Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse [1 ed.] 9783428462315, 9783428062317

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Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse [1 ed.]
 9783428462315, 9783428062317

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 517

Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse Von

Norbert Günther

Duncker & Humblot · Berlin

NORBERT

GÜNTHER

Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse

Schriften zum ö f f e n t l i c h e n Band 517

Recht

Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse

Von

Dr. Norbert Günther

D U N C K E R

&

H Ü M B L O T

/

B E R L I N

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Günther, Norbert: Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen u n d finanziellen Verhältnisse / von Norbert Günther. — Berlin: Duncker u n d Humblot, 1987. (Schriften zum öffentlichen Recht; Bd. 517) I S B N 3-428-06231-0 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06231-0

Vorwort Diese Untersuchung hat der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Sommersemester 1986 als Dissertation vorgelegen. Sie geht zurück auf eine Anregung von Herrn Professor Dr. Peter J. Tettinger, der nicht nur das Erstgutachten erstattet, sondern auch den Fortschritt der Arbeit durch zahlreiche wertvolle Hinweise und vor allem durch seine ständige Bereitschaft zur Diskussion wesentlich gefördert hat. Wichtige Einsichten verdanke ich auch manchen Gesprächen mit Herrn Professor Dr. Wolfgang Loschelder, der die Erstellung des Mitgutachtens übernommen hat. Als wertvolle und geduldige Gesprächspartner haben sich nicht zuletzt Herr Polizeipräsident Walter Pegenau, Gelsenkirchen, sowie Herr Richter am Verwaltungsgericht Jürgen Kaiser erwiesen, denen ich manche Erkenntnis inhaltlicher wie technischer Art verdanke. Einen ganz besondern Dank schulde ich Herrn Professor Dr. Friedrich E. Schnapp. Der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. möchte ich an dieser Stelle noch einmal für die mit dem mir gewährten Promotionsstipendium verbundene finanzielle und ideelle Förderung meines Projekts danken. Freundliche Unterstützung habe ich auch von der Arbeitsgemeinschaft der Verbände des höheren Dienstes, vom Deutschen Beamtenbund sowie vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut des Deutschen Gewerkschaftsbundes erfahren, welche mir jeweils in großzügiger und unbürokratischer Weise Forschungsmaterial zur Verfügung gestellt haben. Herrn Ernst Thamm danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit in diese Schriftenreihe, dem Rektor der Ruhr-Universität Bochum für die Auszeichnung mit einem Universitätspreis. Gelsenkirchen-Buer, im November 1986 Norbert Günther

Meinen Eltern und Antje

Inhaltsverzeichnis

Einleitung I. Zur Problemstellung

21

II. Methodischer Ansatz

23

Erster Teil Die Anpassung der Besoldung an die allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung im geschichtlichen Rückblick A . Allgemeine Einkommensentwicklung und Besoldungsgesetzgebung seit 1909 I. Die Entwicklung der Besoldung im Deutschen Reich bis 1918

25 25

1. Die Besoldungsreform von 1909

25

2. Einkommenslage und soziale Stellung der Beamtenschaft nach der Besoldungsreform

28

3. Die Entwicklung der Besoldung im Ersten Weltkrieg

30

II. Besoldungsrecht und Besoldungspolitik in der Weimarer Republik . . . 1. Die Besoldungsreform von 1920

33 33

a) Die Ausgangslage nach der Novemberrevolution von 1918 . . . .

33

b) Grundzüge des Reichsbesoldungsgesetzes von 1920

34

c) Die Kosten der Reform

38

1. Die Kaufkraft der Beamtengehälter nach 1920

39

a) Das Besoldungssperrgesetz vom 21. Dezember 1920

39

b) Die Beschleunigung der Geldentwertung ab 1921

39

3. Die finanzielle Lage der Beamtenschaft auf dem Höhepunkt der Inflation a) Die Währungskatastrophe vom Sommer 1923

41

b) Die „gleitende Lohn- und Gehaltsskala" c) Dezember 1923: Währungsstabilisierung und „Goldgehälter"

41 41

. .

44

d) Die Entwicklung der Beamtenbezüge und Arbeiterlöhne bis Anfang 1925

45

8

nsverzeichnis 4. Die Besoldungsreform von 1927

46

a) Der Anlaß für die „Reform der Reform von 1920"

46

b) Der Umbau des Besoldungssystems

47

c) Die Finanzierbarkeit der Besoldungserhöhung

49

5. Die Beamtenbesoldung in der Weltwirtschaftskrise

49

a) Die Brüningschen Notverordnungen

49

b) Gehaltskürzungen und Preisabbau: Die Kaufkraft der Bezüge nach den Notverordnungen

52

6. Die Auseinandersetzung um die Unverletzlichkeit der „wohlerworbenen Rechte der Beamten"

54

a) Der Schutz der Beamtengehälter durch Art. 129 I 3 W R V

....

54

aa) Die Lehre von der ziffernmäßigen Garantie des Gehaltsanspruches

54

bb) Die Lehre von der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums

56

cc) Die Stellungnahme des Reichsfinanzhofes zur Zulässigkeit der Reichshilfe

57

b) Der Streit um die Gültigkeit der Änderungsvorbehalte in den Besoldungsgesetzen

58

c) Die Anerkennung der Änderungsvorbehalte durch das Reichsgericht

59

7. Resümee der besoldungspolitischen Entwicklung der Jahre 1920 - 32

61

I I I . Die Beamtenbesoldung während des Dritten Reiches

62

1. Die Außerkraftsetzung des Art. 129 I 3 W R V

62

2. Wirtschaftspolitik und Besoldungsentwicklung

64

I V . Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

65

1. Die ersten Nachkriegsjahre bis zur Reform von 1957

65

a) Weitergeltung des RBesG 1927 und die Aufhebung der ersten Gehaltskürzungsverordnung

65

b) Das Bundesbesoldungsgesetz von 1957

65

2. Die Dynamisierung der Besoldungsgesetzgebung ab 1960

67

a) Die Orientierung der Besoldungsgesetzgebung an der Einkommensentwicklung außerhalb des öffentlichen Dienstes

67

b) Die Diskussion über den Besoldungsrückstand

67

3. Die Vereinheitlichung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern ab 1967

68

a) Der Abbau des Besoldungsrückstandes

69

b) Die Übernahme tarifvertraglicher Einkommensverbesserungen durch die Anpassungsgesetzgebung

69

nsverzeichnis

9

4. Assimilationstendenzen zwischen Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung

73

a) Die Vorreiterfunktion der Tarifentwicklung für die Besoldungsgesetzgebung

73

b) Angleichung von Tarif- und Besoldungsrecht als Schritt auf dem Weg zum einheitlichen Dienstrecht?

74

c) Sparbemühungen nach der Rezession von 1975 5. Neue Einkommensformen im Besoldungsrecht

76 77

a) Urlaubsgeld

77

b) Weihnachtsgeld und Sonderzuwendung

77

6. Sanierung der öffentlichen Haushalte und Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst ab 1981

78

7. Das Scheitern der „Nullrunde 1985"

80

B. Auswertung des Ersten Teils

82

Zweiter Teil Rechtliche Vorgaben für die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse A . Das Alimentationsprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums und verfassungsrechtliche Grundlage des Beamtenbesoldungsrechts . . .

85

I. Das Alimentationsprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums

85

1. Der Alimentationsgrundsatz als Element der institutionellen Gewährleistung des Berufsbeamtentums

85

2. Die Rechtsnatur der Beamtenbesoldung - Unterhaltsrente oder öffentlich-rechtliches Leistungsentgelt?

88

a) Besoldung als Kompensation für den Verlust wirtschaftlicher Entfaltungsmöglichkeiten

88

b) Die Alimentationstheorie

89

c) Die Lohntheorie

90

3. Die Relativierung der theoretischen Auseinandersetzung durch die Entwicklungskonvergenzen zwischen den verschiedenen Arten der Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit

92

a) Angleichungstendenzen zwischen Beamtenstatus und Arbeitsverhältnis

92

b) Die entwicklungsgeschichtliche Synthese von Unterhalts- und Gegenleistungsgedanken im Alimentationsgrundsatz

95

nsverzeichnis

10

4. Die Kritik am Alimentationsprinzip

97

a) Die Verwechslung von Alimentationsprinzip und Alimentationstheorie

97

b) Die Vereinbarkeit des Alimentationsprinzips mit der Gesamtstruktur des Grundgesetzes

98

II. Die Angemessenheit des Unterhalts als verfassungsrechtliche Vorgabe für die Ausgestaltung des Besoldungsrechts

99

1. Vom standesgemäßen Unterhalt zur amtsangemessenen Besoldung

99

2. „Angemessenheit" der Gehälter als für den Besoldungsgesetzgeber verbindliche verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive 100 a) Die Umsetzung des Angemessenheitsgebots durch die Gesetzgebung 100 b) Angemessenheit als Maßstabsbegriff

101

3. Das Angemessenheitsgebot als Begrenzung des besoldungspolitischen Ermessens 102 a) „Amts"-angemessene Besoldung und Abstufung der Gehälter . . 102 b) Die Abhängigkeit des Gesamtniveaus der Besoldung vom allgemeinen Lebensstandard und der staatspolitischen Bedeutung des Berufsbeamtentums 104 4. Das Verhältnis des Besoldungsniveaus zu dem anderer Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit 107 a) Die Richtlinienfunktion der Einkommen in der gewerblichen Wirtschaft 107 b) Die Notwendigkeit eigener Bemessungsmaßstäbe im Besoldungsrecht 108 c) Beamtenbesoldung und Einkommen der nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes 109 d) Angemessene Besoldung als Garantie eines Mindesteinkommens 110 5. Die Pflicht zur Anpassung der Bezüge als Folge der verfassungsrechtlichen Gewährleistung eines angemessenen Gesamtniveaus der Beamtengehälter 112 B. Allgemeinwirtschaftliche Rahmenbedingungen und rechtliche Schranken der Besoldungsanpassungsgesetzgebung 114 I. Die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Anpassung der Besoldung als Konsequenz eines sozial verfaßten Alimentationsprinzips - Der Anspruch der Beamtenschaft auf Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung 114 1. Beamtenrechtliche und -politische Notwendigkeit einer Anpassung der Bezüge 2. Handlungsformen der Besoldungsanpassungsgesetzgebung

114 115

a) Erlaß eines neuen Besoldungsgesetzes

115

b) Einführung neuer Gehaltsbestandteile und ihre Grenzen

116

nsverzeichnis c) Einkommenserhöhungen durch strukturelle Verbesserungen . . .

11 118

d) Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetze als Anpassungsmaßnahmen im engeren Sinne 119 3. Das Akzessorietätsverhältnis zwischen Bundesbesoldungsgesetz und Besoldungsanpassungsgesetz 119 4. Die Bedeutung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse für die Anpassungsgesetzgebung 120 a) Statistische Aussagekraft und normative Verbindlichkeit volkswirtschaftlicher Globaldaten 120 aa) Einschlägige Daten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung 120 bb) Die Tauglichkeit volkswirtschaftlicher Globaldaten als Grundlage einkommenspolitischer Entscheidungen 123 cc) Vergütungstarifvertragsabschlüsse als Richtpunkte für die Besoldungsanpassungsgesetze 124 dd) VGR-Globaldaten und Tarifentwicklung als empirische Grundlagen besoldungspolitischer Entscheidungen 125 b) Die Bedeutung der allgemeinen finanziellen Verhältnisse für die Anpassungsgesetzgebung 126 5. Konjunkturaufschwung und allgemeine Zunahme der Realeinkommen 127 a) Die Pflicht des Gesetzgebers zur regelmäßigen Überprüfung der Besoldungssituation 127 b) Anpassung als Valorisierung oder Dynamisierung der Gehälter? 128 6. Stagnation der allgemeinen Einkommensentwicklung und „Nullrunden" 130 7. Rückgang des realen Volkseinkommens

131

a) Anpassung durch nominale und reale Kürzung der Gehälter . . .

131

b) Deflation und nominaler Einkommensabbau

132

II. Die „soziale Produktivität" des öffentlichen Dienstes als verteilungspolitische Legitimation für die Beteiligung der Beamtenschaft am allgemeinen Einkommenszuwachs 133 1. Das Versagen des traditionellen Produktivitätsverständnisses gegenüber der gemeinnützigen Funktion des öffentlichen Dienstes 133 2. Die Erweiterung des Produktivitätsbegriffs

134

a) Die Gewährleistung der staatlichen Infrastruktur als gesamtwirtschaftlicher Beitrag des öffentlichen Sektors 134 b) Die zunehmende Fragwürdigkeit des Leistungslohnes

135

I I I . Einflüsse der Stabilitätspolitik auf die Besoldungsanpassungsgesetzgebung 136 1. Die Abstimmung von Besoldungs- und allgemeiner staatlicher Lohnpolitik 136

nsverzeichnis

12

a) Begrenzung des Besoldungsaufwandes aus stabilitätspolitischen Gründen 136 b) Prinzipielle Zulässigkeit stabilitätsorientierter Besoldungspolitik 137 2. Die besoldungspolitische Problematik von „Stabilitätsopfern"

....

138

3. Stabilitätspolitik und Verteilungsgerechtigkeit

140

I V . Besoldungsgesetzgebung als Instrument der Konjunktursteuerung?

. . 143

1. Besoldungserhöhungen als Induzierung von privater Nachfrage?

..

2. Besoldungskürzungen als Mittel „restriktiver" Konjunkturpolitik?

143

. 144

a) Das Steuerungsmodell von Heer

144

b) Einwände gegen eine Instrumentalisierung des Besoldungsaufwandes für wirtschaftspolitische Ziele 145 aa) Wirtschaftspolitische Effizienz und sozialpolitische Akzeptanz 145 bb) Zweckentfremdung der Beamteneinkommen zur „konjunkturpolitischen Manövriermasse" 146 cc) Gefahr einer „besoldungspolitischen Zwickmühle"

147

3. Der akzessorische Charakter der Besoldungsanpassungsgesetzgebung gegenüber der allgemeinen Einkommensentwicklung 149 a) Anpassung und retrospektive Orientierung des Gesetzgebers

. . 149

b) Die Rolle des öffentlichen Dienstes bei der Verwirklichung gesellschafts- und einkommenspolitischer Reformen 150 c) Begrenzte Zulässigkeit „antezipierender" Besoldungsanpassungsgesetze 151 V. Besoldungsanpassungsgesetzgebung und Arbeitsmarktentwicklung . . . 151 1. Der Arbeitsmarkt als Indikator der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 151 2. Zurückhaltende Besoldungsanpassungspolitik als Ausgleich für ein fehlendes Beschäftigungsrisiko? 153 a) Arbeitsplatzsicherheit außerhalb des Beamtenverhältnisses . . . .

153

b) Lebenslänglichkeit des Dienstverhältnisses als soziale Privilegierung des Beamten? 154 3. Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung als zulässiger Beitrag zur Arbeitsmarktförderung? 160 a) Umverteilung von Defiziten zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und anderen öffentlichen Haushalten 160 b) „Gruppenhomogenität" als Eingliederungsvoraussetzung

160

4. Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung ohne Leistungsberechtigung

...

163

V I . „Arbeitsmarktabgabe" für Beamte - finanzverfassungsrechtliche Klassifizierung und beamtenrechtliche Problematik 164 1. Arbeitsmarktabgabe als nicht-fiskalische Sonderabgabe

164

nsverzeichnis 2. Arbeitsmarktabgabe als „Förderungsabgabe"? a) Materielle Voraussetzungen

13 165 165

b) Fehlende „Gruppennützigkeit" jeglicher Arbeitsmarktabgabe . . 166 3. Arbeitsmarktabgabe als „Ausgleichsabgabe"?

167

4. Arbeitsmarktabgabe und Alimentationsgrundsatz

169

a) Schmälerung des Netto-Einkommens

169

b) Arbeitsmarktabgabe als mit dem Sonderstatus des Beamten unvereinbare Sonderbelastung? 170 V I I . Die Anpassung der Besoldung bei Deckungslücken der öffentlichen Haushalte 171 1. Der Einfluß des finanziellen Leistungsvermögens des Dienstherrn auf Bemessung und Anpassung der Gehälter 171 a) Kürzung der Bezüge aus fiskalischen Motiven

171

b) Die Bedeutung der Finanzlage des Dienstherrn für die Angemessenheit der Beamteneinkommen 173 aa) Der Stellenwert des Besoldungsaufwandes im Rahmen der staatlichen Ausgaben - keine „Ausgabenpriorität" für Beamtengehälter 174 bb) Das Verbot des Einsatzes der Besoldung als „finanzpolitische Manövriermasse" 179 c) Die besoldungspolitische Widersprüchlichkeit fiskalisch motivierter Kürzungen 180 2. Die Verantwortung und Treuepflicht des Beamten

182

a) Die politische Verantwortlichkeit für Deckungslücken in den Etats 182 b) Beamtenrechtliche Treuepflicht und finanzpolitische Maßnahmen des Gesetzgebers 183 aa) Verfassungsrechtliche Treuepflicht als inhaltlich unbestimmte Generalklausel 184 bb) Die Treuepflicht als Richtschnur für das individuelle Verhalten des Beamten 185 cc) „Fiskalpolitische" Treuepflicht - überflüssige Konstruktion und Ansatz zur Aushöhlung der Kernbestandsgarantie . . . 186 c) Sanierung der öffentlichen Haushalte und Sozialstaatsgrundsatz 188 3. Unterschreitung des angemessenen Unterhalts in einer Staatskrise? 190 V i l i . Die Zulässigkeit von Fest-, Sockel- und Mindestbeträgen bei linearen Anpassungsmaßnahmen - zur Problematik einer „Kappung" von linearen Besoldungserhöhungen 192 1. Die einkommenspolitische und besoldungsrechtliche Fragwürdigkeit einheitlicher Anpassungsbeträge 192 a) Nivellierende Besoldungsanpassungsgesetzgebung und der Verfassungsgrundsatz amtsangemessener Besoldung 192

14

nsverzeichnis b) Die weiten Schranken des besoldungsrechtlichen Differenzierungsgebotes 194 c) Die derogierende Wirkung des Anpassungsgesetzes

196

d) Willkürverbot und „Systemgerechtigkeit" bei der Anpassung der Gehälter 199 aa) Systemgerechtigkeit als Topos zur Konkretisierung des Gleichheitssatzes 199 bb) Die Gültigkeit des „Engeischen/Schwabeschen Gesetzes" für die Besoldungspolitik 200 cc) Systemgerechtigkeit als hermeneutisches Postulat

201

e) Die begrenzte Zulässigkeit von Festbeträgen in förmlichen Anpassungsgesetzen 203 2. Zur „Kappung" linearer Besoldungserhöhungen

204

a) Begrenzung linearer Anpassungen auf Höchstbeträge als Verstoß gegen den Leistungsgrundsatz? 204 b) Kappung und „Wirkungsallgemeinheit" von Besoldungsanpassungsmaßnahmen im Sinne von § 14 BBesG 206 3. Lineare Besoldungserhöhungen und Zulagen

207

I X . Gesetzesvorbehalt im Besoldungsrecht und Vergütungstarifverhandlungen 208 1. Unzulässigkeit tarifvertraglicher Regelung der Beamtenbezüge

...

208

2. Übernahme von Vergütungstarifverhandlungsergebnissen durch den Besoldungsgesetzgeber - zulässige Ausübung des Anpassungsermessens oder indirekte tarifvertragliche Regelung? 209 a) Die sachliche Legitimation des Gesetzesvorbehalts

209

b) Sachgründe für eine einheitliche Einkommenspolitik im öffentlichen Dienst 211 c) Die beamtenpolitische Problematik einer einheitlichen Einkommenspolitik 212 d) Chancen für eine Verselbständigung der Besoldungs- gegenüber der Tarifpolitik 213 X. Verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz gegenüber unzureichender Anpassungsgesetzgebung 215 1. Das grundrechtsähnliche Individualrecht auf den angemessenen Unterhalt als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde 215 2. Die Effektivität der Verfassungsbeschwerde gegenüber einer „Abkopplung" der Beamtengehälter von der allgemeinen Einkommensentwicklung 217 a) Inhaltliche Unbestimmtheit des Individualrechts aus Art. 33 V GG 217 b) Die Prüfungsmaßstäbe des Bundesverfassungsgerichts bei Besoldungsgesetzen 219

nsverzeichnis 3. Rechtspolitische Defizite der „Evidenztheorie"

15 220

4. „Positive" Angemessenheitskontrolle der Anpassungsgesetzgebung als Voraussetzung für einen effektiveren Rechtsschutz? 222 a) Friktionen mit der Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers . . 222 b) Die Tarifpolitik als Garantien einer parallelen Entwicklung der Beamtenbesoldung und der Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes 223 C. Auswertung des Zweiten Teils - Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen . 226

Literaturverzeichnis

234

Abkürzungsverzeichnis a. Α .

= anderer Auffassung

abl.

= ablehnend

a. E.

= am Ende

a. F.

= alter Fassung

Anm.

= Anmerkung

AöR

= Archiv des öffentlichen Rechts (zitiert nach Band und Seite)

Art.

= Artikel

Aufl.

= Auflage

bad.-württ.

= baden-württembergisch

BayBZ

= Bayerische Beamtenzeitung

BayVBl

= Bayerische Verwaltungsblätter

Bay VerfGH

= Bayerischer Verfassungsgerichtshof

BBesErhG

= Bundesbesoldungserhöhungsgesetz

BBesG

= Bundesbesoldungsgesetz

BBesVAnpG

= Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetz

BBG

= Bundesbeamtengesetz

Bd.

= Band

BDO

= Bundesdisziplinarordnung

bearb.

= bearbeitet

BesVNG

= Besoldungs- und -versorgungsneuregelungsgesetz

BGB

= Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl

= Bundesgesetzblatt

Β GHZ

= Bundesgerichtshof in Zivilsachen

BJB

= Beamtenjahrbuch

BK

= Bonner Kommentar

BKGG

= Bundeskindergeldgesetz

BR-Drucks.

= Bundesratsdrucksache

BSHG

= Bundessozialhilfegesetz

BT-Drucks.

= Bundestagsdrucksache

BVerfGE

= Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

BVerfGG

= Bundesverfassungsgerichtsgesetz

BVerwGE

= Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

bzw.

= beziehungsweise

Abkürzungsverzeichnis DBB

Deutscher Beamtenbund

DDB

Der Deutsche Beamte

dens.

denselben

ders.

derselbe

DGB

Deutscher Gewerkschaftsbund

d.h.

das heißt

dies.

dieselben

DJT

Deutscher Juristentag

DJZ

Deutsche Juristenzeitung

DöD

Der öffentliche Dienst

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

DS

Drucksache

DStBl

Deutsches Steuerblatt

DVBl

Deutsches Verwaltungsblatt

DVP

Deutsche Verwaltungspraxis

f.; ff.

folgende

FinArch

Finanzarchiv

FinWiss

Finanzwissenschaft

FN

Fußnote

17

FS

Festschrift

G 131

Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen

GG ggf·

Grundgesetz gegebenenfalls

GKöD

Gesamtkommentar öffentliches Dienstrecht

GRe

Die Grundrechte, Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, hrsg. v. Bettermann / Nipperdey / Scheuner (zitiert nach Band, Halbband und Seite)

HB

Handbuch

HdSW

Handwörterbuch der Sozialwissenschaften

HdV

Handwörterbuch der Volkswirtschaft

HdWW

Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft

h.M.

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber

HWB

Handwörterbuch

i.d.F.

in der Fassung

i.d.S.

in diesem Sinne

i.E.

im Ergebnis

i.H.v.

in Höhe von

2 Günther

Abkürzungsverzeichnis

18 i.S.v.

= im Sinne von

i.V.m.

= in Verbindung mit

JB der Bodenreform Jg.

= Jahrbuch der Bodenreform = Jahrgang

JöR

= Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart

JW

= Juristische Wochenschrift

JZ

= Juristenzeitung

KommWiss

= Kommunalwissenschaften

Leg. Periode

= Legislaturperiode

MDHS

= Maunz / Dürig / Herzog / Scholz

m.E.

= meines Erachtens

m. w. N.

= mit weiteren Nachweisen

NDBZ

= Neue Deutsche Beamtenzeitung

NF

= Neue Folge

Nr.

= Nummer

o.a.

= oben angeführt

ÖD

= öffentlicher Dienst

o.V.

= ohne Verfasserangabe

PostArch

= Postarchiv

pr.JB

= Preußisches Jahrbuch

RBB1

= Reichsbesoldungsblatt

RBesG

= Reichsbesoldungsgesetz

RFHE

= Entscheidung des Reichsfinanzhofs

RFM-Denkschrift = Denkschrift des Reichsministers der Finanzen über die Entwicklung der Besoldung der Reichsbeamten von 1997 bis Dezember 1924 RGBl

= Reichsgesetzblatt

RGZ

= Reichsgericht in Zivilsachen

RiA

= Recht im Amt

RuPrVwBl

= Reichsverwaltungsblatt und Preußisches Verwaltungsblatt

RVO

= Reichsversicherungsordnung

RWI-Mitt.

= Mitteilungen des rheinisch-westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung

Schmoller's JB

= Schmoller's Jahrbuch

SGB-AT

= Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil

s.o.

= siehe oben

Sp.

= Spalte

StaWiss

= Staatswissenschaften

Stenogr. Ber.

= Stenographische Berichte

Abkürzungsverzeichnis

19

SVR

= Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

VerfR

= Verfassungsrecht

VerwArch

= Verwaltungsarchiv (zitiert nach Band und Seite)

VerwRspr.

= Verwaltungsrechtsprechung

VGH

= Verwaltungsgerichtshof

vgl.

= vergleiche

VGR

= Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung

v. H.

= von Hundert

Vhdl.

= Verhandlungen

WDStRL

= Veröffentlichungen der Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer

WiGBl

= Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes

WRV

= Weimarer Reichsverfassung

WWI/WSI-Mitt.

= Mitteilungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts des Deutschen Gewerkschaftsbundes

ZAkDR

= Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht

z.B.

= zum Beispiel

ZBR

= Zeitschrift für Beamtenrecht

ZRBhB

= Zeitschrift des Reichsbundes der höheren Beamten

z. T.

= zum Teil

zust.

= zustimmend

Einleitung I . Z u r Problemstellung

Die gesamtwirtschaftliche Lage der Bundesrepublik Deutschland ist noch immer von der schweren wirtschaftlichen Rezession der siebziger Jahre gekennzeichnet. Diese hat an langfristigen Folgen nicht nur eine strukturelle Arbeitslosigkeit auf anhaltend hohem Niveau, sondern auch eine besorgniserregende Verschuldung der öffentlichen Haushalte hinterlassen. Die Wiedererlangung der Vollbeschäftigung und die Sanierung der Finanzen von Bund, Ländern und Gemeinden gelten deshalb als vordringliche politische Aufgaben. Deren crux liegt aber darin, daß eine eminent wichtige sozialpolitische Aufgabe wie die Förderung des Arbeitsmarktes erhebliche finanzielle Mittel in Anspruch nimmt und deshalb mit dem langfristig ebenso wichtigen Ziel, die Staatsquote zu reduzieren, zwangsläufig in Widerspruch gerät. Als kompromißfähiger Ausweg aus diesem Dilemma kann für die Finanzpolitik deshalb nur die Verminderung anderer öffentlicher Ausgaben in Frage kommen. Als Ansatzpunkt für die gebotenen Sparmaßnahmen stehen seit geraumer Zeit die Personalausgaben der öffentlichen Hand im Mittelpunkt der Diskussion. Kern der Auseinandersetzungen ist dabei die jährliche allgemeine Anpassung der von den im öffentlichen Dienst Beschäftigten bezogenen Gehälter, Vergütungen und Löhne, der über den öffentlichen Sektor hinaus eine Schlüsselrolle für die allgemeine Lohn- und Einkommenspolitik zugeschrieben wird. Die Durchsetzung von Sparmaßnahmen in diesem Bereich stößt jedoch auf unüberwindbar scheinende politische Barrieren: so wenden sich die betroffenen Beamten, Angestellten und Arbeiter gegen die Auferlegung angeblicher „Sonderopfer" gegenüber den abhängig Beschäftigten in der privaten Wirtschaft und bestehen auf einer Beteiligung an der allgemeinen Einkommensentwicklung. Als zusätzliches Hindernis erweist sich die Tarifmacht der Gewerkschaften, welche die statusrechtliche Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, d. h. die traditionelle Unterteilung der Bediensteten in Beamte auf der einen sowie Angestellte und Arbeiter auf der anderen Seite, seit mehr als zehn Jahren zumindest in einkommenspolitischen Fragen praktisch außer Kraft gesetzt zu haben scheint. Da sich die gegenwärtig ca. 4,5 Millionen öffentlichen Bediensteten in 1,8 Millionen Beamte, 1,6 Millionen Angestellte und 1,1 Millionen Arbeiter aufteilen, sind dem Zugriff des Gesetzgebers auf die Einkommen der im Staatsdienst befindlichen Personen bereits dadurch rechtliche Grenzen gezogen, daß die Einkommen der Mehr-

22

Einleitung

zahl der Beschäftigten nicht der gesetzlichen Regelungsbefugnis des Parlaments, sondern den Mechanismen des Tarif rechts unterliegen. Einsparungen können gegenüber den nichtbeamteten Bediensteten deshalb nur im Rahmen von Tarifbeschlüssen durchgesetzt werden. Da sowohl die öffentlichen Arbeitgeber als auch die Gewerkschaften seit Ende der sechziger Jahre im Hinblick auf eine sozialpolitische Gleichbehandlung aller Angehörigen des öffentlichen Dienstes die jeweils eigene Tarif- und Besoldungspolitik weitgehend aufeinander abgestimmt haben, erweist sich der Umfang, in dem die öffentlichen Arbeitgeber ihre Sparabsichten in die Tarifabschlüsse einbringen können, als präjudiziell für den Handlungsspielraum der Besoldungsanpassungsgesetzgebung. Die politische Auseinandersetzung um die Einbeziehung gerade des Besoldungsaufwandes in Sanierungs- und Sparkonzepte wird vor allem seitens der Beamtenverbände nicht nur mit einkommens- und sonstigen sozialpolitischen, sondern unter Hinweis auf die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums durch Art. 33 V GG auch mit juristischen Argumenten geführt. Dieser Befund provoziert die Frage, welche Grenzen das Grundgesetz und das einfachgesetzliche Beamtenrecht über die tagespolitische Auseinandersetzung hinaus dem besoldungspolitischen Ermessen des Gesetzgebers im allgemeinen und bei der Anpassung der Beamtenbesoldung an die sich wandelnden wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingen im besonderen ziehen. Lohnenswert erscheint dabei insbesondere die Untersuchung der Frage, welche rechtlichen Vorgaben für das Verhältnis der Beamtenbesoldung zur allgemeinen Einkommenslage existieren; von Belang ist ferner der Einfluß der finanziellen Leistungskraft des Dienstherrn auf die Höhe der zu zahlenden Besoldung. Außerdem ist zu klären, ob die allgemeine Treuepflicht des Beamten diesen zu einem gesteigerten Maß an Rücksichtnahme auf die finanzielle Leistungskraft des Dienstherrn verpflichtet und inwieweit sie als juristische Legitimation für finanzielle „Sonderopfer" der Beamtenschaft in Betracht kommt. Die Bedeutung des Arbeitsmarkts für die Anpassung der Besoldung wird insbesondere unter dem Aspekt beleuchtet, ob und in welcher Form die Beamtenschaft bei Beschäftigungskrisen finanziell zur Förderung des Arbeitsmarkts herangezogen werden darf. Einen zweiten thematischen Schwerpunkt der Untersuchung bilden jene rechtlichen Probleme, welche die seit anderthalb Jahrzehnten praktizierte Übernahme der Ergebnisse der für die Angestellten des öffentlichen Dienstes abgeschlossenen Vergütungstarifverträge durch die Besoldungsanpassungsgesetzgebung aufwirft. Dadurch, daß derartige Vereinbarungen neben einer linearen Verbesserung aller Vergütungsgruppen mitunter auch Festbeträge zugunsten der unteren Einkommensgruppen enthalten, sind auch innerhalb des Besoldungsgefüges Nivellierungstendenzen ausgelöst worden, die die Vereinbarkeit einer solchen Anpassungsgesetzgebung mit dem Grundsatz leistungsadäquater Besoldung zumindest fraglich erscheinen lassen.

II. Methodischer Ansatz

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I I . Methodischer Ansatz Verfassungsrechtliche Grundlage der dogmatischen Erörterung ist deshalb der Alimentationsgrundsatz, der zu den nach Art. 33 V GG bei der Regelung des Beamtenrechts vom Gesetzgeber zu berücksichtigenden „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums" zählt und den Beamten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „angemessenen", d. h. auch der Bedeutung des Amts und der damit verbundenen Verantwortung entsprechenden Lebensunterhalt garantiert. Neben einer Stellungnahme zur heutigen Relevanz der jahrzehntelangen Auseinandersetzung um die Rechtsnatur der Beamtenbesoldung, die unter den Schlagworten „Alimentationstheorie" bzw. „Lohntheorie" geführt wurde, ist es ein vorrangiges Ziel der Untersuchung, diejenige Sichtung und Würdigung der für die Angemessenheit der Besoldung maßgeblichen Wertungsfaktoren vorzunehmen, deren Fehlen Thiele 1 vor einiger Zeit mit Recht beklagt hat. Dazu wurde nicht nur die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ausgewertet, sondern auch auf einschlägiges wirtschafts- und sozialwissenschaftliches Schrifttum 2 zurückgegriffen, um auch den Einfluß der Arbeitsmarktlage und des Einkommensniveaus außerhalb des öffentlichen Dienstes auf das Niveau der Beamtenbesoldung aufzuzeigen. Zur Beantwortung der sich im Zusammenhang mit dem Alimentationsprinzip stellenden Grundsatzfragen sowie der vorstehend skizzierten aktuellen besoldungspolitischen Einzelfragen, bei deren Behandlung verfassungsrechtliche Argumente auf der einen und rechts- wie auch beamtenpolitische Aspekte auf der anderen Seite oftmals nicht scharf von einander zu trennen sind, erschien des weiteren eine geraffte entwicklungsgeschichtliche Analyse des Alimentationsgrundsatzes angebracht. Die Interpretation eines jeden „hergebrachten" Grundsatzes kann sinnvollerweise nur unter besonderer Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte betrieben werden. Deshalb wurde die Arbeit in zwei Teile gegliedert, wobei der eigentlichen dogmatischen Untersuchung ein historischer Teil vorausgeht. Dieser befaßt sich mit der Besoldungspolitik seit der Jahrhundertwende. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt dabei auf den Wechselwirkungen, die zwischen der Beamtenbesoldung auf der einen und der Dynamik der allgemeinen wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Rahmenbedingungen auf der anderen Seite bestehen.

1 Vgl. W. Thiele, Zur Problematik der sogenannten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, D Ö V 1981, S. 773 (778). 2 Zur Bedeutung wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse für die Norminterpretation vgl. die Untersuchung von Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle im Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 142ff. (151 f.).

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Einleitung

A m Beispiel der Entwicklung der Beamtenbesoldung in der Weltwirtschaftskrise der Jahre 1929/32, von der die Beamtenschaft insbesondere durch die im Rahmen der Brüningschen Notverordnungen durchgesetzten Gehaltskürzungen betroffen war, wird sich erweisen, daß ein adäquates Verständnis der Entwicklung des Besoldungsrechts und seiner heutigen verfassungsrechtlichen Grundlagen nur unter der Voraussetzung möglich ist, daß die Abhängigkeit einer jeden besoldungsrechtlichen Kodifikation von der jeweiligen Besoldungspolitik ebenso vorbehaltslos anerkannt wird wie deren Eingebundensein in die wirtschafts-, finanz- und sozialpolitische Gesamtkonzeption der jeweiligen Regierung. Daß Beamtenpolitik und Beamtengesetzgebung unmittelbar das staatspolitische Grundverständnis einer Epoche widerspiegeln, bedarf keiner besonderen Erläuterung; weniger verbreitet ist bislang die Erkenntnis, daß Beamtenpolitik und Besoldungsgesetzgebung in erheblichem Maße auch von der jeweiligen staatlichen Sozialpolitik geprägt werden. Der erste Teil ist daher gleichzeitig ein Versuch, ein noch ausstehendes Kapitel deutscher Sozialgeschichte3 zu schreiben, womit wiederum eine Anregung Thieles aufgegriffen wurde. Seine Vermutung, daß das Ergebnis einer solchen Untersuchung keine bloße Konservierung eines seit langen Zeiten geprägten Bildes vom Beamten sein könne 4 , hat nach Meinung des Verfassers nicht getrogen.

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Vgl. W. Thiele, Alimentationsgrundsatz - wesentlicher Grundsatz des Berufsbeamtentums oder bloße Leerformel des Beamtenrechts?, D V B l 1981, S. 253 (259). 4 Ebd.

Erster Teil

Die Anpassung der Besoldung an die allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung im geschichtlichen Rückblick A . Allgemeine Einkommensentwicklung und Besoldungsgesetzgebung seit 1909 I· Die Entwicklung der Besoldung im Deutschen Reich bis 1918 1. Die Besoldungsreform von 1909

Sucht man nach einem Stichjahr für den Beginn des modernen deutschen Besoldungsrechts, fällt der Blick fast unvermeidlich auf das Jahr 1909, denn am 15. Juli jenes Jahres trat das erste umfassende Besoldungsgesetz auf Reichsebene in Kraft. Das Reichsbesoldungsgesetz1 regelte die Diensteinkommen der Reichsbeamten und Offiziere des Reichsheeres. Bis dahin waren die Gehälter der planmäßigen Reichsbeamten jeweils jährlich im Reichsetat, die Gehälter der außerplanmäßigen Beamten dagegen durch Verordnungen des Reichskanzlers geregelt worden 2 . Lediglich der Wohnungsgeldzuschuß, der Vorläufer des heutigen Ortszuschlages, war bereits seit 1873 gesetzlich geregelt. Er sollte dem Beamten, der infolge der Residenzpflicht seinen Wohnort nicht frei wählen konnte, einen Ausgleich für den Wohnungsaufwand verschaffen, der in jener Zeit von Ort zu Ort stark differierte 3 . Neben einer großen Zahl verschiedener unbedeutender Zuschüsse bildeten Wohnungsgeldzuschuß und Grundgehalt den größten Teil des Diensteinkommens. Gegen Ende der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts war eine Aufbesserung der Beamtengehälter überfällig, nachdem das Deutsche Reich um die

ι Vgl. RGBl 1909 S. 573. Vgl. die Denkschrift des Reichsfinanzministeriums über die Entwicklung der Besoldung der Reichsbeamten von 1897 bis Dezember 1924, RBB1 1925, S. 11 (12); ferner Gerloff / Völter, Die deutsche Beamtenbesoldung, S. 11; diese Kompetenz des Kanzlers blieb durch das RBesG 1909 unberührt, vgl. Laband, Staatsrecht des Dt. Reiches, Bd. 1, S. 503. 3 Vgl. Heyneck, PostArch 1950, S. 837 (841); Thiel, pr. JB 1896, 84. Bd., S. 19 (26); zu den wohnungswirtschaftlichen Hintergründen vgl. Kühler, Besoldung und Lebenshaltung der unmittelbaren preußischen Staatsbeamten im 19. Jahrhundert, S. 46f. 2

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

Jahrhundertwende zum zweiten Mal nach seiner Gründung eine wirtschaftliche Blütephase erlebt hatte. Diese spiegelte sich in den Jahren 1908/09 nicht nur in einem gestiegenen Preisniveau, sondern auch in allgemein gehobenen Ansprüchen an die Lebenshaltung wider. Die Einkommen der Beamten des Reiches und in Preußen hatte man zuletzt zwischen 1892 und 1897 der während der Gründer jähre erheblich gestiegenen Lebenshaltung angepaßt4 und sich in der Folgezeit auf vereinzelte Aufbesserungen zugunsten bestimmter Beamtengruppen beschränkt 5. In dem Zeitraum von 1897 bis 1907 waren aber das Pro-Kopf-Einkommen und die Löhne der in den staatlichen Betrieben beschäftigten Arbeiter um ca. 30 v. H., die Lebenshaltungskosten dagegen nur um 20 v. H. gestiegen6. Da die Bezüge der meisten Beamten seit 1897 nominal stagnierten, hatten die Beamten erhebliche Einbußen an Kaufkraft erlitten. Nachdem die SPD-Fraktion im Reichstag Einkommensverbesserungen für die unteren und mittleren Besoldungsklassen gefordert hatte, wurde für das laufende Jahr 1907 eine außerordentliche einmalige Zulage bewilligt 7 , die, da sich die von der Reichsregierung vorgesehene allgemeine Besoldungsaufbesserung verzögerte, 1908 in Gestalt einer einmaligen Teuerungshilfe für die Beamten in den unteren und mittleren Besoldungsklassen wiederholt wurde. Unterdessen befürwortete der Bundesrat eine umfassende gesetzliche Neuregelung des gesamten Besoldungsrechts 8. Für ein solches Vorhaben gab es gute Gründe. Umfassende gesetzliche Regelungen der Beamtendienstbezüge bestanden bereits in mehr als der Hälfte der im Reich zusammengeschlossenen Bundesstaaten9. Der Umstand, daß das Grundgehalt als der bedeutendste Bestandteil des Diensteinkommens lediglich im Rahmen des jeweiligen Jahresetats, der Wohnungsgeldzuschuß als der lediglich komplementäre Teil 4 Vgl. dazu die einschlägige Denkschrift, in: Reichstagsdrucksachen, 9. Leg. Periode No. 576, S. 3 sowie zur entsprechenden Entwicklung in Preußen die im 2. Band der Anlagen zum Staatshaushalts-Etat 1897/98 unter Nr. 14 als Beilage Β abgedruckte Denkschrift des preußischen Finanzministeriums. Bei dieser Aktion waren die Gehälter der unteren und meisten mittleren Beamtenklassen bereits 1892 um durchschnittlich 13 v . H . erhöht worden. 5 So gab es ζ. B. 1906 eine Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses für die unteren Beamten, die von dem nach der Jahrhundertwende besonders starken Anstieg der Wohnungsmieten am härtesten betroffen waren, vgl. Kühler, Besoldung und Lebenshaltung, S. 120 f. 6 Vgl. Most, Schmoller's JB 1915, S. 181 f.; zu dem sich ständig vergrößernden Wachstumsvorsprung der Löhne von Arbeitern und Handwerkern in der Zeit von 1879 bis 1908 vgl. die detaillierte Analyse von Kühler, S. 147ff., 168ff. 7 Vgl. Gerloff / Völter, Die dt. Beamtenbesoldung, S. 12. 8 Vgl. Reichstagsdrucksachen, X I I . Leg. Periode, 1. Session, Nr. 1022. 9 Vgl. die Begründung des entsprechenden Gesetzesentwurfs in der Reichstagsdrucksache Nr. 1022, S. 74. In Bayern wurden die BeahVtengehälter durch eine königliche Verordnung geregelt, die ihrerseits jedoch auf eineri* förmlichen Gesetz beruhte, vgl. Schanz, FinArch 1917, S. 179 (196).

I. Entwicklung der Besoldung bis 1918

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der Gesamtbesoldung dagegen in einem besonderen Gesetz geregelt war, wurde zunehmend als regelungstechnische Ungereimtheit empfunden. Eine Abkopplung des Besoldungsaufwandes von den Beratungen des jeweiligen Reichsetats versprach ferner einen Gewinn an Rechtssicherheit und Vertrauen bei der Beamtenschaft, die von der jährlichen Ungewißheit über den Bestand ihrer Einkommen ebenso sehr verunsichert wurde wie von dem dauernden Ringen um eine Anpassung der Bezüge an die seit Mitte des 19. Jahrhunderts beschleunigte Teuerung 10 . Schließlich konnte die Transparenz der gesetzlichen Regelung die in der Öffentlichkeit mehr oder weniger kompetent geführte besoldungspolitische Diskussion über den jeweiligen Stand der Beamtenbezüge nur versachlichen 11. Gegenüber dem Entwurf des Bundesrates, der für die unteren Beamten eine Erhöhung der Grundgehälter um bis zu 20 v. H. vorsah, trat die Budgetkommission des Reichstages wegen der stark gestiegenen Arbeiterlöhne für eine Gehaltsaufbesserung ein, die sich bei den mittleren Beamten auf 22 v. H. und den unteren Gruppen gar auf bis zu 50 v. H. gegenüber dem Niveau von 1897 belaufen sollte 12 . Die Verwirklichung dieser Pläne hätte aber zu einem personalpolitisch unvertretbaren Einkommensvorsprung der Reichsbeamten gegenüber den Bediensteten der übrigen Gebietskörperschaften geführt 13 ; ohnehin waren bereits Befürchtungen laut geworden, daß die Besoldungsreform die Kommunalbeamten und die in Industrie und Handel beschäftigten Arbeitnehmer zu überzogenen Lohnund Gehaltsforderungen veranlassen könnte 14 . Der mit Rücksicht auf die finanzielle Belastbarkeit des Reiches geschlossene Kompromiß sah eine Erhöhung der Grundgehälter vor, die sich bei den höheren Beamten gegenüber dem Stand von 1897 auf ca. 8 v. H. belief und bei den unteren Beamten 16 v. H. erreichte 15 . Der Schwerpunkt der Reform lag damit ersichtlich auf einer Verbesserung der Lage der unteren Beamtengruppen, denen damit ein jährliches Mindestgehalt von 1000 M garantiert war 16 . Bei den mittleren Beamten erhöhte man vor allem die Endgrundgehäl10 Vgl. Thiel, pr. JB, 84. Bd., S. 19 (22), der die „Unabhängigkeit fester Bezüge von Gunst und Ungunst" als das besoldungspolitische Hauptanliegen der Beamten um die Jahrhundertwende formulierte. 11 Vgl. Reichstagsdrucksache Nr. 1022, S. 74; außerdem dürfte auch die Erwägung eine Rolle gespielt haben, daß Unterschiede im Wohnungsaufwand wie bisher durch Änderungen des Wohnungsgeldzuschusses statt durch eine in der Öffentlichkeit unpopuläre Erhöhung der Grundgehälter ausgeglichen werden konnten, vgl. Hey neck, PostArch 1950, S. 837 (841). 12 Vgl. Reichstagsdrucksachen, X I I . Leg. Periode, 1. Session, Nr. 1615, S. 163f. 13 ' Vgl. die Denkschrift des Reichsfinanzmimsteriums, RBB11925, S. 11 (13). 14 Vgl. Reichstagsdrucksache Nr. 1022, S. 74. 15 Vgl. den Bericht der Budgetkommission, Reichstagsdrucksache Nr. 1615, S. 165 f.; 173; zu den finanziellen Folgen der Reform für den Reichshäushall vgl. Gerloff / Votier, S. 13. 16 Vgl. Reichstagsdrucksache Nr. 1022, S. 80; bereits seit Anfang des 19. Jährhtiftderts würden die unteren Besoldungsgruppen bei Besoldungserhöhungen jeweils eher

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

ter, wobei die preußische Besoldungsordnung zum Vorbild genommen wurde, um einer Fluktuation des Personals in den Dienst des politisch einflußreichsten Bundesstaates vorzubeugen. Die Neigung, die Einkommen der unteren Beamten relativ stärker anzuheben, machte sich auch bei der Erhöhung des Wohngeldzuschusses bemerkbar. Damit lag der Gesamtzuwachs der Dienstbezüge gegenüber dem Stand von 1897 bei den unteren Beamten bei 25 v. H., während er bei den mittleren und höheren Beamten ca. 17 bzw. 11,5 v. H. betrug 17 . Neben der überfälligen Aufbesserung der Bezüge enthielt das RBesG 1909 auch Neuerungen technischer Art. Es leitete die Reichsbeamten in vier Besoldungsordnungen über, wobei die Besoldungsordnung I als die zahlenmäßig bedeutendste in Teil A 70 Klassen aufsteigender und in Teil Β 22 Klassen fester Gehälter enthielt; insgesamt existierten 174 Gehaltsklassen. Ferner regelte es die Berechnung des Besoldungsdienstalters und die jeweiligen Aufrückungsbeträge 18. Die Teuerungszulagen entfielen. Da die Lebenshaltungskosten nach 1909 jährlich um ca. 5 v. H. stiegen, mußten, wie von den Kritikern der Reform befürchtet 19 , die Gehälter in den niedrigsten Besoldungsklassen noch einmal um 100 M und in einigen mittleren Klassen bis 1916 um 300 M aufgebessert werden 20 . 2. Einkommenslage und soziale Stellung der Beamtenschaft nach der Besoldungsreform

Trotz des enormen finanziellen Aufwandes, den die Besoldungsreform und ihre Folgemaßnahmen verursachten, war unübersehbar, daß nicht alle Beamten einen Ausgleich für den seit 1897 an ihren Gehältern eingetretenen Kaufkraftverlust erhalten hatten. Von einem Anschluß der Beamtenschaft an die allgemeine Einkommensentwicklung konnte erst recht keine Rede sein 21 . Bei den unteren Besoldungsgruppen hatte die Reform zwar den seit der letzten Besoldungserhöhung eingetretenen Preisauftrieb weitgehend kompensiert; hinter der entsprechenden Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens waren die und relativ stärker angehoben als die anderen Beamtengruppen, vgl. Kühler, Besoldung und Lebenshaltung, S. 120f.; ferner Hintze, Der Beamtenstand, S. 54; Elz, pr. JB 1908, S. 132. Bd., S. 193f. und Schanz, FinArch 1917, S. 179 (218). 17 RFM-Denkschrift, S. 13. 18 Diese waren bis dahin in Verwaltungsvorschriften bzw. im Etatansatz geregelt worden. Zur Geschichte des Dienstaltersstufensystems vgl. Lötz, Geschichte des Dt. Berufsbeamtentums, S. 599; 606ff. 19 Vgl. Danneel, JB der Bodenreform 1911, S. 104 (106). 20 Vgl. RFM-Denkschrift, S. 15. 21 Z u diesem Ergebnis kommt auch Kühler, Besoldung und Lebenshaltung, S. 148; ein Überblick über die Entwicklung des nominalen und realen Volkseinkommens zwischen 1851 und 1913, der dieses Ergebnis indirekt bestätigt, findet sich bei Hoffmann / Müller, Das dt. Volkseinkommen, Tabelle 14.

I. Entwicklung der Besoldung bis 1918

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Gehälter der unteren Beamten jedoch noch um mehr als 5 v. H. zurückgeblieben. Die mittleren und höheren Beamten hatten noch nicht einmal den Stand ihrer Realgehälter von 1897 wiedererlangt, sondern zwischen 3 und 9,5 v. H. ihrer Realeinkommen verloren. Zeitgenössische Untersuchungen beurteilen deshalb die wirtschaftliche Lage der Beamtenschaft vor dem Ersten Weltkrieg im Vergleich zur Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards und des Pro-Kopf-Einkommens überwiegend ungünstig. Dieser Befund ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß die Besoldungsreform von 1909 in der Tradition der im vorrepublikanischen Deutschland praktizierten Besoldungspolitik steht, welche die Bezüge nicht schon jeweils zu Beginn einer Teuerungswelle anhob, sondern erst dann reagierte, wenn gerade die wirtschaftliche Lage der unteren Beamten unerträglich geworden war 22 . Die Höhe der im RBesG 1909 gewährten Anpassungssätze gestattet es nicht, im Zusammenhang mit der Besoldungsreform von 1909 von einer wirklichen Aufbesserung der Bezüge zu sprechen. Wie die voraufgegangenen Maßnahmen 23 glich nämlich auch sie den durch die Teuerung eingetretenen Kaufkraftverlust allenfalls für eine kurze Zeit aus 24 . Mußte die Beamtenschaft seit der Reichsgründung ohnehin Abstriche an ihren Realeinkommen hinnehmen, so beschleunigte zusätzlich der soziale Aufstieg anderer Bevölkerungsschichten, insbesondere des im Zuge der Industrialisierung aus mittleren und höheren Angestellten gewachsenen neuen Mittelstandes 25 , das Absinken der Beamten auf der allgemeinen Einkommensskala 26 . Der soziale Abstieg der Beamtenschaft, der bei dem Vordringen einer materialistischen Lebenshaltung in weiten Kreisen der Bevölkerung auch nicht mehr durch die Beschwörung der mit dem Staatsdienst verbundenen besonderen Ehre aufzuhalten war 2 7 , hatte sich bereits um 1850 abgezeichnet28. 22

Vgl. Hintze, Der Beamtenstand, S. 54. Vgl. etwa zur Reform von 1897: Thiel, pr. JB, 84. Bd., S. 19 (28). 24 Vgl. Merz, Grundprobleme der Besoldungspolitik, S. 206ff.; Strutz, Das Beamtenproblem nach dem Kriege, S. 20f.; Elz, pr. JB 1908, 132. Bd., S. 193f.; Zeiler, Schmoller's JB 1915, S. 1397 (1401). 25 Ausführlich dazu Kühler, Besoldung und Lebenshaltung, S. 163ff. 26 Vgl. bereits Elz, pr. JB 1908, 132. Bd., S. 194; Danneel, JB der Bodenreform 1911, S. 104ff.; Zeiler, Schmoller's JB 1915, S. 1397 (1418, 1427); Schanz, FinArch 1917, S. 179 (214); vgl. auch Strutz, Das Beamtenproblem nach dem Kriege, S. 20. 27 Vgl. Kühler, Besoldung und Lebenshaltung, S. 270. 28 Vgl. dazu insbesondere Most, Schmoller's JB 1915, S. 181 (217), der aus dem anhand der Einkommenssteuerstatistik feststellbaren wirtschaftlichen Abstieg gerade der höheren Beamten den Schluß zieht, daß die Beamtenschaft am wirtschaftlichen Aufstieg des Bürgertums in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht beteiligt war (S. 192). Die Ergebnisse seiner auf Preußen beschränkten Untersuchung dürften auch die Lage der Beamten im Reich treffen, vgl. Hattenhauer, Geschichte des Beamtentums, S. 268. Zu ähnlichen Feststellungen gelangten Zeiler, Schmoller's JB 1915, S. 1397 (1418ff.); Schanz, FinArch 1917, S. 179 (216); Drews, Grundzüge zur Verwaltungsreform, S. 184; 186; Danneel, JB der Bodenreform 1911, S. 104 und Elz, pr. JB 1908, 132 Bd., S. 193. In seiner neueren Untersuchung stellt Kühler bereits für den 23

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

Wie bereits bei der Besoldungserhöhung von 1892/97 bewirkte die überproportionale Anhebung der unteren Gehaltsklassen eine weitere Nivellierung des Besoldungsgefüges 29. Trotz dieser relativen Bevorzugung dürften die unteren Beamten auch nach 1909 zur Sicherung ihres sozialen Existenzminimums auf Zusatzverdienste oder die Mitarbeit von Familienangehörigen angewiesen gewesen sein, wie es bei höheren Beamten üblich war, das relativ niedrige Niveau ihrer Bezüge durch eine reiche Heirat zu kompensieren 30 . Die später seitens des Reichsfinanzministeriums aufgestellte These, daß die Gehälter der unteren und mittleren Beamten vor 1913 nicht unzureichend gewesen seien und die Abstufung der Gehälter den unterschiedlichen Anforderungen an Ausbildung, Leistung und Verantwortung entsprochen habe 31 , ist daher zumindest angreifbar 32 . Wenn das RBesG 1909 der Beamtenschaft auch noch keinen Anschluß an die allgemeine Einkommensentwicklung brachte - geschweige denn sie in ihre alte, relativ günstige soziale Position zurückversetzte - wurde die Reform von 1909 rückblickend zumindest in regelungstechnischer Hinsicht als großer Fortschritt gewürdigt 33 . Sie war nämlich ein erster - wenn auch formaler - Schritt auf dem Weg zu einem gegenüber dem Haushaltsrecht weitgehend verselbständigten Besoldungswesen. 3. Die Entwicklung der Besoldung im Ersten Weltkrieg

War die Kaufkraft der Besoldung zur Enttäuschung der Beamtenschaft zwischen 1909 und 1913 noch weiter hinter die Entwicklung der meisten anderen Erwerbseinkommen zurückgefallen, brachte der Erste Weltkrieg eine Zeit bislang nicht gekannter Opfer und Entbehrungen 34 . Als infolge der von den Zeitraum ab 1825 ein generelles Nachhinken der Besoldung gegenüber der allgemeinen Einkommensentwicklung fest (S. 120), bezeichnet aber die Stellung der unteren Beamten in der allgemeinen Einkommenshierarchie als „annähernd behauptet" (S. 148). 29 Vgl. RFM-Denkschrift, S. 14; Strutz, Das Beamtenproblem nach dem Kriege, S. 14 f. 30 Vgl. dazu die vom Reichsverband Dt. Post- und Telegraphenbeamter e. V. herausgegebene Schrift „Die Entwicklung der Beamtenbesoldung im Reiche und in Preußen" (S. 99, 130) sowie Hattenhauer, Geschichte des Beamtentums, S. 269 und Kübler, S. 202, 267. 31 Vgl. RFM-Denkschrift, S. 13. 32 Nach Most, Sçhmoller's JB 1915, S. 181 (188) deckte das Diensteinkommen bei manchen höheren Beamten nicht einmal mehr die sog. Selbstkosten cfer Arbeit, d. hi. die Kosten der eigenen Ausbildung und den Unterhak der Familie; vgl. auch Merz, Grundprobleme der Besoldungspoljtik, S. l l l f . sowie Kulemann, Volkswirtschaftliche Zeitfragen 1916, Heft 294/295, S. 27f. 33 So das Fazit bei Gerloff / Völter, S. 14. 34 Ausführlich und kritisch zu deren Ursache, nämlich der A r t und Weise der deutschen Kriegsfinanzierung, Vierling, Die Entwicklung der Beamtenbesoldung vom Januar 1909 bis April 1925, S. 11 ff.; vgl. auch Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. I, S. 180f.

I. Entwicklung der Besoldung bis 1918

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Westmächten über das Reich verhängten Blockade nicht nur die Lebenshaltungskosten, sondern auch die Löhne und Gehälter der in der Kriegswirtschaft beschäftigten Arbeitskräfte stark anstiegen, sahen sich das Reich und die anderen Gebietskörperschaften gezwungen, ab Oktober 1915 sog. laufende Kriegsteuerungszulagen zu zahlen, die zunächst auf Bedienstete mit Kindern und Jahreseinkommen bis zu 2100 M beschränkt waren 35 . Mit zunehmender Teuerung wurden die Einkommensgrenzen später heraufgesetzt. Auf diese Zulagen waren die Beamten gerade deshalb angewiesen, weil sie als sog. Festbesoldete der Teuerung besonders stark ausgesetzt waren. Im Gegensatz zu Arbeitern und Angestellten durften sie nämlich keine Arbeitskampfmaßnahmen zur Aufbesserung ihrer Bezüge ergreifen 36 . Da diese Zuwendungen, deren Höhe maßgeblich von der Anzahl der zu versorgenden Kinder abhing 37 , keine größeren Einzelausgaben wie beispielsweise für Wintervorräte oder Kleidungsstücke ermöglichten, wurde 1916 zusätzlich eine einmalige jährliche Kriegsteuerungszulage gewährt. Da insbesondere die höheren Beamten noch über die größeren Vermögens- und Sachreserven aus der Vorkriegszeit verfügten, war diese Zulage so gestaffelt, daß sie mit zunehmendem Grundgehalt nicht nur prozentual, sondern auch im Betrag abfiel. Als schließlich auch die Vermögensreserven der höheren und mittleren Beamten aufgezehrt waren, wurde die einmalige Zulage 1918 progressiv gestaffelt. Als einmalige Entschuldungshilfe mußte sie nämlich auf den Umfang der zu tilgenden Verbindlichkeiten abstellen; deren Ausmaß hing aber in der Regel von der der sozialen Stellung des Beamten entsprechenden Lebenshaltung ab 38 . Die 1919 gezahlte einmalige Teuerungszulage war deutlich geringer bemessen, wogegen die laufenden Zulagen erhöht wurden. Trotz allem reichten auch die Kriegsteuerungszulagen von Anbeginn nicht aus, um die Kaufkraftverluste der Beamtengehälter aufzufangen. Wegen der komplizierten Bewilligungs- und Auszahlungsmodalitäten hinkten die Zulagen jeweils mit einem Abstand von drei bis sechs Monaten derjenigen Teuerungswelle hinterher, die der Anlaß ihrer Bewilligung gewesen war, so daß sie eher als eine planlose Abfolge jeweils unzureichender Unterstützungsmaßnahmen denn als ein sinnvolles Konzept zur Entlastung der Beamtenschaft von der Teuerung zu begreifen waren 39 . Bereits im April 1917 lag das Realgehalt im Durchschnitt bei 45 v. H. seines Wertes von 1913. Da selbst 35 Vgl. RFM-Denkschrift, S. 13f. 36 Vgl. Merz, Grundprobleme der dt. Besoldungspolitik, S. 134, 208ff. 37 Vgl. die Anlage 1 zur RFM-Denkschrift, S. 31; Gerloff / Völler, Die dt. Beamtenbesoldung, S. 15; zum Streit um eine solche „Besoldung nach dem Familienstand" vgl. Merz, Grundprobleme, S. 130ff. und Vierling, S. 109ff. 38 Vgl. die entsprechende Denkschrift des pr. Finanzministeriums, Drucksachen des Abgeordnetenhauses des pr. Landtages 1916/18, Nr. 1228, S. 6408ff. 39 Vgl. Möller, Das pr. Besoldungswesen, S. 178; Merz, Grundprobleme, S. 133, 139, 206; kritisch zum Betrag und Adressatenkreis der bis zum Oktober 1917 gezahlten Zulagen insbesondere Strutz, Das Beamtenproblem nach dem Kriege, S. 41.

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

Verheiratete mit Kindern nur geringfügig besser standen, gilt 1917 als das Jahr, in dem die größte materielle Not der Beamten zwischen 1909 und 1925 herrschte 40. Infolge ihres besonderen Status als „Festbesoldete" wurden die Beamten einkommensmäßig zum großen Teil von den gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern überflügelt. Dies war insbesondere deswegen möglich, weil die Industrie Lohnerhöhungen über die Preise an die Endverbraucher weitergeben konnte 41 . Dabei konnten die Beamten im Gegensatz zu den Arbeitern ihren wichtigsten Lebensbedarf nicht über Selbsthilfeeinrichtungen wie Konsumvereine abdecken. Die höheren Beamten, die infolge der degressiven Staffelung meistens die niedrigsten Teuerungszulagen bezogen, verloren zudem einen Teil dieser Einkommenszuwächse über die Steuererhöhungen, mit denen die Gehaltsaufbesserungen finanziert wurden 42 . Als im Laufe des Jahres 1918 viele im Akkordlohn stehende Industriearbeiter Einkommen erzielten, die mitunter die Gehälter hoher preußischer Staatsbeamter übertrafen, stellte Strutz 43 resignierend fest, „daß die Staatsbeamten mit Ausnahme der ganz wenigen hohen Stellen ihrem Einkommen nach auf und zum Teil weit unter das Niveau der Industriearbeiter herabgedrückt waren und daß kein Stand als ganzer so schwer unter dem Kriege leidet wie der Beamtenstand." Obwohl die Teuerungszulagen bis Anfang 1920 eine immense Erhöhung der Nominalgehälter bewirkten, wurde auch nach Kriegsende das Vorkriegsniveau der Realgehälter noch nicht wieder hergestellt 44 . Selbst die durch die kinderfreundliche Ausgestaltung der Zulagen besonders berücksichtigten unteren Beamten erreichten je nach Familienstand und Kinderzahl nur zwischen 78 und 90 v. H. ihrer Realeinkommen von 1913. Des weiteren hatten die vornehmlich nach sozialen Gesichtspunkten bemessenen Teuerungszulagen erhebliche Verschiebungen der vertikalen Besoldungsstruktur verursacht. Hatte das Spannungsverhältnis der Endgrundgehälter der Besoldungsklassen 3a (Schaffner), 35 (Sekretär) und 59 (Regierungsrat) vor Beginn des Krieges noch 1:2,8:4,9 betragen, so schrumpfte es bei Berücksichtigung der Teuerungszulagen bis Anfang 1920 bei den ledigen Beamten auf 1:1,6:2,3, bei den verheirateten gar auf 1:1,4:1,9 4 5 . Daher verlangten die höheren Beamten eine Entzerrung des Besoldungsgefüges, die entgegen der angeblichen Überspannung des Sozialprinzips wieder den Leistungsgedanken stärker betonen sollte 46 . Damit war nach dem Ersten Weltkrieg abermals eine Reform des 40

Vgl. Vierling, Die Entwicklung der Beamtenbesoldung, S. 76. Vgl. Merz, Grundprobleme, S. 211. 42 Ebd., S. 208f. 43 Das Beamtenproblem nach dem Kriege, S. 45 (46); zum Entwicklungsvorsprung der Arbeiterlöhne in der zweiten Hälfte des Krieges vgl. auch Most, in: Grabowsky, Reform des dt. Berufsbeamtentums, S. 57 (59). 44 Vgl. die Anlage 6 der RFM-Denkschrift. « Vgl. RFM-Denkschrift, S. 14. 46 Vgl. dazu Vierling, Die Entwicklung der Beamtenbesoldung, S. 83. 41

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

33

Besoldungssystems fällig. Nur elf Jahre nach seiner Verabschiedung war das RBesG 1909 durch die im Ersten Weltkrieg erfolgte soziale Umschichtung wie durch den Übergang von der Monarchie zur Republik überholt. I I . Besoldungsrecht und Besoldungspolitik in der Weimarer Republik 1. Die Besoldungsreform von 1920

a) Die Ausgangslage nach der Novemberrevolution

von 1918

Noch während das RBesG von 1909 seine beiden letzten Ergänzungen erfuhr, verlangten die Reichsbeamten eine teuerungsangemessene Aufbesserung der Gehälter, welche wie elf Jahre zuvor mit einer Reform des gesamten Besoldungssystems verbunden werden sollte 47 . Neben dem ständigen Verlust an Kaufkraft stieß vor allem die Überwucherung des eigentlichen Gehalts durch die aus der Kriegszeit stammenden Teuerungszuschläge auf Unmut. Zur allgemeinen Unzufriedenheit der Beamten trug zudem die Gehalts- und Lohnpolitik gegenüber den Angehörigen der Post- und Telegraphenverwaltung bei, weil die in diesen Bereichen traditionell mit einem hohen Anteil vertretenen Arbeiter mittlerweile Löhne bezogen, die um mehr als 10 ν. Η . über den Gehältern der mit vergleichbaren Tätigkeiten betrauten Beamten lagen. Ferner bezogen die in den Reichsämtern beschäftigten Lohnangestellten höherer Ordnung im Gegensatz zu den Beamten beträchtliche Teuerungszulagen, durch die das Beamtengehalt als eine „standesgemäße" Unterhaltsrente offen in Frage gestellt wurde 48 . Die Forderung nach einer spürbaren einkommensmäßigen Aufwertung der Beamten gegenüber den nichtbeamteten Arbeitskräften des Reiches wurde im März 1919 schließlich auch in der Verfassunggebenden Nationalversammlung laut 49 . Die zunehmende Bemessung der Besoldung nach der Kinderzahl drohte nämlich zu einer Proletarisierung der unteren Beamten zu führen, was die Mehrheit in der Verfassunggebenden Nationalversammlung unbedingt vermeiden wollte 50 . Die Reichsregierung interpretierte diese Situation als eine durch den Krieg bedingte Erscheinung, 47 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 340, DS Nr. 1816 (unter III). Kritisch zum Zeitpunkt der Reform sowie zu den Folgen der zunehmenden gewerkschaftlichen Organisation der Beamten Lohmeier, PrVwBl 1920, S. 249 und Köppe, H W B d. StaWiss, Bd. 2, S. 602 (605); zur gewerkschaftlichen Organisation der Beamten nach 1918 vgl. auch Ellwein, Gewerkschaften und öffentlicher Dienst, S. 77ff. 48 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 337, DS Nr. 407; zur „Standesgemäßheit" der Gehälter zu diesem Zeitpunkt vgl. auch Conrad, PrVwBl 1920, S. 349 (350) und Most in: Grabowsky, Reform des deutschen Berufsbeamtentums, S. 57 (58). 49 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 335, DS Nr. 202; Reichstagsverhandlungen, Bd. 327, S. 1200 B. 50 Vgl. Reichstagsverhandlungen, Bd. 329, S. 2210 B.

3 Günther

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

machte jedoch gegenüber den Forderungen der Beamtenverbände die Notwendigkeit einer angemessenen Anrechnung der relativ gesicherten Alterspensionen auf die geplante Besoldungserhöhung geltend 51 . Bis zum Frühjahr 1920 behielt man die Teuerungszulagen bei und schob die Besoldungsreform bis zur Konsolidierung des Reichsetats auf, obwohl die mittelfristig angestrebte Erhöhung der Realeinkommen nicht mit Teuerungszulagen, sondern über eine Senkung des Preisniveaus bei einer gleichzeitigen Erhöhung der industriellen Produktion von Bedarfsgütern bewirkt werden sollte 52 . Die mit dem Ende des Krieges verknüpften Hoffnungen auf eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse erfüllten sich jedoch wegen des für Deutschland unglücklichen Kriegsausganges nicht. Der finanzielle Spielraum, der dem Reich für die Besoldungsreform zur Verfügung stand, war beschränkt, denn der Etat war bereits durch die zur Finanzierung des Krieges aufgenommenen Schulden und die an die Siegermächte zu zahlenden Reparationen schwer belastet. Ferner standen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unter dem Zeichen einer immer deutlicheren Entwertung der Mark 5 3 . Trotzdem entschloß sich die junge Republik zu der überfälligen 54 Reform des Besoldungsrechts, weil mittlerweile auch die sozialdemokratisch geführte Reichsregierung ein unparteiisches, leistungsfähiges und wirtschaftlich abgesichertes Berufsbeamtentum als Stützpfeiler der Republik anerkannte 55 . b) Grundzüge des Reichsbesoldungsgesetzes von 1920 Das Reformgesetz trat am 30. April 1920 in Kraft 5 6 und brach in mehrfacher Hinsicht mit der Tradition. Konnte das RBesG 1909 trotz vereinzelter sozialer Ansätze 57 im ganzen noch als ein Spiegelbild der Wertvorstellungen der kon51 Vgl. Reichstagsverhandlungen, Bd. 327, S. 1280 Β ; die gesicherte Pension galt von jeher als ein besonderer Vorteil des Beamtenverhältnisses. Sie wurde im Hinblick auf ihren gegenüber den Altersrenten aus der allgemeinen Sozialversicherung deutlich gehobenen Leistungsstandard (vgl. insoweit Kübler, Besoldung und Lebenshaltung, S. 260f.) seitens des Reichs und der Länder gern dazu benutzt, die Berechtigung der Forderungen der Beamten nach einer Aufbesserung ihrer Gehälter unter Hinweis auf die Qualität ihrer besonderen Alters- und Hinterbliebenen Versorgung abzuschwächen. 52 Reichstagsverhandlungen, Bd. 329, S. 2212. 53 Vgl. Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. I, S. 180 und Vierling, Die Entwicklung der Beamtenbesoldung, S. 17. 54 Vgl. bereits die Forderung von Drews, Grundzüge einer Verwaltungsreform, S. 177, 184. 55 Zu den Anfechtungen des Berufsbeamtentums durch revolutionär-sozialistische Kräfte nach der Revolution von 1918 vgl. Hattenhauer, Geschichte des Beamtentums, S. 298ff. sowie Fenske, VerwArch 64, S. 117 (119ff.). 56 RGBl 1920 S. 805. 57 Vgl. Kübler, Besoldung und Lebenshaltung, S. 271; a. A . Linck, Die Beamtenbesoldungspolitik, der trotz der überproportionalen Aufbesserungen der unteren Gehalts-

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

35

stitutionellen Monarchie und ihrer überwiegend bürgerlich geprägten Gesellschaft gelten, sollte das RBesG 1920 das mit der Novemberrevolution zum Durchbruch gelangte republikanische und soziale Gedankengut im Besoldungsrecht in exemplarischer Weise verwirklichen 58 . Das detaillierte Gehaltsklassen- und Laufbahnsystem des RBesG 1909 löste ein weniger kompliziertes Gruppensystem ab. In der Besoldungsordnung I gab es fortan nur noch 13 Gruppen mit aufsteigenden und 7 Gruppen mit festen Gehältern, wodurch die als ein Relikt aus der Monarchie geltende Einteilung der Beamten in untere, mittlere und höhere Klassen abgeschafft wurde 59 . Anknüpfungspunkt für die Einordnung der Ämter in die Besoldungsgruppen war nun nicht mehr der soziale Stand der jeweiligen Beamten, sondern die jeweilige Tätigkeit, so daß über alle Verwaltungszweige hinweg die hinsichtlich ihrer Funktion gleichwertigen Beamten in dieselbe Besoldungsgruppe eingeordnet wurden. Um das Wiederaufleben des Gehaltsklassensystems auszuschließen60, wurden auch die Stellenzulagen abgeschafft. Zwischen allen Gruppen aufsteigender Gehälter bestand insoweit eine ausgeprägte „Verzahnung", als das Anfangsgrundgehalt einer jeden Besoldungsgruppe nur um 6,8 bis 17,8 v. H. über dem der nächstniedrigeren Gruppe, das Endgrundgehalt jeder Gruppe jedoch einheitlich 50 ν. Η . höher als das jeweilige Anfangsgrundgehalt lag. Zusätzlich wurde die Zahl der Dienstaltersstufen so bemessen, daß das Endgrundgehalt früher als bisher erreicht wurde 61 . Der Einfluß dieser stark egalitär ausgerichteten Sozialpolitik manifestierte sich auch in einer neuen Gewichtung der einzelnen Einkommensbestandteile. Grundstück der Bezüge war das Diensteinkommen, das sich aus Grundgehalt und Ortszuschlag zusammensetzte. Dabei fungierte das Grundgehalt als

klassen resümiert, daß die Reform von 1920 gegenüber der von 1909 sich darauf beschränkt habe, die Gehälter formell (d. h. gesetzlich) zu ordnen, ohne hinsichtlich der Gestaltung der Aktivgehälter neue sozialpolitische Akzente gesetzt zu haben (S. 78). 58 Vgl. Linck, S. 65; ferner Schuemann, Der Gehaltsanspruch S. 57. Nach Fenske, VerwArch 64, S. 117 war die Beamtenpolitik von Anbeginn der Weimarer Republik ein Dauerthema sozialpolitischer Kontroversen zwischen den konservativ-bürgerlichen Parteien einerseits und den sozialistischen Reichstagsfraktionen andererseits (S. 118ff.). 59 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 342, DS Nr. 2471, S. 14 (unter X I I I ) . Zu der durch den ständestaatlichen Aufbau des Dt. Reiches bedingten Klasseneinteilung der Beamten vgl. Hintze, Der Beamtenstand, S. 42ff.; 51 f. und Kulemann, Volkswirtschaftliche Zeitfragen 1916, Heft 294/295, S. 19f. 60 Vgl. die Begründung in der Reichstagsdrucksache, Nr. 2471, S. 15. Ob dieses Ziel wirklich erreicht wurde, ist fraglich, vgl. Reichstagsverhandlungen, Band 333, S. 5569 D sowie Hattenhauer, Geschichte des Beamtentums, S. 343. 61 Für eine stärker an dem durch das Lebensalter bedingten Bedarf ausgerichtete Bemessung der Besoldung bereits Bälz, Beamtenrecht und Familie, S. 11 ff.; Zeiler, FinArch 1917, S. 561 (574) und Drews, Grundzüge einer Verwaltungsreform, S. 185. 3"

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

„Gegenwert" für die Leistung des Beamten 62 . Als maßgebliche Faktoren für seine Bemessung nannte der Entwurf des Reichsfinanzministeriums A r t und Verantwortlichkeit des Amtes, die dazu erforderliche Vor- und Ausbildung, die in vergleichbaren freien Berufen erzielbaren Einkommen und nicht zuletzt die allgemeine wirtschaftliche Lage sowie den Lebensstandard der Gesamtbevölkerung 63 . Demgegenüber fehlte erstmals ein Hinweis auf die mit dem Staatsdienst verbundene Ehre, der bis zum Ende der Monarchie wie die Verleihung von Titeln, Orden und anderen Auszeichnungen auch dazu gedient hatte, den Einkommensrückstand gerade der höheren Beamtenschaft gegenüber anderen im Ausbildungsniveau vergleichbaren Bevölkerungsschichten zu legitimieren 64 . Nach der Abdankung des Monarchen war dieser Politik endgültig der Boden entzogen 65 . Obwohl bereits der Entwurf der Reichsregierung den Schwerpunkt auf eine Verbesserung der unteren und mittleren Einkommensschichten legte, hob die Nationalversammlung die Gehälter dieser Gruppen nochmals an, so daß das Spannungsverhältnis zwischen den Grundgehältern der Gruppen I und X I I I auf 1:3,3 schrumpfte 66 . Eine noch ausgeprägtere Nivellierung der Grundgehälter verbot sich aus personalpolitischen Erwägungen, denn ein weiteres Abschmelzen des Besoldungsvorsprungs der akademisch gebildeten Beamten hätte wohl die ohnehin abnehmende Attraktivität des Staatsdienstes für diese Bewerbergruppe weiter geschwächt. Zudem entsprach es dem republikanischen Verständnis vom Staatsdienst, daß die Kosten einer langen Ausbildung sich auch für Aufsteiger aus einkommensschwachen Bevölkerungsschichten durch das während des Dienstes erzielbare Einkommen amortisieren mußten 67 . Neben das Grundgehalt trat erstmals der Ortszu62

Den theoretischen Streit über das Wesen der Beamtenbesoldung als Unterhalt oder Leistungsentgelt wollte die Reichsregierung damit nicht entscheiden, sondern ließ ihn bewußt offen, vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 342, DS Nr. 2471, S. 2. 63 Vgl. Reichstagsdrucksachen Nr. 2471, S. 3f. sowie Linck, Die Beamtenbesoldungspolitik, S. 51. 64 Vgl. für diese Anschauung exemplarisch Lötz, Geschichte des dt. Beamtentums, S. 600 sowie Hoch, Das Beamtengehalt nach dem Staatsrecht Preußens, S. 53 (jeweils m. w.N.) und Thiel, pr. JB 1896, 84. Bd., S. 19 (20); kritisch zu dieser Methode, unzureichende Einkommen durch immaterielle Vorteile zu kompensieren, bereits v. Hechel, H W B d. StaWiss 2. Bd., 2. Aufl. 1909, S. 848 (853); vgl. im übrigen Merz, Grundprobleme der dt. Besoldungspolitik, S. 114. Nebenziel dieser Politik war auch die soziale Isolation der Beamtenschaft als des staatstragenden Standes gegenüber der übrigen Gesellschaft, vgl. Ellwein / Zoll, Berufsbeamtentum, Anspruch und Wirklichkeit, S. 79. 65 Merz, Grundprobleme, S. 114; Kübler, Besoldung und Lebenshaltung, S. 275f.; Morsey, Zur Beamtenpolitik des Reichs, S. 101 (115). 66 Vgl. Reichstagsdrucksache Nr. 2471, S. 3. Nach Linck, S. 55 betrug das entsprechende Spannungsverhältnis zwischen den Diensteinkommen bei Berücksichtigung aller Besoldungsbestandteile sogar nur 1:2,8. 67 Vgl. die Reichstagsdrucksache Nr. 2471, S. 5 (unter I I I ) sowie Reichstagsverhandlungen, Bd. 329, S. 2209 D. Zum Problem der Amortisation der Selbstkosten der Arbeit, das vor allem die akademisch vorgebildeten Beamtenanwärter betraf, vgl. Most, in: Grabowsky, Reform, S. 57 (59); Köppe, H W B d. StaWiss, 2. Bd., S. 602

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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schlag, der nicht mehr allein den Wohnungsaufwand, sondern auch die übrigen örtlich bedingten Unterschiede in den Lebenshaltungskosten ausgleichen sollte. Der Wohnungsaufwand war als Bemessungsgrundlage eines entsprechenden Zuschlages untauglich geworden, denn seit Ausbruch des 1. Weltkrieges waren die Preise für Lebensmittel und Kleidung wesentlich schneller gestiegen als die durch die Wohnungszwangswirtschaft niedrig gehaltenen Mieten 68 . Gegenüber dem Wohnungsgeldzuschuß wurde der Ortszuschlag um 250 v. H. erhöht. Neben Grundgehalt und Ortszuschlag trat erstmals ein förmlicher Kinderzuschlag von mindestens 30 M pro Kind und Monat; gerade die Notlage der kinderreichen Beamtenfamilien während des 1. Weltkrieges hatte nachhaltig deutlich gemacht, daß die bis dahin praktizierte unterschiedslose Besoldung lediger, verheirateter und kinderreicher Beamter 69 auf die Dauer mit modernen sozial- und bevölkerungspolitischen Vorstellungen nicht vereinbar war 70 . Die Pflicht des Dienstherrn, dem Beamten einen „standesgemäßen" Unterhalt zu zahlen, implizierte nicht mehr nur die Staffelung der Einkommen nach dem sozialen Rang, sondern wurde zunehmend dahingehend interpretiert, daß die Besoldungsgesetzgebung auch diejenigen Unterschiede im Lebensbedarf zu berücksichtigen hatte, die durch den Familienstand des Beamten bedingt waren 71 . Damit war ein weiterer Schritt weg von der rein leistungsbezogenen72 in Richtung auf eine nach dem typischerweise abzudeckenden Bedarf bemessene Besoldung getan 73 . Da die zukünftige Entwicklung der Lebenshaltungskosten und der Produktivität der Wirtschaft im Frühjahr 1920 nicht sicher prognostiziert werden konnten, ergänzte man das Diensteinkommen um einen beweglichen Teuerungszuschlag. Er bestand aus einem einheitlichen prozentualen Zuschlag, der (605) sowie Drews, Grundzüge einer Verwaltungsreform, S. 179, 185, der bereits 1917 eine zunehmende und durch die schlechte Besoldung bedingte Abwanderung potentieller und bereits ausgebildeter Beamter in die Privatwirtschaft, jedoch auch in den Dienst der Kommunen beobachtete. 68 Vgl. Reichstagsdrucksache, 2471, S. 6; Linck, Beamtenbesoldungspolitik, S. 51, 57. 69 Vgl. dazu Hintze, Der Beamtenstand, S. 60f. 70 Z u den bevölkerungspolitischen Aspekten dieser Maßnahmen vgl. bereits Zeiler, FinArch 1917, S. 561 (567) sowie Bälz, Beamtenrecht und Familie, S. 11 ff. 71 Vgl. Most, in: Grabowsky, Reform des dt. Berufsbeamtentums, S. 57 (59); Drews, Grundzüge einer Verwaltungsreform, S. 186; Kulemann, Volkswirtschaftliche Zeitfragen, 1916, Heft 294/295, S. 29. 72 Vgl. Bälz, S. 12, der die im RBesG 1909 fehlende Berücksichtigung des Familienstandes auf die faktische Geltung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche Leistung" zurückführte. 73 Zum Streit über die Durchsetzung des Gedankens des „standesgemäßen Unterhalts" mit Elementen einer „familienbezogenen Besoldung", der vor allem im Hinblick auf das Leistungsprinzip ausgetragen wurde, vgl. einerseits Reichstagsdrucksachen, Bd. 342, DS Nr. 2471, S. 11 und Linck, Die Beamtenbesoldungspolitik, S. 53, andererseits die ablehnenden Stellungnahmen von Schanz, FinArch 1917, S. 179 (210) und Hintze, Der Beamtenstand, S. 61.

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

sich auf die Summe von Grundgehalt, Ortszuschlag und Kinderzuschlag bezog, und wurde im jeweiligen Haushaltsplan neu festgesetzt. Eine flexible Regelung der Besoldung über Tarifverträge hatte sich nicht durchgesetzt, weil mit dieser Alternative die Gefahr dauernder Gehaltskämpfe verbunden war. Da die Entwicklung der Preise tendenziell nach oben wies, rechnete man für die nächsten Jahre mit einem starken nominellen Zuwachs der Gehälter 74 . In einer späteren Deflationsphase würde dagegen eine Absenkung der durch die Teuerungszuschläge aufgeblähten Bezüge unabweislich werden. Da einerseits die seit 1919 in Art. 129 I 3 W R V garantierte Unverletztlichkeit der wohlerworbenen Rechte der Beamten selbst für eine nominelle Kürzung der Gehälter ein verfassungsänderndes Gesetz im Sinne von Art. 76 W R V zu verlangen schien, andererseits aber die dafür erforderlichen Zweidrittelmehrheit nicht immer gewiß sein konnte, enthielt das RBesG 1920 in § 34 einen Vorbehalt, wonach die Gehälter auch im Wege eines mit einfacher Mehrheit zustande gekommenen Gesetzes herabgesetzt werden konnten 75 . c) Die Kosten der Reform Als das Reich zum 1. April 1920 die Eisenbahn-, Finanz-, Steuer- und Zollverwaltungen der Länder sowie die süddeutschen Post- und Telegraphenverwaltungen übernahm, stieg die Zahl seiner Beamten von ca. 224 000 auf fast 650 000. Nach mehreren im Laufe der Jahres erforderlich gewordenen Umgruppierungsmaßnahmen verursachte die Besoldungsreform dem Reich schließlich einen jährlichen Mehraufwand von zehn Milliarden Mark gegenüber dem Stand von 1919. Diese gewaltigen Ausgabensteigerungen konnten jedoch nicht verhindern, daß die Realgehälter der Beamten auch im Jahre 1920 weiter absanken76. Bereits im April 1920 erreichten die Regierungsräte der Besoldungsgruppe X I nur 33 v.H., die Schaffner der Besoldungsgruppe I I I immerhin noch 74 v.H. des entsprechenden Realwerts ihrer Vorkriegsgehälter 77 .

74 Zur Entwicklung des Teuerungszuschlages ab April 1920 vgl. die Übersicht bei Köppe, H W B d. StaWiss, S. 611. 75 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 342, DS Nr. 2471, S. 34; vgl. auch Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 96; ausführlich zu den mit den Änderungsvorbehalten verfolgten rechtspolitischen Zielsetzungen etwa Loening, in: Danziger Gutachtenband, S. 34 (37) sowie an gleicher Stelle Poetzsch-Heffter, S. 131 (146). 76 Vgl. Linck, Die Beamtenbesoldungspolitik, S. 56f. 77 Vgl. Wirtschaft und Statistik 1925, Sonderheft 1, S. 43.

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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2. Die Kaufkraft der Beamtengehälter nach 1920

a) Das Besoldungssperrgesetz

vom 21. Dezember 1920

Der Erfolg der Besoldungsreform wurde nicht nur durch die anhaltende Geldentwertung, sondern auch durch die von der Mehrzahl der Länder und Gemeinden betriebene Besoldungspolitik in Frage gestellt 78 . Entgegen der von der Reichsregierung gehegten Erwartung, daß Länder und Gemeinden sich bei der Einstufung und Besoldung ihrer Beamten an den für die Reichsbeamten maßgeblichen Kriterien orientieren würden, stieg die Besoldung der Kommunalbeamten deutlich über das Niveau vergleichbarer Reichsbeamter. Angesichts der zunehmenden Unzufriedenheit seiner Beamtenschaft begegnete das Reich dem sich abzeichnenden Besoldungswettlauf durch den Erlaß eines Besoldungssperrgesetzes 79. Mittels seiner Rahmengesetzgebungskompetenz nach Art. 10 Nr. 3 W R V verpflichtete das Reich die Länder und die Gemeinden vollständig auf die Grundsätze seiner Besoldungspolitik 80 . Obwohl·das Sperrgesetz bis 1926 in Kraft blieb, erfüllte es seinen Zweck nur vorübergehend, weil die Gemeinden es bald durch eine höhere Einstufung ihrer Beamten oder durch Zulagen unterliefen 81 . b) Die Beschleunigung der Geldentwertung ab 1921 Bis Mitte 1921 stabilisierte sich allmählich der Geldwert. Dies führte insbesondere bei den Gehältern der höheren Beamten zu einem Anstieg der Kaufkraft, was deshalb nicht unbillig war, weil gerade diese Gruppe bis dahin die größten Kaufkrafteinbußen hatte hinnehmen müssen82. Die kurze Phase relativer wirtschaftlicher Stabilität wurde durch das Londener Ultimatum vom 5. Mai 1921 jäh unterbrochen. Da die Reichsregierung in der Folgezeit zum Ankauf von Devisen gezwungen war 8 3 , traten eine rasche Entwertung der Mark und ein deutlicher Preissprung auf dem Inlandsmarkt ein. Auf diese Preisentwicklung reagierte die Reichsregierung mit sogenannten „Teuerungsaktionen", die in unregelmäßigen Abständen erfolgten und jeweils in einer Steigerung des Teuerungszuschlages bestanden. Wie schon die Erfahrungen mit den Kriegsteuerungszulagen gezeigt hatten, konnte der Kaufkraftverlust auf diese Weise jedoch nicht vollständig aufgefangen werden, denn jede dieser 78

Vgl. dazu Goerdeler, H W B d. KommWiss, Ergänzungsbd., S. 189. „Gesetz zur Sicherung einer einheitlichen Regelung der Beamtenbesoldung vom 21.12.1920", RGBl 1920 S. 2117. 80 Z u den Auswirkungen des BesSperrG auf das Besoldungssystem der Länder und Gemeinden vgl. Goerdeler, S. 216ff. 81 Vgl. die Denkschrift über das Besoldungssperrgesetz, RBB1 1925, S. 51 f. 82 Vgl. Vierling, Die Entwicklung der Beamtenbesoldung, S. 94f. 83 Vgl. Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. I, S. 245f. 79

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

Maßnahmen war im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens von der Entwicklung der Lebenshaltungskosten u.a. schon deshalb überholt, weil der Betrag der Zuschläge jeweils erst durch den Reichshaushaltsausschuß festgelegt werden mußte 84 . Im Mai 1922 stieg die vom Statistischen Reichsamt ermittelte Indexziffer für die Lebenshaltungskosten auf den 38fachen Stand des Jahres 1913 und erreichte bereits im November desselben Jahres den 446fachen Stand 85 . Diese Geldentwertung mußte die Beamten, obwohl sie als einzige innerhalb der Gruppe der „Festbesoldeten" ihre Bezüge vierteljährlich im voraus erhielten, besonders hart treffen. Daher erfolgten ab April 1922 zunächst monatliche und später sogar halbmonatliche Nachzahlungen. Da diese auf die zum Quartalsbeginn gezahlten Bezüge nur mit dem Nennwert angerechnet wurden, lag darin eine versteckte Verbesserung der Realeinkommen, von der insbesondere die mittleren und höheren Beamten profitierten: der Realwert ihrer Gehälter stieg um 3 bis 4 v . H . 8 6 . Der Teuerungszuschlag geriet im Laufe der Inflation immer wieder außer Verhältnis zu den festen Einkommensbestandteilen und wurde deshalb wiederholt in die Grundgehälter eingerechnet. Dennoch betrugen die Teuerungszuschläge im September 1922 wieder 777 v. H. der erst zum 1. April desselben Jahres neu festgesetzten Grundgehälter 87 . Als die Regierung Cuno der Inflation im Jahre 1923 vorübergehend Einhalt gebieten konnte, stieg auch die Kaufkraft der Beamtengehälter spürbar an, so daß manche Beamte der unteren Besoldungsgruppen erstmals wieder den Vorkriegsstand leicht übertrafen 88 . Zwar führte die Besetzung des Ruhrgebiets am 11. Januar 1923 sofort zu einem akuten Zusammenbruch der Mark, doch gelang es der Reichsregierung, sie an den Devisenmärkten bis Ende Februar 1923 recht wirksam zu stützen 89 . Der Ruhrkampf bedeutete für Deutschland eine enorme wirtschaftliche und finanzielle Belastung, die das Preisniveau im Januar 1923 auf den 2643fachen Stand der Vorkriegszeit hinauftrieb. Demgegenüber erreichten die Gehälter der Beamten in den von der Teuerung besonders hart betroffenen Städten des Ruhrgebiets lediglich den 930- bis 1770fachen Stand der nominellen Vorkriegsgehälter, obwohl dort Sonderzuschläge und eine Besatzungszulage gezahlt wurden 90 .

84

Vgl. Vierling, S. 97; zu den Mängeln der Teuerungsaktionen ausführlich Kuhn, Die Anpassung der Beamtengehälter, S. 7ff. 85 Vgl. Wirtschaft und Statistik 1922, S. 22 und Tabelle S. 23; zu den Ursachen dieser Entwicklung vgl. Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. I, S. 297f. 86 Vgl. RFM-Denkschrift, S. 20 i. V . m . Anlage 6. 87 Vgl. Linck, Besoldungspolitik, S. 69 und Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 71; zu den Ursachen des Währungsverfalls im Herbst 1922 vgl. Eyck, S. 298. 88 Vgl. die Tabelle Anlage 6 der RFM-Denkschrift. 89 Vgl. Wirtschaft und Statistik 1924, S. 23 sowie Eyck, S. 325f. 90 Vgl. Wirtschaft und Statistik 1923, S. 156, 286.

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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3. Die finanzielle Lage der Beamtenschaft auf dem Höhepunkt der Inflation

a) Die Währungskatastrophe

vom Sommer 1923

Im April 1923 brach die der Mark geltende Stützungsaktion endgültig zusammen, worauf die Geldentwertung in einem bislang nicht gekannten Ausmaß wieder einsetzte. Diese Entwicklung gipfelte im Sommer 1923 in einer Währungskatastrophe, in der die Sparguthaben der gesamten Mittelschicht vernichtet wurden. Überhaupt verursachte die rasante Entwertung der an die Masse der Lohn- und Gehaltsempfänger gezahlten Papiermarkbeträge eine Verarmung weiter Bevölkerungskreise 91. Um den Wert der Beamtengehälter wenigstens teilweise zu wahren, erhöhte die Regierung ab Juli 1923 wiederholt die Teuerungszuschläge. Schwere Lohneinbußen mußten auch die beim Reich beschäftigten Arbeiter hinnehmen, wobei die Entwicklung der der Beamteneinkommen insoweit entsprach, als die unteren Lohngruppen die relativ geringsten Kaufkraftverluste aufwiesen. So reichte die Spanne der Reallöhne bei den in den Reichsbetrieben beschäftigten Arbeitern im September 1923 von 41 bis 70 v.H. der entsprechenden Vorkriegseinkommen 92 , während die entsprechende Spanne der Beamtengehälter von 38 bis 76 v. H. des Vorkriegsstandes reichte. Zum 1. Oktober 1923 gab die Regierung die herkömmliche vierteljährliche Vorauszahlung der Beamtengehälter auf und ging auf eine monatliche Vorauszahlung über, um die von der Vorauszahlung angeblich ausgehende inflationsfördernde Wirkung abzuschwächen93. Der Grund für diese Umstellung dürfte jedoch vorwiegend gesellschaftspolitischer Natur gewesen sein, denn die vierteljährliche Vorauszahlung hatte es den Beamten ermöglicht, unmittelbar nach dem jeweiligen Zahlungstermin größere Warenvorräte anzulegen, und sich damit als ein vergleichsweise wirksames Mittel zur Sicherung der Kaufkraft ihrer Gehälter erwiesen. In den Augen der übrigen Bevölkerungsgruppen lag darin jedoch eine zusätzliche soziale Privilegierung der Beamtenschaft 94. b) Die „gleitende Lohn- und Gehaltsskala" Als die Teuerungszahl im Oktober 1923 vom 7000fachen auf das mehr als 2 Millionenfache des Vorkriegsstandes hochschoß, gingen das Reich und Preu91 Vgl. Rosenberg, Geschichte der Weimarer Republik, S. 399 und Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. I , S. 344. 92 Vgl. Wirtschaft und Statistik 1923, S. 609f. 93 Zur juristischen Problematik des von den Beamtenverbänden dagegen angeführten „wohlerworbenen Rechts auf vierteljährliche Gehaltsvorauszahlung" vgl. Lammers, Staats- und Selbstverwaltung 1924, S. 156 (158); Waldecker, VerwArch 7, S. 129 (155); Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 72. 94 Vgl. Möller, Das pr. Beamten- und Besoldungswesen, S. 200 m.w.N.

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

ßen vom prozentualen Teuerungszuschlag ab. Der Teuerungsausgleich wurde ab dem 9. Oktober mit Hilfe von Maßzahlen bewirkt, die auf den vom Statistischen Reichsamt errechneten Teuerungsziffern beruhten und wöchentlich im Reichsbesoldungsblatt veröffentlicht wurden. Damit hatte man de facto eine gleitende Gehaltsskala eingeführt. Modelle einer vornehmlich an der Entwicklung des Geldwerts ausgerichteten kontinuierlichen Anpassung der Beamtengehälter waren nicht erst anläßlich der Beratungen zum RBesG 192095, sondern bereits vor dem Ersten Weltkrieg insbesondere von Zeiler entwickelt worden 96 . Seine Konzeption, nach der die Sicherung der Realeinkommen über einen längeren Zeitraum durch eine kontinuierliche jährliche Steigerung der Nominalgehälter nach einem vorgegebenen Steigerungsfaktor bewirkt werden sollte, beruhte nicht allein auf dem alten Wunsch der Beamtenschaft, ihre Gehälter gerade in Krisenzeiten möglichst wirksam gegen eine Entwertung abzusichern, sondern auch auf der Überzeugung, daß der während der vorauf gegangenen Jahrzehnte beobachtete wirtschaftliche und soziale Abstieg der Beamtenschaft nur durch eine Abkehr von der bisherigen Besoldungspolitik aufzuhalten war 97 . Obwohl alle im Zuge der verschiedenen Besoldungsreformen durchgeführten Anpassungsmaßnahmen letztlich die Kaufkraft der Beamtengehälter nicht hatten sichern können, hatten sie nichtsdestotrotz spektakuläre Mehrbelastungen für die öffentlichen Haushalte verursacht. Des weiteren wurden die Erhöhungen der Beamtengehälter erfahrungsgemäß auf breiter Front als Vorwand für Anhebungen der Verbraucherpreise benutzt 98 . Demgegenüber versprach eine verselbständigte Anpassung der Besoldung nicht nur das Ende unfruchtbarer politischer Auseinandersetzungen. Neben einer Ankopplung der Beamtenbesoldung an die übrige Einkommensentwicklung schien sie es auch zu ermöglichen, den jährlichen Besoldungsaufwand im Rahmen der Finanzplanung genauer als bisher vorauszuberechnen 99. Außerdem sollte eine kontinuierliche Anpassung der Besoldung den Preisauftrieb bremsen 100 . Gleitende Lohn- und Gehaltsskalen, die über den Lebenshaltungskostenindex gesteuert wurden, gab es bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts in eini95 Sie waren bereits im Entwurf der Reichsregierung abgelehnt worden, vgl. Reichstagsverhandlungen, Bd. 329, S. 2211, 2216 B. 96 Vgl. vor allem: Das Beamtengehalt auf neuen Grundlagen, S. 25ff.; dens., Recht und Wirtschaft 1914, S. 37ff. sowie Schmoller's JB 1915, S. 1397. 97 So bereits Thiel, pr. JB 1896, 84. Bd., S. 19 (21); die Forderung nach einer periodischen Regulierung der Diensteinkommen tauchte auch bei Danneel, JB der Bodenreform 1911, S. 104, auf. 98 Vgl. Merz, Grundprobleme, S. 213f.; zum Zusammenhang zwischen Mieterhöhungen und Besoldungsaufbesserungen vgl. bereits Danneel, S. 104 (108ff.). 99 Vgl. Zeiler, Schmoller's JB 1915, S. 1397 (1400ff.); Merz, S. 207, 232. 100 Vgl. Zeiler, Recht und Wirtschaft 1914, S. 37 (39); dens., Schmoller's JB 1915, S. 1397 (1401 f.); zust. Strutz, Das Beamtenproblem, S. 74f.

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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gen europäischen Ländern, so daß die Teuerungswellen seit dem Ersten Weltkrieg auch in Deutschland die Umstellung der Einkommen der abhängig Beschäftigten auf eine Gleitskala nahelegten 101 . Für die Steuerung der Einkommensentwicklung über ein Indexzahlsystem bot sich gerade die Beamtenschaft an, denn diese war als größte Gruppe der Festbesoldeten von den Preissprüngen jeweils am stärksten betroffen 102 . Eine Beschreibung der im einzelnen entwickelten Modelle würde zu weit führen. Hervorzuheben sind aber die Vorschläge von Masche 103 und Kuhn 1 0 4 . Während Masche die zum 1. Oktober 1921 festgesetzten Gehälter durch eine Multiplikation dieses „Normalnetzes" mit einer Indexziffer der jeweiligen Geldwertentwicklung anpassen wollte, befürwortete Kuhn eine paritätische besetzte Sachverständigenkommission. Diese sollte anstelle des Gesetzgebers den Anpassungsfaktor bestimmen und sich insoweit an der Einkommensentwicklung der nichtbeamteten Bevölkerungsgruppen orientieren 105 , was eine jährliche Überprüfung des Besoldungsniveaus auf eventuelle Entwicklungsrückstände einschloß 106 . Noch im September 1922 hatte die Reichsregierung eine automatisierte Anpassung der Beamtengehälter abgelehnt 107 . Die Schwierigkeit, allgemein akzeptierte Ausgangsgehälter als Grundlage einer Gehaltsskala zu finden, lag auf der Hand. Eine gleitende Gehaltsskala hätte die Ursache der Geldentwertung, das zu knappe Warenangebot, nicht beseitigt, sondern die Geldentwertung eher noch beschleunigt 108 . Letztlich hätte eine Festsetzung der jeweiligen Anpassungszahl nach dem Lebenshaltungskostenindex nicht nur den finanzpolitischen Spielraum der Reichsregierung erheblich verengt, sie wäre auch mit dem hergebrachten Budgetrecht des Reichstages schwerlich vereinbar gewesen. Gleiches galt für den Vorschlag, den Teuerungszuschlag durch ein unabhängiges Lohnamt bestimmen zu lassen 109 . Daß eine gleitende Gehaltsskala für die Beamten gegenüber der bisherigen Praxis der Teuerungsaktionen keinen wesentlichen Fortschritt bedeuten würde, war nicht nur die Überzeugung der Länderregierungen, der kommenden Spitzenverbände und der Arbeitgeberverbände, sondern auch die Meinung des Deutschen Industrie101

Vgl. v. Zwiedenick-Südenhorst, H W B d. StaWiss, 6. Bd., S. 369ff. m.w.N. 102 Vgl. bereits Thiel, pr. JB 1896, 84. Bd., S. 22. 103 Vgl. Masche, Die gleitende Gehaltsskala, S. 2ff. 104 Vgl. Kuhn, Die Anpassung des Beamtengehalts, S. 53ff.; 62ff. 105 Ebd., S. 64. 106 Ebd., S. 59; zu weiteren Varianten von Gleitlohnmodellen vgl. insbesondere die Denkschrift über die selbsttätig gleitende Lohn- und Gehaltsskala, Reichstagsdrucksachen, Bd. 375 Nr. 5007, S. 5465f.; weitere Nachweise auch bei Möller, Das pr. Beamten- und Besoldungswesen, S. 198f. i° 7 Vgl. Reichstagsdrucksachen Bd. 375, Nr. 5007, S. 5465. 108 Vgl. die o. a. Denkschrift, S. 5471; zust. v. Zwiedenick-Südenhorst, 6. Bd., S. 369 (373), wonach die lohnpolitische Auseinandersetzung nicht beendet, sondern lediglich auf die Festlegung der Ausgangsgehälter und Indexziffern verlagert worden wäre. 109 Vgl. die einschlägige Denkschrift, S. 5473.

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

und Handelstages: Dessen sozialpolitischer Ausschuß verwies nicht nur auf die allgemein bekannten Mängel der amtlichen Teuerungsstatistiken, sondern machte außerdem geltend, daß jedes Maßzahlensystem auch an sich kurzlebige Preisbewegungen zu fortdauernden Teuerungswellen verstärke 110 . Trotz der faktischen Einführung des Gleitzahlsystems sank die Kaufkraft der Gehälter im Oktober 1923 weiter ab, womit die gleitende Lohn- und Gehaltsskala den praktischen Nachweis ihrer theoretischen Vorzüge letztlich schuldig blieb. U m die Personalkosten, die mittlerweile ein Viertel des gesamten Reichsetats beanspruchten, zu verringern, setzte Ende Oktober ein Personalabbau ein, in dessen Verlauf das Reich sich bis März 1924 von fast 400 000 Bediensteten trennte 111 . c) Dezember 1923: Währungsstabilisierung

und „Goldgehälter"

Einen weiteren Schritt zur Wiedergewinnung der wirtschaftlichen Stabilität unternahm das Reich im November 1923 mit der Einführung der Rentenmark, deren Wert gegenüber der bis dahin gültigen Papiermark auf 1 zu einer Billion festgesetzt wurde. Nach dieser Operation wurden die Beamtengehälter im Dezember rückwirkend zum 1.12.1923 in Goldmark festgesetzt 112; die vierteljährliche Vorauszahlung blieb jedoch suspendiert 113 . Diese sog. Goldgehälter waren mit Rücksicht auf die knappen Kredite der Rentenbank so gering bemessen, daß der Realwert der Bezüge bei allen Beamtengruppen auf den niedrigsten Stand in der Geschichte des Besoldungsrechts fiel 1 1 4 . Im Vergleich zum Jahr 1913 bewegten sich die realen Einkommen bei den unteren Beamten zwischen 44 und 59 v. H., bei den höheren Besoldungsgruppen nur noch zwischen 33 und 37 v . H . des Vorkriegsniveaus. Diese Einkommenseinbußen waren jedoch zur Sanierung der Währung unumgänglich. Selbst die Reichsregierung bezeichnete diese Einkommen als „Notgehälter". Allerdings war der Lebensstandard der Bevölkerung insgesamt so tief gesunken, daß eine wirtschaftliche Besserstellung der Beamtenschaft gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen nicht vertretbar erschien 115 . 110

Vgl. den Abdruck in der o. a. Denkschrift, S. 5473f. Vgl. die Personalabbau-Verordnung vom 27.10.1923, RGBl 1923 I S. 990 sowie das Zahlenmaterial in Wirtschaft und Statistik 1924, S. 215f.; ferner Linck, Die Beamtenbesoldungspolitik, S. 71 ff. und Vierling, Die Entwicklung der Beamtenbesoldung, S. 127 ff. 112 Vgl. die „Verordnung über die 12. Ergänzung des RBesG vom 12.12.1923", RGBl I S . 1181. 113 Kritisch dazu Lammers, Staats- und Selbstverwaltung 1924, S. 159 (200) sowie Waldecker, VerwArch 7, S. 129 (159). 114 Vgl. RFM-Denkschrift, S. 20 sowie Tabelle Anlage 6. 115 Vgl. Brand, in: Danziger Gutachtenband, S. 103 (119); a.A. wohl Waldecker, S. 161 f. 111

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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d) Die Entwicklung der Beamtenbezüge und Arbeiterlöhne bis Anfang 1925 Hatte während der Inflation noch ein gewisser Gleichklang zwischen der Entwicklung der Einkommen der Industriearbeiter und der meisten Beamten geherrscht, gelang es den Beamten bereits ab Herbst 1923, ihre Bezüge deutlich stärker aufzubessern, als es die beim Reich beschäftigten Arbeiter vermochten. Durch drei Besoldungserhöhungen zwischen April und Dezember 1924 stiegen die Realgehälter der verheirateten Beamten in den unteren Besoldungsgruppen wieder annähernd auf das Vorkriegsniveau, während die höheren Beamten durchschnittlich erst 75 v.H. der entsprechenden Vorkriegsgehälter bezogen 116 . Der nominale Einkommenszuwachs betrug bei dem seit der Besoldungsreform von 1920 als Stichmann fungierenden Beamten der Besoldungsgruppe I I I volle 77 v . H . , während die Bezüge des gleichaltrigen Arbeiters der Lohngruppe V , die in der Inflationszeit noch über denen des Beamten gelegen hatten, lediglich eine Steigerung von 65 v . H . aufwiesen 117 . Damit hatten die unteren und mittleren Besoldungsgruppen den vor dem Krieg bestehenden Abstand zu den Löhnen der Reichsbetriebsarbeiter wieder hergestellt. Auch im Verhältnis zu den Einkommen vergleichbarer Arbeiter und Angestellter in der Privatwirtschaft konnten sich die meisten Reichsbeamten verbessern, wobei insbesondere die Bezüge in den Besoldungsgruppen I - I I I deutlich höher lagen als die Löhne der zum Vergleich herangezogenen Arbeiter 1 1 8 . Zumindest auf dem gleichen Niveau wie die Einkommen vergleichbar ausgebildeter und beschäftigter Angestellter in der Privatwirtschaft lagen die Brutto-Bezüge der Beamten der mittleren Besoldungsgruppen I V - V I I , deren Vorsprung bei den Netto-Einkommen sich zusätzlich dadurch vergrößerte, daß sie neben der allgemeinen Veranlagung zur Einkommensteuer im Gegensatz zu den Angestellten nicht mit Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung belastet wurden. Dagegen bezogen Angestellte, die mit den mittleren und höheren Beamten der Besoldungsgruppen V I I I bis X I I I verglichen werden konnten, Gehälter, die bis zu 286 v.H. über denen dieser Beamten lagen 119 . Entgegen entsprechenden Forderungen aus der Mitte des Reichstages lehnte die Regierung im Mai 1925 daher eine weitere Anhebung der Gehälter ab. Sie widersprach auch ihren preis- und lohnpolitischen Vorstellungen. Eine Besoldungserhöhung hätte nämlich den als vordringlich erachteten Preisabbau 116

Vgl. die RFM-Denkschrift, Tabelle Anlage 6. Vgl. die Stellungnahme der Reichsregierung vom 20.5.1925, Reichstagsdrucksachen, Bd. 401, DS Nr. 927, S. 216. 118 Vgl. die RFM-Denkschrift, Tabellen-Anlage 9 bis 11. 119 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 401, DS Nr. 927, Anlage 3. 117

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

gebremst, welcher generell eine zurückhaltende Lohn- und Besoldungspolitik bedingte. Eine Besoldungserhöhung hätte eine Lohn- und Gehaltsrunde ausgelöst, die zwar die Massenkaufkraft gesteigert hätte, an der der Regierung aber deswegen nicht gelegen sein konnte, weil die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie gegenüber der ausländischen Konkurrenz ohnehin seit langem geschwächt war. Die Ursachen für den Konkurrenz- und Preisdruck auf dem Inlandsmarkt lagen nicht nur in dem vergleichsweise hohen Lohnniveau der deutschen Industrie, sondern auch in der vergleichsweise ungenügenden Ausstattung der deutschen Unternehmen mit Eigenkapital 120 . Wenn die Stärkung der Eigenkapitalbasis durch eine Ermäßigung der seit der Währungsumstellung besonders drückenden Steuerlast gelingen sollte, mußten diese Beträge in anderen Posten des Reichshaushalts eingespart werden. Gegen eine Zunahme der öffentlichen Personalausgaben sprach letztlich die schlechte finanzielle Verfassung der meisten Länder. Diese hätten eine Erhöhung des Besoldungsaufwandes schwerlich verkraftet, denn ab 1924 wirkten sich die Erzbergerschen Finanzreformen in einer Umverteilung des Steueraufkommens 121 zugunsten des Reiches aus. Der Verzicht auf eine Gehaltserhöhung konnte den Beamten wohl auch deswegen zugemutet werden, weil der Besitz einer unkündbaren Stellung in einer Zeit drohender Betriebsstillegungen und zunehmender Kurzarbeit in den Augen der übrigen Bevölkerung durchaus einen geldwerten Vorteil darstellte 122 . 4. Die Besoldungsreform von 1927

a) Der Anlaß für die „.Reform der Reform von 1920" Der Ende 1924 eingetretene Stillstand bei den Nominalgehältern führte bei steigenden Lebenshaltungskosten zu einer Verschuldung weiter Kreise der Beamtenschaft, an der auch die in den Jahren 1925 und 26 gewährten Weihnachtsbeihilfen nichts änderten. Zum Ausgleich des durch den seit Mitte 1925 registrierten Anstieg der Arbeiterlöhne und Angestelltengehälter 123 verursachten Einkommensrückstandes war eine allgemeine Aufbesserung der Bezüge unumgänglich 124 . Da das Reich seit dem Frühjahr 1927 einen beschei120 Zum chronischen Mangel der deutschen Industrie an Eigenkapital nach 1923 vgl. Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. I I , S. 156f. 121 Vgl. insofern Eyck, S. 163f. 122 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 401, DS Nr. 927, S. 11. 123 Vgl. dazu Hoffmann / Müller, Das dt. Volkseinkommen, Tabelle 15 und Skiba / Adam, Das westdeutsche Lohnniveau zwischen den beiden Weltkriegen und nach der Währungsreform, S. 115ff. 124 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 419, DS Nr. 3656, S. 181, 185. Zur Einschätzung der Besoldungslage in den Jahren 1924 bis 1927 vgl. Erythropel / König, Das pr. Besoldungsgesetz, S. 5 und Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. 2, S. 178f.

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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denen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte, der Hoffnungen auf eine andauernde Verbesserung des Steueraufkommens weckte, schien die zukünftige Finanzstärke des Reiches nach Ansicht des Reichsfinanzministers Köhler eine deutliche Erhöhung der Bezüge der Reichsbeamten durchaus zu gestatten. Die finanziellen Grenzen für dieses Unternehmen waren jedoch nicht nur durch die Reparationslasten, sondern auch durch gleichzeitige Sozialreformen wie die Gründung der Arbeitslosenversicherung eng gesteckt. Zudem war die Außenhandelsbilanz des Reiches seit 1924 durchweg passiv, was neben den Reparationsleistungen auf die Exportschwäche der deutschen Wirtschaft zurückzuführen war und nur durch das ausländische Kapital, das im Zuge der Dawes-Anleihe nach Deutschland strömte, verschleiert wurde 125 . Rücksicht war auch auf die schlechte Finanzlage der Länder und Gemeinden zu nehmen, denn daß deren Beamte mit ihren Besoldungsforderungen hinter denen der Reichsbeamten zurückbleiben würden, stand nicht zu erwarten 126 . b) Der Umbau des Besoldungssystems Man wollte die Gehälter nicht nur den gestiegenen Lebenshaltungskosten anpassen. Der vom Zentrum, der Deutschen Volkspartei und den Deutschnationalen getragenen Regierung ging es außerdem um eine Abkehr von den egalitär-sozialistischen Grundzügen der Besoldungsreform von 1920. Die „Gegenreform" durch das RBesG 1927 127 stand folglich unter dem Zeichen einer Wiederbetonung des Leistungsgedankens128. Die bereits bei der Ausarbeitung der Entwürfe zum RBesG 1920 geäußerten Befürchtungen, daß eine weitere Nivellierung der Bezüge die höhere Beamtenlaufbahn für viele Bewerber im Hinblick auf die erforderliche kostspielige akademische Ausbildung unattraktiv werden lassen und insbesondere bei den technischen Kräften zu Nachwuchsproblemen führen könnte, hatte sich bewahrheitet, als sich ab 1925 die Verdienstmöglichkeiten in der Industrie gebessert hatten 129 . Die damit nicht nur aus ideologischen, sondern auch aus personalpolitischen Gründen angestrebte Akzentuierung des Leistungsprinzips wirkte sich jedoch nicht etwa in einer überproportionalen Anhebung der Bezüge der höheren Beamten aus; gegenüber dem Stand von Dezember 1924 betrug sie bei den höheren Beamten lediglich 18, bei den mittleren und unteren Beamten dagegen 21 bzw. 25 v . H . 1 3 0 . Vielmehr hob man die höheren Besoldungsgrup125

Vgl. Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. 2, S. 178; Mommsen, Neue Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1973, S. 151 (154); Hattenhauer, Geschichte des Beamtentums, S. 348. 12 * Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 419, DS Nr. 3656, S. 182 und Eyck, S. 178f. 127 RGBl 1927 I S. 349. 128 Vgl. Linck, Beamtenbesoldungspolitik, S. 75ff.; Gerloff / Völter, S. 17. 129 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 419, DS Nr. 3656, S. 186. 130 Vgl. Reichstagsdrucksache Nr. 3656, S. 196f. Anlagen 2 und 3 und Eyck, S. 179.

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

pen von den übrigen dadurch ab, daß man die Zahl der aufsteigenden Gehälter unter gleichzeitiger Erhöhung der vertikalen Spannungsverhältnisse auf 19 steigerte und die Verzahnung der Gruppen und die Schlüsselung der Beförderungsämter wieder abschaffte. Dies bedeutete umgekehrt eine Rückgruppierung der mittleren Beamten, die erst aufgrund der 1920 eingeführten Verzahnung Anschluß an die Eingangsgruppen des höheren Dienstes gefunden hatten 131 . Der Rückbesinnung auf das Gehaltsklassensystem des RBesG 1909 entsprach auch die Wiedereinführung von Stellenzulagen 132 . Die Beamtenschaft, die zumindest in den unteren und mittleren Gruppen das Gruppensystem akzeptiert hatte, lehnte einen nochmaligen Umbau des Besoldungssystems überwiegend ab, weil er ihr als ein Rückschritt hinter den seit 1920 erreichten sozialen Standard erschien. Zwar hatte auch der Deutsche Beamtenbund noch kurz vor Bekanntwerden des Regierungsentwurfs das Gruppensystem kritisiert; anstelle einer Rückkehr zum alten Klassensystem forderte er aber lediglich eine Beseitigung der offenkundigen Mängel des Gruppensystems, ohne dieses jedoch insgesamt zur Disposition zu stellen. In dieser Hinsicht wurde die Beamtenschaft von der Reichsregierung schwer enttäuscht 133 . Auch die Zusammensetzung der Einkommen änderte sich wieder 134 . Die 1922 eingeführten Frauenzuschläge wurden in die Grundgehälter eingerechnet, der Kinderzuschlag auf 20 Mark pro Kind und Monat vereinheitlicht. Einen Teuerungszuschlag enthielt das Besoldungsgesetz nicht mehr. Das Reichsfinanzministerium rechnete trotz der Warnungen mancher Finanzfachleute auch für die Zukunft mit einer weiteren Stabilisierung der Mark, denn die an den Dawes-Plan geknüpften Hoffnungen auf eine Gesundung der deutschen Wirtschaft schienen sich zu erfüllen 135 .

131

Vgl. Linck, Beamtenbesoldungspolitik, S. 87. Vgl. Gerloff / Völt er, S. 43, 72; zust. Ery thropel / König, Das pr. Besoldungsgesetz, S. 3 f. 133 Ygi den _ 0 h n e Verfasserangabe abgedruckten - Artikel in der Zeitschrift „Der Deutsche Beamtenbund", Jg. 1927 Art. No. 30; kritisch zur Reform auch Gerloff I Votier, S. 17; abl. vor allem Linck, Beamtenbesoldungspolitik, S. 75; Müller, Das pr. Beamten- und Besoldungswesen, registriert einen „restaurativen Zug" auch in der damaligen Besoldungsgesetzgebung Preußens (S. 161). 132

134

Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Gerloff ! Völter, S. 18 ff., auf die im übrigen verwiesen wird; vgl. auch den Überblick bei Solch, in: Anschütz / Thoma, Handbuch des dt. Staatsrechts, Bd. 2, S. 71 ff. 135 Zum Dawes-Plan vgl. Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. 1, S. 403ff. sowie zur wirtschaftlichen Entwicklung in den Jahren 1925 bis 1927 Rosenberg, Geschichte der Weimarer Republik, S. 436ff.

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

c) Die Finanzierbarkeit

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der Besoldungserhöhung

Daß das Vertrauen der Reichsregierung in die Dauer der wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung dennoch nicht grenzenlos war, bewies der Änderungsvorbehalt in § 39 des RBesG 1927, der dem § 34 des RBesG 1920 nachgebildet war. Wenn auch nach der Erhöhung der Besoldung die Kaufkraft der Bezüge lediglich bei einigen wenigen Beamtengruppen auf das Vorkriegsniveau stieg und die mittleren Beamten noch immer deutlich darunter lagen 136 , stieß das Ausmaß der Besoldungsanpassung in der Öffentlichkeit und bei Finanzfachleuten auf Kritik. Berfürchteten letztere vor allem Schwierigkeiten bei der Aufbringung der Reparationsleistungen, zumindest aber Einwände des Reparationsagenten, wurde die Besoldungserhöhung von den Gewerkschaften gerade deshalb bekämpft, weil der Reichsetat auf Dauer entweder nur den Ausbau der Arbeitslosenversicherung oder den gestiegenen Besoldungsaufwand verkraften würde 137 . Dabei war die Erhöhung der Beamtenbezüge gerade im Vergleich zur Steigerung anderer Einkommen und der Lebenshaltungskosten überhaupt nicht allzu großzügig ausgefallen 138. Bei einem Rückgang des Steueraufkommens schien sie nur haltbar, wenn Abstriche am Sozialetat gemacht würden 139 ; diese Prognose sollte sich in den nächsten Jahren bewahrheiten. 5. Die Beamtenbesoldung in der Weltwirtschaftskrise

a) Die Brüningschen Notverordnungen Mit dem Zusammenbruch der New Yorker Börse im Herbst 1929 endete auch der bescheidene Aufschwung der deutschen Wirtschaft, an dem die Beamten durch das RBesG 1927 partizipiert hatten. Als ausländische Geldgeber ihr für die deutsche Wirtschaft so bedeutsames Betriebskapital abzogen, stieg prompt die Zahl der Arbeitslosen und Kurzarbeiter 140 . Infolgedessen 136

Vgl. Gerloff / Völter, Tabelle S. 88 m. w.N.; Solch, in: Anschütz / Thoma, S. 71. Vgl. Gerloff I Völter, S. 17; Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. 2, S. 179f.; Hattenhauer, Geschichte des Beamtentums, S. 348. Ausführlich zum Kampf der Arbeitergewerkschaften gegen den Einfluß der Beamten verbände Mommsen, Neue Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1973, S. 151 (154) m.w.N. 138 Die Reichsindexziffer der Lebenshaltung, die 1924 noch bei 130,8 (1913/14 = 100) gelegen hatte, betrug 1927 immerhin 147,9; ferner stiegen ζ. B. die durchschnittlichen Bruttowochenverdienste der Arbeiter im gleichen Zeitraum von ca. 18 auf über 27 RM, d. h. um ein Drittel, vgl. Müller, Nivellierung und Differenzierung, S. 16, 120. Zur Entwicklung der Einkommen aus unselbständiger Arbeit vgl. auch Skiba / Adam, Das westdeutsche Lohnniveau, S. 117 (Übersicht 24). 139 Vgl. Erythropel / König, Das pr. Besoldungsgesetz, S. 10. 140 Von Januar 1930 bis März 1932 stieg allein die Zahl der Arbeitslosen von 2,48 auf 6,13 Millionen, vgl. Wirtschaft und Statistik 1930, S. 149, 871; bereits im Oktober 1930 zählte man 3,11 Millionen Arbeitslose, vgl. Wirtschaft und Statistik 1931, S. 19f. 137

4 Günther

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

nahm einerseits der Finanzbedarf der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung stärker als erwartet zu, während andererseits im Spätherbst 1929 die Steuereinkünfte wegen der einsetzenden Depression schnell sanken 141 . Die Reichsregierung bemühte sich durch arbeitsmarktpolitische Initiativen um eine Erhöhung des Beschäftigungsniveaus und um eine Begrenzung der Beitragslasten und Zuschüsse an die Reichsanstalt. Ferner galt es, den Kapitalmarkt durch eine wirksame Begrenzung der Staatsausgaben zu entlasten. Um die verbleibenden Lücken im Reichshaushalt zu decken, legte die Regierung dem Reichstag Anfang Juli 1930 einen Gesetzentwurf vor, der neben der Erhöhung von Luxussteuern eine bis zum 31.3.1931 befristete Sondersteuer 142 vorsah, die als Zuschlag zur Einkommensteuer i . H . v . 2,5 v . H . hauptsächlich von den Beamten und Angestellten der öffentlichen Körperschaften, der Wehrmacht und der Reichsbahn mit einem Jahreseinkommen von mehr als 2000 M aufgebracht werden sollte. Diese Abgabe begründete die Reichsregierung vornehmlich mit der Erwägung, daß der Besitz eines sicheren Arbeitsplatzes angesichts der Massenarbeitslosigkeit einen moralischen (!) Rechtfertigungsgrund für die Auferlegung eines besonderen Opfers darstelle 143 . Die hinter dieser Sondersteuer stehende wirtschaftspolitische Zielsetzung reichte indes weiter: Im Rahmen des auf eine sparsame Haushaltsführung ausgerichteten wirtschaftspolitischen Programms der Regierung Brüning war diese „Reichshilfe" lediglich ein erster symbolischer Schritt in Richtung auf eine allgemeine Absenkung der Nominaleinkommen, der Produktionskosten und der Preise auf das Vorkriegsniveau, durch die die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf dem Auslandsmarkt gestärkt, die chronisch passive Zahlungsbilanz des Deutschen Reiches ausgeglichen und Deutschlands Zahlungsbereitschaft gegenüber den Reparationsgläubigern unterstrichen werden sollte 144 . Die Reichshilfe trat am 26. Juli 1930 im Wege einer Notverordnung nach Art. 48 I I W R V in Kraft, nachdem der Reichstag zuvor

Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 443, DS Nr. 2247, S. 5. Zum Streit über die Qualifizierung dieser Abgabe als Steuer vgl. die bei Richardt, Gehaltskürzungen, S. 92ff. abgedruckte Entscheidung des Reichsgerichts; ferner RFHE 27, S. 321 (323); Draht, Der Beamte 1931, S. 37 (38); Popitz, JW 1930, Sp. 848 (852); Jahn, DStBl 1931, S. 295; Jellinek, RuPrVWBl 1931, S. 41 (46); Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 107, der allerdings von einer „verkappten Gehaltskürzung" spricht; ähnlich Völter, Der Beamte 1930, S. 250 (252); unentschieden Böhmer, RuPrVwBl 1930, S. 587, der in der Reichshilfe sowohl einen Verstoß gegen Art. 129 I 3 wie auch Art. 134 W R V sieht; vgl. auch Hensel, VerwArch 37, S. 187 (194). 143 Vgl. Reichstagsdrucksachen, Bd. 443, Nr. 2247, S. 6; Erythropel / König, S. 19, sprechen von einer „erträglichen Einbuße"; vgl. auch Mommsen, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1973, S. 152 (154). 144 Vgl. zu den wirtschaftspolitischen Hintergründen der Reichshilfe ausführlich Mommsen, S. 152 (156 m.w.N.); Popitz, JW 1930, Sp. 848 (852) sowie Reichstagsdrucksachen, Bd. 443, Nr. 2247, S. 7. 142

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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gegen die inhaltsgleiche Notverordnung vom 16. Juli 1930 gestimmt hatte und deshalb vom Reichspräsidenten aufgelöst worden war 1 4 5 . Eine direkte Kürzung der Gehälter um 6 v. H. erfolgte zum 1. Februar 1931 durch eine weitere Notverordnung 146 . Die Reichshilfe wurde dafür ausgesetzt. Angesichts der sich zuspitzenden Wirtschaftskrise wurden die Gehälter zum 1. Juli 1931 nochmals gekürzt, wobei diese Kürzung aus sozialen Gründen gestaffelt wurde. Jahreseinkommen von bis zu 3000 M wurden je nach Ortsklasse zwischen 4 bis 5 ν. Η . , höhere Einkommen um 7 bis 8 v. H. der Sätze von 1927 gekürzt 147 . Dennoch trat durch die Juni-Notverordnung eine relativ stärkere Belastung der niedrigen Einkommen ein 1 4 8 . Deshalb kehrte man Anfang 1932 zu einer linearen Kürzung zurück, indem die Gehälter durch eine bis zum 31.1.1934 befristete Notverordnung um weitere 9 v.H. herabgesetzt wurden 1 4 9 . Auch diese Maßnahme betraf die Beamten und Angestellten aller öffentlichen Körperschaften gleichermaßen. Sie führte mit den voraufgegangenen Kürzungen zu nominellen Gehaltseinbußen, die bei den Jahresgehältern von bis zu 3000 M 19-20 v . H . und bei Spitzenverdienern bis zu 23 v.H. der Gehaltssätze von 1927 betrugen 150 . Damit lagen die Nominalgehälter ungefähr wieder auf dem Niveau vom April 1920. Letztlich zog auch die Regierung von Papen die Beamtenschaft für den Zeitraum von Juli 1932 bis März 1934 zugunsten der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu einer Sonderabgabe i . H . v . 1,5-6,0 v.H. des Bruttoeinkommens heran, nachdem selbst mehrfache Erhöhungen der Versicherungsbeiträge das finanzielle Desaster der Reichsanstalt nicht behoben hatten 151 .

145

„Verordnung des Reichspräsidenten zur Behebung wirtschaftlicher, finanzieller und sozialer Notstände vom 26.7.1930", RGBl 1930 I S. 311. Vgl. zur Vorgeschichte dieser Maßnahmen auch Eyck, Geschichte der Weimarer Republik, Bd. 2, S. 336ff. 146 „Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1.12.1930", RGBl 1930 I S. 517 (522); zu den wirtschaftspolitischen Zielen dieser Verordnung vgl. Lassar, RuPrVwBl 1931, S. 21, der diese Maßnahme auch als Deflationsmaßnahmen wertete (S. 22, 26); gegen diese Deutung Völter, Der Beamte 1931, S. 50 (51). 147 „Zweite Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5.6.1931", RGBl 1931, S. 279 (272), vgl. dazu Völter, Der Beamte 1931, S. 222. Vgl. die Tabelle bei Gerloff / Völter, S. 78. 149 „Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8.12.1931", RGBl 19311 S. 699 (738). 150 Vgl. die Tabellen bei Gerloff I Völter, S. 80f. und Müller, Nivellierung und Differenzierung, S. 84. Die Einbußen der bei Ländern und Gemeinden beschäftigten Beamten gingen aufgrund sog. Sonderkürzungen z.T. darüber hinaus, vgl. Gerloff I Völter, S. 79 sowie Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 114. 151 „Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe sowie zur Erleichterung der Wohlfahrtskosten der Gemeinden v. 14.6.1932", RGBl 1932 S. 273 (280). 4'

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

Aus einem einmaligen Notopfer hatte sich ein planmäßiger Gehaltsabbau entwickelt, was in manchen Kreisen als eine nachträgliche Bestätigung der 1927 an dem Ausmaß der Gehaltserhöhungen geübten Kritik aufgefaßt wurde. Demgegenüber hatte Solch 1 5 2 bereits im Jahre 1931 darauf hingewiesen, daß die Besoldungsreform von 1927 schwerlich die alleinige Ursache einer solch gravierenden Haushalts- und Wirtschaftskrise gewesen sein konnte, zumal die Gehaltserhöhung vom Oktober 1927 sich durchaus in dem durch den Zuwachs der Arbeitnehmereinkommen gesteckten Rahmen gehalten hatte. Für den Beitrag der Besoldungsreform zu den Etatschwierigkeiten der Jahre 1929 bis 1932 ist ferner bezeichnend, daß der Gehaltsabbau von vornherein nicht auf die Beamtenschaft beschränkt war. Vielmehr strebte Brüning, der sich 1927 als ein entschiedener Gegner der Gehaltserhöhungen profiliert hatte, nicht nur in der Wirtschafts-, sondern auch in der Sozialpolitik eine allgemeine Restauration der Vorkriegsverhältnisse an, zumal weite Kreise der Bevölkerung diese im Rückblick als Normalzustand ansahen. Auf dem Weg dorthin war dem öffentlichen Dienst eine sozialpolitische Vorreiterrolle - wenn auch diesmal in umgekehrter Richtung - zugedacht 153 . b) Gehaltskürzungen und Preisabbau: Die Kaufkraft der Bezüge nach den Notverordnungen Brünings Einkommenspolitik war insofern ein gewisser Erfolg beschieden, als mit den Kürzungen der Gehälter eine Senkung der Lebenshaltungskosten einherging. Diese Entwicklung hatte im August 1929 eingesetzt und war im wesentlichen eine Folge des von der Reichsregierung betriebenen Abbaus der Lebensmittelpreise. Mit 118,4 (1913/14 = 100) erreichte die Reichsindexziffer im Dezember 1932 sogar den tiefsten Stand seit der Stabilisierung der Währung 1 5 4 . Der Preisabbau betrug seit dem August 1929 immerhin 23 v . H . Läßt man die Einkommensverluste infolge der befristeten Heranziehung zur Unterstützung der Reichsanstalt außer acht, hatte der Preisabbau bis Ende 1932 zumindest bei den Einkommen der unteren Beamten die Gehaltskürzungen weitgehend ausgeglichen155. Bereits im Januar 1932 erreichten verschiedene Gruppen wieder die Kaufkraft ihrer Gehälter vom Oktober 1927 156 . Nichts152 Solch, in: Anschütz / Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts Bd. 2, S. 71; vgl. auch Erythropel / König, Das pr. Besoldungsgesetz, S. 10 sowie Schuemann, S. 130. 153 Vgl. Mommsen, Neue Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1973, S. 152 (156 m. w.N.). 154 Vgl. Wirtschaft und Statistik 1933, Tabellen S. lOff. 155 So Castner, Schmoller's JB 1862, S. 461 (482); Morsey, Die Beamtenpolitik des Reiches, S. 116. 156 Vgl. Gerloff! Völter, Tabelle S. 88; vgl. auch Müller, S. 140, der ein Absinken der Kaufkraft der Nettogehälter unter den Stand von 1929 erst für die Zeit nach 1934 feststellt.

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destotrotz hatte die Beamtenschaft durch die Gehaltskürzungen auch gewisse reale Einkommenseinbußen erlitten: zum einen war der Lebenshaltungskostenindex seit der Gehaltserhöhung vom Dezember 1927 bis zum Einsetzen der Deflationsphase im August 1929 von 150,2 auf 154,0 angestiegen; zum anderen waren die Gehaltskürzungen nicht nur Reaktionen auf den Preisabbau, sondern nahmen ihn auch jeweils um ca. ein halbes Jahr vorweg 157 . Die sozialpolitische Tragweite dieser Gehaltseinbußen kann jedoch erst vor dem Hintergrund der allgemeinen Einkommens- und Arbeitsmarktentwicklung zutreffend bewertet werden. Die Weltwirtschaftskrise erzeugte nicht nur Massenarbeitslosigkeit, sondern führte auch zu einem beträchtlichen Rückgang des Volkseinkommens und zur Verarmung großer Teile der Bevölkerung. Hatte 1929 die Pro-Kopf-Kaufkraft bereits um 8 und 1931 sogar um 22 v. H. unter dem Vorkriegsstand gelegen 158 , sank sie im Laufe des Jahres 1932 gegenüber 1931 um weitere 8,5 v. H. ab, so daß sie zuletzt mit 680M pro Jahr nur wenig mehr als % des Standes von 1913 betrug 159 . Diese Zahlen belegen, daß die Beamtenschaft mit Einschluß der nach 1927 relativ benachteiligten höheren Gruppen im Vergleich zur großen Mehrzahl der Einkommensbezieher die Weltwirtschaftskrise nicht nur in einem zumeist krisensicheren Β eschäftigungs Verhältnis, sondern auch mit relativ geringen Einkommens Verlusten überstanden hat, mochte sie die mittels der Notverordnungen durchgesetzten Gehaltskürzungen auch als einen ungerechtfertigten Eingriff in ihre Rechte empfunden haben. Gerade dieser letzte Gesichtspunkt beweist aber die unglückliche Hand Brünings in der Beamtenpolitik. In dem Gefühl, einer Sparpolitik ausgesetzt zu sein, die Einschnitte gerade dort vornahm, wo aus rechtlichen oder anderen Gründen der geringste Widerstand zu erwarten war, entfremdeten sich auch politisch gemäßigte Beamte vom Zentrum, woraus die Propaganda der NSDAP gegen den angeblichen Abbau wohlerworbener Beamtenrechte politisches Kapital zu schlagen versuchte 160 . 157 Vgl. Mommsen, Neue Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1973, S. 151 (157); Gerloff / Völter, S. 87. iss Vgl. die Berechnungen des Statistischen Reichsamtes, in: Wirtschaft und Statistik 1932, S. 690 (691). 159 Vgl. Wirtschaft und Statistik 1932, S. 686 und Woothke, Z B R 1957, S. 277 (279) sowie Hoffmann / Müller, Das dt. Volkseinkommen, Tabelle 2 und 24. Vgl. auch Skiba / Adam, Das westdeutsche Lohnniveau, S. 118, wonach das Volkseinkommen zwischen 1929 und 1932 um 41 v. H. gefallen ist. Nach Müller, Nivellierung und Differenzierung, S. 140, büßten dagegen in den Jahren 1930 - 34 lediglich die Arbeiter bis zu 9 v. H. ihrer Realeinkommen von 1929 ein, wogegen Angestellte und Beamte sogar ihre Einkommen gesteigert haben sollen, vgl. die Tabellen, S. 16, 20, 24. Diese Ergebnisse können dadurch erklärt werden, daß Müllers Berechnungen auf der aus den Statistiken der Sozialversicherungsträger rückgerechneten Lohn- und Gehaltssumme beruhen, die zur Berechnung des Vergleichseinkommens durch die jeweilige Anzahl der beschäftigten Arbeiter dividiert wird. Die Abnahme des Volkseinkommens infolge der Arbeitslosigkeit wird dadurch nicht deutlich, vgl. Skiba / Adam, S. 118f. 160 Vgl. Mommsen, S. 151 (162); Morsey, Die Beamtenpolitik des Reiches, S. 115; Castner, Schmoller's JB 1962, S. 461 (484) und Fenske, VerwArch 64, S. 117 (134).

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909 6. Die Auseinandersetzung um die Unverletzlichkeit der „wohlerworbenen Rechte der Beamten"

a) Der Schutz der Beamtengehälter durch Art. 12913 WRV Die während der Weltwirtschaftskrise vorgenommenen Eingriffe in die Beamtengehälter verschärften auch zwei seit der Gründung der Weimarer Republik schwelende juristische Kontroversen: neben der Frage nach der Anwendbarkeit des Notverordnungsrechts des Reichspräsidenten auf finanzund wirtschaftspolitische Notstände 1 6 1 wurde jetzt die Frage nach dem verfassungsrechtlichen Schutz der Beamtengehälter gegenüber Eingriffen des Besoldungsgesetzgebers akut. Die damit angesprochene Unverletzlichkeit der wohlerworbenen Rechte der Beamten in Art. 129 I 3 W R V galt nicht nur als bloßer Programmsatz, sondern war als unmittelbar geltendes Recht anerkannt 1 6 2 . Der Umfang des Schutzes, den diese Norm hinsichtlich der Besoldungsansprüche der Beamten entfaltete, blieb jedoch bis zum Ende der Weimarer Republik umstritten. Etwa bis Ende 1930 standen sich in der Frage nach dem Inhalt der von Art. 12913 W R V geschützten „wohlerworbenen Rechte" sowie nach der Befugnis des Gesetzgebers zur Kürzung der Gehälter im wesentlichen zwei Auffassungen gegenüber: aa) Die Lehre von der ziffernmäßigen Garantie des Gehaltsanspruches Die bis dahin in Rechtsprechung und Rechtslehre weit überwiegende Auffassung erblickte in der Garantie der wohlerworbenen Rechte der Beamten nicht nur eine Verbürgung der wesentlichen objektiv-rechtlichen Grundlagen des Berufsbeamtentums 163 , sondern auch eine Gewährleistung der individuel-

161

Entgegen dem Wortlaut des Art. 48 I I W R V , der eine erhebliche Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung voraussetzte, hatte die Staatspraxis bereits im Jahre 1923 vom Notverordnungsrecht zur Währungsstabilisierung Gebrauch gemacht, vgl. Lassar, RuPrVwBl 1931, S. 21 (22) sowie Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 116ff. ; 129 m. w. N. Ferner zählte Art. 12913 W R V , der die wohlerworbenen Rechte der Beamten für unverletzlich erklärte, nicht zu den Grundrechten, die nach Art. 48 I I 2 W R V ausdrücklich außer Kraft gesetzt werden konnten, vgl. Uli· mann, BJB 1925, S. 521 (569ff.); Eickel, BJB 1924, S. 127 (223) und Helfritz, D R i Z 1931, S. 45 (46); für die Anwendung des Notverordnungsrechts auf die Kürzung von Beamtengehältern dagegen ζ. B. Kühnemann, RuPrVwBl 1932, S. 124 (125). 162 Das war weithin unstreitig: vgl. Brand, in: Nipperdey, Grundrechte und Grundpflichten, Bd. 2, S. 230; Triepel, A ö R 1 (1921), S. 349 (357); Daniels, BJB 1924, S. 127 (195); Möller, BJB 1925, S. 295 (302); Aßmann, Wohlerworbene Beamtenrechte, S. 20; Köngen, Beamtenrecht, S. 53f.; R G Z 9 9 , S. 262; 102, S. 168; 104, S. 58 (61). 163 Daß die Aufnahme des Art. 129 I in die Reichsverfassung die überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums wie Unkündbarkeit, Lebenslänglichkeit der Anstellung sowie die gesetzliche Festlegung der Bezüge durch das Erfordernis eines verfassungsändernden Reichsgesetzes nach Art. 76 W R V gegen ihre Abschaffung

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len Rechtsstellung des einzelnen Beamten, sofern es um seine spezifisch aus dem Beamtenverhältnis resultierenden Rechte ging 1 6 4 , unabhängig davon, ob es sich um vor oder nach Inkrafttreten der W R V angestellte Beamte bzw. vor oder nach diesem Zeitpunkt erworbene Rechte handelte 165 . Da die Wissenschaft den Begriff der wohlerwobenen Rechte zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf alle subjektiven öffentlichen Rechte ausgedehnt hatte 166 und der Gehaltsanspruch seit jeher als das bedeutendste Recht aus dem Beamtenverhältnis galt 1 6 7 , verstand man das Merkmal „wohlerworben" seit 1919 allgemein dahingehend, daß die Reichsverfassung der gesamten Rechtstellung und insbesondere den Besoldungsansprüchen der Beamtenschaft einen gesteigerten Schutz gegenüber der Legislative gewähren wollte 1 6 8 . Dieses Verständnis der „wohlerworbenen Rechte", enthielt nicht nur die Garantie des standesgemäßen Unterhalts 169 ; vielmehr kamen den Beamten nach dieser Auffassung sämtliche Besoldungsaufbesserungen derart zugute, daß der durch das jeweils geltende Besoldungsgesetz in seiner ziffernmäßigen Höhe festgelegte Gehaltsanspruch in diesem Umgang zu einem „wohlerworbenen Recht" i.S.d. Art. 129 I 3 W R V erstarkte. Folglich konnten selbst nominelle Kürzungen der Gehälter nur durch ein verfassungsänderndes

durch die einfache Gesetzgebung schützen sollten, war unstreitig, vgl. Brand, Beamtenrecht, S. 126; Poetzsch-Heffter, ZRBhB 1932, S. 2; Eickel, BJB 1929, S. 61 (66); Giese, BJB 1931, S. 479 (488); Jahn, RuPrVwBl 1931, S. 481 (484); Thoma, Mitteilungen des Verbandes dt. Hochschulen 1931, S. 129 (138, 142); R G Z 109, S. 117 (129). 164 Vgl. Anschütz, Die Verfassung des Dt. Reichs, Art. 129 I 3, Anm. 3; PoetzschHeffter, Handkommentar der Reichsverfassung, Art. 129, Anm. 4b; Ullmann, BJB 1925, S. 521 (525), Eickel, BJB 1929, S. 61 (66); Triepel, A ö R 1, S. 349 (358); Brand, Beamtenrecht, S. 126, Köttgen, Beamtenrecht, S. 53. 165 Ygi Triepel, S. 357; Aßmann, Wohlerworbene Beamtenrechte, S. 20; PoetzschHeffter, in: Danziger Gutachtenband, S. 131 (134); vgl. auch R G Z 104, S. 58 (61). 166 Vgl z g Q Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 337 sowie Köttgen, Beamtenrecht, S. 53; zur Entwicklungsgeschichte der „wohlerworbenen Rechte" vgl. insbesondere Eickel, BJB, 1924, S. 127 (131ff.); Möller, BJB 1925, S. 295 und Aßmann, Wohlerworbene Beamtenrechte, S. 18. 167 Vgl. Anschütz, Verfassung des Dt. Reiches, Art. 1291 3, Anm. 3; Poetzsch-Heffter, in: Danziger Gutachtenband, S. 131 (137); Brand, D R i Z 1928, S. 328 (330). 168 Vgl. Triepel, A ö R 1, S. 349 (360); Jahn, DJZ 1931, S. 1011; Kruspi, ZRBhB 1932, S. 2 (5) sowie im Danziger Gutachtenband folgende Autoren: Damme, S. 23 (30); Loening, S. 34 (43); Brand, S. 103 (107f.); Poetzsch-Heffter, S. 131 (135, 138) und Mügel, S. 149 (150). 169 Die sog. Alimentationstheorie war bereits damals in der Rechtslehre vorherrschend, vgl. Laband, Staatsrecht des Dt. Reiches, Bd. 1, S. 500ff.; Hintze, Der Beamtenstand, S. 9; Brand, Beamtenrecht, S. 129; Lammers, Staats- und Selbstverwaltung 1924, S. 156 (157); Giese, A ö R 6, S. 28 (32f.); Köttgen, Beamtenrecht, S. 53; vgl. auch R G Z 38, S. 317 (321); 48, S. 1; 96, S. 83; 124, S. 229; 141, S. 342 (347); 143, S. 77 (79), wobei das Gericht ab der Entscheidung Ζ 53, S. 423 (429) den Unterhalt jedoch auch als „Gegenleistung" (!) dafür bezeichnete, daß der Beamte seine ganze Arbeitskraft in den Dienst des Staates stellt. Für die sog. Lohntheorie wohl Krückmann, ZRBhB 1931, S. 166 (167).

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

Gesetz i.S.v. Art. 76 W R V vorgenommen werden 170 . Diese „Meistbegünstigungsgarantie" wurde vor allem mit der Entstehungsgeschichte des Art. 1291 3 W R V begründet 171 . Nach der Machtübernahme durch sozialistische Kräfte hatte die Beamtenschaft in den Jahren 1918/19 befürchtet, daß in der künftigen Republik das Berufsbeamtentum herkömmlicher Art durch ein Wahlbeamtentum abgelöst werden könnte, wie es die SPD bereits 1891 in ihrem Erfurter Programm gefordert hatte 172 . Gewissermaßen als Gegenleistung dafür, daß die Beamtenschaft nach dem Aufruf Eberts vom 9. November 1918 dennoch loyal mit der neuen Staatsführung zusammengearbeitet hatte, hatte ihr die Verfassunggebende Nationalversammlung in Art. 129 I 3 W R V eine umfassende Garantie ihrer Rechtsstellung gegenüber der Legislative gegeben. bb) Die Lehre von der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums Mit Eintritt der Weltwirtschaftskrise wurde die herrschende Auffassung dadurch in Frage gestellt 173 , daß ein zunehmender Teil des Schrifttums Art. 129 I 3 W R V erst in zweiter Linie als ein Grundrecht, vornehmlich aber als eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums interpretierte. Dieser Wandel ging auf Carl Schmitt zurück, der erstmals 1928 auf die Bedeutung der in der Reichsverfassung enthaltenen institutionellen Garantien hingewiesen hatte 174 . Diese Interpretation des Art. 129 I 3 W R V als einer verfassungskräftigen Gewährleistung des Berufsbeamtentums und seiner traditionellen Grundlagen Schloß zwar die grundrechtliche Gewährleistung subjektiver Rechte nicht denknotwendig aus 175 . Der Schutz der individuellen Rechtsstellung wurde jedoch gegenüber der überwiegenden Lehre im Ergebnis dadurch relativiert, daß nach Schmitts Konzeption die Gewährleistung subjektiver 170 So die herrschende Lehre, vgl. Brand, NippGR I I , S. 232; Poetzsch-Heffter, Handkommentar der Reichsverfassung, Art. 129, Anm. 4b; Köttgen, Beamtenrecht, S. 54f. ; Möller, BJB 1925, S. 295 (315f.); Falck BJB, 1928, S. 227 (229). Repräsentativ sind die im Jahre 1928 im Danziger Gutachtenband abgedruckten Stellungnahmen von Damme, Loening, Lobe, Litten, Brand, Poetzsch-Heffter und Mügel. 171 Vgl. dazu insbes. Reichstagsverhandlungen, Bd. 328, S. 1632ff.; Beyerle, Die wirtschaftliche Sicherstellung der Beamten, S. 10f.; Daniels, BJB 1931, S. 591 ff. und Aßmann, Wohlerworbene Beamtenrechte, S. 20f. 172 Vgl. Schröder, Die verfassungsmäßige Garantie der Institution des Berufsbeamtentums, S. 58 (62f.). 173 Vgl. zu diesem Zusammenhang W. Jellinek, RuPrVwBl 1932, S. 41 und Jahn, DJZ 1931, S. 1011; vgl. auch Hattenhauer, Geschichte des Beamtentums, S. 350, 352. Dagegen sah Dennewitz, Die institutionelle Garantie, S. 47 den Grund für das Aufkommen dieser Lehre in einer von ihm als „Verfassungswandel" bezeichneten Abkehr von dem ursprünglichen bürgerlich-liberalen Staatsbild der Weimarer Reichsverfassung zu einem nationalen, d. h. „völkischen" (!) Verständnis der Verfassung. 174 Vgl. Carl Schmitt, Verfassungslehre, S. 172; dens., in: Anschütz / Thoma, Handbuch des Dt. Staatsrechts, Bd. 2, S. 595. 175 Vgl. Schmitt, Freiheitsrechte und institutionelle Garantie, S. 10; Poetzsch-Heffter, ZRBhB 1932, S. 2; Schwalb, DJZ 1932, Sp. 1024 (1026).

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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Individualrechte nur in den Grenzen der institutionellen Garantie bestand 176 . Außerdem erschien Schmitt die Garantie eines vermögensrechtlichen status quo gegenüber dem Gesetzgeber als eine Privilegierung, für die nach seinem Verständnis in einer demokratischen Verfassung kein Platz war 1 7 7 . Da das Berufsbeamtentum gegenüber der Legislative lediglich in seinen wesentlichen Strukturelementen geschützt war 1 7 8 , stand den Beamten nach Schmitts Auffassung als „wohlerworbenes Recht" gegen den Dienstherrn nur ein Anspruch auf Gewährung des standesgemäßen Unterhalts zu, dessen jeweilige ziffernmäßige Höhe im Ermessen des Besoldungsgesetzgebers stand 179 . Eine Herabsetzung des Nominalwertes der Gehälter durch ein mit einfacher Mehrheit zustande gekommenes Gesetz war danach ohne weiteres zulässig. Ein verfassungsänderndes Gesetz war vielmehr erst dann erforderlich, wenn der standesgemäße Unterhalt als eine der wesentlichen Grundlagen des Berufsbeamtentums beeinträchtigt wurde 180 . Den institutionellen Gehalt des Art. 129 13 W R V betonten ab 1930 auch Friesenhahn und Schröder unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift 181 . cc) Die Stellungnahme des Reichsfinanzhofes zur Zulässigkeit der Reichshilfe Dieser Deutung des Art. 12913 W R V schloß sich 1931 der Reichsfinanzhof in seinen beiden Entscheidungen über die Reichshilfe an 1 8 2 . Dabei beschränkte sich das Gericht dann auch auf die apodiktische Feststellung, daß eine gleichmäßige Schmälerung der Gehälter, wie sie die Reichshilfe bewirke, den standesgemäßen Unterhalt noch nicht gefährde 183 . Hilfsweise stützte der Reichsfinanzhof seine Entscheidung auf die Erwägung, daß selbst für den Fall, daß das Nominalgehalt durch die Reichs Verfassung geschützt sei, das Recht auf einen ungeschmälerten Weiterbezug des Gehalts seine Grenze am Lebens176

Vgl. Schmitt, Freiheitsrechte und institutionelle Garantie, S. 10. Ebd., S. 20; ders., in: Anschütz / Thoma, S. 589 FN 64. 178 Vgl. Schmitt, in: Anschütz / Thoma, Handbuch des Dt. Staatsrechts, Bd. 2, S. 593. Demgegenüber betonte Poetzsch-Heffter, ZRBhB 1932, S. 2 die Gleichrangigkeit des Schutzes der individuellen Rechtsposition und der institutionellen Gewährleistung. 179 Vgl. Schmitt, DJZ 1931, Sp. 917 (919); so bereits einige Jahre zuvor Lammers, Staats- und Selbstverwaltung 1924, S. 156 (157). 180 v g l . Friesenhahn, Wirtschaftsdienst 1930, S. 1143 (1145); ähnlich Schröder, Die wohlerworbenen Rechte der Beamten, S. 67. 177

181 Vgl. die von der herkömmlichen Darstellung abweichende Deutung der Entstehungsgeschichte bei Schröder, Die wohlerworbenen Rechte der Beamten, S. 58ff. ι 8 2 RFHE27, S. 321; 28, S. 208. ι « RFHE 27, S. 321 (323); 28, S. 208 (210); insoweit zust. Solch, JW 1931, S. 1657 (1658); abl. Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 109f. sowie Gerloff ! Völter, Die dt. Beamtenbesoldung, S. 81.

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

recht des Staates und der aus dem Beamtenverhältnis resultierenden Treuepflicht finde, die den Beamten angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte zu wirtschaftlichen Opfern bis an die Grenze des standesgemäßen Unterhalts verpflichte 184 . Die Schlußfolgerung des Reichsfinanzhofes, daß der Gehaltsanspruch verfassungsunmittelbar durch entgegenstehende finanzpolitische Interessen des Staates begrenzt sei, wurde im Schrifttum überwiegend angegriffen. Dabei wurde ein neben Art. 48 I I und 76 W R V stehendes überverfassungsrechtliches Staatsnotrecht 185 mehrheitlich ebenso abgelehnt, wie die Instrumentalisierung der Treuepflicht für einfachgesetzliche Eingriffe in den betragsmäßig garantierten Besoldungsanspruch bekämpft wurde 186 . Unbestritten konnte man die Gehälter ja durch ein verfassungsänderndes Gesetz kürzen 187 . b) Der Streit um die Gültigkeit der Änderungsvorbehalte in den Besoldungsgesetzen Praktische Bedeutung hatte die Frage nach dem Schutzbereich des Art. 129 I 3 W R V schon einmal vor der Weltwirtschaftskrise erlangt, nämlich in der Auseinandersetzung um die Gültigkeit der sog. Änderungsvorhalte 188 . Da § 34 RBesG 1920 angesichts der unsicheren Währungsverhältnisse zurecht als eine bloße Deflationsklausel galt, die sich allenfalls auf die ab April 1920 gezahlten Teuerungszuschläge, jedoch nicht auf die im RBesG 1920 festgesetzten Grundgehälter beziehen konnte 1 8 9 , hatte die Beamtenschaft keinen Anlaß, gegen § 34 RBesG 1920 vorzugehen; vielmehr vertraute sie darauf, daß derartige Klauseln, wie sie auch in die Besoldungsgesetze der Länder eingingen, nach einer Stabilisierung der Papiermark obsolet werden würden 190 . Als die Änderungsvorbehalte 1927 unter Berufung auf den alten Rechtszustand erneut in die Besoldungsgesetze des Reichs und der Länder aufgenom184

RFHE 27, S. 321 (323). 185 Gegen diesen Ansatz bereits Triepel, in: Danziger Gutachtenband, S. 31 f. und Lobe, S. 65 (72); Für ein zeitlich begrenztes Staatsnotrecht als Grundlage für verhältnismäßige und lineare Besoldungskürzungen jedoch W. Jellinek, RuPrVwBl 1932, S. 41 (47); ähnlich Schwalb, DJZ 1932, Sp. 1024 (1034); vgl. im übrigen Bruns, Das Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung der Beamtenrechte, S. 73f. m. w.N. 186 Ygi insbesondere Beyerle, Die wirtschaftliche Sicherstellung der Beamten, S. 30f.; abl. unter Hinweis auf den abschließenden Charakter der Beamtenpflichten auch Jahn, DStBl 1932, Sp. 298; Thoma, Mitteilungen des Verbandes dt. Hochschulen 1931, S. 129 (145) sowie Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 110. 187

So bereits Poetzsch-Heffter, 188 y g i dazu o b e n ι χ b).

in: Danziger Gutachtenband, S. 131 (148).

189 Vgl. im Danziger Gutachtenband: Loening, S. 34 (37f.); Poetzsch-Heffter, S. 131 (146) und Mügel, S. 149 (151); ähnlich Falck, BJB 1928, S. 227 (230). 1 90 So Lobe, S. 65 (66); Poetzsch-Heffter, S. 131 (137) und O L G Dresden, D R i Z 1931, S. 401 (402).

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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men wurden 191 , waren sie keine Deflationsklauseln mehr, sondern stellten den Bestand der in diesen Gesetzen festgelegten Gehaltssätze offen in Frage. Im Hinblick auf das vorherrschende Verständnis der „wohlerworbenen Rechte" wurde die Vereinbarkeit dieser Klauseln mit Art. 12913 W R V nach der Währungsstabilisierung zunehmend bestritten 192 . Als im März 1928 die Stadt Danzig die Gehälter ihrer Beamten durch einfaches Gesetz kürzte, erklärte das Danziger Obergericht den mit § 39 RBesG 1927 inhaltsgleichen Änderungsvorbehalt des Danziger Diensteinkommensgesetzes als eine unzulässige Umgehung der Art. 129 I 3 W R V und 92 der Danziger Verfassung für nichtig 1 9 3 . Dieser Rechtsprechung schlossen sich in der Folgezeit das Β airische Oberste Landesgericht 194 und das Oberlandesgericht Dresden 195 an. Eine solche Einstimmigkeit der Rechtsprechung macht die Ablehnung, die die durch die Brüningschen Notverordnungen verfügten Gehaltskürzungen gerade unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten erfuhren, durchaus verständlich 196 . c) Die Anerkennung der Änderungsvorbehalte durch das Reichsgericht Die höchstrichterliche Entscheidung über die Gültigkeit der Änderungsvorbehalte und die dahinter stehende Frage nach dem Umfang des durch Art. 129 I 3 W R V gewährten Schutzes der Gehälter erfolgte im Juli 1931 durch das Reichsgericht 197 . Dieses war seit 1918 mit dem überwiegenden Teil der Lehre zu der Auffassung gelangt, daß Gehaltsansprüche, die den Beamten aufgrund der Besoldungsgesetze erwuchsen, als wohlerworbene Rechte i.S.d. Art. 129 I 3 W R V galten und daher nicht durch einfaches Gesetz herabgesetzt werden konnten 198 . Diesen Standpunkt gab das Reichsgericht wider Erwarten zwar nicht im Ansatz, wohl aber im Ergebnis auf. Zwar lehnte es eine Einschrän191

Vgl. Solch / Ziegelasch, RBesG (1. Aufl.) § 39 Anm. 1, die bereits 1928 in dieser Klausel auch ein Mittel zur Lösung eines finanziellen Staatsnotstandes sahen; ähnlich auch Erythropel / König, S. 19. 192 Vgl. Eickel BJB 1924, S. 127 (178f.); Pahlke, RuPrVwBl 1928, S. 391 (392); Kotigen, Beamtenrecht, S. 55; Kruspi, Reich und Länder 1930, S. 248 (253) sowie die Verfasser des Danziger Gutachtenbandes. 193 Vgl. das Urteil vom 25.9.1928, RuPrVwBl 1929, S. 112 und zur Vorgeschichte das Vorwort des Danziger Gutachtenbandes (S. 5 ff.). 194 Gutachten zu Art. 8 des Bayr. Beamtenbesoldungsgesetzes vom 20.4.1928, vgl. D R i Z 1930, S. 124. 195 Gutachten des O L G Dresden zu § 22 des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 28.12.1927; zust. Eickel, BJB 1929, S. 61 (67); Giese, BJB 1931, S. 479 (490); ähnlich bereits Köttgen, Beamtenrecht S. 55 und Brand, D R i Z 1928, S. 328 (337). 196 Vgl. Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 119; demgegenüber leitete Solch, JW 1931, S. 1157 (1159) gerade aus der Existenz dieser Änderungsvorbehalte die Zulässigkeit von Gehaltskürzungen im Wege des Notverordnungsrechts ab. 197 Vgl. R G Z 134, S. 1 = RG JW 1932, S. 50. ™ Vgl. R G Z 108, S. 404 (405) und 114, S. 220 (228).

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

kung der wohlerworbenen Rechte über die Figur der institutionellen Garantie ausdrücklich ab 1 9 9 und distanzierte sich auch von den Ausführungen des Reichsfinanzhofes über die Begrenzung des Gehaltsanspruchs durch die Staatsnotwendigkeiten und die Treuepflicht der Beamten 200 . Auch erkannte das Reichsgericht in Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung im Schrifttum die nach Maßgabe der Besoldungsgesetze entstandenen Gehaltsansprüche ausdrücklich als „wohlerworbene", unter dem Schutz von Art. 129 I 3 und 76 W R V stehende Rechte an. Abweichend von der Rechtsprechung des Danziger Obergerichts und der Oberlandesgerichte lehnte es Änderungsvorbehalte in den Besoldungssystemen nicht als grundsätzlich unzulässig ab. In Anlehnung an eine im Schrifttum vereinzelt vertretene Auffassung stellte das Gericht sich auf den Standpunkt, daß Art. 129 I 3 die Rechte der Beamten nur in dem Umfang schütze, in dem sie erworben würden. Wenn der Gesetzgeber derartige Rechte widerruflich oder befristet gewähren könne, müsse es auch zulässig sein, Rechte zu begründen, deren Inhalt jederzeit abgeändert werden könne 201 . Danach erwarben die Beamten die Besoldungsansprüche bereits mit einer immanenten Beschränkung 2 0 2 , wenn das Besoldungsgesetz einen Änderungsvorbehalt enthielt. Der drohenden Gefahr einer grenzenlosen Kürzung der Bezüge 203 trat das Gericht mit der Erwägung entgegen, daß dem ebenfalls durch Art. 129 I 3 W R V geschützten Recht auf Belassung im Amt durch eine Kürzung der Besoldung nicht die materielle Grundlage entzogen werden dürfe; die Kürzungsvorbehalte fanden daher ihre Grenze am standesgemäßen Unterhalt 204 . Auch wenn das Reichsgericht sich mit diesen Ausführungen im praktischen Ergebnis der 199 Vgl. R G Z 134, S. 1 (13); zustimmend Giese, in: Richardt, Gehaltskürzungen, S. 253 (255) und Triepel, DJZ 1931, Sp. 1537 (1539). 200 Vgl. R G Z 134, S. 1 (13); auch die Lehre vom „überverfassungsrechtlichen Staatsnotstand" lehnte das Gericht unter Hinweis auf die Kürzungsmöglichkeiten nach Art. 76 und 48 I I W R V ab; insoweit zust. Bilfinger, VerwArch 37, S. 173 (185), kritisch W. Jellinek, JW 1932, S. 50 (52); vgl. zu dieser Problematik im übrigen Gerloff I Völter, Die dt. Beamtenbesoldung, S. 82; Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 97 sowie Till, Entwicklung des Alimentationsprinzips, S. 230f. m.w.N. 201 Vgl. R G Z 134, S. 1 (8; 13). 202 Vgl. R G Z 134, S. 1 (9); zum Erwerb von Rechten unter dem Vorbehalt späterer Entziehung vgl. auch R G Z 133, S. 122 (127); zur Lehre vom bedingten Rechtserwerb vgl. Ullmann, BJB 1925, S. 521 (561); ders., Die rechtliche Tragweite des Verfassungssatzes, S. 71 f.; ähnlich Bach, Reich und Länder 1930, S. 241 (245)ff.); einschränkend Falck, BJB 1928, S. 227; gegen diese Konstruktion im Danziger Gutachtenband: Triepel, S. 9 (14); Loening, S. 34 (46); Lobe, S. 65 (69); Poetzsch-Heffter, S. 131 (139); vgl. auch die Bedenken des Bairischen Obersten Landesgerichts, D R i Z 1931, S. 124 (128). 203

Vgl. bereits Litten, in: Danziger Gutachtenband, S. 73 (78) und O L G Dresden, D R i Z 1931, S. 401 (402). 204 R G Z 134, S. 1 (14f.); für die Bemessung der Besoldung erachtete es als wesentliche Kriterien: den Rang der jeweiligen Stellung, die mit dem Amt verbundene Verantwortung sowie den allgemeinen Lebenszuschnitt, die Kaufkraft des Geldes und auch volkswirtschaftliche Gesichtspunkte.

II. Besoldungsrecht und -politik in der Weimarer Republik

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Lehre vom standesgemäßen Unterhalt angeschlossen hatte, schloß es damit doch eine Herabsetzung der Bezüge auf das Existenzminimum oder ihre völlige Entziehung aus 205 . Die Kritik an dieser Entscheidung 206 konzentrierte sich daher vor allem darauf, daß die Prüfung, ob eine aufgrund eines Änderungsvorbehaltes vorgenommene Gehaltskürzung die Garantie des standesgemäßen Unterhalts verletzte, die Rechtsprechung vor eine nahezu unlösbare Aufgabe stellte. Es ist für das mit dieser Entscheidung für die Rechtssprechung eröffnete Dilemma bezeichnend, daß das Reichsgericht und die Obergerichte die Lehre vom standesgemäßen Unterhalt wegen der mit ihr verbundenen Aufwertung der Judikative in Fragen des Besoldungsrechts bis dahin jeweils mit dem Hinweis auf die Entscheidungsprärogative der Legislative bei der Festsetzung der Gehälter abgelehnt hatten. Angesichts der nicht mehr gegebenen Einheitlichkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung drohte nunmehr auch der Verlust jeglicher Rechtssicherheit im Besoldungsrecht 207 . 7. Resümee der besoldungspolitischen Entwicklung der Jahre 1920 - 32

Mit der Entscheidung des Reichsgerichts vom 10. Juli 1931 war der Kampf der Beamten um eine wirksame verfassungsrechtliche Absicherung ihrer Gehaltsansprüche gegenüber der Legislative endgültig gescheitert. Der Wunsch nach besoldungsgesetzlichen Regelungen, die zu ihrem Nachteil nur durch ein mit qualifizierter Mehrheit zustande gekommenes Gesetz abgeändert werden konnten, mochte nach den Wirren der Novemberrevolution von 1918 noch verständlich gewesen sein; mit der tatsächlichen finanz- und sozialpolitischen Entwicklung der Weimarer Republik war er jedoch nicht zu vereinbaren. Hatte man bereits im April 1920 nahezu ohne Widerstand die erste Infragestellung der neu festgesetzten Gehälter durch die Änderungsvorbehalte akzeptiert, so brachen sich staats- und finanzpolitische Sachzwänge endgültig Bahn, als in der Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 1930 bis 1932 weit205

Auch in der Literatur versuchte man, dieses Ziel durch eine einschränkende Auslegung der Änderungsvorbehalte zu erreichen, vgl. Jahn, DStBl 1931, Sp. 295 (300); Giese, in: Richardt, Gehaltskürzungen, S. 253 (256); Gerloff ! Völter, S. 83 FN 9; gegen eine verfassungskonforme Auslegung der Anderungsvorbehalte O L G Dresden, D R i Z 1931, S. 401 (402) und Schwalb, DJZ 1932, Sp. 1024 (1027). 206 Vgl Bilflnger, VerwArch 37, S. 173 (177f.); Schuemann, Der Gehaltsanspruch, S. 106f.; Schwalb, DJZ 1932, Sp. 1024 (1026); Levin, D R i Z 1932, S. 11 (14); Kruspi, ZRBhB 1932, S. 3 (5); zust. dagegen Anschütz, Die Verfassung des Dt. Reiches (14. Auflage), Art. 129, Anm. 4 c; Kühnemann, RuPrVwBl 1932, S. 124 (125); Jellinek, JW 1932, S. 50; Solch, JW 1931, S. 1657; Hensel, VerwArch 37, S. 187 (193) und Gerloff! Völter, S. 83. ™ Vgl. Levin, D R i Z 1932, S. 11 (14); Schwalb, DJZ 1932, Sp. 1024 (1026); vgl. im übrigen Bruns, Das Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung der Beamtenrechte, S. 122 m. w.N.

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

gehende Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand durchgesetzt werden mußten. Wenn auch das Reichsgericht den Ausgangspunkt Carl Schmitts nicht teilte, blieb die durch seine Lehre von der institutionellen Garantie bewirkte Relativierung des von Art. 129 I 3 W R V intendierten Schutzes in der Rechtsprechung nicht ohne Resonanz. Andererseits trug gerade die von Schmitt ausgelöste Grundlagendiskussion entscheidend dazu bei, daß das Berufsbeamtentum als eine staatstragende Institution anerkannt wurde. Ferner schärfte sie den Blick der politisch Verantwortlichen dafür, daß ein funktionsfähiges Berufsbeamtentum auf Dauer nur unter der Voraussetzung existieren konnte, daß seine wirtschaftliche Lebensgrundlage gesichert war. Letztlich erfuhr die bereits in der Monarchie begründete allgemeine Rechtsauffassung, daß für die Bemessung der Besoldung neben dem jeweiligen Rang des Beamten vor allem der allgemeine Lebensstandard, die Kaufkraft des Geldes und andere volkswirtschaftliche Gesichtspunkte ausschlaggebend waren, gerade in der Endphase der Weimarer Republik nicht nur ihre ausdrückliche Bestätigung durch die Rechtsprechung, sondern auch ihre Bewährung in der Staatspraxis. Das Prinzip standesgemäßen Unterhalts wurde während der Deflationsphase auch durch den Notverordnungsgeber respektiert. Gerade dieser Abschnitt der Geschichte des deutschen Beamtentums demonstriert wie kein anderer, welchen Einfluß die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, die Lage der öffentlichen Haushalte, des Arbeitsmarktes und nicht zuletzt wirtschafts- und finanzpolitische Planungen auf die Bemessung der Gehälter ausüben. Ein Vergleich der Einkommen der Beamten mit der Entwicklung des Volkseinkommens in der Zeit von 1929 bis 1933 erlaubt die Feststellung, daß der Besoldungsgesetzgeber in jener Zeit anders als noch während des Ersten Weltkrieges seine Verpflichtung zur Gewährung einer im Vergleich zu anderen Einkommen „standesgemäßen" Besoldung nicht nur verbal propagiert, sondern vor dem Hintergrund des sinkenden Volkseinkommens vielleicht sogar mehr als erfüllt hat.

I I I . Die Beamtenbesoldung während des Dritten Reiches 1. Die Außerkraftsetzung des Art. 129 13 W R V

Die juristische Kontroverse um den Umfang der von Art. 129 I 3 W R V geschützten Vermögensrechte der Beamten wurde mit der Errichtung des Dritten Reiches vollends gegenstandslos. Unter einer Herrschaft, deren Ideologie auf dem Prinzip von Führung und Gefolgschaft beruhte, wurde auch das Beamtenverhältnis nicht mehr als ein Gefüge wechselseitiger öffentlich-rechtlicher Berechtigungen und Pflichten aufgefaßt, sondern in ein gesteigertes Treueverhältnis zu Führer, Volk und Reich umgedeutet 208 . Auf dieser Grund-

III. Beamtenbesoldung während des Dritten Reiches

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läge war für gegen den Staat gerichtete subjektiv-öffentliche Rechte kein Platz, zumal sie als Relikte der durch die neue „völkische" Ordnung überwundenen bürgerlich-liberalen Staatsauffassung galten. Auf der Grundlage des Art. 2 des Ermächtigungsgesetzes vom 24.3.1933 209 wurde das bis dahin geltende Dienstrecht durch das Beamtenrechtsänderungsgesetz vom 30.6.1933 210 grundlegend umgestaltet. Um die als unangemessen hoch empfundene Besoldung der Beamten in den Ländern und Gemeinden zu senken 211 , verpflichtete es alle Gebietskörperschaften, ihre Beamten in Zukunft auf dem niedrigeren Niveau des Reiches zu besolden. Dazu mußten jedoch diejenigen Vorschriften der Brüningschen Notverordnungen außer Kraft gesetzt werden, wonach die wohlerworbenen Rechte der Landes- und Kommunalbeamten im übrigen unberührt blieben 212 . Deshalb enthielt das Beamtenrechtsänderungsgesetz auch eine ausdrückliche Ermächtigung, die dem Gesetzgeber ein Abweichen von der Reichsverfassung gestattete. Zwar versuchte das Reichsgericht dieser offen betriebenen Aushöhlung des Art. 129 I 3 W R V dadurch entgegenzutreten, daß es die Aufhebung der in Frage gestellten Schutzklauseln auf die Angleichung des Besoldungsniveaus von Reich, Ländern und Gemeinden beschränkte und im übrigen an der Weitergeltung des Art. 129 13 W R V festhielt 213 . Noch in einer Entscheidung vom 5.7.1940 214 bekannte sich das Gericht gar zur „Meistbegünstigungsgarantie", wie es sie in der Entscheidung R G Z 134/1 vom 10.7.1931 ausgeformt hatte; angesichts des Art. 2 S. 1 des Ermächtigungsgesetzes mußte jedoch auch das Reichsgericht einräumen, daß die Barriere des verfassungsändernden Gesetzes nach Art. 76 W R V im NS-Staat auch de jure nicht mehr existierte. Demgegenüber zog die Lehre aus der praktischen Desavouierung des Art. 129 I 3 W R V 2 1 5 den Schluß, daß wohlerworbene Rechte im herkömmlichen Sinne nicht mehr existierten 216 .

208 Vgl. dazu exemplarisch Huber, Verfassung des Großdeutschen Reiches, S. 406ff., 415; Solch / Ziegelasch, (Zweitauflage 1936) Vorbem. S. 78ff.; Thiele, Entwicklung des dt. Beamtentums, S. 52 (59f.). 209 RGBl 1933 I S. 141. 210 RGBl 1933 I S. 433; vgl. dazu Thiele, Entwicklung, S. 53ff. 211 Vgl. RBB1 1933, S. 101 (106). 212 Vgl. insoweit Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 81 m.w.N. 213 Vgl. R G Z 141, S. 342 (344); ferner R G Z 142, S. 369 (372); 160, S. 332 (337) und 168, S. 143 (151). 214 Vgl. Z A k D R 1940, S. 392 mit kritischer Anm. von Maunz. 215 Vgl. Solch / Ziegelasch, Reichsbesoldungsgesetz (Zweitauflage 1936); Vorbem. S. 79; § 39 Anm. 1; Huber, Verfassung des Großdeutschen Reiches, S. 415; vgl. im übrigen Bruns, S. 81 f. m . w . N . ; insofern a. A . Bachmann, Z B R 1954, S. 363 (365f.). 216 So ausdrücklich Maunz, Z A k D R 1940, S. 393.

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909 2. Wirtschaftspolitik und Besoldungsentwicklung

Da die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik sich zu Anfang vornehmlich um die Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit bemühte, sank die offizielle Zahl der Erwerbslosen von mehr als 6 Millionen bis Ende 1937 auf ca. eine halbe Million ab 2 1 7 . Infolge des gesteigerten Beschäftigungsniveaus erhöhte sich auch das Volkseinkommen und erreichte bereits 1936 den Realwert der Jahre 1913/14218. Im Jahr darauf überschritten dann die Realeinkommen der Arbeiter und Angestellten den bisherigen Höchststand des Jahres 1928/29. Um die aus der gestiegenen Kaufkraft resultierende Inflationstendenz aufzufangen, wurde im Oktober 1936 eine allgemeine Preislenkung eingeführt; bis Ende 1938 lag der Lebenshaltungsindex deshalb konstant unter 125 Punkten (1913/14 = 100) 219 . Die Beruhigung der wirtschaftlichen Verhältnisse gestattete leichte Aufbesserungen der Beamtenbesoldung: Im September 1938 wurden die Grundgehälter der Besoldungsgruppen A 8 a bis A 11 um 100 bis 150 R M erhöht. Zusätzlich begann am 1.7.1939 die teilweise Rückrollung der in den Notverordnungen verfügten Gehaltskürzungen, deren Außerkrafttreten bereits zum 31.1.1934 vorgesehen gewesen war. Da die erste Gehaltskürzung nicht aufgehoben wurde, blieben die Bezüge in den meisten Besoldungsgruppen auch in den Kriegsjahren nominell um 6 v.H. hinter dem Stand des Jahres 1927 zurück. Die durch die Aufhebung der zweiten und dritten Notverordnung bewirkte indirekte Erhöhung der Bezüge war wegen der Beschleunigung des Preisauftriebs, der mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges einsetzte 220 , gerechtfertigt. Außerdem hatte sich das nominelle Pro-Kopf-Einkommen seit dem Tiefstand von 1932 fast verdoppelt 221 . Die Gehaltskürzungen der Jahre 1931/32 hatten zu Beginn des Zweiten Weltkrieges sowohl ihren wirtschaftsund finanzpolitischen Sinn als auch ihre sozialpolitische Legitimation längst verloren.

217

Vgl. die Tabellen in Wirtschaft und Statistik 1938, S. 29, 302ff. 218 v g l . Wirtschaft und Statistik 1943, S. 19; Hoffmann / Müller, Das dt. Volkseinkommen, Schaubild, S. 12 sowie Skiba / Adam, Das westdeutsche Lohnniveau, S. 123, 125 (Übersicht 28). 219 Vgl. Wirtschaft und Statistik 1938, S. 26, 440; Müller, Nivellierung und Differenzierung, S. 120. 220 v g l . Wirtschaft und Statistik 1943, S. 4, 20, 25. 221

Vgl. Wirtschaft und Statistik 1943, S. 194; Hoffmann / Müller, Das dt. Volkseinkommen; Tabellen S. 24. Zur allgemeinen Verbesserung der Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes nach 1935 vgl. vor allem Müller, Nivellierung und Differenzierung, S. 140 ff.

IV. Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

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I V . Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948 1. Die ersten Nachkriegsjahre bis zur Reform von 1957

a) Weitergeltung des RBesG 1927 und Aufhebung der ersten Gehaltskürzungsverordnung Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Weitergeltung des RBesG 1927 für die Beschäftigten der Verwaltungen des damaligen Vereinigten Wirtschaftsgebietes durch den Wirtschaftsrat Mitte 1948 anerkannt 222 ; im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands leitete man zur gleichen Zeit die Abschaffung des Berufsbeamtentums in die Wege 223 . Nach Inkrafttreten des Grundgesetzes galten das RBesG 1927, die immer noch nicht aufgehobene erste Gehaltskürzungsverordnung vom 1.12.1930 sowie das Recht des Vereinigten Wirtschaftsgebietes aufgrund der Art. 123 I, 124, 127 GG weiter. Bereits vor der Währungsreform hatte man wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, in der sich vor allem die Beamten des unteren und mittleren Dienstes befanden, die Grundgehälter durch Zulagen aufbessern müssen 224 . Eine weitere Erleichterung bedeutete die endgültige förmliche Aufhebung der ersten Gehaltskürzungsverordnung zum 30.9.1950, wodurch unter Wegfall der seit 1948 gezahlten Zulagen nunmehr alle Beamtengruppen den nominellen Stand der Grundgehälter vom Oktober 1927 erreichten 225 . b) Das Bundesbesoldungsgesetz von 1957 In der Zwischenzeit waren sowohl das Pro-Kopf-Einkommen und die Bruttolohn- und -gehaltssumme je beschäftigten Arbeitnehmer um 35 bis 40 v. H., die Preise für die wichtigsten Konsumgüter um 30 ν. Η . über das Vergleichsniveau der Jahre 1927/28 gestiegen 226 . Vor dem Hintergrund einer durch internationale Krisen verunsicherten wirtschaftlichen Entwicklung 222 Vgl. das „Übergangsgesetz über die Rechtstellung der Verwaltungsangehörigen der Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes v. 23.6.1948", WiGBl I S. 54. 223 Vgl. Jung, Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, S. 38f. m . w . N . ; allgemein dazu Thiele, Entwicklung des Berufsbeamtentums, S. 68ff.; 77ff. 224 Vgl. das „Gesetz über die Änderung von Dienstbezügen v. 3.12.1948", WiGBl I S. 137; zur Kaufkraft der Bezüge im Jahr 1948 vgl. Hülden, DBB-Festschrift I I I , S. 78 sowie Hülsbruch, Die Gestaltung der Beamtengehälter seit der Währungsreform, Tabellen S. 84, 85. 225 Vgl. das „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts vom 6.12.1951", BGBl I S. 739; vgl. Müller, Nivellierung und Differenzierung, S. 84 und Hülden, DDB-FS I I I , S. 66f. 226 Vgl. Christmann / Skiba, Entwicklung der Gehälter, Tabellen 6 und 7 sowie Hoffmann / Müller, Das dt. Volkseinkommen, S. 57f. und Skiba I Adam, Das westdeutsche Lohn- und Gehaltsniveau, S. 172.

5 Günther

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

mußten die Grundgehälter 1953 generell auf 140 v. H. des Nominalstandes von 1927 erhöht werden 227 . Durch weitere Zuschläge, Ausgleichs- und Unterstützungszahlungen stieg der Nominalwert der Grundgehälter bis zum 1. Januar 1956 auf 155 v. H. des Niveaus von 1927 228 . Infolge dieser Maßnahmen wurde das Besoldungsrecht in Bund und Ländern immer unübersichtlicher. Da ein Ende des wirtschaftlichen Aufstiegs der Bundesrepublik sich nicht abzeichnete, war mit weiteren Korrekturen der in ihren Grundzügen dreißig Jahre alten Besoldungsordnungen zu rechnen 229 . Die Notwendigkeit einer zeitgemäßen Grundlage und einer einheitlichen Entwicklung des Besoldungsrechts führte 1957 zur Verabschiedung des Ersten Bundesbesoldungsgesetzes230. Die Grundgehälter wurden einheitlich auf 165 v. H. des nominellen Niveaus von 1927 festgesetzt und in neues vertikales und horizontales Spannungsverhältnis gebracht 231 . Bis auf die Beamten des höheren Dienstes und die Spitzenkräfte des gehobenen Dienstes erreichte die Mehrheit der Beamten damit wieder ihre realen Nettogehälter des Jahres 1927 232 . Weitere Erhöhungen lehnte die Bundesregierung wegen der angespannten Haushaltslage ab 2 3 3 . Außerdem vertrat sie den Standpunkt, daß die Gehälter durch den dem neuen Besoldungsgesetz zugrunde liegenden Stichmannvergleich in ein angemessenes Verhältnis zu den übrigen Einkommen aus unselbständiger Arbeit gebracht worden seien 234 .

227 Vgl das „Dritte Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts v. 27.3.1953", BGBl I S. 81; dazu Lohmann, SelbstVw 1953, S. 272. 228 Vgl. dazu Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 17f.; Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 54f.; Bursche, D Ö V 1953, S. 167. 229 Vgl. die Begründung des Entwurfs zum BBesG 1957, BT-Drucksachen, Bd. 93, DS Nr. 1992, S. 34f. 230 Gesetz vom 27.7.1957, BGBl I S. 993; vgl. dazu Woothke, Z B R 1957, 277; Kühlthau, N D B Z 1957, S. 138. 231 Vgl. dazu insbesondere Bierfelder / Brinkmann, H W B d. öD, Sp. 499 (502); Hülden, DBB-FS I I I , S. 67f.; Heer, Beamtenbesoldung, S. 18ff. 232 Vgl. Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, Tabellen S. 85, 89; demgegenüber hatte nach den Berechnungen von Müller, Nivellierung und Differenzierung, S. 140, 143, der gesamte öffentliche Dienst das 1928er Niveau seiner realen NettoGehälter bereits Mitte 1953 wieder erreicht. 233 Vgl. BT-Drucksachen Bd. 93, DS Nr. 1992, S. 34 (35); kritisch dazu Kühlthau, N D B Z 1957, S. 138 (142) und Woothke, Z B R 1957, S. 277 (281). 234 Vgl. BT-Drucksache Bd. 71 DS Nr. 2218, S. 3; zum Stichmannvergleich insbesondere Hülden, DBB-FS I I I , S. 67; Bierfelder / Brinkmann, Sp. 506; J. H. Müller, H W B d. SozWiss, 2. Bd., Sp. 603 (606).

IV. Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

67

2. Die Dynamisierung der Besoldungsgesetzgebung ab 1960

a) Die Orientierung der Besoldungsgesetzgebung an der Einkommensentwicklung außerhalb des öffentlichen

Dienstes

In der Folgezeit verkürzten sich wegen des stetigen Anstiegs der Lebenshaltungskosten und des Pro-Kopf-Einkommens, wohl aber auch im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Junil958 2 3 5 , in welcher das Gericht insbesondere die Bedeutung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse sowie des allgemeinen Lebensstandards für die Angemessenheit der Beamtengehälter betont hatte, die zeitlichen Intervalle zwischen den einzelnen Anpassungsmaßnahmen236. Bis Ende 1962 stiegen die Gehälter gegenüber dem Stand von 1957 nominell um weitere 15 v. H., was jedoch im wesentlichen nur die seit Erlaß des BBesG 1957 eingetretenen Preissteigerungen kompensierte. Daß die Beamtenschaft noch immer keinen Anschluß an die Entwicklung der anderen Einkommen fand, rechtfertigte die Bundesregierung mit wirtschafts- und finanzpolitischen Erwägungen 237 ; die im Vergleich zur Lohn- und Preisentwicklung ungenügende Besoldungsanpassung durch das 3. Bundesbesoldungserhöhungsgesetz von 1963 238 wurde zugunsten der Beamten des einfachen Dienstes durch strukturelle Verbesserungen ergänzt. Da auch das 4. Bundesbesoldungserhöhungsgesetz trotz einer Erhöhung der Gehälter um 8 v. H . 2 3 9 den zwischen 1957 und 1960 eingetretenen Rückstand der Bezüge gegenüber der allgemeinen Einkommensentwicklung nicht vollständig ausgeglichen hatte, erhöhte die Bundesregierung die Gehälter im Jahre 1966 gleich zweimal um jeweils 4 v. H. Dies war gewissermaßen ein erster Schritt in Richtung auf eine Beteiligung der Beamtenschaft am allgemeinen Kaufkraftzuwachs 240 . b) Die Diskussion über den Besoldungsrückstand Die zunehmende Verschränkung zwischen der allgemeinen Einkommensentwicklung und der Anpassung der Beamtenbezüge war die besoldungspoliti235

Vgl. BVerfGE 8, S. 1. 236 Vgl. das „Gesetz über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen vom 8.6.1960", BGBl S. 324 sowie das „Zweite Gesetz über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen" v. 23.12.1960, BGBl I S. 1079. 237

Vgl. BT-Drucksachen Bd. 67, DS Nr. 1834, S. 2; Bd. 71, DS Nr. 2218, S. 3. Gesetz v. 21.1.1963, BGBl I S. 132; vgl. zur Begründung BT-Drucksachen Bd. 81, DS Nr. 712, S. 4. 23 9 Gesetz v. 13.8.1964, BGBl I S. 617; BT-Drucksachen Bd. 90, DS Nr. 2317; vgl. dazu Skiba, WWI-Mitteilungen 1966, S. 175. 240 5. Bundesbesoldungserhöhungsgesetz v. 23.12.1965, BGBl I S. 2218; vgl. zur Begründung BT-Drucksachen Bd. 101, DS Nr. 55 S. 12; kritisch zu dieser Besoldungspolitik Klinkhard, ZBR 1966, S. 74 (75) sowie Kühlthau, N D B Z 1965, S. 176. 238

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

sehe Konsequenz aus dem Ergebnis einer Untersuchung, die der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten 1964 241 veröffentlicht hatte. Ein Globalvergleich der BruttoLohn- und Gehaltssummen der innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes beschäftigten Arbeitnehmer einerseits und der Beamten andererseits hatte für den Zeitraum von 1957 bis 1963 einen beträchtlichen Entwicklungsvorsprung der Arbeitnehmereinkommen ausgewiesen242. Bereits ein Jahr zuvor hatten Christmann und Skiba 243 festgestellt, daß die Beamteneinkommen seit 1950 allenfalls mit der Entwicklung der Tariflöhne und -gehälter, nicht aber mit derjenigen der während der Wirtschaftswunder jähre in der gewerblichen Wirtschaft üblichen und wesentlich höheren Effektiwerdienste Schritt gehalten hatten. Diese Ergebnisse deckten sich weitgehend mit den 1962 veröffentlichten Berechnungen von Hülsbruch 244 . Sein Vergleich der Brutto-Einkommen ergab bereits für die Zeit von 1938 bis 1958 einen deutlichen Entwicklungsvorsprung bei den Löhnen der Industriearbeiter, mit denen allenfalls die unteren Besoldungsgruppen hatten Schritt halten können. Die Beamtenschaft war also bislang weitgehend von denjenigen Einkommenssteigerungen ausgeschlossen worden, die nach dem Krieg aus der allgemein gestiegenen Produktivität der deutschen Wirtschaft resultierten 245 . Die Besoldungspolitik konnte und durfte sich in Zukunft nicht mehr darauf beschränken, durch einen Ausgleich der Geldentwertung die Realeinkommen des Jahres 1957 festzuschreiben. 3. Die Vereinheitlichung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern ab 1967

Als das Besoldungsrecht entgegen den von Seiten des Bundes gehegten Erwartungen sich vor allem in Fragen der Dienstpostenbewertung immer stärker zugunsten der Bediensteten der Länder auseinander entwickelte 246 , wurde 241

Vgl. SVR-Jahresgutachten 1964, BT-Drucksache IV/2890. Vgl. BT-Drucksache IV/2890, S. 70; danach hatten die Arbeitnehmereinkommen seit 1957 immerhin um 58,4 bis 60,8 v . H . , die Gehälter der Beamten dagegen nur um 32,9 bis 35,6 v. H. zugenommen. 243 Vgl. Christmann / Skiba, Die Entwicklung der Gehälter der Beamten des Reiches und des Bundes von 1929 bis 1963, S. 12 ff. 244 Vgl. Hülsbruch, Die Gestaltung der Gehälter seit der Währungsumstellung, S. 108 ff. 245 Gegen die These vom „Besoldungsrückstand" aber Castner, Schmoller's JB 1962, S. 461, der „eine angemessene Teilhabe der Beamten am wirtschaftlichen Wachstum" sowie an der „allgemein feststellbaren Steigerung der Realeinkommen" konstatiert (S. 468). Diese Aussage ist jedoch deshalb problematisch, weil Castner zum Vergleich nur die Entwicklung der Tariflöhne heranzieht, nicht aber die wesentlich höheren Effektiwerdienste. 246 Vgl. Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung S. 205ff., Tabellen S. 213ff. sowie Millack, Z B R 1966, S. 133. 242

IV. Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

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ab 1967 eine stufenweise Neuregelung mit dem Ziel in Angriff genommen, die Besoldung in Bund und Ländern zu vereinheitlichen 247 . a) Der Abbau des Besoldungsrückstandes Das Erste Besoldungsneuregelungsgesetz enthielt nicht nur eine rahmenrechtliche Bindung der Länder bei der Ämterbewertung, der Berechnung des Besoldungsdienstalters und der Schlüsselung der Beförderungsstellen 248 , sondern ebnete auch den Weg für die Einbeziehung der Beamtenbesoldung in die mittelfristige Finanzplanung des Bundes. Deshalb wurden die für 1968/69 vorgesehenen Zuwachsraten vorrangig für die strukturelle Angleichung des Besoldungsniveaus des Bundes an das der Länder verplant 249 . Da nach dem Ende der ersten wirtschaftlichen Rezession von 1967 die Löhne in Bewegung gerieten, wurden die strukturellen Verbesserungen aufgeschoben und die Bezüge stattdessen zum 1. Juli 1968 linear um 4 v. H. erhöht 250 . Das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz 251 hob die Anfangs- und Endgrundgehälter nochmals an. Daneben wurde der Ortszuschlag für die Beamten des einfachen und mittleren Dienstes derart verbessert, daß die Erhöhung ihrer Einkommen in den Jahren 1968/69 gegenüber 1967 durchschnittlich 12 v. H. betrug. Der durch einen Stichmannvergleich ermittelte Besoldungsrückstand der Beschäftigten des einfachen Dienstes gegenüber den Industriearbeitern schrumpfte damit weiter 252 . b) Die Übernahme tarifvertraglicher Einkommensverbesserungen durch die Anpassungsgesetzgebung A b Mitte 1969 drohte der eben erst erlangte Anschluß an die allgemeine Einkommensentwicklung wieder verloren zu gehen, als die Wirtschaft in eine neue Hochkonjunkturphase eintrat. Die Arbeitnehmergewerkschaften begnügten sich nicht mehr mit einer Sicherung der Realeinkommen, sondern nutzten den Arbeitskräftemangel, um einen aus den Rezessionsjahren 1967/68 247 Vgl. Arnberg, Z B R 1969, S. 193; Millack, Z B R 1966, S. 133; Clemens, Z B R 1966, S. 293. 248 Erstes Gesetz zur Neuregelung des Besoldungsrechts vom 6.7.1967, B G B l I S. 629; vgl. dazu Traeger, S. 228ff. 249 Vgl. Clemens, Z B R 1967, S. 225 (226f.); zur Einbeziehung der Besoldung in die mittelfristige Finanzplanung Hülden, Z B R 1969, S. 225. 250 4. Besoldungsänderungsgesetz v. 19.7.1968, B G B l I S. 843. 251 Gesetz vom 14.5.1969, BGBl S. 365; vgl. dazu Clemens / Lantermann, Z B R 1969, S. 129 (131, 136); Brosche, R i A 1969, S. 61 sowie Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 230f. 252 Vgl. Clemens / Lantermann, Z B R 1969, S. 129 (131); 136; Hülden, Z B R 1969, S. 225 (229f.).

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

resultierenden „Nachholbedarf" durchzusetzen 253. Die Folge waren Tarifabschlüsse um 8 v. H., die 1970 sogar 10 v. H. erreichten und für einen beachtlichen Zuwachs der Reallöhne sorgten 254 . Die gespannte Situation bei den Tarifverhandlungen für die gewerbliche Wirtschaft veranlaßte die Bundesregierung im Herbst 1969, den im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmern und den Beamten bis zur nächsten Tarif- und Besoldungsrunde im Frühjahr 1970 eine einmalige Überbrückungszulage in Höhe von 300 D M zu zahlen 2 5 5 . Die erste sozialliberale Bundesregierung wollte auf diese Weise außerdem die von den sie tragenden Koalitionsparteien seit langem angestrebte stärkere Beteiligung des öffentlichen Dienstes am allgemeinen wirtschaftlichen Fortschritt durchsetzen. Trotz stabilitätspolitischer Bedenken 256 wurden deshalb durch das Siebente Bundesbesoldungsänderungsgesetz 257 die Bezüge linear um 8 v. H. erhöht. Gleichzeitig wurden die niedrigen Tarifklassen des Ortszuschlages abgeschafft, womit diese Anpassungsmaßnahme inhaltlich den Tarifverhandlungsergebnissen für die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes entsprach. Ursache für diese auffällige Änderung der Anpassungsgesetzgebung dürfte nicht eine bewußte Aufwertung des Berufsbeamtentums durch die neue parlamentarische Mehrheit gewesen sein. Maßgeblich dürfte vielmehr die Erkenntnis gewesen sein, daß die Zuwachsraten der Beamtengehälter trotz der seit Anfang der sechziger Jahre festgestellten Dynamisierung der Besoldungsgesetzgebung immer noch deutlich hinter der Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes zurücklagen 258 . Die inhaltliche und zeitliche Abstimmung der Anpassungsgesetzgebung auf die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst schien ein geeigneter Weg zu sein, ein weiteres Anwachsen des Besoldungsrückstandes 259 zu verhindern. 253 Zum Verhältnis von Lohn- und Preisentwicklung vgl. das SVR-Jahresgutachten 1969, BT-Drucksache VI/100, S. 22. 254 Vgl. SVR-Jahresgutachten 1969, S. 30 sowie das Jahresgutachten 1970, BT-Drucksache VI/1470, S. 20. 255 Vgl. das Gesetz vom 30.1.1970, BGBl I S. 125 sowie Clemens Z B R 1970, S. 305; Jung, Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, S. 182. 256 Vgl. BT-Vhdl., Bd. 72, S. 1687; BT-Drucksache VI/1279, S. 12 und VI/420. ™ Gesetz vom 15.4.1970, BGBl I S. 339. 258 Diese Erkenntnis war gegen Ende der sechziger Jahre Allgemeingut, vgl. etwa Adam / Skiba, Das westdeutsche Lohnniveau, S. 174; Thieme, Gutachten 48. DJT, Vhdl. Bd. I D 43; Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 80; Däubler, Streik im öffentlichen Dienst, S. 219; F. Mayer, ZBR 1968, S. 361 (368f.); Benz, Beamten- und Arbeitsverhältnis, S. 64ff. führte dies insbesondere darauf zurück, daß die in den sechziger Jahren vorgenommenen Besoldungserhöhungen in der Regel erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt als die entsprechenden Lohn- und Gehaltsaufbesserungen in der freien Wirtschaft vorgenommen wurden und darüber hinaus im v.H.-Satz deutlich dahinter zurückblieben (S. 67); vgl. dazu auch Skiba, WWI-Mitteilungen 1966, S. 175 (176) sowie Strecker, Z B R 1966, S. 1 (4). 259 Gegen die Annahme eines Besoldungsrückstandes wandte sich aber 1972 die vom Bundestag in Auftrag gegebenen Studie der Treuarbeit, vgl. BT-Drucksache VI/3504:

IV. Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

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Die Vereinheitlichung des Besoldungsrechts wurde 1971 durch das Erste Bundesbesoldungs- und Versorgungsneuregelungsgesetz 260 fortgesetzt. Vorausgegangen war die Einführung einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das gesamte Besoldungsrecht durch Art. 74 a G G 2 6 1 , nachdem die Erweiterung der Rahmengesetzgebungskompetenz in Art. 75 Nr. 1 GG im Jahre 1969 den besoldungspolitischen Wettlauf der Länder bei den Zulagen nicht hatte beenden können 262 . Das 1. BesVNG enthielt für 1971 eine Erhöhung der Grundgehälter und Ortszuschläge um 7 v. H., wobei dieErhöhung des Ortszuschlages in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Angestelltenvergütungstarifvertrag um einen Festbetrag von 27 D M als „soziale Komponente" ergänzt wurde 263 . Außerdem wurde das BBesG 1957 mit §60 a.F. um eine Vorschrift erweitert, die eine regelmäßige Anpassung der Bezüge an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse vorsah und sich damit an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958 anlehnte. Nachdem durch die zu Anfang der siebziger Jahre weitgehend vollzogene Harmonisierung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern ein einheitliches und als angemessen eingeschätztes Besoldungsniveau hergestellt worden war, herrschte zwar insofern Einigkeit, als einem neuen Besoldungsrückstand mit all seinen aus der Vergangenheit bekannten negativen Folgen für die Beamten- und Haushaltspolitik durch eine noch stärkere Ausrichtung der Besoldung nach der allgemeinen Einkommensentwicklung vorgebeugt werden mußte 264 . Einigung über einen bestimmten Anpassungsmodus konnte dennoch nicht erzielt werden. Eine stärkere „Verobjektivierung" der Besoldungspolitik durch ihre Kopplung an einen Index hätte zwar eine noch engere Abstimmung von Besoldungs- und Wirtschaftsentwicklung als bisher ermöglicht, jedoch einen bislang nicht gekannten Einbruch in den hergebrachten besoldungspolitischen Spielraum des Gesetzgebers bedeutet. Zudem galten Nach Ansicht der Gutachter hatte die Beamtenbesoldung in dem Zeitraum von 1957 bis 1970 auch unter Berücksichtigung der in der Privatwirtschaft durch die sog. Lohndrift besonders stark gewachsenen Effektiwerdienste mit der Entwicklung der dort gezahlten Löhne und Gehälter „durchaus Schritt gehalten", vgl. BT-Drucksache VI/3504, S. 93. Der durch die Einkommen in der Privatwirtschaft gebildete Vergleichsrahmen ist allerdings recht weit gespannt (vgl. BT-Drucksache VI/3504, S. 115), was die Aussagekraft dieser Untersuchung einschränkt, vgl. Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 151; abl. gar Berié, Personalvertretung 1972, S. 279 (299); kritisch zur Methode Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 206, der jedoch einen Besoldungsrückstand für die Zeit von 1957 bis 1969 ebenfalls verneint. 260 Vgl. B G B l 19711 S. 208. 261 28. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 18.3.1971, B G B l I S. 206. 262 Vgl. BT-Drucksache VI/1885, S. 2; Clemens, Z B R 1970, S. 305 (308). 2 63 Vgl. BT-Drucksache VI/1885, S. 3; BT-Drucksache VI/1684, S. 12. 264 Vgl. die Entschließung des Bundestages vom 3. März 1971, BT-Drucksache VI/ 1885 (Nachtrag) sowie BT-Vhdl., 6. Wahlperiode, Bd. 75, Stenogr. Ber. S. 6028 A ; vgl. auch Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (214).

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

die Auswirkungen eines Indexsystems auf das Währungsgefüge als unkalkulierbar 265 . Rechtspolitische Vorschläge, die eine Kopplung an einen Lohn- und Peisindex 266 oder die Etablierung eines paritätisch besetzten Besoldungsbeirats 267 oder eine Kombination aus beiden Modellen 268 vorsahen, wären de constitutione lata nur unter der Voraussetzung zu verwirklichen gewesen, daß das Budgetrecht des Parlaments und damit die Befugnis des Besoldungsgesetzgebers zur verbindlichen Letztentscheidung gewahrt geblieben wären 269 . Ein Indexsystem wäre deshalb nur auf gesetzlicher Grundlage und im übrigen auch nur unter dem Vorbehalt einer korrigierenden Regelung durch das Parlament haltbar gewesen270. Gegen einen Besoldungsbeirat bestanden zumindest verfassungspolitische Bedenken: Selbst wenn man dieses Gremium auf eine beratende Funktion beschränkt hätte, wäre der Gesetzgeber nicht umhingekommen, sich mit den Vorschlägen des Beirats öffentlich auseinanderzusetzen. Insofern wäre die Gefahr eines Autoritätsverlustes des Besoldungsgesetzgebers vorprogrammiert gewesen, denn es war nicht auszuschließen, daß ein solcher Beirat sich zu einer „besoldungspolitischen Nebenregierung" entwikkeln würde 271 . Dagegen sollte §60 a.F. BBesG weder zu einer Automatisierung führen noch den Gesetzgeber zu einer Dynamisierung der Besoldung zwingen, obwohl über den Wortlaut des zweiten Leitsatzes der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958 hinaus eine „regelmäßige" Anpassung der Bezüge vorgesehen war 2 7 2 .

265 Vgl. Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 1-3. 266 Vgl. e t w a Thieme, Gutachten 48. DJT, Vhdl. Bd. I, D 45; BK-Jess, Art. 33 Anm. 7d) und Feindt, D ö D 1983, S. 198 (203). 267 Dafür etwa Fischbach, BBG, 1. Halbbd., Vorwort X I I I ; Fürst, GKöD I, Κ vor § 82, Rdnr. 8; Ule, Studienkommissionsgutachten, S. 526 und Schinkel, GKöD I I I , Κ vor § 1, Rdnr. 8. 268 Vgl. etwa Quaritsch, Referat 48. DJT Ο 47; Studienkommission, Bericht, Rdnr. 732, 736; Kriegbaum, ZBR 1970, S. 201 (219 m. w.N.). 269 Vgl. F. Mayer, Studienkommissionsgutachten, S. 696; Ule, Studienkommissionsgutachten, S. 523. 270 Vgl. Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 222f.; Quaritsch, Ο 47, 56; für ein solches „Rückholrecht" des Gesetzgebers ausdrücklich Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 73; weniger streng v. Münch, Studienkommissionsgutachten, S. 160. 271 Abi. deshalb Schäfer / Skiba / To faute, Personalausgaben und Einkommensfindung, S. 98, 103; Lisken, R i A 1977, S. 240; a. A . wohl Fürst, § 92, Rdnr. 7 und Quaritsch, 0 47. 272 Vgl. BT-Drucksache VI/1885 (Nachtrag); ebenso bad.-württ VGH, D Ö V 1983, S. 901; kritisch zu dem Widerspruch zwischen dem Wortlaut der Vorschrift und den Verlautbarungen des Bundestages Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 2; ders., Ule-FS, S. 349 (357f.); Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 1. Dies ist insbesondere deswegen bemerkenswert, weil seit 1957 eine Pflicht des Gesetzgebers zur Dynamisierung der Sozialversicherungsrenten besteht (vgl. dazu eingehend Kriegbaum, ZBR 1970, S. 201 (202ff.), obwohl diese im Gegensatz zur Besoldung der Beamten aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht lediglich staatliche Transferleistungen darstellen.

IV. Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

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4. Assimilationstendenzen zwischen Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung

a) Die Vorreiterfunktion der Tarifentwicklung für die Besoldungsgesetzgebung Die Bestrebungen zur Harmonisierung der Einkommen im öffentlichen Dienst hatten sich damit vom Ausgleich regionaler Unterschiede in der Beamtenbesoldung auf die Beseitigung derjenigen Einkommensdifferenzen verlagert, die aus der traditionellen Zweiteilung des öffentlichen Dienstes in Arbeiter und Angestellte auf der einen und Beamte auf der anderen Seite resultierten 2 7 3 . Hatte bis Ende der sechziger Jahre die Besoldungsgesetzgebung des Bundes eine gewisse Vorbildfunktion für die Vergütungstarifverträge der bei Bund, Ländern und Gemeinden beschäftigten Angestellten ausgeübt 274 , waren vor allem die im Deutschen Gewerkschaftsbund zusammengeschlossenen Gewerkschaften ab Anfang der siebziger Jahre bestrebt, die Einkommenssysteme im öffentlichen Dienst gerade über die Tarifpolitik einander anzugleichen. Dabei traten sie in den Tarifverhandlungen und den Beteiligungsgesprächen zur Vorbereitung der Besoldungsanpassungsgesetze mit annähernd identischen Vergütungs- bzw. Besoldungsforderungen auf 2 7 5 . Diese Strategie war insofern erfolgreich, als die Besoldungserhöhungsgesetze der Jahre 1972 bis 1974 inhaltlich den Vergütungstarifvertragsabschlüssen entsprachen und gleichzeitig mit ihnen in Kraft traten. Die Besoldungserhöhungsgesetze von 1972 und 1973 276 enthielten neben der üblichen linearen Aufbesserung der Gehälter eine Ergänzung des Ortszuschlages durch einen einheitlichen Sockelbetrag von 30 D M bzw. 40 D M . Das Besoldungserhöhungsgesetz von 1974 277 brachte eine lineare Erhöhung der Gehälter um 11 v. H., wobei den Besoldungsgruppen bis A 8/9 eine Erhöhung der Grundgehälter um mindestens 125 D M bzw. eine Steigerung der Dienstbezüge um ins-

273 Vgl. bereits die entsprechenden gewerkschaftlichen Forderungen bei Behr, D D B 1964, S. 95 (99). 274 Vgl. Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung S. 248; Quaritsch, Ο 46f.; demgegenüber betonen Jung, Zweispurigkeit, S. 182 und Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 133 die Leitfunktion der Tarifverträge für die Einführung „sozialer" Besoldungsbestandteile; ähnlich Thiele, N D B Z 1962, S. 182 (184) und Schick, BayVbl 1965, S. 361 (362) sowie für die fünfziger Jahre bereits Petersen, R i A 1957, S. 337. 275 Vgl. die Nachweise bei Traeger, S. 248ff.; 251; eingehend zur Leitfunktion der Tarif- für die Besoldungspolitik Keller, Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Dienst, S. 206ff. 276 1. Βundesbesoldungserhöhungsgesetz vom 17.10.1973, BGBl I , S. 2001. 2. Bundesbesoldungserhöhungsgesetz vom 5.11.1973, BGBl I , S. 1569. 277 3. Bundesbesoldungserhöhungsgesetz vom 26.7.1974, BGBl I, S. 1557, vgl. dazu Clemens / Lantermann, Z B R 1974, S. 1241 (242).

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

gesamt 170 D M garantiert wurde 278 . Nicht durchsetzen konnte sich dagegen ein Antrag der SPD-Bundestagsfraktion, der eine „Kappung" der linearen Erhöhung, d. h. ihre Begrenzung auf einen Höchstbetrag von 320 D M vorsah und die Besoldungsgruppen von A 14 aufwärts betraf 279 . Das folgende 4. Bundesbesoldungserhöhungsgesetz 280 enthielt neben der linearen Erhöhung von Grundgehalt und Ortszuschlag um 6 v. H. nur eine sog. einmalige Zahlung von 100 D M , womit es inhaltlich mit dem Vergütungstarifvertrag vom 17. März 1975 übereinstimmte. Im selben Jahr wurde das Bundesbesoldungsgesetz durch das 2. BesVNG 2 8 1 novelliert. Für Bund, Länder und Gemeinden galt damit endlich ein einheitliches Besoldungsrecht 282 . b) Angleichung von Tarif- und Besoldungsrecht als Schritt auf dem Weg zum einheitlichen Dienstrecht? Den Gewerkschaften war es also bereits in der ersten Hälfte der siebziger Jahre gelungen, durch das Konzept der einheitlichen Verhandlungsführung die Entwicklung der Beamteneinkommen über die tarifvertraglich vereinbarten Einkommensverbesserungen zu beeinflussen 283, nachdem sich bereits in den sechziger Jahren Angleichungstendenzen zwischen der Rechtsstellung der Beamten einerseits und der der im öffentlichen Dienst beschäftigten Angestellten andererseits gezeigt hatten. Diese „innere" Harmonisierung des öffentlichen Dienstes, bei der nach dem sog. Günstigkeitsprinzip 284 die jeweils 278

Im Tarifsektor sollten die Festbeträge nach den Vorstellungen der DGB-Gewerkschaften langfristig die Einkommensunterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten abbauen, also die Lohnstruktur einebnen; dies dürfte jedoch nur teilweise gelungen sein, vgl. Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 131 f. Kritikern der Mindestbeträge, die eine Nivellierung des Besoldungsgefüges und Verletzung des Leistungsprinzips befürchteten, hielt die Bundesregierung entgegen, daß wegen der seit 1970 stark gestiegenen Preise eine besondere Entlastung der unteren Besoldungsgruppen geboten sei, vgl. BTVhdl., Bd. 83, S. 2033 D ; 2036 Β sowie BT-Drucksache 7/2003, S. 9. Zu den durch die Festbeträge ausgelösten Nivellierungstendenzen vgl. Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 262 m. w.N.; Merten, Ule-FS, S. 349 (362). 279 Kritisch dazu im Hinblick auf das Leistungsprinzip etwa Clemens / Lantermann, Z B R 1974, S. 241 (242f.) sowie Merten, Ule-FS, S. 379f. m.w.N. 280 Gesetz vom 6.8.1975, B G B l I S. 2089; dazu Clemens / Lantermann, Z B R 1975, S. 161 (163). 281 „Zweites Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern" vom 23.5.1975, BGBl I , S. 1173. 282 Vgl. dazu Clemens / Lantermann, Entwicklung des Besoldungs- und Laufbahnrechts, S. 10; 12. 283 Vgl Schäfer / Skiba / To faute, Personalausgaben und Einkommensfindung, S. 105; v. Zezschwitz, DVB1 1972, S. 1; Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 210f.; eingehend zur parallelen Entwicklung von Vergütungstarifverträgen und Besoldungsgesetzgebung Traeger, Beamtenbesoldung und Angestellten Vergütung, S. 258 ff.; 275 ff. sowie Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 111 ff., 129ff. 284 Vgl. Keller, S. 305; kritisch zu dieser Entwicklung bereits Schick, BayVbl 1965, S. 361 (362) und Zeidler, DVB1 1973, S. 719 (723).

IV. Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

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vorteilhaftere Teilregelung einer Statusgruppe auf die andere ausgedehnt wurde, konzentrierte sich ab Ende der sechziger Jahre auf das Besoldungsund Versorgungsrecht 285. Im Hinblick auf die von manchen politischen Gruppierungen angestrebte Vereinheitlichung des öffentlichen Dienstrechts in Gestalt eines Beschäftigtenstatus auf teilweise tarifvertraglicher Grundlage 286 erschien die Ankopplung der Beamtenbesoldung an die Einkommensentwicklung im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes als mittelfristige Maßnahme zur Durchsetzung dieses Zieles nur konsequent. Trotz dieser engsten Verschränkung, die es zwischen der allgemeinen Einkommensentwicklung und der Besoldung je gab, konnten die Beamtengehälter auch nach 1970 mit der Expansion der Tariflöhne und -gehälter in der privaten Wirtschaft nicht ganz Schritt halten 287 . Zum einen erlaubte es die Arbeitsmarktlage den Industriegewerkschaften, in der Hochkonjunktur bis zum Herbst 1973 Einkommenssteigerungen durchzusetzen, die den durch den Produktionszuwachs gezogenen kostenneutralen Rahmen deutlich überschritten, zum anderen wollte die Bundesregierung dieser Entwicklung gerade im öffentlichen Dienst eine stabilitätsorientierte Einkommenspolitik entgegensetzen. Die Besoldungserhöhung von 1973, die in den unteren Gruppen nominal bis zum 8,5 v. H. betrug, lag ζ. B. deutlich unter den meisten Tarifabschlüssen, die wegen inflationären Tendenzen ab der Mitte des Jahres deutlich über 12 v. H. erreichten 288 ; eher im Mittelfeld als an der Spitze der Einkommenszuwächse lag auch die oft als unverhältnismäßig hoch kritisierte Besoldungsanpassung des Jahres 1974 2 8 9 ' 2 9 0 .

285

Vgl. Däubler, Streik im öD, S. 217ff.; 225; Jung, Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, S. 182ff.; Schwerdtner, Fürsorgetheorie und Entgelttheorie, S. 92ff.; Schick, JZ 1970, S. 449. Zum taktischen Konzept des D G B vgl. bereits Behr, D D B 1964, S. 95 (99). 286 Vgl. zum sog. „Gesetz-Tarifvertrag-Modell" etwa Matthey, Zur Rechtsangleichung von Beamten und Angestellten, S. 111 ff.; Glasbrenner, D D B 1969, S. 183 (184); Ellwein, Gewerkschaften und öffentlicher Dienst, S. l l l f . ; Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 305 sowie den Bericht der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, S. 356ff. 287 Vgl. Ellrott, RWI-Mitteilungen 1977, S. 243 (248); Scheerbarth / Höffken, Beamtenrecht, § 23 I Tabelle 2; vgl. auch Wahler, Anpassung der Bezüge, Tabelle 19. 288 Vgl. SVR-Jahresgutachten 1973, BT-Drucksache 7/1243, S. 45f.; vgl. im übrigen die Jahresgutachten von 1970: BT-Drucksache VI/1470, S. 16; 20 sowie von 1971: BTDrucksache VI/2847, S. 30; 35 und von 1972: BT-Drucksache 7/2, S. 56; 59f. 289 Diese Feststellung gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, daß die im Oktober 1974 erfolgte Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 42 auf 40 Stunden nicht in eine Einkommensverbesserung umgerechnet wird, vgl. SVR-Jahresgutachten 1974, BTDrucksache 7/2848, S. 63, 67,138. 290 Vgl. zu der der Einkommensentwicklung in der Privatwirtschaft auch nach 1975 hinterherhinkenden Anpassung der Beamtenbezüge Unverhau, Z B R 1985, S. 125 (140f.).

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

c) Sparbemühungen nach der Rezession von 1975 Die Abhängigkeit der Besoldungspolitik von den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zeigte sich von ihrer anderen Seite, als die 1975 einsetzende Rezession sich auf die öffentlichen Haushalte auszuwirken begann 291 . Da der Anteil der Personalausgaben an dem Gesamtausgaben der öffentlichen Haushalte von 1961 bis 1975 beim Bund von 11,09 auf 15,9 ν. Η . , bei den Gemeinden von 25,9 auf 28 ν. Η . , und bei den Ländern gar von 32,8 auf 42,8 v. H. gestiegen war 2 9 2 , verbot sich ab Mitte der siebziger Jahre eine Ausweitung öffentlicher Ausgaben. Der Ausbau der Polizei, des Bildungs- und Gesundheitswesens hatte gerade bei den Ländern einen überproportionalen Zuwachs der Personalkosten verursacht, der zum Teil auch durch ein gesteigertes Ausbildungs- und Qualifikationsniveau der Beschäftigten bedingt war 2 9 3 . Zudem wirkte sich gerade in diesen zahlenmäßig bedeutendsten Bereichen eine Verschiebung des Stellenkegels nach oben 2 9 4 , die auf eine Tendenz zur qualitativen Überbesetzung der Stellen zurückgeht, besonders stark aus. Die Besoldungserhöhungen für die Jahre 1976 und 1977 bewegten sich jeweils um die 5 v. H. und wurden durch einen Sockelbetrag von 85 D M bzw. eine einmalige Zuwendung von 100 D M ergänzt 295 . Die linearen Erhöhungen für die Jahre 1978 und 1979 fielen mit 4,5 und 4 v. H. noch niedriger aus 296 , doch wurde 1979 das jährliche Urlaubsgeld auf 300 D M verdoppelt.

291

Vgl. zu den den öffentlichen Dienst betreffenden Sparmaßnahmen durch das 1. Haushaltsstrukturgesetz vom 18.12.1975, BGBl I S . 3091; Clemens, Z B R 1975, S. 333; Schnupp, DöD 1976, S. 79; 97; Brosche, R i A 1976, S. 89. 292 Vgl. die Tabellen bei Wagener, Ule-FS, S. 239 (253f.); Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 83ff.; 94ff.; Andreae, HdWW Bd. 5, S. 534ff. Zur Entwicklung der Personalausgaben des Bundes bis 1976 vgl. etwa BT-Drucksache 7/3598 sowie Hülden, Z B R 1976, S. 325 und Klein, R i A 1976, S. 141. 293 Vgl. Wagener, S. 244f.; Andreae, HdWW Bd. 5, S. 535; einschränkend insofern Keller, S. 86, 202. 294 Vgl. Wagener, S. 248; Andreae, S. 536; zur Entstehung der sog. „Stellenzwiebel" auch Keller, S. 202, der den überproportionalen Anstieg der Personalkosten bei knapper werdendem Spielraum der öffentlichen Haushalte auf drei Ursachen zurückführt: Zunahme des Personalbestandes, strukturelle Einkommensverbesserungen sowie regelmäßige Vergütungserhöhungen bzw. Besoldungsanpassungen, S. 94; ähnlich die Studienkommission, Bericht, Rdnr. 212-214. 295 Vgl. das 5. Bundesbesoldungserhöhungsgesetz v. 18.8.1976, BGBl I S. 2197 sowie das 6. Bundesbesoldungserhöhungsgesetz vom 17.11.1977, BGBl I S. 2117. 296 Vgl. das 7. Bundesbesoldungserhöhungsgesetz vom 20.3.1979, BGBl I S. 357 und das 8. Bundesbesoldungs- und -versorgungserhöhungsgesetz 1979 vom 30.7.1979, BGBl I S. 1285.

IV. Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

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5. Neue Einkommensformen im Besoldungsrecht

a) Urlaubsgeld Das Urlaubsgeld für Beamte war 1977 durch ein besonderes Gesetz 297 eingeführt worden, nachdem die Gewerkschaften es im März desselben Jahres bereits durch einen gesonderten Tarifvertrag für die Angestellten durchgesetzt hatten. Offiziell sollte dieser neue Besoldungsbestandteil dazu beitragen, die Bezüge der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung voll anzupassen298, doch dürften für die Ausweitung des Urlaubsgeldes auch personalpolitische Erwägungen und gewerkschaftlicher Einfluß eine maßgebliche Rolle gespielt haben 299 . Bereits in den sechziger Jahren war der Bund gezwungen gewesen, bestimmte materielle Sonderleistungen, die ursprünglich nur für Angeteilte und Arbeiter vereinbart worden waren, mit einer gewissen Verzögerung auf die Beamten zu übertragen. b) Weihnachtsgeld und Sonderzuwendung So wurden beispielsweise bereits seit 1960 Weihnachtsgelder an die bei Bund, Ländern und Gemeinden beschäftigten Angestellten und Versorgungsempfänger gezahlt, bis der Bund sich Ende 1964 zu einer förmlichen Weihnachtsgeldzahlung an die aktiven Beamten entschloß 300 . Diese Leistung wurde im folgenden Jahr in eine jährliche Sonderzuwendung umgestaltet 301 , die anfangs ein Drittel der Dienstbezüge betrug und bis 1973 schrittweise den Charakter eines 13. Monatsgehaltes annahm 302 . Auch diese Einkommensverbesserungen waren inhaltlich und zeitlich exakt mit den entsprechenden tarifvertraglichen Vereinbarungen für die bei Bund und Ländern beschäftigten Angestellten abgestimmt 303 . Gleiches gilt für die auf die Besoldungsgruppen 297 „Gesetz über die Gewährung eines jährlichen Urlaubsgeldes" vom 15.11.1977, BGBl I S. 2117; vgl. dazu Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 110, 127. 298 Vgl. Käppner, Z B R 1977, S. 355 (359); vgl. bereits die entsprechende Forderung von Thieme, Referat 48. DJT, Vhdl. Bd. I D 41 f. 299 Vgl. Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 211. 300 „Gesetz über die Gewährung von Weihnachtszuwendungen" v. 16.4.1965, B G B l I S. 278; zu den Motiven BT-Drucksachen Bd. 87, DS Nr. 1649. Zur Geschichte des Weihnachtsgeldes im öffentlichen Dienst ausführlich Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 137ff. 301 „Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung" v. 15.7.1965, BGBl I S. 609; vgl. dazu Traeger, S. 246f. 302 „Gesetz über die Erhöhung der jährlichen Sonderzuwendung" v. 28.12.1968, BGBl I S. 1455; dazu BT-Drucksache VI/3617 sowie das entsprechende Gesetz vom 30.1.1974, BGBl I S . 129. 303 Vgl. die tabellarischen Nachweise bei Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 109,116 sowie Jung, Zweispurigkeit des ÖD, S. 184, 189f. und Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 210.

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

bis A 9 begrenzte Einbeziehung der Beamten i n die staatliche Sparförderung durch das Z w e i t e Vermögensbildungsgesetz 3 0 4 . D e r Kreis der Bezugsberechtigten wurde 1971 durch das 1. B e s V N G erheblich ausgeweitet 3 0 5 . 6. Sanierung der öffentlichen Haushalte und Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst ab 1981 Nachdem die Besoldung i n den Jahren 1980 u n d 1981 i n Übereinstimmung m i t der E n t w i c k l u n g i m Tarifsektor u m 6 , 3 3 0 6 u n d 4,3 ν. Η . 3 0 7 erhöht worden war, zeichnete sich i n den Jahren 1982/83 ein Ende der seit den sechziger Jahren betriebenen, vergleichsweise großzügigen Besoldungspolitik ab. Bereits 1981 hatten die Beamtenverbände u n d -gewerkschaften wegen der seit 1979 erheblich langsamer steigenden R e a l e i n k o m m e n 3 0 8 u n d m i t Rücksicht auf die kritische Lage der öffentlichen Haushalte als Z i e l der Besoldungsrunde 1981 lediglich die Sicherung der Realeinkommen definiert. Demgegenüber sah das E n d e 1981 verabschiedete Z w e i t e Haushaltsstrukturgesetz 3 0 9 wegen der durch die Rezession verschärften Deckungsprobleme i m Bundeshaushalt 3 1 0 zahlreiche Einsparungen gerade i m öffentlichen Dienst v o r 3 1 1 , die weit über die i m 304 BGBl 1965 I S. 585; BGBl 1969 I, S. 1853; vgl. auch Schick, BayVbl 1965, S. 361 (363) sowie das „Gesetz über vermögenswirksame Leistungen für Bundesbeamte, Berufs- und Zeitsoldaten" vom 17.7.1970, BGBl I S. 1097, vgl. dazu Weber, Z B R 1970, S. 308. 305 Vgl. dazu Clemens / Lantermann, Z B R 1971, S. 137 (146f.) und Schnupp, Personalvertretung 1977, S. 92. 306 Bundesbesoldungs- und -versorgungserhöhungsgesetz v. 16.8.1980, BGBl I S. 1439. 307 Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetz v. 21.12.1981, BGBl I S. 1465. 308 Nach den Berechnungen des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sanken seit 1981 die Realeinkommen der privaten Haushalte, vgl. SVR-Jahresgutachten 1981/82, BT-Drucksache 9/1061, S. 73,79. Bereits 1979 lagen die Anpassungszuschläge bei der Besoldung nur knapp über der jeweiligen Preissteigerungsrate, vgl. SVR-Jahresgutachten 1980/81, BT-Drucksache 8/3420, S. 84. Die im öffentlichen Dienst Beschäftigten dürften daher mit als erste vom Rückgang der Realeinkommen am Anfang der achtziger Jahre betroffen gewesen sein. 309 Gesetz vom 22.12.1981, BGBl I S. 1523; zu den wirtschaftspolitischen Motiven vgl. BT-Drucksache 9/842, S. 33f. und Claus, Z B R 1983, S. 109ff. 310 Im Gegensatz zu früheren Haushaltsdefiziten handelt es sich dabei nicht um konjunkturelle, sondern um strukturelle Finanzierungsdefizite, die seit Mitte der siebziger Jahre durch die offenkundigen Divergenzen zwischen der Entwicklung von Ausgaben und Einnahmen verursacht wurden. Die relative und absolute Zunahme der öffentlichen Transferleistungen und anderer konsumtiver Ausgaben sind dabei nur ein Teilaspekt des überproportionalen Anstiegs des öffentlichen Korridors. Während die Staatsausgabenquote seit 1971 stieg, fiel die steuerliche Deckungsquote bis 1981 stetig ab. Das Ergebnis dieser Ausgaben- und Einnahmenschere ist die heutige Verschuldung der öffentlichen Hand, vgl. Katz, VerwArch 74, S. 133 (134 m. w.N.). 311 Vgl. BT-Drucksache 9/842, S. 40 sowie Clemens, Z B R 1982, S. 61; diese Entwicklung ist auch im Bereich der Länder zu registrieren, vgl. Katz, S. 147.

IV. Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

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1. Haushaltsstrukturgesetz von 1976 vorgesehenen Sparmaßnahmen hinausgingen. Neben einem Abbau von Stellen und Beförderungsämtern sowie einer Absenkung der Bezüge für die ab dem 1.1.1982 eingestellten Beamtenanwärter sah das Gesetz vor allem eine durchgehende Kürzung der Ortszuschläge um den Betrag von 1 v. H. des jeweiligen Anfangsgrundgehalts zum 1. März 1982 vor. Ferner sollte die Anpassung der Besoldung für das Jahr 1982 erst drei Monate nach dem Inkrafttreten der Tarifverträge wirksam werden 312 . Nach massiven Protesten der Berufsverbände und Gewerkschaften wurde die vorgesehene Kürzung der Bezüge durch das Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 1982 313 mit Rücksicht auf die im Februar 1982 angelaufenen Vergütungstarifverhandlungen im öffentlichen Dienst aufgehoben 314 . Die Besoldungsrunde 1982 brachte neben einer einmaligen Zahlung von 40 D M eine lineare Erhöhung der Bezüge um 3,6 v. H. und entsprach insoweit den Tarifvertragsabschlüssen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes. Abweichend von der ersten Fassung des Gesetzentwurfes trat die Erhöhung der Bezüge bereits zum 1.7.1982 und damit lediglich zwei Monate später als die Tarifabschlüsse in Kraft 3 1 5 . Stärker als die vorangegangenen Jahre war das Jahr 1983 von weitreichenden Bemühungen um Einsparungen bei den Personalausgaben gekennzeichnet. Außer einer Vorabregelung der Besoldungsanpassung im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes für das Jahr 1983 316 , die von den Gewerkschaften insbesondere aus tarifpolitischen Gründen energisch bekämpft wurde, sind weitere Sparmaßnahmen verordnet worden 3 1 7 . Das BBesVAnpG 1983 brachte mit Rücksicht auf die konsolidierungsbedürftige Situation der öffentlichen Haushalte lediglich eine nominelle Erhöhung der Bezüge um 2 v. H., während die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beendete Tarifrunde für die nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes mit einem um rund 1 v. H. besseren Ergebnis abgeschlossen wurde 318 . Angesichts einer Steigerungsrate, die im Jahre 1983 für die Lebens312

Zur Begründung dieser Pläne vgl. BT-Verhandlungen, Bd. 120, S. 4498 B; BTDrucksache 9/1412 Anlage C sowie die ablehnende Stellungnahme des Bundesrates, Anlage B; zu den Auswirkungen auf den Tarifsektor vgl. Claus, Z B R 1983, S. 109

(112). 313

Gesetz vom 20.12.1982, BGBl I S. 1835; dazu Käppner, Z B R 1983, S. 15 (16). Vgl. BT-Drucksache 9/1533 und 9/1912, S. 18; zusammenfassend Claus, S. 112. 315 Gesetz vom 20.12.1982, BGBl I 1982, S. 1835; zur Abkopplung der Beamtenschaft vom Tarifsektor durch zwei „Leermonate" vgl. Käppner, Z B R 1983, S. 16 (18ff.) und Claus, Z B R 1983, S. 109 (112). 316 Vgl. Art. 11 des „Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts" vom 20.12.1982, BGBl I S. 1857 (1870). 317 Zu den in der Öffentlichkeit diskutierten Sparvorschlägen vgl. Claus, S. 117 sowie Merten, „Gekappte" Besoldungsanpassung als verkappte Besoldungsnivellierung, S. 5f. m.w.N. Zur geplanten „Null-Runde 1984" vgl. etwa Clemens, Z B R 1984, S. 25 und Reiners, RiA 1984, S. 34 (36f.). 318 Vgl. dazu im einzelnen Reiners, R i A 1985, S. 34 (36). 314

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1. Teil: Α. Besoldungsentwicklung und -gesetzgebung seit 1909

haltung der privaten Haushalte bei 3,3 ν. Η . gegenüber dem Vorjahr lag, reichten die im öffentlichen Dienst zugestandenen nominellen Einkommenszuwächse wiederum nicht aus, um den Bediensteten die Kaufkraft ihrer Löhne und Gehälter zu sichern 319 . 7. Das Scheitern der „Nullrunde 1985"

Ende 1984 war mit dieser seit 1980 praktizierten restriktiven Tarif- und Besoldungspolitik auch aus der Sicht der Bundesregierung die Grenze dessen erreicht, was den Angehörigen des öffentlichen Dienstes an Einsparungen zugemutet werden konnte. Zudem war zumindest auf Bundesebene nach dem Abbau der Netto-Neuverschuldung eine gewisse Konsolidierung der Finanzen festzustellen. Damit erschien die für das Jahr 1985 von der Bundesregierung sowohl für den Tarif- als auch für den Besoldungssektor als einkommenspolitisches Leitziel propagierte „Nullrunde" nicht nur personalpolitisch inopportun, sondern auch aus haushaltspolitischen Gründen nicht mehr zwingend erforderlich 320 . Der Entwurf des BBesVAnpG 1985 knüpfte überraschend an das Ergebnis der im Herbst 1984 von seiten des Bundes geschlossenen Tarifverträge an und sah neben einer linearen Erhöhung der Grundgehälter, Ortszuschläge und Amtszulagen um 3,2 v. H. ab dem 1. Januar 1985 für das letzte Drittel des Jahres 1984 eine einmalige Zahlung in Höhe von 240 D M vor 3 2 1 . Damit war nicht nur der Gleichklang mit der Tarifentwicklung im öffentlichen Sektor wiederhergestellt 322 ; vielmehr bedeutete das BBesVAnpG 1985 nach den Verlautbarungen der Bundesregierung eine besoldungspolitische „Wendemarke" bzw. einen „Anschluß an die Normalität" insofern, als der öffentliche Dienst in nächster Zukunft nicht mehr von speziellen Sparmaßnahmen betroffen sein sollte 323 . Trotz des Wiederanschlusses der Beamtengehälter an die allgemeine Einkommensentwicklung hat sich nach dem Ende der Sparmaßnahmen der Jahre 1980 bis 1984 die Notwendigkeit struktureller Verbesserungen herausgestellt. 319 Vgl. zum Verhältnis der Einkommensaufbesserungen im öffentlichen Dienst und der entsprechenden Zunahme der Lebenshaltungskosten von 1980 bis 1984 den Überblick bei Reiners, ebd. 320 y g i d a s Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 9. Januar 1985, S. 37 (38). 321 Vgl. BT-Drucksache 10/2591; BR-Drucksache 44/85 sowie Käppner, Z B R 1985, S. 65. 322 Vgl. das Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 9. Januar 1985, S. 37 (38). 323 Vgl. das Bulletin vom 9. Januar 1985, S. 38 sowie BT-Vhdl.-Stenogr. Ber.-10/ 8491. Diese Äußerungen enthalten nichtsdestotrotz das Eingeständnis, daß die Angehörigen des öffentlichen Dienstes in der ersten Hälfte der achtziger Jahre von der Entwicklung der Einkommen der übrigen erwerbstätigen Bevölkerung mehr oder weniger aus haushaltspolitischen Gründen abgeschnitten waren.

IV. Die Besoldungssituation in der Bundesrepublik ab 1948

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Neben einer durchgängigen Stärkung der familienbezogenen Komponente in der Besoldung schien der Bundesregierung im Frühsommer 1985 die Aufwertung bestimmter Besoldungsgruppen des einfachen Dienstes bei den Verwaltungen von Bahn, Post und Zoll nicht zuletzt deswegen dringend erforderlich, weil die Bezüge in manchen dieser Gruppen sich bereits mit dem Niveau von Sozialhilfe-Leistungen zu überschneiden begannen 324 . Diese geplanten strukturellen Verbesserungen wurden Ende 1985 verwirklicht und insbesondere der Erhöhungsbetrag im Ortszuschlag pro Kind auf einen einheitlichen Betrag festgesetzt 325. Die bald darauf vorgenommene Besoldungs- und Versorgungsanpassung für das Jahr 1986 knüpfte mit einer Erhöhung der Bezüge um 3,5 v. H. ab dem 1. Januar 1986 wie das entsprechende Gesetz des Vorjahres inhaltlich und zeitlich voll an die im Februar 1986 für den Tarifsektor des öffentlichen Dienstes geschlossenen Tarifverträge an 3 2 6 . Dadurch trat auch eine Erhöhung des Urlaubsgeldes um 50 ν. Η . ein, die vorläufig auf die Beamten der Besoldungsgruppen A 1 bis A 8 sowie auf die Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst beschränkt wurde. Damit besteht gegenwärtig die prekäre Situation, daß nach einer Phase des aus sozialen Gründen grundsätzlich einheitlichen Urlaubsgeldes nunmehr die Beamten des gehobenen und des höheren Dienstes ein auch im Brutto-Betrag niedrigeres Urlaubsgeld als die Beamten des einfachen und des mittleren Dienstes beziehen.

324 Vgl. das Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 9. Januar, S. 37f. sowie vom 20. Februar 1985, S. 171; ferner BT-Vhdl.-Stenogr.-Ber.10/8491 (8492 C, 8498 D) und Käppner, Z B R 1985, S. 65 (70). 325 4. Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.1985, BGBl I S. 2466; vgl. dazu eingehend Brosche, R i A 1986, S. 103ff. sowie Reiners, R i A 1986, S. 38ff. 326 Gesetz vom 21.07.1986, BGBl I S . 1072; vgl. dazu Käppner, Z B R 1986, S. 217ff. sowie Brosche, R i A 1986, S. 151 f. 6 Günther

Β . Auswertung des Ersten Teils Die wesentlichen Ergebnisse des Ersten Hauptteils lassen sich wie folgt resümieren: 1. Die Entwicklungslinien der Beamtenbesoldung und der übrigen Erwerbseinkommen, insbesondere der Arbeitnehmerschaft, verlaufen seit Jahrzehnten konvergent. Zwar sinkt um die Jahrhundertwende der Realwert der Beamteneinkommen durch die Geldentwertung stetig ab, während die Einkommen der Arbeiter und Angestellten deutlich zunehmen. Der soziale Abstieg der Beamtenschaft gegenüber diesen Bevölkerungsgruppen wird durch die Besoldungsreform von 1909 nur verlangsamt, jedoch nicht aufgehalten. In der Folgezeit veranlassen aber zuerst die wirtschaftliche Notlage der Beamtenschaft während des Ersten Weltkrieges, nach 1918 auch republikanisches und soziales Ideengut den Gesetzgeber, die Beamtengehälter im Hinblick auf die sprunghafte Entwicklung der Lebenshaltungskosten und der Einkommen der Arbeitnehmer in der gewerblichen Wirtschaft in kürzeren Intervallen zu erhöhen. Dieser Umschwung in der Besoldungspolitik wirkt sich bei den Bezügen der unteren und mittleren Beamten stärker als in den höheren Gehaltsrängen aus; diese haben seit jeher noch weniger als die übrigen Beamtengruppen mit der Einkommensentwicklung vergleichbarer Bevölkerungsschichten Schritt halten können. Der Anpassung der Besoldung an veränderte wirtschaftliche und finanzielle Rahmenbedingungen dienen vor allem die Einführung eines beweglichen Teuerungszuschlages durch das RBesG 1920 sowie dessen faktische Umwandlung in eine gleitende Gehaltsskala während der Inflation. Ab 1920 nimmt die Beamtenbesoldung deshalb - wenn auch mit einer gewissen Verzögerung und quantitativ weniger ausgeprägt - sowohl am Wachstum als auch am Rückgang des Volkseinkommens teil, was einerseits die Besoldungsreform von 1927 und andererseits die Gehaltskürzungen in der Endphase der Republik zeigen. Nach der Besoldungsreform von 1957 findet die Besoldung noch engeren Anschluß an die Einkommensentwicklung außerhalb des öffentlichen Dienstes. In rechtspolitischer Hinsicht hat zu dieser Entwicklung insbesondere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Alimentationsgrundsatz beigetragen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht bewirkt vor allem der Ausbau der sog. Leistungsverwaltung und die daraus resultierende verstärkte Nachfrage nach geeigneten Kräften auf dem in den sechziger Jahren von Knappheitserscheinungen gekennzeichneten Arbeitsmarkt

1. Teil: Β. Auswertung

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zuerst eine sektorale, dann generelle Erhöhung des Besoldungsniveaus. Insoweit ist das Einkommensniveau durch die bereits zum Anfang des Jahrhunderts nachweisbare Nachfragekonkurrenz der öffentlichen Arbeitgeber untereinander zusätzlich gehoben worden. In den siebziger Jahren führt die inhalts- und zeitgleiche Übernahme der für die nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes getätigten Tarifabschlüsse durch die Besoldungsgesetzgebung zu einer bislang in diesem Ausmaß nicht nachweisbaren Beteiligung der Beamtenschaft an der Entwicklung des Volkseinkommens. Eine Spitzenstellung im Rahmen der allgemeinen Einkommensentwicklung nimmt die Beamtenschaft damit aber nicht ein. Seit Anfang der achtziger Jahre sind im politischen Raum Tendenzen erkennbar, die den Zusammenhang zwischen Besoldungs- und Tarifentwicklung weniger aus beamten- denn aus fiskalpolitischen Interessen wieder auflokkern wollen. 2. Die Entwicklung der vertikalen Besoldungsstruktur zeigt eine Nivellierung der relativen Gehaltsunterschiede. Dieser Nivellierungsprozeß ist bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts nachweisbar. Er beruht im wesentlichen darauf, daß der Gesetzgeber in dem Bestreben, bei allen Beamten den lebensnotwendigen Bedarf abzudecken und die Beamtengehälter gegenüber den Arbeiterlöhnen konkurrenzfähig zu halten, die unteren Besoldungsgruppen in der Regel überproportional stark angehoben hat. Besonders ausgeprägt sind die Nivellierungstendenzen deshalb in Notzeiten wie dem Ersten Weltkrieg. In den siebziger Jahren führen aus dem Tarifsektor des öffentlichen Dienstes stammende Fest-, Sockel- und Mindestbeträge in Verbindung mit der progressiven Besteuerung höherer Einkommen zu einer weiteren Verringerung der Netto-Gehaltsspannen. Versuche, diese Entwicklung etwa mit Rücksicht auf den Leistungsgedanken aufzuhalten oder gar umzukehren, sind, wie das Beispiel der Besoldungsreform von 1927 zeigt, lediglich Ausnahmen vom generellen Trend zur Nivellierung. 3. Besoldungspolitik und Besoldungsrecht sind seit jeher in die finanz-, konjunktur-, einkommens- und gesellschaftspolitischen Gesamtkonzepte der jeweiligen Regierung und der sie tragenden politischen Mehrheit eingebunden. Bereits die Besoldungsreform von 1909 richtet die Erhöhung der Beamtengehälter nicht allein an der allgemeinen Lohn- und Preisentwicklung aus, sondern berücksichtigt auch die Lage des Reichsetats. Ferner stellt sie mögliche Rückwirkungen der Besoldungserhöhung auf die übrige Lohn- und Preisentwicklung in Rechnung. Dasselbe gilt für die Besoldungsreform von 1920, bei der eine die unteren Beamtengruppen und die Beamtenfamilien besonders begünstigende Ausgestaltung der Einkommen überdies sozialreformerische Akzente setzen soll. Konjunkturpolitische 6*

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1. Teil: Β. Auswertung

Erwägungen lassen sich in der Besoldungspolitik seit der Währungsstabilisierung Mitte der zwanziger Jahre nachweisen; neben lohn- und finanzpolitischen Zielen sind sie das maßgebliche Motiv für den mittels der Brüningschen Notverordnungen durchgesetzten Gehaltsabbau während der Jahre 1930 bis 1932. In der Besoldungspolitik der Bundesrepublik zeigt sich der Einfluß konjunktur- und finanzpolitischer Zielvorstellungen auf die Besoldungspolitik vor allem in den siebziger Jahren. Zu Beginn der Dekade unterbleibt eine vollständige Anpassung der Besoldung an die in der gewerblichen Wirtschaft infolge der Hochkonjunktur sprunghaft steigenden Einkommen aus stabilitätspolitischen Gründen. Eine zurückhaltende Besoldungsanpassungspolitik wird auch gegen Ende des Jahrzehnts praktiziert, diesmal als Beitrag zur Sanierung der übeschuldeten öffentlichen Haushalte. Im Gegensatz zu den Jahren 1929 - 32 weist die Entwicklung der Besoldung in dieser Finanz- und Wirtschaftskrise keinen „Abstiegswiderstand" mehr auf. 4. In dogmatischer Hinsicht vermittelt die Entwicklung der Besoldungsgesetzgebung folgende Erkenntnisse: Eine verfassungsrechtliche Garantie des Gehaltsanspruchs in seinem betragsmäßigen Bestand ist entwicklungsgeschichtlich nicht nachweisbar. Der in diese Richtung zielende Versuch, die für die Beamten jeweils günstigste besoldungsgesetzliche Regelung durch eine entsprechende Auslegung der Unverletzlichkeitsgarantie der „wohlerworbenen Rechte der Beamten" i.S.v. Art. 129 I 3 W R V gegenüber der Gesetzgebung eingriffsfest zu machen, ist bereits frühzeitig in der Staatspraxis der Weimarer Republik gescheitert. Statt dessen hat sich in Lehre, Rechtsprechung und Besoldungspolitik die Überzeugung verfestigt, daß dem einzelnen Beamten kraft der institutionellen Garantie eines funktionsfähigen und unparteiischen Berufsbeamtentums von Verfassungs wegen eine standesgemäße bzw. angemessene Besoldung zusteht, deren jeweiligen Betrag der Gesetzgeber nach pflichtgemäßen Ermessen festlegt. 5. Die daraus folgende Notwendigkeit, die Besoldung veränderten wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen anzupassen, ist von der Besoldungsgesetzgebung als rechtliche Verpflichtung auch anerkannt worden. Die wichtigsten Schritte auf diesem Wege waren: - die Emanzipation der Gehaltsfestsetzung gegenüber dem jährlichen Etatgesetz durch das RBesG 1909 - die Einführung des Teuerungszuschlages als eines besonderen beweglichen Gehaltsbestandteils durch das RBesG 1920 und - die besoldungsgesetzliche Konstituierung einer Pflicht zur regelmäßigen Anpassung der Besoldung in §60 (a.F.) BBesG.

Zweiter Teil

Rechtliche Vorgaben für die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse A . Das Alimentationsprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums und verfassungsrechtliche Grundlage des Beamtenbesoldungsrechts I. Das Alimentationsprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums 1. Der Alimentationsgrundsatz als Element der institutionellen Gewährleistung des Berufsbeamtentums

Die verfassungsrechtliche Basis des gegenwärtigen Beamtenbesoldungsrechts 1 bildet nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung 2 und dem einschlägigen Schrifttum 3 der sog. Alimentationsgrundsatz. Er gehört zu den von Art. 33 V GG gewährleisteten „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums", mithin jenem Kernbestand von Strukturprinzipien, die während eines längeren traditionsbildenden Zeitraumes, mindestens aber unter der Reichsverfassung von Weimar als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind 4 . Zu diesen Strukturprinzipien, die in ihrer Gesamtheit eine institutio-

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Art. 33 V GG ist auch verfassungsrechtlicher Maßstab für das Besoldungsrecht der Richter, vgl. BVerfGE 26, S. 141 (156f.); 55, S. 372 (391) sowie Lecheler, AöR 103, S. 349 (378f.); Leibholz / Rinck, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 11 wie auch der Berufssoldaten, vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 35. 2 Vgl. ζ. B. BVerfGE 3, S. 58 (133; 160); 4, S. 115 (135); 8, S. 1 (16); 16, S. 94 (112, 115); 21, S. 329 (344f.); 44, S. 249 (265); 58, S. 68 (78); ferner BVerwGE 5, S. 39 (40f.); 20, S. 44 (45); 41, S. 316 (320). 3 Vgl. z. B. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 69; Β Κ- Jess, Art. 33, Anm. 7 d); Leibholz / Rinck, Art. 33, Rdnr. 9; Hamann / Lenz, Art. 33, Anm. 7b) cc); RiXfner, in: W. Leisner, Berufsbeamtentum im modernen Staat, S. 148f.; Pannhausen, Das Alimentationsprinzip im Beamtenrecht, S. 51 ff. m.w.N. Kritisch dazu jedoch v. Münch / Matthey, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 44. 4 Vgl. BVerfGE 8, S. 332 (343) sowie Lecheler, A ö R 103, S. 349 (353); SchmidtBleibtreu / Klein, Rdnr. 14; Hamann / Lenz, Anm. 7a).

2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

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nelle Garantie des Berufsbeamtentums b i l d e n 5 , zählen außerdem 6 die Qualität des Beamtenverhältnisses als eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, seine einseitig-hoheitliche Begründung durch den Dienstherrn, seine Ausgestaltung durch die Gesetzgebung unter Ausschluß jeglicher tarifvertraglicher Vereinbarung einschließlich des Streikverbots 7 , die beiderseitige Treuepflicht zwischen dem Beamten u n d seinem Dienstherrn 8 , die Fürsorgepflicht des Dienstherrn 9 , das L a u f b a h n p r i n z i p 1 0 , das Leistungsprinzip 1 1 , der Grundsatz der Hauptberuflichkeit u n d Lebenszeitlichkeit 1 2 sowie der amtsgemäßen V e r sorgung des Beamten u n d seiner H i n t e r b l i e b e n e n 1 3 . I n einer Entscheidung v o m 11. Juni 1958 hat das Bundesverfassungsgericht das Alimentationsprinzip wie folgt umschrieben 1 4 : „Es ist ein ,hergebrachter Grundsatz' im Sinne des Art. 33 V GG, daß den Beamten nach ihrem Dienstrang, nach der mit dem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards ein angemessener Lebensunterhalt zu gewähren ist. Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber zu beachten." D i e durch den Alimentationsgrundsatz gewährleistete wirtschaftliche Absicherung der Beamtenschaft trägt der F u n k t i o n , die dem Berufsbeamtentum i m Verfassungsgefüge zugewiesen ist, Rechnung. I n A n k n ü p f u n g an die deut-

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Zur institutionellen Gewährleistung des Berufsbeamtentums durch Art. 33 V GG vgl. BVerfGE 3, S. 58 (137); 7, S. 155 (162f.); 11, S. 203 (215); Schmidt-Bleibtreu / Klein, Rdnr. 13; Leibholz / Rinck, Anm. 5; Hamann / Lenz, Anm. 7 a). 6 Vgl. insofern die Nachweise bei Stern, Staatsrecht, Bd. I, § 11 I I I 4 g); SchmidtBleibtreu / Klein, Rdnr. 14-32 sowie Lecheler, A ö R 103, S. 349 (354ff.). 7 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (17); 44, S. 249 (264) m . w . N . ; Isensee, Beamtenstreik, S. 33f.; Leibholz / Rinck, Art. 33, Anm. 9c; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 33, Rdnr. 31; Ule, GRe IV/2, S. 572; Wiese, Beamtenrecht, S. l l f f . ; v. Münch / Matthey, Art. 33, Rdnr. 41 m.w.N. Α . Α . ζ. B. Däubler, Streik im öD, S. 105ff., 153ff., 230 sowie Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (187,192). Vermittelnd Hamann / Lenz, Art. 33, Anm. 7b) bb) m.w.N. 8 Vgl. dazu Isensee, Beamtenstreik, S. 48 ff Schmidt-Bleib treu / Klein, Rdnr. 16-24; abl. dagegen Wiese, Staatsdienst in der B R D , S.72f.; einschränkend etwa Hoffmann, S. 177 ff. 9 Vgl. Schmidt-Bleibtreu / Klein, Rdnr. 25 m.w.N. 10 Vgl. Leisner, Der Standort des höheren Dienstes im Beamtenverfassungsrecht, S. 4ff.; Ule, GRe IV/2, S. 581; Wiese, Staatsdienst in der B R D , S. 298. 11 Vgl. BVerfGE 21, S. 329 (345); 38, S. 1 (12); 39, S. 196 (201); Schmidt-Bleibtreu / Klein, Rdnr. 30; Ule, S. 584f.; Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 60ff.; Krüger, Leistungsprinzip als Verfassungsgrundsatz, S. 9. 12 Vgl. Ule, GRe IV/2, S. 573f.; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Rdnr. 15. 13 Vgl. BVerfGE 3, S. 58 (160); 16, S. 94 (112; 114) sowie etwa E 56, S. 146 (164 m.w.N.). ι 4 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (14); danach ständige Rechtsprechung, vgl. E 11, S. 203 (210); 16, S. 94 (115); 21, S. 329 (345); 44, S. 249 (263; 265) sowie E 55, S. 372 (392).

I. Alimentationsprinzip als „hergebrachter Grundsatz"

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sehe Verwaltungstradition soll die Beamtenschaft durch Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung eine stabile Verwaltung sichern und so gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Faktoren als ausgleichende Kraft wirken 15 . Die Erfüllung dieser Aufgabe setzt aber die wirtschaftliche Unabhängigkeit derjenigen Bürger voraus, die den Staatsdienst als Lebensberuf gewählt haben. Sie werden daher zur Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte von der Last eigener Daseinsvorsorge freigestellt 16 und auch gegen sachfremde Beeinflussungen geschützt17. Die große Bedeutung, die der rechtlichen und wirtschaftlichen Absicherung der Beamten für eine unparteiische und rechtsstaatliche Verwaltung zukommt, hat das Bundesverfassungsgericht dadurch unterstrichen, daß es das Alimentationsprinzip als einen Grundsatz eingestuft hat, der entgegen dem Wortlaut des Art. 33 V GG nicht nur zu „berücksichtigen", sondern zu „beachten" ist 18 . Das Bundesverfassungsgericht hat den Schutz der Beamteneinkommen nicht auf die objektiv-rechtliche Gewährleistung des angemessenen Lebensunterhalts im Rahmen der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums beschränkt. Es hat Art. 33 V GG darüber hinaus ein entsprechendes grundrechtsähnliches Individualrecht 19 des einzelnen Beamten entnommen, das im Wege der Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Nr. 4 a GG geltend gemacht werden kann 20 . Wie Art. 129 I 3 W R V enthält Art. 33 V GG damit sowohl eine institutionelle Garantie als auch eine Gewährleistung subjektiver Rechte. Letztere werden allerdings nicht mehr als „wohlerworbene Beamtenrechte" 15 Vgl. BVerfGE 7, S. 155 (162); 8, S. 1 (16); 44, S. 249 (265) wie auch BVerwGE 19, S. 10 (11). Gegen diese Positionsbestimmung des Berufsbeamtentums im Sinne eines „pouvoir neutre" aber Schäfer, Referat 48. DJT, Vhdl. Bd. I I , Ο 18f., der die eigenständige politische Funktion des Beamtentums bestreitet und ihm lediglich eine ausführende Funktion gegenüber der Legislative zuerkennt. Vgl. demgegenüber wiederum Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 42 und Pannhausen, Alimentationsprinzip im Beamtenrecht, S. 34ff., die angesichts der Möglichkeit politischer Richtungswechsel im Parlament und in der Regierung die Notwendigkeit betonen, daß die Staatsgewalt durch eine parteipolitisch neutrale Institution ausgeübt wird; vgl. auch F. Mayer, Z B R 1968, S. 361 (373). 16 Vgl. BVerwGE 5, S. 39 (40); 20, S. 44 (45f.); 22, S. 160 (164). 17 Vgl. etwa BVerfGE 7, S. 155 (163); Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung, S. 334. « Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (16f.); zust. Leibholz / Rinck, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 9; Hamann / Lenz, Grundgesetz, Art. 33, Anm. 7b) cc) sowie Loschelder, ZBR 1978, S. 133 (137 m.w.N.). Kritisch zu dieser aus dem Verfassungstext jedenfalls nicht zu begründenden Unterscheidung Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 58; Wahler, Anpassung der Bezüge im öffentlichen Dienst, S. 171 ff.; insofern vermittelnd v. Münch / Matthey, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 38. 19 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (17) sowie bereits E 3, S. 58 (169); 4, S. 115 (135); ferner BVerfGE 21, S. 329 (344); 37, S. 167 (178f.) und BVerwGE 5, S. 39 (40). 20 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (18); gegen diese Konstruktion Schäfer, Referat 48. DJT, Ο 18; abl. auch Lecheler, AöR 103, S. 349 (360f.) und Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung, S. 65ff., 78.

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2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

geschützt21, denn im Gegensatz zu Art. 129 I 3 W R V legt Art. 33 V GG den Schwerpunkt ersichtlich auf die Gewährleistung des Berufsbeamtentums als Institution 22 . Im folgenden soll geklärt werden, welche Aussagen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Rechtsnatur und des Umfangs der Beamtenbesoldung entnommen werden können. 2. Die Rechtsnatur der Beamtenbesoldung Unterhaltsrente oder öffentlich-rechtliches Leistungsentgelt?

a) Besoldung als Kompensation für den Verlust wirtschaftlicher Entfaltungsmöglichkeiten Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet die Besoldung der Beamten nicht etwa als Vergütung oder Lohn. Anknüpfend an die Terminologie des Reichsgerichts und des vor 1933 überwiegenden Teils des Schrifttums 23 faßt es die Dienstbezüge des aktiven Beamten und die Versorgungsbezüge des Ruhestandsbeamten nicht als Entgelt für die Dienstleistung, sondern vielmehr als eine Unterhaltszahlung auf, die den Beamten in die Lage versetzen soll, den Staatsdienst ohne Zwang zu anderweitiger Erwerbstätigkeit als Lebensberuf wahrzunehmen 24 . Wer auf Lebenszeit in das Beamtenverhältnis eintritt, gibt damit zwangsläufig Möglichkeiten beruflicher und wirtschaftlicher Eigenentfaltung auf. Deshalb ist der Staat als Dienstherr gehalten, den Verzicht an personaler Eigenentfaltung, der durch die Sonderbefindlichkeit des Beamten in der Staatsgliederung gefordert wird, durch Besoldungs- und Versorgungsleistungen finanziell zu kompensieren 25 . Da der Beamte im Unterschied zu einem im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeiter oder Angestellten nicht durch privatrechtlichen Arbeitsvertrag, sondern durch sein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis zur Dienstleistung verpflichtet ist, unterscheidet sich der Besoldungsanspruch bereits durch seinen Charakter als öffentlich-rechtlicher Anspruch grundlegend von den Vergütungen und Löhnen, die die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes beziehen 26 . 21 Vgl. BVerfGE 3, S. 58 (157); 8, S. 332 (343); 9, S. 268 (286); a. A . Bachmann, Z B R 1954, S. 363; vermittelnd Ule, GRe IV/2, S. 570 (596f.). 22 Vgl. BVerfGE 8, S. 332 (343); 9, S. 268 (286); Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 33, Rdnr. 13; Leibholz / Rinck, Art. 33, Rdnr. 6, 9c); Hamann i Lenz, Art. 33, Anm. 7. 23 Vgl. die Nachweise im Ersten Teil A I I 6a). 24 Vgl. Wertenbruch, Z B R 1963, S. 200; Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Ordner 1, Teil C, § 94 Rz. 3. 25 Eingehend dazu Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlichrechtlichen Sonderbindung, S. 333ff.; ähnlich F. Mayer, Freiheit und Bindung des Besoldungsgesetzgebers, S. 16 und Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 88. 26 Dabei handelt es sich um Vergütung für die jeweils geleisteten Dienste i.S.d. §§ 611 ff. BGB, also um Arbeitslohn, vgl. insbesondere Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 39ff. und Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 232ff.

I. Alimentationsprinzip als „hergebrachter Grundsatz"

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b) Die Alimentationstheorie Gerade die Abgrenzung der Beamtenbesoldung gegenüber dem Arbeitslohn war das Anliegen der in der Terminologie des Bundesverfassungsgerichts anklingenden sog. Alimentationstheorie. Danach galt die Besoldung der Beamten nicht als Vergütung für einzelne Dienste, sondern als eine Unterhaltsrente, die im Gegensatz zum Arbeitslohn als eine von den Dienstleistungen des Empfängers prinzipiell unabhängige Zuwendung gedacht wurde 27 . Bestimmend für das Vordringen dieser Betrachtungsweise war das Bedürfnis, das Staatsdienstverhältnis gegenüber all denjenigen Dienstverhältnissen abzugrenzen, die auf privatrechtlichem Vertrag beruhten 28 . Nachdem das Beamtenverhältnis sich von einem privatvertraglichen Dienstverhältnis zwischen dem Beamten und dem Fürsten zu einer einseitig begründeten öffentlichrechtlichen Sonderbindung zwischen dem Beamten und dem Staat entwickelt hatte 29 , galt es, wie es der dem konstitutionellen Staatsdenken eigentümlichen strengen Trennung von Staat und Gesellschaft entsprach, den Beamten als Teil der Exekutive von der Gesellschaft zu separieren. Dies geschah dadurch, daß ihm durch das Beamtenverhältnis nicht nur ein rechtlicher, sondern auch ein sozialer Sonderstatus zuerkannt wurde 30 . Damit wurde der Schwerpunkt des Amtsverhältnisses zwar von der Dienstleistung auf die Treuebindung gegenüber dem Souverän bzw. dem Staat verlagert. Nichtsdestoweniger mußte die darin liegende gesteigerte personale Erfassung des einzelnen, die über die gegenüber dem Staat im allgemeinen Staatsbürgerstatus begründeten Rechte und Pflichten hinausging 31 , adäquat entschädigt werden. Damit stellte sich die Besoldung nun nicht mehr als Dienstleistungsentgelt, sondern vielmehr als Entschädigungsleistung für die freiwillige Aufgabe privater Erwerbsmöglichkeiten dar 32 . Vor dem Hintergrund dieses eher idealistisch denn materialistisch geprägten offiziellen Beamtenbildes mußte die Besoldung gewissermaßen als Belohnung für eine staatsfördernde Gesinnung erscheinen 33. 27 Vgl. exemplarisch Laband, Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. 1, 5. Aufl., 1911, S. 500ff. 28 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 8; 20; Till, Entwicklung des Alimentationsprinzips, S. 176. Eingehend dazu Ulm, Das Beamtengehalt, S. 37 sowie Hoch, Das Beamtengehalt nach dem Staatsrecht Preußens, S. 34ff. 29 Vgl. dazu Hoch, S. 12ff.; Pannhausen, S. 3-20 und Ulm, S. 9ff. 30 Vgl. Ellwein / Zoll, Berufsbeamtentum - Anspruch und Wirklichkeit, S. 32; Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (191). 31 Vgl. zum Charakter des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treue Verhältnisses als eines gegenüber dem allgemeinen Staatsbürgerstatus durch potentielle Sonderpflichten und Sonderrechte modifizierten Sonderstatusverhältnisses Loschelder, Z B R 1978, S. 133 (136). 32 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 8ff. m.w.N. 33 So etwa noch Ulm, Das Beamtengehalt, S. 16, 37 sowie Bruns, Das Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung der Beamtenrechte, S. 115; aus dem jüngeren Schrifttum etwa wieder Krüger, Leistungsprinzip als Verfassungsgrundsatz, S. 12; Wertenbruch, Z B R 1963, S. 200 (203) und Thiele, Z B R 1963, S. 129 (133).

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2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

Trotz ihrer geläufigen Bezeichnung als „Alimentation" bzw. „Unterhalt" kann die Beamtenbesoldung mit bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsleistungen im Sinne der §§ 1601 ff. BGB nicht gleichgesetzt werden 34 . Entsprechende MißVerständnisse können daher rühren, daß der beamtenrechtliche Alimentationsbegriff einer Epoche entstammt, in der der Begriff des Unterhalts noch nicht in dem engen Sinne verstanden wurde, in dem ihm später beispielsweise das Unterhaltsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches verwendete 35 . Ebenso wenig darf die Besoldung mit allgemeinen staatlichen Transfer- und Fürsorgeleistungen wie Wohngeldzahlungen, Ausbildungsförderung oder Sozialhilfe auf eine Stufe gestellt werden 36 . Abgesehen davon, daß sie nicht etwa nur notdürftigen, sondern angemessenen Unterhalt abdecken muß 3 7 , hängt der Gehaltsanspruch auch nicht davon ab, daß der Beamte sich in einer besonderen Bedürfnislage befindet. Besoldung wird vielmehr auch deshalb gezahlt, weil ihr Empfänger sich durch den Eintritt ins Beamtenverhältnis verpflichtet hat, seine ganze Persönlichkeit für die Belange des Dienstherrn einzusetzen38. c) Die Lohntheorie Von einer engen Gegenleistungsbeziehung zwischen der Gehaltszahlung durch den Dienstherrn und der Dienstleistung des Beamten, die dem Synallagma des privatrechtlichen Dienstvertrages der §§ 611 ff. BGB entspricht, geht dagegen die auch heute noch vereinzelt im juristischen Schrifttum vertretene „Lohn"- oder „Äquivalenztheorie" aus 39 . Danach unterscheidet sich die Beamtenbesoldung unbeschadet ihrer öffentlich-rechtlichen Natur nicht prinzipiell von der an die Angestellten des öffentlichen Dienstes gezahlten Vergütung. Hat die Lohntheorie in der Rechtswissenschaft nur wenige Anhänger gefunden, so beherrscht sie dagegen das einschlägige wirtschaftswissenschaftliche Schrifttum 40 . Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Beamtenbesoldung 34

Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 38; Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 44. Vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (8). 3 * Vgl. BVerfGE 16, S. 94 (116); 21, S. 329 (344); Pannhausen, S. 49; SchmidtBleibtreu / Klein, Art. 33, Rdnr. 26; Schwegmann / Summer, BBesG, Κ vor § 1, Rdnr. 5c). 37 Vgl. Pannhausen, S. 49; Klinkhardt, Z B R 1964, S. 257 (260); kritisch zur Verwendung des Begriffs „Alimentation" deshalb bereits Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Aufl., II. Bd., S. 353. 38 Vgl. BVerfGE 17, S. 94 (116); 21, S. 329 (344). 39 Vgl. etwa Bauch, Das Recht der Beamten, S. 62, der allerdings den Ausdruck „Vergütungstheorie" vorschlägt. Weitere Nachweise zur Lohntheorie bei Ulm, Das Beamtengehalt, S. 21 ff. und Wiese, VerwArch 57, S. 240 (246f.). Z u den geschichtlichen Hintergründen, nämlich den Nachwirkungen der Lehre vom Beamtenverhältnis als eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses, vgl. Hoch, Das Beamtengehalt, S. 33. 40 Vgl. Andreae, HdWW, 5. Bd. S. 532 (537); J. H. Müller HdSW, 2. Bd., S. 604f.; Bierfelder / Brinkmann, H W B d. ÖD, Sp. 504; Servais, in: Gerloff / Neumark, H B d. FinWiss, 2. Bd., S. 47 (49, 52); Ritsehl, FinArch 11, S. 321 (327); Castner, Schmoller's 35

I. Alimentationsprinzip als „hergebrachter Grundsatz"

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seit jeher 41 wie alle Einkünfte aus unselbständiger Arbeit ein Preis aus der Verwertung der persönlichen Arbeitskraft und ist damit lediglich eine Variante des Arbeitslohnes. Doch auch die ökonomische Betrachtungsweise kommt nicht umhin anzuerkennen, daß die Beamtenbesoldung gegenüber dem Normaltypus des Arbeitslohnes durch einige Besonderheiten gekennzeichnet ist. So hat beispielsweise der Umstand, daß sie in der Rechtsform der Alimentation geleistet wird, zur Folge, daß ihre Höhe nicht ausgehandelt, sondern einseitig durch den Dienstherrn bestimmt wird 4 2 . Der preisbildende Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage wird ausgeschaltet, um den öffentlichen Dienstherren eine Einkommenspolitik zu ermöglichen, die den besonderen Anforderungen des Staatsdienstes angepaßt ist 43 . Das Beamtengehalt ist deshalb ein Preis eigener A r t 4 4 . Da für das Lohnniveau nach wirtschaftlichen Maßstäben nicht der persönliche Bedarf des Arbeitnehmers, sondern der Wert seiner Arbeitsleistung ausschlaggebend ist, liegt eine weitere Besonderheit der Besoldung in dem starken Ausmaß, in welchem die Bemessung der Gehälter von Unterhaltsgesichtspunkten beeinflußt ist 45 . Für Wirtschaftswissenschaftler bietet die Besoldung damit jedenfalls in der Praxis das Bild eines Mischsystems aus Leistungsentgelt und Unterhalt, wobei das Verhältnis beider Einflußgrößen allerdings recht unterschiedlich gewichtet wird 4 6 .

JB 1962, S. 461 (472f.); a. A . lediglich Spitaler, in: Gerloff / Neumark, S. 96; kritisch zur Eignung der Unterhalts- wie der Lohntheorie als Erklärungsmodelle für die Besoldungsgesetzgebung aber Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 78. 41 Vgl. aus dem älteren Schrifttum etwa v. Heckel, H W B d. StaWiss, 2. Bd.> 3. Aufl. 1909, S. 848 (849); Kulemann, Volkswirtschaftliche Zeitfragen, Jg. 1916 Heft 294, S. 25. Bereits Hintze, Der Beamtenstand, S. 10,12 schränkte ein, daß die Lohntheorie zwar dem in der freien Wirtschaft herrschenden Dualismus von Arbeitnehmer und Unternehmer, nicht aber dem besonderen Charakter des Beamtenverhältnisses als pflichtgemäßer Gebundenheit gegenüber dem Dienstherrn gerecht werde; ähnlich differenziert auch Goerdeler, H W B d. KommWiss, Ergänzungsband A-G, S. 186f.; vgl. im übrigen Köppe, H W B d. StaWiss, Bd. 2, 4. Aufl. 1924, S. 602f. 42 Vgl. J. H. Müller, S. 604 und Schwegmann / Summer, BBesG, vor § 1 Rdnr. 3. 43 Vgl. / . H Müller, S. 604. 44 Vgl. Andreae, S. 537; ähnlich bereits v. Heckel, S. 849; Kulemann, S. 25 und Köppe, S. 605. 45 Vgl. Andreae, S. 537; kritisch zu diesem Phänomen Bierfelder / Brinkmann, Sp. 506. 46 Gegenüber Bierfelder / Brinkmann, Sp. 506 sieht Andreae, S. 537 den Schwerpunkt des gegenwärtigen Besoldungsrechts im Leistungsprinzip. Eine Gleichgewichtigkeit von Unterhalts- und Leistungsgesichtspunkten konstatiert/. H. Müller, HdSW, 2. Bd., S. 605, wenn er die Beamtenbesoldung als „einen in seiner A r t eigentümlichen Kompromiß aus staatsrechtlichen und leistungsmäßigen Komponenten" bezeichnet; ähnlich Schmölders, Finanzpolitik, S. 211. Nach Hülsbruch, Die Gestaltung der Beamtengehälter, S. 21 sollte die Besoldung nicht pauschal, sondern vielmehr jeder einzelne Gehaltsbestandteil kategorisiert werden. Ähnlich differenziert Castner, Schmoller's JB 1962, S. 461 (471 f.).

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2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip 3. Die Relativierung der theoretischen Auseinandersetzung durch die Entwicklungskonvergenzen zwischen den verschiedenen Arten der Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit

Der vor allem in den sechziger Jahren zum Teil mit Vehemenz ausgetragene Streit um die Rechtsnatur der Beamtenbesoldung47 ist in der Folgezeit merklich versachlicht worden und heute beinahe völlig abgeflacht, obwohl es zeitweise den Anschein hatte, als komme dieser Streitfrage infolge der Verankerung des Alimentationsprinzips in Art. 33 V GG zwangsläufig eine verfassungsjuristische Dimension zu 48 . Zwei Faktoren dürften diese Entwicklung maßgeblich gefördert haben: a) Angleichungstendenzen zwischen Beamtenstatus und Arbeitsverhältnis In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich der seit dem Ende der Monarchie nachweisbare 49 Annäherungsprozeß zwischen dem Beamten- und dem Arbeitsrecht durch tarifvertragliche Vereinbarungen und die Fortschritte der Sozialgesetzgebung beschleunigt. Viele der Vorteile, die früher die besondere soziale Stellung des Beamten begründeten - man denke an die gesicherte Alters- und Krankheitsvorsorge, bezahlten Urlaub oder den Schutz vor dem Verlust des Arbeitsplatzes - sind infolge einer allgemeinen Entwicklung zum sozialen Ausgleich gewissermaßen gesicherter sozialer Besitzstand des weit überwiegenden Teils der Arbeitnehmerschaft geworden 50 . Sieht man von der nahezu vollständigen Sicherheit des Beschäftigungsverhältnisses beim Lebenszeitbeamten ab, ist für eine Diskussion über soziale „Privilegien", d.h. ungerechtfertigte Vorteile der Beamten gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen, in der heutigen Zeit redlicherweise kaum noch Raum 51 , seitdem vor allem im Bereich der Altersversorgung die früheren Vorteile der Beamtenpension gegenüber den Sozialrenten trotz der noch immer bestehenden Beitragsfreiheit 5 2 praktisch aufgehoben sind 53 . Bezeichnenderweise hat gerade das Niveau 47

Vgl. etwa Wertenbruch, Z B R 1963, S. 129 (130) einerseits und Klinkhardt, Z B R 1964, S. 258 andererseits. 48 Vgl. aber Thiele, ZBR 1963, S. 129 (130) und dens., DVB11981, S. 253 (258). 49 Zur Rechtsangleichung zwischen Beamten und Staatsangestellten während der Weimarer Republik in Einkommensfragen vgl. Ulm, Das Beamtengehalt, S. 14f. 50 Vgl. insbesondere Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (192); Fees, Z B R 1968, S. 197 (201); F. Mayer, Z B R 1968, S. 361 (368ff.) und Rüfner, in: Leisner, Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 147ff. 51 Vgl. bereits Woothke, Z B R 1957, S. 277 (282); zur Fragwürdigkeit dieses Begriffs vor allem Fees, Z B R 1968, S. 197 (201) und Summer, Z B R 1984, S. 57; zu der neuerlichen Infragestellung des herkömmlichen Systems der Beamtenversorgung durch im politischen Raum diskutierte Pläne einer „Harmonisierung" der verschiedenen Alterssicherungssysteme vgl. unten Β V 2b). 52 Zu dieser Frage vgl. insbes. Bartsch, Z B R 1974, S. 345ff.

I. Alimentationsprinzip als „hergebrachter Grundsatz"

93

der Ruhestandseinkommen der im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmer durch eine Zusatzversorgung das der Beamtenversorgung erreicht und zum Teil überschritten 54 . Ferner hat die Entwicklung des Tarifrechts den ursprünglichen Leistungslohn zu einem „Soziallohn" umgestaltet: Der Arbeitslohn ist heute kein reines Leistungsentgelt mehr, sondern ein Einkommen, das auch nach Unterhaltsgesichtspunkten bemessen wird 5 5 . Die Auflockerung des ursprünglich streng synallagmatischen Verhältnisses von Arbeitsleistung und Lohnzahlung manifestiert sich in Einkommensbestandteilen wie dem Weihnachtsgeld, dem Urlaubsgeld sowie der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, wo die enge Leistungsbezogenheit des Lohnanspruches aus sozialstaatlichen Motiven eingeschränkt worden ist 56 . Dabei ist das Beamtenverhältnis unter dem Aspekt der sozialen Sicherung seit jeher das sozialpolitische Leitbild für die überwiegende Zahl der Arbeitnehmer und deren Interessenvertretungen gewesen57. Auch das Beamtenverhältnis weist eine gewisse Fortentwicklung weg von einem idealistisch geprägten Treueverhältnis auf. Zwar stellt der Staatsdienst für die weit überwiegende Zahl der Beamten deren Lebensberuf dar. Dies bedeutet aber keinesfalls, daß sie ihre Tätigkeit als einen selbstlosen Dienst an der Allgemeinheit betrachten. Vielmehr ist das Beamtenverhältnis auch ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage 58. Spätestens in einer Leistungs- und Konsumgesellschaft wie der heutigen muß deshalb die früher gepflegte idealistisch überhöhte Betrachtungsweise, die den Staatsdienst in erster Linie als Manifestation einer altruistischen Gesinnung begriff, sich als ein bloßer Beamtenmythos entpuppen 59 . Formeln wie „Dienen geht vor Verdienen" 60 fehlt heute der 53

Vgl. Summer, Z B R 1984, S. 59; F. Mayer, Z B R 1968, S. 361 (371). Vgl. bereits Matthey, Zur Rechtsangleichung bei Angestellten und Beamten, S. 215f. sowie Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, S. 140. « Vgl. Fees, ZBR 1968, S. 197 (200) und Wiese, VerwArch 57, S. 240 (253f.); ausdrücklich befürwortend unter Hinweis auf das Demokratie- und Sozialstaatsprinzip Rasehorn, D D B 1977, S. 141 (143); a. A . aber weiterhin Schwerdtner, Fürsorgetheorie und Entgelttheorie, S. 135ff. (138 m.w.N.). 56 Vgl. Nikisch, Arbeitsrecht, I. Bd., S. 280f. sowie A. Müller, in: H d V , Sp. 738. 57 Vgl. Zeitler, N D B Z 1963, S. 69 (72); Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 80, 87; Leisner, Beamtensicherung, S. 51 ff.; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 27f. Weitergehend wohl Fees, ZBR 1968, S. 197 (201), der das Alimentationsprinzip als eine mittlerweile für alle abhängig Beschäftigten gültige Garantie aus dem Sozialstaatsprinzip begreift; ähnlich Thieme, Studienkommissionsgutachten, S. 394. Zacher, W D S t R L 37, S. 175; S. 267 (291) sowie speziell für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung Bartsch, Z B R 1974, S. 345 (350). 58 Vgl. Wiese, Staatsdienst in der B R D , S. 281; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 50; Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 79 und Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung, S. 334. 59 So Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 79 und Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 49. 60 Dagegen zutreffend Wiese, Staatsdienst in der B R D , S. 281; Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 72f. und Klinkhardt, Z B R 1964, S. 257 (261). 54

94

2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

Wirklichkeitsbezug 61 genauso wie einem dahinter stehenden Verständnis der Besoldung, welches ihren Zusammenhang mit der Dienstleistung des Beamten prinzipiell leugnet 62 . Die Entmythologisierung des Alimentationsprinzips hat zu der Einsicht geführt, daß der Anspruch auf Besoldung und Versorgung ein der Dienstleistungspflicht korrespondierendes wesentliches Element 63 und kein schlichtes Akzidens 64 des Beamtenverhältnisses ist. So hat das Bundesverfassungsgericht die Beamtenbesoldung ausdrücklich auch als eine Gegenleistung des Dienstherrn dafür anerkannt, daß der Beamte sich mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt und seine Dienstpflicht nach Kräften erfüllt 65 . Zwar steht die Besoldung mit der Dienstleistung des Beamten nach wie vor nicht in einem strengen Gegenseitigkeitsverhältnis. Sie wird auch deshalb nicht als Entgelt für konkrete einzelne Dienste begriffen 66 , weil der Beamte dem Dienstherrn ohnehin qualitativ mehr schuldet als eine zeitlich begrenzte Führung der Amtsgeschäfte 67. Umgekehrt zeigt aber die entsprechend verringerte Besoldung im Teilzeitbeamtenverhältnis 68 oder der Wegfall der Bezüge bei längerfristigen besonderen Beurlaubungen 69 , daß die Besoldung grundsätzlich nur solange geschuldet wird, wie der Beamte zur Wahrnehmung der Dienstgeschäfte zumindest bereit ist 70 . Eine Korrelation besteht daher zwar nicht zwischen Gehaltszahlungen und einzelnen Dienstleistungen, wohl aber zwischen dem Anspruch auf Besoldung als solchem und der allgemeinen Dienstleistungspflicht 71 . Der prinzipielle 61 So Schwerdtner, Fürsorgetheorie und Entgelttheorie, S. 92; ähnlich Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 49. 62 Wie dies die sog. strenge Alimentationstheorie tut, vgl. etwa Wertenbruch, Z B R 1963, S. 200 (202) sowie Thiele, Z B R 1963, S. 129. 63 Vgl. Wiese, Staatsdienst, S. 281 und Weiß, Z B R 1972, S. 289 (290). 64 In diesem Sinne aber Wertenbruch, ZBR 1963, S. 200 (202). 65 Vgl. BVerfGE 21, S. 329 (354); das Gericht hat, wie Wiese, Staatsdienst in der B R D , S. 282 und Scheerbarth / Höffken, Beamtenrecht, § 23 I I zutreffend bemerken, der Sache nach niemals die „strenge" Alimentationstheorie vertreten. In E 4, S. 219 (241 f.) hat das Gericht die Besoldung lediglich gegen Einkommen auf arbeitsvertraglicher Grundlage abgegrenzt, ohne damit für die Zukunft die Annahme einer öffentlichrechtlichen Gegenleistungsbeziehung zwischen Besoldung und Dienstleistung auszuschließen, vgl. Klinkhardt, Z B R 1964, S. 257 (258). 66 Vgl. BVerfGE 21, S. 329 (344). 67 Vgl. BVerfGE 55, S. 207 (241); F. Mayer, Studienkommissionsgutachten, S. 688. 68 Vgl. z. B. § 72 BBG; ferner Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 114ff. 69 Vgl. z. B. §§ 48a I Nr. 2; 79a I Nr. 2; 89 I I BBG. Zu den übrigen Fällen des Fortfalls der Bezüge bei NichtWahrnehmung der Dienstgeschäfte vgl. Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 74. 70 Vgl. Pannhausen, S. 51. 71 Vgl. BVerfGE 17, S. 94 (116); 21, S. 329 (345); 55, S. 207 (237) und BVerwGE 41, S. 316 (321) sowie die bereits in diese Richtung gehenden Ausführungen des Reichsgerichts in R G Z 53, S. 423 (429); 37, S. 160; vgl. dazu insbesondere, Ulm, Das Beamtengehalt, S. 24 sowie Gasteiger, Die rechtliche Natur des Beamtengehalts, S. 5ff.

I. Alimentationsprinzip als „hergebrachter Grundsatz"

95

Unterschied zwischen Arbeitslohn und Beamtenbesoldung liegt folglich weniger in der vorgeblichen Unabhängigkeit des Gehaltsanspruchs von der Dienstleistung des Beamten als vielmehr darin, daß die Besoldung im Hinblick auf die Wahrnehmung bestimmter typisierter Funktionen innerhalb eines auf Lebenszeit angelegten Dienstverhältnisses festgelegt wird 7 2 , während sich der Arbeitslohn grundsätzlich nach Zeitabschnitten oder der individuellen Produktivität des Arbeitnehmers bemißt. Der Terminus „Alimentation" bezeichnet damit nur die Globalität der Leistungsbeziehungen innerhalb des Beamtenverhältnisses 73. Das Schrifttum hat sich dieser „Theorie der globalen Gegenleistung" weitgehend angeschlossen74, zumal bereits vor 1920 ein beträchtlicher Teil der Literatur die Besoldung in diesem Sinne explizit als staatliche Gegenleistung auffaßte, ohne die Alimentationstheorie terminologisch aufzugeben 75. b) Die entwicklungsgeschichtliche Synthese von Unterhalts- und Gegenleistungsgedanken im Alimentationsgrundsatz Mit einem Alimentations Verständnis, das in der Besoldung ausschließlich eine Unterhaltsleistung sieht, wäre die Anerkennung einer wie auch immer gearteten Gegenleistungsfunktion nicht vereinbar 76 . Wenn das Bundesverfassungsgericht das Beamtengehalt gleichzeitig als standesgemäßen Unterhalt und als Gegenleistung bezeichnet 77 , ist dies nur dadurch zu erklären, daß der Unterhaltsgedanken mit dem Leistungsprinzip im Alimentationsgrundsatz eine Synthese eingegangen ist. Lebensunterhalt und Gegenleistung bedeuten nicht denknotwendig einen unauflösbaren Widerspruch, sondern können 72 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 29 und F. Mayer, Z B R 1973, S. 240 (242). 73 So Leisner, Beamtensicherung, S. 24. 74 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 47ff. (51); Till, Entwicklung des Alimentationsprinzips, S. 354; Rüfner, in: Leisner, Berufsbeamtentum im modernen Staat, S. 149; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 87; F. Mayer, Studienkommissionsgutachten, S. 688; Fürst, GKöD I, Κ vor § 82, Rdnr. 18; Wiese, VerwArch 57, S. 240 (260); weitergehend Weiß, Z B R 1972, S. 289 (291). 75 Vgl. die Nachweise bei Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, II. Bd., S. 353. Nach Köppe, H W B d. StaWiss, 2. Bd., 4. Aufl., S. 603 war die Besoldung sowohl die Vergütung für die geleistete Arbeit als auch Abgeltung der zur Vergütung gestellten Arbeitskraft. Bereits v. Rheinbaben, Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, 1. Bd., 2. Aufl. 1911, S. 358 (364), bezeichnete die Besoldung als „staatliche Gegenleistung für die Dienste oder vielmehr richtiger die Dienstbereitschaft des Beamten". 76 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 48; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 64f. und Neeße, Leistungsgrundsatz im öffentlichen Dienst, S. 87. 77 Vgl. BVerfGE 39, S. 196 (203); beispielhaft E 55, S. 207: „Alimentationsverpflichtung" als „Korrelat" (!) der Dienstleistungspflicht des Beamten (S. 237) sowie „Alimentierungscharakter der Besoldung" (S. 241).

96

2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

durchaus als „zwei Seiten derselben Medaille" 78 gedeutet werden. Der Alimentationsgrundsatz ist nicht durch einen angeblichen Antagonismus von Unterhalts- und Leistungsprinzip gekennzeichnet79, weil das Leistungsprinzip neben dem Unterhaltsprinzip von jeher der zweite prägende Grundgedanke des Besoldungsrechts ist 80 . Ob es angesichts dieses Befundes noch sinnvoll ist, von einem durch das Leistungsprinzip „modifizierten Alimentationsprinzip" 81 zu sprechen oder den Abschied von reinen Unterhaltsdenken als „zeitgemäße, der Wirklichkeit des Arbeitslebens entsprechende Interpretation des Alimentationsprinzips" 82 zu feiern, soll an dieser Stelle offen bleiben. Der Gehaltsanspruch des Beamten kann wegen seiner unterhaltssichernden Funktion nicht ausschließlich aus dem Leistungsprinzip erklärt, seine Abstufung nach der Vorbildung und den Anforderungen des Amtes aber ebensowenig mit dem reinen Unterhaltsprinzip vereinbart werden 83 . Trotz ihrer offiziellen Bezeichnung als „Unterhalt" ist die Besoldung realiter niemals für alle Beamtenklassen und -gruppen einheitlich hoch oder gar als völlig leistungsneutrale Unterhaltsrente ausgestaltet gewesen84. Die historisch durchgängig nachweisbare Abstufung der Grundgehälter nach dem Rang, d. h. aber der Funktion 85 , ist ein deutlicher Beleg für die ständige Wirksamkeit des Leistungsgedankens im Besoldungsrecht 86. Von amtlicher Seite wurde das Zusammenspiel beider Prinzipien bereits in der Begründung zum RBesG 1920 ausdrücklich anerkannt 87 .

78

Vgl. Wiese, Staatsdienst in der B R D , S. 282; a. A . dezidiert Schäfer, Referat 48. DJT, Ο 20. 79 So aber Till, Entwicklung des Alimentationsprinzips, S. 320; abschwächend Wiese, S. 282 und Traeger, Beamtenbesoldung und Angestellten Vergütung, S. 117,123. 80 Vgl. Traeger, S. 124; Till, S. 350 und Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 69f.; Fürst, GKöD I , Κ vor § 82, Rdnr. 18 spricht deshalb von „alimentationsgemäßer Gegenleistung", Merten, Ule-FS, S. 349 (381) vom „Prinzip der leistungsadäquaten Alimentation". 81 So aber Pannhausen, S. 42; Traeger, S. 64f. und Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 19, die m.E. übersehen, daß es sich bei der „strengen" Alimentationstheorie, der eine grundsätzlich gleiche Besoldung aller Beamten entsprechen und von der deshalb das heutige Alimentationsprinzip abgegrenzt werden soll, lediglich um eine Modellvorstellung ohne praktische Bedeutung handelt, vgl. auch Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 219. 82 So Fürst, G K ö D I , Κ vor § 82, Rdnr. 16; Weiß, Z B R 1972, S. 289 (292). 83 Vgl. Strecker, Z B R 1966, S. 1; gegen einseitige theoretische Erklärungsansätze auch Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 78. 84 Vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (8) und Ritsehl, FinArch 11, S. 322 (326). S5 Vgl. Ritsehl, S. 324; i.d.S. bereits v. Heckel, H W B d. StaWiss, 2. Bd., 3. Aufl., 1909, S. 848 (854f.) und Goerdeler, H W B d. KommWiss, Ergänzungsband A-G, S. 188. 86 Vgl. bereits Bälz, Beamtenrecht und Familie, S. 11; ferner Merten, Ule-FS, S. 349 (374) und Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 219. 87 Vgl. oben Erster Teil A I I l b ) .

I. Alimentationsprinzip als „hergebrachter Grundsatz"

97

Daher kann es letztlich nicht überraschen, daß der Standpunkt des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Anspruch auf die Besoldung in gewissen Grenzen auch ein durch die Dienstleistung erworbenes Recht darstellt 88 , in der Sache von jenen geteilt wird, die statt Alimentation ein „öffentlich-rechtliches Leistungsentgelt" 89 befürworten oder statt vom Alimentationsprinzip von einem „Grundsatz angemessener Gegenleistung" 90 sprechen. Insofern dürfte sich der Streit um die Rechtsnatur der Beamtenbesoldung wirklich zu einer terminologischen Auseinandersetzung verflüchtigt haben 91 , zumal die Einsicht sich durchsetzt, daß das Beamtenrecht mögliche Streitfälle ohnehin positiv entscheidet92. 4. Die Kritik am Alimentationsprinzip

a) Die Verwechslung von Alimentationsprinzip

und Alimentationstheorie

Die vorstehend geschilderte Entwicklung muß auch die Berechtigung der Kritik, die hauptsächlich in den sechziger Jahren am Alimentationsgrundsatz geübt wurde 93 , entscheidend relativieren. Die unter rechtspolitischen 94 oder gar unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten95 vorgetragenen Einwände greifen im wesentlichen bereits deshalb nicht, weil sie nicht hinreichend scharf zwischen der Alimentationstheorie als einem durch seinen historischen Kontext bedingten wissenschaftlichen Ansatz zur Erklärung der Sonderstellung des Staatsdienstverhältnisses auf der einen und dem Alimentationsprinzip als der nach Art. 33 V GG für das heutige Besoldungsrecht maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgabe auf der anderen Seite unterscheiden 96. Ein Besol88 Vgl. BVerfGE 16, S. 94 (113); 21, S. 329 (344). Vgl. v. Münch, Studienkommissionsgutachten, S. 157, wo statt der Bezeichnung „Alimentationsprinzip" ohne erkennbare inhaltliche Differenzen der Terminus „Besoldungsprinzip" vorgeschlagen wird. 90 Vgl. Lemhöfer, Z B R 1971, S. 289f.; ähnlich Klinkhardt, Z B R 1964, S. 257 (262). 91 Vgl. Rüfner, in: Leisner, Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 148f.; Wiese, Beamtenrecht, S. 15; Jung, Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, S. 187; a. A . wohl Thiele, D V B l 1981, S. 253 (258). 92 Vgl. Scheerbarth / Höffken, Beamtenrecht, S. 448. Für den Vorrang der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen bei der Lösung besoldungsrechtlicher Fragen und gegen die Ableitung konkreter Rechtsfolgen aus dem Begriff „Alimentation" bereits mit Recht Ulm, Das Beamtengehalt, S. 35. 93 Vgl. die Nachweise bei Battis, BBG, § 83 Anm. 1 und Isensee, Beamtenstreik, S. 39. 94 Vgl. ζ. B. Schäfer, Referat 48. DJT, Ο 16, 18. 95 Vgl. ζ. B. Bartsch, Verfassungsprinzipien und Verwaltungsinstitutionen, S. 30; Fischbach, BBG, 1. Halbbd., Β I I 2c) und § 82 Anm. I ; Bauch, Das Recht der Beamten, S. 62 und Menzel, D Ö V 1969, S. 513 (519). 96 Exemplarisch v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, 7. Aufl., S. 54, der dem Bundesverfassungsgericht vorhält, es vertrete die Alimentationstheorie, was - wie oben gezeigt - nicht zutrifft; ähnlich Menzel, S. 518. 89

7 Günther

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2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

dungssystem, in dem die Gehälter der aktiven Beamten als leistungsunabhängiger Unterhalt konzipiert wären, dürfte durchaus zu Recht als „eine im sozialen Rechtsstaat antiquierte Rechtsvorstellung" 97 bezeichnet werden. Mit der gleichen Berechtigung könnte man gegen ein nach solchen Grundsätzen strukturiertes Beamtenverhältnis als „Staatssklavenverhältnis" 98 polemisieren und die Frage nach seiner Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Menschenwürde 99 und dem Sozialstaatsgrundsatz 100 aufwerfen. Sofern diese Kritik aber nicht explizit rechtspolitisch gemeint ist, geht sie in der Sache am Alimentationsprinzip vorbei, denn sie verkennt zweierlei: Erstens sind die zum Teil wirklich überholten Ausgangsvorstellungen der Alimentationstheorie gar nicht in vollem Umfang Inhalt des heutigen Alimentationsprinzips geworden 101 . Zweitens schreibt das Alimentationsprinzip keinesfalls vor, daß der Gesetzgeber die Besoldung als leistungsnegierende Fürsorgeleistung ausgestaltet102. Allerdings ist die vorschnelle Gleichsetzung des Alimentationsgrundsatzes mit der ihm nur entstehungsgeschichtlich zuzuordnenden Alimentationstheorie durch Interpretationen gefördert worden, die den dem Beamtenstatus immanenten Treuegedanken und damit die Unterhaltsfunktion der Besoldung im Sinne einer quasi-lehensrechtlichen Bindung zwischen Beamten und Dienstherrn überakzentuiert haben 103 . b) Die Vereinbarkeit des Alimentationsprinzips mit der Gesamtstruktur des Grundgesetzes Nichtsdestotrotz muß sich die Kritik am Alimentationsprinzip vorhalten lassen, daß ein theoretisches Konstrukt vom Beginn des 19. Jahrhunderts, welches bereits damals eher den Charakter einer Fiktion denn Bezug zur Realität besaß, redlicherweise nicht dazu benutzt werden darf, um die verfassungsrechtlichen Grundlagen des heutigen Beamtenbesoldungsrechts als unzeitgemäß oder gar verfassungswidrig zu diskreditieren. Insoweit „wird ein Pappkamerad oder eine Besoldung aufs Korn genommen, die 100 Jahre oder länger zurückliegt 104 ." Das Alimentationsprinzip ist wie das ihm immanente Prinzip der einseitigen Entscheidung nicht überholt 105 . Trotz des parlamentarischen 97

Vgl. Fischbach , Β I I 2c); Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 72. So Klinkhardt, Z B R 1974, S. 257 (260), der aber nicht zu den Gegnern des Alimentationsprinzips gezählt werden sollte. 99 Vgl. Klinkhardt, S. 261 und Stuzky, S. 79. 100 Ygi Bartsch, Verfassungsprinzipien, S. 30; dagegen zutreffend Ule, GRe IV/2, S. 664f. ιοί Vgl. Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 45; Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (4). 102 Vgl. nur Neeße, Leistungsgrundsatz im öffentlichen Dienst, S. 87. 98

i° 3 Vgl. Lemhöfer, Z B R 1971, S. 289. 104 So zutreffend Quaritsch, Referat Ο 45. ι°5 Α . A . Schäfer, Referat Ο 16; ν. Münch / Matthey, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 44.

II. „Angemessenheit" als verfassungsrechtliche Vorgabe

99

Entscheidungsvorbehalts über die Höhe der Besoldung ist es durchaus zeitgemäß 1 0 6 , denn das Prinzip einseitiger Entscheidung in Versorgungsfragen ist nicht etwa eines der letzten Rudimente eines Hörigkeitsverhältnisses 107 , sondern geradezu ein Charakteristikum des modernen Staates108. Der Alimentationsgrundsatz ist deshalb kein Relikt des besonderen Gewaltverhältnisses 109 und verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Menschenwürde 110 . I I . Die Angemessenheit des Unterhalts als verfassungsrechtliche Vorgabe für die Ausgestaltung des Besoldungsrechts 1. Vom standesgemäßen Unterhalt zur amtsangemessenen Besoldung

Den Anforderungen des Alimentationsprinzips genügt nicht irgendeine, sondern ausschließlich die „angemessene" Besoldung 111 . Damit ist ihre früher übliche Qualifizierung als standesgemäßer Unterhalt, die auch noch in der älteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verwendet wurde 1 1 2 , vom Gebot „angemessener" Besoldung abgelöst worden. Die Figur des standesgemäßen Unterhalts ist eine Folge der früher vorherrschenden ständischen Staatsauffassung und erfüllte innerhalb eines nach Ständen gegliederten Gemeinwesens vornehmlich zwei Funktionen: Zum einen entsprach die Bemessung der Beamteneinkommen nach Vorbildung und sozialer Herkunft 1 1 3 , welche auch innerhalb des Beamtenkörpers zu mitunter eklatanten Einkommensunterschieden führen konnte, dem herrschenden Verständnis vom vertikalen Aufbau der Gesellschaft 114 . Zum anderen gestattete es diese Konstruktion, der Beamtenschaft die ihrer sozialen Bedeutung entsprechende Stellung im allgemeinen Einkommensgefüge zuzuweisen 115 , wobei die offi106 y g i Quaritsch, Referat Ο 45; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 75f., 87. ™ So aber Fischbach, BBG, 1. Halbbd., S. V I I I . 108 Ausführlich dazu Quaritsch, Referat Ο 45 f. 109 Vgl. Till, Entwicklung des Alimentationsprinzips, S. 93. 110 Vgl. Till, S. 357 sowie Schneider, BayBZ 1971, S. 49 (51). 111 Vgl. Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 118f.; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 117 sowie BVerfGE 4, S. 115 (135); 8, S. 1 (14); 16, S. 94 (115) sowie zuletzt E 58, S. 68 (78 m.w.N.). 112 Vgl. etwa BVerfGE 3, S. 58 (160); 3, S. 228 (342f.) und E 4, S. 219 (243). 113 Vgl. Spitaler, in: Gerloff / Neumark, H B d. FinWiss, Bd. 2, S. 83 (97). 114 Vgl. Gerloff / Völter, Die dt. Beamtenbesoldung, S. 75. 115 Vgl. Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 112, 118; Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (191); Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 221 sowie Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 69, der die Bedeutung dieser Vorgabe allerdings auf die zweite Funktion beschränkt sieht. Gegen die insoweit zugrunde liegende Vorstellung eines in sich geschlossenen Beamten-„Standes" aber Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 24. Wie hier etwa Summer i Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (9); vgl. auch Gerloff / Völter, S. 75 und Ritsehl, FinArch 11, S. 322 (339). 7*

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2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

zielle Bezeichnung der Gehälter als Unterhalt zusätzlich die Besonderheit des Staatsdienstverhältnisses gegenüber den gewerblichen Berufen hervorhob. Durch den Rückgang der berufständischen Denkweise und den Abbau der letzten Standesvorrechte beim Übergang von der Monarchie zur republikanischen Staatsform im Jahre 1918 mußte die gesellschaftliche Stellung des Beamten ihre Funktion als Hauptanknüpfungspunkt für die Bemessung seines Einkommens zwangsläufig verlieren 116 . Nichtsdestoweniger konnte die Figur des „standesgemäßen Unterhalts" sich als offizielle Maxime der Besoldungspolitik bis in die Endphase der Weimarer Republik nicht nur behaupten 117 , sondern gewann noch eine zusätzliche Bedeutung, als sie zunehmend als tragendes Element der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums aufgefaßt wurde 118 . 2. „Angemessenheit" der Gehälter als für den Besoldungsgesetzgeber verbindliche verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive

a) Die Umsetzung des Angemessenheitsgebots durch die Gesetzgebung Wie unter der Geltung des aus Art. 129 I 3 W R V abgeleiteten Prinzips des „standesgemäßen" Unterhalts ist auch heute die Höhe der Gehälter der Verfassung nicht unmittelbar zu entnehmen. Die in Art. 33 V GG enthaltene Garantie eines „angemessenen" Unterhalts stellt vielmehr eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive dar 1 1 9 . Die im Sinne der Verfassung „angemessene" Höhe der Bezüge muß demnach der Gesetzgeber festlegen 120 . Sein insoweit bestehender besoldungspolitischer Gestaltungsspielraum 121 wird verfassungsrechtlich 116 Vgl. Pannhausen, S. 70; Ellwein / Zoll, Berufsbeamtentum, S. 80, 82 und Hoffmann, AöR 91, S. 141 (191). 117 Vgl. Gerloff / Völter, S. 75. 118 s. o. im Ersten Teil A I I I 6). 119 Keinesfalls handelt es sich bei der Vorgabe der „Angemessenheit" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, wie etwa Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 121, meint. Ebenso wenig geht es entgegen Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 190 um Fragen des Ermessens. Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff sind Kategorien der verwaltungs-, nicht aber der verfassungsrechtlichen Dogmatik, wie zuletzt etwa Tettinger, RechtsanWendung und gerichtliche Kontrolle im Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 67ff.; 367ff. nachgewiesen hat. Demgegenüber fallen diejenigen allgemeinen Leitlinien und Zielvorstellungen des Grundgesetzes, die wie etwa die Sicherung der freiheitlich demokratischen Grundordnung, die Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit (Art. 20 I ; 28 I GG) und die Verpflichtung auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht (Art. 109 I I GG) zuvörderst seitens der Legislative durch Schaffung unterverfassungsrechtlicher Normen zu konkretisieren sind, unter eine eigenständige verfassungs)uristische Kategorie, nämlich die der sog. verfassungsrechtlichen Gestaltungsdirektive; vgl. im einzelnen etwa für den Bereich des Wirtschaftsverwaltungsrechts Tettinger, S. 186-190. 120 Vgl. Summer, ZBR 1984, S. 57; Isensee, Beamtenstreik, S. 40 sowie F. Mayer, Freiheit und Bindung des Besoldungsgesetzgebers, S. 16f.

II. „Angemessenheit" als verfassungsrechtliche Vorgabe

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durch die in Art. 33 V GG enthaltenen Vorgaben begrenzt. Als Richtpunkte, die für die Angemessenheit der Bezüge maßgeblich sind und an denen der Gesetzgeber sich bei der Bemessung der Gehälter zu orientieren hat, nennt das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung folgende Faktoren 1 2 2 : - den Dienstrang - die mit dem Amt verbundene Verantwortung - die Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit - die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards. b) Angemessenheit als Maßstabsbegriff „Angemessenheit" ist daher ein Maßstabsbegriff, der von der Gesetzgebung nach den jeweiligen Zeitverhältnissen zu konkretisieren ist 1 2 3 , wobei die Entscheidung des Gesetzgebers sich jeweils innerhalb des durch die von der Rechtsprechung genannten Richtpunkte gebildeten Koordinatensystems zu bewegen hat 1 2 4 . Das Handeln des Gesetzgebers auf diesem Gebiet mag man deshalb zwar auch als Vollzug verfassungsrechtlicher Determinanten ansehen 1 2 5 . Im Kern geht es jedoch um genuin politische Entscheidungen, denn die jeweils angemessenen Gehaltssätze lassen sich auch bei subtilster Verfassungsinterpretation aus Art. 33 V GG nicht mathematisch exakt ableiten 126 . Die Heterogenität der für die Angemessenheit der Gehälter maßgeblichen Gesichtspunkte 127 eröffnet dem Gesetzgeber einen grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum 128. Da das Grundgesetz im Gegensatz zu Art. 129 I 3 121 Vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung BVerfGE 49, S. 260 (271f.); 56, S. 146 (161, 163, 165); 56, S. 353 (359); 58, S. 68 (78). 122 y g i erstmals BVerfGE 8, S. 1 (2. Leitsatz). Die Befugnis zur authentischen Interpretation des Angemessenheitskriteriums dürfte trotz des besoldungspolitischen Spielraums, den es dem Gesetzgeber eröffnet, letztlich doch wieder beim Bundesverfassungsgericht liegen, vgl. Berendt, S. 121. Zur Konturierung des „standesgemäßen Unterhalts" durch das Reichsgericht vgl. R G Z 134, S. 1 (14f.). 123

Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (266). Vgl. F. Mayer, Freiheit und Bindung, S. 17; Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 1 und Fürst / Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (8). 125 So Isensee, Beamtenstreik, S. 40. 126 y g i Merten, Ule-FS, S. 349 (356); F. Mayer, Studienkommissionsgutachten, S. 692; Fürst / Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (6) und Schwandt, Z B R 1983, S. 92 (95). 124

127 Zu den im Schrifttum unternommenen Versuchen einer gewissen Systematisierung vgl. Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 111 und Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 75 f. 128 Vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung BVerfGE 37, S. 167 (178f.); 56, S. 175 (182); 56, S. 353 (359); 58, S. 68 (78 m.w.N.); aus dem Schrifttum etwa F. Mayer, Freiheit und Bindung, S. 17; Hamann / Lenz, Grundgesetz, Art. 33, Anm. 7b) cc); Leibholz / Rinck, Grundgesetz, Art. 33, Anm. 9 a) sowie Thieme, Studienkommissionsgutachten, S. 394.

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2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

W R V keine „wohlerworbenen Rechte" schützt 129 , bedeutet der Alimentationsgrundsatz ferner keine ziffernmäßige Garantie des Besoldungsanspruchs geschweige denn einen Besitzstand unkürzbar erdienter Bezüge 130 . Mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis erlangt der Beamte für die Zukunft nur einen variablen Anspruch auf Gehalt und Versorgung 131 . Daher dürfen die Gehälter pro futuro im Rahmen des angemessenen Unterhalts sogar gekürzt werden, sofern der Gesetzgeber für diese Maßnahme sachgerechte Gründe geltend machen kann 1 3 2 .

3. Das Angemessenheitserfordernis als Begrenzung des besoldungspolitischen Ermessens

Trotz des weiten Gestaltungsspielraumes, den Art. 33 V GG in Besoldungsfragen eröffnet, steht die Entscheidung über die Höhe der Beamtengehälter dennoch nicht im freien Belieben des Gesetzgebers 133. Vielmehr lassen sich dem Gebot angemessener Besoldung einige Richtpunkte entnehmen, welche dem besoldungspolitischen Ermessen gewisse - wenn auch weite - Schranken ziehen 134 . a)

y yAmts-"angemessene

Besoldung und Abstufung der Gehälter

Das Bundesverfassungsgericht bestimmt die Angemessenheit der Besoldung primär nach dem jeweiligen Dienstrang und der mit dem Amt verbundenen Verantwortung 135 . Da das Amt im statusrechtlichen Sinne den Hauptanknüpfungspunkt für die Höhe der Gehälter bildet 1 3 6 , erscheint die Angemessenheit der Besoldung nach der Rechtsprechung in erster Linie als eine Funk129

Vgl. BVerfGE 9, S. 268 (286) sowie oben A l l e ) ; vgl. aber auch Lecheler, AöR 103, S. 349 (360). 130 Vgl. bereits BVerfGE 8, S. 332 (342); 15, S. 167 (198) und E 49, S. 260 (272); Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 152; ferner F. Mayer, Freiheit und Bindung, S. 16; Maunz, in: MDHS, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 69; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 28; a. A . dezidiert Fischbach, BBG, Β I I 2b). 131 Vgl. BVerfGE 17, S. 337 (355); BVerwGE 20, S. 29 (32); BVerwG VerwRspr. 26 Nr. 203. 1 32 Vgl. bereits BVerfGE 3, S. 288 (342); 18, S. 159 (166f.); 44, S. 249 (263); zust. etwa Hamann / Lenz, Anm. 7 b) cc); Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 201; Summer, Z B R 1984, S. 57 und Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (44). 1 33 I.d.S. aber Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (191). 134 Vgl. Fürst ! Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (6); Isensee, Beamtenstreik, S. 39 und Leisner, Z B R 1984, S. 223 (229). 135 Vgl. BVerfGE 4, S. 115 (135); 8, S. 1 (14); 11, S. 203 (215); 16, S. 94 (115); 21, S. 329 (345) und 56, S. 146 (164). 136 Vgl. BVerfGE 56, S. 146 (164); dazu eingehend Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (15 f.).

II. „Angemessenheit" als verfassungsrechtliche Vorgabe

103

tion des Amtes. Die Gehälter sind deshalb so zu bemessen, daß sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines Amtes entspricht 137 . Da der Organisation der öffentlichen Verwaltung die Vorstellung zugrunde liegt, daß in den höher besoldeten Ämtern die für den Dienstherrn wertvolleren Leistungen erbracht werden 138 , muß im Hinblick auf das Leistungs- und das Laufbahnprinzip mit der organisationsrechtlichen Gliederung der Ämter eine Staffelung der Gehälter einhergehen 139 . Die „amts"-angemessene Besoldung ist damit denknotwendig eine abgestufte Besoldung 140 . Auch bei der Gestaltung der Besoldungsstruktur besitzt der Gesetzgeber aber einen weiten Gestaltungsspielraum 141. Das Prinzip amtsangemessener Alimentation schreibt das bestehende Besoldungsgefüge ebensowenig fest wie die Höhe der einzelnen Gehälter und enthält auch keine Vorgaben für das genaue Ausmaß der zwischen den Gehaltsstufen vorzunehmenden Differenzierung 142 . Die Bewertung der Ämter innerhalb einer Laufbahn und die Abgrenzung der verschiedenen Laufbahnen voneinander lassen sich als beamtenpolitische Entscheidungen kaum zwingend begründen 143 . Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der gegenseitigen Zuordnung der Ämter ist nur durch die weiten Schranken des Willkürverbotes begrenzt 144 . Der Gesetzgeber darf die Abstufung der Gehälter deshalb auch nach übergeordneten Gesichtspunkten wie der Nachwuchsgewinnung für einzelne Grup137

Vgl. BVerwGE 5, S. 39 (40); BayVerfGH 20, S. 51 (55); ferner Ule, Beamtenrecht, § 50 Anm. 2; Clemens / Lantermann, Entwicklung des Laufbahn- und Besoldungsrechts, S. 10 und Wiese, Beamtenrecht, S. 179. 138 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 85; Thieme, Gutachten 48. DJT, Vhdl. Bd. I, S. 39; Merten, Ule-FS, S. 349 (354). Gegen diese Begründung Rasehorn, D D B 1977, S. 143 (144): Nach seiner Auffassung ist eine unterschiedliche Wertigkeit von Arbeitsleistungen rational nicht begründbar. Das Leistungsprinzip soll folglich als vorgebliche Legitimation dort fungieren, wo Einkommensunterschiede in Wirklichkeit aus der Tradition und dem unterschiedlichen sozialen Prestige der jeweiligen Berufe resultieren; ähnlich Tennstedt, Z B R 1973, S. 289 (293). 139

Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (265); 56, S. 146 (164); vgl. ferner Merten, Ule-FS, S. 349 (352); Schmidt-Bleibtreu / Klein, Grundgesetz Art. 33, Rdnr. 28; Hamann / Lenz, Grundgesetz, Art. 33, Anm. 7 b) cc) und Soell, D Ö V 1974, S. 147 (150f.). 140 Vgl. BVerfGE 56, S. 146 (164); i.d.S. bereits E 3, S. 58 (169); 4, S. 115 (135); 11, S. 203 (210) und 16, S. 94 (115). 141 Vgl. aus der neueren Rechtsprechung etwa BVerfGE 49, S. 260 (271); 56, S. 146 (161) und E 56, S. 353 (359); zur Absenkung der Eingangsbesoldung der Eingangsämter des gehobenen und des höheren Dienstes durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vgl. BVerfG, D Ö V 1985, S. 318. 142 Vgl. F. Mayer, Studienkommissionsgutachten, S. 692; Maunz, in: MDHS, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 69; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 126 und Merten, Ule-FS, S. 349 (356; 361; 374). 143 Vgl. F. Mayer, Freiheit und Bindung, S. 17; Ritsehl, FinArch 11, S. 322 (350) und Fürst / Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (6). 144 Vgl. BVerfGE 13, S. 356 (362; 364); 56, S. 146 (165); 56, S. 175 (182); Leibholz / Rinck, Grundgesetz, Art. 33, Anm. 9 a); Thieme, Studienkommissionsgutachten, S. 395 m.w.N.

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2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

pen ausrichten 145 . Sofern sich aber für eine unterschiedliche Besoldung keine plausible nachvollziehbare Begründung finden läßt, muß für vergleichbare Ämter und Laufbahnen im Hinblick auf die gleiche Verantwortung, Leistung und Arbeitsbelastung die gleiche Besoldung gewährt werden 146 . Wenn auch Art. 33 V GG jederzeit eine grundlegende Neuordnung des Besoldungsrechts zuläßt und der Legislative insoweit eine „besonders weite" Gestaltungsfreiheit konzediert wird 1 4 7 , darf der Gesetzgeber letztlich keine nivellierte „Einheitsbesoldung" einführen 148 . In jüngerer Zeit mißt das Bundesverfassungsgericht die Angemessenheit der Besoldung nicht mehr ausschließlich an dem jeweils bekleideten Amt. Unter Berufung auf die in Art. 6 I GG und dem Sozialstaatsprinzip enthaltenen Wertentscheidungen wird der Umfang der Besoldung zusätzlich zu dem von der Größe der Familie abhängigen Aufwand in Beziehung gesetzt 149 . Die Nettogehälter müssen deshalb so bemessen sein, daß der verheiratete Beamte unabhängig von der Anzahl seiner Kinder ungefähr das gleiche Lebensniveau wie der kinderlos verheiratete Beamte erreicht 150 . Insofern ist auch heute noch eine Entwicklung der amts- und leistungsgerechten zur „familienbezogenen" 1 5 1 Besoldung feststellbar.

b) Die Abhängigkeit des Gesamtniveaus der Besoldung vom allgemeinen Lebensstandard und der staatspolitischen Bedeutung des Berufsbeamtentums Wegen der Maßgeblichkeit des statusrechtlichen Amtes für die Bemessung der Besoldung ist es nicht zulässig, alle Beamten ohne Rücksicht auf ihre unterschiedliche Vorbildung und Funktion im wesentlichen gleich hoch zu 145

Vgl. BVerfGE 26, S. 141 (158). 146 ygi. ρ Mayer, Freiheit und Bindung, S. 19; Meder, JöR 24, S. 387 (420) und Merten, „Gekappte" Besoldungsanpassung als verkappte Besoldungsnivellierung, S. 8 m.w.N. 147 Vgl. BVerfGE 55, S. 372 (392f.); 56, S. 87 (95); 56, S. 353 (359); BVerfG D Ö V 1985, S. 318; vgl. auch BVerwGE 66, S. 147 (149f.). 148 So dezidiert Meder, S. 419; Merten, Ule-FS, S. 349 (352; 373); Schmidt-Bleibtreu / Klein, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 28. 149 Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (266); i. d. S. bereits E 4, S. 219 (243); 21, S. 329 (345); 39, S. 196 (201); vgl. ferner Zeitler, N D B Z 1963, S. 69 (71) und Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 112. 150 Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (272); i.d.S. bereits Zeitler, R i A 1962, S. 243 (244); allg. zur Bedeutung des Netto-Gehalts als Anknüpfungspunkt für die Angemessenheitskontrolle BVerfGE 44, S. 249 (266). 151 I.d.S. bereits BVerfGE 29, S. 1 (9) und Ule, Beamtenrecht, § 50 Anm. 2; gegen einen speziellen beamtenrechtlichen neben dem allgemeinen Familienlastenausgleich aber Menger, VerwArch 69, S. 221 (229) und Häberle, W D S t R L 37, S. 175, 267 (289). Zur neuerlichen besoldungspolitischen Diskussion vgl. oben Erster Teil A I V 7.

II. „Angemessenheit" als verfassungsrechtliche Vorgabe

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besolden. Richtpunkte für die konkrete Bemessung der einzelnen Gehaltssätze enthält dieses besoldungsrechtliche Differenzierungsgebot jedoch nicht. Die heutige Ämtergliederung hat sich außerdem von Funktionsmerkmalen und sachlich bestimmbaren Amtsinhalten so weit gelöst, daß auch die Amtsbezeichnung kaum noch etwas über die jeweilige Tätigkeit aussagt152. Wie der Bezugspunkt einer standesgemäßen Besoldung niemals innerhalb des Beamtenkörpers, sondern jeweils nur in den Einkommen derjenigen Berufsstände liegen konnte, denen die einzelnen Beamtengruppen nach Vorbildung, Aufgabenstellung, Verantwortung und gesellschaftlichem Ansehen zugeordnet zu werden vermochten 153 , kann die im Hinblick auf das einzelne Amt angemessene Besoldung ebenfalls nur vor dem Hintergrund der allgemeinen Einkommenssituation und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für Staat und Gesellschaft bestimmt werden. Den allgemeinen Rahmen bei der Festsetzung der Gehälter bildet deshalb der allgemeine Lebensstandard 154 , der im einschlägigen Schrifttum als der bedeutendste Richtpunkt für das Niveau der Gehälter herausgestellt wird 1 5 5 . Auf die „Wohlstandsgesellschaft" als Maßstab für die Bemessung der Beamteneinkommen hebt in neuerer Zeit auch das Bundesverfassungsgericht ab 1 5 6 . Nachdem es die Grenze zu dem nicht mehr angemessenen Unterhalt bislang lediglich negativ bestimmte, indem es das „bescheidene Einkommen" als eine „nicht eindeutig unangemessene Besoldung" dem „ärmlichen Auskommen" bzw. der „Kümmerexistenz am Rande der Gesellschaft" gegenüberstellte 157 , hat es mittlerweile positive Erfordernisse für eine angemessene Besoldung aufgestellt. Der Gesetzgeber muß bei der Konkretisierung der Angemessenheit der Dienstbezüge nicht nur die Grundbedürfnisse des Menschen wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft berücksichtigen. Im Hinblick auf die allgemeinen Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten muß er auch ein Minimum an Lebenskomfort ermöglichen, weil Alimentation in der Wohlstandsgesellschaft mehr umfaßt als in Zeiten, die für weite Kreise der Bevölkerung durch Ent-

152 Vgl. Studienkommission, Bericht, Rdnr. 583, 586, 604; Thieme, Gutachten 48. DJT, D 39; Richter, D Ö V 1980, S. 229 (230). Als Anknüpfungspunkt für die Abstufung der Besoldung ist das A m t in statusrechtlichem Sinne deshalb nur eingeschränkt tauglich, vgl. Zeidler, DVB1 1973, S. 719 (723). 153 Vgl. dazu Wiese, VerwArch 57, S. 240 (257f.). 154 Vgl. BVerfGE 3, S. 288 (342) sowie bereits E 3, S. 58 (160). 155 Vgl. Bruns, Das Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung der Beamtenrechte, S. 119; Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 81; 84; Spitaler, in: Gerloff / Neumark, H B d. FinWiss, 2. Bd., S. 97; Flog / Wiedow, BBG, § 82, Rdnr. 3; Zeitler, R i A 1962, S. 243 (244); einschränkend Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 74. 156 Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (266). 157 Vgl. BVerfGE 26, S. 141 (157f.); kritisch zu diesen Abgrenzungsversuchen Lecheler, A ö R 103, S. 349 (380 FN 212) und Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (216) sowie Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (44f.).

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2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

behrung und Knappheit gekennzeichnet waren 158 . Sind diese Kriterien auch für juristische Zwecke noch nicht hinreichend quantifizierbar, so besteht mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften eine gewisse Verständigung: Der allgemeine Lebensstandard umfaßt jene Gütermenge, die eine dem vielfältigen Angebot des technischen und industriellen Zeitalters entsprechende Lebensführung gestattet 159 . Seine Höhe hängt dabei sowohl von objektiven Faktoren wie der Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht als auch von subjektiven Einflußgrößen wie der persönlichen Bedürfnis- und Anspruchsstruktur 160 ab. Trotz dieser schichtenbezogenen Definition kann der allgemeine Lebensstandard deshalb nur sehr begrenzt als Maßstab für die Einordnung der Beamtengehälter in das allgemeine Einkommensgefüge fungieren 161 . Die Position der Beamtengehälter im allgemeinen Einkommensgefüge hängt außerdem von der Bedeutung ab, die der Gesetzgeber als demokratisch gewählter Repräsentant des Volkes dem Berufsbeamtentums wegen seiner Funktion für Staat und Gesellschaft zuerkennt 162 . Da sich die gesellschaftliche Stellung des einzelnen heute weniger nach dem Prestige seines Berufes als vielmehr nach der Höhe des Einkommens richtet, das er erzielt 163 , ist das Niveau der Beamtenbesoldung sowohl Grundlage als auch Ausdruck der Einschätzung, die der Staatsdienst durch die Bevölkerung erfährt 164 . Da eine dauernde Unterbesoldung dem Ansehen des Staatsdienstes in der Öffentlichkeit schaden würde 1 6 5 , müssen die Gehälter der Beamten auch zu den Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes in einer „angemessenen,, Relation stehen 166 . Wenn sich diese zum Nachteil der Beamten dadurch verändert,

158 Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (265f.); zust. Fürst I Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (6) sowie Isensee, H B d. VerfR, S. 1185; kritisch zum Ansatz des Bundesverfassungsgerichts aber Wiese, D V B l 1977, S. 814 (817). 159 Vgl. Welty, in: Staatslexikon der Görres-Gesellschaft, Bd. 5, Sp. 320 sowie Kriegbaum, S. 216. 160 v g l . Welty, Sp. 319; Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. L - Z , Sp. 64. 161 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 77; zurückhaltend auch Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 122f. Dessen ungeachtet setzt Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 189 den der Beamtenfamilie nach BVerfGE 44, S. 249 (266) zustehenden Lebensstandard mit dem der unteren Mittelschicht gleich - angesichts der auch heute noch gegebenen starken sozialen Differenzierung der Beamtenschaft eine kaum haltbare Folgerung! 162 Vgl. bereits Gerloff / Völter, Die dt. Beamtenbesoldung, S. 76; Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 115f.; Spitaler, S. 97; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 112; Traeger, S. 121. 163 Vgl. Ellwein / Zoll, Berufsbeamtentum - Anspruch und Wirklichkeit, S. 80; Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 76; Kriegbaum, ZBR 1970, S. 201 (216); Zeidler, D V B l 1973, S. 719 (723) und A Müller, H d V , Sp. 731. 1 64 Vgl. Bruns, S. 118. 165 Vgl. Ritsehl, FinArch 11, S. 322 (347).

II. „Angemessenheit" als verfassungsrechtliche Vorgabe

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daß der Gesetzgeber etwa die Gehälter trotz eines Zuwachses der übrigen Einkommen „einfriert", kann eine solche Entwicklung Ausdruck einer geminderten Wertschätzung des Beamtentums durch die Allgemeinheit sein 167 . Der Gesetzgeber darf die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums aber nicht durch eine allzu zurückhaltende oder gar beamtenfeindliche Besoldungspolitik aushöhlen. Vielmehr müssen die Gehälter bereits im Eigeninteresse des Staates so bemessen werden, daß sie den ausgebildeten Beamten keinen Anlaß zum Austritt aus dem Staatsdienst geben. Darüber hinaus müssen sie im Vergleich zu den Vergütungen, die in der Privatwirtschaft bei gleicher Vorbildung für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt werden, geeignet sein, eine genügende Anzahl auch überdurchschnittlich qualifizierter Bewerber zum Eintritt in die Beamtenlaufbahn zu bewegen 168 . 4. Das Verhältnis des Besoldungsniveaus zu dem anderer Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit

a) Die Richtlinienfunktion der Einkommen in der gewerblichen Wirtschaft Ob der Besoldungsgesetzgeber deshalb verfassungsrechtlich verpflichtet ist, die Beamtengehälter in etwa auf dem Niveau der Kaufkraft derjenigen Einkommen festzusetzen, die in der Privatwirtschaft für Tätigkeiten mit gleichem Vor-, Ausbildungs- und Anforderungsprofil üblicherweise gezahlt werden 169 , erscheint aber bereits deshalb mehr als fragwürdig, weil in der öffentlichen Verwaltung mannigfaltige Aufgabenbereiche existieren, denen sich in der Privatwirtschaft gar kein vergleichbares Berufsbild zuordnen läßt 1 7 0 - man denke nur an spezifisch hoheitliche Funktionen wie die der Polizei, Feuerwehr oder der Rechtspflege. Selbst wenn sich einzelne Berufsbilder im öffentlichen und im privaten Sektor hinsichtlich Vorbildung und Tätigkeitsinhalt weitgehend

166

Vgl. Bruns, S. 118; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 122; Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 222; Zeitler, N D B Z 1963, S. 69 (71) und Behr, D D B 1964, S. 95 (98). 167 Vgl. Gerloff / Völter, S. 76 zur Situation in den Jahren 1930 bis 1932. 168 Vgl. Thieme, Gutachten 48. DJT, D 44; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 120; Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 117; Spitaler, S. 94; eingehend Ritsehl, Fin Arch 11, S. 322 (347 ff.). Zum Attraktivitätsdefizit des öffentlichen Dienstes für leistungsstarke Berufsneulinge in Zeiten wirtschaftlichen Wachstums vgl. Heer, Z B R 1976, S. 337 (341). 169

I.d.S. aber Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 116f.; Spitaler, S. 95; Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 83; Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Anm. 3.1; zurückhaltender Maunz, in: MDHS, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 69 u n d / . H Müller, H W B d. SozWiss, Bd. 2, S. 603 (604). 170 Vgl. dazu insbesondere Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 93; Thieme, Studienkommissionsgutachten, S. 396 und Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 106f.

2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

108

ähneln, ist ein Vergleich der jeweils erzielten oder erreichbaren Einkommen nur unter der weiteren Voraussetzung sinnvoll, daß hinreichend große Quantitäten miteinander verglichen werden 171 . Da die öffentlichen Dienstherren aber auf dem Arbeitsmarkt mit den privaten Nachfragern um Arbeitskräfte konkurrieren, bildet das Einkommensniveau des privaten Sektors jedenfalls faktisch einen wesentlichen Indikator für das Besoldungsniveau172. Dies gilt insbesondere für diejenigen Bereiche, wo sich im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft hinsichtlich ihrer beruflichen Qualifikation vergleichbare lohn- bzw. besoldungspolitische Bezugsgruppen finden lassen 173 . b) Die Notwendigkeit

eigener Bemessungsmaßstäbe im Besoldungsrecht

Der leitende Gesichtspunkt für den Aufbau eines Besoldungssystems ist die gesetzeskonforme und zweckmäßige Erfüllung der Staatsaufgaben. Dabei steht die materielle Absicherung des Amtswalters, der auch gegen sachfremde Beeinflussungen geschützt werden muß, im Vordergrund 174 . Als Kompensation des durch das Amt bedingten Verzichts auf wirtschaftliche Eigengestaltung kann die zur unparteiischen Wahrnehmung der Dienstaufgaben erforderliche finanzielle Ausstattung nicht nach Produktivitätsmaßstäben oder sonstigen Mechanismen des Marktes bestimmt werden 175 . Der Wert, den die Bereitstellung der Arbeitskraft für den Dienstherrn hat, ist schlechthin nicht in Geld quantifizierbar 176 . Das Prinzip von Leistung und Gegenleistung darf für die Bemessung der Beamtengehälter auch deswegen nicht ausschlaggebend sein, weil der Marktmechanismus die Anwendbarkeit der ebenfalls preisbestimmenden Druck- und Arbeitskampfmittel impliziert 177 . Streik, Aussperrung und Kündigung mögen als Mittel der Interessendurchsetzung im privaten Sektor unabdingbar und legitim sein. Mit dem Art. 33 V GG zugrunde liegenden Leitbild des Beamtenverhältnisses als einer auf die Lebenszeit des Bediensteten angelegten wechselseitigen und vornehmlich dem öffentlichen Interesse verpflichteten Treuebeziehung sind Arbeitskämpfe jedoch nicht vereinbar 178 . 171

Vgl. / . H. Müller, S. 603 und Ellwein / Zoll, Berufsbeamtentum, S. 82. Vgl. Heer, S. 78ff., 106; Keller, S. 92f.; Andreae, Determinanten der Personalausgaben, S. 302f. und Ritsehl, FinArch 11, S. 322 (327f.); einschränkend Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 43f. ™ Vgl. Keller, S. 93; Schick, JZ1970,S. 449 (451); Heer, S. 78f.; zur Parallelität der Bewertungsmaßstäbe im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft bei wirtschaftswissenschaftlicher Betrachtung vgl. etwa Andreae, S. 301; Heer, S. 208f. und Ritsehl, S. 350ff. 174 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 32; 37; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 119 und Isensee, Beamtenstreik, S. 46. 175 Vgl. Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis, S. 334 und Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 43f. 176 Vgl. Fürst / Loschelder, Z B R 1983, S. 6 und Pannhausen, S. 32. 172

177

Vgl. Quaritsch, Referat, Ο 51.

II. „Angemessenheit" als verfassungsrechtliche Vorgabe

109

Der Gesetzgeber muß deshalb für die Schätzung und die Bemessung der Gehälter einige Maßstäbe entwickeln 179 . Dabei zeigt die multifaktorelle Determinierung des Angemessenheitsmaßstabes, daß die von dem Beamten ausgeübte Tätigkeit nicht der allein maßgebliche Anknüpfungspunkt für die Höhe des Gehalts sein kann. Da die Besoldung gerade am Amt im statusrechtlichen Sinne anknüpft, richtet ihre Höhe sich darüber hinaus weniger nach dem individuellen Leistungsvermögen des einzelnen Beamten als vielmehr nach der von ihm wahrgenommenen Funktion 1 8 0 . Die durch das Gehalt vergütete Leistung ist damit nicht die tatsächliche, sondern die vom Inhalt des Amtes abstrahierte und typisierte Durchschnittsleistung 181 . Da jeder Beamte unabhängig von seinem Rang durch eine ausreichende materielle Lebensgrundlage gegen fremde Einflußnahme immunisiert werden muß, wird die Besoldung vor allem in den unteren Gruppen wesentlich stärker als etwa der Arbeitslohn von Versorgungsprinzipien geprägt 182 . In praxi dürfte sich deshalb kaum jemals eine Situation ergeben, in der das Lohn- und Gehaltsniveau einer Bezugsgruppe in der freien Wirtschaft als ausschlaggebender Faktor für die Höhe von Beamtenbezügen fungiert 183 . c) Beamtenbesoldung und Einkommen der nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen

Dienstes

Ebensowenig ist der Gesetzgeber gezwungen, die Beamtengehälter nach den Löhnen und Vergütungen der im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeiter und Angestellten auszurichten. Wenn die Angehörigen dieser Statusgruppen äußerlich betrachtet auch oftmals gleiche Funktionen wie Beamte wahrnehmen, sprechen bereits die unterschiedlichen Bemessungsmaßstäbe von Arbeitsvergütung und Beamtenbesoldung gegen die Ansicht, der Gesetzgeber müsse die Besoldung der Beamten mindestens auf dem Niveau der Löhne und 178

Vgl. Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis, S. 334f.; ausführlich Isensee, Beamtenstreik, S. 40ff. (46); ders., W D S t R L 37, S. 175; S. 267 (319f.). 179 Vgl. Fürst / Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (6). 180 v g l . F. Mayer, Z B R 1973, S. 240 (242); Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 29; Fürst / Loschelder, S. 6. 181 Vgl. F. Mayer, Studienkommissionsgutachten, S. 688; Ule, Studienkommissionsgutachten, S. 516; Ritsehl, FinArch 11, S. 322 (350f.) und Soell, D Ö V 1974, S. 147 (150f.). 182 Vgl. Bierfeider / Brinkmann, H W B d. öD, Sp. 505; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 85 sowie die Nachweise oben A I 2c); vgl. auch Ulm, Das Beamtengehalt, S. 13f.; 39. 183 Vgl. Thieme, Studienkommissionsgutachten, S. 396; Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 224; Quaritsch, Referat, Ο 44; a. Α . aber Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 68 unter Hinweis auf den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Leistung". Für eine grundsätzliche einkommensmäßige Differenzierung zwischen Beamten und privatwirtschaftlichen Arbeitnehmern jedoch zuletzt Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (42).

110

2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

Gehälter der im öffentlichen Dienst tätigen Nichtbeamten festsetzen 184. Gegen eine solche Vereinheitlichung der Aktiveinkommen spricht nicht nur die von Art. 33 GG vorgegebene Unterscheidung der verschiedenen Statusverhältnisse 185 ; sie ginge überdies an der Tatsache vorbei, daß die Leistung des Beamten nicht nur bis zum Eintritt in den Ruhestand vergütet wird. Im Sinne des dem Alimentationsgrundsatz immanenten „Prinzips des späten Lohnes" 1 8 6 sind im Unterschied zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, welche die sonstigen im Ruhestand befindlichen öffentlichen Bediensteten beziehen, auch die Versorgungsbezüge Gegenleistung des Dienstherrn für die Tätigkeit des Beamten 187 . In der Konsequenz eines solchen Bemessungssystems liegt ein Besoldungsniveau, das auch aus ökonomischer Sicht insbesondere in jungen Jahren tendenziell niedriger ausfallen muß als das in sämtlichen anderen Berufen, die mit dem jeweiligen Amt nach Vor-, Ausbildung und Tätigkeitsinhalt vergleichbar sind 188 . Die Vorbehalte gegen die These, der Gesetzgeber müsse die Beamteneinkommen aus Gründen der Gleichbehandlung auf dem Niveau der Vergütungen der jeweils vergleichbaren, innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes beschäftigten Arbeitnehmer festsetzen, werden auch durch die jüngere Entwicklungsgeschichte des Alimentationsprinzips belegt. Die Besoldungsgesetzgebung ist im Laufe des 20. Jahrhunderts zwar immer wieder bemüht gewesen, die Besoldung der unteren und mittleren Beamtengruppen in eine relativ enge Beziehung zu den Löhnen der Industriearbeiter und -angestellten zu bringen; eine völlige Niveauangleichung ist jedoch unter Hinweis auf die grundsätzlichen Systemunterschiede zwischen Beamtenbesoldung und Arbeitsvergütung stets ausdrücklich abgelehnt worden. Dies gilt auch für das Verhältnis der Beamtengehälter zu den Einkommen der übrigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes. d) Angemessene Besoldung als Garantie eines Mindesteinkommens Die von der Verfassung geforderte Immunisierung des Amtswalters gegen illegitime Einflußnahme garantiert dem Beamten auch und gerade für den Fall 184

Dafür etwa Weißhaar, Beamtenrecht, S. 164; ähnlich Merten, Ule-FS, S. 349 (355); ζ. T. auch Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Anm. 3.1; einschränkend aber Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 224 und Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (42). 185 Vgl. dazu Isensee, in: H B d. VerfR, S. 1186; Leisner, Beamtensicherung, S. 69. Die Sonderstellung der Beamtengehälter gegenüber den Arbeitnehmereinkommen konzedieren sogar Skiba / Adam, Das westdeutsche Lohnniveau, S. 173. 186 Vgl. dazu Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 93ff., 113ff.; dens., Z B R 1976, S. 337 (341) und Bierfelder / Brinkmann, H W B d. ÖD, Sp. 505f. 187 Zum Charakter der Besoldung und Versorgungsleistungen als „globaler" Gegenleistung vgl. oben A 13a). 188 Vgl. Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 93 und dens., ZBR 1976, S. 337 (341); eingehend auch Bartsch, Z B R 1974, S. 345 (346).

II. „Angemessenheit" als verfassungsrechtliche Vorgabe

111

einer allgemeinen Staatskrise einen Kernbestand seines Anspruchs auf angemessenen Unterhalt, d. h. eine wenn auch nicht ziffernmäßig bestimmte so doch unentziehbare Mindestbesoldung 189 . Dieser Kernbestand des Unterhaltsanspruches bildet die untere Grenze der Regelungsfreiheit des Gesetzgebers 190. Auch durch diese Mindestgarantie unterscheidet sich das Beamtenbesoldungsrecht grundlegend vom Tarif recht, das de jure noch immer vom Prinzip der freien Lohnentwicklung beherrscht ist 1 9 1 . Trotz des sozialen Fortschritts hat das Arbeitsrecht bis zum heutigen Tage kein „Grundrecht auf den angemessenen Lohn" als verbindliche Untergrenze für tarifvertragliche Vereinbarungen entwickelt 192 . Im Rahmen der subjektiven Rechtsstellung des Beamten fungiert diese Mindestgarantie gewissermaßen als Ausgleich für den Ausschluß des Streikrechts, welcher durch die lebenslange Treuebindung an denselben Dienstherrn gefordert wird 1 9 3 . Da der Grundsatz angemessener Besoldung eine zwar relative, doch nicht unterschreitbare Grenze für die Besoldungsgesetzgebung bildet 1 9 4 , ist es dem Dienstherrn verwehrt, die Bezüge auf das Niveau des lediglich notdürftigen Unterhalts zu senken 195 . Dieser wird ohnehin jedermann durch die Grundsätze des Sozialstaats und der Menschenwürde gewährleistet 196 . „Notdürftiger" Unterhalt kann daher allenfalls Bemessungsgrundlage für staatliche Fürsorgeleistungen sein. Als öffentlich-rechtliche Gegenleistung für die lebenslange Inpflichtnahme des Beamten muß die Besoldung dagegen nicht nur das physische Existenzminimum, d. h. die für den unabweislich notwendigen Lebensbedarf des Menschen notwendige Gütermenge abdecken 197 . Sie ι«9 Vgl. ζ. B. BVerfGE 16, S. 94 (115); 21, S. 329 (344); 49, S. 260 (271 f.); weniger weitgehend Isensee, Beamtenstreik, S. 43. 190 Vgl. BVerfGE 37, S. 167 (178); BVerwGE 66, S. 145 (150). 191 Vgl. bereits Ulm, Das Beamtengehalt, S. 7, 42; Benz, BeamtenVerhältnis und Arbeitsverhältnis, S. 62 und Isensee, Beamtenstreik, S. 43. 192 Vgl. Thiele, DVB11981, S. 253 (255) sowie Quaritsch, Referat, Ο 43; a. A . Fees , ZBR 1968, S. 197 und Thieme, Studienkommissionsgutachten, S. 394f. und ders., W D S t R L 37, S. 175, S. 267 (320). ι 9 3 Zum Zusammenhang von Alimentationsberechtigung und Streikverbot vgl. BVerfGE 8, S. 1 (17); Leisner, Grundlagen, S. 17, 20; Isensee, Beamtenstreik, S. 44 unter Hinweis auf das fehlende Lohnausfall- und Arbeitsplatzrisiko des Beamten. Gegen diesen Ansatz Däubler, Streik im ÖD, 105ff., 134ff. ι 9 4 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (23); Hamann / Lenz, Grundgesetz, Art. 33, Anm. 7b) cc); Thieme, Studienkommissionsgutachten, S. 394f.; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestellten Vergütung, S. 123; Merten, Ule-FS, S. 349 (360) und Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.1. 195 Vgl. Lecheler, A ö R 103, S. 349 (369f.); Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 114; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 118; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 68; Quaritsch, Referat, Ο 44; ähnlich auch Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (44f.). 196 Vgl. § 1 SGB-AT; § 1 BSHG; Maunz, in: M D HS, Grundgesetz, Art. 1, Rdnr. 43 und Isensee, Beamtenstreik, S. 43.

112

2. Teil: Α. Das Alimentationsprinzip

umfaßt auch das kulturelle Existenzminimum 198 , das einen nach den jeweiligen Zeitumständen als angemessen empfundenen Lebensstandard ermöglicht 199 . Mit Fürsorgeleistungen, deren verfassungsrechtliche Grundlagen nicht in Art. 33 V GG, sondern vornehmlich in Art. 1 I, 2 I GG und im Sozialstaatsprinzip zu suchen sind 2 0 0 , darf die Besoldung deshalb weder juristisch noch in ihrer realen Ausgestaltung auf eine Stufe gestellt werden 201 . Die Alimentation muß daher in jedem Falle so hoch sein, daß auch in den unteren Besoldungsgruppen und auch in der Mindestversorgung ein deutlicher Abstand zum jeweiligen Leistungsstandard der Sozialhilfe besteht 202 . 5. Die Pflicht zur Anpassung der Bezüge als Folge der verfassungsrechtlichen Gewährleistung eines angemessenen Gesamtniveaus der Beamtengehälter

Die Angemessenheit der Besoldung hängt seit jeher wesentlich von der Einkommenssituation des gesamten Volkes ab, die sich vor allem in der Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards manifestiert. Das Bundesverfassungsgericht verdeutlicht diese Einbindung der Beamtenbesoldung in die sozio-ökonomische Gesamtsituation dadurch, daß es die Angemessenheit der Gehälter in Beziehung zur Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse setzt 203 . Durch Art. 33 V GG wird der Besoldungsgesetzgeber in einem stärkeren Umfang als durch frühere Verfassungen verpflichtet, der Einkommensentwicklung außerhalb des öffentlichen Dienstes Rechnung zu tragen. Das Grundgesetz verlangt vom Gesetzgeber eine Distanzierung von 197

Vgl. Schreiber / Welty, in: Staatslexikon der Görres-Gesellschaft, Sp. 212; GablerWirtschaftslexikon, Bd. Α - K , Sp. 1419; Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 80; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 119 und Zeitler, N D B Z 1963, S. 69 (71). ™ Vgl. Berendt, S. 119; Hülden, R i A 1960, S. 241 (242); Castner, Schmoller's JB 1962, S. 461 (482) und Tennstedt, Z B R 1973, S. 289 (292). i " Vgl. Schreiber / Welty, Sp. 212; Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. Α - K , Sp. 1419 sowie Servais, in: Gerloff / Neumark, H B d. FinWiss, Bd. 2, S. 63. 200 y g i Wertenbruch, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, 6. Aufl., S. 367 (391 f.); Wolff! Bachof, Verwaltungsrecht, § 148 Ia); Dürig, in: MDHS, Grundgesetz, Art. 1, Rdnr. 43 und Isensee, Beamtenstreik, S. 43 m.w.N. 201 Vgl. Hoffmann, AöR 91, S. 141 (191, dort FN 261). 202 y g i Schwegmann / Summer, BBesG, vor § 1, Rdnr. 5c); 7; Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 189; Zeitler, N D B Z 1963, S. 69 (70); F. Mayer, Z B R 1968, S. 361 (365); zurückhaltender Spitaler, HB d. FinWiss, Bd. 2, S. 98f. und Fürst ! Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (6); ähnlich Grämlich, ZBR 1985, S. 37 (44f.). 203 y g i Traeger, Beamtenbesoldung und Angestellten Vergütung, S. 122, die die Funktion dieses Faktors vornehmlich darin sieht, im Gegensatz zu den von ihr als „wesentlich konstanter" eingeschätzten übrigen Bezugsgrößen die „instabile, die Schwankungen des Beamtengehalts verantwortende und etwaige Besoldungskürzungen rechtfertigende Größe" zu bilden (S. 123); ähnlich Müller-Helle, Z B R 1971, S. 330 (332f.).

II. „Angemessenheit" als verfassungsrechtliche Vorgabe

113

der in früheren Jahrzehnten praktizierten „statischen Besoldungspolitik" 204 , welche, wie insbesondere das Beispiel der Reform von 1909 zeigt, zwar auf langfristigen Konzeptionen beruhte, aber für den Fall einer gravierenden Änderung der Preis- und Einkommenssituation keine ausreichenden Gehaltsanpassungen vorsah. Die der Beamtenschaft von der Verfassung zugewiesene Rolle als neutraler Sachwalter innerhalb der politischen Auseinandersetzung bedingt eine Besoldungspolitik, die auch im eigenen Interesse des Staates einem sozialen Abstieg der Beamtenschaft durch eine flexible Besoldungsgesetzgebung vorbeugt 205 und das Leistungsniveau des Staatsdienstes durch eine konkurrenzfähige Besoldung bewahrt 206 . Die institutionelle Gewährleistung des Berufsbeamtentums und der individuelle Alimentationsanspruch dürfen nicht durch ein Zusammenspiel von allzu zurückhaltender Besoldungspolitik auf der einen und allgemeiner Preis- und Einkommensentwicklung auf der anderen Seite entwertet werden. Der Gesetzgeber hat daher für eine den jeweiligen Zeitverhältnissen entsprechende Besoldung zu sorgen 207 . Unabhängig davon, aufweiche Weise der Zusammenhang zwischen der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse im einzelnen zu wahren ist, kann bereits an dieser Stelle festgestellt werden, daß der Gesetzgeber unmittelbar aus dem Alimentationsgrundsatz zur Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse verpflichtet ist. Diese Pflicht des Gesetzgebers ist mithin ein immanenter Verfassungsauftrag 208. Nachdem die Rechtsnatur der Beamteneinkommen geklärt und die Grenzmarkierungen aufgezeigt worden sind, die dem besoldungspolitischen Ermessen des Gesetzgebers durch den Grundsatz angemessener Besoldung gesteckt sind, kann im folgenden geklärt werden, welche Folgerungen sich daraus für die Anpassung der Beamtenbesoldung an veränderte wirtschaftliche und finanzielle Rahmenbedingungen ergeben.

204 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (358). 205 Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (361); 58, S. 68 (78). 206 Vgl. Clemens, BBesG, Einführung, S. 10. 207 Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (361). 208 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (356); Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 222; Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 121; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 123; Fürst, GKöD I, Κ vor § 82, Rdnr. 82; SchmidtBleibtreu I Klein, Grundgesetz, Art. 33, Rdnr. 27; Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (11) sowie Leisner, Z B R 1984, S. 223 (230). 8 Günther

Β . Allgemeinwirtschaftliche Rahmenbedingungen und rechtliche Schranken der Besoldungsanpassungsgesetzgebung I . Die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Anpassung der Besoldung als Konsequenz eines sozial verfaßten Alimentationsprinzips - Der Anspruch der Beamtenschaft auf Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung 1. Beamtenrechtliche und -politische Notwendigkeit einer Anpassung der Bezüge

Durch die Veränderung der wirtschaftlichen Gesamtlage und der Lebenshaltung des Volkes verschiebt sich zwangsläufig jene Relation, die der Gesetzgeber zu einem bestimmten Zeitpunkt durch den Erlaß eines allgemneinen Besoldungsgesetzes zwischen der Einkommenssituation der Beamten auf der einen und der wirtschaftlichen Lage der übrigen Bevölkerung auf der anderen Seite begründet und im Sinne des Alimentationsprinzips als angemessen bewertet hat 1 . Ein solches Gesetz kann man als „Gesamtniveauregelung" 2 bezeichnen. Obwohl der Gesetzgeber grundsätzlich befugt ist, dem Berufsbeamtentum durch eine Neubewertung seiner staatspolitischen Funktion für die Zukunft auch einen niedrigeren Rang auf der allgemeinen Einkommensskala zuzuweisen3, bleibt er, wie oben ebenfalls nachgewiesen wurde, nichtsdestoweniger unmittelbar aus Art. 33 V GG verpflichtet, das Besoldungsniveau veränderten allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen anzupassen4. Da die Rechtsstellung des Beamten nicht nur durch die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums, sondern auch durch das Sozialstaatsprinzip geprägt wird 5 , darf die Beamtenschaft nicht unter Hinweis auf rechtlichen Sonderstatus vom allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt ausge1

Vgl. etwa Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 118. Vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (11; dort FN 134). 3 Vgl. oben A I I 3 b). 4 Vgl. oben A I I 5 b) sowie in neuester Zeit Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (41). 5 Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (267), wonach Art. 33 V GG „heute auch im Zusammenhang mit den ( . . .) im Sozialstaatsprinzip enthaltenen Wertentscheidungen zu sehen" (ist) (vgl. auch E 49, S. 260 (273)). In der bisherigen Rechtsprechung wurde Art. 33 V GG als eine spezielle Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips bezeichnet (vgl. E 17, S. 337 (355) und E 8, S. 1, wo das Gericht die Funktion des dem Besoldungsgesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraumes auch darin sieht, die Beamtengesetzgebung „den Erfordernissen des freiheitlich demokratischen Staates und seiner fortschrittlichen Entwicklung" anpassen zu können (S. 16). 2

I. Pflicht zur Anpassung der Besoldung

115

schlossen werden 6 . Dies gilt in einer Leistungs- und Konsumgesellschaft gerade für die finanzielle Seite des Staatsdienstverhältnisses 7. Eine Exemtion der Beamten von der allgemeinen Einkommens- und Wohlstandsentwicklung würde nicht nur zu einer faktischen Aushöhlung des Berufsbeamtentums als Institution führen 8 , sondern auch dem Gedanken des sozialen Ausgleichs widersprechen 9. Die Pflicht der Dienstherrn zur Anpassung der Besoldung ist daher auch die Konsequenz aus dem heutigen Verfassungsverständnis des Berufsbeamtentums 10. Begrifflich bedeutet „Anpassung", daß vorhandene Größen oder ein bereits existierendes System veränderten Umständen angeglichen, also korrigiert werden. Die Anpassung der Beamtenbesoldung soll das aufgrund wesentlich gewandelter Rahmenumstände veränderte ursprüngliche Verhältnis zwischen dem Gesamtniveau der Gehälter und der allgemeinen Einkommenssituation einer neuen wirtschaftlichen und finanziellen Gesamtlage angleichen11. Dieses Ziel kann die Besoldungsgesetzgebung auf verschiedenen Wegen erreichen.

2. Handlungsformen der Besoldungsanpassungsgesetzgebung

a) Erlaß eines neuen Besoldungsgesetzes Bei einer gravierenden Diskrepanz zwischen der Einkommenssituation der Beamtenschaft und dem allgemeinen Lebensstandard kann der Gesetzgeber eine völlige Neuregelung des Besoldungsrechts in Angriff nehmen 12 , insbesondere dann, wenn neue gesellschafts- und beamtenpolitische Grundauffassungen das bisherige Besoldungssystem überholt erscheinen lassen. Eine solche Situation lag jeweils den großen Besoldungsreformen der Jahre 1920, 1927 und zuletzt 1957 zugrunde.

6 Vgl. Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 81, 84; Stumpf, R i A 1960, S. 161 (162); eingehend Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (206ff.). 7 Vgl. Schneider, BayBZ 1971, S. 49 (50), der insofern von einer „sozial angepaßten Alimentationspflicht" spricht; ähnlich Zeitler, R i A 1962, S. 243 (244). s Vgl. A I I 3 b); 5 a). 9 Vgl. Stuzky, S. 81 ff.; Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (206); F. Mayer, Z B R 1968, S. 361 (374f.) und Z B R 1973, S. 240 (243). 10 So Schneider, BayBZ 1971, S. 49 (50). Dies gilt um so mehr, als selbst die Anpassung der Sozialversicherungsrenten an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung als legitimes sozialpolitisches Ziel nicht mehr in Frage gestellt wird, vgl. Kriegbaum, S. 204f. 11 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (358f.); dens., Gekappte Besoldungsanpassung, S. 9; Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.1; Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 4. 12 Vgl. dazu oben A I I 2; 3 a).

8'

116

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

b) Einführung neuer Gehaltsbestandteile und ihre Grenzen Ferner kann das bestehende Besoldungssystem um neue Gehalts- und Einkommensbestandteile ergänzt werden, die sich in der Privatwirtschaft und im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes entwickelt haben 13 . Als Beispiel sei an dieser Stelle neben der Sonderzuwendung das jährliche Urlaubsgeld genannt, welches ausdrücklich als Maßnahme zur Anpassung der Besoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse eingeführt und später mit derselben Begründung erhöht wurde 14 . Derartige Gehaltsbestandteile scheinen wegen ihrer zumeist arbeitsrechtlichen Provenienz mit dem Alimentationsprinzip kaum vereinbar zu sein. In formaler Hinsicht sind sie unbedenklich, wenn sie nicht durch tarifvertragliche Vereinbarung, sondern durch Gesetz in das Besoldungsrecht eingeführt werden. Da das Alimentationsprinzip dem Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, neue Gehaltsbestandteile einzuführen und gegebenenfalls wieder abzuschaffen 15 , muß aber auch eine gewisse materielle Annäherung des Besoldungsrechts an das Tarifrecht nicht unzulässig sein. Obwohl das Alimentationsprinzip sich einer Weiterentwicklung im Zeichen des sozialen Fortschritts nicht verschließt 16 , darf es nicht zu einer völligen Einebnung der Eigenarten des Beamtenbesoldungsrechts gegenüber dem Tarifrecht kommen. Das Beamtenverhältnis geriete sonst in die Gefahr, de facto zu einem herkömmlichen Arbeitsverhältnis umgestaltet zu werden, was es angesichts der in Art. 33 I V , V GG vorausgesetzten statusrechtlichen Zweiteilung des öffentlichen Dienstes in Beamte und Arbeitnehmer 17 gerade nicht sein soll 18 . Alimentation ist deswegen „ein unabdingbares Merkmal des Berufsbeamtentums" 19 , weil eine schleichende Metamorphose der Beamtenbesoldung zu einem Arbeitsentgelt nicht ohne Folgen für die besondere Dienstauffassung des Beamten bleiben könnte, die in Gestalt der Treuepflicht und der Bindung des Beamten an Gesetz und Recht den Wesenskern seines von Art. 33 V GG institutionell geschützten Sonderstatusverhältnisses bildet 20 . A n die Stelle dieser besonde13

Vgl. dazu oben Erster Teil A I V 5) sowie Maunz, in: M D HS, GG, Art. 33, Rdnr. 69 und Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (40; 45f.). 14 Vgl. BT-Drucksache 8/457, S. 23 und BT-Drucksache 8/2873, S. 20. 15 Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (263); 49, S. 260 (271); BVerfG, JZ 1968, S. 61; Berendt, S. 123,126,154; Maunz, in: MDHS, GG, Art. 33, Rdnr. 69; Wiese, Beamtenrecht, S. III und Summer, Z B R 1984, S. 57 sowie Grämlich, S. 40. 16 Vgl. Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 38ff.; Pannhausen, S. 30f.; Berendt, S. 22ff., 62ff. und Fürst, GKöD I , Κ vor § 82, Rdnr. 16. 17 Vgl. dazu Thiele, Z B R 1963, S. 129. ι 8 Vgl. Ule, GRe IV/2, S. 572; Leisner, Beamtensicherung, S. 67f. und Woothke, Z B R 1957, S. 277 (282). 19 So dezidiert Thiele, ZBR 1963, S. 129. 20 Vgl. dazu Ule, GRe IV/2, S. 572; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 31; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 88; ferner Wertenbruch, ZBR 1963, S. 200 (202).

I. Pflicht zur Anpassung der Besoldung

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ren Dienstauffassung könnte eine von Erwerbsstreben und Eigennutz geprägte Grundeinstellung treten, welche dem Beamtentum, zu dessen vornehmsten Eigenschaften es seit jeher gehört hat, im Beruf nicht nach Prestige oder wirtschaftlichem Erfolg zu streben, auch heute noch fremd ist. Mit der höchsten Beamtenpflicht, alles Handeln am öffentlichen Interesse auszurichten 2 1 , wäre sie nicht zu vereinbaren 22 . Das Endergebnis einer solchen Entwicklung könnte die Aushöhlung der institutionellen Garantie des Art. 33 V G G 2 3 sein, denn dessen verfassungsrechtliche Gewährleistungen beginnen in dem Maße brüchig zu werden, als das öffentliche Amt sich zu einem von anderen Erwerbstätigkeiten nicht mehr unterscheidbaren „Job" entwickelt 24 . Inwieweit nach vollzogener Angleichung der Besoldung an den Arbeitslohn auf längere Sicht die Existenz eines nur noch formell selbständigen Besoldungs- und Beamtenrechts überhaupt sachlich und politisch noch legitimiert werden könnte, erscheint zumindest fragwürdig 25 . Die Anpassung des Besoldungsrechts an die Erfordernisse der Zeit stößt deshalb insofern an Grenzen, als der Kernbereich des Alimentationsgrundsatzes, der grundlegende Unterschied zwischen Besoldung und Arbeitslohn, vom Gesetzgeber nicht verwischt werden darf. Im Gegensatz zum Arbeitslohn, der eine in Zeitabschnitten gemessene und nach Tätigkeitsmerkmalen bemessene Vergütung für bestimmte Dienstleistungen ist, müssen die Beamtengehälter ihren Charakter als ein Entgelt wahren, das nach dem jeweiligen Dienstrang und im Hinblick auf die lebenslängliche Bindung des Beamten festgesetzt wird 2 6 . Eine bloße Ergänzung des auf Grundgehalt und Ortszuschlag beruhenden überlieferten Besoldungssystems durch nicht originär beamtenrechtliche Einkommensbestandteile bewirkt jedenfalls zur Zeit noch keine evidente Metamorphose der Beamtenbesoldung von einer amts- und funktionsbezogenen öffentlich-rechtlichen Gegenleistung zu einer zeitabschnittsweise bemessenen Tätigkeitsvergütung. Der durch zusätzliche Einkommensbestandteile eintre21 Vgl. zum besonderen Berufsethos des Beamten Wiese, Staatsdienst in der B R D , S. 279; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 31 und Till, Entwicklung des Alimentationsprinzips, S. 102. 22 Vgl. Kleefisch, Z B R 1961, S. 1 (7); Woothke, Z B R 1957, S. 277 (282f.) sowie Thiele, D V B l 1981, S. 253 (258). 23 Vgl. Thiele, D V B l 1981, S. 256 und Ule, D V B l 1970, S. 637 (640). 24 So zu Recht Thiele, S. 256; a. A . wohl Weiß, Z B R 1972, S. 289 (292) sowie Jung, Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, S. 187f., wonach eine Ausgestaltung der Beamteneinkommen als Arbeitsvergütung im Sinne des „do, ut des" der §§ 611 ff.; 320ff. BGB weder das übrige Beamtenrecht noch das Berufsbeamtentum als Institution in Frage stellen soll. 25 So zu Recht Ule, D V B l 1970, S. 637 (640) und Thiele, D V B l 1981, S. 253 (258). 26 So Fürst, GKöD I , Κ vor § 82, Rdnr. 16. Zur Bedeutung eines eigenständigen, auf den Lebenszeitbeamten zugeschnittenen Besoldungssystems für die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums vgl. auch Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 29, 53 f.; Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 219; Isensee, in: Benda / Maihof er / Vogel, H B d. VerfR, S. 1186 sowie Fürst / Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (5).

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

tende Zuwachs der Beamtengehälter könnte ebensogut durch eine Erhöhung von Grundgehalt und Ortszuschlag bewirkt werden 27 . Daher wäre es gegenwärtig übertrieben, „von einer für die Erhaltung des Berufsbeamtentums gefährlichen Aufweichung des Alimentationsgrundsatzes" 28 zu sprechen 29. Der Gesetzgeber ist zur Ergänzung des traditionellen Besoldungssystems jedoch nicht verpflichtet 30 , sondern kann eine gebotene Erhöhung der Einkommen auch in anderer Form vornehmen. c) Einkommenserhöhungen durch strukturelle

Verbesserungen

Dabei ist insbesondere an Verbesserungen des Besoldungsniveaus durch strukturelle Maßnahmen zu denken. Dazu zählen neben der Einführung von Zulagen für bestimmte Funktionen die Vermehrung des Anteils der Beförderungsämter innerhalb einer Laufbahn, die Höherstufung ganzer Beamtengruppen und Änderungen bei der Berechnung des Besoldungsdienstalters 31. Solche Maßnahmen dienen zwar nur sekundär der Wiederherstellung einer angemessenen Relation der Beamtengehälter zu den Einkommen bestimmter Bezugsgruppen außerhalb des öffentlichen Dienstes. Sie bezwecken in erster Linie „interne" Besoldungsgerechtigkeit, d. h. ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Ämtern einer Laufbahn oder den verschiedenen Laufbahnen 32 . Kommen aber derartige Verbesserungen innerhalb desselben Zeitraumes der überwiegenden Mehrzahl der Beamten zugute, wird nicht nur das Besoldungsgefüge neu geordnet, sondern auch das Besoldungsniveau insgesamt gehoben und in ein für die Beamtenschaft günstigeres Verhältnis zur übrigen Einkommenssituation gebracht. Diese Methode erwies sich nicht erst in den sechziger Jahren 33 als äußerst effektiv, um die Beamtengehälter ohne regelmäßige und allgemeine Anpassungsaktionen an das stark gestiegene allgemeine Einkommensniveau heranzuführen 34. 27

So zutreffend Jung, S. 190; ähnlich Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 123f. So aber Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Ordner 1, Teil C, § 94 Rz. 40 b, 42 ρ im Hinblick auf Sonderzuwendung und Urlaubsgeld. Gegen das Weihnachtsgeld bereits Thiele, N D B Z 1962, S. 182 (183). 2 * So zu Recht Kuhn, Z B R 1962, S. 201 (203); Ule, GRe IV/2, S. 592; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 148; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 123f. und Jung, S. 187f. m.w.N. 30 Vgl. Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 224; a. A . wohl Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 83f. 31 Vgl. Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334 (335) und Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 94, 99, 201. 32 Vgl. Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 2 und 4.3; zu der Unterscheidung von „innerer" und „äußerer" Angemessenheit der Besoldung vgl. auch Ellwein / Zoll, Berufsbeamtentum, S. 82 sowie Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 118. 33 Vgl. Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 201 und Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334 (335) sowie Zacher, W D S t R L 37, S. 175; S. 267 (290). 28

I. Pflicht zur Anpassung der Besoldung

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d) Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetze als Anpassungsmaßnahmen im engeren Sinne Neben den vorstehend geschilderten Methoden, die man als Anpassungsmaßnahmen im weiteren Sinne bezeichnen kann, existiert seit 1971 eine besondere Art von Anpassungsgesetzen, die sich dadurch auszeichnen, daß sie unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Lage 35 für alle Beamtengruppen eine grundsätzlich lineare Erhöhung von Grundgehalt und Ortszuschlag vorsehen 36 . Geseztliche Grundlage dieser Maßnahmen ist § 14 BBesG. Der Text dieser Vorschrift lautet: „Die Besoldung wird entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der mit den Dienstaufgaben verbundenen Verantwortung durch Bundesgesetz regelmäßig angepaßt 37 ."

§ 14 BBesG konkretisiert damit auf der Ebene des einfachen Gesetzes eine Verpflichtung, die sich für den Besoldungsgesetzgeber bereits aus Art. 33 V GG ergibt 38 . 3. Das Akzessorietätsverhältnis zwischen Bundesbesoldungsgesetz und Besoldungsanpassungsgesetz

Als wichtigsten Anknüpfungspunkt für die Anpassung der Bezüge nennt § 14 BBesG die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse. Das Anpassungsgesetz im Sinne von § 14 BBesG soll nicht die „interne" Besoldungsgerechtigkeit nach den Gesichtspunkten Dienstrang und Verantwortung herstellen 39 . Vielmehr soll es durch Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten und Angleichung des Besoldungsniveaus an den gestiegenen allgemeinen Lebensstandard 40 die durch das Besoldungsgesetz getroffene Standortbestimmung der Beamtenschaft im allgemeinen Einkommensgefüge wahren 41 . Insoweit wird die durch das Bundesbesoldungsgesetz 34

Kritisch zu dieser Besoldungspolitik Lemhöfer, S. 335 sowie die Studienkommission, Bericht, Rdnr. 727. 35 Vgl. die Nachweise bei Merten, Ule-FS, S. 349 (370). 3 * Vgl. oben Teil A I V 3 b) und 4). 37 § 14 BBesG wurde 1975 anstelle des inhaltsgleichen § 60 a. F. in das Bundesbesoldungsgesetz eingefügt, vgl. Art. X I § 3 I des 2. BesVNG, BGBl 1975 I S. 1173. 38 Vgl. oben A I I 5 b); für eine lediglich programmatische oder deklaratorische Bedeutung dieser Vorschrift deshalb etwa der bad.-württ. V G H , D Ö V 1983, S. 901 (902), Schwegmann / Summer, BBesG § 14, Rdnr. 2; z. T. a. A . Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 19 und Fürst, GKöD I, Κ vor § 82, Rdnr. 8. 39 Vgl. Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 164, 194. « Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (361) sowie Unverhau, Z B R 1982, S. 363 (369); Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rndr. 32 und Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 14. 41 Vgl. Schinkel, § 14, Rdnr. 7 sowie BVerfGE 8, S. 1 (24, 26f.), wo der Gesetzgeber, der den Unterhalt zu einem bestimmten Zeitpunkt als angemessen festgesetzt hat,

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

begründete Gesamtniveauregelung durch das auf § 14 BBesG beruhende Anpassungsgesetz fortgeschrieben. Das Anpassungsgesetz verhält sich daher gegenüber der durch das Bundesbesoldungsgesetz geschaffenen Besoldungsordnung gewissermaßen akzessorisch 42. Dieses Akzessoritätsverhältnis wird dadurch deutlich, daß die Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit in § 14 BBesG nicht erwähnt wird. Dieses Merkmal bildet aber den Anknüpfungspunkt für die besoldungspolitische Entscheidung über die soziale Einordnung der Beamtenschaft in das allgemeine Einkommensgefüge 43. Eine besoldungsgesetzliche Regelung, die die Relation der Beamtengehälter gegenüber dem allgemeinen Einkommensniveau grundlegend ändern würde, ohne daß dies durch einen Wandel der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen indiziert wäre, könnte daher nicht als „Anpassung" im Sinne des § 14 BBesG, sondern nur als eine nach Art. 33 V GG prinzipiell zulässige politische Neubewertung des Berufsbeamtentums legitimiert werden 44 . Sie müßte wohl durch eine förmliche Neufassung des Bundesbesoldungsgesetzes vorgenommen werden 45 . 4. Die Bedeutung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse für die Anpassungsgesetzgebung

a) Statistische Aussagekraft und normative Verbindlichkeit volkswirtschaftlicher Globaldaten aa) Einschlägige Daten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Die in § 14 BBesG angesprochene Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse verweist den Gesetzgeber nicht allein auf die Preis- und Einkommensentwicklung, sondern auf die wirtschaftliche und finanzielle Gesamtentwicklung 46 . Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Rücksicht auf den dem Gesetzgeber in Besoldungsfragen zustehenden Gestaltungsspielraum bis heute von einer Definition dieses Tatbestandsmerkmals für die Zukunft als durch Art. 33 V GG gebunden betrachtet wird, diesen Unterhalt in jeweils angemessener Höhe weiterzugewähren. Der Gesetzgeber muß daher auch eine Änderung der für die Angemessenheit maßgeblichen Verhältnisse beachten. Ähnlich bereits Bruns, Das Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung der Beamtenrechte, S. 118, 120. 42 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (359, 361) und Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (41). 43 Vgl. dazu oben A I I 3 b) sowie Gerloff / Völter, Die dt. Beamtenbesoldung, S. 76. 44 Vgl. Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 118f., 121 sowie Leisner, Z B R 1984, S. 223 (230, 232). 45 Wie hier etwa Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (41), nach dessen Auffassung jedenfalls eine Umstrukturierung des Besoldungsgefüges über die Anpassungsvorschriften i.S.v. § 14 BBesG nicht möglich ist. 46 Vgl. Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 186; Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.1.

I. Pflicht zur Anpassung der Besoldung

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abgesehen47. Dieser für die Anpassungsgesetzgebung entscheidende Faktor steht aber trotz seiner augenfälligen Konturlosigkeit der interpretatorischen Beliebigkeit keineswegs offen 48 . Da die Anpassungsgesetzgebung grundsätzlich einen Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten und eine Angleichung des Besoldungs- und Versorgungsniveaus 49 an den gestiegenen Lebensstandard bezweckt 50 , kann der Faktor „allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Verhältnisse" nur von dieser Zielsetzung her eine sinngemäße Ausdeutung erfahren 51 . Seine inhaltliche Weite legt es nahe, insbesondere den Aspekt „wirtschaftliche Verhältnisse" mittels derjenigen volkswirtschaftlichen Globaldaten zu konkretisieren, in denen sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung widerspiegelt 52 . Derartige Daten werden alljährlich vom Statistischen Bundesamt im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) ermittelt 53 . Zentrale Größe der V G R ist die Entwicklung des Bruttosozialproduktes, welches als globales Maß für die Gesamtleistung und das Wachstum einer Volkswirtschaft den Wert aller in einer bestimmten Periode produzierten Waren und Dienstleistungen bezeichnet 54 . Durch Abzug der Abschreibungen auf das Anlagevermögen errechnet sich das Nettosozialprodukt 55 . Das Nettosozialprodukt zu Faktorkosten ist identisch mit dem Volkseinkommen 56 , das die Summe aller inländischen Erwerbs- und Vermögenseinkommen umfaßt 57 . Die auf diese Weise gewonnenen Daten stellen jedoch als solche 47 Vgl. BT-Drucksache IV/2409 (dort unter 2 b). Das Gericht hat bislang lediglich einige Beispiele einer für die Gesetzgebung erheblichen Veränderung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse genannt: in E 8, S. 1 u. a. die Veränderung der der Besoldungsordnung zugrunde liegenden Relation der Beamtengehälter zu den übrigen Einkommen, die am Lebenshaltungskostenindex ablesbare Preisentwicklung und die Gewährung entsprechender Teuerungszuschläge in der Privatwirtschaft wie überhaupt die Entwicklung des Realwerts der Beamtengehälter gegenüber anderen Einkommen (S. 22f., 25); vgl. insofern auch BVerfGE 56, S. 353 (361). 48 So aber Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 122. 49 Vgl. die dem § 14 BBesG entsprechende Vorschrift für die Anpassung der Versorgungsbezüge, § 70 BeamtenVG. so Vgl. BVerfGE 565, S. 353 (361); 58, S. 68 (78). 51 Vgl. Schwegmann ! Summer, BBesG, §14, Rdnr. 3.1; ähnlich Summer! Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (11). 52 Vgl. Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 164,186 und Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 4. 53 Die V G R ist nach Stobbe, HdWW Bd. 8, S. 368 eine quantitative Abbildung des Wirtschaftsprozesses, in der Produktion und Verwendung der wirtschaftlichen Güter, Entstehung, Verteilung und Verwendung der Einkommen, Bestände, Bildung und Änderung von Sach- und Geldvermögen, Gewährung und Tilgung von Krediten sowie Transaktionen mit dem Ausland für den Zeitraum eines Kalenderjahres modellartig dargestellt werden; vgl. auch Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. L - Z , Sp. 2049f. 54 Vgl. Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. Α - K , Sp. 837 bzw. Bd. L - Z , Sp. 1303f. 55 Vgl. Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. L - Z , Sp. 1304. 56 Vgl. Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. L - Z , Tabelle in Sp. 1304. 57 Vgl. Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. L - Z , Sp. 2045.

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keine Realgrößen, sondern gedankliche und rechnerische Aggregationen von Einzelwerten dar und sind in dieser Form als Grundlage besoldungspolitischer Entscheidungen kaum verwendbar 58 . Einen aussagekräftigeren Maßstab kann die Entwicklung des Volkseinkommens je Kopf der Bevölkerung 59 liefern. Da es aber auch die Einkommen nicht erwerbstätiger Personen umfaßt, ist es als Richtpunkt für die Anpassung der Beamteneinkommen, die zumindest in Gestalt der Aktivbezüge im volkswirtschaftlichen Sinne als Arbeitseinkommen gelten 60 , kaum von einer stärkeren Aussagekraft als die übrigen in der V G R ausgewiesenen globalen Zahlenangaben61. Teilt man deshalb das Volkseinkommen unter funktionalen Gesichtspunkten in Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen einerseits sowie aus unselbständiger Arbeit andererseits 62, ergibt sich als ein weiterer Richtpunkt das Volkseinkommen je Erwerbstätigen 63 . Eine vorbehaltlose Orientierung an diesem Faktor erscheint jedoch deshalb nicht sachgerecht, weil dieser Quotient auch von der Entwicklung der Unternehmereinkommen beeinflußt wird. Aus gesellschaftswissenschaftlicher und statistischer Sicht sind die Beamten jedoch keine Selbständigen, sondern abhängig Beschäftigte, d. h. Arbeitnehmer 64 . Als wesentlich sachnäherer Anknüfungspunkt müßte sich deshalb die Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen 65 anbieten. Die Einkommen der abhängig Beschäftigten spiegeln zwar die allgemeine Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse recht deutlich wider, wenn die Kaufkraft des Geldes mitberücksichtigt wird 6 6 . Aber auch diese Kategorie ist als besoldungspoliti-

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Vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (11) und Schwegmann ! Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.2; a. A . wohl Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (218). 59 Dieser Maßstab wurde zeitweilig von der Bundesregierung favorisiert, vgl. BTDrucksache IV/2409 (dort unter 4); ebenso Hülden, R i A 1965, S. 4 (5). In dieser Richtung auch Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 118, 120f.; Zeitler, R i A 1962, S. 243 (244); Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 81 sowie Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (218). 60 Vgl. die Nachweise oben A 1 2 c) sowie Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (10). 61 Kritisch zur Verwendung von Globaldaten für besoldungspolitische Entscheidungen Skiba / Adam, Das westdeutsche Lohnniveau, S. 173. 62 Vgl. Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. L - Z , Sp. 1306f. sowie Adam / Skiba, H W B d. Volkswirtschaft, Sp. 202. 63 Vgl. zum Begriff Adam / Skiba, Sp. 201-203; Schäfer / Skiba / Tofaute, Personalausgaben und Einkommensfindung, S. 65; Treuarbeit-Gutachten, BT-Drucksache VI/ 3504, S. 113. 64 Vgl. Hülden, R i A 1965, S. 4 (5); Summer I Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (11) und Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 4. 65 Vgl. Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 4; Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 3.1 sowie Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (11). 66 Vgl. Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 4.

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sehe Entscheidungsgrundlage nur bedingt brauchbar, weil sie keine Gewichtung zwischen den Löhnen der Arbeiter und den Einkommen der Angestellten ermöglicht. Letzteren stehen die Beamten aufgrund ihrer gehobenen Qualifikationsstruktur zumindest in einkommensstatistischer Hinsicht jedoch wesentlich näher als etwa den Arbeitern 67 . Ebenso kann die Entwicklung der Einkommen, die von den nicht im öffentlichen Dienst abhängig beschäftigten Personen erwirtschaftet werden 68 , auch nicht mehr als ein Indiz für die Anpassungsbedürftigkeit der Beamteneinkommen abgeben69. bb) Die Tauglichkeit volkswirtschaftlicher Globaldaten als Grundlage einkommenspolitischer Entscheidungen Die vorstehend nur angedeuteten einkommensstatistischen Grundfragen und Einzelprobleme zeigen bereits hinreichend deutlich, daß sowohl die in der V G R ausgewiesenen Globaldaten als auch die daraus rückgerechneten Einkommenskategorien wegen ihrer inhaltlichen Unschärfe als Indikatoren der allgemeinen Wohlfahrtsentwicklung kaum brauchbar sind. Vorbehalte sind daher angebracht, wenn diese Daten als Grundlage einkommens- oder lohnpolitischer Entscheidungen dienen sollen 70 . In der Besoldungsgesetzgebung verbietet sich eine ungeprüfte Verwendung solcher Daten um so mehr, als die Globaldaten der V G R in starkem Maße von der Entwicklung des Arbeitsmarktes, der Preise und der gesamtwirtschaftlichen Produktivität geprägt werden 71 . Dies sind aber Faktoren, die jedenfalls nach traditioneller Auffassung für die Bemessung der Besoldung keine ausschlaggebende Rolle spielen sollen 72 . Obwohl § 14 BBesG für die Anpassung der Besoldung auf die Entwicklung der vornehmlich nach Markt- und Leistungsgesichtspunkten bemessenen 67 Vgl. Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 65. Gleiches gilt für die Vergleichskategorie „Einkommen je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer", das als Richtmaß für die Anpassung der Beamtenbesoldung vor allem im Treuarbeit-Gutachten, S. 33f. sowie von Christmann / Skiba, Entwicklung der Gehälter der Beamten, S. 78 befürwortet wird. Die Verwendbarkeit dieser Maßstäbe leidet jedenfalls in statistischer Hinsicht insgesamt unter einem sog. Rückkopplungseffekt, weil die Summe der Beamtengehälter ihrerseits einen Teil der Gesamtsumme der Einkommen aus unselbständiger Arbeit bildet, also in diesem Vergleichsmaßstab bereits selbst enthalten ist, vgl. Heer, S. 189f. sowie Treuarbeit-Gutachten, S. 34. 68 So der Vorschlag der Studienkommission, Bericht, Rdnr. 730; ähnlich Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334 (335); abl. Skiba, D D B 1973, S. 188. 69 Dies insbesondere deswegen, weil die Lohn- und Gehaltssumme nicht getrennt für den öffentlichen und den privaten Sektor ausgewiesen wird, vgl. BT-Drucksache, 9, S. 1588, S. 7. 70 Vgl. dazu Stobbe, HdWW Bd. 8, S. 368 (395); Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. L - Z , Sp. 2054 und Skiba, D D B 1973, S. 188 (189). 71 Vgl. Skiba / Adam, Das westdeutsche Lohnniveau, S. 173; ferner Isensee, Beamtenstreik, S. 40 m.w.N. 72 Vgl. oben A I I 4 b) und c) sowie Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 43.

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Einkommen im privaten Sektor verweist 73 , liegt der Besoldung und Versorgung der Beamten nichtsdestoweniger ein eigenständiges, auf die personalpolitischen Notwendigkeiten des Staatsdienstes und den besonderen rechtlichen Status der Beamten zugeschnittenes Einkommensbemessungssystem zugrunde. Gegenüber den Löhnen und Gehältern in der Privatwirtschaft beruht es auf anderen Ausgangsvoraussetzungen und Grundgedanken 74 , weswegen auch die Gesamtentwicklung der Beamteneinkommen mit den in der V G R enthaltenen Einkommenskategorien nicht adäquat erfaßt werden kann 75 . cc) Vergütungstarifvertragsabschlüsse als Richtpunkte für die Besoldungsanpassungsgesetze Daher ist auch gegenüber der Forderung nach einer prinzipiellen Orientierung der Anpassungsgesetzgebung an den Ergebnissen der Vergütungstarifverhandlungen für die nichtbeamteten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes76 Zurückhaltung geboten, obwohl gerade diese Gruppe mit dem Beamten nicht nur im Hinblick auf die im Einzelfall wahrgenommene Tätigkeit mannigfaltige Affinitäten aufweist 77 . Wenn Art. 33 V GG den Besoldungsgesetzgeber nicht dazu verpflichtet, das Besoldungsniveau dem der Einkommen der im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmer anzugleichen78, kann er auch im Hinblick auf Art. 3 GG nicht gehalten sein, die Ergebnisse der Vergütungstarifverhandlungen in die Anpassungsgesetzgebung zu übernehmen. Die Anpassung der Besoldung ist nicht das Ergebnis einer tarifvertraglichen Vereinbarung, sondern stellt ungeachtet aller faktischen Interdependenzen zwischen Lohn-, Vergütungs- und Besoldungspolitik in rechtlicher Hinsicht die Erfüllung der aus dem Alimentationsgrundsatz folgenden Pflicht dar, den Beamten eine den Zeitumständen entsprechende Besoldung zu gewähren. Dessenungeachtet bildet die Einkommensentwicklung im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes eine bedeutende Facette der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung 79 und ist das gewichtigste Indiz für die Anpassungsbedürftigkeit der Beamteneinkommen 80 . Mag ein Parallelismus zwischen der Ent73 Vgl. Wiese, DVB1 1977, S. 814 (816); dies ist trotz des Alimentationscharakters der Besoldung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, vgl. Battis, BBG, § 83 Anm. 1 und F. Mayer, Studienkommissionsgutachten, S. 696; eingehend Ule, Studienkommissionsgutachten, S. 523 ff. 74 Vgl. oben A I 3 a) und I I 4. 75 Vgl. BT-Drucksache IV/2409 (unter b 3). 76 Dafür aber - wenn auch mit Einschränkungen - Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (12) und Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (50). 77 Vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 ( l l f f . ) . 78 Vgl. oben A I I 4 d). 79 So ausdrücklich der damalige Staatssekretär Dr. Hartkopf, vgl. BT-Drucksache 9/81 sowie oben A I I 4 d).

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wicklung der Beamtenbezüge und der übrigen Einkommen im öffentlichen Dienst vielleicht auch nicht die sachgerechteste Lösung der Anpassungsfrage 81 sein, hat er zumindest im Hinblick auf die Bewahrung des Arbeitsfriedens innerhalb des öffentlichen Dienstes eine gewisse Berechtigung 82 . dd) VRG-Globalgrößen und Tarifentwicklung als empirische Grundlagen besoldungspolitischer Entscheidungen Nichtsdestotrotz schreiben weder die Rechtsprechung noch § 14 BBesG dem Gesetzgeber die Orientierung an einem bestimmten Maßstab vor. Indem § 14 BBesG den Gesetzgeber vielmehr auf die allgemeine 83 wirtschaftliche Entwicklung verweist, kann jedem der oben beschriebenen Faktoren lediglich die Rolle eines Indikators zufallen, der im Zusammenspiel mit anderen Gesichtspunkten84 die empirische Grundlage für die politische Entscheidung des Anpassungsgesetzgebers bildet. Die Besoldungsgesetzgebung kann so lange nicht „verobjektiviert" oder in ein mathematisch exaktes Besoldungssystem überführt werden 85 , wie nicht nur die grundlegende Bestimmung der relativen Höhe der Gehälter, sondern auch ihre Anpassung an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung ihre Eigenart als Entscheidung von ausgeprägt beamtenpolitischen Charakter bewahren soll 86 . Jede Regelung der Beamtengehälter ist nämlich ein Vorgang, in dem sich wirtschaftliches und politisches Kalkül mischen und der sich deswegen einer Einordnung in beständige rechtli80 Vgl. Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 18; ähnlich Wahler, S. 206. Ihre praktische Bedeutung für die Besoldungspolitik unterstreicht auch die seit 1970 praktizierte Übernahme der Vergütungstarifvertragsergebnisse in die Besoldungsgesetzgebung, was vor dem Hintergrund des allgemein proklamierten personalpolitischen Konzepts der Gleichbehandlung aller Statusgruppen im öffentlichen Dienst nur konsequent ist; vgl. dazu die Begründung des BBesVAnpG 1982, BT-Drucksache 9/1912, S. 18,22. 81 So aber Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (12). 82 Vgl. BT-Drucksache 9/1912, S. 22 sowie Tettinger, Z B R 1981, S. 357 (361). 83 Vgl. etwa Clemens, BBesG, Einführung, S. 10; Stumpf, R i A 1960, S. 161 (162); Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334; Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 4. Nach Flog / Wiedow, Kommentar zum BBG, § 82, Rdnr. 3 ist das Niveau der Besoldung u.a. abhängig von der allgemeinen Lohn- und Besoldungssituation des gesamten Volkes. Ähnlich Wahler, Anpasssung der Bezüge, S. 164, der an die Entwicklung eines nicht näher definierten „Durchschnittseinkommens" anknüpfen will; ähnlich Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 76. Noch weniger detailliert Fischbach, BBG, 1. Halbband, Β I I 2a), wo auf die Veränderung des allgemeinen Lebensstandards bzw. der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse bei allen Berufsgruppen abgestellt wird; vgl. auch dens., BBG-Ergänzungsband (2. Aufl.), S. 110. 84 Vgl. etwa Pannhausen, S. 76 und Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 4. 85 Vgl. BT-Drucksache, IV/2409; ferner Behr, D D B 1964, S. 95 (98); Skiba, D D B 1973, S. 188 und Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 190. 86 Vgl. Behr, S. 98f.; Clemens l Millack / Engelking / Lantermann / Henckel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Bd. I, § 14, Anm. 1; vgl. auch Hülden, R i A , 1960, S. 241 (243) sowie oben A I I 2 b).

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

che Kategorien weitgehend entzieht 87 . Die Anpassungsgesetzgebung soll die außerhalb des öffentlichen Sektors zu registrierende Einkommensentwicklung damit nicht sklavisch nachvollziehen, sondern auf die besonderen Notwendigkeiten und Sachgesetzlichkeiten des Besoldungssektors abgestimmt sein 88 . § 14 BBesG sieht deshalb nicht einmal eine exakte proportionale Beteiligung der Beamten an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung, sondern lediglich deren „entsprechende" Weitergabe nach Tendenz und Größenordnung vor 8 9 . Der von § 14 BBesG intendierte Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Besoldung und der übrigen Einkommen wird also durch die dem Besoldungsgesetzgeber von Art. 33 V GG eingeräumte Freiheit stark mediatisiert 90 .

finanziellen

b) Die Bedeutung der allgemeinen Verhältnisse für die Anpassungsgesetzgebung

Die Bedeutung der allgemeinen Einkommensentwicklung als Richtpunkt für die Anpassung der Besoldung wird ferner dadurch relativiert, daß für die Anpassungsgesetzgebung auch die Entwicklung der allgemeinen finanziellen Verhältnisse von Bedeutung ist. Der Entscheidung über die Höhe des jeweiligen Anpassungssatzes braucht der Gesetzgeber deshalb nicht allein die allgemeine Einkommensentwicklung zugrunde zu legen, sondern muß auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Etats von Bund, Ländern und Gemeinden mitberücksichtigen 91 . Dazu ist der Besoldungsgesetzgeber mehr noch als nach Art. 33 V GG durch Art. 109 I I GG verpflichtet. Wenn Bund und Länder bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts insbesondere auf der Ausgabenseite Rechnung zu tragen haben 92 , kann der Besoldungsaufwand angesichts des hohen Personalkostenteils in den öffentlichen Haushalten nicht ohne Rücksicht auf das zur Verfügung stehende finanz-

87 So treffend Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 2; ähnlich Hülden, R i A 1960, S. 241 (242) und Clemens / Millack / Lantermann / Engelking / Henckel, Besoldungsrecht, Bd. 1, § 14, Anm. 1 a.E. 88 Vgl. Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 3.2. 89 Vgl. Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 204; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 76 und Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 3.2. 90 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (360). Nach Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (41) verfügt der Gesetzgeber deshalb im Rahmen von § 14 BBesG über einen beträchtlichen Spielraum hinsichtlich der Notwendigkeit und des Zeitpunkts einer Anpassungsmaßnahme. 91 Vgl. Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 118; Pannhausen, S. 76; Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 44; Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 165; Merten, Ule-FS, S. 349 (360); Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 5 und Leisner, Z B R 1984, S. 223 (230). 92 Vgl. dazu insbesondere Β K-Vogel / Meòe/-Zweitbearbeitung-Art. 109, Rdnr. 73, 79; ferner v. Münch / Fischer-Menshausen, GG, Art. 109, Rdnr. 8; A. Möller, StabG, Art. 109, Rdnr. 6, 8 und Stern / Münch / Hansmeyer, StabG, S. 104 (unter 3.).

I. Pflicht zur Anpassung der Besoldung

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und gesamtwirtschaftlich opportun erscheinende Ausgabenvolumen der öffentlichen Hand festgesetzt, insbesondere nicht hemmungslos gesteigert werden 93 . In der Formel von der „Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse" steckt folglich kein Pleonasmus, sondern sie bezeichnet zwei durchaus verschiedene Aspekte ein und desselben volksund finanzwirtschaftlichen Gesamtzusammenhanges. Allerdings ist der unterschiedliche Inhalt dieser Begriffe nicht zuletzt deswegen schwierig voneinander abzuheben 94 , weil die allgemeine Einkommensentwicklung und die wirtschaftliche Gesamtentwicklung insofern in einer Beziehung zur „finanziellen" Entwicklung stehen, als das Steueraufkommen und damit die Finanzlage der öffentlichen Haushalte maßgeblich von der Entwicklung der Einkommen aus Unternehmertätigkeit, Vermögen und unselbständiger Arbeit abhängt 95 . Wie der Verfassungsgrundsatz angemessener Besoldung enthält § 14 BBesG als dessen einfach-gesetzliche Konkretisierung ebenfalls keine unmittelbar vollziehbaren rechtlichen Determinanten, sondern bildet vielmehr ein Koordinatensystem, innerhalb dessen sich die besoldungspolitische Freiheit des Gesetzgebers zu orientieren hat 96 . Im folgenden sollen die Konsequenzen untersucht werden, welche sich daraus in den Grundsituationen der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung ergeben.

5. Konjunkturaufschwung und allgemeine Zunahme der Realeinkommen

a) Die Pflicht des Gesetzgebers zur regelmäßigen Überprüfung der Besoldungssituation Wenn die gesamtwirtschaftliche Entwicklung seit der letzten allgemeinen Festsetzung der Beamtengehälter eine allgemeine Steigerung der Realeinkommen und insbesondere der Einkommen aus unselbständiger Arbeit aufweist, steigt zwangsläufig auch der allgemeine Lebensstandard. Zwar gibt eine unwesentliche Veränderung der Lohn- und Preissituation noch keinen zwin93 Daran ist wegen Art. 109 I I GG grundsätzlich festzuhalten, obwohl nicht verkannt werden darf, daß die Haushaltswirtschaft der öffentlichen Hand, wie gerade das Beispiel der Personalausgaben zeigt, trotz ihres beträchtlichen gesamtwirtschaftlichen Volumens sich zumindest auf der Ausgabenseite insoweit als wenig flexibel erweist, als die Geldmittel durch vorrangige andere Zwecke, insbesondere andere rechtliche Verpflichtungen - wie ζ. B. aus Art. 33 V GG - und politische Notwendigkeiten bereits weitgehend festgelegt sind, vgl. Β K-Vogel / Wiebel, Art. 109, Rdnr. 133 sowie Maunz, in: MDHS, GG, Art. 109, Rdnr. 32. 94 Vgl. Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 3.1 und Schinkel, Κ § 14, Rdnr. 4f., der auch die private Sparquote und die vermögensschaffenden Investitionen als wichtige Orientierungsdaten für die Besoldungsgesetzgebung ansieht. 95 Vgl. Schwegmann / Summer, Rdnr. 3.1 und Spitaler, in: Gerloff / Neumark, H B d. FinWiss, Bd. 2, S. 83 (97). 96 Vgl. Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 1 sowie oben A I I 2 b).

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

genden Anlaß für eine Anpassung der Bezüge 97 . Umgekehrt liegt eine für den Besoldungsgesetzgeber erhebliche Änderung der wirtschaftlichen Gesamtlage aber dann vor, wenn eine wesentliche Verschiebung des Standorts der Beamtenschaft im allgemeinen Einkommensgefüge stattgefunden hat oder sich zumindest deutlich abzeichnet98. Da die Festlegung der im Einzelfall angemessenen Anpassungsquote im pflichtgemäß zu nutzenden Spielraum des Gesetzgebers steht 99 , gewährt ihm § 14 BBesG aber auch hinsichtlich der Frage, wann eine Entwicklung in diesem Sinne als „wesentlich" anzusehen ist, einen gewissen Einschätzungsspielraum. Obwohl der Gesetzgeber durch § 14 BBesG nicht auf einen festen zeitlichen Rhythmus festgelegt, sondern zur Anpassung in ungefähr gleichen Abständen aufgerufen wird 1 0 0 , muß er das Verhältnis des Gesamtniveaus der Besoldung zur allgemeinen Einkommenssituation von Zeit zu Zeit zumindest überprüfen, um über eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung entscheiden zu können 101 . Wenn diese Überprüfung trotz eines Anstiegs der Lebenshaltungskosten eine wesentliche Zunahme der Realeinkommen aufzeigt, gebietet der Alimentationsgrundsatz auch eine Erhöhung der Beamtengehälter 102 . Diese müssen in ihrer Kaufkraft mindestens wieder an ihr ursprüngliches Niveau herangeführt werden, indem sie um den Index der Lebenshaltungskosten erhöht werden 103 . b) Anpassung als Valorisierung

oder Dynamisierung der Gehälter?

Eine Beschränkung der Anpassungsmaßnahme auf die durch die Geldentwertung entstandenen Einkommensverluste würde eine schlichte „Valorisierung" 1 0 4 der Beamteneinkommen bedeuten. Wenn die Einkommen der Mehrheit der Bevölkerung längerfristig reale Zuwächse aufweisen, muß eine 97 Vgl. Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 193; ähnlich im Hinblick auf die Entwicklung des Volkseinkommens Kriegbaum, ZBR 1970, S. 201 (218) und neuerdings Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (41). 98 Vgl. Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 8. 99 Vgl. oben I 4 a) dd). 100 Vgl. Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 8; Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 4.1; Merten, Ule-FS, S. 349 (358). Eine Pflicht zur zeitlichen Abstimmung mit dem Inkrafttreten der Vergütungstarifverträge kann aus § 14 BBesG jedoch nicht abgeleitet werden und wird auch nicht von Art. 3 I GG geboten, vgl. oben 4 a) cc). 101 Für eine derartige Prüfungspflicht etwa Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 8; Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (215); Strecker, Z B R 1966, S. 1 (5) sowie Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 81. 102 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (23ff.); aus der jüngeren Rechtsprechung etwa BVerfGE 56, S. 353 (361). Vgl. ferner Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 53; Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 121; Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.2 und den Bericht der Studienkommission, Rdnr. 726. 103 Vgl Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 53. 104 Vgl z u m Begriff Andreae, Determinanten der Personalausgaben, S. 339.

I. Pflicht zur Anpassung der Besoldung

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dauernde Valorisierungspolitik mittelfristig auf eine Verschlechterung der Position der Beamtenschaften im allgemeinen Einkommensgefüge und langfristig auf die Abkopplung der Beamtengehälter von der allgemeinen Einkommensentwicklung hinauslaufen 105 . Der Alimentationsgrundsatz schreibt dem Gesetzgeber jedoch keine ausschließliche Orientierung am Lebenshaltungskostenindex vor 1 0 6 und fixiert die Gehälter auch nicht auf einem bestimmten Kaufkraftniveau 107 . Da die Beamtenschaft im Sinne des sozial verfaßten Alimentationsprinzips vom allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt nicht ausgeschlossen werden darf 108 und die Bezüge nach § 14 BBesG regelmäßig anzupassen sind, müßten die Beamten grundsätzlich auch an einer Steigerung des Volkswohlstandes teilhaben, wenn diese sich in einem mehr als kurzfristigen Anstieg der Realeinkommen der abhängig Beschäftigten manifestiert 109 . Die Entwicklung des Besoldungswesens im 20. Jahrhundert hat gezeigt, daß die Gehälter der Beamten gerade in wirtschaftlichen Blütenperioden niemals auf ihrem realen Niveau stagnierten, sondern - wenn auch mit einer gewissen Verzögerung - dem allgemeinen Zuwachs der Realeinkommen zu folgen bestrebt waren. Die Beteiligung der Beamtenschaft am allgemeinen Einkommenszuwachs zählt daher zum historisch gewachsenen Inhalt des Alimentationsprinzips. Wenn das Bundesverfassungsgericht 110 dementsprechend die Funktion der Anpassungsgesetzgebung nicht nur im Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten, sondern auch in der Angleichung der Gehälter an den allgemeinen Lebensstandard sieht, muß die Anpassungsmaßnahme über den Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten hinaus zu einer materiellen Anpassung der Bezüge führen 111 . Der Anpassungsgesetzgeber ist deshalb grundsätzlich zu einer „Dynamisierung" der Besoldung, d. h. einer der los Vgl. Hülden, R i A 1960, S. 4 und Stumpf, R i A 1960, S. 161. 106 Vgl. Stumpf, S. 162. 107 y g i ebd.; a. A . aber wohl Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 119ff.; ähnlich Weimar, R i A 1964, S. 238. Diese Auffassung wurde der Sache nach etwa bereits 1924 von Giese, AöR 6, S. 128 (33) vertreten, konnte sich aber bereits damals nicht durchsetzen. los Vgl. oben I I a ) . 109 Vgl. die Studienkommission, Bericht, Rdnr. 726 sowie Summer, Z B R 1984, S. 57 (63). no Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (361). m So Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 223f.; vgl. auch den Bericht der Kommission, Rdnr. 732; ähnlich Merten, Ule-FS, S. 349 (358). Ein dieser Auslegung des § 14 BBesG entgegenstehender Wille des Gesetzgebers wäre daher unbeachtlich. Als einfach-gesetzliche Vorschrift könnte § 14 BBesG in der Frage nach dem Umfang der Anpassung ohnehin keine derogierende Wirkung gegenüber Art. 33 V GG entfalten, zumal der Alimentationsgrundsatz eine Teilhabe der Beamtenschaft an der Steigerung des Volkswohlstandes nicht nur nicht ausschließt, sondern im Interesse der institutionellen Gewährleistung des Berufsbeamtentums geradezu fordert, vgl. Schneider, BayBZ 1971, S. 49 (50). 9 Günther

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Zunahme des Pro-Kopf-Einkommens entsprechenden Anhebung des Realwerts der Beamtengehälter 112 , verpflichtet, wenn die Entwicklung der Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes in diese Richtung weist 113 . 6. Stagnation der allgemeinen Einkommensentwicklung und „Nullrunden"

Die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung kann auch dadurch geprägt sein, daß die Realeinkommen über einen längeren Zeitraum auf breiter Front stagnieren. Eine solche Lage kann einmal dadurch eintreten, daß die Arbeitnehmereinkommen aus stabilitätspolitischen Gründen lediglich nominelle Aufbesserungen in Höhe des festgestellten oder prognostizierten Preisauftriebs erfahren. Ferner ist es denkbar, daß in Phasen relativer Preisstabilität aus Rücksicht auf außenwirtschaftliche Belange keine nennenswerten nominalen Einkommenssteigerungen durchgesetzt werden. Die Bezüge der Beamten brauchen in einer solchen Situation nicht angepaßt zu werden. Da es bereits an einer feststellbaren Veränderung der für die Angemessenheit der Bezüge relevanten Rahmenbedingungen fehlt, ist eine Anpassung streng genommen auch gar nicht möglich. In beiden Fällen würden die Beamtengehälter gegenüber anderen Erwerbseinkommen zwar gewisse reale Einbußen erleiden. Innerhalb des weiten Rahmens des von Art. 33 V GG gewährleisteten angemessenen Unterhalts wäre eine solche Inaktivität des Gesetzgebers jedoch im Zweifel nicht als Verstoß gegen den Alimentationsgrundsatz zu bewerten. Selbst wenn man von der Existenz eines besonderen engen „Anpassungsspielraumes" ausgeht 114 , bleibt festzuhalten, daß § 14 BBesG keine proportionale, sondern nur eine „entsprechende" Anpassung der Beamtengehälter verlangt 115 . Von einer gewichtigen Verschiebung der zwischen der allgemeinen Einkommenssituation und dem Niveau der Beamtengehälter bestehenden Relation, wie sie § 14 BBesG voraussetzt, kann aber nicht die Rede sein, wenn die allgemeine Einkommensentwicklung stagniert und die Beamtenschaft infolge ausbleibender oder relativ niedrigerer nominaler Aufbesserungen ihrer Bezüge für eine begrenzte Zeit geringe Einbußen an ihren Realeinkommen hinnimmt 1 1 6 . Deshalb sind auch sog. Nullrunden 117 zulässig, wenn bei einer nicht nennenswerten inflationären Tendenz die Entwicklung der Realeinkommen allgemein stagniert oder keine wesentlichen Zuwächse aufweist. 112

Vgl. zum Begriff Andreae, Determinanten der Personalausgaben, S. 339. Dafür bereits Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (212); weitergehend Merten, der § 14 BBesG als Beleg für „die Abkehr von einer statischen und den Ubergang zu einer dynamischen Besoldung" sieht, vgl. Ule-FS, S. 358. 114 So etwa Merten, Ule-FS, S. 349 (362); ders., „Gekappte" Besoldungsanpassung als verkappte Besoldungsnivellierung, S. 20. us So Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (41). 116 Für zeitlich eng limitierte Lohnpausen in diesen Fällen zu Recht Tettinger, Z B R 1981, S. 357 (365). 113

I. Pflicht zur Anpassung der Besoldung

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7. Rückgang des realen Volkseinkommens

a) Anpassung durch nominale und reale Kürzung der Gehälter Die „Anpassung" der Gehälter im Sinne von § 14 BBesG umfaßt bereits begrifflich nicht nur die Erhöhung, sondern auch die Kürzung der Bezüge 118 . Reale Einkommenseinbußen und selbst eine nominale Herabsetzung der Bezüge sind zulässig, wenn die allgemeine Einkommensentwicklung einen entsprechenden Rückgang der Realeinkommen aufweist 119 . Eine solche Entwicklung setzt ein, wenn es der Arbeitnehmerschaft nicht gelingt, den Anstieg der Lebenshaltungskosten durch eine entsprechende nominale Erhöhung ihrer Löhne und Gehälter aufzufangen 120. Auch Art. 14 I GG steht einer solchen Kürzung der Gehälter nicht entgegen. Im Gegensatz zu einem bereits fällig gewordenen monatlichen Gehaltsanspruch, gegen dessen rückwirkende Entziehung oder Kürzung ein Schutz durch die Eigentumsgarantie sachgerecht erscheint 121 , hat der Alimentationsanspruch als solcher in Art. 33 V GG eine Sonderregelung gefunden, die als lex specialis den Rückgriff auf die Eigentumsgarantie ausschließt122. Mit Anspruchspositionen und Gütern, die im wirtschaftlichen Wettbewerb erlangt werden, weist der Besoldungsanspruch als einseitig bemessene kompensatorische Leistung aus einem öffentlich-rechtlichen Sonderstatusverhältnis keine hinreichenden strukturellen Gemeinsamkeiten auf, die seine Subsumtion unter dem Begriff des „Eigentums" im Sinne von Art. 14 I GG rechtfertigen würden 123 . Als ein durch die Dienstleistung des Beamten erworbenes Recht und wesentliches Strukturelement des Beamtenverhältnisses wird der Anspruch auf den angemessenen 117 Vgl. zu der von der Bundesregierung geäußerten, aber später nicht verwirklichten Absicht, für das Jahr 1984 erstmals seit 1968 auf eine allgemeine Anpassung der Besoldung zu verzichten und die Beamtengehälter erst zum 1.4.1985 wieder anzupassen, oben Teil A I V 6 a. E. 118 Vgl. Ule, GRe IV/2, S. 593; dens., Studienkommissionsgutachten, S. 522f.; Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 7; Merten, Ule-FS, S. 349 (357, 359); Maunz, in: MDHS, GG, Art. 33, Rdnr. 69 sowie Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (218). 119 Vgl. Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung, S. 53; Ule, Studienkommissionsgutachten, S. 593 und Baum, Der Landkreis 1981, S. 122 (123). 120 y g i d a z u oben Erster Teil A I V 6 sowie Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 3.2. 121 Dafür etwa BVerwGE 20, S. 29 (32); Fischbach, BBG, 1. Halbband, Β I I 2 b); Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 62; a. Α . ζ. T. Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 153. Abi. auch Weber, A ö R 91, S. 382 (400), der auch insoweit einen Vorrang des Art. 33 V gegenüber Art. 14 I GG befürwortet. 1 22 Vgl. BVerfGE 3, S. 58 (153); 16, S. 94 (114f.); 21, S. 329 (345); 53, S. 224 (307); zust. Pannhausen, S. 63f.; Leibholz / Rinck, GG, Art. 33, Anm. 7; Fürst / Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (14); BK-Kimminich, Art. 33, Rdnr. 73. Für ein Verhältnis der Idealkonkurrenz zwischen Art. 33 V und 141 GG dagegen Maunz, in: MDHS, GG, Art. 14, Rdnr. 26 und Thiele, D V B l 1984, S. 175 (179). ™ Vgl. Fürst / Loschelder, S. 14; zweifelnd aber Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (44).

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Unterhalt durch Art. 33 V GG in seinem Kernbestand aber in gleicher Weise gesichert, wie er es durch Art. 14 I GG sein würde 124 . b) Deflation und nominaler Einkommensabbau Nominale Kürzungen dürfen auch dann vorgenommen werden, wenn der Realwert der Beamtengehälter in Deflationsphasen ungerechtfertigte Steigerungen erfahren würde. Da die kaufkraftsteigernde Wirkung einer deflatorischen Entwicklung jedoch allen Bevölkerungsschichten zugute kommt 1 2 5 , wäre ein auf die Beamtenschaft beschränkter nominaler Abbau der Einkommen zumindest in besoldungspolitischer Hinsicht nicht unproblematisch. In der Privatwirtschaft und im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes würden sämtliche Versuche, Löhne und Gehälter durch nominale Kürzungen auf einem bestimmten realen Niveau festzuschreiben, auf den Widerstand der Arbeitnehmergewerkschaften stoßen. Bei einem allgemeinen Rückgang der Realeinkommen wird die soziale Stellung der Beamtenschaft durch eine proportionale reale Kürzung ihrer Einkommen nicht berührt, weil der verfassungsrechtliche Rahmen „angemessener" Besoldung sich bei einer Verschlechterung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage seinerseits nach unten verschiebt 126 . Ein einseitiger nominaler Abbau der Beamtenbezüge in einer Deflationsphase würde dagegen einen relativen Abstieg der Beamtenschaft im allgemeinen Einkommensgefüge einleiten, der allenfalls mit einer Veränderung der staatspolitischen Bedeutung des Berufsbeamtentums, nicht aber als „Anpassungsmaßnahme" im Sinne von § 14 BBesG gerechtfertigt werden könnte 127 . 124 Vgl. BVerfGE 16, S. 94 (115); 21, S. 329 (344f.); 53, S. 224 (307); BVerwGE 20, S. 29 (32); zustimmend BK-Kimminich, Art. 14, Rdnr. 73; zweifelnd Lecheler, A ö R 103, S. 349 (370); Thiele, DVB1 1981, S. 253 (257) und Scheerbarth i Höffken, Beamtenrecht, § 23 II. Die von Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung, S. 57 befürwortete Anwendung der allgemeinen Eigentumsgarantie dürfte keinen weiter reichenden Schutz des Alimentationsanspruchs bewirken: Da dieser auch von Art. 14 I GG lediglich in Gestalt eines variablen Anspruchs geschützt sein soll, würde eine auch von Thieme für zulässig erachtete Veränderung des nominellen Gehalts nicht einmal einen Eingriff in diese Eigentumsposition bedeuten, so lange das Gehaltsniveau sich innerhalb der Grenzen des angemessenen Unterhalts bewegt; vgl. auch BVerfGE 16, S. 94 (112), wonach bei einer unterstellten Anwendbarkeit des Art. 14 I GG „die Ordnung der ziffernmäßigen Höhe und der sonstigen Modalitäten der gesetzlichen Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 G G " entsprechen würde; i. E. ähnlich Maunz, Rdnr. 26. Dies verkennt auch Grämlich, S. 44. 125 Vgl. Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 120. ι 2 6 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (22f.), wo das Gericht die Kürzung von „Besoldungen, die sich im Laufe einer rückläufigen Wirtschaftsentwicklung als zu hoch (!) erweisen", für zulässig erklärt; vgl. auch Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 79f.; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 154; Maunz, in: MDHS, GG, Art. 33, Rdnr. 69 sowie Ule, Studienkommissionsgutachten, S. 523.

II. „Soziale Produktivität" des Öffentlichen Dienstes

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I I . D i e „soziale Produktivität" des öffentlichen Dienstes als verteilungspolitische Legitimation der Beteiligung der Beamtenschaften am allgemeinen Einkommenszuwachs 1. Das Versagen des traditionellen Produktivitätsverständnisses gegenüber der gemeinnützigen Funktion des öffentlichen Dienstes D e r Gesetzgeber soll Anpassungsmaßnahmen nach Inhalt u n d Z e i t p u n k t jeweils so treffen, daß die Bewegung der Besoldung i n ihrer Tendenz der der allgemeinen Einkommensentwicklung entspricht. D e r i m volkswirtschaftlichen Schrifttum lange Z e i t umstrittenen Frage nach den makro-ökonomischen Voraussetzungen einer Besoldungserhöhung 1 2 8 kann wegen der eindeutigen rechtlichen Vorgaben für die Anpassung der Bezüge also keine entscheidende Bedeutung mehr beigemessen w e r d e n 1 2 9 . O h n e h i n geht die i m M i t t e l p u n k t der besoldungs- u n d verteilungspolitischen Diskussion stehende Frage nach der „ P r o d u k t i v i t ä t " des öffentlichen Sektors 1 3 0 ebenso wie das daraus mitunter abgeleitete Postulat, ein nachweisbarer Produktionszuwachs sei auch i m Bereich des öffentlichen Dienstes unabdingbare Voraussetzung für eine Erhöhung der R e a l e i n k o m m e n 1 3 1 , i n mehrfacher Hinsicht an den Eigengesetzlichkeiten des Staatsdienstes vorbei. V o n der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen H a n d einmal abgesehen 1 3 2 , ist der öffentliche Dienst nicht auf 127 Vgl. auch Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 120, der in diesem Fall einen nominalen Abbau der Gehälter jedenfalls für „nicht erforderlich" hält. In diesem Zusammenhang ist bedenkenswert, daß selbst während der wirtschaftlichen Krisen der zwanziger Jahre von den als Deflationsklauseln eingeführten Änderungsvorbehalten niemals entsprechender Gebrauch gemacht wurde. Selbst die Brüningschen Notverordnungen waren keine Deflationsmaßnahmen im engeren Sinne, sondern unterstützten lediglich einen bereits im Gange befindlichen Preisabbau, vgl. oben Erster Teil A I I 5 b) und 7). 128 Vgl. e t w a Schmölders, Finanzpolitik, S. 210f. und Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 117ff. m.w.N. 129 Vgl Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 121, wonach für den finanziellen und sozialen Stellenwert des Berufsbeamtentums wirtschaftliche Größen wie Produktivität und Effektivität unbeachtlich sein sollen; vgl. auch Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 3.1. 130

Unter diesem Begriff wird zumeist das Verhältnis des Produktionsergebnisses und der eingesetzten Produktionsfaktoren verstanden, vgl. Brümmerhoff, Fin Arch 34, S. 226 (231). Zur Vieldeutigkeit dieses Begriffes vgl. Hülsbruch, S. 117ff. sowie Schmölders, S. 210 und Mändle, H d V , Sp. 1083ff. „Produktivität" wird heute überwiegend im o. a. Sinne als neutrale Meßziffer ohne qualitativen Bezug aufgefaßt. 131 I.d.S. etwa Hülsbruch, S. 117; abl. Thieme, Gutachten 48. DJT, D 44 und Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334. Vorbehalte gegen die Anwendbarkeit dieses Maßstabes äußern auch die Studienkommission, Bericht, Rdnr. 730 und Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 95. 132 Vgl. ο. V., Die Bundesverwaltung 1965, S. 1, wonach aber ζ. B. Bahn und Post zu diesem in klassischen Sinne unbestritten „produktiven" Sektor des öffentlichen Dienstes gerechnet werden.

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

die Produktion quantifizierbarer materieller Güter ausgerichtet 133 . Der herkömmliche Maßstab der „technischen" Produktivität kann das Ausmaß der im öffentlichen Sektor erbrachten Leistungen damit von vornherein nicht erfassen 134 . Im Gegensatz zu den Wirtschaftsunternehmen des privaten Sektors steht auch kein erzielter oder erwarteter Unternehmensgewinn als Bemessungsgrundlage für die Einkommenszuwächse der Beschäftigten zur Verfügung 135 . Der Schwerpunkt der staatlichen Tätigkeit liegt vielmehr auf der Erbringung von Dienstleistungen, die als solche schwerlich quantifizierbar sind. Selbst die Rationalität ihres Einsatzes ist kaum an einem Rentabilitätsindex zu messen 136 , da diese Leistungen, wie insbesondere die zur sog. Daseinsvorsorge zählenden Verwaltungsfunktionen belegen 137 , nicht erbracht werden, um einen verteilbaren Gewinn zu erwirtschaften, sondern um die Grundbedürfnisse der Bürger zu befriedigen. Sie besitzen deshalb auch keinen spezifischen Marktwert 1 3 8 . 2. Die Erweiterung des Produktivitätsbegriffs

a) Die Gewährleistung der staatlichen Infrastruktur als gesamtwirtschaftlicher Beitrag des öffentlichen Sektors Ob der öffentliche Dienst im gesamtwirtschaftlichen Sinne als „unproduktiv" einzustufen ist und die Beamtenschaft deshalb von den durch den gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt bedingten Einkommensverbesserungen ausgeschlossen werden darf, erscheint auch unter rein verteilungspolitischen Aspekten fragwürdig. Zum einen nimmt die volkswirtschaftliche Bedeutung von Dienstleistungen durch das Anwachsen des sog. tertiären Sektors ständig zu 1 3 9 . Obwohl auch diese Tätigkeiten nicht im traditionellen Sinne „produktiv" sind, gilt für die Höhe der Einkommen der dort Beschäftigten nichtsdestoweniger das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Daß auch diese Arbeitnehmer an dem durch den allgemeinen Produktivitätsfortschritt bedingten Zuwachs der Realeinkommen beteiligt werden müssen, wird von niemandem ernsthaft bestritten, weil diese Dienstleistungen wie die Tätigkeit des 133 y g i Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 32. 134 Vgl. Schmölders, Finanzpolitik, S. 210 und Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 118. 135 Vgl. Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334; Thieme, Gutachten 48. DJT, D 43; Hülsbruch, S. 121; Studienkommission, Bericht, Rdnr. 730 und Pannhausen, S. 32. 136 So die Studienkommission, Bericht, Rdnr. 222, 730; vgl. auch Schmölders, Finanzpolitik, S. 210 und Hülsbruch, S. 118. 137 Vgl. Mensteil, WWI-Mitteilungen 1962, S. 94 (95f.). 138 Vgl. Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334; Mensteil, WWI-Mitteilungen 1962, S. 94; Thieme, DJT-Gutachten, D 44 und Pannhausen, S. 32. 139 Vgl. Zeitler, R i A 1962, S. 243 (245) sowie Schmölders, S. 210f.

II. „Soziale Produktivität" des Öffentlichen Dienstes

135

Handels heute als ein Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtleistung eingestuft werden 140 . Zum anderen steht die letztere mit den Dienstleistungen, die von den im öffentlichen Dienst Beschäftigten erbracht werden, in einem unauflöslichen funktionalen Zusammenhang: in Gestalt von innerer und äußerer Sicherheit, Rechtsschutz, Daseinsvorsorge, Kultur- und Bildung stellt der Staat nämlich diejenige Infrastruktur bereit, die einer hochindustrialisierten Gesellschaft die unabdingbare Voraussetzung für die private unternehmerische Tätigkeit ist 1 4 1 . Daher sind der Staat und seine Beamten jedenfalls in einem umfassenden Sinn „produktiv" 1 4 2 . b) Die zunehmende Fragwürdigkeit

des Leistungslohnes

Die Forderung der Beamtenschaft nach Beteiligung an einer durch den allgemeinen Produktivitätsfortschritt bedingten Expansion der Realeinkommen kann also nicht mit der Behauptung zurückgewiesen werden, die Beamtenschaft sei an der Erwirtschaftung des Volkseinkommens nicht beteiligt 143 . Wie wenig haltbar eine solche Betrachtungsweise ist, zeigt auch die Tatsache, daß das Prinzip des Leistungslohnes und die Legitimation einkommenspolitischer Forderungen mit dem Hinweis auf die Steigerung der individuellen Produktivität heute im Bereich der Industrie durch die Automatisierung einer zunehmenden Anzahl vormals manueller Verrichtungen immer stärkeren Anfechtungen ausgesetzt ist 1 4 4 . Je weniger das Ergebnis industrieller Produktion sich unmittelbar auf die individuelle oder kollektive Leistung der Arbeitnehmer zurückführen läßt, um so stärker stellt sich die Frage nach der legitimen Beteiligung am Zuwachs des Volkseinkommens nicht allein für die Beamtenschaft, sondern für den Dienstleistungsbereich und für die Bedeutung des Faktors „Arbeit" neben dem Unternehmerkapital überhaupt. Vor diesem Hintergrund ist auch die Umgestaltung des Leistungslohnes zum sog. Soziallohn begreiflich 145 . Der öffentliche Dienst kann deshalb auch unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten von einer Zunahme der verfügbaren Einkommen der Vgl. Zeitler, R i A 1962, S. 243 (248); Brümmerhoff, FinArch 34, S. 226 (235f.); ο. V. Die Bundesverwaltung, 1965, S. 1. 141 Vgl. Schmölders, Finanzpolitik, S. 210; Mensteil, WWI-Mitteilungen 1962, S. 94 (96); Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 120. 142 Vgl. zu dieser „sozialen" oder „Umwegproduktivität" der Beamtenarbeit Schmölders, S. 211; Hülsbruch, S. 120; Studienkommission, Bericht, Rdnr. 731; Mensteil, S. 97 sowie Zeitler, N D B Z 1963, S. 69 (73). 143 Gegen derartige Argumentationsmuster zu Recht Zeitler, R i A 1962, S. 243 (245f.); Mensteil, S. 98 sowie die Studienkommission, Bericht, Rdnr. 731. 144 Vgl. bereits Zeitler, R i A 1962, S. 243 (245 m.w.N.); dens., N D B Z 1963, S. 69 (72). Zur Fragwürdigkeit der individuellen Produktivität bei zunehmender Arbeitsteilung Tennstedt, Z B R 1973, S. 289 (293 m.w.N.) sowie Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 27. 145 Vgl. dazu oben A I 3 a).

136

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

privaten Haushalte nicht von vornherein ausgeschlossen werden 146 . Die Beteiligung der Beamtenschaft an der allgemeinen Einkommensentwicklung ist auch deshalb geboten, weil die Beamteneinkommen trotz ihrer Rechtsnatur als Alimentation aus ökonomischer Sicht keine einseitigen staatlichen Zuwendungen im Sinne einer Einkommensumverteilung, sondern der Preis für sog. nicht-marktbestimmte Dienstleistungen sind 147 . Im Gegensatz zur Gesamtleistung des öffentlichen Sektors ist diesen sehr wohl ein gewisser Marktwert beizumessen. In Phasen langfristiger wirtschaftlicher Aufwärtsentwicklung müssen die Beamtengehälter mit der allgemeinen Einkommensentwicklung überdies Schritt halten, um den Staatsdienst für überdurchschnittlich befähigte Bewerber attraktiv zu erhalten 148 . Ein Entwicklungsrückstand der Besoldung gegenüber den Einkommen, die in der Privatwirtschaft bei vergleichbarer Vor- und Ausbildung zu erzielen sind, sollte also auch aus volkswirtschaftlichen und personalpolitischen Gründen vermieden werden. I I I . Einflüsse der Stabilitätspolitik auf die Besoldungsanpassungsgesetzgebung 1. Die Abstimmung von Besoldungsund allgemeiner staatlicher Lohnpolitik

a) Begrenzung des Besoldungsaufwandes stabilitätspolitischen Gründen

aus

Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des öffentlichen Dienstes in einer arbeitsteiligen Industriegesellschaft ist insgesamt zwar nicht zu leugnen, der Beitrag des Staatsdienstes zum Sozialprodukt aber nicht unmittelbar meßbar 1 4 9 . Daher kann der wirtschaftspolitische Bezugspunkt für die staatliche Besoldungspolitik nicht eine auf den öffentlichen Sektor beschränkte Rentabilitätsprognose, sondern nur die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und insofern vor allem die der Arbeitnehmereinkommen sein 150 . Der durchschnittliche Zuwachs der Arbeitsproduktivität innerhalb der Volkswirtschaft gilt dabei als Obergrenze für eine gesamtwirtschaftlich kostenneutrale Steigerung der Löhne 1 5 1 . Da die staatliche Wirtschafts- und Finanzpolitik nach § 1 des Stabilise So dezidiert Zeitler, R i A 1962, S. 243 (246) und ders., N D B Z 1963, S. 69 (70). Ausführlich dazu Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (9f.) sowie Schwegmann / Summer, BBesG, vor § 1, Rdnr. 3; vgl. im übrigen oben A I 2 c). 148 Vgl.- Clemens, BBesG, Einführung, S. 10; Mensteil, S. 98 und Schmölders, Finanzpolitik, S. 211. Vgl. Mensteil, WWI-Mitteilungen 1962, S. 94 (97); Zeitler, R i A 1962, S. 243 (246) und Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 118. 150 So Hülden, R i A 1965, S. 4 (5) und Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334. 151 Vgl. Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. Α - K , Sp. 2530 bzw. Bd. L - Z , Sp. 854; ferner das sog. Blessing-Gutachten, in: Bulletin der Presse und Informationsamts der Bun147

III. Einflüsse der Stabilitätspolitik

137

tätsgesetzes auch auf ein stabiles Preisniveau hinwirken soll 1 5 2 , muß der Besoldungsgesetzgeber in Rechnung stellen, daß jedes Besoldungsanpassungsgesetz von den Sozialpartnern als Signal zu einer Lohnrunde verstanden werden kann, die zu einer wirtschafts- und währungspolitisch nicht vertretbaren Aufbesserung der Arbeitnehmereinkommen und damit auch zu einer Erhöhung der Verbraucherpreise führt. Da der Staat in seiner Eigenschaft als Dienstherr der Beamten das Niveau der Beamtenbesoldung einseitig-hoheitlich bestimmen kann, wird jede Regierung als politische Mandatsträgerin und politisches Lenkungsorgan um ihrer wirtschaftspolitischen Glaubwürdigkeit willen bemüht sein, ihre einkommens- und währungspolitischen Zielvorstellungen gerade im öffentlichen Dienst und dort insbesondere im Besoldungssektor durchzusetzen 153. Deshalb wird der Besoldungsgesetzgeber die Anpassungsmaßnahmen zwar grundsätzlich nach der allgemeinen Einkommensentwicklung ausrichten, jedoch den Zuwachs entsprechend der Quote des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätszuwachses zu begrenzen trachten 154 . Eine solche Besoldungspolitik wird insbesondere dann praktiziert, wenn in Zeiten der Hochkonjunktur die Tarifabschlüsse infolge eines allgemeinen Arbeitskräftemangels Dimensionen annehmen, die über der Grenze des volkswirtschaftlich Vernünftigen liegen. b) Prinzipielle stabilitätsorientierter

Zulässigkeit Besoldungspolitik

Durch eine solche „stabilitätsorientierte" Besoldungspolitik kann ein gewisser Entwicklungsrückstand der Beamtenbesoldung gegenüber den Löhnen und Gehältern der in Industrie und Handel beschäftigten Arbeitnehmer eintreten, die vor allem während anhaltender Boom-Phasen durch die „Lohndrift" beträchtliche Zuwächse aufweisen können 155 . Ob eine derartige Entdesregierung vom 28. Januar 1960, S. 165. Zur „Produktivitätsregel" auch Skiba, WWI-Mitteilungen 1966, S. 175 (176), der sich für eine Mitberücksichtigung des Lebenshaltungskostenindex ausspricht, was eine Parallelität bei der Entwicklung von Produktivität und realen Einkommen gewährleisten soll. 152 Vgl. das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft v. 8. Juni 1967, BGBl I S. 582. 153 Vgl. Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 206, 287. 154 Dafür Clemens y BBesG, Einführung, S. 10 sowie aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 100f., 143; kritisch aber Hülden, R i A 1964, S. 4 (5). 155 Eine Lohndrift gegenüber den Tarifeinkommen entsteht insbesondere durch die Zahlung von Gratifikationen, Jahresabschlußprämien, Gewinnbeteiligungen und anderen außertariflichen Leistungen, wodurch die Aussagekraft der im Statistischen Jahrbuch der B R D nachgewiesenen Tariflöhne und -gehälter je nach der konjunkturellen Lage stark eingeschränkt ist, vgl. Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 88f.; Strekker, Z B R 1966, S. 1 (4) und Skiba ! Adam, Das westdeutsche Lohnniveau, S. 155f. Darüber hinaus werden die verfügbaren Einkommen der meisten Arbeitnehmer durch weitere aus dem Produktionsfaktor „Kapital" fließende und statistisch nicht erfaßte

138

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Wicklungsdivergenz bereits kurzfristig zu einem unangemessen niedrigen Besoldungsniveau führt 1 5 6 , ist nicht eindeutig zu beantworten. Auf verfassungsrechtlicher Ebene bietet der Alimentationsgrundsatz in der Frage nach der Angemessenheit des Besoldungsniveaus nämlich nur äußerst unpräzise Richtpunkte. Selbst bei einem statistisch nachweisbaren Besoldungsrückstand dürfte deshalb die Frage, ob das Besoldungsniveau „unangemessen" niedrig ist, eher nach besoldungs- und personalpolitischen denn nach genuin juristischen Maßstäben beantwortbar sein. Selbst in seiner Funktion als „Anpassungsgesetzgeber" 157 ist der Besoldungsgesetzgeber nach § 14 BBesG nämlich nicht verpflichtet, die außerhalb des öffentlichen Dienstes registrierten Einkommenszuwächse an die Beamten in vollem Umfang weiterzugeben 158 . Es kann auch nicht Sinn der Anpassungsgesetzgebung sein, im Besoldungssektor eine gesamtwirtschaftlich verfehlte „expansive" Lohn- und Einkommenspolit i k 1 5 9 , die die Produktionskosten und die Verbraucherpreise erhöht, bedenkenlos nachzuvollziehen oder die Beamteneinkommen gar als Schrittmacher einer solchen Entwicklung einzusetzen160. 2. Die besoldungspolitische Problematik von „Stabilitätsopfern"

Die Besoldungspolitik ist von jeher in die übergreifenden wirtschafts-, finanz- und einkommenspolitischen Ordnungsvorstellungen der jeweiligen Regierung und parlamentarischen Mehrheit integriert. Der Gesetzgeber darf deshalb bei der Anpassung der Bezüge nicht nur an die Einkommensentwicklung außerhalb des öffentlichen Dienstes anknüpfen, sondern er hat darüber hinaus nach Art. 109 I I GG prinzipiell alle finanz-, konjunktur- und übrigen wirtschaftspolitischen Gesichtspunkte 161 einschließlich der möglichen FolgeZuwendungen mit Entlohnungsfunktion ergänzt, vgl. Zeppernik, Fin Arch 32, S. 425 (430 m.w.N.). 156 I.d.S. wohl Hülden, R i A 1965, S. 4 (5); ähnlich Zeitler, R i A 1962, S. 243 (244). Dagegen plädiert Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 99 zu Recht für eine Berücksichtigung der der Lohndrift des privaten Sektors in ihrer Wirkung vergleichbaren strukturellen Verbesserungen der Besoldung; ähnlich Skiba / Adam, Das westdeutsche Lohnniveau, S. 174. 157 Vgl. dazu Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 20. 158 Vgl. dazu oben Β I 4 a) dd); a. Α . Hülden, R i A 1965, S. 4 (5), der den angemessenen Unterhalt im Sinne des Art. 33 V GG mit der volkswirtschaftlichen Kategorie „Volkseinkommen je Einwohner" bzw. je Erwerbstätigen gleichsetzt und daraus den Schluß zieht, daß „dem Gesetzgeber bei der Festsetzung der Gehälter enge Grenzen gezogen (sind)". 159 Vgl. dazu Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. Α - K , Sp. 1419. 160 So mit Recht Clemens, BBesG, Einführung, S. 10 und Kleefisch, Z B R 1961, S. 1 (9); für eine uneingeschränkte Beteiligung der Beamtenschaft am allgemeinen Einkommenszuwachs dagegen wohl Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (12). 161 Dafür ausdrücklich der damalige Bundesminister des Inneren Höcherl, BTDrucksache IV/2409 (unter 6); grundsätzlich bejahend auch Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 222, 224.

III. Einflüsse der Stabilitätspolitik

139

Wirkungen der Anpassungsmaßnahme162 in den Entscheidungsprozeß einzubeziehen 163 . Dem Gesetzgeber dieses Recht abzuerkennen, würde auf eine verkappte Indexierung der Besoldung hinauslaufen. Ein Indexzahlsystem ist jedoch bereits in den zwanziger Jahren nach eingehender Diskussion und aus guten Gründen abgelehnt worden 164 . Da die Regierung ihre Beamtenbesoldungspolitik mit den obersten Zielen ihrer jeweiligen Wirtschafts- und Finanzpolitik abstimmen darf, kann sie zwar aus stabilitätspolitischen Gründen die im Umlauf befindliche Geldmenge dadurch zu kontrollieren versuchen, daß sie auch den Zuwachs der Personalausgaben in den öffentlichen Haushalten begrenzt 165 . Andererseits muß der Anpassungsgesetzgeber den Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Beamtengehälter und der Einkommen der außerhalb des öffentlichen Dienstes erwerbstätigen Bevölkerung so weit als möglich wahren. Würde er der Beamtenschaft in einer solchen Situation selbst einen wenn auch relativ geringeren - realen Einkommenszuwachs vorenthalten, würde es sich mehr um eine Anpassung der Besoldung an die wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen des Gesetzgebers denn an die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung handeln 166 . Überhaupt wäre es eine zumindest bedenkliche Praxis, wenn die Anpassungsgesetzgebung als ein Vehikel für immer wiederkehrende Stabilitätsopfer der Beamtenschaft eingesetzt würde 167 . Die Folge einer solchen Besoldungspolitik wäre zwangsläufig ein neuer Entwicklungsrückstand der Beamtengehälter gegenüber den Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes. Ein solcher Rückstand muß zwar nicht notwendig mit der verfassungsrechtlichen Garantie eines angemessenen Gesamtniveaus der Besoldung kollidieren. Obgleich der Gesetzgeber die Bezüge nach § 14 BBesG regelmäßig anpassen muß, hat die Beamtenschaft nämlich keinen Anspruch auf Beibehaltung derjenigen Position, die sie auf der allgemeinen Einkommensskala einmal erreicht hat 1 6 8 . Die beamten- und besoldungspolitischen Folgewirkungen einer Stabilitätspolitik, die überwiegend zu Lasten der Einkommen der im öffentlichen Dienst Beschäftigten betrieben würde, erscheinen vor dem Hintergrund der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums nicht hinnehmbar. Das Ansehen der Beamtenschaft würde durch die implizite finanzielle Abwertung des Staatsdienstes langfristig geschmälert, was sich auf die Konkurrenzfähigkeit der öffentlichen Dienstherrn auf dem 162 y g i z β Clemens, BBesG, Einführung, S. 10; einschränkend aber Zeitler, R i A 1962, S. 243 (244). 163 y g i d i e Studienkommission, Bericht, Rdnr. 734. 164 165

Vgl. Schick, Gutachten, S. 223 sowie oben Erster Teil A I I 3 d) cc). Vgl. Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 222 und Zeitler, R i A 1962, S. 243

(244). 166

Gegen eine solche Praxis mit Recht Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 4. Abi. ζ. B. Zeitler, S. 244 und Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 33 Rdnr. 27. 168 y g i auch oben A I I 3 b) sowie Β 11 a). 167

140

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Arbeitsmarkt und auch auf das Leistungsniveau des Beamtennachwuchses nur negativ auswirken würde. U m eine die Bevölkerung zufriedenstellende Qualität der öffentlichen Dienstleistungen zu garantieren, wäre der Besoldungsgesetzgeber eines Tages gezwungen, den auch von der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums geforderten Anschluß der Beamtenschaft an das zwischenzeitlich in den anderen Sektoren erreichte Einkommensniveau zumindest teilweise wieder herzustellen. Eine solche Aufbesserung müßte dann relativ kurzfristig durchgeführt werden. Der Gesetzgeber könnte sie wohl auch nicht durch Anpassungsmaßnahmen im Sinne von § 14 BBesG verwirklichen, sondern müßte unter Umständen eine Besoldungsreform in Angriff nehmen. Eine derartige Generalrevision der Gesamtniveauregelung wäre jedoch mit einem ad hoc anfallenden und augenfälligen finanziellen Mehraufwand verbunden. Erfahrungsgemäß wäre sie politisch weniger leicht durchzusetzen als die von § 14 BBesG intendierte Besoldungspolitik der kleinen und ausgewogenen Schritte, die sich weniger an stabilitätspolitischen Erfordernissen und Wunschvorstellungen denn an der tatsächlichen Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen orientiert. Man sollte nicht vergessen, daß die politischen Kämpfe, die in diesem Jahrhundert um die großen Reformen des Besoldungswesens geführt worden sind, jeweils nicht zuletzt durch eine notorische Verzögerung notwendiger Anpassungsmaßnahmen verursacht wurden. Auch sofern solche Versäumnisse durch währungs- und finanzpolitische Gründe bedingt waren, haben sie sich immer wieder als eine sowohl unter personal- wie unter finanzpolitischen Gesichtspunkten verfehlte Besoldungspolitik erwiesen. Die Konsequenz, welche der Gesetzgeber vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen aus der Garantie des Art. 33 V GG und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gezogen hat, ist die in § 14 BBesG konstituierte Pflicht zur regelmäßigen Anpassung der Bezüge. Wenn der Anpassungsgesetzgeber auch stabilitätspolitischen Erfordernissen prinzipiell Rechnung tragen darf, dürfen diese für den Inhalt der Anpassungsmaßnahme jedoch nicht allein ausschlaggebend sein, will der Gesetzgeber nicht einen neuen „Besoldungsrückstand" in Kauf nehmen 169 .

3. Stabilitätspolitik und Verteilungsgerechtigkeit

Letztlich wäre eine rigoros an stabilitäts- und einkommenspolitischen Zielen ausgerichtete Besoldungsanpassungsgesetzgebung nicht nur im Hinblick auf die institutionelle Gewährleistung des Berufsbeamtentums schwerlich zu rechtfertigen; auch könnten sich verfassungsrechtliche Friktionen mit Art. 109 I I GG ergeben. Zwar mag in Art. 33 V GG für den Besoldungsgesetzgeber 169

Wie hier etwa Schmidt-Bleibtreu

/ Klein, GG, Art. 33, Rndr. 27.

III. Einflüsse der Stabilitätspolitik

141

auch ein nicht geringes konjunkturpolitisches Mandat begründet sein 170 und eine am allgemeinen wirtschaftlichen Wachstum ausgerichtete kostenneutrale Besoldungs- und Lohnentwicklung 171 überdies dem entsprechen, was dem Gesetzgeber auf verfassungsrechtlicher Ebene in Art. 109 I I GG als gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht vorgegeben ist. Da § 1 StabG als einfaches Gesetzesrecht den normativen Gehalt dieser verfassungsrechtlichen Direktive nicht verbindlich festlegen, sondern nur nach dem jeweiligen Erkenntnisstand der Wirtschaftswissenschaft ansatzweise und überdies nur in Teilbereichen konkretisieren kann 1 7 2 , wird der für die Gesetzgebung verbindliche Inhalt des Art. 109 I I GG durch § 1 StabG weder auf Dauer noch sachlich umfassend bestimmt 173 . Nichtsdestoweniger hat aber das der Verfassung in Art. 109 I I GG zugrunde liegende Vorstellungsbild eines volkswirtschaftlichen Idealzustandes durch § 1 S. 2 StabG eine gewisse Verdeutlichung erfahren 174 . Der wenn auch nur mit Schwierigkeiten konturierbare - verfassungsrechtliche Begriff des „gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" in Art. 109 I I GG umfaßt daher mehr als die in § 1 S. 2 StabG aufgeführten „Teilziele" oder „Zielkomponenten" 175 der Preisstabilität, des hohen Beschäftigungsstandes, der gesunden Außenwirtschaft und des stetigen Wirtschaftswachstums. Wie jede Verfassungsnorm ist Art. 109 I I GG nicht isoliert zu verstehen, sondern im Sinnzusammenhang der Verfassung zu interpretieren 176 . Daher wird der verfassungsrechtliche Begriff des „gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" über den von § 1 StabG bezeichneten Rahmen hinaus um weitere Zielkomponenten, die ihrerseits Verfassungsrang besitzen, angereichert 177 . Zu diesen weiteren Zielen, die für den Gesetzgeber ausnahmslos verbindlich sind, zählt insbesondere das aus Art. 20 I; 28 I GG herzuleitende Sozialstaatsprinzip, wonach das gesamte Recht eine soziale Tendenz aufweisen muß 1 7 8 . Sofern der Gesetzgeber auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik tätig wird, hat dies für ihn zur Konsequenz, daß er bei der Verwirklichung der in § 1 S. 2 StabG genannten Ziele auch den Anforderungen der sozialen Gerechtigkeit Rechnung zu

170

So etwa Stern / Münch / Hansmeyer, StabG, S. 72. Vgl. § 1 S. 2 StabG. 172 Vgl. Maunz, in: MDHS, GG, Art. 109, Rdnr. 25; BK-Vogel / Wiebel, Art. 109, Rdnr. 80f., 84f. 173 Vgl. Maunz, Art. 109, Rdnr. 25; BK-Vogel ! Wiebel, Art. 109, Rdnr. 84; v. Münch / Fischer-Menshausen, GG, Art. 109, Rdnr. 10; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 115, Rdnr. 8 sowie A. Möller, StabG, Art. 109, Rdnr. 10. 174 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I I , § 45 I V 3 b). 175 Vgl. etwa Maunz, Art. 109, Rdnr. 26, 28 sowie Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle, S. 188f. ™ Vgl. Maunz, Art. 109, Rdnr. 28. 177 Ebd. 178 Vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 8 sowie Maunz, Art. 109, Rdnr. 28 m.w.N. 171

142

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

tragen hat. Der Gesetzgeber muß daher jederzeit auf gesellschaftliche Stabilität, allgemeine Wohlfahrt und eine gerechte Wirtschaftsordnung hinwirken 179 . Damit erweist es sich nach der verfassungspolitischen ratio des Art. 109 I I GG als vorrangige Aufgabe des wirtschaftspolitisch tätigen Gesetzgebers, die widerstreitenden Interessen der am Wirtschaftsprozeß beteiligten Gruppen abzugleichen 180 . Da die marktwirtschaftlichen Selbststeuerungsmechanismen erfahrungsgemäß nicht in der Lage sind, dieses Ziel von sich aus zu erreichen 181 , hat der Gesetzgeber diesen Prozeß 182 im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip unter besonderer Berücksichtigung der sozial schwächeren Gruppen zu forcieren 183 . Von einem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht i.S.v. Art. 109 I I GG kann also erst dann gesprochen werden, wenn alle Interessengruppen eine angemessene Berücksichtigung durch die Gesetzgebung gefunden haben. Umgekehrt ist ein Ungleichgewicht gegeben, wenn eine Gruppe vom Gesetzgeber erheblich vernachlässigt und zurückgesetzt worden ist 1 8 4 . Insofern impliziert das von der Verfassung vorgeschriebene „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht", daß der Gesetzgeber unbeschadet der in § 1 S. 2 StabG enthaltenen Zielvorgaben auch das aus dem Sozialstaatsprinzips folgende Gebot der „Verteilungsgerechtigkeit" beachtet, wonach das gemeinschaftlich erarbeitete Sozialprodukt und insbesondere dessen Zuwächse nicht ausschließlich einer am Wirtschaftsprozeß beteiligten Gruppe zufließen dürfen 1 8 5 . Ist der Staat demnach durch Art. 109 I I GG nicht nur verpflichtet, einen sozialen Ausgleich zugunsten der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsgruppen anzustreben, sondern im Rahmen seiner Haushaltswirtschaft grundsätzlich auch berechtigt, zur Erfüllung dieses Auftrages eine Umverteilung des Sozialprodukts vorzunehmen 186 , wäre beispielsweise die Herstellung eines stabilen Geldwertes um den Preis der sozialen Sicherheit einer oder mehrerer Bevölkerungsgruppen mit Art. 109 I I GG nicht zu vereinbaren.

179

Vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 8. Vgl. BK-Vogel / Wiebel, Art. 109, Rdnr. 95. 181 Vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdrn. 9. 182 Daß der Begriff des „Gleichgewichts" i.S.v. Art. 109 I I GG nicht statisch, sondern im Sinne eines sog. Prozeßgleichgewichts aufzufassen ist, betonen zu Recht Maunz, Art. 109, Rdnr. 30 und A Möller, StabG, Art. 109, Rdnr. 10. ι® Vgl. BK-Vogel / Wiebel, Art. 109, Rdnr. 96. 1 84 Ebd., Rdnr. 98. 185 Vgl. etwa Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle, S. 188, 194. Auch v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 10, bezeichnen sozialstaatlich begründete Verteilungsziele als denkbare „wesentliche Komponenten des grundgesetzlichen Gleichgewichtsbegriffs". 186 Vgl. Merten / Frey, Umverteilung ohne Wirtschaftswachstum?, S. 41, die sich nichtsdestotrotz gegen Bestrebungen wehren, die dem Sozialstaatsprinzip eine Verpflichtung zur permanenten Umverteilung gleichsam im Sinne einer institutionalisierten Motorik zu entnehmen versuchen. 180

IV. Besoldungsgesetzgebung und Konjunktursteuerung

143

Da aber die Beamtenbezüge nicht etwa Transfereinkommen darstellen, die aus einer sozialstaatlich motivierten Umverteilung resultieren, sondern im Rahmen der primären Einkommensverteilung als Entgelte für nicht-marktbestimmte Dienstleistungen gezahlt werden 187 , ist die verteilungspolitische Position der Beamtenschaft deshalb auch in rechtlicher Hinsicht nicht allein durch Art. 109 I I und Art. 20 I GG, sondern in besonderer Weise durch Art. 33 V GG in Gestalt des Alimentationsprinzips gesichert. Damit erweist sie sich gegenüber stabilitätspolitischen Eingriffen wie etwa einer Verringerung der Geldmenge wesentlich „eingriffsfester" als etwa Subventionen. Zwar hat das Grundgesetz in Art. 109 I I - I V sich der in der Nationalökonomie und der Finanzwissenschaft seit langem herrschenden Ansicht angeschlossen, daß der Staatshaushalt in einem hochindustrialisiertem und zum Ausgleich sozialer Spannungen verpflichteten Staatswesen über seine ursprüngliche rein allokative, aber ökonomisch neutrale Rolle heutzutage im Sinne einer sog. fiscal policy als Instrument zur Steuerung der verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Prozesse einzusetzen ist 1 8 8 . Demgegenüber bildet Art. 33 V GG jedoch insofern eine unübersteigbare Barriere für den Besoldungsgesetzgeber, als er den Anspruch der Beamtenschaft verbürgt, durch die Gesetzgebung an einer allgemeinen Zunahme der Einkommen angemessen beteiligt zu werden 189 . Das in Art. 109 I I GG und eventuell auch in Art. 33 V GG begründete „konjunkturpolitische Mandat" des Besoldungsgesetzgebers 190 stößt folglich im Alimentationsgrundsatz früh an Grenzen.

I V . Besoldungsgesetzgebung als Instrument der Konjunktursteuerung? Die legitime Einbindung der öffentlichen Personalausgaben in die konjunkturpolitische Planung wirft die Frage auf, ob der Besoldungsaufwand darüber hinaus gezielt als Mittel der Konjunktur Steuerung eingesetzt werden dürfte. Denkbar sind insoweit zwei Fallkonstellationen: 1. Besoldungserhöhungen als Induzierung privater Nachfrage?

In Zeiten wirtschaftlicher Stagnation oder Rezession könnte eine ggf. auch durch Kreditaufnahme finanzierte Erhöhung der Beamteneinkommen durch ι«7 Vgl. oben Β I I 2 b). 188 y g i Maunz, Art. 109, Rdnr. 24; v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 8; Stern / Münch / Hansmeyer, StabG, S. 103. Zur Entwicklung der Budgetfunktionen bis zum Instrument der Gesellschaftspolitik vgl. etwa Stern, Staatsrecht, Bd. I I , § 45 I V 1,2. ι«9 Vgl. oben Β I 5 b). 190 Vgl. Stern / Münch / Hansmeyer, S. 72.

144

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

ihre positive Multiplikatorwirkung zu einer allgemeinen Steigerung der Löhne führen, die Kaufkraft der Verbraucher steigern und damit die private Nachfrage erhöhen 191 . Eine solche gezielte Steigerung der öffentlichen Ausgaben müßte sich als eine Maßnahme antizyklischer Wirtschaftspolitik auf die Konjunktur durchaus belebend auswirken 192 . Die Chancen einer Realisierung dieses Konzepts sind jedoch mehr als gering, denn der Besoldungsgesetzgeber hat es bislang nie für zweckmäßig erachtet, konjunkturbelebende Impulse gerade durch eine Erhöhung des Besoldungsaufwandes zu geben. Der Grund für diese Zurückhaltung dürfte weniger in der Befürchtung, die Beamtenfamilien könnten mit einem solchen Einkommenszuwachs lediglich ihre Sparquote erhöhen 193 , als vielmehr in den zu erwartenden politischen Auseinandersetzungen um einen solchen Plan liegen. Erfahrungsgemäß stoßen Besoldungserhöhungen in der Öffentlichkeit von jeher auf wenig Verständnis. Als Sachargument gegen ein solches Konzept ließe sich jedenfalls anführen, daß es den gerade in Baisse-Perioden erforderlichen Spielraum für staatliche Investitionen merklich einengen und dadurch die Gefahr einer Zunahme der Arbeitslosigkeit im privaten Sektor vergrößern würde 1 9 4 . 2. Besoldungskürzungen als Mittel „restriktiver" Konjunkturpolitik?

a) Das Steuerungsmodell von Heer Umgekehrt bietet sich nach den Vorstellungen von Heer 1 9 5 das für die Beamtenbesoldung vorgesehene Haushaltsvolumen für einen begrenzten Zeitraum als Instrument einer „restriktiven" Konjunkturpolitik an. In Phasen der Hochkonjunktur könnte eine Drosselung der allgemeinen Nachfrage nach Konsumgütern eventuell dadurch bewirkt werden, daß im Gegensatz zu der bisherigen Praxis der Konjunktursteuerung nicht die staatlichen Investitionen, sondern die Personalausgaben der öffentlichen Haushalte verzögert würden 1 9 6 . Dazu müßten die Einkommen des Lebenszeitbeamten derart umgestaltet werden, daß ein Teil von mehr als 10 v. H. des Grundgehalts bis zum

191 Zur Bedeutung der Kaufkraft der Beamtengehälter für die allgemeine Nachfrage Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 101 ff. 192 So etwa ο. V., D B B 1955, S. 199; kritisch zu der dahinter stehenden und insbesondere von den Gewerkschaften vertretenen „Kaufkrafttheorie" Hülsbruch, S. 103 f. und Andreae, HdWW, 5. Bd., S. 532 (542). 193 Vgl. zu dieser Frage v. Münch, Z B R 1978, S. 125 (127); Clemens, BBesG, Einführung, S. 10 und BT-Drucksache IV/2409 (dort unter 5). 194 Vgl. Andreae, HdWW, Bd. 5, S. 542. 195 Vgl. Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 110, 234f. Ebd., S. 109f.

IV. Besoldungsgesetzgebung und Konjunktursteuerung

145

Eintritt der angestrebten konjunkturellen Beruhigung verzinslich zurückbehalten werden könnte 197 . b) Einwände gegen eine Instrumentalisierung des Besoldungsaufwandes für wirtschaftspolitische

Ziele

Ob eine solche Besoldungspolitik die erwünschten konjunkturellen Wirkungen zeitigen würde, muß jedoch aus mehreren Gründen bezweifelt werden. aa) Wirtschaftspolitische Effizienz und sozialpolitische Akzeptanz Die Wirkungsverzögerung konjunkturpolitischer Maßnahmen läßt sich auch nach dem heutigen Erkenntnisstand der Volkswirtschaftslehre noch immer nicht befriedigend diagnostizieren 198 . Deshalb ist nicht auszuschließen, daß die Auszahlung der zurückbehaltenen Bezüge zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem sie bereits eine konjunkturelle Wiederbelebung unerwünscht forciert 199 . Ferner ist die nachfragedämpfende Wirkung einer vorübergehenden Besoldungskürzung auch deshalb nicht gewiß, weil sie im Hinblick auf die Einkommenssituation der nichtbeamteten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gegen den Widerstand der Beamtenverbände und -gewerkschaften in dieser Form politisch wohl nicht durchsetzbar sein dürfte 200 . Letztlich ist auch der Anteil der Beamten an der Gesamtzahl der abhängig Beschäftigten 201 kaum so hoch, als daß eine erzwungene Änderung des Konsumverhaltens allein bei dieser Gruppe den Konjunkturverlauf spürbar beeinflussen 1 97 Ebd., S. 234. 198 Vgl. dazu die Nachweise bei v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 11 a). Daher betonen auch BK-Vogel / Wiebel, Art. 109, Rdnr. 138 daß der Glaube an die Herstellbarkeit politisch vorherbestimmter Entwicklungen hinsichtlich makroökonomischer Vorgänge einstweilen noch in besonderem Maße fragwürdig ist, weil bereits die Transposition der in Art. 109 I I GG enthaltenen verfassungsrechtlichen Richtlinie in meßbare ökonomische Zielgrößen und der Stellenwert dieser einzelnen Zielgrößen umstritten sind. Die Möglichkeiten, die Konjunktur über die Gestaltung der öffentlichen Haushalte meßbar zu beeinflussen, sollten bereits aus diesen Gründen nicht überschätzt werden, vgl. Maunz, in: MDHS, GG, Art. 109, Rndr. 32. 199 Dies wird vom Heer, S. 234 selbst eingeräumt; zum sog. time - lag haushaltswirtschaftlicher Maßnahmen vgl. auch Maunz, Art. 109, Rndr. 32. 2 00 Vgl. auch Andreae, HdWW, Bd. 5, S. 542. 201 Der Anteil aller im öffentlichen Dienst tätigen Personen an der Gesamtzahl der abhängig Beschäftigten beträgt um die 14 ν. Η . , was etwas mehr als 5 v. H. der Gesamtbevölkerung entspricht. Der öffentliche Dienst spielt damit als Nachfrager auf dem Arbeitsmarkt keine dominierende Rolle, vgl. Heer, Beamtenbesoldung, S. 78 und Studienkommission, Bericht, Rdnr. 214. Wieso der Beamtenschaft dann in ihrer Eigenschaft als potentieller Nachfrager von Konsumgütern von Heer eine derart wichtige konjunkturpolitische Bedeutung zuerkannt wird, bleibt unerfindlich. Zur Bedeutung der Beamteneinkommen innerhalb der Bruttolohn- und Gehaltssumme vgl. auch Tennstedt, Z B R 1973, S. 289 (290). 10 Günther

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

könnte 202 . Auch in sozialpolitischer Hinsicht wären derartig intensive, wenn auch vorübergehende Einschnitte in die Einkommen der Beamten kaum vertretbar 203 . Es würde auf eine evidente Diskriminierung der Beamtenschaft gegenüber den anderen abhängig Beschäftigten hinauslaufen, wenn der Gesetzgeber unter Ausnutzung einer nicht primär für die Verwirklichung wirtschaftspolitischer Ziele begründeten einseitigen gesetzlichen Regelungsgewalt lediglich eine Bevölkerungsgruppe zu einem stabilitätspolitisch vernünftigen Verhalten zwänge, ohne andere Gruppen, die durch Konsumverzicht mindestens ebenso gut einen Beitrag zur Beruhigung des Preisauftreibs leisten könnten 2 0 4 , in die Pflicht zu nehmen. Die Einigung der Beamtenbesoldungspolitik als Element einer restriktiven Konjunkturpolitik wird deshalb im übrigen wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum insgesamt eher als gering eingestuft 205 , denn bereits die Einbindung der öffentlichen Personalausgaben in die mittelfristige Finanzplanung, mit der unter anderem eine langfristig produktivitätsorientierte Anpassung der Einkommen im öffentlichen Dienst angestrebt wurde, hat sich nicht als besonders erfolgreich herausgestellt 206. bb) Zweckentfremdung der Beamteneinkommen zur „konjunkturpolitischen Manövriermasse" Schwerer wiegen jedoch die rechtlichen Bedenken, die gegen derartige Pläne erhoben werden müssen. Daß der Gesetzgeber bei der Anpassung der Besoldung auch konjunkturpolitische Erwägungen anstellen darf, gibt ihm nicht notwendig die Befugnis, den Beamten mit Rücksicht auf konjunkturelle Belange gravierende Einkommenseinbußen aufzuerlegen, die keine Entsprechung in der Entwicklung der Einkommen der übrigen Bevölkerung finden.

202 Zu dem umgekehrten Fall - Besoldungserhöhungen als mögliche Ursache inflatorischer Tendenzen - vgl. ο. V., D B B 1955, S. 199 (200). 2 °3 So bereits zu Recht ο. V., D B B 1955, S. 199 (200). 204 Daß die Beamtenschaft insgesamt keine finanzielle überdurchschnittlich leistungsfähige Bevölkerungsgruppe bildet, betont in anderem Zusammenhang Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (73). Durch eine solche Politik würde der Gesetzgeber seinem aus Art. 109 I I GG folgenden Auftrag zur Herstellung eines angemessenen Ausgleichs der wirtschaftlichen Interessen aller Bevölkerungsgruppen nicht gerecht werden, d . h . trotz eventueller Erfolge in der Bekämpfung der Inflation letztlich kein „gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht" i.S.v. Art. 109 I I GG herstellen, vgl. oben Β I I I 3. 205 Vgl. etwa Andreae, HdWW, Bd. 5, S. 532 (542) und Determinanten der Personalausgaben, S. 337 m . w . N . ; Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 116; Tennstedt, Z B R 1973, S. 289 (290) und Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 111. Allgemein zu den Grenzen der Konjunktursteuerung über die öffentlichen Haushalte Haller, HdWW Bd. 5, S. 559 (579f.), wonach eine konjunkturelle Überhitzung nicht mit finanzpolitischen Mitteln, sondern in erster Linie über die Geldmengenpolitik bekämpft werden sollte. Weniger pessimistisch aber Servais, in: Gerloff / Neumark, H B d. FinWiss, S. 80. 206 Vgl Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 123 m.w.N.

IV. Besoldungsgesetzgebung und Konjunktursteuerung

147

Die Besoldung soll als eine der allgemeinen Einkommens- und Wohlstandsentwicklung entsprechende wirtschaftliche Lebensgrundlage auch den sozialen Standort der Beamtenschaft im allgemeinen Einkommensgefüge wahren. Sie darf deshalb nicht zu einer „konjunkturpolitischen Manövriermasse" zweckentfremdet werden 207 . Da die Realeinkommen der Arbeitnehmerschaft in Boom-Phasen gewöhnlich starke Zuwächse verzeichnen, müßte im Hinblick auf den Vorschlag von Heer eher von einem „Sonderopfer" der Beamten denn von einer „Anpassung" der Besoldung an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung gesprochen werden. Da der Besoldungsgesetzgeber nicht allein zur Vorauszahlung eines Gehalts schlechthin, sondern einer angemessenen Besoldung verpflichtet ist, könnte auch die spätere Auszahlung der zurückbehaltenen Gehaltssumme nichts daran ändern, daß für eine gewisse Zeit weniger als der „angemessene" Unterhalt gezahlt und deshalb gegen das Alimentationsprinzip verstoßen würde 208 . cc) Gefahr einer „besoldungspolitischen Zwickmühle" Die Schutzwirkung des Alimentationsgrundsatzes aktualisiert sich aber auch gegenüber einer weniger weit gehenden Berücksichtigung konjunkturpolitischer Aspekte. Mag jedes einzelne „Stabilitätsopfer" der Beamtenschaft sich durchaus noch im Rahmen des von § 14 BBesG gewährten Anpassungsspielraumes bewegen, entsteht bei einer Häufung derartiger Maßnahmen die Gefahr einer „besoldungspolitischen Zwickmühle" 2 0 9 : Eine Kompensation des in einer langen Boom-Phase eingetretenen Besoldungsrückstandes durch spätere Anpassungsgesetze erscheint - wenn er nicht im Laufe der Zeit auf breiter Front durch strukturelle Maßnahmen verringert wird 2 1 0 - nach aller 207 Vgl. Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334. 208 Dies wird von Heer, t Beamtenbesoldung, S. 234 selbst als eine denkbare rechtliche Konsequenz seines Vorschlages erkannt: Er konzediert nämlich, daß „es mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht vereinbar (ist), daß die Zahlung von Gehaltsbestandteilen nach Gutdünken aufgeschoben werden kann"; vgl. auch die Bedenken von Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 116 und ο. V., D B B 1955, S. 199 (200). Gegen eine Häufung von „Stabilitätsopfern" zu Lasten der Beamtenschaft zu Recht auch Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 33, Rdnr. 27. 209 Vgl. dazu Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 20 und Ule-FS, S. 349 (360); dazu auch Thieme, Gutachten 48. DJT, D 44. 210 Ob die nach § 27 I 2 BBesG im Abstand von zwei Jahren anfallende Steigerung der Dienstaltersstufe auf die lineare Anpassung nach § 14 BBesG „angerechnet" werden können (dafür in statistischer Hinsicht wohl Ellrott, RWI-Mitteilungen 1977, S. 243 (254/250f.), ist in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Zwar ermöglicht es die Entsprechungsklausel in § 14, bei der Anpassung der Besoldung den Besonderheiten des Besoldungssektors Rechnung zu tragen (vgl. Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.2) und daher ggf. spezifische Einkommenszuwächse, die außerhalb der allgemeinen Einkommensentwicklung auftreten, bei der Anpassung nach § 14 BBesG zu berücksichtigen. Andererseits gibt es Dienstaltersstufen nur bei den aufsteigenden Gehältern der Besoldungsordnung A (vgl. § 29 I I 1 BBesG). Ferner wäre eine Anrechnung der 10*

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Erfahrung recht unwahrscheinlich. Bei rückläufiger Konjunktur wird der Gesetzgeber sich nämlich an dem bereits verlangsamten Anstieg der Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes orientieren und dies um so stärker, je schneller das Steueraufkommen infolge der Rezession sinkt. Ein gegenüber der Tarifentwicklung „phasenverschobenes" Aufholen der Beamtengehälter ist deshalb wenig wahrscheinlich. Da die Arbeitnehmereinkommen sich in einer Rezession infolge des Tarifvertragssystems, der heute regelmäßig praktizierten antizyklischen staatlichen Wirtschaftspolitik und des ausgebauten Kündigungsschutzes mittlerweile nach unten weniger konjunkturreagibel als früher verhalten, steht ebensowenig zu erwarten, daß ein während der BoomPhase im privaten Sektor eingetretener Entwicklungsvorsprung der Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit sich im allgemeinen Abschwung durch einen weniger ausgeprägten Rückgang der Beamtengehälter wieder ausgleicht. Zwar sind die Beamtengehälter etwa in den Jahren 1930 bis 1932 der Abwärtsbewegung der durchschnittlichen Erwerbseinkommen erst mit einer gewissen Verzögerung gefolgt. Diese Erkenntnis sollte jedoch nicht verallgemeinert oder gar in den Rang spezifischen Entwicklungsgesetzes der Beamtenbesoldung erhoben werden 211 . Die These, die Beamtenschaft könne das einmal erreichte reale Einkommensniveau infolge der relativen Schwerfälligkeit der Besoldungsgesetzgebung gegenüber einem allgemeinen Einkommensrückgang länger halten als andere Gruppen, trifft jedenfalls auf die heutige Situation nicht mehr zu. Der Übergang zu einer kurzfristig reagierenden Anpassungsgesetzgebung hat dazu geführt, daß die Beamteneinkommen über den Tarifsektor des öffentlichen Dienstes in einem früher nicht gekannten Ausmaß mit der Entwicklung der Löhne und Gehälter in der Privatwirtschaft verschränkt sind. Dies scheint, wie die Entwicklung der letzten fünfzehn Jahre zeigt, für Phasen wirtschaftlicher Stagnation und Rezession in noch stärkerem Maße zu gelten als für Phasen des konjunkturellen Aufschwunges. Festzuhalten bleibt, daß ein eventuell in früheren Epochen die Beamtenbesoldung auszeichnender „Abstiegswiderstand" gegenüber der Rezession wegen der dann akut werdenden Deckungsprobleme der öffentlichen Hausdadurch eintretenden Einkommenszuwächse nur unter der Voraussetzung unbedenklich, daß auch die Dienstalterszulage zur Anpassung des Gehalts an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung gewährt wird. Dies ist aber nicht der Fall. Als Konsequenz des Prinzips des späten Lohnes soll sie vielmehr die bedarfsgerechte Verteilung des Lebenseinkommens auf die aktive Dienstzeit des Beamten bewirken (vgl. Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 125 sowie Summer, Z B R 1984, S. 57 (62 m.w.N.). Mit einer Anpassung der Gesamtbesoldung an die Entwicklung des Volkswohlstands hat die Dienstalterszulage folglich nichts zu tun. 211 So aber Castner, Schmoller's JB 1962, S. 462 (469); ähnlich Servais, in: Gerloff / Neumark, H B d. FinWiss, Bd. 2, S. 70, der den Widerstand gegen die Baisse-Bewegung für ein Charakteristikum der Besoldung hält; zust. Strecker, Z B R 1966, S. 1 (5). Für die besoldungsrechtliche Institutionalisierung eines „Abstiegswiderstandes" als Ausgleich für eine unvollständige Teilnahme der Beamteneinkommen an wirtschaftlichen Blütephasen gar Kriegbaum, Z B R 1970, S. 210 (218).

IV. Besoldungsgesetzgebung und Konjunktursteuerung

149

halte in der Anpassungsgesetzgebung heute wohl nicht mehr existiert 212 . Auch aus diesem Grunde ist in Hochkonjunkturphasen gegenüber allzu großen stabilitätspolitischen Abschlägen bei der Anpassung der Gehälter Vorsicht geboten 2 ^. 3. Der akzessorische Charakter der Besoldungsanpassungsgesetzgebung gegenüber der allgemeinen Einkommensentwicklung

a) Anpassung und retrospektive

Orientierung des Gesetzgebers

Grenzen für die Berücksichtigung konjunkturpolitischer Belange ergeben sich überdies aus dem Begriff der Anpassung. Da „Anpassung" vom Wortsinn her die nachträgliche Wiederherstellung einer ursprünglich existierenden Relation zwischen zwei Ausgangsgrößen bezeichnet 214 , legt es der Wortlaut des § 14 BBesG nahe, daß der Gesetzgeber die Anpassungsmaßnahmen in erster Linie an der realen und empirisch feststellbaren, nicht dagegen an der von ihm prognostizierten oder für wünschenswert gehaltenen zukünftigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ausrichtet 215 . Daß die Besoldung in die mittelfristige Finanzplanung eingebunden ist, ändert nichts daran, daß der Gesetzgeber die Anpassungsmaßnahmen grundsätzlich retrospektiv, d. h. nach dem von ihm beobachteten wirtschaftlichen Verlauf, auszurichten hat 2 1 6 . Wenn der Gesetzgeber bei der Anpassung der Besoldung jeweils an die abgeschlossene gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Vorjahres anknüpft, müßte diese Verfahrensweise streng genommen zu einem ständigen Nachhinken der Beamtenbesoldung hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung führen 2 1 7 , dies um so mehr, als der Gesetzgeber in der Regel das Ergebnis der Vergütungstarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst abwartet und darüber hinaus auch für die Verabschiedung des jeweiligen Anpassungsgesetzes soviel Zeit braucht, daß dieses mitunter erst zwischen Mitte und Ende des Jahres in Kraft tritt. Andererseits wird den Gesetzen gewöhnlich rückwirkende 212 Dies zeigt insbesondere die Besoldungsgesetzgebung seit dem Ende der siebziger Jahre, vgl. Erster Teil A I V 6. 213 So im Ergebnis auch Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 33, Rdnr. 27 und Zeitler, R i A 1962, S. 243 (244). 2 4 1 Vgl. oben Β 11 b). 215 So ausdrücklich Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 4; ähnlich Clemens, BBesG, Einführung, S. 11; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 123 und Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.1. 216 Ähnlich die Studienkommission, Bericht, Rdnr. 733 und ο. V., D B B 1955, S. 199

(200).

217 So Thieme, Gutachten 48. DJT, D 43; Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 123; kritisch zur Wirksamkeit des § 60 a.F. BBesG in der Besoldungsgesetzgebung Fürst, GKöD I, Κ vor § 82, Rdnr. 8; Clemens / Lantermann, Entwicklung des Besoldungs- und Laufbahnrechts, S. 14; Studienkommission, Bericht, Rdnr. 730; skeptisch auch Traeger, S. 61 f. sowie Skiba, D B B 1973, S. 188 (189).

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Kraft beigelegt, so daß jedenfalls mit der Einkommensentwicklung im Tarifsektor ein Gleichklang hergestellt werden kann 2 1 8 . b) Die Rolle des öffentlichen Dienstes bei der Verwirklichung gesellschafts- und einkommenspolitischer Reformen Eine Vorreiterfunktion der Beamtenschaft in einkommenspolitischen Fragen widerspräche letztlich auch der besonderen Stellung des Berufsbeamtentums in Staat und Gesellschaft. Seine Funktion als ausgleichender Faktor zwischen den im parlamentarischen Raum und an der Spitze der Exekutive agierenden politischen Strömungen 219 läßt sich mit einer Instrumentalisierung der Beamtenbesoldung für einkommens- und konjunkturpolitische Experimente kaum vereinbaren. Der öffentliche Dienst soll kein Versuchsfeld für gesellschaftspolitische Reformprojekte sein. Zwar kann er nicht auf Dauer von der sozialen Entwicklung isoliert werden. Die vornehmste Funktion des Staatsdienstes besteht jedoch darin, unter Wahrung seiner Identität die gesellschaftliche Wirklichkeit nach Maßgabe der Gesetze zu gestalten 220 . Mit dieser vom Grundgesetz vorgenommenen Funktionszuweisung ist es aber schwerlich vereinbar, den öffentlichen Dienst im allgemeinen und das Berufsbeamtentum im besonderen der angestrebten gesellschaftlichen Veränderung gleichzeitig mit zu unterwerfen 221 . Daß in den zwanziger Jahren gerade das Beamtenbesoldungsrecht von den verschiedenen politischen Richtungen zur Umsetzung unterschiedlicher gesellschaftspolitischer Grundauffassungen benutzt wurde, hat mit der dadurch zwangsläufig eintretenden Politisierung der Bediensteten das Vertrauen der Beamtenschaft in die jeweilige Regierung nicht etwa gefördert und könnte auch eine der Ursachen für die ausgebliebene Identifikation der Beamtenschaft mit der republikanischen Staatsform gewesen sein. Auch das Beispiel der Brüningschen Notverordnungen zeigt, welchen beamtenpolitischen Sprengstoff eine Besoldungspolitik birgt, die die Einkommen der Beamten als Instrument einer vornehmlich auf Wirkungen im privaten Sektor abzielenden Einkommens- und Lohnpolitik benutzt 222 . Die Versuchung, daß 218 Vgl. Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 209; Schäfer / Skiba / To faute, Personalausgaben und Einkommensfindung, S. 105. Außerdem sind Abschlagszahlungen und Uberbrückungszulagen üblich, die mit dem Inkrafttreten des entsprechenden Vergütungstarifvertrages einsetzen. Zur Problematik dieser Praxis vgl. Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 4.1. 219 Vgl. oben A 11 b). 220 In diesem Sinne Millack / Summer, Z B R 1978, S. 138 (145). 221 Für eine begrenzte Funktion des Beamtentums als „Vorreiter sozialer Entwicklungen" aber Schick, Studienkommissionsgutachten, S. 225; gegen ein solches Verständnis des öffentlichen Dienstes ζ. B. im Hinblick auf die Diskussion über die Verkürzung der Arbeitszeit Lecheler, Z B R 1980, S. 1 (7f.). 222 Gegen eine derartige Instrumentalisierung der Besoldungsanpassungsmaßnahmen Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 3.1 (dort FN 21), wonach dies keine

V. Anpassungsgesetzgebung und Arbeitsmarktlage

151

der Staat sich in seiner Doppelrolle als Arbeitgeber und wirtschaftspolitisches Lenkungsorgan berufen fühlt, mittels der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst und einer entsprechenden Anpassung der Beamtenbesoldung gewisse „Lohnleitlinien" zu setzen, ist aber vielleicht zu groß, als daß er ihr auf die Dauer widerstehen könnte 223 . c) Begrenzte Zulässigkeit „antezipierender" Besoldungsanpassungsgesetze Dem im Verhältnis zur allgemeinen Einkommensentwicklung akzessorischen Charakter der Besoldungsanpassung scheint daher auch eine Gesetzgebung zuwider zu laufen, die die Anpassung bereits für das nächste Jahr oder einen noch längeren Zeitraum vorwegnimmt 224 . Auch scheinen sich Friktionen mit dem Erfordernis „regelmäßiger" Anpassung zu ergeben. § 14 BBesG legt dem Gesetzgeber aber nicht auf einen einmal gewählten Rhythmus fest 225 . Im übrigen kann eine solche Vorabregelung durchaus im Sinne des Alimentationsgrundsatzes liegen. In haushaltspolitischer Hinsicht ermöglicht sie eine noch exaktere Bestimmung des zukünftigen Besoldungsaufwandes. Des weiteren kann sie bei absehbaren langfristigen inflatorischen Tendenzen einem Einkommensrückstand der Beamtenschaft vorbeugen. Dem Gesetzgeber steht es dann immer noch frei, die Vorabregelung kurzfristig durch ein anderes Gesetz aufzuheben, falls die Kaufkraft des Geldes sich entgegen seiner ursprünglichen Prognose entwickelt.

V . Besoldungsanpassungsgesetzgebung und Arbeitsmarktentwicklung 1. Der Arbeitsmarkt als Indikator der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

Zeichnen sich Phasen der Hochkonjunktur mitunter durch einen Mangel an Arbeitskräften und eine entsprechende Neigung mancher Branchen zu übertariflicher Bezahlung aus, führt eine wirtschaftliche Rezession nicht nur zur Anpassung i.S.v. § 14 BBesG, sondern ein „verfassungsrechtlich unzulässiges Gestaltungsmotiv" sein soll; kritisch auch Clemens, Z B R 1983, S. 249 (251). 223 y g i Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 287. Für eine Vorbildfunktion der Beamtenschaft gegenüber der übrigen Bevölkerung durch freiwillige Selbstbeschränkung und wirtschaftliche Vernunft plädiert etwa Kleefisch, Z B R 1961, S. 1 (7). 224 So geschehen durch das „Gesetz zur Belebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts" vom 20.12.1982, BGBl I S. 1857 (1870); vgl. dazu oben Erster Teil A I V 6. 225 Vgl. Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 8. Die gesetzgeberische Maßnahme muß lediglich so rechtzeitig erfolgen, daß ein Auseinanderklaffen von Besoldungs- und übriger Einkommensentwicklung nicht eintritt; enger dagegen wohl Schwegmann / Summer, § 14 Rdnr. 4.1.

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Freisetzung einer wachsenden Zahl von Arbeitnehmern. Zu einer Stagnation oder einem Rückgang der Arbeitnehmereinkommen tritt im öffentlichen Sektor eine dynamische finanzielle Belastung der Bundesanstalt für Arbeit durch steigende Aufwendungen für Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Maßnahmen der Arbeitsförderung 226 . Obwohl die Lage des Arbeitsmarktes als ein wesentlicher Indikator für die allgemeine wirtschaftliche Situation fungiert, findet sie in § 14 BBesG keine unmittelbare Erwähnung. Da die Einkommenslage der in der privaten Wirtschaft beschäftigten Arbeitnehmer in Gestalt der Brutto-Lohn- und Gehaltssumme wesentlich von der Stabilität des Beschäftigungsniveaus abhängt, wird die allgemeine Einkommensentwicklung - und damit der wichtigste Richtpunkt für die Anpassungsgesetzgebung - auch von der Situation auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig beeinflußt. Der Anpassungsgesetzgeber kann die Entwicklung des Beschäftigungsniveaus deshalb zumindest mittelbar berücksichtigen. Dabei kann die Beamtenschaft in Zeiten der Hochkonjunktur aus einem Nachfrageüberhang auf dem Arbeitsmarkt finanziellen Nutzen ziehen, wenn die öffentlichen Arbeitgeber aus Gründen ihrer Wettbewerbsfähigkeit zur Aufbesserung der Gehälter gezwungen sind. Umgekehrt kann, wie das Beispiel der Reichshilfe und der nachfolgenden direkten Gehaltskürzungen in den Jahren 1930 bis 1932 belegt, eine Verschlechterung der Beschäftigungssituation Anlaß zu einem Abbau der Gehälter geben. Daß die Kaufkraft der Beamtengehälter sinken darf, wenn infolge hoher und lang anhaltender Arbeitslosigkeit die Arbeitnehmereinkommen auf breiter Front rückläufig sind 2 2 7 , ist, da sich in diesem Phänomen eine rückläufige allgemeine wirtschaftliche Entwicklung spiegelt, selbstverständlich. Schwieriger fällt die Anwort auf die Frage, ob den Beamten darüber hinaus allein mit Rücksicht auf eine angespannte Arbeitsmarktlage gegenüber anderen Bevölkerungsschichten gewisse Einkommenseinbußen auferlegt werden dürfen 228 .

226 Ygi d a z u m j t umfassenden Nachweisen zur Entwicklung seit 1975: Bosch, WSIMitteilungen 1981, S. 667; Berg/Tettmann, Z B R 1983, S. 217 und Schnupp, R i A 1981, S. 201. 227 Vgl. Schwegmann I Summer, BBesG, § 14 Anm. 3.1 und Isensee, in: Benda/ Maihofer / Vogel, H B d. VerfR, S. 1182 (1187). 228 I.d.S. etwa die Bundesregierung im Bulletin des Presse- und Informationsamts vom 2. Juli 1983, S. 682. Dafür offenbar auch der Abgeordnete Hoppe (FDP), BTVhdl., Bd. 120, S. 4498 B, wonach Einkommensverzichte im öffentlichen Dienst ein Signal der Solidarität mit den in der Privatwirtschaft einem ungleich höheren Arbeitsplatzrisiko ausgesetzten Arbeitnehmern setzen sollen.

V. Anpassungsgesetzgebung und Arbeitsmarktlage

153

2. Zurückhaltende Besoldungsanpassungspolitik als Ausgleich für ein fehlendes Beschäftigungsrisiko?

a) Arbeitsplatzsicherheit

außerhalb des Beamtenverhältnisses

Einen derartigen „Arbeitsmarktbeitrag" könnte die Beamtenschaft dadurch erbringen, daß die Besoldungsanpassung mit Rücksicht auf die Situation der arbeitslosen Mitbürger niedriger als die Einkommenszuwächse in anderen Sektoren ausfällt oder als es zumindest zum Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten erforderlich wäre. Zur Begründung einer derart zurückhaltenden Besoldungspolitik wird meistens angeführt, daß Beamte im Gegensatz zu der Mehrzahl der abhängig Beschäftigten infolge ihrer lebenslangen Anstellung selbst in Krisenzeiten keinen Verlust ihres Arbeitsplatzes befürchten müssen 229 . Eine relativ geringere Zunahme der Bruttobezüge erscheint auch deswegen legitim, weil Beamte nicht sozialversicherungspflichtig und deshalb auch nicht von den in Krisenzeiten üblichen Steigerungen der Arbeitnehmeranteile in der Arbeitslosenversicherung betroffen sind. Die Zunahme ihrer Nettoeinkommen muß also trotz einer relativ geringeren Steigerung der Bruttogehälter nicht notwendig hinter der durchschnittlichen Entwicklung der Netto-Einkommen der Arbeitnehmerschaft zurückbleiben 230 . In der Vergangenheit sind derartige Erwägungen, die eher sozial- denn beamtenpolitischer Natur sind, den Besoldungsforderungen der Beamten von amtlicher Seite denn auch regelmäßig entgegengehalten worden. Ein solcher „versteckter" Arbeitsmarktbeitrag ist damit jedenfalls aus historischer Perspektive durchaus nichts Ungewöhnliches. Andererseits ist heutzutage ein sicherer Arbeitsplatz kein exklusiver sozialer Besitzstand mehr, welcher die Beamtenschaft in Krisenzeiten als eine privilegierte Gruppe aus der Masse der abhängig Beschäftigten emporhebt. Im Bereich des öffentlichen Dienstes werden ζ. B. Angestellte nach fünfzehn Jahren Beschäftigungsdauer gemäß § 53 I I I B A T praktisch unentlaßbar 231 . Für die übrigen nichtbeamteten Beschäftigten ist durch eine hohe Dichte von Rationalisierungsschutzabkommen und eine sehr zurückhaltende Kündigungspraxis der öffentlichen Arbeitgeber ebenfalls ein hohes Maß an Arbeitsplatzsicherheit gewährleistet 232 , so daß das mit dem Beamtenstatus verbun229

So ausdrücklich die Bundesregierung im Bulletin ν om 2. Juli 1983, S. 682. Kritisch zu solchen Plänen Clemens, Z B R 1983, S. 249. 230 Mit dieser Begründung wurde im Jahre 1982 seitens der Bundesregierung die erstmalige Verschiebung der Besoldungsanpassung gegenüber dem Tarifsektor des öffentlichen Dienstes gerechtfertigt, vgl. BT-Drucksache 9/1912, Anlage C; in diesem Sinne bereits Bosch, WSI-Mitteilungen 1981, S. 667 (678). 231 Vgl. dazu Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 17 sowie Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, S. 138. 232 Vgl. Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (72); Mayntz, S. 140; Keller, Arbeitsbeziehungen S. 83,91 m.w.N.

154

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

dene hohe Maß an sozialer Sicherheit schon unter besoldungspolitischen Gesichtspunkten nicht unreflektiert zum Anlaß für eine zurückhaltende Einkommenspolitik genommen werden sollte 233 . b) Lebenslänglichkeit des Dienstverhältnisses als soziale Privilegierung des Beamten? Des weiteren ist es überhaupt fraglich, ob das lebenslange Dienstverhältnis mit der daraus resultierenden umfassenden sozialen Absicherung seitens des Staates etwa in der Absicht begründet wird, Beamte gegenüber der Mehrheit der abhängig Erwerbstätigen zu privilegieren. Die mit dem besonderen Rechtsstatus verbundene lebenslängliche Bindung an den Dienstherrn ist wie der ihr entsprechende Anspruch auf umfassende materielle Absicherung die Grundvoraussetzung für eine fachlich qualifizierte und wirtschaftlich unabhängige, d. h. aber ausschließlich nach Gesetz und Recht handelnde Beamtenschaft 234 . Indem das Lebenszeitprinzip die rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür schafft, daß der Beamte zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben unbegrenzt zur Verfügung steht 235 , liegt es eher im öffentlichen denn im individuellen Interesse des Beamten begründet 236 . Daher geht die Forderung, das mit dem Beamtenstatus verbundene hohe Maß an sozialer Absicherung müsse bei der Anpassung der Bezüge mitberücksichtigt werden, wie die dahinter stehende Vorstellung, ein Abbau sozialer Privilegien dürfe auch vor dem öffentlichen Dienst nicht haltmachen, an den tragenden Prinzipien des heutigen Beamtenrechts wie an den gewandelten Verhältnissen der sozialen Wirklichkeit gleichermaßen vorbei. Obwohl der Anpassungsgesetzgeber auch haushalts-, währungs- und konjunkturpolitischen Erwägungen Raum geben darf 2 3 7 , ist deshalb zweifelhaft, ob in diesem Rahmen genuin arbeitsmarktpolitische Aspekte gleichrangig zu berücksichtigen sind. Vorrangiger Anknüpfungspunkt für die Anpassung der Besoldung an veränderte wirtschaftliche und finanzielle Rahmenbedingungen ist die allgemeine Einkommensentwicklung 238 . Wenn eine rechtsstaatliche und zuverlässige Verwal233 Vgl. Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (211). Zutreffend bemerkt Mayntz, S. 138, daß die Sicherheit, die der Beamte genieße, in einkommenspolitischer Hinsicht an Wirkung verliere, wenn Kündigungsschutz und Arbeitslosenversicherung das Risiko des Arbeitsplatzverlustes allgemein nicht mehr so hoch wie in früheren Zeiten erscheinen ließen. 2 34 Vgl. nur Woothke, Z B R 1957, S. 277 (282); Thiele, DVB11981, S. 253 (254,258); Lecheler, AöR 103, S. 349 (370); Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 34 (55) und Fees, Z B R 1968, S. 197 (199). 235 Vgl. Isensee, Beamtenstreik, S. 46 m.w.N. 236 Vgl. Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 17; Lecheler, Arbeitsmarkt und öffentlicher Dienst, S. 66; dens., A ö R 103, S. 349 (379) und Quaritsch, Ο 55. 237 Vgl. oben Β I V 1. 238 Vgl. oben Β I I 1 b).

V. Anpassungsgesetzgebung und Arbeitsmarktlage

155

tung auch in Krisenzeiten gewährleistet sein soll, müssen die Bezüge der Beamten jedoch in einem geringeren Maß als die Einkommen im privaten Sektor von konjunkturellen Schwankungen abhängig sein 239 . Deshalb darf ungeachtet aller statistisch nachweisbaren Interdependenzen zwischen der Einkommenshöhe in der Privatwirtschaft und der im öffentlichen Dienst 2 4 0 die Situation des Arbeitsmarktes als solche in besoldungsrechtlicher und politischer Hinsicht für die jeweilige Höhe der Besoldung nicht von vorrangiger Bedeutung sein 241 . Per Gesetz im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage verfügte „Solidaritätsopfer" in Gestalt offener oder versteckter Gehaltseinbußen sind, solange sie keine Entsprechung in der allgemeinen Einkommensentwicklung finden 242 , nicht nur eine contradictio in adiecto, sondern auch keine „Anpassung" der Bezüge im Sinne von § 14 BBesG 2 4 3 . Im Gegensatz zu früheren Epochen kann deshalb auch die beitragsfreie Altersversorgung der Beamten eine Besoldungsanpassungsgesetzgebung, die der Einkommensentwicklung außerhalb des öffentlichen Dienstes nicht hinreichend Rechnung trägt, kaum noch rechtfertigen 244 . Die Beamtenpension ist wie das Aktivgehalt Bestandteil des Alimentationsanspruches und damit der umfassenden öffentlich-rechtlichen Gegenleistung des Dienstherrn für die lebenslange Dienstbereitschaft 245 . Die Altersversorgung der Beamten wird daher auch anders als die der Arbeitnehmer nicht von einem Sozialversicherungsträger, sondern unmittelbar durch den Dienstherrn gewährleistet 246 .

239

Vgl. Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (218). Vgl. dazu insbesondere Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 91 ff.; Schmölders, Finanzpolitik, S. 210f. und die weiteren Nachweise oben A I I 4. 241 So Quaritsch, Ο 43; Isensee, Beamtenstreik, S. 40. Der Einfluß, den die außerhalb des öffentlichen Sektors gegebene Einkommenssituation auf das Besoldungsniveau als ganzes ausübt, ist bei empirischer Betrachtung nicht zu leugnen. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß eines der wesentlichen Motive etwa für die Besoldungserhöhungen von 1927 oder in den sechziger Jahren die durch die allgemeine Beschäftigungslage bedingte Personalnot der öffentlichen Dienstherrn war. 242 Vgl. Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 3.1. Ähnlich Lecheler, Arbeitsmarkt und öffentlicher Dienst, S. 66, der das fehlende Arbeitsplatzrisiko bereits in der Bemessung der Grundgehälter berücksichtigt sieht. Zustimmend Thiele, DVP 1981, S. 36 (38); vgl. auch Naujoks, ZBR 1976, S. 65 (73). 243 Gegen eine pauschale „Anrechnung" der Lebensanstellung auf die Besoldungsentwicklung dezidiert auch Woothke, Z B R 1957, S. 277 (283). 244 y g i Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 119 und Ellwein / Zoll, Berufsbeamtentum, S. 82. 240

24

5 Vgl. oben A I 3 a). Den untrennbaren funktionalen Zusammenhang von Besoldung und Versorgung sowie ihre gemeinsame Wurzel in dem umfassenden Alimentationsanspruch des Beamten betont Fürst, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Neuregelung der Beamtenversorgung, S. 9f. Bereits deshalb ist die Beamtenversorgung nicht in anderer Form, etwa als Sozialversicherungsleistung, erbringbar, was auch Ruland, Z B R 1983, S. 313 (316) konzediert; vgl. dazu ferner Krause, Vereinbarkeit der Vorschläge der Sachverständigenkommission „Alterssicherungssysteme", S. 24f., wonach das hergebrachte sog. 246

156

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Wegen dieses das Versorgungsrecht aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht beherrschenden „Prinzips des späten Lohnes" 2 4 7 erübrigt sich eine Mitgliedschaft der Beamten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die gegenüber dem Arbeitnehmerstatus entfallende Notwendigkeit eigener Vorsorge für den Lebensabend wird jedoch bei der Bemessung des Lebenseinkommens und insbesondere der Aktivbezüge berücksichtigt 248 ; in letzter Zeit zu beobachtende internalisierende System nicht zuletzt dadurch gerechtfertigt ist, daß es die rechtlichen Bindungen zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn über die aktive Dienstzeit hinaus aufrecht erhält und den Gesetzgeber in die Lage versetzt, Pflichtverstöße auch bei Ruhestandsbeamten zu sanktionieren. Würde demgegenüber die Versorgung ausgeschiedener Beamter durch einen Rentenversicherungsträger, mithin im allgemeinen Staatsbürgerverhältnis, erfolgen, wäre beispielsweise nicht einzusehen, wieso der Ruhestandsbeamte seinem Dienstherrn noch zur Treue und der Allgemeinheit nach § 35 S. 2 BRRG zu achtungswürdigem Verhalten verpflichtet und dementsprechend dem Disziplinarrecht unterworfen sein soll (vgl. §§ 2 1 Nr. 2 b) B D O ; 77 I I BBG). Eine Eingliederung der Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung würde also unmittelbar das Ruhestandsbeamtenverhältnis im Kern eliminieren und letztlich das Prinzip der Lebenslänglichkeit des Beamtenverhältnisses untergraben. 247 Vgl. dazu Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 93ff. sowie die Nachweise oben A I I 4 d). 248 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 95; Summer ! Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (13); Fürst I Loschelder, Z B R 1983, S. 1 (8); Summer, Z B R 1984, S. 57 (58 m.w.N.). Aus dem gegenüber den Einkommen der mit vergleichbaren Funktionen betrauten nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes generell niedrigeren Brutto-Niveau der Beamtenbezüge sowie aus dem Umstand, daß ein Beamter bei vorzeitiger Auflösung des Beamtenverhältnisses in vollem Umfang zu Lasten des Dienstherrn in der gesetzlichen Rentenversicherung nach versichert wird, zieht Bartsch, Z B R 1974, S. 345 (347) den Schluß, daß der Beamte bis dahin gewissermaßen „versteckte" Beiträge zur Altersvorsorge erbracht und diese seinem Dienstherrn sozusagen treuhänderisch als ein wirtschaftlich getrenntes Sondervermögen bis zum Eintritt des Versorgungsfalles überlassen hat. Auch Ruland, Z B R 1983, S. 313 (317) geht davon aus, daß der Besoldung „wirtschaftlich betrachtet" ein fiktiver Wert für die Altersversorgung hinzugerechnet werden müsse. Diese Betrachtungsweise ist aus mehreren Gründen unhaltbar: Zum einen unterschiebt sie dem Besoldungs- und Versorgungsrecht rentenversicherungsrechtliche Grundgedanken, was aber aufgrund der originären Konzeption von Besoldung und Versorgung als einer auf Lebenszeit und aus einer Hand geleisteten materiellen Gesamtabsicherung - und nichts anderes bedeutet „Alimentation" im beamtenrechtlichen Sinne (vgl. Fürst, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 9) - nicht nur überflüssig ist, sondern geradezu von einer Verkennung der grundsätzlichen Unterschiede zeugt, die zwischen der Beamtenversorgung auf der einen und der gesetzlichen Rentenversicherung als einem System kollektiv-solidarischer Selbstvorsorge auf der anderen Seite bestehen. Wie Loschelder, D Ö V 1984, S. 1003ff. zutreffend rügt, geht es nicht an, das Beamtenversorgungsrecht jeweils nur aus der Perspektive des stillschweigend als Maßstab vorausgesetzten allgemeinen Arbeitsrechts zu bewerten und einen dementsprechenden Egalisierungsdruck auf das Beamtenverhältnis auszuüben. Zum anderen kann die von Bartsch gegebene Deutung des Unterschiedes zwischen den Brutto-Einkommen bereits deshalb nicht überzeugen, weil - wäre sie zutreffend - der Dienstherr einem Beamten, der vorzeitig verstirbt und keine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen hinterläßt, bestimmte durch die Dienstleistung erworbene Gehaltsbestandteile vorenthalten und ihn im Vergleich zu anderen Beamten während der aktiven Dienstzeit zu niedrig bezahlt hätte. Demgegenüber ist mit Fürst, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 11 davon auszugehen, daß die Versorgungslast allein vom Dienstherrn, und zwar

V. Anpassungsgesetzgebung und Arbeitsmarktlage

157

Versuche, durch eine A n r e c h n u n g dieser Beitragsfreiheit auf die Anpassungsquote „soziale Symmetrie" zwischen Beamten u n d A r b e i t n e h m e r n herzustell e n 2 4 9 , sind m i t den Eigengesetzlichkeiten des Beamtenbesoldungs- u n d -versorgungsrechts prinzipiell i n k o m m e n s u r a b e l 2 5 0 u n d auch i n besoldungspolitischer Hinsicht abzulehnen. Dies gilt erst recht für die i n letzter Z e i t wieder erhobene Forderung, die aktiven Beamten müßten wie A r b e i t n e h m e r durch Erhebung sog. positiver oder offen ausgewiesener, d. h. v o m Bruttogehalt i n A b z u g zu bringender „Eigenbeiträge" an der Finanzierung ihrer Alterssicherung beteiligt werd e n 2 5 1 . Abgesehen davon, daß ein solcher nach der Beitragslast der sozialversicherungspflichtigen

Arbeitnehmer

ausgerichteter

„Quasirentenversiche-

rungsbeitrag" bei den meisten Beamten zu einer Schmälerung des N e t t o - E i n kommens u m einen Betrag i . H . v . ca. 9 v . H . des jeweiligen B r u t t o - E i n k o m mens führen würde u n d die Gehälter deshalb zuvor, wenn ein angemessenes Niveau der N e t t o - E i n k o m m e n auch i n Z u k u n f t gesichert sein soll, etwa u m den i n A b z u g zu bringenden Betrag erhöht werden m ü ß t e n 2 5 2 , bestehen gegen durch „Umschichten" der aufgrund der Alimentationsverpflichtung insgesamt in Form von Besoldung und Versorgungsbezügen zu erbringenden finanziellen Gesamtleistung erbracht wird. 249 So in der Tendenz etwa die Begründung zum BBesVAnpG 1982, wo die zeitliche Verschiebung der Besoldungsanpassung gegenüber dem Inkrafttreten der entsprechenden Tarifverträge im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes u. a. mit der gestiegenen Beitragslast der dort beschäftigten Arbeitnehmer zur Renten- und Arbeitslosenversicherung begründet wurde, vgl. BT-Drucksache 9/1912 Anlage C; ähnlich Krause, Vereinbarkeit der Vorschläge, S. 8, wonach eine sachgemäße Anpassung der Beamtenbezüge an die allgemeine Einkommensentwicklung auch diejenigen Schmälerungen berücksichtigen muß, die die Einkommen der nichtbeamteten unselbständig Tätigen durch die in den letzten Jahren zu beobachtenden erheblichen Steigerungen der Beitragssätze zur Sozialversicherung erfahren haben. 250 Zu der systematischen Problematik und begrenzten Aussagekraft eines Vergleichs zwischen den verschiedenen Alterssicherungssystemen vgl. etwa Loschelder, D Ö V 1984, S. 1003 (1006ff.); Fürst, verfassungsrechtliche Grenzen, S. 7f.; Krause, Vereinbarkeit der Vorschläge, S. 9ff. und Ruland, Z B R 1983, S. 313 (315). 251 So etwa das Mehrheitsvotum der von der Bundesregierung im Jahre 1981 eingesetzten „Sachverständigenkommission Alterssicherungssysteme", vgl. dazu die kritische Darstellung der von der Kommission Ende 1983 vorgelegten Ergebnisse bei Krause, S. 5f., 41 und Loschelder, D Ö V 1984, S. 1003ff. 252 Der Personalkostenaufwand der Dienstherren würde also durch die Einrichtung sog. Pensionsfonds im Ergebnis nicht verringert, sondern zwangsläufig erhöht. Eine Beitragserhebung ohne eine entsprechende vorherige Anhebung der Brutto-Gehälter wäre nur unter der Voraussetzung vertretbar, daß die Beamtengehälter gegenwärtig um ca. 9 v . H . zu hoch sind. Abgesehen davon, daß die fehlende Pflicht des Beamten zur Eigenvorsorge für das Alter bereits in der Bemessung der Brutto-Gehälter Ausdruck gefunden hat, erscheint eine derart gravierende zusätzliche Belastung der BruttoGehälter vor dem Hintergrund der ca. seit 1979 divergierenden Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst einerseits und in der gewerblichen Wirtschaft andererseits zumindest in einkommenspolitischer Hinsicht nicht vertretbar, vgl. Krause, S. 34f. Daher dürfte eine vorherige - nach Auffassung des Verfassers auch rechtlich gebotene - Erhöhung der Brutto-Gehälter auch nicht im Laufe der Jahre durch Abstriche von

158

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

diesen Vorschlag auch mannigfaltige verfassungsrechtliche Bedenken. Resultiert der Versorgungsanspruch des Beamten wie sein Besoldungsanspruch aus dem als Ganzheit aufzufassenden Alimentationsanspruch gegenüber dem Dienstherrn, wird also auch er von der Gegenleistungspflicht des Dienstherrn für die lebenslängliche Dienstbereitschaft des Beamten mitumfaßt, ist alleiniger Träger der finanziellen Lasten der ohnehin nicht beitrags-, sondern amtsbezogenen Versorgung per definitionem und de constitutione lata der Dienstherr 2 5 3 . Im Hinblick auf die Alterssicherung besteht daher keine Solidarbeziehung zwischen den aktiven und den im Ruhestand befindlichen Beamten, aufgrund derer ein System kollektiver Selbstvorsorge etwa im Sinne eines „beamtenrechtlichen Generationenvertrages" etabliert werden könnte 254 . Angesichts der von Art. 33 V GG vorausgesetzten Konzentration sämtlicher beamtenrechtlicher Bindungen auf den jeweiligen Dienstherrn läßt sie sich auch nicht durch einen A k t politischer Dezision des einfachen Gesetzgebers schaffen 255 . Das Beamtenverhältnis ist kein auf dienstvertraglicher Grundlage beruhendes und auf unbestimmte Zeit eingegangenes Arbeitsverhältnis und darf deshalb nicht mit Elementen kollektiver Selbstvorsorge - d. h. aber im Hinblick auf Art. 3 I und 33 V GG systemfremden - Versatzstücken angereichert werden 256 . Auch wenn derartige Maßnahmen in weiten Kreisen der Bevölkerung auf ein gewisses Verständnis oder gar Zustimmung stoßen würden, könnte ein derartiger sozialpolitischer Aktionismus des Gesetzgebers allenfalls kurzfristig für „optischen Streusand" 257 sorgen; die dann besoldungsrechtlich und persoden Anpassungsmaßnahmen nach § 14 BBesG „abgeschmolzen" werden (vgl. die Nachweise entsprechender Reformvorschläge bei Krause, S. 7f. und Loschelder, D Ö V 1984, S. 1003 (1005f.). Eine solche, auf breiter Front zur Unangemessenheit der Bezüge führende Senkung der Netto-Gehälter würde auf diese Weise nur verzögert. Im übrigen dient die Anpassungsgesetzgebung i.S.v. § 14 BBesG nicht der Einführung zusätzlicher Abgaben oder sonstiger finanzieller Belastungen der Beamten, sondern soll ihre Stellung im allgemeinen Einkommensgefüge möglichst wahren. Von einer noch gröberen Verkennung der spezifischen Funktion der Besoldungsanpassungsgesetzgebung zeugt der auch von Ruland, Z B R 1983, S. 313 (317) unterstützte Vorschlag, eine sog. Eigenbeteiligung schrittweise dadurch einzuführen, daß bis zum Erreichen des jeweiligen Beitragssatzes der gesetzlichen Rentenversicherung ein Teil der üblichen Besoldungserhöhungen einbehalten wird, d. h. letztlich nicht zur Auszahlung gelangen und zur Stabilisierung des realen Niveaus der Netto-Bezüge wirken kann. 253 Eingehend dazu Fürst, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 10f., 24 und Krause, Vereinbarkeit der Vorschläge, S. 24, 37. 254 Dazu sowie zur abgabenrechtlichen Fragwürdigkeit derartiger Beiträge ausführlich Krause, S. 35 ff. 255 w i e hier etwa Krause, S. 35. 256

Zur sozialpolitischen Tendenz der Vorschläge der Sachverständigenkommission „Alterssicherungssysteme" vgl. Krause, S. 8f.; gegen eine unreflektierte Überhöhung der gesetzlichen Rentenversicherung als Leitbild für die Alterssicherung sämtlicher unselbständig tätiger Personen zu Recht Loschelder, D Ö V 1984, S. 1003 (1004). 257 So die bilanzierende Einschätzung dieser Vorschläge bei Fürst, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 11.

V. Anpassungsgesetzgebung und Arbeitsmarktlage

159

nalpolitisch unumgängliche E r h ö h u n g des Besoldungsaufwandes u n d deren Kostenfolgen i n den öffentlichen Haushalten blieben mittelfristig ebensowenig unbemerkt wie die Tatsache, daß eine derartige „ H a r m o n i s i e r u n g " der Beamtenversorgung, die i m wesentlichen auf eine einseitige Nivellierung der Beamtenversorgung ohne entsprechende qualitative Ä n d e r u n g e n der gesetzlichen Rentenversicherung hinauslaufen würde, zur Lösung der durch die E n t wicklung des Arbeitsmarktes u n d der Altersstruktur der Bevölkerung verursachten Deckungsprobleme

der gesetzlichen Rentenversicherung

letztlich

nichts beizutragen v e r m a g 2 5 8 . Für derartige Bestrebungen besteht auch deswegen kein triftiger rechtspolitischer A n l a ß 2 5 9 , w e i l die Altersversorgung vieler A r b e i t n e h m e r durch betriebliche Zusatzrenten ergänzt u n d dann der der Beamten qualitativ durchaus vergleichbar w i r d 2 6 0 . E i n berechtigtes M o t i v , über die Besoldungsanpassungsgesetzgebung angebliche antiquierte soziale Privilegien der Beamtenschaft abzubauen, besteht also auch i m H i n b l i c k auf die Altersversorgung n i c h t 2 6 1 .

258 Nach Krause, S. 39 muß der Gesetzgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht bei Erlaß eines Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes die Öffentlichkeit darauf hinweisen, daß die Gehälter mit Rücksicht auf die nicht bestehende Rentenversicherungspflicht der Beamtenschaft festgesetzt sind und die Beamten deshalb von der scheinbaren Beitragsentlastung hinsichtlich ihrer Netto-Einkommen keinen Vorteil gegenüber der Arbeitnehmerschaft haben. 259 So stellt Krause, S. 9 die bisher nirgendwo diskutierte Frage, ob die propagierte Nivellierung der Leistungen in den verschiedenen Alterssicherungssystemen wirklich der einzige Weg ist, um die Altersversorgung künftiger Generationen finanzierbar zu erhalten. 260 y g i dazu die detaillierten Untersuchungen von Krause, S. 12 ff. Eine besondere Situation herrscht im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes, wo die Ruhestandseinkommen vieler ehemaliger Angestellter und Arbeiter infolge einer ausnahmslos von den öffentlichen Arbeitgebern finanzierten Zusatzversorgung ζ. T. 100 v . H . des vor dem Eintritt in den Ruhestand bezogenen Netto-Arbeitseinkommens erreichen, vgl. Zacher / Bullinger / Igl, Soziale Sicherung im öffentlichen Dienst, S. 73f., 89f. sowie oben A I 3 a). Zur Entwicklung der seit 1957 dynamisierten Sozialrenten im Vergleich zur Entwicklung der Beamtenpensionen in den ersten 10 Jahren nach der Rentenreform vgl. auch F. Mayer, Z B R 1968, S. 361 (370f.). 261 Zutreffend bemerkt Thiele, D V B l 1981, S. 253 (258f.), daß „Beamtenversorgung kein Privileg ist ( . . .) und ζ. B. nicht arbeitsmarktpolitischen Interessen oder aus sonstigen politischen Erwägungen gesetzten Prioritäten geopfert werden darf". Ähnlich bereits Zeitler, R i A 1962, S. 243 und Woothke, Z B R 1957, S. 277 (282). Für eine Beseitigung von „Privilegien" aber wieder Κ Müller, D ö D 1982, S. 121, der einerseits zwar die Einführung einer der Mindestpension vergleichbaren Grundrente empfiehlt, andererseits hinsichtlich der Bemessung der Beamtenpensionen die Anknüpfung an das zuletzt bekleidete Amt als „leistungsfeindlich" attackiert und deren Abschaffung verlangt. Z u den insoweit bestehenden, sich aus der Vorgabe arateangemessener Alimentierung ergebenden verfassungsrechtlichen Hindernissen vgl. Fürst, verfassungsrechtliche Grenzen, S. 13ff. und Krause, S. 20ff.

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung 3. Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung als zulässiger Beitrag zur Arbeitsmarktförderung?

a) Umverteilung von Defiziten zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und anderen öffentlichen Haushalten Zu einem „Arbeitsmarktbeitrag" könnte der Gesetzgeber die Beamten eventuell dadurch heranziehen, daß er sie in die Arbeitslosenversicherung eingliedert 262 . Auf diesem Wege könnte sowohl das Beitragsaufkommen der Bundesanstalt für Arbeit gesteigert wie auch junge Probe- und Widerrufsbeamte, die nicht in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werden, gegen die wirtschaftlichen Folgen eventueller Arbeitslosigkeit finanziell abgesichert werden. Infolge der finanziellen Krise der öffentlichen Haushalte kann nämlich eine wachsende Zahl von Personen, die für eine Beamtenlaufbahn ausgebildet worden sind, nicht mehr damit rechnen, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen zu werden 263 . Die angesichts dieser Entwicklung naheliegende Einbeziehung der Beamtenschaft in die Arbeitslosenversicherung würde diese Gruppe jedoch umgekehrt berechtigen, die Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit umfassend in Anspruch zu nehmen 264 . Ferner müßten die öffentlichen Haushalte die entsprechenden Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung aufbringen, so daß auf der einen Seite zwar eine gewisse Zunahme des Beitragsaufkommens bei der Bundesanstalt für Arbeit, auf der anderen Seite aber in anderen öffentlichen Haushalten eine Erhöhung der Personalkosten einträte 265 . Aus politischer Sicht erscheint die Verwirklichung derartiger Pläne wenig sinnvoll, wenn unter dem Strich ein Defizit der Bundesanstalt scheinbar ausgeglichen, in Wirklichkeit aber auf die Etats der öffentlichen Dienstherrn umverteilt würde 266 . Ungeachtet solcher finanz- und haushaltspolitischer Einwände dürfte eine Eingliederung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung auch auf rechtliche Hindernisse stoßen. b) „Gruppenhomogenität" als Eingliederungsvoraussetzung Die Einbeziehung einer Bevölkerungsgruppe in einen Zweig der Sozialversicherung ist nur unter der Voraussetzung zulässig, daß bei dieser Gruppe ein 262

Dafür ζ. B. Bosch, WSI-Mitteilungen 1981, S. 667 (678). Ebd. sowie Berg / Tettmann, Z B R 1983, S. 217 (220 m.w.N.). 264 Vgl. BT-Drucksache 7/403, S. 56; Bosch, WSI-Mitteilungen 1981, S. 667 (678); Lecheler, Arbeitsmarkt und öffentlicher Dienst, S. 66 und Schnupp, R i A 1981, S. 201 (204). 2 65 Vgl. Berg / Tettmann, Z B R 1983, S. 217 (218). 266 Berg / Tettmann, S. 218; Lecheler, Arbeitsmarkt, S. 66; Schnupp, S. 204. Α . A . wohl Bosch, S. 678, der jedoch lediglich auf die zu erwartenden Netto-Mehreinnahmen der Bundesanstalt für Arbeit abstellt. 263

V. Anpassungsgesetzgebung und Arbeitsmarktlage

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besonderes Schutzbedürfnis besteht 267 . Im Verhältnis zu der bereits bestehenden Versichertengemeinschaft muß die einzugliedernde Gruppe sich in einer spezifischen Solidarbeziehung befinden 268 , die sich gerade daraus ergibt, daß beide Gruppen demselben versicherungsrelevanten Lebensrisiko ausgesetzt sind. Die Versichertengemeinschaft muß also im Hinblick auf das von ihr finanziell zu tragende Risiko „gruppenhomogen" zusammengesetzt sein 269 . Als das soziale Substrat der Versicherung muß eine solche Risikogemeinschaft bereits durch Strukturen der Rechtswirklichkeit, insbesondere durch das einer Bevölkerungsgruppe gemeinsame Bedürfnis nach sozialer Absicherung, materiell vorgegeben sein 270 . Der Gesetzgeber ist deshalb bei der Bildung oder der Erweiterung versicherungsrechtlicher Solidargemeinschaften nicht etwa so frei, daß er jede beliebige Bevölkerungsgruppe mit einer anderen gewissermaßen willkürlich zu einem Lastenverband „zwangssolidarisieren" könnte. Klammert man die Beamten auf Zeit, Probe und Widerruf einmal aus, unterscheidet sich der Beamte auf Lebenszeit als Regeltypus des gegenwärtigen Beamtenrechts in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht gerade dadurch von einem Arbeitnehmer, daß sein Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, deutlich niedriger einzustufen ist 2 7 1 . Da sein Dienstverhältnis grundsätzlich lebenslänglich dauern soll, wird er dem allgemeinen Arbeitsmarkt gewissermaßen für die Zukunft entzogen 272 . Seine wirtschaftliche Existenz wird danach nicht durch die verschiedenen Zweige der gesetzlichen Sozialversicherung, sondern im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses unmittelbar durch den Dienstherrn in Form von Beihilfe-, Gehaltsund Pensionszahlungen gewährleistet. Im Hinblick auf die soziale Sicherung der abhängig Erwerbstätigen stehen die Sozialversicherung und das Dienstverhältnis des Lebenszeitbeamten als zwei verschieden konzipierte Sicherungssysteme gleichrangig nebeneinander 273 . Da der Beamte bereits umfassend durch seinen Dienstherrn abgesichert wird, läßt sich bereits das für die Einbeziehung in die Arbeitslosenversicherung erforderliche unbefriedigte Bedürfnis nach sozialer Absicherung gegen Beschäftigungslosigkeit für den Regelfall nicht 267 Grundlegend Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, S. 17ff. (18); vgl. auch Leisner, Beamtensicherung, S. 62f. 268 y g i Isensee, Umverteilung S. 18. 269 Ausführlich zur Gruppenhomogenität als Grundlage und Voraussetzung einer jeden sozialversicherungsrechtlichen Gemeinschaft Leisner, Beamtensicherung, S. 65ff. 270 y g i Isensee, Umverteilung, S. 18 und Leisner, Beamtensicherung, S. 66. 271 Dies übersieht ζ. B. Bosch, WSI-Mitteilungen 1981, S. 667 (678). Eine Veranlagung der Lebenszeitbeamten mit der für alle Versicherten derzeit einheitlichen Beitragsquote wäre versicherungsrechtlich fragwürdig und auch mit dem Gedanken des sozialen Ausgleichs kaum zu rechtfertigen, vgl. Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (70). 272 Vgl. Schnupp, R i A 1981, S. 201 (205). 273 Vgl. BT-Drucksache 7/403, S. 59; Lecheler, Arbeitsmarkt und öffentlicher Dienst, S. 66; Loschelder, D Ö V 1984, S. 1003 (1009).

11 Günther

162

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

feststellen 274 . Die Annahme einer gruppenhomogenen Beziehung zwischen Beamten und Arbeitnehmern ist daher allein unter Verzicht auf den rechtlichen Sonderstatus des Beamten oder unter Zugrundelegung eines weiten, d . h . diese Statusunterschiede negierenden, weil ausschließlich nach soziologischen Kriterien gebildeten „Arbeitnehmer"-Begriffs möglich 275 . Selbst wenn man die Annahme teilt, daß alle abhängig Beschäftigten ein gewisses Interesse am Funktionieren des Arbeitsmarktes haben 276 , kann auch dieser Befund nicht zu einer Ausweitung der sozialversicherungsrechtlichen Gemeinschaft führen. Mittels eines derart allgemeinen und konturlosen Merkmals kann die erforderliche Abgrenzung der Versichertengemeinschaft als einer gegenüber der Volksgesamtheit durch ein besonderes gemeinsames Interesse verbundenen Gruppe nicht vorgenommen werden. Jede Minimalisierung der an die Annahme einer versicherungsrechtlich homogenen Gruppe gestellten Anforderungen wäre ein Schritt auf eine allgemeine Volksversicherung 2 7 7 hin, die mit dem Prinzip des gruppeninternen Solidarausgleichs nicht vereinbar ist. Überdies würde die Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung einen wesentlichen Einbruch in das überlieferte System der Beamtensicherung bedeuten 278 , der im Laufe der weiteren Entwicklung zur Eingliederung der Beamten in die übrigen Zweige der Sozialversicherung führen müßte 279 . Dies wäre aber nicht nur das Ende des hergebrachten beamtenrechtlichen Systems der unmittelbaren Sicherung durch den Dienstherrn 280 . Praktisch würde es den Abschied vom Beamtenverhältnis als einem gegenüber dem Arbeitsverhältnis abgehobenen Sonderstatusverhältnis bedeuten. Der Einwand, daß die Zahl der potentiell arbeitslosen Probe- und Widerrufsbeamten ansteigt, verschlägt demgegenüber bislang ebensowenig wie das Argument, daß auch Lebenszeitbeamte aufgrund eines Disziplinar- oder Straf Urteils entlassen werden können. Zum einen sind Entlassungen bei Lebenszeitbeamten derart selten, daß eine Versicherung aller Beamten für diesen Aus274

Vgl. Lecheler, Arbeitsmarkt, S. 67 sowie Schnupp, R i A 1981, S. 201 (204). Gegen einen solchen Ansatz für den Bereich der Krankenversicherung Leisner, Beamtenversicherung, S. 68. 276 So offensichtlich Bosch, WSI-Mitteilungen 1981, S. 667 (678). Gegen eine undifferenzierte Betrachtung des Arbeitsmarktes und eine Vernachlässigung der durchaus divergenten Entwicklung der verschiedenen Teilarbeitsmärkte zu Recht Lecheler, Arbeitsmarkt, S. 11. 277 Vgl. Leisner, Beamtensicherung, S. 69 sowie Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (70). 278 Eine Einbeziehung der Beamten würde nämlich nicht nur eine Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes, sondern auch beamtenrechtlicher Vorschriften erforderlich machen, vgl. Schnupp, R i A 1981, S. 201 (204). 279 Vgl. auch die in anderem Zusammenhang geäußerten Befürchtungen von Leisner, Beamtensicherung, S. 69. 280 Ob die unmittelbare Versorgung des Beamten durch den Dienstherrn zu den „hergebrachten Grundsätzen" im Sinne von Art. 33 V GG zählt, ist umstritten: bejahend ζ. B. Schnupp, S. 207 und Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 91 ff. Abi. wohl Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (67f. ebenfalls m. w. N.). 275

V. Anpassungsgesetzgebung und Arbeitsmarktlage

163

nahmefall unverhältnismäßig wäre 281 . Zum anderen ist die Zahl der nicht auf Lebenszeit angestellten Beamten noch nicht so hoch, als daß das Beschäftigungsrisiko der Beamtenschaft mit dem der Arbeitnehmerschaft insgesamt gleichgesetzt werden könnte 282 . 4. Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung ohne Leistungsberechtigung

Eine spürbare Verbesserung der Finanzlage der Bundesanstalt für Arbeit könnte ohne zusätzliche Kosten für andere öffentliche Haushalte erreicht werden, wenn die Beamten zur Entrichtung von Versicherungsbeiträgen ohne den entsprechenden Arbeitgeberanteil herangezogen und darüber hinaus vom Bezug der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen würden 2 8 3 . Die Verwirklichung dieses Modells würde ebenfalls auf eine unzulässige Zwangssolidarisierung der Beamten mit den sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern hinauslaufen 284 . Nach allgemeinen versicherungsrechtlichen Grundsätzen liegt eine echte Solidargemeinschaft ferner nur dann vor, wenn für jedes beitragspflichtige Mitglied mindestens die denkbare Möglichkeit besteht, selbst einmal Leistungsberechtigter zu sein 285 . Der finanziellen Belastung der Beamten stünde jedoch keine entsprechende Begünstigung gegenüber 286 , so daß solche Pläne mit dem versicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzip kollidieren 287 . Innerhalb des Lastenverbandes ist der angestrebte Solidar ausgleich nicht die Rechtfertigung, sondern nur die Konsequenz aus einer Risikogemeinschaft, die ihrerseits vom Gesetzgeber nicht beliebig konstruiert werden kann, sondern vielmehr bereits in der sozialen 281 Gegen eine Umkehrung dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses zu Recht Lecheler, Arbeitsmarkt, S. 67 sowie Schnupp, S. 206. ^2 Vgl. Z B R 1983, S. 217 (221); a. A . wohl Bosch, WSI-Mitteilungen 1981, S. 667 (678), der hinsichtlich der Lage der Beamten und Arbeitnehmer von einem „Gesamtarbeitsmarkt" spricht. Dem dürfte jedenfalls insoweit beizutreten sein, als für Beamte auf Probe eine Mitgliedschaft in der Arbeitslosenversicherung wohl nicht nur zulässig, sondern auch rechtspolitisch erwägenswert erscheint, vgl. Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (70). 283 Vgl. Berg / Tettmann, ZBR 1983, S. 217 (218) sowie Naujoks, S. 70. 284 y g i Naujoks, S. 70. Bereits in diesem Fall würde eine partielle Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung erfolgen, weil den Betroffenen Mitwirkungsrechte in den Selbstverwaltungsorganen der Arbeitsverwaltung nach §§ 192 ff. A F G entstünden. 285

Vgl. Isensee, Umverteilung, S. 20. 286 Vgl. BT-Drucksache, 7/403, S. 59; Thiele, DVP 1981, S. 34 (38). 287 Dies gilt als Prinzip der „Globaläquivalenz" auch in der Sozialversicherung, vgl. Isensee, Umverteilung, S. 13f., 20; BT-Drucksache 7/403, S. 58 m.w.N. Nach Schnupp, R i A 1981, S. 201 (204f.) soll ein Verstoß selbst bei einer förmlichen Eröffnung der Leistungen der Bundesanstalt deshalb vorliegen, weil Beamte infolge ihrer Absicherung durch den Dienstherrn in der Regel keinen Bedarf an Leistungen der Bundesanstalt haben. 11*

164

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Realität materiell vorgezeichnet sein muß 2 8 8 . Der in der Arbeitslosenversicherung zu gewährleistende Solidarausgleich darf folglich nicht als Finanzierungsoder Umverteilungsinstrument für beliebige haushalts- oder sozialpolitische Zwecke eingesetzt werden. Eine Einbeziehung der Beamtenschaft in die Arbeitslosenversicherung ist also bereits aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen unzulässig. Letztlich wäre sie vor dem Hintergrund des heutigen Beamtenrechts und den ihm zugrunde liegenden Zielvorstellungen ein Einbruch eines sozialversicherungsrechtlichen Versatzstücks, mithin ein Systembruch 289 . V I . „Arbeitsmarktabgabe" für Beamte finanzverfassungsrechtliche Klassifizierung und beamtenrechtliche Problematik Als Alternative zu den oben beschriebenen Möglichkeiten, die Beamten an der Förderung des Arbeitsmarktes zu beteiligen, wird die Erhebung einer sog. Arbeitsmarktabgabe von allen nicht sozialversicherungspflichtigen Gruppen diskutiert. Der Ertrag einer solchen Abgabe, deren Höhe dem fiktiven Arbeitnehmerbeitrag zur Arbeitslosenversicherung entprechen würde, könnte unmittelbar der Bundesanstalt für Arbeit zur Unterstützung von Arbeitsförderungsmaßnahmen oder zum Abbau eines Haushaltsdefizits zugeleitet werden 290 . 1. Arbeitsmarktabgabe als nicht-fiskalische Sonderabgabe

Da das Aufkommen dieser Abgabe nicht in den Haushalt einer nach Art. 106f. GG steuerertragsberechtigten Gebietskörperschaft eingestellt würde, wäre sie begrifflich keine Steuer im Sinne von Art. 105 ff. G G 2 9 1 . Mangels einer von der Bundesanstalt für Arbeit dem Abgabeschuldner zu erbringenden Gegenleistung wäre sie auch nicht als Vorzugslast wie Gebühr oder Beitrag einzustufen 292 . Durch die Erhebung der Arbeitsmarktabgabe würden 288 Vgl. dazu eingehend Isensee, Umverteilung, S. 21 f. 289 Vgl. die berechtigte Warnung vor einer unüberlegten Durchsetzung des Beamtenrechts mit nicht genuin beamtenrechtlichen, d. h. aber mit Art. 33 I V , V GG nicht kompatiblen, systemfremden Regelungselementen bei Loschelder, Z B R 1978, S. 133 (134f.). 290 Vgl. ζ. B. den Vorschlag des Abgeordneten Lutz (SPD), BT-Vhdl. 8/144, S. 11 482 sowie zu den im einzelnen diskutierten Varianten Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (70) und Berg / Tettmann, Z B R 1983, S. 217 (218ff.). 291 Vgl. Berg / Tettmann, S. 218 und Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (70). Zum sog. verfassungsrechtlichen Steuerbegriff vgl. BVerfGE 55, S. 274 (299 m. w. Ν.) sowie Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, S. 17ff. 31 ff., 41 f. und Osterloh, JuS 1982, S. 421. Kritisch zu der von der h . M . insoweit verwendeten Methode etwa Stern, Staatsrecht, Bd. I I , § 46 I 4 c).

VI. „Arbeitsmarktabgabe" für Beamte

165

die Beamten als Hauptgruppe der potentiellen Abgabepflichtigen nicht förmlich in die Arbeitslosenversicherung eingegliedert. Da die Belastung mit einer Arbeitsmarktabgabe auch im übrigen nicht dem Zweck dienen würde, den Beamten den Erwerb von Ansprüchen gegen die Bundesanstalt für Arbeit zu ermöglichen, würde einer solchen Abgabe auch die spezifisch sozialversicherungsrechtliche Ausrichtung fehlen. Damit könnte sie auch nicht als Sozialversicherungsbeitrag klassifiziert werden 293 . Sie würde vielmehr in die Gruppe der sog. nichtfiskalischen Sonderabgaben fallen, d. h. in eine vierte Kategorie von Abgaben, deren Zulässigkeit sich zwar nicht nach den Art. 105ff. GG richtet, aber mittlerweile allgemein anerkannt ist 2 9 4 . 2. Arbeitsmarktabgabe als „Förderungsabgabe"?

a) Materielle Voraussetzungen Innerhalb des Typenkatalogs der bislang bekannten Sonderabgaben 295 erscheint in erster Linie eine Zuordnung der Arbeitsmarktabgabe zur Gruppe der sog. Förderungsabgaben erwägenswert. Grundsätzlich ist die Deckung des Finanzbedarfs der öffentlichen Gemeinwesen wie die Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben durch Steuern im Sinne von Art. 105ff. GG sicherzustellen 2 9 6 . Im Gegensatz dazu zeichnet sich eine Sonderabgabe dadurch aus, daß sie lediglich einem begrenzten Personenkreis auferlegt wird und Finanzmittel aufbringen soll, die für einen bestimmten Zweck verwendet werden 297 . Wenn eine Arbeitsmarktabgabe nicht lediglich zur Deckung von Haushaltsdefiziten der Bundesanstalt für Arbeit, sondern gezielt zur Förderung des Arbeitsmarkts oder einzelner Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen eingesetzt werden soll, ist ein klar umrissener Förderungszweck gegeben. Da Sonderabgaben eine über die allgememeine Steuerpflicht hinausgehende Abgabenbelastung der Betroffenen bewirken, bedürfen sie neben dem Nachweis eines bestimmten Förderungszweckes stets eines besonderen Recht292

Vgl. Richter, S. 42; Osterloh, S. 422 und Stern, Bd. I I , § 46 I 4 e). Vgl. zur Abgrenzung Richter, S. 42, 73. 294 Vgl. zur Terminologie etwa Berg / Tettmann, S. 218ff. sowie BVerfGE 55, S. 274 (297, 300ff.), wonach die Gesetzgebungskompetenz zur Auferlegung von Sonderabgaben aus den allgemeinen Sachzuständigkeiten der Art. 70ff. GG folgt; ebenso Richter, S. 76ff.; Naujoks, S. 70f.; Osterloh, S. 422 m.w.N. Z. T. a. A . Stern, Bd. I I , § 46 I 4 c), der im Hinblick auf das durch die Zunahme von Sonderabgaben drohende Unterlaufen der bundesstaatlichen Finanzverfassung für eine Prüfung sowohl an Art. 105 ff. als auch an Art. 30 bzw. 70ff. GG plädiert. 295 Vgl. insoweit Berg / Tettmann, S. 219 sowie Richter, S. 54ff. 296 Vgl. nur BVerfGE 55, S. 274 (299); Osterloh, S. 422f. sowie Schnupp, R i A 1981, S. 201 (202). 297 Vgl. BVerfGE 55, S. 274 (305f.); Richter, S. 60f.; Berg / Tettmann, S. 220 und Schnupp, S. 203. 293

166

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

fertigungs- oder Zurechnungsgrundes 298. Der belastete Personenkreis muß deshalb zum einen durch eine in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene übereinstimmende Interessenlage oder anhand anderer Gemeinsamkeiten als homogene Gruppe abgrenzbar sein 299 . Zum anderen muß diese Gruppe zu dem mit der Abgabeerhebung verfolgten Zweck insofern in einer spezifischen Nähebeziehung stehen, als gerade sie anstelle des Staates oder der Allgemeinheit eine besondere „Gruppenverantwortung" für die Erfüllung der Aufgabe trifft, die mit der Abgabe finanziert werden soll 300 . Umgekehrt ist der Ertrag der Abgabe nur „gruppennützig", also ausschließlich im Interesse der belasteten Gruppe zu verwenden 301 . Überträgt man diese von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätze auf eine von der Beamtenschaft zu zahlende „Arbeitsmarktabgabe", so ist festzustellen, daß die Beamten aufgrund ihres rechtlichen Sonderstatus durchaus einen von anderen sozialen Gruppen abgrenzbaren Personenkreis bilden. Daß die Beamten der Aufgabe „Arbeitsmarktförderung" evident näher stünden als beispielsweise die Arbeitnehmerschaft, läßt sich aber schwerlich begründen. Eine spezifische Sachnähe der Beamten zur Arbeitsmarktförderung existiert ebenso wenig, wie sich eine versicherungsrechtliche Solidarbeziehung mit den Arbeitnehmern in der Frage nach dem Schutzbedürfnis gegen Beschäftigungsrisiken nachweisen läßt 3 0 2 . b) Fehlende „Gruppennützigkeit"

jeglicher Arbeitsmarktabgabe

Eine zulässige Förderungsabgabe könnte jedoch dann gegeben sein, wenn ihr Ertrag ausschließlich zur Unterstützung derjenigen Beamten verwendet würde, die nach Ablauf ihrer Ausbildungs- oder Probezeit nicht in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werden. Selbst wenn man insoweit ein spezifisches Eigeninteresse der Beamtenschaft an der sozialen Absicherung ihres Nachwuchses anerkennt, bleibt festzuhalten, daß für diese soziale Sicherung der betroffenen Probe- und Widerrufsbeamten de lege lata der Dienstherr und die Träger der Sozialversicherung zuständig sind. Da im Bereich der sog. Monopolausbildung ein großer Teil der Widerrufsbeamten von vornherein gar keine Tätigkeit im öffentlichen Dienst anstrebt 303 , wäre es 298 Vgl. BVerfGE 55, S. 274 (303f.) sowie Schnupp, S. 203; mit Einschränkungen zustimmend Richter, S. 153 f. Zum Spannungsverhältnis zwischen Gleichheitssatz und Sonderabgaben vgl. Berg / Tettmann, S. 219; Osterloh, JuS 1982, S. 421 (422) sowie Richter, S. 146f.; 150ff. 299 Vgl. BVerfGE 55, S. 274 (305f.) sowie letztens BVerfG DVB1 1985, S. 52 (53). 300 Vgl. BVerfGE 55, S. 274 (306); BVerfG DVB1 1985, S. 52 (53). 301 Vgl. BVerfGE 55, S. 274 (307) und Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (71); enger ζ. B. Richter, S. 174. 302 Vgl. Berg / Tettmann, S. 220; Schnupp, S. 206; Lecheler, Arbeitsmarkt und öffentlicher Dienst, S. 54ff.; 68 und Thiele, DVP 1981, S. 34 (38); ähnlich Leisner, Beamtensicherung, S. 69.

VI. „Arbeitsmarktabgabe" für Beamte

167

außerdem überspannt, den erforderlichen Nachweis einer materiellen Nähebeziehung der Beamtenschaft zu dieser Problematik dadurch zu ersetzen, daß man pauschal behauptet, die Beamtenschaft habe generell ein Interesse daran, sämtliche Beamtenanwärter vor dem Risiko späterer Erwerbslosigkeit zu schützen. Daher wäre auch eine im Hinblick auf einen speziellen „Beamten-Arbeitsmarkt" konzipierte Abgabe ebenfalls eine „fremdnützige" Förderungsabgabe. Eine solche braucht zwar nicht von vornherein unzulässig zu sein, müßte aber als Inanspruchnahme zugunsten gruppenfremder Zwecke aus triftigen Gründen eindeutig gerechtfertigt erscheinen 304 . Eine solche Sachlage ist gegenwärtig nicht erkennbar 305 , so daß eine Arbeitsmarktabgabe jedenfalls als „Förderungsabgabe" unzulässig wäre. 3. Arbeitsmarktabgabe als „Ausgleichsabgabe"?

Eine Arbeitsmarktabgabe könnte daher allenfalls als „parafiskalische Ausgleichsausgabe" Bestand haben. Dieser Abgabentyp unterscheidet sich von der Förderungsabgabe dadurch, daß er lediglich auf den Ausgleich einer unbilligen Ungleichheit zielt, die zwischen zwei sozialen Gruppen infolge eines staatlichen Eingriffs entstanden ist oder bereits ohne staatliche Ingerenz bestanden hat 3 0 6 . Die als Abgabeschuldner vorgesehene Gruppe muß daher im Verhältnis zu einer anderen Gruppe unbillig begünstigt erscheinen oder von der Situation der benachteiligten Gruppe geradezu profitieren 307 . Ob die Sicherheit des Lebenszeitbeamtenverhältnisses einen solchen unbilligen Sondervorteil bildet, der durch eine Sonderabgabe zugunsten der Arbeitslosen ausgeglichen werden kann und muß, erscheint jedoch bereits deshalb fraglich, weil die Lebensanstellung des Beamten kein soziales Privileg dieser Gruppe ist 3 0 8 . 303

Vgl. Berg / Tettmann, Z B R 1983, S. 217 (221). 04 Vgl. BVerfGE 55, S. 274 (307). 305 Die Rechtsprechung hat diesen Abgabentatbestand noch nicht so eindeutig präzisiert, daß genauere Zulässigkeitskriterien für fremdnützige Förderungsabgaben entwikkelt werden konnten. Kaum aussagekräftiger ist auch die Bemerkung von Richter, S. 174, daß derartige Abgaben dann zulässig seien, wenn eine Verknüpfung der Interessen der Abgabepflichtigen und der Begünstigten vorliege oder die Förderung dieser Gruppe eine „soziale Pflicht" der Abgabeschuldner darstelle. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, daß der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 6.11.1984 unter Hinweis auf die aus Gründen der Bundesstaatlichkeit und des Individualschutzes erforderliche strikte Trennung von Steuern und Sonderabgaben nochmals betont, daß die „gruppennützige" Verwendung des Abgabeaufkommens Merkmal und Zulässigkeitserfordernis grundsätzlich aller Sonderabgaben ist, vgl. D V B l 1985, S. 52 (53). 306 y g i . Naujoks, S. 71; zum Begriff insbesondere Richter, S. 158ff., 58f. und BVerfG D V B l 1985, S. 52 (53). 3

3

7 Vgl. Naujoks, S. 72. 08 Vgl. oben V 2 b).

3

168

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

A u c h hinter der Forderung nach Einführung einer Arbeitsmarktabgabe stehende Vorstellung, daß die Beamtenschaft i n Krisenzeiten v o n der Lage der Arbeitslosen profitiert, erweist sich bei näherer Betrachtung als unzutreffend. Diese A n n a h m e ist nämlich nur unter der Voraussetzung haltbar, daß m a n i n den Erwerbslosen potentielle K o n k u r r e n t e n u m die v o n den Lebenszeitbeamten besetzten Arbeitsplätze sehen darf. Eine solche Konkurrenzsituation, i n der die Arbeitslosen gegenüber den Beamten zu Unrecht benachteiligt wären, besteht jedoch deshalb nicht, weil die Mehrzahl dieser Personen aufgrund fehlender V o r - u n d A u s b i l d u n g 3 0 9 für eine Tätigkeit i m öffentlichen Dienst v o n vorherein nicht i n Frage k o m m t 3 1 0 . D i e Arbeitslosen sind daher keine „Reservearmee", die die Beamten v o n heute auf morgen i n ihren F u n k t i o n e n ersetzen k ö n n t e 3 1 1 . I m übrigen hat die Personalpolitik der öffentlichen Dienstherrn weniger auf die Förderung des Arbeitsmarktes denn auf die Erfüllung der Staatsaufgaben ausgerichtet zu s e i n 3 1 2 . Daß die Beamten während einer Rezession aus der Situation der Arbeitslosen einen unbilligen Nutzen ziehen, läßt sich also nicht nachweisen 3 1 3 . Sofern die Forderungen nach einer Arbeitsmarktabgabe m i t dem privilegienartigen Charakter des Beamtenstatus oder vorgeblichen Solidarbeziehungen zwischen Beamten- u n d 309

Arbeitnehmer-

Vgl. Naujoks, ZBR 1976, S. 65 (72). Daß gerade beruflich nicht qualifizierte und aus gesundheitlichen Gründen nicht unbeschränkt einsatzfähige Personen das Gros der Arbeitslosen bilden, betont Lecheler, Arbeitsmarkt und öffentlicher Dienst, S. 14. 310 Nach Art. 33 I I GG ist der Zugang zu öffentlichen Ämtern von der entsprechenden Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung abhängig, vgl. dazu Lecheler, Z B R 1980, S. Iff. 311 So zu Recht Naujoks, S. 72; v. Münch, Z B R 1978, S. 25; Lecheler, Z B R 1980, S. 1 sowie Andreae, HdWW, Bd. 5, S. 532 (542) und Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 91. 312 Vgl. Lecheler, Arbeitsmarkt und öffentlicher Dienst, S. 59; zust. Thiele, DVP 1981, S. 34 (38). Gegen einen Einsatz des öffentlichen Dienstes zur Entlastung des Arbeitsmarktes unter verfassungspolitischen Gesichtspunkten etwa v. Münch, Z B R 1980, S. 125 (127). Verfassungsrechtlich äußerst bedenklich sind auch in neuerer Zeit im politischen Raum zutage tretende Tendenzen, zur Entspannung der Arbeitsmarktlage das geltende Nebentätigkeitsrecht dahingehend zu ändern, daß Beamten die Ausübung einer Nebentätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes bereits dann versagt werden kann, wenn sie erhebliche Belange des Arbeitsmarktes tangiert (vgl. dazu im einzelnen Papier, D Ö V 1984, S. 536ff. sowie Battis, Verantwortung und Leistung, Heft 7, S. 20ff.). Unter Bezugnahme auf Art. 33 V GG kann die persönliche Entfaltung des Beamten nämlich nicht durch allgemeine öffentliche Belange, sondern nur durch spezifisch dienstliche, d. h. aus dem Zweck des Dienst- und Treueverhältnisses des Beamten folgende Interessen der Allgemeinheit und des Dienstherrn gerechtfertigt werden, vgl. Papier, S. 538f., 541; z. T. a. A . etwa Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 33; Rdnr. 29 a), die eine tatbestandliche Erweiterung des Genehmigungsvorbehalts auf erhebliche Belange des Arbeitsmarkts und des Wirtschaftslebens im Gegensatz zu einem grundsätzlichen Verbot von Nebentätigkeiten auch im Hinblick auf Art. 33 V und 2 I GG für noch vertretbar halten. Vgl. zum sog. Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz (6. Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften v. 21.2.1985, B G B l I S. 371) etwa Scheuring, Personalvertretung 1985, S. 89ff. sowie Schwandt, Z B R 1985, S. 101. 3 3 * Vgl. Naujoks, ZBR 1976, S. 65 (72).

VI. „Arbeitsmarktabgabe" für Beamte

169

schaft gerechtfertigt werden, verbergen sich hinter dem Postulat sozialer Gerechtigkeit reine Billigkeitserwägungen 314 , die letztlich Ausfluß eines egalitären Gesellschaftsverständnisses sein dürften 315 . Billigkeitsgesichtspunkte vermögen eine besondere Abgabenbelastung der Beamtenschaft gegenüber den sich aus der Finanzverfassung ergebenden rechtlichen Anforderungen aber nicht zu rechtfertigen. Daß solche Begründungen auf längere Sicht auch politisch wenig tragfähig sind, zeigt sich daran, daß die Sicherheit eines Beschäftigungsverhältnisses in Zeiten der Vollbeschäftigung geringer geschätzt wird als die Möglichkeit, durch einen Wechsel des Arbeitsplatzes an eine höher dotierte Tätigkeit zu gelangen 316 . Da die durch die Lebensanstellung eingeschränkte berufliche Mobilität des Lebenszeitbeamten in solchen Zeiten eher als Nachteil empfunden wird 3 1 7 , müßte eine Arbeitsmarktabgabe während einer Hochkonjunkturphase billigerweise zumindest ausgesetzt werden. 4. Arbeitsmarktabgabe und Alimentationsgrundsatz

a) Schmälerung des Netto-Einkommens Da die Erhebung einer Arbeitsmarktabgabe vom Brutto-Einkommen das Netto-Einkommen schmälern würde, könnte sie auch gegen den Grundsatz der amtsangemessenen Besoldung verstoßen. Da die Angemessenheit der Gehälter sich vornehmlich nach der Höhe des verfügbaren Netto-Einkommens beurteilt 318 , kann eine Verletzung des Alimentationsprinzips nicht bereits in der Belastung des Brutto-Einkommens durch die Abgabe, sondern nur in einer übermäßigen Schmälerung des Netto-Einkommens liegen. Selbst wenn man einen Abzug in Höhe des jeweiligen Arbeitnehmeranteils an den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung als eine indirekte Gehaltskürzung wertete, würde sie jedoch nur dann zu unangemessen niedrigen Netto-Gehältern führen, wenn das gegenwärtige Netto-Besoldungsniveau sich insgesamt nur knapp über der unteren Grenze angemessener Alimentation bewegen würde. Dies sollte man jedoch nicht ohne zwingende Indizien annehmen 319 . 314

Ebd., S. 72. So - im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung - treffend Leisner, Beamtensicherung, S. 69. Gegen die mitunter zu beobachtende vorschnelle Propagierung von Notstandssituationen und entsprechende Solidaritätsappelle an den öffentlichen Dienst Thiele, D V P 1981, S. 34 (38). 316 Vgl. Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 17; Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 44. 317 So Ellwein / Zoll, Berufsbeamtentum, S. 82. 318 Vgl. oben A I I 3 a). 319 Vgl. Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (66), der etwa in einer Abgabenbelastung in Höhe von 3 v. H. des Bruttogehalts noch keine verfassungswidrige Schmälerung der angemessenen Besoldung sieht; a. Α . aber Schnupp, R i A 1981, S. 201 (203). 315

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

b) Arbeitsmarktabgabe als mit dem Sonderstatus des Beamten unvereinbare Sonderbelastung? Nichtsdestoweniger könnte eine Arbeitsmarktabgabe jedoch mit dem von Art. 33 V GG gewährleisteten rechtlichen Sonderstatus des Beamten prinzipiell inkompatibel sein 320 . So kann ein Vergleich der jeweiligen Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis und im Beamtenstatus zu dem Ergebnis führen, daß die besonderen Verpflichtungen des Beamten jeweils durch besondere Berechtigungen kompensiert werden, wobei ζ. B. dem Verzicht auf das Streikrecht der Anspruch auf umfassende materielle Fürsorge und Alimentation entspricht 321 . Die naheliegende Schlußfolgerung, daß das fehlende Arbeitsplatzrisiko bereits durch den besonderen Pflichtenstatus ausgeglichen ist und bereits aus diesem Grunde als Anknüpfungspunkt für die Erhebung einer Sonderabgabe ausscheidet322, beruht allerdings auf der Prämisse, daß Rechte und Pflichten innerhalb des Beamtenverhältnisses gegenwärtig derart ausgewogen sind, daß eine einseitige Änderung der Verpflichtungen oder der Berechtigungen denknotwendig eine unzulässige Veränderung des status quo impliziert 323 . Wäre dies richtig, dürfte der Gesetzgeber den Beamten zusätzliche Pflichten nur insoweit auferlegen, als er ihnen gleichzeitig neue Sonderrechte gewährt. Mit dem weiten Regelungsspielraum, den die Verfassung dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Beamtenrechts dadurch gewährt, daß Art. 33 V GG ihn lediglich auf die Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums verpflichtet, ist ein solcher Ansatz aber nicht vereinbar 324 . Wenn eine Arbeitsmarktabgabe damit auch nicht a limine gegen Art. 33 V GG verstößt, so wäre sie im Gegensatz zur Reichshilfe von 1930, die ihrerseits auch juristisch nicht unumstritten war 3 2 5 , jedenfalls aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen 326 eindeutig unzulässig. Finanzverfassungs- und sozial320

So wohl Isensee, in: Benda / Maihofer / Vogel, HB d. VerfR, S. 1187. Ebd., S. 1186f.; ähnlich Naujoks, S. 73. 322 So ausdrücklich Isensee, in: H B d. VerfR, S. 1187. 323 So offensichtlich Isensee, S. 1186. 324 Daher mit Recht zurückhaltender Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (73). Naujoks faßt die Arbeitsmarktabgabe materiell als eine zusätzliche Steuer auf, die aber mangels einer überdurchschnittlichen finanziellen Leistungsfähigkeit der Beamten gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit verstoßen würde, obwohl nach Art. 3 I GG die Besteuerung auch „verhältnismäßig gleich", d. h. nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerschuldner gestaffelt, erfolgen darf, vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I I , § 46 I 5. 325 Vgl. oben Erster Teil A I I 5 a). 326 So dürfte sich auch die Gesetzgebungskompetenz zur Einführung einer solchen Abgabe weder aus Art. 74a) noch aus Art. 74 Nr. 12 GG ergeben, vgl. Naujoks, Z B R 1976, S. 65 (72). Zu der ähnlich gelagerten Problematik der Gesetzgebungskompetenz für eine Einbeziehung der Beamten in das Leistungs- und Finanzierungssystem des Arbeitsförderungsgesetzes vgl. Schnupp, R i A 1981, S. 201 (205). 321

VII. Deckungslücken der öffentlichen Haushalte

171

versicherungsrechtlich unbedenkliche Wege, auf denen die Beamtenschaft unmittelbar finanziell zur Sanierung des Arbeitsmarktes beitragen könnte, sind zur Zeit nicht erkennbar 327 . Selbst wenn dieses Resultat unbillig erscheinen sollte, ist es doch die Folge des gegenwärtigen Sozialversicherungs- und Finanzverfassungsrechts, insbesondere jedoch des geltenden Beamtenrechts 328 , das einer Anwendung sozialversicherungsrechtlicher Grundsätze auf das Beamtenverhältnis prinzipiell entgegensteht329. Dies schließt jedoch nicht aus, daß der Arbeitsmarktsituation durch die Anpassungsgesetzgebung insoweit Rechnung getragen wird, als auch die Beamtengehälter im Falle einer durch eine anhaltende Massenarbeitslosigkeit verursachten allgemeinen Notlage mit Rücksicht auf eine rückläufige allgemeine Einkommensentwicklung gekürzt werden dürfen oder sogar gekürzt werden müssen 330 .

V I L Die Anpassung der Besoldung bei Deckungslücken der öffentlichen Haushalte 1. Der Einfluß des finanziellen Leistungsvermögens des Dienstherrn auf Bemessung und Anpassung der Gehälter

a) Kürzung der Bezüge aus fiskalischen

Motiven

Bei einem allgemeinen Rückgang der Einkommen steht der Alimentationsgrundsatz einer entsprechenden Absenkung der Beamtengehälter nicht entgegen 3 3 1 , zumal eine rückläufige wirtschaftliche Entwicklung infolge des sinkenden Steueraufkommens regelmäßig auch den finanziellen Spielraum der öffentlichen Dienstherren schrumpfen läßt. Eine gesteigerte Bedeutung kann die Entwicklung der finanziellen Lage der öffentlichen Haushalte für die Besoldungsgesetzgebung jedoch auch dann gewinnen, wenn eine allgemeine Kürzung der Beamtenbezüge aus vorwiegend fiskalischen Gründen ins Auge gefaßt wird. So ist es vorstellbar, daß der Gesetzgeber in einer Rezessionsphase wegen wachsender Deckungslücken in 327

Vgl. Isensee, in: H B d. VerfR, S. 1187; Lecheler, Arbeitsmarkt und öffentlicher Dienst, S. 68; Berg / Tettmann, Z B R 1983, S. 217 (222); Schnupp, S. 205; Clemens / Lantermann, Entwicklung des Besoldungsrechts, S. 14; zurückhaltender Naujoks, S. 73 und v. Münch, Z B R 1978, S. 125 (129). 328 Vgl. auch BT-Vhdl. 8/144, S. 11 482. 329 y g i Lecheler, Arbeitsmarkt und öffentlicher Dienst, S. 68 sowie Schnupp, S. 205. 330 Vgl. Isensee, in: H B d. VerfR, S. 1187; i.E. ähnlich Naujoks, S. 73 und v. Münch, Z B R 1978, S. 125 (129). Zu weiteren zulässigen Maßnahmen vgl. Berg / Tettmann, Z B R 1983, S. 217 (222). 331 Vgl. nur Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 17f.; Maunz, in: MDHS, GG, Art. 33, Rdnr. 69.

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

den öffentlichen Haushalten 332 Kürzungen der Gehälter in einem solchen Umfang plant, daß es, obwohl die Realeinkommen allgemein sinken oder stagnieren, zu Divergenzen zwischen der Entwicklung der Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes einerseits und der Beamtenbezüge andererseits kommen muß 3 3 3 . Ebenso wenig wie eine unter stabilitätspolitischen Gesichtspunkten vorgenommene Begrenzung der Anpassungsquote zwingend einen Verstoß gegen den Alimentationsgrundsatz impliziert 334 , führt aber eine solche „Abkopplung" der Beamtenbesoldung von der allgemeinen Einkommensentwicklung notwendig zur Verfassungswidrigkeit entsprechender Besoldungsgesetze. Der dem Besoldungsgesetzgeber durch Art. 33 V GG eröffnete Spielraum ist nicht zuletzt deshalb so groß bemessen335, weil die Angemessenheit des Besoldungsniveaus nach der Rechtsprechung auch von den finanziellen Möglichkeiten des Dienstherrn mitbestimmt wird 3 3 6 . Andererseits stellen der Alimentationsgrundsatz und § 14 BBesG einen Zusammenhang zwischen der Angemessenheit der Besoldung und der Entwicklung der Einkommenssituation der übrigen Bevölkerung her. Ist die Abwägung dieser mitunter antagonistischen Gesichtspunkte auch in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers anheim gestellt, läßt sich dennoch zweierlei feststellen: - Bei der Anpassung der Besoldung nach § 14 BBesG muß der Gesetzgeber die allgemeine Einkommensentwicklung neben seiner finanziellen Lage mindestens gleichrangig berücksichtigen 337 . - Wenn die Einkommen sich seit der letzten Anpassung der Gehälter im allgemeinen nicht rückläufig entwickelt haben, ist selbst eine geringfügige Kürzung der Gehälter, die ausschließlich aus fiskalischen Gründen erfolgt, jedenfalls im Rahmen des § 14 BBesG nicht unproblematisch 338 . § 14 BBesG ist jedoch keine abschließende Vorgabe für die Festsetzung der Besoldung. Da der Gesetzgeber auch hinsichtlich der unteren Grenze der 332

Gegen eine vergröbernde Betrachtung der ζ. T. unterschiedlichen Entwicklung der verschiedenen öffentlichen Haushalte Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 15. 333 Dies wäre der andere Fall der von Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, beschriebenen „besoldungspolitischen Zwickmühle". 334 Vgl. oben Β I I I 1 b). 335 Vgl. oben A I I 2 b). 336 Vgl n u r BVerfGE 8,S. 1 (14, 16). Kritisch zu diesem Ansatz etwa Windscheid, Z B R 1959, S. 257 (258). 337 Vgl. Schwegmann ! Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.1; ähnlich Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 165. 338 Vgl. Schwegmann I Summer, § 14, Rdnr. 3.1; Summer I Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (13); ähnlich Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 14,18. Noch enger Wahler, S. 187, wonach fiskalische Motive als einzige Begründung für Anpassungsmaßnahmen im Sinne von § 14 BBesG nicht ausreichen sollen; prinzipiell abl. gar Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (41); moderater dagegen Unverhau, Z B R 1985, S. 125 (129f.).

VII. Deckungslücken der öffentlichen Haushalte

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Angemessenheit einen weiten Regelungsspielraum besitzt 339 , kann er die Bezüge für die Zukunft aus sachgerechten Gründen auch herabsetzen 340. Ob die Einsparung finanzieller Mittel zur Sanierung der öffentlichen Haushalte eine generelle Senkung der Gehälter rechtfertigt, ist in mehrfacher Hinsicht zweifelhaft 341 . Sachgerechte Gründe sind etwa gegeben, wenn die Herabsetzung der Gehälter Ausdruck einer neuen politischen Bewertung des Berufsbeamtentums und seiner Funktion für Staat und Gesellschaft ist 3 4 2 . Kürzungen, welche ausschließlich aus fiskalpolitischen Erwägungen, also lediglich aufgrund geänderter finanzieller Verhältnisse vorgenommen werden, können kaum mit einer neuen Bewertung der Rolle der Beamten im Staat begründet werden. Eine Veränderung seiner finanziellen Möglichkeiten gibt nämlich dem Dienstherrn nicht notwendig Anlaß, die Funktion der Beamtenschaft für Staat und Gesellschaft neu zu definieren und diesen politischen A k t durch eine die soziale Stellung der Beamtenschaft verschlechternde besoldungsgesetzliche Regelung zu manifestieren. b) Die Bedeutung der Finanzlage des Dienstherrn für die Angemessenheit der Beamteneinkommen Inwieweit die Beamtengehälter gerade im Hinblick auf eine Verschlechterung der finanziellen Lage der öffentlichen Dienstherrn - sei es im Wege der Anpassungsgesetzgebung, sei es durch den Erlaß eines neuen Bundesbesoldungsgesetzes - entgegen der allgemeinen Einkommensentwicklung gekürzt werden dürfen, hängt letztlich davon ab, welches Gewicht der finanziellen Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte neben den übrigen Faktoren, die für die Angemessenheit der Besoldung konstitutiv sind, zukommt.

339 Vgl. nur BVerfGE 8, S. 1 (23). 340 Vgl. BVerfGE 18, S. 159 (166f.). 341 In einem solchen Fall könnte die Beamtenschaft sich entgegen der Auffassung von Thieme, Studienkommissionsgutachten, S. 397 und Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 187 nicht auf die Entscheidung BVerfGE 19, S. 76ff. berufen. Die Aussage, daß „finanzielle Erwägungen und das fiskalische Bemühen, Ausgaben zu sparen, für sich genommen nicht als sachgerechte Gründe anzusehen (sind)", dürfte sich weniger auf das Verhältnis der Besoldung zur allgemeinen Einkommensentwicklung als vielmehr auf die Frage beziehen, ob innerhalb des Beamtenrechts eine Gruppe von einer günstigeren Neuregelung ausschließlich aus finanziellen Erwägungen ausgeschlossen werden darf, vgl. BVerfG, S. 76 (84). 342 Vgl. oben A I I 3 b) sowie Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 121.

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

aa) Der Stellenwert des Besoldungsaufwandes im Rahmen der staatlichen Ausgaben keine „Ausgabenpriorität" für Beamtengehälter Als öffentlich-rechtliche Gegenleistung für die Dienstbereitschaft des Beamten ist die Beamtenbesoldung von einseitigen staatlichen Leistungen wie der Sozialhilfe deutlich abzugrenzen. Die Besoldung muß deshalb ohne Rücksicht auf das finanzielle Leistungsvermögen des Dienstherrn mehr als das Existenzminimum umfassen 343. Im übrigen ist sie keine dem Umfang nach beliebige Größe, die sich einfach nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand richtet. Ebenso wenig läßt sich ihr Stellenwert im Rahmen der öffentlichen Ausgaben nach irgendwelchen politischen Dringlichkeitsbewertungen gegenüber den anderen staatlichen Ausgabenverpflichtungen gewissermaßen willkürlich bestimmen 344 . Fiskalische Gesichtspunkte dürfen deshalb für den Umfang der Besoldung nicht allein ausschlaggebend sein 345 , sondern sie können nur gemeinsam mit den übrigen Faktoren, die nach der Rechtsprechung für ein angemessenes Einkommensniveau bestimmend sind, in besoldungspolitische Entscheidungen des Gesetzgebers einfließen. Ob der Gesetzgeber durch Art. 33 V GG gehalten ist, bei einer Verknappung öffentlicher Mittel vor einer Kürzung der Personalausgaben zuerst die Haushaltsansätze für Sozialhilfe, Ausbildungsförderung und andere Transfereinkommen zu reduzieren 346 , erscheint mehr als fraglich. Ein Vorrang der Beamtenbesoldung gegenüber anderen staatlichen Ausgaben und Aufgaben 347 läßt sich daraus, daß der Besoldungsaufwand nach Art. 33 V GG der beliebigen Disposition des Gesetzgebers entzogen ist, nicht zwingend ableiten. Die Fülle der Aktivitäten, die die moderne Industriegesellschaft von Seiten des Staates erwartet, macht es erforderlich, daß der Gesetzgeber über die Rangordnung der einzelnen Aufgaben jährlich neu entscheidet 348 . Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist als unabdingbare und unter den gegebenen finanziellen Verhältnissen vordringliche Aufgabe allseits anerkannt, und gerade für 343

Vgl. dazu oben A I I 4 d). Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (264); zust. Thiele, DVB11981, S. 253 (257) und Fürst, Z B R 1985, S. 1 (13); diese verfassungsrechtlich begründbare Forderung wird neuerdings auch im politischen Raum als verbindliches Gestaltungsprinzip der Besoldung anerkannt, vgl. Bulletin, des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung v. 9. Januar 1985, S. 37 (39). 345 Gegen eine Priorität fiskalischer Erwägungen in der Besoldungspolitik zu Recht etwa Wilhelm, Z B R 1967, S. 261 (262). 346 Dafür unter Einschluß der Subventionen aber Zeitler, R i A 1962, S. 243 und Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (13). 347 I.d.S. etwa Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 15; Schäfer, Referat 48. DJT, Ο 27 und Zeitler, R i A 1962, S. 243. Gegen die Behauptung, es gebe eine rechtlich bestimmte Rangfolge öffentlicher Aufgaben, zutreffend Schmölders, Finanzpolitik, S. 210 sowie Haller, HdWW Bd. 5, S. 559 (569). 348 Vgl. Schnupp, R i A 1981, S. 201 (204). 344

VII. Deckungslücken der öffentlichen Haushalte

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die Bewältigung der heutzutage besonders drückenden arbeitsmarktpolitischen Probleme ist ein erweiterter finanzieller Handlungsspielraum der öffentlichen Hand unverzichtbar 349 . Auch bei einem hohen Personalkostenanteil in den öffentlichen Haushalten muß der Staat deshalb in seiner Ausgabenpolitik bewegungsfähig bleiben. Damit wäre unvereinbar, wenn große Teile der staatlichen Einnahmen für die Bestreitung bestimmter Aufgaben gewissermaßen normativ „reserviert" würden. Die Möglichkeit, bei der Verteilung des staatlichen Finanzvolumens auf die verschiedenen öffentlichen Aufgaben durch die Ausgabenpolitik politische Akzente und Prioritäten zu setzen, würde dem Parlament aber durch eine überspitzte Interpretation des Alimentationsprinzips genommen werden 3 5 0 . Wenn auch der Staat als Dienstherr der Beamten im Gegensatz zu den privaten Arbeitgebern aufgrund seines Abgabenmonopols über eine potentiell unerschöpfliche Einnahmequelle zu verfügen und deshalb bei der Bemessung seines Personalkostenaufwandes nicht an Rentabilitätsmaßstäbe gebunden zu sein scheint, müssen die öffentlichen Körperschaften dennoch nicht gehalten sein, Defizite in ihren Haushalten zuerst durch eine Erhöhung ihrer Einnahmen abzugleichen 351 . Zum einen bedingen Steuerzwang und Steuerallgemeinheit eine Beschränkung der Abgabenlast auf das notwendige Ausmaß 352 . Zum anderen haben Steuererhöhungen, von denen auch die Beamtenschaft betroffen wäre, regelmäßig derart mannigfache Auswirkungen auf den Wirtschaftskreislauf, daß sie als Instrument zur Finanzierung von Einkommensverbesserungen im öffentlichen Dienst die ultima ratio bleiben müssen 353 . Noch stärkere Bedenken müßten gegen Bestrebungen und Pläne angemeldet werden, den gegenwärtigen Umfang oder gar Zuwächse des Besoldungsaufwandes über eine Aufnahme besonderer Kredite durch Bund, Länder und Gemeinden zu finanzieren. Eine solche Deckungspolitik wäre unter den gegebenen Einnahmebeschaffungsmöglichkeiten nicht etwa die „ultima ratio" 3 5 4 , sondern erscheint gemessen an der für die Haushaltswirtschaft des Bundes und der Länder 355 maßgeblichen grundgesetzlichen Vorgaben in Art. 109 I I 349

Vgl. Katz, VerwArch 74, S. 133 m.w.N. Vgl. Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 47 sowie F. Mayer, Z B R 1968, S. 361 (375). 351 Dafür aber ausdrücklich Maunz, in: MDHS, GG, Art. 33, Rdnr. 69; Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 15 und Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (211); a. A . Hamann / Lenz, GG, Art. 33, Anm. 7 b) cc); zurückhaltend auch F. Mayer, Z B R 1968, S. 361 (375). 352 Vgl. Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 44; Pannhausen, S. 33. 353 y g i Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 107. Zum Zusammenhang von Steuerbelastung einerseits und der Entwicklung der Nettoeinkommen, Unternehmenserträgen, Spar- und Investitionsquote andererseits vgl. Andreae, HdWW, Bd. 5, S. 532 (543). 350

354

So aber Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 107 m.w.N. Zur Bindung des Kreditwesens der Länder an die in Art. 115 GG niedergelegten Grundsätze vgl. Β K-Vogel ! Wiebel, Art. 115, Rdnr. 33 und Art. 109, Rdnr. 142 ff., 163; ferner Patzig, D Ö V 1985, S. 293 (295ff.). 355

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

und Art. 115 I GG grundsätzlich unzulässig. Art. 115 I GG gestattet dem Bund 3 5 6 die Aufnahme von Krediten, die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, sofern eine bundesgesetzliche Ermächtigung vorliegt. Hinsichtlich des Verwendungszwecks der so beschafften Geldmittel gibt der Wortlaut des Art. 115 I GG unmittelbar zwar keine Direktive. Der Höhe nach erfährt die Kreditaufnahme jedoch eine Begrenzung dadurch, daß nach Art. 115 I 2 GG die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan für Investitionen veranschlagten Ausgaben grundsätzlich nicht überschreiten dürfen 357 . Wenn auch in Art. 115 I GG im Interesse einer gesamtwirtschaftlich ausgerichteten Haushaltspolitik ein Übergang von der sog. objektsbezogenen zur „situationsbezogenen" Deckung erfolgt ist 3 5 8 , folgt aus diesem haushaltsverfassungsrechtlichen Strukturwandel jedoch nicht zwingend, daß die Kreditaufnahme seit der Haushaltsrechtsreform von 1969 ohne Rücksicht auf den konkreten Verwendungszweck der Mittel erlaubt wäre 359 . Insbesondere erscheint es fraglich, ob die Kreditaufnahme von der geplanten Verwendung der auf dem Kapitalmarkt beschafften Mittel so weit abgekoppelt worden ist, daß auf diese Weise grundsätzlich auch konsumtive Ausgaben wie beispielsweise Personalkosten abgedeckt werden dürfen 360 . Auch nach der Reform hat sich nämlich ein Element der traditionellen objektsbezogenen Deckungsregel als Begrenzung des situationsbezogenen Deckungsgrundsatzes insoweit erhalten, als die zulässige Höhe der Kreditaufnahme durch Art. 115 12 GG in Beziehung zur Summe der im Haushaltsplan aufgeführten investiven Ausgaben gesetzt wird 3 6 1 . Damit erklärt die Verfassung die Kreditfinanzierung sog. investiver Vorhaben, d . h . Ausgaben, die eine Steigerung der volkswirtschaftlichen Produktivität bewirken sollen 362 , für unbedenklich 363 . Da die 356 Vgl (295 ff.).

z u r

Rechtslage in den einzelnen Bundesländern Patzig, D Ö V 1985, S. 293

357 Dies bedeutet jedoch nicht, daß bei einer konjunkturellen Gleichgewichtslage der durch die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Investitionen gezogene Rahmen immer voll ausgenutzt werden dürfte. Vielmehr ist auch in Art. 115 I GG die aus Art. 109 I I G G folgende Beschränkung hineinzulesen, daß die Kreditaufnahme sich an den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts orientiert und daher in Zeiten konjunktureller Überhitzung ggf. auch unterhalb des durch die investiven Ausgaben gezogenen Rahmens zu verbleiben hat, vgl. BK-Vogel I Wiebel, Art. 115, Rdnr. 96; v. Münch / Fischer-Menshausen, GG, Art. 115, Rdnr. 5; Maunz, in: MDHS, GG, Art. 115, Rdnr. 31; v. Arnim, BayVbl 1981, S. 514 (516) sowie Patzig, S. 307f. 3 58 Vgl. Stern, Bd. I I , § 51 I I I 3; BK-Vogel I Wiebel, Art. 115, Rdnr. 119; Maunz, Art. 115, Rdnr. 6; kritisch zum Wechsel von der Objekts- zur situationsbezogenen Dekkung insbesondere Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 18; zur Rechtslage vor 1969 vgl. Stern, § 51 I I I 2 a). 359 I.d.S. wohl BK-Vogel / Wiebel, Art. 115, Rdnr. 119. 360 Ebd. 361 Vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 4; Maunz, Art. 115, Rdnr. 28; Stern, § 51 I I I 4. 362 Zur literarischen Kontroverse um den Begriff der „Investition" in Art. 11512 GG vgl. Maunz, Rdnr. 32-40; v. Münch / Fischer-Menshausen, Rdnr. 13; BK-Vogel / Wiebel, Rdnr. 107-110 sowie Tettinger, DVB1 1980, S. 632 (633).

VII. Deckungslücken der öffentlichen Haushalte

177

m i t dem i n einer Kreditaufnahme liegenden haushaltswirtschaftlichen V o r g r i f f auf zukünftige E i n n a h m e n verbundene Verschiebung der Finanzierungslast i n die Z u k u n f t 3 6 4 staatspolitisch nur dadurch legitimiert w i r d , daß die nutzenstiftende W i r k u n g der i m Kreditwege finanzierten A n l a g e n sich auch u n d gerade i n der Z u k u n f t e n t f a l t e t 3 6 5 , muß dieser sachliche Zusammenhang zwischen Anleihefinanzierung

u n d wachstumsfördernden

öffentlichen

Investitionen

auch nach der Neufassung des A r t . 115 G G gewahrt bleiben. Ferner läßt sich aus A r t . 115 1 2 1. Hs. G G vor dem H i n t e r g r u n d der hergebrachten Grundsätze des Haushaltsrechts 3 6 6 der Schluß ziehen, daß laufende Ausgaben wie insbesondere der Personalkostenaufwand nicht aus K r e d i t e n finanziert werden s o l l e n 3 6 7 . D e r Investitionsbegriff i n A r t . 115 I 2 G G ist i m 363 y g i . y. Münch / Fischer-Menshausen, Rdnr. 4. 364 Zu diesen sog. intertemporalen Verteilungswirkungen der staatlichen Kreditaufnahme vgl. etwa v. Arnim, BayVbl 1981, S. 514 (517f.) und v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 115, Rdnr. 1,19 m.w.N. Gegen diese von Art. 115 I GG gedeckte Finanzierungspraxis wendet sich in einem vehementen verfassungspolitischen Plädoyer Püttner, Staatsverschuldung, S. 5, 11 ff. Danach soll es sich bei der Kreditfinanzierung um einen Vorgriff auf künftige Einnahmen handeln, der mit dem demokratischen Verfassungssystem trotz der in Art. 115 GG bestehenden Ermächtigung im Grunde genommen deshalb nicht vereinbar sein soll, weil Demokratie nur Macht auf Zeit kennt und der heutige Gesetzgeber gerade im Hinblick auf Art. 110 GG nicht befugt sein soll, über die in seiner Legislaturperiode anfallenden Einnahmen hinaus durch Vorwegdispositionen den Handlungsspielraum eines zukünftigen Parlaments zu verringern. Dem ist mit v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 115, Rdnr. 1 und v. Arnim, BayVbl 1981, S. 514 (519) jedenfalls soviel entgegenzuhalten, daß jede Staatsführung aus dem Demokratieprinzip und dem Sozialstaatsprinzip zur Vorsorge und Planung für die Zukunft verpflichtet und deshalb auch berechtigt ist, über die jeweilige Legislaturperiode hinaus zu planen und zu diesem Zwecke längerfristige Bindungen zu Lasten ihrer Nachfolgerinnen einzugehen. Die Kreditfinanzierung öffentlicher Haushalte steht daher grundsätzlich nicht in Widerspruch zur Verfassung, was Püttner, S. 12 auch konzediert. Nichtsdestotrotz ist die Kreditfinanzierung von Investitionen mit dem Gedanken der gerechten zeitlichen Lastenverteilung zwischen den Generationen jedenfalls aus finanzwissenschaftlicher Sicht nicht mehr zu rechtfertigen, wenn die gegenwärtige Generation sowohl von den früheren, überwiegend steuerfinanzierten als auch von den gegenwärtigen kreditfinanzierten Investitionen, d. h. in doppelter Weise, profitiert, vgl. v. Arnim, S. 518. 365 y g i v Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 4; Maunz, in: MDHS, GG, Art. 109, Rdnr. 30; zust. auch Püttner, Staatsverschuldung, S. 17. 366 Vgl. dazu Stern, Bd. I I , § 50 I I 1. 367 Vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 4, 13. Diese Einschätzung ist auch aus finanzwissenschaftlicher Sicht gerechtfertigt, weil Einnahmen aus Krediten einen einmaligen und vorläufigen Charakter besitzen, dagegen ständig wiederkehrende Ausgaben in der von Art. 115 11 GG vorausgesetzten konjunkturellen Gleichgewichtslage aber nur dann stabilitätsgerecht finanziert werden können, wenn der mit durch sie ermöglichte zusätzliche private Verbrauch durch Abgaben teilweise wieder eingeschränkt wird. Ferner kann ein Ausweichen von der grundsätzlich gebotenen Steuerauf die Kreditfinanzierung konsumtiver Ausgaben zur Zurückdrängung privater Investitionen führen und negative Rückwirkungen auf Beschäftigung und Wirtschaftswachstum auslösen, d. h. letztlich zu einem höheren Gegenwartskonsum zu Lasten der künftigen Generationen führen, vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, Rdnr. 1 sowie Püttner, Staatsverschuldung, S. 7 und v. Arnim, BayVbl 1981, S. 514 (518).

12 Günther

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Hinblick auf die finanz- und verfassungspolitische ratio dieser Vorschrift, der Zunahme der Staatsverschuldung mangels erkennbarer ökonomischer Grenzen 3 6 8 normativ-institutionelle Barrieren entgegenzusetzen369, eng auszulegen 3 7 0 , wenn er nicht seine letzten Konturen verlieren, Art. 115 I GG seiner Begrenzungsfunktion nicht beraubt werden und nicht beinahe allen öffentlichen Aktivitäten der Zugang zur Kreditfinanzierung eröffnet werden soll 371 . Daher verbietet sich eine Einbeziehung der Ausgaben für das sog. Humankapital, obgleich derartige Aufwendungen - wie beispielsweise staatliche Leistungen im Bereich der Ausbildungsförderung - durchaus geeignet sind, die volkswirtschaftlichen Produktivkräfte pro futuro zu erhalten und zu fördern 372 . Auch wenn der Besoldungsaufwand sich bei volkswirtschaftlicher Betrachtungsweise wegen der „sozialen Produktivität" des öffentlichen Dienstes 373 als ein volkswirtschaftlich sinnvoller Ausgabenposten erweist, fällt er dennoch nicht unter den Begriff der „Investition" im Sinne des Art. 115 I 2 GG und darf daher im Regelfalle nicht durch Mittel, die im Kreditwege beschafft worden sind, finanziert werden. Auch bei einer nach Art. 115 12 2. Hs. GG ausnahmsweise zulässigen Kreditfinanzierung des Besoldungsaufwandes bleibt die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß ein solcher Einsatz des Staatskredits, wenn er etwa zur Belebung der Nachfrage und zur konjunkturellen Stabilisierung aufgenommen wird, nicht nur mit einer Erweiterung des staatlichen Finanzvolumens erkauft wird. Da viele Haushaltspositionen aus politischen Gründen unbeweglich sind, kann sich auf längere Sicht eine Eigendynamik der Verschuldung entwickeln, welche zu einer progressiven Einschränkung des haushaltspolitischen Spielraumes 374 durch eine strukturelle Verfestigung der bereits bestehenden Schulden und eine dynamische Entwicklung der jährlichen Netto-Neuverschuldung führt 3 7 5 , die ihrerseits in zuneh368

Vgl. die Nachweise der entsprechenden Bemühungen von volkswirtschaftlicher Seite bei Stern, Bd. I I , § 51 II. 369 Vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, GG, Art. 115 Rdnr. 1 a.E.; für die Einführung einer starren Grenze de constitutione ferenda gar Püttner, S. 23 a. E. 3 ™ Vgl. Maunz, in: MDHS, GG, Art. 115, Rdnr. 32; BK-Vogel / Wiebel, Art. 115, Rdnr. 110 und Patzig, D Ö V 1985, S. 293 (304). 371 Vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 13 sowie Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 115, Rdnr. 7, wonach der Investitionsbegriff nicht mit dem Ziel erweitert werden darf, eine höhere Schuldenaufnahme zu legitimieren. 372 Vgl. Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 115, Rdnr. 6; Maunz, Art. 115, Rdnr. 36; BK-Vogel I Wiebel, Art. 115, Rdnr. 109 m . w . N . ; kritisch dazu jedoch Tettinger, DVB1 1980, S. 632, der angesichts der im juristischen Schrifttum anzutreffenden divergenten Interpretationen und der sich daraus mitunter ergebenden kuriosen Ergebnisse eine „deutliche Abkehr von der Mixtur aus ökonomischen, finanzwissenschaftlichen und haushaltspraktischen Elementen im Sinne einer präzisen, am Normzweck ausgerichteten Konturierung" fordert, S. 633. Kritisch zum gegenwärtigen Erkenntnisstand auch Stern, StaatsR I I , § 51 I I I 4 c) und Patzig, D Ö V 1985, S. 293 (304). 373 Vgl. dazu oben Β II. 374 Eingehend dazu Püttner, Staatsverschuldung, S. 10f. sowie v. Münch / FischerMenshausen, GG, Art. 109, Rdnr. 1, 14, 18 a.E.

VII. Deckungslücken der öffentlichen Haushalte

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mendem Umfang zur Abwicklung des Schuldendienstes eingesetzt werden muß 3 7 6 . Nicht zuletzt deshalb verbietet sich jeglicher Versuch, eine Ausweitung des Besoldungsaufwandes über den Anleihemarkt zu finanzieren, von selbst 377 . bb) Das Verbot des Einsatzes der Besoldung als „finanzpolitische Manövriermasse" Wenn die Rechtsprechung den Rang der Beamtenbesoldung gegenüber den anderen öffentlichen Ausgaben bisher lediglich negativ umschrieben hat, darf der Gesetzgeber den Stellenwert der Personalkosten im Rahmen der öffentlichen Ausgaben dennoch nicht nach Belieben festsetzen 378. In Anbetracht der staatstragenden Funktion des Berufsbeamtentums hat er der Besoldung im Rahmen seiner Ausgabenplanung vielmehr einen hohen Rang einzuräumen 3 7 9 . Als wirtschaftliche Existenzgrundlage des Beamten und seiner Familie darf die Besoldung deshalb nicht als „finanzpolitische Manövriermasse" benutzt werden 380 . Daher wäre es eine unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten mehr als bedenkliche Praxis, wenn der Gesetzgeber die Haushaltsmittel für immer zahlreichere Aufgaben auf dem Sozial- oder Subventionssektor verplanen und den für die Anpassung der Besoldung an die allgemeine Einkommensentwicklung erforderlichen haushaltspolitischen Spielraum auf diese Weise derart verengen würde, daß er gegenüber dem Verlangen der Beamten nach einer der allgemeinen Einkommensentwicklung entsprechenden Anpassung ihrer Bezüge die „Einrede der leeren Kassen" erheben müßte 381 . Eine solche Besoldungspolitik wäre um so weniger zu rechtfertigen, als die Teilhabe der Beamten an der allgemeinen Einkommensentwicklung wenn auch im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Dienstherrn - zum historisch gewachsenen Inhalt des Alimentationsprinzips gehört. So ist die 375 Zu den heute vorhandenen strukturellen Haushaltsdefiziten, insbesondere zu den Folgen einer konsumtiven Verwendung von im Kreditwege beschafften Mitteln im Sinne einer expansiven, „asymmetrischen" Haushaltspolitik und zur Entwicklung der abnehmenden steuerlichen Deckungsquote bzw. der dementsprechend zunehmenden Zins-/Steuerquote vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, Rdnr. 19; BK-Vogel / Wiebel, Art. 115, Rdnr. 102; Katz, VerwArch 74 (1983), S. 133 sowie Püttner, Staatsverschuldung, S. 6f. jeweils m.w.N. 376 Vgl. v. Münch / Fischer-Menshausen, Art. 109, Rdnr. 19; BK-Vogel / Wiebel, Art. 115, Rdnr. 103. 377 Bezeichnenderweise fordert v. Arnim, BayVbl 1981, S. 514 (523) einen „Abbau des Anspruchsdenkens" und ein Konzept, das die Position derer, die auf Einsparung konsumtiver Staatsleistungen drängen, systematisch stärkt. 378 Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (264). 379 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 77. 380 Vgl. Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334; Bohret / Siedentopf, Verwaltung und Verwaltungspolitik, S. 213 (217); Fürst, Z B R 1985, S. 1 (4). 381 Vgl. Pannhausen, S. 78; Zeitler, R i A , 1962, S. 243 und Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (216).

12*

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Besoldung bereits vor 1933 letztlich der Entwicklung der übrigen Einkommen und nicht ausschließlich derjenigen der Staatsfinanzen gefolgt. c) Die besoldungspolitische Widersprüchlichkeit fiskalisch motivierter Kürzungen Gegenüber der Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards und der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse sind fiskalische Aspekte folglich eher nach- denn gleichrangig 382 . Eine äußerste Grenze für Besoldungskürzungen bildet außerdem der allgemeine Lebensstandard, innerhalb dessen Grenzen das Besoldungsniveau sich generell bewegen muß 3 8 3 . Mag auch die Unschärfe dieses Maßstabes eine fiskalisch bedingte Absenkung nicht zwingend ausschließen, bleiben Kürzungen, die keine Entsprechung in der Einkommensentwicklung außerhalb des öffentlichen Dienstes finden, zumindest unter besoldungspolitischen Aspekten angreifbar: Da das allgemeine Einkommensniveau in vergleichbaren Berufen zumindest faktisch den wichtigsten Richtpunkt für die Bemessung und Entwicklung der Besoldung bildet 3 8 4 , müßte der Gesetzgeber bei einer aus fiskalischen Gründen betriebenen allgemeinen Kürzung der Gehälter darlegen, warum in Zukunft ein niedrigeres als das bisherige Besoldungsniveau angemessen sein soll, obwohl die Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes überhaupt nicht oder zumindest nicht in demselben Ausmaß gesunken sind. Den Gesetzgeber trifft daher eine entsprechende Argumentationslast 385 . Wenn die angemessene Relation der Besoldung zur allgemeinen Einkommens- und Vermögenslage erklärtermaßen gerade erst durch das voraufgegangene Anpassungsgesetz wiederhergestellt worden ist 3 8 6 , wäre die naheliegende Begründung, daß das bisherige Besoldungsni382 Für eine Gleichgewichtigkeit finanzieller und wirtschaftlicher Aspekte für die Angemessenheit der Besoldung aber offensichtlich Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 154. 383 Vgl z u r Rahmenfunktion des allgemeinen Lebensstandards oben A I I 3 b). Gegen eine Kürzung der Gehälter aus fiskalischen Gründen sprechen auch volkswirtschaftliche Gesichtspunkte. Der Staat ist in ökonomischer Hinsicht nicht befugt, durch eine ausschließlich fiskalisch motivierte Kürzung der Bezüge gegen den Trend der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung andere Nachfrager auf dem Arbeitsmarkt zu unterbieten, vgl. Schinkel, G K ö D I I I , Κ §14, Rdnr. 1; Schwegmann ! Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.1 und Tennstedt, Z B R 1973, S. 289 (292). 384

Vgl. dazu auch Zacher, W D S t R L ; 37, S. 175; 267 (290). Vgl. Summer I Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (13); ähnlich Schwandt, Z B R 1973, S. 92 (95). Bedenken gegen Besoldungskürzungen ohne eine entsprechende Veränderung der allgemeinen Einkommenssituation auch bei Summer, Z B R 1984, S. 57 (62). 386 Nicht unbedenklich sind daher die Ausführungen in BVerfG JZ1968, S. 61 ff., wo das Gericht eine ersatzlose Abschaffung des Weihnachtsgeldes für zulässig erklärt. Offenbar hält das Gericht das danach verbleibende (Jahres-?) Einkommen für einen noch angemessenen Unterhalt. Auf die naheliegende Frage, ob das Weihnachtsgeld nicht zuletzt deshalb eingeführt worden ist, um vor dem Hintergrund der allgemeinen Einkommensentwicklung einer sozialen Deklassierung der Beamten gegenüber der 385

VII. Deckungslücken der öffentlichen Haushalte

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veau unangemessen hoch gewesen sei, zumindest aus besoldungspolitischer Sicht widersprüchlich. Anders liegt es etwa dann, w e n n der Gesetzgeber sachlichen A n l a ß zur Neubewertung des Beamtentums u n d seiner F u n k t i o n für die Allgemeinheit hat u n d aus diesem Grunde pro futuro ein niedrigeres Gesamtniveau der Besoldung für angemessen erachten d a r f 3 8 7 . Eine derartige grundlegende U m b e w e r t u n g des Berufsbeamtentums k a n n aber nur das Ergebnis eines langfristigen Einstellungswandels u n d politischen Entscheidungsprozesses sein, zu dem der Gesetzgeber sich angesichts der Tragweite einer solchen Entscheidung auch offen bekennen u n d dafür die politische V e r a n t w o r t u n g tragen m ü ß t e 3 8 8 . D o c h ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auch insoweit durch den allgemeinen Lebensstandard begrenzt 3 8 9 . Z u d e m zeigt die Geschichte des Besoldungsrechts, daß der Gesetzgeber dazu neigt, sich i n der Regel eher an der unteren denn an der oberen Grenze des durch das Angemessenheitsgebot vorgegebenen verfassungsrechtlichen Rahmens zu b e w e g e n 3 9 0 , w e i l die verfassungsrechtliche Vorgabe „angemessener" Besoldung v o n vornherein eine Besoldungspolitik 3 9 1 gestattet, die eher dazu neigt, die E i n k o m m e n auf das Arbeitnehmerschaft vorzubeugen bzw. ein ausreichendes Besoldungsniveau erst wieder herzustellen (i.d.S. etwa Ule, GRe IV/2, S. 570 (593); Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 83; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 121), geht das Gericht leider nicht ein. Seine Argumentation, daß ein Weihnachtsgeld nicht zu den hergebrachten Grundsätzen i.S.v. Art. 33 V GG und deshalb auch nicht zu den durch das Alimentationsprinzip verbürgten Besoldungselementen gehöre, verkennt zweierlei: Erstens hängt die Zulässigkeit einer Kürzung nicht davon ab, ob ein Gehaltsbestandteil zu den hergebrachten Grundsätzen zu zählen ist; maßgeblich ist allein, daß das verbleibende Gehaltsniveau insgesamt noch innerhalb der Marge des angemessenen Unterhalts liegt (vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 113 sowie Leisner, Z B R 1984, S. 223 (229)), denn Art. 33 V GG entfaltet keinen Schutz bestimmter Besoldungsbestandteile (vgl. oben Β 1 2 b)). Zweitens ist es im Hinblick auf Funktion, Höhe und Entstehungsgeschichte des Weihnachtsgeldes ja gerade fraglich, ob der Gesetzgeber den Beamten damit, wie das Bundesverfassungsgericht meint, mehr gewährt, als verfassungsrechtlich geboten ist. Auch Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (41) scheint zu verkennen, daß die apodiktische Ausklammerung etwa der Sonderzuwendung oder des Urlaubsgeldes aus der verfassungskräftigen Gewährleistung des Art. 33 V GG und der pauschale Verweis auf einen von Art. 33 V GG lediglich geschützten „Kernbestand" des Alimentationsanspruchs durchaus zur Folge haben können, daß die Kernbestandsgarantie letztlich substanzlos wird; denn streng genommen ist noch nicht einmal das Grundgehalt als solches verfassungskräftig verbürgt und erst recht nicht, wie BVerwGE 66, S. 147 (150) betont, der Ortszuschlag. Wie hier auch Unverhau, Z B R 1982, S. 363 (372). 387 Vgl. oben A I I 3 b). 388 Nach Leisner, Z B R 1984, S. 223 (233) dies gilt bereits dann, wenn eine einzige Beamtengruppe gegenüber vergleichbaren Berufen in der gewerblichen Wirtschaft uno actu abgewertet wird. 389 Vgl. oben A I I 3 b) sowie insbesondere BVerfGE 3, S. 288 (342). 390 Vgl. Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 117f. und Traeger, Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung, S. 119; aus sozialwissenschaftlicher Sicht Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, S. 138. 391 Vgl. Traeger, S. 119 und Summer, Z B R 1984, S. 57 (58).

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Notwendige zu beschränken 392 als der Beamtenschaft ein Gehaltsniveau zu gewähren, das über dem Durchschnitt dessen liegt, was in der freien Wirtschaft für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt wird. Eine generelle Gehaltskürzung, die nicht mit der allgemeinen Einkommens- und Preisentwicklung begründet werden kann, ist deshalb nicht nur im Hinblick auf die Einkommensentwicklung bei den nichtbeamteten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes personal- und einkommenspolitisch schwerlich durchsetzbar 393 . Auch unter dem Gesichtspunkt amtsangemessener Besoldung erscheint sie wenig sachgerecht und kaum überzeugend begründbar. 2. Die Verantwortung und Treuepflicht des Beamten

a) Die politische Verantwortlichkeit

für Deckungslücken in den Etats

Kürzungen der Gehälter, die ausschließlich fiskalisch motiviert sind und keine Entsprechung in der allgemeinen Einkommensentwicklung finden, könnten jedoch durch die in § 14 BBesG angesprochene Verantwortung 394 der Beamtenschaft legitimiert sein. Dieses Kriterium erklärt das Prinzip der amtsund leistungsgerechten Besoldung 395 auch im Bereich der Anpassungsgesetzgebung für verbindlich. Auf die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Dienstherrn bezieht sich die in § 14 BBesG angesprochene „Verantwortung" demnach nicht. Eine persönliche, über das Disziplinarrecht sowie eventuelle Schadensersatzpflichten rechtlich sanktionierte Verantwortung trifft den Beamten allerdings hinsichtlich seiner Diensthandlungen 396 . Die insoweit einschlägigen Vorschriften stellen aber selbst bei weitester Auslegung keinen Bezug zur allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Gesamtlage her. Auch die in den Beamtengesetzen enthaltenen generalklauselartigen Regelungen der allgemeinen Pflichten 397 beziehen sich allein auf die Amtsführung und das sonstige persönliche Verhalten des Beamten. Eine spezifische rechtliche Verantwortung des Beamten für den Zustand der öffentlichen Haushalte oder das wirtschaftliche Wohlergehen des Volkes ist den gesetzlichen Normierungen des Beamtenrechts folglich nicht zu entnehmen. Die Ursachen von Deckungslücken in den öffentlichen Haushalten sind regelmäßig in einer unbefriedigenden Entwicklung der Einnahmen- oder 392 Dafür ausdrücklich Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 33; ähnlich Quaritsch, Referat 48. DJT, Vhdl. Bd. I I , Ο 44. 393 Vgl. Leisner, Z B R 1984, S. 223 (230f.); Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 16, wonach der Vorbehalt gesetzlicher Regelung der Beamtenbezüge keinen sachlichen Grund für Sparmaßnahmen allein im Besoldungssektor bildet. 394 So aber - wenn auch mit Vorbehalten - Tettinger, Z B R 1981, S. 357 (365). 395 Vgl. dazu oben A I I 3 a). 396 Vgl. §§ 38 I BRRG; 56 I BBG. 397 Vgl. §§ 35 I B R R G ; 52 I BBG.

VII. Deckungslücken der öffentlichen Haushalte

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umgekehrt in einer Überstrapazierung der Ausgabenseite zu suchen. Wenn Haushaltsdefizite im wesentlichen das Ergebnis einer verfehlten Finanz- und Haushaltspolitik sind, liegt die Verantwortung für solche Mißstände nicht bei den Beamten, sondern bei der Regierung und den sie tragenden Fraktionen des Parlaments 398 . Selbst der Umstand, daß auch der wachsende Anteil der Personalausgaben zu den Haushaltsschwierigkeiten beiträgt, rechtfertigt keine Zuweisung dieser Verantwortung an die Beamtenschaft. Die wesentliche Ursache für den unverhältnismäßig starken Anstieg des Anteils der Personalkosten an den Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden ist zwar die Zunahme des im öffentlichen Dienst beschäftigten Personals, welche infolge des Ausbaus insbesondere der sog. Leistungsverwaltung während der letzten zwei Jahrzehnte eingetreten ist 3 9 9 . Hinter dieser Entwicklung steht jedoch keine Eigengesetzlichkeit des öffentlichen Dienstes in Gestalt des sog. Parkinsonschen Gesetzes, sondern sie beruht ausschließlich auf den Entscheidungen der politischen Mandatsträger 400 . Wenn daher die durch eine Ausweitung der Staatsaufgaben bedingte Expansion des Besoldungsaufwandes von der Beamtenschaft nicht einmal veranlaßt worden ist, darf sie auch nicht mit dem Ziel in die Spardiskussion eingebracht werden, den Beamten bei der Anpassung der Besoldung im Hinblick auf die Situation der Staatsfinanzen im Rahmen der Sanierungskonzepte gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen gewissermaßen eine „Vorwegquote" aufzuerlegen 401 oder gar Gehaltskürzungen, die entgegen der allgemeinen Einkommensentwicklung ins Auge gefaßt werden, mit dem Appell an das besondere Berufsethos der Beamtenschaft zu verbrämen. b) Beamtenrechtliche Treuepflicht und finanzpolitische Maßnahmen des Gesetzgebers Distanz ist auch gegenüber Bestrebungen geboten, Begrenzungen der Anpassungsquote oder gar reale Einkommensverluste der Beamtenschaft mit dem Hinweis auf die Treuepflicht des Beamten zu rechtfertigen 402 . Daß 398 Vgl. Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 16; Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (13). 399 Vgl. oben Erster Teil A I V 4 c). 400 Vgl. Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 16 sowie Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (208f.). 401 Vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (13). Eine solche „Vorwegquote" verbietet sich nach der Auffassung von Fürst, Z B R 1985, S. 1 (4) vor allem dann, wenn die Einkommen der außerhalb des öffentlichen Dienstes beschäftigten Arbeitnehmer keine Veränderungen oder gar Zuwächse aufweisen. 402 Vgl. etwa die einschlägige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs in den Jahren 1930/31, RFHE 27, S. 321; 28, S. 208, dazu oben Erster Teil A I I 6 a). In neuerer Zeit etwa BT-Drucksache 9/1912, Anlage C, wo die gegenüber den Tarifsektor des öffentlichen Dienstes relativ geringere Anhebung der Nominalgehälter im Jahr 1982 seitens der Bundesregierung u. a. mit dem „besonderen Rechtsverhältnis der Beamten"

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Beamte in einer finanziellen Notlage des Staates an der Überwindung der Finanzkrise durch eine Absenkung ihrer Bezüge in einem stärkeren Maße als die übrige Bevölkerung sollen beteiligt werden dürfen 403 , erscheint vor dem Hintergrund ihrer besonderen Pflichtenbindung zwar auf den ersten Blick einleuchtend oder zumindest nicht unbillig. Bei näherem Hinsehen erweist sich eine derart pauschale und undifferenzierte Bezugnahme auf die Treuepflicht kaum haltbar: aa) Verfassungsrechtliche Treuepflicht als inhaltlich unbestimmte Generalklausel Wie der Alimentationsgrundsatz zählt die Treuepflicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums 404 . Ihr Inhalt, insbesondere ihr personaler Bezugspunkt sowie ihre Reichweite, sind aber bis heute äußerst umstritten 405 . Zwar herrscht mittlerweile Einigkeit darüber, daß die beamtenrechtliche Treuepflicht im Gegensatz zu der vor 1918 und nach 1933 herrschenden Rechtslage keine unmittelbare personale Bindung des Beamten an das Staatsoberhaupt 406 , sondern allenfalls gegenüber dem Volk als Souverän 407 im wesentlichen aber gegenüber der Verfassung begründet 408 . Will man sie nicht ganz in Abrede stellen 409 oder ihr nicht leerformelhafte Allgemeinheit attestieren, kann man immerhin soviel feststellen, daß sie inhaltlich ein Chiffre für die Gesamtheit der einzelnen Beamtenpflichten bildet 4 1 0 . Bei all den divergierenden Stellungnahmen zum Bezugspunkt und Inhalt der Treuebegründet wurde. Gegen derartige Bestrebungen dezidiert Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 16; Schäfer, Referat 48. DJT Ο 27 und Zeitler, R i A 1962, S. 243. 403 So aber ausdrücklich B G H Z 12, S. 161 (185); ähnlich Kleefisch, Z B R 1961, S. 1 (7). Kritisch dazu aber Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 120. 404 Vgl. oben A l l a ) . 405 Eingehend Isensee, Beamtenstreik, S. 48ff. und Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 22ff. 406 Ausführlich dazu Däubler, Streik im öffentlichen Dienst, S. 117f., 122. 407 Vgl. Pannhausen, S. 23f.; ähnlich Wolff / Bachof Verwaltungsrecht I I , § 114 I I a); Scheerbarth / Höffken, Beamtenrecht § 8 I I 1. Gegen die Deutung der beamtenrechtlichen Treuepflicht als einer personalen Bindung des Beamten an den Staat etwa Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (177f.). Weitergehend Däubler, S. 115ff., der im Hinblick auf den irrationalen Kern des Begriffs „Treue" die Tendenzen zur Verrechtlichung des Beamtenverhältnisses und insbesondere unter Hinweis auf die normative Diskontinuität des Grundgesetzes gegenüber der Reichsverfassung von 1871 jegliche personale Deutung der Treuepflicht als mit der demokratischen Gesamtstruktur des Grundgesetzes unvereinbar verwirft (S. 118, 120f.). 408 Dafür ζ. B. explizit Hoffmann, S. 178; ähnlich Däubler, S. 118 und Wolff I Bachof, Verwaltungsrecht I I , § 114 I I a). 409 So ζ. B. Wiese, Staatsdienst in der B R D , S. 72f.; Benz, Beamtenverhältnis und Arbeitsverhältnis, S. 29; i.E. ähnlich Hoffmann, S. 190 und Däubler, S. 118ff., die die Treuepflicht des Beamten mit der jedem Bürger obliegenden Loyalität gegenüber dem Staat bzw. mit der arbeitsrechtlichen Treuepflicht gleichsetzen. A . A . dezidiert Scheerbarth / Höffken, Beamtenrecht, § 8 I I 5). 410 So Isensee, Beamtenstreik, S. 52.

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pflicht läßt sich zu ihrem Inhalt deshalb lediglich die vorläufige Aussage machen, daß der Beamte von Verfassungs wegen gehalten ist, die Interessen des Dienstherrn zu fördern und alles zu unterlassen, was ihnen abträglich ist 4 1 1 . Damit erweist sich diese Pflicht als eine in ihrem Kern durchaus „politische" Treuepflicht 412 . Ob aber deshalb, weil der einzelne Beamte verpflichtet ist, sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten 413 , die Beamtenschaft insgesamt verpflichtet, ist bei Besoldungsforderungen auf die finanzund haltshaltspolitischen Programme der jeweiligen Regierung Rücksicht zu nehmen, erscheint bereits nach den oben angestellten Überlegungen zur Verantwortung der Beamtenschaft für die Lage der öffentlichen Finanzen fraglich. Selbst wenn man die Treuepflicht als Generalklausel für unverzichtbar hält, um den Treuegedanken des Beamtenverhältnisses im Einzelfall zur Geltung zu bringen 414 , muß ihr Gehalt dennoch vorrangig aus ihren spezialgesetzlichen Einzelregelungen erschlossen werden 415 . Anderenfalls ließe sich aus der Treuepflicht beinahe alles ableiten und als verfassungsrechtlich verbindlich ausgeben, was nach dem Vorverständnis des Interpreten oder aus tagespolitischer Sicht als Ergebnis wünschenswert erscheint 416 . bb) Die Treuepflicht als Richtschnur für das individuelle Verhalten des Beamten Die gesetzlichen Konkretisierungen der Treuepflicht 417 richten sich weniger an die Beamtenschaft als soziale Gruppe denn vielmehr an den einzelnen Beamten, für dessen persönliches Verhalten sie Maßstäbe setzen 418 . Dabei hat der Gesetzgeber einen angemessenen Ausgleich zwischen den Belangen des Staates und den Interessen des Beamten herbeizuführen. Die Gestaltung des Dienstverhältnisses darf also trotz der Treuebindung des Beamten nicht einseitig auf die Förderung des öffentlichen Interesses ausgerichtet werden 419 . 411 Vgl. etwa Laubiner, Ule-FS, S. 89 (110); Däubler, S. 119; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 33, Rdnr. 16; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 22f. und Berg / Tettmann, Z B R 1983, S. 217 (221). 412 Vgl. Laubinger, S. 110; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 33, Rdnr. 17; Wiese, Beamtenrecht, S. 13, 104. 4 13 Vgl. §§ 35 I 2 BRRG; 52 I I BBG. 414 Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 25; Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht I I , § 114 I I a); Scheerbarth / Höffken, Beamtenrecht, § 8 I I 1. 415 Vgl. Isensee, Beamtenstreik, S. 52, der - im Zusammenhang mit der Diskussion um ein Streikrecht für Beamte - vor dem „gefährlichen Umweg über die Blankettnorm" warnt. «« Vgl. Menzel, D Ö V 1969, S. 513 (519). 4 7 * Vgl. §§ 35-44 BRRG; 52-78 BBG. 418 Vgl. Laubinger, Ule-FS, S. 110 und Ule, GRe IV/2, S. 573. 419 Vgl. Isensee, Beamtenstreik, S. 50 wonach angesichts der Grundrechtsgarantien des Grundgesetzes ein Kodex unbegrenzter Pflichten auch im Beamtenverhältnis aus-

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Diese Treuepflicht des Beamten ist keine Bindung religiöser Art, sondern gewissermaßen säkularisierter, rationaler Natur 4 2 0 . Wenn der Beamte auch sein gesamtes Verhalten am Gemeinwohl auszurichten hat, ist er dennoch nicht gehalten, den wirtschaftlichen Interessenkonflikt, in dem er sich mit seinem Dienstherrn befindet 421 , in Krisensituationen zu verleugnen. Deshalb braucht der Beamte seine wesentlichen eigenen Interessen denen der Gemeinschaft oder des Dienstherrn nicht von vornherein in opfermütiger Haltung unterzuordnen, wie es die Konsequenz einer auf einer irrationalen Bindung beruhenden Treuebeziehung wäre 422 . Zu diesen elementaren eigenen Interessen des Beamten zählt sein Anspruch auf eine Besoldung, die auch in schlechten Zeiten im Vergleich zur Einkommenssituation der übrigen Bevölkerung noch als „angemessen" bezeichnet werden kann. cc) „Fiskalpolitische" Treuepflicht - überflüssige Konstruktion und Ansatz zur Aushöhlung der Kernbestandsgarantie Da der Alimentationsgrundsatz die Angemessenheit des Besoldungsniveaus neben anderen Bemessungsgrößen auch von der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand abhängig macht 423 , scheint die Konstruktion einer besonderen finanz- oder haushaltspolitischen Treuepflicht im übrigen kaum erforderlich, um es der Besoldungsgesetzgebung zu ermöglichen, neben den einkommenspolitischen Aspekten auch den haushaltspolitischen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen 424 . Haushalts- und finanzpolitische Aspekte der Besoldungsgesetzgebung können auch ohne Rückgriff auf die Treuepflicht berücksichtigt werden, weil der Alimentationsgrundsatz einer Absenkung der Besoldung bis an die unterste Grenze des angemessenen Unterhalts 425 gar nicht entgegensteht 426 . geschlossen ist. Gegen eine unangemessene Inpflichtnahme des Beamten durch das Treueverhältnis auch Scheerbarth / Höffken, Beamtenrecht, § 8 I I 1. 420 Vgl. Däubler, Streik im öffentlichen Dienst, S. 115, 122. 421 Dieser wird nicht etwa dadurch ausgeschlossen, daß das BeamtenVerhältnis kein Arbeitsverhältnis ist, vgl. Isensee, Beamtenstreik, S. 50 und Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (182f.). 422 Zu dieser immanenten Grenze aller derartigen Treuebindungen vgl. Däubler, S. 115f., 120. Zur Entmythologisierung des Beamtenverhältnisses vgl. im übrigen oben A I 3 a) sowie Erster Teil A I I 1 b). 423 Vgl. dazu Maunz, in: MDHS, GG, Art. 33, Rdnr. 69; Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 188; Berg / Tettmann, Z B R 1983, S. 217 sowie oben Β 14 b); abl. insoweit etwa Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 14f. 424 Prinzipiell ablehnend aber Merten, S. 16; Schäfer, Referat 48. DJT, Ο 27 und Zeitler, RiA 1962, S. 243. 42 5 Vgl. oben A I I 4 d). 426 Diese übersehen offenbar Scheerbarth / Höffken, Beamtenrecht, § 8 I I 4, wenn sie den Beamten im Hinblick auf seine Treuepflicht für verpflichtet halten, in Notzeiten Gehaltskürzungen hinzunehmen.

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Dieser Maßstab zieht aber lediglich eine relative Untergrenze, die sich bei einer langfristigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage ohnehin weiter nach unten verschiebt 427 . Bestrebungen, die auf eine weitere verfassungsunmittelbare Eingrenzung des Alimentationsanspruches abzielen, würden im Ergebnis auf eine weitere Absenkung des verfassungskräftig verbürgten Mindestniveaus der Besoldung und zuletzt auf eine Unterschreitung desjenigen Einkommensniveaus hinauslaufen, das nach allgemeiner Auffassung und im Hinblick auf den Lebensstandard anderer Bevölkerungsgruppen als soeben noch angemessen gelten kann. Daß das Alimentationsprinzip nur den Kernbestand des Anspruchs auf angemessene Besoldung absichert, erscheint bei rechtspolitischer Betrachtungsweise als eine kaum befriedigende Lage. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts birgt nämlich die Gefahr, daß derart unbestimmte Maßstäbe wie der der „unteren Grenze" angemessener Besoldung oder des „Kernbestandes des Anspruchs auf standesgemäßen Unterhalt" 4 2 8 langfristig dazu führen, daß die von Art. 33 V GG vorgegebene Unterscheidung zwischen dem amtsangemessenen und dem notdürftigen Unterhalt im Bewußtsein des Gesetzgebers verblaßt 429 . Derartige Figuren suggerieren nämlich die Vorstellung, daß außer dem „angemessenen" Unterhalt eine weitere, d. h. auf einem noch niedrigeren Niveau verlaufende verfassungsrechtliche Untergrenze für das Niveau der Besoldung existiert. In Krisenzeiten könnte sich diese Rechtsprechung, die vom Bundesverfassungsgericht ursprünglich zum Schutz der Beamteneinkommen gegen ihre völlige wirtschaftliche Entwertung durch die Gesetzgebung entwickelt worden ist, trotz ihrer durchaus beamtenfreundlichen Motive für die Beamtenschaft als ein Danaergeschenk entpuppen 430 . Ein weiterer Einbruch fiskalischer Aspekte über die Treuepflicht könnte das Alimentationsprinzip in seiner Funktion als Garantie einer mehr als notdürftigen Besoldung endgültig desavouieren. Da der Alimentationsgrundsatz, die wirtschaftliche Existenz des Beamten auch im öffentlichen Interesse auch in Krisenzeiten gewährleisten soll 4 3 1 , darf er sich aber gerade gegenüber rein fiskalisch motivierten Kürzungen nicht als ein stumpfes Schwert erweisen. Daher verbietet sich jede weitere Relativierung der Alimentationsgarantie, selbst wenn sie mit zwingenden 427

Vgl. Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 79; Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 115, 154. 428 Vgl. z. B. BVerfGE 16, S. 94 (115); 18, S. 159 (166f.); 21, S. 329 (344); 37, S. 167 (178); 49, S. 260 (271 f.). 429 Vgl. Lecheler, A ö R 103, S. 349 (369f.). 430 Ebd.; kritisch auch Thiele, D V B l 1981, S. 253 (257) und Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (44), der den Gesetzgeber andererseits für befugt hält, Komponenten der Gesamtbezüge in die Alimentationsleistung herein oder derartige Gehaltsbestandteile aus der nach Art. 33 V GG geschuldeten amtsangemessenen Alimentation wieder herauszunehmen (S. 40) - ein angesichts der von Grämlich selbst erkannten Gefahr der juristischen Entwertung der Unterhaltsgarantie etwas widersprüchlicher Standpunkt. 43 1 Vgl. oben A I I 5.

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öffentlichen Interessen, Staatsnotwendigkeiten oder der Treuepflicht des Beamten legitimiert werden soll 4 3 2 . c) Sanierung der öffentlichen

Haushalte und Sozialstaatsgrundsatz

Wenn der Gesetzgeber eine Finanzschwäche der öffentlichen Haushalte, die im wesentlichen nicht durch eine rezessive wirtschaftliche Entwicklung, sondern eine überzogene Ausgabenfreudigkeit der politisch Verantwortlichen bedingt ist, vorrangig durch eine Kürzung der Beamtengehälter ausgliche, würde eine solche Sanierungspolitik einseitig die Beamten belasten, obwohl sie im Interesse der gesamten Bevölkerung betrieben würde 433 . Nachdem die Beamtenschaft durch den Untergang des Ständestaates seit 1918 zwar nicht ihre rechtlichen, wohl aber ihren sozialen Sonderstatus verloren 434 und sich bereits in den zwanziger Jahren in die Industriegesellschaft integriert hat 4 3 5 , führt sie heute keine Sonderexistenz neben der Gesellschaft, sondern steht, auch was die allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Lage des Landes betrifft, in der „Risikogemeinschaft aller Bürger" 4 3 6 . Von einem Beitrag zur Sanierung der öffentlichen Haushalte kann die Beamtenschaft nicht ausgenommen werden. In einem Gemeinwesen, das eine Aufteilung seiner Bürger in Klassen und Stände nicht anerkennt, verlangt der Sozialstaatsgrundsatz, daß der Gesetzgeber an die finanzielle Leistungsfähigkeit der Bürger nicht nur dann anknüpft, wenn er Vergünstigungen gewährt, sondern auch dann, wenn er diese aus haushaltspolitischen Gründen wieder einschränkt oder abschafft 437 . Daher sollte der Gesetzgeber den überkommenen besonderen Rechtsstatus der Beamten heute nicht dazu benutzen, dieser Bevölkerungs-

432 Die Ansicht, daß die Beamtenschaft gerade wegen ihrer Treuebindung gegenüber Volk und Staat zu gesteigerter Rücksichtnahme auf die Staatsnotwendigkeiten gehalten sei und deshalb in Finanzkrisen gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen besondere Einkommensverluste hinnehmen müsse, hat bereits im Jahre 1931 das Reichsgericht nachdrücklich abgelehnt, vgl. oben Erster Teil, A I I 6 c). 433 Vgl. Kriegbaum, ZBR 1970, S. 201 (211) und Plog / Wiedow, BBG, § 82, Anm. 3. 434 Vgl. dazu oben A 1 3 a). 435 Vgl. Summer, Z B R 1984, S. 57 (58) sowie Mayntz, Soziologie der Verwaltung, S. 135 ff. (140). Deshalb dürfte die in diese Richtung zielende Forderung bei Hoffmann, A ö R , 91, S. 141 (178f.) ins Leere gehen. 43 * Vgl. Baum, Der Landkreis, 1981, S. 122 (123). 437 Vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (3). I m übrigen ist daraufhinzuweisen, daß die Beamten von Deckungslücken und Sanierungsmaßnahmen doppelt betroffen sein können: Erstens hat der Gesetzgeber im Rahmen der primären Einkommensverteilung die Möglichkeit, die Gehälter der Beamten einseitig herabzusetzen, was ihm hinsichtlich der Arbeitnehmereinkommen wegen der Tarifhoheit der Sozialpartner nach Art. 9 I GG nicht gestattet ist. Zweitens sind die Einkommen der Beamtenfamilien bei der sekundären Einkommensverteilung von denjenigen Kürzungen staatlicher Leistungen betroffen, die für alle Bürger gelten, vgl. dazu Clemens, Z B R 1984, S. 25 sowie BTVhdl.-Stenogr.Ber.-10/8491 (8498 B).

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gruppe bei der Sanierung der öffentlichen Haushalte besondere finanzielle Opfer aufzuerlegen. In einer Industrie- und Leistungsgesellschaft, die mehr auf materielle denn ideelle Werte ausgerichtet ist, mutet der Appell an die Treue oder das besondere Berufsethos des Beamten für weite Kreise der Bevölkerung und auch für manche Beamte zumindest in Fragen der Einkommensverteilung beinahe anachronistisch an 4 3 8 . Daß die Staatslasten allen Bürgern je nach ihrer finanziellen Leistungskraft aufzuerlegen sind 4 3 9 , entspricht gewissermaßen der Tradition: Nach der Währungskatastrophe von 1923 wurde der Geldwert nicht ausschließlich zu Lasten der Beamtengehälter konsolidiert, wie auch in den Jahren nach 1929 die Reduzierung der öffentlichen Ausgaben nicht auf den Besoldungsaufwand beschränkt war. Vielmehr wirkten sich diese Maßnahmen in allen Bevölkerungsgruppen und -schichten aus, so daß die immer wieder vertretene These, die Notverordnungspolitik habe die Staatsfinanzen einseitig auf Kosten der Staatsbediensteten zu sanieren versucht 440 in dieser Allgemeinheit jedenfalls nicht haltbar ist 4 4 1 . Die Beamtenschaft braucht es deshalb gerade heute nicht hinzunehmen, als einzige Bevölkerungsgruppe mit den Folgen einer verfehlten Haushalts- und Finanzpolitik belastet zu werden 442 . Als sachgerechter Grund für eine allgemeine Absenkung des Besoldungsniveaus kommt damit neben einer jederzeit möglichen politischen Neubewertung des Beamtentums im wesentlichen also nur eine rezessive Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in Frage. Eine Verschlechterung der finanziellen Situation des Dienstherrn kann eine zurückhaltende Anpassungspolitik oder Besoldungskürzungen unbedenklich nur unter der Voraussetzung rechtfertigen, daß die eingeschränkte Finanzkraft der öffentlichen Haushalte im wesentlichen die Folge einer rückläufigen 438 Grob überzeichnet, aber mit einer gewissen Berechtigung bemerkt in diesem Zusammenhang Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (210), daß es „von der Beamtenschaft . . . Unmögliches verlangen (hieße), wenn sie sich ganz aus dieser Zeitströmung heraushalten und unter Abkapselung von dem allgemeinen Leben mit einem Hungerlohn und - nicht vorhandenen - Staatsidealen begnügen sollte." Auch nach Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, S. 173ff. findet bei den Beamten ein Wandel des Selbstverständnisses statt. Je weniger sie sich als Repräsentanten der Staatsmacht sehen und je mehr sie sich als Vertreter der Interessen des Publikums oder des Gemeinwohls begreifen, um so verständlicher wird der Wunsch, auch die eigenen wirtschaftlichen Interessen möglichst wirksam zu vertreten. Zur nicht erst in jüngerer Zeit evident gewordenen Fragwürdigkeit der gegen die vorstehend skizzierte Entwicklung mitunter ins Feld geführten Formel „Dienen geht vor Verdienen" vgl. oben A 1 3 a) sowie Erster Teil A I I 1 b). 439 Vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 13. I.d.S. bereits Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 120 (dort FN 167). So aber Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (201 f.). 441 Vgl. oben Erster Teil A I I 5 b) bzw. A I I 7. 442 So zu Recht Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 79 und Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 187.

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist 4 4 3 . Willkürliche Gehaltseinschnitte, für die sich keine überzeugenden sachlichen Gründe, insbesondere keine veränderte Aufgabenstellung der Beamtenschaft oder kein allgemeiner Rückgang des Volkswohlstandes anführen lassen 444 , sind daher unzulässig. 3. Unterschreitung des angemessenen Unterhalts in einer Staatskrise?

Begegnet eine ausschließlich fiskalisch motivierte Senkung der Beamteneinkommen, welche entgegen der Entwicklung der übrigen Einkommen vorgenommen wird, nicht nur in besoldungspolitischer Hinsicht gewichtigen Bedenken, so könnte eine Reduzierung der Gehälter auf ein Niveau, das eine der Bedeutung des jeweiligen Amtes entsprechende Lebensführung nicht mehr gestattet, jedenfalls bei einem finanziellen oder sonstigen „Staatsnotstand" dann gerechtfertigt sein, wenn damit allen Beamten das Existenzminimum gesichert werden könnte 445 . Wann eine Unterschreitung des durch den Alimentationsgrundsatz verbürgten angemessenen Mindestniveaus vorliegt, hängt nicht allein vom absoluten Ausmaß einer Gehaltskürzung ab. Die Angemessenheit des Besoldungsniveaus richtet sich maßgeblich nach der Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse und insbesondere nach dem allgemeinen Lebensstandard 446 . In einer allgemeinen Notlage ändern sich aber auch die Vorstellungen hinsichtlich dessen, was eine angemessene Lebensführung ausmacht. Da sich infolgedessen der Rahmen für ein angemessenes Besoldungsniveau insgesamt nach unten bewegt 447 , verringert sich in einer akuten Wirtschafts- und Staatskrise auch der Abstand zwischen der von Art. 33 V GG vorgeschriebenen Mindestbesoldung und dem durch Art. 1 I bzw. Art. 20 I GG garantierten Existenzminimum. Die Frage nach der Zulässigkeit einer Durchbrechung des Alimentationsprinzips kann sich also erst dann stellen, wenn die Einkommensverluste der Beamten im Vergleich zu denen anderer Bevölkerungsgruppen überproportional hoch sind und das 443 So vor allem Fischbach, BBG, 1. Halbbd., Β I I 2 c); vgl. ferner Pannhausen, S. 79; Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 17f.; Maunz, in: MDHS, GG, Art. 33, Rdnr. 69; Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 120; Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.1; Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (13; 19); Schwandt, Z B R 1983, S. 92 (95); einschränkend F. Mayer, Z B R 1968, S. 361 (375) sowie Plog / Wiedow, BBG, § 82 Anm. 3, wonach Mängel der finanziellen Leistungskraft des Dienstherrn „jedenfalls auf die Dauer nicht einseitig zu Lasten der Beamten gehen" dürfen. 444 Eingehend dazu Leisner, Z B R 1984, S. 223 (230ff.). 445 So - unter allerdings recht engen Voraussetzungen - Merten, Ule-FS, S. 349 (366) und dersGekappte Besoldungsanpassung, S. 18f.; weniger weitgehend Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung, S. 53. 446 Vgl. oben A I I 3 b). 447 Vgl. Maunz, in: MDHS, GG, Art. 33, Rdnr. 69; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 79; Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 188; Ule, Studienkommissions-Gutachten, S. 523 und Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 118, 154.

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Besoldungsniveau darüber hinaus in die Nähe des physischen Existenzminimums absinkt. Der geschichtliche Rückblick auf die Jahre nach 1918 zeigt jedoch, daß bereits dem Grundsatz des „standesgemäßen" Unterhalts ein Besoldungsniveau entsprach, welches deutlich über der Schwelle des physischen Existenzminimums lag 4 4 8 . Mag die Kaufkraft der Gehälter in den Jahren bis 1933 kaum den heutigen Vorstellungen von Wohlstand entsprochen haben, läßt sich umgekehrt auch nicht feststellen, daß die Gehälter realiter nicht mehr als das Existenzminium gewährleisteten. Selbst die „Notgehälter" des Jahres 1923, die im wesentlichen eine Folge der zerrütteten Währungsverhältnisse waren, können vor dem Hintergrund der damaligen wirtschaftlichen Gesamtlage nicht als ein besonderes Opfer der Beamten gegenüber der übrigen Bevölkerung bewertet werden 449 . Diese Feststellung gilt in noch höherem Maße für den vorwiegend auf den Nominalwert der Bezüge beschränkten Gehaltsabbau der Jahre 1929 bis 1932 450 . Selbst in den akuten Finanzkrisen der Jahre 1923 und 1930 war also eine Besoldung, die im Verhältnis zu den Einkommen der anderen Bevölkerungsschichten durchaus als „standesgemäß" bezeichnet werden konnte, nicht nur beabsichtigt, sondern sie ist auch tatsächlich gezahlt worden 451 . Da die mit vergleichbaren Fragestellungen befaßte Lehre vom Staatsnotrecht in der zeitgenössischen wissenschaftlichen Auseinandersetzung nur wenige Anhänger gefunden hat 4 5 2 , spricht eine auf die Entstehungsgeschichte gestützte Auslegung des Alimentationsgrundsatzes eher gegen denn für die Zulässigkeit einer Durchbrechung. Darüber hinaus weist das Beamtenrecht unter dem Grundgesetz gegenüber dem der Weimarer Reichsverfassung insofern wesentliche Strukturunterschiede auf, als es durch das Sozialstaatsprinzip und eine Verstärkung der individuellen Rechtsstellung gegenüber der öffentlichen Gewalt geprägt ist 4 5 3 . Eine Außerkraftsetzung des Alimentationsgrundsatzes durch einen Eingriff in den Kernbereich des Anspruches auf den angemessenen Unterhalt wäre deshalb unter der Geltung des Art. 33 V GG noch weniger als unter der von Art. 1291 3 W R V zu rechtfertigen 454 . 448 Vgl. dazu eingehend Berendt, S. 119; z. T. a. A . Stuzky, Auswirkungen des Sozialstaatsprinzips, S. 80, wonach der Alimentationsgrundsatz früher lediglich das Absinken der Besoldung unter das Existenzminimum verhindern sollte. 449 Vgl. oben Erster Teil A I I 3 c). 450 Vgl. oben Erster Teil A I I 5 b). 451 Diese Frage lassen BVerfGE 8, S. 1 (14f.) und Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 44 noch ausdrücklich offen; für das Besoldungswesen der Weimarer Republik kann sie m.E. bejaht werden. 4 *2 Vgl. oben A I I 54 a). «3 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (17). 454 Vgl. etwa v. Münch / Matthey, GG, Art. 33, Rdnr. 40; BK-Jess, Art. 33, Anm. 7 d); Schwegmann / Summer, BBesG § 14, Rdnr. 3.1 (dort FN 19); ζ. T. abweichend F. Mayer, Freiheit und Bindung, S. 18, wonach eine Durchbrechung hergebrachter Grundsätze zwar nicht aus fiskalischen oder politischen Motiven, wohl aber dann zulässig sein soll, wenn dadurch das Berufsbeamtentum als Institution gestärkt oder erhalten

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

V I I I . Die Zulässigkeit von Fest-, Sockel- und Mindestbeträgen bei linearen Anpassungsmaßnahmen - zur Problematik einer „Kappung" von linearen Besoldungserhöhungen 1. Die einkommenspolitische und besoldungsrechtliche Fragwürdigkeit einheitlicher Anpassungsbeträge

a) Nivellierende Besoldungsanpassungsgesetzgebung und der Verfassungsgrundsatz amtsangemessener Besoldung Bei einer Anpasssung der Besoldung ist nach § 14 BBesG die mit den Dienstaufgaben verbundene Verantwortung zu berücksichtigen. Damit ist auch der Anpassungsgesetzgeber an das von Art. 33 V GG verbürgte Prinzip der „amtsangemessenen", d. h. nach Verantwortung und Leistung abgestuften Besoldung gebunden 455 . Daher darf auch die Anpassungsgesetzgebung das Besoldungsgefüge nicht so stark nivellieren, daß eines Tages von einer „amts"-angemessenen Besoldung nicht mehr die Rede sein kann 4 5 6 . Das überkommene, dem Bundesbesoldungsgesetz zugrunde liegende vertikale Besoldungsgefüge wird durch ein Anpassungsgesetz nicht berührt, wenn die Gehälter aller Gruppen um den gleichen Vomhundertsatz erhöht oder gesenkt werden 4 5 7 . Obwohl bei einer linearen Erhöhung oder Absenkung der Gehälter die ziffernmäßigen Unterschiede zwischen den Brutto-Einkommen variieren, bleiben nämlich ihre relativen Abstände doch gleich. Eine lineare Anpassung erscheint auch deswegen sachgerecht, weil der Realwert der Gehälter durch die Schwankungen des Geldwerts bei allen Gruppen in der Regel um den gleichen Faktor geändert wird 4 5 8 . Unterschiedliche prozentuale Erhöhungen und eine Nivellierung des Besoldungsgefüges treten ein, wenn die Gehälter allgemein um einen Festbetrag erhöht werden oder wenn eine lineare Erhöhung mit einem Festbetrag kombiniert wird 4 5 9 . Bis heute sind folgende Varianten praktiziert worden: So kann werden kann. Eine solche Lage läßt sich allerdings kaum vorstellen, vgl. Ule, GRe IV/ 2, S. 593. 455 Vgl daxu o b e n u 3 a ) sowie insbesondere Merten, Ule-FS, S. 349 (350) und Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 6. 456 Insoweit herrscht weitgehend Einigkeit: Vgl. Merten, S. 357, 367, 371 f.; Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 6; Meder, JöR 24, S. 387 (419); Maunz, in: MDHS, GG, Art. 33, Rdnr. 69; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 33, Rdnr. 28 sowie Schwegmann / Summer, Rdnr. 5 c) 11.3. 457 Vgl. Merten, S. 362f., 367ff.; dezidiert für eine ausschließlich lineare Anpassung auch Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 6 und Meder, S. 419. 4 58 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (361, 364). 459 Ausführlich dazu Merten, S. 376 f. Nach den Berechnungen von Zeppernick, Fin Arch 32, S. 425 f. und Anlage 1 betrug ζ. B. der Netto-Zuwachs der Realeinkommen in den Jahren 1969 bis 1973 infolge der Sockelbetragspolitik bei einem Beamten der Besoldungsgruppe A 3 immerhin 12,8 v . H . , in der Gruppe A 14 dagegen nur

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die lineare Erhöhung der Grundgehälter mit einem Mindestbetrag verbunden werden, was bei den unteren Besoldungsgruppen zu einer relativ höheren prozentualen Zunahme der Grundgehälter führt 4 6 0 , weil sich in den höheren Besoldungsgruppen nur der lineare Teil einer solchen „gespaltenen Besoldungserhöhung" 461 auswirkt. Ferner kann neben die lineare Erhöhung des Ortszuschlages ein für alle Gruppen einheitlicher Sockelbetrag treten 462 oder die lineare Erhöhung von Grundgehalt und Ortszuschlag um einen selbständigen Festbetrag in Gestalt einer sog. einmaligen Zahlung 463 ergänzt werden. Zu unterschiedlichen prozentualen Zuwächsen der Gesamtbezüge führt deshalb auch das 1977 eingeführte Urlaubsgeld 464 . Diese Besoldungsbestandteile, die einer linearen Erhöhung der Einkommen prinzipiell zuwiderlaufen, sind Ergebnisse einer Besoldungspolitik, die sich insbesondere während der siebziger Jahre unter dem Schlagwort von der „Gleichbehandlung aller Statusgruppen des öffentlichen Dienstes" in der Anpassungsgesetzgebung weitgehend auf den Nachvollzug der Einkommensentwicklung im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes beschränkte 465 . Die insbesondere von den DGB-Gewerkschaften verfolgte Strategie, welche über die Festbeträge kurzfristig eine relative Bevorzugung der unteren Lohn- und Vergütungsgruppen durchsetzen und auf lange Sicht zu einer Einebnung der damals existierenden Lohnstruktur führen sollte 466 , konnte damit auch die Entwicklung der Beamteneinkommen beeinflussen. Zwar ist die im BBesG 1957 festgesetzte Relation der Endgrundgehälter in den Eingangsämtern der Laufbahngruppen der Besoldungsordnung A 4 6 7 mit 100:130:200:330 bis zur 1 v. H. Auch der Abstand zwischen den in den verschiedenen Laufbahnen erreichbaren Netto-Lebenseinkommen ist deutlich verringert worden, vgl. Millack / Bell, Vergleich der Lebenseinkommen, S. 6f. und Anlagen 4/5/6. 460 Dies war z. B. der Fall beim Besoldungserhöhungsgesetz von 1974, vgl. oben Erster Teil A I V 4 a). 461 So die Bezeichnung derartiger Maßnahmen bei Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Anm. 3.3. 462 Dies war der Fall bei Besoldungserhöhungsgesetzen von 1971 bis 1973; Merten, Ule-FS, S. 349 (377ff.), sieht in dieser Praxis einen „Formenmißbrauch" des Gesetzgebers, weil der Ortszuschlag traditionell als Ergänzung des amtsadäquat bemessenen Grundgehalts konzipiert worden sei und deswegen nicht durch überproportionale Erhöhungen zur Nivellierung des Spannungsverhältnisses zwischen den Gesamtbezügen benutzt werden dürfe. 463 So bei den Besoldungserhöhungsgesetzen von 1975 und 1977, vgl. oben Erster Teil A I V 4 c). 464 Vgl. Clemens / Lantermann, Entwicklung des Besoldungsrechts, S. 12. Gleiches gilt für die sog. Überbrückungszulagen, vgl. Schwegmann I Summer, BBesG, § 14 Anm. 3.3. 465 Vgl. oben Erster Teil A I V 4/5 sowie Β 14 a) cc); kritisch dazu vor allem Merten, Ule-FS, S. 349 (364, 381). 466 Vgl. zu den Hintergründen dieser Einkommenspolitik oben Erster Teil A I V 4 b) sowie die detaillierte politikwissenschaftliche Analyse von Keller, Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Dienst, S. 131 ff. 467 Es handelt sich dabei um die Ämter A l , A 5 , A 9 und A13. 13 Günther

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Mitte der siebziger Jahre in etwa konstant geblieben 468 . Unter Berücksichtigung der Veränderungen im Ortszuschlag ist jedoch das Spannungsverhältnis der monatlichen Brutto-Einkommen bis 1980 auf 100:120:165:250 geschrumpft 469 . Gleiche Entwicklungstendenzen weisen die Brutto-Jahreseinkommen auf 4 7 0 . Bereits der tarifrechtliche Ursprung dieser Festbeträge spricht nicht gerade für ihre Kompatibilität mit der Eigengesetzlichkeit der Beamtenbesoldung 471 . Der Beamtenstatus ist im Gegensatz zum Arbeitsverhältnis von Verfassungs wegen nicht nur hinsichtlich der Einkommensstruktur auf Abstufung und Hierarchisierung angelegt 472 . Anpassungsgesetze, die aus egalitären Motiven auf eine Einebnung des Besoldungsgefüges abzielen, könnten daher nicht nur mit § 14 BBesG kollidieren, sondern gegen Art. 33 V GG verstoßen 473 . b) Die weiten Schranken des besoldungsrechtlichen Differenzierungsgebotes Die Verfassung gewährt dem Besoldungsgesetzgeber gerade in Fragen der Besoldungsstruktur einen besonders weiten Gestaltungsspielraum 474. Auch der Leistungsgrundsatz schreibt deshalb ein bestehendes Besoldungsgefüge nicht fest. Der Anpassungsgesetzgeber verstößt gegen das Gebot „amts"angemessener Besoldung, wenn er die Gehaltsabstände zwischen den einzelnen Ämtern und Laufbahnen durch eine Kette nivellierender Anpassungsgesetze im Laufe der Zeit in einen solchem Ausmaß verringert, daß sie effektiv nicht ins Gewicht fallen und vor allem keinen wesentlichen Leistungsanreiz mehr ausüben 475 . Von welchem Punkt an der Besoldungsgesetzgeber aber seine Pflicht zur Gewährung einer nach Verantwortung und Leistung hinreichend differenzierten Besoldung verletzt, ist nicht zuletzt deswegen so schwie468

Vgl. Bierfelder / Brinkmann, H W B d. ÖD, Sp. 502; Clemens i Lantermann, Entwicklung des Besoldungs- und Laufbahnrechts, Anlage 1. 469 Im Jahre 1970 lag es noch bei 100:125:178:279, vgl. Clemens I Lantermann, Anlagen 2 und 4 sowie Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 294 m.w.N. 470 Vgl. Clemens / Lantermann, Anlagen 3 und 4. 471 Vgl. dazu Merten, Ule-FS, S. 349 (381), der insoweit von einer „Systemfremdheit des Vorgehens" spricht. Kritisch zum „Quasi-Automatismus" zwischen Tarif- und Besoldungsentwicklung auch Tettinger, Z B R 1981, S. 357 (365) sowie Clemens / Lantermann, Entwicklung des Besoldungsrechts, S. 12. 472 Vgl. Leisner, Beamtensicherung, S. 25, 71 und Z B R 1983, S. 141 (143). 473 So ausdrücklich Meder, JöR 24, S. 387 (419); weniger eindeutig Merten, Ule-FS, S. 349 (381 (dort FN 129)) sowie Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 6. 474 Vgl. oben A I I 3 a) sowie zuletzt BVerfG D Ö V 1985, S. 318. 475 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (354); Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 3.3; vor § 1 Rdnr. 5 c) und Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 6; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 33, Rdnr. 28; allgemein zur Bedeutung der Einkommensstaffelung als Leistungsanreiz in der gesamten Volkswirtschaft vgl. Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 97 ff.

VIII. Festbeträge und „Kappung" bei linearer Anpassung

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rig festzustellen, weil aus dem Alimentationsgrundsatz infolge seines ausgeprägt programmatischen Charakters nur wenige Kernaussagen über die gebotene Abstufung der Gehälter abgeleitet werden können. Zwar ist es unstreitig, daß eine Besoldung ohne leistungseffiziente Abstufung gegen Art. 33 V GG verstößt. Darüber hinaus kann dem Erfordernis der „Amtsangemessenheit" aber keine konkrete Mindestdifferenzierung der Bezüge geschweige denn ein bestimmter Differenzierungsschlüssel entnommen werden 476 . Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht mag man deshalb das Fehlen einer praktikablen und plausiblen besoldungspolitischen Theorie bedauern und die Alimentationstheorie wie das Prinzip der „angemessenen" Besoldung als eine wenig operationalisierbare Bemessungsgrundlage für die Beamtengehälter zurückweisen 477 . Eine starre Bindung des Besoldungsgesetzgebers an feste strukturelle Vorgaben ist von der Verfasssung aber auch gar nicht beabsichtigt. Die Gesetzgebung soll vielmehr in der Lage bleiben, bei der Bemessung der Gehälter nicht allein dem Leistungsprinzip, sondern auch allgemeinen staatspolitischen Notwendigkeiten 478 und insbesondere den personalpolitischen Bedürfnissen der öffentlichen Dienstherrn Rechnung zu tragen 479 . Daß auch die Abstufung der Bezüge innerhalb der rechtlichen Grenzen des Art. 33 V GG eher ein besoldungspolitisches denn ein mit juristischen Kategorien zu bewältigendes Problem ist, zeigt sich im geschichtlichen Rückblick vor allem darin, daß die Spannungsverhältnisse der Grundgehälter weitgehend von den jeweils herrschenden sozialpolitischen Ordnungsvorstellungen geprägt sind. Die Einkommensnivellierung während der letzten Jahrzehnte ist nicht auf den öffentlichen Dienst beschränkt 480 . In der gesamten Einkommensentwicklung ist eine Tendenz zur „nivellierten Mittelstandsgesellschaft" 481 unverkennbar, welche ihre wesentliche Ursache in den Bemühungen der Gesetzgebung und der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen um einen möglichst wirksamen Ausgleich der sozialen Gegensätze haben dürfte 482 . Das Besoldungsrecht erweist sich also auch hinsichtlich der Entwicklung der Gehaltsspannen als ein 476

Vgl. oben A I I 3 a). Vgl. Heer, Beamtenbesoldung in der B R D , S. 78 sowie Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 18, 21, 23. 478 Vgl. oben A I I 32 a). 479 Das gilt nach BVerfGE 26, S. 141 (158) und BVerfG D Ö V 1985, S. 318ff. insbesondere für die Werbung von Nachwuchs. 480 Eingehend dazu Müller, Nivellierung und Differenzierung der Arbeitseinkommen, S. 5f., 147ff.; z. T. a. A . Scheerbarth / Höffken, Beamtenrecht, § 23 I Tabelle 1, wonach die Brutto-Monatsverdienste der Angestellten in Industrie und Handel derartige Tendenzen nicht in diesem Ausmaß aufweisen, was auf gewisse kompensatorische Effekte der Lohndrift zurückgeführt wird. 481 Vgl. Merten, Ule-FS; S. 349 (373 m.w.N.). 482 Vgl. Hülsbruch, Gestaltung der Beamtengehälter, S. 97. Ähnlich hinsichtlich des relativen Absinkens der Beamtengehälter gegenüber den Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes heute Summer, Z B R 1984, S. 57 (58). 477

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Spiegel allgemeiner gesellschaftlicher Entwicklungen 483 . Die Wandlung, der die Spannungsverhältnisse zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen im Laufe dieses Jahrhunderts unterworfen gewesen sind, lehrt jedenfalls, daß die Wirksamkeit des Differenzierungsgebots als Schranke gegen eine nivellierende Besoldungsgesetzgebung nicht zu hoch veranschlagt werden sollte 484 , obwohl andererseits nicht zu übersehen ist, daß das Besoldungsgefüge auch in Krisensituationen niemals zu einer Einheitsbesoldung abgeflacht ist 4 8 5 . Das in seinen Grundzügen seit 1957 bestehende gegenwärtige Besoldungssystem wird von Art. 33 V GG folglich ebensowenig garantiert, wie der Gehaltsanspruch in seiner ziffernmäßigen Höhe „gesetzesfest" ist 4 8 6 . Das Verfassungsgebot amtsangemessener Besoldung kann daher in der Regel gegenüber einer einzelnen nivellierenden Anpassungsmaßnahme nicht unmittelbar greifen 487 , sondern könnte sie erst dann sanktionieren, wenn sie eine bereits weitgehend nivellierte Gesamtniveauregelung praktisch an die Grenze zur Einheitsbesoldung führen würde 488 . Daß ein einzelnes Anpassungsgesetz mit Nivellierungstendenzen gegen höherrangiges Recht verstößt, wird man also im Regelfall allein durch eine Prüfung an Art. 33 V GG nicht feststellen können. c) Die derogierende

Wirkung des Anpassungsgesetzes

In Anbetracht der heterogenen Besoldungspolitik der Jahre von 1909 bis 1932 kann es keinen hergebrachten Grundsatz des Inhalts geben, daß die Anpassung der Besoldung an veränderte wirtschaftliche und finanzielle Verhältnisse jeweils nur durch lineare Erhöhungen bzw. Kürzungen vorzunehmen 483 Vgl. etwa Millack / Summer, Z B R 1978, S. 138ff.; Hülsbruch, S. 95ff.; Schäfer / Skiba / To faute, Personalausgaben und Einkommensfindung, S. 100, ist daher darin zuzustimmen, daß es eine „dauerhafte optimale Bezahlungsstruktur einfach nicht (gibt)." 484 Daß die Nivellierung der Gehälter seit Jahrzehnten unabhängig von der jeweiligen politischen Verfassung fortschreitet und durch Maßnahmen der Staatsführung letztlich nicht aufgehalten werden konnte, betont auch Heer, Z B R 1976, S. 337 (339). 485 Die mitunter vertretene Auffassung, daß der Alimentationsgrundsatz in einer außergewöhnlichen Krisensituation durchbrochen werden dürfe, indem zur Sicherung des Existenzminiums aller Beamten die gebotene Mindestdifferenzierung durch eine unproportionale Kürzung der Gehälter außer acht gelassen wird (so etwa Merten, UleFS, S. 349 (366) unter Berufung auf Ule, GRe IV/2, S. 593) findet jedenfalls in der Entwicklungsgeschichte keinen Rückhalt. Das Gebot einer Differenzierung der Besoldung nach Amt und Verantwortung ist gerade heute ebensowenig durchbrechbar wie der Grundsatz, daß „angemessener" Unterhalt jeweils mehr umfaßt als das Existenzminimum. 486 Vgl. oben A I I 2 a). Zumindest mißverständlich daher Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 6, wonach gemäß § 14 BBesG „das (!) Besoldungsgefüge bei Anpassungsmaßnahmen zu erhalten (ist)"; i.d.S. ausdrücklich auch Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 119 f. 487 Α . A . wohl Meder, JöR 24, S. 387 (419, dort FN 95). 488 Vgi # Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 194.

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ist 4 8 9 . Die in § 14 BBesG vorausgesetzte Unterscheidung zwischen strukturellen Besoldungsverbesserungen und allgemeinen Anpassungsmaßnahmen hat sich nach 1957 herausgebildet und erst nach 1970 Eingang in das Bundesbesoldungsgesetz gefunden. Zur Respektierung des bestehenden Besoldungsgefüges könnte der Gesetzgeber jedoch aufgrund der spezifischen Funktion der Anpassungsgesetzgebung verpflichtet sein 490 . Gegenüber Strukturmaßnahmen zeichnen sich die Anpassungsgesetze im Sinne von § 14 BBesG dadurch aus, daß sie nicht das Besoldungsgefüge modifizieren, sondern Verschiebungen jener Relation ausgleichen sollen, die zwischen den Beamtengehältern auf der einen und der allgemeinen Einkommenssituation auf der anderen Seite besteht 491 . Die gängige Bezeichnung der Besoldungserhöhungsgesetze als Anpassungsgesetze ist deshalb ein Indiz dafür, daß die Angleichung der Gesamtniveauregelung mit der ihr zugrunde liegenden Besoldungsstruktur an veränderte gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen in einer möglichst systemgetreuen Weise vorzunehmen ist 4 9 2 . Da eine solche Anpassung der Bezüge grundsätzlich alle Beamtengruppen erfassen 493 und darüber hinaus amts- und leistungsadäquat durchgeführt werden muß 4 9 4 , könnte der Gesetzgeber jedenfalls dann auf eine ausschließlich lineare Anpassung der Bezüge festgelegt sein, wenn er die Besoldung unter Bezugnahme auf § 14 BBesG anpaßt 495 . Eine absolute Bindung des Anpassungsgesetzgebers an das dem Bundesbesoldungsgesetz zugrunde liegende vertikale Besoldungsgefüge erscheint aber bereits nach den allgemeinen Kollisionsregeln ausgeschlossen. Ein Anpassungsgesetz stellt gegenüber allen vorangegangenen Anpassungsgesetzen die lex posterior dar, der auch gegenüber dem Bundesbesoldungsgesetz grundsätzlich derogierende Kraft zukommen muß, selbst wenn sie durch Festbeträge eine Änderung der in den Besoldungsordnungen enthaltenen Gehaltsspannen bewirkt 4 9 6 .

489 Für ein Gebot linearer Anpassung aber ausdrücklich Merten, Ule-FS, S. 349 (363); Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 7; Schwegman / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 4.3 und Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (217). 490 In diesem Sinne etwa Merten, Ule-FS, S. 349 (362f.) und Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 4.3. 49 * Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (358f.). 492 Vgl. oben Β I 2 d) und 3 a). 493 Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (361f.); Merten, Ule-FS, S. 349 (360, 377); Schinkel, GKöD I I I , Κ § 14, Rdnr. 9 sowie Unverhau, Z B R 1982, S. 363 (369). 494 Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (362) und Merten, Ule-FS, S. 362. 495 So dezidiert Merten, Ule-FS, S. 363; ähnlich Unverhau, Z B R 1982, S. 363 (369). 496 Dies gilt allerdings nur insoweit, als das Besoldungsgefüge trotz der durch das spätere Gesetz bewirkten Modifikationen noch den Anforderungen einer „amtsangemessenen" Besoldung genügt, weil sonst die äußersten Grenzen des dem Gesetzgeber nach Art. 33 V GG zustehenden strukturellen Gestaltungsspielraumes überschritten wären, vgl. Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 194.

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Die Derogationswirkung des Anpassungsgesetzes wäre jedoch auf die vorausgegangenen Anpassungsgesetze beschränkt, wenn die Anpassung der Bezüge lediglich als Ausführungsgesetzgebung zu § 14 BBesG eingestuft werden müßte 497 . Die Anpassungsgesetzgebung dürfte dann im Hinblick auf die Besoldungsstruktur nicht systemverändernd oder gar systemsprengend wirken, sondern hätte sich auf eine systemimmanente Fortschreibung des Bundesbesoldungsgesetzes zu beschränken. Das Verhältnis des Anpassungsgesetzes zum Bundesbesoldungsgesetz ließe sich dann unter funktionalen Gesichtspunkten mit dem Rang der Rechtsverordnung gegenüber dem zu ihrem Erlaß ermächtigenden formellen Gesetz vergleichen. Da ein Ausführungsgesetz das ermächtigende Gesetz nicht derogieren kann, müßte die Kollisionsregel wie folgt eingeschränkt werden: „lex posterior exsequens non derogat legi priori mandanti 498 ." Für eine teleologisch begründete Unterordnung des Anpassungsgesetzes unter das Bundesbesoldungsgesetz lassen sich gewichtige Gründe anführen: Eine völlige Bindungslosigkeit des Anpassungsgesetzgebers gegenüber dem im Bundesbesoldungsgesetz festgelegten Spannungsverhältnis der Gehälter könnte die in § 14 BBesG vorgesehene amts- und leistungsadäquate Durchführung der Anpassungsmaßnahme und damit die Vorschrift als solche in praxi leicht desavouieren 499 . Eine konsequente Unterscheidung zwischen dem strukturbegründenden „Auftragsgesetz" auf der einen und dem das System wahrenden „Ausführungsgesetz" auf der anderen Seite entspräche überdies rechtsstaatlichen Prinzipien wie denen der Normenklarheit und der Durchschaubarkeit der staatlichen Willensbildung 500 . Eine materielle Unterordnung unter das Bundesbesoldungsgesetz würde das formell gleichrangige Anpassungsgesetz allerdings zu einem „Gesetz zweiter Klasse" herabstufen, wenn es in seiner Funktion eher einer Rechtsverordnung denn einem Parlamentsgesetz entspräche. Eine derartige Konstruktion fügt sich nicht bruchlos in das gegenwärtige System der Rechtsquellen ein 5 0 1 . Das Anpassungsgesetz bewirkt vielmehr eine fortlaufende Ergänzung des Bundesbesoldungsgesetzes502. Identität von Besoldungsgesetzgeber und Anpassungsgesetzgeber besteht also nicht erst dann, wenn Struktur- und Anpassungsmaßnahmen in einem Gesetz zusammengefaßt werden 503 . Auch in 497 Vgl. Merten,, Ule-FS, S. 349 (368f.). 498 Ebd., S. 368. 499 Ebd. Gegen eine völlige Regelungsfreiheit des Anpassungsgesetzgebers auch Schwegmann / Summer, BBesG, § 14 Rdnr. 2. 500 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (369). 501 Was Merten offensichtlich verkennt. Diese Konstruktion geht überdies deshalb fehl, weil selbst das Handeln des Verordnungsgebers nach Art. 80 I 2 G G durch das Auftragsgesetz niemals vollständig, sondern nur nach Inhalt, Zweck und Ausmaß, also final, determiniert werden kann. 502 Vgl. oben A 12 d); 3 a). 503 So aber Merten, Ule-FS, S. 349 (370f.).

VIII. Festbeträge und „Kappung" bei linearer Anpassung

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sachlicher Hinsicht vermag die ohnehin etwas gekünstelt anmutende Figur des auf lineare Maßnahmen beschränkten Anpassungsgesetzgebers eine Nivellierung des Besoldungsgefüges kaum auszuschließen. Selbst wenn die Anpassungsgesetzgebung auf rein lineare Erhöhungen der Bezüge beschränkt wäre, würde die Nivellierung der verfügbaren Einkommen letztlich nicht verhindert werden können, weil der progressiv gestaffelte Einkommenssteuertarif bei höheren Gehältern zu einer relativ geringeren und damit unproportionalen Zunahme der Nettoeinkommen führt. Diese sind aber nach der jüngeren Rechtsprechung der wesentliche Anknüpfungspunkt für eine Beurteilung der Angemessenheit der Gehälter 504 . Will der Gesetzgeber eine lineare Zunahme der Netto-Einkommen sicherstellen, muß er die Brutto-Gehälter der höheren Besoldungsgruppen um einen zunehmend größeren Vomhundertsatz steigern als die der unteren Gruppen 505 . d) Willkürverbot und „Systemgerechtigkeit" bei der Anpassung der Gehälter aa) Systemgerechtigkeit als Topos zur Konkretisierung des Gleichheitssatzes Zu einer linearen Anpassung der Besoldung könnte der Gesetzgeber aber aus Gründen der Systemgerechtigkeit verpflichtet sein 506 . Diese bildet einen Ansatz zur Konkretisierung des allgemeinen verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes des Art. 3 I G G 5 0 7 . Das daraus abgeleitete Postulat nach innerer Konsequenz einer jeden gesetzlichen Regelung soll die Anforderungen verschärfen, die der Gleichheitsgrundsatz an das gesetzgeberische Handeln stellt. Hat der Gesetzgeber für einen Sachbereich ein umfassendes Regelungssystem statuiert, soll ihm der Gleichheitsgrundsatz eine willkürliche Durchbrechung dieser selbstgeschaffenen Sachgesetzlichkeit prinzipiell verbieten. Alle nichtsystemkonformen Regelungen würden dann gegen Art. 3 1 GG verstoßen und 504 Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (266); dies muß auch für die Frage nach der Amtsangemessenheit, d. h. der leistungsbezogenen Abstufung der Gehälter gelten, vgl. Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 13. 505 Offen bliebe dann noch die Frage, ob die Besoldungsgesetzgebung die von der Steuergesetzgebung intendierte relativ stärkere Belastung höherer Einkommen durch unproportionale Anpassungsmaßnahmen konterkarieren dürfte; vgl. dazu die - bejahende - Stellungnahme von Merten, S. 13 m. w. N. Ähnlich im Hinblick auf die Verzerrungen der verfügbaren Familieneinkommen durch die Mechanismen der sozialen Umverteilung Schwegmann / Summer, BBesG, vor § 1, Rdnr. 5 c) 11.3; a. A . wohl Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (40). 506 So Merten, Ule-FS, S. 374 und ders., Gekappte Besoldungsanpassung, S. 12. 507 Vgl. zu den sich bei der Anwendung dieser Figur ergebenden Problemen Battis, Ipsen-FS, S. 11 ff. sowie bereits Dürig, in: MDHS, GG, Art. 3; Rdnr. 308ff. (insbes. Rdnr. 311-314).

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

wären damit nichtig. Geht man davon aus, daß sie nicht von vornherein unzulässig sind 508 , indizieren sie zumindest einen Vorstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, der dann verletzt ist, wenn das Gewicht der für die Abweichung sprechenden Gründe nicht der Intensität der Ausnahmeregelung entspricht, das System des Gesetzes also ohne zureichende Gründe verlassen worden ist 5 0 9 . bb) Die Gültigkeit des „Engelschen/Schwabeschen Gesetzes" für die Besoldungspolitik Wenn das durch das Bundesbesoldungsgesetz statuierte vertikale Spannungsverhältnis der Gehälter als ein durch spezifische Eigenarten geprägtes Sachgebiet begriffen würde 5 1 0 , hätte der Gesetzgeber eine relative stärkere Anhebung der unteren Besoldungsgruppen durch triftige Gründe zu rechtfertigen 511 . Ob eine relativ stärkere Anhebung der unteren Besoldungsgruppen dann mit dem Argument begründet werden könnte, daß Besitzer niedriger Einkommen von Preissteigerungen relativ stärker betroffen seien als die höherer Einkommen 5 1 2 , erscheint bereits mangels einschlägiger statistischer Nachweise fragwürdig. Die Entwicklung der Lebenshaltungskosten weist für die verschiedenen Haushalte keine gravierenden Unterschiede auf, die eine relativ stärkere Anhebung der unteren Besoldungsgruppen gerade im Hinblick auf die Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex rechtfertigen könnten 513 . Dem häufigen Hinweis auf die Geltung des „Engeischen und Schwabeschen Gesetzes", nach dem der Aufwand für Wohnung und Nahrung als der sog. unelastische Bedarf mit fallendem Einkommensniveau relativ zunehmen soll, kann ebenfalls nur mit Vorbehalten begegnet werden 514 . Die Besoldung soll 508 Zu der in der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angelegten Abstufung in gleichheitssatzwidrige und schlicht-systemwidrige Normen vgl. Battis , Ipsen-FS, S. 14, 20. 509 Vgl. etwa BVerfGE 9, S. 338 (349); 15, S. 315 (334); 15, S. 366 (372f.); 25, S. 371 (403) und E 34, S. 103 (115 m.w.N.) sowie aus dem Schrifttum etwa v. Münch I Gubelt, GG, Art. 3, Rdnr. 25 m.w.N. 510 So Merten, Ule-FS, S. 374 und ders., Gekappte Besoldungsanpassung, S. 12. 511 Daß aus dieser Deutung des Gleichheitsgrundsatzes als Willkürverbot für den Gesetzgeber ein Begründungsgebot folgt, betonen zu Recht etwa v. Münch / Gubelt, Rdnr. 26. 512 Vgl. etwa Schäfer / Skiba / To faute, Personalausgaben und Einkommensfindung, S. 100 und Glasbrenner, D D B 1973, S. 184 (186). 513 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 349 (365ff.) und dens., Gekappte Besoldungsanpassung, S. 22. Die Steigerung der Lebenshaltungskosten sog. sozial schwacher Haushalte soll danach eher unterhalb der durchschnittlichen Steigerungsrate liegen. 514 Vgl. dazu Gabler-Wirtschaftslexikon, Bd. Α - K , Sp. 1282; Hax / Wessels, Handbuch der Wirtschaftswissenschaften, Bd. I I , S. 208; einschränkend auch Oberhauser, in: Görres-Staatslexikon, 5. Bd., Sp. 308, wonach diese Gesetzmäßigkeit bezüglich des Wohnungsaufwandes nur bei Familien festgestellt werden kann, die derselben sozialen Schicht angehören. Überdies leidet die Aussagekraft dieses Theorems unter dem ständigen Wandel der Verbrauchsgewohnheiten.

VIII. Festbeträge und „Kappung" bei linearer Anpassung

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nicht nur die Elementarbedürfnisse des Beamten abdecken, sondern eine der Bedeutung des Amtes insgesamt angepaßte Lebensführung ermöglichen. Der zur Begründung nivellierender Besoldungsanpassungsmaßnahmen immer wieder verbreitete Slogan „Das Pfund Butter wird für den Postschaffner um genauso viel teurer wie für den Ministerialrat" 515 geht daher bei genauerer Betrachtung sowohl an den wirtschaftlichen Realitäten des Besoldungswesens wie an dessen verfassungsrechtlichen Determinanten vorbei, welche eher gegen denn für eine nivellierende Besoldungsanpassungspolitik sprechen 516 . Die Forderung nach Festbeträgen dient folglich nicht dem Ausgleich einer durch die Steigerung der Lebenshaltungskosten verursachten relativ stärkeren Belastung der unteren Besoldungsgruppen, sondern soll ihnen lediglich eine stärkere Entlastung von den Folgen einer Entwicklung verschaffen, die alle Beamten gleichermaßen trifft 5 1 7 . Soweit lineare Besoldungserhöhungen mit Fest-, Sockel- oder Mindestbeträgen kombiniert werden, handelt es sich um strukturelle Verbesserungen, die nicht ausschließlich durch eine Änderung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse bedingt, sondern vorwiegend verteilungspolitisch motiviert sind. cc) Systemgerechtigkeit als hermeneutisches Postulat Deshalb müssen solche Strukturmaßnahmen in einem förmlichen Anpassungsgesetz aber nicht zur Verfassungswidrigkeit führen 518 . Selbst unter der Prämisse, daß der Grundsatz der Systemgerechtigkeit auch für das Besoldungsrecht Gültigkeit besitzt, bliebe festzuhalten, daß dessen verfassungsrechtliche Determinanten in erster Linie nicht im allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG, sondern in Art. 33 V GG lokalisiert sind. Wenn der Alimentationsgrundsatz dem Gesetzgeber gestattet, das Besoldungsgefüge jederzeit umfassend oder teilweise umzugestalten, ist bereits fraglich, ob das Besoldungsrecht im allgemeinen und das Bundesbesoldungsgesetz im besonderen überhaupt als ein derart stabiles „System" begriffen werden können, daß eine nicht-lineare Anpassung durch besonders gewichtige Gründe gerechtfertigt werden müßte. Wo der Gesetzgeber von vornherein kein „System" statuiert hat, kann er auch nicht zu Unrecht davon abweichen 519 . Im Rahmen des Art. 33 V GG ist ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz 515 Vgl. etwa Glasbrenner, D D B 1973, S. 184 (186). 516 Vgl. oben A I I 3 a). 517 So zutreffend Merten, Ule-FS, S. 349 (364, 371). Vgl. auch die Begründung des Besoldungserhöhungsgesetzes von 1974, BT-Drucksache 7/2003, S. 9. 518 Dafür aber wohl Meder, JöR 24, S. 387 (419) und Merten, Ule-FS, S. 381 (dort FN 129). 519 So etwa im Hinblick auf den gegenwärtigen Zustand des Steuerrechts Battis, Ipsen-FS, S. 20 f.

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

bereits dann ausgeschlossen, wenn eine Ungleichbehandlung zweier Ämter oder Laufbahnen zureichend begründet wird 5 2 0 . Wollte man eine nicht-lineare Besoldungsanpassung als systemwidrig qualifizieren, wäre das Verdikt ihrer Verfassungswidrigkeit so gut wie unausweichlich. Damit würde aber das gegenwärtige Besoldungsrecht insofern aus den Angeln gehoben, als dann insbesondere die Besoldungserhöhungsgesetze der Jahre 1970 bis 1974 keine Geltung als rechtsverbindliche Fortschreibungen des Bundesbesoldungsgesetzes von 1957 beanspruchen könnten. Anders wäre es allenfalls dann, wenn Verstöße gegen das Prinzip der Systemgerechtigkeit nur bei evidenten Verletzungen des Gleichheitsgrundsatzes zur Verfassungswidrigkeit eines nicht-systemkonformen Gesetzes führten und im übrigen als schlicht-systemwidrige Normen gültig blieben 521 . Die möglichen Folgen einer konsequenten Überprüfung der Anpassungsgesetzgebung anhand einer rigoros gehandhabten Systemgerechtigkeit zeigen mit hinreichender Deutlichkeit, daß der dogmatische Wert dieser Figur nicht über- und die mit ihr verbundenen Gefahren für die Rechtssicherheit nicht unterschätzt werden sollten. Zudem kann sie den Interpreten dazu verleiten, rechtspolitisch durchaus wünschenswerte Ergebnisse unter Berufung auf den eigentlich für die verfassungsgerichtliche Kontrolle operationalisierten Gleichheitsgrundsatz als den nach der Verfassung allein zulässigen Rechtszustand auszugeben522. Dem Gedanken der Systemgerechtigkeit kommt nichtsdestoweniger eine wichtige rechtspolitische Funktion zu. Unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung bietet er Gelegenheit, innerhalb des geltenden Rechts Systembrüche und Wertungswidersprüche aufzudecken und Anstoß zu den gebotenen Reformen zu geben 523 . Folgerichtigkeit und Einheit der Rechtsordnung sind in erster Linie wissenschaftliche und hermeneutische Ideale 524 . Verstößt der Gesetzgeber gegen diese Postulate durch eine schlicht systemwidrige Regelung, die mit dem allgemeinen Willkürverbot jedoch noch zu vereinbaren ist 5 2 5 , kann dies für sich allein noch nicht die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes begründen 526 . 520

Vgl. oben A I I 3 a) sowie zuletzt etwa BVerfG D Ö V 1985, S. 318 (319). Vgl. zu der parallelen Problematik im Bereich des Steuerrechts Battis , Ipsen-FS, S. 19f. m. w. N. Die Rechtsprechung hat die Figur der Systemgerechtigkeit für die Prüfung der Sachgerechtigkeit und inneren Folgerichtigkeit von Normenkomplexen in den verschiedensten Sachbereichen fruchtbar gemacht, vgl. v. Münch / Gubelt, GG, Art. 3, Rdnr. 25, 44ff. Daß das Postulat der Systemgerechtigkeit den Gesetzgeber im Bereich der Art. 33 I V , V GG zur Fortentwicklung eines an den Grundlinien des jeweiligen Rechtsstatus ausgerichteten öffentlichen Dienstrechts verpflichtet, betont zu Recht Loschelder, Z B R 1978, S. 133. 522 Vgl. Battis , S. 26. 523 Ebd., S. 27. 524 Ebd., S. 29. 525 Ebd., S. 29, wonach auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trotz mannigfaltiger Bezugnahme auf den Begriff der Systemgerechtigkeit in der Sache 521

VIII. Festbeträge und „Kappung" bei linearer Anpassung

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e) Die begrenzte Zulässigkeit von Festbeträgen in förmlichen Anpassungsgesetzen Im Regelfall kann also weder aus dem Leistungsprinzip noch aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz die Verfassungswidrigkeit eines Anpassungsgesetzes mit nivellierender Tendenz überzeugend deduziert werden. Wenn der Gesetzgeber sich zu einer allgemeinen Anpassung der Gehälter im Sinne von § 14 BBesG entschlossen hat, muß er zwar alle Beamten beteiligen und die Anpassung ihrer Bezüge amts- und leistungsgerecht vornehmen 527 . Die mit den Dienstaufgaben verbundene Verantwortung hat der Gesetzgeber dabei lediglich zu berücksichtigen. Selbst im Rahmen von § 14 BBesG verlangt der Grundsatz amts- und leistungsgerechter Besoldung daher nicht ausdrücklich lückenlos abgestufte Anpassungsbeträge, wie eine rein lineare Erhöhung sie bewirkt 5 2 8 . Der Gesetzgeber darf das Besoldungsgefüge jederzeit und so weit modifizieren, wie die „Gesamtniveauregelung" innerhalb des von Art. 33 V GG gezogenen Rahmens amtsangemessener Besoldung bleibt. Da er Strukturverbesserungen deshalb unbedenklich durch eine lineare Anpassung aller Gruppen ergänzen darf 5 2 9 , muß umgekehrt auch eine begrenzte inzidente Veränderung des Besoldungsgefüges durch Anpassungsgesetze zulässig sein, sofern nur alle Gruppen von dem linearen Teil der Maßnahme erfaßt werden 5 3 0 . So lange der proportionale Teil der Anpassungsmaßnahme in seiner Bedeutung den nicht-linearen Teil überwiegt, ist eine Kombination aus linearen Besoldungsanpassungen und Fest-, Sockel- oder anderen einheitlichen Beträgen auch innerhalb eines Anpassungsgesetzes zulässig, das ausdrücklich auf § 14 BBesG gestützt wird 5 3 1 . Ein gegenüber einer Neuordnung des über das in Art. 3 GG enthaltene allgemeine Willkürverbot letztlich nicht hinausgeht (S. 27); gleiches gilt für die Versuche des Schrifttums, aus der herkömmlichen Gleichheitsdoktrin mit Hilfe dieses Topos' schärfere Anforderungen an das gesetzgeberische Handeln abzuleiten (S. 18). 526 Vgl. Battis , Ipsen-FS, S. 30. ™ Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (362) sowie Unverhau, Z B R 1982, S. 363 (369) und Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 23. 528 Wie hier etwa Unverhau, Z B R 1982, S. 369, der betont, daß das Besoldungsgefüge bei einer Anpassung nach § 14 BBesG „grundsätzlich" erhalten bleiben soll. 529 Dies konzediert sogar Merten, Ule-FS, S. 349 (370), was die von ihm vertretene materielle Unterscheidung von Besoldungsgesetzgebung und Anpassungsgesetzgebung auch im Lichte seines eigenen Ansatzes fragwürdig erscheinen läßt. 530 So etwa Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 194. 531 Daher ist es mehr als zweifelhaft, ob ein Besoldungserhöhungsgesetz, das lediglich einen einheitlichen Festbetrag enthält, noch als „Anpassungsgesetz" i.S.v. § 14 BBesG gelten könne. Auch wenn diese Maßnahme allen Beamtengruppen zugute kommt, wäre sie mit dem § 14 BBesG zu entnehmenden Gebot der „Wirkungsallgemeinheit" kaum zu vereinbaren, weil die Erhöhung für alle Beamten zwar betragsmäßig, nicht aber im Hinblick auf die nach § 14 BBesG zu berücksichtigende unterschiedliche Verantwortung „gleich" wäre. „Gleichheit" auf dem Gebiet des Besoldungsrechts impliziert nämlich die Berücksichtigung bestehender Qualifikationsunterschiede, vgl.

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Besoldungsgefüges engerer, d. h. strukturelle Maßnahmen ausschließender „Anpassungsspielraum" des Gesetzgebers ist also nur in sehr begrenztem Umfang anzuerkennen 532 . Da der Besoldungsgesetzgebung verfassungsrechtliche Grenzen letztlich nur durch den Grundsatz amtsangemessener Besoldung gezogen sind, ist ein Anpassungsgesetz, das neben einer linearen Erhöhung der Bezüge Sockel- oder Mindestbeträge vorsieht, im Zweifel nicht verfassungswidrig, obwohl nicht zu übersehen ist, daß derartige Maßnahmen tendenziell mit dem Leistungsprinzip kollidieren 533 . 2. Zur „Kappung" linearer Besoldungserhöhungen

a) Begrenzung linearer Anpassungen auf Höchstbeträge als Verstoß gegen den Leistungsgrundsatz? In einen Konflikt mit dem Gebot amtsangemessener Besoldung könnte auch eine „Kappung", d. h. Begrenzung einer linearen Besoldungserhöhung auf einen Höchstbetrag, geraten 534 . Wie die Gewährung von Festbeträgen würde sie zu unterschiedlichen Zuwächsen der Brutto-Einkommen und damit zu einer relativen Benachteiligung der höheren Besoldungsgruppen führen. Auf die Entwicklung der Netto-Bezüge wurde sie sich verstärkt auswirken, weil bei den höheren Einkommen wegen des progressiv gestaffelten Tarifs der Lohn- und Einkommensteuer ohnehin ein relativ geringerer Netto-Zuwachs eintritt. Dementsprechend findet die einer möglichen Kappung zugeschriebene „Einebnung des Besoldungsgefüges von oben" 5 3 5 bereits statt. Merten, Ule-FS, S. 349 (352). Dürfte ein solches Gesetz auch nicht als „Anpassungsgesetz" i.S.v. § 14 BBesG bezeichnet werden, bliebe es wegen des nach Art. 33 V GG bestehenden besoldungspolitischen Gestaltungsspielraumes als quasi-strukturelle Besoldungsaufbesserung zulässig (vgl. oben Β I 3 a)). Dem Gesetzgeber könnte dann allenfalls Formenmißbrauch vorgehalten werden. 532 Α . A . Merten, Ule-FS, S. 362, wonach der Gesetzgeber lediglich hinsichtlich der Höhe des Anpassungssatzes in der Entscheidung frei sein soll. 533 Wie hier im Ergebnis etwa Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 33, Rdnr. 28 a. E. Auch Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.3 halten die Gewährung von Festbeträgen bei der Anpassung der Besoldung nur unter der Voraussetzung für unzulässig, daß sie in einem „zu großen Umfang" erfolgt. Eine verfassungswidrige Regelung soll erst dann vorliegen, wenn der von Art. 33 V GG gewährte Spielraum überschritten ist. Dabei bleibt jedoch unklar, ob diese Aussage sich auf das einzelne nivellierende Anpassungsgesetz oder lediglich auf eine etwaige, durch die Anpassungsgesetzgebung und andere Maßnahmen im Laufe der Zeit übermäßig nivellierte „Gesamtniveauregelung" bezieht. 534 y g i z u einschlägigen Versuchen oben Erster Teil A I V 4 a). Ausführlich zu den im einzelnen diskutierten Varianten Merten, „Gekappte" Besoldungsanpassung als verkappte Besoldungsnivellierung, S. 5ff. und ders., Ule-FS, S. 379ff. 535 y g i Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 13f. sowie Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.3. Die „von unten" erfolgende Nivellierung der verfügbaren Familieneinkommen wird zusätzlich dadurch gefördert, daß sozialstaatliche Leistungen

VIII. Festbeträge und „Kappung" bei linearer Anpassung

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Zur Rechtfertigung der in diese Richtung gehenden Forderungen wird vor allem angeführt, daß angesichts einer angespannten Lage der öffentlichen Haushalte eine Begrenzung des Einkommenszuwachses bei den höheren Besoldungsgruppen eine spürbare Einsparung gegenüber dem bei einer durchgängig linearen Erhöhung anfallenden Besoldungsaufwand bewirke 536 . In Phasen wirtschaftlicher Prosperität erscheint die Kappung einer linearen Besoldungserhöhung neben der Gewährung von Festbeträgen für die unteren Besoldungsgruppen als ein Mittel, die Zunahme der absoluten Abstände zwischen den Gehältern zu retardieren. Diese besoldungspolitischen Argumente sind indes wenig überzeugend. Da die Mehrzahl der Beamten seit jeher im mittleren und gehobenen Dienst beschäftigt ist, sollte der Spareffekt einer auf die Angehörigen der Laufbahnen des höheren Dienstes abzielenden Kappung nicht überschätzt werden 537 . Gegenüber dem jährlichen Gesamtaufwand für die Besoldung würden die durch eine Kappung frei werdenden Beträge kaum ins Gewicht fallen 538 . Gleiches gilt für Kappungen, die in Zeiten der Hochkonjunktur unter Hinweis auf die bei einer linearen Erhöhung zwangsläufig höheren absoluten Steigerungsbeträge der höheren Gruppen verlangt werden. Die hinter diesen Forderungen stehende Grundannahme, daß der Grenznutzen des Einkommens mit dessen Höhe abnimmt, ist von Wirtschafts- und Finanzwissenschaftlern bislang nicht bewiesen worden und bleibt wohl letztlich nicht beweisbar 539 . Das Verlangen nach einer Kappung ist daher weniger ein Indiz für eine aus sozialen als vielmehr Ausdruck einer aus egalitären Motiven betriebenen Besoldungspolitik 540 . als positive Transfers im Gegensatz zu den direkten Steuern als negativen Transfers degressiv gestaffelt und an bestimmte Einkommensgrenzen gebunden sind. Die von der Steuerprogression am stärksten betroffenen Beamtengruppen sind daher vom Bezug dieser Leistungen meistens ausgeschlossen, vgl. Zeppemick, Fin Arch 32, S. 425 ff., der deshalb für einen neuen Einkommensbegriff unter Einschluß der kombinierten Umverteilungswirkungen von Finanz- und Sozialpolitik eintritt (S. 435). Zur Gefahr eines „Umkippens" der Struktur der Netto-Einkommen infolge eines Zusammentreffens von Sockelbeträgen und Transferleistungen einerseits, Kappungen und Steuerprogression andererseits vgl. Zeppernick, S. 436 sowie Millack / Bell, Vergleich der Lebenseinkommen, S. 6 und Albers, Verteilungswirkungen, S. Iff. 536 Vgl z β BR-Drucksache 158, S. 82 sowie die weiteren Nachweise bei Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 5. 537 Vgl. bereits Ritsehl, FinArch 11, S. 322 (338). 538 Vgl. Clemens / Lantermann, Entwicklung des Besoldungsrechts, S. 8. Die von der Bundestagsfraktion der SPD im Jahre 1974 angestrebte Kappungsgrenze i . H . v . monatlich 320,- D M hätte für die öffentlichen Haushalte eine Ersparnis von 0,24 v . H . (!) des gesamten Besoldungs- und Versorgungsaufwandes gebracht. 539 Zur Frage des abnehmenden Grenznutzens aus finanzwissenschaftlicher Sicht: Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, S. 154 m. w. N. ; vgl. auch Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 21. 540 Dies wird insbesondere daran deutlich, daß auch eine Kappung der Anpassungsquote einen Nivellierungseffekt auslöst, der jedoch im Gegensatz zu den Festbeträgen den unteren Gruppen keine absolute Verbesserung ihrer Einkommenslage beschert. Allenfalls kann eine Kappungspolitik dazu dienen, ein etwa gegenüber den oberen

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2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

b) Kappung und „Wirkungsallgemeinheit" von Besoldungsanpassungsmaßnahmen im Sinne von § 14 BBesG Ist die Kombination von linearer Besoldungsanpassung und einheitlichen Beträgen im Hinblick auf das Gebot der amts- und leistungsadäquaten Durchführung von Anpassungsmaßnahmen rechtlich nicht unproblematisch, erheben sich bei der Kappung einer linearen Besoldungsanpassungsmaßnahme zusätzliche Bedenken. Obwohl Anpassungsgesetze nach § 14 BBesG grundsätzlich alle Besoldungsgruppen erfassen sollen 541 , würde die von der Kappung erfaßte Beamtengruppe insofern von der vollen Anpassung der Bezüge ausgeschlossen, als sie an der im Grundsatz für alle Beamten beschlossenen linearen Erhöhung der Gehälter nicht teilnimmt 5 4 2 . Sachliche Gründe für eine solche Beschränkung könnten in einer für die von der Kappung betroffenen Beamten günstiger verlaufenden Entwicklung der Lebenshaltungskosten liegen. Da derartige gruppenspezifische Entwicklungsdivergenzen sich statistisch aber kaum nachweisen lassen 543 , erscheint der in der Kappung einer Besoldungserhöhung liegende Ausschluß einzelner Beamtengruppen von der linearen Anpassung der Bezüge zumindest im Hinblick auf die allgemeine Preisund Einkommensentwicklung willkürlich 5 4 4 . Da der Gesetzgeber das Besoldungsgefüge aber auch im Rahmen von Anpassungsgesetzen in begrenztem Umfang modifizieren darf 5 4 5 , würde die Kappung einer linearen Besoldungserhöhung wie ein Festbetrag nicht a limine gegen den Grundsatz amtsangemessener Besoldung verstoßen 546 . Im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung zu den speziellen Anforderungen, denen die Gesetzgebung nach § 14 BBesG unterliegt 547 , bliebe eine Kappung aber rechtlichen Bedenken ausgesetzt.

Besoldungsgruppen vorhandenes Neidpotential bei den unteren Gruppen zu reduzieren; dies wäre allerdings primär eine Aufgabe der strukturellen Veränderung der Besoldung bzw. der Steuergesetzgebung. 541 Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (361 f.) sowie Merten, Ule-FS, S. 349 (360). 542 Vgl. Merten, Ule-FS, S. 380. 543 Vgl. Merten, Gekappte Besoldungsanpassung, S. 22. 544 Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (362); Schwegmann / Summer, BBesG, § 14, Rdnr. 3.3 Vgl. auch BVerfGE 19, S. 76 (84f.), wonach finanzielle Erwägungen für sich allein als sachgerechte Gründe für den Ausschluß einer Beamtengruppe von einer für alle anderen geltenden günstigeren Neuregelung nicht ausreichen. 545 Vgl. oben 1 a) a.E. 546 Für die Verfassungswidrigkeit von Höchstbeträgen aber dezidiert Meder, JöR 24, S. 387 (419). 547 Vgl. BVerfGE 56, S. 353 (361f.) sowie bereits BVerfGE 32, S. 199 (225), wo das Bundesverfassungsgericht das Wesen einer Besoldungserhöhung gerade darin zu sehen scheint, daß sie allgemein, d.h. für alle Beamten gilt.

VIII. Festbeträge und „Kappung" bei linearer Anpassung

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3. Lineare Besoldungserhöhungen und Zulagen

Die vom Leistungsprinzip geforderte Bewertung der einzelnen Ämter drückt sich vornehmlich in der Staffelung der Grund- und Festgehälter aus. Der Gesetzgeber kann unterschiedliche Anforderungen an den Amtswalter aber auch dadurch berücksichtigen, daß er neben dem Grundgehalt eine Amts- oder Stellenzulage gewährt 548 . Werden diese Zulagen von einer linearen Erhöhung der Besoldung ausgeklammert, schmilzt im Laufe der Zeit die mittels der Zulage zwischen den Ämtern getroffene Einkommensdifferenzierung ab. Zwar ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die Anpassung auf alle Besoldungsbestandteile zu erstrecken, so lange das Niveau der Bezüge insgesamt der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse folgt 5 4 9 . Von daher müssen Zulagen nicht notwendig in eine lineare Erhöhung der Besoldung einbezogen werden 550 . Problematisch wird die Ausklammerung einer Zulage aus der Anpassung jedoch dann, wenn sie offensichtlich an die Ausübung einer Funktion anknüpft, die durch einen höher qualifizierten Inhalt von anderen Tätigkeiten abgehoben ist, und die Zulage deshalb auch Bestandteil des Grundgehalts sein könnte. Diejenigen Beamten, deren Funktion nur durch eine Amtszulage hervorgehoben wird, werden durch die bei einer Nichtdynamisierung ihrer Zulagen eintretenden strukturellen Verschiebungen ohne einsichtigen Grund gegenüber denjenigen benachteiligt, deren gleichwertige Funktion über ein entsprechend höheres Grundgehalt abgegolten wird 5 5 1 . Daher erscheint ein „Einfrieren" 5 5 2 zumindest hinsichtlich derjenigen Zulagen rechtlich fragwürdig, die nicht aus sozialen Gründen 5 5 3 , sondern wegen unterschiedlicher Anforderungen des Amtes oder der Stelle gezahlt werden. Daß die Harmonisierung des Zulagenwesens noch nicht abgeschlossen ist, kann ein weiteres Untätigbleiben des Gesetzgebers nicht mehr rechtfertigen 554 . Seiner Pflicht zur ausreichenden Anpassung der Einkommen darf er sich nicht dadurch zu entziehen versuchen, daß er den Anteil der Zulagen - seien sie funktions- oder bedürfnisbezogen - an der Gesamt548

Vgl. Unverhau, Z B R 1982, S. 363 (370) sowie Leisner, Z B R 1984, S. 223 (228). 549 Vgl. Schinkel, G K ö D I I I , Κ § 14, Rdnr. 9. 550 Gegen eine aus § 14 BBesG folgende Pflicht zur Anpassung von Zulagen ζ. B. bad.-württ. V G H D Ö V 1983, S. 901 (902). 551 Vgl. BVerfGE 32, S. 199 (225) - zu den Amtszulagen in der Richterbesoldung sowie BVerfGE 56, S. 353 (360); entsprechend für die Beamtenbesoldung Meder, JöR 24, S. 387 (420); Unverhau, Z B R 1982, S. 369f. sowie Clemens / Millack / Engelking / Lantermann / Henckel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Bd. I , § 14 Anm. 4d). 552 Vgl. zu der Entwicklung bei den Amts- und Stellenzulagen Clemens / Lantermann, Entwicklung des Besoldungsrechts, S. 7. 553 f ü r eine Ausklammerung sog. belastungsbezogener Zulagen aus der Anpassungspflicht nach § 14 BBesG Unverhau, Z B R 1982, S. 363 (370). 554 So zu Recht Clemens / Millack / Lantermann / Engelking / Henckel, Anm. 4 d) und Clemens, Z B R 1982, S. 249 (250).

208

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

alimentation mit dem Ziel erhöht, einen zunehmend größeren Teil der Besoldung vom Geltungsbereich der Anpassungsverpflichtung nach § 14 BBesG auszunehmen 555 , wie es auch nicht angeht, die verfassungsrechtliche Verbürgung des einheitlichen Alimentationsanspruchs tendenziell dadurch zu unterlaufen, daß man ihn als Summe verschiedener selbständiger Besoldungskomponenten auffaßt, die als solche jedenfalls nicht gegen eine Abschaffung oder Modifizierung durch einfaches Gesetz geschützt sind 556 . I X . Gesetzesvorbehalt im Besoldungsrecht und Vergütungstarifverhandlungen 1. Unzulässigkeit tarifvertraglicher Regelung der Beamtenbezüge

Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört nach der Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung im Schrifttum, daß das Beamtenverhältnis durch einseitigen Hoheitsakt begründet und inhaltlich ausschließlich durch Gesetz ausgestaltet wird 5 5 7 . Kraft Verfassungsrechts ist das Besoldungswesen damit der Tarifautonomie entzogen. Für die Beamtenschaft folgt daraus ein ausnahmsloses Verbot von Arbeitskampfmaßnahmen 558 . Die Fortentwicklung des Besoldungsrechts kann deshalb auch nicht den öffentlichen Dienstherrn und den Spitzenorganisationen der Beamtenschaft als „Sozialpartnern" 559 oder Tarifvertragsparteien überantwortet werden 560 . Da vertragliche Vereinbarungen über Arbeitsbedingungen und Bezahlung unzulässig sind 561 , darf der Dienstherr die Beamtengehälter nicht durch Tarifverträge anpassen562. Unvereinbar mit diesem verfassungsrechtlich begründeten Gesetzesvorbehalt wäre auch eine Gesetzgebung, die den Inhalt der jeweils für die Angestellten des öffentlichen Dienstes ausgehandelten Vergütungstarifverträge über ein Blankettgesetz als unmittelbar geltendes Recht rezipieren würde. 555 Vgl. Leisner, Z B R 1984, S. 223 (229). 556 Vg^ z u diesem in Rechtssprechung und Lehre mitunter zu beobachtenden Phänomen oben V I I 1). 557 Vgl. §§ 50 I BRRG; 83, 183 BBG; 2 I BBesG sowie oben A 11; a. Α . ζ. Β . Däubler, Streik im ÖD, S. 105ff., 230. 558 Vgl. zu dem nach h.M. für Beamte bestehenden Streikverbot oben A l l . 559 Als diese faßt jedoch Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (187) die öffentlichen Dienstherrn auf; a. A . Isensee, Beamtenstreik, S. 37. 560 Vgl. Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Ordner 1, Teil C § 94, Rdnr. l e ) . 561 Vgl. §§ 2 I I BBesG; 183 I BBG. 562 A . A . wohl Däubler, Streik im öD, S. 157f.; ähnlich Müller-Helle, Z B R 1971, S. 330 (333), der im Gegensatz zu Däubler zwar die gesetzliche Regelung der Besoldung als hergebrachten Grundsatz anerkennt, diesem jedoch kein Verbot tarifvertraglicher Regelungen entnimmt.

IX. Gesetzesvorbehalt und Vergütungstarifverhandlungen

209

2. Übernahme von Vergütungstarifverhandlungsergebnissen durch den Besoldungsgesetzgeber - zulässige Ausübung des Anpassungsermessens oder indirekte tarifvertragliche Regelung?

a) Die sachliche Legitimation des Gesetzesvorbehalts Der hergebrachte Grundsatz, daß die Besoldung durch ein formelles Gesetz festgelegt wird, ist zumindest äußerlich gewahrt, wenn der Besoldungsgesetzgeber die Ergebnisse der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst abwartet, um diese dann - gegebenenfalls mit rückwirkender Kraft - zum Inhalt eines Anpassungsgesetzes zu machen. Ob der Gesetzgeber mit diesem seit Anfang der siebziger Jahre praktizierten Verfahren das Prinzip gesetzlicher Festlegung der Besoldung in verfassungswidriger Weise umgeht 563 , hängt davon ab, ob insbesondere § 50 I BRRG und § 2 I BBesG bloße Formbzw. Verfahrensvorschriften sind 5 6 4 oder ob zumindest die ratio legis des in Art. 33 V GG konstituierten Gesetzesvorbehalts eine solche Besoldungspolitik zwingend verbietet. Die Entscheidung der Verfassung gegen ein Tarifvertragssystem und für einen lückenlosen Gesetzesvorbehalt im Besoldungssektor schließt zum einen aus, daß einzelne Beamte unter Berufung auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn sich auf dem Rechtsweg eine höhere als die im Gesetz vorgesehene Besoldung erkämpfen und auf diese Weise die allgemeine Verbindlichkeit der für die Leistungsfähigkeit und innere Stabilität des Beamtentums so bedeutsamen Besoldungsordnung in Frage stellen 565 . Daher beugt der Gesetzesvorbehalt auch der Gefahr vor, daß verschiedene Gerichte in der Frage nach der Angemessenheit der Beamtengehälter zu divergierenden Auffassungen gelangen 566 . Der Vorbehalt gesetzlicher Regelung der Bezüge schützt den besoldungspolitischen Spielraum des Gesetzgebers nicht nur vor Übergriffen der Justiz. Ebenso wird ein Übergewicht der Beamtenverbände und Gewerkschaften in der besoldungspolitischen Auseinandersetzung 567 verhindert, denn dem Nöti563 Unklar insoweit Merten, Ule-FS, S. 349 (381, dort FN 128), wonach mit der seit 1970 praktizierten Übernahme von Tarifabschlüssen dem in §§ 2 I BBesG; 83 I B B G zum Ausdruck kommenden hergebrachten Grundsatz „nur noch der Form, nicht aber der Sache nach entsprochen (wird)." 564 So Ule, Beamtenrecht, § 50 BRRG, Anm. 2; Schinkel, GKöD I I I , Κ § 2, Rdnr. 2. 565 Vgl Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 46; Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 102f. und Schinkel, Κ § 2, Rdnr. 2. 566 Vgl. Schütz, § 94, Rdnr. 1 d. Mit Recht kritisch zu dieser Begründung Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 123, denn nach Art. 931 Nr. 4a) bzw. Art. 100 GG entscheidet über die Frage, ob ein Besoldungsgesetz den in Art. 33 V GG enthaltenen verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt, allein das Bundesverfassungsgericht. 567 De facto ermöglichen die nach § 94 B B G vorgeschriebenen Beteiligungsgespräche zwischen dem Bundesminister des Inneren und den Spitzenorganisationen der Beamten wie die jeder Besoldungsrunde vorgeschalteten informellen Kontakte ohne-

14 Günther

210

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

gungsdruck einer zum Arbeitskampf entschlossenen, aber wegen des Lebenszeitprinzips nicht mit einem Arbeitsplatzrisiko belasteten Beamtenschaft 568 wäre der Gesetzgeber gewissermaßen wehrlos ausgeliefert 569 . Ein Tarifvertragssystem ist nämlich ohne Streikrecht kaum vorstellbar 570 . Der besoldungspolitische Entscheidungsspielraum der öffentlichen Dienstherrn wäre also bei Geltung der Tarifautonomie für das Besoldungswesen noch enger, als es unter der heutigen Rechtslage angesichts der fortgeschrittenen Assimilation zwischen Beamtenverhältnis und Arbeitnehmerstatus und auch nicht zuletzt wegen der faktischen Interdependenzen von Tarif- und Besoldungspolitik 571 ohnehin bereits der Fall ist. Sichert der Gesetzesvorbehalt vor allem die besoldungsmäßige Gleichbehandlung aller Beamten, ermöglicht er dem Dienstherrn außerdem eine exakte Planung und Vorausschätzung des zukünftig anfallenden Besoldungsaufwandes 572. Allerdings ist nicht auszuschließen, daß zumindest diese beiden letzten Ziele auch durch ein Tarifvertragssystem verwirklicht werden könnten, zumal heute die Einkommen der im öffentlichen Dienst beschäftigten Personen in der Mehrzahl nicht durch die Besoldungsgesetzgebung, sondern in tarifpolitischer Auseinandersetzungen ausgehandelt werden 573 .

hin einen solchen Lobbyismus, daß Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 196f. sich zu dem Urteil veranlaßt sieht, die Gesetzgebung entscheide nicht mehr autonom, sondern werde maßgeblich durch die Interessenpolitik der Beamtengewerkschaften und -verbände geprägt (S. 199); zurückhaltender dagegen Isensee, Beamtenstreik, S. 37f. 568 y g i insoweit Isensee, Beamtenstreik, S. 44ff. und Schwerdtner, Fürsorgetheorie und Entgelttheorie, S. 94f. 569

Vgl. zum Fehlen der entsprechenden Arbeitskampfmittel auf Seiten des Dienstherrn Isensee, S. 45. Gegen ein Recht des Staates zur Abwehrausspannung z.B. Hoffmann, A ö R 91, S. 189; vgl. ferner Badura, W D S t R L 37, S. 267 (285). Aus den gleichen Erwägungen läßt sich dann allerdings auch die Legitimität eines Streiks der nichtbeamteten öffentlichen Bediensteten in Frage stellen, vgl. Isensee, W D S t R L 37, S. 267 (320). 570 ygi. Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 48 und Hoffmann, S. 187. 571 Vgl. Quaritsch, Ο 46 sowie die eingehende empirische Analyse von Keller, Arbeitsbeziehungen S. 92f., 124ff., 208ff. Daß die politischen Rückwirkungen der im öffentlichen Dienst abgeschlossenen Tarifverträge auf den Besoldungssektor den Inhalt der späteren Besoldungsgesetze weitgehend präjudizieren und dadurch den Gestaltungsspielraum des Besoldungsgesetzgebers einengen, konzediert auch Isensee, Beamtenstreik, S. 38. 572 Dies war eines der Motive für die Verabschiedung des RBesG 1909, vgl. oben Erster Teil A I l b ) . 573 Vgl. Müller-Helle, Z B R 1971, S. 330; dagegen hält Quaritsch, Ο 46, gerade die Einkommensfindung bei den nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt für die Beamtenbesoldung für „nicht systemadäquat". - Zur Verschiebung der Personalstruktur des öffentlichen Dienstes während der letzten Jahrzehnte, die zu einem Rückgang des Anteils der Beamten auf durchschnittlich ca. 40 v . H . geführt hat, vgl. Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, S. 138ff. (141f.).

IX. Gesetzesvorbehalt und Vergütungstarifverhandlungen

211

b) Sachgründe für eine einheitliche Einkommenspolitik im öffentlichen Dienst Weder § 14 BBesG noch Art. 33 V GG sehen eine Ankopplung der Beamtenbesoldung an die Entwicklung der Vergütungen vor, die durch Tarifverträge für die Angestellten des öffentlichen Dienstes ungefähr im Jahresrhythmus neu vereinbart werden 574 . Aus § 50 I BRRG und § 2 I BBesG kann sich für den Besoldungsgesetzgeber insofern eine wenn auch sehr lockere inhaltliche Bindung an die Tarifentwicklung ergeben, als er den Beamten und ihren. Familien eine der Bedeutung des Amtes angemessene Lebensführung ermöglichen muß 5 7 5 . Die Ergebnisse der Vergütungstarifverhandlungen geben dem Besoldungsgesetzgeber regelmäßige und wichtige Anhaltspunkte für die wirtschaftliche Lage der abhängig Beschäftigten. Umgekehrt erlauben die Tarifergebnisse den Beamtenorganisationen Rückschlüsse auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand und stecken auf diese Weise den Rahmen für die Beteiligungsgespräche nach § 94 BBG ab. Die Einkommensentwicklung im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes spiegelt nicht nur deutlicher als alle übrigen nach § 14 BBesG relevanten volkswirtschaftlichen und lohnpolitischen Bezugsgrößen die Entwicklung der für die Anpassung der Beamtenbezüge maßgeblichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse wider 5 7 6 . Sie ist darüber hinaus auch Anknüpfungspunkt für personalpolitische Erwägungen, die innerhalb des öffentlichen Dienstes eine parallele Entwicklung der Einkommen trotz der Grenzen, die durch die statusrechtliche Zweiteilung in Beamte und Arbeitnehmer gezogen sind, durchaus legitim erscheinen lassen 577 . Die Einbeziehung der Besoldungsanpassungspolitik in die insbesondere von gewerkschaftlicher Seite seit langem geforderte Gleichbehandlung aller Statusgruppen erweist sich zwar als die besoldungspolitische Folge der Vorreiterfunktion, die dem Tarifsektor in einkommenspolitischen Fragen generell zugefallen ist 5 7 8 , und wäre wohl ohne den starken Einfluß der Arbeitnehmergewerkschaften kaum durchgesetzt worden 579 . Andererseits wäre es überspannt zu behaupten, der Gesetzgeber nehme seine Entscheidungsbefugnisse in Fragen des Besoldungsrechts so gut wie nicht mehr wahr und verstehe sich nur noch als formelles Vollzugsorgan derjenigen gesellschaftlichen Interessengruppen, die die Tarifpolitik im öffentlichen Dienst dominieren 580 . Nichts-

* 7 4 Vgl. oben Β 14a) cc). Vgl. Ule, Beamtenrecht, § 50 BRRG, Anm. 2. 576 Vgl. oben Β I 4a) cc). 5 77 Vgl. oben Β 14a) cc). 578 Vgl. oben Erster Teil A I V 4a). 579 Vgl. Wahler, Anpassung der Bezüge, S. 231; Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 193, 305; Ellwein, Gewerkschaften und öffentlicher Dienst, S. lOOff. m.w.N. 575

14*

212

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

desto weniger erweckt eine Anpassungsgesetzgebung, die sich praktisch in der Rezeption der jeweiligen tarifvertraglichen Vereinbarungen erschöpft, zwangsläufig den Anschein, daß die Beamtenschaft ihre Einkommensverbesserungen gewissermaßen im Windschatten der von den nichtbeamten Angehörigen des öffentlichen Dienstes betriebenen Tarifauseinandersetzungen erzielt, ohne ihrerseits den wirtschaftlichen Risiken eines möglichen Arbeitskampfes ausgesetzt zu sein 581 . c) Die beamtenpolitische Problematik einer einheitlichen Einkommenspolitik Es ist nicht auszuschließen, daß eine hauptsächlich an der Tarifentwicklung ausgerichtete Besoldungspolitik auf lange Sicht zur Preisgabe eines eigenständigen Einkommens- und Versorgungssystems für Beamte führt 5 8 2 . Indem das Besoldungsgesetz mehr und mehr zur formalen Hülse für die gewerkschaftliche Tarifpolitik gerät 583 , droht das Alimentationsprinzip von der Arbeitsrechtsseite her unterlaufen zu werden 584 , was in letzter Konsequenz die funktionelle und personalpolitische Legitimation des Beamtenstatus als eines Sonderrechtsverhältnisses gegenüber dem Arbeitsverhältnis in Frage stellen muß. Bei rein beamtenpolitischer Betrachtungsweise ist eine Abhängigkeit der Besoldungs- von der Tarifpolitik deshalb unbefriedigend 585 . Allein rein besoldungs- und beamtenpolitische Erwägungen können es aber kaum rechtfertigen, die in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten praktizierte Besoldungsanpassungspolitik für mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums unvereinbar zu erklären. Bei dem pauschalen Verweis auf die besondere Qualität der Beamtenbesoldung gegenüber den Tarif580 So aber Wahler, S. 231 f.; ähnlich bereits Petersen, R i A 1957, S. 337. Man sollte nicht übersehen, daß die öffentlichen Dienstherrn seit 1981 bestrebt waren, die in den beiden letzten Jahrzehnten gewachsene Konnexität von Tarifrunden und Besoldungsgesetzgebung - wenn auch aus vorwiegend fiskalischen Gründen - wieder auszulockern und gerade bei der Anpassung der Bezüge die Eigenständigkeit der Beamtenbesoldung stärker als früher zu betonen, vgl. oben Erster Teil A I V 6. 581 Vgl. Thiele, D V B l 1981, S. 253 (257) unter Hinweis auf Badura, W D S t R L 37, S. 267 (285). 582 Vgl. Lemhöfer, Z B R 1971, S. 334. 583 Vgl. Lisken, R i A 1977, S. 240. 584 Vgl. Thiele, D V B l 1981, S. 258; dieser Vorwurf dürfte sich nicht nur auf die förmlichen Besoldungsanpassungsgesetze beziehen, sondern auch allen übrigen Maßnahmen gelten, durch die das Besoldungsrecht inhaltlich dem Tarifrecht angenähert wird, d.h. auch für die Sonderzuwendung, das Urlaubsgeld oder vermögenswirksame Leistungen, vgl. oben Erster Teil A I V 5). 585 Vgl. Thiele, D V B l 1981, S. 253 (258); Clemens / Lantermann, Entwicklung des Besoldungsrechts, S. 14; kritisch zur Dominanz der Tarif- über die Besoldungsanpassungspolitik während der siebziger Jahre auch Schnupp, Personalvertretung 1975, S. 284 (287) sowie Tettinger, Z B R 1981, S. 357 (365).

IX. Gesetzesvorbehalt und Vergütungstarifverhandlungen

213

Vergütungen der im öffentlichen Dienst beschäftigten Angestellten 586 handelt es sich um nicht mehr als ein Kryptoargument, wenn nirgendwo näher begründet wird, wieso der Alimentationsgrundsatz und der im Besoldungsrecht geltende Gesetzesvorbehalt bereits eine Orientierung der Anpassungsgesetzgebung an der Tarifentwicklung ausschließen sollen. Die Bezugnahme auf Art. 33 V GG wirkt dann weniger als Argument denn vielmehr als „Argumentationssperre" 587 . Die hergebrachten Grundsätze des Art. 33 V GG sind aber lediglich ein Kernbestand ^/^bestimmender Strukturprinzipien. Einer Weiterentwicklung und Anpassung des Beamtenverhältnisses an fortschrittliche Entwicklungen in demokratischen Staat stehen sie nicht prinzipiell entgegen 588 . Das Niveau der finanziellen und der übrigen sozialen Sicherung der Beamten wird daher nicht auf dem Standard der Jahre 1920 bis 1933 festgeschrieben. Vielmehr ist eine Fortentwicklung des Besoldungsrechts sogar geboten, wobei auch die Rezeption gewisser aus dem Tarifrecht stammender Elemente zulässig ist, wenn dies erforderlich scheint, um einer sozialen Depravation der Beamtenschaft und einer langfristigen personellen Auszehrung des Berufsbeamtentums wirksam gegenzusteuern 589. Wenn der Gesetzgeber sich dazu entschließt, Ergebnisse von Vergütungstarifverhandlungen in ein Besoldungsanpassungsgesetz zu übernehmen, liegt eine solche Entscheidung also durchaus noch im Rahmen des Handlungsspielraumes, den Art. 33 V GG und § 14 BBesG ihm einräumen 590 . d) Chancen für eine Verselbständigung der Besoldungs- gegenüber der Tarifpolitik So unübersehbar die Gefahren sind, die dem Beamtentum als Institution durch eine rechtliche und faktische Annäherung des Beamtenverhältnisses an das Tarifwesen erwachsen können, so deutlich treten aber auch die Hindernisse zutage, die der Rückkehr zu einer gegenüber der Tarifentwicklung verselbständigten Besoldungspolitik entgegenstehen. Solange die öffentlichen Dienstherrn von der einkommenspolitischen Konzeption der Gleichbehandlung aller Statusgruppen nicht ausdrücklich Abstand nehmen, muß jeder Versuch, bei der Erhöhung der Bezüge zwischen Beamten und Arbeitnehmern im 586 So aber Merten, Ule-FS, S. 349 (380), der dem Gesetzgeber überdies „Systemfremdheit des Vorgehens" vorhält. 587 Gegen eine solche Argumentationsweise mit Recht Schwerdtner, Fürsorgetheorie und Entgelttheorie, S. 95f. Sie bewirkt, wie Wiese, DVB11977, S. 814 (816) zutreffend feststellt, eine „Abschottung der beamtenrechtlichen Alimentation durch Betonung ihrer Besonderheit, ohne daß diese näher begründet würde".

588 Vgl. BVerfGE 7, S, 155 (162); 8, S. 1 (16). 589 Vgl. Kriegbaum, Z B R 1970, S. 201 (206f.). 590 Wie hier etwa Badura, W D S t R L 37, S. 267 (285), wonach die „eigentümliche Situation", d.h. das Zustandekommen der Besoldungserhöhungen „ i m Windschatten der Lohnkämpfe", „natürlich" (!) dem geltenden Recht entspricht.

214

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

öffentlichen Dienst zu differenzieren, auf den Protest derjenigen Statusgruppe stoßen, die sich im Einzelfall benachteiligt fühlt. Zudem würde eine stärkere Betonung des eigenständigen Charakters des Besoldungsrechts zwar nicht bei den reinen Beamtenverbänden, wohl aber bei denjenigen Gewerkschaften auf erbitterten Widerstand stoßen, die den Gleichklang zwischen Besoldungs- und Tarifentwicklung angestrebt und durchgesetzt haben. Da die Beamten, soweit sie organisiert sind, nicht nur reinen Standesorganisationen, sondern zum großen Teil auch Arbeitnehmergewerkschaften angehören, haben diese auch im öffentlichen Dienst erfolgreich operierenden Interessenvertretungen bereits aus rein verbandsinternen Gründen Anlaß, über den Tarifsektor und die dort in stärkerem Maße als im Besoldungssektor gegebenen politischen Einflußmöglichkeiten auf eine einkommenspolitische Gleichbehandlung aller ihrer Mitglieder zu drängen 591 . Der auch in der Beamtenschaft anzutreffende Widerstand gegen eine nach der Statuszugehörigkeit differenzierende Einkommenspolitik der öffentlichen Dienstherrn ist nicht allein damit zu erklären, daß Beamte und Nichtbeamte oftmals mit den gleichen Tätigkeiten betraut sind und deshalb eine nicht an der Funktion, sondern am jeweiligen Rechtsstatus des Bediensteten anknüpfende Differenzierung in der Einkommenspolitik aus der Sicht der Betroffenen sachlich nicht hinreichend begründbar erscheint 592 . Der tiefere Grund für eine solche Einstellung dürfte vielmehr darin liegen, daß die Beamtenschaft nach 1918 zwar nicht ihre rechtliche, wohl aber ihre soziale Sonderstellung verloren und ein besonderes Standesbewußtsein gegenüber der Arbeitnehmerschaft weitgehend abgelegt hat, ohne sich jedoch bereits in gewerkschaftlichem Sinne als Arbeitnehmer zu verstehen 593 . Der spätestens seit 1970 zu beobachtende Gleichschritt von Besoldungs- und Tarifpolitik im öffentlichen Dienst ist - läßt man die beamtenpolitische und besoldungsrechtliche Problematik dieses Phänomens einmal außer acht - in entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht nur die konsequente Fortsetzung eines Annäherungsprozesses, dem Besoldung und Arbeitnehmereinkommen in einer auf sozialen Ausgleich bedachten Industriegesellschaft zwangsläufig unterworfen sind 594 . Nicht zuletzt deshalb erhebt die Mehrheit der Beamtenschaft keine prinzipiellen

591

Vgl. Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 193f., 238. «« Vgl. ebd., S. 211. 593 Vgl. oben A I 3a) sowie insbesondere Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 31, 69f.; a.A. jedoch Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (182). Auch Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, S. 173 konstatiert einen Einstellungswandel bei der Beamtenschaft, nämlich eine Abkehr von einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis in Richtung auf ein Arbeitnehmerbewußtsein (S. 176f.). 594 Daß der öffentliche Dienst heute in eine Arbeitnehmergesellschaft eingebettet ist und die Entwicklung der Beamtenbesoldung deshalb gewissermaßen notwendig von der Lage des Arbeitsmarktes und der Einkommen aus unselbständiger Arbeit abhängt, betont Zacher, W D S t R L , 37, S. 267 (290, 293).

X. Rechtsschutz gegenüber unzureichender Anpassungsgesetzgebùng

215

Einwände gegen einen Gleichschritt von Tarif- und Besoldungsentwicklung 595 , zumal das jeweilige Ergebnis der für die nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes geführten Vergütungstarifverhandlungen sich in der Vergangenheit für die Anpassung der Beamtenbezüge als sachnächster aller denkbaren Anknüpfungspunkte erwiesen hat 5 9 6 . Daß das Besoldungsrecht gegenüber dem Tarifrecht in Zukunft wieder eine größere Eigenständigkeit erlangt, erscheint deswegen zumindest für den Bereich der Besoldungsanpassungspolitik äußerst unwahrscheinlich, obwohl prekärerweise zuerst dort versucht worden ist, zur Tarifpolitik wieder etwas Distanz zu schaffen 597 .

X . Verfassungsrechtlicher Rechtsschutz gegenüber unzureichender Anpassungsgesetzgebung 1. Das grundrechtsähnliche Individualrecht auf den angemessenen Unterhalt als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde

Als öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis unterscheidet sich der Beamtenstatus vom Arbeitsverhältnis hinsichtlich der Einstellung zum Beruf insbesondere dadurch, daß der Beamte und der Dienstherr ihre Tätigkeit nicht nach ihrem eigenen wirtschaftlichen Nutzen ausrichten, sondern in erster Linie auf die Förderung des Gemeinwohls bedacht sind 598 . Deshalb darf die Beamtenschaft nach der in Lehre und Rechtsprechung 599 überwiegenden Auffassung zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Interessen nicht zu 595 Die einkommenspolitischen Forderungen der reinen Beamtenverbände unterscheiden sich von denen der Gewerkschaften nicht so sehr in quantitativer, sondern lediglich in struktureller Hinsicht, d. h. in der Frage nach der Opportunität von Festbeträgen, vgl. Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 238f. 596 Vgl. oben Β I 4a) cc). 597 Wie minimal der reale Spielraum der öffentlichen Arbeitgeber in der Einkommenspolitik heute ist, belegte vor allem der Verlauf der Besoldungs- und Tarifrunde vom Herbst 1984. Bund, Ländern und Gemeinden gelang es nicht nur nicht, die von der Bundesregierung angestrebte „Nullrunde" für den öffentlichen Dienst durchzusetzen; der Tarifabschluß i . H . v . 3,2 v . H . wurde auch in vollem Umfang in das BBesVAnpG 1984 übernommen. 598 Diese Einstellung bildet gewissermaßen den Kern des funktionellen Selbstverständnisses des Beamten, d.h. seines traditionellen Berufsethos, das den Verzicht auf eine kämpferische Durchsetzung der eigenen materiellen Interessen impliziert, vgl. Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, S. 173f.; a. A . wohl Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (190f.), wonach die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung den Beamten nicht der Notwendigkeit enthebe, mit dem Dienstherrn, den Hoffmann in diesem Zusammenhang bezeichnenderweise als „Sozialpartner" (S. 187) der Beamten einstuft, um seinen Lebensunterhalt zu kämpfen. Diese These ist eine konsequente Folgerung aus Hoffmanns Grundannahme, das Beamtenverhältnis sei wie das Arbeitsverhältnis ein Verhältnis wirtschaftlicher und sozialer Abhängigkeit, in dem fremdbestimmte Arbeit geleistet werde (S. 182f.).

599 V g l . oben A I I a ) .

216

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Kampfmitteln wie Arbeitsniederlegungen oder streikähnlichen Maßnahmen 600 greifen, zumal ihre wirtschaftliche Existenz in rechtlicher Hinsicht durch den Grundsatz angemessener Besoldung und Versorgung abgesichert ist. Da der Beamte bei einem Arbeitskampf infolge seiner Lebensanstellung kein Arbeitsplatz- und damit auch kein Arbeitskampfrisiko zu tragen hätte, läge in der Bejahung eines Streikrechts für Beamte auch eine Privilegierung gegenüber der Arbeitnehmerschaft 601 . Umgekehrt bildet der Anspruch auf eine den jeweiligen Zeitumständen entsprechende Besoldung 602 eine gewisse Kompensation dafür, daß der Beamte weder über die Anpassung seines Einkommens verhandeln noch aktiv dafür kämpfen darf 6 0 3 . Der Gesetzgeber ist deshalb nach § 14 BBesG verpflichtet, die Bezüge veränderten wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen regelmäßig anzupassen. Unterläßt der Gesetzgeber eine solche Anpassung, verstößt er unter Umständen gegen den Grundsatz angemessenen Unterhalts und verletzt dann auch das Individualrecht des Beamten auf eine angemessene Besoldung. Gegen die Nichterfüllung dieses Verfassungsauftrages steht dem Beamten und denjenigen Familienmitgliedern, gegenüber denen die Alimentationspflicht des Dienstherrn ebenfalls besteht 604 , die Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4a) GG offen 605 . Daneben kann das Bundesverfassungsgericht mit einer besoldungsgesetzlichen Regelung, die den Anforderungen des Alimentationsgrundsatzes vielleicht nicht genügt, über eine konkrete oder abstrakte Normenkontrolle nach Art. 931 Nr. 2 bzw. Art. 100 GG befaßt werden 606 . Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung des Grundrechts auf eine angemessene Besoldung gerügt werden, wenn die Gesamtniveauregelung der Bedeutung des Berufsbeamtentums sowie der Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards und der wirtschaftlich-finanziellen Rahmenbedingungen nicht mehr genügend Rechnung trägt.

600

Vgl. Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 33, Rdnr. 31; ausführlich zu Streiksurrogaten und deren prinzipieller Unzulässigkeit Isensee, Beamtenstreik, S. 143ff. 601 Vgl. Isensee, S. 44f. 602 Vgl. oben A l l e ) und I I 5 b). 603 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (17) und Lecheler, A ö R 103, S. 349 (361). 604 Vgl. BK-Stern, Art. 93, Rdnr. 424 m.w.N. 605 Vgl. Isensee, Beamtenstreik, S. 42 und Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 102. 606 Leibholz / Rupprecht, BVerfGG, § 90 Rdnr. 43 (unter c); BK-Stern, Art. 93, Rdnr. 643 m.w.N.

X. Rechtsschutz gegenüber unzureichender Anpassungsgesetzgebng

217

2. Die Effektivität der Verfassungsbeschwerde gegenüber einer „Abkopplung" der Beamtengehälter von der allgemeinen Einkommensentwicklung

Die Erfolgsaussichten einer solchen Verfassungsbeschwerde hängen im wesentlichen von zwei Faktoren ab: Zum einen erhebt sich die Frage, welches Mindestniveau der Besoldung das grundrechtsähnliche Individualrecht dem Beamten gewissermaßen „eingriffsfest" garantiert; zum anderen sind die Kriterien aufzuzeigen, anhand derer das Bundesverfassungsgericht Maßnahmen des Besoldungsgesetzgebers im allgemeinen beurteilt. a) Inhaltliche Unbestimmtheit des Individualrechts aus Art. 33 V GG Bereits die Ableitung dieses verfassungsbeschwerdefähigen Individualrechts aus Art. 33 V GG erweist sich unter methodischen Gesichtspunkten als nicht unbedenklich, denn abweichend von Art. 129 I 3 W R V thematisiert das Grundgesetz die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums und nicht die subjektiven Rechte der Beamten 607 . Ob die Konstruktion des grundrechtsähnlichen Individualrechts auf den angemessenen Unterhalt, welche das Bundesverfassungsgericht zum Schutz des Beamten gegen einen ersatzlosen Entzug des Besoldungsanspruchs entwickelt hat 6 0 8 , auch wirksamen Schutz gegen Unterlassungen des Gesetzgebers entfalten kann, muß bereits im Hinblick auf den allein mit den Mitteln der juristischen Hermeneutik kaum feststellbaren Inhalt dieser Gewährleistung bezweifelt werden 609 . Der Alimentationsgrundsatz verpflichtet den Gesetzgeber zwar zur Gewährung einer Besoldung, die mehr als das bloße Existenzminimum umfassen muß 6 1 0 . Damit ist das von der Verfassung vorgeschriebene Besoldungsniveau aber im wesentlichen eher negativ abgegrenzt denn positiv bestimmt. Auch der Verweis auf den allgemeinen Lebensstandard ändert an diesem Befund wenig, weil dieser Maßstab derart unpräzise ist, daß er für sich genommen eine weitgehend beliebige Einstufung der Beamtenschaft auf der allgemeinen Einkommensskala gestatten würde. Obwohl der Gesetzgeber das Besoldungsniveau des weiteren an der Bedeutung des Berufsbeamtentums für Staat und Gesellschaft ausrichten muß, verbleibt ihm bei der Festlegung der Bezüge jedenfalls in juristischer Hinsicht ein großer Spielraum, fungiert doch gerade dieser letztgenannte Faktor als rechtliche Legitimation für die allgemein-politische Einschätzung des Berufsbeamtentums durch die Gesetzgebung. 607 Vgl. Lecheler, A ö R 103, S. 349 (360f.) sowie die Bedenken von Schäfer, Referat 48. DJT, Ο 19 und Menger, VerwArch 69, S. 221 (226). 608 Vgl. Lecheler, S. 370. 609 Vgl. die insoweit zutreffende Kritik von Schäfer, Ο 20.

610 V g l . oben A I I 4 d ) .

218

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Den Entscheidungen des Besoldungsgesetzgebers ist in der Regel ein ausgesprochen beamtenpolitischer Charakter eigen 611 , so daß ihre Überprüfung unter juristischen Gesichtspunkten bereits aus diesem Grund nur beschränkt möglich ist 6 1 2 . Die hinter der staatspolitischen Bewertung des Beamtentums stehenden Erwägungen sind deshalb in einem eher noch geringeren Umfang als die übrigen für die Angemessenheit der Besoldung maßgeblichen Faktoren einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich 613 . Die Rechtsprechung muß den von der Verfassung gewährleisteten besoldungspolitischen Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers auch im Hinblick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz respektieren 614 . Als subjektiv-rechtliches Korrelat einer institutionellen Garantie kann der individuelle Rechtsanspruch auf angemessene Besoldung nicht weiter reichen als die objektiv-rechtliche Gewährleistung 615 . Da Art. 33 V GG dem Gesetzgeber lediglich verbietet, die untere Grenze der ziffernmäßig nicht bestimmten „angemessenen" Besoldung zu unterschreiten 616 , umfaßt auch das verfassungsbeschwerdefähige Individualrecht des Beamten nur einen „Kernbestand" des Anspruches auf angemessenen Unterhalt 6 1 7 . Daher verletzt der Gesetzgeber das Individualrecht auf angemessene Alimentation erst dann, wenn das Besoldungsniveau diese Grenze unterschreitet 618 . Die Angemessenheit der Besoldung beurteilt sich insbesondere nach der Entwicklung der Preise, des Lebensstandards und der Arbeitnehmereinkommen. Das Bundesverfassungsgericht kann deshalb eine „Verfassungswidrigkeit durch Zeitablauf" 619 jedenfalls dann feststellen, wenn langfristig ein krasser Entwicklungsrückstand der Beamtengehälter vor allem gegenüber den Einkommen der abhängig Beschäftigten eingetreten ist und diese Diverenz auch nicht mehr als eine gezielte soziale Herabstufung der Beamtenschaft infolge einer neuen politischen Bewertung ihrer Funktion toleriert werden könnte 620 . 611 Vgl. oben Β 14a) dd) sowie das Plädoyer für diese Einsicht bei Behr, D D B 1964, S. 97 (98) und letztens bei Unverhau, Z B R 1985, S. 125 (137). 612 Entgegen der Auffassung von Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 121 f. war deshalb auch das Kriterium der „Standesgemäßheit" der Besoldung keineswegs ein „absoluter Maßstab" für die richterliche Beurteilung besoldungsrechtlicher Regelungen. 613 Weitergehend Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (191), wonach das Angemessenheitskriterium überhaupt keinen allgemeingültigen Maßstab für die Prüfung enthalten soll, ob der Staat gegenüber dem Beamten seine Unterhaltsverpflichtungen erfüllt. 614

Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (19) sowie Pannhausen, Alimentationsprinzip, S. 67. Vgl. Menger, VerwArch 69, S. 221 (228); ferner Lecheler, A ö R 103, S. 349 (369) und Berendt, Hergebrachte Grundsätze, S. 154. 616 Vgl. Lecheler, A ö R 103, S. 369; Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 122. 617 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (17, 19); Lecheler, A ö R 103, S. 369; Pannhausen, S. 66 sowie F. Mayer, Z B R 1973, S. 240 (242). 618 y g i Pannhausen, S. 67; zur rechtsdogmatischen und -politischen Problematik dieser Figur vgl. oben V I I 2b) cc). 615

619

Vgl. dazu Leisner, Z B R 1984, S. 223 (226).

X. Rechtsschutz gegenüber unzureichender Anpassungsgesetzgebng

219

b) Die Prüfungsmaßstäbe des Bundesverfassungsgerichts bei Besoldungsgesetzen Ob eine Verfassungsbeschwerde bereits dann mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, wenn der Gesetzgeber entgegen einer langjährigen Praxis die Anpassung der Bezüge in einem Jahr ausfallen läßt, hängt nicht allein davon ab, wo die Grenze zwischen dem „so eben noch angemessenen" und nicht mehr angemessenen Unterhalt verläuft. Diese Unterscheidung ist im Einzelfall weniger mit den Mittel juristischer Methodik als vielmehr durch eine besoldungspolitische Bewertung zu treffen, in die allgemeine wirtschafts-, finanz- und sozialpolitische, insbesondere jedoch personalpolitische Gesichtspunkte eingehen müssen. Entscheidend für die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde, welche gegen unterlassene oder inhaltlich hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung deutlich zurückbleibende Besoldungsanpassungsgesetze erhoben wird, sind deshalb nicht zuletzt die Maßstäbe, anhand derer die Rechtsprechung die Besoldungsgesetze überprüft. Mit Rücksicht auf die Gestaltungsfreiheit, die dem Gesetzgeber in Fragen des Besoldungsrechts von der Verfassung konzediert wird, hat das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit von Besoldungsgesetzen mit Art. 33 V GG bislang überwiegend unter negativem Vorzeichen geprüft. So bejaht es ζ. B. im Rahmen der Prüfung, ob das Verhältnis der Besoldungsgruppen und Laufbahnen zueinander den Erfordernissen einer leistungs- und verantwortungsadäquaten Besoldung noch genügt, einen Verstoß gegen den Grundsatz der Amtsangemessenheit nur unter der Voraussetzung, daß sich für eine unterschiedliche Behandlung zweier Ämter oder Laufbahnen schlechthin kein sachlicher Grund anführen läßt, wobei für Übergangszeiten gewisse Friktionen und Ungereimtheiten sogar ausdrücklich toleriert werden 621 . Entsprechend soll die Antwort auf die Frage, ob die Besoldung einer bestimmten Beamtengruppe im Verhältnis zur Einkommens- und Vermögenslage anderer Bevölkerungsschichten unterhalb des durch den Alimentationsgrundsatz garantierten Mindestniveaus liegt, im wesentlichen davon abhängen, ob für ein Festhalten an der bisherigen besoldungsrechtlichen Regelung schlechthin keine verfassungsmäßige Grundlage mehr gegeben ist 6 2 2 . So lange die Besoldung „nicht eindeutig unangemessen"623 ist, kann das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des zugrunde liegenden Besoldungsgesetzes nicht feststellen. Vielmehr muß „eindeutig" 624 oder „evidenterma620 Skeptisch insoweit aber Behr, D D B 1964, S. 94 (98). Das Bundesverfassungsgericht dürfte in der Tat wenig Neigung zeigen, dem Gesetzgeber die politische Verantwortung in einer Besoldungsfrage abzunehmen. 621 Vgl. BVerfGE 26, S. 141 (159); 56, S. 353 (359 m.w.N.). 622 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (19). 623 Vgl. BVerfGE 26, S. 141 (157). 624 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (19, 23, 28).

220

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

ßen" 6 2 5 eine unangemessene einkommensmäßige Benachteiligung der Besoldungsgruppe vorliegen, der der beschwerdeführende Beamte angehört 626 . Im Rahmen dieses Vergleichs zieht die Rechtsprechung statistische Daten über die allgemeinen Lohn- und Preisentwicklung heran und stellt ferner auf die Einkommenssituation anderer Beamtengruppen ab, deren Besoldungsniveau der Gesetzgeber offensichtlich als „angemessen" betrachtet 627 . Auf der Grundlage dieser „Evidenztheorie" kann das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen den Alimentationsgrundsatz folglich nur dann bejahen, wenn eine Verletzung der Unterhaltsgarantie geradezu auf der Hand liegt. Damit hat die Rechtsprechung bislang keine praktikablen Kriterien für die Prüfung entwickelt, unter welchen Voraussetzungen das Gehaltsniveau im Verhältnis zur Einkommens- und Vermögenssituation des gesamten Volkes als „nicht mehr angemessen" beurteilt werden muß. Verfassungsbeschwerden, die gegen einzelne nach Ansicht der Beschwerdeführer materiell unzureichende Besoldungsanpassungsgesetze erhoben werden, dürften deshalb in der Regel kaum Aussichten auf Erfolg haben 628 . 3. Rechtspolitische Defizite der „Evidenztheorie"

Die Zurückhaltung der Rechtsprechung bei der Überprüfung besoldungsgesetzgeberischer Entscheidungen zeigt sich am augenfälligsten darin, daß das Bundesverfassungsgericht eine gegen den Alimentationsgrundsatz verstoßende Regelung nicht etwa für nichtig erklärt, sondern deren Verfassungswidrigkeit lediglich feststellt 629 . Diese richterliche Selbstbeschränkung ist zwar durch den Gewaltenteilungsgrundsatz hinreichend legitimiert 630 , doch sind die Schwächen dieser Verfahrensweise unübersehbar. Die von der Rechtspre625 Vgl. BVerfGE 44, S. 249 (267f., 272); BVerfG D Ö V 1985, S. 318 (319). 626 y g i BVerfGE 44, S. 249, wo es um die Frage einer Benachteiligung kinderreicher Beamter gegenüber kinderlosen Beamten infolge der Abschaffung des Kinderzuschlages und dessen nach Ansicht der Beschwerdeführer unzureichenden Ersatzes durch das sozialrechtliche Kindergeld ging. In dem BVerfGE 8, S. 1 zugrunde liegenden Fall klagten Ruhegehaltsempfänger, die dem G 131 unterfielen, mit Erfolg dagegen, daß sie von einer an die übrigen Versorgungsempfänger im Jahre 1951/52 gezahlten Teuerungszulage ausgeschlossen worden waren. 627 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (23ff.); 44, S. 249 (275ff.); ähnlich verfuhr das Reichsgericht, vgl. Bruns y Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 122 f. 628 So im Ergebnis auch Thieme, Studienkommissionsgutachten, S. 395 und wohl auch Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 33, Rdnr. 28. 629 Vgl. BVerfGE 8, S. 1 (19f.); der Gesetzgeber wird in einem solchen Fall jedoch unverzüglich ein Besoldungsgesetz erlassen, das den Anforderungen des Alimentationsgrundsatzes genügt, vgl. Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 46. 630 y g i . dazu letztens BVerfG D Ö V 1985, S. 318 (319), wo das Gericht die Absenkung der Besoldung der Eingängsämter der Laufbahnen des gehobenen und höheren Dienstes durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 für mit Art. 33 V und 3 1 GG vereinbar erklärt hat. Abi. Thiele, Personalvertretung 1985, S. 190 (196f.).

X. Rechtsschutz gegenüber unzureichender A n p a s s u n g s g e s e t z g e b n g 2 2 1

chung verwendete Eindeutigkeitsformel ermöglicht zumindest in Grenzfällen keine rational nachvollziehbare Entscheidung, sondern nötigt die Rechtsprechung vielmehr zu einem politischen Werturteil, das in richterlichen Dezisionismus münden kann 6 3 1 . Dieser muß sich aber nicht notwendig zum Vorteil der Beamten auswirken, denn es ist nicht auszuschließen, daß das Gericht mit Rücksicht auf die Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers in besoldungspolitischen Fragen gerade in Grenzfällen ein Besoldungsgesetz für noch vereinbar mit der Verfassung erklären wird 6 3 2 . Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung können Besoldungsgesetze erst dann mit Aussicht auf Erfolg angegriffen werden, wenn der Entwicklungsrückstand zwischen der Beamtenbesoldung und den übrigen Erwerbseinkommen so augenfällig geworden ist, daß er insbesondere unter personalpolitischen und Fürsorgegesichtspunkten auch der Rechtsprechung nicht mehr hinnehmbar erscheint. Daher sind die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde, die ein Beamter gegen einen vom Gesetzgeber unternommenen Versuch, die Besoldung von der allgemeinen Einkommensentwicklung durch ein „Einfrieren" der Bezüge abzukoppeln, einlegen könnte, sehr zurückhaltend zu beurteilen 633 . Auch als Instrument zur Durchsetzung eines allgemein höheren Einkommensniveaus dürfte die Verfassungsbeschwerde deshalb bei weitem nicht so effektiv sein wie die Arbeitskampfmittel, die den nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang sei nur daran erinnert, daß nicht erst ein Streik, sondern bereits dessen glaubhafte Androhung die öffentlichen Arbeitgeber zum Eingehen auf die Lohn- und Gehaltsforderungen der Bediensteten veranlassen kann 6 3 4 . Auch wenn das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber im Einzelfall unter Handlungszwang setzen kann 6 3 5 , ändert dies nichts an dem rechtstatsächlichen 631 Vgl. etwa BVerwGE 66, S. 147, wo es um den Fortfall des kinderbezogenen Anteils des Ortszuschlages infolge einer Neufassung des § 2 B K G G ging. Die auf Art. 33 V und 3 I GG gestützte Klage wies das Bundesverwaltungsgericht im wesentlichen mit der apodiktischen Feststellung zurück, „der Kläger, dessen Nettoeinkommen sich durch die Kürzung des Ortszuschlages allenfalls um einen Betrag von monatlich 129,95 D M verringert (habe), (gerate) dadurch nicht einmal in die Nähe der unteren Grenze der für ihn angemessenen Alimentation" (S. 150). - A u f die logisch vorrangige Frage, wo diese Grenze verläuft, geht das Gericht bezeichnenderweise nicht ein. 632 Der Besoldungsgesetzgeber würde im Streitfall jedes Gehaltsniveau zumindest als „noch angemessen" bewerten, vgl. Bruns, Prinzip verfassungsrechtlicher Sicherung, S. 119 sowie Behr, D D B 1964, S. 94 (98). 633 Vgl. etwa den BVerfG D Ö V 1985, S. 318 zugrunde liegenden Fall. Überhaupt wird der mit der Konstruktion des grundrechtsähnlichen Individualrechts auf den angemessenen Unterhalt intendierte Schutz der Beamtengehälter gegenüber der Legislative gerade dadurch nicht unerheblich eingeschränkt, daß der Inhalt dieser Gewährleistung vorrangig durch den Gesetzgeber zu konkretisieren ist, vgl. Schäfer, Referat 48. DJT,

Ο 20.

654 Vgl. Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (188). 635

Vgl. Quaritsch, Referat 48. DJT, Ο 46.

222

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

Befund, daß der verfassungsgerichtliche Rechtsschutz als Weg zur Durchsetzung der besoldungspolitischen Vorstellungen der Beamtenorganisationen und als verteilungspolitischer Faktor wesentlich schwächer einzuschätzen ist als der Druck, der von Arbeitskampf maßnahmen und deren Androhung ausgeht 636 . 4. „Positive" Angemessenheitskontrolle der Anpassungsgesetzgebung als Voraussetzung für einen effektiveren Rechtsschutz?

Eine andere Beurteilung wäre angebracht, wenn die Rechtsprechung anstatt der bisher praktizierten negativen Überprüfung eine positive Angemessenheitskontrolle der Besoldungsgesetze vornähme 637 . a) Friktionen mit der Entscheidungsprärogative

des Gesetzgebers

Eine verschärfte Angemessenheitskontrolle würde es der Rechtsprechung gestatten, nicht erst bei einem offenkundigen Entwicklungsrückstand der Beamteneinkommen einzugreifen, sondern bereits auf geringere Bewegungen der allgemeinen Einkommenssituation zu reagieren, wenn der Gesetzgeber diese nicht durch sachgerechte Erwägungen legitimieren kann 6 3 8 . Ob eine derart ausgeweitete Kontrollbefugnis es dem Bundesverfassungsgericht ermöglichen würde, beispielsweise bei einer vornehmlich aus fiskalischen Motiven betriebenen Absenkung des Gehaltsniveaus einen Verstoß gegen den Alimentationsgrundsatz festzustellen 639 , bleibt fraglich. Erstens müßte eine derartige positive Angemessenheitskontrolle solange ein Fremdkörper im System des gegenwärtigen Besoldungsrechts bleiben, wie die Rechtsprechung den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers in besoldungspolitischen Fragen zumindest im Grundsatz noch anerkennt 640 . Eine erweiterte Kontrollbefugnis in der Angemessenheitsfrage würde das Bundesverfassungsgericht zweitens 636

Entgegen der bei Isensee, Beamtenstreik, S. 42f. anklingenden Auffassung ist die Verfassungsbeschwerdemöglichkeit nach Art. 93 I Nr. 4a) i. V . m . 33 V GG also kein vollwertiger „Ersatz" für das dem Beamten nicht zustehende Streikrecht. Das individuelle Streikverbot rechtfertigt sich vielmehr aus dem fehlenden Arbeitsplatzrisiko des Lebenszeitbeamten und dem öffentlichen Interesse, das an seiner jederzeitigen Verfügbarkeit besteht. Zutreffend bezeichnet Loschelder, Z B R 1978, S. 133 (134) die Möglichkeit eines Arbeitskampfes als „schwerwiegende Durchbrechung" der beamtenrechtlichen Pflicht zur unbedingten kontinuierlichen Aufgabenerfüllung. 637 Vgl. Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (11). 638 In diesem Sinne aber Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 13. 639 Dafür Summer / Rometsch, Z B R 1981, S. 1 (11, 13, 19, These 14.2). Kritisch zu der zurückhaltenden Interpretation des Besoldungsminimums durch das Bundesverfassungsgericht auch Leisner, Berufsbeamtentum, S. 56, der dem Gericht vorhält, es habe aus Art. 33 V GG und dem Sozialstaatsprinzip noch nicht die Konsequenz einer „wirksamen richterlichen Überprüfung der jeweiligen Besoldungssituation" gezogen. 640 Dies ist ζ. B. erst kürzlich in BVerfG D Ö V 1985, S. 318 geschehen.

X. Rechtsschutz gegenüber unzureichender A n p a s s u n g s g e s e t z g e b n g 2 2 3

nicht nur gegenüber der Legislative aufwerten, sondern könnte es dazu veranlassen, die von der Verfassung dem Gesetzgeber zugewiesene Entscheidungsbefugnis in besoldungspolitischen Fragen zu usurpieren, indem es eigene wirtschafts-, finanz- und personalpolitische Erwägungen anstellt. Damit würde dem Bundesverfassungsgericht eine Kompetenz zufallen, die wahrzunehmen es aufgrund seiner Stellung im Verfassungsgefüge nicht berufen ist 6 4 1 . Auch ist der Maßstab der „Sachgerechtigkeit" 642 im einzelnen noch zu wenig bestimmt, als daß man eine unterlassene oder hinter der allgemeinen Preis- und Einkommensentwicklung zurückbleibende Anpassungsmaßnahme unbedenklich mit dem Etikett der Verfassungswidrigkeit versehen könnte. Gegenüber dem jetzigen Rechtszustand würde eine „positive" Angemessenheitskontrolle, die sich nicht als Ersatzgesetzgebung versteht, die vermögensrechtliche Stellung der Beamten also nicht nennenswert stärker als bisher schützen. Davon, daß die gegenwärtige Praxis absolut keinen Schutz gegen eine einkommenspolitische Benachteiligung der Beamten bietet, kann bereits im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958 643 nicht die Rede sein. Die Gründe dieser Entscheidung veranlaßten die Besoldungsgesetzgebung am Anfang der sechziger Jahre zu einer Dynamisierung der Beamtengehälter, die letztlich in jene gleichberechtigte Teilhabe der Beamtenbesoldung an der allgemeinen Einkommensentwicklung eingemündet ist, welche man seit dem Anfang der siebziger Jahre feststellen kann 6 4 4 . b) Die Tarif politik als Garantin einer parallelen Entwicklung der Beamtenbesoldung und der Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes Obwohl der verfassungsrechtliche Rechtsschutz gerade im Vergleich zu den von der Koalitionsfreiheit des Art. 9 I I I GG mitumfaßten Arbeitskampfmitteln kein taugliches Verfahren zu sein scheint, um einer Abkopplung der Beamtenschaft von der allgemeinen Einkommensentwicklung ohne Verzögerung gegenzusteuern, ist ein neuer „Besoldungsrückstand" für die Zukunft dennoch unwahrscheinlich. Die von der Beamtenschaft seit Jahrzehnten verfolgte Beteiligung am Zuwachs des Volkseinkommens ist bei einer zeitgemäßen Interpretation des Alimentationsgrundsatzes durch rechtliche Determinanten garantiert 645 . Zusätzlich wird sie aber auch durch ökonomische und politische Faktoren gesichert. Einen maßgeblichen Einfluß auf das Besol641 Vgl. zur Problematik des richterlichen Prüfungsrechts unter der W R V nach der Entscheidung R G Z 134, S. Iff. oben Erster Teil A I I 6b). 642 Vgl. Summer / Rometsch, S. 11. 643 Vgl. BVerfGE 8, S. 1. 644 Vgl. oben Erster Teil A I V 4b). 645 Die entsprechende, von Euler, D D B 1971, S. 99 (100) erhobene Forderung läßt sich ohne qualitative Änderung des Alimentationsprinzips erfüllen, vgl. auch oben Β 11.

224

2. Teil: Β. Rechtliche Schranken der Anpassungsgesetzgebung

dungsniveau hat dabei die statusrechtliche Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes. Da in den Interessenvertretungen der dort beschäftigten Arbeiter und Angestellten zu einem großen Teil auch Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes organisiert sind, müssen diese Organisationen aus verbandsinternen Gründen eine parallele Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen im öffentlichen und privaten Sektor anstreben 646 . Den nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes stehen zur Durchsetzung dieses Ziels auch Arbeitskampfmittel zur Verfügung 647 . Von dieser Interessen- und Machtkonstellation profitieren die Beamten mittelbar dadurch, daß die öffentlichen Arbeitgeber eine de jure zwar zulässige eigenständige Besoldungspolitik aus personalpolitischen Gründen nicht mehr durchsetzen können oder entsprechende Pläne gegen den zu erwartenden Widerstand der Gewerkschaften jedenfalls nicht verwirklichen wollen 6 4 8 . Auch schließt es die Wettbewerbssituation, in der die öffentlichen Arbeitgeber und Dienstherrn auf dem Arbeitsmarkt stehen, prinzipiell aus, daß das Besoldungsniveau bei einzelnen Gruppen oder auf breiter Front entgegen der allgemeinen Entwicklungstendenz der Einkommen aus unselbständiger Arbeit nach Belieben gesenkt wird. Der Arbeitsmarkt und die Tarifmacht der Gewerkschaften ziehen der Freiheit des Gesetzgebers mithin engere und klarere Schranken als der Alimentationsgrundsatz und die dazu bisher ergangene Rechtsprechung 649. Nicht zuletzt 646

Vgl. die sozialwissenschaftliche Analyse von Keller, Arbeitsbeziehungen, S. 95. Nach Keller, S. 91 ff. ist gerade wegen der starken Abhängigkeit der öffentlichen Arbeitgeber von den Lohnniveaubewegungen im privaten Sektor eine autonome Einkommenspolitik im öffentlichen Sektor praktisch so gut wie ausgeschlossen, vgl. auch Schick, JZ 1970, S. 449 (451). Im übrigen ist die Anpassungsgesetzgebung realiter so stark durch den Lobbyismus der Beamtenvertretungen determiniert, daß auch die nach § 94 B B G stattfindenden Beteiligungsgespräche zwischen dem Bundesminister des Inneren und den Spitzenverbänden der Beamten Merkmale echter Verhandlungen aufweisen, vgl. Keller, S. 197; ähnlich bereits Hoffmann, A ö R 91, S. 141 (186). 648 Für die Richtigkeit dieser These spricht der Umstand, daß auch die gegenwärtige Bundesregierung ihre Pläne einer stärkeren Betonung der Selbständigkeit des Beamtenrechts gegenüber dem Tarifrecht offensichtlich aufgegeben hat und wie ihre Vorgängerinnen entschlossen ist, „den Grundsatz der Gleichbehandlung der Statusgruppen im öffentlichen Dienst weiterhin zur Geltung zu bringen", vgl. das Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 9. Januar 1985, S. 37 (38). 649 Vgl. F. Mayer, Z B R 1973, S. 240 (242); Schick, JZ 1970, S. 449 (451) sowie allgemein dazu Zacher, W D S t R L 37, S. 267 (290). Zumindest unter diesem Aspekt fragwürdig sind die Ausführungen von Isensee, Beamtenstreik, S. 40, wo - in dem offensichtlichen Bemühen, Besoldungsrecht und Tarifpolitik in idealtypisierender Betrachtungsweise zu unterscheiden - die Festsetzung der Beamtengehälter mit Blick auf Art. 33 V GG als „rechtlich gebundene Entscheidung", „Verfassungsvollzug" bzw. als „Interpretation der vorgegebenen normativen Determinanten" bezeichnet wird. Daran ist immerhin soviel richtig, daß die Bemessung der Beamtengehälter nicht Resultat eines Tarifstreits sein soll und es realiter auch nicht ist. Andererseits sind sowohl die Vorgabe „Angemessenheit" als auch die von der Rechtsprechung zu ihrer Präzisierung erarbeiteten Gesichtspunkte letztlich derart vage, daß die besoldungspolitische Entscheidung über die Anpassung der Gehälter nur in einem sehr weiten Sinne als „Voll647

X. Rechtsschutz gegenüber unzureichender Anpassungsgesetzgebung

225

deswegen ist das dem Alimentationsgrundsatz immanente Prinzip der einseitigen Festsetzung der Gehälter durch den Gesetzgeber auch aus einkommenspolitischer Sicht heute noch h a l t b a r 6 5 0 .

zug" der in Art. 33 V GG enthaltenen rechtlichen Determinanten aufgefaßt werden kann, vgl. etwa Zacher, S. 293. 650 Ähnlich wie hier Grämlich, Z B R 1985, S. 37 (50), wonach die Anpassung der Besoldung sich im Hinblick auf ihre enge Verknüpfung mit der Tarifentwicklung zwar als teilweise fremdgesteuert erweist, gerade dadurch aber im Einklang mit den Grundprinzipien des verfassungskräftig strukturierten Rechts aller öffentlichen Bediensteten stehen soll. 15 Günther

C. Auswertung des Zweiten Teils Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen 1. Die verfassungsrechtliche Grundlage des gegenwärtigen Beamtenbesoldungsrechts ist der Alimentationsgrundsatz, der zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 V GG zählt. 2. Das beamtenrechtliche Alimentationsprinzip garantiert die Besoldung nicht als ein nach Zeitabschnitten bemessenes Entgelt für die einzelnen Dienstleistungen, sondern als finanzielle Kompensation für diejenigen Möglichkeiten privater wirtschaftlicher Entfaltung, die der einzelne durch seinen Eintritt in den Staatsdienst aufgegeben hat. 3. Trotz ihrer herkömmlichen Bezeichnung als „Unterhalt" kommt der Besoldung und auch der Versorgung der Beamten im Gefüge ihres öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses ein gewisser Gegenleistungscharakter zu: Sie ist die umfassend gedachte Gegenleistung des Dienstherrn dafür, daß der Beamte ihm mit Eintritt in das Beamtenverhältnis seine gesamte Arbeitskraft auf Lebenszeit zur Verfügung gestellt hat. 4. Beamtenbesoldung ist deshalb mit rein bedürfnisbezogenen Leistungen wie dem Unterhalt im Sinne der §§ 1601 ff. BGB nicht vergleichbar; ebensowenig darf sie einseitigen staatlichen Leistungen wie der Sozialhilfe gleichgestellt werden. 5. Die vor allem in den sechziger Jahren im Alimentationsgrundsatz geübte Kritik ist im wesentlichen unberechtigt. Sie beruht auf der verfehlten begrifflichen Gleichsetzung der beamtenrechtlichen Alimentation mit dem Lebensunterhalt im Sinne des bürgerlichen Rechts und des Sozialrechts. Ferner unterscheidet sie nicht hinreichend scharf zwischen dem Alimentationsprinzip als dem verfassungsrechtlichen Grundsatz angemessener Gegenleistung und der Alimentationsi/zeone als dem dahinter stehenden und durch die historische Situation des 19. Jahrhunderts geprägten theoretischen Erklärungsmodell. 6. Das Prinzip einseitiger Festsetzung der Beamtenbesoldung durch den Gesetzgeber ist weder antiquiert noch mit der demokratisch-rechtsstaatlichen Gesamtstruktur des Grundgesetzes unvereinbar. 7. Das in Art. 33 V GG enthaltene Gebot „angemessener" Besoldung ist die bedeutendste verfassungsrechtliche Vorgabe für die Ausgestaltung des Besoldungsrechts.

2. Teil: C. Zusammenfassung der Ergebnisse

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8. „Angemessenheit" ist ein Maßstabsbegriff, den der Besoldungsgesetzgeber nach den jeweiligen Zeitumständen zu konkretisieren hat. Inhaltlich sind die einschlägigen Maßnahmen des Gesetzgebers weniger als gebundener Nachvollzug bestimmter verfassungsrechtlicher Vorgaben denn als genuin besoldungspolitische Entscheidungen zu qualifizieren, weil der Besoldungsgesetzgeber von Verfassungs wegen über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt. 9. Umgekehrt fungiert das Angemessenheitsgebot als verfassungskräftige Beschränkung dieses besoldungspolitischen Regelungsspielraumes. Es enthält nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mehrere Richtpunkte, die in ihrem Zusammenspiel gewissermaßen ein Koordinatensystem bilden, innerhalb dessen sich alle besoldungspolitischen Entscheidungen des Parlaments bewegen müssen. 10. Der Alimentationsgrundsatz fordert eine angemessene Relation der Gehälter untereinander. Sie sind deshalb nach der Bedeutung der einzelnen Ämter und der damit verbundenen Verantwortung abzustufen. Eine nivellierende „Einheitsbesoldung" ist im Hinblick auf den Grundsatz amtsangemessener Besoldung unzulässig. 11. Des weiteren hat der Gesetzgeber das Besoldungsniveau als ganzes in eine angemessene Relation zu der Einkommenssituation außerhalb des öffentlichen Dienstes zu bringen. Den generellen Rahmen, innerhalb dessen die Gehälter nach dem Amt abzustufen sind und die Einordnung der Beamtenschaft auf der allgemeinen Einkommensskala vorzunehmen ist, bildet der allgemeine Lebensstandard. 12. Die Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit verlangt ein Einkommensniveau, das der sozialen und politischen Funktion gerecht wird, die das Berufsbeamtentum in Staat und Gesellschaft wahrnimmt. Der Besoldungsgesetzgeber ist daher verpflichtet, einer personellen Auszehrung der institutionellen Garantie des Art. 33 V GG entgegenzutreten, wenn qualifizierte Kräfte aus dem Staatsdienst in die Privatwirtschaft abzuwandern beginnen. Auch müssen die Gehälter so bemessen sein, daß die Beamtenlaufbahn auf dem Arbeitsmarkt in finanzieller Hinsicht als Alternative zu abhängigen Beschäftigungen in der Privatwirtschaft hinreichend attraktiv ist. 13. Wegen des Kompensationscharakters der Besoldung kann die Bemessung der Gehälter mit den herkömmlichen Preisbildungsmechanismen von Angebot und Nachfrage bzw. Leistung und Gegenleistung nicht adäquat durchgeführt werden. 14. Die öffentlichen Dienstherrn sind deshalb nicht verpflichtet, die Dienstbezüge exakt nach dem jeweiligen Einkommensniveau ggf. inhaltlich ähn15*

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2. Teil: C. Zusammenfassung der Ergebnisse

licher Funktionen im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes oder in der gewerblichen Wirtschaft auszurichten. 15. Der Grundsatz angemessener Besoldung zieht dem Freiraum des Besoldungsgesetzgebers auch eine untere Grenze, und zwar in doppelter Hinsicht: Erstens garantiert das Alimentationsprinzip dem Beamten ein wenn auch nicht ziffernmäßig bestimmbares, so doch ein Kern unentziehbares Mindesteinkommen. Zweitens umfaßt „angemessene" Besoldung mehr als den „notdürftigen" Unterhalt. Mit Rücksicht auf ihre Eigenschaft als globale Gegenleistung muß sich die Beamtenbesoldung und - V e r s o r g u n g generell vom jeweiligen Standard rein bedarfsabhängiger staatlicher Zuwendungen, insbesondere von Sozialhilfeleistungen, abheben. 16. Das Urteil über die Angemessenheit der Besoldung ist heute in wesentlich stärkerem Maße als früher vom Wandel der allgemeinen sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen abhängig. Der Besoldungsgesetzgeber wird deshalb unmittelbar durch Art. 33 V GG verpflichtet, ein angemessenes Besoldungsniveau durch allgemeine Anpassungsmaßnahmen zu sichern. Diese verfassungsrechtlich begründete Pflicht ist die Konsequenz eines sozial verfaßten Alimentationsprinzips. 17. Seine Pflicht zur Anpassung der Besoldung an veränderte wirtschaftliche und finanzielle Verhältnisse kann der Gesetzgeber auf verschiedene Art und Weise erfüllen, und zwar durch - Erlaß eines neuen Bundesbesoldungsgesetzes - Einführung neuer Gehaltsbestandteile - Einbau struktureller Verbesserungen und hauptsächlich - den Erlaß allgemeiner Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetze im Sinne von § 14 BBesG. Letztere können als Anpassungsgesetze im engeren oder technischen Sinne gelten. 18. Zweck dieser Maßnahmen ist es, die im Bundesbesoldungsgesetz festgesetzte Ausgangsrelation zwischen der Beamtenbesoldung und der Einkommenslage der übrigen Bevölkerung zu wahren. Insoweit fungiert das Anpassungsgesetz i.S.v. § 14 BBesG als Fortschreibung einer durch das Bundesbesoldungsgesetz begründeten „Gesamtniveauregelung". 19. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für solche allgemeinen Anpassungsmaßnahmen ist die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse. Als einer der Faktoren des Angemessenheitskriteriums stellt dieser Schlüsselbegriff der Anpassungsgesetzgebung einen mit ausschließlich juristischen Methoden kaum zutreffend zu interpretierenden Maßstabsbegriff dar. 20. Der allgemeine Gestaltungsspielraum, der der Besoldungsgesetzgebung nach Art. 33 V GG zusteht, impliziert einen speziellen „Anpassungsspielraum". Wie jede Entscheidung auf dem Gebiet des Besoldungsrechts ist

2. Teil: C. Zusammenfassung der Ergebnisse

auch die Anpassung der Besoldung nach § 14 BBesG weniger eine normativ determinierte als vielmehr eine im Kern beamtenpolitische Entscheidung. 21. Das Merkmal der allgemeinen „wirtschaftlichen" Verhältnisse ist begrifflich nicht scharf zu definieren. Unter Bezugnahme auf volkswirtschaftliche Meßgrößen kann es inhaltlich konkretisiert werden, wobei jedoch keine dieser Größen der umfassenden Bedeutung dieses Merkmals voll gerecht wird. 22. Der Gesetzgeber darf seine Entscheidung auch an den Daten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ausrichten, wobei insbesondere das Brutto- und Nettosozialprodukt und die Entwicklung der Einkommen aus unselbständiger Arbeit von Bedeutung sind. 23. Den wichtigsten Orientierungspunkt bilden in praxi die Abschlüsse der Vergütungstarifverträge für die nichtbeamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Weder Art. 33 V bzw. 3 I GG noch § 14 BBesG verpflichten aber den Gesetzgeber, diese Daten ohne Korrektur in ein Anpassungsgesetz zu übernehmen. 24. Bei der Entscheidung über die Anpassung der Bezüge muß wegen der in Art. 109 I I GG statuierten Bindung der öffentlichen Haushaltswirtschaft an die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts außerdem die Finanzlage der öffentlichen Dienstherrn berücksichtigt werden. 25. In Zeiten wirtschaftlicher Aufwärtsentwicklung hat die Beamtenschaft grundsätzlich einen Anspruch auf Beteiligung an dem allgemeinen Anstieg der Realeinkommen. 26. Der Besoldungsgesetzgeber muß auch bei einer Stagnation allgemeinen Einkommensentwicklung die Einkommenslage der Beamtenschaft zumindest regelmäßig überprüfen, wobei § 14 BBesG weder für die Überprüfung noch für die Anpassung der Bezüge einen festen Rhythmus vorschreibt. 27. Umgekehrt sind bei einem allgemeinen Rückgang der Realeinkommen auch Gehaltskürzungen als Anpassungsmaßnahmen nach § 14 BBesG so lange zulässig, wie die untere Grenze der nach Art. 33 V GG „angemessenen" Besoldung nicht unterschritten wird. 28. Art. 14 I GG steht einer Kürzung nicht entgegen, weil der Alimentationsanspruch nicht unter den Begriff des „Eigentums" im Sinne von Art. 14 I 1 GG subsumiert werden kann. 29. Die vom Alimentationsgrundsatz geforderte und entwicklungsgeschichtlich nachweisbare Dynamisierung der Beamtengehälter ist auch verteilungspolitisch legitimierbar. Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes können eine Beteiligung an dem durch den allgemeinen Produktivitäts-

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fortschritt bedingten Zuwachs der Realeinkommen deshalb beanspruchen, weil der öffentliche Sektor durch Vorhaltung der staatlichen Infrastruktur einen Beitrag zur wirtschaftlichen Gesamtleistung erbringt und damit gesamtwirtschaftlich zumindest mittelbar „produktiv" ist. 30. Die Besoldungspolitik darf auf die wirtschafts-, lohn- und finanzpolitische Gesamtkonzeption der Regierung abgestimmt werden. In Hochkonjunkturphasen ist deshalb eine „stabilitätsorientierte" Anpassungsgesetzgebung grundsätzlich zulässig. 31. „Stabilitätsopfer" sind aber nur solange unproblematisch, als sie nicht zu einer Dauereinrichtung werden. Auch in Hochkonjunkturphasen darf die Anpassungsgesetzgebung die allgemeine Einkommensentwicklung nicht ignorieren. Anderenfalls droht ein zumindest in besoldungs- und personalpolitischer Hinsicht bedenklicher „Besoldungsrückstand". 32. In wirtschaftspolitischer Hinsicht noch problematischer wäre ein Einsatz der Besoldungsanpassungsgesetzgebung als Mittel einer globalen Konjunktursteuerung. Dem Versuch, mittels einer vorübergehenden Kürzung der Beamteneinkommen in Boom-Phasen die private Nachfrage insgesamt zu dämpfen, dürfte bereits aus tatsächlichen Gründen kaum Erfolg beschieden sein: Zum einen würde er an der mangelnden Prognostizierbarkeit des Konjunkturverlaufs, zum anderen an der untergeordneten Rolle scheitern, die die Beamtenhaushalte auf der Seite der privaten Nachfrager spielen. 33. In rechtlicher Hinsicht kollidieren derartige Pläne mit Art. 33 V GG. Der Besoldungsaufwand ist keine „konjunkturpolitische Manövriermasse", weil die Gehälter als Gegenleistung für die Dienstbereitschaft den Beamten und ihren Familien als materielle Lebensgrundlage dienen. 34. Im übrigen soll sich die Anpassung der Besoldung gegenüber der allgemeinen Einkommensentwicklung gewissermaßen akzessorisch verhalten, indem sie diese nicht steuert, sondern nur tendenziell nachvollzieht. 35. Der öffentliche Dienst ist vom Grundgesetz im Hinblick auf seine staatspolitische Funktion nicht als Experimentierfeld für einkommens- oder sonstige gesellschaftspolitische Reformprojekte vorgesehen. 36. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt darf von der Besoldungsanpassungsgesetzgebung in Grenzen berücksichtigt werden. Im politischen Raum erkennbare Tendenzen, bei einem Anstieg der Arbeitslosigkeit das bei den meisten Beamten fehlende Beschäftigungsrisiko in die Entscheidung über die Anpassung der Bezüge einfließen zu lassen, sind jedoch zumindest in besoldungspolitischer Hinsicht angreifbar. Die infolge des Lebenszeitprinzips bestehende Arbeitsplatzsicherheit im Beamtenverhältnis bildet keine soziale Privilegierung der Beamten mehr, sondern besteht im öffentlichen Interesse. Sie wird außerdem durch die besondere Pflich-

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tenbindung des Beamten ausgeglichen, welche u. a. durch den Ausschluß von Arbeitskampfmitteln die jederzeitige Erfüllung der staatlichen Funktionen sicherstellt. 37. Zu Beitragszahlungen an die Bundesanstalt für Arbeit können Beamte bereits aus versicherungsrechtlichen Gründen nicht herangezogen werden. Eine Einbeziehung der Beamtenschaft in die Arbeitslosenversicherung wäre unzulässig, weil Beamte und Arbeitnehmer im Hinblick auf das zu versichernde Arbeitsplatzrisiko keine homogene Gruppe bilden. Im Rahmen des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit besteht bereits infolge der Fürsorgepflicht eine umfassende soziale Absicherung durch den Dienstherrn. 38. Eindeutig unzulässig wäre eine Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung ohne entsprechende Leistungsansprüche. Sie würde außerdem gegen das auch in der Sozialversicherung gültige Prinzip der Äquivalenz von Beitrags- und Versicherungsleistungen verstoßen. 39. Verfassungswidrig wäre auch eine Arbeitsmarktabgabe. Diese wäre keine Steuer im Sinne der Art. 104a) ff. GG, sondern eine nichtfiskalische Sonderabgabe, für deren Einführung die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Besoldung und Versorgung der Beamten nach Art. 74a) GG keine ausreichende Grundlage bilden dürfte. Auch liegen die übrigen rechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer Arbeitsmarktabgabe nicht vor. Der Aufgabe der Arbeitsmarktförderung steht die Beamtenschaft nicht evident näher als andere gesellschaftliche Gruppen oder die Allgemeinheit. Ebensowenig zieht die Beamtenschaft aus der Massenarbeitslosigkeit einen unbilligen Vorteil, der durch die Belastung mit einer Sonderabgabe ausgeglichen werden könnte. 40. Deckungslücken oder sonstige Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte dürfen bei der Anpassung der Besoldung nur dann zum Nachteil der Beamten berücksichtigt werden, wenn sie die Folge einer allgemeinen wirtschaftlichen Rezession sind, die sich auch in der Entwicklung der Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes widerspiegelt. 41. Obwohl neben der Anpassungsgesetzgebung im Sinne von § 14 BBesG eine allgemeine Kürzung der Beamtengehälter als Konsequenz einer politischen Neubewertung des Berufsbeamtentums nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, sind Kürzungsmaßnahmen, die ausschließlich aus fiskalischen Motiven erfolgen, sehr enge Grenzen gesetzt. Zwar ist eine haushaltsrechtliche oder -politische Priorität des Besoldungsaufwandes gegenüber anderen staatlichen Ausgaben und Aufgaben nicht nachweisbar. Als wirtschaftliche Lebensgrundlage der Beamten darf die Besoldung aber auch nicht zur „finanzpolitischen Manövriermasse" zweckentfremdet werden.

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42. „Sonderopfer" der Beamten gegenüber der übrigen Bevölkerung in Gestalt ausschließlich fiskalisch bedingter Besoldungskürzungen können nicht mit der persönlichen Verantwortung oder der Treuepflicht des Beamten begründet werden. Die politische und rechtliche Verantwortung für die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte sowie für etwaige Deckungslücken liegt ausschließlich bei Regierung und Gesetzgebung. Auch die verfassungsrechtlich begründete und im einfachen Gesetzesrecht konkretisierte Treuepflicht des Beamten weist insbesondere bei einer entwicklungsgeschichtlich ausgerichteten Interpretation keinen Bezug zur finanziellen Situation des Dienstherrn auf. 43. Auch in akuten Finanzkrisen darf der Grundsatz angemessener Besoldung nicht durchbrochen werden. Als Korrelat für die Dienstbereitschaft des Beamten darf der Besoldungsanspruch nicht auf das Existenzminimum abgesenkt werden, weil dieses als sozialstaatliche Gewährleistung jedermann ohnehin von Art. 1 I; 20 I und 281 1 GG garantiert wird. 44. Der Grundsatz amts- und leistungsgerechter Besoldung bindet nach § 14 BBesG auch die Anpassungsgesetzgebung. Dennoch ist die Kombination einer linearen Besoldungserhöhung mit Fest-, Sockel- oder Mindestbeträgen nicht von vornherein unzulässig. 45. Art. 33 V GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht zu rein linearen Anpassungsmaßnahmen. Ein „hergebrachter Grundsatz" linearer Anpassung ist historisch nicht nachweisbar. Der Gesetzgeber darf das Besoldungsgefüge jederzeit in begrenztem Umfang auch im Wege der Anpassungsgesetzgebung modifizieren, so lange die von Art. 33 V GG gezogenen Grenzen der amtsangemessenen Besoldung durch die Gesamtniveauregelung gewahrt bleiben. 46. Besoldungspolitisch bedenklicher als die Gewährung von Festbeträgen wäre die „Kappung" einer linearen Besoldungserhöhung durch einen Höchstbetrag. Sie würde die durch Steuerprogression und Transfer-Zahlungen an die privaten Haushalte ohnehin gegebene Tendenz der Nivellierung der verfügbaren Netto-Einkommen noch verstärken. 47. Die Übernahme der Ergebnisse von Vergütungstarifverhandlungen in die Besoldungsgesetzgebung verstößt weder gegen einfach-gesetzliche Vorschriften, noch liegt darin eine Umgehung des hergebrachten Grundsatzes, daß das Beamtenverhältnis durch Gesetz ausgestaltet wird. Eine solche Praxis mag aus beamtenpolitischer Sicht kritikwürdig erscheinen. Für sie sprechen aber auch gewichtige personal- und einkommenspolitische Argumente. 48. Eine nach Art. 93 I Nr. 4a) i . V . m . 33 V GG mögliche Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des grundrechtsähnlichen Individualrechts auf den angemessenen Unterhalt dürfte in der Regel kaum Erfolgsaus-

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sichten haben, wenn sie gegen ein einzelnes Besoldungsanpassungsgesetz erhoben wird. Das Bundesverfassungsgericht kann einen Verstoß gegen den Alimentationsgrundsatz erst dann feststellen, wenn das Gehaltsniveau gegenüber anderen Beamten- oder Bevölkerungsgruppen eindeutig unangemessen niedrig erscheint. 49. Eine vereinzelt geforderte „positive" Angemessenheitskontrolle durch die Rechtsprechung ist de constitutione lata im Hinblick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz und die dem Gesetzgeber in Besoldungsfragen zustehende Gestaltungsfreiheit nicht zulässig. 50. In tatsächlicher Hinsicht wird der dem Gesetzgeber bei der Bestimmung der Beamtengehälter de jure zustehende weite Spielraum durch das Wechselspiel von Besoldungs- und Tarifpolitik stark eingeschränkt. Daher stellt insbesondere die im Tarifsektor des öffentlichen Dienstes gegebene Verhandlungsmacht der Gewerkschaften sicher, daß auch das Niveau der Beamtengehälter der Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen folgt und den Anschluß an die Einkommensentwicklung außerhalb des öffentlichen Dienstes hält. 51. Die Realisierungschancen für eine neue Besoldungsanpassungspolitik, die unter Wahrung des Zusammenhangs mit der allgemeinen Einkommensentwicklung die Konnexität mit der Tarifpolitik wieder auflockern würde, sind zurückhaltend zu beurteilen. Eine vornehmlich am Rechtsstatus der Bediensteten anknüpfende Differenzierung in der Einkommensentwicklung dürfte zur Zeit politisch nicht vermittelbar sein.

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