folgt aber, daß mit dem Wegfall des HAnspr. überhaupt auch die durch § 249 S. 2 geschaffene bes. Gestaltung diese Anspr. hinfällig wird, daß demnach der Anspr. auf die Hkosten bedingt bleibt dadurch, daß grundsätzl. H. noch gefordert werden kann (Planck-Siber [4.] § 249 Anm. 3b, Bd. II¹ S. 70; n. Vorbem. zu §§ 262 flg. III²c S. 127). Für die Frage aber, wann das begründete HVerlangen noch bestehen muß, kann kein anderer Zeitpunkt maßgebend sein als der, welcher sonst Inhalt und Umfang des SchadAusgleichs bestimmt, näml. der der Schlußverh. vor dem Tatrichter, gegebenenfalls in der Ber-Inst. Dafür daß ein einmal entstandener Anspr. auf HKosten nicht wieder wegfallen oder sich dem Umfange nach ändern könnte, ergibt sich kein Anhalt; eine solche Festlegung erfährt er erst mit der RKraft eines ihn anerkennenden Urt. Wenn demgegenüber das BerG. hier unter Bezugnahme auf

___________ 1

RG HRR 1933, Nr. 1405.

I. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts

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die Best. des § 287 BGB ein Unberührtbleiben des einmal entstandenen und mit Klage geltend gemachten Anspr. auf die HKosten vertritt, so beruht das auf einer Verkennung der Bedeutung des § 287. Denn § 287 will nicht in die Vorschr. der §§ 249 flg. über die Art der SchadErsLeist. eingreifen und eine sich nach den allg. Vorschr. vollziehende Änderung des Inhalts einer schon begründeten Ersatzverpfl. ausschließen; er erweitert nur die Haft. des Sch. während seines Verzugs auf jede Fahrlässigkeit und sogar auf Zufall, es sei denn, daß letzterenfalls der Schaden, d.h. die während des Verzugs eintretende Unmöglichkeit der Leist., auch bei rechtzeitiger Leist. eingetreten sein würde. Die Richtigkeit des Ergebnisses, daß ein Anspr. auf die HKosten nicht mehr anerkannt werden kann, wo H. nicht mehr in Frage kommt, wird auch durch folgende Erwägung bestätigt: Ein Interesse an dem Anspr. nach § 249 S. 2 im Gegens. zu dem nach § 251 daselbst kann, da es sich in beiden Fällen um Anspr. auf Geld handelt, für den Gläub. nur bestehen, wenn er nach § 249 S. 2 mehr erhielte als nach § 251. Der SchadErs. soll aber nur ausgleichen, nicht bereichern, und es ist kein Grund ersichtl., der es rechtfertigen könnte, dem Geschädigten einen über den Geldbetrag seines Schadens – § 251 BGB – hinausgehenden Betrag an HKosten unter Umst. zuzuspr., wo der innere Grund der Berechtigung dieser Mehrford., näml. die Möglichkeit des nächstliegenden Schad-Ausgleichs durch H. des früheren Zustandes in Natur, für ihn entfällt.“2

Mit diesen Ausführungen zeichnete das Reichsgericht die wesentlichen Argumentationsstränge3 vor, die die weiteren Entscheidungen determinieren. Zunächst wird behauptet, der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB besitze zum Herstellungsanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB transitorischen Charakter4; nur solange die Herstellung, auf die § 249 Abs. 1 BGB abstelle, überhaupt möglich bleibe, könne auch der ebenfalls dem Herstellungsgedanken verhaftete Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag bestehen, auch wenn dieser seinerseits vom Geschädigten nicht für die Herstellung verwendet werden müsse. Letzteres sei Ausfluss der Dispositionsfreiheit, auf die auch der 5. Zivilsenat des Reichsgerichts abstellt5. Im Falle der Unmöglichkeit der Herstellung sieht er diese jedoch verdrängt. Wenn § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den Geschädigten soweit emanzipiert, dass der Schädiger von ihm nicht verlangen kann, den erforderlichen Geldbetrag zur Naturalrestitution einzusetzen, fragt sich, weshalb im Falle der Unmöglichkeit der Wiederherstellung der Anspruch gerade deshalb erlöschen soll, weil er zur Naturalrestitution nicht mehr eingesetzt werden kann. Ein Regel-Ausnahme-Rückausnahme-Verhältnis schimmert bei der Entscheidungslektüre durch, wenn man den ___________ RG HRR 1933, Nr. 1405. Im Folgenden kursiv hervorgehoben. 4 „… wird […] die Natur des Anspruchs als des Herstellungsanspruchs nicht berührt. Es ist lediglich eine andere Art der Herstellung […] Daraus […] folgt aber, daß mit dem Wegfall des Herstellungsanspruchs überhaupt auch die durch § 249 S. 2 geschaffene besondere Gestaltung dieses Anspruchs hinfällig wird, daß demnach der Anspruch auf die Herstellungskosten bedingt bleibt dadurch, daß grundsätzlich Herstellung noch gefordert werden kann“. 5 „… ohne daß der Schuldner die Verwendung zur Herstellung fordern kann …“. 2 3

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1. Kapitel: Die Konzeption der Rechtsprechung

zeitlichen Aspekt berücksichtigt, auf den der 5. Zivilsenat abstellt. Die transitorische Gestalt des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB soll die Dispositionsfreiheit nur bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz verdrängen. Danach soll der nachträgliche Wegfall der Möglichkeit der Herstellung keine anspruchsvernichtenden Wirkungen mehr entfalten. Argumentativ handelt es sich hierbei um die Zeitpunktproblematik, die als Begründungsansatz herangezogen wird6. Weiterhin setzte sich das Reichsgericht mit der später immer wieder von der Gegenansicht hervorgehobenen Verzögerungsargumentation auseinander, die – ausweislich der Entscheidungsgründe – das Oberlandesgericht Hamm als Berufungsgericht favorisierte und infolgedessen zu der Erkenntnis gelangte, dass der einmal nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entstandene Anspruch auf die Herstellungskosten nicht wieder entfallen könne7. Das Reichsgericht erklärte diesen Argumentationsstrang für unbeachtlich, ohne sich der dahinter stehenden Wertung bewusst zu werden. Die Verzögerungsargumentation erklärt sich zum einen nicht aus § 287 BGB, zum anderen genügt deshalb die Beschreibung der Funktion dieser Vorschrift nicht, um den Gedanken, der Schuldner solle keinen seine sofortige Schadensersatzpflicht in Abrede stellenden Anreiz erhalten, zu widerlegen. Schließlich stellt das Reichsgericht in seinem Urteil vom 23. Oktober 1932 zum Schluss noch eine Art Kontrollüberlegung zum bisher gefundenen Ergebnis an und liefert ein weiteres, künftig immer wiederkehrendes Argument. Gemeint ist das sog. schadensrechtliche Bereicherungsverbot, das in der gegebenen Konstellation dafür spreche, den Anspruch des Geschädigten auf den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu versagen und ihn auf die Geldentschädigung nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zu verweisen8. Letzteres aber sei deshalb geboten, weil der Schadensersatzgläubiger anderenfalls einen Betrag erhielte, der ihn besser stellen würde, als er ohne das Schadensersatz begründende Ereignis gestanden hätte. Im Übrigen würde er einen Schadensersatz erhalten, den er zur Befriedigung der Interessen, denen er seiner Funktion nach zugedacht ist, nicht mehr verwenden könne9. Angesprochen ist ___________ 6 „Für die Frage aber, wann das begründete Herstellungsverlangen noch bestehen muß, kann kein anderer Zeitpunkt maßgebend sein als der, welcher sonst Inhalt und Umfang des Schadenausgleichs bestimmt, nämlich der der Schlußverhandlung vor dem Tatrichter …“ 7 „Wenn demgegenüber das Berufungsgericht hier unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 287 BGB ein Unberührtbleiben des einmal entstandenen und mit Klage geltend gemachten Anspruchs auf die Herstellungskosten vertritt, so beruht das auf einer Verkennung der Bedeutung des § 287.“ 8 „Der Schadensersatz soll aber nur ausgleichen, nicht bereichern …“ 9 „… und es ist kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, dem Geschädigten einen über den Geldbetrag seines Schadens – § 251 BGB – hinausgehenden Betrag an Herstellungskosten unter Umständen zuzusprechen, wo der innere Grund der Berechti-

I. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts

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damit das dem Schadensersatzrecht zu Grunde liegende Trennungsgebot zwischen Restitution und Kompensation, das strikt einzuhalten und Vermischungen unzugänglich sei. 2. Das bestätigende Urteil Der 6. Zivilsenat des Reichsgerichts bestätigte in seinem Urteil vom 8. April 193710 die vom 5. Zivilsenat eingeleitete Rechtsprechung. Der Entscheidung lag ein Grundstückssachverhalt zu Grunde: Der Kläger war Eigentümer eines Hausgrundstücks. Auf dem Nachbargrundstück war die Beklagte damit beauftragt, für die Eigentümerin X das sich dort befindliche Haus abzureißen und einen Neubau zu errichten. Als nach dem Abbruch des Nachbarhauses mit Ausschachtungsarbeiten begonnen wurde, stürzte das Haus des Klägers ein. Vier Monate später verkaufte der Kläger sein Grundstück zu einem über dem Taxwert liegenden Preis an die Nachbarin X. Die Beklagte nahm er u.a. wegen der Wiederherstellungskosten in Anspruch. Deren Zuerkennung durch die Vordergerichte beanstandete der 6. Zivilsenat des Reichsgerichts und sprach dem Kläger diesbezüglich lediglich Ersatz des Minderwerts gem. § 251 Abs. 1 BGB zu. In der Begründung führte er aus: „Es muß jedoch der Bekl. dahin Recht gegeben werden, daß bei der gegebenen Sachlage der Kl. Ersatz des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages nicht verlangen kann, sondern seinen Anspruch nur auf § 251 Abs. 1 BGB stützen kann. Nach dieser Bestimmung ist der Gläubiger in Geld zu entschädigen, soweit die Herstellung nicht möglich ist, wie andererseits § 249 S. 2 bestimmt, daß der Gläubiger ‚statt‘ der Herstellung, die damit also als möglich vorausgesetzt wird, den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Diese in § 249 S. 2 getroffene Regelung läßt die Natur des Anspruches als eines Herstellungsanspruches unberührt und gibt ihm lediglich eine andere Form. Daraus aber ist, wie bereits RG, V 68/32 v. 21. Sept. 1932, ausgesprochen hat, zu folgern, daß mit dem Wegfall des Herstellungsanspruchs überhaupt auch seine durch § 249 S. 2 geschaffene besondere Gestaltung entfällt, daß also die Möglichkeit, grundsätzlich noch Herstellung zu fordern, die Voraussetzung auch des Anspruchs auf die Herstellungskosten bildet. Als entscheidender Zeitpunkt für die Frage, wann das begründete Herstellungsverlangen noch bestehen muß, ist mit dem 5. ZivSen. derjenige anzusehen, der auch sonst Inhalt und Umfang des Schadensausgleichs bestimmt, nämlich der der Schlußverhandlung vor dem Tatrichter. Der Kl. geht hier nun selbst davon aus, er wolle mit Rücksicht darauf, daß er inzwischen das Hausgrundstück verkauft hat, sein eingestürztes Haus nicht wieder aufbauen, ist dazu auch gar nicht mehr in der Lage. Er ist also selbst fest entschlossen, den früheren Zustand nicht wieder herzustellen, hat sich vielmehr durch seine eigene freie Entschließung, den ihm angezeigter erscheinenden Verkauf des Grundstücks durchzuführen, selbst außerstande gesetzt, jenen Zustand wieder herbeizuführen. Damit ist der Herstellungsanspruch weggefallen und mit ihm nach dem Dargelegten auch die, dem ge-

___________ gung dieser Mehrforderung, nämlich die Möglichkeit des nächstliegenden Schadenausgleichs durch Herstellung des früheren Zustandes in Natur, für ihn entfällt“. 10 RG JW 1937, 3223 mit Anm. von Carl, JW 1937, 3224.

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sunden Rechtsempfinden widerstreitende Möglichkeit, die Wiederherstellungskosten erstattet verlangen zu können, obwohl der Kl. selbst bewußt bewirkt hat, daß eine Wiederherstellung unterbleibt. Der Kl. kann daher nur die in § 251 BGB für den Fall der Unmöglichkeit der Herstellung vorgesehene Entschädigung in Geld, also Erstattung des Minderwertes, verlangen.“11

Bemerkenswert an diesen Ausführungen ist, dass die Argumentation nicht mehr in die Tiefe gehend geführt wird. Der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB folgt, schenkte man dem Reichsgericht Glauben, bereits zwanglos aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst, weil dieser den erforderlichen Geldbetrag „statt“ der Herstellung gewährt. Der Wortlaut selbst ist gerade an dieser Stelle jedoch mindestens offen. Zwingend wäre ein logischer Schluss dergestalt, dass § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Unmöglichkeit der Naturalrestitution nicht überdauern kann, erst dann, wenn der erforderliche Geldbetrag „für“ die Herstellung des ohne den Schadensfall bestehenden Zustands von Gesetzes wegen gewährt würde. Die Präposition „statt“ hingegen hat ihrer Wortbedeutung nach vielmehr autonome, nach Eigenständigkeit und Unabhängigkeit vom Bezugsobjekt strebende Bedeutung und spricht daher nicht für eine transitorische oder gar akzessorische Funktional- und Wirkungsweisenverknüpfung. Dem Gesetz fremd ist auch der in diesem Zusammenhang erstmals verwendete Begründungsansatz des „gesunden Rechtsempfindens“12. Derartige „Überlegungen“ wecken Erinnerungen an die Metapher vom „Griff nach dem Strohhalm“. Der Boden der am Gesetz und seinem System orientierten Auslegung scheint verlassen zu sein, wenn nach den Entscheidungsgründen mehr oder minder unausgesprochen der Vorwurf an den Geschädigten gerichtet wird, dass er den Verkauf des beschädigten Hausgrundstücks lieber hätte bleiben lassen sollen. Die diesbezüglichen Ausführungen 13 erinnern an den dem Schadensersatzrecht fremden, und in dieser Richtung – nämlich mit Blick auf den Schadensersatzgläubiger – gänzlich abwegigen Sanktionsgedanken.

II. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs 1. Die Auftaktentscheidung des Bundesgerichtshofs Mit der Problematik der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution und dem Erlöschen bzw. Erhalt des Anspruchs auf Ersatz des i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrags musste sich der BGH erstmals in seinem ___________ RG JW 1937, 3223, 3224. Diesbezüglich zu Recht skeptisch bspw. OLG Hamm, NJW 1975, 654, 655. 13 „… obwohl der Kläger selbst bewußt bewirkt hat, daß eine Wiederherstellung unterbleibt“. Vgl. auch die Urteilsanmerkung von Carl, JW 1937, 3224, 3225: „Wenn jemand sich selbst außerstande setzt, Wiederherstellung überhaupt vornehmen zu lassen, so darf er auch nicht eine ‚als-ob‘-Rechnung aufmachen, nur weil er glaubt, bei dieser Rechnung besser wegzukommen.“ 11 12

II. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

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Urteil vom 21. Januar 196514 befassen. Dem für Binnenschifffahrtssachen zuständigen 2. Zivilsenat lag ein Sachverhalt vor, in dem die Beklagte mit ihrem Schleppkahn in den Radschleppdampfer des Klägers fuhr und dessen Backbordseite erheblich beschädigte. Zwei Monate nach dem Unfall wurde eine kontradiktorische Schadenstaxe aufgestellt, die beide Beteiligten anerkannten. Fünf Monate danach verkaufte der Kläger sein Schiff zum Schrottpreis, ohne es zuvor reparieren zu lassen. Die Beklagte wandte sich mit der Revision u.a. gegen ihre Verurteilung zur Zahlung der Reparaturkosten durch das Rheinschifffahrtsgericht und das Rheinschifffahrtsobergericht und brachte vor, dass der Kläger den Schaden überhaupt nicht beseitigt habe. Deswegen sei überhaupt kein Schaden entstanden, weil das beschädigte Schiff vor und nach dem Schadensereignis denselben Wert, nämlich nur den Schrottwert, gehabt habe. Das Berufungsgericht hatte die Verurteilung der Beklagten ausschließlich auf die zwischen den Parteien vereinbarte kontradiktorische Schadenstaxe gestützt und dazu ausgeführt, dass diese Taxe die Reparaturkosten endgültig festlege, ohne dass der geschädigte Schiffseigner in seiner Freiheit, über diesen Betrag zu disponieren, eingeschränkt sei. Insbesondere sei er nicht dazu verpflichtet, den Schaden zu beseitigen. Der 2. Zivilsenat des BGH bestätigte diese Ausführungen des Berufungsgerichts und wies die Revision zurück15. Den Ausgangspunkt seiner Entscheidung bildete ebenfalls die dem Geschädigten in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eingeräumte Dispositionsfreiheit, nach der es in das Belieben des Gläubigers gestellt ist, ob er den vom Schuldner gezahlten Herstellungsbetrag zur Beseitigung des Sachschadens verwendet oder nicht16. Ob die Möglichkeit der Naturalrestitution bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fortbestehen muss, um dem Gläubiger den Herstellungsbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zusprechen zu können, wie das Reichsgericht annahm, war für den BGH in der Entscheidung vom 21. Januar 1965 allerdings nicht entscheidungserheblich, weil die Parteien durch die Taxierung eine „bestimmte Vereinbarung getroffen haben, der gegenüber es auf die dispositiven gesetzlichen Vorschriften nicht ankommt“17. Hierzu führt der BGH aus: „Nach dem Sinn und Zweck der kontradiktorischen Schadenstaxe war mit ihrer Unterzeichnung nicht nur die Erklärung der Kl., statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen, unwiderruflich geworden; es waren […] gleichzeitig die Höhe der Reparaturkosten und die Dauer der Reparaturzeit für die an der Schadenstaxierung Beteiligten bindend festgelegt. Wenn nach § 249 Satz 2 BGB der Schuldner den zur Her-

___________ 14 BGH – II ZR 49/63 – LM BGB § 251 Nr. 11 = VersR 1965, 351 = BB 1965, 305 = MDR 1965, 456. 15 BGH LM BGB § 251 Nr. 11, Bl. 1, Rückseite. 16 BGH LM BGB § 251 Nr. 11, Bl. 2, Vorderseite. 17 BGH LM BGB § 251 Nr. 11, Bl. 3, Rückseite.

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stellung „erforderlichen“ Geldbetrag zu vergüten hat, und dieser Betrag[18] sich grundsätzlich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter bestimmt[19], so ist hier, abweichend von dieser nachgiebigen Gesetzesvorschrift, durch die Parteien vereinbart, daß der Zeitpunkt der Schadensaufnahme für die Berechnung[20] des Schadens maßgebend ist. Besteht hiernach allein ein Anspruch des Gläubigers auf den bezeichneten Geldbetrag der taxierten Reparaturkosten, der […] keiner Veränderung in der Zukunft unterworfen ist (insoweit handelt es sich um einen abgeschlossenen, nicht mehr entwicklungsfähigen Schaden, …), so kann dieser Anspruch nicht dadurch berührt werden, daß später die Herstellung, etwa wegen Verkaufs der Sache durch den Gläubiger, unmöglich wird; die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Herstellung spielt weder für den Grund noch für die Höhe des Anspruchs eine Rolle; es würde dem in der kontradiktorischen Schadenstaxe zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen, der auf Schaffung klarer Verhältnisse abzielt, widersprechen, wenn wegen der Unmöglichkeit der Herstellung nunmehr eine andere Schadensberechnung, wie sie im Falle des § 251 Abs. 1 BGB vorzunehmen ist, einzutreten hätte.“21

Aus diesen Ausführungen wird ersichtlich, dass die Entscheidung einen „echten“ 22 Ausnahmefall 23 betraf und aus den weiteren Erörterungen ausgeblendet werden kann. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist, wie die übrigen schadensersatzrechtlichen Vorschriften auch, nachgiebigen Rechts24. Von den am Schadensersatzverhältnis Beteiligten vereinbarte, der Privatautonomie entspringende Absprachen und Abmachungen gehen den gesetzlichen Regelungen vor und können diese inhaltlich abändern. Der Auftaktentscheidung des BGH kann aus diesem Grund für die in Rede stehende Problematik nichts Grundsätzliches entnommen werden.

___________ 18 Hervorhebungen vom Verf. Diese gegenüber dem RG hinsichtlich der Zeitpunktproblematik veränderte Richtung hat wesentliche Bedeutung. Für den BGH scheint der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter primäre Bedeutung für die Frage der Schadenshöhe und damit der Bemessung der Schadensersatzleistung, nicht jedoch, – worauf das RG noch gleichberechtigt und im gleichem Atemzug verwies (vgl. RG HRR 1933, Nr. 1405; RG JW 1937, 3223, 3224) – zumindest nicht in demselben Ausmaß, auch auf die Frage nach dem Anspruchsgrund und damit der Anspruchsgrundlage im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution, zu haben. Vgl. dazu im 4. Kapitel unter VI., S. 136. 19 Vgl. vorherige Fn. 20 Vgl. vorherige Fn. 21 BGH LM BGB § 251 Nr. 11, Bl. 4, Vorderseite. 22 Im Gegensatz zur Differenzierung zwischen der Beschädigung eines Kraftfahrzeugs und der eines Grundstücks. 23 So zutreffend auch BGHZ 81, 385, 389/390 („Sonderbereich“); BGHZ 66, 239, 242 („Sonderfall“); KG VersR 1974, 576, 577 („Sonderfall“); LG Arnsberg, VersR 1973, 643, 644. 24 Vgl. nur BGHZ 81, 385, 390; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), Vorbem. zu §§ 249 ff. Rn. 11; Soergel-Mertens, vor § 249 Rn. 8; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 3; Schack, FS-Stoll, S. 61, 63.

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2. Die Kfz-Grundsatzentscheidung Zum ersten Mal Stellung beziehen musste der BGH erst mit der Entscheidung vom 23. März 197625. Dem 6. Zivilsenat lag der erste Kfz-Fall vor: Der Kläger begehrte für die Beschädigung seines Kraftfahrzeugs von den Beklagten den vom Sachverständigen geschätzten Betrag der Reparaturkosten, obwohl er sein Fahrzeug nicht wieder in Stand gesetzt, sondern beim Kauf eines Neuwagens in Zahlung gegeben hatte. Die Beklagten verweigerten die Zahlung der einer fiktiven Instandsetzung zu Grunde gelegten Kosten, womit sie nur beim erstinstanzlichen Landgericht Osnabrück durchdrangen 26 . Sowohl das Oberlandesgericht Oldenburg27 als Berufungsgericht als auch der 6. Zivilsenat des BGH sprachen dem Kläger die Instandsetzungskosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu. Ausgangspunkt der Beurteilung ist für den 6. Zivilsenat der dem § 249 Abs. 2 S. 1 BGB immanente Grundsatz der Dispositionsfreiheit. Hierzu heißt es im Urteil: „Soweit der Geschädigte wie hier zulässigerweise den Weg des § 249 Satz 2 BGB wählt, […] steht es ihm grundsätzlich frei, ob er den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag nach dessen Zahlung wirklich diesem Zweck zuführen oder anderweitig verwerten [richtig wohl: verwenden][28] will. […] Damit muß er den nach den Umständen zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag grundsätzlich auch dann in Anspruch nehmen können, wenn er von vornherein nicht die Absicht hat, die der Berechnung seines Anspruchs zugrundegelegte Wiederherstellung zu veranlassen, sondern sich anderweit behelfen oder die Entschädigungszahlung überhaupt einem sachfremden Zweck zuführen will; jede andere Beurteilung müßte den Grundsatz, daß der Betrag der Geldentschädigung zur freien Verfügung des Geschädigten steht, entwerten, wäre daher nicht mit ihm vereinbar. Deshalb kann der Wille des Geschädigten zur Reparatur (ein praktisch kaum nachprüfbarer innerer Tatbestand) nicht zur Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung des zur Instandsetzung erforderlichen Geldbetrages erhoben werden.“29

___________ 25 BGH – VI ZR 41/74 – BGHZ 66, 239 = NJW 1976, 1396 = VersR 1976, 874 = BB 1977, 116 = DB 1976, 1522 = MDR 1976, 830 = JR 1977, 415 = DAR 1976, 265 mit Anm. von Dunz, LM BGB § 249 (Gb) Nr. 16; Emmerich, JuS 1976, 813; Heinze, JR 1977, 418; Klimke, VersR 1977, 502. 26 Dies entsprach der damals überwiegenden Rspr. der Instanzgerichte: KG VersR 1974, 576, 577; OLG Nürnberg, VersR 1974, 677; OLG München, VersR 1975, 144, 145; OLG Karlsruhe/Freiburg, NJW 1975, 1285; OLG Koblenz, VersR 1967, 984, 985; OLG Celle, VersR 1968, 1045, 1046; OLG Hamburg, VersR 1971, 236; LG Frankfurt/M., VersR 1975, 191; LG Aurich, VersR 1970, 938; LG Arnsberg, VersR 1973, 643, 644; LG Bielefeld, NJW 1973, 103, 104; LG Frankfurt/M., VersR 1973, 262. 27 So auch in einer anderen Entscheidung das OLG Oldenburg, NJW 1974, 2130, 2131. Vgl. des Weiteren OLG Celle, VersR 1975, 265; LG München I, VersR 1974, 69. 28 So Weber, VersR 1990, 934, 939 und Fn. 78 „… ein schon in der Urschrift des Urteils stehender Schreibfehler“. 29 BGHZ 66, 239, 241.

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Zwanglos leitet er daraus den logisch erscheinenden Schluss ab, dass es hiermit unvereinbar sei, wenn „der Geschädigte seinen Anspruch auf Zahlung des für die Instandsetzung erforderlichen Geldbetrags aus § 249 Satz 2 BGB immer schon in dem Augenblick verlieren soll, in dem er sich in Nutzung der ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Dispositionsfreiheit die Instandsetzung des Fahrzeugs für eigene Rechnung durch anderweitige Verwertung desselben tatsächlich unmöglich gemacht hat, so daß sich sein Schadensersatzanspruch seit diesem Zeitpunkt nur noch nach § 251 BGB bestimmen könnte.“30

Dass sich auf Grund der Zeitpunktproblematik – wie dies das Reichsgericht annahm – etwas anderes ergeben kann, hält der 6. Zivilsenat lediglich für eine scheinbare Ausnahme31; die Zweifel in der oben bereits vorgestellten Auftaktentscheidung des 2. Zivilsenats32 setzen sich damit fort. Nach diesen grundsätzlichen Erwägungen, die den Auftakt der Entscheidung bildeten und eine höchstrichterliche Klärung der auch in diesem Zeitpunkt bereits heftig umstrittenen Frage33 erwarten ließen, wird der Rechtsanwender aber herb enttäuscht, indem der 6. Zivilsenat seine „fallbezogenen“ und Sonderrecht statuierenden Erwägungen anstellt. Hierzu heißt es in den Urteilsgründen: „Der bisher unverkennbar herrschenden Meinung, der Geschädigte könne die Instandsetzungskosten nur solange fordern, als er zur Instandsetzung der beschädigten Sache auch noch in der Lage ist, kann angesichts der eingangs geschilderten Dispositionsfreiheit des Geschädigten in Bezug auf den ihm zustehenden Instandsetzungsaufwand jedenfalls für eine wichtige und im Bereich der Kraftfahrzeugschäden weit überwiegende Fallgruppe[34] nicht gefolgt werden.“35

Zwar sollen nachträgliche, objektive, die Unmöglichkeit der Naturalrestitution herbeiführende Umstände zum Erlöschen des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB führen, zumindest für die nachträgliche subjektive Unmöglichkeit im Bereich des Kfz-Schadensrechts gelte dies jedoch nicht. Anknüpfend an den Grundsatz der Dispositionsfreiheit etabliert der 6. Zivilsenat sodann die dem Gerechtigkeitsgedanken entspringende Gleichbehandlungsargumentation und führt hierzu aus: „Es erscheint aber unangemessen, diesen Anspruch [den nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB][36] dem Geschädigten auch dann zu versagen, wenn er sich der beschädigten und immer noch reparaturbedürftigen wie auch reparaturwürdigen Sache entäußert hat. In

___________ BGHZ 66, 239, 241. BGHZ 66, 239, 241/242: „Dem scheint freilich der in der Rechtsprechung ebenfalls seit langem gefestigte Grundsatz zu widersprechen, daß die Schadensentwicklung an sich bis zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen ist.“ Hervorhebungen vom Verf. 32 Vgl. Fn. 18 bis 20. 33 Vgl. die ausführliche Auflistung in BGHZ 66, 239, 242/243 sowie die Fn. 26 und 27. 34 Hervorhebungen vom Verf. 35 BGHZ 66, 239, 243. 36 Anmerkung des Verf. 30 31

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diesen Fällen hat sich nämlich die durch die Zahlung auszugleichende Reparaturbedürftigkeit entweder unmittelbar im Vermögen des Geschädigten niedergeschlagen, weil etwa das Verkaufentgelt entsprechend geringer ausgefallen ist, oder sie hat doch den wirtschaftlichen Erfolg der Transaktion, etwa den Wert des Unfallfahrzeugs als Geschenk, beeinträchtigt. Der Geschädigte, der solchermaßen über die beschädigte Sache verfügt hat, kann billigerweise nicht anders gestellt werden als der, der nach Erhalt des für die Instandsetzung erforderlichen Betrags die beschädigte Sache doch weiter ge- und verbraucht (vgl. BGHZ 35, 396, 398 – merkantiler Minderwert), mag er dazu möglicherweise auch von Anfang an entschlossen gewesen sein.“37

Damit war weiteren Differenzierungen Tür und Tor geöffnet, insbesondere auch denjenigen zwischen nachträglicher objektiver und subjektiver Unmöglichkeit der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Bemerkenswert dabei ist jedoch, dass die nachgeschobene Gleichbehandlungsargumentation gleichermaßen auch für den Erhalt des Anspruchs auf die Herstellungskosten im Fall der nachträglichen objektiven Unmöglichkeit taugt, wenn dieses Argument doch letztlich auf der Dispositionsfreiheit des Geschädigten beruht38. Zu Recht wird in der Literatur diese argumentative Verknüpfung auch kritisiert, weil weder der Grundsatz der Dispositionsfreiheit noch die Gleichbehandlungsargumentation vom 6. Zivilsenat hinreichend begründet werden. Prämisse und conclusio sind in den Entscheidungsgründen zirkulärer Gestalt39. Daraus im Ergebnis ableiten zu wollen, es handele sich insgesamt um einen „Kurzschluß“40, ist jedoch nicht gerechtfertigt. Die nachträgliche subjektive Unmöglichkeit der Verwendung des erforderlichen Instandsetzungsbetrags zur Reparatur hält der 6. Zivilsenat jedoch nur im Bereich der Kraftfahrzeugschäden für unbeachtlich und führt diesbezüglich aus: „… wird in der Regel im Bereich der Kraftfahrzeugschäden[41] der Geschädigte den Anspruch auf Ersatz der Instandsetzungskosten nicht schon dadurch verlieren, daß er sich die Instandsetzung durch Veräußerung des Unfallfahrzeugs unmöglich macht. Denn anders als etwa bei Grundstücken[42] […] kommt für Kraftfahrzeuge gängigen

___________ BGHZ 66, 239, 243/244. Dies erschließt sich aus der Entscheidungslektüre deutlich erst an etwas späterer Stelle, BGHZ 66, 239, 245: „Der in der Reparaturbedürftigkeit zum Ausdruck gekommenen Einbuße, die sich unmittelbar oder mittelbar im Vermögen des Geschädigten niedergeschlagen hat, steht die Zahlung der für die Reparatur erforderlichen Geldmittel gegenüber. Daß diese wegen der inzwischen erfolgten Veräußerung tatsächlich nicht mehr für eine Instandsetzung eingesetzt werden können, macht keinen rechtlich erheblichen Unterschied gegenüber dem Fall, daß der Geschädigte befugtermaßen von sich aus darauf verzichtet, die Mittel auch tatsächlich hierfür zu verwenden.“ 39 Jakob, S. 68 und 80. Vgl. auch Magnus, Schaden und Ersatz, S. 63; Weber, DAR 1987, 161, 175, Fn. 60; ders., VersR 1990, 934, 940. 40 So Weber, VersR 1990, 934, 941; Jakob, S. 80 und Köhler, FS-Larenz, S. 349, 362. 41 Hervorhebungen vom Verf. 42 Hervorhebungen vom Verf. 37 38

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Typs nur eine[43] wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsart in Frage, nämlich ihr Einsatz als Verkehrsmittel nach Wiederherstellung ihrer Gebrauchsfähigkeit. Eine andere Verwertung ist bei an sich reparaturwürdigen Fahrzeugen nur in Sonderfällen (Sammlerstücke etc.) denkbar.“44

Damit war der Rechtszersplitterung und der nach Schadensobjekten differenzierenden „Sonderschadenslehre“ der Boden bereitet, ohne dass hierfür überzeugende Gründe aufgezeigt werden konnten. Warum die Dispositionsfreiheit das rechtliche Ergebnis lediglich in Fallgestaltungen, in denen Kraftfahrzeuge zu Schaden gekommen sind, determinieren soll, bleibt unerörtert. Argumentationen am und mit dem Gesetz, mit dessen Systematik und Zweck fehlen gänzlich. Der apodiktischen Differenzierungsthese des 6. Zivilsenats des BGH folgen Ausführungen45, die sich der Frage widmen, weshalb die „vom Senat vertretene Auffassung zu keiner unbilligen Benachteiligung des Schädigers führt“46. Interessant sind dabei die Ausführungen, die die Skepsis gegenüber der Tauglichkeit und Tragfähigkeit der Zeitpunktproblematik zur Lösung des Problems des Erhalts des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bei nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution bekräftigen. Der 6. Zivilsenat greift diesbezüglich die Verzögerungsargumentation wieder auf; in den Urteilsgründen heißt es: „Der Grundsatz, daß für die Bemessung[47] des Schadensersatzes der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist, dient in erster Linie dem Schutz des Gläubigers dagegen, daß eine zögerliche Ersatzleistung des Schuldners inzwischen nicht nur zusätzliche Schäden verursacht, sondern unter Umständen auch die Wiederherstellung verteuert […]. Der Schuldner dagegen ist gehalten, die beeinträchtigte Vermögenslage des Gläubigers alsbald[48] dadurch auszugleichen, daß er den Restwert der beschädigten Sache durch Wiederherstellung oder – wie dies in der Praxis der Kfz-Haftung die Regel ist – durch Zahlung des erforderlichen Betrages ergänzt. Er hat z.B. kein Recht darauf, abzuwarten, ob sich nicht die Wiederherstellung durch eine spätere Entwicklung billiger gestalten oder aus besonderen Gründen erübrigen werde. Daß ihm solche Entwicklungen gegebenenfalls trotzdem zugutekommen können, entspricht nur dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit und verliert dadurch an Bedeutung, daß der dem Schuldner daraus erwachsende Vorteil in der Regel durch die Ersatzpflicht für Verzugsschäden mindestens teilweise aufgezehrt zu werden pflegt […].“49

Auf die Verzögerungsargumentation wird daher ebenfalls näher einzugehen sein.

___________ Hervorhebung im Original. BGHZ 66, 239, 244. 45 BGHZ 66, 239, 245-248. 46 BGHZ 66, 239, 245. 47 Vgl. bereits Fn. 18 bis 20 (Hervorhebung vom Verf.). 48 Hervorhebung im Original. 49 BGHZ 66, 239, 245/246. 43 44

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Seinen Standpunkt bekräftigte der 6. Zivilsenat des BGH nach dieser KfzGrundsatzentscheidung vom 23. März 1976 in drei weiteren, in kurzer Folge judizierten Entscheidungen50. 3. Die Grundstücks-Grundsatzentscheidung Der 5. Zivilsenat des BGH hatte sich in seiner Entscheidung vom 2. Oktober 198151 – einen Grundstücksfall betreffend – mit der Frage des Einflusses nachträglicher Umstände auf den erforderlichen Restitutionsbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu befassen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Das mit einem Mehrfamilienhaus und Garage bebaute Grundstück der Klägerin grenzte an das tiefer liegende Eckgrundstück der Beklagten, welches diese mit einem Mehrfamilienhaus und einer unmittelbar an das Grundstück der Klägerin grenzenden Tiefgarage bebauen wollte. Nach Beginn der Aushubarbeiten für die Tiefgarage zeigten sich an der Ecke des Baugrundstücks Ausfließerscheinungen des Hanges und Risse im Fundament einer 2 m hohen Stützmauer, die entlang der Grenze zwischen den Grundstücken der Parteien verlief. Nachdem auch am und im Haus der Klägerin zahlreiche Schäden auftraten, erhob die Klägerin Klage gegen die Beklagte und forderte u.a. als Schadensbeseitigungskosten die Kosten zur Sanierung des Hauses. Gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts Wiesbaden legte die Beklagte Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens verkaufte die Klägerin ihr Hausgrundstück, wobei sie in dem Vertrag „alle Ansprüche gegen alle zum Schadensersatz Verpflichteten an die Käufer abtrat“52. Die Klägerin begehrte nunmehr Leistung an die Käufer. Das Oberlandesgericht Frankfurt/M. wies die Berufung der Beklagten ab und bestätigte im Ergebnis das erstinstanzliche Urteil, wobei es „den Verkauf des Grundstücks in Anlehnung an die Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des BGH zur Schadensberechnung beim Verkauf eines unfallgeschädigten Pkw für bedeutungslos ansah“53. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts. Der 5. Zivilsenat des BGH stellte zu Beginn seiner Entscheidung auf die transitorische Natur des Herstellungskostenanspruchs ab und setzte die vom Reichsgericht eingeleiteten Begründungsansätze in tradierter Form fort: ___________ 50 BGH, Urteil vom 23.3.1976 – VI ZR 10/75 – VersR 1977, 134; BGH, Urteil vom 22.11.1977 – VI ZR 114/76 – VersR 1978, 182 f.; BGH, Urteil vom 22.11.1977 – VI ZR 119/76 – VersR 1978, 235. 51 BGH – V ZR 147/80 – BGHZ 81, 385 = NJW 1982, 98 = VersR 1982, 72 = MDR 1982, 130 = JR 1982, 279 = JZ 1982, 21 = WM 1981, 1306 mit Anm. von Hagen, LM BGB § 249 (Fa) Nr. 16; Knütel, JR 1982, 281; Schwefer, JA 1982, 298; Usinger, NJW 1986, 229; Finke, DWW 1987, 321. 52 Vgl. BGHZ 81, 385, 386. 53 BGHZ 81, 385, 387.

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„Der Zahlungsanspruch nach § 249 Satz 2 BGB ist nur eine besondere Form des Herstellungsanspruchs gemäß § 249 Satz 1 BGB und daher nach der Konzeption des Gesetzes von der Möglichkeit einer Wiederherstellung der beschädigten Sache abhängig. […] Umstritten ist allerdings, wie lange die Möglichkeit der Wiederherstellung andauern muß. Nach Ansicht des Reichsgerichts war dies der prozessual spätest mögliche, nämlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen […]. Das Reichsgericht verneinte daher den Fortbestand des Anspruchs auf Ersatz der Kosten für den Wiederaufbau eines Hauses, das infolge Stützverlustes durch unerlaubte Vertiefung des Nachbargrundstücks eingestürzt und einige Monate später verkauft worden war.“54

Einen Widerspruch zu Entscheidungen eines anderen Zivilsenats des BGH konnte der 5. Zivilsenat nicht erkennen. Seiner Einschätzung nach habe der BGH „bisher nur für zwei Sonderbereiche zu der Frage Stellung genommen“55. Ein Abweichen in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Zivilsenats i.S.d. § 132 Abs. 2 GVG hielt er deshalb nicht für gegeben und führte hierzu aus: „Wer für ein unfallgeschädigtes Kraftfahrzeug Zahlung der Instandsetzungskosten fordern kann, verliert nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats diesen Anspruch nicht schon dadurch, daß er das Fahrzeug beim Erwerb eines neuen Wagens unrepariert in Zahlung gibt […]. Ob der Anspruch nach § 249 Satz 2 BGB auch in anderen Fallgruppen, insbesondere bei Grundstücken, von der Veräußerung der beschädigten Sache unberührt bleibt, hat der VI. Senat unter Hinweis auf RG JW 1937, 3223 ausdrücklich offengelassen. Dabei hat er darauf hingewiesen, daß im Unterschied zu den Verwendungsmöglichkeiten von Grundstücken für Kraftfahrzeuge gängigen Typs nur eine[56] wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsart in Frage komme, nämlich ihr Einsatz als Verkehrsmittel nach Wiederherstellung ihrer Gebrauchsfähigkeit.“57

Der 5. Zivilsenat des BGH griff die vom 6. Zivilsenat eingeleitete, nach Schadensobjekten differenzierende „Sonderschadenslehre“ auf und perpetuierte dieses Ergebnis, ohne hierfür eine tragfähige Begründung zu liefern. Er stellte in seiner Entscheidung darauf ab, dass er einen Grundstücksfall zu entscheiden habe58, auf den quasi der Natur der Sache nach die vom 6. Zivilsenat betonten Leitli___________ BGHZ 81, 385, 388/389. BGHZ 81, 385, 389. 56 Hervorhebung im Original. 57 BGHZ 81, 385, 389/390. 58 Dass es sich dabei um den maßgeblichen und letztlich alles entscheidenden Unterschied handeln sollte, wurde auch in den der Entscheidung des BGH in BGHZ 66, 239 nachfolgenden instanzgerichtlichen Entscheidungen betont. Charakteristisch und zugleich symptomatisch bspw. OLG Frankfurt/M., VersR 1978, 469, 470: „Zwar hat der VI. Zivilsenat des BGH in einem Urteil vom 23.3.1976 (VersR 76, 874 = NJW 76, 1396 ff.) den dargestellten Rechtsgrundsatz für die Liquidation von Kfz-Schäden differenziert und den Verlust des Schadensersatzanspruchs nicht schon dann bejaht, wenn der geschädigte Anspruchsteller sein Fahrzeug unrepariert weiterveräußert. Die Gründe des oben zitierten Urteils weisen aber ausdrücklich darauf hin, daß der aufgestellte Rechtssatz nur bei Kfz-Schäden gelte und daß im übrigen die Rechtsprechung des RG – insbesondere bei der Veräußerung von Grundstücken – unberührt bleibe.“ 54 55

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nien nicht anwendbar seien, obwohl § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von der Sachbeschädigung handelt und Sache nach § 90 BGB im Sinne des Gesetzes jeder körperliche Gegenstand ist, wozu Kraftfahrzeuge ebenso wie Grundstücke zählen. Diese Überlegung bei Seite schiebend, hält der 5. Zivilsenat an den vom Reichsgericht dargestellten Begründungsansätzen (transitorischer Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB; Dispositionsfreiheit; Zeitpunktproblematik als Regel-AusnahmeRückausnahme-Verhältnis implizierendes, vom Gesetz gefordertes Gedankengerüst; Trennungsgebot; Bereicherungsverbot) für Grundstücke fest. Hierzu heißt es in den Urteilsgründen: „Für den – hier allein zu beurteilenden – Fall der Veräußerung eines beschädigten Hausgrundstücks hält der Senat an dem Grundsatz[59] fest, daß der Anspruch aus § 249 Satz 2 BGB untergeht, wenn im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz[60] die Herstellung in Natur unmöglich geworden ist. Insoweit ist kein zwingender Grund ersichtlich, von der Konzeption des Gesetzes abzuweichen. Zwar trifft es zu, daß es dem Geschädigten, der den besonderen Herstellungsanspruch nach § 249 Satz 2 BGB geltend macht, freisteht, ob er die Sache überhaupt reparieren läßt oder den hierzu erforderlichen Betrag anderweitig verwendet[61] […]. Dies bedeutet aber nicht, daß deswegen der Anspruch nach § 249 Satz 2 BGB auch die Unmöglichkeit der Herstellung überdauern müßte[ 62 ] […]. Setzt der Geschädigte erst den Zahlungsanspruch nach § 249 Satz 2 BGB durch, bevor er die Sache (hier: das Grundstück)[63] unrepariert veräußert, so ist mit der Erfüllung des Anspruchs die Naturalherstellung im Rechtssinne durchgeführt, und die Frage der Unmöglichkeit kann sich nicht mehr stellen. Veräußert er dagegen die Sache, bevor er den Anspruch nach § 249 Satz 2 BGB durchsetzt, so bleibt die Frage gestellt, ob der Fortbestand des Anspruchs von Sinn und Zweck der Naturalherstellung noch gefordert wird. Dies ist zu verneinen. Die Naturalrestitution dient in erster Linie dem Interesse des Geschädigten an der Integrität seiner Rechtsgüter: Wenn auch das Verletzungsereignis nicht ungeschehen gemacht werden kann, so sollen doch im Interesse eines möglichst vollkommenen Schadensausgleichs die Rechtsgüter des Betroffenen nach Möglichkeit in den Stand versetzt werden, in dem sie sich ohne das schädigende Ereignis befänden […]. Beendet der Eigentümer seine Rechtszuständigkeit, indem er die beschädigte Sache veräußert, so kann der durch § 249 Satz 1 und 2 BGB bezweckte Rechtsgüterschutz nicht mehr erreicht werden[64]. Für die Aufrechterhaltung des Herstellungsanspruchs in einer seiner beiden Erschei-

___________ und OLG Köln, NJW-RR 1993, 1367: „Soweit der BGH hiervon Ausnahmen zugelassen hat, betreffen sie andere – nicht vergleichbare – Sachverhalte, nämlich die Beschädigung beweglicher Sachen, vor allem von Kfz (BGHZ 66, 239 [241] …).“ 59 Der „Grundsatz“ ist dabei hier im Sinne von „den Grundsatz bestätigende Rückausnahme“ zu verstehen (Hervorhebung vom Verf.). 60 Begründungsstrang Zeitpunktproblematik (Hervorhebungen vom Verf.). 61 Begründungsstrang Dispositionsfreiheit (Hervorhebungen vom Verf.). 62 Begründungsstrang transitorischer Charakter (Hervorhebungen vom Verf.). 63 An dieser Stelle dokumentiert der 5. Zivilsenat des BGH offen, dass er § 90 BGB ignoriert; Sache ist nicht gleich Sache (Hervorhebungen vom Verf.). 64 Begründungsstrang transitorischer Charakter (Hervorhebungen vom Verf.).

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nungsformen ist dann kein Raum mehr[65]. Dem Geschädigten verbleibt dann nur der Anspruch auf eine Geldentschädigung für die etwaige Vermögenseinbuße (Kompensation) nach § 251 BGB. Daß diese Lösung für einen der Beteiligten unbillig wäre[66], ist – jedenfalls für die hier allein zu beurteilende Fallgruppe der Veräußerung beschädigter Grundstücke – nicht zu erkennen.“67

Die Besonderheit des vom 5. Zivilsenat zu beurteilenden Falles bestand nun darin, dass die Klägerin den Käufern alle aus dem Schadensfall resultierenden Ersatzansprüche nach § 398 S. 1 BGB abgetreten hatte und auf Grund einer Ermächtigung auch nur noch Leistung an diese verlangte, sodass diese durchaus in der Lage gewesen wären, den erforderlichen Restitutionsbetrag zur Schadensbeseitigung zu verwenden. Der Abtretung sprach der 5. Zivilsenat jedoch jegliche Relevanz ab und führte hierzu aus: „An dieser Beurteilung ändert sich im Ergebnis auch nichts dadurch, daß der Eigentümer zugleich mit der Veräußerung der beschädigten Sache seinen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten nach § 249 Satz 2 BGB an den Erwerber abtritt. Auch dann bleibt es nämlich dabei, daß vom Zeitpunkt der Veräußerung ab der besondere Herstellungsanspruch nach § 249 Satz 2 BGB seinen Zweck nicht mehr erreichen könnte, weil durch die Reparatur der Sache nicht mehr die Rechtsgüter gerade des Geschädigten wiederhergestellt würden. Deshalb geht auch in diesem Falle der Herstellungsanspruch in seinen beiden Erscheinungsformen (§ 249 Satz 1 und Satz 2 BGB) im Zeitpunkt der Veräußerung unter. Es bleibt dem Veräußerer und dem Erwerber unbenommen, für die bereits ersichtliche und auch für eine etwa künftig noch zutagetretende Wertminderung einen Abschlag auf den Kaufpreis vorzunehmen. Den hierdurch entstehenden Mindererlös kann der Veräußerer als allgemeinen Vermögensschaden im Sinne der §§ 251, 252 BGB auf den Schädiger überwälzen. Ein dringendes Bedürfnis für einen weiteren schadensrechtlichen Schutz durch Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 und 2 BGB) ist nicht ersichtlich.“68

Im Ergebnis gestaltete der 5. Zivilsenat den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB wegen der von ihm angenommenen transitorischen Gestalt und der Zweckbindung des erforderlichen Restitutionsbetrags als nicht abtretbar69 aus, was der bis dahin allgemeinen Ansicht70 widersprach. Dem Anspruch wird damit eine höchstpersönliche Natur verliehen, die der Abtretung nach § 399 Alt. 1 BGB entgegen stehen soll. Wenn der 5. Zivilsenat darauf abstellt, dass es Zweck des § 249 BGB sei, „die Rechtsgüter gerade des ___________ 65 Begründungsstrang Trennungsgebot zwischen Restitution und Kompensation (Hervorhebungen vom Verf.). 66 Begründungsstrang, jedenfalls angedeutet Bereicherungsverbot (Hervorhebungen vom Verf.). 67 BGHZ 81, 385, 390 bis 392. 68 BGHZ 81, 385, 392. 69 So explizit und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf BGHZ 81, 385: OLG Hamm, VersR 1997, 1497, 1498. 70 BGHZ 5, 105, 110; Hadding, JuS 1969, 407, 411, Fn. 31; Schlechtriem, DAR 1975, 122, 123; Ringel, VersR 1977, 162.

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Geschädigten wiederhergestellt“ 71 zu wissen, dann müsste die personale Gebundenheit, die zum Ausschluss der Abtretbarkeit führen soll, konsequenterweise auch für die Entschädigungsansprüche des § 251 BGB gelten. Diese Entschädigungsansprüche bezwecken nicht weniger als § 249 BGB, die Vermögenseinbuße des Geschädigten auszugleichen. Letztlich würde dies zu dem „absurden Ergebnis“72 führen, dass der Abtretungsausschluss alle deliktischen Schadensersatzansprüche erfassen würde. Richtet man zusätzlich den Blick auf § 412 BGB, wonach in den Fällen der cessio legis die Vorschrift des § 399 BGB entsprechende Anwendung findet, müssten Normen wie die §§ 6 EFZG, 67 VVG, 116 SGB X und 91 BSHG völlig ins Leere gehen und dem Regress des Dritten gegen den Schädiger entgegenstehen. Zumindest wäre – auf Grund von Überlegungen, die den Schutzzweck der Vorschriften hervorheben – ein Begründungsaufwand erforderlich, um wenigstens eine Ausnahme von dem angeblichen Grundsatz der Nichtabtretbarkeit der §§ 249, 251 BGB nach §§ 412, 399 Alt. 1 BGB darzulegen. Das eigentliche Manko der These des 5. Zivilsenats, wonach die Naturalrestitution lediglich den Schutz desjenigen bezwecke, der zur Zeit der Beschädigung der Sache deren Rechtsinhaber ist, besteht jedoch darin, dass verkannt wird, dass sich aus den Vorschriften, die Art und Umfang des Schadensersatzes regeln, keine Antwort auf die Frage ergibt, wessen Rechtsgüter geschützt sind. Diese Aufgabe erfüllen vielmehr die anspruchsbegründenden Normen selbst73, also insbesondere § 823 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. dem Schutzgesetz74 oder § 826 BGB. Hierzu wird bereits in der Literatur zutreffend ausgeführt: „Nur wenn diese höchstpersönliche Rechtsgüter (wozu das Eigentum nicht zählt) schützen, könnte die Auffassung des BGH, die praktisch auf eine Unabtretbarkeit sämtlicher, auf Restitution gerichteter Schadensersatzansprüche hinausläuft, zutreffend sein.“75

Die §§ 249, 251 BGB reagieren lediglich auf den aus der anspruchsbegründenden und zum Schadensersatz verpflichtenden Norm folgenden sowie von ihr bezweckten Rechtsgüterschutz. Im Übrigen provoziert gerade diese Rechtsprechung den Geschädigten zu unsinnigen ökonomischen Transaktionen: Denn der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB müsste mit der vom 5. Zivilsenat des BGH gegebenen Begründung wieder aufleben, wenn sich der Geschädigte in Anbetracht dieser Jurisdiktion das beschädigte Grundstück zurückübereignen ließe. Der Geschädigte wird sich zu diesem Geschäft quasi herausgefordert fühlen, wenn man den Herstellungsanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB an ___________ BGHZ 81, 385, 392. Peters, JURA 1987, 422, 426. 73 Werres, NJW 1983, 2371; Usinger, NJW 1986, 229, 232. Ähnlich auch Peters, JURA 1987, 422, 426. 74 Im Fall von BGHZ 81, 385: §§ 823 Abs. 2 i.V.m. 909 BGB; vgl. BGHZ 81, 385, 387. 75 So: Werres, NJW 1983, 2371. Diesem zustimmend Usinger, NJW 1986, 229, 232. 71 72

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die Person des Geschädigten bindet und gleichzeitig die Fortdauer der Beeinträchtigung seiner persönlichen Güterlage bezüglich des Grundstücks verlangt. Auch dies ist eine wenig nachvollziehbare Konsequenz, die aus der These der Unabtretbarkeit des Restitutionssurrogatsanspruchs folgen würde. In der Literatur76 ging man deshalb nahezu einhellig und mit teilweise heftiger Kritik an der Unabtretbarkeitsthese des 5. Zivilsenats von der Abtretbarkeit der Restitutionsansprüche aus. Als auch der Gesetzgeber – in beiden „Anläufen“ zum Erlass eines Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften77 – dem widersprach78, sah sich der 5. Zivilsenat genötigt, seine Rechtsauffassung insoweit zu revidieren. Mit Urteil vom 4. Mai 200179 gab er seine Rechtsprechung hierzu auf und führte diesbezüglich aus: „Die Auffassung des Senats, den Anspruch nach § 249 S. 2 BGB zu versagen, wenn die beschädigte Sache veräußert worden ist, beruht auf der Überlegung, dass der durch § 249 BGB bezweckte Rechtsgüterschutz nach der Veräußerung der Sache nicht mehr erreicht werden kann, weil die Integrität der Rechtsgüter des Geschädigten nicht mehr wiederhergestellt werden kann. Dieser Gedanke trifft aber nur zu, wenn der Geschädigte zwar den beschädigten Gegenstand veräußert, weiterhin aber Schadensersatz begehrt. Die Ersatzleistung kann dann nicht mehr dem Herstellungsinteresse dienen, sondern nur noch den rechnerischen Schaden im Vermögen ausgleichen. Anders ist es hingegen, wenn mit der Veräußerung der Sache der Schadensersatzanspruch abgetreten wird. Dann bleibt die Verfolgung des Herstellungsinteresses möglich. Allerdings kann sie nicht mehr der ursprünglich Geschädigte betreiben, wohl aber sein Rechtsnachfolger. Der Umstand der Rechtsnachfolge lässt das Herstellungsinteresse nicht entfallen und steht einer Fortgeltung des § 249 BGB nicht entgegen. Das zeigt sich einleuchtend im Fall der Gesamtrechtsnachfolge[80]. Es un-

___________ 76 Vgl. z.B. Werres, NJW 1982, 2483, 2484; Schwarz/Esser, NJW 1983, 1409, 1410; Werres, NJW 1983, 2371; Usinger, NJW 1986, 229, 233; Finke, DWW 1987, 321; Peters, JURA 1987, 422, 425; Schirmer, AnwBl. 1988, 86, 88; Baden, IBR 2001, 460; Schack, FS-Stoll, S. 61, 65; Schiemann, LM BGB § 249 (Gb) Nr. 30, Bl. 2, Rückseite. 77 Vgl. zum Entwurf aus der 13. Legislaturperiode BT-Drs. 13/10435, S. 17 und zum Entwurf aus der 14. Legislaturperiode BT-Drs. 14/7752, S. 24. 78 BT-Drs. 13/10435, S. 17: „Möchte der Geschädigte die beschädigte Sache ohne Reparatur weiterveräußern, kann er wie bisher die ihm zustehenden Ansprüche aus § 249 BGB an den Erwerber abtreten“ BT-Drs. 14/7752, S. 24: „Unbelassen bleibt dem Geschädigten schließlich die Möglichkeit, seinen Schadensersatzanspruch abzutreten“ (so bereits auch die Formulierungen im Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 19.2.2001, der im Internet veröffentlicht war) (Hervorhebungen vom Verf.). 79 BGH – V ZR 435/99 – BGHZ 147, 320 = LM BGB § 249 (Gb) Nr. 30 = NJW 2001, 2250 = BB 2001, 1379 = DB 2001, 2139 = MDR 2001, 986 = WM 2001, 1416 = NZM 2001, 727 = ZIP 2001, 1205 = BauR 2001, 1437 = NZBau 2001, 493 = VersR 2002, 447 mit Anm. von Schiemann, LM BGB § 249 (Gb) Nr. 30, Bl. 2, Rückseite; Vogel, EWiR 2001, 659; Baden, IBR 2001, 460; Emmerich, JuS 2001, 1120; Winkler, NJ 2002, 90. 80 Auf diesen Umstand hatte nachdrücklich hingewiesen Schirmer, AnwBl. 1988, 86, 87 („Der Wechsel der Rechtszuständigkeit mag zwar das Integritätsinteresse dieses Eigentümers beenden. Unmöglichkeit der Herstellung darf jedoch schon nicht bei Gesamtnachfolge auf seiten des Geschädigten angenommen werden.“).

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terliegt keinem Zweifel, dass der Gesamtrechtsnachfolger den in der Person des Rechtsvorgängers entstandenen, auf Herstellung gerichteten Schadensersatzanspruch (nach § 249 S. 1 oder S. 2 BGB) weiterhin geltend machen kann. Er ist in dessen Rechtsstellung eingerückt. Es gibt keinen für die Bewertung beachtlichen Grund, den Fall der Einzelrechtsnachfolge hinsichtlich Eigentum und Forderungsinhaberschaft anders zu behandeln. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Abtretung des Schadensersatzanspruchs nicht später wirksam wird als die Eigentumsübertragung der beschädigten Sache.“81

Auch wenn der 5. Zivilsenat insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht festhält, weil „die Sachgründe für eine Abkehr von der Senatsrechtsprechung in dem dargestellten Umfang deutlich überwiegen“ 82 , manifestiert er seine Konzeption zum „Grundsatz des Verhältnisses von § 249 BGB zu § 251 BGB“83 und bestätigt damit seine These, dass dem Geschädigten der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur solange zusteht, wie die Naturalrestitution noch möglich ist. „Sonach scheidet er [der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB][84] grundsätzlich aus, wenn der Geschädigte den Gegenstand, um dessen Wiederherstellung es geht, veräußert oder wenn der Gegenstand untergegangen ist. Der Geschädigte bleibt dann nicht schutzlos, er kann vielmehr Kompensation seines Schadens nach § 251 Abs. 1 BGB verlangen.“85

So sehr diese „Annäherung an die Rechtsprechung des 6. Zivilsenats“86 auch zu begrüßen ist, bleibt sie doch widersprüchlich hinsichtlich der einheitlichen Behandlung der Geschädigten und seiner Rechtsgüter im allgemeinen Schadensersatzrecht und wird zweifelhafter denn je, weil der 5. Zivilsenat in seiner Grundstücks-Grundsatzentscheidung vom 2. Oktober 1981 die Unabtretbarkeit des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB doch gerade aus der angeblichen Zweckbindung des erforderlichen Geldbetrags zur Naturalrestitution und dem so zu verstehenden transitorischen Charakter des Anspruchs herleitete. 4. Die bestätigenden und zugleich modifizierenden Kfz-Entscheidungen a) Die Urteile vom 5. März 1985 und vom 18. Juni 1985 Alsbald nach der abweichenden Grundsatzentscheidung des 5. Zivilsenats vom 2. Oktober 1981 im Bereich der Beschädigung von Grundstücken hatte der ___________ BGHZ 147, 320, 323/324. BGHZ 147, 320, 324. 83 BGHZ 147, 320, 324. 84 Anmerkung vom Verf. 85 BGHZ 147, 320, 322. 86 BGHZ 147, 320, 325. Als „Annäherung der divergierenden Rspr.“ und „vorsichtige Korrektur“ bewertet diese Entscheidung des 5. Zivilsenats vom 4.5.2001 auch Winkler, NJ 2002, 90. 81 82

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6. Zivilsenat Gelegenheit, seine Konzeption im Bereich der Sachschadensregulierung bei der Beschädigung von Kraftfahrzeugen zu bestätigen, die er im Ergebnis aber nicht unwesentlich modifizierte87. Der Entscheidung vom 5. März 198588 lag wiederum eine Sachverhaltskonstellation zu Grunde, in der der Geschädigte vor Abschluss der endgültigen Schadensregulierung durch den Schädiger sein beschädigtes Kfz veräußerte und dennoch Ersatz der vom Sachverständigen veranschlagten Reparaturkosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB beanspruchte. An seine bisherige Rechtsprechung anknüpfend, gestattete der 6. Zivilsenat diese Schadensabrechnung und hielt den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB aufrecht, wobei der Ausgangspunkt – wie zuvor – in der Dispositionsfreiheit des Geschädigten gesehen wurde, denn – so heißt es in den Urteilsgründen: „Jedenfalls im Bereich der Kraftfahrzeugschäden kommt der Dispositionsfreiheit des Geschädigten in Bezug auf die Verwendung der ihm zustehenden Reparaturkosten Bedeutung zu […]. Der Geschädigte kann schon vor der Ausführung der Reparatur gem. § 249 S. 2 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Es steht ihm frei, ob er den erhaltenen Betrag beträchtlich (richtig wohl: tatsächlich)[89] zur Reparatur verwendet, oder ob er das Fahrzeug in beschädigtem Zustand veräußert und das Geld zur Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges verwendet oder dieses anderen Zwecken zuführt. Dann aber kann nichts anderes gelten, wenn der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug veräußert, ehe er die Reparaturkosten erhalten oder zumindest einen entsprechenden Titel erstritten hat. Der Gesichtspunkt, daß durch diese Veräußerung eine Reparatur des Kraftfahrzeugs unmöglich geworden sei, ist kein ausreichender Sachgrund für eine unterschiedliche schadensrechtliche Beurteilung. Ob der Geschädigte selbst oder sein Rechtsnachfolger die Reparatur ausführen läßt, macht im Grunde keinen Unterschied. Deshalb erscheint es nicht gerechtfertigt, bei der Abwicklung von Kraftfahrzeugunfällen darauf abzustellen, ob der Unfallgeschädigte sein Unfallfahrzeug vor der Regulierung des Schadens veräußert oder nicht. Der Geschädigte hat vielmehr grundsätzlich die Möglichkeit, das Fahrzeug unrepariert zu veräußern und sodann die Kosten einer jetzt für ihn nur noch fiktiven Instandsetzung zu verlangen […].“90

Damit wird die nach Schadensobjekten differenzierende „Sonderschadenslehre“ fortgeführt. Auffällig ist dabei auch, dass die Entscheidung grundsätzlichen Begründungsaufwand kaum noch für erforderlich hält. Wirklich neue Argumentationsstränge sind nicht erkennbar. Lediglich die Gleichbehandlungsargumentation wird ausgebaut und erweitert, wobei auch diesbezüglich nur an die Dispositionsfreiheit angeknüpft wird. Mit dem Urteil vom 23. März 1976, das der 6. Zivilsenat in den Gründen dieser Entscheidung im ersten Satz erwähnt, scheint alles Erforderliche gesagt zu sein. Mag auch der 5. Zivilsenat für ___________ 87 Diese Modifizierung verniedlicht der 6. Zivilsenat in seinem Urteil vom 5.3.1985 mit Umschreibungen wie „Ergänzung“ im 2. Leitsatz und „Verdeutlichung“ in den Gründen unter II. 1. b); BGH NJW 1985, 2469. 88 BGH – VI ZR 204/83 – NJW 1985, 2469 = LM BGB § 249 (Gb) Nr. 24 = VersR 1985, 593 = DAR 1985, 218 = MDR 1985, 748 = DB 1986, 111. 89 So in der Veröffentlichung in VersR 1985, 593, 594. 90 BGH NJW 1985, 2469.

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seinen Geschäftsbereich abweichend judizieren, jedenfalls im Bereich der KfzSchäden kommt Derartiges nicht in Betracht, auch wenn der Arbeitskreis V des 20. Deutschen Verkehrsgerichtstages91 dem 6. Zivilsenat nahe legte, „im Hinblick auf die Entscheidung des V. Zivilsenats vom 2. Oktober 1981 nochmals zu überprüfen, ob daran festgehalten werden kann, daß fiktive Reparaturkosten trotz des inzwischen erfolgten Verkaufs des beschädigten Fahrzeuges noch verlangt werden können“92.

Allerdings – und das ist die neue Entwicklung – „ergänzt und verdeutlicht“93 der 6. Zivilsenat seine Konzeption im Detail, indem er vom sog. Wirtschaftlichkeitspostulat ausgehend eine Formel statuierte, mit deren Hilfe der Ersatz fiktiver Reparaturkosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB de facto auf den Wiederbeschaffungsaufwand94 begrenzt wird. Ohne Schlussfolgerungen im Grundsätzlichen zu ziehen, hatte der 6. Zivilsenat bereits in seinem Urteil vom 23. März 1976 auf das Wirtschaftlichkeitspostulat hingewiesen und hierzu ausgeführt: „… werden fiktive Reparaturkosten immer nur dann anzuerkennen sein, wenn sie in strengem Sinn wirtschaftlich erscheinen. Auch eine geringfügige Überschreitung des

___________ 91 Auch dieses Petitum in den Entscheidungsgründen anzuführen, scheut sich der 6. Zivilsenat des BGH nicht; BGH NJW 1985, 2469. 92 Empfehlung Nr. 3 des AK V des 20. VGT, 20. VGT 1982, S. 10/11 = VersR 1982, 229. Bemerkenswert hieran wiederum ist jedoch, dass das Petitum 8 Jahre später „fallen gelassen“ wurde. Mit großer Mehrheit resolvierte der AK V des 28. VGT folgende Empfehlung Nr. 1: „Der Arbeitskreis ist der Auffassung, daß der Geschädigte bei Reparaturwürdigkeit des beschädigten Fahrzeugs (nach wie vor) seinen Ersatzanspruch auf der Basis der fiktiven Reparaturkosten abrechnen kann“; 28. VGT 1990, S. 12 = VersR 1990, 362, 363. Bestätigung und Zustimmung erfuhren hierdurch auch diejenigen, die eine Trennung zwischen nachträglich objektiver und subjektiver Unmöglichkeit der Herstellung befürworteten, wie dies auch der 6. Zivilsenat für richtig hält. Der Empfehlung kann allerdings keine Zustimmung hinsichtlich der Differenzierung zwischen den Sachschadensobjekten entnommen werden, weil der VGT – seiner Ausrichtung auf Rechtsfragen des Straßenverkehrs entsprechend – über kein Mandat hinsichtlich schadensersatzrechtlicher Problematiken im Allgemeinen oder in Bezug auf Grundstücksfallgestaltungen im Besonderen verfügt. 93 BGH NJW 1985, 2469; vgl. bereits Fn. 87. 94 Die Begrifflichkeiten werden leider nur allzu unterschiedlich gebraucht. Im Allgemeinen wird unter dem Wiederbeschaffungsaufwand (zuweilen auch als „Wiederbeschaffungskosten“ bezeichnet, so Gebhardt, AnwBl. 1985, 559; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 146/147 = NZV 2002, 249, 250) der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts verstanden; BGHZ 115, 365, 371; OLG Düsseldorf, ZfS 2001, 111, 113; OLG Hamm, NZV 2002, 272, 273; Eggert, DAR 2001, 20; Wirsching, DAR 1999, 331, 332. Wiederbeschaffungswert (zuweilen auch als „Ankaufswert“ bezeichnet, so Halbgewachs, NZV 1993, 380, 381) hingegen ist der Preis, den ein Geschädigter zur Anschaffung eines wirtschaftlich gleichwertigen Ersatzfahrzeugs bei einem seriösen Gebrauchtwagenhändler aufwenden muss; BGH NJW 1982, 1864, 1865; Berger, VersR 1988, 106,107; Fleischmann, ZfS 1989, 1, 2; Berger, 28. VGT 1990, 175; Halbgewachs, NZV 1993, 380; Haug, VersR 2000, 1329, 1335; Sanden/Völz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, Rn. 53; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 19; Schack, FS-Stoll, S. 61, 63, Fn. 15.

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Zeitwerts (richtig müßte es Wiederbeschaffungswert heißen)[95] des Fahrzeugs, wie sie auch sonst unter Umständen hingenommen werden […] erscheint hier ausgeschlossen, da die sie rechtfertigenden Billigkeitsgesichtspunkte auf seiten des Gläubigers nicht vorstellbar sind. … Die grundsätzliche Freiheit des Geschädigten, sich auch dann noch für die Forderung von Reparaturkosten zu entscheiden, wenn eine Reparatur nicht mehr in Frage kommt, enthebt ihn freilich nicht der Pflicht, unter mehreren vom Erfolg her gleichwertigen Mitteln der Schadensbeseitigung sich für dasjenige zu entscheiden, das einen deutlich geringeren Aufwand mit sich bringt.“96

Diese Ausführungen ausdrücklich97 aufgreifend, beschränkte der 6. Zivilsenat die Abrechnung fiktiver Reparaturkosten auf zweifache Weise: Zum einen gilt die wirtschaftliche Toleranzgrenze, die in die gerichtliche Praxis Einzug gehalten hat und nach der die Kosten der Reparatur den Aufwand der Ersatzbeschaffung bis zu 30% überschreiten dürfen, „nur, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug behält und die Reparatur auch ausführen läßt“98. Zum anderen wertet der Senat den Restwert erheblich auf, weil – so seine These – „bei richtiger Berechnung eigentlich die Kosten einer Instandsetzung nicht höher sein dürften als die Kosten der Ersatzbeschaffung, wenn man von dem Fall des wirtschaftlichen Totalschadens absieht“99 und deshalb „dem richtigen Ansatz der Kostenfaktoren im Kostenvergleich besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist, um sicherzustellen, daß dieser Vergleich seine Aufgabe zutreffend erfüllt, die Reparaturkosten auf ihre Wirtschaftlichkeit zu kontrollieren“100. Deshalb seien bei der Berechnung „die Reparaturkosten zuzüglich eines trotz Reparatur verbleibenden technischen bzw. merkantilen Minderwerts dem Wiederbeschaffungswert des Unfallfahrzeugs in unbeschädigtem Zustand abzüglich seines Restwerts gegenüberzustellen. Weil Reparaturkosten und Minderwert als Kostenfaktoren auch im Restwert des Unfallwagens zu Buche schlagen, darf eigentlich die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert nicht kleiner sein als die Summe aus Reparaturkosten und Minderwert.“101

Im Ergebnis hält der 6. Zivilsenat lediglich den fiktiven Wiederbeschaffungsaufwand für ersatzfähig, was eine faktische Abkehr von seiner bisherigen Recht___________ 95 So die ausdrückliche Klarstellung im Urteil vom 5.3.1985: BGH NJW 1985, 2469; zutreffend hatte hierauf bereits auch Hartung, VersR 1979, 508, 509, aufmerksam gemacht. Unter dem Zeitwert wird im Allgemeinen der sog. Veräußerungswert verstanden, also der Betrag, den der Geschädigte bei einer Veräußerung seines unbeschädigten Fahrzeugs im gewöhnlichen Geschäftsverkehr am Tage des Schadenseintritts hätte erzielen können; BGH NJW 1975, 1703, 1704; VersR 1981, 772, 773; Berger, VersR 1988, 106, 107; Halbgewachs, NZV 1993, 380, 381; Haug, VersR 2000, 1329, 1335; Weber, DAR 1982, 169, 190; Sanden/Völz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, Rn. 53. 96 BGHZ 66, 239, 247/248. 97 BGH NJW 1985, 2469. 98 BGH NJW 1985, 2469. 99 BGH NJW 1985, 2469, 2470. 100 BGH NJW 1985, 2469, 2470. 101 BGH NJW 1985, 2469, 2470.

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sprechung bedeutet. Eine Annäherung an den 5. Zivilsenat ist dabei nicht nur insofern zu verzeichnen, als sich die in Zahlen ausgedrückte Schadensersatzsumme, die dem Geschädigten im Fall der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution zugesprochen wird, kaum von der Schadensersatzsumme unterscheiden dürfte, die der 5. Zivilsenat dem Geschädigten auf der Grundlage des Kompensationsanspruchs nach § 251 Abs. 1 BGB gewähren will, auch wenn die Summe – der Konzeption des 6. Zivilsenats folgend – ihre Anspruchsgrundlage in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB findet. Eine Annäherung ist vielmehr auch deshalb zu konstatieren, weil der 6. Zivilsenat die Einschränkungen der Ersatzfähigkeit fiktiver Reparaturkosten aus einem vom 5. Zivilsenat seit Anbeginn in die Diskussion eingebrachten und für wesentlich gehaltenen Argument zieht, auch wenn der 6. Zivilsenat es ausdrücklich so nicht benennt. Es ist das Argument des Verstoßes gegen das Bereicherungsverbot102. Damit dürfte der Begrenzung des Geldbetrags aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf das Erforderliche und dem aus der Erforderlichkeit abgeleiteten Wirtschaftlichkeitspostulat allerdings „Gewalt angetan“ sein. Denn: So zutreffend die Gewährung des Integritätszuschlages von 30% nur für die Fälle der tatsächlichen Herstellung der beschädigten Sache auch ist, so wenig überzeugt die statuierte Faustformel (Reparaturkosten + Minderwert = Wiederbeschaffungswert – Restwert) allein schon deshalb, weil sich das Preisgefüge der in den Reparaturkosten enthaltenen Material- und Arbeitslohnkosten nicht annähernd kongruent zu den Kosten entwickelt hat, die für ein gleichwertiges gebrauchtes Wirtschaftsgut auf dem Markt aufzuwenden sind. Die These des 6. Zivilsenats, dass Ersatz fiktiver Reparaturkosten bei nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur bis zu der Grenze verlangt werden kann, die durch die Abrechnung nach dem Wiederbeschaffungswert gezogen wird, erstarkte fortan zur ständigen ___________ 102 Deutlich wird dies durch die Ausführungen des 6. Zivilsenats, in denen er, die dem Wirtschaftlichkeitspostulat angeblich zugehörigen Schranken einleitend, auf Gesichtspunkte der Billigkeit abhebt, wie dies auch der 5. Zivilsenat praktiziert, wenn er das Bereicherungsverbot anspricht (hierzu bereits oben Fn. 66 und BGHZ 81, 385, 392). Vgl. BGHZ 66, 239, 247 und BGH NJW 1985, 2469: „Ferner besteht dann, wenn der Geschädigte den Kraftwagen nicht hat reparieren lassen, auch kein Anlaß dafür, den Umfang der ‚erforderlichen‘ Aufwendungen aus seiner besonderen Lage heraus gegebenenfalls billigerweise großzügig zu bemessen. […] Vor allem aber werden fiktive Reparaturkosten immer nur dann anzuerkennen sein, wenn sie in strengem Sinne wirtschaftlich erscheinen. Eine auch nur geringfügige Überschreitung des Zeitwerts (richtig müßte es „Wiederbeschaffungswert“ heißen, so die Klarstellung in BGH NJW 1985, 2469) des Fahrzeugs, […] erscheint hier ausgeschlossen, da die sie rechtfertigenden Billigkeitsgesichtspunkte auf seiten des Gläubigers nicht vorstellbar sind“; BGH NJW 1985, 2469, 2470: „Hier muß sich der Geschädigte, wenn er kein Interesse an der Reparatur des Unfallfahrzeugs darlegt, bei der Abrechnung nach fiktiven Reparaturkosten im allgemeinen in der durch die Abrechnung nach dem Wiederbeschaffungswert gezogenen Grenze halten. Da sein Integritätsinteresse nicht berührt ist, kann ihm auch kein geringer Aufschlag auf die Ersatzbeschaffungskosten zugebilligt werden“ (Hervorhebungen vom Verf.).

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Rechtsprechung. Bereits in seinem Urteil vom 18. Juni 1985103 hatte der Senat Gelegenheit, diesen Grundsatz als den für ihn verbindlichen zu manifestieren, ohne ihn erneut einer Prüfung oder ergänzenden Begründung zu unterziehen104. b) Das Urteil vom 15. Oktober 1991 Was die allein in der vorliegenden Arbeit thematisierte Frage des Ersatzes der Herstellungskosten im Fall der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution anbelangt, bringt das Urteil des 6. Zivilsenats des BGH vom 15. Oktober 1991105 keine Neuerungen. Es ist in diesem Zusammenhang vor allem aber aus zwei Gründen von Bedeutung: Zum einen führt es zu einer weiteren Ungleichbehandlung der Fälle, in denen der Geschädigte den Betrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Wiederherstellung der sachlichen Integrität tatsächlich verwendet, mit denen, in denen der Geschädigte dies nicht kann, weil die Wiederherstellung infolge nachträglicher Ereignisse unmöglich geworden ist. Denn nach der in Rede stehenden Entscheidung des 6. Zivilsenats des BGH vom 15. Oktober 1991 kommt dem Restwert in der Vergleichskontrollrechnung nur noch im Fall der Forderung von fiktiven Reparaturkosten Bedeutung zu. Zum anderen hält der 6. Zivilsenat an der generellen Beurteilung der Kfz-Fälle nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch im Falle der Veräußerung des Fahrzeugs fest. Er scheint für die angedeutete Ungleichbehandlung einen weiteren Argumentationsansatz des 5. Zivilsenats des BGH aufzunehmen und anzuerkennen, wobei die Aufnahme und Anerkennung des Argumentationsansatzes als weiterer Annäherungsversuch an die Rechtsprechung des 5. Zivilsenats interpretiert werden kann. Dies gilt auch bezüglich der früheren reichsgerichtlichen Rechtsprechung106, die – in Fällen der nach dem schadenstiftenden Umstand eintretenden Unmöglichkeit der Herstellung – ein Erlöschen des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB favorisiert und fortan nur noch den Anspruch aus § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB für gegeben erachtet. Dabei handelt es sich um den Argumentationsstrang des Tren___________ 103 BGH – VI ZR 168/84 – VersR 1985, 865 = DAR 1985, 318 = ZfS 1985, 332 = VRS 69, 161 und BGH – VI ZR 126/84 – VersR 1985, 963 = DAR 1985, 319 = ZfS 1985, 361 = VRS 69, 162. 104 In den Entscheidungen wird sowohl hinsichtlich der Argumente zum Erhalt des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Fall der nach dem Schadensereignis stattfindenden Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs als auch hinsichtlich der Grenzen des Ersatzes fiktiver Reparaturkosten ausdrücklich auf das Urteil vom 5.3.1985 – VI ZR 204/83 – Bezug genommen. Vgl. BGH VersR 1985, 865, 866; 963, 964. 105 BGH – VI ZR 314/90 – BGHZ 115, 364 = LM BGB § 249 (Fa) Nr. 19 = NJW 1992, 302 = VersR 1992, 61 = NZV 1992, 66 = BB 1992, 20 = DB 1992, 209 = MDR 1992, 131 = JZ 1992, 477 = DAR 1992, 22 = ZfS 1992, 9 = VRS 82, 161 mit Anm. von Lange, JZ 1992, 480; Lipp, NZV 1992, 70; Reinking, EWiR 1992, 561; Kemper, JA 1992, 247. 106 RG HRR 1933, Nr. 1905; RG JW 1937, 3223.

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nungsgebots, wonach zwischen Restitution und Kompensation strikt zu trennen und eine Verwässerung bzw. Vermischung prinzipiell zu vermeiden sei. Diesbezüglich führt der 6. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 1991 aus: „… läßt es vertretbar erscheinen, bei dem Massenphänomen der Kraftfahrzeugunfälle im Interesse einer einfachen und praktikablen Handhabung der Schadensregulierung auf eine Einstellung des häufig nur schwer zu ermittelnden und mit vielen Unsicherheiten behafteten Restwerts in die Vergleichsrechnung als besonders ausgewiesenen Rechnungsposten zu verzichten und für den prozentualen Zuschlag zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeitsgrenze einer Reparatur allein auf den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs abzustellen. Das gilt freilich nur bei tatsächlich durchgeführten Reparaturen; denn nur in diesem Fall wird der prozentuale Zuschlag zugunsten der Reparatur, der den Kostenfaktor Restwert mitabdeckt, durch das besondere Integritätsinteresse des Geschädigten gerechtfertigt[107]. Bei bloß fiktiver Reparatur muß es bei der postengenaueren Vergleichsrechnung verbleiben, die der Senat in seinem Urteil vom 5. März 1985 (aaO) aufgestellt hat; hiernach ist auf der Seite der Ersatzbeschaffung der Restwert vom Wiederbeschaffungswert abzuziehen.“108

Danach wird der Geschädigte, der die Herstellung tatsächlich noch ausführen könnte, gegenüber demjenigen, der sein Fahrzeug vor der Schadensregulierung veräußert hat, in doppelter Weise besser gestellt. Er kann nicht nur die „Integritätsspitze“109 von 30% der über dem Wiederbeschaffungswert liegenden Reparaturkosten ausschöpfen, sondern auch hinsichtlich des Vergleichs der beiden Posten auf der Seite der Ersatzbeschaffung den Restwert ausblenden, weil er den Geldbetrag zur Befriedigung seiner Integritätsinteressen verwendet. Dies könne – so der 6. Zivilsenat des BGH110 – der fiktiv Abrechnende nicht und dürfe diesem deshalb nicht gewährt werden, weil anderenfalls ein der Restitution dienender Geldbetrag zur Kompensation ausgenutzt werde, was seinerseits dem Trennungsgebot widerspräche. Argumentative Brüche, die Zweifel an der so ausgestalteten Konzeption aufkommen lassen, offenbaren sich dabei in zweierlei Hinsicht: Erstaunlich ist zum einen, dass der 6. Zivilsenat keinerlei Reibungspunkte sieht mit dem doch sonst von ihm betonten Gleichbehandlungsgebot der Fallgestaltungen, die er zudem aus dem „Gleichbehandlungsdruck“ heraus – gleichermaßen auf der Grundlage des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB – löst. Zum anderen besteht eine Unstimmigkeit auf Grund der Tatsache, dass die Begründung des Trennungsgebots im Rahmen der Berücksichtigung des Restwerts bei der Vergleichsrechnung im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution für tragfähig erachtet wird. Diesen argumentativen Begründungsstrang, der den ___________ Hervorhebungen vom Verf. BGHZ 115, 364, 372/373. 109 BGHZ 115, 364, 374. 110 BGHZ 115, 364, 372/373. 107 108

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5. Zivilsenat von vornherein veranlasste, im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution den Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Herstellungskosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entfallen zu lassen, hielt der 6. Zivilsenat nicht für erwähnens-, sondern vielmehr für vernachlässigenswert. Diese Unstimmigkeit ist nicht nur überraschend, sondern zeugt auch von Inkonsequenz. Wenn das Argument in Bezug auf die vorgelagerte Frage der Aufrechterhaltung der die Herstellungskosten gewährenden Norm keine Bedeutung und Überzeugungskraft entfalten soll, dann dürfte dies in einem Teilbereich der Anwendung der Vorschrift, die die Herstellungskosten gewährt, erst recht nicht der Fall sein. Verstärkt wird diese Skepsis gegenüber der beiderseitigen Verwendbarkeit des Arguments auch dadurch, dass das Trennungsgebot jeweils in eher apodiktischer und prinzipieller Gestalt auftaucht 111 und einer GrundsatzAusnahme-Situation, wie sie ansonsten dem Rechtsanwender gerade in schadensersatzrechtlichen Fragestellungen begegnet, nicht zugänglich zu sein scheint. 5. Die bestätigenden Grundstücks-Entscheidungen In gleicher Weise wie der 6. Zivilsenat Gelegenheit hatte, seine Rechtsprechung zu bestätigen, besiegelte auch der 5. Zivilsenat mit Urteil vom 5. März 1993112 seine Grundstücks-Grundsatzentscheidung. Seine Konzeption ist eine andere als die des 6. Zivilsenats. Trotz Kritik sah auch er sich in keiner Weise veranlasst, seine Rechtsprechung zu überdenken. Mit Eintritt eines nach dem Schadensfall ausgelösten Ereignisses, das zum Wegfall der beschädigten Sache führt, entfällt – sofern die Schadensregulierung noch nicht abgeschlossen ist – der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. An seine Stelle tritt der Kompensationsanspruch aus § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB. ___________ 111 Vgl. z.B. BGHZ 81, 385, 391/392: „Beendet der Eigentümer seine Rechtszuständigkeit, indem er die beschädigte Sache veräußert, so kann der durch § 249 Satz 1 und 2 BGB bezweckte Rechtsgüterschutz nicht mehr erreicht werden. Für die Aufrechterhaltung des Herstellungsanspruchs in einer seiner beiden Erscheinungsformen ist dann kein Raum mehr“; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191: „Diese statistische Regel führt indessen nicht dazu, daß die Liquidation über § 249 S. 2 ihren Herstellungscharakter verliert. Anderenfalls ergäbe sich eine unzulässige Vermischung mit der im BGB präzise von der Restitution abgehobenen Geldkompensation des § 251“; Hagen, in: Lange/Hagen, S. 77: „… dies kann auf eine Umgehung des § 251 hinauslaufen“; Lange, JZ 1992, 482, 483: „Das Gesetz trennt Restitution und Kompensation. Daher wäre es eine unzulässige Vermischung beider Ansprüche, wenn man dem Kompensationsanspruch Elemente des Restitutionsanspruchs integrieren würde. […] Auch eine um Elemente des Restitutionsanspruchs I angereicherte Berechnung des Restitutionsanspruchs II wäre eine unserem bürgerlichen Recht nicht bekannte actio mixta“ (Hervorhebungen vom Verf.). 112 BGH – V ZR 87/91 – NJW 1993, 1793 = LM BGB § 249 (Gb) Nr. 28 = VersR 1993, 1279 = MDR 1993, 537 = WM 1993, 1256 = DNotZ 1993, 694 = ZfBR 1993, 183 mit Anm. von Grunsky, LM BGB § 249 (Gb) Nr. 28; Schiemann, EWiR 1993, 441.

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Neuen Begründungsaufwand hielt der 5. Zivilsenat nicht für erforderlich. Die Entscheidungsgründe bestätigen das bekannte Schema: • transitorischer Charakter des Herstellungsanspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu § 249 Abs. 1 BGB und der Möglichkeit der Herstellung113 • ausnahmsweise Verdrängung durch die Dispositionsfreiheit114 • dies jedoch nicht, sofern der Geschädigte die Sache vor dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz veräußert, d.h. bevor er den Anspruch auf Ersatz des erforderlichen Geldbetrags nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB durchgesetzt hat115 • Rücksichtnahme auf das schadensersatzrechtliche Trennungsgebot hinsichtlich Restitution und Kompensation116 • Ergebnis entspricht dem Bereicherungsverbot117. Weiterhin widmete sich der 5. Zivilsenat in bewährter Art und Weise, und um zu dokumentieren, dass eine Vorlagepflicht nach § 132 Abs. 2 GVG unter keinen Umständen in Betracht komme, der Abgrenzung gegenüber der Konzeption des 6. Zivilsenats. Der ihm zur Entscheidung angetragene Sachverhalt, der den Ersatz der Herstellungskosten im Falle der nachträglichen Veräußerung eines Grundstücks betrifft, sei mit der Konstellation „nicht vergleichbar“118, die die Beschädigung beweglicher Sachen – vor allem von Kraftfahrzeuge – betreffe, und für die der 6. Zivilsenat eine „Ausnahme“119 zugelassen habe. Zur Begründung bemühte der 5. Zivilsenat zum einen die bereits bekannte These der nur einzigen wirtschaftlich sinnvollen Nutzungsart bei Fahrzeugen ___________ 113 „Der Anspruch auf Ersatz der Herstellungskosten gem. § 249 S. 2 BGB ist dem Wortlaut und der Konzeption des Gesetzes nach nur eine besondere Form der Naturalrestitution und deshalb grundsätzlich davon abhängig, daß eine solche Herstellung noch erfolgen kann“ (Hervorhebungen vom Verf.). 114 „… aus dem Gesichtspunkt der Dispositionsfreiheit des Geschädigten …“. 115 „Veräußert der Eigentümer die beschädigte Sache, bevor er den Anspruch nach § 249 S. 2 BGB durchsetzt …“. 116 „… kann der mit § 249 S. 1, 2 BGB verfolgte Zweck, das Interesse des Geschädigten an der Integrität seines Rechtsguts zu schützen, nicht mehr erreicht werden. Für die Aufrechterhaltung des Herstellungsanspruchs in einer seiner beiden Erscheinungsformen ist dann […] kein Raum mehr“ (Hervorhebungen vom Verf.). 117 „Die Auffassung des erkennenden Senats führt auch nicht zu einem unbilligen Ergebnis, weil die Beschädigung eines Grundstücks in der Regel dessen Wert mindert und etwa erforderliche Wiederherstellungsaufwendungen bei der Bemessung des – auch hier beanspruchten – Minderwertes Berücksichtigung finden können. […] weil der Eigentümer die beschädigte Sache – wie hier – veräußert, besteht aber für den erkennenden Senat auch aus Billigkeitsgründen kein Anlaß mehr, in solchen Fällen die Ersatzfähigkeit (fiktiver) Reparaturkosten überhaupt anzuerkennen und den Geschädigten nicht auf den Wertausgleich des Vermögens zu verweisen“ (Hervorhebungen vom Verf.). 118 BGH NJW 1993, 1793, 1794. 119 BGH NJW 1993, 1793, 1794.

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und führte einen neuen Abgrenzungsgesichtspunkt in die Diskussion ein. In den Entscheidungsgründen heißt es hierzu: „Die Rechtsprechung zu den Kraftfahrzeugschäden beruht auf dem Gedanken, daß die wirtschaftlich sinnvolle Nutzung eines Personenkraftwagens die Wiederherstellung seiner Gebrauchsfähigkeit praktisch voraussetzt und die Reparaturpreise wegen ihrer Standardisierung leicht taxierbar sind […]. Diese Gesichtspunkte sind auf Grundstücke nicht übertragbar.“120

Dieser neuerliche Rechtfertigungsversuch kann schon deshalb keine Überzeugungskraft entfalten, weil die Frage einer Standardisierung von Preisen keine rechtliche Determinante hinsichtlich der Frage sein kann, welche – den Schadensersatz seiner Art nach ausfüllende – Norm zur Lösung des Sachverhalts und Regulierung des Rechtsgüter beeinträchtigenden Konflikts heranzuziehen ist. Spezialisierten Fachkräften übertragen und hoch entwickelt ist das Grundstücke taxierende Sachverständigenwesen. Dazu gehört auch die Wertermittlung im Architekten-, Bauträger- und Maklerbereich. Die in diesen Bereichen tätigen Personen bedürfen der Wertermittlung bereits deshalb, um überhaupt betriebswirtschaftlich sinnvoll tätig werden zu können. Sie müssen in Ausschreibungsverfahren die Kalkulationsgrundlagen offen legen und die Berechnungsbasis transparent machen. Sie sind deshalb zwingend auf ein funktionierendes, Grundstücke bewertendes Sachverständigenwesen angewiesen. Berücksichtigt man dies, muss bezweifelt werden, dass Grundstücksschäden und der erforderliche Aufwand an voraussichtlichen Beseitigungskosten einer Taxierung nicht zugänglich sein sollen. Schadensbeseitigungskalkulationen sind im Bereich von Gebäudeschäden nicht weniger üblich als im Bereich der Kraftfahrzeugschäden. Darüber, ob dies bei letzteren „leichter“ fällt, kann man spekulieren; eine nach Schadensobjekten differenzierende „Sonderschadenslehre“ kann diese Spekulation aber wohl kaum begründen. Seine für den Bereich der Beschädigung von Grundstücken abweichende Konzeption bestätigte der 5. Zivilsenat des BGH des weiteren in der oben vorgestellten Entscheidung vom 4. Mai 2001121, ohne neue Argumente zu liefern oder die bereits früher aufgestellten Argumentationsstränge einer näheren Erörterung zu unterziehen. Es bleibt dabei, dass der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich die Möglichkeit der Naturalrestitution durch Herstellung voraussetze und daher entfalle und den Kompensationsanspruch nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB auslöse, „wenn der Geschädigte den Gegenstand, um dessen Wiederherstellung es geht, veräußert oder wenn der Gegenstand untergegangen ist.“122 ___________ BGH NJW 1993, 1793, 1794. BGH – V ZR 435/99 – BGHZ 147, 320 = LM BGB § 249 (Gb) Nr. 30 = NJW 2001, 2250 = BB 2001, 1379 = DB 2001, 2139 = MDR 2001, 986 = WM 2001, 1416 = NZM 2001, 727 = ZIP 2001, 1205 = BauR 2001, 1437 = NZBau 2001, 493 = VersR 2002, 447 mit Anm. von Schiemann, LM BGB § 249 (Gb) Nr. 30, Bl. 2, Rückseite; Vogel, EWiR 2001, 659; Baden, IBR 2001, 460; Emmerich, JuS 2001, 1120; Winkler, NJ 2002, 90. 122 BGHZ 147, 320, 322. 120 121

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6. Die Reaktionen der anderen Zivilsenate Das Konzept des 5. Zivilsenats zur Problematik des Ersatzes der Herstellungskosten im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution fand insbesondere Zuspruch in obiter dicta des 3. Zivilsenats des BGH. In seinen Urteilen vom 8. Juli 1999123 und vom 17. Mai 2001124 führte dieser aus, dass „der Anspruch auf Naturalrestitution (§ 249 BGB) wegen Unmöglichkeit untergeht, wenn das beschädigte Grundstück vor einer Schadensersatzleistung veräußert wird; dem Geschädigten verbleibt dann nur gemäß § 251 Abs. 1 BGB eine Forderung auf Entschädigung seiner Vermögenseinbuße in Geld.“125

Zwar hatte der 3. Zivilsenat primär lediglich über die Aufrechterhaltung des Anspruchs nach § 249 Abs. 1 BGB zu entscheiden, weil das Bergrecht der ehemaligen DDR, nach dem der der Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt zu beurteilen war, Schadensersatz gewährte und deshalb einen dem § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entsprechenden Herstellungsgeldersatzanspruch nicht kannte. Schadensersatz „– abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen –”126 wurde lediglich durch Wiederherstellung der früheren Gebrauchsfähigkeit (Reparatur), durch Naturalersatz (Ersatzbeschaffung) oder durch Ersatz in Geld geleistet, der wiederum seinerseits darauf beschränkt ist, dass die Wiederherstellung der früheren Gebrauchsfähigkeit oder der Naturalersatz volkswirtschaftlich nicht zu vertreten ist. Auch wenn der 3. Zivilsenat ausdrücklich behauptete, dass sich die „umstrittene Frage, ob dem Geschädigten wegen seiner Dispositionsfreiheit in der Verwendung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrags entgegen der Ansicht des V. Zivilsenats ein Zahlungsanspruch trotz Veräußerung der Sache stets erhalten bleiben muß, für das Bergrecht der ehemaligen DDR nicht stellt“127,

so bestätigte er doch die Konzeption des 5. Zivilsenats, weil er in der im Grundsatz gleich gelagerten Konstellation – Veräußerung des beschädigten Berggrundstücks durch den Geschädigten, bevor er seinen Ersatzanspruch durchgesetzt hat – meinte, die nach dem Bergrecht der ehemaligen DDR „bestehende Regelungslücke“ sei „durch entsprechende Anwendung des § 251 Abs. 1 BGB zu schließen“128 und nicht durch Analogie zu § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Zunächst nur indirekt erklärte sich der 3. Zivilsenat damit auch zum Verfechter der Rechtsprechung des 5. Zivilsenats; aber nicht nur dies kennzeichnet die Entscheidungen. ___________ 123 BGH – III ZR 159/97 – BGHZ 142, 172 = LM DDR-BergG Nr. 1/2 = NJW 1999, 3332 = VIZ 1999, 620 = WM 1999, 2216 = ZfB 1999, 271 = VersR 2001, 113 = ZOV 2001, 310 mit Anm. von Vierhuß, NJ 2000, 43. 124 BGH – III ZR 249/00 – BGHZ 148, 39 = NJW 2001, 3049 = VIZ 2001, 451 = WM 2001, 1341 = DVBl. 2001, 1431 = NJ 2002, 34 = VersR 2002, 581. 125 BGHZ 142, 172, 180. Im Ergebnis bestätigt durch BGHZ 148, 39, 49. 126 BGHZ 142, 172, 176. 127 BGHZ 142, 172, 181. 128 So deutlich BGHZ 148, 39, 49.

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1. Kapitel: Die Konzeption der Rechtsprechung

Er bestätigte im Grundsatz dadurch zugleich die gegenüber dem 6. Zivilsenat in seinen Kfz-Fällen vorliegende, anders gelagerte und anders zu bewertende Situation in den Fällen, in denen ein Grundstück das beschädigte Objekt des Ersatz begehrenden Geschädigten ist. Der 3. Zivilsenat hielt also die nach Schadensobjekten unterscheidende „Sonderschadenslehre“ im Ergebnis für gerechtfertigt, wobei neue argumentative Ansätze nicht erkennbar werden. Ebenfalls ohne eigene Argumentation vermittelt der 3. Zivilsenat des BGH in seinem Urteil vom 17. Januar 2002129 fast schon den Eindruck von Abhängigkeit von der vom 5. Zivilsenat des BGH mit seinem Urteil vom 4. Mai 2001 eingeleiteten modifizierten Rechtsprechung130 . Nach dieser erlösche der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen subjektiven Unmöglichkeit bei einem beschädigten Grundstück ausnahmsweise dann nicht und löse den Anspruch aus § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB auch dann nicht aus, wenn der Anspruch auf Zahlung des statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrags „spätestens mit Wirksamwerden der Eigentumsübertragung an den Erwerber des Grundstücks abgetreten wird“131. Die Kluft zwischen der Behandlung der Grundstücksfallgestaltungen einerseits und der Kfz-Konstellationen andererseits wird dadurch weiter vertieft, wenngleich nach dieser den vorläufigen Schlusspunkt der Rechtsprechung der verschiedenen Zivilsenate markierenden Entscheidung des 3. Zivilsenats festzustehen scheint, dass der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB jedenfalls abgetreten werden kann. Sollte dies jedoch die einzige gemeinsame und gesicherte Basis einer Jahrzehnte andauernden Erkenntnisfolge der verschiedenen Zivilsenate des BGH hinsichtlich der Norm des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sein, müsste man dies als ernüchternd bezeichnen. Bedeutsam an der Entscheidung des 3. Zivilsenats des BGH vom 17. Januar 2002 ist zudem, dass sich der Senat offen und direkt zur Rechtsprechung des 5. Zivilsenats bekannte und in den Urteilsgründen ausführte, dass er „sich der neueren Beurteilung des 5. Zivilsenats zum Zahlungsanspruch aus § 249 S. 2 BGB anschließt“132, wozu der 3. Zivilsenat in seinem Urteil vom 8. Juli 1999 „noch keinen Anlass“133 gesehen habe.

___________ 129 BGH – III ZR 315/00 – LM BGB § 249 (Gb) Nr. 31 = NJW-RR 2002, 736 = WM 2002, 757 = NZM 2002, 359 = BauR 2002, 779 = MDR 2002, 631 mit Anm. von Weyer, IBR 2002, 221 und 222; Winkler, NJ 2002, 474; Jenal/Schimmel, JA 2002, 737. 130 BGHZ 147, 320, 323/324. 131 BGH NJW-RR 2002, 736. 132 BGH NJW-RR 2002, 736 (Hervorhebung im Original). 133 BGH NJW-RR 2002, 736.

II. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

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Lediglich vordergründige Bestätigung findet die Linie des 5. Zivilsenats allerdings in dem Urteil des 8. Zivilsenats vom 22. Mai 1985134, auch wenn dieser die Entscheidungsgründe und die nach der Rechtsprechung des 5. Senats tragenden Erwägungen ausdrücklich exzerpiert135 . Denn seiner Entscheidung lag ein Fall nachträglich objektiver Unmöglichkeit der Naturalrestitution zu Grunde, den auch der 6. Zivilsenat unter den Anwendungsbereich des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB subsumiert 136 . Die auch im zur Beurteilung anstehenden Sachverhalt erfolgte Veräußerung des Grundstücks war für den 8. Zivilsenat nicht relevant, „weil die Unmöglichkeit der Wiederherstellung unabhängig davon eingetreten ist, nämlich durch die von der Kl. veranlaßte Demontage und Verschrottung der Anlage“137. Dieser Fall der nachträglichen objektiven Unmöglichkeit nehme jedoch „dem Geschädigten die Ersatzmöglichkeit nach § 249 S. 2 BGB“138 und verweise „ihn, dem Wortlaut von § 251 I BGB entsprechend, auf den dort geregelten Kompensationsanspruch“139. Weiteren Begründungsaufwand als diese Wortlautargumentation aus § 251 Abs. 1 BGB hielt der Senat nicht für erforderlich, zumal es „der nahezu einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum entspricht, daß der Anspruch aus § 249 S. 2 BGB voraus setze, daß eine Herstellung der Sache überhaupt noch möglich sei“140. Damit kennzeichnet der 8. Zivilsenat den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ der divergierenden „Sonderschadenslehre“ in der Rechtsprechung der Zivilsenate des BGH. Ob diese Wortlautinterpretation die „Ungleichbehandlung“141 zwischen nachträglicher objektiver und subjektiver Unmöglichkeit der Herstel___________ 134 BGH – VIII ZR 220/84 – NJW 1985, 2413 = LM BGB § 249 (Fa) Nr. 17 = WM 1985, 1147 = MDR 1985, 927 = ZMR 1985, 375 = DB 1986, 2680 = WuM 1986, 56 mit Anm. von Emmerich, JuS 1986, 228. 135 BGH NJW 1985, 2413, 2414: „Die so verstandene Dispositionsfreiheit bedeutet allerdings noch nicht zwingend, daß deswegen der Anspruch aus § 249 S. 2 BGB auch die objektive Unmöglichkeit der Herstellung überdauern müßte (BGHZ 81, 385 [391]). Dient nämlich die Naturalrestitution, was von niemandem bestritten wird, in erster Linie dem Interesse des Geschädigten an der Integrität seiner Rechtsgüter, so ist für die Aufrechterhaltung des Herstellungsanspruchs in beiden Formen des § 249 BGB kein Raum mehr, wenn die Herstellung nicht mehr möglich ist, weil die Sache untergegangen ist.“ 136 BGHZ 66, 239, 243: „Für den Anspruch auf Instandsetzungskosten wird zwar da kein Raum mehr sein, wo die Instandsetzung beim Geschädigten durch Naturereignisse (zufälliger Untergang der beschädigten Sache) unmöglich geworden oder durch eine bestimmte Marktentwicklung wirtschaftlich sinnlos geworden ist“; BGHZ 92, 85, 87: „Der Anspruch (aus § 249 Satz 2 BGB [Einfügung des Verf.]) setzt deshalb voraus, daß eine Herstellung der Sache überhaupt noch möglich ist“; BGHZ 102, 322, 325. 137 BGH NJW 1985, 2413, 2414 und 2415. 138 BGH NJW 1985, 2413, 2414. 139 BGH NJW 1985, 2413, 2414. 140 BGH NJW 1985, 2413, 2414 (Hervorhebungen im Original). 141 Vgl. BGHZ 66, 239, 244; BGH NJW 1985, 2469.

1. Kapitel: Die Konzeption der Rechtsprechung

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lung der Sachintegrität tatsächlich trägt, soll der weiteren Untersuchung vorbehalten bleiben.

III. Zusammenfassung und Einführung in den weiteren Gang der Untersuchung und ihrer Methode Der Überblick über die judizielle Konzeption hat gezeigt, dass Argumente, die zur Bewältigung des Problems verwendet werden, beliebig und austauschbar sind und sich in einzelfallbezogenen, den Ausnahmecharakter des betreffenden Schadensobjekts betonenden Begründungen erschöpfen. Die in der Diskussion beharrlich immer wieder betonten Argumente, die zumeist in der Gestalt von Rechtsund Grundsatzprinzipien dem Rechtsanwender begegnen, der die Judikate verstehen will, entbehren zumeist jeglichen induktiven oder deduktiven Begründungsaufwands. Die hierbei erreichten Zustände charakterisiert nicht zuletzt der Umstand, dass sich seit Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Senatsvorsitzende des BGH immer wieder bemüßigt fühlten, die Judikate zu erklären und interpretativ darzulegen142. Anliegen der folgenden Ausführungen ist es deshalb, im Bereich der Problematik des fiktiven Kostenersatzes bei nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution eine systematische und dogmatisch fundierte Begründung dafür zu finden, auf welcher Rechtsgrundlage der Schadensersatzanspruch beruht, wenn das Schadensobjekt nach Eintritt des schädigenden Ereignisses untergeht, zerstört oder vom Gläubiger in nicht in Stand gesetztem Zustand veräußert wird. Die methodische Vorgehensweise soll dabei geprägt sein von der Analyse und Auswertung der Problematik mit Blick auf die aus dem inneren System 143 des Schadensersatzrechts folgenden Wertentscheidungen. Erkenntnistheoretischer Ausgangspunkt ist hierbei die geteilte Überzeugung, dass „die Rechtsordnung nicht nur ein äußerlich kohärentes, transparentes Gefüge von gesetzlichen Anordnungen sein sollte, sondern sich vor allem auch als inneres System

___________ 142 Vgl. insbesondere Steffen, VersR 1985, 607, 611; Homburger Tage 1990, S. 7 ff. = NZV 1991, 1 ff.; ZVersWiss 1993, 13, 32; NJW 1995, 2057 ff. und Weber, VersR 1990, 934 ff.; VersR 1992, 527 ff. Steffen war in den Jahren 1984 bis 1995 Vorsitzender des 6. Zivilsenats des BGH; vgl. Deutsch/Klingmüller/Kullmann, FS-Steffen, S. V und VIII. 143 Der Begriff des inneren Systems geht zurück auf eine von Heck (Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, S. 139 ff., insbes. S. 143 und 150) begründete und in der neueren Methodenlehre vor allem von Larenz (Methodenlehre, S. 437 ff.) und Canaris (Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 35 ff.) aufgenommene und verfeinerte Differenzierung zwischen innerem und äußerem System des Rechts. Das äußere System bezieht sich auf den formellen Aufbau eines Gesetzes, auf die Gliederung des Rechtsstoffes; das innere System bezieht sich auf den inneren Bau des Rechts, verstanden als ein konsistentes System von Wertentscheidungen. Vgl. hierzu auch Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 225 f.

III. Einführung in den Gang der Untersuchung und ihrer Methode

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konsistenter Wertentscheidungen, als teleologisches bzw. axiologisches System von Rechtsprinzipien darstellen sollte“144.

Denn die einzelnen Rechtsvorschriften begegnen dem Rechtsanwender nicht als isolierte, zur rechtlichen Bewältigung eines tatsächlichen Lebenssachverhalts zur Verfügung stehende Regularien. Zutreffend wird in der Methodenlehre ausgeführt: „Die Rechtsordnung ist vielmehr als Einheit, als System möglichst konsistenter Wertentscheidungen zu sehen, dessen Einzelbestandteile nicht isoliert, ohne Beachtung ihres normativen Kontextes, interpretiert werden dürfen.“145

Wertungswidersprüche lassen sich nur durch teleologisch konsistente Interpretationen vermeiden. Dies zwingt dazu, der ratio legis nicht isoliert nachzugehen. Denn: „zu eruieren ist die ratio einer einzelnen Bestimmung im Gesamtzusammenhang des Gesetzes“146 und insbesondere innerhalb eines in sich als partiell geschlossen zu betrachtenden inneren Systems eines Rechtsgebiets der Gesamtrechtsordnung. Das Herausfühlen jener Wertungen, die sich im inneren System zu allgemeinen Rechtsprinzipien verdichten können, „und von ihnen ausgehend den inneren Zusammenhang und die Verwandtschaft aller juristischen Begriffe und Sätze zu erkennen, gehört […] zu den schwersten Aufgaben unserer Wissenschaft, ja ist eigentlich dasjenige, was unserer Arbeit den wissenschaftlichen Charakter giebt“147.

Dieser Versuch soll mit der vorliegenden Arbeit in den folgenden Ausführungen zur Problematik der den Schadensersatzanspruch ausfüllenden Norm in den Konstellationen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution unternommen werden. Dass die dem inneren System zu Grunde liegenden Wertungen, die Rechtsprinzipien und das von ihnen konstituierte System möglichst induktiv aus den gesetzlichen Regeln abzuleiten sind und nicht dem geltenden Recht auf Grund eines aprioristischen Vorverständnisses deduktiv überstülpt werden dürfen, versteht sich dabei von selbst148.

___________ 144 Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II. 2. c) dd), S. 71. Vgl. auch Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 41; Larenz, Methodenlehre, S. 336; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 147. 145 Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II. 2. c) aa), S. 65. 146 Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II. 2. e) aa) (3), S. 113. 147 v. Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, S. 22. 148 Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II. 2. c) dd) (1), S. 71; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 303/304.

2. Kapitel

Die Reaktionen im Schrifttum So nahezu einhellig die im 1. Kapitel vorgestellte divergierende Rechtsprechung in der Literatur einerseits auf Kritik stößt, so weit gehen jedoch andererseits die Meinungen über ein einheitliches Gesamtkonzept auseinander, das zur Lösung der Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution heranzuziehen ist. Ohne an dieser Stelle eine Erörterung und Würdigung einzelner argumentativer Stränge vorwegzunehmen, die im Grundsatz an die bereits im vorangegangenen Kapitel herausgearbeiteten Begründungslinien anknüpfen, ihnen jedoch jeweils eine andere Gewichtung und einen tieferen Gedankengang geben1, haben sich folgende große Strömungen und Begründungsschwerpunkte herauskristallisiert:

I. Die sog. Zweckbindungslehre Eine Ansicht in der Literatur, hier sog. Zweckbindungslehre, knüpft unmittelbar an die Rechtsprechung des 5. Zivilsenats an und beansprucht für alle von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erfassten Schadensobjekte und -subjekte, also unter Einbeziehung der Personenverletzung, Geltung. Die Vertreter dieser Ansicht plädieren dafür, jegliche Fälle der Unmöglichkeit der Naturalrestitution dem Anwendungsbereich des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zuzuordnen2. Maßgebliche Begründungsdeterminanten sind für diese Ansicht, wenngleich mit unterschiedlicher Akzentuierung und ohne dass jeder ihrer Vertreter alle der folgenden Kriterien für schlagkräftig erachtet: • der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, der den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag dem Geschädigten ausnahmslos zweckgebunden gewähre, ___________ 1 Im Einzelnen werden die argumentativen Ansätze der Literatur – so wie diejenigen der Rechtsprechung – im jeweiligen Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen der Arbeit herausgestellt und gewürdigt, so wie dies der Struktur der vorliegenden Untersuchung entspricht. 2 Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 220 ff.; Lange, WM 1990, Sonderbeilage 7, S. 11; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 363 ff.; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 470/471; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 167; Honsell/Harrer, JuS 1991, 441, 446; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 212 ff.; Leonhard, VersR 1983, 415; Schiemann, DAR 1982, 309 ff.; Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 74; Hagen, in: Lange/Hagen, S. 77; Marburger, Karlsruher Forum 1990, 4, 6; Greger, NZV 2002, 385, 387; Schack, FS-Stoll, S. 61, 69/70.

II. Die diffenzierende Ansicht

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• das Bereicherungsverbot, welches den Ersatz fiktiver Kosten ausschließe, • das Trennungsgebot zwischen schadensersatzrechtlicher Restitution und Kompensation, welches vermischenden Elementen unzugänglich sei, und • ein Gleichbehandlungsargument einer anderen Ausprägung als die bisher vorgestellten. Die sog. Zweckbindungslehre fordert insbesondere die gleiche Behandlung von Sach- und Personenschäden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Anhänger dieser Gleichbehandlungsforderung teilweise die vehementesten Kritiker der vom 6. Zivilsenat aufgestellten Gleichbehandlungsargumente sind und für ihre eigenen Thesen und Lösungsansätze eine Position einnehmen und einen Begründungsansatz verfolgen, den sie anderen Autoren und dem BGH im dort verwendeten Zusammenhang als taugliches und tragfähiges Argument vom Grundsatz her absprechen3.

II. Die zwischen subjektiver und objektiver nachträglicher Unmöglichkeit diffenzierende Ansicht Einerseits an die Rechtsprechung des 6. Zivilsenats anknüpfend, andererseits aber alle Schadensobjekte in Bezug nehmend, vertreten andere Autoren die Auffassung, dass der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle des nachträglichen subjektiven Unvermögens des Geschädigten, den Herstellungsbetrag für die Naturalrestitution zu verwenden, aufrechterhalten bleibe. Sie halten insbesondere die Differenzierung zwischen nachträglicher subjektiver und objektiver Unmöglichkeit der Naturalrestitution für gerechtfertigt und wollen nur die letztere dem Anwendungsbereich des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zuordnen4. Hauptargumentationslinien sind dabei die Dispositionsfreiheit des Geschädigten hinsichtlich des ihm zustehenden Geldbetrags nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, die Gleichbehandlungsargumente und die Verzögerungsargumentation.

III. Die Ansicht, die die Ersetzungsbefugnis betont Eine weitere Ansicht baut auf den Begründungen der zuvor dargestellten Ansicht auf und betont zusätzlich die rechtstechnische Ausgestaltung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Ersetzungsbefugnis des Gläubigers des Schadensersatzan___________ 3 So insbesondere Jakob, S. 19, 98, 108 und 262 zur Gleichbehandlungsforderung sowie S. 68, 76, 104 und 225 zur Kritik an den Gleichbehandlungsargumenten des 6. Zivilsenats und von Grunsky, JuS 1987, 441, 442. 4 Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468; MüKo-Grunsky, § 249 Rn. 15 ff.; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 348 ff.; Werres, NJW 1982, 2483, 2484; Weitnauer, FS-Uni Heidelberg, S. 279, 286 f.; Schlechtriem, DAR 1975, 12, 123; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 310 ff.; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 251 Rn. 10; Palandt-Heinrichs, § 249 Rn. 5.

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2. Kapitel: Die Reaktionen im Schrifttum

spruchs. Die Vertreter dieser Ansicht halten die unterschiedliche Behandlung von subjektiver und objektiver nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution nicht für gerechtfertigt und plädieren für die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf den gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrag in allen Fällen nachträglicher, die Herstellung in Natur beeinträchtigender Umstände, sofern der Geschädigte von der ihm in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eingeräumten rechtsgestaltenden Befugnis bereits Gebrauch gemacht hat5.

IV. Die sog. Zweckbindungsgegenlehre Die großzügigste Meinung, hier sog. Zweckbindungsgegenlehre, will den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB generell für alle Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution und für alle Schadensobjekte bereits mit Eintritt des schadenstiftenden Ereignisses perpetuieren6. Inzident stützen sich diese Autoren dabei wohl auch auf die Dispositionsfreiheit, die Verzögerungsargumentation und die Verwerfung der Zeitpunktproblematik, lieferten jedoch zumeist keine sich mit Pro und Contra auseinandersetzende Begründung. Sie verweisen darauf, dass die in der Zukunft liegende Gestaltung den einmal entstandenen Schaden weder in seiner Erscheinungsform noch in seiner Höhe beeinflussen könne und deshalb mit Eintritt des Schadensfalles sowohl der Schaden als auch das der Regulierung bedürftige Schadensverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem fixiert sei7.

___________ 5 Birkmann, DAR 1990, 3, 5; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 146 f.; Knütel, JR 1982, 281, 282; Altmann, NJW 1976, 744; Jakob, S. 229 f., 261 ff.; v. Tuhr, KritVjschr 47 (1907), 63, 79 f.; ders., DJZ 1899, 304, 306; Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 238 ff., 265 ff. 6 Klimke, VersR 1968, 537, 538; ders., VersR 1974, 1063, 1065; ders., VersR 1977, 502, 504; Hadding, JuS 1969, 407, 411; Maase, NJW 1970, 2240, 2241; Sabaß, 28. VGT 1990, 197, 198; Werber, VersR 1971, 981, 993; Wirsching, DAR 1999, 331, 333. 7 Klimke, VersR 1968, 537, 538; ders., VersR 1974, 1063, 1065; ders., VersR 1977, 502, 504; Hadding, JuS 1969, 407, 411; Maase, NJW 1970, 2240, 2241; Sabaß, 28. VGT 1990, 197, 198; Werber, VersR 1971, 981, 993; Wirsching, DAR 1999, 331, 333; wohl auch Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 560; ders., ZfS 1990, 145, 146.

3. Kapitel

Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung In diesem Kapitel sollen zunächst einige Prämissen erörtert werden, auf die in der Folge zurückgegriffen werden wird. Auch sollen hier die vom BGH angeführten, die Differenzierung zwischen den Kfz- und Grundstücksfällen rechtfertigenden topischen Begründungsansätze auf ihre Tauglichkeit hin untersucht werden.

I. Rechtfertigung der Rechtsprechungsdiskrepanz und Kritik an dieser ,,Sonderschadenslehre‘‘ Die vom BGH favorisierte unterschiedliche Behandlung der Kfz- und Grundstücksfälle stieß in der Literatur nahezu einhellig auf Kritik, weil das Konzept weder Konsequenz noch Plausibilität, noch Stimmigkeit vermittelt1. Pointiert zog Grunsky für den Rechtsanwender folgendes Fazit: „Man mag an eine Art Bauernregel wie bei Gewittersprüchen denken: ‚Vor’m Fünften mußt du weichen, versuch’ den Sechsten zu erreichen.‘“2. Den bereits im 1. Kapitel angedeuteten Zweifeln bezüglich der Gründe, die letztlich dafür ausschlaggebend sein sollen, dass Kraftfahrzeuge anders als Grundstücke zu behandeln seien und es sich in den Kfz-Entscheidungen um „Ausnahmesituationen“ handele, soll an dieser Stelle vertiefend nachgegangen werden.

___________ 1 Lange, WM 1990, Sonderbeilage 7, S. 11; ders., Schadensersatz, § 5 IV 6 a.E., S. 231; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 361; Greger, NZV 2000, 1, 2; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 223; Fleischmann, 20. VGT 1982, 268, 270; Finke, DWW 1987, 321; Diederichsen, Karlsruher Forum 1985, 4, 14 und 29; Werres, NJW 1982, 2483; Werres, NJW 1983, 2371; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163 Fn. 30 und 166; dies., JuS 1991, 441, 445; Grunsky, JZ 1997, 825; Emmerich, JuS 1986, 228, 229; ders., JuS 1986, 648, 649; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 302; Grunsky, LM BGB § 249 (Gb), Nr. 28, Bl. 3; Baden, IBR 2001, 460; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, Anhang I Rn. 67; Vogel, EWiR 2001, 659, 660; Usinger, NJW 1986, 229, 232; Knütel, JR 1982, 281, 283; Schiemann, EWiR 1993, 441, 442; Emmerich, JuS 2001, 1120, 1121; Winkler, NJ 2002, 90; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 470. 2 Grunsky, LM BGB § 249 (Gb), Nr. 28, Bl. 3 Rückseite. Im Grundsatz ebenso Winkler, NJ 2002, 90.

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3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

1. Die Einzweckdienlichkeit Für seine apodiktische Differenzierungsthese führte der BGH zunächst an, dass für Kraftfahrzeuge gängigen Typs, im Unterschied zu den Verwendungsmöglichkeiten von Grundstücken, nur eine einzige wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsart in Betracht komme, nämlich ihr Einsatz als Verkehrsmittel nach Wiederherstellung ihrer Gebrauchsfähigkeit 3 . Zweifelhaft ist dieser Begründungsansatz bereits deshalb, weil die der Unterscheidung zu Grunde liegende Prämisse, dass die Frage der Ein- oder Mehrzweckdienlichkeit einer beschädigten Sache über die Frage nach der den Schadensersatzanspruch ausfüllenden Norm – also § 249 Abs. 2 S. 1 BGB oder § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB – entscheiden soll, ihrerseits völlig in der Luft hängt und einer Begründung harrt. Darüber hinaus bereitet diese Differenzierung kaum zu bewältigende Abgrenzungsschwierigkeiten 4 , weil völlig unklar ist, wann eine Sache ausschließlich nur einem wirtschaftlichen Zweck zu dienen bestimmt ist. Zu Recht wird dem BGH insoweit entgegnet, dass „für die Art der Schadensbestimmung nicht maßgeblich sein kann, ob ein Waschbrett auch zum Musizieren taugt“5. Derartige Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Keineswegs kann auch in Form einer allgemeinen, die Grundstücks- von den Kfz-Fällen unterscheidenden Abgrenzungstheorie gesagt werden, dass bebaute Grundstücke stets mehrzweckdienlich sind. Es gibt eine Vielzahl von Gebäuden, die bereits wegen öffentlich-rechtlicher Baunutzungsbestimmungen nur eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung gewähren, wie bspw. Eigenheime zu Wohnzwecken. Dem Zweckentfremdungsverbot unterliegende Wohnhäuser können wirtschaftlich sinnvoll ohnehin nur als Wohnhäuser genutzt werden, andere Nutzungen und sogar die nicht nur vorübergehende Nichtnutzung sind unzulässig6. Auch im Bereich der gewerblichen Nutzungen gibt es zahlreiche Zweckbauten, für die nur eine einzige Nutzungsart möglich oder baurechtlich zulässig ist7. Bei dem dem 5. Zivilsenat des BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 2. Oktober 1981 zu ___________ 3 BGHZ 66, 239, 244; 81, 385, 390; BGH NJW 1993, 1793, 1794. Ebenso OLG Frankfurt/M., VersR 1978, 469, 470; Gotthardt, S. 57/58. 4 Vgl. Knütel, JR 1982, 281, 283; Usinger, NJW 1986, 229, 233. 5 Knütel, JR 1982, 281, 284. 6 Vgl. bspw. § 10 Abs. 1 des Sächsischen Belegungsrechtsgesetzes vom 14.12.1995 (SächsGVBl. S. 396), wonach belegungsgebundene Wohnungen nicht ohne Genehmigung der zuständigen Stelle – nach § 4 Abs. 1 SächsBelG die Gemeinde – anderen als Wohnzwecken zugeführt werden, durch bauliche Maßnahmen derart verändert werden, dass sie für Wohnzwecke nicht mehr geeignet sind oder leer stehen dürfen, wenn eine Vermietung möglich wäre. Ebenso § 27 Abs. 7 S. 1 des Wohnraumförderungsgesetzes vom 13.9.2001 (BGBl. I, S. 2376) und § 7 Abs. 3 S. 1 des Wohnungsbindungsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 13.9.2001 (BGBl. I, S. 2404). Bei dem Zweckentfremdungsverbot nach diesen Vorschriften handelt es sich um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt. 7 Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 303; Usinger, NJW 1986, 229, 233.

I. Rechtsprechungsdiskrepanz und Kritik an der ,,Sonderschadenslehre‘‘

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Grunde liegenden Fall handelte es sich in concreto um ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück in einer Wohngegend8. „Welche andere Nutzungsart als das Bewohnen und Vermieten sollte hier noch in Betracht kommen?“9 Gerade in diesem Fall war dem Gericht der Weg eher verschlossen, sich auf eine Mehrzweckdienlichkeit des beschädigten Objekts zu berufen. Völlig im Dunkeln bleibt dieser Differenzierungsgesichtspunkt auch, wenn der BGH darauf abstellte, dass die Einzweckdienlichkeit der Kraftfahrzeuge deshalb zu bejahen sei, weil die weitere Gebrauchsfähigkeit eine Wiederherstellung voraussetze. Wenn damit gemeint sein sollte, dass bei Kraftfahrzeugen eine Reparatur zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit zwingend erforderlich sei, wird dabei verkannt, dass sich die Frage der Fortsetzbarkeit der bisherigen Nutzungsart ohne Reparatur ausschließlich danach beurteilen kann, welche Dimensionen die Beschädigungen haben. „Ein bloßer ‚Blechschaden‘ hebt die Funktionsfähigkeit des Wagens nicht auf und umgekehrt können Beschädigungen eines Hausgrundstücks so schwerwiegend sein, daß ohne Reparatur eine sinnvolle Nutzung nicht in Betracht kommt.“10

Dem früheren Zustand entsprechend wirtschaftlich sinnvoll nutzbar ist ein Wohngrundstück mit erheblichen, die Funktionsfähigkeit beeinträchtigenden Schäden genauso wie ein Kraftfahrzeug erst dann, wenn die die Tauglichkeit der Nutzung hindernden Mängel an Haus, Grundstück oder Fahrzeug beseitigt wurden. Umgekehrt ist eine Verwertung ohne Reparatur bei Kraftfahrzeugen nicht anders als bei Grundstücken auch möglich. Dass in solchen Fällen dann regelmäßig der Abkäufer und neue Eigentümer das Wiederherstellungsverlangen verfolgt und mittels des abgetretenen Schadensersatzanspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die wirtschaftliche Nutzbarkeit der Sache wieder herzustellen sucht, ist ein Umstand, der für Kraftfahrzeuge wie Grundstücke und auch für jede andere Sache entsprechend gelten kann11. Die vom BGH für maßgeblich erachtete Frage nach der Anzahl der Verwendungsmöglichkeiten der beschädigten Sache beurteilt sich zwar danach, ob diese sinnvoll seien. Andererseits aber bleibt unklar – und wird vom BGH auch nicht konkretisiert –, wer oder was darüber entscheidet, ob andere als die vor der Schädigung verfolgten oder der Sache primär inne wohnenden Nutzungsarten sinnvoll oder sinnlos und welche Maßstäbe bei der Sinnhaftigkeit oder -losigkeit anzulegen sind. Versuche, systematische Kategorien rechtsfortbildend oder rechtsschöpfend aufzustellen, sind deshalb zum Scheitern verurteilt, weil dem Scha___________ BGHZ 81, 385. Knütel, JR 1982, 281, 283. 10 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 361. Ebenso Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 166; Schiemann, EWiR 1993, 441, 442. 11 Vgl. Finke, DWW 1987, 321, 322; Werres, NJW 1982, 2483; Schwarz/Esser, NJW 1983, 1409; Werres, NJW 1983, 2371. 8 9

3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

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densersatzrecht Wertentscheidungen fremd sind, die die Prämisse der Differenzierung nach der Ein- oder Mehrzweckdienlichkeit rechtfertigen könnte. In der Literatur wird teilweise an diesen Differenzierungsversuch des BGH angeknüpft und ausgeführt, dass sich die Reparaturbedürftigkeit eines verkauften Hauses nicht, wie beim Kauf eines reparaturbedürftigen Kraftfahrzeugs, notwendig auf die Festsetzung des Kaufpreises auswirken müsse, weil die Verwendung des Hausgrundstücks nicht in vergleichbarer Weise – wegen der Einseitigkeit der wirtschaftlich sinnvollen Nutzungsart – festgelegt sei12, weshalb im Ergebnis die unterschiedliche Behandlung der Grundstücks- und Kfz-Fälle zutreffe. Hiergegen ist jedoch einzuwenden: Die Reparaturbedürftigkeit des beschädigten Kraftfahrzeugs muss sich nicht zwangsläufig auf den Kaufpreis auswirken, weil als einzig sinnvolle Nutzung nur diejenige als Transportmittel in Betracht käme. Eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung kann für den Abkäufer auch darin liegen, dass er das beschädigte Kfz als Ersatzteillager für andere Reparatur- oder „Bastler“arbeiten erwerben will. Sofern es sich um ein älteres, nicht mehr auf dem Markt zugängliches oder erwerbbares Modell handelt, ist auch vorstellbar, dass der Käufer das beschädigte Fahrzeug einfach nur als solches „Oldtimer-Modell“ erhalten will, ohne es selbst als Transportmittel nutzen zu wollen. Der gewerbliche Neuwagenverkäufer, der das beschädigte Fahrzeug in Zahlung nimmt, will in der Regel allein den Neuwagenkauf schmackhaft machen und verfolgt keine Nutzungsfunktion, sondern ausschließlich die Neukundenakquise. Alles in allem sind, genauso wie im Fall des Erwerbs eines beschädigten Grundstücks, beim Abkauf eines beschädigten Kfz unterschiedliche zukünftige Nutzungsvarianten und Gebrauchsmöglichkeiten denkbar, ohne dass sich die Reparaturbedürftigkeit zwangsläufig auf den Kaufpreis niederschlagen muss. Derartige Versuche, die Differenzierungsthese des BGH aufrecht zu erhalten, sind nicht nur mühselig, sondern gleichen in gewissem Maße auch dem „Stochern im Nebel“. Sie überzeugen deshalb nicht. 2. Die Standardisierung der Reparaturpreise Als weiteren die Fallgruppenbildung rechtfertigenden Gesichtspunkt weist der 6. Zivilsenat des BGH auf die Standardisierung der Reparaturpreise bei den Kraftfahrzeugschäden und die damit einhergehende leichte Taxierbarkeit des dem Geschädigten von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gewährten erforderlichen Geldbetrags hin13. Mertens hält diesen Argumentationsstrang zumindest für „vertretbar“14.

___________ Gotthardt, S. 58; Medicus, DAR 1982, 352, 359. BGH NJW 1993, 1793, 1794. 14 Soergel-Mertens, § 249 Rn. 27 a.E. 12 13

I. Rechtsprechungsdiskrepanz und Kritik an der ,,Sonderschadenslehre‘‘

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Auch hiergegen muss zunächst eingewandt werden, dass die der Unterscheidung zu Grunde liegende Prämisse, dass die Frage der Standardisierung der Reparaturpreise einer beschädigten Sache über die Frage nach der den Schadensersatzanspruch ausfüllenden Norm – also § 249 Abs. 2 S. 1 BGB oder § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB – entscheiden soll, ohne Begründung bleibt. Insofern könnte man zwar mit der Praktikabilität der Schadensabwicklung argumentieren und wird sich dabei Stimmen in Erinnerung rufen, die darauf verweisen, dass „Erwägungen zur Praktikabilität der Schadensabwicklung grundprinzipienähnliche Bedeutung haben, da das heute angewendete Schadensersatzrecht in besonderem Maße für eine Vielzahl gleicher und sehr ähnlicher Sachverhalte anwendbar gestaltet sein muss“15.

Allerdings würde dabei das Praktikabilitätsargument zum reinen Selbstzweck erhoben. Dies kann weder Inhalt noch Aufgabe dieser Komponente sein. Praktikabilität um jeden Preis steht nicht nur der Verlässlichkeit des Rechts und seiner Anwendung entgegen, sie passt auch methodisch in kein gängiges Modell der Gesetzesauslegung und -argumentation, auch wenn jedes Ergebnis einer dogmatischen Gesetzesanalyse und -auslegung seinerseits für den Rechtsanwender zumindest nicht unpraktikabel sein sollte. Ohne diese Frage einer weiteren theoretischen Vertiefung zu unterziehen, muss zu dem hier in Rede stehenden Problem angemerkt werden, dass der Standardisierung der Reparaturpreise bei Kfz-Beschädigungen im Bereich der Grundstücksund Gebäudeschäden doch keine offensichtliche Unmöglichkeit der Taxierung der erforderlichen Herstellungskosten gegenüber steht. Wie im Bereich des KfzGutachterwesens ist die Feststellung des dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB geschuldeten Geldbetrags im Falle der Grundstücks- und Gebäudeschäden Aufgabe entsprechender Sachverständigengutachten16. Weshalb diese weniger praktikabel sein sollten, bleibt ebenso unklar wie die Frage, weshalb Gebäudeschäden schwieriger zu taxieren sein sollten. Ausschlaggebend ist hier wie dort die Komplexität und das Ausmaß der Schäden. Dass Beseitigungskosten für beschädigte Gebäude und Grundstücke andere Dimensionen erreichen können als bei Kraftfahrzeugen, rechtfertigt die vorgenommene Differenzierung weder zwingend noch hinreichend. Der Streit darüber, welche Schäden leichter zu ermit-

___________ 15 Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 43; ähnlich Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 300 und 310; Steffen, ZVersWiss 1993, 13, 31/32. Auf pragmatische Ansatzpunkte setzt auch Weyers, in: Vereinigung zwischen deutschen und italienischen Juristen, Heft 8/9, 37, 49. Haug, VersR 2000, 1329, spricht vom „Praktikabilitätsdiktat“; Pielemeier, NZV 1989, 222 und Gebhardt, ZfS 1990, 145 betonen bspw. das „offenkundige Bedürfnis nach Vereinfachung und Typisierung“, welches gerade im Kfz-Bereich durch den Abrechnungsmodus der fiktiven Sachschadensabrechnung befriedigt wird. 16 Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 303.

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3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

teln sind17, ist zudem müßig und jedenfalls dann ohne Erkenntnisgewinn, wenn man akzeptiert, dass im Grundsatz der Beseitigungsaufwand für einen Schaden jeglichen wirtschaftlich verkehrsfähigen Gutes von Sachverständigen ermittelt werden kann, mag dies nun drei oder sechs Stunden dauern. Die Standardisierung von Preisen ist zudem bestimmt durch das Funktionieren des wirtschaftlichen Marktes, sodass sich das Gefüge und Verhältnis der Preise je nach Marktlage genauso verschieben kann wie die Frage der Standardisierung – und zwar sowohl auf dem Kfz- als auch auf dem Grundstücksmarkt. Im Übrigen wird man wohl auch kaum behaupten wollen, dass die Reparaturpreise bei Grundstücks- und Gebäudeschäden individuellen und damit dem jeweiligen Werkunternehmer, dem die Wiederherstellung des Gebäudes anvertraut wird, anhaftenden Schwankungen unterliegen, die jegliche Vorhersehbarkeit und Vergleichbarkeit des Preisniveaus von vornherein verhindern. 3. Zusammenfassung Die vom BGH eingeführten und vom Schrifttum teilweise aufgenommenen und ausgebauten „praktischen Argumente“ sind kaum nachvollziehbar, rechtfertigen die nach Schadensobjekten differenzierende „Sonderschadenslehre“ nicht und beseitigen ohne Not die Einheit des Schadensersatzrechts. Gerade weil dem § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine Abschichtung nach den verletzten Schadensobjekten grundsätzlich fremd ist, hätte es für die Rechtfertigung dieser Lehre besonderer Gründe bedurft. Der BGH verwies in diesem Zusammenhang auf die oft zitierte Stelle aus den Protokollen der Kommission für die zweite Lesung des BGB, mit der die Gläubigeroption des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gerechtfertigt wird und wonach es „in vielen Fällen“ dem Interesse des Gläubigers entspreche, „die beschädigte Sache, statt ihre Herstellung zu verlangen, durch eine neue zu ersetzen“18. Weber schloss hieraus, dass „beide Urteile19 richtig sind“20 , weil sich „der Eigentümer eines beschädigten Grundstücks nicht auf die Protokolle I S. 296 berufen“ könne, da „er in aller Regel nicht erwägen wird, statt das (Haus-)Grundstück wieder instand zu setzen, ein neues zu kaufen“. Die Kommission habe, wenn sie „von der Anschaf___________ 17 Vgl. dazu einerseits Medicus, DAR 1982, 352, 359, der meint, dass Schäden an Grundstücken regelmäßig leichter zu ermitteln seien und diese Ermittlungen auch einen höheren Aufwand lohnen würden, weshalb der Schädiger im Gegensatz zu den KfzSchäden hier weniger eines Beweisvorteils bedürfe. Andererseits, dem entgegen tretend Werres, NJW 1983, 2371, Fn. 4 und Finke, DWW 1987, 321, 322 mit dem Hinweis, dass es bei der Regulierung von Bergschäden kaum zutreffe, dass Schäden an Grundstücken leichter zu ermitteln seien als bei Kraftfahrzeugen. 18 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. 19 BGHZ 66, 239; 81, 385. 20 Weber, VersR 1990, 934, 944. Zustimmend Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 303.

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fung ‚einer neuen Sache‘ gesprochen hat, weil daran die Eigentümer ‚in vielen Fällen‘ interessiert seien, gewiss nur an bewegliche Sache gedacht.“21 Dies überzeugt aus folgenden Gründen nicht: Zum einen kommt in den Materialien des BGB an keiner Stelle zum Ausdruck, dass der historische Gesetzgeber wirklich nur bewegliche Sachen avisiert hatte, als er dem Schadensersatzgläubiger die Ersetzungsbefugnis gewährte. Zum anderen definierte der Gesetzgeber in § 90 BGB den Begriff der Sache per Gesetz, sodass auch Grundstücke unter den Begriff des körperlichen Gegenstands zu subsumieren sind. Benutzt und verwendet der Gesetzgeber aber derart legaldefinierte Begriffe, muss er sich hieran grundsätzlich auch festhalten und messen lassen. Die topische Kasuistik der Rechtsprechung überzeugt aber nicht nur wegen der dargestellten Praktikabilitäts- und Einzelfalldifferenzierungsargumente innerhalb der Fallgruppen nicht. Sie ist auch methodisch ohne Wert, weil die Differenzierung vermittelnden fallweisen Erklärungs- und Beschreibungsversuche den systematischen und wertenden Gesetzesgedanken völlig ausblenden. Der Systemgedanke und die klare Trennung von Prämisse und Konklusion sollten vielmehr den Ausgangspunkt einer das Recht fortbildenden Theorie darstellen. Erst wenn sich in dem Gesetzessystem und den in ihm verankerten Wertungen Anhaltspunkte finden lassen oder sich gar die Notwendigkeit ergibt, zwischen einzelnen Elementen und Fallgruppen eines einheitlichen Systems zu differenzieren, können Praktikabilitätsargumente die Aussage flankieren und die Tragfähigkeit eines statuierten Regel-Ausnahme-Verhältnisses unterstützen. Wird jedoch der Einzelfall zum Ausgangspunkt der rechtlichen Lösung, gleicht die Lösung einem Würfelspiel und passt nur per „Zufall“22 in Systematik und Methodik. Zwar kann der Bildung von Fallgruppen eine der Rechtsfortbildung dienliche Funktion zukommen; es besteht bei ihr jedoch immer die Gefahr, dass sie zur „reinen Beschreibungsdogmatik“23 mutiert, „die durch immer neue Zusatzannahmen (adhoc-Erklärungen) bzw. Regel-Ausnahme-Spiele jede wissenschaftliche Erklärung unmöglich macht“24. Gekennzeichnet ist ein solches Vorgehen daher nicht nur durch die fehlende Einbettung in das rechtliche Fundament und in den Systemzusammenhang, sondern auch durch ihre erschwerte Nachprüfbarkeit des___________ Weber, VersR 1990, 934, 944. Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 145. 23 Schilcher, Theorie der sozialen Schadensverteilung, S. 1. Vgl. auch Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 147. 24 Schilcher, Theorie der sozialen Schadensverteilung, S. 2. Vgl. auch Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. IV.5., S. 206 und Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 147: „Eine ‚topische‘ Rechsfindung bei politisch umstrittenen Fragen könnte doch nur zum non liquet führen oder darin bestehen, daß man die jeweils eigene Meinung als die in der Diskussion bewährte hervorhebt, auf ihre Kontrolle durch Konfrontation mit dem gesamten geltenden Recht aber verzichtet.“ 21 22

3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

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halb, weil die „Entscheidungsbegründungen, die ein Potpourri von Gesichtspunkten“25 oder systemlose „Glassplitter in einem Kaleidoskop“26 darstellen, „der Kritik kaum zugänglich sind. Wird einer der Gesichtspunkte als unhaltbar kritisiert, so kann leicht erwidert werden, auf diesen Gesichtspunkt käme es nicht entscheidend an, er sei lediglich ergänzend, unterstützend, hilfsweise (und was es sonst noch für Redensarten geben mag) angeführt.“27

Im Übrigen verhindert eine am Motto der „freien Entscheidungsbefugnis für freie Richter“28 ausgerichtete Kasuistik, dass wenigstens ein Minimum an Rechtssicherheit gewährleistet ist.

II. Determination der Unmöglichkeit der Naturalrestitution durch den Wandel des Herstellungsbegriffs Die weitere Untersuchung widmet sich den Fällen der Unmöglichkeit der Naturalrestitution. Dabei erweist sich bereits die Frage als problematisch, wann von Unmöglichkeit der Naturalrestitution überhaupt gesprochen werden kann. Hierbei ist zunächst auf das Verständnis abzustellen, das dem Herstellungsbegriff zu Grunde liegt. Je nach dem, welche Arten der Herstellung den Begriff der Naturalrestitution ausfüllen, könnte man grundsätzlich der Auffassung sein, dass Unmöglichkeit erst dann bejaht werden kann, wenn sich sämtliche Herstellungsarten im konkreten Fall als undurchführbar erweisen29. Der BGH legte diesbezüglich früher keinerlei Problembewusstsein an den Tag, was sich darin zeigt, dass er sich – ohne sich die zwischenzeitlichen Weiterungen des Restitutionsbegriffs vor Augen zu führen – auf die Berechtigung des Gläubigers, den Anspruch auf Instandsetzungskosten zu fordern, konzentrierte 30 . Zunächst scheint es darauf anzukommen, ob neben der Reparatur als weitere Form der Naturalrestitution auch die Ersatzbeschaffung anzuerkennen ist, mit der Folge, dass eine Einordnung in die Kategorien der subjektiven und objektiven Unmöglichkeit obsolet geworden ist31. Der Wandel, dem der Herstellungsbegriff unterlag, ist deshalb zu skizzieren32. ___________ Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 115. Diederichsen, Karlsruher Forum 1985, 4, 5. 27 Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 115. Vgl. auch Larenz, Methodenlehre, S. 147; Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 143b und 225/226. 28 Schiemann, in: Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, S. 259, 260. 29 Hierfür plädiert in der Tat Jakob, S. 226/227. 30 BGHZ 66, 239, 243. Anders hingegen BGHZ 92, 85, 87 f.; BGH NJW 1985, 2413, 2414. 31 So Jakob, S. 227. 32 Dies bietet sich an dieser Stelle aber auch deshalb an, weil im weiteren Verlauf der Arbeit hieran mehrfach angeknüpft wird und Schlussfolgerungen gezogen werden. 25 26

II. Wandel des Herstellungsbegriffs

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1. Der faktische Herstellungsbegriff des historischen Gesetzgebers Bereits der historische Gesetzgeber hatte sich im Rahmen der Beratung zur Schaffung des BGB mehrfach damit befasst, welche Formen der Herstellung zur Bestimmung und Ausfüllung des Begriffs der Naturalrestitution in Betracht kommen. Den Ausgangspunkt bildete dabei bereits der von Franz Philipp von Kübel ab 1877 sukzessive vorgelegte33 Teilentwurf zum Obligationenrecht. Im 2. Titel des 1. Abschnitts im 1. Teil unter III. (Unerlaubte Handlungen) hatte v. Kübel in § 15 Abs. 2 des Teilentwurfs-Nr. 15 zum Obligationenrecht bei der Entziehung vertretbarer Sachen eine Ersatzbeschaffung vorgeschlagen. Die Bestimmung lautete: „Insbesondere hat derselbe [der Schadensersatzpflichtige34] entzogenes Geld sammt Zinsen von der Zeit der Entziehung an, andere vertretbare Sachen in Sachen gleicher Gattung, Menge und Güte, nicht vertretbare Sachen sammt Zuwachs, den mitentzogenen Zubehörungen und den Früchten, welche er gezogen hat und welche der Beschädigte hätte ziehen können, zurückzuerstatten.“35

Bereits die Erste Kommission folgte einer solchen Ausgestaltung nicht, weil dies mit dem Restitutionsprinzip nicht vereinbar sei. Sie beschloss mehrheitlich die Streichung des § 15 Abs. 2 TE-OR Nr. 1536 und verstand den Begriff der Naturalrestitution eng. Zur Erklärung führte sie in den Protokollen aus: „Die Bestimmung: ‚für vertretbare Sachen seien Sachen gleicher Gattung, Menge und Güte zu gewähren‘, verstoße gegen das vorher beschlossene Hauptprinzip. Nach diesem Prinzipe müsse bei der Möglichkeit der Naturalrestitution die letztere erfolgen, vorbehaltlich der Leistung eines Geldäquivalents wegen des sonst erlittenen Schadens, bei Unmöglichkeit der Naturalrestitution der Gesammtschaden in Geld ersetzt werden. Hiervon abzugehen, erscheine nicht gerechtfertigt.“37

Nach dem Verständnis der Ersten Kommission folgt aus dieser Protokollstelle mithin die Verwerfung der Ersatzbeschaffung als Form der Naturalrestitution. Der Herstellungsbegriff war ein rein faktischer und umfasste lediglich die Herstellung durch Wiederinstandsetzung, also Reparatur. Auch die Zweite Kommission musste sich auf der Grundlage mehrerer Änderungsanträge mit dem Herstellungsbegriff, der Ersatzbeschaffung und deren Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Naturalrestitution befassen. In den Protokollen wird hierzu ausgeführt: „Seitens der Kritik sei der § 219 mißverständlich ausgelegt worden. Von Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes könne nur dann die Rede sein, wenn derselbe Zustand, welcher vor der Beschädigung bestanden, wieder hergestellt werde. Es könne daher der Gläubiger nicht gezwungen werden, als Ersatz für die Beschädigung einer ver-

___________ Vgl. hierzu Schubert, Recht der Schuldverhältnisse Teil 1, AT, S. XI. Einfügung vom Verf. 35 v. Kübel, Teilentwurf Nr. 15, S. 3, in: Schubert, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1, AT, S. 655; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 83. 36 Vgl. Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 87. 37 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 88. 33 34

3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

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tretbaren Sache eine andere Sache derselben Art anzunehmen, und von den Umständen des Falles hänge es ab, ob durch Ausbesserung einer beschädigten Sache der frühere Zustand wieder hergestellt werde. Von allen Seiten sei anerkannt worden, daß die Naturalrestitution zum Zwecke der Beseitigung einer Rechtsverletzung nicht entbehrt werden könne. Insbesondere bei der widerrechtlichen Wegnahme einer Sache und bei den durch Delikt veranlaßten Rechtsänderungen sei die Herstellung des früheren Zustandes das dem Interesse des Verletzten am besten entsprechende Mittel des Ersatzes.“38

Aus den Materialien folgt demnach, dass der Gesetzgeber unter dem Begriff der Naturalrestitution nur die Rückgabe der rechtswidrig entzogenen Sache oder – im Falle einer Beschädigung – deren Reparatur verstand. Das Integritätsinteresse des Geschädigten konnte nicht schon dadurch befriedigt werden, dass der Schädiger durch eine die Sache verändernde Instandsetzung oder durch eine Ersatzbeschaffung die Zusammensetzung des Vermögens des Geschädigten und damit die Nutzungsfunktion erhielt oder veranlasste, sondern erst durch die faktische Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. 2. Der wirtschaftliche Herstellungsbegriff der Rechtsprechung Dieser sehr enge, auf die faktische Herstellung des früheren Zustands ausgerichtete Begriff der Naturalrestitution erwies sich in der Rechtspraxis alsbald nach In-Kraft-Treten des BGB als unpraktikabel, weil eine vollkommene Identität der Sache durch Reparatur kaum erzielbar ist, obwohl die Ausbesserungsarbeiten an der beschädigten Sache gleichwohl die wirtschaftliche Brauchbarkeit und Nutzbarkeit des beschädigten Gutes wieder herstellen. Das Reichsgericht begann deshalb bereits frühzeitig, den faktischen Herstellungsbegriff normativ auszulegen, und führte hierzu im Urteil vom 19. April 1911 aus: „… es muß vielmehr zunächst rechtlich geprüft werden, was die §§ 249, 250, 251 BGB unter Herstellung des früheren Zustandes einer Sache verstehen. Würden sie hierbei strenge Anforderungen stellen, so wäre es kaum denk- und ausführbar, daß die beschädigte Sache durch Verbesserungsarbeiten genau in ihre frühere Beschaffenheit zurückversetzt wird. Sie wird nach der sog. Wiederherstellung immer mehr oder minder eine andersartige sein, als vor der Beschädigung. […] Allein solch strenge Anforderungen der völligen äußerlichen (physischen) Gleichartigkeit der Sache vor der Schadenszufügung und nach der Verbesserung stellt das Gesetz nicht; es spricht dagegen eine billige, allgemeine Erwägung und insbesondere auch der Umstand, daß die genannten Gesetzesstellen nicht von Wiederherstellung, sondern nur von Herstellung sprechen und damit schon genügend ausdrücken, daß sie eine vollständige und genaue Zurückversetzung in den Zustand vor der Beschädigung nicht verlangen. Vielmehr lassen sie sich unzweifelhaft daran genügen, wenn die beschädigte Sache durch die Verbesserungsarbeiten, namentlich hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Brauchbarkeit und Nutzbarkeit, im allgemeinen wieder so hergestellt wird, wie sie vor Eintritt der Beschädigung gewesen ist.“39

___________ Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. RGZ 76, 146, 147/148 (Hervorhebungen im Original als Unterstreichung). Vgl. auch RG JW 1919, 498, 499 und RGZ 165, 260, 270. 38 39

II. Wandel des Herstellungsbegriffs

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Alsbald wurde der Schwerpunkt der Restitution auf die wirtschaftliche Herstellung verlagert. Die Wiederherstellung der identischen sachlichen Integrität und die Instandsetzung gerade der konkret beschädigten Sache rückten in den Hintergrund. Das Reichsgericht stellte zunehmend auf die Herstellung einer „gleichen wirtschaftlichen Vermögenslage, wie sie ohne den Eintritt des zum Ersatz verpflichtenden Umstandes bestanden haben würde“40, ab und hob hervor, dass § 249 Abs. 1 BGB nur die Herstellung „desselben wirtschaftlichen Zustandes“41 bzw. „eines im wesentlichen gleichen, d.h. eines wirtschaftlich gleichwertigen Zustandes“42 voraussetzt. Die ablehnende Haltung gegenüber dem als zu eng erkannten faktischen Herstellungsbegriff des historischen Gesetzgebers behielt das Reichsgericht bei43 und knüpfte deutlich an den von den beiden Kommissionen zur Lesung des BGB verworfenen § 15 Abs. 2 TE-OR Nr. 15 von v. Kübel an, in dem es unter Bezugnahme auf die Herstellung eines wirtschaftlich gleichwertigen Zustands als Ergebnis der Restitution folgerte, „… daß bei der Beiseiteschaffung oder Vernichtung vertretbarer Sachen deren Ersatz im Sinne des § 249 Satz 1 BGB auch durch Lieferung einer gleichen Menge Waren derselben Art und Beschaffenheit gefordert werden und erfolgen kann“.44

Besonders extensiv nutzte die Rechtsprechung diese vom Reichsgericht eingeleitete Linie zum wirtschaftlichen Herstellungsbegriff in der ökonomischen Krise der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg45. In dieser inflationären Zeit des Warenmangels geriet das durch die §§ 249, 251 BGB vorgezeichnete System des Schadensersatzrechts in Konflikt mit dem primären Ziel dieser Bestimmungen, nämlich den erlittenen Schaden auszugleichen und wieder gutzumachen. Der sekundäre Geldersatz vermochte den Geschädigten nicht mehr in die Lage zu versetzen, sich selbst Ersatz zu beschaffen. Um dem Geschädigten vollen wirtschaftlichen Ersatz zu gewährleisten, befürwortete die Rechtsprechung „im Wege einer den Zeitverhältnissen entsprechenden Auslegung“ 46 der §§ 249, 251 BGB, dem Schadensersatzgläubiger nicht nur Sachen gleicher Art und Güte – was nur bei vertretbaren Sachen i.S.d. § 91 BGB möglich ist – zuzusprechen, sondern sogar Sachen gleichen Typs mit vergleichbaren Merkmalen ___________ 40 RGZ 77, 99, 101; 83, 245, 247; 84, 371, 376; 91, 104, 106; 91, 213, 215; 96, 121, 122; 117, 252, 254/255; RG JW 1919, 498, 499. 41 RGZ 126, 401, 403. 42 RGZ 96, 121, 123. 43 RGZ 89, 99, 104; 108, 58, 59; 131, 158, 178; 143, 267, 274; 165, 260, 270. 44 RGZ 126, 401, 403/404; vgl. auch RGZ 93, 281, 284/285 und 106, 86, 88. 45 Vgl. hierzu ausführlich U. Hamann, Schadensersatz, S. 59-74. Siehe auch Gotthardt, S. 38. 46 OGHBrZ 1, 128, 131. Ähnlich LG Lindau, DRZ 1948, 96, 97; KG NJ 1948, 80, 81. Vgl. auch Benkard, JR 1948, 90, 92; Nehlert, JR 1947, 41, 45; Haselhoff, NJW 1947/48, 286, 287 „… lediglich die bisherige Rspr. des RG in der durch die Verhältnisse gebotenen Weise fortbildet“.

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3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

oder von sachlicher oder wirtschaftlicher Ähnlichkeit47. Dabei wurde nicht nur in der Rechtsprechung48, sondern auch in der damaligen Literatur betont, dass es nach gefestigter Rechtsprechung des Reichsgerichts genüge, wenn der neue Zustand dem früheren wirtschaftlich vergleichbar ist49. Auch der BGH nahm in seinen ersten Entscheidungen unmittelbar auf die Gleichwertigkeit des wieder hergestellten Zustands unter ökonomischen Gesichtspunkten Bezug, knüpfte an die reichsgerichtliche Rechtsprechung an und vertrat die Auffassung, dass eine Restitution auch durch die wirtschaftliche Wiederherstellung der Vermögenslage bewirkt werden könne. In der ersten einschlägigen Entscheidung vom 8. Februar 1952 führte der BGH hierzu aus: „Die Vorschrift [§ 249 BGB50] gewährt dem Ersatzberechtigten den Anspruch auf Herstellung des wirtschaftlichen Zustandes, in dem er sich ohne das schädigende Ereignis befunden hätte, mit der Maßgabe, daß er – in diesen Ausnahmefällen – nach seiner Wahl entweder die Herstellung des früheren Zustandes durch den Schädiger selbst oder die dazu erforderlichen Geldmittel von ihm verlangen darf.“51

Entscheidend ist damit für den BGH, dass durch die Naturalrestitution die wirtschaftliche Zusammensetzung und damit die Nutzungsfunktion des Vermögens des Geschädigten erhalten bleiben. Dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise entsprechend sind deshalb auch die Sache verändernde Instandsetzungsarbeiten52 zulässige Formen der Naturalrestitution. Die Ersatzbeschaffung als Variante und Spielart der Naturalrestitution ist jedoch ihrerseits auf vertretbare ___________ 47 OGHBrZ 1, 128, 132 (gleichwertige gebrauchte Möbel); OLG Hamm, SJZ 1948, Sp. 195, Sp. 196 (gleichwertiger gebrauchter Pkw); KG NJ 1948, 80, 81 (gleichwertiger Fotoapparat an Stelle einer Mikroflex-Kamera); OLG Hamm, MDR 1947, 100, 101 (gleichwertiges Arbeitspferd, möglichst Stute, an Stelle einer sechsjährigen Dunkelfuchsstute); LG Oldenburg, SJZ 1946, 179 (gleichwertiges Fahrrad, auch Damenfahrrad, an Stelle eines Herrenfahrrades); LG Duisburg, NJW 1947/48, 224, 225 (Goldschmuck oder sonstige Goldgegenstände an Stelle von Zahngold); LG Lindau, DRZ 1948, 96, 97 (gleichwertiger gebrauchter Pkw); LG Göttingen, MDR 1948, 145, 146 (gleichwertige Uhr an Stelle einer Schweizer Herrenarmbanduhr mit 15 Steinen); AG Hamburg, SJZ 1946, 180, 181 (gleichwertige Uhr an Stelle einer goldenen Armbanduhr); AG Hamburg-Wandsbek, MDR 1947, 101 (gleichwertige Leghornhühner); AG Neustadt/Holst., MDR 1947, 102 (gleichwertiger Truthahn, der äußerlich dem ursprünglichen Puter ähnlich ist und aus demselben Gelege stammt); AG Kiel, MDR 1947, 164, 165 (gleichartiger und gleichwertiger Radioapparat). 48 LG Oldenburg, SJZ 1946, 179; KG NJ 1948, 80, 81; OLG Hamm, MDR 1947, 100, 101; AG Kiel, MDR 1947, 164, 165. 49 Leonhard, SJZ 1946, 168; Haselhoff, NJW 1947/48, 286, 287; Jagusch, DRZ 1948, 97, 98; Dittmar, SJZ 1946, 218; Bruns, SJZ 1947, Sp. 301, Sp. 302; Benkard, JR 1948, 90; Nehlert, JR 1948, 41; ohne Verf., BB 1947, 331, 333. 50 Einfügung vom Verf. 51 BGHZ 5, 105, 109. Im Ergebnis ebenso BGHZ 30, 29, 31; 35, 396, 398; 40, 345, 347; 115, 364, 368; 115, 375, 378; 125, 56, 60; BGH NJW 1976, 1202, 1203; 1985, 793. 52 BGHZ 92, 85, 87/88; 115, 364, 368; 115, 375, 378; BGH NJW 1972, 1800, 1801; 1985, 2413, 2414; 1985, 2469.

II. Wandel des Herstellungsbegriffs

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Sachen i.S.d. § 91 BGB beschränkt53. Hierzu führte der BGH in seiner Entscheidung vom 22. Mai 1985 aus: „Zwar kann nicht nur die Reparatur einer Sache, sondern auch eine Ersatzbeschaffung als Naturalrestitution im Sinne von § 249, S. 1 BGB in Frage kommen. Diese Möglichkeit wird nach allgemeiner Auffassung jedoch auf vertretbare Sachen beschränkt, also solche, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen (§ 91 BGB). Das ist gerechtfertigt, weil derartige Gegenstände nach der Verkehrsauffassung austauschbar sind, und deshalb ein wirtschaftliches Interesse des Gläubigers am Erhalt gerade der beschädigten Sache in aller Regel nicht besteht.“54

Während Hausgrundstücke55 und Eigentumswohnungen 56 als nicht fungible Sachen angesehen werden mit der Folge, dass ihre Wiederbeschaffung an anderer Stelle, wenngleich auch an einem nach Lage und Umgebung ähnlichen Ort, keine Naturalrestitution i.S.d. § 249 BGB darstellt57 , bejaht die Rechtsprechung die Vertretbarkeit i.S.d. § 91 BGB regelmäßig bei Beschädigung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs und unterstellt dessen Ersatzbeschaffung dem Anwendungsbereich des § 249 BGB58. Wie das Reichsgericht59 versteht auch der BGH den Begriff der Wiederherstellung als normativen Begriff60. Die extensive Interpretation stützt sich nicht nur auf den Wortlaut des § 249 Abs. 1 BGB, der auf die Herstellung des Zustands und nicht auf die Herstellung der beschädigten Sache ausgerichtet ist, sondern will vor allem auch „dem – vom Gesetzgeber durch § 249 BGB in den Vordergrund gestellten – Interesse des Geschädigten an einer vollständigen Restitution Rechnung tragen“61. Sie will damit der mit Vorrang ausgestatteten Restitution62 zu einem Anwendungsbereich verhelfen, der einem Grundsatz – im Gegensatz zur Ausnahme der Kompensation, die nur in den legislativ abschließend aufgeführten Fällen greifen soll – immanent sein sollte. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist in diesen Situationen wegen der Markt- und Verkehrsfä___________ BGHZ 102, 322, 325; BGH VersR 1975, 1047; NJW 1985, 2413, 2414. BGH NJW 1985, 2413, 2414. 55 BGHZ 102, 322, 327; BGH NJW 1995, 587, 588. 56 BGH NJW 1995, 587, 588. 57 BGHZ 102, 322, 327. 58 BGHZ 66, 239, 247; 115, 364, 368; 115, 375, 378; 143, 189, 193; BGH NJW 1972, 1800, 1801; 1985, 2469; 1992, 1618, 1619; 1993, 1849, 1850; 1999, 500, 501; 2003, 2085; 2004, 1943, 1944; 2005, 1108; OLG Hamm, NZV 1997, 441; VersR 2000, 1122, 1123; NZV 2002, 272, 273. 59 RGZ 76, 146, 147/148; RG JW 1919, 498, 499. 60 BGH NJW 1997, 520. 61 BGH NJW 1997, 520. 62 Vgl. lediglich BGHZ 92, 85, 90; 115, 364, 367; BGH NJW 1997, 520, 521; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 207; ders., NZV 1996, 1, 2; Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Lipp, NZV 1996, 7; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 89; Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 384; Steffen, NJW 1995, 2057, 2058; Kötz, FS-Hauß, S. 181, 186; Weber, DAR 1991, 11; Schack, FS-Stoll, S. 61, 62; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 308. 53 54

3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

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higkeit der Güter grundsätzlich gerechtfertigt. Es gilt zu berücksichtigen, dass die Beachtung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise in den Fällen der Zerstörung eines Wohnhauses oder der Beseitigung von Gebäudeschäden einerseits dazu führt, dass der Wiederaufbau eines Hauses trotz der auf Grund des technischen Fortschritts und der Veränderung baurechtlicher Vorschriften vorzunehmenden baulichen Veränderungen als Instandsetzung des Hausgrundstücks und damit als Restitutionsalternative angesehen werden kann. Denn eine solche Restitution scheidet erst dann aus, wenn der Neubau trotz gleicher Sachfunktion gegenüber dem Gebäude bei wertender Gesamtwürdigung der baulich-technischen und wirtschaftlich-funktionalen Faktoren nach der Verkehrsanschauung als aliud erscheinen müsste63. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise führt andererseits in den Fällen der Beschädigung eines Kraftfahrzeugs dazu, dass auch die Ersatzbeschaffung als Variante der Restitution regelmäßig in Betracht gezogen werden kann, weil deutlich wird, dass dadurch der Geschädigte in dieselbe wirtschaftliche Lage versetzt wird, wie sie für ihn ohne das schädigende Ereignis bestanden haben würde. Weil in den entsprechenden Fallgruppen der Grundstücksbeschädigung einerseits und der Kfz-Beschädigungen andererseits jeweils die Komponente der Fungibilität des beeinträchtigten Rechtsguts anders zu beurteilen ist und demnach andere Leitlinien maßgebend sind, kann dieser wirtschaftliche Restitutionsbegriff der Rechtsprechung auch nicht als „amorph“64 bezeichnet werden. Dies gilt auch für die unterschiedliche Hervorhebung der von der Rechtsprechung verwendeten Begriffe „Vertretbarkeit“ einerseits und „Gleichwertigkeit“ andererseits im Rahmen der Ersatzbeschaffung65. Hinterfragt man die insoweit einschlägigen Entscheidungen des BGH näher, so wird deutlich, dass diesbezüglich die Begriffe nicht in synonymer Vermischung benutzt wurden, sondern unterschiedlich betont werden sollten: Wenn der BGH auf die Vertretbarkeit der Sache abstellt66, so bezieht er diesen Begriff auf das Schadensobjekt, also die beschädigte Sache an sich, die ihrer Natur nach eine i.S.d. § 91 BGB legaldefinierte Gattungszugehörigkeit aufweisen muss, um als solche ihrerseits überhaupt für die Ersatzbeschaffung als Spielart der Naturalrestitution und entsprechend dem wirtschaftlichen Restitutionsbegriff in Betracht zu kommen. Verwendet er hingegen den Begriff der Gleichwertigkeit67, so meint der BGH das Ergebnis einer Schadenswiedergutmachung und beschreibt in Bezug auf § 249 Abs. 1 BGB den durch den Schadensersatz wiederherzustellenden Zustand, der an die Stelle der (vertretbaren) beschädigten Sache zu treten hat, damit von einer Restitution noch die Rede sein kann. ___________ BGHZ 102, 322, 327; BGH NJW 1997, 520. Dies verkennt Haug, VersR 2000, 1329, 1331. 65 A.A. jedoch Haug, VersR 2000, 1329, 1331. 66 BGHZ 102, 322, 325; BGH VersR 1975, 1047; NJW 1985, 2413, 2414. 67 „Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges“ BGHZ 66, 239, 247; 115, 364, 368; 115, 375, 378; BGH NJW 1972, 1800, 1801; VersR 1992, 710. 63 64

II. Wandel des Herstellungsbegriffs

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3. Reaktionen in der Literatur Im Ergebnis wird dieser von der Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung statuierte wirtschaftliche Restitutionsbegriff in der Literatur weitgehend akzeptiert 68 und die Ersatzbeschaffung als Restitutionsform anerkannt, wenngleich hierbei im Detail unterschiedliche Nuancierungen für maßgeblich gehalten werden. Einerseits wird, wie in der Rechtsprechung, an das Merkmal der Vertretbarkeit der beschädigten Sache angeknüpft69. Andererseits wird die Eigenschaft der Austauschbarkeit des beschädigten Rechtsguts in den Mittelpunkt gerückt70. Im Bereich der Kraftfahrzeugschäden entspricht es der herrschenden Meinung im Schrifttum, die Anschaffung und den Erwerb eines gleichwertigen gebrauchten Ersatzfahrzeugs grundsätzlich als Form der von § 249 BGB erfassten Naturalrestitution anzusehen71. Teilweise wird dieser herrschenden Auffassung jedoch entgegengehalten, es sei lebensfremd, einen gebrauchten Pkw als vertretbare Sache anzusehen72. Fraglich ist, ob dieser Einwand zutreffend ist. Zunächst handelt es sich dabei um einen sehr pauschalen Einwand. Ob ein gebrauchter Pkw eine vertretbare ___________ 68 Sehr plastisch z.B. Pöggeler, JA 1999, 505, 506: „Diese Formulierung [Anm. vom Verf.: gemeint ist die des § 249 Abs. 1 BGB] ist nicht ganz wörtlich zu nehmen. Denn zwar kann zum Beispiel die beschädigte Sache instandgesetzt werden, aber dadurch wird ja nicht der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt. Das kann niemand, denn der alte Heraklit von Ephesus (um 540-480 v. Chr.) hatte recht: Wir steigen nicht zweimal in denselben Fluß. Gemeint ist mit der Formulierung des Gesetzes die Wiederherstellung eines wirtschaftlich gleichwertigen Zustandes (will sagen: ‚reparieren‘)“ (Hervorhebungen im Original). 69 Hagen, in: Lange/Hagen, S. 62; Wolf, S. 11; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 298; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, Anhang I Rn. 28; Stoll, Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, S. 159; Dreier, Kompensation und Prävention, S. 217 f.; Emmerich, JuS 1986, 228, 229. 70 U. Hamann, Schadensersatz, S. 139; Reiff, NZV 1996, 425, 427; Westermann, AcP 156 (1957), 137, 139; wohl auch Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 147 = NZV 2002, 249, 250. 71 Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 12 = NZV 1991, 1, 3; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Weber, VersR 1990, 934, 943 sowie Fn. 159; Fleischmann, 20. VGT 1982, 268, 273, Greger, NZV 1994, 11, 12; Schlechtriem, DAR 1975, 122, 123; Lipp, NZV 1992, 70, 71; ders., NZV 1996, 7, 8; Eggert, DAR 2001, 20, 23; Kötz, FS-Hauß, S. 181, 185; v. Gerlach, DAR 1992, 201, 202; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 296; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 147 = NZV 2002, 249, 250; Höke, 40. VGT 2002, 160, 166 = NZV 2002, 254, 257; Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 192/193; Gotthardt, S. 92/93; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 1 b, S. 189 und § 32 I 2 b, S. 193; ErmanKuckuk, § 249 Rn. 18/19 und 79; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 249 Rn. 203 ff. 72 Haug, VersR 2000, 1329, 1332, Fn. 35; Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Jordan, VersR 1978, 688, 691; Kellmann, AcP 187 (1987), 607, 609; Schiemann, NZV 1996, 1, 5; Reiff, NZV 1996, 425, 427; Schack, FS-Stoll, S. 61, 64; Wolf, S. 17; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, Anhang I Rn. 28; Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 12; MüKo-Grunsky, § 251 Rn. 4; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 43; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 11.

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3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

Sache ist, dürfte entscheidend sowohl vom Alter, vom Zustand, einer eventuellen Sonderausstattung etc. abhängig sein. Darüber hinaus dürfte auch von Bedeutung sein, welche Funktion dem Fahrzeug nach dem Willen des konkret Geschädigten zukommt und ob er ein gleichwertiges Fahrzeug ersatzweise zu akzeptieren bereit ist oder nicht. Keinesfalls darf die Entscheidung der Frage, ob ein gebrauchtes Fahrzeug eine vertretbare Sache darstellen kann, zur Beschneidung von Geschädigtenrechten führen. Auch wenn sich die Frage der Fungibilität des Schadensobjekts zunächst nach der Verkehrsanschauung richtet und sich gem. § 91 BGB daher grundsätzlich in einem objektiv-normativen Bereich bewegt, darf die Einbettung der Problematik in das Schadenausgleichssystem nicht ausgeblendet und vernachlässigt werden. Das Schadenausgleichssystem seinerseits ist in der Lage, auf die subjektive Bewertung des Geschädigten und seiner Interessen Rücksicht zu nehmen. Die Verleihung des Attributs „lebensfremd“73 ist nicht gerechtfertigt, wenn man berücksichtigt, dass Kraftfahrzeuge heutzutage generell austauschbare Massenprodukte sind, bei denen die vertretbaren Funktionen Transportmittel, Prestigeobjekt, Mobilität und Unabhängigkeit im Vordergrund stehen. Im Übrigen darf es im jeweils konkreten Einzelfall der Entscheidung des Geschädigten überlassen sein, ob er die Anschaffung eines anderen gebrauchten Kraftfahrzeugs als hinreichenden Schadensausgleich betrachtet, ohne dass ihm dies den Vorwurf einbringen darf, seine Entscheidung sei fern der Realität des Lebens. Der Einwand, es sei lebensfremd, einen gebrauchten Pkw als vertretbare Sache zu betrachten, überzeugt somit nicht. Gegen die herrschende Ansicht74, die im Bereich der Kraftfahrzeugschäden die Anschaffung eines gleichwertigen gebrauchten Ersatzfahrzeugs als Form der Naturalrestitution erachtet, wird teilweise auch vorgebracht, es sei widersprüchlich, das gebrauchte Kfz einerseits als vertretbare Sache zu betrachten, andererseits aber zugleich das besondere Integritätsinteresse des Geschädigten an einer teureren Reparatur gegenüber der Wiederbeschaffung beim beschädigten Fahrzeug für ersatzfähig zu erklären75. Zweifelhaft ist, ob dieser Einwand überzeugen kann. Zunächst werden mit diesem Argument zwei völlig verschiedene Problemkreise und Sachebenen vermengt. Ob die Ersatzbeschaffung bei gebrauchten Kraftfahrzeugen als Form der Naturalrestitution grundsätzlich in Betracht kommt oder nicht, ist eine Frage der Art und Weise des Schadensersatzes. Bis zu welcher Höhe der Schädiger dem Gläubiger eine Reparatur be___________ 73 So: Haug, VersR 2000, 1329, 1332, Fn. 35; ähnlich: Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Jordan, VersR 1978, 688, 691; Kellmann, AcP 187 (1987), 607, 609; Schiemann, NZV 1996, 1, 5; Reiff, NZV 1996, 425, 427. 74 Vgl. die in Fn. 71 Genannten. 75 Lange, Schadensersatz, § 6 XIV 5 f cc, S. 410; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, Anhang I Rn. 28; Stoll, Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, S. 160; Reiff, NZV 1996, 425, 427; Haug, VersR 2000, 1329, 1332, Fn. 35; Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Schiemann, NZV 1996, 1, 5; Schack, FS-Stoll, S. 61, 64, Fn. 22.

II. Wandel des Herstellungsbegriffs

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zahlen muss, an der der Gläubiger im konkreten Fall ggf. ein Interesse hat und deshalb keine Ersatzbeschaffung wünscht, weil er sie nicht als gleichwertige Form der Restitution betrachtet, ist eine ganz andere Frage, nämlich die nach der Höhe des Schadensersatzes, die ihrerseits wiederum an Kriterien der Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit zu messen ist. Darüber hinaus werden bei dem Einwand der Gegenansicht die unterschiedlichen Geschädigteninteressen, die zum einen bei der Reparatur und zum anderen bei der Ersatzbeschaffung repräsentiert werden, nicht klar genug auseinander gehalten. Das „besondere Integritätsinteresse“ 76 bei der Restitution durch Reparatur ist nicht lediglich eine Floskel, sondern enthält auch wertmäßig einen Umstand, der der Restitution durch Ersatzbeschaffung gerade nicht anhaftet. Die Reparatur befriedigt neben dem Integritäts- und Wertinteresse, die auch mit der Ersatzbeschaffung befriedigt werden, zusätzlich das Affektionsinteresse, das ein Eigentümer an einem konkreten Gegenstand haben kann77. Wenn und soweit ein Affektionsinteresse zu berücksichtigen ist, kann sich daher auch die objektive Grenze der Wirtschaftlichkeit verschieben. Kann ein solches Affektionsinteresse von vornherein nicht wirken, wie dies in der Restitutionsvariante der Ersatzbeschaffung der Fall ist, so stellt das Nichtvorhandensein aber keinen Einwand dagegen dar, es im Falle des anerkennenswerten Vorhandenseins zu berücksichtigen und der Höhe nach einen Ersatzbetrag zu gewähren, der bei der Ersatzbeschaffung nie erreicht werden könnte. Dass sich beides – Nichtvorhandensein eines Affektionsinteresses und Gewährung des besonderen Integritätszuschlages – in ein und demselben Sachverhalt gegenseitig ausschließt, ist zwar zutreffend, besagt für das abstrakte Verhältnis der Varianten der Naturalrestitution zueinander jedoch nichts. Im Ergebnis überzeugt daher auch der Einwand nicht, es sei widersprüchlich, das gebrauchte Fahrzeug einerseits als vertretbare Sache zu betrachten, andererseits aber ein besonderes Integritätsinteresse des Geschädigten an einer teureren Reparatur gegenüber einer preiswerteren Ersatzbeschaffung anzuerkennen. Des Weiteren wenden die grundsätzlichen Kritiker einer Einordnung der Ersatzbeschaffung in die Varianten der Restitution ein: „der Geschädigte müsste, wäre die Wiederbeschaffung[ 78 ] eine Restitution nach § 249 Satz 1 BGB, hinnehmen, daß ihm der Schädiger eine Ersatzsache stellt: Denn

___________ 76 BGHZ 115, 364, 373; OLG Düsseldorf, NZV 1995, 232, 233; OLG Hamm, ZfS 1995, 415, 416; OLG Düsseldorf, VersR 1996, 904, 905; Saarländisches OLG, MDR 1998, 1346; OLG Schleswig, VersR 1999, 202; OLG Karlsruhe, MDR 2000, 697; OLG Düsseldorf, ZfS 2001, 111, 113; LG Münster, SP 1992, 339, 340; LG Wuppertal, SP 2000, 163. 77 Vgl. hierzu eingehend und ausführlich Jakob, S. 163-177. 78 Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Begriffe „Wieder- und Ersatzbeschaffung“ in der Literatur synonym verwandt werden; vgl. auch Haug, VersR 2000, 1329, Fn. 6.

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3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung bei vollständiger Zerstörung ist § 249 Satz 2 BGB seinem Wortlaut nach schlechthin nicht anwendbar“79.

Dies stellt hinsichtlich der Einordnung der Ersatzbeschaffung in die Restitutionsvarianten einen berechtigten Kritikpunkt dar. Fraglich ist jedoch, ob „das wertungsmäßig allein überzeugende Ergebnis, dass es der Geschädigte selbst in der Hand haben muß, bei wem er die Ersatzsache kauft“, sich nur „erreichen läßt, wenn die Wiederbeschaffung durch den Wertersatz nach § 251 Abs. 1 BGB ermöglicht wird“ 80 . Ist dieser Schluss tatsächlich die einzige Konsequenz? Oder lässt sich die Wertung, dass der Schadensersatzgläubiger selbst entscheiden darf, bei wem er die Ersatzsache erwirbt, in anderer Weise erreichen und in das schadensersatzrechtliche System integrieren? Die Schlussfolgerung, dass die Ersatzbeschaffung lediglich Wertersatz gem. § 251 Abs. 1 BGB darstellen könne, negiert die Gründe, die zur Anerkennung der Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution geführt haben und schmälert die mit der Anerkennung verbundenen Gläubigerinteressen, wie sie Inhalt des § 249 BGB sind. Hat der Geschädigte kein Interesse an einer Ersatzsache, dann muss diese Form der Restitution im konkreten Fall ausgeblendet werden. Anderenfalls würde man das Interesse, das zur Anerkennung der Ersatzbeschaffung als Restitutionsvariante führte, in sein Gegenteil verkehren. Die Ersatzbeschaffung wurde mit dem wirtschaftlichen Restitutionsbegriff gerade deshalb zur Variante der Herstellung erklärt, um den Interessen des Geschädigten gerecht zu werden. Wird man mit der Ersatzbeschaffung den Interessen des Geschädigten aber nicht gerecht, weil er eine solche – aus welchen Gründen auch immer – nicht wünscht, muss sie unterbleiben. Dass damit über die Höhe der Schadensersatzleistung im konkreten Fall noch keine Aussage getroffen wird, soll an dieser Stelle, um möglichen Einwänden zu begegnen, ausdrücklich betont werden. Zunächst wird lediglich eine Aussage über die Art und Weise des Schadensersatzes getroffen. Dass sich der Höhe nach ggf. Beschränkungen daraus ergeben können, dass die Ersatzbeschaffung eine billigere Form der Restitution ist, wird dabei nicht negiert. Insofern muss man sich vor Augen führen, dass die Einführung der Ersatzbeschaffung und die damit einhergehende Erweiterung des Restitutionsbegriffs, der der Wirtschaftlichkeit verhaftet ist, dem Rechtsanwender in ambivalenter Gestalt begegnen. Wenngleich Ziel der Rechtsfortbildung die Berücksichtigung der ___________ 79 Lange, Schadensersatz, § 5 II 1, S. 215 und § 6 XIV 5 f cc, S. 410. Ebenso Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 184; Stoll, Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, S. 159/160; Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 402; ders., EWiR 1992, 139, 140. 80 Lange, Schadensersatz, § 5 II 1, S. 215 und § 6 XIV 5 f cc, S. 410; StaudingerSchiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 184; Stoll, Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, S. 159/160. Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 402 bezeichnet dies als das „durchschlagende Argument“.

II. Wandel des Herstellungsbegriffs

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Interessen des Geschädigten ist, darf sie auf der anderen Seite nicht mit einer unzumutbaren Belastung des Schädigers einhergehen. Dies ist letztlich auch das Ziel der oben dargestellten Rechtsprechung zur „Vergleichskontrollrechnung“, weshalb die Ersatzbeschaffung nicht nur Koordinate des § 249 BGB, sondern auch des § 251 Abs. 2 BGB ist. Im Übrigen hat der Gesetzgeber die Erweiterung des Restitutionsbegriffs durch die Rechtsprechung inzwischen ausdrücklich in seinen Willen einbezogen und damit den wirtschaftlichen Restitutionsbegriff anerkannt. In der Begründung des am 1. August 2002 in Kraft getretenen „Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften“81 wird explizit auf die Rspr. des BGH abgestellt und ausgeführt, § 249 BGB werde „– unabhängig davon, ob es sich um die Beschädigung eines Kfz oder einer anderen Sache handelt – immer dann herangezogen, wenn eine Herstellung der beschädigten Sache selbst oder die Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache möglich ist“82.

Deshalb sind die durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. c) des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften in § 249 Abs. 2 S. 2 BGB statuierten Modifizierungen der Abrechnung von Sachschäden auch für die Fälle zu berücksichtigen, in denen „die Wiederherstellung durch Ersatzbeschaffung erfolgt“83. Auf Grund dessen kann konstatiert werden, dass „damit der in der Literatur verbreiteten Kritik an der Einbeziehung der Wiederbeschaffung gleichwertiger Ersatzfahrzeuge in die Naturalrestitution nach § 249 BGB … die Grundlage entzogen ist“84. Inzwischen hat auch der BGH hervorgehoben, dass der aus den Gesetzesmaterialien ersichtliche Wille des neueren Gesetzgebers „gegen eine Abkehr von der bisherigen rechtlichen Einordnung der Ersatzbeschaffung spricht“85. 4. Ergebnis und Zusammenfassung Zumindest bei der Beschädigung vertretbarer Sachen stellt die Ersatzbeschaffung eine Variante der Naturalrestitution dar, die auch den Unmöglichkeitsbegriff determinieren kann. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass diese Form der Restitution eingeführt wurde, weil sie den Schadensersatzgläubiger begünstigen und besser stellen will. Aus dem Zweck, den Geschädigten mit der Ersatzbeschaffung besser zu stellen, folgt auf der Kehrseite zugleich, dass sie dem ___________ BGBl. I, S. 2674. BT-Drs. 14/7752, S. 13. 83 BT-Drs. 14/7752, S. 23. 84 So zutreffend G. Wagner, NJW 2002, 2049, 2058; ders., Das neue Schadensersatzrecht, S. 51 Rn. 49. Ebenso Steiger, DAR 2002, 377, 378. 85 BGH NJW 2004, 1943, 1944. 81 82

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3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

Geschädigten nicht aufgedrängt werden darf. Denn zum einen kommt es durch sie nicht zu einer vollständigen Naturalrestitution86, und zum anderen hätte der Schädiger nach § 249 Abs. 1 BGB im Falle der Zerstörung das Recht, dem Gläubiger eine Ersatzsache zu stellen87. Die Begünstigungstendenz darf nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden88. § 249 BGB dient ausschließlich den Interessen des Geschädigten. Wünscht er eine Ersatzbeschaffung, weil er sie zur Befriedigung seiner Interessen als vorzugswürdig erachtet, und wählt er diese Variante, so steht nichts im Wege, diese Form der Naturalrestitution anzuerkennen 89 . Damit führt diese Form der Naturalrestitution auch nicht zur Schmälerung von Geschädigteninteressen90, sondern legt die Berücksichtigung der Geschädigteninteressen vielmehr als leitenden Gedanken zu Grunde. Zu beachten ist des Weiteren, dass die Ersatzbeschaffung auch als eine aus dem Wirtschaftlichkeitspostulat hervorgegangene Schranke der gegenständlichen Restitution durch Reparation entwickelt wurde. Sie bestimmt deshalb den Unmöglichkeitsbegriff auf der wirtschaftlichen Vergleichsebene und hat syste___________ 86 Vgl. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 171 und 173; Jakob, S. 151; Westermann, AcP 156 (1957), 137, 141, Fn. 8. Ähnlich bereits Oertmann, LZ 1916, Sp. 1513, Sp. 1517; ders., Kommentar zum BGB, § 249, Anm. 2 b, S. 41. 87 Vgl. Lange, Schadensersatz, § 5 II 1, S. 215 und § 6 XIV 5 f cc, S. 410; StaudingerSchiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 184; Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 402; Stoll, Haftungsfolgen im bürgerlichen Recht, S. 159/160. 88 So wie dies Jakob, S. 226, tut, wenn er apodiktisch folgert, dass die „Erweiterung des Herstellungsbegriffs zwangsläufig zu einer Einschränkung des Unmöglichkeitsbegriffs führt“. 89 Auch in der Rspr. sind Entscheidungen zu beobachten, in denen dies nicht hinreichend berücksichtigt wird und der wirtschaftliche Herstellungsbegriff erheblich überdehnt und im Wege einer Rechtsfortbildung contra legem erweitert wird, sodass die – auszuschaltende – Gefahr besteht, dem Geschädigten eine Ersatzbeschaffung im Falle der Zerstörung der Sache aufzudrängen. In dieser Richtung kann der vom BGH entschiedene Fall verstanden werden, in dem ein Unikat zerstört worden war und der BGH ausführte, dass mit der Feststellung der Unmöglichkeit der Wiederherstellung, „die Unmöglichkeit der Naturalrestitution nach § 249 Satz 1 BGB noch nicht feststehen muß“, solange „Herstellung durch Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Sache den Umständen nach in Betracht kommt und die Ersatzbeschaffung nicht unverhältnismäßig ist (§ 251 Abs. 2 BGB)“ (BGHZ 92, 85, 87/88; BGH NJW 1985, 2413, 2414). Im Ergebnis hatte der BGH dies zwar verneint, weil eine ersatzweise Wiederbeschaffung auf Grund des unikalen Charakters der beschädigten Sache nicht in Betracht kam. Kritik ist hieran nicht nur deshalb zu üben, weil sich der BGH in der Entscheidung nicht vergegenwärtigt, weshalb der wirtschaftliche Restitutionsbegriff statuiert wurde, sondern auch deshalb, weil hier ein Eingriff in die Systematik und eine „Störung“ (so die Terminologie bei Steffen, NZV 1991, 1, 3; Haug, VersR 2000, 1329, 1334) des systematischen Verhältnisses der schadensersatzrechtlichen Vorschriften deshalb bereits zu erblicken ist, weil der Kl. im konkreten Fall Zahlung begehrte und deshalb § 249 Abs. 1 BGB nicht mehr in Rede stand, das Zahlungsbegehren sich aber auf § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht stützen konnte, weil die Zerstörung der Sache eindeutig dem Anwendungsbereich des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zuzuordnen ist. 90 So die Befürchtung von Schmidt, JuS 1986, 517, 521.

II. Wandel des Herstellungsbegriffs

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matisch richtigerweise die Fälle der wirtschaftlichen Unmöglichkeit im Visier. Die Fälle der wirtschaftlichen Unmöglichkeit werden jedoch allein von § 251 Abs. 2 BGB erfasst91. Dieses Ergebnis wahrt auch den Willen des historischen Gesetzgebers92. Er formulierte: „Es könne daher der Gläubiger nicht gezwungen werden, als Ersatz für die Beschädigung einer vertretbaren Sache eine andere Sache derselben Art anzunehmen …“93. Nicht zuletzt wegen dieser Begünstigungstendenz, die primär der Rechtsfortbildung zu Grunde liegt, und des Aufdrängungsschutzes, wie er primäres Anliegen des historischen Gesetzgebers war, die die Vorschriften des § 249 BGB verwirklichen sollten, verbietet es sich auch bei der Unterscheidung zwischen vertretbaren und nicht vertretbaren Sachen (sofern man diese Abgrenzung für die Einordnung überhaupt für relevant erachtet), ausschließlich nach objektiven Kriterien vorzugehen. Eine Qualifizierung der Ersatzbeschaffung ist ohne Berücksichtigung der subjektiven Interessen des Geschädigten nicht möglich94, weil die Frage der möglichst vollständigen Schadenswiedergutmachung davon beeinflusst ist, welchen Zwecken die Sache nach dem Willen des geschädigten Eigentümers – der mit ihr nach Belieben verfahren kann – zu dienen bestimmt ist. Hierauf kann und muss im Rahmen des § 249 BGB, der ja dem Schutz des Geschädigten gewidmet ist, Rücksicht genommen werden. Berücksichtigt man also diese legislative Prämisse und wählt sie gleichsam als „starting point“ und Begrenzungsfaktor für die Rechtsfortbildung, so kann diese – solange sie den Aufdrängungsschutz wahrt – weder als contra legem noch dem Willen des Gesetzgebers widersprechend95 klassifiziert werden. Aus diesen Gründen erscheint es auch nicht berechtigt, die Rechtsprechung als „paradox“ 96 oder „inkonsequent und wertungswidersprüchlich“ 97 zu bezeich___________ 91 Vgl. Oetker, NJW 1985, 345, 348. Ebenso wohl auch BGHZ 115, 375, 377 („Bei sogenanntem wirtschaftlichem Totalschaden, …, greift nicht § 251 Abs. 1 BGB, sondern [allenfalls] § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB ein; denn bei solchem Schaden ist schon von Begriff her eine Herstellung zwar [technisch] möglich, sie ist aber [wirtschaftlich] unsinnig, weil sie unverhältnismäßig hohe Aufwendungen erfordert“). 92 Diese mögliche Synthese aus dem durch Rechtsfortbildung entstandenen wirtschaftlichem Herstellungsbegriff einerseits sowie Interessenrücksichtnahme durch Disposition und Schutz des Geschädigten, die bereits der historische Gesetzgeber verfolgte, andererseits, verkennt Jakob, S. 147. 93 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. 94 Vgl. BGHZ 66, 239, 245; Medicus, JuS 1969, 449, 452; Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 169/170; Gotthardt, S. 39 und S. 158. Ähnlich auch StaudingerSchiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 183; Lange, Schadensersatz, § 5 II 1, S. 215, Fn. 14; Fabricius, JuS 1962, 224, 226; Medicus, JZ 1985, 42. A.A. Jordan, VersR 1978, 688, 691; Hohloch, JR 1985, 195, 196. 95 So aber Haug, VersR 2000, 1329, 1333. 96 Haug, VersR 2000, 1471, 1474. 97 Jakob, S. 147.

3. Kapitel: Grundlagen und Ausgangspunkte der weiteren Untersuchung

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nen, wenn sie einerseits den wirtschaftlichen Restitutionsbegriff zur Legitimation der Dispositionsfreiheit heranzieht, und damit dem Geschädigten die Wahlmöglichkeiten zur Verfügung stellt, andererseits aber den Anwendungsbereich der Dispositionsfreiheit auf den engen faktischen Restitutionsbegriff des historischen Gesetzgebers beschränkt. So wie sich die Beschränkungen aus dem Wirtschaftlichkeitspostulat erst auf einer weiteren Stufe ergeben, so wird auch der Unmöglichkeitsbegriff nicht „zwangsläufig“98 durch den wirtschaftlichen Restitutionsbegriff determiniert. Nur wenn der Geschädigte eine Ersatzbeschaffung für interessengerecht hält, ist es gerechtfertigt, sie zur Bestimmung des Unmöglichkeitsbegriffs heranzuziehen. Die Ersatzbeschaffung ist dann Ausdruck einer getroffenen Wahl. Wählt er jedoch die Restitutionsalternative der Reparatur oder den dazu erforderlichen Geldbetrag, bezieht sich eine Unmöglichkeit allein auf diese Form. Würde man den Geschädigten im Falle der Unmöglichkeit der Reparatur „zwangsläufig“99 auf die Möglichkeit der Restitutionsalternative der Ersatzbeschaffung oder den hierzu erforderlichen Geldbetrag verweisen, dann würde dem Geschädigten eine Art der Herstellung aufgezwungen, die er nicht wünscht, die der historische Gesetzgeber nicht akzeptierte und die das Ziel und den Zweck der Rechtsfortbildung, die zum wirtschaftlichen Restitutionsbegriff führte, in ihr Gegenteil verkehren würde. Dies kann nicht richtig sein. Nochmals soll dabei betont werden, dass damit über die Höhe des Ersatzbetrags im konkreten Fall noch keinerlei Aussage getroffen wird. An dieser Stelle wirkt sich dann der andere Aspekt der Wirtschaftlichkeit im Sinne ökonomischer Vernunft aus. Begrenzung des Ersatzes der Höhe nach ist ein anderer Aspekt als der der Beschränkung des Ersatzes nach Art und Weise.

___________ 98 99

Jakob, S. 226. Jakob, S. 226.

4. Kapitel

Die Tragfähigkeit der Argumentation der Rechtsprechung und Literatur zur Frage der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution Im folgenden Kapitel sollen nun die Argumentationslinien der Rechtsprechung und Literatur hinsichtlich der Behandlung der Problematik der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution, wie sie in den Kapiteln 1 und 2 vorgestellt wurden, im Einzelnen untersucht und auf ihre Tragfähigkeit hin gewürdigt werden. Erkenntnistheoretisch werden dabei maßgeblich das innere System des Schadensersatzrechts und die historisch-teleologische Interpretation die methodischen Grundsätze der Überprüfung sein.

I. Die Wortlautinterpretation Ausgangspunkt der Erörterung der Problematik der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution im Sachschadensrecht soll dabei die Interpretation nach dem Wortlaut der §§ 249, 251 BGB im System der schadensersatzrechtlichen Vorschriften sein. Zur Erinnerung: Während der 5. Zivilsenat des BGH1 und Teile des Schrifttums2 die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalherstellung dem Anwendungsbereich des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zuordnen, befürworten der 6. Zivilsenat des BGH3 und andere Teile der Literatur4 eine Differenzierung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit der Naturalrestitution, wonach nur die erstere dem Tatbestand des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB ___________ BGHZ 81, 385, 390; 147, 320, 322; BGH NJW 1993, 1793, 1794; 1998, 2905. Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 3; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 10; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 470/471; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 363; Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 221; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 169; dies., JuS 1991, 441, 444. 3 BGHZ 66, 239, 243/244; BGH VersR 1977, 134; 1978, 182; 1978, 235; 1985, 865, 86; 1985, 963, 964; BGH NJW 1985, 2469. 4 Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468; MüKo-Grunsky, § 249 Rn. 15 ff.; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 348 ff.; Werres, NJW 1982, 2483, 2484; Weitnauer, FS-Uni Heidelberg, S. 279, 286 f.; Schlechtriem, DAR 1975, 122, 123; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 310 ff.; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 251 Rn. 10; Palandt-Heinrichs, § 249 Rn. 5; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 433/434. 1 2

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

unterfalle, letztere hingegen den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB unberührt lasse. Uneingeschränkte Einigkeit besteht insoweit und ist damit unbestrittener Ausgangspunkt, dass § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB den Geschädigten jedenfalls dann auf die nach dem Wertinteresse bemessene Geldkompensation verweist, wenn die Herstellung des ursprünglichen Zustands durch Instandsetzung der Sache5 von Anfang an unmöglich war und die Sachzerstörung damit nicht in den Anwendungsbereich von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB fällt6. Damit steht aber mitnichten fest, welche weiteren Formen der Unmöglichkeit von § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB ggf. noch erfasst sind. Insbesondere weckt bereits der Wortlaut der Norm selbst erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der vom 5. Zivilsenat des BGH in seinem Urteil vom 2. Oktober 1981 aufgestellten These (die sich schließlich als so tragend erwies, dass sie zum Leitsatz avancierte), nach der die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution zum Erlöschen des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB führen soll7. Damit wird zwischen dem Unmöglichkeitstatbestand des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB und den Restitutionsansprüchen des § 249 BGB eine direkte Verknüpfung dergestalt gesehen, dass § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB jegliche Erscheinungsformen des Leistungshindernisses der Unmöglichkeit regelt. Für die Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit leuchtet dies jedoch deshalb nicht ein, weil der Gesetzgeber den Kompensationsanspruch im Tatbestand in der Zeitform des Präsens („ist die Herstellung nicht möglich“) und damit so wie die rechtshindernde Einwendung des § 306 BGB in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung formulierte. Demgegenüber heben sich die klaren Formulierungen des § 275 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung („wird die Leistung unmöglich“, „infolge eines nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Umstandes“, „nachträglich eintretende Unvermögen des Schuldners“) deutlich von der tatbestandlichen Beschreibung des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB ab. Gleichermaßen spricht dabei die Formulierung „soweit die Herstellung nicht mög___________ 5 Auch bei diesem Unmöglichkeitstatbestand wird ganz allgemein nicht der erweiterte wirtschaftliche Herstellungsbegriff, der auch die Ersatzbeschaffung umfasst, zu Grunde gelegt. Es liegt demnach nur in der Konsequenz der Sache und bestätigt das bereits erörterte Ergebnis, dass der wirtschaftliche Herstellungsbegriff den Begriff der Unmöglichkeit der Naturalrestitution grundsätzlich nicht determiniert. Die Unmöglichkeit der Naturalherstellung ist auf den faktischen Herstellungsbegriff des historischen Gesetzgebers zu beziehen. 6 Vgl. BGHZ 81, 385, 389; 102, 322, 325; BGH VersR 1975, 1047; ZIP 1998, 1313; v. Westphalen, DAR 1999, 295, 296; Weber, VersR 1990, 934, 936; Medicus, VersR 1981, 593, 599; ders., JZ 1985, 42; Wolf, S. 10 und 46; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 218; MüKo-Grunsky, § 249 Rn. 26; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 347; Palandt-Heinrichs, § 249 Rn. 6; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 359; Schack, FS-Stoll, S. 61, 69. 7 BGHZ 81, 385, 390.

I. Die Wortlautinterpretation

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lich ist“ auch gegen die vielfach befürwortete Differenzierung zwischen nachträglich objektiver und subjektiver Unmöglichkeit. Der Wortlaut bringt damit zum Ausdruck, dass die Wiederherstellungspflicht des § 249 BGB die Rechtsfolge eines Schadensersatzanspruchs darstellt und daher unmittelbar an den schadenstiftenden Umstand anknüpft. Dieser schadenstiftende Umstand ist von den Umständen zu trennen, die in der Folge Einflüsse auf den Schaden haben können. Ordnet das Gesetz in der Zeitform des Präsens eine bestimmte Rechtsfolge an, dann rekurriert es auf den unmittelbaren Tatbestand und schließt erst in der Folge eintretende weitere Faktoren von seinem Regelungsbereich aus. Das aber bedeutet, dass § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB nur die Unmöglichkeit der Wiederherstellungspflicht erfassen kann, die aus der Art und Weise der Schädigung selbst folgt, weil es sich um eine Rechtsfolgennorm eines Schadensersatz auslösenden Ereignisses handelt. So wenig wie diese semantische Interpretation neu ist8, so wenig überzeugt die bislang hieran geübte Kritik – insbesondere in der älteren Literatur9. Auch wenn neuerdings immer wieder betont wird, „§ 251 Abs. 1 BGB meint mit ‚nicht möglich‘ nicht das, was die für Leistungsstörungen maßgebenden §§ 275, 306, 323 BGB mit ‚unmöglich‘ bezeichnen“10, überzeugt dies zum einen nicht, weil der Gesetzgeber grundsätzlich, wenn er Begriffe und Formulierungen gebraucht, die einen bestimmten, klar konturierten Bedeutungsgehalt aufweisen, diese auch in den Fallgestaltungen ebenso verstanden wissen will, wenn er dieselben Begriffe und Formulierungen an anderer Stelle im Gesetz benutzt, er sich zumindest prima vista hieran zunächst festhalten und messen lassen muss. Zum anderen hatte der Gesetzgeber bei der Statuierung der schadensersatzrechtlichen Bestimmungen durchaus das Unmöglichkeitsrecht im Blick, womit auch die Anlehnung der Formulierungen des Gesetzestextes durchaus als nahe liegend – und damit nicht als unzulässig oder irreführend – betrachtet werden kann. Wenn der Gesetzgeber in den Motiven zum BGB ausführt: ___________ 8 Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 241 und 265; Litten, Die Wahlschuld, S. 111/112. 9 Planck-Siber, § 249 Anm. 3 b), S. 70 kritisiert wie folgt: „… so führt nur unzulässiges Urgieren des Wortes ‚ist‘ in § 251 Abs. 1 zu dem Ergebnis, daß der Anspruch auf Geldersatz nur bei ursprünglicher und nicht auch bei nachfolgender zufälliger Unmöglichkeit der Herstellung bestehe“. Vgl. auch Planck-Siber, § 251 Anm. 1 b), S. 90. So bereits schon Siber, KritVjschr 46 (1905), 526, 536. Kreß, Allgemeines Schuldrecht, § 16 Nr. 4 b, S. 348, Fn. 24 und S. 349, Fn. 27 kritisiert wie folgt: „Doch gilt § 251 Abs. 1 – trotz der irreführenden Fassung ‚ist‘ – auch, wenn die objektive Unmöglichkeit der Naturalrestitution erst nach der Begründung des Schadensersatzanspruchs eintritt, gleichviel ob die Unmöglichkeit vom Schadensersatzschuldner verschuldet ist oder nicht.“ Ähnlich auch Chamizer, S. 41/42, Fn. 2. Weshalb die Wortlautinterpretation aber unzulässig oder irreführend sei, wird nicht erörtert. 10 So Weber, VersR 1990, 934, 942, Fn. 135; in derselben Richtung auch Lange, Schadensersatz, § 5 VI 1, S. 234; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 217.

4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

80

„Der Grundsatz, daß zum Zwecke des Schadensersatzes zunächst Naturalrestitution zu leisten und der Gläubiger auch Letztere, soweit sie möglich, anzunehmen verpflichtet ist, erleidet nur scheinbar eine Ausnahme in den Fällen, in denen dem Gläubiger wegen theilweiser Unmöglichkeit der Leistung oder wegen Verzuges des Schuldners das Recht zusteht, unter Ablehnung des möglich gebliebenen Theils der Leistung oder der verspäteten Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern, bz. vom Vertrage zurückzutreten (§§ 242, 243, 247, 369, 377 Abs. 2). In der That ist in diesen Fällen die Herstellung des dem Schuldverhältnisse zunächst entsprechenden Zustandes nicht möglich und vom höheren Gesichtspunkte seines Interesses ist dem Gläubiger gestattet, Schadensersatz in Geld wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit, gleich als ob diese aus einem vom Schuldner zu vertretenden Umstande eingetreten wäre, zu fordern oder durch Rücktritt von dem Vertrage den Zustand herzustellen, wie wenn der Vertrag gar nicht geschlossen worden wäre“11,

so wird hinreichend deutlich, dass er bei der Fassung der schadensersatzrechtlichen Normen auch die Rückbindung zum Recht der Leistungsstörungen infolge Unmöglichkeit gesehen hat. Darüber hinaus werden die Formen der anfänglichen und nachträglichen Unmöglichkeit nicht nur im Recht der Leistungsstörungen mit der hier dem Verständnis des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zu Grunde gelegten gesetzessprachlichen Ausprägung behandelt. Als Beispiele seien nur angeführt: § 265 S. 1 BGB („ist eine der Leistungen von Anfang an unmöglich“, „wird sie später unmöglich“), § 338 S. 1 BGB („wird die von dem Geber geschuldete Leistung […] unmöglich“), § 2171 S. 1 BGB („Vermächtnis, das auf eine zur Zeit des Erbfalls unmögliche Leistung gerichtet ist“), § 2196 Abs. 1 BGB („wird die Vollziehung einer Auflage infolge eines von dem Beschwerten zu vertretenden Umstandes unmöglich“). Wenn sich demnach durch das gesamte BGB eine Konsistenz der Gesetzessprache bezüglich der Umschreibungen von Fallgestaltungen ergibt, in denen sich eine Leistung einerseits anfänglich und andererseits nachträglich als unmöglich erweist, dann spricht viel dafür, dass sich der Gesetzgeber bewusst für diese Formulierungen entschieden hat. Aus diesem Grund ist auch nicht nachzuvollziehen, weshalb die Gesetzesverfasser gerade im Bereich des Rechts des Schadensersatzes eine sonst üblicherweise lediglich für eine bestimmte Fallkonstellation vorgesehene und vorbehaltene Wendung anders verstanden wissen wollten. Zumindest liegt das wegen des Gleichlauts der Formulierungen nicht gerade nahe und hätte zumindest eines erklärenden Wortes in der Gesetzesbegründung bedurft. Anders formuliert heißt dies, dass eigentlich diejenigen in der Schuld zur vertiefenden Begründung stehen, die meinen, der Gesetzgeber habe ausgerechnet in diesem Bereich eine sonst der Fallgruppe der anfänglichen Unmöglichkeit vorbehaltene gesetzessprachliche Formulierung in einem anderen, dem widersprechenden und viel umfänglicheren Sinn gewählt. ___________ 11

Motive Bd. II Recht der Schuldverhältnisse, S. 20 = Mugdan, Bd. 2, S. 11.

I. Die Wortlautinterpretation

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Einem – prima vista naheliegenden – Einwand gegen die Abschichtung der anfänglichen von der nachträglichen Unmöglichkeit sei bereits an dieser Stelle begegnet. Das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“ vom 26. November 200112 hat den in § 306 BGB a.F. enthaltenen Regelungsgedanken ersatzlos aufgehoben, die anfängliche Unmöglichkeit der nachträglichen grundsätzlich gleichgestellt und auch gesetzessprachlich die Befreiung des Schuldners von der primären Leistungspflicht nicht mehr an das Unmöglichwerden, sondern in § 275 Abs. 1 BGB an das Unmöglichsein der Leistung geknüpft13. Damit steht gesetzesterminologisch im Recht der Leistungsstörungen die Wendung „unmöglich ist“ nunmehr sowohl für die anfängliche als auch für die nachträgliche Unmöglichkeit. Trotzdem hat dieser Wechsel in der Gesetzessprache durch den „modernen“ Gesetzgeber keinen Einfluss auf die semantische Interpretation des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB, die auf der Grundlage des historischen Gesetzgebers weiterbesteht, weil der „moderne“ Gesetzgeber die Bezugsvorschriften, die auf der traditionellen Terminologie aufbauen, gerade keiner Änderung unterzogen hat. Weder wurde eine sprachliche Anpassung von Vorschriften vorgenommen, deren Unterscheidung von anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit im Geltungsgehalt sicher und unumstritten ist14, noch enthält das Gesetz oder die Gesetzesbegründung Aussagen dazu, dass auch Streitfälle, wie der in Rede stehende des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB, einem geänderten Verständnis oder Wechsel im Paradigma unterzogen werden sollten. Zudem ist die Differenzierung zwischen den Fallkonstellationen der anfänglichen und nachträglichen Unmöglichkeit auch im Bereich des Rechts der Leistungsstörungen nicht gänzlich aufgehoben worden: Während der Schuldner bei der nachträglichen Leistungsbefreiung nach §§ 280 Abs. 1, 280 Abs. 3, 283 S. 1 BGB auf Schadensersatz statt der Leistung für vermutetes Vertretenmüssen – bezogen auf den befreienden Umstand – haftet, haftet der Schuldner bei der anfänglichen Leistungsbefreiung nach § 311a Abs. 2 BGB auf Schadensersatz statt der Leistung für vermutetes Vertretenmüssen – bezogen auf die Kenntnis. Aus all dem folgt, dass das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts auf die Auslegung der §§ 249 Abs. 2 S. 1, 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB ohne Einfluss ist. Im Ergebnis kann damit festgehalten werden, dass nach der Wortlautinterpretation von der Vorschrift des § 251 Abs. 1 BGB lediglich die anfängliche Unmöglichkeit der Herstellung erfasst wird. Vom Wortlaut her sind damit sämtliche Fallgestaltungen der nachträglichen Unmöglichkeit der Herstellung nicht von der Kompensationsvorschrift erfasst.

___________ BGBl. I, S. 3138. Vgl. auch Zimmer, NJW 2002, 1, 2. 14 Vgl. die oben angeführten Bsp. der §§ 265 S. 1, 338 S. 1, 2171 S. 1, 2196 Abs. 1 BGB. 12 13

4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

82

II. Der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Einen wesentlichen argumentativen Begründungsstrang zur Auslagerung der Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution aus dem Anwendungsbereich des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sehen der 5. Zivilsenat des BGH15 und Teile des Schrifttums16 in dem behaupteten transitorischen Charakter dieser Norm17. Danach handele es sich bei dem in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem Gläubiger gewährten Anspruch auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag lediglich um ein Mittel der Naturalrestitution, das als solches allerdings die Möglichkeit der Herstellung i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB voraussetze. Für dieses Mittel der Naturalrestitution verbleibe daher kein Raum, wenn eine Herstellung in Natur nicht mehr möglich sei; der erforderliche Geldbetrag sei daher zweckgebunden. Die vorübergehende Natur des Anspruchs wird dabei aus dem „Zusammenhang“18 zwischen den Restitutionsansprüchen und aus der „Kopplung des Satzes 2 als einer an die Stelle des Satzes 1 tretenden Ersetzung des einen Weges der Herstellung durch einen anderen“19 geschlossen. Nur dann, wenn der Geschädigte (wenn er wollte) auch den Weg der Restitution in Natur einschlagen könnte, könne er den Anspruch auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag geltend machen. Anderenfalls sei er auf den Wertersatzanspruch aus § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB verwiesen20. ___________ BGHZ 81, 385, 391/392; 147, 320, 322; BGH NJW 1993, 1793, 1794. Bötticher, VersR 1966, 301, 307 ff.; Stoll, JuS 1968, 504, 506; Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 218 ff.; Lange, WM 1990, Sonderbeilage 7, S. 11; Köhler, FSLarenz, S. 349, 363 und 368; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 470/471; Esser/ Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Thürmann, VersR 1976, 1117; Schiemann, DAR 1982, 309, 311; Schmidt, JuS 1986, 517, 518; Knobbe-Keuk, VersR 1976, 401, 406; Jordan, VersR 1978, 688, 690; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163/164; dies., JuS 1991, 441, 445; Leonhard, VersR 1983, 415, 417; Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 465; wohl auch Greger, NZV 2000, 1, 2; ders., Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, 49, 50 = NZV 2002, 222. 17 Eine grobe Verkennung des Streitstandes stellt es deshalb dar, wenn behauptet wird, der Ersatzanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sei „nach allgemeiner Meinung davon unabhängig, ob der Geschädigte seinen Schaden behoben hat oder beheben will“. So aber Schmalzl, VersR 2002, 816. 18 Greger, NZV 2000, 1, 3; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 364; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 470. 19 Stoll, JuS 1968, 504, 506. Ebenso Bötticher, VersR 1966, 301, 307; SchmidtSalzer, BB 1970, 55, 59; Knobbe-Keuk, VersR 1976, 401, 406; Jordan, VersR 1978, 688, 690; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 215; Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 465/466, der § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als „Annex“ des § 249 Abs. 1 BGB betrachtet und den „Wortlaut des Gesetzes“ für ausschlaggebend hält; Haas/Horcher, DStR 2001, 2118: „wie es das Gesetz an sich vorsieht“. 20 Vgl. Bötticher, VersR 1966, 301, 307; Stoll, JuS 1968, 504, 506; Knobbe-Keuk, VersR 1976, 401, 406; Jordan, VersR 1978, 688, 690; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163. 15 16

II. Der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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Deutlich wird bei dieser Argumentation zweierlei: Zum einen hängt die Frage des transitorischen Charakters eng mit der Problematik der Dispositionsfreiheit über den von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gewährten Geldbetrag zusammen. Die Zweckbindung als Gegenpol der Dispositionsbefugnis wird damit aus der vorübergehenden Gestalt des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hergeleitet21. Zum anderen zeigt sich, dass die Vertreter der Zweckbindung für ihre These der transitorischen Gestalt neben der Ablehnung der Dispositionsfreiheit lediglich auf die systematische Stellung des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB direkt im Anschluss an den § 249 Abs. 1 BGB und die Interpretation des Wortlauts in Bezug auf die Präposition „statt“ in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB abstellen, die jedoch, wie bereits angedeutet wurde22, in dieser Hinsicht nur wenig überzeugend ist. Aus der systematischen Stellung des Absatzes 2 folgt für eine transitorische Gestalt des Anspruchs nichts. Dass beide Ansprüche in der die Art und Weise des Schadensersatzes regelnden Auftaktnorm enthalten sind, ist Ausfluss des Vorrangs der Naturalrestitution gegenüber der sekundären Geldkompensation. Weil der historische Gesetzgeber die Restitution in natura als umfassenderes und vollständigeres Mittel der Restitution ansah23, folgt § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem § 249 Abs. 1 BGB nach, zumal Ersterer lediglich für eine Teilmenge, nämlich die Personenverletzung und Sachbeschädigung, gilt und dieser Teilbereich nicht vorab einer Regelung zugeführt werden kann, der sich erst als Besonderheit eines Grundsatzes herausstellt. Der historische Gesetzgeber war sich auch der „unechten Zwitterstellung“ der geldwerten Naturalrestitution bewusst24, weshalb es aus ___________ 21 Weil aber im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zwischen den einzelnen Argumentationssträngen differenziert und diese einer getrennten Behandlung zugeführt werden sollen, wird an dieser Stelle auf die Pro- und Contra-Argumente zur Dispositionsfreiheit noch nicht eingegangen. 22 Vgl. oben im 1. Kapitel unter I. 2., S. 24. 23 Vgl. z.B. in den Motiven zum BGB, Inhalt der Schuldverhältnisse, S. 20 = Mugdan, Bd. 2, S. 11: „Das die Verpflichtung zur Naturalrestitution in erster Linie in sich schließende Prinzip der Wiederherstellungspflicht hat die Natur der Sache für sich und entspricht der Rechtslogik. Eine dasselbe verleugnende allgemeine Regel wäre ungerecht bald gegen den Gläubiger, bald gegen den Schuldner“ oder in den Protokollen der II. Kommission, Bd. I, S. 296 = Mugdan, Bd. 2, S. 513: „Von allen Seiten sei anerkannt worden, daß die Naturalrestitution zum Zwecke der Beseitigung einer Rechtsverletzung nicht entbehrt werden könne. Insbesondere bei der widerrechtlichen Wegnahme einer Sache und bei den durch Delikt veranlaßten Rechtsänderungen sei die Herstellung des früheren Zustandes das dem Interesse des Verletzten am besten entsprechende Mittel des Ersatzes.“ 24 In den Protokollen der II. Kommission, Bd. I, S. 296/297 = Mugdan, Bd. 2, S. 513, heißt es: „Es gehe nicht an, den Gläubiger nur das Recht auf Naturalrestitution einzuräumen. […] Deswegen müsse der Gläubiger das Recht haben, den Betrag, welchen die Herstellung erfordere, in Geld zu verlangen“ (Hervorhebung vom Verf.). Für die „unechte Zwitterstellung“ der geldwerten Restitution ist diese Protokollstelle deshalb bezeichnend, weil das Instrument in der Hand des Gläubigers zwar ein solches der Restitution darstellt, vom Gesetzgeber so jedoch nicht bezeichnet wurde, weil es, wegen der ausschließlich in Geld zu gewährenden Schadensersatzleistung an den Gedanken der

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

seiner Sicht nur konsequent war, den Regelungsgehalt des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB demjenigen des § 249 Abs. 1 BGB nachfolgen zu lassen, weil anderenfalls der beabsichtigte Grundsatz-Ausnahme-Charakter zwischen Restitution und Kompensation allzu leicht in Frage gestellt worden wäre. Ein „Zusammenhang“ zwischen den beiden Absätzen des § 249 BGB oder eine „Koppelung“ des Anspruchs auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag an die Norm des § 249 Abs. 1 BGB folgt auch nicht daraus, dass § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den Geldbetrag „statt der Herstellung“ gewährt. Ein transitorischer Charakter und eine damit verbundene zweckgebundene Gewährung des Anspruchs ließe sich allenfalls dann begründen, wenn die Vorschrift dem Gläubiger den Restitutionsbetrag „für“ oder „zur“ Herstellung25 zur Verfügung stellen würde. Zwar verwendet das Gesetz nun auch nicht mit „anstatt“ das konkrete Gegenteil, das eindeutig gegen eine Zweckbindung und die transitorische Natur des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sprechen würde. Zur „reinen Geschmacksfrage“ 26 sollte man diese semantische Interpretation jedoch nicht degradieren27, weil etymologisch viel dafür spricht, dass die Präposition „statt“ als „anstatt“ verstanden werden kann und muss. Die Präposition „anstatt“ hat sich im 15. Jahrhundert aus dem gemeingermanischen Substantiv „Statt“ herausgebildet. Im Deutschen erhielt es im 12. Jahrhundert die Bedeutung von „Ortschaft“, später wurde es durch die abweichende Schreibweise „Stadt“ ausgedrückt und heute erscheint es in der Bedeutung von „Stelle“ fast nur noch als Grundwort in zusammengesetzten Substantiven und wird seit dem 17. Jahrhun-

___________ Kompensation, die ihrerseits lediglich abgegolten wird, erinnert. Ebenso deutlich die Vorkommission des Reichsjustizamts, die sich in der Gesetzgebungsgeschichte als erstes mit dem Gläubigerinstrument des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu befassen hatte. In den Protokollen des Reichsjustizamts wird zur Begründung der Annahme dieses Instruments ausgeführt: „Anlangend die im Abs. 2 zusätzlich beschlossenen Vorschriften, so war die Erwägung maßgebend, daß im Falle des Abs. 2 S. 1 die Entrichtung der entsprechenden Geldentschädigung an Stelle der Herstellung des früheren Zustandes einerseits im Interesse des Beschädigten liegen könne und andererseits für den Beschädiger keine Mehrbelastung enthalte“; vgl. Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 98 (Hervorhebung vom Verf.). Vgl. auch die ganz frühe Lit. Behrend, DJZ 1897, 341: “Das BGB bestimmt in § 249, daß der Schadensersatz durch Herstellung des ursprünglichen Zustandes, bei Verletzung von Personen und Beschädigung von Sachen nach Wahl des Gläubigers auch durch Geldentschädigung zu leisten ist“ (Hervorhebung vom Verf.). 25 So aber unter Missinterpretation des korrekten Wortlauts der Norm Köhler, FSLarenz, S. 349, 350; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 434; Schack, FS-Stoll, S. 61, 63. Zu Recht kritisch Schiemann, AcP 185 (1985), 73, 79. 26 So allerdings Jakob, S. 34. 27 Nicht ganz zu Unrecht meint Pamer hingegen, dass „dem Gesetzeswortlaut nicht einmal andeutungsweise eine Verpflichtung zur sachgebundenen Verwendung dieses Betrages [nämlich des aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, Anm. des Verf.] zu entnehmen ist“; vgl. Pamer, NZV 2000, 490, 491.

II. Der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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dert meist zur Präposition „statt“ verkürzt28. Ein so verstandener Sprachgebrauch hat erst unlängst durch den Gesetzgeber eine Renaissance erfahren. Die durch das „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“29 im Recht der Leistungsstörungen bisher als „Schadensersatz wegen Nichterfüllung“ bezeichnete Kategorie firmiert nunmehr in den §§ 281, 282, 283, 311a Abs. 2 BGB unter der Bezeichnung des „Schadensersatzes statt der Leistung“30 und stellt einen sekundären, der primären Leistungspflicht nicht zweckverhafteten Anspruch dar, der vom Begriffe her in den Rechtsfolgen nicht mehr an die Schadensursache, sondern an das Auszugleichende anknüpft31. Der Gesetzgeber hat sich hier einerseits ebenso wie in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB der in der deutschen Sprache seit dem 17. Jahrhundert gebräuchlichen Verkürzung der Präposition „anstatt“ bedient und andererseits, nicht anders als in der Vorschrift des § 249 BGB, den Gedanken des schadensersatzrechtlichen Ausgleichsprinzips in den Mittelpunkt gerückt. Auch sprechen der von den Vertretern der Zweckbindungsthese stark strapazierte Regelungszusammenhang und die Systematik der Vorschriften im schadensersatzrechtlichen System bei der soeben zu Grunde gelegten Wortlautinterpretation als Indiz gegen einen transitorischen Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und für die bereits angedeutete These, dass § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB lediglich die Fälle ursprünglicher, d.h. im Zeitpunkt des Entstehens des gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses eintretender Unmöglichkeit erfasst. Der den Schädiger zur Herstellung des hypothetischen Zustands verpflichtende Anspruch nach § 249 Abs. 1 BGB knüpft insoweit direkt an § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB an, als das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis eine solche Wiederherstellung überhaupt zulässt. Führt die Schadensersatz auslösende Handlung unmittelbar zum Untergang des Objekts (Zerstörung der Sache) oder Subjekts (Tötung der Person), entbehrt eine „Wiederherstellungspflicht“ jeglicher tatsächlicher Grundlage und hat daher auch rechtlich keine Berechtigung 32 . Eine Schadenswiedergutmachung ist von Anfang an nur in kompensatorischer Form möglich, und dies ordnet § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB an. Die direkte Abhängigkeit des § 251 Abs. 1 BGB von § 249 Abs. 1 BGB kam deutlich im 1. Entwurf des BGB zum Ausdruck, in dem der heutige § 251 Abs. 1 BGB als Halbsatz 2 direkt dem Halbsatz 1 des § 219 BGB-E I, der dem ___________ 28 Duden, Bd. 7, Herkunftswörterbuch, S. 704. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Duden die beiden Präpositionen als synonym, mindestens aber sachverwandt, behandelt. Im Bd. 7 (Herkunftswörterbuch, S. 38 und 704) wird zur Erklärung von „anstatt“ auf die Erklärung zu „statt“ verwiesen, währenddessen im Bd. 10 (Bedeutungswörterbuch, S. 63 und 609) umgekehrt verfahren wird. 29 BGBl. I, S. 3138. 30 Zimmer, NJW 2002, 1, 6 bezeichnet dies plastisch als „neue Nomenklatur“. 31 Teichmann, BB 2001, 1485, 1488; Zimmer, NJW 2002, 1, 8; Gsell, JbjZivRWiss 2001, 105, 106; Wieser, MDR 2002, 858, 859. 32 „Impossibilium nulla est obligatio“.

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Regelungsgehalt des heutigen § 249 Abs. 1 BGB entsprach, angefügt war 33 . Diese Bindung wurde jedoch durch die Einfügung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht gelöst, sondern auch durch die Wortwahl bestätigt. §§ 249 Abs. 1 und 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB rekurrieren auf die Herstellung, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB stellt demgegenüber auf einen dem Gläubiger in Geld zu leistenden Anspruch ab, der ihm statt der Herstellung gewährt wird. Dass dieser Anspruch zwar abhängig ist von der im Zeitpunkt des Entstehens der Ersatzpflicht prinzipiell bestehenden und damit ursprünglichen Möglichkeit der Herstellung, folgt aus den tatbestandlichen Einschränkungen der „Verletzung“ oder „Beschädigung“. War dem aber so und gewährt das Gesetz dem Geschädigten den Anspruch in der Folge „statt“ der Herstellung, so bringt es damit zum Ausdruck, dass der Anspruch vom Fortbestehen der Herstellungsmöglichkeit gelöst wird. Denn unter Berücksichtigung der oben erläuterten etymologischen Bedeutung wird bei der Einräumung einer Rechtsposition „statt“ einer ursprünglich geschuldeten Erstere von dem rechtlichen und tatsächlichen Schicksal der Letzteren regelmäßig gelöst. Damit verselbstständigt sich das Restitutionssurrogat und ist der Herstellungsmöglichkeit nicht mehr verbunden. Diesem Gesetzeskonzept entsprechend lässt sich auch zwanglos die Konstellation lösen, in der der Geschädigte das ihm durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eingeräumte Recht noch nicht ausgeübt hat oder nicht ausüben wollte, vielmehr der Naturalrestitutionsanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB bestand oder vom Geschädigten ausnahmsweise erwünscht war und die Sache vor der Wiederherstellung durch den Schädiger untergeht. Da § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB nach der hier zu Grunde gelegten These diesen Sachverhalt nicht erfasst, wird das Restitutionssurrogat zum alleinigen Anspruchsinhalt; die Ersetzungsbefugnis verdichtet sich zum Ersatzanspruch. Entsprechend der Regelung des § 275 Abs. 1 BGB wird demnach der Schuldner von seiner Wiederherstellungspflicht befreit, der Anspruch aus § 249 Abs. 1 BGB geht unter. An seine Stelle tritt nun aber nicht die Rechtsfolge der Entschädigung nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder gar völlige Leistungsfreiheit des Schuldners34 (wie dies vielfach noch in der älteren Literatur als notwendige Konsequenz angesehen wurde35), sondern der ___________ Vgl. Mugdan, Bd. 2, S. III; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 96. Bezogen auf den Fall, dass den Schuldner kein Verschulden an dem nachträglich die Naturalrestitution unmöglich machenden Ereignis trifft. 35 Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 239/240 und 265 bis 268; Litten, Die Wahlschuld, S. 112 und 120; v. Tuhr, DJZ 1899, 304, 306; ders., KritVjschr 47 (1907), 63, 80. Insoweit – nicht jedoch hinsichtlich der gezogenen Konsequenzen – zu Recht kritisch und ablehnend ebenfalls bereits in der älteren Lit. Chamizer, S. 41/42, Fn. 2; Planck-Siber, § 249 Anm. 3 b), S. 70 und § 251, Anm. 1 b), S. 90; Oertmann, § 249, Anm. 3 a), S. 43; Pescatore, Die Wahlschuldverhältnisse, S. 153, Fn. 7 und S. 275; Kreß, Allgemeines Schuldrecht, § 16 Nr. 4 b, S. 349; Siber, KritVjschr 46 (1907), 526, 535/536; Boethke, Gruch 48 (1904), 426, 427/428. 33 34

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Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung 36 folgt dem Grunde gem. der §§ 280 Abs. 1, 280 Abs. 3, 283 S. 1 BGB nach. Dieser setzt jedoch kein – vermutetes – Verschulden des Schädigers (gem. der §§ 280 Abs. 1 S. 2, 283 S. 1 BGB) voraus, sondern besteht verschuldensunabhängig auf Grund des Rechtsfortwirkungsgedankens des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, welcher den Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag statt der Herstellung gewährt37. Inhaltlich wird der Schadensersatzanspruch statt der Leistung ohnehin durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB konkretisiert, der seine Wirkung als Restitutionssurrogat entfaltet. Im Gegensatz zu den Vorschriften der §§ 280 Abs. 1 S. 2, 283 S. 1 BGB bedarf es keines – weiteren, zusätzlichen – Verschuldens des Schadensersatzverpflichteten hinsichtlich des die Wiederherstellung des hypothetischen Zustands in natura unmöglich machenden Umstands. Dies folgt aus der Überlegung, dass die §§ 275, 280, 283 BGB davon handeln, wann infolge Unmöglichwerdens der zunächst geschuldeten Primärleistung ein Schadensersatzanspruch und damit eine Sekundärleistungsverpflichtung des Schuldners entsteht. Die Normen der §§ 275, 280, 283 BGB handeln jedoch nicht davon, wann ein schon bestehender Schadensersatzanspruch aus einem Herstellungsanspruch in natura zu einem Herstellungsersatzanspruch in Geld wird. ___________ 36 Auf Grund der geänderten Wortwahl durch den modernen Gesetzgeber leuchtet dies im Sinne eines Konsistenzkriteriums in der Wortwahl auch noch deutlicher als zuvor ein. Der Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag statt der Herstellung (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) steht dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 3, 283 S. 1 BGB) semantisch sehr nahe. 37 Hat in diesen Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution der Geschädigte die Unmöglichkeit auslösende Ursache in vorwerfbarer Weise selbst mitzuverantworten, ist dieser Anspruch entsprechend § 254 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 oder 3 BGB – u.U. auf Null – zu reduzieren. Ein „Mitverschulden“ kommt jedoch nicht in Betracht, wenn die den Unmöglichkeitstatbestand herbeiführende Handlung des Geschädigten auf der ihm zustehenden und von Gesetzes wegen eingeräumten Dispositionsfreiheit beruht. Insbesondere Weber (VersR 1990, 934, 936, Fn. 40) warf die – wohl an ein Gerechtigkeitsempfinden appellierende – Frage auf, ob der Geschädigte, durch dessen Unvorsichtigkeit das unreparierte, beschädigte Fahrzeug in der Garage verbrannt ist, also nicht durch Naturereignisse und zufällig – wie der BGH jedenfalls betont hatte (BGHZ 66, 239, 243) – untergegangen ist, wirklich noch den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB haben soll. Die Frage ist zu bejahen. Den aufgeworfenen Bedenken hinsichtlich der vom Geschädigten zu verantwortenden nachträglichen Unmöglichkeit ist mittels § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 2 und 3 BGB zu begegnen. Dort ist das nachträgliche verschuldete Verhindern der Schadensgeringhaltung verortet. Der Anspruch des Geschädigten ist daher ggf. zu mindern. Diese flexible und die jeweiligen Einzelfallumstände vollständig auslotende Vorschrift ist nicht nur der systematisch richtigere Weg, sondern auch der praktikablere, weil die die Zweckbindung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB betonende Gegenmeinung zu pauschal und – wie der soeben geschilderte Fall verdeutlicht – zu undifferenziert das „Umspringen“ der Anspruchsgrundlage der den Schadensersatz ausfüllenden Norm befürwortet, ohne die von Fall zu Fall verschiedenen Gesichtspunkte zu eruieren, die bereits vom „Gerechtigkeitsempfinden“ her nach einer differenzierten und gestuften Falllösung verlangen.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

Bereits diese dem äußeren System der schadensersatzrechtlichen Normen abgewonnenen Überlegungen sprechen tendenziell gegen eine transitorische Natur des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Für eine Zweckgebundenheit des dem Gläubiger nach dieser Vorschrift zustehenden erforderlichen Geldbetrags lassen sich Argumente nicht finden. Diese Skepsis gegenüber der Zweckbindung 38 verdichtet sich, wenn auch das innere System der den Schadensersatz ausfüllenden Normen, die konsistente Wertentscheidungen enthalten, näher beleuchtet wird. Dies soll mit den folgenden Ausführungen verdeutlicht werden. 1. Wertentscheidung aus § 251 Abs. 2 S. 2 BGB Gegen die transitorische Gestalt des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Allgemeinen könnte ein aus der Sondervorschrift des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB folgender Umkehrschluss sprechen. Dies bedarf näherer Erläuterung. Diese mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht“ vom 20. August 199039 am 1. Januar 1991 in Kraft getretene Regelung stellt klar, dass die Restitutionskosten i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB für ein verletztes Tier dem Geschädigten auch dann zu ersetzen sind, wenn die Behandlungskosten den marktmäßigen Vermögenswert des Tieres erheblich überschreiten. Die dem Schädiger wegen der Unverhältnismäßigkeit der Herstellungskosten im Allgemeinen nicht zugemutete Pflicht zur Naturalrestitution und ihm deshalb von Gesetzes wegen in § 251 Abs. 2 S. 1 BGB eingeräumte Ersetzungsbefugnis wird in diesem Fall zum Teil aufgehoben, weil der Gesetzgeber auf außerhalb der Rechtsbeziehung zwischen Schädiger und Geschädigtem liegende und beeinträchtigte Interessen Rücksicht nimmt. Außerdem werden diese Interessen als so schutzwürdig und gewichtig erachtet, dass dem Schädiger das auferlegte Sonderopfer ausnahmsweise als zumutbar erscheint. Der Gesetzgeber hat auf den ethisch motivierten und nunmehr auch seit dem 1. August 200240 in Gestalt der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG mit Verfassungsrang ausgestatteten 41 Tierschutz Rücksicht genommen, der ___________ 38 Die Zweckbindungsthese kritisieren z.B. Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 396; ders., JZ 1986, 640; Weimar, MDR 1957, 401, 402; Wiese, Ersatz des immateriellen Schadens, S. 23; Lipp, NZV 1996, 7, 10; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 297/298 und 306; Altmann, NJW 1976, 744; Sanden/Völz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, Rn. 42. 39 BGBl. I, S. 1762. 40 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Staatsziel Tierschutz) vom 26.7.2002, BGBl. I, S. 2862. 41 Neue Nahrung erlangte die jahrelang geführte parlamentarische Diskussion um die verfassungsrechtliche Verankerung des Tierschutzes als Staatszielbestimmung (vgl. hierzu lediglich aus der 14. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages vom 15.3.2000 [BT-Drs. 14/3165] zu den Gesetzentwürfen der verschiedenen Fraktionen des Bundestages und des Bundesrates [BT-Drs. 14/207, 14/279, 14/282, 14/758], die gegen-

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erfordert, dass der Mensch die Verantwortung für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindliches Lebewesen trägt, weshalb er diesem Schutz und Fürsorge zuteil werden lassen muss42. Konsequenz dieser Interessenbewertung und Verschiebung der Verhältnismäßigkeitsschranke zulasten des Schädigers ist jedoch – gewissermaßen in Kongruenz zu diesem Sonderopfer des zum Schadensersatz Verpflichteten auf Grund des ethischen Tierschutzes – eine strikte Zweckbindung des i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrags. Dieser Geldbetrag dient der Wiederherstellung des früheren Zustands und damit der Heilung und Behandlung des verletzten Tieres. Die damit bewirkte strikte Zweckbindung geht mit der Versagung jeglicher Dispositionsfreiheit des Geschädigten hinsichtlich des Restitutionsbetrags einher. Dies entspricht der ___________ teilige Ansicht im Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU [BT-Drs. 14/3197] und der erneute Vorstoß der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 26.2.2002 [BT-Drs. 14/8360]) durch das Urteil des BVerfG zur Lockerung des Verbots des muslimischen Schächtens, d.h. des Schlachtens von warmblütigen Tieren ohne Betäubung, vom 15.1.2002 (1 – BvR – 1783/99, BVerfGE 104, 337 = NJW 2002, 663 = JZ 2002, 500 = DVBl. 2002, 328 mit Anm. von Volkmann, DVBl. 2002, 332; Oebbecke, NVwZ 2002, 302; Arndt/Droege, ZAR 2002, 111; Kästner, JZ 2002, 491; Faller, KritJ 2002, 227; Rux, ZAR 2002, 152; Häußler, JA 2002, 548; Caspar, NuR 2002, 402; Sydow, JURA 2002, 615; Mettke, ZLR 2002, 207; Tillmanns, NuR 2002, 578). Vgl. auch aus der Presseberichterstattung in der Zeit nach Veröffentlichung des Urteils des BVerfG z.B. Süddeutsche Zeitung vom 24.4.2002, S. 1; Sächsische Zeitung vom 19.3.2002, S. 2; NJW Heft 16/2002, S. XII; ZRP Heft 4/2002, S. 189/190). Dieses Urteil war der Auslöser für den folgenden breiten Konsens hinsichtlich der Notwendigkeit dieser Verfassungsergänzung, sowohl in der parlamentarischen Diskussion (vgl. die Begründung des fraktionsübergreifenden Gesetzentwurfs des Bundestages vom 23.4.2002 [BT-Drs. 14/8860, S. 3] sowie die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages vom 15.5.2002 [BT-Drs. 14/9090]) als auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur (vgl. z.B. Rux, ZAR 2002, 152, 153 und Fn. 10; Faller, KritJ 2002, 227, 232; Tillmanns, NJW Heft 32/2002, S. III; Obergfell, NJW 2002, 2296, 2297; Kästner, JZ 2002, 491, 493; Caspar, NuR 2002, 402, 404; Holste, JA 2002, 907/908; a.A. Oebbecke, NVwZ 2002, 302, 303). Bereits im Entschließungsantrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.10.2001 wurde in diesem Zusammenhang unter Ziffer II Spiegelstrich 1 treffend formuliert: „Dennoch ist das zentrale Anliegen des Gesetzes [des Tierschutzgesetzes – Einfügung vom Verf.], aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen, noch nicht in hinreichendem Maße erreicht. Erforderlich ist deshalb eine verfassungsrechtliche Regelung, um in der Gesetzesanwendung und in der Rechtsprechung die erforderliche Abwägung zu anderen, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern im Einzelfall zu erreichen. Deshalb strebt der Deutsche Bundestag eine Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz – in Form einer eigenen Staatszielbestimmung – noch in dieser Legislaturperiode an.“ (BT-Drs. 14/7180, S.1/2). 42 Siehe die Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 11/5463, S. 5; BT-Drs. 11/7369, S. 1 und 5 sowie Stavenhagen, Plenarprotokoll des Bundesrates, 604. Sitzung am 22.9.1989, S. 393; Stark, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 216. Sitzung am 20.6.1990, S. 17078; Funke, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 216. Sitzung am 20.6.1990, S. 17080; Engelhard, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 216. Sitzung am 20.6.1990, S. 17082.

4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

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herrschenden Meinung in der Literatur43 und ist gewissermaßen als das – dem Gerechtigkeitsgedanken der Gleichbehandlung entsprechende – Sonderopfer des Geschädigten zu betrachten. Der Geschädigte soll wegen des Bekenntnisses der Rechtsordnung zum Tierschutz eine gleiche Verantwortung und damit Last wie der Schädiger tragen. Soweit eine Mindermeinung dafür eintritt, die Verwendungsfreiheit hinsichtlich desjenigen Teils der Behandlungskosten anzuerkennen (und damit eine strikte Zweckbindung zu verneinen), die den Marktwert des verletzten Tieres nicht übersteigen44, ist fraglich, ob ihr gefolgt werden kann. Diese Ansicht ist zwar prima vista mit dem Prädikat „konsequent“ auszustatten, weil sie die mit der immateriellen Interessenbewertung einhergehende Verlagerung der Verhältnismäßigkeitsschranke hier wie auch sonst berücksichtigt und betont. Sie knüpft insofern an den – hier legislativ verankerten – Integritätszuschlag an, der auf die immateriellen Interessen – wegen der sonst drohenden Gefahr der Aushebelung und Umgehung des § 253 BGB (aber nur dann) – Rücksicht nimmt, wenn der Geschädigte tatsächlich die Restitution durchführen will. Diese Meinung überträgt daher vollständig den im Rahmen der 130%-Marge bei KfzSchäden45 geltenden und den die Differenzierung von Sach- und Personenschäden rechtfertigenden Grundgedanken46. Bei genauerer Betrachtung könnte es jedoch nicht gerechtfertigt sein, diesen Grundgedanken zu übertragen. Gegen die Übertragung spricht bereits der objektiv in der Norm zum Ausdruck gekommene Willen des Gesetzgebers, der sich in § 251 Abs. 2 S. 2 BGB bewusst für den Begriff der „entstandenen Aufwendungen“ entschieden und damit den den § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bestimmenden Grundsatz generell verdrängt hat, dass der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag unabhängig davon geschuldet wird, ob der Schaden tatsächlich beseitigt wird. Der Gesetzgeber führte zum einen in der amtlichen Begründung zu § 251 Abs. 2 S. 2 BGB Folgendes aus: „Der Begriff der Aufwendung stellt dabei klar, daß nur solche Kosten ersetzt werden müssen, die aus einer tatsächlich durchgeführten Heilbehandlung entstanden sind; damit ist sichergestellt, daß der Eigentümer des Tieres – abweichend von seiner Freiheit in der Verwendung des Geldersatzes nach § 249 Satz 2 BGB – hier nicht die Be-

___________ 43 Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 27; Erman-Kuckuk, § 251 Rn. 25; Soergel-Mertens, § 251 Rn. 12; Medicus, AcP 192 (1992), 35, 39, Fn. 11; Lorz, MDR 1990, 1057, 1059 und Fn. 29. Ähnlich auch Lange, Schadensersatz, § 5 IV 5, S. 228/229. Vgl. auch BT-Drs. 11/7369, S. 7 und Stark, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 216. Sitzung am 20.6.1990, S. 17079. 44 So: MüKo-Grunsky, § 251 Rn. 24 und 35 f.; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 54 und 66 f.; Grunsky, FS-Jauch (1990), S. 93, 98. 45 Vgl. hierzu im 4. Kapitel unter VII. 2. a), S. 172 ff. und im 6. Kapitel unter I., S. 259 ff. 46 Hierzu ausführlich im 5. Kapitel unter VI. 2., S. 230 f.

II. Der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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zahlung hoher Heilbehandlungskosten verlangen und die Heilbehandlung unterlassen kann.“47

und verdeutlichte dies zum anderen in der parlamentarischen Diskussion zusätzlich wie folgt: „Es wird nur bezahlt, wenn der Tierhalter Aufwendungen hat. Das ist nicht als Entschädigung wie beim Schmerzensgeld oder wie Wertminderung beim Kraftfahrzeug usw. gedacht. Er muß das für das Tier aufwenden.“48

Dem Argument der Verdrängung der Verwendungsfreiheit des Ersatzbetrages im Falle der Verletzung eines Tieres könnte zwar entgegengehalten werden, dass dann auch der Grundsatz des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, wonach der Restitutionsbetrag schon vor der Wiederherstellung, also im Voraus, geschuldet wird49, derogiert sein müsse50. Für diesen Schluss lässt sich aber in den Gesetzesmaterialien keine Stütze finden. Selbst wenn man diese „Konsequenz“ wegen des Begriffs der „Aufwendungen“ in § 251 Abs. 2 S. 2 BGB ziehen wollte, und damit den vom Gesetz als Schadensersatz deklarierten Ersatzanspruch in einen Aufwendungsersatz umfunktionieren würde – was bereits Zweifel hervorruft –, müsste man konsequenterweise auf das Instrument der Vorschusspflicht des Ersatzpflichtigen auf Verlangen des Aufwendenden aus dem Aufwendungsersatzrecht zurückgreifen. Denn auch im Aufwendungsersatzrecht existiert eine Vorschusspflicht des Ersatzpflichtigen. Die Vorschrift des § 669 BGB verpflichtet den Schuldner ausdrücklich zum Vorschuss, wenngleich der Gläubiger dieses Begehren dem Pflichtigen gegenüber ausdrücklich artikulieren muss51. Im Gegensatz zur Restitutionsvorschrift des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dürfte man dann – also im Anwendungsbereich des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB – lediglich ein ausdrücklich begehrtes Vorschießen für notwendig erachten. Eine vollständige Derogation der Verpflichtung des Ersatzes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Voraus findet daher ohnehin nicht statt, weshalb die Mindermeinung mit ihrem Einwand nicht überzeugen kann. ___________ 47 BT-Drs. 11/5463, S. 6/7. Siehe auch deutlich in der Stellungnahme des Bundesrates zu dieser Vorschrift, mit der der Normwortlaut redaktionell verbessert wurde: „Die vorgeschlagene Fassung vermeidet die Verdopplung des Hinweises im Entwurf darauf, daß nur die tatsächlich durchgeführten Heilbehandlungskosten erstattungsfähig sind (‚erfolgten […] entstandenen‘), und ist auch im übrigen redaktionell verbessert“, BT-Drs. 11/5463, S. 8. Vgl. auch BT-Drs. 11/7369, S. 7. Dem Gesetzgeber war es offenbar so wichtig, die zweckentsprechende Verwendung der vom Schädiger zu finanzierenden Heilbehandlungskosten sicherzustellen, dass er im Entwurf von den „aus einer erfolgten Heilbehandlung entstandenen Aufwendungen“ (BT-Drs. 11/5463, S. 4 – Hervorhebungen vom Verf.) sprach. 48 Stark, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 216. Sitzung am 20.6.1990, S. 17079. 49 Ganz allgemeine Ansicht, vgl. lediglich: Hagen, in: Lange/Hagen, S. 75; MüKoOetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 360; Soergel-Mertens, § 249 Rn. 22. 50 So wohl MüKo-Grunsky, § 251 Rn. 36; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 66. 51 Vgl. auch §§ 16 Abs. 2 UmweltHaftG, 32 Abs. 7 S. 2 GenTG.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

Wenn es sich nach der Mindermeinung bei dem Betrag, der den Marktwert des Tieres übersteigt, um einen Nichtvermögensschaden handeln soll 52 , so verkennt sie aber auch, dass es in der Fallkonstellation des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB nicht lediglich um die Berücksichtigung immaterieller Interessen und Wertschätzungen – wie im Falle des Integritätszuschlags von 30% bei der Kfz-Schadensabrechnung – geht. Bei der Verankerung der Verantwortlichkeit des Menschen gegenüber dem Tier im bürgerlichen Recht standen gerade nicht individuelle immaterielle Interessen im Raum. Vielmehr ist die Norm Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen überindividuellen immateriellen Wertes, der eine strikte Zweckbindung der Ersatzleistung und die Versagung jeglicher individueller Dispositionsbefugnis erfordert53. Das bürgerliche Recht sollte an dieser Stelle dem Bekenntnis der Rechtsordnung zum ethischen Tierschutz angepasst werden. Mit dieser als moralische Verpflichtung eingegangenen Schuld waren deshalb zur Sicherstellung der Erreichung des Ziels individuelle Beschränkungen verbunden, die der Gesetzgeber abweichend von den schadensrechtlichen Regeln im Allgemeinen als Besonderheit herausstellen musste. Diese Besonderheit ist zum einen die Versagung jeglicher Dispositionsfreiheit des Geschädigten über den erforderlichen Restitutionsbetrag. Zum anderen könnte der Gesetzgeber als weitere Besonderheit auch die Entscheidung des Geschädigten zur Durchführung der Wiederherstellung – und damit eine Herstellungspflicht – vorgezeichnet haben. Wäre dem so, würde sich die Konstellation des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB deutlich von der Fallkategorie der Verletzung einer Person unterscheiden; damit würde zugleich das der Mindermeinung zuvor bescheinigte Konsequenzprädikat entwertet. Dabei kann zunächst festgehalten werden, dass die verletzte Person über die Wiederherstellung ihrer Gesundheit und körperlichen Integrität grundsätzlich unbeeinflusst und autonom entscheiden kann, während die Durchführung der Heilbehandlung eines verletzten Tieres im überindividuellen Interesse der Rechtsordnung liegt, weil die Zivilrechtsordnung das Tier um seiner selbst willen schützt. Fraglich ist, ob daraus folgt, dass der Eigentümer des geschädigten Tieres zur Behandlung verpflichtet ist54. ___________ 52 So ausdrücklich: MüKo-Grunsky, § 251 Rn. 36; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 67; Grunsky, FS-Jauch (1990), S. 93, 98. 53 Dies ist ein der gesamten Rechtsordnung immanenter Grundsatz, der insbesondere im Strafrecht erhebliche Bedeutung hat. Schützt eine Norm ein nicht dem Einzelnen anvertrautes individuelles, sondern ein öffentliches Rechtsgut, so geht damit die Versagung jeglicher Disponibilität des Einzelnen einher; er kann weder in die Verletzung rechtswirksam einwilligen, noch stehen solche Normen der Vertragsautonomie der Beteiligten offen. 54 Die Behandlungspflicht bejahen: Lorz, MDR 1990, 1057, 1059; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 5, S. 228/229. Dafür sprechen auch die Gesetzesmaterialien: BT-Drs. 11/5463, S. 7. A.A. jedoch die wohl überwiegendere Meinung: MüKo-Grunsky, § 251 Rn. 24; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 54; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 27; Grunsky, FS-Jauch (1990), S. 93, 98.

II. Der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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Dafür könnte das Tierschutzgesetz sprechen. Nach § 2 Nr. 1 Tierschutzgesetz muss derjenige, der ein Tier hält oder betreut, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen pflegen, wobei zur Pflege auch die Gesundheitsfürsorge und die Heilbehandlung gehören 55 . Gegen die Behandlungspflicht des Eigentümers des Tieres wird in der Literatur jedoch eingewandt, dass die Bindungen des Tierschutzgesetzes allein öffentlich-rechtlicher Natur seien und deshalb keine zivilrechtlichen Pflichten begründen würden56. Allerdings war es gerade Intention des Gesetzgebers, die im Tierschutzrecht verankerte Anschauung, nach der das Tier ein Mitgeschöpf des Menschen und ein schmerzempfindliches Lebewesen ist, dem gegenüber der Mensch zu Schutz und Fürsorge verpflichtet ist, als grundlegende Wertung in die gesamte Rechtsordnung und insbesondere in das bürgerliche Recht zu transformieren57. Das Anliegen des Tierschutzes sollte in das BGB übertragen werden und sich als einheitlicher Aspekt in der Gesamtrechtsordnung widerspiegeln. Deutlich kommt dies in § 903 S. 2 BGB zum Ausdruck. Diese Vorschrift bestimmt, dass der Eigentümer eines Tieres bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten hat. Der Tierschutz hat in § 903 S. 2 BGB eine unmittelbare Ausprägung erhalten und fließt insoweit in die Beantwortung der Frage ein, ob dem Eigentümer eines verletzten Tieres die Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Durchführung der Heilbehandlung obliegt. Diese Vorschrift kann deshalb auch nicht als „inhaltsleere Formel“ bezeichnet werden58. Vermittelt durch § 903 S. 2 BGB ist dem Eigentümer in den §§ 251 Abs. 2 S. 2, 249 Abs. 2 S. 1 BGB die vorgelagerte Entscheidung über Restitution oder Wiederherstellungsverzicht bereits genommen und legislativ eindeutig vorgezeichnet. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zur Frage der Ersatzfähigkeit fiktiver Heilbehandlungskosten bei Personenschäden dar. Im Anwendungsbereich des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB stellt sich die Frage nach fiktivem Kostenersatz und Dispositionsfreiheit des Einzelnen von vornherein nicht. Die verfassungsrechtliche Determinante hierfür findet sich in Art. 14 Abs. 2 GG. Deshalb erscheint es sachgerecht, eine Behandlungspflicht des Eigentümers des verletzten Tieres anzunehmen. ___________ 55 Lorz/Metzger, Kommentar zum Tierschutzgesetz, § 2 Rn. 32; Lorz, MDR 1990, 1057, 1059. 56 So MüKo-Grunsky, § 251 Rn. 24; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 54. 57 Siehe Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 11/5463, S. 1 und BT-Drs. 11/7369, S. 1 und 5 sowie Stavenhagen, Plenarprotokoll des Bundesrates, 604. Sitzung am 22.9.1989, S. 393; Stark, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 216. Sitzung am 20.6.1990, S. 17078; Funke, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 216. Sitzung am 20.6.1990, S. 17080; Engelhard, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 216. Sitzung am 20.6.1990, S. 17082. Vgl. auch Schmidt, JZ 1989, 790, 792; Pütz, ZRP 1989, 171, 174. 58 So aber Grunsky, FS-Jauch (1990), S. 93, 99. Wie hier Mühe, NJW 1990, 2238, 2239; Lorz, MDR 1990, 1057, 1060.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

Aus dieser Bewertung kann aber für den erforderlichen Restitutionsbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Allgemeinen – also dann, wenn es sich bei den Sachschäden nicht um die Verletzung eines Tieres handelt – der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine Zweckbindung der Herstellungskosten nicht besteht. Dem Gläubiger kann im Anwendungsbereich des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Allgemeinen auch nicht die Dispositionsfreiheit über den Herstellungsaufwand abgesprochen werden, weil ein die reguläre Verhältnismäßigkeitsgrenze des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB übersteigender, aus überindividuellen Interessen heraus gerechtfertigter Herstellungsaufwand dem Schuldner gegenüber nicht begehrt werden kann. Denn der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Anwendungsbereich des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB ist, wie die Analyse dieser Vorschrift gezeigt hat, mit der Verschiebung der Unverhältnismäßigkeitsschranke des Herstellungsaufwands nur deshalb verbunden, weil ausnahmsweise überindividuelle Werte geschützt sind. Nur wenn ausnahmsweise „unverhältnismäßige“ Restitutionskosten begehrt werden können, ist es gerechtfertigt, diese nur zweckgebunden zu gewähren. 2. Wertentscheidung aus § 887 ZPO Gegen den transitorischen Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB könnte auch der auf das zwangsvollstreckungsrechtliche Instrumentarium zur Durchsetzung titulierter Forderungen gerichtete Blick sprechen. Auch dies bedarf näherer Erläuterung. Hat der Gläubiger ausnahmsweise ein Interesse an der Wiederherstellung gerade durch den Schadensersatzschuldner – macht er daher nicht von seiner Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch, sondern erstreitet ein stattgebendes Urteil gegen den Schädiger auf Naturalrestitution i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB durch diesen –, so kann der Gläubiger im Zwangsvollstreckungsverfahren vor das Problem gestellt sein, dass sich der Schuldner als renitent erweist und seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Da sein durch § 249 BGB vermitteltes Wahlrecht inzwischen erloschen ist59, kann er nur nach § 887 ZPO ___________ 59 Es ist davon auszugehen, dass das dem Schadensersatzgläubiger in § 249 BGB eingeräumte Wahlrecht in dieser Konstellation erloschen ist und er – nach dem stattgebenden Urteil, das auf § 249 Abs. 1 BGB erkannt hat – von seiner Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB keinen Gebrauch mehr machen kann. Wegen des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs dürfte zwar einer auf Zahlung des erforderlichen Geldbetrags gerichteten Klage nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht die materielle Rechtskraft des vorangegangenen stattgebenden Urteils entgegenstehen (Nichtidentität des Klageantrags). Materiell-rechtlich wäre die Klage jedoch abzuweisen, weil dem Rechtsfolgenanspruch des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine rechtsvernichtende Einwendung entgegensteht. Inwieweit und ab welchem Zeitpunkt der Gläubiger an die Ausübung seines Wahlrechts gebunden ist, ist zwar streitig; vgl. hierzu lediglich Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 216; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 4, S. 227; Soergel-Mertens, § 249 Rn. 21;

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vorgehen. Verweigert sich der Schuldner hartnäckig und kommt er seiner Herstellungsverpflichtung nicht nach, so kann sich der Gläubiger auf Antrag vom Gericht zur Ersatzvornahme auf Kosten des Schuldners ermächtigen und die Wiederherstellungshandlung durch einen Dritten ausführen lassen oder selbst vornehmen. Nach § 887 Abs. 2 ZPO kann er zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen. Seine Herstellungsklage kann daher in der Zwangsvollstreckung ebenfalls noch zur Zahlung der Herstellungskosten führen. Aus dieser soeben beschriebenen Ausgestaltung des § 887 ZPO im Vergleich zu § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und dem Unterschied zwischen beiden Vor___________ Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 249 Rn. 216 und ausführlicher und überzeugend MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 341 ff. Nach dem zusprechenden Urteil ist jedoch kein Raum mehr für Überlegungen dergestalt, ob bereits ein schutzwürdiges Interesse des Schädigers am Untergang des Wahlrechts des Geschädigten anzuerkennen ist, oder sich erst jetzt gezeigt hat, dass die andere Alternative die besseren Erfolgsaussichten verspricht, weil der Gläubiger bereits eindeutig seine Präferenzen der Schadenswiedergutmachung und des Schadensausgleichs dokumentiert, sein primäres Interesse belegt und sich beides hat gerichtlich bestätigen lassen. Dass er, nachdem er die Abwicklungsvariante des § 249 Abs. 1 BGB gewählt hat, nun nicht mehr nach Belieben „umspringen“ kann, verdeutlicht der in § 250 BGB zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke (überzeugend MüKo-Oetker, [4. Aufl., Neubearbeitung 2003], § 249 Rn. 342; ebenso wohl auch Palandt-Heinrichs, [61. Aufl.], § 249 Rn. 3 und OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 1370, 1371). Auch kann gegen den Untergang des Wahlrechts in der vorliegend beschriebenen Konstellation nicht der Zweck des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, der zur Statuierung der Ersetzungsbefugnis führte, ins Feld geführt werden, weil das Wahlrecht des Gläubigers keine konkrete Renitenz des Schuldners voraussetzt. Mit dem Umstand, dass sich der Schuldner seiner Wiederherstellungsverpflichtung verweigern könnte, hat der Gläubiger immer zu rechnen. Nimmt er diesen Fakt, der latent von Anfang an bestand, aber in Kauf und klagt auf Herstellung durch den Schädiger gem. § 249 Abs. 1 BGB, muss er sich hieran auch festhalten lassen. Er kann nun nicht einwenden, erst jetzt zeige sich, dass sich die abstrakte Gefahr, der der Schadensersatzgläubiger von Anfang an mit Hilfe der Ersetzungsbefugnis aus dem Weg gehen könnte, in eine konkrete gewendet habe. Dies gilt insbesondere dann, wenn er mit Hilfe der zwangsvollstreckungsrechtlichen Instrumentarien – wie dem des § 887 ZPO – nicht rechtsschutzlos gestellt wird und seine Interessen keineswegs unberücksichtigt bleiben. Könnten in der geschilderten Fallgestaltung nach wie vor Erwägungen Platz greifen, nach denen der Herstellungsersatzanspruch des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle des primären Begehrens des Geschädigten nach Herstellung durch den Schädiger erst dann erlösche, nachdem der Schädiger Dispositionen zur Erfüllung des Herstellungsanspruchs getroffen und sich deshalb auf die Herstellung eingestellt habe (vgl. Staudinger-Schiemann, [13. Aufl.], § 249 Rn. 216; Staudinger-Medicus, [12. Aufl.], § 249 Rn. 216; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 4, S. 227; Soergel-Mertens, [12. Aufl.], § 249 Rn. 21; OLG Düsseldorf, NJWRR 1996, 1370, 1371), dann würde man dem Kläger das Recht zugestehen, das zur Durchsetzung titulierter Forderungen von Gesetzes wegen zur Verfügung gestellte zwangsvollstreckungsrechtliche Instrumentarium zu umgehen und auszuhebeln. Diesen Sinn wird man dem § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch in Anbetracht einer noch so gut gemeinten Rechtsstellungsverbesserungs- und Geschädigtenbegünstigungstendenz aber nicht beimessen dürfen.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

schriften, der darin besteht, ob der Geschädigte im Erkenntnisverfahren auf Herstellung oder auf Zahlung der Herstellungskosten klagt, könnten sich systematische Rückschlüsse auf die Rechtsnatur und den Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ziehen lassen. Bei den nach § 887 Abs. 2 ZPO erstrittenen Herstellungskosten handelt es sich um einen zweckgebundenen und damit für die primäre Leistung zu verwendenden Vorschuss. Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift ist insoweit eindeutig, als er von einer „Vorauszahlung der Kosten, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden“ spricht. Der Gläubiger erhält diesen Vorschuss treuhänderisch, d.h. mit der Pflicht, nach Durchführung der Ersatzvornahme die wirklichen Kosten entsprechend § 259 Abs. 1 BGB offenzulegen und abzurechnen60. Der nicht verwendete Betrag der vorausbezahlten Kosten ist dem Schuldner deshalb nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB zurückzuerstatten61. Für den historischen Gesetzgeber verstand sich diese Erstattungspflicht des Vollstreckungsgläubigers hinsichtlich des nicht verbrauchten Betrages der nach § 887 Abs. 2 ZPO62 vorgeschossenen Kosten „von selbst“63. Die Gesamtheit dieser Elemente ist dem Anspruch auf Zahlung des erforderlichen Geldbetrags nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB aber bereits deshalb fremd, weil diese Vorschrift im Vergleich zu derjenigen des § 887 Abs. 2 ZPO bereits vom Wortlaut her anders ausgestaltet ist. Hinzu kommt, dass das dem § 887 Abs. 2 ZPO immanente Interesse des Gläubigers an der Erfüllung der Verpflichtung gerade durch den Schuldner im Anwendungsbereich des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von Anfang an nicht besteht, wenn der Geschädigte sofort von seiner Ersetzungsbefugnis Gebrauch macht. Darüber hinaus handelt es sich bei dem zwangsvollstreckungsrechtlichen Element des § 887 ZPO um nichts anderes als die Fortsetzung der ursprünglich vom Gläubiger getroffenen Wahl, an die er im Interesse der Rechtssicherheit und wohl auch zum Schutze des Schuldners vor unkalkulierbarem Sinneswandel gebunden ist und gebunden bleibt – und die zudem durch das Gericht bereits tituliert worden ist. Im Anwendungsbereich des § 887 ZPO wird der Herstellungsklage nur ein rechtstechnisches Hilfsmittel zur Durchsetzung des Anspruchs zur Seite gestellt, anderenfalls würde der im Erkenntnisverfahren erstrittene Titel zur Makulatur verkommen. All dies unterscheidet die Herstellungsklage auch von der auf ___________ 60 Sehr deutlich z.B. OLG Jena, Beschluss vom 6.12.1999 – 6 W 492/99 – nicht veröffentlicht, aber in JURIS ONLINE recherchierbar unter Nr. KORE 433649900. Vgl. auch OLG Düsseldorf, BauR 1978, 503, 505; OLG Hamm, MDR 1972, 615. 61 RG JW 1898, Nr. 13, S. 201; OLG Düsseldorf, BauR 1978, 503, 505; Stein/JonasBrehm, § 887 Rn. 51; MüKo/ZPO-Schilken, § 887 Rn. 17; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann-Hartmann, § 887 Rn. 19; Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 222, Fn. 111. 62 Damals noch § 719 Abs. 2 CPO, später § 773 Abs. 2 CPO. 63 Entwurfsbegründung zur CPO, S. 442 = Hahn/Mugdan, Bd. 2 Abteilung 1, S. 466.

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einen Geldbetrag gerichteten Zahlungsklage64. Dieser wird grundsätzlich nicht zweckgebunden stattgegeben; ebenso wenig schlägt sich ein derart abhängiger Charakter im Vollstreckungsverfahren nieder. Diese grundlegenden Unterschiede zwischen § 887 ZPO und § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sprechen im Ergebnis dafür, letztere Vorschrift anders zu behandeln und eine von § 249 Abs. 1 BGB abgekoppelte Auslegung des durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vermittelten Instruments des Gläubigers zu befürworten. Gegen dieses Ergebnis könnte vorgebracht werden, dass sich die vollstreckungsrechtliche Ausgestaltung der Herstellungsklage, die im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens ebenfalls zur Zahlung der Herstellungskosten führen könne, aus dem Wesen der Zwangsvollstreckung ergebe, mit der Situation des § 249 BGB nicht vergleichbar sei und Rückschlüsse daher nicht ohne Weiteres gezogen werden könnten. Richtig hieran wäre zwar, dass die Zwangsvollstreckung das Mittel der realen Erfüllung der titulierten Verbindlichkeit und auf den Inhalt der zu verwirklichenden Schuldverbindlichkeit ihrerseits deshalb ohne Einfluss ist. Der nach § 887 ZPO zur Vornahme der dem Gläubiger geschuldeten Handlung ermächtigte Gläubiger wird im Vollstreckungsverfahren daher auch lediglich zur Verwirklichung seines festgestellten Rechts tätig. Rückschlüsse in Bezug auf das materielle Recht sind aber deshalb berechtigt, weil § 887 Abs. 1 ZPO in §§ 637 Abs. 1 (§ 633 Abs. 3 in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) und 536a Abs. 2 (§ 538 Abs. 2 in der bis 31. August 2001 geltenden Fassung) BGB 65 eine Entsprechung findet, nicht jedoch in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Wegen der bereits im Wortlaut der §§ 887 Abs. 1 ZPO, 637 Abs. 1, 536a Abs. 2 BGB ähnlichen Umschreibung, und weil es zum gesicherten Bestand im Anwendungsbereich der Selbstbehelflichkeitsregeln gehört, dem Schuldner eine Vorschusspflicht 66 und dem Gläubiger eine Abrech___________ 64 All dies übersieht Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 222, Fn. 111, die aus den Umständen, dass der Kostenvorschuss zur Ersatzvornahme nach § 887 ZPO nur zu der im Beschluss bezeichneten Leistung verwendet werden darf und der nicht verwendete Betrag nach dem Kondiktionenrecht zurückzuerstatten ist, für den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB wohl einen Erst-recht-Schluss ziehen will und dabei den Umkehrschluss übersieht; vgl. dies., Vermögensschaden und Interesse, S. 222: „Deshalb ist die Bindung des Anspruchs auf die Herstellungskosten an die tatsächlich erfolgte Herstellung unverzichtbar.“ 65 Durch das am 1.9.2001 in Kraft getretene „Gesetz zur Reform des Mietrechts“ vom 19.6.2001 (BGBl. I, S. 1149) und das am 1.1.2002 in Kraft getretene „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“ vom 26.11.2001 (BGBl. I, S. 3138) wurden die bisherigen §§ 538 Abs. 2, 633 Abs. 3 BGB nicht unwesentlich umgestaltet. Der Kerngehalt ist jedoch nach wie vor unverändert. Vgl. zum Mietvertragsrecht Grundmann, NJW 2001, 2497 ff.; zum Werkvertragsrecht Schudnagies, NJW 2002, 396, 397. 66 Zur Vorschusspflicht des Schuldners im Anwendungsbereich des § 633 Abs. 3 BGB vgl. BGHZ 47, 272, 273/274; 54, 244, 247; 61, 28, 29/30; 66, 138, 140; 66, 142, 149; 68, 372, 378; 91, 330, 334; 105, 103, 106; 110, 205, 207; BGH NJW 1984, 2456; OLG Köln, BauR 1988, 483, 484; Soergel-Teichmann, § 633 Rn. 25; MüKo-Soergel (3.

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nungs-67 und Rückerstattungspflicht68 aufzuerlegen, können die §§ 637 Abs. 1, 536a Abs. 2 BGB an § 887 ZPO rechtstechnisch angelehnt bezeichnet werden. Diese Anlehnung hat der Gesetzgeber bei § 249 Abs. 2 S. 1 BGB aber vermieden. Aus diesem Grund erscheint der Einwand, Rückschlüsse könnten von § 887 ZPO auf § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht gezogen werden, weil sich die vollstreckungsrechtliche Ausgestaltung der Herstellungsklage aus dem Wesen der Zwangsvollstreckung ergebe und mit der Situation des § 249 BGB nicht vergleichbar sei, nicht berechtigt. Gegen den deshalb möglichen Umkehrschluss aus § 887 ZPO dahingehend, dass zwar der nach § 887 ZPO geschuldete Kostenersatz zweckgebunden sei, nicht hingegen auch derjenige nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, könnte eingewandt werden, dass dem Gläubiger neben der Möglichkeit, nach § 887 ZPO vorzugehen, die Möglichkeit einer ersatzweisen Geldexekution nach § 893 ZPO verbleibe. Diese ersatzweise Befriedigung in Geld ist zwar auf die Befriedigung des allgemeinen Vermögensinteresses des Gläubigers ausgerichtet und stellt damit Schadenskompensation dar, weshalb man der Ansicht sein könnte, es träfe nicht zu, dass nach einem Urteil, das den Schuldner zur Naturalrestitution verpflichtet, lediglich zweckgebundene Kosten erstattet werden könnten. Bei einer solchen Argumentation wird aber verkannt, dass § 893 ZPO, der das ___________ Aufl.), § 633 Rn. 158; Staudinger-Peters (13. Aufl.), § 633 Rn. 211; Mantscheff, BauR 1985, 389; Renkl, BauR 1984, 472, 473. Die Schuldrechtskommission schlug zur Reform des Werkvertragsrechts unter Anknüpfung an die h.M. und in Anlehnung an § 669 BGB (vgl. Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S. 256) in § 636 Abs. 3 BGB-KE ausdrücklich einen eigenständigen Vorschussanspruch vor (vgl. Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S. 254 und 299; 60. Deutscher Juristentag, 1994, S. A 78), wie er mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in § 637 Abs. 3 BGB Eingang fand. Zur Vorschusspflicht des Schuldners im Anwendungsbereich des § 538 Abs. 2 BGB vgl. BGHZ 56, 136, 141; KG NJW-RR 1988, 1039; Soergel-Heintzmann, § 538 Rn. 18; Staudinger-Emmerich (13. Aufl.), § 538 Rn. 49 und 52. 67 Zur Abrechnungspflicht des Gläubigers im Anwendungsbereich des § 633 Abs. 3 BGB vgl. BGHZ 47, 272, 274; 66, 138, 141; 66, 142, 149; 68, 372, 378; 91, 330, 334; 105, 103, 106; 110, 205, 208; OLG Köln, BauR 1988, 483, 484; Soergel-Teichmann, § 633 Rn. 28; MüKo-Soergel (3. Aufl.), § 633 Rn. 158; Staudinger-Peters (13. Aufl.), § 633 Rn. 218; Mantscheff, BauR 1985, 389, 397; Renkl, BauR 1984, 472, 473. Zur Abrechnungspflicht des Gläubigers im Anwendungsbereich des § 538 Abs. 2 BGB vgl. Soergel-Heintzmann, § 538 Rn. 18; Staudinger-Emmerich (13. Aufl.), § 538 Rn. 53. 68 Zur Rückerstattungspflicht des Gläubigers im Anwendungsbereich des § 633 Abs. 3 BGB vgl. BGHZ 47, 272, 274; 68, 372, 378; 91, 330, 335; 105, 103, 106; BGH NJW 1984, 2456, 2457; OLG Köln, BauR 1988, 483, 484; Soergel-Teichmann, § 633 Rn. 27 und 28; Staudinger-Peters (13. Aufl.), § 633 Rn. 218; Mantscheff, BauR 1985, 389, 395/396; Renkl, BauR 1984, 472, 475/476. Zur Rückerstattungspflicht des Gläubigers im Anwendungsbereich des § 538 Abs. 2 BGB vgl. BGHZ 56, 136, 141.

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Recht des Gläubigers umfasst, statt der Leistung sein Interesse zu fordern, durch die §§ 883 bis 892 ZPO zwar nicht ausgeschlossen ist, dass andererseits dieses Recht durch § 893 ZPO aber auch nicht begründet wird69, weil es sich um eine rein prozessuale Norm handelt, die das materielle Recht unberührt lässt. Folglich stellt auch dieser Einwand kein tragfähiges Argument dar, das gegen den Umkehrschluss zu § 887 ZPO spricht. Insgesamt sprechen deshalb auch die in § 887 ZPO zum Ausdruck kommenden Wertungen gegen den transitorischen Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. 3. Wertentscheidung aus dem Kondiktionenund Aufwendungsersatzrecht unter Berücksichtigung der historischen Auslegung Unter gesetzessystematischen Aspekten könnte gegen den transitorischen Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zudem Folgendes sprechen: Würde § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB jegliche Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit regeln und könnten sämtliche nachträglichen Unmöglichkeitskonstellationen den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zum Erlöschen bringen, müsste dies konsequenterweise zur Folge haben, dass die condictio ob rem ausgelöst würde, wenn der Geschädigte den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag zwar vom Schädiger erlangt, aber (noch) nicht zur Wiederherstellung des schadensfreien Zustands verwendet hat und die Sache untergeht. Fraglich ist jedoch, ob eine solche Rückabwicklung dem gesetzlichen Regelungskonzept des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entspricht. Wie bereits erläutert, vertreten der 5. Zivilsenat des BGH 70 und mehrere Stimmen in der Literatur71 die Ansicht, dass der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zweckgebunden sei. Dies folge daraus, dass der durch § 249 BGB bezweckte Rechtsgüterschutz nicht mehr erreicht werden könne, falls der Eigentümer seine Rechtszuständigkeit beende, indem er die beschädigte Sache veräußere oder diese sonst untergehe und für die Aufrechterhaltung des Herstellungsanspruchs in einer seiner beiden Erscheinungsformen kein Raum bliebe. Würde man sich dem anschließen, dann hätte dies zwar zum einen zur Kon___________ 69 OLG Koblenz, FamRZ 1982, 507, 508; Stein/Jonas-Brehm, § 893 Rn. 1; MüKo/ZPOSchilken, § 893 Rn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, § 893 Rn. 1; Zöller-Stöber, § 893 Rn. 1; Wittig, NJW 1993, 635, 637 und 638. 70 BGHZ 81, 385, 391/392; 147, 320, 322 und 323; BGH NJW 1993, 1793, 1794. 71 Bötticher, VersR 1966, 301, 307; Stoll, JuS 1968, 504, 506; Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 220; Lange, WM 1990, Sonderbeilage 7, S. 11; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 363 und 368; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 470/471; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Thürmann, VersR 1976, 1117; Schiemann, DAR 1982, 309, 311; Schmidt, JuS 1986, 517, 518; Knobbe-Keuk, VersR 1976, 401, 406; Jordan, VersR 1978, 688, 690; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163/164; dies., JuS 1991, 441, 445; Leonhard, VersR 1983, 415, 417.

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sequenz, dass nach Erfüllung des Anspruchs durch den Schädiger der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nach § 362 Abs. 1 BGB erlischt. Wäre die These der Zweckbindung des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zutreffend, müsste sie aber zum anderen auch zur Konsequenz haben, dass über die Frage des endgültigen „Behaltendürfens“ des (noch) nicht zu diesem Zweck verwendeten Geldbetrags mit der Zahlung durch den Schädiger noch nicht entschieden wäre. Wenn die Zweckbindung – wie der 5. Zivilsenat des BGH meint 72 – daraus folgt, dass der durch § 249 BGB bezweckte Rechtsgüterschutz nicht mehr erreicht werden kann, falls der Eigentümer seine Rechtszuständigkeit beendet, indem er die beschädigte Sache veräußert oder diese sonst untergeht, und für die Aufrechterhaltung des Herstellungsanspruchs in einer seiner beiden Erscheinungsformen kein Raum bleibt, kann sich die Frage der Unmöglichkeit der Naturalherstellung – entgegen der Behauptung des 5. Zivilsenats des BGH 73 – auch noch nach der Durchsetzung und Erfüllung des Zahlungsanspruchs stellen. Die nachträgliche Unmöglichkeit müsste nicht nur zur Auslösung des Kompensationsanspruchs aus § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB 74 , sondern zugleich auch zur Rückabwicklung des über § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bewirkten Güterausgleichs führen. Nun gibt es zwar in der Literatur in der Tat Stimmen, die eine solche Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB befürworten75 und deshalb unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten als konsequent zu Ende gedacht bewertet werden müssten. Gegen ein solches Rückabwicklungsmodell sprechen jedoch mehrere Gründe: Zum einen wird hierdurch die – bereits im vorherigen Abschnitt angesprochene – dem bürgerlichen Recht immanente, klare und eindeutige Abgrenzung zwischen Schadens- und Aufwendungsbegriff verwischt76, sodass bspw. Klimke völlig zu Recht ausführt: „Der Schaden im Sinne des § 249 BGB besteht nach der vorherrschend vertretenen Differenztheorie in dem Unterschied zwischen der Vermögenslage des Betroffenen, wie sie sich infolge des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses gestaltet hat, im Vergleich zu der Vermögenslage, wie sie sich ohne dieses Ereignis darstellen würde, wenn dabei der Ersatzanspruch selbst unberücksichtigt bleibt. Aufwendungen sind demgegenüber Vermögenseinbußen, die‚ im Gegensatz zum Schaden, darauf beruhen, daß jemand freiwillig aus seinem Vermögen etwas hergibt.

___________ BGHZ 81, 385, 391/392; 147, 320, 322; BGH NJW 1993, 1793, 1794. BGHZ 81, 385, 391. 74 BGHZ 81, 385, 392; 147, 320, 322; BGH NJW 1993, 1793, 1794. 75 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 368; Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 237/238. 76 In dieser Richtung zu Recht kritisch Klimke, VersR 1968, 537, 538; Weber, VersR 1990, 934, 937; ders., VersR 1992, 527, 529; R. Hamann, S. 33; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 89; Jakob, S. 189 ff.; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 311; Grunsky, DAR 1984, 268, 270; vgl. auch Lipp, NZV 1996, 7, 10. 72 73

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Das Schadensersatzrecht befaßt sich also – wie bereits der Begriff erkennen läßt – mit dem Ersatz von Schäden, nicht jedoch mit der Erstattung von Aufwendungen. Dieser Grundsatz wird in der Praxis allzu häufig dadurch verwischt, daß die Aufwendungen Anknüpfungspunkt und Bezugsgröße sein können, um den Umfang des mit ihnen dennoch nicht wesensgleichen Schadens auszudrücken.“77

Denn das, was der Geschädigte zur Schadensbehebung aufwendet, ist nicht der vom Schädiger zu ersetzende Schaden. Der Schaden ist bereits eingetreten, er besteht in der unmittelbaren Rechtsgutseinbuße. Bereits die Notwendigkeit schadensbehebender Aufwendungen ist als eingetretener und vom Schädiger gegenzufinanzierender Schaden zu verstehen78. Der Ersatzanspruch ist mit dem Eintritt des Schadens, also der erlittenen Rechtsgutsbeeinträchtigung, fällig und nicht erst in dem Moment, in dem der Geschädigte gegensteuernde Schadensbeseitigungsmaßnahmen ergreift, für die er Aufwendungen tätigt. Der Schädiger hat deshalb „voll zu finanzieren und vorzufinanzieren“79. Würde man dies anders sehen, dann wäre der Schadensersatzanspruch erst fällig, wenn der Gläubiger Aufwendungen tätigen würde. Dies aber verwässert ___________ 77 Klimke, VersR 1968, 537/538 (Hervorhebungen im Original); ebenso Weber, VersR 1992, 527, 529: „Der Schaden des Geschädigten, den der Schädiger zu ersetzen hat, ist nicht […] das Geld, das er zur Reparatur aus seinem Vermögen hat aufwenden müssen, sondern der Schaden an der Sache, den der Schädiger nach der jeweiligen Haftungsnorm zu ersetzen hat“; ders., VersR 1990, 934, 935: „Nicht die Kosten sind der Schaden, den der Schädiger ihn ersetzen muß, sondern der Schaden an seinem Fahrzeug; der aus diesem Schaden ihm erwachsene Schaden an seinem Vermögen ist Folge des Sachschadens – ein Unterschied, der oft übersehen wir. Daher formuliert das Gesetz nicht, der Schädiger sei zum ‚Ersatz in Geld‘ (so in § 251 BGB) verpflichtet, sondern zur Zahlung des ‚Geldbetrages‘, mit dem der Geschädigte die Reparatur soll finanzieren können“; Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 395: „Ein in Geld zu ersetzender Schaden entsteht nicht erst mit den tatsächlichen Aufwendungen, er liegt vielmehr bereits darin, daß die Aufwendungen überhaupt erforderlich werden.“ Vgl. auch Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 306; Steffen, NZV 1991, 1, 3; R. Hamann, S. 33; Lipp, NZV 1996, 7, 10. 78 Zu Recht wird wegen dieser Nichtidentität von Schaden und Aufwendung in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen (vgl. z.B. Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 306; Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 10/11 = NZV 1991, 1, 3; Jakob, S. 191/192; Fleischmann, ZfS 1989, 1, 2; Menken, DAR 1998, 250, 251; Gebhardt, DAR 2002, 395, 397), dass die terminologische Missbilligung der Fallkonstellationen, in denen der Geschädigte den Schaden nicht beseitigen kann oder will, auf der Verkennung der Tatsache beruht, dass die Aufwendung zur Schadensbehebung nicht der vom Gläubiger erlittene Schaden ist. Wenn deshalb von „fiktiven, theoretischen oder fingierten Schäden“ gesprochen wird (so z.B. Aul, MDR 1985, 991, 992; Seiwerth, DAR 1987, 374; Greger, NZV 1994, 11, 14; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191) und man den Geschädigten aus diesem Grund für unbefugt hält, den Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu fordern, dann wird hierdurch verwässert, dass der Geschädigte eine reale Rechtsgutseinbuße erlitten hat. Ein fiktiver Schaden hingegen ist ein solcher, der hätte entstehen können, aber im konkreten Fall gerade nicht entstanden ist. Vgl. hierzu treffend Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 28. 79 Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 311; Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 8 = NZV 1991, 1, 2. Vgl. auch Weber, VersR 1992, 527, 529; RGZ 148, 68, 70; 151, 298, 300 und 303/304; BGH NJW 1958, 627.

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das System der schadensersatzrechtlichen Haftung, weil die Fälligkeit bereits in dem Moment eintritt, in dem das Schaden auslösende Ereignis die Güterund Vermögenslage des Geschädigten verschlechtert80. Die von den Gegnern vertretene Zweckgebundenheit des Herstellungsaufwands wird deshalb vom Aufwendungsersatzgedanken bestimmt, der mit dem schadensersatzrechtlichen Restitutionsanspruch aber nichts gemein hat 81 . Die Zweckgebundenheit des Geldbetrags ist im Aufwendungsersatzrecht gerechtfertigt, weil die Erforderlichkeit tatsächlich mit dem Aufwand verbunden ist. Nicht ohne Grund wird in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vom „erforderlichen Geldbetrag“ und in den §§ 536a Abs. 2, 637 Abs. 1, 670 BGB von den „erforderlichen Aufwendungen“ gesprochen. Das Aufwendungserstattungsrecht kennzeichnende Elemente wie die Zweckgebundenheit des Anspruchs82, die Vorschusszurückerstattung83 und die Rechnungslegung84, können daher nicht auf das System schadensersatzrechtlicher Haftung übertragen werden. Wenn man sich diese wesentlichen Elemente und damit die Funktionen des Aufwendungserstattungsrechts, das dazu dient, die vom Aufwendenden freiwillig geopferten Vermögenseinbußen auszugleichen, klar genug vor Augen führt, dann kann die – nicht deutlich genug anzumahnende – klare Grenzziehung85 zwischen erlittenem Schaden und getätig___________ Vgl. auch Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 89. Deutlich auch der 5. Zivilsenat des BGH in einer neueren Entscheidung BGH NJW 1997, 520: „Der Anspruch auf Zahlung des zur Wiederherstellung erforderlichen Betrages nach § 249 S. 2 ist kein Vorschussanspruch, der nach durchgeführter Reparatur zur Abrechnung der tatsächlich entstandenen Kosten nötigt.“ 82 Vgl. Grunsky, DAR 1984, 268, 269. 83 Ähnlich Schiemann, AcP 185 (1985), 73, 79; Steffen, NJW 1995, 2057, 2059; Menken, DAR 1998, 250, 251; Steffen, ZVersWiss 1993, 13, 33. 84 Völlig zu Recht verweist Jakob, S. 195 darauf, dass „Rechenschaftspflichten nur dort ihre Berechtigung haben, wo das Schuldverhältnis freiwillig begründet wurde und deshalb zwischen den Beteiligten ein gewisses Vertrauensverhältnis besteht“, wovon beim Schadensabwicklungsverhältnis jedoch nicht gesprochen werden kann. Gegen die Rechenschaftspflicht bspw. auch Dreier, Kompensation und Prävention, S. 34. 85 Beispielhaft für die unzulässige Vermengung von Schaden und Aufwendung sind Aussagen wie bei Jordan, VersR 1978, 688, 692: „Hinsichtlich des Substanzschadens braucht man nämlich in den Bestimmungen der §§ 249, 251 BGB lediglich das Wort ‚Herstellung‘ durch das Wort ‚Reparatur‘ zu ersetzen, um die nötige Klarheit zu gewinnen“ und Leonhard, VersR 1983, 415, 416: „Warum soll es dem Geschädigten nicht zumutbar sein, sein reparaturwürdiges Fahrzeug auf Kosten des Schädigers erst reparieren zu lassen, bevor er verkauft?“. Weitere Beispiele bilden die Analogiediskussionen im Rahmen des § 249 S. 2 BGB zu § 633 Abs. 3 BGB hinsichtlich des in Eigenregie restituierenden Geschädigten (vgl. Hofmann, DAR 1983, 374, 378; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 353/354), die Argumentationen hinsichtlich des § 249 S. 2 BGB aus der Vorschuss- und Abrechnungspflicht im Rahmen des Auftragsrechts (§§ 666, 667, 669 BGB), der Mängelbeseitigung in Eigenregie beim Werkvertrag und beim Mietvertrag (vgl. Köhler, FS-Larenz, S. 349, 366/367; zu Recht kritisch Weber, VersR 990, 934, 937), die Deutung der Ersetzungsbefugnis des § 249 S. 2 BGB als Parallele zum Auftrags- und Treuhandsverhältnis (Gotthardt, S. 80) und der Vorschlag de lege ferenda, 80 81

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ter Aufwendung auch nicht als Rückfall in begriffsjuristische Eindimensionalität abgetan werden86. Zum anderen werden durch eine derart ausgestaltete Rückabwicklung in mehrfacher Hinsicht die Erwägungen des historischen Gesetzgebers negiert und gegen dessen Willen Konsequenzen gezogen und befürwortet, die dieser eindeutig ausgeschlossen wissen wollte: Im Rahmen der Beratungen der Zweiten Kommission zur Lesung des BGB wurde der Vorschlag abgelehnt, in § 843 BGB (= § 726 BGB-E I) eine Vorschrift aufzunehmen, die ausdrücklich regeln sollte, dass der Schädiger bei widerrechtlicher Verletzung von Körper oder Gesundheit eines Menschen die Heilungskosten zu ersetzen hätte und auf Verlangen des Gläubigers vorzuschießen verpflichtet wäre87. Begründet wurde die Verwerfung dieses Änderungsantrages folgendermaßen: „Ebenso sei auch der Ausspruch entbehrlich, daß die Heilungskosten auf Verlangen vorzuschießen seien. Ein eigentlicher Vorschuß komme nicht in Frage; der Schaden, welcher die Aufwendung nothwendig mache, sei bereits entstanden und der Verletzte solle dafür entschädigt werden, daß er die Aufwendung machen müsse, nicht dafür, daß er sie gemacht habe. Daß er den Anspruch auf die Heilungskosten nicht erst dann erheben könne, wenn er die Kosten bezahlt habe oder wenigstens schuldig geworden sei, ergebe sich aus der nunmehrigen Fassung des § 219 Abs. 1 (Entw. II § 213 Abs. 1), wo von dem ‚dazu erforderlichen Geldbetrage‘ die Rede sei; neben dieser Bestimmung könnte die Erwähnung der Vorschußpflicht nur Mißverständnisse hervorrufen.“88

Hierdurch wird hinreichend deutlich, dass der historische Gesetzgeber für den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kein Erstattungsverfahren vorsehen wollte. Eine dem Aufwendungsersatzrecht immanente Vorschusspflicht (§§ 637 Abs. 3, 669 BGB) wurde als überflüssig erachtet und gerade deshalb nicht statuiert, um Missverständnissen vorzubeugen, die sich aus der Parallele zum Aufwendungsrecht hätten ergeben können. In Anbetracht dieser klaren Aussage des Gesetzgebers ruft es Verwunderung hervor, dass zahlreiche Stimmen in der Literatur den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem Gläubiger gewährten Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag für nichts anderes halten als einen „zweckgebundenen Vorschuss, über den nach Abschluss der Herstellung abzurechnen“89 sei. Da eine Schadensabwicklung im Erstattungsverfahren auf Grund dieser Protokollstelle ___________ das Wort „erforderlich“ in § 249 S. 2 BGB durch das Wort „aufgewendeten“ zu ersetzen (Greger, NZV 2000, 1, 3; Otto, NZV 2001, 335, 337). 86 In dieser Richtung ist wohl die Kritik zu verstehen, die der Abgrenzung und Trennung lediglich damit begegnet, indem sie als „petitio principii, die in der Sache wenig weiterhilft“ (so Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 236) bezeichnet wird. 87 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 627 = Mugdan, Bd. 2, S. 1112. 88 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 628/629 = Mugdan, Bd. 2, S. 1112. 89 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 368; Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 75 und 237/238. Vgl. auch Leonhard, VersR 1983, 415, 416; Bötticher, VersR 1966, 301, 302; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191.

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nicht dem vom historischen Gesetzgeber dem schadensersatzrechtlichen System zugedachten Zweck entspricht90, hat der Schädiger dem Schadensersatzgläubiger keine – vorgeschossenen und gegen Rechnungslegung abzurechnenden – Aufwendungen zu erstatten, sondern einen sofort fälligen Geldbetrag zu zahlen, um den vom Gesetz geforderten Schadensausgleich zu bewirken. Deutlich verhält sich die Protokollstelle auch zu der befürworteten Abgrenzung zwischen Schaden und Aufwendung91, sodass es wenig hilfreich ist, diese Trennung als „petitio principii, die in der Sache wenig weiterhilft“92 zu charakterisieren. Auch könnte eine – wie auch immer ausgestaltete – Rückabwicklung des durchgeführten Schadensausgleichs bei nachträglicher Zweckverfehlung des Restitutionssurrogatanspruchs den Erwägungen des historischen Gesetzgebers insoweit widersprechen, als dieser der nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB abgewickelten Restitution einen endgültigen und Frieden stiftenden Charakter beimaß, der der Vorbeugung weiterer Streitigkeiten zwischen Schädiger und Geschädigtem dienen sollte. Der Gesetzgeber führt in den Protokollen der Zweiten Kommission zur Begründung der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB aus: „Dazu komme, daß über die Frage, ob die Herstellung gelungen sei und vom Gläubiger als Ersatzleistung angenommen werden müsse, nur zu leicht Streit entstehe. Deswegen müsse der Gläubiger das Recht haben, den Betrag, welchen die Herstellung erfordere, in Geld zu verlangen.“93

Hierdurch wird das Bestreben des Gesetzgebers deutlich, das zwischen Schädiger und Geschädigtem bestehende Schadensabwicklungsverhältnis so weit wie möglich von Streitigkeiten freizuhalten94. Die Schadlosstellung des Geschädigten durch den Schadensersatzschuldner soll sich nach dem Willen des historischen Gesetzgebers „konfliktfrei“ 95 vollziehen. Eine Interpretation, die dies jedoch missachtet und dem Gläubiger des Schadensersatzanspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Rechenschaftspflichten und eine ordnungsgemäße Ab___________ 90 In dieser Richtung auf Grund der zitierten Protokollstelle bereits RGZ 151, 298, 302; Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 395; ders., JZ 1986, 640; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 22/23; Weber, VersR 1990, 934, 937; Jakob, S. 191. 91 „… der Schaden, welcher die Aufwendung nothwendig mache, sei bereits entstanden und der Verletzte solle dafür entschädigt werden, daß er die Aufwendung machen müsse, nicht dafür, daß er sie gemacht habe“, Prot. II. Komm. Bd. II, S. 628/629 = Mugdan, Bd. 2, S. 1112. 92 Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 236. 93 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 297 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. 94 So zutreffend Gebhardt, DAR 2002, 395, 397; Weber, VersR 1990, 934, 938; ders., VersR 1992, 527, 533; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 31/32; Birkmann, DAR 1990, 3, 5; Schiemann, AcP 185 (1985), 73, 79; indifferent Jakob, S. 116 f. Auf dieses Streit entlastende Motiv des Gesetzgebers weist auch der BGH hin: BGHZ 63, 182, 184; BGH NJW 1989, 3009. 95 Steffen, ZfS 2002, 161.

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rechnung der Verwendung der Vorauszahlung auferlegt96, führt zu „unübersehbaren Weiterungen, wenn er (der Ersatzpflichtige)97 hinterher die vorausgeleisteten Kosten wieder zurückfordern könnte, weil der Gläubiger sie nicht zu dem bestimmungsgemäßen Zweck verwandt hat“98. Darüber hinaus provoziert eine solche Interpretation neuen Streit zwischen Schädiger und Geschädigtem, den der Gesetzgeber gerade vermeiden wollte. Mit dieser Streit verhindernden Funktion des Schadensausgleichs ist die teilweise befürwortete und aus dem Judikat des 5. Zivilsenats des BGH zu ziehende Konsequenz, die auf der Annahme beruht, § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB erfasse wegen des zweckgebundenen Charakters des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch die Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit, unvereinbar. Der Rechtssicherheit ist ein solches Erstattungs- und Rückabwicklungsmodell jedenfalls nicht dienlich, weil die Frieden stiftende Funktion der Schadensersatzleistung in ihr Gegenteil verkehrt würde99 . Der Schadensersatzgläubiger müsste nachträglich ständig fürchten, vom Schädiger erneut mit Konflikten konfrontiert zu werden, solange er den Restitutionsbetrag nicht dem Herstellungszweck zuführt und das Restitutionssubstrat später untergeht oder veräußert wird. Für die Gerichte wäre zudem das Ergebnis zu verzeichnen, dass ein Prozess im Schadensersatzrecht nicht in allen Fällen eine abschließende Beurteilung erfahren könnte. Der Aspekt der Streitvermeidung und endgültiger, unkomplizierter Schadensabwicklung sollte dabei nicht nur vor dem Hintergrund gesehen werden, dass er bereits vom historischen Gesetzgeber in die Argumentationsschale eingebracht wurde. Er sollte gerade auch in Anbetracht der Verknappung justizieller Ressourcen100 nicht unterschätzt werden. Insgesamt sprechen damit die Wertentscheidungen des Aufwendungsersatzrechts und die Erwägungen des historischen Gesetzgebers dagegen, den Güterausgleich nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der Zahlung des Ersatzbetrages durch den Schädiger nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB rückabzuwickeln, wenn der Eigentümer seine Rechtszuständigkeit beendet, indem er die beschädigte Sache veräußert oder diese durch sonstige Umstände untergeht. Diese Rückabwicklung wäre allerdings die konsequente Folge eines transitorischen Charakters ___________ Köhler, FS-Larenz, S. 349, 366. Einfügung vom Verf. 98 So bereits 1914 Planck-Siber, § 249 Anm. 3 b, S. 70. 99 Vgl. zu dieser Streit vermeidenden Komponente, die durch Rechenschaftspflichten konterkariert würde, auch Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 42/43; StaudingerMedicus (12. Aufl.), § 249 Rn. 221; U. Hamann, Schadensersatz, S. 43; Schirmer, FSBaumann, S. 293, 310; Gotthardt, S. 158; Weber, VersR 1990, 934, 938; ders., VersR 1992, 527, 533; Gebhardt, DAR 2002, 395, 397. 100 Nach einer von den Justizverwaltungen von sieben Bundesländern in Auftrag gegebenen Personalbedarfsuntersuchung für Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger der ordentlichen Gerichtsbarkeit haben externe Unternehmensberater festgestellt, dass mit Stand 2002 im gesamten Bundesgebiet mehr als 1.500 Richter und Staatsanwälte fehlen. Vgl. die Kurznachricht in NJW 2002, Heft 13, S. XII. 96 97

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von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Lässt sich allerdings, wie ausgeführt, eine solche konsequente Folge nicht mit den gesetzlichen Wertentscheidungen des Aufwendungsersatzrechts und den Erwägungen des historischen Gesetzgebers vereinbaren, sprechen die hervorgehobenen gesetzessystematischen Aspekte gegen eine Bindung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB an den Herstellungszweck. 4. Zusammenfassung Das innere System der schadensersatzrechtlichen Vorschriften bestätigt damit nicht, dass die den Schadensersatzanspruch ausfüllende Vorschrift des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB transitorischer Natur und zur Naturalrestitution i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB akzessorisch101 und mit ihr zweckverbunden sei. Ein Bedürfnis, den Anspruch auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag im Falle nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution untergehen zu lassen, besteht deshalb nicht. Mit der Ablehnung des transitorischen Charakters des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist auch keine „Verkennung des zukunftsorientierten Charakters des Herstellungsprinzips“102 verbunden: Denn zum einen führt kein Weg an der Feststellung vorbei, dass der Sachsubstanzschaden als unmittelbare Rechtsgutsbeeinträchtigung sofort das Vermögen des Geschädigten berührt und der vom Schadensersatzrecht vorgezeichnete Ausgleichsgedanke dessen sofortigen und vollständigen Ersatz verlangt103. Ob sich der Geschädigte zur Herstellung des hypothetischen Zustands, der in diesem – späteren – Moment bestehen würde, wäre der schadenstiftende Umstand nicht eingetreten, entschließt oder sich auf Grund späterer, die Herstellung in natura unmöglich machender Umstände gar nicht mehr entschließen kann, ist keine Frage, die mit der Zukunftsgerichtetheit der Herstellung verbunden ist. Ein zukunftsorientierter Charakter kann sich nämlich dann auf den auszugleichenden und möglichst in natura zu restituierenden Sachsubstanzschaden nicht auswirken, wenn die beeinträchtigte Rechtsgutseinbuße bereits feststeht. Zu Recht führt z.B. Rauscher aus: ___________ 101 Terminologisch auf eine „Akzessorietät des Anspruchs nach § 249 Satz 2 BGB“ stellen bspw. ab U. Hamann, Schadensersatz, S. 173; Thürmann, VersR 1976, 177. 102 So aber U. Hamann, Schadensersatz, S. 173/174: „Die die Akzessorietät des nach § 249 Satz 2 ablehnende Ansicht verkennt den zukunftsorientierten Charakter des Herstellungsprinzips: Naturalrestitution erschöpft sich nämlich nicht in einer Wiederherbeiführung des im Zeitpunkt des Schadenseintritts vorhandenen Zustands, sondern verpflichtet auch dazu, dem Geschädigten das zu gewähren, was er nach Erfahrungsgrundsätzen mit aller Wahrscheinlichkeit ohne das schädigende Ereignis im weiteren Verlauf erlangt haben würde.“ 103 In dieser Richtung bereits Werber, VersR 1971, 981, 993; Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 560; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 306; Rauscher, NJW 1986, 2011, 2013; Fleischmann, 20. VGT 1982, 268, 274; Faber, DAR 1987, 279, 280; Weber, VersR 1992, 527, 529. Vgl. des Weiteren Klimke, VersR 1968, 537, 538; ders., VersR 1974, 1063, 1065; ders., VersR 1977, 502, 504; Sabaß, 28. VGT 1990, 197, 198; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 146; Maase, NJW 1970, 2240, 2241; Wirsching, DAR 1999, 331, 333.

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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„Die Differenzbildung [nach der Differenzhypothese104] kann nur in der Weise vorgenommen werden, daß der Zustand unmittelbar vor dem schädigenden Ereignis in Beziehung gesetzt wird zu dem Zustand unmittelbar nach diesem Zeitpunkt unter Berücksichtigung all jener Schäden, die sich zwar erst in der Folge manifestieren, die aber dennoch im Moment des Schadensereignisses bereits angelegt sind.“105

Zum anderen kann mit dem zukunftsorientierten Charakter des Herstellungsprinzips die Frage, welche Auswirkungen nachträgliche Ereignisse (im Sinne von: neue Haftung auslösend) haben können, nicht beantwortet werden. Treffend formuliert z.B. Thiele: „Das Schadensersatzrecht befaßt sich nur mit den Folgen eines im Sinne des Gesetzes haftbar machenden Ereignisses, nicht aber mit den Folgen, die unabhängig von diesem eingetreten sind, mögen sie auch von einem anderen verursacht sein.“106

Im Übrigen hängt auch diese Frage mit der Dispositionsbefugnis des Gläubigers über den ihm gewährten Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zusammen, auf die im folgenden eingegangen werden soll: Ist der Schadensersatzgläubiger nicht verpflichtet, den vom Schuldner empfangenen oder noch geschuldeten Geldbetrag zur Restitution der beschädigten Sache einzusetzen, dann kann auch die Tatsache, dass das Herstellungsprinzip zukunftsorientierten Charakter trägt, den entstandenen Ersatzanspruch nicht beeinträchtigen.

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten Ausgangspunkt für die Lösung der Fallgestaltungen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution im Sachschadensrecht ist für den 6. Zivilsenat des BGH 107 – im Gegensatz zum 5. Zivilsenat – der der Vorschrift des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB immanente Grundsatz der Dispositionsfreiheit des Geschädigten, nach dem der Gläubiger den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gewährten erforderlichen Geldbetrag nicht zur Restitution des beeinträchtigten Rechtsguts und damit Beseitigung des Schadens durch Wiederherstellung des hypothetischen Zustands verwenden muss. Zwar bekennt sich auch der 5. Zivilsenat des BGH108 in Übereinstimmung insoweit sowohl mit dem 6.109 als auch mit dem 8.110 und 10. Zivilsenat111 zur Ersatzfähigkeit der Herstellungskosten, auch wenn der Geschädigte ___________ Einfügung vom Verf. Rauscher, NJW 1986, 2011, 2013. 106 Thiele, AcP 167 (1967), 193, 199. 107 BGHZ 66, 239, 241; BGH VersR 1977, 134; VersR 1978, 182, 183; 235; NJW 1985, 2469. 108 BGHZ 81, 385, 391; BGH NJW 1997, 520. 109 BGHZ 61, 56, 58; 61, 346, 347; 63, 182, 184; 97, 14, 17/18; BGH NJW 1989, 3009; 2003, 2085; 2003, 2086, 2088; . 110 BGH NJW 1985, 2413, 2414. 111 BGH NJW 1996, 2924, 2925. 104 105

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

nicht die Absicht hat, die beschädigte Sache überhaupt instandsetzen zu lassen. Nur meint er, diese Dispositionsfreiheit – und damit die hier in Rede stehenden Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution – darauf beschränken zu müssen, dass der Gläubiger den erforderlichen Geldbetrag bereits empfangen hat. Für ihn verwirklicht sich die Zweckbindung dann, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz noch um den Ersatz streiten muss, in diesem Zeitpunkt die Unmöglichkeit aber bereits eingetreten ist. In der Literatur wird diese den Schadensersatz von der konkreten Durchführung der Schadensbeseitigung abkoppelnde Dispositionsfreiheit einerseits als „Magna Charta für den Geschädigten im Schadensrecht und damit normative Direktive, aus der alles weitere folgt“112, „Kern der Schadensersatzhaftung gem. § 249 S. 2 BGB“113 oder als „eherner Grundsatz unseres Schadensrechts“114 bezeichnet. Andererseits wird die Dispositionsfreiheit aber auch für „kein maßgebliches Prinzip des § 249 S. 2 BGB“115 gehalten, von dem daher „Abschied zu nehmen“116 sei oder auf das „ohne weiteres ganz verzichtet werden“117 könne. So konträr im Schrifttum bereits dieser „Grundsatz der Dispositionsfreiheit“ beurteilt wird, so uneinig ist man sich auch über die grundsätzliche Aussagekraft des vom 6. Zivilsenat herangezogenen Arguments zur Begründung für diese Freiheit des Schadensersatzgläubigers, nämlich die in den Quellen des historischen Gesetzgebers zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidungen. 1. Die Quellen des historischen Gesetzgebers Während insbesondere der 6. Zivilsenat des BGH die Dispositionsfreiheit auf die Protokolle der Zweiten Kommission zur Lesung des BGB stützt118 und dabei von zahlreichen Stimmen in der Literatur Unterstützung erhält119, halten ___________ 112 Steffen, NJW 1995, 2057, 2059. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ebenfalls als die „Magna Charta“ des Geschädigten bezeichnend: Menken, DAR 1998, 250, 251; Müller, ZRP 1998, 258, 259; Pamer, NZV 2000, 490, 491; Steffen, DAR 2002, 6, 9; Müller, VersR 2003, 1, 6 = DAR 2002, 540, 544; Sanden/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, Rn. 48. 113 v. Westphalen, DAR 1999, 295, 299. 114 Schlegelmilch, VersR 1987, 1171; grundsätzlich ebenso Dressler, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 46, S. 46/47. 115 Schiemann, EWiR 1993, 441, 442. 116 Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 74. 117 Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 411. 118 BGHZ 63, 182, 184; 66, 239, 241; 97, 14, 17. Auch der 5. Zivilsenat stellt hierauf ab BGHZ 81, 385, 391. 119 Zeuner, JZ 1986, 640; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 21 ff.; U. Hamann, Schadensersatz, S. 42; Weber, VersR 1990, 934, 938 und 943; Zeuner, GS-Dietz, 99, 122; Medicus, DAR 1982, 352, 355; Schiemann, DAR 1982, 309, 310; Weber, VersR

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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andere – ohne Auseinandersetzung mit den Quellen – den Willen des historischen Gesetzgebers für „obsolet“120 oder diskreditieren die Versuche, aus den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte zu finden, als „Kaffeesatzleserei“121. Insbesondere die Anhänger der Zweckbindungsthese meinen, ohne sich im Einzelnen mit den entsprechenden historischen Quellentexten zu befassen, dass „eine historische Gesetzesauslegung für die angebliche Dispositionsfreiheit nicht viel hergibt, die Gesetzesmaterialien zu § 249 BGB zu dieser Frage nichts enthalten“122. Dass diese Behauptung eher auf Ignoranz beruht, wird schon anhand der bisherigen Ausführungen deutlich. Der historische Gesetzgeber hatte ein nachträgliches Erstattungsverfahren für den vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB geschuldeten erforderlichen Geldbetrag abgelehnt, war sich des Unterschieds zwischen Schaden und Aufwendung bewusst und wollte den Geschädigten von jedem Streit mit dem Schädiger entlasten, was im Sinne von zu Ende gedachter Konsequenz „logischerweise“123 auch die Befreiung von dem Streit betrifft, ob der Geschädigte den zur Restitution erhaltenen Betrag bestimmungsgemäß verwendet 124 . Die Gesetzesmaterialien könnten aber noch weitere, bestechendere Hinweise enthalten, die dafür sprechen, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hatte, den Geschädigten mit dem Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu verpflichten, den ihm vom Schädiger gezahlten Betrag zur Vornahme der Herstellung einzusetzen, sondern dass er in der Verwendung des Geldbetrags vielmehr frei sein sollte. Die Formulierung der Ersatzpflicht anhand des Begriffs der „Aufwendungen“ lag nun zwar dem der Zweiten Kommission zur Beurteilung und Beschlussfassung vorgelegten § 219 des revidierten 1. Entwurfs des BGB nach den Beschlüssen der Vorkommission des Reichsjustizamts bereits zu Grunde. Das kategorische Nichtübernehmen dieser Wendung, die bereits an anderer Stelle von der Zweiten Kommission als Missverständnisse hervorrufend ge___________ 1992, 527, 534/535; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 310; Knütel, JR 1982, 281, 282; Heinze, JR 1977, 418, 419; Flessner/Kadner, JuS 1989, 879, 883; Menken, DAR 1998, 250, 251; Gebhardt, DAR 2002, 395, 397. 120 Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 10 = NZV 1991, 1, 2. Zustimmend Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 408; wohl ebenso Leonhard, VersR 1983, 415, 418: „Selbst wenn die Gesetzesmaterialien die Auslegung des § 249 S. 2 in dem Sinne stützen, daß auch fiktiv ermittelter Schaden erstattungspflichtig ist, schließen die Vorstellungen des Gesetzgebers vor 80 Jahren nicht das Recht und die Pflicht der Gerichte aus, das Gesetz in einer der Entwicklung angepaßten Weise auszulegen, soweit die Auslegung mit dem Wortlaut und objektivierbaren Sinn des Gesetzes vereinbar ist.“ 121 Greger, NZV 2000, 1, 2. 122 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 364; ebenso Otto, NZV 1998, 433, 436. Ähnlich kritisch Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 408; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163; dies., JuS 1991, 441, 443, Fn. 29. 123 So Gebhardt, DAR 2002, 395, 397. 124 Vgl. oben im 4. Kapitel unter II. 3., S. 104 f.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

kennzeichnet wurde125, ist jedoch nicht das allein Bemerkenswerte. Interessant ist vielmehr auch die zusätzliche, im Konjunktiv formulierte Berechnungsbasis der Herstellungskosten, die im Rahmen der Gesetzesberatungen kontinuierlich zur Umschreibung des Anspruchs auf den erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verwendet wurde und von der insbesondere Karakatsanes, der sie lediglich in Bezug auf die Denkschrift zum BGB würdigt, den Schluss auf die Freiheit des Geschädigten in der Verwendung des Geldbetrags zieht126. Dem lag folgende Entwicklung zu Grunde: § 218 KE127 und § 219 E I128 lauteten: „Der Schuldner hat den Schadensersatz dadurch zu leisten, daß er denjenigen Zustand herstellt, welcher vorhanden sein würde, wenn der zum Schadensersatze verpflichtende Umstande nicht eingetreten wäre, und daß er, soweit diese Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, den Gläubiger in Geld entschädigt.“129

Diese Lösung, nach der der Gläubiger noch kein Recht zur Restitution in Eigenregie hatte, stieß jedoch frühzeitig auf Bedenken, da „der Gläubiger in eine schlimme Lage gerathen könne“, und zwar „in den zahlreichen Fällen, in welchen die Möglichkeit der Wiederherstellung des früheren Zustandes zweifelhaft sei oder wenn der Schuldner sich als renitent erweise“130. Deshalb beantragte Jacubezky im Vorfeld der Beratungen der Vorkommission des Reichsjustizamts, dem § 219 E I folgenden Zusatz beizufügen: „Der Gläubiger ist jedoch berechtigt, statt der Herstellung die Zahlung des Geldbetrages zu fordern, welchen der Schuldner aufwenden müßte[131], um sie zu bewirken.“132

Die Vorkommission des Reichsjustizamts133 kam dem Anliegen Jacubezkys nach und schlug in ihrer 39. Sitzung am 3. September 1891 zunächst folgende Fassung vor: ___________ 125 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 628/629 = Mugdan, Bd. 2, S. 1112. Vgl. oben im 4. Kapitel unter II. 3., S. 103. 126 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 24. 127 Entwurf eines BGB i.d.F. der ersten Beratung der 1. Kommission, sog. Kommissionsentwurf. 128 Entwurf eines BGB i.d.F. nach der 1. Lesung, sog. 1. Entwurf. 129 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 96; Mugdan, Bd. 2, S. III. 130 So in den Motiven zum BGB, vgl. Mugdan, Bd. 2, S. 11. 131 (Hervorhebungen vom Verf.) Würdigt man diese am Anfang aller zu § 249 Abs. 2 S. 1 BGB stehenden, noch folgenden Diskussionen im Rahmen der Gesetzgebungsgeschichte, wird deutlich, dass bei der Formulierung im Konjunktiv keinesfalls von einer „grammatikalischen Zufälligkeit“ die Rede sein kann, wie Jakob, S. 124 und 126, meint. Der Konjunktiv hat in dem Antrag von Jacubezky seinen Ausgangspunkt, der bei jeder Interpretation einer diesbezüglichen späteren Textstelle in den Gesetzesmaterialien mitbedacht werden muss. 132 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 97. 133 Diese Kommission bestand zuvorderst aus den Mitgliedern der Zweiten Kommission und den Reichskommissaren. Sie unterzog die Bestimmungen des 1. Entwurfs des BGB zum Allgemeinen Teil, zum Schuldrecht und Teilen des Sachenrechts in den Jahren 1891

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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„Der Gläubiger ist jedoch berechtigt, statt der Herstellung den Betrag der Aufwendung[134] zu fordern, welche der Schuldner machen müßte[135], um die Herstellung zu bewirken.“136

Hierfür war die Erwägung maßgebend, dass „die Entrichtung der entsprechenden Geldentschädigung an Stelle der Herstellung des früheren Zustandes einerseits im Interesse des Beschädigten liegen könne und andererseits für den Beschädiger keine Mehrbelastung enthalte“ 137 . Die Vorkommission des Reichsjustizamts unterwarf diese Fassung des § 219 Abs. 2 S. 1 E I-RJA einer Revision und änderte ihn in ihrer Sitzung am 4. September 1891 wie folgt ab: „Der Gläubiger ist berechtigt, statt der Herstellung den Betrag der Aufwendungen[138] zu fordern, welche der Ersatzpflichtige aufwenden müßte[139], um die Herstellung zu bewirken.“140

Diese Entwicklung zeigt, dass der an den Geschädigten zu zahlende Betrag nicht nach den bereits tatsächlich entstandenen Herstellungskosten zu bemessen sein sollte, auch wenn die Benutzung des Begriffs der „Aufwendungen“ insoweit durchaus Missverständnisse hervorrufen kann, was jedoch der Zweiten Kommission – wie bereits mehrfach hervorgehoben141 – später noch auffiel und diese zum Handeln veranlasste. Berechnungsbasis für den Schadensersatz war den Vorschriften zufolge eine eindeutig hypothetische Basis der Herstellungskosten. Mit unwesentlicher Modifikation142 brachte Struckmann den § 219 E I rev-RJA als „Antrag 1“ in die Beratungen der Zweiten Kommission ein143. Des Weiteren lag hierzu der „Unterantrag a β“ von Wolffson vor, der zur Fassung des § 219 E I ___________ bis 1893 einer ausführlichen Beratung. Vgl. Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 1; weiterführend Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, S. 50-57. 134 Hervorhebung vom Verf. 135 Hervorhebungen vom Verf. 136 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 98. 137 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 98. 138 Hervorhebung vom Verf. 139 Hervorhebungen vom Verf. 140 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 98. 141 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 628/629 = Mugdan, Bd. 2, S. 1112. Vgl. oben im 4. Kapitel unter II. 3., S. 103. 142 Diese bestand lediglich darin, dass gegenüber der in § 219 Abs. 2 E I rev-RJA enthaltenen Formulierung „aufwenden müßte“ die in § 219 Abs. 2 E I-RJA benutzte Begrifflichkeit des „machen müßte“ – aus welchen Gründen auch immer – für vorzugswürdiger erachtet wurde. Vgl. Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 98, Fn. 24a. 143 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 293 = Mugdan, Bd. 2, S. 511; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 99. Dies entsprach der üblichen Vorgehensweise, da die von der Vorkommission des Reichsjustizamts zu den Bestimmungen des 1. Entwurfs gefassten Beschlüsse allgemein als Anträge in die Zweite Kommission eingebracht wurden und „den 2. Entwurf und damit das BGB weit stärker beeinflußt haben als die sonst in der 2. Kommission gestellten Anträge“ (Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 1).

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

rev-RJA vorsah, „in Abs. 2 statt der Worte: ‚welche der Ersatzpflichtige machen müßte‘ zu bestimmen: welche erforderlich sind“144. Die Kommission entschied sich für die Annahme des Antrags in der Fassung des Unterantrags145. Trotz der nunmehr enthaltenen Formulierung des „Erforderlichen“ sollte inhaltlich an den hypothetischen Befund unter Berücksichtigung der Vorgeschichte angeknüpft werden, denn zur Begründung der Annahme des „Antrages 1“ in der Fassung des „Unterantrages a β“ führte die Zweite Kommission in den Protokollen aus: „Abweichend von dem Entwurf […] soll nach dem Antrag 1 der Gläubiger nicht unbedingt darauf beschränkt sein, die Naturalrestitution zu fordern, sondern statt derselben einen solchen Geldbetrag verlangen können[146], wie ihn der Schuldner zur Wiederherstellung des früheren Zustandes aufwenden müßte[147]. […] Der Unterantrag 1 a β verbessert die Stellung des Gläubigers insofern, als er ihm bei Ablehnung der Naturalrestitution nicht nur den Betrag, welchen der Schuldner aufwenden müßte, sondern den ihm zur Bewirkung der Herstellung erforderlichen Betrag in Geld[148] zu fordern gestattet.“149

Nach wie vor wird damit – nunmehr in Gestalt des erforderlichen Betrages in Geld – an den gedachten Zweck der Bewirkung der noch nicht durchgeführten Herstellung und nicht an die bereits wirklich aufgebrachten Herstellungskosten in Form der „Aufwendungen“ angeknüpft. Dem Geschädigten soll zwar ermöglicht werden, mit dem ihm vom Schädiger zu zahlenden Geldbetrag die Herstellung zu finanzieren; für verpflichtet wird er jedoch nicht gehalten. Deutlich wird auch, dass sich die Kommission – zumindest in der Gesetzesbegründung – von dem ein Erstattungsverfahren nahelegenden Begriff der Aufwendung bereits verabschiedet hatte150. ___________ 144 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 293 = Mugdan, Bd. 2, S. 511; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 99. 145 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 295 = Mugdan, Bd. 2, S. 512; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 100. 146 Hervorhebungen vom Verf. 147 Hervorhebungen vom Verf. 148 Hervorhebungen vom Verf. Diese Passage in den Gesetzesmaterialien wird man ohne weiteres als direkten Vorläufer des später endgültig gewordenen Gesetzestextes des § 249 S. 2 BGB ansehen können. 149 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 295 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. 150 Endgültig auch im Gesetzestext wurde der Aufwendungsbegriff im Entwurf in der Paragrafenzählung des 1. Entwurfs nach der Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktionskommission der Zweiten Kommission (§ 219 Abs. 3 E I-ZustRedKom) aufgegeben. Hierdurch wurde somit eindeutig auch im Gesetzestext verbürgt, dass ein Anknüpfen an die tatsächlichen Aufwendungen des Geschädigten – nach durchgeführter Restitution – im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht in Betracht kommen sollte; dieses vielmehr mittels positiv verbürgter Willensäußerung des Gesetzgebers verworfen wurde. Erhärtet wird dieser Befund noch dadurch, dass der am Anfang aller Diskussionen zur Einführung der Ersetzungsbefugnis und damit der Option des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB für den Geschädigten stehende Antrag von Jacubezky ebenfalls bereits – wie der dann endgültige Wortlaut – von der Berechtigung des Gläubigers, einen „Geldbetrag“ zu fordern

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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Hierauf aufbauend und unter Berücksichtigung dieser Vorgeschichte ist dann auch die oft zitierte 151 und von den Vertretern der Dispositionsfreiheit152 als maßgeblich herangezogene Protokollstelle „Prot. I 296, 297“153 zu sehen. Für die Entscheidung der Zweiten Kommission, dem Gläubiger die Befugnis des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB einzuräumen, war nämlich maßgeblich: „Was die in dem Antrag 1 und dem Unterantrag 1 a β vorgeschlagenen Modifikationen anlange, so seien dieselben durch billige Rücksichtnahme auf Gläubiger und Schuldner geboten. Es gehe nicht an, dem Gläubiger nur das Recht auf Naturalrestitution einzuräumen. Denn in vielen Fällen entspreche es seinem Interesse, die beschädigte Sache, statt ihre Herstellung zu verlangen, durch eine neue zu ersetzen[154], und sehr oft würde die Herstellung eine Einwirkung des Schuldners oder der von ihm gewählten Werkleute auf die Sache erfordern, deren Gestattung dem Gläubiger billigerweise nicht zugemuthet werden könne. Dazu komme, daß über die Frage, ob die Herstellung ge-

___________ (vgl. Jakobs/ Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 97) und nicht von der Erstattung einer „Aufwendung“ sprach. Auch aus diesem Grund sind sämtliche Analogiediskussionen zu verwerfen, die an §§ 536a Abs. 2, 637 Abs. 1 BGB (= §§ 538 Abs. 2, 633 Abs. 3 BGB in der bis zum 31.8.2001 bzw. bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung) bei der Auslegung im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB anknüpfen wollen (so z.B. Köhler, FS-Larenz, S. 349, 353/354 und 366/367; Hofmann, DAR 1983, 374, 378), weil eine unbewusste Regelungslücke, die analoge Schlüsse rechtfertigen könnte, nicht vorhanden ist. Dieser Weg ist wegen Fehlens des Merkmals der „Planwidrigkeit“ einer Regelungslücke versperrt. Dies führt auch zu der Konsequenz, dass der Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB selbst keineswegs derart offen ist, wie immer wieder behauptet wird, als dass er in gleichberechtigter Weise sowohl die Deutung des auf die gedachte/hypothetische als auch auf die durchgeführte Restitution zuließe (so z.B. Bollweg, ZfS-Sonderheft 2002, 1, 3; Greger, NZV 2000, 1, 2; Haug, VersR 2000, 1471; R. Hamann, S. 33; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 364; Jakob, S. 185; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163; dies., JuS 1991, 441, 445; U. Hamann, Schadensersatz, S. 42; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 297; Otto, NZV 2001, 335, 336). Hätte dem Geschädigten lediglich ermöglicht werden sollen, die Herstellung selbst vorzunehmen oder vornehmen zu lassen und die dadurch entstandenen Kosten dem Schädiger zu überbürden, dann hätte es sich angeboten, der Formulierung der Vorkommission des Reichsjustizamts zu folgen und eine den §§ 536a Abs. 2, 637 Abs. 1 BGB (= §§ 538 Abs. 2, 633 Abs. 3 BGB in der bis zum 31.8.2001 bzw. bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung) entlehnte Formulierung zu verwenden, also insbesondere vom Ersatz der für die selbst durchgeführte Herstellung erforderlichen Aufwendungen zu sprechen. Damit aber zeigt sich auch bei genauerer Wortlautinterpretation, dass es nicht Intention des historischen Gesetzgebers war, die Entlastung des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB prinzipiell nur für den Fall tatsächlich erwachsener Herstellungskosten vorzunehmen (so zu Recht Zeuner, JZ 1986, 640). 151 BGHZ 63, 182, 184; 66, 239, 241; 81, 385, 391; 97, 14, 17. 152 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 21/22; U. Hamann, Schadensersatz, S. 42; Weber, VersR 1990, 934, 938 und 943; Zeuner, GS-Dietz, 99, 122; Medicus, DAR 1982, 352, 355; Zeuner, JZ 1986, 640; Weber, VersR 1992, 527, 534/535; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 310; Knütel, JR 1982, 281, 282; Heinze, JR 1977, 418, 419; Flessner/Kadner, JuS 1989, 879, 883; Gebhardt, DAR 2002, 395, 397. Früher auch Schiemann, DAR 1982, 309, 310. 153 So die übliche Zitierweise des BGH, vgl. BGHZ 63, 182, 184; 66, 239, 241; 81, 385, 391; 97, 14, 17. 154 Hervorhebungen vom Verf.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

lungen sei und vom Gläubiger als Ersatzleistung angenommen werden müsse, nur zu leicht Streit entstehe. Deswegen müsse der Gläubiger das Recht haben, den Betrag, welchen die Herstellung in Geld erfordere, in Geld zu verlangen[155].“156

Dies setzt sich in der Denkschrift zum BGB157 fort, indem dort ausgeführt wird: „Ist jedoch wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Ersatz zu leisten, so kann dem Geschädigten billigerweise nicht zugemuthet werden, zum Zwecke der Herstellung eine in ihrem Erfolge oft zweifelhafte Einwirkung auf seine Person oder auf die Sache dem Ersatzpflichtigen ohne Weiteres zu gestatten. Sodann entspricht im Falle der Beschädigung einer Sache die Beschaffung einer neuen Sache unter Umständen dem Interesse des Verletzten besser[158] als die Herstellung der beschädigten. Der Entwurf gestattet deshalb in den bezeichneten Fällen dem Verletzten, von vornherein[159] statt der Herstellung den Geldbetrag zu verlangen, den er für die Herstellung aufwenden müßte[160] (§ 243 Satz 2).“161

Der sich so schließende Kreis, d.h. der auffällige Gebrauch des Konjunktivs, der am Anfang der Entstehungsgeschichte und der Entwicklung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB während der Gesetzesberatungen stand (Antrag von Jacubezky, der der Beratung der Vorkommission des Reichsjustizamts zu Grunde lag162), verdeutlicht, dass es bei der ursprünglichen Nichtanknüpfung an die tatsächlichen Restitutionskosten während der gesamten Gesetzesberatungen verblieb. Berücksichtigt man diesen Kreis, den die im Konjunktiv abgefasste Formulierung der Berechnungsbasis der Herstellungskosten nahm, kann von „grammatikalischen“ oder „sprachlichen Zufälligkeiten“163 kaum die Rede sein. Es wären derer Zufälle zu viel, um von einem gänzlich unbeabsichtigten und unvorhersehbaren Ergebnis zu sprechen164. Auch stellt es kein zwingendes Argument gegen die hier vertrete___________ Hervorhebungen vom Verf. Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296/297 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. 157 Sie wurde vom Reichsjustizamt angefertigt und dem Reichstag zusammen mit dem Entwurf des Bundesrates (E III) vorgelegt; vgl. Schubert, Entstehung der Vorschriften des BGB, S. 52/53. 158 Hervorhebungen vom Verf. 159 (Hervorhebungen vom Verf.) Zu Recht meint Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 24, dass diese Textstelle „mit aller Deutlichkeit zeigt, daß den Gesetzesverfassern der Fall vorschwebte, in dem der Geschädigte ‚von vornherein‘, also noch bevor die Herstellung durchgeführt ist, den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangt“ (Hervorhebungen im Original). 160 Hervorhebungen vom Verf. 161 Mugdan, Bd. 2, S. 1235. 162 Vgl. Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 97 und oben im 4. Kapitel unter III. 1., S. 110. 163 So aber insbesondere und dezidiert Jakob, S. 124-126 und Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 408. 164 Soweit Jakob, S. 125, Fn. 44 meint, der Konjunktiv sei auf die Rolle und den Einfluss Struckmanns bei der Abfassung dieser Vorschrift zurückzuführen, der als Geh. Regierungsrat und Vortragender Rat im Reichsjustizamt schon am Entwurf der Vor155 156

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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ne Auffassung von der Kontinuität des verwendeten Konjunktivs dar165, dass dieser weder166 im Gesetzestext des Entwurfs der Zweiten Kommission (§ 213 Abs. 1 S. 2 E II) noch in dem des Entwurfs des Bundesrates (§ 243 S. 2 E III) oder im Gesetzestext der endgültigen Fassung des BGB (damals: § 249 S. 2 BGB) seinen Niederschlag fand167, weil die Zweite Kommission in der Begründung zur Annahme des „Unterantrags 1 a β“ von Wolffson, der die Umformulierung hin___________ kommission des Reichsjustizamts beteiligt war, an den Beratungen der Zweiten Kommission zunächst als Reichskommissar und später als ständiges Mitglied teilnahm, in der Folgezeit an der Denkschrift des Reichsjustizamts mitarbeitete und den Entwurf des Bundesrates (E III) in den Verhandlungen im Reichstag vertrat (vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, S. 108), wird verkannt, dass die hypothetisch formulierte Berechnungsbasis der Herstellungskosten gerade nicht auf Struckmann, sondern auf Jacubezky zurückgeht, der als bayerischer Oberregierungs- und späterer Ministerialrat, ständiges Mitglied der Zweiten Kommission und dort Spezialreferent für das Schuldrecht, Mitglied der Redaktionskommission sowie Kommissar des Reichskanzlers bei den Beratungen des BGB im Bundesrat und Reichstag war, an der Denkschrift allerdings gerade nicht beteiligt war (vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, S. 101; Schubert, Entstehung der Vorschriften des BGB, S. 46 und 48). Wenn deshalb Struckmann an den auf Jacubezky zurückgehenden Konjunktiv in der Denkschrift anknüpft, dann doch wohl eher deshalb, weil sich dieser als fester Bestandteil der Struktur der Vorschrift bei den Kommissionsmitgliedern und die Funktion der Norm am besten zu verdeutlichen geeignet erwiesen hatte. Gerade Jacubezky erwies sich innerhalb der Zweiten Kommission als scharfsinniger Dogmatiker, der unerbittlich auf genauer Ausdrucksweise, auf Beseitigung von Widersprüchen und klarer Gliederung des Gesetzes bestand (vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, S. 59). Im Jahre 1893 schrieb Nieberding über Jacubezky: Dieser Jurist „werde nicht nur allseitig als nützliches, sondern geradezu als unentbehrliches Mitglied der Kommission betrachtet, da kein anderes Mitglied an logischer Schärfe ihm gewachsen sei“. Diesem Urteil fügte der bayerische Gesandte Lerchenberg hinzu: „Allgemein wird dessen Begabung, glänzende Dialektik und juristische Schärfe anerkannt, die stets neue Gedanken zu Tage fördert“ (zitiert nach Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, S. 59). Und Planck, der Generalreferent der Zweiten Kommission, schrieb in einem Nachruf vom 8.1.1910: „Man erkannte die gründlichen Kenntnisse und den Scharfsinn Jacubezkys; man erkannte die Berechtigung seines Strebens, den Bedürfnissen des praktischen Lebens gerecht zu werden und seine diesbezweckenden Anträge zugleich der ausgezeichneten juristischen Technik des ersten Entwurfs anzupassen, mehr und mehr an, und bald wurde er eines der angesehensten und einflußreichsten Mitglieder der Kommission. Mancher Paragraf des BGB zeigt die Spuren des Jacubezkyschen Geistes“ (zitiert nach Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, S. 101/102; siehe auch Schubert, Entstehung der Vorschriften des BGB, S. 50). Zu diesen Paragrafen wird man § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sicherlich rechnen dürfen. 165 So allerdings der Einwand von Jakob, S. 125, und Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 408. 166 Ebenso wenig Eingang fand die hypothetische Berechnungsbasis im Text des Entwurfs in der Paragrafenzählung des 1. Entwurfs nach der vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der Zweiten Kommission (§ 219 Abs. 3 E I-VorlZust) und des Entwurfs in der Paragrafenzählung des 1. Entwurfs nach der Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktionskommission der Zweiten Kommission (§ 219 Abs. 3 E I-ZustRedKom), vgl. zu diesen Fassungen Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 101. 167 Vgl. hierzu Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 102.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

sichtlich des erforderlichen Geldbetrags vorschlug, ausdrücklich lediglich aufführt, dass damit die Rechtsstellung des Geschädigten verbessert werden sollte168. Dafür war es aber erforderlich, nicht auf die Herstellungskosten abzustellen, die der Schädiger aufbringen müsste, sondern auf die, die der Gläubiger benötigt, würde er die Herstellung in Eigenregie durchführen. Gerade dieses Rechtsstellungsverbesserungsargument spricht dafür, dass inhaltlich nach wie vor darauf rekurriert werden sollte, dass der Anspruch auf den zur Herstellung erforderlichen Betrag nicht mit dem Ziel der Befreiung des Geschädigten von den ihm tatsächlich erwachsenen Herstellungskosten verbunden sein sollte und eine zweckgebundene Gewährung nicht beabsichtigt gewesen war. Im Übrigen bewirkte der Wegfall des Konjunktivs im Gesetzestext auch eine sprachliche Vereinfachung. Denn die Gesetzessprache sollte bewusst knapp und möglichst einfach sein169; ein inhaltlicher Verzicht war mit der Verknappung und Vereinfachung aber nicht verbunden. Für die Verwendungsfreiheit des Geschädigten hinsichtlich des vom Schädiger geschuldeten erforderlichen Geldbetrags wird des Weiteren berechtigterweise auf die vorgenannte Protokollstelle der Zweiten Kommission („Prot. I 296, 297“) und den Passus in der Denkschrift insoweit abgestellt170, als dort die ___________ Vgl. Prot. II. Komm. Bd. I, S. 295 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. Für die Beurteilung des 2. Entwurfs ist insbesondere der Gesichtspunkt von Bedeutung, dass „die sprachliche Revision verbunden“ war „mit den nicht sehr tiefgreifenden Änderungen“, so Jakobs/Schubert, Einführung, Biographien, Materialien, S. 60. Im Wortlaut wiedergegeben ist dort ein Brief Windscheids an Planck, in dem es heißt: „Es ist auffallend, wie wenig bisher sachlich geändert worden ist. Die verschiedenen Änderungen scheinen mir größtentheils wohl gelungen. Aber ich bin mit Dir der Meinung, daß es fraglich ist, ob nicht hier und da größere Lesbarkeit durch eine Minderung der Schärfe des Ausdrucks erkauft worden ist.“ Der 2. Vorsitzende der Zweiten Kommission, Bosse, fasste die Aufgabe dieses Gremiums dahin zusammen, dass diese den 1. Entwurf „volksthümlicher, einfacher, durchsichtiger, gemeinverständlicher in der Sprache und auch in der Construktion der einzelnen Rechtsinstitute zu gestalten“ habe (so Schubert, Entstehung der Vorschriften des BGB, S. 49). Teilweise wurde sogar ausdrücklich gefordert, dass das Ideal eines Bürgerlichen Gesetzbuches lediglich „klare, kernige und entwicklungsfähige Rechtssätze“ einhalten dürfe (vgl. ders., a.a.O., S. 51). Eindrucksvoll wird dies auch in den Protokollen der Zweiten Kommission zu den Regelungen des Allgemeinen Schadensersatzrechts bestätigt. Dort wird zum Vorrang der Restitution gegenüber der Geldkompensation und damit zur Abgrenzung zwischen Naturalrestitution und Geldersatz explizit hervorgehoben: „Es komme hinzu, daß, wenn die Herstellung des früheren Zustandes und die Geldentschädigung nicht auseinandergehalten, sondern unter dem Begriff des Schadensersatzes zusammengefaßt werden, die Technik des Gesetzes sich wesentlich vereinfache und Wiederholungen vermieden werden können“ (Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296 = Mugdan, Bd. 2, S. 513). 170 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 21/22 und 23/24; U. Hamann, Schadensersatz, S. 42; Weber, VersR 1990, 934, 938 und 943; Zeuner, GS-Dietz, 99, 122; Medicus, DAR 1982, 352, 355; ders., VersR 1981, 593, 599, Fn. 73; Zeuner, JZ 1986, 640; Werres, NJW 1982, 2483; ders., NJW 1983, 2371; Weber, VersR 1992, 527, 534/535; Schirmer, FSBaumann, S. 293, 310; Knütel, JR 1982, 281, 282; Heinze, JR 1977, 418, 419; Flessner/ Kadner, JuS 1989, 879, 883. Früher auch Schiemann, DAR 1982, 309, 310. Vgl. auch Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 9/10 = NZV 1991, 1, 2. 168 169

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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Gesetzesverfasser hervorheben, der Geschädigte könne „die beschädigte Sache, statt ihre Herstellung zu verlangen, durch eine neue […] ersetzen“171. Die Verfechter der Dispositionsfreiheit halten auf Grund dieser Gesetzesmaterialien den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gewährten Geldbetrag von einem Herstellungszweck bzw. einer realen Durchführung der Naturalrestitution generell „abgekoppelt“172 bzw. „gelöst“173 und führen hierzu bspw. aus: „Das macht eindeutig klar, daß der Gesetzgeber den Geschädigten nicht nötigen wollte, die beschädigte Sache wiederherzustellen. Hier hat der historische Gesetzgeber selbst den Zusammenhang zwischen der Herstellung der Sache und dem gesetzlichen Anspruch des Geschädigten auf die zur Herstellung erforderlichen Kosten gelöst. Das Gesetz hat hier den Anspruch von der faktischen Schadensentwicklung, also von der Reparatur der Sache, abgekoppelt. Der Ersatzanspruch ist losgelöst von den Kosten, die der Geschädigte für die Schadensbeseitigung aufgewendet hat, bis hin zu der Freiheit des Geschädigten, von der Reparatur der beschädigten Sache überhaupt abzusehen, indem er sie durch die Anschaffung einer neuen ersetzt.“174

Beachtlich im Zusammenhang mit dieser Protokollstelle ist auch folgender Umstand, der in der bisherigen Diskussion noch keine Beachtung erfuhr und der gleichzeitig den Grund dafür bildet, dass der Ersatzanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nach dem Verständnis des historischen Gesetzgebers vom Herstellungszweck tatsächlich abgekoppelt ist: Der Restitutionsbegriff des historischen Gesetzgebers war ausschließlich der faktischen Herstellung verhaftet und erfasste lediglich die Herstellung der Sache durch Reparatur175. Welche andere Deutung als die, der Geschädigte könne seine Interessen durch die Wahl des Geldbetrags nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB anderweitig befriedigen und deshalb über den ihm zur Verfügung zu stellenden Restitutionsbetrag frei verfügen, kann vor diesem Hintergrund die von der Zweiten Kommission explizit in ihren Protokollen erwähnte Art der Wiedergutmachung des Schadens haben? Dem Schadensersatzgläubiger wird einerseits gestattet, „statt die Herstellung der beschädigten Sache zu verlangen, sie durch eine neue zu ersetzen“. Andererseits stellt gerade diese Schadenswiedergutmachung mit den Mitteln des erforderlichen Geldbetrags gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nach der Vorstellung der Gesetzesverfasser keine Naturalrestitution und mithin keine Herstellung ___________ Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296/297 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. BGHZ 86, 372, 377. Ebenso Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Weber, VersR 1992, 527, 534; Steffen, VersR 1985, 605, 606; Steffen, NJW 1995, 2057, 2059; ders., Homburger Tage 1990, S. 7, S. 10/11 = NZV 1991, 1, 3; ders., ZVersWiss 1993, 13, 33; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 146; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 306; Gebhardt, DAR 2002, 395, 396 und 397. 173 Medicus, DAR 1982, 352, 355; Weber, VersR 1992, 527, 534; ders., VersR 1990, 934, 943; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 146. Siehe zu dieser „Loslösungskomponente“ auch BGHZ 54, 82, 85; 61, 56, 58; 61, 346, 348; 63, 182, 184, BGH NJW 1989, 3009; 1992, 1618, 1619; 1996, 2924, 2925. 174 Weber, VersR 1992, 527, 534 (Hervorhebungen im Original). 175 Vgl. dazu ausführlich oben im 3. Kapitel unter II. 1., S. 63 f. 171 172

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB dar. Berücksichtigt man diese beiden Aussagen des Gesetzgebers, dann ist es doch nur konsequent, hieraus den Schluss176 zu ziehen, dass der erforderliche Restitutionssurrogatbetrag weder zur Restitution der Sache in natura eingesetzt werden muss, noch dass er hierfür weiterhin eingesetzt werden können muss und dass der Anspruch nicht transitorischer Natur und damit auch nicht dem Herstellungszweck verbunden sein kann. Dieser Umstand und der Zusammenhang zwischen dem in den Protokollen erwähnten Beispiel der Schadensbeseitigung und dem faktischen Wiederherstellungsbegriff des historischen Gesetzgebers stellt auch die sachliche Rechtfertigung für die in die Diskussion von Larenz177 eingeführte178 „Zusatzüberlegung“179 bzw. „Annahme“180 der „These vom Stockkapital“181 dar. „Nur wenn man annimmt, daß die Gesetzesredaktoren die Dispositionsfreiheit des Geschädigten bezüglich des ihm zur Verfügung gestellten Betrags wollten, läßt sich einleuchtend erklären, daß dieser nicht dazu verpflichtet ist, den Geldbetrag zur Beseitigung seines Sachschadens einzusetzen, sondern frei bleiben sollte, ihn als Stockkapital für die Anschaffung einer neuen Sache zu verwenden.“182

Dem Schadensersatzgläubiger hat der Gesetzgeber daher eine Position eingeräumt, die ihn nicht zwingen soll, Dispositionen zu treffen, die seiner Vermögensplanung widersprechen. Er soll die Möglichkeit haben, statt den Geldbetrag für die Herstellung des ohne Eintritt des schädigenden Ereignisses bestehenden Zustands (der nach dem Verständnis des historischen Gesetzgebers lediglich in der Reparatur der Sache bestehen konnte) einzusetzen, ihn auch als Grundstock für eine spätere Anschaffung einer neuen Sache verwenden und nutzen zu können. Dies gilt selbst für den Fall, dass diese Art der Wiederherstellung des hypothetischen, von Schaden freien Zustands nach dem Verständnis der Gesetzesverfasser keine Restitution i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB darstellt. Dies dürfte dem zur Zeit der Entstehung dieser Vorschrift vorherrschenden liberalen Verständnis und der die privatrechtliche Freiheit des Eigentümers anerkennenden Sichtweise (vgl. § 903 BGB) entsprechen. Das schutzwürdige Interesse des Gläubigers an dieser Art der Ersatzleistung nach § 249 Abs. 2 S. 1 ___________ 176 Dieser nach der Terminologie von Jakob, S. 121 „weitergehende Schluss“ kann auch nicht mit „mehr den Charakter einer Spekulation als den einer Interpretation“ (Jakob, S. 121) beinhaltend abgewertet werden. 177 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 433. 178 So ebenfalls Köhler, FS-Larenz, S. 349, 365/366; Weber, VersR 1992, 527, 534, Fn. 99; ders., VersR 1990, 934, 943, Fn. 157; Jakob, S. 123. Frühere Vertreter konnten nicht recherchiert werden. 179 So Jakob, S. 123. 180 So Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 22. 181 Vgl. hierzu Weber, VersR 1990, 934, 938 und 943; ders., VersR 1992, 527, 534; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 22. 182 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 22.

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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BGB folgt aus der privatrechtlichen Freiheit der Vermögensgestaltung. Die vom Herstellungszweck gelöste freie Verwendung der Schadensersatzsumme ist Ausfluss der Eigentumsfreiheit, die dem damaligen liberalen Verständnis der progressiven Zeit entsprach183. Jakob hingegen meint: „Kennzeichnend für diese Interpretationsvariante 184 ist, dass sie von der durchaus richtigen Feststellung, der historische Gesetzgeber habe in diesem Abwicklungsbeispiel den Zusammenhang zwischen Herstellung der Sache, d.h. der Reparatur der Sache, und dem Anspruch auf die Herstellungskosten gelöst, fälschlicherweise auf die Abkopplung des Herstellungsanspruchs nach § 249 S. 2 BGB von dem Herstellungszweck schließt. Dieser Schluß wäre aber nur dann zwingend, wenn die Reparatur der Sache die einzige Form der Naturalrestitution darstellen würde. Nur dann wäre der Ersatzanspruch tatsächlich vom Herstellungszweck abgekoppelt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist aber neben der Reparatur auch die Ersatzbeschaffung Naturalrestitution i.S.d. § 249 S. 2 BGB. Der Denkfehler, auf dem das Abkopplungsargument basiert, liegt somit in der Verkürzung des Herstellungsbegriffs auf die Herstellung der Sache, d.h. auf die Reparatur, statt, wie sich aus § 249 BGB ergibt, von der Herstellung des Zustands auszugehen, die auch eine Ersatzbeschaffung mit einschließt. Mit der Abkopplung des Ersatzanspruchs von der Reparatur ist aber noch keine Abkopplung vom Herstellungszweck erfolgt.“185

Dem muss entgegengehalten werden, dass diese Verknüpfung der Interpretation des historischen Willens des Gesetzgebers mit dem im Laufe der Zeit durch Rechtsfortbildung entwickelten wirtschaftlichen Restitutionsbegriff 186 auf einer Verkennung der historisch-teleologischen Auslegung187 beruht. Wenn der Gesetzesanwender eine vom historischen Gesetzgeber einer Norm zuerkannte Funktion nach deren Sinn und Zweck interpretiert, dann muss er von ___________ 183 Vgl. bspw. Prot. II. Komm. Bd. III, S. 119 = Mugdan, Bd. 3, S. 577: „Mit Rücksicht auf die grundlegende Bedeutung des Eigenthums für die gesammte Staats- und Gesellschaftsordnung erscheine eine gesetzliche Feststellung des Begriffs und Inhalts des Eigenthums, wenn auch nicht unentbehrlich, so doch angemessen“ und Prot. II. Komm. Bd. III, S. 120 = Mugdan, Bd. 3, S. 578: „Am Angemessensten werde der positive Inhalt des Eigenthums mit dem Entw. als das Recht bezeichnet, mit der Sache nach Willkür zu verfahren. Auch die Worte ‚nach Willkür‘ seien an sich zutreffend, denn sie besagten, richtig verstanden, nur, daß die Rechtsordnung, von den durch Gesetz oder Rechte Dritter begründeten Schranken abgesehen, dem Willen des Eigenthümers keine Beschränkung auferlege. Indessen habe der Ausdruck ‚nach Willkür‘ insofern Anstoß erregt, als in ihm die Anerkennung gefunden werden könne, daß der Eigenthümer auch von allen durch die Gebote der Sittlichkeit gegebenen Beschränkungen im Gebrauch der Sache befreit sein solle; man könne diesen Anstoß vermeiden, indem man jenen Ausdruck mit dem Antrage 5 durch das Wort ‚beliebig‘ ersetze.“ 184 Gemeint ist die der Abkopplung des Schadensersatzes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von der Durchführung der Herstellung. 185 Jakob, S. 121 f. (Hervorhebungen im Original). 186 Vgl. hierzu oben im 3. Kapitel unter II. 2., S. 65 ff. 187 Zu diesem Begriff Larenz, Methodenlehre, S. 344; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 451.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

dem Verständnis ausgehen, das dieser Gesetzgeber damals im Übrigen der Vorschrift zuerkannte188. Denn der Gesetzgeber kann nur vom Sprachgebrauch seiner Zeit ausgehen: „Würde man ohne weiteres von der heutigen Bedeutung ausgehen, so würde man die Intention des Gesetzgebers wahrscheinlich verfehlen“189. Die Protokollstelle der Zweiten Kommission kann daher nicht auf der Grundlage des Verständnisses ausgelegt werden, zu dem die Rechtsentwicklung und -fortbildung im Laufe der Zeit mit dem wirtschaftlichen Restitutionsbegriff gekommen ist. Jeder Gesetzgeber knüpft an die Rechtsvorstellungen und Ausdrucksmöglichkeiten seiner Zeit an. Er sieht sich bestimmten, aus den Verhältnissen seiner Zeit stammenden und deshalb nach einer Lösung drängenden Rechtsfragen ausgesetzt. Auch wenn mit dem Fortgang der Zeit bestimmte Fragen in ihrer Bedeutung zurück-, andere – neuartige – hingegen hervortreten und derjenige, der das Gesetz in seiner Zeit auslegt, in ihm nach Antworten auf die Fragen der jetzigen Zeit sucht, bleibt doch das am Flusse der Zeit teilnehmende historische Gesetz seiner Zeit verhaftet. Der Interpretierende darf sich über die erkennbare Regelungsabsicht des Gesetzes und die von ihm getroffenen Wertentscheidungen des historischen Gesetzgebers durch Auslegung nicht hinwegsetzen. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Spannungsverhältnis entstanden ist, das zu einer Lösung – im Wege einer veränderten Auslegung oder richterlichen Rechtsfortbildung – drängt, weil sich die Unzulänglichkeit des bisherigen Verständnisses als evident oder untragbar erwiesen hat190. Wenngleich die Frage, was bei heutigem, dem Praktikabilitätspostulat entsprechenden Verständnis unter Naturalrestitution i.S.d. § 249 BGB zu verstehen ist, einem Wandel der Zeit unterzogen ist und sich das historische Verständnis des Gesetzgebers als evident unzulänglich erwiesen hat, hat dieser gewandelte Bedeutungsgehalt doch nur auf diese Problematik Einfluss und kann nur hinsichtlich dieser Frage Wirkungen entfalten. Der wirtschaftliche Herstellungsbegriff determiniert damit nicht die Interpretation der Protokollstelle der Zweiten Kommission und den wortgleichen Passus in der Denkschrift. Das aber bedeutet mit anderen Worten: Die Passagen sind nach wie vor entsprechend den Wertvorstellungen der damaligen Zeit auszulegen, und von dieser Interpretation darf erst dann abgewichen werden, wenn ein Spannungsverhältnis zutage getreten ist, das notwendigerweise bedingt, dass das damalige Gesetzesverständnis den veränderten Bedingungen der jetzigen Zeit unter keinen Umständen mehr gerecht wird. Das aber ist schon deshalb nicht der Fall, weil sich die zum wirt___________ 188 Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 121, Fn. 47; Larenz, Methodenlehre, S. 323 und 330. Einen besonders plastischen Anschauungsfall bildet die Entscheidung BGHZ 52, 259, 262. Vgl. auch BGHSt 1, 1, 3. 189 Larenz, Methodenlehre, S. 323. 190 Vgl. BVerfGE 34, 269, 288/289; Heusinger, S. 96, Fn. 69; Diederichsen, FS-Larenz, S. 155, 177; Larenz, Methodenlehre, S. 318, 345 und 350; Zweigert, FS-Bötticher (1969), S. 443, 447; Kübler, JZ 1969, 645.

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schaftlichen Restitutionsbegriff entwickelte Situation in die dargestellte Dispositionsfreiheit des historischen Gesetzgebers im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gerade einfügt. Wenn der historische Gesetzgeber dem Geschädigten eine Dispositionsfreiheit hinsichtlich des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrags zuerkannt hatte und diese Norm die Rechtsstellung des Geschädigten verbessern sollte, dann stellt sich die Anerkennung der Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution als konsequente Rechtsfortbildung dar und bleibt damit im Rahmen der Funktionen, die der ursprüngliche Normgeber der Vorschrift zuerkannte. Auf Grund der dogmatischen Unzulässigkeit der Verknüpfung von historischer Interpretation der Gesetzesmaterialien mit dem durch Rechtsfortbildung entwickelten wirtschaftlichen Restitutionsbegriff stellt es auch einen methodischen Fehlschluss dar zu vertreten, aus der Protokollstelle, die lediglich ein Schadensabwicklungsbeispiel – „Beschaffung einer neuen Sache anstatt Reparatur der alten Sache“ – enthalte, könne keinesfalls eine völlig freie Verwendungsmöglichkeit des Ersatzbetrags durch den Geschädigten abgeleitet werden. Dies kann auch nicht damit begründet werden, dass die Protokollstelle eine vom Schadensfall völlig unabhängige Verwendung des Betrages zu sachfremden Konsumzwecken nicht umschreibe oder enthalte und das besagte Abwicklungsbeispiel ja immerhin die Wiederherstellung des schadensfreien Zustands im weitesten Sinne beschreibe191. Eine Herstellung durch Ersatz- oder (noch weitergehend) Neubeschaffung – bei gleichzeitigem Vorteilsausgleich auf Grund eines Abzugs „Neu für Alt“ – war dem historischen Gesetzgeber, der das Abwicklungsbeispiel in den Materialien als dem Interesse des Geschädigten in zahlreichen Fällen dienlich und förderlich explizit erwähnte, fremd – genauer: sachfremd192. Wenn er dem Schadensersatzgläubiger diese Möglichkeit mit Hilfe des vom Schädiger zu leistenden Geldbetrags nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dennoch eröffnen wollte und eröffnet hat, dann steht ihm der Restitutionsbetrag tatsächlich „zur freien Verfü___________ 191 So z.B. Hagen, in: Lange/Hagen, S. 75: „In den Gesetzesmaterialien ist nur die Möglichkeit erwähnt, daß der Geschädigte den Betrag fiktiver Reparaturkosten auch zur Beschaffung einer neuen Sache anstelle der beschädigten verwenden darf; von jeder ‘anderweitigen Verwendung‘ ist nicht die Rede“ (Hervorhebung im Original); Weber, VersR 1992, 527, 534, Fn. 103: „Davon, daß der Geschädigte das Geld auch ‚sachfremd‘ (so BGHZ 66, 239 [241]) verwenden könne, sagt allerdings Prot. I, S. 296 nichts – die Ersetzung der beschädigten Sache durch eine neue löst den Geldanspruch zwar von den für eine Reparatur erforderlichen Kosten, dient aber immerhin der Wiederherstellung des ‚Zustandes‘ (§ 249 S. 1 BGB) im weiten Sinn“; Jakob, S. 119/120. 192 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296 = Mugdan, Bd. 2, S. 513: „Von Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes könne nur dann die Rede sein, wenn derselbe Zustand, welcher vor der Beschädigung bestanden, wieder hergestellt werde. Es könne daher der Gläubiger nicht gezwungen werden, als Ersatz für die Beschädigung einer vertretbaren Sache eine andere Sache derselben Art anzunehmen, und von den Umständen des Falles hänge es ab, ob durch Ausbesserung einer beschädigten Sache der frühere Zustand wieder hergestellt werde.“

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

gung“193 und kann deshalb auch vom Schadensereignis unabhängigen, also „sachfremden Zwecken“194 zugeführt werden195. Ergänzt wird dieses lediglich durch einzelne Bausteine der Quellen des historischen Gesetzgebers vermittelte Bild auch durch die Motive zu § 249 Abs. 2 S. 1 (damals: § 249 S. 2) BGB. Denn dort wird explizit nur davon gesprochen, dass der Anspruch auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem Schadensersatzgläubiger lediglich die Möglichkeit zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands eröffnen soll196. Andererseits wird nirgends hervorgehoben, dass der Betrag zur gegenständlichen Restitution verwendet werden müsse197. Die Analyse der historischen Gesetzesmaterialien zeigt damit, dass der Ersatzbetrag des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht nach den bereits tatsächlich entstandenen Herstellungskosten zu bemessen und von der realen Durchführung der Herstellung abgekoppelt ist. Der Gesetzgeber hat dem Geschädigten deshalb die Dispositionsfreiheit über den Herstellungsbetrag eingeräumt und hält ihn nicht für verpflichtet, den Herstellungsbetrag für einen der Restitution dienenden Zweck einzusetzen. 2. Die Quellen des neueren Gesetzgebers Fraglich ist, ob sich auch in den Gesetzesmaterialien des neueren Gesetzgebers Hinweise auf die Dispositionsfreiheit des Geschädigten und die Abkopplung des ___________ 193 Vgl. nur BGHZ 86, 372, 376; ähnlich BGHZ 61, 346, 347: „… den so nach dem erforderlichen Aufwand objektiv bemessenen Betrag schuldet der ersatzpflichtige Schädiger, und zwar ohne Rücksicht darauf, wie der Geschädigte ihn verwendet …“; BGH NJW 2003, 2085; 2003, 2086, 2088; 2005, 1108, 1109. Ebenso Menken, DAR 1998, 250, 251; Zeuner, GS-Dietz, 99, 116 und 122; Heinze, JR 1977, 418, 419; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468; ders., JZ 1988, 410; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 90; Sanden/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, Rn. 22; Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Haas/Horcher, DStR 2001, 2118/2119; Höke, 40. VGT 2002, 160, 165 = NZV 2002, 254, 257; Schmalzl, VersR 2002, 816. Aus der älteren Lit. z.B. v.Thur, JherJb 1904, 39, 52/53, Fn. 16: „… kann er mit der ihm zugesprochenen Geldsumme machen, was er will, …“. 194 Vgl. nur BGHZ 66, 239, 241. Ähnlich BGHZ 97, 14, 17/18: „anderweitige Verwendung des Ersatzbetrages“; Gebhardt, DAR 2002, 395, 396: „… ihm also freigestellt, den erhaltenen Geldbetrag für ganz andere Zwecke auszugeben“. 195 Auf Grund dessen ist auch die von Jakob, S. 119 ff., gewählte Terminologie des „Schadensabwicklungsbeispiels“ eher irre- als zielführend, weil sie die zweckverhaftete Verwendungsmöglichkeit impliziert. 196 Vgl. Motive Bd. II, S. 20 = Mugdan, Bd. 2, S. 11: „… verliert angesichts des § 243 in wichtigen und zahlreichen Fällen an Bedeutung, indem hierdurch dem Beschädigten die Möglichkeit eröffnet ist, gerade den erwähnten Schwierigkeiten auf sicherem Wege zu begegnen.“ 197 So auch Heinze, JR 1977, 418, 419 und Gebhardt, DAR 2002, 395, 397.

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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Ersatzanspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von der Restitution und damit dem Herstellungszweck finden lassen. Dieser Frage nachzugehen ist berechtigt, weil sich seit Ende der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts entsprechende Willensbekundungen des modernen Normgebers nachweisen lassen. Gleichwohl wurde dieser die Problematik „Dispositionsfreiheit oder Zweckbindung des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB“ mitbestimmende Faktor bisher einer Erörterung nicht für würdig befunden. Da es wegen des „Alterns der Kodifikationen“ 198 zum anerkannten Repertoire der Gesetzesauslegung gehört, dass die erkennbaren Normvorstellungen des Gesetzgebers neuerer Zeit das Interpretationsergebnis in viel höherem Maße determinieren können als diejenigen des älteren Normgebers199, ist es nicht gerechtfertigt, die Quellen des neueren Gesetzgebers bei der Beantwortung der Frage nach der Dispostionsfreiheit des Geschädigten auszublenden. Deshalb sollen im Folgenden die Gesetzesmaterialien des Normgebers neuerer Zeit entsprechend gewürdigt werden. a) Hinweise aus dem Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht Mit Art. 1 Nr. 3 des am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen – bereits an anderer Stelle erörterten 200 – Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht vom 20. August 1990201 wurde dem allgemeinen Schadensrecht die Bestimmung des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB hinzugefügt. Interessant innerhalb der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift ist dabei der bereits an anderer Stelle hervorgehobene202 bewusste Griff zur Einführung des Terminus der „Aufwendungen“ im Wortlaut der Norm selbst und die diesbezüglich leitenden Erwägungen des Normgebers. In der Vorlage der Bundesregierung wird innerhalb der Einzelbegründung hierzu ausgeführt: „Der Begriff der Aufwendungen stellt dabei klar, daß nur solche Kosten ersetzt werden müssen, die aus einer tatsächlich durchgeführten Heilbehandlung entstanden sind; damit ist sichergestellt, daß der Eigentümer des Tieres – abweichend von seiner Freiheit in der Verwendung des Geldersatzes nach § 249 S. 2 BGB – hier nicht die Bezahlung hoher Heilbehandlungskosten verlangen und die Heilbehandlung unterlassen kann.“203

___________ 198 BVerfGE 34, 269, 288; Kübler, JZ 1969, 645; Zweigert, FS-Bötticher (1969), S. 443, 447; Hillgruber, JZ 1996, 118, 121, der die Alterungsthese aber kritisch betrachtet und meint, sie laufe auf eine „Theorie der Halbwertzeit von Gesetzen“ hinaus. 199 Vgl. z.B. BVerfGE 34, 269, 288; 54, 277, 297; Heusinger, S. 97, Fn. 69; Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 411; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 453; Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II 2 d) ee) (3), S. 103. 200 Vgl. oben im 4. Kapitel unter II. 1, S. 88 ff. 201 BGBl. I, S. 1762. 202 Vgl. oben im 4. Kapitel unter II. 1., S. 88 ff. 203 BT-Drs. 11/5463, S. 6/7.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

Ausdrücklich spricht der Gesetzesinitiator von der „Freiheit in der Verwendung“ des Restitutionssurrogatanspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und kennzeichnet diese Befugnis im Sachschadensrecht204 dahingehend, dass der Eigentümer des beschädigten Objekts die Bezahlung „hoher“ Restitutionskosten verlangen und dennoch die Herstellung des beschädigten Sachschadensobjekts „unterlassen kann“. Dies zu akzeptieren, war der Gesetzgeber, soweit es sich um ein verletztes Tier handelt, explizit nicht bereit, wollte dies deshalb im Anwendungsbereich der §§ 249 Abs. 2 S. 1 Alt. 2, 251 Abs. 2 S. 2 BGB anders regeln und hat es letztlich – im Normwortlaut verobjektiviert – auch geregelt205. Darüber, ob sich der Gesetzgeber bei der diesbezüglichen Wortwahl – „Freiheit in der Verwendung“ – eher von der seinerzeitigen Rechtsprechung des BGH206, der damaligen Kommentar-207, Lehrbuch-208 und sonstigen Literatur209 oder eventuell auch von den Erwägungen des historischen Gesetzgebers210 hat inspirieren lassen, kann lediglich spekuliert werden. Jedenfalls zeigt sich deutlich das Verständnis, von dem sich der Normgeber hat leiten lassen: Dispositionsfreiheit des Geschädigten hinsichtlich des erforderlichen Geldbetrags, und zwar auch insoweit, als er nicht beabsichtigt, ihn auch nur zur Herstellung des „Zustands“ im weitesten Wortsinn von § 249 Abs. 1 BGB einzusetzen – damit also Abkopplung des Surrogatanspruchs von dem Herstellungszweck, weil der Schadensersatzgläubiger die Restitution unterlassen können und dennoch des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht verlustig gehen soll. Es handelt sich hierbei auch nicht um eine Passage, die lediglich einzelne Mitglieder der gesetzgebenden Organe geäußert haben211, oder um „das Ergebnis intensiver Diskussion“ und die Repräsentation „eines Kompromisses, an dem das Vorwiegen der einen oder anderen Meinung […] nicht ohne weiteres ___________ 204 Trotz des Abstellens auf die Heilbehandlungskosten (des Tieres) ist inhaltlich der Anwendungsbereich des § 249 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB (Beschädigung einer Sache) betroffen, weil es sich nicht um die Verletzung einer Person handelt, aus der heraus Heilbehandlungskosten erwachsen, und für Tiere vor der Gesetzesnovelle vom 20.8.1990 § 90 BGB direkt galt und danach über § 90a S. 3 BGB entsprechend gilt. 205 Hinsichtlich der Wertigkeit, den dieser Umstand offenbar hatte, vgl. bereits oben im 4. Kapitel unter II. 1. S. 90 f., Fn. 47. Die Regierungsvorlage sprach von den „aus einer erfolgten Heilbehandlung entstandenen Aufwendungen“, BT-Drs. 11/5463, S. 4. 206 BGHZ 61, 346, 347; 66, 239, 241; 97, 14, 17/18. 207 Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 249 Rn. 226; RGRK-Alff, § 249 Rn. 11; MüKoGrunsky, § 249 Rn. 17. 208 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 433. 209 Zeuner, GS-Dietz, 99, 116 und 122; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468; ders., JZ 1988, 410. 210 Vgl. dazu oben im 4. Kapitel unter III. 1., S. 109 ff. 211 Vgl. insoweit zur Methodik Larenz, Methodenlehre, S. 329; Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II 2 d) ee) (3), S. 104 und BVerfGE 54, 277, 298.

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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ablesbar ist“ 212 . Denn aus der Stellungnahme des Bundesrates zu der nach Art. 76 Abs. 2 S. 1 GG zugeleiteten Regierungsvorlage wird deutlich, dass sich dieser inhaltlich mit den Erwägungen des Initiators auseinander gesetzt haben muss – ebenso wie später das parlamentarische Organ Bundestag. Der Änderungsantrag des Bundesrates zu Art. 1 Nr. 3 des Gesetzentwurfs, dem die Bundesregierung vorbehaltlos zustimmte213 und den der Rechtsausschuss des Bundestages in seiner Beschlussempfehlung vollständig aufgriff und sich zu Eigen machte 214 , war lediglich redaktioneller Natur 215 und akzeptierte deshalb den Inhalt des Vorschlages der Gesetzesänderung als notwendige Vorbedingung. Wenngleich der Gesetzgeber die mit der „Freiheit in der Verwendung“ umschriebene Funktion des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in dieser Gesetzesnovelle nicht ausdrücklich als Dispositionsfreiheit kennzeichnete, so änderte sich auch dies in der folgenden Zeit. b) Hinweise aus dem Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften Auch terminologisch die auf § 249 Abs. 2 S. 1 BGB fußende Befugnis des Geschädigten als Dispositionsfreiheit markierend216, hat der Gesetzgeber mit dem am 1. August 2002 in Kraft getretenen Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002217 seine Sichtweise in der Gesetzesbegründung zu Art. 2 Nr. 1 der Novelle offengelegt, um gleichzeitig „eine behutsame Korrektur an dem bestehenden System“218 vorzunehmen. Er fügte hinzu, dass dabei jedoch „die Dispositionsfreiheit des Geschädigten ___________ 212 So die Kritik von Schiemann an der Deutung der Protokollstelle der Zweiten Kommission und des Passuses in der Denkschrift in Richtung Dispositionsfreiheit, in: FS-Steffen, S. 399, 408. 213 BT-Drs. 11/5463, S. 11. 214 BT-Drs. 11/7369, S. 3 und S. 7. 215 BT-Drs. 11/5463, S. 8. 216 Ausdrücklich wird auf die Dispositionsfreiheit abgestellt in BT-Drs. 14/7752, S. 13 und S. 23. So ebenfalls bereits in dem der Diskontinuität des Parlaments anheim gefallenen Regierungsentwurf aus der 13. Legislaturperiode BT-Drs. 13/10435, S. 13 und der diesbezüglichen Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates BT-Drs. 13/10766, S. 8. 217 BGBl. I, S. 2674. 218 BT-Drs. 14/7752, S. 14; Haas/Horcher, DStR 2001, 2118, 2119. Vgl. auch DäublerGmelin, Plenarprot. BT, 14. Wahlperiode, 208. Sitzung am 12.12.2001, S. 20687: „Reduzierung auf ein vernünftiges Maß“; G. Wagner, NJW 2002, 2049, 2057 und ders., Das neue Schadensersatzrecht, S. 49 Rn. 47: „lediglich in maßvoller Weise eingeschränkt“. Schärfer hingegen Greger, NZV 2001, 206: „Eindämmung“; ders., NJW 2002, 1477: „zurückdrängen“; ders., NZV 2002, 385, 386: „findet ein die zügige Schadensregulierung belastender Streit um eine mit dem Hangout der Bereicherungsabsicht behaftete Geheimniskrämerei ihr Ende“.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

innerhalb der Grenzen der Erforderlichkeit unangetastet“219 bleibe und die vom Gesetzentwurf verfolgte Änderung der Sachschadensabrechnung „bei Erhaltung der Dispositionsfreiheit des Geschädigten“220 in Angriff genommen worden sei. Explizit wird dabei auch die Modalität des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hervorgehoben, in der der Geschädigte „den als Schadensersatz erhaltenen Geldbetrag zu einem anderen Zweck als zur Schadensbeseitigung verwendet (so z.B. wenn der Geschädigte von dem Geld in den Urlaub fährt, anstatt die beschädigte Sache reparieren zu lassen)“221. Der Wortteil „-freiheit“ kann dabei nur so interpretiert werden, dass der Gesetzgeber an die in der Begründung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht erörterte „Freiheit in der Verwendung des Geldersatzes nach § 249 S. 2 BGB“222 angeknüpft hat. Hiernach kann der Geschädigte die Bezahlung von Restitutionskosten verlangen, gleichwohl aber die Herstellung unterlassen, denn der Gesetzgeber wollte ausdrücklich „die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung bei der Beschädigung von Sachen erhalten“ 223 . Es trifft daher nicht zu, wenn in der Literatur behauptet wird, „dass aus dem Teilausschluss der fiktiven Abrechnung224 nicht auf deren generelle Zulässigkeit225 geschlossen werden“ könne, weil dies „durch entsprechende Klarstellungen in der Entwurfsbegründung gesichert“ 226 erscheine227 . Der ___________ BT-Drs. 14/7752, S. 23. BT-Drs. 14/7752, S. 13. Vgl. auch G. Wagner, NJW 2002, 2049, 2058: „… behält der Geschädigte insofern Dispositionsfreiheit, als er die Umsatzsteuer unabhängig davon ersetzt bekommt, auf welche Weise er sich tatsächlich behilft, doch immer nur insoweit, als sie tatsächlich angefallen ist“. 221 BT-Drs. 14/7752, S. 23. 222 BT-Drs. 11/5463, S. 6. 223 BT-Drs. 14/7752, S. 23. 224 Und zwar der Schadensposition der Umsatzsteuer (§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB). 225 Bezogen auf die unmittelbaren Sachschäden. So zumindest ist diese Passage von Greger zu interpretieren. 226 Greger, NZV 2002, 385, 386. 227 Greger widerspricht sich dabei selbst. Während er nämlich im Rahmen der vom Rechtsausschuss des Bundestages am 27.2.2002 durchgeführten öffentlichen Sachverständigenanhörung (vgl. BT-Drs. 14/8780, S. 18; NJW Heft 11/2002, S. VI) unter Hinweis darauf, dass der Entwurf seiner Ansicht nach „nicht weit genug geht“ (Greger, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 49, 50 = NZV 2002, 222), weil er dafür plädiert, die Dispositionsfreiheit und den darauf aufbauenden fiktiven Kostenersatz im Sachschadensrecht gänzlich abzuschaffen (vgl. Greger, NZV 2000, 1, 3), „dringend“ empfahl, „im Ausschussbericht oder einer gesonderten Entschließung zum Ausdruck zu bringen, dass mit dem Ausschluss der Umsatzsteuer von der fiktiven Schadensabrechnung nur deren gröbster Missstand beseitigt, aber keine Aussage zur generellen Zulässigkeit dieser Abrechnungsmethode getroffen werden soll“ (Greger, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 49, 52 = NZV 2002, 222, 223), meint er später, dass die Entwurfsbegründung gerade dies gesichert habe (Greger, NZV 2002, 385, 386), obwohl weder der Rechtsausschuss noch das 219 220

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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Geschädigte soll nach wie vor autonom, und ohne des Ersatzanspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verlustig zu gehen, darüber entscheiden können, „wie er mit der beschädigten Sache verfahren will, ob er sie in einer Fachwerkstatt reparieren lässt, ob er sie selbst repariert, ob er eine Ersatzbeschaffung vornimmt oder den Sachschaden überhaupt nicht behebt“228. Damit hat sich gezeigt, dass sich die Dispositionsfreiheit nicht nur in den Materialien des historischen Normgebers findet, sondern auch der neuere Gesetzgeber diesen rechtlichen Befund in seinen legislatorischen Willen in manifestierter Weise integriert hat und sich die Freiheit des Geschädigten, mit dem ihm nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Verfügung zu stellenden Geldbetrag nach Belieben zu verfahren, in den Gesetzesquellen widerspiegelt. 3. Zwischenfazit Die historisch-teleologische Interpretation bestätigt damit die von der Rechtsprechung als Ausgangspunkt ihrer Argumentation angenommene Dispositionsfreiheit des Geschädigten. Auch – und gerade – unter Berücksichtigung des an die Verwendungsfreiheit des historischen Normgebers anknüpfenden modernen Gesetzgebers bestätigt sich damit das bereits von Karakatanes 1989 gezogene Fazit des Ergebnisses der Entstehungsgeschichte des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: „Zum ersten zeichnet es sich durchgehend ab, daß die Gesetzesredaktoren den Fall im Sinn hatten, daß die Herstellung noch nicht vorgenommen worden ist und der Geschädigte in diesem Zeitraum, also vor der Herstellung, die erforderlichen Herstellungskosten beansprucht. Zum zweiten durchzieht die gesamten Gesetzesmaterialien der Gedanke, daß der Anspruch auf Zahlung des zur Herstellung benötigten Geldbetrages nicht darauf abzielen sollte, den Geschädigten von den ihm später wirklich entstandenen Herstellungskosten zu entlasten. Zum dritten sollte nach der Auffassung des Gesetzgebers gerade aufgrund des Fehlens einer solchen Zweckbindung des Anspruchs aus § 249 S. 2 BGB eine vor der Herstellung erfolgte Zahlung an den Geschädigten nicht als Vorschuß auf die ihm später tatsächlich erwachsenden Herstellungskosten angesehen werden. Zum vierten sollte schließlich der Geschädigte nicht an den Zweck gebunden sein, die ihm nach § 249 S. 2 BGB zur Verfügung gestellte Geldsumme wirklich für die Herstellung zu verwenden. Vielmehr sollte ihm auch die Möglichkeit eingeräumt werden, den ihm geleisteten Betrag für andere Zwecke einzusetzen, falls dies seinen Interessen besser als die Durchführung der Herstellung entsprechen würde.“229

___________ Plenum des Bundestages seiner Forderung nach einer klarstellenden Entschließung Folge geleistet hatte. Eine Entschließung hatte das Plenum lediglich zur Überprüfung der Änderungen im Arzneimittelrecht gefasst (vgl. BT-Drs. 14/8799 i.V.m. dem Plenarprot. BT, 14. Wahlperiode, 230. Sitzung am 18.4.2002, S. 22886). 228 BT-Drs. 14/7752, S. 23. 229 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 24/25 (Hervorhebungen im Original).

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

Die in den vorstehenden Erörterungen dargestellte historische Auslegung des Gesetzes als „Kaffeesatzleserei“230 zu missbilligen, erscheint insgesamt nicht nur nicht sachgerecht, sondern stellt auch einen Rückfall in das Gerede von der verschleierten „Sherlock-Holmes-Methode“ der Jurisprudenz 231 dar und vermag deshalb nicht zu überzeugen. 4. Die objektiv-teleologische Argumentation zur Dispositionsfreiheit Im Folgenden sollen noch die von Köhler für „Ausschlag gebend“232 erachteten Sachargumente hinsichtlich der Frage der anzuerkennenden oder abzulehnenden Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erörtert werden, soweit sie nicht – der Gliederung der Untersuchung entsprechend – explizit eigens an anderer Stelle gewürdigt werden 233 . Ob die objektivteleologische Argumentation in der Lage ist, den soeben eruierten verobjektivierten Willen des Gesetzgebers aufzuheben, soll im Folgenden geprüft werden.

___________ So Greger, NZV 2000, 1, 2. Treffend im Zusammenhang der auch dieser Untersuchung zu Grunde liegenden, verworfenen Methode der Topik und der demgegenüber herangezogenen Methode der dem inneren System abgewonnenen historisch- und objektiv-teleologischen Interpretation Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 147: „Rechtlich unentrinnbare Gründe zwingen also zur Rechtsfindung aus dem ‚System‘ (des geltenden Rechts), selbst wenn es sich nur um Bruchstücke eines logisch perfekten Systems handeln sollte. Statt diese Gründe zu würdigen, ist es freilich heute weithin üblich, die methodologischen Bemühungen um Abstützung im geltenden Recht als Verschleierung, als Scheu vor Verantwortung etc. zu ‚erklären‘. Das ist gutgläubig verzapfter Unsinn oder rechtsfeindliche Propaganda (gegen das ständige Gerede über angebliche ‚Scheinbegründungen‘, wenn Anhaltspunkte der Argumentation im Gesetz [und seinen Grundwertungen] gesucht werden, mit Recht Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 100). Die hier angedeutete […] Vorstellung von juristischer Methode hat nichts zu tun mit der ‚Sherlock-HolmesMethode‘ der Jurisprudenz, die in der Literatur mit Recht karikiert wurde: Sie behandle den Gesetzgeber als einen verstockten Sünder, der die Lösung wohl gewußt, aber nicht mitgeteilt habe, bis ihn der scharfsinnige Jurist bei einer unvorsichtigen Wendung ertappte und des verborgenen Entscheidungsgedankens überführe (Heck, AcP 112 [1914], 1, 98, Fn. 141). Die hier vertretene Vorstellung zwingt in keiner Weise zu der Behauptung, die schließlich gefundene Problemlösung habe ohnedies ‚der Gesetzgeber‘ von vornherein bedacht und gewollt. Es genügt durchaus der Nachweis, daß sie mit dem, was ‚der Gesetzgeber‘ tatsächlich bedacht und gewollt hat, oder, objektiv gesagt, was geltendes Recht ist, teleologisch und (hilfsweise) logisch am besten harmoniert.“ 232 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 365. 233 Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Argumentation aus dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot (Köhler, FS-Larenz, S. 349, 366; Honsell/Harrer, JuS 1991, 441, 446), die Verzögerungsargumentation (Köhler, FS-Larenz, S. 349, 367), das Trennungsgebot (ders., FS-Larenz, S. 349, 366) und die eher rechtspolitischen Argumente (ders., FS-Larenz, S. 349, 367/369). 230 231

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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a) Mangelndes Schuldnerinteresse an der Durchführung der Herstellung durch den Geschädigten Die Verfechter der Dispositionsfreiheit des Geschädigten im Bereich des Sachschadens tragen bisweilen vor, dass es dem Schädiger gleichgültig sein könne, ob die Herstellung tatsächlich erfolge oder nicht, da seine Interessen hiervon nicht berührt seien234. Den Hintergrund dieses Arguments wird man wohl in dem anerkannten Grundsatz zu sehen haben, dass überobligatorische Verzichte und überobligationsmäßige Anstrengungen des Geschädigten zur Schadensminderung den Schädiger nichts angehen und ihn deshalb von seiner Ersatzpflicht nicht entbinden oder zumindest teilweise entlasten können235. Von den Autoren, die sich für die Zweckbindung des Restitutionsbetrages nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Herstellung aussprechen, wird gegen das mangelnde Schuldnerinteresse eingewandt, dies sei lediglich vordergründig richtig, weil es dem Schädiger sehr wohl darauf ankomme, wieviel er bezahlen müsse 236 . Es stelle auch eine „einleuchtende Symmetrieerwägung“ 237 dar, den Schädiger, der im Falle der Herstellung durch den Geschädigten das Werkstattund Prognoserisiko zu tragen habe, umgekehrt auch zu entlasten, wenn der Geschädigte auf die Herstellung verzichte238. Zugleich wird darauf verwiesen, dass anderenfalls aus der Schadensabwicklung ein Spekulationsgeschäft werde, wenn man die theoretisch denkbaren Risiken und Chancen des Schädigers, billiger oder teurer „wegzukommen“239, abwägen wolle. Aus allen pro- und contra-Argumenten wird deutlich, welches Scheingefecht in der Diskussion nach der vom Gesetz gewährten, den Schadensersatzanspruch ausfüllenden Norm – § 249 Abs. 2 S. 1 BGB oder § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB – geführt wird. Dass den Schuldner im Einzelfall ein Mehrleistungsrisiko trifft, ist letztlich deshalb nicht unsachgerecht, weil er als Verantwortlicher die scha___________ 234 Roth, JZ 1994, 1091, 1094; Steffen, DAR 1997, 297, 300; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 41; Pamer, NZV 2000, 490, 492; Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 10 = NZV 1991, 1, 2; U. Hamann, Schadensersatz, S. 43; Planck-Siber, § 249 Anm. 3b, S. 70; ähnlich Grunsky, BFuP 1987, 420, 425; Winkler, NJ 2002, 90. 235 Dies wird deutlich bspw. bei Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 10 = NZV 1991, 1, 2. Diesem zustimmend Gebhardt, DAR 2002, 395, 397. Vgl. auch Steffen, VersR 1985, 605, 611; Gitter, VersR 1974, 104, 105; anders hingegen Schiemann, FSSteffen, S. 399, 408: „In Wahrheit ‚verzichtet‘ der Geschädigte freilich auf nichts, wenn er von zwei ihm von vornherein offenstehenden Möglichkeiten die seinen Verhältnissen besser entsprechende wählt. Er wird nicht gezwungen sein Fahrzeug reparieren zu lassen. Wählt er die Reparatur nicht, bleibt ihm die Kompensation.“ 236 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 365. 237 Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164; dies., JuS 1991, 441, 446. 238 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 365; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164; dies., JuS 1991, 441, 446. 239 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 365.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

denstiftende Ursache gesetzt und fremde Rechtsgüter beeinträchtigt hat 240 . Gegen diese möglicherweise entstehenden Mehraufwendungen kann auch nicht ein Verstoß gegen den dem Zivilrecht fremden Sanktionsgedanken ins Feld geführt werden. Denn die Verpflichtung zur Totalreparation – und nichts anderes wird hierdurch in den Vordergrund gerückt – ist Ausfluss der Haftung und nicht einer wie auch immer gearteten Sanktionierung. Darüber hinaus ist die Sanktion durch Übelszufügung gekennzeichnet, die Konkretisierung eines prinzipiell möglicherweise bestehenden Mehrleistungsrisikos – welches zudem vom Gesetzgeber in Kauf genommen wird241 – stellt eine solche jedoch nicht dar. Vielmehr wird man in solchen Fallkonstellationen von adäquater Lastentragung des Schädigers sprechen müssen. Im Übrigen ist eine Wahrscheinlichkeitsannahme des Inhalts, fiktive Reparaturkosten seien überwiegend höher als die Kosten der tatsächlichen Restitution, wohl nicht stichhaltig. Auch ohne Berücksichtigung des vom Schädiger zu tragenden Werkstatt- und Prognoserisikos können die fiktiv veranschlagten Reparaturkosten niedriger sein, als wenn der Gläubiger tatsächlich repariert hätte. Dass auch dies eine erheblich spekulative These ist, soll zwar eingeräumt werden, belegt andererseits aber auch, dass die konträre Argumentation der Kritiker der Dispositionsbefugnis letztlich an der Sachdebatte vorbeigeht. Völlig unberücksichtigt bleibt bei dieser Mehrleistungsrisikozuordnungsthese auch, dass der Schädiger durch § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 2 und 3 BGB vor einer weitergehenden Inanspruchnahme geschützt wird, sollte sich der Schaden einmal deshalb vergrößern, weil der Gläubiger des Ersatzanspruchs keine Herstellungsmaßnahmen ergreift und deshalb das schädigende Ereignis fortwirken kann242. Zutreffend weist auch Karakatsanes darauf hin, dass sich ein mögliches Mehrleistungsrisiko des Schädigers selbst nach dem von den Verfechtern der Zweckbindungstheorie propagierten Modell nicht ausschließen lässt. Nach diesem Modell soll der Schädiger den dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gewährten Geldbetrag im Falle der nachträglich nicht mehr möglichen oder unterbliebenen Herstellung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB kondizieren und der Schadensersatzgläubiger den ihm nach § 251 Abs. 1 ___________ 240 So auch Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 42; U. Hamann, Schadensersatz, S. 43. Treffend auch Steffen, ZRP 1998, 147, 149 der die fiktive Sachschadensabrechnung als Ausweg des Geschädigten aus einer Zwangslage, für die ja primär der Schädiger verantwortlich ist, umschreibt und meint, das BGB schütze „das Ersatzbedürfnis des Geschädigten vor allem dann, wenn er – wie zumeist – zunächst nicht sicher weiß, wie hoch die Haftungsquote zu Lasten des Schädigers ausfällt, und er deshalb nichts oder nur das Allernötigste reparieren läßt, aus Angst, sonst auf dem Schaden sitzen zu bleiben.“ Ähnlich auch Elsner, ZfS 2000, 233, 235; Huber, DAR 2000, 20, 25. 241 Insoweit wird an die sehr deutliche Passage in BT-Drs. 11/5463, S. 6/7 erinnert: „… damit ist sichergestellt, daß der Eigentümer des Tieres – abweichend von seiner Freiheit in der Verwendung des Geldersatzes nach § 249 S. 2 BGB – hier nicht die Bezahlung hoher Heilbehandlungskosten verlangen und die Heilbehandlung unterlassen kann.“ 242 Vgl. auch U. Hamann, Schadensersatz, S. 43.

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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Alt. 1 BGB bzw. § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB243 lediglich geschuldeten Kompensationsbetrag abziehen können244. Dies gilt für den Fall, dass „auch der abzuziehende Betrag im Rahmen dieser Ansicht nach den hypothetischen Reparaturkosten bemessen wird“ und deshalb immer die Gefahr besteht, „daß die auch hier fiktiven Reparaturkosten höher als erforderlich veranschlagt werden, und deshalb der Schädiger auch hier das Risiko tragen würde, mehr zu bezahlen, als wenn die Herstellung tatsächlich vorgenommen wäre“245.

Insgesamt überzeugen daher weder die Einwände der Gegner der Dispositionsfreiheit, noch vermag das Argument der Befürworter, dem Schuldner könne es gleichgültig sein, ob der Geschädigte den Ersatzbetrag für die Restitution verwende, da seine Interessen nicht betroffenen seien, Überzeugungskraft zu leisten. b) Mangelndes schutzwürdiges Gläubigerinteresse an der Dispositionsfreiheit Die Gegner der Dispositionsbefugnis tragen gegen die Verwendungsfreiheit des Geschädigten zudem vor, ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers hieran und an dieser Art der Schadensabwicklung sei nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht anzuerkennen246. Dem ist entgegenzuhalten, dass bereits der historische Gesetzgeber den Grund der Dispostionsbefugnis und Verwendungsfreiheit des Geschädigten über den Ersatzbetrag in der Verbesserung der Rechtsstellung des Geschädigten gegenüber dem Schuldner gesehen hat. Der Gläubiger sollte nach seiner Wahl darüber befinden können, welchen Zustand der Güterlage und welche Art der Zusammensetzung seines Vermögens er für interessengerecht erachtet. Das schutzwürdige Interesse des Schadensersatzgläubigers folgt – wie dies bereits oben angedeutet wurde – aus der privatrechtlichen Freiheit der Vermögensgestaltung. Die freie Verwendung der Schadensersatzsumme ist Ausfluss der Eigentumsfreiheit, wenn auch mit anderen Mitteln: ___________ 243 Wenn im Falle der möglichen, aber unterbliebenen Herstellung § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB als „Auffangtatbestand“ (Köhler, FS-Larenz, S. 349, 360) aktiviert werden soll (ders., FS-Larenz, S. 349, 369), so führt dies zur „sinnwidrigen Auslegung“ (Jakob, S. 195) des Falls der Insuffizienz und erweckt „ernste Zweifel“ (Karakatsanes, AcP 189 [1989], 19, 32), weil dieser Weg nicht lediglich ein „zu bewältigendes dogmatisches Problem“ darstellt (wie selbst Köhler, FS-Larenz, S. 349, 368, zugeben muss), sondern durch die gesetzlichen Vorschriften „selbst versperrt“ ist (so Lipp, NZV 1996, 7, 11). Denn § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB stellt weder auf ein subjektives „nicht genügend“ ab, noch bildet der Tatbestand der Insuffizienz einen alleinigen Ersatzanspruch; es handelt sich vielmehr um einen den Restitutionsanspruch ergänzenden. Zur weiteren Kritik vgl. Lange, Schadensersatz, § 5 IV 5, S. 228; Jakob, S. 194. 244 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 368. 245 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 42 (Hervorhebungen im Original). 246 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 366; Honsell/Harrer, JuS 1991, 441, 446.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

„im Belieben des Eigentümers steht es, wie er mit seinen Sachen und seinem Vermögen generell umgeht, und so ist es auch Sache des geschädigten Eigentümers, wie er mit der Schadensersatzsumme und, vorher schon, mit dem aus der Rechtsverletzung entstandenen Anspruch auf Schadensersatz umgeht“247.

So wie der historische Gesetzgeber bereits anerkannte, der Geschädigte solle, statt die beschädigte Sache reparieren zu müssen, den Betrag dafür verwenden können, eine neue Sache anzuschaffen, hat die Verwendungsfreiheit des Restitutionssurrogats auch für alle anderen Sachschäden Bedeutung: Grundstückskäufer oder Bauherren, denen Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des Bauwerks zustehen, müssen den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Beseitigung des Schadens erforderlichen Geldbetrag einklagen und sich später autonom und unbeeinflusst entscheiden können, wie sie das Geld verwenden. Die Eigentumsfreiheit muss es ihnen gestatten – und gestattet dies auch, wenn sie den mangelhaften Zustand nach Verkauf, Zerstörung oder sonstigem Wegfall des Leistungssubstrats nicht mehr beseitigen oder den Zustand des Bauwerks in anderer Weise verbessern können –, den Restitutionsbetrag dazu zu nutzen, die mit dem Grundstückserwerb entstandenen oder eingegangenen finanziellen Belastungen zu reduzieren. Wenn demgegenüber vorgebracht werden sollte, das Argument der Dispositionsfreiheit gebe für die Fortdauer des Schadensersatzanspruchs gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nach der Veräußerung der beschädigten Sache nichts her, so kann hierauf nur geantwortet werden, dass der die beschädigte Sache veräußernde Geschädigte bereits von seiner primär im Eigentumsrecht wurzelnden Dispositionsbefugnis Gebrauch gemacht hat. Dies gilt auch, soweit gegen das Argument der Dispostionsfreiheit vorgetragen wird, ein Geschädigter, der tatsächlich nicht mehr in natura restituieren könne, habe überhaupt keine dem Eigentumsrecht entspringende Freiheit mehr, sich für oder gegen eine Reparatur zu entscheiden248. Dieser Einwand vermag nicht zu überzeugen, weil § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kein Fortwirken dieses Selbstverwirklichungsrechts des Gläubigers bis zum rechtskräftigen Abschluss einer gerichtlichen Streitigkeit erfordert. Im Übrigen ist dieser Einwand bereits vom Ansatz her schief, da es bei der Dispositionsfreiheit um den dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zustehenden Restitutionsbetrag geht. Mit diesem kann er vielfältige Maßnahmen bestreiten. Auch nach Untergang des Schadensobjekts und Restitutionssubstrats hat der Gläubiger noch Wahlmöglichkeiten. Er kann sich eine gleichwertige, höherwertige oder geringerwertige Ersatzsache beschaffen oder davon absehen; er kann die Bedürfnisse anderweitig befriedigen und die aus der Sache ___________ 247 Flessner, JZ 1987, 271, 278. In dieser Richtung auch Dreier, Kompensation und Prävention, S. 34; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 41. 248 Vgl. Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 224; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 6, S. 230; ders., WM 1990, Sonderbeilage 7, S. 11; Schwarz/Esser, NJW 1983, 1409; Schiemann, DAR 1982, 309, 311.

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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gezogenen Funktionen durch andere Nutzungsarten oder eine andere Sache befriedigen (Lkw statt Pkw, Mietwohnung statt Eigentumswohnung etc.). Sichtbar wird dadurch zum einen, dass sich die richtig verstandene Dispositionsfreiheit auf die Verwendungsbefugnis hinsichtlich des Restitutionssurrogats bezieht. Deutlich wird aber zum anderen auch, dass die Dispositionsbefugnis nicht mit einer Befugnis, nach Belieben abzurechnen, vermengt werden darf. Die Kritiker der Dispositionsfreiheit tragen auch bei der Diskussion um ein mangelndes schutzwürdiges Gläubigerinteresse an der Verwendungsfreiheit des Ersatzbetrages erneut das Argument des systematischen und funktionellen Zusammenhangs des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zum Herstellungsanspruch aus § 249 Abs. 1 BGB249 vor. Das Argument des systematischen und funktionellen Zusammenhangs würde dagegen sprechen, den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB geschuldeten Ersatzbetrag an hypothetischen Herstellungskosten zu bemessen, wenn eine Herstellung weder beabsichtigt noch möglich sei, weil in diesen Fällen die Erwägung des historischen Gesetzgebers, der Geschädigte solle sich nicht in die Hand des Verletzers begeben müssen250, nicht passe251. Bei dieser Argumentation wird jedoch übersehen, dass Parallelen zur Vorschrift des § 249 Abs. 1 BGB, die zur Ablehnung der Dispositionsfreiheit im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nötigen würden, nicht gezogen werden können. Treffend hatte Lipp hierzu ausgeführt: „bei dieser Herstellungsart (§ 249 S. 1 BGB) tritt die Frage einer etwaigen Disposition überhaupt nicht auf, denn zur tatsächlichen Restitution durch den Schädiger gibt es keine Alternative. Dann aber treten ‚Ob‘ und ‚Wie‘ einer schadensrechtlichen Dispositionsfreiheit des Gläubigers von vornherein nicht in den normativen Regelungsbereich des § 249 S. 1 BGB ein und es trifft nicht zu, daß sich dieser Vorschrift eine maßgebliche Aussage für die Frage einer etwaigen Zweckbindung des Herstellungsbetrages bei § 249 S. 2 BGB entnehmen läßt.“252

Zudem: Auch wenn es zutrifft, dass der mit § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gewährte erforderliche Geldbetrag dem Gläubiger – zumindest auch – ermöglichen soll, die Wiederherstellung in Eigenregie – emanzipiert vom Schädiger – zu forcieren, kann daraus im Wege eines Größenschlusses nicht gefolgert werden, der ___________ 249 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 364 und 369; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 I, S. 470. 250 Vgl. Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296/297 = Mugdan, Bd. 2, S. 513: „Denn in vielen Fällen entspreche es seinem Interesse, die beschädigte Sache, statt ihre Herstellung zu verlangen, durch eine neue zu ersetzen, und sehr oft würde die Herstellung eine Einwirkung des Schuldners oder der von ihm gewählten Werkleute auf die Sache erfordern, deren Gestattung dem Gläubiger billiger Weise nicht zugemuthet werden könne.“ Zu diesem Anvertrauensargument siehe auch BGHZ 63, 182, 184; Benicke, JuS 1994, 1004, 1005; Grunsky, BFuP 1987, 420, 425; Medicus, DAR 1982, 352, 355; Weber, VersR 1990, 934, 943; Kleine-Cosack, DAR 1998, 180, 181. 251 Schiemann, 20. VGT 1982, 233, 236; Jakob, S. 118. 252 Lipp, NZV 1996, 7, 10.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

Geschädigte sei hierzu auch faktisch – nämlich um des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht verlustig zu gehen253 – oder gar rechtlich254 verpflichtet. Denn methodisch ist der Schluss vom Schwächeren (Ermöglichung der Restitution durch den Gläubiger) zum Stärkeren (Verpflichtung zur Wiederherstellung) nur dann zulässig, wenn für die gewichtigere Rechtsfolge mehr spricht als die vom Gesetz für den weniger gewichtigeren Sachverhalt erfassten Momente und verankerten Gesetzeszwecke255. Neben der verfehlten Ablehnung der Dispositionsfreiheit wird für die Zweckbindung aber kein stichhaltiges Argument vorgebracht, das zur Herstellungspflicht zwänge256. Im Übrigen muss auf den Unterschied zwischen Schadensbehebung und Schadensberechnung hingewiesen werden. Die Dispositionsfreiheit bezieht sich nur auf das erstere Element. Der Geschädigte ist nach den allgemeinen Vorschriften des Schadensrechts nicht gehalten, den vom Schädiger zu finanzierenden erforderlichen Geldbetrag i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Schadensbehebung zu verwenden. Eine Pflicht zur Schadensbeseitigung kann sich für den Schadensersatzgläubiger lediglich aus versicherungsrechtlichen Vorschriften, wie z.B. aus den früheren §§ 13 Abs. 10 AKB, 17 Abs. 3 AFB, ergeben. ___________ 253 So z.B. Köhler, FS-Larenz, S. 349, 368 und 369; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163; dies., JuS 1991, 441, 445; Leonhard, VersR 1983, 415, 417; Knobbe-Keuk, VersR 1976, 401, 406; Jordan, VersR 1978, 688, 690; Schmidt, JuS 1986, 517, 518; Schiemann, DAR 1982, 309, 311; Thürmann, VersR 1976, 1117; Lange, WM 1990, Sonderbeilage 7, S. 11; Stoll, JuS 1968, 504, 506. 254 So insbesondere Böhmer, JR 1971, 239, 240: „Es ist daher davon auszugehen, daß der Eigentümer, der den Geldersatz wählt, damit nach Treu und Glauben die Verpflichtung übernimmt, die Wiederherstellung, deren Kosten er vom Schädiger ersetzt verlangt, auch ausführen zu lassen.“ Wenn Böhmer (JR 1971, 239) meint, diese Reparaturpflicht damit zu rechtfertigen, dass anderenfalls der Geschädigte die Reparatur beliebig lange verzögern und dadurch den Schaden vergrößern könnte, so wird übersehen, dass sich eine solche Schadensvertiefung mit Hilfe des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 2 und 3 BGB sachgerecht würdigen lässt und ein aus Treu und Glauben abgeleiteter rechtlicher Zwang zur Herstellung – wegen des Subsidiaritätsgedankens des § 242 BGB – von vornherein nicht Platz greifen kann. 255 Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 479. Vgl. zum argumentum a fortiori mit seinen beiden Spielarten (argumentum a maiore ad minus, argumentum a minore ad maius) auch Klug, Juristische Logik, S. 146 bis 151; Kramer, Juristische Methodenlehre, S. 151 f. 256 Besonders plakativ z.B. Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 45: „Letztlich ergibt sich aber nicht aus Erwägungen des dogmatischen Details, sondern aus der richtigen rechtspolitischen Wertung, daß die h.M. falsch ist und der V. Zivilsenat mit seiner Auffassung Recht hat.“ Ähnlich bereits Schiemann, EWiR 1993, 441, 442: „Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten […] dient […] nicht der Verwirklichung irgendeines rechtsethischen Gedankens.“ In derselben Richtung auch der Einwand, wonach die „immer wieder bemühte Dispositionsfreiheit“ keine fiktive Schadensabrechnung, sondern allenfalls die Freiheit des Geschädigten fordere, zu entscheiden, ob er eine Reparatur durchführen lasse oder den Geldbetrag anderweitig verwende Bollweg, NZV 2000, 185, 188; Seiwerth, NZV 1989, 137; ders., DAR 1987, 374; Schiemann, DAR 1982, 309, 311.

III. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten

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Derartige Normen sind jedoch ohne Einfluss auf das allgemeine Schadensersatzrecht 257 . Die angesprochene Trennung zwischen Schadensbehebung und Schadensberechnung führt nahtlos zur sog. Zeitproblematik über und soll dort näher erörtert werden. Zuvor sollen die Ergebnisse zur Dispositionsfreiheit des Geschädigten zusammengefasst werden. 5. Zusammenfassung Als Ergebnis der Auslegung des Gesetzes zur Dispositionsfreiheit des Geschädigten kann mithin festgehalten werden, dass sich der BGH in ständiger Rechtsprechung zu Recht auf diesen Grundsatz des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB beruft. Gelang somit der Nachweis, dass der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs nicht darauf beschränkt ist, den ihm zu gewährenden erforderlichen Geldbetrag zur Herstellung des hypothetischen, von Schaden freien Zustands i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB einsetzen und verwenden zu müssen, so entbehrt zumindest der mit der Gleichbehandlungsargumentation vom 6. Zivilsenat des BGH eingeführte Schluss nicht einer gewissen Logik. Dieser besagt, dass es dann auch „keinen rechtlich erheblichen Unterschied“258 oder „keinen ausreichenden Sachgrund für eine unterschiedliche schadensrechtliche Beurteilung“ 259 darstelle, wenn der Geschädigte wegen Verkaufs der beschädigten Sache den Betrag gar nicht für eine Herstellung dieses Zustands einsetzen könne260. Diese logische Schlussfolgerung trifft jedoch – entgegen dem BGH – nicht nur hinsichtlich der nachträglichen subjektiven, sondern auch der objektiven Unmöglichkeit der Naturalrestitution zu. Allein aus der Dispositionsfreiheit lässt sich allerdings – dies ist insbesondere dem 5. Zivilsenat des BGH261 zuzugeben – noch nicht hinreichend abgesichert schlussfolgern, dass der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB jegliche Form der Unmöglichkeit der Herstellung überdauere262. Der weiteren Untersuchung muss daher vorbehalten bleiben, ob sich die zumindest nicht unlogische Schlussfolgerung, dass der Restitutionsanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von jeder Form der nachträglichen Unmöglichkeit unbeeinflusst ist, zu einem „Gleichbehandlungsdruck“263 verdichten kann. Allerdings soll der Geschädigte – entsprechend der Konzeption des § 249 Abs. 2 S. 1 ___________ 257 Dannert, VersR 1988, 980, 981, Fn. 10. Ähnlich Berger, VersR 1985, 403, 405; Kollhosser, VersR 1997, 521, 525. 258 BGHZ 66, 239, 245. 259 BGH NJW 1985, 2469. 260 Als „Zirkelschluss“ wird man ihn, wie Jakob, S. 68, 80 und 225, und Köhler, FSLarenz, S. 349, 362, dies meinen, deshalb nicht etikettieren können. 261 Vgl. BGHZ 81, 385, 391. 262 Vgl. auch Bötticher, VersR 1966, 301, 306; U. Hamann, Schadensersatz, S. 158. 263 So der Terminus bei Jakob, S. 225.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

BGB – den Geldbetrag zur freien Verwendung erhalten und mit ihm – der Terminologie des § 903 S. 1 BGB korrespondierend – nach Belieben verfahren können.

IV. Die Zeitpunktproblematik Am Ende des vorangegangenen Abschnitts wurde bereits auf die sog. Zeitpunktproblematik aufmerksam gemacht. Diesem Argumentationsstrang soll mit den folgenden Ausführungen nachgegangen werden. Für den 5. Zivilsenat des BGH264 ist im Anschluss an die Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des RG 265 , wie im 1. Kapitel dargestellt 266 , die sog. Zeitpunktproblematik entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in den Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution erhalten bleibt oder erlischt. Der 5. Zivilsenat des BGH argumentiert dabei wie folgt: Zwar könne im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von einer Dispositionsfreiheit des Geschädigten ausgegangen werden. Die Dispositionsfreiheit entfalte aber dann keine Wirkungen mehr, und aus der Dispositionsfreiheit dürften dann keine Konsequenzen mehr gezogen werden, wenn der nach dem schädigenden Ereignis eintretende Umstand, der die Herstellung unmöglich mache, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz bereits vorliege. Dagegen misst der 6. Zivilsenat des BGH dem Aspekt, ob die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestition vor oder nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eintrat, nie eine Bedeutung bei. Für ihn handelt es sich bei den diesbezüglichen Erwägungen lediglich um eine scheinbare Ausnahme267. Auf den Zeithorizont der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz wird im allgemeinen Schadensrecht zwar häufig abgestellt. Sieht man sich die darauf rekurrierende Rechtsprechung268 und Literatur269 jedoch näher ___________ BGHZ 81, 385, 390; BGH NJW 1993, 1793, 1794. RG HRR 1933, Nr. 1405. 266 Vgl. oben im 1. Kapitel unter I. 1., S. 21 und II. 3., S. 32 ff. 267 BGHZ 66, 239, 241/242: „Dem scheint freilich der in der Rechtsprechung ebenfalls seit langem gefestigte Grundsatz zu widersprechen, daß die Schadensentwicklung an sich bis zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen ist“ (Hervorhebungen vom Verf.). 268 RGZ 80, 155, 164; 98, 55, 57/58; 117, 252, 256; 141, 259, 262; 142, 9, 11; 149, 135, 137; BGHZ 3, 162, 177/178; 5, 138, 142; 10, 6, 10; 27, 181, 187/188; 55, 329, 331; 66, 239, 245/246; 79, 249, 257/258; 133, 246, 252; BGH JZ 1960, 409, 411; NJW 1967, 551, 552; 1980, 1742, 1743. 269 Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), Vorbem. zu §§ 249 ff. Rn. 81; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 305; Palandt-Heinrichs (61. Aufl.), Vorb. v § 249 Rn. 174; Soergel-Mertens, vor § 249 Rn. 287; Erman-Kuckuk, § 249 Rn. 35; Lange, Schadensersatz, § 1 IV 1, S. 46; R. Hamann, S. 26 bis 29; Goßler, S. 14, 19, 36, 67 und 101; 264 265

IV. Die Zeitpunktproblematik

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an, so fällt auf, dass das Bezugsobjekt nicht die Art und Weise der Schadensersatzleistung, sondern der Gesichtspunkt der Schadensbemessung und damit die Höhe des Schadensersatzbetrags ist. Es drängt sich somit der Verdacht auf, dass der 5. Zivilsenat des BGH diese beiden Fragenkreise vermengt270 und den nachgelagerten Aspekt der Schadensberechnung, also die Frage der Bemessung der Ersatzleistung, auf den zuvorderst sich stellenden Aspekt der Schadensbeseitigung – und damit der Frage nach der Art und Weise des Schadensersatzes – überträgt271. Fraglich ist jedoch, ob diese Übertragung berechtigt ist. Hiergegen spricht zunächst – wie bereits angesprochen – dass sich die Rechtsprechung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ausschließlich auf Fragen der Schadensbemessung bezieht. Darüber hinaus geht es bei den Fragen der Schadensbemessung, sofern der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung argumentativ herangezogen wird, auch nur um die Berücksichtigung von adäquaten Folgen, die dem haftungsbegründenden Umstand anhaften272. Dies ist mit dem hier zu lösenden Problem, ob nachträgliche Umstände, die zur Unmöglichkeit der Naturalrestitution führen, Einfluss auf die Art des Schadensersatzes haben, jedoch nicht vergleichbar. Eine Vergleichbarkeit wäre nur gegeben, wenn es um die Einbeziehung von außerhalb der Haftungsbegründung liegenden Ereignissen gehen würde. Das ist aber nicht der Fall. Fragen der Beachtlichkeit oder Unbeachtlichkeit von Folgen, die dem haftungsbegründenen Umstand nicht anhaften, werden auch im Bereich der Bemessung des Schadensersatzes nicht mit dem Aspekt des Zeitpunkts der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung gelöst. Zudem dient das Abstellen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenin___________ Kötz, FS-Hauß, S. 181, 195; Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 8 = NZV 1991, 1, 2; Grunsky, BFuP 1987, 420, 427; Schack, FS-Stoll, S. 61; Meyer, NJW 2002, 3067. 270 Beispielhaft für diese unzulässige Vermengung hinsichtlich der in Rede stehenden Problematik auch Thürmann, VersR 1976, 1117, 1118: „Berechnet man also den Schaden nach Lage der Dinge zum Termin der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz, bei Unmöglichkeit der Herstellung somit nach § 251 I, wird dadurch auch kaum der säumige Schuldner (durch lange Prozeßdauer) bevorzugt“; U. Hamann, Schadensersatz, S. 174: „Folglich können Art und Umfang des Ersatzanspruches nur anhand der Umstände ermittelt werden, die im Zeitpunkt der Schadensersatzleistung oder – bei gerichtlicher Auseinandersetzung – im Termin der Schlußverhandlung vor dem Tatrichter bekannt sind“; Schwarz/ Esser, NJW 1983, 1409: „… Vorschlag, von dem Grundsatz, daß der Anspruch aus § 249 S. 2 BGB untergeht, wenn im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Herstellung unmöglich geworden ist, für die gesamte Fallgruppe ‚Veräußerung eines beschädigten Gegenstandes‘ eine Ausnahme zu machen, ist abzulehnen“; Schulze, JuS 1989, 471, 475: „Bei der gerichtlichen Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs aus § 249 S. 2 ist für die Beurteilung der Herstellungsmöglichkeit der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung maßgebend.“ 271 Nicht zu Unrecht konzediert Mertens, dass bereits hinsichtlich der Frage nach dem Zeithorizont der Schadensberechnung „nach wie vor große dogmatische Unsicherheit besteht“ (Soergel-Mertens, [12. Aufl.], vor § 249 Rn. 50). 272 RGZ 98, 55, 57; 142, 8, 12; BGHZ 79, 249, 258; 133, 246, 252; BGH NJW 1980, 1742, 1743. Vgl. auch Goßler, S. 63 und Schultz, AcP 191 (1991), 433, 435/436.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

stanz dem Schutz des Gläubigers davor, dass eine zögerliche Ersatzleistung des Schuldners nicht nur zusätzliche (Folge-)Schäden verursacht, sondern u.U. auch die Wiederherstellung verteuert273. Will man die Zeitpunktproblematik daher auf die Frage nach der Art und Weise des Schadensersatzes übertragen, wird man dogmatisch zu reflektieren haben, ob dies dem Gläubigerschutzanliegen des Bemessungsgrundsatzes entspricht. Für die Frage, ob der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution erhalten bleibt oder untergeht, bedeutet dies aber, dass Geschädigteninteressen gerade geschmälert würden, wenn man – wie der 5. Zivilsenat des BGH274 – der Ansicht wäre, dass der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erlösche, sofern die Herstellung vor dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unmöglich wird. Die Übertragung der sog. Zeitpunktproblematik auf die Frage nach der Art und Weise des Schadensersatzes würde den bereits herausgearbeiteten Funktionen und Wirkungen des Gläubigerinstruments nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (Rechtsstellungsverbesserungskomponente, Begünstigungstendenz, Aufdrängungsschutz) widersprechen. Bereits dies lässt es berechtigt erscheinen, gegen die Übertragung des prozessual geformten Grundsatzes Vorbehalte anzumelden. Mit der Zeitpunktargumentation greift der 5. Zivilsenat des BGH auch die Gleichbehandlungsargumentation des 6. Zivilsenats des BGH 275 an. Wenn er ausführt: „Setzt der Geschädigte erst den Zahlungsanspruch nach § 249 Satz 2 BGB durch, bevor er die Sache (hier: das Grundstück) unrepariert veräußert, so ist mit der Erfüllung des Anspruchs die Naturalherstellung im Rechtssinne durchgeführt, und die Frage der Unmöglichkeit kann sich nicht mehr stellen. Veräußert er dagegen die Sache, bevor er den Anspruch nach § 249 Satz 2 BGB durchsetzt, so bleibt die Frage gestellt, ob der Fortbestand des Anspruchs von Sinn und Zweck der Naturalherstellung noch gefordert wird“276,

kann damit nur gemeint sein, dass die Reihenfolge zwischen Anspruchsdurchsetzung und Veräußerung des Schadensobjekts einen rechtlich erheblichen Unterschied darstelle und dass somit „der Anspruch aus § 249 S. 2 BGB untergeht, wenn im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Herstellung in Natur unmöglich geworden ist“277. Durch die ___________ 273 RGZ 98, 55, 57; 117, 253, 256; BGHZ 30, 29, 34/35; 66, 239, 245; Mertens, Der Begriff des Vermögensschadens, S. 211; Grunsky, BFuP 1987, 420, 427; R. Hamann, S. 28/29. Vgl. auch Goßler, S. 26 und 37. 274 BGHZ 81, 385, 390; BGH NJW 1993, 1793, 1794. 275 Vgl. BGHZ 66, 239, 244; BGH NJW 1985, 2469. 276 BGHZ 81, 385, 391. Zustimmend Weber, VersR 1990, 934, 938. Ablehnend Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 311; Knütel, JR 1982, 281, 282; Schirmer, AnwBl. 1988, 86, 87. 277 BGHZ 81, 385, 390.

IV. Die Zeitpunktproblematik

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Zahlung des Herstellungsbetrags an den Gläubiger sei eine „Zäsur“278 eingetreten, sodass sich der Schluss von der Freiheit des Geschädigten zur Verfügung über das Geld, das er bereits erhalten habe, auf seine Freiheit in der Verwendung des Geldes, um das er noch streiten müsse, als „Kurzschluß“279 darstelle. Fraglich ist jedoch, ob es gerechtfertigt ist, das materielle Problem der Art und Weise der Schadensersatzleistung einer prozessualen Zufälligkeit 280 zu unterstellen, die darüber hinaus ohnehin nicht für jeden materiellen Sachverhalt Bedeutung erlangen kann. Der „Kampf“281 des Geschädigten um den Herstellungsbetrag braucht ja nicht zwangsläufig vor Gericht ausgetragen zu werden. Besonders deutlich wird auch in den Konstellationen der objektiven Unmöglichkeit, dass der Geschädigte auf die prozessuale Zufälligkeit der bereits beendeten letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz keinen Einfluss hat. Der Schädiger kann die prozessuale Zufälligkeit zudem, sei es durch Säumnis im Termin, sei es durch Einlegen des Rechtsmittels der Berufung, manipulieren282 . Dass die soeben aufgeworfene Frage eher zu verneinen ist, wird überdies deutlich, wenn die zwangsvollstreckungsrechtlichen Implikationen berücksichtigt werden, die mit der These von der Beachtlichkeit des Zeitpunkts der letzten Tatsachenverhandlung verbunden sind. Diesbezüglich hat bereits Rauscher auf Folgendes aufmerksam gemacht: „Mit der Argumentation des BGH – setze der Geschädigte den Restitutionsanspruch durch, ehe die Naturalrestitution unmöglich werde, so sei im Rechtssinne die Naturalrestitution durchgeführt, könne also nicht mehr unmöglich werden – könnte man den Schadensersatzanspruch aus § 249 S. 2 BGB noch Jahrzehnte nach der mündlichen Verhandlung zu Fall bringen: Bleibt nämlich die Vollstreckung aus dem Schadensersatz zubilligenden Urteil fruchtlos, so hat der Geschädigte zwar einen Titel, mitnichten aber ist die Naturalrestitution ‚im Rechtssinne durchgeführt‘. Sollte also der insolvente Schädiger, wird dereinst endlich die Restitution in natura unmöglich, noch Vollstreckungsgegenklage erheben können, mit der Begründung, der Anspruch aus § 249 S. 2 BGB sei nach der letzten mündlichen Verhandlung untergegangen?“283

Dass der Schädiger mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO den Anspruch des Geschädigten auf den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrag noch vernichten könnte, wenn die nachträgliche Unmöglichkeit der ___________ Weber, DAR 1987, 161, 175, Fn. 60; Weber, VersR 1990, 934, 941; Jakob, S. 76. Weber, VersR 1990, 934, 941; Jakob, S. 76 und 80; vgl. auch Köhler, FS-Larenz, S. 349, 362; Magnus, Schaden und Ersatz, S. 63. 280 Vogel, EWiR 2001, 659, 660; Rauscher, NJW 1986, 2011, 2014; Knütel, JR 1982, 281, 282; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 98; Winkler, NJ 2002, 90. Im Ergebnis ebenso Heinze, JR 1977, 418, 420. 281 So die Terminologie bei Weber, VersR 1990, 934, 941 und Jakob, S. 76 und 80. 282 Letzterer Aspekt greift bereits in die Verzögerungsargumentation ein und soll an dieser Stelle noch nicht näher gewürdigt werden. 283 Rauscher, NJW 1986, 2011, 2014 (Hervorhebungen im Original). Deutlich gegen die Zeitgrenze auch Thiele, AcP 167 (1967), 193, 205. 278 279

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

Naturalrestitution zu einem Zeitpunkt eintritt, zu dem der noch „kämpfende“ Gläubiger zwar einen stattgebenden Titel, vom Schuldner allerdings noch keine Ersatzleistung erhalten hat, widerspricht jedoch dem vom historischen Gesetzgeber dem Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zuerkannten Ziel der Streitvermeidung und endgültigen Friedensstiftung. Das Ziel der Vermeidung weiteren Streits zwischen Schädiger und Geschädigtem im Schadensabwicklungsverhältnis spricht deshalb bereits dafür, die Fälle, in denen die Unmöglichkeit der Naturalrestitution erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eintritt und in denen der Gläubiger immer noch um seinen Schadensersatz nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB „kämpft“, mit denen gleich zu behandeln, in denen die Unmöglichkeit der Naturalrestitution erst eintritt, nachdem der Geschädigte den vom Schädiger geschuldeten Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bereits empfangen hat. Wenn das Ziel der Streitvermeidung aber schon dafür spricht, dann spricht es erst recht dafür, das Schadensabwicklungsverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem auch von Streit freizuhalten, der aufkommen kann, wenn der Gläubiger auf der zeitlich früheren Stufe, also vor der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, um die Schadensersatzleistung „kämpft“. Das hat zur Folge, dass die Fälle, in denen die Unmöglichkeit der Naturalrestitution bereits vor der letzten mündlichen Tatsacheninstanz eintritt, ebenfalls mit denen gleichzubehandeln sind, in denen die Unmöglichkeit der Naturalrestitution erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eintritt. Der 5. Zivilsenat des BGH unterliegt mit seiner Zeitpunktargumentation darüber hinaus einem Missverständnis. Dieses Missverständnis liegt in der fehlerhaften Methode, mit der er der materiellen Rechtslage Einfluss durch das Verfahrensrecht zuschreibt. Das Prozessrecht selbst kann jedoch nicht darüber entscheiden, welcher Anspruch dem Grunde nach gegeben ist. So wie die Schadensbemessung, aus der der verfahrensrechtliche Satz der Beachtlichkeit des Zeitpunkts der letzten Tatsachenverhandlung stammt, knüpft das Prozessrecht an einen bestehenden Schadensersatzanspruch an, bei dem die Art und Weise der Ersatzleistung feststeht. Das Prozessrecht entscheidet aber nicht über die materiell-rechtliche Erheblichkeit tatsächlicher Umstände, die nach dem Verfahrenssatz prinzipiell Verfahrensgegenstand sein können284. Der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung bildet lediglich die prozessual bedeutsame Grenze, bis zu der Tatsachen in das rechtshängige Verfahren eingeführt werden können. Er stellt zugleich den ausschließlich verfahrensrechtlich maßgeblichen Termin dar, an dem der Richter zu beurteilen hat, ob die begehr___________ 284 Vgl. dazu auch BGHZ 27, 181, 188; Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 400; Lent, DJ 1941, 770, 771; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), Vorbem. zu §§ 249 ff. Rn. 81; MüKoOetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 298; Lange, Schadensersatz, § 1 IV 2, S. 46; Goßler, S. 18/19, 66/67 und 101; Schultz, AcP 191 (1991), 433 450/451.

IV. Die Zeitpunktproblematik

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te Rechtsfolge materiell-rechtlich begründet ist. Das Prozessrecht ist mit anderen Worten überhaupt nicht in der Lage, darüber zu entscheiden, ob und ggf. welche materielle Vorschrift, die den Anspruch begründet oder ausfüllt, in Betracht kommt. Auch wenn sich in der Verfahrensordnung (wie in den §§ 302 Abs. 4 S. 3, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2 S. 1, 945 ZPO) Normen finden, in welchen Regelungen über die Entstehung und Höhe von Ansprüchen getroffen werden, sind diese Vorschriften ausschließlich materiell-rechtlicher Natur285. Treffend formulierte Lent bereits im Jahre 1941: „Der Richter hat grundsätzlich nur das materielle Recht anzuwenden, das Verfahrensrecht kann nicht das materielle abändern, es kann nicht für denselben Anspruch innerhalb des Prozesses anderes Recht gelten als außerhalb. Es gibt aber auch den allgemeinen Grundsatz, daß für die Höhe oder das Bestehen eines Anspruchs die tatsächlichen Verhältnisse z. Zt. der Urteilsfällung maßgebend sind, im Verfahrensrecht nicht und kann es nicht geben. Das Prozeßrecht schreibt etwas anderes vor: Gegenstand der richterlichen Feststellung im Urteil ist das Bestehen der vom Kläger behaupteten Rechtsfolge z. Zt. der letzten Tatsachenverhandlung. Das ist aber nicht dasselbe, denn ob die tatsächlichen Verhältnisse zum selben Zeitpunkt zu berücksichtigen sind, hängt davon ab, daß sie für das gegenwärtige Bestehen der Rechtsfolge von Bedeutung sind.“286

Das Prozessrecht ist deshalb ebenso wenig wie der nachgelagerte Aspekt der Schadensbemessung in der Lage, darüber zu befinden, ob der Schadensersatzanspruch im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB oder § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB ausgefüllt wird. Ob dem nachträglichen, die Herstellung vereitelnden Ereignis materiell-rechtlich eine Bedeutung beizumessen ist, hängt von der Ausgestaltung der materiellen Rechtslage ab, wie sie bisher bereits erörtert wurde und die es im Weiteren zu untersuchen gilt. Die Skepsis des 6. Zivilsenats des BGH ist daher nicht lediglich vom Ansatz her berechtigt. Die vom 5. Zivilsenat in die Diskussion eingebrachte Zeitpunktargumentation erweist sich als „Schein“-Argument, weil Prämisse (Prozessrecht) und conclusio (materiell-rechtliche Erheblichkeit) nicht kompatibel sind. Folglich erscheint es berechtigt festzustellen, dass die Reihenfolge zwischen Anspruchsdurchsetzung und Veräußerung des Schadensobjekts keinen rechtlich erheblichen Unterschied darstellt. ___________ 285 Zu §§ 302 Abs. 4 S. 3, 600 Abs. 2 ZPO vgl. Stein/Jonas-Leipold, § 302 Rn. 28; MüKo/ZPO-Musielak, § 302 Rn. 16; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, § 302 Rn. 17 und § 600 Rn. 14. Zu § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO vgl. RGZ 76, 406, 407/408; Stein/Jonas-Münzberg, § 717 Rn. 24; MüKo/ZPO-Krüger, § 717 Rn. 9; Zöller-Herget, § 717 Rn. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, § 717 Rn. 5; Saenger, JZ 1997, 222, 224. Zu § 945 ZPO vgl. MüKo/ZPO-Heinze, § 945 Rn. 1; Zöller-Vollkommer, § 945 Rn. 3 und 13; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, § 945 Rn. 16; Saenger, JZ 1997, 222, 224. 286 Lent, DJ 1941, 770, 771.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

V. Die Verzögerungsargumentation Bereits im vorangegangenen Abschnitt wurde hilfsweise die Verzögerungsargumentation in die Erörterungen einbezogen. Der sachliche Gehalt und die Berechtigung dieses Argumentationsstranges, auf den sich auch der 6. Zivilsenat des BGH beruft287, soll im Folgenden untersucht werden. Die Struktur dieses Arguments ist relativ einfach. Die Befürworter288 meinen, dass die Verzögerung der Erfüllung des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem säumigen und zahlungsunwilligen Schuldner nicht zugute kommen dürfe. Dies wird damit begründet, dass der Schuldner es anderenfalls mittels der Leistungsverzögerung in der Hand hätte, von dem betragsmäßig regelmäßig höheren Restitutionsanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf den niedrigeren Kompensationsanspruch nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB „umzuschalten“289, wenn zwischenzeitlich der Geschädigte die beschädigte Sache veräußere oder diese anderweitig untergehe. Zugespitzt formuliert könnte man auch sagen, dass der Schädiger mit seinem Zahlungswillen und seiner Erfüllungsbereitschaft ganz allein darüber befinde, ob sich der vom Gesetzgeber den schadensersatzrechtlichen Vorschriften beigelegte Vorrang der Restitution verwirkliche. Die Gegner 290 halten diesen argumentativen Ansatz – ähnlich wie bereits das RG291 – aus grundsätzlichen Erwägungen für „nicht legitim“292 und wollen den Geschädigten auf einen ergänzenden Verzugsanspruch verweisen. Unausgesprochen wird in den ablehnenden Stellungnahmen darüber hinaus deutlich, dass den Kritikern der Verzögerungsgedanke wohl nicht stichhaltig oder schlagkräftig genug erscheint. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie ihn als Billigkeitsargument einstufen. Im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution ist der Verzögerungsgedanke prima vista nicht so stark geeignet, rechtlichen Druck zu erzeugen wie in den Konstellationen der Ersatzfähigkeit entgangener Gebrauchs___________ BGHZ 66, 239, 245/246. OLG Hamm, NJW 1975, 654, 655; Knütel, JR 1982, 281, 283; Klimke, VersR 1974, 1063, 106; ders., VersR 1977, 502, 503 und 504; Peters, Jura 1987, 422, 425; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 115. Im Ergebnis wohl auch Birkmann, DAR 1990, 3, 5; Usinger, NJW 1986, 229, 233; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 98/99. Vgl. des Weiteren Grunsky, Vermögensschaden, S. 31 ff.; MüKoOetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 352; Palandt-Heinrichs, § 249 Rn. 5. 289 Rauscher, NJW 1986, 2011, 2013. 290 Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 6, S. 230/231; Medicus, VersR 1981, 593, 599; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 225 bis 227; ders., DAR 1982, 309, 311; ders., 20. VGT 1982, 233, 237; Thürmann, VersR 1976, 1117, 1118; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 220; U. Hamann, Schadensersatz, S. 170 ff.; Köhler, JZ 1987, 248, 249/250. 291 RG HRR 1933, Nr. 1405. 292 Schiemann, 20. VGT 1982, 233, 237. 287 288

V. Die Verzögerungsargumentation

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vorteile und Nutzungsmöglichkeiten293. Denn im dortigen Anwendungsbereich ermöglicht die zögerliche Regulierungstaktik dem Schädiger, dem Geschädigten den Anspruch endgültig aus der Hand zu schlagen: „Jeder Tag wäre für ihn schon ein endgültiger Gewinn“294, weil „die Zeit“ allein „für die Haftpflichtversicherer arbeitet“295. Bei der hier der Untersuchung zu Grunde liegenden Frage, ob der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalherstellung bestehen bleibt oder untergeht, können sich die Kritiker jedoch noch darauf zurückziehen, dem Gläubiger verbleibe ja immerhin der Anspruch aus § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB296. Weshalb aber soll erst ein Druck, der dem Geschädigten jeglichen Ersatzanspruch nimmt, insofern rechtserheblich sein, dass dem zögerlichen Regulierungsverhalten des Schuldners jegliche Bedeutung abgesprochen wird? Selbst Vertreter der Zweckbindungstheorie erkennen an, dass die Differenzierung danach, ob der Geschädigte den erforderlichen Herstellungsbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bereits empfangen habe oder nicht, „den unangenehmen Nebeneffekt hätte, daß der Schädiger einen Anreiz erhielte, seine Zahlung hinauszuschieben, in der Hoffnung, von seiner Verbindlichkeit freizukommen“.297 Zunächst verdient der Hervorhebung, dass der Kern der Verzögerungsargumentation in § 271 Abs. 1 BGB legislativ verankert ist: Der Schuldner hat den Schadensersatzanspruch – sofern nichts anderes bestimmt ist – sofort zu erfüllen. Das Gesetz geht nicht davon aus, dass dem Schädiger überhaupt Umstände zugute zu bringen sind, die während des Zeitraums eintreten, in dem der säumige und zahlungsunwillige Schadensersatzschuldner die fällige Verbindlichkeit nicht begleicht. Nur aus diesem Blickwinkel darf auf die Vorschriften zur Art und Weise des Schadensersatzes geschaut werden. Sähe man dies anders, verdrehte man die Regulierungsrichtung des Gesetzes. Zu überprüfen sind die Einwände, die gegen die Verzögerungsargumentation vorgetragen werden. Dem widmen sich die folgenden Ausführungen.

___________ 293 Vgl. hierzu BGHZ 45, 212, 216; BGH NJW 1986, 2037, 2040; Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 395; Schmidt-Salzer, BB 1970, 55, 59/60; Rauscher, NJW 1986, 2011, 2013; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 824; Grunsky, Vermögensschaden, S. 32/33; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 352. 294 Grunsky, Vermögensschaden, S. 32. 295 Schmidt-Salzer, BB 1970, 55, 59. 296 So U. Hamann, Schadensersatz, S. 170 und Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191. 297 So auf dem Boden der Ansicht, die in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB lediglich einen zweckgebundenen Vorschuss mit nachträglicher Rechnungslegungs-, Abrechnungs- und Rückerstattungspflicht sieht: Köhler, FS-Larenz, S. 349, 362, der hierin jedoch ein Argument gerade für den transitorischen Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sehen will.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

1. Die Verzugsthese Die Kritiker des Verzögerungsarguments meinen, der Gläubiger habe es in der Hand, den Schuldner in Verzug zu setzen, um dadurch die verschärfte Haftung des § 287 S. 2 BGB herbeizuführen und einen – den Kompensationsanspruch nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB ergänzenden – Verzugsschadensersatzanspruch zu erwirken298. Sie wollen damit Folgendes zum Ausdruck bringen: Erst dann, wenn sich der Geschädigte gegen die Säumnis des Schuldners mit dem vom Gesetz zur Verfügung gestellten Mittel des Verzugs zur Wehr gesetzt habe, sei es gerechtfertigt, dem Geschädigten ein Anspruchsniveau einzuräumen, das dem entspricht, welches sich ergibt, wenn man die Meinung vertritt, nachträgliche, die Möglichkeit der Naturalrestitution vereitelnde Umstände könnten den fälligen, ursprünglich bestehenden Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht mehr zu Fall bringen. Bei dieser Argumentation wird aber verkannt, dass es sachlich einen Unterschied bedeutet, ob dem Gläubiger ein zusätzlicher (Verzugs-)Schaden ersetzt und eine erweiterte Haftung des Schuldners herbeigeführt wird oder ob ein fälliger, bestehender Anspruch dem Grunde nach erhalten wird. Mit anderen Worten: Es geht bei der Argumentation aus dem Verzögerungsgedanken gerade nicht darum, dem Schadensersatzgläubiger eine zusätzliche Option, ein „Mehr“, zu eröffnen, sondern darum, den bestehenden Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Art und Weise des Ersatzes zu perpetuieren. Weiterhin führen die Kritiker des Verzögerungsarguments aus, dass ein nach §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB entstandener Verzögerungsschadensersatzanspruch im Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 S. 1 BGB; §§ 280 Abs. 1, 283 S. 1 BGB299 aufgehe und selbstständig nicht mehr geltend gemacht werden könne300. Dieser Einwand überzeugt zum einen deshalb nicht, weil der vor Ablauf der gesetzten Nachfrist bereits entstandene Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens anspruchskonkurrierend neben den Schadensersatzanspruch statt der Leistung tritt301. Zum anderen gilt auch für diesen möglichen Einwand, dass es bei der dortigen Problematik um die Anspruchsmehrung geht. Hier kann aber aus dem Gedanken der Verzögerung lediglich gefolgert werden, dass mangels Vorhandenseins einer die gegen___________ 298 So Lange, Schadensersatz, § 5 IV 6, S. 231; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Köhler, JZ 1987, 248, 250. 299 Entsprechen §§ 325 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; 326 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung. 300 Vgl. Wunner, NJW 1985, 825, 826; U. Huber, JZ 1984, 409. 301 Vgl. nur BGHZ 88, 46, 49; OLG Hamm, NJW 1983, 1332; Palandt-Heinrichs, § 286 Rn. 3; Wieser, MDR 2002, 858, 859. Im Ergebnis auch Tiedtke, NJW 1984, 767, 768/769.

V. Die Verzögerungsargumentation

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teilige Rechtsfolge anordnenden Norm der Anspruch in ursprünglicher Form erhalten bleibt. Die Argumentation mit dem ergänzenden Verzugsschadensersatzanspruch würde den Geschädigten faktisch verpflichten, den Schuldner in Verzug zu setzen. Nur wenn er dieser „faktischen Nötigung“ Folge leistet, hat er überhaupt die Chance, das Anspruchsniveau zu erreichen, das vor dem den Unmöglichkeitstatbestand auslösenden Ereignis bestand. Das aber würde bedeuten: Weil sich der am Schadensersatzverhältnis beteiligte Schuldner nicht pflichtgemäß verhält, ist der andere Beteiligte gezwungen, eine zusätzliche Rechtsposition, die neue Konflikte schüren kann und über die er eigentlich autonom und ohne äußeren Zwang entscheiden soll, zu erstreiten. Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers aber soll sich der Geschädigte mit dem Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB aus der Abhängigkeit vom Schädiger gerade befreien können. Er soll weder auf die Bemühungen noch auf eine Kooperation des Schadensersatzschuldners angewiesen sein. Darüber hinaus soll das Gläubigerinstrument des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Streit entlastende und vermeidende Wirkung haben. Neuerliche Konfliktherde sollten hierdurch gerade nicht geschürt werden. Im Übrigen wird auch bei der Befürwortung der ergänzenden Verzugsthese das Regulierungsokular des Gesetzes verdreht. Denn ob der Gläubiger die Voraussetzungen für den Anspruch aus den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB rechtzeitig schaffen, die Voraussetzungen nachweisen und einem vom Schuldner angetretenen Entlastungsbeweis hinsichtlich eines fehlenden Verschuldens, z.B. auf Grund des Vorliegens eines entschuldbaren Rechtsirrtums, entkräften kann302, ist nicht hinreichend sicher. Man bürdet damit dem Geschädigten ein Risiko auf, das der Schädiger durch pflichtwidriges Nichtleisten verursacht hat. Soweit die Kritiker, um hiervon abzulenken, meinen, dass der nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB im Falle des Untergangs des Schadensobjekts während der Zeit der Verzögerung des Schuldners zu leistende Kompensationsausgleich „in der Regel sogar höher sein“ werde „als der zunächst erforderliche Restitutionsbetrag, weil sich die Beschädigung von einem Teilschaden zu einem Totalschaden entwickelt“303 habe, so ist dies eine äußerst spekulative These, die durch die in der Rechtsprechung bisher behandelten Fälle 304 nicht bestätigt wird. Darüber hinaus dürfte die Richtigkeit dieser These auch nur auf Einzelfälle beschränkt sein. Soweit mit diesem Argument vorgetragen werden soll, der Geschädigte könne ggf. im Ergebnis, wenn man den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bei nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution weiterhin gewähre, ___________ Ähnlich auch Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 99. So U. Hamann, Schadensersatz, S. 170. Ähnlich Köhler, JZ 1987, 248, 250: „Im übrigen […] werden häufig Herstellungskosten und Vermögensschaden identisch sein …“. 304 Vgl. lediglich BGH NJW 1985, 2413. 302 303

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

schlechter stehen und es könne damit dem Gebot des vollständigen Schadensausgleichs und dem Grundsatz der Totalreparation nicht hinreichend Rechnung getragen sein, so ist dem zu entgegnen, dass in einem solchen Falle der ergänzende Kompensationsanspruch nach § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB eingreift und so zu einem dem Ausgleichsgebot entsprechenden Resultat führt. Die Verortung in § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB dürfte auch systematisch die zutreffendere sein. Bereits Knütel hatte darauf aufmerksam gemacht, dass die Verzugsregeln, auf die von den Kritikern hingewiesen wird, in den Fällen keine Abhilfe schaffen, in denen sich der Schuldner durch Hinauszögern der Zahlung der Herstellungskosten die Chance verschaffe, „billiger davon zu kommen“305, und führt weiter aus: „Denn wenn man sich schon auf den Standpunkt stellt, daß im entscheidenden Zeitpunkt ein Ersatzanspruch überhaupt nur auf das Wertinteresse besteht, dann ist es inkonsequent, dennoch auf die nicht maßgeblich gewordene Abrechnung in Höhe der Herstellungskosten zurückzugreifen und den Unterschiedsbetrag als Verzugsschaden anzuerkennen.“306

Die Verzugsthese entkräftet die Verzögerungsargumentation mithin nicht. 2. Die Doppelbelastungsthese Die Kritiker des Verzögerungsgedankens wenden weiterhin ein, dass das Hinauszögern der Leistung für den Schuldner stets auch die Gefahr der Vergrößerung seiner Leistungs- und Einstandspflicht durch Folge- und Begleitschäden schaffe 307 . Im Ergebnis könne der Schuldner also mit zwei Schadensposten belastet werden, die jedoch nur alternativ eintreten könnten308. Man will damit Folgendes zum Ausdruck bringen: Wenn das pflichtwidrige Hinausschieben der fälligen Ersatzleistung für den Schuldner einerseits die abstrakte Gefahr der Vergrößerung seiner Leistungspflicht bedeuten könne, dann sei es ein Gebot der Gerechtigkeit, ihm andererseits auch die während dieser Zeit eintretenden Vorteile im Schadensumfang zugute zu bringen. Allerdings überzeugt dieser Einwand nicht, weil zwei verschiedenartige Sachebenen miteinander vermengt werden. Dass der Schädiger für Folge- und Begleitschäden einzustehen hat und sich seine Ersatzpflicht während der Zeit des Zögerns durch Entwicklung und Vertiefung des Schadens vergrößern kann, ist Konsequenz des von ihm herbeigeführten schädigenden Umstands. Es han___________ Knütel, JR 1982, 281, 283. Knütel, JR 1982, 281, 283. 307 Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 220; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 6, S. 230/231. Vgl. auch aus dem Lager der Gegner der Zweckbindungsthese: Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 311. 308 Medicus, VersR 1981, 593, 599. 305 306

V. Die Verzögerungsargumentation

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delt sich hierbei um eine adäquate, vom Schutzzweck der Norm umfasste Schadensfolge. Die nachträglichen, die Naturalrestitution vereitelnden Umstände sind jedoch keine solchen der Schädigung anhaftenden, aus ihr resultierenden Folgen, sondern neue, eine selbstständige Wertung auslösende Umstände. Das Gleichberechtigungs- oder – prozessual geformt – Waffengleichheitsargument trägt nur dort, wo der Folgeumstand, der den Schaden positiv wie negativ beeinflusst, aus der schädigenden Handlung und der Einstandspflicht des Schädigers folgt. Das aber bedeutet: „Gleichheit versagt in der Ambivalenz“309. Daher können nur solche Entwicklungen zu einer Entlastung des Schädigers führen, die sich in der Zeit des Zögerns als Ausfluss des Primärschadens, als adäquater Schadenminderungsposten darstellen. Aus diesem Grund kann hier nicht davon gesprochen werden, dass dem Schuldner zwei Schadensposten überbürdet würden, die jeweils nur alternativ eintreten könnten. Nun mag es zwar sein, dass im Falle der subjektiven, die Restitution in natura ausschließenden nachträglichen Unmöglichkeit der Entschluss des Geschädigten, sich der beschädigten Sache durch Veräußerung zu entledigen, durch die zögerliche Haltung des Schuldners beeinflusst wird – sei es, weil er kein Interesse mehr an der Sache hat, sei es, weil er auf Grund mangelnder Eigenmittel die Sache nicht in den reparierten Zustand versetzt hat. Jedoch ist dieser Entschluss des Gläubigers des Schadensersatzanspruchs keine adäquate, der schädigenden Handlung anhaftende Folge. Es wird vielmehr eine neue, eigenständige Kausalreihe in Gang gesetzt. Im Übrigen wird sich der Geschädigte zur Herbeiführung der subjektiven nachträglichen Unmöglichkeit der Herstellung ohnehin nicht deshalb entschließen, um seinen Ersatzschuldner zu privilegieren. Zudem handelt es sich bei der These der Doppelbelastung des Schuldners erneut um eine solche aus dem Bereich der Spekulation. Der abstrakten Gefahr der Mehrleistung steht immerhin die abstrakte Chance gegenüber, durch nachträgliche Ereignisse besser gestellt zu werden310. Würde man diese latenten Chancen und Risiken quantitativ abwägen und zu dem Ergebnis gelangen, dass „die Gefahr einer Erhöhung der Ersatzpflicht durch Nichtleistung und damit verbundene Folgenschäden […] erheblich größer als die Aussicht auf Entlastung durch hypothetische Ereignisse“311 sei, müsste man auf dem Boden der Zweckbindung des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem Schuldner den Rat geben, „ganze Arbeit zu leisten“312 und die beschädigte Sache vor Regulierung des Schadens noch zu zerstören, um „dem Gläubiger nachträglich auch noch die Herstellungs___________ Diederichsen, Karlsruher Forum 1985, 4, 18. Vgl. auch Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 57, im Bereich der Personenschäden. 311 Lange, Schadensersatz, § 4 X 7, S. 195. 312 Knütel, JR 1982, 281, 283. 309 310

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

möglichkeit aus der Hand zu schlagen“313. Nach insoweit einhelliger Auffassung in Rechtsprechung314 und Literatur315 soll es im Falle der (nachträglichen objektiven) Unmöglichkeit in Bezug auf den Anspruch aus § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB nicht darauf ankommen, ob der Schuldner die Unmöglichkeit der Herstellung herbeigeführt habe. Derart strafrechtlich – § 303 Abs. 1 StGB – relevante Ratschläge will das Schadensersatzrecht aber ganz gewiss nicht geben. 3. Die Sanktionsthese Die Kritiker halten der Verzögerungsargumentation auch entgegen, sie statuiere Sanktionserwägungen und instrumentalisiere den Sanktionsgedanken, der dem zivilen Schadensrecht fremd ist316. Intention des Verzögerungsgedankens ist jedoch keine sanktionierende. Es soll vielmehr dem Schuldner jeglicher Anreiz der Vorteilserzielung und Spekulation, mittels zögerlicher Regulierungstaktik „billiger davon zu kommen“317, genommen werden, um hierdurch der verhaltenssteuernden Wirkung der Ersatzpflicht, die schädigende Handlungen zu minimieren geeignet ist, Geltung zu verschaffen. Die verhaltenssteuernde Wirkung der Ersatzpflicht trägt somit vorbeugend – nämlich durch Zerschlagung der Anreiztaktik – dazu bei, dass der Umfang der Schadensersatzpflicht, und zwar hier derjenige, der durch zögerliches Erstattungsverhalten eine Minderung nicht erfährt, den Schuldner von einer (weiteren) Schädigung abhalten kann. Neben dem Ausgleichszweck der Schadensersatzpflicht wird diese Schadensprävention als weiteres Ziel des Haftungsrechts zunehmend anerkannt318. So führt bspw. Larenz aus, die Prävention komme – „wenn ___________ Knütel, JR 1982, 281, 283. BGH NJW 1984, 2570, 2571. 315 Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 11; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 8; Erman-Kuckuk, § 251 Rn. 4; Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 3. 316 Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 226; ders., 20. VGT 1982, 233, 237; ders., DAR 1982, 309, 311; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 220; U. Hamann, Schadensersatz, S. 171; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Gotthardt, S. 179. Ähnlich Diederichsen, FS-Klingmüller, S. 65, 81. In die gleiche Kerbe schlägt auch der Einwand der Makelhaftigkeit der Verzögerungsargumentation als Billigkeitsargument, so Jakob, S. 100, 101, 232; Hagen, JZ 1983, 833, 836; Medicus, VersR 1981, 593, 595 und 600; Köhler, JZ 1987, 248, 249. 317 Knütel, JR 1982, 281, 283. 318 Vgl. Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 16 und 432 ff.; Dreier, Kompensation und Prävention, S. 128 ff.; Kötz, FS-Steindorff, S. 643, 644; Soergel-Mertens, vor § 249 Rn. 26; Brüggemeier, JZ 1986, 969, 970/971; Brüggemeier, AcP 182 (1982), 385, 387; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 76; Gotthardt, S. 7, Fn. 49 und S. 21; Diederichsen, Karlsruher Forum 1985, 4, 26; Mertens, Der Begriff des Vermögensschadens, S. 109; Mertens, VersR 1980, 397, 405; Motsch, JZ 1984, 211, 219; Bötticher, AcP 158 (1959/1960), 385; G. Wagner, VersR 1999, 1441, 1442; Thüsing, ZRP 2001, 126, 127; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 482; Larenz/Canaris, Schuld313 314

V. Die Verzögerungsargumentation

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auch nicht als Hauptzweck – so doch als ein in vielen Fällen erwünschtes Nebenprodukt der Schadensersatzpflicht in Betracht“319. Noch progressiver formuliert Looschelders in seiner Habilitationsschrift aus dem Jahre 1999: „Dem Haftungs- und Schadensrecht muß es in der Tat vornehmlich darum gehen, das Verhalten der Bürger so zu beeinflussen, daß ein geordnetes und möglichst störungsfreies Zusammenleben gewährleistet ist. Der Ausgleich etwa entstandener Schäden ist demgegenüber eine sekundäre Frage, …“320.

Andererseits gibt es nach wie vor Stimmen, die der präventiven Komponente im Schadensersatzrecht jegliche Relevanz absprechen wollen, da sich „das Schadensersatzrecht des BGB […] zu solcher konkreter, sozialer Gestaltung wie etwa der Erziehung von Schadensverursachern auf den ersten Blick besonders wenig“ eigne321. Wenngleich im Rahmen dieser Arbeit der Präventionszweck des Schadensersatzrechts nicht in all seinen zahllosen Facetten und Auswirkungen begründet und nachgezeichnet werden kann, soll den wesentlichsten Einwänden der Kritiker nachgegangen werden. a) Kritik am Präventionsziel Kritik am Präventionsziel des Schadensersatzrechts wird hauptsächlich mit zwei Argumenten geübt. Diese sollen im Folgenden vorgestellt und auf ihre Berechtigung überprüft werden. aa) Einwand auf Grund der Gefährdungshaftung In der einen Richtung wird Kritik am Präventionsziel des Schadensersatzrechts mit Blick auf die Tatbestände der Gefährdungshaftung geübt: Eine präventive Steuerungswirkung könne sich nur dann entfalten, wenn schuldhaftes Verhalten künftig vermieden werden könne und solle322. Mit anderen Worten: ___________ recht Bd. II/2, § 75 I 2 i, S. 354. Vorsichtiger bis zurückhaltend Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 30 II 3 b, S. 164; Lange, Schadensersatz, Einl. III 2 b, S. 11; MüKoGrunsky, vor § 249 Rn. 3; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 9; Marburger, AcP 192 (1992), 1, 30/31; G. Wagner, JZ 1991, 175, 177; Schmidt, KritV 1986, 83, 85. Hinsichtlich der Rspr. ist anzumerken, dass diese das Präventionsziel vor allem beim Ersatz des immateriellen Schadens anerkennt BGHZ 128, 1, 15; BVerfG NJW 2000, 2187, 2188 und ausführlich Rosengarten, NJW 1996, 1935 ff. 319 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 27 I, S. 423; ders., NJW 1959, 865; Katzenmeier, VersR 2002, 1449, 1455. Im Ansatz ähnlich Hagmann, JZ 1978, 133, 137 und Rohe, AcP 201 (2001), 117, 125 ff. und 158/159. Vgl. auch Schirmer, ZVersWiss 1996, 1, 3/4. 320 Looschelders, Mitverantwortlichkeit des Geschädigten, S. 158. Deutlich skeptischer allerdings noch im Jahr 1996 Looschelders, VersR 1996, 529, 535/536. 321 Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 200. 322 Esser/Weyers, Schuldrecht Bd. II/2, § 53.4, S. 137; Mertens, Der Begriff des Vermögensschadens, S. 95/96 und 99; Hagmann, JZ 1978, 133, 136. Ähnlich W. Schulte, S. 28, 31, 100. Zweifelnd in dieser Richtung auch Marburger, AcP 192 (1992), 1, 30. A.A., gerade

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

Derjenige, der auch ohne Verschulden auf den Ausgleich entstandener Schäden hafte, könne nicht im Sinne künftiger Vermeidung von Rechtsgüterbeeinträchtigungen „erzogen“ werden, da dessen Haftung nicht gesteuert werden könne. „Die Gefährdungshaftung“ diene „allein der Verteilung von Risiken“323. Dies ist jedoch zu kurz gedacht: Zwar kann bei dem Schuldner, der aus einem Gefährdungshaftungstatbestand Schadensersatz zu gewähren hat, nicht verhaltenssteuernd im Hinblick auf dessen Verschulden eingewirkt werden. Wohl aber kann er angesprochen werden mit Blick auf die Gefahrenquelle, die er eröffnet hat und für die er haftet. Verhaltenssteuernd kann insofern auf ihn eingewirkt werden, als er durch die Haftungsandrohung veranlasst werden kann, die geschaffene Gefahrenquelle und die von ihr ausgehenden Risiken weiter zu minimieren. Einfluss genommen werden kann auf ihn deshalb, weil seine Entscheidung auf einem willensgesteuerten, wirtschaftlich planenden Verhalten beruht. Denn seine an sich gefährliche, vom Gesetzgeber aber im Gemeinwohlinteresse als erlaubt angesehene Handlung bildet den Haftungsgrund. Die Gefährdungshaftung ist das soziale Korrelat und der Preis zu dem vom Betreiber der Gefahrenquelle bewusst eingegangenen latenten Risiko der Schädigung von Rechten und Rechtsgütern anderer. Auf den ihm zurechenbaren Entschluss des Haftenden, die Gefahren bergende Betriebs- oder Produktionsstätte, Mobilitätsquelle, sonstige Annehmlichkeiten vermittelnde Genussmöglichkeit oder potenziell wohlfahrtsfördernde Aktivität überhaupt zu eröffnen und sich der aus ihnen fließenden wirtschaftlichen Vorteile zu bedienen, kann demnach verhaltenssteuernd präventiv eingewirkt werden. Er kann veranlasst werden, erhöhte Vorsorgekonzepte zu entwickeln, erhöhte Sicherheitsstandards einzuführen und Unfallverhütungsmaßnahmen zu ergreifen, um die gefährlichen Risiken künftig zu vermindern, im Idealfall zu vermeiden324. Im Ergebnis ist es daher nicht berechtigt, das Präventionsziel des Schadensersatzrechts mit dem Einwand zu kritisieren, im Bereich der Gefährdungshaftung könne die Haftungsverpflichtung keine präventiven Steuerungswirkungen entfalten. ___________ aus dem Lager derjenigen, die die Präventivfunktion im Schadensersatzrecht eher zurückhaltend beurteilen MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 9: „Die den Umfang der Haftung im einzelnen regelnden Normen haben allenfalls insoweit eine Präventivfunktion, als sie sicherstellen, daß der zu leistende Schadensersatz ‚ernst gemeint‘ ist und nicht nur symbolischen Charakter besitzt. Eine darüber hinausgehende präventive Wirkung besitzen die §§ 249 ff. aufgrund ihrer ‚Assistentenrolle‘ allenfalls dann, wenn die Haftungsnorm präventiven Zwecken dient, was vor allem bei der Gefährdungshaftung in Betracht kommt. In diesem Fall strahlt die Präventivfunktion auch auf die §§ 249 ff. aus, deren Anwendung den Zweck der Haftungsnorm nicht beeinträchtigen darf.“ 323 Hagmann, JZ 1978, 133, 136. 324 So im Ergebnis auch Westermann, AcP 178 (1978), 150, 187; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 74; Koch, JZ 1999, 922, 924/925 und 928; Kötz, FS-Steindorff, S. 643, 654.

V. Die Verzögerungsargumentation

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bb) Einwand auf Grund der kollektiven Haftungssysteme Kritik am Präventionsziel des Schadensersatzrechts wird in der anderen Richtung mit Blick auf die kollektiven Haftungssysteme vorgetragen. Dem Präventionsgedanken stehe danach die Überleitung der Schadensersatzpflicht auf kollektive Trägersysteme entgegen. Weil der haftpflichtversicherte Schädiger den Nachteil der Haftung nicht aus eigener Tasche zu finanzieren habe, könne diese Verpflichtung zum Schadensersatz auch keine präventiven Wirkungen und Anreizfunktionen entfalten. Es entfalle damit für ihn jeglicher Anlass, kostspielige Sicherungsmaßnahmen zu treffen, sodass die ernste Gefahr bestehe, das Sorgfaltsniveau sinke unter den optimalen Standard ab325. Aber auch dieser Einwand trifft so pauschal, wie er vorgebracht wird, nicht zu. Die Haftpflichtversicherung ist weder in der Lage noch „willens“, die durch eine Schadensersatzverpflichtung entstandenen wirtschaftlichen Belastungen voll umfänglich und ausnahmslos aufzufangen und auszugleichen. Dies gilt zum einen hinsichtlich der Haftungshöchstgrenzen und zum anderen im Hinblick auf die Möglichkeiten des Regresses, der Selbstbehalte, der Deckungsausschlüsse und -einschränkungen für bestimmte Schäden im Bereich der Umwelthaftpflichtversicherung, des Haftungsausschlusses für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§§ 61, 152 VVG). Dazu gehört auch das Bonus-Malus-System des Versicherungsvertrags, das mit Eintritt des Versicherungsfalls für den Schädiger mit dem Verlust von Rabatten oder der Erhöhung der Versicherungsprämien verbunden ist und sich als mittelbare und durch sein Verhalten deshalb beeinfluss- und steuerbare Folge darstellt326. „Immerhin wird berichtet, ___________ 325 AK/BGB-Rüßmann, vor §§ 249-253 Rn. 18; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 200; MüKo-Grunsky, vor § 249 Rn. 3; Weyers, Unfallschäden, S. 505; Medicus, VersR 1981, 593, 601; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 27 I, S. 423; Esser/Weyers, Schuldrecht Bd. II/2, § 53.4, S. 137/138; G. Wagner, JZ 1991, 175, 178; Looschelders, VersR 1996, 529, 535/536. Ähnlich Kötz, Sozialer Wandel im Unfallrecht, S. 29 und 32; Rohe, AcP 201 (2001), 117, 150/151. Zweifelnd in dieser Richtung auch MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 9 a.E.; Katzenmeier, VersR 2002, 1449, 1455. 326 So im Ergebnis auch Lange, Schadensersatz, Einl. III 2 b, S. 10; Westermann, AcP 178 (1978), 150, 188; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 75; Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 18; Schirmer, ZVersWiss 1996, 1, 4; Koch, JZ 1999, 922, 928; G. Wagner, VersR 1999, 1441, 1443 und 1445/1446; Körner, NJW 2000, 241, 243; Katzenmeier, VersR 2002, 1449, 1455. Im Ergebnis so auch von den Kritikern akzeptiert: vgl. bspw. G. Wagner, JZ 1991, 175, 178/179: „Das oben beschriebene Problem der Nivellierung haftungsrechtlicher Verhaltensanreize durch Versicherung des Schädigers […] ist aber lösbar. Eine Kompensation der sog. moral-hazardEffekte […] ist möglich. […] Damit ist zwar zunächst ein Verlust an ‚scharf eingestellter Haftpflicht‘ verbunden, der auch die entsprechenden Verhaltensanreize verwässert, die noch verbleibende anreiznivellierende Wirkung einer Haftpflichtversicherung wird durch eine Benachteiligung des versicherten Schädigers vor Gericht jedoch wieder aufgehoben, wenn die Versicherungen von den ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente des Risikomanagements Gebrauch machen.“ Zum von den Versicherern favori-

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

daß Verkehrsunfallflucht in vielen Fällen deshalb begangen wird, weil der Flüchtige durch seine Flucht den Verlust des Schadensfreiheitsrabatts vermeiden will.“327 Die im Kfz-Haftpflichtversicherungsrecht bestehende Möglichkeit der umfassenden Selbstregulierung aus der eigenen Tasche des Schadensverursachers bildet ein ganz konkretes Beispiel für die auch der hier zu beurteilenden Fallkonstellation zu Grunde liegende und in die Funktion des Schadensersatzrechts einzubeziehende Sekundärprävention. Diese Selbstregulierung wird von der Versicherung mit dem Verzicht auf zukünftige Beitragserhöhung prämiert. Das schädigende Ereignis lässt sich zwar nicht vermeiden, aber immerhin kann ein Anreiz zur schnellen, konfliktfreien und unkomplizierten Schadensregulierung des vom Schädiger verursachten Schadens gesetzt werden. Dadurch wird für künftige Fälle eine vermeidende Wirkung erzeugt. Insoweit teilen viele Versicherer in der Jahresbeitragsrechnung oder in der Schlussinformation – nach Meldung eines Haftpflichtfalles – ihren Versicherten einen bestimmten Schadensbetrag mit, bis zu dessen Höhe es sich „lohnt“, einen verursachten Schaden selbst zu begleichen, wenn sie im laufenden Kalenderjahr nur einen Kfz-Haftpflichtschaden melden. Auch damit wird der präventive Anreiz zur Eigenregulierung durch den Schadensersatzschuldner trotz Bestehens des kollektiven Haftungsausgleichssystems der gesetzlichen Kfz-Haftpflichtversicherung deutlich zum Ausdruck gebracht. Im Übrigen „kann die Tatsache, durch eine rechtswidrige Handlung einen Anspruch auf Schadensersatz ausgelöst zu haben, negative Auswirkungen auf das geschäftliche oder persönliche Ansehen des Verletzers haben. Er kann dadurch z.B. in den Ruf kommen, ein unvorsichtiger Mensch zu sein, dem nicht zu vertrauen sei. In diesem Fall besteht für den Schädiger ein Anreiz, den Schadenseintritt zu vermeiden.“328

Gerade im geschäftlichen Verkehr kann es sich dabei um einen außerordentlich bedeutsamen Umstand handeln. Produkthaftungsfälle einer namhaften Firma oder Marke können zum Zusammenbruch eines ganzen Geschäftszweiges führen, weil enttäuschtes Kundenvertrauen nicht zurückgewonnen wird. Bei der Einführung des gefährdungshaftungsrechtlichen Produkthaftungsgesetzes hat der Gesetzgeber die Verteuerung von Produkten als Konsequenz von schadensbedingten Versicherungsprämienerhöhungen für ordnungspolitisch gerechtfertigt gehalten329. Er hat sowohl erklärt, „ein Haftungsrecht zu formulieren, das für die Hersteller und Lieferanten eine Motivation zur Schadensverhü-

___________ sierten Kosten dämpfenden Schadensmanagement vgl. Kuhn, NZV 1999, 229 ff.; Engelke, NZV 1999, 225 ff.; Macke, DAR 2000, 506, 513 ff. 327 Kötz, FS-Steindorff, S. 643, 653. 328 Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 75/76. 329 Vgl. BT-Drs. 11/2447, S. 12/13.

V. Die Verzögerungsargumentation

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tung, d.h. zur Vermeidung von Produktfehlern, bietet“330, als auch hervorgehoben, dass die mit dem ProdHaftG „begründeten Schadensersatzansprüche den ökonomischen Druck erhöhen, im Interesse der Bürger als Konsumenten ausschließlich fehlerfreie Produkte in den Verkehr zu bringen“331 . Deshalb gilt trotz Vorhandenseins einer Haftpflichtversicherung (selbst wenn sie ohne spezifische versicherungsvertragsrechtliche Anreize uneingeschränkte Deckung gewähren sollte): „Haftungsfälle belasten die Kundenbeziehungen und das Ansehen in der Öffentlichkeit, – nicht jede Rückrufaktion kann in eine positive Unternehmensdarstellung umfunktioniert werden“332. Damit steht aber auch die Überlagerung der Haftung des Einzelnen durch kollektive Ausgleichssysteme333 der Geltung des Präventionsziels nicht entgegen. Im Ergebnis ist es daher nicht gerechtfertigt, das Präventionsziel des Schadensersatzrechts mit dem Einwand der Überleitung der individuellen Haftungsverpflichtung auf kollektive Ausgleichssysteme zu kritisieren. b) Konsequenzen Wenn demnach die Prävention zumindest als eines unter mehreren Zielen des Schadensersatzes anerkannt werden kann, so ist es gerechtfertigt, sie auch zur Problemlösung heranzuziehen. Die präventive Komponente der hier zur Lösung der Problematik des Erhalts oder Untergangs des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution aufgegriffenen Verzögerungsargumentation wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass es sich bei dem Schadensersatzanspruch um einen grundsätzlich sofort fälligen (§ 271 Abs. 1 BGB) Anspruch handelt. Das Nichtleisten von Schadensersatz stellt eine unerwünschte – weil dem Gesetz widersprechende – Verhaltensweise des Schadensersatzschuldners dar, die es gilt, (zumindest zukünftig) zu verhindern. Erreichen lässt sich dieses Ziel zumindest auch dadurch, dass verhindert wird, dem Schädiger Anreize für zögerliches Ersatzverhalten zu geben. Zögerliches Verhalten des Schädigers darf sich nicht – auch nicht in Ausnahmesituationen – lohnen. In diesem Sinn handelt es sich bei der Verzögerungs___________ 330 Jahn, Plenarprotokoll des Bundesrates, 588. Sitzung am 29.4.1988, S. 152. In dieser Richtung grundsätzlich ebenso Engelhard, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 105. Sitzung am 9.11.1988, S. 7237. 331 Scholz, Plenarprotokoll des Bundesrates, 588. Sitzung am 29.4.1988, S. 150. In dieser Richtung grundsätzlich ebenso Jahn, Plenarprot. BT, 11. Wahlperiode, 175. Sitzung am 15.11.1989, S. 13301. 332 Schirmer, ZVersWiss 1996, 1, 4. 333 Vgl. zur Schadenskollektivierung ausführlich Brüggemeier, AcP 182 (1982), 385, 414 ff.; Leser, AcP 183 (1983), 568, 573 ff.; Westermann, AcP 178 (1978), 150, 158 ff.; Sieg, VersR 1980, 1085 ff.; Kötz, Sozialer Wandel im Unfallrecht, S. 5 ff.; Katzenmeier, VersR 2002, 1449 ff. Knapp, aber präzise MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 10 f.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

argumentation um die Realisierung des „Ordnungsauftrages der Privatrechtsordnung“334 im Bereich der präventiven Funktion des Schadensersatzrechts. Eine pönale Komponente kommt dem Verzögerungsgedanken im Übrigen schon deshalb nicht zu, weil sich die Sanktion durch (zusätzliche) Übelszufügung auszeichnet. Plastisch formulierte bereits Binding: „Die Strafe soll eine Wunde schlagen, der Schadenersatz eine andere heilen, wenn möglich ohne eine zweite zu verursachen“335. Das Verzögerungsargument eröffnet keine weitere, vom Schädiger als Pönalisierung zu empfindende Quelle des vom Schadensersatz bezweckten Ausgleichs. Es geht einzig um die Perpetuierung des entstandenen Anspruchs. Eine zusätzliche Ersatz- oder Erstattungspflicht ist, worauf bereits hingewiesen wurde, mit dem Verzögerungsargument nicht verbunden. Dass dem Verzögerungsargument darüber hinaus oder gerade deshalb der „Makel des Billigkeitsarguments“336 anhaften soll, ist ohnehin widersprüchlich. Die Billigkeit ist zum einen legislativ verankert (bspw. in §§ 315 Abs. 3, 829, 1611 Abs. 1 S. 1 BGB) und zum anderen Ausdruck des Prinzips von Treu und Glauben innerhalb des Funktionskreises dieser Schranke337. Schließlich dient die Billigkeit der Rücksichtnahme auf konfligierende Interessen der an einem Schuldverhältnis Beteiligten und versucht in diesem Sinne, eine ambivalente Virulenz unter weitestmöglicher Berücksichtigung der gegensätzlichen Interessen zu einem Ausgleich zu bringen. Von einem Makel der Billigkeit sollte schon deshalb nicht gesprochen werden. Die Nähe zu § 242 BGB338 wird besonders deutlich, wenn etwa wertneutral formuliert wird, „der säumige Schadensersatzschuldner könne u.U. aus einer zwischenzeitlichen Veräußerung der beschädigten Sache Vorteil ziehen“ 339 . Zwangsläufig drängt sich hier die Frage nach einem Missbrauchsfall, einer unzulässigen Rechtsausübung auf, zumal dann, wenn sich dies in der rechtsberatenden Praxis herumgesprochen hat, der taktische Schachzug sozusagen hausieren gegangen ist und der Schuldner bewusst eine solche Chance nutzen will oder dies zumindest versucht340. Denn die Auffassung, die den Anspruch nach ___________ Mertens, Der Begriff des Vermögensschadens, S. 109. Binding, Die Normen und ihre Übertretung, Bd. 1, S. 288. Vgl. auch Dreier, Kompensation und Prävention, S. 515 ff. 336 So explizit Jakob, S. 232 und Hagen, JZ 1983, 833, 834 und 836. 337 Zu den Funktionskreisen des § 242 vgl. Soergel-Teichmann, § 242 Rn. 58; PalandtHeinrichs, § 242 Rn. 13. 338 Dazu, dass gerade Generalklauseln „die starting points oder Aufhänger für die konkrete richterliche Normbildung“ bilden und eine Kritik an der Billigkeit nicht gerechtfertigt ist, vgl. Kübler, JZ 1969, 645, 650/651. 339 Schulze, NJW 1987, 3097, 3099; Schulze, JuS 1989, 471, 474. 340 Umgekehrt müsste dem Gläubiger der Rat gegeben werden, von einer Veräußerung – zumindest in Grundstücksfällen, wo dies der ständigen Rspr. des 5. Zivilsenats des BGH entspricht – bis zur letzten mündlichen Tatsachenverhandlung über den Scha334 335

V. Die Verzögerungsargumentation

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§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB entfallen lässt, wenn der Geschädigte die Sache im beschädigten Zustand an einen Dritten veräußert oder wenn die Sache zufällig untergeht, begünstigt nicht nur den säumigen Schuldner, der – aus welchen Gründen auch immer – die Regulierung des Schadens verzögert. Sie benachteiligt auch den korrekten, seriösen und um sofortige Schadenswiedergutmachung bedachten Schuldner und dessen Haftpflichtversicherung. Wird der zögerliche Schuldner aber für seine hinhaltende Regulierungstaktik belohnt, indem er nunmehr nur noch den im Regelfall geringeren Kompensationsanspruch erfüllen muss – anstatt den Restitutionsanspruch, den er hätte erfüllen müssen, wäre er der sofort fälligen Verpflichtung nachgekommen341 –, ist es gerechtfertigt, die Frage nach einem der Billigkeit entsprechenden Ergebnis zu stellen. Auch in anderen Fallkonstellationen, in denen eine zögerliche Regulierungstaktik des Schädigers oder seines Haftpflichtversicherers eine Rolle spielt, bedient man sich zur Lösung der Problematik wertender, im Rahmen von Treu und Glauben der Billigkeit entsprechender Abwägungsfaktoren. Insbesondere in den Fällen, in denen der Haftpflichtversicherer des Schädigers eine ReparaturkostenÜbernahmebestätigung verweigert und der Geschädigte vor der Wahl steht, eine Reparatur, möglicherweise durch Aufnahme eines Kredits, vorzufinanzieren oder hiervon Abstand zu nehmen und zuzuwarten, bis die Regulierungsfrage geklärt ist, und deshalb der Schadensposten auf Ersatz der Mietwagenkosten oder Nutzungsausfallentschädigung in Konflikt zur Schadenminderungspflicht des Gläubigers gerät, wird mit Argumenten, die der Billigkeit entsprechen, gearbeitet, ohne dass hieran Anstoß genommen werden könnte. Verzögerungen aus der Sphä___________ densersatzanspruch Abstand zu nehmen; so explizit Schulze, JuS 1989, 471, 475; Haug, VersR 2000, 1471, 1481; Schirmer, AnwBl. 1988, 86 87; Grunsky, LM § 249 (Gb), Nr. 28, Bl. 3. Andererseits bringt sich der Geschädigte, wenn er die Wiederbeschaffung all zu lange hinauszögert, um den Nutzungsausfall für die real benötigte Wiederbeschaffungszeit; so wiederum Magnus, Schaden und Ersatz, S. 62/63. Soweit die Differenzierung zwischen nachträglicher objektiver und subjektiver Unmöglichkeit der Herstellung betroffen ist, müsste der Anwalt dem Geschädigten andererseits – zumindest im Bereich des Kfz-Schadensrechts, wo dies gängige Rspr. des 6. Zivilsenats des BGH ist – raten, die beschädigte Sache möglichst umgehend zu veräußern, um den Herstellungsanspruch nach § 249 S. 2 BGB nicht durch eine nachfolgende Zerstörung der Sache zu gefährden (so auch feststellend Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 142, Fn. 18). Unterlässt der Anwalt diese Hinweise, müsste man ggf. sogar an einen Beratungsfehler denken!(?) Mit schadensersatzrechtlicher Dogmatik hat dies alles nur noch wenig gemein, zumal der Schadensausgleich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch wirtschaftlich vernünftig sein soll (Steffen, NJW 1995, 2057, 2058). Treffend bilanzierte Klimke: „Es muss zwangsläufig ein gewisses Unbehagen auslösen, wenn man auf diesem Wege zu der Erkenntnis gelangt, daß die Durchsetzung eines Rechtstitels oder die Berechnung der Schadenshöhe von unwägbaren Zufallsergebnissen abhängt, nämlich davon, wer über die besseren Rechtskenntnisse, über die kräftigeren Nerven, die geringeren Skrupel oder ganz einfach über den längeren Atem verfügt“ (Klimke, VersR 1974, 1063, 1066; ders., VersR 1977, 502, 503). 341 So zu Recht Klimke, VersR 1974, 1063, 1066; ders., VersR 1977, 502, 503.

4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

156

re des Schädigers oder seines Versicherers gehen bei eindeutiger Haftungslage zu deren Lasten, insofern als für die gesamte Zeit eine Nutzungsausfallentschädigung geschuldet wird. Derartige Verzögerungen treten auf, wenn der Versicherungsnehmer eine – unverzüglich vorzunehmende – Aufklärungspflicht verletzt und sich der Versicherer keine Meinung über die Haftungsfrage bilden kann. Der Schädiger hat sonach grundsätzlich auch die Nachteile zu ersetzen, die daraus herrühren, dass der Schaden mangels sofortiger Ersatzleistung nicht gleich beseitigt worden ist und sich dadurch vergrößert hat342. Damit entspricht es auch der inneren Systematik des Schadensersatzrechts, dem ähnlichen Ansatzpunkt der Verzögerungargumentation ähnliche Bedeutung beizumessen. Berücksichtigt man schließlich, dass im Bereich des Schmerzensgeldanspruchs nach § 253 Abs. 2 BGB343 allgemein anerkannt ist, dass zögerliches Regulierungsverhalten des Schädigers und seiner Versicherung bei erkennbar begründetem Anspruch des Geschädigten Bemessungsgrundlage der „billigen Entschädigung in Geld“ sein und ggf. den Anspruch sogar erhöhen kann344, dann wird man die angebliche Makelhaftigkeit der Verzögerungsargumentation wohl vollends dem Bereich der nicht maßgebenden Einwände zuordnen dürfen. Wenn der Umstand der zögerlichen Erfüllung bereits im Rahmen eines Kompensationsanspruchs Beachtlichkeit erlangt, dann sollte dies erst recht für den Restitutionsanspruch gelten, der im Interesse des Gläubigers mit einer Vorrangstellung ausgestattet ist. 4. Wertentscheidung aus den dogmatischen Grundsätzen zur Unbeachtlichkeit hypothetischer Reserveursachen Die Verzögerungsargumentation findet auch Verwendung bei der Frage nach der Beachtlichkeit hypothetischer Schadensreserveursachen345. Dies wirft das Licht auf eine weitere interessante Parallele zu dem der Untersuchung zu Grunde liegenden Problem des Erhalts oder Untergangs des Anspruchs aus § 249 ___________ 342 Vgl. zur Abwägung nach den Geboten von Treu und Glauben Bär, DAR 2001, 27, 29. Siehe auch BGH NJW 1989, 290, 291; OLG Köln, DB 1973, 177; OLG Frankfurt, DAR 1984, 318, 319; OLG Nürnberg, DAR 1981, 14; LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1992, 1183. 343 Entspricht im Wesentlichen § 847 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.7.2002 geltenden Fassung. 344 Vgl. hierzu BGH VersR 1970, 134, 135; 1964, 1103, 1104; OLG Nürnberg, VersR 1998, 731, 732; OLG Koblenz, VersR 1989, 629, 631; OLG Hamm, VersR 1988, 1181; OLG Karlsruhe/Freiburg, NJW 1973, 851, 853; MüKo-Stein (3. Aufl.), § 847 Rn. 37; Palandt-Thomas, § 847 Rn. 11; Lange, Schadensersatz, § 7 IV 3, S. 443; Müller, VersR 1993, 909, 916; Hupfer, JZ 1977, 781, 782; Rohe, AcP 201 (2001), 117, 126. A.A. Honsell, VersR 1974, 205, 206/207. 345 Vgl. bspw. Zeuner, AcP 157 (1958/1959), 441, 445; Rother, Haftungsbeschränkung im Schadensrecht, S. 220/221, Fn. 3; Goßler, S. 96.

V. Die Verzögerungsargumentation

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Abs. 2 S. 1 BGB im Falle nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalherstellung. Für die Unbeachtlichkeit nachträglicher Ereignisse im Rahmen des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB spricht nämlich ein argumentum a fortiori aus dem Bereich der dogmatischen Grundsätze zur Unbeachtlichkeit hypothetischer Schadensursachen. Ohne dass man diese dogmatischen Grundsätze tiefer erörtern muss, verdient folgende Wertentscheidung hervorgehoben zu werden: Reserveursachen sind nach herrschender Meinung346 im Falle des Objektschadens unbeachtlich, weil der Geschädigte im Zeitpunkt der Schädigung einen Schadensersatzanspruch erwirbt und dieser Bestandteil seines Vermögens ist. Er wird durch spätere Ereignisse, die das Schadensobjekt – existierte es noch – betroffen hätten, nicht berührt, weil der Geschädigte in Folge des Schadensfalls bereits das Forderungsrisiko zu tragen hat und es nicht sachgerecht erscheint, ihn zusätzlich auch noch mit dem Sachrisiko zu belasten347. Sollen aber bereits hypothetische nachträgliche Schadensursachen keinen Einfluss auf den einmal entstandenen Schadensersatzanspruch haben, so muss dies erst recht für reale nachträgliche Umstände gelten. Denn hier hat sich das Sachrisiko bereits realisiert. Diesem Umstand, dem der Geschädigte damit ohnehin ausgesetzt ist und der ihm die Herstellung unmöglich macht, auch noch in dem Sinne Einfluss auf den Schadensersatzanspruch zuzuschreiben, dass er ihn verkürzt, ist mit der herrschenden Meinung zur Unbeachtlichkeit von Reserveursachen im Falle der Objektschäden nicht in Einklang zu bringen. Der Geschädigte soll gerade nicht mit dem Forderungs- und dem Sachrisiko belastet werden. Die Argumentation der unzulässigen Risikoverdoppelung zu Lasten des Geschädigten wird auch beim Problem der Ersatzfähigkeit des merkantilen Minderwerts verwendet348. Ebenso wie dort findet die Verzögerungsargumentation in die Problembewältigung Eingang349. All dies legt es zumindest nahe, dem Verzögerungsgedanken nicht jegliche Relevanz abzusprechen.

___________ 346 BGHZ 29, 207, 215; 125, 56, 61/62; BGH JZ 1960, 409, 410; NJW 1967, 551, 552; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 249 Rn. 105; Soergel-Mertens, vor § 249 Rn. 154; Palandt-Heinrichs (61. Aufl.), vor § 249 Rn. 102; Niederländer, AcP 153 (1954), 41, 54 ff.; Honsell, JuS 1973, 69, 73; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 851; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 30 I, S. 525; ders., VersR 1963, 1, 5/6. A.A. StaudingerSchiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 100; Lange, Schadensersatz, § 4 IV, S. 180 und § 4 VI, S. 184; Wolf, S. 61/62. 347 Niederländer, AcP 153 (1954), 41, 55; Zeuner, AcP 157 (1958/1959), 441, 444/445; ders., JZ 1960, 411; Bydlinski, Probleme der Schadensverursachung, S. 34. 348 Vgl. bspw. Esser, MDR 1958, 726, 728. 349 Vgl. bspw. BGHZ 27, 181, 188; BGH NJW 1967, 552, 553; Steindorff, JZ 1967, 361; Grunsky, Vermögensschaden, S. 57 und 67; Goßler, S. 87.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

VI. Das Trennungsgebot Gegen die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf den erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution wird sowohl vom 5. Zivilsenat des BGH350, mit Vehemenz vor allem aber auch in der Literatur351 das Argument des Trennungsgebots zwischen Restitution und Kompensation vorgebracht. Nach diesen Autoren, die insbesondere dem Lager der Zweckbindungsthese angehören, besagt das Trennungsgebot, dass ein Schadensersatzanspruch zur Befriedigung derjenigen Interessen verwendet werden müsse, denen er seiner Funktion nach zugedacht sei. Man will damit zum Ausdruck bringen, dass der Restitutionsanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Restitutionszwecken zugeführt werden müsse. Anderenfalls verwische man die „klare Grenzziehung“352 zur Kompensation, umginge die Vorschrift des § 251 Abs. 1 BGB353 und vermische beide Ansprüche 354 , was eine „unzulässige actio mixta“ 355 darstelle. Könne oder wolle der Geschädigte keine Restitution vornehmen, dürfe nur der auf Kompensation gerichtete Anspruch begehrt und zugesprochen werden, weil „die Ersatzleistung […] dann nicht mehr dem Herstellungsinteresse“ diene, „sondern nur noch den rechnerischen Schaden im Vermögen“ ausgleiche356. Ausgangspunkt dieser Trennungsthese, die in apodiktischer Gestalt favorisiert wird, ist dabei die Überlegung, dass die Restitution zuvorderst der Befriedigung des Integritätsinteresses diene, während die Kompensation das Wert- oder Summeninteresse des Geschädigten bedienen soll. Mit dieser abstrakt sicherlich zutreffenden Kennzeichnung ist für die konkrete Problemlösung allerdings noch nichts gewonnen. Zunächst muss an dieser Stelle betont werden, dass sich die Vertreter des Trennungsgebots maßgeblich auf den transitorischen Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 ___________ BGHZ 81, 385, 391/392; 147, 320, 323. Köhler, FS-Larenz, S. 349, 366; Thürmann, VersR 1976, 1117; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Weber, VersR 1990, 934, 940 und 941; Lange, JZ 1992, 482, 483; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 90; Hagen, in: Lange/Hagen, S. 77; Otto, NZV 1998, 433, 436; Schack, FS-Stoll, S. 61, 66 und 68. Ähnlich auch U. Hamann, Schadensersatz, S. 173; Haug, VersR 2000, 1471, 1476; Emmerich, JuS 1986, 228, 229. 352 Schulze, JuS 1989, 471, 475. Ähnlich auch Schack, FS-Stoll, S. 61, 64: „…, je weiter man das wirtschaftliche Äquivalent auffasst, desto mehr verschwimmt die Grenze zur Kompensation“ und 68: „… nicht die Dispositionsfreiheit ist das gesetzliche Ziel, sondern die Abgrenzung der Restitution in § 249 von der Kompensation in § 251 BGB“. 353 Hagen, in: Lange/Hagen, S. 77; Jakob, S. 107. 354 Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Lange, JZ 1992, 482, 483. 355 Lange, JZ 1992, 482, 483 356 BGHZ 147, 320, 323. 350 351

VI. Das Trennungsgebot

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BGB berufen, der – wie oben bereits dargelegt357 – jedoch nicht besteht und das Ergebnis somit nicht tragen kann. Die Trennungsthese, die jeglicher GrundsatzAusnahme-Situation, wie sie dem Rechtsanwender ansonsten gerade in schadensersatzrechtlichen Fallgestaltungen begegnet, eine Absage erteilt, negiert im Übrigen den rechtsfortbildend vollzogenen Wandel vom faktischen zum wirtschaftlichen Herstellungsbegriff. Nach diesem kommt es im Rahmen der Restitution allein darauf an, dass durch die Ersatzleistung ein entsprechender wirtschaftlicher Zustand geschaffen wird, wie er bestünde, wenn das Schadensersatz auslösende Ereignis nicht eingetreten wäre. Stellt bereits das Gesetz in § 249 Abs. 1 BGB selbst auf die Herstellung eines solchen Zustands ab und gewährt dem Gläubiger einen statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag, dann geht mit dieser Ausgestaltung der Art und Weise des Schadensersatzes bereits zwangsläufig ein gewisses Maß an Vermischung der Restitution mit kompensatorischen Elementen einher. Denn: „Das Begriffspaar Restitution/Kompensation kann jedenfalls dann keine echte Wertdifferenz ausdrücken, wenn es auch in der Alternative der Restitution nur noch um einen Geldanspruch geht. Entscheidend ist vielmehr der gemeinsame Grundgedanke des Geldersatzes: den Geschädigten finanziell in die Lage zu versetzen, die Folgen des Schadensereignisses möglichst vollständig zu überwinden.“358

Die Anhänger der Trennungsthese vernachlässigen auch, dass der Grundsatz der Naturalrestitution nach § 249 BGB nicht nur der Wahrung des Integritätsinteresses, sondern gerade auch den Interessen des Geschädigten dienen soll. „Jenes Interesse des Geschädigten beschränkt sich nicht auf die Erhaltung der bloßen Sachsubstanz, sondern schließt in seinem Kern das durch die jeweilige Sache gewährleistete Nutzungs- und Funktionsinteresse mit ein. Die Vorschrift des § 249 S. 1 bringt dies zum Ausdruck, indem dort die Wiederherstellung des (wirtschaftlichfunktionalen, materiellen wie immateriellen) ‚Zustands‘ angeordnet wird, der bestehen würde, wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten.“359

Fragt man im Rahmen dieser Trennungsthese danach, welchen Interessen die Art der Schadensersatzleistung ihrer Funktion nach zu befriedigen bestimmt ist, muss hierbei auch berücksichtigt werden, dass § 249 BGB nicht ausschließlich und isoliert das Integritätsinteresse, sondern auch und damit zugleich das Wert-/ Summeninteresse schützt360, weshalb von einer strikten Trennung der Restituti___________ Vgl. dazu oben im 4. Kapitel unter II., S. 82 ff. Flessner, JZ 1987, 271, 277. 359 Lipp, NZV 1996, 7, 8. Vgl. auch H. Schulte, JZ 1988, 278, 280; Fleischmann, 20. VGT 1982, 268, 273; Kirchner, NJW 1971, 1541, 1544; Klimke, VersR 1974, 1063, 1064; ders., VersR 1977, 502; Wortmann, VersR 1998, 1204, 1208; Lipp, NZV 1992, 70, 71; Weber, VersR 1990, 934, 943; Flessner/Kadner, JuS 1989, 879, 882. 360 Deutlich z.B. OLG Oldenburg, NJW 1974, 2130, 2131; Bötticher, VersR 196, 301, 307; Medicus, JuS 1969, 449, 450; Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 154; Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 384; Jakob, S. 163; U. Hamann, Schadensersatz, 357 358

160

4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

on von der Kompensation auch insoweit keine Rede sein kann. Hinzu kommt, dass die Trennungsthese, wenn sie hinsichtlich des Restitutionszwecks auf die gegenständliche Wiederherstellung des Zustands abhebt, in eklatantem Widerspruch zur oben erarbeiteten361 Dispositionsfreiheit des Geschädigten hinsichtlich des von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Verfügung gestellten erforderlichen Geldbetrags steht. Und dass im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution dieser Geldbetrag unter Umgehung des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zur reinen Geldentschädigung umfunktioniert würde, der jegliche Barrieren zwischen Restitution und Kompensation durchbreche, ist schon deshalb nicht richtig, weil der Anspruch auf den verobjektivierten Geldbetrag beschränkt ist. Dieser bemisst sich nach den Herstellungskosten, die typischerweise bei der Restitution anfielen362. Deshalb werden über § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch weder „fiktive“ vorbereitende noch den Schaden begleitende „fiktive“ Kosten ersatzfähig sein363. Dieser Zusammenhang des an der Restitution ausgerichteten Geldbetrags mit den verobjektivierten Herstellungskosten stellt auch einen inneren Grund dafür dar, dass ein Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB jedenfalls voraussetzt, dass die Herstellung ursprünglich, also im Moment des Abschlusses des für den Schaden ursächlichen Ereignisses, möglich gewesen sein muss: „Der für eine überhaupt unmögliche Herstellung ‚erforderliche Geldbetrag‘ ließe sich ja gar nicht feststellen.“364 Einer strikten – dogmatisch als zwingend erachteten – Trennung von Restitution und Kompensation, die entsprechend der Vorstellung der Vertreter dieser These Auswirkungen auf die den Schadensersatzanspruch ausfüllende Norm haben soll, widerspricht auch die terminologische Einordnung des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als sog. „modifizierter Herstellungsanspruch“365. Wenn man sich darüber einig ist, dass dieser Restitutionsanspruch eine Modifikation des der Herstellung verhafteten Anspruchs aus § 249 Abs. 1 BGB darstellt und sich im „Gewande“366 eines Zahlungsanspruchs repräsentiert367, dann ___________ S. 21; Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Riedmaier, VersR 1977, 1, 2, Fn. 20; Altmann, NJW 1976, 744. 361 Vgl. oben im 4. Kapitel unter III., S. 107 ff. 362 So bereits Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 92. 363 Vgl. hierzu genauer unten im 4. Kapitel unter VII. 2. a), S. 175 f. 364 Medicus, JZ 1985, 42. 365 So ausdrücklich BGH VersR 1975, 1047; Planck-Siber, § 249 Anm. 3b, S. 69; Jakob, S. 137; Starck, LZ 1919, 143, 144. 366 Jordan, VersR 1978, 688, 690: „Herstellungsanspruch im Gewande einer Geldforderung“. 367 BGHZ 102, 322, 330; Weber, VersR 1990, 934, 936; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 297: „ein als Zahlungsanspruch ausgekleideter besonderer Herstellungsanspruch“. RGZ 71, 212, 214; 126, 401, 403; BGHZ 5, 105, 109; 30, 29, 30: „Anspruch auf Herstellung, nur nicht in der unmittelbaren Leistung des Schuldners, sondern in der einer durch eine Geldzahlung des Schuldners vermittelten Selbstbefriedigung des Gläu-

VII. Das Bereicherungsverbot

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geht auch hiermit ein gewisses Maß an vermischenden Elementen und autonomer Ausgestaltung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gegenüber dem § 249 Abs. 1 BGB einher. Weil das Schadensersatzrecht aber nur die Restitution und die Kompensation kennt, kann die Modifikation des Herstellungscharakters auch nur darin bestehen, Elemente der Kompensation in diese Art der Ausgestaltung integriert zu haben. Zwar ist damit über das Ausmaß dieser – im Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB aufgesogenen – kompensatorischen Elemente noch nichts gesagt. Diese Frage knüpft vielmehr an die obigen Erörterungen zum (Hilfs-)Charakter der Vorschrift an: transitorische Gestalt und Zweckbindung oder autonome Gestalt und Dispositionsfreiheit. Fest steht aber jedenfalls, dass eine strikte, undurchlässige Barriere zwischen den Bereichen Restitution und Kompensation nach dem gesetzlichen Regelungssystem nicht besteht. Damit erweist sich der Einwand des Verstoßes gegen das Trennungsgebot im Ergebnis als nicht stichhaltig. Ob der Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag, der dem Geschädigten statt der Herstellung gewährt wird, im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution bestehen bleibt, beurteilt sich vielmehr – wie mehrfach in den vorstehenden Ausführungen bereits angedeutet – danach, ob die Modifizierung des Herstellungscharakters auf Grund der Dispositionsbefugnis des Gläubigers des Schadensersatzanspruchs darin liegt, dass der Herstellungszweck lediglich einen Anhaltspunkt für die Höhe des Ersatzanspruchs liefert, oder ob die Modifikation wegen des akzessorischen Charakters des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zum Herstellungszweck nur darin besteht, dem Geschädigten ein rechtstechnisches Hilfsmittel zur Restitution368 an die Hand zu geben. Ein Trennungsgebot kann gegen die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf den erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution nicht angeführt werden.

VII. Das Bereicherungsverbot Gegen die Aufrechterhaltung des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Herstellung und der Gewährung der am Herstellungsaufwand orientierten – tatsächlich zur Restitution in natura aber nicht aufgewandten – Kosten in dieser und anderen Konstellationen wird als wesentlicher Einwand der Verstoß gegen das dem Schadensersatzrecht immanente Bereicherungsverbot formuliert. Sowohl von Teilen der Rechtsprechung369 als auch ___________ bigers“. RGZ 98, 55, 56; BGHZ 5, 105, 109; 30, 29, 30; 81, 385, 388; 99, 81, 84; BGH NJW 1972, 1800, 1801; Weber, VersR 1990, 934, 936; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163: „besondere Art (bzw. Form) des Herstellungsanspruchs“. 368 Lange, Schadensersatz, § 5 IV 2, S. 226; Jakob, S. 138. 369 RG HRR 1933, Nr. 1405; BGHZ 81, 385, 392.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

von weiten Teilen in der Literatur wird diese Meinung geteilt370. Kern dieses Verbots sei, dass der Geschädigte durch die Ersatzleistung zwar genauso, aber auch nicht besser gestellt werden dürfe, als er gestanden hätte, wenn das zum Ersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre 371 . Die Nichtbeachtung dieses Verbots führe dazu, dass „der Schadensfall zum Glücksfall“ werde372. Einen solchen Glücksfall stelle es aber dar, wenn man dem Geschädigten den Anspruch auf die erforderlichen Kosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB belasse, obwohl er diese zur Herstellung des beschädigten Rechtsguts nicht verwende oder überhaupt nicht mehr verwenden könne. Der Schadensersatzgläubiger bereichere sich, wenn er die Wiederherstellung des schadensfreien Zustands nicht herbeiführen könne, trotzdem aber die vollen Kosten einer Fremdreparatur kassiere, weil bei einer solchen fiktiven Kostenerstattung Bestandteile erhalten blieben, die nur anfielen, wenn die Wiederherstellung in einem gewerblichen Reparaturbetrieb durchgeführt worden wäre373. Der Schadensersatzanspruch werde für den Gläubiger daher zum „Reingewinn“374, wenn man den Anspruch auf Ersatz der Wiederherstellungskosten im Falle nachträglicher Unmöglichkeit fortbestehen lasse. Die fiktive Kostenerstattung wird deshalb mit dem Etikett der „Absahn-Tendenz“375 versehen376 oder mit einer „Atmosphäre, in der die Früchte von Habgier und Selbstsucht

___________ 370 Thürmann, VersR 1976, 1117, 1118; Greger, NZV 2000, 1, 3; Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Schack, FS-Stoll, S. 61, 70; Gas, 37. VGT 1999, 369, 370 = VersR 1999, 261, 262; Schlegelmilch, VersR 1987, 1171; v. Bühren, EWiR 1996, 195; AK/BGB-Rüßmann, §§ 249-250 Rn. 4; Hofmann, 20. VGT 1982, 249, 257; Sabaß, 28. VGT 1990, 197, 199; Pielemeier, NZV 1989, 222, 223; Aul, MDR 1985, 991; Stürner, VersR 1984, 297, 302; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 359; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 30 II 3 c, S. 165; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164; Honsell/ Harrer, JuS 1991, 441, 443; Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 45; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 204 und Anhang I Rn. 68; Bollweg, ZfS-Sonderheft 2002, 1, 3; Kääb/Grube, NZV 1989, 343, 343; Otto, NZV 2001, 335, 336; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 482a; Schlund, BB 1979, 81, 82; Werber, NJW 1974, 213, 214 ff.; Greger, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 49, 50 = NZV 2002, 222; Rauscher, JURA 2002, 577, 583. 371 Vgl. bspw. Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 153 und 303; ders., FS-Hagen, S. 27, 43. 372 Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164; dies., JuS 1991, 441, 443; Köhler, FSLarenz, S. 349, 366. 373 Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Chr. Huber, DAR 2000, 20 22/23; Kääb/Grube, NZV 1989, 342, 344; Gas, 37. VGT 1999, 369, 370 = VersR 1999, 261, 262; Schack, FS-Stoll, S. 61, 66; Werber, NJW 1974, 213, 215. 374 Schack, FS-Stoll, S. 61. 375 Greger, NZV 1994, 11, 14. 376 Sehr süffisant auch Grunsky, DAR 1984, 268, 271, auf dem Boden der Gegner des Bereicherungsverbots, der das Gewinnsucht-Etikett – wohl ganz im Geiste der Befürworter – mit Formulierungen ausfüllt, die den Geschädigten als „raffgieriges Wesen“ und „unersättlich“ bezeichnen.

VII. Das Bereicherungsverbot

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gedeihen“377, gekennzeichnet. Die „Zulangmentalität“378 der Geschädigten werde gefördert, da diese „aus dem Schaden zweimal Kapital schlagen“379 könnten. Der Vorwurf des Verstoßes gegen das Bereicherungsverbot wurde insbesondere in der Fallkonstellation der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution durch die Begrifflichkeiten, die der 6. Zivilsenats des BGH benutzt, selbst provoziert. Bereits der Begriff der „fiktiven Sachschadensabrechnung“ reizt. Diese Wortkreation des BGH, die er – soweit ersichtlich 380 – im Jahr 1973 geprägt hat381 und die sich sodann sehr schnell etablierte382, ist unglücklich gewählt, weil sie mit „fingiert“ gleichgesetzt wird383. „Von da aus ist es dann nur noch ein kleiner Schritt bis zu der Behauptung, der geldgierige Geschädigte wolle sich am Unfall bereichern. Der Schaden am Fahrzeug ist aber keineswegs fiktiv (nur gedacht), sondern real.“384 Mit den folgenden Ausführungen soll untersucht werden, ob das sog. Bereicherungsverbot in der Lage ist, die Frage zu beantworten, ob der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Fällen nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution untergeht oder erhalten bleibt. ___________ Aul, MDR 1985, 991, 992. Geier, 34. VGT 1996, 180, 182 = VersR 1996, 1457 = ZfS 1996, 321, 322 = ZfV 1996, 110. 379 Schack, FS-Stoll, S. 61, 65. 380 Ebenso Gebhardt, DAR 2002, 395, 397, Fn. 17. 381 BGHZ 61, 56, 58. Den Terminus „fiktiv“ verwendete der BGH dort im Zusammenhang mit der Ersatzfähigkeit der Umsatzsteuer, die amtliche Überschrift überschreibt er explizit mit „Ersatz ‚fiktiver‘ Mehrwertsteuer“. 382 Vgl. BGHZ 66, 239, 246. In der amtlichen Überschrift heißt es dann dort „Ersatz ‚fiktiver‘ Reparaturkosten“. Dieser Begriff wurde bedauerlicherweise vom Gesetzgeber im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 ausdrücklich aufgegriffen, vgl. BT-Drs. 14/7752, S. 13 und S. 23. Insofern ist es schon fast als schicksalhaft und verhängnisvoll zu bezeichnen, dass mit diesem Gesetz einerseits die unglückliche Wortwahl legalisiert und andererseits gerade die fiktive Ersatzfähigkeit der Schadensposition ausgeschlossen wird, in deren Zusammenhang der BGH erstmals vom fiktiven Ersatz bzw. vom fiktivem Charakter des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sprach. Bösgläubig könnte man insoweit behaupten, dass sich der ungeschickte Zungenschlag mit der geballten Macht des Gesetzgebers gerächt hätte. 383 Beispiele für die Gleichsetzung von „fiktiv“ mit „fingiert“ finden sich bspw. bei Aul, MDR 1985, 991, 992; Seiwerth, DAR 1987, 374; Greger, NZV 1994, 11, 14; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191. 384 Menken, DAR 1998, 250, 251. Ebenso Fleischmann, ZfS 1989, 1, 2. Ähnlich Gebhardt, DAR 2002, 395, 397; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 306; Steffen, NZV 1991, 1, 3; Werber, NJW 1974, 213, 214. Treffend auch Weber, VersR 1992, 527, 531: „Die Zahlung des Schädigers ist zu vergleichen mit dem Schaden am Kfz und nicht mit dem ‚Schaden im Portemonnaie‘. Das Gesetz hat vorgeschrieben, wie dieser Schaden am Kfz zu bemessen ist: nach den Kosten, die zur Reparatur erforderlich sind, und nicht nach den Kosten, die der Geschädigte ausgegeben hat.“ Vgl. zur Nichtidentität von Schaden und Aufwendung bereits oben im 4. Kapitel unter II. 3., S. 100 ff. 377 378

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1. Der Geltungsanspruch des Bereicherungsverbots Zunächst ist zweifelhaft, auf welchen Geltungsanspruch sich das Bereicherungsverbot stützen kann. Zu einer verbotenen Bereicherung äußern sich die Vorschriften des allgemeinen Schadensersatzrechts nicht. Es bedarf deshalb schon einer exakteren Begründung, weshalb im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB „ein Querdenken zu den Bestimmungen der ungerechtfertigten Bereicherung“385 geboten sei. Weder die Vehemenz386 noch die Tradition387, die diesem „Grund-“388 bzw. „Leitprinzip“389 zuteil wurde und wird, besagt etwas über die Richtigkeit der Prämisse. Sucht man nach einer Begründung für dieses Verbot, das in der älteren Literatur unter der Bezeichnung „Tendenz der Gewinnabwehr“390 geführt und für einen Gedanken erachtet wird, der „zeitlos“391 sei, so wird der Rechtsanwender ziemlich herb enttäuscht. Wendehorst konzediert in ihrer Habilitationsschrift aus dem Jahr 1999 zutreffend: „Soll das Bereicherungsverbot zumindest für den Bereich des Schadensrechts einen allgemeinen Rechtsgrundsatz darstellen, dann bedarf es allerdings entweder der induktiven Ableitung aus Einzelregelungen, deren Geltungsanspruch gesichert ist, oder aber der deduktiven Ableitung aus einem höherrangigen Rechtsprinzip. Eine solche Ableitung wird von denjenigen, die sich zum Bereicherungsverbot bekennen, indessen nicht gegeben.“392

Insofern verwundert es auch kaum, dass das Prinzip von anderen Teilen der Literatur als aussagelos kritisiert393 und für nichts weiter gehalten wird als eine ___________ Gas, 37. VGT 1999, 369, 371 = VersR 1999, 261, 262. Vgl. hierzu die Quantität der Anhänger. 387 Vgl. hierzu die Postulation des Verbots mindestens seit 1929 durch Heck, Grundriß des Schuldrecht, § 11 Nr. 8, S. 41 und § 15 Nr. 4, S. 50. 388 So bspw. Werber, NJW 1974, 213, 217; Dreier, Kompensation und Prävention, S. 30. Ähnlich Greger, NZV 2000, 1, 3; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 204: „Grundsatz, dass der Schadensfall nicht zu einer Bereicherung des Geschädigten führen darf“; Schack, FS-Stoll, S. 61, 69: „das im Schadensrecht grundlegende Bereicherungsverbot“. 389 So bspw. Werber, NJW 1974, 213, 216. 390 Heck, Grundriß des Schuldrecht, § 11 Nr. 8, S. 41 und § 15 Nr. 4, S. 50; Baur, S. 36. 391 Gernhuber, JZ 1961, 148, 151: „Der Gedanke der Gewinnabwehr ist für das Recht des Schadensersatzes zeitlos.“ 392 Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 138. Ähnlich Rother, Haftungsbeschränkung im Schadensrecht, S. 238: „In der Literatur und Rechtsprechung ist es jedoch feststehender Grundsatz, daß der Geschädigte durch den Schadensausgleich keine Bereicherung erfahren dürfe. Eine Erklärung für diesen Satz wird kaum gegeben.“ 393 Dezidiert bspw. Diederichsen, Karlsruher Forum 1985, 4, 18, der das Bereicherungsverbot als „obsoletes Rechtsprinzip“ kennzeichnet, dem „kaum noch eine Wertungsfunktion zukommt“, weshalb es „praktisch abgedankt hat“. 385 386

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andere Formulierung für die Differenzhypothese394. Diese Annahme ist wohl nicht zuletzt auch darin begründet, dass sich die Rechtsprechung mehr blanketthaft als konsequent zur prinzipiellen Geltung des Bereicherungsverbots bekennt. Dies findet seinen Widerhall in einprägsamen und den Anschein von Absolutheit vermittelnden Formeln, wie: „Der Geschädigte dürfe durch die Ersatzleistung nach §§ 249 ff. BGB nicht reicher, aber auch nicht ärmer gestellt werden, als er ohne das schadensstiftende Ereignis gestanden hätte.“395 oder: „Der Geschädigte könne zwar volle Herstellung verlangen, er solle an dem Schadensfall aber nicht verdienen“396. Zur Herleitung des Bereicherungsverbots wird zuweilen auf eine Parömie zurückgegriffen, es habe „eine uralte – bis auf das römische Recht zurückgehende – Tradition“397. Dieser Versuch ist jedoch bereits deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die Quellen und Materialien des historischen Gesetzgebers zur Schaffung des BGB hierzu keinerlei Aussage enthalten. Sollte ein das Ausgleichsprinzip einschränkendes Bereicherungsverbot integraler Bestandteil der schadensersatzrechtlichen Vorschriften des BGB sein, so hätte es zumindest eines Hinweises in den Kommissionsprotokollen oder Motiven bedurft398, um auf die Parömie zurückgreifen zu können. Derartiges lässt sich jedoch gerade nicht nachweisen399. ___________ 394 Insbesondere MüKo-Grunsky, vor § 249 Rn. 6a und 96; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2467; ders., FS-Lange (1992), S. 469, 476; Thiele, AcP 167 (1967), 193, 197; Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 424 und 428. 395 BGHZ 30, 29, 32; 40, 345, 347; OLG Karlsruhe/Freiburg, NJW 1975, 1285; LG München I, VersR 1975, 1159, 1160; ebenso Born, VersR 1978, 777, 783. 396 BGH NJW 1989, 3009; DAR 1992, 172, 173. Ebenso Harneit, 32. VGT 1994, 180, 182 = DAR 1994, 93. Ähnlich LG Bielefeld, NJW 1973, 103, 104: „so würde man dem Geschädigten über die tatsächliche Einbuße hinaus Gewinn zubilligen“; Haas/Horcher, DStR 2001, 2118, 2119: Das Bereicherungsverbot beinhalte, „dass der Gläubiger aus dem Schadensereignis keinen Gewinn schlagen darf“; Schack, FS-Stoll, S. 61, 70: „Der Geschädigte darf an seinem Unfall nicht verdienen“; Schlund, BB 1979, 81, 82: „Dispositionsgewinn“. Kategorisch bereits auch das RG in RGZ 93, 144, 145: „Die Verfolgung der Ersatzforderung eines Geschädigten darf nie zu dessen Bereicherung führen.“ 397 Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164, Fn. 42: „… vgl. etwa die berühmte Stelle des Pomponius, Dig. 50, 17, 206“. Zustimmend Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 42; Schiemann, in: Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, S. 259, S. 267. Ablehnend Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 426/427. 398 Soweit der BGH zum Verbot der Bereicherung des Geschädigten auf die Motive zum BGB verweist (so wohl in BGHZ 118, 312, 338), muss dem auf das Schärfste widersprochen werden. Soweit sich dort die Passage findet: „Der Grundsatz des gemeinen Rechts, wonach lediglich der Umfang des verursachten Schadens den Umfang des zu leistenden Schadensersatzes bestimmt, ist juristisch allein haltbar und wird dem Schadensersatzberechtigten allein gerecht.“ (vgl. Motive Bd. II, S. 18 = Mugdan, Bd. 2, S. 10), wird damit nichts anderes als das Prinzip des vollständigen Schadensausgleichs hervorgehoben und von einer per se unzulässigen Bereicherung nicht gesprochen. 399 Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 427, hebt nach eingehender Analyse zudem hervor, dass auch andere Rechtsordnungen einen solch allgemeinen Gedanken

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Entscheidend dürfte insoweit auch ein Blick auf die Motive und Regelungsabsichten des modernen Gesetzgebers sein: Mit der Einfügung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. c des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002400 „modifizierte“401 der Gesetzgeber zwar die fiktive Kostenerstattung im Bereich der Sachschäden und begründete diese Maßnahme sowohl mit dem „Grundgedanken einer konkreten Schadensabrechnung“402, als auch403 mit der Verringerung der „Gefahr einer Überkompensation“404. Er stützt sich dabei aber nicht auf einen bereits festgestellten Verstoß gegen das Verbot einer Überkompensation, welches er zu Recht für einen wesentlichen Grundsatz des Schadensersatzrechts 405 erachtet und das er damit umschreibt, dass „der Schadensersatz nicht über die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes hinausgehen und zu einer Bereicherung des Geschädigten führen“406 dürfe. Diese Passage in der Gesetzesbegründung, in der zwar von einer „Bereicherung des Geschädigten“ die Rede ist, kann aber nicht als der legislative Anker eines schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots angesehen werden, weil damit nichts anderes als der negativ formulierte Ausgleichsgedanke des Schadensersatzrechts beschrieben wird. Aus dieser Wortwahl des Gesetzgebers auf ein ausdrücklich anerkanntes und allgemein verbindliches schadensersatzrechtliches Bereicherungsverbot schließen zu wollen, hieße nichts anderes, als die wohl überlegte Wortwahl des Gesetzgebers, der vom Grundsatz des Verbots der Überkompensation spricht, in exzessiver Weise zu missbrauchen, um ein legisla___________ des Gebots der Gewinnabwehr bzw. des Verbots der Bereicherung im Schadensrecht nicht anerkennen. 400 BGBl. I, S. 2674. 401 BT-Drs. 14/7752, S. 13. So auch bereits der der Diskontinuität des Parlaments anheim gefallene Regierungsentwurf aus der 13. Legislaturperiode: BT-Drs. 13/10435, S. 1 und S. 8. 402 BT-Drs. 14/7752, S. 13 und S. 23. Ebenso BT-Drs. 13/10435, S. 17. Hervorgehoben auch von LG Erfurt, NZV 2002, 188, 190. 403 Einen nicht unwesentlichen Grund für diese legislative Maßnahme hat man auch weniger in rechtssystematischen, sondern vielmehr in fiskalischen Erwägungen zu sehen. Isoliert hätte sich der Gesetzgeber zur Einführung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB wohl nicht entschlossen. Vielmehr soll die Änderung der Sachschadensabrechnung den finanziellen Mehraufwand, insbesondere den der Assekuranten, zumindest teilweise kompensieren, der mit den vom Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften bewirkten Haftungserweiterungen – vor allem durch die Gewährung eines Anspruchs auf Schmerzensgeld unabhängig von der Hafungsgrundlage – einhergeht. Vgl. bspw. deutlich BT-Drs. 14/7752, S. 11 und S. 18; BT-Drs. 14/8780, S. 18. Ebenso bereits BT-Drs. 13/10435, S. 2, S. 9, S. 13 und S. 14. 404 BT-Drs. 14/7752, S. 13. Ebenso Däubler-Gmelin, Plenarprot. BT, 14. Wahlperiode, 208. Sitzung am 12.12.2001, S. 20688; Lambrecht, Prot. 120. Sitzung Rechtsschuss 14. BT am 20.3.2002, S. 2; Lambrecht, Plenarprot. BT, 14. Wahlperiode, 230. Sitzung am 18.4.2002, S. 22883. Hervorgehoben auch von LG Erfurt, NZV 2002, 188, 190. 405 BT-Drs. 14/7752, S. 13. 406 BT-Drs. 14/7752, S. 13.

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tiv anerkanntes Bereicherungsverbot zu begründen407. Denn zu berücksichtigen ist bei dieser Äußerung des Gesetzgebers, dass er weder wegen eines so ohnehin nicht behaupteten Bereicherungsverbots noch wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Überkompensation den Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der Nichtvornahme der Naturalrestitution gänzlich ausgeschlossen hat oder in toto ausgeschlossen wissen wollte408. Andere Begründungsansätze gehen ebenso fehl: Wer meint, das Bereicherungsverbot sei über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erklären409, verkennt zum einen, dass mit einem solchen Hinweis die Vagheit der einen Behauptung lediglich durch eine nicht weniger vage – ihrerseits wiederum unbegründete – andere Prämisse ersetzt wird, und zum anderen, dass ein – wie im öffentlichen Recht existentes – allgemeines Verhältnismäßigkeitsgebot keine prinzipielle Determinante des bürgerlichen Rechts darstellt. Inwieweit dem § 251 Abs. 2 BGB, der den Terminus des „verhältnismäßigen“ enthält, eine das Postulat des Bereicherungsverbots bestimmende Wertung entnommen werden kann, wird noch zu klären sein. Ein allgemeines schadensrechtliches Bereicherungsverbot lässt sich auch nicht als Analogon zu einem auf § 55 VVG gestütztem versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot begründen410. Die ältere Rechtsprechung stellte bei der Schadensbemessung nicht auf den objektiven Wert der beschädigten (versicherten) Sache, sondern darauf ab, welchen Wert der Gegenstand gerade für den versicherten Eigentümer hatte411. Heute wird auch im Bereich der Sachschadensversicherung ein auf § 55 VVG beruhendes versicherungsrechtliches Bereicherungsverbot wohl einhellig abgelehnt412, weil der Versicherer die Leistung, die er vertraglich versprochen hat, einzuhalten und bei Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllen hat. Er soll sich nicht unter Berufung auf ein angebliches Bereicherungsverbot von ___________ 407 In dieser Richtung wohl zu verstehen Greger, NJW 2002, 1477: „Anlass für die gesetzgeberische Aktivität ist die von der fiktiven Abrechnungsmethode ermöglichte Überkompensation, das heißt die Bereicherung des Geschädigten zu Lasten des Ersatzpflichtigen bzw. der Versichertengemeinschaft“ und Hentschel, NZV 2002, 433, 443: „Grund für die Änderung war das Bestreben, eine Überkompensation in Fällen fiktiver Schadensabrechnung zu vermeiden, d.h. zu gewährleisten, dass der Schadensersatz nicht […] zu einer Bereicherung des Geschädigten führt.“ 408 Sehr deutlich BT-Drs. 14/7752, S. 14. 409 So bspw. Dreier, Kompensation und Prävention, S. 41. Ähnlich wohl auch Köhler, GRUR 1996, 82, 85: „Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, den Verletzten nicht besser zu stellen, als er ohne die Verletzung stünde.“ 410 So – ohne nähere Begründung – deutlich Diederichsen, Karlsruher Forum 1985, 4, 18. 411 BGH VersR 1976, 577, 578; NJW 1976, 845; LG Berlin, VersR 1984, 1162, 1163; Kuhlenkampff, VersR 1983, 413, 414. 412 BGHZ 137, 318, 326; BGH VersR 2001, 749, 750; Kollhosser, VersR 1997, 521, 523; Sieg, FS-Lorenz (1994), S. 643, 647.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

seinem Versprechen lösen können413 (es sei denn, das Gesetz bestimmt, wie im Falle des § 57 S. 2 VVG, ausnahmsweise etwas anderes). Da der Versicherer seine Interessen durch eine Risikoprüfung und durch die Einbeziehung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen sachgerecht wahren kann, ist sein weitergehender Schutz durch ein ungeschriebenes Bereicherungsverbot auch deshalb nicht notwendig 414 . Zum anderen scheitert eine Verallgemeinerung oder Übertragung eines Bereicherungsverbots aus dem Versicherungsrecht – hielte man es dennoch für existent – in das allgemeine Schadensrecht „an der Vergleichbarkeit der Sachverhalte: Hier die Unzulässigkeit einer Vereinbarung des Geschädigten, dort die vom Geschädigten unbeeinflusste Ersatzpflicht des Schädigers. Die wesentliche Motivation des versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbots, keinen Anreiz zur Herbeiführung des Schadensfalls geben zu wollen, greift hier nicht in gleichem Maße.“415

Einen wesentlichen Aspekt, der belegt, dass die Argumentation mit dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot nicht überzeugt, hatte bereits Jakob herausgearbeitet, denn diese: „… schöpft ihre Überzeugungskraft ausschließlich aus dem ihr immanenten Appell an das Gerechtigkeitsgefühl. Einer sachlichen Überprüfung hält sie nicht stand. Denn diese ergibt, daß das Bereicherungsverbot lediglich einen ‚gerechten Ausgleich‘ einfordert, selbst aber nicht festlegt, was als Bereicherung und was als ersatzfähiger Schaden anzusehen ist. Diese Festlegung wird vom Argumentierenden schon im Vorfeld durch eine wertende Betrachtung getroffen und dann, versteckt oder offen, in die Diskussion eingeführt. Denn nur wer, wie die Vertreter der Zweckbindungstheorie, im Vorfeld festgelegt hat, daß der Geschädigte verpflichtet ist, die Herstellung durchzuführen, kann sich dann im Falle der unterlassenen Herstellung auf das schadensrechtliche Bereicherungsverbot berufen. Wer dagegen mit den Anhängern der Dispositionsfreiheit der Auffassung ist, daß der Anspruch aus § 249 S. 2 BGB dem Geschädigten nur die Herstellung ermöglichen soll, ihn aber nicht dazu verpflichtet, der wird beim Geschädigten, falls dieser die Herstellung unterläßt, keine Bereicherung feststellen. Damit hat man es aber in beiden Fällen offensichtlich mit einem klassischen Zirkelschluß zu tun. Mit dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot läßt sich, so kann man zugespitzt zusammenfassen, nahezu alles begründen; es kommt nur auf die Wahl der ‚richtigen‘ Ausgangsprämisse an.“416

Überdeutlich wird hierdurch auch die insbesondere von Grunsky vertretene These, das Bereicherungsverbot sei nichts weiter als eine andere terminologische ___________ 413 BGHZ 131, 157, 161/162; 137, 318, 327; BGH VersR 1997, 1231, 1232; 2001, 749, 750; Kollhosser, VersR 1997, 521, 522. 414 BGHZ 137, 318, 327; BGH VersR 2001, 749, 750; Kollhosser, VersR 1997, 521, 524. 415 Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 427. 416 Jakob, S. 207/208. Ebenso Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 236. Bestätigung findet dieser Aspekt in Argumentationszusammenhängen, die bei der Anwendung des Bereicherungsverbots dadurch gekennzeichnet sind, dass ein bestimmtes gegenteiliges Ergebnis anderenfalls „dem Rechtsgefühl widerstrebend“ sei, so bspw. Werber, NJW 1974, 213, 215; Schlund, BB 1979, 81.

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Formulierung für die Differenzhypothese, ohne eigenen wertenden Gehalt417 . Denn man ist sich grundsätzlich darüber einig, dass mit der Differenzhypothese keine Formel zur Verfügung steht, „die das Schadensrecht in ein problemloses und wertfreies Rechenexempel überführt“ 418 . Die Anwendung der Differenzhypothese ist eine „wertneutrale Rechenoperation“419, die nicht darüber entscheiden kann, ob der in ihr eingestellte Rechnungsposten nach dem schadensersatzrechtlichen System überhaupt ersatzfähig ist. Ihre Anwendung setzt vielmehr voraus, dass die Ersatzfähigkeit bereits feststeht. Diese wiederum beurteilt sich jedoch nach zuvor getroffenen, aus dem System des Schadensersatzrechts abgeleiteten Wertungen420. Und genau in demselben Ausmaß beurteilt sich auch die Frage, ob der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution erhalten bleibt oder untergeht, nicht nach der Differenzhypothese oder einem vorgeschobenen Bereicherungsverbot, sondern nach den Wertungen, die das Schadensersatzrecht vorzeichnet. Derselben petitio principii unterliegt man jedoch, wenn man aus dem normativen Schadensbegriff als solchem folgern würde, nachträgliche Ereignisse müssten Auswirkungen auf die Art und Weise des Ersatzanspruchs haben, weil es wegen dieses Begriffs „als ausgetragen gelten solle, daß der Schaden des Verletzten im Regelfall nicht mit dem Schadensereignis fixiert“421 sei. Hiergegen ist zunächst einzuwenden, dass sich die wertende Betrachtung der einzelnen Veränderungen im Vermögen des Geschädigten, die der Schadensfeststellung vorgelagert ist, nach dem normativen Schadensbegriff grundsätzlich nur auf solche nachteil- wie vorteilhaften Folgen bezieht, die durch das schädigende Ereignis hervorgerufen wurden, ihm also anhaften. Zum anderen – und weitaus wichtiger – bedeutet eine Bezugnahme auf den normativen Schadensbegriff ja lediglich, dass „der Schadensbe___________ 417 Grunsky, NJW 1983, 2465, 2467; ders., FS-Lange (1992), S. 469, 476; MüKoGrunsky, § 249 Rn. 6a und 96. Ebenso Thiele, AcP 167 (1967), 193, 197; Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 424 und 428. Deutlich zurückhaltender MüKoOetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 20. 418 Meder, Schadensersatz als Enttäuschungsverarbeitung, S. 22. 419 BGHZ (GS) 98, 212, 217; 124, 128, 143; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 21. Ebenso Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 21: „wertneutrales Gerüst“; Steffen, NJW 1995, 2057, 2058: „wertneutrales, […] wertloses, weil orientierungs- und seelenloses Rechenwerk“. 420 Vgl. auch BGHZ (GS) 98, 212, 217; 124, 128, 143; BGH NJW 1998, 302, 304; 2001, 673, 674; Thiele, AcP 167 (1967), 193, 197: „Denn was im einzelnen bei der zu vergleichenden Vermögenslage des Verletzten zu berücksichtigen ist, muß geklärt werden, bevor das ‚Bereicherungsverbot‘ d.h. die Differenzberechnung überhaupt eingreifen kann“; Brinker, Die Dogmatik zum Vermögensschadenersatz, S. 197 und 200; Honsell/Harrer, JuS 1991, 441, 442; Dreier, Kompensation und Prävention, S. 29; Schiemann, JuS 1988, 20, 21; Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 22/23; Jakob, S. 212; Steffen, NJW 1995, 2057, 2058 ff. 421 So wohl im Ansatz bspw. Schlechtriem, DAR 1975, 122, 123. Auf den normativen Schadensbegriff will zur Lösung der Problematik auch zurückgreifen: Winkler, NJ 2002, 90.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

griff nicht im Sinne einer natürlichen oder rechnerischen Betrachtungsweise von vornherein zwingend fixiert ist, sondern daß er als Rechtsbegriff zusätzliche Wertungen in sich aufnehmen kann“422. Solche Wertungen werden durch den Begriff aber in keiner Weise selbst vorgegeben423. Der normative Schadensbegriff soll schließlich nicht dazu missbraucht oder manipuliert werden, um eine Abweichung vom tatsächlichen Schaden um jeden Preis erzielen zu können. Weil der Begriff des normativen Schadens zu keiner Zeit einen eigenständigen und fest konturierten Inhalt hatte424, ist es erforderlich, die systemimmanenten Wertungen in jedem Einzelfall selbstständig zu erarbeiten und zu begründen, „ohne daß dabei auf einen, die Entscheidung in allen Fällen materiell tragenden, gemeinsamen Gesichtspunkt zurückgegriffen werden könnte“425. In seiner allgemein gehaltenen Form kann der normative Schadensbegriff426 deshalb kein wertbezogenes Argument liefern, weshalb zum Teil nicht zu Unrecht auch vom „nebelhaften normativen Schadensbegriff“427, von einer „Leerformel“428, einer „wenig ausgeformten Figur“429, einer „Blankettbezeichnung“430 oder – süffisant – von einer „hohltönenden Zauberformel“431 gesprochen wird und bei der Berufung auf diesen Begriff die „Gefahr bloßer Wortlautargumentation, welche die Interessenjuris___________ 422 So Lieb, JZ

1971, 358, 359; ähnlich Steffen, NJW 1995, 2057, 2058. Lieb, JZ 1971, 358, 359; Selb, AcP 173 (1973), 366; Steffen, NJW 1995, 2057, 2063: „Die normative Schadensbetrachtung muß darauf bedacht sein, die faktische Betrachtung nur dort zu ergänzen, wo diese die Schadenswirklichkeit nicht vollständig erfaßt. Die Schadensfeststellung kann von der faktischen Entwicklung nur dort abgekoppelt werden, wo klare gesetzliche Anweisungen […] das verlangen.“ Ähnlich auch Honsell/Harrer, JuS 1991, 441, 443, Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 38. 424 Magnus, Schaden und Ersatz, S. 289; Lange, WM 1990, Sonderbeilage 7, S. 4; Fleischmann, 20. VGT 1982, 268, 271/272; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 64; Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 38. Ähnlich Selb, AcP 173 (1973), 366, 367; W. Schulte, S. 36; Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 40; Weyers, in: Vereinigung zwischen deutschen und italienischen Juristen, Heft 8/9, 37, 40. 425 Lieb, JZ 1971, 358, 360. 426 Ebenso einig ist man sich in der Lit. inzwischen, dass der Streit um den „richtigen“ Schadensbegriff nicht zur Lösung dogmatischer Probleme im Bereich der §§ 249 ff. BGB beiträgt. Vgl. bspw. in dieser Richtung deutlich Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 40 und 42; Selb, AcP 173 (1973), 366, 367; Flessner/Kadner, JuS 1989, 879, 881 ff.; Jakob, S. 35/36. Ähnlich Magnus, Schaden und Ersatz, S. 4 und 21; Hofmann, 20. VGT 1982, 249, 250; Flessner, JZ 1987, 271, 273. 427 Hagen, FS-Larenz, S. 867, 876; äußerst kritisch auch Wolf, S. 90/91. 428 Becker, MDR 1976, 620, 622; Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 42; MüKo-Grunsky, vor § 249 Rn. 8; Lieb, JZ 1971, 358; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 64. Ähnlich Hagen, JuS 1969, 61, 63. 429 Lieb, JZ 1971, 358, 360. 430 Magnus, Schaden und Ersatz, S. 288. 431 Mertens, FamRZ 1969, 251, 254 und in Fn. 19: „Manipulationsinstrument, mit dem sich Schadensersatz beliebig gewähren und verneinen“ lässt. 423

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prudenz zu Recht als Inversion gebrandmarkt hat“432, gesehen wird, die „methodisch Münchhausen gleicht, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht“433. 2. Systemimmanente Wertungen Ein weiterer Umstand, der die Skepsis gegenüber einem dem Schadensersatzrecht zu Grunde liegenden Bereicherungsverbot verstärkt, verdient Hervorhebung: Eine Vielzahl der Autoren, die sich zum Bereicherungsverbot als einer dem Schadensersatzrecht immanenten Leitlinie und einem dieses beherrschenden Wertungsaspekt bekennen, weisen darauf hin, dass es zulässig sein könne, auf der Grundlage besonderer, im Recht selbst angelegter Wertungen das Bereicherungsverbot zu durchbrechen434. a) Wertentscheidung aus § 251 Abs. 2 S. 1 BGB Eine solche im Zivilrecht selbst angelegte Wertung kann bereits einer Zentralnorm des allgemeinen Schadensrechts des BGB entnommen werden. § 251 Abs. 2 S. 1 BGB, der den Geschädigten erst dann auf den kompensatorischen Ausgleich verweist, wenn die Restitution – zum Schutz der Vermögenssphäre des Schädigers – nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist, zeigt, dass das Gesetz selbst ein gewisses Maß an Vermögensmehrung des Geschädigten toleriert und akzeptiert435. Bis zur Grenze der Unverhältnismäßigkeit darf der ___________ Diederichsen, Karlsruher Forum 1985, 4, 15. Schiemann, FS-Hagen, S. 23, 40. 434 Vgl. insbesondere Lange, Schadensersatz, Einl. III 2 a, S. 9; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 30 II 3 c, S. 165; ähnlich auch Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), Vorbem. zu § 249 Rn. 2; Dreier, Kompensation und Prävention, S. 43. 435 Von einem anderen Ansatz her wird in der Lit. auch in ähnlicher Richtung argumentiert: Eine Schadensberechnung auf Reparaturkostenbasis widerspreche einem Bereicherungsverbot nicht, weil der in § 249 BGB normierte Grundsatz der Naturalrestitution dem Schädiger ein Opfer zumute, das über den Ausgleich der auf das gesamte Vermögen bezogenen Vermögensminderung hinausgehe. So Altmann, NJW 1976, 744, 745; Hartung, VersR 1979, 508, Medicus, JuS 1969, 449, 450; Medicus, Unmittelbarer und mittelbarer Schaden, S. 15. Ähnlich Thiele, AcP 167 (1967), 193, 197: „Das Bereicherungsverbot besagt keinesfalls, daß der Geschädigte nach der Ersatzleistung schlechthin nicht besser gestellt werden dürfe, als das ohne das haftbar machende Ereignis der Fall gewesen wäre“; Knütel, JR 1982, 281, 283: „Eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis kann für den Geschädigten in der Tat vorteilhaft sein. Doch ist diese Begünstigung Konsequenz der in § 249 S. 2 vorgesehenen Schadensbeseitigung und liegt im Plan des Gesetzgebers. Gewisse Begünstigungen des Gläubigers lassen sich beim Schadensausgleich ohnehin nicht vermeiden; bspw. bleiben die erforderlichen Kosten für eine mögliche wertgleiche Herstellung auch dann voll und ganz geschuldet, wenn von vornherein feststeht, daß der Gläubiger mit dem Geld eine werterhöhende Reparatur vornehmen wird.“ In diesem Sinne auch Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 11 = NZV 1991, 1, 3. Dezidiert in dieser Richtung auch das OLG Frankfurt, ZfS 1994, 50: „Dem steht auch nicht der schadensrechtliche Grundsatz entgegen, daß der Geschädigte an dem Unfall nicht ‚verdienen‘ solle. Zum einen hat das 432 433

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Geschädigte durch den Schadensfall im Ergebnis besser gestellt werden. Mit anderen Worten: Die in §§ 249 Abs. 2 S. 1, 251 Abs. 2 S. 1 BGB vom Gesetzgeber benutzten Adjektive – „erforderlich“ und „unverhältnismäßig“ – skizzieren eine Dreiteilung des schadensersatzrechtlichen „Geldausgleichssystems“. Auf der ersten Stufe ist grundsätzlich der erforderliche Restitutionsbetrag in Geld zu ersetzen. Die zweite Stufe gestattet ausnahmsweise mehr als die erforderlichen, aber verhältnismäßigen Kosten. Erst auf der dritten Stufe, die durch die Unverhältnismäßigkeit gekennzeichnet ist, wird der Geschädigte auf die Schadenskompensation verwiesen. Wenn der Geschädigte bis zu dieser Unverhältnismäßigkeitsschranke des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB die erforderlichen Kosten verlangen können soll, wird deutlich, dass das Bereicherungsverbot als viel zu pauschal gebrauchtes Blankett benutzt wird und die Frage danach, ob es einen maßgeblichen, als Leitlinie anzuerkennenden Wertungsaspekt tatsächlich abzugeben geeignet ist, durchaus berechtigt ist. Dass dieser zuvor formulierte Einwand – die in § 251 Abs. 2 S. 1 BGB getroffene gesetzgeberische Wertung ergibt, dass eine im Schadensersatzsystem angelegte „Tendenz zur Gewinnabwehr“436 nicht begründet ist – berechtigt ist, zeigt noch ein anderer Gedanke. Die direkte Beziehung zwischen § 251 Abs. 2 S. 1 BGB und dem mit dieser Norm nicht von vornherein in Einklang zu bringenden „Grundprinzip des Bereicherungsverbots“ ist deshalb gegeben, weil beide (Wertungs-)Aspekte Ausfluss einer personalen Prägung des schadensersatzrechtlichen Ausgleichssystems sind. Beide befassen sich mit dem Verhältnis Geschädigter/Schädiger und der Frage des vertretbaren Aufwands. Währenddessen ist § 251 Abs. 1 BGB nicht Ausfluss einer solchen personalen Prägung, sondern vielmehr einer sachlichen – nämlich der des Verhältnisses Geschädigter und beschädigtes Rechtsgut oder Recht. Es liegt daher auch nicht allzu fern, als Einwand zu formulieren, das Bereicherungsverbot, erkenne man es überhaupt an, könne Korrekturvorschrift nicht sein, soweit diese sachliche Ebene – wie bei der im Mittelpunkt der Arbeit stehenden Frage, ob der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Fällen nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution erlischt oder erhalten bleibt – betroffen ist. Nun kann zwar hinsichtlich der zuvor formulierten Dreistufigkeit angeführt werden, klassischer Anwendungsfall der zweiten Stufe sei die 130%-„Opfer___________ Gesetz in § 249 S. 2 BGB das Geschädigteninteresse an einer Vorfinanzierung der Herstellung unter Ausschaltung des Schädigers über das Risiko von damit immer verbundenen Fehlberechnungen zugunsten des Geschädigten gestellt und damit auch die Möglichkeit einer zu guten Behandlung des Geschädigten im Einzelfall zu Lasten des Schädigers toleriert.“ Ablehnend – auf der Grundlage der ins Treffen geführten Zweckbindung des § 249 BGB und damit den zuvor beschriebenen Zirkelschluss manifestierend –: Thürmann, VersR 1976, 1117, 1118. 436 Heck, Grundriß des Schuldrecht, § 11 Nr. 8, S. 41 und § 15 Nr. 4, S. 50.

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grenze“437 im Bereich des Kfz-Schadensrechts, wenn es um die Frage gehe, ob der Geschädigte den gegenüber dem Wiederbeschaffungswert höheren Reparaturaufwand ersetzt verlangen kann. Nach ganz allgemeiner Ansicht438 darf er dies, sofern er tatsächlich repariert, weil die 130%-Marge einen Integritätszuschlag darstellt und darauf zielt, einen immateriellen Schaden zu restituieren439, sodass sich die Abrechnung auf fiktiver Reparaturkostenbasis verbietet. Diese sog. ___________ 437 So ausdrücklich BGHZ 115, 364, 373 und 374; BGH NJW 1992, 1618, 1619; 1999, 500, 501; 2005, 1108, 1110; OLG Düsseldorf, NZV 1994, 479; OLG Karlsruhe, MDR 2000, 697; OLG Dresden, NZV 2001, 346, 347; Röttgering, ZfS 1995, 441, 442; Buschbell/Stoll, AnwBl. 1997, 639, 642; Völtz, NZV 1999, 160, 161; Roß, NZV 2000, 362; Schack, FS-Stoll, S. 61, 63 und 66. 438 BGHZ 115, 364, 371; BGH NJW 1985, 2469/2470; 2003, 2085, 2085; 2005, 1110, 1111; Medicus, DAR 1982, 352, 359/360; Weber, DAR 1991, 11, 14; Buschbell/Stoll, AnwBl. 1997, 639, 642; Krumbholz, NZV 1990, 218, 220; Röttgering, NZV 1990, 417, 418; Otto, NZV 1998, 433, 434; Eggert, DAR 2001, 20; Schlegelmilch, VersR 1987, 1171, 1172; Steffen, NZV 1991, 1, 4; Roß, NZV 2000, 362; Oetker, NJW 1985, 345, 348; Reinking, EWiR 1992, 561, 562; Pielemeier, NZV 1989, 222, 223; Roth, JZ 1994, 1091, 1094; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 146 = NZV 2002, 249, 250; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468. Den Integritätszuschlag gänzlich ablehnend Schiemann, NZV 1996, 1, 5/6; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 234: „Angesichts der Entwicklungen des Gebrauchtwagenmarktes in den letzten Jahrzehnten ist die Berechtigung eines besonderen Integritätszuschlages, abgesehen vielleicht von sehr alten Fahrzeugen, zu bezweifeln. Das Gegenargument größerer Sicherheit und Vertrautheit mit dem bisherigen Fahrzeug geht gleich doppelt fehl: Infolge des Unfallschadens läßt sich dieses Ausmaß an Identität ohnehin nicht wiederherstellen; anderenfalls wäre der Ersatz des merkantilen Minderwertes ganz überflüssig. Zum anderen aber wird das besondere und legitime Sicherheitsbedürfnis bei der Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes dadurch berücksichtigt, das der Preis bei einem seriösen Gebrauchtwagenhändler nach gründlicher technischer Überprüfung und mit Werkstattgarantie zu Grunde gelegt wird. Will der geschädigte Kfz-Halter in dieser Lage, statt ein Ersatzfahrzeug zu erwerben, dennoch seinen Pkw reparieren lassen, handelt er nicht zur Wahrung eines schutzwürdigen Interesses, sondern aus Rechthaberei.“ Bei solcher Argumentation wird der von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB mitverwirklichte Aufdrängungsschutz völlig übersehen. Der Geschädigte darf nicht gezwungen werden, sich für eine Ersatzbeschaffung entscheiden zu müssen. Auch der Ersatz des merkantilen Minderwertes nach § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB widerspricht der Anerkennung des Integritätszuschlages im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht, weil es sich bei letzterem gerade um einen immaterielle Wertschätzungen und Interessen ausgleichenden Schadensposten handelt, der im Rahmen der Kompensation wegen der Schranke des § 253 Abs. 1 BGB gerade nicht ersatzfähig wäre. Merkantiler Minderwert und Integritätszuschlag befriedigen verschiedene Einbußen, sodass sie nicht gegeneinander aufgewogen oder gar ausgespielt werden können. Im Übrigen ist die Aussage, dass derjenige der, die 130%-Marge – sofern deren Voraussetzungen vorliegen – in Anspruch nehme, aus reiner „Rechthaberei“ handeln würde, ein weiterer Beleg dafür, dass die Literaten, die sich auf das angebliche Bereicherungsverbot stützen und infolge dessen den Schadensersatz beschneidende Ergebnisse herleiten, aus einer im vorherein als unzulässige Bereicherung festgelegten Position heraus argumentieren. 439 Lipp, NZV 1996, 7, 11; ders., NJW 1990, 104, 105; Reiff, NZV 1996, 425, 430; Reinking, DAR 1997, 425, 427.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

„Integritätsspitze“440 würdigt und berücksichtigt nämlich gerade das Interesse des Geschädigten, das ihm vertraute und von ihm erprobte Kraftfahrzeug wieder hergestellt zu wissen und sich nicht auf den Erwerb eines ihm fremden und möglicherweise mit verborgenen Mängeln versehenen Gebrauchtwagens verweisen zu lassen441. In diesen Fällen wird zusätzlich ein (immaterielles) Affektionsinteresse442 berücksichtigt. Dies ist legitim, weil sich der Geschädigte in diesem Fall für die vollständigere, wenn auch auf Kosten des Schädigers aufwendigere Herstellungsmethode der Naturalrestitution entschieden hat443. Einen ernst zu nehmenden Einwand gegen die hier vertretene These, der Geschädigte verliere im Falle nachträglicher, die Restitution in natura unmöglich machender Umstände nicht den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und könne daher die fiktiven Reparaturkosten ersetzt verlangen, stellt diese Überlegung jedoch nicht dar. Denn selbstverständlich geht es hierbei nur darum, den auf der ersten Stufe stehenden Anspruch zu erhalten. Der Einwand des Verstoßes gegen das Gebot der Gewinnabwehr jedenfalls geht fehl. Die in § 251 Abs. 2 S. 1 BGB legislativ verankerte Unverhältnismäßigkeitsgrenze gibt vielmehr Anlass zur Preisgabe des Bereicherungsverbots. ___________ 440 So ausdrücklich BGHZ 115, 364, 374; BGH NJW 1999, 500, 501; 2005, 1108, 1109; OLG Dresden, NZV 2001, 346, 347; Reinking, EWiR 1992, 561, 562; Völtz, NZV 1999, 160, 161. 441 BGH NJW 1972, 1800, 1801; 1985, 2469, 2470; 1999, 500, 501; OLG Hamm, VersR 1988, 738, 739; NZV 1991, 351, 352; NZV 1997, 441/442; VersR 2000, 1122, 1123; OLG Düsseldorf, VersR 1996, 904, 905; Riedmaier, VersR 1986, 728, 730; Lange, Schadensersatz, § 5 VII 1, S. 136 und § 6 XIV 5 c, S. 401; Gotthardt, S. 97. 442 Der BGH streitet neuerdings allerdings ausdrücklich ab, dass der Integritätszuschlag seine primäre Rechtfertigung in immateriellen Erwägungen und der Berücksichtigung eines Affektionsinteresses findet; siehe BGH NJW 1999, 500, 501. 443 BGHZ 115, 364, 368; OLG Hamm, NZV 1991, 351, 352; Gotthardt, S. 97; Medicus, JuS 1973, 211, 212. Nach a.A. dürfe der Geschädigte deshalb nicht an unerheblichen Überschreitungen des Wiederbeschaffungswerts festgehalten werden, weil die Schätzungen der Reparaturkosten durch Sachverständige oft unsicher seien. So Kötz, FS-Hauß, S. 181, 187. Hiergegen zutreffend Gotthardt, S. 97: „Ihren eigentlichen Grund fände die 130% Rechtsprechung damit in der Zuteilung des Risikos vom Geschädigten nicht verschuldeter falscher Kostenprognosen an den Schädiger, doch wird dieses Risiko eines falschen Sachverständigengutachtens, wenn dem Geschädigten kein Vorwurf zu machen ist, selbst dann auf den Schädiger übertragen, wenn Prognose und tatsächliche Reparaturkosten noch erheblich weiter entfernt sind.“ Zum Prognoserisiko, welches der Schädiger zu tragen hat, vgl. BGHZ 115, 364, 370; BGH NJW 1972, 1800; OLG Hamm, VersR 1988, 738; NZV 1990, 269; Lange, Schadensersatz, § 5 VIII, S. 240 ff.; Köhnken, VersR 1979, 788, 790; Kääb/Jandel, NZV 1992, 16, 18; Medicus, JuS 1969, 449, 450/451; Dannert, VersR 1988, 980, 982. Eine weitere Ansicht stellt zur Rechtfertigung des Integritätszuschlags entscheidend auf den eher pragmatischen Grund der Regulierung von Massenschäden ab. Vgl. bspw. Müller, 62. DJT 1998, Bd. II/1, S. I 22; Reiff, NZV 1996, 425, 427; Greger, NZV 1994, 11, 14.

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In diesem Zusammenhang sei noch auf Folgendes hingewiesen: Die Anerkennung der Sachschadensabrechnung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf der Basis der fiktiven Herstellung bedeutet im Übrigen keinesfalls, dass der Geschädigte diese Betrachtungsweise – im Sinne eines Konsequenz-Kriteriums – hinsichtlich aller weiteren Schadenspositionen sowie der vorbereitenden und begleitenden Kosten fortführen könnte444. Denn bei diesen Schadensposten handelt es sich um (vom Zeitpunkt des Schadensereignisses aus betrachtet) künftige Vermögensschäden, bei denen sich weder Entstehung noch Höhe mit hoher Wahrscheinlichkeit prognostizieren lassen445. Sie finden als Vermögensfolgeschäden446 mit Eintritt des Sachschadens noch keinen Niederschlag in der nach der Differenzhypothese auszugleichenden Vermögensbilanz. Eines Rückgriffs auf ein „Grundprinzip des Bereicherungsverbots“ bedarf es hierfür jedoch nicht. Hielte man diese – die Herstellung begleitenden – Kosten auch im Falle der Nichtvornahme oder des Nichtvornehmenkönnens der Restitution für ersatzfähig, so wäre es berechtigt, von „wirklich fiktiven Schäden“ und „abstraktem Schadensersatz“ 447 zu sprechen. Fiktive Kosten für Mietwagen oder Nutzungsausfall448, Verbringung449, Kreditaufnahme450, Sachverständige451, Rechtsanwälte452 oder Ummeldung, Zeitungsinserat und Nummernschild453 werden deshalb nicht ersetzt. In Anbetracht dessen ist der Bereicherungsvorwurf soweit er sich gegen die Ersatzfähigkeit der fiktiven Kosten der Herstellung im Falle des unmittelbaren Sachschadens und gegen die Aufrechterhaltung des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution richtet, insbesondere dann, wenn man den Blick auf den Gesamtrestitutionsaufwand lenkt, dessen Höhe den Schädiger deshalb auch in erster Linie interessiert, nicht berechtigt. Entscheidet sich ___________ 444 Vgl. hierzu bspw. BGHZ 66, 239, 249 f.; Medicus, Unmittelbarer und mittelbarer Schaden, S. 16; Klimke, ZfS 1989, 253; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 306 ff. 445 Vgl. umfassend Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 43-48, insbes. 46. 446 Vgl. Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 307; Chr. Wagner, NZV 1999, 358, 359; Fleischmann, 20. VGT 1982, 268, 275: „Die Entscheidung zugunsten der fiktiven Abrechnung kann nur für Hauptansprüche und nicht für Folgeansprüche gelten – ein Gedanke, der für das gesamte Schadensersatzrecht beherzigenswert erscheint.“ 447 Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 307; ders., AnwBl. 1988, 86, 88. 448 BGHZ 66, 239, 249; BGH NJW 2005, 1112, 1113; Heydorn, Homburger Tage 1990, S. 17, S. 19; Bollweg, ZfS-Sonderheft 2002, 1, 3. 449 Vgl. nur Chr. Wagner, NZV 1999, 358, 359 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr. A.A. Wortmann, VersR 1998, 1204, 1208; ders., NZV 1999, 903; Leng, DAR 2001, 43, 45. 450 BGH NJW 1974, 34, 36, insoweit in BGHZ 61, 346 nicht abgedruckt. 451 Vgl. bspw. Berger, VersR 1985, 403, 408; Bollweg, ZfS-Sonderheft 2002, 1, 3; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060. 452 Vgl. bspw. BGH NJW 2005, 1112, 1113; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2470; Berger,VersR 1985, 403, 407/408; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060. 453 Vgl. bspw. Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 307; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Heydorn, Homburger Tage 1990, S. 17, S. 34.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs dafür, die beschädigte Sache zu veräußern und den Herstellungsbetrag anderweitig zu verwenden, so wird dem Schädiger in aller Regel daran liegen, dass der Geschädigte diese Veräußerung möglichst zügig in Angriff nimmt, weil dies den von ihm zu finanzierenden schadensersatzrechtlichen Aufwand verringert, indem Folgekosten wie Nutzungsentschädigung, Finanzierungskosten, Standgeld usw. gering gehalten werden oder gar nicht erst anfallen454. b) Wertentscheidung aus §§ 687 Abs. 2, 816 BGB Der Bereicherungsvorwurf im Falle der subjektiven nachträglichen Unmöglichkeit der Herstellung wird von den Anhängern der Bereicherungsthese insbesondere auch damit begründet, dass die Vermögenslage des Geschädigten nach der Veräußerung der beschädigten Sache über den vom Ausgleichszweck der Schadensersatzleistung bewirkten Zustand deshalb mit nicht zulässigem Gewinn angereichert sei, weil er bis zur Grenze des Wiederbeschaffungswerts sowohl die fiktiven Reparaturkosten als auch den Erlös für die nicht reparierte Sache erhalte455. Wohl nicht zuletzt war dieser Einwand auch eines der Motive, die den 6. Zivilsenat des BGH, der sich – wie erörtert – blanketthaft zum schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot im Grundsatz bekennt, veranlasst haben, die sog. Vergleichskontrollrechnung einzuführen und den Ersatz fiktiver Reparaturkosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Bereich des Kfz-Schadens de facto auf den Wiederbeschaffungsaufwand zu begrenzen456, indem die fiktiven Herstellungskosten in voller Höhe nur dann gewährt werden, wenn sie den um den Restwert457 gekürzten Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen458. ___________ Vgl. diesbezüglich auch Harneit, 32. VGT 1994, 180, 182 = DAR 1994, 93. So dezidiert insbesondere Hofmann, 20. VGT 1982, 249, 257. Grundsätzlich ebenso Schwarz/Esser, NJW 1983, 1409, 1410; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 164; Kirchner, NJW 1971,1541, 1544; Schack, FS-Stoll, S. 61. 456 Wenngleich diese Thematik mit dem hier erörterten Bereicherungsverbot in nahem Sachzusammenhang steht, soll diese Frage, die die konkrete Höhe der Ersatzleistung thematisiert, der systematischen Vorgehensweise entsprechend erst im Anschluss an alle zur Beantwortung der Frage nach der Art und Weise der Ersatzleistung zu berücksichtigenden Erwägungen und Argumentationen näher beleuchtet werden. Es soll an dieser Stelle genügen, auf die Beziehung und den Zusammenhang aufmerksam gemacht zu haben. 457 Dass nur auf diesen und nicht auf den tatsächlich vom Geschädigten erzielten Veräußerungserlös abgestellt wird, ist dabei insoweit jedenfalls zutreffend, als letzterer in aller Regel von Faktoren beeinflusst wird, die mit dem Schadensereignis in keinerlei innerem bzw. adäquaten Zusammenhang stehen. Überobligatorische Anstrengungen des Geschädigten oder Vorteile, die dieser nur wegen seiner persönlichen Stellung von Dritten freiwillig eingeräumt erhält, können dem Schädiger nach allg. Meinung weder unter dem Diktat des Bereicherungsverbots noch unter dem Postulat der Wirtschaftlichkeit zugute gebracht werden. 458 Vgl. BGH NJW 1985, 2469, 2470 und oben im 1. Kapitel unter II. 4. a), S. 40 f. 454 455

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Darauf, dass der Bereicherungseinwand der Addition von fiktiven Herstellungskosten und Veräußerungserlös gegen das Aufrechterhalten des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen subjektiven Unmöglichkeit der Naturalrestitution jedoch nicht verfängt, sondern vielmehr seinerseits mit anderen gesetzlichen Wertentscheidungen in Widerstreit steht, hatte bereits Werres aufmerksam gemacht: „Entscheidend erscheint folgender Gesichtspunkt zu sein: Grundsätzlich gebührt der aus einer günstigen Verwertung eines Gegenstandes resultierende Vorteil dem Rechtsinhaber. Dieses Prinzip zeigt sich in § 687 II BGB und wird von der herrschenden Meinung auch bei § 816 BGB angenommen. Dabei soll derjenige, der durch Verfügungen in einen fremden Rechtskreis eingreift, den aus einer Verwertung gewonnenen Vorteil an den Rechtsinhaber abführen müssen, selbst wenn er diesen Vorteil durch eigenes Geschick erzielt hat. Es ist nicht einzusehen, warum derjenige, der nicht durch eine Verfügung, sondern durch Beschädigung einer Sache in einen fremden Rechtskreis eingreift, besser stehen soll. Das stünde der Schädiger aber, wenn man dem Geschädigten lediglich den Kompensationsanspruch aus § 251 BGB zubilligt, da der Veräußerungsgewinn auf die Schadensberechnung im Wege des Vermögensausgleichs durchschlüge.“459

Zwar wurde gegen diese Argumentationslinie bereits vorgetragen, dass die vorbezeichneten Normen nach ihrem Inhalt nicht in den vergleichenden Wertungsaspekt einbeziehbar seien: Denn zum einen erfasse § 687 Abs. 2 BGB lediglich den Fall vorsätzlicher Verwertung fremder Rechtsgüter in eigennütziger Absicht, sodass diese Konstellation wertungsmäßig allenfalls mit derjenigen der Beschädigung fremder Sachen mit direktem Vorsatz vergleichbar sei460. Zum anderen fehle es an der Vergleichbarkeit mit § 816 BGB, wenn man diese Vorschrift lediglich als notwendige Ersatzregelung für den Fall erachte, in dem der Zugriff auf den primären Bereicherungsschuldner (den Erwerber) wegen der Kondiktionsfestigkeit des gutgläubigen entgeltlichen Erwerbs ausgeschlossen sei461. Eine Parallelität zu § 816 BGB könne selbst dann nicht angenommen werden, wenn man die vergleichbare Regelungssituation herzustellen versuche, indem man § 816 BGB mit der herrschenden Meinung als Sonderfall der Eingriffskondiktion für den Fall des Eingriffs in das Eigentum durch Ver___________ 459 Werres, NJW 1982, 2483. Den Rechtsgedanken des § 687 Abs. 2 BGB gegen das „angebliche Bereicherungsverbot“ führt ebenfalls ins Treffen: Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 139. Grundsätzlich so wohl auch Medicus, DAR 1982, 352, 359: „Die Vorteile aus einem günstigen Verrechnungspreis bei der Inzahlunggabe müssen dem Geschädigten verbleiben. Dieser Vorteil steht dem Schädiger ohnehin nicht zu, und zwar schon deshalb, weil der Geschädigte ihn wohl auch ohne den Unfall erzielt hätte, nur eben zu einem späteren Zeitpunkt. Denn Verkäufer pflegen den Käufern bei der Inzahlunggabe nicht bloß dann entgegenzukommen, wenn es sich um einen unreparierten Unfallwagen handelt; Entgegenkommen gibt es auch bei anderen Gebrauchtwagen.“ 460 Schwarz/Esser, NJW 1983, 1409, 1410. 461 Vgl. diesbezüglich MüKo-Lieb (3. Aufl.), § 816 Rn. 12.

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

fügung eines Nichtberechtigten verstehe462. Denn auch nach dieser Maßgabe gelinge der Schluss auf eine Gewinnherausgabe gleichwohl nicht, da gerade die Vertreter dieser Ansicht der Auffassung seien 463 , dass Gegenstand des Anspruchs aus § 816 BGB lediglich der objektive Wert des Erlangten, also gerade nicht der erzielte Gewinn sei464. Die einschlägigen Argumente gegen diese Thesen wurden bereits von der Literatur repliziert: Denn der Heranziehung des Rechtsgedankens des § 687 Abs. 2 BGB steht nicht entgegen, dass diese Norm nur Fälle der wissentlichen Fremdgeschäftsanmaßung erfasst, weil sich die nach §§ 249 ff. BGB richtende Art und Weise der Ersatzleistung und der Umfang des Ersatzanspruchs des Schadensersatzgläubigers unabhängig davon beurteilt, ob der Schädiger vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt oder gar nur aus Gefährdungshaftung einzustehen hat465. Auch ist der Vergleich zu § 816 BGB gerechtfertigt, und zwar unabhängig davon, welcher Ansicht man zur Rechtsnatur dieser Regelung folgt, sofern man den herangezogenen Rechtsgedanken nur konsequent zu Ende denkt. Denn während die von der herrschenden Meinung vertretene Gewinnherausgabetheorie ohnehin davon ausgeht, dass der Eingreifende den erlangten rechtsgeschäftlichen Gegenwert einschließlich eines Gewinns an den Rechtsinhaber herauszugeben hat 466 , stützt sich die Mindermeinung darauf, dass ein über den objektiven Wert der Sache hinaus erzielter Erlös demjenigen zugute gebracht werden müsse, der durch besondere Geschäftstüchtigkeit oder besonderen Einsatz die Gewinnerzielung veranlasst467 habe468. „Dies ist aber bei der vorliegenden Konstellation – anders als bei § 816 BGB – gerade der Rechtsinhaber selber. Daher kann auch mit der Mindermeinung zu § 816 BGB wertungsmäßig nicht belegt werden, daß dem am Verwertungsvorgang unbeteiligten Schädiger der hieraus resultierende Vorteil zufließen soll.“469

___________ 462 Vgl. diesbezüglich BGH NJW 1970, 2059; Palandt-Sprau, § 816 Rn. 1; StaudingerLorenz (13. Aufl.), § 816 Rn. 2; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 720. 463 Vgl. diesbezüglich Staudinger-Lorenz (13. Aufl.), § 816 Rn. 25; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 726. 464 Schwarz/Esser, NJW 1983, 1409, 1410. 465 Vgl. Werres, NJW 1983, 2371, 2372. 466 Vgl. diesbezüglich RGZ 88, 351, 359/360; 138, 45, 47; BGHZ 29, 157, 159/160; Palandt-Sprau, § 816 Rn. 24; Larenz/Canaris, Schuldrecht Bd. II/2, § 72 I 2 a, S. 267/268. 467 Vgl. diesbezüglich MüKo-Lieb (3. Aufl.), § 816 Rn. 29. 468 Diesen Argumentationstrang hält bspw. Winkler, NJ 2002, 90, für ausschlaggebend: „Verkauft der Geschädigte den unreparierten Gegenstand – ohne Abtretung der Schadensersatzforderung – zu einem Preis, der für ihn günstig ist, weil er nach Erhalt des Schadensersatzes mehr als den Zeitwert des Gegenstandes bekommt, ist dies seinem kaufmännischen Geschick zu verdanken. Es gibt keinen Grund, den – ohnehin nicht schutzwürdigen – Schädiger von diesem Umstand profitieren zu lassen, der mit dem schädigenden Ereignis nichts zu tun hat.“ 469 Werres, NJW 1983, 2371, 2372.

VII. Das Bereicherungsverbot

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3. Zusammenfassung Im Ergebnis hat sich damit gezeigt, dass ein das Schadensersatzrecht determinierendes Bereicherungsverbot nicht begründbar ist, insbesondere weil es mit verschiedenen Wertentscheidungen kollidiert und deutlich wurde, dass Argumentationen, die mit diesem Begründungsstrang gerechtfertigt werden sollen, bereits von einem bestimmten Ergebnis her geführt werden, was auf einen Zirkelschluss hinausläuft. Bestätigt hat sich damit ein bereits im Jahre 1965 von Rother gezogenes Fazit: „Letzten Endes ist der Satz, daß der Geschädigte nicht bereichert werden dürfe, nicht beweisbar.“470 Das Bereicherungsverbot selbst legt hinsichtlich einer zweifelhaften schadensrechtlichen Frage kein bestimmtes Resultat fest und zeichnet auch ansonsten keine außerhalb der sonstigen systematischen, historischen und teleologischen Interpretation stehenden Leitlinien und Wertentscheidungen vor. Es ist damit „ein schadensersatzrechtliches Schlagwort, das keine Existenzberechtigung hat“471 . Bestätigt wird dies auch durch die seit Mitte der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts innerhalb der Rechtsprechung des BGH zu beobachtende Tendenz, ein das Schadensrecht bestimmendes Bereicherungsverbot nur noch in Ausnahmefällen zu propagieren. Von einem unzulässigen „reicher werden“472 wird gar nicht mehr gesprochen, von einem nicht gerechtfertigten „Verdienst“ 473 des Geschädigten aus Anlass des Schadensfalls nur noch in Einzelfällen. Dadurch wird – soweit wie möglich – der oben beschriebene Zirkelschluss vermieden. Denn der BGH stellt neuerdings zunehmend darauf ab, dass „der Geschädigte im Wege des Schadensersatzes grundsätzlich nicht mehr erhalten soll als das, was er nach der materiellen Rechtslage verlangen kann“474. Damit aber wird nicht mehr das Bereicherungsverbot als dogmatischer Hebel missbraucht, der ___________ Rother, Haftungsbeschränkung im Schadensrecht, S. 238. Grunsky, FS-Lange (1992), S. 469, 476. Grundsätzlich ebenso Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 138: “Der pauschale Verweis auf ein angebliches Bereicherungsverbot dürfte sich indessen als reines Schlagwort darstellen. Würde man es konsequent durchführen, müßte man annehmen, daß der Geschädigte dem Schädiger auch einen über den Schaden hinausgehenden Vorteil auszukehren habe, was gänzlich abwegig wäre. Daß der Geschädigte aus dem schädigenden Ereignis nicht profitieren dürfe, folgt an sich weder aus einem allgemein geteilten Rechtsempfinden noch eindeutig aus den gesetzlichen Vorgaben.“ 472 So aber noch in BGHZ 30, 29, 31; 40, 345, 347. 473 So aber noch in BGH NJW 1989, 3009; DAR 1992, 172, 173. Neuerdings hebt der BGH auf die Floskel, dass der Geschädigte an dem Schadensfall nicht verdienen soll, zwar wieder ab; konkrete Ergebnisse leitet er daraus allerdings nicht her; vgl.: BGH NJW 2003, 2085; 2005, 357, 358; 2005, 1108, 1109. 474 Zuletzt so in BGH NJW 2001, 673, 674. Diese Rspr. lässt sich zurückverfolgen bis BGH NJW 1985, 2482, 2483 und erstarkte von da an zur ständigen Rspr. Deutlich BGHZ 124, 86, 95; BGH NJW-RR 1989, 530/531. Ähnlich BGHZ 125, 27, 34; BGH NJW 1995, 3248, 3249, 2003, 2086, 2087. 470 471

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4. Kapitel: Tragfähigkeit der Argumente

zu Beginn einer schadensrechtlichen Prüfung heranzuziehen sei und isoliert und selbstständig die Frage der Ersatzweise und des Umfangs der Leistung determiniere. Sondern es wird, ausgehend vom Ausgleichszweck, nach systemimmanenten Wertungen gesucht, die die entsprechende Zweifelsfrage zu beantworten geeignet sein können. Dies ist nicht nur eine systematischere Herangehensweise, sondern allein schon deshalb vorzugswürdiger, weil nach wertenden Faktoren, Aspekten und Gesichtspunkten entschieden wird, ob das, worauf der Geschädigte meint, einen Anspruch zu besitzen, der materiellen Rechtslage entspricht. Die Heranziehung des Bereicherungsverbots ist deshalb zur Beantwortung der Frage, ob der Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution bestehen bleibt oder untergeht, insgesamt untauglich.

VIII. Zusammenfassung Damit haben sich nach den vorstehenden Ausführungen insbesondere die Begründungsstränge des 5. Zivilsenats des BGH als nicht tragfähig erwiesen. Weder bestätigt sich der transitorische Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zum Herstellungsanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB, noch überzeugen das Trennungsgebot, das Bereicherungsverbot oder die Zeitpunktthese. Im Grundsatz bestätigt wurden durch die vorstehende Analyse der Grundsatz der Dispositionsfreiheit im Rahmen des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vom Schädiger zu gewährenden erforderlichen Geldbetrags und auch die Verzögerungsargumentation, die zusammen mit der semantischen Interpretation bereits geeignete Lösungsansätze für die Behandlung der Problematik des Erhalts oder Untergangs des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution bieten. Die bereits mehrfach angewendete Methode der Analyse des inneren Systems der allgemeinen schadensersatzrechtlichen Vorschriften, die (wie jedes andere innere System der Rechtsordnung) ein teleologisches oder axiologisches System von Rechtsprinzipien enthalten sollte475, soll in dem folgenden Kapitel ausgebaut werden, um weitere konsistente Wertentscheidungen zur Lösung der Problematik aufzuspüren.

___________ 475 Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II. 2. c) dd), S. 71; Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 41; Larenz, Methodenlehre, S. 336; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 147.

5. Kapitel

Die Wertentscheidungen aus dem inneren System des allgemeinen Schadensrechts An das 4. Kapitel anknüpfend, sollen im Folgenden weitere Begründungsansätze untersucht werden, die die Lösung der Problematik des Ersatzes der fiktiven Herstellungskosten in Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution bestimmen könnten. Vor allem sollen nunmehr die weiteren Vorschriften des allgemeinen Schadensrechts auf ihre Tauglichkeit, konsistente Wertentscheidungen zu vermitteln, geprüft werden.

I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB Die Unbeachtlichkeit nachträglicher, die Restitution in natura unmöglich machender Umstände für den Restitutionssurrogatanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB könnte einer in § 250 S. 2 BGB angelegten Wertung zu entnehmen sein. § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB regelt explizit einen Fall der nachträglichen objektiven (rechtlichen) Unmöglichkeit des Herstellungsanspruchs nach § 249 Abs. 1 BGB. Dem Gläubiger wird in § 250 BGB die Option eröffnet, dem Schadensersatzschuldner zur Herstellung eine angemessene Frist zu setzen, nach deren Ablauf oder nach ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung seitens des Schädigers er „den Ersatz in Geld“ verlangen können soll. Handelt es sich jedoch bei dieser Rechtsfolge um den i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrag und ist § 250 BGB somit Ausdruck und Ausfluss des Restitutionsgedankens, so zeigt die Norm des § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB, wonach der Anspruch auf die Herstellung nach § 249 Abs. 1 BGB zwar ausgeschlossen ist, der Gläubiger aber dennoch den Herstellungsbetrag zu fordern berechtigt ist, eine durchaus beachtliche Resistenz des Restitutionssurrogatanspruchs gegenüber der nachträglichen Unmöglichkeit der Herstellung in natura. Diese Resistenz könnte es nahe legen und angezeigt erscheinen lassen, ihr eine grundsätzliche Wertung auch für den Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu entnehmen, weil beide Vorschriften dem gleichen, nämlich dem Restitutionsprinzip, welches das Integritätsinteresse des Geschädigten befriedigen soll, entstammen.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

1. § 250 BGB als Restitutions- oder Kompensationsvorschrift? In der Literatur ist jedoch umstritten, ob § 250 BGB Ausdruck der Restitution1 oder der Kompensation2 ist, weshalb dieser Frage zuvorderst nachgegangen werden muss3. Handelt es sich lediglich um eine weitere Form der Kompensation, so ist der oben beschriebene Gedankengang versperrt. Ob § 250 BGB als Restitutions- oder Kompensationsvorschrift ausgestaltet ist, wurde in der Rechtsprechung bisher – wohl nicht zuletzt wegen der geringen praktischen Relevanz der Norm4 – nicht thematisiert. Symptomatisch für diesen Umstand sind Entscheidungen, die die indifferente Haltung der Rechtsprechung mit einem neutralen Mantel der Bekenntnislosigkeit bedecken und in der Vorschrift des § 250 BGB einen „Anspruch auf Geldersatz“5, einen „auf Geld gerichteten Schadensersatzanspruch“6 oder – noch vager – einen „Zahlungsanspruch“7 erblicken. Frotz konstatierte im Jahre 1963: „Die Stellungnahme der Rechtsprechung zum ‚Ersatz in Geld‘ nach § 250 S. 2 BGB ist bemerkenswert zwielichtig“8. Das Zwielicht ist bis heute nicht ___________ 1 Palandt-Heinrichs, § 250 Rn. 3; AK/BGB-Rüßmann, §§ 249-250 Rn. 1 und 11; ErmanKuckuk, § 250 Rn. 6; Soergel-Mertens, § 250 Rn. 6; MüKo-Grunsky, § 250 Rn. 2; MüKoOetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 250 Rn. 12; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 250 Rn. 4; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 250 Rn. 4; Frotz, JZ 1963, 391, 393/394; Köhnken, VersR 1979, 788, 789; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 90; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 99; Köhler, JZ 1987, 248, 249; Emmerich, JuS 1976, 813; ders., JuS 1986, 228, 229; ders., JuS 1988, 988; ders., JuS 2001, 1120, 1121; Halbgewachs, NZV 1993, 380; Goßler, S. 27/28, 32 und 44; Schack, FSStoll, S. 61, 63, Fn. 13. Aus der älteren Lit. wohl auch Kuhlenbeck, JW 1897, 521, 522. 2 RGRK-Alff, § 250 Rn. 4; Lange, Schadensersatz, § 5 V 1, S. 232; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 II, S. 473; v. Tuhr, JherJb 46 (1904), 39, 53, Fn. 17; Oertmann, § 250, Anm. 4; Fischer, S. 214; Planck-Siber, § 250 Anm. 1, S. 88; Berg, JuS 1978, 672, Fn. 4; Stoll, JuS 1968, 504, 506, Fn. 16; U. Hamann, Schadensersatz, S. 35/36; Hagen, in: Lange/Hagen, S. 64; Homann, JuS 2002, 554, 556. 3 Ohne jegliche Begründung meint hingegen Bötticher, VersR 1966, 301, 309, Fn. 34, „man müsse dem Gläubiger die Wahl zwischen beiden Ansprüchen lassen“, d.h. der Geschädigte solle selbst entscheiden dürfen, ob die Rechtsfolge des § 250 S. 2 BGB Restitution oder Kompensation gewähre. Dies wäre ein legislatives Novum, denn der Einzelne würde eine Entscheidung herbeiführen, die zu treffen Aufgabe des Gesetzgebers ist. Der Ansicht fehlt auch jegliche Stütze im Gesetz; so im Ergebnis auch zutreffend U. Hamann, Schadensersatz, S. 34, der sich allerdings auch auf das schadensrechtliche Bereicherungsverbot stützt. 4 Vgl. hierzu z.B. Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 250 Rn. 1 und 4; SoergelMertens, § 250 Rn. 1; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 250 Rn. 4. 5 BGHZ 97, 178, 182; 148, 39, 50. 6 BGH NJW 1992, 2221, 2222. 7 BGH NJW-RR 1996, 700; 1998, 1514, 1515; NJW 1999, 1542, 1544. 8 Frotz, JZ 1963, 391, 392 unter Hinweis auf die Entscheidungen: RGZ 59, 155, 158; 71, 212, 214; 90, 154, 156; 91, 213, 217; 98, 55; BGHZ 27, 181, 185; BGH LM BGB § 249 (Gb) Nr. 3, Bl. 2 Vorderseite, einerseits (die für Kompensation sprechen) und BGHZ (GS) 11, 156, 163, andererseits (die sich eindeutig für die Restitution ausspricht). Wenn Frotz ausführt: „Da – soweit ersichtlich – keine einzige höchstrichterliche Ent-

I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB

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erhellt: Einerseits finden sich deutliche Judikate, die in § 250 BGB einen Fall der Restitution sehen9, andererseits finden sich ebenso eindeutige Urteile, in denen § 250 BGB als Form der Kompensation gewürdigt wird10. Mit den gängigen Methoden der Gesetzesinterpretation soll der Lösung der Frage nachgegangen werden, ob § 250 BGB eine Restitutions- oder Kompensationsvorschrift ist: a) Die Wortlaut- und systematische Interpretation Fraglich ist, ob der Gesetzeswortlaut des § 250 S. 2 BGB Klarheit bringen kann. In der Literatur wird vertreten, dass der Wortlaut des § 250 S. 2 Halbs. 1 BGB derart offen sei, dass er beide Auslegungsvarianten in gleichberechtigter Weise zuließe11. Dies erscheint nicht berechtigt. Semantisch steht die Rechtsfolge des „Ersatzes in Geld“ dem „Schadensersatz …“ als dem „dazu erforderlichen Geldbetrag“ näher als derjenigen, nach der der Ersatzpflichtige den Gläubiger „in Geld zu entschädigen“ hat12. In der Literatur wird des Weiteren vertreten, dass auch aus der gesetzessystematischen Anordnung der den Schadensersatzanspruch ausfüllenden Vorschriften des § 250 BGB keinerlei Schlüsse gezogen werden könnten13. ___________ scheidung eine methodologisch einwandfreie Interpretation der Vorschrift auch nur versucht, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob in der Rechtsprechung, wie es den Anschein hat, sachliche Meinungsverschiedenheiten bestehen oder ob eine einheitliche Ansicht durch terminologische Fehlgriffe verdunkelt wird“, ist dem zuzustimmen, wie nicht zuletzt dadurch belegt wird, dass in als „Ausrutscher“ zu bezeichnenden Entscheidungen des RG, selbst § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Anspruch, der Geldentschädigung, also Kompensation, vorsähe, erachtet wird. Vgl. RGZ 76, 146, 149 und wohl auch RGZ 117, 252, 255/256. 9 Vgl. z.B. LG Hannover, NJW-RR 1999, 251: „Das BGB unterscheidet in seinen §§ 249 bis 252 zwischen zwei Formen des Schadensersatzes, nämlich zum einen der Naturalrestitution, §§ 249, 250 BGB, die als Regelfall angesehen wird, zum anderen dem nur unter zusätzlichen Voraussetzungen anstelle der Naturalrestitution zulässigen Geldersatz nach den §§ 251, 252 BGB“ und OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 1716: „Gem. § 250 S. 2 BGB kann […] auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 249 S. 2 BGB […] nicht vorliegen grundsätzlich nach einer entsprechenden Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung […] Schadensersatz in Geld beansprucht werden. Geschuldet wird der zur Schadensbeseitigung erforderliche Geldbetrag.“ 10 Vgl. z.B. BGHZ 148, 39, 50: „Geldersatz“ und noch deutlicher im Leitsatz 4 (BGHZ 148, 39, 40): „Entschädigung in Geld“. 11 So Lange, Schadensersatz, § 5 V 1, S. 232; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 250 Rn. 3; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 250 Rn. 3; Frotz, JZ 1963, 391, 392; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 97; U. Hamann, Schadensersatz, S. 34. 12 In dieser Richtung auch MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 250 Rn. 12. 13 So Frotz, JZ 1963, 391, 392; U. Hamann, Schadensersatz, S. 34; StaudingerSchiemann (13. Aufl.), § 250 Rn. 3; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 250 Rn. 3; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 97.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

Fraglich ist, ob dies zutrifft. Würde es sich bei dem Ersatz in Geld gewährenden Anspruch aus § 250 S. 2 BGB um eine Ergänzung des Kompensationsgedankens und damit des Geldentschädigungssystems des § 251 BGB handeln, hätte es sich als systematisch zweckmäßiger und sachgerechter erwiesen, die Norm des § 250 BGB den am Geldwert ausgerichteten Fallgruppen der Kompensation nachzuordnen oder sie in diese zu integrieren. Dies spricht dafür, § 250 BGB als Restitutionsvorschrift zu erachten. Ein aus dem Gesetzesaufbau abgeleiteter völlig gleichberechtigter Schluss in die gegenteilige Richtung, nämlich dergestalt, dass es systematisch sachdienlich gewesen wäre, § 250 BGB in die Restitutionsnorm des § 249 BGB zu integrieren, lässt sich nicht nachweisen. Denn immerhin handelt es sich bei § 251 BGB um die entschädigungsrechtliche Auftakt- und Hauptnorm, sodass ein Annex zu dieser nicht nur zweckmäßigerweise, sondern auch sachgerechterweise der Vorschrift hätte nachfolgen oder in sie integriert werden müssen, ihr aber nicht hätte vorangestellt werden dürfen. Daher entspricht es eher der gesetzessystematischen Sachgerechtigkeit, den § 250 BGB, versteht man ihn als Ergänzung der restitutionsrechtlichen Auftaktnorm, dem § 249 BGB als Annex beizufügen, wenngleich er auch in § 249 BGB hätte aufgenommen werden können. Wenngleich weder zwingend noch einzig maßgebend, so sprechen dennoch indiziell die semantische und systematische Interpretation dafür, dass die Vorschrift des § 250 BGB als Ausfluss des Restitutionsgedankens zu betrachten ist und damit das Herstellungsprinzip ergänzt. b) Die historische Auslegung Einer genaueren Analyse sollen im Folgenden die historischen Gesetzesmaterialien unterzogen werden. Diese könnten einen Hinweis darauf geben, ob § 250 S. 2 BGB einen Restitutions- oder Kompensationsanspruch darstellt. Die Vorschrift des § 250 BGB wurde an verschiedenen Stellen in den Gesetzesmaterialien als Befugnis des Gläubigers, „Entschädigung in Geld“ zu verlangen14, bezeichnet. Diese Bezeichnung stimmte auch im Gesetzeswortlaut in den Entwürfen bis zur Neufassung des § 244 E II rev., wie er dann auch dem in § 244 E III und § 250 BGB entspricht15, überein, was für einen Kompensationsanspruch sprechen würde. Niederschlag im Gesetzeswortlaut fand sie allerdings nicht, was gegen einen Kompensationsanspruch spricht.

___________ 14 So in der Denkschrift zum Entwurf eines BGB, S. 45 = Mugdan, Bd. 2, S. 1235 und in dem Prot. II. Komm. Bd. I, S. 297 = Mugdan, Bd. 2, S. 514. 15 Vgl. dazu Mugdan, Bd. 2, S. III; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 102.

I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB

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Fraglich ist, was aus dieser historischen Entwicklung geschlossen werden kann. In der Literatur wird sie als offen und nicht zur Problemlösung tauglich bezeichnet16, weil eine Auseinandersetzung mit dem Sachproblem nicht stattgefunden oder der Gesetzgeber den Zweifel nicht erkannt habe17. Das ist allerdings nicht gerechtfertigt. Die Problematik der Rechtsnatur des § 250 BGB (Restitution oder Kompensation) ist nämlich am Rande der Beratungen der Redaktionskommission zur Zusammenstellung der Beschlüsse der Zweiten Kommission durchaus zur Sprache gekommen, und zwar im Rahmen der Diskussion des dort von Jacubezky 18 eingebrachten Antrages. Der Beratung lagen die Beschlüsse der Zweiten Kommission in der Paragrafenzählung des Entwurfs I (E I) zu Grunde. Die Vorschrift des § 219 E I ZustRedKomm lautete wie folgt: „Wer zum Schadensersatze verpflichtet ist, hat denjenigen Zustand herzustellen, welcher vorhanden sein würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen. Wird die Herstellung nicht innerhalb einer von dem Gläubiger bestimmten angemessenen Frist bewirkt, so kann der Gläubiger die Entschädigung in Geld verlangen. Statt der Herstellung kann der Gläubiger den zur Bewirkung derselben erforderlichen Geldbetrag verlangen. Ist die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich, so kann der Ersatzpflichtige die Entschädigung in Geld leisten.“19

Jacubezky beantragte, dem § 219 Abs. 3 E I ZustRedKomm eine andere Fassung zu geben, und führte hierzu u.a. aus: „Der Beschluß paßt nicht zu der als Absatz 2 beschlossenen Vorschrift; der Gläubiger kann nach Absatz 3 ohne Weiteres das verlangen, was er nach Absatz 2 erst nach erfolgter Aufforderung des Ersatzpflichtigen zur Herstellung verlangen kann.“20

Die Antragsbegründung geht unzweifelhaft davon aus, dass die Rechtsfolgen von § 219 Abs. 3 E I ZustRedKomm, der im Wesentlichen § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entspricht, und § 219 Abs. 2 E I ZustRedKomm, der im Wesentlichen ___________ 16 So Frotz, JZ 1963, 391, 392; U. Hamann, Schadensersatz, S. 34/35; StaudingerSchiemann (13. Aufl.), § 250 Rn. 3; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 250 Rn. 3. 17 So insbesondere Frotz, JZ 1963, 391, 392/393; U. Hamann, Schadensersatz, S. 31; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 250 Rn. 3; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 250 Rn. 3. 18 Zur Person und zum Wirken Jacubezkys vgl. oben im 4. Kapitel unter III. 1., S. 114, Fn. 164. 19 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 512, Fn. 1 = Mugdan, Bd. 2, S. 514; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 101. 20 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 101/102, die darauf hinweisen, dass diese – hier für wichtig erachtete – Antragsbegründung insoweit nicht in den Protokollen der Zweiten Kommission enthalten ist. Vgl. Prot. II. Komm. Bd. II, S. 512 = Mugdan, Bd. 2, S. 514.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

§ 250 BGB entspricht, identisch sind. Insofern muss berücksichtigt werden, dass die Kommission seinerzeit beschlossen hatte, „im Abs. 1 das Prinzip an die Spitze zu stellen, daß beim Schadensersatze der Ersatzpflichtige zur Naturalrestitution verpflichtet sei“21 und deshalb, „wolle man an der Grundlage der Naturalrestitution festhalten, der Abs. 3 einen Widerspruch gegenüber dem Abs. 2 enthalte“22. Hierauf wurde in den Beratungen erwidert: „Der § 219 enthalte keinen Widerspruch. Allerdings sei seinerzeit von der Komm. durch Annahme des Abs. 1 in der jetzigen Fassung das Prinzip der Naturalrestitution an die Spitze gestellt und das Recht des Gläubigers darauf basirt. Bei der Berathung der folgenden Sätze des § 219 habe man aber eine Erweiterung der Rechte des Gläubigers durch die Annahme des Abs. 3 beschlossen. Der Sinn des § 219 sei durch den Abs. 3, vielleicht ohne daß dies deutlich hervorgetreten sei, wesentlich verändert; das Verhältniß liege jetzt so: Der Gläubiger habe nach Abs. 1 Satz 1 das Recht auf Herstellung. Daneben könne er aber Schadensersatz in Geld gem. Abs. 3 fordern. Beide Ansprüche stehen alternativ neben einander. Wenn nun der Gläubiger seine Wahl getroffen habe und einen von beiden Ansprüchen geltend mache, so gehe er damit des anderen Anspruchs verlustig. Hier greife die Bestimmung des Abs. 2 ein, indem sie festsetzte, daß, wenn der Gläubiger vom Schuldner Herstellung gefordert habe und der Schuldner dieselbe nicht binnen einer bestimmten Frist bewirke, der an sich erloschene Anspruch des Gläubigers auf Geldersatz wieder auflebe.“23

Der letzte Teilsatz bringt deutlich zum Ausdruck, dass das Verständnis, welches Jacubezky hinsichtlich der Vorschrift des § 219 Abs. 2 E I ZustRedKomm hatte, grundsätzlich geteilt wurde und Konsens fand. Die Vorschrift sollte dem Gläubiger die Rechtsfolge des „statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrages“ erhalten, weil diese durch Ausübung des primären Wahlrechts zwischen Restitution durch den Schädiger und geldwerter Restitution bereits erloschen ist. Die Mehrheit der Kommission „überzeugte sich“ von dieser (von anderer Seite geltend gemachten) Erwiderung auf Jacubezkys Ausführungen zu seinem Antrag24 und lehnte den Antrag zwar ab25; allerdings betonte sie explizit: „es werde lediglich darauf ankommen, durch eine anderweite Fassung den Sinn des § 219 klarzustellen“26. Dem Rechnung tragend wurde in § 213 E II nicht nur § 219 Abs. 3 E I ZustRedKomm als Abs. 1 S. 2 vorgezogen, sondern in der Folge auch § 219 ___________ 21 So die Antragsbegründung von Jacubezky. Vgl. Prot. II. Komm. Bd. II, S. 512 = Mugdan, Bd. 2, S. 514. 22 So die Antragsbegründung von Jacubekzy. Vgl. Prot. II. Komm. Bd. II, S. 512 = Mugdan, Bd. 2, S. 514. 23 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 513 = Mugdan, Bd. 2, S. 514/515 (Hervorhebungen vom Verf.). 24 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 513 = Mugdan, Bd. 2, S. 515. 25 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 512 = Mugdan, Bd. 2, S. 514; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 102. 26 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 513 = Mugdan, Bd. 2, S. 515.

I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB

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Abs. 2 E I ZustRedKomm den Geldentschädigung gewährenden Kompensationsvorschriften in § 245 E II rev. vorangestellt, wie er den späteren §§ 245 E III und 251 BGB entspricht27. Dadurch wurde der von Jacubezky monierte Widerspruch aufgelöst. Seitens der Zweiten Kommission wurde konstatiert, „daß bei der Erörterung über das alternative Recht des Beschädigten nur solche Fälle zur Sprache gekommen seien, in welchen es sich um die Beschädigung einer Sache oder einer Person handele, und daß demgemäß nur für diese Fälle ein solches Wahlrecht des Gläubigers als festgestellt anzusehen sei“.28

Dies führte schließlich zu § 213 Abs. 1 S. 2 E II, wie er noch heute als § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gilt, und beseitigte die Bedenken Jacubezkys, dass nämlich der Gläubiger vom Ersatzpflichtigen dasselbe verlangen können soll, in dem einen Fall ohne und in dem anderen Fall mit Fristsetzung und Ablehnungsandrohung, was in der Tat einen Widerspruch dargestellt hätte. Die Beschränkung des Gläubigerrechts in § 213 Abs. 1 S. 2 E II auf die Konstellationen der Verletzung einer Person und der Beschädigung einer Sache hatte daher nur dann Sinn, wenn die Rechtsfolgen der beiden Vorschriften der §§ 213 Abs. 1 S. 2, 213 Abs. 3 E II auch wirklich identisch waren. Die Vorläufer, nämlich sowohl § 219 Abs. 3 E I ZustRedKomm als auch § 219 Abs. 2 ZustRedKomm, waren dem Restitutionsprinzip verhaftet, das der Gesetzgeber bewusst zur Begünstigung des Gläubigers als Leitprinzip betrachtete. Dieser zuvor dargestellten Novellierung lag daher zumindest auch die inhaltliche Diskussion um die Rechtsfolge des § 250 S. 2 BGB zu Grunde. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Feststellung, „der an sich erloschene Anspruch des Gläubigers auf Geldersatz lebe wieder auf“29, wenn der Geschädigte vom Schuldner Herstellung gefordert und ihm hierzu eine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt hatte, eine unbedachte, versehentliche oder eventuell terminologisch nicht präzise Äußerung der Redaktoren und Gesetzesverfasser war30. Vergegenwärtigt man sich diese historische Entwicklung des § 250 BGB, verblasst auch der Einwand derjenigen Autoren, die den Kompensationscharakter dieser Norm daraus herleiten wollen, dass der Umstand, der Geschädigte könne in den praktisch bedeutsamen Fällen den Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch ohne Fristsetzung geltend machen, gegen die Zuordnung des § 250 BGB zum Restitutionsgedanken spreche31. Hiergegen ist zum einen anzuführen, dass § 249 Abs. 2 S. 1 BGB einen – ohne Fristsetzung – ___________ Vgl. Mugdan, Bd. 2, S. III; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 102. Prot. II. Komm. Bd. II, S. 513 = Mugdan, Bd. 2, S. 515. 29 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 513 = Mugdan, Bd. 2, S. 515. 30 So aber Frotz, JZ 1963, 391, 393. 31 Lange, Schadensersatz, § 5 V 1, S. 232; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 II, S. 473; U. Hamann, Schadensersatz, S. 35. So auch bereits v. Tuhr, JherJB 46 (1904), 39, 53, Fn. 17. 27 28

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

gewährten Anspruch auf die Herstellungskosten nur in den dort erwähnten Fallgruppen liefert32 und daher insbesondere die Fälle der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Beeinträchtigung der Ehre oder des Rechts am eigenen Bild) nicht erfasst. Der historische Gesetzgeber hatte dies auch gesehen und sich, gerade weil § 250 BGB dieselbe Rechtsfolge wie § 249 Abs. 2 S. 1 BGB herbeiführte, dazu entschlossen, die letztere Vorschrift auf exponierte Fallgruppen zu beschränken, anderenfalls der von Jacubezky beschriebene Widerspruch entstünde. Im Übrigen erhält § 250 BGB dem Gläubiger den Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB selbst dann (und zwar auch in den Konstellationen der Sachbeschädigung und Personenverletzung33), wenn der Geschädigte zunächst ein primäres und ausdrückliches Interesse an dem Anspruch nach § 249 Abs. 1 BGB hat und Herstellung durch den Schuldner von diesem fordert. Kommt dieser der Verpflichtung allerdings nicht nach, steht der Geschädigte nun vor dem Problem, selbst Abhilfe schaffen zu müssen. Dieses Problem löst gerade auch § 250 BGB, insbesondere in den Fällen, in denen dem Gläubiger die Herstellung durch den Schuldner nach § 249 Abs. 1 BGB zwar wichtig, allerdings nicht so zwingend erforderlich erscheint, dass er als Ausweg zunächst nur eine Klage auf Herstellung nach § 249 Abs. 1 BGB sieht. Der historische Gesetzgeber ging in dieser Fallgestaltung nämlich davon aus, dass der Geschädigte, wenn er im Falle der Personenverletzung oder Sachbeschädigung zunächst ein primäres Interesse an der Herstellung durch den Schädiger ___________ 32 So auch Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 250 Rn. 3; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 98. 33 Unzutreffend insoweit MüKo-Grunsky, § 250 Rn. 1 und OLG Düsseldorf, NJWRR 1996, 1370/1371, die – ohne nähere Begründung – davon ausgehen, dass sich der Anwendungsbereich des § 250 S. 1 BGB auf Schädigungen beschränke, die nicht in der Verletzung einer Person oder der Beschädigung einer Sache bestehen, wobei sich Grunsky sogar selbst widerspricht (MüKo-Grunsky, § 250 Rn. 5: „Bis zum Ablauf der Frist kann der Gläubiger nur Naturalherstellung verlangen, und zwar gilt dies auch dann, wenn einer der Fälle des § 249 S. 2 vorliegt“). Diese Frage wird in der neueren Kommentarliteratur entweder gar nicht oder nur sehr nebulös und am Rande angesprochen; oft findet man nur den Hinweis, dass § 250 BGB in der Praxis kaum eine Rolle spielt und Anwendung findet, wenn zweifelhaft ist, ob ein Fall des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vorliegt (vgl. MüKo-Oetker, [4. Aufl., Neubearbeitung 2003], § 250 Rn. 4; SoergelMertens, [12. Aufl.], § 250 Rn. 1; Palandt-Heinrichs, [61. Aufl.], § 250 Rn. 1; StaudingerSchiemann, [13. Aufl.], § 250 Rn. 1; Erman-Kuckuk, § 250 Rn. 1). In der hier vertretenen gegenteiligen Richtung, aber wohl auch die überwiegende Lit., wenn sie darauf hinweist, dass der Geschädigte bis zum Fristablauf selbst dann nur Naturalherstellung verlangen kann, wenn einer der Fälle des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vorliegt. Vgl. dazu StaudingerSchiemann (13. Aufl.), § 250 Rn. 10; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 250 Rn. 3 und 9; Palandt-Heinrichs, § 250 Rn. 3; Soergel-Mertens, § 250 Rn. 4; Erman-Kuckuk, § 250 Rn. 4; RGRK-Alff, § 250 Rn. 4. Wirklich deutlich hingegen Oertmann in seinem Kommentar aus dem Jahre 1910: § 250, Anm. 2, S. 44: „Das Recht der Fristsetzung steht dem Gläubiger zu, sowohl da, wo er zuerst Herstellung verlangen muß, wie auch da, wo er statt dessen den nötigen Geldbetrag verlangen kann.“ Zur Begründung vgl. die Ausführungen im Text, insbes. auch im folgenden Unterabschnitt.

I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB

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hat und deshalb den Anspruch nach § 249 Abs. 1 BGB wählt, seines Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verlustig geht. Um ihn nicht auf den Klage- und anschließenden zwangsvollstreckungsrechtlichen Weg verweisen zu müssen, für den Fall, dass der Schuldner dieser Verpflichtung nicht oder nur schleppend nachkommt, sollte der Restitutionssurrogatanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB unter den besonderen Voraussetzungen des § 250 BGB wieder aufleben. Dass der Anwendungsbereich von § 250 BGB nicht groß ist, sei zwar zugegeben, stellt andererseits jedoch keinen Grund dar, der Vorschrift einen prinzipiellen Geltungsanspruch zu versagen und hieraus zu folgern, um eine Form der Restitution könne es sich bei ihm nicht handeln. Eine genauere Analyse der Gesetzesmaterialien ergibt mithin, dass § 250 S. 2 BGB ein Restitutionsanspruch ist. c) Die teleologische Interpretation Mit den folgenden Ausführungen soll untersucht werden, zu welcher Antwort die teleologische Auslegung von § 250 BGB bei der Frage führt, ob § 250 S. 2 BGB ein Restitutions- oder Kompensationsanspruch ist. Zur Begründung dafür, dass § 250 S. 2 BGB einen Restitutionsanspruch gewährt, wird in der Literatur vorgetragen, dass sich die Vorschrift des § 250 BGB „harmonischer“ in das System der schadensersatzrechtlichen Vorschriften einfüge, verstehe man sie als Ausprägung des Restitutionsgedankens, weil sie dann am Grundsatz der Herstellung – wenngleich in Form des Ersatzes der Herstellungskosten – festhalte34. Zwar besitzt dieser isolierte Hinweis nur wenig Überzeugungskraft. Verdeutlicht man sich aber den dahinter stehenden Gedanken, dass die den Schadensersatzanspruch ausfüllenden Normen vom Vorrang der Restitution ausgehen und Kompensationsvorschriften als begrenzte und sachlich begründete Ausnahmen dieses Herstellungsprinzip nur ausnahmsweise durchbrechen sollen35, dann wird der berechtigte Kern dieses Arguments deutlich. Gegen die Ansicht, die § 250 BGB als Form der Restitution erachtet, wird eingewandt, sie widerspräche dem klaren Gesetzeswortlaut, der in § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB anordne, dass der Anspruch auf Herstellung ausgeschlossen sei, und lasse unberücksichtigt, dass „nach der Vorstellung des Gesetzes die Kompensation in Geld die Hauptform des Schadensersatzes“ sei, sodass – nach Ablehnung der Restitution – der Gläubiger lediglich das Recht auf Kompensation behalten könne36. ___________ Köhnken, VersR 1979, 788, 789; Frotz, JZ 1963, 391, 393. Darauf heben sowohl Köhnken, VersR 1979, 788, 789, als auch Frotz, JZ 1963, 393, 393, ab. 36 So Stoll, JuS 1968, 504, 506, Fn. 16. 34 35

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

Fraglich ist, ob diese Gegeneinwände zutreffen. Dass nach § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB der Anspruch auf Herstellung in natura, also die Reparation nach § 249 Abs. 1 BGB durch den Schädiger selbst, nach Fristablauf ausgeschlossen ist, ist eine notwendige Konsequenz – in § 250 BGB nicht anders als in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Dieser Herstellungsanspruch ist in den Fällen, in denen sich der Gläubiger für den Herstellungskostenanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entschieden hat, ebenso ausgeschlossen. Aus § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB folgt daher kein Umkehrschluss dahingehend, dass im Falle des Ausschlusses des Herstellungsanspruchs in natura lediglich kompensatorische Geldentschädigungsansprüche bestehen würden. Vielmehr muss umgekehrt mit Blick auf die ähnlichen Vorschriften der §§ 326 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB37, 281 Abs. 4 BGB38 argumentiert werden, dass der entsprechende Schadensersatzanspruch statt der Leistung – trotz Ausschlusses der ursprünglich geschuldeten Leistung – am Erfüllungsinteresse ausgerichtet ist und sich an den Kosten orientiert, die der Gläubiger aufwenden müsste, um den durch die pflichtwidrige Handlung geschaffenen Zustand beseitigen zu können. Der Schuldner muss dort bspw. die vom Gläubiger aufzuwendenden Kosten eines Deckungsgeschäfts ersetzen. Damit wird jedoch deutlich, dass trotz Ausschlusses des primären, nicht monetären Anspruchs der Geldersatzanspruch an dem ursprünglichen, auf Erhaltung der Integrität bzw. Äquivalenz bedachten Anspruch ausgerichtet ist. Die Folge des Ausschlusses der Naturalrestitution in § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB stellt daher kein Argument dar, das gegen, sondern für den Restitutionscharakter des § 250 BGB spricht. Auch ist es unzutreffend zu behaupten, dass nach der Vorstellung des Gesetzes die Kompensation in Geld der Hauptanspruch des schadensersatzrechtlichen Ausgleichssystems sei39. Vielmehr ist der Restitutionsgedanke das Leitprinzip der den Schadensersatzanspruch ausfüllenden Normen des allgemeinen Schadensrechts, und deshalb sind die Naturalrestitution gewährenden Vorschriften mit Vorrang ausgestattet. Dies entspricht nicht nur der heute allgemeinen Ansicht 40 , sondern auch dem Willen des historischen Gesetzgebers. Bereits die Erste Kommission hatte der in der Folge der Gesetzesberatungen kontrovers diskutierten Frage nachzugehen, ob sich das zu statuierende Scha___________ In der bis 31.12.2001 geltenden Fassung. In der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung. 39 So in der neueren Lit. lediglich Stoll, JuS 1968, 504, 506, der sich wohl von kritischen Stimmen aus der Frühzeit des BGB hat inspirieren lassen. Vgl. bspw. Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 51-88; Fischer, S. 156/157; v. Tuhr, JherJb 46 (1904), 39, 49, Fn. 13. 40 Vgl. lediglich BGHZ 92, 85, 90; 115, 364, 367; BGH NJW 1997, 520, 521; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 207; ders., NZV 1996, 1, 2; Roth, JZ 1994, 1091, 1092; Lipp, NZV 1996, 7; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 89; Zeuner, AcP 163 (1963), 380, 384; Steffen, NJW 1995, 2057, 2058; Kötz, FS-Hauß, S. 181, 186; Weber, DAR 1991, 11; Schack, FS-Stoll, S. 61, 62; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 308. 37 38

I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB

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densersatzrecht des BGB am Restitutions- oder am Kompensationsprinzip orientieren sollte. Grundlage waren der von v. Kübel ausgearbeitete Teilentwurf des Obligationenrechts aus dem Jahr 188241 sowie die Änderungsanträge von Windscheid42 und Planck43. Die Anträge waren darauf gerichtet, das Restitutionsprinzip „als ein allgemeines in das Gesetzbuch“ aufzunehmen „und an die Spitze“ zu stellen44. Im Verlaufe der Beratungen wurden, obwohl „die Wiederherstellungspflicht […] allerdings die Natur der Sache für sich“ habe45, Zweifel erhoben und die Frage aufgeworfen, „ob es nicht richtiger sei, von dem Grundsatze auszugehen, daß der Schaden in Geld zu ersetzen sei und von diesem Grundsatze nur gewisse Ausnahmen zuzulassen, insbesondere für die Fälle der Sachentziehung und überhaupt für alle Fälle der noch fortdauernden Verletzung eines subjektiven Rechts.“ 46 Dennoch führten die Beratungen zu folgendem Ergebnis: „Die Mehrheit billigte das in dem Entwurfe und den beiden Anträgen vertretene Prinzip. Für sie war die Betrachtung entscheidend: Das Prinzip entspreche der Rechtslogik. Eine dasselbe verleugnende allgemeine Regel werde ungerecht, bald gegen den Gläubiger, bald gegen den Schuldner. Die gegen dasselbe angeregten Bedenken verlören fast jede Bedeutung, wenn nur in dem betreffenden Abschnitte angemessene Vorschriften über die Berechtigung des Gläubigers, dessen Anspruch auf ein facere des Schuldners gerichtet sei, gegen den renitenten Schuldner das Geldinteresse zu liquidiren, aufgestellt würden.“47

Aber auch die Zweite Kommission musste sich erneut der Frage widmen, ob der leitende Gedanke im Schadensersatzrecht am Restitutionsprinzip ausgerichtet werden sollte. Allein sieben von acht Änderungsanträgen zielten darauf ab, das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Restitution und Kompensation um___________ 41 § 15 Abs. 1 TE-OR Nr. 15 lautete: „Der Schadensersatzpflichtige hat dem Beschädigten Alles, was demselben durch die widerrechtliche Handlung oder Unterlassung entzogen worden ist, in Natur zurückzuerstatten, was zerstört oder verschlechtert worden ist, in den vorigen Zustand wieder herzustellen, auch allen weiteren demselben verursachten Schaden zu ersetzen“; v. Kübel, Teilentwurf Nr. 15, S. 3, in: Schubert, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1, AT, S. 655; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 83. 42 Der Antrag § a lautete: „Der Schadensersatz besteht in der Herstellung desjenigen Zustandes, welcher ohne die unerlaubte Handlung oder Unterlassung vorhanden gewesen sein würde …“; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 83. 43 Der Antrag § 14 Abs. 1 S. 1 lautete: „Der Schadensersatzpflichtige hat denjenigen Zustand herzustellen, welcher ohne die unerlaubte Handlung oder Unterlassung bestanden hätte und dem Beschädigten allen hierdurch nicht ausgeglichenen Vermögensschaden in Geld zu ersetzen“; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 84, Fn. 4. 44 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 86. 45 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 86. 46 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 86. 47 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 87.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

gekehrt als in § 219 E I ZustRedKomm vorgesehen48 zu definieren49. Das Protokoll hielt hierzu fest: „Während der Antrag 1 an dem Standpunkte des Entw. festhält, daß der Schadensersatz zunächst durch Naturalrestitution und nicht in Geld zu leisten sei, stellen alle anderen Anträge das gegentheilige Prinzip der Geldentschädigung in erste Linie. Sämmtliche Vorschläge nähern sich jedoch einander dadurch, daß sie den angenommenen Grundsatz nicht unbeschränkt durchführen, sondern die einen mehr, die anderen weniger in entgegengesetzter Richtung abändern.“50

Nach einer erneuten kontroversen Sachdebatte entschied sich die Zweite Kommission „unter Ablehnung der übrigen Anträge für die Annahme des Antrags 1“51. Unter Rückgriff auf die die Entscheidung der Ersten Kommission leitenden Erwägungen wird in den Protokollen der Zweiten Kommission sodann ausgeführt: „Es lasse sich zwar nicht verkennen, daß der gewöhnliche Sprachgebrauch mit dem Begriffe des Schadensersatzes regelmäßig die Bedeutung der Geldentschädigung verbinde: dennoch könne die Anschauung des Entw. und des angenommenen Antrags 1 nicht für unrichtig gehalten werden. Verstehe man unter Schaden jeden wirthschaftlichen Nachtheil und unter Ersatz die Ausgleichung dieses Nachtheils, so ergebe sich, daß dieser Ersatz ebensowohl durch Naturalrestitution wie durch Geldentschädigung geschehen könne. Die terminologische Erweiterung des Schadensersatzbegriffs widerstreite weder der natürlichen Auffassung noch der rechtsgeschichtlichen Entwicklung: sie entspreche einer im Gebiete des gem. Rechtes verbreiteten Ansicht und stimme mit dem sächs. BGB, im Prinzip auch mit dem preuß. ALR I. 6 § 79 überein. Es komme hinzu, daß, wenn die Herstellung des früheren Zustandes und die Geldentschädigung nicht auseinander gehalten, sondern unter den Begriff des Schadensersatzes zusammengefaßt werden, die Technik des Gesetzes sich wesentlich vereinfache und Wiederholungen vermieden werden können.“52

Zusammenfassend wird zu dem mit Vorrang ausgestatteten Herstellungsprinzip in den Motiven zum BGB ausgeführt: „Auf diesem Prinzipe beruhen wesentlich auch die entsprechenden Bestimmungen der modernen Gesetze; desgleichen ist für das gemeine Recht anerkannt, daß der Anspruch auf Leistung des Interesses den Anspruch auf Wiederherstellung des früheren

___________ 48 § 219 E I lautete: „Der Schuldner hat den Schadensersatz dadurch zu leisten, daß er denjenigen Zustand herstellt, welcher vorhanden sein würde, wenn der zum Schadensersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, und daß er, soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, den Gläubiger in Geld zu entschädigen“; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 96; Mugdan, Bd. 2, S. III. 49 Vgl. hinsichtlich der einzelnen Anträge Prot. II. Komm. Bd. I, S. 293-295 = Mugdan, Bd. 2, S. 511-512; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 99-100. 50 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 295 = Mugdan, Bd. 2, S. 512. 51 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 295 = Mugdan, Bd. 2, S. 512; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 100. 52 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296 = Mugdan, Bd. 2, S. 513.

I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB

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Zustandes in sich schließt.[53] Das die Verpflichtung zur Naturalrestitution in erster Linie in sich schließende Prinzip der Wiederherstellungspflicht hat die Natur der Sache für sich und entspricht der Rechtslogik. Eine dasselbe verleugnende allgemeine Regel wäre ungerecht bald gegen den Gläubiger, bald gegen den Schuldner. Das gegen das Prinzip allenfalls geltend zu machende Bedenken, daß, weil die Wiederherstellungspflicht ein den Schuldner zu einer Handlung verpflichtendes Schuldverhältnis ergebe, der Gläubiger in eine schlimme Lage gerathen könne in den zahlreichen Fällen, in welchen die Möglichkeit der Wiederherstellung des früheren Zustandes zweifelhaft sei oder wenn der Schuldner sich renitent erweise, verliert angesichts des § 243 in wichtigen und zahlreichen Fällen an Bedeutung, indem hierdurch dem Beschädigten die Möglichkeit eröffnet ist, gerade den erwähnten Schwierigkeiten auf sicherem Wege zu begegnen. Die Ausführung des Prinzipes der Verpflichtung zur Naturalrestitution für die einzelnen denkbaren Fälle ist überflüssig und wäre nicht unbedenklich.“54

Wenngleich die kritischen Stimmen in der Literatur hinsichtlich des Vorrangs der Restitution noch nicht gleich verstummten55, widerlegt die historische Gesetzesauslegung doch den Einwand, dass die Kompensation in Geld nach der Vorstellung des Gesetzes die Hauptform des Schadensersatzes darstelle56. Der Kompensationscharakter des § 250 S. 2 BGB wird in der Literatur zudem wie folgt begründet: Das Gesetz fingiere in dieser Vorschrift die tatsächliche Unmöglichkeit, um eine Vereinfachung und Klärung der Verhältnisse herbeizuführen57, sodass als Rechtsfolge nur diejenige des § 251 Abs. 1 BGB in Betracht komme. Zweifelhaft ist, ob es sich hierbei nicht um eine methodische Fehlinterpretation handelt. Die Argumentation ist zunächst zirkulärer Natur58, ___________ 53 In der Fußnote des Originals werden hierzu für das gemeine Recht die Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts „22 Nr. 44, 17 Nr. 26, 9 Nr. 79“ und das Lehrbuch von Windscheid sowie für die „modernen Gesetze“ die Vorschriften: „ALR 1, 6 § 79; öst. BG § 1323; sächs. GB § 687; hess. Entw. 215, bay. Entw. 73, dresd. Entw. 222“ angeführt. Zu diesen Vorläuferbestimmungen vgl. auch Wolter, Prinzip der Naturalrestitution, S. 18 und 77. 54 Motive Bd. II, S. 19/20 = Mugdan, Bd. 2, S. 11. 55 Degenkolb, AcP 76 (1890), 1, 51-88; v. Tuhr, DJZ 1899, 304, 306; Fischer, S. 156/157; v. Tuhr, JherJB 46 (1904), 39, 49, Fn. 13; Baur, S. 41/42. 56 So aber Stoll, JuS 1968, 504, 506. 57 Oertmann, § 250, Anm. 4; Pieper, JuS 1962, 409, 410; U. Hamann, Schadensersatz, S. 35/36. Im Ergebnis so wohl auch Planck-Siber, § 250 Anm. 1, S. 88, ohne allerdings von der „Fiktion der Unmöglichkeit“ zu sprechen. 58 In dieser Richtung wohl auch Frotz, JZ 1963, 391, 393: „Das Schlagwort von der ‚fingierten Unmöglichkeit‘, das angeblich geeignet sein soll, die behauptete Gleichbewertung kurz und treffend zu charakterisieren, führt in Wirklichkeit in die Irre. […] Wer meint, das Gesetz werte in § 250 BGB die Fälle der Herstellungsverzögerung oder sogar -verweigerung den Fällen des § 251 I BGB gleich, kann diese Ansicht also nur aus der Rechtsfolge des § 250 S. 2 BGB herleiten: gewährt § 250 S. 2 BGB dem in seiner Herstellungserwartung enttäuschten Gläubiger einen Geldentschädigungsanspruch i.S. des § 251 I BGB, dann bedeutet dies im Ergebnis eine Gleichbewertung der Fälle des § 250 BGB und des § 251 I BGB. Infolgedessen hat der Gesichtspunkt der Gleichbewertung für unser Auslegungsproblem, welche Rechtsfolge der § 250 S. 2 BGB anordnet, überhaupt keinen Erkenntnis-

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

weil die Frage, welchen Charakter die Rechtsfolge des § 250 S. 2 BGB hat, nicht damit beantwortet werden kann, dass es nur die Kompensation sein könne, weil der Tatbestand der Vorschrift an denjenigen der Kompensationsnorm des § 251 Abs. 1 BGB angelehnt werden müsse. Darüber hinaus spricht nichts für eine der Gesetzesfiktion typische Gleichbewertung verschiedener Sachverhalte auf der Ebene des Tatbestands59 der beiden Normen: Zum einen ergeben sich aus den Gesetzesmaterialien keinerlei Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber in § 250 S. 2 BGB eine tatsächliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution fingieren wollte60. Zum anderen hätte es nahe gelegen, dass der Gesetzgeber eine Gleichbewertung der Tatbestände der §§ 250, 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB – hätte er eine solche vornehmen wollen – deutlich in der Form der Gesetzesfiktion zum Ausdruck gebracht hätte, z.B. in der wirklich an § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB angelehnten Formulierung des § 250 S. 2 BGB: „Nach dem Ablaufe der Frist gilt die Herstellung als nicht möglich.“61 Für die Gesetzestechnik der Fiktion ist dabei von Bedeutung, dass nur die äußere Form der fingierten Gleichbewertung von Tatbeständen konstitutiv ist62. Umgekehrt ist eine bloße Motivation oder Absicht der Gesetzesverfasser, „einen Tatbestand fiktiv als Teil eines anderen Tatbestands zu normieren, so lange unbeachtlich, als sie nicht in der hierfür zur Verfügung stehenden sprachlichen Form zum objektiven Ausdruck gekommen ist“.63 Gegen die gesetzestechnische Ausgestaltung des § 250 BGB als tatbestandliche Gleichbewertung des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB im Wege der fingierten Unmöglichkeit spricht überdies, dass der Tatbestand, der vom Gesetzgeber, obwohl er sich in tatsächlicher Hinsicht ___________ wert. Er zieht nur die Aufmerksamkeit von der richtigen Frage ab, ob die ratio des § 250 S. 2 BGB die Rechtsfolge der Geldentschädigung i.S. des § 251 I BGB bedingt.“ 59 Vgl. hierzu Pfeifer, Fiktionen im öffentlichen Recht, S. 43 ff.; Esser, Wert und Bedeutung der Rechtsfiktionen, S. 27 und 29. 60 Wenn Oertmann, § 250, Anm. 4 behauptet, dass bereits die Motive den Fall des § 250 BGB als „fingierte Unmöglichkeit“ bezeichnen, trifft dies – soweit ersichtlich – nicht zu. 61 Ähnlich Frotz, JZ 1963, 391, 393, Fn. 15. 62 Pfeifer, Fiktionen im öffentlichen Recht, S. 53. Vgl. auch Larenz, Methodenlehre, S. 262: „Die juristische Fiktion besteht in der gewollten Gleichsetzung eines als ungleich Gewußten. Dadurch, daß die tatsächliche Ungleichheit des Gleichgesetzten demjenigen, der sich der Fiktion bedient, bewußt ist, unterscheidet sich die Fiktion von einer irrtümlich falschen Identifizierung oder Subsumtion.“ 63 Pfeifer, Fiktionen im öffentlichen Recht, S. 53; ähnlich auch Esser, Wert und Bedeutung der Rechtsfiktionen, S. 206: „Hier ist der eigentliche Platz der Machtentfaltung des Wortes. Daher nun erklärt sich wiederum […] die Beliebtheit der Fiktion auch beim Gesetzgeber. Die Fiktion ist wohl nicht das stärkste, aber das klassische, sozusagen legalste Mittel, um die für die Anerkennung und die Überzeugung von der Verbindlichkeit der Gesetze mitunter wesentliche Überredungskraft da zu ersetzen, wo sie mangels Verbindung mit den sonst diese Kraft ausstrahlenden Grundideen und -gesetzen fehlt.“ Überredungskraft des Gesetzgebers aber impliziert, dass er ein Bewusstsein entfaltet, welches im Normwortlaut selbst zum Ausdruck zu kommen hat, um die Verbindlichkeit des Geltungsanspruchs hinreichend zu sichern.

I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB

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vom Bezugstatbestand unterscheidet, mit diesem gleich bewertet werden soll, in aller Regel im gesetzessystematischen Aufbau dem Bezugstatbestand nachfolgt, wofür allein schon das Moment der logischen Anordnung spricht. Beispiele des Nachfolgens der im Wege der Gesetzesfiktion tatbestandlich gleichbewerteten Normen im Hinblick auf die Bezugsnormen lassen sich im Bürgerlichen Recht in einer Vielzahl von Fällen anführen64. Hingegen ist ein Voranstellen der im Wege der Gesetzesfiktion tatbestandlich gleichbewerteten Vorschrift im Hinblick auf die Bezugsvorschrift – soweit ersichtlich – ohne Vorbild und Beispiel. Dies erweckt, wie dargestellt, erhebliche Zweifel an der These, dass in § 250 BGB die tatsächliche Unmöglichkeit der Herstellung i.S.d. § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB fingiert werde. Auch ist der Inhalt des § 250 BGB nicht allein mit der „Vereinfachung und Klärung der Verhältnisse“ beschrieben. Aus den Gesetzesmaterialien geht deutlich hervor, dass der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs eine Verbesserung seiner Rechtsstellung erhalten sollte65, sodass man zur Lösung der Frage, ob § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB einen Restitutions- oder Kompensationsanspruch darstellt, auch hier die Gläubigerbegünstigungs- und Rechtsstellungsverbesserungstendenz fokussieren muss. Um dieses Ziel zu erreichen, war sich der historische Gesetzgeber selbst dessen bewusst, dass er den in § 249 Abs. 1 BGB statuierten Grundsatz und Vorrang der faktischen Naturalrestitution „in billiger Rücksichtnahme auf die Verhältnisse des Geschädigten […] durchbrochen“66 hatte und dies auch musste. Der Schadensersatzgläubiger soll nicht eine unzumutbare Zeit warten, sich vom Schädiger quasi bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag vertrösten lassen müssen, bis die ihm geschuldete Herstellung endlich einmal in Angriff genommen ___________ 64 Vgl. bspw. §§ 108 Abs. 2 S. 2 Halbs. 1/108 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 BGB, §§ 158/162 BGB, §§ 177 Abs. 2 S. 2 Halbs. 1/177 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 BGB, §§ 415 Abs. 1 S. 1/415 Abs. 2 S. 1 BGB, §§ 415 Abs. 2 S. 2 Halbs. 1/415 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 BGB, §§ 416 Abs. 1 S. 1/416 Abs. 1 S. 2 BGB, §§ 516 Abs. 2 S. 1/516 Abs. 2 S. 2 BGB, §§ 1001 S. 1/1001 S. 3 BGB, §§ 1852 Abs. 2 S. 1/1852 Abs. 2 S. 2 BGB, §§ 2136/2137 Abs. 1 BGB. 65 Denkschrift zum Entwurf eines BGB, S. 45 = Mugdan, Bd. 2, S. 1235: „Aber auch soweit sich die Haftung des Ersatzpflichtigen auf die Herstellung beschränkt, darf der Gläubiger füglich nicht gezwungen werden, für unbestimmte Zeit zu warten, ob Herstellung erfolgt. Der Entw. gewährt daher dem Gläubiger die Befugniß, dem Ersatzpflichtigen eine angemessene Frist zur Herstellung mit der Wirkung zu bestimmen, daß nach fruchtlosem Ablaufe der Frist die Entschädigung in Geld, unter Ausschluß des Anspruches auf Herstellung, verlangt werden kann (§ 244)“; Prot. II. Komm. Bd. I, S. 297 = Mugdan, Bd. 2, S. 513/514: „Der Zusatzantrag 1 b werde durch die Erwägung gerechtfertigt, daß die Zeit, während welcher der Gläubiger auf Bewirkung der Naturalrestitution warten müsse, nicht ins Unangemessene ausgedehnt werden könne. Vermöge der Ersatzpflichtige die Naturalrestitution innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist nicht zu bewirken, so zeige sich, daß er sie in annehmbarer Weise nicht bewirken könne, und deswegen müsse der Gläubiger die Entschädigung in Geld fordern dürfen.“ 66 So sehr deutlich in der Denkschrift zum Entwurf eines BGB, S. 45 = Mugdan, Bd. 2, S. 1235.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

wird. Er sollte ein einfaches und flexibles Instrument zur Verfügung gestellt erhalten, mit dem er den erlittenen Schaden selbst ausgleichen konnte. Deshalb ist hervorzuheben, dass § 250 BGB aus diesem Grund „in einem untrennbaren Zusammenhang mit § 249 steht und die in § 249 Abs. 2 S. 1 genannten Sachverhalte, in denen der Gläubiger Ersatz der Herstellungskosten verlangen kann, erweitert“67. Dabei soll der Geschädigte aber nicht ausschließlich auf den langwierigen, zeitund kostenintensiven Weg der Herstellungsklage verwiesen werden, der ihn über das zwangsvollstreckungsrechtliche Surrogat des § 887 ZPO dann endlich zur Einforderung der entstandenen Herstellungskosten berechtigt68. Dagegen lässt sich auch nicht einwänden, dass der Gläubiger, erhalte er im Falle der ergebnislosen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung lediglich den Kompensationsbetrag, genauso gut emanzipiert und von der Verweigerungsund Hinhaltetaktik des Schädigers befreit sei. Denn dabei würde man der Rechtsstellungsverbesserungskomponente nur eine halbe Geltung zusprechen, weil der Gläubiger – würde er den ihm ersparten, mühsamen prozessualen und zwangsvollstreckungsrechtlichen Weg über die Ersatzvornahme nach § 887 ZPO gehen – den Restitutionsbetrag erhalten hätte. Ist § 250 BGB aber ausschließlich eine im Interesse des Geschädigten geschaffene Vorschrift, so kann er durch sie nicht schlechter gestellt werden, als er stünde, gäbe es sie nicht69. Überdies ist zur Rechtfertigung der These, § 250 BGB enthalte einen Restitutionsanspruch, auch hier an die Verzögerungsargumentation zu erinnern: Der Schädiger soll materiell-rechtlich keinen Vorteil daraus schlagen können, dass er die ihm von Gesetzes wegen auferlegte sofortige Schadensersatzverbindlichkeit pflichtwidrig verzögert oder gar gänzlich verweigert. Einen Anreiz, diese zu missbilligende „Option“ auszunutzen, würde man dem Schadensersatzschuldner jedoch gewähren, könnte er sich durch Leistungsverweigerung dem Herstellungskostenersatzanspruch entziehen und den Gläubiger mit der in der Regel niedrigeren Kompensation „abspeisen“. Die Gläuberbegünstigungstendenz und die weitere Intention des § 250 BGB, die Rechtsstellung des Geschädigten zu verbessern, bildet ebenfalls den Grund dafür, dass auch der in seiner Person Verletzte und der an seinen Sachen Beschädigte den Anspruch aus § 250 BGB geltend machen kann70. Dies gilt selbst für den Fall, dass er sich zuvor für den Anspruch aus § 249 Abs. 1 BGB entschieden hat, seinen Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB deshalb zunächst möglicherweise verloren hat und sich im Nachhinein jedoch herausstellt, dass der ___________ MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 250 Rn. 1. Vgl. dazu auch BGHZ 148, 39, 49/50; Frotz, JZ 1963, 391, 394; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 98; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 250 Rn. 4. 69 Ebenso Frotz, JZ 1963, 391, 394. 70 A.A. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 1370/1371; Schack, FS-Stoll, S. 61, 63, Fn. 12; MüKo-Grunsky, § 250 Rn. 1. 67 68

I. Wertentscheidung aus § 250 S. 2 BGB

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Schuldner seiner Herstellungsverpflichtung nicht nachkommt. Wählt der Geschädigte dieses Vorgehen, so soll er nicht darunter leiden, dass sich der Schuldner widerspenstig verhält. Er hat auf den Entschluss des Schuldners, Wiederherstellungsmühe walten zu lassen, keinen Einfluss. Er soll nicht deshalb schlechter gestellt sein, weil er seine primäre Ersetzungsbefugnis aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht wahrgenommen hat. Der Geschädigte soll in dieser Konstellation, um die Herstellungskosten verlangen zu können, weder auf den Klage- und anschließenden Weg der Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO, noch auf den Weg nach § 283 BGB a.F. verwiesen sein. Auch insoweit ist der vom historischen Gesetzgeber als ideal angesehene Vorrang der Restitution in natura zugunsten des Gläubigers abgemildert. Dieser soll keinen Nachteil daraus erleiden, dass er sich zunächst von der Naturalrestitution durch den Schädiger den bestmöglichen Schadensausgleich versprochen und für die Restitutionsalternative entschieden hat, die der Gesetzgeber mit Vorrang ausgestattet wissen wollte. Mit der – in diesem Falle sekundären – Ersetzungsbefugnis71 nach § 250 BGB soll er den Anspruch wieder zur Verfügung gestellt erhalten, den er sofort hätte geltend machen können. Auf eine weitere Unstimmigkeit der Gegenmeinung hatte bereits Mook hingewiesen: „Die Bestimmung des Geldersatzes gemäß § 250 BGB nach dem Entschädigungsprinzip des § 251 BGB hätte darüber hinaus eine nicht zu rechtfertigende Bevorzugung des Geschädigten bei Körperverletzung und Sachbeschädigung zur Folge. Während derjenige, der eine Körperverletzung erlitten hätte oder dessen Sachen beschädigt worden wären, die Herstellungskosten nach § 249 S. 2 BGB verlangen könnte, müßte jener, der einen immateriellen Schaden erlitte – z.B. bei einer Ehrverletzung – sich mit einer Geldkompensation nach § 250 BGB begnügen, ohne z.B. die Kosten der Herstellung einer berichtigenden Zeitungsannonce verlangen zu können.“72

Auch diese Konsequenz, die man, folgte man der Gegenansicht, ziehen müsste, widerspricht der Rechtsstellungsverbesserungskomponente. Insgesamt belegen mithin die Argumente, die aus Sinn und Zweck des § 250 BGB folgen, dass es sich bei der Rechtsfolge des § 250 S. 2 Halbs. 1 BGB um diejenige des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB handelt. 2. Konsequenzen und Ergebnis Wie erörtert, sprechen die überzeugenderen Argumente dafür, in § 250 BGB eine der Restitution zugehörige Vorschrift zu erblicken. Sie kann auch zur Lösung der Frage, ob der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle nachträglicher, ___________ 71 Dass auch § 250 BGB eine facultas alternativa creditoris begründet, wird in der Lit. nur selten hervorgehoben. So aber jedenfalls MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 250 Rn. 1; Lange, Schadensersatz, § 5 V 1, S. 231, Fn. 105. 72 Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 98/99.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

die Herstellung in natura unmöglich machender Umstände untergeht oder erhalten bleibt, als Wertentscheidung aus dem inneren System der schadensersatzrechtlichen Vorschriften herangezogen werden. Denn § 250 BGB zeigt im Teilbereich der nachträglichen rechtlichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution Resistenz gegenüber dem Erlöschen des an den Herstellungskosten orientierten Geldbetrags. Beide Vorschriften sind Ausfluss desselben schadensersatzrechtlichen Prinzips. § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB erklärt die nach dem schadenstiftenden Umstand eintretende Herstellung in natura i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB für ausgeschlossen und damit für nicht (mehr) möglich. Dennoch erhält der Gläubiger den Restitutionsbetrag. Vergegenwärtigt man sich diese gesetzliche Wertentscheidung, so wird deutlich, dass der statt der Herstellung erforderliche Geldbetrag gegenüber der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution Immunität besitzt. Gegen eine Übertragung dieser Wertentscheidung des § 250 S. 2 BGB auf § 249 Abs. 2 S. 1 BGB könnte zwar vorgebracht werden, dass die unterschiedliche rechtstechnische Ausgestaltung des § 250 BGB einerseits und des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB andererseits der Transformierung des Gedankens der Resistenz des Restitutionssurrogatanspruchs gegenüber nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution entgegen stehe. Prima vista wäre es durchaus nahe liegend, einzuwenden, dass der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs nur dann – trotz des Erlöschens des primären Herstellungsanspruchs in natura – die zur Wiederherstellung eines gleichwertigen Zustands erforderlichen Kosten verlangen könne, wenn er zusätzliche Aktivität entfalte (Fristsetzung und Ablehnungsandrohung). Dieser Einwand verfängt aber deshalb nicht, weil § 250 BGB auch auf den Fall der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung seitens des Schadensersatzschuldners Anwendung findet und die Fristsetzung und Ablehnungsandrohung des Geschädigten in diesen Konstellationen entbehrlich ist73. Damit wird deutlich, dass die zusätzliche Aktivität seitens des Gläubigers, wie sie auf der Ebene des Tatbestands des § 250 S. 1 BGB beschrieben wird, gerade kein integraler und damit zwingend notwendiger Bestandteil des § 250 BGB und seines Regelungsgehalts ist. Ebenso wenig stellt es einen ernst zu nehmenden Einwand gegen die hier für ausschlaggebend erachteten Argumente dar, wenn vorgetragen würde, § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB regele lediglich einen Fall der nachträglichen rechtlichen Unmöglichkeit, sodass dieser Norm für die Fälle der nachträglichen tatsächlichen Unmöglichkeit keine Aussage entnommen werden könne. Hierbei würde verkannt, ___________ 73 Ganz allgemeine Meinung, siehe dazu BGHZ 40, 345, 352; 148, 39, 50; BGH NJW-RR 1987, 43, 44; 1990, 970, 971; NJW 1990, 1215, 1216; 1991, 2014; 1992, 2221, 2222; 1993, 1137, 1138; NJW-RR 1996, 700; 1997, 869, 870; NJW 1999, 1542, 1544; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 1370; Lange, Schadenersatz, § 5 V 3, S. 233; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 250 Rn. 7; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 250 Rn. 7; Erman-Kuckuk, § 250 Rn. 3; Soergel-Mertens, § 250 Rn. 3; RGRKAlff, § 250 Rn. 8; Palandt-Heinrichs, § 250 Rn. 2.

II. Wertentscheidung aus § 251 Abs. 1 BGB

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dass das geltende Recht keine Differenzierung zwischen rechtlicher und tatsächlicher nachträglicher Unmöglichkeit trifft74. Im Ergebnis spricht demnach die in § 250 BGB enthaltene Wertung dafür, dass der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution nicht untergeht.

II. Wertentscheidung aus § 251 Abs. 1 BGB Dass § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB lediglich den Fall der anfänglichen Unmöglichkeit der Herstellung betrifft – wie nach den bisherigen Erörterungen immer deutlicher wird – könnte auch aus dem legislativen Gleichstellungsaspekt zwischen Ungenügen und Unmöglichkeit der Naturalrestitution in § 251 Abs. 1 BGB folgen. Bei beiden Alternativen dieser Norm handelt es sich um ausschließlich den Schutz des Geschädigten bezweckende Vorschriften75, sodass der Regelungsinhalt auch derselben Funktion dienen müsste. Beide Alternativen bezwecken im Übrigen im Interesse des Geschädigten, das Versagen des Herstellungsprinzips in den dort benannten Situationen auszugleichen: Ist die Herstellung unmöglich oder ist sie zur Entschädigung des Gläubigers unzulänglich, „was juristisch auf dasselbe herauskommt“76, bedarf es eines ergänzenden Anspruchs des Geschädigten, um dem Ausgleichsgedanken des Schadensersatzes Rechnung zu tragen. Denn der vom Grundsatz der Naturalrestitution ausgehende Gesetzgeber wollte in Konstellationen, in denen die Herstellung dem Gläubiger keinen wirklichen Ersatz bietet, die Ersatzpflicht nicht gänzlich entfallen lassen. Die eine Besserstellung des Gläubigers bezweckende und deshalb in § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB geregelte Insuffizienz der Naturalrestitution folgt jedoch ausschließlich aus Umständen, die die Schaden auslösende Handlung selbst be___________ 74 Vgl. bspw. – allerdings auf der Grundlage, dass § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB sowohl die Konstellationen der anfänglichen als auch der nachträglichen Unmöglichkeit erfasse – MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 6; Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 3; RGRK-Alff, § 251 Rn. 1; Soergel-Mertens, § 251 Rn. 3; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 6; Erman-Kuckuk, § 251 Rn. 3. 75 Allg. Ansicht, vgl. lediglich Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 1 („Abs. 1 konkretisiert zugunsten des Schadensersatzgläubigers den Grundsatz der Totalreparation …“); MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 2 („Abs. 1 dient allein dem Gläubigerinteresse“); Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 1 („… besteht nach I im Gläubigerinteresse ein Anspruch auf Geldersatz“); Benicke, JuS 1994, 1004, 1006 („Während aber § 251 I den Geschädigten schützen will, …“); Heinze, JR 1977, 418, 419 („… der durch Abs. 1 des § 251 BGB zum Ausdruck kommenden Bevorzugung des Gläubigerinteresses …“); Koller, DAR 1979, 289, 293 („§ 251 I BGB soll nämlich nicht den Schädiger, sondern den Geschädigten begünstigen“); Weyers, in: Vereinigung zwischen deutschen und italienischen Juristen, Heft 8/9, 37, 49 („§ 251 I ist eine Vorschrift, die ausschließlich im Interesse des Gläubigers geschaffen worden ist …“); nicht ganz so deutlich: Soergel-Mertens, § 251 Rn. 1; Erman-Kuckuk, § 251 Rn. 1. 76 Planck-Siber, § 251 Anm. 1, S. 90.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

trifft. Hingegen haben sekundäre, zusätzliche und nach dem Eintritt des Schadens wirkende spätere Ursachen keinen Einfluss auf das Merkmal „nicht genügend“ und lösen deshalb keinen Kompensationsanspruch aus. Die Anwendungsfälle des § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB verdeutlichen dies: In dessen Anwendungsbereich fällt zum einen der sog. unechte Totalschaden77, der vorliegt, wenn die Reparatur zwar möglich und auch kostenmäßig vertretbar (§ 251 Abs. 2 S. 1 BGB) wäre, wenn sie aber dem Geschädigten aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist 78 . Diese Unzumutbarkeit folgt jedoch einzig und allein aus Umständen, die bereits das schädigende Ereignis mit sich brachte: etwa wenn das noch neuwertige Kraftfahrzeug erhebliche Beschädigungen erlitten hat79 oder wenn die Herstellung auf Grund der Außergewöhnlichkeit des Schadens unverhältnismäßig lange dauert80. Zum anderen ist dem Anwendungsbereich des § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB der Ersatz des sog. merkantilen Minderwerts zugehörig81. Die Minderung des Wertes der Sache und des Vermögens des Geschädigten (trotz Reparation der Sache im Übrigen) tritt dabei nicht erst im Falle einer späteren Veräußerung, sondern – als Rechnungsposten in der Vermögensbilanz des Schadensersatzgläubigers – bereits im Augenblick des Unfalls ein82 und haftet im Ergebnis bereits dem Schaden auslösenden Ereignis selbst an. Ergibt sich damit aber das Ungenügen der Naturalrestitution allein aus den zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen des Schädigers, so sind unter ___________ 77 Giesen, NJW 1979, 2065, 2067; Lange, Schadensersatz, § 5 VI 2, S. 234; MüKoOetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 13; Soergel-Mertens, § 251 Rn. 6; Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 4 i.V.m. Rn. 15. 78 Maase, VersR 1968, 528; Lange, Schadensersatz, § 5 VI 2, S. 234; Berger, VersR 1988, 106, 108; Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 15; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 26. 79 MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 26; Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 15. 80 Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 12; Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 4; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 13; Soergel-Mertens, § 251 Rn. 6; Lange, Schadensersatz, § 5 VI 2, S. 235; allesamt mit Hinweis auf den Fall, der der Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 76, 146 zu Grunde lag: Trockenlegung der durch Bergbau abgesunkenen Wiesen erst in fünf Jahren. So im Ergebnis auch ErmanKuckuk, § 251 Rn. 15, der jedoch die Fälle des quantitativen Ungenügens dem Bereich der Teilunmöglichkeit und damit dem § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zuordnen will. 81 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 II, S. 473; Medicus, JuS 1969, 449, 450; StaudingerSchiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 12; Benicke, JuS 1994, 1004, 1006; Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 4; RGRK-Alff, § 251 Rn. 6; R. Hamann, S. 39, der die Ersatzfähigkeit allerdings verneint. 82 Vgl. BGHZ 35, 396, 399 entgegen 27, 181, 184; BGH NJW 1967, 552, 553; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 II, S. 473; Thiele, AcP 167 (1967), 193, 205; Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 21; Grunsky, Vermögensschaden, S. 55 und 58/59; Fabricius, JuS 1962, 224, 226; Bydlinski, Probleme der Schadensverursachung, S. 50; Mertens, Der Begriff des Vermögensschadens, S. 212.

II. Wertentscheidung aus § 251 Abs. 1 BGB

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die Unmöglichkeit der Herstellung konsequenterweise auch nur solche die Wiederherstellung beeinträchtigenden Umstände zu subsumieren, die unmittelbar der Schädigungshandlung anhaften und als unmittelbare Folge auf diese rückführbar sind83. Diese Einschränkung des Regelungsgegenstands der Vorschrift des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB ist Ausfluss der Bevorzugung des Gläubigerinteresses in § 251 Abs. 1 BGB84. Der Intention und dem Ziel des Schutzes des Geschädigten würde es zuwiderlaufen, den bereits entstandenen Anspruch auf den Ersatz des statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrags zu Lasten des Gläubigers im Nachhinein zu beseitigen und zur Begründung eine Norm heranzuziehen, die ausschließlich seine Rechtsstellung verbessern will. Wie § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB verdeutlicht, kann die kompensatorische Geldentschädigung nur Fallkonstellationen erfassen, in denen das schädigende Ereignis selbst Umstände herbeiführt, die es im Interesse des Gläubigers erforderlich machen, den Vorrang der Restitution zu durchbrechen. Die Beseitigung von Restitutionsansprüchen auf Kosten und zu Lasten des Geschädigten ist nach der gesetzlichen Konzeption ausschließlich dem § 251 Abs. 2 BGB zugedacht85 . Deutlich tritt dies in der Denkschrift zum BGB hervor, in der ausgeführt wird: „Der Grundsatz [des Vorrangs der Herstellung in natura86] wird jedoch in billiger Rücksichtnahme auf die Verhältnisse des Geschädigten und des Ersatzpflichtigen nach verschiedenen Richtungen durchbrochen. […] Die Rücksicht auf den Ersatzpflichtigen erfordert andererseits, daß ihm, wenn die Herstellung nur mit unverhältnißmäßigen Aufwendungen möglich ist, das Recht gegeben wird, den Gläubiger in Geld zu entschädigen (§ 245 Abs. 2).“87

und auch in den Protokollen der Zweiten Kommission wird zur Beschränkung der Rechte des Geschädigten lediglich ausgeführt: „Andererseits entspreche es den Grundsätzen von Treu und Glauben, dem Schuldner nicht durch die Wiederherstellung unverhältnißmäßige Opfer aufzuerlegen, wenn eine angemessene Geldleistung zur Ausgleichung des Schadens genüge.“88

Gegen die dem gesetzlichen Gleichstellungspostulat entnommene Wertentscheidung aus § 251 Abs. 1 BGB kann auch nicht eingewandt werden, dass § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB das Wertinteresse zusätzlich und damit neben der Restitutionspflicht nach § 249 BGB gewähre. Dies stellt lediglich vordergründig einen Einwand dar, denn bei genauerem Hinterfragen dieser „zusätzlichen“ Er___________ So bereits im Ansatz zutreffend Heinze, JR 1977, 418, 419. So Heinze, JR 1977, 418, 419. 85 Ebenso Heinze, JR 1977, 418, 420; ähnlich auch Weyers, in: Vereinigung zwischen deutschen und italienischen Juristen, Heft 8/9, 37, 49: „§ 251 I ist eine Vorschrift, die ausschließlich im Interesse des Gläubigers geschaffen worden ist und nicht zur Beschneidung seiner Rechte verwendet werden kann.“ 86 Einfügung vom Verf. 87 Denkschrift zum Entwurf eines BGB, S. 45 = Mugdan, Bd. 2, S. 1235. 88 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 297 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. 83 84

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

satzpflicht wird die Verbindung zur ersten Alternative des § 251 Abs. 1 BGB noch deutlicher, indem diese Bevorzugung der Gläubigerinteressen gerade – vielleicht sogar erst recht – dafür spricht, den Anwendungsbereich von § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB wegen des Gläubigerbesserstellungsaspekts restriktiv zu bestimmen. Ebenso wenig kann gegen die vorstehende Argumentation vorgebracht werden, dass es dann, wenn man in § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB nur Fallkonstellationen der anfänglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution als erfasst betrachtet, zu einer Ungleichbehandlung zwischen anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit der Herstellung in natura kommt, bei der der Geschädigte im Falle anfänglicher, die Wiederherstellung vereitelnder Umstände schlechter stehen würde. Nur prima vista ließe sich hiergegen einwänden, es gehe nicht an, dass der Gläubiger des Schadensersatzes im Falle des größeren Unglücks durch sofortige Zerstörung oder Vernichtung schlechter stehe. Denn das Durchgangsstadium der Möglichkeit der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist in der Zeit zwischen dem Eintritt des schadenstiftenden Ereignisses und der endgültigen Zerstörung, Vernichtung oder dem sonstigen Untergang des Schadensobjekts deshalb rechtlich beachtlich, weil sich der Werteverlust zwischenzeitlich in eigenständiger, bezifferbarer und Vermögen einbüßender Weise manifestiert hat. Diese Zwischeneinbuße ist im Fall der anfänglichen Unmöglichkeit nicht eingetreten, weshalb in dieser Gestaltung auch auf § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zurückgegriffen werden kann. Folglich spricht die legislative Gleichstellung von § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB, bei dem die geregelte Insuffizienz der Naturalrestitution ausschließlich aus Umständen folgt, die die Schaden auslösende Handlung selbst betrafen, mit § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB dafür, von letzterer Norm lediglich den Fall der anfänglichen Unmöglichkeit der Herstellung erfasst zu sehen.

III. Wertentscheidung aus § 252 BGB Für die Unbeachtlichkeit nachträglicher, die Unmöglichkeit der Naturalrestitution hervorrufender Ereignisse im Rahmen des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB könnte zudem ein gegenüber § 252 BGB zu ziehender Umkehrschluss sprechen. Unstreitig kommt es bei der Frage der Ersatzfähigkeit eines entgangenen Gewinns auf die nachträgliche Beurteilung an, bei der auch der weitere Geschehensablauf nach dem schadenstiftenden Umstand zu berücksichtigen ist89. ___________ 89 Vgl. BGHZ 29, 207, 215; 29, 393, 398; BGH NJW 1964, 661, 662; VersR 1970, 766, 768; NJW 1992, 1035, 1036; 1997, 941, 942; 1998, 1633, 1634; 1998, 1634, 1635; 1999, 136; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 29 II b, S. 492/493; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 252 Rn. 19; Erman-Kuckuk, § 252 Rn. 11; Honsell, JuS 1973, 69, 73; Schultz, AcP 191 (1991), 433, 439/440.

III. Wertentscheidung aus § 252 BGB

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Die Begründung hierfür wird man darin zu sehen haben, dass es sich bei dem entgangenen Gewinn um einen zukünftigen, der Entwicklung unterliegenden Vermögensschaden handelt. Die in § 252 S. 2 BGB umschriebene Typisierung und die Wahrscheinlichkeitsprognose zollen dem Umstand Rechnung, dass ein perpetuierter, bereits im Zeitpunkt des Schadenseintritts berechenbarer Vermögensschaden noch gar nicht vorliegt. Begrifflich erfasst der entgangene Gewinn deshalb auch alle Vermögensvorteile, die im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses noch nicht zum Vermögen des Verletzten gehörten, die ihm ohne den schadenstiftenden Umstand aber voraussichtlich zugeflossen wären90. Gerade dies unterscheidet das lucrum cessans vom damnum emergens. Die erlittene Vermögenseinbuße des positiven, tatsächlichen Schadens steht im Zeitpunkt des Abschlusses der Schädigungshandlung fest. Ihr Verlust ist berechenbar, die nachteilige Veränderung im realen Güterzustand des Geschädigten hat sich in diesem bereits niedergeschlagen. Deshalb kann mittels eines argumentum e contrario der Schluss gezogen werden, dass nachträgliche, vom schadenstiftenden Ereignis unabhängige und losgelöste Umstände nicht zu berücksichtigen sind. Weder der im Rahmen des § 249 BGB erforderliche Vermögensbezug noch die Frage der Berechnungsfähigkeit des damnum emergens erfordern diese Berücksichtigung. Nur aus diesem Grunde ist für den entgangenen Gewinn die in § 252 S. 2 BGB verankerte Beweiserleichterung überhaupt nötig, welche bezeichnenderweise im Rahmen des positiven, tatsächlichen Schadens nicht gilt. Diesem Gedanken kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Differenzhypothese und der Grundsatz der Totalreparation sowohl positiven Schaden als auch entgangenen Gewinn umfassen und diese Differenzierung lediglich historisch bedingt sei 91 . Denn dass unser heutiges Schadensersatzrecht beide Formen als grundsätzlich ersatzfähig anerkennt, besagt nichts über möglicherweise verschiedenartige Ersatzvoraussetzungen. Es ist deshalb nicht zutreffend, wenn vorgetragen wird, dass die „traditionelle Unterscheidung zwischen damnum emergens und lucrum cessans hinfällig geworden“92 sei. Diese grundlegende Funktionsverschiedenheit und der daraus folgende Umstand, dass nachträgliche Ereignisse beim entgangenen Gewinn den Anspruch erst begründen, führt dazu, dass auf Grund der in § 252 S. 2 BGB verankerten konkreten Schadensberechnung gerade kein „Erst-recht-Schluss“ hinsichtlich des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogen werden kann93. Die Nichtberücksichtigung nachträglicher Ereignisse im Rahmen des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bedeutet ___________ 90 U. Hamann, Schadensersatz, S. 41, umschreibt dies plastisch als „Anwartschaftsschaden“. 91 Vgl. Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 252 Rn. 6 und 1. 92 So Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 252 Rn. 2. 93 So aber wohl Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

deshalb weder einen „Widerspruch zu § 252 BGB ohne Not“ noch eine „gravierende Ungereimtheit“94. Dass aus den vorgenannten Gründen die Anforderungen an den Nachweis für den in der Vergangenheit entstandenen positiven Schaden höher sind als beim entgangenen Gewinn, ist logische Konsequenz dieser Funktionsvariabilität und legislative Instruktion des § 252 BGB. Im Übrigen wäre ein „Erst-recht-Schluss“ schon deshalb ein schiefes Argument, weil es bei § 252 BGB hinsichtlich des Eintritts nachträglicher Ereignisse darum geht, die Ersatzfähigkeit zu begründen, während es bei § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hinsichtlich des Eintritts nachträglicher Ereignisse nach der Gegenansicht darum geht, die Ersatzfähigkeit auszuschließen. Erst recht kann somit aus § 252 BGB für § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nichts hergeleitet werden, weil die Frage der Berücksichtigung von Ereignissen, die nach dem Abschluss des schadenstiftenden Umstands eintreten, im Anwendungsbereich des § 252 BGB kein Minus, sondern ein Aliud zu derselben Frage im Anwendungsbereich des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB darstellen. Weil es sich damit – wie im Übrigen bereits wegen der Funktionsverschiedenheit beschrieben – wertungsmäßig betrachtet eher um die diametral gegenteilige Situation handelt, ist das vorgestellte, auf § 252 BGB beruhende argumentum e contrario möglich und zulässig95. Das bedeutet im Ergebnis: Bei der Frage der Ersatzfähigkeit eines entgangenen Gewinns nach § 252 BGB ist die nachträgliche Beurteilung, bei der auch der weitere Geschehensablauf nach dem schadenstiftenden Umstand zu berücksichtigen ist, entscheidend, weil es sich um einen zukünftigen, der Entwicklung unterliegenden Vermögensschaden handelt. Die erlittene Vermögenseinbuße des positiven tatsächlichen Substanzschadens nach § 249 BGB steht im Zeitpunkt des Abschlusses der Schädigung hingegen fest, der Verlust ist berechenbar, die nachteilige Veränderung hat sich bereits im realen Güterzustand des Geschädigten niedergeschlagen. Deshalb ist der Umkehrschluss zu § 252 BGB dahingehend gerechtfertigt, dass nachträgliche, vom Schaden stiftenden Ereignis unabhängige Umstände im Rahmen des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entstandenen Anspruchs nicht zu berücksichtigen sind.

IV. Wertentscheidung aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB Dass die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution für den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB unbeachtlich sein und dessen Bestand nicht mehr berühren könnte, könnte aus dem gesetzlichen System der allgemeinen schadensersatzrechtlichen Vorschriften auch dann folgen, wenn man die dem § 254 Abs. 2 ___________ So jedoch Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163. Vgl. zur Struktur des argumentum e contrario als besonders zugespitzter Form des Umkehrschlusses Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. III. 5. a) hh), S. 152 und Fn. 519; Klug, Juristische Logik, S. 137 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 390. 94 95

IV. Wertentscheidung aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB

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S. 1 BGB zu entnehmende Wertentscheidung fokussiert. Damit hat es folgende Bewandtnis: Im Grundsatz lässt sich formulieren: „Der Ausgleich entstandener Schäden, die Erfüllung entstandener Ersatzansprüche ist Sache des Schädigers. Der Ersatzanspruch ist im Vermögen des Geschädigten als ein neuer und selbstständiger Wert an die Stelle desjenigen getreten, was zu ersetzen ist. Das weitere Schicksal des übrigen Vermögens geht den Schädiger jetzt nichts mehr an.“96

Der einzige im schadensersatzrechtlichen System des BGB geregelte Fall, in dem ein weiterer schadenstiftender Umstand oder ein nachträglicher weiterer Schaden zur Reduzierung des Haftungsumfangs des Schädigers führt und damit zu dessen Vorteil gereicht, ist derjenige der Unterlassung möglicher und zumutbarer Schaden mindernder Handlungen des Geschädigten. Diese Handlungen stellen einen schuldhaften Verstoß des Gläubigers des Schadensersatzanspruchs gegen seine Schadensminderungsobliegenheit nach § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB („… dass er unterlassen hat, den Schaden … zu mindern“) dar. Dass es bei § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB lediglich um einen solchen weiteren Schaden, um ein nachträglich den Primärschaden berührendes und beeinträchtigendes zusätzliches schädigendes Ereignis geht, wird leider nur allzu selten offen dargelegt. Erstmals – soweit ersichtlich – deutlich artikuliert dies Rother in seiner Habilitationsschrift aus dem Jahre 1965: „… daß ein Schaden ‚gemindert‘ werden könne, ist im Grunde eine ungenaue Vorstellung. Eine Minderung im Sinne nachträglicher Herabsetzung eines schon eingetretenen Verlustes ist wohl überhaupt nicht möglich. Allenfalls kann dessen Erweiterung und Vergrößerung durch zweckmäßiges Handeln unterbunden oder der natürliche Heilungsprozeß gefördert oder nachträglich […] eine gewinnbringende Verfügung über den Schadensgegenstand getroffen werden.“97

Noch plakativer und unter Bezugnahme98 auf Rother formuliert Thiele zwei Jahre später: „§ 254 Abs. 2 BGB scheint freilich darauf hinzudeuten, daß auch nachträgliche, die Einbuße des Verletzten mindernde Ereignisse – hier die Unterlassung möglicher und zumutbarer schadensmindernder Handlungen des Geschädigten – im Schadensersatzrecht von Bedeutung sind. Sichtet man jedoch die in Rechtsprechung und Lehre angeführten Tatbestände einer Verletzung der Obliegenheit zur Schadensminderung[99], so zeigt sich alsbald, daß es sich dabei – soweit erkennbar – ausnahmslos um Fälle der Verhinderung des Eintritts weiteren Schadens handelt. Es wäre auch recht seltsam, wenn man davon auszugehen hätte, daß § 254 Abs. 2 BGB vom Ver-

___________ Thiele, AcP 167 (1967), 193, 204/205. Rother, Haftungsbeschränkung im Schadensrecht, S. 130/131. 98 Thiele, AcP 167 (1967), 193, 204, Fn. 33. 99 Vgl. hierzu ausführlich und systematisiert Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 254 Rn. 80-94; MüKo-Oetker (4. Aufl.), § 254 Rn. 79-96; vgl. auch Küppersbusch, 32. VGT 1994, 163, 166-175. 96 97

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

letzten wirklich verlangt, den eingetretenen Schaden selbst zu mindern, d.h. im Ergebnis selbst zu tragen.“100

In jüngster Zeit weist Looschelders in seiner Habilitationsschrift aus dem Jahre 1999 wieder deutlich darauf hin, dass sich die Rechtspflicht des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB nur auf weitere Schäden beziehen kann: „Auch bei Verletzung der […] Schadensminderungsobliegenheit kommt der Ausschluß oder die Herabsetzung des Schadensersatzanspruchs nur dann in Betracht, wenn tatsächlich ein (weiterer) Schaden als zurechenbare Folge der Obliegenheitsverletzung entstanden ist.“101

Die Schadensminderungspflicht setzt damit voraus, dass es bereits zu einem schädigenden Eingriff gekommen ist und ein Pflichten und Obliegenheiten auslösendes Schuldverhältnis besteht. Vergangenheitsbezogene Pflichten und Obliegenheiten kann es nicht begründen. Dem Gläubiger kann mangels Vorhersehbarkeit seiner Obliegenheit und mangels Steuerbarkeit seines Verhaltens nicht vorgeworfen werden, er habe es unterlassen, den eingetretenen Schaden zu mindern. § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB kann erst und nur dann greifen, wenn es darum geht, einen weiteren, nach Fixierung des bereits eingetretenen Primärschadens und der dadurch ausgelösten Haftungsbeziehung eintretenden (Folge-)Schaden zu beurteilen und hierbei danach zu fragen, ob der Geschädigte gehalten war, diese zusätzliche Vertiefung der Vermögensbilanz gering zu halten. Insofern konstatiert Medicus zu Recht, dass für die Verletzung solcher Obliegenheiten, die sich auf die Geringhaltung des bereits angebahnten Schadens beziehen, ein zeitlicher Nachrang „notwendig ist“102. Die Obliegenheit des Geschädigten zur Schadensminderung „setzt voraus, daß es bereits zu einem schädigenden Eingriff gekommen ist“ 103 , und diese Obliegenheit „greift erst ein, wenn ein Schaden schon eingetreten ist“104. Dass nur weiterer, vom insoweit mitwirkungsverpflichteten Gläubiger „geschuldeter“ Aufwand im Falle ihm vorwerfbarer Unterlassung zu dessen Nachteil ___________ Thiele, AcP 167 (1967), 193, 204 (Hervorhebung im Original). Looschelders, Mitverantwortlichkeit des Geschädigten, S. 469, der im Rahmen des § 254 BGB dogmatisch, entsprechend der haftungsbegründenden (§ 254 Abs. 1 BGB) und der haftungsausfüllenden Kausalität differenziert, vgl. S. 169. Auch seine Fallgruppen zu § 254 Abs. 2 S. 1 Alt. 3 BGB verdeutlichen, dass es bei der Anwendung dieser Norm ausschließlich um die Abwendung weiterer, nach Eintritt des schädigenden Ereignisses wirkender Schäden geht, vgl. S. 473 ff. 102 Medicus, FS-Niederländers (1991), S. 329, 332, der hinsichtlich § 254 Abs. 2 S. 1 BGB im Ergebnis darauf abstellt, ob der Schutzzweck der verletzten Pflichten und Obliegenheiten auf die Schadensabwehr ausgerichtet ist. 103 MüKo-Oetker (4. Aufl.), § 254 Rn. 68; MüKo-Grunsky, § 254 Rn. 38. 104 MüKo-Oetker (4. Aufl.), § 254 Rn. 76. Ähnlich, wenngleich weniger deutlich, auch R. Hamann, S. 87; Böhmer, MDR 1961, 1; Henke, JuS 1991, 265; Wolf, S. 67; Greger, NJW 1985, 1130, 1134; Dunz, NJW 1986, 2234; angedeutet auch bei RG DJZ 1915, Sp. 609, Sp. 610. 100 101

IV. Wertentscheidung aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB

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und Anspruchsminderung gereicht, ist im Übrigen ein verallgemeinerungsfähiges Prinzip im bürgerlichen Recht. Das BGB wird nämlich von einer ganzen Reihe von Vorschriften durchzogen, nach denen ein entstandener Zahlungsanspruch des Gläubigers gemindert wird, wenn er es böswillig unterlässt, einen anderweitigen Erwerb zu erzielen105 und insofern weiteren Schaden/Nachteil vom Schuldner und dessen Ersatzpflicht fernzuhalten: §§ 326 Abs. 2 S. 2 Var. 3, 615 S. 2 Var. 3, 649 S. 2 Halbs. 2 Var. 3 BGB. Das Unterlassen anderweitigen Erwerbs muss im Anwendungsbereich der vorbezeichneten Vorschriften böswillig sein, was nichts anderes bedeutet, als dass das Unterlassen von Schadensminderungsmaßnahmen im Anwendungsbereich des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB pflichtwidrig schuldhaft sein muss. Die Obliegenheit bezieht sich hier wie dort jedoch – und das ist das Entscheidende – nicht auf den bereits eingetretenen Nachteil, sondern auf das Verhindern weiteren, zusätzlichen, nachträglichen Nachteils oder Erwerbs. Nach der gesetzlichen Regel des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB liegt es deshalb zum einen so, dass der Geschädigte eine Anspruchskürzung und Minderung seines schadensersatzrechtlichen Anspruchsniveaus nur erleidet, wenn er es trotz zumutbarer Obliegenheit unterlässt, weiteren, nachträglichen Schaden zu mindern. Zum anderen berücksichtigt und akzeptiert das Gesetz nur an dieser Stelle den Eintritt eines weiteren, schadenstiftenden, nachträglichen Umstands als Entlastung des Schädigers von dessen perpetuierter Ersatzpflicht. Dann aber läuft die Ansicht, die grundsätzlich nachträgliche Ereignisse im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB berücksichtigen und den Geschädigten im Falle nachträglicher, die Naturalrestitution unmöglich machender Umstände auf den betragsmäßig regelmäßig geringeren Anspruch aus § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB verweisen und damit den Schädiger – wegen der angeblichen Berechtigung aus dem Grundsatz des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots – entlasten will, darauf hinaus, den Gläubiger des Schadensersatzanspruchs entgegen der Wertung des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB schlechter zu stellen. Der Wertungswiderspruch, den es zu vermeiden gilt, besteht auf der Basis der Ansicht, die die Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution dem Anwendungsbereich des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zuordnen will, darin, dass der Geschädigte im Regelfall eine Anspruchskürzung erleidet, obwohl dies der Norm des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB entsprechend nur dann zulässig sein soll, wenn der nachträgliche schädigende Umstand einen schuldhaften Verstoß des Gläubigers gegen seine Schadensminderungsobliegenheit darstellt. Gegen diese Schlussfolgerung könnte eingewandt werden, dass die §§ 249 Abs. 2 S. 1 und 254 Abs. 2 S. 1 BGB in vielfältiger Weise miteinander verknüpft seien. Denn der Verstoß des Geschädigten gegen seine Schadensminderungsobliegenheit könne sich zugleich auf das Merkmal der „Erforderlichkeit“ ___________ 105

Vgl. hierzu auch Thüsing, Wertende Schadensberechnung, S. 460.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

des vom Schädiger zu finanzierenden Herstellungsaufwands auswirken, beide Elemente würden daher einander oft bedingen und sich ergänzen106. Dem ist jedoch Folgendes entgegenzuhalten: Auswirkungen entfalten diese ambivalenten Beziehungen erst und nur dann, wenn der Gläubiger nach dem schadensbegründenden Ereignis Handlungen schuldhaft unterlässt, die geboten, für ihn zumutbar und durch ihn beeinflussbar waren. Solche nachträglichen Umstände werden nur im Rahmen der Schadensminderungspflicht berücksichtigt, mögen sie – wenn sie vorliegen – auch Einfluss auf das Merkmal der „Erforderlichkeit“ zeitigen. Zu Recht konstatierte auch Marcelli, dass „die Obliegenheit des Geschädigten aus § 254 BGB erst da beginnt, wo die Pflicht des Schädigers aus § 249 BGB endet. Sie bezweckt nicht, den Schädiger zu entlasten, sondern verhindert, ihn unbillig zu belasten“.107 Der Schuldner des Schadensersatzanspruchs soll durch § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB nicht von der Verpflichtung zur Leistung des bereits durch die von ihm zu verantwortende schädigende Handlung eingetretenen Schadens (teilweise) entbunden werden. Vielmehr soll er davor bewahrt werden, dass ihm weiterer Schaden aufgebürdet wird, der vom Gläubiger in zumutbarer Weise gesteuert und beeinflusst hätte werden können. Auf Grund dieser dem § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB zu entnehmenden Wertung erhellt sich auch die hier verteidigte und erweiterte Verzögerungsargumentation108. Die Perpetuierung des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB greift nicht erst dann, wenn der Schadensersatzgläubiger den Schädiger in Verzug begründender Weise zur Leistung angemahnt hat109. Die Ausübung dieser rechtsgeschäftsähnlichen Handlung, die nach § 287 S. 2 BGB zum Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs der Leistung führt, ist zur Aufrechterhaltung des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht erforderlich, weil sich der Wertung des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB entnehmen lässt, dass der Ersatzgläubiger nur bei schuldhaftem Verstoß gegen seine Schadensminderungsobliegenheit eine Anspruchskürzung erleiden soll. Das Unterlassen der Mahnung durch den Geschädigten kann nicht als ein solcher Verstoß bewertet werden, weil der Gläubiger nicht – weder dem Schuldner noch sich selbst gegenüber – verpflichtet ist, den Schädiger in Verzug zu setzen. ___________ 106 Vgl. hierzu ausführlich Köhnken, VersR 1979, 788, 790/791. Des Weiteren BGH NJW 1985, 2637, 2638; Küppersbusch, 32. VGT 1994, 163, 164/165; Harneit, 32. VGT 1994, 180, 189/190; Born, VersR 1978, 777, 784. Ähnlich auch BGHZ 54, 82, 85/86; BGH NJW 1985, 793, 794; Lepa, 32. VGT 1994, 152, 156/157 und 160 und 162 = DRiZ 1994, 161, 163 und 164 und 165. 107 Marcelli, NZV 1992, 432, 433. 108 Siehe hierzu oben im 4. Kapitel unter V., S. 142 ff. 109 In dieser Richtung MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 352; Palandt-Heinrichs, § 249 Rn. 5. Im Ansatz so auch schon Grunsky, Vermögensschaden, S. 32/33.

V. Wertentscheidung aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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Aus diesem Grunde widerspricht es der Wertung des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB, bei nachträglicher – insbesondere zufälliger – Unmöglichkeit der Naturalrestitution ein Umspringen des Restitutionsanspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf den – im Regelfall betragsmäßig geringeren – Kompensationsanspruch nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB anzunehmen.

V. Wertentscheidung aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Inwieweit § 249 Abs. 2 S. 1 BGB selbst eine Antwort auf die Frage geben kann, ob der Anspruch im Falle nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution erhalten bleibt oder untergeht, soll nunmehr untersucht werden. Der Blick richtet sich dabei auf den Charakter der Vorschrift in seiner rechtstechnischen Ausgestaltung. Denn in der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten110, dass nachträgliche, die Unmöglichkeit der Herstellung in natura herbeiführende Ereignisse jedenfalls dann unbeachtlich seien, wenn der Geschädigte, bevor solche Umstände eintreten, von seiner als Ersetzungsbefugnis zu kennzeichnenden rechtlichen Gestaltungsmacht bereits Gebrauch genommen und sich das Schuldverhältnis deshalb auf diese Form der Restitution bereits konkretisiert hat. Den Fragen des Rechtscharakters des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, der hieraus zu ziehenden Konsequenzen und den möglichen Erweiterungsansätzen, die auf der Grundlage der vorangegangenen Erörterungen ggf. angestellt werden können und müssen, um das innere System der allgemeinen schadensersatzrechtlichen Vorschriften als durchgängiges Geflecht konsistenter Wertentscheidungen erfassen zu können, soll mit den weiteren Ausführungen nachgegangen werden. 1. Der Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in seiner rechtstechnischen Ausgestaltung Die dem Geschädigten in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vom Gesetzgeber eingeräumte Rechtsmacht wird von der heute nahezu einhelligen Meinung in Rechtsprechung111 und Literatur112 als Ersetzungsbefugnis des Gläubigers (facultas ___________ 110 In der älteren Lit. bereits deutlich v. Tuhr, KritVjschr 47 (1907), 63, 79; v. Tuhr, DJZ 1899, 304, 306; Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 238 ff., 265 ff. Aus der neueren Lit. vgl. hierzu insbesondere Birkmann, DAR 1990, 3, 5; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 146 f.; Knütel, JR 1982, 281, 282; Altmann, NJW 1976, 744; Jakob, S. 229 f., 261 ff. 111 BGHZ 143, 189, 194; 132, 373, 377 und 380; 121, 22, 26; 63, 182, 184 und 185; 5, 105, 109; BGH NJW 2005, 357, 358; 2003, 2085; 1993, 1849, 1850; 1992, 903, 904; 1989, 3009; LM BGB § 249 (Gb) Nr. 3, Bl. 2, Vorderseite. Ebenso bereits das RG in RG HRR 1933, Nr. 1405. Ebenso auch die Instanzgerichte: OLG Celle, NJW 1949, 223, 224; OLG Köln, VersR 1976, 669; OLG Stuttgart, VersR 1978, 188, 189; OLG Nürnberg, NZV 1992, 277, 278; OLG Frankfurt a.M., ZfS 1994, 50; OLG Köln, ZfS 1994, 123, 124; OLG Hamm, NZV 1995, 442, 443; OLG Naumburg, VRS 100, 166; OLG Karlsruhe, NJW 2003, 3208, 3209; LG Aachen, NJW-RR 1989, 859; LG Köln, VersR 1989, 1275; AG Mannheim, ZfS 1996, 215; AG Weinheim, ZfS 1998, 332; AG Aschaffenburg, ZfS 1999, 103.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

alternativa creditoris) qualifiziert. In der älteren Literatur wurde hingegen die Rechtsnatur des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vielfach, nicht selten unter Berufung auf die Quellen des historischen Gesetzgebers 113 , als Wahlschuld (obligatio alternativa) mit der Folge der Anwendung der §§ 262 ff. BGB gekennzeichnet114. Lediglich vereinzelt wurde angenommen, die Vorschrift stelle einen Fall elektiver Konkurrenz dar115. Das Institut der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers ist eine Entdeckung der pandektistischen Begriffsjurisprudenz des 19. Jahrhunderts. Soweit ersichtlich116 hat als erster Regelsberger im Jahre 1878 die selbstständige Existenz einer „alternativen Ermächtigung des Gläubigers“ behauptet117. Die Bezeich___________ 112 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 11 III b, S. 161; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/1, § 14 II 2 b, S. 248; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 3, S. 226; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 29 I 2, S. 659; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 215; MüKoOetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 339; Soergel-Mertens, § 249 Rn. 19; Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 249 Rn. 215; AKBGB-Rüßmann, §§ 249-250 Rn. 11; RGRK-Alff, § 249 Rn. 12; Palandt-Heinrichs, § 249 Rn. 3 und § 262 Rn. 9; ErmanKuckuk, § 249 Rn. 4; Soergel-Wolf, § 262 Rn. 21; MüKo-Krüger (4. Aufl.), § 262 Rn. 10; Staudinger-Bittner (13. Aufl., Neubearbeitung 2001), § 262 Rn. 9; Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 560; ders., ZfS 1990, 145, 146; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 70; Weitnauer, FS-Hefermehl (1976), S. 467, 481; Steffen, ZVersWiss 1993, 13, 33; Ziegler, AcP 171 (1971), 193, 204; Weber, VersR 1990, 934, 936; Lepa, 32. VGT 1994, 152, 159 = DRiZ 1994, 161, 164; Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7 = NZV 1991, 1; Karczewski, VersR 2001, 1070, 1074; Bär, DAR 2001, 27, 29; Knütel, JR 1982, 281, 282; Schack, FS-Stoll, S. 61, 62; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 149 = NZV 2002, 249, 251. Aus der älteren Lit. bereits Planck-Siber, § 249 Anm. 3 b, S. 70; Oertmann, § 249, Anm. 3 a, S. 43; Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 263; Litten, Die Wahlschuld, S. 119/120; Leonhard, JherJb 41 (1900), 1, 2, Fn. 1; v. Tuhr, DJZ 1899, 304, 306; Siber, KritVJSchr 46 (1905), 526, 535; Kreß, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Nr. 3 B a, S. 266 und § 16 Nr. 4 a, S. 346/347. 113 Vgl. Prot. II. Komm. Bd. II, S. 513 = Mugdan, Bd. 2, S. 515: „Der Gläubiger habe nach Abs. 1 S. 1 das Recht auf Herstellung. Daneben könne er aber Schadensersatz in Geld gemäß Abs. 3 fordern. Beide Ansprüche stehen alternativ nebeneinander“; „Es wurde schließlich konstatirt, daß bei der Erörterung über das alternative Recht des Beschädigten nur solche Fälle zur Sprache gekommen seien, in welchen es sich um die Beschädigung einer Sache oder einer Person handele, und daß demgemäß nur für diese Fälle ein solches Wahlrecht des Gläubigers als festgestellt anzusehen sei“ (Hervorhebungen vom Verf.). 114 Pescatore, Die Wahlschuldverhältnisse, S. 153, Fn. 7 und S. 275; Starck, LZ 1919, Sp. 143 f.; Chamizer, S. 37/38; Heck, Grundriß des Schuldrechts, § 10, der eine grundsätzliche Verschiedenheit der Ersetzungsbefugnis von den Wahlobligationen nicht anerkennt, S. 36, auf S. 33 bringt er Beispiele der facultas alternativa, u.a. auch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, die er als „Tatbestände, die logisch unter § 262 fallen“, so auf S. 32, aufführt. 115 Staudinger-Werner (11. Aufl.), § 249 Rn. 31 und vor § 262 Rn. 8; StaudingerSelb (12. Aufl.), § 262 Rn. 6 und 7; Staudinger-Selb (13. Aufl.), § 262 Rn. 6 und 7. 116 So ebenfalls bereits Chamizer, S. 79; Litten, Die Wahlschuld, S. 97; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 7 und 30; Ziegler, AcP 171 (1971), 193, 204; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 29 IV 1, S. 666; Jakob, S. 215, Fn. 157. 117 Regelsberger, JherJb 16 (1878), 159 ff., insb. auf S. 161, 166, 167.

V. Wertentscheidung aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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nung als „Ersetzungsbefugnis“ selbst geht auf Leonhard118 zurück119 und datiert aus dem Jahr 1900. Entscheidende Bedeutung für die Dogmatik der Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers gewann die Lehre von den Gestaltungsrechten. Als erster erwähnte sie 1903 Seckel120. Gernsheim121 begründete diese Auffassung sodann drei Jahre später ausführlicher 122 . Wegen dieser relativ jungen und zur Zeit der Schaffung des BGB noch in keiner Weise ausgereiften Entwicklung dieses Rechtsinstituts verbietet es sich von selbst, aus den Quellen des historischen Gesetzgebers zur Vorschrift des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB maßgebliche Gesichtspunkte und Argumente für die Richtigkeit der einen oder anderen Auffassung herleiten zu wollen, so wie dies in der älteren Literatur zur Abstützung der Ansicht, die in der Norm ein gesetzliches Wahlschuldverhältnis verankert sah, bisweilen getan wurde123. Zu untersuchen ist, welcher Ansicht zum Rechtscharakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gefolgt werden kann. Die Schuld mit Ersetzungsbefugnis hat im Gegensatz zur Wahlschuld einen von Anfang an bestimmten Inhalt124. Geschuldet ist in Fällen der facultas alternativa immer eine Leistung, die gewiss ist. Dies ist bei § 249 Abs. 1 BGB die Restitution in natura durch den Schuldner des Schadensersatzanspruchs; diese Leistungsverpflichtung ist ihm von Gesetzes wegen konkret überbürdet. Bei der Wahlschuld hingegen ist die Leistung von Anfang an gerade nicht definitiv bestimmt, sondern lediglich bestimmbar. Deshalb gilt auf Grund der gesetzlichen Fiktion des § 263 Abs. 2 BGB erst die gewählte Leistung als die von Anfang an allein geschuldete. Der Inhalt des Schuldverhältnisses wird erst retrospektiv eindeutig. Im Wahlschuldverhältnis gibt es gerade keine von Anfang an konkret festgelegte Leistungsverpflichtung des Schuldners. Die Leistungen stehen dort in einem Exklusivitätsverhältnis, wovon im Rahmen des § 249 BGB gerade nicht ausgegangen werden kann. Zu Recht wird daher in der Lite___________ Leonhard, JherJb 41 (1900), 1, 2. So auch Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 30. 120 Seckel, FS-Koch (1903), S. 205, 219, Fn. 4. 121 Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 23-27, 53, 61. 122 So auch Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 38/39. 123 Vgl. hierzu, unter Verweis auf die oben in Fn. 113, S. 210 zitierten Stellen in den Protokollen der II. Kommission: Starck, LZ 1919, Sp. 143. 124 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 11 III b, S. 161; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/1, § 14 II 2, S. 247; MüKo-Krüger (4. Aufl.), § 262 Rn. 8; Soergel-Wolf, § 262 Rn. 16; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 11 I 5, S. 258 und § 29 II 2, S. 663; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 48; Ziegler, AcP 171 (1971), 193, 204; Litten, Die Wahlschuld, S. 93 und 94; Kreß, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Nr. 3 A a, S. 263. Ähnlich auch OLG Celle, NJW 1949, 223, 224 und Staudinger-Bittner (13. Aufl., Neubearbeitung 2001), § 262 Rn. 8. 118 119

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

ratur hervorgehoben, dass die Ersetzungsbefugnis gegenüber der Wahlschuld „den Vorzug größerer Verbindlichkeit hat“125. Auch von ihrer Funktion her kann es sich bei der Gläubigerbefugnis des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur um eine Ersetzungsbefugnis handeln. Denn wie in den vorangegangenen Abschnitten mehrfach erörtert und anhand der historischen Auslegung des Gesetzes dargestellt, will diese zusätzliche Option der Restitution die Rechtsstellung des Gläubigers verbessern, ihn vom Schuldner und dessen Handlungen emanzipieren, seinen Interessen dienen und dabei neue Konflikt- und Streitherde vermeiden. Diese Zwecke und Funktionen gewährleistet und sichert das Institut der facultas alternativa aber klassischerweise. Denn „die Ersetzungsbefugnis will privilegieren und nicht“ – wie das Gläubigerwahlrecht bei der Wahlschuld – „zusätzlich verpflichten“126. Neben dem anfänglich feststehenden Leistungsanspruch hat der Gläubiger bei der Ersetzungsbefugnis zu seinen Gunsten, im Gegensatz zur Wahlschuld mit Gläubigerwahlrecht, die Befugnis, statt des geschuldeten einen bestimmten anderen Leistungsgegenstand zu verlangen127: „Wer bei der Wahlschuld wählt, löst eine Leistungsalternative zur Bestimmtheit des Schuldinhalts auf; wer eine Ersetzungsbefugnis ausübt, setzt dagegen an die Stelle eines Schuldinhaltes einen anderen.“128 Bedeutsam ist dabei, dass die bestimmbaren Leistungsinhalte bei der Wahlschuld gleichgeordnet nebeneinander stehen, während die bestimmten Leistungsinhalte bei der Ersetzungsbefugnis ungleich geordnet und damit gestaffelt sind129. Bei § 249 BGB ist diese Staffelung durch die primäre Herstellungsverpflichtung durch den Schuldner in natura und die nach Belieben des Gläubigers angeforderte sekundäre Herstellung mit den Mitteln des erforderlichen Restitutionsbetrags gekennzeichnet. Ein Gleichrang der Herstellungsvarianten prima vista und von Anfang an besteht nicht, weshalb bei der Ersetzungsbefugnis – im Gegensatz zur Wahlschuld – keine Ungewissheit über den Leistungsinhalt besteht. Der Schuldner benötigt kein Rechtssicherheit schaffendes Instrument, wie es ihm bei der Wahlschuld mit § 264 Abs. 2 BGB ein___________ Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/1, § 14 II 2, S. 247. Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/1, § 14 II 2 a, S. 248. Ähnlich auch SoergelWolf, § 262 Rn. 20: „Die Ersetzungsbefugnis will dem Gläubiger ermöglichen, die Leistung einer etwaigen Änderung seiner Interessenlage anzupassen“ und MüKo-Krüger (4. Aufl.), § 262 Rn. 10. 127 BGHZ 5, 105, 109; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/1, § 14 II 2 b, S. 248; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 11 III b, S. 161; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 42 und 48; Litten, Die Wahlschuld, S. 97; Staudinger-Bittner (13. Aufl., Neubearbeitung 2001), § 262 Rn. 9. 128 Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 11 I 5, S. 258/259. 129 Heck, Grundriß des Schuldrechts, § 10 Nr. 8, S. 35; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 11 I 5, S. 259 und § 29 II 2, S. 663. 125 126

V. Wertentscheidung aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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geräumt ist. Der Gläubiger kann auch nicht alternativ klagen, wie er es bei der Wahlschuld könnte130. Nach alldem kann der Ansicht, die die Leistungsalternativen des § 249 BGB als Wahlschuldverhältnis mit Gläubigerwahlrecht charakterisiert, nicht gefolgt werden. Fraglich ist, ob die Stimmen überzeugen können, die § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Verhältnis zu § 249 Abs. 1 BGB als einen Fall elektiver Konkurrenz behandelt wissen wollen. Das Institut der elektiven Konkurrenz ist durch das selbstständige Nebeneinander mehrerer Gläubigerrechte (sowohl Forderungs- als auch Gestaltungsrechte) gekennzeichnet, unter denen der Forderungsberechtigte auswählen darf, die sich aber gegenseitig ausschließen131. Zwar trifft der Gläubiger die Auswahl auch hier nach seinem Belieben, allerdings sind bei der elektiven Konkurrenz nicht verschiedene Leistungsgegenstände, sondern vielmehr verschiedene Rechte zur Wahl gestellt132. Sowohl bei der Schuld mit Ersetzungsbefugnis als auch bei der Wahlschuld handelt es sich hingegen um eine Forderung133. „Wer wählt, gestaltet stets nur eine Forderung, die ihre Identität bewahrt; wer eine elektive Konkurrenz auflöst, entscheidet sich für ein Recht unter mehreren verschiedenartigen, die ihm alternativ zu Gebote stehen.“134 Verschiedene Rechte gewährt § 249 BGB dem Geschädigten allerdings nicht. Sein Recht im Rahmen des Schadensersatzes nach § 249 BGB (sowohl nach § 249 Abs. 1 BGB als auch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB) ist vom Gesetz ausschließlich auf Ersatz durch Restitution gerichtet. Es handelt sich damit um eine einzige Forderung; eine Konkurrenz mehrerer Rechte lässt sich im Rahmen des § 249 BGB nicht verzeichnen. Entscheidendes Charakteristikum der elektiven Konkurrenz ist, dass der Gläubiger auf Grund des Nebeneinanders der Rechte nur eines aktualisieren kann und es sich deshalb bei den verschiedenen, ihm zu Gebote stehenden Ansprüchen um sog. verhaltene Ansprüche handelt. Diese sind zwar weder fällig noch erfüllbar, ___________ 130 Vgl. zu diesem letzteren Aspekt auch Staudinger-Bittner (13. Aufl. Neubearbeitung 2002), § 262 Rn. 9 und 6; Staudinger-Selb (12. Aufl.), § 262 Rn. 6; Haselhoff, NJW 1947/48, 286, 289. 131 OLG Brandenburg, VIZ 1997, 697, 700/701; Staudinger-Bittner (13. Aufl., Neubearbeitung 2001), § 262 Rn. 6; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/1, § 14 II 2 b, S. 248; MüKo-Krüger (4. Aufl.), § 262 Rn. 11; Soergel-Wolf, § 262 Rn. 8; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 60. 132 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 11 II a.E., S. 159; MüKo-Krüger (4. Aufl.), § 262 Rn. 11; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 63; Ziegler, AcP 171 (1971), 193, 205. 133 MüKo-Keller (3. Aufl.), § 262 Rn. 15; Staudinger-Bittner (13. Aufl., Neubearbeitung 2001), § 262 Rn. 9. 134 Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 11 I 6, S. 259; MüKo-Keller (3. Aufl.), § 262 Rn. 15.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

aber ihrer sofortigen Durchsetzung steht nichts im Wege 135 . „Daher ist die Aktualisierung dieser Ansprüche nicht konstitutiv für deren Bestand, sondern nur für deren aktuelle Wirkung.“136 Verhalten ist der Anspruch aus § 249 Abs. 1 BGB aber auf keinen Fall. Die sofortige Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs steht der Einordnung als Fall elektiver Konkurrenz entgegen. Ein Verlangen des Gläubigers ist hinsichtlich der den Schadensersatzanspruch ausfüllenden Norm des § 249 BGB nicht dergestalt konstitutiv, dass dieser aktuelle Wirkungen entfalten kann. Dies ist der wesentlichste Unterschied. Insgesamt überzeugt somit die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, die in den Alternativen des § 249 BGB eine Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers sieht und § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als rechtliches Gestaltungsinstrument137 des Geschädigten interpretiert. 2. Konsequenzen aus der Rechtsnatur Die facultas alternativa creditoris nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat als Gestaltungsrecht138 des Geschädigten potenziell verselbstständigenden Charakter, der mit Ausübung der Rechtsmacht, also mit dem Begehren der Herstellungskosten, sowohl aktualisiert als auch perpetuiert wird. Auf Grund des die Rechtslage gestaltenden Charakters der Ersetzungsbefugnis erlischt diese grundsätzlich auch mit ihrer Ausübung. Der Gläubiger bleibt hieran grundsätzlich gebunden139 , was im Übrigen auch der Ansicht des historischen Gesetzgebers140 entspricht. ___________ 135 Pawlowski, DZWiR 1996, 431, 433; Weitnauer, FS-Hefermehl (1976), S. 467, 479/480. Vgl. zum verhaltenen Anspruch auch Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 24 I 6, S. 570/571. 136 Pawlowski, DZWiR 1996, 431, 433. 137 Hingegen stellt die Auflösung einer elektiven Konkurrenz durch den Gläubiger selbst keinen Gestaltungsakt dar; vgl. Soergel-Wolf, § 262 Rn. 9; MüKo-Krüger (4. Aufl.), § 263 Rn. 11; Staudinger-Selb (13. Aufl.), § 262 Rn. 6; Staudinger-Bittner (13. Aufl., Neubearbeitung 2001), § 262 Rn. 6. 138 Explizit hervorgehoben bspw. von Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 27; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 43 und 44; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 29 III 1, S. 663; Kreß, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Nr. 3 A a, S. 262; Jakob, S. 216; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 147; Jochem, JR 1975, 329, 330; vgl. ebenfalls Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 11 III b, S. 161; MüKo-Keller (3. Aufl.), § 262 Rn. 12; SoergelWolf, § 262 Rn. 20; Ziegler, AcP 171 (1971), 193, 204; die die rechtsgestaltende Bedeutung der Erklärung des Gläubigers betonen. 139 So die ganz h.M. BGHZ 121, 22, 26; RG JW 1937, 1145, Nr. 2; OLG Celle, NJW 1949, 223, 224; OLG Stuttgart, VersR 1978, 188, 189; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 1370, 1371; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 342; PalandtHeinrichs, § 249 Rn. 3; RGRK-Alff, § 249 Rn. 12; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 44 und 71; Kreß, Allgemeines Schuldrecht, § 14 Nr. 3 A a, S. 264; Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 560; ders., ZfS 1990, 145, 147; Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 15 = NZV 1991, 1, 4; Altmann, NJW 1976, 744; Schack, FS-Stoll, S. 61, 62, Fn. 9.

V. Wertentscheidung aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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„Die Ersetzungsbefugnis des § 249, 2 BGB gibt dem Geschädigten ein Gestaltungsrecht, das ihm die Rechtsmacht verleiht, den zunächst gegen den Schuldner nur bestehenden Wiederherstellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umzuwandeln. Mit der Ausübung der Ersetzungsbefugnis erlischt sowohl der ursprüngliche Anspruch als auch das Wahlrecht. Gleichzeitig entsteht eine neue, definitiv bestimmte Schuld.“141

Die rechtsgestaltende Wirkung der Ersetzungsbefugnis, die gegen einen transitorischen Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB spricht, wird in der Literatur nur selten betont. Vielmehr begegnen dem Rechtsanwender zur Thematik der Ersetzungsbefugnis und des Unmöglichwerdens der primären Schuld in der Kommentar- und Lehrbuchliteratur zahlreiche missverständliche, aprioristisch wirkende Aussagen142. Nicht zuletzt diese haben wohl dazu beigetragen, das Verständnis zu verwirren und der Beantwortung der Frage, ob der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution erlischt oder erhalten bleibt, entgegenzustehen, weil nicht deutlich genug danach differenziert wird, ob der Gläubiger seine ersetzende Befugnis bereits in Anspruch genommen hat oder nicht. Einen wesentlichen Unterschied hat man hierin aber allein schon deshalb zu sehen, weil die Ersetzungsbefugnis ___________ Wohl auch BGHZ 66, 239, 246. A.A. Lange, Schadensersatz, § 5 IV 4, S. 227; StaudingerSchiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 215; Soergel-Mertens, § 249 Rn. 21. 140 Dieser führte deutlich aus: „Wenn nun der Gläubiger seine Wahl getroffen habe und einen von beiden Ansprüchen geltend mache, so gehe er damit des anderen Anspruchs verlustig.“, so Prot. II. Komm. Bd. II, S. 513 = Mugdan, Bd. 2, S. 515. 141 Gebhardt, ZfS 1990, 145, 147. Grundsätzlich ebenso bereits Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 560: „Der Geschädigte ist berechtigt, an die Stelle des Wiederherstellungsverlangens die Forderung auf Zahlung der Reparaturkosten zu setzen. Die Ausübung der Ersetzungsbefugnis bewirkt eine Abänderung des Inhalts der Forderung, an die Stelle der ursprünglich geschuldeten Leistung tritt die Ersatzleistung. Das Schuldverhältnis besteht jetzt unabhängig von der Wiederherstellung der Sache fort, zumal der Gläubiger mit der Wahl auch den Anspruch auf Wiederherstellung der Sache durch den Schädiger verliert.“ 142 Vgl. bspw. Palandt-Heinrichs, § 262 Rn. 9 i.V.m. Rn. 8: „Wird die Primärleistung durch Zufall unmöglich, wird der Schuldner auch dann frei, wenn die Ersatzleistung weiterhin erbracht werden könnte. Dagegen bleibt der Anspruch auf die Primärleistung unberührt, wenn die Ersatzleistung unmöglich wird“; Soergel-Wolf, § 265 Rn. 15: „Die zufällige Unmöglichkeit der primär geschuldeten Leistung führt bei der Ersetzungsbefugnis dazu, daß der Schuldner frei wird (§ 275). Die Unmöglichkeit der Ersatzleistung berührt demgegenüber das Schuldverhältnis nicht. Auch bei Ersetzungsbefugnis des Gläubigers kann dieser die andere Leistung nicht verlangen, wenn die in erster Linie geschuldete unmöglich geworden ist, da hierdurch das Schuldverhältnis erlischt“; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/1, § 14 II 2 b, S. 248: „Die Änderungsbefugnis der Gläubigerin erlischt, falls diese vor Erfüllung keinen Gebrauch von ihr gemacht hat, und ebenso bei zufälligem Unmöglichwerden der Primärleistung“. Vgl. in dieser eher nebulösen Richtung ebenfalls MüKo-Krüger (4. Aufl.), § 265 Rn. 15; Staudinger-Bittner (13. Aufl., Neubearbeitung 2001), § 265 Rn. 14; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 29 IV 3, S. 667; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 11 III b, S. 161. Siehe auch OLG Brandenburg, VIZ 1997, 697, 700/701: „Im Gegensatz zur Ersetzungsbefugnis führt die Unmöglichkeit der Erfüllung des einen (Haupt-)Anspruchs bei der elektiven Konkurrenz indes nicht zum Fortfall des anderen (Ersatz-)Anspruchs.“

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

ein die Rechtslage gestaltendes Instrument ist: „Mit der Ausübung der Ersetzungsbefugnis tritt […] die ersetzende Leistung an die Stelle der ursprünglich geschuldeten; das Schicksal der ersetzten spielt keine Rolle mehr.“143 Hat der Gläubiger die facultas alternativa verwirklicht, dann konzentriert sich das Schuldverhältnis ausschließlich auf diese Ersatzleistung. Die Frage der Unmöglichkeit der Restitution in natura i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB nach Ausübung der Ersetzungsoption ist nicht nur „unbeachtlich“144, sie kann sich dogmatisch gar nicht mehr stellen, weil die Primärschuld bereits kraft Rechtsgestaltung des Gläubigers erloschen ist. Deshalb ist insbesondere den Autoren 145 zuzustimmen, die die Ansicht vertreten, nachträgliche, die Naturalrestitution vereitelnde Umstände seien hinsichtlich des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB jedenfalls dann ohne Belang und berührten dessen Bestand in keiner Weise, wenn der Geschädigte von seiner Ersetzungsbefugnis bereits Gebrauch gemacht hat. 3. Fortentwicklung der Ersetzungsbefugnis Fraglich ist, ab welchem Zeitpunkt davon ausgegangen werden kann, der Geschädigte habe seine Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB mit der Folge ausgeübt, dass die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution ohnehin keine Auswirkung mehr auf den Anspruch haben kann. Die Auslegung könnte ergeben, dass an das Erfordernis der Ausübung der Ersetzungsbefugnis in Korrespondenz zu einem tatsächlichen Regel-AusnahmeVerhältnis milde Anforderungen zu stellen sind, die den Herstellungskostenersatzanspruch frühzeitig perpetuieren, um der Privilegierungsfunktion, die die facultas alternativa besitzt146, gerecht zu werden. Diese Hypothese ist vor folgendem Hintergrund zu betrachten: Der Anspruch auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag ist heute das vom Gläubiger in der Regel147, ja so gut wie ausschließlich zur Scha___________ 143 Knütel, JR 1982, 281, 282. Vgl. ebenfalls Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 560 und ders., ZfS 1990, 145, 147. 144 So der – allerdings vorsichtig und im Konjunktiv formulierte – Terminus bei Knütel, JR 1982, 281, 282. 145 So v. Tuhr, KritVjschr 47 (1907), 63, 79; ders., DJZ 1899, 304, 306; Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 238 ff., 265 ff.; Birkmann, DAR 1990, 3, 5; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 146 f.; Knütel, JR 1982, 281, 282; Altmann, NJW 1976, 744; Jakob, S. 229 f., 261 ff. 146 Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/1, § 14 II 2 a, S. 248. Ähnlich auch SoergelWolf, § 262 Rn. 20 und MüKo-Krüger (4. Aufl.), § 262 Rn. 10. 147 So bspw. aus der zahllosen Rspr.: BGHZ 66, 239, 241; BGH NJW 1972, 1800; OLG Hamm, NZV 1991, 351/352 und Lit.: Grunsky, BFuP 1987, 420, 425; Honsell, JuS 1973, 69, 71; Benicke, JuS 1994, 1004, 1005; Böhmer, JR 1971, 239; Pieper, JuS 1962, 409, 410; Grunsky, JuS 1987, 441; Greger, NZV 1994, 11; Berger, VersR 1988, 106; Fleischmann,

V. Wertentscheidung aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

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denswiedergutmachung und zum Schadensausgleich ge- und erwünschte Instrument der Restitution. Das Interesse des Geschädigten ist primär und nahezu exklusiv von Anfang an darauf gerichtet, mit Hilfe des restitutiven Geldbetrags i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Güter- und Vermögensintegrität wieder herzustellen. Das der facultas alternativa creditoris anhaftende bestimmende Element, nämlich das künftige – d.h. nach Entstehung des Schuldverhältnisses hervortretende – Bedürfnis nach Anpassung der Leistung an eine geänderte Interessenlage148, ist in der heutigen Schadensregulierungspraxis im Falle des § 249 BGB nicht mehr konstatierbar. In der Regel hat der Gläubiger kein vorrangiges Interesse, vom Schädiger Restitution in natura verlangen zu können. Er kann sich heutzutage auf dem unerschöpflichen Markt nahezu alles leisten. Primär richtet sich das Begehren des Gläubigers daher auf Zahlung des zum Schadensausgleich erforderlichen Geldbetrags. Die abstrakte Sicht des historischen Gesetzgebers von Regel (§ 249 Abs. 1 BGB) und Ausnahme (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) entspricht nicht mehr den rechtstatsächlichen Gegebenheiten. Für die Ersetzungsbefugnis des § 249 BGB trifft das, was Erler als das „Problem der Anpassung der Erfüllungspflicht an ein künftiges konkretes Gläubigerinteresse aus der abstrakten Sicht des Gesetzgebers“149 bezeichnet, nicht mehr zu. Dabei hat er zu diesem charakteristischen Spezifikum einer gesetzlichen facultas alternativa creditoris ausgeführt: „Die ursprünglich geschuldete Leistung hat zunächst den Vorrang, weil sie rebus sic stantibus die allein interessengemäße Leistung ist und bleibt, während die Ersatzleistung erst rebus mutatis zur interessengemäßen Leistung werden kann.“150

Haben sich Regel und Ausnahme aber umgekehrt, könnte es gerechtfertigt sein, das rechtliche Fundament den gewandelten tatsächlichen Verhältnissen anzupassen. Ein vom Gesetz vorgegebenes Regulierungsinstrumentarium ist ___________ 20. VGT 1982, 268, 273; Weber, VersR 1990, 934, 935; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 163; Lipp, NZV 1996, 7, 10; Honsell/Harrer, JuS 1991, 441, 443; Riedmaier, VersR 1977, 1, 2; Küppersbusch, 32. VGT 1994, 163, 176; Pöggeler, JA 1999, 505, 506/507; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 297; Schack, FS-Stoll, S. 61, 62; R. Hamann, S. 24; Magnus, Schaden und Ersatz, S. 9 und 29; Jakob, S. 141; Gotthardt, S. 43; Wolter, Prinzip der Naturalrestitution, S. 82; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 70; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 308. 148 Heck, Grundriß des Schuldrechts, § 10 Nr. 8, S. 36: „Vielmehr ist das einzige Element, das den Fällen der facultas alternativa gemeinsam ist, die Anpassung des Leistungsinhalts an kommende Interessenlagen ..“; Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 51: „Der spezifische […] charakteristische […] Zweck der Schuld mit Ersetzungsbefugnis besteht in einer Anpassung des Leistungsgebotes an künftige Interessenlagen“; MüKo-Krüger (4. Aufl.), § 262 Rn. 10: „Die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers dient, …, der Anpassung an veränderte Interessen“; Soergel-Wolf, § 262 Rn. 20: „Die Ersetzungsbefugnis will dem Gläubiger ermöglichen, die Leistung einer etwaigen Änderung seiner Interessenlage anzupassen“; ähnlich auch Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 11 I 5, S. 259. 149 Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 67. 150 Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 52.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

offen für die tatsächlichen Lebenssachverhalte, deren rechtliche Bewertungsstrukturen es vorzeichnet. Im Wege der Normenauslegung ist es dem Rechtsanwender erlaubt, die Gesetze an aktuelle Erfordernisse und gewandelte Normsituationen anzupassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Wandlungsfähigkeit gerade die sekundären Wertentscheidungen des Gesetzgebers, die Konkretisierungen und Akzentuierungen der primären Rechtsprinzipien des geltenden Privatrechts betrifft151. Als solche steht sie hier in Gestalt der historischen legislativen Entscheidung des Vorrangs der Restitution in natura gegenüber der geldwerten Restitution zur Beurteilung an. Ohne eine kontinuierliche Anpassung der sekundären Wertentscheidungen des Gesetzgebers an aktuelle, neue und gewandelte Normsituationen und Erfordernisse würden Gesetze „versteinern“152. Ein normiertes Regel-AusnahmeVerhältnis kann nicht nur als qualitative, vom Gesetz vorgezeichnete Interessenbewertung zur Konfliktbereinigung und damit abstrakt betrachtet werden. Auch eine quantitative Komponente sollte solchen Regelungen zu eigen sein. Anderenfalls müssten sie als lebensfremd und an der tatsächlichen Situation vorbeigehend bezeichnet werden. Deshalb sollten die grundsätzliche Regelung und die Alternative, wie sie vom Gesetz vorgezeichnet werden, auch etwas über das zahlenmäßige Verhältnis in der Rechtspraxis aussagen153. Hat sich in der Rechtspraxis die Entwicklung umgekehrt vollzogen, so erscheint es legitim, bei der Normenauslegung darüber nachzudenken, Konkordanz zwischen den Normen und der Rechtspraxis herzustellen, sofern dies mit den tragenden Prinzipien und Grundsätzen der Vorschriften vereinbar ist. Davon kann man im Fall des Regelungsgeflechts des § 249 BGB ausgehen, weil Regel und Ausnahme demselben Prinzip, nämlich dem des Ausgleichs durch Restitution – wenngleich mit anderen Mittel und unter Zuhilfenahme anderer Mechanismen – entspringen und entsprechen. Das aber rechtfertigt die These, im potenziellen Anwendungsbereich des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (Verletzung einer Person und Beschädigung einer Sache) geringe Anforderungen an ___________ Larenz, Methodenlehre, S. 487. Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II. 2. d) dd) (5), S. 99. Zum sozialen Wandel und zur Berechtigung der Rechtsfortbildung gerade auch im Bereich des Schadensersatzrechts vgl. auch Steffen, ZVersWiss 1993, 13: „Im Deliktsrecht, dem Recht für das außervertragliche Zusammenleben, melden sich die wirtschaftlichen, technischen, sozialen Veränderungen vielleicht nicht besonders früh, aber besonders unvermittelt und besonders nachhaltig an. Damit wächst das Bedürfnis nach Fortschreibung durch das Richterrecht, weil dem Haftungsrecht die aktualisierende Initiativkraft der Privatautonomie und der Kautelarjuristen weithin fehlt; und weil deshalb das, was Fritz Hauß die soziale Überalterung des BGB genannt hat (Anm. des Verf., vgl. Hauß, ZVersWiss 1967, 151, 154), hier besonders spürbar ist und steter Verjüngungskorrekturen bedarf.“ Ähnlich auch Brüggemeier, JZ 1986, 969; ders., AcP 182 (1982), 385, 389. 153 Anders hingegen, explizit hinsichtlich § 249 BGB Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 29 I 2, S. 659. 151 152

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die Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch den Gläubiger zu stellen. Im Bereich des Schadensersatzrechts und der Normsituation des § 249 BGB stellt eine Assimilation durch Auslegung auch nichts grundlegend Neues dar. Eine derartige Anpassung der schadensersatzrechtlichen Regularien an veränderte tatsächliche Lebenssachverhalte wurde in der Rechtsprechung und Rechtslehre bspw. in der Zeit der Hyperinflation nach dem Zweiten Weltkrieg vorgenommen154. Operiert wurde dort unter dem Stichwort der „im Wege einer den Zeitverhältnissen entsprechenden Auslegung“155. Rechtsdogmatisch gestützt wird die hier vorgeschlagene Anpassung durch Auslegung dadurch, dass die der Arbeit zu Grunde liegende Untersuchungsmethode, nämlich das „Aufspüren“ von – konsistenten und konsistent fortgesetzten – Wertentscheidungen aus dem inneren System des Rechts, auch solche Wertungsgesichtspunkte integriert und integrieren kann, die dem Wandel unterliegen. Denn das innere System ist dynamisch und damit offen für neue Aspekte, die aus dem gesellschaftlichen Wertewandel und dessen Einfluss auf die Interpretation stammen. Das innere System ist mit anderen Worten offen und hat deshalb fragmentarischen Charakter156. Für die These, dass an das Erfordernis der Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch den Gläubiger geringe Anforderungen zu stellen seien, spricht die heutige Versicherbarkeit fast jedes Lebensrisikos und die Überlagerung des Schadensrechts und der schadensersatzrechtlichen Systematik durch kollektive Ausgleichssysteme 157 . Dies erklärt sich vor folgendem Hintergrund: Sowohl die Versicherbarkeit als auch die Überbürdung individueller Haftung auf kollektive Ausgleichssysteme gehen versicherungsrechtlich und -technisch einher mit der Beschränkung des nach § 249 BGB geschuldeten Ersatzes auf die Alternative der geldwerten Restitution. Der Versicherer ist ausschließlich verpflichtet, den Schadensersatz in Geld zu leisten: §§ 3 Nr. 1 S. 2 PflVersG, 49 VVG158. Etwa im Bereich der massenhaften Abwicklung der Kraftfahrzeughaftpflichtschä___________ Vgl. dazu ausführlich bereits oben im 3. Kapitel unter II. 2., S. 65. OGHBrZ 1, 128, 131. Ähnlich LG Lindau, DRZ 1948, 96, 97; KG NJ 1948, 80, 81. Vgl. auch Benkard, JR 1948, 90, 92; Nehlert, JR 1947, 41, 45; Haselhoff, NJW 1947/48, 286, 287: „… lediglich die bisherige Rspr. des RG in der durch die Verhältnisse gebotenen Weise fortbildet“. 156 Larenz, Methodenlehre, S. 377 und 486 f.; Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 61; Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II. 2. c) dd) (1), S. 71, Fn. 179. 157 Vgl. hierzu ausführlich Brüggemeier, AcP 182 (1982), 385, 414 ff.; Leser, AcP 183 (1983), 568, 573 ff.; Sieg, VersR 1980, 1085 ff.; Westermann, AcP 178 (1978), 150, 158 ff.; Kötz, Sozialer Wandel im Unfallrecht, S. 5 ff.; Katzenmeier, VersR 2002, 1449 ff. 158 Zudem kennt das Recht – selbst dem Schädiger gegenüber wirkende – spezialgesetzliche Ausformungen der Beschränkung des Schadensersatzes auf die Alternative der Restitution durch Geldersatz §§ 8 S. 1 ProdHaftG, 13 S. 1 UmweltHaftG, 6 S. 1 HPflG. 154 155

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

den159 wird der Geschädigte, der seinen Direktanspruch gegen den Versicherer des Schädigers verfolgt, den Anspruch gegen den Schädiger persönlich allein schon praktikablerweise nur als Geldanspruch begehren und damit von seiner Ersetzungsbefugnis Gebrauch machen. Deshalb wird man gem. § 133 BGB annehmen dürfen, dass der Geschädigte in dem Moment, in dem er sich an den Versicherer wendet und von ihm Schadensersatz begehrt, durch schlüssiges Verhalten sein Gestaltungsrecht gegenüber dem Schädiger ausübt, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls dafür sprechen, dass der Gläubiger gem. § 249 Abs. 1 BGB Restitution in natura vom Schädiger begehrt. Bereits diese Konstruktion zeigt deutlich, in welchem Ausmaß das konstitutive Gebrauchmachen der facultas alternativa creditoris, die ursprünglich als die nur sekundär interessengemäße Leistungsvariante angesehen wurde, an den tatsächlichen und nach In-Kraft-Treten der Regelung in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hinzugetretenen rechtlichen Gegebenheiten vorbeigeht. Nichts anderes gilt im Bereich der allgemeinen Haftpflichtversicherung nach §§ 156 Abs. 2, 49 VVG. In den Fallkonstellationen der nachträglichen subjektiven Unmöglichkeit der Naturalrestitution und damit insbesondere in den Fallgestaltungen, in denen der Geschädigte die beschädigte Sache veräußert, ist überdies zu beachten, dass der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs im Moment der Veräußerung durch konkludentes Verhalten zu verstehen gibt, dass er von seiner den Inhalt der Schadensersatzschuld ändernden Befugnis nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch macht. Auch diese Folge wird man als Ausfluss der einprägsam umschriebenen Stellung des Geschädigten als „Herr des Restitutionsgeschehens“160 verstehen dürfen, bei ___________ 159 Die Massenphänomenologie der Verkehrsunfallschäden heben u.a. hervor Greger, NZV 1994, 11, 14, der bspw. meint, „daß das Bestreben der Väter des BGB, […] ein möglichst universelles Dogmengerüst […] zu schaffen, bei gewissen Massenphänomenen des modernen Alltags an seine Grenzen stößt“; Fleischmann, 20. VGT 1982, 268, 270; Steffen, ZVersWiss 1993, 13, 32 und 33; Chr. Huber, DAR 2002, 385, 388; Harneit, 32. VGT 1994, 180, 195 = DAR 1994, 93, 98; Greger, NZV 2000, 1, 2; Medicus, Unmittelbarer und mittelbarer Schaden, S. 39; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 300 und 310; Müller, Referat 62. DJT 1998, Bd. II/1, I 9, I 21/I 22; Küppersbusch, 32. VGT 1994, 163, 175; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 159 = NZV 2002, 249, 254. Ähnlich auch Schiemann, NZV 1996, 1, 6. Eher kritisch hierzu Trost, VersR 2002, 795, 797. 160 BGHZ 143, 189, 194; BGH NJW 1993, 1849, 1850; 2003, 2085; OLG Hamm, VersR 2000, 1122, 1124; OLG Naumburg, VRS 100, 166; OLG Karlsruhe, NJW 2003, 3208, 3209; LG Wuppertal, ZfS 1999, 518; dass., ZfS 2000, 296; Reinking, EWiR 1993, 551; ders., EWiR 2000, 319, 320; Harneit, 32. VGT 1994, 180, 186 = DAR 1994, 93, 95; Küppersbusch, 32. VGT 1994, 163, 176 und 179; v. Westphalen, DAR 1999, 295, 296; Rischar, VersR 1999, 686; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 158 = NZV 2002, 249, 254. Ähnlich Jakob, S. 216: „Herr des Abwicklungsverfahrens“; Rode, DAR 1998, 52, 53: „Herr der Abwicklung“; Gebhardt, DAR 2002, 395, 396 und 400: „Herr des Restitutionsverfahrens“; Chr. Huber, DAR 2002, 337, 345: „Herr des Restitutionsverfahrens“; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 151 und 152 und 158 = NZV 2002, 249, 251 und 252 und 254: „Herr des Restitutionsverfahrens“; Steffen, ZfS 2002, 161: „Herr der Schadensbehebung“.

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der es sich immerhin um eine „goldene Regel des Haftpflichtschadens“161 handeln soll. Dies gilt zumal dann, wenn „der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer keinen Anspruch darauf hat, an den Entscheidungen beteiligt zu werden, die der Geschädigte in Wahrnehmung seiner Ersetzungsbefugnis aus § 249, S. 2 trifft“ 162 . Insbesondere wegen des vorbezeichneten Spezifikums ist im KfzHaftpflichtversicherungsrecht (§ 3 Nr. 1 S. 2 PflVersG) „ein besonderes Interesse des Schuldners an einem Zugang dieser Erklärung vor Eintritt der Unmöglichkeit in analoger Anwendung des § 151 BGB und gem. § 242 BGB für den Regelfall zu verneinen“163. Der Zugang der Erklärung, die die Ersatzleistung durch Gestaltungsakt auslöst, ist entsprechend § 151 S. 1 Alt. 1 BGB nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten, weil die Form des Schadensersatzes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in der heutigen Regulierungspraxis (und zwar nicht nur im Bereich des Kfz-Schadensersatzrechts) den Regelfall bildet. Veräußert oder verschrottet der Geschädigte die beschädigte Sache, ist im Regelfall davon auszugehen, dass der Geschädigte durch schlüssiges Verhalten sein Gestaltungsrecht ausgeübt hat. Die nachträgliche subjektive Unmöglichkeit der Herstellung in natura kann den Anspruch auf Leistung des statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrags schon deshalb nicht beseitigen. Des Weiteren entspricht der Vorschlag der Absenkung der Anforderungen an die Ausübung der Ersetzungsbefugnis auch regelmäßig dem Interesse des Schuldners164. Es handelt sich hierbei zugegebenermaßen nicht um ein tragendes, wenngleich die These stützendes Argument, weil es die Akzeptanz rechtlicher Normen zwischen den Beteiligten fördert und erhöht, wenn man den Blick nicht allzu einseitig auf die Interessen ausschließlich einer Partei lenkt. In der Literatur wurde vorgetragen, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Anwendungsfall einer Gläubigerersetzungsbefugnis zeichne sich dadurch aus, „daß die Mehrbelastung des Schuldners allgemein unerheblich ist. Die Ersatzleistung – die der Schuldner entweder vorrätig hat oder ohne Aufwand zu beschaffen in der Lage ist – bleibt stets ein Wertkorrelat der ursprünglich geschuldeten Leistung, so daß die Belastung des Schuldners durch deren Wert begrenzt ist. Dieser ist deshalb auch nicht besonders daran interessiert, ob der Gläubiger statt der ursprünglich geschuldeten Leistung die Ersatzleistung verlangt“165.

Dies ist, verengt man den Blick auf den vermögensmäßigen Wert der schadensersatzrechtlichen Schuld, an sich zutreffend, jedoch zu einseitig. Der Schädiger wird nämlich üblicherweise ein nicht unerhebliches Interesse daran haben, dass ___________ Rode, DAR 1998, 52, 53. Lepa, 32. VGT 1994, 152, 159 = DRiZ 1994, 161, 164. So bereits der BGH: BGH VersR 1976 389, 390 und ähnlich OLG Naumburg, VRS 100, 166. 163 So bereits treffend Altmann, NJW 1976, 744. 164 Vgl. auch Schack, FS-Stoll, S. 61, 62: „auch dem Schädiger ist es in aller Regel lieber zu zahlen, als Naturalrestitution leisten zu müssen“. 165 Erler, Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers, S. 32. 161 162

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs von seiner Befugnis nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch macht und den gesetzlichen Ausnahmefall auslöst. Mit der Zahlung des erforderlichen Herstellungsbetrags „erkauft“ sich der Schädiger auch die Freiheit von eigener oder die Freiheit von der Einleitung und Veranlassung fremder Mühewaltung. Dieser zusätzliche Schadensbeseitigungsbeitrag des Schädigers im Falle des § 249 Abs. 1 BGB besitzt nicht nur potenziell vermögensmindernde Qualität, sondern ist, soweit er Unannehmlichkeiten und Zeitaufwand verursacht, auch Anspruchsinhalt der für die Totalreparation erforderlichen Restitution und kann deshalb im Rahmen der norm- und zweckbezogenen Argumentation herangezogen werden. Wenn demnach auch der Schuldner des Schadensersatzanspruchs grundsätzlich daran interessiert ist, dass der Geschädigte die ihm eingeräumte Ersetzungsbefugnis ausübt und die gesetzliche Ausnahme der Restitution des § 249 BGB beansprucht, spricht viel dafür, die ersetzte Leistung als so früh wie möglich durch den Gläubiger ausgelöst zu betrachten. Methodisch kann man diesen Aspekt mit einer entsprechenden Anwendung des § 151 S. 1 Alt. 2 BGB begründen und davon ausgehen, dass der Schädiger regelmäßig stillschweigend auf den Zugang der Erklärung des Geschädigten, sein Gestaltungsrecht aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auszuüben, verzichtet hat. Folglich korrelieren die rechtsgestaltende Bedeutung, die der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Gestaltungsrecht aus dogmatischen Gründen zukommt, und die Interessenlage, welche der historische Gesetzgeber abstrakt dem gestaltenden Element in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zugeschrieben hat, in der heutigen allgemeinen schadensrechtlichen Regulierungspraxis nicht mehr. Weil der Geschädigte üblicherweise in den Fällen der Beschädigung einer Sache – wie auch in denen der Verletzung einer Person – auf die restitutive Wiederherstellung der Güterintegrität gerade durch den Schädiger verzichtet, ist es im Wege der Auslegung gerechtfertigt, die Anforderungen, die an die Ausübung des konstitutiven Gestaltungsakts zu stellen sind, abzumildern. Sobald der Geschädigte Ersatz in Geld begehrt, sich an den Versicherer des Schädigers wendet oder die beschädigte Sache veräußert, verschrottet oder sich ihrer entledigt, ist im Regelfall davon auszugehen, dass der Geschädigte konkludent sein Gestaltungsrecht ausgeübt hat. 4. Zusammenfassung und Ergebnis Mit dieser Fortentwicklung des Instituts der facultas alternativa creditoris des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB wird zugleich erneut der berechtigten Forderung nach einer von der Herstellung gem. § 249 Abs. 1 BGB gelösten und damit „autonomen Auslegung“166 des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Rechnung getragen. Zudem kann eine Vereinbarkeit mit den Meinungen erreicht werden, nach denen das spätere Schicksal ___________ 166

So treffend Lipp, NZV 1996, 7, 10.

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der beschädigten Sache keinerlei Bedeutung hat, „weil die in der Zukunft liegende Gestaltung den einmal entstandenen Schaden weder in seiner Erscheinungsform noch in seiner Höhe zu beeinflussen vermag“167. Darüber hinaus dürfte auch das Praktikabilitätspostulat für die hier dargelegte Fortentwicklung der Ersetzungsbefugnis und die Herabsetzung der Anforderungen an ihre Ausübung streiten. Wenn die Restititutionsform des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in der heutigen Regulierungspraxis die fast ausschließlich vom Geschädigten erwünschte Art und Weise des Schadensersatzes darstellt, entspricht es jedenfalls der Praktikabilität, wenn man diese Form als frühzeitig perpetuiert und im Wege der Auslegung des Gläubigerverhaltens als die in der Regel begehrte betrachtet. An dieser Stelle soll dennoch daran erinnert werden, dass das Argument der Praktikabilität nicht zum Selbst- und Ausschließlichkeitszweck erhoben werden darf. Praktikabilität um jeden Preis steht zwar der Verlässlichkeit des Rechts und seiner Anwendung entgegen und passt methodisch in kein gängiges Modell der Gesetzesauslegung. Allerdings ist es doch weitgehender Konsens, darauf abzustellen, dass jedes Ergebnis einer dogmatischen Gesetzesanalyse und -auslegung für den Rechtsanwender zumindest nicht unpraktikabel sein sollte. Eine Annäherung im Ansatz wird damit im Ergebnis auch an diejenigen Autoren erreicht, die betonen, dass „Erwägungen zur Praktikabilität der Schadensabwicklung grundprinzipienähnliche Bedeutung haben, da das heute angewendete Schadensersatzrecht in besonderem Maße für eine Vielzahl gleicher und sehr ähnlicher Sachverhalte anwendbar gestaltet sein muss“168.

Die These, dass an die Ausübung der Ersetzungsbefugnis nur geringe Anforderungen zu stellen sind, fügt sich nahtlos in die bisherigen Ergebnisse der Analyse des inneren Systems der schadensersatzrechtlichen Vorschriften ein. Es wird nicht nur bestätigt, dass der Rechtsnatur des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Frage der vorliegenden Untersuchung, ob der Anspruch auf die statt der Herstellung erforderlichen Kosten im Falle nachträglicher Unmöglichkeit der Natu___________ 167 So insbesondere Klimke, VersR 1968, 537, 538; ders., VersR 1977, 502, 504; ders., VersR 1974, 1063, 1065; Hadding, JuS 1969, 407, 411; Sabaß, 28. VGT 1990, 197, 198. Ähnlich auch Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 560; Werber, VersR 1971, 981, 993; Maase, NJW 1970, 2240, 2241; Wirsching, DAR 1999, 331, 333; Rauscher, NJW 1986, 2011, 2013; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 306. 168 Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 43. Ähnlich Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 300 und 310; Steffen, ZVersWiss 1993, 13, 31/32. Auf pragmatische Ansatzpunkte setzt auch Weyers, in: Vereinigung zwischen deutschen und italienischen Juristen, Heft 8/9, 37, 49. Haug, VersR 2000, 1329 spricht vom „Praktikabilitätsdiktat“. Pielemeier, NZV 1989, 222 und Gebhardt, ZfS 1990, 145, betonen bspw. das „offenkundige Bedürfnis nach Vereinfachung und Typisierung“, welches gerade im Kfz-Bereich durch den Abrechnungsmodus der fiktiven Sachschadensabrechnung befriedigt wird.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

ralrestitution untergeht oder bestehen bleibt, eine wesentliche Aussage entnommen werden kann, sondern auch, dass sich Auslegung des Gläubigerbegehrens und Analyse des inneren Systems gegenseitig ergänzen. Die Fortentwicklung eines Rechtsinstituts, wie hier die der Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, darf nicht in Form einer autonomen Dezision vorgenommen werden, sie muss sich „vielmehr durch Gründe bestimmen lassen, die sich aus dem Zusammenhang der vorhandenen Normen und aus der bestehenden Organisation des Rechts ergeben – also aus der jeweils zu erarbeitenden heutigen Systematik des betreffenden Rechtsgebiets“169. Im Ergebnis ist damit festzuhalten: Die rechtstechnische Ausgestaltung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Ersetzungsbefugnis spricht gegen die Transformation dieses Anspruchs in einen solchen nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB, wenn die Naturalrestitution nachträglich unmöglich wird. Die Ersetzungsbefugnis als die Rechtslage gestaltendes Gläubigerinstrument lässt eine neue Schuld entstehen, weshalb es nicht zutreffend ist, dem § 249 Abs. 2 S. 1 BGB transitorische Gestalt zur Herstellung, zum Herstellungszweck oder zum Herstellungsanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB zuzuschreiben. Da der Geschädigte zudem in der Regel an Restitution durch den Schädiger nicht interessiert ist und sich im Wege der Auslegung ergibt, dass sich das Gläubigerbegehren frühzeitig auf den Restitutionssurrogatanspruch konzentriert, sind an die Ausübung der Ersetzungsbefugnis, die zur konstitutiven Rechtsgestaltung führt, geringe Anforderungen zu stellen.

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens Ob sich der Bestand des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Bereich des Sachschadens in Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution wirklich als konsistente Wertentscheidung aus dem inneren System der schadensersatzrechtlichen Vorschriften erweist, könnte fraglich sein, wenn man den Blick auf den Bereich des Personenschadens richtet. Denn der 6. Zivilsenat des BGH, der zumindest im Bereich des Kfz-Schadensrechts die nachträgliche subjektive Unmöglichkeit der Naturalrestitution für den Anspruch des Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB für unbeachtlich hält, hat sich den Vorwurf der Ungleichbehandlung von Personen- und Sachschäden eingehandelt. Es gäbe – so die Kritiker – keine vernünftige Begründung für derartige Differenzierungen170. Nach inzwischen nahezu einhelliger Ansicht171 ist der Herstellungsbe___________ Pawlowski, DZWiR 1996, 431, 432. Leonhard, VersR 1983, 415, 418; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 205; G. Wagner, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 96, 98; Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 74 ff.; Scheffen, NZV 1995, 218, 220; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Greger, NZV 2000, 1, 2; Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Schiemann, 169 170

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens

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trag bei Personenschäden zweckgebunden. Könne der Herstellungszweck nicht mehr erreicht werden, entbehre die Gewährung der Restitutionskosten jeder Grundlage. Ersatz fiktiver Heilbehandlungskosten wäre sonach ausgeschlossen, sodass sich die Frage stellt, ob der Ungleichbehandlungsvorwurf auch das hier vertretene Ergebnis erfassen würde. Prima vista scheint eine derartige Kritik insbesondere deshalb berechtigt, weil der Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB selbst sowohl für die Verletzung einer Person als auch für die Beschädigung einer Sache dieselbe Regelung statuiert. Nicht zu übersehen ist darüber hinaus, dass sich die Bemerkung der Gesetzesmaterialien172, der Verletzte solle dafür entschädigt werden, dass er die Aufwendungen machen müsse und nicht dafür, dass er sie gemacht habe, gerade auf Verletzungen des Körpers und der Gesundheit bezieht. Zu untersuchen ist deshalb, inwieweit zwischen der Ersatzfähigkeit fiktiver Heilbehandlungskosten bei der Personenverletzung und der Ersatzfähigkeit fiktiver Reparaturkosten bei der Sachbeschädigung sachliche Unterschiede bestehen, die eine Differenzierung rechtfertigen könnten. 1. Die Entscheidung des 6. Zivilsenats des BGH aus dem Jahr 1986 und deren Vorläufer Den Ausgangspunkt der Untersuchung soll die Entscheidung des 6. Zivilsenats des BGH vom 14. Januar 1986173 bilden, von deren Grundsätzen weder die instanzgerichtliche174 noch die höchstrichterliche Rechtsprechung175 auch nur im Ansatz je wieder abgerückt ist. Der Rechtsstreit betraf im Kern die Frage, ob die Klägerin die voraussichtlichen Kosten für eine Korrektur von Narben am Unterbauch, die infolge einer unfallbedingten Darmoperation zurückgeblieben sind, verlangen kann, obwohl sie sich bislang wegen des ungewissen Erfolgs noch nicht ___________ FS-Steffen, S. 399, 404 und 408; ders., 20. VGT 1982, 233, 242; ders., JuS 1988, 20, 22; ders., FS-Hagen, S. 27, 45; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 224; Roussos, S. 126; Haug, VersR 2000, 1471, 1476; Honsell/Harrer, JuS 1985, 161, 167; dies., JuS 1991, 441, 446; Bungert, ZIP 1992, 1707, 1714; Jakob, S. 19, 98, 108 und 262; Schäfer, Soziale Schäden, S. 102 und 107. Ähnlich auch Schiemann, EWiR 1993, 441, 442; Chr. Huber, DAR 2000, 20, 24 und 25. 171 A.A. – soweit ersichtlich – lediglich Rinke, DAR 1987, 14 f. und wohl auch Wiese, Ersatz des immateriellen Schadens, S. 7, Fn. 10. 172 Prot. II. Komm. Bd. II, S. 628/629 = Mugdan, Bd. 2, S. 1112. 173 BGH – VI ZR 48/85 – BGHZ 97, 14 = NJW 1986, 1538 = VersR 1986, 550 = MDR 1986, 486 = JZ 1986, 638 = JR 1986, 365 = VRS 73, 161 = DAR 1986, 141 = ZfS 1986, 203 = JuS 1986, 648 mit Anm. von Zeuner, JZ 1986, 640; Emmerich, JuS 1986, 648; Hohloch, JR 1986, 367; Grunsky, JuS 1987, 441; Rinke, DAR 1987, 14. 174 OLG Köln, VersR 2000, 1021, 1022. 175 BGH NJW 1992, 3096, 3101.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

zu dieser Operation hatte entschließen können176. Die Beklagten hatten sich zwar zur Übernahme der Kosten einer von der Klägerin vorgenommenen operativen Narbenkorrektur bereit erklärt. Sie weigerten sich jedoch, den verlangten Geldbetrag an die Klägerin zu zahlen, weil diese ihrer Auffassung nach keinen Anspruch auf Zahlung lediglich fiktiver Kosten habe. Das Landgericht Rottweil und das Oberlandesgericht Stuttgart als Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen, wobei das Berufungsgericht ausgeführt hatte, dass die Geschädigte statt der Herstellung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zwar den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen könne. Dieser Anspruch setze aber im Falle der Körperverletzung die feste erkennbare Absicht des Verletzten voraus, die ihm zugefügte Verletzung oder deren Folgen tatsächlich beheben zu lassen, woran es im vorliegenden Fall aber fehle177. Bei der Verletzung immaterieller Werte – wie bei Personenschäden – müsse man eine Zweckbindung der Herstellungskosten annehmen, wenn die Vorschrift des § 253 BGB nicht unterlaufen werden solle178. Der 6. Zivilsenat des BGH schloss sich der Rechtsauffassung der Vordergerichte an, wies die Klage als derzeit unbegründet zurück, bestätigte in den Gründen zunächst seine bisherige Ansicht zur Dispositionsfreiheit im Bereich des Kfz-Sachschadensrechts179 und führte zur Ungleichbehandlung des Ersatzes fiktiver Operationskosten im Bereich der Personenschäden aus: „Diese Dispositionsfreiheit des Geschädigten bezüglich des vom Schädiger zur Herstellung geschuldeten Geldbetrages läßt sich auf Personenschäden nicht übertragen. Insoweit wirkt sich aus, daß die Naturalrestitution, für die der Verletzte den Geldbetrag nach § 249 Satz 2 BGB verlangen kann, hier auf Herstellung der körperlichen Integrität, mithin auf die Beseitigung eines Nichtvermögensschadens gerichtet ist, für den sich ein Verständnis, das im Verzicht des Verletzten auf Restitution lediglich eine mit dem Geldbetrag des § 249 Satz 2 BGB zutreffend bewertete Vermögensdisposition sehen wollte, wesensmäßig verbietet. Der Entschließung des Verletzten, sich einer ärztlichen Behandlung – etwa wegen der damit verbundenen Risiken oder des zweifelhaften Erfolges – nicht zu unterziehen, sondern mit der unbehandelten Verletzung weiterzuleben, betrifft eine andere Ebene als die Vermögensdisposition mit dem Geldbetrag des § 249 Satz 2 BGB und ist prinzipiell ebensowenig kommensurabel wie die Verletzung selbst, mit der der Verletzte belastet bleibt; hierfür gewährt ihm das Gesetz eine Geldentschädigung in Form des Schmerzensgeldes. Ebensowenig, wie der Verletzte vom Schädiger nach § 249 Satz 2 BGB die Kosten einer (teureren)

___________ BGHZ 97, 14. So wird die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.1.1985 – 5 U 111/84 – in den Gründen der Revisionsentscheidung des BGH wiedergegeben, BGHZ 97, 14, 15. 178 Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass das OLG Stuttgart noch wenige Jahre zuvor in seinem Urteil vom 30.8.1977 – 11 U 55/77 – entschieden hatte, dass der Geschädigte den für eine Gesichtsnarbenkorrektur erforderlichen Geldbetrag auch dann verlangen könne, wenn er den Geldbetrag nicht für die Operation aufwenden wolle, weil es sich bei dem Geldanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB um den ursprünglichen Herstellungsanspruch und nicht um einen Erstattungsanspruch handele; OLG Stuttgart, VersR 1978, 188, 189. 179 BGHZ 97, 14, 17 bis 18. 176 177

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Operation verlangen kann, wenn er sich für die (billigere) konservative Behandlung entscheidet, kann er deshalb bei einem Verzicht auf jede Behandlung vom Schädiger Behandlungskosten für eine Restitution beanspruchen, die er gerade nicht will. Wenn der Verletzte die Behandlungskosten verlangt, obwohl er die Behandlung nicht durchführen lassen will, so verlangt er in Wahrheit eine Entschädigung (Kompensation) für die fortdauernde Beeinträchtigung seiner Gesundheit. Eine derartige Kompensation billigt die Rechtsordnung dem Verletzten gemäß § 253 BGB nur unter den Voraussetzungen des § 847 BGB zu. Wenn man dem Verletzten die fiktiven Kosten einer nicht durchgeführten Heilbehandlung zuerkennen wollte, so würde dies zu einer Umgehung des § 253 BGB führen. In den Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 847 BGB für die Gewährung eines Schmerzensgeldes nicht vorliegen, würde der Verletzte ein ihm nicht zustehendes Schmerzensgeld erhalten, in anderen Fällen würde er ein ihm nach § 847 BGB zustehendes Schmerzensgeld in einer im Gesetz nicht vorgesehenen Weise aufbessern können. Aus den dargelegten Gründen kann es bei Personenschäden grundsätzlich keine Dispositionsfreiheit des Geschädigten bezüglich der Verwendung der Herstellungskosten geben. Die Herstellungskosten sind vielmehr im Bereich der Personenschäden zweckgebunden. Deshalb kann der Verletzte Behandlungskosten gemäß § 249 Satz 2 BGB nur verlangen, wenn er die Absicht hat, die Behandlung auch tatsächlich durchführen zu lassen.“180

Diese Entscheidung des BGH zur Zweckbindung des Restitutionsbetrags im Bereich der Personenschäden wird mit ihrem tragenden „Umgehungsargument“, also der Abwendung der Gefahr, einen Wertungsspruch zu § 253 Abs. 1 BGB zu schaffen, zum einen von weiten Teilen im Schrifttum geteilt181 (wobei sogar die Gegner der Dispositionsfreiheit im Bereich des Sachschadens dieses Argument anerkennen 182 ). Zum anderen wurde die Frage der Anerkennung oder Nichtanerkennung fiktiver Heilbehandlungskosten im Bereich des Personenschadens tatsächlich erstmals in grundsätzlicher Hinsicht behandelt. Zwar ging man vor der Entscheidung des BGH vom 14. Januar 1986 davon aus, dass der BGH bereits mit der „Stärkemittel-Entscheidung“183 aus dem Jahr 1957, in der derselbe Zivilsenat die Kosten für ärztlich verordnete Stärkungsmittel als erstattungsfähig angesehen hatte, obwohl der Verletzte diese wegen ___________ BGHZ 97, 14, 18 bis 20 (Hervorhebungen vom Verf.). Lange, WM 1990, Sonderbeilage 7, S. 10/11; Grunsky, BFuP 1987, 420, 425; Stürner, DAR 1986, 7, 10; Steffen, ZVersWiss 1993, 13, 32; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2469; Weber, DAR 1987, 161, 175; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 5, S. 228 und § 7 I 1, S. 424; Grunsky, JuS 1987, 441, 443; Otto, NZV 1998, 433, 435; Gotthardt, S. 182, Fn. 432; Zeuner, JZ 1986, 640, 641; Hohloch, JR 1986, 367; Jochem, JR 1975, 329, 331; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 305; Jung, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 81, 84; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 345 und 357; Soergel-Mertens, § 249 Rn. 22; Erman-Kuckuk, § 249 Rn. 46; Palandt-Heinrichs, § 249 Rn. 4. 182 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 367: „Soweit es sich aber um bloße kosmetische Operationen, z.B. bei Gesichtsnarben, handelt, würde eine Zahlung der fiktiven Operationskosten gem. § 249 S. 2 BGB nichts als ein (zusätzliches) Schmerzensgeld darstellen.“ 183 BGH, Urteil vom 29.10.1957 – VI ZR 233/56, NJW 1958, 627 = VersR 1958, 176. Als obiter dicta bestätigt durch BGH VersR 1970, 766/767. 180 181

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

Geldmangels nicht hatte besorgen und einnehmen können, den Ersatz fiktiver Heilbehandlungskosten etabliert hatte184. Dass es sich hierbei jedoch um einen Trugschluss handelte, verdeutlichte zum einen der 6. Zivilsenat des BGH in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1986 selbst, indem er dort ausführt: „Entgegen der Auffassung der Revision hat er [der Senat185] jedoch bei Personenschäden einen Anspruch des Geschädigten auf Ersatz fiktiver Kosten noch nicht dem Grunde nach anerkannt. […] Auch die Senatsentscheidung vom 29. Oktober 1957 […] läßt sich in diesem Zusammenhang nur bedingt anführen. […] Der tragende Grund dieser Entscheidung war aber der Gesichtspunkt, daß der Schädiger nicht dadurch von der Verpflichtung zum Ersatz notwendiger Heilungskosten befreit werden soll, daß er durch Hinausschieben der Erfüllung eines begründeten Ersatzanspruchs den Verletzten außerstande gesetzt hat, sich notwendige Heil- oder Stärkungsmittel zu kaufen.“186

Zum anderen wird auch bei näherer Lektüre der Urteile deutlich, dass es sich bei der „Stärkemittel-Entscheidung“ um ein spezifisches und die Besonderheiten des Einzelfalls betonendes Judikat handelt, bei dem primär die Einzelfallgerechtigkeit und auch ein anderer rechtlicher Gesichtspunkt im Vordergrund standen. Eine grundsätzliche Aussage zur Dispositionsfreiheit oder Zweckbindung der erforderlichen Restitutionskosten im Bereich der Personenschäden sollte in der „Stärkemittel-Entscheidung“ ersichtlich nicht getroffen werden. Vordergründig betrachtet könnte man meinen, den Ausschlag habe die Verzögerungsargumentation gegeben, die man nicht zuletzt wegen ihrer Erwähnung im „StärkemittelFall“ als ein „auf den Einzelfall beschränktes Billigkeitsargument“187 diskreditierte und die deshalb zur Abstützung der Dispositionsfreiheit im Sachscha___________ 184 Vgl. z.B. OLG Celle, VersR 1972, 468, 469: „Ein Verletzter kann gemäß § 249 S. 2 BGB Ersatz des zur Wiederherstellung seiner Gesundheit erforderlichen Schadensbetrages auch insoweit verlangen, als er – zum Beispiel aus Mangel an eigenen Mitteln – auf eine vollständige Korrektur hat verzichten müssen (vgl. BGH VersR 58, 176 = NJW 1958, 627; BGH VersR 70, 766)“; Fleischmann, 20. VGT 1982, 268, 275: „Aus der Sicht der Ersatzfähigkeit des bei Schaffung der Schadenslage erforderlichen Wiederherstellungsaufwandes erscheint auch die Stärkungsmittel-Entscheidung des BGH plausibel, ebenso der fiktive Ersatz fiktiver Krankenhaus- und Krankenbehandlungskosten“; Steffen, VersR 1985, 605, 611: „Eine klare Abkopplung des Schadens von den Dispositionen des Geschädigten über ihn besteht allerdings nur im Anwendungsbereich des § 249 S. 2 BGB, der für Personenschäden den Herstellungsaufwand für die Gesundheit, also die Heilungskosten erfaßt. Hier ist Schadensersatz im Geldbetrag für die erforderliche Herstellung sozusagen objektiviert; ob und wie der Geschädigte den Schaden beseitigt, geht den Schädiger nichts an. Deshalb stehen wegen einer unfallbedingten Entstellung die Kosten einer kosmetischen Operation prinzipiell auch dem zu, der sich nicht operieren läßt; auch die bekannte StärkemittelEntscheidung des BGH beruht auf diesem Grundsatz“; Schiemann, DAR 1982, 309, 310: „Eine der Ausgangsentscheidungen für die neuere Entwicklung des allgemeinen Schadensrechts war das Urteil im ‚Stärkungsmittel-Fall‘. Hier hat der BGH eine Arznei, die der Geschädigte aus Geldmangel nicht hatte erwerben können, abstrakt entschädigt. Auch dies scheint der Dispositionsfreiheit des Geschädigten zu entsprechen.“ 185 Anmerkung des Verf. 186 BGHZ 97, 14, 16. 187 So Jakob, S. 100.

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densrecht nicht herangezogen werden könne188. Dies ist jedoch nicht nur nicht sachgerecht – wie bereits oben erläutert wurde189 –, sondern verkennt auch den Kern der Begründung der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1957. Ausschlaggebend in der „Stärkemittel-Entscheidung“ war nämlich der Rechtsgedanke des § 162 BGB190 und damit eine besondere Wertentscheidung aus dem inneren System des bürgerlichen Rechts. Denn der Schuldner eines Schadensersatzanspruchs handelt dann wider Treu und Glauben, wenn er seine Pflicht zur Vorauszahlung der erforderlichen Restitutionskosten verletzt und den Geschädigten, der selbst nicht in der Lage ist, die notwendigen Kosten zu verauslagen, damit des Schadensausgleichs völlig enthebt, weil eine spätere Wiedergutmachung zu spät käme. Der Schädiger muss sich in dieser besonderen Konstellation so behandeln lassen, als hätte sich der in seiner körperlichen Integrität beeinträchtigte Verletzte die erforderlichen Genesungsmittel beschafft. Erstmals in grundsätzlicher Hinsicht behandelte die Rechtsprechung den Ersatz fiktiver Kosten im Bereich der Personenschäden deshalb in der Grundsatzentscheidung des 6. Zivilsenats des BGH aus dem Jahr 1986. Auch die vor der Entscheidung des BGH vom 14. Januar 1986 ergangene Entscheidung des Landgerichts Stuttgart aus dem Jahr 1976191 passt nicht in diesen Zusammenhang, obwohl sie vielfach als einer der Fälle zitiert wird, in denen der Ersatz ___________ 188 Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 191; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 6, S. 230/231; Medicus, VersR 1981, 593, 599; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 225 bis 227; ders., DAR 1982, 309, 311; ders., 20. VGT 1982, 233, 237; Thürmann, VersR 1976, 1117, 1118; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 220; U. Hamann, Schadensersatz, S. 170 ff.; Köhler, JZ 1987, 248, 249/250. 189 Vgl. dazu oben im 4. Kapitel unter V. 3. b), S. 154 ff. 190 So bereits zutreffend Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 38: „Dieser Ansicht des BGH wird man zu folgen haben. Sie läßt sich dogmatisch folgendermaßen begründen: Kommt der Schädiger wider Treu und Glauben seiner Pflicht zur Vorauszahlung des gemäß § 249 S. 2 BGB erforderlichen Betrages nicht nach, um dadurch die Vornahme der nachweislich angezeigten Heilungs- und/oder Besserungsmaßnahme und somit die Entstehung von Behandlungskosten zu verhindern, für die er aufzukommen hat, so muß er sich nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB so behandeln lassen, als wenn der mittellose Verletzte die erwähnten Maßnahmen tatsächlich vorgenommen hätte und daher die entsprechenden Kosten wirklich entstanden wären“; Zeuner, JZ 1986, 640, 641: „Es besteht indessen auch kein Anlass zu der Annahme, daß vom nunmehr gewonnenen Standpunkt aus in derartigen Situationen ein Geldanspruch des Geschädigten a limine abgelehnt werden müsse. Zu erwägen bleibt vielmehr zunächst, ob die für den Fall der Personenverletzung bejahte Zweckbindung des Anspruchs nach § 249 S. 2 BGB doch gewissen Einschränkungen unterliegt, so etwa – worauf die Bemerkung des VI. Zivilsenats über den tragenden Grund der Stärkemittel-Entscheidung hindeuten könnte – unter dem Rechtsgedanken des § 162 BGB.“ Nicht anders auch Gotthardt, S. 182: „Der für das Unterhaltsrecht kodifizierte Gedanke des § 1613 I 2 BGB läßt sich auch hier entsprechend anwenden. Aus der Tatsache, daß in der Vergangenheit dem Verletzten finanzielle Auslagen nicht entstanden sind, läßt sich nicht schließen, ersatzfähige Aufwendungen seien nicht erbracht worden.“ 191 LG Stuttgart, Urteil vom 29.7.1976 – 18 O 257/75 – NJW 1976, 1797.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

fiktiver Heilbehandlungskosten bereits abgelehnt worden sei 192 . Tatsächlich betraf die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart eine ganz andere Fallkonstellation193. Die Klägerin begehrte dort Ersatz von Operationskosten, die deshalb nicht angefallen waren, weil sie inzwischen genesen war. Die Operation war wegen mittlerweile eingetretener Heilung unmöglich geworden. Das Landgericht Stuttgart betonte dabei explizit, dass diese Konstellation mit denjenigen im Bereich des Sachschadens „allenfalls dann vergleichbar wäre, wenn etwa ein Schaden an einem Kfz sich von selbst wieder in Ordnung gebracht hätte und der Geschädigte gleichwohl Ersatz des Reparaturaufwandes verlangen könnte“194. Um diese Fälle der Unmöglichkeit der Restitution wegen anderweitiger Zweckerreichung geht es im Rahmen der vorliegenden Abhandlung ohnehin nicht195. Im Übrigen kann die Bemerkung des Landgerichts Stuttgart: „Gleich wären beide Fälle [also diejenigen, in denen Ersatz fiktiver Sachschäden einerseits und Personenschäden andererseits gefordert werden196] nur, wenn zur Herstellung der Gesundheit der Kl. etwa noch eine Operation notwendig gewesen wäre, auf die die Kl. eben verzichtet hat“197

als auf der Linie der damaligen Rechtsprechung liegend verstanden werden198, die fiktive Heilbehandlungskosten auch dann gewährte, wenn der Verletzte – aus welchen Gründen auch immer – von einer tatsächlichen Heilbehandlung Abstand nahm oder sich zu ihr noch nicht entschließen konnte199. 2. Die Kritik und Berechtigung der Argumentation mit der Abwendung der Gefahr der Umgehung des § 253 BGB Wie bereits erwähnt, sah sich der 6. Zivilsenat des BGH200 – in Übereinstimmung mit weiten Teilen in der Literatur201 – daran gehindert, die Dispositionsfrei___________ 192 So z.B. BGHZ 97, 14, 16; Medicus, DAR 1982, 352, 356, Fn. 44; Schiemann, DAR 1982, 309, 310. 193 In dieser Richtung auch Emmerich, JuS 1986, 648, 649, Fn. 10. 194 LG Stuttgart, NJW 1976, 1797. 195 Diese notwendige Differenzierung zwischen Unmöglichkeit der Zweckerreichung und Zweckverfehlung verkennt Gotthardt, S. 181. 196 Anmerkung des Verf. 197 LG Stuttgart, NJW 1976, 1797. 198 Vgl. zur damaligen Rspr. OLG Celle, VersR 1972, 468, 469; OLG Stuttgart, VersR 1978, 188, 189. 199 Nach den in den Entscheidungen der beiden OLG’e mitgeteilten Sachverhalten konnten die betreffenden Operationen noch durchgeführt werden, sodass an den Ausgangspunkt der Stärkemittel-Entscheidung des BGH, nämlich den Rechtsgedanken des § 162 BGB, nicht hätte angeknüpft werden können. Ähnlich auch Gotthardt, S. 180. 200 BGHZ 97, 14, 19. 201 Lange, WM 1990, Sonderbeilage 7, S. 10/11; Grunsky, BFuP 1987, 420, 425; Stürner, DAR 1986, 7, 10; Steffen, ZVersWiss 1993, 13, 32; Grunsky, NJW 1983, 2465,

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heit im Hinblick auf die erforderlichen Heilbehandlungskosten im Bereich der Personenschäden anzuerkennen, weil sonst die Gefahr der unzulässigen Umgehung des § 253 BGB drohe. So sehr in der Rechtsprechung hierüber seit dem Urteil aus dem Jahr 1986 Einmütigkeit herrscht 202 , verwundert es andererseits aber schon, wie relativ spät sich diese Erkenntnis erst herausgebildet hat. Alle Entscheidungen, die sich mit der Problematik des Ersatzes fiktiver Heilbehandlungskosten bis zur Grundsatzentscheidung des 6. Zivilsenats des BGH befassen, würdigten diesen Aspekt mit keiner Silbe203. Dabei wurde bereits erstmals – soweit ersichtlich – im Jahre 1929 im Schrifttum auf den Widerstreit zwischen der zweckgelösten Gewährung von Heilbehandlungskosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und der Wertung des § 253 Abs. 1 BGB hingewiesen204. Die Betonung der aus § 253 Abs. 1 BGB abgeleiteten Wertentscheidung stellt im Ergebnis nichts anderes dar als die Anwendung der Analyse gesetzlicher Vorschriften im inneren System des Rechts, wie sie auch dogmatischer Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung ist. Nachzugehen ist deshalb im Folgenden der Frage, ob sich die anderenfalls drohende Gefahr der Umgehung des § 253 Abs. 1 BGB als wirklich konsistente Wertentscheidung des inneren Systems der schadensersatzrechtlichen Vorschriften darstellt. Hiergegen wird immer wieder eingewandt, dass § 249 BGB gerade nicht zwischen Vermögensschäden und Nichtvermögensschäden differenziere205 . Auch ___________ 2469; Weber, DAR 1987, 161, 175; Lange, Schadensersatz, § 5 IV 5, S. 228 und § 7 I 1, S. 424; Grunsky, JuS 1987, 441, 443; Otto, NZV 1998, 433, 435; Gotthardt, S. 182, Fn. 432; Zeuner, JZ 1986, 640, 641; Hohloch, JR 1986, 367; Jochem, JR 1975, 329, 331; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 305; Jung, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 81, 84; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 345 und 357/358; Soergel-Mertens, § 249 Rn. 22; Erman-Kuckuk, § 249 Rn. 46; Palandt-Heinrichs, § 249 Rn. 4. 202 Nach BGHZ 97, 14, 19 vgl. explizit BGH NJW 1992, 3096, 3101 und OLG Köln, VersR 2000, 1021, 1022. 203 Vgl. OLG Celle, VersR 1972, 468, 469; OLG Stuttgart, VersR 1978, 188, 189. 204 So ausdrücklich Askenasy, Gruch 70 (1929), 373, 376, Fn. 8: „Wenn § 249 Satz 2 bestimmt: […] so ist zu beachten, daß auch hier der Schadensersatz in Geld einen (mindestens bevorstehenden) Vermögensschaden voraussetzt. Anderenfalls würde für einen Nichtvermögensschaden Geld gegeben, was gegen § 253 verstieße, außer wenn hier eine der Ausnahmen vorläge, die § 253 zuläßt: dies wird aber mit Recht von keiner Seite angenommen. Setzt aber die Geldzahlung wegen Körperverletzung einen Vermögensschaden voraus, so kann Schadensersatz nur verlangt werden, wenn das Geld für die Heilung wirklich verwendet wird, wenn also neben der Verletzung ein Vermögensschaden entsteht. Anders ist es bei Beschädigung eines Gegenstandes: da hierin bereits ein Vermögensschaden liegt, kann ohne weiteres Schadensersatz dafür verlangt werden, und zwar nach § 249 Satz 2 auch in Geld“; Kreß, Allgemeines Schuldrecht, § 16 Nr. 4 a, S. 347, Fn. 17: „Verwendet der Gläubiger den Geldbetrag (die Herstellungskosten) nicht zur Wiedergutmachung, so kann die Gemütskränkung nicht tief sein; das käme auf eine Geldabfindung hinaus und würde dem § 253 widerstreiten.“ 205 So Haug, VersR 2000, 1471, 1476; Jakob, S. 106; Hagen, in: Lange/Hagen, S. 61.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

§ 253 Abs. 1 BGB erfordere keine differenzierende Auslegung dergestalt, dass der Geschädigte die zur Herstellung erforderlichen Kosten im Falle von Sachschäden immer, im Falle von Personenschäden jedoch nur bei einer zweckgerichteten Verwendung des Schadensersatzes verlangen könne. § 253 Abs. 1 BGB beziehe sich nur auf § 251 Abs. 1 BGB, habe aber in der Ersatzsituation des § 249 BGB weder unmittelbar noch mittelbar eine begrenzende Funktion206. Es ist zwar zutreffend, dass § 253 Abs. 1 BGB keine limitierende Funktion zu den Restitutionsvorschriften des § 249 BGB entfaltet 207 (was im Übrigen auch der Intention des historischen Gesetzgebers entspricht208) und dass das Restitutionsprinzip auch im Hinblick auf immaterielle Schäden den gebotenen Ausgleich bewirken kann und für diese Schäden gilt209. Einen ernsthaften Einwand gegen die Umgehungsargumentation stellt dies jedoch deshalb nicht dar, weil die Problematik hierdurch in ihrer Gänze nicht richtig erfasst wird. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Dispositionsfreiheit im Rahmen des Sachschadens auf die Sphäre des Vermögensschadens bezieht und hier die Frage im Raume steht, ob sie auch auf die Sphäre des Nichtvermögensschadens übertragen werden kann. Die Kritiker stellen die Frage vom falschen Blickwinkel her. Die Beantwortung der Frage, ob fiktive Personenschäden ersatzfähig sind, ist vom Grundsatz der Dispositionsfreiheit ausgehend – der sich auf die Vermögenssphäre des Geschädigten bezieht – zu betrachten. Sie kann nicht in umgekehrter Richtung, ausgehend von der Gleichstellung materieller und immaterieller Restitution im Rahmen des § 249 BGB, ergründet werden. Denn bei der Beantwortung der Frage, ob der Herstellungsbetrag bei Personenschäden eine Zweckbindung erfordert, ist zu berücksichtigen, dass eine Vermögensdispositi___________ 206 So Rinke, DAR 1987, 14, 15; Jakob, S. 106/107; Haug, VersR 2000, 1471, 1476; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 253 Rn. 9 und § 249 Rn. 224; Wiese, Ersatz des immateriellen Schadens, S. 7, Fn. 10. 207 Vgl. dazu bspw. Lange, Schadensersatz, § 7 I 1, S. 423; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 28 III, S. 474; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 309, 345 und § 253 Rn. 6; MüKo-Grunsky, § 249 Rn. 13a und § 253 Rn. 2; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 253 Rn. 9; Soergel-Mertens, § 253 Rn. 4; Erman-Kuckuk, § 253 Rn. 6; Palandt-Heinrichs, § 253 Rn. 2; U. Hamann, Schadensersatz, S. 22 und 108; Koller, DAR 1979, 289, 291; Medicus, VersR 1981, 593, 598; Medicus, DAR 1982, 352, 356; Hagen, in: Lange/Hagen, S. 61; Deutsch, ZRP 2001, 351; Rauscher, NJW 1986, 2011, 2014; Schiemann, JuS 1988, 20, 22; Fischer, S. 317. 208 Motive Bd. II: Recht der Schuldverhältnisse, S. 23 = Mugdan, Bd. 2, S. 12: „Zu bemerken ist überdies, daß der Entwurf nur den Anspruch auf Entschädigung abspricht, nicht den auf Wiederherstellung des früheren Zustandes (§ 219), wann und soweit dieser in den in Betracht kommenden Fällen praktisch werden kann.“ 209 Vgl. dazu bspw. RGZ 94, 1, 3; BGHZ 20, 61, 70/71; 27, 223, 225/226; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 49; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 345; MüKo-Grunsky, § 249 Rn. 13a; Deutsch, ZRP 2001, 351; Koller, DAR 1979, 289, 291; Bötticher, VersR 1966, 301, 302; Wiese, Ersatz des immateriellen Schadens, S. 5; v. Thur, KritVjschr. 47 (1907), 63, 67.

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens

233

on des Verletzten gerade nicht in Rede steht210. Was hiermit gemeint ist, wird überdeutlich, wenn an die 130%-Grenze im Rahmen des verhältnismäßigen Herstellungsaufwands erinnert wird. Diese wird bei der Abrechnung fiktiver Sachschadenskosten nicht anerkannt, und zwar auch nicht mit dem Argument der Dispositionsfreiheit, weil der Integritätszuschlag (also die 30% Mehrkosten im Rahmen der Reparatur gegenüber der Ersatzbeschaffung) gerade einen Affektionsinteressenzuschlag darstellt. Der Integritätszuschlag berücksichtigt immaterielle Schäden und erkennt den Zuschlag nur bei tatsächlich durchgeführter und deshalb zweckgebundener Restitution an211. Anderenfalls – so muss deutlich formuliert werden – würde auch in diesen Fällen die dem § 253 Abs. 1 BGB zu entnehmende Wertentscheidung umgangen. Aus diesem Grund kann diese Ausnahme von der Dispositionsfreiheit im Rahmen der fiktiven Kostenerstattung im Bereich der Sachschäden, die zu einer faktischen Zweckbindung des Restitutionsbetrags nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB führt, auch nicht als „berechtigte Zweifel an der Eignung der Dispositionsfreiheit als Leitprinzip der Rechtsfortbildung aufkommen lassende Einschränkung“212 angesehen werden. Ebenso unberechtigt ist es auch, in diesem Zusammenhang von einem „Experimentierfeld für das Verfahren von Versuch und Irrtum“213 zu sprechen, das „eine einheitliche Linie nicht erkennen lässt“214. Bei näherer Betrachtung verquickt und verdichtet sich der in diesem Zusammenhang die beiden Präjudizien (Nichtanerkennung fiktiver Heilbehandlungskosten und keine Erstattung fiktiver Reparaturkosten bis zur 130%-Marge) tragende Aspekt in augenfälliger Weise. Das Verbot der finanziellen Abgeltung von dem Grunde nach bestehenden immateriellen Schäden oder Schadensbestandteilen und damit die drohende Aushebelung des in § 253 Abs. 1 BGB verankerten Rechtsgrundsatzes ist der maßgebliche und diese einheitliche Grenze fordernde Aspekt. Dieser stellt die legislative Schranke der Auslegung dar. Mit Fug und Recht kann deshalb davon gesprochen werden, dass diese (soeben erläuterten und verglichenen) wertenden Entscheidungen „auf dem Boden des vom Gesetzgeber des BGB geschaffenen Schadensersatzrechts der §§ 249-253 BGB stehen und die dort geltenden Prinzipien in einer Weise handha___________ 210 Dressler, 34. VGT 1996, 192, 202 = DAR 1996, 81, 84/85; Hofmann, 20. VGT 1982, 249, 262; Weber, DAR 1987, 161, 175; Hohloch, JR 1986, 367; Schirmer, FSBaumann, S. 293, 305; Kraczewski, VersR 2001, 1070, 1075; Schirmer, AnwBl. 1988, 86, 88; Jung, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 81, 84; Jochem, JR 1975, 329, 331. 211 Vgl. dazu Jakob, S. 166; Lipp, NJW 1990, 104, 105; Pielemeier, NZV 1989, 222, 223; Grunsky, JZ 1992, 806, 807; Schiemann, EWiR 1992, 139; Oetker, NJW 1985, 345, 347 f.; Reiff, NZV 1996, 425, 430. 212 So aber Jakob, S. 110. 213 Schiemann, 20. VGT 1982, 233. 214 Jakob, S. 110.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

ben, die jedenfalls Konsequenz erkennen läßt“215. Das Argument ist folgerichtig, weil das Gesetz nach Art des Schadens – Vermögens- oder Nichtvermögensschaden –, nicht hingegen nach Art des verletzten Rechtsguts unterscheidet. Da es gleichgültig ist, ob der immaterielle Schaden aus der Verletzung eines ideellen oder eines materiellen Gutes entstanden ist, verzerren die in der Grundsatzdebatte vorgetragenen Einwände der Gegner, die die Zweckbindung des Restitutionsbetrags nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch für materielle Schäden fordern, das Bild. Denn sie sprechen pauschal von einer Diskriminierung und durch nichts zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung des Personenschadens gegenüber dem Sachschaden216. Dispositionsfreiheit als Ausfluss der monetären Eigentumsverwendungsfreiheit bezieht sich nur auf vermögensmäßige Dispositionen. Ansonsten – und das ist der eigentliche Kern der Umgehungsargumentation – gewährte man Entschädigung für immaterielle Güter und bewegte sich damit im Grundsatz im Anwendungsbereich von § 251 Abs. 1 BGB, wodurch die dem § 253 Abs. 1 BGB zu Grunde liegende Wertung verletzt würde. Denn die zweckgelöste Gewährung fiktiver Herstellungskosten für immaterielle Schäden würde zu einer Abgeltung immaterieller Werte führen, was § 253 Abs. 1 BGB grundsätzlich verhindern will. Einer Abgeltung materieller Schäden steht diese Vorschrift aber nicht entgegen. Da die Dispositionsfreiheit aber nur und gerade auch deshalb an Vermögensschäden anknüpft, ist es folgerichtig, im Falle der Personenverletzung den Restitutionsbetrag zweckgebunden zu gewähren und die Dispositionsfreiheit zu versagen. Das ist ein Aspekt, der in der bisherigen Diskussion nicht beachtet wurde. Denn im Falle der Forderung fiktiver Heilbehandlungskosten will der Geschädigte nicht lediglich sein Vermögen umschichten, sondern einen bisher nicht vorhandenen Vermögenswert in Bargeld umwandeln217. Wenn und solange nicht feststeht, dass sich der Verletzte tatsächlich behandeln lassen will, bleibt der am immateriellen Gut Körper und Gesundheit eingetretene Schaden ein immaterieller. Auch stellt die Entschließung des Verletzten, sich einer ärztlichen Behandlung nicht zu unterziehen, keine Vermögensdisposition dar. Zwar geht es bei der Anerkennung oder Ablehnung der Dispositionsfreiheit um die Disposition über den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrag. Soweit hieraus allerdings der Schluss gezogen ___________ 215 So Hohloch, JR 1986, 367 als Antwort auf die Assoziation „Menschen sind billiger als Maschinen“, die bei flüchtiger Lektüre der Entscheidung des 6. Zivilsenats des BGH vom 14.1.1986 auftreten könnte. 216 So insbesondere Schäfer, Soziale Schäden, S. 102 und 107; Jakob, S. 19; Roussos, S. 126; Leonhard, VersR 1983, 415, 418; Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, S. 192, Fn. 48; Schiemann, FSHagen, S. 27, 45; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 205. 217 Treffend zu diesem Aspekt Grunsky, JuS 1987, 441, 443; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2469; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 357; MüKo-Grunsky, § 249 Rn. 17 und 18; Soergel-Mertens, § 249 Rn. 22; Wiese, Ersatz des immateriellen Schadens, S. 52; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 309; Schirmer, AnwBl. 1988, 86, 88.

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens

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wird, dass „die somit maßgebliche Entscheidung über die Verwendung dieses Betrages im Falle der Körperverletzung nicht anders als im Falle der Sachbeschädigung unzweifelhaft eine Vermögensdisposition ist“218, wird dabei übersehen, dass im Falle der Sachbeschädigung bereits die vorgelagerte Entscheidung über Wiederherstellung oder Herstellungsverzicht Ausfluss einer der Eigentumsfreiheit entspringenden Vermögensdisposition ist. Deshalb wird auch für die nachfolgende Vermögensverwendung hinsichtlich des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrags Dispositionsfreiheit anerkannt. Insofern wird der die Ungleichbehandlung von Sach- und Personenschäden rechtfertigende Sachgrund abermals deutlich: Weil bei Sachschäden bereits die vorgelagerte Entscheidung zwischen Restitution oder Wiederherstellungsverzicht Vermögensdisposition ist, ist auch die Frage der Verwendungsfreiheit im positiven Sinne zu beantworten. Bei Personenschäden hingegen ist die vorgelagerte Entschließung des Verletzten von vielfältigen individuellen Faktoren abhängig und vollzieht sich im Bereich des Nichtvermögensschadens. Eine Gleichbehandlung verbietet sich wegen der Limitierung der Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden durch das Schadensersatzrecht. Dieser Gesichtspunkt wird zum Teil übersehen219, weil die Heilbehandlungskosten, die nicht anfallen, solange der Geschädigte nicht die Absicht hat, sich in Behandlung zu begeben, nicht lediglich von einem „immateriellen Schaden herrühren“220, sondern der Schaden – also die Beeinträchtigung von Körper und Gesundheit – solange Nichtvermögensschaden ist und bleibt, bis sich der Verletzte zur Behandlung durchringen kann. Mit der Entschließung zur Behandlung wird der immaterielle Schadensbereich verlassen. Erst von diesem Zeitpunkt an lässt sich von einem Vermögensschaden sprechen, der seine Wurzeln in einem immateriellen Schaden hat und von diesem herrührt. Hinzu kommt, dass die Umgehungsargumentation auch das systematische Verhältnis der schadensersatzrechtlichen Normen bewahren will. Die Gewährung fiktiver Heilbehandlungskosten führt nicht nur in die Gefahr, dass die Vorschrift des § 253 Abs. 1 BGB missachtet wird, sondern auch dazu, dass dem Verletzten ein Wahlrecht zwischen dem Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und dem Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB eingeräumt wird221. Weil § 253 Abs. 2 BGB jedoch „speziell den Zustand des immateriell Geschädigtseins betrifft“222, hat diese Norm Vorrang. Anderenfalls würde dem Verletzten „denaturiertes Schmerzensgeld“223 gewährt, das „gerade bei geringfügigen Verlet___________ Rinke, DAR 1987, 14. Ähnlich Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 34/35. So z.B. von Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 35. 220 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 35. 221 Hohloch, JR 1986, 367; Zeuner, JZ 1986, 640, 641; Schack, FS-Stoll, S. 61, 67. 222 Zeuner, JZ 1986, 640, 641. 223 Jochem, JR 1975, 329, 331. 218 219

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

zungen und hohen Operationskosten das bei Nichtbehebbarkeit der Verletzung zu erwartende Schmerzensgeld erheblich übersteigen“224 würde. Des Weiteren wird gegen die Umgehungsargumentation eingewandt, dass die in § 253 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommende Überzeugung der Gesetzesverfasser, der Geschädigte solle seinen immateriellen Schaden nicht ohne weiteres in Geld ummünzen können, „angesichts der in den Grundrechten zum Ausdruck kommenden Wertordnung des Grundgesetzes überholt“225 erscheine. Zur Begründung wird angeführt, es sei nicht einsichtig, dass: „ausgerechnet der in anderem Zusammenhang als rechtspolitisch verfehlt erkannte § 253 der Ersatzfähigkeit fiktiver Operationskosten entgegenstehen soll. Während § 253 in Fällen schwerer Persönlichkeitsverletzung vom BGH[226] gar offen durchbrochen wird, gerade weil er auf einer verfehlten Zurücksetzung immaterieller Güter gegenüber Gut und Geld beruht, wird hier nun jener zweifelhafte Rechtsgedanke des historischen Gesetzgebers ohne Not auf den Geldanspruch des § 249 S. 2 sinngemäß angewandt.”227

Diese Einwände erscheinen jedoch nicht stichhaltig. Da der durch Rechtsfortbildung gewährte Anspruch auf immaterielle Entschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf dem speziellen Schutzauftrag der Art. 1 und 2 Abs. 1 GG beruht und deshalb der Rangordnung der Rechtsnormen entsprechend in der Lage ist, einfaches und vorkonstitutionelles Gesetzesrecht aufzuheben, handelt es zum einen um eine besondere Konstellation, die die konkrete Frage, ob im Bereich des Personenschadens fiktive Behandlungskosten ersatzfähig sind, nicht beeinflusst. Zum anderen hat der aktuelle Gesetzgeber mit der am 1. August 2002 durch Art. 2 Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002228 in Kraft getretenen Änderung des § 253 BGB229 ___________ Jochem, JR 1975, 329, 331. Rinke, DAR 1987, 14, 15. 226 Vgl. dazu BGHZ 128, 1, 15; 39, 124, 130 ff.; 35, 363, 367 f.; 26, 349, 354 ff. und zu dieser Rspr. aus der Lit.: Coester-Waltjen, JURA 2001, 133, 134; Müller, VersR 1993, 909, 910; Deutsch, ZRP 2001, 351; Müller, VersR 2003, 1, 2 und 5 = DAR 2002, 540, 541 und 544. 227 Rinke, DAR 1987, 14, 15. Zustimmend Jakob, S. 106; Bungert, ZIP 1992, 1707, 1714. 228 BGBl. I, S. 2674. 229 Zur Neuregelung des § 253 BGB: Katzenmeier, JZ 2002, 1029 ff.; G. Wagner, NJW 2002, 2049, 2053-2057; Däubler, JuS 2002, 625, 625-627; Trimbach, NJ 2002, 393, 396; Katzenmeier, VersR 2002, 1066, 1072-1073; Steiger, DAR 2002, 377, 378; Rauscher, JURA 2002, 577, 577-580; Hentschel, NZV 2002, 433, 436-437; Ady, ZGS 2002, 237, 239-240; Müller, VersR 2003, 1, 2-6 = DAR 2002, 540, 541-544; G. Wagner, Das neue Schadensersatzrecht, S. 33-45. Zur ursprünglich vorgeschlagenen Neuregelung des § 253 BGB im Gesetzentwurf der Bundesregierung: Jahnke, ZfS 2002, 105, 108; v. Mayenburg, VersR 2002, 278 ff.; Jaeger, ZGS 2002, 54 ff.; Deutsch, JZ 2002, 588, 589-590; Freise, VersR 2001, 539, 540-544; Haas/Horcher, DStR 2001, 2118, 2119-2121; Bollweg, ZfS-Sonderheft 2002, 1, 2; Jordan, Der Deutsche Verkehrsgerichtstag 1992-2001, 53, 56-59; Deutsch, ZRP 2001, 351-354; Karczewski, VersR 2001, 1070, 1071-1073; Müller, PHi 2001, 119, 120-121; Otto, NZV 2001, 335, 338-339; Scheffen, ZRP 2001, 380, 381; Bartram, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 1, 27-30; Dressler, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. 224 225

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens

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sowohl durch die Beibehaltung des nunmehr in § 253 Abs. 1 BGB verankerten Enumerationsprinzips die Reserviertheit des historischen Gesetzgebers gegenüber der Abgeltung immaterieller Schäden im Grundsatz bestätigt. Gleichzeitig ist der Gesetzgeber aber durch die Ausdehnung des allgemeinen Schmerzensgeldanspruchs auf die Vertrags- und Gefährdungshaftung den rechtspolitischen Forderungen, die die verfehlte Ausgestaltung dieses Abgeltungsanspruchs kritisierten, nachgekommen 230 . Gerade diese Erweiterung des Anspruchs nach § 253 Abs. 2 BGB sollte das Bewusstsein für die Umgehungsproblematik schärfen, wobei zu betonen ist, dass den Gesetzesmaterialien einerseits kein Hinweis auf ein Wahlrecht des Geschädigten hinsichtlich eines Schmerzensgeldanspruchs und fiktiver Heilbehandlungskosten zu entnehmen ist. Andererseits hat der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, den Anspruch auf Entschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu kodifizieren231, ohne dabei aller___________ BT am 27.2.2002, S. 46, 47; Greger, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 49, 52-53 = NZV 2002, 222, 223; Chr. Huber, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 62, 65-68; Jung, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 81, 85-87; Küppersbusch, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 92, 92/93; G. Wagner, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 96, 99-102. 230 BT-Drs. 14/7752, S. 14: „Damit setzt der Entwurf auch einen Schlusspunkt unter eine jahrelange Debatte um die Einführung eines Schmerzensgeldes für die (verschuldensunabhängige) Gefährdungshaftung, in der zuletzt die Forderungen nach einer Einführung immer zahlreicher und nachhaltiger wurden (vgl. die entsprechenden Beschlüsse der Verkehrsgerichtstage 1995, 1998 und 2000). Zugleich wird einer Entschließung des Bundesrates vom 19.7.1998 (Bundesratsdrucksache 554/98) entsprochen.“ 231 BT-Drs. 14/7752, S. 24/25: „Dass Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht ausdrücklich in die Aufzählung der Schmerzensgeld auslösenden Rechtsgutsverletzungen aufgenommen sind, steht auch künftig einer Geldentschädigung bei nach § 823 BGB erheblichen Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht entgegen. […] Ob anknüpfend an entsprechende frühere Initiativen eine einfachgesetzliche Klarstellung sinnvoll ist, kann hier dahinstehen. Jedenfalls könnte sie sich nicht auf die Anordnung einer Geldentschädigung beschränken, sondern müsste mit einer ausdrücklichen und umfassenden Regelung des zivilrechtlichen Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einhergehen.“ Vgl. auch den Änderungsantrag des Bundesrates zu Art. 2 Nr. 7 des Gesetzentwurfs, der darauf gerichtet war, in § 847 BGB – neu – die Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzung legislativ zu verankern (BT- Drs. 14/7752, S. 49/50), die Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu (BT-Drs. 14/7752, S. 55) und die diesbezügliche unveränderte Übernahme der Gesetzesvorlage der Bundesregierung in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages (BT-Drs. 14/8780, S. 6, 7, 19, 21). Vgl. aus der Lit. hierzu: G. Wagner, NJW 2002, 2049, 2056/2057; Däubler, JuS 2002, 625, 627; v. Mayenburg, VersR 2002, 278, 283; Trimbach, NJ 2002, 393, 396, Fn. 25; Katzenmeier, VersR 2002, 1066, 1073; Rauscher, JURA 2002, 577, 580; Jaeger, ZGS 2002, 54, 56; Katzenmeier, JZ 2002, 1029, 1033; Ady, ZGS 2002, 237, 249; Müller, VersR 2003, 1, 5 = DAR 2002, 540, 543; G. Wagner, Das neue Schadensersatzrecht, S. 44 Rn. 40; Haas/Horcher, DStR 2001, 2118, 2120; Karczewski, VersR 2001, 1070, 1072; Müller, PHi 2001, 119, 121; Chr. Huber, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 62, 65/66; G. Wagner, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 96, 101.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

dings am Konzept der nur in bestimmten gesetzlichen Fällen gewährten Geldentschädigung für Nichtvermögensschäden gem. § 253 Abs. 1 BGB zu rütteln232. 3. Weitere, zur Ungleichbehandlung von Sachund Personenschäden nötigende Wertentscheidungen aus dem inneren System des Schadensersatzrechts Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen zudem einen weiteren Aspekt, der zu einer Kontrollüberlegung im Rahmen einer Richtigkeitsüberprüfung des gefundenen Ergebnisses führt. Es ist folgender Gesichtspunkt: Ein Personenschaden, der mit Eintritt des schädigenden Ereignisses zunächst einen immateriellen Schaden darstellt und zu dessen Beseitigung sich der Verletzte – soweit der Schaden an sich behandel- und behebbar ist – nicht durchringen kann, stellt einen zukünftigen Vermögensschaden dar233. Dieser kann sich im Vermögen des Geschädigten erst dann niederschlagen, wenn er sich zur Schadensbehandlung entschließt 234 . Zukünftige Vermögensschäden sind nach der dem § 252 S. 2 BGB zu Grunde liegenden Wertung jedoch nur und erst dann ersatzfähig, wenn sie zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Diese Wahrscheinlichkeitsprognose fällt bei Verzicht des Geschädigten auf Heilbehandlung negativ aus und zwar solange, bis er den Entschluss fasst, sich der ärztlichen Behandlung zu unterziehen. Die Kontrollüberlegung lautet deshalb: Gewährt man fiktive Heilbehandlungskosten, so widerspricht dies der Wertung und dem Rechtsgedanken des § 252 S. 2 BGB hinsichtlich der Ersatzfähigkeit zukünftiger Vermögensschäden. Aus der aus § 252 BGB abgeleiteten Wertung könnte ein weiterer Gesichtspunkt folgen, der die Kontrollüberlegung bestätigen könnte: Im gesetzlich definierten Anwendungsbereich des § 252 BGB kommt es bei der Ersatzfähigkeit des zukünftigen Vermögensschadens auf die nachträgliche Beurteilung der nach dem schädigenden Ereignis auftauchenden Faktoren an, die es erfordern, den weiteren Geschehensverlauf zu berücksichtigen, um eine hinreichende Grundlage für die ___________ 232 Kritisch hierzu v. Mayenburg, VersR 2002, 278, 280, 281 und 287; für die Beibehaltung des Enumerationsprinzips auch unter Berücksichtigung der gewandelten Verhältnisse spricht sich bspw. aus Thüsing, VersR 2001, 285, 295/296. 233 Im Ansatz ebenso bereits Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 36; Schirmer, FSBaumann, S. 293, 309. 234 Der Vermögensbezug entsteht nicht erst mit Durchführung der Heilbehandlung und damit im Zeitpunkt des Entstehens der „Aufwendung“. Systematischer und konsequenterweise ist auf die Entschließung des Verletzten abzustellen, weil in diesem Zeitpunkt der Vermögensbezug der erforderlich werdenden Kosten i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gewiss ist, denn die – sicher anfallenden – Heilungskosten sollen zur Schadensbeseitigung verwendet werden und durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB wird nicht lediglich eine nachträgliche Erstattungspflicht des Schädigers statuiert.

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens

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Schadensberechnung überhaupt erst zu erhalten235. Eine vergleichbare236 Dimension liegt der Konstellation des Herstellungsaufwands beim Personenschaden zu Grunde. Im Moment der Verletzung lässt sich dieser Herstellungsaufwand – mithin das Ausmaß des zukünftigen Vermögensschadens – weder vorhersehen noch definieren oder gar objektivieren, weil jede Verletzung einen individuellen Stellenwert hat, von dem die Rehabilitation des Verletzten und das Gelingen der Restitution zur Gänze abhängen237. Der spätere Verlauf der ärztlichen Behandlung ist von entscheidender Bedeutung für die tatsächlichen Vermögenseinbußen in Form der Heilbehandlungskosten des Verletzten. Die Konstitution des Geschädigten, die Eigentümlichkeiten des Individuums, die Selbstheilungskräfte und die physische wie psychische Belastbarkeit sind von Mensch zu Mensch verschiedene, die Genesung und den Heilungsprozess mitbestimmende Faktoren238. Diese determinieren die ärztliche Behandlung und damit den Vermögensschaden i.S.d. Heilungskosten sowohl dem Inhalt als auch der Dauer oder Höhe nach239. Die Ungleichbehandlung rechtfertigt sich beim Personenschaden auch deshalb, weil jegliche abstrakte Bezugsgröße fehlt, die gewährleisten kann, dass bei der Gewährung fiktiver Heilbehandlungskosten praktikable, rechtssichere und effektive Ergebnisse erzielt werden können, ohne dabei den Ausgleichsgedanken und das Prinzip der Totalreparation in allzu großem Ausmaß zu beeinträchtigen. Solange sich der Geschädigte noch nicht einmal dazu entschließen kann, sich einer Behandlung überhaupt zu unterziehen, ist das ausfüllungsbedürftige Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit im Falle der immateriellen Beeinträchtigung von Gütern und Rechten nicht ausfüllungsfähig. Treffend stellte Weyers bereits im Jahre 1973 auf das Fehlen eines objektiven und damit allgemeingültigen „Umrechnungsschlüssels“ für die Bewertung immaterieller Nachteile in Geldbeträge ab240. Auch in der jüngsten Vergangenheit wird nach wie vor zutreffend „von dem intrikaten und auch für die Ökonomie kaum zu lösenden Problem der Bemessung immaterieller Beeinträchtigungen“ 241 gesprochen. Die fehlende Taxierbarkeit von Nichtver___________ Vgl. dazu bereits oben im 5. Kapitel unter III., S. 202 ff. Auf die Parallelität von § 252 BGB und der Frage der Ersatzfähigkeit fiktiver Heilbehandlungskosten weist auch Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 36 f. hin. 237 Vgl. hierzu bspw. Hofmann, 20. VGT 1982, 249, 262; Zeuner, GS-Dietz, 99, 119/120; Zeuner, JZ 1986, 640, 641; Medicus, DAR 1982, 352, 356; ders., 38. VGT 2000, 121, 126; ders., VersR 1981, 593, 599; ders., Unmittelbarer und mittelbarer Schaden, S. 39/40; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 36; U. Hamann, Schadensersatz, S. 34; Haug, VersR 2000, 1471, 1475; Schirmer, FSBaumann, S. 293, 309; Gotthardt, S. 182, Fn. 432; Knütel, JR 1982, 281, 284. 238 Medicus, 38. VGT 2000, 121, 126; Zeuner, JZ 1986, 640, 641; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Medicus, DAR 1982, 352, 356. 239 Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 37; Medicus, 38. VGT 2000, 121, 126. 240 Weyers, in: Vereinigung zwischen deutschen und italienischen Juristen, Heft 8/9, S. 37, S. 48. 241 G. Wagner, VersR 1999, 1441, 1447. 235 236

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

mögensschäden, die zuvorderst auch für den Gesetzgeber und seine Zurückhaltung gegenüber der Abgeltung dieser Schäden maßgeblich war242, würde zu einer – der rechtssicheren Anwendung der Norm des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB abträglichen – Beliebigkeit führen. Weil der auf Schätzung angewiesene Rechtsanwender unumgänglicherweise subjektive Wertungen in die Ausgleichskomponente hineintragen wird und dies den Grundsatz der Totalreparation zumindest im Grundsatz beeinträchtigen kann, sollte und muss darauf verzichtet werden, fiktiven – und damit wegen fehlender Berechnungsbasis: spekulativen – Kostenersatz zu gewähren. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich immaterielle Schäden, wie hier durch Entschlussfähigkeit des Geschädigten, im Nachhinein noch materialisieren lassen. Auf Grund des fehlenden objektiven, dem Markt zugänglichen und an ihm ausgerichteten „Umrechnungsschlüssels“ sind Körper- und Gesundheitsschäden nicht in gleicher Weise feststell- und berechenbar wie Vermögensschäden243 . Daher lassen sie sich nicht standardisieren oder prospektiv leicht taxieren, weshalb es sich auch verbietet, den objektiv erforderlichen Herstellungsaufwand an einem durchschnittlich verständigen Patienten auszurichten244. Zu Recht werden deshalb auch Vergleiche zwischen der Heilung eines verletzten Menschen mit der Reparatur einer beschädigten Maschine245 oder des Blech- bzw. Lackschadens am Unfallfahrzeug mit einer Unfallnarbe im Gesicht246 abgelehnt. Der Vermögensschaden beim Sachschaden, der eine Reparatur notwendig werden lässt, ist bereits entstanden, hat sich als nachteilige Veränderung im realen Güterzustand des Geschädigten niedergeschlagen247 und ist damit als bereits gegenwärtiger Vermögensschaden wirtschaftlich zu Buche geschlagen248. Beim Personenschaden vor Behandlungsabsicht des Verletzten fehlen all diese Elemente, weil es sich letztlich um einen künftigen Vermögensschaden handelt249. ___________ 242 Motive Bd. II: Recht der Schuldverhältnisse, S. 22 = Mugdan, Bd. 2, S. 12: „Durch allgemeine Anerkennung eines Entschädigungsanspruches wegen Verletzung eines nicht vermögensrechtlichen Interesses würde dem Richter jene dem deutschen Rechte fremde Souveränität seiner Stellung gegenüber dem Streitverhältnisse beigelegt, welche erst bei der Berathung der CPO nach reiflicher Prüfung als bedenklich befunden und deshalb verworfen wurde; insbesondere ließen sich Schranken für das Ermessen des Richters kaum aufstellen und wäre der Revisionsrichter im konkreten Falle häufig nicht in der Lage, eine unpassende Ausübung der diskretionären Gewalt des Richters zu korrigiren.“ Vgl. auch sehr deutlich Sorgel-Mertens, vor § 249 Rn. 37, der den wesentlichsten Beweggrund für § 253 Abs. 1 BGB „in der fehlenden Umrechenbarkeit immaterieller Schäden in Geld“ sieht. 243 Magnus, Schaden und Ersatz, S. 21. 244 Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 309/310. 245 Hohloch, JR 1986, 367; Medicus, DAR 1982, 352, 356; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 309. 246 BGHZ 63, 295, 302; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 305. 247 So zu Recht BGHZ 66, 239, 244; 97, 14, 18. 248 BGHZ 63, 295, 302. 249 Vgl. Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 40; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 309.

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens

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Wegen dieser Unvorhersehbarkeit von Restitutionskosten, die bei der Heilbehandlung der verletzten Person erforderlich werden, versagen auch Hinweise auf die Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO und auf dieser Grundlage einzuholende medizinische Sachverständigengutachten250. Hier werden prognostische Schwierigkeiten auftreten, die eine Schätzung unwägbar machen und deshalb wegen ihres zweifelhaften und spekulativen Charakters den Anwendungsbereich von § 287 ZPO erst gar nicht eröffnen. Diese Norm dient nicht dazu, Entscheidungen der Gerichte „ins Blaue hinein“251 zu ermöglichen, wenn mangels greifbarer Anhaltspunkte hinsichtlich der zukünftigen Entstehung eines Vermögensschadens keinerlei Grundlagen für das Urteil zu gewinnen wären und deshalb das richterliche Ermessen „völlig in der Luft hängen würde“252 und daher „willkürlich wäre“253. Es liegt insoweit in der Konsequenz der hier dargelegten Auffassung, nach der der Geschädigte zukünftig gar keinen Vermögensschaden erleidet, wenn er sich zur Behandlung des behandlungsfähigen Körper- oder Gesundheitsschadens noch nicht entschlossen hat, dass eine solche diffuse Schätzung von den Gerichten verlangt würde, wenn sie prognostizieren müssten, in welcher Höhe Behandlungskosten für den Fall entstünden, in dem sich der Geschädigte zur Behandlung entschließen sollte, obwohl er selbst diesen Entschluss noch nicht gefasst hat. § 287 ZPO gestattet nicht, erhebliche Unsicherheiten in den Grundlagen des Tatsachenablaufs in Kauf zu nehmen. Eine verlässliche Prognose über die Schadensentwicklung als Voraussetzung für die betragsmäßige Feststellung des Schadens steht auch dann in Frage, wenn man die bei Körperschäden wirkenden individuellen – und daher medizinischen Sachverständigengutachten wohl kaum zugänglichen – Selbstheilungskräfte berücksichtigt. Diese Selbstheilungskräfte, „die bei Sachen leider noch nicht erfunden worden sind“254, zeitigen gerade durch den Zeitablauf in der Phase zwischen Rechtsgutsverletzung und Behandlungsentschluss bzw. Behandlung ihre Wirkungen. Auch hierin ist ein die Differenzierung fiktiver Sach- und Personenschadenskosten rechtfertigender Grund zu erblicken. Bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO muss deutlich zwischen den prozessualen und den materiellrechtlichen Voraussetzungen differenziert werden. Zwar sind die Gerichte wegen § 287 ZPO gehalten, die vom Geschädigten begehrte Entscheidung über die Er___________ So aber Rinke, DAR 1987, 14, 15. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, § 287 Rn. 27; Hohloch, JR 1985, 195, 196. Vgl. auch BGH VersR 1970, 924, 927; BAG NJW 1963, 925, 926; OLG Frankfurt, VersR 1991, 1070; OLG Hamburg, VersR 1981, 1186. 252 BGHZ 91, 243, 257; 29, 393, 400; BGH NJW 1996, 2924, 2925; 1994, 663, 665; NJW-RR 1992, 202, 203; 1988, 410; NJW 1987, 909, 910; VersR 1970, 766, 768; 1967, 903, 905; NJW 1964, 589; 1951, 405; OLG Köln, MDR 1980, 674; Zöller-Greger, § 287 Rn. 4; Stein/Jonas-Leipold, § 287 Rn. 25a. Vgl. auch RGZ 148, 68, 70. 253 BGH NJW-RR 1992, 202, 203. Vgl. auch Arens, ZZP 88 (1975), 1, 36. 254 So Medicus, 38. VGT 2000, 121, 126. 250 251

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

satzpflicht des Schädigers auch für einen noch in der Entwicklung befindlichen Schaden alsbald zu treffen, wobei der Richter wegen der zu erwartenden weiteren Entwicklung des Schadens gehalten ist, aus prozessualer Sicht „in die Zukunft zu blicken“255. Dies entbindet ihn jedoch nicht davon, auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Schadensschätzung zu beachten. Das wiederum setzt jedoch voraus, dass der Eintritt eines vermögensrechtlich bewertungsfähigen Zukunftsschadens feststeht. Solange sich der Geschädigte zur Durchführung der Heilbehandlungsmaßnahme aber noch nicht entschlossen hat, ist dies nicht der Fall. Über diesen Umstand aber müssten die Gerichte spekulieren, würde man den Anwendungsbereich des § 287 ZPO für eröffnet halten. Der bereits hervorgehobene, hier zur Begründung der Ungleichbehandlung fiktiver Sach- und Personenschadenskosten herangezogene und durchaus gängiger Meinung entsprechende „Doppelcharakter des Personenschadens“ 256 und die „schadensrechtliche Metamorphose“257, d.h. die Materialisierung des vom immateriellen Gut herrührenden Nichtvermögensschadens258 im Zeitpunkt des Beseitigungsentschlusses des Geschädigten, wurde erst unlängst von Jakob angegriffen und als „dogmatisch nicht fundiert“259 dargestellt. Jakob verkennt bei seinen Bemühungen und der von ihm geübten Kritik jedoch den Anspruchsinhalt des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, der den Geldbetrag gewährt, der zur Herstellung des schadensfreien Zustands erforderlich ist. Dieser monetäre Anspruchsinhalt setzt seinerseits eine kostenmäßige Prognose und damit eine materialisierte – am Beseitigungsaufwand orientierte – Bewertungs- und Berechnungsbasis voraus, weil die Norm gerade keine in billiges Ermessen gekleidete Entschädigung zuspricht, sondern einen an der Erforderlichkeit des Beseitigungsaufwands angelehnten Geldbetrag. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB selbst kann auch nur diesen materialisierten Teil der Schadenswiedergutmachung übernehmen. Immaterielle Restitution (§ 249 Abs. 1 BGB, etwa in Form eines Widerrufs bei unwahren, ehrkränkenden Tatsachenbehauptungen260, in Form der Herausgabe oder Vernichtung unberechtigt angefertigter Fotokopien von Privatbriefen 261 oder geheimer Tonbandaufzeichnungen ___________ So bereits im Jahr 1903 Fischer, S. 142. Vgl. auch Arens, ZZP 88 (1975), 1, 37/38. Jakob, S. 200. 257 Terminologisch geht diese Metapher auf Rauscher, NJW 1986, 2011, 2014 zurück, der sie jedoch in einem anderen Zusammenhang genutzt und geprägt hat. 258 Vgl. Stürner, DAR 1986, 7, 10; Bötticher, VersR 1966, 301, 303; Hofmann, NZV 1989, 466; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 34/35; Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 151 und 153. 259 Jakob, S. 205. 260 BGHZ 10, 104, 105; 37, 187, 189; BGH MDR 1970, 579; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 193; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung), § 249 Rn. 338; Soergel-Mertens, § 249 Rn. 7; Dreier, Kompensation und Prävention, S. 221 ff. 261 RGZ 94, 1, 3/4. 255 256

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens

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einer Unterredung262 oder in Form der Abgabe eines Schweigeversprechens bei Verletzung der Schweigepflicht und Gefahr der Weitergabe263) und immaterielle Kompensation (§ 253 Abs. 2 BGB, bspw. in Form eines Schmerzensgeldes) sind hiervon zu trennen, weil das schadensersatzrechtliche Ausgleichssystem zwischen materialisiertem und abgegoltenem Nichtvermögensschaden differenziert, auch wenn erst beide Elemente zusammen die totalreparative Rehabilitation in Gänze bewirken und der weitestgehenden Schadensbeseitigung dienen. Wegen dieses „Trennungsgebots“ (welches nicht mit dem oben 264 besprochenen verwechselt werden darf) stellt sich auch die bereits zuvor erörterte Umgehungsproblematik, die sich nicht mit der bloßen Einordnung des Personenschadens als immaterieller Schaden, der nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB restitutiv auszugleichen ist, wegdiskutieren lässt. Die metamorphe Gestalt des Personenschadens ist auf Grund dieser Doppelrelevanz der Beseitigungs- und Ausgleichsansprüche zutreffend. Im Übrigen ist der Personenschaden wegen der verschiedenen Ausgleichsmechanismen (§§ 249, 253 Abs. 2 BGB) auch von ambivalenter Gestalt. Deshalb kann keineswegs davon gesprochen werden – dies wird auch in der Literatur in dieser Form nicht vertreten265 –, dass „ein Personenschaden generell als Vermögensschaden einzustufen wäre“266. Der Personenschaden wird nicht in bedenklicher Weise apostrophiert267, sondern seine Ambivalenz in Bezug auf § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und die diesen Anspruch ergänzenden Vorschriften des Schadensersatzrechts wird in zutreffender Weise hervorgehoben. Diese Betrachtung, die durch das Trennungsgebot auf Grund der Funktionsvariabilität des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (materielle Restitution) einerseits und der §§ 249 Abs. 1, 251 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB (materielle und immaterielle Kompensation) andererseits geboten ist, widerspricht auch nicht dem Grundsatz, „daß im Rahmen des § 249 BGB in erster Linie die Herstellung der körperlichen Integrität des Verletzten, die auf die Beseitigung eines Nichtvermögensschadens gerichtet ist, geschuldet wird“268. Denn der Geschädigte, der sich für den Weg des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entschieden hat, kann auf dieser Grundlage nur die erforderlichen Restitutionskosten und damit den materialisierten Teil des auf den Ausgleich des Nichtvermögensschadens gerichteten Schadens verlangen. ___________ BGHZ 27, 284, 290/291; BGH NJW 1988, 1016, 1017. Ob diese Rechtsfolge begehrt werden kann, ist allerdings umstritten. Dafür NeumannDuesberg, JR 1957, 324, 325; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 895; ders., ZRP 2001, 351; Erman-Kuckuk, § 249 Rn. 13. Dagegen Lange, Schadensersatz, § 5 II 2, S. 217; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 193; Soergel-Mertens, § 249 Rn. 8. 264 Vgl. dazu im 4. Kapitel unter VI., S. 158 ff. 265 Vgl. hierzu ausdrücklich Bötticher, VersR 1966, 301, 303. 266 Jakob, S. 203. 267 Jakob, S. 202. 268 Jakob, S. 203. 262 263

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

Nichts anderes gilt für den von Jakob269 gezogenen Vergleich zu § 249 Abs. 1 BGB. Wählt der in seiner körperlichen Integrität verletzte Geschädigte diese Restitutionsalternative, so materialisiert sich der vom Schädiger aufzubringende Schadensbeseitigungsaufwand auch erst in den vermögensmäßig bewertungsfähigen Kosten. Zusätzlich können bei § 249 Abs. 1 BGB vom Schädiger jedoch – falls dies zur Restitution erforderlich und nicht unverhältnismäßig ist – originäre immaterielle Wiedergutmachungsleistungen in Form der immateriellen Restitution und Kompensation gefordert werden (Entschuldigung, Widerruf, Herausgabe, Vernichtung, Versprechen) oder als begleitende Leistungen anfallen (persönlicher Einsatz, persönliche Mühewaltung). Diese Leistungen durchlaufen keine schadensrechtliche Metamorphose, weil es zu ihrer Bewertung im Rahmen des Anspruchsinhalts keiner vermögensmäßigen Betrachtung bedarf. Jakob verkennt, dass der Körperschaden – soll er durch restitutive, in Geld bewertete Beseitigungsmaßnahmen (wie § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dies ausdrücklich vorsieht und im Grunde auch bei § 249 Abs. 1 BGB erforderlich ist) ausgeglichen werden – diese materielle Umgestaltung verlangt. Vorzuwerfen ist seinen Ausführungen, dass unklar bleibt, wie die Heilungskosten des Körperschadens, die „über den Restitutionsgedanken miteinander verknüpft“ sind270, immateriell bewertet werden sollen, wenn sich Jakob gegen die Materialisierung ausspricht. Ausgangs- und Anknüpfungspunkt bei § 249 BGB insgesamt sind grundsätzlich konkret zu bewertende und bewertungsfähige Kosten und nicht wie bei § 253 Abs. 2 BGB in das gerichtliche Ermessen gestellte, der Genugtuung dienende Abgeltungspauschalen, die Schätzungen im immateriellen Bereich unterliegen. Auch wenn der „Bezugsgegenstand des Schadens im verletzten Rechtsgut selbst und nicht in dem zur Schadensbeseitigung erforderlichen Geldbetrag liegt“271, so ist es doch der Letztere, der die Rechtsfolge und den Anspruchsinhalt des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch im Falle des Personenschadens darstellt und eine wertmäßige Erfassung erfordert. Jakob ist allerdings zuzugeben, dass damit letztlich der durch das Schadensereignis eingetretene Nichtvermögensschaden am immateriellen Gut „Körper und Gesundheit“ beseitigt wird. Die Materialisierung des Nichtvermögensschadens272 wird daher nicht in das Gesetz hinein interpretiert, sondern folgt aus diesem selbst. ___________ Jakob, S. 204. Jakob, S. 205. 271 So Jakob, S. 205 und Roussos, S. 126. 272 Zutreffend ist, wie Jakob, S. 204 f., herausgearbeitet hat, allerdings auch, dass die Materialisierung des Nichtvermögensschadens nicht als Vermögensfolgeschaden betrachtet werden kann, wie dies gelegentlich direkt (so z.B. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 813) oder indirekt (so wohl Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, Rn. 1; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 309) zum Ausdruck gebracht wird. „Denn nach dem herkömmlichen Verständnis ist ein Vermögensfolgeschaden ein von dem Ausgangsschaden gedanklich und dogmatisch zu trennender Schaden, der in seinem weiteren rechtlichen Schicksal von diesem unabhängig ist. Wird ein Vermögensfolgeschaden, das klassische Beispiel hierfür wäre ein Verdienstausfallschaden, behoben, so hat dies keinen Einfluß auf 269 270

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens

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Die aus den Vorschriften der §§ 252 BGB, 287 ZPO gezogenen Kontrollüberlegungen bestätigen daher, dass es richtig ist, bei der Frage nach der Dispositionsfreiheit des Geschädigten zwischen Sach- und Personenschäden zu unterscheiden. 4. Erwägungen des Gesetzgebers Auch den Gesetzesmaterialien des historischen Gesetzgebers könnten Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sein, die Dispositionsfreiheit lediglich für Sachschäden zu gewähren, sie bei Personenschäden hingegen zu versagen. Hierfür spricht, dass in den viel zitierten Stellen des Protokolls der Zweiten Kommission273 explizit nur der Fall des Sachschadens hervorgehoben wird, ohne den Fall des Personenschadens zu erwähnen. Auch in der Denkschrift zum BGB274 wird lediglich das Interesse des Geschädigten hervorgehoben, die beschädigte Sache durch eine neue zu ersetzen, statt diese wiederherzustellen. Für die Ablehnung der Dispositionsfreiheit beim Personenschaden durch den Gesetzgeber spricht zudem, dass sich das bei der Sachbeschädigung des Geschädigten vom Gesetzgeber anerkannte Interesse – nämlich das der Ersatzbeschaffung – bei der Personenverletzung von vornherein nicht stellen kann. Diese drei Argumente können als Indiz dafür gewertet werden, dass der Gläubiger im Bereich der Nichtvermögensschäden über den Geldbetrag des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht nach Belieben disponieren können soll. Allerdings lassen diese Argumente isoliert betrachtet noch keinen „eindeutigen“275 Willen des Gesetzgebers erkennen, weil ein qualifiziertes und damit einen Umkehrschluss rechtfertigendes Schweigen des Gesetzgebers in den Gesetzesmaterialien nicht hinreichend verankert ist. Deutlicher allerdings sind die Gesetzesmaterialien des neueren Gesetzgebers. Dieser greift die in der Rechtsprechung des BGH entwickelte Differenzierung zwischen Sach- und Personenschäden in der Begründung zum Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002276 ausdrücklich auf und erklärt hierzu: „Für den Ersatz von Personenschäden oder Sachfolgeschäden […], ist anerkannt, dass der Geschädigte den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets nur

___________ den Ausgangsschaden. Dieser besteht nach wie vor fort. Dies gilt jedoch gerade nicht in Bezug auf das Verhältnis zwischen Körperschaden und Heilungskosten, denn die Zahlung der Heilungskosten dient dazu, den Körperschaden zu beseitigen. Mit dem gezahlten Geldbetrag soll der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden. Das rechtliche Schicksal von Körperschaden und Heilungskosten ist über den Restitutionsgedanken miteinander verknüpft. Dieser Effekt steht aber im Widerspruch zu den Eigenschaften eines Vermögensfolgeschadens.“ (Jakob, S. 204/205). 273 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 296/297 = Mugdan, Bd. 2, S. 513. 274 Mugdan, Bd. 2, S. 1235. 275 Insoweit durchaus zutreffend Haug, VersR 2000, 1471, 1476, Fn. 140. 276 BGBl. I, S. 2674.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

dann und insoweit verlangen kann, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes auch tatsächlich angefallen ist. Personen- und Sachfolgeschäden werden also konkret und nicht fiktiv abgerechnet. Hieran soll nichts geändert werden. Anders sieht die Rechtslage nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung bei reinen Sachschäden aus. […] Die Abrechnung soll unabhängig davon möglich sein, ob und in welcher Höhe die Kosten zur Schadensbeseitigung tatsächlich angefallen sind. Sie erfolgt also – anders als bei Personen- und Sachfolgeschäden – fiktiv. Hier setzt die Änderung an, indem sie bestimmt, dass Umsatzsteuer nur noch dann und insoweit zu ersetzen ist, als sie tatsächlich anfällt. Damit bleibt zwar die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung bei der Beschädigung von Sachen erhalten. Aber ihr Umfang mindert sich, da die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schadensposten entfällt.“277

Diese Passage aus den Gesetzesmaterialien belegt eindeutig, dass der Gesetzgeber die „Ungleichbehandlung“ von Sach- und Personenschäden im Hinblick auf die Dispositionsfreiheit hinsichtlich des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrags in seinen Willen integriert und damit als Determinante des schadensersatzrechtlichen Ausgleichssystems des BGB anerkannt hat. Es handelt sich hierbei auch nicht um eine isolierte und vereinzelte Aussage, da die differenzierende Rechtsprechung des BGH zur Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung auch an anderen Stellen der Gesetzesbegründung aufgegriffen und gebilligt wird278. Zu berücksichtigen ist überdies, dass die Unterscheidung der Sachbeschädigung von der Personenverletzung nicht nur in der Gesetzesbegründung, sondern inzwischen auch im Gesetzeswortlaut des § 249 Abs. 2 BGB selbst legislativ verankert ist. Wenngleich § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nach wie vor diese beiden exponierten Arten der Verletzung von Rechten und Rechtsgütern gleichberechtigt erwähnt und zum Schadensausgleich den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag gewährt, so belegt nunmehr § 249 Abs. 2 S. 2 BGB, dass eine identische Behandlung nicht im Plan des Gesetzgebers liegen kann. Die geldwerte Restitution bei der Beschädigung einer Sache folgt anderen Grundsätzen, die sich aus dem Wortlaut dieser Norm selbst allerdings nicht hinreichend entnehmen lassen. 5. Zusammenfassung Die Versagung der Dispositionsbefugnis über den gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vom Schädiger zu entrichtenden erforderlichen Geldbetrag im Bereich des Personenschadens stellt nach all diesen Erwägungen keine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung in Beziehung zum Sachschaden dar. Sie ist vielmehr ___________ BT-Drs. 14/7752, S. 22/23 (Hervorhebungen vom Verf.). BT-Drs. 14/7752, S. 13: „Dem Gesetzeswortlaut kann nicht eindeutig entnommen werden, ob unter dem ‚dafür [richtig: dazu, Anm. d. Verf.] erforderlichen Geldbetrag‘ der Betrag für eine wirklich durchgeführte oder auch der Betrag für eine nur gedachte Schadensbeseitigung zu verstehen ist. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich bei der Abrechnung des reinen Sachschadens, im Unterschied zu der Abrechnung von Personenschäden und Sachfolgeschäden […], für die zuletzt genannte Betrachtungsweise entschieden und räumt dem Geschädigten insoweit die Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung ein.“ 277 278

VI. Wertentscheidungen aus dem Bereich des Personenschadens

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eine konsistente Wertentscheidung aus dem inneren System der schadensersatzrechtlichen Vorschriften. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das von der Gegenansicht beschworene Ausmaß der Ungleichbehandlung im Übrigen schon deshalb nicht besteht, weil der Ablehnung fiktiver Heilbehandlungskosten im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Gegensatz zur Anerkennung fiktiver Sachschadenskosten nicht etwa eine Nullsumme279 gegenüber steht. Verzichtet nämlich der Geschädigte auf die Herstellung seiner körperlichen und gesundheitlichen Integrität, so führt dies in der Regel zur Erhöhung der im Rahmen des § 253 Abs. 2 BGB zu bewertenden Geldentschädigung für den wegen der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit erlittenen Nichtvermögensschaden. Der Behandlungsverzicht des Verletzten kann und sollte als Bemessungskriterium bei der Bewertung des Nichtvermögensschadens des Geschädigten beachtet werden und zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldbetrags führen280. Damit wird nicht nur die aus dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten fließende Dispositionsbefugnis in den dogmatisch zutreffenden Bereich des immateriellen Geschädigtseins eingeordnet. Vielmehr verblasst zugleich das Ungleichbehandlungsargument, weil der Verletzte einen korrespondierenden Anspruch auch im Falle des Personenschadens erhält. Die Erst-recht-Argumentation überzeugt deshalb nicht. Mit der systematisch zutreffenden Maßgabe, dass es sich beim nicht behandelten Personenschaden um einen Nichtvermögensschaden handelt, der zur Begründung oder Erhöhung eines Schmerzensgeldanspruchs führen kann, wird auch das Problem der inhaltlichen Abstimmung zwischen dem auf die Beseitigung von Personenschäden gerichteten Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und dem der Geldentschädigung wegen immaterieller Einbußen dienenden Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB gelöst und die Gefahr einer drohenden Umgehung des § 253 Abs. 1 BGB gebannt. Gleichzeitig verblassen die aus der anerkannten Grundwertung unserer Rechtsordnung hergeleiteten, an das gesunde Gerechtigkeitsempfinden appellierenden Einwände, wonach es schlechthin nicht zu rechtfertigen sei, Sachwerte und -güter höher zu bewerten und besser zu behandeln als die körperliche Integrität des Menschen281. Denn abgesehen von der aus den Rechtsgedanken der §§ 253 Abs. 1, 252 BGB abgeleiteten sachlichen Legitimation der Unterscheidung ___________ 279 So aber Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 224; Schiemann, FSSteffen, S. 399, 405. 280 Vgl. dazu bereits BGHZ 63, 295, 301; Zeuner, JZ 1986, 640, 641; Hofmann, 20. VGT 1982, 249, 262; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, Rn. 162; Jakob, S. 180; Jung, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 81, 84. Im Ansatz ähnlich auch OLG Stuttgart, VersR 1978, 188, 190; Zeuner, GSDietz, 99, 120; MüKo-Stein (3. Aufl.), § 847 Rn. 40 a.E.; G. Wagner, Das neue Schadensersatzrecht, S. 57 Rn. 58. 281 So Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 45; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 224; Schiemann, AcP 194 (1994), 414, 415; ders., FS-Steffen, S. 399, 404; Gotthardt, S. 181 und Fn. 431; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 149, der vom „Vorrang des fundamentaleren Interesses“ spricht.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

zwischen vermögensrechtlichen und nicht vermögensrechtlichen Schäden sind in der besonderen Kompensationsvorschrift des § 253 Abs. 2 BGB, die immaterielle Einbußen lindern helfen soll, rechtliche Schutzmechanismen vorgesehen, die die Schutzwürdigkeit der körperlichen Integrität unterstreichen und die es in der Fallgestaltung des autonomen Behandlungsverzichts des Verletzten zu aktivieren gilt. Eine zweckgelöste Gewährung von Heilbehandlungskosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB liegt deshalb nicht im gesetzlichen Regelungsplan. Die Ungleichbehandlung von Sach- und Personenschäden ist somit gerechtfertigt. Deshalb erweist sich der Erhalt des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution im Sachschadensrecht auch nicht unter diesem Gesichtspunkt als systembrüchig.

VII. Rechtspolitische Wertentscheidungen Zum Abschluss dieses Kapitels sollen noch die immer wieder gegen den fiktiven Kostenersatz im Bereich des Sachschadens erhobenen, eher rechtspolitischen Argumente erörtert werden, die eine Eindämmung, Erschwerung oder gar Abschaffung dieser Abrechnungsmethode fordern. Auch mit rechtspolitischen Argumenten wird die Aufrechterhaltung des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution abgelehnt282. 1. Die Ausgangsthese der Vertreter rechtspolitischer Argumente Zunächst soll die Ausgangsthese der Vertreter rechtspolitischer Argumente vorgestellt und diese Ausgangsthese auf ihre sachliche Berechtigung und Stichhaltigkeit untersucht werden. Ausgangspunkt der rechtspolitischen Argumentation ist die Forderung nach Verlagerung der gesamtwirtschaftlichen Aufwendungen von Sachschadensleistungen zu Personenschadensleistungen. Die Vertreter dieser Verlagerungsargumentation konzentrieren sich hierbei vor allem auf den Ersatz fiktiver Kosten im Kfz-Bereich283. Ihre These kann wie folgt zusammengefasst werden: Um die Aufwändungen für die Beseitigung von Personenschäden erhöhen zu können, müssten die Sachschadensleistungen eingeschränkt werden, weil anderenfalls Prämienerhöhungen der Haftpflichtversicherer unvermeidbar wären. ___________ Vgl. zu dieser Verknüpfung lediglich exemplarisch Schack, FS-Stoll, S. 61, 66 und 69. Vgl. z.B. Scheffen, NZV 1995, 218, 220; Schiemann, NZV 1996, 1, 3 ff.; Geier, 34. VGT 1996, 180, 189 = VersR 1996, 1457, 1460 = ZfS 1996, 321, 323/324 = ZfV 1996, 110, 114; Janker, ZRP 1997, 416, 417; Chr. Huber, DAR 2000, 20, 21; Dornwald, 38. VGT 2000, 105, 110; Scheffen, ZRP 2001, 380, 381; v. Mayenburg, VersR 2002, 278, 287; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 482a; Petitum des Arbeitskreises V des 34. VGT 1996, S. 11. Wohl auch Macke, 39. VGT 2001, 21, 22; Vogel, EWiR 2001, 659, 660. 282 283

VII. Rechtspolitische Wertentscheidungen

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Fraglich ist, ob ein solcher gesamtwirtschaftlicher Aufwand-Ausgleich-Automatismus eintreten kann. Er dürfte eher eine hehre Wunschvorstellung sein, als einen realistischen Umschichtungsmechanismus beschreiben. In der Mehrzahl der Fälle wird der Geschädigte, dessen Dispositionsfreiheit über den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Geldbetrag beschnitten wird, wie dies § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nunmehr vorsieht, davon Abstand nehmen, eine Reparatur in Eigenregie durchzuführen, auf sie ganz zu verzichten oder die Sache in defektem Zustand zu veräußern. Ein Einspar- oder Kompensationseffekt, wie er zu Gunsten der Schadensersatzleistungen für Personenschäden eintreten soll, wird daher wohl kaum erzielt werden können, weil der Geschädigte in all den Fällen, in denen er noch die Möglichkeit hat, die Herstellung zu betreiben, sich für diese entscheiden wird, da er keine Veranlassung sehen wird, auf einen ihm zustehenden vollen Ersatzanspruch zu verzichten284. Dies gilt für alle Fälle, in denen er kraft der Dispositionsfreiheit fiktiven Kostenersatz seines Sachschadens verlangen kann. Auch ist nicht gewiss, ob die Versicherer, sollte es diesbezügliche Einspareffekte geben, diese gerade in die Regulierung von Personenschäden investieren und nicht ihr wirtschaftliches Ziel der Gewinnoptimierung verfolgen285. Die auch vom Gesetzgeber nunmehr in legislative Form gegossene Umschichtung von Sach- zu Personenschäden, die als Ziel der mit dem In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002286 verbundenen Schadensersatzrechtsnovelle benannt wird287, dürfte auf tönernen Füßen stehen. Dass selbst der Gesetzgeber – im Detail allerdings eher in widersprüchlicher Art und Weise288 – an einer vollständigen Kostenkompensation Zweifel hatte, wird deutlich, wenn dieser formuliert: „Wenngleich das Gesetz auf Grund der gleichzeitigen Vermehrung und Verminderung der Belastung keinen Anlass zu Prämienerhöhungen geben sollte, können diese nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.“289

Im Übrigen wurde die auf den Weg der Gesetzgebung gebrachte Umschichtung von Sach- zu Personenschäden sehr einseitig auf den Bereich des Kfz___________ 284 In dieser Richtung auch Elsner, 38. VGT 2000, 113, 118 = ZfS 2000, 233, 235; Macke, DAR 2000, 506, 510; Graeger, 34. VGT 1996, 204, 209; Medicus, 38. VGT 2000, 121, 128; Karczewski, VersR 2001, 1070, 1075. 285 In dieser Richtung etwa Menken, DAR 1998, 250, 251; Medicus, 38. VGT 2000, 121, 128; Kleine-Cosack, DAR 1998, 180, 185; Elsner, 38. VGT 2000, 113, 118 = ZfS 2000, 233, 235. Vgl. auch Fleischmann, 20. VGT 1982, 268, 269. 286 BGBl. I, S. 2675. 287 BT-Drs. 14/7752, S. 11. 288 Vgl. BT-Drs. 14/7752, S. 18, wonach „die im Entwurf enthaltenen Be- und Entlastungen einander im wesentlichen kompensieren dürften“. Ebenso der Vorgängerentwurf aus der 13. Legislaturperiode, der 1998 der Diskontinuität anheim gefallen ist, BTDrs. 13/10435, S. 14. 289 BT-Drs. 14/7752, S. 2. Ebenso der Vorgängerentwurf aus der 13. Legislaturperiode, der 1998 der Diskontinuität anheim gefallen ist, BT-Drs. 13/10435, S. 2.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

Haftpflichtrechts konzentriert, weil man den Aufwand der Assekuranz an Schadensersatzleistungen fokussierte. Ausgeblendet wurde dabei allerdings, dass die Novellierung des § 249 BGB jede Art der Sachbeschädigung erfasst. Die spezifische Verbesserung der Schadensersatzleistungen für Personenschäden anlässlich von Straßenverkehrsunfällen, die sicherlich als solche durchaus wünschenswert ist, wird zu Lasten von Schadensersatzleistungen für Sachschäden favorisiert290, die weder im inneren Zusammenhang291 mit solchen Verbesserungen stehen, noch eine Umschichtung des Gesamtaufwands mit sich bringen können. Wer dem Grundstückseigentümer im Falle der Beschädigung seines Wohngebäudes abspricht, Schadensersatz auf fiktiver Kostenbasis abzurechnen, oder dessen nach Sachverständigengutachten veranschlagte Herstellungskosten um die Umsatzsteuer kürzt, wird diesen Betrag nicht für höhere oder zusätzliche Schmerzensgelder von Verkehrsunfallverletzten zur Verfügung haben. Bereits die Ausgangsthese der Vertreter rechtspolitischer Argumente, die gegen den fiktiven Kostenersatz im Falle des Sachschadens und damit gegen die Dispositionsfreiheit des Geschädigten und den Bestand des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bei nachträglicher Unmöglichkeit der Herstellung vorgebracht wird, überzeugt deshalb nicht. 2. Die einzelnen Argumente Nunmehr sollen die das Umschichtungsziel stützenden speziellen rechtspolitischen Argumente, die gegen den fiktiven Kostenersatz vorgetragen werden, vorgestellt und auf ihre Eignung zur Lösung des Problems, ob der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Fällen nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution erlischt oder erhalten bleibt, hinterfragt werden. Gegen den fiktiven Kostenersatz im Sachschadensrecht wird vorgebracht, er stelle die wesentliche Ursache für den Versicherungsbetrug dar292. Die fiktive ___________ 290 In dieser Richtung etwa auch Müller, ZRP 1998, 258, 259; dies., VersR 1998, 1181, 1183; dies., 62. DJT 1998, I 9, I 26; Kleine-Cosack, DAR 1998, 180, 185; Geiß, DAR 1998, 416, 421; Jung, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 81, 83/84. 291 Überzogen dürfte es allerdings sein, wenn aus der Tatsache der nur mittelbaren Umschichtung der Einwand der verfassungsrechtlichen Unzulässigkeit (Art. 14 Abs. 1 GG) geschlussfolgert wird. So aber Kleine-Cosack, DAR 1998, 180, 185. Im Ergebnis wohl auch der Änderungsantrag der Fraktion der FDP im Bundestag zu Art. 2 Nr. 1 Buchst. c des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 14/8798. Zutreffend hiergegen Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 312. 292 Freundorfer, VersR 1992, 1332; Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Gas, VW 2000, 674; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 204. Im Ergebnis wohl auch Küppersbusch, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 92.

VII. Rechtspolitische Wertentscheidungen

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Abrechnungsmethode habe ein erhebliches Betrugspotenzial293 geschaffen, gebe Anreize zu unredlichen Schadensmanipulationen294 und habe damit zum Anstieg von fingierten und manipulierten Unfällen295 sowie zur Mehrfachabrechnung296 geführt. Deshalb müsse – so wird meist bilanziert – diese Quelle der Betrugskriminalität ausgemerzt werden. Ob zur Bekämpfung von Betrug und Unredlichkeit gerade das zivile Schadensersatzrecht herhalten kann, bleibt hingegen zumeist unerörtert. Die Bekämpfung der Betrugskriminalität ist zuvorderst Aufgabe des Strafrechts, die mit konsequenter Strafverfolgung und mit general- und spezialpräventiv wirksamen Strafen zu forcieren ist. Zudem dürfte es gänzlich unberechtigt sein, nur um ein Exempel zu statuieren, jedem fiktiv abrechnenden Geschädigten eine Missbrauchsabsicht zu unterstellen297 und eine Abschaffung der Grundsätze zu propagieren, von denen andererseits behauptet wird, es handele sich bei ihnen „um einen Ausfluß althergebrachter Grundsätze der Zivilrechtsordnung“298. Kriminalitätsbekämpfung ist keine Aufgabe des Zivilrechts. Im Übrigen dürfte insbesondere das geltende Zivilprozessrecht mit den Instrumenten der §§ 142 Abs. 1299, 287300 ZPO und den Darlegungs- und Beweislastregeln301, die den Schädiger vor zweifelhaften Gutachten schützen, ausreichende – das strafrechtliche Instrumentarium, das, wie betont, zunächst gefordert ist, flankierende – Handhaben bieten, um Missbräuchen und Exzessen durch einzelne Geschädigte zu begegnen. Wirklich Kriminellen wird man mit der Beseitigung der fiktiven Kostenerstattung im Sachschadensrecht ohnehin nicht begegnen können. Nicht ganz unberechtigt wird deshalb teilweise darauf hingewiesen, dass der zum Betrug Entschlossene andere Mittel und Wege ___________ Dornwald, 38. VGT 2000, 105, 108. Gas, 37. VGT 1999, 369, 371 = VersR 1999, 261, 262; GesamtverBd. der Deutschen Versicherungswirtschaft, VW 2000, 674; Händel, ZfV 2000, 143, 145; Schlegelmilch, VersR 1987, 1171, 1172; Seiwerth, NZV 1989, 137, 138; Greger, NZV 2000, 1, 2; Jordan, Der Deutsche Verkehrsgerichtstag 1992-2001, 53, 72. 295 Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Graeger, 34. VGT 1996, 204, 208; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, Fn. 51, S. 192; Gas, VW 2000, 674; Freundorfer, VersR 1992, 1332; Imbach, VersR 1996, 425, 426. 296 Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I/2, § 32 I 2 a, Fn. 51, S. 192; Freundorfer, VersR 1992, 1332. Wohl auch Schack, FS-Stoll, S. 61, 66. 297 Otto, NZV 1998, 433, 435. 298 Dannert, VersR 1988, 980, 981, Fn. 12. Ähnlich auch Steffen, ZRP 1998, 147, 149; Kleine-Cosack, DAR 1998, 180, 182; Dressler, 34. VGT 1996, 192, 202 = DAR 1996, 81, 85. 299 Greger, NJW 2002, 1477/1478; Greger, NZV 2002, 385, 386. Hierzu auch Gebhardt, DAR 2002, 395, 398; G. Wagner, Das neue Schadensersatzrecht, S. 58 f. Rn. 60 f. 300 Hofmann, NZV 1989, 466; Steffen, NJW 1995, 2057, 2062; Birkmann, DAR 1990, 3, 4; Otto, NZV 1998, 433, 435; Dornwald, r+s 1989, 330/331; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 147; Krumbholz, NZV 1990, 218, 219; Weber, VersR 1992, 527, 530. 301 BGH VersR 1989, 1056, 1057; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Gebhardt, DAR 2002, 395, 398. 293 294

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

ausfindig machen werde, um sich zu bereichern302, etwa durch Fälschung von Werkstattrechnungen303. Darüber hinaus wird darauf verwiesen, dass im Rahmen der Betrugskriminalität die Miterledigung von Vorschäden viel wichtiger sei, was durch die Verhinderung fiktiver Abrechnung nicht bekämpft werden könne304. Pro und Kontra im Detail zeigen jedoch: Die Verhinderung und Bekämpfung von Kriminalität ist keine Aufgabe des Zivilrechts. Eine derartige Instrumentalisierung liegt nicht im gesetzlichen Regelungsprogramm des Schadensersatzrechts, weshalb nur in systemstörender Argumentation gegen den fiktiven Kostenersatz mit dessen krimineller Potenz Front gemacht werden kann. Im Übrigen ist der Betrugsbekämpfungseinwand – hielte man ihn als Argument gegen den fiktiven Kostenersatz bei Sachschäden für berechtigt – insofern zwiespältig und mit dem schadensersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken unvereinbar, als man unzulässige Sanktionserwägungen305 in das Schadensersatzsystem hineininterpretierte. Gegen die Möglichkeit der fiktiven Sachschadensabrechnung wird zudem vorgebracht, dass diese Art des Kostenersatzes nicht nur den Betrug begünstige, sondern auch die Schwarzarbeit fördere306. Sie setze damit Anreize für Pfuschreparaturen307, gefährde mithin – insbesondere im Bereich der Kraftfahrzeuge – die Verkehrssicherheit308 und beeinträchtige durch die Aufblähung der Schadensersatzleistungen zu Lasten der Versichertengemeinschaft das Prinzip der Gemeinverträglichkeit309. ___________ 302 Elsner, 38. VGT 2000, 113, 119 = ZfS 2000, 233, 235; Streck, 38. VGT 2000, 305, 308 = AnwBl. 2001, 80, 82. 303 Medicus, 38. VGT 2000, 121, 128; Streck, 38. VGT 2000, 305, 308 = AnwBl. 2001, 80, 82. 304 Medicus, 38. VGT 2000, 121, 128. 305 In dieser Richtung wohl auch Macke, DAR 2000, 506, 509. 306 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 355; v. Bühren, EWiR 1996, 195, 196; Greger, NZV 2000, 1, 2; Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Imbach, VersR 1996, 425, 426; Dornwald, 38. VGT 2000, 105, 108; Aul, MDR 1985, 991, 992; Gas, VW 2000, 674; Otto, NZV 2001, 335, 338; Händel, ZfV 2000, 143, 145; Reinking, EWiR 1992, 665, 666; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 204; Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, VW 2000, 674; Greger, NZV 2002, 385, 386. 307 Staudinger-Medicus (12. Aufl.), § 249 Rn. 228; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 220; Köhler, FS-Larenz, S. 349, 354 und 367/368; Greger, NZV 2000, 1, 2; Dornwald, 38. VGT 2000, 105, 108; Schlund, BB 1979, 81, 83; Aul, MDR 1985, 991; Händel, ZfV 2000, 143, 145; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 204; Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, VW 2000, 674; Gas, VW 2000, 674. 308 Köhler, FS-Larenz, S. 349, 354 und 367/368; Greger, NZV 2000, 1, 2; Dornwald, 38. VGT 2000, 105, 108; Schlund, BB 1979, 81, 83; Aul, MDR 1985, 991; Otto, NZV 1998, 433, 434/435; ders., NZV 2001, 335, 338; Händel, ZfV 2000, 143, 145; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 204; Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, VW 2000, 674; Küppersbusch, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 92. 309 Stürner, VersR 1984, 297, 302; v. Bühren, EWiR 1996, 195, 196; Geier, 34. VGT 1996, 180, 181/182 = VersR 1996, 1457 = ZfS 1996, 321/322 = ZfV 1996, 110; Bollweg, 38.

VII. Rechtspolitische Wertentscheidungen

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Das Argument der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit im Falle privater Billig- oder Teilreparaturen kann selbst beim Kfz-Sachschaden nicht für alle Schäden gelten, sondern nur für die Beschädigung sicherheitsrelevanter Teile des Kfz, nicht aber für lediglich optische Schäden310. Technische Mängel oder Wartungsmängel bilden nach den amtlichen Statistiken nur einen verschwindend geringen Anteil der Ursachen von Unfällen mit Personenschäden311. Somit ist es Aufgabe der technischen Überwachungsvereine und der Verwaltungsbehörden, die Versichertengemeinschaft und die Allgemeinheit vor verkehrsuntüchtigen Fahrzeugen zu schützen312. Auch insoweit liegt der Schwerpunkt für derartige Regelungsziele im öffentlichen Recht, nicht jedoch im zivilen Schadensersatzrecht. Ob sich der zur Schwarzarbeit Entschlossene gerade von der Einschränkung oder Abschaffung der Grundsätze des fiktiven Kostenersatzes im Sachschadensrecht beeindruckt zeigen wird, dürfte im Übrigen mehr als Spekulation sein313. Festzuhalten bleibt jedoch, dass, diese insgesamt eher sozialpolitisch motivierten Ziele zu verwirklichen, nicht Aufgabe des Schadensersatzrechts ist314. Da die schadensersatzrechtlichen Normen solche Ziele nicht verfolgen, können sie auch nicht dahingehend ausgelegt werden, derartige Zwecke zu erreichen. Das Schadensersatzrecht wird diesbezüglich nicht lediglich überstrapaziert 315 , sondern regelrecht überfordert. Entscheidend dürfte jedoch sein, dass der Gesetzgeber all diese – dem schadensersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken fremden – rechtspolitischen Erwä___________ VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Schlegelmilch, VersR 1987, 1171, 1172; Aul, MDR 1985, 991; Schlund, BB 1979, 81, 83; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 204. 310 Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Grunsky, 28. VGT 1990, 187, 190. 311 Elsner, 38. VGT 2000, 113, 119 = ZfS 2000, 233, 235. 312 Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Medicus, DAR 1982, 352, 355; ders., 38. VGT 2000, 121, 128; Karakatsanes, AcP 189 (1989), 19, 40/41; Grunsky, 28. VGT 1990, 187, 190; Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 61. Zum sog. „Essener Modell“, wonach die Versicherer den Zulassungsstellen alle bis zu vier Jahre alten Fahrzeuge melden sollen, bei welchen die durch den Unfall verursachten Reparaturkosten 50% des Neupreises erreichen oder übersteigen, damit die Zulassungsstellen dafür sorgen können, dass die Fahrzeuge nach der Reparatur entweder vorgeführt werden oder dass ein Gutachten nach § 17 StVZO beigebracht wird, welches den verkehrssicheren Zustand nach Reparatur bescheinigt, vgl. Berger, 28. VGT 1990, 175, 177. 313 Elsner, 38. VGT 2000, 113, 118 = ZfS 2000, 233, 235; Streck, 38. VGT 2000, 305, 308 = AnwBl. 2001, 80, 82. 314 In dieser Richtung auch Eggert, DAR 2001, 20, 24; Elsner, 38. VGT 2000, 113, 118 = ZfS 2000, 233, 235; Deutscher Richterbund, DRiZ 1998, 179, 181; Medicus, 38. VGT 2000, 121, 129; Streck, 38. VGT 2000, 305, 308 = AnwBl. 2001, 80, 82; Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 61; Rischar, VersR 1999, 686, 687. 315 In dieser Richtung Grunsky, NJW 1983, 2465; Chr. Huber, Fragen der Schadensberechnung, S. 61.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

gungen nicht nur nicht anerkannt und akzeptiert, sondern sie im Gegenteil ausdrücklich nicht in seinen Willen integriert hat. Denn während im Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften aus der 13. Legislaturperiode316 im Jahr 1998 die Novellierung der Modifizierung des § 249 BGB bei der Behebung von Sachschäden in Fällen des Verzichts auf eine Wiederherstellung oder der Wiederherstellung in anderer Weise als durch Reparatur in einem gewerblichen Betrieb ausdrücklich damit begründet wurde, dass „die von der Rechtsprechung der fiktiven Abrechnung zugrunde gelegte Bezugsgröße, nämlich die ‚für die Behebung des Schadens üblicherweise erforderlichen Reparaturkosten‘ einen zwar rechtssystematisch überzeugenden, volkswirtschaftlich und rechtspolitisch aber bedenklichen Ansatz darstellt“317,

hat der Gesetzgeber mit dem in der 14. Legislaturperiode318 vorgelegten und beschlossenen Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften auf solche Begründungen verzichtet, obgleich er betonte, an den Vorgängerentwurf anzuknüpfen319. Systemfremde Erwägungen, die die Änderung der Sachschadensabrechnung nach § 249 Abs. 2 BGB determinieren, enthält die Gesetzesbegründung nicht. Sie hebt auch an keiner Stelle auf einen rechts___________ 316 Zur damals beabsichtigten Neuregelung des § 249 BGB nach diesem Entwurf, vgl. aus der Lit. Otto, NZV 1998, 433, 434 ff.; Steffen, ZRP 1998, 147, 149/150; Müller, ZRP 1998, 258, 259; Kleine-Cosack, DAR 1998, 180, 181 ff.; Menken, DAR 1998, 250, 251/252; Müller, VersR 1998, 1181, 1183; Geiß, DAR 1998, 416, 421; Deutscher Richterbund, DRiZ 1998, 179, 180 ff.; Gas, 37. VGT 1999, 369, 373 = VersR 1999, 261, 263; Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 46/47; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 312 ff.; Greger, NZV 2000, 1, 2; Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 100 = NZV 2000, 185, 188; Chr. Huber, DAR 2000, 20, 22 ff.; Macke, DAR 2000, 506, 509 ff.; Elsner, 38. VGT 2000, 113, 116 ff. = ZfS 2000, 233, 234/235; Medicus, 38. VGT 2000, 121, 124 ff.; Streck, 38. VGT 2000, 305, 306 ff. = AnwBl. 2001, 80, 82; MüKo-Oetker (4. Aufl.), § 249 Rn. 477. 317 BT-Drs. 13/10435, S. 13 (Hervorhebungen vom Verf.). 318 Zur Neuregelung des § 249 BGB nach diesem Entwurf vgl. aus der Lit. Otto, NZV 2001, 335, 336 ff.; Karczewski, VersR 2001, 1070, 1074/1075; Müller, PHi 2001, 119, 120; Scheffen, ZRP 2001, 380, 381; Jordan, Der Deutsche Verkehrsgerichtstag 1992-2001, 53, 70 ff.; Greger, NZV 2001, 206; Freise, VersR 2001, 539, 540; Haas/Horcher, DStR 2001, 2118, 2118/2119; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 482a; Deutscher Anwaltverein, NZV 2001, 339, 340; Bollweg, ZfS-Sonderheft 2002, 1, 3/4; G. Wagner, NJW 2002, 2049, 2057 ff.; Däubler, JuS 2002, 625, 629; Trimbach, NJ 2002, 393, 395/396; Heß, ZfS 2002, 367 ff.; Greger, NZV 2002, 385 ff.; Steiger, DAR 2002, 377/378; Rauscher, JURA 2002, 577, 583/584; Hentschel, NZV 2002, 433, 442/443; Freyberger, MDR 2002, 867, 868 ff.; Otten, MDR 2002, 1100, 1100/1101; Ady, ZGS 2002, 237, 240/241; Müller, DAR 2002, 540, 544/545; G. Wagner, Das neue Schadensersatzrecht, S. 47-59; Dressler, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 46/47; Greger, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 49 ff. = NZV 2002, 222, 222/223; Chr. Huber, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 62 ff.; Jung, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 81, 82 ff.; Küppersbusch, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 92; G. Wagner, Anh. z. Prot. 118. Sitzung Rechtsausschuss 14. BT am 27.2.2002, S. 96, 98. 319 BT-Drs. 14/7752, S. 13 (spezifisch in Bezug auf § 249 BGB-E).

VIII. Zusammenfassung

255

politischen Ansatz ab, der vorstehende Erwägungen in den Willen des Gesetzgebers zu integrieren geeignet wäre. Weder wird einem Ziel der Bekämpfung der Schwarzarbeit, des Betrugs oder der Verkehrsunsicherheit das Wort geredet, noch wird darauf abgestellt, eine Gemeinwohlverträglichkeitsgrenze zu statuieren. Soweit in den parlamentarischen Debatten dennoch vereinzelt diese rechtspolitischen Argumente zur Rechtfertigung der Einschränkung der fiktiven Kostenerstattung im Bereich des Sachschadens vorgetragen, aufgegriffen und fruchtbar gemacht wurden320, sind diese nicht als Wille des Gesetzgebers und damit Intention der Gesetzesnovelle zu betrachten. Denn isolierte Äußerungen der am Gesetzgebungsakt beteiligten Personen dokumentieren nicht den Willen des Gesetzgebers als solchen. Sie können auch nicht für die historische Gesetzesauslegung herangezogen werden, solange sich aus den Gesetzesmaterialien im Übrigen nicht herleiten lässt, dass sie in den Beratungen der gesetzgebenden Organe eine Grundabsicht des Gesetzeswerks darstellen oder auf einem allgemeinen Konsens der am Gesetzgebungsakt Beteiligten beruhen 321 . Da die rechtspolitischen Argumente, die gegen den fiktiven Kostenersatz im Sachschadensrecht eingewandt werden, bei der Änderung des § 249 BGB weder in der Gesetzesvorlage der Bundesregierung 322 noch in der Stellungnahme des Bundesrates323 und auch nicht in der Beschlussempfehlung und im Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages 324 auch nur im Ansatz Berücksichtigung fanden, sind sie als ausdrücklich verworfen, nicht signifikant und die Gesetzesinterpretation nicht bestimmend zu bezeichnen. Mithin kann festgehalten werden, dass die rechtspolitischen Argumente nicht geeignet sind, die Frage zu beantworten, ob der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution untergeht oder erhalten bleibt.

VIII. Zusammenfassung Die weitergehende Analysierung des inneren Systems der schadensersatzrechtlichen Vorschriften hat damit zu dem Ergebnis geführt, dass sich der Er___________ 320 Pick, Plenarprot. BT, 14. Wahlperiode, 230. Sitzung am 18.4.2002, S. 22878; Dreßen, Plenarprot. BT, 14. Wahlperiode, 230. Sitzung am 18.4.2002, S. 22878; Pick, Prot. 120. Sitzung Rechtsschuss 14. BT am 20.3.2002, S. 3. 321 Vgl. BVerfGE 54, 277, 298; Larenz, Methodenlehre, S. 329; Kramer, Juristische Methodenlehre, Abschn. II 2 d) ee) (3), S. 104. 322 BT-Drs. 14/7752, S. 13/14 und 22-24. 323 BT-Drs. 14/7752, S. 48/49. 324 BT-Drs. 14/8780, S. 20. Dort wird vielmehr hervorgehoben, dass der Rechtsausschuss, soweit er den Gesetzentwurf unverändert übernommen hat – was in Bezug auf die Änderung des § 249 BGB der Fall ist –, ausdrücklich auf die Begründung der Regierungsvorlage Bezug nimmt.

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5. Kapitel: Wertentscheidungen des inneren Systems des Schadensrechts

halt des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution als konsistente Wertentscheidung der verschiedenen Normen des allgemeinen Sachschadensrechts darstellt. Der Geschädigte kann in diesen Konstellationen fiktive Herstellungskosten dem Grunde nach verlangen. Wichtig erscheint es an dieser Stelle, nochmals deutlich hervorzuheben, dass das Resultat der Resistenz des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle der nachträglichen Herstellungsunmöglichkeit der beschädigten Sache unter dem Aspekt der verfassungsrechtlich verankerten Gleichbehandlung nicht dazu zwingt, bei Personenverletzungen nach derselben Wertentscheidung vorzugehen. Denn bei der Verletzung der körperlichen Integrität, der Gesundheit oder Freiheit der Person präsentiert sich das aus § 253 Abs. 1 BGB folgende Verbot der Abgeltung und Kommerzialisierung immaterieller Schäden als unüberwindbare Hürde. Dieses Verbot hat zur Folge, dass im Bereich der Personenverletzung fiktive Herstellungskosten nicht begehrt werden können, eine Dispositionsfreiheit des Geschädigten nicht anerkannt werden kann und der Restitutionsbetrag zweckgebunden ist. Das erzielte Ergebnis kann auch nicht mit rechts- und sozialpolitischen Motiven und Zielen in Misskredit gebracht werden. Denn das zivile Schadensersatzrecht würde anderenfalls mit sachfremden Aufgaben überfrachtet, die dieses an den Rand seiner Leistungsfähigkeit bringen würden. Hierfür ist das Schadensersatzrecht weder bestimmt noch geeignet und auch nicht vom Gesetzgeber vorgesehen.

6. Kapitel

Hinweise zur Bemessung des Schadensersatzes im Falle des Anspruchs auf fiktiven Kostenersatz im allgemeinen Sachschadensrecht Auf Grund der bisherigen Analyse des gesetzlichen Regelungssystems kann festgehalten werden, dass der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag im allgemeinen Sachschadensrecht von der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution nicht absorbiert und auch nicht durch einen Kompensationsanspruch nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB substituiert wird. Im Folgenden sollen noch einige Eckpunkte der Bemessung des Schadensersatzes, der an den fiktiven Herstellungskosten ausgerichtet ist, skizziert werden, zumal an verschiedenen Stellen der vorangegangenen Ausführungen betont wurde, dass die Frage der Art und Weise der Schadensersatzleistung nicht mit der Frage nach der Höhe des Ersatzanspruchs vermengt werden darf. Insofern soll das letzte Kapitel zum einen der Abrundung der Thematik dienen und zum anderen der Vertiefung von Aspekten, die in den vorhergehenden Kapiteln lediglich angeschnitten wurden, insbesondere vor dem Hintergrund der These, dass sich die Berechnung der fiktiven Sachschadenskosten als „der Sand im Getriebe der alltäglichen Schadensregulierung“1 erweise.

I. Die wirtschaftliche Toleranz- oder Opfergrenze Wegen der auf der Dispositionsfreiheit fußenden Abkopplung des Sachschadensersatzes von der realen Durchführung der Herstellung ist es notwendig, den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vom Schädiger geschuldeten Restitutionsbedarf an objektiven Kriterien auszurichten. Der statt der Herstellung der sächlichen Integrität erforderliche Geldbetrag ist daher grundsätzlich objektiv, d.h. nach den allgemeinen Kostensätzen und Wertvorstellungen zu bemessen 2 . Er ist auch isoliert von den für die Schadensbeseitigung tatsächlich aufgewendeten Beträgen zu bestimmen. Maßgeblich ist daher nicht die jeweils subjektive Vorstellung des Geschädigten von einem Betrag, den er für sich persönlich als ___________ 1 So Gebhardt in seiner Eigenschaft als Tagungsleiter der Homburger Tage 1990, zit. nach Greger, NZV 1991, 21. 2 RGZ 71, 212, 215; 90, 154, 155; BGHZ 54, 82, 84; BGH NJW 1989, 3009; OLG Dresden, NZV 2001, 346, 347; R. Hamann, S. 34; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 29/30 und 91/92; Gotthardt, S. 73 m. zahlreichen w.N.

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

vollständigen Schadensausgleich erachtet. Geschuldet wird vielmehr – wie es ständiger Rechtsprechung entspricht – der Betrag, den ein verständiger und wirtschaftlich denkender Eigentümer in der besonderen Lage des Geschädigten für eine zumutbare Wiederherstellung des schadensfreien Zustands aufgewendet haben würde3. Wegen der Objektivierung des Betrags wird die Wirtschaftlichkeit der ersatzfähigen fiktiven Reparaturkosten dadurch bestimmt, dass dann, wenn mehrere vom Erfolg her gleichwertige Mittel der Schadensbeseitigung zur Verfügung stehen, nur dasjenige vollständig ersetzt wird, das der Höhe nach den geringeren Aufwand mit sich bringt, sofern dem Geschädigten dies in der konkreten Situation zuzumuten ist. Nur insoweit hat er eine wirtschaftliche Einbuße erlitten4. Der BGH folgerte früher den Gedanken, dass der Schaden vom Geschädigten so wirtschaftlich günstig wie möglich zu beseitigen ist, aus §§ 242, 254 Abs. 2, 251 Abs. 2 BGB5. Später – unter Verwerfung der Maßgeblichkeit des § 254 Abs. 2 BGB – stützte er sich nur noch auf die §§ 242, 251 Abs. 2 BGB6 und leitete seit 1991 – unter ausdrücklicher Ablehnung der Determinante des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB – seine Meinung7 aus dem Merkmal der Erforderlichkeit in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und dem in § 249 Abs. 1 BGB beschriebenen Ziel der Herstellung her 8 . Das aus dieser Prämisse folgende „Wirtschaftlichkeitspostulat“ 9 hängt ___________ 3 RGZ 99, 172, 183; BGHZ 54, 82, 85; 61, 346, 349/350; 66, 182, 192; 75, 230, 241; 78, 274, 280; 111, 168, 175; 115, 364, 369; 132, 373, 376; BGH NJW 1972, 1800, 1801; 1985, 793, 794; 1985, 2637, 2638; 1989, 3009. Aus der Rspr. der Instanzgerichte bspw. OLG Hamm, NJW-RR 1999, 253; OLG Dresden, DAR 2001, 455. 4 BGHZ 66, 182, 193; 66, 239, 248; 70, 39, 42/43; BGH VersR 1978, 182, 183; NJW 1985, 2469; 1992, 1618, 1619. Aus der Rspr. der Instanzgerichte bspw. OLG Düsseldorf, NZV 1994, 479; OLG Koblenz, NZV 1995, 355; OLG Hamm, ZfS 1995, 415, 416; dass., NZV 1997, 441; dass., VersR 2000, 1122, 1123; OLG Düsseldorf, ZfS 2001, 111, 112. 5 BGHZ 66, 182, 193; BGH NJW 1972, 1800, 1801. Im Ergebnis auch BGHZ 54, 82, 85/86. 6 BGHZ 66, 239, 248. 7 Es soll allerdings nicht der Eindruck vermittelt werden, der BGH – und insbesondere dessen 6. Zivilsenat – folge diesbezüglich einem stringenten und konsequenten Begründungsansatz. Nachdem er bereits sowohl den Rechtsgedanken des § 242 BGB als auch den des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB als legislativen Ursprung des Wirtschaftlichkeitspostulats verworfen hatte, kam er in einer Entscheidung aus dem Jahr 1996, in der es ebenfalls um einen Schadensersatzanspruch anlässlich eines Kfz-Unfalls ging, wieder hierauf zurück und führt zur Begründung explizit gerade das Senatsurteil aus dem Jahr 1991 an, nach dem das Wirtschaftlichkeitsgebot allein folge aus dem Merkmal der Erforderlichkeit in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und dem Herstellungsziel. Vgl. BGHZ 132, 373, 376; ebenso 143, 189, 194. 8 BGHZ 115, 364, 368/369; 115, 375, 379; 143, 189, 193; BGH NJW 1993, 1849, 1850; 2003, 20,85; 2003, 2086, 2087; 2005, 1108. Vgl. hierzu auch Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 11 = NZV 1991, 1, 3. 9 So ausdrücklich BGHZ 115, 364, 368; 115, 375, 378; 132, 373, 377; 143, 189, 193; BGH NJW 1993, 1849, 1850; 2003, 2085; 2005, 357, 358; 2005, 1108; OLG Düsseldorf, NZV 1994, 479, 480; OLG Koblenz, NZV 1995, 355, 356; OLG Hamm, NZV

I. Die wirtschaftliche Toleranz- oder Opfergrenze

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maßgeblich mit der Erweiterung des Herstellungsbegriffs des § 249 Abs. 1 BGB zusammen, der auf die wirtschaftliche Gleichwertigkeit und Gleichartigkeit des schadensfreien Zustands abstellt. Das Wirtschaftlichkeitspostulat ist auch deshalb als legislative Instruktion zu berücksichtigen, weil es der Gesetzgeber neuerdings ausdrücklich anerkennt, als „Grundsatz der Wirtschaftlichkeit“ kennzeichnet, „nach dem von mehreren gleichwertigen Wegen zur Schadensbeseitigung der wirtschaftlich vernünftigste zu wählen ist“10 und für einen wesentlichen Grundsatz erachtet, der das Sachschadensersatzrecht bestimmt11. Ausgehend von der im Rahmen des wirtschaftlichen Restitutionsbegriffs grundsätzlichen Gleichwertigkeit der Herstellungsalternativen „Instandsetzung“ und „Ersatzbeschaffung“, hat der 6. Zivilsenat des BGH auf der Grundlage des Wirtschaftlichkeitspostulats eine absolute Wirtschaftlichkeitsgrenze lediglich für den Bereich der Kfz-Schäden aufgestellt. Diese kann allerdings auf andere Sachen übertragen werden, sofern „es sich um solche handelt, bei denen eine bestimmte Vertrautheit mit der konkreten Sache deren Benutzbarkeit erleichtert (z.B. Computer, komplizierte Maschine)“12. Überschreiten die Kosten der Reparatur diejenigen der Ersatzbeschaffung um mehr als 30%, dann ist nach dem BGH die Herstellungsalternative der Instandsetzung unwirtschaftlich und der Reparaturkostenbetrag i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB „in der Regel“13 nicht erforderlich. Im Falle der Forderung fiktiver Reparaturkosten determiniert dieser Integritätszuschlag die wirtschaftliche „Toleranzgrenze“14 allerdings nach ganz allgemeiner Meinung15 nicht16. Die 130%-„Opfergrenze“17, die „weniger normativ, als aus Grün___________ 1997, 441; dass., VersR 2000, 1122, 1123; OLG Düsseldorf, ZfS 2001, 111, 113; OLG Hamm, NZV 2002, 272, 273. 10 BT-Drs. 14/7752, S. 13. 11 BT-Drs. 14/7752, S. 13. 12 So zutreffend MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 251 Rn. 46. Insofern ist es nicht berechtigt, von einem „besonderen, automobilspezifischen Integritätsinteresse“ (so OLG Düsseldorf, VersR 1996, 904, 905) zu sprechen. 13 BGHZ 115, 364, 374. Es handelt sich also „um keine starre Grenze, sondern um einen Richtwert“ (a.a.O.). 14 BGHZ 115, 364, 371; OLG Hamm, NZV 2002, 272, 273. 15 Leise Zweifel äußert lediglich Grunsky, der die Frage in den Raum stellt, „ob sich die Rechtsprechung hier nicht ein Trojanisches Pferd aufgeladen hat“, ders., JZ 1992, 806, 807. 16 BGHZ 115, 364, 373; BGH NJW 1985, 2469/2470; 2005, 1110, 1111; Medicus, DAR 1982, 352, 359/360; Weber, DAR 1991, 11, 14; Buschbell/Stoll, AnwBl. 1997, 639, 642; Krumbholz, NZV 1990, 218, 220; Röttgering, NZV 1990, 417, 418; Otto, NZV 1998, 433, 434; Eggert, DAR 2001, 20; Schlegelmilch, VersR 1987, 1171, 1172; Steffen, NZV 1991, 1, 4; Roß, NZV 2000, 362; Oetker, NJW 1985, 345, 348; Reinking, EWiR 1992, 561, 562; Pielemeier, NZV 1989, 222, 223; Roth, JZ 1994, 1091, 1094; Schack, FS-Stoll, S. 61, 66; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 146 = NZV 2002, 249, 250; Grunsky, NJW 1983, 2465, 2468.

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

den der Praktikabilität“18 bestimmt ist, darf und kann nur derjenige Geschädigte ausschöpfen, der tatsächlich eine Instandsetzung vornimmt. Denn die 130%Marge stellt gerade einen Integritätszuschlag dar und zielt darauf ab, einen immateriellen Schaden oder ein affektives Interesse zu befriedigen 19 . Diese sog. „Integritätsspitze“20 würdigt und berücksichtigt nämlich gerade das Interesse des Geschädigten, das ihm vertraute und von ihm erprobte Kraftfahrzeug wieder hergestellt zu wissen und sich nicht auf den Erwerb eines ihm fremden und möglicherweise mit verborgenen Mängeln versehenen Gebrauchtwagens verweisen zu lassen21. In diesen Fällen wird zusätzlich ein immaterielles, im Rahmen des § 249 BGB berücksichtigungsfähiges Affektionsinteresse22 beach___________ 17 So ausdrücklich BGHZ 115, 364, 373 und 374; BGH NJW 1992, 1618, 1619; 1999, 500, 501; 2005, 1108, 1110; OLG Düsseldorf, NZV 1994, 479; OLG Karlsruhe, MDR 2000, 697; OLG Dresden, NZV 2001, 346, 347; Röttgering, ZfS 1995, 441, 442; Buschbell/Stoll, AnwBl. 1997, 639, 642; Völtz, NZV 1999, 160, 161; Roß, NZV 2000, 362; Schack, FS-Stoll, S. 61, 63 und 66. 18 Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; vgl. auch Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 13 = NZV 1991, 1, 4 „Faustformel“. 19 Lipp, NZV 1996, 7, 11; ders., NJW 1990, 104, 105; Reiff, NZV 1996, 425, 430; Reinking, DAR 1997, 425, 427; Völtz, NZV 1999, 160, 161; Schiemann, EWiR 1992, 139; Grunsky, JZ 1992, 806, 807; Pielemeier, NZV 1989, 222, 223; Oetker, NJW 1985, 345, 348; Eggert, DAR 2001, 20, 23; Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, Rn. 76. 20 So ausdrücklich BGHZ 115, 364, 374; BGH NJW 1999, 500, 501; 2002, 1108, 1109; OLG Dresden, NZV 2001, 346, 347; Reinking, EWiR 1992, 561, 562; Völtz, NZV 1999, 160, 161. 21 BGH NJW 1972, 1800, 1801; 1985, 2469, 2470; 1992, 1618, 1619; 1999, 500, 501; 2005, 1108, 1109; OLG Hamm, VersR 1988, 738, 739; dass., NZV 1991, 351, 352; dass., NJW-RR 1993, 1436, 1437; OLG Köln, NZV 1994, 24; OLG Düsseldorf, NZV 1994, 479; OLG Koblenz, NZV 1995, 355, 356; OLG Düsseldorf, VersR 1996, 904, 905; OLG Hamm, NZV 1997, 441/442; Saarländisches OLG, MDR 1998, 1346; OLG Hamm, VersR 2000, 1122, 1123; OLG Dresden, NZV 2001, 346; OLG Düsseldorf, ZfS 2001, 111, 113/114; OLG Hamm, NZV 2002, 272, 273; Riedmaier, VersR 1986, 728, 730; Lange, Schadensersatz, § 5 VII 1, S. 136 und § 6 XIV 5 c, S. 401; Gotthardt, S. 97; Medicus, JuS 1973, 211, 212; Steffen, NJW 1995, 2057, 2060; Schack, FS-Stoll, S. 61, 63. 22 Der BGH streitet neuerdings allerdings ausdrücklich ab, dass der Integritätszuschlag seine primäre Rechtfertigung in immateriellen Erwägungen und der Berücksichtigung eines Affektionsinteresses findet; siehe BGH NJW 1999, 500, 501; 2005, 1108, 1109. Ebenso deutlich OLG Dresden, NZV 2001, 346. Die Begründung, die er hierfür gibt, überzeugt allerdings nicht. Dass der Eigentümer eines privaten Fahrzeuges weiß, wie dieses ein- und weitergefahren, gewartet und sonst behandelt worden ist, ob und welche Mängel aufgetreten sind und auf welche Weise sie behoben wurden, und dass der Käufer eines Gebrauchtwagens diese Umstände zumeist nicht kennt, ändert nichts daran, dass der diese Umstände berücksichtigende Zuschlag im Fall der tatsächlichen Reparatur nach der Beschädigung eines Fahrzeugs seinen Grund in einem besonderen individuellen immateriellen Interesse hat. Auch wenn ihm ein wirtschaftlicher Wert insoweit zu Grunde liegt, als beim Erwerb eines Kraftfahrzeugs aus „erster Hand“ regelmäßig ein höherer Preis zu zahlen ist, folgt hieraus lediglich, dass sich in einem solchen Falle das immaterielle Interesse bzw. der immaterielle Schadensbestandteil materiali-

I. Die wirtschaftliche Toleranz- oder Opfergrenze

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tet. Deshalb wird in der Rechtsprechung zuweilen nicht zu Unrecht von einem „besonderen Integritätsinteresse“23 gesprochen, das neben dem Sachsubstanzinteresse auch das Nutzungs- und Funktionsinteresse des Eigentümers würdigt. Die Berücksichtigung des besonderen Integritätsinteresses ist legitim, weil sich der Geschädigte in diesem Fall für die vollständigere, wenn auch auf Kosten des Schädigers aufwändigere Herstellungsmethode der Naturalrestitution entschieden hat 24 . Insoweit ist die Beschränkung des Ersatzes fiktiver Herstellungskosten weniger eine Ausprägung des Wirtschaftlichkeitspostulats als vielmehr – wie dies bereits oben dargelegt wurde25 – ein Gebot der aus § 253 Abs. 1 BGB folgenden Erwägung, dass immaterielle Schadensbestandteile nur dann materiell abgegolten werden können, wenn das Gesetz hierfür eine Rechtsgrundlage zur Verfügung stellt: Gewährte man im Falle des Ersatzes fiktiver Reparaturkosten den Sonderopferzuschlag, würde man den aus § 253 Abs. 1 BGB folgenden Grundgedanken umgehen. Der Integritätszuschlag ist daher zweckgebunden. Im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann er nur bei tatsächlicher Restitution verlangt werden, weil sich der immaterielle Schadensbestandteil insofern materialisiert und seiner „Abgeltung“ dann keine schadensrechtliche Grundwertung entgegensteht. Seine Ersatzfähigkeit hängt vom konkret eingeschlagenen Weg des Geschädigten zur Schadensbeseitigung ab. Kann er infolge nachträglicher Unmöglichkeit der Herstellung die Alternative der Reparatur ohnehin nicht mehr beschreiten, entbehrte eine Gewährung jeglicher rechtlicher Rechtfertigung. Die vom 6. Zivilsenat des BGH mit seinem Urteil vom 5. März 198526 eingeleitete Modifizierung27 der Abrechnung fiktiver Reparaturkosten erweist sich insoweit als dogmatisch zutreffend. Vom neueren Gesetzgeber wird sie ausdrücklich hervorgehoben und gebilligt28.

___________ siert. Die Materialisierung immaterieller Schäden ist im Rahmen der tatsächlichen Schadensbehebung mit den Mitteln des erforderlichen Restitutionsbetrags nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB aber gerade keine Besonderheit, wie die obigen Ausführungen zum Personenschaden ergeben haben. 23 BGHZ 115, 364, 373; BGH NJW 2003, 2085, 2086; OLG Düsseldorf, NZV 1995, 232, 233; OLG Hamm, ZfS 1995, 415, 416; OLG Düsseldorf, VersR 1996, 904, 905; Saarländisches OLG, MDR 1998, 1346; OLG Schleswig, VersR 1999, 202; OLG Karlsruhe, MDR 2000, 697; OLG Düsseldorf, ZfS 2001, 111, 113; LG Münster, SP 1992, 339, 340; LG Wuppertal, SP 2000, 163. 24 BGHZ 115, 364, 368; OLG Hamm, NZV 1991, 351, 352; Gotthardt, S. 97; Medicus, JuS 1973, 211, 212. 25 Vgl. dazu oben im 5. Kapitel unter VI. 2., S. 232 ff. 26 BGH – VI ZR 204/83 – NJW 1985, 2469 = LM BGB § 249 (Gb) Nr. 24 = VersR 1985, 593 = DAR 1985, 218 = MDR 1985, 748 = DB 1986, 111. 27 Vgl. dazu oben im 1. Kapitel unter II. 4. a), S. 39. 28 BT-Drs. 14/7752, S. 23.

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

II. Die Umsatzsteuer Eine seit dem In-Kraft-Treten29 des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 30 gesetzlich eingeführte Beschränkung des Ersatzes fiktiver Reparaturkosten gilt es zudem zu berücksichtigen: Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB schließt der nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderliche Geldbetrag bei der Beschädigung einer Sache die Umsatzsteuer von derzeit 16% im Regelfall (§ 12 Abs. 1 UStG) nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Der Gesetzgeber – so führt er in der Gesetzesbegründung aus – will damit „zwar die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung bei der Beschädigung von Sachen erhalten“31, verfolgt andererseits aber das Ziel, unter Nichtantastung der Dispositionsfreiheit des Geschädigten innerhalb der Grenzen der Erforderlichkeit den „Ersatz des reinen Sachschadens ein Stück weit von einer zu abstrakten Berechnung“ zu lösen und an dem konkreten Schaden auszurichten, „der davon abhängt, ob eine Beseitigung des Schadens erfolgt und welchen Weg der Geschädigte zur Schadensbeseitigung wählt“32. Diese Prämissen sind widersprüchlich, weil die Dispositionsfreiheit des Geschädigten in nicht unerheblichem Umfang beschnitten wird. Daher sprach sich auch der Arbeitskreis III des 38. Deutschen Verkehrsgerichtstages im Jahre 2000 mit weit überwiegender Mehrheit gegen die – damals noch in der Entwurfsphase befindliche – Änderung der Berechnung des Sachschadensersatzes aus 33 . Denn die Umsatzsteuer gehörte seit der Entscheidung des BGH vom 19. Juni 1973 34 zum anerkannten Bestandteil des Ersatzes fiktiver Sachschadenskosten35, weil der Schadensersatzgläubiger Umsatzsteuer regelmäßig auch dann entrichten muss, wenn er unter Inanspruchnahme seiner Dispositionsbefugnis und Ausfluss seiner Stellung als Herr des Restitutionsgeschehens den ihm als Schadensersatz zustehenden Geldbetrag einem sachfremden, von der Schadensbeseitigung unabhängigen Zweck zuführen will. Anderenfalls kann er

___________ 1.8.2002 (Art. 13 des Gesetzes). BGBl. I 2002, S. 2674. 31 BT-Drs. 14/7752, S. 23. 32 BT-Drs. 14/7752, S. 23. 33 Vgl. Petitum des AK III des 38. VGT 2000, in: 38. VGT 2000, S. 9 = NZV 2000, 155, 157 = ZfS 2000, 137, 139. 34 BGH – VI ZR 46/72 – BGHZ 61, 56 = NJW 1973, 1647 = VersR 1973, 964 = DAR 1973, 267 = JR 1974, 103 = MDR 1974, 216 mit Anm. von Seltmann, NJW 1973, 1971; Gitter, JR 1974, 104. 35 Zur Ersatzfähigkeit der Umsatzsteuer bei fiktiver Abrechnung vor der Gesetzesnovelle im Jahr 2002 vgl. Werber, NJW 1974, 213 ff.; Schlund, BB 1979, 81 ff.; Gebhardt, AnwBl. 1983, 154, 155; Grunsky, DAR 1984, 268 ff.; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 308; Schmalzl, VersR 2002, 816 ff. 29 30

II. Die Umsatzsteuer

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sich mit einem um die Umsatzsteuer geminderten Betrag auch nur einen minderen sachfremden Genuss verschaffen36. Die vorgenannten Prämissen des Gesetzgebers sind zudem insofern unsystematisch und fehlerhaft, als zu ihrer Begründung darauf abgestellt wird, dass bereits die Rechtsprechung mit der Versagung der Ausnutzung der 130%-Opfergrenze im Falle der nicht beabsichtigten oder erfolgten Reparatur derartige Ansätze enthalte37. Damit suggeriert der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung, es würde sich um die konsequente Fortsetzung einer bereits seit Jahren eingeleiteten und allgemein anerkannten Entwicklung handeln. Diese Begründung trifft aber nicht zu. Denn die Ablehnung des Grundsatzes, dass die Reparaturkosten trotz Überschreitens der Wiederbeschaffungskosten um bis zu 30% als nicht unwirtschaftlich und damit als noch erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erachtet werden können, beruht – wie zuvor bereits mehrfach hervorgehoben – im Ergebnis auf der legislativen Instruktion des § 253 Abs. 1 BGB und dem Verbot der materiellen Abgeltung von immateriellen Schadensbestandteilen. Letztere sind im Rahmen der materiellen Restitution nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur bei zweckgebundener Verwendung ersatzfähig. Die Umsatzsteuer allerdings wird man (selbst wenn man sich noch so mühte) schwerlich als einen dem Grunde nach in einem immateriellen Interesse wurzelnden Schadensbestandteil deklarieren können. Wenn in der Literatur die Gesetzesänderung als „systemunsauber“ 38 bezeichnet wird, muss dem bedauerlicherweise genauso zugestimmt werden wie den Vorwürfen, dass es sich bei der Änderung des § 249 BGB um einen „Tribut der Rechts- an die Wirtschaftspolitik“39 und lediglich um „die für die Versicherungswirtschaft wertvollste Entlastung handelt“40. Denn der wesentliche Grund der Novellierung der Restitutionsvorschrift ist wohl weniger in rechtssystematischen als vielmehr in finanziellen Erwägungen zu suchen41. Auf die sich aus ___________ 36 Medicus, 38. VGT 2000, 121, 128, der zudem zu Recht darauf hinweist, dass fast alle anderen Verwendungen des Ersatzbetrags der Umsatzsteuer unterliegen und, soweit deren Satz niedriger ist oder sie ausnahmsweise ganz fehlt, eine Entscheidung des Steuergesetzgebers darstellt, deren Korrektur nicht Aufgabe des § 249 BGB sein könne und sollte. Im Grundsatz ebenso Karczewski, VersR 2001, 1070, 1075. 37 BT-Drs. 14/7752, S. 23. 38 Macke, DAR 2000, 506, 511. 39 Macke, DAR 2000, 506, 511. 40 Otten, MDR 2002, 1100. 41 Isoliert hätte sich der Gesetzgeber zur Einführung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB wohl nicht entschlossen. Vielmehr soll die Änderung der Sachschadensabrechnung den finanziellen Mehraufwand, insbesondere den der Assekuranten, zumindest teilweise kompensieren, der mit den vom Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 bewirkten Haftungserweiterungen – vor allem durch die Gewährung eines Anspruchs auf Schmerzensgeld unabhängig von der Haftungsgrundlage – einher geht. Vgl. bspw. deutlich BT-Drs. 14/7752, S. 11 und S. 18; BT-Drs. 14/8780, S. 18. Ebenso bereits BT-Drs. 13/10435, S. 2, S. 9, S. 13 und S. 14.

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

der rechtsdogmatisch nicht sauberen Ergänzung des § 249 BGB ergebenden Folgefragen, die die zukünftige Sachschadensregulierungspraxis wohl vor nicht unerhebliche Probleme stellen werden42, kann hier nicht eingegangen werden. Mit der Statuierung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB wird man sich abfinden müssen, wenngleich man in der hier der Untersuchung zu Grunde liegenden Fallkonstellation der nachträglichen – insbesondere objektiven – Unmöglichkeit der Naturalrestitution folgende, eine teleologische Reduktion des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB enthaltende Erwägung anstellen könnte: Wenn § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nach der bisherigen Analyse auch bei nachträglicher Unmöglichkeit der Herstellung in natura dem Geschädigten den Anspruch auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag vermittelt, dieser aber nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nur abzüglich der Umsatzsteuer gewährt wird, weil dieselbe tatsächlich nicht angefallen ist, so wird eine gesetzliche Anspruchskürzung eingeführt, die der Geschädigte nicht beeinflussen kann. Will er diese Minderung nicht hinnehmen, so müsste er die Herstellungskosten für eine Reparatur verwenden. Dies kann er aber nicht, weil die Sache zwischenzeitlich untergegangen, die Naturalrestitution unmöglich geworden ist. In diesem Falle verlangt das Gesetz dem Geschädigten eine unmögliche Pflicht ab. Nach dem Grundsatz impossibilium nulla est obligatio kann Unmögliches aber auch von Gesetzes wegen nicht verlangt werden. Muss deshalb § 249 Abs. 2 S. 2 BGB in diesen Konstellationen teleologisch reduziert werden? Diese Erwägung anzustellen, ist sicherlich gerechtfertigt. Zwar wurde in der Literatur im Vorfeld und während der Gesetzesberatungen darauf aufmerksam gemacht, dass die Fallgestaltungen der Unmöglichkeit der Naturalrestitution nicht hinreichend beachtet worden seien43. Von einer unbewussten Regelungslücke des Gesetzgebers, die durch teleologische Reduktion des § 249 Abs. 2 ___________ 42 So ergibt sich insbesondere das vom Gesetzgeber wohl nicht bedachte Problem der Nachforderung: Wie nämlich soll die Konstellation behandelt werden, in der sich der Geschädigte, erst nachdem er auf fiktiver Kostenbasis abgerechnet und den um die Umsatzsteuer gekürzten Betrag bereits erhalten hat, nun doch noch entscheidet, eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung vorzunehmen? Kann er nachverlangen oder ist ihm dieses abgeschnitten? Könnte er Ersteres, würde das Streit vermeidende Element des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sehr beeinträchtigt, sollte das Zweite gelten, kann die gesetzliche Änderung nur schwerlich als „die Dispositionsfreiheit des Geschädigten […] unangetastet“ (so aber ausdrücklich die Begründung der Gesetzesänderung, BT-Drs. 14/7752, S. 23) gelassen bezeichnet werden. Zu Ersterem vgl. BGH NJW 2004, 1943, 1944; Heß, ZfS 2002, 361, 368; Freyberger, MDR 2002, 867, 869. Zu Zweiterem vgl. Lemcke, r+s 2002, 265, 272; Otten, MDR 2002, 1100, 1101. Künftiger Streit ist auch im Hinblick auf die Frage vorprogrammiert, bis zu welcher Grenze eine Ersatzbeschaffung noch Restitution darstellt. So zutreffend Otto, NZV 2001, 335, 338; ders., NZV 1998, 433, 436. 43 In dieser Richtung etwa Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 319; Chr. Huber, DAR 2000, 20, 25; Otto, NZV 1998, 433, 436.

III. Die Berücksichtigung des Restwerts

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S. 2 BGB geschlossen werden könnte, kann aber keine Rede sein. Würde man die teleologische Reduktion bejahen, würde man den Hinweis der Literatur nicht nur überbewerten, sondern sich auch über das – wenn auch nicht in die bisherige Schadensersatzrechtssystematik zwanglos eingliederbare – Anliegen des Gesetzgebers hinwegsetzen. Denn er wollte den Ersatz der Umsatzsteuer in allen Konstellationen – also unabhängig davon, welche konkrete Entscheidung der Geschädigte in Ausübung seiner Dispositionsfreiheit nach dem Schadensfall trifft – davon abhängig machen, ob sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat44. Da letztlich die Aufrechterhaltung des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ebenfalls Ausfluss der Dispositionsfreiheit des Geschädigten ist, muss man die Entscheidung des Gesetzgebers konsequent zu Ende denken und darf an dieser Stelle nicht danach fragen, ob dem Geschädigten eine Reparatur überhaupt noch möglich ist. Der Gesetzgeber verweist den Geschädigten hier auf den Weg der Ersatzbeschaffung, will er in dieser Konstellation des Ersatzes der Umsatzsteuer nicht gänzlich verlustig gehen. Dass sich auch dies mit dem bisher von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verfolgten Aufdrängungsschutz und der Gläubigerbegünstigungskomponente nur schwerlich vereinbaren lässt, bestätigt zwar ein weiteres Mal, wie systembrüchig die Reform vollzogen wurde – und dies nicht deutlich gemacht zu haben und darüber hinaus sogar als Fortsetzung eines konsequenten Ansatzes zu deklarieren, ist der eigentlich zu erhebende Vorwurf. All diese Einwände ändern jedoch nichts an der Tatsache, dass der Gesetzesanwender die Entscheidung des Gesetzgebers, die dieser wegen seines weiten Ermessensspielraums und seiner Einschätzungsprärogative hat, respektieren muss und sich mit der Änderung zu arrangieren hat. Im Ergebnis determiniert § 249 Abs. 2 S. 2 BGB die Höhe des Anspruchs auf fiktive Herstellungskosten daher in jeder Konstellation. Gleichgültig ist dabei, ob es sich um die Beschädigung eines Kraftfahrzeuges oder einer anderen Sache handelt.

III. Die Berücksichtigung des Restwerts im Rahmen der aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot folgenden Vergleichsbetrachtung Eine weitere – ständiger Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des BGH im Bereich des Kraftfahrzeugschadens entsprechende – Beschränkung fiktiver Reparaturkosten wurde mit der Entscheidung vom 5. März 198545 vollzogen. Diese Entscheidung wird nicht zu Unrecht als sog. „Restwert-Wende“46 bezeichnet ___________ BT-Drs. 14/7752, S. 23. BGH – VI ZR 204/83 – NJW 1985, 2469 = LM BGB § 249 (Gb) Nr. 24 = VersR 1985, 593 = DAR 1985, 218 = MDR 1985, 748 = DB 1986, 111. 46 Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 561. Zustimmend Eggert, DAR 2001, 20, 22. 44 45

266

6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

und so charakterisiert, dass sie der Grundsatzentscheidung vom 23. März 197647 „praktisch den Boden entzogen“48 oder diese „revidiert“49 habe. Richtig virulent für den Bereich des Ersatzes fiktiver Wiederherstellungskosten wurde die Situation dann durch die Entscheidung des 6. Zivilsenats des BGH vom 15. Oktober 199150, in der die „Restwert-Wende“ teilweise wieder „zurück gewendet“ wurde. Seitdem gilt Folgendes: Nur in den Fällen der tatsächlich durchgeführten Reparatur oder bei fester Absicht des Geschädigten, diese durchzuführen, sei es aus Gründen der einfachen und praktikablen Handhabung gerechtfertigt, bei der Vergleichskontrollrechnung nach dem Wirtschaftlichkeitspostulat bei den Kosten der Ersatzbeschaffung den Restwert des Fahrzeuges außer Betracht zu lassen und allein auf den Wiederbeschaffungswert abzustellen. „Bei bloß fiktiver Reparatur“51 müsse es bei der postengenauen Vergleichsrechnung verbleiben, wonach bei den Kosten der Ersatzbeschaffung der Restwert vom Wiederbeschaffungswert abzuziehen sei. Im Ergebnis wird in den Fällen, in denen der Geschädigte von seiner Dispositionsfreiheit Gebrauch macht und auf die Wiederherstellung verzichtet – genauso wie in den Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution, in denen der Geschädigte die Restitutionsalternative der Reparatur nicht mehr wahrnehmen kann –, der Höhe nach lediglich der Wiederbeschaffungsaufwand gewährt. Dass es sich hierbei prima vista um eine Ungleichbehandlung handelt, leuchtet spätestens seit der angesprochenen Entscheidung des BGH vom 15. Oktober 1991 ein, zumal in den Phasen der Rechtsprechung bis 1985 sowie in der Zwischenphase von 1985 bis 1991 die tatsächliche und die „fiktive“ Reparatur jeweils gleichbehandelt wurden. In der Zwischenphase von 1985 bis 1991 galt der Restwertabzug sowohl für die Fälle der Forderung von Ersatz fiktiver wie auch tatsächlicher Reparaturkosten. In der Phase der Entscheidungen vor 1985 galt hingegen sowohl für die Fälle der Forderung von Ersatz fiktiver wie auch tatsächlicher Reparaturkosten und damit auch in den Fällen der nachträglichen subjektiven Unmöglichkeit der ___________ 47 BGH – VI ZR 41/74 – BGHZ 66, 239 = NJW 1976, 1396 = VersR 1976, 874 = BB 1977, 116 = DB 1976, 1522 = MDR 1976, 830 = JR 1977, 415 = DAR 1976, 265 mit Anm. von Dunz, LM BGB § 249 (Gb) Nr. 16; Heinze, JR 1977, 418; Klimke, VersR 1977, 502. 48 Weber, DAR 1987, 161, 174, Fn. 56; ders., VersR 1990, 934, 944, Fn. 172. 49 Magnus, Schaden und Ersatz, S. 59. 50 BGH – VI ZR 314/90 – BGHZ 115, 364 = LM BGB § 249 (Fa) Nr. 19 = NJW 1992, 302 = VersR 1992, 61 = NZV 1992, 66 = BB 1992, 20 = DB 1992, 209 = MDR 1992, 131 = JZ 1992, 477 = DAR 1992, 22 = ZfS 1992, 9 = VRS 82, 161 mit Anm. von Lange, JZ 1992, 480; Lipp, NZV 1992, 70; Reinking, EWiR 1992, 561; Kemper, JA 1992, 247. 51 BGHZ 115, 364, 373; OLG Düsseldorf, ZfS 2002, 111, 114.

III. Die Berücksichtigung des Restwerts

267

Naturalrestitution 52 , dass der Restwert die Höhe des Ersatzbetrags in keiner Weise beeinflusste53. Umso erstaunlicher ist es, dass die 1991 vom BGH eingeführte Beschränkung der fiktiven Reparaturkosten auf den Wiederbeschaffungsaufwand nahezu einhellig sowohl in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung54 als auch in der Literatur55 akzeptiert wird, obgleich die marginalen und vereinzelten Begründungen vom systematischen und dogmatischen Ansatz her nur wenig überzeugen. Ein Grund hierfür dürfte sicherlich sein, dass der 6. Zivilsenat des BGH diese Grundsätze kontinuierlich wiederholte und bestätigte 56 und sich die Rechtspraxis deshalb mit ihnen arrangiert hat. Soweit zur Begründung in der Rechtsprechung allgemein auf das Wirtschaftlichkeitspostulat abgestellt wird57, wirkt dies wenig überzeugend, weil es als Prinzip, das Einzelprobleme verbindlich entscheiden soll, ebenso farb- und konturlos ist wie das Bereicherungsverbot. Hier wie dort wird vom Argumentierenden etwas als unwirtschaftlich oder bereichernd festgelegt, was es eigentlich erst zu begründen gilt. Das Wirtschaftlichkeitspostulat an sich kann wegen ___________ BGHZ 66, 239; BGH VersR 1977, 134; 1978, 182; 1978, 235. Sehr deutlich in der Kfz-Grundsatzentscheidung, BGHZ 66, 239, 246: „Wie der Geschädigte mit dem ihm neben dem Schadensersatzanspruch ohnedies zustehenden Restwert verfährt, geht den Schädiger nichts an‘ (Hadding, JuS 1969, 407, 411; Thiele, AcP 167 [1967], 193, 205), und es erübrigen sich zu kaum durchführbaren Abgrenzungen zwingende Spekulationen darüber, ob er etwa mit der gewählten Art der Abwicklung ‚einen gewinnbringenden Vorteil erstrebt hat‘ (Kirchner, NJW 1971, 1541, 1544) oder ob die spätere, besonders günstige Verwertung nur auf ‚außergewöhnliche Anstrengungen zurückging‘ (LG München, VersR 1975, 1159)“ und in der Entscheidung BGH VersR 1978, 235. 54 OLG Köln, VersR 1993, 1290, 1291; OLG Hamm, NJW-RR 1993, 1436, 1437; OLG Köln, NZV 1994, 24; dass., ZfS 1994, 123, 124; OLG Düsseldorf, NZV 1995, 232, 233; dass., VersR 1996, 904, 905; OLG Hamm, NZV 1997, 441; Saarländisches OLG, MDR 1998, 1346; OLG Schleswig, VersR 1999, 202; OLG Hamm, VersR 2000, 1122, 1123; OLG Düsseldorf, ZfS 2001, 111, 113. 55 Schlegelmilch, VersR 1987, 1171, 1172; Lange, JZ 1992, 480, 481; Greger, NZV 1994, 11, 12; Sabaß, 28. VGT 1990, 187, 188; Roth, JZ 1994, 1091, 1096; Klimke, ZfS 1989, 253, 255; Riedmaier, VersR 1986, 728, 730; Lepa, 32. VGT 1994, 152, 158 = DRiZ 1994, 161, 163; Schirmer, FS-Baumann, S. 293, 301; Steffen, NZV 1991, 1, 4; ders., DAR 1997, 297, 299; Magnus, Schaden und Ersatz, S. 337 i.V.m. S. 72/73; Weber, VersR 1988, 986, 994; ders., VersR 1990, 934, 945 und 946; Sanden/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, Rn. 49; Eggert, DAR 2001, 20, 25 (für den Fall der Veräußerung/Inzahlunggabe des beschädigten Fahrzeuges, ansonsten jedoch differenzierend). Im Ergebnis auch Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 249 Rn. 226 und 233. 56 Nach der Entscheidung vom 15.10.1991 rekurriert der BGH auf die Restwertkomponente zur Beschränkung des Ersatzes fiktiver Reparaturkosten in folgenden Entscheidungen: BGH NJW 1992, 903; 1992, 1618, 1619; 1993, 1849, 1850; 2000, 800, 801 = BGHZ 143, 189, 193; 2005, 1110, 1111. 57 Vgl. bspw. BGHZ 115, 364, 372/373. 52 53

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

seiner „Mehrdimensionalität“ 58 als Blankett selbst nicht festlegen, dass der Betrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Fall des Begehrens von fiktiven Reparaturkosten unwirtschaftlich und damit zur Restitution nicht erforderlich ist, wenn in der Vergleichsbetrachtung auf der Seite der Ersatzbeschaffungskosten der Restwert nicht ausgeblendet wird. Das Erforderlichkeitselement und damit das Wirtschaftlichkeitspostulat besagt und verlangt nur, dass die Instandsetzungskosten den Ersatzbeschaffungskosten gegenüber gestellt werden müssen, sofern sich im konkreten Fall die Ersatzbeschaffung im Verhältnis zur Reparatur als gleichwertige Alternative darstellt. Das ist immer dann der Fall, wenn es um die Beschädigung vertretbarer Sachen geht und der Geschädigte nicht reparieren will oder kann. Dem Wirtschaftlichkeitspostulat wird allerdings Gewalt angetan und der Begriff als solcher überstrapaziert, wenn ihm entnommen werden soll, dass Messpunkt der Wirtschaftlichkeit im Fall des fiktiven Reparaturkostenersatzes gerade der Wiederbeschaffungsaufwand und nicht der Wiederbeschaffungswert sein soll. Nicht weniger kryptisch als die Erklärungsversuche aus dem Wirtschaftlichkeitspostulat sind solche in der Literatur, die darauf abstellen, die Ansicht des BGH zur Berücksichtigung des Restwerts bei fiktivem Reparaturkostenersatz beeinträchtige keine schützenswerten Rechtspositionen des Geschädigten, sondern nehme ihm lediglich die Möglichkeit, einen ungerechtfertigten Vorteil zu erzielen. Denn der Geschädigte, der die Differenz zwischen Wiederbeschaffungs- und Restwert erhalte, erhalte schließlich vollen Schadensersatz59. Die Nähe des Wirtschaftlichkeitsgebots zum an sich aussagelosen Bereicherungsverbot wird in solchen Stellungnahmen sogar offen propagiert, sodass sich im Ergebnis fast der Eindruck aufdrängt, man müsse das „Gemisch“ von Wirtschaftlichkeitspostulat und Bereicherungsverbot nur kräftig rühren, um das gewünschte Resultat zu erzielen. Als äußerst heikel erweisen sich schließlich die von verschiedenen Seiten in den „Topf“ geworfenen „Gewürze“ des besonderen Integritätsinteresses und des Grundgedankens des § 254 BGB. Zunächst zu Letzterem: Zuweilen wird ausgeführt, dem Geschädigten stünden, weil er nur die Kosten des jeweils günstigeren Weges der Schadensbeseitigung beanspruchen könne, fiktive Reparaturkosten nur dann zu, wenn sie den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert nicht übersteigen würden. Lägen die fiktiven Reparaturkosten unter diesem Wert, würden sie ihrerseits die Grenze des Ersatzes bilden, wobei sich die Begründung hierfür aus dem Grundgedanken des § 254 BGB ergebe, nach dem der Schaden möglichst klein zu halten ___________ 58 In dieser Richtung Roth, JZ 1994, 1091, 1093: „Die Einschränkung, daß das Gesetz nur den für die Schadensbehebung erforderlichen Aufwand ersetzt, sollte man jedoch nicht als Gebot der ‚Wirtschaftlichkeit‘ bezeichnen, da dieser Begriff mehrdimensional ist, während das Gesetz einen reinen Kostenvergleich verlangt.“ 59 Klimke, ZfS 1989, 253, 255; Riedmaier, VersR 1986, 728, 730.

III. Die Berücksichtigung des Restwerts

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sei60. Einen allgemeinen Grundsatz, der gerade die Frage der Restwertberücksichtigung entscheidet, enthält § 254 Abs. 2 S. 1 BGB jedoch nicht. Wie bereits an anderer Stelle dargelegt61, bezieht sich § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB – der hier in Rede stehen dürfte – nur auf durch den Gläubiger beeinfluss- und steuerbare weitere (Folge-)Schäden. Im Übrigen handelt es sich bei der Norm um einen Ausnahmefall, der an die schuldhafte Verletzung von Obliegenheiten anknüpft und daher keinen den Ersatzanspruch im Allgemeinen beschränkenden Grundsatz statuiert. Für Wirtschaftlichkeitserwägungen der in diesem Zusammenhang angestellten Art lässt diese Vorschrift gerade keinen Raum; solche hat das schadensersatzrechtliche System taxativ in §§ 249 Abs. 2 S. 1, 251 Abs. 2 S. 1 BGB mit den Tatbestandsvoraussetzungen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zugelassen. Ein Wirtschaftlichkeitsgrundsatz kommt in § 254 Abs. 2 BGB gerade nicht zum Tragen. Wenn aber eine auf ökonomischen Erwägungen gründende Betrachtungsweise, die zur Eindämmung des entstandenen Schadens verpflichtet, dem § 254 Abs. 2 BGB fremd ist, geht eine Begründung fehl, die auf den Grundgedanken dieser Vorschrift abstellen will. Gerade weil es sich bei § 254 BGB um die einzige, gleichwohl aber weder schranken- noch voraussetzungslose Ausnahme vom Prinzip der Totalreparation handelt, kann diese Norm nicht als uferloser und im Regelfall generell anzulegender „dogmatischer Hebel, der mehr leisten kann, als man bislang von ihm gefordert hat“62, betrachtet werden. Nach der Entscheidung des BGH vom 15. Oktober 1991 scheint ein Begründungsstrang, der beim Wirtschaftlichkeitsvergleich im Falle fiktiven Reparaturkostenersatzes dazu zwänge, den Restwert zu berücksichtigen, auch das Fehlen des besonderen Integritätsinteresses zu sein 63 . Der 6. Zivilsenat des BGH bekennt sich inkonsequent zum Trennungsgebot zwischen Restitution und Kompensation, weil er es nur für die nachgelagerte Frage der Höhe der Herstellungskosten für beachtlich zu halten scheint. Hingegen sieht sich der 5. Zivilsenat des BGH von vornherein veranlasst, den Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB wegen des Trennungsgebots in Konstellationen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution erlöschen zu lassen64. Abgesehen davon, dass hiermit dem nicht überzeugenden 65 Trennungsgebot zwischen Restitution und Kompensation das Wort geredet wird, überzeugt dies auch deshalb nicht, weil die Anhebung der Opfergrenze in Konstellationen der tatsächlichen Instandsetzung des beschädigten Fahrzeuges doch zum einen gerade ___________ Magnus, Schaden und Ersatz, S. 337 i.V.m. S. 72/73. Vgl. dazu oben im 5. Kapitel unter IV., S. 206 f. 62 So aber Weyers, in: Vereinigung zwischen deutschen und italienischen Juristen, Heft 8/9, 37, 50. 63 Vgl. BGHZ 115, 364, 373. 64 Vgl. hierzu bereits im 1. Kapitel unter II. 4. b), S. 42. 65 Vgl. dazu oben im 4. Kapitel unter VI., S. 158 ff. 60 61

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

nur 30% betragen soll. Bei zusätzlicher Nichtberücksichtigung des Restwerts im konkreten Fall liegt sie aber tatsächlich viel höher. Zum anderen kann die Anerkennung der immateriellen Interessen des Eigentümers im Rahmen der Restitutionsvorschrift des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB – zur Ausblendung des Restwerts bei lediglich fiktivem Kostenersatz – deshalb nicht herhalten, weil der Restwert im Falle der tatsächlichen Reparatur gerade nicht das besondere immaterielle Interesse des Geschädigten repräsentiert. Wegen des unverbundenen Nebeneinanders von Integritätszuschlag und Restwert ist der Aspekt der Abschöpfung des Integritätszuschlags durch tatsächlich vorgenommene fachgerechte Reparatur kein taugliches Kriterium für die Frage der Restwertanrechnung in Fällen, in denen fiktive Wiederherstellungskosten gefordert werden. Darüber hinaus wird deutlich, dass das Argument des besonderen Integritätsinteresses in diesem Zusammenhang vom BGH nur als zusätzliches Schlagwort für das Blankett des Wirtschaftlichkeitspostulats benutzt wird und im Ergebnis die sicherlich nicht ganz einfach zu handhabende Balance im „Spannungsfeld“66 zwischen Wirtschaftlichkeit einerseits und Totalreparation und Dispositionsfreiheit andererseits zu Lasten letzterer Aspekte nicht gehalten werden kann. Dies bedarf näherer Ausführungen: Dass der BGH grundsätzlich bemüht sein will, die vorbezeichnete Balance67 zu wahren, wird deutlich, wenn er den Satz, dass das Gebot wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung vom Geschädigten gerade nicht verlangt, sich so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte68, akzeptiert69. Aus diesem Grunde ist auch die von Seiten der Versicherungswirtschaft vorgebrachte These, das Verhalten von Geschädigten nach einem selbstverschuldeten Unfall zeige, dass sie mit wirtschaftlicher Vernunft an die Schadensbeseitigung herangehen könnten70, abzulehnen. Nach dem gesetzlichen Regelungsprogramm des Schadensersatzrechts ist der Geschädigte hierzu nicht verpflichtet. ___________ 66 Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7 = NZV 1991, 1. Im Ergebnis ebenso Steffen, NJW 1995, 2057, 2060: „Normative Schadensbetrachtung hat sich immer am ganzen Bündel der normativen Leitlinien des Schadensrechts zu legitimieren.“ 67 Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 14 = NZV 1991, 1, 4, spricht insofern vom „Dreisatz von Restitutionsziel, Dispositionsfreiheit des Geschädigten und Wirtschaftlichkeitspostulat“, den die Rspr. des BGH zur fiktiven Berechnung des Fahrzeugschadens „in ihren Bezügen zueinander und ihren wechselseitigen Bedingtheiten“ berücksichtigt. Auch das OLG Düsseldorf, ZfS 2001, 111, 113, spricht in einer neueren Entscheidung von der „Abwägung dieser drei Grundsätze“. Der BGH spricht von den „Wechselbeziehungen“ der schadensrechtlichen Grundsätze: BGH NJW 2003, 2085. 68 Lepa, 32. VGT 1994, 152, 160 = DRiZ 1994, 161, 164; Harneit, 32. VGT 1994, 180, 194 = DAR 1994, 93, 97; Pamer, NZV 2000, 490, 491. 69 BGHZ 63, 295, 300; 115, 364, 369; 132, 373, 376; BGH VersR 1961, 707, 708; NJW 1976, 1202, 1203; 2005, 1108. 70 Geier, 34. VGT 1996, 180, 182 = VersR 1996, 1457 = ZfS 1996, 321, 322 = ZfV 1996, 110.

III. Die Berücksichtigung des Restwerts

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Er muss weder auf ihm zustehende Positionen verzichten, noch in die fremde Kasse sparen und sich auch nicht mit Beträgen abspeisen lassen, die sein ohne den Schaden bestehendes hypothetisches Vermögensniveau nicht ausgleichen. Er muss sich von einem Appell an die Gemeinwohlverträglichkeit nicht beeindruckt zeigen, weil ausschließlich altruistisches Verhalten – nach eigenem Verlust von Sachgütern durch fremde Hand – eine illusionäre Forderung ist. Das Leitbild des die Schadensbehebung in die eigene Hand nehmenden, mit der Ersetzungsbefugnis und der Dispositionsfreiheit ausgestatteten Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist auch nicht das des rational handelnden und auf Nutzenmaximierung im gesamtgesellschaftlichen Interesse bedachten „homo oeconomicus“71. Zutreffend weist der BGH darauf hin, dass der Geschädigte in den Fällen, in denen er den Schaden selbst zu tragen hat, „nicht selten Verzichte üben oder Anstrengungen machen wird, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligationsmäßig darstellen und die dieser daher vom Geschädigten nicht verlangen kann“72.

Dies zeigt erneut, wie wenig ausgeformt das schadensersatzrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot eigentlich ist und welch unterschiedliche Tragweite diesem – ausgehend vom jeweils eigenen, für richtig erachteten Standpunkt – beigemessen wird. All dies beachtet der BGH in der konkreten Problemkonstellation nicht hinreichend. Denn die Berücksichtigung des Restwerts führt als Abzugsposten bei den Ersatzbeschaffungsaufwendungen zu einer wirtschaftlichen Doppelverwertung und damit zu einer unzulässigen und nicht dem gesetzlichen Regelungsprogramm des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entsprechenden Benachteiligung des Geschädigten. Zutreffend weist der BGH zwar darauf hin, dass sich der Restwert wesentlich nach dem Umfang der Beschädigungen und damit nach dem notwendigen Reparaturaufwand, den ein Aufkäufer einzusetzen hätte, richtet und bestimmt. Aus diesem Grund trifft es an sich zu, wenn ausgeführt wird: Je stärkere Schäden das Fahrzeug erlitten hat, desto höher liegen die zu kalkulierenden Reparaturkosten und umso geringer ist auch der Restwert anzusetzen und umgekehrt73. Aber diese Gleichung funktioniert nur in der Theorie der Buchhaltung und geht an den praktischen Gegebenheiten, mit denen der Geschädigte konfrontiert wird, vorbei. Völlig zu Recht hebt Wirsching nämlich Folgendes hervor:

___________ 71 So zutreffend Harneit, 32. VGT 1994, 180, 191 = DAR 1994, 93, 96; Jakob, S. 256; Steffen, NJW 1995, 2057, 2061. Im Ergebnis wohl auch Roth, JZ 1994, 1091, 1094 und ähnlich Lange, JZ 1992, 482, 483: „Das die Schadensabwicklung beherrschende Ausgleichsprinzip ist wertfrei und hat nicht die Aufgabe, Rechtssubjekte zu einem ökonomisch sinnvollen Verhalten zu veranlassen.“ 72 BGHZ 132, 373, 376. 73 BGHZ 115, 364, 372. Ebenso OLG Düsseldorf, ZfS 2001, 111, 113.

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

„Die Reparaturkosten haben also wesentlichen wirtschaftlichen Einfluß auf die Höhe des Restwertes, so daß dieser umgekehrt nur das logische reziproke Ergebnis der Reparaturkostenkalkulation ist. Gäbe es nicht Unterschiede beim Händler- bzw. Werkstättengewinn, so müßte der Wiederbeschaffungswert gleich der Summe aus Reparaturkosten und Restwert sein. Da aber die Reparaturpreise, die ein durchschnittlicher Geschädigter in einer Fachwerkstätte unter Berücksichtigung des Unternehmergewinns zu bezahlen hat, weit höher liegen als die Kosten, die Händler für die Instandsetzung von Unfallfahrzeugen aufbringen, wird der Geschädigte auf beiden Seiten der Gleichung also doppelt, mit Gewinnkalkulationen dritter Personen belastet. Deshalb darf der Restwert nicht in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einbezogen werden. Dies führte einseitig zugunsten des Schädigers bei doppelter Belastung des Geschädigten mit Gewinnen anderer, die er nicht beeinflussen kann, zu einem nur rechnerischen, nicht aber rechtlichen Ergebnis. Gerade bei kleineren bis mittleren Schäden an älteren Fahrzeugen ergäbe sich immer eine Benachteiligung, weil in diesen Fällen der Restwert relativ hoch und die Reparaturkosten relativ niedrig anzunehmen sind, so daß der Geschädigte auf dem Umwege des Schadensersatzrechtes enteignet würde.“74

Dies bedeutet nichts anderes, als dass die ganz herrschende Meinung mit ihrer Restwertberücksichtigung den Geschädigten entgegen der Intention des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB benachteiligt, weil sie in den Fällen des fiktiven Kostenersatzes lediglich den Wertersatz ausgleicht und damit das Prinzip der Totalreparation beeinträchtigt. Dass der Gedanke der Enteignung dabei nicht allzu fern liegt, wird insofern deutlich, als die Berücksichtigung des Restwerts bei der Vergleichskontrollrechnung auf der Seite der Ersatzbeschaffungskosten dazu führen würde, dass der Schadensersatz in einen bloßen Wertersatz umgewandelt wird. Wertersatz ist bei der Enteignung üblich. Er ersetzt nicht die volle Vermögenseinbuße, sondern nur den gemeinen Wert75. Der Wertersatz stellt keinen Anspruch auf Schadensersatz dar76. Der Wertersatz nach dem gemeinen Wert gewährt keine Erstattung eines Ersatzbeschaffungsaufwands 77 . Auch wird bei ihm keine Umsatzsteuer berücksichtigt78. Letzterer Aspekt rückt auch die Neuregelung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB in die Nähe des Einwandes, den fiktiven Kostenersatz in eine Enteig___________ Wirsching, DAR 1999, 331, 333. BGHZ 41, 354, 356. 76 RGZ 107, 228, 229: „… muß schon darum außer Betracht bleiben, weil der Entschädigungsanspruch des Enteigneten zwar ein Wertersatzanspruch, aber kein Anspruch auf Schadensersatz ist.“ 77 BGHZ 41, 354, 358/359; RGZ 58, 422, 423: „Der Enteignete ist nicht berechtigt zu verlangen, daß ihm für das ihm entzogene Grundstück zum Zwecke der Kapitalbelegung ein anderes, gleichartiges gewährt, oder er zum Zwecke eines solchen in den Stand gesetzt werde; vielmehr besteht nach den Grundsätzen des Enteignungsgesetzes sie ihm zu gewährende Entschädigung im Wertersatze, und zwar in dem Ersatze des vollen Wertes des Grundstückes, der in Gelde zu entrichten ist“; RG JW 1917, 167: „Die Grundauffassung der Revision, durch die Entschädigung müsse der Eigentümer in die Lage gebracht werden, sich ein geeignetes Ersatzgrundstück zu kaufen, ist unrichtig, wie das RG schon öfter ausgesprochen hat [s. z.B. Urteil vom 19.6.1914, VII 129/14].“ 78 RG JW 1917, 167; RGZ 58, 422, 423. 74 75

III. Die Berücksichtigung des Restwerts

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nungsentschädigung umgewandelt zu haben79. Dass der Schadensersatz – und zwar auch der des fiktiven Kostenersatzes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB – etwas anderes ist, zeigte deutlich der Erste Entwurf des BGB, der in § 220 E I80 eine auf Ersatz des vollen Schadens hinweisende Bestimmung enthielt, die von der Zweiten Kommission mit der Begründung gestrichen wurde, ihr Inhalt würde sich bereits hinreichend und von selbst aus § 249 Abs. 1 BGB ergeben81. Zutreffend wird von einer Mindermeinung, die die Berücksichtigung des Restwerts im Rahmen der wirtschaftlichen Vergleichskontrollrechnung im Falle des fiktiven Kostenersatzes ablehnt82 , darauf hingewiesen, dass bereits der Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gegen die Meinung spricht, die lediglich die Differenz zwischen Wiederbeschaffungs- und Restwert für ersatzfähig hält. Denn nach dem Normtext ist nicht lediglich der Wertverlust, d.h. die unfallbedingte Wertminderung des Fahrzeugs zu ersetzen, sondern es sind die vollen Wiederherstellungskosten zu ersetzen 83 . Die Auffassung des 6. Zivilsenats des BGH erschwert die Schadensersatzabrechnung für alle Beteiligten – insbesondere wegen der „richtigen“ Bestimmung des Restwerts – erheblich84 und dürfte insofern dem ansonsten so betonten Praktikabilitätspostulat nicht entsprechen85. Es ist auch fadenscheinig, fiktive Reparaturkosten höchstens bis zur Grenze des Wiederbeschaffungsaufwands zu gewähren, diesen Schadenser___________ 79 Unter diesem Blickwinkel kann der teilweise gegen die Vorschrift des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB vorgebrachte Enteignungseinwand durchaus von substanziellem Gehalt sein. Vgl. Kleine-Cosack, DAR 1998, 180, 185; Änderungsantrag der Fraktion der FDP im BT zu Art. 2 Nr. 1 Buchst. c des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 14/8798. 80 Die Norm hatte folgenden Wortlaut: „Ist als Schadensersatz der Werth eines Gegenstandes zu ersetzen, so ist nicht blos der gemeine Verkehrswerth, sondern auch derjenige Werth maßgebend, welchen der Gegenstand für den Gläubiger nach den besonderen Verhältnissen hatte (außerordentlicher Werth).“ Vgl. Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 97; Mugdan, Bd. 2, S. IV. 81 Prot. II. Komm. Bd. I, S. 297 = Mugdan, Bd. 2, S. 515; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 101. 82 In der instanzgerichtlichen Rspr. so z.B. LG Wiesbaden, ZfS 2000, 250; AG Limburg, ZfS 1999, 15. In der Lit. Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 561; Fleischmann, ZfS 1989, 1, 2; Gebhardt, ZfS 1989, 145; Wirsching, DAR 1999, 331, 333; Pamer, NZV 2000, 490, 492; MüKo-Grunsky, § 249 Rn. 17a; Grunsky, 28. VGT 1990, 187 ff.; ders., JZ 1992, 806, 807; ders., NZV 2000, 4, 6. 83 Grunsky, LM BGB § 249 (Gb) Nr. 28, Bl. 3 Vorderseite; ders., 28. VGT 1990, 187, 189; Pamer, NZV 2000, 490, 492; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 351; MüKo-Grunsky, § 249 Rn. 17a; zustimmend Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 400. 84 Grunsky, 28. VGT 1990, 187, 188; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 147 = NZV 2002, 249, 250; MüKo-Oetker (4. Aufl., Neubearbeitung 2003), § 249 Rn. 351; MüKoGrunsky, § 249 Rn. 17a. 85 Pamer, NZV 2000, 490, 492; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145, 148 = NZV 2002, 249, 250.

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

satzbetrag gleichzeitig aber als Restitutionsbetrag zu deklarieren. Damit wird gegen die Wertung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verstoßen, den Geschädigten im Grundsatz besser zu stellen86. Zu Recht wird die Restwertberücksichtigung bei der Erstattung fiktiver Kosten als unsystematisch bezeichnet87. Denn bei der – angeblich dem Wirtschaftlichkeitspostulat zu entnehmenden – Abrechnung des um den Restwert geminderten Wiederbeschaffungswerts findet lediglich ein an § 251 BGB anknüpfender, entschädigungsrechtlich geprägter Ausgleich statt. In der gleichen Weise wird aber abgerechnet, wenn die vom Gutachter ermittelten Reparaturkosten um mehr als 30% über dem Wiederbeschaffungswert liegen, also ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, der dadurch ausgeglichen wird, dass der um den Restwert verminderte Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges ersetzt wird 88 . In diesem Fall unterscheidet sich die Restitution nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht von der Kompensation nach § 251 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Restitutionsanspruch soll aber gerade verhindern, dass die Auswirkungen des vom Schädiger zu verantwortenden Schadenseintritts einem Zwangsverkauf des Rechtsguts an den Schädiger gleichstehen89. Bei der Abrechnung nach der herrschenden Meinung wird deshalb die Dispositionsfreiheit des Geschädigten nicht beschränkt, was anerkannte Funktion des Wirtschaftlichkeitspostulats sein kann, sondern faktisch abgeschafft90. Danach handelt es sich bei der Berücksichtigung des Restwerts im Rahmen der durch das Wirtschaftlichkeitspostulat geforderten Vergleichsrechnung um eine Art „Misskreditzoll“, um eine sanktionierende Begrenzungsschranke. Dies widerspricht aber nicht nur dem schadensersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken, der von strafenden Elementen bewusst absieht, sondern auch den Erwägungen des neueren Gesetzgebers insofern, als dieser mit § 249 Abs. 2 S. 2 BGB zur Modifizierung der fiktiven Sachschadensabrechnung91 ___________ 86 Vgl. lediglich Steffen, Homburger Tage 1990, S. 7, S. 9 und S. 16 = NZV 1991, 1, 2 und 5; Gebhardt, DAR 2001, 373, 377. 87 Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 561. Vgl. auch Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 401/402, der davon spricht, dass der Wiederbeschaffungswert – insofern unzutreffend – eine merkwürdige Doppelexistenz als Kompensationsbetrag und als Minimum des Restitutionsbetrags führt. Ähnlich Haug, VersR 2000, 1329, 1334; ders., VersR 2000, 1471, 1478. 88 BGHZ 115, 375, 381. 89 Vgl. dazu Medicus, JuS 1969, 449, 450; Benicke, JuS 1994, 1004, 1006; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 819; Mook, Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht, S. 81; Staudinger-Schiemann (13. Aufl.), § 251 Rn. 16. In dieser Richtung kann wohl auch Marcelli, NZV 1992, 432, 433, verstanden werden: „Das beschädigte Unfallfahrzeug war und bleibt Eigentum des Geschädigten. Was damit geschieht, unterliegt seiner ausschließlichen Dispositionsbefugnis.“ 90 So auch Haug, VersR 2000, 1471, 1478; Schiemann, LM BGB § 249 (Gb) Nr. 30, Bl. 3 Rückseite. 91 BT-Drs. 14/7752, S. 13.

III. Die Berücksichtigung des Restwerts

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einen auf die vorbezeichnete Norm beschränkten „Strafzoll“92 eingeführt hat, dem nicht noch ein weiterer an die Seite gestellt werden kann. Im Gegensatz zur Beschränkung der fiktiven Reparaturkosten auf die 100%-Vergleichsbetrachtung zwischen Herstellungs- und Ersatzbeschaffungskosten hat der Gesetzgeber die Restwertberücksichtigung in den Gesetzesmaterialien nicht erwähnt. Er hat sie weder als Reform prägend noch mit Vorbildfunktion ausgestattet erachtet. Dies kann sicherlich nicht als Verwerfung der diesbezüglich herrschenden Meinung durch den Normgeber interpretiert werden. Als Argument gegen die herrschende Meinung kann es jedoch gewertet werden. Unabhängig von all den vorstehenden Erwägungen könnte auch der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gegen die Restwertberücksichtigung sprechen, die der 6. Zivilsenat des BGH in den Fällen des fiktiven Kostenersatzes manifestiert hat. Die Berücksichtigung des Restwerts als Abzugsposten bei der wirtschaftlichen Vergleichsbetrachtung von Reparatur- und Ersatzbeschaffungskosten im Rahmen der fiktiven Sachschadensabrechnung wird ausschließlich in den Kfz-Schadensfällen praktiziert und führt dort zu einer weiteren Verfestigung eines Kfz-Sonderschadensrechts. Weil eine Restwertdiskussion im Rahmen des Restitutionsausgleichs bei anderen Sachen nicht einmal im Ansatz im Raum steht, geschweige denn tatsächlich geführt wird, ist die Frage aufzuwerfen, ob diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist. Die Kfz-Sonderschadensdogmatik des 6. Zivilsenats des BGH muss sich am Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen. Auch die Rechtsprechung ist in allen Bereichen an die Grundrechte gebunden; sie tritt den Beteiligten im gerichtlichen Verfahren „formell und in unmittelbarer Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt gegenüber“ 93 . Die auf Art. 3 Abs. 1 GG beruhende Rechtsanwendungsgleichheit wird durch die Rechtsprechung immer dann verletzt, wenn zwischen den Vergleichsgruppen „keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“94. Fraglich ist, ob sachliche Gründe bestehen, die zur Differenzierung zwischen beschädigten Fahrzeugen und anderen beschädigten Waren und Gütern des täglichen Bedarfs zwingen. Zunächst könnte man an die vom BGH bei den Kfz-Schadensfällen mehrfach hervorgehobene, angeblich einzige wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsart denken, nämlich den Einsatz des Fahrzeugs als Verkehrs- und Transportmit___________ Macke, DAR 2000, 506, 509. BVerfGE 52, 203, 207. 94 BVerfGE 55, 72, 88; 85, 238, 244. Sog. „neue Formel“ des BVerfG zum allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, die eine inhaltliche Konturierung und Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes darstellt und deshalb der sog. „Willkürformel“ grundsätzlich vorzuziehen ist; vgl. dazu Sachs, JuS 1997, 124, 130; Jachmann, JuS 1993, L 36, L 38. 92 93

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

tel95. Aber ein Kühlschrank ist nicht weniger zum Kühlen, ein Buch nicht weniger zum Lesen, ein Mantel nicht weniger zum Wärmen, eine Lampe nicht weniger zum Leuchten geeignet und bestimmt, als ein Fahrzeug – abstrahiert von persönlichen Wertschätzungen als gebrauchs- und nutzungsfähiges Wirtschaftsgut – zum Fahren bestimmt ist. Die Wiederherstellung der primären Nutzungsfunktion nach Beschädigung der Sache steht bei anderen Sachen nicht weniger im Vorder- oder Hintergrund als bei Fahrzeugen auch. Ein sachlicher Differenzierungsgrund, der einer Beurteilung im Lichte des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes standhält, ist insofern nicht erkennbar. Einen sachlichen Differenzierungsgrund zwischen der ungleichen Behandlung des fiktiven Kostenersatzes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bei Kraftfahrzeugen einerseits und anderen vertretbaren Sachen andererseits wird man auch nicht im Massenphänomen der Beschädigung von Kraftfahrzeugen bei Verkehrsunfällen erblicken können. Das gehäufte Auftreten der Verkehrsunfallschäden könnte bestenfalls dafür sprechen, einfach handhabbare, praktisch, schnell und flexibel umsetzbare Rechtsanwendungskriterien zu statuieren. Eine exakte Restwertermittlung ist jedoch in der Regel mit Schwierigkeiten verbunden und nicht schnell zu leisten. Der Restwert eines Unfallfahrzeuges ist – ebenso wie der Restwert einer anderen beschädigten Sache – objektiv nicht ermittelbar, weil es an einem zuverlässigen, den wirtschaftlichen Markt beherrschenden Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage mangelt96 und die im Restwerthandel Tätigen mit ihren unterschiedlichen Möglichkeiten zur Marktteilnahme zu „inhomogen“97 sind. Wegen dieser Situation sind in der Vergangenheit auch alle Versuche von Organisationen, Verbänden und Verlagen, ähnlich wie für den Wiederbeschaffungswert Restwerttabellen zusammenzustellen, gescheitert 98 . Deshalb spricht der Umstand der Schwierigkeit der Ermittlung eines exakten Restwertes unter Berücksichtigung des Praktikabilitätspostulats eher dafür, den Restwert aus der Betrachtung gänzlich – d.h. auch im Falle des fiktiven Kostenersatzes von Kraftfahrzeugschäden – auszublenden, wie dies der 6. Zivilsenat des BGH wegen der Praktikabilität für den Fall der tatsächlichen Reparatur des beschädigten Kraftfahrzeugs vertritt. Auch in der Konstellation des fiktiven Kostenersatzes bei der Abrechnung von Kfz-Sachschäden entspräche es dem „Interesse einer einfachen und praktikablen Handhabung der Schadensregulierung, auf eine Einstellung des häufig nur schwer zu ermittelnden und mit vielen Unsicher-

___________ 95 Vgl. BGHZ 66, 239, 244; 81, 385, 390; BGH NJW 1993, 1793, 1794. Ebenso OLG Frankfurt/M., VersR 1978, 469, 470. 96 Küppersbusch, 32. VGT 1994, 162, 171; Lemcke, r + s 1997, 334; Speer, VersR 2002, 17, 19; Chr. Huber, DAR 2002, 385, 387. 97 Speer, VersR 2002, 17, 19. 98 Beck, 40. VGT 2002, 135, 137; Küppersbusch, 32. VGT 1994, 163, 171; Speer, VersR 2002, 17, 18; Chr. Huber, DAR 2002, 385, 387.

III. Die Berücksichtigung des Restwerts

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heiten behafteten Restwerts in die Vergleichsrechnung als besonders ausgewiesenen Rechnungsposten zu verzichten“99.

Auch die teilweise offen propagierte oder zumindest nicht unerwünschte Zurückdrängung der fiktiven Kfz-Sachschadensabrechnung wegen deren behaupteter Sozialschädlichkeit100 ist kein vom Gesetz legitimierter sachlicher Differenzierungsgrund. Denn nach den vorangegangenen Ausführungen kann festgehalten werden, dass das deutsche Schadensersatzrecht die Geltendmachung fiktiver Restitutionskosten im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution gestattet. Zuletzt könnte man auch daran denken, die Differenzierung zwischen beschädigten Kraftfahrzeugen und anderen beweglichen Sachen mit dem Argument zu rechtfertigen, ein Restwertmarkt sei nur bei Kraftfahrzeugen vorhanden. Dieser Umstand allein kann die Ungleichbehandlung im Lichte des Verfassungsrechts allerdings nicht begründen. Aus den Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse, wie sie hier mit der Etablierung eines beträchtlichen Restwertmarktes für beschädigte Kraftfahrzeuge in Rede stehen, kann nicht unmittelbar eine Änderung der Rechtslage abgeleitet werden, so wie dies der 6. Zivilsenat des BGH im Jahr 1985 mit der Modifizierung seiner Rechtsprechung in den Fällen der fiktiven KfzSachschadenskosten vollzog. Ohne flankierende, rechtlich zwingende Gründe – die nach den vorstehenden Erörterungen weder mit dem Wirtschaftlichkeitspostulat noch mit dem Gedanken des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB oder dem Fehlen eines besonderen Integritätsinteresses überzeugend hervorgebracht wurden – stellt sich ein solcher Schluss als „soziologisch inspirierte Auffassung dar, die unzulässigerweise einen Schluß von einem bloßen Faktum auf das Sollen zieht und verkennt, daß es im demokratischen, gewaltenteilenden Verfassungsstaat allein Aufgabe des durch das Staatsvolk legitimierten Parlaments ist, rechtliche Folgerungen aus einem tatsächlichen oder bloß vermeintlichen sozialen Wandel und Wertewandel zu ziehen“101.

Abgesehen hiervon ist es auch nicht richtig zu behaupten, dass es einen Restwertmarkt tatsächlich nur für beschädigte Kraftfahrzeuge gäbe. Restwertmärkte existieren – ebenso wie Gebrauchtwarenmärkte102 – auch für andere Waren und Güter, insbesondere für beschädigte Geräte der Unterhaltungselektronik (Fernseher, Videogeräte, Musikanlagen) und der PC-Technik, wie eine Lektüre der Kleinanzeigen fast jeder Tageszeitung bestätigt. Zwar handelt es sich hierbei ___________ BGHZ 115, 364, 373. Grundsätzlich ebenso BGH NJW 1992, 1618, 1619. Vgl. etwa Stürner, VersR 1984, 297, 302; Geier, 34. VGT 1996, 180, 181/182 = VersR 1996, 1457 = ZfS 1996, 321/322 = ZfV 1996, 110; Bollweg, 38. VGT 2000, 91, 99 = NZV 2000, 185, 188; Schlegelmilch, VersR 1987, 1171, 1172; Aul, MDR 1985, 991; Schlund, BB 1979, 81, 83; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 7 StVG Rn. 204; Schiemann, NZV 1996, 1, 5. 101 Hillgruber, JZ 1996, 118, 121. 102 So auch Kellmann, AcP 187 (1987), 607, 610. 99

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6. Kapitel: Hinweise zur Bemessung der Schadenshöhe

nicht um derart spezialisierte und professionalisierte Restwertbörsen, die mit denen im Bereich der Kraftfahrzeugmärkte vergleichbar sind. Dennoch kann die Ungleichbehandlung des fiktiven Kostenersatzes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von beschädigten Kraftfahrzeugen einerseits und anderen beweglichen Sachen andererseits verfassungsrechtlich nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass ein Restwertmarkt nur im Bereich beschädigter Fahrzeuge existiert. Im Ergebnis findet sich daher kein überzeugender Sachgrund, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen geeignet wäre. Die Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des BGH stößt deshalb im Bereich der fiktiven Kfz-Sachschadensabrechnung wegen der einseitigen Berücksichtigung des Restwerts als Abzugsposten bei der wirtschaftlichen Vergleichsbetrachtung zwischen Reparaturund Wiederbeschaffungskosten auf verfassungsrechtliche Bedenken und sollte aufgegeben werden. Erst damit dürfte dann tatsächlich dem „Restwertpoker“103, der einer zügigen und Streit vermeidenden Schadensregulierung erheblich entgegen steht, der Boden entzogen sein, endgültige „Ruhe an der Restwertfront“104 einkehren und der „Unruheherd, dessen Turbulenzen an den Fundamenten der Schadensregulierung rütteln“105, beseitigt sein.

___________ Berger, 28. VGT 1990, 175, 177. Kempgens, NZV 1992, 307; Marcelli, NZV 1992, 432; Harneit, 32. VGT 1994, 180 = DAR 1994, 93. 105 Steffen, DAR 1997, 297; Gebhardt, 40. VGT 2002, 145 = NZV 2002, 249. 103 104

Zusammenfassung Die vorstehenden Kapitel haben gezeigt, dass der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bei Sachschäden nach den Wertungen des inneren Systems des allgemeinen Schadensrechts resistent gegenüber nachträglichen, die Herstellung in natura unmöglich machenden Umständen ist. Die nachträgliche Unmöglichkeit der Naturalrestitution ist nach dem gesetzlichen Regelungsprogramm kein Anwendungsfall des § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Der Geschädigte kann in allen Konstellationen der späteren Unmöglichkeit der Herstellung des den Sachschaden beseitigenden Zustands den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bleibt bestehen und zwar in Fällen sowohl der subjektiven als auch der objektiven nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution. Dies gilt für beschädigte Grundstücke, Kraftfahrzeuge und sonstige Sachen. Der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bleibt erhalten, unabhängig davon, ob der Geschädigte den Ersatzanspruch im Zeitpunkt des Eintritts des nachträglichen Umstands schon durchgesetzt, den Betrag daher auf Kosten des Schuldners bereits in Händen gehalten oder ob ihn der Geschädigte in Fällen der nachträglichen subjektiven Unmöglichkeit gem. § 398 BGB abgetreten hat. Die Frage der Erhaltung des Anspruchs auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag ist weder mit dem Zessionsrecht verknüpft, noch wird sie von zivilprozessualen Gedanken und Strukturen dahingehend überlagert, dass die Herstellung in natura wenigstens bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz noch möglich gewesen sein muss. Unabhängig ist das Bestehenbleiben des Anspruchs des Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB des Weiteren auch davon, ob sich im konkreten Fall der Beschädigung einer Sache die Ersatzbeschaffung als grundsätzlich gleichwertige und gleichartige Alternative der Restitution zur Wiederherstellung durch Instandsetzung darstellt. Das innere System der allgemeinen schadensersatzrechtlichen Normen abstrahiert von all den vorbenannten feinsinnigen Differenzierungen. Maßgebliche Koordinaten zur Beantwortung der Frage, ob der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution erhalten bleibt oder untergeht, sind neben dem Ausgleichsprinzip, das als solches jedoch noch kein Wertungskriterium darstellt1, die dem Geschädigten aus Gründen der ___________ 1 Vgl. lediglich Diederichsen, Karlsruher Forum 1985, 4, 17: „Auch gerät man mit dem Ausgleichsgedanken dauernd in die Gefahr von Zirkelschlüssen“; Schiemann, Argumente und Prinzipien, S. 185 ff.: „Ein Wertungskriterium ist mit dem Ausgleichsprinzip noch

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Emanzipation und Streitvermeidung eingeräumte Dispositionsfreiheit sowie flankierend der Verzögerungsgedanke. Dass diese Koordinaten für die Lösung des Problems maßgeblich sind, bestätigte die Analyse des inneren Systems des allgemeinen Schadensersatzrechts und die aus diesem System folgenden Wertentscheidungen. Folgende Aspekte können festgehalten werden: Der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat keine transitorische Gestalt. Er ist weder auf Grund des Gesetzeswortlauts noch des gesetzessystematischen Zusammenhangs akzessorisch zum Herstellungszweck oder zum Anspruch nach § 249 Abs. 1 BGB. Kennzeichen des Anspruchs sind nicht zuletzt wegen der Exegese der gesetzgeberischen Materialien Autonomie, Emanzipation, Begünstigung und Besserstellung des Geschädigten. Der unabhängige Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB führt dazu, dass der Anspruch jegliche nachträgliche, die Möglichkeit der Wiederherstellung der Sache in Natur beeinträchtigende Umstände überdauert. Dies folgte aus den Umkehrschlüssen zu § 251 Abs. 2 S. 2 BGB und § 887 ZPO. Der Herstellungsbetrag nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist im Sachschadensrecht nur ausnahmsweise zweckgebunden: Entweder weil das Normenprogramm auf überindividuelle Interessen Rücksicht nimmt oder weil sich das individuelle Interesse des Geschädigten an Restitution gerade durch den Schädiger derart verfestigt hat und gerichtlich bestätigt wurde, dass sich der Gläubiger an dieser einmal getroffenen Wahl festhalten lassen muss. Der transitorische Charakter des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zum Herstellungszweck widerspricht des Weiteren den aus dem Kondiktionenund Aufwendungserstattungsrecht zu ziehenden Wertungen. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist kein Aufwendungserstattungsanspruch. Der Schuldner hat nicht einen vom Geschädigten getätigten Aufwand zu erstatten, sondern den eingetretenen Schaden zu ersetzen. Das, was der Geschädigte zur Schadensbehebung aufwendet, ist nicht der vom Schädiger zu ersetzende Schaden. Der Schaden ist bereits (vorher) eingetreten und besteht in der unmittelbaren Rechtsgutseinbuße. Rechenschafts- und Abrechnungspflichten als Inhalt einer zweckgebundenen Gewährung eines Geldbetrags widersprechen zudem den Intentionen des historischen Gesetzgebers, der dem Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine Streit vermeidende und Rechtsfrieden stiftende Funktion beimaß. ___________ nicht verbunden. Das Ausgleichsprinzip ist inhaltsleer und außerstande die schadensrechtlichen Entscheidungen wirklich steuern zu können“; G. Wagner, VersR 1999, 1441, 1442, meint zutreffend: „Mit dem tautologischen Charakter derartiger Zweckbeschreibungen (nämlich der Begründung der Funktion des Haftungsrechts mit dem Inhalt der dem Ausgleich dienenden Ansprüche gleichzusetzen, Anm. des Verf.) korrespondiert ihre Ungeeignetheit zur normativen Anleitung von Problemlösungen: Die für das Haftungsrecht zentrale Frage lautet, welcher Schaden auszugleichen ist und welcher nicht, und ein im Sinne des Ausgleichsgedankens festgelegter Zweck vermag hier keinerlei normative Hilfestellung zu geben.“

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Wäre der Zweckbindungsthese zu folgen, müsste folgerichtig als den Restitutionsanspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB wegen nachträglicher objektiver Unmöglichkeit zu Fall bringender Umstand auch die vor der Zahlung des Schädigers liegende Schadensbeseitigung durch den Geschädigten selbst gewertet werden. Zur Schadensbeseitigung könnte der Gläubiger den Ersatzbetrag dann nicht mehr einsetzen. Durch die Reparatur auf Initiative des Geschädigten wäre dann der Schaden beseitigt und der Schädiger von seiner Ersatzpflicht nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB befreit. In dieser besonderen Konstellation würden die Vertreter der Zweckbindungsthese nicht allein auf § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zurückgreifen. Vielmehr wäre der Schädiger auch einer Bereicherungshaftung nach §§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB ausgesetzt2. Bei diesem Bereicherungsanspruch entspricht es jedoch der ganz herrschenden Meinung3, dass von der objektiven Theorie auszugehen ist, also Dienstleistungen nach den objektivierten durchschnittlichen Marktpreisen und damit nicht anders zu bewerten sind als der nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung geschuldete erforderliche Geldbetrag. Erreicht man in dieser Fallkonstellation über das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung aber das gleiche Ergebnis, so spricht auch diese Rechtsfolgengleichheit gegen eine Abhängigkeit des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von der Möglichkeit der Herstellung. Der transitorische Charakter hätte daher im Ergebnis keine Bedeutung; dies jedenfalls kann als zusätzliches Indiz gegen die Abhängigkeit des Anspruchs nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von der Herstellungsmöglichkeit gewertet werden. Wesentlicher Pfeiler des auf § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gestützten Anspruchs ist die Dispositionsfreiheit des Geschädigten, die wahrlich als „Magna Charta“4 des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bezeichnet werden kann. Nicht allein die vom historischen Gesetzgeber im Konjunktiv abgefasste Berechnungsbasis des Ersatzanspruchs koppelt den Anspruch von der faktischen Schadens(weiter)entwicklung und -beseitigung ab und löst den Zusammenhang zwischen der Herstellung der Sache und dem Anspruch des Geschädigten auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag. Als maßgeblich erwies sich das vom historischen Gesetzgeber in die Auslegungswaagschale eingebrachte Motiv, dem Gläubiger zu ermöglichen, statt die Herstellung der beschädigten Sache zu verlangen, mit dem Geldbetrag die Anschaffung einer neuen Sache zu finanzieren. Zu betrachten ist dies vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber die Rechtsstellung des Geschädigten verbessern und ihm mit den geldwerten Mitteln der Restitution ___________ 2 Vgl. hierzu ausdrücklich aus dem Lager der Vertreter der Zweckbindungsthese und Kritiker der Dispositionsfreiheit Schiemann, FS-Steffen, S. 399, 409. 3 Vgl. lediglich BGHZ 117, 29, 31 und 33; Palandt-Sprau, § 818 Rn. 19 und 22; Larenz/ Canaris, Schuldrecht Bd. II/2, § 72 III 2 b-d, S. 275/276. 4 Steffen, NJW 1995, 2057, 2059; Menken, DAR 1998, 250, 251; Müller, ZRP 1998, 258, 259; Pamer, NZV 2000, 490, 491; Steffen, DAR 2002, 6, 9; Müller, VersR 2003, 1, 6 = DAR 2002, 540, 544; Sanden/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, Rn. 48.

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eine Umschichtung seines Vermögens- und Güterstands erlauben wollte: Obwohl der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs nicht in natura restituiert, soll er gerade für diesen Fall des Anspruchs nicht verlustig gehen. Er kann den ihm nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu gewährenden erforderlichen Geldbetrag sachfremden Zwecken zuführen, weil nach dem Verständnis des historischen Gesetzgebers eine Ersatz- oder Neubeschaffung der beschädigten Sache, für die der Geschädigte den Ersatzbetrag ausdrücklich verwenden durfte, eine sachfremde Restitution darstellte. Der neuere Gesetzgeber wiederum hat an diesen Befund in gleich zwei schadensersatzrechtlichen Novellen aus den Jahren 1990 und 2002 nicht nur angeknüpft, sondern ihn gleichzeitig ausdrücklich klargestellt und als Grundsatz, der „unangetastet“5 bleibt und damit schon seit Längerem gilt, herausgestellt. Die vom 5. Zivilsenat des BGH in die Diskussion eingebrachte Zeitpunktproblematik erwies sich als Scheinargument. Weder passen die dem Zeitpunktgrundsatz zu Grunde liegenden Intentionen – Berücksichtigung der dem haftungsbegründenden Umstand anhaftenden adäquaten Folgen, Schutz des Gläubigers davor, dass eine zögerliche Ersatzleistung des Schuldners zusätzliche (Folge-)Schäden verursacht und unter Umständen die Wiederherstellung verteuert –, noch hat das dem Prozessrecht entstammende Gefüge Auswirkungen auf die materiell-rechtliche Bestimmung der Art und Weise des Schadensersatzes. Das Prozessrecht selbst kann nicht darüber entscheiden, welcher Anspruch dem Grunde nach gegeben ist. So wie die Ermittlung der Schadenshöhe knüpft auch das Prozessrecht an einen bestehenden Schadensersatzanspruch an, bei dem die Art und Weise der Ersatzleistung feststeht. Das Prozessrecht entscheidet aber nicht über die materiell-rechtliche Erheblichkeit tatsächlicher Umstände, die prinzipiell Verfahrensgegenstand sein können. Hingegen hat sich gezeigt, dass die vom 6. Zivilsenat des BGH zur Beurteilung der Frage, ob der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution bestehen bleibt oder sich in einen Anspruch auf Kompensation nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB umwandelt, herangezogene Verzögerungsargumentation durchaus von Einfluss auf die Beantwortung der Frage ist. Ihr legislativer Kern liegt in § 271 Abs. 1 BGB. Ihre Berücksichtigung ist zudem Ausfluss des vom Schadensersatzrecht zumindest mit verfolgten Zieles der Schadensprävention. Denn dem Schädiger kann mit dem Verzögerungsargument der haftungsrechtliche Anreiz genommen werden, die Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung in der Hoffnung hinauszuzögern, dass nachträgliche Ereignisse den Haftungsumfang minimieren. Der verhaltenssteuernden Wirkung der Ersatzpflicht kann mit dem Verzögerungsargument Ausdruck verliehen werden. Von der Zufälligkeit der sofortigen Leistungsbereitschaft des ___________ 5

BT-Drs. 14/7752, S. 23.

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Schädigers kann es nicht abhängen, ob er dem Geschädigten geldwerte Restitution oder Kompensation schuldet. Gegen das Aufrechterhalten des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Fällen der nachträglichen – objektiven wie subjektiven – Unmöglichkeit der Naturalrestitution kann auch weder ein schadensrechtliches Trennungsgebot, nach dem die Restitution strikt von der Kompensation zu unterscheiden und Vermischungen zu vermeiden seien, noch ein allgemeinverbindliches schadensersatzrechtliches Bereicherungsverbot angeführt werden. Eine absolut trennende Barriere zwischen Restitution und Kompensation ist dem allgemeinen Schadensersatzrecht nämlich ebenso fremd wie ein rigoroses Verbot der Bereicherung des Geschädigten. Beide Aspekte lösen auch nicht das betreffende Problem. Es handelt sich bei ihnen vielmehr um Blankette, die ihrerseits erst durch wertende, dem inneren System des Schadensersatzrechts abzugewinnende Maßstäbe ausgefüllt werden müssen. Sie lenken von dem eigentlichen Aspekt, nämlich der Frage, ob § 249 Abs. 2 S. 1 BGB seiner Rechtsnatur nach lediglich transitorischer oder vielmehr autonomer Gestalt ist, nicht nur ab, sondern beziehen diese in ihre Ebene und in eine bestimmte Richtung ein, um im Wege der Vorwegnahme der Begründung ein Ergebnis als das verbindliche und dem Gerechtigkeitsgebot entsprechende zu bestimmen. Ein striktes Trennungsgebot scheitert bereits an der Existenz des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und seines modifizierten Herstellungscharakters selbst. Das angebliche, dem allgemeinen Schadensrecht immanente Bereicherungsverbot wiederum hat keinen selbstständigen Geltungsgehalt, weil es – nur negativ formuliert – nichts anderes als das ebenfalls erst der Ausfüllung bedürftige Ausgleichsprinzip verkörpert. Die der Untersuchung zu Grunde liegende Frage, ob der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Falle nachträglicher Unmöglichkeit der Naturalrestitution erlischt oder erhalten bleibt, konnte nicht zuletzt anhand weiterer, aus dem inneren System der schadensersatzrechtlichen Vorschriften gewonnener Wertentscheidungen beantwortet werden, denen nicht nur eine Differenzierung zwischen verschiedenen Schadensobjekten, sondern auch eine Unterscheidung danach fremd ist, ob der nach Schadenseintritt die Naturalherstellung unmöglich werden lassende Umstand nur zu einem Unvermögen des Geschädigten oder zu einer objektiven Unmöglichkeit für jedermann führt: Zunächst wurde dabei der Blick auf § 250 S. 2 BGB gerichtet. Die Vorschrift, die ebenso wie § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Ausfluss des Restitutionsgedankens ist und dem Gläubiger des Schadensersatzanspruchs den statt der Herstellung durch den Schädiger erforderlichen Geldbetrag vermittelt, der es ihm ermöglicht, die Restitution in Eigenregie vorzunehmen, belegt eine deutliche Resistenz der geldwerten Restitution gegenüber der nachträglichen rechtlichen Unmöglichkeit der Herstellung. § 250 S. 2 Halbs. 2 BGB erklärt die Herstellung explizit für ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber nach fruchtlosem Frist-

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ablauf mit Ablehnungsandrohung die Naturalrestitution für (nachträglich) rechtlich unmöglich erachtet. Dennoch verbleibt dem Geschädigten der Restitutionssurrogatersatzanspruch. Damit aber weist der Gesetzgeber selbst dem Anspruch auf geldwerte Restitution eine gewisse Immunität gegenüber Erscheinungsformen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution zu. Zusammen mit der Dispositionsfreiheit des Geschädigten, nach der es eben nicht darauf ankommt, ob der Gläubiger mit dem Geldbetrag die Naturalherstellung tatsächlich forciert, verdichtet sich die dem § 250 S. 2 BGB zu entnehmende Wertentscheidung zu einem wohl grundlegenden Gedanken des allgemeinen Sachschadensrechts. Es ist der, dass ein nachträglicher Untergang des Anspruchs auf den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag nicht dem gesetzlichen Regelungsprogramm entspricht. Dass der Gläubiger in Konstellationen des § 250 BGB nach wie vor tatsächlich die Herstellung betreiben kann, ist zwar richtig, letztlich aber nicht entscheidend, weil er auf Grund seiner Verwendungsfreiheit hierzu nicht verpflichtet, der Anspruch auf geldwerte Restitution nicht transitorisch zur Herstellungsmöglichkeit ist und die nachträgliche rechtliche Unmöglichkeit der nachträglich tatsächlichen grundsätzlich gleich steht. Dass § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB hingegen lediglich den Fall der anfänglichen Unmöglichkeit der Herstellung betrifft, folgt aus dem legislativen Gleichstellungsaspekt zwischen Ungenügen und Unmöglichkeit der Naturalrestitution in § 251 Abs. 1 BGB. Bei beiden Alternativen dieser Norm handelt es sich um ausschließlich den Schutz des Geschädigten bezweckende Vorschriften, sodass der Regelungsinhalt auch derselben Funktion dient. Die Insuffizienz der Naturalrestitution nach § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB folgt jedoch ausschließlich aus Umständen, die der Schaden auslösenden Handlung selbst anhaften. Dagegen haben sekundäre, zusätzliche oder nach dem Eintritt des vom Schädiger auszugleichenden Schadens wirkende, spätere Ursachen keinen Einfluss auf das Merkmal „nicht genügend“ und lösen deshalb keinen Kompensationsanspruch aus. Folgt damit aber das Ungenügen der Naturalrestitution allein aus den zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen des Schädigers, so sind unter die Unmöglichkeit der Herstellung konsequenter Weise auch nur solche die Wiederherstellung beeinträchtigenden Umstände zu subsumieren, die unmittelbar der Schädigungshandlung zugehörig und als unmittelbare Folge auf diese rückführbar sind. Anderenfalls wäre die gesetzgeberische Gleichstellung der beiden Fallkonstellationen des § 251 Abs. 1 BGB nicht nur unlogisch, sondern auch systematisch und teleologisch unverständlich. Für die Unbeachtlichkeit nachträglicher, die Unmöglichkeit der Naturalrestitution hervorrufender Ereignisse im Rahmen des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB spricht zudem ein zu § 252 BGB zu ziehender Umkehrschluss. Bei der Frage der Ersatzfähigkeit eines entgangenen Gewinns ist die nachträgliche Beurteilung, bei der auch der weitere Geschehensablauf nach dem schadenstiftenden Umstand zu berücksichtigen ist, entscheidend, weil es sich um einen

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zukünftigen, der Entwicklung unterliegenden Vermögensschaden handelt. Die in § 252 S. 2 BGB umschriebene Typisierung und die Wahrscheinlichkeitsprognose tragen dem Umstand Rechnung, dass ein perpetuierter, bereits im Zeitpunkt des Schadenseintritts berechenbarer Vermögensschaden – abweichend von der Situation beim unmittelbaren Sachsubstanzschaden bei § 249 Abs. 2 S. 1 BGB – noch gar nicht vorliegt. Die erlittene Vermögenseinbuße des positiven, tatsächlichen Schadens steht im Zeitpunkt des Abschlusses der Schädigungshandlung fest. Ihr Verlust ist berechenbar, die nachteilige Veränderung im realen Güterzustand des Geschädigten hat sich in diesem bereits niedergeschlagen. Deshalb ist der Umkehrschluss zu § 252 BGB gerechtfertigt: Nachträgliche, vom schadenstiftenden Ereignis unabhängige und losgelöste Umstände sind im Rahmen des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entstandenen Anspruchs nicht zu berücksichtigen. Der einzige im schadensersatzrechtlichen System des BGB geregelte Fall, in dem ein weiterer schadenstiftender Umstand oder ein nachträglicher weiterer Schaden zur Reduzierung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes führt und damit zu dessen Vorteil gereicht, ist derjenige der Unterlassung möglicher und zumutbarer Schaden mindernder Handlungen durch den Geschädigten, die einen schuldhaften Verstoß des Gläubigers gegen seine Schadensminderungsobliegenheit nach § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB darstellen. Die Norm greift nämlich erst und nur dann, wenn es um die Beurteilung geht, ob der Geschädigte auf Grund des durch die Haftungsbeziehung ausgelösten Schuldbandes verpflichtet war, einen weiteren, nach Fixierung des bereits eingetretenen Primärschadens eintretenden (Folge-)Schaden zu verhindern und diese zusätzliche Vertiefung der negativen Vermögensbilanz zu vermeiden. Die ein allgemeines Prinzip des bürgerlichen Rechts darstellende Wertung, dass der Geschädigte nach § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB eine Anspruchskürzung und Minderung seines schadensersatzrechtlichen Anspruchsniveaus nur erleiden soll, wenn er es trotz zumutbarer Obliegenheit unterlässt, weiteren, nachträglichen Schaden zu mindern, darf nicht außer Acht gelassen und systemwidrig umgangen werden. Denn das Gesetz berücksichtigt und akzeptiert nur an dieser Stelle den Eintritt eines weiteren schadenstiftenden, nachträglichen Umstands als Entlastung des Schädigers von dessen perpetuierter Ersatzpflicht. Wenn man der Ansicht wäre, nachträgliche Ereignisse im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB seien grundsätzlich zu berücksichtigen, wäre der Geschädigte im Falle nachträglicher Umstände, die zur Unmöglichkeit der Naturalrestitution führen, auf den betragsmäßig regelmäßig geringeren Anspruch aus § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB zu verweisen, obwohl der nachträgliche, schädigende Umstand im Regelfall gerade keinen schuldhaften Verstoß des Gläubigers gegen seine Schadensminderungsobliegenheit darstellt. Auch die rechtstechnische Ausgestaltung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Form der Ersetzungsbefugnis spricht gegen die Transformation dieses An-

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spruchs in einen solchen nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB in Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution. Das Gestaltungsrecht des Geschädigten hat potenziell verselbstständigenden Charakter, und mit dessen Ausübung wird das Begehren von Herstellungskosten sowohl aktualisiert als auch perpetuiert. Die Ersetzungsbefugnis ist ein die Rechtslage gestaltendes Gläubigerinstrument, das eine „neue, definitiv bestimmte Schuld“ 6 und damit einen unabhängigen, vom ursprünglichen Anspruch und dessen Zweck gelösten Anspruch entstehen lässt. Wegen dieser (einseitigen) Rechtsmacht kann sich ein transitorischer Charakter des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht durchzusetzen. Denn „mit der Ausübung der Ersetzungsbefugnis tritt […] die ersetzende Leistung an die Stelle der ursprünglich geschuldeten; das Schicksal der ersetzten spielt keine Rolle mehr.“7 Von diesem rechtstechnischen Standpunkt aus betrachtet kann sich dogmatisch die Frage der Unmöglichkeit der Restitution in natura i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB nach Ausübung der Ersetzungsoption nicht mehr stellen, weil die Primärschuld bereits kraft Rechtsgestaltung des Gläubigers erloschen ist. Der vereinzelten Ansicht in der Literatur8, die betont, dass nachträgliche, die Naturalrestitution vereitelnde Umstände hinsichtlich des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB jedenfalls dann ohne Belang seien und dessen Bestand in keiner Weise berühren würden, wenn der Geschädigte von seiner Ersetzungsbefugnis bereits Gebrauch genommen habe, ist daher nachhaltig zuzustimmen. Dieser Weg ist weitergehend fruchtbar zu machen, weil die rechtsgestaltende Bedeutung, die der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Gestaltungsrecht aus dogmatischen Gründen zukommt, und die Interessenlage, welche der historische Gesetzgeber abstrakt dem gestaltenden Element in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zugeschrieben hat, in der heutigen schadensrechtlichen Regulierungspraxis nicht mehr korrelieren. Im Wege der Auslegung des Gläubigerbegehrens sind in Korrespondenz zum tatsächlichen RegelAusnahme-Verhältnis geringe Anforderungen an den Zeitpunkt zu stellen, ab dem davon auszugehen ist, dass der Geschädigte seine Ersetzungsbefugnis ausgeübt hat. Ohne eine Vollständigkeit vermittelnde Aufzählung an dieser Stelle vornehmen zu können, dürfte diese Konsequenz insbesondere zur Folge haben, dass in versicherungsrechtlichen Fallgestaltungen, in denen der Geschädigte kraft Gesetzes gegenüber dem Versicherer darauf beschränkt ist, die geldwerte Restitution zu beanspruchen, auch gegenüber dem Schädiger persönlich der Anspruch aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ausgelöst wurde. Denn die Form ___________ Gebhardt, ZfS 1990, 145, 147. Knütel, JR 1982, 281, 282. Vgl. ebenfalls Gebhardt, AnwBl. 1985, 559, 560 und ders., ZfS 1990, 145, 147. 8 So v. Tuhr, KritVjschr 47 (1907), 63, 79; ders., DJZ 1899, 304, 306; Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 238 ff., 265 ff.; Birkmann, DAR 1990, 3, 5; Gebhardt, ZfS 1990, 145, 146 f.; Knütel, JR 1982, 281, 282; Altmann, NJW 1976, 744; Jakob, S. 229 f., 261 ff. 6 7

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des Schadensersatzes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB stellt in der heutigen Regulierungspraxis den Regelfall dar. Üblicherweise verzichtet der Geschädigte in diesen Fällen auf die restitutive Wiederherstellung der Güterintegrität durch den Schädiger. Der Zugang dieser – die Ersatzleistung durch Gestaltungsakt auslösenden – Erklärung entsprechend § 151 S. 1 Alt. 1 BGB ist nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten. Auch in den Fallkonstellationen der nachträglichen subjektiven Unmöglichkeit der Naturalrestitution und damit insbesondere in Fallgestaltungen, in denen der Geschädigte die beschädigte Sache veräußert, ist überdies zu beachten, dass der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs im Moment der Veräußerung durch konkludentes Verhalten zu verstehen gibt, dass er von seiner den Inhalt der Schadensersatzschuld ändernden Befugnis nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch macht. Aber auch in den danach noch verbleibenden Konstellationen, in denen der Geschädigte das ihm durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eingeräumte Recht noch nicht ausgeübt hat oder nicht ausüben wollte, vielmehr der Naturalrestitutionsanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB bestand, oder von ihm ausnahmsweise erwünscht war und die Sache vor der Wiederherstellung durch den Schädiger untergeht, verwandelt sich der Restitutionsanspruch des Gläubigers nicht in einen Kompensationsanspruch. Weil § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zum Herstellungszweck nicht transitorisch ist, erfasst § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB diesen Sachverhalt nicht. Vielmehr wird das Restitutionssurrogat zum alleinigen Anspruchsinhalt; die Ersetzungsbefugnis verdichtet sich zum Ersatzanspruch, wenn auch nicht eo ipso. Entsprechend der Regelung des § 275 Abs. 1 BGB wird jedoch der Schuldner von seiner Wiederherstellungspflicht befreit, der Anspruch aus § 249 Abs. 1 BGB geht unter. An seine Stelle tritt nun aber nicht die Rechtsfolge der Entschädigung nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder gar völlige Leistungsfreiheit des Schuldners, sondern der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung dem Grunde nach gem. §§ 280 Abs. 1, 280 Abs. 3, 283 S. 1 BGB. Dieser wiederum setzt kein – vermutetes – Verschulden des Schädigers (gem. §§ 280 Abs. 1 S. 2, 283 S. 1 BGB) voraus, sondern besteht verschuldensunabhängig auf Grund des Rechtsfortwirkungsgedankens des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, welcher den Anspruch auf den erforderlichen Geldbetrag statt der Herstellung gewährt. Inhaltlich wird der Schadensersatzanspruch statt der Leistung ohnehin durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB konkretisiert, der seine Wirkung als Restitutionssurrogat entfaltet. Im Gegensatz zu den Vorschriften der §§ 280 Abs. 1 S. 2, 283 S. 1 BGB bedarf es keines – weiteren, zusätzlichen – Verschuldens des Schadensersatzpflichtigen hinsichtlich des die Wiederherstellung des hypothetischen Zustands in natura unmöglich machenden Umstands. Dies folgt aus der Überlegung, dass die §§ 275, 280, 283 BGB die Frage behandeln, wann infolge Unmöglichwerdens der zunächst geschuldeten Primärleistung ein Schadensersatzanspruch und damit eine Sekundärleistungsverpflichtung des Schuldners entsteht. Die Normen behandeln jedoch nicht die

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Frage, wann ein schon bestehender Schadensersatzanspruch aus einem Herstellungsanspruch in natura zu einem Herstellungsersatzanspruch in Geld wird. Das Bestehenbleiben des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Fall der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution in Konstellationen der Sachbeschädigung gerät auch nicht dadurch in Zweifel, dass die Aufmerksamkeit auf die – in der vorbezeichneten Norm gleichgestellte – Personenverletzung gelenkt wird. Die Dispositionsfreiheit des Geschädigten als maßgebliche Leitlinie der Vorschrift kann sich zwar im Falle des Personenschadens ausnahmsweise nicht durchsetzen; der statt der Herstellung erforderliche Geldbetrag ist in diesem Bereich zweckgebunden. Eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung der Personen- gegenüber den Sachschäden stellt dies jedoch deshalb nicht dar, weil es bei der Restitution einer Personenverletzung um die Beseitigung und den Ausgleich eines Nichtvermögensschadens geht, bei dem die aus § 253 Abs. 1 BGB folgende Wertung nicht umgangen werden darf. Würde sich auch in dieser Konstellation die Dispositionsfreiheit des Geschädigten durchsetzen und der Verletzte den statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag zur freien Verfügung erhalten können, dann würde man einen immateriellen Schaden in Geld abgelten. Dem steht nicht entgegen, dass § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem Grunde nach nicht zwischen den verletzten Rechtsgütern unterscheidet. Maßgebend nach dem gesetzlichen Regelungsprogramm ist vielmehr, ob der von einem materiellen oder immateriellen Gut herrührende Schaden ein vermögensrechtlicher oder ein nicht vermögensrechtlicher ist. Dispositionsfreiheit als Ausfluss der monetären Eigentumsverwendungsfreiheit bezieht sich nur auf vermögensmäßige Dispositionen, anderenfalls – und das ist der eigentliche Kern der Umgehungsargumentation – gewährte man Entschädigung für immaterielle Güter und bewegte sich damit im Grundsatz im Anwendungsbereich von § 251 Abs. 1 BGB. Die zweckgelöste Gewährung fiktiver Herstellungskosten für immaterielle Schäden würde zu einer Abgeltung immaterieller Werte führen, was § 253 Abs. 1 BGB grundsätzlich verhindern will. Einer Abgeltung materieller Schäden steht diese Vorschrift jedoch nicht entgegen. Da die Dispositionsfreiheit nur an Vermögensschäden anknüpft, ist es folgerichtig, im Falle der Personenverletzung den Restitutionsbetrag zweckgebunden zu gewähren und die Dispositionsfreiheit zu versagen. Denn im Falle der Forderung fiktiver Heilbehandlungskosten will der Geschädigte nicht lediglich sein Vermögen umschichten, sondern einen bisher nicht vorhandenen Vermögenswert in Bargeld umwandeln. Bei der Anerkennung der Dispositionsfreiheit über den erforderlichen Geldbetrag im Bereich der Sachschäden ist bereits die vorgelagerte Entscheidung über den Herstellungsverzicht Ausfluss einer Vermögensdisposition. Eine Gleichbehandlung verbietet sich wegen der Limitierung der Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden durch das Schadensersatzrecht. Der „Herstellungsbedarf“ in Fällen der Personenverletzung bleibt solange ein Nichtvermögensscha-

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den, bis sich der Verletzte zur Behandlung durchringen kann. Erst ab diesem Moment kann überhaupt von einem statt der Herstellung erforderlichen Geldbetrag, also einem vermögensmäßig bewertungsfähigen und damit materialisierten Schaden, der sich in Geldwerten ausdrücken lässt, gesprochen werden. Weil es sich beim Personenschaden im Augenblick der Schädigung lediglich um einen zukünftigen Vermögensschaden handelt, ist zudem die aus § 252 S. 2 BGB fließende Wertentscheidung zu berücksichtigen: Zukünftige Vermögensschäden sind danach nur und erst dann ersatzfähig, wenn sie zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden können. Diese Wahrscheinlichkeitsprognose fällt bei Verzicht des Geschädigten auf Heilbehandlung allerdings negativ aus und zwar solange, bis er den Entschluss fasst, sich ärztlicher Behandlung zu unterziehen. Im Übrigen mangelt es auch an einem objektiven und allgemeingültigen „Umrechnungsschlüssel“9 für die Bewertung immaterieller Nachteile in Geldbeträgen und damit an der Ausfüllungsfähigkeit des ausfüllungsbedürftigen Tatbestandsmerkmals der Erforderlichkeit. Darüber hinaus hat auch der Gesetzgeber in den neueren Gesetzesmaterialien die Versagung fiktiver Herstellungskosten im Bereich des Personenschadens im Gegensatz zur grundsätzlichen Gewährung im Bereich des Sachschadens ausdrücklich anerkannt. Zudem belegt nunmehr § 249 Abs. 2 S. 2 BGB, dass eine identische Behandlung nicht im Plan des Gesetzgebers liegen kann und die geldwerte Restitution bei der Beschädigung einer Sache anderen Grundsätzen folgt, die sich dem Wortlaut dieser Norm selbst allerdings nicht hinreichend entnehmen lassen. Von all den vorstehenden Erwägungen abgesehen, ist der Ungleichbehandlungsvorwurf auch insofern ungerechtfertigt, als der Ablehnung fiktiver Heilbehandlungskosten im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Gegensatz zur Anerkennung fiktiver Sachschadenskosten nicht etwa eine Nullsumme gegenüber steht. Verzichtet nämlich der Geschädigte auf die Herstellung seiner körperlichen und gesundheitlichen Integrität, so führt dies in der Regel zur Erhöhung der im Rahmen des § 253 Abs. 2 BGB zu bewertenden Geldentschädigung für den wegen der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit erlittenen Nichtvermögensschaden. Der Behandlungsverzicht des Verletzten kann und sollte als Bemessungskriterium bei der Bewertung des Nichtvermögensschadens des Geschädigten beachtet werden und zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldbetrags führen. Damit wird nicht nur die aus dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten fließende Dispositionsbefugnis in den dogmatisch zutreffenden Bereich des immateriellen Geschädigtseins eingeordnet, sondern es verblasst damit zugleich das Ungleichbehandlungsargument, weil der Verletzte einen korrespondierenden Anspruch auch im Falle des Personenschadens erhält. ___________ 9 Weyers, in: Vereinigung zwischen deutschen und italienischen Juristen, Heft 8/9, 37, 48.

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Die immer wieder gegen die Gewährung fiktiver Sachschadenskosten vorgetragenen rechtspolitischen Argumente sind bereits im Ansatz verfehlt und können das hier erzielte Ergebnis, dass der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Herstellung der beschädigten Sache in Natur bestehen bleibt, nicht beeinträchtigen. Die Argumente der erwünschten Zurückdrängung der Betrugskriminalität, Verhinderung der Schwarzarbeit und Beseitigung der Verkehrssicherheitsbeeinträchtigung, die in monotoner Beharrlichkeit gegen den Ersatz fiktiver Sachschadenkosten als Folge der Aufrechterhaltung des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ständig wiederkehrend instrumentalisiert werden, beschwören nämlich nicht nur Zielkonflikte herauf, sondern wirken systemstörend, weil das zivile Schadensersatzrecht überfordert wird. Darüber hinaus hat der neuere Gesetzgeber derartigen rechtspolitischen Argumenten eine klare Absage erteilt. Gegen die Gesamtkonzeption des Bestehenbleibens des Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in allen Konstellationen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution im allgemeinen Sachschadensrecht lässt sich auch nicht ein Verstoß gegen das Prinzip „casum sentit dominus“10 einwenden11, das „im deutschen Recht stillschweigend vorausgesetzt wird“12 und „einen elementaren Gerechtigkeitsgehalt aufweist, weil in ihm die Selbstverständlichkeit zum Ausdruck kommt, daß jedermann sein ‚allgemeines Lebensrisiko‘ selbst zu tragen hat und es nicht einfach auf andere Privatrechtssubjekte abwälzen kann“13. Denn eine Abwälzung der Lastentragung oder Verschiebung der Risikosphäre wird nicht vorgenommen, wenn man dem Geschädigten fiktive Sachschadenskosten gewährt, weil das nachträgliche – u.U. zufällige – Ereignis nicht zu einer Mehrbelastung des bereits haftenden Schädigers führt, sondern lediglich nicht zu dessen Entlastung gereicht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass der richtige Blickwinkel erst durch die zuvor bereits erörterten Wertentscheidung fokussiert wird: Einen Verstoß gegen die Maxime „casum sentit dominus“ wird nur derjenige erkennen können, der meint, dass der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB transitorisch zum Herstellungszweck sei und vom Bereicherungsverbot und Trennungsgebot geprägt sei. Einen Verstoß gegen die Maxime „casum sentit dominus“ wird hingegen derjenige nicht erkennen können, der meint, dass der Anspruch nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB unabhängig vom Herstellungszweck und ___________ 10 Zur deliktsrechtlichen Teilkorrektur des „casum sentit dominus“-Grundsatzes, der seine Berechtigung in dem individualistischen, liberal-ökonomischen Haftungsrechtsmodell hat, vgl. Brüggemeier, AcP 182 (1982), 385, 393 f.; Brüggemeier, JZ 1986, 969, 970; Marburger, AcP 192 (1992), 1, 29; Hauß, ZVersWiss 1967, 151, 153 f. 11 In dieser Richtung vermutlich Schiemann, FS-Hagen, S. 27, 43. 12 Looschelders, VersR 1996, 529, 534 und der Hinweis in Fn. 79: „Das österreichische Recht besagt in diesem Sinne sehr deutlich (§ 1311 S. 1 ABGB): ‚Der bloße Zufall trifft denjenigen, in dessen Vermögen oder Person er sich ereignet.‘“ 13 Larenz/Canaris, Schuldrecht Bd. II/2, § 75 I 2 a, S. 351.

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der Herstellungsmöglichkeit sei und vom Grundsatz der Dispositionsfreiheit und dem Verbot, dass zögerliches Erstattungsverhalten dem Schuldner zu Gute kommen dürfe, beherrscht werde. Deutlich wird hierdurch neuerlich, dass sich das der Untersuchung zu Grunde liegende Problem nicht mit – für sich betrachtet inhaltsleeren – Schlagwörtern und Postulaten lösen lässt. Die Höhe des im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit der Herstellung fortbestehenden Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist im Übrigen lediglich durch folgende Koordinaten gekennzeichnet: Der bei der Kontrollrechnung im Rahmen des sog. Wirtschaftlichkeitspostulats anzustellende Kostenvergleich zwischen den verobjektivierten Herstellungs- und Wiederbeschaffungskosten wird nicht durch die 130%-Toleranzgrenze beeinflusst. Denn diese Opfergrenze darf nur derjenige Geschädigte ausschöpfen, der tatsächlich eine Instandsetzung vornimmt. Die 130%-Marge stellt einen besonderen Integritätszuschlag dar und zielt darauf ab, einen immateriellen Schaden zu restituieren und ein affektives Interesse zu befriedigen. Diese Beschränkung des Ersatzes fiktiver Herstellungskosten stellt weniger eine Ausprägung des Wirtschaftlichkeitspostulats dar als vielmehr ein Gebot der aus § 253 Abs. 1 BGB folgenden Erwägung, dass immaterielle Schadensbestandteile nur dann materiell abgegolten werden dürfen, wenn das Gesetz hierfür eine Rechtsgrundlage zur Verfügung stellt oder wenn im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB durch tatsächliche Restitution eine Materialisierung stattfindet. Bei der Vergleichskontrollrechnung ist andererseits bei den Ersatzbeschaffungsaufwendungen der Wiederbeschaffungswert nicht um den Restwert zu kürzen. Abgesehen von den nicht überzeugenden Begründungen aus dem Wirtschaftlichkeitspostulat, dem Trennungsgebot, dem fehlenden besonderen Integritätsinteresse und dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB hat die Kürzung deshalb nicht zu erfolgen, weil sonst lediglich ein an den Grundsätzen des Entschädigungsrechts ausgerichteter Wertverlustausgleich durchgeführt würde. Außerdem würde der Geschädigte einseitig zum Vorteil des Schädigers mit doppelten Gewinnkalkulationen dritter Personen belastet, die er selbst nicht beeinflussen kann. Im Übrigen stößt die lediglich im Kfz-Sachschadensrecht im Rahmen der Vergleichsrechnung praktizierte Restwertanrechnung auf verfassungsrechtliche Bedenken, weil sie eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Geschädigten, die einerseits Ersatz für ein beschädigtes Kraftfahrzeug und andererseits Ersatz für eine andere beschädigte bewegliche Sache verlangen, darstellt. Zu vergleichen sind daher die Instandsetzungskosten mit den Wiederbeschaffungskosten insgesamt. Es findet nicht lediglich ein Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands statt. Von den sonach berechneten Kosten ist in allen Fällen des fiktiven Kostenersatzes jedoch die Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB abzuziehen. Nur „wenn und soweit“ der Geschädigte in Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit der Naturalrestitution tatsächlich eine Ersatzbeschaffung tätigt, kann er auch die auf diesen Betrag entfallende Umsatzsteuer ersetzt verlangen.

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Sachregister Abrechnungspflicht 98 Affektionsinteresse 71, 174, 233, 260 Aufdrängungsschutz 75, 138, 265 Aufwendungen 90, 91, 100, 101, 102, 103, 104, 109, 111, 112, 123 Aufwendungsersatz 91, 102, 103 Aufwendungsersatzrecht 91, 99, 105, 106 Begünstigungsprinzip 187, 195 Begünstigungstendenz 74, 75, 138, 196, 265 Bereicherungsverbot 22, 41, 161, 164, 167, 179, 267, 268, 283 Beweiserleichterung 203 Billigkeitsargument 142, 154 casum sentit dominus-Prinzip 290 Differenzhypothese 169, 175, 203 Dispositionsbefugnis 92 Dispositionsfreiheit 25, 27, 28, 38, 92, 94, 107, 108, 122, 125, 245 – als „magna charta“ des Geschädigten 108, 281 – als Restitution in Eigenregie 110 Doppelbelastungsthese 146 Eigentumsfreiheit 119, 131, 132, 234, 235 Eingriffskondiktion 177 Einzweckdienlichkeit 56, 57, 58 elektive Konkurrenz 210, 213, 214 entgangener Gewinn 202, 284 Erfüllungsinteresse 190 Ersatzbeschaffung 43, 63, 64, 66, 69, 71, 72, 73, 75, 245, 265, 266, 272 Ersatzvornahme 95 Ersetzungsbefugnis 86, 88, 94, 96, 197, 209, 210, 211, 212, 214, 215, 285, 286 fiktive Reparaturkosten 40, 41, 42, 130

fiktiver Kostenersatz 93, 160 Forderungsrisiko 157 Fremdgeschäftsanmaßung 178 Gefährdungshaftung 149, 150, 178 Geldentschädigung 160, 201 Geldexekution 98 Geldkompensation 78, 83 Gemeinwohlverträglichkeit 255, 271 Gesetzesfiktion 194, 195 Gleichbehandlungsargumentation 28, 29, 38, 135, 138, 147 Gleichbehandlungsdruck 43, 135 Gleichbehandlungsgebot 43 Gleichstellungspostulat 201 Haftpflichtversicherung 151, 221 Herstellungsanspruch – Abtretbarkeit 34, 35 – akzessorische Funktionalverknüpfung 24, 106 – höchstpersönliche Natur 34 – Koppelung 84 – modifizierter 160 – transitorischer Charakter 21, 24, 31, 34, 37, 82, 83, 84, 94, 106, 158, 215 – unechte Zwitterstellung 83 – Zukunftsgerichtetheit 106 – Zweckbindung 82, 83, 84, 100, 108 Herstellungsbegriff – faktischer 63, 64, 76, 159 – wirtschaftliche 120 – wirtschaftlicher 64, 65, 68, 69, 72, 73, 76, 121, 159, 259 Herstellungsklage 96, 97, 98, 196 homo oeconomicus 271 hypothetische Schadensreserveursachen 156 Integritätsinteresse 64, 71, 158, 159, 261, 268, 269

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Sachregister

Integritätsspitze 43, 174, 260 Integritätszuschlag 41, 71, 90, 92, 173, 233, 259, 260, 261, 270, 291 Kompensationsanspruch 44, 100 Kompensationsprinzip 191 Kondiktionenrecht 99 Konsequenzprädikat 92 Mehrleistungsrisiko 129, 130, 147 merkantiler Minderwert 157, 200 Naturalrestitution 63, 64 – Ungenügen der ~ 199, 200, 284 Nichtvermögensschaden 231, 232, 235, 240, 245 normativer Schadensbegriff 169, 170 Nutzungsausfallentschädigung 155 Objektschaden 157 Opfergrenze 173, 257, 259, 263, 269, 291 Personenschaden 224, 232, 235, 243, 249, 288 Praktikabilität der Schadensabwicklung 59 Praktikabilitätsargument 59, 61 Praktikabilitätspostulat 120, 223, 273, 276 Rechtsfortwirkungsgedanke 87, 287 Rechtsgüterschutz 35 Rechtsstellungsverbesserungsargument/ -komponente 116, 121, 138, 195 Restitutionsbegriff siehe Herstellungsbegriff Restitutionsprinzip 191 Restitutionssurrogat 86, 87, 133 Restwert 41, 42, 43, 176, 265, 266, 268, 272, 275, 291 Risikoverdoppelung 157 Rückabwicklung 100 Rückabwicklungsmodell 100 Rückerstattungspflicht 98 Sachrisiko 157 Sachsubstanzschaden 106 Sanktionsthese 148 Schadensabwicklungsbeispiel 121 Schadensberechnung 134, 135, 137

Schadensersatzpflicht – perpetuierte 207 – sofortige 22 Schadensersatzrecht 106 Schadenskompensation 98 Schadensminderung 129, 155, 205, 206, 207, 285 Schadensprävention 148, 282 Schadensrecht – Ausgleichsprinzip des ~ 85, 106, 166, 180, 239, 279, 283 – Frieden stiftende Funktion 105, 140 – inneres System des ~ 50, 51 – nachgiebiges 26 – Präventionszweck 149, 150, 151 – Sanktionsgedanke 24, 130, 148, 154 Schadensschätzung 242 Schmerzensgeldanspruch 156, 235, 237, 247 Schmerzensgeldbetrag 289 Schwarzarbeit 252 Sonderopfer 88, 89, 90 Sonderschadenslehre 30, 32, 38, 46, 48, 55, 60, 275 Standardisierung 46, 58, 59 Streitvermeidung 140, 145 Tendenz der Gewinnabwehr 164, 172 Tierschutz 88, 89, 90, 92, 93 Tierschutzgesetz 93 Toleranzgrenze, wirtschaftliche 40, 259 topische Kasuistik 61 Totalreparation 130, 146, 203, 239, 240, 269, 272 Totalschaden 40, 145, 200, 274 Trennungsgebot 23, 43, 44, 158, 269, 283 treuhänderischer Vorschuss 96 Überkompensation 166, 167 Umgehungsargument/Umgehungsargumentation 227, 230, 232, 234, 235, 236, 288 Umrechnungsschlüssel 239, 240 Umsatzsteuer 262, 263, 264, 265, 272, 291 Umsatzsteuerkürzung 250 Ungleichbehandlungsargument 225, 247 Unmöglichkeit – anfängliche 78, 80, 81, 202 – nachträgliche 78, 80, 81, 100, 199, 202

Sachregister – objektive 29, 62, 77, 79, 135, 139 – rechtliche 181, 198 – subjektive 29, 62, 77, 79, 135, 287 – tatsächliche 199 – wirtschaftliche 75 Unverhältnismäßigkeitsgrenze 174 Vergleichskontrollrechnung 42, 73, 176, 266 verhaltener Anspruch 213 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 167, 171 Verhältnismäßigkeitsschranke/-grenze 90, 94, 172 Verlagerungsargumentation/Umschichtungsargument 248 Vermögensfolgeschäden 175 Vermögensschaden 234 Versicherungsbetrug 250 Versicherungsrecht 168 Verzögerungsargumentation 22, 30, 142, 143, 154, 156, 196, 208, 282 Verzugsschaden 144, 145 Verzugsschadensersatzanspruch 144 Verzugsthese 144 Vollstreckungsabwehrklage 139 Vorschusspflicht 91, 103

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Wahlschuld 210, 211, 212 Wahrscheinlichkeitsprognose 203, 238, 285, 289 Werkstatt-/Prognoserisiko 129, 130 Wert-/Summeninteresse 159 Wertersatz 272 Wertinteresse 71, 78, 201 Wiederbeschaffungsaufwand 39, 176, 266, 267, 268, 273 Wiederbeschaffungskosten 263 Wiederbeschaffungswert 39, 41, 43, 173, 266, 268 Wiederherstellungskosten 273 Wiederherstellungsverzicht 93 Wirtschaftlichkeitspostulat 39, 41, 74, 76, 258, 259, 261, 266, 267, 268, 274, 291 Wortlautinterpretation 77 Zahlungsklage 97 Zeithorizont 136 Zeitpunktproblematik 22, 28, 30, 136, 138, 282 Zirkelschluss 179 zirkuläre Gestalt 29 Zweckgebundenheit 88 Zweckverfehlung 104 Zwischeneinbuße 202